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German Pages 1446 [146] Year 2023
Klaus Henning Busch Siegrun Busch · Erik Busch
Lehren und Lernen: Humor als Schlüsselfaktor Innovative Impulse für die erfolgreiche Gestaltung von Lernprozessen
Lehren und Lernen: Humor als Schlüsselfaktor
Klaus Henning Busch • Siegrun Busch Erik Busch
Lehren und Lernen: Humor als Schlüsselfaktor Innovative Impulse für die erfolgreiche Gestaltung von Lernprozessen 7., überarbeitete und aktualisierte Auflage
Klaus Henning Busch Rostock, Deutschland
Siegrun Busch Rostock, Deutschland
Erik Busch Hemhofen, Deutschland
Ursprünglich erschienen im Eigenverlag KLaus Henning Busch bei epubli 2000 ISBN 978-3-658-42867-9 ISBN 978-3-658-42868-6 https://doi.org/10.1007/978-3-658-42868-6
(eBook)
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://portal.dnb.de abrufbar. © Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 6. Auflage: © Klaus Henning Busch, epubli 2000 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Lektorat/Planung: Irene Buttkus Titelbild: GnrlyXYZ – stock.adobe.com Springer Gabler ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany Das Papier dieses Produkts ist recyclebar.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort____________________________________________________________ 7 1 Exposition____________________________________________________ 11 2 Klassische Dramaturgie und ihre Gattungen______________17 3 Didaktische Führung des pädagogischen Prozesses_____ 29 3.1 Vorbereitungsphase________________________________________________ 29 3.2 Durchführungsphase______________________________________________ 37 3.3 Nachbereitungsphase______________________________________________ 77
4 Kreativitätstechniken als dramaturgische Mittel________ 83 5 Humor als dramaturgisches Mittel_______________________ 103 6 Humor als Lebensprinzip __________________________________119 7 Gespräch mit einer erfahrenen Lehrerin__________________125 8 Interview mit einer Führungskraft________________________141 Anhang__________________________________________________________ 145
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Lehrer Lämpel nach (W. Busch 1962, Bd. 1, S. 20).
Vorwort Lernende und Lehrende haben ein gemeinsames Ziel – das Erwerben beziehungsweise das Vermitteln von Wissen, Werten und Fertigkeiten. Der Weg zu diesem Ziel ist mit zahlreichen Hürden, Interessenkonflikten und Widersprüchen „gepflastert“. Vor einer schwierigen Klausur schrieb unser Mathe-Dozent das bekannte Seneca-Zitat (Seneca, 1978) an die Tafel: „Per aspera ad astra.“ (Über raue Wege zu den Sternen) Es erscheint daher lohnenswert, zu überlegen, wie die unterschiedlichen Hürden mit Schwung genommen werden können und wie der mehrfach bestehende Widerspruch zwischen dem teilweise schwer zu erarbeitenden Erfolg einerseits und der Freude am Lernen und Lehren andererseits kreativ zu lösen ist. Dieses Buch soll dazu beitragen zu erkennen und zu realisieren, dass Erfolg und Spaß beim Lernen und Lehren keine Gegensätze sind, sondern untrennbar miteinander verbunden sein können. Wolper (mit vollständigem Namen: vulpes vulpes prudens) wird uns auf den folgenden Seiten dabei mit seinen klugen Hinweisen begleiten, und Wilhelm Busch trägt mit seinen Zeichnungen nicht nur zur Auflockerung der Texte bei - sondern verspricht damit einen günstigen lernpsychologischen Impuls.
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Damit soll auch ein Anliegen dieses Buches deutlich werden: Nachdem bereits vor Jahrzehnten die Kirchen dem Humor (lange zögernd) ihre Türen geöffnet haben und selbst Mephistopheles (im Faust 1) sagt „Ich bin des trocknen Tons nun satt.“, werden auch manche der Autoren von Fachbüchern – zwar würdevoll zögernd – einsehen, dass man auch wissenschaftlich anspruchsvolle Inhalte mit Humor präsentieren kann. Die pädagogischen Prozesse für das Erwerben der gegenwärtig und zukünftig erforderlichen Fach-, Methoden- und Sozialkompetenzen sind so zu gestalten, dass in der aktiven Wechselwirkung zwischen Lernenden und Lehrenden das Interesse der Lernenden geweckt wird und sie für die aktive Mitwirkung begeistert und befähigt werden. Der pädagogische Prozess steht dabei im Spannungsfeld von didaktischer Führung (durch die Lehrenden) und der erforderlichen Selbstständigkeit der Lernenden. Aus der Analogie zur Dramaturgie im Theater und im Film können dazu interessante Anregungen gewonnen werden. In der Pädagogik entwickelte sich die „Dramaturgie des Unterrichts“ zu einem wirksamen didaktischen Instrument. Ähnlich wie im pädagogischen Prozess ist die Lösung des Konfliktes (Widerspruchs) zwischen Nichtwissen und Wissen auch ein Merkmal der kreativen Erfindungsprozesse und des Humors – also ein Charakteristikum aller innovativen Prozesse. Neben der Belebung und Auflockerung pädagogischer Prozesse können die Gesetze des Humors und die Methodik der Konstruktion von Witzen originelle Impulse für die schöpferische Gestaltung innovativer Prozesse in der Pädagogik und in anderen Wissenschaftsbereichen liefern. Die Erkenntnisse aus der gemeinsamen Projektarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen des itf Schwerin und besonders die schöpferischen
Vorwort |
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Anregungen von Herrn Doz. Dr. habil. Hans Joachim Buggenhagen waren bei der Gestaltung und Belebung der Ausführungen von großem Nutzen. Marieke Busch brachte ihre Kompetenzen bei der technischen Ausführung dieses Buches ein. Allen direkt und indirekt förderlich Beteiligten danken wir hiermit herzlich. Rostock, 2023
Siegrun Busch Klaus Henning Busch Erik Busch und Wolper
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Exposition
Sobald vom „Unterricht“ oder vom „Lernen“ gesprochen wird, erinnern wir uns entweder an unsere eigene Schulzeit, oder an die zahlreichen Lehrerwitze und auch an die Streiche von Max und Moritz. „Also lautet ein Beschluss: Dass der Mensch was lernen muss. Nicht allein das A-B-C Bringt den Menschen in die Höh‘, Nicht allein in Schreiben, Lesen Übt sich ein vernünftig Wesen; Nicht allein in Rechnungssachen Soll der Mensch sich Mühe machen; Sondern auch der Weisheit Lehren Muss man mit Vergnügen hören. Dass dies mit Verstand geschah, War Herr Lehrer Lämpel da. Max und Moritz, diese beiden, Mochten ihn darum nicht leiden; Denn wer böse Streiche macht, Gibt nicht auf den Lehrer acht.“ Wilhelm Busch 1863 nach (W. Busch, 1962, Bd. 1 S. 20 f.)
© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 K. H. Busch et al., Lehren und Lernen: Humor als Schlüsselfaktor, https://doi.org/10.1007/978-3-658-42868-6_1
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Als Wilhelm Busch im Jahre 1863 diese Zeilen schrieb, basierte der pädagogische Prozess – genauso wie heute – auf den beiden personellen Momenten: _ Lernende und _ Lehrende. Sowohl die Lernenden als auch die Lehrenden können gegenwärtig bestätigen, dass sich der einbezogene Personenkreis wesentlich erweitert hat. Je nach Bildungsweg und Bildungssituation kommen besonders die folgenden Akteure hinzu: _ Der Rechtsanwalt, der sofort einbezogen wird, wenn Wunsch und Wirklichkeit bei einer Leistungsbewertung nicht übereinstimmen, _ die alles umsorgenden Eltern, _ die Mitschüler in ihren einflussreichen Gruppenstrukturen, _ die privaten Finanzgeber und die Fördermittelbewilliger, die Erfolge erwarten und Aufwendungen kritisch bewerten, _ die Personalverantwortlichen von ausbildenden und weiterbildenden Unternehmen und _ die Handy-Kommunikationspartner während des Unterrichtes.
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Den Start in die Schule skizziert Wilhelm Busch in dem folgenden Bild. „Wie schnell vom elterlichen Stuhle Setzt man uns auf die Bank der Schule!“
Abbildung 1: Lehrer Bötel bei der Einschulung nach (W. Busch, 1962, Bd. 1 S. 326). In der Wechselbeziehung zwischen Lehrenden und Lernenden haben die Lernenden die Aufgabe, ihre Fach-, Methoden- und Sozialkompetenzen sowie ihre Gesamtpersönlichkeit zu entwickeln. Den Lehrenden obliegt die Aufgabe, den pädagogischen Prozess zu führen. Sie haben dabei besonders die Lernenden zu aktivieren, sie für das Ziel und den Inhalt des Lernprozesses zu begeistern und sie zur schöpferischen Mitarbeit zu befähigen. Neben dieser Aufgabe haben die Lehrenden „nebenbei“ zunehmend folgende Aspekte ihrer Tätigkeit zu berücksichtigen: _ Das Entwickeln und ständige Festigen ihrer Autorität, _ das wirkungsvolle Reagieren auf Störungen und Provokationen,
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_ das Vermitteln von Lebensregeln und Werten, an die sich die Lernenden noch im „hohen Alter“ erinnern können, _ das Unterstützen der Gruppenentwicklung der Lernenden, _ das ständige Gewährleisten der Anerkennung im Kollegium, _ das gewissenhafte Erstellen von Statistiken und Berichten, _ das Rechtfertigen von Entscheidungen, _ ein ausreichendes Gesundheits- und Antiaggressionstraining sowie _ nebenbei die eigene Weiterbildung, um den Anforderungen ihrer Arbeit gerecht zu werden. Dabei sind die durch Gesetze, Verordnungen und Weisungen gegebenen externen Bedingungen gewissenhaft zu beachten. Sowohl für die Lehrenden als auch für die Lernenden sind im pädagogischen Prozess mehrfach Konflikte zu beherrschen und Widersprüche zu lösen. Neben dem grundlegenden Konflikt zwischen dem Nichtwissen und dem zu erreichendem Wissen existieren die Widersprüche _ zwischen Kompetenzbedarf und Lernbereitschaft, _ zwischen Lehrauftrag und Lehrhemmnissen sowie _ zwischen den Lernzielen und den Lernbedingungen. In diesem mehrdimensionalen Spannungsfeld ist der pädagogische Prozess so zu gestalten, _ dass das Erwerben der erforderlichen Fach-, Methoden- und Sozialkompetenz gewährleistet ist und _ dass auch die Lern- und Lehrbedingungen für alle beteiligten Akteure nicht nur akzeptabel sind, sondern auch mit Erfolgserlebnissen und mit Freude an der gemeinsamen Arbeit verbunden werden können.
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Diese Bedingungen stellen hohe Anforderungen an die didaktische Führung des pädagogischen Prozesses. Zum kreativen Lösen der damit verbundenen Problemsituationen kann es sinnvoll sein, sich an ähnliche Prozesse und „Veranstaltungen“ zu erinnern, in denen die Aufmerksamkeit der Beteiligten über eine bestimmte Zeit aufrechterhalten wird und gleichzeitig Wissen und Werte unterhaltsam vermittelt werden. Solche Analogien finden wir in der Dramaturgie beim Vorlesen von Märchen und Sagen, beim Zuschauen und begeisterten „Mitgehen“ im Puppentheater, beim Besuch von Theatervorstellungen, beim Betrachten von Filmen oder sogar beim Zuhören von dramaturgisch „gekonnt“ erzählten Witzen. Ob solche Analogien abwegig sind oder ob sie interessante Anregungen für die Gestaltung von pädagogischen Prozessen bieten können, werden wir auf den nächsten Seiten erleben und beurteilen können. Nach diesen Überlegungen können wir nun den Titel des Buches festlegen: Lehren und Lernen Humor als Schlüsselfaktor
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Klassische Dramaturgie und ihre Gattungen
Die Dramaturgie ist so alt, wie sich Menschen bemühten, Geschichten, Märchen und Sagen so zu erzählen, dass die Zuhörer dem Dargebotenen gefesselt folgten. Neben der spannenden Unterhaltung wurden stets mit den Erzählungen auch Lebensserfahrungen vermittelt und Gruppennormen sowie Werte gefestigt. Aus den Erfahrungen vieler Generationen lassen sich grundsätzliche Regeln und Gesetzmäßigkeiten für ein wirkungsvolles, dramatisches „Erzählen“ (im weitesten Sinne) ableiten.
Als Dramaturgie werden im Rahmen dieses Buches die Lehre von Wesen, Wirkung und Formgesetz des Dramas sowie die Anleitungen zum Verfassen oder zum Verständnis von dramatischen Texten verstanden. Das Drama ist eine literarische Gattung, die sowohl Texte im Theater, in der Oper, im Spielfilm, im Hörspiel als auch einige Arten vorgetragener Texte einschließt. Die Handlung kann in Akte und Szenen untergliedert sein.
© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 K. H. Busch et al., Lehren und Lernen: Humor als Schlüsselfaktor, https://doi.org/10.1007/978-3-658-42868-6_2
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Bei der Entwicklung der klassischen Dramaturgie (von griechisch dramaturgein) und deren schriftlichen Darstellung spielt der griechische Gelehrte Aristoteles eine besondere Rolle (Mode et al., 1955). Er gliederte ein Theaterstück in die drei Akte _ Exposition, _ Konfrontation und _ Auflösung. Von Gustav Freytag wird die dramatische Handlung in folgende Aktstruktur gegliedert: 1. 2. 3. 4. 5.
Akt Akt Akt Akt Akt
Exposition steigende Handlung Höhepunkt fallende Handlung Lösung des Konfliktes (Freytag & Plinke, 2012)
Der erste Akt enthält die Einleitung, der zweite die Steigerung, der dritte den Höhepunkt, der vierte die Umkehr und der fünfte die Katastrophe. Damit erhält das Drama einen pyramidenförmigen Aufbau: Die Handlung steigt vom in der Exposition dargestellten Konflikt (Widerspruch) bis zur „Zuspitzung“ im Höhepunkt und fällt dann zur Lösung des Konfliktes als Katastrophe oder „Happy End“ ab. Diese Struktur begleitet uns nicht nur in vielen Formen der Literatur - sondern auch in der darstellenden Kunst und in allem schöpferischen Denken und Handeln der Menschen, bei dem es um die Lösung von Konflikten und Widersprüchen geht. Die Form des Dreiecks (der Pyramide) wird uns – neben der Dramaturgie – anlog auch in den Abschnitten Pädagogik, Kreativität und Humor begegnen und deutet damit auf die Verwandtschaft aller schöpferischen Prozesse hin. Die folgende Abbildung spiegelt diesen Aufbau prinzipiell wider.
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Höhepunkt
steigende Handlung mit Wirkung und Gegenwirkung
Exposition Einleitung, Einführung
Umkehr, fallende Handlung mit Steigerung zur letzten Spannung vor der Konfliktlösung
Lösung des Konfliktes Katastrophe oder glückliches Ende
Abbildung 2: Allgemeine Struktur des Dramas.
Dramaturgie im Schauspiel und im Film Neben den klassischen Arten des Schauspiels, der Tragödie und der Komödie, gehört auch das Kabarett zum Sprechtheater. Allen Stücken ist gemeinsam, dass Texte durch Sprache, Gestik und Mimik vorgetragen werden. Bei der Tragödie handelt es sich um ein Schauspiel, das tragisch verläuft und oft in einer Katastrophe oder mit dem Tod der Hauptfigur endet. Eine Komödie soll die Zuschauer erheitern und sie zum Lachen bringen. Die Komödie führt im Allgemeinen zum „Happy End“. Die Kombination von Tragödie und Komödie führt zur Tragikomödie.
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Es ist durchaus interessant, beim Betrachten eines Filmes dessen dramaturgische Struktur zu analysieren – leider geht dabei der Genuss an der Handlung teilweise verloren. Wilhelm Busch verfasste auch eigene Schauspiele und gestaltete mehrere Theaterzettel (siehe Abbildung 3 und Abbildung 4).
Abbildung 3: Theaterzettel zu „Liebestreu und Grausamkeit“ (W. Busch, 1962, Bd. 2 S. 41).
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Abbildung 4: Theaterzettel zu „Heinz von Höllenstein“ nach (W. Busch, 1962, Bd. 2 S. 42).
Dramaturgie in Mythen Mythen sind Geschichten, in denen – ähnlich wie in Sagen und Märchen – interessante und häufig rätselhafte Ereignisse oder Vorgänge dargestellt werden. Mythen entspringen den uralten Erlebnissen, Erfahrungen und Weisheiten des Volkes. Sie wurden von Generation zu Generation mündlich weitergetragen, bevor sie aufgeschrieben wurden. Bei der Weitergabe haben die jeweils aktuellen Weltanschauungen und herrschenden Ideologien spürbar ihre „Spuren“ hinterlassen.
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Die folgenden zwei Beispiele für die in Mittel- und Nordeuropa verbreiteten Mythen handeln vom Zauberer Merlin und von der Göttin Holla. Merlin – der Druide und Zauberer von Camelot – begeistert in zahlreichen Büchern und Filmen seine Leser und Zuschauer. Lange Zeit wurde darüber spekuliert, ob Merlin eine Erfindung der Geschichtsschreibung sei. Es ist das Verdienst des Historikers und Schriftstellers Nikolai Tolstoy, der nach gründlicher Recherche der tausendjährigen Merlin-Tradition in dem Buch „Auf der Suche nach MERLIN“ zur Aufklärung dieses Mythos beigetragen hat (Tolstoy, 1988). Die germanische Göttin Holla ist unter mehreren Namen bekannt: Holle, Holda, Hulda und Brechta. Nach Meinung von Historikern wird sie als die Muttergöttin der Jungsteinzeit angesehen und galt im Volksglauben als eine Haus-, Schutz- und Heilungsgöttin. Daher galt der Holunderbusch (Hollerbusch) früher als die „bäuerliche Hausapotheke“. Wie lange Mythen im Volke leben, lässt sich am folgenden Kinderreim erkennen: „Ringel, Ringel, Reihe, wir sind der Kinder dreie. Wir sitzen unterm Hollerbusch und machen alle husch, husch, husch.“ (unbekannt, o. J.-b)
Nach der Christianisierung war es durchaus nicht ungefährlich, unter dem Hollerbusch zu beten.
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Dramaturgie in Balladen In den vergangenen Jahrhunderten waren die Bänkelsänger auf den mittelalterlichen Märkten und auf Volksfesten die Vortragenden von häufig schauerlichen Geschichten mit Tod und Liebe. Das Geschehen wurde mit meist bunten Bildtafeln veranschaulicht, auf denen die jeweils besungenen Ereignisse eindrucksvoll dargestellt waren. Die Quellen der mitteleuropäischen Balladen reichen bis zu den germanischen Heldenliedern zurück. Besonders mit Goethe und Schiller erlebte die Ballade einen neuen Höhepunkt. Im sogenannten SchillerGoethe‘schen Balladenjahr 1797 entstanden mehrere Balladen (Berger, 1965). In der Struktur der Ballade finden sich die Grundzüge der klassischen Dramatik wieder. In der Abbildung 5 soll dieser Aufbau veranschaulicht werden.
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Höhepunkt „Und der Ritter in schnellem Lauf steigt hinab in den furchtbaren Zwinger. und aus der Ungeheuer Mitte nimmt er den Handschuh mit keckem Finger.“
Fräulein Kunigund: „Herr Ritter ist Eure Lieb so heiß, ei, so hebt mir den Handschuh auf.“
„Und mit Erstaunen und mit Grauen sehen's die Ritter und Edelfrauen.“
„Da fällt von des Altans Rand ein Handschuh zwischen den Tiger und den Leu mitten hinein.“ „Und der König winkt wieder. Da speit das doppelt geöffnete Haus zwei Leoparden aus.“
„Und der König winkt wieder … Da rennt mit wildem Sprung ein Tiger hervor.“
„Und er winkt mit dem Finger, auftut sich der Zwinger, und hinein ein Löwe tritt.“ Exposition Löwengarten mit König Franz mit Damen und den Großen der Krone
„Und gelassen bringt er den Handschuh zurück.“
„Da schallt ihm Lob aus jedem Munde, aber mit zärtlichem Liebesblick – Er verheißt ihm sein nahes Glück – empfängt ihn Fräulein Kunigunde.“
Lösung des Konfliktes „Den Dank, Dame, begehr ich nicht!“ … und verlässt sie zur selben Stunde.
Abbildung 5: Die dramatische Struktur der Ballade vom Handschuh.
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Dramaturgie in Sagen Sagen sind relativ kurze Erzählungen, die auf mündlichen Überlieferungen beruhen und häufig mit phantastischen Elementen verbunden sind. Die Verknüpfung mit konkreten Orten, Personen und historischen Ereignissen gibt ihnen den Anschein von Glaubwürdigkeit. Höhepunkt Am 26. Juni erschien er wieder in Gestalt eines Jägers und ließ seine Pfeife in den Gassen hören. Alsbald kamen diesmal nicht Ratten und Mäuse, sondern die Kinder.
Der Rattenfänger verließ zornig und verbittert die Stadt.
Der ganze Schwarm von Kindern folgte ihm, und er führte sie in einen Berg, wo er mit ihnen verschwand.
Nachdem die Plage beseitigt war, verweigerten die Bürger dem Rattenfänger den versprochenen Lohn.
Mit seinem Pfeifchen lockte er die Ratten und Mäuse heraus und führte sie in die Weser – worauf die Tiere ertranken.
Der Rattenfänger Bundting kommt in die Stadt und verspricht, die Stadt gegen ein Entgelt von der Plage zu befreien.
Exposition
Tragödie
Im Jahre 1284 litten die Bürger von Hameln an einer Ratten- und Mäuseplage
Es waren einhundertdreißig Kinder verloren
Abbildung 6: Die dramatische Struktur der Sage vom „Rattenfänger zu Hameln“.
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Obwohl die Sagen über keine einheitliche Struktur verfügen und sich im Laufe der Zeit – ähnlich wie auch die Mythen und Märchen – verändern, nutzen sie Elemente, die eine Spannung aufbauen und Werte sowie Normen vermitteln. In der Abbildung 6 wird die dramatische Struktur der Sage vom Rattenfänger zu Hameln dargestellt (Grimm & Grimm, 2011). Durch die Arbeit der Brüder Grimm wurde mit den „Deutschen Sagen“ eine umfangreiche Sammlung geschaffen und erhalten (Grimm & Grimm, 2011). Sagen bilden gegenwärtig eine breite Grundlage für Romane und Filme.
Dramaturgie in Märchen Märchen sind Erzählungen, die auf den mündlichen Überlieferungen vieler Völker beruhen. Auch in die deutschen Märchensammlungen sind u.a. die Geschichten der Hugenotten, der Araber und der Nordeuropäer eingeflossen. Die Märchen schließen phantastische Elemente ein und beziehen sich in der Regel nicht auf konkrete Orte und Personen. Vielmehr sind in ihnen Zwerge, Hexen, Zauberer, Tiere und Feen anzutreffen. Auch Pflanzen werden in die Märchen einbezogen. Folke Tegetthoff bringt dem Leser die geheimen Kräfte von Kräutern in seinem Buch „Kräutermärchen“ unterhaltsam nahe (Tegetthoff, 2004). Zwischen den Formulierungen „Es war einmal …“ und „Wenn sie nicht gestorben sind ...“ werden nach mehreren Abenteuern die Guten belohnt und die Bösen bestraft.
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Da die Märchen ein sehr prägendes und einprägsames Mittel der Bildung und Erziehung bereites in früher Kindheit sind, werden die Märchen häufig den jeweilig bestimmenden Normen und Werten der Gesellschaft angepasst. Aus Göttern können dann leicht Dämonen und aus dem Glauben kann Aberglaube werden.
Abbildung 7: Hänsel und Gretel aus der Sicht von Wilhelm Busch (W. Busch, 1962, Bd. 1 S. 167). Die Struktur von Märchen wird bei „Frau Holle“ deutlich. Die Handlung ist in das parallele Verhalten und Erleben der beiden Mädchen, der faulen eigenen Tochter und der fleißigen Stieftochter, gegliedert. Der dramatische Verlauf erfolgt in den Stufen: Aufsteigende Entwicklung mit _ _ _ _ _ _
dem Fallen der Spule in den Brunnen, dem Sprung in den Brunnen, dem Erwachen auf einer Wiese, dem Verhalten am Backofen, dem Schütteln des Apfelbaumes und dem Aufschütteln der Federbetten bis es auf der Erde schneit.
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| Lehren und Lernen: Humor als Schlüsselfaktor Als Höhepunkt steht der Wunsch nach Heimkehr. Als fallende Handlung mit Steigerung zur letzten Spannung stehen
_ einerseits das glückliche Ende mit dem Gold als Belohnung für die Fleißige beim Durchschreiten des Tores und _ andererseits die Tragödie für die Faule (Überschütten mit Pech) als Bestrafung.
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Didaktische Führung des pädagogischen Prozesses
3.1 Vorbereitungsphase Die uralte Aussage „Wenn alles schläft und einer spricht: Dieses nennt man Unterricht.“ (unbekannt, o. J.-c) mag manchen Lernenden zunächst sehr angenehm erscheinen, und der eine oder andere Lehrende könnte sich über die ungestörte Ruhe und Disziplin freuen, in der er seinen Stoff als Monolog „abspulen“ könnte. Irgendwann würde die Sache jedoch langweilig, und das Ziel des Unterrichtes, das Vermitteln und Erwerben der erforderlichen Kompetenzen, würde so nicht erreicht. Bei der Gestaltung des methodischen Vorgehens im pädagogischen Prozess steht der Lehrende vor der Problematik, bei den Lernenden eine Spannung zu erzeugen und die Zuwendung zum Lernstoff so intensiv wie möglich zu gestalten. Der eventuell vorhandene Trägheitswiderstand der Lernenden ist zu überwinden. © Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 K. H. Busch et al., Lehren und Lernen: Humor als Schlüsselfaktor, https://doi.org/10.1007/978-3-658-42868-6_3
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Der Lehrende steht bereits bei jeder Vorbereitung vor der Problematik, das methodische Vorgehen so zu gestalten, dass das Interesse der Lernenden so geweckt werden kann, dass das Interesse, das Mitdenken und Mitarbeiten möglichst über die gesamte Stoffeinheit erhalten werden kann. Wilhelm Busch stellt den Stock als bestimmendes Element im pädagogischen Prozess dar (siehe Abbildung 8).
Abbildung 8: Die Rolle des Stockes im pädagogischen Prozess nach (W. Busch, 1962, Bd. 1 S. 288). Neben dem Stock wurden auch andere Mittel zum Vermitteln des Unterrichtstoffes erfunden (siehe Abbildung 9).
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Abbildung 9: Der Nürnberger Trichter. Eine Anregung für die Lösung dieser schwierigen Aufgabe besteht darin, dass wir uns daran erinnern, wie gespannt die Enkelkinder – fest angeschmiegt an ihre Großmutter – deren Erzählungen und Märchen folgten und wie begeistert die jungen Zuschauer dem Kasper im Puppentheater zujubelten und mit voller Begeisterung dem Dargebotenen zusahen. Die klassische Dramaturgie des griechischen Theaters, die Märchen, die Filme und die Theaterstücke können als Analogie dienen, durch deren Anpassung an die jeweils vorliegende Situation im pädagogischen Prozess innovative Ideen entwickelt werden können.
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Aus der Dramaturgie abgeleitet, ist bekannt, dass das Interesse besonders _ durch den Aufbau von Spannungsfeldern, _ das Aufzeigen von Konflikten und _ das Aufdecken von Widersprüchen geweckt werden kann. In Analogie zum Film und zum Theater können im pädagogischen Prozess dramaturgische Mittel zur Gestaltung eines lebendigen Unterrichts eingesetzt werden. Dazu gehören sowohl die personellen Mittel einschließlich _ der Sprache mit ihrer Stimmmodulation, _ der Mimik und _ der Gestik als auch die materiellen und instrumentellen Mittel der Infrastruktur (siehe Abschnitt 3.2.3). Die Analogie zur Dramaturgie soll an einem Beispiel sichtbar gemacht werden, das relativ einfach aufgebaut ist und dessen fachlicher Inhalt für alle Lehrenden und Lernenden bekannt oder leicht zu verstehen ist. Aus dem Beruf „Maler und Lackierer“ wird die „Tapetenbedarfsberechnung“ analysiert. Das Ziel besteht darin, dass für das Tapezieren der Tapetenbedarf zu ermitteln ist. Der Tapetenbedarf wird dazu nach den Raumproportionen und der Art der Tapete (unter Berücksichtigung von Mustertapeten und Sonderabmessungen) berechnet.
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Höhepunkt
Erarbeiten einer allgemeingültigen Formel für die Errechnung des Tapetenbedarfs
Wie viele Bahnen pro Rolle? Welche Breite pro Rolle?
steigende Handlung
Wie sind Türen und Fenster zu berücksichtigen? Wie ist der Musterversatz zu berücksichtigen? Welche Fläche pro Rolle? Selbständiges Ermitteln der Rollenmaße aus Lernmitteln Welche Fläche ist zu bearbeiten? Ermitteln der Raumproportionen (Skizzieren, Messen, Flächenberechnung) Tafeltext: Tapetenberechnung Ziel klar formulieren
Dialog über Gestaltung eines Zimmers Erarbeiten von Gestaltungsmnöglichkeiten Entscheiden für Tapeten Problem: Bedarf an Tapentenrollen
Exposition
Pädagogisches Konzept ZIMOR
Berechnung von Beispielen Kontrolle mit „Faustformel“ U x H / 5 ~ Rollenanzahl Dialog über Besonderheiten beim Beschaffen und Verarbeiten der Materialien
fallende Handlung
Sauberkeit am Arbeitsplatz Arbeitsschutz Ökologie Ökonomie Dialog über eigene Erfahrungen beim Tapezieren als lockerer Ausklang
Zusammenfassung mit Resultat-Ziel-Vergleich bezogen auf die Lernenden Ergebnis: Erworbene Kompetenzen
Lösung des Konfliktes
Resultat-Ziel-Vergleich methodologische Auswertung
Abbildung 10: Struktur des methodischen Vorgehens am Beispiel „Tapetenberechnung“.
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Ähnlich - wie der Dramaturg gemeinsam mit dem Regisseur bei einem Theaterstück oder bei einem Film das dramaturgische Konzept bearbeitet - hat der Lehrende in der Vorbereitungsphase eine didaktisch-methodische Konzeption zu erarbeiten. Ein didaktisch-methodisches Konzept ist die gedankliche Vorwegnahme der Gestaltung einer pädagogischen Einheit zur Kompetenzvermittlung und Kompetenzaneignung, die auf einer gründlichen Analyse der gegebenen Lehr- und Lernsituation, der vorhersehbaren Bedingungen und der zur Verfügung stehenden Ressourcen aufbaut und die folgenden Elemente beinhaltet: • Ermitteln und Bestätigen der Zielstellung, • Bestimmen der Inhalte, • Auswahl der einzusetzenden Methoden, • Festlegen der Organisation der Realisierung und • Festlegen der Resultatsermittlung. Bei der konzeptionellen Vorbereitung ist auch zu überlegen, ob der Lern- und Lehrprozess straff oder locker geführt werden soll. _ In der beruflichen Weiterbildung kann zwischen den Lehrenden und den Lernenden ein vertrauensvolles Verhältnis aufgebaut werden. Die vorhandenen Kompetenzen der Weiterzubildenden können dabei in den Dialog eingebracht werden. _ Werden Auszubildende zu Beginn ihrer praktischen Ausbildung mit der Methode der Arbeitsunterweisung geführt, wird eine klare Anleitung mit weitgehend selbständiger Tätigkeit verbunden. _ Bei einer Havarieübung in einer Ausbildungswerkstatt ist eine straff geleitete autoritäre Führung sinnvoll und erforderlich.
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_ Bei der Vorbereitung und Durchführung von Projekten wechseln gemeinsame Beratungen zum Ziel, zum Inhalt und zum Lösungsweg mit straffen Anleitungen und selbständig bearbeiteten Abschnitten ab. Den Lernenden werden zwar Grenzen gesetzt, sie werden jedoch auch gleichzeitig zu einer freien Mitarbeit motiviert. Das methodische Vorgehen wird erläutert und begründet. Für das Führungsverhalten kann es keine festen Rezepte und kein „entweder–oder“ geben, sondern die Führung muss der jeweiligen Situation, der Persönlichkeit der Lehrenden, dem Ziel und Inhalt des anzueigneten Stoffes und der Motivation und den Kompetenzen der Lernenden angepasst werden. Im Abschnitt 3.2.2.1 „Didaktische Grundlagen“ werden diese Vorgehensweisen näher betrachtet. Besonders für den entscheidenden ersten Kontakt der Lehrenden mit den Lernenden ist es für ein langfristig erfolgreiches Zusammenwirken unverzichtbar, dass eine gründliche Situationsanalyse erfolgt. Dazu gehören besonders auf der personellen Seite _ die Zusammensetzung der Gruppe der Lernenden mit eventuellen kulturellen und sprachlichen Voraussetzungen sowie den sozialen Netzwerken, _ eventuell bekannte Interessen, _ die wesentlichen Ziele für ihre Zukunft (Abschlüsse, Berufs- und Einsatzwünsche) und _ die individuell bereits vorhandenen Kompetenzen und Vorerfahrungen. Die gründliche Situationsanalyse gewinnt zunehmend an Bedeutung. Nicht nur im Sport gilt: Nur, wenn man sich selbst und sein Gegenüber sehr genau kennt, kann das angestrebte Ziel erreicht werden.
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Bei den materiellen (technischen) Bedingungen sind unter anderem _ _ _ _ _ _
der Raum (Größe Ausstattung mit Möbeln, Lichtverhältnisse), die verfügbare technische Ausstattung und deren Funktion, die Klimatisierung (besonders im Sommer), die Kommunikationsmöglichkeiten (Internet-Anschlüsse), die Nebenräume und eventuelle ergänzende spezielle Lernplätze bzw. Lerninseln zu beachten (siehe auch Abschnitt 3.2.3 „Infrastrukturelle Bedingungen“). Die Vorbereitung entscheidet maßgeblich über das Gelingen des Unterrichtes. Die Kunst besteht unter anderem darin, eventuelle Probleme vorherzusehen. Die Planung sollte daher nicht starr sein, sondern so variabel, dass auf unvorhergesehene erfreuliche oder störende Ereignisse „schlagfertig“ reagiert werden kann. Der Humor und die eigene Kreativität sind dabei wichtige Hilfsmittel. Friedrich dem Großen wird folgende Äußerung zugeschrieben: „Ich bereite mich auf jedes Ereignis, das da kommen könnte, vor. Mag das Glück mir günstig sein oder ungünstig, das soll mich weder mutlos machen, noch übermütig.“ (Friedrich der Große, o. J.) Für die schriftliche Vorbereitung der jeweiligen Stoffeinheit liegen zahlreiche Muster und Empfehlungen vor. Neben den allgemeinen Angaben hat sich die Tabellenform mit etwa folgender Gliederung der Spalten bewährt: _ Unterrichtsschritt (Phase) _ Inhalt _ einzusetzende Methode
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_ eingesetzte Lern- und Lehrmittel (Medien) _ vorgesehener Zeitbedarf je Arbeitsschritt Zu Beginn der Lehrtätigkeit ist die schriftliche Vorbereitung erfahrungsgemäß sehr gründlich und umfangreich. Mit wachsender Berufserfahrung zieht auch bei der schriftlichen Vorbereitung mehr Routine ein (Buggenhagen, 2019b).
3.2 Durchführungsphase 3.2.1 Motivierende Führung Wie bekommt man eine verwöhnte Prinzessin dazu, eine Ausbildung in Hauswirtschaft und im Einzelhandel aufzunehmen und auf diesen Gebieten mit großem Einsatz zu arbeiten? König Drosselbart hat das sehr geschickt erreicht. Die Königstochter fragt: „Wo sind die Diener?“ Drosselbart reagiert: „Was Diener? Du musst selber tun, was du willst getan haben.“ Drosselbart hatte damit eine Situation geschaffen, in der das Lernen überlebenswichtig wurde. Drosselbart ordnet an: „Frau, so geht’s nicht länger, dass wir hier zehren und nichts verdienen. Du sollst Körbe flechten.“ Nachdem weder das Feuermachen, das Essen kochen, das Körbe flechten und noch das Spinnen geklappt hatten, forderte König Drosselbart den Handel mit Töpfen und irdenen Geschirr anzufangen. Schließlich wurde die Königstochter eine Küchenmagd. Nach einem erfolgreichen „Praktikum“ kam schließlich mit der Hochzeit das glückliche Ende (Grimm & Grimm, 2001).
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Eigentlich noch erfolgreicher verlief die berufliche Ausbildung der drei Brüder im Märchen „Tischlein deck dich“. Nachdem die drei Brüder durch die Intrigen der Ziege bei ihrem Vater zu Unrecht beschuldigt wurden, „gerbte der Vater den Jungen mit der Elle den Rücken so gewaltig, dass sie zum Haus hinaussprangen“. Es war nun erforderlich, dass sie sich eigenständig und auf sich allein gestellt „durchs Leben schlagen“ und einen Beruf erlernen mussten. Als die Lehrjahre erfolgreich abgeschlossen waren, kehrten die drei Brüder als Schreiner, Müller und Drechsler in ihr Vaterhaus zurück. Als verdienten Lohn brachten sie das „Tischlein deck dich“, den „Goldesel“ und den „Knüppel aus dem Sack“ mit. Nach der Bestrafung des betrügerischen Gastwirtes, der sie um ihren Lohn bringen wollte, wurde das glückliche Ende ausgiebig gefeiert (Grimm & Grimm, 2001). Ein aktuelles Beispiel soll diese beiden märchenhaften Berichte ergänzen. Eine Wissenschaftlerin bekommt das Angebot, in einem weltweit anerkannten Labor in Australien zu arbeiten. Für ihren Ehemann wird gleichfalls ein interessantes Einsatzgebiet gefunden. Die Familie beschließt, für drei Jahre gemeinsam mit dem vierjährigen Sohn und dem noch recht mobilen – jedoch verwitweten – Vater der Ehefrau eine neue zeitweilige Heimat zu finden. Der Sohn gewöhnt sich schnell im Kindergarten ein, und sein Opa beschäftigt sich mit dem kleinen Garten am Haus und findet auch Zeit, die Familiengeschichte aufzuarbeiten. Sein Schwiegersohn schenkte ihm einen Englisch-Kurs, den er auch aus Höflichkeit ab und zu besuchte. Als die Mutter und der Vater zu einer Tagung fahren, müssen sich der Sohn und sein Opa einige Tage selbst versorgen. Beim Einkaufen in einem kleinen Laden muss der inzwischen fünfjährige Enkel der Verkäuferin die Einkaufswünsche des Großvaters übersetzen. Der Enkel
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beherrschte inzwischen nahezu perfekt die Landessprache und konnte auch bereits etwas lesen. Das gemeinsame Spielen und der Wunsch, von den anderen Kindern akzeptiert und einbezogen zu werden, hatten ihn – ohne dass er es selbst kaum zur Kenntnis nahm – motiviert, die Sprache zu erlernen. Auch gegenwärtig gibt es in vielen Regionen unzählige Beispiele für ähnliche Situationen. Es sollte daher über geeignete lernfordernde Situationen nachgedacht werden. Die lernfordernde Situation kennzeichnet ein Problem und damit einen Widerspruch zwischen Nichtwissen und Wissen und erfordert eine umgebungs- und handlungsbezogene Verhaltensänderung _ durch die Aneignung des erforderlichen Wissens und _ durch das Auslösen der dazu notwendigen Lernbereitschaft. Anlass und Ausgangspunkt für das Lernen ist eine lernfordernde Situation, die für das einzelne Individuum oder für eine Institution die Notwendigkeit zum Erwerben von neuen Kompetenzen (Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten) deutlich und zwingend werden lässt. Lernfordernde Situationen können – auch ohne lernfördernde Bedingungen – zu einem erfolgreichen Lernen führen. Lernförderliche Bedingungen ohne lernfordernde Situationen garantieren allein noch kein erfolgreiches Lernen.
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Die Lernfordernde Situation kann _ durch Fremdsteuerung oder _ durch Selbststeuerung entstehen. Sie kann also aus einer vorgegebenen Aufgabenstellung (Problemstellung), die Teile einer Lehr- und Lernstrategie sein kann - oder aus dem selbstständigen Erkennen der Problemsituation im Handeln (sowohl in als auch außerhalb der Erwerbstätigkeit) resultieren (Buggenhagen et al., 2012). Die Bereitschaft des handelnden Individuums, sich dem erforderlichen Lernprozess zuzuwenden, wird von mehreren subjektiven und objektiven Erfordernissen beeinflusst. Dazu gehören unter anderem _ _ _ _ _ _ _ _ _
das Interesse an Erkenntnissen, die zeitliche Abstimmung mit der berufspraktischen Ausbildung, das Erwerben von Wissen für die praktische Arbeit, das Streben nach Lob oder Belohnung bzw. das Vermeiden von Misserfolgen und Strafen, das Erwerben von Wissen für private Vorhaben, das Festigen der Stellung in der Gruppe und die soziale Identifikation sowie das Streben nach einem bestimmten sozialen Status, das Ansehen bei den Lehrenden und die Identifikation mit ihnen, das Erreichen persönlicher Vorteile und das Handeln unter Zwang.
Den Begriff „lernfordernde Situation“ legen wir wie folgt fest:
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Eine lernfordernde Situation ist ein zeit- und ortsgebundener Umgebungszustand für ein handelndes Individuum, der dadurch gekennzeichnet ist, dass das handelnde Individuum zum gegebenen Zeitpunkt und am gegebenen Ort nicht über die erforderlichen Voraussetzungen verfügt, um einen gegebenen Zustand in einen geforderten Zustand zu überführen. Die Lehrenden müssen es verstehen, geeignete lernfordernde Situationen zu schaffen bzw. bereits vorhandene lernfordernde Situationen so auszugestalten, dass das Interesse der Lernenden am Lernstoff, und die Bereitschaft zum gemeinsamen Handeln von Lehrenden und Lernenden wecken. Damit gelingt es, die Lernenden sowohl bei der Einführung als auch kontinuierlich über die gesamte Lerneinheit zu motivieren. Die Motivation der Lernenden ist ein entscheidender Einflussfaktor auf den Erfolg der Kompetenzvermittlung und Kompetenzaneignung. Neben _ _ _ _ _
der Motivation sind die Aktivität der Lernenden, die Freizügigkeit für die Lernenden, die Informationsbreitstellung und die Gedächtnisprozesse der Lernenden für den Lernerfolg ausschlaggebend.
Aus den Anfangsbuchstaben dieser Einflussfaktoren ergibt sich – als Gedankenstütze – die Abkürzung M A F I G (Buggenhagen, 2019a). Im Rahmen dieses Abschnittes sollen besonders die Motivation und die Möglichkeiten ihrer Verstärkung Gegenstand der Betrachtungen sein.
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| Lehren und Lernen: Humor als Schlüsselfaktor Die Motivation charakterisiert die aktuelle Bereitschaft zum Handeln. Sie ist Beweggrund und Anreiz zu einem bestimmten Verhalten und bestimmt damit, wie sich eine Person mit einer Aufgabe identifiziert und sich für das Lösen der Aufgaben engagiert. Die Motivation hat damit eine Schlüsselfunktion für die Gestaltung des Lehr- und Lernprozesses.
Die Motivation umfasst das gesamte System der „Antriebskräfte“ für das Denken und Handeln des Menschen. Im Allgemeinen wird die Motivation in zwei Gruppen unterteilt. Zur habituellen Motivation rechnen die relativ verfestigten Motive, die das Denken und Handeln grundlegend, individuell und stabil beeinflussen, während die aktuelle Motivation situationsbezogen durch aktuelle innere und äußere Reize entsteht. In den Lern- und Lehrprozessen spielen sowohl die habituelle Motivation als auch die aktuelle Motivation eine bestimmende Rolle. Neben der individuell ausgeprägten Einstellung zum Lernen ist eine aktuelle Motivation für das Wecken der Begeisterung und der Aufnahme- und Verarbeitungsbereitschaft unverzichtbar. Den Lehrenden steht zur Aufrechterhaltung der Motivation über die gesamte Lerneinheit ein breites Spektrum an Mitteln und Methoden zur Verfügung. Dazu gehören sowohl die personellen Mittel einschließlich _ der Sprache mit ihrer Stimmmodulation, _ der Gestik und Mimik (Handerer & Schönherr, 1994) als auch die Lehr- und Lernmethoden (siehe Abschnitt 3.2.2 „Methodische Führung“) sowie die materiellen und instrumentellen Mittel der Infrastruktur (siehe Abschnitt 3.2.3 „Infrastrukturelle Bedingungen“).
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Zur Gestaltung des Sprechens, also zur Stimmmodulation, stehen den Lehrenden besonders folgende Möglichkeiten zur Verfügung: _ die Sprechmelodie, des Hebens und Senkens der Stimme, des Setzens melodischer Akzente, _ die Lautstärke einschließlich der Sprechpausen und _ die Sprechgeschwindigkeit. Dabei kann eine unvermittelte Sprechpause durchaus mehr Aufmerksamkeit erregen, als eine laute Stimme. Fördernd für die Aufnahme des Gesagten sowie des Einprägens sind eine zyklische Gliederung zwischen Zeiten für das Zuhören und Zeiten für das Verarbeiten sowie das „Einstreuen“ von auflockernden Beiträgen (Episoden, Anekdoten und Bilder). Die Gestik und Mimik können das Gesagte wirksam unterstreichen. Dabei verstehen wir unter Gestik die bewussten und unbewussten Aktionen und Reaktionen des Körpers. Allgemein bekannt sind _ _ _ _
das abweisende Verschränken der Arme, das zustimmende Nicken, das Gestikulieren der Arme und Hände und der drohende Zeigefinger.
efühle Die Mimik ist die Ausdrucksform des Gesichtes. Damit können G deutlich ausgedrückt werden und Sympathie und Antipathie gezeigt werden. Einige Beispiele dafür sind _ _ _ _
das neugierige Staunen, das freundliche Lächeln, das skeptische in Faltenziehen der Stirn und das gelangweilte Gähnen.
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Eine ausgeprägte Gestik und Mimik lassen sich besonders auch bei Fußballtrainern und Schiedsrichtern beobachten. Zur Auflockerung des gemeinsamen Lernens und Lehrens ist es durchaus möglich, einen Witz einzugliedern. Allerdings müssen der Anlass und die Bedingungen dazu geeignet sein! Der Witz muss in die Situation passen – besser: er geht aus der Situation hervor. Auch Mephistopheles äußert sich als „Berufsberater“ im Faust: „Ich bin des trocknen Tons nun satt, muss wieder recht den Teufel spielen.“ (von Goethe, 1953, S. 58) Zu unserem Beispiel des Berechnens des Tapetenbedarfs im Abschnitt 3.1 „Vorbereitungsphase“ könnte der folgende Malerwitz erzählt werden. Der Meister sagt zum Auszubildenden: „Geh mal nach nebenan und streiche die Fenster weiß.“ Nach einer Stunde kommt der Auszubildende zurück und berichtet: „Die Fenster sind fertig. Soll ich die Rahmen auch streichen?“ Eine wesentlich grundlegendere Rolle als der Witz spielt der Humor bei der Gestaltung der Lern- und Lehrprozesse. Die Fähigkeit, Problemsituationen positiv mit Heiterkeit zu interpretieren, hat sich besonders auch als Mittel der Konfliktlösung bewährt. Humor kann besonders im Zusammenhang mit Prüfungen und bei der praktischen Tätigkeit angebracht sein. Wenn bei der Gesellenprüfung einem Auszubildenden die bereits eingestrichene Deckentapete „um den Hals fällt“, wird aus dem Malerlehrling schnell ein „Malheurlehrling“. Der Prüfling und die Anwesenden könnten dann relativ locker über diese Panne hinweggehen.
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Das Einbeziehen der Kreativitätstechniken und der Innovationsmethodik in die Gestaltung der Dramaturgie des pädagogischen Prozesses unterstützt _ das Wecken des Interesses der Lernenden am Lernstoff, _ das Wecken der Bereitschaft zum gemeinsamen Handeln von Lehrenden und Lernenden, _ das Erwerben der erforderlichen beruflichen Kompetenzen und darüber hinaus _ das Erwerben von Methodenkompetenz (Innovationsmethodik) und _ das gleichzeitige Erwerben von Sozialkompetenz besonders zur Befähigung der Mitwirkung in schöpferischen Gruppen. Die Dramaturgie der Kreativitätsprozesse führt am Ende des dramaturgischen Bogens zur Auflösung der als Beispiel gewählten Problemsituation und zeigt dabei „Lücken“ und neue, zu lösende Probleme auf. Die Funktionen des Humors und der Kreativität bei der Gestaltung der Dramaturgie des pädagogischen Prozesses werden in den Abschnitten 4 und 5 ausführlicher dargestellt.
3.2.2 Methodische Führung 3.2.2.1 Didaktische Grundlagen Wenn Schiffe in einem vielbefahrenen Hafen manövrieren müssen oder in schwierigen Gewässern von einer Ausgangsposition zu einer Zielposition fahren, ist es üblich oder Pflicht, dem Kapitän einen Lotsen zur Seite zu stellen. Lotsen sind erfahrene Seeleute (Nautiker, Kapitäne), die
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ihr Einsatzgebiet genau kennen und über die erforderlichen Kompetenzen verfügen. Ihre Aufgabe ist es, das Schiff durch alle Gefahren der Untiefen, der Riffe und andere Hindernisse sicher zu geleiten und dabei den Kapitän zu beraten. Sie verfügen dazu über alle erforderlichen nautischen Instrumente, Mittel und Methoden. Ähnlich wie ein Lotse, hat der Lehrende die Lernenden auf ihrem Weg von Nichtwissen zum Wissen – also zum Lernziel – durch alle „Klippen und Riffe“ des Lernprozesses zu führen. Der Lehrende kann dabei – ähnlich wie ein Lotse – über ein breites Repertoire an Regeln, Methoden und organisatorischen sowie technischen Mitteln verfügen. So wie sich das Schiff mit dem Lotsen von seiner Ausgangsposition zur Zielposition bewegt, erfolgt das Lernen von der Position des (erkannten) Nichtwissens zum angestrebten Wissen. Der Konflikt zwischen dem Nichtwissen und dem erforderlichen Wissen muss durch das gemeinsame Handeln von Lehrenden und Lernenden gelöst werden. „Das typische Merkmal jedes guten Unterrichtes ist die Handlung. Die Handlung, die den Prozess zwischen Nichtwissen und Wissen zur Entscheidung bringt.“ (Lohmann, 1960) Das Lernen ist eine Voraussetzung für die Existenz und für die Weiterentwicklung aller Individuen und Arten durch deren Anpassung an das jeweils aktuelle Umfeld und das adäquate Reagieren auf vorhersehbare oder unerwartete Veränderungen in ihrem Lebensumfeld. Das Reagieren auf neue Situationen und das eigene Schaffen von Veränderungen des Umfeldes ist mit Lernen verbunden.
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Im Sinne der Kybernetik beruht das Lernen auf einer Rückkopplung, bei der das vorhandene Verhalten hinsichtlich der Erfolge oder der Misserfolge bewertet und durch neu gewonnene Erkenntnisse weiter entwickelt wird. Damit wird das zukünftige Verhalten neu geformt. Daher müssen die bravsten Schülerinnen und Schüler später nicht die besten Lehrenden werden, denn sie hatten nicht die Chance, aus den Erfolgen und Misserfolgen ihres Unfuges zu lernen und können sich daher auch nicht immer in die Streiche und das Verhalten ihrer eigenen Schülerinnen und Schüler hineindenken und optimal (mit Humor und/ oder auch mit Konsequenz) darauf reagieren. Im menschlichen Leben ist das Lernen auf die Erfüllung von Bedürfnissen und auf das Erfüllen von Pflichten gerichtet (Wiener, 1952). Das methodische Vorgehen, das die Handlung bestimmt, wird durch die Führung des Lehrenden bestimmt. Der Lernende darf die helfende Hand der Lehrenden nicht spüren, er muss zur eigenen Erkenntnis finden. Der Dialog ist die Grundlage der gemeinsamen Handlung. Der Monolog ist ebenfalls notwendig – jedoch als stummes Wechselgespräch zwischen Lehrenden und Lernenden. Die Lehrenden müssen sich dabei in die Rolle der Lernenden versetzen können. Der Unterricht ist als „Mannschaftsspiel“ unter Führung der Spielleiterin bzw. des Spielleiters zu gestalten. (Lohmann, 1960) Die Beziehungen (Relationen) zwischen den personellen Momenten, den Lehrenden und den Lernenden, mit dem Lerngegenstand im pädagogischen Prozess lassen sich vereinfacht mit dem pädagogischen Dreieck darstellen.
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Lerngegenstand Ziele, Inhalt
Methoden Organisationsformen Resultatsermittlung Lehrende
Lernende
Abbildung 11: Das pädagogische Dreieck. Die Lehrenden stehen bei jeder Vorbereitung vor der Problematik, das methodische Vorgehen so zu gestalten, dass das Interesse der Lernenden so geweckt werden kann, dass das Mitdenken und das Mitarbeiten möglichst über die gesamte Stoffeinheit entwickelt und erhalten werden kann. Dazu kann er über zahlreiche bewährte Methoden verfügen. Allerdings benötigt er zu deren optimaler Auswahl und Kombination einen Überblick über die verfügbaren Mittel. So ähnlich, wie der Lotse für das beratende Führen des betreuten Schiffes neben seiner nautischen Ausbildung und seinen erworbenen Kompetenzen entsprechende Seekarten (mit den Seewegen, Untiefen und Seezeichen) zur Orientierung zur Verfügung hat, die einen weiträumigen Überblick ermöglichen, haben die Lehrenden die allgemeine Didaktik als die Wissenschaft des Lehrens und Lernens als übergeordnete Orientierung zur Verfügung.
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Im Rahmen dieses Buches definieren wir die Didaktik wie folgt: Die Didaktik ist neben der Allgemeinen Pädagogik, der Historischen Pädagogik und der Vergleichenden Pädagogik eine Fachdisziplin der Pädagogik, die sich mit der Theorie und Praxis der Lehr- und Lernprozesse beschäftigt. Sie wird auch als Lehre vom Lehren oder als Lehrkunst bezeichnet. Als Grundlage der Analyse und Planung der Lehr- und Lernprozesse beschäftigt sie sich mit den didaktischen Konzepten. Der Gegenstand der Didaktik reicht über den Unterricht hinaus und berücksichtigt u. a. die Selbstlernprozesse, das tätigkeitsintegrierte Lernen und das selbstgesteuerte Lernen. Neben der allgemeinen Didaktik gibt es für die einzelnen Lehrfachgebiete die spezielle Lehrfachdidaktik (Lehrfachmethodik). Allgemein kann formuliert werden: Didaktik ist die Lehre vom WAS, Methodik die Lehre vom WIE des Unterrichts. Zum WIE des Unterrichtes gehört auch der Führungsstil. Die Grund1 lagen dazu basieren auf den Arbeiten von Kurt Lewin (Marrow, 2002).
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Nebenbei: Es ist interessant zu lesen, wie Kurt Lewin seinen eigenen Unterricht und seine Forschungsarbeiten gestaltet hat und welche Erkenntnisse er zur Integration unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen gewonnen hat.
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Von ihm stammt auch die Klassifizierung in _ den autoritären Führungsstil, _ den demokratischen Führungsstil und _ den Laissez-faire-Stil. Der autoritäre Führungsstil beruht auf klaren Anweisungen der Lehrenden an die Lernenden. Diese Anweisungen sind ohne Diskussion auszuführen. Damit wird ein zügiges, zielgerichtetes Arbeiten gewährleistet, und der Eigeninitiative der Lernenden wird zunächst kein Raum gegeben. In abgewandelter Form ist diese Vorgehensweise beim Militär und in Gefahrensituation üblich und zweckmäßig. Nicht ganz abwegig ist der Vergleich mit einem Gespann (z. B. einem Pferdegespann), das straff von einem Kutscher geführt wird und damit den Zugtieren kaum Raum für eigene Entscheidungen oder Handlungen einräumt (Gespann - engl.: team). Der demokratische Führungsstil nutzt das gemeinsame Arbeiten von Lehrenden und Lernenden auf dem Weg zum Ziel. Dabei können verschiedene Vorgehensweisen beraten und diskutiert werden. Dadurch werden die Motivation und die Selbstständigkeit der Lernenden gefördert. Der Einsatz von Kreativitätstechniken bietet sich dabei an. Diese Art der Führung könnte mit dem Jagdverhalten eines Rudels verglichen werden, bei dem die Mitglieder der Gruppe zwar zielorientiert und konsequent geführt werden, bei dem jedoch die Kompetenzen jedes einzelnen unverzichtbar sind und voll gefordert werden. Der Laissez-faire-Stil räumt den Lernenden breite Möglichkeiten zur freien Gestaltung des individuellen Lernprozesses ein. Die Lehrenden greifen nur selten in die Tätigkeit der Lernenden ein. Eine konsequen-
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te Zielorientierung und die Disziplin können nur bedingt gewährleistet werden. Da in den Diskussionen über _ die „richtige“ Gestaltung des Unterrichtes, _ die „richtige“ Erziehung im Elternhaus und in Heimen und _ die „richtige“ Personalführung in Unternehmen die drei genannten Führungsstile eine zentrale Rolle spielen, ist es sinnvoll, die Vorgehensweisen mit ihren Besonderheiten zu kennen. Die Entscheidung für die Kombination mehrerer Führungsstile ist genauso zu betrachten, wie das Verhalten eines Handwerkers, der das Spektrum der erforderlichen Werkzeuge fachgerecht kombiniert und einsetzt. Es ist also sinnvoll, situationsbezogen und pragmatisch aus den einzelnen Führungsstilen eine eigene Vorgehensweise zu gestalten. Nicht sicher ist auch, ob Lehrende in der eigenen Familie immer den richtigen Stil finden, denn sonst hätte sich der folgende Spruch wohl nicht so zäh über viele Generationen gehalten: „Lehrers Kinder, Pastors Vieh geraten selten oder nie.“ (Sprichwort, 2023) Nach dieser kurzen Betrachtung zum Lehrverhalten – zum Führungsstil – sollen die „Werkzeuge“, also _ die Methoden, die zur Unterstützung des Lernens dienen und _ die Methoden die von den Lehrenden zur Führung des Erwerbens von Wissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten eingesetzt werden, näher dargelegt werden.
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Die Lehrenden müssen den Lernenden nicht nur das Wissen, also das Ziel des pädagogischen Prozesses, sondern auch den Weg dahin, also die Technik des Lernens vermitteln. Die Lehrenden müssen daher das Lehren lernen und das Lernen lehren. Obwohl in nahezu allen Definitionen der Didaktik die Lehrprozesse und die Lernprozesse gleichwertig nebeneinander genannt werden, ist der Inhalt der entsprechenden Materialien (Texte) besonders auf das Lehren ausgerichtet. In der Zeit grundlegender Veränderungen in der Arbeitswelt und im privaten Leben gewinnt das Weiterlenen nach der Schule und nach der beruflichen Ausbildung als ein selbstbestimmtes Lernen (oder oft auch als „selbstgesteuert“ bezeichnet) weiter an Bedeutung. Dazu ist es unverzichtbar, dass dem Erlernen des Lernens mehr Aufmerksamkeit gewidmet wird. Die Lernenden sind dabei zu unterstützen, Regeln – Lerntechniken – zu erwerben, die eine effektive Informationsaufnahme und Informationsverarbeitung ermöglichen. Für das Lernen – besonders aus der Sicht der Lernenden – wurde von Johann Amos Comenius der Begriff „Mathetik“ für die „Lernkunst“ verwendet. 3.2.2.2 Lerntechniken Zunächst sollten wir uns darüber verständigen, was wir unter „Lernen“ verstehen wollen. Für den Begriff „Lernen“ liegen zahlreiche Definitionen vor. Für die vorliegende Problemstellung erscheinen die Aussagen von Klix als praktikabel (Klix, 1976).
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Wir verwenden im Rahmen dieses Buches die folgende Begriffserläuterung: Als Lernen verstehen wir die Aneignung von Kompetenzen in Folge einer individuellen (systemeigenen) Informationsverarbeitung, die als individueller Gedächtnisbesitz eine Verhaltensänderung bewirken. In Anlehnung an (Klix, 1976) Zur Informationsaufnahme stehen prinzipiell alle Sinne zur Verfügung: _ _ _ _ _
das Fühlen, das Sehen, das Hören, das Schmecken und das Riechen.
Die Art des Kanals, über den die Information aufgenommen und verarbeitet werden, bestimmt im Wesentlichen die Behaltensfähigkeit. Am meisten lernen wir, wenn wir etwas hören und sehen oder selbst ausführen. Grundsätzlich lernt man bestmöglich, wenn man möglichst alle Informationseingänge nutzt. Die frühen Kindheitsjahre haben sowohl _ für das Erwerben von Wissen und Werten als auch _ für das Lernen des Lernens eine grundlegende Bedeutung Das Zuhören beim Erzählen oder beim Vorlesen von Geschichten und Märchen schult die Fähigkeit, aufmerksam zuhören zu können und vermittelt neben dem Wissen auch Normen und Werte.
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Zur Bedeutung der Märchen bei der Entwicklung der Kinder seien folgende Aussagen zitiert: „Wenn du intelligente Kinder willst, lies ihnen Märchen vor. Wenn du noch intelligentere Kinder willst, lies ihnen noch mehr Märchen vor.“ (Einstein, 2013) „Ein Kind, dem nie Märchen erzählt worden sind, wird ein Stück Feld in seiner Seele haben, auf dem in späteren Jahren nichts mehr angebaut werden kann.“ (Johann Gottfried Herder, 2021) Nicht nur im Kindesalter – sondern auch noch in der beruflichen Ausund Weiterbildung können eigene Erlebnisse, Anekdoten oder andere Geschehnisse den Lernstoff nicht nur auflockern, sondern auch die Erinnerung an den Stoff (und an die Lehrenden) unterstützen. Das Lernen erfolgte über viele Jahrtausende vorwiegend durch Beobachten, Begreifen (im eigentlichen Sinne des Wortes) und durch Nachmachen. Das wird auch deutlich, wenn wir das Lernen in der Hansezeit betrachten. Den wirtschaftlichen und kulturellen Bedingungen (also den lernfordernden Situationen) musste sich auch die Lernkultur in den Hansestädten anpassen. Prägend für die berufliche Entwicklung waren besonders die Tätigkeiten in den ausländischen Kontoren der Hanse. Die Kontakte mit Kaufleuten aus den Partnerstädten und das kinästhetisch orientierte „Zugreifen und Anpacken“ in den eigenen Werkstätten und Handelshäusern bereiteten bereits die Kinder und die Jugendlichen auf ihre späteren Aufgaben vor.
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Neben der gründlichen Ausbildung in Deutsch und im Rechnen war das Erwerben von Kenntnissen in den nordischen Sprachen sowie in Englisch, Französisch und sogar in Italienisch erforderlich. Das Lernen durch alle Sinne wurde durch Friedrich Fröbel mit seinem Erziehungskonzept neu belebt (Sauerbrey & Winkler, 2018). Mit seinen Spielgaben sollen sich die Kinder selbstständig Wissen über ihre Umwelt aneignen. Die Erwachsenen werden dabei angeregt, sich am Spiel zu beteiligen und dabei zu kommunizieren. Das Vorstellungsvermögen und die Phantasie der Kinder werden gefördert, und die motorischen Fähigkeiten werden entwickelt. Zu den Spielgaben gehören weiche Bälle; dazu kommen Zylinder und Würfel sowie weitere Bausteine. Dabei wird auf bekannte Elemente aufgebaut, und schrittweise wird das Spielzeug durch neu hinzukommende Elemente erweitert. Die Spielgaben sind auch gegenwärtig noch käuflich zu erwerben. In Kriegs- und Krisenzeiten wurde (und wird) durch den vorhandenen Mangel das Spielzeug von den Eltern, Geschwistern oder Großeltern selbst gebastelt, oder die Kinder erfanden mit ihrer Phantasie aus Holzstücken, Stöckchen, alten Schrauben oder Papier- und Stoffstücken ihr Spielzeug selbst und spielten begeistert und ideenreich damit. Unter den Bedingungen eines (partiellen) Überflusses und Überangebotes findet zwischen den Schenkenden zurzeit ein „Wettrennen“ um die größten und teuersten Spielgaben statt. Dabei wird bevorzugt komplett fertiges („Nicht kaputt machen!“) und möglich elektronisch gesteuertes Spielzeug übergeben. Die gesamte Familie ist stolz, wenn bereits die Kleinsten über den Bildschirm „wischen“ können und die Bildserien den staunenden Zuschauern präsentieren. Der Phantasie und der Entwicklung „handwerklicher“ Fähigkeiten wird lediglich beim (heimlichen) Zerlegen der Geschenke eine Chance geboten.
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Die derzeitige und noch zu erwartende wissenschaftlich-technische Entwicklung und auch die damit verbundenen Veränderungen in der Arbeitswelt erfordern, dass die Möglichkeiten dieser Techniken bereits frühzeitig genutzt und die dazu erforderlichen Kompetenzen erworben werden. Als ein Kanal zur Informationsaufnahme wurde auch das Fühlen genannt. Vermutlich wurde das von vielen Lehrergenerationen (und auch Eltern) missverstanden und vorwiegend auf die Wirkung des Rohrstocks bezogen:
Wer nicht hören will, muss fühlen.
Wie verbreitet das Fühlen als lernförderndes Mittel eingesetzt wurde beschreibt Novorka in den Deutschen Rechtsaltertümern: „Die Grenzen eines Landgutes, einer Gemeinde wurden seit alters her strenge beaufsichtigt.“ „Die Grenzsteine werden von jeder Gemeinde auf ihrer Seite angekalkt und die anwesenden Jungen erhalten eine Ohrfeige oder es wird ihnen wie in alter Zeit an den Ohren gezupft, „damit sie sich als Nachkommen die Grenzen (Raine) merken “, wie man ihnen dazu noch heutigentags sagt. … Das nennt man auch das Grenzsteinmarks.“ (Maily, 1929, S. 61, 64)
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Aus den Erfahrungen vieler Generationen von Lernenden und Lehrenden wurden Vorgehensweisen gesammelt und erprobt, die dazu beitragen können, das Lernen erfolgreich und effektiv zu gestalten. Diese zielorientierten Vorgehensweisen bezeichnen wir als Lerntechniken. Lerntechniken sind didaktische Mittel, die dazu beitragen sollen, Lernprozesse effektiv zu gestalten. Sie bestehen aus einem System von Regeln, die von einer Ausgangssituation zu einem Lernziel führen. Sie tragen dazu bei, • die Motivation der Lernenden aufzubauen • und zu erhalten, • den Lernprozess vorauszuplanen, • ihn lernförderlich zu gestalten und zu bewerten. Zu den Vorgehensweisen, die dazu beitragen können _ das Lernen zu lernen _ und es so zu gestalten, dass es entspannt und zugleich erfolgreich durchgeführt werden kann, gehören die im Folgenden aufgeführten Lerntechniken. 1. Die Selbstmotivation Die Selbstmotivation charakterisiert die Bereitschaft zum selbstständigen engagierten Handeln - ausgehend von einer lernfordernden Situation und dem Identifizieren mit dem Problem bis zum Erreichen eines (selbst) gestellten Zieles. Die Selbstmotivation ist damit die Basis für die Gestaltung des Lernprozesses.
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Die Selbstmotivation kann durch das Gewähren von weitgehend selbstbestimmter Beschäftigung, begleitet von bereitstehender Unterstützung und anspornenden Lob gefördert werden. Das stufenweise Erreichen und Anerkennen von Erfolgen können die weitere Bereitschaft zum eigenständigen Handeln unterstützen. Der Appetit kommt beim Essen. 2. Der Wechsel zwischen Informationsaufnahme und -verarbeitung Das Aneignen des Lernstoffes sollte im Wechsel von Informationsaufnahme und Informationsspeicherung (Verarbeitung) erfolgen, um die aufgenommenen Informationen im Gedächtnis zu vernetzen und dauerhaft zu speichern. Der Informationsverarbeitung ist dabei genügend Zeit einzuräumen. 3. Die Portionierung der Lerninhalte Es ist sinnvoll, die Lernzeiten überschaubar zu gestalten und durch Pausen zu unterbrechen. Die Pausen können mit anderen Tätigkeiten gefüllt werden. Damit wird gleichzeitig eine vorschnelle Ermüdung vermieden. Es ist förderlich, wenn geistige Bewegung durch körperliche ergänzt wird. 4. Das grafische Darstellen Das Verarbeiten und Speichern von Informationen kann dadurch unterstützt werden, dass die Funktionen und Strukturen von Objekten, die Systemzusammenhänge oder auch die zeitlichen Abläufe grafisch dargestellt werden. Daher ist das schrittweise Entwickeln von Lerninhalten an einer Tafel oder auf einen Skizzenblock wirksamer für das Speichern im Gedächtnis, als das Projizieren fertiger Bilder.
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5. Das Anfertigen und Benutzen von Modellen Die Informationsaufnahme und ein (vernetztes) Speichern im Gedächtnis kann durch das selbstständige Entwerfen und Anfertigen von zweiund dreidimensionalen Modellen wesentlich unterstützt werden. Damit erfolgt ein „Begreifen“ (im eigentlichen Sinn des Wortes), und die schöpferische Tätigkeit wird in das Lernen integriert. Die Funktion und Struktur von Prozessen wird damit anschaulich, und ein mehrfaches Widerholen der Arbeit mit einem Modell ist nicht nur möglich – sondern kann auch spielerisch unterhaltsam sein und Spaß machen. 6. Das laute Lesen und Vortragen Das laute Lesen von Texten und das Vortragen des Lernstoffes (möglichst vor aufmerksamen Zuhörern) ist ein bewährtes Mittel zum besseren Einprägen von Informationen. 7. Das Lernen in Reimen und mit Musik Für das Lernen in Reimen gibt es in nahezu allen Fächern Beispiele. Bekannt und häufig verwendet sind folgende „Eselsbrücken“ beim Erlernen von Geschichtszahlen: 7-5-3 – Rom schlüpft aus dem Ei. 3-3-3 – bei Issos Keilerei. 4-7-6 – Rom war ex. In der Geographie gibt es unter anderem den Reim Iller, Lech, Isar, Inn fließen nach der Donau hin. Altmühl, Nab und Regen fließen ihr entgegen. Das Erlernen von Fremdsprachen kann erleichtert werden und auch mehr Freude machen, wenn nicht nur einzelne Vokabeln „gepaukt“
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werden, sondern zusammenhängende Redewendungen oder ganze Sätze in Reimen oder als Schlagertexte aufgenommen werden. Eine Lehrerin erreichte zum Beispiel gute Erfolge beim Spanischlehren mit Hilfe ihrer Gitarre. 8. Das Wiederholen Im Russischen gibt es ein Sprichwort, das die Wiederholung als Mutter des Lernens bezeichnet: Повторение - мать обучения. (Die Wiederholung ist die Mutter des Lernens.) Das Wiederholen unterstützt das Weiterleiten der Informationen vom Kurzzeitgedächtnis in das Langzeitgedächtnis. Das Einmaleins und die Gedichte waren und sind beliebte Objekte des Wiederholens. Beim Abfragen zu Stundenbeginn musste dann das Langzeitgedächtnis zeigen, was es behalten hatte (falls keine „Lernhilfe“ gut versteckt war oder vom Nachbarn „Lernunterstützung“ erfolgte). Nachdem die Bemühungen der Lernenden näher betrachtet wurden, wollen wir den Blick wieder stärker auf die Tätigkeit der Lehrenden richten. 3.2.2.3 Lehr- und Lernmethoden Während sich die Didaktik mit der Theorie und Praxis der Lehr- und Lernprozesse beschäftigt, ist die Methodik die Lehre von den Methoden, die zum Erreichen vorgegebener Ziele in den Lern- und Lehrprozessen eingesetzt werden. Die Methodik ist ein Teil der Didaktik. Zur Gestaltung der Lern- und Lehrprozesse stehen die Lehrenden vor der Problematik, das methodische Vorgehen so zu gestalten, dass das Interesse der Lernenden so geweckt werden kann, dass das Mitden-
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ken und Mitarbeiten der Lernenden entwickelt und über eine Stoffeinheit erhalten werden kann. Dazu sind zahlreiche Lern- und Lehrmethoden verfügbar. Eine Methode in den Arbeits-, Motivationsund Lernprozessen ist die Art und Weise, mit der diese Prozesse gestaltet werden. Im allgemeinen Sinne ist eine Methode ein System von methodischen Regeln oder auch Prinzipien, die eine Klasse möglicher Operationssysteme bestimmt, die von gewissen Ausgangsbedingungen zu einem bestimmten Ziel führen. Bevorzugte methodische Form zur Gestaltung der Dramaturgie im pädagogischen Prozess ist die erarbeitende Methode. „Während im darbietenden Unterricht der Lehrer durch Vormachen, Vorzeigen, Vorführen oder Vortragen den Stoff, den Gegenstand oder das Problem darstellt und die Schüler in eine mehr rezeptive … Rolle versetzt sind, werden im erarbeitenden Unterricht die Kenntnisse und Einsichten … in gemeinsamer, aktiver und teilweise „produktiver“ Arbeit von Lehrer und Schülern gewonnen.“ (Klingberg, 1989, S. 274). Die Aufmerksamkeit ist (im Sinne der Reklame) auf einen Blickfang zu richten. Die Eröffnung entscheidet dabei nicht unerheblich über den Erfolg. Mit der gemeinsamen Lösung des Problems tritt ein Aha-Effekt ein, der Erfolgserlebnis und Belohnung ist. Die Dramaturgie führt am Ende des dramaturgischen Bogens zur Auflösung der Problemsituation und zeigt dabei „Lücken“ und neue, zu lösende Probleme auf.
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Durch den zunehmenden Einsatz digitaler Medien in Lehr- und Lernsituationen entstehen neue Anforderungen an die Methodik und die Mediendidaktik. Heuristische Denk- und Arbeitsweisen unterstützen die Wegführung vom Nichtwissen zum Wissen (Lohmann, 1959). Zu den in den Methoden zu berücksichtigenden didaktischen Prinzipien gehören: • das Prinzip der Wissenschaftlichkeit, • das Prinzip der Aktivität und Bewusstheit, • das Prinzip der schöpferischen Tätigkeit, • das Prinzip der Verbindung von Theorie und Praxis, • das Prinzip der Anschaulichkeit, • das Prinzip der Systematik, • das Prinzip der Fasslichkeit und • das Prinzip der bleibenden Aneignung. Die Auswahl der jeweils geeigneten Methoden und deren Kombination erfordert die „Kunst“ des Lehrens und hängt von der jeweiligen Situation ab. Im Folgenden soll lediglich ein Überblick über einige Methoden gegeben werden. Eine ausführliche Darstellung erfolgt in dem Buch „Modernes Lernen und Lehren in der beruflichen Aus- und Weiterbildung – Kleiner Didakticus“ (Buggenhagen, 2019a).
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Lediglich der Beschreibung der Projektmethode wird ein etwas breiterer Raum gewidmet, da diese Methode _ das Einbeziehen weiterer Methoden ermöglicht (und erfordert) und _ weil im Rahmen dieser Methode die Verbindung zur Dramatik und zur Kreativität besonders deutlich wird. Im Folgenden werden einige Lehrund Lernmethoden beschrieben 1. Die Methode der Arbeitsunterweisung 2. Die Leittextmethode 3. Die Methode des Lern- und Arbeitsauftrages 4. Die Trainingsmethode 5. Die Methode der Gruppenarbeit 6. Die Fallmethode 7. Die Erkundungsmethode 8. Die Exkursionsmethode 9. Die Methode des Rollenspiels 10. Die Methode des wechselseitigen Unterrichts 11. Die Projektmethode In dieser Reihenfolge wurde eine steigende Komplexität der Methoden berücksichtigt. 1. Die Methode der Arbeitsunterweisung Die Methode der Arbeitsunterweisung ist die unmittelbare Einführung des Lernenden in die praktische Tätigkeit in einer Lehrwerkstatt, in einem Betrieb oder in einer Übungsfirma durch den Lehrenden. _ Sie richtet sich auf die Ausprägung praktischer Fertigkeiten, _ sie fördert die selbständige Arbeitsweise des Lernenden und sichert Erfolgserlebnisse durch die Herstellung eines Produkts und
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_ sie bereitet die Umsetzung theoretisch erworbener Kenntnisse in der praktischen Tätigkeit vor und gibt dem Lernenden konkrete Hinweise zur Erfüllung des Arbeitsauftrages. 2. Die Leittextmethode Die Leittextmethode ist eine tätigkeitsorientierte Lern- und Lehrform, bei der die Lernenden mit Hilfe von vorbereiteten Materialien inhaltlich und methodisch geführt werden und sich damit weitgehend selbständig Kenntnisse aneignen können. Die schriftlich (oder auf elektronischen Datenträgern) vorliegenden Leittexte, die im Vermittlungs- und Aneignungsprozess eingesetzt werden, berücksichtigen bestimmte Schrittfolgen/ Sequenzen, die aus der Sicht des vermutlich in dieser Form ablaufenden Aneignungsprozesses vom Lehrenden vorgegeben sind. Den Lernenden ist es damit möglich, das Lerntempo selbst zu bestimmen und bereits vollzogene Teilschritte zu wiederholen. Im Ergebnis werden die Lernenden durch die direkte Leitung des Aneignungsprozesses zu einem konkreten Ergebnis bzw. Produkt geführt. Diese Methode kann für einzelne Lernende und für Gruppen eingesetzt werden. Das Ziel besteht darin, Kenntnisse über technologische Prozesse zu erwerben und damit gleichzeitig die Fertigkeiten weiter zu festigen. 3. Die Methode des Lern- und Arbeitsauftrages Die Methode des Lern- und Arbeitsauftrages ist eine arbeitsprozessintegrierte Lehr- und Lernform, bei der _ eine möglichst komplex gestellte Aufgabe, _ die der betrieblichen Realität entspricht oder aus didaktischen Gründen vereinfacht wurde, _ vom Lernenden relativ selbständig _ in einer vorgegebenen Zeit erfüllt werden muss.
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Diese Methode wird vorwiegend in der Aus- und Weiterbildung eingesetzt und dient besonders dem Ziel, die Fertigkeiten weiter zu entwickeln. 4. Die Trainingsmethode Die Trainingsmethode ist eine Lern- und Lehrform, bei der durch mehrmalige, intensive und absichtliche Wiederholung einer Handlung oder eines Übungselementes durch die Lernenden, hohe berufspraktische Fertigkeiten und eine Automation im Handlungsvollzug erreicht werden sollen. Sie geht davon aus, dass alle zu erlernenden Tätigkeiten, Operationen oder Übungselemente beliebig oft und individuell angepasst unter Aufsicht und Kontrolle wiederholt werden können. Das Ziel ist die Aneignung eines individuellen Arbeitsstils, der auf Schnelligkeit, Genauigkeit, Quantität oder andere Kriterien ausgerichtet werden kann. 5. Die Methode der Gruppenarbeit Die Methode der Gruppenarbeit ist eine Lern- und Lehrform, die das zeitweilige kooperative Lernen und Arbeiten von mehreren Lernenden auf ein gemeinsames Lernziel hin beinhaltet. Das Ziel orientiert auf die Entwicklung spezifischer Fähigkeiten und Fertigkeiten der Gruppenmitglieder und führt sie zu einer Gruppenleistung zusammen. Sie ist damit eine Vorstufe für die Gruppenarbeit als Organisationsprinzip für die Arbeitsgestaltung in einem Unternehmen. 6. Die Fallmethode Die Fallmethode ist eine tätigkeitsintegrierte Lern- und Lehrform, bei der _ in einer realen oder simulierten Situation _ eine komplex gestellte Aufgabe
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_ vom Lernenden relativ selbständig _ in einer vorgegebenen Zeit erfüllt werden muss. Die Situation kann durch berufstypische Arbeitsaufgaben oder durch Ausnahmesituationen (Havarie, Eilaufträge) gekennzeichnet sein. Das Ziel besteht besonders darin, die Lernenden auf konkrete berufliche Anforderungen und die betriebliche Realität vorzubereiten und dabei die Fach-, Methoden- und Sozialkompetenzen weiter zu entwickeln und damit besonders ihre Motivation, ihre Entscheidungsbereitschaft und das Verantwortungsbewusstsein zu fördern. 7. Die Erkundungsmethode Die Erkundungsmethode ist eine Lern- und Lehrform, die auf das Beschaffen und Verarbeiten von Informationen aus der beruflichen und/ oder betrieblichen Realität gerichtet ist. Der Lernende – oder eine Gruppe von Lernenden – hat auf der Grundlage eines erteilten komplexen Erkundungsauftrages unternehmensinterne Strukturen und/oder Prozesse zu beobachten, zu analysieren, zu dokumentieren, zu bewerten und die Ergebnisse in geeigneter Form zu präsentieren. Das Ziel besteht besonders darin, technologische Prozesse besser zu verstehen, den Blick für Probleme und Verbesserungsmöglichkeiten zu schärfen und sich mit seinem Beruf bzw. Unternehmen noch stärker zu identifizieren. 8. Die Exkursionsmethode Die Exkursionsmethode ist eine Lern- und Lehrform, die auf das Beschaffen und Verarbeiten von Informationen aus externen Veranstaltungen (Messen, Tagungen), Institutionen oder aus anderen Unternehmen gerichtet ist.
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Der Lernende – oder eine Gruppe von Lernenden – hat auf der Grundlage eines erteilten komplexen lernortübergreifenden Exkursionsauftrages Strukturen und/oder Prozesse bewusst und systematisch zu beobachten, zu analysieren, zu dokumentieren, zu bewerten und die Ergebnisse in geeigneter Form zu präsentieren. Das Ziel besteht besonders darin, die Lernenden zur bewussten und systematischen Beobachtung und Analyse von Erscheinungen oder Ereignissen zu befähigen und dabei ihr Abstraktionsvermögen weiter zu entwickeln. 9. Die Methode des Rollenspiels Die Rollenspielmethode ist eine Lern- und Lehrform, des handlungsorientierten Vermittlungs- und Aneignungsprozesses, um motorische, kognitive und/ oder soziale Fähigkeiten und Fertigkeiten spielerisch bei den Lernenden auszuprägen und einzuüben. Das Ziel besteht darin, die Sozialkompetenz weiter zu entwickeln, Kommunikationstechniken kennen zu lernen und Vorgehensweisen zur Konfliktbewältigung, der kreativen Selbstentfaltung und zum Spannungsabbau zu üben. 10. Die Methode des wechselseitigen Unterrichts Der wechselseitige Unterricht ist eine kooperative Form des Lernens und Lehrens bei der die Beteiligten beide Funktionen übernehmen können. Die Idee des wechselseitigen Unterrichts wurde in der Problemsituation geboren, als 1804 der Pater Gregor Girard die Elementarschule seiner Vaterstadt Freiburg leitete. Mit wenigen Mitarbeitern mussten über 400 Schüler unterrichtet werden (Severus, 1853). Diese Aufgabe war mit den üblichen Methoden nicht in hinreichender Qualität zu lösen. In Anlehnung an Lancaster Bell führte Girard einen wechselseitigen Unterricht ein, bei dem die Lernenden teilweise die Funktion des Lehrens übernehmen.
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„In diese Doppelfunktion können _ Schüler höherer Klassenstufen gegenüber Schülern niedriger Klassen, _ Schüler derselben Klasse, die sich wechselseitig einen Vorlauf im Lehrstoff erarbeiten, _ Studenten oder Auszubildende in analoger Weise (besonders auch im Rahmen der Projektmethode), _ Spezialisten, Lehrfacharbeiter und Meister (in der beruflichen Ausund Weiterbildung) sowie _ Umschüler und Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Weiterbildungskursen einbezogen werden“ (Buggenhagen & Busch, 1997). Der wechselseitige Unterricht kann dazu beitragen, Lehrkompetenzen bei den Lernenden zu erwerben, die Sozialkompetenzen zu verbessern, die Gruppenentwicklung durch aktive Interaktionen zu festigen und die verfügbaren Lehrkräfte rationell einzusetzen. Diese Methode ist in jeweils angepasster Form in gesellschaftlichen Problemsituationen zum Beispiel nach Katastrophen oder in Gemeinschaften in der Fremde, die ihre traditionelle Heimat verlassen mussten, anwendbar. 11. Die Projektmethode Die Projektmethode ist eine tätigkeitsintegrierte Form des Lernens und Lehrens, mit der an einem bestimmten Vorhaben (geistiges oder materialisiertes Produkt, Dienstleistung oder komplexer Gegenstand) ganzheitliche Fähigkeiten und Fertigkeiten weitestgehend selbständig durch die Lernenden erworben werden. Die Projektmethode _ ist geeignet, verschiedene Lehrgebiete und Lernorte zu verbinden und orientiert daher auf einen möglichst komplexen und wenig didaktisierten, realen Gegenstand,
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_ verbessert das integrative Zusammenwirken von verschiedenen Lehrgebieten, indem diese bei der Bearbeitung des Projektes aufeinander angewiesen sind, _ fördert das kooperative Lernen und die Gruppenarbeit im Lernund Arbeitsprozess und _ sie fördert das Verantwortungsbewusstsein des einzelnen Lernenden gegenüber der Gruppe und ist gleichzeitig die Chance für jeden, sein Leistungsvermögen im Vergleich mit den anderen festzustellen. Mit der Projektmethode kann besonders die Motivation gefördert werden, und sie ermöglicht es, die Gruppendynamik bewusst zu steuern und zu beobachten. Der Einsatz der Projektmethode ist eng an die Durchführung praxisnaher Vorhaben gekoppelt. Die Anwendung der Projektmethode setzt ein Zusammenwirken der Lehrkräfte verschiedener Lehrgebiete und Lernorte voraus. Vorteilhaft ist die Einbeziehung der Lernenden von der Projektidee bis hin zur Ergebnispräsentation. So werden die Aktivität und Motivation der Lernenden von Beginn an gefördert sowie fachliche, methodische und soziale Kompetenzen in ihrer Einheit an einem konkreten und ganzheitlichen Produkt ausgeprägt. Die Anwendung der Projektmethode ist in ihrer Vorbereitung aufwendig und erfordert eine hohe Berufskompetenz beim Lehrenden. Die enge Verbindung von Praxis und theoretischen Grundlagen ist ein Vorzug der Projektmethode. Ein Problem dabei ist allerdings die differenzierte Leistungsermittlung und Leistungsbewertung der Lernenden (Buggenhagen, 2019a, S. 29 ff.).
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Bei der Arbeit mit der Projektmethode unterscheidet man häufig fünf Phasen: _ die Einstiegsphase mit der Formulierung der zu bearbeitenden Aufgabenstellung, _ die Vorbereitungsphase mit der Bildung von Arbeitsgruppen und der Problemberatung, _ die Planungsphase für die Teilschritte und die Entscheidung für einen Lösungsweg, _ die Ausführungsphase mit der Bearbeitung des Projektes und _ die Auswertungsphase mit der Kontrolle und der Ergebnispräsentation.
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Phasen und Arbeitsschritte
weitere einbezogene Methoden und Techniken
Einstiegsphase Erarbeiten von Gestatungsideen und Motivieren der Lernenden
Brainstorming
Formulieren des Projektthemas Vorbereitungsphase Präzisieren des Vorhabens
Black-Box-Methode
Einholen von Genehmigungen
Leitblätter
Planungsphase Festlegen der einzusetzenden Gestaltungstechniken
Brainstorming
Auswahl der Materialien
Recherchen
Berechnen des Materialbedarfs
Gruppendiskussion und Leitblatt
Auflisten des Werkzeugbedarfs
Gruppendiskussion
Kostenkalkulation
Leiblätter
Ablauf-Zeitplanung
Netzplamtechnik
Ausführungsphase Arbeitsschutzbelehrung
Unterweisung
Vorbereiten des Raumes
Arbeitsunterweisung
Durchführen der Mal- und Tapezierarbeiten
Lern- und Arbeitsauftrag bzw. Arbeitsunterweisung Gruppenarbeit
Fertigen von Schautafeln und Schaukästen
Brainstorming, Arbeitsunterweisung
Auswertungsphase Bewertung
Gruppendiskussion
Ergebnispräsentation
Präsentationstechniken
Abbildung 12: Beispiel für die Phasen und Arbeitsschritte der Projektmethode.
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In der Abbildung 12 sind die fünf Phasen und die zugehörigen Arbeitsschritte am Beispiel „Berufsgerechte Gestaltung eines Fachraumes für Maler und Lackierer“ dargestellt. Dabei wird auch deutlich, dass es zweckmäßig ist, in die Durchführung der Projektmethode (als integrierende Methode) weitere Lehr- und Lernmethoden einzubeziehen. Ausgehend von den speziellen Merkmalen der beschriebenen Methoden erfolgt in der Abbildung 13 eine Zuordnung der Methoden zu einzelnen Lernformen.
Lernen als Einzelperson
gemeinsames Lernen in der Gruppe
Projektmethode
(als integrierende Methode)
Lern- und Arbeitsauftrag Trainigsmethode Leittextmethode fertigkeitsorientiert
tätigkeitsintegriertes Lernen
Gruppenarbeit Rollenspiel Erkundungsauftrag Exkursionsauftrag
separates individuelles Lernen
sozialkompetenzorientiert
Abbildung 13: Merkmale der Lehr- und Lernmethoden. Der Erfolg der Arbeit der Lehrenden hängt neben dem Einsatz geeigneter Methoden und den vorgefundenen oder selbst mitgestalteten lern-
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förderlichen Bedingungen besonders von den selbst erworbenen und von den von vorangegangenen Generationen übernommenen Lern-, Lehr- und Lebenserfahrungen ab. Solche Erfahrungen für ein wirksames situationsbezogenes Verhalten sollen an den folgenden zwei Beispielen gezeigt werden. Wie man im Zirkus beobachten konnte (als noch Tiere in der Manege erlaubt waren), waren die Raubtierkäfige rund. Eine der Ursachen für diese Gestaltung liegt darin, dass sich die Löwen und Tiger niemals in die Enge getrieben fühlen dürfen. Sie werden sonst aggressiv und können unberechenbar reagieren. Diese Gestaltungs- und Verhaltensregel gilt – im übertragenen Sinne – auch für den Umgang mit Kolleginnen und Kollegen sowie mit Lernenden und generell für alle Gesprächs- und Streitpartner. In allen Kontakten muss der Partnerin bzw. dem Partner die Möglichkeit zu einem annehmbaren „Rückzug“ eingeräumt werden, damit die Situation nicht unkontrolliert eskaliert. Es sollte nach Möglichkeit die „Tür“ für weitere Kontakte, Beratungen und Verhandlungen „geöffnet bleiben“. Eine zweite Verhaltensregel ergibt sich aus dem Sport. Das Judo-Prinzip liegt im „Siegen durch Nachgeben.“ Das bedeutet keineswegs das Kapitulieren vor einem Gegner, sondern der Gegner (auch wenn er wesentlich stärker erscheint) ist unter Ausnutzung von dessen Kraft, Schwung und Bewegungsrichtung „auf die Matte zu legen“. Dazu ist der eigene Wurf in die Richtung anzusetzen, in die er selbst gedrückt hat. Es ist erfreulich, dass viele Lehrerinnen und Lehrer schwierige Schüler und problematische Situationen sicher „im Griff haben“, weil sie – situationsbezogen – besser auf solche Situationen eingehen, als diejenigen Lehrenden, die vorwiegend auf offene Konfrontation eingestellt sind.
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3.2.3 Infrastrukturelle Bedingungen Während die lernfordernden Situationen für das Auslösen der Lernbereitschaft und für das Motivieren der Lernenden ausschlaggebend sind (vgl. Abschnitt 3.2.1), schaffen die lernfördernden Bedingungen die Voraussetzungen für die effektive Gestaltung des Lernprozesses. Der Begriff „lernförderliche Bedingungen“ wird im Rahmen dieses Buches wie folgt verstanden Lernförderliche Bedingungen charakterisieren ein den Lernprozess ermöglichendes und bestmöglich unterstützendes Lernumfeld. Das Lernumfeld wird durch die verfügbare Infrastruktur bestimmt. Zur Infrastruktur gehören • die materiellen, • die instrumentellen und • die personellen Voraussetzungen, die für den Lern- und Lehrprozess erforderlich sind. Zur Infrastruktur gehören folgende materiellen Voraussetzungen: _ die erforderlichen Arbeits-, Lehr- und Lernmittel einschließlich der eventuell erforderlichen zugehörigen Hard- und Software, _ ergänzende spezielle Lernplätze bzw. Lerninseln (falls erforderlich), _ geeignet gestaltete Lernorte mit einer zweckmäßigen Ausstattung der Räume und Gebäude und _ Informations- und Kommunikationseinrichtungen, die – je nach Aufgabenstellung – das Beschaffen und Verarbeiten von Informationen ermöglichen.
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Zur Infrastruktur gehören folgende infrastrukturellen Voraussetzungen: _ _ _ _ _ _
Gesetze, Verordnungen, Regelungen und Vereinbarungen, Instrumente (Tools, Methoden, Arbeitsmittel), eine fördernde Arbeits-, Lehr- und Lernorganisation, die Bewertung und Anerkennung der Arbeitsergebnisse, die Qualitätssicherung und Ergebnisbewertung sowie – speziell in den Einrichtungen der beruflichen Bildung – eine Unternehmenskultur, die eine arbeitsprozessintegrierte Motivation, Betreuung und Festigung beruflicher Kompetenzen ermöglicht und fördert und dabei die soziale Kommunikation und Kooperation unterstützt.
Zur Infrastruktur gehören folgende personellen Voraussetzungen: _ Lehrende und Betreuende mit pädagogischer Kompetenz und _ Lernende und Lehrende mit individuellen Werten, Normen und Gruppennormen.
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Abbildung 14: Zusammenspiel zwischen den personellen Elementen nach (W. Busch, 1962, Bd. 1 S. 287). „Flugs hervor aus seinem Kleide, Wie den Säbel aus der Scheide, Zieht er seine harte, gute Schlanke, schwanke Haselrute, Fasst mit kund‘ger Hand im Nacken Paul und Peter bei den Jacken.“ (W. Busch, 1962, Bd. 1 S. 287)
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In der beruflichen Weiterbildung ist es vorteilhaft, Teilnehmerinnen und Teilnehmer gemeinsam als Gruppe in praxisorientierten Projekten einzusetzen. Daraus ergeben sich die Chancen, _ dass die Zusammenarbeit in komplexen Vorhaben trainiert werden kann _ und dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer während der Projektarbeit zwischen mehreren Gewerken wechseln können, um ihre Fähigkeiten und Interessen in verschiedenen Einsatzgebieten zu erproben. Diese Bedingungen sind - jeweils spezifisch angepasst – sowohl in den allgemeinbildenden und beruflichen Schulen, in den Unternehmen der beruflichen Aus- und Weiterbildung als auch im privaten Lebens- und Lernbereich zu berücksichtigen beziehungsweise zu schaffen.
3.3 Nachbereitungsphase Wenn man einen Berg erklommen hat, kann man nicht nur das Erfolgserlebnis und ein Glücksgefühl genießen, sondern man kann auch auf den eingeschlagenen Weg zurück blicken und dabei eventuelle Umwege und schwierige Wegstrecken erkennen. Bei einem nachfolgenden Aufstieg auf diesen Gipfel könnten die gewonnenen Erfahrungen sehr nützlich sein. Ähnlich kann man nach einer gelungenen Lehrveranstaltung auf den gewählten Weg „von einer höheren Warte aus“ selbst zurück blicken und das Erreichen des Zieles, die vermittelten Inhalte, die eingesetzten Methoden und die vorhandene Organisation kritisch reflektieren und bewerten. Diesen Rückblick bezeichnen wir als methodologische Reflektion.
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| Lehren und Lernen: Humor als Schlüsselfaktor Die Methodologie ist die Lehre von den Methoden. Zum Gegenstandsbereich der Methodologie gehören besonders • das Definieren des Inhalts des Wissenschaftsgebietes, • die Einordnung in übergeordnete Wissenschaftsgebiete, • die Strukturträger (Axiome, Gesetze, Hypothesen), • die Wege zum Ziel (Methoden, Verhaltensweisen), • die theoretische Begründung der Methoden, • die Untersuchung der Struktur der Methoden, • die Aussagen zur Anwendung der Methoden, • die Aussagekraft der Methoden, • das Ordnungsgefüge des Wissenschaftsgebietes und • die Sprachanalyse des Wissenschaftsgebietes. Methodisches Denken ist ein in bestimmten Methoden verlaufendes, darin geschultes und so die Methoden bewusst anwendendes Denken. Methodologisches Denken ist demgegenüber ein die Methoden kritisch reflektierendes Denken (Klaus & Buhr, 1976).
In der Phase der Nachbereitung hat _ die Resultatermittlung die Ergebnisse des pädagogischen Prozesses zu erfassen und _ die Resultatbewertung hat als Resultat-Ziel-Vergleich – auf der Basis der ermittelten Ergebnisse – das Erreichen der vorgegebenen Ziele einzuschätzen.
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Zur Bewertung der Lernenden werden im Buch „Modernes Lernen und Lehren in der beruflichen Aus- und Weiterbildung – Kleiner Didaticus“ ausführliche Hinweise gegeben (Buggenhagen, 2019a).
Abbildung 15: Der Evaluator nach (W. Busch, 1962, Bd. 1 S. 326). „In selber Stadt ernährte sich Ganz gut ein Dr. Hinterstich Durch Kunstberichte von Bedeutung In der von ihm besorgten Zeitung, Was manchen das Geschäft verdirbt, Der mit der Kunst sein Brot erwirbt.“ (W. Busch, 1962, Bd. 1 S. 326)
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| Lehren und Lernen: Humor als Schlüsselfaktor
Zur Bewertung der Lehrenden sind die Eigenbewertung und die Fremdbewertung üblich und möglich. Als Anregung zur Selbsteinschätzung können folgende Fragen dienen: _ Wie ist es gelungen, die dramaturgische Gestaltung zu realisieren? _ Wie konnte das Interesse der Lernenden am zu erwerbenden Stoff geweckt werden, und wie konnte die Motivation entwickelt werden? _ Wie wurden die Lernenden in das Erarbeiten des Zieles aktiv einbezogen? _ Welche Methoden wurden eingesetzt, und wie haben sich diese Methoden als geeignet erwiesen? _ Was hat am Lernumfeld gestört, und wie könnten die Bedingungen lernförderlicher gestaltet werden? _ Wie oft wurde in der Stunde gelacht? _ Wie ist der Lernerfolg einzuschätzen? Die Fremdbewertung kann _ durch die Reaktionen der Lernenden, _ durch die Meinungen und Äußerungen im Kollegium und _ durch die Ergebnisse von Hospitationen zum Ausdruck kommen. Hospitationen sind ein effektives Instrument, den Prozessverlauf und die Resultate einer Maßnahme ermitteln und bewerten zu können. Hospitationen gestatten einen tieferen Einblick in die Gestaltung und die Ergebnisse von Maßnahmen des Kompetenzerwerbs, da sie besonders die methodischen und sozialen Bereiche abdecken können (Buggenhagen, 2019a).
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Entscheidend ist es, nach jeder Unterrichtseinheit die eigene Leistung klar zu analysieren und mit einigem Abstand sich selbst einzuschätzen. Die Schlussfolgerungen sollten darauf orientieren _ die erkannten eigenen Stärken weiter auszubauen und _ die eventuell erkannten Probleme als Anlass zu nehmen, um kreativ nach neuen Lösungen zu suchen. Auch im pädagogischen Prozess gilt – analog zum Sport: „Nach dem Spiel ist immer vor dem Spiel.“ (Herberger, o. J.)
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Kreativitätstechniken als dramaturgische Mittel
Innovationen und Kreativitätstechniken haben in der Gestaltung der Lern- und Lehrprozesse eine Mehrfachfunktion: _ Erfindungen können zur Belebung und Veranschaulichung in den Unterrichtsprozess (Physik, Chemie, Geschichte) einbezogen werden. _ Die Geschichte der Technik und die damit verbundenen Erfindungen können als eine der Grundlagen der gesellschaftlichen Entwicklung dargestellt werden. _ Die Innovationsmethodik kann Anregungen für die methodische Gestaltung der Lern- und Lehrprozesse bieten. Andererseits ist das Lernen die Voraussetzung für das Erarbeiten innovativer Ideen. Das Hervorbringen von Innovationen ist ein Prozess, der hinsichtlich des Konfliktes zwischen dem zunächst vorhandenen Nichtwissen und dem zu erreichenden Wissen sowie dem widerspruchsgehäuften Weg dahin, eine Ähnlichkeit zur Dramaturgie im Theater, in der Literatur und im Film aufweist. Der bewusste Einsatz dramaturgischer Mittel im Problemlöseprozess weckt die Neugier und die Freude an der schöpferischen Arbeit. Durch das Verschmelzen von Problemlösen und Lernen wird gleichzeitig die bewusste dramaturgische Gestaltung der Lernprozesse möglich und notwendig.
© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 K. H. Busch et al., Lehren und Lernen: Humor als Schlüsselfaktor, https://doi.org/10.1007/978-3-658-42868-6_4
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| Lehren und Lernen: Humor als Schlüsselfaktor Tätigkeitsintegriertes Lernen ist die projektbezogene Aneignung von beruflichen Kompetenzen (als individueller Gedächtnisbesitz), die eine Verhaltensänderung der Lernenden bewirkt. Im Innovationsprozess verschmelzen Projektbearbeitung und Lernen sowie Projektorganisation und Lernorganisation. Damit verschmelzen auch die Dramaturgie des Lernprozesses und die Dramaturgie des Innovationsprozesses.
Die Verflechtung von Erfinden und Lernen wird besonders im tätigkeitsintegrierten Lernen deutlich. Als ein Mittel, um das Interesse am Lernen sowie am Problem und an der Problemlösung besser zu wecken, sind die Möglichkeiten der dramaturgischen Gestaltung bewusst einzusetzen. Der dramaturgische Bogen wird in mehreren Phasen aufgebaut: _ Als „Einführung“ ist die Problemsituation umfassend darzustellen, um an den Innovationsprozess heranzuführen und die Lernenden sowohl zu informieren als auch einzustimmen. Dazu kann das Einbetten der Problemsituation in eine Geschichte („Storytelling“) durchaus sinnvoll und wirksam sein. _ Widersprüche werden als „Konflikt“ in der Problemsituation erkannt. _ Mit der Präzisierung der Problemstellung wird der „Höhepunkt“ in der Auseinandersetzung mit der Problemsituation erreicht. _ Der „Abbau des Konfliktes“ ergibt sich aus dem Ermitteln von Lösungsvarianten und deren Bewertung. Dabei entscheidet es sich, ob und wie das Problem lösbar ist.
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_ Als „Schluss“ liegen neu erkannte Problemstellungen, methodische und methodologische Erkenntnisse, ein Kompetenzzuwachs, ein neu erkannter Kompetenzbedarf und eine weiterentwickelte Sozialkompetenz vor. Der Dialog ist als Mittel der Lösung des dramatischen Konfliktes – also der Ideensuche und gleichzeitig des Erkenntniserwerbs – einzusetzen. Dabei ist der Humor ein wirksames Mittel bei der Gestaltung des tätigkeitsintegrierten Lernens. Zur Bearbeitung von Innovationsprozessen und für das damit verbundene Lernen liegen zahlreiche Methoden vor. Für eine effektive Arbeit ist es zweckmäßig, dass die Bearbeiterinnen und Bearbeiter über eine überschaubare Anzahl von Basismethoden verfügen, aus denen sie selbstständig die jeweils problemrelevante Arbeitsstrategie projektierend konfigurieren können. Ähnlich, wie die Mathematik mit wenigen Grundrechenarten auskommt, lassen sich die Methoden zur Problemlösung auf wenige Basismethoden zurückführen. Das Erwerben von Methoden- und Sozialkompetenz muss in einem ausgewogenen Verhältnis zum Erwerben von Fachkompetenz stehen. Die Form des tätigkeitsintegrierten Lernens erfordert auch neue Inhalte und Formen der Aus- und Weiterbildung der Pädagogen.
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| Lehren und Lernen: Humor als Schlüsselfaktor
Das Hervorbringen von Ideen zur Lösung von Problemen verläuft nach Lohmann als heuristischer Prozess mit den Hauptschritten (Lohmann, 1959): _ Erinnern an Ähnliches und _ Anpassen der gefundenen Analoga an die Problemsituation. gefundene Analoga Erinnern (Speicherabfrage) Abstrahieren Präzisieren
Problemsituation
Konkretisieren Anpassen
Lösung
Abbildung 16: Heuristisches Dreieck. Der Innovationsprozess lässt sich im Allgemeinen in die folgenden Arbeitsschritte (Operationen) gliedern: _ Aufbereiten (Präzisieren) der Problemstellung, _ Erarbeiten (Ermitteln, Suchen) von Lösungsvarianten, _ Bewerten der Lösungsvarianten und Entscheiden für eine Variante oder für mehrere Varianten und _ Umsetzen (Realisieren) der Lösung.
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Innovationsprozesse beginnen mit einer erkannten Problemstellung und sollen zu einer erfolgreichen Umsetzung der Idee auf dem Markt oder in der Institution selbst (intern) führen. Zwischen „Start“ und „Ziel“ findet ein (zuweilen dramatischer) „Hindernislauf “ statt, von dem zunächst lediglich bekannt ist, dass ein oder mehrere Probleme zu lösen sind. Für den Begriff „Innovation“ verwenden wir folgende Definition: Eine Innovation ist eine Neuerung, die einen Qualitätssprung in einem Entwicklungsprozess widerspiegelt. Die neue Qualität ist dabei im Allgemeinen das Ergebnis der Lösung eines Widerspruchs. Die Neuerung kann sich auf ein Produkt und/ oder auf den Prozess der Erstellung eines Produktes beziehen. Daher kann zwischen • Produkt- bzw. Dienstleistungsinnovationen und • Verfahrens- und Organisationsinnovationen unterschieden werden. Hinsichtlich der Intensität des Qualitätssprunges ist eine Unterscheidung in Basisinnovationen, Folgeinnovationen und kontinuierliche Verbesserungen möglich. Abbildung 17 stellt die allgemeine Grundstruktur dieses Prozesses dar.
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| Lehren und Lernen: Humor als Schlüsselfaktor
Problemsituation
Erkennen der Problemstellung Aufbereiten der Problemstellung Erarbeiten von Lösungsideen E
Bewerten und Entscheiden
Gestalten
Erfindung
(Markt-)Einführung
schutzrechtliche Sicherung
Neuerung
Patent, Marke, Gebrauchsmuster
neu erkannte Problemstellungen, methodische und methodologische Erkenntnisse, Kompetenzzuwachs, erkannter Kompentenzbedarf
Abbildung 17: Elemente des Innovationsprozesses nach (K. H. Busch, 2003). Das bewusste Erkennen und Formulieren von Problemen sind generell von den Charaktereigenschaften, Motiven, Fähigkeiten und Fertigkeiten der Menschen abhängig. In gleichen Situationen reagieren Personen durchaus verschiedenartig. _ In den häufigsten Situationen wird von vielen Personen kein Problem wahrgenommen, obwohl ein vorliegendes Bedürfnis einer Lösung bedarf.
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_ In den Fällen, in denen ein Bedürfnis erkannt wird, gibt es die Möglichkeiten, dass _ keine Reaktion ausgelöst wird (geistige Trägheit) oder dass _ eine destruktive Reaktion erfolgt („Meckern“) oder dass _ eine konstruktive Handlung initiiert wird. Nur im letztgenannten Fall sind die subjektiven Voraussetzungen für das Formulieren und Lösen von Problemen gegeben. Folgende Voraussetzungen fördern das Erkennen von Problemsituationen: _ _ _ _ _ _ _ _
die Motivation, das Infragestellen „bewährter“ Lösungen, das Erkennen von Widersprüchen, die Kenntnisse über die Gesetzmäßigkeiten der Entwicklung technischer und sozialer Systeme, die Kenntnis des internationalen Standes und des Trends auf dem eigenen und auf angrenzenden Fachgebieten einschließlich der Patentliteratur, die Kenntnisse über Schwach- und Starkstellen des betrachteten Systems, der Transfer von Erkenntnissen anderer Fachgebiete auf das eigene Arbeitsfeld und das Allgemeinwissen, das Interesse und die Aufgeschlossenheit.
Für das Erkennen von Problemstellungen können zahlreiche Mittel und Methoden eingesetzt werden: _ _ _ _
die Expertenbefragung, das Auswerten von Forschungsergebnissen, die Prognosemethoden, Trendanalysen und die Hüllkurventheorie, die Systemanalyse, Funktionsanalyse und Prozessanalyse,
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| Lehren und Lernen: Humor als Schlüsselfaktor die Technikfolgenabschätzung und die Wertanalyse, die Schwachstellenanalyse, die Kontrolllisten, das destruktive Brainstorming, die Delphimethode, die Szenariomethode und die Portfoliomethode.
Ausführlich werden diese Vorgehensweisen im Handbuch „Erfinden lernen – lernend Erfinden“ dargestellt (K. H. Busch, 2003). Wichtige Operationen im Rahmen der Anwendung dieser Methoden sind _ das Analysieren, _ das Abstrahieren und _ das Antizipieren. Für das Erkennen innovativer Problemstellungen und das Herausarbeiten des Problemkerns ist es erforderlich, dass Fertigkeiten (nicht nur Kenntnisse!) im Umgang mit Systemanalysen und Prozessanalysen vorhanden sind. Vorteilhaft sind zumindest auch Kenntnisse über die Anwendung spezieller Verfahren – wie die Wirkungspfadanalyse und die Netzplantechnik. Diese Kenntnisse sind im Allgemeinen bei Hochschulabsolventen vorauszusetzen und im Bedarfsfall aufzufrischen. Jedes gelöste Problem und jede erarbeitete Lösung ist im Allgemeinen eine Quelle und Ausgangspunkt neuer Problemstellungen. „Ein jeder Wunsch, wenn er erfüllt, kriegt augenblicklich Junge.“ (W. Busch, 1962, Bd. 3 S. 50)
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Nach jeder Problemlösung ist daher zu prüfen, _ wie die gefundene Lösung auch auf andere Fälle und Gebiete übertragbar ist (Mittel-Zweck-Zusammenhang) und _ wie neu entstandene Folgeprobleme präzisiert und bearbeitet werden können. Der Zyklus von der Aufbereitung der Problemstellung über das Erarbeiten von Lösungsideen und deren Bewertung sowie das Bewerten und Entscheiden kann erforderlichenfalls mehrfach durchlaufen werden. Die Aufbereitung der Problemstellung geht von einem erkannten Problem aus und führt zur präzisierten Problemstellung. Die präzisierte Problemstellung hat mehrere Funktionen zu erfüllen. _ Sie ist erstens die Basis für die nachfolgenden Arbeitsschritte; sie muss daher alle wesentlichen Informationen zur rationellen Bearbeitung enthalten. _ Sie ist zweitens der wichtigste Ausgangspunkt zur Motivierung der Bearbeiterinnen und Bearbeiter; sie muss anregen, überzeugen und begeistern. Auch bei Wilhelm Busch können wir zahlreiche Beispiele für erfinderische Ideen finden. Einige Beispiele sollen das belegen.
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Abbildung 18: Die Erfindung des Fahrstuhles nach (W. Busch, 1962, Bd. 1 S. 203).
Abbildung 19: Die Erfindung des ökologischen Fliegens nach (W. Busch, 1962, Bd. 1 S. 19).
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Abbildung 20: Die Erfindung des Speiseaufzuges durch Max und Moritz nach (W. Busch, 1962, Bd. 1 S. 17). Als Mittel zur Aufbereitung von Problemstellungen sind zahlreiche Methoden und Leitblätter verfügbar. Traditionell ist der Einsatz von Lastenheften und Pflichtenheften üblich oder vorgeschrieben. Für die Formulierung von Lastenheften und Pflichtenheften dient die DIN-Normenreihe 69901-1 bis 69901-5 als Grundlage. Im Lastenheft werden die Forderungen des Auftraggebers an das Produkt fixiert. Zu den erforderlichen Angaben gehören die Zielbestim-
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mung, der Produkteinsatz, die Produktübersicht, die Funktionen, die Leistungsdaten, die Qualitätsanforderungen und die zeitlichen Vorgaben. Im Pflichtenheft hat der Auftragnehmer darzulegen, wie er die Forderungen des Auftraggebers lösen will. Mit der gegenseitigen Akzeptanz dieses Dokumentes kann der Bearbeitungsprozess begonnen werden. Eine klare Präzisierung ist die Voraussetzung für die effektive Suche nach Lösungsmöglichkeiten. Methodische Mittel für das Erarbeiten von Lösungsvarianten sind _ _ _ _
die Analogiemethode, die Variationsmethode, die Kombinationsmethode und die Dialogmethode.
Das Ermitteln von Varianten basiert auf intuitiven und systematischen Vorgehensweisen. Die Analogiemethode baut auf dem Erinnern an Ähnliches und der Übertragung auf die vorliegende Situation auf. Bei der Variationsmethode werden aus einer vorliegenden Lösung durch zielgerichtete, systematische Veränderungen verbesserte, weiterentwickelte oder neuartige Lösungsmöglichkeiten abgeleitet. Die Variation setzt eine Strukturanalyse voraus. Verändert werden können dabei alle Systemeigenschaften, also die einzelnen Elemente, deren Kopplungen und Anordnungen sowie die Funktion und Umgebung des Systems. Als Variationsoperationen sind neben den quantitativen Modifikationen besonders qualitative Veränderungen durch _ Austauschen, _ Hinzufügen,
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_ Weglassen, _ Zerlegen, _ Zusammenfassen und _ Umkehren möglich. Die Kombinationsmethode baut auf der Variation auf. Für die Variablen werden Realisierungsvarianten ermittelt. Diese Varianten sind dann vollständig oder teilweise miteinander in Beziehung zu setzen (zu kombinieren). Als Darstellungsformen sind die Kombinationstabelle und die Kombinationsmatrix üblich. Die Darstellung als Matrix ermöglicht es, die einzelnen Felder in ihrem Zusammenhang zu betrachten und Vorzugsvarianten zu kennzeichnen. Die Dialogmethode (Brainstorming, Brainwriting, Braindesign) nutzt Assoziationsketten, um von einer Startsituation aus, die Verknüpfung von Vorstellungen, Begriffen und anderen Merkmalen einzuleiten. Der Dialog wird bei der Variantensuche in verschiedenen Formen geführt. Neben der Diskussion, dem Erfahrungstransfer in Workshops, Tagungen und Seminaren hat das Brainstorming eine große Verbreitung gefunden. Der Einsatz dieser rationellen Dialogform hat sich bei der Suche von Lösungsideen in den Fällen bewährt, in denen überhaupt irgendeine Idee zu finden ist oder dann, wenn unkonventionelle Lösungen erreicht werden sollen. Sie eignet sich darüber hinaus zur Auflockerung des Gruppenklimas in intensiven Arbeits- und Trainingsphasen. Im Ergebnis der Lösungssuche liegen meist mehrere alternative Lösungsvarianten vor, über deren weitere Bearbeitung zu entscheiden ist. Die ermittelten Ideen sind zu bewerten, um die günstigste(n) Variante(n) auszuwählen.
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Viele der traditionellen Methoden und Organisationsformen zur Erarbeitung von Innovationen genügen nur unzureichend den sich wandelnden Bedingungen für Innovationsprozesse. Diese sich verändernden Bedingungen zeigen sich besonders in folgenden Trends: _ die Globalisierung von Wirtschaft, Wissenschaft und Kommunikation, _ eine zunehmende Marktdynamik, _ mit verkürzten Produktzyklen und _ einer dynamischen Anpassung von Zielen für Neuentwicklungen an neue Situationen und sich verändernde Kundenwünsche und ein Eingreifen in laufende Innovations- und Gestaltungsprozesse, _ die Arbeit internationaler Forschungs- und Innovationsgruppen mit effektiver Medienunterstützung, _ die Arbeit in multidisziplinären Innovationsgruppen, _ die Verfügbarkeit aktueller wissenschaftlicher Ergebnisse, _ eine Beschleunigung technisch-technologischer Entwicklungen, _ die Verzahnung von industrieller Produktion mit modernen Informations- und Kommunikationstechniken in allen Phasen der Wertschöpfungskette, _ die stürmische Entwicklung besonders auf den Gebieten Gesundheitswirtschaft, Biotechnologie, Nanotechnologie, Medizintechnik, Kernfusionstechnik sowie künstlicher Intelligenz und _ die Nutzung neuentwickelter Arbeitsmittel, Arbeitsgegenstände und Infrastrukturen. Diese Tendenzen beziehen sich dabei nicht nur auf technische Gebiete, sondern besonders auch auf Forschungsvorhaben, medizinische Diagnose- und Therapieprozesse und auf den militärischen Bereich.
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Gleichzeitig wirken sich besonders folgende Bedingungen auf die Effektivität von Innovationsprozessen aus: _ Dem Erwerben von Methoden- und Sozialkompetenz und der Befähigung zum selbstgesteuerten Lernen wird in der beruflichen Aus- und Weiterbildung (noch immer) nicht die erforderliche Bedeutung beigemessen. _ Die Lernkultur und insbesondere die Lerninfrastruktur in den Unternehmen sind nicht oder nicht genügend auf das selbstgesteuerte, projektintegrierte Lernen ausgerichtet. _ Eine externe Innovations- und Lernprozessunterstützung wird nur in Ausnahmefällen realisiert. _ Die eingesetzten Lern- und Lehrmittel berücksichtigen noch nicht ausreichend die Möglichkeiten moderner Informations- und Kommunikationstechnik (z. B. App, E-Book, interaktives Whiteboard, Multi-Touch-Table, multimedialer Lern- und Ausstellungsraum) und die sich ständig verändernden Anwendungsgewohnheiten für diese Techniken in allen Bevölkerungsgeschichten. _ Der Transfer moderner Erkenntnisse der Bildungs- und Innovationsforschung erfolgt häufig nur in zeitlich begrenzten Modellprojekten. _ Regionale Lernkulturen werden nicht bzw. nicht ausreichend in ihrer Komplexität und besonders in ihrer Wechselwirkung mit den betrieblichen Lernkulturen betrachtet. Zunehmend können traditionelle Organisationsstrukturen und Arbeitsweisen _ mit einer definierten Ausgangssituation für Innovationsprozesse, _ einer Zielstellung mit fest vereinbarten Zielparametern und _ einem vorherbestimmten Bearbeitungsprozess die wachsenden Anforderungen an Innovationsprozesse nicht immer erfüllen.
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Die Projektbearbeitung in „eingefahrenen Gleisen“ (by a team like horses and cart in deep wheel tracks with a professional coachman) ist nicht ausreichend effektiv. Es sind vielmehr flexible Arbeitsweisen erforderlich, die mehr dem Jagdverhalten von Rudeln (effectively hunt like a pack of wolves) ähneln und in denen sich die einzelnen Gruppenmitglieder entsprechend ihrer speziellen Befähigung _ hochmotiviert, _ selbstständig, _ jedoch koordiniert handelnd und _ in ständiger Kommunikation miteinander effektiv an der Zielerfüllung beteiligen. Es besteht ein Widerspruch zwischen den Zielen und Inhalten der Innovationsprozesse und den traditionellen Methoden und Organisationsformen zur Erarbeitung von Innovationen. Neue Ziele und Inhalte erfordern die Anwendung adäquater Methoden, Organisationsformen und Kompetenzen. Das projektintegrierte selbstbestimmte Lernen mit modernen Informations- und Kommunikationsmitteln gewinnt zunehmend an Bedeutung. Für das Erarbeiten innovativer Lösungen und deren Umsetzungen auf dem Markt ist das Zusammenwirken von mehreren Akteuren in Innovationsgruppen in nahezu allen Fällen unverzichtbar. Eine Innovationgruppe ist eine Anzahl von Personen mit sich ergänzenden Kompetenzen, die in direktem Kontakt – oder über geeignete Medien verbunden – an solchen Neuerungen arbeiten, die einen Qualitätssprung in einem Entwicklungsprozess widerspiegeln.
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Eine multidisziplinäre Zusammensetzung mit unterschiedlichen sich jedoch ergänzenden Kompetenzen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist für das Erreichen origineller Lösungsideen und für eine allseitige Betrachtung der Wirkungszusammenhänge der Prozessumstände und des Prozessergebnisses einschließlich der Folgeabschätzung förderlich (K. H. Busch, 1993; Heyse, 1984). Die Arbeit von erfolgreichen Innovationsgruppen soll an einem Beispiel veranschaulicht werden. Zur Förderung begabter Spezialisten und ausgewählter Forschungsgruppen der Bauakademie und des Unternehmens Carl Zeiss Jena entstand aus der Integration von Kreativitätspsychologie, Kreativitätsmethodik, Medizin, Patentrecht und Innovationsmethodik 1982 das ctc (Creativity Training Center). Im BAUHAUS in Dessau wurde diese Vorgehensweise in den Folgejahren mit internationaler Beteiligung weitergeführt. Die multidisziplinäre Arbeit knüpfte dabei an Bauhaustraditionen an. Diese Form der externen Innovations- und Lernunterstützung besaß folgende Merkmale: _ Das Lernen und Arbeiten wird an realen Forschungsproblemen durchgeführt. _ Wissenschaftliche und soziale Kreativität werden gemeinsam entwickelt. _ Das Lernen erfolgt – integriert in den Innovationsprozess – als selbstgesteuertes Lernen und wird von externen Experten unterstützt. _ Die Problembearbeitung erfolgt in der Einheit von Gruppenarbeit und individueller Arbeit. _ Intuitive und systematische Methoden werden in den Bearbeitungsstrategien verflochten.
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_ Die jeweilige Bearbeitungsstrategie baut auf wenigen Grundmethoden auf (Baukastensystem). Die Einheit von realer Problembearbeitung und Gruppenentwicklungsprozess wird beachtet. Medizinische Betreuung und Freizeitgestaltung ergänzen die Arbeitsphasen. Die Einheit von Methodik und Psychologie wird in jeder Gruppe durch die unmittelbare Zusammenarbeit von zwei Betreuern, einem Methodiker und einem Psychologen, gewährleistet. Das Erwerben der erforderlichen Kompetenzen für eine effektive Gestaltung von Innovationsprozessen ist kontinuierlich – beginnend in den allgemeinbildenden Schulen über die Ausbildung bis zur beruflichen Weiterbildung – in die Lernprozesse zu integrieren. Dazu bedarf es einer entsprechenden Befähigung der Lehrenden und der Betreuenden sowie der Führungskräfte in den Unternehmen. Im Vergleich der Dramaturgie des Unterrichts und der Methodik des Erfindens werden folgende Analogien deutlich: _ Ausgangspunkt beider Prozesse ist eine Problemsituation. _ Zur Lösung des Problems (Konflikt, Widerspruch) baut sich ein Spannungsfeld auf. _ Das Ziel muss klar definiert werden. _ Zur Lösung des Problems sind Trägheitswiderstände zu überwinden. Es sind Interesse und Begeisterung zu wecken. _ Grundlage der Problemlösung ist das gemeinsame Handeln der Beteiligten. _ Der Problemlöseprozess bedarf einer Führung. _ Zur Lösung des Problems werden schöpferische Methoden eingesetzt.
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_ Der Spannungsbogen wird durch einen überraschenden Effekt gelöst. _ Im Ergebnis des Prozesses wird neben dem fachlichen Wissenszuwachs auch die Weiterentwicklung der Methodenkompetenz und der Sozialkompetenz erreicht. _ Die Lösung des Problems zeigt neue Problemstellungen und nachfolgend zu bearbeitende Aufgaben auf. Neben diesen Analogien bestehen zwischen beiden Prozessen Wechselwirkungen, die bewusst genutzt werden können. _ Der Prozess des Erfindens ist untrennbar mit Lernprozessen verbunden. Die bewusste Anwendung der Dramaturgie des Unterrichts kann den Prozess des Führens von (interdisziplinären und inhomogenen) Gruppen beim Erarbeiten von Neuerungen (Betriebliches Vorschlagswesen, Qualitätszirkel, Forschungsgruppen) wesentlich unterstützen. _ Außerdem kann das Nachvollziehen von Erfindungen im Rahmen der Aus- und Weiterbildung dazu beitragen, das Interesse am Bildungsgegenstand zu wecken, den Bildungsgegenstand in seiner Weiterentwicklung besser zu begreifen und dabei gleichzeitig Kenntnisse über die Anwendung schöpferischer Methoden (Innovationsmethodik) zu erwerben.
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Dass auch Tiere erfolgreich erfinderisch tätig sein können, zeigt das folgende Beispiel.
„Sie taucht den langen Schwanz ins Fass Und zieht ihn in die Höh mit süßen Nass.“
„Nun aber ist die Ratte gar nicht faul Und zieht den Schwanz sich selber durch das Maul.“
Abbildung 21: Die erfinderische Ratte nach (W. Busch, 1962, Bd. 1 S. 140).
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Humor als dramaturgisches Mittel
In unserer Wohnung hängt der Spruch von Otto Julius Bierbaum „Humor ist, wenn man trotzdem lacht.“ Dieser eine Satz bringt bereits das Wesentliche des Humors zum Ausdruck: Der Humor bewährt sich auch in schwierigen Situationen als ein Mittel, Probleme bestmöglich zu bewältigen und Konflikte zu lösen. Dabei könnte die Frage bestehen: Schadet es dem Ansehen und der Würde von Lehrenden, wenn sie in ihrer beruflichen Tätigkeit nicht nur Humor verstehen, sondern ihn auch bewusst als dramaturgisches Mittel einsetzen? Im Ergebnis seiner gründlichen Analysen weist Korp nach, dass auch die Propheten durchaus Humor kennen und anwenden können (Korp, 2012). Da die Propheten durch ihr Wirken bei der Verkündigung von Botschaften auch Lehrende sind (allerdings in einer gehobenen Stellung), kann es den übrigen Lehrenden auch nicht verwehrt sein, ihren Humor zu bewahren. Unser Mathematiklehrer schloss jede Unterrichtsstunde zu unserer entspannenden Erheiterung regelmäßig mit einem Schottenwitz (Gelsam, 1943). Allerdings gilt dabei auch Goethes Aussage im Faust: „Das erste steht uns frei, beim zweiten sind wir Knechte.“ (von Goethe, 1953, S. 43) © Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 K. H. Busch et al., Lehren und Lernen: Humor als Schlüsselfaktor, https://doi.org/10.1007/978-3-658-42868-6_5
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Die „Nebenwirkung“ ist dabei, wenn eine Sache zur Gewohnheit und Routine wird, kann sie nicht – ohne einen einleuchtenden Anlass – einfach abgebrochen werden, denn die Erwartungen sind hoch und die Enttäuschung wäre groß. Neben dem „Unterhaltungswert“ hat der Humor für die Lehrenden eine besondere Bedeutung als ein Mittel der Konfliktlösung. Das Bewahren des Humors und sein gezielter situationsbezogener Einsatz können manchmal hilfreicher sein, als das Beherrschen von Selbstverteidigungstechniken. Nach dieser „Unterhaltung“ über den Humor ist es nun angebracht darzulegen, was wir – im Rahmen dieses Buches – als Humor verstehen wollen. Humor ist eine Form des (menschlichen) Verhaltens, das auf subjektiven kognitiven Fähigkeiten aufbaut und zu emotionalen Aktivitäten führt. Dabei werden Probleme (Schwächen, Gefahren, Krisen) so interpretiert und transformiert, dass sie als positive Situation erscheinen. Der Humor ist im Allgemeinen gemeinschaftsfördernd, Mut machend und optimistisch stimmend und unterscheidet sich damit von Spott und Zynismus, die in der Regel auf Konfrontation in zwischenmenschlichen Beziehungen gerichtet sind. Der Anlass für den Humor ergibt sich aus schwierigen Situationen. Das können Versagen in Prüfungen, Konflikte zwischen Lernenden untereinander oder zwischen Lernenden und Lehrenden, Krankheiten, Ängste, Verfolgungen, Niederlagen oder persönlicher Kummer sein.
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Voraussetzungen für den Humor sind kognitive Fähigkeiten, Virtuosität im Umgang mit Sprache und Doppelbedeutung von Wörtern, soziale Kompetenz und die Kenntnis seiner eigenen Stärken und Schwächen. Die Wirkungen des Humors sind vielseitig. _ Das Erwerben und Vermitteln von Wissen und Werten wird durch den Humor aufgelockert und das Erinnerungsvermögen wird verbessert. _ Humor kann Denkblockaden lösen und die Kreativität verbessern. _ Die sozialen Kontakte können sich entspannter entwickeln und Konflikte können abgebaut werden. _ Der Humor weckt die Hoffnung auf die Überwindung der Problemsituation. _ Humorvoll Lehrende sind häufiger beliebt und haben engere Kontakte zu ihren Kolleginnen und Kollegen sowie zu den Lernenden. Zum Humor ist eine Vielzahl von Veröffentlichungen verfügbar. Dabei wird der Humor im pädagogischen Prozess durchaus kontrovers diskutiert. Ein Beispiel dafür gibt Dickhäuser: „Auch in Anwendungsfeldern der Pädagogik, wie etwa dem Unterricht, scheint Humor nichts verloren zu haben.“ (Dickhäuser, 2002) Wenden wir uns nun einem „kleinen Verwandten“ des Humors zu – dem Witz. Erfahrene Pädagogen sind der Meinung, dass in jeder Unterrichtsstunde mindestens einmal gelacht werden müsse. Ich erwähnte bereits die Schottenwitze unseres Mathematiklehrers. Im Schulmuseum Friedrichshafen liegt eine umfangreiche Sammlung von Witzen und Karikaturen aus 2500 Jahren Pädagogik vor (Klant, 1985).
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Das Material ist sehr unterhaltsam und erheiternd. Es ist zugleich eine sehr ernst zu nehmende Darstellung der Lehrenden und Lernenden in ihrer gesellschaftlichen Stellung im Wandel der Zeit. Neben der bildlichen Darstellung bieten auch die Lieder und Gedichte interessante Informationen und rufen Erinnerungen an die eigene Schulzeit und die eigene lehrende Tätigkeit hervor. Ein Literaturverzeichnis verleitet zur weiteren Beschäftigung mit diesem Gebiet. Neben der unterhaltsamen und auflockernden Funktion des Humors sollen im Folgenden besonders der methodische Aspekt des Humors – und speziell des Witzes – und die Beziehungen zur Dramaturgie des Unterrichts und zur Erfindungsmethodik betrachtet werden. Die Analogie des Witzes zur Erfindung und zur Dramaturgie zeigt sich auch darin, dass ein Spannungsfeld aufgebaut wird und dass eine plötzliche paradoxe Lösung eines psychischen Spannungszustandes eintritt (Hirsch, 2005). Verblüffung und Erkenntnis (Begreifen) liegen eng beieinander. Den Begriff „Witz“ definieren wir im Rahmen dieses Buches wie folgt. Der Witz ist eine Erzählung, • die in der Exposition die Ausgangssituation darstellt, • eine Spannung aufbaut • und dabei die Denkrichtung des Zuhörers bzw. Lesers auf einen Sachverhalt, der nicht zwingend eine einzige Deutung erlaubt, und auf die Möglichkeit einer Fehlinterpretation lenkt (Doppelsinn / auf eine „falsche Fährte“ lockt), • um dann durch eine plötzliche Wendung durch eine alternative Interpretation • unvermittelt zur Pointe zu führen
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• und damit ein Lachen auslösen kann (wenn die Pointe verstanden wird). Der Witz steht in enger Beziehung zur Komik, zur Anekdote und zum Humor. Dabei muss er sich nicht auf reale Ereignisse beziehen, sondern ist in der Regel frei erfunden. Die Bezeichnung „Witz“ gründet sich auf das althochdeutsche „wizzi“. Der Witz erfordert die Kompetenz, Analogien zu erkennen, Vergleiche herzustellen und die Begabung, Erzählungen wirksam zu präsentieren. In seinem Buch „Der Witz und seine Beziehung zum Unbewussten“ legt Freud eine umfangreiche Analyse des Witzes und seiner Konstruktionsmethoden vor (Freud, 1985): „Ein Witz verursacht ein Lachen durch plötzliche Einsicht in einen unerwarteten Zusammenhang. Ein Witz beruht im Wesentlichen auf einer überraschenden Kombination und Assoziation. Er bedarf einer Gliederung in Einleitung, Überleitung und Pointe, vermittelt durch leitmotivische Wörter, die oft in doppelter Bedeutung benutzt werden. Während Ironie, Spott und Zynismus eine konkrete Einzelperson oder soziale Gruppe als Gegenüber oder Opfer erfordern, sind Dritte für einen Witz zwar möglich, aber nicht notwendig: „Frage: Was gibt’s für einen guten Witz? Antwort: Ein Jahr Gefängnis.“ Der Erfolg ist abhängig von der Klarheit der Form, der Kürze der Exposition und der Konfrontation der Bedeutungen oder der Figuren in direkter Rede.
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| Lehren und Lernen: Humor als Schlüsselfaktor Nach Sigmund Freuds großer Untersuchung Der Witz und seine Beziehung zum Unbewussten entsteht Witz durch Verschiebung des Sinns auf eine andere Ebene über den nicht gemeinten Nebensinn oder durch Verdichtung mit Ersatz (Durchdringung, z. B. zweier Redensarten) beziehungsweise ohne Ersatz (Verwendung des Doppelsinns, was aber auch eine Art Verschiebung ist).“ (Wikipedia.org, 2023)
erwartete Richtung „falsche Fährte“
plötzliche unerwartete
Wendung
Aufbau der Spannung dabei Möglichkeit der Fehlinterpretation bieten (Denkrichtung„auf die falsche Fährte locken“
Exposition
Vorstellen der Akteure und der Situation, in der der Witz handelt
Abbildung 22: Dramaturgie des Witzes.
durch alternative Interpretation
Pointe
„Entladung“ der Spannung durch Lachen
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Witze werden in der Regel nach standardisierten Konstruktionsschemata gebildet. Freud nennt in seiner umfangreichen Analyse des Witzes folgenden Techniken: i. „Die Verdichtung a) mit Mischwortbildung b) mit Modifikation ii. Die Verwendung des nämlichen Materials a) Ganzes und Teile b) Umordnung c) leichte Modifikation d) dieselben Worte voll und leer iii. Doppelsinn a) Name und Sachbedeutung b) methaphorische und sachliche Bedeutung c) eigentlicher Doppelsinn (Wortspiel) d) Zweideutigkeit e) Doppelsinn und Anspielung“ (Freud, 1985, S. 36). Es ist unverkennbar, dass diese Techniken eine enge Verwandtschaft zu den Methoden der Ideensuche im Erfindungsprozess haben und dass die Dramaturgie des Unterrichts ähnliche Mittel einsetzt. Die von Freud aufgeführten Techniken finden sich in der Variationsmethode, in der Konstruktionsmethode und in der Analogiemethode wieder. Vergleichen wir die Technik des weit verbreiten und in mehreren Varianten bekannten (Übersetzungs-)Witzes „Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach.“ (Hirsch, 2005, S. 44) mit der im Abschnitt 4 beschriebenen Variationsmethode, so wird diese Übereinstimmung deutlich.
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Abbildung 23: Anwendung der Variationsmethode bei der Konstruktion von Witzen. Eine ähnliche Variationstechnik lässt sich auch im folgenden Schottenwitz nachweisen. Hierbei wird der Begriff des „Mitbringens“ (unerwartet) variiert. „Drei Freunde beschlossen, einen gemütlichen Abend zu veranstalten. Jeder sollte zu dem gemeinsamen Essen etwas beisteuern. Der Engländer brachte eine Flasche Whisky mit, der Irländer eine Schachtel Cakes – der Schotte brachte seinen Bruder mit.“ (Gelsam, 1943, S. 19) Von der gleichen Variation des Elementes „Mitbringen“ lebt auch die folgende Situation: „Aus den Vermeldungen in der Kirche: Nächsten Sonntag halten die Elisabethfrauen ihren großen Verkauf zugunsten des neuen Altersheims. Eine gute Gelegenheit, loszuwerden, was des Aufhebens nicht lohnt, aber doch zu gut ist, weggeworfen zu werden. Bringt eure Ehemänner mit.“ (Kokschal, 2006, S. 74)
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Die Variation über den Austausch von Elementen (der Begriff „Gebiet“) demonstriert die folgende Begebenheit: „Herr Pfarrer, ich habe gesündigt“, bekennt ein junges Mädchen im Beichtstuhl. „Auf welchem Gebiet denn, mein Kind?“, fragt der Geistliche. „Auf dem Gebiet des Stadtparks.“ (Kokschal, 2006, S. 85) Die Variation als (scheinbare) Steigerung zeigt sich im Folgenden: „Mit ergreifenden Worten beschwört der Pfarrer die Gemeinde, aus Dankbarkeit Gott und der Kirche gegenüber wieder zur Einrichtung des Kirchenzehntes zurück zu kommen. Ein Gemeindemitglied ist so gerührt dass es zu seinem Banknachbarn sagt: „Ein Zehntel? – Ich will sogar ein Zwanzigstel geben!“ (Kokschal, 2006, S. 73) Die Variation als Umkehr (im doppelten Sinn) wird im folgenden Witz demonstriert: Predigt des jungen Pfarrers: „Und immer, wenn ich einen Betrunkenen aus der Kneipe kommen sehe, sage ich zu ihm: Du bist auf dem falschen Weg, kehre um!“ (Kokschal, 2006, S. 62)
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Vorsicht ist beim Schreiben einiger Wörter geboten, bei denen sich (nicht immer lustige) Fehler durch Weglassen oder Hinzufügen einzelner Buchstaben ergeben. _ In technischen Berufen wird häufig in Belegarbeiten das Wort „Schweißtechnik“ fehlerhaft geschrieben. _ Im Fach Deutsch wurde beim Thema „Beschreiben von Gegenständen“ der anschaulich vorgezeigte Bürstenhalter (als Hakenleiste für Bürsten im Haushalt) ungewollt zu einem anderen Gegenstand. Auch die gendergerechte Formulierung kann „Fallstricke“ bereithalten. Zum „Zimmermann“ passt keineswegs die weibliche Form „Zimmerfrau“ und beim Zeichnen sollte man die Darstellung von „Strichmännchen“ nicht durch eine weibliche Form ergänzen. Falls Lehrende beabsichtigen, ihre (eventuelle) spätere Pension aufzubessern, sollten sie mit dem Start in ihr Berufsleben damit beginnen, alle erheiternden Begebenheiten aufzuzeichnen, um diese später zu veröffentlichen (selbstverständlich unter Beachtung des Datenschutzes). Unterhaltsam, erheiternd und zugleich die kognitiven Fähigkeiten fördernd kann das Rätsel vom Kindergarten bis zum Altersheim ein ständiger Begleiter sein. Im Rahmen dieses Buches verstehen wir den Begriff „Rätsel“ wie folgt:
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Rätsel sind Aufgaben, bei denen Gegenstände, Vorgänge, Lebewesen oder Merkmale von Objekten erraten werden müssen. Die erratenden Personen können dabei – ähnlich wie beim Witz – durch irreführende Angaben „auf die falsche Fährte gelockt“ werden. Das Lösen von Rätseln fördert – auf unterhaltsame Art – die Entwicklung (oder das Erhalten) der geistigen Fähigkeiten. Bereits bei kleinen Kindern können Rätsel dazu dienen, spielend zu Lernen und das Denken zu trainieren – also mit Spaß und Freude Wissen und Können zu erwerben. Einige Beispiele für einfache Rätsel sind: „Es hängt an der Wand und gibt jedem die Hand.“ (Handtuch) „Welcher Hahn kann nicht krähen?“ (Wasserhahn) „Ich sehe was, was Du nicht siehst. Das sieht ... aus“ Auch während gemeinsamer langer Autofahrten und Wartezeiten kann die Zeit durch solche Rätsel und gemeinsam ausgedachte Geschichten spürbar verkürzt werden. Zur Belebung einer abendlichen Diskussionsrunde in der Arbeitsgemeinschaft „Gerätekonstruktion“ der Hochschullehrer wurde ein fachbezogener Begriffs-Bild-Speicher vorgestellt. Im Folgenden werden daraus vier Beispiele abgebildet.
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Abbildung 24: Halbleiter nach (Arbeitsgemeinschaft Gerätekonstruktion, 1985).
Abbildung 25: Schraubenschlüssel nach (Arbeitsgemeinschaft Gerätekonstruktion, 1985).
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Abbildung 26: Maßkette nach (Arbeitsgemeinschaft Gerätekonstruktion, 1985).
Abbildung 27: Blattfeder nach (Arbeitsgemeinschaft Gerätekonstruktion, 1985).
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Auch in der beruflichen Aus- und Weiterbildung lassen sich durchaus fachspezifische Rätsel zur Auflockerung von Lehrveranstaltungen einsetzen. Es ist bekannt, dass der Witz durchaus als Intelligenztest genutzt werden kann. Auf diesem Aspekt baut der folgende Text auf. Um Diskriminierungen verschiedener Berufszweige und Nationalitäten auszuschließen, wurde dieser Text hier verallgemeinert formuliert – auch, wenn damit viel von dem Charme dieses Witzes verloren geht. Die Originalfassung kann bei Janke (1975, S. 5) nachgelesen werden. „Wenn man einem Einfältigen einen Witz erzählt, lacht er dreimal: das erste Mal, wenn er den Witz hört, das zweite Mal, wenn man ihm den Witz erklärt, und das dritte Mal, wenn er ihn verstanden hat. Erzählt man einem Eingebildeten einen Witz, lacht er zweimal: das erste Mal, wenn er den Witz hört, und das zweite Mal, wenn er ihn erklärt bekommt. Kapieren wird er ihn nie. Ein Überheblicher lacht nur einmal: Wenn man ihm den Witz erzählt: Denn erklären lässt er sich prinzipiell nichts, und verstehen wird er ihn sowieso nicht. Erzählt man einem Intelligenten einen Witz, sagt er: „Den kenne ich schon.“, und erzählt einen besseren.“ (Janke, 1975, S. 5) Blicken wir auf einige der auf den vorangegangenen Seiten g eäußerten Gedanken zurück.
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Das Wecken von Interesse und der Abbau von Hemmnissen sind in allen Phasen des lebenslangen Lernens entscheidend für den Erfolg und für die Effektivität des Kompetenzerwerbs. Die Wechselwirkungen zwischen der Dramaturgie des Unterrichtes, der Erfindungsmethodik und den methodischen Aspekten des Humors sind wechselseitig nutzbar. _ Das Nachvollziehen von Erfindungen im Rahmen der Aus- und Weiterbildung kann dazu beitragen, das Interesse am Bildungsgegenstand zu wecken, den Bildungsgegenstand in seiner Weiterentwicklung besser zu begreifen (genetische Methode) und dabei gleichzeitig Kenntnisse über die Anwendung schöpferischer Methoden (Innovationsmethodik) zu erwerben. _ Andererseits kann die bewusste Anwendung der Dramaturgie des Unterrichts den Prozess der Führung von Gruppen beim Erarbeiten von Verbesserungen und Erfindungen im Unternehmen wesentlich unterstützen. _ Neben der Belebung und Auflockerung pädagogischer Prozesse kann die Methodik des Humors bisher wenig genutzte Impulse für die schöpferische Gestaltung innovativer Prozesse in der Pädagogik und in anderen Wissenschaftsbereichen liefern. Sowohl die Dramaturgie des Unterrichtes als auch die Innovationsmethodik und der Humor finden in der beruflichen Ausbildung und in der betrieblichen Weiterbildung noch keine ausreichende Berücksichtigung. Die Lehrenden sind – sowohl in ihrer Ausbildung als auch in ihrer kontinuierlichen Weiterbildung – stärker mit diesen wirksamen didaktischen und methodischen Mitteln vertraut zu machen. Lassen wir zum Abschluss Friedrich den Großen zu Wort kommen: „Alles in der Welt ist Torheit, nur nicht die Heiterkeit.“ (Friedrich der Große, 1780)
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Humor als Lebensprinzip
Sowohl die Lehrenden als auch die Lernenden haben nahezu täglich Situationen zu bewältigen, die Stress erzeugen können, in denen Konflikte zu bewältigen sind und die auch gesundheitliche Auswirkungen haben können. In einzelnen Fällen kann die Situation so eskalieren, dass es zu körperlicher Gewalt sowie zum Einsatz von Messern und Schusswaffen kommt. Auch die Austragung von Konflikten in den sozialen Medien zeigt zunehmend ernst zu nehmende Wirkungen. Neben dem Einsatz rechtlicher, pädagogischer und sozialpädagogischer Möglichkeiten kann der Humor seine Wirksamkeit in der Mehrfachfunktion _ _ _ _ _ _
Unterstützung der Lehr- und Lernprozesse, Förderung der Kreativität, Festigung sozialer Strukturen, Persönlichkeitsförderung, Konfliktvermeidung und Konfliktlösung sowie Gesundheitsförderung unter Beweis stellen.
Petra Klaps zitiert einen Stammesältesten der Aborigines: „Der Humor ist so wichtig für unser Wohlbefinden, dass du nie schlafen gehen solltest, bevor du nicht während des Tages irgendwann gelacht oder Freude empfunden hast. Falls nicht, so steh wieder auf und suche etwas, worüber du lachen und glücklich sein kannst.“ (Klapps, 2012) © Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 K. H. Busch et al., Lehren und Lernen: Humor als Schlüsselfaktor, https://doi.org/10.1007/978-3-658-42868-6_6
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Ähnlich formuliert es eine alte Lehrerweisheit: Wenn in der Unterrichtsstunde nicht mindestens einmal herzhaft gelacht wurde, ist die Stunde nicht gelungen. Bei der Reaktion in Konfliktsituationen geht es vor allem darum, durch humorvolle Reaktionen die Situation zu entspannen und Eskalationen zu vermeiden. Das Lachen ist dabei eine unterstützende Neben wirkung. Konfliktsituationen in den Lehr- und Lernprozessen können durch unterschiedliche Ursachen entstehen: _ Machtdemonstrationen, _ unterschiedliche Interessen an den Lernzielen (oder Nichtlernzielen), _ Neid zu materiellen Dingen oder zu den erreichten Erfolgen, _ Rangkämpfe in den sozialen Strukturen, _ unterschiedliche Anschauungen zu Werten und Anschauungen und _ Zugehörigkeit zu unterschiedlichen sozialen Gemeinschaften. Neben dem Ignorieren von Konflikten steht das aktive Reagieren in Konfliktsituationen. Für eine Deeskalation können mehrere Methoden eingesetzt werden. Dabei ist besonders auf das Schaffen einer positiven Gesprächsatmosphäre hinzuwirken und den Beteiligten sind die unterschiedlichen Sichtweisen, Standpunkte und Positionen zu verdeutlichen sowie die vorhandenen Gemeinsamkeiten darzustellen. Mit der Sokratischen Methode können durch geeignete Fragetechniken die Beteiligten zum (quasi selbständigen) Erkennen der Ursachen und der Lösungsmöglichkeiten geführt werden (Wer fragt, der führt.). Durch das Aufzeigen von analogen Situationen und Lösungswegen kann der Weg zu Einigungen der Konfliktpartner geebnet werden.
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Ein seit langer Zeit „bewährtes“ Mittel zum Abbau von Stress und zur Konfliktlösung ist (neben anderen Drogen) der Alkohol. Nicht nur die fromme Helene hat damit Erfahrungen gesammelt.
Abbildung 28: Die fromme Helene nach (W. Busch, 1962, Bd. 1 S. 110). Dass auch die Lehrenden nicht frei von Problemen und Konflikten sind, zeigen auch die Lebens- und Arbeitserfahrungen, die Prof. Lohmann in seinen Vorlesungen und Seminaren an der TU Dresden uns Studenten mit auf den Weg gab:
„Wohne nie im Schulbezirk. Kneipe nie im Wohnbezirk.“ „Der größte Feind des Lehrers ist der Lehrer.“
(Lohmann, 1965)
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Wenn der Humor zu seelischer Gesundheit beitragen kann, sollten wir uns zunächst veranschaulichen, welche Reaktionen er in unserem Körper auslöst. Allgemein bekannt ist, _ _ _ _
dass etwa 300 verschiedene Muskeln aktiviert werden, dass die Herzschlagfrequenz und der Blutdruck steigen, dass sich die Hautleitfähigkeit erhöht und dass die Selbstheilungskräfte gestärkt werden können.
Nach dem Lachen beruhigt sich der Organismus relativ schnell. Dabei sinkt der Blutdruck und die Anspannung lässt nach. Der Humor kann die Produktion der Glückshormone anregen, zur Stärkung des Immunsystems beitragen und die Stresshormone in ihrer Wirkung dämpfen. Gugel und Jäger stellen mit ihren zehn „fatalen Regeln“ die Konfliktlösung „auf den Kopf “: „1. Beharre unbedingt auf deinem Standpunkt, der andere wird schon nachgeben. 2. Mache permanent und lautstark in der Öffentlichkeit bekannt, dass das Recht auf deiner Seite ist. 3. Suche nur Lösungen, die deine Interessen maximal befriedigen. 4. Stelle den Gegner vor vollendete Tatsachen, das nimmt ihm den Wind aus den Segeln. 5. Suche dir Verbündete, die dir bedingungslos folgen, das schüchtert ein. 6. Wenn der Gegner nicht einlenkt, so drohe ihm Gewalt an, das zeigt immer Wirkung. 7. Akzeptiere auf keinen Fall Vermittlungsversuche Dritter, denn diese wollen nur deinen Gegner unterstützen.
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8. Ziehe Erkundigungen über das Privatleben deines Gegners ein und gib diese an die Presse weiter. 9. Wenn dies nicht ausreicht, so lanciere Gerüchte über geplatzte Schecks, drohende Zahlungsunfähigkeit oder sexuelle Eskapaden deines Gegners. 10. Gemeinsam mit dem Gegner unterzugehen ist allemal besser, als Zugeständnisse zu machen, schließlich geht es ja um den Sieg der Wahrheit.“ (Gugel & Jäger, 2015, S. 2) Lassen wir abschließend Petra Klapps treffend und zusammenfassend formulieren: „Dabei weiß man heute …, dass Humor und Lachen die Fähigkeit fördert, eigene Ressourcen zu erkennen und zu laben und sie darüber hinaus auch im anderen zu sehen. Die Folge ist ein konstruktives Miteinander, bei dem jeder den anderen achtet und respektiert. … Wer allerdings um seine Macht oder seine Autorität fürchtet, wird Humor zu verhindern wissen.“ (Klapps, 2012)
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Gespräch mit einer erfahrenen Lehrerin
Nach so viel Theorie ist es an der Zeit, zu erleben, wie die Arbeit der Lehrerinnen und Lehrer im praktischen Schuldienst erfolgreich gestaltet werden kann. Unterhalten wir uns dazu mit einer Lehrerin, die diesen Beruf über 40 Jahre ausgeübt hat und dabei neben dem üblichen Stress auch viel Freude erleben konnte. Goethe ließ dazu im FAUST Mephistopheles zu dem Schüler belehrend sagen: „Grau, teurer Freund, ist alle Theorie, und grün des Lebens goldner Baum.“ (von Goethe, 1953, S. 59) Erkundigen wir uns bei unserer Gesprächspartnerin nach ihren Erfahrungen. Man hört häufig den Satz: Zum Lehrer muss man geboren sein. Können Sie diese Aussage aus ihrer eigenen Erfahrung bestätigen? Diese Aussage hat sicherlich einen wahren Kern. Allerdings bestimmen nicht nur die ererbten Gene den beruflichen Erfolg, sondern die erforderlichen Kompetenzen zum Lehren werden auch bereits in frühester Jugend geformt und lebenslang weiterentwickelt. Auch die Lehrenden sind immer auch Lernende. In meiner Kindheit hatte ich zwei Berufswünsche: Försterin oder Lehrerin. © Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 K. H. Busch et al., Lehren und Lernen: Humor als Schlüsselfaktor, https://doi.org/10.1007/978-3-658-42868-6_7
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Beim Spielen auf dem Dachboden unseres Hauses waren die Puppen meine Schüler. Die von mir vergebenen Zensuren wurden fein säuberlich in ein Heft eingetragen. Ich hatte außerdem ein großes Vorbild: Ein Onkel war Taubblindenlehrer. Ich war von seiner Arbeit tiefbeindruckt als ich miterleben konnte, wie die Schülerinnen und Schüler die Kompetenz für ein selbstgestaltetes Leben erwerben konnten. Mein zweiter Berufswunsch ergab sich aus der Begeisterung für den Wald und das – nach meiner Meinung – freie Leben eines Försters. Die freundschaftliche Verbindung unserer Familie zu einem Förster und die gegenseitigen Besuche trugen dabei zum Festigen meines Berufswunsches bei. Dieser Wunsch scheiterte letztlich aus gesundheitlichen Gründen. In unserer Dorfschule wurden die Klassen eins bis vier gemeinsam in einem Klassenraum unterrichtet. Das war noch bis in den ersten Nachkriegsjahren durchaus keine Seltenheit. Als ich wegen eines gebrochenen Armes nicht schreiben konnte, durfte ich – zur Entlastung des Lehrers – in einem separaten Raum mit den Erstklässlern das Lesen üben. Damit hatte ich mein erstes „Praktikum“ erfolgreich absolviert. Allerdings blieb der Dank aus. Ich musste die nächste Mathearbeit mitschreiben, obwohl ich während der Vermittlung des Stoffes nicht am Unterricht teilgenommen hatte. Auch in den folgenden Jahren gestaltete ich den Unterrichtsablauf „aktiv“ mit – mein „Schwatzen“ fiel ständig auf, und ich wurde -„selbstverständlich völlig unberechtigt“ – häufig ermahnt. Folgerichtig führte mich mein Weg an das Institut für Lehrerbildung. In den Folgejahren erwies sich mein Beruf als meine Berufung. Es ist allgemein bekannt, dass in der Studienrichtung Pädagogik der Anteil der Studienabbrecher relativ hoch ist. Auch wenn dann ein Abschluss mit sehr guten Zensuren erreicht wurde, ist mancher Absolvent mit der später vorgefundenen Situation überfordert und neigt gelegentlich zur Verzweiflung.
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Welche Voraussetzungen sollten bei der Entscheidung für die Ausbildung zum Lehrerberuf eine Rolle spielen? Zunächst ist es wichtig, festzustellen, welche Motive bei der Wahl der Studienrichtung nicht entscheidend sein sollten: _ Die langen Ferien und die Chance auf eine Verbeamtung sollten kein Hauptgrund für die Wahl des Lehrerberufes sein. _ Als „Notnagel“ sollte die Pädagogik nicht dienen. Wenn in der Wunschrichtung kein Studienplatz zu bekommen war, erfolgt bei passender Gelegenheit dann häufig ein Wechsel. Wichtig sind indessen folgende Voraussetzungen: _ _ _ _ _
Die physische Eignung (besonders auch der Stimme), die psychische Stabilität (auch in Konfliktsituationen), eine positive Einstellung zu den Lernenden, die Kreativität zur Gestaltung eines lebendigen Unterrichtes, eine Begeisterung für die gewählte Fachrichtung einschließlich einer breiteren Variabilität für den Einsatz in anderen Fächern und _ die Erprobung der Eignung durch Praktika (im weitesten Sinne).
Es ist nicht selten, dass es in manchen Klassen im wahrsten Sinne des Wortes „über Tische und Bänke geht“. Wie konnten Sie solche Situation und „Machtkämpfe“ für sich entscheiden? Bereits im Studium müssen die angehenden Lehrer die erforderliche Kompetenz erwerben, um in schwierigen Konfliktsituationen zu bestehen und schlagfertig auf Provokationen zu regieren. Das bedeutet auch, dass die Lehrmethodik den gebührenden Platz neben der Fachmethodik erhält. Das Verhalten in kritischen Situationen muss auch praktisch – zum Beispiel in Fallbeispielen – trainiert werden, so wie in anderen Berufen das Havarie Training üblich ist. Auch eine Kampfsportausbil-
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dung kann eine innere Sicherheit aufbauen und ein selbstbewusstes Auftreten gewährleisten. Sowohl in aggressiven als auch im passiven „Streikverhalten“ versuchte ich, die „Leitkuh“ bzw. den „Leitwolf “ – also die „Bestimmer“ in der Gruppe – zu ermitteln. Das konnte ein bis drei Unterrichtseinheiten dauern. Hatte man dann diese Person auf seiner Seite, oder mindestens „neutralisiert“, wurde man von allen Gruppen- bzw. Klassenmitgliedern als alleinige Führungsperson akzeptiert. Ich erinnere mich an einen Fall, als die Klasse geschlossen passiv dasaß und nicht die vorgegebene Aufgabe lösen wollte. Es war nicht ganz einfach, die Ursachen zu erkennen. Ich stellte fest, dass die „Bestimmerin“ eine Lese-Rechtschreib-Schwäche (LRS) hatte und dieses Problem durch das von ihr gesteuerte Verhalten verdecken wollte. Wenn alle Mitschülerinnen nicht schreiben, dann wird ihr eigenes Problem nicht bemerkt – also beeinflusste sie alle zum „Streik“. In der folgenden Stunde ging ich durch die Reihen und gab ihr – von den Mitschülerinnen unbemerkt – ein paar kleine Hilfen. Sie erreichte damit brauchbare Leistungen, und ich hatte sie damit für mich und für die weitere Unterrichtsarbeit gewonnen. In einem anderen Fall stand ein Schüler bei meinem Eintreten in den Klassenraum auf dem Tisch und imitierte zum Gaudi der Klasse auf einer imaginären Gitarre Elvis Presley. Am folgenden Tag kam ich zum Unterrichtsbeginn in die Klasse und bat ihn, vorn vor der Klasse ein Lied zu spielen. Er machte das – und schnell war der Fall erledigt. Ein bewährtes Mittel sind Einzelgespräche, in denen man einfühlsam den vorhandenen Problemen auf den Grund gehen kann. Häufig erzielt man eine erstaunliche Wirkung, wenn man in die Klasse kommt, auf den Problemschüler zugeht und ihn mitfühlend fragt, ob er zum Beispiel noch Kopfschmerzen habe oder mit seiner Freundin wieder alles gut gehe. Dann ist das Problem für diesen Tag gelöst.
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Kann es sein, dass Lehrerinnen Konfliktsituationen besser lösen können als ihre männlichen Kollegen? Es scheint in der menschlichen Psyche verankert zu sein, dass sich in Konfliktsituationen Männer nach dem „Boxer-Prinzip“ verhalten, während Frauen häufig das „Judo-Prinzip“ bevorzugen. Das bedeutet, dass Männer – wie Hirsche auf dem Kampfplatz – auf Konfrontation schalten und damit die Auseinandersetzung eskaladieren kann. Frauen gehen besser auf die Ursachen des Konfliktes ein, legen den Kontrahenten mit dessen eigenen Mitteln – wie im Judo – auf das Kreuz. Im Berufsschulunterricht neigen manche Schüler dazu, den „rauhen Ton“ des Arbeitsumfeldes mit seinen teilweise sexistischen Kraftausdrücken in den Unterricht zu tragen. Teilweise sollen – besonders die jüngeren Lehrerinnen – damit in Verlegenheit gebracht werden. In solchen Fällen ist ein schlagfertiges Reagieren angebracht. Im übertragenen Sinne hilft es auch, sich an Luther zu halten: „Man muss dem Volk aufs Maul schauen.“ (Moser, 2022) Zum Glück sind die Zeiten vorbei, bei denen der Lehrer dabei das „sc“ (oder sich selbst) „vergaß“. Es ist zum Beispiel nahezu wirkungslos, wenn man mit zartfühlender Stimme flüstert: „Seien sie bitte leise.“ Schneller und nachhaltiger wirkt es, wenn eine kräftige Stimme im Befehlston formuliert: „Halt den Mund!“ Eine wirksame Methode der Konfliktlösung ist das individuelle Gespräch mit den Lernenden – und gegebenenfalls mit den Erziehungsberechtigten und Betreuern. Diese Gespräche scheinen Wunder zu bewirken, wenn sie taktisch-psychologisch gut angelegt sind. Auch das „aus der Patsche helfen“ in schwierigen Situationen schafft Vertrauen und Aufgeschlossenheit – nicht nur bei den einzelnen Be-
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troffenen. In Erinnerung sind mir besonders die Unterstützungen für junge alleinstehende Mütter und das Bewahren eines Schülers vom Vorwurf des „Schwarzfahrens“ und der damit verbundenen Strafe. Grundsätzlich ist der Aufbau eines Vertrauensverhältnisses ein wichtiger Schlüssel für eine stabile lernförderliche Zusammenarbeit. Es ist üblich, zwischen den Lehrenden und den Lernenden eine sachliche Distanz zu wahren. Es gibt jedoch auch ein altbewährtes Sprichwort: „Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft.“ Welche Erfahrungen konnten Sie mit kleinen persönlichen Aufmerksamkeiten sammeln? Es ist erstaunlich, welche Wirkung auch kleine Aufmerksamkeiten erzielen können, besonders, wenn sie völlig unerwartet kommen. Es gibt viele Anlässe, bei denen eine persönliche Zuwendung – in verbaler und/ oder materieller Form angebracht seien kann. Neben dem Vorfeld von Feiertagen wie Ostern, Nikolaus und Weihnachten sind das auch persönliche Anlässe wie z. B. besondere Geburtstage, Eheschließungen oder gut gelungene Prüfungsergebnisse (zum Beispiel Führerschein oder berufliche Befähigungsnachweise). Geeignete Kleinigkeiten kann man u. a. in den Katalogen für Werbeartikel finden. Kugelschreiber, Minitaschenlampen, Miniwerkzeuge und kleine Schokoladentäfelchen sind bereits für einen Euro und weniger zu erhalten. Eine kleine – unter die Aufmerksamkeit gelegte – passende Serviette erhöht dabei optisch die Wirkung. Auch ein gut gestaltetes schriftliches Lob kann eine motivierende und den Stolz fördernde Wirkung erzielen. Unbedingt vermieden werden sollten jedoch große Geschenke, sowohl von den Lehrenden an die Lernenden als auch von den Lernenden an die Lehrenden. Es gibt leider Kolleginnen und Kollegen, die ihre Geburtstage und andere Feierlichkeiten rechtzeitig in den Klassen ankündigen, um größere Geschenke „zu provozieren“.
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Nicht immer herrscht „eitler Sonnenschein“ in den Unterrichtsräumen – sondern manchmal ist „das Wetter auch getrübt“. Es ist vermutlich nicht so selten, dass die Eltern einen Rechtsanwalt in Anspruch nehmen, wenn ihr Sohn oder ihre Tochter nicht die erwünschte Zensur bekommen hat. Welche Erfahrungen haben Sie mit den Eltern Ihrer Schüler gemacht? Wie konnten sie Ihre Zusammenarbeit mit den Eltern gestalten? Zuerst muss die Erkenntnis stehen, dass ein enges Zusammenspiel mit den Eltern sowohl die Arbeit des Lehrers erleichtert und dass es auch für die Schüler vorteilhaft ist, wenn sie spüren, dass beide Seiten an einem Strang ziehen. Wenn dieses Wollen da ist, kommt es darauf an, die geeigneten Wege zum Aufbau vertrauensvoller Kontakte zu finden und zu nutzen. Einer dieser Wege sind Hausbesuche. Die Eltern und Großeltern sind – besonders in den unteren Klassen – neugierig, wie sich ihre Tochter oder ihr Sohn „macht“. Dabei wird das Eis schnell gebrochen und der Einstieg in die Unterhaltung gelockert, wenn zunächst die Stärken, die positiven Leistungen und die lustigen Seiten ins Gespräch gebracht werden. Darauf aufbauend, lassen sich auch gemeinsame Vorgehensweisen für das Überwinden eventuell vorhandener Probleme abstimmen. Besonders in den ländlichen Gebieten konnte sich der Besuch in den zurückliegenden Jahren kaum dagegen wehren, die selbstgekochte Marmelade oder die selbst geräucherte Wurst anzunehmen. Man erinnert sich dann unweigerlich an das alte schwäbische Volkslied vom armen Dorfschulmeisterlein: „Er isst und trinkt und steckt noch ein, das arme Dorfschulmeisterlein.“ (unbekannt, o. J.-a)
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Es kam in seltenen Fällen auch vor, dass vor dem Besuch extra neue Tassen gekauft wurden. Die waren dann zumindest noch sauber. Ein besonders kontaktförderndes Erlebnis war am Ende des Schuljahres die Veranstaltung mit den Eltern. Die Schüler führten im Saal einer Gaststätte ihren Eltern ein etwa einstündiges Programm auf. Anschließend wurde mit den Eltern bis in den frühen Morgen getanzt und gelacht. Dieses „Projekt“ hatte ich gemeinsam mit der Klassenlehrerin der Parallelklasse geplant und organisiert. Die Veranstaltungen wurden dann währen meiner Dienstzeit in diesem Ort zur Tradition. Diese Erfahrungen nutzte ich auch in meinem nächsten Dienstort. Neben den „Elternfesten“ brachten besonders interessante Klassenfahrten und Faschingsnachmittage Eltern, Kinder und Lehrer näher zusammen. In meiner späteren Arbeit in der beruflichen Ausbildung waren neben der Zusammenarbeit mit den Eltern auch die Kontakte zu den Ausbildungsbetrieben förderlich. Manche der Auszubildenden lebten richtig auf, wenn sie ihrem Lehrer direkt in der Werkstatt zeigen konnten, was sie bereits praktisch beherrschten. Damit wurde auch das Vertrauensverhältnis zwischen den Lehrlingen und dem Lehrer gefestigt. Im Laufe der Dienstzeit sammelt man umfangreiche Erfahrungen über die Gestaltung des Unterrichts. Mit welchen didaktisch-methodischen Mitteln konnten Sie die Lernenden beim Erwerben der erforderlichen Kompetenzen sowohl effizient als auch abwechslungsreich unterstützen? In der pädagogischen Ausbildung werden viele „Werkzeuge“ für die Unterrichtsgestaltung vermittelt. Dazu gehören besonders _ _ _ _
die motivierende Führung, das Schaffen lernfordernder Situationen, die Wahl eines jeweils geeigneten Führungsstils, die Vermittlung von Lerntechniken,
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_ die Beachtung didaktischer Prinzipien und _ die Lehr- und Lernmethoden. In diesem Buch sind die genannten Mittel ausführlich dargestellt. Durch seine individuelle Berufserfahrung wird jeder Lehrende situationsbezogen einzelne Vorgehensweisen bevorzugen. In meiner Tätigkeit habe ich großen Wert auf das Gestalten lernfordernder Situationen gelegt. Dabei ist in der beruflichen Bildung ein gut abgestimmtes „Zusammenspiel“ zwischen dem theoretischen Unterricht und der berufspraktischen Ausbildung erforderlich. Beide Ausbildungsaspekte müssen möglichst synchronisiert abgestimmt sein. Ein gelungenes Beispiel war das Entwerfen und Fertigen von Spielgeräten für Kindergärten. Die Auszubildenden hatten sich dabei mit folgender Problemsituation auseinander zu setzen: _ Mit welchen Spielgeräten beschäftigen sich Kindergartenkinder gern? _ Was ist für ein spielendes Lernen und für die körperliche Entwicklung förderlich? _ Welche Materialien sind geeignet und zugelassen? _ Welche farbliche Gestaltung ist bei den „Nutzern“ beliebt? _ Wie ist das „Projektmanagement“ zu gestalten, wenn sowohl Malerals auch Tischlerlehrlinge an dem Vorhaben beteiligt sind? Vor den Lehrenden und den ausbildenden Meistern stand dabei die Aufgabe, die einzelnen Aktivitäten in die jeweiligen Lehr- und Ausbildungspläne passfähig einzugliedern. Es zeigte sich, dass sich bei diesem Vorhaben die Projektmethode – verbunden mit der Gruppenarbeit – eigentlich „von selbst“ anbot. Es ergab sich eigentlich auch „von selbst“, das didaktische Prinzip der schöpferischen Tätigkeit und das Prinzip des Verbindens von Theorie und Praxis zu berücksichtigen.
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Die Freude der Kinder bei der Übergabe der Spielgeräte und die besondere Anerkennung der Leistung (mit Kuchen und Kinderliedern) sorgten dafür, dass dieses Projekt bei den Auszubildenden noch lange im Gedächtnis bleibt und dabei auch die erworbenen Kompetenzen gefestigt werden. Das Prinzip der bleibenden Aneignung ergab sich von selbst. Ein weiteres Beispiel der Projektarbeit war die Gestaltung des Fachunterrichtsraumes der Maler. Das Ziel bestand darin, den Raum so zu gestalten, _ dass der Lern- und Lehrprozess durch geeignetes Anschauungs material unterstützt werden kann, _ dass die Auszubildenden die Wandgestaltung selbst entwerfen und auch selbst realisieren, _ dass Schautafeln und Schaukästen weitgehend selbst gestaltet werden, _ dass im Rahmen der Projektarbeit das Gemeinschaftsgefühl der Gruppe gefestigt wird, _ dass im Ergebnis der Projektarbeit der Berufsstolz wächst, _ und dass auch nach Projektabschluss von den Beteiligten konsequent darauf geachtet wird, dass der der Raum sauber und ordentlich bleibt. In Zusammenarbeit mit regionalen Unternehmen konnten durch deren Spenden _ _ _ _
die Materialien (Holz, Farbe), die auf den Anschauungstafeln anzubringenden Malerwerkzeuge, die Fenstergestaltung und selbst Brötchen und Wasser zur Einweihung bereitgestellt werden.
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Während der Projektarbeit war es motivierend, dass beliebte Schlager gehört werden konnten, da die Arbeiten in der unterrichtsfreien Zeit durchgeführt wurden und dass in den Arbeitspausen gemeinsam mit den Betreuern gefrühstückt wurde. Die erfolgreich realisierten Projekte sind ein Anlass, die Leistungen der Beteiligten in geeigneter Form anzuerkennen und auch die Zusammenarbeit mit regionalen Partnern öffentlich zu würdigen. Auch das Anfertigen und Benutzen von Modellen, als besondere Lerntechnik, ist – mit etwas Aufwand in der Unterrichtsvorbereitung – durchaus häufig einsetzbar. Ein kleines Beispiel ist das Berechnen von Flächen im Fachrechnen bei der Malerausbildung. Ein bereitgestellter Karton für jede einzuteilende Arbeitsgruppe kann so gestaltet werden, dass die Türen und Fenster als Ausschnitte entstehen. Der Karton kann (von dreidimensional zu zweidimensional) aufgeklappt werden. Die einzelnen Teilflächen sind dann als Rechtecke oder Kreise erkennbar. (Besonders aktive Schüler haben beim Ausschneiden zu spät erkannt, dass ein zu eifriges Ausschneiden der Anzahl von Türen und Fenstern die Berechnung umfangreicher macht.) Dieses Beispiel mag trivial erscheinen, manche Schüler haben jedoch Vorstellungsschwierigkeiten bei räumlichen Sachaufgaben. Auch der Schritt von Konkreten zum Abstrakten – und umgekehrt – kann durch das Stellen von Sachaufgaben aus der beruflichen Praxis erleichtert werden. Hatten Sie in Ihrer Dienstzeit auch Erlebnisse, die Sie tief berührt und erschüttert haben? In den unteren Klassen der Grundschule ergeben sich ergreifende und traurige Geschehnisse besonders _ aus schweren Krankheiten, _ aus Unfällen,
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_ aus Scheidungen der Eltern oder _ aus Todesfällen im Elternhaus. Als Lehrende und als Vertrauensperson muss man durch individuelle Gespräche und eine besondere Zuwendung die betroffenen Kinder in ihrem Schmerz trösten und mitfühlend über ihren Kummer hinweghelfen. Die Mitschülerinnen und Mitschüler sind einfühlend auf diese Situation einzustimmen. In den beruflichen Schulen können erschütternde Ereignisse vorwiegend _ _ _ _ _ _
durch betriebliche Unfälle, durch Verkehrsunfälle, durch Schwangerschaften bzw. Vaterschaften, durch Suizide, durch Probleme mit Betäubungsmitteln und durch Mobbing auftreten. Nicht zu unterschätzen ist der Liebeskummer.
Während meiner Dienstzeit an der Berufsschule hatten wir zwei Todesfälle zu beklagen. An einem Freitag hatte ich noch nach Dienstschluss ein Telefonat mit den Eltern eines Auszubildenden. In dem Anruf sprachen wir über die guten Chancen ihres Sohnes für eine weiterführende Ausbildung. Die Eltern sicherten mir ihre volle Unterstützung bei der beruflichen Weiterentwicklung ihres Sohnes zu. In der ersten Unterrichtsstunde am darauffolgenden Montag kam ein Anruf, der uns über den Tod dieses Schülers informierte. Er war auf der Rückfahrt von einer Disco nicht angeschnallt aus dem Auto geschleudert worden. Ich war geschockt. Für die Klasse war an diesem Tag der Unterricht beendet.
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Ein zeichnerisch sehr begabter Auszubildender hatte einen Ladendiebstahl begangen, um für seine Mutter als Weihnachtsgeschenk Parfüm zu „besorgen“. Da er bereits vorbestraft war, wurde er zu einer Haftstrafe verurteilt. Er wollte „um keinen Preis“ wieder in den „Knast“. Sein Ausweg: Er sprang aus dem zehnten Stock eines Hochhauses. Den einzigen Trost, den ich seiner Mutter geben konnte, war die Übergabe seiner gelungenen Bilder. Gab es für Sie auch erfreuliche Erlebnisse? Für mich galt das Prinzip, dass in jeder Stunde mindestens einmal gelacht werden muss. Als wir wieder einmal gemeinsam in einer Stunde aus vollen Herzen lachten, öffnete ich die Klassentür um einen Spalt und ein Kollege aus dem benachbarten Raum fragte: „Kann ich ihnen helfen?“ Die lachenden Gesichter der Kinder beruhigten ihn sofort. Mit den Schülerinnen und Schülern gab es häufig Anlässe zur Freude und zum lustigen Lachen. Im Deutschunterricht haben wir die Märchen gelegentlich nachgespielt und bildlich in den Heften und an der Tafel dargestellt. Bei der Behandlung des Märchens „Rotkäppchen“ hatte eine Hospitantin auf der hinteren Bank Platz genommen. Eine Schülerin erklärte das Tafelbild: „Zuerst haben wir die Bäume gezeichnet und dann das Rotkäppchen als Strichmännchen“. Zu meinem Schrecken verwendete sie jedoch – korrekt – die weibliche Form von Strichmännchen. Die Hospitantin und ich durften uns nichts anmerken lassen, und wir mussten uns das Lachen verkneifen, denn ich wollte den Zweitklässlern den verwendeten Begriff nicht ausführlich erklären. Da in unserem Schulgebäude die Räume nicht ausreichten, musste der Unterricht für einige Klassen zeitweise in einer ehemaligen Gaststätte am Ortsrand stattfinden. Meine Klasse hatte an diesem Tag bereits Unterricht in dieser Außenstelle gehabt. Als ich auf dieses Gebäude zu-
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ging, sah ich voller Erstaunen eine riesige Staubwolke auf dem Weg, so, wie man sie aus Filmen von rennenden Elefantenherden kennt. Beim Näherkommen entpuppten sich die „Elefanten“ als meine Schüler, die sich aus Zweigen Besen gefertigt hatten und munter im Takt den Weg fegten. Der Beginn der Unterrichtsstunde verzögerte sich dann erheblich, da ich erst alle Schüler zur Wasserpumpe führen musste, um den gröbsten Staub aus den Gesichtern und von den Händen zu entfernen. Bei einem Wandertag führte uns der Weg durch die Drachenschlucht in Richtung Eisenach. Da die Füße meiner Schülerinnen und Schüler bereits wandermüde wurden, erfand ich für die Ohren meiner Klasse eine phantasievolle und spannende Geschichte von dem Drachen, der in dieser Schlucht gelebt hatte. Auf dem steinigen Wanderweg musste ich immer nach vorn sehen und bemerkte daher nicht, dass sich unsere Gruppe wesentlich vermehrt hatte. Der Grund: Eine andere Klasse hatte sich – aufmerksam lauschend – unserem Zug heimlich angeschlossen. Unsre Schulklasse hatte eine Patenschaft mit dem Jagdverein. Dadurch konnten wir öfter interessante und lehrreiche Wanderungen durch den Wald erleben. Die Jäger sorgten dabei auch etwas für unser leibliches Wohl beim Rasten. Bei einer dieser Wanderungen musste ich allerdings vom vorgesehenen Weg spontan etwas abweichen, da in einiger Entfernung ein PKW auf dem Waldweg verdächtig wackelte und dieses Thema noch nicht im Lehrplan vorgesehen war. Unser Sohn war beim Bauen von Anschauungsmaterial oft anwesend. Für das Erklären der Embryonalentwicklung hatte ich aus Magnetplaste eine Gebärmutter entworfen, bei der durch austauschbare Elemente der Entwicklungsprozess von Embryonen während der Schwangerschaft schrittweise dargestellt werden konnte. Als wir am nächsten Morgen mit dem Bus zum Kindergarten fuhren, erinnerte er mich laut und deutlich: „Mutti, hast du auch deine Gebärmutter mit?“
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Für das Demonstrieren des Trockenlegens von Säuglingen wurde das Modell eines Säuglings aus Sperrholz gefertigt, das an die Tafel gehängt werden konnte, um die Arbeitsschritte für alle Schülerinnen und Schüler (auch auf den hinteren Bänken) gut sichtbar zu machen. Unser Sohn erzählte anschließend der Nachbarin voller Stolz: „Mein Vater hat meiner Mutter ein Kind gebaut, und ich habe ihm dabei geholfen.“ Einige weitere heitere und erfreuliche Gelegenheiten boten sich _ bei den bereits von mir erwähnten Elternfesten am Ende des Schuljahres, _ durch die erfolgreich abgeschlossen Projekte, _ durch die Einladungen zu den Klassentreffen ehemaliger Schülerinnen und Schüler, _ durch das Wiedersehen mit ehemaligen Berufsschülern, besonders wenn aus ihnen anerkannte Fachkräfte geworden sind und _ bei den Treffen mit ehemaligen Kolleginnen und Kollegen. Ergibt sich aus Ihren Erinnerungen, Erlebnissen und Erkenntnissen eine Empfehlung an Ihre jungen Kolleginnen und Kollegen? Legen sie bereits zum Dienstantritt einen Speicher an, auf dem sie ihre besonderen Erlebnisse und Erkenntnisse notieren! Haben Sie einen abschließenden Wunsch für Ihre Kolleginnen, Kollegen und die Studierenden? Ihr Beruf möge zur Berufung werden!
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Interview mit einer Führungskraft
Die berufliche Ausbildung sichert das Grundwissen für die Ausübung der Berufstätigkeit. Damit ist jedoch das Lernen keinesfalls beendet. Der ständige wissenschaftlich-technische und organisatorische Wandel erfordert über die Erstausbildung hinaus auch eine kontinuierliche Anpassung der Kompetenzen an die jeweils aktuellen und zu erwartenden Herausforderungen. Unterhalten wir uns darüber mit einer erfahrenen Führungskraft. Was motiviert – aus Ihrer Erfahrung – die Berufstätigen zum lebensbegleitenden selbstgesteuerten Lernen? Der wichtigste Anreiz zur Weiterentwicklung der beruflichen Kompetenzen liegt in dem eigenen Erkennen von Problemen, also in der Konfrontation mit lernfordernden Situationen. Eine Aufgabe der Führungskräfte besteht darin, den Mitarbeitern solche Situationen – aktuell und vorausschauend – deutlich zu machen oder solche Situationen bewusst zu schaffen. Die Möglichkeiten dazu ergeben sich besonders auch im Rahmen von Kundengesprächen, beim Brainstorming, durch das Einbeziehen in Technikfolgeabschätzungen und in das Verbesserungsmanagement sowie durch die Mitarbeit in Qualitäts- und Neuererzirkeln. In der logischen Folge sind für alle Beschäftigten lernförderliche Bedingungen zu schaffen, und die erreichten Leistungen sind in geeigneter Form anzuerkennen.
© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 K. H. Busch et al., Lehren und Lernen: Humor als Schlüsselfaktor, https://doi.org/10.1007/978-3-658-42868-6_8
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Neben den lernfordernden Situationen sind nach Ihrer Erkenntnis auch lernförderliche Bedingungen zu schaffen. Wie konnten Sie in Ihrer Führungsposition zum Schaffen lernförderlicher Bedingungen beitragen? Im Entscheidungsbereich von Führungskräften liegt zum Beispiel das Mentoring und Coaching. Das Spezialwissen und die langjährigen Erfahrungen der älteren Beschäftigten sind rechtzeitig an die Neueinsteiger zu vermitteln, damit nicht zu viele Potenziale und Kompetenzen dem betrieblichen Wissenspotenzial verloren gehen. In der personellen Struktur sind daher mögliche Kompetenzgruppen bzw. Tätigkeitspaare zu bilden, in denen ältere und jüngere Beschäftigte zusammenarbeiten. Dabei ist nicht das Team (in seiner ursprünglichen Bedeutung als „Gespann“) unser Vorbild, sondern es ist – als Analogie – eher das „Rudel“ geeignet. Also die flexible, dynamisch organisierte Gruppe. Damit wird das Lernen voneinander und miteinander effizienter, zielorientierter und personenbezogener. Es wird also besser gefördert, als in Strukturen, die autoritär (vom „Kutscher des Gespannes“) geführt werden und in denen sich die Beschäftigten lediglich in straffgeführten Strukturen bewegen dürfen. Zu den lernförderlichen Bedingungen gehören auch die Berechtigung und die Möglichkeit auf interne und externe Wissensspeicher zuzugreifen und an deren Gestaltung mitzuwirken. Die Motivation wird auch besonders durch einen demokratischen Führungsstil gefördert, in dem die Ideen, Hinweise und Kritiken der Projektmitglieder nicht nur erwünscht, sondern auch gefordert werden. Geeignet sind dazu z.B. wöchentliche einstündige Zusammenkünfte, in denen über die Arbeitsergebnisse berichtet wird, dazu ein Feedback gegeben wird und alle Ergebnisse und Vorgehensweisen reflektiert werden. Dabei können auch die Arbeits- und Führungsmethoden, so wie die erreichten Ergebnisse und Erkenntnisse in Frage gestellt werden. Insbesondere das Vermitteln von Rationalisierungspotenzial (z. B.
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„Kniffe“ bzw. „Tricks“ bei regelmäßigen Arbeitsaufgaben) wird als wertvoller Beitrag empfunden. Bei Ideen mit größerem Einsparpotenzial können daraus dann gemeinsame Rationalisierungs- bzw. Verbesserungsanträge entstehen. Es hat sich gezeigt, dass die Beratungen in kleinen Runden mit offenem Charakter effektiver sind, also große strukturübergreifende Veranstaltungen. Neben dem selbstgesteuerten berufsbegleitenden Lernen stehen für die berufliche Weiterbildung und für die Fortbildung zahlreiche externe Anbieter zur Verfügung. Wie können Sie internes und externes Lernen verbinden? Die interne und die externe berufliche Bildung ergänzen sich generell sinnvoll. Die erforderlichen Qualifikationen und Nachweise für Spezialisten können im Allgemeinen auch nur bei spezialisierten Bildungsträgern erworben werden. Typisch für das externe Lernen sind auch Erkundungsaufträge. Entsprechende ergänzende Möglichkeiten ergeben sich zum Beispiel _ _ _ _ _ _ _
durch den Besuch von Tagungen und Messen, durch die Delegierung zu Spezialkursen, aus der Entsendung zum dualen Studium, aus dem Besuch bei Anwendern und Zulieferern, aus der Teilnahme an multidisziplinären Arbeitskreisen, aus dem Auslandseinsatz und aus zyklischen Trainingskursen.
Die Verzahnung von beruflicher Ausbildung mit der beruflichen Weiterbildung kann dazu beitragen, die beruflichen Kompetenzen zu erweitern und auf dem aktuellen Wissenstand zu halten.
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Welche Erfahrungen können Sie an andere Führungskräfte vermitteln? Für den beruflichen Erfolg der einzelnen Beschäftigten und für den Erfolg des Unternehmens entscheiden nicht in erster Linie die formalen Qualifikationen, sondern die fachlichen Kompetenzen. Das wird leider noch nicht ausreichend in der Personalpolitik erkannt und umgesetzt.
Anhang Die Autoren Siegrun Busch erwarb sich ihre pädagogische Befähigung durch das Studium am Institut für Lehrerbildung. Sie legte die zweite Staatsprüfung für das Lehramt an Beruflichen Schulen ab und war Lehrerin an Grundschulen und Fachlehrerin an beruflichen Schulen. Prof. Dr. sc. nat. Klaus Henning Busch erwarb sich die Grundlagen für seine berufliche Tätigkeit in Maschinenbau- und Pädagogikstudium. Auf seine Assistentenzeit und die Entwicklung von veterinärmedizinischer Forschungstechnik folgte der Wechsel in die Bildungsforschung. Seine Spezialgebiete liegen in der Innovationsmethodik und in der beruflichen Weiterbildung.
© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 K. H. Busch et al., Lehren und Lernen: Humor als Schlüsselfaktor, https://doi.org/10.1007/978-3-658-42868-6
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| Lehren und Lernen: Humor als Schlüsselfaktor Dr. Erik Busch ist mit den Herausforderungen von ITStartups und globalen MedizintechnikAnbietern vertraut. Er hat in Europa, den USA und Asien die Markt- und Kundenbedürfnisse analysiert, diese Anforderungen in innovative Produkte übersetzt und dann so vermarktet, dass sie Markenwert und Geschäftsergebnis nachhaltig steigern. Wilhelm Busch* studierte Maschinenbau und danach Malerei an der Kunstakademie Düsseldorf, der Königlichen Akademie der schönen Künste in Antwerpen und der Akademie der bildenden Künste in München. Veröffentlichung von „Max und Moritz“, „Die fromme Helene“, „Fips der Affe“, u. v. a. (W. Busch, 1962, Bd. 3 S. 341)
* Die Namensgleichheit ist zufällig. Ein Verwandtschaftsverhältnis der Autoren mit Wilhelm Busch (1832-1908) besteht nicht.
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| Lehren und Lernen: Humor als Schlüsselfaktor
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Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Lehrer Bötel bei der Einschulung nach (W. Busch, 1962, Bd. 1 S. 326)._ ________________ 13 Abbildung 2: Allgemeine Struktur des Dramas._______________ 19 Abbildung 3: Theaterzettel zu „Liebestreu und Grausamkeit“ (W. Busch, 1962, Bd. 2 S. 41).__________________ 20 Abbildung 4: Theaterzettel zu „Heinz von Höllenstein“ nach (W. Busch, 1962, Bd. 2 S. 42).__________________ 21 Abbildung 5: Die dramatische Struktur der Ballade vom Handschuh.____________________________ 24 Abbildung 6: Die dramatische Struktur der Sage vom „Rattenfänger zu Hameln“.____________________ 25 Abbildung 7: Hänsel und Gretel aus der Sicht von Wilhelm Busch (W. Busch, 1962, Bd. 1 S. 167)._________________ 27 Abbildung 8: Die Rolle des Stockes im pädagogischen Prozess nach (W. Busch, 1962, Bd. 1 S. 288)._____________ 30 Abbildung 9: Der Nürnberger Trichter______________________ 31 Abbildung 10: Struktur des methodischen Vorgehens am Beispiel „Tapetenberechnung“________________________ 33 Abbildung 11: Das pädagogische Dreieck.____________________ 48 Abbildung 12: Beispiel für die Phasen und Arbeitsschritte der Projektmethode__________________________ 71 Abbildung 13: Merkmale der Lehr- und Lernmethoden_________ 72 Abbildung 14: Zusammenspiel zwischen den personellen Elementen nach (W. Busch, 1962, Bd. 1 S. 287).____ 76 Abbildung 15: Der Evaluator nach (W. Busch, 1962, Bd. 1 S. 326)__ 79 Abbildung 16: Heuristisches Dreieck________________________ 86
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Abbildung 17: Elemente des Innovationsprozesses nach (K. H. Busch, 2003)__________________________ 88 Abbildung 18: Die Erfindung des Fahrstuhles nach (W. Busch, 1962, Bd. 1 S. 203)._________________ 92 Abbildung 19: Die Erfindung des ökologischen Fliegens nach (W. Busch, 1962, Bd. 1 S. 19).__________________ 92 Abbildung 20: Die Erfindung des Speiseaufzuges durch Max und Moritz nach (W. Busch, 1962, Bd. 1 S. 17).________ 93 Abbildung 21: Die erfinderische Ratte nach (W. Busch, 1962, Bd. 1 S. 140)._ _______________ 102 Abbildung 22: Dramaturgie des Witzes._____________________ 108 Abbildung 23: Anwendung der Variationsmethode bei der Konstruktion von Witzen_________________ 110 Abbildung 24: Halbleiter nach (Arbeitsgemeinschaft Gerätekonstruktion, 1985).___________________ 114 Abbildung 25: Schraubenschlüssel nach (Arbeitsgemeinschaft Gerätekonstruktion, 1985).___________________ 114 Abbildung 26: Maßkette nach (Arbeitsgemeinschaft Gerätekonstruktion, 1985).___________________ 115 Abbildung 27: Blattfeder nach (Arbeitsgemeinschaft Gerätekonstruktion, 1985).___________________ 115 Abbildung 28: Die fromme Helene nach (W. Busch, 1962, Bd. 1 S. 110).________________ 121