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German Pages 314 [320] Year 2012
Wenchao Li / Hans Poser / Hartmut Rudolph (Hg.)
Leibniz und die Ökumene Philosophie Franz Steiner Verlag
Studia Leibnitiana – Sonderhefte 41
Wenchao Li / Hans Poser / Hartmut Rudolph (Hg.) Leibniz und die Ökumene
studia leibnitiana sonderhefte Im Auftrage der Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Gesellschaft e.V. herausgegeben von Herbert Breger, G. H. R. Parkinson, Heinrich Schepers und Wilhelm Totok In Verbindung mit Michel Fichant, Emily Grosholz, Nicholas Jolley, Klaus Erich Kaehler, Eberhard Knobloch, Massimo Mugnai, Pauline Phemister, Hans Poser, Nicholas Rescher, André Robinet, Martin Schneider und Catherine Wilson Band 41
Wenchao Li / Hans Poser / Hartmut Rudolph (Hg.)
Leibniz und die Ökumene
Franz Steiner Verlag
Die Tagung wurde gefördert durch die Fritz Thyssen-Stiftung Gedruckt mit Unterstützung der Leibniz-Stiftungsprofessur der Leibniz Universität Hannover und der Landeshauptstadt Hannover
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INHALTSVERZEICHNIS Vorwort der Herausgeber......................................................................................... 7 HARTMUT RUDOLPH (Hannover) Einleitung ......................................................................................................... 9 URSULA GOLDENBAUM (Atlanta, GA) Ein Lutheraner am katholischen Kurmainzischen Hof .................................. 17 MATTHIAS SCHNETTGER (Mainz) Rojas y Spinola, Molanus und Leibniz – Die (Re-)Unionsverhandlungen und ihr Scheitern ........................................ 33 MARGHERITA PALUMBO (Rom) Le Stravaganze dei Protestanti – Reunionsgespräche und Konversionsversuche aus der Perspektive der römischen Kurie ................... 51 HANS POSER (Berlin) Leibniz’ Novissima Sinica as a Program for the Reunification of the Christian Confessions .......................................................................... 75 WENCHAO LI (Hannover/Potsdam) „Le point de ps.10.14.21.32.“ – Leibnizens Projekt eines Weltkonzils unter Peter dem Großen .................... 87 STEPHAN WALDHOFF (Potsdam) Aspekte kirchengeschichtlicher Argumentationen in Leibniz’ ökumenischen Schriften .............................................................. 95 CLAIRE RÖSLER (Paris) Negotium irenicum – Versuche eines innerprotestantischen Ausgleichs von G. W. Leibniz und D. E. Jablonski ....................................................... 137 PATRICK RILEY (Cambridge, MA) The Ecumenical Leibniz – Religious Reconciliation through ‘Wise Charity’ ....................................... 159
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Inhaltsverzeichnis
IRENA BACKUS (Geneva) Leibniz’s Conceptions of the Eucharist 1668–1699 and his Use of 16th Century Sources in the Religious Negotiations between Hanover and Brandenburg............................................................. 171 LUCA BASSO (Padua) Kirche als res publica – Leibniz’ Kirchenverständnis als Voraussetzung seiner Ökumenik ............................................................ 215 MOGENS LÆRKE (Aberdeen) Leibniz’s Enlightenment .............................................................................. 227 ULRICH BECKER (Hannover) Einleitende Bemerkungen zum Ökumeniker Leibniz in der Sicht des 19. und 20. Jahrhunderts .................................................... 251 KLAUS UNTERBURGER (Regensburg) Der Rekurs auf Leibniz in der katholischen Theologie des 19. Jahrhunderts ..................................................................................... 255 JAIME DE SALAS (Madrid) Jean Baruzi’s Ecumenical Vision of Leibniz ............................................... 275 KONRAD RAISER (Berlin) Zur gegenwärtigen Lage der Ökumene ....................................................... 291
Index Nominum ................................................................................................... 305
VORWORT Die große Bedeutung, die Gottfried Wilhelm Leibniz der Vereinigung der getrennten christlichen Kirchen zeit seines Lebens beigemessen hat, ist über die Jahrhunderte nicht verborgen geblieben. Die Idee, den Ökumeniker Leibniz zum Gegenstand einer wissenschaftlichen Tagung zu machen, war deshalb von den Herausgebern vor einigen Jahren entwickelt worden. Dies geschah zunächst im Rahmen der Guardini-Stiftung für die damals geplanten Veranstaltungen um das 750. Jubiläum des Altenberger Doms, der seit über 150 Jahren sowohl der katholischen als auch der evangelischen Gemeinde als Gotteshaus dient. Als sich diese Pläne zerschlugen, lag es nahe, an Leibniz’ Berliner Wirkungsstätte und die von ihm gegründete Societät zu denken, wo unter der Obhut der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (BBAW) die IV. Reihe (Politische Schriften) der Leibniz-Akademieausgabe ediert wird. Mit dieser stehen heute neue Quellen zur Verfügung, die es erlauben, jenes Leibniz’sche Anliegen wesentlich besser einzuschätzen. So kam es 2009 zu einer gemeinsamen Veranstaltung des Instituts für Philosophie, Wissenschaftstheorie, Wissenschafts- und Technikgeschichte der Technischen Universität Berlin, der Leibniz-Edition Potsdam der BBAW, des Guardini-Lehrstuhls an der Theologischen Fakultät der HumboldtUniversität Berlin und der Guardini-Stiftung Berlin. Die Pläne, eine erste internationale Tagung zu Leibniz’ ökumenischem Anliegen zu veranstalten, waren auf breite Resonanz bei all jenen gestoßen, die bislang in monadischer Vereinzelung hierzu gearbeitet hatten – ihnen sei für ihr überaus positives Eingehen auf unser Vorhaben gedankt. Dessen Realisierung allerdings wurde durch ein Zusammenwirken vieler Institutionen und Persönlichkeiten ermöglicht. Genannt seien die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, deren Präsident, Professor Dr. Dr. h. c. Günter Stock, der die Begrüßung des kleinen Kreises hochrangiger Spezialisten übernahm, die Guardini-Stiftung und deren Präsident, Staatssekretär a. D. Professor Ludwig von Pufendorf, der wie der Präsident der Humboldt-Universität Berlin, Professor Dr. Dr. h. c. Christoph Markschies, einen der beiden öffentlichen Abendvorträge einleitete. Diese überaus aktuellen Beiträge waren dankenswerterweise von zwei herausragenden Vertretern der heutigen ökumenischen Gespräche der protestantischen Kirchen und der katholischen Kirche übernommen worden – Professor Dr. Konrad Raiser, bis 2003 Generalsekretär des Ökumenischen Rats der Kirchen, und Bischof em. Dr. Paul-Werner Scheele, bis 2003 Vorsitzender der Ökumenekommission der Deutschen Bischofskonferenz. Weiter gilt unser Dank dem Museum für Vor- und Frühgeschichte im Schloss Charlottenburg, das uns die Tagungsräume zur Verfügung stellte, ebenso wie der Verwaltung der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, die uns die Schlosskapelle Charlottenburg als herausragenden Rahmen für die Abendvorträge überließ. Vor allem aber ist der Fritz Thyssen Stiftung für die finanzielle Unterstützung der Tagung zu danken.
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Vorwort
2010 nahm Wenchao Li, Leiter der Potsdamer Leibnizeditionstelle der BBAW und einer der Veranstalter der Tagung, den Ruf der Leibniz-Stiftungsprofessur der Leibniz Universität Hannover an. So konnte die redaktionelle Bearbeitung der in diesem Band versammelten Beiträge weitgehend an dem Lehrstuhl in Hannover geleistet werden. Ein Zuschuss der Professur ermöglicht nun auch den Druck des Tagungsbandes. Die Herausgeber erhoffen mit dem historischen Rückblick in systematischer Absicht eine Ausstrahlung der Tagungsergebnisse im Leibniz’schen Geist weit über jenen geschichtlichen Differenzpunkt hinaus – ging es dem großen Gelehrten doch um mehr als die Beilegung einer kontroverstheologischen Frage, nämlich um das Wirken einer Konfessionen und Religionen übergreifenden caritas und benevolentia im ganzen Erdkreis.
Die Herausgeber Hannover, den 1. Juli 2012
EINLEITUNG Hartmut Rudolph (Hannover/Potsdam) Leibniz und die Ökumene umschreibt ein Thema, das in der Forschung zwar nicht unbeachtet geblieben ist1, das in seinem Gewicht für beides, das Verständnis des Leibnizschen Wirkens und die Geschichte der Ökumene, also des jahrhundertelangen Strebens nach Einigung der in Konfessionen und Kirchen getrennten Christenheit, in der Vergangenheit doch erheblich unterschätzt worden ist. Nur gelegentlich gab die Forschung einen Blick auf die Bedeutung des Themas frei, so etwa, wenn ihm der französische Leibnizforscher Jean Baruzi in einer für seine Zeit erstaunlichen Gesamtschau Leibniz et l’organisation religieuse de la terre (Paris 1907) einen umfangreichen Abschnitt widmete2 oder wenn Martin Schmidt sich in einem eigenen, der deutschen Ausgabe vorbehaltenen Abschnitt innerhalb der von Ruth Rose und Stephan Charles Neill herausgegebenen Geschichte der ökumenischen Bewegung der Gestalt des Hannoveraner Gelehrten zuwandte3. Die Bestrebungen in den letzten Jahren, dem Thema in neuer Weise einen angemessenen Platz innerhalb der intellektuellen Biographie von Leibniz zuzuweisen, gingen sicherlich nicht zufällig mit dem Fortschreiten der historisch-kritischen Gesamtausgabe der Schriften und Briefe von Leibniz einher. In der Einleitung zu Band 4 der philosophischen Reihe, der fast ausnahmslos bis dahin unbekannte Leibnizschriften erschließt, hat Heinrich Schepers 1999 auf die grundlegende Bedeutung eines strategischen Planes hingewiesen, den Leibniz bereits als Zweiundzwanzigjähriger in Mainz entworfen hatte und der Philosophie und Wissenschaft wie das politische Wirken des späteren Hannoveraner Philosophen als Umsetzung eines universalen Projekts erscheinen lässt4. In ihrer Intellectual Biography (2008) greift Maria Rosa Antognazza diese Erkenntnis auf und spricht von Leibniz’„allembracing encyclopaedic plan of reform and advancement of the sciences for the 1
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Man vergleiche neben älteren Arbeiten vor allem P. Eisenkopf: Leibniz und die Einigung der Christenheit. Überlegungen zur Reunion der evangelischen und katholischen Kirche (= Beiträge zur ökumenischen Theologie 11), München u. a., dort, S. 12–19 weitere Literatur. „Construction de l’église universelle“, S. 179–424. R. Rose und St. Ch. Neill (Hrsg.): Geschichte der ökumenischen Bewegung 1517–1948, Erster Teil, Göttingen 21963, S. 128–132; vgl. auch S. 152–158. A VI, 4A, XLVII–XCI; vgl. hierzu nun ausführlicher H. Schepers: „Demonstrationes Catholicae – Leibniz’ großer Plan. Ein rationales Friedensprojekt für Europa“, in: F. Beiderbeck und St. Waldhoff (Hrsg.): Pluralität der Perspektiven und Einheit der Wahrheit im Werk von G. W. Leibniz. Beiträge zu seinem philosophischen, theologischen und politischen Denken, Berlin 2011, S. 3–14.
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Hartmut Rudolph
promotion of the common good – a plan which he considered a celebration of the glory of God“5. Das Vorhaben bedeutete Leibniz nichts Geringeres als die Arbeit am Reich Gottes, im Sinne der Vervollkommnung des Menschengeschlechts. Ein solches für sein Jahrhundert ja keineswegs ungewöhnliches Ziel war nicht auf Utopia gerichtet, sondern sollte durch beharrliches Wirken im konkreten Leben durch wissenschaftliches und politisches Arbeiten an einer Erweiterung unseres Wissens und unserer Erkenntnisse und an der Veränderung und Verbesserung der tatsächlich bestehenden Verhältnisse erreicht werden. Den Plan hatte Leibniz deshalb auf einen längeren Zeitraum hin und in dem Bewusstsein entworfen, dass die Umsetzung eines so weitgreifenden Vorhabens ganz erhebliche, zunächst vor allem von ihm selbst in nahezu allen Bereichen der Wissenschaft und der Philosophie zu erbringende Leistungen voraussetze. Mit der fortschreitenden Edition der Korrespondenz, der philosophischen und politischen Schriften in der LeibnizAkademieausgabe (Reihen I, II, IV und VI) tritt dies immer deutlicher zutage. Das Thema „Leibniz und die Ökumene“ sollte deshalb so weit als möglich in eine Gesamtsicht des Metaphysikers, Ethikers und Politikers eingeordnet werden. Sofern sie unmittelbar Gesichtspunkte des Leibnizschen Bemühens um die Ökumene zum Thema haben, werden deshalb die Beiträge des vorliegenden Bandes, also die Aufsätze von Ursula Goldenbaum, Hans Poser, Wenchao Li, Stephan Waldhoff, Claire Rösler, Patrick Riley, Irena Backus, Luca Basso und Mogens Lærke, etwas davon widerspiegeln, inwieweit die Herstellung der Einheit der christlichen Kirchen ein besonders anspruchsvolles wie auch unverzichtbares Element der Realisierung des Leibnizschen Gesamtprojekts ist, ein Teilziel, das er deshalb über vier Jahrzehnte hinweg mit besonderem Ehrgeiz und nahezu unablässig verfolgt hat. So entwarf der junge Leibniz, wie Ursula Goldenbaum (Atlanta) zeigt, seine scheinbar der Natur geltende Theorie in Auseinandersetzung mit Hobbes zugleich und wesentlich als ein theologisches, auf die Ökumene gerichtetes Konzept. Hans Posers (Berlin) Beitrag benennt mehrere Punkte, die dem ökumenischen Bemühen von Leibniz einen festen Ort in Leibniz’ globalpolitischem Konzept zuweisen, das auf den gegenseitigen Austausch von Europa und China abzielt. Unter diesem Aspekt lassen sich selbst die berühmten Novissima sinica (1697/1699) dem ökumenischen Schrifttum von Leibniz zuordnen. Dasselbe gilt für das von Wenchao Li (Hannover/Potsdam) beschriebene Projekt eines Weltkonzils, das die östliche Orthodoxie einbeziehen sollte und von Leibniz über einen Mittelsmann dem russischen Zaren 1710 nahegebracht worden war. Fernab jeglicher Schwärmerei hatte Leibniz darin die politischen Gegebenheiten und Notwendigkeiten, etwa die Einbeziehung des Osmanischen Reiches, in seine Planung mit aufgenommen. Stephan Waldhoff (Potsdam) wirft einen differenzierenden Blick auf die Rolle der Kirchen- und Theologiegeschichte innerhalb der ökumenischen Argumentation, die von Leibniz an verschiedenen Stellen der Kontroverse herangezogen werden 5
M. R. Antognazza: Leibniz. An Intellectual Biography, Cambridge 2008, S. 233.
Einleitung
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kann, jedoch vor den „rationes“, den Vernunftgründen, zurücktritt. Von einem methodisch anderen Ansatz, nämlich von einer philosophischen Analyse der Begriffe ausgehend, analysiert Claire Rösler (Strasbourg) das negotium irenicum, wie Leibniz und Molanus es mit dem brandenburgischen Verhandlungspartner Daniel Ernst Jablonski seit 1697 betrieben haben, um über die bloße gegenseitige Tolerierung zu einer nachhaltigen Einigung (unio vera) der protestantischen Konfessionen zu gelangen. Sie stützt sich auf Quellenmaterial, das erst in jüngster Zeit im Fortgang der Arbeiten an der Akademieausgabe6 zutage gefördert worden ist und das Spezifische der Leibnizschen ökumenischen Methode schärfer, als es bisher möglich war, hervortreten lässt. Es wird eine fruchtbare Aufgabe sein, hierzu auch intensiver den Quellen und Referenzen nachzugehen, auf die Leibniz in seiner ökumenischen Argumentation positiven Bezug nimmt, vor allem die vom Humanismus geprägten Theologen der Reformationszeit, etwa Erasmus, Melanchthon, Martin Bucer. Die Erfahrungen der Religionsgespräche des 16. Jahrhunderts hat Leibniz ebenso ausgewertet, wie er sich der Irenik des 17. Jahrhunderts, vor allem Georg Calixt und Hugo Grotius, verbunden wusste. Schon Paul Schrecker hatte 1934 darauf hingewiesen, dass Leibniz sich 1669 explizit zum Synkretismus, also zu Calixt, bekannte, „non vereor dicere, me [. . .] Syncretistam esse“7. Es ist aber zugleich zu betonen, dass die aus solchen Traditionen geschöpften Elemente bei Leibniz eine Transformation erfahren haben. Anders als die calixtianische Irenik sieht Leibniz etwa im Rekurs auf einen vermeintlichen consensus quinquesaecularis, also das kirchliche Bekenntnisgut der ersten fünf christlichen Jahrhunderte, keine geeignete Basis für die angestrebte Kirchenunion. Wenn dieses in den hier aufgenommenen Beiträgen nur ansatzweise zur Sprache kommt, wird ablesbar, welche bedeutende Aufgabe zu bewältigen sein wird, Leibniz’ Bemühungen gerecht zu werden. Patrick Riley (Cambridge, MA) weist in seinem Beitrag auf die hohe Bedeutung hin, die der für die Ethik und politische Philosophie zentralen Definition der Gerechtigkeit als der Liebe des Weisen und als universellen Wohlwollens zukommt8. Hieraus hat Leibniz wesentliche Elemente seiner ökumenischen Methode abgeleitet, wie sie erst in den letzten Jahrzehnten das ökumenische Gespräch bestimmt haben, ohne dass sich die daran Beteiligten der Leibniz’schen „Vorarbeit“ bewusst gewesen wären9. Irena Backus (Genf) geht in einer kirchen-
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Vgl. vor allem die Dokumente in A IV, 7, NN. 52–79. [P. Schrecker]: „G.-W. Leibniz. Lettres et fragments inédits“, in: Revue Philosophique de la France et de l’Ètranger CXVIII (1934), S. 57. Die Passagen, in denen es um die Beschreibung und Herleitung dieser grundlegenden Bestimmung geht, wurden Patrick Rileys Beitrag „Paul Schrecker’s Defense of Leibniz’ Platonic Idealism Against the Dangers of Cartesian Voluntarism“, in: W. Li/ H. Rudolph (Hrsg.): „Leibniz“ in der Zeit des Nationalsozialismus (= Studia Leibnitiana Sonderhefte 42), S. 169– 182 entnommen. Vgl. hierzu auch den Beitrag von Ulrich Becker in diesem Band und die Hinweise in H. Rudolph: „Leibniz, die Religion und die Ökumene“, in: Postsäkular? Religion im Zusammen-
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Hartmut Rudolph
und theologiegeschichtlichen Analyse den von Leibniz herangezogenen theologischen Aussagen zur Abendmahlslehre nach, dem Stück innerhalb der innerprotestantischen Kontroverse, das sich gegen den erstrebten Ausgleich zwischen Lutheranern und Calvinisten am meisten sperrte und das neben der Erwählungslehre den größten Raum in den Verhandlungen zwischen Leibniz, Molanus und Daniel Ernst Jablonski einnahm, so wie es Leibniz auch bereits in den protestantischkatholischen Unionsbemühungen zu Überlegungen veranlasst hatte, die den Wandel und die Entwicklung seiner Metaphysik bestimmt haben. Auch Luca Bassos (Padova) Beobachtungen zu Leibniz’ Ekklesiologie belegen den engen sachlichen Zusammenhang zwischen der politischen Philosophie und Leibniz’ ökumenischem Engagements. Dieses ist begründet in dem Universalismus, der sowohl die politische Herrschaft als auch die Kirche unter die Monarchie Gottes gestellt sieht, dessen Ruhm oder Herrlichkeit (gloria dei) im Wohl der gesamten Menschheit liegt. Inwieweit Leibniz’ ökumenische Methode, sein Weg, Kontroverses auszugleichen, der Aufklärung bis hin zu Kant zuzuordnen ist, wird in der Studie von Mogens Lærke (Aberdeen) erörtert. Er sieht in der von der Liebe gebotenen Mäßigung oder Moderation das aufklärerische Element in Leibniz’ Ökumenik. Damit bei solchen Fragen aber nicht, verleitet durch den Charme all jener Erwägungen, ein doketischer, das heißt, ein von der Geschichte, von den konkreten Bedingungen der Bemühungen um eine Kircheneinheit in seiner Zeit losgelöster Ökumeniker Leibniz konstruiert wird, beschreiben Matthias Schnettger (Mainz) und Margherita Palumbo (Rom) den historischen Rahmen, die Grenzen und Gegenkräfte, denen sich Leibniz gegenübersah und die das Scheitern seiner damaligen Bemühungen, zumindest um die Reunion der lutherischen und römischkatholischen Kirche, einsichtig werden lassen. Ersterer zeichnet die Hauptpersonen, Rojas y Spinola, Molanus und Leibniz, nach ihren Wirkungsmöglichkeiten, dem Ansehen, das sie besaßen, und der Skepsis, die ihnen von unterschiedlicher Seite entgegenschlug, er schildert die Position und den Anteil des Kaisers sowie der Kurie an dem Projekt, bewertet die aus der gesamteuropäischen Situation wie aus der Interessenlage einzelner Fürstenhäuser erwachsenen förderlichen und hinderlichen Faktoren, was ihn schließlich zu der Frage führt, ob die Kirchenspaltung im ausgehenden 17. Jahrhundert überhaupt noch als so drängendes Problem angesehen wurde wie von früheren Generationen. Gestützt auf eingehende Studien der großenteils erst seit Kurzem zugänglichen Quellen in den römischen Archiven analysiert Margherita Palumbo die Bewertung der Vorgänge und Reaktionen der Kurie auf die Initiativen in den „Missioni settentrionali“, also den sogenannten nördlichen Missionsgebieten. Ihr ging es offensichtlich nur darum, die daran beteiligten Protestanten in die (römisch-)katholische Kirche zurückzuholen (ReUnion). Aus der Vielzahl aufsehenerregender Dokumente, die hier erstmals vorgestellt werden, erhellen die Gründe für das teilweise tragisch zu nennende Scheitern der über Jahrzehnte hinweg von Leibniz’ unternommenen Bemühungen. hang gesellschaftlicher Transformationsprozesse, hrsg. von Fr. Johannsen (= Religion im kulturellen Kontext 1), Stuttgart 2010, S. 175–191.
Einleitung
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Die weiteren Arbeiten gelten der Wirkungsgeschichte des Ökumenikers Leibniz, genau gesagt, soweit er bewusst rezipiert wurde als auch hinsichtlich der Frage, was sich von seinen Vorstellungen und seiner Methode trotz des zeitlichen Abstandes in den ökumenischen Fortschritten des 20. Jahrhunderts widerspiegelt, ohne dass die heutigen Ökumeniker die Vorstellungen ihres Vorgängers bewusst aufgenommen hätten, und inwieweit von seinem Nachlass fruchtbare Impulse auf den heutigen ökumenischen Dialog ausgehen könnten. Schon der bibliographische Befund ließ vermuten, dass die theologischen Schriften des Ökumenikers Leibniz, soweit sie denn schon bekannt waren, innerhalb der katholischen Theologie der letzten Jahrhunderte eine erheblich größere Aufmerksamkeit gefunden haben als unter den protestantischen Theologen, die, wie sich, um auf das 20. Jahrhundert zu blicken, sowohl am liberalen Theologen Emanuel Hirsch wie auch an seinem Widerpart Karl Barth zeigen lässt10, fast ausschließlich den Metaphysiker und politischen Philosophen zur Kenntnis genommen haben. Die das 18. Jahrhundert einbeziehende und bis in die Anfänge des 20. Jahrhunderts reichende Untersuchung von Klaus Unterburger (Regensburg) weist jedoch weit über die bisherigen Beobachtungen und Vermutungen hinaus. Sie führt zu dem nur erstaunlich zu nennenden Ergebnis, dass in der Beschäftigung mit Leibniz, aus der klassische Deutungen der Leibnizschen Theologie hervorgegangen sind, „zentrale Entwicklungslinien der deutschen katholischen Theologie, der aufgeklärte Reformkatholizismus, der Ultramontanismus und die sich diesem entgegensetzende liberale Theologie, der neuscholastische Antimodernismus“ erkennbar werden. In der katholischen Leibnizannäherung, so lautet Unterburgers Fazit, spiegelt sich „die Grundspannung aller katholischen Theologie zwischen philosophischer und historischer Vernunftverpflichtetheit auf der einen, und dogmengebundener Kirchlichkeit auf der anderen Seite“ wieder. Eine Bestätigung findet Unterburgers These in der Zuwendung, die der Ökumeniker Leibniz im Zusammenhang des 2. Vatikanum in der katholischen Kirchengeschichtsschreibung erfuhr. Neben anderen11 ist hier vor allem Paul Eisenkopf zu nennen, dem wir die wohl gründlichste und bis heute nicht überholte, auch im vorliegenden Band häufig herangezogene Monographie über Leibniz und die Einigung der Christenheit12 verdanken. Er war Schüler 10 Vgl. hierzu etwa die Beiträge von M. Wilke und H. Rudolph in: Li/Rudolph (Hrsg.): „Leibniz“ in der Zeit des Nationalsozialismus, S. 129–140 und S. 117–128. 11 Vgl. etwa den Aufsatz des an der Gregoriana lehrenden französischen Jesuiten Pierre Henrici: „Herméneutique, oecuménisme et religion. Le cas Leibniz“, in: L’Herméneutique de la Liberté Religieuse. Actes du colloque organisé par le Centre international d’Etudes Humanistes et par l’Institut d’Etudes Philosophiques de Rome. Rome, 7–12 Janvier 1968, Paris 1968, S. 553–561 sowie die von ihm betreute Dissertation von Hans Friedrich Werling: Die weltanschaulichen Grundlagen der Reunionsbemühungen von Leibniz im Briefwechsel mit Bossuet und Pellisson, Frankfurt a. M./Bern/Las Vegas 1977; im Abschnitt „Leibniz – ein Vorläufer des II. Vatikanischen Konzils“ des ebenfalls 1968 erschienenen Bändchens des katholischen Publizisten Hans Pfeil: Tradition und Fortschritt im nachkonziliaren Christsein, Freiburg 1968, werden die entscheidenden Gesichtspunkte der Bemühungen des – wie es heißt – „sächsischen Lutheraners“ mit den Zielen des II. Vatikanum gleichgesetzt (S. 85). 12 Siehe oben, Anm. 1.
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Hartmut Rudolph
von Heinrich Fries und selbst ein engagierter Ökumeniker. Der Pallottinerpater hat sich vor allem in Vallendar, wo er als Professor lehrte, und im umliegenden Koblenzer und Neuwieder Raum für die Ökumene und für einen Brückenschlag zu anderen Religionen eingesetzt. Er stand in regem Austausch mit allen christlichen Kirchen und Gemeinschaften der Region. Sein eindrucksvolles, Juden und Muslime einschließendes Engagement könnte als ein Beleg dafür gelten, dass Leibniz’ ökumenisches Konzept, auch wenn den damaligen Bemühungen des Hannoveraners der unmittelbare Erfolg versagt geblieben ist, nicht völlig ohne positive Wirkung auf den Fortgang der Ökumene geblieben ist. Der unter anderem von Henri Bergson beeinflusste französische Philosoph Jean Baruzi veröffentlichte 1907 eine auf damals noch unveröffentlichten Dokumenten basierende Monographie Leibniz et l’organisation religieuse de la terre, die in erstaunlicher, bis heute aktueller Weise die Verbindungslinien von der Metaphysik und politischen Philosophie hin zur Kirchenpolitik und somit zum Ökumeniker Leibniz zieht. Jaime de Salas (Madrid) analysiert die Bezüge zur damaligen französischen Philosophie, besonders neben Bergson zu Alfred Loisy. Baruzis akademische Wirkung blieb äußerst beschränkt, doch das von ihm gezeichnete Bild des Leibnizschen Ökumenikers führt weg vom bloßen genialen Ideenträger hin zum Praktiker, der für eine die ganze Menschheit umfassende Gesellschaft arbeitet, die durch die Kommunikation ihrer Glieder einen Fortschritt in der Entwicklung von Technik und Wissenschaften erzielt und mit den kulturellen Differenzen umzugehen weiß – mehr als um eine neue Form geht es dabei um den Dialog, um neue Methoden, die alten Formen besser zu verstehen. Ulrich Becker (Hannover), protestantischer Theologe und Ökumeniker, führt im Blick auf die Theologiegeschichte Gründe an für die bisherige, gerade von der dialektischen Theologie geprägte Weigerung im Protestantismus, sich dem Theologen Leibniz intensiver zuzuwenden und ihm einen angemessenen Platz in der Geschichte der Ökumene einzuräumen, und benennt mehrere „Aktualitätsgehalte“ in Leibniz’ Denken und in seiner ökumenischen Praxis, die sich „für alle gegenwärtigen Bemühungen um die Ökumene als hilfreich erweisen“ könnten. Damit ist die Brücke geschlagen zu den gegenwärtigen Problemen im Bemühen um die Einheit der christlichen Kirchen. Wie oben im Vorwort beschrieben, konnten für die diesem Band zugrunde liegende internationale Tagung zwei prominente Persönlichkeiten des ökumenischen Dialogs gewonnen werden. Konrad Raiser, Professor für ökumenische Theologie an der Ruhr-Universität und von 1992 bis 2004 Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen, sowie Bischof em. Paul-Werner Scheele, er war bis 2003 Vorsitzender der Ökumenekommission der Deutschen Bischofskonferenz und zugleich Mitglied der Kommission für Glaube und Kirchenverfassung des Ökumenischen Rates. Bischof Scheele hatte in seinem Vortrag „Alles hin zum Einen“. Ökumenische Impulse von Leibniz für unsere Zeit13 einen vierfachen Impuls beschrieben, der von Leibniz ausgehe und für das 13 Unter demselben Titel inzwischen publiziert in: CATHOLICA. Vierteljahreszeitschrift für ökumenische Theologie 64, 1 (2010).
Einleitung
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gegenwärtige ökumenische Bemühen hilfreich werden könnte. 1) Er sieht in Leibniz’ Verständnis der Wahrheit, auch der vermeintlich kontroversen Wahrheit des anderen, eine „Hermeneutik des Vertrauens“ wirksam, wie sie auch im heutigen Dialog unverzichtbar bleibt. 2) vermittele Leibniz die Erkenntnis, dass es im Prozess ökumenischer Annäherung des Engagements für das Wohl der ganzen Menschheit bedürfe. Die Christen verschiedener Konfession sollten „miteinander auf die Welt unserer Tage schauen“ und versuchen, Chancen und Nöte zu erfassen und gemeinsam zu helfen. Es gelte also, „auch die sogenannten nichttheologischen Fakten zu bedenken“ und politisch zu handeln. 3) Im Zentrum des Einigungsstrebens stehe bei Leibniz der Gedanke der Liebe, die, im Sinne der biblischen συνκατάβαη verstanden, der göttlichen Erniedrigung entsprechend, wie Leibniz einmal an Bossuet geschrieben habe, „bis an die äußersten Grenzen der christlichen Herablassung (condescendance) gehen“ müsse14. So gehe ein geistlicher Impuls von Leibniz aus, der dem „geistlichen Ökumenismus“ nahekomme, wie ihn das Zweite Vatikanische Konzil als „die Seele der ganzen ökumenischen Bewegung“ gesehen habe. 4) Die heutige ökumenische Bewegung kann sich vom Universalismus anspornen lassen, der die Leibnizsche Theologie, gerade auch seine Ekklesiologie, vor allem seinen Ruf zur Mission kennzeichne. So stehe die Weltmissionskonferenz von Edinburgh 1910 am Anfang der ökumenischen Bewegung im vergangenen Jahrhundert. Entsprechend habe das Zweite Vatikanum erklärt, „von der Notwendigkeit der Mission her“ seien „alle Gläubigen dazu gerufen, dass sie in einer Herde vereint werden und so vor den Völkern von Christus, ihrem Herrn, einmütig Zeugnis ablegen können“15. Leibniz, so Bischof Scheele, könne „uns helfen, das neu zu erfassen und entsprechend zu handeln“. Ähnliche Bezüge des Leibnizschen Ökumenismus zur heutigen Ökumene werden auch im Beitrag Konrad Raisers benannt, der den vorliegenden Band mit einer Analyse der gegenwärtigen Lage des zwischenkirchlichen Dialogs abschließt. Die heutige Situation sei insofern der Leibnizzeit vergleichbar, als damals wie heute große Kriege und epochale Umbrüche geistiger und kultureller Art die überkommene Rolle der Kirchen in Frage stellten oder erschütterten. Den Initiativen von Leibniz wie der Gründung des Ökumenischen Rates der Kirchen habe die Einsicht zugrunde gelegen, dass eine ökumenische Verständigung unter den getrennten Kirchen die Transformation überkommener Methoden kontrovers-theologischer Auseinandersetzungen in eine neue theologische Grundlegung erfordere. Darüber sei den Leibnizschen wie den heutigen Bemühungen die in einem geistig-kulturellen Eurozentrismus wurzelnde Ausrichtung an einem weltweiten Verständnis der Ökumene gemeinsam. Leibniz‘ christlicher Universalismus habe in den konzeptionellen Vorstellungen der ökumenischen Pioniere vor hundert Jahren seine Entsprechung gefunden.
14 Leibniz am 8. Mai 1699 an Bischof Bossuet 1699; A I,17, 168. 15 Zweites Vatikanisches Konzil, Missionsdekret, „Ad gentes“ n. 6.
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Hartmut Rudolph
Möge der vorliegende Band der Forschung in beiden Bereichen förderlich werden, auf der einen Seite unser Verständnis des Leibnizschen Gesamtwerkes und der inneren Zusammenhänge seiner thematisch so unterschiedlichen Themen und Bereiche weiterentwickeln sowie andererseits der Geschichtsschreibung der Ökumene bislang zu Unrecht vernachlässigte Gesichtspunkte liefern.
EIN LUTHERANER AM KATHOLISCHEN KURMAINZISCHEN HOF Ursula Goldenbaum (Atlanta, GA) In der Philosophiegeschichte wird die offensichtlich intensive Arbeit des jungen Leibniz an Themen der christlichen Offenbarungstheologie oft als bloßes Relikt christlicher Erziehung verstanden, das sich später beim reifen Philosophen verliere; dieser sei allein mit Themen der natürlichen Theologie im Rahmen der Philosophie beschäftigt gewesen, also dem Gottesbeweis oder der Unsterblichkeit der Seele1. In dieser Sicht kann aber nicht verstanden werden, warum sich offenbarungstheologische Aussagen von Leibniz auch noch in in seinen letzten Lebensjahren, in der von ihm mit großer Sorgfalt veröffentlichten Théodicée und im Briefwechsel mit dem katholischen Kleriker Des Bosses finden lassen2. Zum anderen werden Leibniz’ offenbarungstheologische Schriften oftmals als Beiträge zur Vereinigung der christlichen Kirchen verstanden, also eher kirchenpolitischen Interessen zugerechnet. In dieser Sicht wird Leibniz’ enormes theologischmetaphysisches Engagement in offenbarungstheologischen Diskussionen auf pragmatisch-politische Interessen verkürzt. Jedoch, obgleich Leibniz sehr wohl solche pragmatischen Strategien für unterschiedliche konkrete kirchenpolitische 1
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Vgl. E. Cassirer: Leibniz’ System in seinen wissenschaftlichen Grundlagen, Marburg 1902, S. 506–509; W. Kabitz: Die Philosophie des jungen Leibniz. Untersuchungen zur Entwicklungsgeschichte seines Systems, Heidelberg 1909, S. 118–19. Kabitz begreift die Bedeutung religiöser Motive für Leibniz’ metaphysische und wissenschaftliche Arbeiten vor allem in seinem Bemühen um die rationale Begründung einer natürlichen Theologie. Die vielfältigen und umfangreichen Arbeiten Leibniz’ zur christlichen Offenbarungstheologie sieht er einerseits motiviert durch das in Mainz zuerst entwickelte Projekt einer Reunion der christlichen Kirchen, andererseits versteht er Leibniz’ Anliegen dahingehend, dass dieser die geometrische Methode auch auf die Offenbarungstheologie anwenden wollte, um so die Theologie zu einer auch von den Modernen anerkannten Wissenschaft zu entwickeln. In diesem Zusammenhang wirft er ihm vor, dass Leibniz – aufgrund seiner Befangenheit im Dogma – nicht zu der Konsequenz der Rationalisten und Sozinianer gelangt sei. Hier besteht bei Kabitz m. E. ein klares Missverständnis der Intentionen von Leibniz wie auch seiner deutlichen Erklärungen zu diesem Problemkreis. Auch Kabitz sieht jedenfalls keine Bedeutung dieser offenbarungstheologischen Arbeiten von Leibniz für dessen Metaphysik, mit Ausnahme des Problems der Prädestination, das natürlich im Zusammenhang mit dem philosophischen Problem der Freiheit stehe. Vgl. die Paragraphen 18–20 in Leibniz’ Discours préliminaire, in: GP VI, 60–62; vgl. auch Leibniz’ Briefe an Des Bosses vom 8. September und 20. September 1712, in: G. W. Leibniz: Briefe von besonderem philosophischem Interesse, zweite Hälfte, hrsg. u. übersetzt von W. Wiater, Darmstadt 1989, S. 265 und S. 271.
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Situationen ausgearbeitet hat, lassen sich seine grundlegenden Ausarbeitungen zur Vereinbarkeit von mechanischer Philosophie und christlicher Offenbarung, rationaler Moralphilosophie und Rechtsphilosophie und schließlich Freiheit des Denkens nicht auf politischen Pragmatismus reduzieren. Gegen diese beiden Perspektiven möchte ich meine These vorstellen und erläutern, dass es nämlich gerade theoretische Probleme der zeitgenössischen christlichen Offenbarungstheologie waren, die den Juristen Leibniz allererst dazu veranlasst haben, sich der Metaphysik zuzuwenden, und in der Folge auch der Mechanik und sogar der Mathematik. Diese theoretische Wende aber geschah nicht zufällig erst nach seiner Ankunft in Mainz. In der neuen katholischen Umgebung wurde sich der Lutheraner Leibniz der enormen theoretischen Spannung bewusst, die zwischen der von ihm schon in Leipzig bewusst angenommenen mechanischen Philosophie und der christlichen Offenbarungstheologie besteht. Erst in Mainz lernte er, dass die christlichen Mysterien durch die cartesische Korpuskularphilosophie generell bedroht waren und dass die Cartesianer in Frankreich daran arbeiteten, eine Lösung dieses Dilemmas zu finden. Entsprechend begann Leibniz in Mainz, an einer solchen Lösung zu arbeiten. Es ist deshalb auch gar nicht verwunderlich, dass Leibniz seine metaphysische Begrifflichkeit, verbunden mit einer Wiederaufnahme aristotelischer Terminologie, zuallererst in den von Philosophen so wenig geliebten, erst in Mainz geschriebenen offenbarungstheologischen Texten entwickelt hat. Allerdings versucht Leibniz von Anfang an, eine Lösung nicht nur für eine christliche Konfession zu finden, sondern eine generelle Konzeption der Vereinbarkeit von mechanischer Philosophie und christlicher Offenbarungstheologie auszuarbeiten. Im Folgenden werde ich in drei Abschnitten zunächst Leibniz’ intellektuelle Situation als ein Lutheraner im katholischen Mainz darstellen, sodann die theologische Problemlage in Westeuropa angesichts der modernen Wissenschaft erläutern und Leibniz’ drei Strategien zur Rettung der christlichen Mysterien als eine Antwort darauf darstellen. Schließlich werde ich in einem vierten Abschnitt Leibniz’ ersten Entwurf einer Metaphysik von 1671 als Teil dieser Lösung vorstellen und somit zeigen, wie Leibniz zum Metaphysiker wurde, um die christliche Offenbarungsreligion mit der modernen mechanischen Philosophie vereinbar zu machen. Um mit Lessing zu sprechen: „Nun also ein Wort mit denen, welche sich in eine so strenge Rechtgläubigkeit eines Philosophen, wie Leibniz war, gar nicht finden können“3.
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G. E. Lessing: „Des Andreas Wissowatius Einwürfe wider die Dreieinigkeit“, in: Lessing: Gesammelte Werke, hrsg. von P. Rilla, Bd. 7, Berlin 1956, S. 527.
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I. MAINZ ALS TOR ZUR MODERNEN WESTEUROPÄISCHEN WELT Leibniz hat seine Heimatstadt Leipzig, eine Hochburg lutherischer Orthodoxie im lutherischen Kernland Sachsen, Ende September 1666 verlassen, um an der Universität Altdorf, zum lutherischen Nürnberg gehörig, zum Doktor beiderlei Rechts zu promovieren. Nachdem er dies mit Aufsehen erregendem Erfolg geleistet hatte und im Februar 1667 feierlich promoviert wurde, nahm er jedoch das Angebot einer Professur an der Altdorfer Universität nicht an. Er reiste vielmehr den Rhein hinab und war seit spätestens November 1667 in Frankfurt am Main anzutreffen. Dort stellte er in großer Eile einen Text fertig, den er noch im selben Jahr dem Erzbischof und Kurfürsten zu Mainz überreichte – die Nova methodus discendae docendaeque jurisprudentiae, eine juristische Schrift. Im Frühjahr 1668 hören wir dann, dass er schon ins katholische Mainz umgezogen ist, und etwa im Mai/Juni erfolgt die Anstellung des frisch promovierten Juristen als Mitarbeiters zur Unterstützung des Hofrats Lasser bei dessen Neufassung des Corpus juris4. Wir sehen Leibniz also eine strikt juristische Karriere verfolgen. Zielstrebig gelangte er an den zweitwichtigsten Hof des Alten Reiches, den des Erzbischofs von Mainz, Johann Philipp von Schönborn, wo eine grundlegende Rechtsreform für das ganze Alte Reich in Angriff genommen wurde. Offenbar war die Fertigstellung der Nova methodus und die Zusendung an von Schönborn bereits auf Initiative jenes Mannes geschehen, der von dieser Zeit an enormen Einfluss auf Leibniz’ geistige Entwicklung nehmen wird – des Barons Johann Christian von Boineburg. Jedenfalls wissen wir durch ihn, dass Leibniz’ Umzug nach Mainz auf seine Initiative zurückgeht5. Im Sommer 1670 wird Leibniz trotz seiner lutherischen Konfession zum Revisionsrat am Oberappellationsgericht des Erzbistums ernannt. Dass dies auf Betreiben Boineburgs geschah, ist belegt6. Boineburg war bis zu seinem Fall im Jahre 1664 Staatsminister in Mainz und einer der einflußreichsten Außenpolitiker im Alten Reich gewesen7. An allen wichtigen Beschlüssen zur Ausführung des Westphälischen Friedens war er federführend beteiligt gewesen. Nachdem er 1664 in Ungnade gefallen und sogar einige Monate in Haft gewesen war, kam es gerade im Jahr 1668 zur Versöhnung Boineburgs mit seinem Kurfürsten und der Baron nahm seinen Wohnsitz erneut in Mainz. Er galt als Mäzen der Wissenschaft, verfügte über eine außergewöhnliche Bibliothek, sowohl hinsichtlich ihres Umfangs als auch ihres Bestandes, stand mit zahlreichen Gelehrten in Deutschland, aber auch in Frankreich, den Niederlanden 4 5 6 7
Vgl. Leben und Werk von Gottfried Wilhelm Leibniz. Eine Chronik, bearb. v. Kurt Müller und Gisela Krönert, Frankfurt a. M. 1969, S. 14. Vgl. ebd., S. 13. Ebd., S. 19. Vgl. E. Ultsch: Johann Christian von Boineburg. Ein Beitrag zur Geistesgeschichte des 17. Jahrhunderts, Würzburg 1936; H. Schrohe: Johann Christian von Boineburg. Kurmainzer Oberhofmarschall, Mainz 1926.
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und England im Briefwechsel und hegte ein besonderes Interesse für die zeitgenössischen theologischen Kontroversen. Für all das hatte er seit seinem unfreiwilligen Ruhestand auch sehr viel mehr Zeit. Durch Boineburg wurden dem jungen Leibniz am katholischen Mainzer Hof die Türen geöffnet, trotz seiner lutherischen und bürgerlichen Herkunft. Aber durch ihn gelangte Leibniz auch in Kontakt mit all den europäischen Gelehrten aller christlicher Konfessionen, mit denen der Baron in Verbindung stand. Durch die Vermittlung Boineburgs erlebte Leibniz also in Mainz das erste Mal die große Welt und die höfische Atmosphäre eines reichen, katholischen, kunstinteressierten und bis dato eng mit Frankreich verbündeten Hofes. Der bis zu Leibniz’ Abreise nach Paris im März 1672 außerordentlich enge Kontakt mit dem Baron von Boineburg bedeutete aber nicht nur eine hohe Anerkennung für die intellektuellen Fähigkeiten des jungen Leipzigers und die Eröffnung von Möglichkeiten für ihn, sondern war zugleich mit zahlreichen Dienstleistungen verbunden. Leibniz hat wohl sicher in diesen 4 ½ Jahren eben so viel „ehrenamtlich“ für Boineburg gearbeitet wie in seiner Anstellung für den Kurfürsten. Zu seinen Aufgaben gehörten so unterschiedliche Gegenstände wie Denkschriften, darunter zu einem Rezensionsjournal und zum Ägyptischen Plan, die Widerlegung des Beweises der Unmöglichkeit der Trinität durch den Sozinianer Wissowatius mit logischen Mitteln, die Erledigung von Erbschaftsangelegenheiten des Barons und – last but not least – die Katalogisierung der Boineburgischen Bibliothek. Diese letzte Aufgabe brachte es immerhin mit sich, dass Leibniz die Schlüssel zur Bibliothek bekam und also jederzeit Zugang hatte8. Angesichts der Bestände dieser Bibliothek erscheint die unglaubliche Liste an Titeln in Leibniz’ Brief an Antoine Arnauld vom November 1671, die der 25-Jährige alle gelesen haben will, durchaus glaubhaft. Dass Leibniz und Boineburg auch beim Bucherwerb eng kooperierten, geht aus ihren regelmäßigen gemeinsamen Besuchen der Frankfurter Buchmesse hervor. Es ist ganz offensichtlich, dass Leibniz durch Boineburg sofort Zugang zu allen interessanten Neuerscheinungen dieser Jahre hatte, auch zur klandestinen Literatur. Darüberhinaus waren die finanziellen Mittel und der Einfluss Boineburgs hinreichend, selbst klandestine Manuskripte zu erwerben oder kopieren lassen, was Leibniz’ frühe Bekanntschaft mit Bodins Heptaplomeres erklärt. Gleich anfangs zeigte sich der Baron überzeugt, wie aus einem Brief vom 20. Mai 1668 hervorgeht9, dass Leibniz auf dem besten Weg zur wahren Religion sei, was aus seiner Perspektive natürlich die katholische Religion meinte. Eine solche frühe vermeintliche Konversionsabsicht von Leibniz scheint bestätigt zu werden, wenn Leibniz in seinem Brief an Arnauld vom November 1671 berichtet, dass er seit seinem Eintritt in den Mainzer Hof an Fragen der Eucharistie und auch 8
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Siehe die erst vor wenigen Jahren erschienene erste umfassende Arbeit zu dieser relativ unbekannten Bibliothek von K. Paasch: Die Bibliothek des Johann Christian von Boineburg (1622– 1672). Ein Beitrag zur Bibliotheksgeschichte des Polyhistorismus, Berlin 2005. Müller/Krönert: Leben und Werk von Gottfried Wilhelm Leibniz, S. 13.
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der Transsubstantiation gearbeitet hat, d. h. an eindeutig katholischen Fragestellungen10. Wie kam der lutherische Leibniz dazu, an katholischen Problemen zu arbeiten? War er tatsächlich auf dem Weg zur Konversion? Die Brisanz seiner Unternehmung einer Verteidigung der katholischen Transsubstantiation ist uns heute gar nicht mehr recht vorstellbar – und zwar in doppelter Hinsicht! Als einem Lutheraner war es Leibniz ohnehin nicht angemessen, metaphysische Diskussionen hinsichtlich der Offenbarung zu führen. Selbst die natürliche Theologie wurde von vielen Theologen missbilligt und für überflüssig gehalten11. Aber natürlich war es erst recht ungeheuerlich, für die falsche Konfession zu arbeiten. Dass Leibniz selbst ein genaues Bewusstsein über die Anstößigkeit seines Unternehmens hatte, geht nicht nur aus seinem völligen Stillschweigen hervor, dass er über diese Arbeit gegenüber Protestanten wahrte, sondern auch daraus, dass er von diesen Arbeiten nichts veröffentlicht hat – bis zur Theodizee. Leibniz hat aber – in seinem großen Brief an Arnauld vom November 1671 – auch eine zumindest hinsichtlich der Aufrichtigkeit seines Anliegens überzeugende Rechtfertigung dafür gegeben12, warum er als Lutheraner an einer Verteidigung der katholischen Transsubstantiation arbeiten konnte und durfte. Er verwies nämlich zu Recht auf die Nähe des lutherischen Begriffs der Realpräsenz Christi in der Eucharistie zur katholischen Auffassung der Transsubstantiation, und auf die beiden Konfessionen gemeinsame Ablehnung der bloß geistigen oder symbolischen Interpretation der Präsenz Christi bei den Reformierten. Dass aber Leibniz sich in Mainz erstmals und entgegen der lutherischen Tradition offenbarungstheologischen Fragen zuwandte, hatte guten Gründe. In Mainz lernte Leibniz die aktuellen theologischen Kontroversen Westeuropas kennen, die Auseinandersetzungen von Jesuiten und Jansenisten, von Katholiken und Hugenotten, sowie die Angriffe der englischen und niederländischen Deisten, Freethinkers, Sozinianer auf die christlichen Mysterien. Vor allem aber erfuhr er in Mainz, dass die Diskussion theologischer Fragen direkt mit der Auseinandersetzung über die mechanische Naturphilosophie verbunden war, weil letztere ganz offenbar die Möglichkeit der christlichen Mysterien überhaupt infrage stellte. Erst kürzlich, im Jahre 1663 waren Descartes’ Werke auf den Römischen Index der verbotenen Bücher gesetzt worden, wegen der Unvereinbarkeit seiner Korpuskularphilosophie mit dem katholischen Dogma der Transsubstantiation. Diese Tatsache war ein großes Problem für die katholischen Anhänger der Korpuskularphilosophie, insbesondere die Cartesianer, zu denen auch Kirchenleute wie die Jansenisten Pascal, Nicole und Arnauld gehörten. Und das machte die mechanische Korpuskularphilosophie, für die Leibniz sich bereits in Leipzig ganz bewusst entschieden hatte, auf neue Weise problematisch, auch wenn er keineswegs bereit war, sie aufzugeben. 10 A II, 12, N. 87, 281–282 (Leibniz an Arnauld im November 1671). 11 Vgl. A I, 4, N. 427 (Leibniz’s Rechtfertigung gegenüber Veit Ludwig von Seckendorff bei Gelegenheit der durch die Hannoverischen Reunionsgespräche mit Royas y Spinola alarmierten sächsischen lutherischen Orthodoxie: Nachschrift zum Brief an Seckendorff vom Ende Mai (?) 1685). 12 Vgl. Leibniz an Arnauld im November 1671; A II, 12, N. 87, 281–282.
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II. DIE TRANSSUBSTANTIATION UND DIE MECHANISCHE PHILOSOPHIE Angesichts des Verbots der cartesianischen Philosophie war eines der in jener Zeit am meisten diskutierten theologischen Themen in Frankreich und damit auch im Mainzer Boineburg-Zirkel die Möglichkeit bzw. Unmöglichkeit der Transsubstantiation in der Eucharistie angesichts der sich erfolgreich durchsetzenden mechanischen Korpuskularphilosophie. Die Transsubstantiation der Substanzen des Brotes und des Weines in die des Leibes und Blutes Christi in der Konsekration durch den Priester war bereits seit dem Laterankonzil 1215 Lehrmeinung. Aber erst auf dem scharf antiprotestantischen Tridentinischen Konzil, zu dem die protestantischen deutschen Reichsstände ihre Teilnahme verweigert hatten, ist dieses Dogma in aller Schärfe formuliert und seine Leugnung anathematisiert worden. Es ist offensichtlich, dass das Dogma der Transsubstantiation in dieser Form Ergebnis der scholastischen Aristotelesrezeption in der katholischen Kirche seit dem 13. Jahrhundert gewesen ist. Eben darum aber musste die neue mechanische Philosophie besonders wegen ihres tendentiellen Atomismus und Antiaristotelismus notwendig in Konflikt mit diesem Dogma geraten. Der Atomismus war mit einer Subjektivierung der sinnlichen Wahrnehmung verbunden. Die Atome oder Korpuskeln haben ja keine anderen Eigenschaften als eine bestimmte Figur und Ausdehnung und die Undurchdringlichkeit. Die besondere Gestalt der Körper, die wir wahrnehmen, ihre Wärme, Weichheit, ihr Geschmack usw., also die Akzidentien der scholastischen Philosophie, kommen allein durch die je andere Konstellation der Atome bzw. Korpuskeln und ihre Bewegung in Wechselwirkung mit unseren Sinnesorganen zustande. Entsprechend gab es natürlich ein Erklärungsproblem hinsichtlich der Größe der betrachteten Körper und der Dichte der Zusammensetzung der Atome oder Korpuskeln, da es ja schwer vorstellbar war, dass der Leib Christi in einem Leib Brot Platz finden würde. Auch die Ubiquität, also die gleichzeitige Präsenz des Herrn an unterschiedlichen Orten zum Abendmahl, schien mit der mechanischen Philosophie schlechterdings unmöglich, da ein Körper nicht zugleich an mehreren Orten sein konnte. Diese Problemlage war bereits der Hintergrund der Auseinandersetzung der katholischen Kirche mit Galilei13. Sie bildete aber auch den Nährboden für eine umfangreiche cartesianische Literatur zur Lösung des Problems14. Die trotz der jesuitischen Kritik und des aufsehenerregenden harten Vorgehens gegen Galilei wachsende Anziehungskraft der modernen mechanischen Philosophie war aber zugleich auch Wasser auf die Mühlen der
13 P. Redondi: Galilei der Ketzer, Frankfurt a. M./Wien 1989 (ital. Originalausg. Turin 1983), S. 211; vgl. auch P. Costabel: „L’atomisme, face cachée de la condamnation de Galilée?“, in: La vie des sciences, Comptes rendus, sèrie générale, Bd 4, H. 4, S. 349–365. 14 Vgl. J. R. Armogathe: Theologia Cartesiana, Den Haag 1965; R. A. Watson: „Transsubstantiation among the Cartesians“, in: Th. M. Lennon, J. M. Nicholas, et al. (Hrsg.): Problems of Cartesianism, Québec 1982, S. 127–148; R. Specht: Innovation und Folgelast, Beispiele aus der neueren Philosophie- und Wissenschaftsgeschichte, Stuttgart 1972, S. 84–91.
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Reformierten in Frankreich15. Die durch die Korpuskularphilosophie begründete Unmöglichkeit der Transsubstantiation wurde von ihnen aufgegriffen und gegen die Katholiken verwandt. Aufgrund dieser Sachlage musste in dieser Zeit jede Diskussion über Mechanik auch eine über Theologie bedeuten, wie auch umgekehrt theologische Kontroversen, auch zwischen den Konfessionen, Argumente der mechanischen Philosophie diskutierten. III. LEIBNIZ’ ANTWORT AUF DAS PROBLEM: DREI STRATEGIEN Auf diesem Hintergrund erscheint es gar nicht so überraschend, dass Leibniz, der sich schon in Leipzig Anfang der 1660er Jahre im Rosental für die Modernen und gegen die aristotelische Scholastik entschieden hatte, mit seinem Eintritt in das katholische Mainz und damit in die westeuropäische Welt die aristotelische Terminologie, Substanz und Akzidenz, substantielle Form und erste Materie, neu bedachte. Noch in seiner Ars combinatoria aus dem Jahre 1666, vor seiner Abreise aus Leipzig fertiggestellt und verteidigt, steht die Kombinatorik verbunden mit Atomismus ganz selbstverständlich neben dem rationalen Gottesbeweis, ohne dass weitere metaphysische Überlegungen irgendeine Rolle spielen. Erst in Mainz realisierte Leibniz, dass die Akzeptanz mechanischer Philosophie von katholischer Seite kritisch gesehen wurde. Zugleich sah er, dass sich der Konflikt zwischen Offenbarungsreligion und mechanischer Philosophie, wie er in Westeuropa und also auch im Boineburgkreis in Mainz so heftig diskutiert wurde, nur zu bald ebenso für seine eigene Konfession stellen würde. Noch war in den lutherischen Bereichen Deutschlands die Kenntnis der Nuova Scienza Galileis kaum angekommen, die Vormachtstellung der lutherischen Theologen bestand noch ungebrochen fort, was seinen Ausdruck gerade darin fand, dass man eher gegen die anderen Konfessionen sowie die angeblichen Synkretisten und Ireniker stritt als über moderne Naturwissenschaft. Jedoch musste die lutherische Dogmatik von den Konsequenzen der mechanischen Naturphilosophie alsbald ebenso betroffen sein: Wie konnte der Leib Christi in der Eucharistie real präsent sein, wenn das Brot und der Wein allein in einer durch Bewegung und materielle Korpuskeln konstituierten Ausdehnung bestanden? Wenn Leibniz also nicht eines von beiden, die lutherische Auffassung der Eucharistie oder aber die mechanische Philosophie, aufgeben wollte, so musste er einen Weg suchen, beide kompatibel zu machen. Und das konnte zugleich mit der Rettung des Mysteriums der Transsubstantiation geschehen. Die Schwierigkeit der Aufgabe bestand dabei in dem besonderen Charakter der Mysterien, dass sie uns zwar als solche in der Hl. Schrift offenbart worden seien, jedoch als Mysterien dem menschlichen Verstand prinzipiell verschlossen bleiben mussten, da sie sonst ihren Charakter als Geheimnisse verlieren würden. Viele Anhänger der neuen mechanischen Philosophie lehnten aber einen blinden 15 Vgl. A II, 12, N. 84, 266 (Leibniz’ Brief and Johann Friedrich aus der 2. Hälfte Oktober 1671).
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Glauben an unverständliche Dinge ab, wenigstens hinter vorgehaltener Hand. Dem lutherischen und frommen Leibniz aber war dies nicht möglich. Er hat deshalb bereits zu dieser frühen Zeit seine Position zu den Mysterien grundsätzlich geklärt, die sich so noch in der Theodizee findet: Weil die Mysterien schon immer von allen Christen geglaubt worden seien, bedeute es eine willkürliche menschliche Einmischung in die göttliche Einrichtung der christlichen Religion, die Mysterien zu verwerfen, nur weil sie der Vernunft nicht einsichtig seien16. Das würde die christliche Religion als Gottes Offenbarung vollständig in Frage stellen. Daher fordert Leibniz, die lange historische Tradition der Christen zu respektieren, um nicht den Glauben der gegenwärtigen Kirche von dem früherer Generationen der Christenheit zu trennen. Jedoch war es auch ihm unmöglich, etwas zu glauben, das gegen die Vernunft war. Wenn man einfach glauben müsste, weil es durch die Autorität der Kirche oder der Schrift geboten war, würde es keine hinreichende Abgrenzung gegen den Aberglauben geben. Dieses Problem betraf natürlich nicht die große Masse der Gläubigen, umso mehr aber die Mitglieder der Gelehrtenrepublik, und inbesondere die Anhänger der modernen Philosophie und Wissenschaft. Angesichts dessen machte sich Leibniz an den Nachweis der Vereinbarkeit der Dogmen des Christentums mit der Vernunft, wobei er aber an den Prinzipien der modernen mechanischen Philosophie festhielt. In seinem Brief an Arnauld vom November 1671 bringt Leibniz das Problem auf den Punkt. Er würdigt zunächst die Verdienste Arnaulds bei der Verteidigung des Mysteriums der Transsubstantiation gegen die Calvinisten, die dieser durch den historischen Nachweis geleistet hatte, dass dieses Mysterium schon immer von allen Christen geglaubt worden sei. Dann nimmt er diese historische Verteidigung, von deren Richtigkeit auch er überzeugt sei, zum Anlass zu warnen, dass sich diese historische Tatsache in eine Waffe der antichristlichen Gegner verwandeln könnte, wenn sich nämlich die Transsubstantiation als unmöglich erweisen sollte: „Nichts ist wirksamer, den Atheismus oder doch den erstarkenden Naturalismus zu kräftigen und den bei vielen bedeutenden, aber heillosen Männern schon fast wankenden Glauben der christlichen Religion von Grund auf zu untergraben, als einerseits zu beweisen, daß die Mysterien des Glaubens von allen Christen immer geglaubt worden seien, und daß andererseits diese durch gewisse Beweise der rechten Vernunft als Hirngespinste erwiesen werden“17.
Leibniz entwickelt sodann schon in Mainz drei verschiedene Strategien zur Verteidigung der christlichen Mysterien, und zwar mit einem so großen Problembewusstsein, dass er sie noch in der Theodicée gegen alle Arten von Angriffen auf die Mysterien zu nutzen vermag. Das ist erstens die negative Strategie, mit der er allen positiv ausgesprochenen Angriffen auf die Mysterien als widervernünftig begegnet, indem er die Voraussetzungen des Gegners als widersprüchlich oder unzutreffend und damit die Konsequenz als falsch aufzeigt. Diese Strategie ist 16 A II, 12, N. 87, 283 (Leibniz an Arnauld im November 1671). 17 Ebd., 277.
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allerdings nur anwendbar, wenn ein positiver Angriff vorliegt. Lessing hat diese Methode treffend charakterisiert, als er schrieb: „Einer übernatürlich geoffenbarten Wahrheit, die wir nicht verstehen sollen, gereicht diese Unverständlichkeit selbst zu dem undurchdringlichsten Schilde; und man braucht die dialektische Stärke und Behendigkeit eines Leibniz lange nicht zu haben, um mit diesem Schilde alle Pfeile der Gegner aufzufassen. Die Gegner sind es, welchen das Schwerste bei so einem Streite obliegt, nicht die Verteidiger, welche ihren Posten nur nicht mutwillig verlassen dürfen, um ihn zu behaupten. Ehe also noch Leibniz die vorgegebnen unwiderleglichen Einwürfe des Antitrinitariers gesehen hatte, konnte er schon voraus wissen, daß sie nichts weniger als unwiderlegbar sein würden“18.
Diese Strategie wird von Leibniz bereits in seiner Widerlegung der Mysterienkritik des Sozinianers Wissowatius angewandt, aber auch noch in seiner Auseinandersetzung mit Pierre Bayle in der Theodizee19. Die zweite Strategie einer Verteidigung der christlichen Mysterien entwickelt Leibniz gegen jene, die aufgrund der mechanischen Philosophie deren Unmöglichkeit behaupten. Gegen diese Kritiker will Leibniz einen grundsätzlichen metaphysischen Nachweis der Möglichkeit der Mysterien führen, allerdings bei Enthaltung des Urteils darüber, ob Gott das Mysterium auf diese oder eine andere Weise geschehen ließ. In der Entfaltung dieser Strategie besteht m. E. Leibniz’ Metaphysik, deren ersten Entwurf er 1671 in Mainz unter dem Arbeitstitel einer Philosophie des Geistes erarbeitet. Diese Strategie werde ich im nächsten Abschnitt besonders darstellen. Zuvor will ich aber noch die dritte Strategie einer Verteidigung der Mysterien anführen, die Leibniz 1671 besonders gegen jenes Argument ausarbeitete, das Spinoza im Theologisch-politischen Traktat entwickelt hatte. Dort sagte Spinoza, dass wir von den Dingen, die wir nicht verstehen, auch nicht urteilen können, da wir sonst davon sprächen wie ein Papagei oder ein Automat, also ohne Sinn und Verstand. Dieses Argument hielt Leibniz für so schwerwiegend und eigentümlich, dass er ihm noch in den Nouveaux essais sur l’entendement humain einen eigenen Namen gab – Psittazismus, Papageienargument20. Spinoza hat nämlich weder die Falschheit noch die Unmöglichkeit der Mysterien behauptet, sondern nur Urteilsenthaltung gefordert. Gegen diese Kritik eines ungerechtfertigten Glaubens an die Mysterien war Leibniz nun genötigt, die grundsätzliche Unerkennbarkeit der Mysterien abzuschwächen, damit wir doch – anders als Papageien und Automaten – einen Sinn damit verbinden könnten21. 18 Lessing, S. 524–525. 19 Vgl. U. Goldenbaum: „Spinoza’s Parrot, Socinian Syllogisms, and Leibniz’s Metaphysics. Leibniz’s Three Strategies of Defending Christian Mysteries“, in: American Catholic Philosophical Quarterly 76 (2002), H. 4 (Sonderheft Leibniz), S. 551–574. 20 A VI, 6, 186 und 190 (Nouveaux Essais, Teil 2, ch. 21, § 35 und § 37). 21 U. Goldenbaum: „Die ‚Commentatiuncula de judice‘ als Leibnizens erste philosophische Auseinandersetzung mit Spinoza nebst der Mitteilung über ein neuaufgefundenes Leibnizstück“, in: Labora diligenter (= Studia Leibnitiana Sonderhefte 29), M. Fontius, H. Rudolph und G. Smith, Stuttgart 1999, S. 61–127 („Beilage: Leibniz’ Marginalien zu Spinozas Tractatus theo-
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IV. EINE NEUE METAPHYSIK ALS TEIL DER LÖSUNG Es ist aber vor allem die zweite Strategie zur Verteidigung der Mysterien, der allgemeine Beweis der Möglichkeit der Mysterien, an dem Leibniz seit seiner Ankunft in Mainz 1667/8 arbeitete und dessen Gelingen er in seinem Brief an Arnauld im November 1671 stolz verkündete22. Mehr als das, es spricht viel dafür, dass Leibniz’ Reise nach Paris vor allem dem brennenden Wunsch entsprang, seine Lösung dieses die ganze westeuropäische Gelehrtenrepublik in Atem haltenden Problems Antoine Arnauld persönlich vortragen zu können23. Seit seiner Fertigstellung seiner beiden sogenannten physikalischen Schriften, über die abstrakte und die konkrete Bewegung 1670/124, war er überzeugt, die Lösung aller Probleme in Händen zu halten25. Ein erstes Resultat von Leibniz’ neuen Überlegungen, die mechanische Philosophie mit den Mysterien kompatibel zu machen, ist die Confessio naturae contra atheistas vom Frühjahr 166826. Sie enthält den Nachweis, dass die mechanische Philosophie zwar zu Recht von wenigen einfachen Prinzipien ausgehe, nämlich Körper und Bewegung, dass aber diese Prinzipien selber nicht mechanisch zu erklären seien. Nicht die mechanische Philosophie wird so in Frage gestellt, aber ihr Selbstbegründungsanspruch27. Leibniz wollte zeigen, dass unter der Voraussetzung einer homogenen Materie, die sich nur durch eine unterschiedliche Bewegung ihrer Teile zu verschiedenen Körpern verbindet, nicht rein mechanisch erklärt werden kann, wie es zu Körpern einer bestimmten Größe und Form mit einer bestimmten Bewegung kommen kann. Vor allem könne die Kohäsion eines Körpers nicht rein mechanisch erklärt werden. Warum bläst der Wind uns die Hüte vom Kopf, aber nicht den Kopf vom Hals, fragte Leibniz28. Entscheidend ist für ihn von vornherein, dass das bewegende Prinzip des Körpers etwas außer dem Körper sein müsse, nämlich der Geist, die mens29. Zu diesem Zeitpunkt ging Leibniz noch davon aus, dass für die unbeseelten Körper der Geist Gottes das bewegende Prinzip sein müsse, dagegen für die menschlichen Körper die je eigene mens den Körper bewege. Im selben Jahr nimmt Leibniz den Begriff der Substanz wieder auf, und zwar im schon genannten Entwurf zur Transsubstantiation. Er definierte diesen Begriff
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logico-politicus im Exemplar der Bibliotheca Boineburgica in Erfurt, also zu datieren auf 1670–71“). A II, 12, N. 87, 276 (Leibniz an Arnauld im November 1671). „Ich wünsche dies eine, daß ich Gelegenheit bekomme, über ein Argument von solchem Gewicht mit jenem vortrefflichen Arnauld persönlich zu sprechen, dem, dies weiß ich, kaum etwas Angenehmeres vermeldet werden kann“ (A VI, 1, N. 154, 517 [Leibniz, Demonstratio possibilitatis mysteriorum eucharistiae]). Für die Übersetzung danke ich Hansulrich Labuske). Siehe Theoria motus abstracti (A VI, 2, N. 41) und Hypothesis physica nova (A VI, 2, N. 40). A II, 12, N. 87, 276 (Leibniz an Arnauld im November 1671). A VI, 1, N. 13 (Confessio contra Atheistas). Ebd., 490. Siehe A II, 12, N. 28, 102 (Leibniz’ Brief an Oldenburg vom 28. September 1670). A VI, 1, N. 152, 509 (De transsubstantiatione, Paragraph 5).
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in engem Zusammenhang mit dem Begriff des Geistes. Eine Substanz sei ein für sich bestehendes Seiendes [ens per se subsistens], definierte er gut aristotelisch, und dieses habe das Prinzip des Handelns in sich. Das Handeln des Körpers sei Bewegung; aber da der Körper das Prinzip der Bewegung nicht in sich habe, könne er für sich keine Substanz sein, sondern nur zusammen mit dem mitwirkenden Geist. Da, was nicht Substanz ist, Akzidenz sei, der Körper ohne mitwirkenden Geist aber keine Substanz sein könne, so müsse der Körper ohne mitwirkenden Geist Akzidenz oder Gestalt sein. Die Substanz des Körpers aber existiere nur zusammen mit dem mitwirkenden Geist – und könne gewandelt werden, wenn das Mitwirken des Geistes sich wandle oder verändere. Und Leibniz beschloss dieses metaphysische Argument offen theologisch: „Also werden das Brot und der Wein so wie (((gleichsam als))) Körper, wenn der mitwirkende Geist verändert wird (sofern an Stelle des allgemeinen Mitwirkens, das der universale oder göttliche Geist allen Körpern zuteilt, das besondere Mitwirken des Geistes Christi eingesetzt wird [substituitur], der Brot und Wein in den Körper aufnimmt ..,30) in den Körper Christi oder den von Christus angenommenen Körper gewandelt. Was zu beweisen war“31.
Der letzte Nachklapp, „oder den von Christus angenommenen Körper“ ist nicht ganz unerheblich für das Verständnis von Leibniz’ Lösung. Wie sich auch in seinen gleichzeitigen Manuskripten zur Auferstehung und anderen Mysterien zeigt32, sah er gerade im Atomismus der mechanischen Philosophie die Möglichkeit, Körper sich jederzeit neu herstellen zu lassen, solange die substantielle Form des Körpers, der Geist oder die Seele, den Bauplan für die Anordnung der in sich gleichen bzw. indifferenten Atome für einen besonderen individuellen Körper vorzuhalten vermag. Weit entfernt also, zum Aristoteliker zu werden, wegen der Wiederaufnahme der Terminologie von Substanz und Akzidenz, pries Leibniz im Brief an Jakob Thomasius die mechanische Philosophie als quam „das Geschenk Gottes, [das] der im Greisenalter stehenden Welt gegeben worden [sei], gleichsam als das einzige Floß [tabula], auf dem die gottesfürchtigen und weisen Männer sich aus dem Schiffbruch des jetzt hereinstürzenden Atheismus retten werden“33.
Gegenüber dem Protestanten oder in veröffentlichten Texten erwähnte er natürlich nicht, wie hilfreich diese Philosophie zur Rettung auch der Transsubstantiation war. Im selben Brief34 finden wir eine Kritik an Aristoteles’ substantiellen Formen, die Leibniz aber der Scholastik vorwarf, wohingegen es ihm kurioserweise eine Aristoteles weit genauer entsprechende Interpretation zu sein schien, die geometrischen Figuren als Formen der Körper aufzufassen, die aber keine Fähigkeit haben, 30 Die Bearbeiter der Akademieausgabe merken an, dass die Punkte Stellen andeuten, die der Abschreiber (Raspe) ausgelassen hat. 31 A VI, 1, N. 152, 509 (De transsubstantiatione, Paragraph 12). Für die Übersetzung danke ich H. Labuske. 32 Vgl. A II, 12, N. 59, Appendix (De resurrectione corporum); A VI, 1, N. 16 (Defensio trinitatis contra Wissowatium). 33 A II, 12, N. 11, 37 (Leibniz an Jakob Thomasius am 20./30. April 1669). 34 Ebd., 32.
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den Körper zu bewegen. Das klingt zunächst wie eine rein mechanische Reduktion der aristotelischen substantiellen Formen auf geometrische Figuren im Sinne der mechanischen Philosophie; Leibniz legte jedoch in seiner Argumentation zugleich die Grundlage für seine strenge Trennung des bewegten Körpers vom bewegenden Geistes. Es ging ihm auch hier um das Festhalten der mechanischen Philosophie einerseits und eine Erklärung des Geistes als des bewegenden Prinzips der Körper andererseits, im Sinne einer Ergänzung der mechanischen Philosophie, wodurch diese dann erst mit der christlichen Theologie kompatibel werden konnte. In den Schriften von 1668 und bis zum Sommer 1669 definierte er den Körper noch ganz cartesianisch als Raum oder Ausdehnung und die Figur bzw. Form als die Grenzen des Körpers. Der Körper sei in der Lage, bewegt zu werden, aber er habe nicht die Fähigkeit, sich selber zu bewegen. Der Körper könne keine Substanz sein, aber der Raum sei eine Substanz und die Figur bzw. die Form etwas Substantielles. Das Handeln des Körpers bestehe in der Bewegung durch den Raum, das bewegende Prinzip aber sei der Geist, und dessen Handeln bestehe im Denken. Jedoch zeigt sich im Brief an Thomasius vom April 1669 bereits Hobbes’ Einfluss, wenn Leibniz die Geometrie gegenüber Thomasius als eine Wissenschaft im Sinne von Aristoteles verteidigte, weil sie nämlich aus Ursachen erkläre und beweise. Denn, so sagte er mit Hobbes, eine Gerade entstehe aus der Bewegung eines Punktes, Fläche aus der Bewegung der Linie und ein Körper aus der Bewegung einer Fläche, die Geometrie erkläre also aus Ursachen35. Im Sommer 1669 wurde Leibniz sodann aus seinen allgemeinen metaphysischen Spekulationen aufgeschreckt, indem er auf die aktuelle naturwissenschaftliche Diskussion aufmerksam gemacht wurde, genauer auf die Kritik der cartesischen Bewegungsregeln durch Huygens und Wren in den Royal Transactions. Er machte sich sogleich an die Ausarbeitung einer Vermittlung der Auffassungen der beiden Physiker mit der metaphysischen Grundlage Descartes’. Er schrieb einen Aufsatz, in dem er versuchte, zwischen abstrakter und konkreter Bewegung zu vermitteln, ohne dass er bis dahin je ernsthaft Mechanik oder Mathematik studiert hätte. Das würde sich nun ändern, da Leibniz nun verstand, dass der Erfolg seines eigenen Projektes einer Vermittlung der mechanischen Philosophie mit der Offenbarungstheologie von einer solchen Vermittlung der allgemeinen mechanischen Philosophie mit den empirischen Ergebnissen der Mechanik abhing. Da sein Zugang zur Literatur der exakten Naturwissenschaften in Mainz nicht so gut war wie zu anderen Neuerscheinungen, wurden die Werke von Thomas Hobbes Leibniz’ wichtigste Quelle zum Studium der Mathematik der Indivisiblen und der modernen Mechanik. Mit diesem Autor war er bereits vertraut und schätzte ihn vor allem als Logiker, aber auch als Rechtsphilosophen36. Schon in Leipzig hatte er De cive und De corpore gelesen. In Mainz lernte er nun auch den Leviathan, Hobbes’ mathematische Schriften und De homine kennen. Es herrscht heute 35 Ebd., 31. 36 Vgl. A, II,12, N. 49, 153 (Leibniz an Conring im Mai (?) 1671).
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Übereinstimmung darüber, dass Leibniz bei seinen neuen Studien in Mainz dessen Conatusbegriff aufgenommen habe37. Aber das war nicht das unmittelbare Ergebnis der Lektüre von De corpore, wie oft angenommen wird. Dieses Buch hatte er ja bereits in Leipzig gelesen. Aber noch Leibniz’ erster Entwurf einer Antwort auf Wren und Huygens, dessen Arbeiten er immerhin schon für wert befand, in den Philosophical Transactions veröffentlicht zu werden, machte keinerlei Gebrauch vom Conatus, obwohl er klarerweise erneut Hobbes’ De corpore studiert hatte38. Es ist außerordentlich aufschlußreich, dass diese für Leibniz in der Folge so bedeutungsvolle Rezeption von Hobbes’ Begriff des Conatus erst erfolgte, als Leibniz in seinen parallelen Arbeiten zur Philosophie des Geistes, eng verbunden mit seinen offenbarungtheologischen Überlegungen, die große Bedeutung des Conatus in Hobbes’ Theorie der sinnlichen Erkenntnis erkannte. Nach Hobbes entstehen sinnliche Wahrnehmungen in einem Punkt, in dem die entgegengesetzten Conatūs zusammentreffen und auf einander einwirken. Das erst hat Leibniz, der für seine offenbarungstheologischen Schriften den Geist als bewegendes Prinzip der Körper ansehen wollte, und zwar als unzerstörbar, weil in einem unausgedehnten Punkt begriffen, auf Hobbes’ Conatusbegriff aufmerksam gemacht. Das erst hat ihn schließlich dazu vermocht, in den sauren Apfel zu beißen und ernsthaft Mechanik und Mathematik zu studieren, um Hobbes’ mechanische Theorie des Conatus verstehen zu können. Ich habe die Marginalien, die diese Geschichte von Leibniz’ Rezeption des Conatusbegriffs belegen, in mehreren Hobbesausgaben der Boineburgbibliothek gefunden und inzwischen veröffentlicht39. Der Conatus als Bewegung in einem Punkt, der die Sinnesempfindung konstitutiert und damit das Denken ermöglicht, das schien die perfekte Lösung für Leibniz’ Projekt einer Philosophie des Geistes. Dieser überraschende Befund wird auch durch den ironischen Tatbestand bestätigt, dass Leibniz ausgerechnet in seinem Demonstrationum catholicarum conspectus auf Hobbes als philosophische Autorität verweist. Hobbes hatte nämlich argumentiert, dass einige Körper keine Sinnesempfindung zu haben scheinen, weil sie vermutlich kein ausreichendes Gedächtnis für die Sinneseindrücke, die Conatus, hätten, die so nur zeitweilig auf
37 Vgl. H. Bernstein: „Conatus, Hobbes, and the Young Leibniz“, in: Studies in History and Philosophy of Science 11 (1980), S. 25–37; D. Garber: Leibniz. Body, Substance, Monad, Oxford 2009, S. 15–17. Dass Leibniz den Conatus-Begriff von Hobbes rezipiert hat und darüberhinaus auch Hobbes’ Logik, hat zuerst Ferdinand Tönnies herausgestellt, unter Protest von Louis Couturat. Vgl. F. Tönnies: „Leibniz und Hobbes“, in: Philosophische Monatshefte 23 (1887), S. 557–573, (auch: F. Tönnies: Studien zur Philosophie und Gesellschaftslehre im 17. Jahrhundert, hrsg. von E. G. Jacoby, Stuttgart-Bad Cannstatt 1975, S. 151–167) sowie L. Couturat: La logique de Leibniz d’après des documents inédits, Paris 1901, S. 457–472. 38 Vgl. A VI, 2, N. 381 (De rationibus motus). 39 Siehe U. Goldenbaum: „Indivisibilia Vera. How Leibniz came to love Mathematics“, in: Infinitesimal Differences. Controversies between Leibniz and his Contemporaries, ed. by U. Goldenbaum and D. Jesseph, Berlin/New York 2008, S. 53–94 (Appendix: „Leibniz’s Marginalia in Hobbes’ Opera philosophica and De corpore“).
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sie wirkten40. Leibniz formt dieses materialistische Prinzip um als für alle Körper geltend, die deswegen generell keiner Sinneseindrücke fähig seien. Er erklärt unter Berufung auf Hobbes: „omnis sensio reactio durans, v. Hobb., sed haec in corporibus nulla“41. Von da ist es nicht weit zu Leibniz’ berühmter Formulierung in der Theoria motus abstracti, der Körper sei ein momentaner Geist42. In der vollendeten Theoria motus abstracti vom Ende 1670, in den Briefen an Johann Friedrich und an Antoine Arnauld von 1671, bestimmt Leibniz das Wesen des Körpers nicht länger als Ausdehnung, sondern als Bewegung, und das Wesen des Geistes als Conatus, der oder die in einem Punkt bestünden. Ein solcher Punkt sei nicht ausgedehnt, habe aber Teile, weil mehrere Conatus, mehrere Sinnesempfindungen im Punkt zusammenkämen und so das Denken ermöglichten. Diesen Begriff des Geistes führt Leibniz als bewegendes Prinzip in seine Theoria motus abstracti ein, die ganz zu Unrecht als bloß physikalische Theorie angesehen wird. Sie enthält vielmehr die Grundlagen seiner nie vollendeten Philosophie des Geistes, indem sie sicherstellt, dass der Geist aktiv ist und das bewegende Prinzip der Körper bildet. Zugleich vermochte er so Körper und Geist in ihrer Verschiedenheit wie in ihrer gegenseitigen Beziehung zu erklären. Gerade das sah Leibniz als notwendig an, wie er in seiner Kritik an Kenelm Digby betont43. Diesem katholischen, aber mechanischen Philosophen und scharfen Kritiker von Hobbes, mit dessen christlicher Intention Leibniz einig ist, wirft er vor, die Unabhängigkeit des Geistes, der mens, von der mechanischen Bewegung, also das Nicht-Körper-Sein des Geistes, gegen Hobbes nur zu behaupten, jedoch nicht zu erklären, was der Geist sei. Es ist klar, dass alle diese scheinbar der Mechanik oder auch der Mathematik zugehörenden Denkschritte im Weiteren dem Anliegen von Leibniz dienen sollten, eine Metaphysik zu erarbeiten, die sowohl mit der mechanischen Philosophie als auch der Offenbarungstheologie kompatibel sein konnte. Indem Leibniz damit zugleich die Theorie der konkreten Bewegung vorlegt und so auch die empirisch feststellbaren Bewegungen der Körper in Übereinstimmung mit den abstrakten Regeln der Bewegung erklären kann, für ihn die wirkliche „Ökonomie Gottes“ in dieser Welt44, hielt er sein Unternehmen spätestestens seit Anfang 1671 mit der Veröffentlichung seiner beiden scheinbar rein physikalischen Schriften für geglückt, auch wenn die Details noch auszuarbeiten sein würden. Mit seinen in der Theorie der abstrakten Bewegung vorgelegten Definitionen zum Geist, der seinen Platz im unausgedehnten Punkt hat, der als Conatus das bewegende Prinzip ist, und zum Körper, der erst konstituiert wird 40 Vgl. „De corpore“, Kap. 25, § 5, in: Th. Hobbes: Opera philosophica quae latine scripsit, ed. by W. Molesworth, London 1839, Bd. 1, S. 320–321. 41 A VI, 1, N. 14, 495. 42 A VI, 2, N. 41, 266 (Fundamenta praedemonstrabilia 17). 43 Vgl. A II, 12, N. 59, 180–181(Leibniz für Herzog Johann Friedrich, § 10). 44 Leibniz verwendet den Begriff der Ökonomie der Dinge durchaus im theologischen Sinn als einer universalen Ökonomie Gottes zum Erreichen seines Heilsplans, vgl. z. B. die Hypothesis physica nova in A VI, 2, N. 40, 243 (§ 46).
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durch eine Folge von Conatus, kann er nun auch eine mögliche Erklärung der Möglichkeit mehrerer der umstrittenen christlichen Mysterien geben, vor allem für das brisante Problem der Transsubstantiation. Die Hochstimmung über die nun gefunden geglaubte metaphysische Lösung der m. E. für Leibniz entscheidenden Fragestellung kommt in den oben erwähnten überaus euphorischen Erklärungen an Antoine Arnauld im November 1671 klar zum Ausdruck. Leibniz sah Arnauld als einen Mann, der wie er selbst an einer Auflösung der Spannung zwischen mechanischer Philosophie und der Verteidigung der christlichen Mysterien interessiert war. Er kannte ihn auch als einen Anhänger Descartes’, der sich dennoch mit dem cartesischen Vorschlag einer Erklärung der Transsubstantiation nicht zufrieden geben konnte. Von daher hatte Leibniz zu Recht die große Hoffnung, dass Arnauld die Bedeutung der von ihm gefundenen Lösung wahrhaft würdigen werde und seinen Einfluß im Sinne dieser Lösung, unabhängig von konfessionellen Bedenken und trotz seiner Anhängerschaft zu den Cartesianern, geltend machen würde. Er beschwor Arnauld geradezu, dem Cartesianismus abzusagen, um seine Philosophie zu unterstützen, die allein die Vereinbarkeit von Mechanismus und christlicher Offenbarungstheologie zu leisten vermöge: „Denn wer glaubt, daß die Wesenheit eines Körpers in der Ausdehnung besteht, wird der jemals glauben, ein Körper könne sich einer fremden Ausdehnung unterziehen, unter Bewahrung seiner Substanz? [Eben das sollte aber in der Transsubstantiation geschehen!] Daher wurden alle Gegendarstellungen des Descartes für vorgeschoben und mit den Tatsachen im Widerspruch stehend erachtet. Das Urteil des Jesuitenordens und der meisten Orden über Descartes ist dasselbe; die Philosophie des Descartes wird von ihnen als eine Pest ihrer Religion angesehen“45.
Es ist hier ganz offensichtlich, dass Leibniz’ Kritik an Descartes’ Begriff der res extensa als einer Substanz vor allem durch die klare Inkompatibilität mit der Transsubstantiation motiviert war, was oft nicht gesehen wird. Dagegen empfahl sich Leibniz dem katholischen Theologen und Cartesianer, da er diese Aufgabe einer Vereinigung von mechanischer Philosophie und Offenbarungstheologie „letztendlich mit Glück vollbracht“ habe: „Nachdem ich nämlich zunächst begriffen hatte, daß die Wesenheit eines Körpers nicht in der Ausdehnung besteht, was Descartes geglaubt hatte, ein sonst unstreitig großer Mann, sondern in der Bewegung, und daß daher die Substanz eines Körpers bzw. seine Natur, was auch mit der Definition des Aristoteles übereinstimmt, das Prinzip der Bewegung ist (es gibt nämlich in den Körpern keine absolute Ruhe); daß aber das Prinzip der Bewegung bzw. die Substanz eines Körpers der Ausdehnung ermangelt, – da endlich zeigt sich in aller Klarheit, was die Substanz von den äußeren Gestalten [species] unterscheidet, und der Grund wurde gefunden, durch den klar und deutlich erkannt werden kann, daß Gott bewirkt, daß die Substanz desselben Körpers an vielen auseinanderliegenden Orten ist oder, was dasselbe ist, unter vielen äußeren Gestalten [species]“46. 45 A II, 12, 277 (Leibniz an Arnauld, November 1671). Für die Übersetzung danke ich H. Labuske. 46 Ebd., S. 281; für die Übersetzung danke ich H. Labuske.
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Damit war klar, dass diese „mechanische Theorie“ auch eine mögliche theoretische Erklärung für die Mysterien der Eucharistie, also der Transsubstantiation oder der Realpräsenz, wie auch der Inkarnation und der Auferstehung bieten konnte. Durch diesen der Vernunft eines jeden zugänglichen allgemeinen Nachweis der Möglichkeit der Mysterien sah Leibniz aber zugleich auch die Grundlage für eine Reunion der christlichen Kirchen gegeben. V. ERGEBNIS Es ist mindestens für unparteiische Betrachter offensichtlich, dass Leibniz’ offenbarungstheologische Schriften, ja sogar seine Metaphysik selbst, eine ausgezeichnete Grundlage für ökumenische Bestrebungen der christlichen Kirche darstellten, ja aller Kirchen, die den Begriff der Liebe des Mitmenschen ins Zentrum ihrer Lehre stellen. Von daher muss natürlich die kirchenpolitische Bedeutung von Leibniz’ Arbeiten ernst genommen werden. Ebenso ist klar, dass Leibniz, im Sinne einer Annäherung der Kirchen, um eine rationale Begründung der christlichen Lehre und also um eine Ausarbeitung der natürlichen Theologie bemüht war. Ungeachtet dessen bleibt festzuhalten, dass Leibniz an der christlichen Offenbarungstheologie festgehalten und ihre Doktrinen als widerspruchsfrei gerechtfertigt hat. Nicht weniger als eine ganz neue Metaphysik wurde von Leibniz aufgeboten, um sowohl die Möglichkeit der christlichen Mysterien beweisen als auch die Wahrheit der natürlichen Religion und der Grundlagen der modernen Physik erweisen zu können. Weit entfernt, dass die Offenbarungstheologie ein randständiges Problem für Leibniz gewesen sei, dem er sich nur in Anpassung an vorherrschende Meinungen oder aber aufgrund pragmatisch-politischer Interessen zugewendet hätte, wurde Leibniz überhaupt erst zum Metaphysiker und selbst zum Mathematiker47, weil er die christliche Offenbarungstheologie mit der modernen Wissenschaft kompatibel machen wollte, – um glauben zu können und zugleich die freie Entwicklung der Wissenschaft zu garantieren.
47 Heinrich Schepers konstatiert sehr treffend: „Das überhaupt kennzeichnet Leibniz’ Rationalismus, daß er um der Theologie willen Mathematiker geworden ist“ (H. Schepers: „Leibniz“ [Art.], in: Religion in Geschichte und Gegenwart, Bd. 4, Tübingen 31960, Sp. 291–294, hier S. 292).
ROJAS Y SPINOLA, MOLANUS UND LEIBNIZ − DIE (RE-)UNIONSVERHANDLUNGEN UND IHR SCHEITERN Matthias Schnettger (Mainz) Der folgende Beitrag skizziert die (Re-)Unionsverhandlungen des Rojas y Spinola und geht den Gründen dafür nach, warum sie einerseits überhaupt stattfanden und andererseits dann doch scheiterten. Seine Funktion im Rahmen dieses Sammelbandes ist es, die Leibniz’schen Positionen und Bestrebungen in einen weiteren historischen Kontext einzuordnen. Für diese Aufgabe kann er neben älteren Arbeiten und gedruckten Quellen1 insbesondere auf die neuen Studien von Karin 1
Als wichtige ältere und neuere Studien zu Rojas y Spinola und seinen Reunionsbemühungen seien genannt: H. Landwehr: „Spinolas Unionsbestrebungen in Brandenburg“, in: Märkische Forschungen 20 (1887), S. 234–241; G. Haselbeck: „Der Ireniker P. Christoph de Rojas y Spinola. Nach Originaldokumenten“, in: Der Katholik, Folge 4, 11 (1913), S. 385–405; Folge 4, 12 (1913), S. 15–37; ders.: „Die Stellung des Irenikers P. Christoph de Rojas y Spinola O. F. M. zur Orthodoxie“, in: Franziskanische Studien 1 (1914), S. 18–36; G. Menge: „Zur Biographie des Irenikers Spinola“, in: Franziskanische Studien 2 (1915), S. 1–62; Ph. Hiltebrandt: Die kirchlichen Reunionsverhandlungen in der zweiten Häfte des 17. Jahrhunderts. Ernst August von Hannover und die katholische Kirche (= Bibliothek des Preußischen Historischen Instituts in Rom 14), Rom 1922; R. Ceñal: „Leibniz y Cristóbal de Rojas y Spinola“, in: Revista de filosofia 5 (1946), S. 374–417; I. Bog: „Christoph de Royas y Spinola und die deutschen Reichsstände. Forschungen zu den Reichseinigungsplänen Kaiser Leopolds I.“, in: Jahrbuch für Fränkische Landesforschung 14 (1954), S. 191–234; S. J. T. Miller: „Spinola and the Lutherans 1674–95“, in: Festgabe Joseph Lortz, Bd. 1: Reformation. Schicksal und Auftrag, hrsg. von E. Iserloh und P. Manns, Baden-Baden 1958, S. 419–445; ders./J. P. Spielman: Cristóbal Rojas y Spinola, Cameralist and Irenicist (= Transactions of the American Philosophical Society 52,5). Philadelphia 1962; H. Tüchle: „Neue Quellen zu den Reunionsverhandlungen des Bischofs Spinola und seines Nachfolgers“, in: Einsicht und Glaube. Gottlieb Söhngen zum 70. Geburtstag am 21. Mai 1962, hrsg. von J. Ratzinger/H. Fries, Freiburg i. Br./Basel/Wien 1962, S. 405–437; H. Raab: „‚De negotio Hannoveriano Religionis‘. Die Reunionsbemühungen des Bischofs Christoph de Rojas y Spinola im Urteil des Landgrafen Ernst von Hessen-Rheinfels“, in: Volk Gottes. Zum Kirchenverständnis der katholischen, evangelischen und anglikanischen Theologie. Festgabe für Joseph Höfer, hrsg. von R. Bäumer und H. Dolch, Freiburg i. Br./Basel/Wien 1967, S. 395–417. Auch in: ders.: Reich und Kirche in der frühen Neuzeit. Ausgewählte Aufsätze (= Freiburger Veröffentlichungen aus dem Gebiete von Kirche und Staat 28), Freiburg i. d. Schweiz 1989, S. 95–117; K. Müller: „Korrespondenten von G. W. Leibniz. 2. Cristobal de Rojas y Spinola“, in: Studia Leibnitiana 2 (1970), S. 284–297; G. Utermöhlen: „Eine unbekannte Schrift des Bischofs de Rojas y Spinola. Syncera relatio circa statum reunionis ecclesiasticae, 1692“, in: Studia Leibnitiana 4 (1972), S. 267– 270; dies.: „Die irenische Politik der Welfenhöfe und Leibniz’ Schlichtungsversuch der Kontroverse um den päpstlichen Primat“, in: Religion und Religiosität im Zeitalter des Barock, hrsg.
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Masser2 und András Forgó3, die vor wenigen Jahren die vatikanischen, Wiener und ungarischen Archive noch einmal systematisch durchforstet und dabei einige bisher unbekannte Quellen zutage gefördert haben, zurückgreifen. Ferner fließen ältere Überlegungen des Verfassers zu diesem Gegenstand ein4. Der Beitrag ist thesenartig aufgebaut und beleuchtet in analytischer Trennung unterschiedliche Aspekte der (Re)Unionsverhandlungen, um so das Ziel einer Kontextualisierung, die über eine Nacherzählung der Ereignisse hinausgeht, zu erreichen. Ausgeklammert wird die im engeren Sinne theologische Dimension der Problematik; für diesen Aspekt sei summarisch auf die Ausführungen von Masser verwiesen5. Zunächst noch eine Vorbemerkung zur Terminologie: In der Literatur findet man für die Bestrebungen des Rojas y Spinola sowohl die Bezeichnung „Unionsverhandlungen“6 als auch „Reunionsverhandlungen“7, die vielfach synonym verwendet werden. Ich habe an anderem Ort bereits dargelegt, dass ich hier einen Unterschied sehe: Auf katholischer Seite (und auch bei Rojas y Spinola) ging es in aller Regel um eine Reunion im Sinne einer Wiedereingliederung der Abgefallenen in die römisch-katholische Universalkirche. Der Begriff „Union“ impliziert
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von D. Breuer u. a., Bd. 1, (= Wolfenbütteler Arbeiten zur Barockforschung 25), Wiesbaden 1995, S. 191–200; K. O. Freiherr von Aretin: Das Alte Reich 1648–1806, Bde. 1–4, Stuttgart 1993–2000, hier: Bd. 1: Föderalistische oder hierarchische Ordnung (1648–1684), S. 325– 338; ders.: „Die Verhandlungen des Bischofs von Wiener Neustadt, Christoph de Rojas y Spinola, um die Vereinigung der lutherischen Konfession mit der katholischen Kirche“, in: Munera parva. Studi in onore di Boris Ulianich, hrsg. von G. Luongo, Bd. 2: Età moderna e contemporanea (= Fridericiana varia 5), Neapel 1999, S. 967–983; M. Ohst: „Späte Helmstedter Irenik zwischen Politik und Theologie“, in: Jahrbuch der Gesellschaft für niedersächsische Kirchengeschichte 92 (1994), S. 139–170; H. Otte/R. Schenk (Hrsg.): Die Reunionsgespräche im Niedersachsen des 17. Jahrhunderts. Rojas y Spinola – Molan – Leibniz (= Studien zur Kirchengeschichte Niedersachsens 37), Göttingen 1999; H. Duchhardt/G. May (Hrsg.): Union – Konversion – Toleranz. Dimensionen der Annäherung zwischen den christlichen Konfessionen im 17. und 18. Jahrhundert (= Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz, Beiheft 50), Mainz 2000; H. Klueting (Hrsg.): Irenik und Antikonfessionalismus im 17. und 18. Jahrhundert (= Hildesheimer Forschungen 2), Hildesheim u. a. 2003. K. Masser: Christóbal Gentil de Rojas y Spinola O. F. M. und der lutherische Abt Gerardus Wolterius Molanus. Ein Beitrag zur Geschichte der Unionsbestrebungen der katholischen und evangelischen Kirche im 17. Jahrhundert (= Reformationsgeschichtliche Studien und Texte 145), Münster 2002. A. Forgó: Kirchliche Einigungsversuche in Ungarn. Die Unionsverhandlungen Rojas y Spinolas in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts (= Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz 212: Abteilung für Abendländische Religionsgeschichte), Mainz 2007. M. Schnettger: „Kirchenadvokatie und Reichseinigungspläne. Kaiser Leopold I. und die Reunionsbestrebungen Rojas y Spinolas“, in: Duchhardt/May (Hrsg.): Union, S. 139–169; ders.: „Katholisch-protestantische (Re-)Unionsbestrebungen im Reich in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Voraussetzungen – Initiativen – Hindernisse“, in: Klueting: Irenik, S. 91–116. Masser: Rojas y Spinola, bes. S. 235–294, 360–395. Z. B. bei Masser: Rojas y Spinola; und Forgó: Einigungsversuche. Z. B. bei Hiltebrandt: Reunionsverhandlungen; Tüchle: „Quellen“.
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hingegen die Vereinigung zweier prinzipiell gleichberechtigter Kirchen – dieses Konzept war selbstverständlich für die Protestanten wesentlich attraktiver8. I. CRISTÓBAL DE ROJAS Y SPINOLA Der in den Niederlanden geborene Franziskanermönch und Bischof spanischer Herkunft mit Wirkungsschwerpunkt in den Ländern der österreichischen Habsburger gehört zu den schillerndsten und umstrittensten Persönlichkeiten des 17. Jahrhunderts. Wie er in den Quellen und der Forschungsliteratur bewertet wird, ist nicht zuletzt durch die unterschiedliche Einschätzung seiner Reunionsverhandlungen bedingt. Dass Rojas zunächst als Gesandter Philipps IV. von Spanien in Kontakt mit dem Wiener Hof kam und dann in dessen Dienste trat, ist für das 17. Jahrhundert nicht außergewöhnlich, auch nicht, dass er, ohne ein förmliches Ministeramt innezuhaben, über beachtlichen Einfluss bei Hof verfügte, der ursprünglich auf seine engen Beziehungen zum Erzieher und Ersten Minister Leopolds I. (*1640, reg. 1657/58–1705) Johann von Portia und seine Stellung als Beichtvater der ersten Gemahlin des Kaisers, Margarethe Theresia von Spanien, zurückging. Auf derselben Linie liegt, dass er 1666 zum Titularbischof9 ernannt, nach dem Tod der Kaiserin († 1673) mit der einträglichen Pfarre Hainburg als Pfründe bedacht (1675) und 1685 für seine Dienste von Leopold I. mit dem Miniaturlandesbistum Wiener Neustadt belohnt wurde10. Dass ein Geistlicher als kaiserlicher Gesandter eingesetzt wurde, war ebenfalls nicht ungewöhnlich, denn eine Professionalisierung des diplomatischen Dienstes hatte in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts allenfalls erst in Ansätzen stattgefunden. Immer noch war es durchaus üblich, dass ein Fürst persönliche Vertrauensmänner an andere Höfe entsandte; dabei konnte es sich neben Geistlichen auch um Maler oder Musiker handeln – eines der bekanntesten
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Vgl. Schnettger: „Kirchenadvokatie“, S. 140; ders.: „(Re-)Unionsbestrebungen“, S. 91–92. Ähnlich auch W.-F. Schäufele: „Unionen III. Unionen der protestantischen Kirchen mit der römisch-katholischen Kirche (vor allem im 17. und 18. Jahrhundert)“ [Art.], in: Theologische Realenzyklopädie 34 (2002), S. 319–323, hier: S. 319. 9 Von dem in partibus infidelium gelegenen Knin (Tina) in Kroatien 1667 erhielt er als Versorgungsbasis zusätzlich die Pfarre Hartberg in der Steiermark. Vgl. Masser: Rojas y Spinola, S. 97. 10 Mit den Bistümern Wien und Wiener Neustadt wurden nicht selten verdiente Geistliche bedacht, die in einer engen Beziehung zum Hof standen. Das bekannteste Beispiel ist wohl der Erste Minister Kaiser Matthias’ Melchior Khlesl (1552–1630, Bischof von Wien seit 1598); vgl. J. Rainer: „Klesl, Melchior“ [Art.], in: Neue Deutsche Bibliographie (NDB) 12 (1980), S. 51–52. Für Wiener Neustadt wäre zu nennen der unmittelbare Vorgänger und Gegenspieler Rojas y Spinolas, Leopold Karl von Kollonitsch (1631–1707, Bischof von Wiener Neustadt 1670–1685, später Bischof von Raab [1685], Kardinal [1686], Erzbischof von Kalocsa [1689] und 1695 Erzbischof von Gran sowie Primas von Ungarn); vgl. F. Menges: „Kollonitsch, Leopold“ [Art.], in: NDB 12 (1980), S. 467–469.
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Beispiele ist der Zeitgenosse Rojas y Spinolas, der Geistliche, Komponist, Diplomat und Staatsmann Agostino Steffani (1654–1728)11. Vieles spricht jedoch dafür, dass die Rolle Rojas y Spinolas über die eines bloßen Instruments seines Herrn weit hinausging, dass ihm die Reunion der getrennten Kirchen ein persönliches Anliegen war, für das er sich mit aller Kraft einsetzte, dass er also nicht bloß ein Höfling im geistlichen Gewand war, der die Reunionsverhandlungen nur als ein Mittel nutzte, um seine eigene Karriere zu fördern. Zwar wurde infolge des Abbruchs der Einigungsgespräche nach 1683 am hannoverschen Hof darüber spekuliert, es sei Rojas nur um den Gewinn einer fetteren Pfründe gegangen, die er mit dem Bistum Wiener Neustadt nun erlangt habe, doch 1688 wies Leibniz nach einem Besuch in Wiener Neustadt alle diesbezüglichen Verdächtigungen zurück12. Auch sein trotz Alter und Krankheit lebhaftes Engagement noch in den 1690er Jahren spricht für den außerordentlichen Stellenwert, den das Anliegen der Reunion für Rojas besaß. Freilich war er durch seinen Status als kaiserlicher Minister in besonderer Weise auch an politische Vorgaben gebunden, seien es die großen europäischen Konjunkturen, sei es die Entwicklung der Kräfteverhältnisse am Wiener Hof13. II. DIE ROLLE DES RÖMISCHEN KAISERS Die meist verkürzend als „deutsche Kaiser“ bezeichneten Kaiser der Neuzeit führten den vollständigen Titel „Erwählter Römischer Kaiser“, und dieser Titel entsprach auch ihrem Selbstverständnis. Unabhängig von den realen machtpolitischen Verhältnisse beanspruchte der Kaiser die Stellung des weltlichen Hauptes der Christenheit, und zumindest ein Ehrenvorrang wurde ihm auch von den anderen christlichen Fürsten zugestanden. Als Römischer Kaiser und Advocatus Ecclesiae gehörte die Sorge für den rechten Glauben zu seinen vornehmsten Aufgaben14. Dies konnte auf ein Ausmerzen der Ketzerei hinauslaufen, wie dies Karl V. 11 Zu ihm vgl. C. Kaufold: Ein Musiker als Diplomat. Abbé Agostino Steffani in hannoverschen Diensten (1688–1703) (= Veröffentlichungen des Instituts für Historische Landesforschung der Universität Göttingen 36), Bielefeld 1997. 12 „[…] ego non aliter judicare possum, quam injurias Optimo Viro suscipiones fuisse, quibus post Episcopatum Neostadiensem impetratum omnem rei irenicae curam abjecisse insimulabatur“ (A I, 5, N. 85, 189; Leibniz an Molanus [Wien 1688 VII zwischen 9 und 23]). 13 So wurde Rojas y Spinola von dem unter anderem durch den Tod des Wiener Bischofs Sinelli (1683) und der Kaiserinwitwe Eleonore Gonzaga (1686) bedingten Bedeutungsverlust der spanischen ‚Partei‘ am Wiener Hof Mitte der 1680er Jahre getroffen, denn dieser stand er schon von seiner Herkunft her nahe. Vgl. Schnettger: „Kirchenadvokatie“, S. 154. 14 Zur frühneuzeitlichen Kirchenadvokatie vgl. R. Reinhardt: „Advocatia ecclesiae“ [Art.], in: Lexikon für Theologie und Kirche (LThK3)1 (1993), Sp. 175; A. P. Luttenberger: „Kirchenadvokatie und Religionsfriede: Kaiseridee und kaiserliche Reichspolitik im 16. und 17. Jahrhundert“, in: Legitimation und Funktion des Herrschers. Vom ägyptischen Pharao zum neuzeitlichen Diktator (= Schriften der Mainzer Philosophischen Fakultätsgesellschaft 13), hrsg. von R. Gundlach und H. Weber, Stuttgart 1992, S. 185–232; B. M. Kremer: „Die Diskussion
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in den Anfängen der Reformation versucht hatte, oder auch auf eine Vereinigung des zusammengehörigen Getrennten, wovon die Religionsgespräche des 16. Jahrhunderts Zeugnis ablegen15. Auch nachdem man sich im Augsburger Religionsfrieden von 1555 und endgültig im Westfälischen Frieden 1648 unter Ausklammerung der theologischen Wahrheitsfrage auf ein dauerhaftes Nebeneinander zweier bzw. dreier erlaubter christlicher Konfessionen im Reich eingerichtet hatte, blieb die Wiederherstellung der Einheit ein Desiderat, und hier war nach eigenem Verständnis der Kaiser in besonderer Weise gefordert, der zwar einerseits einer der Führer des Corpus Catholicorum war, zugleich aber auch eine Stellung über den Parteien beanspruchte, um so zu einer Integrationsfigur und zum wirklichen Oberhaupt des ganzen Reichs werden zu können. Dieses Bedürfnis war bei Leopold I. besonders ausgeprägt. Seine Kaiserwahl im Sommer 1658 nach einem eineinvierteljährigen Interregnum war eine der schwierigsten der gesamten Frühen Neuzeit, da sein im April 1657 verstorbener Vater Ferdinand III. in den letzten Lebensjahren durch einen Konfrontationskurs gegenüber Schweden und Frankreich unter den Reichsständen beider Konfessionen Befürchtungen geweckt hatte, er werde die Friedensordnung von 1648 in Gefahr bringen16. Das Misstrauen, das dem jungen Habsburger aus dem Reich entgegenschlug, kam deutlich in der Gründung des Ersten Rheinbundes wenige Tage nach der Kaiserwahl zum Ausdruck. Erst als seit den 1660er Jahren immer deutlicher wurde, dass die Gefährdung des Friedens und der Freiheit der Reichsstände nicht mehr von den Habsburgern ausging, sondern von Ludwig XIV. von Frankreich, und zugleich in den beiden Türkenkriegen von 1663/64 und vor allem 1683– 1699 der kaiserliche Nimbus als eines Verteidigers der Christenheit gegen die Ungläubigen neuen Glanz erhielt, konnte Leopold I. ernsthaft daran gehen, das Reich hinter sich zu versammeln. Tatsächlich wurde er zu der Integrationsfigur des Reiches. Zu seinem Programm der Reichseinigung unter kaiserlichen Vorzeichen
um die geistlichen Rechte des Kaisers im 18. Jahrhundert“, in: Zeitschrift der SavignyStiftung für Rechtsgeschichte, Kanonistische Abteilung 117 [86] (2000), S. 446–498, hier: S. 452–457; sowie Schnettger: „Kirchenadvokatie“, bes. S. 142–144. Dank der stets katholischen Mehrheit im Kurkolleg wurden die frühneuzeitlichen Kaiser auch in ihrer Wahlkapitulation stets auf den Schutz der Kirche und des Heiligen Stuhls verpflichtet. 15 Den Stellenwert des Wiedervereinigungsgebots der Konfessionen im Rahmen der Reichsverfassung hat behandelt M. Heckel: „Die Wiedervereinigung der Konfessionen als Ziel und Auftrag der Reichsverfassung im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation“, in: Otte/Schenk (Hrsg.): Reunionsgespräche, S. 15–38. Vgl. auch Ch. A. Stumpf: „Das Reichsrecht und die Wiedervereinigung der Konfessionen in verfassungshistorischer Perspektive“, in: Klueting (Hrsg.): Irenik, S. 39–54. 16 Vgl. M. Schnettger: Der Reichsdeputationstag 1655–1657/63. Kaiser und Stände zwischen Westfälischem Frieden und Immerwährendem Reichstag (= Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte 24), Münster 1996, S. 111–170.
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gehörte neben der Bündelung der militärischen und wirtschaftlichen Kräfte der Reichsstände auch die Beseitigung der konfessionellen Spaltung17. Man kann davon ausgehen, dass die Frage der Kirchenvereinigung für Leopold I., einen der prononciertesten Vertreter der sprichwörtlichen „Pietas austriaca“, nicht bloß ein Politikum, sondern auch eine Gewissensfrage war. Eines der wenigen Wiener Dokumente, die überhaupt zu den Unternehmungen Rojas y Spinolas vorliegen, ist nicht zufällig ein Theologengutachten zu der „Secreta Relatio“ von 1690:18 Es war dem Kaiser wichtig, von berufener Seite feststellen zu lassen, ob diese Verhandlungen legitim waren und nicht seinem katholischen Glauben zuwiderliefen, der für Leopold niemals zur Disposition stand. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass er teilweise parallel zu den Bemühungen Rojas y Spinolas andere Wege zur Lösung des Protestantenproblems – und zwar keineswegs irenische – in seinen Erblanden verfolgte19. Dass er die Reunionsinitiativen Rojas y Spinolas aufgriff, war also nur eine mögliche Handlungsoption. Für wie heikel Leopold I. die Reunionsgespräche hielt, belegt die nur sehr vorsichtige Unterstützung Rojas y Spinolas, den er in den 1670er Jahren zunächst nur in recht allgemeiner Form zu den Verhandlungen in Religionsdingen bevollmächtigte. Bei der Romreise 1683/84 gab er Rojas immerhin den einflussreichen Jesuitenpater Friedrich (Lüdinghausen-)Wolff zur Unterstützung mit20. Erst in der letzten Phase der Verhandlungen in Ungarn trat der Habsburger offen als Rojas’ Auftraggeber hervor, als er 1691 dessen Bemühungen durch ein im Druck verbreitetes Patent unterstützte21. Er verfolgte das Reunionsprojekt sogar über den Tod des Bischofs hinaus, indem er dessen Nachfolger auf dem Stuhl von Wiener Neustadt Franz Anton von Buchheim mit der Fortsetzung der Verhandlungen beauftragte22.
17 Zur Person Leopolds I. und seiner Regierung vgl. J. Bérenger: Léopold Ier (1640–1705). Fondateur de la puissance autrichienne (= Perspectives Germaniques), Paris 2004; Aretin: Das Alte Reich, Bd. 1, passim; Bd. 2, S. 15–137 (mit einem Akzent auf der Reichspolitik); prägnant zusammenfassend auch A. Schindling: „Leopold I. (1658–1705)“, in: Die Kaiser der Neuzeit 1519–1918. Heiliges Römisches Reich, Österreich, Deutschland, hrsg. von A. Schindling/Walter Ziegler, München 1990, S. 169–185; zur Selbstdarstellung Leopolds I. M. Goloubeva: The Glorification of Emperor Leopold I in Image, Spectacle and Text (= Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte 184: Abteilung für Universalgeschichte), Mainz 2000; J. Schuhmann: Die andere Sonne. Kaiserbild und Medienstrategien im Zeitalter Leopolds I. (= Colloquia Augustana 17), Berlin 2003. 18 Vgl. Schnettger: „Kirchenadvokatie“, S. 159–160. 19 Hier ist insbesondere die gegenreformatorischen Bemühungen in Ungarn zu denken. Siehe unten Abschnitt 7. 20 Vgl. Schnettger: „Kirchenadvokatie“, S. 153; Masser: Rojas y Spinola, S. 317. 21 Vgl. Schnettger: „Kirchenadvokatie“, S. 161–162; Forgó: Einigungsversuche, S. 128–131; Masser: Rojas y Spinola, S. 348–349. 22 Zu den Reunionsverhandlungen Buchheims vgl. Masser: Rojas y Spinola, S. 398–408 (mit Verweisen auf die ältere Literatur).
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III. DIE ROLLE DER KURIE Wenn für den Kaiser die Kircheneinheit ein hohes Gut war, zugleich aber feststand, dass die Substanz des katholischen Glaubens durch eine Vereinigung der getrennten Kirchen nicht beeinträchtigt werden durfte, war das in noch viel höherem Maße für die römische Kurie der Fall. Auch der päpstliche Primat konnte aus römischer Perspektive nicht zur Debatte stehen. Insofern war die Rückführung der Protestanten in den Schoß der Kirche zwar höchst verdienstvoll und ein wichtiges Anliegen, das aber zugleich mit größter Vorsicht angefasst werden musste. Nicht zuletzt war darauf zu achten, dass die katholischen Fürsten keine Alleingänge wagten und dass sich nicht eine Dynamik entwickelte, die sich der Kontrolle des Heiligen Stuhls entzog. Dieselben Maximen hatten die Kurie schon in ihrer Konzilspolitik im 16. Jahrhundert geleitet23. Im 17. Jahrhundert hatte sie sich zudem längst auf den faktischen Verlust weiter Teile Europas an den Protestantismus eingestellt, die man allenfalls durch Mission nach und nach zurückzugewinnen hoffen konnte24. Zudem ist zu betonen, dass aus römischer Perspektive eine Kirchenunion nicht zur Debatte stand. Diese wäre allenfalls mit den in kurialen Augen schismatischen Ostkirchen25, nicht aber mit den protestantischen „Häretikern“ denkbar gewesen, die aufgrund der mangelnden apostolischen Sukzession mit Ausnahme der Anglikaner zudem gar keine Kirchen darstellten. Für diese kam also nur eine Reunion im Sinne der Rückkehr in den Schoß der wahren Kirche in Frage, indem sie sich dem Heiligen Stuhl unterwarfen und ihren Irrtümern widersagten26. Um 23 Zur kurialen Konzilspolitik und zum langen Zögern vor der Berufung des Trienter Konzils vgl. H. Jedin: Geschichte des Konzils von Trient, Bd. 1: Der Kampf um das Konzil, Freiburg u. a. 31977. 24 Hier ist insbesondere an die Gründung der Propagandakongregation 1622 zu nennen, der neben Nord- auch weite Teile Mitteleuropas unterstellt wurden. Vgl. H. Tüchle (Hrsg.): Acta SC de Propaganda Fide Germaniam spectantia. Die Protokolle der Propagandakongregation zu deutschen Angelegenheiten 1622–1649, Paderborn 1962. 25 Auch hier bestanden natürlich Lehrdifferenzen, die sich jedoch in vergleichsweise engen Grenzen hielten. Eine Union mit dem Patriarchat Konstantinopel, die freilich de facto auf eine Unterordnung der Orthodoxen hinauslief, war im Spätmittelalter mehrfach versucht und de iure auch vollzogen worden, letztlich aber gescheitert. Vgl. M.-H. Congourdeau/J. Richard: „Die Beziehungen zwischen den Kirchen des Ostens und des Westens: Die Probleme der Vereinigung“, in: Die Geschichte des Christentums. Religion – Politik – Kultur, Bd. 6 (Mittelalter 3), hrsg. von J.-M. Mayeur u. a., Freiburg i.Br./Basel/Wien 22007, S. 812–839. Erfolgreich war hingegen die räumlich begrenzte Union von Brest 1596. Vgl. B. A. Gudziak: Crisis and reform. The Kyivan metropolitanate, the patriarchate of Constantinople, and the genesis of the Union of Brest (= Harvard Series in Ukrainian Studies), Cambridge, Mass. 2001. Zahlreiche weitere Unionen mit Ostkirchen gab es dann seit dem 17./18. Jahrhundert, wie mit den Chaldäern im Zweistromland und den Maroniten im Libanon. 26 Zum Unterschied zwischen Häresie und Schisma vgl. A. Schindler: „Häresie ist die hartnäckige Leugnung einer Wahrheit, die nach göttlichem und katholischem Glauben anzunehmen ist, oder der hartnäckige Zweifel an einer derartigen Glaubenswahrheit. […] Schisma ist die Verweigerung der Unterwerfung unter den Papst oder die Verweigerung der Gemeinschaft mit den
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ihnen diesen Weg zu erleichtern, war es prinzipiell möglich, ihnen begrenzte Zugeständnisse zu machen, wie etwa die Kommunion sub utraque specie, aber auch hier war die Kurie im Allgemeinen zurückhaltend und tendierte um 1700 zu einer stärkeren Normierung, wie sich wenig später in dem Vorgehen gegen die Jansenisten und in der Entscheidung des chinesischen Ritenstreits gegen die jesuitischen Inkulturationsmethoden erwies27. Im 17. und 18. Jahrhundert setzte die Kurie im Umgang mit dem Protestantenproblem vor allem auf Konversionen und unternahm hierzu bemerkenswerte Anstrengungen28. Einen besonderen Stellenwert erkannte sie immer noch den Fürstenkonversionen zu, wenngleich man auch in Rom erkennen musste, dass, anders als im 16. Jahrhundert, die Konversion eines Fürsten nicht automatisch den Rückgewinn seines Landes nach sich zog29. Wenn bislang abstrakt von Rom, dem Heiligen Stuhl oder der römischen Kurie die Rede war, so geschah dies, um einige Grundlinien der römischen Haltung zu skizzieren. Doch ebenso wenig wie heute ist im 17. Jahrhundert die Kurie als ein erratischer Block zu betrachten, sondern die einzelnen Persönlichkeiten vertraten spezifische Auffassungen und hatten eigene Interessen, wobei neben inhaltlichen Aspekten immer auch die Klientelpolitik mitbedacht werden muss30. Was für Prälaten und Kardinäle galt, galt natürlich auch für den Summus Pontifex: Jeder
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ihm untergeordneten Gläubigen“ (H. D. Betz/A. Schindler/W. Huber: „Häresie“ [Art.], in: LThK 14, Berlin u. a. 1985, S. 313–348, hier: S. 320. Zum Jansenismusstreit vgl. L. Ceyssens/J. A. G. Tans: Autour de l’Unigenitus. Recherche sur la genèse de la constitution (= Bibliotheca ephemeridum theologicarum Lovaniensium 76), Leuven 1987; L. Ceyssens: Le sort de la bulle Unigenitus. Recueil d‘études offert à Lucien Ceyssens à l’occasion de son 90e anniversaire (= Bibliotheca ephemeridum theologicarum Lovaniensium 104), hrsg. von M. Lamberigts, Leuven 1992, v. a. S. 177–415; A. Richardt: Le jansénisme. De Jansenius à la mort de Louis XIV., Paris 2002 ; zum Ritenstreit D. E. Mungello (Hrsg.): The Chinese rites controversy. Its history and meaning (= Monumenta Serica Monograph Series 33), Nettetal 1994; C. von Collani: „Der Ritenstreit und die Folgen für die Chinamission“, in: Zeitschrift für Missionswissenschaft und Religionswissenschaft 90 (2006), S. 210–225. Vgl. R. Matheus: Konvertenden und Konvertiten, Konversionen und Konversionsstrategien. Das Ospizio dei Convertendi in Rom im 17. und 18. Jahrhundert [Phil. Diss. Mainz 2008], Berlin/New York 2011 [im Druck]; dies./E. Oy-Marra/K. Pietschmann (Hrsg.): Konversionsszenarien in Rom in der Frühen Neuzeit [im Druck]. Vgl. hierzu C. Zwierlein: „‚convertire tutta l’Alemagna‘ – Fürstenkonversionen in den Strategiedenkrahmen der römischen Europapolitik um 1600. Zum Verhältnis von ‚Machiavellismus‘ und ‚Konfessionalismus‘“, in: Konversion und Konfession in der Frühen Neuzeit (= Schriften des Vereins für Reformationsgeschichte 205), hrsg. von U. Lotz-Heumann, J.-F. Missfelder und M. Pohlig, Gütersloh 2007, S. 63–105; E.-O. Mader: „Fürstenkonversionen zum Katholizismus in Mitteleuropa im 17. Jahrhundert. Ein systematischer Ansatz in fallorientierter Perspektive“, in: Zeitschrift für Historische Forschung 34 (2007), S. 404–438; sowie demnächst M. Schnettger: „Die Konversionsthematik an der römischen Kurie – die Fürstenkonversionen“, in: Matheus/Oy-Marra/Pietschmann (Hrsg.): Konversionsszenarien [im Druck]. Dies ist durch die Forschungen Wolfgang Reinhards und seiner Schülerinnen und Schüler deutlich herausgearbeitet worden. Vgl. zusammenfassend W. Reinhard: Paul V. Borghese (1605– 1621). Mikropolitische Papstgeschichte (= Päpste und Papsttum 37), Stuttgart 2009.
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Papst setzte während seines Pontifikats seine eigenen Akzente und verfolgte seine besonderen Ziele. So bot der Pontifikat Innozenz’ XI. Odescalchi (1676–1689), der in einem ausgesprochen guten Verhältnis zu Leopold I. stand und sich durch sein Engagement bei der Abwehr der Türkengefahr sogar bei den Protestanten im Reich großen Respekt erwarb, die besten Voraussetzungen für die Reunionsverhandlungen Rojas y Spinolas. Das Verhältnis seiner Nachfolger Alexander VIII. (1689–1691) und Innozenz XII. (1691–1700) zum Kaiserhof war dagegen deutlich kühler31. Andererseits muss, wie Margherita Palumbo gezeigt hat, davon ausgegangen werden, dass die in dieser Frage entscheidenden Institutionen, die Congregatio de propaganda fide und zumal das Heilige Offizium, grundsätzlich und dauerhaft eine äußerst kritische Position gegenüber allen Reunionsprojekten einnahmen und diese, jedenfalls in den späten 1690er Jahren und am Beginn des 18. Jahrhunderts, eher als Lockmittel für die Protestanten ansahen, um das eigentliche Ziel, deren Konversion, zu erreichen32. Selbst Innozenz XI. unterstützte die Bemühungen Rojas y Spinolas nur in vorsichtigster Weise, wenn er ihn 1677 zwar mit Empfehlungsschreiben an den Kaiser und Herzog Johann Friedrich von Braunschweig-Lüneburg, nicht aber mit einer Vollmacht für Verhandlungen mit den Evangelischen versah, wozu ihm die Erlaubnis vielmehr nur in ganz allgemeiner Form und unter der Verpflichtung zur Geheimhaltung erteilt wurde. Zugleich wurden die Nuntien beauftragt, die Reunionsverhandlungen aufmerksam zu verfolgen33. Angesichts der Skepsis des Pontifex war es schon viel, dass Rojas bei seinem zweiten Rombesuch 1683/84 die grundsätzliche Billigung seiner Bemühungen und Empfehlungsschreiben der Ordensgeneräle der Jesuiten, Franziskaner, Augustiner und Dominikaner sowie ein päpstliches Breve an Leopold I. erlangte – das allerdings neben viel Lob für den Eifer Rojas’ auch den Hinweis auf die großen Schwierigkeiten enthielt, die dieses Geschäft mit sich bringe34. Unter den Nachfolgern Innozenz’ XI. war selbst an eine dermaßen vorsichtige päpstliche Unterstützung nicht mehr zu denken. Doch auch für den Odescalchi-Papst wäre, das sei noch einmal betont, die Aufhebung der Kirchenspaltung nur im Sinne einer Reunion denkbar gewesen, die auf eine Art Massenkonversion der Protestanten hinausgelaufen wäre.
31 Vgl. zu den Pontifikaten Innozenz’ XI., Alexanders VIII. und Innozenz’ XII. ausführlich immer noch L. von Pastor: Geschichte der Päpste seit dem Ausgang des Mittelalters, Bd. 14: Geschichte der Päpste im Zeitalter des fürstlichen Absolutismus von der Wahl Innozenz’ X. bis zum Tode Innozenz’ XII. (1644–1700), 2. Abt.: Innozenz XI., Alexander VIII., Innozenz XII. (1676–1700), Freiburg i. Br. 1930. 32 Vgl. den Beitrag von M. Palumbo in diesem Band. 33 Vgl. Schnettger: „Kirchenadvokatie“, S. 146; Masser: Rojas y Spinola, S. 128–133, 157. 34 Vgl. Schnettger: „Kirchenadvokatie“, S. 153; Masser: Rojas y Spinola, S. 316–320.
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IV. DIE WELFEN Die Welfen waren nach eigener Einschätzung das vornehmste altfürstliche Herrscherhaus in Deutschland. Freilich hatte der Einfluss der Dynastie unter den Erbteilungen gelitten, die das Herzogtum Braunschweig-Lüneburgimmer wieder unter der Herrschaft rivalisierender Familienzweige zersplittert hatten. Erst in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts wurde dieser Praxis durch die Einführung der Primogenitur ein Ende gesetzt. In der Zeit der Verhandlungen Rojas y Spinolas wurde der ältere, in Braunschweig und Wolfenbüttel herrschende Familienzweig an Macht, Rang und Einfluss von der jüngeren Linie in den Schatten gestellt – und das ging nicht ohne innerdynastische Verwerfungen ab35. In die Besitzungen des jüngeren Familienzweigs teilten sich seit 1665 die Brüder Georg Wilhelm (1624–1705), Johann Friedrich (1625–1679) und Ernst August (1629–1698)36. Georg Wilhelm herrschte in Lüneburg und Celle und Johann Friedrich in Hannover, während Ernst August seit 1662 Fürstbischof von Osnabrück war. Die drei Brüder waren für den Kaiser nicht nur als militärische Verbündete interessant. Auch für die Religionsverhandlungen boten sich hier verheißungsvolle Anknüpfungspunkte. Johann Friedrich, der 1651 zum Katholizismus konvertiert war, war als katholischer Herrscher über ein protestantisches Land zunächst der wichtigste Ansprechpartner Rojas y Spinolas37. Langfristig aber war der jüngste Bruder Ernst August für die Verhandlungen bedeutender als der 1679 verstorbene Johann Friedrich. Ernst August, einer der ehrgeizigsten und zugleich erfolgreichsten Fürsten des späten 17. Jahrhunderts, verfolgte eine pragmatische Religionspolitik, die dem Ziel der Steigerung der Macht und des Ansehens seiner Familie untergeordnet war. Solange Ernst August nur Fürstbischof von Osnabrück war, war eine Annäherung an den Katholizismus insofern reizvoll, als auf diese Weise möglicherweise die Herrschaft über Osnabrück dauerhaft für seine Familie zu erhalten gewesen wäre38. Dieses Motiv blieb über 1679 hinaus 35 Zur Geschichte des Welfenhauses in der zweiten Hälfte des 17. und zu Beginn des 18. Jahrhunderts sei v. a. auf die monumentale Darstellung von G. Schnath: Geschichte Hannovers im Zeitalter der neunten Kur und der englischen Sukzession 1674–1714, 4 Bde., Hildesheim 1938– 1982 hingewiesen. 36 Der älteste Bruder Christian Ludwig (* 1622), der 1641–1648 in Hannover und anschließend in Celle und Lüneburg geherrscht hatte, starb in diesem Jahr, wodurch eine Neuaufteilung der Welfenlande erforderlich wurde. 37 Zu Johann Friedrich von Hannover, seiner Innen- und Religionspolitik vgl. A. von Stieglitz: Landesherr und Stände zwischen Konfrontation und Kooperation. Die Innenpolitik Herzog Johann Friedrichs im Fürstentum Calenberg 1665–1679, Hannover 1994; M. von Boetticher: „Warumb wilt du nicht Römisch-Catholisch werden? Hannover unter Herzog Johann Friedrich (1665–1679) und der lutherische Generalissimus-Superintendent Justus Gesenius“, in: Gottes Wort ins Leben verwandeln. Perspektiven der (nord-)deutschen Kirchengeschichte. Festschrift für Inge Mager zum 65. Geburtstag, hrsg. von R. Hering, Hannover 2005, S. 227–256. Zu den Verhandlungen Rojas y Spinolas in Hannover vgl. Masser: Rojas y Spinola, S. 142–150. 38 Dieses Motiv tritt beispielsweise deutlich in dem Konversionsangebot zutage, das Ernst August 1678 der Kurie unterbreiten ließ. Auf einen solchen Kuhhandel war Rom jedoch nicht
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relevant, auch wenn es nach dem Regierungsantritt in Hannover und mit der Aussicht auf das Erbe des söhnelosen Georg Wilhelm an Bedeutung verlor. Allerdings blieb die Kirchenunion neben der Militärhilfe gegen Türken und Franzosen eine Karte im Spiel um die neunte Kurwürde, die Ernst August für sich und seine Nachfolger anstrebte. Als er diese 1692 durch den Kurtraktat und die kaiserliche Investitur erworben hatte, gab es keine politischen Gründe mehr, die dafür sprachen, das Unionsprojekt weiterzuverfolgen. Die sich verdichtenden Hoffnungen auf die englische Erbfolge ließen es vielmehr angeraten erscheinen, auch nicht den mindesten Anschein eines Liebäugelns mit dem „Papismus“ zu erwecken, denn auf „Popery“ reagierte man auf den britischen Inseln nach den Erfahrungen mit dem 1688/89 vertriebenen Jakob II. allergischer denn je39. V. DIE WELFISCHEN VERHANDLUNGSFÜHRER MOLANUS UND LEIBNIZ Anders als Rojas y Spinola engagierte sich Gerhard Wolter Molanus (1633–1722) zunächst nicht aus eigenem Antrieb in der Unionsfrage, sondern wurde von seinem Landesherrn zu den Verhandlungen mit dem kaiserlichen Bevollmächtigten abgeordnet, und das qua Amt als Kirchendirekor des Herzogtums Calenberg. Zugleich war er seit 1677 Abt von Loccum40. Dieses Amt entsprach einer Affinität bereit einzugehen. S. „Instruktion für den Wiener Nuntius in der Konversionsache Ernst Augusts, Rom 1678 April 23“, in: Hiltebrandt: Reunionsverhandlungen, S. 180–187, hier: S. 187. Vgl. auch ebd., S. 11–16; Masser: Rojas y Spinola, S. 131–132. – Zu dem durch den Westfälischen Frieden für Osnabrück festgesetzten Alternat, gemäß dem sich stets ein katholischer und ein protestantischer, dem Welfenhaus entstammender Fürstbischof in der Herrschaft über das Hochstift abwechseln sollten, vgl. M. F. Feldkamp: „Zur Bedeutung der ‚successio alternativa‘ im Hochstift Osnabrück während des 17. und 18. Jahrhunderts“, in: Blätter für deutsche Landesgeschichte 130 (1994), S. 75–110; M. A. Steinert: Die alternative Sukzession im Hochstift Osnabrück. Bischofswechsel und das Herrschaftsrecht des Hauses BraunschweigLüneburg in Osnabrück 1648–1802 (= Osnabrücker Geschichtsquellen und Forschungen 47), Osnabrück 2003; Ch. Hoffmann: „Im Spannungsfeld von alternativer Sukzession und konfessioneller Parität. Säkularisierungstendenzen im Hochstift Osnabrück vom Westfälischen Frieden bis zum Reichsdeputationshauptschluss“, in: Die Diözese Hildesheim in Vergangenheit und Gegenwart 71 (2003), S. 47–69. 39 Vgl. H. Barmeyer: „Die Personalunion England-Hannover. Ihre Entstehung, Etablierung und Fortsetzung aus hannoverscher Sicht“, in: Die Personalunionen von Sachsen-Polen 1697– 1763 und Hannover-England 1714–1837. Ein Vergleich, hrsg. von R. Rexheuser, Wiesbaden 2005, S. 275–298. Zum Stellenwert des Antikatholizismus bei der britischen Nationswerdung vgl. L. Colley: Britons. Forging the nation, 1707–1837, New Haven 22009. 40 Zu Molan vgl. M. Ohst: „Gerhard Wolter Molanus und seine Stellung zum Projekt einer kirchlichen Reunion“, in: Union - Konversion - Toleranz: Dimensionen der Annäherung zwischen den christlichen Konfessionen im 17. und 18. Jahrhundert, hrsg.von H. Duchhardt u. G. May. Mainz 2000 (= Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz, Beiheft 50), S. 171–197; Masser: Rojas y Spinola, S. 159–234 (mit Verweisen auf die ältere Literatur).
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Molans zur monastischen Lebensweise, die durch seinen freiwilligen Zölibat unterstrichen wurde. Insofern könnte man bei ihm von einer gewissen „emotionalen“ Offenheit für den Katholizismus sprechen. Zum Gesprächspartner Rojas y Spinolas prädestinierte ihn ferner seine theologische Ausbildung, die er zum Teil in Helmstedt bei Georg Calixt genossen hatte. Ein überragender oder gar origineller Theologe war Molanus freilich nicht, wie in jüngerer Zeit noch Martin Ohst betont hat41, sondern er ist vielmehr in erster Linie als Kirchenpolitiker und Administrator zu charakterisieren. Er trat auch nicht mit eigenen originellen Vorschlägen zur Kirchenunion hervor, sondern reagierte in seiner Schrift „Methodus reducendae Unionis Ecclesiasticae inter Romanenses et Protestantes“ (1683) lediglich auf die Vorschläge Rojas y Spinolas. Er kam darin dem Bischof durchaus entgegen, doch, wie Martin Ohst betont: „Er hat sich bei seiner Vertretung dessen, was er für unaufgebbare Errungenschaften protestantischen Christentums hielt, nicht von taktisch-diplomatischen Interessen die Feder führen lassen. Er hat offen und ehrlich das ihm zuteil gewordene Maß historischer und theologischer Wahrheit vertreten“42 –
freilich lässt Ohst mit dieser Formulierung durchblicken, dass dieses Maß nicht allzu üppig zu veranschlagen sei, und er bewertet Molans Vorschläge als „in sich inkonsistent und unpraktikabel“, sodass sie in eine „Sackgasse“ führten43. Anders als bei Molanus geschah die Beteiligung des Hofbibliothekars und Hofrats Gottfried Wilhelm Leibniz an den Unionsgesprächen weniger ex officio als zunehmend aufgrund seines persönlichen Ansehens und auch, weil ihm die Annäherung der christlichen Konfessionen schon seit seiner Mainzer Zeit ein Anliegen war, dem er beachtliche Aufmerksamkeit widmete. Leibniz ergriff selbst immer wieder die Initiative zum Beginn oder zur Wiederaufnahme von Religionsgesprächen, wie 1688, als er Rojas y Spinola zu einer Fortsetzung seiner Bemühungen ermunterte und damit die letzte Phase von dessen Reunionsbemühungen einleitete44. Er folgte weniger als die anderen betrachteten Protagonisten den politischen Konjunkturen, sondern sondierte in alle denkbaren Richtungen und stand in Kontakt zu allen denkbaren Ansprechpartnern, neben Rojas y Spinola und Buchheim auch dem Konvertiten Ernst von Hessen-Rheinfels sowie Jacques Bénigne Bossuet und Paul Pellisson-Fontanier auf katholischer Seite und Daniel Ernst Jablonski auf calvinistischer Seite45. 41 42 43 44
Ebd., S. 175. Ebd., S. 193. Ebd., S. 197. Vgl. Schnettger: „Kirchenadvokatie“, S. 158; Masser: Rojas y Spinola, S. 334–336 sowie, allerdings bezogen auf die Verhandlungen mit Bossuet, S. 344: „Leibniz aber ist die treibende Kraft hinter den Bemühungen, die Unionsgespräche wieder aufzunehmen“. 45 Es ist hier nicht der Ort, die umfangreiche Literatur zu den Verhandlungen mit Bossuet und Jablonski ausführlich zu zitieren. Daher sei nur verwiesen auf Masser: Rojas y Spinola, S. 356– 384 und auf die die ältere Forschung zusammenfassenden Beiträge von H. Rudolph: „Leibniz’ Bemühungen um eine Reunion der Kirchen“, in: Otte/Schenk (Hrsg.): Reunionsgespräche, S. 156–172; ders.: „Bemerkungen zu Leibniz’ Reunionskonzept“, in: Duchhardt/May (Hrsg.):
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VI. DIE VERHANDLUNGSFORM Bei den Verhandlungen Rojas y Spinolas handelte es sich zum großen Teil um Geheimverhandlungen. Das Geheimnis wurde jedenfalls in Teilbereichen so gut gewahrt, dass die Geschichtswissenschaft selbst über dreihundert Jahre später noch nicht alle Aspekte klären kann. Die Geheimhaltung ist ein Beleg dafür, als wie heikel der Verhandlungsgegenstand von den Beteiligten eingeschätzt wurde; zugleich ist er ein Grund dafür, dass die Unternehmungen Rojas y Spinolas vielfach so kritisch betrachtet wurden und werden. Grundsätzlich ist freilich die Sinnhaftigkeit der Geheimhaltung, um nicht vorzeitig die Gegner auf den Plan zu rufen, kaum in Abrede zu stellen. Auch andere Vorkämpfer der konfessionellen Einigung gingen diesen Weg. Ein weiterer Grund für diese insbesondere in der älteren protestantischen Geschichtsschreibung verbreitete kritische Einschätzung ist in der Verhandlungstechnik Rojas y Spinolas zu sehen, der offenbar dazu tendierte, die Positionen der jeweils anderen Seite entgegenkommender zu zeichnen, eine größere Kompromissbereitschaft in Aussicht zu stellen, als eigentlich vorhanden war, und Unterschiede zu verwischen, wie dies nicht zuletzt in seinen „Regulae circa Christianorum ecclesiasticam reunionem“ von 1683 festzustellen ist. Zudem präsentierte er diese Schrift protestantischen Gesprächspartnern als Aussagen, über die er mit anderen evangelischen Theologen bereits Übereinkunft erzielt habe, während sie in der Tat zwar die Ergebnisse vorangegangener Gespräche zusammenfasste, jedoch aus der Perspektive von Rojas46. Während dementsprechend von protestantischer Seite immer wieder der Vorwurf erhoben wurde, Rojas habe seine Gesprächspartner zu täuschen versucht, wurde von katholischer Seite geargwöhnt, er habe den Boden des wahren Glaubens verlassen47. Karin Masser dagegen folgt der Union, S. 227–242; ferner auf die grundlegenden älteren Studien von F. X. Kiefl.: Der Friedensplan des Leibniz zur Wiedervereinigung der getrennten christlichen Kirchen, aus seinen Verhandlungen mit dem Hofe Ludwigs XIV., Leopolds I. und Peters des Großen dargestellt, Paderborn 1903; 2. Aufl. unter dem Titel: Leibniz und die religiöse Wiedervereinigung Deutschlands. Seine Verhandlungen mit Bossuet und europäischen Fürstenhöfen über die Versöhnung der christlichen Konfessionen, Regensburg 1925 (ND Hildesheim/New York 1975) sowie P. Eisenkopf: Leibniz und die Einigung der Christenheit. Überlegungen zur Reunion der evangelischen und der katholischen Kirche (= Beiträge zur ökumenischen Theologie 11), München/Paderborn/Wien 1975; zu den Verhandlungen mit Jablonski auch D. Meyer: „Daniel Ernst Jablonski und seine Unionspläne“, in: Klueting (Hrsg.): Irenik, S. 153–175; H. Rudolph: „Daniel Ernst Jablonski und Gottfried Wilhelm Leibniz in ihrem ökumenischen Bemühen“, in: Daniel Ernst Jablonski. Religion, Wissenschaft und Politik um 1700, hrsg. von J. Bahlcke und W. Korthaase, Wiesbaden 2008 (= Jabloniana 1), S. 265–284 und den Beitrag von Claire Rösler in diesem Band sowie dieselbe: Negotium irenicum. Les tentatives d’union des églises protestantes de G. W. Leibniz et de D. E. Jablonski. Introduction et traduction de leur correspondance et de leurs principaux écrits iréniques, Paris 2012. 46 Vgl. Masser: Rojas y Spinola, S. 256. 47 So äußerte selbst der Rojas im Übrigen sehr gewogene Franziskaner Haselbeck zu den Regulae bedauernd, dass sie „den Eindruck waschechten Synkretismus“ machten. Haselbeck: „Stellung“, S. 20. Zur Theologie Rojas y Spinolas neuerdings auch J. Schlageter: Theologie der
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Einschätzung Hans Walter Krumwiedes, darin ein „diplomatisches Meisterstück“ zu sehen48. Es sei Rojas stets um eine „Reunion der Kirchen zu nachtridentinischen Bedingungen“ gegangen49. Diese Einschätzung kann man als eine Bestätigung der Rojas unterstellten unlauteren Absichten gegenüber den Protestanten und insbesondere des Vorwurfs der Dissimulation, des bewussten Verschweigens unterschiedlicher Auffassungen, sehen. Man wird indes zu berücksichtigen haben, dass die Dissimulation eine im 17. Jahrhundert weitverbreitete Praxis in der Politik und dass es durchaus nicht unüblich war, im Falle eines Fundamentalkonsenses Aspekte, die gegenwärtig nicht zu klären waren, eben mittels der Dissimulation vorläufig in der Schwebe zu halten, indem beiden Seiten ihre Sicht auf die Dinge offengehalten wurde, und ihre Lösung auf spätere Zeiten zu verschieben50. Rojas y Spinola handelte hier also als der erfahrene Diplomat, der er war. Inwiefern man freilich ein solches Verfahren dort, wo es um Glaubensfragen ging, als angemessen betrachten will, ist ein anderes Problem – auch irenische Zeitgenossen wie der Landgraf von Hessen-Rheinfels äußerten sich skeptisch51. Wenn Rojas y Spinola seine Reunionsgespräche als diplomatische Geheimverhandlungen führte, ist das aus heutiger Perspektive besonders befremdlich, im 17. Jahrhundert war freilich eine Einbindung staatlicher Autoritäten gar nicht zu vermeiden, die ja im Übrigen noch bei den innerprotestantischen Unionen des 19. Jahrhunderts eine entscheidende Rolle spielten52. Freilich war im Reunionsprogramm Spinolas der Schritt an die Öffentlichkeit, in Gestalt von Konzil und Reichstag, vorgesehen; bekanntlich kam es aber gar nicht mehr so weit, auch die in der letzten Phase der Reunionsverhandlungen in den 1690er Jahren angestrebten Theologenkonferenzen gelangten nicht über das Planungsstadium hinaus53. Dass ein Unionskonzil im Verständnis Rojas y Spinolas nur ein von der Kurie kontrolliertes Reunionskonzil sein konnte, versteht sich nach dem bisher Gesagten von selbst.
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franziskanischen Thuringia im 17. und 18. Jahrhundert (= Quellen und Abhandlungen zur Geschichte der Abtei und Diözese Fulda 30), Fulda 2008, S. 127–131. Masser: Rojas y Spinola, S. 256. Ebd., S. 435. Zu Praxis und Begriff der Dissimulation, der neben einem allen Beteiligten bewussten Verschweigen von Differenzen auch arglistige Verheimlichung bis hin zur Heuchelei beinhalten konnte, vgl. J. R. Snyder: Dissimulation and the culture of secrecy in early modern Europe, Berkeley u. a. 2009. Ausdrücklich äußerte Landgraf Ernst seinen Zweifel an dem Vorgehen, „die religion nach dem Politischen zu accomodiren“ (Trifolium Lutheranum; A I, 7, 239–242, hiert 241). Vgl. J. F. G. Goeters/J. Rogge (Hrsg.): Die Geschichte der Evangelischen Kirche der Union. Ein Handbuch, Bd. 1: Die Anfänge der Union unter landesherrlichem Kirchenregiment, Leipzig 1992. Vgl. Masser: Rojas y Spinola, S. 349–355 ; Schnettger: „Kirchenadvokatie“, S. 164–165.
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VII. UNGARN Der Stellenwert der ungarischen Verhältnisse für die Reunionsverhandlungen Rojas’ ist von der älteren Forschung nicht immer hinreichend gewürdigt worden. In Ungarn herrschte seit dem 16. Jahrhundert Mehrkonfessionalität. Zwar befand sich der Katholizismus im königlichen Ungarn auf dem Vormarsch, ohne jedoch die Alleinherrschaft erringen zu können. Eine gegenreformatorische Offensive unternahm Leopold I. in den 1670er Jahren in der Folge der so genannten Magnatenverschwörung, als unter anderem alle protestantischen Geistlichen des Landes verwiesen wurden. Auf dem Landtag von Ödenburg 1681 rückte der Wiener Hof angesichts der wachsenden Türkengefahr von seiner gewaltsamen Rekatholisierungspolitik ab und machte den ungarischen Reichsständen auch politische Zugeständnisse54. In diesem Kontext sind die Bemühungen Rojas y Spinolas im Ungarn der 1680er Jahre zu sehen. Gemäß seinem Unionsprogramm „Tentamina politica“, das auf einen angeblich bereits erreichten Konsens zwischen dem Kurfürsten von Mainz, dem Landgrafen von Hessen-Darmstadt und Papst Innozenz XI. zurückging, sollte eine paritätisch katholisch-protestantisch besetzte 24-köpfige Synode die Glaubenslehre der unierten Kirche ausarbeiten. Die Bemühungen Rojas’, die von den ungarischen Protestanten als Fortsetzung der Rekatholisierungspolitik mit anderen Mitteln interpretiert wurden, zeitigten jedoch nur sehr begrenzte Erfolge55. In ähnlicher Weise wurden die Bemühungen Rojas y Spinolas in den 1690er Jahren dadurch konterkariert, dass ihnen die „Explanatio Leopoldina“ parallel ging (1691), die die Ödenburger Toleranzgesetze von 1681 in einem restriktiven Sinn interpretierte und zwar die vorläufige Duldung des Protestantismus in Ungarn bestätigte, jedoch zugleich Beschränkungen des evangelischen Gottesdienstes verfügte56.
54 Zur Religionspolitik Leopolds I. in Ungarn, die in einem engen Zusammenhang mit den Bestrebungen zur Stärkung der königlichen Gewalt und zur Zurückdrängung der ständischen Rechte stand, vgl. Bérenger: Léopold Ier, S. 273–304; M. Fata: Ungarn, das Reich der Stephanskrone, im Zeitalter der Reformation und Konfessionalisierung. Multiethnizität, Land und Konfession 1500 bis 1700 (= Katholisches Leben und Kirchenreform im Zeitalter der Glaubensspaltung 60), Münster 2000, S. 269–283; Forgó: Einigungsversuche, S. 31–86, 117–150. 55 Vgl. C. E. Schmidt: Beiträge zur Geschichte der evangelischen Kirchengemeinde A. B. zu Preßburg, o. O. 1900, S. 89. Schmidt spricht den von ihm als „sportmäßig“ charakterisierten Bemühungen Rojas y Spinolas ebenda jegliche Erfolgsaussicht ab. 56 Vgl. Z. Csepregi: „Das königliche Ungarn im Jahrhundert vor der Toleranz (1681–1781)“, in: Geheimprotestantismus und evangelische Kirchen in der Habsburgermonarchie und im Erzstift Salzburg (17./18. Jahrhundert), hrsg. von R. Leeb, M. Scheutz und Dietmar Weikl, Wien und München 2009, S. 299–330, hier S. 305. – Vgl. Forgó: Einigungsversuche, S. 117–128.
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VIII. DIE „GROSSEN“ POLITISCHEN KONJUNKTUREN Schon mehrfach ist betont worden, dass die Verhandlungen Rojas y Spinolas abhängig waren von persönlichen Konstellationen, Auffassungen und Interessen anderer Akteure. In Rechnung zu stellen sind aber auch die allgemeinen politischen Konjunkturen in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Was den großen Rahmen betrifft, ist zunächst daran zu erinnern, dass der Westfälische Friede den Konfessionskonflikt wenn nicht im eigentlichen Sinne gelöst, so doch juristisch eingehegt hatte, eine entscheidende Voraussetzung dafür, dass sich die Beziehungen zwischen den Angehörigen der Konfessionsparteien im Reich entspannen konnten57. Begünstigt wurden die Reunionsverhandlungen zum anderen dadurch, dass sie sich, wie bereits angedeutet, in die allgemeine Tendenz der Vereinigung von Kaiser und Reichsständen gegen die türkische und französische Bedrohung einfügten, die im Zuge der zweiten Wiener Türkenbelagerung (1683) und des folgenden Großen Türkenkriegs (1683–1699) bzw. des Niederländischen Krieges (1672–1679), der französischen „Reunionen“58 und dann vor allem des Pfälzischen Erbfolgekriegs (1688–1697) eine konfessionsübergreifende Welle des Reichspatriotismus auslösten59. Dieser positiven Grundkonstellation standen seit Mitte der 1680er Jahre jedoch Ereignisse und Entwicklungen entgegen, die auf protestantischer Seite den Eindruck einer (erneuten) Bedrohung durch die Katholiken wecken konnten: zum einen die Hugenottenverfolgung in Frankreich, die 1685 in der Revokation des Edikts von Nantes einen Höhepunkt fand60. Im selben Jahr wurde zum anderen der katholische Stuart Jakob II./VII. König von England und Schottland, und zugleich trat die katholische Linie Pfalz-Neuburg die Nachfolge im Herzland des deutschen Kalvinismus, der Kurpfalz, an. Zwar wurde 1688/89 das britische Problem mit der 57 Vgl. hierzu ausführlich und differenziert A. Schindling: „Der Westfälische Frieden und das Nebeneinander der Konfessionen im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation“, in: Bayern vom Stamm zum Staat. Festschrift für Andreas Kraus zum 80. Geburtstag, hrsg. von K. Ackermann, Bd. 1 (= Schriftenreihe zur Bayerischen Landesgeschichte 140,1), München 2002, S. 409–432. 58 Hier sind mit „Reunionen“ gemeint die nach dem Frieden von Nimwegen (1678/79) von Frankreich in großem Stil an seiner Ostgrenze durchgeführten Annexionen aufgrund der Geltendmachung zweifelhafter Rechtsansprüche. Vgl. M. O. Piquet-Marchal: La Chambre de Réunion de Metz (= Travaux et recherches de la faculté de droit et des sciences de Paris. Série Sciences historiques 17), Paris 1969. 59 Vgl. hierzu M. Wrede: Das Reich und seine Feinde. Politische Feindbilder in der reichspatriotischen Publizistik zwischen Westfälischem Frieden und Siebenjährigem Krieg (= Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte 196: Abteilung für Universalgeschichte. Beiträge zur Sozial- und Verfassungsgeschichte des Alten Reiches 15), Mainz 2004, S. 69–185, 330–483. 60 Zur Revokation des Edikts von Nantes, zum Exodus der Hugenotten und zur Reaktion des protestantischen Europa vgl. H. Duchhardt (Hrsg.): Der Exodus der Hugenotten. Die Aufhebung des Edikts von Nantes als europäisches Ereignis (= Beihefte zum Archiv für Kulturgeschichte 24), Köln/Wien 1985.
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Glorreichen Revolution aus evangelischer Sicht auf befriedigende Weise gelöst, und mit der Großen Allianz, in der sich der Kaiser unter anderem mit dem Vorkämpfer der Protestanten Wilhelm III. von Oranien gegen Ludwig XIV. verbündete, rückte eine konfessionelle Frontstellung der Mächte auf europäischer Ebene fürs erste außer Reichweite61 – und von daher ist es kein Zufall, dass die letzte Phase der Reunionsbemühungen Rojas y Spinolas um die Jahreswende 1688/89 begann. Seit 1697 deutete sich indes infolge der Rijswijker Klausel und der Pfälzer Religionswirren eine Rekonfessionalisierung der Reichspolitik an, und damit waren die günstigen Konjunkturen für Religionsgespräche im Reich vorbei62. IX. SCHLUSS Die Gegner und das Scheitern der Reunionsverhandlungen Die Gründe für das Scheitern der Reunionsbestrebungen Rojas y Spinolas sind vielfältig. Abschließend seien sie noch einmal zusammengefasst: Zunächst seien genannt die Gegner Rojas y Spinolas aus dem protestantischen Lager. Theologen, die die Reunions- und eben nicht Unionsbestrebungen durchschauten, fürchteten eine Aufgabe essentieller protestantischer Errungenschaften in Glauben und Kirchenverfassung. Diese Auffassung wurde auch von vielen Laien geteilt, wie zum Beispiel der Landgräfin-Regentin Elisabeth Dorothea von Hessen-Darmstadt, die 1683 die Opposition der protestantischen Reichsstände gegen die Bemühungen Rojas y Spinolas anführte und schließlich auch Kurfürst Johann Georg III. von Sachsen als Direktor des Corpus Evangelicorum zur Intervention veranlasste. Angesichts andauernder gegenreformatorischer Maßnahmen in den habsburgischen Ländern wuchs die Tendenz, eine Verteidigungshaltung einzunehmen, nicht nur bei den unmittelbar von der Gegenreformation betroffenen Ungarn63.
61 Zur Glorious Revolution im europäischen Kontext vgl. J. I. Israel (Hrsg.): The Anglo-Dutch moment. Essays on the Glorious Revolution and its world impact, Cambridge u. a. 22003. 62 Zur Rijswijker Klausel, den Pfälzer Religionswirren und ihren Folgen im Reich vgl. H. Schmidt: Kurfürst Karl Philipp von der Pfalz als Reichsfürst (= Forschungen zur Geschichte Mannheims und der Pfalz NF 2), Mannheim 1963, S. 114–149, 293–306; A. Hans: Die kurpfälzische Religionsdeklaration von 1705. Ihre Entstehung und Bedeutung für das Zusammenleben der drei im Reich tolerierten Konfessionen (= Quellen und Abhandlungen zur mittelrheinischen Kirchengeschichte 18), Mainz 1973; Ch. Flegel: „Die kurpfälzische Religionsdeklaration von 1705“, in: Blätter für pfälzische Kirchengeschichte und religiöse Volkskunde 73 (2006), S. 17–35. 63 Vgl. J. G. Krätzinger: „Die kirchlichen Reunionsversuche des Bischofs Christoph Rojas von Spinola an den protestantischen Höfen Deutschlands und die Landgräfin Elisabeth Dorothea von Hessen“, in: Archiv für hessische Geschichte 11 (1867), S. 250–268; E. Reichert: „Die Rezeption des Reunionsplans im evangelischen Deutschland und die letzte Phase der Reunionsgespräche“, in: Otte/Schenk (Hrsg.): Reunionsgespräche, S. 188–200; Masser: Rojas y Spinola, S. 302–316.
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Auch auf katholischer Seite fand Rojas y Spinola nicht nur Unterstützer. Es gab theologische Bedenken, und insbesondere die römische Kurie war nicht bereit, sich auf Verhandlungen einzulassen, deren Ausgang sie womöglich nicht kontrollieren konnte. Selbst am Kaiserhof spielten alles in allem die Konversionsbemühungen eine wesentlich größere Rolle als die Reunionsverhandlungen64. Schließlich gab es Konkurrenten, wie an erster Stelle Ludwig XIV. von Frankreich, die dem Kaiser einen Erfolg in der Reunionsfrage missgönnten65, und nicht einmal alle katholischen Reichsfürsten konnten sich für eine Rückkehr ihrer protestantischen Standesgenossen in den Schoß der katholischen Kirche rückhaltlos begeistern: Stand doch zu befürchten, dass sie dann mit ihnen in eine Konkurrenz um die deutschen Hochstifte eintreten müssten66. Angesichts einer so breiten gegnerischen Front hatten die Bemühungen Rojas y Spinolas von Anfang an nur begrenzte Erfolgsaussichten, zumal er mit dem Kaiser zwar einen machtvollen Protektor hatte, der jedoch davor zurückscheute, sich bezüglich der Reunion allzu weit zu exponieren, und diese auch keineswegs als einzige Option seiner Religionspolitik betrachtete. Die Verhandlungen unter dem Schutz und mit Unterstützung weltlicher Regierungen zu führen, machte die Reunionsgespräche zugleich von den Wechselfällen der politischen Konjunkturen abhängig. Die komplexen Interessenlagen aller beteiligten Akteure taten ein Übriges, um die Regelung des Problems weiter zu erschweren. Schließlich aber ist zu hinterfragen, inwiefern trotz der unverkennbaren irenischen Geistesströmung, die viele zur geistigen oder politischen Elite gehörende Zeitgenossen erfasste, die Kirchenspaltung überhaupt noch allgemein als drängendes Problem betrachtet wurde oder ob sich nicht vielmehr die meisten Christen längst in ihren konfessionellen Lagern eingerichtet hatten. Im 18. Jahrhundert avancierte dann der Toleranzgedanke zur dominierenden Norm im Umgang mit konfessioneller Verschiedenheit.
64 Zu den Konversionen im Umkreis des Kaiserhofs vgl. jetzt I. Peper: Konversionen im Umkreis des Wiener Hofes um 1700 (= Veröffentlichungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 55), Wien/München 2010. 65 Vgl. Schnettger: „Kirchenadvokatie“, S. 155; zu den französischen Störmanövern an der Kurie auch Masser: Rojas y Spinola, S. 318. 66 Vgl. Schnettger: „Kirchenadvokatie“, S. 155 mit Anm. 49.
LE STRAVAGANZE DEI PROTESTANTI − REUNIONSGESPRÄCHE UND KONVERSIONSVERSUCHE AUS DER PERSPEKTIVE DER RÖMISCHEN KURIE Margherita Palumbo (Rom) In Bezug auf die Bemühungen um die Wiedervereinigung der Kirchen in Leibniz’ Zeit erlauben uns die römischen Archive, vor allem das vatikanische Geheimarchiv1, das Archiv der Congregatio de Propaganda Fide und schließlich das Archiv des Heiligen Offiziums oder der römischen Inquisition – d. h. der heutigen Kongregation für die Glaubenslehre, das erst seit Ende 1998 der Forschung zugänglich ist – nicht nur einen Blick hinter die Kulissen der Geschichte dieser Reunionsversuche zu werfen, sondern selbst die Konzeption von der Einheit der Kirche aus einer anderen, einigermaßen entgegengesetzten Perspektive zu betrachten. Um die römische Auffassung richtig zu verstehen, reicht es nämlich nicht aus, die mehr oder weniger ablehnenden, entgegenkommenden, zustimmenden Stellungnahmen einzelner römisch-katholischer Theologen darzustellen. Viel entscheidender ist die Rekonstruktion der Position der römischen Kurie, d. h. der Autoritäten, die in den Reunionsgesprächen die offizielle Zuständigkeit und effektive Machtvollkommenheit tatsächlich gehabt haben: vor allem die Kongregation des Heiligen Offiziums, die eine exklusive Kompetenz über die communicatio aller Arten mit den Protestanten hatte (die zu Leibniz’ Zeit in Rom noch als Häretiker bezeichnet wurden): eine nur teilweise erforschte große Anzahl von Dokumenten – Berichten, Gutachten, Instruktionen, Entwürfen, Vorschlägen, Gegenvorschlägen und Briefen –, deren Inhalt vertraulich, reserviert, geheim war und oft in chiffrierter Form übermittelt wurde. Leibniz war sich übrigens wohl bewusst, dass es nützlich wäre, direkt aus den Palästen der Kurie Nachrichten und Informationen zu erhalten, und daher hat er mehrmals und zugleich vergeblich versucht – selbstverständlich mittels seiner guten römisch-katholischen Briefpartner – indirekte Kontakte mit jemandem zu etablieren, der „ce qui se passe […] dans les congregations du S. Office, della propaganda, dell’indice, des Rites, du Conciles de Trente“2 mitteilen konnte. 1
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Folgende Abkürzungen werden verwendet: ACDF (Città del Vaticano, Archivio della Congregazione per la Dottrina della Fede), APF (Città del Vaticano, Archivio Storico della Congregazione de Propaganda Fide; seit 1967: Archivio Storico della Congregazione per l’Evangelizzazione dei Popoli), ASV (Città del Vaticano, Archivio Segreto Vaticano), NHStA (Niedersächsisches Hauptstaatsarchiv Hannover). A I, 16, 175 (Leibniz an Franz Anton von Buchheim, Hannover, 2./12. Oktober 1698).
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Unter den Beständen des vatikanischen Geheimarchivs ist besonders aufschlussreich die Serie Archivio della Nunziatura di Vienna, und insbesondere ein Band, in dem fast ausschließlich Berichte und Briefe über Reunionsverhandlungen zusammengebunden sind3. Die Sammlung wird eröffnet von einer zusammenfassenden Relation der Gespräche der Jahre 1687–1690, in denen es dem „guten Prälaten“ Christoph de Rojas y Spinola gelungen war – laut den Worten dieses Berichts – mehrere Lutheraner und Calvinisten von Rang zu überzeugen, dass viele konfessionelle Differenzen in fundamentalibus nur scheinbar beständen und durch eine andere Formulierung überwindbar wären4. Noch ausführlicher sind aber die Akten, welche die folgenden Verhandlungen der Jahre 1698–1699 betreffen, und deren Hauptfigur Franz Anton von Buchheim wurde, Spinolas Nachfolger als Bischof von Wiener Neustadt5. Im April 1698, durch Vermittlung des 3
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Vgl. ASV, Archivio Nunziatura Vienna 61. Der alte Rückentitel dieses Bandes des Archivio della Nunziatura di Vienna lautet Miscellanea Theologica Tom. I. Für eine kurze Beschreibung vgl. T. Mrkonjić: Archivio della Nunziatura Apostolica in Vienna. I. Cancelleria e Segreteria, Città del Vaticano 2008, S. 44–46. Wir bearbeiten zurzeit eine Edition der Dokumente (Bl. 3r–29v), die Leibniz’ Verhandlung betreffen. ASV, Archivio Nunziatura Vienna 61, Bl. 15r: „Mons. Roxas Vescovo di Neustatt trattò per molti anni la riunione delli Luterani, e Calvinisti, facendo più viaggi in varie Corti e Città di Germania e di Ungheria; et essendo stato precedentemete a Roma, per partecipare il suo dissegno, il buon Prelato si lusingava d’havere ridotti Personaggi conspicui, e Predicanti à conoscere le Verità Cattoliche in varij punti, nelle quali le difficoltà si riducevano al modo di spiegarsi e per il rimanente delle materie controverse intendeva fare un Congresso privato con alcuni di loro sotto il Patrocinio dell’Imp.re, che gli haveva assegnati per Commissarij, ò Confidenti li PP. Eder suo Confessore, Miller Confessore dell’Imp.ce et dei Giesuiti, et il P. Winant Domenicano, il quale morì pochi giorni prima del Vescovo. Il d.o P. Winant sperava anch’egli potere incaminarsi un trattato profittevole nella Corte di Hannover (dove ò sinceram.te ò per riguardo del nono Elettorato) si mostrava di desiderare la sua presenza. L’Arciv.o di Damasco [i. e. der Wiener Nuntius Sebastiano Antonio Tanara] hebbe ordine d’osservare quant’andava seguendo senza darsene mai per consapevole, e di riferirlo à Roma, e quando morirono il Vescovo Roxas, et il P. Winant procurò che le scritture loro in tale materia fossero conservate; il che è seguito ritenendosi quelle del primo nell’Archivio della sua Chiesa secondo hà riferito Mons.re Buchaim suo successore; e le altre nelle mani del Priore dei Domenicani“. Die Bl. 12r–13v enthalten, in Bezug auf die Conferentiae von Christoph Rojas y Spinola, den Text einer Relation, „Puncta Relationis Episcopi Neostadiensis circa moderationem controversiarum Fidei ac Reunionem Protestantium cum Rom.a Ecclesia. Caesareae Maiestatis anno 1690 exhibita“. Auf Bl. 13r: „Secundo, quia verò […] tam Sedes Apostolica quàm aliae plures Catholicae Aulae, sicut insuper maior Protestantium Principum in Germania pars, non solùm S.C.M. pietatem ac prudentiam circa modum saluberrimum et pernecessarium negotium praefatum reunionis iugiter promovendi, summe depraedicant, ad prosequendum stimulant, imô omne auxilium concorditer addicunt; verùm etiam inter Protestantes praecipui talia Fidei nostrae principia defacto acceptant, ut ex admissis facili et obvio discursu reliqua omnia substantialia inferri et persuaderi possint“. Dazu vgl. auch Ph. Hiltebrandt: „Eine Relation des Wiener Nuntius über seine Verhandlungen mit Leibniz (1700)“, in: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 10 (1907), S. 238–246, mit der Edition eines Briefes des Wiener Nuntius Gianantonio Davia an den Staatssekretär Fabrizio Paolucci, Wien 18. Dezember 1700. So bemerkt Hiltebrandt, ebd., S. 239: „Der folgende Bericht […] ist leider das einzige Schriftstück, das ich bisher
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Wiener Nuntius Andrea Santacroce, sendet Buchheim nach Rom die erste Mitteilung über neue und selbstverständlich völlig geheime Reunionsverhandlungen in den braunschweig-lüneburgischen Landen, in Loccum, mit einigen kurzen Informationen über die Gesprächspartner, den „Consegliere di Stato Sig.e Leimnitz“6, und den Abt Gerhard Wolter Molanus, der – wie der Bischof schreibt – „Patriarcha overo Direttore dell’Ecclesiastico Tribunale un uomo peraltro di grand.mo intendimento, di ottimi costumi morali“, und, was für die katholische Seite entscheidend sein konnte, „celibe“, unverheiratet war7. Buchheim reiste incognito nach Hannover, und in seinem Schreiben vom September 1698 – das er unter dem Decknamen Baron von Lichtenwert verfasste – ist das positive Urteil nochmals ausgeführt. Der „Abbate Arci Papasso di questi Paesi“, d. h. das Oberhaupt der hannoverschen Kirche Molanus, und der „Sig.re Barone de Leimnitz Consiglier di Stato“ seien „Uomini ambidue di gran prudenza, sincerità e buona santa religiosa intentione“8. Nichtsdestoweniger überwiegen in Buchheims Korrespondenz mit der Wiener Nuntiatur und mit den römischen Palästen Vorsicht und geradezu Misstrauen. Wie der Bischof schreibt, geht es namentlich um „particolarità che sono molto pericolose per i sbaglij che l’umana debolezza può facilm.te commettere“9, und daher hat er keine Absicht, sich auf Kontroversen über Glaubensinhalte einzulassen, trotz der Gesprächsbereitschaft von Seiten Molanus’, der in Bezug auf die Brennpunkte – vor allem die Stellung des Papstes, das Zugeständnis seines Primats ex jure divino und die Frage der Legitimation des Tridentinums, des größten Hindernisses aller Reunionsgespräche – ihm brieflich vorgeschlagen hatte:
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im vatikanischen Archive über die kirchenpolitischen Tätigkeit des grossen Philosophen zu finden vermochte“. Der Bestand Archivio Nunziatura Vienna wurde erst in den Jahren 1921– 1940 dem ASV einverleibt. F. A. von Buchheim an den Wiener Nuntius Andrea Santacroce, ASV, Archivio Nunziatura Vienna 61, Egra, 15. August 1698, Bl. 19r. Ebd., Bl. 18v. F. A. von Buchheim an A. Santacroce, Loccum, 3. September 1698, ASV, Archivio Nunziatura Vienna 61, Bl. 26r. Vgl. auch den vorigen Brief vom 15. August, ebd., Bl. 19r: „il detto Abbate Lockum et un Consegliere di Stato Sig.re Leimnitz instante.nte premevano à Nome del Defunto Elettore questa desiderata Reunione, con mandarmi Esso Abbate un Manuscritto di suo proprio pugno nel quale mostrava l’Amfibologia della fede Luterana appoggiata in sole parole equivoche, quali facilm.te si lasciarebbero ridurre al senso Cat.co et è Manuscritto molto dotto e da farsene conto essendo l’opinione d’un Arci luterano assai conforme à i Dogmi della Fede Cat.ca“. Buchheim wurde von dem Augustiner Anselmo da S. Cristoforo begleitet. Vgl. dazu seinen Bericht für Innozenz XII., Wien, 8. November 1698, ASV, Segreteria di Stato. Vescovi 36, Bl. 797r–v: „Ricevuti anco dal suo Nunzio Monsign.r Santa Croce gli opportuni avvertimenti mi portai nell’Imperio conducendo meco il Padre Anselmo da S: Cristoforo Agostiniano Scalzo, che con haver letto Teologia tredici Anni continui, stato priore, et esser Definitore, e Provinciale, e molto accreditato per buon Controvertista, e di un tratto savio, modesto, et amabile: Volevo in Praga prender meco di più un altro Religioso, mà stimai bastasse, e fosse meglio un solo Teologo“. Ebd., Bl. 19r.
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venis et audies10. Schon vor seiner Abreise nach Hannover hatte Buchheim von dem päpstlichen Staatssekretär Fabrizio Spada präzise Instruktionen erhalten, und weitere geheime Instruktionen kamen ihm in Hannover zu, unter der offiziellen Adresse des Abbate Giuseppe Guidi, im Zeichen nicht nur der Behutsamkeit, sondern auch eines offensichtlichen Skeptizismus11. Buchheim sollte seine Umsicht und seinen anerkannten Eifer benutzen, allein um festzustellen, ob seine Gesprächspartner aufrichtige Absichten hätten, oder ob vielmehr Leibniz und Molanus nur Ausreden und Vorwände vorbrächten, „pretesti per abbagliare gli Prencipi Cat.ci con queste vane speranze“12: nur „voci di Syrene“13, oder „lusinghe fallaci per
10 Ebd., Bl. 19r–v: „Havevo pero interrotto per un tempo la Corrispondenza con ambidue sopronominati essendosi intervenuta l’indispo.ne grave e poi la medesima morte del sopra accennato Elettore, onde pareva con esso lui estinta ogni speranza, quando eccoti di nuovo saran incirca 5 mesi l’Abbate di Lockum ha ripreso il carteggiare meco con mostrare un vivo desiderio anco da parte del loro Regnante Elettore di abboccarsi meco per poter stabilire una volta il modo quomodo et quando possa darsi principio d’un aggiusta.nto stabile e fundato, hò pero motivato in tutte le mie, che se vogliono riunirsi con noi, non bastava esser d’accordo in tutte le altre controversie, se non riconoscevano il Vicario di Christo (del quale non facevano mai mentione veruna:) sopra che mi risposero veni [sic] et audies. Onde risolsi di mettermi in Viaggio per sentire le loro Proposizioni e riferirle fedelm.te alla S. Sede per attenderne da Essa il Vivo Oracolo et essiguire punct.te quello che si degnarà commandarmi sopra tal affare“. 11 Vgl. dazu auch das Schreiben Buchheims an Nuntius A. Santacroce, Egra, 16. August 1698, ASV, Germania 222, Bl. 195r: „Dall’annessa Copia della Lettera scrittami dal S. Abb.e di Lockum vedra S. Illma con somma Consolazione quanto ci resti a sperare un buon’ esito de’ miei Negoziati: quella medesima mi stimola a non perdere più un momento […] et accelerare il mio viaggio quanto mai sia possibile; però per imbrogliare li Curiosi ò giudicato bene di proseguire il viaggio per Norimberga, invece di Dresda (benchè sia fuori di strada più di 30 leghe) acciò questa buona gente resti persuasa, come è sugli avvisi publici, aver io Commissione di S.S.tà a varij Principi dell’Imperio, e da tutti li discorsi che fin’ora i Politiconi fanno sopra il mio viaggio, ò ricavato tanto che tendino à tutto altro fine che a questo consaputo Negozio, onde per lusingarli di vantaggio non ci à da usare altro Stratagemma. Spero con la Grazia di Dio di trovarmi colà in dieci, o dodici giorni alla più longa, onde se S. Ill.ma mi vorrà degnare de’ suoi pregiatissimi Commandi, come anco di una più ampia Istruzione in che maniera mi debba comportare con quelli Sig.ri, non sarà male indirizzare le lettere pour Monsieurs le Baron de Liechtenwert al S.r Abb.e Guidi, non dubitando che così non mi capitino sicure“. Vgl. auch seinen Brief an den Wiener Nuntius Santacroce, Egra, 15. August 1698, ASV, Archivio Nunziatura Vienna 61, Bl. 20r: „Proseguirò adunque il mio viaggio pian piano perche i tempi piovosi, che hanno durato la più parte da che son partito da Vienna hanno reso impratticabili le strade; onde non mi permettono di accelerarlo molto. Starò dunque attendendo gli ordini di V.S: Ill.ma in Hannovera, per ove gli potrà indrizzare all’Abbate Guidi per mezo del Sig.r Barone Eccaro al Barone di Liechtenevert conforme si siamo abbocati, e le farò immedia.nte noto il mio arrivo“. 12 F. A. von Buchheim an A. Santacroce, Egra, 15. August 1698, ASV, Archivio Nunziatura Vienna 61, Bl. 19r. 13 F. A. von Buchheim an A. Santacroce, Nürnberg, 21. August 1698, ASV, Archivio Nunziatura Vienna 61, Bl. 24r: „Non si farà passo senza dargliene esattis.mo ragguaglio et attendere l’Oracolo della S.ta Sede’, si scoprirà presto se son voci di Syrene, ò sentim.ti d’un Cuor commosso“.
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addormentare, chi deve vigilare et per abbagliare i lumi de' Zelanti Catolici“14. In Rom, ebenso wie in Wien, herrschte nämlich der starke Verdacht, dass die ganze Affäre nur eine Täuschung sein könne, eine Täuschung, die – so ist in einem Schreiben an den Wiener Nuntius zu lesen – zu tun haben könnte mit den Bemühungen Hannovers, Zustimmung zur Neunten Kur zu erlangen und den päpstlichen Widerstand gegen die Kurwürde aufzuweichen15. Laut den aus Rom erhaltenen Instruktionen sollte Buchheim jede theologische Diskussion und Auseinandersetzung vermeiden, weil die bösen Erfahrungen der Vergangenheit schon und oft genug bewiesen hätten, dass die Protestanten in den Kontroversen nur die Hartnäckigkeit ihrer falschen Meinungen zeigen wollten: Die Lutheraner benutzen Diskussionen, Konferenzen und Kolloquien nur, um die Vergeblichkeit ihrer eigenen Argumente zu betonen, nicht aber, um die Wahrheit zu suchen16. Übrigens hatte der Bischof von Wiener Neustadt dieses vorsichtige Verhalten schon in seinem brieflichen Kontakt mit Molanus an den Tag gelegt. Im August 1698 hatte er nach Rom berichtet: „Girardo Molano Abbate di Lockum hà sempre carteggiato con il predecessore mio“, dem Bischof Christoph Rojas y Spinola, und von beiden Seiten wurden die wesentlichen Streitpunkte – „le difficultà essenziali d’ambidue 14 Ebd., Bl. 21v. 15 F. A. von Buchheim an A. Santacroce, Egra, 15. August 1698, ASV, Archivio Nunziatura Vienna 61, Bl. 19v, „sarà necessario à domandargli segni della buona intelligenza che desiderano di haver con noi, come sarebbe à dire un atto d’umiliazione overo rionoscimento del Vicario di X.to, la restituzione del libero Esserzizio della N.ra Fede nei paesi di Hannovera smozzato e soppresso dal Regnante Elettore à causa del zelo indiscreto di qualche Religioso Missionario, per poter così facil.nte scoprire se con una sincerità vera domandano la riunione con i Cat.ci o se questi sijno sola.nte pretesti […] nelle occorrenti Circostanze tanto del Sposalizio con il Rè dei Romani, quanto dell’essere riconosciuto Elettore, essendogli disputata questa prerogativa solo da gli Elettori Cat.ci“. Vgl. auch einen weiteren Brief Buchheims vom 15. August, ebd., Bl. 17r: „Invio per ubbidire alli ordini di VS Illma una informatione, così distinta che per adesso darsi puole, che la potrò dare più fondata quando mi avrò abboccato con cotesti Signori, e cavato da essi i loro sentimenti se siino sinceri o vero solamente pretesti politici“. 16 Fabrizio Spada an A. Santacroce, Rom, 19. Juli 1698, ASV Segreteria di Stato, Germania 467, Bl. 415v: „Veda VS. Ill.ma dunque d’insinuare in bel modo al detto Prelato, che sarà proprio del suo molto avvedimento, e buon zelo scoprire le vere apparenze della bramata conversione di quei Popoli onde riferendone le particolarità possano suggerirsi i lumi più necessarij a conseguire tal fine, astenendosi dall’entrare in dispute, ò conferenze, che mai per l’adietro hanno prodotto buon effetto, anzi hanno servito a rendere ostinati ne loro fatti e sentimenti gli Eretici, mentre se vagliono di simili congressi per ostentare semplicemente la vanità de loro argomenti, e non già per appagarsi della verità“. Vgl. Buchheims Bericht für Innozenz XII., Wien, 8. November 1698, ASV, Segreteria di Stato. Vescovi 36, Bl. 798r-v: „Così cominciatosi a discorrere di qualche particolarità, e toccatosi da detto Padre Anselmo qualche fondamento Teologico, essi in vece di rispondere [i. e. Molanus und Leibniz] si espressero, che non occorreva ricominciare le dispute, quali col sostenersi da ogn’uno l’opinion sua si erano sempre provate inutili alle riunioni; e vedendo io, che questo lor sentimento era conforme all’avvertimento datomi da Monsign.r Santa Croce di non entrar in simili contrasti, gli presi volentieri in parola di trattar solamente de mezzi, e modi co’ quali vorrebbero venire a concordia“.
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le Religioni“ – diskutiert17. Jetzt, schreibt Buchheim, tauscht er Briefe mit mir aus; aber bisher habe ich ihm keine Antwort auf konfessionelle Streitfragen gegeben, weil ich es nicht für angemessen halte, Grundprinzipien des christlichen Glaubens in Form einer Disputation oder einer Kontroverse zu erörtern und uns daraus nur mit trügerischen Hoffnungen zu täuschen, ohne das erwünschte Ziel erreichen zu können: „hà volsuto continuare il medemo meco, mà mai hà ottenuto risposta sulle Propositioni Controversistiche, non trovando à proposito a metter in disputa le cose dichiarate di Fede per non dare occa.ne con le inutili dicerie à lusingarsi di vane speranze senza mai poter giungere al bramato fine. Erano restati d’accordo con la saputa di S.M. l’Impe.re di voler fare un Congresso o per meglio dire un Conciliabulo a Neustat, per il quale erano determinati il Padre Müller Confessore di S.M. l’Imp.ce, i defunti Padre Edera e Padre Vinanzio [sic] Domenicano per accordare assieme i punti delle controversie e remetterli poi all’Approvazione dela Santa Sede, quanto a me non ho mai volsuto entrar in queste particolarità […]“18.
In seiner folgenden Korrespondenz mit der Kurie hebt er die wahre Bedeutung des hier nur implizit angedeuteten ‚erwünschten Ziels‘ hervor, das ‚bramato negotio, die „bramata conversione di quei Popoli“19, d. h. die Rückkehr der Protestanten in den Schoß der katholischen Kirche. Und vielleicht – bemerkt Buchheim – kann Gott sich von diesen Mitteln, d. h. von Religionsgesprächen, die letzten Endes von einer Seite aus nur politische Verhandlungen zum Zweck einer Zustimmung zur Neunten Kur sind, bedienen, um diese verirrten Schäflein der wahren Herde wieder zuführen. Mit anderen Worten: der Zweck heiligt die Mittel20. Unter diesen Bedingungen konnte – wie schon die vom Vorgänger Spinola geführten Verhandlungen – auch das Kolloquium in Loccum nur erfolglos verlaufen. Nur Leibniz, wenn auch gänzlich ohne sein Wissen, konnte einen kleinen Vorteil daraus ziehen. In den Jahren 1696–1699 entwickelt sich nämlich in der römischen Kongregation des Heiligen Offiziums der Zensurfall ‚Leibniz‘. Der Fall betrifft insbesondere einen seiner Briefe, den Paul Pellisson 1692 in seinem Werke De la Tolerance des religions publiziert hatte21. Die aus diesem Brief herausgezogene Lehre von der religiösen Toleranz wurde als eine horrenda Haeresia 17 F. A. von Buchheim an A. Santacroce, Egra, 15. August 1698, ASV, Archivio Nunziatura Vienna 61, Bl. 16v. 18 Ebd., Bl. 16r und 19r. 19 So in einem Brief des Staatssekretärs F. Spada an Santacroce, 19. Juli 1698, ASV, Segreteria di Stato, Germania 467, Bl. 415r–v. 20 F. A. von Buchheim an A. Santacroce, Egra, 15. August 1698, ASV, Archivio Nunziatura Vienna 61, Bl. 19v: „Puol essere che Dio si voglia servire di simili mezzi per richiamare queste pecorelle smarrite al vero Suo Ovile“. 21 De La Tolerance Des Religions. Lettres De M. De Leibniz, Et Reponses De M. Pellisson. Ou Quatriéme Partie Des Reflexions Sur Les Differends De La Religion, Paris 1692. – Vgl. hierzu M. Palumbo: „Die römische Inquisition und der Fall ‚Leibniz‘“, in: Internationaler Leibniz-Kongress. Einheit in der Vielheit, Hannover 24.–29. Juli 2006, Bd. 1, hrsg. von H. Breger, J. Herbst und S. Erdner, Hannover 2006, S. 137–144. Die betreffenden Akten sind im ACDF aufbewahrt, SO. Censura Librorum, 1696–1697, Fasz. 14, Censura in Librum Gallicum, cui titulus. La Tolerance des Religions.
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verurteilt22, aber gleichzeitig eröffnet sich eine kritische Debatte innerhalb der Kongregation selbst über die Zweckmäßigkeit, mit der Verkündung eines offiziellen Dekretes die Verurteilung von Leibniz weltbekannt zu machen. „Parcendum enim Authoris nomini“ – so schreibt der Dominikaner Antonin Massoullié, Zensor des mächtigen Heiligen Offiziums – „quod non omnino adversum et alienum ab Ecclesia Romana animum exhibeat“23. Es ist plausibel, zwischen den Zeilen auch einen Hinweis auf die gleichzeitig laufenden Gespräche über eine mögliche katholisch-protestantische Reunion zu lesen, bei denen Leibniz – wie Rom aus den Briefen Buchheims erfahren hatte – einer der Förderer war. Im Gutachten des römischen Zensors kommt aber ein anderes Argument zum expliziten Einsatz: die Hoffnung auf Leibniz’ künftige Bekehrung. Dank einem nach Rom geschickten Bericht über die Loccumer Verhandlungen war dem Heiligen Offizium sicherlich bekannt, dass im Laufe der Gespräche eben Leibniz die mildesten Ansichten – die „sentimenti più miti“ – geäußert hatte24. Darüber hinaus ist er – fährt der Zensor fort – ein Mensch „magni nominis apud suos“, daher kann er „secum magnam errantium multitudinem“ führen:25 Er könnte so etwas wie ein Vermittler eines kollektiven Übertritts, oder einiger fürstlicher Konversionen werden, d. h. jener Konversionen, die in den Augen des Heiligen Offiziums der katholischen Kirche den besten und sichersten Nutzen, auch in Ländern, in denen die Katholiken in der Minderheit sind, bringen konnten. Kirchenpolitische Betrachtungen haben höchstwahrscheinlich Leibniz’ Verdammung ‚suspendiert‘: Die Verurteilung wurde von Papst Innozenz XII. und ebenfalls vom seinem Nachfolger Klemens XI. nicht 22 So fängt das erste Gutachten des Werkes an, ACDF, SO. Censura Librorum, 1696–1697, Fasz. 14, Bl. 137r: „Nulla hactenus haeresis exitialis magis conspecta fuerat ea quae nunc ab oculos ponenda est de Religionum tolerantiâ“. 23 Ebd., Bl. 152v. 24 Vgl. Gianantonio Davia an den Staatssekretär F. Paolucci, Wien, 18. Dezember 1700, in: Ph. Hiltebrandt: „Eine Relation des Wiener Nuntius über seine Verhandlugen mit Leibniz“, S. 244: „Per quanto volesse il Leibnitz contenersi ne’ limiti della proposizione accennata e per quanto protestasse egli di parlare come un particolare e non come deputato de’ suoi, mi accorsi in breve, ch’egli haveva sentimenti più miti, e non ebbi difficoltà di tirargli di bocca, che venendosi ad un trattato formale faranno i Protestanti passi e dichiarazioni più conformi alla credenza della sede Apostolica“. Vgl. auch den Brief Buchheims an A. Santacroce, Loccum, 3. September 1698, ASV, Archivio Nunziatura Vienna 61, Bl. 27r–28v: „non havendo adunque io altro in commissis, come mi accennò la lettera del Sig.r Cardinale Spada […] à dovere scuoprire et essaminare con fundam.to le speranze che vi sono per così importante Negotio; l’ho osservato […] e l’Udito solo si mette in Essercitio sentendo le propositioni che fanno, e queste fedel.nte si notano da me e dal mio Compagno senza ne contradirli, ne asserirli la minima cosa, ci trovo per adesso grand.me dispositioni a fare una fondamentale Reunione, per la quale non solo questi Prencipi, ma altri ancora con i loro Popoli potransi ridurre al Grembo della Vera Chiesa, Confesso il vero di vedere e sentire gia mai ne dette ne pratticate per l’adietro da Luterani, mi astengho per ora a riferire distesam.te i fondam.ti che vi sono per le circostanze e misure che devo prendere riservandomi à farlo con ogni essattezza nel mio ritorno in Vienna“. Vgl. dazu Buchheims ausführliche Relation für Innozenz XII., Wien, 8 November 1698, ASV, Segreteria di Stato, Vescovi 36, Bl. 797r–802v. 25 ACDF, SO. Censura Librorum 1696–1697, Fasz. 14, Bl. 152v.
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offiziell bestätigt, und daher ist Leibniz’ theologische Verurteilung Propositio supra Tolerantia Religionum bis heute im Archiv des Heiligen Offiziums verborgen geblieben. Genau wie in den Berichten aus Buchheims Feder über seine Gespräche mit Molanus und Leibniz ist auch bei diesem ungewöhnlichen Zensurfall des Werkes De la Tolerance des religions nicht nur die komplexe Verflechtung von theologischen, religiösen und politischen Verhandlungen evident, sondern auch der ständige Wechsel zwischen den Ebenen, das subtile Gleiten der Argumentationen und der Gesichtspunkte, das fortlaufende Wechselspiel zwischen Reunionsbemühungen und individuellen sowie kollektiven Konversionsplänen. Lassen sich, aus der Perspektive der römischen Kurie betrachtet, aber überhaupt mit Recht Reunionsgespräche und Konversionspläne als zwei tatsächlich verschiedene Ebenen und Bestrebungen bezeichnen? Und darüber hinaus gefragt: Wie hat Rom selbst den Begriff einer ‚Reunion der Kirche‘ interpretiert? Unter den Aktenbündeln des Archivs des Heiligen Offiziums ist ein in Hannover am 20 Oktober 1702 geschriebener Brief aufbewahrt. Leider fehlen das letzte Blatt und daher die Unterschrift des Absenders. Der Brief wurde in italienischer Sprache verfasst, und daher beschränkt sich die Suche auf die mögliche Identität des Verfassers auf den Kreis der Italiener im Dienste des Hannoveraner Hofes: es dürfte die Schrift von Hortensio Mauro sein. Beiliegend, aber heute verloren, waren einige Briefe und Verse vom Abt Gerhard Wolter Molanus, die – wie in dem Brief zu lesen ist – von der Hochschätzung zeugen, die den päpstlichen Tugenden auch in diesen Landen und von wohlgesitteten und nicht so feindlichen Lutheranern erwiesen wird. Eine eventuelle ‚Bereitschaft zur Rückkehr‘ dieser Lutheraner ist zwischen den Zeilen zu lesen, aber – so fährt der Schreiber fort – mit ihnen führe ich kein Gespräch über so hohe und heikle Dinge, „materie tropp’alte e delicate ma mi basta di vederli persuasi del vero merito di chi siede in Cathedra veritatis“ –, und ich bin schon damit zufrieden, dass sie von den wahren Vorzügen des aktuellen Papstes auf seiner Cathedra veritatis überzeugt sind26. Ein anderer Italiener sollte aber, wenige Jahre später, solche „Gespräche über so hohe und heikle Dinge“ ständig und unermüdlich führen, in Hannover, in Wolfenbüttel und sogar in Berlin, in den Territorien, die die römische Kurie als Missioni settentrionali – die sogenannten nördlichen Missionsgebiete27 – bezeichnete: 26 [Hortensio Mauro ?] an den Assessor des Heiligen Offiziums, Hannover, 20. Oktober 1702, ACDF, SO. Stanza Storica L 4, (ung. Bl.): „Non posso tralasciar di mandar le lettere et i versi dell’Ab.te Molani, testimoni della venerat.e ch’anco in queste parti hanno eccitata le virtù Pontificie in animi ben composti, e degni di goder il lume al quale sono contrari: io però non entro con loro in discorsi di materie tropp’alte e delicate“. 27 Zur Geschichte solcher Missionsgebiete vgl. P. Wittichen: „Zur Geschichte des Apostolischen Vikariats des Nordens zu Beginn des 18. Jahrhunderts“, in: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 6 (1904), S. 139–170; J. Metzler: Die Apostolische Vikariate des Nordens. Ihre Entstehung, ihre Entwicklung und ihre Verwalter, Paderborn 1919. Über die Teilung der dazu gehörenden Territorien vgl. auch APF, Congregazioni Particolari 70, Germania 1709–1729, Bl. 7r–8r: „In tre Classi possono distinguersi le Missioni dette del Settentrione, anzi in tre Classi pare necessario distinguerle se si vuol formarne un’idea, che faccia conoscere gl’abusi, che vi si commettono, e deliberare de remedij, che è
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Wir beziehen uns auf die interessante und zugleich absonderliche Figur von Agostino Steffani, der der Forschung vor allem aufgrund seiner Tätigkeit als Komponist bekannt ist28. Ab 1688 war er als Kapellmeister am Hannoveraner Hofe tätig, und berühmt sind die von ihm (nach Texten von Hortensio Mauro) komponierten Opern „da rappresentarsi nel Teatro d’Hannover“. Nach dem Tode Kurfürst Ernst Augusts unternahm er gelegentlich politische und diplomatische Missionen für den Hannoveraner Hof29. 1703 beschloss er, in den Dienst des Kurfürsten der Pfalz Johann Wilhelm zu treten, dessen vertrauter Berater er werden sollte. Dank der privilegierten Beziehungen seines neuen, gut katholischen Gönners nach Rom entwickelte sich die schnelle geistliche Karriere dieses ehemaligen Kapellmeisters: Schon im Oktober 1706 erreichte Steffani die bischöfliche Würde, als Vescovo di Spiga, und im Januar 1707 wurde er in Bamberg vom Mainzer Erzbischof Lothar Franz von Schönborn geweiht30. Im Laufe des nächsten Jahres wurde er vom pfälzischen Kurfürsten nach Rom gesandt, und daher konnte er wichtige und nützliche Kontakte innerhalb der Kurie und ihrer Kongregationen anknüpfen. Schließlich folgte im Jahre 1709 seine Benennung als Apostolischer Vikar des Nordens oder der nördlichen Missionen31. Die Kurie hatte nämlich erkannt, dass er dank seiner tiefen und genauen Kenntnis der cose di Germania eine entscheidende
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necessario apportarvi, se in breve non si vuol vedere la Religione Catt.ca totalm.te depressa, non tanti per la persecuzione degl’Eretici, quanto per l’abbandono poco meno, che invincibile, in cui vivono i Catt.i Missionarij“. In der ersten Klasse waren die pfälzischen Gebiete eingeschlossen, in der zweiten „il numeroso Clero, che vive nel Ducato di Clivia, e nelle vaste Contee della Marca, e Ravensberg, Paesi tutti della dominazione della Casa di Brandeburgo“, und schließlich „Nella terza, ed ultima Classe poi sono compresi li Missionarij, che vivono ne’ paesi soggetti al rè di Svetia, e Danimarca, et alle Case di Brandenburgo, e di Bronsvich, et inoltre le Cattedrali, le Colleggiate, le Fondationi, li Monasterij, e le Parrocchie, che sono ne Vescovati di Minden, Halberstat, e Camin e nell’Arcivescovato di Magdeburgo“. Genau im Jahre 1709 wurde beschlossen, die dritte Klasse wegen ihres großen Umfanges zu unterteilen, und am 6. April wurde das Apostolische Vikariat Ober- und Niedersachsen für die Bistümer Minden, Verden, Halberstadt, Magdeburg, Havelberg, Brandenburg, Merseburg und Naumburg errichtet. Das neue Apostolische Vikariat hatte seinen Sitz in Hannover. Dazu vgl. auch die „Sentimenti circa li Vicariati Apostolici per le Parti Settentrionali, riverentemente esposti à gl’EE. Sig.ri Cardinali della Sac. Congr.ne di Prop. Fide“ von Theodorus de Cock, Provikar in Holland, APF Congregazioni Particolari 70, Germania 1709–1729, Bl. 21r, „Crederei, che le parti Settentrionali, infette dalle Heresie di Calvino e Luthero, habbiano bisogno di piu, ch’un solo Vicario Apostolico, al presente Monsign.r Vescovo di Conimbria“. Zur Agostino Steffani (25. Juli 1654 in Castelfranco Veneto geb. – 12. Februar 1728 in Frankfurt a. M. gest.) als Komponist vgl. T. Colins: Polymath of the Baroque. Agostino Steffani and his Music, Oxford 2003, bes. S. 139–309. Dazu vgl. C. Kaufold: Ein Musiker als Diplomat. Abbé Agostino Steffani in hannoverschen Diensten (1688–1703), Bielefeld 1997. Vgl. ASV, Segreteria dei Brevi 2193, Bl. 129r–132v. Eine Abschrift der Ernennungskunde liegt in APF, Fondo Spiga, 50. das Band enthält auch zahlreiche Gratulationsschreiben verschiedener Kardinäle. Zur Ernennung am 6. April 1709 vgl. ASV, Segreteria dei Brevi 2251, Bl. 25r–28v, im Bezug auf „Divisio Vicariatus Apostolici Missionum Septentrionalium cum deputatione Episcopi Spigacensis in Vicarium Apostolicum “.
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Rolle bei der gewünschten Ausbreitung und Stärkung der katholischen Religion in den protestantischen Territorien spielen konnte32, und daher „godendo già la gratia d’alcuni Sovrani protestanti della Germania, ed essendo prattico delli Paesi e Lingue, potrebbe incaricarsi col Vicariato di Lunenburgo, Zel, Hannovera, Brunswÿck, Wolfenbutel, la contea di Bremen, e di qua si trova di qua del fiume Elve, fino al fiume Weser“33.
Nämlich, wie derselbe Steffani schrieb, „ci vogliono genti note, e che conoscono gl’Intrichi di queste Corti“34. Von vornherein nahm Steffani seine neue Aufgabe sehr ernst, eine schwierige Aufgabe – „arduo perche Pio”35 –, die in mannigfaltigen Linien Roms Vorteil verfolgen sollte: mit der Gründung von neuen Missionen, dem Bau von Kirchen in Hannover und Braunschweig, dem Erreichen der preußischen Anerkennung als Apostolischer Vikar in den brandenburg-preußischen Landen, trotzdem „il portare il Rè di Prussia à permettere che io ne suoi Stati eserciti la funzione di Vicario Apostolico non è cosa facile, anzi è difficilissima“36. Und vor allem: mit der Durchführung von Konversionsplänen. 32 Kurfürst Johann Wilhelm von der Pfalz an A. Steffani, Düsseldorf, 20. [Februar ?] 1709, ACDF, SO. Stanza Storica UV 52, Bl. 321r, „V.S., che è informata delle cose di Germania, molte più potrà addurne à S. S.tà . sovvenendole qualch'altro mezzo, atto à facilitare cosi grande avvenim.to“. 33 Th. Cock: „Sentimenti circa li Vicariati Apostolici per le Parti Settentrionali, riverentemente esposti à gl’EE. Sig.ri Cardinali della Sac. Congr.ne di Prop. Fide“, APF Congregazioni Particolari 70, Germania 1709–1729, Bl. 23r. Schon am 9. August 1706 war in Rom ein Empfehlungsbrief des Dominikaners Ludolf Wilhelm Majus für den künftigen Vikar Steffani, APF, Missioni Settentrionali III, Bl. 271v–272r: „Vedendo dunque che li nostrj habbiano perduto gran parte della loro libertà di Hannovera; sapendo che la Missione di Hameln resti sospesa e fin adesso inedita; toccandosi anche colle stesse manj che potressimo [sic] esser in miglior stato à Wolffenbüttel dove stiamo ancora ne principij, e che con facilità saressimo anch’ introdotti a Bra[uns]vic se fossimo assistiti come si povrebbe per altro sperare […] mi pare certo che il Sig.re Abb Stefanj vi possi portare efficacissimo remedio: parte perche gode d’un affetto quasi familiare de codetti Sig.ri Duchi, e perche spesso viene quà, per mezzo di che gli riuscirebbe d'ottenercj ogni libertà; di rimediare efficacemente alli disordinj. […] Parte perche ci puole assistere con qualche reale soccorso e non di sole parole; mentre à in mano il cuore di S.A. El. Palatina; ed è riguardato molto da altrj Prencipj Catt.ci“. 34 A. Steffani an den Theatiner Giovanni Damasceno Bragaldi, Konsultor des Heiligen Offiziums, ACDF, SO. Stanza Storica Q 3o, Hannover, 5. September 1710, Bl. 10r. 35 A. Steffani an den Staatssekretär F. Paolucci, Hannover, 14. März 1710, ASV, Segreteria di Stato. Vescovi 114, Bl. 198r. 36 A. Steffani an Kurfürst Johann Wilhelm von der Pfalz, Hannover, 29. September 1710 (Abschrift), ACDF, SO. Stanza Storica Q 3o, Bl. 35r–v. Vgl. auch den Brief Steffanis an den preußischen Minister Heinrich Rüdiger von Ilgen, Berlin, 8. September 1711 (Abschrift), APF, Fondo Spiga 61, (ung. Bl.): „Je vous supplie très-humblement, Monsieur, de reflechir un moment à ce que Je demande. C’est avoir soin des Ames Catholiques qui ont le bonheur de vivre en si grand nombre sous le Sceptre de S. M:té. Vous sçavez trop bien, Monsieur, que pour estre bon sujet, il faut estre bon Chrestien, et que le plus puissant mitif de l’obeissance au Souverain, c’est la Crainte de Dieu. V.E. me dira que les Prestres peuvent avoir et ont besoin là: Mais qui aura donc soin des Prestres? Il faut le toute necessité que ce soit un Evesque.
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Eine ausführliche Rekonstruktion seiner vielschichtigen Tätigkeiten im Dienste der römischen Kurie wird von Franz Wilhelm Woker in seiner Monographie über Agostino Steffani dargestellt37. Woker war ein katholischer Pfarrer, und seine Darstellung ist daher von seinem Katholizismus stark geprägt. So schreibt er, „Steffani gedachte auch die Reunionsbestrebungen, die bis dahin ohne Erfolg gewesen, von neuem und in anderer Weise wieder aufzunehmen“38. Vom Apostolischen Vikar Steffani ist ein umfangreicher Nachlass überliefert, der sich zum größten Teil im Besitz des Archivs der Congregatio de Propaganda Fide befindet39. Darüber hinaus besitzen das Archivio Segreto Vaticano sowie das Archiv des Heiligen Offiziums sehr wichtige Dokumente, die Steffanis Tätigkeit betreffen. Ein beachtlicher Bestand – die Registratur des Bischofs von Spiga – ist schließlich auch im Niedersächsischen Staatsarchiv Hannover nachzuweisen40. Wie üblich im Falle von Reunionsbestrebungen sowie von Konversionsplänen sollten die betreffenden Korrespondenzen sehr vertraulich, geheim, oft chiffriert sein. Aber Agostino Steffani war ein „zungen- und federfertiger Italiener“41, und tatsächlich hat unser Italiener in seinen Korrespondenzen ausführlich über heikle Geschäfte, brennende Themen, Skandale und Intrigen geschrieben, und gern hat er Geheimnisse verraten, in diesem Fall aber mit der Bitte, dass das, was er leichtsinnig verraten habe, streng geheim bleiben sollte42. Über die „von neuem und in anderer Weise wieder“ durchgeführten Reunionsbestrebungen sollten wir daher in
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Et cet Evesque Catholique ne peut pas avoir ce soin necessaire de ceux qui doivent avoir soin des autres, s’il n. en reçoit l’habilité de Rome. Puisqu’il faut qu’il y en aye un, ne vaut il pas mieux pour le Roy. et pour ses Sujets, qu'il y en aye un qui s’aquitte de ce devoir de pres, que de loin? Il vaut mieux pour le Roy, car il est digne de sa grandeur, et de sa Clemence, que ses Sujets puissent avoir ce qu’il leur faut sans sortir de ses Etats, […]. Je croys d’avoir samedy passé expliqué les Intentions, ayant dit, et repeté que je ne pretends rien que ce que l’on voudra m’accorder; et que Je ne veux pas aller plus loin que jusques aux bornes qu’on me fixera. J’ay aussi compris vos Intentions; Je travailleray à les accomplir. Et pourveu que l’on me donne un peu de temps Je vous feray voir, Monsieur, et toucher au doigt, que la Cour de Rome n’est pas si mechante qu’elle vous paroyt; qu’elle n’aucune Immaginable Intention de vous faire tort; et que Je suis veritablement fidel serviteur du Roy“. F. W. Woker: Agostino Steffani Bischof von Spiga i. p. i. apostolischer Vicar von Norddeutschland. 1709–1728, Köln 1886. Ebd., S. 8. Vgl. M. F. Feldkamp: „Der Nachlass des Komponisten, Diplomaten und Bischofs Agostino Steffani (1654–1728) im Archiv der Propaganda Fide“, in: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 92 (1992), S. 230–313. Der Nachlass enthält 86 Bände. Vgl. NHStA, Cal.Br. 23c, Registratur des Bischofs von Spiga (1689–1728). G. Schnath: Geschichte Hannovers im Zeitalters der neunten Kur und der englischen Sukzession, Bd. 2, Hildesheim 1976, S. 477. Vgl. z. B. den Brief von Steffani an G. Damasceno Bragaldi ACDF, SO. Stanza Storica Q 3o, Hannover, 21. November 1710, Bl. 5v: „Hò detto ch’ero già preparato à communicar à V.P. Rev.ma la sud.ta Instruzione, che riceverà però con le prossime, perche hoggi mi è convenuto applicarla una Secretaria à ciò che V.P. Rev:ma troverà qui annesso, e che le communico con la più stretta confidenza, poich’essendo la Relatione che mando al S.r Card.le Prefetto, è meglio che non si sappia che io glie la hò communicata“.
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allen Einzelheiten informiert sein. Aber was sind eigentlich diese ‚Reunionsbestrebungen‘, die Steffani nach Wokers Ansicht aufgenommen haben soll? Streng genommen konnten wir in seinem Nachlass – in Rom wie in Hannover – keine Reunionsprojekte auffinden. Steffani hat keine Verhandlung um eine Wiedervereinigung der Kirche geführt, und niemals hat er an einem Religionsgespräch teilgenommen. Stattdessen hat er nur zahlreiche Konversionspläne vorgeschlagen, vorbereitet und durchgeführt, und bei diesem ehrgeizigen, mit Ausdauer verfolgten Vorhaben hat er konkrete Unterstützung beim Pfälzischen Kurfürsten Johann Wilhelm gefunden, in jener Zeit Protagonist des Katholizismus in deutschen Territorien, und dessen Ziel und „servitio segnalatissimo“ war „ricondurre all’ubbidienza di S.ta Chiesa la maggior parte, e forse tutti li Prencipi, e Stati protestanti della Germania, arduo a prima vista, e difficilissimo di riuscire senza una specie di miracolo“43. Es war tatsächlich ein gran Negotio, dessen Ziele, Methode und Einzelheiten meistens geheim bleiben sollten. Nur das Heilige Offizium hat vollständige Kenntnis davon gehabt, und sogar der Kölner Nuntius „nulla sà del mio gran Negotio“44, während der pfälzische Kurfürst selbst nur ‚halb‘ über das Negotio informiert ist45. Für dieses Negotio war der Vikar Steffani ständig auf Reisen, „che per farlo bisogna correre; andar in un luogo, e mandar in un altro, e star sempre con il Corpo in moto, e l’animo in agitatione“46, und ständig mit Schreiben beschäftigt, denn „quando si tratta di religione e di dilatatione della Gloria di Dio non v’hà cosa che mi possa ritenere di domandare soccorso à chiunque me lo può dare“47. Steffanis Konversionsfieber hat keine Grenzen gekannt, auch wenn der 43 John Wilhelm von der Pfalz an A. Steffani, Düsseldorf, 20. [Februar?] 1709, ACDF, SO. Stanza Storica UV 52, Bl. 318r. Wie in diesem Brief der Kurfürst betont, „le parentele, le amicitie, le confidenze, che [scil. die protestantischen Fürsten] hanno in me, le convenienze communi, e mill’altri vantaggi, dariano à me quell’adito, che forse sarebbe precluso ad un’altro e sperarei, che Dio havesse à benedire le mie operationi in guisa, che con consolatione di tutti i buoni Cattolici, e con gloria immortale del Pontificato di N.S., si vedessero in breve le principali Casi dell’Impero rinunciata l’eresia far rifiorire ne loro Stati il Culto Cattolico“ (ebd., Bl. 320v–321r). 44 A. Steffani an den pfälzischen Kurfürsten Johann Wilhelm, Hannover, 15. Oktober 1710 (Abschrift), ACDF, SO. Stanza Storica Q 3o, Bl. 37v. 45 A. Steffani an G. Damasceno Bragaldi, Hannover, 5. September 1710, ebd., Bl. 10r: „Con quella Confidenza, di cui V. P.ta R:ma mi honora devo dirle due altre cose; una che di tutto quello ch’ella troverà nella Relazione Latina, il Ser:mo El.e Palatino non sà la metà, ne lo puol sapere à causa del pericolo che alcuna di quelle particolarità non traspiri, con che tutto sarebbe perso“. 46 Ebd., Bl. 17r–v. 47 A. Steffani an Cosimo III., Grossherzog von Toskana, Hannover, 31. Januar 1710, APF, Fondo Spiga 32, (ung. Bl.). So fährt der Brief fort, „Non si meravigli l’A.V.Ser:ma di questo esordio mendicante, perche se ad esso Indirizzo le mie suppliche, è segno che faccio gran caso della sua esemplarissimia pietà. Hò due Chiese à Fabricare una in Hannovera, e l’altra in Bronsvic. Due Scuole Cattoliche ad erigere. case à comperare per habitatione de’ miei Missionarij; tutti Monumenti del mio Vicariato, i di cui Principiij è piaciuto alla Maestà Divina di benedire. Le Communità sono povere, e le spese sono enormi. Non mi resta dunque per vedere terminata un Opera pia si strepitos.te incominciata, che ad erigermi in Pitocco“.
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Spielraum sehr gering oder ein Erfolg völlig unwahrscheinlich war, und – so bringt er in seinem lebhaften, sehr theatralischen Italienisch zum Ausdruck – „a dispetto di quanti Diavoli vogliano traversarne la strada“48. Wie im Fall einer erwünschten Konversion von Kurfürst Georg Ludwig, in einer Zeit, da der Spielraum des Hauses Braunschweig-Lüneburg bereits von der englischen Thronfolgefrage bestimmt war49. Und noch unwahrscheinlich war der von ihm sogar für möglich gehaltene Übertritt des preußischen Königs Friedrich zur römischen Konfession50. Das so genannte „grave, et importante affare di Berlino“ – „il negotio 48 So in einem Brief Steffanis vom Jahre 1710 aus Wolfenbüttel (ohne genaue Datumsangabe), NHStA, Cal.Br. 23c, Registratur des Bischofs von Spiga, Nr. 59, Bl. 70r. 49 Erst im Mai 1714, d. h. wenige Monate vor der Thronbesteigung Georg Ludwigs als Georg I., erkannte Steffani die Unmöglichkeit einer solchen Konversion an. Vgl. seinen Brief an den Staatssekretär F. Paolucci, Neuhaus, 12. Mai 1714, ASV, Segreteria di Stato, Vescovi 123, Bl. 398r: „nella facenda, corro un rischio evidente, che la Corte d’Hannovera, à tenore delle sue minaccie, faccia del negotio un punto d’honore, e noi in vece di due passi innazi ne facciamo quattro indietro. E quel che rende il mio timore più violento, è la situazione presente del negotio d’Inghilterra; poiche à me è noto, che la Corte d’Hannovera non conta su’ quella rivolutione, e che il Principe non se ne cura: mà questo, e quella pongono ogni studio à non far cosa che possa dar à gl’Inglesi qualche pretesto del loro cambiamento; e tale sarebbe al loro invincibil parere, quello, che la Corte di Hannovera favorisce la religione Cattolica“. Vgl. auch seinen folgende Brief an den Kardinal Paolucci vom 28. Juli 1714, ebd., Bl. 631v: “Il gran pericolo consiste nelle due Massime, con le quali agiscono il Consiglio di Londra, e quello d’Hannovera. Quello vorrebbe haver un pretesto di rovesciar gli Atti del Parlamento in favor della Casa; e questo non vuol darlo. Quello studia di far apparire che dalla Casa dipende il sostenere le sue speranze; e questo di far vedere che se svaniscono, non è colpa d’Hannovera, mà di Londra. In questo conflitto di finezza del Mondo, le cose di Dio vanno di mezzo“. Zu den wachsenden Schwierigkeiten mit dem Haus Braunschweig-Lüneburg vgl. „S. Officij die 31 Julij Anni 1713. Dichiarationi, e Statuti pregiudiciali alla Religione Catt.a fatti contro li concordati coll’Imperatore Leopoldo; dal Duca d’Hannover Eretico“, ACDF, SO. Stanza Storica UV 52, Bl. 180r–194v. Das Faszikel enthält Abschriften einiger Briefe von Agostino Steffani des Jahres 1713 im Bezug „al precipizio, che minaccia la Religione“ (ebd., Bl. 187r). 50 Dazu vgl. „Status Religionis in Aula Berolini“, [1710], ACDF, SO. Stanza Storica Q 3o, Bl. 8r–9r. So lautet der Schluss dieser ausführlichen Relation, Bl. 9r, „Ex praenarratis patet 1. Universalis contra Summum Pontificem exacerbatio. 2. Regia infirmitas, et Pertinacia in Reformata Religione. 3. Regij Principis Principe indigni Mores, Vitam brevem. et turbulentum Regimen portendentes. 4. Dissidia inter Regem, et Reginam. 5. Solius Reginae sinceritas, et ad eam Religionem propensio in qua bona Opera recommendantur. Unde deduxit primò illa, cuius in hoc Opere jussus sum ministerio uti, prae omnibus necessarium esse accessum cuiusdem Ministri pro tollenda, hac contra S. Pontificem exasperatione, qui facili opere elisurus sit impactas calumnias, maxime si accedat talis, cuius jam in alijs Aulis conversandi dexteritas divulgata est, qualis est Illmus Dominus Episcopus Spigacensis, prout in itinere non rarò audivi, qui accessus ex consilio memoratae Dominae convenientissime fiet sub praetextu Regi inserviendi, et componendi orta utrimque Dissidia. Deduximus secundò, inquirendum esse in Principia Pietistarum, sine quorum refutatione Regina etiam aegrè ad Sanam Fidem reducetur, quae principia firmiores quotidie in animo Reginae radices agunt. Deduximus Tertio; cum sola Regina confidentialiter agi posse, cum qua sic actum 1710, 12. Augusti, explorataque propensione eius, quoad Catholicam Fidem, respondit se praeferre illam Religionem omnibus Alijs, cuius praecipua cura sit pietatis Opera, et Divini amoris excellentiam inculcare, quam pro nunc putat esse Religionem Pietisticam“. Dazu vgl. die Darstellung von Ph. Hiltebrandt:
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non è impossibile, e si può dire che ne pure sarà difficile che nel solo modo d’intavolarlo“ – was sicherlich das ehrgeizigste und zugleich unrealistischste Vorhaben, das der Bischof von Spiga im Schilde geführt hat, durch den Einsatz – genau wie in einer Opernaufführung – mehrerer Figuren, die aus der Residenz des Vikars in Hannover incognito an den Berliner Hof reisen: verdeckte Prediger, maskierte Beichtväter, falsche Sekretäre, unter denen sich eifrige Benediktiner, Franziskaner und Dominikaner verbargen51, weil – wie Steffani bemerkt – wenn schon der Hannoveraner Hof die Berlin-Reisenden („la gente che va à Berlino“) bereits immer als suspekt betrachtet52, so ist noch argwöhnischer und gefährlicher der Berliner Hof53, ja er ist der argwöhnischste und gefährlichste unter den deutschen Höfen überhaupt, weil „la Corte di Berlino hoggi è calda, e domani è fredda“54. Selbstverständlich ist es jetzt nicht möglich, diese Konversionsprojekte – oft echte, leibhaftige Intrigen oder, in Steffanis Worten, „i raggiri i più fini“, die feinsten Schwindeleien – im Detail darzustellen, und daher beschränken wir auf die kurze Erwähnung einiger Dokumente, die uns helfen können (auch wenn Leibniz darin nicht direkt vorkommt), die Begriffe Reunion, Einheit der Kirche und Versöhnung der Konfessionen aus der Perspektive der römischen Kurie besser darzustellen, und daher den Hintergrund auch der gescheiterten Versuche seitens Leibniz’ und Molanus’ genau aufzuklären. Das erste im Archiv des Heiligen Offiziums aufbewahrte Dokument könnte als „Instruktionen für die Konversion eines deutschen protestantischen Fürsten“
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Preussen und die römische Kurie, Bd I, 1625–1740, Berlin 1910 und F. W. Woker: Agostino Steffani Bischof von Spiga, S. 57–82. Zur Sendung des Berichtes an die Kongregation des Heiligen Offiziums vgl. den Brief von Steffani an Bragaldi, Hannover, 5. September 1710, ACDF, SO. Stanza Storica. Q 3o, Bl. 16r. Vgl. A. Steffani an Kurfürst Johann Wilhelm von der Pfalz, Hannover, 15. Oktober 1710 (Abschrift), ACDF, SO. Stanza Storica. Q 3o, Bl. 37v–38r: „È però da osservarsi: […] Che sarà buono se si può disporre il Padre Dahnen à star à Berlino un Anno; mà quando tanto non si possa è neccessario ch’egli vi stia almeno un paio di mesi, nel qual tempo egli possa introdurre nella intiera confidenza di Madama di Reden un altro Benedittino, che doverà restar in suo luogo. […] Che essendo neccessario dar al Beumer per Secretario un Benedittino mascherato, sarebbe à desiderarsi, che questo fosse tale da poterlo poi sostituire al Padre Dahnen: mà quando questo riesca impossibile, bisognerà che il Pad.e Dahnen conduca seco un compagno atto à sostener le sue veci; e quando poi questo ne pur si trovi ne à Colonia, ne à Gladbach, io glie ne darò uno di questi contorni, mà sarà l’ultimo estremo, perche troppo diffido de’ Frati del mio Vicariato avvezzi alla licenza“. A. Steffani an Johann Wilhelm von der Pfalz, Hannover, 15. September, 1710, NHStA, Cal.Br. 23c, Registratur des Bischofs von Spiga 65, B l. 41v–42r: „Se non veggo Witgenstein à Neuhaus, lascierò là buoni ordini, perche […] amerei meglio vederlo, e parlargli fuori, che in Hannovera per evitar tutti i sospetti che sono tanto più facili a risvegliarsi qui quando si tratta di gente che va à Berlino“. Vgl. A. Steffani an G. Damasceno Bragaldi, Hannover, 12. Dezember 1710, ACDF, SO. Stanza Storica Q 3o, Bl. 21v: „La Corte di Berlino frà le altre è pericolos.ma. Si stenta a porla in Cammino; mà quando vi è posta corre“. A. Steffani an Johann Wilhelm von der Pfalz, Hannover, 12, April 1712, APF, Fondo Spiga 61, (ung. Bl.).
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allgemein bezeichnet werden. Auf diesen 1710 geschriebenen Blättern sind alle – theologischen sowie rein politischen – notwendigen und überzeugenden Argumente und Gründe für den Übertritt zur römischen Kirche in ihrer logischen Folge verzeichnet55. Wie Steffani oft betont, ist es bei Konversionsgesprächen wichtig, ‚rein mathematisch‘ zu argumentieren:56 „Allor che giudicherà haversi à sufficienza captivato l’Animo del Principe cercherà le occasioni di parlar di Religione in modo però che mai si possa credere che egli voglia entrar nelle Controversie. Tali sono li Discorsi del male che hà fatto Lutero all’Allemagna con la sua pretesa Riforma. Poich’è visibile che tutte le perdite di questo vasto Impero non nascon che dalla divisione degli Animi, e la divisione de gli Animi non nasce per il più che dalla differenza di Religione, ch’è la cosa che fà la maggior impressione nello spirito degli huomini. Rappresenterà per modo di discorso il danno immenso che ricevono da questa differenza di Religione le famiglie Nobili, e quelle de’ Principi medesimi, perche da un canto non possono haver alcuna parte alle Prebende, ne per conseguenza all’Elezioni de’ Principati Ecclesiastici; e dall’altro non havendo ove collocar le loro numerose Proli, convien permettere che si moltiplichino li Matrimonij con i quali si sminuiscono le rendite delle sud.e famiglie. […] Fatto apparire che l’interesse non si trova nella Religione de’ Protestanti, proceda ogni volta che l’occasione gli si presenta à far conoscere, che non vi si trova la ragione, mà sempre per maniera di discorso, e non di disputa“57.
Und vor allem – so wird in dieser Denkschrift empfohlen – muss man zuerst die Frage der Einheit der Kirche auf den Tisch legen, eine Frage, die für die Protestanten entscheidend ist, fast eine fixe Idee oder Zwangsvorstellung; auf Italienisch: eine echte Stravaganza der Protestanten. „Habbia cura sopra tutto di mettere spesso su’l tapete una cosa, della quale tutti li Protestanti convengono, et è quella della Chiesa che deve essere una; e la Stravaganza che v’è à credere , che questa Unità, ch’è la qualità essentiale della Chiesa di Dio si trova fra loro, e non frà noi. Poiche essi non possono da più di 200. Anni in quà convenire d’una Confessione di Fede, havendone tante tutte differenti; e noi non ne habbiamo che una ch’è la stessa in Germania, in Italia, in Francia, in Ispagna, nelle Indie, et in somma da per tutto“58.
Diesbezüglich noch deutlicher ist das zweite Schriftstück, das die angedeuteten Instruktionen zur Anwendung bringt. Die Argumente wurden praktisch von Steffani benutzt, in Laufe seines Versuchs, den Herzog von Sachsen-Meiningen zu konvertieren59. Davon hat er ausführlich in einem Brief an den pfälzischen 55 A. Steffani an Johann Wilhelm von der Pfalz, Hannover, 21. November 1710 (Abschrift), ACDF, SO. Stanza Storica Q 3o, Bl. 40v–42r. Auf Bl. 40v: „Queste poche umil.me righe non servono ad altro che per accompagnare l’annesso Progetto, che alcune Settim.e sono hebbe l’A.V.S.E. la benignità di ordinare che io gli mandassi“. 56 Vgl. z. B. im Brief Steffanis vom 5. September 1710 an G. Damasceno Bragaldi, ACDF, SO. Stanza Storica Q 3o, Bl. 16v, „bisognerà servirsi di argomenti Matematici“. 57 A. Steffani an Johann Wilhelm von der Pfalz, Hannover, 21. November 1710 (Abschrift), ACDF, SO. Stanza Storica Q 3o, Bl. 41r. 58 Ebd., Bl. 41r–v. 59 Hinweis auf diesen Versuch bei F. W. Woker: Agostino Steffani Bischof von Spiga, S. 31–36. Vgl. auch Johann Wilhelm von der Pfalz an A. Steffani, Düsseldorf, 29. August 1710, ACDF, SO. Stanza Storica Q 3o, Bl. 14r: „Mi hà consolato sommamente il P.S. di V.S. col ragguaglio
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Kurfürsten Johann Wilhelm berichtet, in einer dialogischen, und sehr lebhaften, sogar ‚theatralischen‘ Form: „Doppo li primi complimenti, cavai dalla saccoccia la lettera dell’A.V.E., ch’egli ricevè con sommo rispetto, e grand.ma consolatione. Lo pregai di leggerla; lo fece, e mi disse essere pronto à sentire di quali commandam.ti volesse l’A.V.E. honorarlo. […] gli dissi crudamente che V.A.E. desiderava vederlo Cattolico. La propositione gli cadde un poco fredda sul cuore; mà richiamatigli i spiriti con un sorriso, io hò esposto [,] gli dissi all’A.V. il desiderio del Ser.mo Elettore con la mia naturale schiettezza“60.
So geht das Gespräch fort: „Mà, diss’egli, qual ragione puole havere il Ser.mo Elettore di questo suo desiderio? Egli, risposi, ne hà di tre sorti. Di Morali, di Politiche, e d’Affetto. Hà ragioni morali, perche essendo egli sicuro della strada che tiene, la carità Christiana lo spinge à ritirar gli Amici da quella che calcano contraria alla sua. Hà ragioni politiche, perche è pur troppo visibile, che l’economia del Governo del S.R. Imperatore non può più lungamente sussistere se non s’introduce negli Animi de’ Principi un maggior spirito di concordia; et à questo fine si santo, e si necessario non si arriverà mai, se non si toglie di mezzo la diversità delle Religioni. Sicche non essendo ne sperabile, ne possibile, che i Cattolici si rendano Protestanti, è tempo una volta di procurar che i Protestanti si rendano Cattolici. Hà ragioni d’Affetto, perche V.A. sà, e vede che il Ser.mo Elettore ama la sua persona, e la sua Casa: non amerebbe la sua persona se non facesse tutto il suo possibile per procurargli il sommo d'ogni bene: e non amerebbe la sua Casa se non pensasse alla sua Conservatione“61.
Mit anderen Worten: Es wird der Hinweis auf eine mögliche Einheit der Kirche nur als ein einführendes und bloß rhetorisches Argument gebraucht, um damit die eigentlichen Ziele des Gespräches besser zu maskieren. Auf dem Hintergrund eines angegebenen und zugleich fingierten Interesses für eine mögliche Reunion müssen theologische Argumente angeführt werden, die eine doppelte Funktion erfüllen: einerseits die Darstellung der Unmöglichkeit einer Reunion, anderseits die Darstellung der einzigen Alternative: der Konversion. Es werden zwei Hauptargumente eingesetzt: erstens das Argument des ewigen Heiles, ein Punkt – so bemerkt Steffani – in dem die Protestanten sehr empfindlich sind, weil sie nicht sicher sein können, dass ihre Religion einen zuverlässigen Heilsweg bietet: „sopra tutte le cose stringono due punti, alli quali i Lutterani sono sensibil.mi. Il Primo è quello della Unità della Chiesa, ch’essi confessano necessaria. Confessano altresi che noi si [sic] salviamo, dunque siamo in Chiesa, perche fuor della Chiesa non v’è salute. Quando essi sono portati sin là, concludono da per loro, che se noi siamo in Chiesa, loro son fuori“62.
di quanto hà operato à Meinungen. Ella non poteva usare strada migliore per intavolar la materia, e se deve credersi alle apparenze, le dispositioni sono tali da contentarsene, non potendosi pretendere che cada l’Albero al primo colpo, nè che in cosa tanto seria, Uno risolva sù due piedi“. 60 A. Steffani an Johann Wilhelm von der Pfalz, Wolfenbüttel, 21. August 1710 (Abschrift), ACDF, SO. Stanza Storica Q 3o, Bl. 47r–v. 61 Ebd., Bl. 47v–48r. 62 Ebd., Bl. 50v.
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Zweites, schwerwiegendes Argument ist die tatsächliche Macht ihrer Geistlichen: „Il Secondo è quello della Potestà de loro Preti che non possono provare; perche non hanno conservato l’Episcopato, onde non è credibile qual impressione faccia in essi il dubio d’esser assoluti da’ i loro peccati, e l’incertezza di prendere nella Cena un tozzo di pane, ò il corpo di Christo per difetto della potesta de’ Ministri. Queste sono le due cose che li fanno tremare purche, come hò detto, si cerchi il tempo d’insinuargliele nel discorso“63.
Daneben müssen die Convenienze politiche, d. h. die politischen Vorteile angeführt werden. Sicherlich – laut den Worten des Vikars, die viel zynischer als die von Buchheim in Bezug auf die Zustimmung zur Neunten Kur klingen – bedient sich der Heilige Geist politischer Umstände und materieller Angebote: Man muss nicht unbedingt an „Paulus auf dem Weg nach Damaskus“ denken! „Mi dica un poco l’A.V: ella hà due Fratelli, due Figli, et è in instato d'haverne una dozzina; che ne farà? Si hà da continuare ciò che hà fatto il suo Avo, che d’un grand.mo Stato hà fatto 7. picciol.mi Principati per accommodar 7. Figliuoli? E non vede che questi sono inevitabili pregiudizij, che porta il Luteranismo? E non conosce che se Lutero non havesse fatto altro male alle Case Sovrane, immenso è quello che gli hà fatto privandoli della speranza delle Prebende, che sono le risorse, e fanno il Lustro delle Case più Illustri? Doppo havermi ascoltato con somma attentione, e lunghiss.o tempo; Mà finalm.e disse, il mutar Religione non dipende da Noi, e lo Spirito Santo è il solo à cui è riservata quest’opera. E qual rivelatione [,] risposi, hà l’A.V. che lo Spirito Santo non impieghi il Ser.mo Elect.e Palatino à farle pervenire il suo lume? Vuol ella forse aspettare d’esser chiamata come S. Pietro dalla Nave, S. Paolo dal Cavallo, S. Agostino nell’horto, e tanti altri simili? Non piace à Dio di far ogni giorno simili Miracoli visibili; vuol egli forse dar à V.A. il frutto, et al Ser.mo Elettore il merito della di lei Conversione“64.
Gott kann nicht jeden Tag ein sichtbares Wunder geschehen lassen: und eben auch Fürstentum, Bistum oder Kloster können mirakulöse Effekte haben, „servendo il più delle volte questi mezzi humani alli disegni della providenza“65. 63 Ebd. 64 Ebd., Bl. 48r–v. 65 So in dem schon erwähnten Brief vom 20. [Februar ?] 1709 des Kurfürsten Johann Wilhelm an A. Steffani, ACDF, SO. Stanza Storica UV 52, Bl. 319v. Vgl. ebd., Bl. 318v–319v: „quello, che rende il maggior numero de Prencipi protestanti tenaci della loro Religione, non è altrimente un’avversione d’abbracciare la purità de nostri dogmi, ma il timore d’esser obligati ad abbandonare i Vescovati, e gl’altri beni Ecclesiastici, di cui si trovano in possesso, mentre spogliati, che ne fossero, mancherebbe à molti il mezzo di mantenere i numerosi Cadetti, di cui abbondano tante Case da Lei conosciute. Ora qual gran perdita sarebbe per S.ta Chiesa, se donando quello, che non è più in suo potere, e quello, che non vi è apparenza di haver mai à ricovrare, permettesse à Prencipi di ritenere detti beni Ecclesiastici, parte riducendoli in Commende, parte obligando i Capitoli ad elegere sempre un Prencipe di quella Casa, ogni qualvolta se ne trovasse capace, e parte secolarizzandoli del tutto? Certo è, che col progresso del tempo, crescendo colla Religione la Pietà, rinascerebbero tante fondationi, che la perdita fatta per tal cessione, verrebbe in gran parte compensata, quando pure non si volesse considerare la salute di tante Anime, come un’acquisto non poco equivalente, anzi di gran lungi, e senza comparatione superiore à tutti li tesori del Mondo“. Daraus konnte die römische Kurie auch wesentliche politische Vorteile ziehen. Dazu vgl. die Denkschrift des Heiligen Offiziums vom 20. Februar 1709, ACDF, SO. Stanza Storica UV 52, Bl. 328r–v: „il sacrificio di questi Bene-
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Diesbezüglich noch aussagekräftiger ist ein drittes Schriftstück, das nicht in Rom, sondern im Niedersächsischen Staatsarchiv Hannover aufbewahrt ist. Es handelt sich um einen Brief Steffanis an Kurfürst Johann Wilhelm vom 4. Mai 1711, der die große Affäre in Berlin betrifft66. Der Berliner Minister Johann Moritz von Blaspiel sollte nach Düsseldorf, an den Hof Johann Wilhelms reisen. Die Gelegenheit sei daher günstig, ein diskretes und vorsichtiges Gespräch über eine mögliche Konversion des preußischen Königs in die Wege zu leiten. Leider konnte aber Steffani nicht in Düsseldorf zugegen sein, und der Kurfürst allein sollte die heikle Konversation führen. Allein, aber nach schriftlichen Instruktionen des Bischofs selbst, die in dem erwähnten Brief enthalten sind. „Eure Hoheit – so schreibt Steffani – kann dank Eurer anerkannten Vorsicht schätzen“, ob es besser wäre, direkt über die erwünschte Konversion zu reden oder, als Alternative, zuerst die Möglichkeit einer Reunion der Konfessionen einzuführen, wie es – und hier bezieht sich Steffani auf die Verhandlungen des Bischofs Spinola – im Zeitalter von Papst Innozenz XI. gemacht wurde. Nach Steffanis Meinung ist aber die erste Option – d. h. der unmittelbare Vorschlag einer Konversion – sehr riskant: Wenn davon selbst das kleinste Gerücht – „il minimo vento“ – dem Kronprinzen in Berlin zu Ohren käme, ginge alles verloren67. Es sei daher besser, das Gespräch mit der Möglichkeit einer Kirchenreunion zu beginnen, die den Interessen des Königs und seiner Nachkommenschaft sehr nützlich sein könne. Die Entstehung einer solchen Überzeugung könne nämlich den Weg zur Konversion wesentlich fördern und erleichtern: „Se poi l’A.S.V. parlando a Blaspiel, giudichi bene parlargli nettamente della Conversione, ò pure meglio resta sopra la possibilità di reunir le Religioni, come si trattava nel tempo di Innocenzo XI, V.A.E. lo risolverà sul fatto con la sua profonda prudenza. Certo è che il Primo pare pericoloso, perche il Principe Reale ne ha il minimo vento, tutto è perso. Et il Secondo sembra che basti, perche se li Ministri si persuadono che una reunione di Religioni sarebbe proficua agli Interessi delle Re, e della Posterità; fomentando questo pensiere, si viene ad aprirsi la strada di parlare della Conversione, nella quale si farebbero vedere per lo meno gl’istessi vantaggi, e non si troverebbero le insuperabili difficoltà, che naturalmente si incontreranno nella Reunione. Sicche secondo il mio debol.mo giuditio, la facilità della cosa starà ad invogliare il re de’ suoi vantaggi per mezzo della reunione, senza mostrar di accorgersi o prevedere che questa incontrerà invincibili difficoltà, perche queste poi facendosi naturalmente conoscere facilmente si applichera alla Conversione per non perdere i vantaggi“68.
So setzt sich die so genannte ‚mathematische Argumentation‘ des Bischofs von Spiga fort: Wir müssen nämlich zeigen, dass eine Konversion zur römischen Konfizij sarebbe fruttuoso; poiche è da considerarsi, oltre tutti gl’altri vantaggi, che riceverebbe la Religione da tali conversioni; che ogni Principe, che ritorna al Grembo di S. Chiesa col suo Paese […] fà mancar un voto eretico nella Dieta dell’Impero, e la augumenta d’un voto cattolico; ed in oltre sminuisce li 18 voti eretici, che per dispositione del mentovato trattato d’Osnabruk, anno gli Acattolici nella Camera Imperiale di Wetzlaer“. 66 Vgl. A. Steffani an Kurfürst Johann Wilhelm von der Pfalz, Hannover, 4. Mai 1711, NHStA, Cal.Br. 23c, Registratur des Bischofs von Spiga 65, Bl. 175r–176v. 67 Ebd., Bl. 175v. 68 Ebd., Bl. 175v–176r.
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fession ebenso günstig wie eine Reunion wäre, und darüber hinaus stehen einer Konversion nicht die unlösbaren Schwierigkeiten entgegen, mit denen die Reunion unvermeidlich verbunden ist. Daher, um die angedeuteten, unschätzbaren Vorteile nicht zu verlieren, bleibt nur der Weg einer Rückkehr in den Schoß der einzigen Kirche, die das ewige Heil neben Bistum, Präbenden und anderen kirchlichen Gütern sichern kann. Dies ist – nach Steffanis Meinung – die einzige Gewinnstrategie69. Sehr interessant ist schließlich das vierte Dokument, eine lange Denkschrift vom Oktober 1710 im Besitz des Heiligen Offiziums, in der Steffani seine Riflessi, d. h. seine Überlegungen über das gran Negotio in Berlin, systematisch dargestellt hat. Wir beziehen uns insbesondere auf das zweite Riflesso, dessen lateinischer Titel Cogitandum de conatu conciliandi Controversias lautet. So kommentiert der Apostolische Vikar: „Io non credo che vi sia chi mai creda che il Re di Prussia possa indursi à mutar Religione, per la sola forza della Controversia“70. Davon war auch Buchheim bei seinem Treffen in Loccum mit Leibniz und Molanus fest überzeugt: jede Kontroverse mit Protestanten muss vermieden werden71. Unser federfertiger Italiener ist deutlicher in seiner Argumentation. Genau genommen ist namentlich die Bedeutung des Wortes Conciliazione, Versöhnung, sehr gefährlich:
69 Vgl. auch die Stellungnahme des Heiligen Offiziums in Bezug auf das Haus Brandenburg, Rom, 20. Februar 1709, ACDF, SO. Stanza Storica UV 52, Bl. 326r–327v: „La Casa di Brandeburgo possiede, 1.mo l’Arcivescovato di Magdeburg; 2.o il Vescovato di Halberstatt; 3.o il Vescovato di Minden; 4.o il resto del Vescovato di Camin. 5.o Tutte le Commende di Malta situate in Pomerania, et in altri suoi Paesi; et in oltre poi, la Prussia, che apparteneva all’Ord.e Teutonico. Tutto il maggior male nelli Punti 1. 2., e 3. è, ch’è stato promesso all’Elettor di Brandeburgo di estinguere in queste 3. Catedrali la 4.a parte de Canonicati, à profitto della sua Cammera. Per il resto, li Capitoli sono in piedi con le loro Prelature, sichè venendo il Principe alla Chiesa Cattolica, li dd. Capitoli sono, come prima per li ¾. Quanto poi alli Principati, cioè alla mensa Episcopale secolarizzata, caderà più facilm.e nell’Elettore di Brandeburgo, che in un altro, il pensiere della necessità d'aver de Vescovi nel suo Paese, poiche già ne hà creato uno Calvino, per essere da Lui coronato. Per il 5.o Punto, che riguarda le Commende, Egli già le dà, e dà la Croce; l’hà data ad un suo Fratello col titolo di Gran Priore; sicchè al più, si può trattar, in caso di ritorno alla Chiesa Cattolica, intorno à questi Benefizij de Jure Patronatus, ed’ una conventione à farsi à suo tempo col G. Maestro. La più gran difficoltà dunque stà nel Vescovato di Camin, e nel Ducato di Prussia. Quanto al p.mo vi sarà bisogno d’Indulgenza, e di condescendenza in gran parte. Per il secondo, lo sperar la restitutione della Prussia, è sperare la grazia d’un Dannato. Mà come la cosa non è per la Religione Teutonica cosi chiara, che la Republica di Polonia non pretenda la devolutione di quello Stato doppo la estintione della linea di Zollern, che regna in Brandeburgo: si potrebbe forse sperare di portar le cose ad assicurare nella d.a estintione della linea, la devolutione, ò sia ritorno dello Stato all’Ord.e Teutonico“. 70 „Copia dei Riflessi di Mons.r Vesc.o di Spiga al Ser.mo Elettor Palat.o“, [Oktober 1710], ACDF, SO. Stanza Storica Q 3o, Bl. 38v. 71 Vgl. die oben erwähnten Instruktionen des Staatssekretärs F. Spada an A. Santacroce, 19. Juli 1698, ASV, Segreteria di Stato, Germania 467, Bl. 415r–v.
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Margherita Palumbo „E se si prende il termine di conciliare nel suo più stretto significato, la cosa è pericolosa; perche conciliate le Controversie diranno i Calvini non esser necessario che si rendan Cattolici; et i Cattolici meno fervidi crederan men pericoloso il farsi Calvini; poiche conciliare le opinioni suona mostrare che appresso à poco si dice, e crede la stessa cosa“72.
Genau wie im Inquisitionsfall Leibniz und seiner Lehre einer religiösen Toleranz bedeutet eine religiöse Versöhnung in der Tat – und für Rom handelt es sich um den bedrohlichsten Punkt – die Anerkennung, dass „appresso à poco si dice, e si crede la stessa cosa“, d. h. dass die konfessionellen Differenzen nur scheinbare sind, weil wir – Katholiken, Lutheraner oder Calvinisten – uns auf gleiche Prinzipien und auf gleiche Glaubensinhalte gründen; in einem Wort: die Widerlegung der Autorität der römischen Kirche als einziger Depositärin der Wahrheit73. Es ist jetzt klar, wie die schon angedeutete Behauptung von Woker – dass „Steffani gedachte auch die Reunionsbestrebungen […] von neuem und in anderer Weise wieder aufzunehmen“ – zu interpretieren ist: Reunionsbestrebungen sind nicht anders als Konversionspläne zu verstehen, bei Steffani und eben bei Woker, noch am Ende des 19. Jahrhunderts. Es ist aber keine originelle Auffassung, und ebenso wenig hat der Bischof von Spiga eine originelle – „von neuem und in anderer Weise“, wie Woker wollte – ausgearbeitete Strategie angewandt. Der Apostolische Vikar Steffani hat, auch wenn mit einem übertriebenen Eifer, nur laut Instruktionen agiert, gemäß der offiziellen Politik der römischen Kurie in Leibniz’ Zeit, wie die nüchterne, sogar zynische Haltung des Heiligen Offiziums zu den Religionsgesprächen in Loccum wohl beweisen kann. In November 1698 kamen in Rom, beim Papst selbst sowie beim Staatssekretär weitere ausführliche Berichte von Buchheim über den unerwartet positiven Verlauf der Loccumer Verhandlungen an74, in denen er die völlige Bereitschaft seiner Gesprächspartner zu einer grundsätzlichen Reunion der Kirche festgestellt hatte: 72 „Copia dei Riflessi di Mons.r Vesc.o di Spiga al Ser.mo Elettor Palat.o“, [Oktober 1710], ACDF, SO. Stanza Storica Q 3o, Bl. 38v. 73 Dazu vgl. die septima propositio, die das Heilige Offizium aus Leibniz’ Brief vom August 1690 an Pellisson als haeretica herausgezogen hatte, ACDF, SO. Censura Librorum 1696– 1697, Fasz. 14, Bl. 136v: „Tolerandam esse quamlibet Religionem quod in ea quisque salutem consequi posset, si existimet se esse in bona fide“. 74 Vgl. F. A. von Buchheim für Innozenz XII, Wien, 8. November 1698, ASV, Segreteria di Stato, Vescovi 36, Bl. 795r–802v. So lautet der Schluss des Bischofs, ebd., Bl. 802r–v: „Posso finalmente accertare la S.tà V., che di queste sustanze, quali reverentemente le referisco non hà da aver dubbio alcuno, perche co’ miei proprij occhi hò veduto, e letto (come pure il detto padre Anselmo) i fogli sottoscritti ne i quali i Principali Parochi, ò Predicanti, ò Teologi di quella Provincia hanno data ai prefati Capi facoltà di trattare […] onde non paiono leggieri le speranze di un buon esito se si abbraccia questo buon incontro: Mi rimetto però come devo con la mia humilissima obbedienza a tutto ciò, che l’apostolica vigilanza, et infallibile determinazione della S. tà V. vorrà ordinare per il meglio della Santa Chiesa Cattolica, quale può adesso fondatamente sperare ogni augumento, mentre hà per capo un Innocenzo XII. […] et hà per Protettore, e Promotore un Leopoldo Primo, che nell’assistere, et aiutar questa’opera […] esercita virtù non inferiori a quante se ne siano trovate ne i più Prudenti, Pij, e Santi Monarchi“. Eine Abschrift dieses Berichtes ist im APF nachzuweisen, Missioni settentrionali I,
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„Frà questo, et altri discorsi fatti assieme insistettero gagliardamente, e con ogni maggior premura, che si facci un Congresso di persone private, mà Dotte, prudenti, modeste, e pie, asserendovi non esser mezzo migliore di pervenire all’Unione della Chiesa, che delle Conferenze amichevoli […] non cercano, che sia un Concilio, ò Sinodo, ò arbitramento autorevole […] mà sono adesso contenti, e desideran solo, che i Deputati della Santa Sede trà le altre buone qualità opportune siano pratichi, e ben affetti alla Germania, non odiosi, ò sospetti ai Protestanti, e non faccino altro, che sentire i Deputati solamente dalle Provincie Protestanti, esaminare, e discorrere sù le loro dimande particolari, cooperar in spianar le difficoltà […] A simil forma di Conferenza confesso, che non trovai dà opporre, mentre la S: Sede, che manda espressamente i Missionarij per richiamare gli Heretici non farebbe niente di più nel deputar Periti per ascoltar, discorrere, e referire, non enterebbe in impegno alcuno, ne soggiacerebbe ad alcun pericolo, anzi conseguirebbe sicuramente un vantaggio, che ò si accorderebbe l’unione tanto desiderabile, ò si scoprirebbe l’intrinseco de gl’Animi loro, e si vedrebbe a quali punti precisi si riducesse l’ostinazione de Protestanti“75.
Trotzdem erhielt der Wiener Nuntius, durch den Staatssekretär Paolucci, ein Schreiben des Assessors des Heiligen Offiziums Lorenzo Casoni, in dem die definitive und verbindliche Stellungnahme der mächtigsten Kongregation der Kurie gegen diese Hoffnungen abgegeben wurde. Die Kongregation lobt die Bemühungen des Bischofs Buchheim, aber zugleich ermahnt sie ihn zu größerer Vorsicht nicht nur, weil die Forderungen von protestantischer Seite übermäßig seien, sondern weil der Heilige Stuhl solche Zusammenkünfte und Gespräche zwischen beiden Seiten nicht erlauben könne76. Aus solchen Verhandlungen wurden immer bloß schlechte Bl. 346; vgl. Ph. Hiltebrandt: „Eine Relation des Wiener Nuntius über seine Verhandlugen mit Leibniz“, S. 239–240. 75 F. A. von Buchheim für Innozenz XII, Wien, 8. November 1698, ASV, Segreteria di Stato, Vescovi 36, Bl. 799r–800r. 76 F. Paolucci an G. Davia, [nach 18. Dezember 1700], ASV, Segreteria di Stato, Germania 237, Bl. 472r–473r. Auf Bl. 471r: „L’Assessore del S. Offizio nel rimandare all’E.V. la lettera di Monsign.r Nunzio di Vienna, li manda ancora la Minuta della risposta secondo il senso della Sacra Congreg.e del S. Offizio, alla quale è stata riferita; E resta facendole profond.mo inchi– no“. Vgl. auch ASV, Segreteria di Stato. Vescovi 36, [o. D.], Bl. 795r v: „Il Sig.re Card.le Spada è supplicato humilm.te degnarsi riflettere se per consolare Mons.r Vesc.o di Neustat, e per animare il suo zelo a proseguire con ogni vigore, e colla circospezione dovuta il negozio intrapreso potesse impetrargli un Breve di risposta, nel quale N.S. esprimesse gradimento per la pietà, colla quale il Prelato si è adoperato sin hora, e per l’esattezza. con cui hà rappresentato quanto sin hora è seguito. Parerebbe pure esser degno della Clemenza Pontificia che S.S.à aggiungesse di pregare il Sig.e Iddio a benedire, et incaminare alla gloria magg.re del suo S. Nome il progresso delle premure, che Mr Vesc.o asserisce essere per continuare attendendo S. B.e d'essere ragguagliata distintam.e di ciò che anderà succedendo“. Vom Heiligen Offizium hatte Buchheim einige facultates am 31. März 1700 erhalten, ACDF, SO. Decreta 1700, Bl. 70v–71r, „in eâdem Audientiâ, lecto Memoriali Episcopi Novocomensis, S.tas Sua […] concessit d: Oratori facultates praescriptas à Sac: Congregatione de Propagandâ Fide iuxta formulam X.m impressam pro Episcopis habentibus suas Dioeceses haeresi infectas ad triennium. Ita tamen, ut jis nullo modo uti possit extra fines praefatae suae Diocesis“. Am 3. September 1700 erhielt der Wiener Nuntius Davia ähnliche facultates, ACDF, SO. Decreta 1700, Bl. 238r: „in eâdem Audientiâ concessit R Pd. Joanni Ant.o Daviae Nuntio Apostolico apud Caesaream Majestatem facultates iuxta formulam decimam impressam praescriptas à Sacrâ Congregatione de Propagandâ Fide, duraturas per tempus, quo d.o munere Nuntij fungetur, et
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Wirkungen erzielt. Darüber hinaus haben unsere Contrarij, unsere Opponenten, zu häufig falsche Darstellungen der Ergebnisse dieser Verhandlungen in Druck gegeben, in denen sie ihre eindeutige und unehrenhafte Niederlage in einen Sieg umgewandelt haben. Wir können – so fährt der Assessor der Kongregation fort – hingegen viel größere Vorteile aus fürstlichen, hervorragenden Konversionen ziehen, und dies – um es so zu sagen – ohne Kosten, ganz umsonst, ohne – wie in Loccum von protestantischer Seite verlangt wurde – Differenzen in Dogmen und Riten zu begleichen: „Riferitasi per ordine di S. Beat.e la sua Lettera delli 18: dello scorso mese di Decembre [1700] alla Sacra Cong.e del S. Off.o, circa le speranze concepite di poter promovere nelli Stati d’Hannover, e di Zell la riunione di quei Popoli alla Nostra S. Relig:e è stato concorde il sentimento di quei Emi Sigri, approvato dalla Santità Sua, in lodare il zelo, e l’applicazione di VS. in un’affare di tanta importanza, nel quale però stimano, se le debba insinuare, come sono più anni, che si sono avuti più riscontri, e si sono fatti più maneggi sopra le buone intenzioni date da quei Prencipi, benche sin’ora senz’effetto, per la deformità, et esorbitanza delle condizioni ricercate: trà le quali la Sede Apostolica non puole, nè deve acconsentire à quelle di far congressi, e Dispute particolari frà Ministri dell’una, e l’altra Parte, per l’esperienza, che si è avuta de’ mali effetti, che ne sono derivati, mentre è stato sempre costume de’ nostri Contrarij, non solo di scioglierli à loro piacere, mà di publicarne falsamente le vittorie, benche ne fossero rimasti con perdita, e disonore. Nella Germania in diversi tempi sono seguite altre notabilissime Conversioni, com’è noto, et essendosi quei Prencipi rimessi intieramente alla clemenza de’ Sommi Pontefici, e della Santa Sede, ne hanno conseguite molte rilevantissime grazie, mà non già quelle, che potessero portare, ò diversità nel Dogma, ò scissura trà il Capo, e le membra, e l’esempio di quello, si fece per la Chiesa Greca, non è stato mai seguitato per indurre nella Latina difformità di Riti, ò di Dogmi“77.
cum clausulâ: utendi ijsdem facultatibus in Locis suae Nuntiaturae tantùm, illasque communicandi in totum, vel in partem, prout opus esse secundùm suam conscientia, iudicaverit Sacerdotibus idoneis in Conversione animarum laborantibus, in Locis tamen Haereticorum, ubi prohibertur exercitium Catholicae Religionis“. 77 F. Paolucci an G. Davia, [nach 18. Dezember 1700], ASV, Segreteria di Stato, Germania 237, Bl. 472r–473r; vgl. auch Ph. Hiltebrandt: „Eine Relation des Wiener Nuntius über seine Verhandlugen mit Leibniz“, S. 245–246. So hatte Buchheim in seinem Bericht für Innozenz XII. vom 8. November 1698 geschrieben (ASV, Segreteria di Stato. Vescovi 36, Bl. 800v–801v): „i Protestanti si trovano nati, et educati nella loro opinione, assicurati dalli loro Teologi, e Predicanti, mantenuti da Prencipi potenti […] e la maggior parte di quelle Anime […] sono ignoranti e naturalmente difficili a far una grandissima e publica mutazion di Fede, onde sia opportuno, che si facci ogni diligenza di cercar i modi più miti […] compatendo più tosto a quelle loro infirmità in quanto non contrarij all’Evangelio, e per ciò vorrebbero ritenere la Communione sub utroque specie, senza negare pero buona la Communione sub una; ritenere i loro Preti coniugati, et altre cose, quali credono potersi concedere dalla Pontificia autorità, dichiaratisi desiderar ciò, che similmente sia stato conceduto a i Greci nel Concilio Fiorentino, et a i Boemi, e Schiavoni secondo, che narrano le Historie [,] e se si li concederanno le loro dimande, essi vicendevolmente riconosceranno nel Papa il primato dell’ordine, dignita, e direttorio; e lo venereranno per primario Vescovo, e Capo Ministeriale della Chiesa Cattolica con il dovuto ossequio, ammettendo assieme la subordinazione de’ Preti a i Vescovi; de’ Vescovi alli Arcivescovi e nostra Gerarchia; confessando ancora di non discordare da noi in molte questioni mantenute fin’ora dalla diversità de’ termini, ò parole“.
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Unter diesen Bedingungen konnten alle Vorschläge und Gegenvorschläge, die Leibniz, Molanus und andere Professoren und Geistliche verfasst und danach gemäß den „sentimenti più miti“, den mildesten Ansichten, ausgefeilt hatten, keine konkrete Aussicht haben, von der römischen Kurie und insbesondere von dem in diesen Angelegenheiten entscheidenden Heiligen Offizium mit echter Bereitschaft wahrgenommen zu werden. Sie wurden nur aus der Perspektive von möglichen individuellen oder kollektiven Konversionen betrachtet. Eine Wiedervereinigung der Kirche, eine Annäherung der Konfessionen, eine bessere Verständigung – alles dies waren, wie es Steffani in seiner lebhaften Sprache kommentiert hätte, bloße Stravaganze dei Protestanti.
LEIBNIZ’ NOVISSIMA SINICA AS A PROGRAM FOR THE REUNIFICATION OF THE CHRISTIAN CONFESSIONS Hans Poser (Berlin) Historia enim servit ad pietatem et ex ea veritas religionis nostrae demonstrari potest, quod hic nonnihil adumbratur. Contemplatio de historia literaria (A IV, 4, N. 114, p. 468). Je veux que l’Histoire tienne quelques fois un peu du Roman, sur tout quand il s’agit des motifs qu’on prend soin de cacher, mais elle en dit tousjours assez pour nous faire faire nostre profit des evenemens; on y trouve par tout des leçons excellentes, données par les plus grands. Nouvelles ouvertures (A IV, 4, N. 160, 687).
I. INTRODUCTION1 As is well known, Leibniz, who had been interested in China throughout his life, thought of an exchange with this admirable “Europe of the East”2. In comparison with the West, he saw China’s cultural level and its collected empirical knowledge as being as high as or even higher than that of Europe. Coming from West to East, from Europe to China, Leibniz thought the exchange should focus
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A sketchy first draft of this paper has been presented at a conference on Novissima Sinica in Beijing in 2005. An extended version has been part of the First Annual Conference of the Leibniz Society of North America at Rice University Houston during my fruitful stay at its Humanities Research Centre in 2008. – I want to express my gratitude to Arturo Munoz, who polished my English. “[V]elut Orientalis quaedam Europa”. Novissima Sinica, A IV, 6, N. 61, 395 / § 1. – Novissima Sinica is quoted from A IV, 6, N. 61; the §§ numbering has been added as introduced by D. F. Lach: The Preface to Leibniz’ Novissima Sinica. Commentary, Translation, Text, Honolulu 1957, repeated by the Latin/German edition of H. G. Nesselrath and H. Reinbothe: Novissima Sinica, Köln 1979, as well as: G. W. Leibniz: Writings on China, translated, with an Introduction, Notes, and Commentaries by D. J. Cook and H. Rosemont, Jr., Chicago 1994.
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on theoretical scientific knowledge such as astronomy, mathematics, geometry, geodesy, – on the theoretical side of natural religion as something depending on reason alone, and as a last step – on the content of Christian revelation. All of this comes together in the idea of a propagatio fidei per scientias – the way to Christian faith via the sciences. In Leibniz’ eyes, this way was the foundation of the Jesuit mission, and he was convinced that the Christian faith, at least in so much as the rational side is considered, is a continuous prolongation of the sciences into the domain of theology. Coming from the East to the West, from China to Europe, Leibniz thought of an exchange consisting – of empirical data in astronomy, in medicine, and in metallurgic technologies, which China had collected and kept over centuries, – of the practical side of natural theology, namely all those admirable ways of living peacefully together, which he believed to be the essential center of Chinese behavior, – and of harmony, which corresponds to these practical rules and which was, in his eyes, already on the way to Christian ideals. In his letters to Chinese missionaries as well as others, Leibniz always stresses the point that this exchange must indeed be a bilateral one, in order to “catch fire with fire”3, light with light, namely to allow a new prosperity and a new cultural level on both sides. There is no need to go into details here. What I intend to develop is a quite different sort of effect, which is part of Leibniz’ life-long efforts concerning a reunion of the Christian Churches. It is only a small point, and a hypothetical, but as I see it, a very typical one, since it indicates how global and how complex Leibniz’ plans are. From the Mainz period on, Leibniz had been involved in diplomatic missions aiming at a reunification of the Christian confessions4. In Mainz, Elector Johann Philipp von Schönborn as well as Baron von Boineburg had been interested in these undertakings, and decades later, the Electors of Hanover and of Berlin intended to look for the possibility of a reunification. This included theoretical approaches in order to develop an understanding of the main principles behind the outer forms –
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To Grimaldi, March 21, 1692; A I, 7, N. 421, 618. For these plans and activities see F. X. Kiefl: Der Friedensplan des Leibniz zur Wiedervereinigung der getrennten christlichen Kirchen aus seinen Verhandlungen mit dem Hofe Ludwigs XIV., Leopolds I. und Peters des Grossen, Paderborn 1903, reprinted Hildesheim 1997; shortened and revised as Leibniz und die religiöse Wiedervereinigung Deutschlands. Seine Verhandlungen mit Bossuet und den europäischen Fürstenhöfen über die Versöhnung der christlichen Konfessionen, Regensburg 1925; and P. Eisenkopf: Leibniz und die Einigung der Christenheit. Überlegungen zur Reunion der evangelischen und katholischen Kirche, München 1975. – Concerning the program of a Protestant mission in Leibniz’ letters see M.-L. Babin, G. van den Heuvel and R. Widmaier: „Einleitung“, in: A I, 20, LXI–LXVIII.
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of the confessions with the intention of asking for essentials in such a way that an approach and harmonization would be possible. The best known attempt of this kind of understanding of the other side is Leibniz’ so called Systema theologicum, written in 16865, which offers his reconstruction of a view from the Catholic side – a book, that when it was published first in 1819 led to the interpretation, on more than one occasion, that Leibniz was, in his heart, a Catholic, a view with which he had been confronted several times and which he always rejected6. An intense exchange of letters and documents between Leibniz as the representative of the northern German Protestant countries, namely Hanover and Berlin on the one side, and Bishop Jacques Bénigne Bossuet as the spokesman of the other, Catholic, side began in 1679 and started again in 1683. As far as theoretical problems go, it included the most important questions from 1691 on, but stopped in 1694. Leibniz was highly interested in continuing it, which in fact happened in 1698, one year after the first edition of Novissima Sinica. It is far from self evident that Leibniz, who was no theologian, had been involved in these undertakings, and in fact, he was, together with Molanus, the Protestant Abbot of Loccum near Hanover. But in a letter to Duke Anton Ulrich of Wolfenbüttel, he wrote “that, as long as the theologians alone had been responsible for these affairs, there had been no success”; therefore, he adds, reason demands that persons with different views have to be found who in cooperation will lead the undertaking to a success7. The theoretical problems had been (and are today) extremely difficult and ranged from the question of what heresy is, what the criteria of infallibleness are, what salvation means, whether tradition can be accepted as an element of truth, how to explain transubstantiation, and the search for fundamental and by this, unifying, principles. This is not the place to discuss all these points; they will only be hinted at. As a young man, Leibniz had been very optimistic that his newly found combinatory methods as part of the Characteristica universalis would be the adequate basis for such an undertaking. In 1679 he wrote: “Finally, any one who is certainly convinced of the truth of religion and its consequences, and so embraces others in love that he desires the conversion of mankind, will surely admit, if he understands these matters, that nothing will be more influential than this discovery for the propagation of the faith, unless it be miracles, the holiness of an apostle, or the victories of a great monarch. Where this language can once be introduced by missionaries, the true religion, which is in the agreement with reason, will be established, and apostasy will no more be
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Now published as Examen religionis Christianae; A IV, 4C, N. 420, 2355–2455. E. g. Mme. de Brion to Leibniz, July 16, 1691; A I, 6, N. 100, 229; Leibniz to Ernst von Hessen-Rheinfels, January 1684; A II, 1, 852−853. “Et nous avons appris en Allemagne qve tant qve seuls Theologiens ont esté les maistres de ces affaires, on n’a point sçû avancer d’un pas”, Leibniz to Duke Anton Ulrich, Nov. 1698; A I, 16, N. 17, p. 23.
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Hans Poser feared in the future than would an apostasy of men from arithmetic or geometry which they have once learned”8.
Leibniz believed at that time that even the questions of theological controversies could be solved in this way. In 1701, in his long letter on his binary system to Father Joachim Bouvet in China, he repeats this idea and its importance for China9; but not as a means to solve the problems concerning the reunion. In fact, in the 80s and 90s his approach started from two different concepts, both going back to his very early investigations. The first was to start from science and its principle of sufficient reason in order to show the rational order of the world and by this to extend it to a wise creator. The second he takes from the Elementa juris naturalis and its Justitia universalis, which is based on the concept of love and charity as the corner stone of Theologia naturalis. The bridge from God via love to humans and justice can be sketched in the following way: “God loves everyone” 10 and “Who loves God, loves everyone”11, which leads to “Who is wise loves everyone”12 in connection with “justice is the charity of the wise”13, and concludes with “To love is to be delighted by the felicity of the other one”14. Or in its closed form, which Patrick Riley takes as his starting point: “Justitia est caritas sapientis. Caritas est benevolentia generalis. Benevolentia est habitus amoris. Amare aliquem est ejus felicitate delectari”15. This kind of morality, which combines Christian charity with rationality and justice is what Leibniz tries to establish as a global foundation, since “It is the good man whose charity is rightly ordered or who looks for the common good” as far as possible for him16. 8
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(Loemker: Leibniz, Philosophical Papers, 2. ed., Dordrecht 1969, p. 224–225) – “Denique qui certo persuasus est de religionis veritate, et (quod hinc sequitur) tanta alios caritate complectitur ut optet generis humani conversionem, ad viam veritatis; is certe ubi haec intelliget fatebitur ad propagandam fidem praeter miracula et sanctitatem hominis cujusdam Apostolici, aut victorias magni Monarchae nihil efficacius hoc invento esse. Nam ubi semel a Missionariis haec lingua omnium linguarum facillima introduci poterit, religio vera quae maxime rationi consentanea est, facile stabilita erit, et non magis imposterum metuenda erit Apostasia quam ne homines Arithmeticam aut Geometriam quam semel didicere mox damnent” (A VI, 4A, N. 66, 269.De numeris characteristicis ad linguam universalem constituendam, A VI, 4A, N. 66, 269). A I, 19, N. 202, 409 (to Joachim Bouvet, Feb. 15, 1701). “Deus amat omnes” (A VI, 4C, N. 496, 2799; Lemmata de Dei volutate). “Qui Deum amat, amat omnes” (A VI, 4C, N. 496, 2800; Theoremata de Sapientia et Felicitate). “Quisquis est sapiens amat omnes” (A VI, 4C, N. 496, 2800; Theoremata de Sapientia et Felicitate). “justitia est caritas sapientis” (A VI, 4A, N. 197, 935; A VI, 4C, N. 494, 2777; N. 505, 2854; N. 509, 2890; A IV, 5, N. 9, 82). See P. Riley: Leibniz’ universal jurisprudence. Justice as the charity of the wise, Cambridge, Mass., 1996. “Amare est alterius felicitate delectari”, A VI, 4C, N. 496, 2793. Aphorismi de felicitate .; A VI, 4C, N. 496.2, 2798 and 2804. “Est autem vir bonus cujus charitas recte ordinata est seu qui bonum commune quaerit quantum licet salvo suo”, A VI, 4C, N. 492, 2762.
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Thinking of the problems, difficulties and theological controversies, Leibniz acknowledged that his theoretical undertakings relating to a reunification are necessary, but not sufficient. Now, if the heart of Christianity is love, as he states several times17, then looking for a unity of Christian churches is a Christian obligation: “Truly, love (which is the highest among the virtues), [and] to seek for peace demanded by Jesus, […] requires to leave nothing undone what is in our power and which might be helpful to get over or to alley this unhappy division”18.
As all the intense undertakings by him have shown, the theoretical solution had not yet been found. Leibniz was, at this time, looking for a practical situation, one that could force a kind of co-operation between the confessions so that differences concerning dogmatic questions would be senseless and moreover, disturbing. This has to be seen as the background of some of the clearly political passages of his Novissima Sinica, specifically his own introduction to the collection of essays authored by others as well as most of the articles he included. It is this then, which I intend to analyze further. II. THE NEW IDEA During his stay at Rome in 1689, Leibniz met Claudio Filippo Grimaldi, who later on became the head of the Jesuit China mission and president of the Tribunale mathematicum in Beijing. Leibniz must have been deeply impressed. Before that meeting his interests had centered on Chinese characters and the Chinese language, fascinated by the fact that languages differing in phonetics and grammar could use the same set of characters. After his contact with Grimaldi there originated in him a very new and much more extensive approach, documented by his exchange of letters with Jesuit missionaries in China. This is evident even from the list of questions that Leibniz passed over to Grimaldi19: Nearly all of them deal with scientific problems and technology. Grimaldi promised to answer him in a note on his way back to China from Goa, the Portuguese settlement in India20, but an answer never arrived. All of this must have widened Leibniz’ horizon, and he must have gotten a completely new idea of how to get closer to a practical solution of the differences between the Christian confessions. The idea was as follows: If the Protestant Church would start a mission in China beneath the Catholic one – an undertaking 17 See Eisenkopf: Leibniz und die Einigung, p. 73–76. 18 “Certes la charité (: qui est la plus haute entre les vertus :)[,] l’amour de la paix, si recommandé par Jesus-Christ, et les preuves d’une moderation chrestienne données depuis si long temps de ce costé cy, demandent qu’on n’omette rien maintenant qui soit en nostre pouvoir, et qui puisse servir à lever ou à diminuer le malheureux Schisme” (A IV, 7, N. 51, 281; Déclaration de Loccum). 19 A III, 4, N. 211, 413 (to Grimaldi, July 1689). 20 Grimaldi to Leibniz, December 6, 1693, A I, 9, N. 421, 629.
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which had been discussed at that time in the Protestant countries and which Leibniz himself supports in many letters and in his Novissima Sinica21 –, then, in order to not endanger the whole undertaking, it would be necessary for both sides to hide and to exclude all of the dogmatic differences between each other and to concentrate their activities on those Christian contents that the confessions had in common22. Now – if this was possible in China, then it should be possible in Europe as well! This, so to say, was one of Leibniz’s secret intentions behind the endeavor. Leibniz does not explicitly formulate what I have just called a secret intention in any of his writings. The only thing I can do then is to try to bring the elements that support my hypothesis together. III. SUPPORTING ELEMENTS First of all, Leibniz always follows global views. There is nothing in his thinking that is isolated. In metaphysics he has the view that each individual mirrors the whole universe; in physics the thesis that as each thing is in connection with everything else, there is no isolated cause and isolated effect; and in politics it is the global view, which characterizes all the Leibnizian approaches. This political universality can immediately be seen from his Novissima Sinica, a book, which does not only speak about China, but of Russia as well; a book, which tries to influence the view of the Pope in Rome concerning the Jesuit position as well as that of the King of France concerning toleration, and regarding Russia advocates a wise policy that allows for missionaries and for trade with China through a much safer land route, as opposed to the ship route via Cape town in Africa and Goa in India, which was so dangerous that a third of the ships never returned to Europe. It is the global view held by Leibniz in each of these situations that allows me to formulate my thesis. A further and second support, which depends on Leibniz’ global view as well, consists in the fact that he expresses the hope that there might be a comparable influence from the side of North America. In a letter to the English King William III of Orange, written in 1694 together with Johann Daniel Crafft in Amsterdam (but probably never sent), Leibniz says concerning the Protestant mission in North America that
21 For details see F. R. Merkel: G. W. von Leibniz und die China-Mission. Eine Untersuchung über die Anfänge der protestantischen Missionsbewegung (= Missionswissenschaftliche Forschungen I), Leipzig 1920, p. 39–40. 22 For a broader perspective see W. Li: Die christliche China-Mission im 17. Jahrhundert. Verständnis, Unverständnis, Missverständnis (= Studia Leibnitiana Supplementa 32), Stuttgart 2000.
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“a Protestant America is something fortunate for the eternal weal of the poor inhabitants of this vast land as well as for the temporal weal of our European Protestants, who will find there a new source of richness and power in order to balance or even to overcome their adversaries”23.
Their adversaries are in this case the Catholics of the Spanish and the French side – in North America as well as in Europe. Leibniz and Crafft explicitly point out how dangerous the situation in America is in their view: “It even will be absolutely necessary to forestall the French, who become more formidable by sea from day to day and who will need no long time to drive the Spanish out of these countries, where they are too weak, which will be the ruin of Europe and the destruction of religion and of public freedom”24.
A third point consists in the reasons why Leibniz tries to engage the court of Berlin as well as others to prepare a Protestant mission in China. This is laid down in the General-Instruction for the Berlin Academy. There Leibniz combines the scientific and the practical purpose of the Academy with the Protestant mission, namely “to carry the light of Christianity [… via Russia] to China, so that the Protestants, coming from the north, i.e. from the country side, might join those coming from the sea side. In differing from other Christians, we [namely the King of Prussia as a Protestant] have an advantage that we alone posses amber, which is […] nearly the only European good, which is demanded and highly estimated in China”25 .
Now, the Jesuit missionaries had in fact been very successful, and their method was absolutely in accordance with the Leibnizian ideas: As they saw it, in demonstrating the laws of nature, the sciences show that the world is full of order; therefore it must have been created by a rational and wise being – namely by a God. Leibniz himself saw this argument not as a cosmological or physico-teleological demonstration of the existence of God – his concept of demonstration, stemming from mathematics and logic, was much too sharp – but rather as a persuasive argument. 23 “on peut dire que cela [des conditions belles] nous fera naistre en peu d’années une Amerique protestante, egalement heureuse, tant à l’egard du bien eternel des pauvres habitans de ces vastes pays, qu’à l’egard du bien temporel de nos Europeans protestans; qui y trouveront une nouvelle ressource de richesses et de puissance pour balancer et même surpasser celle de leur adversaires” (A III, 6, N. 74, 220–221; Leibniz and Johann Daniel Crafft to William III, November 1694). 24 “Estant même absolument necessaire de prevenir les François qui deviennent de jour en jour plus formidables par mer, et qui ne minutent dés long temps que de chasser les Espagnols de ces pays là, où ils ne sont que trop foibles, ce qui acheveroit la ruine de l’Europe et la destruction de la religion et de la liberté publique” (A III, 6, N. 74, 221). 25 “[…] bey welchen gelegenheiten zugleich auch dahin zu trachten, wie denen Barbarischen Völckern in solchen quartieren bis an China das Licht des Christenthumbs und reinen Evangelii anzuzünden, und in China selbst von der Land- und Nordseiten denen Seewerts hinkommenden Evangelischen hierunter die hand geboten werden könne, wozu Wir vor andern Christlichen Potentaten diesen Vortheil haben, daß Wir allein den Börnstein und also diejenige Waare uhrsprünglich besitzen, welche unter allen Europaeischen fast allein in China verlanget und hochgeschätzet zu werden pfleget” (H.-S. Brather [Hrsg.]: Leibniz und seine Akademie. Ausgewählte Quellen zur Geschichte der Berliner Sozietät der Wissenschaften 1697–1716, Berlin 1993, S. 100).
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Now, if all these missionary undertakings are done by the Jesuits in the correct fashion, why should the Protestant nations spend time, money and men on a Protestant mission in China? In a letter to André Morell, Leibniz argues in 1697 that the success of the Jesuits in China depends on nothing but sciences – and in sciences, he adds, “the Protestants are by no means inferior than those ones, much more, one can say that they are superior”26. Here Leibniz thinks of the Catholic rejection of Copernicus and Kepler. Merkel in his book on the China mission sees the Novissima Sinica, written in 1697, as a “call for a Protestant mission towards all Protestant circles in Germany […] as a Christian duty of civilization”27. Indeed, in his Introduction to the book Leibniz writes that he hopes that missionaries from Germany will go to China; and in a letter to the Protestant Etienne Chauvin, where he gives a small abstract of this Introduction, he explicitly says, that “the Protestants should take part” in this great task of a China mission28. In the letter he says that his Introduction was not purposed toward strengthening his aim, but rather to speak about the Jesuits and their merits, which we, i. e. the Protestants, should imitate; and he did so, he concludes, without touching what would be a blame29. This is mirrored in the text of the Novissima Sinica, since the critical edition shows that Leibniz has erased the word “Protestant”30; and where he postulates a German mission his formulation is very restrained. So he adds that he has asked the (Catholic) Emperor in Vienna to support this idea31. Therefore a reader cannot have the impression that Leibniz is thinking primarily of Protestant missionaries. In fact, he sent copies of his book to Jesuits he had been in contact with, since he tried to support their position. What Leibniz writes somewhat later is important. In a Denkschrift of March 1700 for the Elector and later King of Prussia, he emphatically argues for a Protestant mission in China. He explains: “May be, God admitted the pietistic, otherwise nearly annoying quarrels among the Protestants, in order to make it possible, that under the protection of the Elector really pious and well minded clergymen can make real this important work of preaching the true faith in a better way”;
and Leibniz goes on with a most important remark: “all this in order to combine the acceptance of true Christianity among us as well as abroad [italics H. P.]
26 “les protestans ne leur [les jesuits] cedent point, et même on peut dire qu’ils les surpassent” (A I, 14, N. 121, 203; to André Morell, May 11 [21], 1697). 27 Merkel, p. 40. 28 “J’ay insinué dans la preface le but, que j’ay, mais je l’ay fait d’une maniere propre à ne pas mettre en defiance les Jesuites. C’est que je souhaiterois que les Protestans prissent part à cette grande affaire, en envoyant aussi à la Chine des gens capables de tenir teste aux Jesuites par leur science et par leur vie reglée” (A I, 14, N. 91, 154; to Etienne Chauvin, April 27, 1697). 29 “Mais ne voulant pas declarer mon but, j’ay parlé favorablement du dessein des Jesuites, en tout ce qui merite nostre approbation et nostre imitation, sans toucher que peu à ce qui doit estre blamé” (ibid.). 30 A IV, 6, 401, line 17 – two times. 31 A IV, 6, 406 / § 20.
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together with the growth of sciences and of the public welfare”32. What is meant here are the differences on the Protestant side, which one might overcome via a Protestant mission – but one can immediately include the Catholic side as well. A fourth, very important, point is that Leibniz had been well acquainted with the dissonances between the different Catholic missions. In 1699 he mentions in a letter to Sophie of Hanover that someone has informed him that there is a sharp dispute going on in Rome between the Jesuits and other missionaries, who accuse the former of allowing the adoration of idols amongst new Christians – idolatrie – specifically in the excessive worshipping of the famous philosopher Confucius, who lived before Christ33. Two years earlier he indirectly mentions this controversy in his Novissima Sinica in expressing the wish that the happy situation brought about by the new possibilities of a Christian mission in China might be “well founded and a long lasting one, and neither destroyed by thoughtless fanaticism in faith or internal quarrels among men, who follow the obligations of the apostle, nor by bad examples of our people”34.
In a letter to the Jesuit Daniel Papebroch in August of 1699 Leibniz expresses the hope that the wise ones among the Chinese (and consequently, even not really written there, the Jesuits, too) might win35. Even at a time when Leibniz knew quite well how difficult the situation for the Jesuits in Rome was, he wrote in 1701 to the Jesuit Jean de Fontaney, who, coming from China, just had arrived in Rome: “I think that [your missions in China] will be of high importance for the Christian religion, since I take it as means for an exchange of light between Europe and China, beneficial for both sides as long as it is well done”36. For all together, Leibniz had the impression that “the situation in China is somewhat less hot than that in Europe, where we fear a new hurricane”, one caused by the peace of Rijswijk of 1697, where Louis XIV had reduced the rights of the Protestant
32 “wer weiß ob Gott nicht eben deswegen die Pietistische sonst fast ärgerliche Streittigkeiten unter den Evangelischen zugelassen, auf daß recht fromme und wohlgesinnte Geistlichen, die unter Churfürstl[icher] Durchl[aucht] Schutz gefunden, dero beyhanden seyn möchten, dieses capitaliste Werck fidei purioris propagandae besser zu befördern” (H.-St. Brather [Hrsg.]: Leibniz, p. 79). 33 “On me mande en même temps qu'il y a un grand procès à Rome entre les Jesuites et d'autres Missionnaires, en ce qu'on accuse les premiers de permettre aux nouveaux Chrestiens de la Chine des Actes d'Idolatrie, en faisant des honneurs excessifs à Confutius fameux philosophe Chinois qui a vecu avant nostre Seigneur” (A I, 17, N. 51, 67; Aug. 24/Sept. 3, 1699). 34 “Faxit Deus ut solida et durabilia sint gaudia nostra, nec imprudenti zelo, vel intestinis dissidiis hominum Apostolica officia obeuntium, aut pravis exemplis nostrorum turbentur“ (A IV, 6, 409, § 23; Novissima Sinica). 35 A I, 17, N. 266, 433 (to Daniel Papebroch, Aug. 1699). 36 “je crois qu’elles seront d’un grand effect pour la religion chrestienne; que parce que je les considere comme un moyen d’entretenir un commerce de lumieres entre l’Europe et la Chine, avantageux des deux costés, s’il est bien menagé” (A I, 19, N. 204, 417; to Jean de Fontaney, Feb. 1702):
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countries37. And in a letter to the Jesuit Annibale Marchetti, corrected many times and then reduced to a short passage, he writes in 1702, that he enjoys the progress of the Jesuit mission in China, “for it is better to introduce that attacked doctrine of Christ than none. Moreover I hope that the wise on your [i. e. the Catholic] side will follow in their work in the New church [which means: the true Christian love], so that the misuse (to which they [the Catholics] themselves often give in) will be avoided and changed for the better. And I don’t give up the hope that it [this misuse] shortly will be erased in Europe”38.
All of this, but especially the responsibility to act in the spirit of the apostle, holds for all Christian missionaries, thinks Leibniz – for otherwise the outcome would be the thoughtless fanaticism that he mentions in his Novissima Sinica. A fifth point is that after Leibniz’s introduction, the Novissima Sinica starts from a report from Father José Soares, one of the missionaries in China, on the socalled tolerance edict of Emperor Kangxi of 1692: Soares’ short history of the Jesuit mission in China shows in an intense way how difficult it had been to convince the emperor, working against the majority of his court officials, to allow the Christian faith in his empire. This gives a hint, seemingly concerning nothing but the China mission, but in fact concerning much more: It indicates that one of the most powerful emperors on earth – namely Kangxi – is willing to tolerate a religion at a time when the king of France, Louis XIV, in 1685 withdrew the Edict of Nantes, which originally allowed the Huguenots to practice their reformed Protestantism in France, even if the state religion there remained the Catholic one. An example of the problems in Germany at that time is apparent when considering that in his first edition of Novissima Sinica, Leibniz writes that he got Soares’ report from the Catholic Bishop of Münster, Johannes Clerff; but Clerff feared the trouble that could accompany being named in a book by a Protestant and so asked Leibniz not to mention him. Leibniz deleted his name in the second edition printed in 169939. In fact, even the report on the peace at Nertschinsk between China and Russia, given by Jean-François Gerbillon, is used as a means to support the point that to give in and to accept peace conditions that do not take advantage of the fact that the Chinese emperor is more powerful than his Russian counterpart, is a demonstration of wise politics and of the real power of the emperor – this in 37 “les affaires de la Chine sont un peu moins brouillées que celles d’Europe, où nous craignons un ouragan nouveau. Dieu veuille qu’il se change bien tost en calme, mais qui soit durable, et non pas un avancoureur de la tempeste comme le dernier qui a suivi la paix de Riswick” (A I, 19, N. 346, 646; to Rudolf Christian von Imhof, May 7, 1701). 38 “Sed non eo minus vestris apud Sinas progressibus faveo: nam praestat inquinatam de Christo doctrinam illic introduci quam nullam. Praeterea spero prudentes ex vestris in nova Ecclesia condenda daturos operam, ut abusus (quos ipsi saepe agnoscunt) pro bona parte vitentur. Nec despero eosdem paulatim in Europa eradicatum iri” (A I, 20, N. 411, 707; to Annibale Marchetti, 1702). 39 See the annotations of Nesselrath and Reinbothe in their edition of the Novissima Sinica, p. 69, n. 8; D. F. Lach: The Preface to Leibniz’ Novissima Sinica, p. 58 and 85, n. 72, and A IV, 6, introduction of n. 61, 387–388.
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harsh contrast with this Mars christianissimus, who starts one war after the other instead of looking for a lasting peace. This Leibnizian view found its justification in October 1697, half a year after the publication of the Novissima Sinica, in terms of the already mentioned peace of Rijswijk, wherein Louis XIV attempted to reduce the influence and the right of the Protestant countries instead of finding a moderate solution. A sixth hint is given in Leibniz’ proposals in his Novissima Sinica on how the Christian missions should be organized. Leibniz here expresses the deep wish that “The undertaking [i. e. the Christian mission of different Christian orders] should be done in such a way that those peoples, the salvation of whom is our aim, would not recognize in which positions we Christians differ from each other, since we all agree concerning the fundamental positions of the Christian faith; and when they are accepted by those tribes, no one will doubt on their salvation, as long as nothing heretic and spurious, and something loaded with heavy doubts is added to them”40.
Leibniz adds that the “Christian truth” would not be affected by such a position. And this is just what Leibniz tries to reach in Old Europe via China! What remains is the question of why Leibniz did not really say what is taken here as his secret intention. The answer is quite simple: if he had done so, if he had written or spoken about this intention, then the whole idea would have been senseless. By putting forth his proposals in another way, in Novissima Sinica and other writings, he could hope – that the Protestant countries in Germany, in the Netherlands as well as in England would take his proposals seriously, and – that the Jesuits would understand his arguments as extremely helpful supporting their position in Rome. In fact, Leibniz did not succeed in either respect. The Berlin Academy never organized a Protestant mission, and the Pope paid heed to the anti-Jesuit arguments from those who saw Chinese rites as a form of heresy. IV. FINAL REMARKS The different points just mentioned are not meant to show that Leibniz was only thinking of European quarrels to the exclusion of China; this conclusion would be entirely misguided. What I intended to argue was Leibniz had a deep rooted interest in China and admired the Chinese culture. At the same time he wanted to support the Jesuit position in the quarrel about rites. What he wished was to develop and to advocate for a new and deeper understanding of this country with its 40 “Rem autem ita agi velim, ut ne intelligant quidem populi, quorum salutem meditamur, quibus Christiani inter nos dissideamus, cum omnes catholice consentiamus in ea Christianae fidei praecepta, quae si illae amplecterentur gentes, de salute earum nemo dubitaret; dummodo nihil haereticum et subdititium et omnino dubitatione gravi libatum affricaretur” (Novissima Sinica, A IV, 6, 401–402 / § 12).
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extraordinary and wise Emperor Kangxi. All of this would be strongly supported by the exchange between China and Europe mentioned at the beginning. But the Leibnizian perspective has always been much broader, including philosophical and theological, political and diplomatic, national and global visions. Part of these visions seems to be this cosmopolitical idea, that if it is possible to avoid focusing on the differences between Christian confession in China, but rather to concentrate on positions in common, or better to cooperate and to offer a quasi neutral Christian faith, then all of this should be possible in Europe as well. The universal idea behind the project has to be seen as Leibniz’s hope for universal harmony. This is likely one of the reasons why he included the Protestant China mission as an essential part of his plans for the Berlin Academy founded in 1700. History shows that Leibniz had been right at least in so much as China is concerned. The different Catholic orders – the Jesuits, Franciscans and Dominicans – fought against each other and each of them tried to influence the Pope to exclusively accept their position concerning the rites at the court as well as rites for ancestors, the interpretation of tien, and so on. As a consequence, the Pope chose to force missionaries to act according to his position, and decided not to follow the Jesuit project. The outcome was that Kangxi canceled the edict of toleration that he had previously issued and this meant the end of the whole Christian mission in China. Contemporary Europe, especially some regions such as North Ireland, attests to the seriousness of the problem of Catholics and Protestants living together. In Germany, the Responses of the Congregation for the Doctrine of the Faith (June 2007)41 caused irritation, since they declared that the only true Christian church is the Roman Catholic one. This shows how Leibnizian ideas are relevant to this day. Moreover, Leibniz integrates not only all Christian churches (he explicitly mentions the Greek and Russian orthodox ones), but also all monotheistic religions such as Judaism and Islam, and even Confucianism as a position of natural theology, since according to him all of them have or should have the concept of a natural right and a corresponding rational morality as a common element. Seen in this way the concept of toleration and harmony put forth by Leibniz is a pressing necessity today – in the East as well as in the West.
41 „Responsa ad quaestiones de aliquibus sententiis ad doctrinam de Ecclesia pertinentibus“, June 29, 2007, in: Acta Apostolici Sedis 99 (2007), p. 604–608.
„LE POINT DE PS.10.14.21.32.“ – LEIBNIZENS PROJEKT EINES WELTKONZILS UNTER PETER DEM GROßEN Wenchao Li (Hannover/Potsdam) Der vorliegende kurze Beitrag macht auf ein seit langem bestehendes Desiderat aufmerksam: Leibnizens kühnes Projekt eines ökumenischen, die Ostkirchen einbeziehenden Weltkonzils unter dem Patronat Peter des Großen, in Chiffren (Buchstaben und Zahlen) verschlüsselt in Leibnizens Briefwechsel mit Johann Christoph Urbich als „ps.10.14.21.32.“1. Das Thema ist der Forschung spätestens seit Wladimir Iwanowitsch Guerriers Studie mit Quellenpublikation2 nicht fremd3. Infolge der seitdem nicht wesentlich besser gewordenen Textlage konnten allerdings kaum neue Kenntnisse gewonnen werden4. Exemplarisch wird hier nochmals die
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p bedeutet c, s = o, 10 = n, 14 = c, 21 = i, 32 = l. Für Hilfestellung bei der Transkription, Kollationierung und Übersetzung der Handschriften sei Dr. Sabine Sellschopp (Potsdam), für Entschlüsselungshilfe sei Herbert Breger (Hannover) herzlich gedankt. Die Chiffren werden im Folgenden wiedergegeben, die dechiffrierten Wörter werden in eckige Klammer gesetzt. Auf LBr 947 (Korrespondenz mit Urbich), Bl. 117v (117r leer) findet sich ein wahrscheinlich von Leibniz angelegter Schlüssel, der allerdings nur begrenzt hilft. Woldemar Guerrier: Leibniz in seinen Beziehungen zu Rußland und Peter dem Großen, St. Petersburg und Leipzig 1873. F. X. Kiefl: Der Friedensplan des Leibniz zur Wiedervereinigung der getrennten christlichen Kirchen aus seinen Verhandlungen mit dem Hofe Ludwigs XIV., Leopolds I. und Peters des Großen, Paderborn 1903, S. LXXXVII–LXXXX; 2. Auflage unter dem Titel: Leibniz und die religiöse Wiedervereinigung Deutschlands, Paderborn 1925, S. 144–148; G. J. Jordan: The Reunion of the Churches. A Study of G. W. Leibniz and his great attempt, London 1927, S. 210–212; E. Schering: Leibniz und die Versöhnung der Konfessionen, Stuttgart 1966 (= Arbeiten zur Theologie, Reihe I, Heft 28), S. 54–59; J. Baruzi: Leibniz et l’organisation religieuse de la terre d’après des documents inédits, Paris 1907, S. 148–150; E. Benz: Leibniz und Peter der Große, Berlin 1947; P. Eisenkopf: Leibniz und die Einigung der Christenheit. Überlegungen zur Reunion der evangelischen und katholischen Kirche (= Beiträge zur ökumenischen Theologie 11), Paderborn 1975, S. 58. Zuletzt hat Gerda Utermöhlen auf das Thema hingewiesen. G. Utermöhlen: „Die Rußlandthematik im Briefwechsel zwischen August Hermann Francke und Gottfried Wilhelm Leibniz“, in: Halle und Osteuropa. Zur europäischen Ausstrahlung des hallischen Pietismus (= Hallesche Forschungen 1), hrsg. von J. Wallmann und U. Sträter, Tübingen 1998, S. 109–128, hier 120–121. Bei der Konstituierung einer Leibniz-Forschungsstelle im Zentralinstitut für Philosophie der Akademie der Wissenschaften der DDR im Jahr 1984 wurde unter anderem eine Sonderedition des Briefwechsels zwischen Leibniz und Urbich mit Schwerpunkt des Wiener Teils projektiert.
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Abhängigkeit gerade der Leibniz-Forschung von der historisch-kritischen Editionsarbeit deutlich. Die dem Verfasser zur Verfügung stehende knappe Zeit ließ eine ausschöpfende Untersuchung auch hier nicht zu; es wäre andererseits schade, sollte gerade im vorliegenden, den Leibniz’schen ökumenischen Bemühungen gewidmeten Sammelband das kühne Vorhaben, das, wie viele andere Projekte Leibnizens auch, die Vorstellungskraft wohl nicht nur seiner Zeitgenossen überstieg, unerwähnt bleiben. In einem Brief von 15. Oktober 1710 bat Johann Christoph Urbich, nach seiner diplomatischen Tätigkeit für Hannover und zuletzt für Dänemark seit 1707 russischer Gesandter in Wien, Leibniz, mit dem er seit früher Zeit in Korrespondenz stand, bei seinem Schriftverkehr mit dem Hannoverschen Minister seit 1705 Andreas Gottlieb von Bernstorff behilflich zu sein und eine Art Briefboten zu spielen5. Unmittelbar vor der hier ausgesprochenen Bitte, vielleicht auch um Leibniz, der sich für Russlands Öffnung nach Europa interessierte und die Nähe zu dem Land und seinem neuen Herrscher suchte, für sich zu gewinnen, berichtet Urbich seinem Korrespondenzpartner über seinen Aufenthalt in Moskau6 und die persönlichen Gespräche mit dem Zaren Peter dem Großen. Demnach hat Urbich während seines Rußland-Aufenthaltes sich beim russischen Zaren auch für Leibniz eingesetzt. Unter anderem habe er dem Zaren geraten, die Initiative eines ökumenischen Konzils zu ergreifen, zumal der Papst so sehr auf eine Einigung dringe; dabei habe Urbich auf Leibniz als jemanden verwiesen, der in der Lage sei, einen Plan dazu auszuarbeiten: „[J]e puis dire, qu’estant à Moskau j’ay fait tout p[ou]r # [Leibniz] aussi touchant son project, qu’on a approuvé, même j’avois parlé d’un ps10.14.21.32.20. sxp8.34.19.10. yh l[.]20. [concile œcumenique] que le Czaar devoit proposer, sur tout parceque 32. x37.5.38.19. [le pape]
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Das Projekt scheint jedoch nicht zustanden gekommen zu sein; immerhin hat Rosemarie Caspar schon die Transkriptionen und Regesten angefertigt. „D’ailleurs je voudrois bien entrer avec 62 [Bernstorff] en correspondance secrete pour une affaire d’importance, si Vous aviez la bonté de le sonder, et si par vôtre moyen les lettres pouvoient luy estre renduës seurement!“. Guerrier: Leibniz in seinen Beziehungen zu Russland, S. 148 (Anhang); LBr 947, Bl. 119v. Wohl um die Jahreswende 1709/1710. In seinem Briefwechsel Ende März 1710, z.B. an Herzog Anton Ulrich vom 31. März berichtete Leibniz, dass nach seiner Information „H[err] von Urbich in 3 tagen von Moscau verreisen würde, und alles bey des Czars Majestät erhalten, was er gesuchet“. LBrF 1 Bl. 115–116; E. Bodemann: „Leibnizens Briefwechsel mit dem Herzog Anton Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel, in: Zeitschriften des Historischen Vereins für Niedersachsen, 1888, S. 73-244, hier S. 188–189. In seinem Brief an Urbich zwei Tage zuvor, vom 29. März 1710, schrieb Leibniz, der Brief möge seinen Adressaten in Wien erreichen („J’espere que cette Lettre vous trouvera de retour à Vienne“). LBr 947 Bl. 116; Guerrier: Leibniz in seinen Beziehungen, S.143–144. Der erste Brief Urbichs an Leibniz nach seiner Rückkehr aus Moskau scheint ein Schreiben erst vom 13. September 1710 zu sein. Heinrich Georg Hennenberg berichtete am 17. September 1710 aus Braunschweig, „Der H[err] von Urbich ist gantz sicher in Wien“. LBr 391 Bl. 14.
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insiste tant pour un20.7.9.22.36.10. [e union] et j’y avois proposé 65. [Leibniz] qui estoit fort capable à bien dresser le systeme“ 7.
Auf einen baldigen Beginn solle man sich allerdings keine große Hoffnung machen, denn obgleich man in Moskau den Rat Urbichs billige, wolle man, angesichts des Nordischen Krieges zwischen Rußland und Schweden, zuerst den Frieden abwarten: „[…] mais, quoyqu’on la goustoit assés, on crût pourtant qu’il faudroit auparavant avoir la paix“8. Aus dem Inhalt des Briefes allein lässt sich allerdings schwerlich auf Urbichs tatsächliche Gespräche und Verhandlungen in Moskau schließen. Man kann aber annehmen, dass der Plan eines Konzils („Le point de ps.10.14.21.32.“) unter Peter ein mögliches Gesprächsthema zwischen Leibniz und Urbich vor dessen Reise nach Moskau und während Leibnizens Wien-Aufenthalt im Dezember 1708 bzw. auf der gemeinsamen Reise mit Urbich von Wien nach Leipzig um die Jahreswende 1708/09 gewesen sein muss, worauf der Brief von Urbich an dieser Stelle sich anscheinend bezog. So könnten der von Urbich in seinem Brief an Leibniz nach seinem Aufenthalt in Moskau erwähnte Vorschlag eines gemeinsamen ökumenischen Konzils durch Peter I. und Leibnizens Empfehlung durchaus von Leibniz selbst stammen. In Leibnizens Berichten9 über seinen Wien-Aufenthalt und 7
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LBr 947, Bl. 119v; vgl. Guerrier: Leibniz in seinen Beziehungen zu Russland, S. 101, 148. Wohl in seinem Brief an Leibniz vom 16. November 1707 spricht Urbich zum ersten Mal das Thema an. Nach einer Schilderung des Charakters von Peter wies Urbich nämlich den Adressaten seines Briefes darauf hin, dass der Zar sogar nach einer Vereinigung der griechischen mit der lateinischen Kirche strebe. Der erste Schritt sei bereits getan, denn die Möglichkeit einer Vereinigung der – seit 1054 in Trennung existierenden – lateinischen Kirche und der griechisch-orthodoxen Kirche auszuloten sei der Auftrag der Reise des Fürsten Boris Ivanovič Kurakin nach Rom gewesen Urbich vergaß nicht eher diplomatisch beiläufig zu erwähnen, dass er den Fürsten auf dessen Rückreise jeden Augenblick in Wien erwarte: LBr 947, Bl. 33: „[…] même il travaille comment unir ensemble les églises grecque et latine, et le prince Courakin, qui a esté fort bien reçu à Rome et que j’attends à tout moment de retour en a eu commission.“ Guerrier: Leibniz in seine Beziehungen, S. 70–73 (Anhang), hier S. 71. In der Darstellung, S. 99, geht Guerrier irrtümlich von 1708 aus). Auch wenn Guerrier in Kurakins Romreise einen anderen Zweck sieht – nach Guerrier wünschte Peter eine Unterstützung des vertriebenen polnischen Königs Augustes des Starken durch die katholische Kirche in Rom, unbestritten ist, dass die Reise des Fürsten Kurakin nach Rom und dessen freundliche Aufnahme durch die päpstliche Kurie seinerzeit viel Wirbel aufwarf und in dem protestantischen Kreis durchaus als Zeichen katholischer Umtrieben im Zarenreich, welche den protestantischen Einfluss zu unterbinden versuchten, empfunden wurden. Geradezu exemplarisch für die protestantische Sorge kann die in Deutsch verfasste Warnschrift des Londoner Archidiakons William Stanley aus dem gleichen Jahr mit dem Titel Treuherzige Warnung an die muscowitische Kirche / für den Machstellungen der Römischen Kirche sich zu hüten (Berlin 1708) genannt werden. Ob Leibniz die Schrift gekannt hat, muss hier offen bleiben; die historisch-kritische Edition von Leibnizens Briefwechsel, der Reihe I der Akademie-Ausgabe, war bei Abfassung dieses Beitrags erst bis zum Jahr 1703/4 fortgeschritten. LBr 947, Bl. 119v. Vgl. „Leibnizens Rechtfertigung seiner (geheimen) Reise nach Wien“, in: Die Werke von Leibniz gemäß seinem handschriftlichen Nachlasse in der Königlichen Bibliothek zu Hanno-
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spezifisch über seine Gespräche mit Urbich fehlte freilich jeglicher Hinweis auf dieses Thema, handelt es sich vorerst doch um gut gehütete Überlegungen und daher auch um eine verschlüsselte Botschaft. In seinem Antwortschreiben vom November 1710 hebt Leibniz die Wichtigkeit der Angelegenheit hervor, ohne dabei die Schwierigkeit und die gebotene Vorsicht zu verschweigen. Ohne die Beteiligung der orientalischen Patriarchen könne ein Konzil nicht als ökumenisch gelten, dafür sei eine Erlaubnis der Osmanen erforderlich. Um solche Erlaubnisse zu erwirken, wäre es vielleicht zweckmäßig, einen Vertrag mit dem Sultan auszuhandeln, mit der Versicherung, dass man die Erlaubnis nicht zu anderen Zielen missbrauchen werde. Man müsse dabei mit großem Feingefühl sehr viel Rücksicht auf Rom nehmen, und es bedürfe beträchtlicher Vorsichtsmaßnahmen, um die Angelegenheit mit diesen Leuten dort zu einem Erfolg zu bringen. Es wäre darüber manches zu sagen, was den Absichten des Zaren voll entsprechen und dabei auch für das allgemeine Beste zweckdienlich sein würde: “Le point du ps10.14.21.32 est une affaire importante et de tres grande consequence; mais elle ne sauroit etre practiquee facilement qu’avec la permission que je ne say si l’on obtiendroit b8 wlf14 [du Turc]10 par rapport aux 37.k.42.4.y.6f.40x.12 [patriarques] de l’s f.22. 19m42 [orient] sans lesquels il ne passera point pour sxp8.24.19.10.yhl[.]20 [oecumenique]. Et pour preparer les choses il seroit peutetre bon si l’on est passablement bien avec le susdit de negocier de telles permissions et les faire exprimer dans un traité protestant qu’on ne se mela pas d’eux en d'autres matieres. On a besoin de grands égards et de beaucoup delicatesse par rapport à fsnn19. [Rome] et de grandes precautions pour mener les choses à quelque chose de bon avec ces gens là et il y auroit bien de choses à dire là dessus qui seroient tres conformes à ce que je m'imagine de 32 [Czar] et en meme temps à ce qui convient au bien general“11.
Einen solchen Plan, der Absichten und Interessen aller Beteiligten berücksichtigt, auszuarbeiten, wäre die Aufgabe, die Leibniz sich selbst dabei wohl zugedacht hat. Geschickt verwies er Urbich auf seine bisherigen Erfahrungen bei den Verhandlungen zwischen der katholischen und den protestantischen Kirchen und auf die Zusammenarbeit mit Molanus, ganze Bände von Akten über die Verhandlungen habe man gesammelt, und darüber hinaus habe er, Leibniz, eine große Menge von Briefen in Händen. Es gebe sogar ein Mittel, den Papst zur Vernunft zu zwingen:
ver, hrsg. von O. Klopp, Band 9, S. 297–300; Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek Hannover, MS 33 1749, Bl. 37–38: Promemoria für den Kurfürsten über seine Unterredung mit Urbich während der Reise von Wien nach Leipzig; LBr 947 Bl. 111: Denkschriften für Georg Ludwig über seine Gespräche und Verhandlungen mit J. Chr. Urbich; Guerrier: Leibniz in seinen Beziehungen zu Russland und Peter dem Großen, S. 136–139; vgl. Müller/Krönert: Leben und Werk von G. W. Leibniz, S. 215. 10 „du Turc“, „patriarques“ und „orient“ finden sich in der Handschrift über den jeweiligen Chiffren. 11 LBr 947 Bl. 121r–121v; Guerrier: Leibniz in seinen Beziehungen zu Russland und Peter dem Großen, S. 102, 150; vgl. Klopp: Die Werke von Leibniz, Band 9, S. 321–322.
„Le point de ps.10.14.21.32.“
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„Quand 20 [l’Empereur] avoit envoyé icy sur la meme matiere du ps10.14.21.32.[concile,] n.s.326m [Molan] n’a pas voulu faire un pas ok.10.11. 65 [sans Leibniz] et il y a là dessus des volumes entiers de ce qui s’est passé avec quantité de lettres que j’ay en main. Il y a meme un moyen de quasi rs4pxfu20.37.5.38.19 [forcer le pape] à se mettre à la raison en partie et du moins autant qu’il est necessaire pour certains pas importans. Mais l’exposition de tout cecy demande une grande discussion, et ne se sauroit faire en peu de paroles“12.
Da aber die Erklärung von all diesem einer weitläufigen Ausführung bedürfe und nicht mit wenigen Worten gegeben werden könne, schlug Leibniz vor, Urbich möge einige Worte über das Konzil an Herzog Anton Ulrich („67“) richten, denn „solche Ideen ergötzen ihn, und Sie könnten ihm sagen, dass Sie darüber ausführlicher an mich geschrieben haben. Aber es wäre nötig, dem Herzog das Geheimnis einzuschärfen, damit er nur mit mir darüber spricht“: „Ne seroit il pas bon que vous écrivissiés un mot du ps10[.]14[.]21[.] [32]13 [concile] à 67 [Wolfenbuttel], de telles idees le rejouissent, et vous luy pourriés dire que vous en avés ecrit plus amplement à # [Leibniz]. Et j’en avertiray # [Leibniz] par mes lettres, quoyqu’il n’en ait gueres besoin, apres avoir receu les votres. Vous voyés bien, Monsieur, que je parle ainsi pour mieux employer le p16.22rfx. [chiffre]. Mais il faudroit recommender le secret à 67 [Wolfenbuttel], afin qu’il n’en parlat qu’à # [Leibniz]“14.
Urbich mahnte hingegen zur Vorsicht; er wolle das Thema bis zu seiner ersten persönlichen Zusammenkunft mit dem Herzog verschieben. Man müsse sich nicht übereilen, und er wage nicht, dem Herzog darüber Mitteilung zu machen, denn er könnte, aus übergroßer Begierde die Sache zu fördern, zu viel verraten: „Le point de ps.10.14.21.32. [concile] est tres certainement de la derniere importance, je le reserve encore jusq’à nostre premiere entrevuë, il ne le faut pas precipiter. [J]e n’ose pas m’ouvrir là dessus à 67 [Wolfenbuttel] qui pourroit par trop d’avidité de pousser l’affaire se decouvrir trop”15.
Leibniz zeigt sich damit einverstanden, denn diese Sache sei von der größten Wichtigkeit und kann künftig, je nachdem, wie sie geführt wird, großen Nutzen, aber auch großen Schaden zur Folge haben: „[J]e comprends bien, Monsieur que vous avés raison de ne rien precipiter sur le point du ps10.14.21.32 [concile] et j’observeray la meme retenue. L’affaire est de la derniere importance et peut causer un grand bien et un grand mal pour avenir; selon qu'elle est menagee“16.
12 Ebd. 13 Fehlt in der Handschrift. 14 LBr 947 Bl. 121v; Guerrier: Leibniz in seinen Beziehungen zu Russland und Peter dem Großen, S. 103, 150. 15 Urbich an Leibniz, Wien, 3. Dezember 1710; LBr 947 Bl. 122v. Über den Chiffren notiert (vermutlich Leibniz) die Aufschlüsselung „concil“. Die Chiffrezahl „67“ steht in einem Quadrat. Vgl. Guerrier: Leibniz in seinen Beziehungen zu Russland und Peter dem Großen, S. 103, 153 (Anhang). 16 Leibniz an Urbich, 14. Dezember 1710; LBr 947 Bl. 125. Über der Chiffrierung „Concil“ (von Leibniz’ Hand?). Vgl. Guerrier: Leibniz in seinen Beziehungen zu Russland und Peter dem Großen, S. 103, 156 (Anhang).
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Dennoch solle man sie nicht aufschieben; auch sei es wünschenswert, so ein weiterer Vorschlag Leibnizens, wie auf die römische Kurie, so auch auf die englische Episkopalkirche Rücksicht zu nehmen. Dafür müsse man im Geheimen verschiedene Leute von Einsicht und Einfluss über diese Sachen ausforschen, ohne übrigens vom Konzil selbst etwas zu erwähnen; und man müsse sich einer Persönlichkeit bedienen, die nicht zur griechischen Kirche gehöre. Mit anderen Worten, kein anderer als Leibniz selbst wäre geeigneter, die Mission zu unternehmen: „Je serois d’avis qu’on n’eût pas moins egard pour le pays de φ [Land der Königin Anna]17 que pour 3.36.33.6.10.35.0 [Romanos]18, et faire sonder u f19 en secret certaines personnes d’intelligence et de pouvoir pour ces choses; sur quelque communication touchant la matiere meme, sans parler pourtant de ps10.14.21.32. [concile] […], il faudroit employer chez φ20 [der Königin Anna] un homme qui ne fut point du parti z4.20p [Grec], par consequent point de 32 [Czar] icy. En un mot je ne crois pas qu'un autre y conviendroit mieux que # [Leibniz]“21.
So plötzlich das Projekt eines Weltkonzils unter Peters Patronat vor zwei Jahren geboren worden war, so schnell ist es wieder verschwunden. In den nachfolgenden Briefen, die Leibniz mit Urbich und anderen russischen Vertretern gewechselt hat, und in den zahlreichen Denkschriften ließ sich keine deutliche Spur mehr finden. Das kühne Projekt scheint nur im Schriftverkehr zwischen Leibniz und Urbich gelebt zu haben. Bald bricht der Briefwechsel zwischen beiden ab. Nur an Leibnizens nach wie vor starkem Interesse an den Zeugnissen der Ostkirchen ließ sich noch eine gewisse Spur des Plans „ps.10.14.21.32.“ nachlesen, wie es etwa in seinem Brief an Peter den Großen vom 26. Oktober 1713 hieß: „Auch habe ich erwehnet, wie der uralten griechischen Kirche und heiligen Väter Monumenten, Schriften und Concilien, mehr und mehr aus dem Staube und der Vergessenheit herfür zu suchen, und zu nuz zu bringen, zumahl alle oecumenische Synodi so bey den Russen gelten, auch in ganz Europa angenommen, biss aufs Concilium Nicaenum Secundum exclusive, welches von Carolo Magno so damahls gelebet, verworffen worden“22.
Dennoch. Kaum ein anderer Denker als Leibniz hat Rußlands Bedeutung so tief erkannt und dem Land eine Rolle zugesprochen, die ihm nicht nur geographisch zukäme: Eine vereinigende und vermittelnde Rolle zwischen Ost und West23, im vorliegenden Fall zwischen der lateinischen und der griechischen Kirche. Denn in 17 In der Chiffrierung die Bezeichnung für England. Das Chiffrezeichen konnte hier nicht völlig korrekt, sondern nur annähernd wiedergegeben werden. 18 Die Kurie. 19 Die zwei Letter „u f“, in der Handschrift sorgfältig geschrieben, scheinen eine Chiffrierung zu sein; im auf LBr 947, Bl. 117v, befindlichen Schlüssel bedeutet „u“ „l“ und „f“ bezieht sich auf „r“. Doch was ist gemeint? 20 Siehe die vorherige Anmerkung. 21 Leibniz an Urbich, 14. Dezember 1710; LBr 947 Bl. 125. Vgl. Guerrier: Leibniz in seinen Beziehungen zu Russland und Peter dem Großen, S. 103, 156 (Anhang). 22 Guerrier: Leibniz in seinen Beziehungen zu Russland und Peter dem Großen, S. 311–314, hier 312–313; Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek: Ms 33, 1749 Bl. 114. 23 Siehe St. Luckscheiter: Die erste Europa-Reise Peters des Großen im Spiegel des LeibnizNachlasses (1697/98) (= Hefte der Leibniz-Stiftungsprofessur 9), Hannover 2012.
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der Tat interessierten sich die meisten Berichterstatter keineswegs für Peters Vorhaben, Errungenschaften westeuropäischer Zivilisation nach Rußland einzuführen, dem seine Reise dienen sollte. Vielmehr zog ihre Neugier das in ihren Augen nicht selten barbarische Detail, das Merkwürdige und Fremde an: die Kleidung der Russen, ihre ungehobelten Manieren, Le Forts exzessives Trinken und Rauchen oder Peters ‚Wildheit‘ und die Art, wie er seine Nase schnäuzte. Selbst politisch erfahrene und einflussreiche Männer wie der Amsterdamer Bürgermeister Nicolaas Witsen (1641–1717), de facto der Gastgeber Peters, und der Freund König Wilhelms III., Bischof Gilbert Burnet von Salisbury (1689–1715) – zwei Männer, die persönliche Gespräche mit Zar Peter geführt haben –, haben in den Russen eher wilde Barbaren und Kunstbanausen gesehen als zukünftige strategische Partner. Nicolaas Witsen meint: „Nichts gefällt diesem Volk so sehr wie reines Silber und Gold ohne jede künstlerische Bearbeitung […]. Bei uns misst man dem Künstlerischen gewöhnlich mehr Bedeutung zu als dem Gewicht. Das geringe Gewicht vieler Gegenstände wurde zum Gegenstand ihrer Kritik. Von Kunst verstehen die Russen überhaupt nichts […]. An den Porzellanschalen kritisieren sie, sie seien aus Ton[,] und Ton interessiert sie nicht. An einem wertwollen Tisch bemängeln sie, dass er aus Holz sei“24.
Gilbert Burnet, mit dem Leibniz korrespondiert, bescheinigt Peter, „handwerklich interessiert“ zu sein, schließt aber daraus, „die Natur hat ihn eher zum Schiffbauer als dazu bestimmt, ein großer Fürst zu sein“25 – als Voltaire mehr als 50 Jahre später in einem vom 30. Oktober 1760 datierten Brief an Chauvelin schrieb, er habe gehört, „der Zar sei lediglich ein überspannter Mensch, der zum Baumeister eines holländischen Schiffes geboren sei“26, dürfte er davon weniger gehört als vielmehr bei Burnet gelesen haben. Andere haben Rußlands Bedeutung als Rohstofflieferanten auf der einen und als gewaltigen Markt auf der anderen Seite (z. B. für die englische Tabakindustrie) durchaus erkannt; erkannt und geschätzt wurde auch Peters Rolle im Krieg gegen das Osmanische Reich – Leibniz selbst spricht vom „Erbfeind“ und davon, „die Mahometische tyrannei aufs wenigste aus Europa zu vertreiben“27. Wie sein Projekt eines durch Rußland vermittelnden Kulturaustausches zwischen Europa und China den Regierenden noch kein Thema 24 N. Witsen: Puteschestwie w Moskowiju, Peterburg 1996, S. 90–91; zitiert nach: O. Newerow: „Sammelwesen in Russland“, in: Palast des Wissens. Die Kunst und Wunderkammer Zar Peters des Großen, Bd. 2, Beiträge, hrsg. von B. Buberl und M. Dückershoff im Auftrag des Museums für Kunst und Kulturgeschichte Dortmund und des Schlossmuseums Gotha, München 2003, S. 133–138, S. 133. 25 G. Burnet: Bishop Burnet’s History of his own Time, II, London 1734, S. 221; zitiert nach A. MacGregor: „Peter der Große in England“, in: Palast des Wissens. Die Kunst und Wunderkammer Zar Peters des Großen, Bd. 2, Beiträge, hrsg. von B. Buberl und M. Dückershoff, München 2003 S. 67–87, hier S. 71. 26 Zitiert nach Ch. Henry: „Peter der Große in Paris“, in: Palast des Wissens, S. 88–104, hier S. 98. 27 Leibniz: Über die Förderung der Wissenschaften und Künste in Russland (um den 4. August 1697); A IV, 6, 287.
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war, überstieg sein kühnes Projekt eines Weltkonzils unter Peters Patronage die Vorstellungskraft wohl nicht nur seiner Zeitgenossen. Leider wissen wir nach wie vor kaum etwas über die inhaltliche Ausrichtung dieses Projektes. Möge der Fortschritt der Edition neue Textquellen erschließen und neue Kenntnisse zutage bringen. Kaum eine Forschung zum 17./18. Jahrhundert scheint so abhängig von der historisch-kritischen Edition der Quellentexte wie die Leibniz-Forschung.
ASPEKTE KIRCHENGESCHICHTLICHER ARGUMENTATIONEN IN LEIBNIZ’ ÖKUMENISCHEN SCHRIFTEN Stephan Waldhoff (Potsdam) Als Gottfried Wilhelm Leibniz im Dezember 1676 nach Hannover kam, um in den Dienst des Herzogs Johann Friedrich zu treten, tobte dort gerade ein literarischer Streit um die Heiligenverehrung. Den Anlass hatte ein kleine Broschüre gegeben, die unter dem Titel Novena S. Antonii de Padua. Das ist: Kurtzer Bericht von der Andacht mit welcher viel Christglaubige zu der Ehr des H. Antonii neun Dinstag Beichten Communiciren S. Antonii Altar besuchen Vnd eine Meß hören die derartig beschriebene Frömmigkeitsübung propagierte. Dieses Büchlein war 1675 in Hannover wohl im Auftrag der Kapuziner gedruckt worden1, die der zum Katholizismus konvertierte Fürst in die lutherische Stadt geholt hatte. Noch in demselben Jahr veröffentlichte der bekannte Helmstedter Gelehrte Hermann Conring eine scharfe Gegenschrift: Animadversio in libellum Germanica lingua tituloque hoc latino praefixo: Novena s. Antonii de Padua. Ihr antwortete 1676 einer der Hannoveraner Kapuziner, Dionysius Werlensis2, mit dem Philanthon sive animadversio in animadversionem, quam Hermannus Conringius in Novenam S. Antonii de Padua, an. 1675 Hannoverae editam infelicissime attentavit. Dies war der Stand der Kontroverse als Leibniz nach Hannover kam, aber noch nicht ihr Ende. Hermann Conring beantwortete die Gegenschrift im folgenden Jahr mit der Discussio eorum quae opposuit suae Animadversioni in Novenam Antonianam Hannoverae editam Dionysius Werlensis capucinus und schließlich griff auch der Kapuziner ein zweites Mal zur Feder und publizierte 1678 den Philanthon vindicatus sive Hermannus Conringius ob andabaticam suam anno 1677. 1
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Ein in Hannover gedrucktes Exemplar dieser Broschüre ließ sich nicht nachweisen. Das Werk ist jedoch – sicherlich im Zusammenhang mit H. Conring: Animadversio in libellum Germanica lingua tituloque hoc latino praefixo: Novena S. Antonii de Padua, Helmstedt 1675 – in demselben Jahr von demselben Drucker wie Conrings Entgegnung, Heinrich David Müller, in demselben Format wie diese nachgedruckt worden. Eine Bemerkung auf S. 2 weist darauf hin, dass der hannoversche Druck dagegen, seinem Zweck angemessener, das kleinere Duodezformat besaß. Leibniz hat später das irenische Hauptwerk des Dionysius Werlensis († 1709), die Via pacis inter homines per Germaniam in fide dissidentes sive Tractatus irenicus, Hildesheim 1686, durchaus positiv rezipiert (vgl. seinen Brief vom 18. (28.) März 1687 an den Kapuziner; A I, 4, 630), und ihn auf seiner großen Reise nach Süddeutschland, Wien und Italien in Hildesheim besucht; vgl. K. Müller, G. Krönert (Bearb.): Leben und Werk von Gottfried Wilhelm Leibniz. Eine Chronik (= Veröffentlichungen des Leibniz-Archivs 2), Frankfurt/M. 1969, S. 83.
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Helmstadii editam discussionem, juste, sed tamen misericorditer castigatus. Damit schlief dieser Federkrieg allerdings ein, Conring hat nicht mehr auf den Philanthon vindicatus geantwortet. Leibniz hat die beiden ersten Streitschriften exzerpiert und auf dieser Grundlage eigene Gedanken zur Heiligenverehrung formuliert3. Interessanter für die Untersuchung kirchengeschichtlicher Argumentationen in Leibniz’ ökumenischen Schriften sind jedoch die Randbemerkungen, mit denen er den Philanthon vindicatus kommentiert hat4. Sie beschränken sich fast ausnahmslos auf den letzten Teil des Buches. Dieser Teil besitzt exkursartigen Charakter und entspricht damit jenem Teil von Conrings Discussio, dem er antwortet. Conring hatte dort, nachdem er die einzelnen Kapitel des Philanthon durchgegangen war, eine Untersuchung angehängt, die den Nachweis führen sollte, dass Gott allein anzubeten sei und dass diese Lehre in der Frühzeit der Kirche allgemein anerkannt gewesen, im Laufe der Zeit durch den eingerissenen Aberglauben zwar verdunkelt, aber dennoch von einigen und zwar den heiligsten und besten christlichen Gelehrten aufrechterhalten worden sei. Dabei hatte er seinen Durchgang durch die Kirchengeschichte von der apostolischen Zeit bis in das 13. Jahrhundert übrigens, wie das berühmteste Werk protestantischer Kirchengeschichtsschreibung der frühen Neuzeit, die Magdeburger Zenturien, jahrhundertweise gegliedert5. Während Conring am Beispiel der Heiligenverehrung eine Geschichte des zunehmenden Verfalls der ursprünglichen, reinen christlichen Lehre skizzierte, gegen den nur wenige Zeugen der Wahrheit durch ihr Zeugnis die Kontinuität der wahren Lehre aufrechterhalten hätten, war Dionysius Werlensis daran gelegen, den Nachweis zu führen, dass die Formen nachtridentinischer Heiligenverehrung keineswegs abergläubische Abirrungen von der apostolischen Lehre seien, sondern ebenso alte wie legitime Formen christlicher Frömmigkeit darstellten. Dabei griff er nicht nur Conring, sondern auch andere lutherische Theologen an. An einer Stelle, die nach Ausweis seiner Randbemerkungen Leibniz besonders interessiert hat, ist Martin Chemnitz sein Hauptgegner. Dieser hatte in seinem Examen Concilii Tridentini argumentiert, die Heiligenverehrung habe sich aus dem theologisch unproblematischen bloßen Gedenken an die Heiligen entwickelt6. Zum Beleg des Übergangs vom Gedenken zur Verehrung führte er aus einer dem Kloster Corvey entstammenden und in das Ende des 9. Jahrhunderts zu datierenden 3 4 5
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A IV, 6, 662–671 (Exzerpte) und ebd., 672–681: „De cultu sanctorum“. A IV, 6, 686–692. „Demonstratio, quod nulli coelestium praeterquam soli deo adoratio debeatur: idque per aliquot secula unanimi consensu meliores quosque universae et tandem saltim occidentalis ecclesiae doctores docuisse“ (H. Conring: Discussio eorum quae opposuit suae Animadversioni in Novenam Antonianam Hannoverae editam Dionysius Werlensis capucinus, Helmstedt 1677, S. 329–366). M. Chemnitz: Examen Concilii Tridentini. Secundum ed. 1578 Francofurtensem, collata editione a. 1707 denuo typis exscribendum curavit […] Ed. Preuss, Berlin 1861, tertia pars, locus 4: De incocatione et veneratione sanctorum, sectio 5: Historia invocationis sanctorum, S. 711–739.
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Handschrift eine Litanei an, in der, wie er meinte, hinter jedem Heiligennamen die Anrufung Exaudi Christe folge7. Diese Interpretation ist allerdings zweifellos falsch8. Dionysius Werlensis hat sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen, Chemnitz’ Fehler breit herauszustreichen. Entgegen der Ankündigung auf dem Titelblatt erweist er sich jedoch nicht als barmherziger Zuchtmeister, vielmehr als scharfer Polemiker: „Ein wie großer Betrüger ist also euer Chemnitz“9, ruft er aus und druckt zum Beweis nicht nur Chemnitz’ missglückten Text aus dem Examen ab, sondern einen Abdruck derselben Litanei durch den Helmstedter Historiker Heinrich Meibom d. Ä., der den Text allerdings von Chemnitz erhalten haben wollte, sowie zwei weitere Abdrucke aus zwei unterschiedlichen Werken des lutherischen Pfarrers und Geschichtsschreibers Johannes Letzner10. Keiner dieser Texte stimmt mit den anderen überein, so dass man bei drei Autoren auf vier verschiedene Versionen stößt. Dionysius Werlensis beschließt seine Demonstration mit den Worten: „Dies habe ich von der Corveyer Litanei ausführlicher gehandelt, damit der verständige Leser erkennt, wie erbärmlich die Ihrigen [d. h. die Protestanten] von den Betrügern an der Nase herumgeführt werden“11.
Und Leibniz? In den Marginalien zeigt er sich als ein Kommentator, der Zweifel und Widersprüche gegen die kirchengeschichtlichen Belege des Kapuziners formulierte12. In der Frage der korrekten Form der von Chemnitz, Letzner und Meibom abgedruckten Litanei notierte er eher Fragen und Überlegungen als Urteile13 – aber auch einen Vorschlag zur Konjektur des Textes, der zwar sicherlich nicht
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Ebd., c. 3, § 72, S. 738. Eine Überprüfung des Tatbestands am Original ist nicht möglich, da die Handschrift als verloren gelten muss. Es handelt sich bei dem Text nicht um eine gewöhnliche Heiligenlitanei, sondern um eine liturgische Herrscherakklamation (laudes regiae). In ihr werden nach einer Bitte für den Papst (Exaudi Christe. Stephano summo pontifici salus et vita), für den Frankenherrscher usw. jeweils Christus und eine Reihe von Heiligen angerufen. Nach den Heiligennamen war nicht jedesmal Exaudi Christe, sondern die Bitte Tu illum [bzw. illos] adiuva zu wiederholen; vgl. den Abdruck in B. Opfermann: Die liturgischen Herrscherakklamationen im Sacrum Imperium des Mittelalters, Weimar 1953, Nr. I, 7, S. 110–111. Ebd., S. 102– 113, eine Reihe von Vergleichstexten, welche die Richtigkeit dieser Rekonstruktion zeigt. D. Werlensis: Philanthon vindicatus sive Hermannus Conringius ob andabaticam suam anno 1677. Helmstadii editam discussionem, […] juste, sed tamen misericorditer castigatus, Hannover 1678, S. 168. Ebd., S. 169–170; A IV, 6, 689–691. D. Werlensis: Philanthon vindicatus, S. 170; A IV, 6, 691, Z. 13–14. Zu einem Quellenzitat aus der Translatio sancti Viti, das vom Gebet einer Litanei berichtet, die der Kapuziner umstandslos mit einer Heiligenlitanei identifiziert, bemerkt Leibniz: „sed et nostri decantant Litanias, nec Litaniam necesse est continere invocationes sanctorum“ (A IV, 6, 687, Z. 25–26). Zu den beiden von Dionysius Werlensis nebeneinandergestellten Abdrucken der Litanei durch Letzner bemerkt Leibniz: „Videndum an non Leznerus priorem editionem ex Chemnitio sumserit, posteriorem ex Corbejensi Membrana postea forte visa“ (ebd., 689, Z. 7–8).
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richtig ist, der jedoch einiges Verständnis der Materie verrät14. Zwischen den Kontrahenten nahm sich seine Position zwar nicht überparteilich aus, wohl aber deutlich gemildert im Ton. Das hing sicherlich auch mit seiner Stellung in Hannover zusammen: Einerseits war Leibniz gerade in den Dienst des katholischen Herzogs getreten, andererseits war er selbst Lutheraner, und Conring gehörte bereits seit einigen Jahren zu seinen Briefpartnern15. Aber seine Zurückhaltung wird auch darin begründet sein, dass ihm mehr am ökumenischen Ausgleich als an der konfessionellen Polemik gelegen war16. Dieser lokale hannoversche Streit wurde an den Anfang gestellt, weil er einleitend einen exemplarischen Eindruck von der Bedeutung vermitteln soll, den die Kirchengeschichte für die konfessionelle Polemik besaß. Das ist eigentlich nicht erstaunlich, wenn man mit Wolf-Friedrich Schäufele davon ausgeht, dass es „im Wesen der christlichen Religion“ liegt, „das von ihr verheißene Heil auf konkrete geschichtliche Ereignisse und auf eine in der und durch die Geschichte ergangene Offenbarung“ zu gründen, woraus für Schäufele folgt: „Christliche Verkündigung und christliche Theologie implizieren daher notwendig zugleich eine bestimmte Anschauung und Deutung der Geschichte“17. Bemerkenswert mag dagegen sein, wie kurz der Weg von Fragen der praktischen oder systematischen Theologie zum Rückgriff auf die Kirchengeschichte war18. Bemerkenswert ist weiterhin, wie
14 „puto cum hic Sancti compellantur, vel adscriptum alicubi fuisse, vel sub intellectum: ora pro nobis cui responderit τὸ: Christe exaudi nos; sc. unacum sanctis pro nobis orantibus“ (ebd., 690, Z. 1–3); vgl. o. Anm. 8. 15 Der Briefwechsel setzte bereits im Jahr 1670 ein; vgl. E. Bodemann: Der Briefwechsel des Gottfried Wilhelm Leibniz in der Königlichen öffentlichen Bibliothek zu Hannover, mit Ergänzungen und Register von G. Krönert und H. Lackmann sowie einem Vorwort von K.-H. Weimann, Hildesheim 1966, Nr. 171, S. 38. 16 Später hat Leibniz in seinen Scriptores rerum Brunsvicensium illustrationi inservientes, Bd. 1, Hannover 1707, S. 233–234, zwei ältere Corveyer Litaneien (u. a.) nach Dionysius Werlensis abgedruckt (s. u. Anm. 19) und in der Einleitung (ebd., Bl. cr) die hier vorgestellte Auseinandersetzung des Kapuziners mit Chemnitz und den anderen protestantischen Autoren kurz referiert. Dort hat er übrigens Chemnitz’ Darstellung der Litanei verworfen. 17 W.-F. Schäufele: „Theologie und Historie. Zur Interferenz zweier Wissensgebiete in Reformationszeit und Konfessionellem Zeitalter“, in: Kommunikation und Transfer im Christentum der frühen Neuzeit (= Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz. Beiheft 74), hrsg. von I. Dingel und W.-F. Schäufele, Mainz 2007, S. 129–156, Zitate: S. 129. 18 Das kann ein anderes Beispiel noch eindrücklicher zeigen: Hermann Conring gilt wegen seines Buches De origine iuris Germanici commentarius historicus, Helmstedt 1643, als der „Vater der deutschen Rechtsgeschichte“ (O. Stobbe, zit. in: K. Luig: „Conring, das deutsche Recht und die Rechtsgeschichte“ in: Hermann Conring (1606–1681). Beiträge zu Leben und Werk (= Historische Forschungen 23), hrsg. von M. Stolleis, Berlin 1983, S. 355–395, hier S. 355). Was aber war der Anlass des Werkes? Conring wollte mit ihm seinen Lehrer, den Theologen Georg Calixt verteidigen (vgl. zu ihm Abschnitt 4 dieses Beitrags) gegen die Vorwürfe, die der katholische Konvertit Barthold Nihus (Neuhaus) gegen dessen Moraltheologie erhoben hatte; vgl. I. Mager: „Hermann Conring als theologischer Schriftsteller – insbesondere in seinem Verhältnis zu Georg Calixt“, in: M. Stolleis (Hrsg.), S. 55–84, hier S. 59–61.
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unmittelbar die moralische Integrität eines Autors an die Zuverlässigkeit seiner historiographischen oder editorischen Arbeit geknüpft wurde19. Was für die konfessionelle Polemik galt, galt auch für die frühneuzeitliche Irenik20. Allerdings spielten kirchengeschichtliche Argumentationen in Leibniz’ ökumenischen Schriften nach unserer bisherigen Kenntnis keine herausragende Rolle. Auch sah er im Rückgriff auf die Geschichte der Kirche keineswegs die Lösung der konfessionellen Konflikte, wie dies der von ihm sehr geschätzte Helmstedter Theologe Georg Calixt getan hatte. Zudem kennen wir aus Leibniz’ Feder keine zusammenhängenden methodischen Überlegungen zum Einsatz der Kirchengeschichte im ökumenischen Gespräch. Kirchen- und theologiegeschichtliche Argumentationen hat er eher sporadisch und unterstützend eingesetzt. Entsprechend können im Folgenden nur einzelne Aspekte der Fragestellung näher beleuchtet werden. Vielleicht kann eine Betrachtung aus unterschiedlichen Perspektiven zwar nicht die ganze Weite des Themas erhellen, wohl aber, so ist zu hoffen, einen ersten Eindruck von dessen Umfang und Situierung gewähren. Dabei gilt es, Leibniz’ Argumentationen in den Kontext seiner Zeit einzuordnen. Vor allem gilt es, „nicht in die schlimmste, die unverzeihlichste aller Sünden, den Anachronismus, zu verfallen“21. Weder bei Leibniz noch bei seinen Zeitgenossen darf ein historisches Denken im modernen Sinne vorausgesetzt werden. Geschichte war ihnen noch weitgehend die Lehrmeisterin, welche die Exempel zur Verfügung stellte, mit deren Hilfe das Leben verstanden und gemeistert werden konnte. In den hier interessierenden Fällen kann man diese lehrende Funktion in zwei, sich einander zwar nicht ausschließende, ja teilweise überlappende, aber – jedenfalls heuristisch – voneinander zu unterscheidende Aspekte gliedern: in die Kirchengeschichte als Norm und als Anleitung. Wie sich dieses Geschichtsverständnis grundlegend von unserem modernen unterscheidet, so unterschieden sich auch die Vermittlung und der argumentative Einsatz historischen Wissens von den modernen geschichtswissenschaftlichen Praktiken22. 19 Folgerichtig wurden Quellenbelege wie juristische Beweismittel behandelt. Dionysius Werlensis, Philanthon vindicatus (wie Anm. 9), ließ sich in Corvey von dem Prior und einem Theologieprofessor mit Brief und Siegel bestätigen, dass sein Abdruck von zwei älteren Corveyer Litaneien (jene, die Leibniz später in die Scriptores rerum Brunsvicensium aufgenommen hat) mit der Handschrift „de verbo ad verbum“ und sogar „de litera ad literam“ übereinstimme, und druckte ebd., S. 168, die beiden Bestätigungen im vollen Text und mit Siegelplatzhalter (L. S. = ‚loco sigilli‘) ab. Leibniz: Scriptores rerum Brunsvicensium (wie Anm. 16; Bl. cr) beruft sich auf diese Bezeugung: „[…] et testimoniis eorum, qui cum codicibus contulere, a Dionysio allatis confirmantur“. 20 „Man möchte überspitzt formulieren, dass jede polemische Verwendung der Tradition […] zugleich eine irenische Anwendung in sich schließt“ (F. W. Kantzenbach: Das Ringen um die Einheit der Kirche im Jahrhundert der Reformation. Vertreter, Quellen und Motive des ‚ökumenischen‘ Gedankens von Erasmus von Rotterdam bis Georg Calixt, Stuttgart 1957, S. 234). 21 L. Febvre: Das Problem des Unglaubens im 16. Jahrhundert. Die Religion des Rabelais, Stuttgart 2002, S. 17. 22 Vgl. zu diesem grundsätzlichen und tiefgreifenden Wandel statt anderer nur die klassische Studie R. Koselleck: „Historia Magistra Vitae. Über die Auflösung des Topos im Horizont
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Daher soll der erste Abschnitt nach den methodischen Voraussetzungen von Leibniz’ kirchen- und theologiegeschichtlichen Argumentationen fragen, die maßgeblich (und symptomatisch) durch die Technik der ‚loci communes‘ bestimmt waren. Auf diesem Hintergrund werden im zweiten Abschnitt Beispiele für Leibniz’ Sammlung und Interpretation kirchen- und theologiegeschichtlicher Quellen vorgestellt. Der dritte fragt danach, ob und wie sich Leibniz in seinen ökumenischen Schriften zu den konfessionell divergierenden Deutungen der Kirchengeschichte als einer Geschichte der Kontinuität oder des Verfalls positioniert hat. Ein vierter Abschnitt soll die Normativität der Alten Kirche und der Kirchenväter in den Blick nehmen, insbesondere in ihrer Funktion als ‚remedium schismati‘, wie sie ihnen schon Georg Calixt zugewiesen hatte. Richtet sich in allen diesen Abschnitten der Blick auf den Einsatz der Kirchen- und Theologiegeschichte als Norm, so soll ein fünfter Abschnitt ihrer Verwendung als Anleitung für das richtige Vorgehen in der Annäherung der getrennten Kirchen dienen. Diese Abschnitte bauen nur teilweise aufeinander auf und formen keinen durchgehenden Argumentationsgang. Vielmehr möchten sie einzelne Schlaglichter auf das Thema aus jeweils unterschiedlicher Perspektive werfen. Wenn die einzelnen Blickwinkel gut gewählt sind, können – so ist zu hoffen – wichtige Charakteristika der Leibniz’schen Argumentation mit der Kirchen- und Theologiegeschichte herausgearbeitet werden, ohne ein Gesamtbild zeichnen zu müssen. I. Um den Einsatz kirchengeschichtlicher Argumentationen in Leibniz’ ökumenischen Schriften angemessen verstehen zu können, ist es notwendig, einen Blick auf die methodischen Voraussetzungen zu werfen, unter denen kirchen- und theologiegeschichtliches Wissen generiert wurde. Für die gelehrte Lektürepraxis der frühen Neuzeit im allgemeinen galt die Empfehlung, mit der Feder in der Hand zu lesen, um die bewahrenswerten Lesefrüchte unter bestimmten Stichworten (loci communes) in Heften zu verzeichnen oder zu verzetteln. Somit ließen sich zu einem bestimmten Thema die unter dem entsprechenden ‚locus‘ notierten Exzerpte jederzeit schnell auffinden und verwerten23. Als ‚loci‘ werden dabei sowohl die neuzeitlich bewegter Geschichte“, in: ders.: Vergangene Zukunft. Zur Semantik geschichtlicher Zeiten, Frankfurt a. M., 31984, S. 38–66. Dass in der Kirchengeschichte (besonders in jener der Alten Kirche) die Entwicklung in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts entsprechend zu jener in der Profangeschichte verlief, zeigt detailliert und differenziert S.-P. Bergjan: „Die Beschäftigung mit der Alten Kirche an deutschen Universitäten in den Umbrüchen der Aufklärung“, in: Zwischen Altertumswissenschaft und Theologie. Zur Relevanz der Patristik in Geschichte und Gegenwart (= Studien der Patristischen Arbeitsgemeinschaft 6), hrsg. von Ch. Markschies und J. van Oort, Löwen 2002, S. 31–61. 23 Zur Lektürepraxis und ‚loci‘-Methode vgl. A Grafton: „Les lieux communs chez les humanistes“, in: Lire. copier, écrire. Les bibliothèques manuscrites et leurs usages au XVIIIe siècle, sous la dir. de É. Décultot, Paris 2003, S. 31–42. Einen aktuellen Überblick bietet A. Moss:
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übergeordneten Begriffe, die eine derartige Sammlung von Exzerpten strukturieren, als auch die einzelnen Einträge bezeichnet24. Dieses Verfahren isoliert die exzerpierten Stellen aus ihrem Zusammenhang und fügt sie in eine vorgegebene, mehr oder minder systematische Ordnung ein25. Da diese Ordnung wohl nur in den seltensten Fällen eine individuell geschaffene, in der Regel jedoch eine sich mehr oder minder stark an gängige Modelle anlehnende oder sie einfach übernehmende gewesen ist, sorgte sie zugleich dafür, die Auswahl und Anordnung der Exzerpte im Sinne der herrschenden Überzeugungen zu kanalisieren26. Diese Effekte sind aus heutiger Perspektive nicht eben erwünscht, wenn es um die Arbeit mit historischem Quellenmaterial geht. Für ein Verständnis der Historie als ‚magistra vitae‘, welche autoritative Exempel für eine moralische und kluge Lebensführung oder Regierung zu liefern hatte, war eine derartige Methode jedoch nicht nur unproblematisch, sondern geradezu kongenial27. Ebenso bot sich die ‚loci‘-Methode
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„Power and Persuasion: Commonplace Culture in Early Modern Europe“, in: Commonplace Culture in Western Europe in the Early Modern Period, I: Reformation, Counter-Reformation and Revolt (= Groningen Studies in Cultural Change 39), ed. by. D. Cowling and M. B. Bruun, Löwen/Paris/Walpole, Mass. 2011, S. 1–17. Von derselben Autorin stammt das Standardwerk über die gedruckten ‚loci‘-Sammlungen: A. Moss: Printed Commonplace-Books and the Structuring of Renaissance Thought, Oxford 1996. Immer noch lesenswert (besonders für die Ursprünge der ‚loci‘-Methode und zu Melanchthons sehr einflussreichen Loci theologici) P. Joachimsen: „Loci communes. Eine Untersuchung zur Geistesgeschichte des Humanismus und der Reformation“, in: ders.: Gesammelte Aufsätze. Beiträge zu Renaissance, Humanismus und Reformation; zur Historiographie und zum deutschen Staatsgedanken, hrsg. von N. Hammerstein, Aalen, 21983, Bd. 1, S. 387–442 [zuerst 1926]. Enttäuschend, da einseitig auf Melanchthon und die lutherische Theologie beschränkt, und bibliographisch unergiebig ist dagegen Th. Töpfer: „Loci communes“, in: Enzyklopädie der Neuzeit, Bd. 7, Stuttgart-Weimar 2008, Sp. 982–984. Zu den philosophiegeschichtlichen Aspekten vgl. W. SchmidtBiggemann: Topica universalis. Eine Modellgeschichte humanistischer und barocker Wissenschaft (= Paradeigmata 1), Hamburg 1983. Auf diese Doppeldeutigkeit des Begriffs weist Walter J. Ong hin und schlägt vor, die ersteren ‚loci‘ als „analytic“, die letzteren als „cumulative“ zu bezeichnen; vgl. ders.: „Commonplace Rhapsody. Ravisius Textor, Zwinger and Shakespeare“, in: Classical Influences on European Culture A. D. 1500–1700. Proceedings of an International Conference Held at King’s College, Cambridge April 1974, hrsg. von R. R. Bolgar, Cambridge u. a. 1976, S. 91–126, hier S. 94; vgl. zu dieser Doppeldeutigkeit auch H. G. Coenen: „Locus communis“, in: Historisches Wörterbuch der Rhethorik, Bd. 5, Tübingen 2001, Sp. 398–411, hier Sp. 407–408. Grafton: „Lieux communs“, S. 38. Grafton hebt ebd. die Probleme hervor, während S. Siegel: Tabula. Figuren der Ordnung um 1600, Berlin 2009, S. 36, positiv urteilt: „Die humanistische Lektürepraxis sekundärer Verschriftlichung durch das Exzerpt ist eine Arbeit an der Profilierung des kulturellen Gedächtnisses“. Im Sinne von Siegel hatte bereits Ong (wie Anm. 24) argumentiert, der die ‚loci‘ auf die „noetic economy“ oraler Kulturen (ebd., S. 94 u. ö.) zurückführte. Die von Grafton angesprochenen problematischen Seiten der Methode haben wohl zu der pejorativen Bedeutungsverschiebung beigetragen, welche die deutsche Übersetzung des Begriffs, ‚Gemeinplatz‘, erfahren hat. Dies illustrieren sehr schön die Ratschläge, die Sir Philip Sidney seinem Bruder Robert in einem Brief vom 18. Oktober 1580 gab: „In that kind you have principally to note the examples of virtue and vice, with their good or evil successes, the establishment or ruins of great
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für die Sammlung und Ordnung kirchen- und theologiegeschichtlicher Testimonien an. Sowohl das Theologiestudium wie auch die wichtigsten Dogmatiken, vor allem lutherischer Provenienz, folgten dem System der ‚loci theologici‘, der zentralen Punkte der Glaubenslehre28. Da das Exzerpieren von Väterschriften und Historiographen auf die Sammlung von Autoritätsbeweisen zielte, wurde das gesammelte Material systematisch geordnet, d. h. nach einem dogmatischen Raster. Innerhalb dieses Rasters ließen sich die Testimonien dann chronologisch reihen, was zugleich einer Ordnung nach ihrem Wert als Autoritätsbeweisen entsprach (siehe Abschnitt 4 dieses Beitrags). Die Darstellung kirchen- und theologiehistorischer Entwicklungen war auf diese Weise freilich nur eingeschränkt möglich – und ohnehin zumeist gar nicht intendiert. Die zeitgenössischen Arbeits- und Darstellungsweisen waren demnach kaum geeignet, ein historisches Bewusstsein im modernen Sinne zu wecken und zu fördern. Für eine grundlegende Überprüfung und Kritik theologischer Positionen anhand der Rekonstruktion ihrer Geschichte, wie sie sich vor allem seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in der protestantischen Theologie weitgehend durchgesetzt hat, fehlten somit wichtige Voraussetzungen. Das bedeutendste Werk der protestantischen Kirchengeschichtsschreibung des 16. Jahrhunderts, die Magdeburger Zenturien, waren zwar, wie ihre gebräuchliche Benennung bereits anzeigt, auf der obersten Gliederungsebene chronologisch in Jahrhunderte eingeteilt, innerhalb der einzelnen Jahrhunderte war das Material estates, with the causes, the time, and circumstances of the laws then written of, the enterings and endings of wars, and therein, the stratagems against the enemy, and the discipline upon the soldier; and thus much as a very historiographer. […] [B]ut that I wish herein, is this, that when you read any such thing, you straight bring it to his head, not only of what art, but by your logical subdivisions, to the next member and parcel of the art. And so, as in a table, be it witty words, of which Tacitus is full; sentences, of which Livy; or similitudes, whereof Plutarch; straight to lay it up in the right place of this storehouse, as either military, or more especially defensive military, or more particularly defensive by fortification, and so lay it up“ (The Correspondence of Sir Philip Sidney and Hubert Languet, hrsg. von S. A. Pears, London 1845, S. 200, 201; vgl. Grafton: „Lieux communs“, S. 34, Anm. 9). 28 Zum Theologiestudium formuliert pointiert Th. Kaufmann: Universität und lutherische Konfessionalisierung. Die Rostocker Theologieprofessoren und ihr Beitrag zur theologischen Bildung und kirchlichen Gestaltung im Herzogtum Mecklenburg zwischen 1550 und 1675 (= Quellen- und Forschungen zur Reformationsgeschichte 66), Gütersloh 1997, S. 317: „Im Zentrum der akademischen Ausbildung steht neben der Bibel das Loci-Studium. Alle anderen Gegenstände sind diesen unter- oder funktional zugeordnet“. Zu den lutherischen Lehrbüchern nach dem ‚loci‘-Schema s. die knappen Hinweise bei Töpfer (wie Anm. 23), Sp. 983 (zu ergänzen um die monumentalen Loci theologici Johann Gerhards). Zur Bedeutung der ‚loci communes‘ für die reformierte Theologie vgl. I. Backus: „Loci communes oder ‚Hauptsätze‘. Ein Medium der europäischen Reformation bei Calvin, Vermigli und Bullinger“, in: Calvinismus. Die Reformation in Deutschland und Europa. Eine Ausstellung des Deutschen Historischen Museums Berlin und der Johannes a Lasco-Bibliothek Emden, hrsg. von A. Reiss und S. Witt, Dresden 2009, S. 97–103. Zu den in der katholischen Theologie der Frühneuzeit inhaltlich anders bestimmten Begriff der ‚loci theologici‘ vgl. M. Seckler: „Loci theologici“, in: Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. 6, Freiburg i. Br./Basel/Wien 31997, Sp. 1014–1016.
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jedoch systematisch unter 16 ‚loci‘ eingeordnet29. Die Entscheidung für diese Präsentation ist erst nach längerem Ringen gefallen – nicht zuletzt, weil man glaubte, das gesammelte Quellenmaterial so am effizientesten der kontroverstheologischen Diskussion bereitstellen zu können30. Das bereits angesprochene Problem dieser Präsentationsform, die Isolation der einzelnen Belegstelle aus ihrem literarischen und historischen Kontext, wurde im Falle der Zenturien durch die strikt arbeitsteilige Organisation dieses frühen wissenschaftlichen Großunternehmens verschärft. Sie führte nämlich dazu, dass der eigentliche wissenschaftliche Hauptautor nur die wichtigsten Quellen selbst auswertete und sich im Übrigen auf die Zuverlässigkeit und Vollständigkeit der von seinen Mitarbeitern nach der ‚loci‘-Methode gesammelten Exzerpte verlassen musste31. Diese Problematik, welche den Magdeburgern durchaus bewusst war, ist ihnen von ihren Wittenberger Gegnern denn auch noch vor Erscheinen des ersten Bandes vorgehalten worden32. Nur nebenbei sei hier auf einen m. W. bisher übersehenen Umstand hingewiesen, der neben der Schwierigkeit, die genannten ‚loci‘ in eine chronologische Darstellung zu integrieren, und neben dem einfacheren Zugriff, den das systematisch geordnete Material denjenigen bot, die es für apologetische oder polemische Zwecke benutzen wollten, zu dieser aus moderner Sicht recht eigenartigen Anordnung geführt haben mag. Traditionell – und das heißt seit den Antiquitates rerum humanarum et divinarum des Marcus Terentius Varro († 27 v. Chr.) – gehörten Themen wie „De ceremoniis seu ritibus ecclesiae“, denen der sechste ‚locus‘ der Magdeburger Zenturien gewidmet ist33, nicht zu den Themen der Historiographie, 29 Vgl. die Liste dieser ‚loci‘ bei H. Scheible: Die Entstehung der Magdeburger Zenturien. Ein Beitrag zur Geschichte der historiographischen Methode (= Schriften des Vereins für Reformationsgeschichte 183), Gütersloh 1966, S. 9–10. Zur Einordnung der Magdeburger Zenturien in die Tradition der ‚loci‘-Methode vgl. Moss: Power and Persuasion, S. 9–10. Über diese Präsentationsform urteilt M. Völkel: „Die Magdeburger enden damit in der paradoxen Situation, eigentlich eine Kirchengeschichte ohne Chronologie geschrieben zu haben. Dies mag ein Grund für den relativ bescheidenen Erfolg dieses Werkes gewesen sein“ (ders.: „Wie man Kirchengeschichte schreiben soll. Struktur und Erzählung als konkurrierende Modelle der Kirchengeschichtsschreibung im konfessionellen Zeitalter“, in: Die Autorität der Zeit in der Frühen Neuzeit [= Pluralisierung & Autorität 10], hrsg. von A. Brendecke, R.-P. Fuchs und E. Koller, Berlin 2007, S. 455–489, hier S. 485). 30 Scheible, S. 19–23; 31–40. Vgl. auch Völkel, passim. Gegenüber Johann Andreas Schmidt gab Leibniz denn auch im Frühjahr 1700 in einer Denkschrift zu der von Schmidt geplanten Neubearbeitung der Zenturien zu bedenken: „Dubitari etiam posset, an non praestaret Annales condi Baroniano more, […]“ (A I, 18, 499, Z. 31–500, Z. 1). 31 Scheible, S. 41–44, liefert eine detaillierte Schilderung des Arbeitsganges. Pointiert zu der wissenschaftlichen Gemeinschaftsarbeit der Zenturiatoren A. Grafton: „Where was Salomon’s House? Ecclesiastical History and the Origins of Bacon’s New Atlantis“, in: Die europäische Gelehrtenrepublik im Zeitalter des Konfessionalismus. The European Republic of Letters in the Age of Confessionalism (= Wolfenbütteler Forschungen 96), hrsg. von H. Jaumann, Wiesbaden 2001, S. 21–38. 32 Scheible, S. 44. Grafton: „Where was Salomon’s House?“, S. 32. 33 Scheible, S. 9. Anderes wäre der ‚historia litteraria‘ zuzuordnen. Damit ist ein Charakteristikum bereits der frühesten Werke kirchlicher Historiographie angesprochen. A. Momigliano:
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sondern zum Kompetenzbereich der antiquarischen Forschung34. Zu den Unterschieden zwischen Historikern und Antiquaren zählte jedoch, dass die ersteren ihr Thema chronologisch, die letzteren es systematisch darstellten35. Die systematische Darstellung bedingte jedoch nicht allein eine Vernachlässigung der zeitlichen Einordnung – ein Problem, das die Magdeburger Zenturien durch ihre Jahrhundertgliederung entschärft hatten –, sondern auch ein weitgehendes Desinteresse an der historischen Entwicklung der behandelten Phänomene36. Von Leibniz gibt es zwar keine expliziten systematischen Ausführungen zur kirchengeschichtlichen Methode, man kann jedoch erschließen, dass er die geschilderten methodischen Positionen in vielen Punkten teilte. Vor allem in den 1690er Jahren hat er sich in einer Reihe von Entwürfen mit der Systematik einer alle Wissensgebiete umfassenden Bibliothek beschäftigt. Diese Systematisierungsversuche konstruieren einen „Kosmos des Wissens“37, der bei gründlicher Betrachtung viel über sein Verständnis der einzelnen Wissenschaften und ihrer Teilgebiete verrät. Leibniz’ Einordnung der historischen Theologie in den Rahmen des gesamten Faches verrät zwar eine zu seiner Zeit nicht gewöhnliche Hochschätzung der Kirchengeschichte (darauf wird im Abschnitt IV zurückzukommen sein), seine Ausführungen belegen jedoch zugleich, dass die Nutzung kirchen- und theologiegeschichtlicher Quellen als autoritativer Zeugnisse zur
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„Heidnische und christliche Geschichtsschreibung im 4. Jahrhundert n. Chr.“, in: ders.: Ausgewählte Schriften zur Geschichte und Geschichtsschreibung, Bd. 1: Die Alte Welt, hrsg. von Wilfried Nippel, Stuttgart-Weimar 1999, S. 351–372. 416–419, hat auf gravierende Unterschiede zwischen der klassisch antiken rhetorischen Historiographie und Eusebs Pionierwerk der Kirchengeschichtsschreibung hingewiesen. Allerdings hat der berühmte Wiederentdecker der antiquarischen Tradition (s. u. Anm. 35) die Neigung der Kirchengeschichte zu diesen Themen, die sich bereits bei Eusebius beobachten lässt, dabei nicht explizit angesprochen. I. Herklotz: Cassiano Dal Pozzo und die Archäologie des 17. Jahrhunderts (= Römische Forschungen der Bibliotheca Hertziana 28), München 1999, S. 187–260; zu Varro ebd., S. 241– 242; zur Verwendung der ‚loci‘-Methode in der antiquarischen Forschung ebd., S. 208. Nach Arnaldo Momiglianos bekannter Definition, nach der sich Historiker und Antiquare (u. a.) dadurch unterscheiden, dass „Historiker in chronologischer Reihenfolge berichten, während die antiquarische Forschung nach systematischer Ordnung vorgeht“ (A. Momigliano: „Alte Geschichte und antiquarische Forschung“, in: ders.: Ausgewählte Schriften zur Geschichte und Geschichtsschreibung, Bd. 2: Spätantike bis Spätaufklärung, hrsg. von A. Grafton, Stuttgart-Weimar 1999, S. 1–36. 259–270, hier S. 4). I. Herklotz: „Antiquarische Forschung“, in: Metzler Lexikon Kunstwissenschaft. Ideen, Methoden, Begriffe, hrsg. von U. Pfisterer, Stuttgart/Weimar 2003, S. 12–15, hier S. 14, spricht von „der weitgehenden Ausblendung entwicklungsgeschichtlicher Veränderungen“ in der antiquarischen Forschung: „Das Vorgehen gerade im Bereich der mores et instituta ist taxonomisch ordnend, nicht chronologisch reihend“. Allerdings darf nicht vergessen werden, dass die chronologisch vorgehende Historiographie dieser Zeit ebenfalls kaum in der Lage war, historische Entwicklungen adäquat zu schildern, da sie zumeist noch einem annalistischen Ordnungsprinzip folgte, das die Darstellung von längerfristigen Entwicklungen bestenfalls in Exkursen erlaubte. U. Jochum: Kleine Bibliotheksgeschichte, Stuttgart, 2. durchges. u. bibliogr. erg. Aufl. 1999, S. 187 (u. ö.).
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Stützung dogmatischer, kontroverstheologischer, oder irenischer Positionen auch bei ihm im Vordergrund stand38. Das zeigt sich bereits an der Benennung dieses theologischen Teilfaches, die ohne eindeutig erkennbare Entwicklung zwischen ‚theologia historica‘ und ‚theologia ecclesiastica‘ schwankt39. Die Binnengliederung der historischen Theologie ist in den früheren dieser Texte durch eine Zweiteilung in Kirchenväter (‚patres‘) und Kirchengeschichte gekennzeichnet, die Leibniz durch die Dreiteilung in Konzilien(-geschichte), Kirchenväter und Kirchengeschichte ersetzt40. Zwar hat er diese Reihenfolge nicht kommentiert, aber es liegt nahe, sie als Rangordnung im Sinne des Autoritätsbeweises zu verstehen: Die von der universalen Kirche oder doch von Teilkirchen verkündeten Konzilsbeschlüsse nehmen einen höheren Rang ein als die Positionen einzelner Kirchenväter41. Diese Abstufung in der Wertigkeit entsprach nicht allein theologischen Überzeugungen, sondern auch der Einschätzung zeitgenössischer Historiker und Antiquare, die offiziellen Verlautbarungen eine höhere Glaubwürdigkeit zusprachen als privaten Aufzeichnungen42. Leibniz unterschied in dieser Hinsicht zwischen einer ‚historia publica‘ und einer ‚historia arcana‘43. Erstgenannter erkannte er besondere Zuverlässigkeit zu44. 38 Die folgenden Ausführungen beruhen auf St. Waldhoff: „Die Theologie in Leibniz’ Entwürfen einer Bibliothekssystematik“, in: Pluralität der Perspektiven und Einheit der Wahrheit im Werk von G. W. Leibniz. Beiträge zu seinem philosophischen, theologischen und politischen Denken, hrsg. von F. Beiderbeck und St. Waldhoff, Berlin 2011, S. 45–75, bes. S. 68–73, wo sich weitere Nachweise finden. 39 Ebd., S. 68–69. 40 Ebd., S. 70–71. 41 Die skizzierte Begründung der Rangfolge, welche die Kirchenväter auf den Platz hinter den Konzilsbeschlüssen verweist, klingt in einer gestrichenen Formulierung an. In „De ordine bibliothecaria librorum theologicorum“ [um 1693 (?)] hatte er die „Väter“ erläuternd formuliert: „Patres Seu Theologi privati, sed maximae autoritatis […]“ (A IV, 5, 601, Textapparat zu Z. 19), Kursivierung im Original gesperrt. Das „privati“ ist hier durchaus in dem einschränkenden Sinne einer ‚bloßen Privatmeinung‘ zu verstehen. 42 Vgl. für den (freilich problematischen) Antiquar und Konzilienhistoriker Jean Hardouin SJ (1646–1729) A. Grafton: „Jean Hardouin. The Antiquary as Pariah“, in: Journal of the Warburg and Courtauld Institutes 62 (1999), S. 241–267, hier S. 257 mit Anm. 65. 43 „Itaque libens fateor duplicem Historiam esse, unam publicam, alteram arcanam seu (Procopii verbo) Anecdotam; […]“ (A IV, 5, 48–79, hier 52, Z. 6–8; Praefatio Codicis juris gentium diplomatici; Kursivierung im Original gesperrt). Diese Differenzierung ist wohl für das Verständnis des Begriffs ‚historia arcana‘ im Titel von Leibnizens Ausgabe des Specimen historiae arcanae sive anecdotae de vita Alexandri VI. papae seu excerpta ex Diario Johannis Burchardi, Hannover 1696, vorauszusetzen (vgl. dazu die Vorrede in A IV, 6, 3–7, hier 5, Z. 9– 11), nicht der ‚Blick durchs Schlüsselloch‘, an den wohl nicht erst der moderne Leser angesichts des Protagonisten der Quelle denkt. Dass die Skandalisierung Leibniz fernlag, er vielmehr v. a. an den Beobachtungen zu Rangfragen interessiert war, die der päpstliche Zeremonienmeister Burchard notiert hatte (vgl. ebd., 7, Z. 12–20), hat die Ausgabe allerdings nicht vor der Indizierung bewahrt; vgl. M. Palumbo: „‚Sed quis locus nobis plura dare posset et meliore, quam Roma?‘. Die Römische Kurie und Leibniz’ Editionen“, in: Leibniz als Sammler und Herausgeber historischer Quellen, hrsg. von N. Gädeke (= Wolfenbütteler Forschungen 129), Wiesbaden 2012, S. 155–187.
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Für die an das Ende gesetzte Kirchengeschichte bleibt die Funktion einer quellenkundlichen und quellenkritischen Hilfswissenschaft. Dies hat Leibniz auch explizit formuliert: „[…] dann die Kirchengeschichte, notwendig zum Verständnis der Alten und zur Prüfung des Fortschritts der Dogmen, denn in den systematisch-theologischen [Werken] und in den Kontroversen wird die Autorität der Kirche und der Väter sowie anderer herausragender Theologen gleichwie eine Hilfsgrundlage von allen herangezogen“45.
Wenn er in den späteren Entwürfen die Reihenfolge der drei Fachgebiete dahin umkehrte, dass nun die Kirchengeschichte an den Anfang rückte, darf man dies wohl nicht vorschnell als Ausdruck einer stärker historischen Sicht interpretieren. Der Vorteil der neuen Reihenfolge lag wahrscheinlich in dem fließenden Übergang von den Kirchenvätern zur systematischen Theologie. Ein neues Verständnis der Kirchengeschichte wird in diesen Texten jedenfalls nicht sichtbar46. II. Die an den Entwürfen für eine Bibliothekssystematik gemachten Beobachtungen über sein Verständnis der historischen Theologie haben Leibniz in Übereinstimmung mit den überkommenen und zu seiner Zeit noch weitestgehend geteilten Positionen gezeigt. Dasselbe gilt auch für seine gelehrte Arbeit mit kirchen- und theologiegeschichtlichen Quellen. Da er kein Kenner der Patristik war und ihm die Zeit für eine extensive Lektüre der Väter fehlte, hat er zudem zur Quellensuche einen Weg gewählt, der bis heute üblich, aber in mancher Hinsicht noch problematischer ist als die ‚loci‘-Methode, nämlich den Weg über die Sekundärliteratur. Problematisch war dieser Weg, weil Sekundärliteratur hier in aller Regel bedeutete: die dogmatische und kontroverstheologische Literatur47, welche ihre Autoritätsbeweise aus Konzilsbeschlüssen und Vätertexten nicht nur aus ihrem jeweiligen historischen Kontext isolierte und in ihr eigenes dogmatisches Raster einordnete, sondern auch nach ihrem Standpunkt auswählte und wohlmöglich zurechtstutzte. Als Leibniz im Frühjahr 1700 zu dem Plan des Helmstedter Theologieprofessor Johann Andreas Schmidt, die Magdeburger Zenturien neu zu bearbeiten, Stellung 44 „Sunt igitur Actorum publicorum Tabulae pars Historiae certissima, quibus perinde ac Numismatibus et lapidum inscriptionibus, rerum fides transmittitur posteritati“ (A IV, 5, 53, Z. 16– 18; Praefatio Codicis juris gentium diplomatici; Kursivierung im Original gesperrt). 45 „[…] tum Historiam Ecclesiasticam, ad veteres intelligendos, dogmatumque progressus spectandos necessariam[,] nam in Systematibus Theologicis et controversiis, autoritas Ecclesiae, et patrum, aliorumque insignium Theologorum, tanquam principium auxiliare ab omnibus adhibetur“ (A IV, 5, 601, Z. 3–6). 46 Waldhoff: „Die Theologie in Leibniz’ Entwürfen“, S. 71–72. 47 So stehen von den u. Anm. 54 genannten vier Autorennamen, auf die sich Leibniz als Gewährsmänner für die von ihm herangezogenen historischen Zeugnisse über den Umfang des atl. Kanons beruft, die beide ersten für systematische, nicht kirchen- oder theologiehistorische Werke.
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nahm, führte er unter den auszuwertenden Werken auch jene dogmatischtheologischen Autoren an, welche die Geschichte der Dogmen in ihren Darstellungen berücksichtigt hatten48. Vieles, was Leibniz an Väterstellen zitierte, zitierte er aus zweiter Hand. In seinem Nachlass haben sich etliche Exzerpte erhalten, die diese Aussage belegen. Allerdings lassen sie sich häufig nicht direkt konkreten ökumenischen Bemühungen zuordnen. Möglich ist eine derartige Zuordnung bei einem Exzerpt „über die Kontroversen mit den Reformierten“49, das er Anfang 1698 zur Vorbereitung der Antwort auf die Kurtze Vorstellung des Berliner Hofpredigers Daniel Ernst Jablonski angelegt hat. Dort hat er vor allem lutherische kontroverstheologische Schriften aus dem ausgehenden 16. Jahrhundert ausgewertet. Die von Leibniz in diesem Exzerpt angeführten Väterstellen, welche die lutherischen Positionen stützten – oder jedenfalls zu stützen schienen –, hat er zumeist aus einer der ausgewerteten Schriften übernommen, aus den Libelli quattuor de persona Christi des Marburger Theologen Aegidius Hunnius50. Dieses Exzerpt ist aus verschiedenen Vorlagen zusammengestellt, und Leibniz verzichtete nicht darauf, an einzelnen Stellen skeptische Bemerkungen zu den zitierten oder paraphrasierten Aussagen einzuflechten51. In anderen Fällen begnügte er sich damit, ein einzelnes Werk auszuwerten, das ihm das einschlägige Material bequem darbot. Als Leibniz nach Jahren des Schweigens den Kontakt zu Jacques Bénigne Bossuet, einem der führenden Köpfe des französischen Katholizismus, wiederhergestellt hatte, konzentrierte sich die Diskussion recht schnell auf den zwischen den Konfessionen umstrittenen Umfang des alttestamentlichen Kanons. Leibniz präsentierte in zwei sehr umfangreichen Schreiben, die kleinen Abhandlungen gleichen, seinem Briefpartner eine beeindruckende Reihe von Kirchenväterzitaten, die seine kritische Position gegenüber der Festschreibung des Kanons im Trienter Konzil stützen sollten52. Er hat seine Väterstellen aus einer unter Georg Calixt entstandenen Dissertation, De auctoritate sacrae scripturae et numero librorum canonicorum veteris testamenti contra pontificios exercitatio, übernommen53. Gegenüber Bossuet hat er denn auch erklärt, sich vor allem auf namentlich genannte evangelische Theologen zu 48 „[…] sed et Scriptores Dogmatici, qui historias dogmatum quodammodo contexuere, […]“ (A I, 18, 503, Z. 7–8). 49 A IV, 7, 345–354. 50 Etwa ebd., S. 350, Z. 14–15; S. 351, Z. 18; S. 353, Z. 3–7. 17–19; S. 354, Z. 5–6. Mehrfach verweist Leibniz darauf, dass weitere Testimonien bei Hunnius zu finden seien (S. 351, Z. 8– 10. 20; S. 352, Z. 16–17). Bei Kantzenbach: Das Ringen um die Einheit der Kirche, S. 230, erscheint Hunnius exemplarisch „als ausgesprochener Eklektiker“ in der Heranziehung der Kirchenväter. 51 Nach einer Gegenüberstellung einer reformierten und der ihr widersprechenden lutherischen Position kommentiert Leibniz: „quasi non utrumque simul possit esse“ (A IV, 7, 348, Z. 2). 52 A I, 18, 625–649 (14. Mai 1700) und 656–680 (24. Mai 1700). 53 Zuerst Helmstedt 1648, 2. Aufl. ebd. 1654. Leibniz’ Exzerpte finden sich auf dem Bogen LH I 19 Bl. 403–404 (Druck in A IV, 8).
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stützen, also – modern gesprochen – auf die aktuelle Sekundärliteratur zum Thema, darunter das durch ihn exzerpierte Werk von Calixt54. Ob er ein knappes Jahrzehnt zuvor in der Diskussion mit einem weiteren markanten französischen Katholiken, Paul Pellisson-Fontanier, seine unmittelbare Quelle ebenfalls genannt hätte, scheint dagegen fraglich. Gegenüber PellissonFontanier hatte Leibniz nämlich argumentiert, wenn namhafte katholische Theologen bereit seien, mit der Errettung jener Heiden zu rechnen, welche die christlichen Wahrheit nicht erfahren, aber ein gottesfürchtiges und gerechtes Leben geführt haben, um wieviel mehr müssten sie dann den evangelischen Christen die Möglichkeit einräumen, das ewige Leben zu erlangen. Um seine Belege, die seinen katholischen Gesprächspartner offensichtlich beeindruckt hatten, zu vermehren, hatte Leibniz sich unter anderem an Otto Mencke, den Herausgeber der Acta Eruditorum gewandt. Er bat ihn, ihm weitere „Belegstellen katholischer Theologen, die den Katholiken selbst nicht verdächtig sind“ mitzuteilen55. Einen guten Tipp erhielt er schließlich von seinem Neffen Friedrich Simon Löffler, der ihn auf François de La Mothe Le Vayers Buch De la vertu des payens in der Pariser Ausgabe von 1669 hinwies56. Diese Ausgabe enthält in einem Anhang nämlich eine umfangreiche Sammlung jener Aussagen, nach denen Leibniz suchte57. Während der Libertin und Skeptiker La Mothe Le Vayer keineswegs unter die den Katholiken unverdächtigen Autoren gerechnet werden konnte58, erfüllten die von ihm 54 „Je suivray donc les 24 paragraphes de vôtre premiere lettre, qui regardent ce sujet et puis j’y adjouterai quelque chose du mien, quoyque je ne me fonde que sur des autorités que Chemnice, Gerard, Calixte, Rainold et autres Theologiens Protestants ont deja apportées, dont j’ay choisi celles, que j’ay crû les plus efficaces“ (A I, 18, 636, Z. 22–26). 55 „[…] loca Theologorum Pontificiorum ipsismet non suspectorum […]“ (Nov. 1691; A I, 7, 434, Z. 28–29). 56 In seinem Brief vom 25. Mai 1692 (A I, 8, 608, Z. 23–24). 57 F. de La Mothe le Vayer: De la vertu des payens. Avec les preuves des citations adjoûtées à la fin de la seconde partie (= Œuvres de François de la Mothe le Vayer 5), Paris 1669. Jetzt auch in der Bibliothèque de la Pléiade: ders.: De la vertu des païens, hrsg. von J. Prévot in: Libertins du XVIIe siècle, Bd. 2, hrsg. von dems., L. Jestaz, H. Ostrowiecki-Bah, Paris 2004, S. 1–215, 1443–1490. 58 Der Autor wird allgemein der ‚libertinage érudit‘ zugerechnet. Die Frage, was diese Klassifikation für die Beurteilung seiner Position in De la vertu des payens bedeutet, ist allerdings umstritten; vgl. dazu den Überblick über die einschlägige Literatur und die unterschiedlichen Einschätzungen in der jüngsten, recht ausgewogenen Studie: M. Moriarty: „Authority and How to Evade it: Le Mothe Le Vayer, De la vertu des payens“, in: Relations & Relationship in Seventeenth-Century French Literature. Actes du 36e congrès annuel de la North American Society for Seventeenth-Century French Literature, Portland State University, 6–8 mai 2004 (= Biblio 17. Suppléments aux Papers on French Seventeenth Century Literature 166), dir. par J. R. Perlmutter, Tübingen 2006, S. 99–113. Die Tatsache, dass das Buch mit einer Widmung an den Kardinal Richelieu erschienen ist, sollte allerdings davor warnen, La Mothe le Vayers Position als radikal kirchenkritisch zu vereinnahmen. J. Solé: Christliche Mythen. Von der Renaissance bis zur Aufklärung, Frankfurt a. M./Berlin/Wien 1982, S. 136, kann urteilen: „Das Buch ist keineswegs, wie oft behauptet wird, ein Manifest gebildeter Libertinage, sondern nimmt die Gemeinplätze der christlichen Dogmatik seiner Zeit auf […]“. Leibniz hat La
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gesammelten Belege diese Anforderung ohne Schwierigkeiten. Von den frühen Apologeten bis zu Theologen des 16. und frühen 17. Jahrhunderts, darunter illustre Namen wie die Kirchenväter Ambrosius, Hieronymus und Augustinus, die mittelalterlichen Autoren Bernhard von Clairvaux und Thomas von Aquin oder etwa der jesuitische Chinamissionar Matteo Ricci, hatte La Mothe Le Vayer einschlägige Stellen zusammengestellt, und Leibniz hat sie exzerpiert59. Zum Einsatz im interkonfessionellen Gespräch ist dieses Dossier allerdings nicht gelangt, wahrscheinlich, weil der Gesprächspartner Pellisson-Fontanier plötzlich am 2. Februar 1693 verstarb60. Die Liste derartiger Beispiele ließe sich fortsetzen61, ohne dass weitere Aufschlüsse zu erwarten wären. Besonders problematisch musste der Zugang über die Sekundärliteratur werden, wenn dort Quellenzitat und quellenbasierte Argumentation nicht sorgfältig voneinander getrennt worden waren. In einer kurzen Notiz hat Leibniz den mittelalterlichen Liturgieerklärer Bernold von Sankt Blasien (oder von Konstanz, † 1100) mit der Aussage zitiert, in der Kirche sei das für die Eucharistie verwendete alltägliche Brot, das in der Alten Kirche von den Gläubigen gespendet worden sei, durch die münzenförmigen, sehr dünnen Hostien ersetzt worden, die weit von der wirklichen Brotsgestalt entfernt seien62. Eine derartige Aussage sucht man in Bernolds Micrologus jedoch vergebens. Was Leibniz wörtlich zitierte, ist nicht der mittelalterliche Autor, sondern der humanistische
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Mothe le Vayers Testimonien zwar dankbar benutzt, stand dem Skeptizismus des Autors aber ablehnend gegenüber, wie eine kritische Bemerkung in A IV, 6, 713, Z. 16–18, zeigt. A IV, 5, 453–468; De salvatione gentium [Mitte 1692 bis 1693]. Stattdessen hat es Leibniz später in seinen Nouveaux Essais herangezogen (A VI, 6, 500, Z. 13– 501, Z. 15). Ebd., S. 501, Z. 14, hat er auch den Autor genannt, während das Exzerpt selbst keinerlei Angaben über seine Vorlage macht. Sicherlich in den Zusammenhang des Gesprächs mit Jablonski gehört ein Exzerpt (A IV, 7, 406–412) aus dem Catalogus testimoniorum des Konkordienbuches (vgl. Die Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche, herausgegeben im Gedenkjahr der Augsburgischen Konfession 1930, Göttingen 81979, S. 1101–1135). Auf den Kontext des innerprotestantischen Gesprächs verweist ein ebenfalls exzerpierter Abschnitt aus der Vorrede des Konkordienbuches (A IV, 7, 411, Z. 19–412, Z. 7; vgl. Bekenntnisschriften, S. 11, Z. 6–40) und aus den Artikeln der gegen die ‚Cryptocalvinisten‘ gerichteten kursächsischen Visitation von 1592 (A IV, 7, 411, Z. 10–18), die in die späteren sächsischen Drucke des Konkordienbuches aufgenommen worden waren (vgl. dazu Th. Kolde: Historische Einleitung in die Symbolischen Bücher der evangelisch-lutherischen Kirche, Gütersloh 31913 [Separatdruck], S. LXXXII– LXXXIII). Gewissermaßen aus dritter Hand sind altkirchliche Konzilsbeschlüsse und Väterstellen zur Taufe in der „Ersten Fassung des Unvorgreifflichen Bedenckens“ (A IV, 7, 558, Z. 12–20). Leibniz und Molanus haben sie nämlich aus den Vorarbeiten der Helmstedter Theologen Johann Fabricius und Johann Andreas Schmidt übernommen (ebd., S. 895, Z. 16– 896, Z. 5), die wiederum G. J. Vossius: De baptismo disputationes XX, et una de sacramentorum vi, atque efficacia, Amsterdam 1648, ausgewertet hatten. „[…] in quibusdam Ecclesiis oblatas panis quae prisca Ecclesiae consuetudine ad usum sacrificii a populo fideli ad mensam domini offerebantur, ad imaginem nummorum et ad tenuissimam quandam et levissimam formam a veri panis specie alienam fuisse redactas“ (A IV, 6, 366, Z. 19–22 [nicht vor Mitte Juli 1696]).
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Reformtheologe Georg Cassander (1513 [1515?]–1566)63. Dieser beruft sich für seine zuspitzende Paraphrase zwar auf Bernold, scheint aber dessen kritische Bemerkungen zu dem massiven Rückgang der Kommunionhäufigkeit unter dem Kirchenvolk mit der urteilsfreien Erklärung kontaminiert zu haben, die Hostie habe ihre Gestalt aufgrund der nur noch seltenen Laienkommunion erhalten, die er in der von ihm ebenfalls benutzten Gemma animae des Honorius Augustodunensis finden konnte64. Angesichts dieser kritischen Bemerkungen zu dem von Leibniz häufig gepflegten (ersten) Zugang zu kirchen- und theologiegeschichtlichem Quellenmaterial stellen sich die Fragen, ob Leibniz die Gefahren dieser Arbeitsweise erkannt hat und, wenn ja, wie er ihnen begegnet ist. Vor ihrer Klärung muss, um Missverständnisse zu vermeiden, darauf hingewiesen werden, dass es sich bei den hier geschilderten Beispielen gewissermaßen um Rohmaterial handelt, von dem nicht auf eine kritiklose Verwendung der auf diese Weise gesammelten Quellenaussagen in der abschließenden Ausarbeitung geschlossen werden darf. Auch wenn Leibniz keine methodischen Überlegungen zu den hier behandelten Fragen niedergelegt zu haben scheint, lassen sich doch Beobachtungen anführen, die zeigen, dass ihm die Instrumentalisierung kirchen- und theologiegeschichtlicher Quellen für die Stützung dogmatischer Positionen durchaus bewusst war65. So sprach er gegenüber dem zum Katholizismus konvertierten Landgrafen Ernst von Hessen-Rheinfels, einem wichtigen Briefpartner im ökumenischen Dialog, das Beispiel eines katholischen Theologen an, der eine Passage aus einer Schrift des Johannes Chrysostomus unterdrückt hatte, weil sie die calvinistische Abendmahlsauffassung zu bestärken schien66. Damit bezog er sich auf einen späten, aber keinesfalls vereinzelten und nicht auf eine Konfession beschränkten Versuch, die Aussagen der Kirchenväter durch kleine Manipulationen auf die jeweils gewünschte konfessionelle Linie zu 63 G. Cassander: Liturgica de ritu et ordine dominicae coenae celebrandae […] ex variis monumentis et probatis scriptoribus collecta, in: ders.: Opera quae peperiri poterunt omnia epistolae CXVII. et colloquia II. cum Anabaptistis nunc primum edita, Paris 1616, S. 1–88, hier c. 27, S. 61. 64 Zur nachlassenden Kommunionhäufigkeit vgl. B. von Sankt Blasien: „Micrologus de ecclesiasticis observationibus“, c. 21 und c. 51, in: Patrologiae cursus completus. Series latina, hrsg. von J.-P. Migne (PL), tom. 151, Sp. 973–1022, hier Sp. 991D und Sp. 1014C. Zur Gestalt der Hostie vgl. H. Augustodunensis: „Gemma animae“, lib. 1, c. 66, in: PL 172, Sp. 541–738, hier Sp. 564D–565A. 65 Ende Oktober 1690 äußerte Leibniz gegenüber Pellisson: „[…] on oppose préjugez à préjugez, nouveautez contre nouveautez, Peres contre Peres […]“ (A I, 6, 118, Z. 12–13). 66 „[…] le faux zele de Monsr Grandin Docteur de Sorbonne, qui depuis peu a eu la hardieze de supprimer un passage de St Chrysostome à un certain Caesarius, que Monsr Bigot avoit copié en Italie, et avoit voulu le faire imprimer à Paris avec quelques autres pieces considerables. St Chrysostome y parle de l’Eucharistie en des termes qui semblent favoriser les Calvinistes“ (A I, 3, 310, Z. 5–9; vom 4./14. August 1683). Den Hinweis auf einen anderen derartigen Fall exzerpierte sich Leibniz aus Conring: „Pamelius locum Tertulliani corrumpere ausus est“ (A IV, 4, 571, Z. 28; De abusibus in ecclesia Romana et aliis rebus controversis, [nach dem 18. August 1692]).
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bringen67. Zuvor hatte er als ein positives Gegenbeispiel die Behandlung einer von dem Protestanten Marquard Gude in Reims neu aufgefundenen griechischen Handschrift von Hippolyts De antichristo angeführt. Sie war in Paris gedruckt worden, obwohl ihr Text den bisher bekannten in einer für die Katholiken ungünstigen Weise korrigierte68. Am klarsten kommt Leibniz’ Problembewusstsein im Blick auf die konfessionelle Vereinnahmung und polemische Verzweckung der Väterzeugnisse jedoch in einer kleinen Notiz zum Ausdruck, in der er den Theologen Johann Heinrich Horb († 1695) für den Plan lobt, die Lehren der altkirchlichen Häretiker nicht aus den Zitaten der kontroverstheologischen Lehrbücher, sondern aus den Quellen selbst zu studieren69. In den einschlägigen Exzerpten finden sich nicht selten Kommentare, welche die in dogmatischer Absicht angeführten Testimonien einer historischen Kritik unterziehen, wie Leibniz sie in den eingangs angesprochenen Marginalien zu dem Philanthon des Dionysius Werlensis geübt hat70. So bemerkte er zu einer von Philippe Labbe SJ (1607–1667) zitierten Stelle aus dem Sentenzenkommentar des John Bacon († 1348), an der dieser ein Zitat aus einer Predigt des Richard von St. Victor († 1173) als Beleg für die Unbefleckte Empfängnis Mariens angeführt hatte: „Ich folgere daraus, daß schon im 12. Jahrhundert, als jener Richard lebte, die von der Erbsünde freie Empfängnis Mariens von vielen geglaubt worden ist“71. Leibniz’ Kommentar verwandelt den ‚locus‘ von einem dogmatischen Beweisstück zu einem theologiegeschichtlichen Quellenbeleg: Die Zitation des Victoriners beweist nicht mehr den dogmatischen Satz, sondern belegt lediglich die historische Tatsache, dass dieser im Hochmittelalter bereits Glauben fand. Daneben kam der Kirchengeschichte in ihrer gewissermaßen hilfswissenschaftlichen Rolle72 für die mit autoritativen Testimonien arbeitende Dogmatik nicht nur eine unterstützende, sondern auch eine kritische Funktion zu. Durch historische Kritik, wenn sie der zu bekämpfenden Position galt, konnten zudem die eigenen Belege verteidigt und gestärkt werden, wie das folgende Beispiel zeigt. Martin Luthers Schrift De servo arbitrio von 1528 war für das Gespräch 67 P. Petitmengin: „De adulteratis Patrum editionibus. La critique des textes au service de l’orthodoxie“, in: Les Pères de l’Église au XVIIe siècle. Actes du colloque de Lyon, 2–5 octobre 1991, dir. par E. Bury et B. Meunier, Paris 1993, S. 17–31. 68 A I, 3, 309, Z. 20–310, Z. 4. Es handelt sich um die Ausgabe Paris 1661. 69 A IV, 6, 645. 70 S. o. Anm. 12. 71 „Joh[annes …] de Bacone sive Bacondorpius […] Ord[inis] Carm[elitorum] in 4 sent[entiarum] dist[inctione] 2. q[uaestione] 4. 1. citat nonnulla verba in honorem B[eatae] Virginis descripta ex sermone quodam M[anu]s[cripto] eiusdem Richardi quem ipse legerat: Non decuit, ut caro illa B[eatae] Mariae peccato aliquando obnoxiam se cognoverit; sed electa est ab initio. Nam DEi sapientia indignum esse credimus, ut quod ad lumen gentium praedestinavit, tenebris pravitatis sineret involvi. Hunc locum affert Labbaeus. Ego ex eo colligo jam seculo XII quo Richardus iste vixit creditam a multis Mariae conceptionem sine peccato originis“ (A IV, 6, 639–644, hier 641, Z. 18–642, Z. 3; De scriptoribus ecclesiasticis ex libro quodam Labbei [Ende 1668 / Anfang 1669 (?)]; ‚Richardi‘ im Original gesperrt). 72 Vgl. A IV, 5, 601, Z. 3–6.
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zwischen Lutheranern und Reformierten von Interesse, weil Luther hier, wie Leibniz und Gerhard Wolter Molanus in der ersten Fassung des Unvorgreifflichen Bedenckens formulierten, „von dem absoluto praedestinationis decreto in einem und anderen fast noch herter geredet alß Calvinus selbst“73. Dies war allerdings ein Grund, warum sich diese Schrift bei manchen Lutheranern keiner großen Beliebtheit erfreute. Es war nicht zuletzt Molanus selbst, Leibniz’ Mitautor am Unvorgreifflichen Bedencken und Mitstreiter auch bei den Gesprächen mit katholischen Theologen, der sein Mißfallen über Leibniz’ Berufung auf De servo arbitrio kundtat – ja, der erklärte, in diesem Punkt nichts weniger als ein Anhänger Luthers zu sein und dass er sich längst vom Luthertum getrennt hätte, wenn die Lutheraner in dieser Frage ihrem Meister gefolgt wären74. In diesen Kontext gehört vielleicht ein kurzer undatierter Text, in dem Leibniz Belege für Luthers eigene Einschätzung seiner Schrift De servo arbitrio gesammelt und kommentiert hat75. Wenn diese Einordnung richtig ist, benutzte Leibniz gegen zu erwartende lutherische Kritiker – und wohl auch gegen Molanus selbst – Luthers Selbstaussagen über De servo arbitrio, um zu zeigen, dass dessen Autor selbst das Werk später nicht nur nicht als eine Art ‚Ausrutscher‘ betrachtet, sondern es im Gegenteil besonders hoch geschätzt habe. Sicherlich hat seine eigene Quellenarbeit für die Geschichte des Welfenhauses Leibniz’ methodisches Bewusstsein geschärft. Freilich lässt sich ein derartiger Zusammenhang kaum verifizieren. Bei dieser Arbeit konnte der Haushistoriker jedoch auf Quellenaussagen stoßen, die nicht schon in ein dogmatisches Raster eingeordnet, sondern noch in ihrem ursprünglichen Kontext eingebettet waren. Allerdings bot das auszuwertende Material, das heißt vor allem, mittelalterliche Urkunden und Historiographie, nur wenige, im ökumenischen Gespräch zu verwertende ‚loci‘76. Seine Arbeit an der Welfengeschichte betraf zudem die ‚falsche‘ Zeit77: Das Mittelalter galt den Protestanten (aber nicht nur ihnen)78 als eine Periode des 73 A IV, 7, 542, Z. 9–11. 74 „Ingenueque fateor, me in hoc articulo nihil minus esse quam Lutheranum, et si Lutherani etiam hac in parte magistrum suum fuissent secuti, me ab illo coetu dudum fecisse divortium“ (A I, 15, 293, Z. 22–24; aus der ersten Februarhälfte 1698). 75 A IV, 7, 412–413. Es ist allerdings nicht auszuschließen, dass er das Material aus zweiter Hand übernommen hat. Dafür gibt es jedoch keinen expliziten Hinweis (der in diesen Fällen aber auch sonst bei Leibniz häufig fehlt; s. o. Anm. 60). Auffällig in dieser Hinsicht sind jedoch die spärlichen Korrekturen. 76 Zu einem dieser seltenen Fälle s. u. bei Anm. 160. 77 Leibniz hat denn auch in einer Aufzeichnung zur Vorbereitung auf die Ende Oktober 1688 erfolgte Audienz bei Kaiser Leopold I. den Nutzen der Alten Geschichte in der Apologie des Christentums, jenen der mittelalterlichen aber im öffentlich Recht und in der Verteidigung dynastischer Ansprüche gesehen (A IV, 4, 62, Z. 11–20). 78 So konnte Pellisson, von Leibniz mittels Scholastiker-Zitaten argumentativ bedrängt, unter Berufung auf Jacques Davy du Perron (1556–1618) erklären: „[…] ces speculations [der Scholastiker] ne sont ni nécessaires ni utiles au commun des fideles, et peuvent même être mauvaises aux Docteurs lors qu’ils s’y attachent avec excès, en négligeant la meditation de l’Ecriture, ou l’étude de l’antiquité Ecclesiastique“ (A I, 6, 102, Z. 14–17; 4. September
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kirchen- und theologiegeschichtlichen Verfalls79. Schließlich erbrachten die für die Welfengeschichte ausgewerteten Quellengattungen in den seltensten Fällen dogmen- und theologiegeschichtliche Aussagen, sondern eher solche zur kirchlichen Disziplin, zu Kultus und Ritus usw.80 Wichtiger als die bisher angesprochenen Aspekte war jedoch ein allgemeinerer Zug seines Denkens, der Leibniz nicht nur vor einer unkritisch-parteilichen Verwendung isolierter Konzilsdekrete und Väterzitate schützen81, sondern der darüber hinaus das Verständnis zwischen den Konfessionen positiv fördern konnte. Dieser methodische Standpunkt des Denkers Leibniz war der Standpunkt des Anderen – „la place d’autruy“82. In der Mitte der 1680er Jahre hat Leibniz im „Examen religionis christianae“ (traditionell als Systema theologicum bekannt)83 sowie in einer ganzen Reihe von vorangehenden und begleitenden Skizzen und Ausarbeitungen den Platz eines konfessionell Anderen, nämlich den eines moderaten
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1690). Im französischen Katholizismus dieser Zeit war die zitierte Position nicht so erstaunlich, wie sie auf den ersten Blick erscheint. Zu dessen Skepsis gegenüber der Scholastik und der Hochschätzung der Patristik vgl. v. a. B. Neveu: „L’érudition ecclésiastique du XVIIe siècle et la nostalgie de l’Antiquité chrétienne“, in: ders.: Érudition et religion aux XVIIe et XVIIIe siècles, Paris 1994, S. 333–363; J.-L. Quantin: „The Fathers in Seventeenth Century Roman Catholic Theology“, in: The Reception of the Church Fathers in the West. From the Carolingians to the Maurists (2 Bde.), Bd. 2, hrsg. von I. Backus, Leiden/New York/Köln 1997, S. 951–986 sowie die große Monographie desselben Autors: Le catholicisme classique et les pères de l’église. Un retour aux sources (1669–1713) (= Collection des Ètudes Augustiniennes. Série Moyen-Âge et Temps modernes 33), Paris 1999. Es darf aber nicht vergessen werden, dass die zumeist als normativ akzeptierte Periode der Alten Kirche recht unterschiedlich abgegrenzt wurde und die Zeit der Kirchenväter in der Regel weit über die heute jedenfalls unter deutschen Theologen gängige Begrenzung (Isidor von Sevilla, † 636, im Westen und Johannes von Damaskus, Mitte des 8. Jhs., im Osten; allerdings hat jüngst das Lexikon der antiken christlichen Literatur, Freiburg i. Br./Basel/Wien 3 2002, S. VIII, den Zeitraum für den Westen bis zum Tode des Beda Venerabilis im Jahr 735 ausgedehnt) bis zu Bernhard von Clairvaux († 1153) angesetzt wurde. Zudem erlaubte das Konzept der ‚testes veritatis‘ auch den Protestanten, im Mittelalter Exempel heiligmäßigen Lebens und (relativ) gesunder Lehre zu finden (s. u. bei Anm. 92–97). Allerdings sollte die Bedeutung dieser Gebiete für die konfessionellen Auseinandersetzungen – und damit auch für die ökumenischen Bemühungen – in der frühen Neuzeit nicht unterschätzt werden: Die Orthopraxis wurde, nicht nur im Kirchenvolk, häufig ebenso wichtig genommen wie die Orthodoxie; vgl. etwa für die Hochschätzung derartiger Fragen bei der Konzeption der Magdeburger Zenturien Scheible, S. 48, 62. Entsprechend hat auch Leibniz in seiner Denkschrift für die Neubearbeitung der Zenturien (s. o. Anm. 30) unter den heranzuziehenden Quellen aufgeführt: „[…] tum libri Sacramentales seu Rituales veterum […]“ (A I, 18, 503, Z. 6–7). Einen Schutz vor konfessioneller Vereinnahmung bot Leibniz zudem die Praxis, die theologische Literatur jedweder konfessioneller Provenienz ohne Voreingenommenheit heranzuziehen. Unter den dogmatischen Werken, deren Benutzung er Johann Andreas Schmidt für die Neubearbeitung der Zenturien empfahl, befanden sich neben solchen lutherischer Autoren (wie Johann Gerhard) solche reformierter (Daillé), katholischer (Petavius, Perron) und anglikanischer Autoren (Usher); vgl. A I, 18, 503, Z. 7–11. A IV, 3, 903–904; Zitat 903, Z. 10. A VI, 4, 2355–2455.
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Katholiken eingenommen, um aus dieser Perspektive zu erkunden, was für die Gegenseite im ökumenischen Gespräch möglich sei84. Die Kirchengeschichte ermöglichte es Leibniz, sich gewissermaßen auf einen Vorgänger in dieser Hinsicht zu beziehen, auf Salvian von Marseille († ca. 480). Dessen Aussage über die Arianer: „Bei uns sind sie Häretiker, bei ihnen nicht“, zitierte er etwa in dem schon mehrfach angeführten Schreiben an den Landgrafen Ernst vom August 168385. In dieselbe Richtung zielte wohl eine kurze Notiz, in der Leibniz aus einem Edikt des arianischen Wandalenkönigs Hunerich gegen die als Homoousianer bezeichneten Katholiken zitiert86. Das Edikt aus dem Jahr 484 beruft sich auf die Synoden von Rimini (für den Westen) und Seleukeia (für den Osten), auf denen im Jahr 359, nicht ohne politischen Druck, die Teilnehmer – das Edikt spricht von mehr als 1000 Bischöfen, die den gesamten Erdkreis repräsentierten – den Begriff ‚homoousios‘ verworfen hatten87. Paul Pellisson-Fontanier, gegen dessen Position die Notiz wohl gerichtet ist, hatte argumentiert, die christliche Wahrheit habe sich immer auf der Seite der größeren Zahl, nämlich der katholischen Großkirche, befunden. Wo war hier die größere Zahl? Auf der Seite der Katholiken? Diese Bischöfe in derartig hoher Zahl, die zudem nach Aussage des Edikts von allen Orten der Erde gekommen waren, hätten mit besserem Recht Anspruch auf das Epitheton ‚katholisch‘ erheben dürfen als ihre orthodoxen Gegner88.
84 A IV, 3, 225–233, 260–298; A IV, 6, 713–763; A IV, 7, 824–830 und A VI, 4, 2298–2345; s. u. bei Anm. 101–108. 85 „Le passage de Salvian Evesque de Marseille […] qui dit des Ariens, apud nos haeretici sunt, apud se non sunt, et bien loin d’oser les condamner, louё leur bonne intention et charité, est incontestable“ (A I, 3, 318, Z. 15–16). In einem an die Herzogin Sophie gerichteten, aber für die Augen von Pellisson bestimmten Schreiben (wohl von Anfang August 1690) zieht Leibniz Salvians Aussage als Beleg für seine Überzeugung heran, erst das verstockte Beharren auf seiner falschen Meinung mache den Abweichler zum Häretiker: „[…] et qu'il n’y a par consequent que l’opiniastreté ou desobéїssance qui fait l’Heretique; et que c’est pour cela que Saint Salvien Evesque de Marseille a excusé les Ariens de bonne foy, quoy-qu’ils niassent la divinité de Jesus-Christ“ (A I, 6, 80, Z. 4–7). 86 A IV, 4, 518. Das Edikt von 484 ist überliefert in V. von Vita: Historia persecutionis Africanae provinciae sub Geiserico et Hunirico regibus Wandalorum (= Monumenta Germaniae Historica. Auctores Antiquissimi 3,1), hrsg. von C. Halm, Berlin 1879, lib. 3, c. 2; S. 40–43. 87 „[…] quod a mille et quot excurrunt pontificibus de toto orbe in Ariminensi concilio vel apud Seleuciam amputatum est […]“ (ebd., S. 41, Z. 4–5). Leibniz hat die Synode von Seleukeia in seinem Exzerpt ausgelassen. Zu den beiden Synoden, deren Geschichte komplizierter ist, als sie im Edikt und in Leibniz’ Exzerpt erscheint, vgl. Ch. Piétri (†)/L. Piétri (Hrsg.): Die Entstehung der einen Christenheit (250–430) (= Die Geschichte des Christentums 2), Freiburg i. Br./Basel/Wien 1996, S. 387–391. 88 Die hohe Zahl der Bischöfe und ihr Kommen „de toto orbe“ lässt sofort an die berühmte Definition des Vinzenz von Lérins denken; s. unten, Anm. 111.
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III. So wie Leibniz’ Einsatz kirchengeschichtlicher Argumentationen in seinen ökumenischen Schriften von den methodischen Bedingungen der zeitgenössischen Gelehrsamkeit geprägt war, konnte auch seine Interpretation der Geschichte der Kirche nicht frei sein von den Interpretamenten, unter denen sie in den verschiedenen Konfessionen erforscht und dargestellt wurde. Die beiden grundlegenden konfessionell geprägten Interpretationen haben wir bereits im einleitend geschilderten Streit um die Heiligenverehrung in geradezu idealtypischer Ausprägung kennengelernt: Hermann Conring – wie vor ihm bereits Chemnitz – erklärte die Heiligenverehrung als späte, papistische Abirrung vom rechten Glauben, der erst die Reformation ein Ende gemacht habe, indem sie das reine Evangelium wieder in sein Recht setzte. Er war damit ein typischer Vertreter des protestantischen Dekadenzmodells der Kirchengeschichte89. Dionysius Werlensis vertrat dagegen ein kirchengeschichtliches Kontinuitätsmodell. Deshalb war ihm daran gelegen, die von ihm verteidigte Heiligenverehrung so weit wie möglich in die Kirchengeschichte zurückverfolgen zu können90. Die Vorstellung eines Niedergangs der Christenheit ist fast so alt wie die Kirche selbst und – jedenfalls in einzelnen Aspekten – so weit verbreitet, dass sie als solche noch nicht als Kennzeichen einer konfessionell geprägten Sicht auf die Kirchengeschichte verstanden werden kann. Wolf-Friedrich Schäufele hat jedoch mit Recht darauf hingewiesen, dass sich das protestantische Dekadenzmodell in zwei entscheidenden Punkten von älteren Vorstellungen des Verfalls unterscheidet: Zum einen wurde die Verfallsidee erst jetzt „zu einem historiographischen Prinzip, das der Konstruktion geschlossener Geschichtsentwürfe zugrunde gelegt werden konnte“91, zum anderen sah man nun den „Verfall nicht so sehr im Leben, als vielmehr in der Lehre der Kirche – weniger in der Abweichung von der Lebensweise Christi und der Apostel, als vielmehr in der Abweichung vom Wort Gottes zugunsten menschlicher Worte und Erfindungen“92.
Freilich, auch das hat Schäufele betont, muß eine christliche Interpretation der Kirchengeschichte, selbst wenn sie dem Dekadenzmodell folgt, ein gewisses Maß an Kontinuität voraussetzen: „Denn mit dem Abfall von ihrem normativen ‚apostolischen‘ Ursprung würde die Kirche aufhören, Kirche Christi zu sein. Daher kann der Verfall dort, wo er dennoch diagnostiziert 89 Vgl. dazu statt anderer: Ch. Markschies: „Die eine Reformation und die vielen Reformen oder Braucht die evangelische Kirchengeschichtsschreibung Dekadenzmodelle?“, in: Zeitschrift für Kirchengeschichte 106 (1995), S. 70–97. 90 O. Chadwick: From Bossuet to Newman, Cambridge 21987, S. 1–20, schildert diese Position idealtypisch am Beispiel von Jacques Bénigne Bossuet. 91 W.-F. Schäufele: ‚Defecit ecclesia‘. Studien zur Verfallsidee in der Kirchengeschichtsanschauung des Mittelalters (= Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz 213), Mainz 2006, S. 2. 92 Ebd., S. 367.
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Stephan Waldhoff wird, zwar einen mehr oder weniger großen Teil der Christenheit in Mitleidenschaft ziehen, niemals aber die Kirche als ganze“.
Daraus folge, es müsse „stets ein Rest überdauern, der die Kontinuität mit dem apostolischen Ursprung bewahrt und garantiert“93. Matthias Flacius Illyricus, der Initiator und Organisator der Magdeburger Zenturien hat mit dem Catalogus testium veritatis (1556) auch für dieses Interpretament protestantisch-konfessioneller Kirchengeschichtsschreibung das prototypische Werk verfasst94. Um möglichst viele Wahrheitszeugen anführen zu können, genügten Flacius manchmal bereits einzelne, aus dem Zusammenhang gerissene (vermeintlich) papst- oder kirchenkritische Äußerungen, um einen mittelalterlichen Autor aufzunehmen. So haben nicht nur die Scholastiker Thomas von Aquin, Johannes Duns Scotus und Wilhelm von Ockham ihren Platz unter den ‚testes veritatis‘ gefunden, sondern auch Machiavelli und immerhin zwölf Päpste (darunter so machtbewusste Gestalten wie Innozenz IV. und Johannes XXII.)95. Wenngleich der „Nachweis der Lehrkontinuität“, der „im Zentrum“ des Catalogus stand96, in der Rezeption des Werkes gegenüber seinem Verständnis als eine Art Martyrolog zurücktrat97, und das Konzept der Wahrheitszeugen im Laufe des 17. und 18. Jahrhunderts seine theologische Plausibilität einbüßte98, blieb Flacius’ Interpretation des Mittelalters bis in die kirchengeschichtlichen Konzepte von ‚Vorreformatoren‘ und ‚Vorreformation‘ und bis in das kulturprotestantischdeutschnational geprägte profanhistorische Mittelalterbild hinein wirksam99. Eine kirchengeschichtliche ‚Meistererzählung‘ gleich welcher konfessioneller Prägung darf man in Leibniz’ ökumenischen Schriften nicht erwarten. Dazu sind Umfang und Rang ihrer kirchen- und theologiegeschichtlichen Argumentationen 93 Ebd., S. 41. 94 Vgl. statt anderer M. Pohlig: Zwischen Gelehrsamkeit und konfessioneller Identitätsstiftung. Lutherische Kirchen- und Universalgeschichtsschreibung 1546–1617 (= Spätmittelalter und Reformation. Neue Reihe 37), Tübingen 2007, S. 294–341, und die pointiert die konfessionellen Implikationen herausstellende Interpretation von W. Schmidt-Biggemann: „Flacius Illyricus’ ‚Catalogus testium veritatis‘ als kontrovertheologische Polemik“, in: Reformer als Ketzer. Heterodoxe Bewegungen von Vorreformatoren (= Melanchthon-Schriften der Stadt Bretten 8), hrsg. von G. Frank und F. Niewöhner, Stuttgart-Bad Cannstatt 2004, S. 263–291. 95 Entsprechend ist die Auswahl mit Kopfschütteln und Ironie kommentiert worden; vgl. Chadwick, S. 4; Pohlig: Zwischen Gelehrsamkeit und konfessioneller Identitätsstiftung, S. 314–315. 96 Ebd., S. 332. 97 Bereits die von Conrad Lauterbach 1573 erstellte deutsche Übersetzung charakterisiert das Werk im Titel als „Historia der zeugen / Bekenner vnd Märtyrer“; vgl. Pohlig: Zwischen Gelehrsamkeit und konfessioneller Identitätsstiftung, S. 341–342. 98 Ebd., S. 338–341. 99 Zu den ‚Vorreformatoren‘ usw. vgl. Th. Mahlmann: „‚Vorreformatoren‘, ‚vorreformatorisch‘, ‚Vorreformation‘. Beobachtungen zur Geschichte eines Sprachgebrauchs“, in: Frank/Niewöhner (Hrsg.): Reformer als Ketzer, S. 13–55. Wie hartnäckig sich diese verfehlten Begriffe halten, zeigt noch der Titel des Sammelbandes, in dem Mahlmanns ebenso gründliche wie kritische Darstellung erschienen ist. Zum Einfluss auf das kulturprotestantisch-deutschnationale Mittelalterbild vgl. Schmidt-Biggemann: „Flacius Illyricus“, S. 275.
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zu bescheiden. Allerdings lassen sich durchaus Aspekte sowohl des Kontinuitätswie des Dekadenzmodells ausmachen. Welche Interpretation der Kirchengeschichte Leibniz vertrat, hing davon ab, welche Perspektive er einnahm. Argumentierte er aus protestantischer Sicht, lassen sich Aspekte des Dekadenzmodells nachweisen. Schlüpfte er, wie dies in einer Reihe von Schriften zur Reunionsfrage geschah100, in die Rolle eines Katholiken, vertrat er das Kontinuitätsmodell. Die letztgenannte Interpretation scheint in seinen ökumenischen Schriften sogar die größere Rolle zu spielen. In einem Text, der zwischen dem Hannoveraner Reunionsgespräch vom Mai/Juni 1683 und dem „Examen religionis christianae“ wohl im Jahr 1685 entstanden ist, hat er die Bedeutung der lehrmäßigen Kontinuität und die Abweisung des Dekadenzmodells zum Ausgangspunkt seiner Argumentation gemacht. Leibniz, der hier vom Standpunkt eines Katholiken schreibt, setzt mit einem Paukenschlag ein: Die konfessionellen Kämpfe hätten, dank der Güte Gottes, dahin geführt, dass an einem Triumph der katholischen Wahrheit nicht mehr gezweifelt werden könne101. Diese Einschätzung mag um 1685, dem Jahr der Aufhebung des Edikts von Nantes und dem mutmaßlichen Entstehungsjahr des Textes, tatsächlich manchem Katholiken und – weniger durch Triumphalismus als vielmehr durch Sorge bestimmt – auch manchem Protestanten realistisch erschienen sein102. Dann geht Leibniz zur Kirchen- und Dogmengeschichte über: Die Lehren der heutigen Kirche seien schon zur Zeit des hl. Augustinus fast vollständig angenommen gewesen, was sich auch darin zeige, dass die orientalischen Kirchen heute in den Hauptfragen mit der Römischen übereinstimmten103. Eine besondere Erwähnung findet dabei die Äthiopische Kirche, die, „uns ein gewissermaßen lebendes Bild des fünften Jahrhunderts vorzustellen scheint“104. Als konfessionell unverdächtigen Zeugen kann Leibniz dafür den führenden Erforscher der äthiopischen (Kirchen-)Geschichte, seinen langjährigen Korrespondenten Hiob Ludolf, anführen105. Im Anschluss wendet sich der fiktive Katholik gegen das protestantische Dekadenzmodell, indem er erklärt, aus dem Gesagten folge, dass man entweder die Römischen Lehren annehmen müsse oder dass die von den Protestanten 100 S. o. Anm. 84. 101 „Certamina Ecclesiastica tandem benignitate Divina eo perducta sunt, ut de Catholicae Veritatis triumpho dubitari amplius non possit, quocunque demum armorum genere congrediamur“ (A IV, 7, 824, Z. 15–17). 102 Vgl. P. Hazard: Die Krise des europäischen Geistes. La Crise de la Conscience Européenne 1680–1715, Hamburg 1939, S. 110–112. 103 „Nam ostensum est liquidissime, quae in hodiernae Ecclesiae Dogmatibus potissimum reprehenduntur; jam S[ancti] Augustini aevo recepta fuisse pleraque omnia idque partim manifestis testimoniis, partim non contemnendo perpetuitatis fidei argumento. Probatum quoque est testibus omni exceptione majoribus inde ab oriente accersitis Orientales Ecclesias hodie in capitalibus quaestionibus cum Romana consentire“ (A IV, 7, 824, Z. 17–21). 104 „[…] quandam quinti seculi vivam imaginem nobis exhibere videatur […]“ (ebd., Z. 23). 105 Dies geschieht zwar ohne Namensnennung, aber es kann nicht zweifelhaft sein, dass mit dem „vir inter protestantes eruditione insignis“ (ebd., Z. 25) Ludolf gemeint ist. Hiob Ludolf gehörte seit Ende 1687 (nicht erst seit 1688, wie Bodemann: Der Briefwechsel, Nr. 587, S. 158– 159, angibt) zu Leibniz’ Korrespondenten.
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behaupteten fürchterlichen Verderbnisse bereits in der Alten Kirche geherrscht hätten und jene, die nach allgemeinem Konsens für Heilige gehalten werden, tatsächlich sehr schlechte Menschen, ja geradezu ‚antichristiani‘ gewesen seien106. Hier spielt Leibniz sozusagen den Dionysius Werlensis. Er setzt jedoch die Kritik am Dekadenzmodell mit einem Argument fort, das typischer für den wahren Verfasser ist: Was sei absurder als die Überzeugung, Gott, der die Kirche doch durch das Blut seines Sohnes erlöst habe, habe gegen sein Versprechen (gemeint ist Mt 28,20) zugelassen, dass in ihr über mehr als zwölf Jahrhunderte der Betrug über die Wahrheit geherrscht habe – und das zum sichersten Untergang der unschuldigen Seelen107. Leibniz beschließt das Argument mit einer Theodizee-Frage: „Ist das von dem gerechten und wahrhaftigen Gott zu erwarten“108? Dagegen spielte das kirchengeschichtliche Dekadenzmodell in den Schriften, in denen Leibniz aus protestantischer Position argumentierte, eine eher bescheidene Rolle. Es wäre allerdings voreilig, aus diesem Befund zu schließen, Leibniz habe eine derartige Interpretation grundsätzlich abgelehnt. Hier darf man eher einen Effekt seiner unpolemischen Sicht der Kirchen- und Theologiegeschichte und seines insgesamt zurückhaltenden Gebrauchs kirchen- und theologiegeschichtlicher Argumentationen in den ökumenischen Schriften als Ursache sehen. Tatsächlich lassen sich ausreichende Belege für seine Skepsis gegenüber und Kritik an den Kontinuitätsbelegen katholischer Theologen finden – wenn auch häufig außerhalb der hier interessierenden ökumenischen Schriften. Auf das eine oder andere Beispiel konnte hier bereits hingewiesen werden, etwa auf die Skepsis gegenüber der umstandslosen Gleichsetzung des Wortes ‚litania‘ mit einer Heiligenlitanei, auf die Präsentation der Belege zur frühen Geschichte des neutestamentlichen Kanons oder auf den Verlust der Brotsgestalt der Hostie109. Gegenüber katholischen Gesprächspartnern hat er die Berufung auf eine in der katholischen Kirche ungebrochen bewahrte Kontinuität mit kirchen- und theologiegeschichtlichen Beobachtungen durchaus kritisiert. An Ernst von HessenRheinfels räumte er in einem bereits zitierten Schreiben zwar ein, dass die Heilige Schrift allein nicht ausreichend sei, die Sozinianer zu widerlegen, er konterte aber dieses Argument gegen die Suffizienz der Schrift mit dem Hinweis auf die Insuffizienz der Tradition:
106 „Unde sequitur aut Romana dogmata esse ferenda, aut horrendas illas quae dicuntur corruptelas jam primis illis temporibus tota Ecclesia regnasse, et qui omnium consensu sancti habentur, pessimos homines fuisse planeque Antichristianos, […]“ (A IV, 7, 824, Z. 25–825, Z. 3). 107 „[…] quid enim absurdius est, quam DEUM Ecclesiam filii sui sanguine redemtam, mox contra promissiones suas plane corrumpi imo intercidere passum esse, ut per duodecim et amplius secula mendacium veritatis notas publice prae se ferret, certissimo innocentium animarum exitio“ (ebd., 825, Z. 4–7). 108 „Hoccine a DEO justo et verace expectandum?“ (Ebd., Z. 7–8). 109 Siehe oben, Anm. 12, bei Anm. 52–54 und bei Anm. 62–64.
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„Aber ich füge hinzu, daß es auch sehr schwierig ist, sie mit der Tradition zurückzuweisen, denn es gibt Passagen bei einigen Vätern, die vor dem ersten Konzil von Nizäa geschrieben haben, die einen ziemlich in Verlegenheit bringen“110.
Leibniz konnte allerdings auch das Traditionsprinzip selbst gegen katholische Positionen in Stellung bringen. Etwa wenn er gegen Edme Pirot und dessen Verteidigung des Konzils von Trient nicht nur die berühmte Regel des Vinzenz von Lérins, katholisch sei, „was überall, was immer und was von allen geglaubt wurde“111, sondern auch die Verpflichtung der Schriftauslegung „iuxta unanimem consensum patrum“112 aus dem Trienter Glaubensbekenntnis als Maßstäbe in Anschlag brachte, vor denen, wie er meinte, die Trienter Beschlüsse nicht bestehen könnten113. Es entsprach jedoch nicht Leibniz’ Überzeugung, die Ursache der Dekadenz im Aufstieg des Papsttums als der Herrschaft des Antichristen zu suchen, wie er es überhaupt für nicht (mehr) akzeptabel hielt, die konfessionellen Konflikte als den eschatologischen Endkampf zu deuten114. Das nahm dem kirchengeschichtlichen Dekadenzmodell viel von seiner kontroverstheologischen Schärfe und hätte möglicherweise Ansatzpunkte für eine Verständigung mit den Katholiken geboten, denen die Akzeptanz von Zeiten des Niedergangs in der Kirchengeschichte ja ebenfalls nicht fremd war115.
110 „Mais j’adjoûte, qu’il est aussi tres difficile de les refuter par la Tradition; parce qu’il y a des passages assez embarrassans de quelques Peres qui ont écrit avant le premier Concile de Nicée“ (A I, 3, 318, Z. 21–23). Ähnlich äußerte er sich im Oktober 1690 gegenüber Pellisson: „Pourquoy excuse-t-on des Peres des premieres siecles qui ont eu des sentimens assez étranges, mesme sur la Trinité (comme le Pere Petau a reconnu) sans parler d’autres matieres?“ (A I, 6, 119, Z. 27–29). 111 „In ipsa item catholica ecclesia magnopere curandum est, ut id teneamus quod ubique, quod semper, quod ab omnibus creditum est; hoc est etenim uere proprieque catholicum, quod ipsa uis nominis ratioque declarat, quae omnia fere uniuersaliter conprehendit“ (Vinzenz von Lérins: „Commonitorium“, in: Corpus Christianorum. Series Latina 64, Turnhout 1985, S. 145– 195, hier II, 5; S. 149, Z. 24–28). 112 Bulle „Iniunctum nobis“ Pius’ IV. vom 13. November 1564, in: H. Denzinger: Kompendium der Glaubensbekenntnisse und kirchlichen Lehrentscheidungen, verb., erw., ins Deutsche übertragen und unter Mitarbeit von Helmut Hoping hrsg. von P. Hünermann, Freiburg i. Br./Basel/Wien, 371991, Nr. 1863. 113 Leibniz an Jacques Bénigne Bossuet für Edme Pirot: „Reponse au discours touchant l’autorité du Concile de Trente en France“, 15. Juni 1693; A I, 9, 137, Z. 12–17. 114 So, unter der Maske eines moderaten Katholiken in der wohl 1685 entstandenen „Apologia catholicae veritatis“: „[…] non puto tamen ullum hominem prudentem, qui mentem studio partium nondum plane obnubilatam habet vel per somnium sibi fingere posse, Lutherum esse Angelum Apocalypticum, Innocentium vero XI esse Antichristum“ (A IV, 6, 737, Z. 3–5). Zum ‚angelus apocalypticus‘ vgl. Offb 14,6–8, zur Deutung dieser Stelle auf Luther und den Kampf gegen das Papsttum s. V. Leppin: Antichrist und Jüngster Tag. Das Profil apokalyptischer Flugschriftenpublizistik im deutschen Luthertum 1548–1618 (= Quellen und Forschungen zur Reformationsgeschichte 69), Gütersloh 1999, S. 105–107, und Pohlig (wie Anm. 94), S. 485–486. 115 Allgemein s. o. bei Anm. 91; zu Cassander oben bei Anm. 62–64; zu Pellisson oben, Anm. 78.
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Wie in anderen Fällen116 suchte Leibniz die Erklärung für historische Verfallserscheinungen lieber in innergeschichtlichen Ursachen. Ein bemerkenswertes Beispiel, das die Abkehr von der altkirchlichen Praxis mittels eines Rekurses auf die Frömmigkeits- und Liturgiegeschichte erklärt – nicht verurteilt! –, bietet Leibniz’ Erörterung, warum die Kelchkommunion der Laien in der katholischen Kirche außer Gebrauch gekommen sei. Er habe, so beginnt eine Aufzeichnung117, bei dem Kirchenhistoriker Caesar Baronius gelesen, dass der berühmte Eremit und Kirchenreformer Petrus Damiani dem Papst Gregor VII. hölzerne Löffel geschenkt habe118. An diese Nachricht knüpft Leibniz einen bunten Strauß vielfältiger Beobachtungen und Überlegungen, von denen er eine weiter ausgeführt: Von dem Material der Löffel geht er über zum Material der liturgischen Gefäße und stellt fest, für dieses habe es ursprünglich keine Vorschriften gegeben, aber später habe man hölzerne Gefäße verboten. Leibniz erklärt dieses Verbot mit der Sorge, etwas von dem konsekrierten Wein könne in das Holz ziehen und so verlorengehen119. Dann führt er diesen Gedankengang fort: Überhaupt habe man mehr und mehr befürchtet, es könne auch nur ein Tropfen vergossen werden und deshalb die Laien zuerst durch ein kleines Röhrchen, die fistula, aus dem Kelch trinken lassen, und schließlich den Laienkelch ganz verboten, als die Lehre, Leib und Blut Christi seien in beiden Abendmahlselementen vollständig enthalten, sich durchgesetzte120. Man möchte hier fast von einer religionswissenschaftlich distanzierten 116 So lehnte Leibniz den von manchen seiner Zeitgenossen gegen die Juden erhobenen Vorwurf ab, sie hätten die Schriften des Alten Testaments verfälscht, um in ihnen die Weissagungen auf Jesus als den Messias zu eliminieren oder doch zu verstecken. Gegenüber Daniel Larroque äußerte er am 29. Juni 1693: „Je ne suis pas de ceux qui croyent que les Juifs ont corrompu le Texte Hebreu par malice et par un dessein de contre carrer les Chretiens. Cependant il peut avoir esté alteré par d’autres raison“ (A I, 9, 487, Z. 7–9). 117 Der Text ist bei J. F. Feller: Otium Hanoveranum sive miscellanea, ex ore et schedis […] Leibnitii, Leipzig 1718, S. 205–206, Nr. CXXXII überliefert (danach wiederabgedruckt in: Dutens VI, 1, S. 322). Da Feller nach dem Frühjahr 1698 keinen Zugang mehr zu Leibniz’ Arbeitsmaterialien besaß (s. A IV, 7, XXIII–XXIV), muss die Aufzeichnung spätestens in dieser Zeit entstanden sein. 118 C. Baronius: Annales ecclesiastici, Antwerpen 1642, Bd. 11, S. 293E–294A (ad annum 1061). Allerdings hat Leibniz sich im Papst geirrt. Als Gregor VII. am 22. April 1073 gewählt wurde, war Damiani bereits mehr als ein Jahr tot. Das Geschenk galt Gregors Vorgänger, Alexander II. 119 In demselben Sinne erklärt noch die ausführlichste neuere Darstellung das Verbot hölzerner Kelche: „Was dazu führte und führen mußte, Kelche aus Holz zu verbieten, war abgesehen von der Geringwertigkeit desselben namentlich auch der Umstand, daß eine genügende Ablution desselben nach Gebrauch kaum möglich war, weil das in ihnen befindliche heilige Blut notwendig mehr oder weniger in die Poren der Wandungen eindrang“ (J. Braun: Das christliche Altargerät in seinem Sein und in seiner geschichtlichen Entwicklung, München 1932, S. 30. Vgl. auch ebd., S. 32–33, 37, 39–40, 45, 47–48, zur sehr seltenen Bezeugung und zum häufigen Verbot hölzerner Kelche). 120 Leibniz’ Erklärung stimmt mit der heute akzeptierten überein; vgl. J. A. Jungmann: Missarum sollemnia. Eine genetische Erklärung der Römischen Messe, Freiburg i. Br./Basel/Wien, 5 1962, Bd. 2, S. 474–481.
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Argumentation sprechen oder, um einen näher an der Entstehungszeit aufgekommenen Begriff zu benutzen, von einem Stück pragmatischer Kirchengeschichtsschreibung121. IV. Ist in den vorangehenden Abschnitten versucht worden, Leibniz’ kirchengeschichtliche Argumentationen vor dem Hintergrund der allgemeinen methodischen Voraussetzungen und konfessionell differierenden ‚Meistererzählungen‘ der kirchlichen Historiographie einzuordnen, soll nun die Perspektive verengt werden, indem nach der Bedeutung eines Vorgängers im ökumenischen Gespräch gefragt wird, nämlich des Helmstedter Theologen Georg Calixt (1586–1656). Calixt war der letzte bedeutende Vertreter eines ökumenischen Konzepts, das heute vielfach, jedoch nicht glücklich, als altkatholische Irenik122 bezeichnet wird und das sich auf humanistische Reformkatholiken wie Georg Witzel (1501–1573) und den bereits erwähnten Georg Cassander zurückführen lässt123. Bereits zeitgenössisch hat
121 Zur Übernahme der pragmatischen Geschichtsschreibung in die Kirchengeschichte s. E. Stöve: „Kirchengeschichtsschreibung“, in: Theologische Realenzyklopädie, Bd. 18, Berlin/New York 1989, S. 535–560, hier S. 544, und Bergjan: „Die Beschäftigung mit der Alten Kirche“, S. 32. 50–51. 122 Zu Geschichte und Kritik dieses Begriffs s. A. Merkt: Das patristische Prinzip. Eine Studie zur theologischen Bedeutung der Kirchenväter (= Supplements to Vigiliae Christianae 58), Leiden/Boston/Köln 2001, S. 27, Anm. 45. Der Begriff wird auf Kantzenbach: Das Ringen um die Einheit der Kirche, zurückgeführt, der allerdings vom ‚altkatholischen Prinzip‘ spricht (ebd., S. 176). 123 Kantzenbach: Das Ringen um die Einheit der Kirche, S. 176–202 (zu Witzel) und S. 203–229 (zu Cassander). Merkt: Patristisches Prinzip, S. 27–36. Ders.: „Die Alte Kirche als remedium schismati. Zum Typus der sogenannten altkatholischen Irenik“, in: Union – Konversion – Toleranz. Dimensionen der Annäherung zwischen den christlichen Konfessionen im 17. und 18. Jahrhundert (= Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz. Beiheft 50), hrsg. von H. Duchhardt und G. May, Mainz 2000, S. 1–19, hier S. 2–7. J. Wallmann: „Zwischen Reformation und Humanismus. Eigenart und Wirkungen Helmstedter Theologie unter besonderer Berücksichtigung Georg Calixts“, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche 74 (1977), S. 344–370, hier S. 357–358. Es ist daher kein Zufall, dass man sich in Helmstedt um den Nachdruck der Werke Witzels und Cassanders bemühte; vgl. R. J. M. van de Schoor: „Reprints of Cassander’s and Witzel’s Irenica from Helmstedt. The Meaning of the Irenical Tradition for Georg Calixtus, Hermann Conring and Johannes Latermann“, in: LIAS 20 (1993), S. 167–192. Leibniz hat vor allem die sehr umfangreiche (Widmungs-)Vorrede zur Neuausgabe von Cassanders Consultatio und Witzels Via regia und seines Elenchus abusuum, die Conring 1659 unter dem Titel De sacris nostri temporis controversiis libri duo in Helmstedt publiziert hatte, und (erheblich weniger umfangreich) die Reformschriften der beiden Humanisten exzerpiert; A IV, 4, 561–570.
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man Calixts Unionskonzept auf den – freilich von einem Gegner geprägten – Begriff des ‚consensus quinquesaecularis‘ gebracht124. Der Helmstedter Theologe sah in der kirchlichen Tradition eine zweite Grundlage der Theologie nach der ersten in der Heiligen Schrift. Er glaubte, in der reinen Lehre der ersten fünf Jahrhunderte der Kirche jenes Fundament des Glaubens gefunden zu haben, auf das sich die zerstrittenen Konfessionen nur einigen müssten, um die brüderliche Eintracht des Anfangs wiederherzustellen. Bestandteil dieses Konzepts war die Unterscheidung von heilsnotwendigen Fundamentalartikeln des christlichen Glaubens und nicht heilsrelevanten nachrangigen Fragen125. Als hinreichend für die heilsnotwendigen Glaubenslehren sah Calixt das Apostolische Glaubensbekenntnis an126. Wer dies akzeptierte sollte als Bruder oder Schwester in Christo gelten. Auf die namengebenden fünf Jahrhunderte kam Calixt, indem er nicht nur die ersten drei Jahrhunderte der Märtyrerkirche als Norm christlichen Lebens ansah, sondern argumentierte, nach dem Ende des äußeren Feindes hätten sich in Gestalt der Häresien innere Feinde in der Kirche gezeigt, deren Bekämpfung erst die Theologie auf eine zuvor nicht erreichte Höhe geführt habe. Mit dieser Abgrenzung fielen die vier ersten ökumenischen Konzilien unter den ‚consensus quinquesaecularis‘127. Als lange Jahrzehnte maßgeblicher Theologe der welfischen Landesuniversität, der in Helmstedt weit über die theologische Fakultät hinaus einflußreich war, stand Georg Calixt sowohl Molanus als auch Leibniz schon institutionell nahe. Seine Bedeutung für die ökumenischen Bestrebungen der beiden sind von der neueren Calixt-Forschung, von Hermann Schüßler128 und Johannes Wallmann129 bis zu Christoph Böttigheimer130 und Andreas Merkt,131 denn auch immer wieder hervorgehoben worden. Gerhard Wolter Molanus, Leibnizens Mitstreiter und 124 Wohl zuerst 1648 von dem Straßburger Theologen Johann Georg Dorsche (1597–1659); vgl. Merkt: Patristisches Prinzip, S. 9, Anm. 28. G. Greshake: „Consensus quinquesaecularis“, in: Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. 11, Freiburg i. Br./Basel/Wien, 32001, Sp. 50. 125 Die Lehre von den Fundamentalartikeln war allerdings keine Eigenart der Theologie Georg Calixts, sondern war bereits im ausgehenden 16. Jahrhundert von reformierter Seite in die Unionsgespräche eingebracht, dann aber vor allem von der lutherischen Orthodoxie systematisch ausgebaut worden. Calixts Sonderstellung zeigt sich in seiner Engführung der Fundamentalartikel auf die Aussagen des Apostolicums; vgl. W. Joest: „Fundamentalartikel“, in: Theologische Realenzyklopädie, Bd. 11, Berlin/New York 1983, S. 727–732. 126 Diese Reduktion war eigentlich auch nicht neu. Kantzenbach: Das Ringen um die Einheit der Kirche, S. 63, hat sie bereits bei Erasmus nachweisen können. 127 Jüngst hat Pohlig, S. 183–184, auf eine entsprechende Periodisierung der Kirchengeschichte bereits bei Melanchthon hingewiesen. 128 H. Schüßler: Georg Calixt. Theologie und Kirchenpolitik. Eine Studie zur Ökumenizität des Luthertums (= Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz 25), Wiesbaden 1961, S. 157–171. 129 Wallmann, S. 362. 130 Ch. Böttigheimer: Zwischen Polemik und Irenik. Die Theologie der einen Kirche bei Georg Calixt (= Studien zur systematischen Theologie und Ethik 7), Münster 1996, S. 237–240 (zu Molanus) und S. 240–243 (zu Leibniz). 131 Merkt: Patristisches Prinzip, S. 176–177.
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mehrfacher Mitautor der hier zu untersuchenden ökumenischen Schriften, hatte in Helmstedt Theologie bei Calixt selbst und vor allem bei dessen Schülern Gerhard Titius und Joachim Hildebrandt studiert132. Noch in seinem Testament, das eine ausführliche Schilderung seiner theologischen Überzeugungen enthält, hat er sich zum ‚consensus quinquesaecularis‘ bekannt133. Derartige persönliche Beziehungen zur Helmstedter Theologie besaß Leibniz zwar nicht, auch hatte er Calixt nie persönlich kennengelernt, war er doch in dessen Todesjahr gerade einmal zehn Jahre alt. Später hat er jedoch seinen Einfluss an den Höfen von Hannover und Wolfenbüttel genutzt, um die Berufung irenisch gesinnter, im Helmstedter Geist ausgebildeter Theologen an die welfische Landesuniversität zu fördern134. Er sprach von der „Mäßigung der Schule und der Ansichten des unvergleichlichen Calixt, der Deutschland, den Protestanten und diesem Land [= den welfischen Territorien] so viel Ehre gemacht hat“135.
Seine Verehrung für das Helmstedter Schulhaupt hat er wiederholt explizit geäußert. In ihm sah er an zweiter Stelle nach Philipp Melanchthon „die Zierde Deutschlands“136. Mit Calixt teilte Leibniz die zu seiner Zeit nicht selbstverständliche Hochschätzung der theologischen Teildisziplin der Kirchengeschichte137. Mit ihm teilte er aber auch die Bewertung der kirchlichen Tradition als sekundäre Grundlage der Theologie nach der Heiligen Schrift. In dem wohl letzten Text aus 132 H. Weidemann: Gerard Wolter Molanus. Abt zu Loccum. Eine Biographie, Bd. 1 (= Studien zur Kirchengeschichte Niedersachsens 3), Göttingen 1925, S. 7–9. 133 Nachdem er als Quellen seiner theologischen Überzeugungen die heiligen Schriften des Alten und Neuen Testaments, die ökumenischen Konzilien und altkirchlichen Bekenntnisse genannt hat, erklärte er: „[…] und nehme alle und jede diese Symbola, Anathematismos und Capitula an, nach dem Verstande, wie sie aus göttl. heil. Schrift von den Vätern der christl. Kirchen ersterer 500 Jahre nach Christi Geburt einträchtlich angenommen, und erklärt worden […]“. Allerdings führte er anschließend, weil er im Gegensatz zu Calixt nicht von der Suffizienz der aufgezählten altkirchlichen Dokumente überzeugt ist, die unveränderte Confessio Augustana, Luthers Katechismus und weitere symbolische Bücher an. („Testament des Herrn Gerhard Molani, Abt des Klosters Lockum“, in: Neue Beyträge von Alten und Neuen Theologischen Sachen, 1761, 3. Stück, Nr. 1, S. 309–337, hier S. 310–312). 134 Vgl. Leibniz’ eigene Schilderung seines Einsatzes für die Berufung irenisch gesinnter Professoren, den er in unmittelbaren Zusammenhang nit seinen ökumenischen Plänen rückt: „Narratio eorum quae acta sunt“, 26. Februar 1698; A IV, 7, 264, Z. 7–265, Z. 9. 135 „[…] la moderation de l’ecole et de sentimens de l’incomparable Calixtus, qui avoit fait tant d’honneur à l’Allemagne, aux Protestans, et à ce pays cy“ (A I, 14, 316–318, hier 317, Z. 18– 19; an Johann Jacob Julius Chuno, 4. [14.] Juli 1697). Gegenüber Thomas Burnett of Kemney charakterisierte er den Helmstedter Theologen am 24. Aug. (3. Sept.) 1697 ebenfalls: „[…] l’incomparable Georgius Calixtus“ (ebd., 440–452, hier 446, Z. 1). 136 „[…] et vicissim Georgius Calixtus, alterum a Melanchthone Germaniae decus, […]“ (A IV, 6, 316–323, hier 319, Z. 14–15; „De S. Pufendorfii libro cui titulus est: Jus feciale divinum“ [nicht vor Okt. 1695]). In einer wahrscheinlich 1685 entstandenen Reunionsschrift begegnet der Helmstedter als „doctissimus Georgius Calixtus“ (A IV, 3, 295, Z. 22). Gegenüber Edme Pirot charakterisierte er Calixt als „un des plus sçavans et des plus moderés Théologiens de la Confession d’Augsbourg“ (A I, 9, 137, Z. 18–19; 15. Juni 1693). 137 Waldhoff: „Die Theologie in Leibniz’ Entwürfen“, S. 55–56. 69–70.
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der Reihe der in den 1690er Jahren entstandenen Entwürfe für eine Bibliothekssystematik unterscheidet er die ‚theologia authentica‘ von der ‚theologia dogmatica‘. Letztere umfasst, modern gesprochen, die systematische und die praktische Theologie. Die ‚theologia authentica‘, die sich auf die Autorität gründet, besteht ebenfalls aus zwei Teildisziplinen: „Die authentische [ Theologie] ist von zweifacher Grundlage, der primären, welche die Heilige Schrift ist, daher die exegetische Theologie, und der sekundären Grundlage, das ist die Tradition der Kirche, daher die kirchliche Theologie“ 138.
Diese ‚theologia ecclesiastica‘ ist aber nichts anderes als die Kirchengeschichte. Die Begründung der exegetischen und der historischen Theologie in Leibniz’ Bibliothekssystematik hat eine präzise sachliche Entsprechung in Georg Calixts Apparatus sive introductio in studium et disciplinam Sanctae Theologiae, der vollständig erst postum im Todesjahr seines Autors, 1656, erschienen war139: „Übrigens, weil, wie wir schon gesagt haben, der Theologe das Seine herleitet und demonstriert zuerst aus der Heiligen kanonischen Schrift, danach aus dem Altertum oder dem Zeugnis der apostolischen und katholischen Kirche, wachsen von hier zwei andere theologische Teilgebiete hervor: Das eine betrifft die Auslegung der Schrift, das andere die Erklärung des Altertums, von denen jenes exegetisch, dieses historisch genannt werden kann“.
Somit kann kein Zweifel bestehen, dass Leibniz in seinem Verständnis der Kirchengeschichte als der sekundären Grundlage der Theologie, nach der Heiligen Schrift, von dem Helmstedter Theologen abhängig ist. Ganz anders sieht freilich der Befund aus, wenn man zur Beantwortung der Frage, ob Leibniz in seinen ökumenischen Bemühungen auf Calixts kirchengeschichtliche Argumentation zurückgegriffen hat, die Schriften durchsieht, die er im Zusammenhang mit den Bestrebungen um eine Reunion mit der katholischen Kirche bzw. um eine Union mit den Reformierten verfasst hat. Im Unvorgreifflichen Bedencken etwa wird der Helmstedter Theologe nur zwei- bis dreimal namentlich genannt. In keinem Fall geht es dabei um den ‚consensus quinquesaecularis‘. Das ließe sich noch mit dem Hinweis erklären, man habe seine Nennung 138 „Authentica duplicis est principii, primarii quod est scriptura sacra, hinc Theologia Exegetica, et principii secundarii quod est Traditio Ecclesiae, hinc Theologia Ecclesiastica“ (A IV, 6, 519–528, hier 522, Z. 19–21), Kursivierungen im Original gesperrt. In einer wohl 1704 entstandenen Aufzeichnung, die gute und weniger gute Seiten von Protestanten und Katholiken gegenüberstellt, heißt es: „Romanenses autoritati scripturae adjungunt traditionem et autoritatem Ecclesiae, quod protestantes non admittunt, nisi quod quidam principii secundarii in ea re vim potestatemque concedunt“ (LH I 7,5 Bl. 121). Zur Kirchengeschichte als „tanquam principium auxiliare“ s. o. Anm. 45. 139 „Ceterum quia, ut pridem diximus, Theologus sua deducit et demonstrat primario ex Sacra canonica scriptura, secundario ex antiquitate sive testimonio Apostolicae et catholicae ecclesiae, hinc aliae duae studii Theologici partes enascuntur: una attinens expositionem Scripturae, altera enarrationem antiquitatis, quarum illa Exegetica, haec Historica dici poterit“ (G. Calixt: Apparatus sive introductio in studium et disciplinam Sanctae Theologiae, in: ders.: Einleitung in die Theologie, hrsg. von I. Mager [= Georg Calixt. Werke in Auswahl 1], Göttingen 1978, S. 262, Z. 5–11).
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möglicherweise vermeiden wollen, um die Bannerträger der lutherischen Orthodoxie in Wittenberg und Leipzig nicht zu verärgern, die man, sollte das Unternehmen Erfolg haben, ja früher oder später an den Verhandlungen würde beteiligen müssen. Die Berufung auf den von ihnen als ‚Synkretisten‘ verketzerten Calixt hätte ihre Zustimmung zu den Unionsverhandlungen sicher nicht gefördert. Aber auch ein Blick in Leibniz’ Schriften zur Reunion mit der katholischen Kirche zeigt kein anderes Bild140. Damit soll freilich nicht bestritten werden, dass Leibniz den altkirchlichen Konzilien und den Kirchenvätern einen gewissen normativen Rang zugesprochen hat. Doch bildete für ihn der Konsens der Alten Kirche – soweit davon gesprochen werden konnte – eine Norm unter anderen und nicht den Königsweg zur Ökumene. Das Tentamen expositionis irenicae, eine parallel zum Unvorgreifflichen Bedencken entstandene Unionsschrift aus dem Herbst 1698, beschloss er zwar mit einer Berufung auf die altchristlichen Überlieferung, aber er ordnete diese ein zwischen das biblische Zeugnis und die reformierten Bekenntnisse. Es sei, so argumentierte er, unentschuldbar, das Schisma aufrechtzuerhalten, weil allein wegen differierender philosophischer Spekulationen über die Natur des Körpers und über die Präsenz, „von dem Buchstaben des höchsten Willens des Herrn gegen den Konsens fast des gesamten christlichen Erdkreises, wie er vom Altertum bis auf uns fortgepflanzt worden ist, ja sogar gegen die ausdrücklichen eigenen Bekenntnisse mutwillig abgewichen worden ist“141.
Gegen die Berufung auf den ‚consensus quinquesaecularis‘ gab es – nicht nur – für Leibniz gute Gründe142. Wie andere Kritiker wies er darauf hin, dass die vermeintliche Einigkeit der Alten Kirche nur eine Fiktion sei. Wenn man den Konsens der Väter nur hätte, wäre er wohl eine wichtige Sache. Aber es sei schwer, in den 140 Die oben in Anm. 136 zitierte Reunionsschrift führt Calixts Überzeugung an, die katholischen Dogmen verletzten nicht das Fundament des Glaubens. Die gegenüber Edme Pirot gegebene Charakterisierung des Helmstedter Theologen steht im Kontext von Calixts Kritik an den Lehrverurteilungen des Trienter Konzils. In der in ders. Anm. zitierten Schrift über Pufendorfs Jus feciale divinum geht es um die Beurteilung der dogmatischen Differenzen zwischen Lutheranern und Calvinisten. 141 „Quid enim magis foret inexcusabile, quam schisma tot animabus perniciosum quo nihil magis puriori doctrinae nocuit reformationisque progressus sufflaminavit, temere ali et propagari, dum ob speculationes tantum (ne dicam locutiones) philosophicas de natura corporis et praesentiae, easque parum firmas, a litera supremae Domini voluntatis contra totius pene orbis christiani consensum ab antiquitate ad nos propagatum, imo contra ipsos reformationis autores, contra expressas Confessiones proprias, audacius recederetur; aut alioqui formulis durioribus ultra necessitatem insisteretur“ (A IV, 7, 387, Z. 9–15). 142 Merkt: Alte Kirche, S. 13–17, nennt vier Punkte, an denen Calixts Konzept gescheitert sei: 1. Die Destruktion des Idealbildes der Alten Kirche durch die historische Kritik, 2. die Unvereinbarkeit „mit den jeweiligen konfessionellen Prinzipienlehren“, die seine Anhänger in die Gefahr brachte, als neue ‚Sekte‘ angesehen zu werden, 3. den Bedeutungsverlust der Patristik in der theologischen Argumentation und 4. die Ablehnung der calixtinischen Form der Lehre von den Fundamentalartikeln. Für Leibniz’ Kritik sind, wie im folgenden zu zeigen ist, (mindestens) die ersten beiden Punkte relevant.
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zwischen den Konfessionen strittigen Punkten diesen Konsens zu bestimmen, und oft gingen die Älteren in eine ganz andere Richtung143. Manchmal reimte sich für Leibniz das christliche Altertum weniger auf ‚Konsens‘ denn auf ‚Sekte‘. In einer auch aus anderen Gründen bemerkenswerten Passage eines Briefes an Jablonski vom September 1698 erklärt er seinem reformierten Gesprächspartner, warum er die Bezeichnung ‚Evangelische‘ der Benennung ‚Lutheraner‘ vorziehe: „denn den nahmen Lutherisch, kan ich an meinem orth gar nicht wohl leiden, und wer die Christliche antiqvität liebet und kennet, dem wird er, als nach der Secte schmeckend, nicht anstehen“144.
Neben der Einsicht, die altkirchliche Einigkeit sei lediglich eine Fiktion, stand für Leibniz der Akzeptanz des ‚consensus quinquesaecularis‘ ein weiterer Punkt entgegen. Unbeschadet seiner Überzeugung, dass die frühe Kirchengeschichte durchaus als ein goldenes Zeitalter der Kirche gelten konnte145, sah er nämlich, dass die Theologie der frühen Väter keineswegs den hohen Ansprüchen an die gedankliche Durchdringung und dogmatische Klarheit, wie sie die Kontroverstheologie, aber auch die Vermittlungsgespräche seiner Zeit erforderten, genügen konnte146. Hier argumentierte er gleichsam sozialhistorisch: Derartiges könne man von Menschen ohne philosophische Ausbildung (‚homines aphilosophi‘) nicht erwarten147. Gehörte der Hinweis auf die Insuffizienz der Vätertheologie und besonders des Apostolischen Glaubensbekenntnisses zu den von protestantischen Theologen häufig vorgetragenen Kritikpunkten gegen Calixt, unterschied sich Leibniz in einem Punkt von der Masse seiner protestantischen Zeitgenossen. Während er diese Einsicht vor allem im Gespräch mit Katholiken als Argument gegen die Berufung auf die Tradition ins Spiel brachte148, war er zugleich bereit, der von den Reformatoren als eines der schlimmsten Symptome theologiegeschichtlicher Dekadenz verschrienen scholastischen Theologie des Mittelalters einen echten Fortschritt in der Klärung theologischer Probleme zuzubilligen: „Die Väter haben über die Dreifaltigkeit dunkel gesprochen und unpassende Begriffe benutzt. Die Scholastiker 143 So Leibniz an Johann Fabricius am 13. (23.) Dezember 1699: „Concilium Tridentinum vel professio Pii IV. (si bene memini) provocant ad unanimem consensum patrum; is si haberetur, magni utique momenti foret, praesertim si id quod sentiunt pro articulo fidei a se haberi ostendant, sed in iis quae inter nos controversa sunt, plerumque difficile est hunc unanimem consensum probare, et saepe antiquiores in alia omnia eunt“ (A I, 17, 714, Z. 5–9). 144 A I, 15, 833, Z. 23–25. 145 Leibniz charakterisierte die o. bei Anm. 68 angeführte Hippolytus-Handschrift, sie zeige „les marques du siecle d’or“ (A I, 3, 309, Z. 33). In demselben Zusammenhang konnte er von den „goldenen Schriften“ aus der Frühzeit der Kirche sprechen: „Dans les écrits d’or, qui restent des premiers temps, […] (ebd., Z. 9). 146 Vgl. das Zitat o. Anm. 110. 147 So, um namentlich Tertullian in Schutz zu nehmen, den Thomas Hobbes als Autorität für seine Position, alle Substanz sei körperhaft, in Anspruch genommen hatte: „Nam quod Tertullianus aliique veteres omnia corporea dixere, id de hominibus aphilosophis mirari non debemus“ (A IV, 6, 760, Z. 6–8; Apologia catholicae veritatis, [1685?]). 148 S. o. bei Anm. 110.
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haben dieses Dogma klarer überliefert“149. Dazu nannte Leibniz in der Diskussion mit Katholiken ein methodisches Problem, das ihm zwar in diesem Kontext zur Zurückweisung der Berufung auf die Tradition diente, das aber genauso die Berufung auf den consensus quinquesaecularis hinfällig machen musste. In dem bereits mehrfach angeführten großen Brief vom August 1683 an den Landgrafen von Hessen-Rheinfels räumte er zwar ein, dass die Väterschriften durchaus zum Verständnis der Heiligen Schrift beitragen könnten, da letztere wegen ihres geringen Umfangs nicht immer leicht zu erklären sei. So wie es heutzutage einfacher sei, einen langen als einen kurzen verschlüsselten Brief zu dechiffrieren, so sei die Interpretation im umfangreichen Corpus der Väter einfacher als in der Bibel. Allerdings schränkte er sofort ein: „Der Mangel an Schriften der ersten Jahrhunderte führt dazu, daß man ziemlich in Verwirrung gerät, was ihren [= der Väter] Glauben und ihre Lebensweise betrifft“. Schließlich folgt die methodologische Warnung, es sei keineswegs angezeigt, von den späteren – und das heißt in diesem Zusammenhang auch: von den breiter bezeugten – auf die früheren Zeiten zurückzuschließen150. Auch wenn, wie gesagt, dieses Argument gegen die vermeintlich ungebrochene Tradition gerichtet ist, in der die katholische Kontroverstheologie ihre Positionen verankert sah, musste die Infragestellung des Wissens gerade über die frühe Väterzeit auch die Berufung auf den Konsens der ersten fünf Jahrhunderte unterminieren. Die Verstörung angesichts der aus der zeitgenössischen theologischen Sicht befremdlichen Aussagen gerade früher Väter hat Leibniz in demselben Schreiben noch ein zweites Mal formuliert151. Diese irritierende Erkenntnis, die ja nicht Leibniz alleine traf, stellte nicht nur die Berufung auf die Tradition wie auf den consensus quinquesaecularis in Frage, sie musste schließlich die Patristik in ihrer Bedeutung als Testimonienreservoir für die Kontroverstheologie irrelevant machen152. Schließlich war sich Leibniz mit anderen Kritikern des ‚consensus quinquesaecularis‘ darin einig, dass dieses ökumenische Konzept, weit entfernt davon, die streitenden Konfessionen zu vereinigen, die Gefahr heraufführe, dass dessen Anhänger als eine dritte oder vierte, jedenfalls neue Sekte angesehen würden. Bereits 1687 hat er dies in einem Promemoria für den Landgrafen Ernst von HessenRheinfels in aller Deutlichkeit formuliert. Nachdem er bereits andere Wege, zu einer Wiedervereinigung der Kirchen zu gelangen, verworfen hatte, äußerte er gegen Calixts Reunionskonzept:
149 „Patres de Trinitate obscure locuti sunt et usi verbis incommodis. Scholastici hoc dogma explicatius tradiderunt“ (A IV, 7, 823, Z. 19–20). Kursivierung im Original gesperrt. In einer um den 6. April 1693 entstandenen Aufzeichnung versuchte Leibniz geradezu die „Geschichte der scholastischen Methode“ (um Martin Grabmanns berühmtes Werk zu zitieren) bis in die Väterzeit zurückzuverfolgen; vgl. A IV, 5, 489, Z. 13–490, Z. 5. 150 A I, 3, 308, Z. 35–309, Z. 9; das Zitat ebd., 309, Z. 6–7. 151 S. o. Anm. 110. 152 Merkt: Patristisches Prinzip, S. 196–216; Bergjan: „Die Beschäftigung mit der Alten Kirche“, passim.
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Stephan Waldhoff „Der Weg der Nachgiebigkeit ist noch weniger [zugelassen]. Und obwohl man einigen Punkten zustimmen konnte, gibt es andere, wo nichts nachgelassen werden kann. Deshalb haben jene sich vergeblich bemüht, welche die Parteien versöhnen wollten, indem sie ihnen sagten, daß man sich mit den von den ersten ökumenischen Konzilien gelehrten Artikeln zufriedengeben müsse und als Brüder in Jesu Christo all jene erkennen müsse, die damit in Übereinstimmung bleiben. Und sie werden von allen Seiten als eine neue Sekte betrachtet. Das heißt die Meinungsunterschiede zu vervielfachen, statt sie zu beenden, denn das heißt die Grundsätze aller Parteien zu verletzen“153.
So muss man den paradoxen Befund festhalten, dass Leibniz zwar den Theologen Georg Calixt außerordentlich hochschätzte, dass er ihm in seinem Verständnis der Kirchengeschichte und ihrer theologischen Bedeutung stark verpflichtet war, dass er aber gleichzeitig in seinen ökumenischen Schriften nicht nur keinen Gebrauch von dem Konzept des ‚consensus quinquesaecularis‘ machte, sondern es sogar explizit als gangbaren Weg zur (Wieder-)Vereinigung der getrennten Kirchen ablehnte. V. Diente die Kirchen- und Theologiegeschichte in den bisher vorgestellten Beispielen als Norm, soll in diesem Abschnitt die Anleitung durch die Geschichte in den Blick genommen werden. Die Übergänge zwischen Norm und Anleitung sind freilich fließend. Gleichwohl scheint die Unterscheidung heuristisch fruchtbar zu sein. Mit Anleitung ist hier ein Rückgriff auf historische Erfahrungen oder historische Texte gemeint, der nicht der normativen Vergewisserung oder Belehrung dient, sondern nüchtern-pragmatisch historisches Material bereitstellen soll, von dem man sich Denkanstöße oder Vorbilder für die Lösung aktueller Probleme erwartet. Allerdings bleibt diese Abgrenzung fließend. Zum einen gibt ja auch die normative Geschichtsbetrachtung zum moralischen Handeln Anleitungen. Zum anderen kann der zur Anleitung dienende exemplarische Fall aus der Vergangenheit schnell zum Präzedenzfall werden, und damit hochgradig normativ (wenn auch nicht im moraldidaktischen Sinne des historischen Exempels). Nach dieser grund153 „[…] la voye de condescendance l’est encor moins, et quoyqu’il y ait des points qu’on pourroit accorder, il y en a d’autres, où rien ne peut estre relaché. C’est pourquoy ceux qui ont voulu accommoder les parties en leur disant qu’il falloit se contenter des articles enseignés par les premiers Conciles Oecumeniques, et reconnoistre pour freres en Jesus Christ tout ceux qui en demeurent d'accord, ont perdu leurs peines, et ont esté regardés de tous costés comme une secte nouvelle, ce qui estoit multiplier les dissensions au lieu de les finir; car c’estoit choquer les principes de tous les partis“ (A I, 5, 11, Z. 32–12, Z. 4; Kursivierung im Original gesperrt); vgl. Merkt: Alte Kirche, S. 14, Anm. 56. Ähnlich urteilte Molanus in seiner „Summa totius Methodi Irenicae“ aus dem Mai 1685: „Ita v. g. B. Calixtum supposuisse potius pro basi totius sui negotii, Pontificios et Reformatos in fundamento fidei non errare, cum credant omnia in Apostolico reliquisque Symbolis et Oecumenicis Conciliis extantia. Idem negatum non a papistis solum et Caluinistis, sed et a majore Lutheranorum parte“ (A I, 4, 504, Z. 10– 13; vgl. Merkt: Patristisches Prinzip, S. 180, Anm. 18).
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sätzlichen Unterscheidung differierte der anleitende Rückgriff auf die Geschichte von dem normierenden in Leibniz’ Schriften in zwei sekundären Punkten: Erstens richtete sich das normative Interesse vor allem auf die Alte Kirche, während anleitende historische Vorbilder eher in der Neuzeit oder im späten Mittelalter gefunden wurden. Zweitens wurde nach der Norm vor allem in der kirchlichen Lehre gefragt, während nach Anleitung eher dort gesucht wurde, wo es um den modus procedendi von (Re-)Unionsverhandlungen und um mögliche Schritte zur institutionellen (Wieder-)Vereinigung ging. Gewissermaßen als Präzedenzfälle für ein von Katholiken und Protestanten gemeinsam zu beschickendes und damit wahrhaft ökumenisches Konzil, auf dem die strittigen Lehrfragen abschließend zu entscheiden wären154, hat Leibniz die Unionsvereinbarungen gesehen, die von mittelalterlichen Konzilien mit einzelnen orientalischen Kirchen abgeschlossen worden waren, sowie den Kompromiss des Baseler Konzils mit dem gemäßigten Flügel der Hussiten, den Utraquisten (1437) oder die Union mit den Griechen desselben, mittlerweile nach Florenz verlegten Konzils (1439). In der für Franz Anton von Buchhaim155 bestimmten „Declaratio Luccensis“ vom 6. September 1698 ist dieser Vorbildcharakter explizit formuliert156. Gut zwei Jahre später hat Leibniz für denselben Empfänger „Exempla dispensationum circa dogmata de fide habita et Conciliorum definitiones“ zusammengestellt, die mit Jesu Lehre und dem Apostelkonzil beginnen und mit dem fünften Laterankonzil (1512–1517) enden. Hier ist der Skopus zwar etwas verschoben, nämlich vor allem auf die Frage der Anerkennung einzelner Konzilien und der folgenlosen Nichtübernahme bzw. Nichtbeachtung von Konzilsbeschlüssen, aber die Einigungen mit den Böhmen und den Griechen nehmen einen prominenten Platz ein157. Unter dogmatischen Gesichtspunkten waren die Verhandlungen des Baseler Konzils mit den Utraquisten besonders interessant. Diese Verhandlungen hatten nämlich zur Erlaubnis des Laienkelchs für diese Gruppe geführt und damit gezeigt, dass es für die katholische Kirche nicht prinzipiell unmöglich sein konnte, 154 Zu einem derartigen Konzil, für das sich Lebniz auf die Confessio Augustana berufen konnte, das für ihn aber eher am Ende der Reunionsverhandlungen anzusiedeln gewesen ist und dem eine Art Präliminarunion vorausgehen sollte, welche auch die quantitativ wie qualitativ angemessene Vertretung der Protestanten auf einem solchen Konzil zu gewährleisten gehabt hätte, vgl. etwa die Declaratio Luccensis (s. u.); A IV, 7, 282, Z. 9–16. 155 Als Nachfolger von Cristobal de Rojas y Spinola († 1695) auf dem Bischofsstuhl von Wiener Neustadt hatte Buchhaim zugleich dessen Nachfolge als katholischer Gesprächspartner von Molanus und Leibniz übernommen. Die dem Bischof von den beiden auf ihrem ersten Zusammentreffen Anfang 1698 in Loccum mitgegebene Erklärung sollte für Buchhaim den unter seinem Vorgänger erreichten Stand des Gesprächs festhalten. 156 „Talia autem non esse, quae hic posita sunt, postulata, sed omnino a summo Pontifice posse indulgeri tum ratione manifesta constat ex principiis partis R[omano-]catholicae, tum etiam exemplis comprobatur, quandoquidem quae Graecis in concilio Florentino vel alibi, tum Bohemis aliisque fuere concessa, ea, vel eis paria etiam Protestantibus concedi possunt“ (A IV, 7, 290, Z. 5–9). 157 A I, 19, 207–211. Zu den Griechen und den Böhmen ebd., S. 209, Z. 1 – S. 210, Z. 7.
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eine zentrale Forderung der Protestanten zu erfüllen, nämlich die Kommunion unter beiderlei Gestalt für alle Christen158. Die dogmatische Seite scheint aber nicht der einzige Aspekt gewesen zu sein, der Leibniz an den Baseler Verhandlungen interessierte. Mindestens so wichtig war ihm wohl das Procedere des Verhandelns selbst. Darauf deuten jedenfalls jene Dokumente hin, welche die profane Seite der Verhandlungen beleuchten und die Leibniz im Jahr 1700, als er für Buchhaim die „Exempla dispensationum“ zusammenstellte, im Druck publiziert hat. Dies geschah an einem aus der Perspektive der vorliegenden Untersuchung durchaus unerwarteten Ort, nämlich in der Mantissa Codicis juris gentium diplomatici, einer Ergänzung zu seinem Urkundenbuch des Völkerrechts. Hier hat er (inclusive drei die Auseinandersetzung des vorangegangenen Konstanzer Konzils mit den hussitischen Böhmen betreffende Stücke) 20 Dokumente über das Procedere der Legationen, Gesandtschaften und Verhandlungen, aber auch zwischen dem Kaiser und den böhmischen Ständen publiziert159. Konnte Leibniz für die Verhandlungen mit Katholiken Vorbilder anführen, die bis in das Mittelalter zurückreichten, so war der Zeitraum, aus dem sich Ereignisse oder Dokumente als hilfreich für die Vereinigung der aus der Reformation hervorgegangenen Kirchen anboten, auf die Neuzeit beschränkt. In diesem Bereich hat er vor allem Texte gesammelt, die in einem fortgeschrittenen Stadium der Unionsverhandlungen als Formulierungshilfen für Bekenntnisse, Spendeformeln oder dergleichen hätten dienen können, weil sie selbst Fälle konfessioneller Grenzlagen und -überschreitungen betrafen. Etwa das Bekenntnis der Herzogin Christina von Sachsen-Eisenach, die als Schwester des hessischen Landgrafen Moritz eher dem Calvinismus als dem Luthertum zuneigte. Dieses Bekenntnis hatte die Fürstin verfasst, weil der lutherische Eisenacher Hofprediger ihr das Abendmahl skrupelhaft verweigert hatte. Es lautete160:
158 Zur Bedeutung des Laienkelchs für Leibniz und Molanus vgl. statt anderer die Loccumer Erklärung (hier in der französischen Fassung). An erster Stelle unter den Forderungen an die Katholiken steht dort: „PREMIEREMENT: que les Protestans retiennent perpetuellement dans leur Eglises la communion du corps et du sang de Nostre Seigneur Jesus Christ sous les deux Especes: En sorte pourtant, que les mêmes Protestans ne condamnent point la communion sous une seule Espece“ (A IV, 7, 285, Z. 16–19). Wohl im Interesse des Nachweises, dass die Gewährung der Laienkommunion unter beiderlei Gestalt katholischerseits prinzipiell möglich sei – also gewissermaßen als Präzedenzfälle – hat Leibniz weitere Zeugnisse über derartige Fälle aus dem Bereich der katholischen Kirche gesammelt; vgl. die Leibnitii Collectanea de communione sub utraque in ipsa Ecclesia Pontificia (nach April 1691; A IV, 4, 541–542. Der Titel stammt von dem hannoverschen Theologen Heinrich Julius Friedrich Busch, in dessen Abschrift das Stück allein überliefert ist). 159 G. W. Leibniz (Hrsg.): Mantissa Codicis juris gentium diplomatici, Hannover 1700, S. 130– 163. 160 A IV, 7, 395, Z. 1–7. Leibniz hat den Text in Franz Christian Paullinis Historia Isenacensis von 1698 gefunden, die er im Zuge seiner Arbeit an der Welfengeschichte zur Hand genommen hatte, wie seine Einträge auf dem Vorsatz des Exemplars in der Gottfried Wilhem Leibniz Bibliothek Hannover (Leibn. Marg. 128) eindeutig belegen.
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„Ich glaube daß der Herr Christus im Abendmahl selbst gegenwartig sey und ubergebe mir mit, aber nicht in dem gesegneten brod und wein seinen wahren leib und blut […] und ob schon Christus gen Himmel gefahren, und von dannen nicht ehe als bis zum Gerichte widerkommen wird, zweifle ich doch nicht, daß er mich laut seiner verheissung nicht allein seines geists, gnugthuung, gerichtigkeit, lebens, kraft und würkung, sondern auch der substanz und wesen seines wahrhaften leibes und blutes theilhafti[g] mache zum ewigen leben“.
Die Formel musste für Leibniz attraktiv sein, weil sie aus calvinistischer Sicht einerseits die Ubiquitätslehre ablehnte und die Inklusion von Leib und Blut Christi in die Abendmahlselemente ohnehin, andererseits aber, was dem Lutheraner Leibniz besonders wichtig war, eine substanzhafte Gegenwart Christi im Abendmahl bekannte161. Scheint Leibniz auf diesen Text zufällig in jener Zeit gestoßen zu sein, als er zusammen mit Molanus an dem Unvorgreifflichen Bedencken arbeitete, hat er sich ein ähnliches Dokument wohl schon früher, bevor das Gespräch mit den Berliner Reformierten auch nur abzusehen gewesen war, abschreiben lassen. Dabei handelte es sich um ein Bekenntnis, das französischen Glaubensflüchtlingen in Stuttgart vorgelegt worden war und von ihnen unterzeichnet werden musste, wenn sie am lutherischen Abendmahl teilnehmen wollten. An sich ein Zeugnis konfessioneller Identitätssicherung hatte es Leibniz’ Interesse erregt, weil es, wie er meinte, die Differenzen im Blick auf das Abendmahl kurz und klarer als viele große Bände theologischer Fachliteratur zum Ausdruck bringe162. Zu einem späteren Zeitpunkt hat Leibniz auf dem Rand des Manuskripts veränderte Formulierungen zu einzelnen gekennzeichneten Stellen notiert, und dazu bemerkt: „Mit den wenigen Änderungen, die ich auf dem Rand gekennzeichnet habe, kann das Formular von den Reformierten angenommen werden“163. Als der Helmstedter Theologieprofessor Johann Andreas Schmidt, der mit seinem Kollegen Johann Fabricius an der Erarbeitung einer Antwort auf Jablonskis Kurtze Vorstellung beteiligt war, in einem Brief vom 1. April 1698 Leibniz um Rat fragte, ob er es für klug erachte, im kommenden Semester eine Vorlesung über die Geschichte der Unionsversuche zwischen Lutheranern und Calvinisten anzubieten164, fand er bei Leibniz Zustimmung und Ermutigung zu diesem Vorhaben: So könnten die unterschiedlichen Aspekte der Sache vermittelt werden und zugleich,
161 Vgl. dazu den Beitrag von Irena Backus in diesem Band. 162 Die „Articles à recevoir pour être admis à la Communion dans l’eglise Françoise de Stutgart“ waren im Dezemberheft des Jahres 1686 der Histoire abregeé de l’Europe erschienen (S. 666– 670). Die von Leibniz veranlasste Abschrift mit seinem Kommentar und seinen Eingriffen findet sich in A IV, 7, 831–833, die angeführte Einschätzung ebd., S. 833, Z. 14–16. 163 „Avec le peu de changement que j’ay marqué à la marge, ce formulaire pourroit estre receu des Reformés“ (Ebd., S. 833, Z. 19–20). 164 „Cum novus proxime sit conficiendus lectionum catalogus, quaerere volui, an consultum putes, ut futuro semestri, si Deus vitam concesserit, publicis proponam lectionibus, historiam tentatae unionis inter Augustanae Confessionis fratres et reformatos, a primo reformationis tempore ad praesens usque momentum, ut scilicet studiosorum animi praeparentur et a praeconseptis liberentur opinionibus“ (A I, 15, 439, Z. 14–18).
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wie in ihr zu handeln sei165. Dass sich Leibniz von der Darstellung der bisherigen Unionsbemühungen Erkenntnis und Anleitung versprach (jedenfalls für Schmidts Studenten), bedeutete freilich nicht, dass er alle diese Versuche positiv eingeschätzt hätte. Während er gegenüber Schmidt neben Martin Bucer namentlich den Schotten John Durie hervorhob166, der während (und nach dem Ende) des Dreißigjährigen Krieges auf mehreren Reisen durch Deutschland versucht hatte, angesichts der befürchteten Hegemonie des Hauses Habsburg und der mit ihm verbündeten katholischen Liga die konfessionellen Gegensätze zwischen den protestantischen Fürsten auszuräumen, äußerte er sich in einem Brief an Jablonski recht kritisch über den schottischen Theologen167: „Es hat auch der guthe wohlmeynende Duraeus es weiter nicht bringen können; denn zugeschweigen daß er vielleicht dem Werck nicht gnugsam gewachsen gewesen wie denn seine Schrifften die ich gesehen solten auff den Grund greiffen; so war damahls die Zeit (daran nach Salomons aussage alles lieget), nicht günstig“.
Es waren keineswegs nur jene Bemühungen um eine (Wieder-)Vereinigung der gespaltenen Christenheit auf die man bereits aus einer gewissen – wenngleich manchmal kurzen – historischen Distanz zurückschauen konnte, die Leibniz’ Interesse fanden, vielmehr sorgte er sich darum, dass die Verhandlungen, die in seiner eigenen Lebenszeit stattgefunden hatten, ja an denen er selbst teilgenommen hatte, nicht dem Vergessen anheimfielen. In diesem Sinne veranlasste er den Wolfenbütteler Herzog Anton Ulrich, dem Professor primarius Friedrich Ulrich Calixt, aufzutragen, seine Erinnerungen an die neu nach Helmstedt berufenen Theologieprofessoren Fabricius und Schmidt weiterzugeben. Der Sohn des großen Irenikers Calixt war der einzige noch lebende Helmstedter Teilnehmer an den Reunionsverhandlungen, die im Frühjahr und Sommer 1683 in Hannover zwischen dem katholischen Bischof Cristobal de Rojas y Spinola († 1695) und den lutherischen Theologen Molanus, Friedrich Ulrich Calixt, Hermann Barckhausen und Gebhard Theodor Meier geführt worden waren. In diesem Fall ging es jedoch um mehr als um Anleitung aus der Geschichte. Die Helmstedter Fakultätsneulinge, bei deren Berufung Leibniz seinen Einfluß geltend gemacht hatte, um Theologen im irenischen Geiste des älteren Calixt zu gewinnen, sollten nicht nur mit den etwa anderthalb Jahrzehnten zurückliegenden Verhandlungen vertraut gemacht werden, sie sollten vielmehr in die Tradition des ökumenischen Gesprächs eingebunden werden, um es weiterhin zu pflegen168. 165 Leibniz antwortete ihm zwei Tage später: „Non poterit non utilis esse tractatio Historica de conciliationibus inter Nostros et Reformatos varie tentatis; ita simul rerum momenta velut aliud agendo tradentur“ (Ebd., S. 443, Z. 4–5). 166 „Primus inter Tentatores Bucerus, novissimus fere Duraeus fuisse videtur“ (19. November 1698; A I, 16, 275, Z. 10–11). 167 A I, 15, 834, Z. 4–8 (aus der zweiten Septemberhälfte 1698). „Salomons aussage“ bezieht sich auf Koh 3, 1–8. 168 In dieser Hinsicht ist Leibniz’ „Narratio eorum quae acta sunt“ (A IV, 7, 263–270) sehr aufschlussreich. Dieser Text, in dem Leibniz ausführlich über die Rolle berichtet, die er bei der Berufung von Fabricius und Schmidt sowie bei der Formulierung eines in der Befürwortung
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VI. Hier konnten lediglich einzelne Aspekte der kirchengeschichtlichen Argumentationen in Leibniz’ ökumenischen Schriften zur Sprache gebracht werden. Zunächst galt es, die Tatsache in Erinnerung zu rufen, dass um 1700 in den theologischen Debatten ebenso wie in den übrigen Wissenschaften noch keineswegs mit einem historischen Denken im modernen Sinne zu rechnen ist, wie es seit dem späteren 18. und vor allem seit dem 19. Jahrhundert sämtliche geisteswissenschaftliche Disziplinen durchdrungen hat. Die Anwendung der ‚loci‘-Methode auf das (kirchen-)historische Material, dessen Systematisierung nach dogmatischen Vorgaben und dessen kontroverstheologische Verzweckung mussten es zudem erheblich erschweren, historiographisch begründete Kritik an dogmatischen Setzungen zu üben. Leibniz’ Verständnis der Kirchengeschichte im Rahmen der übrigen Teildisziplinen des Faches, wie es sich an seinen Entwürfen für eine Bibliothekssystematik ablesen lässt, erweist ihn hier zunächst durchaus als Kind seiner Zeit. Ein Blick auf seine Recherchepraxis bestätigt diesen Befund, differenziert ihn aber zugleich. Als Nichtfachmann hat Leibniz häufig auf bereits von der Sekundärliteratur zusammengestelltes Quellenmaterial zurückgegriffen. Das musste die Probleme einer derartigen Quellenbenutzung noch zusätzlich verschärfen. Er war sich allerdings, wie verschiedentlich eingestreute Bemerkungen zeigen, dieser Probleme bewusst. Was ihn davor bewahrte, das historische Material allzu einseitig durch die konfessionelle Brille zu lesen, waren letztlich wohl weniger methodologische Einsichten, die hier und da aufscheinen, als vielmehr sein Bemühen, derartige Auseinandersetzungen aus der Perspektive des Gegenübers wahrzunehmen, die „place d’autruy“ einzunehmen: In etlichen Entwürfen zum ökumenischen Gespräch ist Leibniz in die Rolle eines moderaten Katholiken geschlüpft. Während Leibniz bei der Recherche weitgehend konventionell geblieben ist und sich in hohem Umfang auf Vorarbeiten stützen musste, zeigte er sich in der Interpretation seines Materials unabhängiger. Den gängigen Modellen der konfessionellen ‚Meistererzählungen‘, dem protestantischen Dekadenzmodell und dem katholischen Kontinuitätsmodell stand er gleichermaßen distanziert gegenüber. Wenn er in die Rolle des Katholiken schlüpfte, konnte er durchaus die ungebrochene Tradition gegen die protestantischen Neuerer hervorkehren. Katholische Gesprächspartner wies er allerdings darauf hin, dass es sich dabei um eine Täuschung handele. Gerade die frühen Väter ließen sich nicht in diesem Sinne vereinnahmen, wie ihre aus moderner dogmatischer Sicht anstößigen Positionen zeigten. Möchte man hier einen Vorschein aufklärerischer Dogmenkritik sehen, wird die allzu glatte Einordnung in diese kritische Tradition durch den Umstand konterkariert, dass Leibniz den mittelalterlichen Scholastikern die gründlichere Durchdringung der dogmatischen Probleme attestierte.
von Reunionsverhandlungen sehr weitgehenden Gutachtens der Helmstedter Fakultät (vgl. A I, 15, XLIV–XLV) gespielt hat, lässt sich fast als eine Art Selbsthistorisierung lesen.
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Das protestantische Dekadenzmodell tritt bei Leibniz kaum hervor. Selbstverständlich gibt er Hinweise auf Fehlentwicklungen, aber die findet man auch bei katholischen Autoren. Vor allem war ihm die eschatologische Aufladung dieser Geschichtsinterpretation fremd. Nicht den Antichrist sah er am Werk, sondern identifizierbare innerweltliche Ursachen. Insofern läßt sich, um einen Begriff der aufklärerischen Historiographie aufzugreifen, von einem Vorgriff auf die pragmatische Kirchengeschichtsschreibung sprechen. Leibniz hat den Helmstedter Theologen Georg Calixt – nicht nur als Ireniker – hoch geschätzt. Seine Einordnung der Kirchengeschichte in das Gesamt der theologischen Teildisziplinen ist von ihm abhängig. Es erstaunt daher auf den ersten Blick, dass Calixts Versuch, die zerstrittenen Konfessionen auf den Bekenntnisstand der ersten fünf Jahrhunderte (‚consensus quinquesaecularis‘) zu verpflichten, bei Leibniz keine positive Resonanz gefunden hat. Auf den zweiten Blick treten mehrere Gründe zutage, welche die fehlende Rezeption von Calixts Konzept des ‚consensus quinquesaecularis‘ erklären. Zum einen hatte die vertiefte Kenntnis der Alten Kirche gezeigt, dass der vorgebliche Konsens lediglich eine Fiktion war. Zum anderen war zugleich deutlich geworden, dass besonders die frühen Väter, also jene aus der ‚goldenen Zeit‘ der Kirche, in ihren theologischen Aussagen nicht nur nicht den gewachsenen Ansprüchen an dogmatischer Eindeutigkeit und Klarheit genügen konnten, sondern – schlimmer noch – dass manche ihrer Positionen in den Augen von Leibniz und seiner Zeitgenossen irritierend von der rechten Lehre abwichen. Schließlich stand zu befürchten, die Berufung auf Calixts Unionskonzept werde statt der erhofften Einheit lediglich eine dritte oder vierte Konfession hervorbringen. Es darf auch nicht vergessen werden, dass für Leibniz der Weg zur (Re-)Union nicht wie für Calixt über einen Rückgriff auf die Geschichte der Kirche führte, sondern über eine gedanklich-philosophische Klärung der strittigen Punkte169. Deshalb konnte für ihn kirchen- und theologiegeschichtliche Argumentationen immer nur unterstützende Funktionen einnehmen, nie die argumentative Hauptlast tragen. Im „Examen religionis christianae“ hat Leibniz eine Argumentation mit kirchengeschichtlichen Belegen über das Alter der Heiligenverehrung eingeleitet mit den Worten: „Aber kommen wir von den Vernunftgründen zu den Beispielen und Autoritäten“170. Wie hier standen für Leibniz die Vernunftgründe (‚rationes‘) an erster Stelle, Beispiele und Autoritäten aus der Kirchen- und Theologiegeschichte konnten zu ihrer Unterstützung hinzutreten, ihnen räumte er jedoch nie die Hauptrolle ein. Schließt man sich seinem Sprachgebrauch an, der auf die traditionelle scholastische Unterscheidung von ‚autoritas‘ und ‚ratio‘ zurückweist, kann man formulieren, dass Leibniz seine Hoffnung, die konfessionellen 169 Vgl. H. Rudolph: „Zum Nutzen von Politik und Philosophie für die Kirchenunion. Die Aufnahme der innerprotestantischen Ausgleichsverhandlungen am Ende des 17. Jahrhunderts“, in: Labora diligenter. Potsdamer Arbeitstagung zur Leibnizforschung vom 4. bis 6. Juli 1996 (= Studia Leibnitiana Sonderhefte 29), hrsg. von M. Fontius, H. Rudolph und G. Smith, Stuttgart 1999, S. 108–166. 170 „Sed a rationibus ad exempla et autoritatem veniamus“ (A VI, 4, 2404, Z. 16).
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Konflikte zu lösen, eher auf die ‚ratio‘ als auf die ‚autoritas‘ (oder besser: die ‚autoritates‘) gesetzt hat. Jedenfalls gilt dies für den argumentativen Einsatz der Kirchen- und Theologiegeschichte als Norm für die Lehre, den Kult und die Lebensführung der Christen. Neben diesem traditionellen normativen Gebrauch der Geschichte lässt sich im Umfeld von Leibniz’ ökumenischen Schriften ein Rückgriff auf die Geschichte beobachten, der sich bemühte, aus der Kirchengeschichte Anleitungen für das Vorgehen in den Reunions- und Unionsbemühungen zu gewinnen. Leibniz interessierte sich nicht nur für das dogmatische Ergebnis, sondern auch für das Procedere der Verhandlungen mit den gemäßigten Hussiten. So hoffte er wohl, Anleitungen, aber auch Präzedenzfälle zu finden für entsprechende Verhandlungen zwischen den Protestanten und der römischen Kurie. Er sammelte auch Bekenntnisformeln, die ihm geeignet schienen, als Vorbilder und Formulierungshilfen zu dienen, wenn die Unionsgespräche so weit gediehen sein sollten, dass man derartige Formeln benötigte. Bis zu diesem Punkt sind Leibniz’ ökumenische Bemühungen allerdings nie gelangt. Ob diese Exzerpte und Aufzeichnungen den Nutzen, den er sich von ihnen versprochen haben mag, gezeigt hätten, muss Spekulation bleiben. Verborgen in seinem Nachlass war ihnen jede Wirksamkeit verwehrt. Aber bis heute legen sie Zeugnis ab von Leibniz’ Wunsch nach und seiner Arbeit für eine vereinte Christenheit.
NEGOTIUM IRENICUM − VERSUCHE EINES INNERPROTESTANTISCHEN AUSGLEICHS VON G. W. LEIBNIZ UND D. E. JABLONSKI Claire Rösler (Paris) Um die protestantischen Kirchen Deutschlands und ihre Lehren zu vereinigen, sind Gottfried Wilhelm Leibniz und der Berliner reformierte Hofprediger Daniel Ernst Jablonski (1660–1741)1 auf Anweisung ihres jeweiligen Herrschers in eine irenische Verhandlung eingetreten, die sich von 1697 bis 1706 erstreckte und in Leibniz’ Todesjahr 1716 noch einmal aufgenommen wurde. Um dieses negotium irenicum zwischen dem reformierten Hof in Berlin und dem lutherischen Hof in Hannover zu erforschen, habe ich mich einerseits auf den Briefwechsel zwischen Leibniz und Jablonski gestützt, von dem bis heute 122 in deutscher Sprache abgefaßte Briefe bekannt sind2, andererseits auf die wichtigsten irenischen Texte, die den Fortgang ihres Unternehmens begleitet haben, welche in Deutsch bzw. Latein abgefasst sind. Dieses negotium wird im Dezember 1697 durch Jablonskis Schrift Kurtze Vorstellung der Einigkeit und des Unterscheides im Glauben beyder Evangelischen so genandten Lutherischen und Reformirten Kirchen: woraus zugleich erhellet, daß sothaner Unterscheid den Grund Christlichen Glaubens keinesweges anfechte“3 offiziell eingeleitet. Von Hannoveraner Seite wird Leibniz beauftragt, 1
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H. Dalton: Daniel Ernst Jablonski, eine preussische Hofpredigergestalt in Berlin vor zweihundert Jahren, Berlin 1903; R. v. Thadden: Die brandenburgisch-preußischen Hofprediger im 17. und 18. Jahrhundert. Ein Beitrag zur Geschichte der absolutistischen Staatsgesellschaft in Brandenburg-Preußen (= Arbeiten zur Kirchengeschichte 32), Berlin 1959; J. Bahlcke/W. Korthaase (Hrsg.): D. E. Jablonski, Religion, Wissenschaft und Politik um 1700, Wiesbaden 2008. Für diesen Briefwechsel habe ich fünf Ausgaben benutzt: 1) J. E. Kapp: Sammlung einiger vertrauten Briefe, welche zwischen […] G. W. von Leibnitz, und […] Daniel Ernst Jablonski, auch andern Gelehrten, besonders über die Vereinigung der Lutherischen und Reformirten Religion, über die Auf- und Einrichtung der Kön. Preuss. Societät der Wissenschaften […] gewechselt worden sind, Leipzig 1745; 2) G. E. Guhrauer: Gottfried Wilhelm Leibniz, Deutsche Schriften, Bd. II, Leipzig, 1840; 3) O. Klopp: Die Werke von Leibniz […], Historischpolitische und staatswissenschaftliche Schriften, Bd. X, Hannover 1877; 4) J. Kvačala: Neue Beiträge zum Briefwechsel zwischen D. E. Jablonski und G. W. Leibniz, Jurjew 1899; 5) A I, 15–20. Veröffentlicht im Anhang von H. Rudolph: „Zum Nutzen von Politik und Philosophie für die Kirchenunion. Die Aufnahme der innerprotestantischen Ausgleichsverhandlungen am Ende des 17. Jahrhunderts“, in: Labora Diligenter (= Studia Leibnitiana Sonderhefte 29), hrsg. von M. Fontius, H. Rudolph und G. Smith, Stuttgart 1999, S. 128–164.
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unter der Verantwortung des Loccumer Abtes Gerhard Wolter Molanus (1653– 1722)4 eine offizielle Antwort abzufassen, die den Titel Unvorgreiffliches Bedencken über eine Schrifft genandt Kurtze Vorstellung5 erhielt. Die Redaktion dieser gemeinsamen Antwort beginnt 1698 und führt erst sechs Jahre später zur endgültigen Fassung, denn erst im Herbst 1704 hat Leibniz diese Schrift offiziell dem reformierten Hof in Berlin übergeben können. In Erwartung der endgültigen Niederschrift dieser großen offiziellen Abhandlung verfasst Leibniz 1698 das „Tentamen Expositionis Irenicae trium potissimarum inter Protestantes Controversiarum“ (Versuch einer irenischen Darlegung der drei wichtigsten Streitfragen unter den Protestanten)6, ein kleines Werk, das wohl die beste Darstellung seiner irenischen Ideen enthält. Entgegen der ursprünglichen Hoffnung auf eine Einigung, die diese Handlung (die zugleich eine Verhandlung war) anzukündigen schien, sind die beiden Höfe und die beiden protestantischen Kirchen ihrer Länder aber nicht zu einem Ausgleich gelangt. I. Zunächst möchte ich eine kurze Definition der beiden Begriffe meines Themas vornehmen: negotium irenicum. II. Dann möchte ich zeigen, inwieweit dieses negotium auf einer Philosophie der Handlung beruht, die praxis und theoria ineinanderfügt. III. Schließlich möchte ich die Begriffe der Handlung (actio) und der Vereinigung (unio) vertiefen, die mir wesentlich erscheinen, um zu verstehen, warum die Leibnizsche Irenik der Einigung über das Abendmahl die zentrale Stellung zuweist. I. NEGOTIUM IRENICUM Zuallererst möchte ich Ihre Aufmerksamkeit darauf lenken, dass Leibniz’ protestantische Irenica den Charakter eines negotium haben. Das negotium unterscheidet sich von der Ruhe, der Muße, der Müßigkeit. Es erfordert eine Arbeit, die oft mühselig ist, ein Eingehen auf die Sache, die einen beschäftigt und mit Sorge erfüllt. Die beiden Verhandlungspartner haben sich auf eine erschöpfende Arbeit eingelassen, die sie trotz zahlreicher Schwierigkeiten ohne Erholung fortgeführt haben bis hin zum schließlichen Misserfolg, den sie zu ertragen hatten. Sich auf ein solches negotium einzulassen, bedeutet die Ruhe des Privatlebens aufzugeben, um sich in den Dienst einer Sache zu stellen, hier: des Friedens zwischen den Kirchen, „zur Ehre Gottes“7. Und in der Folge impliziert der Dienst an der pax Dei, sich in den 4
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Siehe u. a. J. B. Neveux: Vie spirituelle et vie sociale entre Rhin et Baltique au XVIIeme siècle de J. Arndt à P. J. Spener, Paris 1967, S. 132–135; K. Masser: Christobal de Gentil de Rojas y Spinola, O. F. M. und der lutherische Abt Gerardus Wolterius Molanus, Münster 2002, S. 159–234. Erste Fassung: A IV, 7, N. 78; Reinschrift: A IV,7 N. 79. A IV, 7, N. 62. Leibniz an D. E. Jablonski, [Wolfenbüttel], den 28. November (8. Dezember) 1699: „[…] und hat man wohl Ursache Gott anzuruffen, daß er dasjenige eingeben wolle, so seines Nahmens
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Dienst der Mächtigen zu begeben, nicht nur der Fürsten, sondern auch der Leiter der kirchlichen Institutionen. Dieses negotium ist eine Verhandlung des lutherischen Kurfürsten und des Hofes in Hannover sowie des reformierten Kurfürsten und dessen Hof in Berlin. So steht das Unternehmen, auf das sich Leibniz und Jablonski eingelassen haben, im Schnittpunkt zwischen ihrem persönlichen Engagement, dem entsprechend sie sich ihre Privatideen mitteilen, und dem doppelten Auftrag, wie sie ihn von ihrem jeweiligen Fürsten empfangen haben. Das verpflichtete Leibniz, mit Gerhard Wolter Molanus als dem höchsten kirchlichen Würdenträger der Braunschweig-Lüneburgischen Staaten zusammenzuarbeiten, und es schrieb Jablonski vor, den Anweisungen der aufeinander folgenden Präsidenten des Berliner Konsistoriums zu folgen. Dieses negotium entspricht teils offiziellen, teils halboffiziellen Unterhandlungen, die zwischen der die Öffentlichkeit suchenden politischen Propaganda ihrer Fürsten und der notwendigen Geheimhaltung schwieriger diplomatischer Unterredungen schwanken, sodass die Briefe teils eine absichtlich nur andeutende Ausdrucksweise gebrauchen, um der Zensur zu entgehen, teils vertrauliche Mitteilungen der beiden Männer enthalten, die sich aufrichtig schätzen. So wäre es unangebracht, negotium systematisch mit Verhandlung zu übersetzen, denn das würde dazu führen, dem Unternehmen einen zu offiziellen Charakter beizulegen, den es oft nur teilweise besitzt. An den meisten Stellen ziehe ich vor, diesen Ausdruck durch die neutralere Bezeichnung ‚irenische Angelegenheiten‘ wiederzugeben. So erhält die Übersetzung, die zunächst nur als eine propädeutische Übung erscheint, bereits einen hermeneutischen Charakterzug. Der zweite Terminus meines Themas, irenicum, ist weit problematischer8. Er erscheint in der lateinischen Form eines Adjektivs, das von dem griechischen Wort εἰρήνη (Frieden) abgeleitet ist. Ein negotium irenicum ist also eine friedliebende, friedenstiftende Unterhandlung, in diesem Fall ein Unternehmen, das dazu
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Ehre“ (A, I, 17, N. 405); Leibniz an D. E. Jablonski, Wolfenbüttel, den 12. März 1700: „Aus dem Schreiben sehe ich überflüßig meines hochge[e]hrten Herrn Hofpredigers zelum vor die Ehre Gottes und das gemeine Beste […]“ (A, I, 18, N. 254); vgl. M. Geretto: „The importance of the concept of ‚glory of God‘ in Leibniz’s metaphysics“, in: VIII. Internationaler LeibnizKongress. Einheit in der Vielheit, Hannover 24.–29. Juli 2006, Bd. 1, hrsg. von H. Breger, J. Herbst und S. Erdner, Hannover 2006, S. 248–254. W. Holtmann: Irenik, in: Theologische Realenzyklopädie, Band XVI, Berlin/New York 1987, S. 268–273; M. Heckel: „Die Wiedervereinigung der Konfessionen als Ziel und Auftrag der Reichsverfassung im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation“; in: Reunionsgespräche im Niedersachsen des 17. Jahrhunderts, Royas y Spinola – Molan – Leibniz, hrsg. von H. Otte, R. Schenk, Göttingen, 1999, S. 15–38; P. O. Léchot: „Irénisme“ [Art.], in: Encyclopédie du Protestantisme, unter der Leitung von P. Gisel, Genf 19951, Paris 20062, S. 633–634; H. Durchhardt und G. May (Hrsg.): Union – Konversion – Toleranz. Dimensionen der Annäherung zwischen den christlichen Konfessionen im 17. und 18. Jahrhundert (= Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz; Beiheft 50), Mainz 2000; H. Hotson: „Irenicism in the Confessional Age, The holy Roman Empire, 1563–1648“, in: Conciliation and Confession. The Struggle for Unity in the Age of Reform (1415–1648), hrsg. von H. P. Louthan, Randall and C. Zachman, Notre-Dame, Ind. (USA) 2004, S. 228–285.
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dienen soll, den Frieden zwischen den christlichen Kirchen wiederherzustellen. Im Gegensatz zur Toleranz, die die religiöse Verschiedenheit akzeptiert, strebt die Irenik danach, die Differenzen abzuschwächen9. Anders ausgedrückt, die Irenik unterscheidet sich von der Toleranz durch ihre Absicht, zu einer Union der Konfessionen zu gelangen und sich nicht mit ihrem friedlichen Nebeneinander zu begnügen. Das Adjektiv irenicum ist am Ende des 16. Jahrhunderts aufgekommen, einerseits im Zusammenhang einer Wiedervereinigung der Protestanten mit den Katholiken (reunio), um die allumfassende christliche Kirche der ersten Jahrhunderte wiederherzustellen10, andererseits in der Perspektive einer Vereinigung der Protestanten untereinander (unio), um den Angriffen der Gegenreformation zu widerstehen11. So umfasst der Begriff der Irenik historische und theologische Gegebenheiten von solcher Verschiedenheit und Komplexität, dass es angemessener erscheint, von Irenica im Plural zu sprechen. Und ich halte es methodologisch für angezeigt, meine Forschungen auf die Untersuchung des negotium irenicum zwischen Leibniz und Jablonski zu beschränken, auf der soliden Grundlage eines philologischen Herangehens an die Texte, von denen einige noch unveröffentlicht sind. II. DAS NEGOTIUM IRENICUM ALS VERBINDUNG DER PRAXIS MIT DER THEORIE Um die genetische Methode von Professor Michel Fichant anwenden zu können, die im Verlauf der Texte „visées de systématicité“12 (Absichten, die auf Systematizität abzielen) deutlich macht, habe ich zunächst eine begrenzte und kohärente Textsammlung als Forschungsgrundlage definiert. Im Briefwechsel zwischen Leibniz und Jablonski werden drei zentrale irenische Texte erwähnt: die Kurtze Vorstellung von Jablonski aus dem Jahre 1697, die es erlaubte, das negotium irenicum zwischen Berlin und Hannover offiziell in Gang zu bringen, das von Leibniz 1698 abgefasste Tentamen Expositionis Irenicae, ein kleines halb-offizielles Werk, in J. Lecler: Histoire de la tolérance au siècle de la Réforme, Bd. 1, Paris 1955, S. 125: „Aussi bien leur idéal [celui des ‚irénistes‘] n’est pas tant la tolérance que la réduction des divergences religieuses par un loyal effort de conciliation“ (So ist ihr Ideal nicht so sehr die Toleranz als vielmehr die Verminderung der religiösen Gegensätzlichkeiten durch eine loyale Bemühung um Versöhnung). 10 Nach H.-J. Müller („Irenik als Kommunikationsform im Umfeld des Thorner Colloquium Charitativum von 1645“, in: Union – Konversion – Toleranz, S. 61–82, hier: S. 63) erscheint der Terminus erstmals 1593 in der Schrift von F. Junius: Eirenicum de Pace Ecclesiae Catholicae inter Christianos. 11 Nach G. A. Benrath: „Irenik und zweite Reformation“, in: Die reformierte Konfessionalisierung in Deutschland – Das Problem der ‚zweiten Reformation‘, hrsg. von H. Schilling, Gütersloh 1986, S. 349–358; hier S. 352. Dank der Schrift von D. Pareus, Irenicum, sive De Unione Et Synodo Evangelicorum Concilianda Liber Votivus. Paci Ecclesiae, & desideriis pacificorum dicatus (1614), hat der Begriff eine ausgedehntere Bedeutung erhalten. 12 M. Fichant: Science et Métaphysique dans Descartes et Leibniz, Paris 1998, S. VIII. 9
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dem der Philosoph seine persönlichen Ideen darstellt, um die kontroversen Lehren der Lutheraner und der Reformierten miteinander zu versöhnen, schließlich das Unvorgreiffliche Bedencken, das Leibniz und Molanus von 1698 bis 1704 gemeinsam erarbeitet haben, ein offizieller Text, dessen Tragweite eine sorgfältig abgestimmte theologische Strukturierung erforderte. Die Briefe erlauben es, besonders die praktischen Aspekte des negotium zu erhellen; die Texte hingegen liefern unerlässliche Einsichten in zugrunde liegende theoretische Aspekte. Eine erste Feststellung drängt sich auf: Leibniz’ philosophische Irenik misst der Verbindung der Praxis mit der Theorie eine zentrale Rolle bei. Wenden wir uns zunächst dem Briefwechsel zwischen dem lutherischen Philosophen Leibniz und dem reformierten Theologen Jablonski zu13. Trotz lückenhafter Überlieferung in verschiedenen Ausgaben enthält diese Korrespondenz eine Fülle von Informationen über die historischen, politischen, theologischen, methodologischen und ethischen Aspekte des negotium irenicum. Zunächst einmal kann man feststellen, dass die Briefe sowohl in ihrer Form als auch ihrem Inhalt nach den durchaus problematischen Begriff der Irenik erhellen. Beide Briefschreiber bedienen sich eines gemäßigten, wohlwollenden Stils, der sich durch „sanfftmuth“14 auszeichnet. Sie vermeiden nicht nur harte, unversöhnliche Ausdrücke, die Polemiken hervorrufen und Abweichungen verschärfen, sondern auch Verurteilungen, die als Vorwand für Verfolgungen dienen können. So machen diese Briefe deutlich, dass die Irenik sich wenigstens teilweise als eine Kommunikationsform definieren lässt, die aus einer Geisteshaltung hervorgeht, welche auf Friedfertigkeit, auf Friedensliebe gründet. Aber es fehlt noch ein Hinweis, um die spezifische Natur dieses negotium zu erfassen. Ein Detail erweckt unsere Aufmerksamkeit: beide Briefschreiber erinnern wiederholt an die Notwendigkeit, mündlich zu regeln, was sich nur schwer schriftlich erledigen lässt. So hat ein geheimes Treffen im Oktober 1698 in Hannover Leibniz, Molanus und Jablonski erlaubt, einen „modus agendi“15, eine Handlungsweise für ihre Unionspläne festzulegen16. Es ist ganz offensichtlich, dass das negotium irenicum in Kategorien erfasst werden kann, die einer Philosophie der Handlung (actio) eigentümlich sind. Der historische 13 Übersetzung und Kommentar des Briefwechsels in C. Rösler: Negotium Irenicum. Les tentatives d’union des Eglises protestantes de G. W. Leibniz et de D. E. Jablonski, 2 volumes, Université de Paris IV (Sorbonne) 2009 – nun veröffentlicht als: Negotium Irenicum. Les tentatives d’union des Eglises protestantes de G. W. Leibniz et de D. E. Jablonski, introduction et traduction de leur correspondance et de leurs principaux écrits iréniques, Paris 2012. 14 A I, 16, N. 133; D. E. Jablonski an Leibniz, Berlin, den 15. (25.) Oktober 1698: „[…] Quaestiones problematicas, welche salva Ecclesiae Unitate, in sanfftmuth pro et contra mögen disputiret werden“. 15 A I, 16, N. 291; Leibniz an Daniel Ernst Jablonski, Hannover, den 8. (18.) Januar 1699: „[…] und wir, wo nicht möglich, eine vollkommene Harmonie, wo nicht circa sententias (denn sonderlich etwa dieß Discrimen de manducatione indignorum etwa einiger maßen übrig bleiben möchte), doch circa agendi modum zuförderst unter uns gestiftet werden möge“. 16 A I, 18, N. 181; D. E. Jablonski an Leibniz, Berlin, den 13. (23.) Januar 1700: „Unsere Hannoverische Abrede war, daß man unionem in Sinu Ecclesiae, und Bringung der diversorum rituum (so viel nöthig) zu einer erbaulichen Uniformität etc“.
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Eingang ermöglicht es, diese Handlung zu situieren, deren Ziel und deren Mittel noch untersucht werden müssen. Der modus agendi, den die drei Männer erarbeitet haben, weist diesem Friedenswerk deutlich ein Ziel und die dazu gehörigen Mittel zu. Es ist bemerkenswert, dass der angestrebte Endzweck nicht als ein einziges Ziel erscheint, sondern in der komplexen Form einer dreistufigen Skala, deren erste Stufe die „zivile Toleranz“ darstellt, die zweite die „kirchliche Toleranz“ und die dritte die „vollständige Union“17. Während Jablonski sich mit den ersten beiden Stufen zufrieden gegeben hätte, haben Leibniz und Molanus von Anfang an diese beiden Stufen mit einer bloß „virtuellen“ Union gleichgesetzt, die als Maske für einen möglichen Missbrauch dienen könnte. Es ist ihnen jedoch gelungen, Jablonski zu überzeugen, dass erst die dritte Stufe es erlauben werde, eine „wirkliche Union“ zu erreichen, die als Möglichkeit für die Lutheraner und die Reformierten definiert wird, gemeinsam das Abendmahl zu empfangen. So ist das letzte Ziel dieses negotium irenicum eine Union, die stufenweise erfolgen sollte, indem sie die zivile und kirchliche Toleranz integrierte und über sie hinausging, und deren Endzweck der gemeinsamen Abendmahlsfeier eine zentrale Rolle zuweist. Ein zweiter bemerkenswerter Aspekt besteht darin, dass Leibniz sich nicht damit begnügt, die „vollständige Union“ als gemeinsame Teilnahme der Gläubigen beider protestantischer Konfessionen an der eucharistischen Feier zu definieren, sondern dass er von Beginn an auf die Notwendigkeit hinweist, diese dauerhaft auf eine philosophische Erklärung des Mysteriums zu gründen, die es gestattet, den Vorwürfen der Inkohärenz und, darüber hinaus, der Absurdität zu entgehen. Was die Mittel angeht, um dem gemeinsamen Ziel näherzukommen, so haben sich die Unterhändler auf vier große Punkte geeinigt: erstens die Riten und die kirchliche Hierarchie, zweitens die Vorbereitung der Gemüter, drittens die Benennungen der Kirchen und viertens deren zentrale Lehren. Die ersten drei Mittel gehören dem Bereich der Praxis an, das vierte der Theorie. Wenn man in dem Briefwechsel einen Vergleich zwischen dem Raum vornimmt, den die eigentlich philosophischen und theologischen Fragen einnehmen, also dem theoretischen Aspekt, und dem Raum, der deren Einfügung in das gesamte politische und kirchliche institutionelle und universitäre Leben gewidmet ist, also dem praktischen Aspekt, so stellt man unschwer fest, dass dieser zweite Aspekt vorherrschend ist. Das negotium irenicum entspricht einer Debatte über Ideen, die unlöslich mit einer Diskussion über die Strukturen der Kirchen, ihre Hierarchien, ihre Bekenntnisschriften, die Beziehungen zwischen den verschiedenen konkreten Instanzen im Leben der protestantischen Gemeinschaften verbunden ist. Bezüglich der Riten dachten Leibniz, Molanus und Jablonski daran, eine gewisse Vielfalt beizubehalten, unter der Bedingung, Gebräuche auszuschalten, die das Gewissen verletzen könnten. Sie wollten nur solche bewahren, die dem Geist 17 A I, 19, N. 359; Leibniz, als G. W. Molanus an Leibniz für D. E. Jablonski, [Wolfenbüttel], den 10. Mai 1701: „Mein hochgeehrter Herr weiß am besten, daß drey Gradus seyn: Tolerantia civilis, Tolerantia Ecclesiastica et vera Unio“.
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des Urchristentums treu blieben. In dieser Hinsicht schienen ihnen die Traditionen der anglikanischen Kirche als Vorbild dienen zu können, desgleichen deren episkopale Organisation, die sie als Erbin der alten kirchlichen Hierarchie betrachteten. Das zweite Mittel, die Vorbereitung der Gemüter, verlangte von den Unterhändlern, vertraulich einflussreiche Personen zu kontaktieren, um sie für die irenische Sache zu gewinnen, was im Idealfall bedeutete, nicht nur die orthodoxen Theologen der beiden Konfessionen für die via media des negotium irenicum einzunehmen, sondern auch die Pietisten. Diese Bemühung um geheime Kontaktaufnahme besaß den Vorteil, Skandale und Polemiken zu vermeiden, die von Aktionen herrühren konnten, die vorzeitig bekannt wurden. So war die Geheimhaltung kein nebensächliches Mittel und auch keine Verstellung, um Missbräuche zu verheimlichen, sondern ein notwendiges Vorgehen, um der Handlung ihre Erfolgsaussichten zu geben. Leibniz war ein Meister in der Kunst, Spuren zu verwischen: für die Absendung seiner Post bediente er sich zuweilen falscher Adressen, und er verwandte auch Schreibweisen, die ihm erlaubten, mehr zu sagen, als es auf den ersten Blick schien; bei seinen Reisen unternahm er gelegentlich kleine Abstecher incognito, z. B. nach Wien, um den katholischen Bischof Franz Anton von Buchheim aufzusuchen, während er eine Bäderreise ins böhmische Teplice vorgab, oder auch nach Dresden, um zu versuchen, den dortigen ersten Prediger Samuel Benedict Carpzov für die irenische Sache zu gewinnen. Es ist übrigens bezeichnend, dass Leibniz das Unternehmen als „arcana negotia“18 kennzeichnet. So stellt die Verhandlung zwischen Hannover und Berlin, die offiziell im Singular erscheint, sich offiziös vervielfältigt dar. Das negotium impliziert eine Öffnung gegenüber Kursachsen, England und im Kräftespiel der gesamten europäischen Politik auch gegenüber den anderen protestantischen Mächten; und, noch geheimer, führte sie für Leibniz und Molanus bis zu erneuten Verhandlungsversuchen mit den katholischen Mächten in Wien und Paris in der Perspektive einer allgemeinen Kirche. Was das dritte Mittel angeht, nämlich die Benennungen der Kirchen, so haben die drei Unterhändler sich schließlich darauf geeinigt, dass die Union der lutherischen und reformierten Kirchen sich auf den gemeinsamen Namen einer einzigen „evangelischen“ Kirche gründen sollte, um Bezeichnungen zu vermeiden, die von den Namen der Reformatoren Luther und Calvin abgeleitet waren, was Leibniz an Sekten erinnerte. So schrieb er im September 1698 an Jablonski: „den nahmen Lutherisch, kan ich an meinem orth gar nicht wohl leiden, und wer die Christliche antiqvität liebet und kennet, dem wird er, als nach der Secte schmeckend, nicht anstehen“19.
Was schließlich das vierte Mittel, die Versöhnung der Doktrinen angeht, so handelte es sich für Leibniz, Molanus und Jablonski darum, die wichtigsten Punkte 18 Guhrauer, Nr. 55a, S. 228–230; Leibniz im Namen von G. W. Molanus an Bischof Ursinus, Juni 1704. 19 A I, 15, N. 531; Leibniz an D. E. Jablonski, [Hannover, 2. Hälfte September 1698].
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der theologischen Kontroversen auszumachen, um sie miteinander zu versöhnen. Im Gegensatz zu den drei vorangehenden Mitteln, über die sich die Unterhändler rasch geeinigt hatten, sollte sich die Harmonisierung der Lehren als wesentlich schwerer erreichbar erweisen. Der Berliner Hofprediger hob in seiner Kurtzen Vorstellung hervor, dass die Hauptschwierigkeit im absoluten Dekret bestehe, und dass man dafür eine theologische Lösung finden müsse, während Leibniz in seinem Tentamen herausstrich, dass der entscheidende Antagonismus das Abendmahl betreffe und dass es darauf ankomme, hierfür eine philosophische Erklärung zu finden. Abt von Loccum schließlich zog ein auf die Schrift und die Glaubensbekenntnisse gegründetes Verfahren vor. Erst mit dem Unvorgreifflichen Bedencken sind die drei zu einer gewissen Einigung in diesen doktrinalen Fragen gelangt. So bereiteten ihnen die praktischen Mittel des negotium (die Vereinigung der Riten, der Gemüter und der Benennungen) kaum Schwierigkeiten, während die theoretische Vereinigung, d. h. die Versöhnung der Lehren, sich als deutlich problematischer erwies. Versuchen wir zu verstehen, warum das so war. Der praktische Aspekt brachte keine Meinungsverschiedenheiten zwischen ihnen hervor, denn die drei Unterhändler teilten dieselben politischen und ethischen Voraussetzungen, wie die biblische Metapher20 der „via regia et recta“21 zeigt, die sie gebrauchten, um das negotium zu kennzeichnen. Die via regia bedeutet im ursprünglichen Sinn die zentrale Straße, die Europa von Kiew bis Santiago de Compostella durchquert, was auf die europäische Dimension des negotium hinweist, sowie auf das erbauliche Ziel dieses Weges, den man mit einer Pilgerfahrt vergleichen kann. Diesen Weg einzuschlagen heißt, Grenzgänger zu sein, also offen für die Gesichtspunkte der anderen, und außerdem einer Hauptstraße zu folgen, um ans Ziel zu kommen, und so weit als möglich Nebenstraßen und Sackgassen zu vermeiden. Nun bringt die Verfolgung des Königsweges es natürlich mit sich, sich an die Könige zu wenden (Friedrich I., König in Preußen ab 1701, König Georg I. von England ab 1714). Die drei handelnden Personen sind der Auffassung, dass die Einheit der Kirchen von Gott gewollt ist, der das „königliche Herz“ in seinen Händen hält22. Anders ausgedrückt, sie nehmen ein absolutistisches politisches Paradigma an, das auf einem providentialistischen Geschichtsverständnis beruht. Aber der klassischen Auffassung des jus naturale entsprechend verstehen sie alle drei das Subjekt eines Königs als ein Subjekt, das Träger von Rechten ist. Gemäß der Tradition des Fürstenspiegels denken die drei Männer, dass der Monarch dem christlichen Ideal des rex justus folgen muss. Nun trägt der erste Fürstenspiegel, den der Benediktinermönch Smaragd von Saint-Mihiel um 813 verfasst hat, genau den Titel Via Regia. So impliziert die via regia des negotium irenicum die Verpflichtung, den Monarchen untertan zu sein, aber unter der 20 4. Mose (Numeri) 20,17. 21 Guhrauer, Nr. 55b, S. 231–232; derselbe [d. i. Leibniz] an denselben [d. i. Bischof Ursinus]. 22 Kvačala, Nr. 153, S. 140–141; D. E. Jablonski an den König, Berlin, den 27. Juli 1716: „[…] und sehe ich diese sache billich an, als ein besonderes Werck Gottes in Dero Konigl. Hertzen, zum allgemeinen besten seiner Christenheit“.
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ausdrücklichen Bedingung, dass diese akzeptieren, auf weise Ratschläge zu hören, um in einer Haltung zu verbleiben, die pflichtgetreu sein muss, um wahrhaft königlich zu sein. Der Ausdruck via regia et recta ist also programmatisch zu verstehen: Er unterstreicht, dass das negotium eine Handlung ist, die von allen, die sie betreiben, welchen Rang auch immer sie in der Hierarchie des Hofes einnehmen, verlangt, dass sie sich auf Schritte einlassen, die sie zwar auf einen geheimen Weg führen, der aber redlich bleiben muss. Die via regia muss recta bleiben, sie schließt machiavellistischen Opportunismus aus, der die Staatsraison missbraucht, ebenso wie die den Hofleuten eigenen Intrigen, die sogar verheimlichen, dass sie verheimlichen. So ist das arcanum des negotium irenicum weit entfernt vom Arcanum Regium23, einem dem Magdeburger Theologen Johann Joseph Winckler zugeschriebenen Werk, in dem der Autor dem preußischen König zu gewaltsamen Mitteln rät, um die Religion seiner Wahl durchzusetzen. Das irenische Ziel rechtfertigt nicht jedes Mittel! Leibniz, Molanus und Jablonski teilen eine ethische Auffassung von der Politik, die sowohl die Idee des aufgeklärten Monarchen vorbereitet als auch auf einer irenischen Axiomatik aufbaut, deren Grundwerte phronesis, caritas und Friedfertigkeit sind, mit denen sich besonders justitia, moderatio, bona fides und candor verbinden. Es ist jedoch bemerkenswert, dass das negotium an einem praktischen Aspekt gescheitert ist, obwohl die drei Unterhändler sich hierin einig waren. Aber Leibniz, Molanus und Jablonski waren weder die Herren des Fürstenspiels, das der via regia nur so lange folgte, wie es deren Interessen entsprach, noch wurden sie davon getäuscht. Die Briefpartner waren sich durchaus dessen bewusst, dass ihr Handlungsspielraum begrenzt war, und sie beriefen sich auf Prediger Salomo (3,1 und 8,6): „Ein jegliches hat seine Zeit […] ein jeglich Vornehmen hat seine Zeit“. Und tatsächlich hat sich das praktische Scheitern des negotium, durch eine List der Geschichte, in einen Erfolg verwandelt, aber sehr viel später. Kommen wir jetzt zum theoretischen Aspekt des negotium, der sich in den irenischen Haupttexten findet, nämlich der Kurtzen Vorstellung, die Jablonski 1697 verfasst hat, dem Tentamen, das Leibniz 1698 aufgesetzt hat, und schließlich im Unvorgreifflichen Bedencken, das Leibniz und Molanus gemeinsam 1698/99 verfasst haben. Um die hauptsächlichen Ergebnisse, zu denen ich gekommen bin, synthetisch darzustellen, möchte ich zunächst die drei Texte kurz vergleichen und 23 Der Autor dieses kleinen Werkes war der Prior Johann Welmer aus Schermcke (siehe W. Delius: „Berliner Kirchliche Unionsversuche im 17. und 18. Jahrhundert“, in: Jahrbuch für Berlin-Brandenburgische Kirchengeschichte, hrsg. von H. v. Arnim und W. Delius, Berlin 1970, S. 7–121, hier S. 41). Nach Dalton, S. 246, Anm. 2, lautete der vollständige Titel: Arcanum Regium, d. i. ein königlich Geheimnis für einen regierenden Landesherrn, darinnen ihm entdeckt wird, wie er sich bei seinen über die Religion zerteilten Untertanen nach Gottes Willen zu verhalten habe, damit er eine Gott wohlgefällige Vereinigung bei seinem Volke unvermerkt stifte und in kurzer Zeit befördere: ans Licht gestellet von Wincklero, diacono an der Thumkirche zu Magdeburg. Siehe auch bei Dalton S. 246–249 und W.-F. Schäufele: Christoph Matthäus Pfaff und die Kirchenunionsbestrebungen des corpus Evangelicorum 1717–1726 (= Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz 172), Mainz 1998, S. 21.
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dann dem Tentamen besondere Aufmerksamkeit schenken, um gewisse Besonderheiten der Leibnizschen Irenik hervorzuheben. In der Kurtzen Vorstellung erwägt Jablonski die Vereinigung der Lehren gemäß einem Schema, das aus der irenischen Tradition stammt. Er unterscheidet einerseits zwischen den Punkten, in denen consensus bzw. dissensus besteht, und andererseits zwischen den Lehrunterschieden, die die Grundlagen des Glaubens in Frage stellen, und denen, die keine Folgen für das Seelenheil der Gläubigen haben. Er wendet diese Kategorien auf eine Untersuchung der Augsburger Konfession von 1530 an, die in der Perspektive des irenischen Leipziger Kolloquiums von 163124 gelesen wird, so wie es in der Relatio von John Durie25 festgehalten ist. Sein theologisches Vorgehen, das großenteils protokollarisch ist, gründet auf einer historischen Dogmenkritik, was gestattet, den Hofprediger zu den Berliner Frühaufklärern26 zu zählen. Um die Kontroverse über das absolute Dekret27, die er für zentral hält, beizulegen, untersucht er die Entwicklung dieses Lehrstücks bei den Lutheranern und den Reformierten und hebt dabei einen ähnlichen Ursprung und eine vergleichbare Entwicklung hervor28. Anders als die Kurtze Vorstellung Jablonskis ist das Tentamen von Leibniz nicht durch externe Textbezüge bestimmt, sondern entwickelt eine Argumentation, deren interne Logik sich in Form einer Kette von rationalen Erklärungen darstellt. Leibniz überdenkt die theologischen Kontroversen entsprechend ihren philosophischen Implikationen, was ihm aufzuzeigen erlaubt, dass die scheinbar unvereinbaren gegensätzlichen Lehrmeinungen der Lutheraner und der Reformierten in Wirklichkeit durchaus miteinander vereinbar sind, wenigstens soweit es ihre Grundlagen betrifft. Das Tentamen, das einen ersten Kommentar der Kurtzen Vorstellung darstellt, ordnet deren Ideen um, indem es den Verständnisrahmen neu 24 Cf. B. Nishan: „Reformed Irenicism and the Leipzig Colloquy of 1631“, in: Central European History 9 (1976), S. 3–26. 25 T. Heidemann: „J. Bergius“ [Art.], in: Realencyclopädie für protestantische Theologie und Kirche, hrsg. von D. A. Hauck, 24 Bd., dritte Edition, Bd. II, Leipzig 1897, S. 613–614; Relation der Privat-Conferentz Welche Bey wehrendem Convent Der Protestierenden Evangelischen Chur-Fürsten und Stände Zu Leipzig Im Jahr 1631. Im Monat Martio, Zwischen den anwesenden Chur-Sächsischen Chur-Brandenburgischen und Fürstlichen Hessischen Theologen gehalten worden[…], Berlin 1636. Leider stand mir die Originalausgabe nicht zur Verfügung, so habe ich mich auf die 1640 in Frankfurt an der Oder veröffentliche Fassung gestützt, Neudruck in: Collectio Confessionum in ecclesiis Reformatis publicatarum, hrsg. von H. A. Niemeyer, Leipzig 1840, Kap. 7, S. 653–668. Siehe: P.-O. Léchot: Un christianisme ‚sans partialité‘. Méthodes et présupposés théologiques de l’irénisme chez John Dury (v. 1600–1680), [Ein Christentum ‚ohne Parteilichkeit‘. Methoden und theologische Vorannahmen der Irenik bei John Dury (um 1600–1680)], Genf unabhängige Fakultät für protestantische Theologie (Doktorarbeit Nr. 598), baldige Veröffentlichung. 26 Vgl. E. Winter: „D. E. Jablonski und die Berliner Frühaufklärung“, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 9 (1961), Heft 3, S. 849–863; J. Bahlcke, H. Rudolph und B. Dybaś (Hrsg.): Brückenschläge. Daniel Ernst Jablonski im Europa der Frühaufklärung, Wettin 2010. 27 D. E. Jablonski: De Voce Absoluti Decreti (LH I, VII, 5 Bl. 32r–35v). 28 Rudolph: „Zum Nutzen von Politik und Philosophie“, S. 149–164.
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definiert: die Leibnizsche Irenik wurzelt in einer substantialistischen, dynamischen, optimistischen und universalistischen Metaphysik. Leibniz stellt die protokollarische Arbeit mit Texten, welche im Bereich des Glaubens Autorität besitzen, nicht als nebensächlich dar, er geht aber darüber hinaus und integriert sie in eine Überlegung, die wie er sagt „zu keiner Konfession gehört“, da sie „philosophisch“ sei29. Dass er den Schwierigkeiten, welche das unterschiedliche Abendmahlsverständnis hervorgerufen hat, eine hohe Bedeutung beimisst, zeigt, dass seine Untersuchungen über die eucharistische Physik eine zentrale Stellung einnehmen: Nicht nur die Vereinigung der protestantischen Kirchen, sondern auch deren Wiedervereinigung mit der katholischen Kirche beruht, seiner Ansicht nach, auf der Vereinigung der Christen mit Christus im Abendmahl. Das Unvorgreiffliche Bedencken ist ein sehr viel längerer und stärker ausgearbeiteter Text als die beiden vorhergehenden Schriften. Leibniz hat ihn in enger Zusammenarbeit mit Abt Molanus verfasst. Leibniz’ Beitrag zur Erarbeitung dieser gemeinsamen Antwort ist entscheidend: Er hat nicht nur deren Konzept entworfen, sondern auch die Hauptelemente ihrer Argumentation, was durch den Briefwechsel bestätigt wird. Darüber hinaus lässt das Unvorgreiffliche Bedencken in vielen Punkten bereits die Lehren der Theodizee und der Causa dei erahnen. Anders als man erwarten könnte, handelt der längste und am meisten durchgefeilte Teil jedoch nicht von den Problemen, die sich aus der Gnadenwahl ergeben, sondern ist der Erklärung des Abendmahls gewidmet. In seinem Briefwechsel mit Jablonski30 berichtet Leibniz, er sei bezüglich der Probleme der Theodizee seit langem (seit seinen Jugendjahren) zu befriedigenden Lösungen gelangt, sodass er sich hier vor allem mit dem Nachweis beschäftigt, dass die Calvinistische Vorstellung des Abendmahls, entgegen der gängigen Meinung, nicht zwinglianisch, sondern letztlich mit der substantiellen Realpräsenz der Lutheraner durchaus vereinbar sei. Im ersten Teil des Textes, der den göttlichen Eigenschaften gewidmet ist, entwickelt Leibniz ausführlich, dass die göttliche Allmacht die Universalpräsenz Christi (seine Ubiquität) möglich mache, die ihrerseits die Bedingung für die universelle Ausbreitung der Gnade sei, für die Möglichkeit eines Verständnisses der Doppelnatur Christi und für die Möglichkeit seiner Multipräsenz im Abendmahl. Die große Kohärenz dieser irenischen theologischen Schrift beruht auf einem christozentrischen philosophischen Vorgehen. Um den Vergleich der irenischen Haupttexte des negotium abzuschließen, möchte ich drei Feststellungen treffen: Zunächst einmal sind die Verschiedenheiten zwischen den Unterhändlern vor allem methodologischer Art. Während die Irenik Jablonskis und Molans überwiegend protokollarisch vorgeht, benutzt Leibniz 29 A I, 16, N. 291, 471; Leibniz an D. E. Jablonski, Hannover, den 8. (18.) Januar 1699: „Was (8) de natura corporis distinctius explicanda von uns gesetzt worden, nicht die philosophiam zu ändern, sondern vielmehr beyzubehalten, und zu salviren, solches in so weit es mere philosophicum, wird in keine Confessionem eigentlich gehören, dienet etwa in scholis, und bey Leuten, so den Dingen treulich nachdencken wollen, daß ihnen wegen der vermeynten Absurditäten Vergnügen geschehe“ (Hervorhebungen durch die Autorin). 30 A I, 18, N. 194; Leibniz an D. E. Jablonski, Hannover, den 23. Januar (2. Februar) 1700.
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vor allem philosophische Beweisführungen. Die zweite Feststellung ist, dass das Tentamen den Angelpunkt dieser Verhandlungen darstellt. Es ist das hermeneutische Glied, das erlaubt, von der Kurtzen Vorstellung zum Unvorgreiffliche Bedencken zu gelangen, und so den Schwerpunkt der Bemühungen um die Harmonisierung der protestantischen Glaubenslehren vom absoluten Dekret auf das Abendmahl zu verlagern. Drittens zeigt die Struktur des Unvorgreifflichen Bedenckens, als dessen Hauptautor Leibniz anzusehen ist, dass es ihm schließlich gelungen ist, seine beiden Verhandlungspartner nicht nur vom Nutzen der Philosophie für die Theologie zu überzeugen, sondern darüber hinaus der Versöhnung in der Kontroverse über das Abendmahl den Vorrang zu geben. So könnte man sagen, dass der Leibniz’sche Gerichtshof der Vernunft zu einem wahren Friedensrichter wird, denn er erlaubt dem Abendmahl, das sich zu einem Sakrament der Trennung entwickelt hat, wieder eingesetzt zu werden als Sakrament der Vereinigung. So ist Leibniz, wie Jablonski geschrieben hat, wirklich der „Baumeister“31 dieses „Friedenstempels“32. Nun möchte ich daran gehen, einige Aspekte der Leibniz’schen Irenik zu klären, indem ich mein besonderes Augenmerk auf das kleine Werk richte, das der Philosoph 1698 abgefasst hat. Das Tentamen Expositionis Irenicae trium potissimarum inter Protestantes Controversiarum (Versuch einer irenischen Darstellung der drei wichtigsten Kontroversen zwischen den Protestanten) ist bis zu meiner Doktorarbeit noch nicht veröffentlicht worden, außer seltsamerweise 1709 in den Consilia et Judicia Theologica Latina (Opus Posthumum)33 von Philipp Jakob Spener, dem lutherischen Begründer des Pietismus. Der Briefwechsel mit Jablonski enthält einige Hinweise, die es gestatten, dieses man könnte sagen „editorische Rätsel“ aufzuklären: Jablonski, dem Leibniz das Tentamen übermittelt hatte, hat nämlich den Wunsch geäußert, diese Schrift ohne Angabe ihres Autors verschiedenen brandenburgischen Theologen zur Stellungnahme zu unterbreiten, darunter auch Spener, was Leibniz gebilligt hat. Dieser hat daraufhin seine Reflexiones super Tentamen34 abgefasst, die Jablonski seinerseits wieder Leibniz zugesandt hat, in diesem Fall mit Angabe des Autors. Man kann sich vorstellen, dass der Herausgeber von Speners Papieren diese nach dessen Tod 1705 in der Ordnung veröffentlicht hat, in der er sie vorfand, einschließlich des Tentamen von Leibniz, ohne den Autor zu identifizieren, da es sich ja um ein anonymes Manuskript handelte. Die Geschichte dieser Weitergabe, die anekdotisch erscheinen könnte, erlaubt jedoch zugleich, den praktischen Misserfolg des negotium teilweise zu erhellen: Die Spannungen innerhalb der Lutheraner, zwischen orthodoxen Theologen und Pietisten, stellten ein bedeutendes Hindernis auf dem Weg zur Einheit dar. 31 A I, 16, N. 274; D. E. Jablonski an Leibniz, Berlin, den 1. (11.) Januar 1699. 32 A I, 17, N. 165; D. E. Jablonski an Leibniz, Berlin, den 3. (13.) Juni 1699. 33 D. Philippi Jacobi Speneri Consilia et Judicia Theologica Latina, Opus Posthumum, Francofurti ad Maenum, anno M DCC IX, S. 105–110. – 2011 erfolgte die historisch-kritische Edition in A IV, 7 N. 62. 34 Ebd., S. 110–113: „Reflexiones super Tentamen Expositionis Irenicae trium potissimarum inter Protestantes Controversiarum“.
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Das Tentamen, ein kleines Konzentrat irenischer Philosophie, enthält eine bemerkenswerte Synthese der Ideen, die der Philosoph entwickelt hat, um die Kontroversen zu versöhnen, die ihm als die wichtigsten erschienen, nämlich mit zunehmender Bedeutung: die Lehrunterschiede über das absolute Dekret Gottes35, über die Person Christi36 und über das Abendmahl37. Im Gegensatz zu vielen Lutheranern wie Spener und zu den meisten Reformierten, wie Jablonski, die meinten, der wichtigste Kontroverspunkt betreffe die Prädestination oder Gnadenwahl, richtet Leibniz sein besonderes Interesse auf die Schwierigkeiten, die sich aus der Natur von Christi Gegenwart in den sakramentalen Gestalten ergeben. Diese Priorität kann von einem historischen Standpunkt aus verstanden werden: Tatsächlich hat das unterschiedliche Verständnis des Abendmahls zwischen Luther und Zwingli auf dem Marburger Gespräch von 1529 das Schisma unter den Protestanten hervorgerufen. Für Leibniz aber erklärt sich diese Priorität vor allem unter einem philosophischen Gesichtspunkt: Um dem Mysterium des Abendmahls eine verständliche Grundlage zu geben, stützen sich die Reformierten auf eine von Descartes inspirierte Physik der Eucharistie. Nun zeigt Leibniz auf, dass der cartesianische Dualismus, der die Substanz des Körpers als Ausdehnung definiert, es unmöglich macht, die Multipräsenz Christi, wo immer sie im Gottesdienst stattfindet, rational einsehbar zu machen. Er bemüht sich, das dualistische Paradigma durch ein dynamistisches zu ersetzen, das gestattet, die Inkohärenz zu vermeiden, die sich aus einer strikt dimensionalen Auffassung der Realpräsenz ergibt. Für Leibniz ist die Substanz vor allem durch die Handlung (actio) charakterisiert; so wird es möglich, eine Multipräsenz zu begreifen, die sich durch eine Kraft manifestiert, welche den Kommunikanten mit Christus vereinigt. III. DIE LEIBNIZSCHE BEHANDLUNG DER BEGRIFFE ‚HANDLUNG‘ UND ‚VEREINIGUNG‘ Betrachten wir zunächst den Begriff ‚Handlung‘. Ich bin bei meinen Forschungen von der Hypothese ausgegangen, dass das negotium irenicum mit Hilfe der Kategorien, die einer Philosophie der Handlung eigen sind, untersucht werden kann. Dies hat sich in praktischer Hinsicht bestätigt, da der modus agendi Ziel und Mittel entsprechend spezifischen politischen und ethischen Kriterien festlegte, die ich mit Hilfe der Metapher der via regia et recta kommentiert habe. Befassen wir uns nun mit zwei zentralen Werten, auf die sich die Leibnizsche Ethik für den Frieden gründet: die Klugheit (φρόνησις) und die Liebe (caritas), welche die Handlung regeln. Zunächst die Vorsicht, die erlaubt, die Mittel geschickt dem Ziel anzupassen, und aufmerksam zu sein, um den passenden Augenblick (καιρός) zu ergreifen. In einer schwierigen Umgebung, wo Polemiken und Skandale wüten, wo die 35 Tentamen, § 2; A IV, 7, 374–376. 36 Ebd., §§ 3–4; A IV, 7, 376–378. 37 Ebd., §§ 5–11; A IV, 7, 378–387.
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Intrigen des Hofes einen leicht in Ungnade fallen lassen können, ist es notwendig, diskret und umsichtig zu handeln. Außerdem bedingt die Vorsicht einen gemäßigten Ausdruck, im Gegensatz zu der übertriebenen Redeweise der Anhänger intransigenter Positionen. Hingegen führt die Unvorsichtigkeit zum Mißerfolg, wie das offizielle Verbot von 1706 beweist, das negotium irenicum weiterzuführen: Jablonski hatte nämlich ungeschickterweise höheren Orts die „Privatgedanken“38 von Leibniz bekannt gegeben, der die Möglichkeit ins Auge gefasst hatte, die Eucharistiefeier anlässlich der Hochzeit zwischen der lutherischen Prinzessin Sophie Dorothea (1687–1757) aus Hannover und dem reformierten Kronprinzen Friedrich Wilhelm (1688–1740) aus Berlin zu irenischen Zwecken zu benutzen. Dieser Vorschlag, der erlaubt hätte, handelnd die Vereinigung der beiden protestantischen Kirchen, wie sie Leibniz vorschwebte, zu verwirklichen, hat dem preußischen König Friedrich I. sehr missfallen, der fand, der hannoversche Geheimrat Leibniz habe die Rechte seines Standes weit überschritten. So ist die Vorsicht kein nebensächlicher irenischer Wert; vielmehr generiert sie einen hypothetischen Imperativ, den man so formulieren könnte: „Handle so, dass du, um Rückschläge zu vermeiden, den Standpunkt des anderen berücksichtigst“. Die irenische Handlung beruht auf dem, was man Leibniz’ diplomatischen Perspektivismus nennen könnte. Der zweite Wert, der eine spezifische Behandlung erfährt, ist die caritas. Leibniz definiert sie als ein allgemeines Wohlwollen, das von der Liebe zu Gott herrührt. So schreibt er in dem kleinen Text mit dem Titel Von der Weisheit, der etwa von 1698 stammt, d. h. in dieselbe Zeit wie der Beginn des negotium irenicum fällt: „[die] Hauptregel der christlichen Religion [ist], dass wir Gott über alles, und andere Menschen wie uns selbst lieben sollen“39. Nun heißt Gott lieben, zu seinem Ruhm für den Dienst des Gemeinwohls zu handeln. Die irenische Handlung ist auf eine Theologie der Liebe gegründet40, die im Herzen der Leibniz’schen Philosophie steht. Tatsächlich vermittelt das Erfassen der unendlichen Vollkommenheit des anbetungswürdigsten Wesens eine strahlende Glückseligkeit, die im eigentlichen Wortsinne bewegend ist. Der grundlegenden Doppelwertigkeit von Liebe und Handlung fügt Leibniz eine ontologische Bestimmung des Subjekts hinzu, die der Handlung einen metaphysischen Sinn beimisst. Das scholastische Prinzip nämlich, das Leibniz sich zu eigen macht, um die Subjekte zu
38 Kvačala, N. 136, S. 114; Leibniz an D. E. Jablonski, ohne Datum: „Ich kan nicht sehen was man vor Ursach gehabt über meine privatgedanken ohngewohnliche Conferenzen anzustellen, und deswegen einen so eilfertigen bericht an des Konigs Mt abzustatten, dessen inhalt, da er ex abrupto dergestalt eingelauffen nothwendig surpreniren müssen, und leicht das jenige so erfolgt nach sich ziehen können“. 39 Grua II, 12, (Von der Weisheit [1694–1698 ?]), S. 585. 40 A IV, 7, 455: „[…],weil das andere gesetz von der Charität oder liebe gegen seinen Nechsten einem jeden gebeut dasjenige auch andern zu thun, was wir wollen, daß Uns die leute thun solten, hingegen einem jeden verbeut, andern daßelbe zu thun, was wihr wollen, daß uns andere nicht thun sollten.“
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charakterisieren, actiones sunt suppositorum41, gibt der Handlung einen identitären Charakter. Jeder Handlungsträger setzt eine vis agendi voraus. Da nur Gott vollkommen ist, ist nur Gott ein reiner actus, er ist das primum mobile, das der gesamten Schöpfung zugrunde liegt. Im Anfang war die Handlung (oder wie es Goethes Faust später bei seinem Übersetzungsversuch des JohannesEvangeliums formulieren sollte: „Im Anfang war die Tat“). Die Geschöpfe ihrerseits sind unvollkommen, sie werden definiert als individuelle Substanzen, die mit einer „ursprünglichen aktiven Kraft“ begabt sind, welche in Korrelation steht zu einer „ursprünglichen passiven Kraft“ oder Widerstand. Im Unvorgreifflichen Bedencken nimmt Leibniz als Bild für diese Idee ein Schiff, das einen Fluss hinabfährt42: Die Strömung, die es mit sich treibt, entspricht der von Gott inspirierten Bewegung, und die Widerstände, die es verlangsamen, entsprechen seinen körperlichen Begrenzungen. Leibniz’ substantialistische Anthropologie fügt sich in eine ontologische und physische Vorstellung ein, die dynamisch ist, die also die Bewegung hervorhebt. Wenn der grundlegende Charakterzug jeder Substanz ihr conatus ist, eine Kraft, die von der absoluten Macht Gottes abgeleitet ist, der treibenden Kraft einer fortlaufenden Schöpfung, dann ist die Handlung nicht akzidentiell für die Substanz, sondern gehört zu ihrem Wesen. Man kann also mit gutem Recht behaupten, dass das negotium irenicum sich in eine Philosophie einfügt, welche die Handlung in einem spezifischen metaphysischen Rahmen denkt, von dem ich nun ein zentrales Element darstellen möchte, nämlich seine Universalität. Die individuelle Handlung ist nämlich niemals abgetrennt von ihrer Einfügung in den Gesamtplan der von Gott ersonnenen Schöpfung. Unter der Vielfalt der möglichen Serien lässt Gott diejenige Wirklichkeit werden, welche die beste ist. Dieses Beste schließt keinesfalls das Übel aus, das von der ontologischen Begrenztheit der Geschöpfe herrührt (ein Fehler ist nämlich ein Mangel, während die Tugenden eine Stärke des Charakters darstellen). Für Leibniz fügen sich die individuellen Handlungen in eine von Anfang an präetablierte Harmonie ein; wie Michel Fichant sagt: „Ihre Übereinstimmung ist ursprünglich abgestimmt“43. So gehören die Individuen keinem fragmentierten Universum an (in dieser Hinsicht weist die monadische Auffassung des Menschen nicht auf den Individualismus der postmodernen Gesellschaft hin). Die Individualität steht nämlich bei Leibniz 41 M. Fichant, „Actiones sunt suppositorum: l’ontologie leibnizienne de l’action“, in: Philosophie 53 (1997), S. 141: „Le ‚panlogisme‘ consiste précisément dans la reconnaissance de l’équivalence entre la thèse ontologique, actiones sunt suppositorum, et la thèse logique, praedicatum inest subjecto, et donc par la complète réciprocité de leurs termes […] la définition dite logique de la substance reste entièrement tributaire de la caractérisation de la substance par l’action“ („Der ‚Panlogismus‘ besteht präzise in der Anerkennung der Equivalenz zwischen der ontologischen These, actiones sunt suppositorum, und der logischen These, praedicatum inest subjecto, und also in der vollständigen Umkehrbarkeit ihrer Termini […] die logisch genannte Definition der Substanz bleibt ganz und gar abhängig von der Charakterisierung der Substanz durch die Handlung“). 42 A IV, 7, 513. 43 M. Fichant: Science et Métaphysique dans Descartes et Leibniz, Paris 1998, S. 160: „Leur concert est originairement concerté“.
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von Anfang an in Korrelation mit dem Universalen, so dass man hier von einem Individuationsprozess sprechen kann, der scheinbar ein Oxymoron darstellt, was höchst barock ist. Wenn die Individualität universal ist, dann sind die Handlungen es ebenfalls, weshalb Jean Baruzi über Leibniz schreiben konnte: „Seine Handlung ist universal geworden, weil seine Auffassung von Universalität geprägt war“44. Es ist also kohärent, dass Leibniz die irenische Handlung sub specie universalitatis denkt. Die universale Religion, die er ins Auge fasst, gründet auf seiner Vorstellung einer universalen Harmonie, die definiert ist als die größtmögliche Einheit in der größten Verschiedenheit. Die Leibniz’sche Irenik beabsichtigt nicht, die Verschiedenheiten der christlichen Konfessionen aufzuheben, sondern ihre Besonderheiten in einer synthetischen Schau zu integrieren, die ihre gemeinsamen Elemente ins Licht stellt, und folglich ihre Mit-Teilhabe an der einen und einzigen Kirche Christi, in der Perspektive eines Urchristentums, das den Trennungen vorausgeht. In diesem Sinn kann Leibniz an Marie de Brinon schreiben, dass er zwar Anhänger der gemäßigten Position der Augsburger Konfession sei, aber „katholisch in foro interno“45. Sein Christentum übersteigt ideell die kirchlichen Zugehörigkeiten, weil seine Vorstellung der Religion den Glauben in Übereinstimmung mit der Vernunft treten lässt. Leibniz’ universales Christentum ist seinem Wesen nach irenisch, es gründet auf einer natürlichen Religion, die eine ehrliche apologetische Absicht, welche die Offenbarung respektiert, mit einer strengen Disziplin der Gedanken verbindet, welche zum Ziel hat, die religiösen Geheimnisse, wenn auch nicht vollständig zu erklären, so doch wenigstens die Anklage ihrer Absurdität zu entkräften. Man kann jedoch auf die Begrenzung dieser universalistischen Religionsauffassung hinweisen, insofern Leibniz fast ausschließlich in der Perspektive des Christentums verbleibt. Selbst wenn er sich offen für die chinesische Religion zeigt, legt er eine sehr kritische Haltung gegenüber den Muslimen an den Tag. Leibniz verlässt das Christentum nicht, aber er möchte es ideell öffnen für eine universalistische Auffassung, indem er es in einen rationalen Horizont stellt. Was zu einer neuen Frage führt: Ist die Rationalität in der Lage, Zugang zum Universalen zu geben? Leibniz vertritt diese Anschauung, indem er schon vor Hegel sagt, dass das Wirkliche rational ist, denn geschaffen von der „höchsten Vernunft“ Gottes. Schauen wir jetzt auf die Rückwirkungen, die Leibniz’ begriffliche Bemühungen um die Vorstellung der Vereinigung für die irenische Behandlung der Kontroverse über das Abendmahl mit sich bringen, die der Philosoph in seinem Tentamen als chronologisch erste (prima) und logisch wichtigste (primaria) bezeichnet46. Die philosophische Lösung, die Leibniz vorschlägt, um die Schwierigkeiten über die unterschiedlichen Auffassungen von der Realpräsenz Christi im 44 J. Baruzi: Leibniz et l’organisation religieuse de la terre, Paris 1907, (Neudruck 1975), S. 204: „Son action devint universelle, parce que sa pensée était empreinte d’universalité“. 45 A I, 6, N. 102, 234; Brief an Marie de Brinon vom 16. (26.) Juli 1691: „catholique in foro interno“. 46 Tentamen; A IV, 7, 378.
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Abendmahl zu beheben, erlaubt die drei Handlungsaspekte, die wir bisher gesehen haben, zu vereinigen: Erstens ist das Handeln eine Anwendung der caritas; zweitens ist es bedingt durch eine dynamistische Auffassung der Substanz; drittens erfolgt es in Beziehung zur Universalität. Was den ersten Punkt angeht, so ist die Kommunion eine aktive Teilnahme am sacramentum caritativum. Es ist bezeichnend, dass die grundlegende Doppelwertigkeit zwischen caritas einerseits und Handlung andererseits ihren schönsten Ausdruck erhält in der Leibniz’schen Definition des Abendmahls: „Die wahre und wesentliche Kommunion, die bewirkt, dass wir dem Leib Jesu Christi angehören, ist die Liebe (caritas)“, schreibt er47, was dazu beitragen mag zu erklären, warum er nicht regelmäßig zum Gottesdienst ging. Leibniz schreibt nämlich im Vorwort zu seiner Theodizee, dass er die „Wahrheit“ den „Glaubensformeln“ vorziehe, und die „solide Frömmigkeit“ oder die „tugendhaften Handlungen“ den „Zeremonien“48; anders gesagt misstraut er den Verstellungen oder Ausnutzungen ritueller Praktiken zu äußerlichen, besonders politischen Zwecken. Was den zweiten Punkt angeht, so erhält die vereinigende Handlung des Kommunikanten mit Christus bei der Kommunion eine Erklärung dank der Leibniz’schen Philosophie des Körpers, die auf die Beiträge seiner Dynamik zurückgreift. So weist der hannoversche Philosoph nach, dass eine Auffassung des Körpers, die einzig durch die cartesianische Ausdehnung oder strenge Lokalisierung gekennzeichnet ist, es nicht gestattet, den Modus der Gegenwart Christi in den sakramentellen Gestalten zu erfassen. Nach Leibniz impliziert die vielfältige Präsenz der eucharistischen Handlungskraft Christi eine „hyperphysische“49 Erklärung der Natur seines höchst glorreichen Leibes, dessen Darreichungsmodalität „adimensional“50 ist, d. h. unmittelbar und ohne räumliche Entfernung. Endlich, was den dritten Aspekt betrifft, führt die Leibniz’sche sakramentale Hyperphysik auf das Universale zurück und das in doppeltem Sinn. Wenn Christus nämlich durch seinen Leib auf substantielle Art gegenwärtig sein kann, so deshalb, weil er eine Doppelnatur besitzt, in der die Menschheit mit der Gottheit vereinigt ist. So ist die eucharistische Multipräsenz bedingt durch die Teilhabe der Person Jesu Christi an der göttlichen Allgegenwart. Die Ubiquität Jesu Christi, oder seine hyperphysische universale Gegenwart, verkörpert sich, wenn ich mir diesen Ausdruck erlauben darf, nicht allein in seiner Inkarnation, sondern auch in der Feier des Abendmahls. Wenn für Leibniz das Abendmahl wirklich ein sacramentum universalis oder universales Brot ist, so bedeutet das, dass es idealiter erlaubt, alle christlichen Konfessionen zusammenzuführen. Tatsächlich behauptet Leibniz seit seinen Demonstrationes Catholicae51 (um 1668), dass seine Definition der Substanz des Körpers es gestattet, die Realpräsenz der Lutheraner zu erhellen und deren Vereinbarkeit nicht nur mit der spirituellen 47 48 49 50
A I, 6, 234; Leibniz an Marie Brinon, den 16. (26.) Juli 1691. GP VI, 25; Essais de Theodicée, Preface. Tentamen; A IV, 7, 379, 385. A, I, 16, N. 291; Leibniz an D. E. Jablonski, Hannover, den 8. (18.) Januar 1699: ἀδιαστάτως (indistanter). 51 Demonstrationes Catholicae; A, VI, 1, S. 489–548.
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Präsenz der Reformierten nachzuweisen, sondern auch mit der transsubstantialistischen Auffassung der Katholiken seit dem vierten Laterankonzil von 1215. Leibniz’ universale Katholizität ist abhängig von einer eucharistischen Physik, in der die wirkliche und substantielle Handlung Christi die Quelle der Vereinigung ist. Betrachten wir nun den zweiten Begriff, der den Zugang zum Herzen der Leibnizschen Irenik eröffnet, nämlich den Begriff der Union (der in den Ausdrücken „Einigung“, „Einigkeit“, „Vereinigung“ und „Union“ begegnet). Das negotium irenicum erfordert, wie wir gesehen haben, eine ganze Reihe vorausgehender Vereinigungen, nämlich die Einheit in der Verbindung der Praxis mit der Theorie und danach die Vereinigung in der Versöhnung der Riten, der Gemüter, der Benennungen und der Glaubenslehren. Die Union ist weder ein Zusammenfließen, das die Eigenheiten einer jeden Konfession auflöst, noch ein Durcheinander, das ohne Unterscheidung miteinander unverträgliche Beiträge vermischt, noch selbst eine starre Einheit, welche die Religion in einem statischen Verständnis festlegt: Die Union oder Einigkeit nimmt im Rahmen des negotium irenicum vielfältige und dynamische Formen an, etwa die kirchliche Eintracht, die Versöhnung der Glaubenslehren, die interkonfessionelle Kommunion, die substantielle Verbindung der Gläubigen mit Christus. Leibniz möchte sich nämlich nicht mit einer bloß virtuellen Union in Gestalt ziviler und kirchlicher Toleranz begnügen; sein Ziel ist es, zu einer „wahren und vollständigen Einheit“, d. h. einer aktuellen Einheit zu gelangen, die er, wie schon gezeigt, als die Möglichkeit für die Gläubigen der verschiedenen protestantischen Gemeinschaften definiert, gemeinsam zu kommunizieren und folglich das Abendmahl als ein sacramentum unionis zu begreifen. Die Leibniz’sche Irenik gründet auf dem ontologischen Prinzip „actiones esse suppositorum“52. Leibniz subsumiert die unendliche Vielfalt des Wirklichen unter die Kategorien des In-Beziehung-Setzens, deren Paradigmen komplex sind – wie die vorzügliche Arbeit von Michel Serres53 zeigt. So tendiert die Anzahl möglicher Kombinationen der Vereinigung zum Unendlichen, unter den Formen der Spiegelung, der Verbindung oder des vinculum, der Vermittlung, der Einbeziehung, der Verknüpfung, der Vernetzung, des In-Beziehung-Setzens vielfältiger Verhältnisse, die sich kreuzen, sternförmig verzweigen, durchdringen, usw. Letztlich gründet Leibniz diese Reihe von Vereinigungen auf seine Metaphysik der Harmonie, welche die größtmögliche Verschiedenheit in der größten Einheit zusammenführt. Eine zentrale Frage stellt sich bezüglich der Vereinigung, die als Vermittlung zwischen dem Geschöpf und seinem Schöpfer verstanden wird. In dieser Hinsicht ist die Rolle Christi entscheidend. Die irenische Behandlung der Lehrgegensätze über die Person Christi einerseits, über das Abendmahl andererseits, erhellen diesen Begriff der Vermittlung, dem eine entscheidende anthropologische Bedeutung zukommt, da es ja um das Seelenheil geht. Betrachten wir kurz, wie Leibniz es 52 Tentamen, A IV, 7, 381–382; vgl. A IV, 7, 584, 585. 53 M. Serres: Le système de Leibniz et ses modèles mathématiques, Paris 1968.
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unternimmt, die Kontroversen über die Doppelnatur Jesu Christi zu lösen54. Er legt großen Wert darauf, zwei einander entgegengesetzte Positionen zu vermeiden, die seiner Vorstellungsweise über den Begriff der persönlichen Union zuwiderlaufen: Einerseits weist er den Nestorianismus zurück, der Gott Vater und Sohn trennt, indem er behauptet, dass Jesus Christus nur ein θεόφορος sei und kein θεάνθροπος; andererseits distanziert er sich vom Eutychianismus, der einen Monophysismus vertritt. Im ersten Fall gibt es keine Vereinigung, sondern ein Nebeneinander von zwei völlig getrennten Naturen; im zweiten gibt es auch keine Vereinigung, denn es gibt keine Doppelnatur mehr. Nach Leibniz vereint die Person Jesu Christi in sich die Physik mit der Metaphysik, die Natur mit der Gnade, in der Verbindung der Inkarnation, die Gott offenbart und gleichzeitig das unergründliche Geheimnis seines Mysteriums bewahrt. Der Vater und der Sohn verhalten sich nicht nur derart gegeneinander, dass die Menschheit der lebendige Spiegel der Gottheit ist, sondern sie sind auf eine Weise miteinander verbunden, dass sie sich in ihrem gegenseitigen Besitz befinden: Die Menschheit hat die Gottheit, aber sie ist nicht die Gottheit. Die zwiefache Identität des Gottessohnes stellt sich als Modell der Versöhnung dar, in dem die Einheit nicht die Aufhebung der Unterschiede bedeutet. So verweist die Einheit der Person Christi, wie Leibniz sagt, auf ein aggregatives Wesen nach dem Beispiel einer Gesellschaft, die aus dem Menschen und aus Gott besteht, welcher im Menschen wohnt. Dies bedeutet: Durch Christus wird die Menschheit zur Behausung Gottes. Die als Vereinigung der beiden Naturen definierte Person Jesu Christi führt von einer Beziehung des Menschen zu Gott gemäß dem analogischen Motiv der imago Dei, die äußeren Charakters ist, zu einer Beziehung inneren Charakters. Nun möchte ich zeigen, wie die beiden Lehrpunkte, die mit dem Begriff der Vereinigung erfasst werden können, miteinander verbunden sind: Die Erklärungen über die Doppelnatur Jesu Christi haben eine Folge für die Auffassung des Abendmahls. Wenn nämlich für Leibniz die Vereinigung der Kirchen erfordert, die Gläubigen im Altarsakrament zu versammeln, so geschieht dies, damit sie sich substantiell mit Christus vereinigen, um die eucharistischen Wohltaten zu empfangen und aufzunehmen. Zur Vereinigung Gottes mit dem Menschen in der Person Christi kommt die Vereinigung der Menschen mit Christus in der Kommunion hinzu, welche also über Christus eine Einigungsverbindung der Gläubigen mit Gott begründet. Kommunizieren heißt, sich mit Jesus Christus vereinigen, der in seiner Person mit Gott vereinigt ist. Man kann also in dieser Hinsicht von einer doppelten Vereinigung sprechen. Kommunikation der Idiome und Kommunion sind zwei Typen der Vereinigung, die sich ergänzen und die Leibniz’ irenischem Vorhaben etwas verleihen, was man mit Jean Baruzi einen mystischen Zug nennen könnte, unter der Voraussetzung jedoch, dass man dies als eine „rationale Mystik“55 begreift, die nicht die via negationis einschlägt, sondern dem Lichtweg 54 Tentamen, §§ 3–4; A IV, 7, 376–378. 55 Vgl. hierzu J. Baruzi: Leibniz et l’organisation religieuse de la terre, Paris 1907, S. 495: „[…] Si l’on se demande finalement quelle est l’essence de la religion leibnizienne, on
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einer wohl geleiteten Vernunft folgt. Für Leibniz ist die wahre mystische Theologie, die er in seinem kleinen Werk Von der wahren Theologia Mystica56 vorstellt, das ungefähr von 1698 stammt und also mit dem Beginn des negotium zeitgleich ist, im Grunde eine natürliche Theologie, die mit der offenbarten Theologie übereinstimmt; sie ist die Quelle einer wahren Frömmigkeit, die ebenso erleuchtet wie aktiv ist. Die „Liebe Gottes vor allen Dingen“ ist verbunden mit dem Bewusstwerden der Vollkommenheit der göttlichen Natur, aber auch mit Leibniz’ Behauptung aus der wahren Theologia Mystica: „Gott ist mir näher angehörig als der Leib“. Die Aufnahme des sakramentalen Leibes und Blutes verstärkt die wesenhafte Nähe des Menschen zu Gott, denn Jesus Christus ist der Mensch, dessen Natur am innigsten mit der Gottheit vereint ist. In demselben Text bemerkt Leibniz auch, dass die Lehren Christi Geist und Wahrheit sind, und er schließt daraus: Wer nicht die Liebe praktiziert, „rühmet sich fälschlich der Erleuchtung oder Christi und des heiligen Geistes“. Leibniz’ Religionsphilosophie ist also tatsächlich grundlegend irenisch, denn sie ist ein universal harmonisches Denken der Vereinigung, die durch die Vermittlung Christi in Verbindung und zum Handeln bringt. Zum Abschluss möchte ich darauf hinweisen, dass das negotium irenicum der Person Christi eine zentrale Rolle zuerkennt, eine Rolle, die häufig in der Leibnizforschung zu gering veranschlagt wird. Die Kommentatoren haben oft und zu Recht die Bedeutung Gottes für Leibniz’ optimistische und rechtfertigende Metaphysik thematisiert, aber nur ungenügend die Rolle Christi. Meine Untersuchung des negotium irenicum bestätigt hingegen die Feststellung, die Christiane Frémont in ihrem Werk L’être et la relation. Lettres de Leibniz à Des Bosses (Das Sein und das Beziehungsverhältnis. Briefe von Leibniz an Des Bosses) trifft, wo sie schreibt: „Man hat das 17. Jahrhundert zu oft als Jahrhundert des Vaters gelesen, vielleicht müsste man es auch lesen als das des Sohnes. An der Seite Gottes, als Garant der ewigen Wahrheiten, steht das Fleisch gewordene Wort, oder das Fleisch gewordene Wissen“57.
Tatsächlich geht Leibniz in seiner Theodizee so weit, Jesus Christus als den summus philosophicus zu bezeichnen. s’aperçoit qu’il faudrait pour ainsi dire créer de nouveaux termes, distincts des expressions usuelles de mysticisme et de rationalisme. Si le mysticisme est une doctrine de vie qui nous fait atteindre Dieu par l’intuition et par la création en nous d’un état d’extase négateur de la recherche discursive, alors Leibniz n’est pas un mystique. Si au contraire le mysticisme admet que la raison soit la réalité ultra-phénoménale, et la source profonde de l’être ; si le mysticisme nie les destructions extérieures et proclame l’union essentielle; s’il persuade les hommes que l’Universel est plus proche d’eux que leur propre corps; – alors vraiment Leibniz est un mystique.“ 56 Von der wahren Theologia Mystica; Guhrauer, Deutsche Schriften, I, S. 410–413. 57 C. Frémont: L’être et la relation, Lettres de Leibniz à Des Bosses, Vrin 1999, S. 31–32: „On a trop souvent lu le dix-septième siècle comme le siècle du Père, peut-être faudrait-il aussi le lire comme celui du Fils. A côté de Dieu, garant des vérités éternelles, il y a le Verbe fait chair, ou le savoir fait chair“.
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Die Leibniz’sche Irenik ist weit davon entfernt, ein starres Studienobjekt darzustellen, das man endgültig in die Grenzen einer Definition zwängen könnte. Sie ist ganz im Gegenteil ein dynamischer, für Entwicklungen offener Begriff, der mit der Formel von Michel Fichant „eine immer wieder neu aufgenommene denkende Schreiberfahrung“58 darstellt. So ist es folgerichtig, dass Leibniz’ „Denken in progress“, wenn es darum geht, auf der via regia et recta oder der via ad pacem des negotium irenicum voranzuschreiten, sich in Form eines „Versuchs“ („Tentamen“) darstellt, der „bescheidene“ Lösungen vorschlägt („unvorgreifflich“), die für die Diskussion offen bleiben. Das gilt auch für den Schluss dieses Beitrags.
58 M. Fichant: „La dernière métaphysique de Leibniz et l’idéalisme“, in: Bulletin de la Société française de philosophie 100,3 (2006), S. 7: „une expérience d’écriture pensante toujours relancée“.
THE ECUMENICAL LEIBNIZ – RELIGIOUS RECONCILIATION THROUGH ‘WISE CHARITY’ Patrick Riley (Cambridge, MA) Leibniz’s central practical idea – which he used as much in his “ecumenical” notion of charitable religious reconciliation as anywhere else – is that “universal” justice is a positive, other-aiding caritas sapientis seu benevolentia universalis (“the charity of the wise, that is, universal benevolence”)1; that such justice “contains” or encloses all of the moral virtues2; and that it relates to “the common good” or “the perfection of the universe” or “the glory of God” – where these three distinct things are morally equivalent in Leibniz’s usual sense (the sense that in working with wise charity for the common good of humanity one is following the “presumptive will” of God as just monarch of the best of all possible worlds)3. I. IUSTITIA CARITAS SAPIENTIS It is worthwhile to try to recover a tradition of thinking about justice which (since the eighteenth century) has largely disappeared from view: the tradition which defines justice as positive love and benevolence and “charity” and generosity, not as merely following authoritative sovereign law (as in Hobbes’ “legal positivism”)4 or negatively “refraining from harm” (the neminem laedere of Roman law). There is (or rather was) a tradition which one can (roughly) call “ChristianPlatonic”, which is to be found in Augustine, Shakespeare and Leibniz (inter alia) – and, in a proto-Leibnizian way, in Cicero’s insistence on justice as caritas naturalis [natural charity] “between good men” (in De Finibus and De Natura Deorum)5 – which claims that justice should not content itself with mere law-observance (since law can be unjust), should not content itself with avoiding injury, but 1
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Leibniz: Paefatio Codicis Juris Gentium; A IV, 5, N. 7 (a superb critical edition); English version in Gottfried Wilehm Leibniz: Political Writings, translated and edited with an introduction and notes by P. Riley, reprint, Cambridge u. a. 22001, pp. 118 ff. Leibniz: „Elementa iuris perpetui“, in: Scritti politici e di diritto naturale di Gottfried Wilhelm Leibniz, a cura di V. Mathieu, Torino 1965, 192 ff. Ibid. Hobbes: Leviathan, ed. by M. Oakeshott, Oxford 1946, ch. 13: “Where there is no law there is no justice”. Treated by Leibniz in his “Excerpta ex Cudworthii systemate intellectuali” (1689); A IV, 4B 1944-1955; Grua: Textes, I, 327−328.
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that love and charity as the first of the social virtues should be “ascended” to and embraced (through the “sublimated Platonic erotism” of Euthyphro, Phaedrus, and Symposium)6 in a completely adequate theory of justice. This Platonic-Christian tradition comes out in its first full form in Augustine’s De Doctrina Christiana I, 27/28, with its notion that the “just” man will feel ordered or measured love which is proportional to the moral perfection of fellow men7 – here St. Paul (1 Cor 13, “the greatest of these is charity”) supplies the element of love, and Plato supplies the geometrizing notions of order, measure and proportion (especially in the Philebus)8; it carries on in Dante’s idea of “higher” Roman justice (“by love possessed”) in Canto VI of Paradiso (celebrating Justinian9); it continues in Portia’s great speech in Merchant of Venice Act IV (“though [legal] justice be thy plea, consider this, that in the course of justice none of us should see salvation; we do therefore plead for mercy”), and in Isabella’s speeches in Measure for Measure privileging charity and mercy and generosity over sovereignty and the letter of the law10; it culminates in Leibniz’s great effort, at the dawn of the Enlightenment, to say that justice rightly understood is caritas sapientis seu benevolentia universalis, “the charity/love of the wise, that is universal benevolence”. Though this Platonic-Christian tradition was greatly weakened by Hume11, Voltaire (Candide), and above all Kant – who invariably defined justice as “public legal justice” (“if public legal justice perishes it is no longer worthwhile for men to remain alive on this earth”)12 – vestiges of the tradition are to be found in Wagner’s libretti (for example in Brünnhilde’s giving primacy to “higher” love at the expense of Fricka’s narrow legalism or Wotan’s sovereign caprice in Die Walküre)13, and still more in Freud’s demi-Platonic argument in Civilization and its Discontents that we can and must “sublimate” our attachment to “genital eros” into benevolent love of civilization, even if we must thereby pay an almost intolerable psychological price14. The importance of this tradition is evident: justice has been understood as the first of the social virtues since Greek antiquity – seconded by Aquinas’ agreeing with Aristotle that justice is “the morning and the evening star”15, and (in our time) by John Rawls’ privileging of justice in A Theory of Justice 6 7 8 9 10 11
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Plato: Euthyphro 9e–10e, Phaedrus 256 ff., Symposium 206c–209e. Augustine: De doctrina Christiana I, 27 (28a), c. 395 A. D. Plato: Philebus 66 a–e. Dante: Commedia, “Paradiso,” Canto VI, 10–12. Shakespeare: The Merchant of Venice IV, I, 184 ff.; Shakespeare: Measure for Measure, II, ii, 108 ff. Hume: Treatise of Human Nature, Book III, of Morals, ch. 1: “Moral distinctions not derived from reason”. (And yet Hume does say that if benevolence were universal – a psychological impossibility – mere legal justice would be superfluous.) Kant: „Rechtslehre“, in: Immanuel Kants Werke, hrsg. von A. Buchenau, Ernst Cassirer et al., Bd.7: Die Metaphysik der Sitten, Berlin 1922, p. 135; Kants Werke, Akademie-Textausgabe, VI, p. 332. Wagner, libretto for Die Walküre, Act II, scene 5 (“Todesverkündigung”) and Act III, scene 3. S. Freud: Civilization and its Discontents, trans. by J. Strachey, London 1961, pp. 60 ff. St. Thomas Aquinas: Summa Theologica II, II, sec. 57 (“Justice”).
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(1971)16; and love (charity) has always been ranked highest among human feelings and emotions. The ingeniousness of the Christian-Platonic tradition is that it makes justice and love both “first” – by saying, with Augustine, that justice is “measured” or “ordered” love (proportional to moral perfection), or by saying, with Leibniz, that justice is “the charity of the wise, that is universal benevolence”. This tradition largely eclipsed since the Enlightenment, is too important to let go: one can hope, indeed, that the intuitive moral attractiveness of the idea of “justice as love and benevolence” can receive (at least some) new lease of life through a sympathetic re-examination of a view which was powerful enough to prevail (by and large) from Plato to Leibniz, and whose vestiges still glimmer in Wagner and Freud. Leibniz’s first published defense of justice as caritas sapientis appears in the Codex juris gentium diplomaticus (1693): “A good man is one who loves everybody, so far as reason permits. Justice, then, which is the virtue which regulates that affection which the Greeks call philanthropy, will be most conveniently defined […] as the charity of the wise man, that is, charity which follows the dictates of wisdom […] Charity is a universal benevolence, and benevolence the habit of loving or of willing the good. Love then signifies rejoicing in the happiness [or perfection] of another […] the happiness of those whose happiness pleases us turns into our own happiness, since things which please us are desired for their own sakes”17.
And then slightly later, in La véritable piété – from 1710, the year of the Théodicée, “the justice of God”, Leibniz indicated what his view of justice entails: “[…] those who […] reduce justice to [legal] rigor, and who fail altogether to understand that one cannot be just without being benevolent…in a word, not only those who look for their profit, pleasure, and glory in the misery of others, but also those who are not at all anxious to procure the common good and to lift out of misery those who are in their care, and generally those who show themselves to be without enlightenment and without charity, boast in vain of piety which they do not know at all, whatever appearance they create”18.
Leibniz’s view of “justice as charity” comes out most eloquently in a recent published “new” letter to Johann Theodor Heinson from July 1699, in which he insists that it is “high time” that the “education of youth” be brought to a higher level, and that “means be thought of better to implant Christian love, right and justice, and other virtues in men”19. (It is wholly characteristic of Leibniz to conflate “love”, “right”, “justice” and the “other virtues” – given his insistence in the Elementa iuris perpetui [1695] that justice contains or encloses all the other virtues)20. The letter to Heinson goes on to urge that Christian “love” (or right or justice or virtue), though its “love-rich gentleness”, tends to bring about “a truly philadelphian [brother-loving] union” that excludes “contrariness”, “hatred”, and 16 17 18 19 20
J. Rawls: A Theory of Justice, Cambridge, Mass. 1971, pp. 15–18. Leibniz: Praefatio Codicis Juris Gentium; A IV, 5, 61. Leibniz: “La veritable piété”, Grua II, 499 ff. A I, 17, 362 ff., esp. 364. Leibniz: „Elementa iuris perpetui“, in: Scritti politici, pp. 192 ff.
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“contempt” – since libreicher Sanftmut “seeks not evil but good in all things”. (And in an adjoining sentence “love/right/justice” also rules out “pride”, “partisanship”, and “love of novelty”21). For love should have as its object “the general good” of humanity, not mere “newness”: “We must give testimony of the supreme love which we bear toward God, through the charity which we owe to our neighbor. And we must make all imaginable efforts to contribute something to the public good. For it is God who is the Lord, and to him belongs the public good as his own; and everything we do for the least of his subjects (whom he has the goodness to treat as brothers) will be done for him”22.
It is worth pointing out that the July 1699 letter to Heinson – an old Leibniz protegé who now found himself serving as an ecclesiastical counselor at the little court of Aurich in East Frisia – offers a moral utopia of ecumenical “philadelphian union” and liebreicher Sanftmut precisely as consolation to Heinson, who was surrounded at Aurich by the last-rising “Pietist” sect which offended his orthodox Lutheran sensibilities. But if Leibniz could offer a rapt vision of a sect-free, brother-loving union in order to cheer the scandalized and demoralized Heinson, he could also (in his tougher realist vein) give his old protegé harder-edged advice about tolerantly getting along with sectarians who had to be countenanced. And so in a letter of May 1699, speaking on behalf of Electress Sophie of Hannover, Leibniz told Heinson that “this Great Princess has ordered me to tell you that you should attach yourself sooner to the laws and customs established in East Frisia, and to the reasonable practices of your predecessors, than to what may be in use in Hannover. […] Her Electoral Highness judges that the best course you can follow, in case there is some Pietist who shocks you, is to reveal your feelings to your Prince, in a manner full of respect and moderation; [you will thereby] have satisfied your conscience and the duty of your office […] As for me, I find […] that there is no Canon of the Church or decision of [an ecumenical] Council which is more infallible than the rule which she has given to you for your repose”.
Leibniz goes on to say that some of the Pietist tracts which Heinson had sent him “do not seem to come from a fanatic” or from people given over to “the visions of enthusiasts”; and he adds that unless Pietists or other sectarians do something openly illegal, the best course is (in effect) to ignore them: “[…] Since there are evils which are more easily surmounted by silence than by [the application of] remedies, you see that it may be the case that prudence will ordain that the prince live with certain evils, for fear of making them more bitter, or of falling into even greater inconveniences. Sects (supposing that Pietism is one of them) are of this nature. They resemble a torch, which burns more brightly after being disturbed. You know this fine verse of Ovid: Vidi ego jactatus mota face crescere flammas, Et vidi nullo concutiente mori [I have seen flames grow when fanned by the movement of the torch, and I have seen them die down
21 A I, 17, 362. For some incomprehensible reason, Leibniz suppressed this splendid letter to Heinson and sent instead a perfunctory, uninteresting one (ibid., pp. 366–367). 22 A VI, 4 C, 2238.
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when no one waved it more]. Without the excommunication of Pope Leo X, Luther would not have gone so far […]23.
An extraordinary thing for a (nominal) Lutheran to say to a more orthodox one! But Leibniz’s point is that one must endure not-too-dangerous sectarians, even while hoping for the advent of a sect-transcending, ecumenical caritas and benevolentia. As ever, he treats both “ought” and “is” with consummate intelligence. II. ECUMENISM AND RELIGIOUS RE-UNIFICATION For Leibniz perhaps the highest (or widest) form of caritas sapientis or benevolentia universalis is to be found in religious reconciliation, unity, and concord, in three ever-outward-expanding spheres or circles: (1) reconciliation of Protestants (“Lutherans” and “Calvinists”) in Germany24, (2) reconciliation of Protestants and Roman Catholics in Europe25, (3) reconciliation of Christians with all other rational beings (for example the Chinese, as recommended in Novissima Sinica [1697])26. In the period May – December 1698 Leibniz was still at work on the great irenical treatise called Unvorgreiffliches Bedencken (“Unprejudiced Thoughts”) on Lutheran-Calvinist rapprochement which he had begun early in 1698 with his friend and colleague the Lutheran Abbot of Loccum, Gerhard Wolter Molanus27 – an irenical work which the eminent Leibnizian Paul Schrecker rightly called “a true treasure of philosophy and theology”, “un vrai trésor de philosophie et de théologie” (Lettres et fragments inédits, Paris 1934). (After Schrecker emigrated to France he apparently advised Gaston Grua to include part of the “Unvorgreiffliches Bedencken” in what finally became Leibniz’ Textes inédits [Paris 1948]28. While collaborating on the Unprejudiced Thoughts Leibniz and Molanus exchanged a number of important letters; and a crowning glory of their correspondence is Leibniz’s remarkable letter to Molanus of October 1699 urging that hyperCalvinist notions of groundless, extra-reasonable “election” and “salvation” (regardless or merit and desert) can degenerate unto unjust, uncharitable “tyranny”29. 23 A I, 17, 201–203. 24 See above all P. Schrecker (ed.): G. W. Leibniz. Lettres et fragments inédits sur les problèmes philosophiques, théologiques, politiques de la réconcilation des doctrines protestantes (1669– 1704), Paris 1934, pp. 34 ff. (“Introduction”) (a wonderful essay). 25 See especially the Leibniz–Bossuet Correspondence in Oeuvres, dir. par F. de Careil, vol. II, passim. Paris 1859–1875. 26 Leibniz: Novissima Sinica, trans. by D. Cook and H. Rosemont, Chicago 1994, pp. 45 ff. See also P. Riley’s essay in Novissima Sinica (= Studia Leibnitiana Supplementa 33), hrsg. von W. Li und H. Poser, Stuttgart 1999, pp. 235 ff. 27 On this point see the invaluable remarks of Schrecker in: Leibniz. Lettres et fragments inédits, pp. 47 ff. (“Introduction”). 28 Grua I, 428 ff.; Schrecker is thanked in the “Avertissement.” 29 A I, 17, 428 ff.; Leibniz, letter to Molanus (October 1699).
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(This October 1699 letter, nominally a favorable commentary on an irenical scheme by an obscure Swiss Calvinist pastor named Sterky, actually quietly annihilates the pastor’s theological fumblings; Leibniz wrote this letter, which was obviously intended for wide circulation, in French – unlike the scholastic Latin of most of the Leibniz-Molanus correspondence)30. And it is worth remembering, of course, that it was for Molanus that Leibniz finally wrote the definitive statement of his Christian-Platonic “universal jurisprudence” of charity and benevolence, the Opinion on the Principles of Pufendorf, in 1706: “Neither the norm of conduct itself, nor the essence of the just, depends on [God’s] free decision, but rather on eternal truths, objects of the divine intellect […]. Justice follows certain rules of equality and of proportion which are no less founded in the immutable nature of things, and in the divine ideas, than are the principles of arithmetic and of geometry […]. Divine justice and human justice have common rules which can be reduced to a system; and they must be taught in universal jurisprudence”31.
To conciliate the Evangelical and the Reformed churches – Leibniz refused to use the names “Lutheran” and “Calvinist,” which he considered too personal and partisan, too inimical to charitable transcending of “schism”32 – it would be sufficient to find minimal acceptable common ground between those churches33. Leibniz, however, pursues not the prudent minimum but the radical maximum in the “Unprejudiced Thoughts”: he bases his argument not on a narrow common ground acceptable just to (closely related) Protestant sects, but on the notion of that which is necessarily, universally true and/or right for all rational beings in the universe. And that is why he closely paraphrases Plato’s dialogue Euthyphro (without naming it) in the key paragraph of the “Unprejudiced Thoughts” – for the point of the Euthyphro is that even the gods themselves see and know and chastely love the “eternal verities” (mathematical and moral) which are valid for all “minds” in the cosmos, that the gods don’t cause or make eternal truth by decree or a so-called “absolute” will34. This Platonizing moral universalism, which Leibniz was to turn against both radical Cartesian voluntarism and Calvinist “absolute decrees” (as will be seen shortly), was the basis of his jurisprudence universelle of “wise charity” and “universal benevolence” – a universal jurisprudence well outlined in his letter of January 1698 to Huldreich von Eyben, which urges that “the whole of practical theology is indeed nothing other than a species of the highest jurisprudence, that is the right of God [de jure Dei]”, and that while each earthly respublica “has its own jurisprudence, so to speak”, these individual justice-systems are subordinate to “the jurisprudence of the greatestcity of all minds under the monarch of God”, which is the “optima Respublica”35. And in a letter to the Florentine 30 31 32 33 34 35
See Schrecker, 34 ff, and the Introduction to A, I, 17. Dutens IV, 3, 275 ff. Schrecker (ed.), 96, and now also A I, 17, 610. A I, 14, 690–691. Euthyphro 9e–10e. A I, 15, 137.
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scholar Antonio Magliabechi from June 1698, Leibniz makes it clear that this universal justice in the “best commonwealth” has everything to do with “the nature of true love” or finding one’s own pleasure “in the felicity of others”: universal caritas requires the wise love of God and of one’s neighbor36. (It is not surprising that a professional law-expert with a doctorate in jurisprudence should view practical theology as a “species” of “the highest jurisprudence”, and that the same legal expert should write a theodicy [theos-dike, “the justice of God”], saying “it is the cause of God I plead”37. Indeed Leibniz the “universal” jurisconsult finds objectionable in a Calvinist “absolute” God the same things that a practicing lawyer would condemn in a court of law: “the damnation of an innocent, the taking back of divine promises, and the like, which would not be an actus conformis justitae” – for it would be incongruent with “the goodness and the wisdom of God”)38. One doesn’t really “need” Platonism just to bridge the (not too huge) differences between Calvinists and Lutherans; Leibniz uses Platonism, which goes well beyond his immediate, limited irenical needs, precisely because of his “global Platonism” (as René Sève has aptly called it)39. It is revealing, indeed, that Leibniz should fall back on Plato’s Euthyphro when something more modest, less radical, would be sufficient. (“Reason not the need”, as King Lear says – or rather, go beyond what is narrowly, immediately needed to reason itself. For what reason dictates universally to all rational beings – even to the gods themselves in Euthyphro – will be also automatically valid for Lutherans and Calvinists. And a Christian-Platonist universalizing ecumenism will then later shape the Théodicée, viewed as a kind of proto-Kantian “religion within the limits of reason alone”.) The theological fine-points of the “Unprejudiced Thoughts” are of greater interest to the history of theology than to the history of philosophy; but it is philosophically interesting that Leibniz should use Platonic rationalism to draw together two modern, north-European Christian sects. Tertullian had famously asked, “If we have Jerusalem, what need have we of Athens?”40, Leibniz uses “Athens” to bridge quarreling sides of a divided “Jerusalem”. He enlists Plato to mediate between Luther and Calvin – not surprisingly, given his view that “the doctrine of Plato concerning metaphysics and morality is holy and just […] and everything he says about truth and the eternal ideas is truly admirable”41. As the 1699 letters to Molanus will soon make clear, what Leibniz found most worrying in hyper-Calvinism was the notion that by an “absolute decree” God willed the election of the saved and the reprobation of the damned – not from foreknowledge of good or bad use of faith and grace on the part of human beings, 36 Ibid., 645. 37 G. W. Leibniz: Theodicy. Essays on the goodness of God, the freedom of man and the origin of evil, transl. by E. M. Huggard [from GP VI], ed. with an introd. by A. Farrer, London 1951, “Preliminary Discourse”. 38 A IV, 7, 466. 39 R. Sève: Le droit de la raison, Paris 1997, 18n. 40 Tertullian: De praescriptiones heraeticorum, VII. 41 Leibniz, letter to Huet (1679); A II, 1 (2.ed.), N. 203.
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but simply as an exercise of unquestionable sovereign power. (Euthyphro, in “his” dialogue, had urged that whatever the gods love counts as right, but Socrates refutes him; small wonder that Leibniz should view Calvin as a kind of Euthyphro après la lettre). The idea of “tyrannical” divine potestas, undirected by any rational causa impulsiva or benevolent charity, Leibniz had eloquently denounced as morally intolerable near the beginning of the Discourse on Metaphysics (1686): “Why praise [God] for what he has done if he would be equally praiseworthy in doing exactly the opposite? Where will his justice and his wisdom be found if nothing is left but a certain despotic power, if will takes the place of reason, and if, according to the definition of tyrants [Thrasymachus’ definition of justice in Plato’s Republic], that which is pleasing to the most powerful is by that very fact just”42?
Almost exactly the same kind of tyranny-rejecting language appears in Leibniz’s letter of February 1698 to his collaborator Molanus: “every act of divine will has a determining reason [causa impulsiva], otherwise God would not be supremely wise”. Condemning the notion of willful divine “tyranny” yet again, Leibniz makes Christ himself speak against it – and in Greek, the language of Plato. (Leibniz then actually compares divine tyranny to the Roman practice of decimation – something bloody, arbitrary, and not personally deserved – and urges that “jurisconsults” will view such tyranny with “aversion,” as “one of the impossible things”. In this same Romanizing vein, Leibniz then goes on to reflect on Tacitus’ Annales, saying that while a mere princeps [prince] will suffer from “human imperfection” [imperfectioni humanae], God by contrast will always act through a “supremely wise perfection” which rules out the arbitrary and the tyrannical)43. But it is in an October 1699 letter to Molanus that Leibniz expands his ChristianPlatonist objections to Calvinist “absolutism” as something unjust: “God does not act through absolute power alone, without reason, as would a tyrant, and it is always his supreme wisdom which makes him choose the best – though the reasons for this depth of his counsel may be unknown to us. Thus the love of God and the respect which we owe him is not injured at all; his wisdom, his goodness, and his justice remain in their entirety, as well as his power and his supreme right […]. This sovereign master does not act without reason, or by some obscure movement of his power alone, which would be the act of a tyrant, but through reasons (however unknown to us) which his perfections furnish to him: in a word, sovereign wisdom has as much of a role as sovereign power”44.
Sections 175–178 of the Theodicée, a decade later, against the supralapsarians, merely amplify these complaints about “tyranny” and “injustice” in the letters to Molanus45. And that is why Mark Larrimore is so correct when he urges that the Théodicée is not simply a vindication of God but “a series of meditations on better
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A VI, 4B, 1533. A I, 15, N. 208. A I, 17, 609. Huggard (ed.): Theodicy, II, 175–178; GP VI, 218-220.
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and worse ways of conceptualizing the workings of perfect wisdom, power and goodness” – so that the book “makes a distinctive contribution to ethics”46. The Platonic-rationalist anti-voluntarism outlined in these letters to his collaborator had been long-aimed by Leibniz not just against the more radical forms of hyper-Calvinist theology, but against Descartes’ even more thoroughgoing and extreme voluntarism in the Reply to the Six Objections. Descartes had insisted that: “It is self-contradictory that the will of God should not have been from eternity indifferent to all that has come to pass or that will ever occur, because we can form no conception of anything good or true… the idea of which existed in the divine understanding before God’s will determined him to act”47.
One of the most consistent things in Leibniz’s philosophical development was his hostility to such hyper-creationist notions, as a note on Eckhard (1677) shows: “I know that it is the opinion of Descartes that the truth of things depends on the divine will. This has always seemed absurd to me […]. Who would say that A is not non-A because God has decreed it”48?
In the history of philosophy the idea that the concept of justice, as an “eternal verity,” is not a mere adjunct of power, that it is an idea who necessary truth is at least analogous to the truths of mathematics and logic, is commonly associated with Plato. Now while it is not true that Leibniz was a Platonist in any doctrinaire sense – his clinging to Pauline “charity” and to Augustinian “good will” (bona voluntas) would have made that difficult – nonetheless he did agree with Plato on many points of fundamental importance. “I have always been quite content, since my youth”, he wrote to Remond in 1715, “with the moral philosophy of Plato, and even in a way with his metaphysics; for those two sciences accompany each other, like mathematics and physics”49. The Platonic work which Leibniz admired most – at least for use in moral and political philosophy and in theology – was the Euthyphro, which he paraphrased almost literally in his most important work on justice, the “Meditation on the Common Notion of Justice”. In the Euthyphro, which deals with the question whether “the rules of goodness and of justice are anterior to the decrees of God” (in Leibniz’s words), Plato “makes Socrates uphold the truth on that point”50. And
46 M. Larrimore: “The Moral Import of Possible Worlds”, in: Nihil sine Ratione. VII. Internationaler Leibniz-Kongreß. Vorträge, 2. Teil, ed. by H. Poser, Berlin 2001, pp. 693–698, here p. 693. 47 Cited in Riley: Leibniz’ universal jurisprudence. Justice as the charity of the wise, Cambridge, Mass./London 1996, p. 23. 48 Leibniz in a note on Eckhard (May 1677); A II, 1 (2.ed.), 530, note 74 (1.ed. p. 351); translation in: G. W. Leibniz: Philosophical Papers and Letters, trans. L. E. Loemker, Chicago 1956, vol. 1, p. 568, note 163. 49 GP III, 637. 50 Huggard (ed.): Theodicy, II, pp. 182, 240–241.
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that truth is, as Ernst Cassirer puts it, that the good and the just are “not the product but the objective aim and the motive of his will”51. The opening lines of Leibniz’s Meditation on justice merely convert Platonic dialogue into straightforward prose: “It is agreed that whatever God wills is good and just. But there remains the question whether it is good and just because God wills it or whether God wills is because it is good and just: in other words, whether justice and goodness are arbitrary, or whether they belong to the necessary and eternal truths about the nature of things, as do numbers and proportions”52.
Leibniz then goes on, in the Meditation, to equate Hobbes with the Thrasymachus (Republic I, 338c) who had viewed justice not as geometrically “eternal” but as the product of the will of the powerful. And this remarkable opening of the “Meditation,” with its Platonizing linkage between “eternal” justice and “proportion” (à la Philebus) reminds us that, in Philip Beeley’s helpful words, “Leibniz was convinced that human minds are something like metaphysical images of the divine mind,” so that “the investigation of pure concepts” such as numbers or geometry (or justice) is “a part of gaining insight into God”53. Leibniz’s devotion to the doctrine of Plato’s Euthyphro is clear not just in the Meditation on the Common Notion of Justice (and then later in the Theodicy), but in the slightly earlier Unvorgreiffliches Bedencken”, which (as we have seen) he wrote partly to counter the extreme Calvinist view that God creates everything ex nihilo through his “fullness of power” (plentitudo potestatis) and creative “will” alone. One must consider, Leibniz, now says, “whether the will of God really makes right [das Recht], and whether something is good and right simply because God wills it, or whether God wills it because it is good and right in itself [an sich gut und recht ist]”. The radical voluntarist view of justice as a divine “product” Leibniz ascribes to a number of now-obscure Calvinist theologians, but also to those Cartesians “who teach that two times two makes four and three times three makes nine, for no other reason [Ursach] than that God wills it”54. But such a radically voluntarist position, for Leibniz, is as calamitous morally and theologically as it is mathematically: for on such a view “the aeternae veritates would have no certainty in themselves, and even the bonitas et justitia dei would be only extrinsic denominations, and in fact would be groundless, if their truth derived from God’s will alone. Si tantum staret pro ratione voluntas”.
Those who say, Leibniz adds, that “God wills the evil of punishment without regard to the evil of sin”, that he wills to “eternally damn” men even before “any of 51 E. Cassirer: Leibniz’ System in seinen wissenschaftlichen Grundlagen, Marburg 1902, 428– 498. 52 G. W. Leibniz: “Meditation on the Common Concept of Justice” [“Meditations sur la notion commune de la justice”], in: ders.: Political Writings, translated and edited with an introduction and notes by P. Riley, reprint, Cambridge u. a. 22001, pp. 45–64; here p. 45. 53 Ph. Beeley: Review of Christia Mercer’s Lebniz’s Metaphysics, in: Notre Dame Philosophical Reviews (2002). 54 A IV, 7, 468.
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their sins come into play”, forget that such a view “in no way abides with God’s justice, goodness, and charity”55. (The last clause is a conscious re-working of I Corinthians 13, “Now abideth faith, hope charity, these three”; Leibniz replaces “faith” and “hope” with two additional moral virtues.) For if God’s decree were “quite absolute, and had no causam impulsivam whatsoever, then God would be an acceptor of persons, through election, and would deal with men as a tyrant with his underlings […] for no other reason than sic volo sic jubeo”56. (This phrase from Juvenal’s Satire VI, line 223, continues with another phrase which had great weight with Leibniz: the whole sentence reads Hoc volo, sic jubeo, sit pro ratione voluntas, and was understood by Leibniz to say: “Thus I will do, thus I ordain, my will takes the place of reason”.) Here, in his boldest stroke, Leibniz virtually equates hyper-Calvinists with the willful woman in Juvenal’s Satire who crucifies an innocent slave merely because she wants to. And since Christ (the caritaslover) was also a crucified innocent, Leibniz links all unjust crucifiers to partisanship for extra-rational “absolute” decrees: he deploys pagan Juvenal to make Christian Calvin more charitable (as he had deployed Plato to mediate between Luther and Calvin)57. Leibniz’s insistence on God’s justice, goodness and charity as an antidote to “absolutism” and “tyranny” is brought out in a crucial paragraph of the “Unvorgreiffliches Bedencken” (and then echoed in his 1698–99 letters to Molanus). In the Unprejudiced Thoughts Leibniz urges that “the divine attributes must necessarily be compatible, or as it is explained by our theologians, harmoniously united [harmonica]. God, though he is not only charitable [barmherzig] but charity itself, can nonetheless undertake no exercise of it which goes against his justice—and also no exercise of his justice through which his charity would be left behind”58.
Any exercise of divine omnipotence [Allmacht], Leibniz goes on to say, must be limited by God’s “goodness” and “wisdom”—leading finally to “justice” [Gerechtigkeit]. This same Gerechtigkeit is insisted on by Leibniz, over and over, in his long and important letter to Molanus of July 18, 1698 – especially in the paragraph in which Leibniz treats Christ as “a just judge” for charitably saving “the woman taken in adultery” (John 8, 15) from the legal penalty of death by stoning, for benevolently saying: “Go, and sin no more”59. (It is not surprising that Leibniz should give primacy to the Johannine Gospel – which in effect “foresees” Leibniz’ notion of anti-legalistic caritas sapientis and benevolentia.) Leibniz goes on to say, in Unvorgreiffliches Bedencken, that “the eternal truths of goodness and justice, or ratio and proportion”, as well as all other “necessary truths”, have “their ground in the eternal being of God himself: not, however, 55 Ibid. 468−469. 56 Ibid., 484. 57 Cf. Leibniz’s comparable treatment of Pontius Pilate as an unjust crucifier of embodied caritas in the Novissima Sinica; A IV, 6, 400. 58 A IV, 7, 462/463. 59 A I, 15, 702–703.
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in his free decree”. (“Now consist justice, goodness, beauty, no less than mathematical things, in equality and proportion, and therefore no less aeternae et necessariae veritatis”60.) He adds that “true justice, as it is grasped by all understanding and honor-loving people, consists not in impunity, but means a universal good-willingness, in which wisdom is included”61.
(Given Leibniz’s standard moral equivalences, allegemeine Gutwilligkeit = benevolentia universalis = caritas sapientis = justice.) And finally he plays the “ontological proof” trump card: if all truths were divinely caused ex nihilo, then the truth about the necessary existence of God himself (as revealed by St. Anselm) would be “a product of the free will of God, which is absurd in the highest degree [absurdissimum]62. In that passage, Plato triumphs over the unholy Trinity of Euthyphro-Calvin-Descartes – not the traditional Trinity charitably supported by the ecumenical and conciliatory Leibniz.
60 A IV, 7, 470/471. 61 A IV, 7, 467: “Dann die wahre justitz, wie sie von allen verständigen und ehrlichen leuten genommen wird, bestehet nicht in der impunität, sondern bedeutet eine allgemeine guhtwilligkeit der weisheit gemäß.“ 62 A IV, 7, 470.
LEIBNIZ’S CONCEPTIONS OF THE EUCHARIST 1668–1699 AND HIS USE OF 16TH CENTURY SOURCES IN THE RELIGIOUS NEGOTIATIONS BETWEEN HANOVER AND BRANDENBURG Irena Backus (Geneva) It is by now a well-known fact that Leibniz first developed his concept of substance1 as a being which has a principle of action within itself around 16682. He argues then that all action of a body is a motion. This, in turn, led him to think that, as no body contains in itself the principle of motion, it could not by itself constitute a substance but that individual substance must be a mind. Moreover, reacting to Descartes’ formulation of laws of motion, he put forward the idea of a non-extended, simple, indestructible entity. He called such entities monads from 1696 onwards, although he employed the word monas in a mathematical context as early as his Leipzig period (prior to 1666). Each monad, as we know, represents an individual microcosm mirroring the universe in varying degrees of perfection and developing independently of all the others with action constituting their sole common feature. This doctrine finds its full expression in the Monadology of 1714. In Leibniz’s view there is an infinite series of monads ranging from the completely active to the almost inert. Their proper activity is perception or mirroring of the universe in various degrees of perfection according to their degree of activity or inertia. Every body is a colony of monads with various degrees of activity and the human being is therefore a part of the normal activity of mirroring, albeit much more active or spiritual than e. g. a stone, whose monad is practically inert. The object of this essay firstly is to examine the relationship between Leibniz’s religious position and his ontology in 1668 and with those he led in 1697–99 (alongside Gerhard Wolter Molanus)3 on behalf of the Elector of Hanover Ernst 1 2
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A VI, 1, N. 15, 501–517. – I should like to thank Claire Rösler, Hartmut Rudolph and Stephan Waldhoff for their remarks, written and spoken, which have greatly enriched this paper. Cf. D. Garber: “Motion and Metaphysics in the young Leibniz”, in: Leibniz. Critical and Interpretive Essays, ed. by M. Hooker, Manchester 1982, p. 165. See also R. M. Adams: Leibniz, Determinist, Theist, Idealist, Oxford/New York 1994, pp. 349–361 and I. Backus: “Leibniz’s concept of substance and his reception of John Calvin’s doctrine of the eucharist”, in: British Journal of the History of Philosophy (BJHP) 19, 5, pp. 917–933. On these cf. especially C. Rösler: ‘Negotium irenicum’. Les tentatives d’union des Eglises protestantes de G. W. Leibniz et de D. E. Jablonski, thèse pour obtenir le grade de docteur de l’Université Paris IV, présentée et soutenue publiquement par Claire Rösler, le 14 février,
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August with the Calvinist Brandenburg, and more especially Daniel Ernst Jablonski. Secondly, I propose to examine Leibniz’s use of 16th century sources in the 1697–99 project, and more particularly, his concerted effort to integrate Calvin’s vision of substance with his own. Leibniz refers to Calvin very extensively in connexion with the issue of the eucharist, which he considered important al-though, like the other disputed issues (christology, baptism, confession, repentance and predestination,) not touching on the foundations of faith4. It must be noted that Leibniz uses a wide range of 16th and 17th century sources in his and Molanus’ two successive elaborations of the Unvorgreiffliches Bedencken, his reply to Jablonski’s Kurtze Vorstellung der Einigkeit und Unterscheides5: Amandus Polanus, Jerome Zanchi, Bartholomaeus Keckermann, Gisbert Voetius, Johannes Piscator, and many others are cited in the articles on justification and predestination. The article on the eucharist is thus an exception in its unequivocal appeal to Calvin. This is important when we consider that the eucharist was thought by both protagonists, Leibniz and Jablonski, to be the largest obstacle to the union and that Jablonski in his article X on this subject refers to Zwingli and Oecolampadius as representatives of the Reformed position. He does not so much as mention Calvin. Moreover, judging by Leibniz’s letter to Gerhard Wolter Molanus dated 13th January 1699, Leibniz himself was entirely responsible for the section of UB1 dealing with the eucharist, without the aid of Molanus or Johannes Fabricius6.
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2009 (forthcoming in book form: Paris, Classiques Garnier). Cited here in the unpublished version (hereafter: Rösler, 2009). See also H. Dalton: Daniel Ernst Jablonski, eine preussische Hofpredigergestalt in Berlin vor zweihundert Jahren, Berlin 1903; W. Delius: “Berliner kirchliche Unionsversuche im 17. und 18. Jahrhundert”, in: Jahrbuch für Berlin-Brandenburgische Kirchengeschichte, ed. by H. von Arnim and W. Delius, Berlin 1970, pp. 7–121; Daniel Ernst Jablonski. Religion, Wissenschaft und Politik um 1700, ed. by J. Bahlcke and W. Korthaase, Wiesbaden 2008. On Molanus see esp. H. Weidemann: Gerhard Wolter Molanus. Abt zu Loccum. Eine Biographie, Göttingen 1925, 21929; M. Ohst: “Einheit in Wahrhaftigkeit. Molans Konzept der kirchlichen Reunion”, in: Die Reunionsgespräche im Niedersachsen des 17. Jahrhunderts (= Studien zur Kirchengeschichte Niedersachsens 37), ed. by H. Otte and R. Schenk, Göttingen 1999, pp. 133–155; J. Meyer: “L’abbé Molanus et les tentatives de rapprochement des églises”, in: Union – Konversion – Toleranz. Dimensionen der Annäherung zwischen den christlichen Konfessionen im 17. und 18. Jahrhundert (= Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz, Beiheft 50), hrsg. von H. Duchhardt und G. May, Mainz 2000, pp. 199–217. Cf. H. Rudolph: “Zum Nutzen von Politik und Philosophie für die Kirchenunion”, in: Labora diligenter (= Studia Leibnitiana Sonderhefte 29), hrsg. von M. Fontius, H. Rudolph und G. Smith, Stuttgart 1999, pp. 108–127, here: 120–121. A IV, 7, NN. 78 and 79. Hereafter: UB1 (first version) and UB2 (final version). I should like to thank the editors for giving me access to their work in progress. See A I, 16, N. 278, 454: “Ego absolvam Epilogum, ubi explicatio corporis, praesentiae et mentis Calvini”.
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I. BACKGROUND TO THE HANOVER-BRANDENBURG TALKS The political and religious background of the Leibniz-Molanus and Jablonski negotiations is well known enough for me to include only a very brief reminder of it7. I shall follow this by an outline of the literary framework of the 1697–1699 events. The project of union between the Calvinists and the Lutherans in its inception owed as much to the initiative, orientation and competence of the main protagonists as it did to the two electors, Ernst August of the Lutheran Hanover and Friedrich III of the Calvinist Brandenburg. As regards Hanover, Johann Friedrich, its ruler until his death in 1679, had converted to Catholicism in 1651. On his death he was succeeded by his brother Ernst August who restored Lutheranism as the official religion and who viewed the Calvinist Church as a valuable ally against any possible future encroachments by Catholics, especially after the conversion to Catholicism in 1696 of Friedrich Augustus I, the elector of Saxony (who was a candidate for the Polish crown to which he was elected later that year as Augustus II). As Antognazza points out8, his conversion radically altered the ProtestantCatholic parity of the electoral states in the Imperial Diet and more or less forced Hanover and Brandenburg into a seeking a religious as well as a political alliance, especially as the Treaty of Ryswick of 1697 precluded the restoration of Protestantism in territories which had become Catholic under the French occupation. At the same time, also under the terms of the Treaty of Ryswick, Louis XIV recognised the Protestant William III of Orange-Nassau as the official monarch of England, and this meant that (as neither William nor his successor Queen Anne had any children), the House of Hanover had an eye on the English Crown. In 1701, the Act of Settlement was passed by the English Parliament which decreed that Roman Catholics could not accede to the throne. This meant that Ernst August’s wife, Sophia of the Palatinate was now nearest in line to the English Crown and would no doubt have succeeded to it, had she not died a few weeks prior to Queen Anne in 1714. The wish of the House of Hanover was granted with the accession to the English throne of George I, Sophia’s son, in the same year9. However, in 1697, Hanover was seeking an alliance with Brandenburg as the German state that would bring it closer to the English religious position as well as remove the more general danger of Catholic encroachment10. Hanover did not become an electorate until 1692 and this status conferred upon it new importance as a political ally in the eyes of Brandenburg and its elector Friedrich III, especially after Saxony’s defection. Brandenburg was officially Calvinist, but the majority of the population was Lutheran. Added to the factors mentioned which rendered 7 8 9
See Rudolph: “Zum Nutzen von Politik und Philosophie”, pp. 112–120. M. R. Antognazza: Leibniz. An Intellectual Biography, Cambridge 2009, p. 366. See further W. Troost: William III. The Stadholder-king. A Political Biography, translation by J. C. Grayson, Aldershot 2005. 10 Antognazza, pp. 365–367.
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an alliance indispensable, reaching a religious agreement with the Lutheran Hanover would also serve the internal stability and cohesion of Brandenburg, all the more so as Friedrich had concluded a marriage with Sophia Charlotte (the daughter of Ernst August of Hanover and Sophia of the Palatinate) in 1684 thus sealing the political union of the two electorates. Only disparity of official religion remained a potential factor of division between them. It was thus that Friedrich initiated the negotiations for a religious union with his in-laws11. Both the Leibniz-Molanus duo on the one hand and Daniel Ernst Jablonski, on the other, were mandated officially by their respective rulers. However, it would be naive to conclude from this that Leibniz’s attempts to insert Calvin and his doctrine into his metaphysics as another ‘concession of a diplomatist’, a term used dismissively by Bertrand Russell in a another context and applied to Leibniz’s notion of the vinculum substantiale – the substantial bond that unites monads that make one organic body, which Leibniz sketched out à propos of transsubstantiation12. We might note that Leibniz used the expression vinculum substantiale only once, late on in his life, that is to say, in his correspondence with Barthélemy Des Bosses in 1715, to explain and justify the Roman Catholic teaching on the eucharist. He describes it as a bond that binds together monads that make one organic body and which can be detached by God from one particular dominant monad or organic body and attached to another – a description that accounts for transsubstantiation13. This doctrine, as we shall see, represents an advance on his doctrine of around 1668 of the body changing its identity as God detaches it from His mind and Christ attaches it to his. Leibniz could not appeal to the doctrine of the vinculum substantiale in the same form to defend the fundamental unity of the Lutheran and the Calvinist teaching on the eucharist. However, the question arises of whether he could successfully integrate Calvin into the Lutheran or, more to the point, his own metaphysical system without compromising one or the other. Did Leibniz really subsume his thought system when necessary to diplomatic interests? I suggest that he did not although he may have laid emphasis on one or other aspect of his doctrine depending on the religious identity and convictions of his interlocutors. I have recently argued that: “There seems to be no doubt that Leibniz wanted a real consensus in the sense of an agreement on the basic doctrine of presence or substance while leaving aside the subtleties of the Zwinglian or the Ubiquitarian position. Did he really think that he could achieve this consensus by imposing his concept of substance on both the parties concerned? It would seem that the Berlin-Hanover negotiations foundered on political rather than theological objections. It is equally clear that, as Pellisson had pointed out in 1691/2, Leibniz’s own concept of substance 11 See also Backus (as in note 2 above). 12 Russell’s view has been widely contested by e. g. N. Rescher: The Philosophy of Leibniz, Englewood Cliffs, NJ 1967, pp. 121–123; Adams: Leibniz, pp. 299–303. 13 See Adams, pp. 299-300 and V. Mathieu: Leibniz e Des Bosses (1705–1716), Turin 1960, pp. 12–25.
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as primarily a force lent itself equally well to being adapted to the Calvinist and to the Lutheran doctrine of the eucharist”14.
Moreover, Hartmut Rudolph, referring to Leibniz’s ecumenical negotiations with Catholics and Calvinists, concluded already in 1999 that Leibniz used philosophy in such a way as to show all the churches that it could serve not as an adversary to certain mysteries of religion but as their vindicator15. Here I would like to examine Leibniz’s position in the 1697–99 negotiations more closely. My initial conclusion was reached on the basis of my examination of the Loca nonnulla16, Leibniz’s florilegium of excerpts from Calvin and other 16th century theologians, and of the definitive version of the “Unvorgreiffliches Bedencken” (UB2). However, at the time I did not compare Leibniz’s concept of substance in De transsubstantiatione with its later developments in the UB17. Moreover, I did not examine Leibniz’s use of Calvin and other similar sources in great detail, not to mention the fact that I had no knowledge of the first version of the UB (UB1). This is not only longer and more detailed than the final version but, more importantly, its text is gouped into classes, an ordering abandoned in UB2. According to Hartmut Rudolph the abandoning of classes corresponds to Leibniz’s idea that it favoured a formal agreement on mutual toleration at the expense of a more fundamental union which he wanted. Thus one could argue that UB2 is more “Leibnizian” in its conception than UB118. Nor had I subjected Jablonski’s Kurtze Vorstellung19 or for that matter the Leipzig colloquy of 1631 to any close scrutiny. Therefore a further examination of all these documents is necessary. II. THE ATTEMPT AT UNION BETWEEN LUTHERANS AND CATHOLICS Firstly, it is important to say something about Leibniz’s concept of transsubstantiation around 1668. The question of 16th century sources does not arise in this context with the exception of the Council of Trent, which Leibniz mentions frequently as setting the norms for the received view of transsubstantiation. With the exception of André Robinet’s work of 198620, who rightly establishes the link between 14 Backus (as in note 2 above). 15 Rudolph: “Zum Nutzen von Politik und Philosophie”, p. 126. 16 Loca nonnulla confessionum reformatarum ipsiusque Caluini quae indicant substantiam corpori et sanguinis Christi a nobis percipi in sacra coena hyperphysico quodam modo; A VI, 4C, 2500–2512. 17 De Transsubstantiatione (1668 ?); A VI, 1, 508–510. 18 Cf. H. Rudolph: “Leibniz vs. Jablonski. An intestine struggle on uniting the Protestant camp”, in: The Practice of Reason. Leibniz and his Controversies (= Controversies 7), ed. by M. Dascal, Amsterdam/Philadelphia 2010, pp. 273–295. The editors’ introduction (in its present state) to IV, 7, pp. 3–5 takes a different view. 19 See below, note 26. 20 A. Robinet: Architectonique disjonctive, Paris/Vrin 1986, pp. 125–128.
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Leibniz’s ‘phenomenalisation’ of the body and his view of transsubstantiation, De transsubstantiatione, has not been the object of much attention. As the concept of substance is at the very foundation of Leibniz’s eucharistic thought, I propose to analyse it in the version dating from ca. 166821, before focusing on the 1697–99 negotiations and Leibniz’s use of Calvin. Contrary to what Adams says22, Leibniz did not attack the issue of transsubstantiation from a Lutheran point of view in the sense of concentrating on the issue of multipresence. He begins De transsubstantiatione, a short propositional proof, written very much in the scholastic mode, by stating that what needs to be demonstrated is firstly, that bread and wine shed their own substance and acquire the substance of Christ’s body, secondly, that the latter is the same in number as Christ’s glorified body and can be in several places, thirdly, that only the appearance or the accidents (bread and wine) remain in the consecrated elements and, fourthly, that the substance of Christ’s body is present wherever the species of the consecrated bread and wine are present. In other words, Leibniz’s aim is to harmonise the Lutheran doctrine of multipresence with the Catholic teaching on transsubstantiation so as to keep the essential elements of each. In order to do so he needs to explain the crucial terms, which are, firstly, substance and, secondly, species or accidents and their numerical identity with Christ’s body. He specifies that substance is that which exists by itself and contains “principium actionis”, an entity defined by its capacity to act or a suppositum in the scholastic sense of the term. That which has a capacity to act, if it happens to have a body, also has capacity to move as all action of a body is movement. All action is a variation of essence, therefore all action of a body is a variation in the body’s essence. Now according to Leibniz, at this stage in his career, a body is defined by the fact that it exists in or occupies space and this means that a variation in its essence is a variation on how it exists in or occupies space. As this can only be achieved by movement, all action of a body is movement. (As we shall have occasion to see, Leibniz will no longer define a body in terms of movement but in terms of offering resistance in the negotiations of 1697–99). However no body has the capacity to act if no mind is present, and therefore no body without mind can be a substance, mind being the sole defining criterion of substance. Whatever is not a substance is an accident or an appearance, therefore a body without a mind is an accident or a phenomenon. Thus the substance of a human body is its union with the human mind, while the substance of bodies lacking mind or reason is their union with the universal mind or God. If there is a change in the identity of the mind to which the body happens to be attached, its substance transsubstantiates, in other words changes its identity. Thus, Leibniz concludes, as the mind that governs bread and wine changes, in so far as the mind of God, their initial mover, gives up its role to the mind of Christ, which takes on the elements as a body, as is made clear by the
21 See above note 17. 22 See Adams: Leibniz, pp. 352–353.
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words of the Institution (“this bread is my body”), bread and wine are transsubstantiated into the body of Christ or the body taken on by Christ. Leibniz argues next that if the glorified body of Christ is guided by the same mind (i. e. the mind of Christ) as the body that Christ takes on as bread and wine, it must have the same substantial form (in the sense of that which makes a lump of matter what it is – as he will specify in 1697). Therefore, by transsubstantiating, bread and wine acquire numerically the same substance as the crucified body of Christ. But in a body which transsubstantiates only the mind that governs it, in other words the substantial form, changes. If only the substantial form changes, the accidents remain the same. Just to clarify his argument at this point, we could apply it to a human body and mind. If a man’s soul were to leave him and its powers were to be transferred to the soul of say, a lion, there would be transsubstantiation (in Leibniz’s view), as man would acquire the thoughts and actions of a lion while retaining his human body, which would be reduced to the status of an accident as its actions would no longer be human actions. Leibniz does not at this stage enter into the question of how a mind or soul can take on a body other than its original one and he does not say that this is specific to God. In 1697 he will state that earthly substantial forms are space and body-bound, and that only God can make a body switch from one substantial form to another. (Moreover, he will abandon the notion of inanimate bodies linked to the mind of God in favour of his theory of monads, which have a body and a soul, albeit in varying proportions according to their capacity to act and perceive.) In De transsubstantiatione, one of Leibniz’s chief preoccupations is to counter Descartes’ definition of substance as that which has extensions and he talks of mens omnis as something that lacks extension and is therefore not coextensive with space. This means that no mind is situated in space in the sense that a body is23. All minds, however, can have an effect on or guide bodies which are in space and are therefore in space by virtue of the bodies with which they are united24. As all function of a mind is thought and as a mind can think several things at the same time, a mind can be in several places at the same time. This means, continues Leibniz, that the mind of Christ can act on and therefore give a substantial form to the glorified body of Christ and to the consecrated elements at the same time, wherever they are situated. As Christ’s mind is his substantial form, it follows that the substance of Christ’s glorified body can be present in all the elements that are consecrated, wherever they happen to be. The second part of De transsubstantiatione25 consists of Scholia in which Leibniz defends the accord between his doctrine and the traditional scholastic teaching on transsubstantiation, taking particular care to underline the authority of the Council of Trent and also to stress that he is fully in keeping with the Aristotelian 23 A VI, 1, 509: “Mens omnis caret extensione. […] Quicquid caret extensione, spatio coextensum non est. […] Quicquid spatio coextensum non est, non est in loco per se”. 24 A VI, 1, 510: “Mens operatur in corpus quod est in spatio”. 25 A VI, 1, 510–512.
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philosophical tradition, as represented by Averroës and Zabarella among other thinkers who consider that it is the substantial form that constitutes the principle of individuation. In a word, Leibniz’s early doctrine of transsubstantiation depends on the definition of a mind as something not confined to space which gives its substantial form to a body. As a mind can displace any body it wishes by thought, transsubstantiation becomes possible, which is why bread and wine remain as accidents, unlinked to the mind of Christ. We might note the emergence of certain concepts characteristic of Leibniz’s later thought, such as substantial form and definition of a body as that which occupies a space. At this stage, however, Leibniz postulates a mind-body division more emphatically than in his later work, considering that only the mind is a substance stricto sensu. III. THE NEGOTIATIONS BETWEEN LUTHERANS AND CALVINISTS The climate surrounding these negotiations, as suggested above, was very different, from that of 1668. Jablonski’s Kurtze Vorstellung (KV) which dates from 1697 is a concise document comprising 79 sides in the original which he intended as a follow-on to the Leipzig Colloquy of 1631 as reported on respectively by the Lutheran Matthias Hoe and the Calvinist Johannes Bergius26. The eucharist is treated in article X following the sequence and numbering of the articles of the Augsburg Confession. As Jeffrey Jue pointed out recently27, the Leipzig Colloquy was a last ditch attempt by the electors of the Lutheran Saxony and the Calvinist Brandenburg to provide a neutral third force between the Emperor and the approaching armies of Gustavus Adolphus, the king of Sweden. While the princes conducted the political side of the negotiations, theologians attempted to find religious agreement. They finally agreed on the twenty six of the twenty eight articles. 26 “Kurtze Vorstellung der Einigkeit und des Unterscheides im Glauben beyder Evangelischen so genandten Lutherischen und Reformirten Kirchen […]”, hrsg. von H. Rudolph, in: Labora diligenter (= Studia Leibnitiana Sonderhefte 29), pp. 128–164. The full title of Johannes Bergius’ work is Relation der Privat-Conferenz / Welche Bey wehrenden Convent Der Protestierenden Evangelischen Chur-Fürsten vnd Stände zu Leipzig im Jahr 1631 […] gehalten worden […], Berlin 1636. It was intended as a response to the Lutheran report on the Colloquy by Matthias Hoe, which happens to be the text cited by Leibniz. We cite it here after the Latin version: Colloquii inter praecipuos aliquot Germaniae theologos de conciliandis Ecclesiarum evangelicarum dissidiis Anno 1631 mense Martio Lipsiae habiti Consignatio ex Germanico in Latinum sermonem traducta. Excusum Londini apud Thomam Cotes […], 1637. Cf. Rudolph: “Zum Nutzen von Politik und Philosophie”, pp. 164–168. On the Leipzig Colloquy of 1631 in general see B. Nischan: “Reformed Irenicism and the Leipzig Colloquy of 1631”, in: Central European History 9 (1976), pp. 3–26; and the same author’s “Brandenburg’s Reformed Manifesto of 1631”, in: The Journal of Religious History 10 (1979), pp. 365–377. 27 J. K. Jue: Heaven upon Earth. Joseph Mede (1586–1638) the Legacy of Millenarianism, Dordrecht 2006, pp. 68–70.
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Significantly, it was predestination and the eucharist that remained unresolved and were left for further discussion28. The theologians signed their agreement as it stood with a final promise to show Christian toleration towards the other side, while the two electors drew up the terms of the military alliance in the Leipzig Manifesto. The religious agreement was to serve as model for all later eirenic discussions. It was the model that Jablonski adopted and which Leibniz, as we shall see, would reject. To return to the article on the eucharist in the KV, here as in all the other articles, Jablonski lists points on which the two confessions agree (Consensus) and those on which no agreement has been reached (Dissensus). The crucial points of consensus are: a common rejection of transsubstantiation, the presence of Christ’s real body and blood, the sacramental linking of the consecrated elements so as to represent the community of Christ’s flesh and his blood, real manducation of the body and blood of Christ but not so that it is ‘bitten or swallowed’ and the belief that only the spiritual manducation of the body and blood of Christ is the true manducation which brings salvation. Another, more obvious point of agreement is: communion in both kinds, rejection of the Roman mass and celebration of the host. Jablonski raises as the chief point of discord the nature of the presence of Christ’s body and blood in the eucharist, which, he says, the Lutherans believe to be substantial and physical in such a way that it is distributed to communicants with the elements whereas the Calvinists take it be not substantial or physical but capable of nourishing the ‘inner’ or spiritual man while the ‘outer’ or physical man receives only the signs. He also lists the question of the manducation of the wicked and the unworthy. He considers neither issue to touch on the ‘Grund des Glaubens’29. Jablonski pleads for mutual toleration. He gives an example of two people who are left a precious jewel in a will. One of them believes that the jewel is substantially present in the will and that he will receive it together with the document, the other thinks that he will receive the jewel at the same time as the will but that it is not present substantially in the document. In Jablonski’s view there is no room for quarrels here. This example is used by him as a layman’s parallel to the eucharistic dispute and is intended to point up the futility of disputing a minor point which has no incidence on the actual reception of the jewel or Christ’s body and blood which both sides admit. Jablonski does not advert to Calvin. He cites as sources Augustine and other ‘doctors of the early church’ as well as Luther, Melanchthon, Brenz and co-authors of the Syngramma suevicum of 1525 to show that the chief Lutheran doctors taught the doctrine of the substantial presence of Christ 28 Colloquium Lipsiae habitum (as in n. 26), 1637, A2r–v: “Reliqua tria capita de quibus aliquid scrupuli remansit, tanti momenti non esse vt ipsum fidei […] fundamentum tangant sed tales controversias continere quae magis scholis quam pulpito apta sint, ideo praeterea materias quae ab utriusque partis theologis pro magnis Dei mysteriis habeantur quaeque admiranda potius sint quam scrutandae. […] Pari modo fatentur collocutores materiam de sacra coena Domini, de praedestinatione magna et impenetrabili in se mysteria complecti […]”. 29 Cf. Rudolph: “Zum Nutzen von Politik und Philosophie”, pp. 143–144.
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so as to make it acceptable to the Calvinists, admitting that it is not Christ’s physical presence that guarantees salvation but what he calls the ‘geistliche Geniessung’30 thereof. As this means in Jablonski’s view that the quarrel is only to do with how the body is present and not with how it saves, this makes it possible for each side to tolerate the other’s position without going into further details. Jablonski’s choice as source of the confrontation between Oecolampadius and Brenz on the eucharist is not innocent. Oecolampadius in De genuina verborum domini: hoc est corpus meum interpretatione liber of 1525 put forward Zwingli’s doctrine but not in its most developed form. Although the distinction between his explanation and Zwingli’s was merely formal, with Oecolampadius interpreting not est in the sense of significat but corpus in the sense of figura corporis, it was nonetheless slightly closer than Zwingli to the Lutheran position in that it did not insist at all costs on the purely commemorative aspect of the ceremony. Brenz and the other authors of the Syngramma suevicum were accordingly not as dogmatic in their reply as they might have been and, as Jablonski was quick to spot, viewed reconciliation as a possibility31. Citing the De genuina verborum domini: hoc est corpus meum interpretatione and the Syngramma suevicum as foundational documents, Jablonski tried to show that the dispute in its early stages was minor and by no means insurmountable. At the same time, he was taking the moderate Zwinglian and not the Calvinist teaching as paradigmatic, and this would influence Leibniz’s response. Jablonski was even more conciliatory with respect to the issue of manducation of the wicked and the unworthy, noting that both sides admitted freely that only true believers would draw spiritual profit from the eucharist, the only difference between them was the merely procedural issue of admission of the wicked to the ritual. He further noted that the Latin version of the Augsburg Confession did not say anything about how Christ was present in the elements adverting only to the reality of his presence (‘[…] docent quod corpus et sanguis Christi vere adsint’); only the German version specified ‘unter der Gestaldt des Brods und Weins32’. In a word, the Berlin preacher did his utmost to iron out the differences and to present the Lutheran doctrine as more flexible than it appeared, without in the least compromising the Reformed position. This amounted to an appeal for toleration, and particularly of toleration of the Reformed doctrine in its moderately Zwinglian form by the Lutheran side. Jablonski’s document proved unsatisfactory to the Lutheran negotiators and Leibniz proposed a different approach. This is where the UB1 assumes its full importance as it contains some details of Leibniz’s and Molanus’ explanation of 30 Cf. ibid., p. 144. 31 Cf. ibid., p. 145: “[…] oder wie die Schwäbischen Theologi in ihrer Gesambt-Schrifft an […] Joh. Oecolampadium, demselben begegnet: ‘Werther Oecolampad, wir versichern Uns gäntzlich, du werdest nach deiner angebohrnen Modestie […] im bestem vermerken, dass wir von deiner Meinung über dem Brodt und Wein im Heil. Abendmahl so lang abgehen, bis daß Uns der Herr verleyhe einerley gesinnet zu sein’”. 32 Rudolph: “Zum Nutzen von Politik und Philosophie”, p. 146.
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motives for rejecting Jablonski’s proposal and of the reasons why the ‘real union’ solution is proposed. As noted, UB2 is not only shorter than UB1 but much more clearly oriented towards union rather than towards a formal agreement, if we follow Rudolph’s hypothesis33. Interestingly, Leibniz himself refers to UB1 sometimes as a ‘Konzept’ and at other times as das ‘ganze werk’, relegating UB2 to the category of a summary, containing only the ‘ingredientia primaria’ of UB134. Be that as it may, the changes made by Leibniz and Molanus to the document as a whole between the first and the second version proved to be too extensive both structurally and in terms of content for the editors to consider one as a variant version of the other, which is why the two are rightly presented separately in the forthcoming volume which will include the edition of the two texts. The section on the eucharist in the UB1 contains the full explanation of the whys and wherefores of Leibniz’s position. The testimonies from the Reformed Confessions of Faith and from Calvin’s works, however, constitute a common feature of both versions of the UB: Before examining these, I shall examine the sections present only in the UB1 which shed a light on why Leibniz (and Molanus) rejected Jablonski’s Leipzig-colloquy-type solution with its plea for mutual toleration. Leibniz begins by examining Jablonski’s proposal in KV for mutual toleration until such time as an impartial, friendly colloquy can be held which, with the blessing of God should throw a light on the exact nature of the truth so that one side can quite naturally draw the other to its point of view. He notes that Jablonski proposes that the process of mutual toleration should take place in two stages, stage one being the ipso facto toleration, stage two, an official declaration of it ‘per publicam authoritatem.’ Leibniz declares himself opposed to any state-imposed official toleration, which can at most be considered as a preliminary step to union. Molanus for his part introduces a further elaboration into the document intended to show that in the past similar attempts at finding a solution to the interconfessional conflict have, more often than not, led to nothing but oppression of the Lutheran churches. To verify this, in his view, one need go back no further than the adiaphora quarrel of the early 17th century which began when Moritz, the landgrave of Hesse-Kassel, tried to introduce by political authority Calvinism to the lands which he had inherited from the extinct Hesse-Marburg branch. This was contrary to the inheritance rules and brought him into conflict with the Hesse-Darmstadt branch which was Lutheran. The conflict dragged on for some years, one of its most important consequences being the enforcement of Calvinism at the University of Marburg, which eventually led in 1607 to the founding of the new Lutheran 33 Rudolph: “Leibniz vs. Jablonski”, pp. 273–295, here 283–286. 34 A IV, 7, 425, ll. 16–19: “Zum einen hat N. 78 [UB1] für N. 79 [UB2] als Vorlage gedient, und Leibniz hat das Manuskript in dieser Hinsicht als ‘Concept’ bezeichnet […]. Zum anderen konnte er wenige Zeilen später N. 78 als ‘das ganze werk’ von der zu erstellenden und dann nach Berlin zu übermittelnden N. 79 abgrenzen, welche ‘nur die ingredientia primaria’ enthalten sollte”. Tatsächlich umfasst UB2 nur knapp drei Viertel des Textes von UB1.
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University of Giessen by Hesse-Darmstadt. Moritz’s catastrophic religious policy led to his enforced resignation in 1627. The strife broke out afresh in HesseKassel, when Landgrave William VI sought to effect a union between his Lutheran and Reformed subjects, or at least to lessen their mutual hatred. In 1661 he had a colloquy held in Kassel between the Lutheran theologians of the University of Rinteln and the Reformed theologians of the University of Marburg. Enraged at what they saw as a revival of the syncretism of Georg Calixtus, the Wittenberg theologians in vehement terms called on the Rinteln professors (including Molanus) to make their submission, whereupon the latter answered with a detailed defence. Another long series of polemical treatises followed resulting in a forced conversion to Calvinism of Rinteln University. Molanus, who was eye-witness, gives a very detailed account of the events in UB1, disagreeing strongly not so much with Eirenicisim as such but with all forms of official enforcement of eirenic practices. He considers the Kassel colloquy as the exemplum horrendum of what happens when a ruler tries to enforce religious toleration. The syncretistic model of Georg Calixtus was not workable and any call for mutual toleration amounted to causing further religious tensions ending in forced conversions and complete absence of toleration35. 35 A IV, 7, 570, l. 17–572, l. 17: “Jm Anfang dieses seculi verlangte Auf anstifften seineß hofpredigerß Henrici Leuchteri, h[err] Mauritius Lantgraf zu Hessen hochsehligen andenkenß, ein sonst frommer vnt gelehrter herr, daß seine Evangelische Theologi zu Marpurg, die 10 gebot anderß zehlen, Jm Abentmahl daß brot brechen, vnd die bilder auß der kirche schaffen solten: Wie nun dieselbe sich dazu nicht also fort begwemen könten, wurden sie sleunig weggeschafft, vnd die gantze Universitet reformiret. Waß dieseß, der zeit, dem negotio Jrenico nicht nur vor schaden gethan, sondern waß darauß vor eine mutua exacerbatio vnt verbitterung entstanden, Jst Auß der Abgesetzten, v[nd] Nach Gissen von Hessen Darmstad wieder beruffenen, v[nd] der neuwen Reformirten Marpurgisch Theologen (Nebest den so sich Jhrer utrinqve angenomen) gewechselten streitschrifften, mit mehrem zu ersehen. Waß vor oder wieder diese 3 verbeßerungß puncta, (den so wurden sie An Reformirter seit genennet) Jeremias Vietor, Helvicus Garthius, Henricus Leuchterus, Casparus Emdenus, Baltasar Menzerus, Johannes Strackius, Gratianus [Pomarius], Fridericus Verinus, Conradus Lügenfeind, Johannes Kymaeus, Johannes Pistangelus, Daniel Angelocrator, Johannes Hesselbeinius, Casparus Finckius, Rodolphus Goclenius, Georgius Mylius, Johannes Winkelmannus, Casparus Sturmius vnt vil andere ediret, liget am tage vnd machet vil volumina auß[.] Wie eß im Anhaltischen vnd in der Pfaltz (Anderer orter zu gesweigen,) dahergangen[,] ist Menniglich bekant, notabel aber, daß auch in der Pfaltz occasione adiaphori deß brottbrechenß der Anfang zur reformation gemachet worden[.] Kein notablers exempel ist vorhanden, darauß zu erweisen waß vor schaden, die mutua tolerantia solenniter introducta, der Evangelischen kirchen gethan, alß auß dem Colloqvio Cassellano[.] Jst Jemahlß von Anfang der reformation biß auf diese stunde, in einem colloqvio Jrenico, von beiden theilen candide, aufrichtig undt redlich procediret worden, so ist eß gewiß zu Cassel geschehen, da beiderseitß Menner von ungemeiner erudition vnd aufrichtigkeit zusammen kommen, amicabiliter mit einander anfangß decontroversijs ipsis, letzlich de momento illarum controversiarum disputiret, vnt sich entlich dahin bruderlich verglichen, daß die qvaestiones controversae das fundamentum fidei Nicht berührten, vnd man demnach, stante qvamlibet et durante dissensu Einer den andern nicht nur toleriren, sondern pro fratre in Christo halten könne v[nd] müße […]”. On Calixtus see E. T. Henke: Calixtus und seine Zeit, 2 vols., Halle 1853–1860, n. p.
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In the place of the toleration model instituted by the Leipzig Articles of 1631 and syncretism, Molanus/Leibniz proposes another solution. He puts the following question: “Bey so bewanter wahrer beschaffenheit ist die frage, ob nicht ein mittel zu erdencken, dadurch eine Actualis vnt zwar solche union vorgestellet und eingeführet werden könne, krafft derer ein Evangelischer Christ zum reformirtem Altar vnd ein Reformirter Christ zum Evangelischen altar, ohne den geringsten anstoß des gewißenß, treten, und aus diesen beiden herden, ohne revocation oder enderung seiner Etwa habenden Meinung ein schaff-stall und eine kirche hinwieder angerichtet werden könte“36?
The answer is naturally: yes. Molanus/Leibniz notes that he has already shown several ways in which this could be achieved with respect to Christology and predestination. There remains the awkward issue of the eucharist37. If that were to be resolved, there would be no further room for disagreement38. This entire section on the history of the syncretist controversy is cut from UB2, in keeping with the new tenour of the document but perhaps also for diplomatic reasons. Both versions of the UB set out Leibniz’s summary of the chief points of the eucharistic disagreement in terms of definition of ‘body’ in general and the possibility of eating of Christ’s body as anything other than the physical process. In this section Leibniz (who is responsible for it) outlines both the common misconceptions of the term ‘body’ and the misunderstanding of what constitutes the eating of Christ’s body. Any questions to do with the accidental nature of the elements, which figured so prominently in De transsubstantiatione have no place in this context. Why the change? Should we explain it in terms of changes of the Leibnizian Metaphysics and his concept of the body, in terms of the new tenour of the document or in terms of the underlying diplomacy? In my view, diplomatic reasons do not play a role here whereas the two former factors are inseparable. Leibniz, moreover, could have found theological support for his new theory of the body in the phrasing of the article on the eucharist in Hoe’s report of the Leipzig Colloquy: “Moreover, they [the theologians of both parties] confessed that in the Holy Supper it is not just the true elements of the bread and the wine, nor just the effect and operation, nor simply the bare signs of Christ’s body and blood that are present but also the essence of the body of Christ and the real essence of the blood He shed for us, is truly present, exhibited, distributed and perceived by the force of the sacramental union. This does not consist merely in signifying or 36 A IV, 7, 576, ll. 11–16: “Given this state of things, should we not try to find a way which would help find actual union, which could be conceived and introduced so that the altars of Christ became one without offending anyone’s conscience and so that these two flocks could become one sheepstall and one church would be set up without revoking fundamental belief on either side”? 37 Ibid. 38 Ibid., ll. 17–20: “Wir sagen in Jn Gotteß nahmen Ja. Mit dem articul de persona Christi et praedestinatione una cum annexis, hatt eß, aus obigen, nun mehr seine gewiesene wege, vnd also die bloße frage übrig de substantiali corporis et sanguinis Christi praesentia in S. Caena. Wenn dieseß gehoben, so were alleß gehoben”.
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Irena Backus guaranteeing but in the distribution of the earthly elements and the body and blood of Christ in such a way that the two cannot be separated or divided. This sacramental union does not take place outside the ceremony as it is enjoined by Christ. That is why they unanimously attested that in even in spiritual perception of the eucharist it is not just the force, the effect and the operation of the body and blood of Christ but its real substance. […] that is perceived in communion […]”39.
What the theologians present in Leipzig could not agree on was the question of oral manducation, or, to cite Hoe: “And although the consecrated40 bread and the body of the Lord is perceived by all communicants with the same bodily part, that is the mouth, nonetheless this perception takes place differently , that is to say in such a way that the bread and the blood are perceived immediately or directly by the mouth, but the body and blood of Christ are not perceived immediately but are perceived by the mouth through the effect of the consecrated elements in a manner which is celestial and supernatural and known only to God, so that they are sent to the stomach without any mastication as a mixture of the body and blood of Christ”41.
Although Leibniz rejected the theological climate of toleration that the Leipzig Colloquy wanted to install, he did not reject most of its terminology (as relayed by Hoe) regarding the eucharistic doctrine. It provided him with some key concepts to build on. Among the terms that will recur in UB1 and UB2: substantia, perceptio, percipi, immediate, virtus, operatio, and supernaturalis soli Deo notus modus deserve special mention. Moreover the Leipzig theologians’ implicit distinction between presence and force or action was, as we shall see, to prove crucial to Leibniz. On the other hand, the Leipzig Articles did not define the notion of a body or that of a suppositum, both of which were of vital importance in Leibniz’s thought. In short, Leibniz’s section on the eucharist in UB2 assumes a higher profile, after the removal of Molanus’ historical excursus on the Kassel colloquy and 39 Colloquium Lipsiae habitum (as in n. 26), 1537, p. 11: “Praeterea confessi sunt in S. Coena non tantum vera elementa panis et vini vel tantum efficaciam et operationem vel nuda signa corporis et sanguinis sed et ipsum verum essentiale corpus pro nobis traditum et verum essentialem sanguinem Christi pro nobis effusum, mediante pane et vino benedicto, vere adesse, exhiberi, distribui et percipi vi unionis sacramentalis quae non consistit in nuda significatione neque tantum in obsignatione, verum in coniuncta indivisa distributione terrenorum elementorum et veri corporis et sanguinis Christi. Quae tamen sacramentalis unio non extra actionem a Christo praeceptam in ea locum habet. Porro unanimi utrinque consensu testati sunt etiam in spirituali perceptione non modo virtutem, efficaciam et operationem, verum ipsam etiam substantiam corporis et sanguinis Christi in usu Sanctae Coenae […] percipi […]” (Italics I. B.). 40 Leibniz omits any reference to consecration of the elements in UB1 and UB2. To do so would have only accentuated the difference between the two camps. (My thanks to Dr. Rudolph for drawing my attention to this). 41 Colloquium Lipsiae habitum (as in n. 26), 1537, p. 12 : “Et quivis benedictus panis et corpus Domini in sacramentali fruitione ab omnibus communicantibus uno et eodem oris organo, sive ore corporeo percipiatur, nihilominus tamen hanc perceptionem, quod ad modum diversa ratione fieri, ita nempe ut cum ore panis et vinum immediate et oraliter percipitur, corpus et sanguis Christi non immediate sed vi elementorum benedictorum, coelesti et supernaturali Deoque soli noto modo, absque ulla carnali et naturali masticatione in stomachum demissione et concoctione corporis et sanguinis Christi ore percipiatur” (Italics I. B.).
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the Rinteln affair. This emerges very clearly when we confront UB1 and UB2 with Jablonski’s KV and with the article on the eucharist in the Leipzig Colloquy, as reported by Hoe. The latter, however, does bear out Leibnizian Metaphysics from a theological standpoint. Its terminology enabled Leibniz to integrate Calvin into his system, as we shall show later on. In 1697 Leibniz’s basic doctrine of the body, which offers an extension of the Aristotelian notion and a critique of Descartes, appears to differ little from what he said in 1668. What changes is Leibniz’s interpretation of his doctrine of the body in relation to the eucharist. According to what he terms ‘peripatetische philosophi’, a body is that which consists of matter and form. He notes that this definition requires a further explanation as it is obscure and appears to tell us nothing of the condition and disposition of the body. According to several more recent philosophers (Descartes and his followers) a body is that which has longitude, latitude and depth. Leibniz does not consider this as wrong in itself (‘so auch an sich selbst nicht unrecht’). However, he points out that if the essence of the body consisted of its dimensionality, no presence or participation of it other than local and circumscribed would be possible. Accordingly, the dimensions would have to be multiplied and so would the body ‘mit seiner darin bestehenden essentz’42. In other words, if we were to grant that the essence of Christ’s body were to be such and such length, such and such width and such and such depth, it would mean that it would only suffice for so and so many consecrated elements. Therefore, the body would have to be multiplied and become countless bodies if it were to be present in all the elements that have been, are and will be used for the eucharist. In both versions of the UB Leibniz then goes on to outline his concept of substance and to stress, as he did in 1668, the similarity between his thinking and Aristotelian philosophy. His object, or so he claims, is to do no more than clarify the traditional account. The genus of substance is distinguished from properties, quantities etc. by its power to act, he points out. All philosophers admit that actions are performed by supposita or individual substances. This is a feature common to God and all his creatures. However, created substances can both act and be acted on, whereas God acts only and cannot be acted on or undergo. As we said, Leibniz does not use the term monad here or the concept of vinculum substantiale (which, as I said, surfaced for the first and only time in his correspondence with Des Bosses), as that which guarantees a colony of monads its 42 A, IV, 7, 578, ll. 8–18 and 579: “Corpus wirt, nach der peripatetischen philosophi, [definiret], daß es sein solle, Id, quod habeat materiam et formam: Weil aber diese definition in diesen terminis gar zu dunkel und dem ersten ansehen nach nichtß saget, dadurch eine affectio corporis demonstriret werden könte, so wird hernach eine erläuterung folgen[.] Nach vieler anderer sonderlich recentiorum opinion were ein corpus, id quod habet longitudinem, latitudinem et profunditatem. So auch an sich selbst nicht unrecht[.] Wan aber essentia coporis darin bestünde, so were gewiß, daß keine andere praesentia et participatio alß localis et circumscriptiva, et secundum tres has dimensiones müglich were, müsten demnach multiplicata praesentia et communicatione substantiali, auch dimensiones, vnt folglich daß corpus mit seiner darin bestehenden essentz, multipliciret werden”.
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identity and which God can move from one dominant monad to another. However, the monad theory is implicit in the UB in the way that it was not in De transsubstantiatione. According to the later Leibniz, everything one perceives which is a unified being must be a single monad. Everything else is a composite of many monads. A coffee cup, for example, is made of many monads (an infinite number, actually). In everyday life, one tends to call it a single thing only because the monads all act in harmony. One’s soul, however, and the soul of every other living thing, is a single monad which ‘controls’ a composite body. Leibniz thus says (as he did already in 1668) that, at least for living things, one must posit substantial forms, as the principle of the unity of certain living composites. One’s soul, a monad otherwise like any other, thus becomes the substantial form of one’s otherwise merely aggregate body. This pattern of thinking emerges very clearly in UB1 and UB2 minus the characteristic ‘monad’ terminology. Leibniz says: “Ferner haben alle creaturen dieses Unter sich, nicht aber mit gott gemein, dass sie nicht nur würcken, sondern auch Leiden können. Substantiae creatae habent non tantum potentiam activam ut Deus, sed et passivam, ex ipsa creaturarum imperfectione fluentem, solus Deus est actus purus. Es sind aber die Substantiae creatae zweyerley, etliche bestehen in einem ganz untheilbaren wesen, und finden keinen wiederstand, andere aber haben theile und resistenz. Jenes sind spiritus et immaterialia, dieses corpora. Und haben demnach diese, kurz zu reden, Resistentiam per partes diffusam. Denn es werden die Substantiae creatae billig von ein ander unterscheiden per variationem sui conceptus communis, nempe ex modo agendi et patiendi. Materiale agit et patitur cum resistentia per partes diffusa, at immateriale cum perceptione in indivisibili posita. Ut ita perceptio sive persensio sit velut resistentia spiritualis, et resistentia sit quasi perceptio quaedam corporea, qualem materia seu res divisibilis capere potest[.] Die geister und Seelen haben eine empfindung ohne Wiederstand und theile; die Materi hingegen empfindet an und vor sich selbsten nicht, hat aber anstatt deßen Widerstand und die theile”43.
If matter were nothing other than space consisting of extensions only and having neither the power to act nor the power to be acted on, it would be nothing other than pure space. If, on the other hand, it were to have effect and capacity to be acted on without having resistance and parts, it would be an immaterial substance44. 43 Ibid., 586, ll. 1–15 and 587, ll. 1–14: “Moreover, all creatures have this in common with one another but not with God, that they can not just act but also be acted on. Created substances have not only the power to act, which God has too, but the power to suffer, which issues from their iperfection. Only God is pure act. Created substances exist in two ways. Some consist of an indivisible essence and do not encounter or offer resistance, others have parts and resistance. The former are immaterial spirits, the latter are bodies and to put it breifly have resistance diffused throughout their parts. Created substances are correctly distinguished from one another by the degree of their shared concept, that is by how they act and how they resist. That which is material acts and undergoes (is acted on) with resistance diffused through its parts, that which is spiritual does so with perception which is situated in that which is indivisible. And thus perception or sensing is a sort of spiritual resistance, and resistance a sort of physical perception, which a material or divisible thing can take on. Minds and spirits possess the capacity to perceive without resistance and parts whereas matter does not perceive of itself but has resistance and parts instead”. 44 Ibid.
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In other words, according to Leibniz, a body can be defined as a created substance, that is one capable of acting and being acted on with resistance diffused throughout its parts45. This means that a body is characterised not by its extensionality or absence of extensionality but by the fact of occupying space so that it will not admit another body into the space it occupies and will resist attempts to move it46. This definition of a body, he urges, is no more than a more detailed explanation of the antique definition of a body, in conformity with nature and experience and it is therefore correct and just to say that matter (Aristotle’s ὕλη) consists in its capacity to undergo, that is of having resistance diffused throughout its parts, while the substantial form (Aristotle’s µορφή) consists in its capacity to act which is related to resistance and which can be altered by varying degrees of resistance47. Despite fluctuations of terminology – he calls a body substantia (in the sense of a complex entity possessing matter and spirit) at times, and matter or materia (as opposed to forma which is spiritual) at other times – he clearly stresses the Aristotelian doctrine of body and soul while underplaying his conception of substance as a colony of monads, all partly physical, partly spiritual. The sole reflection of his specific theory of being is the mention that perception in immaterial beings is a sort of spiritual resistance, while resistance in material beings is a sort of physical perception. There is no doubt that his refusal to as much as mention monads is quite deliberate. He aims to appear as Aristotelian as possible in the eyes of his conversation partners, as he did in 1668, in order not to have to face possible accusations of inventing a new doctrine of substance so as to fit his eucharistic teaching into it. Another factor to be borne in mind is that Leibniz set out (fol. 151v) to show that although God in his absolute power could do anything not implying contradiction, it was irresponsible to proclaim as ineffable mystery something we could not understand at first sight, when common sense and reason could show us at least that a given phenomenon such as Christ’s presence in the eucharist lay within God’s absolute power48. In other words, Leibniz wanted more than just an agreement on 45 Ibid., ll. 19−20.: “Kan man also sagen: Corpus est substantia creata (hoc est res activa et passiva) habens resistentiam per partes diffusam”. 46 A IV, 7, 586−587, ll. 32–3 / 587−588, ll. 32–3: “Also daß resistentia corporis sich auf zweyerley weise zeiget, tam ratione materiae alterius corporis quoad locum, quam ratione actionis quoad motum, ita ut neque aliud corpus in locum suum, dum in eo manet, admittat, neque ei impune cedat”. 47 A IV, 7, 588, ll. 7–11: “Es erscheinet aber zugleich darauß daß die vorgestellete definition, nichts anders ist als eine mehr außfürliche erclärung definitionis antiquae corporis, der Natur und Erfahrung gemäß, in dem man billig sagen kan, materiam consistere in passivitate sibi propria nempe Resistentia per partes diffusa; Formam vero substantialem in activitate sed ad resistentiam relata, et per illam modificanda”. 48 A IV, 7, 582 and 583, ll. 7–19: “Wir wollen Uns aber damit nicht aufhalten, sondern vielmehr zubedencken geben, ob es sicher und zu mahl in Mysteriis verantwortlich sey, so fort ein ding so uns ohnmuglich anscheinet doch also zu sein infallibili demonstratione noch nicht erwiesen; pro impossibili et contradictorio gegen den sensum literalem den die helle worth der heiligen schrifft mit sich bringen, außzugeben, wenn es auff die allmacht gottes ankomt, welche
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God’s capacity to transcend the bounds of human reason. He wanted a union founded on reasonable proof that God could cause Christ’s body to be present in the eucharist and on His right hand. Leibniz seems to be making a very deliberate concession to the Calvinists. He insists that every single body, including the glorified and glorious body of Christ maintains a physical presence in the normal sense of the word of filling a space in such a way that it cannot admit another body into the space it occupies and will offer resistance if we try to dislodge it. Therefore every single body, he concludes, including Christ’s glorified body, is circumscribed and dimensional. But – and this is what makes Leibniz’s doctrine of eucharistic presence rather special – corporeal Christ differs from other material bodies because he can act with the greatest freedom regardless of the fact that his body offers resistance: “Ist demnach kein zweiffel, daß eines jeden Cörpers, mithin auch des allergloriosesten Leibes Christi selbst praesentia physica, oder ordentliche natürliche Gegenwahrt beyzubehalten, die ihm auff ahrt und weise, wie andere Cörper ins gemein, und also circumscriptive et dimensionaliter den hohen Majestätischen orth dahin er erhaben, doch mit höchster freyheit der würckung erfüllen machet”49.
Leibniz adds that Christ will appear in body and spirit for the last Judgement so that he will be seen by the blessed with corporeal eyes. Indeed, if God chose to do so, he could make Christ bodily present at this very moment50. Leibniz’s concluding words constitute a proof, if one were needed, of his concession to the Calvinists. He says: “So daß die Evangelischen die Natur der Menscheit und des Leibes Christi keines weges aufheben, noch etwas lehren so selbiger zu wieder, oder mit Marcione und andern Kezern, welche deren wahrheit angreiffen, das geringste zu schaffen haben; sondern dergleichen irrthüme mit mund und herz verwerffen. Ob ihnen schohn das gegentheil von einigen Reformirten ungüthlich aufgebürdet werden wollen”51.
tun kan über alles so wir wißen und verstehen. Wieviel weniger soll man es thun, wenn die gesunde Vernunfft Uns einen weg zeiget, dadurch zum wenigsten praetensa contradictio ganz deütlich abzulehnen. Wie alhier dann geschehen kan, da auß den principiis der vernunfft selbst zu finden, und dieß zum wenigsten zu zeigen, daß die Sach absolutae dei potentiae nicht entgegen. Darauß man aber keines weges unternimt einen gewißen modum zu determiniren, dadurch die sach würcklich geschehe, weil absoluta dei potentia an gewiße arten und weisen nicht gebunden”. 49 A IV, 7, 589, ll. 23–27: “Accordingly, there is no doubt that every single body, including the most glorious body of Christ, maintains a physical presence, that is one that is quite ordinary and normal, in common with all the other bodies, that is in a circumscribed and dimensional way, and that he fills a high majestic place, to which He has risen, while retaining freedom of action in the highest degree”. 50 A IV, 7, 588, ll. 28–30: “Auff welche weise auch Christus erscheinen wird, zu richten die Lebenden und die Todten, und in jenem leben von den seeligen mit leiblichen augen wird gesehen werden, auch iezo gesehen werden köndte, wenn es gott gefiele”. 51 Ibid., ll. 31–4: “The Lutherans do not do away with Christ’s humanity and do not teach anything that against it or have anything to do with Marcion and other Heretics, who doubt it, but
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Leibniz thus appears to pass over the doctrine of ubiquity or multipresence of Christ’s resurrected flesh, which had been the staple of Lutheranism until the 1630s. A clarification of his position on this is to be sought not in the UB1 or 2 but in his Annotata de persona Christi et aliis rebus, composed between 1st and 12th February 169852. As the title suggests, the document is a series of notes on Christology and other matters such the presence of the original sin in the newly born. As regards Christology, it constitutes a very good demonstration of the use that Leibniz generally makes of 16th century sources as well as providing a clue as to his doctrine of substance and the eucharist. He notes that the hypostasis of the Word is communicated to the human Christ but cannot be predicated of him, in other words it can be said of God that he became man but not of man that he became God (enhypostasia). He considers excessive, however, the affirmation made by the Ubiquitarian Jakob Andreae during the colloquy of Montbéliard, that Christ’s divine nature suffered on the cross. Referring to the quarrel between Erasmus and Jacques Lefèvre d’Etaples on Hbr 2,7 he also notes that Lefèvre d’Étaples was the first to teach that Christ in his human nature was everywhere and that he was criticised for this by the Sorbonne doctors. Lefèvre did in fact argue that Christ’s human nature was not like an ordinary human nature and that his lowering was inseparable for a Christian from his exaltation, but he did not propound multipresence of Christ’s body in the consecrated elements or ubiquity, in the sense that Luther did later53. In other words, Leibniz in the Annotata de persona Christi affirms enhypostasia, a fundamental difference between Christ’s divine and his human nature, which enables him to affirm in the UB the circumscribed and local presence of Christ’s glorified body on the right hand of God without contradicting himself. However, the problem that he still has to resolve is that of Christ’s substantial presence in the eucharist. He says in the Annotata: “Communicatur humanae naturae attributum divinum ἐνεργητικὸν, quod manet idem. Numero nec per communionem multiplicatur; sed tale non est omnipraesentia. Ubiquitas divinae naturae non est ubiquitas humanae, quia etiam existentia divinae non est existentia humanae[.]Hieronymi locus contra Vigilantium [1, 6], ait de sanctis: Sequuntur agnum quocunque vadit. Si agnus ubique ergo et Ei qui cum agno sunt. […] Et cum diabolus ac daemones toto vagentur […] orbe et celeritate nimia ubique praesentes sint, martyres post effusionem sui sanguinis arca operientur inclusi et exire inde non poterunt [?]”54.
they reject these errors with their mouths and hearts, although some Calvinists unkindly attribute the contrary to them”. 52 A IV, 7, N. 57. 53 On this see notably I. Backus: “Jacques Lefèvre d’Etaples. A Humanist or a Reformist view of Paul and his Theology”, in: Companion to Paul in the Reformation, ed. by W. Holder, Leiden 2009, pp. 75–89; G. Bedouelle: “Lefèvre d’Etaples et Érasme. Une amitié critique”, in: Jacques Lefèvre d’Etaples (1450?–1536), dir. par F. Pernod, Paris 1993, pp. 28–33 and literature cited ibid. 54 A IV, 7, 355, ll. 9–16: “The divine attributes are communicated to the human nature by action, because it remains as it is. It is not multiplied numerically by communion and this is not
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Leibniz has obviously gone back on the doctrine of transsubstantiation he put forward in 1668. There is now no question of the glorified body of Christ being numerically identical with the consecrated elements due to their common union with Christ’s mind. On turning to UB1, we see that Leibniz now notes that while Christ’s human body is not and cannot be present in the consecrated elements, God can nonetheless make it present there in a hyperphysical way. (As I showed elsewhere, this was roughly the position that Leibniz defended from at least 1691 onwards, especially in his correspondence with Pellisson)55. In UB1 he insists at greater length than in the UB2 on God’s extraordinary powers. The following paragraph for example does not figure in UB2: “[…] Er kan auch wohl ein Corpus von einem orth zum andern in einem augenblick verschaffen, also daß er an loca et corpora media et successionem secundum ipsa nicht gebunden, sondern sozusagen die mutationem per saltum auff einmahl zu verrichten vermag, Und unzahlbare andere dinge kan gott thun, über alles das wir verstehen und begreiffen”56.
In other words, according to Leibniz, God is outside the laws of physics. In support of this claim he cites not Aristotle but Thomas Aquinas according to whom intelligences are not in a particular place except through the force they operate. However, Leibniz is the first to admit that the body of Christ is not an intelligence. He therefore proposes a supplementary explanation to avoid confusing the presence of a suppositum (individual substance capable of action) with the presence of force and the presence of a substance with the presence of its effect. While the laws of physics are not directly applicable to God, Leibniz does the utmost to make the Almighty’s actions clearer with the help of physics. He is not postulating a deus absconditus. He points out that the force of a thing is either substantial (primitive) or accidental and secondary (derivative). This means that the immediacy of force and the presence of its effect is to be opposed to the immediacy of a suppositum and substantial presence. This immediacy of force and its effect is the secondary force of a subject57. The distinction between primitive and derivative or secondary force is characteristic of the preoccupations of the late Leibniz, as multipresence. Ubiquity of the divine nature is not ubiquity of the human nature because divine nature does not exist in the same way as the human nature. In Contra Vigilantium [1, 6] Jerome says about the saints: ‘they follow the Lamb wherever he goes. If the lamb is everywhere, then so are those who are with him. And whereas the devil and his demons wonder all over the world, and are present everywhere because of the inordinate speed with which they move, martyrs, having shed blood, will be hidden in an ark and will not be able to leave it’”. 55 See Backus (as in note 2). 56 A IV, 7, 590, ll. 16–20 und 591, ll. 15–19: “He can also make a body move from one place to another in one blink of an eye, in such a way that, not being bound to places and intermediary bodies and their natural succession, he can effect a mutation in a leap all at once. And God can do countless other things that surpass all that we understand and comprehend”. 57 A IV, 7, 594, ll. 11–14: “Nehmlich: virtus rei sive potentia est vel substantialis et primitiva, vel accidentalis et secundaria. Daher immediatio virtutis et praesentia efficaciae, opposita immediationi suppositi et praesentiae substantiali, de virtute secundaria aut accidentali, zu verstehen”.
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R. M. Adams points out58. Adams, however, first dates the distinction from the early 1700s. (He could not have known at the time he was writing that the concepts are first used in 1697). Firstly, what Leibniz says in UB1 and in UB2 is that we should distinguish between the substantial form of something or its primitive force and its derivative or secondary force. In the created world, only the first of these can be considered a presence in the true sense of the word. The second is bodily movement of a substantial form occasioned by interaction with another body, as when a ball is struck by another ball or a bat. This derivative force is relegated by Leibniz to the category of phenomena. He notes that in Nature or the created world, you cannot have one without the other. In other words, the primitive force can only exercise its effects through the mediation of other bodies. It is not possible for a ball to strike itself as this would mean, to cite Leibniz, that ‘es würde darauß accidentis separatio a subjecto et velut emissio folgen’ (UB1, fol. 156r). This also means, as he implies a little further on, that in Nature dimensionality plays a part in determining the distinction between the substantial form and the movement occasioned or undergone by it (its derivative or secondary force)59. However, according to Leibniz, the distinction between the primitive and secondary force does not exist in God or in any other purely spiritual being such as the soul. These are his exact words as they occur in both UB1 and UB2: “Auff solche Weise sagt man nun von Gott den bekandten vers Enter, praesenter deus est, et ubiqve potenter. Auff solche weise sind auch intelligentiae et animae wahrhafftig, ob schohn nur definitive denen locis et corporibus gegenwärtig[.] Anima est in corpore, vel intime praesens est corpori ἀδιαστάτως sed non διαστηµατικῶς, µηδὲ κατὰ τὰ σημεῖα. Id est, non ita ut designari qveat punctum, ubi dici possit: hic est animae sedes, hic anima continetur. Und ins gemein, weilen essentia substantiae in Universum bestehet in virtute activa primitiva, qvae in creaturis per passivam potentiam est temperata so folget darauß, daß auch conceptus formalis praesentiae verae vel substantialis in immediata applicatione substantiae atqve adeo virtutis primitivae vel essentialis beruhe. Und dieß ist Commune deo et Creaturis, spiritui et corpori, Nur daß in creaturis nicht nur activae sondern auch passivae simul potentiae primitivae appli58 Adams: Leibniz, 1994, pp. 378–399. 59 A IV, 7, 594, ll. 15–30 und 595, ll. 16–30: “Wenn aber ein Geist oder eine Seele, oder auch ein leib, nur per applicationem virtutis aut potentiae accidentalis gegenwärtig wäre; dergleichen die philosophi in scholis per emissas species vel qvalitates vor alters gelehret haben, so wäre es keine praesentia vera essentiae, sed tantum efficaciae. Ob nun in der Natur eine solche immediatio virtutis accidentalis zu finden, und ob einige sach in longe dissitum immediate würcken könne laßet man dahin gestellet seyn und weiß deßen wenigst kein exempel, besorget auch es würde darauß accidentis separatio a subjecto et velut emissio folgen, ins gemein ist nuda efficaciae praesentia nicht immediata; Nehmlich es pflegt ein ding erst auff das jenige so ihm am nächsten und denn vermittelst deßen auch wohl, per plura interposita auff das entfernete zu würcken, und seinen trieb zu erstrecken, und findet sich daß die emissae species der alten wohl nichts anders als entweder ejaculationes corpusculorum, oder propagationes motuum per medium seyn mögen also daß in der that eine iede immediatio vel immediata operatio eine immediationem suppositi, vel praesentiam substantialem erfordert. Man will sich aber damit nicht aufhalten, Weilen gnug, daß applicatio immediata potentiae substantialis, eine wahre praesentiam substantiae machet”.
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Irena Backus catio, pro totius substantiae praesentia erfordert wird. Und ob schohn in corpore ordinarie et regulariter sive naturaliter, die applicatio secundum corporum ordinarium se habendi et operandi modum, nempe secundum dimensiones aus ob angeführten ursachen geschicht; so ist doch gott bey dem Corpore, so wenig an diesen modum praesens corpus sistendi, als an diesen modum essendi et operandi, corpori competentem gebunden, Sondern, gleichwie gnug, daß dem Corpori seine Essentialia vobehalten werden, so ist auch gnug, daß die Essentialia und formalis ratio praesentiae in salvo bleiben”60.
If God can be present substantially without another body or bodies interposed between his substantial form and his secondary force, this means that He can be present in the eucharist substantially without the elements transsubstantiating. Leibniz at this stage has obviously left far behind him his early notion of transsubstantiation of bread and wine as an outcome of union between the mind of Christ and the elements, which occurs in such a way that the accidents of bread and wine remain while the substance of the elements becomes the substance of Christ’s human body without affecting its total amount. Do we then conclude that Leibniz manipulated the doctrine of real presence according to the identity of the confession he was negotiating with at any given time? In fact, it is far more likely that his ontology and concept of presence underwent a change between 1668 and 1697 and that he would not have argued in 1697 what he argued in 1668, had he had a Catholic interlocutor instead of the Calvinist Jablonski. His late doctrine of the vinculum substantiale adverted to in his correspondence with Des Bosses supports this hypothesis. His definition of the vinculum as a bond that binds together monads that make one organic body and which can be detached by God from one particular dominant monad or organic body and attached to another does not in any way contradict what he says in 1697 about God not requiring intermediate bodies to make his primitive force present. If He is free to make himself present in any way He wants without having recourse to intermediary bodies, then there is theoretically nothing stopping Him from having recourse to a detachable bond to make his presence immediate. However Leibniz apparently never put together his con60 A IV, 7, 596, ll. 1–19 and 597, ll. 1–18: “If a body or a soul or a spirit were to be present only through application of its accidental (secondary) force, as philosophers in schools have taught presence by emanation or qualities in the past, there would be no real presence of essence but only of accidental force. Whether this sort of immediacy of accidental force exists in Nature and whether something far away could assure a substantial presence is an open question and we know of no examples of this, especially as this would mean a separation between the subject and its accidents, the latter being sent by the former. Therefore we take it that usually the presence of secondary force is not immediate but is mediated through a body. In other words a thing focuses on that which is nearest to it and then uses it as mediator to exercise an effect on that which is far away by several things interposed if it wants to extend its activity. So the images of the subject are nothing other than emissions of atoms or transmission of movements through a medium. This means that every non-mediated operation requires an immediate or substantial presence of the suppositum. And although in a body application happens naturally according to the normal way bodies behave, that is dimensionally, for the reasons we said, God is not tied to this way of placing a body and he is not bound to this way of working which goes with a body. Thus it is sufficient that the body retains its essential features and formal presence”.
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cept of real presence as outlined to Jablonski either with his early or with his late concept of transsubstantiation. In relation to the eucharist therefore we cannot really talk about his global project for the union of churches but rather about his participation in different projects of union at various stages in his life. This is not to deny that his views on predestination were far more global61. The originality and achievement of his eucharistic thought, however, consist in his attempts to ground the doctrine of real presence, be it in the guise of transsubstantiation or consubstantiation, in Physics and Metaphysics62 while taking care to respect the tradition of the different churches. This is what makes his projects stand out among the various 17th century attempts at union, which advocate either syncretism or mutual toleration. IV. CALVIN, THE CONSENSUS OF SANDOMIERZ (SENDOMIR) AND GOD’S PRIMITIVE FORCE Given his approach and his way of going about things Leibniz was faced with the issue of making his philosophical framework correspond to the foundational documents of the different churches. As we saw, in 1668, he simply cited the Council of Trent. Thirty years later he had to make the idea of God’s presence without a body interposed consistent with Calvin’s theology. Leibniz’s references to ‘the ninth volume’63 of Calvin’s works make plain, he was using the 1667–1671 nine part edition of the Genevan reformer’s Opera omnia64. This edition included the Institutes of Christian Religion and took into account the commonplaces and indexes by all early summarisers of the Institutes from Nicolas Colladon to Edmund Bunny as well as more recent ones such as Daniel Colonius65. This meant that the work was presented in a pre-schematised way. This made for easier access to its salient points which were highlighted in such a way as to over-emphasise certain aspects of Calvin’s teaching, the best example here being his designation of both the Catholic and the Lutheran theologi61 I argue this in my ongoing monograph on Leibniz in the context of Sixteenth and Seventeenth Century Protestantism. See also M. Murray: “Leibniz’s Proposal for Theological Reconciliation among the Protestants”, in: American Catholic Philosophical Quarterly 7, 4 (2002), pp. 623– 646. 62 Cf. Rudolph: “Zum Nutzen von Politik und Philosophie”, p. 126. 63 Cf. Loca nonnulla (see n. 16), p. 2507: “Placet et quaedam agere ex Epistolis Calvini. Joh. Calvinus N. salutem. Tomo 9. operum, pag. 23”. 64 Ioannis Calvini Noviodunensis opera omnia; in novem tomos digesta, Amstelodami, apud viduam Joannis Jacobi Schipperi, 1667–1671. 65 Calvin: “Institutio christianae religionis”, in: Opera, 1667–1671, vol. 9 (hereafter: Inst.), Admonitio ad lectorem: “In hoc autem scriptionis genere quantum meruerit Author noster (quanquam ne huc quidem ἀνίπτοις χερσὶν, aut ἀναµάθετον accedere cuiquam liceat) ex multorum insignium etiam virorum operibus apparet, qui Compendiis formandis, Analysis Instituendae aliisque quae ad lucem huic operi inferendam, ac studiosam Theologiae Iuventutem in eius lectionem velut manuducendam, operas ac labores impenderunt suas”.
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ans as hyperbolici doctores in the summary of Institutio 4, 17, one of the chapters most extensively read and used by Leibniz66. This summary naturally makes no mention of any difference of opinion. According to the latest research of Wim Janse and others67, Calvin’s doctrine of the eucharist, and of the sacraments in general, was anything but monolithic and should not be viewed simply in terms of „before“ and „after“ the famous Consensus Tigurinus which he concluded with Bullinger, Zwingli’s successor, in 1549. Broadly speaking, whereas in Luther’s lifetime Calvin tried to remain as close as possible to the Lutheran formulation of real presence, his thinking underwent a change after 1549, period which also coincided with Luther’s death and the rise of Ubiquitarianism, which should be seen, at least partly, as a reaction to the Consensus Tigurinus and Calvin’s change of position. All this led to bitter controversies between Calvin and the Swiss theologians on the one hand and Lutherans such as Joachim Westphal or Tilmann Hesshusen on the other68. Accordingly Calvin’s thinking on the eucharist lost its Lutheran elements and became increasingly Zwinglian with the resulting underemphasis of real presence. However, at no stage did Calvin become a pure Zwinglian and at no stage did he view the eucharist as a purely commemorative ritual. In the final years of his life, moreover, he made renewed attempts at reconciliation with the Lutherans, notably with his Optima ineundae concordiae ratio (1561) and the Confession de foi pour presenter à l’empereur (1562)69. Leibniz was familiar with both the works. Both were printed in volume 9 of the Amsterdam 1667–71 edition of the reformer’s Opera omnia.
66 Thus “Institutio” 4, 17 which is the chapter most often cited by Leibniz is summarised thus: “Prima pars primum ostendit quidnam sit quod Deus in S. Coena exhibet, sect. 1. 2. 3. 4. Deinde quomodo & quatenus id nostrum fit, à sect. 5. vsque ad 12. 2. Secunda pars continet potissimum refutationes errorum quos circa Coenam Domini superstitio invexit. Primum autem Transsubstantiatio refellitur, sect. 12. 13. 14. 15. Deinde, Consubstantiatio & Ubiquitas, sect. 16. 17. 18. 19. Tertio, institutionem ipsam contra hyperbolicos istos doctores facere ostenditur, sect. 20. 21. 22. 23. 24. 25. Quarto, aliis rationibus è verbo Dei desumptis confirmatur orthodoxa sententia, sect. 26. 27. Quinto, auctoritas Patrum adversariis excutitur, sect. 28. Sexto, evertitur praesentia illa quam ipsi statuunt, aliaque stabilitur, sect. 29. 30. 31. 32. Septimo, agitur de communione nostra, & qualis esse debeat, sect. 33. 34. Octavo, refellitur adoratio ab adversariis invecta, & ostenditur quorsum instituta sit Coena Domini, sect. 35. 36. 37. 38. 39. Postremo, de examine communicantium, sect. 40. 41. 42. de externae actionis ritibus, de frequenti communione sub utraque specie instituitur disceptatio, dilutis adversariorum obiectis, sect. 43. 44. 45. 46. 47. 48. 49. & 50”. 67 W. Janse: “Calvin’s Eucharistic Theology. Three dogma-historical observations”, in: Calvinus sacrarum literarum interpres, ed. by H. J. Selderhuis, Göttingen 2008, pp. 37–69. See also the excellent summary by Janse: “Sakramente”, in: Calvin Handbuch, ed. by H. J. Selderhuis, Tübingen 2009, pp. 338–349, esp. pp. 345–349, and literature cited there. 68 See W. de Greef: The Writings of John Calvin. An Introductory Guide, translated by L. Bierma, Philadelphia, Pa. 2008, pp. 170–190. 69 See W. Janse: “Calvin, a Lasco und Beza. Eine gemeinsame Abendmahlserklärung (Mai 1556)?” in: Calvinus Praeceptor Ecclesiae, ed. by H. Selderhuis, Geneva 2004, pp. 209–232.
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This is the context of the Ratio: in November of 1560 the Bremen Cathedral preacher Albert Hardenberg asked Calvin to produce a conciliatory summa that Hardenberg could use in a dispute with Tillmann Hesshusen, the gnesio-Lutheran superintendent dismissed from Heidelberg. Hardenberg wanted Calvin to replace the recently deceased Melanchthon. According to Janse, a Polish version of the text of Calvin’s ‘summa’ figured in an appendix to the translation into Polish of the moderate Consensus of Sandomierz, which Leibniz used extensively in 1697– 1699 negotiations70. It is also interesting to note that Daniel Ernst Jablonski published in 1731 a History71 of the Consensus, which shows the popularity of the document around Leibniz’s time. As regards the Confession de foi pour presenter à l’empereur72, which was printed in Latin in vol. 9 of the 1667–71 Opera, this was a solo attempt on Calvin’s part to win over more converts to the French doctrine of the eucharist on the occasion of Maximilian’s coronation in 1562. On 7th May of 1563 Calvin wrote to Louis de Condé that the document would prove particularly fruitful outside France as many Germans who were alienated from the French because of disputes on the eucharist were bound to read the Confession if they saw Condé’s name on it73. Leibniz distinguished it sharply from the 1559 Confessio Gallica74. Both the documents, the Optima ineundae concordiae ratio75 and the Confession are conciliatory to the Lutherans. Both reintroduce the proLutheran terminology of Calvin’s early years76. The Ratio77 talks about the body of Christ as ‘given to us under the bread or with the bread’ (sub pane vel cum pane nobis dari Christi corpus) or as ‘eaten’ (corpus Christi comedi) and ‘feeding us with its substance’ (substantialiter nos pasci Christi carne). We find similar expressions in the Confession de foi pour presenter à l’empereur78 where Calvin not only reintroduces pro-Lutheran terminology but also foregoes his earlier insist70 Janse: “Calvin, a Lasco und Beza”, p. 210. 71 See ibid., p. 222 note 74. 72 Cf. J.-F. Gilmont et R. Peter (eds.): Bibliotheca calviniana. Les œuvres de Jean Calvin publiées au 16e siècle, Geneva 1991– , vol. 2, no. 64/7, pp. 1065–1067. 73 Calvin: Opera 20, col. 14 74 Leibniz: Loca nonnulla (see n. 16), pp. 2510−2511: “Post Epistolas Calvini Tomo operum ultimo p. 250 reperitur […] ibi [Confessio fidei nomine Ecclesiarum Gallicarum vigente bello scripta ut coram sacri Caesareae Majestate et principibus atque ordinibus Germaniae in Comitiis Francofurtensibus ederetur, si per itinerum difficultates ex Gallia eo tum perveniri potuisset Anno 1562] artic, 16: […] ‘Dominus Jesus offert nobis per signa illa panis et vini suum corpus et suum sanguinem iisque spiritualiter pascimur modo ne nostra incredulitate aditum ipsius gratiae praecludamus […] Juxta Ps. 81, 18. dilata os tuum et implebo illud. Non tamen ut nostra incredulitate quicquam de Dei veritate decedat, aut quod nostra pravitate sacramentorum efficacia intervertatur […]”. This is the Latin text of the Confession de foi pour présenter à l’empereur. Cf. Calvini Opera, 1667–1671, vol. 9, p. 256. Text of the Ratio, ibid. p. 267. 75 Calv. Opera 9, cols. 517–524 – the edition refers to: Joannis Calvini Opera quae supersunt omnia, ed. by E. Baum, E. Cunitz, E. Reuss, 59 vols., Braunschweig 1863–1900. 76 Cf. Janse: “Sakramente”, p. 348. 77 Cited here after the text of Calv. Opera. Cf. text edited by Janse, 2004, pp. 225–229. 78 Calv. Opera 9, col. 753–772.
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ence on the question of the manducation of the impious asserting that ‘we confess that, by the sacramental formula, the wicked receive the body and blood of Jesus Christ’ (Calv. Opera 9, 769). Leibniz was fully aware of the enduring pro-Lutheran aspect of Calvin’s doctrine and regretted the Genevan reformer’s ‘philosophical error’ as he put it, and the concessions made by him to the Zurich theologians79. Be that as it may, it is very largely on the Institutes of 1559 and not Calvin’s occasional writings that Leibniz relies on in the UB. He concentrates on Institutio 4, 17 and cites the passages, which stress the real and substantial presence of Christ’s body in the elements and the mystery of the eucharist, as the appendix to this essay shows80. Here I propose to analyse just one or two of the more striking examples. The first example is taken from Institutio 4, 17. 5 The phrase of particular interest is: “Porro nobis hic duo cavenda sunt vitia, ne aut in extenuandis signis nimij a suis mysteriis ea divellere, qvibus qvodammodo annexa sunt, aut in iisdem extollendis immodici, mysteria […] etiam ipsa nonnihil obscurare videamur“81.
Scholars agree82 that Calvin here is criticising Zwinglians on the one hand and Lutherans on the other. The phrase ‘aut in iisdem extollendis immodici’ could not possibly refer to the doctrine of transsubstantiation, as Calvin accused the Roman Catholics of interpreting Christ’s presence in the sacrament in far too carnal and unmysterious way (cf. Institutio 4, 17, 12: ‘…acsi locali praesentia corpus Christi manibus attrectandum, atterendum dentibus, ore deglutiendum sisteretur’), something Leibniz could not have missed. He must therefore have been aware that those who exaggerate the mystery of Christ’s presence in the eucharist were, in Calvin’s view, the Lutherans. Jablonski would have also been aware of this. Leibniz’s choice of passage from Calvin is quite deliberate. He obviously intends to show the (initiated) Calvinist theologians that Lutherans too have to make concessions, notably in the matter of their doctrine of omnipresence. We are put in mind of his earlier appeal to common sense and reason as most liable to show us that God can be present without a body interposed. The citation from Calvin aims to reinforce the Lutheran belief in Christ’s substantial presence, which should not overflow into belief in ubiquity, and at the same time to show Jablonski that the Zwinglian model which the KV put forward was found to be unacceptable by Calvin, the most authoritative guarantor of Jablonski’s faith. Our second example is the passage Leibniz excerpted from Institutio 4, 17. 10: “[…] Etsi autem incredibile videatur in tanta locorum distantia penetrare ad nos Christi carnem, ut nobis sit in cibum; meminerimus, qvantum supra sensus omnes nostros emineat arcana spiritus sancti virtus, et qvam stultum sit ejus immensitatem modulo nostro velle metiri.
79 80 81 82
Cf. Backus (as in note 2). Cited here after UB1 but they recur in the same form in UB2. Italics I. B. “Institutio” 4, 17. 5. Cf. Joannis Calvini Opera selecta, ed. by P. Barth and W. Niesel, Munich 1926–1952, 5 vols. Here vol. IV, p. 346, note 1.
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Qvod ergo mens nostra non comprehendit, concipiat fides; spiritum vere unire qvae locis disjuncta sunt”83.
Taken at its face value, the passage seems to corroborate Leibniz’s point that the right way to define a body is not as that which has extensionality (as Descartes and his disciples would have it) but as that which can exercise a force and be exercised upon by a force. The implicit statement the citation makes is that if Calvin had not taken the body to be simply that which has length, width and breadth, the question of how Christ’s body would have been able to be present in so many different, distant places would not even have arisen. In other words, he suggests that his own physical and metaphysical conception of the body answers Calvin’s theological question. In a similar spirit, Leibniz excerpts Calvin’s pro-Lutheran letters. Five of the seven extracts date from 1554–57. The remaining two date from 1542 and 1546. None date from the period 1547–1553, Calvin’s ‘proZwinglian phase’. These two examples are typical enough of the florilegium as a whole to call for three, more general observations. Firstly, Leibniz avoided citing any overtly polemical or controversial statements that Calvin makes in the Institutes and which the work is famous for. Secondly, and more importantly, Leibniz selected either those passages that supported his metaphysical system in some way or those that could be interpreted in the light of Leibnizian ontology and his reformulation of Aristotle. Thirdly, we might say that he practised what he preached. The passages were chosen so as to support his contention that mutual toleration around the Zwinglian doctrine was impossible and that what could work instead was a real union. This union could be achieved with the help of Calvin’s theology interpreted in the light of Leibniz’s doctrine of substance. Leibniz also noted the similarity of the doctrine in the Institutes with Calvin’s early pro-Lutheran doctrine in the Petit traicté de la sainte cène of 1537. Although he never states in so many words that the reformer returned to this early position in 1561, Leibniz senses very aptly that Calvin could be viewed as an ally. Before concluding, I should like to draw attention to Leibniz’s interest for the Consensus of Sandomierz, which, if Janse is to be believed, included a version of Calvin’s Optima ratio in a Polish version84 and to the Colloquy of Toruń (Thorn), also discussed by Leibniz. Both were of interest to him despite their somewhat divergent positions on the eucharist.
83 A IV, 7, 620, ll. 4–8. 84 Cf. Janse: “Calvin’s Eucharistic Theology”, pp. 65–66. I have so far been unable to locate the Polish text. (Janse too does not give any details of its location).
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V. THE CONSENSUS OF SANDOMIERZ (SENDOMIR) AND THE COLLOQUY OF TORUŃ (THORN) As noted by Philip Schaff85, after the death of Jan Laski (1560) and Prince Nicholas Radziwill (1567) the Polish Protestants had no commanding leader, and felt the more the necessity of some union for their own safety. Unprepared for an organic union, the Lutherans (influenced by the liberal advice of the Melanchthonian divines of Wittenberg), the Calvinists, and the Bohemian Brethren effected a confederate union at the Synod of Sendomir April 14, 1570, and expressed it in the Consensus Sendomiriensis, the only important confessional document of the evangelical churches in Poland. It was published by authority, in Latin and Polish, with a preface signed by Erasmus Gliczner, Lutheran Superintendent of Great Poland, in the name of the ministers of the Augsburg Confession, by Johannes Laurentius, Superintendent of the Bohemian Brethren in Great Poland, and by Paulus Gilovius, Superintendent of the Reformed Churches in Little Poland86. The Consensus states that the three orthodox evangelical Churches are agreed in the doctrines of God, the Holy Trinity, the Incarnation, the person of Christ, justification by faith, and other fundamental articles, as taught in the Augsburg, the Bohemian, and Helvetic Confessions, against papists, sectarians, and all enemies of the Gospel. To smooth out the controversies the )Consensus adopts that explanation of the words of Institution which distinguishes (with Irenæus) between the earthly form and the heavenly substance in the Lord’s Supper, and regards the visible elements not as mere signs, but as conveying Christ to the believer truly through faith that they represent: “Convenimus in sententia verborum Domini nostri Jesu Christi, ut illa orthodoxe intellecta sunt a patribus, ac imprimis Irenæo, qui duabus rebus, scilicet terrena et cœlesti, hoc mysterium constare dixit; neque elementa signave nuda et vacua illa esse asserimus, sed simul reipsa credentibus exhibere et præstare fide, quod significant. Denique ut expressius clariusque loquamur, convenimus, ut credamus et confiteamur, substantialem præsentiam Christi [not 85 The text of this paragraph draws on Ph. Schaff: The Creeds of Christendom, with a History and Critical Notes, vol. 1: The History of the Creeds, New York 1877, pp. 586−587. 86 The full title is Consensus in fide et religione Christiana inter Ecclesias Evangelicas Majoris et Minoris Poloniæ, Magnique Ducatus Lithuaniæ et cæterarum ejus regni provinciarum, primo Sendomiriæ Anno MDLXX. in Synodo generali sancitus, et deinceps in aliis, ac demum in Wlodislaviensi generali Synodo Anno MDLXXXIII. confirmatus, et Serenissimis Poloniæ Regibus, Augusto, Henrico ac Stephano oblatus, nunc autem ex decreto Synodico in publicum typis editus. Anno Christi MDLXXXVI. This edition contains the supplementary resolutions of the Synods of Poznan (Posen) (1570), Cracow (1573), Petricow (1578), and Vladislav (1583). It was reprinted at Toruń (Thorn), 1592 and 1596 (with the Acta et conclusiones synodi generalis Thoruniensis anni 1595); at Heidelberg, 1605; at Geneva, in the Corpus et Syntagma Conf., 1612 and 1654 (from the Heidelberg edition); at Frankfurt-an der-Oder, 1704 (with a Preface and German translation of Dr. Sam. Strimesius). I have so far been unable to establish which, if any, of these editions was the one used by Leibniz.
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corporis et sanguinis Christi], non significari duntaxat, sed vere in cœna eo [sc. Christo] vescentibus repræsentari, distribui, et exhiberi corpus et sanguinem Domini symbolis adjectis ipsi rei minime nudis, secundum Sacramentorum naturam”.
The Lutheran members demanded the phrase ‘præsentiam corporis Christi’ for ‘præsentiam Christi’, and the insertion of the entire article of the Saxon Confession on the Lord’s Supper. It is of some significance that the first request was denied by the Calvinists and Bohemian Brethren although the second was granted, because the Saxon Confession uses the words ‘in hac communione vere et substantialiter adesse Christum’ (not corpus Christi)87. Then follows a long extract on the sacraments from the Saxon Confession, which Melanchthon prepared in 1551 for the Council of Trent88. The Consensus thus adopts the later Melanchthonian or Calvinistic theory; it avoids the characteristic Lutheran terms (manducatio oralis, etc.), and demands faith as the medium of receiving the matter represented by the elements. The doctrine of predestination was not touched, as there seems to have been no controversy about it. In its conclusion the Consensus acknowledges the orthodoxy and Christian character of the three parties, and pledges them to cultivate peace and charity. The Colloquy of Thorn89 or Toruń which took place in 1645 is normally viewed as the continuation and extension not just of the Consensus of Sandomierz but of the Leipzig Colloquy whose optic Molanus criticises in UB1, as we saw. It was of interest to Leibniz, as we can see, because of the position adopted by the Calvinists on the eucharist. As Leibniz says: “Confessio deniqve Reformatorum in Colloqvio Thoruniensi 1645 oblata habet haec de Eucharistia num. 2. Corpus et sangvis domini verissime ac praesentissime nobis exhibetur. Et num. 10 Neqvaqvam statuimus nuda[,] vacua et inania signa sed potius id qvod significant et obsignant, simul vere exhibentia. Et num. 12. Patet non solum virtutem, efficaciam, operationem, beneficia Christi nobis praesentari et communicari, sed inprimis ipsam substantiam corporis et sangvinis Christi, seu ipsam illam victimam, qvae pro mundi vita data est, et in Cruce mactata”90.
As the above text makes plain, the Calvinists in Toruń in 1645 went one step further than the Consensus of Sandomierz by stating that it was the body and blood 87 See Ph. Schaff (ed.): The Creeds of Christendom, 3 vols., New York, reprinted by permission of Harper & Row, 61931, vol. 1, pp. 581–583. 88 Text in Corpus et syntagma confessionum, 1654, pp. 219 ff. 89 See also B. Kaplan: Divided by faith. Religious Conflict and the Practice of Toleration in Early Modern Europe, Cambridge, Mass. 2007, pp. 139–143. 90 The Declaration of Thorn which the Calvinists presented to the Toruń colloquy of 1645 says this about the eucharist at no. 2: “the body and blood of Christ is exhibited very truly and in its full presence”. At no. 10 it says: “we do not postulate bare, hollow and empty signs but that which they signify and confirm and at the same time we really exhibit”. And at no. 12 it says: “it is clear that not just the force, the efficacy, the operation and the benefits of Christ are presented and communicated to us, but first and foremost the substance of the body and blood of Christ, that is the very same victim that was offered so that this world could live and that was sacrificed on the cross” (Italics I. B).
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of Christ and not just Christ that was substantially present in the eucharist. Leibniz omits to say that they could not do otherwise, given that the Toruń Colloquy attempted to unite not just Lutherans and Calvinists but Roman Catholics, Lutherans and Calvinists. The Roman Catholic delegation proved particularly obstructive and the colloquy was as much of a failure as the Consensus of Sandomierz and the Leipzig Colloquy. However, the reformed or Calvinist Declaration of Toruń which Leibniz is referring to was the only statement issued by the Colloquy, which actually gained some sort of official recognition among the three Confessions91. VI. CONCLUSION Here is a short summary of my results. Leibniz’s position on the eucharist is particularly important as it shows the links between his changing ontology and his attempts to argue for unions of churches between 1668 and 1709. There is not just one Leibniz with one doctrine of pre-established harmony which claims to be adaptable to both the Roman Catholic and the Reformed teaching on Christ’s presence in the elements. I have isolated three stages, that of 1668, that of the later 1690s, and finally that of the last years of his life as reflected in his correspondence with Des Bosses, where as we saw he abandons the traditional nomenclature of consubstantiation and transsubstantiation and where he also pleads for the existence of the vinculum substantiale, something added by God to the dominant monad, which He and only He can transfer from one dominant monad to another (e. g. the body of Christ from its place in Heaven to that of the consecrated elements). In 1668 Leibniz argues in De transsubstantiatione that a substance is that which exists by itself and is characterised by its capacity to act. A body as he defines it at that stage is that which exists in space and is characterised by movement. Therefore any variation of the way it occupies space is a variation of its essence. However, a body must be governed by a mind for it not to be a merely inert mass. At this stage, Leibniz did not postulate monads, which have a spiritual and a physical component, the latter to a limited degree. Instead, he attaches material beings such as bread and wine to the mind of God. However, the mind of God gives up its role when He hands them over to the mind of Christ who takes them on as his body. If the glorified body of Christ is governed by the same mind of Christ which takes on the elements, numerical identity of the elements and Christ’s glorified body follows. In other words, the elements transsubstantiate, leaving behind the ‘mindless’ accidents of bread and wine. 91 The full title is Professio Doctrinæ Ecclesiarum Reformatarum in Regno Poloniæ, Magno Ducatu Lithuaniæ, annexisque Regni Provinciis, in Conventu Thoruniensi, Anni 1645, ad liquidationem Controversiarum maturandam, exhibita d. 1 Septembris. First published at Berlin 1646, under the title Scripta partis Reformatæ in Colloquio Thoruniensi.
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The discussions on religious union with Jablonski took place in an official context, as we saw. How far this influenced Leibniz’s attitude is a moot point and one I have not attempted to investigate. I showed that Jablonski in the KV argued for a union on the model of the Leipzig colloquy of 1631, in other words, one based on charitable toleration and which should be enforced by civil authorities. The doctrine of the eucharist he defended was moderately Zwinglian. He accompanied it by references to the disputes between Brenz and Oecolampadius, citing the Syngramma suevicum of 1526 because it expressed some hope of reconciliation between Lutherans and Zwinglians in the long run. It was Molanus, as we saw, who rejected Jablonski’s proposal emphatically in UB1, where he gave historical reasons for the refusal of the toleration model. He invoked in some detail the disastrous outcome of the Kassel Colloquy of 1661 which led to forced conversions of Lutherans. This passage is omitted from UB2 with the result that Leibniz’s notion (supported by Molanus) of a real union, in other words one based on common ontological rather than theological or political presuppositions, assumes a much higher profile. At that time Leibniz defines the body as a created substance which can act and be acted on and which has resistance diffused throughout its parts. All created substances can both act and be acted on, only God is pure act. Moreover, Leibniz now considers that every single body, including Christ’s glorified body is circumscribed and dimensional. Leibniz thus abandons the doctrine of multipresence of Christ’s body, which had been a staple of Lutheran theology since the 16th century. He now argues that God, the only substance capable of acting without a body interposed, can make Christ’s body to be present in the elements ‘hyperphysically.’ The crucial concept here is one of perception of Christ’s body by the communicants. Having elaborated this ontological basis for union, Leibniz rejects categorically the Zwinglian doctrine of the eucharist as providing an adequate theological basis for one. Instead he proposes Calvin and a number of Reformed Confessions of faith. We saw that his excerpts from the Institutes are chosen with great care so as to avoid any polemical references. Moreover, he privileges those passages which contain terms such as substantia, perceptio, corpus Christi etc. Interestingly, he leaves open the question of the difference between the idea of perceptio Christi and perceptio corporis Christi. His open or undecided attitude is brought to light by his inclusion of excerpts from both the Consensus of Sandomierz (which talks about perceptio Christi) and the Declaration of Toruń of 1645 (which talks about perceptio corporis Christi). Be that as it may, it is plain that in 1697/98 Leibniz was well on the way to allowing the concepts of consubstantiation as well as transsubstantiation play a secondary role and to putting forward a doctrine based on the notion of perception of Christ’s body, linked to his idea of God as the sole substance who could exercise his primitive force without mediation of a body.
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VII. APPENDIX92 Examples of excerpts from Calvin and Reformed Confessions of faith as cited in UB2, A IV,7, 601–609, 617–623, 627–633 respectively. 93 Cf. Loca nonnulla, A VI, 4C, 2500–2512 .
|601| In aConfessione Ecclesiae Gallicanae Reformatae welche in Synodo Nationali Parisiensi 19: Martij 1559 abgefaßet, unter andern auch von Beza unterschrieben und nachmahls im nahmen der frantzösischen Reformirten Kirchen dem König Carolo IX übergeben worden, stehet Articulo 36: Affirmamus Sanctam Coenam Domini […] esse nobis testimonium nostrae, cum Domino nostro Jesu Christo Unitionis, qvoniam non est duntaxat mortuus semel et excitatus a mortuis pro nobis, sed etiam bvere nos pascit et nutrit carne sua et sanguine, ut unum cum ipso facti vitam, cum ipso communem habeamus. Qvamvis enim nunc sit in coelis, ibidem etiam mansurus, donec veniat mundum judicaturus, credimus tamen eum c arcana et incomprehensibili Spiritus sui virtute nos dnutrire et vivificare sui corporis et sanguinis substantia per fidem apprehensa. Dicimus autem […] Spiritualitere fieri, non ut efficaciae aut veritatis loco imaginationem aut cogitationem supponamus, sed potius, qvia hoc mysteriumf nostrae cum Christo coalitionis tam sublime est, ut omnes nostros sensus, totumqve adeo gordinem naturae superet deniqve qvoniam cum sit divinum ac coeleste non nisi fide percipi et apprehendi potest[.] Quotations (here signalised by italics) from 1667–71 edition of Calvin’s Works and in Corpus et syntagma confessionum fidei quae in diuersis regnis et nationibus ecclesiarum nomine fuerint authentice editae, editio noua, Geneva, Chouet, 1654, pp. 77–88.
|603| In hConfessione Belgica prout in Synodo Dordrechtana fuit recognita et approbata, dicitur artic. [35:] Certissimum […] est, Christum non sine causa tam sollicite hoc suum sacramentum nobis commendare, utpote qvi perficiat in nobis 92 Cf. A I, 16 (1698–99), N. 206, 320; Leibniz to Molanus, 12th december 1698: “Addo autem tum quod a me delineari volueras de Feciali tum etiam excerpta ex confessionibus pluribus reformatorum vel in Harmoniae confessionum corpore, vel alibi extantibus itemque ex institutione Caluini et Epistolis; ex quibus patet eum serio constanter acriter visisse realem et substantialem corporis christi in sacra coena nobiscum fieri commnicationem, etsi fidem pro conditione requirat. Ex hac autem communicatione reuera sequitur praesentia etsi Calvinus non nisi circumscriptiuam vel dimensionalem corporis praesentiam nouerat hoc negarit. Itaque nullo negotio (excepta quaestione de communione indignorum) nobiscum conciliari potest”. Most of these excerpts are also to be found in the Loca nonnulla (see above, n. 16) which suggests very strongly that the two texts, UB and the Loca are contemporary with one another and that the dating of the Loca by the editors, “1677 bis 1687 (?)” (A VI, 4C, 2500), is erroneous. 93 I am in the process of making a detailed comparison of the three full series of these excerpts and of tracing their textual origins. – The small letters in the following text refer to the notes at the end of this appendix.
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revera qvaecunque ipse nobis his sacris signis repraesentat; iqvanqvam modus ipse ingenii nostri captum superet, nec percipi a qvoqvam possit; qvod videlicet omnes spiritus sancti actiones occultae sint, et incomprehensibiles. Caeterum neqvaqvam erraverimus dicentes id qvod comeditur jesse ipsissimum Christi corpus naturale, et […] qvod bibitur, verumk ipsius sangvinem. At instrumentum seu medium, qvo hoc comedimus et bibimus non est […] corporeum, sed Spiritus ipse noster idqve per fidem. Quotations from: Corpus et syntagma confessionum fidei quae in diuersis regnis et nationibus, ecclesiarum nomine fuerunt authenticè editae, in celeberrimis conuentibus exhibitae, publicáque auctoritate comprobatae quibus annectitur, in omnibus Christiana religionis articulis, catholicus consensus, ex sententijs veterum qui Patres vocantur, desumptus : confessionum enumerationem & harmoniam, atque huius catholici veterum cum illis consensus, ordinem indicant paginae primae singularum partium huius syntagmatis, in tres partes distributi. Geneva, Chouet, 1612, pp. 125– 126 although heading given after the later edition of 1654, p. 145. The text in Corpus et Syntagma of 1612 is pre-Dordrecht and mirrors that of the Harmonia Confessionum, Geneva, Pierre St.André, 1581 which Leibniz also used. (Cf. Leibniz to Molanus , 2nd or 12th dec. 1698, I, 16, N. 207, p. 320: ‘Addo autem tum quod a me delineari volueras de Feciali tum excerpta ex confessionibus compluribus Reformatorum vel in Harmoniae confessionum corpore vel alibi extantibus’.) l
Mutuus consensus constitutus in Synodo Sendomiriensi […] inter Ministros Ecclesiarum Majoris et Minoris Poloniae, Lithuaniae, et Samogitiae, qvae juxta Confessionem Augustanam, fratrum Waldensium ut vocant, et Helveticam, aliqvo modo a se dissentire videbantur; die [14.] Aprilis […] 1570. […] Qvantum, inqvit, ad minfelix illud dissidium de Coena […] attinet, convenimus in sententia verborum […], ut |605| illa orthodoxe intellecta est a patribus, ac imprimis ab Irenaeon qvi duabus rebus […] terrena et coelesti hoc mysterium constare dixit, neqveo Elementa signaqve illa pnuda et vacua esse asserimus, sed simul re ipsa credentibus exhibere et praestare fide, qvod significant. Deniqve ut expressius clariusqve loqvamur, convenimus ut credamus et confiteamur SVBSTANTIALEM PRAESENTIAM Christi non significari duntaxat, sed vere in Coena […] vescentibus repraesentari, distribui et exhiberi […] symbolis adjectis ipsi Reiq minime nudis, secundum sacramentorum naturam. Ne vero diversitas formularum loqvendi contentionem aliqvam pariat, placuit praeter articulum qvi est insertus confessioni nostrae, mutuo consensu adscribere articulum Confessionis Saxonicarum Ecclesiarum de Coena Domini, missae ad Concilium Tridentinum anno […] 1551, qvem etiam pium agnoscimus et recipimus. Cujus confessionis verba sunt haec: […] Docentur etiam homines |: a nostris :| Sacramenta esse actiones divinitus institutas et extra usum […] res ipsas non habere rationem Sacramenti, sed in usu instituto. In hac communione rvere et substantialiter adesse Christum, et vere exhiberi sumentibus carnem et sangvinem Christi[.]
Quotations from: Corpus et syntagma, 1654, part 2, p. 219.
Dieser Consensus Sendomiriensis ist von denen Ministris Ecclesiae der Augsburgischen[,] Bohmischen und Schweitzerischen Confession angenommen, und von vielen Edelleuten, auch vielen Priestern unterschrieben worden. In demselben Jahr haben die zu Posen versamlete Prediger guht befunden, daß man alle Redensahrten, die mit diesem consensu nicht übereinstimmeten, meiden solle. Eben dieser
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Consensus ist auch confirmirt in dem Generalen Cracovischen Synodo 1573, wie auch im Synodo Petricoviensi 1578, und Wlodeslaviensi 1583, in welchen letzten Synodo artic. 4 folgendes de Harmonia Confessionum Evangelicarum in Helvetia paulo ante edita, gesagt wird: Nos in Polonia et Lithuania […] divino favore certam habemus concordiae […] normam et vinculum, sConsensum Sendomiriensem etc: qvo tanqvam vexillo pacis in unum Domini exercitum coniuncti feliciter utimur. Proinde isti Harmoniae, caeterisqve |607| concordiae formulis subscribere, ac eas in nostras Ecclesias inferre superfluum esse censemus. Quotations from: Corpus et syntagma, 1654, part 2, p. 236.
Anno 1595 den 22 : Augusti ist abermahl zu Thorn ein General Synodus gehalten, darin gesagt wird, In reliqvis autem, in qvibus discrepare illae | : hoc est Confessiones Augustana, Bohemica et Helvetica : | videntur, praesertim in articulo de Coena Domini; nobis Consensum Sendomiriensem medicinam afferre, nosqve invicem nobiscum conglutinare, et ab omnibus haereticis … sejungere. [Quotations from: Corpus et syntagma, 1654, part 2, p. 241]. Et mox in ejusdem Generalis Synodi Canone primo confirmatur hic Consensus Sendomiriensis sanciturqve, neminem ad Ministerium admittendum, qvi illi non subscribat. t
Confessio Fidei ac Religionis Baronum ac Nobilium Regni Bohemiae Ferdinando I. Viennae oblata 1535 et a Bucero et Reformatis Theologis valde probata, id cum cura agit, ut iis contradicat, a qvibus praesentiam corporis Christi credere [negatur]. Et qvidem praefatio Ministrorum Ecclesiae Piccardorum[,] [Corpus et syntagma, 1654, part 2, p. 162] ut vocant in Bohemia et Moravia ita habet: Commenti sunt et hoc malevoli, qvi nullum criminandi finem faciunt, qvod nostrates omnes Sacramenta ipsa, ut a Christo uti instituta, ita praecepta nihili faciant … ut in sacramento Sacrae Synaxeos seu Coenae Domini, praesentiam veri corporis et sangvinis Christi non adesse haud dubie credant etc: Haec pauca |: inqviunt :| de multis recensuimus qvae ab adversariis eo conficta et in vulgus sparsa sunt, qvo a nobis omnium animos abalienarunt. In ipsa autem Confessione Artic: XIII de Coena Domini [Corpus et syntagma, 1654, part 2, p. 195] ita habetur, docent etiam qvod his verbis Christi, qvibus esse panem corpus suum, et vinum speciatim sangvinem suum esse pronuntiat, nemo de suo qvicqvam affingat, admisceat aut detrahat sed simpliciter his verbis Christi neqve ad dextram neqve ad sinistram declinando credat. Horum verborum, dum a qvibusdam in regno Bohemiae et Marchionatu Moraviae simplex ac germanus sensus oppugnaretur, silerentqve hi, qvorum interera; Nostri tandem prodiere, et scripturis evicerunt, ut simpliciter his verbis Christi fides habeatur. Atqve ob id multorum calumnias, ronchos, sannas, obtrectationes apertaqve convitia sustinent. Est autem |609| duplex adversariorum genus, qvi nostratibus semper nomen haereticorum objiciunt. Qvidam [enim …] ferunt nostros multa secus ac intus sentiant, verbis eloqvi … Qvidam rursus fanatici Spiritus in verbis Christi non manentes hanc in nostris Sacrae Synaxeos confessionem defensionemqve summo odio proseqvuntur. Panem nempe et Calicem coenae qvam hic cum Paulo dominicam
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vocamus, verum Christi corpus et sanguinem esse pernegant. Atqvi hi nostros qvibus cepere convitiis indesinenter proscindunt eos propter hanc Coenae Dominicae fidem ac confessionem Papismi feces ac bestiae charactere signatos idololatras … appellantes. Confessiou deniqve vReformatorum in Colloqvio Thoruniensi 1645 oblata haec habet de Eucharistia num. 2. Corpus et sangvis domini wverissime ac praesentissime nobis exhibetur. Et num: 10. Neqvaqvam statuimus nuda[,] vacua et inania signa, sed potius id, qvod xsignificant et obsignant, simul yvere exhibentia. Et num: 12. Patet non solum virtutem[,] efficaciam, operationem, beneficia Christi nobis praesentari et communicari, sed imprimis zipsam substantiam corporis et sangvinis Christi, seu ipsam aaillam victimam qvae pro mundi vita data est et in cruce mactata. Leibniz possibly used the text in Scripta partis reformatae, Berlin, 1646?
Gleichwie nun in dem Synodo Posnaniensi [Corpus et syntagma, 1654, part 2, p. 223] weißlich geordnet, ne formulae adhibeantur alienae a consensu Sendomiriensi, so wäre zu wünschen, daß einigen sonst gahr guten Reformirten Confessionibus nicht mit der zeit marginalia und glossen beygefüget worden, welche daß darinn enthaltene guhte fast wieder umbzustoßen scheinen. Auff die art ist [es] der Baselschen Confession [cf. Corpus et syntagma, 1654, part 3, p. 13] ergangen, welche anno 1530 auff dem Reichstag zu Augsburg übergeben worden, und also lautet: Confitemur Christum in […] Sacra Coena omnibus vere credentibus praesentemab esse. Eben diese Confession ist 1534 zu Basel wieder gedrucket worden, mit marginalibus, da bey den worten: praesentem esse glossiret wird: Sacramentaliter nimirum et per memorationem fidei, qvae hominis mentem in coelum attollit, nec Christum secundum humanitatem a dextra Dei detrahit. Nun wäre alda das wort sacramentaliter nicht zu improbiren, das übrige scheinet die wahre praesentz auffzuheben, und es auff eine bloße commemoration ankommen zu laßen. |617| Institutionum suarum lib: IV. c. 17 redet er [Calvinus] davon also §. 3. Horum omnium tam solidam habemus testificationem in hoc Sacramento, ut certo statuendum sit VERE nobis exhiberi, acnon secus ac si Christus ipse praesensad aspectui nostro objiceretur, ac manibus attrectaretur. Hoc enim verbum nec mentiri nec illudere nobis potest: accipite, edite, bibite, hoc est corpus meum qvod pro vobis traditur, hic est sangvis, qvi in remissionem peccatorum effunditur. Qvod accipereae jubet, significat nostrum esse: qvod edereaf jubet, significat agunam nobiscum substantiam fieri. |619| § 5. […] porro nobis hic duo cavenda sunt vitia ne aut [in] extenuandis signis nimii a suis mysteriis ea divellere, ahqvibus qvodammodo annexa sunt, aut in iisdem extollendis immodici, mysteria […] etiam ipsa nonnihil obscurare videamur, Christum esse panem vitae, qvo in salutem aeternam nutriantur fideles, nemo est nisi prorsus irreligiosus, qvi non fateatur. Sed hoc non perinde inter omnes convenit, qvalis sit ejus participandi ratio. aiSunt enim qvi manducare Christi carnem et sangvinem ejus bibere, uno verbo definiunt nihil aliud esse,
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qvam in Christum […] credere. Sed mihi expressius qviddam ac sublimius videtur voluisse docere Christus in praeclara illa concione, ubi carnis suae manducationem nobis commendat, nempe VERA sui participatione nos vivificari, qvam manducandi etiam ac bibendi signis ideo designavit, ne qvam ab ipso vitam percipimus, simplici cognitione percipi qvisqvam putaret. Qvemadmodum enim non aspectu, sed esu panis corpori alimentum sufficit; ita VERE ac PENITUS ajparticipem Christi animam fieri convenit, ut ipsius virtute in vitam spiritualem vegetemur. Interim […] hanc non aliam esse, qvam fidei manducationem fatemur, ut nulla alia fingi potest; verum hoc inter mea et ipsorum verba interest, qvod illis manducare et bibere est duntaxat credere. Ego credendo manducari carnem Christi, qvia fide noster efficitur, eamqve manducationem fructum esse et effectum fidei dico … §. 6. Nec alio sensu Augustinus qvem illi patronum sibi advocant, credendo nos manducare scripsit, qvam ut manducationem istam akfidei esse non oris, indicaret. Qvod neqve ipse nego, sed simul […] addo, nos fide complecti Christum, non eminus apparentem, alsed se nobis unientem, ut ipse caput nostrum; nos vero ipsius membra simus … scripsit Chrysostomus, amChristum non fide tantum sed re ipsa nos suum efficere corpus. §. 7. Neqve illi praeterea mihi satisfaciunt, qvi non nullam nobis esse cum Christo communionem agnoscentes, eam dum ostendere volunt, annos Spiritus modo participes faciunt, praeterita carnis et sangvinis mentione, qvasi vero ista de nihilo dicta forent … Tantum mysterium […] ne animo qvidem satis me aocomprehendere video, et ideo libenter fateor, ne qvis sublimitatem ejus infantiae meae modulo metiatur … Nihil demum restat qvam ut in ejus mysterij admirationem |621| prorumpam, cui nec apmens plane cogitando nec lingva explicando par esse potest … §. 9. […] Christi caro […] jure […] vivifica dicitur, qvae vitae plenitudine perfusa est, qvam ad nos transmisit. §. 10. […] Etsi autem incredibile videatur in tanta locorum distantia penetrare ad nos Christi carnem, ut nobis sit in cibum, meminerimus qvantum supra sensus omnes nostros emineat arcana Spiritus sancti virtus, et qvam stultum sit, eius immensitatem modulo nostro velle metiri. aqQvod ergo mens nostra non comprehendit, concipiat fides, Spiritum arvere unire, qvae locis disjuncta sunt. §. 16. Alii … fatentur panem Coenae vere substantiam esse terreni et corruptibilis elementi, nec qvicqvam in se pati mutationis, sed sub se inclusumas habere Christi corpus … si ita sensum suum explicarent: atDum panis in mysterio porrigitur, annexam esse exhibitionem corporis qvia inseparabilis est a signo suo veritas, non valde pugnarem. Sed qvia in pane corpus ipsum locantes ubiqvitatem illi affingunt naturae suae contrariam: addendo autem sub pane, illic occultum latere volunt; tales astutias ex suis latebris paulisper extrahere necesse est … Satis apparet aulocali Christi praesentiae insistere. Unde id? […] Qvia non aliam carnis et sangvinis participationem concipere sustinent, nisi qvae vel loci conjunctione, […] vel crassaaw aliqva inclusioneax constet. §. 18. […] Tametsi carnem suam a nobis sustulit et corpore ad coelum ascendit, ayad dextram tamen patris sedet, hoc est in potentia et [majestate] et gloria Patris regnat. Hoc regnum nec ullis locorum spatiis limitatum, nec ullis
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dimensionibus circumscriptum, qvin Christus virtutem suam azubicunqve placuerit in coelo et in terra exerat, qvin se praesentemba potentia et virtute exhibeat, qvin suis semper adsit, vitam iis suam inspirans. […] Secundum hanc rationem corpus et sangvis Christi in Sacramento nobis exhibetur. |623| §. 19. Nos vero […] bbChristi praesentiam in coena statuere oportet, qvae nec panis elemento ipsum affigatbc, nec in panem includatbd, nec ullo modo circumscribat; qvae omnia derogare eius coelesti gloriae palam est: Deinde qvae nec bemensuram illi suam aufferat, vel bfpluribus simul locis distrahat, et immensam illi bgmagnitudinem affingat, qvae per coelum et terram diffunditur, haec enim humanae naturae veritati non obscure repugnant; istas inqvam duas exceptiones nunqvam patiamur nobis eripi. […] Caeterum his bhabsurditatibus sublatis qvicqvid ad exprimendam veram substantialemqve corporis et sangvinis Domini communicationem, qvae sub sacrae Coenae symbolis fidelibus exhibetur, bifacere potest, libenter recipio. Atqve ita, bjut non imaginatione duntaxat aut mentis intelligentia […] sed ut bkre ipsa frui in alimentum vitae aeternae intelligamur. Die wort dieses paragraphi werden guten theils in einer Schrifft intitulirt: Brevis admonitio de Coena Domini, welche sich Tomo IX. operum Calvini bey deßen Epistolis p. 267. findet[,] wiederholet, und mit andern infra auch excerpiret, alda ein und anders zu der erklärung dienliches angeführet werden soll. § [32]: [. . .] Fateri non pudebit SUBLIMIUS ESSE ARCANUM, qvam ut […] meo ingenio comprehendi, vel enuntiari verbis qveat[.] §. 33: […] Falso jactant, qvicqvid docemus de blspirituali manducatione verae et reali ut loqvuntur opponi: qvandoqvidem non nisi ad modum respicimus, qvi apud eos carnalisbm est, dum Christum pani includuntbn, nobis spiritualis, dum vis arcana Spiritus nostrae cum Christo unionis vinculum est. |627| p. 23 Epist[ola] Calvini ad Anonymum. Hoc tamen velim Tibi curae sit apud eum efficere, ut apud qvemcunqve loqvatur, non dubitet hic testatum relinqvere, non modo hic figurari in coena communionem qvam habemus cum Christo, sed etiam exhiberi, nec verba illic nobis dari a Domino, sed veritatem ac rem constare cum verbis. Hanc porro communionem non imaginariam […], sed qva in unum corpus, bounamqve substantiam, cum capite nostro coalescamus. Excludat interim libera voce omnia absurda, et caveat, modo in illo capite tam necessario nihil extenuet. |629| p. 37. Theodorus |: qvidam :| Calvino: […] Legi conciunculam tuam de Sacramento Coenae ac probo, qvod panem et vinum sic [bpsigna] vocas, ut bq signata revera adsint. Utinam possint […] in hanc sententiam adduci qvi nuda tantum signa relinqvunt. p. 82. Calvinus ad Melanchthonem[:] Clamavit tota vita Lutherusbr, non alia de re se contendere, nisi ut suam Sacramentis virtutem assereret. Convenit non inanes esse figuras, sed re ipsa praestari, qvicqvid figurant. In Baptismo adesse Spiritus efficaciam, ut nos abluat et regeneret, sacram coenam spirituale esse epulum, in qvo vere carne et sangvine Christi pascimur[.] p. 100. Idem Epist[ola] ad Martyrem: A carne […] et sangvine Christi vitam haurimus, ita ut non immerito vocentur nostra alimenta. bsQvomodo id fiat, intelligentiae meae modulo longe altius esse fateor. Itaqve hoc mysterium magis
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suspicio, qvam comprehendere laborem, nisi qvod divina Spiritus virtute vitam bte coelis in terram transfundi agnosco. p. 113. Idem ad Martinum Scalingium. Hoc qvidem vos omnes |: de Evangelicis nostris loqvitur :| uno consensu asserere video: Qvicunqve ad sacram mensam accedunt, sive impii sint, sive fideles, substantialiter comedere Christi carnem, et sangvinem bibere. Qvin fideles carne et sangvine Christi, buvere et substantialiter in coena alantur, non nego: si tantum definiatur modus, arcana Spiritus virtute fieri, ut vim suam caro et sangvis Christi blin nos transfundat. p. 116. Idem Calvinus Epistola ad Polonos Ecclesiarum Ministros: Ubi clare fuerit exposita mysterii vis et efficacia, luculenta etiam definitio tradita fuerit de vera carnis et sangvinis participatione, qva constet Christum non ludere inanibus figuris, nec [qvicqvam] fallaciter promittere, sed praestare re ipsa qvod per externa symbola testatur, saltem addenda esset exceptio, qvod caro Christi nobis datur in cibum et sangvis in potum arcana et incomprehensibili Spiritus Sancti virtute id fieri, nec ideo fingendam esse immensitatem, qvae palam naturae humanae repugnat |: hiemit sind die Evangelischen gantz eins :| Nos certe libenter recipimus, panem et vinum bvnon modo esse symbola vel arrhas sed certa testimonia, qvibus conjuncta est vera rerum exhibitio. Ita fatemur panem esse corpus Christi, et vinum sangvinem, qvia haec Symbola nobis porrigendo Christus vere animas nostras carne sua sangvineqve pascit. Libenter etiam ferimus, dum Spiritualisbw vocatur haec communicatio interpretationem adjungi: hac voce non debere intelligi imaginarium |631| nescio qvid, ac si cogitatione tantum essemus Christi participes, sed potius intelligi coelestem virtutem qvae crassa terrenae praesentiae figmenta excludat, nihil autem minuat de ipsa veritate. |: Diese crassam terrenam, hoc est localem vel dimensionalem praesentiam billigen wihr eben so wenig, alß Calvinus :| . . . Itaqve ne fingatur immensum esse Christi corpus |: das fingiren und approbiren wihr keines weges :| et esse ubiqve qvasi naturam exuisset |: wie die multipraesentia non localis, sed substantialis per absolutam dei potentiam salva corporis natura et essentia statt habe, und von Uns ein mehrers nicht alß von Calvino selbst dazu erfordert werde, ist aus obigem zu sehen :| explicandus est communicationis modus, qvod scilicet Christus secundum corpus suum in coelo manens |: nemblich praesentia locali vel dimensionali, nach welcher wir, wie oberwehnet auch glauben, daß Christus im himmel bleibe :| admirabili Spiritus sui virtute |: und also modo incomprehensibili et ineffabili, wie er anderwerts diese phrasin expliciret :| ad nos descendat et simul nos ad se [sursum] attollat |: also daß nemblich eine unio et communicatio substantiarum entstehe :|[.] p. 126. Idem Epistola ad Ottonem Henricum Principem Electorem Palatinum. Neqve tamen dissimulo, Gallos Fratres idem sentire qvod publice doceo, sicut Ecclesiae nostrae Catechismo utuntur, nec vero hac de causa Celsitudinis Vestrae Patrocinio spoliari merentur, quando et Christum veraciter in sua Coena praestare qvod [figurat] agnoscunt, et clare fatentur, bxnon aliter animas nostras […] pasci Christi carne et sangvine, qvam pane et vino ad corpus alendum pascimur. Si de modo communicationis non prorsus conveniat, an deserendi sunt in ultimo discrimine, qvi arcana Spiritus virtute Christum nobis byvere communicari credunt, qvamvis coelum et terram carne sua non impleat. Qvid enim aliud qvaerendum est,
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qvam ut coalescamus in corpus Christi, qvod bzsi aliter fieri non posse credimus, qvam si ubiqve sit secundum carnis naturam, certe ejus potentiae derogatur. p. 84. Idem Calvin[i] Epist[ola] ad Marbachium. caSi hodie viveret eximius ille dei servus et fidelis Ecclesiae doctor Lutherus, non tam [esset] acerbus vel implacabilis, qvin libenter admitteret hanc Confessionem: nobis cbvere praestari, qvod significat Sacramentum, ideoqve in sacra Coena corporis et sangvinis Christi nos fieri |633| participes. Qvoties enim professus est ? Non aliam sibi esse pugnandi causam, nisi ut constaret Dominum inanibus signis non ludere nobiscum, sed intus implere, qvod oculis proponit. Claudimus brevi admonitione de Coena domini, qvae extat inter Calvini Epistolas circa finem p. 267. Satis constat repraesentari in sacra coena fidelibus communionem, qvam habent cum Christo, neqve […] res controversiam habet. Nunc qvaeritur: ccsignificetne duntaxat illic Christus ac signo externo figuret nos corporis et sangvinis sui esse participes an re ipsa etiam cdadimpleat ac praestet, qvod promittit, nos scilicet […] fieri participes corporis ac sangvinis sui ut totus noster fiat, qvo omnia eius bona jure communionis ad nos pertineant. Nos vero sentimus ac docemus: repraesentationem veramce esse idemqve efficacitercf illic exhiberi, qvod signo visibili promittitur. Hoc autem aliter fieri non potest, qvin fideles, dum signum recipiunt, corpori ac sangvini […] communicent, qvod est habere veritatem signi. Ac ne ambiguum sit, qvod dicimus, hic definiendum est. cgQvid sit corpori ac sangvini domini communicare. Porro non accipimus hanc phrasin pro simpliciter credere, sed pro eo, qvod est fide recipere Christum, ut non tantum in nobis habitet aut maneat, sed etiam ut in unum corpus cum ipso coalescamus[.] … Id cum volumus exponere dicimus Spiritualiterch fieri et verbum Spiritualiterch, […] duo comprehendit nempe hoc esse ciopus mirabile spiritus Sancti, qvod captum mentis nostrae excedit, qvemadmodum Paulus admiratione captus exclamat, magnum hoc esse mysterium: Deinde manducationem hanc cjnon fieri carnali modo, ut corpus dentibus atteratur, vel ore deglutiatur, vel in alvum descendat. In hunc modum excludimus absurdas […] illas imaginationes, ckqvibus mundus detinetur de locali praesentia vel diffusione corporis glorificati: Neqve enim talem Christi praesentiam in coena concipimus qvae vel panis elemento ipsum affigatcl, vel in panem includatcm, vel alio modo circumscribat . . . nihilo etiam magis, qvae mensuram illi suam aufferat vel pluribus simul locis distrahat vel immensam illi magnitudinem affingat; qvae humanae naturae veritati haud obscure repugnet[.] . . . Modo ne obscuretur vel extenuetur ineffabilecn illud beneficium, in qvo cotota Coenae vis et efficacia consistit, nempe exhiberi nobis qvod figuratur; qvod fieri non potest, nisi recipiamus illic corpus et sangvinem Domini, cp non phantasia aut apprehensione mentis, sed re ipsa ita nobis offerri, ut cqvera substantialiqve unitate cum ipso cohaereamus.
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Leibniz’s correspondence on the eucharist, 1698 The letters cited below (by courtesy of Dr. Hartmut Rudolph) show that the question of Calvin’s view of the eucharist surfaces in Leibniz’s correspondence for the first time in 1698, which provides a further decisive argument in favour of 1698/99 dating of the Loca nonnulla.
Leibniz to Fabricius, 16. Dec. 1698; A I, 16, N. 221 “Ego inprimis cogitavi qua ratione fieri queat ut in negotio S. Coenae appareat Reformatos nostris propriores esse quam vulgo putantur. Vidi autem re bene perpensa, si modo Calvini doctrinae in hoc articulo insistant, rem habendam pro confecta. Nam non tantum Institutionum ejus caput huc pertinens, sed et varia alia ejus scripta percurri, atque excerpsi; ex quibus apparet, eum serio, constanter acriter ursisse realem ac substantialem perceptionem corporis et sanguinis Christi; et quod praesentiam realem negavit, non de alia intelligendum, quam de dimensionali, qua utique Christus salva humana vel corporis natura in coena esse non potest” [p. 337, ll. 6–14]. Ibid.: “Illud displicet, quod nonnulli reformati hodie magis ex Zwinglii quam Calvini sententia loqui videntur: sed fortasse re accuratius examinata redibunt ad meliora. Certe Confessio Gallicana prorsus est ad Calvini mentem” [p. 337, l. 18–21]. Leibniz to Daniel Ernst Jablonski, 25. Dec. 1698; A I, 16, N. 234 “Was solche Hauptsach betrifft haben wir die loca vestrarum Confessionum und Calvini, sonderlich darinn eine realis et substantialis perceptio corporis et sanguinis Domini aufs kräfftigste und bestandigste getrieben und behauptet wird mit fleiß erwogen: finden darinn sehr große satisfaction, und wundschen nur daß die Herrn Reformirten mit diesen ihren declarationibus et confessionibus majorum et principum Theologorum einig seyn, und mit einem worth, mehr Bucero et Calvino, als Zwinglio folgen mogen; so ist die Sach bey Verständigen hauptsächlich gethan, und die praesentia realis in effectu gestanden. Weil Calvinus keine andere als dimensionalem geleugnet, und weil er von keiner andern berichtet gewesen, daher gegen praesentiam realem indefinite gesprochen. Er sagt in einem seiner briefe, wie ich dann seine Epistolas in Tomo operum ultimo extantes mit fleiß durchgangen, und darinn viel guthes zu dieser Sach gefunden, Si servus Dei Lutherus viveret, würde er an seiner, Calvini, erclarung (pro reali et substantiali communione) ein groß vergnügen haben. Ich durffte nicht weniger sagen, si princeps ille Theologus vester viveret, wurde er sich freuen zu vernehmen, daß wir ein mehrers nicht, als er zulaßen können, iemahls verlanget seposita tantum communione indignorum” [p. 364, l. 20 – p. 365, ll. 8].
Leibniz’s Conceptions of the Eucharist 1668–1699
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Leibniz to Jablonski, 3. Jan. 1699; I, 16, N. 258 “Ich habe umb die verfertigung zu befordern ein guthes theil der arbeit selbst ubernehmen müßen, als sonderlich von den attributis divinis deren verlezungen und von der Ewigen Gnadenwahl, zum theil, zumahl aber von der perceptione et praesentia substantiali sed non dimensionali, da ich die natur des Corpers etwas erclaret, und auch Confessionum sowohl als Calvini loca beygetragen, welche meines ermeßens die Sach ausmachen konnen, wenn man ihres orths davon nicht abgehen will” [p. 399, l. 21 – p. 400, l. 6]. Leibniz to Fabricius, 6. Jan. 1699; A I, 16, N. 261 “Calvinus se optime explicat, ostenditque perceptionem a se intelligi non imaginariam, quali Romae sumus, sed substantiae ipsius. Fidem autem requirit ut conditionem, unde non agnoscit perceptionem indignorum, in quo re vera discrimen a nostris manet” [p. 406, ll. 4–6]. For Jablonski’s view on this see his letter to Leibniz, 11. Jan. 1699; A I, 16, N. 274, esp. p. 445, l. 28 – p. 447, ll. 9.
Leibniz to F. E. von Platen, middle or end of Jan. 1699; A I, 16, N. 55 “L’ecrit que Mons. l’Abbé Molanus avoit concerté avec des Theologiens de Helmstat et avec moy pour servir de réponse à celuy de Berlin, a esté parcouru chez Monsieur le ViceChancelier, qui paroist reconnoistre qu’il pourra faire grand fruit si les Reformés se tiennent à leur propres confessions et à l’explication de Calvin sur la Sainte cene, qui est si positive pour une perception reelle et substantielle, qu’il ne semble point, qu’on puisse rien souhaiter d’avantage en ce point” [p. 90, l. 21 – p. 91, ll. 4]. Leibniz to Jablonski, 18. Jan. 1699; A I, 16, N. 291 “(5) Mit Calvini Erklärungen circa realem perceptionem Christi ist der Herr Abt Molanus und ich, auch andere, denen ich sie deutlich vorgestellet, gantz wohl vergnügt, und erfordern wir keine andere praesentiam, als die eine solche immediata substantiae applicatio, exhibitio[,] perceptio mit sich bringet” [p. 469, l. 30 – p. 470, ll. 3]. “ [. . .] und conciliiren wir also Calvinum mit sich selbst, an statt daß der sel. Calixtus in seinem Scripto de tolerantia ihn einer Contradiction beschuldiget” [p. 470, ll. 9–11]. [Ibid.:]
Cf. ibid., p. 474, ll. 2–11, on Molanus’ view of Calvin’s doctrine of predestination.
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Leibniz to Ezechiel von Spanheim, 2. March 1699; A I, 16, N. 362 “Et enfin touchant crla Sainte Cene, les nostres demandent seulement que vos Messieurs s’expliquent sur la perception reelle et substantielle du corps et sang de nostre Seigneur, comme a fait Calvin, et comme ont fait quelques unes de vos Confessions, et le Convent de Sendomir aussi bien que la profession de Thorn” [p. 599, ll. 20–24]. “En effect je trouve que Calvin s’explique là dessus de la maniere la plus satisfaisante du monde” [p. 599, ll. 26–27].
[Ibid.:]
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KIRCHE ALS RES PUBLICA − LEIBNIZ’ KIRCHENVERSTÄNDNIS ALS VORAUSSETZUNG SEINER ÖKUMENIK Luca Basso (Padua) Die Frage der ecclesia universalis ist für die Leibniz’sche politische Philosophie von zentraler Bedeutung, weil diese Kategorie in einem engen Zusammenhang mit entscheidenden politischen Begriffen wie res publica und bonum commune steht. Gleichzeitig ist die ecclesia universalis nicht nur als eine politische ‚Konstruktion‘ zu verstehen, sondern besitzt auch eine metaphysische Dimension. Mit diesen Bemerkungen ist ein Charakteristikum der Reflexionen von Leibniz angesprochen. Einerseits registrieren sie aufmerksam die innerhalb des damaligen Europas bestehenden verfassungsrechtlichen Strukturen, die auf ihre spezifischen Bestimmungen analysiert werden müssen, anderseits stützen sie sich auf eine Verbindung zwischen Metaphysik und Politik. Dabei können diese beiden Elemente unabhängig voreinander betrachtet werden, da sein Denken nicht auf eine empirische Ebene reduziert werden kann. Übrigens wird in vielen politischen Texten von Leibniz ein klarer Bezug auf Kategorien und Probleme genommen, die über das politische Gebiet stricto sensu hinausgehen. Ein bedeutsames Beispiel hierfür ist die Anerkennung der vernunftmäßigen Sphäre als der für die politische Untersuchung entscheidenden. Das Ziel ist, beide genannten Aspekte zu vereinigen, und dies bedeutet Politik als Dimension der Kontingenz zu interpretieren, die nicht auf ein alles umfassendes Schema reduziert werden kann. Dabei spielt der Gedanke einer strukturellen, aber nicht unproblematischen und unmittelbaren, Verbindung zwischen Metaphysik und Politik eine wichtige Rolle. Auf jeden Fall betrifft die Frage nach der Kirche mit ihrer politischen Bedeutung nicht nur die Metaphysik, sondern auch die Theologie. Im Unterschied zu Pascal und dessen religion du cœur geht Leibniz von einem engen Verhältnis zwischen Religion und Philosophie aus. Das impliziert eine „rationalisierte“ Theologie, die zum Teil einen vor-aufklärischen Charakter hat. Die erwähnten Voraussetzungen sind wichtig, um die Leibnizsche Betrachtung der ecclesia universalis zu verstehen. In diesem Aufsatz möchte ich mich auf den Unterschied beziehen, den Leibniz zwischen connexio und communio macht. In der Schrift Societas philadelphica behauptet er: „Societas aliqua institui duplici ratione potest, partim cohabitatione et qvasi communione, qvalis est religiosorum, partim connexione tantum“1. In dieser Perspektive ist die societas auf die connexio und die communio begründet. Das 1
A IV, 1, 553.
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erste Element, die connexio, bedeutet nur eine Koexistenz, und das zweite, die communio, hat etwas „wesentlicheres“. Bei letzterer geht es um einen starken Zusammenhang zwischen den Menschen, der den religiösen Menschen zugeordnet ist und der nicht auf die „mechanische“ Summe der Individuen reduziert werden kann. Wenn man den Begriff communio genauer betrachtet, wird es deutlich, wie wichtig die Frage des ‚Gemeinschaftlichen‘ für Leibniz ist. In seinen politischen Schriften finden sich in unterschiedlichen inhaltlichen Kontexten immer wieder Begriffe wie “Gemeinwohl”, “allgemeine Glückseligkeit”, “allgemeiner Zweck”2. Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang nicht nur die große Zahl von Zitaten, in denen das Adjektiv ‚gemeinsam‘ benutzt wird, sondern auch die Relevanz des Begriffs des bonum commune zur Charakterisierung der wichtigsten Elemente der Politik. Bei Leibniz wurde gerade die Verbindung des Naturrechts mit dem Thema der Gerechtigkeit als benevolentia universalis, als universale Gutwilligkeit, universales Wohlwollen, nach einer Harmonie zwischen dem eigenen Glück und dem Glück des Anderen betrachtet. Daraus folgt die Anerkennung der place d’autruy als der wahren Perspektive: „La place d’autruy est le vray point de perspective en politique aussi bien qu’en morale. Et le precepte de Jesus Christ, de se mettre à la place d’autruy ne sert pas seulement au but dont parle notre Seigneur, c'est à dire à la morale pour connoistre nostre devoir envers le prochain; mais encor à la politique pour connoistre les veues que nostre voisin peut avoir contre nous“3.
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Vgl. A IV, 4, 48 (Kurzfassung einiger Ausführungen vor Kaiser Leopold I., 1688); A VI, 1, 454 (Elementa juris naturalis, 1670–1671); A VI, 4C, 2810 (Juris naturalis principia, 1678– 1679): Caritas est ad communem felicitatem niti [.], A VI, 4C, 2792 (Aphorismi de felicitate, caritate, justitia, erste Fassung, 1678–1679?); A IV, 3, 414 (Durchlauffung einiger Münzbedencken, 1686); A IV, 1, 522 (Notae ad capitulationem Leopoldinam, 1676); A IV, 3, 523 (Personalia Herzog Johann Friedrichs, 1680); A IV, 3, 425 (Öffentliche Assekuranzen, 1680). Zum Begriff des bonum commune A. Heinekamp: „Leibniz und das Glück“, in: Zur Architektonik der Vernunft, hrsg. von L. Berthold, Berlin 1990, S. 392–417: „Zwischen dem Allgemeinwohl und dem eigenen Wohl gibt es für Leibniz letzlich keinen Gegensatz […]. Das wahre Bonum proprium besteht in der Erkenntnis und Verwirklichung der Ordnung und Harmonie. Das Bonum commune ist nun aber gerade die Ordnung des Ganzen“ (S. 409). Vgl. E. Naert: Leibniz et la querelle du pur amour, Paris 1959, S. 157–160; H. H. Holz: „Leibniz und das ‚commune bonum‘“, in: Sitzungsberichte der Leibniz-Societät, 5 (1996), S. 5–25; P. Riley: „Leibniz and the Idea of the Common Good“, in: Ciencia, tecnologia y bien comùn, Actas del congreso internacional – Universidad Politécnica de Valencia 21.–23. März 2001, ed. por A. Andreu, J. Echeverrìa und C. Roldán, Valencia 2002, S. 355–364. A IV, 3, 903. (La place d’autruy, 1679); vgl. M. de Gaudemar: „Ethique et morale chez Leibniz“, in: Philosophie 39 (1993), S. 60–82, besonders S. 79–81; M. de Gaudemar: Leibniz. De la puissance au sujet, Paris 1994, insbes. S. 256; M. Dascal: „Strategies of Dispute and Ethics: ‘Du tort’ and ‘La place d’autrui’“, in: Leibniz und Europa. VI. Internationaler Leibniz-Kongress, Hannover 18.–23. Juli 1994, Hannover 1994, Vorträge II. Teil, S. 108–115; Q. Racionero: „El principio de la ‘place d’autrui’ y la racionalidad de la politica“, in: La filosofia ante la encrucijada de la nueva Europa, hrsg. von I. Murillo, Colmenar Viejo 1994, S. 583– 611; A. Cardoso: „La place d’autrui dans la détermination de l’identité européenne“, in: Synthesis philosophica 2 (1997), S. 479–485, insbes. S. 482.
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Die Hervorhebung der place d’autruy führt zu einer gegenseitigen Durchdringung des ‚Eigenen‘ und des ‚Anderen‘ und zu Aspekten, die sich wechselseitig bedingen. Man gelangt nicht nur zu einer Vermittlung zwischen den individuellen und den kollektiven Ansprüchen, sondern, in einer radikaleren Weise, zu einer Idee, nach der das commune ein entscheidendes Element der politischen Begründung von Individualität bildet. Die „wahre Politik“ stützt sich eben auf jene Durchdringung des „Individuellen“ mit dem „Gemeinschaftlichen“: „la veritable politique consiste dans la justice et dans la charité […]“4. So ist das Thema der communio religiosorum mit der Frage der place d’autruy und mit der Anerkennung der Gerechtigkeit eng verbunden. Oft betont Leibniz darüber hinaus das Verhältnis zwischen dem Gemeinwohl und der Ehre Gottes: „[…] la véritable piété, et même la véritable félicité, consiste dans l’amour de Dieu, mais dans un amour éclairé… on dirige toutes ses intentions au bien commun qui n’est point différent de la gloire de Dieu“5.
Bei Leibniz gibt es, im Gegensatz zu Hobbes und Pufendorf, ein enges Verhältnis zwischen Theologie und Naturrecht. Es geht um die jurisprudentia universalis, die nicht auf die juristische Ebene im engeren Sinne reduziert werden kann. In der Tat besteht das Naturrecht aus drei Stufen (jus strictum, aequitas, pietas), die schon in den Digesten des Corpus juris civilis vorgestellt wurden. Die dritte und höchste Stufe ist die pietas oder die justitia universalis, die alle Menschen betrifft6. Das Prinzip ist honeste vivere, ehrenhaft zu leben, und diese Ehrenhaftigkeit strebt nach der Vervollkommung, von der nach Leibniz nur Gott die Grundlage sein kann. Zum Naturrecht gehören nicht nur die erste Ebene, sondern
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A I, 11, 166 („Leibniz für Eberhard von Danckelmann: Vorschlag zur Errichtung einer Akademie der Wissenschaften und Künste, Januar 1695). Zur gegenseitigen Durchdringung des ‚Individuellen‘ und des ‚Gemeinschaftlichen‘ vgl. L. Basso: Individuo e comunità nella filosofia politica di G. W. Leibniz, Soveria Mannelli 2005. GP VI, 27 (Essais de Théodicée, 1710, „Preface“). Über das Verhältnis zwischen dem Gemeinwohl und der Ehre Gottes J. Baruzi: Leibniz et l’organisation religieuse de la terre (1907), Aalen 1975, S. 425–509: „… le Bien général consiste à réaliser en tous les hommes la Gloire de Dieu […]. La Gloire de Dieu n’est plus possedée par un seul être“ (S. 498). Zum Begriff der justitia universalis: G. Grua: La justice humaine selon Leibniz, Paris 1956, insbes. S. 125–144: „Est juste ce qui est utile au public, c’est-à-dire à tous les habitants de la Cité de Dieu ou république de l’univers“ (S. 130). Vgl. E. Ruck: Die Leibniz’sche Staatsidee (1909), Tübingen 1969, insbes. S. 18–19; K. Herrmann: Das Staatsdenken bei Leibniz, Bonn 1958, S. 47–48; E. Wolf: „Leibniz als Rechtsphilosoph“, in: Leibniz. Sein Leben – Sein Wirken – Seine Welt, hrsg. von C. Haase und W. Totok, Hannover 1966, S. 465-488, insbes. S. 472–473; H.-P. Schneider: Justitia universalis. Quellenstudien zur Geschichte des christlichen Naturrechts bei Leibniz, Frankfurt am Main 1967; R. J. Mulvaney: „The Early Development of Leibniz’s Concept of Justice“, in: Journal of the History of Ideas 29 (1968), S. 53– 72; D. J. Den Uyl: „Science and Justice in Leibniz’s Political Thought“, in: The New Scholasticism 3 (1978), S. 281–292; F. Piro: „Jus – justum – justitia. Etica e diritto nel giovane Leibniz“, in: Annali dell’Istituto Italiano per gli Studi Storici 7 (1987), S. 1–54; P. Riley: Leibniz’ Universal Jurisprudence. Justice as the Charity of Wise, Cambridge 1996.
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auch die beiden anderen. Dieser Bezug auf die universelle Gerechtigkeit impliziert die Negation jeder schismatischen Position: „L’essence de la catholicité n’est pas de communier extérieurement avec Rome […]. La communion vraie et essentielle, qui fait que nous sommes du corps de Jésus-Christ, est la charité. Tous ceux qui entretiennent le schisme par leur faute, en mettant des obstacles à la réconciliation, contraires à la charité, sont véritablement des schismatiques […] “7.
Das commune gehört den religiösen Leuten und deswegen wurzelt in der theologischen Dimension: Es führt dem Zusammenhang zwischen Theorie und Praxis (theoria cum praxi) gemäß zur Nächstenliebe. Die caritas betrifft alle Individuen und ist jenseits der Kirchenspaltungen angesiedelt. Nach Leibniz kann der Glaube nicht von der Nächstenliebe und dem ihr innewohnenden Universalismus getrennt werden. So ist Leibniz καθολικῶς, nicht im Sinne des Katholizismus im Gegensatz zum Protestantismus, sondern nach der ursprünglichen griechischen Bedeutung von καθολικῶς als allgemein. So kommt es zur Frage der ecclesia universalis, die mit dem Streben nach der Nächstenliebe eng verbunden ist8. In diesem Kontext steht das Verhältnis zwischen communio, caritas und ecclesia universalis: „Qui vero ab Ecclesia particulari se separat, nec alteri Ecclesias particulari communione accedit, is utique separatus est a communione Ecclesiae Universalis“9. Die ecclesia universalis als corpus mysticum konstituiert die Negation jedes Partikularismus: „[…] Ecclesia cum corpus mysticum sit, cum audiri debeat ab omnibus, cum denuntianda et sint hominum peccata, cum retinendi ea et remittenti potestatem, clavesque habeat ligandi et solvendi[,] ideo non multitudini dissolutae sed cuidam Civitati comparanda est, cujus una quodammodo est persona sive voluntas, habetque jurisdictionem spiritualem cui efficaciam atque executionem ipse DEUS in coelo praestare promisit […]“10.
Die allgemeine Kirche ist eine civitas mit ihrer summa potestas und bildet eine moralis persona. In der Schrift Reunion der Kirchen betont Leibniz: 7
A I, 6, 235 (Leibniz an Marie de Brinon, 16/07/1691). Vgl. H. Rudolph: „Leibniz’ Bemühungen um eine Reunion der Kirchen“, in: Die Reunionsgespräche im Niedersachsen des 17. Jahrhunderts. Royas y Spinola-Molan-Leibniz, hrsg. von H. Otte und R. Schenk, Göttingen 1999, S. 156–172: „Pietas und caritas sind die Instrumente zur Herstellung der Union, ist doch das Schisma wesentlich und ursächlich eine ‚rupture d’une communion de la charité‘“ (S. 169). 8 Über das Verhältnis zwischen caritas und ecclesia universalis G. Grua: Jurisprudence universelle et Théodicée selon Leibniz, Paris 1953: „Le terme même d’Eglise désigne le plus souvent la république chrétienne […]. Cette communauté des saints est catholique ou universelle […]. L’utilité de Dieu bien comprise, c’est-à-dire sa gloire, est la mesure de tout droit“ (S. 374). Vgl. L. Le Chevallier: La morale de Leibniz, Paris 1933, S. 175–181; P. Eisenkopf: Leibniz und die Einigung der Christenheit. Überlegungen zur Reunion der evangelischen und katholischen Kirche, München/Paderborn/Wien 1975, S. 50–51; S. Wollgast: Vergessene und Verkannte. Zur Philosophie und Geistesentwicklung in Deutschland zwischen Reformation und Frühaufklärung, Berlin 1993, S. 108–135; J. Schatz: Pax et iustitia. Das Reich – Friedensstiftung zwischen ordo, regnum und Staatlichkeit, Berlin 2000, insbes. S. 285–286. 9 A IV, 3, 308 (Cogitationes de externae religionis professionis mutatione, 1686–1687). 10 A IV, 3, 240 (De Schismate, 1683).
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„Ecclesia est quasi Republica sacra. Ut appareat in quo natura Ecclesiae Catholicae consistat, et omnigenae errorum tenebrae illata luce dispellantur, sciendum est Ecclesiam animo concipi debere non ut multitudinem dissolutam, sed ut Rempublicam sacram, sive corpus quoddam morale, vel mysticum si mavis, quod Hierarchia tanquam communi spiritu continetur […] “11.
In einem Schlüsselwerk von Leibniz, dem Caesarinus Fuerstenerius, heißt es: „Ecclesia universalis pro una Republica habenda est […]“12. Die Ecclesia universalis ist auf keine multitudo begründet, weil diese dissoluta ist und keine politische Ordnung konstituiert. Es sei darauf verwiesen, dass zum Beispiel bei Hobbes die multitudo aus einer Summe der Individuen vor dem Zivilzustand, das heißt im Naturzustand, besteht und dieser bezeichnet bei Hobbes eine chaotische Situation. Es geht um einen „Krieg aller gegen alle“, bei dem es keine Autorität gibt. Deshalb kann die ecclesia universalis nicht als multitudo dissoluta, sondern sie muß als eine respublica sacra verstanden werden. Es könnte jedoch insofern problematisch erscheinen, die Kirche als respublica zu definieren, als der Begriff respublica üblicherweise im Zusammenhang mit politischen Gemeinschaften verwendet wird. Hier muss präzisiert werden, dass die Kategorie der respublica in der neuzeitlichen Naturrechtslehre den politischen Körper als ganzen umfasst und dass sie deshalb auch die Monarchie einschließen kann. Dies festzustellen ist wichtig, weil Leibniz sonst als ‚Republikaner‘ stricto sensu apostrophiert werden müsste. Bei Leibniz tritt aber noch ein weiteres Element zur Bedeutung des Begriffs der Republik hinzu. Obwohl es ein enges Verhältnis zwischen civitas, der konstituierten politischen Gemeinschaft, und respublica gibt, sind beide Begriffe dennoch nicht deckungsgleich. Die respublica darf nicht mit bestimmten politischen Strukturen identifiziert werden, auch wenn sie kontinuierlich Bezug auf diese nimmt. Sie geht über diese hinaus. Der ‚Republik‘ kommt bei Leibniz eine Vielfalt von Bedeutungen zu, so dass es unmöglich ist, den Begriff einer einzigen und völlig klaren Definition zuzuordnen. Oft wird mit ‚Republik‘ die Gemeinschaft als Ganzes bezeichnet, aber manchmal, wie in der oben13 zitierten Stelle, wird sie in Bezug auf die Kirche als politische Struktur verwendet. Auch der erkenntnistheoretische Gehalt des Wortes (république des lettres oder respublica literaria) und sein metaphysischer und theologischer Sinn sind von Wichtigkeit14. Was diesen letzten Aspekt betrifft, so ist zu beobachten, dass das Verhältnis zwischen der von Gott regierten respublica universalis, in der die Gerechtigkeit und das Gemeinwohl sich im höchsten Grad verwirklichen15, 11 12 13 14
A IV, 3, 287 (Reunion der Kirchen, 1683). A IV, 2, 132 (Caesarinus Fuerstenerius, 1677). Wie Anm. 11. Zum Begriff der Republik in seinen verschiedenen theoretischen Ebenen L. Basso: „Republik und ‚Empire de la raison‘ im politischen Denken von Leibniz“, in: VIII. Internationaler LeibnizKongress. Einheit in der Vielheit, Hannover 24.–29. Juli 2006, hrsg. von H. Breger, J. Herbst und S. Erdner, Hannover 2006, S. 37–44. 15 Über die respublica universalis: M. Serres: Le système de Leibniz et ses modèles mathématiques, I, Paris 1968: „La République des Esprits […] est le sujet rationnel de la pensée, soumise de droit aux pures principes de la science […] la science parfaite a pour sujet la République des
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und jeder politischen Republik offengelassen wird. Dies führt jedoch zu keinem Dualismus zwischen der irdischen und der himmlischen Dimension (im Unterschied zur augustinischen Konzeption der zwei civitates), weil das Universum eine Einheit bildet, die durch das aktuelle Unendliche und durch das Gesetz der Kontinuität gekennzeichnet wird. Im continuum existiert ein nie völlig sich vollendender Fortschritt, ein progressus in infinitum zwischen jeder einzelnen Republik und der respublica universalis. Aber der gemeinsame Nenner dieser Bedeutungen von respublica ist das Element des Gemeinwohls in seiner extremen Gliederung. In der Tat zielt die ‚politische‘ respublica auf die Verwirklichung der Vielfalt im Gegensatz zur Logik der politischen Einheit, die nach Leibniz insbesondere in Hobbes und Pufendorf zwei wichtige Vertreter hat. Die Reflexion von Hobbes und Pufendorf richtet sich auf die Gründung einer politischen Form, die ihre völlige Einheit in der Figur des Souveräns verkörpert und die zu einer Vernichtung der verschiedenen konstituierten Strukturen führt. Im Gegensatz dazu strebt Leibniz nach der Würdigung der Vielfalt der individuellen und kollektiven Sphären. Bei der Leibnizschen Betrachtung der respublica führt die Anerkennung der politischen Autorität zu keiner im Namen des Gehorsames gegenüber einem Staat als Leviathan bewirkten Zerstörung der individuellen Elemente, sondern zur Existenz eines Koordinationsmomentes, das aber die große soziale Gliederung nicht aufhebt. Obgleich es eine enge Verbindung zwischen respublica und commune bonum gibt, darf man nicht vergessen, dass die Grundlage der Leibniz’schen Reflexion der Bezug auf das Christentum ist16 und dass Kirche und Reich, gerade das Heilige Römische Reich Deutscher Nation, in diesem Horizont zur Errichtung des Gemeinwohls politisch koordiniert werden. Die Anerkennung der politischen Autorität im Reich mit ihrer höchsten Gewalt impliziert nicht die Beseitigung der politischen Handlungsmöglichkeiten der Individuen und der entsprechenden Genossenschaften17. Dann spielt in dieser Perspektive der Bezug auf das mittelalterliche Modell Esprits dont Dieu est le Prince […]“ (S. 524–525). Vgl. H. Schiedermair: Das Phänomen der Macht und die Idee des Rechts bei G. W. Leibniz (= Studia Leibnitiana Supplementa 7), Wiesbaden 1970, insbes. S. 223–224; H. Denzer: „Spätaristotelismus, Naturrecht und Reichsreform. Politische Ideen in Deutschland: 1600–1750“, in: Pipers Handbuch der politischen Ideen, Bd. 3: Neuzeit von den Konfessionskriege bis zur Aufklärung, hrsg. von I. Fetscher und H. Münkler, München/Zürich 1985, S. 233–273; A. Robinet: G. W. Leibniz. Le meilleur des mondes par la balance de l’Europe, Paris 1994, insbes. S. 198–199; J. Zenz-Kaplan: Das Naturrecht und die Idee des ewigens Friedens im 18. Jahrhundert, Bochum 1995, insbes. S. 112–113. 16 Über die respublica christiana W. Fritzemeyer: Christenheit und Europa. Zur Geschichte des europäischen Gemeinschaftsgefühls von Dante bis Leibniz, München/Berlin 1931, S. 136–165; W. Schneiders: „Vera politica. Grundlagen der Politiktheorie bei G. W. Leibniz“, in: Recht und Gesellschaft. Festschrift für Helmut Schelsky zum 65. Geburtstag, hrsg. von F. Kaulbach und W. Krawietz, Berlin 1978, S. 589–604, insbes. S. 596–597; P. Nitschke: „Gottfried Wilhelm Leibniz. Die Einheit in der Vielfalt: Zur Politologie der Staatenwelt“, in: Klassische Staatsentwürfe. Außenpolitisches Denken von Aristoteles bis heute, hrsg. von J. Bellers, Darmstadt 1996, S. 89–110, insbes. S. 107–108. 17 Zu einer historischen Vertiefung der Struktur des Reiches W. Platzhoff: Geschichte des europäischen Staatensystems 1559–1660, München/Berlin 1928, S. 242–247; E.-W. Böckenförde:
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der Monarchia von Dante eine erhebliche Rolle, wo Reich und Kirche als zwei ‚Sonnen‘ erscheinen, die sowohl wechselseitig unabhängig sind als auch miteinander kooperieren. Bei Dante zielen die Kirche auf die ewige, himmlische und das Reich auf die irdische Glückseligkeit. Für diesen Aspekt ist eine Stelle aus dem Caesarinus Fuerstenerius besonders aufschlussreich: „Nimirum considerandum est (ex majorum nostrorum opinione) totam Ecclesiam universalem habendam esse pro una quadam velut Republica sub Pontifice Dei Vicario Spirituali et Imperatore Dei Vicario Temporali: In Aurea Bulla Imperator appellatur temporale Ecclesiae caput et nihil est notius atque frequentius in Actis publicis et Historiis quoque, quam Imperatoriam potestatem in se continere Advocatiam Ecclesiae Romanae, id est universalis, neque illi rei habent cur contradicant Protestantes“18.
Aber es ist zu beobachten, dass die Zeit von Leibniz, im Unterschied zur Zeit von Dante, nicht von christlicher Einheit geprägt war, sondern durch die Trennung zwischen der römischen Kirche und den protestantischen Kirchen charakterisiert ist und dass Leibniz Lutheraner war19. Wie später deutlich wird, besteht Leibniz’ Ziel in einer Wiedervereinigung der Kirchen nach einer Art von concordia sacerdotii et imperii20, die jedoch nicht als Idee einer Wiederherstellung der mittelalterlichen Situation zu verstehen ist. Auf jeden Fall, um wieder die zuvor zitierte Stelle aus der Schrift Reunion der Kirchen in Betracht zu ziehen, wo die ecclesia universalis als sacra respublica definiert wird, ist zu beachten, dass dort als zwei Kennzeichen der Kirche communis spiritus und hierarchia genannt werden21. Was den communis spiritus betrifft, so betont Leibniz, dass respublica und commune bonum eng verbunden seien und dass die Kirche auf das Gemeinwohl ziele. Während der Parallelismus zwischen Staat und Kirche in Bezug auf das Gemeinwohl ganz klar ist, wird er zum Problem, wenn Leibniz das zweite Element der Kirche, die Hierarchie, analysiert. In der Tat besitzt die ‚institutionelle‘ Kirche eine sehr hierarchische Struktur, und die Frage ist legitim, ob es vor einem neuzeitlichen, nicht mehr mittelalterlichen Horizont bestimmte Ähnlichkeiten des politischen Körpers mit der Kirche geben kann. So scheint einerseits der Parallelismus zwischen den Figuren Papst und Monarch fragwürdig. Auf der anderen Seite geht die Frage insofern
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„Der Westphälische Frieden und das Bündnisrecht der Reichsstände“, in: Der Staat 8 (1969), S. 449–478; M. Stolleis: Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland, erster Band: Reichspublizistik und Policeywissenschaft. 1600–1800, München 1988; R. Vierhaus: Staaten und Stände. Vom Westphälischen bis zum Hubertusburger Frieden 1648 bis 1763, Frankfurt a. M./Berlin 1990; H. Langer: Der Westfälische Frieden. Pax Europea und Neuordnung des Reiches, Berlin 1994; H. Schilling: Höfe und Allianzen. Deutschland 1648–1763, Berlin 1989; H. Neuhaus: Das Reich in der frühen Neuzeit, München 1997. A IV, 2, 126–127. Vgl. K. Hildebrandt: Leibniz und das Reich der Gnade, Haag 1953, S. 499–500. Vgl. F. X. Kiefl: Leibniz und die religiöse Wiedervereinigung Deutschlands, Mainz/München/Regensburg 21925, S. 16; H. Rudolph: „Leibniz’ Bemühungen um eine Reunion der Kirchen“, S. 156–172. Zum Thema der Concordia Sacerdotii et Imperii A IV, 1, 436–438 (Quaestio illustris, 1675). A IV, 3, 287. Siehe Anm. 11.
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tiefer, als Leibniz das Problem der Kirchenspaltung aus einer protestantischen Perspektive heraus angeht. Dies beginnt schon bei der Begrifflichkeit. Wie der Briefwechsel zwischen Bossuet und Leibniz zeigt, spricht der französische Katholik Bossuet von einer sichtbaren Kirche, während der Protestant Leibniz von einer unsichtbaren Kirche spricht22. Für die Analyse der spezifischen Positionen sind dabei weniger die theologischen Unterschiede zwischen Katholiken und Protestanten (und auch zwischen Lutheranern und Reformierten) insbesondere in Bezug auf Fragen der Eucharistie, der Unfehlbarkeit des Papstes und der Interpretationsweise der Bibel entscheidend. Eher geht es um die gesamte theologischpolitische Funktion der ecclesia universalis. Nach Leibniz existiert keine sichtbare allgemeine Kirche. Seiner Auffassung nach gibt es nur besondere Kirchen. Im Gegensatz dazu konstituiert die unsichtbare Kirche die ecclesia universalis, die nicht auf die Liturgie (wie bei den Katholiken) sondern auf die Einheit der Geister durch die Nächstenliebe begründet ist. So kann das komplexe Ziel von Leibniz mit dem Begriff ‚Ökumenik‘ bezeichnet werden. Hier soll nun das Element der Ökumenik mit seiner theologischen und politischen Bedeutung vertieft werden. Die Ökumenik setzt sich in einen Gegensatz zum Sektenwesen und besitzt deshalb einen allgemeinen Charakter. So denkt Leibniz, obwohl er Protestant war, dass sowohl die römische Kirche als auch die protestantischen Kirchen besondere Kirchen sind und dass deswegen keine von beiden als ecclesia universalis angesehen werden könne. Wie in zahlreichen Texten (etwa De Schismate und Reunion der Kirchen) zu lesen ist, geht es um den Versuch einer Wiedervereinigung zwischen den verschiedenen protestantischen, das heißt lutherischen und reformierten (in ihrer extremen Gliederung), Kirchen und der römischen Kirche zu kommen, ohne deren Unterschiede nach dem Prinzip der ‚Einheit in der Vielheit‘ aufzuheben. Wie betont, bedeutet die Reunion der Kirchen keine Restauratio der Situation vor der Reformation und, im Gegensatz zur katholischen Position, konstituiert die ecclesia universalis eine unsichtbare Kirche. Nach Leibniz kann der Glaube nicht von der Vernunft getrennt werden, und deswegen wurzelt die caritas in der Vernunft als Kennzeichen aller Menschen. Es ist nicht zu vergessen, dass Leibniz immer die Relevanz und politische Rolle der Wissenschaft anerkannt hat. So kommt der deutsche Philosoph zu einer Verteidigung der Gedankenfreiheit und deswegen zu einer starken Kritik an der römischen Kirche wegen der Verfolgung Galileis. Wenn es einer „natürlichen Religion“ gemäß eine enge Verbindung zwischen Theologie und Philosophie 22 Für eine Gegenüberstellung zwischen Leibniz und Bossuet E. Naert: La pensée politique de Leibniz, Paris 1964: „Or, pour Leibniz, ce qui importe ce n’est pas l’appartenance à l’Eglise visible, mais à l’Eglise invisible car, en fait, l’Eglise visible n’existe pas […]. Est vraiment une et universelle, l’Eglise invisible fondée, non sur la communauté des rites, non pas même sur l’identité des formules de foi, mais sur l’union des esprits dans la charité“ (S. 89–90); E. Ortigues: „Le débat oecuménique entre Leibniz et Bossuet“, in: L’actualité de Leibniz. Les deux labyrinthes, Décade de Cerisy La Salle 15.–22. Juni 1995 (= Studia Leibnitiana Supplementa 34), hrsg. von D. Berlioz und F. Nef, Stuttgart 1999, S. 223–233.
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gibt23, dann ist die politische Bedeutung der Frage in Betracht zu ziehen. Im Vordergrund der Ökumenik steht das Ziel, im Deutschen Reich ein Gleichgewicht als Voraussetzung einer balance de l’Europe24 zu erreichen. Das heißt, die Wiedervereinigung der Kirchen soll im Sinne einer deutschen und europäischen Concordia wirken: „[…] il n’y a rien de plus important… pour la chrestienté et pour la patrie que le restablissement de l’unité de l’Eglise et la réconciliation des protestans où l’Empire est interéssé particulièrement“25.
So setzt der Leibniz’sche Irenismus ein klares Zeichen der Suche nach Frieden in Richtung einer Lösung der Konflikte in Europa. Das früher betonte Gerechtigkeitsstreben ist mit der Friedensfrage eng verbunden. Aber diese Suche nach der Reunion der Kirchen kann nicht auf eine diplomatische Aktion reduziert werden. Das erwähnte Element wurzelt im Streben nach dem Gemeinwohl. Der Schlüsselbegriff der caritas zeigt in ihrer theoretischen und praktischen Bedeutung gerade die Verbindung zwischen Politik, Metaphysik und Logik. In der Tat hat das analysierte Problem auch eine logisch-mathematische Grundlage. In den Nouveaux Essais sur l’entendement humain wird gesagt, „[…] la Religion et la Justice demandent des idées claires. Il semble que le peu d’ordre, qu’on y a apporté en les enseignant, en a rendu la doctrine embrouillé […] c’est faute de Logique que les hommes se trompent“26.
Im Vordergrund der Reflexion steht der Bezug zu den „klaren Ideen“, um die Bildung der ecclesia universalis in Richtung einer Ökumenik begründen zu können. Diese Einstellung führt zur Anwendung der Logik in politisch-theologischen Fragen27. Insgesamt also entwickelt Leibniz seine Vorstellung von der ecclesia universalis als respublica im breiten Bezugsfeld unterschiedlicher Wissenschaften, Logik, Metaphysik, Theologie und Politik. Dabei ist es wichtig festzuhalten, dass die Leibniz’sche Perspektive auf die Idee der christlichen Grundlage Europas begründet
23 Zum Thema der natürlichen Religion G. Preti: Il Cristianesimo universale di G. G. Leibniz, Milano/Roma 1953, S. 146–152; E. Naert (wie Anm. 22), S. 75–80. 24 Über das Thema der balance de l’Europe siehe A. Robinet (wie Anm. 15): „La balance de l’Europe n’est pas un problème de statique, mais de dynamique. Le fléau de la balance en est constamment agité, à la recherche d’un équilibre précaire, à l’image de l’Unruhe du balancier psychosomatique de l’inquiétude […]“. 25 Oeuvres de Leibniz, dir. par A. Foucher de Careil, Paris 1859–75, 7 Bände (im Folgenden: FC), Bd. I, S. 17 (Relation pour la Cour Impériale). 26 A VI, 6, 342–343 (Nouveaux Essais sur l’entendement humain, 1703–1705). Vgl. B. Neveux: „L’irénisme au temps de Leibniz et ses implications politiques“, in: Leibniz. 1646–1716. Aspects de l’homme et de l’oeuvre, Paris 1968, S. 69–77, insbes. S. 77. 27 Über das Verhältnis zwischen Logik und Religion J. Guitton: „La pensée oecuménique“, in: Akten des Internationalen Leibniz-Kongresses, Hannover 14.–19. November 1966 (= Studia Leibnitiana Supplementa 1), Band IV, Wiesbaden 1969, S. 38–51.
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ist28. Darüber hinaus spielt bei Leibniz der Bezug auf das Heilige Römische Reich Deutscher Nation mit seinen konfessionell gespaltenen Verhältnissen eine große Rolle. Natürlich sind die politischen Bedingungen im heutigen Europa ganz andere als in der frühen Neuzeit. Insbesondere existieren zwei Kernelemente der Leibniz’schen Analyse nicht mehr. In der Tat, die christliche Grundlage der Struktur Europas und die politische Rolle von Reich und Kirche sind Geschichte. Aber auch zu Leibniz’ Zeiten scheiterten die ökumenischen Versuche sowohl am Widerstand innerhalb der Kirchen als auch an den politischen Verhältnissen im Reich. Die Leibniz’sche Position konnte weder von den ‚orthodoxen‘ Protestanten noch von den Katholiken akzeptiert werden, weil sie, wie man sagen könnte, als zu ‚katholisch‘ für die Protestanten und zu ‚protestantisch‘ für die Katholiken angesehen wurde. Aufgrund seiner Distanz zu jedem religiösen Dogmatismus und wegen der engen Verbindung zwischen Theologie und Vernunft kann man Leibniz als einen philosophischen Vorläufer der Ökumene in der Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg interpretieren. So kommt Leibniz zu einer ‚Relativierung‘ der Frage der Zugehörigkeit einer Konfession in Richtung einer rationalistischen und antidogmatischen Position: „Si natus essem in Ecclesia Romana profecto ab ea non recederem, etsi omnia crederem, quae nunc credo“29. Die ecclesia universalis in ihrer Unreduzierbarkeit auf jede bestimmte Konfession zielt auf die Aufhebung der religiösen und politischen Spaltungen in Europa. Wie betont, soll bei Leibniz der „Katholizismus“ nicht im Sinne einer Konfession (das heißt, der katholischen Konfession) gegen die anderen (das heißt, die protestantischen Konfessionen), sondern im ursprünglichen, griechischen Sinne des καθολικῶς als allgemein, als Einigungsversuch zwischen allen vernünftigen Menschen angesehen werden. Die Kirche Gottes konstituiert die höchste, die sechste natürliche Gesellschaft: „Die Sechste natürliche Gemeinschafft ist die Kirche Gottes[,] welche auch wohl ohne offenbahrung unter denen Menschen bestehen und durch fromme und heilige hätte erhalten und fortgepflanzet werden können[:] ihr absehen ist eine ewige glückseeligkeit. Und ist kein Wunder, daß ich sie eine Natürliche Gesellschafft nenne, maßen ja auch eine Natürliche Religion und begierde der unsterbligkeit uns eingepflanzet. Diese Gemeinschafft der Heiligen ist catholisch oder allgemein, und verbindet das ganze Menschliche Geschlecht zusammen. Kommet nun offenbahrung dazu[,] wird das vorige band nicht zerrißen sondern verstärcket“30.
Dieser Universalismus ist vereinbar mit der Vielfalt der politischen Gemeinschaften und der Konfessionen nach dem Prinzip der ‚Einheit in der Vielheit‘. Leibniz 28 Zur christlichen Grundlage Europas bei Leibniz J. Baruzi: Leibniz et l’organisation religieuse de la terre, insbes. S. 267–268; R. W. Meyer: Leibniz und die europäische Ordnungskrise, Hamburg 1948. 29 A VI, 4C, 2286 (De Scriptura, Ecclesia, Trinitate, 1680–1684). 30 A IV, 3, 910–911 (Divisio societatum, 1680). Vgl. G. Grua, Jurisprudence universelle, S. 374; Y. Belaval: „Religion et fondement du droit chez Leibniz“, in: Archives de philosophie du droit 18 (1973), S. 85–92; P. Beeley: „Right Reason and Natural Law in Hobbes and Leibniz“, in: Synthesis philosophica 2 (1997), S. 445–459; H. Rudolph: „The Authority of the Bible and the Authority of Reason in Leibniz’s Ecumenical Argument“, in: Leibniz. What Kind of Rationalist?, ed. by M. Dascal, Dordrecht 2008, S. 441–447.
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versucht, Europa mit seiner christlichen Grundlage als pluralistische Struktur zu denken. Europa besteht aus mehreren Staaten, von denen jeder seine Bestimmtheit und sein Kennzeichen hat. Im Gegensatz zur Logik der politischen Einheit, die beim modernen Naturrecht klar ausgedrückt wurde, versucht Leibniz die Vielfalt der sozialen Gliederung und der autoritativen Figuren im Reich und in Europa anzuerkennen. Institutionell zielt er auf eine Form des Föderalismus. In diesem Sinne würde Föderalismus die Vielheit der Staaten in Europa verwirklichen31. Aber, um wieder zur Frage der ecclesia universalis zurückzukommen, es ist auch anzumerken, dass der deutsche Philosoph in diesem Kontext auf ein europäisches Kommunikationssystem zwischen Staat und Kirche zielte32. So besteht die concordia sacerdotii et imperii aus einer föderalistischen Vereinigung zwischen beiden Elementen. Es geht um die respublica christiana, in der das Heilige Römische Reich Deutscher Nation eine große Rolle spielt. Auf jeden Fall wird diese Republik weder als ein moderner Staat noch als eine korporativ-feudale Struktur von Leibniz betrachtet. Die respublica christiana strebt nach der respublica universalis, deren Monarch Gott ist, aber, wie zuvor betont, das erwähnte Vorbild kann nicht im irdischen Horizont, in seiner Endlichkeit, verwirklicht werden. Der politisch-philosophische Versuch besteht darin, Universalismus und Pluralismus durch einen dynamischen Prozess zusammenzudenken. Die Einheit der Kirche ist latent vorhanden und braucht nur noch realisiert zu werden. Aus der communio virtualis muss eine communio actualis werden. Wie auch im Briefwechsel von Leibniz mit Bossuet nachzulesen ist: die ecclesia universalis, als ‚polyphonische‘ respublica sacra, konstituiert eine bewegliche Wirklichkeit und kann so nicht statisch definiert werden. Dies liegt daran, dass bei Leibniz das Streben nach dem Gemeinwohl und nach der Ehre Gottes nie völlig zum Ziel kommen kann.
31 Zur Frage des Föderalismus C. J. Friedrich: „Philosophical Reflections of Leibniz on Law, Politics and the State“, in: Leibniz. A Collection of Critical Essays, ed. by H. G. Frankfurt, Notre Dame/London 21976, S. 47–68; K. Hahn: „Idee und Wirklichkeit des Reiches in der föderalen Europa-Konzeption von G. W. Leibniz“, in: Leibniz und Europa. VI. Internationaler Leibniz-Kongress, Vorträge II. Teil, S. 158–166, insbes. S. 161; G. G. Costandache: „Féderalisme politique et universalisme philosophique chez Leibniz“, in: Leibniz und Europa. VI. Internationaler Leibniz-Kongress, Vorträge I. Teil, S. 128–134; C. Roldán: „Leibniz und die Europaidee“, in: Jahrbuch für Europäische Geschichte 2 (2001), S. 261–272. 32 Siehe Anm. 19. Vgl. H.-P. Schneider: „Leibniz’ Gedanken zur Ordnung von Kirche und Staat“, in: Zeitschrift für evangelisches Kirchenrecht 1–2 (1967–1968), S. 18–31.
LEIBNIZ’S ENLIGHTENMENT1 Mogens Lærke (Aberdeen) I. INTRODUCTION In his 1784 contribution to a Berlinische Monatsschrift essay contest on the topic “What is Enlightenment?”, Immanuel Kant famously answered the question by arguing that the Enlightenment is, as Michel Foucault has later put it, a certain attitude2, namely the courage to think for oneself. Such courage would eventually bring about man’s “emergence from his self-incurred immaturity” 3. An appropriate motto of the Enlightenment was Sapere aude!, that is: “Have the audacity to know!”4. The following is an attempt to ask Leibniz the question that Kant replied to in 1784. If, according to Kant, the enlightened philosopher is characterized by audacity and courage to think for himself, what is he characterized by according to Leibniz? Any philosopher with some sense of the historicity of concepts will immediately object, and rightfully so, to the absurdity of such an enterprise. Even if German Enlightenment partisans such as Gotthold Ephraim Lessing, Moses Mendelssohn or indeed Kant himself stood on the shoulders of Leibnizianism, Leibniz himself did not take part in the Enlightenment. Surely, it has been argued often enough that Leibniz was a precursor of the Enlightenment, most famously by Ernst Cassirer in the first chapter of Die Philosophie der Aufklärung5. Prominent Enlightenment thinkers, like Bernard de Fontenelle, saw Leibniz as their precursor6. Moreover, if Leibniz’s importance for the British enlightenment may not be overwhelming, at 1
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A draft version of this paper was presented at the conference Leibniz and Kant at Bilkent University, Ankara, in August 2006. I thank Lucas Thorpe and Ohad Nachtomy for inviting me and the participants for their helpful remarks. Many of the ideas in the article were developed further during a six-month stay in spring 2007 at the University of Tel Aviv funded by the Israel Science Foundation [Grant no. 81/05. Project: “Leibniz against Locke,” Dir. M. Dascal]. This seems an appropriate place to thank Marcelo Dascal for inviting me to Israel and for his invaluable input during that period. Cf. M. Foucault: “What is Enlightenment?”, in: Dits et Écrits, vol. IV, Paris, 1994, pp. 562– 577, and “Qu’est-ce que les Lumières ?”, idem, pp. 679–87. I. Kant: “An answer to the question: ‘What is Enlightenment?’”, in: Political Writings, ed. by H. Reiss, Cambridge, 1991, p. 54; Kants Werke, Akademie-Textausgabe, VIII, p. 35. Ibid. E. Cassirer: Die Philosophie der Aufklärung, Hamburg 2003 [first ed. 1932], pp. 28–36. Cf. B. le Bovier de Fontenelle: “Éloge de M. Leibnitz”, in: Histoire de l’Académie Royale des Sciences. Année 1716, Paris 1718, pp. 94–128.
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least Enlightenment thinkers on both sides of the German-French border undoubtedly learned much from Leibniz. Nevertheless, if we refer to Kant’s classic definition, and maintain that the Enlightenment is a movement which believes fundamentally in the proportionality and mutual dependence of knowledge and political freedom – and that is certainly how it is most often construed – Leibniz does not take part in it. For at least the greater part of his career, he remained situated on the far side of the intellectual divide that Paul Hazard placed around 1700 and termed “the crisis of European consciousness”7. This crisis marks the limit between two epistemic blocks in European intellectual history that we can call, somewhat empirically, a “Post-Reformation” paradigm and an “Enlightenment” paradigm. Leibniz mainly belongs to the former of these. He was obviously more concerned with a Thirty Years War that ended two years after he was born than by a French Revolution that took place seventy-three years after he died. He was an erudite thinker in many ways heir to Renaissance humanism, religiously steeped in Lutheranism, and politically firmly placed in the Post-Reformation context. His primary political-theological problem was not, as it was for someone like Spinoza for example, how to secure liberty of faith, but how to define the conditions for a reunion of the Christian churches. His political problem was not how to establish a free Republic, but rather how to secure peace without promoting despotism and inequity. It is no wonder that his political thinking in many ways is construed in contradistinction, but also in a profound dialogue with the political philosophy of Hobbes. Both philosophers are preoccupied by peace and internal stability of the State, much more so than by civic liberties and freedom of expression. In short, some of the most fundamental concerns for the Enlightenment thinkers, in England and the United States as well as in Germany and in France, such as freedom of expression and tolerance, were just not issues that Leibniz felt particularly concerned with, or at least did not consider unquestionable, fundamental values8.
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Cf. P. Hazard: La Crise de la conscience européenne, Paris 1994 [first ed. 1935]. I have argued elsewhere that Leibniz does not have a very strong concept of tolerance, at any rate not anything comparable to the concept of toleration promoted by Locke and the concept that we, today, refer to when speaking about tolerance; cf. M. Lærke: “Leibniz et la tolerance”, in: Bulletin de l’Institut d’histoire de la Réformation 28 (2008), pp. 29–47. Recent work on Leibniz’s German correspondence concerning the reunion of the Protestant churches has shown that there is more to Leibniz’s concept of tolerance than I initially thought; cf. C. Rösler: Negotium Irenicum. Les tentatives d’union des Eglises protestantes de G. W. Leibniz et de D. E. Jablonski, vol. I-II, Doctoral Dissertation, University of Paris IV-Sorbonne, 2009, forthcoming in coll. Travaux de Philosophie, dir. par Honoré Champion, Paris. It remains nonetheless my impression that Leibniz considers (religious) tolerance (to be) a means to an end rather than an end in itself, as something which serves as first step towards the reunion of the Churches and which also facilitates the stability of the State (see for example A I, 5, 11). For a different and thoughtful reading of Leibniz on tolerance, see M. R. Antognazza: “Leibniz and Religious Toleration: the Correspondence with Paul Pellisson-Fontanier”, in: American Catholic Philosophical Quarterly 76, 4 (2002), pp. 601–622.
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There is thus no way around the fact that any talk of “Leibniz’s concept of Enlightenment” is anachronistic. Nonetheless, once I have admitted to that fact, it is not without basis in the conceptual apparatus of Leibniz himself that I address the question of “enlightenment” in Leibniz. At the time of the Hanoverian philosopher, of course, the epochal designation “Enlightenment” did not yet exist. What we do find in Leibniz however, are notions of “enlightening” (éclairer), “clarification” or “elucidation” (éclaircissement), the “enlightened man” (l’homme éclairé) and, most importantly, “enlightened love of God” (amour éclairé de Dieu), a concept Leibniz may have taken up from Malebranche while giving it a somewhat different meaning. For Malebranche, enlightened love of God is a form of intellectual love, as opposed to instinctive or sensuous love9. For Leibniz, enlightened love of God is the highest possible moral virtue, defined as honesty (honestas or honnêteté) or piety (pietas or piété) consolidated by right or upright reason (recta ratio or la droite raison)10. It is the specifically Leibnizian notions of “enlightenment” (éclaircissement), “enlightened love of God” (amour éclairé de Dieu) and “the enlightened man” (l’homme éclairé) that I would like to shed some light on here. Thus, to be more precise, I will not exactly ask Leibniz the same question as the one Kant answered, but rather contrast Kant’s notion of Aufklärung with Leibniz’s notion of éclaircissement. II. KANT, SPINOZA AND THE IDEAL OF AUDACIOUS JUDGMENT Let us first consider Kant’s position a bit more, and in particular the meaning of his Enlightenment motto: Sapere aude! Kant also used the motto as an epitaph in the Prolegomena. Where does this famous “motto” (Wahlspruch) come from? Contrary to what is often presumed, Kant is not its inventor. The expression originally stems from a letter from Horace to Lollius, where it appears in a context which has nothing to do with the Enlightenment. However, other thinkers before Kant have taken it up in interesting contexts. Pierre Gassendi suggested it as an intellectual motto to the French erudite libertine Samuel La Sorbière11. In 1718, the poet N. Malebranche: The Search after Truth, trans. by T. M. Lennon, Cambridge 1997, p. 21 (book. I, chap. 5): “[God] has no fear that those who know him will not find Him worthy of esteem – He is not content to be loved with a blind and instinctive love; He wishes to be loved with an enlightened love, with a love though choice”. In Malebranche, the notion is introduced in order to explain that our love of God is a love grounded in the mind and not in the senses, since God need not have recourse to the “stratagem” of pleasure in order to be loved. 10 For the notion of an “enlightened love of God” in Leibniz, see GP VI, 27 (the Essais de théodicée, Preface); Grua, 91 (“Extrait d’un Journal”, 1695); A VI, 4C, 2200 (“Zwei fingierte Briefe”, March (?) 1677). See also M. Lærke: “Apology for a credo maximum,” in: Leibniz. What Kind of Rationalist?, ed. by M. Dascal, Dordrecht 2008, p. 402–404, and below. 11 On the history of the motto, see M. Mulsow: “Erkühne dich, vernünftig zu sein. Auf den Spuren der Leipziger ‘Alethophilen’. Zur Herkunft des Wahlspruchs der Aufklärung”, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11. April 2001, p. N6. I thank Professor Mulsow who has kindly sent me his text. For the genealogy of the notion until Kant, see also F. Venturi: “Was ist Aufklärung?
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and arch enemy of Alexander Pope, Ambrose Philips – also known as “Namby Pampy” – launched a Whig journal called The Freethinker the subtitle of which was “Sapere aude”. Finally, and much closer to Kant, “Sapere aude” was the motto of the German learned society called the Alethophilen – i. e. the “friends of truth” – founded by Count Ernst Christoph Manteuffel in 1736 to promote LeibnizianWolffian philosophy. The logo and motto of the society however was invented by someone who was not a member of the society and certainly not a LeibnizianWolffian, namely the persecuted and poor philosopher Johann Georg Wachter, best known for two books that combine Spinozism with the branch of Jewish mysticism known as Cabbalism12. To be sure, these facts concerning the historical background of the motto will not teach us what Kant meant by it, but they are still indicative of the heritage he took up when adopting it. So what kind of conclusion can we draw from the fact that an early modern philosopher close to the erudite libertines, a British freethinker, and a persecuted Spinozist introduced the ideal of “daring to know” in the Republic of Letters? What do they have in common? It is, in my view, first of all indicative of the fact that audacity is an ideal in important respects connected to the “radical enlightenment”, to speak like Jonathan Israel13. Following Israel’s description, the radical enlightenment was a driving philosophical, theological and political force of the early modern period, and included thinkers who actively worked on the subversion of religion, the promotion of republicanism, and the diffusion of liberal thinking. Their common source was Spinoza’s philosophy, the incarnation and summit of Dutch freethinking, mainly the splendid Tractatus theologico-politicus (hereafter TTP)14 from 1670, which had provoked a scandalized reaction from more politically conservative and religiously committed members Sapere Aude!”, in: Rivista storica italiana 71 (1959), pp. 119–128; L. Firpo: “Ancora a proposito di ‘Sapere Aude’”, in: Revista Storica Italiana 72 (1960), pp. 114–117. I am also grateful to Abraham Anderson, Tristan Dagron, Ursula Goldenbaum and Justin Champion, who also helped out with information. 12 See Mulsow: “Erkühne dich, vernünftig zu sein”, p. N6. On Wachter in general, see W. Schröder: Spinoza in der Deutschen Frühaufklärung, Würzburg 1987. For a study of Leibniz, Spinoza and Wachter, see M. Lærke: Leibniz lecteur de Spinoza. La genèse d’une opposition complexe, Paris 2008, pp. 923–972. 13 Cf. J. Israel: Radical Enlightenment. Philosophy and the Making of Modernity, 1650–1750, Oxford 2002. Arguably, among Gassendi, Philips and Wachter, only Wachter can be said to be a true ‘radical’ in Israel’s sense. The two others however are closely connected to radicalism. Gassendi and the erudite libertines with whom he associated were the immediate precursors of the radical enlighteners. As for the Whigs with whom Philips associated, their staunch resistance to absolute monarchy, original association with the rebellion of the Scottish Presbyterians, and call for toleration of dissenters, did place them in the vicinity of the radicals with respect to basic political ideals, despite the political dominance of Whiggism in Philip’s time, i. e. after the Glorious Revolution of 1688. 14 I quote from the TTP in Edwin Curley’s yet unpublished translation. I provide the volume and the page number to the Latin standard edition, B. de Spinoza: Opera, ed. by C. Gebhardt, Heidelberg 1925 (hereafter abbreviated G). I thank Professor Curley for letting me use his work.
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of the Republic of Letters. The radical movement was driven by the intellectual ideal expressed in the subtitle of Spinoza’s book: De libertate philosophandi. It would be abusive to simply assimilate Kant to this movement of heterodox thinking. Kant was hardly a radical revolutionary. In particular Kant’s distinction in Was ist Aufklärung? between the legitimate public free use of reason and the illegitimate private free use of it certainly does put a lid on some of radical tendencies in his argument, and seriously restricts the freedom he is willing to grant. Nonetheless, putting this aspect of Kant’s argument to one side, I still believe that the appeal to audacity connects Kant in a very profound way to the radical enlighteners and, indeed, to Spinoza15. First, Spinoza and Kant have in common a fundamental confidence in the moral rectitude of a liberated reason, and in the capacities of each individual to acquire sound judgment in and by his own means. Kant writes: “For enlightenment of this kind, all that is needed is freedom”16 and “there is more chance of an entire public enlightening itself. This is indeed almost inevitable, if only the public concerned is left in freedom”17. To “have the courage to use your own understanding” is an intellectual ideal or ethos which will inevitably lead towards the majority of man and therefore also to the right to use his own understanding. Therefore, to think audaciously for oneself can be granted freely and without danger: “[…] freedom may exist without in the least jeopardizing public concord and the unity of the commonwealth. Men will of their own accord gradually work their way out of barbarism so long as artificial measures are not deliberately adopted to keep them in it”18.
A very similar intellectual ideal governs Spinoza’s defense of the libertas philosophandi in the seventh and, in particular, the twentieth chapter of the TTP. According to Spinoza, everyone possesses, as a matter of an inalienable natural right, “the supreme right and the supreme authority of judging freely concerning Religion, and hence of explaining it to himself and interpreting it”19. Indeed, “no one can transfer to another person his natural right, or faculty of reasoning freely, and of judging concerning anything whatever, nor can he be compelled to do this”20. Contrary to Hobbes, Spinoza’s “contract theory” never implies any real transfer of natural right. Moreover, the stability and security of the State require that the Sovereign does not violate the natural right of the individual citizen. Now, since the objective of the State is to secure its own stability, and that the natural right of the
15 Steven B. Smith has suggested a similar connection in his discussion of the TTP: “He [i. e. Spinoza] could just as easily have used as an epitaph for his treatise Kant’s motto for the Enlightenment: Sapere Aude, ‘Dare to know’” (S. B. Smith: Spinoza, Liberalism, and the Question of Jewish Identity, New Haven/London 1997, p. 29). 16 Kant: “What is Enlightenment?”, p. 55; Kants Werke, Akademie-Textausgabe, VIII, p. 37. 17 Ibid. 18 Kant: “What is Enlightenment?”, p. 59; Kants Werke, Akademie-Textausgabe, VIII, p. 41. 19 Cf. TTP VII, G III, p. 117. 20 TTP XX, G III, p. 239.
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individual just is his authority to reason freely, in order to secure its own existence, the State must promote individual freedom: “The end of the State, I say, is not to change men from rational beings into beasts or automata, but rather that their mind and body should perform all their functions safely, that they should use their reason freely, and that they should not contend with one another in hatred, anger or deception, or deal unfairly with one another. So the end of the State is really freedom”21.
In order to establish a peaceful and free society of men, all which is required is “pious and brotherly advice, good education, and above all, one’s own free judgment”22. Once freedom is secured, Society will be spiraled into a process of rationalization which in extremis makes State regulation altogether obsolete. One can detect, in these Spinozistic recommendations, a tremendous confidence in the capacities of a reasonably educated person liberated from prejudices and superstition, i.e. a formidable confidence in the kind of reason that Spinoza calls the “natural light common to all” (lumen naturale omnibus commune)23. When left free reason will become even more reasonable and vice versa. Such confidence in autonomous reason is strikingly similar to what we find in Kant also: if people are allowed freedom, they will inevitably enlighten themselves. This is the first point of contact between Kant and Spinoza. There is a second point of contact. For both philosophers, reason is closely connected to the activity of judging. In a letter to Christian Garve from 1783, Kant thus describes the entire project of the Kritik der Reinen Vernunft as “a whole new science, never before attempted, namely the critique of an a priori judging reason”24. Surely, the “ability to use one’s understanding without guidance from another” of which Kant speaks in Was ist Aufklärung? is first and foremost an ability to judge for oneself. The enlightened attitude is a will to autonomous judgment, and this will is what Kant terms “audacity”25. It consists in the will to “walk unaided” in opposition to those who like domesticated animals – the imagery is Kant’s – are being governed by others and let themselves be intimidated by those who discourage them from using their own judgment26. Similarly, as we have already seen, Spinoza speaks of the libertas philosophandi in terms of a “freedom 21 22 23 24
Ibid., p. 241. TTP VII, G III, p. 116. Ibid., p. 117. I. Kant to Ch. Garve on August, 7, 1783, in: Kant’s Gesammelte Schriften, ed. by Königlich Preussische Akademie der Wissenschaften, vol. 10, Berlin 1900, p. 318: “[…] eine ganz neue und bisher unversuchte Wissenschaft, nämlich die Critik einer a priori urtheilenden Vernunft”. 25 Kant also speaks of “courage” (Mut), and construes the latter in opposition to “laziness” (Faulheit) and “cowardice” (Feigheit): “Laziness and cowardice are the reasons such a large proportion of men […] gladly remain immature for life. For the same reasons, it is all too easy for others to set themselves up as their guardians. It is so convenient to be immature!” Kant: “What is Enlightenment?”, p. 54; Kants Werke, Akademie-Textausgabe, VIII, p. 35. 26 Ibid.
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of judgment”. By contrast, the worst sort of political regime is characterized by the suppression of this freedom of judgment: “The less this freedom of judgment is granted to men, the more we depart from the most natural condition, and hence the more violent is the rule”27. Importantly for Spinoza, this freedom to judge includes freedom to judge about religious matters28. But it certainly does not reduce to that, but includes freedom to judge about both political and scientific matters, all of which falls under the libertas philosophandi, which must be understood in a very broad sense. In Spinoza, the notion of freedom of judgment is at the heart of a distinction between two types of State which has a peculiar resemblance to the way in which Kant, in Was ist Aufklärung?, speaks about the minority and the majority of man. At one end of the spectrum, we find the theocracy of the Israelites, where the sole judge was Moses: “Moses, then, remained the sole maker and interpreter of the divine laws, and hence, also the supreme Judge, whom no one could judge, and who was the sole agent of God among the Hebrews, i.e., had the supreme authority, since he alone had the right to consult God and to give God’s replies to the people, and to force the people to carry them out”29.
It is interesting to note that Spinoza, in chapter XVII of the TTP, also speaks about the “republic of the Hebrews” (republica Hebraeorum) governed by Moses as the best example of the degree to which “someone else can get control of our judgment in many ways” – a remark which evokes Kant’s notion of the “minority” of people30. In the opposite end of the spectrum, we find the Dutch Republic that Spinoza – tongue in cheek – praises for permitting everyone to judge for themselves. He stresses how such a rule necessarily evolves into a harmonious (and implicitly rational) State:
27 TTP XX, G III, p. 246. 28 TTP VII, G III, p. 117: “[…] the supreme authority to explain religion and to judge regarding it will be in the hands of each person, because it is a matter of the right of each person”. Similarly, in chapter VI on miracles, Spinoza concludes that “everyone is free to judge of these things as he thinks best for himself for the purpose of entering wholeheartedly into the worship of God and religion” (TTP VI, G III, p. 96). 29 TTP XVII, G III, p. 207. 30 On a more optimistic note, the example is also used by Spinoza to show how such “mindcontrol” never can be complete. For the entire quote, see TTP XX, G III, p. 239: “I confess that someone else can get control of our judgment in many ways, some of them almost incredible, so that, though it is not directly under that person's command, it can nevertheless depend so much on what the other person says that to that extent it can rightly be said to be subject to his control. But whatever ingenuity has been able to achieve in this matter, still it has never reached the point where men do not learn from experience that each person is plentifully supplied with his own faculty of judgment and that there are as many differences between men’s heads as there are between their palates. Though Moses more than anyone else had gotten control of the judgment of his people, not by deception but by a divine virtue, with the result that he was believed to be divine, and to speak and act in everything with divine inspiration, still he was not able to escape murmuring and perverse interpretations”.
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Mogens Lærke “The next points to be established are that this freedom has no disadvantages which cannot be avoided simply by the authority of the supreme power, and that only by this authority can men be easily restrained from harming one another, even though they openly hold contrary opinions. Examples are readily available; I have no need to look far afield for them. Take the city of Amsterdam, which knows by experience the fruits of this liberty, among them great growth and the admiration of all nations. For in this most flourishing Republic, this most outstanding city, all men, of whatever nation or sect, live in the greatest harmony”31.
Now, without delving too deeply into Spinoza’s analysis, the difference between these two states relevant in this context is the way in which decisions are taken. In the republic of the Hebrews”, a theocracy, decisions are based on prophecy and on the authority emanating from the Sovereign. In the free republic, to the contrary, decisions are based on reason and individual judgment. In chapter XI, Spinoza goes deeper into this opposition and explicitly establishes a difference between prophetic statements the truth of which hinges on authority only, and rational statements the truth of which hinges on the judgment of anyone: “Prophecies […] contain only bare authoritative judgments and decisions, because in them God is introduced as speaking, and he does not reason, but decides in accordance with the absolute sovereignty of his nature, and also because the authority of the Prophet does not admit of reasoning. For whoever wants to confirm his authoritative judgments by a reason thereby submits them to the discretionary judgment of anyone. Even Paul, because he reasons, seems to have done this, saying (1 Corinthians 10:15) I speak as to wise men; judge for yourselves what I say”32.
In Spinoza, to the two types of state described above thus correspond two types of collective decision-making, depending of the type of judgment involved: authoritative and prophetic on the one hand, free and rational on the other. This distinction is to my mind very similar to the one made by Kant, when he distinguishes the “minority” and the “majority” of man. Moreover, just like Kant, Spinoza speaks of the free and rational type of decision-making, as exemplified in the Apostles’ letters, as a particularly audacious type of exchange: “[…] the ways the Apostles both spoke and discussed things in their Letters indicate most clearly that they were written not in accordance with revelation and a divine command, but only in accordance with their natural judgment, and contain nothing but brotherly advice, mixed with a politeness far removed from Prophetic authority – as when Paul excuses himself in Romans 15:15 I have written a little more boldly to you, brothers”33.
It should be noted that in the Latin of the Vulgata, the passage from Paul’s letter to the Romans quoted by Spinoza is: “Audacius autem scripsi vobis”. Without necessarily wanting to overstate the importance of this biblical quote, I think Spinoza’s
31 TTP XX, G III, pp. 245–246. 32 TTP XI, G III, p. 152. 33 TTP XI, G III, p. 152.
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appeal to it says something about how he valued and identified with the ideal of audacity34. I will not go further into these speculations about the historical genesis of the Enlightenment ideal of “audacity”. What I want to suggest is simply that, regardless of what Kant explicitly has to say about Spinoza, which on the whole is really quite negative, there is something one can call a Spinoza-Kant axis of the Enlightenment. On that axis we find a set of normative concepts closely related to each other, namely these four: reason, audacity, freedom of thought, and individual judgment. I think these four terms sums up what Enlightenment consists in for Kant, but they also make clear what this Kantian Enlightenment has in common with Spinozism, and with the diffuse but powerful intellectual movement today known as the “radical Enlightenment”. III. LEIBNIZ ON THE DANGERS OF AUDACITY How would Leibniz situate himself in relation to such promotion of audacious freethinking? To my knowledge, he does not address the notion of audacity explicitly. Instead, he employs the qualification “audacious” in very specific contexts. In October 1670, when corresponding with Jakob Thomasius on the subject of his former teacher’s recent refutation of Spinoza’s TTP, Leibniz denounces the monstrosities of this “audacious man” (homo audax)35. Some years later, in a text entitled “Apologia catholicae veritatis” from about 1685, he speaks once again of a “most audacious writer in the Netherlands [in Batavis scriptor audacissimus]” who is a hidden atheist because he speaks superbly about a God who, when examined closer, has nothing in common with the Christian God – Spinoza is clearly meant here36. Similarly, in the Elementa rationis from 1686, Leibniz speaks of the audacity (audacio) of the latest innovator (unum novissimum autorum) who believes that all thing are modes and that the soul is nothing but the abstract idea of the body, and who yet still “dares” (audere) to speak about the improvement of the soul and the intellect, here once again manifestly speaking about Spinoza and the doctrine of the Ethica and the Tractatus de intellectus emendatione37. Finally, 34 Incidentally, that Spinoza was a particularly bold and audacious writer was also the opinion of Hobbes. The only explicit remark the English philosopher ever made about Spinoza’s TTP is recounted in John Aubrey’s Brief Lives: “When Spinoza’s Tractatus Theologico-politicus first came out, Mr. Edmund Waller sent it to my lord of Devonshire and desired him to send him word what Mr. Hobbes said of it. Mr. H. told his Lordship : – Ne judicate ne judicemini [Matthew 7:1]. He told me that he had outthrown him at bar’s length, for he durst not write so boldly” (J. Aubrey: Brief Lives, Chiefly of Contemporaries, ed. by A. Clark, Oxford 1898, vol. I, p. 357). For an analysis which explores the possible implications of this statement, see E. Curley: “‘I durst not write so boldly’ or How to read Hobbes’s theological-political treatise”, in: Hobbes e Spinoza. Scienza e Politica, a cura di D. Bostrenghi, Napoli 1992, pp. 497–594. 35 A II, 21, 103. 36 Cf. A IV, 6, 758−759. 37 Cf. A VI, 4A, 724–25.
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in an Exhortatio ad unitam ecclesiae amplectendam, written around 1690, Spinoza is explicitly referred to as “a most audacious innovator [audacissimo novatore]”38. The repetitive use of the adjective “audacious” in relation to Spinoza, in texts from very different periods in Leibniz’s life, suggests a stable pattern and that the term may have some determinate conceptual value. If this indeed is the case, the attribution of the adjective to the Dutch Jew already allows stating at least one thing about the conceptual value we are seeking to determine: being audacious is, for Leibniz, decidedly bad! More precisely, it is bad for religion, because it is fore and foremost in relation to matters of religion that Leibniz denounces Spinoza’s audacious innovations. Leibniz also makes this point in the Exhortatio ad unitatem ecclesiae amplectendam mentioned above in a passage where he predicts the catastrophic consequences in case the Anti-Trinitarians should prevail in Christianity: “From this, I suspect, will also follow the suspicion of the audacious minds [audacium ingeniorum], and it will be easy to put all revelations into doubt and for deists and naturalists to gain access, until in the end universal religion itself will be trampled upon and the most extreme atheism take over”39.
It is not a unique text. Leibniz often describes the adversaries of Christianity as “audacious”40. There is one other passage in particular that merits discussion. It appears in the Contemplatio de historia literaria statuque praesenti eruditionis from around 1682. Here, Leibniz writes about the theological dangers of abandoning the consideration of final causes in scientific investigation41. Leibniz puts the 38 Cf. ibid., 524. I am not the first to notice that Leibniz’s preferred adjective in relation to Spinoza is “audacious”. Edwin Curley entitles his excellent study of Leibniz’s reading of the TTP: “Homo Audax. Leibniz, Oldenburg and the TTP”, in: Leibniz’s Auseinandersetzung mit Vorgängern und Zeitgenossen (= Studia Leibnitiana Sonderhefte 27), Stuttgart 1990, pp. 277–312. Ursula Goldenbaum entitled a recent lecture given to the German Gottfried-Wilhelm-Leibniz Society: “Tractatus theologico-politicus. Leibniz’ Begeisterung über ein unerträglich freches Buch Spinozas” (Presented in Hanover, 22 June 2006). In personal correspondence, Goldenbaum has confirmed that the German “unerträglich freches” is her translation of the Latin superlative audacissimus. 39 A IV, 4, 520 (italics M. L.): “Unde porro procedet suspicio audacium ingeniorum, facileque erit omnes revelationes in dubium vocare, et Deistis et Naturalistis accedere, donec novissime ipsa religio universa pedibus proculcetur et Atheismum extremum occupet”. 40 See for example A IV,6, 756 (“Apologia catholicae veritatis”, about 1685; italics M. L.): “Hi vero etsi omnem suam doctrinam laudatissima humilitate piscatorum discipulis submisissent nec ignorarent, sapientiam divinam Apud homines mundanos stultitiam videri, tamen ad gloriam DEI pertinere putabant, ut audaciae insultantium adversiorum occurreretur”. See ibid. (italics M. L.): “Quoniam igitur hominum importunitate et audacia, ac prurientis seculi vitio cogimur ad rationis examen descendere, de vero ejus usu aliquid dicere, operae pretium erit”. Finally, in two texts discussing the ban of Copernicus by the Roman Catholics Church (of which Leibniz disapproved), Leibniz speaks of those who do not revere Holy Scripture as “audacious” (cf. A. Robinet: G. W. Leibniz. Iter Italicum, Florence 1988, pp. 107–108). 41 The title of the relevant paragraph of Leibniz’s text is the following: “Maxime vero cavendum est ne prae studiis Matheseos et Physicae bonas literas et moralia et metaphysica plane
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blame on a “badly conceived empirical approach” to science that has undermined metaphysics and morality alike. Such bad empiricists have made abusive use of the mechanical sciences to depict nature as a machine governed without intelligence and will. Thereby, they have reduced divine providence to a brute force of nature and God to the soul of the world42. Leibniz goes on to explain that this abuse of natural science and mathematics has lead to the abandonment and disregard for antiquity and true metaphysics. Finally, – and this is where audacity makes its appearance – this is a problem “especially today considering the great abundance of impious men and the audacity and pride of traveling young men who are free to converse with anybody”43. As it appears, Leibniz depicts audacity as a youthful flaw (contrary to Kant of course, who will see it as a sign of maturity) enhanced by a much too extended “freedom to converse”, i. e. excessive freedom to philosophize.44 This finds further confirmation in the following passage: “It is certain that the abuse of the new philosophy is most harmful to piety, in particular in certain countries where these new dogma are very well known not only by the learned, but generally by all those who consider themselves to possess a bit of intellect and curiosity. For insofar as they give to people with no learning the means to speak boldly [hardiment] about all sorts of matters, and to despise those who are professional doctors and masters who have spend their life meditating and teaching, one sees that numerous persons, and in particular the young ones [les jeunes gens], do exactly this. This would not be such a bad thing, if this liberty to philosophize [liberté de philosopher] which rejects abstractions and relates everything to the necessity of matter and to what stirs the imagination did not sometimes give rise to libertinism”45.
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negligamus non sine periculo pietatis, praesertim si naturam mechanice tantum explicantes causas finales removeamus” (A VI, 4A, 460). A VI, 4A, 460–62. A VI, 4A, 462. Not surprisingly, Leibniz was no champion of complete freedom of expression, but rather recommended a balanced form of censorship. For details, see my “Leibniz, la censure et la libre pensée”, in: Archives de Philosophie 70/1 (2007), pp. 373–388, and “G. W. Leibniz. Moderation and Censorship”, in: The Use of Censorship in the Enlightenment, ed. by M. Lærke, Leiden 2009, pp. 155–178. A VI, 4B, 1480 (“De la philosophie cartesienne”, 1683–1684/85 [?]): “Il est asseuré que l’abus de la philosophie nouvelle fait grand prejudice à la pieté, particulierement en quelques pays, où ces dogmes nouveaux sont fort connus non seulement des doctes, mais generalement de tous ceux qui se piquent un peu d’esprit et de curiosité. Car comme ils donnent moyen aux personnes sans étude de parler hardiment de toute sorte de matieres, et de mépriser les maistres et les docteurs de profession qui ont passé leur vie à mediter et à enseigner, on voit que quantité de personnes, et particulierement les jeunes gens ne manquent pas de donner là dedans. Ce qui ne seroit pas un grand fort mal, si cette liberté de philosopher qui rejette les abstractions et rapporte tout à la necessité de la matiere, et à ce qui frappe l’imagination, ne disposait pas quelquefois au libertinage […]”. See also GP VI, 32 (Essais de théodicée, Preface): “[…] on abuse surtout de cette prétendue nécessité du destin, lorsqu’on s’en sert pour excuser nos vices et notre libertinage. J’ai souvent ouï dire à des jeunes gens éveillés, qui voulaient faire un peu les esprits forts, qu’il est inutile de prêcher la vertu, de blâmer le vice, de faire espérer des récompenses et de faire craindre des châtiments, puisqu’on peut dire du livre des destinées, que ce qui est écrit, est écrit, et que notre conduite n’y saurait rien changer ; et
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What is so wrong about youthful judgment? In fact, what Leibniz holds against the audacious Cartesian youth is not only their tendency to slander religion and tradition. This is only a consequence of their boldness. It is more fundamentally a certain way of proceeding in science, philosophy and theology. The most important sin of these young innovators is their quickness of judgment, a flaw for which Leibniz often blames Descartes46. Being too quick in judgment is no negligible vice in Leibniz’s eyes: “What is most to blame in men is not their opinion, but the temerarious judgment [jugement téméraire] and blaming of others, as though one had to be stupid or mean to judge otherwise than they do”47. Along similar lines, Leibniz writes about the religious disputes of the day: “It is in these temerarious [témeraires] condemnations that the spirit of sects and the source of a large part of the ills of Christianity truly exist. One cannot truly love God when one does not love one’s fellow man; and to love is not to precipitate judgment […]”48.
As it appears, temerity, which is simply a pejorative rendering of the notion of audacity, corresponds to precipitation of judgment and to forms of religious exclusion and condemnation strongly reminiscent of what Leibniz constantly denounces as “sectarianism”. In many texts, Leibniz condemns sectarians – philosophical and theological alike – by reference to their unwillingness to engage in serious argumentation. This is nothing less than the “method of the ignorant”49. Willful ignorance and disdain for the power of the better argument is unsurprisingly something Leibniz detects among religious fanatics, hotheaded rigorists and enthusiasts50. But philosophers are also guilty of it. Importantly, it is something
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qu’ainsi le meilleur est de suivre son penchant, et de ne s’arrêter qu’à ce qui peut nous contenter présentement”. The point has been highlighted by Gilles Deleuze: “Dans toutes les critiques de Leibniz contre Descartes, un thème revient constamment: Descartes va ‘trop vite’” (G. Deleuze: Spinoza et le problème de l’expression, Paris 1968, p. 72). Deleuze refers explicitly to A II, 21, 663 (Leibniz’s Letter to Elisabeth, November 1678): “Il faut avouer que ces raisonnemens sont un peu suspects, par ce qu’ils vont trop viste, et par ce qu’ils nous font violence sans nous éclairer”. Other relevant texts include Leibniz to Malebranche, 13 (23) January 1679: “[…] je suis persuadé que sa mecanique est pleine d’erreurs, que sa physique va trop viste, que sa Geometrie est trop bornée, et enfin que sa Metaphysique est tout cela ensemble” (A II, 2 1, 678) and “Sur la Philosophie cartésienne”, 1683-1684/85 (?),: “[…] il s’est trouvé que Descartes suivant sa confiance trop ordinaire s’est precipité assez souvent […]” (A VI, 4B, 1485). Nouveaux essais sur l’entendement humain, IV, xvi, § 4; A VI, 6, 461: “[…] ce qu’on a de plus de droit de blâmer dans les hommes ce n’est pas leur opinion, mais ler jugement temeraire à blamer celle des autres, comme s’il fallout ester stupide ou mechant pour juger autrement qu’eux”. A I, 11, N. 298 (Leibniz to Madame de Brinon, 18 [28] April 1695). A IV, 3, 208 and A VI, 4C, 2250; Conversation du Marquis de Pianese et du Pere Emery Eremite. On this, see also M. Lærke: “The golden rule. Aspects of Leibniz’s method for religious controversy”, in: The Practice of Reason. Leibniz and his Controversies, ed. by M. Dascal, Amsterdam/Philadelphia 2010, pp. 297–319, here 307–308. On Leibniz and enthusiasm, see the excellent article by D. Cook: “Leibniz on Enthusiasm”, in: Leibniz, Mysticism and Religion, ed. by A. P. Coudert, R. H. Popkin, and G. M. Weiner,
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that he blames Descartes for. The Frenchman most of all ambitioned to “constitute a sect”51. Moreover, he “treated with haughty contempt” (alto supercilio contemsit) his adversaries52. Such remarks should be seen in contrast to the methodological mantra Leibniz himself constantly repeats: “Je ne méprise rien”, i. e. “I hold nothing in contempt!”53 Audacity and sectarianism go hand in hand in Leibniz. It should therefore not come as a surprise when we find that, in the same way as there are all kinds of religious sects, there is also for Leibniz a sect of audacious men. These men are the libertines, whom he describes as the “last of all sects” and the “most dangerous one of them all” in a letter to Veit Ludwig von Seckendorff54. All this allows understanding why Leibniz takes such distance to audacity, and also why he often does so in the context of Spinozism. We can refer to a letter to Ernst von Hessen-Rheinfels. Here, Leibniz argues that it is contrary to natural right to punish someone for his opinions, but that people should only be punished for their actions. To this however, he adds the following: “As what concerns atheists who tries to gather a sect around them [Athées qui tachent de faire des sectateurs] like Vanini and Spinoza, there is a bit more reason to have doubts. It is different, since they have no conscience, what need do they have to teach?”55
Sectarianism is for Leibniz at least as serious a crime as atheism: “It seems to me that the name of any sect must appear despicable to an amateur of truth”, he writes to Malebranche56. In Spinoza, however, Leibniz sees the worst of all, namely a sectarian atheist57. This is important for our purposes, because such sectarian atheism represents the exact opposite of “enlightened love of God”. It follows clearly from the following. On the one hand, what characterizes the sectarian is, as we have seen, his “method of the ignorant”. On the other hand, according to an argument that Leibniz develops in some detail in the Confessio philosophi, what characterizes
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Dordrecht, 1998, pp. 107–35. See also M. Lærke: “G. W. Leibniz. Moderation and Censorship”, pp. 166–168. GP VII, 187. GP IV, 375. See GP III, 384, 562; Grua, pp. 114, 115, 127, etc. I have explored Leibniz’s critique of libertinism in some detail in two articles: “Les sept foyers du libertinage selon G. W. Leibniz”, in: La Lettre Clandestine 15 (2007), pp. 269–97; “Leibniz et le libertinage. Quatre fonctions théoriques”, in: Libertinage et philosophie au XVIIe siècle 11, dir. par P.-F. Moreau and A. McKenna, St. Étienne 2009, pp. 267–85. A II, 21, 843−844: “Pour ce qui est des Athées qui tachent de faire des sectateurs comme Vanini et Spinosa, il y a un peu plus de sujet à douter. C’est autre chose, car n’ayant point de conscience, quel besoin ont ils d’enseigner”. A II, 21, 677 (Leibniz to Malebranche, 13 [23] January 1679: “[…] il me semble que tout nom de secte doit estre odieux à un amateur de la verité […]”. Arguably, on that point, Leibniz is not completely wrong. Spinoza certainly did not believe in God in any traditional religious sense of the term. Moreover, Spinoza preferred to communicate with a rather limited number of close friends rather than present his ideas more openly to the Republic of letters. Konraad Oege Meinsma used to speak on a more positive note about the followers of the Dutch Jew as “Spinoza’s circle” (cf. Spinoza en zijn Kring, Den Haag 1896). Leibniz who knew intimately several members of that “circle” rather considered it a sect.
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the atheist and eventually causes his damnation is his hatred of God: “He who dies hating God, damns himself”58. Consequently, sectarian atheism is, very precisely, ignorant hatred of God. IV. THE IDEAL OF MODERATION Since the enlightened man is not audacious according to Leibniz, what is he then? He is, first of all, moderate. Leibniz’s interest in the notion of moderation (moderatio) can be traced back to his very first texts, more precisely to his reading notes to the Aristotelian ethics developed by his teacher Jakob Thomasius in the Philosophia practica, a book that Leibniz read around 1663–64 at the tender age of seventeen or eighteen59. Leibniz’s concept of moderation is closely related to the Aristotelian ideal of the mean, mediocritas60. Moderation is not however only an Aristotelian ideal. It also embodies the Christian precept of charity, as it is formalized in the rule of reciprocity known as the golden rule: “Quod tibi non vis fieri, alteri ne feceris” – “Do not do unto others, what you do not wish others do unto you”61. Without going into the somewhat intricate details of Leibniz’s particular conception of this heuristic rule, he argues that it is taken into account in controversy by an effort to “put oneself in the other’s place”62. The notion of moderation 58 Confessio philosophi (1672–1673); A VI, 3, 139; trans. in G. W. Leibniz: Confessio philosophi. Papers Concerning the Problem of Evil, 1671–1678, trans. by R. Sleigh, Jr., New Haven/London 2005, p. 83. 59 See especially Leibniz’s annotations about the “tables” XVI-XI, where Jakob Thomasius defines a series of virtues by means of the notion of mediocritas, namely magnificientia, modestai, magnanimitate and mansuetudine; cf. A VI, 1, 46–48 (Notae ad Jacobum Thomasium, 1663–1664). 60 A VI, 1, 229−230 (De arte combinatoria, 1666): “Justitia (particularis) est virtus servans mediocritatem circa affectus hominis erga hominem, juvandi et nocendi, seu favorem et odium. Regula mediocritatis est: licere eò usque alterum (me) juvare, quo usque (alteri) tertio non nocetur […] Quare ostendimus Justitiam et ipsam in affectuum moderatione esse positam”; A VI, 1, 455 (Elementa juris naturalis, 1670–1671 [?]): “Aristoteles collocavit virtutes omnes in affectu quodam moderando, solius justitiæ medium in rebus tantùm qvæsivit. At si acutius introspexeris, comperies justitiam esse moderatricem amoris atqve odii hominis erga hominem”; A VI, 1, p. 462: “An justitia est virtus servans mediocritatem inter duos affectus hominis erga hominem, amorem et odium; hac meditatione mirificè plaudebam ipse mihi puer, cum peripateticæ scholæ recens, concoqvere non possem cæteras omnes virtutes affectuum, unam justitiam rerum moderatricem haberi”. 61 See Matthew 7:12, Tobias 4:15, and Luke 6:31. 62 See in particular A VI, 3, p. 903–904 (La place d’autruy, 1679 [?]), trans. in Leibniz: The Art of Controversies, ed. by M. Dascal, Dordrecht 2006, pp. 163–166. A number of papers have been written in recent years about the precise meaning of this rule in Leibniz. References include F. Gil: “Leibniz, la place d’autrui, le principe du pire et la politique de la monadologie”, in: Passé Présent 3 (1984), pp. 147–164; M. Dascal: “One Adam and Many Cultures. The Role of Political Pluralism in the Best of Possible Worlds”, in: Leibniz and Adam, ed. by M. Dascal and E. Yakira, Tel Aviv 1993, pp. 387–409; N. Naaman-Zauderer: “The Place of the
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plays a very complex, but also very profound role in Leibniz’s juridical thinking, especially in his definition of justice. In the Elementa juris naturalis, written in 1670–71, Leibniz defines justice as a balance of affects which he identifies as temperance or moderation. It also underlies his ecumenical project. Thus, in the Conversation du Marquis de Pianese et du Pere Emery from 1679–81, Father Emery, who represents an enlightened man of the church, complains about the theological disputes of the time: “Is there really no way to find a just mean, and must piety always be so unfortunate as to never meet with wisdom nor with power”63. Similarly, in draft of a letter to the Jesuit Bartholomeus Des Bosses, Leibniz relates the story of Jansenist leader Pasquier Quesnel who, before he succeeded to escape to the Netherlands, had been put in prison by the Archbishop of Malines. When concluding his commentary on this dramatic episode in the bitter disputes between the Jansenist and the Jesuit movements, Leibniz exclaims: “If only the learned would be persuaded to exercise moderation in their battles with each other!”64 Indeed, appeals to moderation are quite frequent in Leibniz’s writings in the field of controversy: “There must be limits and moderation in everything”65; “nothing renders a dispute more recommendable than the moderation of those who dispute”66! Now, such moderation is also what Leibniz terms “enlightenment” or éclaircissement. Let us consider a letter from November 1697 to Madame de Brinon, a somewhat silly but also very eager Catholic correspondent with whom Leibniz writes mainly on ecumenical questions. Leibniz responds to a letter which has given him the impression that his correspondent is becoming too dogmatic in her Catholicism and too condemning in her judgment of the Protestants: “[…] I was extremely afflicted, when I got the impression that you held opinions dangerous for salvation and hardly compatible with the love of God in Jesus Christ, which is the principal means for our future happiness. One may find oneself attached to the opinion of Rome and of [the Council of] Trent, but one is not for that reason obliged to condemn the Protestants who are in good faith and without obstinacy. There are several serious and enlightened men [hommes éclairés] of your Party, even among the Jesuits, who maintain the moderation [modération] of not condemning, and who testify to it in their publications. I have not at all spoken against your party, but only against certain hot-headed Rigorists; and it seemed to me, Madam, that you were listening a little bit too much to them, not to do harm to charity [charité], that is to say, to God himself. For when one attributes a way of proceeding to Him which is absolutely contrary to His justice and His goodness, one destroys His true
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Other in Leibniz’s Rationalism”, in: Leibniz. What Kind of Rationalist?, ed. by Dascal, pp. 315–327. I have given my own account in Lærke: “The golden rule”. A VI, 4C, 2242 (Conversation du Marquis de Pianese et du Pere Emery, 1679–81 [?]): “N’y a-t-il pas moyen de trouver un juste milieu, et faut il que la piété soit assés malheureuse pour ne se rencontrer jamais avec la sagesse, ni avec la puissance?”. G.W. Leibniz: The Leibniz-Des Bosses Correspondence, ed. by B. C. Look and D. Rutherford, New Haven/London, pp. 62–63. Dutens V, 355. Klopp IV, 430.
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Mogens Lærke idea and overturns all that is fundamental in religion in order to support certain particular opinions”67.
This acknowledgment of the “moderation” of certain “enlightened” Roman Catholics, and Leibniz’s contention that lack of such moderation violates the dogma of “charity” is speaking. It helps making explicit the link I suggest exists between Leibniz’s principle of non-contempt, his rule of reciprocity, his attitude of moderation, and his ideal of enlightenment. Indeed, I think there is good reason to speak of a moderatio as Leibniz’s intellectual attitude of the Enlightenment in the same way as audacio constitutes the enlightened attitude par excellence for Kant. V. THE JUDGE OF CONTROVERSIES As we have seen, for Kant as well as Spinoza, the ideal of audacity in thinking involves the promotion of the autonomous exercise of individual judgment. In this section, I argue that Leibniz’s ideal of moderation, on the contrary, refers to a profoundly non-judgmental theory of controversy68. The first thing to point out in this context is that Leibniz’s enlightenment or éclaircissement is not an individual or subjective exercise, but an essentially collective and inter-subjective one. Indeed, this is already indicated by the term itself. In the seventeenth century, the éclaircissement – in English rendered as either “clarification” or “elucidation” – referred to a particular genre within philosophy, and involved a certain philosophical practice. Here are three prominent examples: first, the “éclaircissements” appended to Malebranche’s Recherche de la vérité which appeared for the first time in the third edition from 1678 as a response to various criticisms; next, the four “éclaircissements” on Atheism, Manicheism, Pyrrhonism and Obscenity that Pierre Bayle appended to the second edition of his Dictionnaire historique et critique, published in 1702; and finally, the various “éclaircissements” Leibniz himself wrote in the late 1690s in response to critiques 67 A I, 14, 744: “[…] j’estois touché extrêmement, quand je croyois Vous voir dans des sentimens dangerux au salut, et peu compatibles avec l’amour de Dieu en Jesus Christ, qui est le principal moyen de nostre felicité future. On peut se trouver engagé dans les Opinions de Rome et Trente; mais on n’est pas oblige pour cela de condemner les Protestans qui le sont de bonne foy et sans opiniastreté. Il y a quantité de Theologiens graves et éclairés de vostre Parti, meme parmi les Jesuites, qui gardent cette moderation de ne les point condemner, et le temoignent dans leurs ouvrages publics. Je n’ai point parlé contre tout vostre parti, mais contre certains Rigoristes emportés: et il me sembloit, Madame, que nous les écoutiés un peu trop pour ne point blesse la charité, c’est-à-dire Dieu meme; puisqu’en luy attribuant une procedure absolument contraire à sa justice et à sa bonté, on détruit sa veritable idée, et on renverse ce qu’il y a de fundamental dans la religion, pour soutenir certaines opinions particulieres”. 68 Insisting on this aspect of Leibniz’s thought is by no means original. The importance of Leibniz’s theory of controversy has been developed in considerable detail by Marcelo Dascal in publications too numerous to list here. I should however mention his marvelous edition of Leibniz texts related to the question, entitled The Art of Controversies, Dordrecht 2006.
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of the Système nouveau de la nature published in the Journal de Sçavants69. The common characteristic of all these “éclaircissements” – taken as a genre and regardless of the various authors’ commitment to the type of philosophical exercise they are engaged in – is that they are responsive. They all at least nominally aim at “clarifying” or “elucidating” a position with regard to objections made against it. Thus, to “elucidate” or “clarify” is an essentially dialogical philosophical exercise: it corresponds to defending oneself in the context of a controversy70. It is thus clear that when Leibniz speaks of Enlightenment in terms of éclaircissement, it refers to a particular attitude in the context of a dialogue or controversy. As we have seen however, there are different possible attitudes, the worst of which is of course the sort of sectarian behavior that Leibniz describes as the “method of the ignorant”. What we need to formulate is the nature of the opposite type of attitude, namely the attitude which underlies the moderate form of controversy that enlightened men engage in. We could simply turn to Leibniz’s own practice. As is well known, Leibniz embraces a certain kind of benevolent eclecticism as his most basic methodology71. As he says: “As for me, I consider everything to be good […]. All the evil in the world stems from the fact that we always have something to object to what other people say”72. To my mind, this quotation sums up the intellectual attitude that Leibniz considers to be quintessentially enlightened. However, to get a better 69 The full titles of the relevant pieces are GP IV, 493–498 (Eclaircissement du nouveau système de la communication des susbstances, pour server de reponse à ce qui en est dit dans le Journal du 12 Septembre, 1695); GP IV, 500–503 (Extrait d’une Lettre M. D. L. sur l’hypothèse de philosophie, et sur le problème curious qu’un de ses amis propose aux Mathematiciens, avec un éclaircissement sur quelques points contesté dans les Journaux precedens entre l’auteur des principes de physique et celuy des objections). This last text begins as follows: “Some erudite and penetrating friends, having considered my new hypothesis on the great question concerning the union of the soul and the body, have requested that I give some clarifications [éclaircissements] on the difficulties that had been found in it […]”. Finally, see also the slightly later reply to Pierre Bayle entitled Eclaircissement des difficultés que Monsieur Bayle a trouvées dans le système nouveau de l’union de l’ame et du corps, 1698 (GP IV, 517–524). 70 Surely, one can contest that everyone who wrote such elucidations or clarifications were genuinely committed to the genre. Malebranche’s elucidations were originally intended to mimic the replies appended to Descartes’ Meditations, but ended up addressing only a few technical objections. Malebranche’s most important public critic, the “poor Foucher”, had been so aggressively rebuked by Malebranche beforehand that other scholars felt discouraged from attacking him. It is also worth mentioning in that context that Leibniz tried incessantly to engage Malebranche in extended philosophical dialogue, but without much real success. As for Pierre Bayle, his éclaircissements were written so equivocally that experts still today are entirely divided about what to make of them. When it comes to Leibniz, however, he undoubtedly belonged to those who most innocently and wholeheartedly embraced this way of advancing philosophy. 71 On this aspect of Leibniz’s methodology, see M. R. Antognazza: Leibniz. An Intellectual Biography, Cambridge 2008, and C. Mercer: Leibniz’s Metaphysics, Cambridge 2001. 72 Grua, 111.
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grip of what such enlightenment consists in and how it relates to Kant’s notion of enlightenment as a will to autonomous judgment, we must turn to a specific concept that Leibniz discusses quite often, namely the “judge of controversies” (judex controversiarum)73. It is not Leibniz’s concept. It is omnipresent in both Roman Catholic and Protestant literature on religious controversy in the seventeenth century and is discussed at length by theological authors such as François Veron, Pierre du Moulin, Pierre de Camus, Francisco Turrettino, Pierre Jurieu, and William Sherlock, only to mention a few prominent and very diverse examples74. Also Hobbes and Locke, for example, discuss the concept75. Usually it is employed to designate the authority in religious matters, in particular the authority holding the key to the true interpretation of Scripture. For the Catholics the “judge of controversies” is the Pope, the apostolic tradition and the Church councils; for the orthodox Protestants it is Scripture itself; for the rational theologians it is reason, for the mystics it is mystical illumination, for Hobbes it is the Sovereign, for Locke each one of us, and so on and so forth. But who is the judge of controversies according to Leibniz? As already mentioned, the “judge of controversies” is habitually related to the question of authoritative interpretation of Scripture. Leibniz discusses the notion 73 See for example A VI, 1, 548–559 (Commentatiuncula de judice controversiarum, 1670– 1671), trans. in: The Art of Controversies, ed. by M. Dascal, pp. 7–28; A VI, 4C, 2155–2159 (“De judice controversiarum”), trans. in idem, 57–60. 74 Among innumerable works on the subject in the sixteenth and seventeenth century, one can consult F. Véron: Methodes de traiter des controverses en religion par la seule Ecriture sainte, Amiens 1516 (Leibniz refers to Véron in a discussion concerning the judge of controversies in the Essais de théodicée, “Discours préliminaire”, § 62, GP VI, 85); P. du Moulin: Du juge des controverses. Traitté auquel est défenduë l’authorité et la perfection de la saincte Ecriture contre les usurpations et accusations de l’eglise romaine, Genève 1631; P. Camus: L’Avoisinement des protestans vers l’Eglise Romaine, Paris 1640, in particular Section IX: “Du juge des controversies” (the book was reedited by Richard Simon in 1703 under the title Moiens de reunir les protestans avec l’Eglise Romaine, Paris 1703); F. Turretino: Institutio theologiae elencticae, Edinburgh 1867 [orig. 1679–1685], in particular Pars I, Loc. II, quest. 20: “De supremo controversiarum judice, et Scripturae interprete”, vol. I, pp. 138–145; P. Jurieu: Examen de l’Eucharistie, Rotterdam 1682, in particular the long preface entitled “Sermon sur ces paroles de Saint Paul I Cor. Chap. XI, vers. 23. J’ay reçeu du Seigneur ce que je vous ay donné. Du Juge des Controverses”; W. Sherlock: A Discourse Concerning a Judge of Controversies in Matters of Religion Being an Answer to some Papers [by Lady Theophila Nelson] Asserting the Necessity of such a Judge. Written for the private satisfaction of some scrupulous persons, London 1686. As far as I have been able to verify, the notion of a judex controversiarum originally stems from Saint Augustine’s De nuptiis et concupiscentia, II, chap. 56 [= 2:33], ed. by P. Schaff, New York 1886, p. 306 (italics M. L.): “He asks: ‘How are infants guilty, for whom Christ died?’ We answer: Nay, how are infants not guilty, since Christ died for them? This dispute wants a judge to determine it. Let Christ be the Judge, and let Him tell us what is the object which has profited by His death? […] Let the apostle, too, be His assessor in the judgment; since even in the apostle it is Christ Himself that speaks”. 75 For Hobbes, see Leviathan, chap. XX, ed. R. Tuck, Cambridge, 1996, p. 139. For explicit references, see Locke: An Essay Concerning Human Understanding, ed. P. H. Nidditch, Oxford 1979, Bk. I, chap. iv, § 12, p. 91; Bk. IV, chap. xx, § 9, p. 712.
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in this sense in an early text called Commentatiuncula de judice controversiarum written around 1670–1671. Here, he defends the view that Holy Scripture is its own judge with regard to its meaning, but not with regard to the establishment of its authenticity and credibility, where one must also take recourse to the testimony of history and of reason, respectively76. In other texts however, the notion has a much broader application and refers to the authority, personified or not, which governs all kinds of controversies. Now, insofar as we consider the “judge” as an authority to rule or decide in general, we must in particular consider a text from 1677, where Leibniz defines the judge of controversies as “the one by whose verdict controversies are terminated”77. Leibniz here explains that “absolutely speaking, there is no judge of controversies except each one for himself. For nobody has the power to persuade someone else about anything”78. From the point of view of religion, such convictions can be explained by Leibniz’s Protestantism, which stresses the role of the individual consciousness over the ecclesiastical authority in relation to the interpretation of dogma. Leibniz’s position also appears quite close to someone like John Locke who considers the individual to be the ultimate judge of controversies in a similar fashion. Thus, in the Letter Concerning Toleration, Locke writes: “[…] the controversy between […] churches about the truth of their doctrines […] is on both sides equal; nor is there any judge, either at Constantinople, or elsewhere upon earth, by whose sentence it can be determined. The decision of that question belongs only to the Supreme Judge of all men […]”79.
For that reason, “nobody is obliged […] to yield obedience […] farther than he himself is persuaded. Every man, in that, has the supreme and absolute authority of judging for himself”80. It would be wrong, however, to assimilate Locke and Leibniz too strongly on this point, because Leibniz often means something unusual by the word “judge” – something quite far from the idea of a decision-maker, i. e. someone who rules or exercises a power of judgment. There is considerable textual support for this, but I
76 A VI, 1, 548–59. The text has recently appeared in English translation in The Art of Controversies, ed. by M. Dascal, chap. 2, pp. 7–28. Ursula Goldenbaum discusses the text in relation to Leibniz’s reading of Spinoza’s TTP in “Die Commentatiuncula de judice als Leibnizens erste philosophische Auseinandersetzung mit Spinoza nebst der Mitteilung über ein neuaufgefundenes Leibnizstück”, in: Labora Diligenter (= Studia Leibnitiana Sonderhefet 29), hrsg. von M. Fontius, H. Rudolph und G. Smith, Stuttgart, 1999, pp. 61–98. Maria Rosa Antognazza also analyses it in her Leibniz on the Trinity and the Incarnation, New Haven/London 2007, pp. 52–55. Finally, I discuss the text in some detail in my Leibniz lecteur de Spinoza, pp. 161–62, 175–76, 280–81, 302–41. 77 A VI, 4C, 2155, trans. in The Art of Controversies, ed. by M. Dascal, p. 56. 78 Ibid., 2156, trans. in The Art of Controversies, ed. by M. Dascal, p. 56. 79 J. Locke: “A Letter concerning Toleration”, in: Two Treatises of Government and A Letter Concerning Toleration, ed. by I. Shapiro, New Haven/London 2003, p. 225. 80 Ibid., p. 242.
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will limit myself to quote a short Leibniz text published in English translation by Marcelo Dascal under the title On the Dialogistic Art. Leibniz writes: “It is usual to write dialogues in such a way that the author favors one side. The truly philosophical dialogistic art would be to write so that both sides dispute with equal art, and that those things that a ferocious adversary could say be actually said. Thus, ultimately, the triumph of the dialogue would be the triumph of the cause. Indeed, it would then be like a colloquium and a judiciary conference of the litigating parties – the dialogue’s author acting, as it were, as a judge or, if you prefer, as president and moderator”81.
Leibniz is here speaking about fictive philosophical dialogues, a genre to which he often had recourse himself. He argues that, in order to be balanced, i. e. to provide a just representation of the positions in question, such dialogues should not ascribe the role of the judge to any of the fictive participants. The judge should be the author of the dialogue, that is to say, an instance situated, as it were, above the actual exchange. Moreover, the author should not take sides for any of the fictive participants, but only assume the role of a moderator or litigator whose task is not to appoint a “winner”, but rather to assure that all participants present their positions according to the rules prescribed by the proper form of controversy. Indeed, Leibniz contends, “the way of disputation or discussion is ineffective, as long as there is no judge or regulated form that the disputing parties are obliged to follow exactly”82. In short, by imposing constraining rules, the instance of the “moderator” assures that the dialogue does not degenerate into a “mingled dispute”83. If controversy is conducted in this way, Leibniz explains, “the nature of the dispute obliges people to speak moderately in spite of themselves”84. The role of the author-judge is thus assuring that the dialogue is conducted with moderation. There is of course much room for doubt whether Leibniz himself manages to live up to these recommendations of moderation in his own fictive dialogues, i. e. whether, as an author of dialogues, he assumes the role of a mere moderator. Following these standards, the Nouveaux essais sur l’entendement humain for example appears as a particularly unbalanced fictive dialogue85. Nonetheless, this conception of the judge of controversies as moderator gives a good indication of how we should understand Leibniz’s appeal to moderation in disputes. Next, we should recall how “moderation” for Leibniz is linked to the idea of not temerarily rejecting the point of view of the other, i. e. honoring the golden rule and the obligation to be charitable in controversy. This, combined with the conception of the judge as moderator, points towards the intriguing conclusion that, according to Leibniz, the first and most noble task of the judge of controversies is 81 LH IV 3, 5e 29, trans. in The Art of Controversies, ed. by M. Dascal, p. 72. 82 A I, 2, 11. 83 On such “mingled” disputes, see A VI, 2, 387–389, trans. in The Art of Controversies, ed. by M. Dascal, pp. 1–6. 84 Leibniz: Oeuvres, dir. par F. de Careil, vol. I, p. 83. I have discussed this curious formulation in more detail in Lærke: “The golden rule”, pp. 308–310. 85 On this, see the recent work by M. Parmentier: Leibniz – Locke. Une intrigue philosophique. Les Nouveaux essais sur l’entendement humain, Paris 2008.
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not to judge, is indeed never to judge, but only to assure that the rules of exchange are followed in such a way that the representatives of all the various points of view involved will be given equal opportunity to present their arguments. By construing the instance of the judge of controversies in this fashion, a normative element of constitutive inconclusiveness is inscribed in the exercise of moderate controversy. We here see what makes the difference between Locke and Leibniz on the question of the judge of controversies. If Locke suggests that we should all individually be the judge of controversies, Leibniz maintains that this might be true within the domain of the merely individual and subjective. With regard to the domain of the inter-subjective however, the judge of controversies is not exactly a judge, a decision-maker, but only a moderator or a litigator, that is to say, someone (or something, like a set of rules) who compels participants in controversy to constantly shift position in order to always take into account the perspective of the other, i. e. to be charitable (even in spite of themselves). Only in this way will controversy be conducted with moderation. Such non-judgment in controversy leads directly to “enlightened love of God”. How? Let us consider more closely Leibniz’s notion of an amour éclairé de Dieu. It is construed by opposition to the sincere, but confused love of God which characterizes a peasant who does not have the ability or leisure to explore the deeper meaning of religion: “It is true that religion and piety do not depend upon profound sciences, because they have to be within reach of the simplest people. But those to whom God has given the time and the means to know him better, and consequently to love him with a more enlightened love [un amour plus éclairé], should not neglect any occasion to do so […]”86.
Enlightened love of God, contrary to the peasant’s love of God, includes an effort to understand and know the nature and will of God in such a way that “zeal is accompanied by illumination”87. To know God or God’s will however does not for Leibniz consist in some definitive judgment about the meaning of the dogma contained in Holy Scripture. To know God consists in not neglecting any possible interpretation of the fundamental dogmas of faith: “I value what is good everywhere, and I am quite happy about this difference between ways of thinking and designs, which does that nothing is neglected, and that Gods honour is advanced in several manners”88.
86 Grua, 91. On the simple religion of peasants, see also A VI, 1, 551, trans. in The Art of Controversies, ed. by M. Dascal, p. 12; A VI, 3, 152–154, trans. ibid., p. 25–28. 87 GP VI, 27. See also A VI, 4, 2200. 88 A I, 5, 43. On the obligation of non-negligence, see also A I, 7, 330: “I hold that every man is obliged to an examination according to his capacity and his position in order not to be guilty of negligence”, and A I, 6, 119: “[…] the safest is not to neglect anything, and that true love even commands it. One must search for the true Church […] and carefully use all means of knowing the revealed will of God” (translated by M. L.).
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Thus, the conception of the judge of controversies as an inter-subjective moderator points to a type of dialogical exchange where the object under consideration is seen as having several possible meanings, depending on the perspective one has on it. Epistemologically speaking, it corresponds to Leibniz’s conviction that a plurality of possible interpretations can be given of a same truth, and in particular (although I suspect not exclusively) when this truth is of the revealed kind89. Leibniz indicates this when he, in some notes to Saint Augustine’s Confessions, indicates that moderation (moderatio) in relation to the question of the interpretation of religion – that is to say, the question of the judex controversiarum – consists in recognizing that the Sacred Scripture “contains several meanings at the same time” (multos simul sensus habere) and not to “reject the other temerarily” (non alterum temere rejiciat)90. Now, the active effort to elucidate all these “several meanings” is what it means for Leibniz not to be negligent and to love God in an enlightened way. Indeed, it is what it means to be an enlightened man. Consequently, as is clear, being “enlightened” is for Leibniz not linked to any “courage to judge” or “audacity of reasoning for oneself” as Kant would have it. Quite to the contrary, Enlightenment is intimately linked to an attitude of moderation which corresponds to a practice of non judgment in controversy. Indeed, we are lead to the exact conclusion that, for Leibniz, it is the lack of judgment that makes the enlightened mind.
89 For details on this original epistemology of revealed matters, see M. Lærke: “Entre l’enthousiasme et le naturalisme. Stratégies argumentatives dans la conceptualisation leibnizienne des mystères,” in: Les enjeux du rationalisme moderne. Descartes, Locke, Leibniz, dir. par T. Ben Guiza, Carthage 2008, pp. 313–26. See also Leibniz lecteur de Spinoza, pp. 159–177. 90 A VI, 4, 1687. Leibniz is annotating the following passage in part XII of the Confessions: “So, when one man has said: ‘He [i. e. Moses] meant the same as I’, and another: ‘No that but what I mean’, I think I can say in a more religious way: ‘Why not both, instead, if both are true? And, if there is a third, and a fourth, and any other truths that anyone sees in these words, why may it not be believed that he saw all these, and that, through him, the one God has tempered the sacred writings to the perceptions of many people, in which they will see things which are true and also different?’ // As for me (and I am saying this from my heart, without any fear), were I writing something aimed at the highest authority, I should prefer to write in such a way that each man could take whatever truth about these things my words suggested, rather than to put down one true opinion so plainly as to exclude other opinions, if there were no falsity in them to offend me” (Augustine: Confessions, trans. by V. J. Bourke, New York 1953, vol. III, p. 405; translation slightly modified). Leibniz describes the passage as “memorable” (A VI, 4B, 1687). I have been very intrigued about this passage in Saint Augustine who, at least in the seventeenth century, was generally associated with religious rigorism (in relation to Cornelius Jansen’s Augustinus and the Jansenist movement) if not with outright intolerance (in relation to Pierre Bayle’s Commentaire philosophique sur ces paroles de Jésus-Christ : Contrains-les d’entrer ; où l’on prouve par plusieurs raisons démonstratives qu’il n’y a rien de plus abominable que de faire des conversions par la contrainte, & l’on réfute tous les Sophismes des Convertisseurs à contrainte, & l’Apologie que S. Augustin a faite des persécutions, Cantorbery [= Amsterdam] 1686).
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VI. CONCLUSION For Leibniz, promoting enlightenment is to fight the lack of moderation which characterizes both philosophical and theological sects. As we have seen, immoderation mainly consists in self-glorification and precipitate judgment, i.e. the refusal to include the position of others in one’s own. Such refusal can also be construed as laziness and negligence of aspects of the truth, namely of the aspects which become visible from the point of view of the other. Therefore, Leibniz not only speaks of the sectarians’ lack of moderation in terms of “abuse” (abus), “outrage” (outrance) and “contempt” (mépris), but also in terms of “negligence” (négligence) and “laziness” (paresse)91. It is not difficult to see how the Kantian ideal of audacity, construed as the affirmation of the individual will to judgment, risk falling prey to such lack of moderation. Whereas the intellectual ideal leading from Spinoza’s libertas philosophandi to Kant’s sapere aude promotes the individual’s capacity and freedom to judge for himself, Leibniz’s moderatio disputandi prescribes a constant effort not to be judgmental of others, i. e. a collective practice of non-judgment. It is like a confrontation between Saint Paul and the Apostle Matthew. Paul writes in the First Letter to the Corinthians: “I speak to you as wise men; judge for yourselves about what I have said” (1 Cor 10:15). This is also what Spinoza and Kant recommend. Matthew, on the contrary, warns us: “Judge not that ye be not judged” (Matthew 7:1). Nothing would be more emblematic of Leibniz’s appeal to moderation and charity in controversy than this recommendation. As already hinted at in the introduction, the background for this confrontation between intellectual attitudes is ultimately political. Behind the difference between the “audacious” and the “moderate” attitude we find the confrontation between two fundamental political ideals, liberty or peace; autonomy or security. Contrary to Kant, who was primarily concerned with the promotion of individual rights in the modern sense, Leibniz, a Post-Reformation thinker par excellence, was mainly concerned with assuring the security and peace of the state, the coherence and harmony
91 On this, see also Lærke: “Leibniz et le libertinage. Quatre fonctions théoriques”, pp. 283– 284. It is interesting that Kant, in a similar fashion, speaks of both “cowardice” (Feigheit) and “laziness” (Faulheit) in the same breath (cf. “What is Enlightenment?”, p. 54; Kants Werke, Akademie-Textausgabe, VIII, p. 35). The denunciation of the “lazy reason” (logon aergon) is something that Leibniz and Kant have in common, mainly because of their shared Lutheran background I suspect, on account of the Protestant ideal of labora diligenter. Leibniz writes: “[…] the safest is not to neglect anything, and that true love even commands it. One must search for the true Church […] and carefully use all means of knowing the revealed will of God” (A I, 6, 119). Philosophical and theological “laziness” and “negligence” is often associated with both enthusiasm and libertinism, as the two extreme consequences of a similar unwillingness to engage in the arduous task of interpreting the will of God as revealed in the Scripture.
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of society considered as a whole, and much less so with individual freedom92. For, as Leibniz reminds us in “De vita beata. Von Glückseeligkeit” of 1676: “Even though we all differ from each other, we must nevertheless take heed that no man can subsist by himself”93.
92 Dutens VI, 268: “It is with great reason that, all over Europe, people think about the improvement of mores, and I think that presently we should fear more what may come from libertinism than what may be contrary to freedom”. 93 A VI, 3, 648: “Obzwar ein ieder unter uns der Person nach von dem andern unterschieden, so sollen wir dennoch gedencken, daß kein Mensch durch sich selbst allein bestehen könne, und uns betrachten nicht allein als einen theil von alle dem das erschaffen ist, sondern auch in sonderheit des jenigen so diesem erdboden angehört, nehmlich der Politie, gesellschafft und geschlecht, deren wir durch behausung, verwandschafft oder andere gemeinschafft verbunden”.
EINLEITENDE BEMERKUNGEN ZUM ÖKUMENIKER LEIBNIZ IN DER SICHT DES 19. UND 20. JAHRHUNDERTS Ulrich Becker (Hannover) Aus meiner früheren Tätigkeit im Stab des Ökumenischen Rates der Kirchen in Genf1 heraus, einer kirchlichen Institution, die sich als Speerspitze der ökumenischen Bewegung versteht und die sich des Zusammenwachsens der Kirchen in besonderer Weise verpflichtet weiß, seien mir im Folgenden einige einleitende Bemerkungen zu dem Abschnitt „Der Ökumeniker Leibniz in der Sicht des 19. und 20. Jahrhunderts“ erlaubt. Man sollte meinen, die Genfer Institution habe das Leibnizsche ökumenische Erbe, um das es in diesem Band geht, angetreten und lebe davon und damit. Es gibt Äußerungen, die eine solche Vermutung sehr nahe legen, etwa der Hinweis von Gerda Utermöhlen: „Mit der Vorstellung der Ökumene als vielgestaltiger Einheit, mit seinem – wie wir heute sagen würden – pluralistischen Kirchenbegriff ist Leibniz […] zu einem anerkannten Vorläufer der ökumenischen Bewegung geworden. Der Kirchenbegriff, der im letzten Vatikanischen Konzil entwickelt wurde, stellt immerhin eine vorsichtige Annäherung dar“2.
Und Rolf Wernstedt, der Präsident der Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Gesellschaft, bemerkte vor ein paar Jahren: „Die kirchenpolitische Formel von Leibnizens grundsätzlicher Auffassung über das Verhältnis von Verschiedenheit und Einheit ist erst in den letzten Jahrzehnten gefunden worden. Es ist die Formel von der ‚Einheit in versöhnter Verschiedenheit‘. Sie ermöglicht eine Vielzahl von ökumenischen Aktivitäten, ohne die Einheitsfrage grundsätzlich klären zu können oder zu wollen“3.
Aus solchen und ähnlichen Äußerungen könnte man die Vermutung ableiten, die geduldige ökumenisch-theologische Arbeit, wie sie vor allem in den letzten drei, vier Generationen geleistet worden ist und deren Anfänge sich bis ins 19. Jahrhundert zurückverfolgen lassen, habe an Leibniz als einem anerkannten „Vorläufer 1
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Anmerkung der Herausgeber: Der Verfasser leitete von 1977–1985 die Erziehungsabteilung des Ökumenischen Rates und war in dieser Zeit von seinen Lehrverpflichungen als Professor für Evangelische Theologie und Religionspädagogik an der Universität Hannover entbunden. G. Utermöhlen: „Die Ökumenizität der ‚besten Welt‘“; in: Gottfried Wilhelm Leibniz. Le Meilleur des Mondes (= Studia Leibnitiana Sonderhefte 21), hrsg. von A. Heinekamp und A. Robinet, Stuttgart 1992, S. 65–74, hier S. 74. R. Wernstedt am 12. November 2004 bei der Ansprache zu Leibniz’ 288. Todestag aus Anlass der Kranzniederlegung am Grab in der Neustädter Hof- und Stadtkirche in Hannover, in R. Wernstedt: Leibniz in der Gegenwart. Beiträge zu Aktualisierungspotentialen Leibnizschen Denkens, Hannover 2010, S. 1–5, hier S. 3.
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der ökumenischen Bewegung“, wie ihn Gerda Utermöhlen genannt hat, angeknüpft und seine Gedanken und Vorschläge zur Überwindung der Kirchenspaltung, um nicht zu sagen, seine ökumenische Theologie aufgenommen und fortgeführt. Blickt man auf die in der ökumenischen Bewegung geleistete theologische Arbeit der vergangenen hundert Jahre, so kann davon allerdings keine Rede sein. Weder in den immer wieder neu einsetzenden Diskussionen um die Einheit der Kirche und ihre vollere Gemeinschaft und in den schier endlosen Bemühungen, die ekklesiologischen Differenzen zu überwinden, noch in dem neueren intensiven Ringen, das christliche Selbstverständnis gegenüber den anderen Religionen neu zu bestimmen, taucht sein Name auf. Wenn Leibniz in der ökumenischen Bewegung rezipiert worden ist, dann in seiner kirchengeschichtlichen Bedeutung als ein in der Zeit der christlich bestimmten Aufklärung bedeutsamer Vertreter einer „Ökumene der geistigen Selbstbesinnung und Welterfassung“ – wie etwa in der umfassenden Darstellung der Geschichte der Ökumenischen Bewegung zwischen 1517 und 1948. Seine systematisch-theologischen Anstöße (dazu zählt auch seine erarbeitete und praktizierte ökumenische Methode) sind – das haben alle bisherigen Recherchen ergeben – nicht rezipiert worden. So lässt sich aus der Perspektive einer ökumenischen Theologie protestantischer Provenienz durchaus das Urteil bestätigen, das Erhard Holze in seiner 1991 veröffentlichten Leibniz-Dissertation generell im Blick auf die theologische Leibniz-Rezeption gefällt hat: „Leibniz’ Reunionsverhandlungen, seine wichtige[n] Bemühungen um das ökumenische Gespräch zwischen Protestanten und Katholiken und um innerprotestantische Union, seine Verteidigung des christlichen Glaubens gegen Atheismus und Häresien, seine Bemühungen um Aussöhnung zwischen Theologie und moderner Naturwissenschaft, sein theologisches Denken, das sich in diesem reunionspolitischen Wirken, aber auch in seiner Theodizee und den anderen zahlreichen Schriften […] niedergeschlagen hat – all das ist aber bisher von der theologischen Wissenschaft hinsichtlich der kirchengeschichtlichen Bedeutung nur wenig gewürdigt worden, noch weniger allerdings hinsichtlich der systematisch-theologischen Bedeutung. Obwohl die mehr oder weniger ausführlichen Rezeptionen und Erwähnungen bei Lessing, Herder, Kant, Schleiermacher, Hegel, Feuerbach und Tholuck, im 20. Jahrhundert bei Troeltsch, Barth, Lilje, Ratschow und vielen anderen ein beachtliches Stück Wirkungsgeschichte darstellen, ist der Theologe Leibniz unbekannt und hat bis zum heutigen Tage noch keinen festen Platz in der Theologiegeschichte“4.
Sein Resümee lautet: „So ist es ein Kennzeichen der Leibniz-Rezeption, dass sie bislang in der Theologie nur sehr spärlich und in Deutschland noch weniger als in Frankreich betrieben wurde, dass aber von
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E. Holze: Gott als Grund der Welt im Denken des Gottfried Wilhelm Leibniz (= Studia leibnitiana Sonderhefte 20), Stuttgart 1991, S. 18. – Vgl. dazu die bei ihm (S. 24) wiedergegebene ‚spärliche Bilanz’ von W. Sparn: “Dieses [erg. nach dem Ende des 2. Weltkriegs] erneuerte philosophische Interesse auch an der Theologie Leibniz’ […] hat in der zünftigen Theologie jedoch noch kaum Widerhall gefunden“ (W. Sparn: „Das Bekenntnis des Philosophen. Gottfried Wilhelm Leibniz als Philosoph und Theologe“, in: Neue Zeitschrift für Systematische Theologie und Religionsphilosophie 28 [1986], S. 141).
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philosophischer Seite aus immer wieder auf die religiöse und theologische Dimension von Leibniz’ Denken hingewiesen wird“5.
Sucht man nach den Gründen für diese Fehlanzeige, so könnte man darauf verweisen, dass erst seit wenigen Jahren Briefe und Gutachten von Leibniz zur Verfügung stehen, die etwa seine ökumenische Methode deutlicher erkennen lassen. Aber eine solche Beobachtung reicht bei weitem nicht aus. Vielmehr ist es nötig, in diesem Zusammenhang an das Urteil Karl Barths zu erinnern, das er in seiner Protestantischen Theologie des 19. Jahrhunderts über Leibniz gefällt hat. Unter der Überschrift „Der Mensch im 18. Jahrhundert“ heißt es dort: „Die reinste, die sozusagen verklärte Gestalt, zu der dieser neue Humanismus schon in der Frühzeit des 18.Jahrhunderts sich erhoben hat, ist die Persönlichkeit und die Philosophie des Gottfried Wilhelm Leibniz“6.
Barth preist sie, diese Persönlichkeit und ihre Philosophie, in hohen Tönen – finden sich doch hier „die Fülle und doch auch die Gleichartigkeit der Tendenzen dieser Zeit gleichsam mikroskopisch dargestellt, wenn man nicht lieber sagen will, dass er im Großen und Ganzen das gewesen ist, was fast alle seine Zeitgenossen nur im Kleinen und Einzelnen zu sein vermochten“.
Doch dann folgen die Einwände: „In seiner philosophischen Lehre aber, die er als echtester Philosoph dieser Zeit nie in Form eines Systems, sondern immer nur in rasch und sicher hingeworfenen Teilkundgebungen in aktueller Auseinandersetzung jetzt mit diesem, jetzt mit jenem Zeitgenossen oder gar, wie die Theodizee auf persönlichen Wunsch einer geistig bewegten Frau […] zu erkennen gegeben hat – in dieser seiner philosophischen Lehre hat er in Gedankengängen von hoher Originalität und einem ganz eigenartigen Glanz zugleich aufs schönste gezeigt, welches eben das Ideal der innersten Lebenshaltung dieser Zeit gewesen ist“.
Und danach rechnet er in einer Reihe von Fragesätzen mit Leibniz, dem Humanisten, ab, wobei hier nur noch der letzte zitiert sei: „Und darf man nicht fragen, ob das Alles nicht edelste Stoa ist, edler, als sie im alten Griechenland und Rom je existiert hat, aber Stoa, Triumph des Humanismus, der alle Fragen selber zu beantworten weiß und eine an ihn gerichtete Frage nicht zu kennen scheint“7?
Wo der Graben zwischen Vernunft und Glaube so tief aufgerissen wird, bleibt kein Raum für Leibniz. So verzichtete eine ökumenische Theologie in ihrer Suche nach der Einheit der Kirche nicht nur auf eine umfassende philosophische Weltsicht Leibnizscher Prägung, sondern sie nahm auch alle anderen möglichen Anknüpfungspunkte für eine ökumenische Verständigung, wie sie Leibniz bietet, nicht wahr8.
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Ebd., S. 22. K. Barth: Die protestantische Theologie im 19. Jahrhundert, Berlin ³1961, S. 57–59. Ebd., S. 59. Vgl. dazu auch den Beitrag von K. Raiser in diesem Band.
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Sich aus theologischer Sicht heute Leibniz’ Ökumenismus erneut zuzuwenden, muss deshalb auch heißen, die Frage nach dem Verhältnis von Vernunft und Glaube neu anzugehen und sie anders zu beantworten, als das in einer langen Tradition der deutschen protestantischen Theologie geschehen ist. Hat Benedikt XVI. dazu einen Weg gewiesen, als er in seiner Regensburger Rede (2006) der Vernunft eine Rolle zur Legitimierung des Glaubens zuerkannte, „wie das Leibniz nicht anders getan hätte“9? Zugleich identifizieren die Beiträge dieses Bandes wie schon die Diskussionen auf dem Berliner Symposium 2009 eine Reihe anderer wichtiger Aktualitätsgehalte des Leibnizschen ökumenischen Denkens und seiner ökumenischen Praxis, an die anzuknüpfen und die aufzugreifen sich für alle gegenwärtigen Bemühungen um die Ökumene als hilfreich erweisen könnte. Dazu zählen: – – – – – –
die Ausrichtung des Leibnizschen Denkens an einem weltweiten Verständnis von Ökumene sein Verständnis von Kirche als ecclesia universalis mit ihren Teilkirchen seine Suche nach der Einheit in der Vielfalt bzw. der Einheit in versöhnter Verschiedenheit die Forderung nach dem einen ökumenischen Konzil um des Friedens willen die Öffnung auf eine Ökumene der Religionen hin (interreligiöser Dialog) die Arbeit an einer ökumenischen Methode, getragen von der uneigennützigen Liebe, dem herrschaftsfreien Dialog, dem vernunftgeleiteten Denken und einem reflektierten Theorie-Praxis-Verhältnis.
Dies sind Feststellungen, die, aus protestantischer Sicht vorgetragen, auf ihre Relevanz im heutigen ökumenischen Diskurs geprüft und die nicht zuletzt daraufhin befragt werden müssen, wie weit sie auch von der katholischen Theologie und einer in deren theologischer Tradition entwickelten ökumenischen Theologie akzeptiert werden können. Gilt für letztere weiterhin das Urteil, wie man es bei Paul Eisenkopf in dessen 1975 abgeschlossenen Dissertation über Leibniz und die Einigung der Christenheit. Überlegungen zur Reunion der evangelischen und katholischen Kirche nachlesen kann: Die „Reunionsbemühungen von Leibniz, vor allem sein Briefwechsel mit Bossuet, [haben] wohl stets Beachtung gefunden, doch sind ausführliche Darlegungen darüber nicht häufig“10?
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Vgl. dazu H. Rudolph: „Leibniz, die Religion und die Ökumene“, in: Postsäkular? – Religion im Zusammenhang gesellschaftlicher Transformationsprozesse (= Religion im kulturellen Kontext 1), hrsg. von F. Johannsen, Stuttgart 2010, S. 175–191, hier S. 189–190. 10 P. Eisenkopf: Leibniz und die Einigung der Christenheit. Überlegungen zur Reunion der evangelischen und katholischen Kirche (= Beiträge zur ökumenischen Theologie 11), München/Paderborn/Wien 1975, S. 21.
DER REKURS AUF LEIBNIZ IN DER KATHOLISCHEN THEOLOGIE DES 19. JAHRHUNDERTS Klaus Unterburger (Regensburg) In der Rezeption und kritischen Auseinandersetzung mit Leibniz’ theologischer Position bündeln sich zentrale Entwicklungslinien und Tendenzen der deutschsprachigen katholischen Theologie des 19. Jahrhunderts. Dabei entstanden forschungsgeschichtliche Meilensteine in der Analyse und Darstellung der Leibniz’schen Theologie. Es wird zu zeigen sein, wie die jeweilige Stellungnahme zu Leibniz in Fragen der Theologie und der Ökumene grundlegend von methodischen, philosophischen und historischen Prämissen geprägt ist, bzw. mit diesen in Wechselwirkung steht. Christian Wolff (1679–1754) hatte nach dem ablehnenden Gutachten der Tübinger theologischen Fakultät von 1725 erklärt, die praestabilierte Harmonie des Leibniz werde von den Katholiken viel freundlicher aufgenommen als von der eigenen Konfession1. Die Rezeptionsgeschichte hat dieses Dictum ein Stück weit bestätigt. Diese soll im Folgenden anhand von vier einschneidenden Stationen der geistigen Auseinandersetzung in ihren zentralen Entwicklungslinien und hermeneutischen Implikationen nachgezeichnet werden. I. DIE LEIBNIZREZEPTION IN DER THEOLOGIE DER KATHOLISCHEN AUFKLÄRUNG Auch die katholische Theologie hat im Laufe des 18. Jahrhunderts bedeutende Transformationsprozesse durchlaufen. Drei weitgehend gemeinsame Faktoren
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Vgl. E. Winter: Frühaufklärung. Der Kampf gegen den Konfessionalismus in Mittel- und Osteuropa und die deutsch-slawische Bewegung (= Beiträge zur Geschichte des religiösen und wissenschaftlichen Denkens 6), Berlin 1966, S. 99: „Somit begann in einer Zeit, in der im protestantischen Deutschland das Ansehen Wolffs bereits zurückging, der Siegeszug der Wolffschen Philosophie im katholischen Deutschland. Wolff hatte recht behalten, als er in der Entgegnung auf das ablehnende Gutachten der Tübinger Evangelisch-theologischen Fakultät 1725 auf die wohlwollende Aufnahme und Zustimmung hinwies, die die prästabilierte Harmonie von Leibniz, die in protestantischen Kreisen Ärgernis erregt hatte, bei Katholiken, wie Malebranche und Lamy, gefunden habe; selbst in den Mémoires de Trévoux, der Zeitschrift der französischen Jesuiten, habe die prästabilierte Harmonie Anerkennung gefunden“.
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erlauben es, diese Strömung in ihren Anfängen als katholische Frühaufklärung und für die Zeit ab etwa 1760 als katholische Aufklärung2 zu bezeichnen: I.
Kennzeichnend war zunächst das Vertrauen, dass durch die konsequente Anwendung der Vernunft, also der begründenden philosophischen Methode, nicht nur alte theologische Streitfragen und Schwierigkeiten sich lösen ließen, sondern dass es auf diesem Wege auch zu einer Verwesentlichung der Christentums komme, zu einer Erkenntnis seines eigentlichen essentiellen Kerns. Die Philosophie sollte so zu einer Rationalisierung, Verinnerlichung und Ethisierung der Religion beitragen3. II. Zudem ließen die Fortschritte in der Anwendung der historischen Methode geschichtliche Entwicklungen als Entfernung vom Ursprung sichtbar werden. Das „Olim non erat sic“ der katholischen Aufklärungstheologie förderte so mit seinem Postulat nach einer Reform aus den einfachen Ursprüngen ebenfalls eine Verwesentlichung und Verinnerlichung der Theologie4. III. Eine solche philosophische und historische Verwesentlichung musste zu einer Annäherung der Konfessionen führen, indem man versuchte, durch die philosophische und historische Vernunft Kontroversfragen als unwesentlich auszuscheiden oder rational einer Lösung zuzuführen5. Großes Vertrauen setzte man hierbei in das vorurteilsfreie Gespräch, gerade auch um eine gemeinsame Abwehrfront gegen radikale christentumsfeindliche Strömungen der Aufklärung zu gewinnen6. 2
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Zum Begriff ‚katholische Aufklärung‘, der zu Recht originär katholische, kirchenreformerische Wurzeln der Aufklärung in den katholischen Territorien impliziert, vgl. H. Maier: „Die Katholiken und die Aufklärung. Ein Gang durch die Forschungsgeschichte“, in: Katholische Aufklärung – Aufklärung im katholischen Deutschland (= Studien zum Achtzehnten Jahrhundert 15), hrsg. von H. Klueting, Hamburg 1993, S. 40–53. Ph. Schäfer: „Die Grundlagen der Aufklärung in katholischen Beurteilungen der Aufklärung“, in: Katholische Aufklärung, hrsg. von H. Klueting, S. 54–66; ders.: „Die Einheit der Kirche in der katholischen Theologie der Aufklärungszeit“, in: Zwischen Polemik und Irenik. Untersuchungen zum Verhältnis der Konfessionen im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert (= Studien zur Theologie und Geistesgeschichte des Neunzehnten Jahrhunderts 31), hrsg. von G. Schwaiger, Göttingen 1977, S. 29–47, v. a. S. 31–38. Ch. Spehr: Aufklärung und Ökumene. Reunionsversuche zwischen Katholiken und Protestanten im deutschsprachigen Raum des späteren 18. Jahrhunderts (= Beiträge zur historischen Theologie 132), Tübingen 2005, S. 413–414. Vgl ebd., S. 411: „So schuf[en] die Toleranzpolitik auf der einen Seite und die aufklärungstheologische Reduktion kontroverstheologischer Lehren zugunsten einer Simplifizierung und Konzentration auf das Wesentliche des christlichen Glaubens auf der anderen Seite ein irenisches Klima, in dem neue ökumenische Bestrebungen gedeihen konnten“. H. Raab: „‚Ad reuniendos dissidentes‘. Zur Geschichte der kirchlichen Reunionsbestrebungen im ausgehenden 18. und im beginnenden 19. Jahrhundert“, in: ders.: Reich und Kirche in der frühen Neuzeit: Jansenismus – Kirchliche Reunionsversuche – Reichskirche im 18. Jahrhundert – Säkularisation – Kirchengeschichte im Schlagwort. Ausgewählte Aufsätze (= Freiburger Veröffentlichungen aus dem Gebiete von Kirche und Staat 28), Freiburg/Schweiz 1989, S. 51–70, hier S. 53–54; G. Hornig: „Das Abflauen der konfessionellen Polemik in der protestantischen
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Alle drei Grundtendenzen, die philosophische und die historische Verwesentlichung und die ökumenische Annäherung, waren für die katholische Theologie engstens miteinander zusammenhängend und mit dem Namen Leibniz verbunden. Hinzu kamen die wesentlich durch Leibniz angeregten Bemühungen um Gründungen von Gelehrtenakademien. Leibniz’ philosophisches Gedankengut wurde dabei primär durch die Werke Christian Wolffs vermittelt7, was bekanntlich auch Modifikation und Verfremdung bedeutete8. Doch teilte Wolff die genannten drei Grundtendenzen mit Leibniz und der katholischen Reformtheologie: Zudem waren die Erinnerung an Leibniz’ Reunionsgespräche im katholischen Deutschland fortwährend präsent geblieben, ebenso zentrale Motive seines Philosophierens, so seine Metaphysik der Substanz und die prästabilierte Harmonie, seine Position in der Theodizeefrage und auch sein methodologisch-metaphysisches Prinzip des zureichenden Grundes9. Die Theologie in Deutschland war zu dieser Zeit wesentlich durch die großen kirchlichen Orden geprägt. Einen wesentlichen Anteil an der Öffnung zur neuen Philosophie und Theologie hatten hier die Augustinereremiten, dabei angeregt durch das römische Ordensgeneralat. Augustinereremeiten wie Agnellus Kändler (1692–1745) und Gelasius Hieber (1671–1731) waren maßgebend an der bayerischen Akademiebewegung beteiligt, auch wenn diese später als „Loge der Wolffianer“ verschriene Akademie dann erst 1759 zustande kam10. In Österreich hatte der Augustinereremit Xystus Schier (1728–1772) nicht nur eine gelehrte, ungemein produktive historische Gesellschaft gegründet; er verfasste auch eine Geschichte der Reunionsverhandlungen Leibniz’ mit Bossuet, die dann freilich ungedruckt blieb11. Zur bayerischen Akademiebewegung zählte auch der Pollinger Augustinerchorherr Eusebius Amort (1692–1775), ein universaler, in der Philosophie bewusst eklektizistischer Gelehrter, der in seiner Philosophia Pollingiana um 1730 einen Mittelweg bestritt zwischen der modernen Philosophie und dem
Aufklärungstheologie des 18. Jahrhunderts“, in: Irenik und Antikonfessionalismus im 17. und 18. Jahrhundert (= Hildesheimer Forschungen 2), hrsg. von H. Klueting, Hildesheim/Zürich/ New York 2003, S. 177–192. 7 Vgl. Winter: Frühaufklärung, S. 96: „Leibniz wiederum hat dann direkt und noch mehr indirekt, über Chr. Wolff, sehr anregend auf das katholische Denken im 18. Jahrhundert gewirkt. Die katholische Aufklärung wäre ohne diese Anregungen schwer denkbar“. Zum Ganzen B. Bianco: „Wolffianismus und katholische Aufklärung. Storchenaus’ Lehre vom Menschen“, in: Katholische Aufklärung, hrsg. von H. Klueting, S. 67–103. 8 H. Poser: „‚Da ich wider Vermuthen gantz natürlich auf die vorher bestimmte Harmonie des Herrn von Leibnitz geführet ward, so habe ich dieselbe beybehalten‘. Christian Wolffs Rezeption der prästabilierten Harmonie“, in: Leibnizbilder im 18. und 19. Jahrhundert (= Studia Leibnitiana Sonderhefte 33), hrsg. von A. Lewendoski, Stuttgart 2004, S. 49–64. 9 Winter: Frühaufklärung; Bianco: Wolffianismus; R. Haaß: Die geistige Haltung der katholischen Universitäten im 18. Jahrhundert. Ein Beitrag zur Geschichte der Aufklärung, Freiburg 1952. 10 Winter: Frühaufklärung, S. 99. 11 Ebd., S. 146.
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traditionellen scholastischen Aristotelismus12. Und wiederum ist charakteristisch, dass sich Amort auch intensiv mit einer möglichen Reunion mit den Protestanten auseinandersetzte. So studierte er das für Leibniz zentrale Problem der Ökumenizität des Konzils von Trient. Von Kardinal Antonio Andrea Galli (1697–1767) in Rom wollte er nähere Auskunft über die Frage, ob Frankreich die ersten beiden Sitzungsperioden des Konzils unterzeichnete habe, da er im negativen Fall auf den Spuren Leibniz’ bedeutende Aussichten für eine Reunion zu erkennen glaubte13. Auch die Klöster der Benediktiner und die Salzburger Benediktineruniversität wurden im 18. Jahrhundert vielfacher Ausgangspunkt für eine Rezeption von Leibniz und Wolff. Dort führte der spätere Ensdorfer Abt Anselm Desing (1699– 1772) durch eine Reform der Studienordnung die neue Philosophie ein14; der Benediktiner Berthold Vogel (1708–1772) las in der Folge die Philosophia scholastica im Anschluss an Leibniz15. In München war der aufgeklärte Theatiner Ferdinand Sterzinger (1721–1786) ein wichtiger Vertreter dieses Gedankenguts 16. Seit etwa 1740 gab es auch im Jesuitenorden eine nicht unbedeutende Strömung, die die Gedanken von Leibniz und Wolff rezipierte. Der Jesuit Joseph Stepling (1716–1778) lehrte als Philosoph an der Prager Universität Mathematik, Naturwissenschaften und Philosophie. Er stand seit 1743 in brieflichem Kontakt zu Wolff, mit dem er nicht nur mathematische, physikalische und philosophische Probleme erörterte, sondern sich auch um eine ökumenische Annäherung bemühte; er war ein wichtiger Vermittler von dessen Philosophie nach Osteuropa17. Entscheidende Bedeutung kam unter den Jesuiten aber vor allem Benedikt Stattler (1728–1797) in Ingolstadt zu, der sich offensiv zu Leibniz und Wolff bekannte und zentrale philosophische Thesen von beiden übernahm, der darüber hinaus zugleich in irenisch-ökumenischen Werken für eine Annäherung der Konfessionen arbeitete18. Stattler hatte für die Geschichte des katholischen Denkens eine enorme Bedeutung; sein Anti-Kant19 bestimmte über Jahrzehnte wesentlich die 12 K. Precht-Nußbaum: Zwischen Augsburg und Rom. Der Pollinger Augustiner-Chorherr Eusebius Amort (1692–1775). Ein bedeutender Repräsentant katholischer Aufklärung in Bayern (= Publikationen der Akademie der Augustiner-Chorherren von Windesheim 7), Paring 2007, hier v. a. S. 630–638. 13 Ebd., S. 459–460. 14 Winter: Frühaufklärung, S. 101. 15 Ebd. – Später war Vogel Rektor der Universität Wien. In der Folge wurde auch hier die traditionelle Philosophie durch einen eklektischen Kursus ersetzt, der stark an Wolff orientiert war. Auch wurde das Theologiestudium stärker historisch-positiv ausgerichtet. Ebd., S. 143. 16 Precht-Nußbaum, S. 633–634. 17 Vgl. Winter: Frühaufklärung, S. 181–186, 250–251; ders.: Der Josephinismus und seine Geschichte. Beiträge zur Geistesgeschichte Österreichs 1740–1848 (= Prager Studien und Dokumente zur Geistes- und Gesinnungsgeschichte Ostmitteleuropas 1), Brünn/München/Wien 1943, S. 67–76. 18 Vgl. F. Scholz: Benedikt Stattler und die Grundzüge seiner Sittlichkeitslehre unter besonderer Berücksichtigung der Doktrin von der philosophischen Sünde, Freiburg 1957, besonders S. 34– 83. 19 Benedikt Stattler: Anti-Kant, 3 Bände, München 1788.
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kritische Ablehnung der Kant’schen Philosophie durch die allermeisten der katholischen Theologen, nachdem es vorher durchaus erste Rezeptionsprozesse gegeben hatte20. Stattler war auch der Lehrer Johann Michael Sailers (1751–1832), der anfangs auch denkerisch stark von ihm geprägt war und der als Priesterbildner mit seinem christozentrisch und mystisch-verinnerlichten irenischen Christentum einer ganzen Generation süddeutscher katholischer Geistlicher theologischer und spiritueller Lehrer war21. Auch im 19. Jahrhundert übte Leibniz als Metaphysiker noch mitunter eine starke Wirkung auf katholische Denker aus, jedenfalls wo Impulse der Aufklärung weiterwirkten, man kritisch gegenüber Kant war und zeitlich vor dem Erstarken der Neuscholastik; prominentes Beispiel ist hier Bernhard Bolzano (1781–1848), der mitunter sogar als der „böhmische Leibniz“ bezeichnet wurde und der sich zeit seines Lebens intensiv mit Leibniz auseinandersetzte, ohne in allen Punkten mit ihm übereinzustimmen22. In diese Strömung der nach philosophischer und historischer Vertiefung und nach ökumenischer Annäherung strebenden katholischen Aufklärung ist auch als späte Frucht noch das Werk des Oberpfälzer Michelsfelder Benediktinerabtes Maximilian Prechtl (1757–1832) einzureihen23. Dieser hatte bei den Jesuiten in Amberg studiert, war aber nach deren Aufhebung bei den Benediktinern eingetreten und lehrte am Amberger Lyzeum Dogmatik und Kirchengeschichte, bis er Anfang 1800 zum Abt seines Heimatklosters gewählt wurde. Nach der nie ganz verwundenen Säkularisation forschte er als Privatgelehrter zur Geschichte seines Heimatklosters und bemühte sich um eine konfessionelle Annäherung. Gegenseitige Aufklärung und vorurteilslose Vernunftprüfung lasse eine Reunion als möglich erscheinen. Auch wenn sich kaum ein Protestant auf Prechtls doch stark katholisch geprägten Vermittlungsplan wird einlassen können, die Verbindung von irenisch-ökumenischer Hoffnung und optimistischer Handhabe der historischen
20 Vgl. W. Heizmann: Kants Kritik spekulativer Theologie und Begriff moralischen Vernunftglaubens im katholischen Denken der späten Aufklärung. Ein religionsphilosophischer Versuch (= Studien zur Theologie und Geistesgeschichte des Neunzehnten Jahrhunderts 21), Göttingen 1976, v. a. S. 26–32, 96–98; Ch. Göbel: „Kants Gift. Wie die Kritik der reinen Vernunft auf den Index Librorum Prohibitorum kam“, in: Kant und der Katholizismus. Stationen einer wechselhaften Geschichte, hrsg. von N. Fischer, Freiburg 2005, S. 91–137. 21 Vgl. F. W. Kantzenbach: Johann Michael Sailer und der ökumenische Gedanke (= Einzelarbeiten aus der Kirchengeschichte Bayerns 29), Nürnberg 1955, S. 20–23; F. X. Haimerl: „Die irenische Beeinflussung Johann Michael Sailers durch Benedikt Stattler“, in: Dillingen und Schwaben. Festschrift zur Vierhundertjahrfeier der Universität Dillingen an der Donau 1949 (= Jahrbuch des Historischen Vereins Dillingen 52), hrsg. von der philosophischtheologischen Hochschule Dillingen an der Donau, Dillingen 1949, S. 78–94. 22 E. Winkler: Leben und geistige Entwicklung des Sozialethikers und Mathematikers Bernard Bolzano 1781–1848 (= Hallische Monographie 14), Halle 1949, v. a. S. 33, 39–40, 76–78. 23 G. Ph. Wolf: „Maximilan Prechtl (1757–1832) – letzter Abt des Benediktinerklosters Michelfeld in der Oberpfalz“, in: Zeitschrift für Bayerische Kirchengeschichte 68 (1999), S. 77–123.
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und philosophischen Vernunftprüfung bleibt für die katholische Aufklärung in der Abwehr radikaler antichristlicher Strömungen charakteristisch24. 1815 ließ Prechtl ein weiteres Werk in ökumenischer Absicht erscheinen: Friedens-Benehmen zwischen Bossuet, Leibnitz und Molan für die Wiedervereinigung der Katholiken und Protestanten. Geschichtlich und kritisch beurteilt25. Neben den genannten Motiven klingt bereits in der Vorrede ein weiterer im 19. Jahrhundert immer wichtiger werdender Grund für die Erörterung der ökumenischen Pläne um Leibniz an: Die Hoffnung auf eine Stärkung des deutschen Vaterlandes durch eine religiöse Wiedervereinigung und im Kampf gegen den „ReligionsIndifferentismus“26. Dem deutschen Leser wollte er dadurch vor Augen führen27: „Wer die Augen nicht geflissentlich schließt, muß daraus folgern, wie leicht die Trennung der Katholiken und Protestanten zu heben sey, wenn Mißverstand beseitigt wird. Das Eingreifen der Politik, oder des kleinlichen Eigennutzes mag sich manchmal gegen die Wiedervereinigung sträuben; aber die Aufdeckung so eines fremdartigen Hindernisses verscheucht den Trug, welcher unter dem Schleyer der Religion gespielt wird: der eigentliche Grund des Sektenhasses wird untergraben; mit den religiösen Begriffen nähern sich die Herzen, und der Gemeinsinn scheitert nicht mehr an der Schwelle des Heiligtums“28.
Seiner eigenen, katholischen Positionierung entsprach dabei Prechtls Parteinahme für Bossuet und dessen klare Vorstellung des katholischen Glaubens in seiner Exposition, ganz gemäß dem Anliegen, Missverständnisse und Vorurteile zu beseitigen. Prechtl analysiert zunächst den ersten Teil der Verhandlungen, bei der er Bossuet und Molanus als Verhandlungspartner sieht, danach in einem zweiten Teil das Gedankengefecht zwischen dem Bischof von Meaux und Leibniz. Prechtl sympathisiert mit Molanus29 und Bossuet, hielt aber die Methode des letzteren für verheißungsvoller, vor einer Vereinigung erst die Übereinstimmung in den wesentlichen Glaubensartikeln zu erzielen, wobei das christliche Altertum die Richtschnur sein müsse30. Dagegen war es für Prechtl „der grosse Philosoph Leibniz“31, der in die sachlich-vernünftige Verständigung politisch-eigennütziges Kalkül brachte und deshalb das Scheitern verursachte. „Allein Theologie war nicht das Fach“, so Prechtl, „in welchem Leibniz gleiche Stärke besaß“32. Leibniz habe bereits die 24 M. Prechtl: Friedensworte an die katholische und protestantische Kirche für ihre Wiedervereinigung, Sulzbach 1810. 25 M. Prechtl: Friedens-Benehmen zwischen Bossuet, Leibniz und Molan für die Wiedervereinigung der Katholiken und Protestanten. Geschichtlich und kritisch beurteilt von dem Verfasser der Friedensworte, Sulzbach 1815. 26 Ebd., S. IV–V. 27 Ebd., S. VII–VIII. 28 Ebd., S. IX. 29 Vgl. ebd., S. 99: „Es verdient reife Beherzigung, welches Licht schon von Molan über die wichtigsten Divergenzpunkte verbreitet wurde. Leider! daß man heut zu Tage von Seite der Protestanten hierauf keine Rücksicht nimmt, und immer die alten – schon längst gehobenen – Schwierigkeiten aufwärmt!“ 30 Ebd., S. 84, 92–93, 111. 31 Ebd., S. 11. 32 Ebd., S. 11–12.
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Antwort des Molanus auf Bossuets Entgegnung gegen dessen Cogitationes privatae bewusst gegenüber Bossuet zurückgehalten und dann nur verstümmelt übersandt33. Es waren die veränderten politischen Verhältnisse, die Leibniz dazu führten, eine weitere Annäherung zu blockieren und die Gespräche schließlich in der zweiten Verhandlungsphase 1699–170134 scheitern zu lassen, namentlich das Streben Hannovers nach der englischen Königskrone nach Erhalt der Kurwürde35. Bossuet und Molanus seien sich schon beinahe einig gewesen, da der Frage des Laienkelchs doch kaum sonderlich viel Gewicht zugesprochen werden könne36. Auch sei Leibniz’ Methode zu einseitig rationalistisch gewesen37, der nach hoffnungsvollen Anfängen, bei denen er noch ganz mit Molanus übereinstimmte, gegen Bossuet immer voreingenommener gewesen sei und sich auf seine Lieblingsidee, die Suspension des Tridentinums, immer mehr versteift habe38. Als Resultate seiner Schrift will Prechtl festgehalten wissen: Eine Wiedervereinigung der Konfessionen sei möglich und von großem Interesse, auch gegen Stimmen, die wieder konfessionalistischen Sektenhass aufwärmen wollten39. Belehrung für dieses Unterfangen könne aus dem Studium der Geschichte gewonnen werden40, zudem seien Toleranz, Humanität und Nächstenliebe entscheidend41. Durch vernunftgemäße Auslegung des eigenen Glaubens sollten die Missverständnisse und politisch motivierter Streit abgebaut werden; der letzte Schritt könne dann auf einer allgemeinen Synode vollzogen werden42. Vor allem der Protestantismus müsse zu diesem Zwecke aber, so der Benediktiner, seine Zersplitterung überwinden43. Durch die ganze Schrift zieht sich Prechtls Bemühen um argumentative Klarheit. Natürlich wird sie Leibniz’ der komplexen und in dessen Philosophie gegründeten Position nicht gerecht und tritt für ihr Anliegen mit einer gewissen argumentativen Naivität ein. Dennoch kann sie mit ihrem Anliegen nach philosophischer und historischer Verwesentlichung und ihrem Streben nach irenischökumenischer Einigung als später Exponent der Gegenwart des Leibniz in der katholischen Aufklärungstheologie gewertet werden.
33 Ebd., S. 23–24. 34 Die Verhandlungen habe Leibniz, der es sich mit Hannover nicht verderben durfte, lediglich zum Schein geführt, um den Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel nicht zu enttäuschen. Ebd., S. 56–77. 35 Ebd., S. 52–56, 185. – Vgl. auch ebd., S. 152: „Allbereits ist das Räthsel dieses Verfahrens aufgelöst: nach dem Eingreifen neuer politischer Verhältnisse stimmte sich Leibnizens Tendenz um; und nun mußte das Beßte der Religion der Aussicht auf einen Königsthron weichen“. 36 Vgl. u. a. ebd., S. 206. 37 Ebd., S. 44. 38 Ebd., S. 50, 162–163, 170, 173 u. ö. 39 Ebd., S. 189–190. 40 Ebd., S. 189. 41 Ebd., S. 192–193. 42 Ebd., S. 195–196. 43 Ebd., S. 209.
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II. DER REKURS AUF LEIBNIZ AM BEGINN DER ULTRAMONTANEN BEWEGUNG Inzwischen war die Lage der katholischen Kirche in Deutschland massiven Veränderungen unterworfen gewesen. Die französische Revolution mit ihren antiklerikalen Exzessen und die französische Expansionspolitik hinterließen auch bei vielen deutschen Katholiken ein antiaufklärerisches Trauma. Die Säkularisation der Jahre 1802/1803 und die weitere staatskirchliche Entwicklung führten zur Zerschlagung der alten Reichskirche, zu einer Zertrümmerung der kirchlichen Organisation, zu einer Enteignung in bislang nicht gekanntem Maß und auch zu einer weitgehenden Zerstörung und Verödung der kirchlichen Bildungslandschaft. Mit der Neuorganisation der diözesanen Strukturen nach 1815 ging eine von katholischer Seite vielfach als unannehmbar interpretierte Aufsicht und Reglementierung durch die liberalen Territorialstaaten einher. Als katholische Gegenbewegung entstand die immer mächtiger werdende Strömung, die von Zeitgenossen mit dem Namen „Ultramontanismus“ belegt wurde44. Von Beginn an wurde diese Bewegung von jenen katholischen Strömungen gespeist, die der katholischen Aufklärung reserviert bis ablehnend gegenüber gestanden hatten. Durch das Revolutionstrauma wurde diese reaktionäre Position immer stärker, besonders im französischen Katholizismus. Vermittelt über das Elsass fanden diese Ideen aber auch in Deutschland bald eine wachsende Anhängerschaft, wo Mainz, das ja seit 1794 unter französischer Besatzung gestanden hatte, deren erstes wichtiges Zentrum wurde45. Es war der dortige Bischof Joseph Ludwig Colmar (1802–1818), ein gebürtiger Elsässer, der im Jahr 1804 an Stelle der untergegangenen theologischen Fakultät ein Priesterseminar gründete und dem gleichgesinnten Bruno Leopold Liebermann (1759–1844) als Regens (1805– 1823) anvertraute. Aus ihm ging der „Mainzer Kreis“ hervor, zu dessen führenden Exponenten der Elsässer Andreas Räß (1794–1887) gehörte, der am Mainzer Priesterseminar lehrte, ehe er Bischof von Straßburg wurde. Mit ihm arbeitete Nikolaus Weis (1794–1866) eng zusammen, aus demselben Seminar stammend und seit 1842 Bischof von Speyer. Räß und Weiß waren auch die führenden Kräfte, die hinter der Gründung einer Zeitschrift als Organ des „Mainzer Kreises“ standen, nämlich der Zeitschrift Der Katholik, und deren Bedeutung für die Formierung der deutschen ultramontanen Bewegung seit ihrem ersten Erscheinen im Jahr 1821 kaum überschätzt werden kann46. 44 Zum ganzen Komplex vgl. K. Hausberger: Reichskirche Staatskirche ‚Papstkirche‘. Der Weg der deutschen Kirche im 19. Jahrhundert, Regensburg 2008; M. Weitlauff: „Von der Reichskirche zur ‚Papstkirche‘“, in: Zeitschrift für Kirchengeschichte 113 (2002), S. 355–402. 45 P. Walter: „Theologie im 19. und 20. Jahrhundert“, in: Handbuch der Mainzer Kirchengeschichte, III/2: Neuzeit und Moderne, hrsg. von F. Jürgensmeier, Würzburg 2002, S. 1419– 1433. 46 Ebd., S. 1421; H. Schwalbach: Der Mainzer ‚Katholik‘ als Spiegel des neuerwachenden kirchlich-religiösen Lebens in der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts (1821–1850), Mainz 1966.
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Als Motto führte der Katholik an: „Christianus mihi nomen, Catholicus cognomen“ (nach Pacian von Barcelona)47. Im Vorwort zum ersten Heft wurde als Programm gleich im ersten Artikel erklärt: „1. Wahrhaft orthodoxe christ-katholische Aufsätze über Glaubens- und Sittenlehre, über Kirchengeschichte und Liturgie, über Erziehung, über Volksandachten und Alles, was zum ächten und wahren katholischen Glauben gehört, die Kenntnis der Religion zu fördern und die kindlich erhabenen Gefühle der Frömmigkeit zu erwecken geeignet ist. Und damit man gleich anfänglich an uns nicht irre werden möge, so erklären wir hier vorläufig, daß wir nur den und das für wahrhaft katholisch halten, der und das mit dem Oberhaupte der katholischen Kirche, dem Pabste, vereinigt ist, und mit demselben gleichlautend lehret“48.
Im zweiten Paragraphen versprach man besonders, alles Antikatholische zu bekämpfen. Als Gegner wurden alle Formen der Aufklärung und des Rationalismus identifiziert, dazu wollte man für die Freiheit der Kirche vom modernen liberalen Staat kämpfen49. Der Katholik war der wichtigste Vermittler französisch-reaktionärer katholischer Strömungen nach Deutschland50. Auch gegen Bischöfe, die man als zu staatsnah betrachtete, erstrebte man den unbedingten Schulterschluss mit Rom. Denkerisch lehnte man alle neuzeitlichen Strömungen ab, plädierte für die unverkürzte Glaubenslehre und nahm scholastische oder antirationalistische Positionen ein51. Dabei war das Organ keine rein wissenschaftliche Fachzeitschrift. Andreas Räß als unermüdlicher erster Herausgeber war zugleich eifriger Kirchenpolitiker; seine Publikationen waren weniger selbständige Werke als Übersetzungen und Abdrucke von dem, was er als auferbauend betrachtete. Sein wichtigster Mitarbeiter dabei war jeweils Nikolaus Weis52. Als Argument für den Katholizismus hatte Räß vor allem ein zentrales Interesse an Konversionen von Protestanten zur katholischen Kirche. In einem Artikel hieß es, kein großer Geist konvertiere zum Protestantismus, während alle bedeutenden protestantischen Intellektuellen zumindest unbewusst bereits auf dem Weg zum Katholizismus seien53. Die Reformation sah Der Katholik als den Ursprung des Subjektivismus und aller Irrtümer des neuzeitlichen Denkens an. Stolz hatte Räß in einem neunbändigen Werk die Lebensbilder protestantischer Konvertiten zur katholischen Kirche gesammelt54. Drei antiprotestantische Argumente spielten in dieser streng konfessionalistischen Sicht immer wieder eine zentrale Rolle: 1. Der Protestantismus müsse sich aufgrund seines Prinzips immer weiter in Parteiungen spalten. 2. Der Protestantismus sei Schuld am Rationalismus und deshalb an den Übeln der Gegenwart.
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Der Katholik 1 (1821), Titelseite. „Vorwort der Herausgeber“, in: Der Katholik 1 (1821), S. III–VIII, hier S. VI. Ebd., S. VI-VII. Schwalbach, S. 51–57. Ebd., S. 37–50. Ebd., S. 16. Zu diesen und ähnlichen Urteilen vgl. ebd., S. 58–59. A. Räß: Die Convertiten seit der Reformation nach ihrem Leben und aus ihren Schriften dargestellt, I-XIII, Freiburg im Breisgau 1866–1880.
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Schließlich sprächen eben 3. die bedeutenden Katholiken aus allen Zeiten gegen den Protestantismus55. Diese Tendenz muss man im Auge haben, um die Absicht von Räß und Weis richtig zu beurteilen, als sie die erste Edition und Übersetzung von Leibniz’ Examen religionis christianae, damals Systema theologicum genannt, im deutschen Sprachraum 1820 zusammen mit einer Vorrede des Jesuiten Johann Lorenz Doller (1750–1820) erscheinen ließen. Der Vermittlungsweg ging über Frankreich, wo der Generalsuperior von St. Sulpice Jacques André Émery (1732–1811) aus Hannover, das damals unter Jérôme Bonaparte zum Königreich Westfalen gehörte, eine Abschrift erbat. Das fehlerhafte Manuskript und die französische Übersetzung erschienen bald posthum durch dessen Nachfolger Antoine Garnier (1762–1845)56 und dienten wiederum Räß und Weis als Vorlage57. Leibniz sollte hier – ganz gemäß dem Interesse der Mainzer – zum Katholiken und Konvertiten gemacht werden, das Systema wurde bereits vom französischen Herausgeber als Leibniz’ „religiöses Testament“ bezeichnet. Ganz diesem Nachweis sollte Dollers 122 Seiten umfassende Vorrede dienen. Doller gehörte zum Freundeskreis um Bischof Colmar; charakteristisch für seine Veröffentlichungen war ein antiaufklärerischer und antiprotestantischer Grundzug. In ihm floss die alte Jesuitenscholastik in den jungen Ultramontanismus ein58. Seine Argumentation war dabei ebenso einfach wie eindeutig: Zuerst wies er nach, dass der hochgebildete Leibniz von Beginn an auf dem Boden der geoffenbarten Religion stand und weder Indifferentist noch Antitrinitarier, und deshalb auch kein von diesen Positionen angekränkelter „Neuprotestant“ gewesen sei59. Danach wollte er durch Ausschluss die Position des Leibniz immer näher bestimmen, indem er aufgrund seiner Abendmahls- und Freiheitslehre ausschloss, dass er reformiert oder altlutherisch gewesen sei60. Seine Zuneigung zum Katholizismus beweise hingegen dessen Freundschaft mit Katholiken und zahlreiche Äußerungen über katholische Institutionen und Religionsgebräuche61. Im Herzen sei er Katholik gewesen, wie 55 Schwalbach, S. 64. 56 J. A. Émery: Exposition de la doctrine de Leibnitz sur la religion, hrsg. von Antoine Garnier, Paris 1819. 57 Zum Ganzen Gottfried Wilhelm Leibniz, A VI, 4C, 2356 (Einleitung zu Nr. 420: Examen religionis christianae); F. X. Kiefl: Der Friedensplan des Leibniz zur Wiedervereinigung der getrennten christlichen Kirchen, Paderborn 1903, S. 233. 58 Vgl. „Johann Lorenz Doller“ [Art.], in: Die Gelehrten Theologen Deutschlands im 18. und 19. Jahrhundert. Nach ihrem Leben und Wirken dargestellt, I, hrsg. von H. Doering, Neustadt an der Orla 1831, S. 339–340. 59 Leibnitzens System der Theologie. Nach dem Manuskripte von Hannover (den lateinischen Text zur Seite) ins Deutsche übers. von A. Räß und N. Weis, mit einer Vorrede von L. Doller, Mainz 31825, S. XVII–XXXI; XLII–L (Vorrede). – Zum Ganzen bereits knapp H. Rudolph: „Bemerkungen zur kirchengeschichtlichen Einordnung des Leibnizschen Ökumenismus“, in: Leibnizbilder im 18. und 19. Jahrhundert (= Studia Leibnitiana Sonderhefte 33), hrsg. von A. Lewendoski, Stuttgart 2004, S. 35–45, hier S. 41–43. 60 Ebd., S. XXXII–XLII. 61 Ebd., S. LIV–LXVI.
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er 1691 an Madame de Brinon geschrieben habe62. Seine ekklesiologischen Ansichten entsprachen am ehesten der katholischen Lehre63. Sprach also alles dafür, dass Leibniz längst innerlich Konvertit und Katholik gewesen sei, so musste ex negativo von Doller gezeigt werden, dass ihn auch seine Bossuet gegenüber geäußerten Einwände nicht von einem Übertritt zum Katholizismus abgehalten haben. Dies betraf vor allem den Vorwurf der katholischen Missbräuche und Leibniz’ Ablehnung des Tridentinum. Gegen letztere ist die Argumentation des Jesuiten dabei beinahe erschreckend naiv: „Kurz, Bossuet beantwortete diese und andere Einwürfe so“, schreibt Doller, „daß er auf dem Schlachtfelde als Sieger stehen blieb und Leibniz nichts mehr antwortete, also nach dem Sprichwort: Qui tacet, consentire videtur […] wirklich Bossueten beipflichtete, und das Concil annahm, wie er schon viele Lehren angenommen hatte“64.
Aus Liebe zu seinem Hof habe Leibniz es nur versäumt, seinen Übertritt öffentlich zu machen, da er glaubte, diese äußere Gemeinschaft sei zum Heile nicht nötig65. Und all dies werde nun durch Leibniz’ System der Theologie bewiesen, das folglich echt und eine echte Apologie der katholischen Religion sei66. Natürlich stieß diese Einverleibung des Leibniz durch die ultramontanen Katholiken sofort auf entschiedenen Widerstand im protestantischen Lager. Am wichtigsten waren zunächst die Entgegnung des Philosophen und Königsberger Kantnachfolgers Wilhelm Traugott Krug (1770–1842)67, der ab 1809 in Leipzig lehrte, und diejenige des Göttinger Philosophen Gottlob Ernst Schulze (1761–1833), dessen Aenesidemus einst Fichte dazu veranlasste, die Resultate Kants tiefer gegen skeptische Zweifel tiefer zu begründen68. Dennoch blieb der Status des Systema theologicum in der Leibniz-Forschung während des ganzen 19. Jahrhunderts unbestimmt und unsicher69. Jedenfalls scheint die Edition durch Räß und Weis einen Mann in seinem Entschluss zum katholischen Priestertum entscheidend bekräftigt zu haben, der bald zum wichtigsten theologischen Vorkämpfer der ultramontanen Bewegung wurde, ehe er sich dieser immer mehr entfremdete: Ignaz von Döllinger (1799–1890), der seit 1826 an der Universität München Kirchengeschichte lehrte und bald der unbestritten bedeutendste katholische Kirchenhistoriker seiner
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Ebd., S. LXVI. Ebd., S. LXVI–LXXXV. Ebd., S. CVI–CVII. Ebd., S. CXII–CXIII. Ebd., S. CXVII–CXVIII. Vgl. W. T. Krug: Apologie eines königlichen Schreibens gegen ungebürliche Kritiken und eines großen Philosophen gegen den Vorwurf des geheimen Katholicismus, Leipzig 1826. 68 Vgl. G. E. Schulze: Ueber die Entdeckung, daß Leibniz ein Katholik gewesen sei, Göttingen 1827. Schulze vertritt die These, die Schrift sei zwecks der Reunionsverhandlungen geschrieben, um den Katholizismus als annehmbar hinzustellen, auch wenn Leibniz zeit seines Lebens überzeugter Protestant gewesen sei. Vgl. ebd., S. 33–45. 69 Kiefl: Friedensplan, S. 233–240.
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Zeit wurde70. Mit der Entwicklung des Denkens Döllingers setzte aber eine neue bedeutende Phase der Leibnizrezeption im katholischen Deutschland ein. III. LEIBNIZ UND DIE HISTORISCHE UND LIBERALE THEOLOGIE IM UMKREIS VON IGNAZ VON DÖLLINGER Döllinger, in seiner frühen Phase Vorkämpfer der Ultramontanen in Deutschland, war theologisch durch die klassischen theologischen Werke des 17. Jahrhunderts geprägt, zu denen auch Bossuet und weitere gallikanische Autoren, aber auch der Jesuit Denis Pétau (1583–1652) gehörte. Der Konsens der Kirchenväter spreche für die katholische Lehre und gegen den Protestantismus71. Doch setzte nach dem Jahr 1848 eine allmähliche Entfremdung zur ultramontanen Bewegung ein, die sich zunehmend radikalisierte und gegen alle konkurrierenden innerkirchlichen Strömungen richtete. Dieser Entfremdungsprozess war durch ein Geflecht von Faktoren bestimmt: a) die zunehmende Verengung und antihistorische Wendung der römischen Theologie, die zahlreiche bedeutende deutsche Theologen auf den Index der verbotenen Bücher brachte72; b) eine von Döllinger als Romanisierung von Kirche und Frömmigkeit empfundene Wendung des Ultramontanismus, der der deutschen Eigenart und Wissenschaft zu wenig Raum gelassen habe73; c) die immer anachronistischer und unhaltbarer werdenden Zustände im Kirchenstaat, an dem der Papst dennoch mit letzter Konsequenz festhalten wollte74; d) schließlich das vertiefte Studium der Papstgeschichte, das in Döllinger immer mehr die Überzeugung aufkommen ließ, die organische Entwicklung der Kirchenverfassung sei durch kanonistische Fälschungen seit dem zweiten Jahrtausend aus dem Gleichgewicht gekommen.
70 Vgl. J. Friedrich: Ignaz von Döllinger. Sein Leben, Band 1: Von der Geburt bis zum Ministerium Abel 1799–1837, München 1899, S. 118.: „Die Schrift, ‚eine philosophische Verteidigung des Katholizismus, reich an bedeutsamen Gedanken und einschmeichelnd geschrieben‘, machte ungeheures Aufsehen. Man betrachtete sie nicht nur als ‚sein religiöses Testament‘, sondern nahm auch an, daß Leibniz wenigstens innerlich römisch-katholisch gewesen sei. Für Döllinger war aber zu den früher genannten Konvertiten ein neuer, der umfassendste deutsche Geist, dessen Gelehrsamkeit noch von keinem andern erreicht worden war, hinzugekommen. Kein Wunder, daß er dadurch noch mehr in seinem Entschlusse befestigt wurde“. 71 J. Finsterhötzl: Die Kirche in der Theologie Ignaz von Döllingers bis zum ersten Vatikanum. Aus dem Nachlass hrsg. von Johannes Brosseder (= Studien zur Theologie und Geistesgeschichte des Neunzehnten Jahrhunderts 9), Göttingen 1975. 72 F. X. Bischof: Theologie und Geschichte. Ignaz von Döllinger (1799–1890) in der zweiten Hälfte seines Lebens. Ein Beitrag zu seiner Biographie (= Münchener Kirchenhistorische Studien 9), S. 62–87; zu den Theologenverurteilungen vgl. K. Unterburger: Lehramt der Päpste statt Lehramt der Theologen? Pius XI., die Apostolische Konstitution „Deus scientiarum Dominus“ und die Reform der deutschen Universitätstheologie, Freiburg 2010, S. 180–200. 73 Bischof, v. a. S. 67–68. 74 Ebd., S. 50–62.
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Der absolute Jurisdiktionsprimat des Papsttums gründe sich letztlich auf die Fälschungen der Pseudo-isidorischen Dekretalen75. Parallel zu diesen Einsichten entwickelte sich im einstmals führenden antiprotestantischen Vorkämpfer ein immer intensiver werdendes ökumenisches Interesse. In der Zeit nach seiner Exkommunikation 1871 sollte Döllinger zum wichtigsten ökumenischen Promotor seiner Zeit werden. Bereits 1848 verband sich bei ihm die Hoffnung nach nationaler Einigung mit derjenigen nach der Einheit der christlichen Konfessionen, eine Aufgabe, die er in den 1860er Jahren ausdrücklich der deutschen theologischen Reflexion anvertrauen wollte76. Im Jahr 1872 hielt Döllinger seine berühmten Vorträge Ueber die Wiedervereinigung der christlichen Kirchen; zwei Jahre später lud er Theologen aus allen christlichen Konfessionen zu Unionskonferenzen nach Bonn ein. Trotz ihres Scheiterns können die Gespräche 1874/75 „als die bedeutendsten ökumenischen Gespräche im 19. Jahrhundert“ bezeichnet werden77. Döllingers Ideal blieb dabei die alte Kirche der ersten Jahrhunderte, die wahrhaft apostolisch gewesen sei, da sie den Glauben der Apostel unverfälscht tradiert habe. Nächstenliebe und die Achtung der Gewissensfreiheit müssten den Umgang aller Konfessionen prägen. Einheit dürfe nur in Essentiellem, Apostolischem gefordert werden; was in früherer Zeit Gegenstand der freien Erörterung gewesen sei, dürfe anderen heute nicht oktroyiert werden. Dieses dem Konzept des Leibniz zutiefst verwandte ökumenische Programm setzte seine Hoffnung also vor allem auf die kirchen- und theologiehistorische objektive Forschung, die der Einheit Bahn brechen werde78. Im Umkreis Döllingers entstand nun während der 1860er Jahre das Werk seines Schülers Aloys Pichler (1833–1874), eine Gesamtdarstellung der Theologie des Leibniz, ein klassischer Meilenstein in der Forschungsgeschichte zu Leibniz’ theologischer Position79. Pichler wurde in München 1857 promoviert und war seit 1863 dort Privatdozent. Er war einer der begabtesten Schüler Döllingers, der sich jedoch mehrfach von ihm distanzieren musste; in den 1860er Jahren verschrieb er sich ganz dem Döllingerschen Programm, die konfessionellen Trennungen historisch aufzuarbeiten und durch wissenschaftliche Forschung die Wiedervereinigung vorzubereiten80. Pichler rieb sich aber noch radikaler als Döllinger an 75 Ebd., S. 112–113. 76 I. von Döllinger: Kirche und Kirchen, Papstthum und Kirchenstaat. Historisch-politische Betrachtungen, München 1861, S. XXI–XXXIII. 77 Bischof, S. 436. 78 P. Neuner: Döllinger als Theologe der Ökumene (= Beiträge zur ökumenischen Theologie 19), Paderborn u. a. 1979, v. a. S. 237–253. 79 A. Pichler: Die Theologie des Leibniz aus sämtlichen gedruckten und vielen noch ungedruckten Quellen, I-II, München 1869. 80 A. Landersdorfer: Gregor von Scherr (1804–1877), Erzbischof von München und Freising in der Zeit des Ersten Vatikanums und des Kulturkampfes (= Studien zur altbayerischen Kirchengeschichte 9), München 1995, S. 314–327; H. H. Schwedt: Alois Pichler (1833–1874) auf dem ‚Index der verbotenen Bücher‘, in: ders.: Censor censorum. Gesammelte Aufsätze (= Römische Inquisition und Indexkongregation 7), hrsg. von T. Lagatz und S. Schratz, Paderborn 2006, S. 231–253.
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Ultramontanismus und päpstlichen Ansprüchen der Gegenwart; seine polemischradikalen Schriften wurden auf den Index der verbotenen Bücher gesetzt. 1869 wurde er von der russischen Regierung nach St. Petersburg berufen, wo ihm ein Leben ganz für seine kirchenhistorischen Studien ermöglicht wurde. Wegen Bücherdiebstahls wurde er jedoch 1871 zu lebenslanger Haft in Sibirien verurteilt; 1874 auf Fürsprache des bayerischen Prinzregenten begnadigt, starb er wenige Wochen später, gerade 40-jährig81. Zu den großen und aus seiner Beschäftigung mit den kirchlichen Schismen und Reunionen erwachsenen Werken Pichlers gehört nun seine über 1100 Seiten starke Theologie des Leibniz, die 1869/70 im Druck erschien. Döllinger verfasste über dieses Werk ein Gutachten, damit Pichler als Privatdozent in die Bayerische Akademie der Wissenschaften aufgenommen werde82. Vorangegangen in der Beschäftigung mit dem theologischen Standpunkt des Leibniz war Pichler bereits eine Abhandlung des bedeutenden, in Tübingen geprägten Dogmatikers Franz Anton Staudenmeier (1800–1856), der dessen Offenbarungsverständnis untersuchte und Leibniz aus dem Schatten Wolffs und des Rationalismus zu lösen suchte83. Leibniz sei von einem wahrhaft übernatürlichen Wissen ausgegangen, das die menschliche Vernunft übersteige, wenn auch nicht ihr entgegengesetzt sei und das die Menschen nur durch göttliche Offenbarung erlangen können84. So sei der große Philosoph ein originär und unverkürzt christlicher Denker gewesen. Die originäre Christlichkeit des Leibniz’schen Denkens wird von Pichler nun noch viel breiter untermauert. Er behandelt nach einer allgemeinen Beschreibung von Leibniz’ Charakter und Theologie dessen Gottes- und Schöpfungslehre, dessen Anthropologie, dessen Ekklesiologie und Sakramentenlehre und dessen Eschatologie. Erst von hier aus beleuchtet Pichler auch die Reunionsverhandlungen zwischen Leibniz und Bossuet, wobei er sich hier, wie im ganzen Werk, völlig mit der Position des Leibniz identifiziert85. Pichlers Synthese zeichnet sich durch ihre Quellennähe und ihren Reichtum an Zitaten aus, auch wenn immer wieder zentrale Kategorien aus den Parteienkämpfe seiner eigenen Gegenwart aufscheinen, in die Leibniz eingeordnet wird, dabei ganz besonders in die Gegnerschaft zum Ultramontanismus. Leibniz war für ihn 1. ein Exponent der philosophischen und historischen Vernunft und Wissenschaft gegen ultramontanen Autoritarismus und Aberglauben86; 2. ein Patriot und Beispiel von deutscher Eigenart und deutschem Charakter 81 J. Chr. Marcuse: Dr. Alois Pichler und der Bücherdiebstahl aus der kaiserlichen öffentlichen Bibliothek in St. Petersburg. Bericht über die Verhandlungen vor den Geschworenen am 24. und 25, Juni 1871 nach stenographischen Aufzeichnungen, St. Petersburg 1871. 82 C. Stein: „Ignaz von Döllinger als Mitglied der bayerischen Akademie der Wissenschaften und der Historischen Kommission“, in: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte 72 (2009), S. 571–622, hier S. 589–591. 83 F. A. Staudenmeier: „Leibniz über göttliche Offenbarung“, in: Theologische Quartalschrift 18 (1836), S. 226–256, hier v. a. S. 226–228. 84 Ebd., S. 228–253. 85 Pichler: Die Theologie des Leibniz, II, S. 432–513. 86 Ebd. I, S. 29–35.
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gegen imperiale französische und päpstlich-italienische Ansprüche87; 3. ein echter Christ, der jenseits und über allem Partikularistisch-Konfessionellen stand und deshalb die denkerische Grundlage für eine Reunion der Christen legen konnte, auch wenn er am Egoismus und der Machtpolitik seiner Zeitgenossen gescheitert ist88. In Leibniz hätten zwei Seelen miteinander gerungen, so Pichler, die des Juristen und Philosophen gegen diejenige des Historikers. Im Laufe der Zeit sei der Historiker zunehmend bestimmender geworden89; während Leibniz in seiner frühen Phase dem Katholizismus noch relativ nahe gestanden habe, indem er juridisch-abstrakt aus dem Kirchen-Begriff der societas die Angemessenheit einer päpstlich-hierarchischen Kirchenregierung deduziert habe, habe er sich in den späteren Jahrzehnten durch seine historischen Studien und seine persönlichen Erfahrungen vom Katholizismus wieder ein Stück weit entfernt90. Das Systema theologicum sei ein Produkt jener ersten Phase des Leibniz, auch wenn eine Einbettung in sein sonstiges Denken klar zeige, dass er auch damals kein Kryptokatholik gewesen sei91. Sein wichtigster, mit seiner historischen Methode verbundener Grundsatz sei gewesen, dass nur das als essentielle, alle Christen qua göttliches Recht verpflichtende Glaubenslehre aufgestellt werden dürfe, was die Kirche schon immer als solche geglaubt habe. Der einfache Bibelglaube bedürfe zwar im Falle einer Bestreitung mitunter einer wissenschaftlichen Neuformulierung und Verteidigung92, doch könne niemals etwas als heilsentscheidende Kirchenlehre aufgestellt werden, worüber in der Alten Kirche Freiheit geherrscht habe. Dies gelte etwa schon von der Pflicht der Bilderverehrung, dann aber von zahlreichen anderen konziliaren und päpstlichen Glaubensentscheidungen93. Besonders aber habe dies von den Anathemata des Tridentinum gegolten94, die überall partikularistisch Dinge zu Dogmen erheben würden, die vorher Gegenstand der freien Diskussion und damit nicht geoffenbart und heilsentscheidend waren95. Zwar könne
87 Vgl. bereits Die Theologie des Leibniz I, S. III–X, 6, 9, 17–18, 24–25, 52, 99–100 u. ö. 88 Vgl. ebd., I, S. III: „Er besaß Alles, was ein ächt christlicher und vollkommener Gottesgelehrter haben soll, und er war frei von Dem, was den Fachtheologen mehr oder minder den Gesichtskreis einzuengen und zu trüben pflegt“; ebd., I, S. 161: „Leibniz ist ein christlicher, aber kein orthodoxer Theologe. Seine ganze Theologie ruht auf der Offenbarung und den christlichen Grundwahrheiten, nicht aber auf den Canonen der Concilien und den Bestimmungen der symbolischen Bücher“. 89 Vgl. Pichlers Grundsatz: „Ein gründliches Studium der Geschichte der Wissenschaft macht aber nothwendig tolerant, demüthig und bescheiden, es lehrt namentlich die Verderblichkeit der blinden Anhänglichkeit an Autoritäten und schützt vor der Eitelkeit, ein Meister zu werden und eine Schule begründen zu wollen […]“ (Ebd. I, S. 45); vgl. auch ebd. I, S. 76, wo die historische Methode als Gegensatz zum Standpunkt der Unfehlbarkeit geschildert wird. 90 Ebd., II, S. 23, 66, 115–116. 91 Ebd., I, S. 177–178, 321, 372. 92 Ebd., II, S. 265. 93 Ebd., II, S. 228–247, 320–331. 94 Ebd., II, S. 280–317. 95 Ebd., II, S. 267–276.
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die Kirche als solche nicht irren96; dies gelte auch von wahrhaft ökumenischen Konzilien97. Bei diesen mussten sich aber die gesamte Kirche, vor allem alle wissenschaftlich Gebildeten ohne Zwang und Druck austauschen können. Für die neuere Zeit müssten sich deshalb alle Nationen und Völker bei einem Konzil einbringen können; dazu besonders auch alle Laien, soweit sie über ein wissenschaftliches Urteil verfügten98. Vor einem solchen Kriterium könne freilich kaum ein Konzil, sehe man vielleicht von Nicäa 325 ab, für Leibniz als wirklich ökumenisch bestehen99. Leibniz wurde für Pichler so zu einer absoluten Identifikationsfigur, nicht nur in den Auseinandersetzungen, die der Philosoph zu bestehen hatte, sondern auch für Pichlers Gegenwart, für eine christliche katholische und nicht ultramontane Kirche, für eine vom deutschen Nationalcharakter geprägte deutsche Kirche, für einen verinnerlichten, durch historische Vernunft über sich selbst aufgeklärten Glauben, für einen liberalen, nichtkonfessionellen Katholizismus in enger Anlehnung an die christlichen Staaten100. IV. LEIBNIZ UND DIE ANTILIBERALE UND ANTIMODERNISTISCHE REAKTION IN DER KATHOLISCHEN THEOLOGIE Die Dogmen des I. Vatikanischen Konzils und der Siegeszug des Ultramontanismus hatten zu einem schweren Aderlass in der deutschen katholischen Theologie geführt. Zahlreiche Theologen wurden exkommuniziert, andere zogen sich zurück und viele historische Arbeiten wichen auf Nebensächlichkeiten auf, um mit den päpstlich-lehramtlichen Entscheidungen nicht in Konflikt zu geraten101. Dennoch ging die wissenschaftliche Arbeit weiter und wirkten die historisch-kritischen und theologischen Ideale der vorhergehenden Jahrzehnte fort. Während sich in Rom, an vielen Ordenshochschulen und überhaupt in den romanischen Ländern immer exklusiver die Neuscholastik durchsetzte mit ihrer antihistorisch-systematischen Ausrichtung und ihrer Ablehnung der neuzeitlichen Denkentwicklung, lebte an den deutschen theologischen Fakultät die Beschäftigung mit der historischen Kritik und der neuzeitlichen Philosophie weiter. Dies gilt auch für die durch die Exkommunikation Döllingers schwer erschütterte theologische Fakultät in München, wo auch nach 1870 bedeutende spekulative und theologiegeschichtliche Arbeiten 96 97 98 99 100 101
Ebd., II, S. 225. Ebd., II, S. 247–279. Ebd., II, S. 250–257, 329. Ebd., II, S. 319. Ebd., II, S. 170–203. H. Wolf: „Der Historiker ist kein Prophet. Zur theologischen (Selbst-)Marginalisierung der katholischen deutschen Kirchengeschichtsschreibung zwischen 1870 und 1960“, in: Die katholisch-theologischen Disziplinen in Deutschland 1870–1962. Ihre Geschichte, ihr Zeitbezug (= Programm und Wirkungsgeschichte des II. Vatikanums 3), hrsg. von H. Wolf, Paderborn u. a. 1999, S. 71–92.
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entstanden102. Leibniz blieb so ein wichtiger, positiv besetzter Referenzpunkt. In München wirkte etwa der Theologie- und Dogmenhistoriker Joseph Bach (1833– 1901)103. Nach ihm sei es Leibniz, etwa in Gegensatz zum englischen Empirismus, „um ächt philosophische Aufklärung“ gegangen104. „Leibnitz ist“ – so Bach – „eine in seiner Zeit hochstehende, wohlthuende Erscheinung trotz seiner Schwächen“105. Die Kritik von Leibnizianern wie dem Illuminaten Adam Weishaupt (1748–1830) an Kants Philosophie hält Bach für berechtigt106. In den 1890er Jahren entstand in München eine weitere bedeutende Dissertation über Leibniz und dessen ökumenische Bemühungen. Sie wurde vom Kirchenhistoriker Alois Knöpfler (1847–1921) betreut und stammt aus der Feder des späteren Würzburger Dogmatikprofessors und Regensburger Domdekans Franz Xaver Kiefl (1869–1928). Die denkerische Position und die geistige Entwicklung des Historikers Knöpfler und des Systematikers Kiefl weisen dabei bemerkenswerte Parallelen auf. Beide waren angetreten, das Erbe der Vernunft und der vernünftigen Reform in der Kirche zu retten; als zu Beginn des 20. Jahrhunderts die historische Kritik freilich auch die biblischen Grundlagen des Glaubens durcheinander zu bringen drohte, stimmten beide den massiven lehramtlichen Maßnahmen des Antimodernismus zu. Beide gehörten schließlich politisch zum nationalkonservativen Flügel des Katholizismus, der sich mit der Niederlage von 1918 und der nachfolgenden Demokratie nur schwer abfinden konnte. Kiefl, dessen Hauptinteresse in der Philosophie lag, war 1896 mit einer Arbeit über Die Reunionsverhandlungen zwischen Leibniz und Bossuet promoviert worden107; wesentliche Teile von dieser werden in seine Monographie aus dem Jahr 1903, Der Friedensplan des Leibniz zur Wiedervereinigung der getrennten Kirchen, eingegangen sein108, ebenfalls ein Meilenstein der Forschung und bis heute ein Standardwerk. Bereits vorher hatte er sich in mehreren Aufsätzen mit diesem Thema beschäftigt109, 1913 102 Dies habe ich für München in meiner theologischen Lizentiatsarbeit mit dem Titel Kirchenund Dogmengeschichte in München zwischen I. Vatikanischen Konzil und Modernismuskrise. Die Professoren Joseph Bach, Isisor Silbernagl und Alois Knöpfler gezeigt, die kurz vor der Veröffentlichung steht. 103 K. Unterburger: „Joseph Bach“, in: Lebensbilder aus dem Bistum Augsburg. Vom Mittelalter bis in die neueste Zeit (= Jahrbuch des Vereins für Augsburger Bistumsgeschichte 39), hrsg. von M. Weitlauff, Augsburg 2005, S. 351–363. 104 J. Bach: „G. v. Hertling über John Locke“, in: Historisch-politische Blätter 111, 1 (1893), S. 521–528, hier S. 526. 105 Ders.: „Neuere Erscheinungen auf dem Gebiete der Philosophie“, in: Historisch-politische Blätter 94/2 (1884), S. 446–452, hier S. 449. 106 Vgl. ebd. S. 450-451: „Treffend widerlegt haben diesen Widersinn Kant’s bereits seine Zeitgenossen, der Jesuit P. Stattler und der Illuminat A. Weishaupt“. 107 K. Hausberger: Franz Xaver Kiefl (1869–1928). Schell-Verteidiger, Antimodernist und Rechtskatholik (= Quellen und Studien zur neueren Theologiegeschichte 6), Regensburg 2003, S. 16. 108 Kiefl: Friedensplan. 109 So etwa ders.: „Der Kirchenbegriff im Reunionsplan des Leibniz“, in: Theologisch-Praktische Monatsschrift 5 (1895), S. 449–462; ders.: „Leibniz und Bossuet“, in: Historisch-politische Blätter 132/2 (1903), S. 615–629; ders.: „Leibniz und die Türken“, in: Literarische Beilage zur Kölner Volkszeitung 53 (1912), Nr. 49, 5. Dezember 1912, S. 377–378.
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dann in der Reihe Weltgeschichte in Charakterbildern eine biographisch angelegte Leibnizmonographie folgen lassen110. Kiefl kam in der Bewertung der Leibniz’schen Reunionspläne zu einer Pichler gegenüber völlig konträren Bewertung. Leibniz Größe liegt für Kiefl in dessen deutschen Patriotismus, dem eigentlichen Motiv seiner irenischen Anstrengungen111, während er in theologischer Hinsicht von Bossuet völlig widerlegt worden sei112. Psychologisch ist Kiefl der deutsche Patriot Leibniz sympathischer als der überhebliche Franzose. Doch theologisch sei der Katholik im Recht gewesen113. In seiner wichtigen Monographie von 1903 schildert eine umfangreiche Einleitung zunächst den historischen Ablauf der Reunionsverhandlungen, während der systematische Hauptteil die Streitpunkte dann inhaltlich analysiert. Der entscheidende Punkt war erreicht, so Kiefl, als sich in den Verhandlungen mit Bossuet die Frage der Anerkennung des Tridentinum in Frankreich als der Angelpunkt aller Auseinandersetzungen herauskristallisierte114. Anders als Pichler, der in dieser Frage Leibniz recht gab, hielt Kiefl diesen durch Bossuet für völlig widerlegt: An diesem Punkte beginne „das große Unrecht des Leibniz“115. Während für Pichler Leibniz’ Standpunkt allein vor der historischen und aufklärerischen Vernunft bestehen könne, weshalb die konkreten, partikular-menschliche Lehren definierenden Konzilsentscheidungen nicht ökumenisch genannt werden könnten, greift Kiefl ihn mit Bossuet formal an: Wenn das Tridentinum nicht ökumenisch gewesen sei, dann sei es auch kein anderes Konzil gewesen116 und Leibniz’ Kirchenbegriff widerlege sich letztlich selbst117. Mit dem Autoritätsprinzip leugne Leibniz auch das Traditionsprinzip, was in der Konsequenz jedes kirchlich verfasste dogmatische Christentum unmöglich mache118. Hinzu kam ein zweites: Während 110 Ders.: Leibniz. Der europäische Freiheitskampf gegen die Hegemonie Frankreichs auf geistigem Gebiet (= Weltgeschichte in Charakterbildern, IV. Reihe), Mainz 1913. 111 Kiefl: Friedensplan, S. VII, LXV, XLIII u. ö. Damit wendet sich Kiefl gegen die Auffassung. Leibniz habe die Reunion nicht als sein eigenes Anliegen, sondern nur als politischen Auftrag für den Hannoverschen Hof betrachtet; vgl. ebd., S. I–II. 112 Vgl. bereits die unpaginierte Vorrede seiner ersten Monographie, in der Leibniz’ ökumenische Bemühungen als unhaltbares Luftgebäude bezeichnet wurden, so dass die Palme im Geistesgefecht Bossuet zuzuerkennen sei. 113 Ebd., S. LXV. 114 Ebd., S. XLI. 115 Ebd., S. XLII. 116 Vgl. ebd., S. 110: „[…] als man wohl selten einen so konsequenten, stufenweisen Rückzug finden wird, wie er sich in der Position des Leibniz in diesem Streite beobachten lasse“. 117 Ebd., S. 14, 28. – Die Auseinandersetzung wird von Kiefl im zweiten Teil der Arbeit minutiös analysiert. Nach ihm wird Leibniz gezwungen, mit der Ökumenizität des Tridentinums letztlich auch die faktische Katholizität der katholischen Kirche zu negieren, so dass Leibniz de iure zwar von einer solchen Kirche sprechen, sie aber in keiner historischen Realisation mehr finden könne. Damit hebe sich der Begriff der Katholizität aber selber auf. Vgl. ebd., S. 106–202, v. a. S. 150–152. 118 Ebd., S. 53–105. Kiefls Fazit: „Der letzte Grund des Widerspruchs liegt darin: Leibniz stand philosophisch auf dem Standpunkt der Vernunftreligion und erblickte in dieser die höhere Einheit der in sich unvereinbaren kirchlichen Gegensätze, weshalb eine Analyse seiner theologischen
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Pichler bei Leibniz keine Leugnung von Übernatur und Offenbarung erkennen konnte119, warf Kiefl ihm die Leugnung der Übernatur, des nur durch Offenbarung zugänglichen Geheimnisses vor120. Er sah in Leibniz’ frühaufgeklärtem Standpunkt die Gefahr des von ihm bekämpften liberalen Protestantismus und Modernismus präfiguriert. Christentum sei für Leibniz nichts als Rationalismus und das philosophisch einsehbare Prinzip der Gottes- und Nächstenliebe. Der Rest bleibe nur für das abergläubische Volk noch stehen121. Für einen Katholiken, so Kiefl mit Bossuet, dürfe es jedoch eine Unterscheidung zwischen fundamentalen und nichtfundamentalen Artikeln nicht geben122. Das Systema theologicum sei deshalb niemals die inhaltliche Überzeugung des Leibniz gewesen. Es enthalte neben dem Essentiellen auch das spezifisch partikular-katholische, das er niemals angenommen habe. Es sollte nur für den Einheitsplan Royas y Spinola einen geläuterten Katholizismus darstellen, in welchem das Grobmissbräuchliche ausgeschieden sei123. In Kiefls Leibnizbild spiegelt sich die Geschichte des intellektuellen Katholizismus seiner Zeit. Kiefl, spekulativ hochbegabt, war von Anfang an ein Vertreter der von ihm als „philosophia perennis“ bezeichneten aristotelisch-thomistischen Philosophie. Bei allem Eintreten für seinen verketzerten Würzburger Kollegen Herman Schell (1850–1906) zeigten sich bei ihm von Beginn an apologetische Tendenzen124. Als die historische Bibelkritik das Christentum in seinen Augen in eine von allen objektiven Dogmen entleerte subjektive Gefühlsreligiosität zu verwandeln drohte, wurde er zum entschiedenen Antimodernisten und Rechtskatholiken125. In Leibniz und dessen verinnerlichten, durch philosophische und historische Vernunft essentialisierten Christentum konnte er nur noch den Feind sehen, der in Aufklärung, liberaler und modernistischer Theologie in seiner Gegenwart die objektive Wahrheit des Offenbarungsglaubens bedrohe: „Die Idee des Leibniz ist unvereinbar mit dem ehrlichen Begriff des Offenbarungsglaubens“ 126, so Kiefl. So erklärt sich seine Tendenz, bei aller historischen Gelehrsamkeit und systematischen
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Ansichten, wofür Pichler eine Masse Materialien aus den Schriften des Leibniz beigebracht hat, überall über die positiven, konfessionellen Auffassungen hinausführt. Eine unfehlbare Kirche aber hat nur eine Stelle im Systeme einer Offenbarungsreligion. Indem Leibniz in einer Verschmelzung der beiden Elemente, der Vernunftreligion zur Lösung der dogmatischen Differenzen und des Auktoritätssystems zur Herstellung der äußeren Einheit, den Schlüssel des Friedens zu bieten zu können glaubte, bot er eine Summe von Widersprüchen, welche der klare Geist Bossuets unmöglich als Grundlage eines dauernden, soliden Friedens anerkennen konnte“ (ebd., S. 104–105). Pichler: Die Theologie des Leibniz, I, S. 208–238, 357. Kiefl: Friedensplan, S. 4–13. Ebd., S. 17–21. Ebd., S. 32–49. Ebd., S. 233–240, wo Kiefl die Schrift auf das Jahr 1694 datieren möchte. Hausberger: Franz Xaver Kiefl, S. 361–372; zu seiner Würzburger Zeit und den Streit um Schell, ebd., S. 31–121. Ebd., v. a. S. 232–243. Kiefl: Friedensplan, S. XIV.
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Durchdringungskraft, Leibniz’ theologisch-ökumenischen Ansatz von Grund auf für verfehlt zu halten. V. FAZIT In der Beschäftigung mit Leibniz als faszinierendem und implikationsreichem Objekt der geistigen Auseinandersetzung spiegeln sich zentrale Entwicklungslinien der deutschen katholischen Theologie, der aufgeklärte Reformkatholizismus, der Ultramontanismus und die sich diesem entgegensetzende liberale Theologie, der neuscholastische Antimodernismus. Dabei sind klassische Deutungen der Leibnizschen Theologie entstanden. Dass Leibniz für die katholische Theologie wohl noch bedeutender war als für die evangelische, mag an der um 1800 abbrechenden, unzureichenden Kantrezeption des Katholizismus liegen, für den sich somit die Erinnerung an die Projekte einer vernunftgeführten Aufklärung und eine irenische Annäherung der Konfessionen stärker in Leibniz kristallisierten. So spiegelt sich in der katholischen Leibnizannäherung die Grundspannung aller katholischen Theologie zwischen philosophischer und historischer Vernunftverpflichtetheit auf der einen, und dogmengebundener Kirchlichkeit auf der anderen Seite wieder.
JEAN BARUZI’S ECUMENICAL VISION OF LEIBNIZ Jaime de Salas (Madrid) Baruzi’s1 Leibniz et l’organisation religieuse de la terre has a distinct place in the reception of Leibniz’s political and religious thought and as such since it’s appearance in 1907 has had an important role in the Leibniz reception. Its main thesis is that the work and activities of Leibniz should be understood as issuing from a religious experience that not only founded his theoretical interests but sustained his practical, basically political, activity. This leads to: 1. A reevaluation of Leibniz’s practical activity as a diplomat, counsellor principally but not only at the court of Hanover, civil servant and librarian. 2. Realizing that his theoretical interests are related to his practical activity reinforcing and expressing each other. 3. The conclusion that his religious attitude would be at the basis of both. Leibniz et l’organisation religieuse de la terre develops these thesis through a biographical introduction to Leibniz’s theoretical and practical activities showing the continuity of certain basic themes: The establishment of peace in Europe, the reconciliation of churches, and the ethical, juridical and political thought founded on the concepts of love and justice. At the same time it is very much a book which reflects the vitality of the Parisian intellectual scene of the beginning of the twentieth century and its commentary requires us to reconstruct the more general cultural situation in which it was written. The quality of the book is due to the fact that it represented not only a new reading of Leibniz based on partly yet unpublished sources, a reading which on the whole has been vouchsafed by later scholarship, but also that its text has been written in a definite context that reflects the problems and solutions of the times. Ultimately it is a case, to use Nietzschean terminology, of monumental history in which the quality of the subject lies partly in its relevance to the place and the moment of its publication. I think that this monumental character as well as the general evolution of Leibniz scholarship has determined that Baruzi’s book has been superseded. But his general understanding of Leibniz even though permeated by Henri Bergson and Alfred Loisy, still remains of great interest. 1
This article has been developed in the research project Filosofía de la historia y valores en la Europa del siglo XXI (FFI2008-04279//FISO) directed by Dr. C Roldán of the Instituto de Filosofía del CSIC.
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We shall proceed in the following form: I. II. III. IV. V.
Bergson and Loisy in Leibniz et l’organisation religieuse de la terre Baruzi’s work in the Leibniz reception of the twentieth century The concept of ecumenism Leibniz’s ecumenism in Baruzi’s presentation Concluding remarks I. BARUZI’S CONTEMPORARY SOURCES: BERGON AND LOISY.
To understand the quality of Baruzi’s thesis in Leibniz et l’organisation religieuse de la terre it is convenient to refer to it’s sources. The work of Jean-Louis Vieillard-Baron provides in its introduction to the collection of Baruzi’s articles L’intelligence mystique2 a very useful approach to these. Vieillard-Baron cites three major sources to Baruzi’s work as a whole: Émile Boutroux, Maurice Barrès and Henri Bergson, and later adds an acknowledgement of the importance of Alfred Loisy. For the work we want to present here – which is centered on Baruzi’s first book – Bergson and Loisy are the most important sources. At the same time, it is important to add that he is not properly speaking a pupil or disciple of these. At 26 he was very much his own man. He may not have achieved the literary and philosophic quality of Bergson nor did he sport the biblical knowledge one finds in Loisy. But Baruzi handles their work deftly, eloquently and with originality to make an important contribution to Leibniz studies; even if in the case of Bergson he does not attempt to rework the principles he borrows. There is of course a generational difference between the three in so far as Henri Bergson was born in 1859, and Alfred Loisy in 1857, whereas Baruzi was born in 1891. Even among Loisy and Bergson the relation was not really a one of two equals. Through the correspondance of Bergson one finds that Loisy deferred to Bergson till the ‘20’s. Bergson clearly appreciates him and probably supported Loisy’s inclusión in the Collège de France after having been expelled from the Catholic Church. But we are made to feel that it is Loisy who usually elicits from Bergson a short and appreciative thank-you note on the reception of his latest work3. Ultimately, though Loisy’s knowledge of the bible was exceptional he shares with Baruzi a certain undefined vitalism which was probably a reflection of Bergson’s first two major works: Essai sur les données immédiates de la conscience and Matière et Memoire. Baruzi read both of these. My general thesis is 2 3
J. Baruzi: L’intelligence mystique, textes choisis et présentés par J.-L. Vieillard-Baron, Paris 1985, pp. 9–47. The relationship changes in the twenties. Loisy publishes Y a-t-il deux sources de la morale et de la religion?, which gives rise to an unpublished answer by Bergson. C. de Belloy: “Une mise au point de Bergson sur ‘Les deux sources’” in: Annales bergsoniennes, 1, Bergson dans le siécle, éd. et présenté par Frédéric Worms, Paris 2002, pp. 131 to 142, here: p. 131.
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that probably Loisy’s choice of the subject was much nearer to Baruzi’s interest but the master of philosophy for both of them was in 1907 undisputably Bergson. In this sense the publication of Leibniz et l’organisation religieuse de la terre is a minor event in a process which I would think ended with the publication of Les deux sources de la morale et de la religion by Henri Bergson in 1932 and which had possibly started with Essai sur les données immediates de la conscience in 1889. Baruzi’s book was published the same year as L’évolution créatrice which culminated the first period of Bergson’s writings. Loisy’s role was extremely important and controversial in the general intellectual discussion of the moment. Whereas Bergson was very much the most prominent French philosopher of his generation and achieved public acknowledgement in a way that no other philosopher has done, including Sartre or Foucault, Loisy was excomunicated from the Catholic church, five of his books banned by the ecclesiastical authority and gave rise with others to the encyclica Pascendi dominici gregis of 1907 the same year in which Leibniz et l’organisation religieuse de la terre appeared. Loisy became an outsider who gave rise to the modernist controversy4. However the lay intellectual establishment supported him and he became a colleague of Bergson in the Collège de France where he prepared his succession by Baruzi having the latter substituted from 1926 to 19315. What did Baruzi find in Bergson which is present in Leibniz et l’organisation religieuse de la terre. I would agree with Vieillard-Baron that Baruzi’s treatment of certain issues reveals a clear methodological influence of Bergson. “L’effort de Bergson, celui de Baruzi à sa suite, sera toujours de coincider par sympathie avec l’élan créateur d’un penseur, élan qui ne provient que de l’intuition fondatrice”6. On hís most sophisticated way as an interpreter Baruzi follows a Bergsonian method, for instance in his analysis of “la place d’autrui […]”7 or in the comparison with Bossuet8. For Baruzi the main principle appears to be that there is a relation between Leibniz’s experience and his philosophical thought, understanding by the term “experience”, the durée that is described in Bergson’s earlier works. The object of the intellectual is to identify with the durée. And there is a related sense of an underlying principle of life which has to come to terms with an exterior reality which also brings him near to Bergson.
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E. Paulat: Histoire, dogme et critique dans la crise moderniste, Paris 31996. Though Baruzi was only made profesor of the Collège de France in 1933 and Loisy’s inmediate sucessor in the chair was Lucien Febvre. Bergson at one point had Louis Couturat as his substitute. J.-L. Vieillard-Baron „Prologue“ in: J. Baruzi: L’intelligence mystique, textes choisis et presentés par L. Vieillard-Baron, Paris 1985, p. 16. J. Baruzi: Leibniz et l’organisation religieuse de la terre, Paris 1907, p. 272. Ibid., p. 392.
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Jaime de Salas “Cet amour de détail signifie métaphysiquement que le réel ne peut étre atteint que si l’on sympathise pleinement et si l’on se confond avec lui. La théorie sans practique est vaincue par la pratique réflechie et théorique en puissance”9.
Finally, his view of Leibniz expresses some of the same qualities that some of the great mystics have according to Bergson in Les deux sources de la morale et de la religion10. “[…] si un homme tel que Leibniz crut en ces œuvres et y voulut faire croire d’autres hommes, c’est parce que l’amour de Dieu vécut en lui comme il ne vit en nul autre, et surgit de sources métaphysiques insoupçonnées”11.
However, even if this influence tends to imply some of Bergson’s metaphysical tenets, Baruzi doesn’t expose them as such. As far as Bergson’s influence is concerned, it provides a context from which Baruzi achieves his marvellous recreation of Leibniz’s life and activities but certainly does not offer here a formulation of those principles he’s working with. It is understandable because at that moment Bergson’s thought had become lingua franca for in the Parisian scene. As for ecumenism, I think that Bergson’s vitalism has a biological flavour which appears implicitly in Baruzi. It is nature who is at work in history and therefore the continuity between human and animal life and nature considered as a whole is more important than the difference of cultures. In that specific sense, it is life, or life as it presents itself through the intelligence which explains the ultimate unity of culture. What is particularly interesting is that Baruzi introduces the term mysticism to explain Leibniz’s work and in so doing he is anticipating the evolution of Bergson himself which in Les deux sources de la morale et de la religion will maintain the supremacy of mystic knowledge. Bergson read Baruzi’s work on Saint John of the Cross which appeared in 192412. This work as has already been mentioned was published in 1932. In the first decade of the century Bergson was far from using the term mysticism which appears in his analysis of the Varieties of religious experience of William James13 and particularly in his analysis of the work of Henri 9 Ibid., p. 125. 10 Bergson describes the Christian mystics like this: “[…] un immense courant de vie les a ressaisis; de leur vitalité accrue s’est dégagé une énergie, une audace, une puissance de conception et de réalisation extrordinaires. Qu’on pense à ce qu’accomplirent dans le domain de l’action, un saint Paul, une sainte Thérèse, une Sainte Catherine de Sienne, un sainte François, une Jeanne d’Arc, et tant d’autres” (H. Bergson: Oeuvres, edition du centenaire, dir. par A. Robinet, Paris 21963). 11 Baruzi: Leibniz et l’organisation religieuse, p. 428. 12 J.-L. Vieillard-Baron “Le mysticisme comme cas particulier de l’analogie chez Bergson”, in: Bergson et la religion. Nouvelles perspectives sur Les Deux Sources de la morale et de la religion, dir. par G. Waterlot, Paris 2008, pp. 233–248, here p. 245. He cites Bergson’s notes of Baruzi’s book on Saint John. 13 Bergson: “Sur le pragmatisme de William James”, in: La pensée et le Mouvant, Paris 1934, which in fact first appeared in 1911. H. Bergson: Oeuvres, pp. 1444. See also Vieillard Baron: “Le mysticisme“, p. 258 in which he cites a letter of 1903 to William James in which
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Delacroix, Etudes d’histoire et de psichologie du mysticisme which appeared in 190814. Mysticism plays a greater role in Baruzi’s work but it is also true that Bergson’s later defense of mysticism is prefigured in the theory of the élan vital. Though inspired by Bergson, Baruzi’s attention to mysticism probably has other sources that coadjuvated and contributed to his reception of Bergson15. It is here that I consider that Loisy is of foremost importance, not because Baruzi borrowed from him an elaborated concept of mysticism but a term which was significant as the expresión of true religious experience. The main book that appeared in 1902 was Loisy’s L’Evangile et l’Eglise. Though ostensibly a reply to Harnack’s Wesen des Christianismus, in fact it developed the controversial thesis that the fourth gospel, that of Saint John more than a narrative of Jesus’s life, was an interpretation with elements of Philo’s philosophy. The use of ‘mysticism’ appears – unelaborated – at a crucial point: on one hand, it is not a question of understanding christianity as fixed and admiting a definite theological definition but more as a creed subject to change and growth and expressed in such a way that the faithful can identify with it’s message. In this fashion one can see the evolution of dogmas and the necessary adaptation to historical and social circunstances. This position allows one to accept the lack of coherence of the scriptures and in that sense make catholicism compatible with the requirement of scientific method but at the same time in Loisy’s positions there is also a sense of religion as an expression not only of experience, or of reason but as an activity in which a person arrives to identify oneself with the highest of realities and at the same time it becomes a self justificatory experience. Particularly the fourth gospel is more symbolic and interpretative than a representation of recollections of the life of Jesus16. The conclusion is: “L’idée johannique est toujours une vue de foi, d’une foi qui, pour apprécier dignement le rôle de Jésus, s’aide des éléments les plus élevés de la philosophie relígieuse en ce temps, et que s’exprime dans le langage de cette philosophie mystique: le Christ est la manifestation du verbe éternel, et le quatrième évangile, description symbolique de cette vérité, est une sorte d’incarnation, la révélation, par les images allégoriques, des discours et des récits du Christ, vie et lumière de l’humanité”17.
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Bergson recognises the importance of religious feeling. Bergson: Melanges, dir. par A. Robinet, Paris 1972, pp. 579 ff. See also Bergson 2008, p. 464. Vieillard Baron edits a letter of 1905 to Sully-Prudhomme where the term mysticism is valued as above reason. But all this awaits the systematic confirmation of Les deux sources […]. H. Bergson: “Rapport sur ‘Etudes d’histoire et de psychologie du mysticisme’ d’Henri Delacroix”, in: Melanges, dir. par A. Robinet, p. 788. In Loisy we find an unelaborated vitalism which is applied primarily to the church, as institution but can be projected to the individual. “Pourquoi ne pas mettre l’essence du christianisme dans la plénitude et la totalité de sa vie, qui, par cela mème qu’elle est vie, est mouvement et variété […]”? (A. Loisy: L’Evangile et l’Eglise, Paris 41908, p. XXVI). Ibid., p. 8. The point that Loisy makes is the incompatibility of the 4th gospel with the other preceeding ones unless one accepts that ithe smeaning of the latter is symbolic; p. 10. Ibid., p. 27 (italics J. d. S.). See also p. 69: “L’évangile, n’est pas entré dans le monde comme un absolu inconditionné, se resumant en une vérité unique et inmuable, mais comme une croyance vivante, concrète et complexe, dont l’évolution procède sans doute de la force intime
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In a later text Loisy synthesises his position saying the following: “Le temps n’est pas encore venu où l’on se résoudre à voir dans l’auteur du quatrième Evangile le premier et le plus grand des mystiques chrétiens, non le dernier des historiens de Jésus”18. One of the most important points to be made is that Loisy’s influence on Baruzi is not restricted to a thesis but has to be understood as a framework in which Baruzi presented his understanding of Leibniz. In this context, a religious experience is understood as mystical because of the high degree of introspection and sentiment. The resulting conception of religious experience is more important than the specific debts one can glean from a comparison between Baruzi’s book and the early work of Loisy. This is particularly so if one identifies this kind of religious introspection with the underlying vitality which organises the world and allows men to invent cultural forms. Even if this point is not technically developed it worked as a point of reference to Baruzi’s work. Evidently Leibniz’s form of interpreting this is unconventional and can even be called secularised, but it is probable that the experience behind his activity was not only real but a defining point of his biography. Baruzi is careful not to suggest anything near a strong and immediate mystic experience. This stands out particularly in the fact that Leibniz’s christological reflections are not very developed. La “foi intime [as to the divinity of Christ which is one of the great issues of the theology of the late nineteenth century] […] ne se laisse point saisir”19. However, there is for Baruzi a sense of the objective glory of the world as an expression of some superior power that transcends an utilitarist calculation despite the underlying rationality involved20. But he does attribute to Leibniz an understanding of knowledge which would include ultimately mysticism. “[…] Pour Leibniz, la contemplation ne s’oppose point à la méditation, mais la parachève […] il s’agit d’une piété totalement neuve, qu’il importerait de décrire”21. Though leaving the concept of mysticism undefined, Baruzi does make an important distinction in the closing pages. “Si le mysticisme est une doctrine de vie qui nous fait atteindre Dieu par l’intuition, et par la création en nous d’un état d’extase négateur de la recherche discursive; alors Leibniz n’est pas un mystique. Si au contraire le mysticisme admet que la raison soit la réalité ultraphénoménale, et la source profonde de l’être, si les mysticisme nie les destructions extérieures
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qui l’a faite durable, mais n’en a pas moins été nécessairement influencée en tout et dès le principe par le milieu où elle s’est produite et où elle a grandi”. A. Loisy: Autour d’une petite livre, Paris 1903, p. 107. The most developed presentation of Loisy’s position belongs to idem: Le quatrième Evangile, Paris 1903. Here Loisy maintains “Le prologue et l’évangile présentent le même mysticisme transcendant, le même métaphysique tout pénetrée de mysticisme” (p. 97). Baruzi: Leibniz et l’organisation religieuse, p. 475. Ibid., p. 433 where Baruzi distinguishes Leibniz’s position from “mediocres urtilitarismes” et des déclamatoires “religions de l’humanité”. Ibid., p. 437.
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et proclame l’union essentielle; s’il persuade les hommes que l’Universel est plus proche d’eux que leur propre corps; – alors vraiment Leibniz est un mystique”22.
Nonetheless one can recognise several specific points of influence of Loisy in Leibniz et l’organisation religieuse de la terre some of them following the indications of Baruzi who cites Loisy at several points: 1. The value of love as the St John presents it and as Leibniz, particularly in his correspondance with André Morell understands it23. 2. The insight that charity has to create a community among the faithful in God’s name. The importance that Baruzi gives to this concept opens an avenue on which many other leibnizians notably Gaston Grua have followed. 3. The other point to be made is the parallelism between Leibniz’s confrontation with Bossuet and Loisy’s confrontation with the Catholic Church. Baruzi explicitly distances himself from Loisy in so far as L’Evangile et l’Eglise seeks to give an idealized version of the church’s position through history not taking into account the difference of possible errors of interpretation and the adaptation of dogmas to the situation of the moment24. In that sense, Loisy wouldn’t be radical enough in the face of a common ennemy, the vatican. But it is also true that Leibniz does not attempt to take an historical view of the church as Loisy does. The second difference is that whereas Loisy writes initially from inside the Catholic Church, Leibniz is conscious of a rift that he needs to overcome. However the underlying opposition is in fact that of a strict orthodox interpretation of dogmas to that of Leibniz and Loisy who from a different standpoint and for different reasons insist that a dogma is contingent, possibly faulty and, above all in the case of Loisy, susceptible to adjustment, whilst the opposite side insists on the legitimacy of an essential christianity which would be invariable through the ages. In that sense there is a remarkable parallelism between Baruzi’s Leibniz and Loisy taking on orthodoxy. On the other hand inside the immensity of Leibniz’s work the connections with Loisy are relatively unimportant. But the real point and accomplishment of Baruzi’s interpretation lies in the fact that he can point out the pervasiveness of this sense of practical union with God as an underlying motivation of Leibniz’s activities. “Personne n’aura, à un si haut degré, uni l’action et la pensée; jamais non plus une vie et un système ne se seront aussi fortement exprimés l’un l’autre; jamais des efforts aussi dispersés n’auront contribué à créer un fin unique”25
22 Ibid., p. 495. 23 Ibid., pp. 457 ff. Loisy maintains paraphrasing the fourth gospel: “L’amour n’est donc pas une fin en soi; la charité tend au royaume”. 24 Ibid., p. 319, n2. 25 Ibid., p. 204.
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or “l’amour est le lien mystique entre la theorie et la pratique, entre le dogme proprement dite et l’action religieuse”26. II. BARUZI’S WORK IN THE LEIBNIZ RECEPTION OF THE TWENTIETH CENTURY There are two ways of evaluating academically the work of Baruzi. On the one hand, as an editor: though Foucher de Careil, Klopp and Pichler had already published their respective works and/or editions, the research that Baruzi did in Hanover was important. His contribution as editor was considerable27. Above all Leibniz et l’organisation religieuse de la terre benefited from his command of the unpublished work as well the strength of his central thesis of Leibniz as basically a religious and at the same time political thinker. But is is also important to add that this is perhaps the most dated of Baruzi’s contributions. It is Gaston Grua’s edition of 1948 and the progress of the Akademieausgabe Sämtliche Schriften und Briefe which has made accesible to the general reader many of the texts that Baruzi used28. But we can also think of Baruzi as an interpreter of Leibniz; the contrast is with Foucher de Careil and Louis Couturat, both editors of Leibniz. Foucher de Careil’s vision of Leibniz’s political thought doesn’t take into account the relationship of his metaphysics with his religious ideas. With Couturat and his interest in Leibniz’s work on logic, Baruzi differs though his general understanding of Leibniz allows him to see his logical as well as his mathematical work as part of Leibniz’s general intellectual drive. Baruzi’s interpretation of Leibniz’s work has been implicitly taken into account in general overviews of Leibniz’s bibliography. Dietrich Mahnke and Heinz Heimsoeth are two of it’s main disseminators29. However Grua’s great monographs at mid-century30 and Madame Naert have made Baruzi’s interpretation seem brilliant but in many aspects underdeveloped, lacking precision or clarity. Grua could have found in Baruzi the notion of a justice as ‘caritas sapientis’ but his elaboration of the subject and the scholarship he incorporates makes Baruzi’s comments appear as dated. On the whole, there has been little direct discussion on Baruzi’s thesis and I would single out the criticism of Madame Naert’s Leibniz et la querelle du pur amour as the most sustained treatment
26 Ibid., p. 279. 27 J. Baruzi: “Trois Dialogues mystiques inédits”, in: Revue de Métaphysique et de Morale Janvier (1905), pp. 1–38; J. Baruzi: Leibniz, avec des nombreux textes inédits, Paris 1909. 28 But not all. For instance the correspondance with Henfling is still to be published. 29 D. Mahnke: Leibnizens Synthese von Universalmathematik und Individualmetaphysik, Darmstadt 1964. 30 G. Grua: Jurisprudence universelle et Théodicée selon Leibniz, Paris 1953; G. Grua: La Justice Humaine selon Leibniz, Paris 1956.
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of a central point, the mystical character of Leibniz’s thought31. Behind the criticisms of Madame Naert there is a certain repetition of those made to Bergson’s Les deux sources de la morale et de la religión which appeared in 1932 and which stress a certain incompatibility of Bergson’s understanding and that of a conventional catholic understanding of mysticism. I think that these criticisms do apply to Baruzi, particularly in so far as mysticism tends to be understood in both authors as the expression of some immanent force rather than as a dispensation of a transcendent being. In fact the controversy over Les deux sources de la morale et de la religion represents the end of a period of French philosophy. Though influential in Teilhard de Chardin or even Deleuze, Bergson’s influence waned. The ‘40’s were the moment of Sartre’s L’être et le néant followed closely in the ‘50’s by the structuralist revolution. Bergson in fact had wandered far from the epistemological and positivist context which his initial work countered so effectively, and one of the explanations of the gradual loss of attention in the twenties and thirties points towards the need of the academic community to focus on new developments in human sciences. One also has to add that on the whole, the Leibniz reception has shied away from all encompassing biographical interpretation as Baruzi’s and has studied more in detail specific aspects of Leibniz’s work. If one thinks of Heidegger, Serres, or Deleuze, their attention has been directed to more specific aspects which can be of interest for us rather than an historical reconstruction as Baruzi attempted. But there are another two points to be made that explain the distance from Baruzi: his thesis is at it’s most convincing when he appeals to Leibniz’s activities. It points towards a biography which only in recent years tends to become more fashionable. After the Second World War, there was a certain diffidence towards ‘great men’ theories in the history of ideas and so where Baruzi was most effective, the academic community was less inclined to follow up. An heroic vision of Leibniz appeared to an extent irrelevant to the questions that it was ready to take into consideration. The attraction of mysticism and religious experience which Bergson shared with William James belongs to a post Kantian scenario and tends to distract attention to the content of knowledge. This is very important in the case of ecumenism, since Baruzi’s explanations tend to focus on the more general thrust of Leibniz’s activities and motivations whereas what could interest us more is the technique he uses to contrast opposing cultures or positions. On the contrary, if forms are understood as expressions of a principle such as life, their details tend to become irrelevant. The important issue was that life as a metaphysical entity testified to the reality of some basic metaphysical principle but not so much what was the specific outcome of the discussion. 31 É. Naert: Leibniz et la querelle du pur amour, Paris 1959, especially pp. 198 ff. Some points are well posed by Naert, particularly the use of citations of Leibniz which Baruzi tends to overinterpret to bolster his case, p. 214.
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III. THE CONCEPT OF ECUMENISM The conclusion I would draw from the reception of Baruzi in academic circles would be that he factually was right but academically irrelevant particularly because his Leibniz interpretation is tied to a metaphysical context which has been left behind. However, this judgement does not take into account the substance of Baruzi’s work, that is the study of Leibniz as a figure who practised ecumenical activity. Till now we haven’t practically mentioned the concept of ecumenism. It admits at least two characterizations. In the first place a more restricted one. In contemporary usage ecumenism is the work towards church unity as this is exemplified by the World Council of Churches which includes practically all christian denominations except the (Roman) Catholic Church. However there is another looser meaning, related to its etymology, by which ecumenism means ‘inhabited world’. This should be related to a certain concept of culture according to which culture creates a social world in which a person can develop his existence in the company of his fellow men. Taking into account the contemporary scenario of globalisation, this second meaning which includes the first, takes on a very important role. It points towards the necessity not only of having a shared culture but also of counting on ways of understanding and recognizing cultural differences. These should appear as interesting and valid in their own right, when one wishes to establish social bonds. The issue is that of maintaining communication, cooperation and in some sense an acknowledgement or communion in a globalised world despite the very real differences which separate us from our interlocutors. Leibniz occupies in that sense a priviliged place in the history of ideas. We can speak of a large part of his activity as political and of a part of his theoretical work reflecting his practical interests as Baruzi showed. And Baruzi is right and very relevant to our present concerns when he shows that the concept of politics that Leibniz follows is that of creating, recreating or preserving communities inside a world that was and is in a process of constant renewal so that communication is possible despite the obvious differences of points of view. We can then speak of Leibniz as practising ecumenism and his work as a case book of intercultural relations. IV. ECUMENISM AND BARUZI’S PRESENTATION OF LEIBNIZ’S POLITICAL ACTIVITIES Baruzi deals with Leibniz’s Ecumenism working at three different levels: In the first place, it involves influencing policy as in the Consilium Aegyptiacum (1671–72)32 so that power is used to expand and enhance Europe’s inner 32 A IV, 1, N. 10 ff.
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unity. The idea of a plan to invade Egypt which was Leibniz’s proposal was an exception to his general Leibniz’s practice. The French king, Louis XIV to whom the project was addressed would later become the butt of Leibniz’s political criticism and the object of several pamphlets. Its importance lies in that it seeks european unity and understands this as cooperation between the different nations. The unity implied peace in Europe. It proposes a political and economic venture appealing basically to the authorites of different nations that were then faced by a common enemy, the turkish empire. Baruzi adds an important idea. Peace in Europe had to be based on an idea of justice or balance of powers which took into account the rights and individualities of all parties concerned33. This is the content of the first chapter of the first part of Baruzi’s book but the idea of cooperation is present in the whole of the first part of the book and the theme of a political patron to further Leibniz’s projects is extended to the third chapter of the same part. In the second place, the unity can be achieved through collaborative intellectual activity independent of the use of political power though the latter can be important as a promoter of cultural activity. Chapter two of the first part dwells on the importance of the Jesuits for Leibniz. However Leibniz is also interested in the orders of the Roman church that should be specialized in different activities. They work for the glory of God and the fact that they’re specialized implies that they can achieve much more than individuals working alone, could. “Leibniz se suppose un instant le pape d’un Ëglise idéale. Il distribue alors entre les moines la recherche de la vérité et les oeuvres de charité. Les Bénedictins, les Cisterciens seroient naturalistes et profiteraient de leurs immenses terres pour faire des expériences, en même temps que pour recevoir les pauvres; les ordres mendiants tels que les Franciscains, Capucins, Observants, s’appliqueraient à la médicine, à la chirurgie, au soin des pauvres et des soldats; les Dominicains, les Jesuites, les Carmes, les Augustins étudieraient l’histoire ecclésiastique et l’histoire profane; les Pères de la Mercède et les différents membres de la Congregation de la Proppagande deviendraient linguistes, compareraient les langues orientales, scruteraient les étymologies, ‘repareraient les ruines de la confusión de Babel, quant à la foi et quant à la langue’, et feraient circuler d’un monde à l’autre les connaissances et les choses; en fin les contemplatifs, tels que Chartreux et autres ‘retirés’ se voueraient aux sciences abstraites, comme la mathématique, la ‘métaphysique réelle’, la théologie mystique, la poésie sacrée, et chanteaient à Dieu ‘des hymnes d’une beauté admirable’”34.
At this level one should also include the contribution that different missionaries could make in favour of the development of a common culture. This second aspect of Leibniz ecumenical work is basically intellectual in that it tries to show the continuity of different languages and practices and the possibility of cooperation in their study. The underlying idea is that there is a common reason that manifests itself in different cultures. Each culture offers a perspective on a common truth and at the same time its dissemination and the ensuing dialogue helps the development of other perspectives. These ecumenical projects 33 Baruzi: Leibniz et l’organisation religieuse, p. 35, which would be the contrary of an universal monarchy which Louis XIV envisaged. 34 Ibid., p. 450.
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have a direct relationship with the multiple plans of scientific cooperation that Leibniz envisaged all through his career. The general outlook anticipates that of later centuries because the inmediate objective is to elucidate the rationality that cultural forms contain: the underlying premise of these investigations is that the knowledge they afford is valuable both for the technocratic development of society and for a better understanding of ultimate reality. There are three additional comments I would like to make on this point: the academies as opposed to the universities were the institutions that the absolute state, particularly in France developed in the seventeenth and eighteenth century. Leibniz suggestions aren’t always made with the explicit view of state intervention in science and culture but it is true that it is distinctive of Leibniz’s views that need or convenience for the state to foster the organisation of research and knowledge and at the same time integrate the results into it’s activities. The state represents the attention of power to developing not only the economy but the knowledge necessary for it. In that sense we’re also in a political and administrative level. Secondly, this knowledge points also towards a community of scientists, a république des lettres and on the other hand to the work that certain orders like that of the Jesuites were doing as missionaries. In both cases we do not have ecumenism in the strict sense but we do have the framework of a community where diverse agents can be in touch with weach other and develop their perspectives though this communication. Finally, the knowledge obtained points towards the république des lettres to which Leibniz felt himself attached. In the third place, there is Leibniz’s work directly involved in the ecumenical discussions particularly between catholics and Protestants but also extends to the reunion of the Lutherans and Calvinists. Here the unity is formally the unity of churches and so has strictly to do with ecumenism understood in a restricted way. This would be the central drive of Leibniz’s ecumenical practice but it is important to take into account that it has to be understood beside the other two levels we have distinguished. One of the merits of Baruzi’s book is the attention he has paid to the discussions between Catholics and Protestants in which Leibniz took part. In fact this side of Leibniz’s ecumenical practice takes up about half the book, that is almost 250 pages, particularly, chapters three and four of the second part. Anyone studying the period has known about these discussions but there has been relatively little specialized research, among other reasons because of the extent of the culture, one has to master to be able to evaluate properly the positions of the participants. It is an issue which is at the same time religious and political and which therefore requires knowledge of ecclesiatical history, theology, scripture studies, philosophy, history of institutions, and politicial history. What did the two main characters Bossuet and Leibniz expect by the exchange of letters? Obviously there are political advantages in tolerance that should be taken into account, but if we leave those aside there is a curious asymmitry between the two parties. On Bossuet’s side it seems that the basic idea would be to convince Leibniz that in fact what he was looking for was already defined by the catholic camp and that there was no reason that could impede Leibniz from
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changing sides. Whereas Mdme. de Brinon’s approach was that of someone who sought a more personal understanding towards Leibniz, that of Bossuet implied more the importance of affirming the supremacy of the Catholic Church in face of posible heresies. It was not unusual in the political and historical cohtext for there to be conversions to the Catholic Church. The most famous was that of Queen Christina of Sweden. In fact John Frederick, the elector of Hannover who had invited Leibniz to work for the duchy was a convert to Catholicism in a Lutheran duchy. Leibniz’s position was more subtle. On the one side he appreciated the value of Rome as the symbol of the unity of Christians. To return to the issue of ecumenism, what was pamanount for Leibniz was his vision of Catholicism as the unity of christians, that is of all christian churches which for Leibniz had become national churches including the church of Rome35. His tactic was to introduce into the discussion the thesis that inside the Catholic Church there were divisions as important as those that separated catholic from non catholics. The Jansenists and the Quietists were cases in point36. Leibniz’s argument takes the following line: being error inevitable it should never be voluntary but should to be accompanied by the disposition of allowing for Catholics. Leibniz’s solution is therefore the following: “Admettons qu’ils [scil. les Protestants] soient dans l’erreur. S’ils aiment et sentient l’union, ils entrent dans l’église. De mème appliquons ces regles aux Catholiques romains: Si forts de la verité qu’ils se pretendent, abandonnent-ils l’amour, le schisme les atteint”37.
From this point of view the posible errors of the Protestants are not decisive. “Si donc les protestants refusent parce qu’ils ne peuvent, mais en revanche aiment l’église, la veulent, se soumettent à ses decisions ultérieurs , réclament même la réunion d’un Concile, voient en fin le pape comme leur père commun; ne devons-nous pas leur repondre qu’ils souffrent d’une erreur moralement invincible, abondamment guérie par leur ‘obéissance’”38?
Taking into account the love of the church of Roman Catholics, Leibniz asks for the admittance of Protestants of good faith and certain concessions: the communion in two forms, the marriage of priests, and the vernacular mass till a council should be convened that would adjudicate the dogmatic solutions39. When we deal with the term “ecumenism” in Leibniz it is important to add that a side issue was the ecumenic character of the council of Trent. For Bossuet it was valid. Leibniz didn’t only object to the exclusion of Protestant bishops, but also to the fact that the French bishops finding themselves in minority did not attend40. The interesting 35 36 37 38 39 40
Ibid., p. 275. Ibid., p. 313. Ibid., p. 281. Ibid., p. 285. Ibid., p. 285. Ibid., p. 329; p. 333 specifies that for Leibniz An ecumenic council is one that is representative, that is one in which a certain balance is maintained between the different countries participating.
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point is that ecumenism is no longer just an ideal of community but a condition that a council should satisfy. Leibniz’s position should also be related to the thesis De obligatione credendi (1677)41. Baruzi cites a passage from a letter to Madame de Brinon: “Les opinions [those developed in the context of the council of Trent] ne sont pas volontaires, et on ne s’en defait pas quand on veut”42. One cannot believe at will, but must find the best reasons to support one’s position. But we should also recognise Leibniz’s perspectivism at work in so far as the possibility of communication requires not only a common language but also a diversity of standpoints, of different perspectives which makes communication possible. Whereas he sincerely wanted to surmount the incommunication of a schism, he didn’t expect that a complete uniformity was possible or even desirable inside the Catholic Church. Leibniz had in mind the ideal of a new situation for both Catholics and Protestants, which would overcome the division that the reform had introduced. He understands that the reform was justified by the laxity of practices and the superstitious level which was present in many of the church’s activities. But at the same time he deplores the particularity of national churches that had been the main result. To overcome the schism would mean that all Protestants would become Catholics in so far as they would be reintegrated into the Roman church and that all Catholics would become Protestants in so far as they arrived at the level of discipline and purity that characterises the Protestants.43 In so doing he is pointing towards a form of natural religion which at the same time in no case ignores the importance of ritual and dogma and therefore does not attempt to transcend the everyday life of the believer. Baruzi is also right when he maintains that from a theoretical and in a sense from a practical point of view the decisive issue was the love of God. He cites the following sentence of Leibniz: “(une erreur de foy, ou) l’heresie ne damne peutestre que parce qu’elle blesse la charité (et l’union)”44. Love of God proves to be a corrective of any difference in dogmas:
41 A VI, 4C, 2149. The conclusion in p. 2154: “Nulla est obligatio credendi, sed tantum studio inquirendi”. 42 Baruzi: Leibniz et l’organisation religieuse, p. 276. – In one of his last letters to Bossuet, on February 5, 1702, Leibniz says: “La verité n’est pas une chose qui depende de nôtre volonté ou de nôtre politique”; A I, 20, 759; Baruzi: Leibniz et l’organisation religieuse, p. 382. 43 Ibid., p. 414. Cf. also J. Baruzi: “Leibniz et l’idée de schisme”; in: L’intelligence mystique, pp. 99 ff. 44 A I, 3, 261 (Leibniz at the beginning of the year 1681 to Ernst von Hessen-Rheinfels). Baruzi: Leibniz et l’organisation religieuse, p. 276, quotes the passage according to the text in: Leibniz und Landgraf Ernst von Hessen-Rheinfels, hrsg. von Chr. von Rommel, Bd. 1, Frankfurt a. M. 1847, p. 277, containing the additional words given above in brackets.
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“L’union des églises, matériellement réalisée, se trouve métaphysiquement préformée par l’indissolubilité necessaire de la foi et de la charité. En approfondissant les notions fondamentales de la connaissance et de l’amour, on s’aperçoit que toute séparation est impossible et que les disjonctions, inévitables dans l’ordre de la foi, sont d’avance rectifiées par la charité”45.
The responsibility for a possible schism lies not only in those that may be in an error but in those that are not ready to consider the possibility of being themselves mistaken. Leibniz’s ideal of ecumenism is that of a society that finds it’s reality in the communication between its members. Each makes itself present in this act of communication which can involve political understanding and trade, but consists fundamentally in the exchange of knowledge that permits both the development of technology, the advancement of scientific knowledge and a progression in theology. Baruzi explicitly relates the enactment of this ideal to concept of the glory of God46. V. CONCLUDING REMARKS 1. It is important to overcome a romantic view of cultural innovation by which new cultural forms are created by great personalities. In the case of Leibniz this view is to a great degree correct, in so far as Leibniz was in fact a great creator of cultural forms. However, what should call our attention in the case of ecumenism is not so much the originality which he showed in his theoretical work as the quality and range of his practice that is the mastery of different cultures that enabled him to find forms of establishing relations in spite of the difficulties that such a dialogue implies. More than a new form, it is a question of finding new ways of understanding old forms, of speaking an established language so that it can permit understandings that have become highly useful or even necessary. We study the history of philosophy based on the understanding that if we can master the thought of some of the great philosophers of our established canon we are introducing ourselves into its history. Probably that is the way it should be studied because there is no system that we can think of as definite. But we should not be unaware that we are using a method which can be limited if one wants to understand the process by which we adapt our culture to new situations. More than a question that can be adjudicated in a confrontation between two grandmasters, like that of Leibniz and Bossuet, the importance of this dialogue is that it took place in such a manner that both could understand the other and at the same time continue to be consistent with one’s own views. The limitation of the ‘great men’ theory of cultural innovation is that it does not take into account that on the whole, culture evolves and creates new forms in 45 Baruzi: Leibniz et l’organisation religieuse, p. 279. 46 Ibid., p. 446.
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an impersonal manner, in the context of a myriad of day to day exchanges that erode previous practices and make way to new ones. It is the intertaction of men in society more than an individual that makes the difference. Perhaps it would be more adequate to say not that Leibniz defends ecumenic theories but that he consciously and reflectively practises ecumenism, which means that leaving aside his purely theoretical activities, he enters issues where political expediency, custom and precedent, unconscious beliefs, and ultimately fears and desires play a very large role. He works on his culture to find the right way to achieve the object of the exercise which is a form of communication. More than making new discoveries, the issue is to achieve the proper use of language: the interlocutors of a dialogue need to be able to recognise themselves in their words and at the same time leave space for the other in his or her diversity. We should see Leibniz’s work as a collection of case studies of the enactment of that practice more than an organic system. 2. Leibniz’s perspectivism implies thinking of an ultimate reality which can be recognised from different points of view. For instance, his wish to have different versions of the Lords prayer registered by missionaries in different Russian lands. In a sense the sufficency of God implies the legitimacy of the different points of view though at the same time it also permits the notion that from some perspectives one can achieve a better view on ultimate reality than from another. The linguistic turn, and particularly the developments of language philosophy from the second Wittgenstein on, leads one to the idea that it is possible that there may not be a common objetive but that nonetheless the relationship between viewpoints is such that it is important for there to be a dialogue in which each partner shows himself as open and yet at the same time as irreducible to the other. The creation of new forms to an extent depends on the existence of such a dialogue. 3. Finally one must value Leibniz’s achievement in this area. Though he was justly of having reconciled final and efficent causes and have managed to present a solution to one of early modernity’s great problems, for instance in the Discours of Metaphysics, one of Leibniz’s greatest contribution lies in the abiding sense that culture demands not only the application of quantitative methods and the rationalisation of procedures and institutions but a practice of presenting and comparing different viewpoints in the conviction that one cannot arrive at an all encompassing synthesis, nor overcome the difference of perspectives but ultimately can arrive at an understanding with the other.
ZUR GEGENWÄRTIGEN LAGE DER ÖKUMENE Konrad Raiser (Berlin) In den landläufigen Darstellungen der Geschichte der ökumenischen Bewegung taucht Leibniz zwar als einer der, zu seiner Zeit einflussreichen aber letztlich erfolglosen, Vorläufer der modernen ökumenischen Bewegung auf. Seine potentielle Bedeutung gerade für die protestantisch-katholische Verständigung heute ist dagegen bisher kaum zur Kenntnis genommen worden. Mir geht es im Folgenden um eine Einschätzung der gegenwärtigen Lage der Ökumene im Lichte meiner eigenen theologischen und kirchlichen Arbeit. Meine Einschätzungen werden daher geprägt sein von diesem spezifischen Erfahrungshintergrund. I Lassen Sie mich beginnen mit dem Versuch eines sehr skizzenhaften Brückenschlags zwischen den Bemühungen von Leibniz in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts und der neueren ökumenischen Bewegung, wie sie vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg institutionelle Gestalt gewonnen hat. Zunächst fällt auf, dass sich die ökumenischen Impulse von Leibniz und seinen Zeitgenossen ebenso wie bei den Pionieren der neueren ökumenischen Bewegung einer geistigen und geschichtlichen Umbruchsituation verdanken. Nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges ebenso wie nach den Erschütterungen der beiden Weltkriege im 20. Jahrhundert sahen sich die Kirchen aufgerufen, über die wechselseitige Abgrenzung voneinander hinaus zu gehen und nach Wegen zu suchen, um das von allen geteilte Bekenntnis zur einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche neu zur Geltung zu bringen. In beiden Situationen sahen sich die Kirchen darüber hinaus durch die geistigen und kulturellen Umbrüche zur beginnenden Neuzeit bzw. zur Moderne herausgefordert, welche das überlieferte christliche Weltbild und die traditionelle gesellschaftliche Rolle der Kirchen in Frage stellten. Die Methode kontroverstheologischer Auseinandersetzung bzw. der Versuch des irenischen Ausgleichs der konfessionellen Lehrpositionen musste transformiert werden in Richtung auf eine theologische Grundlegung der Bemühungen um ökumenische Verständigung. Die Initiativen von Leibniz, wie die hinter der Gründung des Ökumenischen Rates der Kirchen stehenden Vorstellungen entsprangen dieser Einsicht. Was die Ansätze in beiden Fällen darüber hinaus miteinander verbindet, ist die Ausrichtung an einem weltweiten Verständnis der Ökumene. Beide hatten ihre Wurzeln in Europa, das sich jahrhundertelang als das geistige und kulturelle Zentrum der Welt verstanden hatte. Die alte Vorstellung vom corpus christianum war
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im Zuge der geschichtlichen Umbrüche erschüttert, bzw. zerbrochen und die Notwendigkeit drängte sich auf, eine neue Ordnung der Welt zu entwerfen. Der christliche Universalismus von Leibniz, der sowohl eine politische wie kirchliche Neuordnung umfasste und weit über die Grenzen seines unmittelbaren Wirkungsfeldes hinausreichte, findet seine Entsprechung in den konzeptionellen Vorstellungen der ökumenischen Pioniere vor hundert Jahren. Das gilt für den großen ökumenischen Visionär und Staatsmann John R. Mott ebenso wie für den intellektuellen Kopf der ökumenischen Anfänge im letzten Jahrhundert Joseph H. Oldham und nicht zuletzt für den Architekten des Ökumenischen Rates der Kirchen Willem A. Visser ’t Hooft. Für sie alle zielten die ökumenischen Bemühungen, wie 200 Jahre zuvor für Leibniz, nicht nur auf die Überwindung der Kirchenspaltungen und eine Union der christlichen Kirchen; Sie waren, wie Leibniz, zutiefst durchdrungen von der Überzeugung, dass das Christentum die unabweisbare Berufung habe, der universalen Einheit der Menschheit zu dienen. Klassisch kam diese Überzeugung in den Worten von Erzbischof William Temple zum Ausdruck, als er von der ökumenischen Bewegung vor dem Hintergrund der Zerrissenheit der Welt als der „großen neuen Tatsache dieses Jahrhunderts“ sprach. Noch ein letztes, verbindendes Motiv sei kurz erwähnt. Leibniz hatte, im Rückblick auf die Bemühungen im 16. Jahrhundert zur Überwindung der Kirchenspaltung durch ein großes Konzil und insbesondere in kritischer Auseinandersetzung mit dem Konzil von Trient, die Hoffnung auf ein wirklich universales Konzil wieder belebt und hatte im russischen Zaren, Peter dem Großen, als dem letzten christlichen Kaiser das auserwählte Werkzeug für die Wiedervereinigung der christlichen Kirchen gesehen. Nach diesem, letztlich erfolglosen Vorstoß von Leibniz blieb es still um die Idee eines allgemeinen christlichen Konzils. Auch die prophetische Vision von Dietrich Bonhoeffer am Vorabend des Zweiten Weltkrieges, dass das „eine große ökumenische Konzil der Heiligen Kirche Christi aus aller Welt“ das Wort vom Frieden so sagen könne, dass die Welt es „zähneknirschend“ vernehmen muss und die Völker froh werden, weil die Kirche ihren Söhnen den Krieg verbietet und den „Frieden Christi ausruft über die rasende Welt“, hatte zu ihrer Zeit kaum ein Echo ausgelöst1. Anders war es, als Papst Johannes XXIII. 1959 überraschend die Einberufung eines ‚ökumenischen Konzils‘ ankündigte. Auf die weit reichenden Auswirkungen des Zweiten Vatikanischen Konzils, nicht nur für die römisch-katholische Kirche sondern für die ökumenische Gemeinschaft aller christlichen Kirchen, wird später noch einmal zurück zu kommen sein. Hier interessiert vor allem, dass diese Initiative eine Neuaufnahme des Konzilsgedankens in der ökumenischen Diskussion anregte. Die 4. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen in Uppsala blickte voraus auf die Zeit, „wenn ein wirklich universales Konzil wieder für alle Christen sprechen und den
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D. Bonhoeffer: „Kirche und Völkerwelt“, in: Gesammelte Schriften. Band I: Ökumene, Briefe, Aufsätze, Dokumente 1928 – 1942, hrsg. von Eberhard Bethge, München 1958, S. 219.
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Weg in die Zukunft weisen kann“2, und die nachfolgende 5. Vollversammlung in Nairobi (1975) formulierte die Vision christlicher Einheit als einer „konziliaren Gemeinschaft von in sich geeinten Ortskirchen“3. So reizvoll ein solcher Versuch des Brückenschlags über den Abstand von mehr als zwei Jahrhunderten ist, so deutlich ist freilich zugleich der grundlegende Unterschied zwischen den ökumenischen Vorstellungen bei Leibniz und den Perspektiven der neueren ökumenischen Bewegung. Für Leibniz waren die ökumenischen Initiativen ein integraler Teil seiner umfassenden philosophischen Analysen, in deren Zentrum die Überwindung aller Dualismen durch die dialogische Erkenntnis der einen Wahrheit stand. Sein Vertrauen, dass durch den rechten Gebrauch der Vernunft die trennenden Lehrunterschiede zwischen den Kirchen überwunden werden könnten, markiert den Punkt, an dem der Unterschied zu den späteren ökumenischen Ansätzen besonders greifbar wird. Während im Denken der anglikanischen Ökumeniker in den Anfangsjahren der neueren ökumenischen Bewegung vernunftgeleitete, kosmische und naturrechtliche Vorstellungen noch eine wichtige Rolle spielten, wurde die ökumenische Diskussion in der Folgezeit immer stärker von der Krise alles metaphysischen Denkens erfasst. Sie suchte, vor allem unter dem Einfluss Karl Barths, den entscheidenden Bezugspunkt der Einigungsbemühungen nicht länger in einer umfassenden philosophischen Weltsicht, sondern in der entschlossenen Rückwendung zur biblischen Tradition und zu Jesus Christus als dem Zentrum christlicher Einheit. Mit seiner Formel vom „christozentrischen Universalismus“ brachte Visser ’t Hooft die ökumenische Grundorientierung seiner Generation prägnant zum Ausdruck4. Damit verbindet sich ein weiterer signifikanter Unterschied. Zwar richtete sich der Blick von Leibniz durchaus über den Raum der alten christlichen Kirchen hinaus; insbesondere war er fasziniert von der alten religiös-philosophischen Kultur Chinas. Sein kritisches Interesse galt auch dem Islam und dem Judentum, den beiden anderen ‚monotheistischen‘ Religionen. Aber seine Vorstellung einer neuen Weltordnung blieb letztlich eurozentrisch. Die neuere ökumenische Bewegung verdankt ihre Ursprünge vor allem dem Aufbruch der Missionsbewegung im 18. und 19. Jahrhundert. Damit traten die alten Kulturen und Religionen Asiens und die Auswirkungen des Kolonialismus in Afrika schon sehr früh in das Weltverständnis der ökumenischen Bewegung ein. Vor allem die wachsende Rolle Amerikas und der amerikanischen Kirchen veränderte die Voraussetzungen ökumenischer Bemühungen im Vergleich zu den Bedingungen im ausgehenden 17. Jahrhundert. 2
3
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Bericht aus Uppsala 1968, offizieller Bericht über die Vierte Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen, Uppsala, 4.–20. Juli 1968, hrsg. von N. Goodall und W. MüllerRömheld, Genf 1968, S. 14. Bericht aus Nairobi 1975. Ergebnisse, Erlebnisse, Ereignisse, offizieller Bericht der fünften Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen, 23. November bis 10. Dezember 1975 in Nairobi, hrsg. von H. Krüger und W. Müller-Römheld, Genf 1976, S. 26. Vgl. W. A. Vissert ’t Hooft: Kein anderer Name. Synkretismus oder christlicher Universalismus?, Basel 1965; vgl. dazu auch K. Raiser: Ökumene im Übergang, München 1989, S. 61 ff.
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Diese skizzenhaften Beobachtungen mögen genügen für einen Brückenschlag zwischen den ökumenischen Visionen bei Leibniz und der ökumenischen Bewegung, wie sie sich im 20. Jahrhundert entwickelt und entfaltet hat. Manches von dem, was bei Leibniz vorgedacht und in Ansätzen auf den Weg gebracht worden ist, hat sich inzwischen durchgesetzt. Die Beziehung der Kirchen zueinander hat sich im Zuge der ökumenischen Bewegung grundlegend verändert und diese Änderung ist unumkehrbar geworden. Aber zugleich sind die tiefer liegenden Hindernisse auf dem Weg zur vollen kirchlichen Gemeinschaft insbesondere mit der römisch-katholischen Kirche, an denen schon Leibniz in seinen intensiven Verhandlungen mit dem französischen katholischen Bischof Bossuet scheiterte, noch deutlicher zu Tage getreten. Das wird die von mir erbetene Einschätzung der gegenwärtigen Lage der Ökumene zeigen, der ich mich nun zuwenden will. II Gleich zu Anfang muss dabei auf eine Schwierigkeit im Gebrauch des Begriffs ‚Ökumene‘ verwiesen werden. Bekanntlich steht das griechische Wort oikoumene für die ‚ganze bewohnte Erde‘ und so taucht es auch im biblischen Sprachgebrauch auf, wobei die Ökumene in der Zeit des Hellenismus zusammenfiel mit dem Kulturraum des Römischen Reiches. Visser ’t Hooft ist in einem grundlegenden Aufsatz den Bedeutungswandlungen des Begriffs in der Kirchengeschichte nachgegangen und hat herausgearbeitet, wie sich das Verständnis vom ursprünglichen geographischen Sinn über die imperiale Zuspitzung auf die rein kirchliche Bedeutung von Universalität, bzw. Rechtgläubigkeit und allgemeiner Gültigkeit veränderte5. In der protestantischen Erweckungsbewegung mit ihrem missionarischen Impuls wurde das Wort wieder aufgegriffen als Ausdruck für die über alle nationalen Grenzen hinausgehende christliche Einheit. In die gleiche Richtung weist die frühe ‚Definition‘ durch den Zentralausschuss des Ökumenischen Rates bei seiner Sitzung in Rolle (1951), wo es heißt: „Es ist wichtig mit Nachdruck darauf hinzuweisen, dass dieser Ausdruck [ökumenisch], der von dem griechischen Wort für die ganze bewohnte Erde [oikoumene] abgeleitet wird, dann sachgemäß verwandt wird, wenn er sich auf die gesamte Aufgabe der gesamten Kirche in der Verkündigung des Evangeliums für die gesamte Welt bezieht“6.
Gegenüber dieser umfassenden ökumenischen Perspektive hat sich, vor allem im deutschen kirchlichen Sprachgebrauch, eine Verengung der Bedeutung von Ökumene auf die geistliche und zwischenkirchliche Dimension vollzogen. Wenn daher nach der gegenwärtigen Lage der Ökumene gefragt wird, dann richtet sich die Erwartung vor allem auf Entwicklungen im protestantisch-katholischen Verhältnis 5 6
W. A. Visser ’t Hooft: „Geschichte und Sinn des Wortes ‚ökumenisch‘“, in: ders.: Ökumenischer Aufbruch. Hauptschriften, Band 2, Stuttgart/Berlin 1967, S. 11 ff. Erklärung „Der Ruf der Kirche zu Mission und Einheit“, in: Die Einheit der Kirche. Material der ökumenischen Bewegung, hrsg. von L. Vischer, München 1965, S. 262.
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und allenfalls noch auf die Rolle der orthodoxen Kirchen in der ökumenischen Bewegung. Hier ist deutlich der Einfluss römisch-katholischer Positionen zu spüren, die mit dem Stichwort ‚Ökumene‘ und ‚ökumenische Bewegung‘ vor allem, wenn nicht ausschließlich, diejenigen „Tätigkeiten und Unternehmungen (verstehen), die […] zur Förderung der Einheit der Christen ins Leben gerufen und auf dieses Ziel ausgerichtet sind“7. So gilt denn auch das Gebet in Joh 17, 21 „dass sie alle eins seien […], damit die Welt glaube“ als Schlüsseltext der ökumenischen Bemühungen. Demgegenüber hat der Ökumenische Rat der Kirchen an dem weiteren, über die Kirchen und ihre Einheit hinausweisenden Verständnis von Ökumene und ihrem Bezug auf die ganze Welt festgehalten. Darin spiegelt sich die Ursprungsgeschichte der neueren ökumenischen Bewegung, die sich in drei zunächst unabhängigen, wenn auch personell vielfach verflochtenen Initiativen artikulierte, d. h. dem Internationalen Missionsrat, dem Ökumenischen Rat für Praktisches Christentum und der Bewegung für Glauben und Kirchenverfassung. Es waren nicht zuletzt die Herausforderungen, die von den totalitären politischen Systemen des Nationalsozialismus und des sowjetischen Stalinismus ausgingen, die dem schon früh von Nathan Söderblom, dem Erzbischof von Uppsala, und vom Ökumenischen Patriarchat in Konstantinopel entwickelten Plan zum Durchbruch verhalfen, einen ‚Ökumenischen Rat der Kirchen‘ zu gründen und damit die Kirchen selbst zu Trägern der ökumenischen Bewegung zu machen. Trotz intensiver Bemühungen um die Einbeziehung der römisch-katholischen Kirche blieb der Vatikan bis in die späten 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts in kritisch-abwehrender Distanz und untersagte allen Katholiken die Teilnahme an den frühen ökumenischen Konferenzen. Seit der 3. Vollversammlung des Ökumenischen Rates in Neu Delhi (1961), an der zum ersten Mal auch offizielle römisch-katholische Vertreter teilnahmen, war auch die Missionsbewegung voll in den Ökumenischen Rat integriert, der damit institutionell das oben angedeutete weitere Verständnis von Ökumene repräsentierte. Vieles von den Aktivitäten und Initiativen des Ökumenischen Rates hat durchaus Parallelen in der Struktur der katholischen Weltkirche und nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil kam es zu einer kurzen Periode der intensiven Zusammenarbeit, in der selbst die Möglichkeit einer katholischen Mitgliedschaft im Ökumenischen Rat erwogen wurde. In Folge einer Grundsatzentscheidung auf höchster Ebene verlagerte freilich der Vatikan seit Anfang der 70er Jahre den Schwerpunkt seiner ökumenischen Anstrengungen auf die bilateralen theologischen Dialoge mit den anderen großen Kirchenfamilien und konzentrierte sich damit auf die im strengen Sinn zwischenkirchlichen Aspekte der Ökumene und insbesondere die Suche nach theologischer Verständigung über die unterschiedlichen Traditionen der kirchlichen Lehre. Die Zusammenarbeit in den Feldern von Mission und Evangelisation ebenso wie in den Bereichen gesellschaftlicher und 7
Unitatis redintegratio, Dekret des 2. Vatikanum über den Ökumenismus vom 21. November 1964, cap. I, 4.
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politischer Verantwortung galten innerkatholisch als ‚weltkirchliche‘ Aufgaben, die nicht unter die ‚ökumenische‘ Berufung zur Einheit fielen. Hoffnungsvolle Ansätze der ökumenischen Kooperation zwischen der römisch-katholischen Kirche und der Gemeinschaft der Kirchen im Ökumenischen Rat, etwa im Rahmen des gemeinsamen Ausschusses für „Gesellschaft, Entwicklung und Frieden“ (SODEPAX) oder im Feld der Laien- und Frauenarbeit und in der Verantwortung für die Mission, blieben daher stecken oder wurden abgebrochen, wobei die Verantwortung auf beiden Seiten liegt. Nur in der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung, die seit 1969 auch offiziell von der römisch-katholischen Kirche entsandte Mitglieder hat, und im Umfeld des interreligiösen Dialogs hat sich eine kontinuierliche Zusammenarbeit durchgehalten. Die Spannung zwischen unterschiedlichen Verständnissen und Visionen von Ökumene machte sich freilich auch in der Arbeit des Ökumenischen Rates selbst bemerkbar, vor allem als der Rat in den 70er und 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts die Fragen der ökumenischen Verantwortung für Gerechtigkeit und Frieden in der Welt stark in den Vordergrund rückte. Insbesondere die Orthodoxen Kirchen mahnten immer wieder eine verstärkte Konzentration auf die Fragen kirchlicher Einheit an. Dieser Erwartung wurde die Vorlage der von der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung erarbeiteten „Konvergenzerklärungen zu Taufe, Eucharistie und Amt“ gerecht, die mit Zustimmung der 6. Vollversammlung in Vancouver (1983) den Mitgliedskirchen zur offiziellen Stellungsnahme zugeleitet wurden8. Unter ausdrücklichem Bezug auf die Konvergenzerklärungen präzisierte die Vollversammlung die ökumenische Vision mit den folgenden Worten: „Frieden und Gerechtigkeit auf der einen Seite, Taufe, Eucharistie und Amt auf der anderen haben unsere Aufmerksamkeit in Anspruch genommen. Sie gehören zusammen. In der Tat ist der Aspekt der christlichen Einheit, der für uns hier in Vancouver am meisten in den Vordergrund gerückt ist, die eucharistische Gesamtschau. Christus – das Leben der Welt – eint Himmel und Erde, Gott und Welt, Geistliches und Weltliches. Sein Leib und Blut, die uns in den Elementen Brot und Wein gegeben werden, vereinigen Liturgie und Diakonie, Verkündigung und heilendes Amt. […] So schließt unsere eucharistische Vision die ganze Wirklichkeit des christlichen Gottesdienstes, Lebens und Zeugnisses ein“9.
Angesichts der historischen Umbrüche der Jahre 1989/90 sah sich der Ökumenische Rat genötigt, seine Mitgliedskirchen zu einem kritischen, rück- und vorausblickenden Reflexionsprozess über ein gemeinsames Verständnis und eine gemeinsame Vision des Ökumenischen Rates der Kirchen einzuladen. Aus diesen mehrjährigen Beratungen ging eine Grundsatzerklärung hervor, die 1997 vom Zentralausschuss angenommen und ein Jahr später von der 7. Vollversammlung in 8 9
Taufe, Eucharistie und Amt. Konvergenzerklärungen der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung des Ökumenischen Rates der Kirchen, Frankfurt a. M./Paderborn 1982. W. Müller-Römheld (Hrsg.): Bericht aus Vancouver 1983, 24. Juli bis 10. August 1983 in Vancouver, Kanada, Frankfurt/M 1983, S. 71; vgl. hierzu auch M. Käßmann: Die eucharistische Vision. Armut und Reichtum als Anfrage an die Einheit der Kirche in der Diskussion des Ökumenischen Rates der Kirchen, München/Mainz 1992, bes. S. 288 ff.
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Harare (1998) bekräftigt wurde10. Die Erklärung geht in ihrem 2. Kapitel über „die ökumenische Bewegung“ noch einmal ausdrücklich auf die bleibende „Unsicherheit, Unklarheit und sogar Verwirrung“ im Blick auf das Verständnis der Begriffe ‚Ökumene‘ und ‚ökumenisch‘ ein. Im Rückblick auf frühere Diskussionen und Stellungnahmen stellt sie fest: „Innerhalb der ökumenischen Bewegung hat sich der Ökumenische Rat der Kirchen bemüht, die Vision in Johannes 17, 21 (‚dass sie alle eins seien […], damit die Welt glaube‘) mit jener in Epheser 1, 9-10 (Gottes ‚Ratschluss […] wenn die Zeit erfüllt wäre, dass alles zusammengefasst würde in Christus, was im Himmel und auf Erden ist‘) zu verbinden. Das Bemühen, die beiden biblischen Visionen miteinander zu verbinden, sieht sich jedoch in Frage gestellt durch ein kontinuierliches Spannungsverhältnis und bisweilen sogar die Unvereinbarkeit zwischen denen, die sich für die soziale Dimension der Ökumene stark machen, und denen, die die geistliche und kirchliche Dimension der Ökumene in den Vordergrund stellen“11.
Die Erklärung versucht auf dieses weiter bestehende Spannungsverhältnis mit einer Reihe von grundlegenden Unterscheidungen und Erkennungsmerkmalen zu antworten und so zur Überwindung beizutragen. Dazu gehört die Überzeugung, dass die ökumenische Bewegung die Verpflichtung „zum Streben nach der sichtbaren Einheit nicht als Selbstzweck [übernommen hat], sondern um glaubwürdiges Zeugnis abzulegen, ‚damit die Welt glaube‘ und um der Heilung der menschlichen Gemeinschaft und der Integrität von Gottes ganzer Schöpfung zu dienen“12.
Auch wenn damit die weltweite Ausrichtung der ökumenischen Bewegung im Sinne der ursprünglichen Bedeutung des Wortes oikoumene festgehalten wird, so unterstreicht die Erklärung zugleich, dass die ökumenische Bewegung „im eigentlicheren Sinne auf die Katholizität der Kirche (verweist), das heißt, auf die wesensmäßige Verbundenheit von Kirchen und christlichen Gemeinschaften auf lokaler, nationaler, regionaler und globaler Ebene. An jedem Ort und an allen Orten geht es der ökumenischen Bewegung um das wahre Leben und Sein der Kirche als einer inklusiven Gemeinschaft“13.
Im Blick auf die Zusammenarbeit mit der römisch-katholischen Kirche verweist die Erklärung auf die frühere Aussage, dass beide, d. h. der Ökumenische Rat der Kirchen und die RKK, an „ein und derselben ökumenischen Bewegung“ teilhaben. Diese Einheit der ökumenischen Bewegung bedeute nicht, dass es nur ein Zentrum und ein normatives Verständnis der Ökumene geben solle; das würde der eigentlichen Bedeutung von ‚ökumenisch‘ im Sinne von ‚Ganzheit‘ widersprechen.
10 Auf dem Weg zu einem gemeinsamen Verständnis und einer gemeinsamen Vision des Ökumenischen Rates der Kirchen, Grundsatzerklärung, Genf 1997. 11 Ebd., S. 12 (Abschn. 2.3). 12 Ebd., S. 13 (Abschn. 2.8.4). 13 Ebd., S. 13 (Abschn. 2.8.5).
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Konrad Raiser „Die Einheit der ökumenischen Bewegung bezieht sich grundsätzlich auf ihre Ausrichtung auf eine ‚gemeinsame Berufung‘. Dies wird letztlich durch die Kraft des Heiligen Geistes bewirkt, der in und durch die vielfältigen Manifestationen der Bewegung am Werk ist“14.
III Die Einschätzung der Lage der Ökumene ist abhängig von den jeweilige Erwartungen und Visionen. Die vorangegangenen Überlegungen zum Verständnis der Ökumene haben deutlich gemacht, dass sich die von allen Kirchen angenommene ‚gemeinsame Berufung‘ zwar nicht in der Suche nach sichtbarer Einheit erschöpft, aber dass die Kirchen ihre ökumenische Berufung nur glaubwürdig erfüllen können, wenn sie zu einer volleren Gemeinschaft zusammenwachsen. Für die römisch-katholische Kirche gilt bislang die Aussage des Ökumenismusdekrets des Zweiten Vatikanischen Konzils, dass alle, die an Christus glauben und in der rechten Weise die Taufe empfangen haben „in einer gewissen, wenn auch nicht vollkommenen Gemeinschaft mit der katholischen Kirche“ stehen15. Die im April 2007 unterzeichnete Erklärung von Mitgliedskirchen der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland über die „Taufanerkennung christlicher Kirchen in Deutschland“ unterstreicht die sakramentale Basis dieser Gemeinschaft in der einen Taufe. In ihrer Erklärung über „Die Einheit der Kirche als Koinonia. Gabe und Berufung“ hatte die 7. Vollversammlung des Ökumenischen Rates in Canberra (1991) bekräftigt: „Das Ziel der Suche nach voller Gemeinschaft ist erreicht, wenn alle Kirchen in den anderen die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche in ihrer Fülle erkennen können“16.
Darin, wie in der jüngsten Erklärung zur Ekklesiologie, die unter dem Titel „Berufen, die eine Kirche zu sein“ von der 8. Vollversammlung in Porto Alegre (2006) angenommen worden ist17, kommt zum Ausdruck, dass inzwischen die Fragen des Kirchenverständnisses ins Zentrum der ökumenischen Diskussion gerückt sind. Die Kommission für Glauben und Kirchenverfassung steht kurz vor dem Abschluss der Arbeit an einem Grundlagentext über „Wesen und Sendung der Kirche“, der die Basis für eine Konvergenzerklärung zur Ekklesiologie werden könnte. Vorläufig allerdings sind die Kirchen noch nicht in der Lage und bereit, alle anderen Kirchen als Kirchen im Sinne des Glaubensbekenntnisses anzuerkennen und in die volle Gemeinschaft untereinander einzutreten; grundsätzliche ekklesiologische Vorbehalte gegenüber den anderen Kirchen bestehen nicht nur bei der römischkatholischen Kirche, sondern auch bei den orthodoxen Kirchen. Der Bericht über 14 Ebd., S. 14 (Abschn. 2.10). 15 Unitatis redintegratio (wie Anm. 7), cap. I, 3. 16 Im Zeichen des heiligen Geistes. Bericht aus Canberra 1991, offizieller Bericht der Siebten Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen 7.–20. Februar 1991 in Canberra, Australien 1991, hrsg. von W. Müller-Römheld, Frankfurt a. M. 1991, S. 174. 17 In deiner Gnade, Gott, verwandle die Welt. Porto Alegre 2006, Frankfurt a. M. 2007, S. 234 ff.
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die Arbeit der „Sonderkommission zur Orthodoxen Mitarbeit im ÖRK“ sah das Problem darin, „dass es zwei grundlegende Ausdrucksformen ekklesiologischen Selbstverständnisses gibt, nämlich das jener Kirchen (wie der orthodoxen), die sich mit der einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche identifizieren, und das der anderen Kirchen, die sich als Teil der einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche verstehen. Diese zwei unterschiedlichen ekklesiologischen Positionen haben Auswirkungen darauf, ob Kirchen gegenseitig ihre Taufe anerkennen und ob sie überhaupt in der Lage sind, sich gegenseitig als Kirchen anzuerkennen“18.
Andererseits gilt für die große Mehrzahl der historischen Kirchen der protestantischen Tradition, dass sie bereit waren und sind, diese gegenseitige Anerkennung auszusprechen und untereinander „Kirchengemeinschaft“ herzustellen. Die Bildung der „Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa“, die aus der Kirchengemeinschaft der Leuenberger Konkordie hervorgegangen ist und inzwischen über 100 lutherische, reformierte, unierte und auch methodistische Kirchen umfasst, ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg der Ökumene, wie auch die Erklärungen von Poorvo, Meißen und Reuilly zwischen der Kirche von England und kontinentalen reformatorischen Kirchen und entsprechende Erklärungen kirchlicher Gemeinschaft zwischen reformatorischen und der episkopalen Kirche in den USA. Die zitierte Erklärung der Vollversammlung in Canberra nennt eine Reihe von Bedingungen, die erfüllt sein müssen, damit die Kirchen einander in vollem Sinn als Kirchen anerkennen und in die Gemeinschaft untereinander eintreten können. Diese Erfordernisse betreffen vor allem (1) den Konsens im Bekenntnis des apostolischen Glaubens; (2) die gegenseitige Anerkennung von Taufe, Eucharistie und Amt; (3) die Schaffung von Strukturen gemeinsamen Lehrens und gemeinsamer Entscheidungsfindung. Diese Bedingungen sind in den vergangenen Jahrzehnten immer weiter präzisiert und erläutert worden und stellen den Rahmen der Agenda sowohl für die Arbeit der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung des Ökumenischen Rates der Kirchen wie für die zahlreichen bilateralen theologischen Lehrgespräche zwischen den großen Kirchenfamilien dar. In diesen bilateralen und multilateralen Dialogen und Arbeitsprozessen sind entscheidende Klärungen historischer Kontroversfragen erreicht worden, wie die in drei umfangreichen Bänden gesammelten Ergebnistexte bezeugen. Das gilt nicht zuletzt für die wichtigen, zusammenfassenden Studien-, bzw. Konvergenzdokumente der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung zum Glaubensbekenntnis und zu Taufe, Eucharistie und Amt19. Es hat sich im Zuge dieser intensiven ökumenischtheologischen Arbeit so etwas wie eine gemeinsame Lehrtradition und eine gemeinsame Sprache herausgebildet, die über die Traditionen der noch getrennten 18 „Abschlussbericht der Sonderkommission zur Orthodoxen Mitarbeit im Ökumenischen Rat der Kirchen“, in: Die Orthodoxen im Ökumenischen Rat der Kirchen (= Beiheft zur Ökumenischen Rundschau 74), hrsg. von D. Heller und B. Rudolph, Frankfurt a. M. 2004, S. 14 (Nr. 15). 19 Vgl. Gemeinsam den einen Glauben bekennen‘. Eine ökumenische Auslegung des apostolischen Glaubens, wie er im Glaubensbekenntnis von Nizäa-Konstantinopel (381) bekannt wird, Frankfurt a. M./Paderborn 1991; s. auch Anm. 8.
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Kirchen hinausweist. Damit ist verbunden die Einsicht, dass Prozesse der Konsensfindung besonderen hermeneutischen Regeln folgen, die es möglich machen, in Aufnahme der Denkfigur von der „Hierarchie der Wahrheiten“ zu differenzieren zwischen notwendigen Konsensen im Grundverständnis und legitimer Vielfalt der Ausdrucksformen. Aber je weiter diese Arbeit fortschreitet, desto schwerer tun sich die Kirchen, die erzielten Übereinstimmungen zu rezipieren. Unter den ganz wenigen Ergebnistexten, die von den beteiligten Kirchen offiziell angenommen wurden, ist vor allem die „Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre“ zwischen der römisch-katholischen Kirche und den lutherischen Kirchen zu nennen, die am 31. Oktober 1999 in Augsburg feierlich unterzeichnet wurde. Wie der anschließende Protest von deutschen Theologieprofessoren zeigt, ist freilich die Reichweite und Auslegung dieser Erklärung nach wie vor umstritten. Die im folgenden Jahr veröffentlichte Erklärung der vatikanischen Glaubenskongregation „Dominus Jesus“, die im Anschluss an die Aussagen des Zweiten Vatikanischen Konzils von den Reformationskirchen weiterhin als „kirchlichen Gemeinschaften“ spricht, die „nicht Kirchen im eigentlichen Sinn“ seien20, hat jedenfalls die nach wie vor bestehenden grundlegenden ekklesiologischen Differenzen erneut deutlich gemacht. Inzwischen hat die Lutherisch/Römisch-Katholische Kommission für die Einheit zum Abschluss der vierten Phase des lutherisch-katholischen Dialogs auf Weltebene ein umfangreiches und sehr differenziertes Studiendokument zum Thema „Die Apostolizität der Kirche“ vorgelegt21. Das Dokument geht in seinem dritten Teil ausführlich auf die Fragen der apostolischen Sukzession und des ordinationsgebundenen Amtes ein, die von zentraler Bedeutung für die Klärung der ekklesiologischen Differenzen sind. Es benennt Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Traditionen der beiden Kirchenfamilien und nimmt insbesondere Bezug auf die in der gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre formulierten Kriterien zur Beurteilung von Übereinstimmungen in der Glaubenslehre. Das Dokument räumt ein, dass es in der Frage des Amtes, anders als im Blick auf die Rechtfertigungslehre, nicht nur um verschiedene Gestalten der Lehre, sondern auch um unterschiedliche institutionelle kirchliche Wirklichkeiten geht. Die Kommission sieht die Voraussetzungen für einen „differenzierenden Konsenses“ in der Amtslehre und ein ausreichendes Maß von Gemeinsamkeit zwischen den unterschiedlichen institutionellen Ausgestaltungen als gegeben, mit der Konsequenz, „dass eine wechselseitige Anerkennung der Ämter möglich ist“. Dabei würde es sich freilich letztlich um ein „geistliches Urteil“ handeln. Sie kommt zu dem Schluss: „Ein […] geistliches Urteil über das Amt dürfte möglich sein, wenn man wie in der ‚Gemeinsamen Erklärung‘ auch im Verständnis des Amtes bewusst den Weg eines differenzierenden 20 Erklärung Dominus Jesus. Über die Einzigkeit und Heilsuniversalität Jesu Christi und der Kirche (= Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls 148), Bonn 2000, S. 20 (Nr. 17). 21 Die Apostolizität der Kirche. Studiendokument der Lutherisch/Römisch-Katholischen Kommission für die Einheit, Frankfurt a. M./Paderborn 2009.
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Konsenses geht und differierende Gestalten des Amtes für möglich erachtet, sofern sie nur den Grundsinn des Amtes verwirklichen und ihm dienen. Jenes geistliche Urteil müsste auf theologischen Erkenntnissen wie den oben erwähnten aufbauen und würde doch über sie hinausgehen. Es ist ein Wagnis im Vertrauen auf den Beistand des Heiligen Geistes“22.
Noch steht die Reaktion der kirchenleitenden Instanzen auf beiden Seiten zu den gewichtigen Vorschlägen und Empfehlungen des Studiendokuments aus. Aber in jedem Fall helfen die gerade zitierten Sätze, die Notwendigkeit wie auch die Grenzen der bisher verfolgten Methode ökumenisch-theologischer Lehrgespräche als Wegbereiter für die wechselseitige Anerkennung der Kirchen und für die Verwirklichung von Gemeinschaft zwischen ihnen klarer zu erkennen. Denn gerade in den Grundfragen der Ekklesiologie geht es nicht nur um Lehrdifferenzen, sondern vor allem um unterschiedliche institutionelle Gestaltwerdungen von Kirche. Sie zu überbrücken und für eine vollere Gemeinschaft zu öffnen ist nicht allein, und vielleicht gar nicht in erster Linie, eine Sache von Lehrkonsensen, sondern erfordert ein geistliches Urteil und eine in geistlicher Vollmacht getroffene Entscheidung. Eine Bestätigung dieser Einschätzung findet sich in der Rede, die Kardinal Walter Kasper, Präsident des Päpstlichen Rates für die Einheit der Christen, bei der 3. Europäischen Ökumenischen Versammlung in Sibiu im September 2007 gehalten hat. Unter Verweis auf die nach wie bestehenden Differenzen im Kirchenverständnis stellt er fest: „Bei dem Versuch, über die Gräben hinweg zu einem Konsens zu kommen, hat sich die bisherige Methode, Konvergenzen aufzuzeigen, als fruchtbar erwiesen und in vielen bislang kontroversen Fragen weitergeführt. Ich erinnere etwa an den Fundamentalkonsens in der Rechtfertigungslehre. Aber inzwischen hat sich diese Methode offensichtlich erschöpft; wir kommen auf diesem Weg im Augenblick nicht mehr viel weiter. Das ist für mich kein Grund zur Resignation. Wir können unsere jeweilige Position in ehrlicher und in einladender Weise einander bezeugen. Wir können dies in einer nicht polemischen, nicht abgrenzenden positiven Weise tun. […] Statt uns auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner zu treffen können wir uns mit den uns geschenkten Reichtümern gegenseitig bereichern. […] Wir müssen uns freilich bewusst sein: Letztlich können wir die Einheit nicht ‚machen‘; sie kann nicht unser Werk sein. Sie ist ein Geschenk des Geistes Gottes; er allein kann die Herzen versöhnen. Um diesen Geist der Einheit müssen wir beten. Die geistliche Ökumene ist darum die Mitte und der Herz der Ökumene“23.
IV Wie stellt sich also die gegenwärtige Lage der Ökumene dar, vor allem im Vergleich zur Situation in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, in der Leibniz seine ökumenischen Initiativen entwickelte. Die protestantische Union, für die Leibniz sich einsetzte, ist inzwischen Wirklichkeit geworden, wenn auch mehrheitlich ohne eine episkopale Kirchenverfassung, die er für dringend erforderlich 22 Ebd., S. 145. 23 Zitiert nach: www.oekumene3.eu/oekumene3_images/Kardinal_Kasper.doc (03.02.2012).
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hielt. Die römisch-katholische Kirche hat mit dem Zweiten Vatikanischen Konzils eine entschiedene Wendung auf die anderen Kirchen zu vollzogen. Sie hat sich, noch einmal mit den Worten von Kardinal Kasper aus seiner Rede in Sibiu, dazu bekannt, dass „Jesus Christus […] auch in den von uns getrennten Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften heilswirksam gegenwärtig [ist]. Das ist wahrlich nicht wenig. Vor wenigen Jahrzehnten wäre diese Aussage noch völlig undenkbar gewesen, und ich bin mir nicht sicher, ob alle unsere ökumenischen Partner sie auch über uns machen. Die Unterschiede betreffen also nicht das Christsein, sie betreffen nicht die Frage des Heils; die Unterschiede beziehen sich auf die Frage der konkreten Heilsvermittlung und auf die sichtbare Gestalt der Kirche. Das sind für Katholiken wie für Orthodoxe keine nebensächlichen Fragen. Denn die Kirche ist nach der Analogie des Geheimnisses der Menschwerdung gestaltet (LG 8). Sie ist sichtbare Kirche, sichtbar auch in ihrer amtlichen Gestalt. Und wer wollte leugnen, dass es über diese Frage zwischen uns leider noch immer keinen Konsens gibt“24.
Vergleicht man diese Aussagen mit den Positionen, die Bischof Bossuet in den Gesprächen und Verhandlungen mit Leibniz vertrat, dann werden sowohl die entscheidenden Veränderungen und ökumenischen Fortschritte wie auch die Kontinuität in der Bekräftigung der katholischen Tradition deutlich. Das gilt freilich nicht allein für die römisch-katholische Kirche; vielmehr sehen sich nahezu alle Kirchen in der gegenwärtigen Situation genötigt, der Bekräftigung und Profilierung ihrer Tradition Vorrang einzuräumen gegenüber dem Ruf zu verstärkter Gemeinschaft und ökumenischer Erneuerung. Vielleicht brauchen sie auch einfach mehr Zeit, um die Veränderungen in den Beziehungen untereinander zu verarbeiten und ihr Selbstverständnis entsprechend anzupassen. Freilich, während sich die alten Kirchen Zeit lassen und auf die Weisung oder Ermächtigung durch den Heiligen Geist für die entscheidenden Schritte aufeinander zu warten, vollzieht sich ein rapide Veränderung des Profils der Weltchristenheit und der weltweiten religiösen Situation. Die organisierte ökumenische Bewegung zwischen den historischen Kirchen beginnt erst langsam zur Kenntnis zu nehmen, dass sich in den Ländern des globalen Südens inzwischen eine neue Gestalt christlicher Gemeinschaft pfingstlich-charismatischer Prägung ausgebreitet hat und noch immer weiter wächst. Sie wird angetrieben von der Dynamik der erfahrenen Gegenwart des Heiligen Geistes und wirkt auch immer stärker in die historischen Kirchen hinein. Wenn es in der Ökumene wirklich um die ganze Kirche für die ganze Welt geht, dann ist es dringend notwendig, die ökumenische Agenda für den Dialog mit diesen Kirchen und Gemeinschaften zu öffnen. Durch die kürzlich verwirklichte Initiative zu einem „Globalen Christlichen Forum“ ist ein erster Schritt der ökumenischen Öffnung vollzogen worden. Darüber hinaus sieht sich die christliche Ökumene heute genötigt, ihr Selbstverständnis gegenüber den anderen Weltreligionen neu zu bestimmen. Vor allem in Asien, aber auch in Afrika und Lateinarmerika und in der religiös pluralen Situation in den USA, mehren sich die Stimmen, die für eine „erweiterte“ oder eine 24 Ebd.
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„Makro-Ökumene“ der Religionen eintreten. Jedenfalls kann die ökumenische Gemeinschaft der christlichen Kirchen sich nicht länger unangefochten als „Faktor einer kommenden Weltgemeinschaft“ darstellen. Sie repräsentiert zwar weltweit nach wie vor die größte der religiösen Minoritäten, aber ihr Zeugnis sieht sich konfrontiert mit wachsender Sensibilität auf Seiten der anderen Religionsgemeinschaften gegenüber allen Strategien der missionarischen Ausbreitung. Der interreligiöse Dialog ist zu einer zentralen ökumenischen Herausforderung geworden, und er muss begleitet werden von einem internen Dialog über das Selbstverständnis der christlichen Kirchen in einer religiös pluralen Welt. Leibniz hatte die Bedeutung dieses Aspekts der Ökumene unter den Bedingungen seiner Zeit klar erkannt. Seine Dringlichkeit wird uns freilich heute erst allmählich deutlich. Ich habe selber vor zwanzig Jahren die damalige Lage mit der Formulierung der ‚Ökumene im Übergang‘ beschrieben. Es war der Versuch einer Deutung der zunehmenden Ungewissheit über die ökumenische Entwicklung. Wir befinden uns heute noch deutlicher in einer Übergangssituation der Ökumene. Für den Blick der Hoffnung sind die Umrisse des Neuen vielleicht erkennbar, aber vorläufig prädominiert die Angst davor, die entscheidenden Schritte zu tun. Es fehlen der Mut und die geistliche Vollmacht, und sie lassen sich auch nicht durch ökumenische Strategien oder durch provozierende Aktionen herbei zwingen. Auch wenn die Zeit drängt, bleiben uns in der Tat die Aufforderung zur Geduld und die Bitte um den Heiligen Geist. Letztlich geht es nicht um unsere ökumenischen Erfolge, sondern um das Werk Gottes durch seinen Geist.
INDEX NOMINUM Adams, Robert Merrihew 176, 191 Afrika 293, 302 Ägypten 20, 284, 285 Ahmed III., Sultan 90 Alexander II., Papst 120 Alexander VIII., Papst 41 Altdorf, Universität 19 Amberg 259 Ambrosius von Mailand 109 Amerika (Nord-Amerika) 75, 80, 81 Amerika, Vereinigte Staaten von 293, 299, 302 Amort, Eusebius 257, 258 Amsterdam 80, 234 Anderson, Abraham 230 Andreae, Jakob 189 Angelocrator, Daniel 182 Anglikaner 39, 92, 293, 299 Anhalt, Fürstentum 182 Anna, Königin von England 92, 173 Anselmo da S. Cristoforo 53, 70 Antognazza, Maria Rosa 9, 173 Anton Ulrich, Herzog von BraunschweigLüneburg-Wolfenbüttel 88, 91, 132 Anton Ulrich, Herzog von Wolfenbüttel 77 Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland 298 Arianer 114 Aristoteles 18, 22, 23, 27, 28, 31, 160, 177, 185, 187, 190, 197, 240, 273 Arnauld, Antoine 20, 21, 24, 26, 30, 31 Asien 293, 302 Athen 165 Äthiopien, äthiopische Kirche 117 Aubrey, John 235 Augsburg 300 Reichstag 1530 205 Religionsfrieden 1555 37 Augsburger Konfession (Confessio Augustana) von 1530 (variata 1540) 129, 131, 178, 180, 198, 203, 204 Augustiner 41 Augustinereremiten 257
Augustinus von Hippo-Regius 67, 109, 117, 159, 160, 161, 167, 179, 206, 244, 248 Aurich 162 Averroës (Ibn Rušd) 178 Bach, Joseph 271 Backus, Irena 10, 11 Bacon, John 111 Balthasar 182 Bamberg 59 Barckhausen, Hermann 132 Baronius, Caesar 103, 120 Barrès, Maurice 276 Barth, Karl 13, 253, 293 Baruzi, Jean 9, 14, 152, 155, 275 Basel Bekenntnis 205 Konzil 129, 130 Basso, Luca 10, 12 Bayerische Akademie der Wissenschaften 268 Bayle, Pierre 25, 242, 243, 248 Becker, Ulrich 14 Beda Venerabilis 113 Beeley, Philip 168 Beijing (Peking) 75, 79 Benedikt XVI., Papst (Ratzinger, Joseph Aloisius) 254 Benediktiner (Ordo Sancti Benedicti) 64 Berg(ius), Johannes 178 Bergson, Henri 14, 275, 276, 277, 278, 279, 283 Berlin 58, 64, 131, 137, 138, 139, 140, 143, 144, 146, 150 Alethophile 230 Sozietät der Wissenschaften 81, 85, 86 Bernhard von Clairvaux 109, 113 Bernold von Sankt Blasien (oder von Konstanz) 109 Bernstorff, Andreas Gottlieb von 88 Bewegung für Glauben und Kirchenverfassung 295 Beza, Theodor 202 Blaspiel, Johann Moritz von 68
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Index Nominum
Bodin, Jean 20 Böhmen 72, 129, 130, 135, 204, 259 Böhmische Brüder 198, 199 Confessio Bohemica 1575 198, 203, 204 Confessio fidei 1535 204 Boineburg, Johann Christian, Freiherr von 19, 20, 76 Boineburgische Bibliothek 20, 29 Boineburgkreis 22, 23 Bolzano, Bernhard 259 Bonhoeffer, Dietrich 292 Bossuet, Jacques Bénigne 15, 44, 77, 107, 115, 119, 222, 225, 254, 257, 260, 261, 265, 266, 268, 271, 272, 273, 277, 281, 286, 287, 288, 289, 294, 302 Böttigheimer, Christoph 122 Boutroux, Étienne Émile Marie 276 Bouvet, Joachim S.J. 78 Bragaldi, Giovanni Damasceno 60, 61, 62, 64, 65 Brandenburg (Kurbrandenburg, Mark Brandenburg, Preußen) 59, 60, 64, 68, 69, 76, 77, 81, 172, 173, 174, 178 Brandenburg, Bistum 59 Braunschweig 60, 62 Braunschweig-Lüneburg, Herzogtum 42, 52, 53, 55, 59, 63 Braunschweig-Lüneburg-Wolfenbüttel, Herzogtum 123 Breger, Herbert 87 Bremen 60, 195 Brenz, Johannes 179, 180, 201 Brest (Union 1596) 39 Brinon, Marie de 152, 218, 238, 241, 265, 287, 288 Britannien 227 Bucer (Butzer), Martin 11, 132, 204, 210 Buchheim (Buchhaim), Franz Anton von, Bischof 38, 44, 51, 52, 53, 54, 55, 56, 57, 58, 67, 69, 70, 71, 72, 129, 130, 143 Bullinger, Heinrich 194 Confessio helvetica posterior 1562 (1566) 198, 203, 204 Bunny, Edmund 193 Burchard, Johannes 105 Burnet, Gilbert 93 Busch, Heinrich Julius Friedrich 130 Calenberg, Herzogtum 43 Calixt, Friedrich Ulrich 132
Calixt, Georg 11, 44, 98, 99, 100, 107, 108, 121, 122, 123, 124, 125, 126, 127, 128, 132, 134, 182, 211 Calvin, Jean 59, 143, 165, 166, 169, 172, 174, 175, 176, 179, 181, 185, 193, 194, 195, 196, 197, 201, 202, 207, 208, 209, 210, 211, 212 Canberra, ökumenische Vollversammlung 298, 299 Carpzov, Samuel Benedict 143 Casoni, Lorenzo 71 Caspar, Rosemarie 88 Cassander, Georg 110, 119, 121 Cassirer, Ernst 168, 227 Celle 42, 60 Chaldäer 39 Champion, Justin 230 Chauvelin, Germain Louis de 93 Chauvin, Etienne 82 Chemnitz, Martin 96, 97, 98, 108, 115 China 10, 40, 75, 76, 78, 79, 80, 81, 82, 83, 84, 85, 86, 93, 152, 163, 293 Christian Ludwig von Celle, Herzog von Braunschweig-Lüneburg 42 Christina von Sachsen-Eisenach, Herzogin 130 Cicero, Marcus Tullius 159 Clemens XI. (Giovanni Francesco Albani), Papst 86, 88, 90, 91 Clerff , Johannes S.J. 84 Colladon, Nicolas 193 Colmar, Joseph Ludwig 262, 264 Colonius, Daniel 193 Confutius (Confucius, Kung-fu-tse), Konfutianismus 83, 86 Conimbria, Bistum 59 Conring, Hermann 95, 96, 98, 115, 121 Copernicus, Nicolaus 236 Corvey (Kloster) 96, 97, 98, 99 Cosimo III., Grossherzog von Toskana 62 Couturat, Louis 282 Crafft, Johann Daniel 80, 81 Dagron, Tristan 230 Dahnen, Pater 64 Daillé, Jean 113 Damaskus 67 Dänemark 59, 88 Dante, Alighieri 160, 221 Dascal, Marcelo 227, 242, 246 Davia, Gianantonio 52, 57, 71, 72 de Camus, Pierre 244 de Chardin, Pierre Teilhard 283
Index Nominum de Cock, Theodore 59, 60 Deleuze, Gilles 283 Des Bosses, Bartholomäus 17, 174, 185, 192, 200, 241 Descartes, René 18, 21, 22, 28, 31, 149, 153, 171, 177, 185, 197, 238, 239, 243 Cartesianer 18, 21, 22, 24, 31, 164, 167, 168, 170, 237, 238 Desing, Anselm 258 Deutschland 52, 59, 60, 62, 65, 69, 71, 72, 77, 82, 84, 85, 86, 163, 173, 195, 227, 228, 294, 300 Deutsche Demokratische Republik Akademie der Wissenschaften 87 Digby (Digbaeus), Kenelm 30 Dionys von Werl (Dionysius Werlensis) 95, 96, 97, 98, 99, 111, 115, 118 Doller, Johann Lorenz 264, 265 Döllinger, Ignaz von 265, 266, 267, 268, 270 Dominikaner 41, 86 Dominikaner (Ordo praedicatorum) 52, 57, 60, 64 Dordrecht, Synode 1618-19 202 Dorsche, Johann Georg 122 Dresden 143 du Moulin, Pierre 244 Durie (Dury, Duraeus), John 132, 146 Düsseldorf 68 Eckhard, Arnold 167 Eder, Pater 52, 56 Edinburgh, Weltmissionskonferenz (1910) 15 Eisenach 130 Eisenkopf, Paul 13, 14, 254 Elbe 60 Eleonore Gonzaga, Kaiserin 36 Elisabeth Dorothea, Landgräfin von HessenDarmstadt 49 Elisabeth, Pfalzgräfin, Äbtissin von Herford 238 Elsass 262 Emdenus, Caspar 182 Émery, Jacques André 264 England 20, 21, 43, 49, 63, 92, 93, 143, 173, 228, siehe auch Britannien Erasmus von Rotterdam 11, 122, 189 Ernst August von Hannover, Herzog von Braunschweig-Lüneburg, Kurfürst 42, 43, 59, 172, 173, 174 Ernst Ludwig I. von Sachsen-Meiningen, Herzog 65
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Ernst von Hessen-Rheinfels, Landgraf 44, 46, 110, 114, 118, 127 Europa 10, 75, 76, 80, 81, 83, 84, 85, 86, 92, 93, 143, 144, 291, 299 Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa 299 Eutychianismus 155 Eyben, Huldreich von 164 Fabricius, Johannes 109, 126, 131, 132, 172, 210, 211 Feller, Joachim Friedrich 120 Ferdinand I., König von Böhmen 204 Ferdinand III., Kaiser 37 Fichant, Michel 140, 151, 157 Finck(ius), Kasper 182 Flacius, Matthias (Illyricus) 116 Florenz 164 Konzil 72, 129 Fontaney, Jean de 83 Fontenelle, Bernard de 227 Forgó, András 34 Foucault, Michel 227, 277 Foucher de Careil, Louis Alexandre 282 Frankfurt am Main 19 Buchmesse 20 Frankreich 18, 19, 20, 22, 23, 37, 43, 48, 50, 65, 81, 107, 108, 113, 131, 143, 163, 164, 173, 195, 208, 228, 229, 258, 266, 272, 277, 283, 285, 286, 287 Confessio Gallica 1559 195, 202, 210 Französische Revolution 228 Nationalsynode Paris 1559 202 Franz von Assisi 278 Franziskaner 86 Franziskaner (Ordo fratrum minorum) 35, 41, 45, 64 Frémont, Christiane 156 Freud, Sigmund 160, 161 Friedrich (Lüdinghausen-)Wolff 38 Friedrich August I. (d. Starke), Kurfürst v. Sachsen, August II., König v. Polen 173 Friedrich I. von Preußen, König (Friedrich III. von Brandenburg, Kurfürst) 60, 61, 63, 68, 69, 81, 82, 144, 150, 173, 174 Friedrich Wilhelm, Kronprinz (Friedrich Wilhelm I., König in Preußen) 68 Galilei, Galileo 22, 23, 222 Galli ,Antonio Andrea 258 Garnier, Antoine 264 Garth(ius), Helwig (Helvicus) 182 Garve, Christian 232
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Index Nominum
Genf (Genève) 251 Georg Ludwig von Hannover, Kurfürst (Georg I. von England) 63, 90, 144, 173 Georg Wilhelm von Celle, Herzog von Braunschweig-Lüneburg 42, 43 Gerbillon, Jean-François S.J. 84 Gerhard, Johann 102, 113 Gießen, Universität 182 Gilovius, Paul 198 Gliczner, Erasmus 198 Goa 79, 80 Goclenius, Rudolph 182 Goldenbaum, Ursula 10, 230, 236, 245 Göttingen 265 Grabmann, Martin 127 Gran, Erzbistum 35 Grandin, Martin 110 Gregor VII., Papst 120 Griechenland, Griechen 160, 161, 166, 253 Griechische Kirche 72, 129 Orthodoxe Kirche 86, 89, 92 Grimaldi, Claudio Filippo S.J. 76, 79 Grotius, Hugo 11 Grua, Gaston 163, 281, 282 Gude, Marquard 111 Guerrier, Wladimir Iwanowitsch (Woldemar) 87, 89 Guidi, Giuseppe, Abt 54 Gustav II. Adolf von Schweden, König 178 Habsburg 35, 37, 38, 47, 49, 88, 132, 143 Hainburg 35 Halberstadt, Bistum 59, 69 Hameln 60 Hannover 36, 42, 43, 53, 54, 58, 59, 60, 62, 64, 68, 95, 98, 117, 130, 132, 137, 139, 140, 141, 143, 150, 153, 162, 229, 264 Kurfürstentum 59, 64, 72, 76, 77, 88, 171, 173, 174 Universität 251 Hannover, Kurfürstentum 63 Harare, ökumenische Vollversammlung 296 Hardenberg, Albert 195 Haselbeck, Gallus 45 Havelberg, Bistum 59 Hazard, Paul 228 Hegel, Georg Wilhelm Friedrich 152 Heidegger, Martin 283 Heidelberg 195 Heimsoeth, Heinz 282 Heinson, Johann Theodor 161, 162
Helmstedt, Universität 44, 95, 97, 99, 106, 121, 122, 123, 124, 131, 132, 133, 134, 211 Hesselbein(ius), Johannes 182 Hessen-Darmstadt, Landgrafschaft 47, 181, 182 Hessen-Kassel, Landgrafschaft 182 Hessen-Marburg 181 Hessen-Rheinfels, Landgraf Ernst von 239 Hesshusen, Tilmann 194, 195 Hieber, Gelasius 257 Hieronymus 109 Hildebrandt, Joachim 123 Hippolyt 111, 126 Hirsch, Emanuel 13 Hobbes, Thomas 10, 28, 29, 30, 126, 159, 168, 217, 219, 220, 228, 231, 235, 244 Hoe, Matthias 178, 183, 184, 185 Hohenzollern 69 Honorius Augustodunensis 110 Horatius, Flaccus Quintus 229 Horb, Johann Heinrich 111 Houston, Rice University 75 Hugo, Ludolf 211 Hume, David 160 Hunerich (König der Wandalen) 114 Hunnius, Aegidius 107 Hussiten 129, 130, 135 Huygens, Christiaan 28, 29 Ilgen, Heinrich Rüdiger von 60 Indien 65, 79, 80 Ingolstadt 258 Innozenz IV., Papst 116 Innozenz XI., Papst 41, 47, 68, 70 Innozenz XII., Papst 41, 57, 72 Internationaler Missionsrat 295 Irenäus 198, 203 Irland (Nord-) 86 Isidor (Pseudo-) von Sevilla 113, 267 Islam 14, 86, 93, 293 Israel, Israeliten (Hebräer) 233, 234 Israel, Jonathan 230 Italien 65 Jablonski, Daniel Ernst 11, 12, 44, 45, 107, 109, 126, 131, 132, 137, 139, 140, 141, 142, 143, 144, 145, 146, 147, 148, 149, 150, 172, 173, 174, 175, 178, 179, 180, 181, 185, 192, 193, 195, 196, 201, 210, 211 Jakob II.(VII.), König von England (Schottland) 43, 48 James, William 283
Index Nominum Janse, Wim 194, 195, 197 Jansen(ius), Cornelius, Jansenisten 21, 40, 241, 248, 287 Jeanne d’Arc 278 Jérôme (Napoleon) Bonaparte, König von Westfalen 264 Jerusalem 165 Jesuiten 38, 40, 41, 52, 76, 79, 80, 81, 82, 83, 84, 85, 86, 241, 242 Mission 76, 79, 81, 82 Johann Friedrich von Hannover, Herzog von Braunschweig-Lüneburg 30, 41, 42, 95, 98, 173 Johann Georg III., Kurfürst von Sachsen 49 Johann Philipp von Schönborn, Mainzer Erzbischof 19, 76 Johann von Portia 35 Johann Wilhelm (Jan Wellem) von der Pfalz, Kurfürst 59, 60, 62, 64, 65, 66, 67, 68 Johannes Chrysostomos 110, 206 Johannes Duns Scotus 116 Johannes vom Kreuz (Juan de Yepes Álvarez) 278, 281 Johannes von Damaskus 113 Johannes XXII., Papst 116 Johannes XXIII., Papst 292 Johannes, Johannesevangelium 279, 280, 281 Juden, Judentum 14, 86, 120, 230, 293 Jue, Jeffrey 178 Jurieu, Pierre 244 Juvenal (Decimus Iunius Iuvenalis) 169 Kabitz, Willy 17 Kalocsa, Erzbistum 35 Kamin, Bistum 59, 69 Kändler, Agnellus 257 Kangxi, chinesischer Kaiser 84, 86 Kant, Immanuel 12, 160, 165, 227, 228, 229, 230, 231, 232, 233, 234, 235, 237, 242, 244, 248, 249, 258, 259, 265, 271, 274, 283 Kapstadt 80 Kapuziner (Ordo Fratrum Minorum Capucinorum 95 Karl der Große 92 Karl IX., König von Frankreich 202 Karl V., Kaiser 36 Karl VI., Kaiser 66 Kasper, Walter 301, 302 Kassel, Kolloquium 1661 182, 184, 201 Katharina von Siena 278
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Katholiken, Katholizismus (römischer) 12, 13, 14, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 30, 31, 34, 36, 38, 39, 40, 42, 44, 45, 46, 47, 48, 50, 51, 52, 56, 57, 60, 62, 66, 68, 70, 72, 77, 79, 81, 82, 83, 84, 86, 89, 90, 92, 95, 98, 107, 108, 110, 111, 112, 113, 114, 117, 118, 119, 120, 121, 124, 125, 126, 127, 128, 129, 130, 132, 133, 134, 140, 143, 147, 154, 163, 173, 174, 175, 176, 192, 193, 196, 200, 218, 222, 224, 236, 241, 242, 244, 254, 276, 277, 279, 281, 283, 284, 286, 287, 288, 291, 292, 295, 296, 297, 298, 300, 302 Keckermann, Bartholomaeus 172 Kiefl, Franz Xaver 271, 272, 273 Kiew 144 Klemens XI., Papst 57, 58 Klesl (Khlesl), Melchior 35 Kleve, Herzogtum 59 Klopp, Onno 282 Knöpfler, Alois 271 Koblenz 14 Kollonitsch, Leopold Karl von 35 Köln, Kurfürstentum 62 Wilhelm III., Prinz v. Oranien; Erbstatthalter der Niederlande 173 Konstantinopel Ökumenisches Patriarchat 295 Patriarchat 39 Konstanz, Konzil 130 Krakau (Kraków), Generalsynode 1573 204 Krug, Wilhelm Traugott 265 Krumwiede, Hans Walter 46 Kurakin, Boris Iwanowitsch, russ. Fürst 89 Kursachsen 143 Kymaeus, Johannes 182 La Mothe Le Vayer, François de 108, 109 Labbe, Philippe SJ 111 Lærke, Mogens 10, 12 Lamy, Bernard 255 Larrimore, Mark 166 Larroque, Daniel 120 Laski, Jan (Johannes a Lasco) 198 Lasser, Hermann Andreas von 19 Lateinarmerika 302 Laterankonzil 1215 22 Laterankonzil 1512-17 129 Laurentius, Johannes 198 Lauterbach, Conrad 116 Le Fort (Lefort), François 93 Lefèvre d’Etaples (Faber Stapulensis), Jacques 189
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Index Nominum
Leipzig 18, 19, 20, 21, 23, 28, 29, 89, 125, 171, 265 Kolloquium 1631 175, 178, 179, 181, 183, 184, 185, 199, 200, 201 Rosental 23 Leo X., Papst 163 Leopold I., Kaiser 35, 37, 38, 39, 41, 42, 47, 48, 49, 50, 52, 56, 70, 82, 91, 112 Lessing, Gotthold Ephraim 18, 25, 227 Letzner, Johannes 97 Leuchter, Heinrich 182 Leuenberger Konkordie 299 Li, Wenchao 10 Liebermann, Bruno Leopold 262 Litauen 203 Loccum 43, 53, 56, 57, 69, 70, 72, 129, 130, 163 Loccum, Kloster 138, 144 Locke, John 228, 244, 245, 247 Löffler, Friedrich Simon 108 Loisy, Alfred Firmin 14, 275, 276, 277, 279, 280, 281 Lollius 229 London 63 Louis I. de Bourbon 195 Ludolf, Hiob 117 Ludwig XIV., König von Frankreich 37, 49, 50, 80, 83, 84, 85, 173, 285 Lügenfeind (pseudonym) Siehe Willius Lüneburg 42, 60 Luther, Martin 59, 65, 111, 112, 119, 123, 143, 149, 163, 165, 169, 179, 189, 194, 207, 209, 210 Lutheraner, Luthertum 12, 18, 19, 20, 21, 23, 24, 52, 53, 55, 57, 58, 66, 67, 70, 95, 96, 97, 98, 102, 107, 112, 122, 125, 126, 128, 130, 131, 132, 137, 139, 141, 142, 143, 146, 147, 148, 149, 150, 153, 162, 163, 164, 165, 173, 174, 175, 176, 178, 179, 180, 181, 182, 189, 193, 194, 195, 196, 197, 198, 199, 200, 201, 204, 205, 228, 249, 286, 287, 300 Gnesiolutheraner 195 Machiavelli, Niccolò 116, 145 Magdeburg, Erzbistum 59, 69 Magliabechi, Antonio 165 Mahnke, Dietrich 282 Mähren 204 Mainz 17, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 24, 25, 26, 28, 29, 44, 76, 262, 264 Kurfürstentum 47 Majus, Ludolf Wilhelm 60
Malebranche, Nicolas 229, 238, 239, 242, 243, 255 Malines siehe Mechelen Malta 69 Manteuffel, Ernst Christoph von 230 Marbach, Johannes 209 Marburg 107, 149 Universität 181, 182 Marchetti, Annibale S.J. 84 Margarethe Theresia von Spanien, Kaiserin 35 Mark, Grafschaft 59 Markion 188 Maroniten 39 Masser, Karin 34, 45 Massoullié, Antonin 57 Matthäus, Matthäusevangelium 249 Matthias, Kaiser 35 Mauro, Hortensio 58, 59 Maximilian II, König von Böhmen 1562 195 Mechelen (Malines) 241 Meibom, Heinrich (der Ältere) 97 Meier, Gebhard Theodor 132 Meißen 299 Melanchthon, Philipp 11, 101, 122, 123, 179, 195, 199, 207 Confessio Saxonica 1551 199, 203 Melanchthonianer 198, 199 Mencke, Otto 108 Mendelssohn, Moses 227 Merkel, Franz Rudolf 82 Merkt, Andreas 122 Merseburg, Bistum 59 Michelfeld (Oberpfalz), Benediktinerkloster 259 Miller (Müller), Pater 52, 56 Minden, Bistum 59, 69 Molanus, (Gerhard Wolter van der Muelen) 11, 12, 43, 44, 53, 54, 55, 58, 64, 69, 73, 77, 90, 91, 109, 112, 122, 123, 128, 129, 130, 131, 132, 138, 141, 142, 143, 144, 145, 147, 163, 164, 165, 166, 169, 171, 172, 173, 174, 180, 181, 182, 183, 184, 199, 201, 203, 211, 260, 261 Momigliano, Arnaldo 104 Montbéliard (Mömpelgard), Kolloquium 1586 189 Morell, André (Andreas) 281 Moritz, Landgraf von Hessen-Kassel 130, 181, 182 Moses 233, 248
Index Nominum Moskau 88, 89 Mott, John R. 292 München, Katholisch-theologische Fakultät 258, 265, 267, 270, 271 Munoz, Arturo 75 Muslime 152 Mylius, Georg 182 Naert, Emilienne 282, 283 Nairobi, ökumenische Vollversammlung 293 Nantes (Edikt 1598) 48, 84, 117 Naumburg, Bistum 59 Neill, Stephan Charles 9, 252 Nertschinsk (Nipcheu), Vertrag 1689 84 Nestorianismus 155 Neu Delhi, ökumenische Vollversammlung 295 Neuwied 14 Nicäa, Konzil 119, 270 Konzil (787) 92 Nicole, Pierre 21 Niederlande 19, 21, 35, 48, 49, 59, 85, 230, 233, 234, 235, 236, 241 Confessio Belgica 1561 202 Nietzsche, Friedrich 275 Nihus (Neuhaus), Barthold 64, 98 Nimwegen (Frieden 1678/79) 48 Nürnberg 19 Ober- und Niedersachsen, Apostolisches Vikariat 59 Ödenburg 47 Oekolampad, Johannes 172, 180, 201 Ohst, Martin 44 Ökumenischer Rat für Praktisches Christentum 295 Oldham, Joseph H. 292 Ong, Walter J. 101 Orthodoxie, orthodoxe Kirchen 10, 295, 298 Osmanisches Reich 10, 90, 93 Osnabrück 42, 43 Frieden 68 Ostfriesland 162 Ostkirchen 39, 117, 129 Otto Heinrich, Pfalzgraf bei Rhein, Kurfürst 208 Ovid 162 Pacianus von Barcelona 263 Palumbo, Margherita 12, 41 Paolucci, Fabrizio 52, 57, 60, 63, 70, 71, 72 Papebroch, Daniel 83 Paris 20, 26, 110, 143, 275, 278
311
Collège de France 276, 277 Saint Sulpice 264 Pascal, Blaise 21, 215 Paullini, Franz Christian 130 Paulus (Apostel) 67, 209, 234, 249, 278 Pellis(s)on-Fontanier, Paul 44, 56, 108, 109, 110, 112, 114, 119, 174, 190 Perron, Jacques Davy du 112, 113 Pétau (Petavius), Denis 113, 119, 266 Peter der Große, russischer Zar 10, 87, 88, 89, 90, 92, 93, 94, 292 Petrikau (Piotrków Trybunalski), Synode 1578 204 Petrus Apostel 67 Petrus Damiani 120 Petrus Martyr siehe Vermigli Pfalz, Kurfürstentum (Kurpfalz) 48, 49, 59, 182 Pfalz-Neuburg, Fürstentum 48 Pfingstkirchen 302 Philipp IV., König von Spanien 35 Philips, Ambrose (Namby Pampy) 230 Picardie 204 Pichler, Aloys 267, 268, 269, 270, 272, 273, 282 Pierre Gassendi 229, 230 Pirot, Edme 119, 123, 125 Piscator, Johannes 172 Pistangelus, Johannes 182 Pius IV., Papst 119, 126 Platen, Franz Ernst, Graf von 211 Plato, Platonismus 159, 160, 161, 164, 165, 166, 167, 168, 169, 170 Polanus, Amandus 172 Polen 69, 198, 208 Großpolen 198, 203 Kleinpolen 198, 203 Polen-Litauen, Adelsrepublik 204 Pomarus, Gratianus 182 Pommern 69 Poorvo 299 Pope, Alexander 230 Porto Alegre, ökumenische Vollversammlung 298 Portugal 79 Posen (Poznań) Predigerkonvent 1570 203, 205 Poser, Hans 10 Prag 53 Universität 258 Prechtl, Maximilian 259, 260, 261 Preußen siehe Brandenburg
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Index Nominum
Preußen, Herzogtum 69 Protestanten, Protestantismus 11, 12, 13, 14, 21, 22, 27, 51, 52, 55, 56, 57, 60, 62, 64, 65, 66, 67, 69, 71, 72, 73, 77, 79, 80, 81, 82, 83, 85, 86, 89, 90, 97, 98, 102, 109, 112, 113, 115, 116, 117, 118, 123, 124, 126, 128, 129, 130, 132, 133, 134, 135, 253, 254, 263, 264, 286, 287, 288, 291, 294, 299, 300, 301 Frankreich 84 Mission 79, 80, 81, 82, 83, 84, 85, 86 Pufendorf, Samuel von 123, 125, 164, 217, 220 Quesnel, Pasquier 241 Raab, Bistum 35 Radziwill, Nikolaus 198 Rainolds (Raynoldus), J. 108 Raiser, Konrad 14, 15, 303 Räß, Andreas 262, 263, 264, 265 Ratzinger, Joseph siehe Benedikt XVI. Ravensberg, Grafschaft 59 Rawls, John 160 Reden, Frau von 64 Reformierte, Calvinismus 12, 21, 23, 24, 44, 48, 52, 69, 70, 102, 107, 110, 112, 113, 122, 124, 125, 126, 128, 130, 131, 132, 137, 138, 139, 141, 142, 143, 146, 147, 149, 150, 154, 163, 164, 165, 166, 167, 168, 169, 172, 173, 174, 175, 178, 179, 180, 181, 182, 183, 188, 192, 196, 198, 199, 200, 204, 205, 210, 211, 286 Regensburg 254 Reims 111 Reuilly 299 Ricci, Matteo S. J. 109 Richard von St. Victor 111 Richelieu, Armand Jean du Plessis, Duc de 108 Rijswijk (Ryswick) Frieden 49, 83, 85, 173 Riley, Patrick 10, 11, 78 Rimini 114 Rinteln, Universität 182, 185 Robinet, André 175 Rojas (Royas) y Spinola, Cristóbal 12, 21, 33, 34, 35, 36, 38, 41, 42, 43, 44, 45, 46, 47, 48, 49, 50, 52, 55, 56, 68, 129, 273 Rolle 294 Rom 38, 41, 51, 53, 59, 62, 68, 89, 166, 258, 270 Römisches Reich 253
Rose, Ruth 9 Rösler (Roesler-Le Van), Claire 10, 11 Rouse, Ruth 252 Rudolph, Hartmut 175, 181 Russell, Bertrand 174 Rußland 80, 81, 84, 88, 89, 92, 93, 290 Orthodoxe Kirche 86, 92 Sachsen, Kurfürstentum 173, 178 Sachsen-Meiningen, Herzogtum 65 Sailer, Johann Michael 259 Salas Ortueta, Jaime de 14 Salomon 132 Salvian von Marseille 114 Salzburg, Benediktineruniversität 258 Samogitien, Herzogtum 203 Sandomierz (Sendomir), Konsens 1570 193, 195, 197, 198, 199, 200, 201, 203, 204, 205, 212 Santacroce, Andrea 53, 54, 55, 56, 57, 69, 71 Santiago de Compostella 144 Sartre, Jean-Paul 277, 283 Sayn-Wittgenstein und Hohenstein, Gustav, Graf von 64 Schalling, Martin 208 Schäufele, Wolf-Friedrich 98, 115 Scheele, Paul-Werner, Bischof em. 14 Schell, Herman 273 Schepers, Heinrich 9 Schermcke (Oschersleben) 145 Schier, Xystus 257 Schmidt, Johann Andreas 103, 106, 109, 113, 131, 132 Schmidt, Martin 9 Schnettger, Matthias 12 Schönborn, Lothar Franz von, Erzbischof 59 Schrecker, Paul 11, 163 Schulze, Gottlob Ernst 265 Schüßler, Hermann 122 Schweden 37, 59, 89 Seckendorff, Veit Ludwig von 21, 239 Seleukeia (Synode) 114 Sellschopp, Sabine 87 Serres, Michel 154, 283 Shakespeare, William 159 Sherlock, William 244 Sibiu, ökumenische Vollversammlung 301, 302 Sidney, Philip Sir 101 Sidney, Robert 101 Slawen 72
Index Nominum Smaragd von Saint-Mihiel 144 Soares, José S.J. 84 Societas Jesu, Jesuiten 21, 22, 31 Söderblom, Nathan 295 Sokrates 167 Sophie Charlotte, Kurfürstin von Brandenburg, Königin in Preußen 63, 174, 253 Sophie Dorothea von BraunschweigLüneburg, Prinzessin 150 Sophie, Pfalzgräfin, Herzogin, Kurfürstin von Braunschweig-Lüneburg 114, 162, 173 Sorbière (Sorberius), Samuel Joseph de 229 Sorbonne 189 Sowjetunion 295 Sozzini (Socinus), Bartolomeo, Sozinianer 17, 20, 21, 25, 118 Spada, Fabrizio 54, 55, 56, 57, 69, 71 Spanheim, Ezechiel von 212 Spanien 35, 36, 65, 81 Sparn, Walter 252 Spener, Philipp Jakob 148 Speyer 262 Spiga, Bistum 59 Spinola siehe Rojas (Royas) y Spinola Spinoza, Baruch de 25, 228, 229, 230, 231, 232, 233, 234, 235, 236, 239, 242, 245, 249 Spinozismus 230, 232, 235, 239 St. Petersburg 268 Stanley, William 89 Stattler, Benedikt 258, 259 Steffani, Agostino 36, 59, 60, 61, 62, 63, 64, 65, 66, 67, 68, 69, 70, 73 Stepling, Joseph 258 Sterky, Jeremias 164 Sterzinger, Ferdinand 258 Strack(ius), Johannes 182 Straßburg, Bistum 262 Sturm(ius), Caspar 182 Stuttgart 131 Tacitus 166 Tanara, Sebastiano Antonio 52 Temple, William 292 Teplice (Teplitz-Schönau) 143 Teresa von Ávila 278 Tertullian 110, 126 Theodorus 207 Thomas von Aquin 109, 116, 160, 190, 273 Thomasius, Jakob 27, 28, 235, 240 Thorn (Toruń)
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Generalsynode 1595 204 Religionsgespräch 1645 197, 198, 199, 200, 201, 205 Professio Doctrinæ Ecclesiarum Reformatarum vom 1. September 1645 199, 200, 212 Titius, Gerhard 123 Trévoux 255 Trient, Konzil 241 Trient, Konzil (Tridentinum) 22, 39, 46, 51, 53, 96, 107, 119, 125, 126, 175, 177, 193, 199, 203, 242, 258, 261, 265, 269, 272, 287, 288, 292 Tübingen 268 Evangelisch-theologische Fakultät 255 Türkei (Türken) 37, 41, 43, 47, 48, 90, 93 Turrettino, Francisco 244 Ungarn 34, 35, 38, 47, 49 Unterburger, Klaus 13 Uppsala 295 ökumenische Vollversammlung 292 Urbich, Johann Christoph 87, 88, 89, 90, 91, 92 Usher (Usserius), James 113 Utermöhlen, Gerda 87, 251, 252 Vallendar 14 Vancouver, ökumenische Vollversammlung 296 Vanini, Lucilio (Julius Caesar) 239 Varro, Marcus Terentius 103 Vaticanum I, Konzil 270 Vaticanum II, Konzil 15, 251, 292, 295, 298, 300, 302 Vatikan (Heiliger Stuhl) 51, 52, 53, 55, 56, 57, 58, 59, 60, 61, 62, 64, 67, 69, 70, 71, 72, 73, 135, 295, 300, 301 Verden, Bistum 59 Vereinigte Staaten von Amerika 228 Verinus, Fridericus 182 Vermigli, Petrus Martyr 207 Veron, François 244 Vieillard-Baron, Jean-Louis 276, 277 Vietor, Jeremias 182 Vinanzio, Dominikanerpater 56 Vinzenz von Lérins (Lerinum) 114, 119 Visser’t Hooft, Willem A. 292, 293, 294 Voetius (Voet), Gisbert 172 Vogel, Berthold 258 Voltaire (Arouet, François-Marie) 93, 160 Wachter, Johann Georg 230 Wagner, Richard 160, 161
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Index Nominum
Waldenser, Bekenntnis? 203 Waldhoff, Stephan 10 Waller, Edmund 235 Wallmann, Johannes 122 Weis, Nikolaus 262, 263, 264, 265 Weishaupt, Adam 271 Welfen 42, 112, 113, 130 Welmer, Johann 145 Weltrat der Kirchen, Ökumenischer Rat 14, 15, 251, 284, 294, 295, 296, 297, 299 Wernstedt, Rolf 251 Weser 60 Westeuropa 18, 19, 21, 23, 26 Westfalen, Königreich 264 Westfälischer Frieden 1648 37, 43, 48 Westphal, Joachim 194 Wetzlar 68 Wien 34, 35, 36, 38, 47, 48, 52, 53, 54, 55, 87, 88, 89, 90, 91, 143 Wiener Neustadt 35, 36, 38, 52, 55, 56, 129 Wilhelm (William) von Ockham 116 Wilhelm III. von Oranien-Nassau, Statthalter der Niederlande 49 Wilhelm III., Prinz von Oranien, König von England 80
Willius, Konrad (Pseudonym Conradus Lügenfeind) 182 Winant, Dominikanerpater 52 Winckelmann Siehe Winkelmann Winckler, Johann Joseph 145 Winkelmann, Johannes 182 Wissowatius (Wiszowaty, Andrzej) 20, 25 Witsen, Nicolaas 93 Wittenberg 125, 182, 198 Wittgenstein, Ludwig 290 Witzel, Georg 121 Wloclawek (Wladislaw, Synode 1583 204 Woker, Franz Wilhelm 61, 62, 70 Wolfenbüttel 58, 60, 63 Wolff, Christian 230, 255, 257, 258, 268 Wren, Christopher 29 Württemberg (Schwaben) 179, 180, 201 Zabarella, Jacopo (Giacomo) 178 Zanchi, Girolamo 172 Zürich 196 Consensus Tigurinus 1549 194 Zwingli, Ulrich (Huldrych) 149, 172, 180, 194, 210 Zwinglianer 174, 180, 194, 196, 197, 201
STUDIA LEIBNITIANA
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SONDERHEFTE
Im Auftrag der Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Gesellschaft e.V. herausgegeben von Herbert Breger, George Henry R. Parkinson, Heinrich Schepers und Wilhelm Totok.
Franz Steiner Verlag
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ISSN 0341–0765
Udo Wilhelm Bargenda / Jürgen Blühdorn (Hg.) Systemprinzip und Vielheit der Wissenschaften Vorträge der Universität Münster aus Anlaß des 250. Todestages von Leibniz 1969. VIII, 163 S. mit 5 Abb., kt. ISBN 978-3-515-00271-4 George Henry R. Parkinson Leibniz on Human Freedom 1970. VI, 67 S., kt. ISBN 978-3-515-00272-1 Kurt Müller / Heinrich Schepers / Wilhelm Totok (Hg.) Linguistik und Sprachstudium Symposion der Leibniz-Gesellschaft Hannover vom 15.–16. November 1971 1973. VIII, 174 S., kt. ISBN 978-3-515-00273-8 Kenneth C. Clatterbaugh Leibniz’s Doctrine of Individual Accidents 1973. VIII, 92 S., kt. ISBN 978-3-515-00274-5 Der Wissenschaftsbegriff in der Natur- und in den Geisteswissenschaften Symposion der Leibniz-Gesellschaft Hannover vom 23.–24. November 1973 1975. VIII, 302 S. mit 3 Abb., 1 Tab. und 2 Schemata, kt. ISBN 978-3-515-02109-8 Die Bedeutung der Wissenschaftsgeschichte für die Wissenschaftstheorie Symposion der Leibniz-Gesellschaft Hannover vom 29.–30. November 1974 1977. VIII, 170 S., kt. ISBN 978-3-515-02394-8 Magia Naturalis und die Entstehung der modernen Naturwissenschaften Symposion der Leibniz-Gesellschaft Hannover vom 14.–15. November 1975 1978. VIII, 180 S., kt. ISBN 978-3-515-02778-6 Albert Heinekamp / Franz Schupp (Hg.)
Die intensionale Logik bei Leibniz und in der Gegenwart Symposion der Leibniz-Gesellschaft Hannover vom 10.–11. November 1978 1979. IX, 153 S., kt. ISBN 978-3-515-03011-3 9. George Henry R. Parkinson (Hg.) Truth, Knowledge and Reality Inquiries into the Foundations of Seventeenth Century Rationalism. A Symposium of the Leibniz-Gesellschaft Reading, 27th–30th July 1979 1981. IX, 158 S., kt. ISBN 978-3-515-03350-3 10. Albert Heinekamp (Hg.) Leibniz als Geschichtsforscher Symposion des Istituto di Filosofici Enrico Castelli und der Leibniz-Gesellschaft in Ferrara vom 12.–15. Juni 1980 1982. XI, 186 S. mit 6 Abb., kt. ISBN 978-3-515-03647-4 11. Diogenes Allen Mechanical Explanations and the Ultimate Origin of the Universe According to Leibniz 1983. V, 44 S., kt. ISBN 978-3-515-03867-6 12. Werner Kutschmann Die Newtonsche Kraft Metamorphose eines wissenschaftlichen Begriffs 1983. VIII, 177 S., kt. ISBN 978-3-515-03727-3 13. Albert Heinekamp (Hg.) Leibniz’ Dynamica Symposion der Leibniz-Gesellschaft in der Evangelischen Akademie Loccum vom 2.–4. Juli 1982 1984. 226 S. mit 5 Abb., kt. ISBN 978-3-515-03869-0 14. Albert Heinekamp (Hg.) 300 Jahre „Nova Methodus“ von G. W. Leibniz (1684–1984) Symposion der Leibniz-Gesellschaft im Congresscentrum „Leewenhorst“ in Nordwijkerhout (Niederlande)
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1992 1994. 229 S., kt. ISBN 978-3-515-06230-5 Susanne Edel Metaphysik Leibnizens und Theosophie Böhmes Die Kabbala als Tertium Comparationis für eine rezeptionsgeschichtliche Untersuchung der individuellen Substanz 1995. 225 S., kt. ISBN 978-3-515-06666-2 Martine de Gaudemar (Hg.) La notion de nature chez Leibniz Colloque organisé par le departement de philosophie de l’université de Provence (Aix-en-Provence), le CNRS (Paris), et la G.W. Leibniz-Gesellschaft (Hannover), Aix-en-Provence, 13–15 Octobre 1993 1995. 240 S., kt. ISBN 978-3-515-06631-0 Alexander Wiehart-Howaldt Essenz, Perfektion, Existenz Zur Rationalität und dem systematischen Ort der Leibnizschen Theologia Naturalis 1996. XII, 223 S., kt. ISBN 978-3-515-06840-6 Emily Grosholz / Elhanan Yakira Leibniz’s Science of the Rational 1998. 107 S., kt. ISBN 978-3-515-07400-1 Paul Blum Philosophenphilosophie und Schulphilosophie Typen des Philosophierens in der Neuzeit 1998. 302 S., kt. ISBN 978-3-515-07201-4 Herbert Breger / Friedrich Niewöhner (Hg.) Leibniz und Niedersachsen Tagung anläßlich des 350. Geburtstages von G. W. Leibniz, Wolfenbüttel 1996 1999. 238 S. und 16 Farbtaf., kt. ISBN 978-3-515-07200-7 Martin Fontius / Hartmut Rudolph / Gary Smith (Hg.) Labora diligenter Potsdamer Arbeitstagung zur Leibnizforschung vom 4.–6. Juli 1996 1999. 240 S., kt. ISBN 978-3-515-07602-9 Brandon Look Leibniz and the ‘Vinculum Substantiale’ 1999. 143 S., kt. ISBN 978-3-515-07623-4
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Andreas Hüttemann (Hg.) Kausalität und Naturgesetz in der Frühen Neuzeit 2001. 240 S., kt. ISBN 978-3-515-07858-0 Massimiliano Carrara / Antonio-Maria Nunziante / Gabriele Tomasi (Hg.) Individuals, Minds and Bodies Themes from Leibniz 2004. 297 S., kt. ISBN 978-3-515-08342-3 Alexandra Lewendoski (Hg.) Leibnizbilder im 18. und 19. Jahrhundert 2004. 261 S., kt. ISBN 978-3-515-08401-7 Daniel J. Cook / Hartmut Rudolph / Christoph Schulte (Hg.) Leibniz und das Judentum 2008. 283 S. mit 6 fbg. und 1 s/w-Abb., kt. ISBN 978-3-515-09251-7 Mark Kulstad / Mogens Lærke / David Snyder (Hg.) The Philosophy of the Young Leibniz 2009. 259 S. mit 1 Abb., kt. ISBN 978-3-515-08098-9 Paul Rateau (Hg.) L’idée de théodicée de Leibniz à Kant: héritage, transformations, critiques 2009. 222 S., kt. ISBN 978-3-515-09351-4
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Juan Antonio Nicolás (Hg.) Leibniz und die Entstehung der Modernität Leibniz-Tagung in Granada, 1.–3. November 2007 2010. 278 S., kt. ISBN 978-3-515-09357-6 Erich Barke / Rolf Wernstedt / Herbert Breger (Hg.) Leibniz neu denken 2009. 108 S., kt. ISBN 978-3-515-09374-3 Thomas Kisser (Hg.) Metaphysik und Methode Descartes, Spinoza, Leibniz im Vergleich 2010. 153 S., kt. ISBN 978-3-515-09736-9 Paul Rateau (Hg.) Lectures et interprétations des Essais de théodicée de G. W. Leibniz 2011. 316 S. mit 2 Abb., kt. ISBN 978-3-515-09919-6 Wenchao Li / Hans Poser / Hartmut Rudolph (Hg.) Leibniz und die Ökumene 2013. 314 S., kt. ISBN 978-3-515-10309-1 Wenchao Li / Hartmut Rudolph (Hg.) „Leibniz“ in der Zeit des Nationalsozialismus 2013. 309 S., kt. ISBN 978-3-515-10308-4
Leibniz und die Ökumene umschreibt ein Thema, das in der Forschung zwar nicht unbeachtet blieb, in seinem Gewicht für beides, das Verständnis des Leibniz’schen Wirkens und die Geschichte der Ökumene – also des jahrhundertelangen Strebens nach Einigung der in Konfessionen und Kirchen getrennten Christenheit – in der Vergangenheit doch erheblich unterschätzt wurde. Mit der fortschreitenden Edition der Korrespondenz, der philosophischen und po-
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litischen Schriften in der Leibniz-Akademieausgabe tritt die große Bedeutung, die Gottfried Wilhelm Leibniz (1646–1716) der Vereinigung der getrennten christlichen Kirchen zeit seines Lebens beigemessen hat, immer deutlicher zutage. So kam es 2009 im Berliner Schloss Charlottenburg zu einer ersten internationalen Tagung, die sich spezifisch mit Leibniz’ ökumenischem Anliegen auseinandersetzt und deren Ergebnisse dieser Band zusammenfasst.
www.steiner-verlag.de Franz Steiner Verlag