Lehrbuch des Kirchenrechts aller christlichen Confessionen [13., veränd. u. sehr verm. Ausg., Reprint 2021 ed.] 9783112410820, 9783112410813


148 20 68MB

German Pages 792 Year 1861

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD PDF FILE

Recommend Papers

Lehrbuch des Kirchenrechts aller christlichen Confessionen [13., veränd. u. sehr verm. Ausg., Reprint 2021 ed.]
 9783112410820, 9783112410813

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

Lehrbuch des

Kirchenrechts aller

christlichen Confessionen von

Ferdinand Walter.

Dreizehnte, veränderte und sehr vermehrte Ausgabe.

Bonn, bei Adolph Marcus. 1861.

Borrede.

Das vorliegende Werk

hat

nach dem Gange ihrer Entwicklung und mit

steter Beziehung auf

Diese Aufgabe

ursprünglichen Grundgedanken darzustellen.

tische, in so fern dieselbe bis auf das geltende

werden muß.

deren

ist eine prac-

neueste Recht' durchgeführt

Sie ist eine historische und rationelle, in so fern sie nach­

wie jene Grundgedanken mit

weist,

der Kirche

Aufgabe, die Disciplin

die

dem

und Zwecke der Kirche

Wesen

gegeben, auf die irdischen Zustände in den mannichfaltigsten Formen an­ gewendet, und auch unter ungünstigen und widersprechenden Verhältnissen mit bewunderungswürdiger Consequenz festgehalten

handelt liegt in diesem Stoffe

ein Reichthum

ihn nicht blos dem Theologen und Juristen

worden

und

vom

So be­

sind.

eine Bedeutung, Fache,

sondern

die

auch

dem Staatsmanne und Geschichtschreiber unentbehrlich, und für die christ­ liche Lebens- und Weltanschauung überhaupt

im höchsten Grade lehrreich

und anziehend machen.

Als der Verfasser herausgab,

*

dieses Lehrbuch

Jahr 1822

im

zum

erstenmal

hatte er keine Ahnung weder von der Wichtigkeit,

welche so

bald wieder dieser Wissenschaft, noch von dem Erfolge, der seinem Werke

zu Theil werden sollte.

unter

überlieferten

verkannt

Das

canonische

Schulformen wie

oder gar absichtlich entstellt,

großen Zerstörung,

welche die

Kirche

lag in

Recht

den Compendien

der Geist

erstarrt, und im

Leben

getroffen,

die

desselben

fehlten

äußeren Institute,

hätten wecken können.

welche

eine

lebendige Anschauung

tung,

ohne

die gehörigen Vorarbeiten entwarf der Verfasser

Ausgabe,

die durchaus nichts Eigenthümliches

hatte,

war

nach der

Ohne Anlei­

seine

als nur daß

erste sie

die Aufmerksamkeit und Achtung für einen Stoff in Anspruch nahm, den

man als beinahe abgethan zu betrachten und zu mißhandeln gewöhnt war. Dieser Ton interessirte durch damit verbundene Wärme.

die dritte Ausgabe,

seine Neuheit;

bei Vielen auch

durch

die

Schon 1823 erschien die zweite, dann 1825

jede mit Verbesserungen und Vermehrungen.

IV der

Nachdem Gegenstände

eine

durch

Verfasser

neuen

vierte Ausgabe zu einem ganz

nung

den

wurde völlig verändert,

jede

Umgang mit

längeren

unternahm

größere Sicherheit erlangt,

er

Werke umzuschaffen. Materie

neu

Die Anord­

durchgearbeitet,

Quellengeschichte auf die meisterhafte Abhandlung der Gebrüder

gestützt,

Untersuchung über

die

seinem

1829 die

die

Ballerini

die falschen Decretalen weitläufig durch­

geführt, und im achten Buche eine Reihe von Gegenständen zusammenge­

stellt, die man im canonischen Rechte

falschen Stelle abzuhandeln gewöhnt

entweder gar nicht oder an

war.

So blieben auch

die

einer

fünfte

und sechste Ausgabe, welche 1831 und 1833 folgten.

Indem

aber

offenbarten .sich

bente Ausgabe,

die

das

wurven

Practische

über

dessen

diesem

innerlich

Stoffe

practische

nun die

Constitutionen

sorgfältig

des Papstes

benutzt.

Erudition so

ausgezeichnet,

daß

Dasselbe gilt

von

sie­

Für

Benedict

vernachlässigtes Werk

Jene

nicht bloß durch ihre große Umsicht und Mäßigung,

werden kann.

die

abermals ganz umzuarbeiten.

in Deutschland bis dahin ganz

die Diöcesansynode

dessen

Beides führte zu dem Entschlüsse,

erschien,

1836

fortlebte,

der Betrachtung;

mancherlei wichtige Zeitfragen

durch

Beziehungen wieder sichtbar.

XIV. und

mit

daran immer noch neue Seiten

ihm

auch wurden nun

Verfasser

der

Constitutionen sondern

sind

auch durch

deren Studium nicht genug empfohlen dem

Werke über

die Diöcesansynode.

Dieses ist wie ein großes Lehrschreiben an die Bischöfe

anzusehen,

ches auf dem Wege der Doctrin dasjenige bewirken sollte,

Wege der Gesetzgebung auszusprechen der Papst nicht

wel­

was auf dem

für geeignet hielt.

Es sind darin viele in die heutige Disciplin eingreifende äußerst wichtige Gegenstände auf eine höchst glückliche Weise und mit der größten Gründ­

lichkeit erörtert worden.

Nach jener sorgfältigen Umarbeitung blieben

die achte Ausgabe, die

1839

Ergänzungen übrig.

folgte,

für

nur einzelne Verbesserungen und

Nach dieser Ausgabe erschien

1840

eine

französi­

sche *), und nach dieser eine spanische Uebersetzung **).

*) Manuel du droit ecclesiastique de toutes les confessions chretiennes par M. Ferdinand Walter, traduit de l’Allemand avec la Cooperation de Pauteur par A. de Roquemont. Paris 1840. **) Manual del derecho eclesiästico universal, por M. Fernando Wal­ ter, traducido al espänol por J. M. B. Edicion en que ademas de haberse corregido algunos descuidos del traductor, se han anadido en un Apendice las disposiciones notables que en los puntos relatives al

V Mittlerweile war das Interesse hältnisse immer gewachsen;

für diesen Stofs durch die Zeitver­

die entstandenen großen Contestationen hatten

auf die innersten Grundprincipien

zurückgesührt:

gewonnen, unhaltbare Behauptungen aufgegeben. sichtigen bot die neunte Ausgabe,

Gelegenheit dar.

neue

Einsichten wurden

Alles dieses zu berück­

die 1842 erschien,

eine willkommene

Viele Materien wurden darin ganz umgearbeitet, Vieles

neu hinzugefügt, auch die practische Seite unter nochmaliger

sorgfältiger

Benutzung des oben genannten Werkes des Papstes Benedikt XIV. noch mehr ausgebildet. wirkung

des

setzung *).

Nach dieser neunten Ausgabe

Professors Die

Conticini

zu

erschien unter der Mit­

italienische

eine

Pisa

1846 folgende zehnte Ausgabe

Ueber-

erhielt auch noch

man­

cherlei Verbesserungen und Zusätze.

Ein neuer Standpunkt der Behandlung wurde für die elfte Ausgabe 1854 durch das inzwischen eingetretene Jahr 1848 möglich. Der Verfasser

empfand bei deren Bearbeitung zum

erstenmal den Vortheil, die

sätze der kirchlichen Freiheit unumwunden vertheidigen

Grund­

können,

zu

ohne

mit dem Staatsrecht seines Landes in erheblichen Punkten in Widerspruch zu kommen.

Es handelte, sich

nun

darum,

diese

neue

Lage

Wissenschaft in Besitz zu nehmen und zu formuliren.

Dieses

Eigenthümliche der elften Ausgabe aus.

auch

Lehren Umarbeitungen und Zusätze,

Dazu kamen

wie der Fortschritt

für

die

macht das

in

anderen

der Verhältnisse

und der Wissenschaft solche nöthig machten.

Die zwölfte Ausgabe 1856 traf in erfreulicher Weise mit dem Er­

scheinen

des

Oesterreichischen

Actenstücke zusammen.

Concordates

und

der

darauf

Es fiel ihr dadurch die Aufgabe zu,

dieser wichtigen Documente in das System

aufzunehmen,

bezüglichen den Inhalt

und

dadurch

derecho eclesiästico han adoptado las repüblicas de Mejico , el Peru, Colombia, Venezuela, la nueva Granada y Chile. Secunda edicion. Paris, libreria de Garnier Hermanos, sucessores de D. V. Salva, calle de Lille no. 4. Mejico, libreria de D. Jose Maria Andrade, Portal de Agostinos no. 3. 1852. *) Manuale del diritto ecclesiastico di tutte le confessioni Christiane del cav. dottore Ferdinande Walter professore ordinario di diritto nella R. universita di Bonn. Traduzione dalP originale Tedesco sulla nona recentissima edizione dell’ vv. Fortunato Benelli corretta e pubblicatä coli’ aggiunta di nuove note per usö degli studiosi dalP avv. pr. P. C. Pisa 1846. 2 Tom.

VI

die Regeneration

von welchem aus

sich geht.

practischen

und

den wissenschaftlichen

scharf

Standpunkt

des Kirchenrechts

bezeichnen,

zu

in Oesterreich vor

Aber auch abgesehen davon wurde dieselbe zu vielen Verbesse­

rungen und Vermehrungen benutzt. Die gegenwärtige dreizehnte Auflage unterscheidet sich zunächst äußer­ lich dadurch, daß der die neuesten Rechtsquellen enthaltende Anhang weg­

gelassen worden ist, indem dieselben mit vielen anderen Stücken in einer besondern Sammlung in nächster Zeit erscheinen

so wie durch die Oekonomie des Druckes Reihe bedeutender Erweiterungen,

Auflage

größere

erschienene

der

letzten

kleinere Werke die willkommene Ver­

und

Ich hebe darunter

das vortreffliche Werk von

geleistet

in dem durch Gesinnung und

mich freut,

Wissenschaft ausgezeichneten Verfasser einen mir

Zuhörer öffentlich nennen zu dürfen.

theils um auf­

noch Neues

merksam zu machen, wie Vieles in dieser Richtung theils weil es

als in

wozu viele wichtige seit der

Segeffer über die Rechtsgeschichte von Lucern hervor *),

werden kann,

dadurch,

ist zu einer

sowohl in der historischen

practischen Richtung benutzt worden,

anlassung gegeben haben.

Der

werden.

gewonnene Raum

nahe befreundeten treuen

Nach dieser Ausgabe wird von den

Benedictinern in Solesmes eine neue französische Uebersetzung erscheinen.

Eine Eigenthümlichkeit dieses Werkes besteht darin, die Darstellung des Kirchenrechts

sowohl für

die

daß sich darin

alte als für die

neue

Zeit nicht auf die katholische Kirche und auf Deutschland beschränkt, son­ dern auch

umfaßt.

Holland,

den Orient,

England,

und die nordischen Länder

Allerdings würde diese Betrachtung erfreulicher und

blick großartiger sein,

so

diese Theile

noch in

Jedoch gewährt dieselbe

Kirche verbunden wären. wärtigen Zustand

alle

wenn

viel

Lehrreiches,

die

auch

Kenntniß

der Ueber-

der Einheit der

in

dem

gegen­

dieses Zustandes

gehört wegen der dabei concurrirenden großen geistigen Interessen so sehr zur Beurtheilung der Weltlage,

daß dieselbe nicht blos für den Staats­

mann sondern auch für den gebildeten Geistlichen von tigkeit ist.

Die vorliegende Auflage

ist

auch in

neue Materialien ganz besonders begünstigt Kirchenrecht

triarchates

mich

zuerst

ist in den ein

neues

der Pater

zu Wien 1860 sehr

fruchtbares

Pitra

aus

der größten Wich­

dieser Richtung

worden.

durch

Für das griechische

herausgegebenen Acten des Pa­

Hülfsmittel

Solesmes

*) Dasselbe ist im §. 7. Note 12. angeführt.

bei

erschienen,

woraus

einer Begegnung

in

Andere Hülfsmittel für das morgen­

München aufmerksam gemacht hat.

ländische Kirchenrecht sind von den Nachforschungen

dieser gelehrte Benedictiner

Für die nordischen

aus

zu erwarten,

welche

hat.

seinen Reisen im Orient angestellt

Länder bis Island hin sind in neuester Zeit vortreff­

liche Sammlungen veranstaltet worden.

der ausführlichen Mittheilungen

und

Herr Doctor Brandt in Christiania

Sehr dankbar erwähne ich dabei

das Kirchenrecht

für

mich

womit

Berichtigungen,

der

von Norwegen

Für Polen erhielt ich ein willkommenes Hülfsmittel an den

erfreut hat.

Sammlungen, welche ein sehr gründlicher Kenner der europäischen Rechte, der

Kaiserlich Russische Geheimerath

und Senator Herr

Hub6 zu

von

Petersburg, Präsident der Gesetzgebungscommission für Polen, mir zuzu­ senden die große Freundlichkeit hatte.

Auf diese Weise hat der schwierige

Versuch, die Darstellung des Kirchenrechts

möglichst zu erweitern,

grade

im Auslande nicht blos Beifall sondern auch Unterstützung erhalten. In der elftep Auflage machte ich auf eine

sam,

die in einer von Richter

Verstümmlung

aufmerk­

Dieser

angeführten Beweisstelle vorkam.

Punkt ist durch die von Richter in der fünften Auflage gemachten Verän­ In

erledigt.

derungen

der

bemerkte

Auflage

zwölften

von Mejer als echt benutztes Dokument apokryph sei *).

ich,

daß

ein

Die vorliegende

Auflage gab Veranlassung zu der Entdeckung, daß eine Urkunde, welche Rich­

ter in

seinem Anhänge hat abdrucken lassen,

hier

dieses

hervor,

weil

falsch ist **).

Ich hebe

von Belang ist und

für die Wissenschaft

es

leicht übersehen wird.

Die Geschichte dieser Wissenschaft in der Engste

mit der

neueren Zeit

ist auf das

des kirchlichen Geistes selbst verbunden.

Geschichte

Sie

verfiel, als der nüchterne unhistorische Sinn der Zeit die Bedeutung und

den großartigen Zusammenhang

empfand,

als

kirchlichen Organismus

welche die

aus den Einrichtungen,

rung der Vorzeit gegründet,

sichtige

des

Staatskunst

von

der

verderblichen

erndtete. darauf

Doctrinen

augenblickliche

als

trügerische

für den Staat

Vortheile

Die Vorbereitung zu ihrer Regeneration begann, folgenden

gewaltsamen

Zerstörungen

eine

kirchlichen Autorität

von der Begünstigung gewisser für die Kirche wie

in

mehr

Kraft und Begeiste­

das Bewußtsein entwich,

der Schwächung

nicht

hoffte als

kurz­ und

gleich

und

die bald

den edleren Gemüthern

VIII die Theilnahme

für

weckten,

mißhandelte Kirche

die

einsichtsvolle

als

Männer die überall sich gleich bleibende Nothwendigkeit der Religion und

anfiengen,

Kirche für die Erhaltung der Gesellschaft wieder zu würdigen

als der neu erwachende kirchliche Geist selbst an dem fortschreitenden Freiheitsgesühl einen Bundesgenoffen fand,

der für ihn gegen die

hemmende

geisttödtende Bevormundung der modernen Verwaltungskunst in die Schran­ ken trat,

und ihm in der Belgischen Versassungsurkunde von 1831

erste staatsrechtliche Anerkennung erkämpfte.

Hauptsächlich der durch diese

Acte gegründeten religiösen und kirchlichen Freiheit

und

aufrichtigen

der

Handhabung derselben durch seinen einsichtsvollen König verdankte

seine

Land die Anhänglichkeit seiner Bewohner an

nen,

an

die Hingebung

bürgerlichen Zuständen,

die

das Behagen

seinen Fürsten und

dieses

politischen Institutio­ an

seinen

welche es in den Bewegungen des Jahres 1848

so wunderbar geschützt haben. Mittlerweile war und blieb in Deutschland

die Regierungskunst

kleinlichen Rivalitäten, in confessionellen Abneigungen

kömmlichen Doctrinen zu sehr befangen,

als daß

sie den Pulsschlag

Zeit hätte verstehen und die Idee der kirchlichen Freiheit

für das Staatsleben wohlthätigen Folgen

hätte

in den

und

in

auch gegen das in Belgien gegebene Beispiel suchte man sich und mißtrauisch möglichst

helm IV.

war

welcher

Antriebe 1841 diese Fesseln löste,

der Bewegung gab. bung

über

den

unerwartet

stehend

aus dem

und

der Kirche eine

und

Wenn es überall

von

und

argwöhnisch

Preußens König Friedrich Wil­

abzuschließen.

der Erste,

der

ihren selbst

können;

würdigen

in

her­

Schwerste

das

gewordenen

eigensten

größere Freiheit ist,

durch Erhe­

Vorurtheilen eingeengten Ge­

sichtskreis neue fruchtbare Bahnen zu eröffnen, so gebührt Ihm in Deutsch­

land

dieser Ruhm und dieses Verdienst.

sungsurkunden und deren Nachahmungen

in erweitertem Maße wicklung ,

die

bringen wird,

festgesetzt

haben,

Was die Preußischen Verfas­

seit

1848

in

dieser Richtung

davon die

ist nur

weitere Ent­

für die Kirche wie für den Staat um so größere Früchte

je mehr

von denjenigen,

welche dieselbe zu leiten haben,

der Geist ihres Urhebers verstanden und geachtet wird. Sehr mühsam ist die Regeneration des kirchlichen Geistes in Oester­ reich , wo in Folge eines mehrere Menschenalter hindurch wirksamen schen

Regierungssystems

die

Selbstständigkeit

Kirche völlig gelähmt, die Wiffenschaft ihres

und

freie Bewegung

fal­ der

befruchtenden Einfluffes be­

raubt, und der Klerus an eine ihm bequem und

fast zur Nothwendigkeit

IX gewordene Bevormundung gewöhnt dem Geist worden.

Im

richtigen Gefühl

daß nur

seiner Stellung

populäre nachhaltige Kraft entfalten kann,

welche

das

regeneriren im Stande ist, hat hier der Kaiser 1855

aus

geistige Leben zu

Durch

in den an das Concordat sich

volles Recht

großen Idee

gewährt, und im Bunde mit ihr die Herstellung der wahrhaft christlichen Staates anstrebt.

welcher

welcher der

und ohne Rückhalt ihr

innerster Ueberzeugung

die

Kirche

in das Concordat

die Gesinnung eines großen christlichen Fürsten niedergelegt, Kirche

entfremdet

die frei gewordene

diesen Geist

eines

der Eintracht,

anschließenden Declarationen

des

Papstes und des Kaisers seine nähere Auslegung erhalten hat, und durch die Reichhaltigkeit seines Inhaltes,

übertrifft dieses Concordat Alle,

die

je in der Geschichte vorgekommen sind, und ist eigentlich das Erste, wel­ ches wahrhaft diesen Namen verdient *). Mit diesem Umschwung des

kirchlichen Lebens ist auch

in der Be­

arbeitung des Kirchenrechts ein neues Leben, aber auch für diese WissenDenn mit der erlangten Freiheit ist

schast eine neue Bedeutung erwacht.

die Kirche in ein neues Stadium eingetreten. Klerus das Maß der Anforderungen

ßert, es sind ihm, darüber täusche man sich gaben zugeführt worden.

geistig

entwickelten

Es

ist dadurch

gewisse Höhe der Weltanschauung,

eine

den

vergrö­

nicht, neue schwierige Aus­

Die Lösung derselben erfordert aber,

Zeit gegenüber,

für

und der Verantwortlichkeit

Umsicht, Mäßigung

welche nur durch

-) Man vergleiche zu diesem Urtheil §. 47. Rote 9.

so eine

den vertrauten Um­

gang mit der wahren Wissenschaft erworben werden kann. Bonn, den 20. Juni 1861.

einer

und

Verbesserungen.

Seite 12.Zeile 12. v. u. füge bei: Leodii 1860. 2 vol. — 12. — 9. V. u. füge bei : Soglia Institutionum iuris privati ecclesiastici libri III. Paris. 1860. — 45. — 28. v. u. statt: Kirchenrechts setze: Kirchenrecht — 49* — 1. v. o. statt: Vorrechte setze: Vorrechten — 50. ist als Litteratur beizusügen: Acta et scripta quae de controversiis ecclesiae Graecae et Latinae saeculo undecimo composita extant. Edidit Dr. Cornelius Will. Lipsiae 1861. — 56. Zeile 5. v. u. statt: 185. (bis) setze: 185(bis). — 93. ist als Litteratur beizufügen : Friedberg De finium in ter ecclesiam et civitatem regundorum iudicio quid niedii aevi doctores et leges statuerint. Lipsiae 1861. — 98. Zeile IO. v. u. statt: gerichte setze: gerihte — 115. — 6. v. o/ist beizusügen: Zn Nassau sind einige Streitpunkte durch die Verordnung vom ? Zuni 1861 provisorisch geregelt worden. — — Note 17. ist beizufügen: Durch das Königs. Rescript vom 13. Zuni 1861 hat sich aber die Regierung in Folge des von den Kam­ mern gefaßten Beschlusses von dem Concordat losgesagt, und dessen materiellen Inhalt in einem Gesetz zusammensassen zu wollen angekündigt. — 116. Note 25. ist beizusügen: Die daraus bezüglichen Actenstücke sind auch mitgetheilt in Moy Archiv VI. 44—157. — 128. Zeile 11. v. u. statt: droht: setze: droht; — 133. Note 9. setze hinzu: Es erschien am 8. April 1861 und steht in mei­ nen Fontes. — 138. Zeile 10. v. o. statt: wieder setze: wider — 149. — 21. v. u. setze hinzu: und 1851, — 156. und 170. ist mehrmals statt: Justeau zu setzen: Justel — 160- Note 1. ist beizusügen: Pitra Des canons et des collections canoniques de Peglise Grecque. Paris 1858. — 179. Zeile 20. v. u. statt: 208 setze: 207 — 255. Note 9. ist beizusügen: Reatz Collectio scriptorum de processu canonico partim e codicibus nunc primum editorum par­ tim e libris rarioribus editis recusorum. Giessae 1860. Vol. I. (Aegidii de Fuscarariis, Garsiae Hyspani quaestiones de iure canonico). — 325. Zeile 6. v. u. anstatt: veter setze: veteres — 328. Zeile 4. v. u. statt: Hüller setze: Hüller — 356. — 8. v. u. statt: zwölften setze: zweiten — 377. - 1. v. o. ist beizusügen: Es geschah wirklich durch das Gesetz vom 8. April 1861. — 557. Note 8. ist beizusügen: In Folge dieses Artikels hat der römische Stuhl den Bischöfen zur Veräußerung und Verpfändung von Kirchengütern besondere Jndulte ertheilt, Breve vom 3. April 1860 (Moy Archiv VI. 164).

Uebersicht (Die Ziffern bezeichnen die Paragraphen.)

Einleitung. Don dem Klrchenrecht an sich.

I.

A) Allgemeine Bezeichnung des Stoffes

.

B) Charakter des Kirchenrechts

.

.

C) Verschiedenheit nach dem Religionsbekenntnisse

1.

.

.

.2.

.

.

.3.

II. Von dem Kirchenrecht als Wissenschaft.

.......

A) Begriff derselben

B) Behandlung derselben

.

.

C) Hülfswissenschasten

.

.

.

D) Aeußere Anordnung des Stoffes

.

E) Litterarische Hülfsmittel

.

.

3a.

.4.

.

. .

.

.

.

.

.6.

5.

7.

.

Erstes Buch. Allgemeine Gmndsätze.

Erstes Kapitel. Grundlage der katholischen Kirche. I.

Stiftung der Kirche.

A) Jesus Christus

.......

B) Die Apostel uud ihre Gemeinden

C) Petrus und sein Berus

II.

.

.

8.

.

.

.

9.

.

.

.

.10.

.

.

Feststellung des Begriffs der Kirche. A) Wesentliche Eigenschaften derselben

.

.11.

B) Verhältniß der sichtbaren zur unsichtbaren Kirche

.

.

12.

C) Die Kirche in ihrer äußeren irdischen Erscheinung

.

.

13.

III. Von der Kirchengewalt

.

.

.

.

.

.

.14.

.

IV. Von dem Subjecte der Kirchengewalt. A) Im Allgemeinen

.

.

B) Organe zur- Verwaltung der heiligen Handlungen

.

.15.

.

.

16.

C) Von dem Lehramte.

1) Nothwendigkeit desselben

.

.

2) Wirkliche Einsetzung eines unfehlbaren Lehramtes

.

.

17a.

3) Verhältniß der heiligen Schriften zum Lehramte

.

.

17b.

.

.

.17.

XII D) Organe der Kirchenregierung. E) Der Primat

Hierarchie der Jurisdiction

.

.

.

.

18.

.

.

.

.19.

V. Verhältniß des Klerus zu den Laien. A) Der Klerus

.......

B) Die Gemeinde

.

.

VI. Gegensatz der protestantischen Auffassung

20.

.21.

.

:

.

21a.

....

Zweites Kapitel. Grundlage der morgenländischen Kirche. Geschichte der Kirche im Orient.

I.

.

A) Trennung von der abendländischen Kirche

B) Vereinigungsversuche

.

.

.

.

C) Zustand der griechischen Kirche unter den Türken

.

D) Von der Kirche in Rußland

.

23.

.

24.

.

E) Die unirten Griechen in Polen und Litthauen F) Das Königreich Griechenland

22.

.

25.

.

.

25a.

.....

25b.

Grundlehren der morgenländischen Kirche.

II.

A) Begriff der Kirche

.

.

C) Ordnung der Hierarchie III. Allgemeine Betrachtung

.

.

.

B) Von der Kirchengewalt

.

.

.

.

.26.

.

.27.

.

.28.

......

28a.

Drittes Kapitel.

Grundlage des protestantischen Kirchenrechts. Geschichte der Kirchentrennung.

I.

A)

In Deutschland. 1) Die Augsburger Consession

.

2) Die Reformirten

.

.

.

.

.30.

3) Union der Lutherischen und Reformirten

B) In den nordischen Reichen

.29.

.

.

.

.

.

.

.

.31.

.

.

.

.

,

.

34.

.

.

.35.

.

.

.

.

.37.

.

C) In der Schweiz, Frankreich und den Niederlanden

D) In England, Schottland und Irland

II.

30a.

.

32.

.

33.

Gruudzüge der neuen Kirchenverfassung.

A) Begriff der Kirche

.

.

B) Von der Kirchengewalt. 1) Allgemeine Grundsätze

.

2) Formen der Kirchenverfassung.

a) In Deutschland

.

.

.

b) In den übrigen Ländern

.

.

36.

3) Neuere Theorien.

a) Das Episcopalsyfiem

.

.

.

.

.

b) Das Territorialsystem

.

.

.

.

.39.

38.

XIII c) Das Collegiälsystem

.

.

d) Richtige Theorie

.

.

e) Vorschläge für die Zukunft

.

.

.

.

.

.40.

.

.41.

.

.42.

.

Viertes Kapitel.

Verhältniß der Kirche zur Staatsgewalt. I.

.

Standpunkt der Betrachtung

.43.

.

II. Geschichtliche Ausbildung des Verhältnisses.

A) Im römischen Reiche

.

.

.

.

.

.44-

B) Zustand im Mittelalter.

1) Geist des Verhältnisses 2) Theorie des Verhältnisses

.....

44a.

.

44b.

* .

.

3) Die Schirmvogtei über die Kirche C) Uebergang zur neueren Zeit

.

.... .

.

.

44c.

.45.

.

D) Die falsche Theorie der Schule.

1) Das ius advocatiae

......

46.

2) Das ius cavendi. a) Bedeutung desselben

......

b) Das Recht der Oberaufsicht

.....

c) Das Recht des Placets

.....

d) Die Mitwirkung bei der Anstellung der Kirchenbeamten

e) Die Appellation ab abusu 3) Das ius reformandi

46a. 46b.

46c.

46d.

.

.....

46e.

......

46f.

4) Das Obereigenthum über das Kirchengut

.

.

46g.

E) Die neuesten Ereignisse.

.

1) In Belgien und Deutschlands

-

.47.

.....

2) In den anderen Ländern

47a.

III. Die Kirche und die heutige Gesellschaft.

A) Allgemeiner Umriß

.

B) Nähere Grundsätze

......

.

.

.48.

.

48a.

Fünftes Kapitel.

Von dem Verhältniß verschiedener Religionstheile gegen einander. I.

Standpunkt der Consessionen

-

49.

.......

50.

.



.

.

II. Standpunkt des Staates. A) Altes Recht

B) Grundsätze des deutschen Staatsrechts. 1) Ueber das Verhältniß zwischen den Katholiken und Protestanten

51.

2) Verhältniß zwischen den Augsburgischen Confesstonsverwandten

und den Resormirten

.

.

C) Zustand in' Großbritannien und Irland

.

.

.

.52.

.....

53.

XIV D) Zustand in anderen Reichen

54.

E) Juristische Classification

55.

F) Politische Betrachtung

56.

Zweites Buch. Bon den Quellen des Kirchenrechts.

Erstes Kap itcL Allgemeine Beschaffenheit derselben. I.

Quellen des katholischen Kirchcnrechts.

A) Die Borschristeu Christi und der Apostel

.

.

.

57.

......

58.

B) Die späteren Rechtsquellen.

1) Concilienschlüsse

.

2) Päpstliche Constitutionen

.59.

.

.

3) Concordate und weltliche Gesetze

.

.

.

.60.

4) Particnlarrechte einzelner Diöcesen

.

.

.

.

61.

5) Die nicht auf Gesetzgebung beruhenden Rechtsquellen.

a) Das Gewohnheitsrecht

.

II.

.

.

b) Die Doctrin und Praxis

62.

.

....

Quellen des morgenländischen Kirchenrechts

62a.

.63.

III. Quellen des protestantischen Kirchenrechts

.

.

.64.

Zweites Kapitel. Geschichte der Quellen. I.

Zustand des Kirchenrechts bis inö fünfte Jahrhundert. A) Die Constitutionen der Apostel

B) Die Concilien

.

.

.

.

.

-

.

.

.65. - ' 65a.

C) Canonensammlungen.

1) Im Orient

.

.

.

.

.

.

.66.

2) Im Oecident

.



.

.

.

.

-

67.

-

.



68.

.

-

.69.

D) Die Sammlung der Canonen der Apostel

E) Weltliche Gesetze

.

.

.

.

II. Besondere Geschichte des morgenländischen Kirchenrechts.

A) Von Johannes Scholastikus bis zum Trullanischen Concilium.

1) Neue Canonensammlungen

.

.

-

.

.

.

.70.

2) Weltliche Rechtsquellen. a) Gewöhnliche Sammlungen derselben

.

b) Besondere für die Kirche bestimmte Sammlungen 3) Gemischte Sammlungen

....

-

71.

.

72.

.73.

XV B) Vom Trullanischen Concilium bis Photius.

1) Vermehrung der Canonensaw.mlung

....

2) Die Sammlung des Photius

-

.

-

74.

.

.75.

-

76.

C) Von Photius bis auf unsere Zeit. 1) Zustand des griechischen Kirchenrechts. a) Aenderungen in den weltlichen Rechtsquellen

....

b) Die kirchlichen Sammlungen

c) Commentarien

.

.

d) Auszüge aus den Canonensammlungen

.

.

e) Das Syntagma des Matthäus Blastares

.

.

f) Heutiger Zustand

.

.

.

76a.

.77.

.

.

.78.

.79.

.

.

.

80.

2) Geschichte des russischen Kirchenrechts.

a) In älteren Zeiten

.

.

-

-

-

.81.

b) Heutiger Zustand

.

.

.

-

.

.82.

3) Rechtsquellen in Serbien, Bulgarien und in der Walachei

83.

.

III. Geschichte des abendländischen Kirchenrechts. A)n$om fünften bis ins neunte Jahrhundert.

1)

Die vier ersten allgemeinen Concilien und die päpstlichen Decretalen

2) Die vier folgenden allgemeinen Concilien

.

84.

.

84a

.......

84b.

.

3) Allgemeiner Zustand der Rechtsquellen. a) Kirchliche

b) Das römische Recht

,

...

..

,

...

, . ; 8 Denn wenn Einer qiit Berufung auf die h. Schrift an den Bekenntnissen deu­ ten kann, welche Sicherheit bleibt dann übrig?

Drittes Kapitel.

Verwaltung der Disciplin.

I.

Bo« der Gesetzgebung. A) Theorie derselben.

179. AuS dem Begriffe der Kirche als eines selbstständigen vom Staate unterschiedenen Vereines entspringt wesentlich das Recht der

Gesetzgebung über ihre eigenen Angelegenheiten.

Diesem Rechte, Ge­

setze zu erlassen , entspricht eben so wesentlich die Pflicht der Unterge­ benen sie aufzunehmen und, soweit eS zu ihrm Befugnissen gehört, zu

deren Bekanntmachung mitzuwirken *). Doch bringt es die Natur der Kirche als eines auf Gewissen und Ueberzeugung gegründeten Vereins

mit sich, daß die geistlichen Verordnungen nicht in der befehlenden

Sprache des Gesetzes, sondern ermahnend und belehrend abgefaßt, .und durch Gründe gerechtfertigt werden. Die Organe der Gesetzgebung sind nach dem Gegenstände verschied«!. allgemeinen Disciplin steht

L In Sachen der höheren und

sie, in Ermanglung allgemeiner Conci­

lien, dem römischen Stuhle ju2).

Die Päpste haben jedoch von den

ältesten bis zu den neuesten Zeiten dieses Recht nur als Mittel zur Erhaltung und Ergänzung der überlieferten

kanonischen Ordnung ge­

handhabt b), und es ist Geist der Verfassung, daß mit der Gesetz­ gebung sehr umsichtig und zögernd

dann gemacht werden,

verfahren und neue Gesetze nur

wenn ein stark fühlbar gewordenes Bedürf­

niß es verlangt4). Daher gehen denselben auch sorgfältige Berathun­

gen vorher,

in der älteren Zeit mit dem Presbyterium oder einer

Synode6), jetzt mit den betreffenden Congregationen. Auch steht es den Bischöfen zu, gegen allgemeine Disciplinargesetze, welche zu den örtli­

chen Verhältnissen nicht passen,

ehrerbietige Vorstellungen zu machen

1) Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. IX. cap. 1. lib. XTlf cap. 4. 2) Davon handelt Phillip- Kirchenrecht V. §. 204. Die Zeugnisse dafür au- der alten Zeit stehen im §. 19. Note 24. 3) Man sehe §. 126.* Note 9. 10. 4) Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. VI. cap. 1. n. 2. 5) Leo I. epist. XVI. c. 2. ed. Baller. Andere Zeugnisse giebt CouT stant epist. Roman, pontif. pfraef. n. 33.

396 und die nöthigen Modificationen in Vorschlag zu bringen6). 7 Die ver­

bindliche Kraft für die

einzelnen Gläubigen

daß das Gesetz nicht blos erlassen,

setzt natürlich voraus,

sondern daß ihnen auch wenig­

stens die Möglichkeit, dessen Existenz zu erfahren,

gegeben sei; die

Notification ay jeden Einzelnen kann aber als unausführbar nicht ver­

langt werden'). Es genügt also, daß das Gesetz als solches publicirt

oder proniulgirt sei,

und es wird dadurch für die Untergebenen ver­

bindlich 8). Was die Form der Promulgation betrifft, so ist allerdings

eine örtliche Publication sehr wünschenswerth,

um dadurch die wirk­

liche Kenntnißnahme möglichst zu

erleichtern.

Allein da eine solche

Publication durch den Einspruch

der weltlichen Gewalt,

durch die

Nachlässigkeit der Bischöfe und andere zufällige Umstände

leicht ge­

hindert werden könnte, und dadurch die verbindliche Kraft der Kirchengesetze von dem Belieben Anderer abhängig gemacht würde, so ist, um

größere Nachtheile zu vermeiden, die Promulgation in Rom alö ge­ nügend anzusehen, indem vorausgesetzt werden muß, daß die Gläubi-

gm, und vor Allem die Bischöfe, aus eigenem Antriebe die nöthigen

Relationen unterhalten werden, um sich eine authmtische

Abschrift

deS promulgirten Gesetzes zu verschaffen und dasselbe bekannt zu ma­

chen 9).

Die Präsumtion,

daß durch jene Promulgation das Gesetz

jedem Einzelnen auch wirklich bekannt und dadurch für ihn verbindlich

geworden sei, tritt jedoch für die auswärtigen Diöcesen erst nach dem Ablauf von zwei Monaten ein10).

Auch ist daneben die thatsächliche

6) Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. IX. cap. 8. 7) C. 1. X. de postul. praelat. (1. 5). 8) Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. XIII. cap. 4. n. 1. 2., P. de Marca de concord. lib. II. cap. 15. 9) Diese Ansicht über die Promulgation in Rom in acie Campi Florae vertheidigen auch Seitz Revision der Theorie über die Promulgation der Kir­ chengesetze (Zeitschrift für Kirchenrechts- und Pastoralwissenschast I. 91 —130), Phillips Kirchenrecht V. §. 205. Beide irren jedoch in dem, was sie über das komische Recht sagen, wie sich aus meiner Römischen Rechtsgeschichte II. §. 444. ergiebt. Auch ist die Berufmig aus c. 1. X. de postul. praelat. (1. 5) nicht stringent beweisend. Denn dieses widerlegt nur die Behauptung, daß eine in­ dividuelle Notification nöthig sei, indem es Hinreiche, daß man durch die Pro­ mulgation die Existenz deS Gesetzes erfahren habe. Unsere Frage hingegen ist, ob die Promulgation in acie Campi Florae eine solche sei, woran die Vor­ aussetzung, daß dadurch die Gläubigen die Existenz des Gesetzes erfahren, mit Recht geknüpft werden könne. 10) Dieses ist gut nachgewiesen von Schulte Kirchenrecht I. §. 18. Doch ist die Frage evntrovers, Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. XIII. cap. 4. n. 2.

397 Bekanntwerdung durch geeignete Mittel möglichst $u fördernn);

und

ausnahmsweise kann in einzelnen Fällen die örtliche Publication eines

Gesetzes als Bedingung seiner verbindenden Kraft ausdrücklich festge­ setzt sein12).

Von dem Placet der Staatsgewalt kann aber die ver­

bindliche Kraft der Kirchengesetze, so weit sie sich blos auf das Kirch­ liche beziehen, ohne die Verletzung der kirchlichen Freiheit nicht abhän­

gig gemacht werben1S).

II. Für die Bedürfnisse der örtlichm Disci­

plin steht das Gesetzgebungsrecht den Bischöfen kraft ihres Amtes zu").

Jedoch ist dasselbe nach

der Ordnung der Gewalten in der

Art beschränkt, daß dadurch nichts dem gemeinen Recht oder den

Rechten und Verordnungen des apostolischen Stuhles Widersprechen­ des eingeführt werden sann16).

Es kann also nur zur Unterstützung

ober Ausführung, oder zur Ergänzung des gemeinen Rechts ausgeübt werden16). III. Nach diesem Grundsatz sind die Bischöfe auf den Pro-

vinzialconcilieu zur Gesetzgebung für ihre Kirchenprovinz befugt"). Die Publication solcher Gesetze geschieht durch den Metropoliten in den ihm angemessen scheinenden Formen, und sie werden dadurch gleich

für jeden Einzelnen verbindlich18).

IV. DaS Gesetzgebungsrecht für

die Diöcese innerhalb der bezeichneten Gränzen hat der Bischof, und

er übt dasselbe entweder allein,

sansynode aus").

oder in Berathung mit der Diöce-

Hinsichtlich der-Publication und derm Wirkung

gilt dasselbe wie im vorigen Falle20).

V. Die mit Autonomie ver­

sehenen Corporationen, insbesondere die Kapitel, haben das Recht,

11) Beispiele der Art aus der alten Zeit giebt §. 84. Note 7.; Beispiele aus dem Mittelalter gehen in c. 40. X. de simon. (5. 3), c. 17. X. de iudaeis (5. 6), c. 12. X. de poenit. (5.38). In der jetzigen Zeit wird aus die Ansertigung authentischer Abschriften hingewiesen. 12) Beispiele giebt c. 13. X. de poenit. (5.38), Conc. Trid.SeB8.XXrV. cap. 1. de ref. matrim. 13) Man sehe oben §. 46 c. 47. Ausdrücklich aufgehoben ist auch daS Placet im Oesterr. Concordat Art. 2. 3. 14) Benedict. XIV. de synodo dioecesana lib. XIII. cap. 4. n. 3. 4. 15) Diesen Grundsatz entwickelt sehr gut an Beispielen Benedict. XIV. de ßynodo dioeces. lib. IX cap. 1. 2. 4.-7. lib. XII. cap. 1. 2. 3. 5. 8. 16) Dieses zeigt im vielen Beispielen Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. XII. cap. 6. 7. 9. 17) Man sehe darüber §. 159. Note 19—26. 18) Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. XIII. cap. 4. n. 1, 2. 19) Ueber die Statuten der Diöcesansynoden, ihre verbindliche Kraft, ihre Aufhebung und Anderes ist sehr gründlich und lehrreich Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib'. XIII. cap. 4. n. 4—10. cap. 5. 1 Weitläufig handelt davon auch Schulte Kirchenrecht I. §. 22. 23. 24. 20) Ma» sehe Note 18.

398 über ihre

eigenen

inneren Angelegenheiten

durch Stimmenmehrheit

Statuten abzufassen, und zwar bedürfen dieselben, wenn sie sich in­

nerhalb dieser Gränzen halten,

gemeinrechtlich der Bestätigung

des

Bischofes nicht21). VI. In der morgenländischen Kirche ruht, das Ge­ setzgebungsrecht beziehungsweise bei der Patriarchalsynode zu Cvnstan-

tinopel, bei dem Kaiser und der heiligen Synode zu Petersburg, bei

dem Könige und der Synode zu Athen. VII. Die Bekcnntnißschriften

der Protestanten

erkennen zwar das

Gesetzgebungsrecht der Kirche

an22); 23 24 allein die Ausübung desselben ist insgemein ganz an die Lan­ desherren gekommen, und zwar in doppelter Weise.

Entweder werden

die Gesetze über Kirchensachen in denselben verfassungsmäßigen Formen wie über jede andere Landesangelegenheit mit den Ständen, Reichsta­

gen oder Parlamenten berathen und beschlossen. So in mehreren deut­ schen Territorien22), in Dänemark, Schweden und England.

Oder

die Kirchensachcn werden als ein eigenthümlicher Gegenstand der lan­

desherrlichen Gesetzgebung behandelt, und dazu in der einen oder an­

deren Form Stimmführer der Kirche berathend oder mitwirkend zu­

gezogen. So ist es in anderen deutschen Territorien2^), namentlich in Bayern22). In Preußen erwartet das Verhältniß seine neue Gestal­

tung 26),

In Holland müssen die Entwürfe der Generalsynode dem

Könige zur Bestätigung vorgelegt werden. B) Von dm Privilegien.

Greg. V. 33. Sext. V. 7. Giern. V. 7. Extr. comm. V. 7. De privilegiis.

179 a.

In

jedem Rechtskreise können

Verhältnisse

eintreten,

welche die bleibende Befreiung von der gewöhnlichen Rechtsregel und die Verleihung besonderer Vorrechte an eine Person oder an ein Jn-

21) Weitläufig handelt davon Schulte Kirchenrecht I. §. 29. 30. 31., wo man auch die reiche Litteratur findet. 22) August. Conf. Tit. VII. de potestate ecclesiastica, Belg. Conf. Art. XXXII., Gallio. Gone. Art. XXXII., Angl. Conf. Art. XXXIV. 23) Man sehe Richter Kirchenrecht §. 177 (183). Note 7. 24) Man sehe Richter §. 169. 170 (175. 175a). 177 (183p Note 6. 7. 25) Hier werden nach dem Edicte vom 26. Mai 1818 die allgemeinen Verordnungen vom Oberconsistorium entworfen und vom Könige sanctionirt (§. 167). 26) Hervorzuheben ist, daß hier nach dem Art. 15. der Verfassung-urkunde die Gesetzgebung in Kirchensachen nicht vor die Kammern gehört, sondern eine rein innere Angelegenheit ist, die der König blos mit stch und seiner Kirche ab­ zumachen hat. Das Richtige wäre allerdings , dieselbe, wie in Oesterreich (§■ 167 a), ganz von sich zu emancipiren.

899 stitut Wünschenswerth machen.

Diese- nennt man ein Privilegium ').

Die Kraft und Fülle des kirchlichen Lebens, welche im Mittelalter so viele eigenthümliche Institute hervorbrachte, führte die Päpste dahin­

deren freie Entwicklung durch Privilegien zu fördern, die dann-durch Nacheiferung sich bis zum Uebermaß vervielfältigten.

Seit dem Con­

cilium von Trient ist Man wieder mehr zum regelmäßigen System zurückgekehrt.

Ueber die Privilegien sind folgende Grundsätze hervor­

zuheben. I. Ein Privilegium ist ein Gesetz, welches für das gegebene Verhältniß .an die Stelle der gemeinen Rechtsnorm gesetzt wirb*). Es kann daher nur von demjenigen verliehen werden, der die gemeint

Rechtsregel zu -erlassen oder abzuändern das Recht hat*).

II. Die

Verleihung kann entweder blos an eine Person geschehen, so daß sie

Mit derselben erlischt*),

oder an ein dauerndes Verhältniß, wie an

einen Ort, ein Amt, oder eine Corporation, gerichtet fein*). III. Die

Verleihung begreift Alles, was der Verleiher nach der aus seinen Aus­ drücken zu entnehmende« Absicht gewähren wollte*), und ohne Berletzmrg. der Rechte Dritter gewähren konnte?).

muß E ein Gesetz respectirt werden; die

IV. Ein Privilegium

dawider vorgenommene

Handlung Ist daher ungültig8), und die gegen ein im Gericht vorge­ brachtes Privilegium ^ausgesprochene Sentenz ist nichtig*). V. Ein Pri­

vilegium geht verloren durch rechtmäßigen Widerruf, namentlich wegen Mißbrauches (excessus) desselben *°), oder weil das Wohl der Kirche es verlangt"); ferner durch Berzichtleistung18), in so fern nicht da­ mit ein öffentliches Interesse verbunden ist'*); nicht aber durch blo-

1) Davon handeln weitläufig: Phillips Kirchenrecht V. 206 — 209., Schulte Kirchenrecht I. §. 32. 2) C. 25. X. de verb. eign. (50. 16). Quem privilegium eit pri­ vate lex. 3) Clem. 2. pr. de elect. (1. 3). Lex superioris per inferiorem toll! non potest. — C. 16. X. de maior. et obed. (1. 33). 4) C. 7. de regel, iur. in VI. (5. 13). Privilegium personale personam sequitur, et extinguitur cum ea. 5) C. 16. 21. 23. 24. X h. t. 6) C. 7. 26. 30. X. h. t., c. 15. X. de verb. eign. (5. 40), 7) C. 10. 22. X. h. t., c. 3. X. de decim. (3. 30), 8) C. 10. X. de elect (1. 6). 9) C. 7. X. de excess. praelat. (5. 31). 10) C. 45. X. de sent. excomm, (5. 39), c. 11. 24. X. h. t. 11) C. 9. X. de decim. (3. 30), c. 16. X. de cleric. non resid. (3. 4). 12) C. 6. X. h. t. 13) C. 36. X. de sentent. excomm.- (5. 39). Man sehe auch §. 183. Rote 7,

400 fett Nichtgebrauch, fottbent nur in so weit einem Andem durch Ver­ jährung in bet entgegengesetzten Richtung ein Recht ober eine Befreiung

erworben werben kann ").

C) Bon ben Dispensationen. 180.

Jedem aus menschlichem Ansehen gesetzten Rechte muß die

Regel zur Seite stehen, daß wo das Wohl des Ganzen es verlangt, ober die auf einen Einzelnen zu nehmende Rücksicht es räthlich macht, davon in dem gegebenen Falle diSpensirt werden könnex). Das Recht

von Gesetzen zu dispensiren entspricht nach der Natur der Sache genau dem

Recht die Gesetze zu geben2* ). 13 In bett ersten Zeiten der Kirche, wo die Verhältnisse noch wenig entwickelt und der Verkehr gehindert war, wur­

den allerdings Dispensationen, auch wo eS sich um Vorschriften der all-, gemeinen Disciplin handelte, von den Provinzialconcilien und den Bi-

schöfm ertheilt. Aber schon frühe wurde im Gefühl des richtigen Ver­ hältnisses in den wichtigern Fällen der apostolische Stuhl befragt2), und dadurch, besonders auch, weil die Aufrechthaltung der Kirchenzucht

eine gewisse Strenge und Gleichförmigkeit bei den Dispensationen nö­ thig macht, ist das richtige Princip zur Geltung gekommen4). Dem­

gemäß steht also das Recht,

von Gesetzen der allgemeinen Disciplin

zu entbinden, nur dem Papste zu2).6 Das Recht der Bischöfe erstreckt

sich nur über die Diöcesanstatuten2); über allgemeine Gesetze nur da, wo ihnen das Recht dazu ausdrücklich von dem Gesetz7) ober vom

Papste beigelegt ist.

Dieses Letztere geschieht seit dem siebzehnten

Jahrhundert in der Art, daß um die häufigen Anfragen

in Rom

oder bei ben Nuntien zu vermeiden, die Befugniß zu bestimmten Dis­

pensationen vom römischen Stuhl auf die Bischöfe durch besondere Vollmachten (facultates) übertragen wirb. Nur muß insgemein alle

14) Schulte hat die in der neueren Schule der Civilisten hierüber getooit. nette richtigere Theorie mit Recht auch für das kanonische Recht geltend gemacht« 1) Von den Dispensationen handelt Phillips KirchenrechtV. §• 210—12. 2) Man sehe §. 179 a. Note 3. 3) C. 56. D. L. (Siric. a. 385), c. 41. c I. q. 1. (Innocent. I. a. 414), c. 18. c. I. q. 7. (Leo I. a. 442), c. 6. eod. (Gelas, a. 494). 4) Die Beweise für das Gesagte giebt Thomassin. Vet. et nov. eccles. Aiscipl. P. II. lib. III. c. 4—29. 5) C. 4. X. de concess. praebend. (3. 8), c. 15. X. de tempor. ordin. (1. 11). 6) Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. XIII. cap. 5. n. 7—11. Einige weiter gehende Ansprüche widerlegt Benedict. XIV. lib. IX. cap. 2. 3. 7) Beispiele giebt das Gene. Trid. Sess. XXIV. cap. 6. de ref.

401 fünf Jahre deren Erneuerung nachgesucht werden, um den Gebrauch derselben besser zu überwachen und nach Bedürfniß modificiren zu kön­ nen 8).9 10Der 11 Papst läßt sich für seine Person, weil er keinen Oberen hat, durch seinen Beichtvater dispensiren. Dispensen sollen aber über­

haupt mit reifer Ueberlegung, aus einer gerechten Ursache und unent­ geltlich ertheilt8), und die Untersuchung der thatsächlichen Umstände

den ordentlichen Oberen committirt werden*8). Bei den Protestanten

wird das Recht zu dispensiren in analoger Weise -behandelt und durch ähnliche Regeln eingeschränkt").

II.

Don der geistlichen Gerichtsbarkeit'). A) Anwendung derselben. 1) Auf geistliche Sachen.

Greg. TL 1. Sext. H. 1. dein. II. 1. De iudiciis, Greg. II. 2. Sext. II. 2. dem. II. 2. De foro competenti. 181.

In dem Begriff der Kirche als eines selbstständigen, vom

Staate verschiedenen Körpers ist auch das Recht enthalten, die über rein religiöse und kirchliche Verhältnisse, wie den Glauben, die Sa-

cramente, die heiligen Verrichtungen, die geistliche Amtsführung, ent­

stehenden Streitigkeiten nach

ihren eigenen Gesetzen und durch ihre

eigenen Gerichte zu entscheiden,

Zwangsmittel zu handhaben.

und ihren Ausspruch durch geistliche

In so fern bildet die Gerichtsbarkeit

einen wesentlichen Bestandtheil der Kirchengewalt, der ihr ohne Ver­ letzung der kirchlichen Freiheit nicht geschmälert oder abgestritten wer­

den kann. Das Verhältniß derselben zur Staatsgewalt und die äuße­ ren Formen der Handhabung hängen allerdings von den Verhältnissen

jeder Zeit ab. Im römischen Reiche wurde die kirchliche Jurisdiction in dem angegebenen Sinne von den christlichen Kaisern nicht blos

8) Viele Materialien über diese QuinquennalfaculMen giebt Mejer Pro­ paganda II. 204—234. Eine Urkunde der Art steht in meinen Fontes. 9) C 16. c I. q. 7. (Cyrill, c. a. 432), c. 6. eod. (Gelas, a. 494), c. 17. eod. (Conc. Meldens, a. 845), c. 30. 38. X de elect. (1. 6), c. 11. X. de renunt. (1. 11), Conc. Trid. Sess. XXV. cap. 18. de ref., Bene­ dict. XIV. de synodo dioeces. lib. XIII. cap. 5. n. 7. 10) Conc. Trid. Sess. XXII cap. 5. de ref. 11) Man sehe Richter Kirchenrecht §. 178 (184). 1) Von dem Historischen handeln: Jungh de origin. et progressu episcopalis iudicii in causis civilibus laicorum usque ad Iustinianum. Berol. 1832., Dove de iurisdictionis ecclesiasticae apud Germanos Gallosque progressu. Berol. 1855. Da« Praktische behandelt Bouix tractatus de iudiciis ecclesiasticis. Paris. 1855. 2 vol. Man findet darin viel Brauchba­ res, aber auch manche veraltete und unhaltbare Anschauungen. Walter'« Klrchenrecht. 13te Auflage. 26

402 alsbald anerkannt 2), sondern auch durch bürgerliche Zwangsmittel un­ terstützt. So blieb es nicht nur auch unter den Germanen5), sondern

die Kirche erlangte auch auf

den Geist der Zeit allmählig einen so

tief gehenden Einfluß, daß vor und nach alle Rechtsverhältnisse, wobei

auch nur entfernterweise Pflichten der Religion und des Gewissens in Frage standen, an die geistlichen Gerichte gezogen wurden. Im Mit­ telalter gehörten dahin die Ehesachen, wegen der Heiligkeit dieser Ver­

bindung, daher auch die Streitigkeiten über die eheliche Abstammung,

weil diese von der Rechtmäßigkeit der Ehe abhängt *); ferner die Te­ stamente, weil deren genaue Erfüllung als Gewissenspflicht gatt5);

alle durch einen Eid bestärkte Verbindlichkeiten wegen der Heiligkeit des Eides6), und die Streitfragen über die Zulässigkeit des kirchlichen

Begräbnisses'), über das Patronatrecht und die Zchntpflicht5), weil es sich dabei um kirchliche Institute und um Verpflichtungen gegen die Kirche handelt5). So stand die kirchliche Jurisdiction der unvollkomme-

2) C. 1. C. Th. de relig. (16. 11), Nov. Valentin. III. de episc. iudic. (Novell. Lib. II. Tit. 35). 3) Den Beweis geben die Concilien jener Zeit, welche über die kirchli­ chen Angelegenheiten als über Gegenstände der innern Verwaltung allein be­ schließen. Die Unterstützung des weltlichen Armes, dabei bezeugen Decretio Childeb. a. 596. c. 2 (§♦ 188. Note 8), Conc. Arelat. VI. a. 813. c. 13., Conc. Mogunt. a. 813. c. 8., Capit. Ludov. I. a. 823. c. 6., Conc. Pontig. a. 876. c. 12. 4) C. 12. X. de 6X0688. praelat. (5. 31), c. 5. 7. qui fil. sint legit. (4. 17). 5) C. 3. 6. 17. X. de testament. (3. 26). 6) C. 3. de for. compet. in VI. (2. 2), c. 2. de iureiur. in VI. (2. 11). 7) C. 11. 12. 14. X. de sepult. (5. 28). 8) C. 3. X. de iudic. (2. 1), c. 7. X. de praescript. (2. 26). 9) Den Umfang geistlichen Gerichtsbarkeit in Frankreich zeigt sehr gut ein altes vortreffliches Rechtsbuch v. I. 1283. Beaumanoir Coutume de Beauvoisis chap. XL Bonne chose et pourfitable seroit selonc Dien et selonc le siede, que chil qui gardent la Justiche espirituel se melassent de ehe qui appartient ä Espiritualite tant seulement, et lessassent justichier et esploitier ä la laye Justiche les cas , qui appartiennent ä la Temporalite, si que par la Justiche espirituel et par la Justiche tem­ pore! drois fu fez a chacun. Es rechnet aber dann doch zur geistlichen Ge­ richtsbarkeit alle Sachen über Glauben, Ehe, Kirchengüter, Testamente, eheliche Abstammung der Kinder, Asilrecht, Zauberei, Streitigkeiten der Kreuzfahrer, Wittwen und Waisen, geistliche Zehnten. Eben so war es, wie das Rechtsbuch des Bracton beweist, in England; desgleichen in Norwegen nach dem Tunsberger Vergleich und des Erzbischofs Ion Kirchengesetz (§. 109). Auch in Deutschland bestand dasselbe Verhältniß; doch kann man dieses nur zum .Theil aus dem Sachsenspiegel und den anderen alten Landrechten erkennen. Man sehe meine Deutsche RechtSgeschichte §. 643. 644., Segesser RechtSgeschichte von Lucern H. 884—98.

403 nm weltlichen Rechtspflege als eine höchst wohlthätige Ergänzung zur

Seite, und bildete durch die Anerkennung und Unterstützung des welt­ lichen Armes selbst gewissermaßen einen Theil der bürgerlichen Ord­

nung.

Beide griffen so in einander, daß in zweifelhaften Fällen die

Prävention entschied, und dann das in dem einen Forum ergangene Urtheil auch in dem Anderen anerkannt werden mußtel0).11 12 Seit 13 dem

sechzehnten Jahrhundert sind aber mehrere jener Sachen an die welt­ lichen Gerichte gezogen worden, und es ist daraus ein Besitzstand ent­

standen, weicher die Kirche nöthigt, das minder Wesentliche aufzuge­

ben, um desto bestimmter das Wesentliche feftgul)altcnInnerhalb dieser Gränzen, namentlich für die Ehesachen"), ist die kirchliche Ge­ richtsbarkeit auch in neueren Concordaten anerkannt"), und ihr da­

durch in so weit auch die Unterstützung des weltlichen Armes zuge­ sichert worden.

In Frankreich und in einigen anderen Ländern sind

freilich die geistlichen Gerichte ganz aufgehoben worden.

aber nur die bürgerliche Seite betreffen;

Dieses kann

die Gerichtsbarkeit selbst,

soweit sie im Wesen der Kirche begründet ist, wird dadurch nicht ver­ ändert, und die Kirche hilft sich bei deren Handhabung auch ohne den

weltlichen Arm so gut sie kann14).15Was den Orient betrifft, so wurde

die bischöfliche Gerichtsbarkeit durch die Gesetze der byzantinischen Kai­ ser kräftig unterstützt und entwickelt, gieng so auch auf Rußland über, und ist noch jetzt in Ehesachen von der Pforte unbedingt anerkannt.

Auch in England haben sich die bischöflichen Gerichte ganz, in Schwe­ den jum Theil, in ihren Rechten behauptet.

Im protestantischen

Deutschland wurden die Konsistorien an deren Stelle gesetzt; doch ist

später die geistliche Gerichtsbarkeit meistens den gewöhnlichen Gerich­ ten überwiesen worden"). Auch in Holland haben die Synoden nicht

mehr mit den Ehesachen zu thun, und das Uebrige wird mehr als Verwaltungssache behandelt.

10) C. 2. de except. in VI. (2. 12). 11) Mit großer Mäßigung und Umsicht äußert sich in diesem Sinne Be­ nedict. XIV. de synodo dioecesana lib. IX. cap. 9. 12) Wegen des Conc. Trid. Sess. XXIV. can. 12. de matrim. 13) Oesterr. Eoncordat Art. 10., Bayer. Concordat Art. 12. c. 14) Für die Erzdiöcese Cöln handelt davon der Erzbisch. Erlaß vom 26. Dec. 1848. Abgedruckt in meinen Fontes. 15) Man sehe Richter Kirchenrecht §. 210 (196).

404 S) Die Kirche als schiedsrichterliche Behörde.

182.

Da die Kirche

das Hadern vor den weltlichen Gerichten

wenigstens als der christlichen Liebe zuwider, und wenn es im Be­

wußtsein des Unrechts geschieht,

sogar als sündhaft betrachten muß:

so bestand schon von den Zeiten der Apostel her die Vorschrift, daß die Christen überhaupt ihre Streitigkeiten unter einander nicht vor

den weltlichen Richter bringen, sondern auf friedlichem Wege durch Vergleich oder nach dem Ausspruche des Bischofes beilegen sollten x).

Als eine Ermahnung für das Gewissen war diese Vorschrift, beson­

ders unter

den damaligen Verhältnissen, sehr wohl begründet, und

von sehr wohlthätigen Folgen. ist sie nicht geeignet,

Allein zu einem äußeren Zwangsrecht

weil dadurch die bürgerliche Rechtspflege durch

die Kirche fast ganz verdrängt würde. Daher gestattete zwar Constan­

tin^)

(321) in

bürgerlichen Streitigkeiten die Entscheidung der Bi­

schöfe anzurufen, und es

sollte dann deren Ausspruch ohne weitere

Appellation durch die Magistrate vollstreckt werden;

allein er gestat­

tete eö nur unter der Voraussetzung, daß beide Theile darüber einig wären3 1).2

Später (331) aber

erweiterte er

dieses dahin, daß der

Kläger wie der Beklagte selbst gegen den Willen des Andern die Sache

1) I. Cor. VI. 1—6., c. 7. D. XC. (Statuta ecclesiae antiqua). 2) Die beiden hier angeführten Constitutionen Constantins befinden sich unter den achtzehn Constitutionen, welche Sirmond zu Paris 1631 edirt hat. Diese sind mit höchster kritischer Sorgfalt wieder herausgegeben von Haenel Novellae constitutiones (Bonnae 1844) p. 445 — 476. Die Aechtheit dersel­ ben ist zwar von GothofreduS und Anderen bestritten worden; allein erwiesen ist dieselbe von Haenel p. 430 —440. 3) Imp. Constantinus A. (Haenel p. 475). Iudex pro sua sollicitudine observare debebit, ut, si ad episcopale iudicium provocetur, Silen­ tium accommodetur. Et si quis ad legem Christianam negotium transferre voluerit et illud iudicium observare , audiatur, etiamsi negotium apud iudicem sit inchoatum, et pro sanctis habeatur, quicquid ab bis fuerit iudicatum: ita tarnen ne usurpetur in eo. ut unus ex litigantibus pergat ad supradictum auditorium, et arbitrium suum enuntiet. Iudex enim praesentis causae integre habere debet arbitrium, et omnibus accepto latis pronunciet. Dat. IX. Kal. Iul. Constantinopoli Licinio A. et Crispo Caes. Coss. (321). Auf dieses Gesetz bezieht sich auch die Aeußerung des Sozomen. histor. I. 9. Illud est maximum reverentiae imperatoris erga religionem argumentum, quod — illis , qui erant in iudicium vocati, dedit potestatem, si modo animum inducerent magistratus civiles reiicere, ad episcoporum iudicia provocandi; atque eorum sententiam ratam esse, et aliorum iudicum sententiis plus habere authoritatis. tanquam ab ipso imperatore prolatam statuit. Quin etiam iussit, ut ma­ gistratus res iudicatas re ipsa exequerentur, militesque eorum voluntati inservirent.

405 an den Bischof bringen könnte ^). Da dieses jedoch zu weit gieng, so beschränkten die nachfolgenden Kaiser es wieder auf den Fall, wo der Bischof von beiden Theilen freiwillig angerufen würde 4 5).6 Die Vor­ theile, welche diese einfache Rechtspflege gewährte, und das Vertrauen, worin damals die Bischöfe standen, führten ihnen aber vor wie nach sehr viele richterliche Beschäftigungen dieser Art zu^). Im Orient 4) Imp. Constantinus A. Ablavio Pf. P. (Haenel. p. 445). Religionis est-, deinentiam nostram sciscitari voluisse, quid de sententiis episcoporum vel ante moderatio nostra censuerit vel nunc servari cupiamus, Ablavi, parens carissime. Itaque quia a nobis instrui voluisti, olim prorogatae legis ordinem salubri rursus imperio propagamus. Sanximus namque, sicut edicti nostri forma declarat, sententias episcoporum, quolibet genere latas, sine aliqua aetatis discretione inviolatas semper incorruptasque servari; scilicet ut pro sanctis semper' ac venerabilibus habeatur, quicquid episcoporum fuerit sententia terminaturn. Live ita­ que inter minores sive inter maiores ab episcopis fuerit iudicatum, apud vos, qui iudiciorum summam tenetis, et apud ceteros omnes Indices ad exsecutionem volumus pervenire. Quicunque itaque litem habens, sive possessor sive petitor erit, inter initia litis vel decursis temporum curriculis, sive cum negotium peroratur, sive cum iam coeperit promi sententia, iudicium eligit sacrosanctae legis antistitis , illico sine aliqua dubitatione, etiamsi alia pars refragatur, ad episcopum cum sermone litigantium dirigatur. Multa enim , quae in iudicio captiosae praescriptionis vincula promi non patiuntur, investigat et prornit sacrosanctae religionis auctoritas. Omnes itaque causae. quae vel praetorio iure vel civil! tractantur, episcoporum sententiis terminatae , perpetuo stabilitatis iure firmentur, nee liceat ulterius retractari negotium , quod epi­ scoporum sententia deciderit. Testimonium etiam, ab uno licet episcopo perhibitum, omnes Indices indubitanter accipiant, nec alius audiatur, cum testimonium episcopi a qualibet parte fuerit repromissum. Illud est enim veritatis auctoritate firmatum . illud incorruptum, quod a sacrosancto homine conscientia mentis illibatae protulerit. Hoc nos edicto salubri aliquando censuimus, hoc perpetua lege firmamus, malitiosa litium semina comprimentes, ut miseri homines, longis ac paene perpetuis actionum laqueis implicati, ab improbis petitionibus vel a cupiditate praepropera maturo fine discedant Quicquid itaque de sententiis episcoporum clementia nostra censuerat, et iam hac sumus lege complexi, gravitatem tuam et ceteros pro utilitate omnium lätum in perpetuum observare conveniat. Dat. III. Non. Mai. Constantinopoli (331). 5) Arcadius et Honorius in c. 7. 8. C. Iust. de episc. audient. (1. 4), nov. Valentin. III. de episc. iudicio (Novell, lib. II. tit. 35), Iustinian. in c. 29. §. 4. Cod. Iust. de episc. audient. (1. 4). Roßhirt Ca­ non. Recht I. 148. meint, auch jetzt noch habe der Beklagte dem Kläger vor den Bischof folgen „müssen." Allein jene Stellen reden ausdrücklich vom Con­ sensus oder eligere beider Theile. 6) Augustin, (f 430) Confess. VI. 3. Secludentibus me ab eins [Ambrosii] aure atque ore catervis negotiosorum hominum, quorum infirmitatibus serviebat. — Idem de oper. monach. c. 37. Quantum attinet ad meum commodum, multo mallem per singulos dies certis horis — aliquid manibus operari, et caeteras horas habere ad legendum et orandum — quam tumultuosissimas perplexitates causarum alienarum pati de negotiis saecularibus vel iudicando dirimendis, vel interveniendo praecidendis.

406 hat sich dieses im türkischen Reiche bis jetzt erhalten,

und gehört zu

den von der Pforte unterstützten Privilegien. In den germanischen Rei­

chen aber kam es außer Gebrauch. Dagegen wurde die zweite Constitu­

tion Constantins vom Jahr 331 durch Sammler aüfgefunden und wieder ins Leben einzuführen versucht7), wodurch die Kirche eine mit den

weltlichen Gerichten unbedingt

concurrirende Gerichtsbarkeit in

bürgerlichen Sachen erhalten haben würde8). 9

Allein die bürgerliche

Praxis sträubte sich dawider mit Recht8), und allmählig war davon

nicht mehr die Rede. Was übrigens für die Laien nur Ermahnung war, wurde für die Geistlichen Pflicht, weil diese in den Beweisen christli­ cher Gesinnung als Muster vorleuchten sollten. Daher war ihnen un­

ter Androhung kirchlicher Strafen verboten,

bei Streitigkeiten unter

einander die weltlichen Gerichte aufzusuchen, sondern sie sollten sich

an ihren Bischof, die Bischöfe aber an die Synode wenden10).11 Das­ selbe wurde auch in den germanischen Reichen verordnetn), und selbst

noch neuere Provinzialconcilien haben diesen Grundsatz eingeschärft12). In

demselben Geiste war den Geistlichen bei Kirchenstrafe geboten,

wenn ein Laie sie beim Bischöfe auch in einer rein bürgerlichen Sache belangte, diesen Gerichtsstand aniiteilennen13)14 ; aber eine Pflicht war

jenes für die Laien nicht").

7) Dieses geschah von Florus um 835, Haenel p. 423. nota 35. Stücke davon stehen in einem Concilium von Valence 855 und bei Regino H 116. Den größten Theil hat das dem Ivo zugeschriebene Decretum XVI. 312. aus­ genommen. Benedictus Levita nahm die Constitution wie ein Gesetz des Theodofischen Codex und aus dem Munde Kaiser Karls erneuert in seine Capitul. II. 366. aus; auS ihm gieng sie unter dem Namen des Kaisers Theodosius in die Sammlung des Anselmus von Lucca über; aus dieser und aus Ivo nahm sie Gratian im c. 35. 36. 37. c. XI. q. 1., und so bezog sich darauf auch Jnnocenz III. im c. Novit. 13. X. de iudic. (2. 1). 8) Diesen Fall ebenfalls hat das c. 2. de except.. in VI. (2. 12) vor Augen. 9) Beispiele geben der Sachsensp. III. 87. §. 1., Hamb. Statut. 1270. IX. 15. 1292. M. 12. 1497. B. 16., Segesser Rechtsgeschichte von Lueern II. 883. Ein anderes Beispiel von 1301 nennt Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. IX. cap. 9. n. 9. 10) C. 46. c. XI. q. 1. (Conc. Chalc. a. 451), c. 1. 2. 6. 7. D. XC. (Statuta eccles. antiq.). 11) C. 6. c. XI. q. 1. (Conc. Matisc. I. a. 583), c. 42. eod. (Conc. Tolet. III. a. 589), c. 39. eod. (Greg. I. a. 601), Capit. I. Carol. M. a. 789. c. 27., Capit. Francos, a. 794. c. 28 (30). 12) Conc. ßituric. a. 1584. Tit. XXV. c. 10. 13) C. 43. c. XL q. 1. (Conc. Carth. III. a. 397). 14) Nov. Valentin. III. de episc. iudic. (Novell, lib. LE. tit. 35), c. 25. 33. C. de episc. (1. 3), c. 13. C. de episc. audient. (1. 4).

407 3) Die Kirche als privilegirter Gerichtsstand der Geistlichen.

183.

Die Geistlichen sind in bürgerlichen Rechtssachen an sich

wie andere Unterthanen den bürgerlichen Gerichten untergeben. Wenn

sie davon befreit

und ihnen der Gerichtsstand vor ihren geistlichen

Oberen ertheilt wird, so ist dieses ein Privilegium, wodurch die Staats­ gewalt den geistlichen Stand besonders berücksichtigen und ehren will.

In diesem Geiste verordnete Justinian, daß Ordensleute und Kleriker zunächst vor dem Bischofs), Bischöfe aber schlechthin nur vor ihren

geistlichen Oberen8) belangt werden sollten.

Diese Vorschrift wurde

null auch auf Rom und von da allmählig auf das übrige Abendland übertragen8), und von Karl dem Großen für solche Fälle gemischte Gerichte vorgeschrieben4). Jenes Vorrecht bestand nun, durch das An­

sehen der Kaiser8) und des canouischen Rechts8) unterstützt, während des ganzen Mittelalters in allen christlichen Ländern fort, und zwar

so,

daß, weil es zur Ehre des Standes gehörte, nicht einmal frei­

willig darauf verzichtet werden durfte^).

Das canonische Recht gab

jedoch bei den Lchnsverhältnissen eines Klerikers eine Ausnahme zu8), und die Gesetzgebung und Praxis der einzelnen Länder machten noch

andere Ausnahmen8). Auch blieb es, wenn der Geistliche Kläger war, sowohl nach dem älteren10) wie nach dem Recht des Mittelalters "),

bei der Regel, daß er dem Forum des Beklagten folgen müsse. Dem Geiste der heutigen Zustände ist jedoch jenes Privilegium des Klerus

nicht mehr angemessen; auch ist dazu bei der Ausbildung der jetzigen

1) Nov. 79., nov. 83. praef., nov. 123. c. 21. 2) Nov. 123. c. 8. 22. 3) Cassiodor. Varior. VIII. 24., c. 15. c. XL q. 1. (Pelag. II. a. 580), c. 38. eod. (Greg. I. a. 603), Edict. Chlotar. II. a. 615. c. 4., Capit. Carol. M. Langob. a. 803. c. 12 (Pertz Leg. I. 110). 4) Capit. Francos, a. 794. c. 28 (30). 5) Frider. II. const. a. 1220. c. 4 (Pertz Leg. II. 244), Auth. Statuimus Frid. II. ad c. 33. C. de episc. (1. 3). 6) C. 17. X. de iudic. (2. 1), c. 2. 9. X. de for. comp. (2. 2). 7) C. 12. 18. X. de for. compet. (2. 2). 8) C. 6. 7. X. de for. compet. (2. 2). 9) Beaumanoir Cout. de Beauvois. chap. XI. rechnet dahin die Kla­ gen aus Handelssachen, wenn der Geistliche dieses Gewerbe treibt. Man sehe auch Segesser Rechtsgeschichte von Lucern II. 742. 743. 10) Conc. Agath. a. ”506. c. 32. (c. 17. 47. c. XI. q. 1. ; nur muß man hier statt clericum nullus lesen clericus nulluin), Coric. Epaon. a. 517. c. 11., Conc. Aurel. III. a. 538. c. 32., Benedicti Levitae Capitular. lib. II. c. 157. 11) C. 5. 10. 11. X de for. compet. (2. 2).

408 Gerichtsverfassung kein Bedürfniß mehr vorhanden. Doch sollte dessen Aufhebung, da es zu den alten wohlerworbenen Rechten der Kirche gehört, von der Staatsgewalt nicht einseitig, sondern in zweiseitiger Rücksprache geschehen12). 4) Die Kirche als der Gerichtsstand der schutzbedürftigen Personen4*).1 2 3

184. Da die Kirche alle Interessen der Humanität unter ihre Fürsorge zog, so waren die Armen, Wittwen, Waisen und andere hülflose Personen unter den besonderen Schutz der Bischöfe-gestellt2). Um diesen sicherer zu handhaben, wurden selbst eigene Defensoren er­ nannt, welche jene Personen vor den weltlichen Gerichten vertreten soll­ ten 8). In diesem Geiste sprachen auch die spateren Concilien und Reichstage5), 6 indem sie die Wittwen, Waisen und andere Hülflose dem Schutze der Bischöfe aufs Nachdrücklichste empfahlen. Die Kö­ nige bekräftigten dieses noch dadurch, daß sie ihren Grafen auferlegten, die Bischöfe darin thätigst zu unterstützen ^), und die Rechtöhändel der Wittwen und Waisen, wie die Sachen der Kirchen, vor Gericht zuerst abzumachen7). Endlich aber, als die weltlichen Gerichte völlig ver­ wilderten, wurden jene Personen ganz unter die Gerichtsbarkeit der Kirche gestellt8). Aus ähnlichen Gründen erhielten auch die Pilger und Kreuzfahrer dieses Borrecht. Ueberhaupt waren die geistlichen Ge­ richte die Zuflucht derer, welche sich dem Zweikampf, worauf das Verfahren bei den Land - und Lehnsgerichten regelmäßig hinauslief,

12) Den richtigen Weg zeigen das Bayer. Concordat Art. 12. c., Oesterr. Concordat Art. 13. 1) Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. IX. cap. 9. n. 10. 2) Ambros, (f 387) de offic. II. 29. Egregie hinc vestrum enitescit ministerium , si suscepta impressio potentis, quam vel vidua vel orphana tolerare non queat, ecclesiae subsidio cohibeatur; si ostendatis, plus apud vos mandatum domini, quam divitis valere gratiam. Meministis ipsi, quoties adversus regales impetus pro viduarum imo pro omnium depositis certamen subienmus. Commune hoc vobiscum mihi. 3) C. 10. c. XXIII. q. 3. (Conc. Carth. V. a. 401), Thomassin. Vet. et nova eccles. discipl. P. I. Lib. II. c. 97. 4) Conc. Turon. II. a. 567. c. 27., Conc. Matisc. II. a. 584. c. 12., Conc. Tolet. a. 633. c. 32. 5) Conc. Francos, a. 794. c. 38., Conc. apud Caris. a. 857. c. 2., Capit. Lothar. 1. ad leg. Langob. 102. 6) Conc. Magont. a. 613. c. 8., Capit. I. Ludov. a. 823. c. 3. 7) Conc. Vernens. a. 755. c. 23., Capit. II. Carol. M. a. 805. c. 2., Capit. Carol. M. ad leg. Langob. c. 58., Capit. I. Ludov. a. 819. c. 9. 8) C. 11. 15. X. de for. compet. (2. 2), c. 26. X. de verb. signif. (5. 40).

409 nicht stellen konnten.

Schon frühe ist aber diese Gerichtsbarkeit den

Bischöfen wieder entzogen worden. Doch lebt die Idee der Kirche noch in dem Institut des Armenxechts fort.

B) Von den geistlichen Gerichten. Greg. I. 23. De officio archidiaconi, Greg. I. 29. Sext. I. 14. Giern. L 8- Extr. comm. I. 6. De officio ct potestete iudicis delegati, Greg. I. 80. Sext. I. 15. De officio legati, Greg. I. 31. Sext. I. 16. dem. I. 9. Extr. comm. I. 7. De officio iudicis Ordinarii, Sext. 1 13. De officio vicarii. 185.

Die Personen, wodurch die geistliche Jurisdiction gehand­

habt wurde, waren nach den Verhältnissen verschieden. I. Die gewöhn­

lichen Streitsachen wurden in den älteren Zeiten Zuziehung des Presbyteriums Ländern kam

entschieden *).

vom Bischof mit

In den germanischen

die Rechtspflege vorzüglich in die Hand des Archidia-

-cons; doch wurden auch die Diöcesansynoden dazu benutzt.

Wo die

gemischten Gerichte eingeführt waren, wohnte der Bischof oder Archidiacon mit seinen Geistlichen dem Gericht des Grafen oder Centena-

rius bei1 2).

Daher wurden nach germanischer Sitte die umstehenden

Laien in kirchlichen Sachen,

wenigstens in solchen, die mehr bürger­

licher Art waren, über das zu weisende Recht befragt3). Bei der fort­

schreitenden Verbesserung der kirchlichen Einrichtungen löste man aber

diese Verbindung auf, und es wurde nun die geistliche Jurisdiction an die bischöflichen Officiale oder den Generalvicarius 4) mit Zuzie­ hung

wissenschaftlich gebildeter Kleriker gezogen.

Daneben bestanden

die Archidiaconen - Gerichte noch eine Zeitlang fort, giengen aber all-

mählig ein.

Das bischöfliche Gericht bildet also jetzt regelmäßig die

1) C. 6. c. XV. q. 7. (Statuta eccles. antiq.). 2) Beispiele sind das Placitum a. 844 (Baluzius II. 1511), Placitum a. 883. 918 (Vaissette Histoire de Languedoc II. n. 5. 42). So war es auch in England. Erst durch Wilhelm den Eroberer wurden die weltlichen und geistlichen Gerichte, zum Vortheil der letzteren, wieder völlig-getrennt, Privi­ leg. Eccles. Line, bei Wilkins leg. Anglo-Sax. p. 292. 3) Dieses zeigt sehr deutlich das Verbot Znnocenz III. im c. 3. X. de consuet. (1. 4) und Urbans V. in einem Rescript von 1367 bei Canciani leg. Barbar, ant. vol. II. col. 348. Eine eigenthümliche Mischung twen in Lucern die Kanzelgerichte, welche von sämmtlichen Kirchgcnossen unter dem Vor­ sitz des vom Kirchherrn bestellten Kirchenrichters über kirchliche Abgaben, kleine Frevel und notorische Vergehen gehalten wurden, Segesser Rechtsgeschichte von Lucern II. 820—25. 4) Man sehe §. 145 a. Note 9. 12.

410 erste Instanz6). II. Mit der ordentlichen Jurisdiction des Bischofes concurrirte im Mittelalter die des Papstes so, daß man sich schon in

der ersten Instanz an denselben wenden, und der Papst selbst Sachen, die bei den unteren Gerichten bereits anhängig waren, abrufen konn­

te b). Hierzu dienten besonders die päpstlichen Legaten, die sich in den

verschiedenen Ländern aufhielten7). Wegen mehrerer daraus hervorgehmden Uebelstände ist dieses aber nun abgestellt8). Durch diese ver­

schiedenen Stellvertreter, welche sich

der Papst und die Bischöfe er­

nannten, bildete sich auch im canonischen Recht die Lehre von der delegirten Jurisdiction, welche noch im römischen Recht wenig entwickelt war, genauer aus8).

III. Die Civilklagen gegen einen Bischof soll­

ten nach den geistlichen und weltlichen Gesetzen des römischen Reiches

bei dem Metropoliten, die gegen einen Metropoliten beim Exarchen der Diöcese angebracht

werden^).

sie aber vor den König"),

Im fränkischen Reiche gehörten

und im Mittelalter vor den Reichshof.

Jetzt ist in den meisten Ländern den Bischöfen der Gerichtsstand vor den Obergerichten ertheilt. Gerichten

IV. Die Appellation von den bischöflichen

gieng in der älteren Zeit an Schiedsrichter, oder an den

Metropoliten und das Provinzialconcilinm12);

schöflichen Offizial13), zur Seite hat.

später an den erzbi­

welcher jetzt dazu allgemein geistliche Räthe

In erzbischöflichen Diöcesen, wo er die erste Instanz

ist, muß vom Erzbischof ein zweites Gericht als Appellationsinstanz

gebildet, oder es muß dafür auf andere Weise, zum Beispiel durch Delegation eines benachbarten bischöflichen Gerichtes, gesorgt werden.

5) Conc. Trid. Sess. XXIV. cap. 20. de res. Die Organisation dieser bischöflichen Gerichte ist nach den Diöcesen verschieden und gehört nicht hieher.

6) C. 1. X. de off. legat. (1. 30), c. 56. X. de appell. (2. 28). 7) Der Grzund, warum im Mittelalter die päpstliche Rechtssprechung ein so großes Vertrauen besaß, liegt darin, daß die Parteien selbst hier das Uebergewicht wissenschaftlicher Ordnung anerkannten. Etwas Äehnliches trat

auch bei den Spruchcollegien ein, die man deswegen doch keiner Usurpation be­ schuldigen wird. Es wurde ja Niemand sie zu brauchen gezwungen.

8) Conc. Trid. Sess. XXIV. cap. 20. de ref. 9) Die Grundsätze darüber sind in Phillips Lehrbuch §. 180—183. zu­ sammengestellt. Ueber das römische Recht sehe man Bethmann - Hollweg Röm. Gerichtsverfassung §. 3.

10) C. 46. c. XI. q. 1. (Conc. Chalc. a. 451), Nov. Irrst. 123. cap. 22. 11) Capit. III. Carol. M. a. 812. c. 2. 12) C. 35. c. II. q. 6. (Conc. Milevit. a.416), c. 15. D. XVIII. (Conc. Bracar. c. a. 572). 13) C. 66. X. de appell. (2. 28), c. 1. de off. ordin. in VI. (1. 16), c. 3. de appell. in VI. (2- 15).

411

In exemten Diöcesen hat der Bischof die beiden Instanzen zu bestel­ len. V. In höchster Instanz gieng die Appellation an den Papst oder

dessen Legaten14). Doch wurde der Jnstanzenzug nicht immer befolgt, sondern es war die Unigehung der bischöflichen Instanz und die Ap­

pellation an den römischen Stuhl, sogar vor erlassener Definitivsen­

tenz, nicht selten >9).^Beides wurde aber schon durch die Päpste selbst beschränkt70).

Auch entstand seit dem zwölften Jahrhundert zur Er­

leichterung der Parteien der Gebrauch,

daß die Päpste die Sachen,

worin an sie appellirt war, nicht mehr unmittelbar nach Nom zogen,

sondern durch delegirte^Richter, wie sonst durch die apostolischen Vi-

carien, in der Provinz aburtheilen ließen.

Dieses wurde dann bald

durch Gesetze genauer geordnet17). In diesem Geiste sind die Bestim­ mungen der Kostnitzer Concordate von 1418 und der neuen Concilien

gefaßt. Nach den letzteren ist eine Appellation nur von einer Defini­

tivsentenz zugelassen; und bei Berufungen an einen Legaten oder an den römischen Stuhl soll die Sache an Ort und Stelle durch delegirte Richter (Indices in parti bus), welche auf den Provinzial- oder

Diöcesan-Concilien mit Rücksicht auf die älteren Verordnungen zu designiren sind, abgemacht werden70). In Ermangelung dieser Conci­ lien ist die Ernennung solcher Richter dem Bischöfe in Verbindung mit

seinem Kapitel zugestanden19). Es sollen aber überhaupt Appellationen nur in Rechtssachen, nicht in reinen Verwaltungsangelegenheiten, zu­

gelassen fein20).

VI.

In

der

morgenländischen Kirche ist im Pa­

triarchate die geistliche Gerichtsbarkeit nach alter Weise bei den Bi­ schöfen; von da geht die Appellation an die Patriarchalsynode.

Der

Patriarch und die Bischöfe haben in bürgerlichen Sachen den privile-

girten Gerichtsstand vor dem Divan. In Rußland ist die Jurisdiction

14) C. 1. X. de off. legal. (1. 30), c. 52. 66. X. de appell. (2. 28). Ueber das Historische sehe man oben §. 19. Note 26. 27. Ausführlich handelt davon Phillips Kirchenrecht V. §. 214—218. 15) C. 5. 7. 66. X de appellat. (2. 28). 16) C. 59. 66. X. de appellat. (2. 28). 17) C. 28. X. de rescript. (1.3), c. 11. X. de rescript. in VI. (1. 3). 18) Conc. Basil. Sess. XXXI. Deere!, de causis et appellationibus, Cone. Trid. Sess. XXIV. cap. 20. Sess. XXV. cap. 10. de ref. 19) Const. Quamvis paternae Benedict. XIV. a. 1741., Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. IV. cap. 5. Jene Constitution steht auch in meinen Fontes. 20) Eine genaue Auszählung derselben macht die wichtige Const. Ad militantis Benedict. XIV. a. 1742. Diese steht auch im Conc. Trid. ed. Rich­ ter p. 521. und in meinen Fontes.

412

beim bischöflichen Consistorium mit der Appellation an den h. Synod. VII. Was das protestantische Kirchenrecht betrifft, so ergeben sich die

Gerichte und der Appellationszug aus der beschriebenen Kirchenverfas­

sung der einzelnen Länder. C) Bon dem proeessualischen Verfahren.

186.

Das Verfahren war anfangs auf die einfachsten in der

Natur der Sache liegenden Regeln und Formen beschränkt x). Als die

Streitigkeiten vor den geistlichen Gerichten sich häuften und verwickel­ ter wurden, bildeten sich auch mit Beihülfe der römischen Procedur1 2) bestimmtere dem Geiste und Zusammenhang des kirchlichen Organis­

mus

entsprechende Regeln des Verfahrens au6 3).

Daran, und an

dem römischen Recht, hielt die Kirche auch in den germanischen Rei­

chen fest. Vor den gemischten Gerichten befolgte man die germanischen Proceßformen 4). Bei den Fortschritten der wissenschaftlichen Bildung genügte aber alles dieses nicht mehr; auch nahinen nun die geistlichen

Gerichte eine so hohe Stelle ein, daß die verwickelten proeessualischen Fra­

gen sich mehrten, und von der Gesetzgebung wie von der Wissenschaft ihre Lösung verlangten.

der

So

wurde seit dem zwölften Jahrhundert

canonische Proceß theils durch päpstliche Rescripte,

theils durch

die Glossatoren, mit Benutzung des römischen Rechts, höchst genau aus­ gebildet 5), 6 und dadurch allmahlig die germanische Procedur selbst bei

den weltlichen Gerichten verdrängt3).

An diese canonische Procedur

muß man sich bei den geistlichen Gerichten so weit wie möglich noch

1) Dieses zeigt sich in den Constit. Apost. lib. II. c. 49 — 51. Hier haben die Christen ein eigenes Gerichtshaus und wöchentlich einen bestimmten Gerichtstag. Der Bischof setzt sich aus den Gerichtsstuhl, umgeben von seinen Presbytern und Diaconen, die Parteien treten vor, die Zeugen weiden vernom­ men. Hierauf versuchen die Presbyter und Diaconen die gütliche Beilegung, und wenn diese sehlschlägt, so spricht der Bischof das Urtheil. 2) Ein schönes Zeugniß giebt dafür der Prolog einer Summa bei Maa­ ßen Paucapalea S. 57: Inter ceteras theologiae disciplinas sanctorum patrum decreta et conciliorum statuta non postremum obtinent locum: siquidem ad ecclesiasticas agendas et res decidendas sunt pernecessaria, ordine placitandi ex legibus translato, 3) Gründlich zeigt dieses: Feßler Der canonische Proceß nach seinen positiven Grundlagen und seiner ältesten historischen Entwicklung in der vorju­ stinianischen Periode dargestellt. Wien 1860. 4) Man sehe §. 185. Note 2. 3. 5) In den Sammlungen der Deeretalen beschäftigt sich ein großer Theil des ersten und das ganze zweite Buch mit der Procedur. 6) Man sehe meine Deutsche Rechtsgeschichte II. §. 699.

413

jetzt halten;

nur ist dabei zugleich auf die Fortschritte der neueren

Wissenschaft und Gesetzgebung Rücksicht zu nehmen'). Wo freilich der

weltliche Arm die geistliche Gerichtsbarkeit nicht unterstützt, wird deren

Handhabung, namentlich wo die Vernehmung von Zeugen nöthig ist, sehr schwierig, und man muß sich dann zu helfen suchen,

wie man

sann7 8).9 Ein Beispiel dagegen, wo die geistliche Jurisdiction von dem

weltlichen Arm nnterstützt wird, bietet England dar.

Wer hier der

Sentenz nicht Folge leistet, wird excommunicirt, woranf nach erfolgter Anzeige bei der Kanzlei ein Verhaftbefehl (writ de excommunicato

capiendo) gegen ihn ergeht8).

III. 187.

Verwaltung der Oberaufsicht.

Die Ordnung in der Kirche beruht auf der Befolgung ihrer

Vorschriften.

Daher ist es wesentliche Pflicht der Beamten in ihren

verschiedenen Kreisen darüber zu wachen. Dieses geschieht theils durch

Untersuchungen, die sie an Ort und Stelle vornehmen, theils durch

Berichte,

die sie durch Andere einziehen.

Beides geschah schon von

den Apostelnx), und wurde im Laufe der Zeit mit den übrigen Ein­

richtungen genauer ausgebildet.

Diöcese hat der Bischof.

I. Die regelmäßige Aufsicht über die

Für die Visitationen, die dazu nöthig sind,

wurden im Orient schon im vierten Jahrhundert eigene Reisepriester (nsQioösVrcai, circuitores) ernannt 2).

die Bischöfe dieses Geschäft

Im Occident nahmen aber

noch längere Zeit selbst vor, und zwar

sollten sie jedes Jahr die Kirchen ihrer Diöcese bereisen8).

Dasselbe

wurde auf den fränkischen Concilien oder Reichstagen eingeschärft 4).

7) Die Theorie der Procedur kaun hier nicht gegeben werden; sondern es ist dabei auf die älteren Lehrbücher und Commeutarien zu verweisen. Man sehe namentlich Bouix de iudiciis eccles. II. 397—473. 8) In Preußen sind daher die Civilgerichte angewiesen, den Requisitio­ nen der geistlichen Behörde um eidliche Vernehmung der Zeugen Folge zu lei­ sten. So verordnen für die rheinischen Justizbehörden die Ministerialerlasse vom 30. Januar und 21. März 1843; für die Uebrigen erklärt es das Circular des Cultusministers vom 30. April 1851. 9) Dieses Verfahren ist noch im Jahr 1843 näher bestimmt und etwas modificirt worden, 53. George III. c. 127. 1) Act. XV. 36., I. Cor. I. 11., Coloss. I. 4. 2) C. 5. D. LXXX. (Conc. Laodic. c. a. 372), c. 42. §. 9. C. de episc. (1. 3). 3) C. JO. c. X. q. 1. (Conc. Taracon. a. 516), c. 12. eod. (Conc. Bracar. II. a. 572), c. 11. eod. (Conc. Tolet. IV. a. 633). 4) Capit. I. Carlom. a. 742. c. 3., Capit. Pippin, a. 744. c. 4., Capit. Carol. M. a. 769. c. 7. 8., Eiusd. Capit. I. a. 813. c. 16., Eiusd. Capit. II. a. 813. c. 1., Capit. Carol. Calv. a. 844. c. 4—6.

414 Die Untersuchung war sowohl auf den Klerus und den Zustand der Kirchen, wie auf die Sitten der Gemeinde gerichtet. Um den Bischof hierin

zu unterstützen, kam im neunten Jahrhundert eine neue Ein­

richtung hinzu 6).

Es wurden nämlich in jeder Gemeinde sieben oder

mehrere Synodalzeugen

oder

Sendschöffen erwählt und vereidet6),

welche auf dem jährlichen Send die mittlerweile vorgefallenen Verge­ hen auf Befragen des Bischofes zur Anzeige bringen mußten?). All-

mählig wurden aber diese Visitationen blos den Archidiaconen über­

tragen, und endlich gehörten sie ganz regelmäßig zu ihrem mittlerweile

selbstständig gewordenen Amte.

Durch den Einfluß der Standesver­

hältnisse geschah es aber hin und wieder, daß sich die höheren Stände wieder davon eximirten, und auf einem eigenen Send unmittelbar un­ ter dem Bischof zusammenkamen; und daß ferner die Archidiaconen

selbst von ihrem Send die Handwerker und anderen geringen Leute

absonderten und sie unter den Send des ErzpriesterS stellten, so daß nach dem

bürgerlichen Stand der Personen eine dreifache Art von

Senden entstand 8).

Das Verfahren übrigens blieb, und es wurde

fortwährend von den Concilien des zwölften bis sechzehnten Jahrhun­ derts auf Anstellung von Sendschöffen gedrungen9). Von da an kamen sie aber allmählig ab'9).

Doch hat das Concilium von Trient den

Bischöfen, Archidiaconen und Decanen

die Visitation ihrer Bezirke

dringend anempfohlen"). Neben diesen Senden dienten zur Beaufsich­

tigung der Kleriker insbesondere noch die Diöcesansynoden,

weil sie

5) Davon handelt gut: Dove Untersuchungen über die Sendgerichte (Reyscher Zeitschrift für deutsche« Recht XIX. 321—394). Eine deutliche Vor­ stellung davon geben zwei Visitationsordnungen, die in jener Zeit verfaßt wor­ den sind: die eine von Hincmar von Rheims (Opp. T. I. p. 716), die andere von Regina (§. 100. Nr. 5). 6) Die Wahl und Vereidung beschreibt Regina II. 2. 3.; aus welcher Quelle dieser sie habe, ist zweifelhaft. Dieselben Stellen stehen, wie Wasserschieben bemerkt, bei Burchard und Anselm von Lucca, und bei Gratian im c. 7. c. XXXV. q. 6., jedoch bei Allen fälschlich unter dem Namen de« Pap­ stes Eutychianu«. Bei der Anzeige incestuoser Ehen wurden noch besondere Zeu­ gen vereidet, um über die Nähe der Verwandtschaft auszusagen, c. 5. 6. 8. c. XXXV. q. 6. 7) Diese Fragen wurden, wie aus Hincmar und Regina hervorgeht, hintereinander nach einer bestimmten Ordnung gestellt, und erstreckten sich aus alle Theile der kirchlichen Disciplin. 8) So erklärt sich der Sachsenspiegel Bnch I. Art. 2. 9) Eine Sendordnung aus dem fünfzehnten Jahrhundert steht bei Rich­ ter Kirchenrecht fünfte Aust. S. 797., und daraus in meinen Fontes.

10) Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. IV. cap. 3. 11) Conc. Trid. Sess. XXIV. cap. 3. de ref.

415 hier dem Bischof über ihre Amtsführung Rechenschaft ablegten. Auch mußten sie zu diesem Zweck regelmäßig jedes Jahr in der österlichen

Zeit bei dem Bischof erscheinen43). Jetzt sind schriftliche Berichte an die Stelle getreten. II. Die Oberaufsicht über die Provinz steht dem Metropoliten zu. Diese war früher sehr ausgedehnt. Nach dem vier­

ten Lateranischen Concilium sollten sogar in jeder Diöcese Synodal­ zeugen ernannt werden, die dem Provinzialconcilium oder dem Erz­ bischof die nöthigen Anzeigen machen könnten13). Allein dieses hat sich

nicht erhalten.

Doch ist den Metropoliten auch noch jetzt namentlich

die Aufsicht über die Residenz der Bischöfe14) und Uber die geistlichen

Seminarien43) zur Pflicht gemacht. In der älteren Zeit nahmen sie

auch Visitationen der Provinz vor.

Dieses wurde jedoch, weil es zu

Reibungen führte, im Orient verboten43).

Im Occident ist davon

auch bis zum elften Jahrhundert keine Spur mehr; von da an wur­ den sie aber wieder hergestellt44).

Nach dem neuesten Recht sollen sie

jedoch nur aus einem bestimmten Grunde, der von dem Provinzial­

concilium gebilligt

sein muß, gehalten werden43); dadurch sind sie

nun außer Gebrauch gekommen. III. Die Oberaufsicht über die ganze

Kirche hat der Papst43).

Die dazu nöthigen Visitationen wurden

früher hauptsächlich durch die Legaten ausgeübt33),

und dieses muß

kraft der Freiheit der innern kirchlichen Verwaltung auch noch jetzt geschehen können.

Ferner war zu diesem Zwecke den Bischöfen die

Pflicht auferlegt, den apostolischen Stuhl von Zeit zu Zeit in Person

oder durch einen Procurator Heimzusuchen34), und dieses ist selbst noch in neuerer Zeit eingeschärft worden33).

Hiemit stehen ausführliche

12) Capit. Carlom. a. 742. c. 3., Capit. Pippin, a. 744. o. 4., Capit. Carol. M. a. 769. c. 8. 13) C. 25. X. de accusat. (5. 1). 14) Conc. Trid. Sess. VI. cap. 1. Sess. XXIII. cap. 1. de ref. 15) Conc. Trid. Sess. XXIII. cap. 18. de ref. 16) Conc. Constantin. IV. a. 869. c. 19. 17) C-. 16. X. de praescript. (2.26), c. 14. 25. X. de censib. (3.39), c. 1. 5. X. de censib. in VI. (3. 20). 18) Conc. Trid.-Sess. XXIV. cap. 3. de ref. 19) Epistola Synodi Sardic. a. 344. ad Iulium urbis Romae episcopum. Hoc enim Optimum et valde congruentissimjim esse videbitur, si ad caput, id est ad Petri Apostoli sedem, de singulis quibusque provinciis domini referant sacerdotes. 20) C. 17. X. de censib. (3.39), c. 1. Extr. comm. de eonsuet. (1.1). 21) C. 4. X. de iureiur. (2. 24). 22) Const. Romanus Pontifex Sixti V. a. 1585., Zallwein Princip, iur. eccles. T. II. quaest. IH. cap. 7. §. 5., Benedict. XIV. de synodo dioöces. lib. XIII. cap. 6.

416 schriftliche Berichte in Verbindung, welche die Bischöfe über den Zu­

stand ihrer Kirche an die für die Tridentinischen Beschlüsse niederge­ setzte Congregation, und zwar nach der von Benedict XIII. 1725 er­

lassenen Instruction, einsenden müssen23). IV. Bei den anderen Con­ sessionen kommen zur Handhabung der Oberaufsicht ganz ähnliche Ein­ richtungen vor.

IV.

Von der kirchlichen Strafgewalt. A) Gegenstände derselben. 1) Religiöse Vergehen.

Greg. V. 3. Extr. comm. V. 1. De shnonia et ne aliquid pro spiritualibus exigatur, Greg. V. 4. Ne praelati vices suas vel ecclesias pro annuo censu concedant, Greg. V. 5. Clem. V. 1. De magistris et ne aliquid exigatur pro licentia docendi, Greg. V. 6. Clem. V. 2. Extr. Job. XXII. Tit. 8. Extr. comm. V. 2. De Iudaeis Sarracenis et eorum servis, Greg. V. 7. Sext. V. 2. Clem. V. 3. Extr. comm. V. 3. De haereticis , Greg. V. 8. Sext. V. 3. Extr. comm. V. 4. De schismaticis et ordinatis ab eis , Greg. V. 9. De apostatis et reiterantibus baptisma, Greg. V. 10. De bis qui filios occiderunt, V. 11. De infantibus et languidis expositis, Greg. V. 12. Sext. V. 4. Clem. V. 4. De homicidio voluntario et casuali, Greg. V. 13. Extr. Job. XXII. Tit. 9. De torneamentis, Greg. V. 14. De clericis pugnantibus in duello, V. 15. De sagittariis, V. 16. De adulteriis et stupro , V. 17. De raptoribus incendiariis et violatoribus ecclesiarum, Greg. V. 18. Extr. comm. V. 5. De furtis, Greg. V. 19. Sext. V. 5. Clem. V. 5. De usuris, Greg. V. 20. Extr. Job. XXII. Tit. 10. Extr. comm. V. 6. De crimine falsi, Greg. V. 21. De sortilegiis, V. 26. De maledicis, Greg. V. 36- Sext. V. 8. De iniuriis et damno •dato. 188.

Als eine Einrichtung, die vor Allem die Zucht und Bes­

serung des Menschen bezweckt, ist das Recht der Kirche, ihre ungehor­ samen Mitglieder zu ermahnen, zu strafen und zuletzt von ihrer Ge­

meinschaft auszuschließen, von ihrem Wesen unzertrennlich *).

Daher

übten die Bischöfe, von den Aposteln dazu ermächtigt2 * ), 1 schon in den ersten Zeiten der Kirche eine strenge Zuchtgewalt ans, und wachten mit der treuesten Sorgfalt über den Glauben und die Sitten der

23) Davon handelt sehr ausführlich Benedict. XIV. de synodo dioeces.

lib. XIII. cap. 7—25. 1) Matth. XVIII. 15—18., II. Cor. XIII. 2. 10. 2) Tit. II. 15., I. Tim. V. 20.

417 anvertrauten Gemeinde. Die Grundlage der Beurtheilung bildete der

Decalog8). Doch hatte die kirchliche Strafe immer nur die Besserung des Schuldigen und bie. Rcinerhaltung der Gemeinde zum Zweck, und

bestand in mehr und niinder strengen Büßungen oder im äußersten Fall in der Verstoßung aus der kirchlichen Gemeinschaft*), welche als­

dann auch nur durch harte Büßungen in der Form der öffentlichen Pönitenzen wiedererlangt werden konnte. Bürgerliche Nachtheile konnte aber die Kirche nicht zufügen, und nur in Nothfällen rief sie den welt­

lichen Arm um Unterstützung an5 3).4

In den germanischen Reichen

erhielt die Handhabung dieser geistlichen Zuchtgewalt in den Sendge­ richten eine noch bestimmtere- Form6).7 8 9Auch wurden

allenthalben

mehr oder weniger genaue Pönitcntial- das heißt geistliche Strafge­

setzbücher verfaßt, und die Kirchenstrafen waren oft sehr hart'), weil damals manche Vergehen bürgerlich gar nicht bestraft wurden, oder

mit Geld ablösbar waren. Wer sich aber gegen die Kirche halsstarrig verhielt, gegen den sollte nach den damaligen Reichsgesctzen der welt­ liche Arm auch mit bürgerlichen Zwangsmitteln verfahren8), und das

Geistliche nnd Weltliche war nun so in einander gemischt, daß der Kirchenbann und die Reichsacht sich gegenseitig zur Unterstützung dien­

ten8). So blieb das Verhältniß während deS ganzen Mittelalters. Die

3) C. 81. §. 2. D. I. de poenit. (Augustin, c. a. 415). Die näheren Beweise so wie überhaupt die beste Erörterung dieses Verhältnisses für die äl­ tere Zeit findet man bei Bingham Origines eccles. lib. XVI. cap. 4—14. 4) I. Cor. V. 1-6., I. Tim. I. 19. 20. 5) C. 19. c. XL q. 1. (Conc. Carth. III. a. 397). 6) Darüber sehe man §. 93. 187. 7) C. 8. c. XXXIII. q. 2. (Paulin, ad Heistulf. c. a. 794), c. 17. c. XII. q. 2. (Nicol. I c. a. 860). 8) Decretio Childeberti a. 596. c. 2. Qui vero episcopum suum noluerit audire et excommunicatus fuerit, — de palatio nostro sit omnino extraneus, et omnes facultates suas parentibus legitimis amittat. — Capit. Pippin, a. 755. c. 9. Quod si aliquis (excommunicationem) contempserit, et episcopus emendare minime potuerit, regis iudicio exilio condemnetur. — Capit. Reg. Franc, lib. VII. c. 432. Quod si aliquis tarn über quam servus — episcopo proprio — inobediens vel contumax, sive de hoc sive de alio quolibet scelere extiterit, omnes res eius a Comite et a Misso Episcopi ei contendantur, usque dum episcopo suo obediät, ut canonice poeniteat. Quod si nec se ita correxerit, — a Comite comprehendatur, et in carcerem sub magna aerumna retrusus teneatur, nec rerum suarum potestatem habeat, quousque Episcopus iusserit. 9) Constit. Frideric. II. a. 1220. c. 7. (§. 44 b. Note 17). — titablissem. de St. Louis liv. I. chap. 121. Se aucuns escommunies un an et un jour, et li officians mandats ä la Justice laie, que il le contrainsist par la prise de ses biens, ou par le cors , — la Justice doit tenir Walter's Kirchenrecht. 13te Auflage. 27

418 Grundlage der Beurtheilung war auch noch immer der Decalog10 * *).11 12 13 Die Kirche hielt demnach, und wie es scheint theilweise mit Erfolg, den Grundsatz fest, daß selbst die Vorenthaltung eines bürgerlichen Rechtsanspruches unter dem Gesichtspunkt der Sünde oder der Ver­

letzung fremden Gutes vor das geistliche Gericht gezogen, und als solche geahndet werden konnte").

Nur solche Verbrechen, die bereits

vor den weltlichen Gerichten anhängig gemacht oder abgeurtheilt wa­ ren, sollten auf dem Send nicht mehr gerügt werden").

Im Fort­

schritte der Zeit haben jedoch diese Verhältnisse eine sehr veränderte Gestalt erhalten.

Die Disciplin der Sendgerichte ist schon seit dem

sechzehnten Jahrhundert in Verfall gekommen; die bürgerlichen Wir­ kungen der Exconlmunication sind durch die veränderte Stellung der

Staatsgewalt zur Kirche verschwunden, und der Geist der Zeit macht die Anwendung von öffentlichen Kirchenbußen nur in dringenden Noth­

fällen rathsam. Immer aber hat die Kirche noch das Recht, Vergehen wider die Religion, Moral und kirchliche Zucht mit kirchlichen Strafen

zu ahnden, und dieses ist von ihrem Wesen unzertrennlich"). Grundsatz gilt auch bei den anderen Confessionen.

Dieser

Bei den Griechen

hat der Patriarch selbst das Recht, aus dem Gesichtspunkt der geist­

lichen Zucht wegen Vergehen auf Gefängniß- und Galeerenstrafen zu erkennen, und seine Urtheile werden von der Pforte nachdrücklich unter-

toutes 868 choses en sa main, sauf son vivre, jusques ä tant que il se soit fet assoudre. 10) Glosse zum Sachsenspiegel I. 2. Daher geht auch die Titelfolge im fünften Bnche der Decretaten, was bisher noch nicht bemerkt worden war, nach der Ordnung des Decalogs. Im zweiten Buche des Negino findet sich auch ein Anklang daran. 11) C. Novit 13. X. de iudiciis (2. 1). Man vergleiche dazu §. 44 b. Note 26. — fitabl. de St. Louis liv. I. chap. 84. Quand en la terre au Baron a aucun usurier — li meubles si doivent etre au Baron, et puis si doivent estre pugnis par sainte Eglise pour le peche. Car il appartient ä sainte Eglise de chastier chäcun pecheur de son pechie selön droit escrit en Decretales, el titre de Juges, au chapitre Novit. — Die oben (§. 182. Note 9) erwähnte Reaction der bürgerlichen Gesetzgebung ist unstrei­ tig auch gegen diese Ausdehnung der geistlichen Jurisdiction gerichtet gewesen. Lehrreich ist darüber Segesser Rechtsgeschichte von Lucern II. 873—81. Jener Auffassung der Kirche lag allerdings eine hohe sittliche Idee zum Grunde. Al­ lein in den menschlichen Verhältnissen, wie sie einmal sind, läßt sich nicht alles Sittliche auch zur äußern Rechtsordnung stempeln. 12) So sagt die Glosse zum Sachsensp. I. 2. mit Berufung auf c. 2. de except. in VI. (2. 12). 13) Dieses ist auch ausdrücklich anerkannt im Oesterr. Concordat Art. 10. 11. 16., Bayer. Concordat Art. 12. d.

419 stützt.

Auch in Rußland hat sich die kirchliche Strafgewalt noch zum

Theil in ihrem früheren Umfang erhalten;

eben so in England, und

hier wird noch die Exkommunikation durch bürgerliche Zwangsmittel

unterstützt").

In Schweden waren die Kirchenbußen in mancherlei

Formen als polizeiliche Einrichtungen in Uebung geblieben, sind aber 1855 abgeschafft worden.

Hingegen in den protestantischen Kirchen­

ordnungen Deutschlands ist man in neuester Zeit mehrfach bemüht,

die Handhabung der Kirchendisciplin herzustellen. 2) Strafgewalt der Kirche über die Amts- und Standesvergehen der ' Geistlichen.

Greg. m. 1. Sext. III. 1. Clem. III. 1. Extr. comm. III. 1. De vita et honestate clericorum, Greg. V. 23. De delictis puerorum, V. 24. De clerico venatore, V. 25. De clerico percussore, V. 26. De maledicis, V. 27. De clerico excommunicato deposito vel interdicto ministrante, V. 28. De clerico non ordinato ministrante, V. 29. De clerico per saltum promoto , V. 30- De eo qui furtive ordinem suscepit, Greg. V. 31. Sext. V. 6. Clem. V. 6. De excessibus praelatorum et subditorum. 189.

Ein Geistlicher übernimmt durch sein Amt und seinen

Stand gegen die Kirche besondere Pflichten,

und da er Beides ledig­

lich von der Kirche empfängt, so hat diese auch über die Erfüllung dieser Pflichten zu wachen, und die Verletzung derselben durch geistliche

Zuchtmittel, zuletzt durch die Entziehung des Amtes und Standes, zu ahnden.

Diesen in der Natur des Verhältnisses liegenden Grund­

satz haben schon die römischen Kaiser anerkannt^), und selbst der Kirche

gegen widerspenstige Geistliche zur Entfernung aus dem Amte hülfreiche Hand geleistet2); ters.

So blieb es

während des ganzen Mittelal­

In der neueren Zeit hat sich aber die Staatsgewalt auch in

diesen Theil der Disciplin eingemischt’), und dadurch sind

genaue

Unterscheidungen nothwendig geworden. In der Handhablmg der cano-

nischen Zucht und in der Anwendung von Disciplinarstrafen gegen Geistliche muß die Kirche kraft der Freiheit in ihrer inner eit Verwal-

14) Mau sehe oben §. 186. Note 7.

1) C. 23. C. Th. de episc. (16. 2), nov. Iust. 83. c. 1. (Palea ad c. 45. c. XL q. 1). 2) C. 19. c. XI. q. 1. (Conc. Carth. III. a. 397). 3) Die Bestimmungen mehrerer deutschen Landesgesetze find bei Richter Kirchenrecht §. 223 (209). Note 3. zusammengestellt.

420

tung unbehindert fein4), und die Einmischung der Staatsgewalt dabei ist ganz ungerechtfertigt. Dasselbe muß auch hinsichtlich der Absetzung vom Amte und der Entziehung des damit verbundenen BeneficiumS

gelten, weil Beides von der Kirche unter Bedingungen verliehen ist, über deren Erfüllung sie allein zu urtheilen hat, und weil der in der

Kirche bestehende gesetzliche Rechtsgang genügenden Schutz gegen Willkühr darbietet5).6 7Wenn jedoch der Geistliche sich thatsächlich im Besitz des Beneficiuuis behauptet, und zu dessen Entfernung die Hülfe der

Staatsbehörde in Anspruch genommen wird,

so ist diese zu gewäh­

ren^); jedoch muß man der Behörde das Recht zugestehen, sich aus

den Acten von dem ordnungsmäßigen Proceßverfahren zu überzeugen ’). Doch ist dazu kein Grund, wo ein Amt, wie in Frankreich die Succursalpfarreien, ohne festes Recht blos auf Widerruf verliehen ist. Der

Grundsatz, daß die Geistlichen wegen der Vergehen gegen ihr Amt und ihren Stand unter der Disciplin ihrer kirchlichen Oberen stehen,

ist auch in der morgenländischen Kirche und bei den Protestanten an­ erkannt. 3) Die Kirche al« privilegirter Gerichtsstand der Geistlichen.

190.

Die bürgerlichen Vergehen der Geistlichen gehören an sich

vor die weltlichen Gerichte. Dieses hat jedoch für die Kirche mancher­ lei Uebelstände. Erstens erfordert das Vergehen eines Geistlichen einen

eigenthümlichen strengeren sittlichen Maßstab.

Zweitens kann dabei

durch rohe Behandlung der geistliche Stand selbst compromittirt wer­

den.

Drittens ist es für die Kirche bedenklich, wenn sie einen vom

weltlichen Gericht verurtheitten Geistlichen im Amte und Stande las­

sen, aber nicht minder bedenklich, wenn sie einem Geistlichen auf den

Grund

eines vom weltlichen Gericht ergangenen Urtheils Amt und

Stand entziehen soll. Aus diesen Gründen suchte die Kirche die Geist­

lichen möglichst den weltlichen Gerichten zu entziehen *). Das römische

4) So sagen auch das Oesterr. Concordat Art. 11., Bayer. Concordat Art. 12. d. So ist es auch in Preußen nach der Verfassung vom 31. Januar 1850. Art. 15. 5) Gegen den hier behaupteten recursus ab abusu sehe man oben §. 46 c. 6) So sagt auch das Oesterr. Concordat Art. 16. 7) So sagt auch für Oesterreich die Kaiser!. Verordnung vom 48. Avril 1850. §. 4. 5. Bestätigt ist dieses im Schreiben des Erzbischofes von Wien vom 18. August 1855. Art. 13., Ministerialerlaß vom 25. Januar 1856. 1) Es wurde dem Geistlichen, der bei feinem Bischöfe accusirt wurde,

421 Recht gab dieses jedoch nur bei leichteren Vergehen zu; Verbrechen gehörten vor den weltlichen Richtera).

die schweren

So war es im

Wesentlichen auch noch unter Justinian 3). Im Abendlande kam aber die Kirche ihrem Ziele näher.

Die Concilien untersagten wie früher,

den Geistlichen, einen Geistlichen beim weltlichen Richter zu acciifiren4);

sie geboten bei Anklagen gegen einen Geistlichen die Mitwirkung des Bischofes b); sie erlangten dadurch, daß solche Anklagen von dem welt­

lichen Gesetze an ein gemischtes Gericht gewiesen wurden 6).

Endlich

wurden die Geistlichen von der weltlichen Jurisdiction ganz befreit und ihren Bischöfen überlassens. Der Grund lag unstreitig mit darin,

weil sich die Beweisführung vor den weltlichen Gerichten durch den Zweikampf und andere Gottesurtheile mit dem geistlichen Stande nicht

vertrugt).

Im Mittelalter

war dieses von der Kirche lebhaft ver­

theidigte Vorrecht b) fast in allen Ländern, jedoch nicht überall ohne Einschränkungen^), anerkanntn).

In der neueren Zeit ist es aber,

verboten, an das weltliche Gericht zu gehen, c. 43. c. XL q. 1. (Conc. Carth. HI. a. 397), es wurde den Geistlichen geboten, Geistliche nur beim Bischof zu accusiren, c. 46. eod. (Conc. Chalced. a. 451). 2) Die römischen Gesetze scheinen zwar die Accusationen wider die Kle­ riker unbedingt vor die. Kirche zu verweisen, c. 12. 41. 47. C. Th. de episc. (16. 2). Allein Godefroi hat bewiesen, daß dieses nur von den leichteren Ver­ gehen zu verstehen ist. 3) Nov. Inst. 123. c 8. c. 21. §. 1. 4) C. 6. c. XI. q. 1. (Conc. Matisc. I. a. 581), c. 42. eod. (Conc. Tolet. III. a. 589), Capit. Pippini a. 755. c. 18. (Pertz Leg. I. 26). 5) Conc. Matisc. II. a 585. c. 10., Conc. Paris. V. a. 614. c. 14. 6) Edict. Chlotar. II. a. 615. c. 4. Ut nullus iudicum de quolibet ordine Clericos de civilibus causis , praeter criminalia negotia, per se distringere aut damnare praesumat. — Qui vero convicti fuerint de crimine capitali iuxta canones distringantur et cum Pontificibus examinentur. 7) Capit. Aquisgr. a. 789- c. 38 (Pertz Leg. I. 60), Capit. Francos, a. 794. c. 39 (Ibid. p. 74), Capit. Lang. a. 803. c. 12 (Ibid. p. 110). 8) In diesem Geiste sind auch die falschen Decretalen gedichtet (§. 98. Note 33). 9) C. 4. 8. 10. 17. X. de iudic. (2. 1), c. 12. 13. X. de for. compet. (2. 2). 10) So namentlich nicht in Lucern, Segesser Rechtsgeschichte von Lucern II. 743-53. 868-70. 11) In den Ländern, die zum römischen Reich gehörten, durch Frider. II. const. a. 1220. c. 4. (§. 183. Note 5), Auth. Statuimus Frider. II. ad c. 33. C. de episc. (1.3). In Frankreich durch bie ßtablissem. de St. Louis liv. I. chap. 82. Se li Rois ou Quens, ou Bers, au aucun an Justice en sa terre prent Cler, ou Croisie, ou aucun homme de Religion, tous fustil lais, Pen de droit rendre a Sainte Eglise de quelque meßet que il face. In England galt es im dreizehnten Jahrhundert, als Bracton schrieb, noch nicht, wurde aber bald darauf eingeführt, 3. Edward. I. c. 2., 25. Ed-

422

da die bürgerlichen Zustände ganz anders geworden sind, in den mei­

sten Ländern noch mehr beschränkt, in vielen selbst ganz aufgehoben worden^). Welche Folgen nun die Verurtheilung durch das weltliche Gericht für das geistliche Amt und den Stand hat, ist nach dem Prin­

cip der kirchlichen Freiheit lediglich der Kirche zn überlassen; sie wird

schon aus eigenem Interesse für ihre Würde sorgen.

Um jedoch mit

hinreichender Sachkenntniß urtheilen zu können, sind dem Bischöfe auf Verlangen die Acten mitzuthcilen13 * *).12Eigenthümlich war das Verhält­

niß in England.

Hier stand das Vorrecht, in Strafsachen von den

geistlichen Gerichten gerichtet zu werden, früher nicht blos den wirkli­

chen Klerikern, sondern selbst den Laien, die lesen konnten, zu. dem Ende des fünfzehnten Jahrhunderts

aus

diese Rechtswohlthat der Kleriker

Seit

wurde aber die Berufung

(benefit of clergy)

durch

die Gesetzgebung immer mehr modificirt und endlich 1827 ganz auf­ gehoben.

B) Bon den kirchlichen Strafen *).

1) Einzelne Arten,

a) Gegen Weltliche.

Greg. V. 37. Sext. V. 9. Clem. V. 8. Extr. comm. V. 8. De poenis, Greg. V. 38. Sext. V. 10. Clem. V. 9. Extr. comm. V. 9. De poenitentiis et remissionibus, Greg. V. 39. Sext. V. 11. Clem. V. 10. Extr. comm. V. 10. De sententia excommunicationis (suspensionis et interdicti). 191.

Die kirchlichen Strafen sind theils gemeinschaftliche, theils

solche, die nur gegen Kleriker angewendet werden Zu den ersteren ge­ hören folgende. 1) Die kirchlichen Büßungen. Diese bestanden in Ge­

bet, Fasten, Almosen-Geben, Tragen von Bußkleidern und andern körperlichen Kasteiungen, die bei schweren Vergehen oft Jahre lang

dauerten?), und so strenge waren, daß man während der Bußzeit sich

ward. III. st. 3. c. 4. In Norwegen geschah cs durch die Tunsberger Composttion und durch des Erzbischofs Jon Kirchenrecht (§. 109). 12) Anerkannt ist die Aushebung im Oesterr. Concordat Art. 14., Erklä­ rung des Erzbischöfe« von Wien Art. 10. 11. Dabei ist jedoch dem verklagten Geistlichen die dem geistlichen Stande gebührende Rücksicht zugesichert. 13) So sagt auch das Oesterr. Concordat Art. 14., Erklärung des Erz­ bischofes von Wien Art. 13. 1) Davon, nicht blos vom Kirchenbann, handelt: Schilling Der Kirchen­ bann nach canonischem Recht. Leipzig 1859. Eine lehrreiche Kritik dieses Wer­ ke» giebt Kober in Moy Archiv V. 68 —76. 148—167. 2) C. 6. c. XXVI. q. 7. (Statuta eccles. antiq.), c. 66. D. I. de poenit. (Hieronym. a. 408), c. 81. §. 3. eod. (Augustin, c. a. 415), c. 84. eod. (Idem a. 401), c. 8. c. XXXIII. q. 2. (Paulin, ad Heistulf. c. a. 794), c. 17. c. XII. q. 2. (Nicol. I. c. a. 860).

423

von allen weltlichen Beschäftigungen entfernt halten mußte, und selbst nicht eine Ehe eingehen bürste3).

Jetzt sind aber solche öffentlichen

Kirchenbußen meist außer Gebrauch gekommen.

2) Denjenigen, deren

Alter und Gesundheit für jene Pönitenzen zu schwach war, wurde die Umwandlung in eine Geldbuße gestattet, welche zum Loskauf von Ge­

fangenen oder Leibeigenen, zur Unterstützung der Armen, zur Erbauung von Kirchen, Brücken und zu anderen gemeinnützigen Anstalten ver­

wendet tourbe4). Auch kamen bei den geistlichen Gerichten andere kleine

Geldstrafen auf, die eben so zu frommen Zwecken benutzt werden soll­

ten 5). Jetzt ist aber beides ebenfalls außer Gebrauch. 3) Mit den Pö­

nitenzen war zwar nicht

die Ausschließung von der christlichen Ge­

meinschaft, doch aber von gewissen Theilen des gemeinschaftlichen Gotverbunden.

tesdiestes

Dieses hatte vier Grade.

Der erste (fletus,

TipoxXavffig) bestand darin, daß die Büßenden in Bußkleidern außen

vor der Kirche stehen mußten. Im zweiten (auditio, äxQÖaoiq) wa­ ren sie in das Innere hören

der Kirche zugelassen, jedoch nur zum An­

der heiligen Bücher und an

der dritten

Stufe

an gewissen Tagen über sie, lich in

der

Gläubigen

letzten

einem abgesonderten Orte.

Auf

vnömtoani)

wurde

an der Erde hingcbeugt, gebetet.

End­

(substratio,

(consistentia,

zum gemeinschaftlichen

genuflexio,

oiotuoi;)

Gebete um

durften sie mit den

den Altar

herumste­

hen, waren aber noch von den Oblationen und der Communion aus­ geschlossen.

Alle diese Absonderungen

tionen genannt3).

wurden

auch Excommunica-

Später kamen zwar jene vier Stufen allmählig

außer Gebrauch: allein die Ausschließung vom Gottesdienst und von den Sacramenten wurde doch als eine Kirchcnstrafe unter dem Namen

der kleineren Excommunication beibehalten ’). Diese kommt auch noch in den Beschlüssen der neueren Concilien8) und in den protestantischen

3) C. 4. D. V. de poenit. (Conc. Nicaen. a. 325), c. 2. 3. eod. (Leo I. a. 443), c. 12. c. XXXIII. q. 2. (Siric. a. 385), c. 14. eod. (Leo I. a. 443), c. 13. eod. (Leo IV. c. a. 850). 4) Die Beweise findet man in den Pönitentialbüchern. 5) C. 3. X de poen. (5. 37), Conc. Trid. Sess. XXV. cap. 3. de ref., Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. X. cap. 9. 10. 6) Der Unterschied dieser kleineren Excommunicanonen und des großen Anathema lag in der Natur der Sache, und ist daher nicht, wie Andere mei­ nen, erst später erfunden worden. 7) Gratian. ad c. 24. c. XL q. 3., c. 2. X. de except. (2. 25), c. 10. X. de cleric. excomm. (5. 27), c. 59. X. de sentent. excomm. (5. 39) (Note 12). 8) Conc. August, a. 1548. c. 19., Conc. Constant, a. 1567. P. I.

424

Kirchenordnungen vor.

4) Das Anathema9* ), * wodurch der Schuldige

von der Kirche, als dem Leibe Christi, gänzlich abgeschnittcn wirb10). 11 12 13 14 15

Dieses ist schon früh ebenfalls Exkommunikation genannt worden"), und wird jetzt sogar regelmäßig unter diesem Worte verstanden").

Das Recht zu dieser Strafe ist, wie auch die protestantischen Bckenntnißschriften anerkennen'9),

m dem Wesen der Kirche und dem Bei­

spiel der Apostel selbst gegründet. Sie wird nach den Umständen zu­ weilen unter sehr feierlichen Formeln und Ceremonien ausgesprochen");

doch ändert dieses an ihrem inneren Wesen nichts. Um die Erinnerung an diese schwere Strafe lebendig zu erhalten, wurden nach einem alten

Gebrauch die Vergehen, worauf sie gesetzt war, jährlich von neuem

bekannt gemacht.

Hieraus

ist die Bulle entstanden, welche ehemals

jedes Jahr am Donnerstag in der Charwochc in Rom und in ande­

ren Bisthümern feierlich verlesen wurde"). In der morgenländischen

Tit. X. c. 4., Conc. Camerac. a. 1604. Tit. V. c. 3., Conc. Paderborn, a. 1688. P. II. Tit. IV. c. 12. 9) Davon handelt sehr gründlich: Kober Der Kirchenbann nach den Grundsätzen des kanonischen Rechts. Tübingen 1857. Minder befriedigend ist die Schrift von Schilling (Rote 1). Lehrreich mit Beziehung aus die neuesten politischen Ereignisse ist: Feßler Der Kirchenbann und seine Folgen. Zweite Auflage. Wien 1860. 10) I. Cor. V. 5., I. Tim. I. 20., c. 21. c. XI. q. 3. (Origen, c. a. 217), c. 33. eod. (Augustin, c. a. 412), c. 32. eod. (Idem c. a. 415). 11) Wenn also das Anathema und die Excommunication sich entgegenge­ setzt werden, so ist unter der letzteren die kleinere zu verstehen, c. 12. c. III. q. 4. (Johann. VIII. c. a. 873), Gratian. ad c. 24. c. XI. q. 3., c. 10. X. de iudic. (2.1). Wenn hingegen die Excornrnunication und tne Ausschließung von den Sacrarnenten unterschieden werden, so ist erstere mit dem Anathema gleichbedeutend, c. 2. X. de except. (2.25), c. 59. X. de sentent. excomm. (5. 39) (Rote 12). 12) C. 59. X. de sentent. excomm. (5. 39). Si quem sub hac forma verborum: »Illum excommunico« vel simili, a iudice suo excommunicari contingat, dicendum est, eum non tantum minori, quae a perceptione sacramentorum, sed etiam maiori excommunicatione, quae a communione fidelium separat, esse ligatum. 13) August. Conf. Tit. VII. de potestate ecclesiastica, Helvet Conf. I. Cap. XVIII., Belg. Conf. Art. XXXII., Gallio. Conf. Art. XXXIII., Angl. Conf. Art. XXXIII. 14) C. 106. 107. c. XI. q. 3. (Cap. incert.). Diese Formen beschreibt Kober Kirchenbann S. 194—202. Die härteste war die, welche das Anathema Maranatha hieß, Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. X. cap. 1. n. 7. Große Begeisterung für eine Wahrheit ist von selbst mit einem lebhaften Ab­ scheu gegen den Irrthum verbunden, und daraus sind die grellen Exeommunieationssormeln der älteren Zeit hervorgegangen. 15) Bon den durch den Druck bisher bekannt gewordenen Recensionen die­ ser Bulle in coena domini, ist die älteste von Urban V. (1362), die jüngste vou Urban VIII. (1627). Es werden darin unter anderen excommunicirt die Piraten, wer gestrandete Schiffe ausplündert, Pilgrime beraubt, und wer den

425 Kirche geschieht dasselbe noch jetzt in dem sogenannten Dienste des orthodoxen Sonntags. Die Wirkungen des Anathema waren so strenge, daß man mit dem Verstoßenen nach den Worten der Apostel18 * *) *selbst 16 17 im gewöhnlichen Leben keinen Verkehr mehr haben sollte1?). Dieser Grundsatz, vom Staatsrecht der germanischen Reiche aufgefaßt, führte von selbst auf die bürgerliche Acht l)in18). Wegen der Verlegenheiten, die aus der Durchführung jenes Grundsatzes entstanden, wurden je­ doch mancherlei Ausnahmen nachgegeben19), und auch als Strafe der Uebertretung nicht mehr wie sonst die große, sondern nur die kleine Excommunication festgesetzt20). Später ist aber selbst diese auf den Fall beschränkt worden, wo derjenige, mit welchem man Umgang ge­ habt hat, durch einen richterlichen Spruch namentlich excommunicirt, und öffentlich als solcher bekannt gemacht worden ist21). Uebrigens sollen Excommunicationen nur mit Maß, aus wichtigen Gründen und nach reiflicher Erwägung angewendet werden22),23auch der Verhängung wenigstens zwei warnende Monitionen vorhergehen28). Die EinmiTürken Waffen oder Kriegsmunition zuführt. Diese und ähnliche Bestimmun­ gen sind aus der Stellung, die der Papst sonst im europäischen Völkerrecht ein­ nahm, zu erklären.

16) Matth. XVIII. 17., II. Joann. 9—11., II. Tim. IV. 15., II. Thess. m. 14., I. Cor. V. 11. 17) Can. Apost. 10., c. 19. c. XL q. 3. (Statuta eccles. antiq), c. 24. eod. (Chrysost. c. a. 404), c. 7. eod. (Conc. Bracar. c. a. 572), c. 18. eod. (Isid. c. a. 630). 18) Da die Verbindung der bürgerlichen Acht mit der Excommunieation damals Regel mar (§. 44 b. Rote 17), so erklärt sich, wie die Concilien zu­ weilen ohne weiteres mit aus erstere erkennen konnten, Conc. Trid. Sess. XXV. cap. 19. de ref. Sie thaten dieses haft des damals bestehenden Staatsrechts, also "im Austrag der weltlichen Macht; denn aus sich waren sie dazu nicht be­ rechtigt. Wohl aber durfte die Kirche aus eigenem Recht die Excommunicirten von ihren Gerichten als Ankläger, Zeugen oder Procuratoren ausschließen. Dar­ aus folgte auch die Unfähigkeit zu testiren, weil man sowohl zur Errichtung wie zur Execntion eines Testaments des geistlichen Arms bedurfte.

19) C. 103. c. XI. q. 3. (Gregor. VII. c. a. 1079), c. 110. eod. (Ur­ ban. II. c. a. 1093), c. 31. X. de sentent. excomm. (5. 39). 20) C. 2. X. de except. (2. 25), c. 29. X. de sent. excomm. (5.39), c. 3. eod. in VI. (5. 11). 21) Dieses geschah durch die Const Ad evitanda, welche von Martin V. auf dem KoLnitzer Concilium erlassen worden ist, Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. XII. c. 5. n. 4. Diese ist auch in die Concordate mit der deut­ schen Ration ausgenommen, Hartzheim Conc. Germ. T. V. p. 133. 147. Auch beziehen sich darauf das Conc. Basil. Sess. XX. cap. 2., Conc. Late­ ran. V. Sess. XI. §. Statuimus insuper. Gründlich handelt von dieser Frage Kober Kirchenbann S. 245—67. 376—415.

22) Conc. Trid. Sess. XXV. cap. 3. de ref., Benedict. XIV. de syn­ odo dioeces. lib. X. cap. 1. 2. 3. 23) C. 48. X. de sent. excomm. (5. 39), c. 5. 9. eod. in VI. (5. 11),

426 schung der weltlichen Obrigkeit ist dabei als in

eine rein geistliche

Angelegenheit nicht zu dulden24), wogegen ihr natürlich zu überlassen

ist, in wie fern mit der Excommunication bürgerliche Wirkungen ver­

bunden sein sollen. Die Strafe dauert aber immer nur bis zur Bes­

serung 25),

geschehen26). brauch

und die Reconciliation kann nach den Unistünden feierlich

5) Das Interdikt.

Dieses besteht darin, daß der Ge­

kirchlicher Handlungen untersagt wird,

die Gemeinschaft selbst aufzuheben.

ohne

eigentlich

Im Mittelalter wurde es mei­

stens auf ganze Städte oder Provinzen angewendct,

oder Bevölkerung sich

doch

deren Vorsteher

eines großen Frevels wider die Kirche schuldig

gemacht hatten.

Beispiele dieser Strafe finden sich schon im neunten

Jahrhundert24).

Der Gedanke dabei ist, die Schuldigen durch den

Anblick des Unheils, welches sie über die Unschuldigen gebracht, umzu­ stimmen, die Unschuldigen zu Vorstellungen und Fürbitten anzutreiben, und zuletzt der, daß die Kirche von einem Orte, wo sie mit Ehre und Sicherheit nicht mehr bestehen kann, sich zurückziehen muß. Doch wur­ den aus Rücksicht auf die Unschuldigen mancherlei Milderungen und

Ausnahmen festgesetzt28).

b) .Strafen gegen Geistliche. 191 a.

Die besonderen Strafen der Kleriker sind: 1) Die Sus­

pension. In der älteren Zeit, wo jeder Kleriker regelmäßig auch eine feste Anstellung bei einer Kirche hatte, gieng die Suspension sowohl auf die Rechte des Ordo überhaupt, wie auf das Kirchenamt insbeson­

dere4). Nach der jetzigen Disciplin giebt es aber eine dreifache Sus­

pension : die von dem Ordo allein, wenn der Geistliche kein Kirchenamt hat, die von dem Amt und Ordo zugleich2), und die blos vom Genuß

der Amtseinkünfte8).

Sie kann auf eine

bestimmte, oder auf eine

Conc. Trid. Sess. XXV. cap. 3. de ref. Genau handelt von dem Verfahren Koder Kirchenbann S. 168—194. 24) Conc. Trid. Sess. XXV. cap. 3. de ref. 25) C. 11. X. de constit. (1.2), c. 1. de sent. excomm. in VI. (5.11). 26) C. 108. c. XI. q. 3. (Cap. incert.). 27) Die Beweise giebt Kober in Moy Archiv V. 162—64. 28) C. 11. X. de sponsal. (4. 1), c. 11. X. de poenit. (5. 38), c. 43. 57. X. de sent. excomm. (5. 39), c. 17. 19. 24. eod in VI. (5.11), c. 2. Extr. comm. eod. (5. 10). 1) C. 32. I). L. (Conc. Ancyr. a. 314), c. 52. D. L. (Conc. Jlerd. a. 524), c. 1. X. de der. venat. (5. 24). 2) C. 7. §. 3. X. de elect. (1. 6), c. 2. X. de calumn. (5.2), c. 1. de sentent. et re iudic. in VI. (2. 14). 3) C. 16. de elect. in VI. (1. 6).

427 unbestimmte Zeit,

oder für

immer

geschehen;

regelmäßig aber erst

nach gehöriger Verwarnung und Untersuchung^). Dieser Strafe ver­ wandt ist

diejenige, wodurch einem Geistlichen der Gottesdienst und

der Zutritt der Kirche interdicirt wird^). 2) Disciplinarstrafen wider

Verletzungen der geistlichen Zucht. Diese können sein: Verweisung an einen abgesonderten Ort zur Buße und Betrachtung, auferlegtes Fa­ sten, selbst Einsperrung für eine mäßige Zeit^).

Ehemals kamen ge­

gen die niederen Kleriker selbst körperliche Züchtigungen uor74).5 63) Die

Absetzung vom Kirchenamte.

Dieser entsprach nach der älteren Di­

sciplin, wenn ein Geistlicher von

einem höheren Ordo auf einen nie­

deren herabgesetzt wurde 8). Von dieser Strafe 'und der damit verwand­ ten Strafe der Versetzung nach der heutigen Disciplin wird in der Lehre

von den Kirchenämtern die Rede sein.

geistlichen Stande.

Diese

4) Die Verstoßung aus dem

lag nach der älteren Disciplin mit darin,

wenn Einer seines Amtes entsetzt wurde; denn er wurde dadurch auch aller Rechte des Ordo beraubt und nur noch zur Laiencommunion zu­ gelassen 9).10 Dieses 11 hieß eine Deposition^) oder auch Degradirungu).

Nach der jetzigen Disciplin schließt aber die Absetzung vom Amte nicht

nothwendig die Verstoßung aus dem geistlichen Stande in sich, sondern diese bildet unter dem alten Namen der Deposition oder Degradation eine besondere Strafe12).13 Diese wird theils wegen schwerer geistlichen

Vergehen,

theils wie auch im alten Recht die Deposition^) zu dem

4) C. 26. X. de appellat. (2. 28). Wenn die Suspension nicht als Censur, sondern als Strafe auszusprechen ist, bedarf es keiner vorhergehenden Monitionen, Ferraris Bibliotheca v. suspensio art. I. addit. 5) C. 1. 20. de sentent. excomm. in VI. (5.11), Conc. Trid. Sess. VI. cap. 1. de ref. 6) Dazu hatte die Kirche schon unter den Römern eigene Correctionshäuser oder decanica, Gothofr. ad c. 30. C. Th. de haeret. (16.5). Auch wurden dazu die Klöster gebraucht, c. 2. c. XXI. q. 2. (Conc. Hispal. II. a. 619). 7) C. 1. c. XXin. q. 5. (Augustin, a. 412), c. 6. c. XL q. 1. (Conc. Matisc. I. a. 581), c. 8_. D. XLV. (Conc. Bracar. III. a. 675), c. 1. X. de calumn. (5. 2). 8) C. 9. D. XXVIII. (Conc. Neocaes. a. 314). 9) C. 1. c. I. q. 7. (Cyprian, a. 256), can. Apost. 24., c- 13. D. LV. (Gelas, c. a. 494), c. 7. D. L. (Conc. Agath. a. 506), c. 4. X. de excess. praelat. (5. 31). 10) 0. 5. D. LXXXI, (Conc. Nicaen. a. 325), can. Apost. 24. 11) C. 3. 5. D. XLVI. (Statuta eccles. antiq.), c. 8. D. LXXXI. (Conc. Cabil. II. a. 813). 12) C. 13. X. de vita et honest. (3. 1), c. 6. X. de poen. (5. '37). 13) Nov. Iust. 83. praef. §• 2., nov. 123. c. 21. §. 1.

428 Zwecke angewendet, um einen Geistlichen, an dem wegen eines bürger­ lichen Verbrechens vom weltlichen Arm eine peinliche Strafe vollzogen

werden soll, zuvor seiner geistlichen Würde zu entkleiden").

Sie ge­

schieht entweder blos mündlich, oder wie auch schon im alten Recht die $)cpofition15), in solenner Form mit symbolischen Feierlichkeiten^).

Zu der Letzteren darf jedoch nur in den gesetzlich bezeichneten Fällen oder gegen einen ganz halsstarrig bleibenden Geistlichen geschritten

werden").

5) Die zeitliche oder lebenslängliche Einsperrung in ein

Kloster oder Gefängniß"). Diese war sonst mit der Degradation re­ gelmäßig verbunden19). Jetzt kommt sie kaum mehr vor. 6) Die Aus­

lieferung an den weltlichen Arm").

Doch soll die Kirche dabei um

Verschonung mit der Lebensstrafe bitten21).

2) Allgemeine Grundsätze. 192.

Die geistlichen Strafen können im Allgemeinen nur

in

Entziehung der Vortheile bestehen, welche die Kirche selbst gewährt,

also im äußersten Falle in der Verstoßung aus der Gemeinschaft, oder in solchen Nachtheilen, denen sich der Schuldige, um jenem äußersten

Uebel zu entgehen, freiwillig unterwirft.

Die Excommunication ist

daher der Stützpunkt der geistlichen Zucht.

Wo die Kirche auch bür­

gerliche Strafen zuerkennt,

hängt dieses mit den ihr vom weltlichen

Arm übertragenen Jurisdictionsverhältnissen zusammen.

Uebrigens

werden die kirchlichen Strafen noch auf verschiedene Art eingetheilt. Einige sind blos heilende Strafen (poenae medicinales) oder Cen­

suren, und treffen den Schuldigen nur so lange, und

gehörige Genugthuung anbietet.

bis er in sich geht

Andere sind wirkliche ahnende

14) C. 10. X de iudic. (2. 1), c. 7. X. de er im. falsi (5. 20). Ehe dieses geschehen war, durste die Strafe nicht vollzogen werden, Henrici VII. sententia 1234 (Pertz Leg. II. 302). 15) C. 65. c. XL q. 3. (Conc. Tolet. IV. a. 633). 16) C. 2. de poen. in VI. (5. 9), c. 1. de haeret. in VI. (5. 2), Conc. Trid. 8688. XIII. cap. 4. de ref. 17) Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. IX. cap. 6. 18) C. 35. X. de sent. exeomm. (5 39), c. 27. §. 1. deV. 8. (5.40), c. 3. de poen. in VI. (5. 9). 19) C. 13. D. LV. (Gelas, c. a. 494), c. 7. D. L. (Conc. Agath. a. 506) , c. 8. D. LXXXI. (Conc. Cabilon. II. a. 813), c. 7. D. LXXXI. (Eugen. II. a. 826), c. 4. X. de excess. praelat. (5. 31), c. 6. X. de poen. (5. 37). 20) C. 10. X. de iudic. (2. 1). c. 9. X. de haeret. (5. 7). 21) C. 27. X de V. 8. (5. 40).

429

Strafe« (poenae vindicativae), die der Gerechtigkeit als eigentlicher Ersatz der begangenen Schuld dienen sollen.

Die Censuren sind die

Excommunication, das Interdikt und die Suspension, wenigstens die­ jenige, die auf unbestimmte Zeit ausgesprochen wird1).

Ferner sind

die Strafen entweder solche, die den Schuldigen erst dann treffen,

wenn sie durch

richterlichen Spruch über ihn erkannt worden sind

(poenae ferendae sentenfiae),

oder solche, die daS Gesetz unmit­

telbar an die That selbst, so als ob schon gesprochen wäre, geknüpft

hat (poenae latae sententiae).

Practisch kommt freilich auf diese

Unterscheidung nicht viel mehr an, weil bei den Strafen der zweiten Art Unwissenheit befreit, und'zur Ermittlung der Thatsache doch im­

mer eine richterliche Untersuchung und ein Spruch nöthig ist, welcher, daß die Strafe wirklich eingetreten sei, erklärt2). Doch wird der allzu häufige Gebrauch von Censuren der zweiten Art mit Recht getadelt2).

C) Don den Gerichten. 193.

Die bei der Handhabung der geistlichen Strafgewalt thä­

tigen Behörden sind folgende. I. Ueber die kirchlichen Vergehen der

Laien richtete ursprünglich der Bischof selbst mit seinem Presbyterium. In den germanischen Reichen dienten dazu hauptsächlich die Archidia-

conen, die dabei auf den Sendgerichten von den Sendzeugen unter­ stützt wurden4).

Später trat dafür das Amt des bischöflichen Offi-

zialeS einsund die Sendzeugen wurden durch die bischöflichen Promo­

toren oder Fiscale ersetzt3).

daneben fort;

Die Archidiaconengerichte bestanden zwar

allein endlich entzog das Concilium von Trient ihnen

die Strafsachen gänzlich und wies sie ausschließlich dem bischöflichen Gerichte zu4). II. Anklagen wider Priester und Diaconen wegen kirch­ licher Vergehen wurden im Orient blos vor dem Bischof verhandelt2).

1) C. 20. X. de V. 8. (5. 40). 2) C. 19. de haeret. in VI. (5. 2), eiern. 2. de poen. (5. 8). 3) Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. X. cap. 1. 2. 3., Kober Kirchenbann S. 51 — 64. Bei Beiden findet man auch über das Historische gründliche Nachweisungen. 1) Man sehe darüber §. 187. Note 6. 7. 2) Man sehe darüber §. 145 a. Note 11. 3) Van-Espen Ins eccles. univers. Part. III. tit- 6. cap. 5. n. 9— 27. tit. 8. cap. 1. n. 12., Bouix de iudiciis ecclesiast. I. 470—476. 4) Conc. Trid Sess. XXIV. cap. 20. de ref. 5) C. 6. c. XI. q. 3. (Conc. Antioch. a. 341), c. 2. c. XXL q. 5. (Idem eod.), c. 29. C. de episc. audient. (1. 4). nov. Inst. 137. c. 5.

430 Im Occident mußte eine bestimmte Zahl von Bischöfen zugezogen wer­

den 6). Dieses ist aber längst außer Gebrauch; nur wenn die Sentenz

auf Degradation geht, ist die Berathung mit anderen würdigen und

ausgezeichneten Geistlichen und deren einhellige Zustimmung nothwen­ dig^). III. Die Anklagen wider einen Bischof gehörten vor das Provinzialconcilium 8), oder in Afrika vor ein Gericht von zwölf Bischö­

fen b); die wider einen Metropoliten vor den Exarchen der Diöcese^), oder im Abendlande vor den Papstn);

endlich die wider einen der

hohen Exarchen oder Patriarchen vor den Papst als das Oberhaupt der $itd)e12). Später aber wurden die Anklagen gegen Bischöfe we­ gen der Wichtigkeit solcher Sachen im Orient unmittelbar vor den

Patriarchen13), im Occident an den römischen Stuhl gezogen;

letz­

teres anfangs nur dann, wenn der verklagte Bischof vor dem Spruch denselben angerufen hatte"), seit dem zehnten Jahrhundert aber bei

schweren Anklagen, wo es sich um die Absetzung handelt, unbedingt *3),

so

daß dann der Papst zur Untersuchung einen Legaten abschickte,

oder

dieselben einem benachbarten Bischöfe delegirte,

oder auch den

Verklagten nach Rom berief und über ihn auf einer römischen Synode verhandelte^). Jener Grundsatz gilt auch noch jetzt"). IV. Die Ap­

pellation eines verurtheilten Presbyters gieng in der älteren Zeit an

6) C. 3. c. XV. q. 7. (Conc. Carth. I. a. 348), c. 4. eod. (Conc. Carth. II. a. 390), c. 5. eod. (Conc. Carth. III. a. 397), c. 1. 7. eod. (Conc. Hispal. II. a. 619), Conc. Tribur. a. 895. c. 10. 7) C. 2. de poen. in VI. (5. 9), Conc. Trid. Sess. XIII. cap. 4. de ref., Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. IX. cap. 6. n. 7., Koh er in Moy Zeitschrift V. 164—66. 8) C. 1. c. VI. q. 4. (Conc. Antioch. a. 341), c. 46. c. XI. q. 1. (Conc. Chalced. a. 451), nov. Iust. 123. c. 22., nov. 137. c. 4. 5. 9) C. 3. c. XV. q. 7. (Conc. Carth. I. a. 348), c. 4. eod. (Conc. Carth. II a. 390). 10) C. 46. c. XL q. 1. (Conc. Chalced. a. 451), nov. Iust. 123. c. 22., nov. 137. c. 4. 5. 11) Epistola Romani concilii a. 378. ad Gratian. et Valentin, impp. c. 9., Rescriptum Gratiani a. 379. ad Aquilinum vicarium urbis c. 6. (Schoenemann epist. Roman, pontif. 1.1. p. 359. 364), Gregor. M. epist. lib. VII. (al. IX.) epist. 8. (c. 45. c. II. q. 7). 12) Man sehe darüber §. 19. Note 25. 13) Conc. Constant. IV. a. 869. c. 26. 14) Gregor. IV. epist. I. a. 832. (c. 11. c. II. q. 6), Leon. IV. epist. II. a. 850. (c. 3. c. II. q. 4). Man sehe auch §. 98. Note 36. 15) Diesen Grundsatz entwickelte zuerst Nicolaus I. (§. 98. Note 40). 16) Beispiele giebt P. de Marca de concord. lib. VII. cap. 25. 26. 17) C. 2. X. de translat. episc. (1.7), Conc. Trid. Sess. XHI. cap. 8. Sess. XXIV. cap. 5. de ref.

431 das Provinzialconcilium18); jetzt ist die Ordnung dieselbe,

wie bei

den anderen geistlichen Sachen. Bei der Berurtheilung eines Bischofes

wurde, wenn das Concilium uneinig gewesen, mit Zuziehung der Bi­ schöfe der benachbarten Provinz ein neuer Spruch getijan19).

Die

Appellation aber gicng an das höhere Concilium des Exarchen20), oder

an den römischen Stuhl21). Jetzt, wo über schwere Anklagen der Papst selbst den Ausspruch thut, können Appellationen nur noch bei den leich­

teren Sachen vorkommen. V. In der morgenländischen Kirche steht die geistliche Strafgewalt über Laien und Geistliche zunächst den Bischöfen zu. Die Appellation geht beziehungsweise an den Patriarchen oder an die heilige Synode. Die Bischöfe stehen unmittelbar unter Diesen. VI.

Bei den Protestanten soll in Deutschland die Handhabung der Kirchen­

zucht durch die Consistorien, hin und wieder noch durch die Presby­ terien und Synoden, geschehen.

Gegen Amtsvergehen der Geistlichen

schreiten die Consistorien ein.

In Holland ist die Handhabung der

Kirchendisciplin hauptsächlich auf die Kirchenräthe gegründet; die Straf­

gewalt über die Geistlichen steht hauptsächlich der Provinzialregierung zu. In England haben sich für das kirchliche Strafwesen noch die Ar-

chidiaconengerichte behauptet, und es kommen dabei selbst noch Send­ schöffen (sidesmen, questmen) vor; doch ist deren Amt auch häufig

mit dem der Kirchenältesten (churchwardens) verbunden.

Die An­

klagen gegen Geistliche gehören vor das bischöfliche Gericht, die gegen einen Bischof vor den Erzbischof.

In Schweden,

wo bis 1855 die

Kirchcnstrafen zu den polizeilichen Einrichtungen des Landes gehörten, wurden die geringeren von den Kirchenräthen und bischöflichen Con­

sistorien, die höheren von den weltlichen Gerichten, der große Bann vom König ausgesprochen. Die Strafgewalt gegen Geistliche wird von den weltlichen Gerichten gehandhabt;

doch wohnt den Sitzungen ein

Abgeordneter des Consistoriums bei, und die Absetzung selbst wird durch den geistlichen Arm vollzogen.

Die Bischöfe stehen unmittelbar

18) Conc. Nicaen. a. 325. c. 5., c. 2. c. XXI. q. 5. (Conc. Antioch. a. 341), c. 4. c.XI. q. 3. (Conc. Sardic. a. 344), c. 5. eod. (Conc. Carth. II. a. 390), c. 35. c. II. q. 6. (Conc. Milev. a. 416), c. 29. C. de episc. audient. (1. 4). 19) Conc. Antioch. a. 341. c. 14. 15. (c. 1. 5. c. VI. q. 4). 20) Conc. Antioch. a. 341. c. 12. (c. 2. c. XXI. q. 5), nov. Inst. 123. c. 22. 21) Man sehe §. 19. Note 26. 27. 28.

432 unter dem Könige. In Dänemark und Norwegen geht die Handhabung

der Kirchenzncht hauptsächlich die Kirchenräthc an;

wegen Amtsver­

gehen der Geistlichen haben auf Anklage durch den Bischof gemischte Gerichte zu erkennen, in erster Instanz das Propstgericht, woran der

bürgerliche Unterrichtcr Theil nimmt, in zweiter Instanz das Consi-

storialgericht,

wobei der Stiftamtsmann concurrirt; die Bischöfe ge­

hören unmittelbar unter das höchste Gericht.

D) Bon dem Bei fahren l). Greg. V. 1. Sext. V. 1. De accusationibus , inquisitionibus et denun­ tiatio nibus , Greg. V. 2. De calumniatoribus, V. 22. De collusione detegenda, V. 34. De purgatione canonica , V. 35. De purgatione vulgari. 194.

Zur Bestrafung eines Vergehens gehört wesentlich zweier­

lei: erstens muß eine genaue Untersuchung und Prüfung der Beweise

vorhcrgegangen, zweitens muß dem Verklagten die freieste Vertheidi­ gung gestattet gewesen sein.

In so weit ist eine gewisse Förmlichkeit

unentbehrlich. Doch ist andererseits die Rücksicht auf die Formen nicht zu weit zu treiben; sondern es muß, zumal in der Kirche, die materielle Wahrheit und die richterliche Ueberzeugung von derselben die Haupt­ sache bleiben. Nach diesen Gesichtspunkten hat sich das kirchliche Ver­

fahren in Strafsachen in folgender Weise entwickelt. I. Der Grund­ gedanke deS kirchlichen Strafrechts ist überhaupt der, den bekennenden reumüthigen Sünder durch die Buße mit Gott zu versöhnen, den Läug-

nenden zu überführen und durch eine Kirchenstrafe

zur Genugthuung

anzuhalten, den Verstockten ganz aus der Gemeinschaft zu verstoßen. Da die Kirchenstrafen,

insbesondere die Excommunication,

als ein

großes Uebel angesehen waren, so wurde in den beiden letzteren Fäl­

len des Beweises und unpartheiischen Spruches wegen mit

großer

Umsicht verfahren. Es wurden Gerichte gehalten, wo der Bischof mit

1) Das Historische behandeln: Biener Beiträge zu der Geschichte des Inquisitions-Prozesses. Leipzig 1827., Hildenbrand die Purgatio canonica und vulgaris. München 1841., Marx De denunciatione iuris canonici. Scafh. 1859. Blos auf die ersten Jahrhunderte bezieht sich die Schrift von Feßler (§. 186. Rote, 3). — Das Historische und Practische umfaßt Molitor Ueber kanonisches Gerichtsverfahren gegen Kleriker. Mainz 1856. Doch ist er wie Hildenbrand in der Bedeutung der germanischen Eideshelfer den falschen An­ sichten von Rogge und Phillips gefolgt. — Aus das rein Practische gehen Bouix de iudiciis ecclesiast. II. 1—396., Molitor Ueber das strasrechtliche procedere bei den bischöflichen Osficialaten (Moy Archiv V. 344—68).

433 seinen Priestern und Diaconen den Schuldigen und seinen Ankläger vernahm, die Zeugen abhörte, und

danach

die Strafe aussprach 2).3

Hinsichtlich der Art, wie ein solches Gericht zur Cognition des Ver­ gehens gelangte, sind drei Fälle zu unterscheiden. Der Eine setzt vor­

aus, daß derjenige, wogegen sich ein Mitbruder versündigt, denselben

der Vorschrift Christi gemäß zuerst unter vier Augen, dann vor Zeu­ gen fruchtlos gemahnt, und ihn endlich dem Bischof angezeigt hatte8). Wenn der Beschuldigte dann läugnete, muß cs entweder zur offenen

Anklage durch den Angeber oder zur amtlichen Untersuchung durch

den Bischof und zur gehörigen Beweisführung gekommen fein4).5 6Der 7 zweite Fall ist, wo dem Bischöfe unmittelbar ein Vergehen bekannt ge­ worden. War dieses ein ruchbares, so mußte er mit oder ohne vorherige

Admonition einschreiten8) und Anklage erheben").

bekannt, so hatte er nur im Geheimen zu ahnden').

War es nur ihm Der dritte Fall

ist, wo Einer wegen eines ihm bekannt gewordenen Vergehens Anklage zu erheben sich gedrungen fühlte. Dieses war allerdings gestattet, jedoch

mußte man auch die ganze Last der Beweisführung tragen").

Die

2) Tertullian. (j* 215) Apologet, c. 39. Disciplinam praeceptoriam nihilominus inculcationibus densamus; ibidem etiam exhortationes, castigationes et censura divina. Nam et iudicatur magno cum pondere, ut apud certos de dei conspectu, summumque futuri iudicii praeiudicium est, si quis ita deliquerit, et a communione orationis et conventus et omnis sancti commercii relegetur. Praesident probati quique seniores, honorem istum non pretio, sed testimonio adepti. — Umständ­ lich beschreiben dieses auch die Const. Apost. II. 46—55. 3) Matth. XVIII. 15—17. 4) Augustin, homil. de poenit. c. 12. (c. 18. c. II. q. 1). Nos vero a communione prohibere quenquam non possumus — nisi aut sponte confessum, aut in aliquo sive seculari sive ecclesiastico iudicio nominatum atque convictum. — Man sehe auch c. 23. c. XXXII. q. 5. (Innocent. I. a. 405). 5) C. 17. D. XLV. (Origen, c. a. 417). 6) Conc. Vasense I. a. 442. c. 7. Sin autem de crimine aliquem putet (episcopus) esse damnandum, accusatoris vice discutiendum sciat; fas est enim, ut quae uui probantur. probentur omnibus. 7) C. 19. c. II. q. 1. (Augustin, c. a. 400). — Conc. Vasense a. 442. c. 8. Quod si se tantum episcopus alieni sceleris conscium novit, quamdiu probare non potest, nihil proferat, sed cum ipso ad compunctionem eius secretis correptionibus elaboret. 8) Dieses ergiebt sich klar aus Augustin, homil. de poenit. c. 12. Plerique propterea nolunt alios accusare, quia se per illos cupiunt excusare: plerique autem boni Christiani propterea tacent et sufferunt aliorum peccata quae noverunt, quia documentis saepe destituuntur, ut ea, quae ipsi sciunt, iudicibus ecclesiasticis probari possint. Quamvis enim vera sint quaedam, non tarnen iudici facile credenda sunt, nisi certis indiciis demonstrentur. Nos vero etc. (wie c. 18. c. II. q. 1). Durch Walter's Kirchenrecht. I3te Austafle. 28

434 Formen des Verfahrens waren nach der Natur des

Verhältnisses

einfach und nur auf das Nothwendigste beschränkt; nur wurde immer

zur Verurtheilung ein voller zureichender Beweis erfordert5). II. Accusationen gegen Geistliche wurden von Anbeginn

an förmlicher be­

handelt^). Als daher die Strafgewalt der Kirche über dieselben auch

von den Kaisern anerkannt worden war"), so nahmen diese Förm­ lichkeiten zu12), und es wurden nun ganz die Formen des römischen

accusatorischen Processes nachgeahmt1S). III. Dieses blieb auch in den germanischen Reichen um so mehr, als hier die Geistlichen unbedingt den Gerichtsstand vor der Kirche auch in bürgerlichen Vergehen er­

hielten").

Die geistlichen Gerichte bedurftm nun eines ganz förmli­

chen Proceßganges, und man schöpfte diesen aus dem römischen Recht, weil dieses überhaupt das Standesrecht des Klerus war.

Wegen der

practischen Wichtigkeit dieses Punktes beschäftigte sich der Verfasser

der falschen Decretalen damit vorzüglich,

und stellte aus den gang­

baren Quellen des römischen Rechts und aus der üblichen Disciplin die wesentlichen Grundsätze des accusatorischen Verfahrens unter den

Namen der ältesten Päpste zusammen,

was keine Neuerung, und für

den practischen Gebrauch bequem war15). IV. Der Gedanke, daß der

Bischof auch ohne Anzeige von Amtswegen gegen Unsitten einzuschrei­ ten verpflichtet sei, wurde in den Sendgerichten zu einer weitgreifenden amtlichen Thätigkeit mit einem entsprechenden eigenthümlichen Verfah­

ren ausgebildet, indem die Sendschöffen auf ihren Eid Anzeige machen mußten").

V. Das accusatorische Verfahren gegen Kleriker^ reichte

aber auf die Länge nicht aus, indem der Kirche daran lag, verbrecheri­ sche Geistliche auch ohne Ankläger zur Bestrafung zu bringen und auö

dem Lande zu entfernen. In diesem Geiste verordnete Jnnocenz III., daß schon bei einem durch scheinbare Gründe unterstützten Gerüchte,

diese Stelle wird Eichhorn II. 76. widerlegt, welcher meint, Laien hätten vor dem Bischöfe nicht accusiren können. Man sehe wider ihn Richter Kirchmrecht §. 225 (211). Note 4. 9) Sehr nachdrücklich wird dieses von Augustinus (Note 8) hervorgehoben. 10) I. Tim. V. 19., c. 4. c. II. q. 3. (Conc. Eliber. a. 305). 11) Man sehe §. 189. Note 1. §. 190. Note 2. 12) Conc. Carth. HI. a. 397. c. 7. 8. (c. 1. c. IV. q. 5., c. 1. c. IV. q. 6., c. 5. c. XV. q. 7). 13) Biele Beispiele davon giebt Dev.oti instit. canon. lib. IV. tit. 1. §. 5. not. 4. 14) Man sehe oben §. 190. Note 7. 15) Die Beweise stehen oben §. 98. Note 43—65. 16) Man sehe oben §. 187.

435 wenn auch

gar keine Anklage vorhergegangen, eine Inquisition von

Amtswegen

eintreten sollte").

VI. Neben diesen Proceduren fand

Jnnocenz III. auch noch das Verfahren auf Denunciation nach vor­

hergegangenen zwei Admonitionen vor *8).

Er reihte dasselbe an das

Verfahren durch Inquisition in der Art an,

wenn sie glaubhaft wäre,

Berüchtigung vorläge, entweder so

daß die Denunciation,

auch ohne daß übrigens

eine öffentliche

ein amtliche Untersuchung veranlassen sollte,

daß der Denunciant dabei als Beweisführer thätig wä­

re") , oder so daß eine reine

Untersuchung von

Amtswegen ein­

träte8"). Der falsche Denunciant aber sollte, zwar nicht wie der fal­

sche SbiHäger21) mit der Strafe des Taliou, doch aber als Calumniant bestraft werden können88). VII. Ein eigenthümliches Verfahren

mußte Statt finden, wenn Jemand einem Andern, der als Ankläger oder Zeuge aufreten wollte, oder der die Ordination oder ein Kirchen­ amt nachsuchte, den Einwand eines begangenen Verbrechens entgegen­

stellte.

Der Keim davon findet sich schon im älteren Recht88); durch

die Decretalen, besonders von Jnnocenz III., wurde es aber näher

ausgebildet8^).

VIII. Ganz anders

notorischen offenkundigen Vergehen.

ist natürlich das Verfahren bei Hier bedurfte es von jeher einer

förmlichen Anklage und einer Beweisführung nicht88), und an diesem Grundsatz hielt auch Jnnocenz III. fest88). IX. Von Jnnocenz III.

war also, abgesehen von dem Verfahren in den Sendgerichten, welches er nicht berührt hatte, ein fünffaches System von Procedur festgestellt:

17) C. un. X. ut eccles. benefic. sine deminut. confer. (3.12), c. 31. X. de simon. (5. 3), c. 17. 24. X. de accus. (5. 1). Die näheren Bedin­ gungen dieses Bersahrens stehen im c. 21. X. de accusat. (5. 1). — Durch Biener ist die Gesetzgebung von Jnnocenz III. gegen die Verunglimpfung des ThomasiuS und I. H. Böhmer glanzvoll gerechtfertigt worden. 18) C. 13. X. de iudic. (2. 1), c. 20. 24. X. de accus. (5. 1), c. 31. X. de simonia (5. 3). 19) C. 19. X. de accus. (5. 1), c. 8. X. de dolo (2. 14). 20) C. 31. X. de simonia (5.3), c. 14. 19. X. de accus. (5.1), c. 22. X. de sentent. excomm. (5. 39). 21) C. 5. X. de procurat. (1. 38). 22) C. 2. X. de calumn. (5. 2). 23) C. 22. c. II. q. 7. (Augustin, a. 387), c. 24. eod. (Conc. Tolet. IV. a. 633), c. 1. D. LXXXI. (Augustin, c. a. 412). 24) C. 1. X. de except. (2. 25), c. 2. §. 1. X. de ordin. cognit. (2. 10), c. 16. 23. X. de accusat. (5. 1). 25) C. 15. c. II. q. 1. (Ambros, c. a. 384), c. 16. eod. (Nicol. I. a. 868), c. 17. eod. (Stephan. V. c. a. 885). 26) C. 23. X. de elect. (1. 6), c. 21. X. de iureiur. (2, 24), c. 8. 10. X. de cohab. cleric. (3. 2).

436 durch Accusativ», Inquisition, Denunciation, Exception, und wegen Notorietät27). Dieses blieb nun bei den geistlichen Gerichten, so lauge

diese in den vollständigen jndiciären Formen bestanden, dir Grundlage, und wurde durch die Wissenschaft und Praxis zu einem zusammen­ hängenden System ausgebildet28). X. Das Wichtigste bei diesem Ver­

fahren ist eine richtige Theorie des Beweises.

Dieser muß so einge­

richtet sein, daß nach den Regeln des gebildeten gesunden Verstandes dem Richter die moralische Ueberzeugung der Schuld gewährt wird.

Ein dem Angeklagten auferlegter Reinigungscid ist aber

zu diesem

Zwecke nicht geeignet und bedenklich, weil er zu sehr die Gefahr des

Meineides in sich schließt. Dieses ist jedoch nicht immer klar erkannt worden, sondern es haben auf die Theorie des Beweises mancherlei hi­ storische Umstände eingewirkt. XI. Bei den Sendgerichten nämlich war das Verfahren, weil die Beschuldigung auf Befragen des Bischofes

durch die Sendschöffen und öffentlich geschah, zwar dem Scheine nach ein accusatorischcs, und demgemäß hätten sie den Beweis der Beschul­

digung führen müssen. Allein da die Männer ihre Anzeige kraft einer ihnen auferlegten amtlichen und eidlichen Verpflichtung unter dem öf­

fentlichen Vertrauen ablegten,

so waren sie keine gemeinen Ankläger,

sondern vielmehr mit einer besonderen Glaubwürdigkeit versehene Zeu­ gen.

Daher mußte der Beschuldigte einer solchen Anzeige gegenüber,

wenn sie auch weiter nicht unterstützt war,

seine Unschuld darthun.

Hierauf wandte man nun die üblichen germanischen Beweisformen an und verlangte dazu von ihm einen Eid mit Eideshelfern, ja sogar,

wenn er von geringem Stande, der Fall sehr verwickelt, oder der Verdacht dringend war, ein Gottesurtheil28). Beide Formen der Rei­

nigung wurden als aus dem Gewohnheitsrecht geschöpft unter dem Namen purgatio

vulgaris zusammengefaßt.

Der

Gebrauch

der

Gottesurtheile kam zwar, nachdem er den unausgesetztm Verboten der Päpste88) lange widerstanden hatte, durch das Verbot des unter Jnnocenz III. 1216 gehaltenen vierten Lateranischen Conciliums87)

all-

27) C. 16. X. de accusat. (5. 1), c. 31. X. de simon. (5. 3). 28) Einiges Nähere darüber giebt meine Jurist. Encyclopädie K. 328—30. 20) C. '24. c. XVII, q. 4. (Conc. Mogunt. a. 847), c. 15. c. II. q. 5. (Conc. Tribur. a. 895), c. 24. 25. eod. (Conc. Salegunst, a. 1022). Man sehe auch Hildenbrand S. 98—122. 30) C. 22. c. II. q. 5 .(Nicol. I. a. 867), c. 20. eod. (Stephan. V. c. a. 886), c. 7. §. 1. eod. (Alexand. II. c. a. 1070), c. 1. 3. X. de purg. vulg. (5. 35). Man sehe auch Hildenbrand S. 113—116. 31) C. 9. X. ne derlei vel monachi (3. 50). Daher wurden nun auch

437 mählig ab32 * *). * Die Nothwendigkeit des Reinigungseides dauerte jedoch in der alten Weise fort33), sogar nach dem Aufhören der Sendgerichte bei den Officialgerichten, wo die bischöflichen Fiscale wie sonst die Sendschöffen die Anzeigen zu machen hatten3^). XII. Bei den Accusationen gegen Geistliche war mittlerweile durch die Päpste zur Rein­ erhaltung der geistlichen Würde der Gebrauch aufgekommen, daß, wenn zwar der Beweis nicht geliefert, jedoch ein zurückgebliebener böser Leu­ mund zu besorgen war, der Bischof dem Losgesprochenen, wenn es ihm für die öffentliche Meinung nöthig schien, noch einen Reinigungseid auferlegte, oder daß dieser einen solchen freiwillig leistete33). Auch kam zu diesem Zwecke eine Zeitlang die Reinigung durch das Abend­ mahl in Gebrauch33).35XIII. 36 Jener kanonische Eid hatte mit dem vul­ gären germanischen eine gewisse Aehnlichkeit. Der Unterschied war je­ doch der, daß Letzterer zur unmittelbaren Widerlegung der Beschuldi­ gung, auch ohne allen bösen Leumund und mit Conjuratoren geschworen werden mußte. XIV. Conjuratoren konnten aber auch beim kanoni­ schen Reiniguugseide als Zeugen des guten Rufes sehr zweckmäßig scheinen, und wurden daher wirklich dabei eingeführt37). Dadurch wurde derselbe aber dem vulgären genuanischen Reinigungseide so ähn­ lich, daß seit dem .zwölften Jahrhundert Beide unter dem Namen pur­ mehrere Stellen des älteren Rechts, worin von Gottesurtheilen die Rede war, bei der Ausnahme in die Decretalensammlungen umgeändert, c. l.X. de purgat. canon. (5. 34), c. 2. X de poenitent. (5. 38). 32) Hildenbrand S. 166—174. 33) Anderer Meinung ist zwar Biener S. 37; allein ihn widerlegt Hil­ denbrand S. 163. 34) Hildenbrand S. 164. 165. 35) C. 6. c. II. q. 5. (Gregor. I. a. 592), c. 8. 9. eod. (Idem a. 599), c. 7. eod. (Idem a. 603), c. 5. eod. (Greg. II. a. 716), c. 18. eod. (Leo III. a. 800), c. 1. c. XV. q. 5 (Stephan. V. ine. anno), c. 2. c. VIII. q. 3. (Urban. II. c. a. 1089). Man sehe auch Hildenbrand S. 35-54. 73. 36) Hincmar. Capitul. a. 852. c. 23. 24. (c. 16. c. II. q. 5), Conc. Mogunt. a. 851. c. 8. (Pertz Leg. I. 413), c. 12. c. II. q. 5. (ex conc. Mogunt. cit.), c. 13. eod. (Cap. incert. c. a. 900). In diesem Geiste wurde auch eine umständliche Verhandlung des Kaisers Karl über die Frage erdichtet, Benedict. Levit. Capitul. lib. I. c. 35. 36. (c. 19. c. II. q. 5) lib; III. c. 281. In einem beschränkenden Sinne äußerten sich zwar die falschen Decretalen, Cornelii epist. II. c. 1. (c. 1. 2. 3. c. II. q. 5), Sixti III. epist. III. (c. 10. eod.). Allein dieses blieb ohne Erfolg. Selbst die Päpste schrieben zuletzt solche Eide mit Eideshelfern vor, c. 7. §. 1. c. II. q. 5. (Alexand. II. c. a. 1070), c. 17. eod. (Innocent. II. a. 1131), c. 10. X. de accusat. (5. 1), c. 7. 8. 9. X. de purgat. canon. (4. 34). Man sehe über dieses Al­ les Hildenbrand S. 54—84. 185. 37) C. 23. 26. c. II. q. 5. (Conc. Wormac. a. 868), c. 4. eod. (Conc. Tribur. a. 895). Man sehe Hildenbrand S. 27—31. 71. 72.

438 gatio canonica zusammengefaßt, und unter der purgatio vulgaris

nur noch die Gottesurtheile verstanden wurden'«). XV. Das System der kanonischen Purgation war auch mit den neuen Proceduren durch

Inquisition und Denunciation

sehr wohl verträglich, und blieb daher

noch lange in Uebung88). Hingegen bei notorischen offenkundigen Ver­ gehen konnte natürlich von einer eidlichen

Purgation nicht die Rede

sein"). XVI. Seit dem sechzehnten Jahrhundert kam aber der Gebrauch der eidlichen Reinigung bei

den geistlichen Gerichten ab, theils wegen

der Unzuverlässigkeit dieses Beweismittels an sich, theils weil durch die Einwirkung

richtigerer Rechtsansichten ihre Hauptstütze, die Con­

juratoren, außer Gebrauch gesetzt tourben41). Es ist daher die Frage,

ob der Beschuldigte als

mehr dem richterlichen

hinreichend gereinigt anzusehen

Ermessen überlassen.

sei, um so

XVII. Es kommt aber

eine förmliche Procedur überhaupt wenig mehr zur Anwendung. Denn gegen Laien schreitet die kirchliche Strafgewalt nur in dringenden Fäl­

len eines notorischen öffentlichen Aergernisses ein, wo keine Procedur

nöthig ist.

Gegen Geistliche aber hat sie

nun nur noch mit deren

Amts- und Standesvergehen zu thun. Dabei kommen aber Accusationen kaum mehr vor, sondern die geistliche Behörde processirt von Amtswegen mit möglichster Einfachheit. sich daher auf die Maximen,

Das Verfahren beschränkt

welche nach der Natur der Sache zur

Constatirnng der Schuld nöthig sind48).

Zur Vernehmung der Zeu­

gen ist die Beihülfe des weltlichen Armes wichtig 43). In Disciplinar­

sachen hat eine eingelegte Appellation keinen Suspensiveffect44). XVIII. Da bei Geistlichen die Rücksicht auf sittliche Reinheit allen juristischen Formen vorgehen muß, so hat sich der eigenthümliche Rechtssatz ge­

bildet, daß bei geheimen Vergehen der Bischof die Suspension vom Ordo und

dadurch von der Ausübung des Amtes oder BeneficiumS

ohne alle gerichtliche Procedur, blos auf den Grund der außergericht-

38) Hildenbrand S. 94—98. 121. 122. 161. 39) C. 19. c. 21. §. 2. X. de accusat. (5. 1), c. 8. X. de cohab. cleric. (3. 2), c. 10. X. de purgat. canon. (5, 34). Man sehe Hildenbrand S. 123—151. 40) C. 15. X. de purgat. canon. (5. 34). 41) Hildenbrand S. 151—160. 42) Conc. Trid. Sess. XXV. cap.':14. de ref. 43) Diese ist in Preußen zugesichert (§. 186. Note 8). 44) Conc. Trid. Sess. XXII. cap. 1. de ref. Sess. XXV. cap. 14. de ref., Const. Ad militantis Benedict. XIV. a. 1742 (§. 185. Note 20).

439 lich in seinem Gewissm gewonnenen moralischen Ueberzeugung

Schuld (ex informata conscientia),

der

ohne Zulässigkeit einer eigent­

lichen Appellation, verfügen sann45).

V.

Bon dem kirchlichen Besteuerung-recht'). der Laien.

A) Regelmäßige Abgaben

Greg. HI. 30. Sext. III. 13. Giern. III. 8. Extr. comm. III. 7. De decimis, prittdtiis et oblationibus. 195.

Die Kirche bedarf zum Unterhalt des Gottesdienstes und

ihrer Geistlichen

bestimmter Einkünfte, und diese müssen, wenn es an

andern Mitteln fehlt, von denjenigen, welche die Vortheile der kirchlichen

Verbindnng genießen, beigeschafft werden. Diesem Grundsätze gemäß sind schon in den ältesten Zeiten in den Oblationcn, Primitien und Zehn­

ten stehende Abgaben eingeführt worden, und diese habm sich als re­ gelmäßige Bestandtheile des Kirchenvermögens zum Theil bis jetzt

erhalten. Von ihnen wird daher noch im sechsten Buche die Rede sein.

Kirchliche Abgaben dieser und anderer Art sind aber immer, wie die Theilnahme an der Kirche überhaupt,

ihrem Wesen nach freiwillige

Leistungen, und sollten auch der äußeren Form nach möglichst so ge­

handhabt werden.

Im Kampfe mit den irdischen Interessen läßt sich

dieses jedoch nicht immer durchführen, und daher hat sich die weltliche Obrigkeit häufig veranlaßt gesehen, die Verbindlichkeit zu solchen Bei­ trägen zu einer Zwangspflicht zu inachcn.

Dadurch können die Bei­

steuern zu kirchlichen Zwecken den Charakter einer Staatssteuer ein­

nehmen. Jedoch ist dafür zu sorgen, daß diese Steuern nur diejenigen

45) Dieses Verfahren ex informata conscientia gründet sich auf das Conc. Trid. Sess. XIV. cap. 1. de ref. , und steht durch die Decrete der congregatio concilii fest, Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. XU. cap. 8. n. 3., Ferraris Biblioth. v. suspensio art. I. Eine Resolution in diesem Sinne erließ noch die Kongregation unter dem 8. April 1848. bestätigt vom Papste am 22. Mai. Man sehe darüber: Des sentences episcopales dites de conscience informee, ou du droit de suspendre, sans procedure, un titulaire meine inamovible — par Monseigneur Feveque de Lugon. Paris 1852. Davon handeln auch Bouix II. 310—365., Molitor S. 221—32. Hier ist jedoch die Kontroverse entstanden, ob dieses Verfahren blos bei gehei­ men oder auch bei nicht geheimen also juristisch beweisbaren Vergehen anwend­ bar sei? Für das Erstere ist Benedict XIV. und auch Roßhirt Kanon. Recht n. 850—53. Für Letzteres streiten der Bischof von Lutzon und Molitor. Ge­ gen Molitor erklärte sich in einer besondern Schrift Roth 1856; darauf ant­ wortete Molitor 1856, worauf Roth 1857 erwiederte. 1) Diese Zusammenstellung fehlte früher in den Lehrbüchern gänzlich.

440 treffen, welche der kirchlichen Verbindung angehören. Eine Ausnahme

ist davon nur dann zu machen, wenn die Staatsregierung das Kir­

chengut eingezogcn hat, und die Zuschüsse des Staates zur Erfüllung der von

ihni durch

die Einziehung ausdrücklich oder stillschweigend

übernommenen Verpflichtung geleistet werden. B) Abgaben bei besonderen Vorfällen.

196.

Abgaben bei besonderen Vorfällen sind folgende.

I. Die

Gebühren (iura stolae), welche den Geistlichen für die Verrichtung gewisser gottesdienstlicher Handlungen gegeben werden.

Der Strenge

nach sollten zwar gottesdienstliche Verrichtungen unentgeltlich geschehen;

doch

wurden freiwillige Gaben zugclassen, und diese sind allmählig,

weil sich nicht leicht ein passender Ersatz finden läßt, zur regelmäßigen Observanz geworden *).

Solche Abgaben kommen unter verschiedenen

Namen auch im Orient und bei den Protestanten vor.

Ueber die

Größe derselben giebt cs insgemein örtliche Bestimmungen. Nach der

Natur der Sache bezieht sich das Recht darauf nur auf die eigenen

Confessionsverwandtcn, die in der Pfarrei wohnen. kommt zwar das Gegentheil vor.

Hin und wieder

Allein dieses hängt mit besonderen

staatsrechtlichen Verhältnissen zusammen, wodurch eine Kirche zur herr­ schenden gemacht und deren Geistlichen allein öffentliche Glaubwürdig­ keit für ihre Kirchenbücher verliehen wurde.

Jedenfalls ist es aber

gegen den Geist dieser Verhältnisse, und sollte, wo es noch besteht, abgeündert werdens. II. Der schriftliche Geschäftsgang, der zur Ord­

nung der Kirche gehört, macht bei den verschiedenen Behörden die An­ stellung einer mehr oder minder großen Anzahl von Kanzleipersonen

nothwendig, zu deren Unterhalt billigerweise diejenigen beitragen müs­

sen, die deren Dienste in Anspruch nehmen.

Hierauf gründen sich die

Kanzleigebühren, welche für die Ausfertigung gewisser amtlicher Schrif­

ten,

besonders solcher,

worin Dispensationen und ähnliche Gesuche

bewilligt werden, zu entrichten finb31).2

Beim römischen Stuhle kom-

1) C. 42. X. de simon. (5. 3). 2) Dieses ist in Oesterreich durch die Verordnung vom 31. Januar 1849 geschehen. Andere Beispiele giebt Richter Kirchenrecht §. 142 (129). Note 7 a. 3) Es ist daher falsch, wenn man diese Gebühren, die blos für die schrift­ liche Expedition gegeben werden, so darstellt, als ob dadurch die Dispensation oder die Absolution selbst erkauft würde. Finden denn nicht auch bei der Rechts­ pflege Sporteln, Stempelabgaben und andere Kanzleigebühren statt?

441 men

solche Expeditionsgebühren vor bei der Kanzlei für die Ausfer­

tigung von Bullen, bei der Secretarie der Breven für die Ausferti­

gung von Breven, und bei den Kongregationen für die Ausfertigung

der von ihnen ausgehenden Acte. Bei der Kanzlei werden die Gebüh­ ren in fünf Portionen nach fünf Klassen der Kanzleibeamten vertheilt^).

Um Willkührlichkeiten zu vermeiden, wurden dieselben schon 1316 auf einen festen Fuß gesetzt^),

dann von Leo X. 1512 eine weitläufige

Taxe erlassen, die auch bei den späteren Revisionen im Wesentlichen festgehalten worden ist64).5

Auch bei der Kanzlei des Patriarchen von

Constantinopel haben die verschiedenen Schriften, die von ihr ausge­ hen, ihren bestimmten Preis.

III. Bei außerordentlichen Vorfällen

darf eine Nothsteuer (subsiclium charitativum) erhoben werben7).8

Doch ist dieses nur selten in Anwendung gebracht.worden6).

C) Besondere Lasten des Klerus.

Greg. III. 39. Sext. III. 20. Giern. III. 13. Extr. comm. III. 10. De censibus, exactionibus et procurationibus. Den kirchlichen Beamten waren früher mancherlei beson­

197.

dere Lasten und Abgaben auferlegt, weil man bei ihnen, die aus dem

Vermögen der Kirche und zwar meistens sehr reichlich unterhalten

wurden, auch eine um so größere Bereitwilligkeit zu den Zwecken der Kirche beizutragen, voraussetzen konnte. Jene Abgaben waren besonders

folgende.

I. Das Cathedraticum, ein jährlicher Tribut, den alle Kir­

chen der Diöcese als eine Art von Huldigung dem bischöflichen Stuhl entrichteten.

Gewöhnlich bestand es in Selb1), zuweilen in Natura-

4) Man sehe darüber Bangen die Römische Curie S. 452.455. 458. 459. 5) C. un. Extr. Johann. XXII. de sent. excomm. (13). 6) Die älteren Taxen der römischen Kanzlei sind öfters herausgegeben worden: zu Rom 1512 und 1514, Cöln 1515 und 1523, Paris 1520, Wit­ tenberg 1538, im fünfzehnten Band der großen unter dem Namen Tractatus zu Venedig 1584 erschienenen Sammlung, ferner von Laur. Bank zu Franeker 1651, und zu Herzogenbusch 1706. Eine andere von 1616 steht in Rigant. Commentar. in regulas Cancellar. apostol. T. IV. p. 145. Eine Ausgabe davon ist auch die Taxe de la Chancellerie romaine. Rome 1744. 12. 7) C. 6. X. de censib. (3. 39), c. 1. de poenit. in VI. (5. 10), c. un. Extr. comm. de censib. (3. 10). 8) Ein Beispiel der neuesten Zelten giebt die Königl. Preuß. KabinetsOrdre vom 3. April 1825, wodurch die Bischöfe berechtigt werden, bei jeder Taufe, Trauung und Beerdigung eine kleine Abgabe zum Unterhalt der Cathedralkirchen einzuziehen. 1) C. 1. c. X. q. 3. (Gone. Bracar. a. 572), c. 8. eod. (Gone. Tolet. VII. a. 646).

442 liett2).

ES wurde meistens auf der jährlichen Versammlung nach

Ostern dargebracht, und daher auch Synodaticum genannt2).

hat es sich in den meisten katholischen Ländern verloren^).

Jetzt

In Eng­

land besteht es aber, noch; auch in der griechischen Kirche, nur nicht unter jenem Namen. II. Die freie Bewirthung (procuratio, parata,

circada, circatura, comestio, albergaria, mansionaticum, servitium, fodrum), welche dem kirchlichen Oberen während der Visitation geleistet werden mußte. Um Mißbräuche zu verhüten, wurde das Maß

derselben schon früh sowohl durch die geistlichen2),

weltlichen Gesetze2) genau bestimmt.

wie durch die

Aehnliche Verordnungen sind

auch während des Mittelalters bis auf das Concilium von Trient herab erlassen worden7). Geldgeschenke durften bei der Visitation durch­ aus nicht verlangt - werden2); doch war es nachgegeben, sich mit dem Visitirendeu wegen der Naturalbewirthung gegen eine Geldvergütung

abzufinden9).

Hieraus ist in England eine stehende Abgabe an die

Archidiaconen, wiewohl sie nicht mehr visitiren, geworden. Visitations­

gebühren und freie Bewirthung werden auch in der dänischen und in vielen deutschen Kirchenordnungen ausdrücklich zuerkannt, jedoch nicht

als eine Verpflichtung der Geistlichen,

sondern der Gemeinden.

III.

Bei besonderen Vorfällen wurde den Kirchenbeamten von den Päpsten und Concilien ein Zehnten oder ein anderer Theil ihres Einkommens

als außerordentliche Beisteuer (exactio) auferlegt; so nammtlich zur

Errichtung neuer Lehrstellen10).

Doch sollte dieses nicht misbraucht

2) Capit Carol. Calv. apud. Tolos, a 844. c. 2. 3. 3) C. 16. X. de off. iud. ordin. (1. 31). 4) Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. V. cap. 6. 7. 5) C. 6. c. X. q. 3. (Conc. Tolet. III. a. 586), c. 10. eod. (Pelag. II. c. a. 590), c. 8. eod. (Conc. Tolet. VII. a. 646), c. 7. eod. (Conc. Cabil. II. a. 813). 6) Capit. Carol. Calv. apud Tolos. a. 844. c. 4. 6. 7) C. 6. 23. X. de censib. (3. 39). c. un. Extr. comm. de censib. (3.10), Conc. Trid. Sess. XXIV. cap. 3. de res., Benedict. XIV. de syn­ odo dioeces. lib. X. cap. 10. n. 6. 8) C. 1. §. 5. c. 2. de censib. in VI, (3. 20). 9) C. 3. de censib. in VI. (3.20), Conc. Trid. Sess. XXIV. cap. 3. de res. 10) Clem. 1. de magistr. (5. 1), Conc. Trid. Sess. V. cap. 1. Sess. XXIII. cap. 18. de res. In Sucern hatten die Beneficiaten einen solchen Zehn­ ten unter dem Namen des subsidium charitativum an den Bischof von Con­ stanz, gewöhnlich bei dessen Regierungsantritt, für außerordentliche kirchliche Be­ dürfnisse zu entrichten, Segesser Rechtsgeschichte von Lucern II. 798. 799.

443 werden"). Eine solche Belastung des Klerus geschah von den Päpsten

in Nothfällen selbst zu Gunsten der Fürsten, namentlich zur Unter­ stützung der Kreuzzüge (decimae Saladinae), und dieses war die Form wie der Klerus doch zur Besteuerung herangezogen tourbc12).

Zu diesem und

ähnlich«, Zwecken wurden auch die Pfründen nach

ihrem Einkommen abgeschätzt, jedoch nur ungefähr auf die Hälfte ihres

wahren Ertrages 10).

IV. Das Recht des Pfründners geht auf dm

Bezug der vollen Früchte vom Erwerbe des Amtes an. In dem Ge­ danken, daß er sich im

ersten Jahre gern behelfen würde, bildeten sich

aber bei einzelnen Pfründen Gewohnheiten, ersten Jahres der Klrchmbaucasse oder zügesprochen wurden").

Jahres

wonach

die Früchte deS

den Erben des Verstorbenm

Dieses führte dazu,

die Früchte des ersten

als ein passendes Mittel der Besteurung zu benutzen,

und

zwar in doppelter Weise. Erstens räumten die Päpste zuweilen einem Bischöfe

zur Tilgung seiner Schulden das besondere Vorrecht

ein,

von allen während der nächsten zwei , drei, fünf oder sieben Jahren

vacant werdenden Pfründen seiner Diöcese die Früchte deS ersten Jah­

res zu beziehen15). Später, bei dringenden Verlegenheiten, bedienten sie sich zuweilen dieses Rechts zu ihrem eigenen Vortheil. Namentlich legte

Clemens V. 1305 diese Abgabe

auf die Pfründen, die in England

während der nächsten zwei Jahre, Johann XXII. 1319 auf die Pfrün­ den aller Länder, die während der nächsten drei Jahre vacant toilr=

den"). Dabei sollte jedoch immer die mäßige Zehnttaxe zum Grunde gelegt, oder nur die Hälfte des wirklichen Ertrages entrichtet werden n).

11) C. 6. §. 1. X. de censib. (3. 39). Dieses wiederholte auch das Kostnitzer (Concilium in der Sess. XLIII. 12) Von Jnnocenz IV. wurden dem Könige Heinrich III. von England 1263 aus drei Jahre die Zehnten des Ertrage» der kirchlichen Beneficien Conccbirt, und diese 1254 taxirt. Bon Nicolaus IV. wurden dem König Eduard I. 1288 die Zehnten für einen Kreuzzug aus sechs Jahre zugestanden, und die Taxe um 1291 vollendet. Dieses lehrreiche Dokument ist gedruckt: Taxatio Ecclesiastica Angliae et Walliae auctoritate P. Nicolai IV. circa- A. D. 1291 (London) 1802. fol. 13) C. 2. Extr. Job. XXII. de elect. (1), c. 11. Extr. comm. de praebend. (3. 2). 14) C. 2. Extr. Johann. XXII. de elect. (1). 15) C. 32. X. de V. 8. (5. 40), c. 10. de rescr. in VI. (1. 3). SolcheS Recht hatte im fünszehnten Jahrhundert der Bischof von Constanz in Lucern, Segesser Rechtsgeschichte von Lucern II. 796—800. 16) C. 11. Extr. comm. de praebend. (3. 2). 17) C. 2. Extr. Job. XXII. de elect. (1). c. 11. Extr. comm. de prae­ bend. (3. 2).

444

Zweitens behielten die Päpste von allen von ihnen verliehenen Beneficien, man weis nicht seit wann, die Annalen oder Früchte des ersten

Jahres im halben Werth des wirklichen Ertrages als bleibende Ab­

gabe ihrer Kammer vor.

rische von selbst ab.

Die erste Maßregel kam als eine transito­

Die zweite hat sich aber bis jetzt erhalten18).

V. In England legte Heinrich VIII. (1534), nachdem er die Abga­

ben an den Papst abgeschafft hatte,

den Bisthümern und anderen

geistlichen Aemtern eine weit drückendere Abgabe auf, welche in den

vollen Einkünften des ersten Jahres und in dem zehnten Theil ihres jährlichen Einkommens bestand 19).

Zu diesem Zwecke wurde auch

(1535) eine genaue Abschätzung des Vermögens und Einkommens aller Kirchen, Klöster und geistlichen Stiftungen vorgenommen20).

Es hat

jedoch die Königin Anna diese Einkünfte der Krone zur Verbesserung

der ärmeren Psarrstellen abgetreten,

und daraus einen ewigen Fond

gebildet, der von einer eigenen Corporation (govcrnors of the bounty

of queen Anne) verwaltet wird21). Auch in Schweden ist das Ein­ kommen der Geistlichen mit mancherlei kleinen Abgaben, die zu kirch­

lichen Zwecken verwendet werden, beschwert. D) Besondere Abgaben an den Papst').

198.

1) Aeltere Formens.

Die Besitzungen oder Patrimonien,

womit die römische

18) Hinsichtlich der Früchte sind drei Verhältnisse zu unterscheiden: die Früchte des ersten Jahres, die sich jeder Benesiciat kraft einer transitorischen Maßregel jener Art abziehen lassen mußte; die Früchte des ersten Jahres, die der Benesiciat eines vom päpstlichen Stuhles verliehenen Beneficiums zu ent­ richten hatte; und die Früchte eines Beneficiums während der Vacanzzeit, welche zu Zeilen auch an die päpstliche Kammer kamen (iura deportus), worauf aber Martin V. verzichtete (§. 265). Phillips Kirchenrecht V. §. 236. 237. Lehr­ buch §. 101. begeht hier den Irrthum, daß er bei den Früchten der ersten Art gegen den klaren Inhalt jener Stellen annimmt, das Beneficium sei, um sie zu beziehen, ein Jahr laug vacant gelassen worden, daß er daher die Früchte der ersten und die der dritten' Art unter denselben Gesichtspunkt bringt, und den Verzicht Martins V. auch auf jene bezieht. 19) Dieses bestimmte das Statut 26. Henr. VIII. c. 3. §. 9. 20) Diese Arbeit ist jetzt in der von der englischen Regierung herausgege­ benen Sammlung von Staatsacten gedruckt worden, Valor ecclesiasticus temp. Henr. VIII. institutus. 1810—34. 6 vol. fol. 21) Dieses geschah durch das Statut 2. et 3. Ann. c. 11. 1) Ueber die noch bestehenden Abgaben giebt gute Nachrichten Bangen Die Römische Curie §. 124—130. 2) Genaue quellenmäßige Nachweisungen giebt davon Hurter Jnnocenz HI. Th. IH. Buch XXL Cap. 2. Anhang. Die Hauptquelle dafür ist das Zinsbuch der römischen Kirche v. I. 1192, welches der Cardinal CenciuS, der später als Honorius III. Papst wurde, zusammengetragen hat. Abgedruckt ist eS bei Muratori Antiquit. Ital. medii aevi T. IV. p. 851. Man sehe dar­ über Pertz Jtaliän. Reise S. 89 — 99.

445

Kirche schon früh beschenkt worden war,

bezogen sich eigentlich blos

ans das Bisthum Rom, und wurden daher unzureichend, als die Zeit den Papst zu einer Stellung erhob, die ihm sehr bedeutende Ausla­

gen im Interesse der ganzen Kirche, ja selbst des europäischen Völker­ rechts, auferlegte.

Diese Einsicht bewog die Fürsten und Völker, ihm

unter verschiedenen Formen und Namen Geldbeiträge zufließen zu las­

sen. Außer denen, die bereits erwähnt worden sind, kommen besonders

folgende vor.

I. Eine direkte Abgabe, die von jedem Heerd für den

Papst erhoben wurde.

Ein solches Römergeld (Romfeoh, denarius

8. Petri) zahlte England seit deni achten Jahrhundert, jedoch mit häufigen Unterbrechungen.

In Dänemark wurde der Peterspfennig

von Sannt dem Großen (f 1035), in Norwegen durch die Verhandlun-

lungen des Cardinallegaten Nicolaus 11523), in Schweden durch den­ selben

11534) eingeführt.

Der Patriarch von Constantinopel bezog

eine ähnliche Haussteuer, allein nur innerhalb seiner Provinz. II. Spä­ ter als die Fürsten nach den Begriffen jener Zeit den königlichen Ti­

tel häufig von den Päpsten nachsuchten und erhielten, oder ihre Reiche

dem besonderen Schutz des Vaters der Christenheit anempfahlen, mach­

ten sie sich zum Zeichen ihrer Huldigung gewöhnlich zu einem jähr­ lichen Tribut verbindlich. Zinsgeldcr dieser Art bezahlten Polen, Por­ tugal, Arragonien, Neapel.

III. Aehnliche Abgaben entrichteten auch

viele Kirchen und Klöster entweder als Schutzgelder, oder zur Erkennt­

lichkeit für erhaltene Befreiungen5).

Diese Einnahme war sehr be­

deutend. 2) Abgaben bei der Verleihung der Kirchcnämter.

199.

Bei der Verleihung

a) Historische Einleitung.

der Kirchenämter finden noch man­

cherlei besondere Abgaben statt, deren Ursprung sich hoch hinauf füh­ ren läßt.

Wiewohl nämlich von jeher der Grundsatz feststeht, daß

die Ordination selbst unentgeltlich ertheilt werden müsse x): so waren

doch allmählig, wahrscheinlich durch Nachahmung römischer Einrich-

3) Norges gamle love I. 447. Man vergleiche §. 109. 4) Man sehe Jaffe Regesta pontificum n. 6819. 6820. 5) C. 8. X. de privil. (5. 33). 1) Can. Apoat. 28., c. 8. c. I. q. 1. (Conc. Chalced. a. 451), c. 31. C. de episc. (1. 3), nov. Inst. 123. c. 2., c. 22. c. I. q. 1. (Conc. Bracar. II. a. 572), c. 3. D. C. (Gregor. I. a. 596), c. 116. 117. c. I. q. 1. (Idem eod. ann.), Conc. Trid. Sess. I. cap. 1. de ref.

446 hingen2), 3 4 5gewisse Ehrengeschenke (’avvij&sia, consuetudines)

kömmlich geworden,

die

her­

nach vollzogener Ordination theils an den

Ordinirenden für dessen persönliche Bemühung (pro inthronisticis),

theils an dessen Kanzleipersonen (notarii)

entrichtet wurden.

nian schrieb diesen ein bestimmtes Verhältniß vor s).

Justi­

Natürlich be­

standen diese Einrichtungen auch an der römischen Kanzlei für die Bischöfe, die zu Rom bestätigt oder consecrirt worden^).

Mit der

Taxe gieng jedoch, man weiß nicht wann, die Veränderung vor, daß

sie überhaupt dem mäßig angesetzten Werth der Einkünfte eines Jah­ res gleich gestellt wurdet).

Aehnliche Gebühren forderten die Metro­

politen von den Bischöfen,

welche sie consecrirten, die Bischöfe und

Kapitel von den Pfründen, die sie vergaben. Auf dem Concilium von Kostnitz wurden zwar alle jene finanziellen Rechte mit unter den zu

reformirenden Punkten bezeichnet6)7; 8 allein 9 da man für den Unterhalt der päpstlichen Beamten keine andere Quelle anweisen konnte, so blieb eS im Ganzen bei dem alten Zustande?), den auch die deutsche Na­

tion bei ihrem besonderen Concordate noch eigendS anerkannte2). Ra­

scher gieng die Baseler Synode zu Werk, und hob, nachdem sie frü­ her im Allgemeinen Entschädigung versprochen hatte, die Confirma-

tionsgebührm

und Annaten gänzlich auf2).

Allein die Ausführung

scheiterte in den meisten Ländern grade an der Schwierigkeit,

solche Entschädigung

zu finden; und auch in Deutschland,

eine

wo die

Fürstenconcordate jene Baseler Decrete angenommm hatten, sah man sich doch genöthigt, in den Wiener Concordaten (1448) wörtlich auf

jenen Kostnitzer Vergleich zurückzukehren.

2) Auch in den heidnischen Zeiten war die Erlangung der Priesterwür­ den mit großen Unkosten verknüpft, Sueton. Calig. 22., Claud. 9. 3) Die fünf Patriarchen bezahlten zwanzig Pfund Goldes oder 1440 Solidi; die übrigen Erzbischöfe und Bischöfe nach Verhältniß ihres Einkom­ mens an den Ordinirenden von 100 bis 12 Solidi, an die Kanzleipersonen von 300 bis 6 Solidi abwärts, nov. 123. c. 3. Bei den niederen Geistlichen durften die Gebühren nie den Werth der Früchte eines Jahres übersteigen, nov. 123. c. 16. Die Eintragung insinuatio) in die Kirchenma­ trikel mußte ganz unentgeltlich geschehen, nov. 56. c. 1., nov. 131. c. 16. 4) C. 4. c. 1. q. 2. (Conc. Roman, a. 595). 5) Davon, behauptet man, rede schon die lectura Hostiensis ad C. In­ ter caetera 15. X. de offic. iud. ord. (1. 31). Allein dieses ist ein Irrthum, der aus dem Eommentar des Joh. Andreä zu jener Stelle entstanden ist. 6) Conc. Constant. Sess. XI. 7) Conc. Constant. Sess. XLIII. 8) Concord. Nat. Germ. a. 1418. c. 3. 9) Conc. Basil. Sess. XII XXL

447 b) Heutiges Recht.

200.

Hieraus lassen sich die verschiedenen Taxen, welche jetzt

vorkommen, leicht entwickeln.

die Verleihung des Palliums.

Diese sind: I. Die Ehrengeschenke für

II. Die servitia communia, welche

ven den im Consistorium verliehenen Beneficien,

also von den BiS-

thümern und Consistorialabteien, entrichtet werden, imb dem Werth

der Früchte eines Jahres, nach

der alten sehr niedrigen Taxe der

apostolischen Kammer gerechnet, gleich stehen *).' Sie lassen sich schon in den Ehrengeschenken erkennen, die nach Justinians Vorschrift dem

Patriarchen oder Metropoliten und seinen Klerikern, dm Papst und den Cardinälen gemeinschaftlich zufielen.

also in Rom Hieraus ist

auch ihr Name, der schon im Jahr 1317 vorkommt, mtstanden. Nach

den Kostnitzer und Wiener Concordaten wird die eine Hälfte im er­ sten, die andere im folgenden Jahre entrichtet.

In der griechischen

Kirche sind die Ehrengeschenke der neuen Bischöfe an den Patriarchen von

der Synode und dm Aufsehern des Gemeinwesens nach dem

Zustande jeder Diöcese bestimmt worden. III. Die servitia minuta,

die eigentlichen Kanzleigebühren,

die in den genannten Fällen neben

dm servitia communia entrichtet und in fünf Portionen an die un­ teren Beamten der Kanzlei vertheilt werden. falls

schon in jener Verordnung

Justinians.

Sie finden sich eben­

Aehnliche Gebühren

kommen mehr oder weniger überall vor. IV. Die Annaten im eigent­

lichen Sinne.

Diese sind von allen Pftünden zu entrichten,

Papst außer dem Consistorium verleiht.

die der

Sie bestehen in dem halben

Werth der Früchte eines Jahres (§. 197. Nr. IV.). Durch die Kost­ nitzer und Wiener Concordate sind sie

ausdrücklich bestätigt worden,

jedoch mit der auch sonst vorkommenden Beschränkung^), daß die Pfrün­

den, welche nicht mehr als 24 Ducaten eintragen, ganz frei sind. Da nun alle Pfründen in Deutschland, Belgien, Frankreich und Spanien

nach einer anerkannten Praxis ohne Rücksicht auf ihr wirkliches Ein­ kommen zu 24 Ducaten angesetzt sind, so ist diese Taxe so gut wie

aufgehoben. V. Die quindennia, welche für solche Pfründen, die für

1) C. 1. Extr. comm. de treug. et pac. (1. 9). In dem Concordat mit Bayern ist eine neue Schätzung versprochen worden. In der Bulle für Preußen ist diese wirklich vorgenommen. Der Goldgulden römischen Kammer­ satzes beträgt 4 Fl. 50 Kr. rhein. 2) C. 2. de annat. in VH. (2. 3).

448 immer mit geistlichen Korporationen

unirt worden sind, also nie

mehr vacant werden, als Ersatz der dadurch ausfallenden Annaten alle

fünfzehn Jahre bezahlt werden müssen3).

Diese Abgabe rührt von

Paul II. 1470 her, ist aber beinahe überall stillschweigend aufgehoben.

VI. Ueber den Ertrag dieser Taxen und Annaten in früheren Zeiten sind viele übertriebene und unrichtige Vorstellungen verbreitet worden. Man muß dagegen auch in die Wagschale legen, wie reich das Ein­

kommen der Bisthümer und Beneficien war, und welche große Aus­ lagen die kirchliche und völkerrechtliche Stellung des römischen Stuhles

demselben auferlegte4).

3) C. 4. 7. de annat. in VII. (2. 3). 4) Interessante Berechnungen giebt darüber Phillips Kirchcnrecht V. §. 238.

Fünftes Buch.

Bon dem kirchlichen Beamtenwesen. Erstes Kapitel.

Bon der Erziehung der Kleriker').

I.

201.

Verhältnisse der älteren Zeit.

Da die Kleriker jeder Diöcese, nach dem Geiste der ur­

sprünglichen Einrichtungen, Gehülfen und Stellvertreter des Bischofes

sind, wofür dieser wie für sich selbst vor Gott verantwortlich ist: so entspringt daraus für ihn die Verpflichtung und das Recht, deren Bil­

dung und Erziehung bis auf den Punkt zu leiten und zu überwachen,

wo er ihnen mit Sicherheit einen Theil der bischöflichen Sorgfalt an­ vertrauen kann.

Im Gefühl dieser Verpflichtung haben die Bischöfe

gleich in der ältesten Zeit Anstalten gegründet, worin die jüngeren

Kleriker unter ihren Augen, häufig sogar von ihnen selbst, unterrichtet

und erzogen wurden^).

Der Hauptzweck dieses Unterrichts war die

heilige Schrift; doch wurde die nöthige weltliche Gelehrsamkeit nicht vernachlässigt').

Allniählig wurden auch die Einrichtungen mit dem

1) Davon handeln: Aug. Theiner Geschichte der geistlichen Bildungsan­ stalten. Mainz 1835., Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. V. cap. 11., De l’education clericale et des seminaires provinciaux (Analecta iuris pontificii I. 654-85. 1067—1123. III. 281 -931). 2) Socrat. hist. lib. I. c. 11. Alexander Alexandriae episcopus — pueros — in ecclesia educari iubet, studiisque doctrinae erudiri ; et maxime omnium Athanasium. Quem quidem, cum iam adolevisset, diaconum ordinavit. 3) Sozomen. hist. lib. III. c. 5. Eusebius cognomento Emisenus toelttr’# Ktrchcurecht.

ILt» Auflage

29

450 Institute der niederen Grade in Verbindung gebracht, so daß der Un­

terricht und die Erziehung im geistlichen Leben neben einander herlies.

Aehnliche Anstalten entstanden auch im Abendlandes); wo sie fehlten, halfen die Klöster aus, in deren Mitte allenthalben zum Theil sehr

blühende Unterrichtsanstalten bestanden; auch wurde den Priestern auf dem Lande ausgegeben, die bei ihrer Kirche dienenden Kleriker wenig­

stens in den Anfangsgründen zu unterrichten3). tung zum Presbyterat mußte aber

Die letzte Vorberei­

immer in der bischöflichen Lehr­

anstalt erworben werden6). II.

202.

Einrichtungen im Mittelalter.

Eine noch festere Begründung erhielten die bischöflichen

Schulen, als das canonische Leben unter dem Klerus aufkam, indeni

der Unterricht der angehenden Kleriker, unter der Leitung eines ernsten

und würdigen Bruders, der Congregatiou durch die Regel zur Pflicht

gemacht wurde *).

Durch die Bemühungen Karls des Großen und

seines Sohnes Ludwig unterstützt3), erblühten nun überall im fränki­ schen Reiche bischöfliche Schulen3) und mit ihnen in Verbindung Bü­

chersammlungen, worin nach der Vorschrift Karls

correcte Abschriften

der heiligen Schriften, Kirchenväter, Canonensammlungen, liturgische

— ab ineunte aetate ut mos patrius fert sacris in litteris educatus, deinde disciplinis humanioris litteraturae institutus. 4) Conc. Tolet. II. a. 531. c. 1. (c. 5. D. XXVIII.), Conc. Tolet. IV. a. 633. c. 21. 22. 23. (c. 1. c. XU. q. 1). 5) Conc. Vasion. II. a. 529. c. 1. Placuit ut omnes presbyteri, qui sunt in parochiis constituti, secundum consuetudinem, quam per totam Italiam satis salubriter teneri cognovimus, iuniores lectores— quomodo boni patres spiritualiter nutrientes , psalmos parare, divinis lectionibus insistere, et in lege domini erudire contendant ut sibi dignos successores provideant. 6) Conc. Turon. III. a. 813. c. 12. Sed priusquam ad consecrationem presbyteratus accedat, maneat in episcopio, discendi gratia offi­ cium suum, tamdiu, donec possint et mores et actus eius animadverti, et tune, si dignus fuerit, ad sacerdotium promoveatur. 1) Regula Chrodogangi ed. Hartzheim c. 48., Regula Aquisgran. a. 816. c. 135. 2) Const. Carol. M. de scholis per singula monasteria et episcopia instituendis, Capit. I. Carol. M. a. 789. c. 70-, Praeceptum Carol. M. de scholis graecis et latinis instituendis in ecclesia Osnabrugensi, Ca­ pit. I. Carol. M. a. 805. c. 2—5., Capit. Ludov. a. 823. c. 5. 3) Gut handelt davon: R. von Raumer Einwirkung des Christenthums auf die Althochdeutsche Sprache (Stuttgart 1845) S. 189—230.

4) Const. Carol. M. de emendatione librorum et officiorum ecclesiasticorum, Capit. I. Carol. M. a. 789. c. 70.

451 Bücher, Werke über die Kirchen- und Profangeschichte, und römische

Schriftsteller über die Grammatik, Rhetorik und Dialektik gesammelt toaren5).

In gleichem Sinne wirkten die Päpste für Italien8), 9 * na 11­

mentlich gicngen aus der Lehranstalt an der Laterankirche in Rom ausgezeichnete Männer6 hervor7).

Die bischöflichen Schulen blieben

auch bei der Auflösung des canonischen Lebens bestehen, und behiel­

ten die Form der Convictorien bei8).

Hin und wieder ließen jedoch

die Canonici die Stelle des Scholasticns ganz eingehen, um deren Ein­

künfte an sich zu ziehen8); an anderen Orten verwandelte sich dieses Amt in eine bloße Dignität, woran das Recht hieng, diejenigen, welche

in der Domschule oder anderwärts als Lehrer auftreten wollten, zu genehmigen und dafür gewisse Gebühren zu erheben. Gegen das Ende des zwölften Jahrhunderts wurde daher nicht blos dieser Mißbrauch

verboten78), sondern auch die Verpflichtung festgestellt, nicht nur bei

jeder Cathedralkirche, sondern möglichst auch bei anderen eine Lehrstelle der Grammatik, dann auch bei jeder Metropolitankirche eine Lehrstelle

der Theologie zu gründen und aus dem Stiftsvermögen mit festen Einkünften zu versehen77).

Dennoch vermochten diese Verordnungm

nicht die bischöflichen Schulen zu halten, da es allgemeiner Gebrauch

wurde, die höheren wissenschaftlichen und theologischen Disciplinen auf den Universitäten zu erlernen, die sich in mehreren Städten, zum Theil aus jenen geistlichen Lehranstalten entwickelt hatten.

Die Auf­

merksamkeit der Päpste und Bischöfe, die Freigebigkeit der Fürsten und Privatpersonen

wandte sich nun

allein diesen Universitäten zu,

und die bischöflichen Schulen gicngen allmählig ganz ein.

Nachdem

aber auch auf den Universitäten die ursprüngliche Kraft und Begeiste-

6) Ein Beispiel giebt die Sammlung der Kölner Kirche, wozu der Erz­ bischof Hildebald gegen das Ende de« achten Jahrhunderts den Grund legte, Hartzheim Catalogus codicum mss. bibliothecae ecclesiae Coloniensis. Colon. 1752. 4. 6) C. 12. v. XXXVII. (Eugen. II. a. 826). 7) Liber Pontif. in vita Leonis III. et Paschalis I. (ed. Vignol. T. I. p. 236. 320). 8) Dieses zeigt die Verordnung des Erzbischofs Willigis von Mainz vom Jahr 976 in Guden. Codex diplomat. T. I. p. 352. 9) Dieses zeigt die Decretale Alexander de» III. im cap. 1. Compil. II. de magistr. (5. 3). ■ 10) C. 1. 2. 3. X. de magistr. (5. 5). 11) C. 1. 4. 5. X. de magistr. (5. 5). Häufig ist der Domscholaster ver­ pflichtet worden, von seiner Präbende den Lehrer der Grammatik zu unterhal­ ten, Ducange Gloss. v. Scholasticns.

452 rung gesunken, in den Studien eintöniger Formelkram, in den Sitten eine unbeschreibliche Rohheit vorherrschend geworden war: so sah sich die Kirche genöthigt, das Erziehungswcsen der Geistlichen, der älteren

Form gemäß, wieder unter die unmittelbare Aufsicht der Bischöfe zu

stellen.

Zu diesem Zwecke verordnete im Jahre 1563 das Concilium

von Trient, daß bei jeder bischöflichen Kirche ein Collegium gegründet,

und darin,

wie in einer geistlichen Pflanzschule,

die Jünglinge der

Diöcese oder Provinz, die sich dem geistlichen Stande bestimmten, nach

zurügelegtem zwölften Jahre verpflegt, erzogen und in den nöthigen

Wissenschaften bis zur Vollendung ihrer Bildung unterrichtet werden sollten12). 13 Schon 14 15 vorher, im Jahre 1552, hatte Ignatius von Loyola

zur Bildung tüchtiger Geistlichen für Deutschland, welches deren so sehr bedurfte, in Rom ein Collegium der Art gestiftet, welches nach­

mals von Gregor XIII.

(1573)

bestätigt und

erweitert wurdet).

Nach diesem Vorbild und in Folge des Tridentinischen Beschlusses

wurden von Pius IV.

(1565) in Rom das ebenfalls

von Gregor

XIII. (1585) sehr vergrößerte römische Collegium, dann auch in den

meisten übrigen Diöcesen Collegicn und Seininarien errichtet und mei­

stens, so wie auch viele andere gemeine Unterrichtsanstalten, unter die Leitung der Jesuiten gestellt").

Dieser Orden hat sich dadurch um

die Kirche und die Wissenschaften ein Verdienst erworben, welches der­

einst noch von einer parteiloseren Geschichtschreibung seine volle Wür­ digung erhalten wirb16). III.

203.

Heutiger Zustand.

Die Verordnung des Conciliums von Trient kam in vie­

len Diöcesen, namentlich in Deutschland, in so fern nicht zur vollen Ausführung, als die bischöflichen Seminarien nicht für den gesamm-

12) Conc. Trid. Sess. XXIII. cap. 18. de ref. 13) Jul. Cordara Collegii Germanici et Ungarici historia. Romae 1770. fol. 14) Ein lehrreiches Beispiel bietet Lucern, Segesser Rechtsgeschichte von Lucern IV. 551—82. 15) Zur Berichtigung mancher Borurtheile und Täuschungen lese man nur die Schilderung, welche ein protestantischer Zeitgeuosse von der aus den pro­ testantischen hohen Schulen herrschenden unglaublichen Barbarei im siebzehnten Jahrhundert entwirft, und das ehrenvolle Zeugniß, das er dagegen den Lehr­ anstalten der Jesuiten giebt, Mayfart Christliche Erinnerung von der aus den Evangelischen hohen Schulen in Teutschland an manchen Orten entwichenen Ordnungen (Schleißingen 1636. 4.) S. 159.

453 tm Unterricht der angehendm Kleriker vom Knabenalter an,

sondern

nur für das letzte Stadium des theologischen LehrcursuS und die letzte

Vorbereitung zum Empfang der Weihe eingerichtet wurden. Den übri­ gen Unterricht schöpfte man in den gewöhnlichen Schulen und auf den

Universitäten oder höheren theologischen Lehranstalten. auch unbedenklich,

Dieses war

weil jene Schulen und Lehrstühle in den Händen

geistlicher Orden, namentlich der Jesuiten, waren, was für den kirch­

lichen Geist des Unterrichts eine hinreichende

Gewährleistung bot.

Durch die Aufhebung der geistlichen Orden und durch die Umwand­ lung der Schulen und Universitäten in Staatsanstalten trat aber für die Kirche eine Lücke ein, zu deren Ausgleichung sie auf die Beihülfe

der Staatsgewalt theils

aus allgemeinen Gründen theils wegen der

eingezogenen Kirchengüter rechnen darf. Aus dem Zusammenhang aller

dieser Verhältnisse ergiebt sich für das heutige Recht Folgendes. I. Ein Priesterseminar für die letzte Vorbereitungsstufe zum geistlichen Stande

ist und bleibt ein von einem Bisthum unzertrennliches Bedürfniß, und

es ist dafür durchs eine angemessene Dotation Sorge zu tragen1). II. Für die vorhergehende wissenschaftliche Ausbildung sind die angehen­ dm Geistlichen regelmäßig auf die weltlichen Gymnasien und Univer­

sitäten angewiesen. Anspruch

Eben daher muß aber der Bischof das Recht in

nehmen, auf diese'Lehranstalten in so fern ein wachsames

Auge zu haben, daß dort nichts UnkirchlicheS gelehrt, oder daß die­ jenigen, die sich dem geistlichen Stande

bestimmen, nicht schon im

Voraus ihrem Berufe entfremdet werden; und er darf von einer christ­ lichen Regierung erwarten, daß sie bei der Besetzung der Lehrstellen

auf das Bedürfniß der Kirche Rücksicht nehme, und daß sie ihm die Einwirkung

gestatte, ohne welche er die Verantwortlichkeit für seine

Kleriker in seinem Gewissen nicht übernehmen tarnt2). Die Gerechtig­

keit dieser Forderung liegt da am Tage, wo wie gewöhnlich die welt­ lichen Lehranstalten aus geistlichen Gütern gestiftet sind.

Aber auch,

wo dieses nicht der Fall ist, können die katholischen Unterthanen, welche zu den Lehranstalten Steuern zahlen, verlangen, daß dieselben die Be­ dingungen erfüllen, die, um gute katholische Priester und Seelsorger

zu bilden, nöthig sind. III. Will die Staatörcgierung dieses nicht, so

1) Dieses ist auch anerkannt in dem Bayer. Concordat Art. 5., Oesterr. Loncordat Art. 17.; eben so in allen neueren Organisationsbullen. 2) Anerkannt ist dieses im Oesterr. Concordat Art. 6. 7. 8.

454 haben die Bischöfe einen in dem Zusammenhang der Verhältnisse be­

gründeten Anspruch darauf, daß ihnen aus den eingezogenen Kirchen­ gütern der nöthige Antheil herausgegeben werde, um vollständige geist­

liche Erziehungsanstalten nach der Tridentinischen Vorschrift zu errich­ ten.

IV. Jedenfalls muß es den Bischöfen frei stehen, aus eigenen

Mitteln die Anstalten, die ihnen dazu nöthig scheinen, zu gründen. V. Den angehenden Geistlichen muß das in der natürlichen Freiheit

begründete Recht unverkümmert sein, zu ihrer Ausbildung auch aus­ wärtige kirchlich anerkannte Lehranstalten zu besuchen. schöfen steht das Recht zu,

VI. Den Bi­

den angehenden Geistlichen auf den Uni­

versitäten oder anderen Lehranstalten,

wo sie die freie Wahl der zu

besuchenden Vorttäge haben, diese und deren Reihenfolge vorzuzeichnen, und sie darüber in den Seminarien prüfen zu lassen3).

VII. Die

Einrichtung, Leitung der Seminarien, die Anstellung und Entlassung

der Lehrer in denselben, muß ganz in das Ermessen des Bischofes ge­ stellt sein4). Eine besondere Beaufsichtigung durch die Staatsregierung ist nicht zu rechtfertigen3), 6 und das behauptete Recht „des'Staates

„darüber zu wachen, daß in den Seminarien nicht ein Geist gepflegt „werde, der ihm

selbst feindlich sei"3), beruht auf jenem falschen

Standpuntt des Mißtrauens7)8 und auf der herabwürdigenden Voraus­

setzung, welche die Kirche mit Unwillen zurückweisen muß. VIII. Da der Bischof

allein die zu einem Geistlichen nöthigen Eigenschaften zu

beurtheilen hat, so muß die Zulassung zu dem Seminarium und an­

deren geistlichen Lehranstalten lediglich von seiner Entscheidung abhän­

gen3).

IX. Da die Kirche die Pflegerin der christlichen Wissenschaft

ist, und sie allein das, was zu dieser gehört, beurtheilen kann, so muß die Prüfung der angehenden Geistlichen lediglich bem Bischof über­

lassen sein, und man muß vertrauen, daß derselbe die wissenschaftli­

chen Anforderungen, welche die Zeit an die Geistlichen macht, eben so gut wie die Staatsregierung zu würdigen im Stande sei. X. In der

3) 1850. §. 4) Art. 17. 5) 6) 7) 8) Art. 17.

So sagt auch für Oesterreich die Kaiser!. Verordnung vom 26. April 4. So sagt auch da» Bayer. Concordat Art. 5., Oesterr. Concordat

Diese Freiheiten der Kirche sind auch in Preußen anerkannt. So sagt Richter Kirchenrecht §. 299 (285). Man sehe §. 46 a. So sagt auch da» Bayer. Concordat Art. 5., Oesterr. Concordat

455

griechischen Kirche wird der Unterricht der angehenden Geistlichen fast

allein von den Mönchen besorgt nnd ist im Ganzen kläglich bestellt. In

Rußland sind seit Peter I. durch wiederholte Ukasm Seminarien bei

jedem Bisthum und höhere geistliche Akademien angeordnet; allein davon ist wenig zur Ausführung gekommen, so daß das geistliche Un­

terrichtswesen auch hier in einem schlechten Zustande ist9). den Protestanten wird die theologische Bildung

XI. Bei

regelmäßig auf den

gewöhnlichen weltlichen Lehranstalten erworben. Hin und wieder kom­

men jedoch zu diesem Zwecke auch Seminarien vor, die jedoch bloße

Staatsanstalten sindI0). Nur in England hat sich noch ein enger Zu­ sammenhang der Kirche mit den Universitäten erhalten.

Zweites Kapitel.

Bon der Ordination.

I.

Bedeutung der Ordination.

Greg. I. 16. De sacramentis non iterandis, V. 28. De clerico non Or­ dinate ministrante. 204.

Außer den sittlichen und geistigen Eigenschaften, welche in

gewöhnlicher Weise durch die geistliche Erziehung mitgetheilt werden,

bedarf der Kirchenbeamte zu den heiligen Verrichtungen seines Amtes einer besonderen übernatürlichen Gnade und Befähigung.

wirbt er nicht von selbst schon durch den

Diese er­

Empfang des Amtes: son­

dern nach der von Christus und den Aposteln hinterlassenen Anord­

nung ist dazu eine besondere Einweihung durch Handauflegung oder

eine Ordination itotijroenbig1).

Eine solche Weihe wird ihrer Natur

nach ein für allemal ertheilt;

sie ist daher dauernd und unauslösch-

9) Man sehe (Theiner) Staatskirche Rußlands S. 267—299. 10) Man sehe Richter Kirchenrecht §. 299 (285). 1) Man 'sehe §. 15. Die Ordination ist also nicht die Verleihung deS Amtes selbst, und noch weniger blos die feierliche Einsetzung in ein bereits ver­ liehenes Amt. So verhielt es stch mit ihr auch in der älteren Zeit. Zwar waren damals absolute Ordinationen verboten (§. 15); allein daraus folgt nicht, daß die Ordination blos die Uebertragung des Amtes gewesen sei.

456 UH?) und darf nicht wiederholt werden s).

Nach der Sprache der

Schule wird also dadurch ein von dem Stande der Laien und von dem Stande der Kirchenbeamten unterschiedener kirchlicher Stand erworben,

welcher der Klerikalstand genannt wird. Mit diesen Begriffen stimmt

auch das griechische Kirchenrecht überein.

Hingegen die Protestanten

läugneten anfangs die Bedeutung der Ordination als einer von dem

Amte verschiedenen Einweihung gänzlich42) 53;

allein später kam man

wieder darauf zurück B). Es giebt also auch bei ihnen eine Ordination,

ohne welche die mit dem geistlichen Amte verbundenen heiligen Verrich­ tungen nicht ausgeübt werden dürfen. Diese Ordination soll ^war re­ gelmäßig nur mit Beziehung auf ein bestimmtes Amt ertheilt werden;

doch kommen auch absolute Ordinationen vor, bei Missionarien, oder bei Candidaten des Ministeriums, die

beigegeben werden.

einem Pfarrer zur Unterstützung

Auch dauert die dadurch empfangene Eigenschaft

fort, so daß sie bei einer Veränderung oder Beförderung im Amte nicht

wiederholt toirb6).

Ansicht nahe.

So steht man doch in der Sache der katholischen

In der englischen Kirche wird sogar der Ordination

ein unauslöschlicher Character beigelegt, indem durch dieselbe an sich'

schon der priesterliche Stand erworben wird, der, wenn man auch das Amt selbst verliert, doch nicht wieder ansgelöscht wird.

2) C. 97. c. I. q. 1. (Augustin, c. a. 400) ibiq. Gratian., Conc. Trid. Sess. XXIII. cap. 4. et can. 4. de sacr. ord. 3) C. 107. D. IV. de cons. (Conc. Carth. III. a. 397), c. 1. D.LXVIII. (Gregor. I. a. 592), c. 3. X. de sacram. non iter. (1. 16), Conc. Trid. Sess. VII. can. 9. de sacram. 4) Luther an den christlichen Adel deutscher Nation: Alle Christen sind wahrhaftig geistlichen Standes, und ist unter ihnen kein Unterscheidt, denn des Amptes halben allein. — Darumb ist des Bischoffs Weihen nichts anders, denn als wenn er an statt und Person der ganzen Sammlung einen aus dem Haus­ sen nehme, die alle gleiche Gewalt haben, und ihm befehle, dieselbe Gewalt für die anderen auszurichten. 5) Die Beweise stehen im §. 35. Note 13. 14. 6) Die Ordination ist also auch bei den Protestanten nicht, wie ihre Schriftsteller häufig sagen, blos die Verleihung des Amtes oder das feierliche Zeugniß dieser Verleihung; denn dann müßte sie, so oft Jemand in ein ande­ res Amt eintritt, aufs Neue vorgenommen werden. Der Widerspruch der hier­ über herrschenden Ansichten ist wenigstens in Deutschland so groß, daß ein pro­ testantischer Jurist selbst sehr bündig sagt: Hommel epitoih. iur. sacr. cap. XVI. §. 5. Caeterum in hac materia tarn parum constantes Evangelici, ut quid sibi velint, plane nesciant. Was Richter Kirchenrecht §. 202. alangebliche Widerlegung sagt, ist nur seine subjective Auffassung. Man vergleiche oben §♦ 35. Note 14.

457 IL

Stufen der Ordination.

205.

A) Die Tonsur und die sieben Weihen.

Nach der alten Disciplin war eS Grundsatz, daß die Kir­

chenbeamten nur von einem niederen Amte zu einem höheren gelangen konnten *).

Allen Klerikern gemeinschaftlich war aber das Abscheeren

der Haare als Symbol der Ablegung alles weltlichen Sinnes?). Hier­

aus war bereits im sechsten Jahrhundert der Gebrauch entstanden, daß

die Tonsur der Ordination vorhergieng, und daß man schon durch sie zum Kleriker gemacht8), und wenn man sich auch äußerlich als solcher

gerirte, der bürgerlichen Vorrechte des geistlichen Standes theilhaftig tourbe4). Auf die Tonsur folgen zwar wie ehemals die Ordinationen

znm Ostiarius, Lector, Exorcisten, Akoluthen, Subdiacon, Diacon und Priester8).

Allein bei den vier ersten ist es nie mehr, und bei der

Weihe zum Subdiacon und Diacon nur noch höchst selten auf die

wirkliche Ausübung der daraus fließenden geistlichen Verrichtung ab­

gesehen, sondern diese Grade werden nur bildlich zur Erinnerung an die alte Disciplin durchgegangen6).

Das Concilium von Trient hat

zwar den Wunsch ausgesprochen, dieselben in,ihrer alten reellen Be­ deutung herznstellen ’); allein dieses läßt sich nicht aussühren. In der

morgenländischen Kirche

giebt eö von den alten Zeiten her vier Or­

dinationen, und damit sind noch wirkliche Aemter verbunden. Ueber dem

Ordo des Priesters steht, in der morgenländischen wie in der gbendländischen Kirche, der des Bischofes als eine davon nach göttlicher Ein­

setzung wesentlich verschiedene Ordnung, mit einer besonderen darauf

bezüglichen Weihe. Bei den Protestanten finden sich ganz entgegenge­ setzte Systeme.

Die in Deutschland, Frankreich, Holland und in der

Schweiz erkennen nur eine Ordination,

die zum Predigeramte,

an.

Hingegen die englische Kirche bewahrt noch neben der Weihe des Bi­

schofs die des Priesters und Diacons als eine göttliche und aposto­ lische Einrichtung8). In Dänemark und Norwegen besteht zwar auch

1) Man sehe §. 139.

2) C. 7. c. XII. q. 1. (Hieronym. c. a. 410). 3) Devoti instit. can. lib. I. tit. 1. §. 11. not. 1. 2. 4) C. 7. X. de der. coniug. (3. 3), c. 1. eod. in VI. (3. 2), Conc. Trid. Sees. XXIII. cap. 4. 6. de ref. 5) Conc. Trid. Sess. XXIII. cap. 2. et can. 2. de ordine. 6) Man sehe §. 16.

7) Conc. Trid. Sess. XXIII. cap. 17. de ref. 8) Richter Kirchenrecht §. 164. sagt: „Die evangelische Kirche verwirft da» katholische Dogma von den Stufen der Ordination." Gehört also die eng­ lische Kirche nicht zu der evangelischen Kirche?

458 außer der Priesterweihe eine besondere Bischofsweihe, so daß wenn ein Priester zum Bischöfe ernannt ist, er eine

empfängt.

wiederholte Ordination

Allein eine eigentliche Abstufung ist dieses nicht,

so daß

wenn ein nicht ordinirter Theologe zum Bischöfe ernannt wird, er die bischöfliche Weihe unmittelbar empfängt. B) Unterschied der höheren und niederen Weihen.

206.

Die Aemter wurden ursprünglich eingetheilt in diejenigen,

womit das Priesterthum (sacerdotium), das heißt die Vollbringung

deS geheimnißvollen Opfers verbunden war, und diejenigen, welche sich blos auf den Dienst (ministerium) oder die Hülselcistungen dabei bezogen.

Zu den ersteren gehören das Amt des Bischofs und Pres­

byters, zu den zweiten die Uebrigen *). Unter diesen wurde das Amt des Diacons, weil es von apostolischer Einsetzung herrührt, mit be­

sonderer Auszeichnung behandelt. Allmählig gieng dieses auch auf das Suddiaconat über.

Dieses spricht sich schon im fünften Jahrhundert

darin aus, daß, wie unten gezeigt werden soll, die Vorschriften über das ehelose Leben auch äuf die Subdiaconen ausgedehnt wurden. Noch

schärfer trat es in den Einrichtungen der Stifte hervor31). 42 5 6Doch wurde das Suddiaconat bis in das elfte Jahrhundert noch nicht zu

den höheren heiligen Aemtern gerechnet3).

Im zwölften Jahrhundert

geschah es aber von mehreren Schriftstellern, und seit dem dreizehnten wurde diese Ansicht allgemein *).

Seit dieser Zeit werden also vier

niedere3), und drei höhere Grade unterschieden3).

Die Ordinatton

zum Sacerdotium gilt nach der gemeinschaftlichen Tradition der mor­

gen- und abendländischen Kirche als ein Sacrament, welches bei dm

1) C. 11. D. XXIII. (Statuta eccles. antiq.). 2) Die eigenthümliche Auszeichnung der Subdiaconen vor den übrigen jüngeren Klerikern zeigt stch darin, daß sie an einem besonderen Tische speisten und nicht mehr unter der strengen Schuldisciplin standen (§. 140). 3) C. 4. D. LX. (Urban. II. a. 1091). In einer anderen Beziehung stellt aber dieser Papst den Subbiacon doch schon mit dem Diaeon und Priester zusammen, c. 11. D. XXXII. (Urban. II. c. a. 1090). 4) C. 9. X. de aetat. ot qualit. praeficiend. (1. 14). 5) Die Geistlichen der vier unteren Weihen werden auch gewöhnlich un­ ter dem allgemeinen Ausdruck, Kleriker, zusammengesaßt, während die drei Hö­ heren mit ihren eigenthümlichen Namen bezeichnet werden. Diese Bemerkung ist für die Behandlung der Quellen von Wichtigkeit. Beispiele geben c. 5. 7. X. de cleric. coniug. (3. 3), c. 1. de cleric. coniug. in VI. (3. 2), dem. 1. de vita et honest, deric. (3. 1). 6) 0. 1. X. de tempor. ordinat. (1. 11), c. 1. X. de deric. con­ iug. (3. 3), Conc. Trid. Sess. XXIII. cap. 2. de ordine.

459 Aposteln seinen Anfang genommen, in dm Bischöfen, welche sie ein­

setzten, fortgepflanzt, und von da an bis auf Ms herab beständig er­ neuert

worden ist7).

sei, steht dadurch fest.

Daß die Weihe zum Priester ein Sacrament Daß auch die Weihe zum Bischof es sei, hat

die wichtigsten Gründe für sich^).

Ob und in wie fern schon die

Weihen weiter abwärts ein Sacrament seien, darüber bestehen in der

Doctrin verschiedme Meinungen ^). Die Protestanten haben aber die

Bedeutung der Ordination als ein Sacrament völlig verworfen.

III. Von der Befugniß zu ordiniren.

Greg. I. 13. De ordinatis ab episcopo qui renuntiavit, I. 22. De clericis peregrinis. 207.

Die Befugniß, Priester oder Diaconen zu ordiniren, steht

der apostolischen Disciplin

gemäße nur den Bischöfen ju2* ). 1

Das

Subdiaconat und die vier niederen Weihen können aber außerordent­

licher Weise mit Genehmigung des Papstes auch durch einen Priester ertheilt werden 3).

Benedicirte Siebte haben das Recht, ihren unterge­

benen Regularen die vier niederen Weihen zu geben, schon kraft ihres Amtes 4).5

Jenes Recht der Bischöfe fließt aus dem ihnen durch die

Weihe mitgetheilten besonderen Character; daher ist selbst die von

einem excommunizirten, häretisch oder schismatisch gewordenen Bischöfe ertheilte Ordination,

wenn dabei die übrigen Vorschriften beobachtet

sind, an und für sich gültig3). Doch ist darum nicht einem Bischöfe Jeden zu ordiniren erlaubt, sondern dieses ist aus Gründen der Ord-

7) II. Tim. I. 6., c. 97. c. I. q. 1. (Augustin, c. a. 400), c. un. §. 1. X. de sacr. unct. (1. 15), c. 3. X. de presbyt. non baptiz. (3. 43), Conc. Trid. Sess. XXIII. cap. 3. et can. 3. de ordine. — Orthod. confess. P. I quaest. 108. 109. (§. 27. not. 4. 5). 8) Sehr gründlich ist dieses nachgewiesen von Furtner Das Verhältniß der Bischofsweihe zum heiligen Sacrament des Ordo. München 1861. 9) Eine genaue Discussion dieser Frage findet man bei Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. VIII. cap. 9. 1) Man sehe §. 15. Note 5. 6. 7. §. 16. Note 3. 2) Conc. Trid. Sess. XXIII. cap. 4. et can. 7. de ordine. 3) Devoti Instit. can. lib. II. tit. 2. §. 100. 4) C. 11. X. de aetat. et qualit. (1. 14), Conc. Trid. Sess. XXIII. cap. 10. de ref., Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. II. cap. 11. n. 8—14. 5) Darüber sehe man §. 174. Note 3. Die Weihen der anglicanischen Bischöfe werden aber von der katholischen Kirche nicht als wahre Weihen angesehen, schon deshalb nicht, weil der Ritus von der ursprünglichen Form ab­ gewichen ist, Devoti instit. can. lib. II. tit. 2. §. 100.

460 nung an bestimmte Bedingungen gebunden. Vor Allem versteht es sich von selbst, daß er außerhalb seiner Diöcese keine Ordinationen vor­

nehmen bars6).

Ferner ist er auch bei Ordinationen innerhalb seiner

Diöcese durch verschiedene Gesichtspunkte beschränkt.

In

der alten

Zeit, wo die Ordination zugleich zu einer festen Anstellung an einer bestimmten Kirche geschah, herrschte der Gesichtspunkt, daß ein Bischof dadurch einen Auswärtigen nicht seinem Bischof entziehen sollte.

Er

durfte daher einen auswärtigen Laien, der durch die Taufe seinem Bischöfe verbunden war, nicht bei sich orbimrcn7),8 9und 10 um so weni­ ger einem auswärts bereits ordinirten Kleriker eine höhere Ordination

ertheilen6), wenn derselbe dazu nicht von seinem Bischöfe die Erlaub­ niß hatte6).

Später, wo die Ordinationen absolut ohne Beziehung

auf ein bestimmtes Amt ertheilt wurden,

entstanden Beschränkungen

aus dem Gesichtspunkt, damit nicht Ordinationen an unbekannte un­ würdige Personen ertheilt würden. Sie wurden daher an fremde Diöcesanen nur dann gestattet,

wenn der zu Ordinirende von dem Bi­

schöfe, worunter er geboren war, oder wohnte, oder ein Beneficium

hatte, einen Erlaubnißschein beibrachte76). Die Praxis fügte zu jenen drei Fällen, welche das Ordinationsrecht über einen angehenden Kle­

riker begründen, noch den Fall hinzu, wenn er dem Bischof drei Jahre

lang durch

genaueren Umgang bekannt geworden wäre.

Auf dieser

Grunblage hat denn das Concilium von Trient fortgebaut,

und un-

6) C. 6. 7. c. IX. q. 2. (Conc. Antioch. a. 341), c. 8. 9. eod. (Conc. Constant. I. a. 381), can. Apost. 34., Conc. Trid. Sess. VI. cap. 5. de ref. 7) C. 6. D. LXXI. (Conc. Carth. I. a. 348). Mau sehe dazu Phillip» Kirchenrecht I. §.41. Anderer Meinung ist Hallier de sacris ordinat. Part. II. sect. 5. cap. 3. art. 1. §. 4. 8) C. 3. D. LXXI. (Conc. Nicaen. a. 325), c. 1. eod. (Conc. Sardic. a. 344), c. 6. eod. (Conc. Carth. I a. 348), c. 2. eod. (Innoc. I. a. 404). 9) C. 1. D. LXXI. (Conc. Sardic. a. 344), c. 6. eod. (Conc. Carth. I. a. 348), c. 2. D LXXII. (Conc. Carth. III. a. 397). Man durste ohne die litterae commendatitiae de» Bischofes einen fremden Geistlichen über­ haupt nicht aufuehmen und bei sich ministriren lassen, c. 9. D. LXXI. (Conc. Antioch. a. 341), c. 8. eod. (Augustin, a. 392), c. 7. eod. (Conc. Chalced. a. 451). Zur Sicherheit sanden dabei eigenthümliche Bezeichnungen oder Chiffren statt, und in dieser Gestalt wurden solche Schreiben litterae formatae genannt. Die Regel zu deren Anfertigung giebt der gallische Codex canon. c. 63. (Steht in meinen Fontes.) Man sehe dazu die Ballerini Oper. Leon. Magni T. III. p. 452. 10) C. 1. 2. 3. de tempor. ordin. in VI. (1. 9). Zu solchen Erlaub­ nißscheinen wurde auch die Form der litterae formatae benutzt, c. 1. 2. D. LXXIII., Ballerini de antiq. collect. Part. II. Can. IV. §. VIII. (Galland. T. I. p. 385).

461 rechtmäßige ohne Dimissorialen ertheilte Ordinationen sowohl für den

Ordinirenden wie für den

Ordinirten mit einer Strafe belegt").

Bei den Protestanten wird in England, Dänemark und Schweden die

Ordination auch von den Bischöfen, in Deutschland von dem Super­ intendenten, oder in dessen Auftrag von einem gewöhnlichen ordinirten Geistlichen vollzogen. IV.

Von bet Fähigkeit orbinirt zu werben.

Greg. I. 22. De scrutinio in ordine faciendo, Greg. I. 17. Sext. I. 11. De filiis presbyterorum ordinandis vel non, Greg. I. 18. De servis non ordinandis , I. 19. De obligatis ad ratiocinia non ordinandis, I. 20. De corpore vitiatis non ordinandis, Greg. I. 21. Sext. 1.12. De bigamis non ordinandis, Greg. III. 43. De presbytero non baptizato, V. 29. De clerico per saltum promoto, V. 30. De eo qui furtive ordinem suscepit. 208.

Absolut unfähig orbinirt

zu werden sind nur die Unge­

tauften und die Weiber: jene, weil Einer nicht das besondere Priesterthum erwerben kann, der noch nicht einmal durch die Taufe zum

allgemeinen geweiht ist1); diese, weil die Uebernahme eines öffentli­

chen Amtes der natürlichen Bestimmung ihres Geschlechts widerstrei­ tet^). Die ertheilte Ordination ist also bei Beiden völlig unwirksam.

Davon abgesehen wird aber auch nicht Jeder zur Ordination zuge­ lassen, sondern es sind, der großen Bedeutung dieser Handlung ge­

mäß, über die nöthigen persönlichen Eigenschaften sehr genaue Vor­ schriften aufgestellt.

Vor allem gehört dazu das der Weihe angemes­

sene Alters), Festigkeit im kirchlichen Glauben, weshalb Neubekehrte

11) Conc. Trid. Sess. XIV. cap. 2. 3. Sess. XXIII. cap. 8. 9. de res. Nähere Bestimmungen über diesen Gegenstand erließ noch die Const. Speculatores Innocent. XII. a. 1694. Viele praetische Einzelheiten über die Dimissorialen, die in die geistliche Geschäftsführung einschlagen, findet man auch bei Ferraris Bibliotheca v. ordo Art. III. n. 36—110. 1) C. 1. 3. X. de presbyt. non baptiz. (3. 43). 2) I. Cor. XIV. 34., I. Tim. II. 12., c. 29. D. XXIII. (Statuta eccles. antiq.), c. 20. D. IV. de cons. (Statuta eccles. antiq.). 3) C. 4. D. LXXVIII. (Conc. Neocaes. a. 314), c. 4. D. LXXVIL (Conc. Carth. III. a. 397), c. 2. eod. (Zosim. a. 448), c. 6. eod. (Conc. Agath. a. 506), dem. 3. de aetat. et ordin. praeficiend. (1.6), Conc. Trid. Sess. XIII. c. 12. de ref. Die Strafen der Uebertretung dieser und anderer Vorschriften bestimmen die Const. Cum ex sacrorum Pii II. a. 1461., Const. Sanctum Sixti V. a. 1589., Const. Romanum Clement. VIII. a. 1595. Das griechische Kirchmrecht ergiebt fich aus c. 4. D. LXXVII. (Conc. Trull, a. 692), nov. Leon. 16. 75.

462 nicht gleich ordinirt werden dürfen4), und hinreichende Kenntnisse8).

Ferner ist nothwendig ein unbescholtener Lebenswandel und untadel-

hafte Sitten 6).

Nach der älteren Disciplin schloß daher schon die

öffentliche Kirchenbuße,

weil sie auf ein schweres wenn gleich ge­

heim gebliebenes Vergehen schließen ließ, von der Ordination aus7).

Später ist jedoch der Grundsatz herrschend geworden, daß nur von den öffentlich bekannt gewordenen Vergehen Notiz

zu nehmen, die

geheim gebliebenen aber nach gehörig geleisteter Buße nicht als Hin­ derniß anzusehen feien8), außer wo in den Gesetzen ausdrücklich das

Gegentheil festgesetzt wäre.

Zu diesen Ausnahmen

gehört eine ob­

gleich unfreiwillige Blutschuld, so lange nur noch eine entfernte Zu­ rechnung besteht8), die Wiedcrtaufe'"), beim Empfang

Simonien),

ein Vergehen

einer Weihe12), unrechtmäßige Ausübung der geist­

lichen Verrichtungen48), die Eingehung.einer Ehe durch Geistliche der höheren Grade14). Irregulär sind ferner uneheliche Kinder wegen der ihnen anklebenden Makel15), dann diejenigen, die sich selbst verstüm-

4) I. Tim. HI. 6., c. 1. D. XLVIII. (Conc. Nicaen. a. 325), c. 2. eod. (Gregor. I. a. 599), c. 9. D. LXI. (Ambros, c. a. 396), Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. XII. cap. 1. n. 4. 6. 5) C. 3. D. XXXVI. (Origen, a. 217), c. 2. eod. (Zosim. a. 418), c. 1. eod. (Gelas, a. 494), c. 4. D. XXXVIII. (Coelestin. a. 429), c. 3. eod. (Leo I. a. 449), c. 1. eod. (Conc. Tolet. IV. a. 633), Conc. Trid. Sess. XXIII. cap. 4. 11. 13. de ref. 6) I. Tim. UI. 2. 10., Tit. I. 6. 7., c. 4. D. LXXXI. (Conc. Ni­ caen. a. 325). 7) C. 56. D. L. (Siric. a. 385), c. 60. eod. (Innocent. I. a. 404), c. 59. eod. (Gelas, a. 494), c. 55. eod. (Statuta eccles. antiq.), c. 5. D. LI. (Conc. Tolet. a. 633). 8) C. 28. D. L. (Isid. a. 605), Gratian. ad c. 32. D. L., c. 4. 17. X. de tempor. ordin. (1. 11), c. 56. X. de testib. (2. 20). 9) C. 5. 6. D. L. (Nicol. I. c. a. 876), c. 1. 2. 6. 7. 10. 11. 12. 18. 20. X. de homic. (5. 12), dem. 1. eod. (5. 4), Conc. Trid. Sess. XIV. cap. 7. de ref. Biele Entscheidungen der congregatio concilii findet man zu dieser Stelle in der Ausgabe von Richter. 10) C. 65. D. L. (Conc. Carth. V. a. 401), c. 2. X. de apost. (5. 9). 11) C. 2. D. XXXIII. (Gennad. c. a. 490), Const. Sanctum Sixti V. a. 1595. 12) C. 1. X. de cleric. per saltum promoto (5. 29), c. 1. 2. 3. X. de 60 qui furtive ordin. suscep. (5. 30), c. 32. X. de sentent. excomm. (5. 39). 13) C. 1. 2. X. de cleric. non ordinato ministr. (5. 28), c. 10. X. de cleric. excomm. (5. 27), c. 1. de sentent. et re iudic. in VT. (2. 14), c. 1. 18. 20. de sentent. excomm. in VT. (5. 11). 14) C. 4. 7. X. de bigam. non ordinand. (1. 21). 15) C. 1. 2. de fil. presbyter. in VI. (1.11), Conc. Trid. Sess. XXV. cap. 15. de ref.

463 melt16), die im Kriege17)

oder als Richter bei

einem Blutgericht

gedient18) und dadurch den höheren geistlichen Sinn abgestumpft ha­ ben, die zum zweitenmal oder mit einer Wittwe verheirathet waren 19),

und Söhne von Häretikern20). Abzuweisen sind auch diejenigen, welche mit körperlichen Fehlern behaftet sind, die zu den geistlichen Amts­

verrichtungen

ungeschickt machen

ren könnten 21).

oder der Gemeinde Anstoß gewäh­

Endlich sollen auch die nicht ordinirt werden, deren

persönliche Verhältnisse mit den Verpflichtungen deS geistlichen Stan­ des in einen Widerspruch kommen würden, daher solche, welche aus

weltlichen Geschäften noch in Rechnungsablage stehen82), Ehemänner ohne Zustimmung ihrer Ehefrauen28), und Knechte

vor erhaltener Freiheit24).

oder Leibeigene

Es kann jedoch eine Irregularität, wenn

triftige Beweggründe da sind, durch Dispensation gehoben werben,

und zwar steht

das Recht

schöfen zu28).

Um sich aber von der Fähigkeit und Würdigkeit des

dazu in mehreren Fällen schon den Bi­

zu Ordinirenden zu überzeugen,

sollte schon nach den alten Kirchen­

gesetzen eine genaue Prüfung desselben vorgenommen und das Zeug­

niß seiner Gemeinde über ihn eingeholt werden28): dem gemäß ist

16) C. 7. D. LV. (Conc.Nicaen. a. 325), c. 4. 8. eod. (Can. Apoat.), c. 3. 4. 5. X. de corpore vitiat. (1. 20). 17) C. 4. D. LL (Conc. Tolet. I. a. 400), c. 2. eod. (Innocent. I. а. 401), c. 1. eod. (Idem a. 406), c. 24. X. de homicid. (5. 12). 18) C. 30. c. XXIII. q. 8. (Conc. Tolet. IX. a. 675), c. 5. 9. X. ne clerici vel monachi (3. 50), c. 21. X. de homicid. (5. 12), c. 10. X. de 6X0688. praelat. (5. 31). Man muß bei diesen Verboten an die Beschaffenheit der Criminalgerichte im Mittelalter denken. 19) C. 2.D. XXXIII. (Gennad. c. a. 490), c. 9—18. D. XXXIV., c.2. б. X. de bigamis (1. 21). 20) C. 15. de haeret. in VI. (5. 2). 21) C. 13. D. LV. (Gelas, c. a. 494), c. 2. c. VII. q. 2. (Idem a. 495), c. 2. 6. 7. X. de corpor. vitiat. (1. 20), c. 2. 3. 4. X. de cleric. aegrot. (3. 6). 22) C. 3. D. LIV. (Conc. Carth. I. a. 348), c. 1. D. LIU. (Gregor. I. a. 598), c. un. X. h. t. (1. 19). 23) C. 5. 6. X. de convers. coniugat. (3. 32). 24) C. 1. 21. D. LIV. (Leo I. a. 445), c. 12. eod. (Gelas, a. 494), c. 1. 2. 5. X h. t. (1. 18). 25) Solche Fälle sind: bei der Irregularität durch uneheliche Abkunft jedoch nur für die ordines minores, c. 1. de fil. presbyt. in VI. (1. 11), bei den promoti per saltum si non ministraverinf, Conc. Trid. Sess. XXIII. cap. 14. de ref., und bei der Irregularität aus allen geheimen Vergehen mit Ausnahme des homicidium voluntarium, Conc. Trid. Sess. XXIV. cap. 6. Sess. XIV. cap. 7. de ref. Mehr giebt Ferraris Biblioth. v. dispensatio. Das Recht statt des Bischofes zu dispensiren steht aber ohne besonderes Man­ dat dem Generalvicar nicht zu. 26) C. 2. D. XXIV. (Conc. Carth. III. a. 397), c. 5. D.LXI. (Leo I.

464 auch jetzt die Beibringung genauer Pfarr-,

nisse und

eine strenge

Schul- und Sittenzeug­

wissenschaftliche Prüfung

vorgeschrieben27).

Uebrigens berührt die Aufnahme in den geistlichen Stand durch die

Zulassung zu den Weihen das Gewissen des Bischofes so nahe, daß er darin durchaus freie Hand haben muß22), und daß im Falle der Verweigerung der zu Ordinirende nicht von

Gründe verlangen, auch nicht appelliren,

ihm die

Angabe der

sondern nur einen Recurs

an den päpstlichen Stuhl ergreifen kann, der dann den Metropoliten

oder einen benachbarten Bischof beauftragt,

jenen Bischof

über die

Ursache der Recusation zu befragen und wenn keine zureichende ange­

geben wird ,

den Recusirten zu ordiniren29).

In dem morgenländi­

schen und protestantischen Kirchenrecht kommen über die Fähigkeit der

zu Ordinirmden analoge Bestimmungen vor.

V. 209. solut,

Von dem Ordinationstitel.

Nach der alten Disciplin durfte die Ordination nicht ab­

sondern nur

in Beziehung auf eine feste Anstellung an einer

bestimmten Kirche geschehen'). Dadurch war von selbst der Unterhalt

des Ordinirten gesichert. Jahrhundert wiederholt2),

Jene Regel wurde zwar noch im elften

doch aber nicht mehr so

strenge darauf

gehalten, indem nun Viele blos um zum geistlichen Stande zu gehö­

ren, oder um als Lehrer oder bei den

geistlichen Gerichten oder in

weltlichen Aemtern zu dienen, die Ordination nachsuchten.

sah sich die Kirche zu Vorkehrungen genöthigt,

Dadurch

damit nicht verarmte

Kleriker ihrem Stande zur Last fielen. Zu diesem Zwecke verordneten die Päpste, daß der Bischof denjenigen, den er ohne einen gewissen Titel ordinirt,

und der auch kein

eigenes Vermögen hätte,

bis zu

a. 442), c. 3. D. XXIV. (Gelas, c. a. 494), c. 6. eod. (Statuta eccles. antiq.), c. 5. eod. (Conc. Nannet. c. a. 890), c. 1. X. de scrutin. (1.12). 27) Conc. Trid. Sess. XXIII. cap. 5. 7. 12. 13. 14. de ref. , Bene­ dict. XIV. de synodo dioeces. lib. IV. cap. 7. n. 1. 2. 28) So sagt auch das Bayer. Eoncordat Art. 12. b., Oesterr. Eoncordat Art. 4. b. 29) Dieses steht durch mehrere Declarationen fest, Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. XII. cap. 8. n. 4. 1) Conc. Chalced. a. 451. c. 6. Man sehe darüber §. 15. Note 11. Der Titel, woraus sich die Ordination bezog, wurde daher vom Archidiacon vorher verkündigt. Ei» Beispiel steht in der Note der römischen Correctoren zum c. 1. D. LXX. 2) C. 2. D. LXX. (Urban. II. in conc. Placent. a. 1095).

465 einer ordentlichen Anstellung selbst unterhalten müsse').

Hieraus lei­

tete dann die Doctriu und Praxis einen dreifachen OrdinationStitel

ab: den des Beneficiums, den des eigenen Vermögens, und den, wo ein Dritter gleichviel

ob ein Privatmann oder

der Landesherr den

Unterhalt des zu Ordinirenden bis zu dessen Anstellung übernimmt4).

Wird ein Ordensgeistlicher ordinirt, so vertritt sein Verhältniß zum Orden die Stelle eines Titels6). Die Ordination zu einem bestimm­

ten Beneficium ist jedoch bei Weltgeistlichen noch immer die Regel, und die auf dm Grund des eigenen Vermögens oder einer Pension

darf nur dann geschehen, wo ein wirkliches Bedürfniß an Geistlichen

vorhanden ist6).

Auch sollen solche ohne Beneficium Ordinirte doch

im Geiste deS alten Rechts ’)

leistung gewiesen werden6). des eigenen Vermögens oder

an eine bestimmte Kirche

zur Hülfe­

Bei der Untersuchung über den Betrag

der zugesagten Unterstützung ist große

Vorsicht zur Pflicht gemacht6). Auch dauert für den Bischof, der ohne Titel eine höhere Weihe ertheilt, die Verpflichtung den Ordinirten zu

unterhalten fort10);

und wer einen falschen Titel vorgab, wird bis

zur Beibringung eines andern von den geistlichen Verrichtungen suSpendirtu).

VI.

Von dem Verfahren bei der Ordination.

Greg. I. 11. Sext. I. 9. De temporibus ordinationum. 210.

Die Weihen müssen in der gehörigen Reihenfolge, von

der Tonsur aufsteigend, ertheilt werden4).

Zwischen ihnen sind noch,

3) 6. 4. 16. 23. X. de praebend. (3. 5). 4) Bon dem Ursprung und der Beschaffenheit des TischtitclS handelt Meyer in Moy Archiv III. 257—84. 5) Man unterscheidet daher in den Lehrbüchern den titulas beneficii, patrimonii, mensae sive pensionis und profeasionis religiosae sive paupertatis. 6) Conc. Trid. Seas. XXL cap. 2. de ref. 7) Conc. Trid. Seaa. XXIII. cap. 16. de ref. 8) Wie dieses zu machen sei, zeigt sehr gut Benedict. XIV. de aynodo dioecea. lib. XI. cap. 2. n. 4. 7—10. 13—15. 9) Conc. Trid. Seaa. XXI. cap. 2. de ref., Benedict. XIV. de ayn­ odo dioecea. lib. XII. cap. 9. Einige praktisch interessante Entscheidungen der congregatio concilii darüber stehen in Moy Archiv II. 502—12.711—18. 10) C. 30. 37. de praebend. in VI. (3. 4). 11) C. 1. D. LXX. (Conc. Chalc. a. 451), Const. Romanus pontifex Pii V. a. 1568. 1) C. 1. D. LIL (Alexand. II. a. 1065), c. 1. X. de cleric. per aaltum promoto (5. 29). Wall»'« Atrchenrechk. 13te Auslage.

zg

466 wie ehemals zwischen den Aemtern2), gewisse Interstitien vorgeschrie-

bett, wovon jedoch der Bischof aus wichtigen Gründen dispensiren kann2).

Der regelmäßige Ort ist in der bischöflichen Kirche4), und

zwar während einer Messe, welche der Ordinirende selbst celebrirt;

doch ist dieses nur für die höheren Weihe» geboten, und auch dabei

ist die Gültigkeit der Handlung davon nicht abhängig5). Zur Ertheilung der höheren Weihen sind auch bestimmte Tage vorgeschrieben6), worüber jedoch die Bischöfe gewöhnlich

besondere päpstliche Jndulte

erhaltm. Endlich sind bei der Ertheilung die Worte und Feierlichkeiten zu beobachten, welche nach der uralten Ueberlieferung in dem römi­ schen Pontificalbuch zusammengcstellt sind ’). In den griechischen und

protestantischen Ritualbüchern kommen über die Ordination ebenfalls genaue Verordnungen vor.

VII.

Don den Pflichten der Ordinirten.

Greg. HL 1. Sext. III. 1. Giern. HL 1. Extr. connn. UI. 1. De vita et honestate clericorum, Greg. UI. 2. De cohabitatione clericorum et mulierum, Greg. UI. 50. Sext. IU. 24. Ne clerici vel monachi saecularibus negotiis se immisceant, Greg. V. 24. De clerico venatore, V. 25. De clerico percussore. 211.

Bei der Ordination gelobt der zu Ordinirende in

die

Hände des Bischofes ihm und seinen Nachfolgern Ehrerbietung und

Gehorsam: durch diesen Eid werden die Geistlichen an den Bischof, wie die Bischöfe durch

den ihrigen an dm Papst gebunden *).

Die

dadurch begründete Verpflichtung wird nur dadurch aufgehoben, wenn der Ordinirte von seinem Bischöfe aus dem Diöcesanverbande entlas­ sen totrb2). In Beziehung auf das äußere Leben aber legt die Weihe mit der hohen Würde, die sie ertheilt, den Geistlichen auch die Ver-

2) C. 3. D. LXXVII. (Siric. a. 385), c. 2. eod. (Zosim. a. 418). 3) C. 2. X. de eo qui furtive (5. 30), c. 13. 15. X. de tempor. ordin. (1. 11), Conc. Trid. Sess. XXIII. c. 11. 13. 14. de ref. 4) C. 6. D. LXXV. (Ordo Roman, c. a. 800), Conc. Trid, Sess. XXlll. cap. 8. de ref. 5) Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. VI11. cap. 11. n. 3—8. 6) C. 4. 5. D. LXXV. (Leo I. a. 445), c. 7. eod. (Gelas, a. 494), c. 6. eod. (Ordo Rom. c. a. 800), c. 2. 3. 8. 13. 16. X. de tempor. or­ din. (1. 11), Conc. Trid. Sess. XXUI. cap. 8. de ref. 7) Eine Untersuchung über das, was dabei da- Wesentliche ist, macht Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. VII. cap. 10. 1) C. 6. D. XXUI. (Conc. Tolet. XL a. 675). 2) Man seh« §. 207. Note 9.

467 pflichtung auf, sich durch Reinheit des Wandels und Untadelhaftigkeit der Sitten, durch Beobachtung des geistlichen Anstandes in der Tracht')

und dem äußeren Auftreten, durch die Wahl würdiger Beschäftigungm

und Vergnügungen, durch Feinheit, Milde, Freigebigkeit und Gast­ freundschaft im geselligen Verkehr, ihres Standes jederzeit würdig zu

erweisen. Diese Verpflichtungen hat die Kirche sowohl in ihren älteren Canonen'), wie im Mittelalter'),

und in der neueren Zett') sehr

oft und dringend ausgesprochen, und den Geistlichen die Aufgabe ge­ stellt, eben so sehr durch ihr Leben und Beispiel, wie durch ihre Leh­

ren auf Andere einzuwirken. Excesse oder Verletzungen dieser Standes­ pflichten müssen

daher vom Bischöfe gerügt und nach Befinden be­

straft werden^).

In der russischen Kirche und bei den Protestanten

giebt es hierüber ähnliche oft sehr genaue Landesgesetze. VIII.

Von der Verpflichtung zum ehelosen. Leben.

212.

A) Historische Einleitung.

Die Entsagung auf das eheliche Leben, um ungetheilt den

göttlichen Dingen nachzugehen, wird durch die Sache selbst als ein

Zustand höherer Vollkommenheit bezeichnet, und ist auch von Christus und den Aposteln als ein solcher anerkannt toorben *).

Diese Entsa­

gung schien aber derjenigen besonders würdig, die im täglichen Um­

gang mit dm heiligen Geheimnissm diesen ausschließlich ihr Gemüth zuwenden sollten').

Auf die Erreichung dieses hohen Zieles arbeitete

daher die Kirche unablässig hin, so daß sie dasjenige, was, als in der

3) Die dem geistlichen Stande angemessene Tracht, den Gebrauch von vestes proprio congruentes ordini, der honestus habitus clericalis ist insbesondere geboten vom Conc. Trid. Sess. XIV. cap. 6. de ref. Die dar­ auf folgenden Concilien haben insgemein als solche Tracht den Talar vorge­ schrieben. Davon handelt ausführlich Benedict. XIV. de synodo dioeces. iib. XL cap. 8. Auch haben Concilien den Geistlichen den Gebrauch falscher

Haare untersagt, und dieses ist gegen dawider erhobene Beschwerden vom Papste in einer besonderen Congregation 1699 bestätigt worden. Davon und den mög­ lichen Modalitäten handelt Benedict. XIV. iib. XL cap. 9. 4) Diese findet man größtentheil- bei Gratian, Bist. XXXIV. XXXV. XLIL XL1V. XLV. XLVI. XL VH. 5) Diese Vorschriften stehen in den einschlagendcn Titeln der Decretalcnsammlungen. 6) Conc. Trid. Sess. XXII. cap. 1. Sess. XXIV. cap. 12. Sess. XXV. cap. 14. de ref. 7) Anerkannt ist dieses auch im Bayer. Concordat Art. 12. d., Oesterr. Concordat Art. 11. 1) Matth. XIX. 12., I. Cor. VH. 7. 8. 32. 33. 34. 38. Schon durch diese Stellen werden die Beschuldigungen widerlegt, welche Richter Kirchenrccht vierte Aufl. §. 105. der katholischen Kirche machte. 2) Origenes (f 234) in libr. Numer. homil. XXIII. c. 3.

468 Ermahnung Christi und des Apostels klar begründet, durch den Geist der Kirche, durch das Beispiel aller berühmten Bischöfe und Kirchen­

lehrer und durch die gemeinere Praxis bereits zur Autorität geworden war, stufenweise auch zum Gesetze erhob3). Daher wurden schon auf

einzelnen Concilien des vierten Jahrhunderts wider den

ja regelmäßig schon wider

Priester^),

den Diacon3), der nach der Ordination

ein Weib nähme, die Entfernung vom Amte festgesetzt, und sogar den Geistlichen vom Bischöfe bis zum Subdiacon abwärts, welche als

Verheirathete ordinirt worden wären, Ehefrauen auferlegt 6).

die Enthaltsamkeit von ihren

Letzteres wurde auch auf dem Concilium von

Nicäa in Antrag gebracht, jedoch nichts darüber beschlossen7), weil man bei dem Mangel an Geistlichen häufig darüber wegsehen mußte, wenn solche als Ehemänner ordinirte Kleriker den ehelichen Umgang fort­

setzten3). Seit dem vierten Jahrhundert bildeten aber die Gesetze der

abendländischen Kirche diese Berhältnisse schärfer aus; sie verlangten die unbedingte Enthaltsamkeit vom ehelichen Leben nicht blos bei den Priestern, sondern auch bei den Diaconen3), und erlaubten daher be3) Der Rechtmäßigkeit solcher Gesetze stellt Eichhorn I. 517. die Stelle I. Tim. V. 3. entgegen. Allein jeder Unbefangene steht leicht den Unterschied zwischen einem auf einer allgemeinen Verachtung des Ehestandes beruhenden Verbot und der Einschärfung einer besonderen um eines höheren Zweckes wil­ len freiwillig übernommenen Verpflichtung, zwischen gnostischen Verirrungen und der idealen Richtung des Christenthums.

4) C. 9. D. XXVIII. (Conc. Neocaes. a. 314). 5) C. 8. D. XXVIII. (Conc. Ancyr. a. 314). 6) Conc. Eliber. a. 305. c. 33. 65. 7) Socrates hist, eccles. I. 11. 8) Epiphan. (f 403) advers. haeres. lib. II. tom. I. haeres. 59. c.4. Ita enim profecto sese res habet, ut post Christi in orbem terrarum adventum eos omnes , qui secundum priores nuptias mortua uxore alteri sese nuptiis illigarint, sanctissima Dei disciplina reiieiat: propterea quod incredibilis est sacerdotii honor et dignitas. Atque istud ipsum sacrosancta Dei ecclesia cum omni provisione diligentiaque servat. Quin eum insuper, qui adhuc matrimonio degit, ac liberis dat operam, tametsi unius sit uxoris vir, nequaquam tarnen ad diaconi, presbyteri, episcopi aut subdiaconi ordinem admittit: sed eum dumtaxat, qui ab unius uxo­ ris consuetudine sese continuerit, aut ea sit orbatus; quod in illis locis praecipue fit, ubi ecclesiastici canones accurate servantur. At enim nonnullis adhuc in locis presbyteri , diaconi et subdiaconi liberos suscipiunt ? Respondeo: non illud ex canonis authoritate fit, sed propter hominum ignaviam, quae certis temporibus negligenter agere ac connivere seiet; et ob nimiam populi multitudinem, cum scilicet qui ad eas se fqnctiones applicent, non facile reperiuntur. 9) C. 3, 4. D. LXXXH. (Siric. a. 385), c. 3. D. LXXXIV. (Conc. Carth. H. a. 390), c. 13. D XXXII. (Conc. Carth. V. a. 401), c. 4. b. D. XXXI. (Innoc. I. a. 404), c. 2. D. LXXXII. (Idem a. 405), c. 1. D. XXVII. (Mart. Brac. a. 572).

469 reite verheirathete Männer zu diesen Graden nicht anders als nach abgelegtem Gelübde der Keuschheit zu orbintrcn10). Endlich wurde die

Verpflichtung -zum ehelosen Leben auf das Subdiaconat ausgedehnt, und auch bei der Ertheilung dieser Weihe an verheirathete Männer das Versprechen sich zu enthalten")

oder seine Frau zu entlassen,

vorgeschrieben12). Doch zog die Uebertretung aller dieser Gesetze nicht Trennung der Ehe, sondern nur Entfernung von den geistlichen Ver­

richtungen nach sich. In der morgenländischen Kirche wurde nun auch denen, die unverheirathet zum Klerus gekommen waren, vom Sub-

diacon aufwärts, die Ehe nicht gestattet"), und Justinian fügte so­ gar die wichtige Schärfung hinzu, daß die Uebertretung nicht nur mit der Verstoßung aus dem geistlichen Stande bestraft werden, sondern

auch die Kinder als ungesetzliche, mithin die Ehen selbst als nichtig gelten foöten14).

Jedoch wich man von der lateinischen Kirche darin

ab, daß man einen Verheiratheten ohne allen Vorbehalt bis zur Weihe

des Presbyters zuließ"), und erst bei der Ordination zum Bischof die Trennung von der bisherigen Ehefrau verlangte").

Später ent­

stand sogar die Gewohnheit, daß den Geistlichen nicht blos vor, son­

dern auch noch zwei Jahre lang nach erhaltener Weihe zu heirathen erlaubt wurde: allein der Kaiser Leo stellte das alte Recht wieder her.

Doch machte er in einer anderen Beziehung die Milderung, daß die Geistlichen, welche nach der Ordination heiratheten, nicht mehr völlig

aus dem geistlichen Stande verstoßen, sondern nur ihres Amtes ent­ setzt, übrigens aber für die kirchlichen Dienste, womit die Ehe verein­

bar war, beibehalten werden sollten").

In der lateinischen Kirche

wurden mittlerweile die alten Verordnungen wider die Priesterehen

10) C. 10. v. XXXI. (Leo I. a. 443), c. 6. D. XXVIII. (Conc. Arel. II. a.*-443), c. 7. eod. (Conc. Arel. IV. a. 524). 11) C. 1. v. XXXII. (Leo I. a. 445), c. 5. D. XXVIII.(Conc. Tolet. a. 531), c. 1.v. XXXI. (Greg. I. a. 591). 12) C. 1. D. XXXII. (Leo I. a. 445), c. 5. v.XXVIII. (Conc. To­ let. II. a. 531), Conc. Turon. II. a. 567. c. 19., Conc. Altissiod. a. 570. c. 20—22. 13) Const. Apost. VI. 17., Conc. Chalced. a. 451. c. 14., Can. Apost. 25. 14) C. 42. §. 1. c. 45. C. de episc. (1. 3), nov. 6. c. 5., nov. 22. c. 42., nov. 123. c. 14. 15) Nov. Inst. 6. c. 5., nov. 123. c. 12., c. 7. D. XXXII. (Conc. Trull, a. 692), c. 13. D. XXXI. (Idem eod.). 16) C. 42. §. 1. C. de episc. (1. 3), nov. 123. c. 1., Conc. Trull, a. 692. c. 48. 17) Nov. Leon. 3. 79., Baisamon ad Conc. Trullan. can. 6.

470 mehrmals und sehr nachdrücklich wiederholt18); auch erhielten sie durch

die Einrichtung der Stifte eine äußere Verstärkung.

Allein nach der

Auflösung des gemeinschaftlichen Lebens und dem damit zusammen-

hängendm Verfall der Kirchenzucht drangen jene Vorschriften so we­ nig durch, daß es in allen Ländern und selbst unter den Augen des

Papstes wieder viele verheirathcte Priester gab 19). Dadurch war der Klerus auf vielfache Weise

an die Welt gefesselt, und die Kirche,

gerade als sie jener rohen Zeit gegenüber der höchsten geistigen An­

strengungen bedurfte, durch ihre Diener gelähmt und unter die Zeit­ lichkeit erniedrigt.

Endlich stellte Gregor VII.,

um die Freiheit der

Kirche zu retten9"), 21 die alte Zucht durch einen entscheidenden Schritt

wieder her, indem er (1074) sowohl die beweibten Priester selbst, wie die Laien, welche bei ihnen beichten oder die Messe hören würden, in

den Bann that9*).

Die Ehe selbst war aber doch noch gültig, und

zog nur, wie früher, die Entfernung von den geistlichen Verrichtungen

nach sich99). Allein bald nachher wurden, wie im Orient schon unter Justinian geschehen war, die Ehen der Kleriker vom Subdiacon auf­

wärts selbst für nichtig erklärt23).

Bei den niederen Graden griffen

18) Conc. Roman, a. 743. c. 1. 2., Conc. August, a. 952. c. 1. 11., c. 16. 17. 18. D. LXXXI. (Alexand. II. c. a. 1065). In England griff schon im zehnten Jahrhundert der König Edgar mit sehr kräftigen Maßregeln wider die beweibten Priester durch, JMansi Conc. T. XVIII. col. 479. 483. 527. 19) Desiderius (f 1087) apud Mabillon. Act. Sanctor. ordin. 8. Be­ nedict. Saec. IV. P. II. p. 451. Itaque cum vulgus clericorum per viam effrenatae licentiae nemine prohibente gauderetur, coeperant ipsi presbyteri ac diaconi, qui tradita sibi sacramenta dominica mundo corde castoque corpore tractare debebant, laicorum more uxores ducere, susceptosque filios haeredes testamento relinquere, nonnulli etiam episcoporum, verecundia omni contemta, cum uxoribus domo simul in una habitare. Et haec pessima et execranda consuetudo intra urbem maxime pullulabat, unde olim religionis norma ab ipso Apostolo Petro eiusque successoribus ubique diffusa processerat. Sehr lehrreich ist darüber auch der Zustand in Wales. Man sehe mein Buch, Das alte Wales §. 101. 20) Gregor. VH. epist. III. 7. Non liberari potest ecclesia a Servi­ tute laicorum, nisi liberentur clerici ab uxoribus. 21) Gregor VII. muß im Ganzen den Geist seiner Zeitgenossen für sich ge­ habt haben; denn wie hätte er sonst, der den rohen Kräften nur geistige Waf­ fen entgegenzustellen hatte, dennoch die Oberhand behalten können. Auffallend ist es übrigens, wie protestantische Schriftsteller, namentlich Ioh. Müller, Hüll­ mann, Joh. Voigt, und vorzüglich Luden, den großen Mann auch hierin viel gründlicher und gerechter beurtheilen, wie die katholischen. An Widerspruch der finnlicher Gestimmten hat es freilich damals, so wie auch zu anderen Zei­ ten, nicht gefehlt.

22) C. 10. 11. D. xxxn. (Urban. II. a. 1089). 23) C. 8. D. XXVII. (Conc. Later. I. a. 1123), c. 40. c. XXVII. q. 1. (Conc. Later. II. a. 1139).

471 die älteren Gesetze nicht so unbedingt ein, sondern man richtete sich mehr nach dem Herkommen jeder Kirche^).

Daher gab es auch im

Abendlande noch lange verheirathete Kleriker dieser Art, welche geist­ liche Verrichtungen versahen n). Seit dem zwölften Jahrhundert wur­

den

aber die geschärften Cölibatgesetze auch auf die niederen Kleriker

in der Weise ausgedehnt, daß die Ehe derselben zwar gültig bleiben,

allein unmittelbar und von selbst dm Verlust des Amtes *6) und der Privilegien des geistlichm Standes

nach sich ziehen sollte. Später

aber ist Letzteres unter gewissen Voraussetzungen gemildertM), und auch im Nothfall die Verrichtungen der niederen Weihen verheirathe-

ten Männern zu übertragen gestattet toorbcn29).

B) Heutiges Recht.

Greg. HI. 3. Sext. HI. 2. De clericis coniugatis, Greg. IV. 6. Qui clerici vel voventes matrimonium contrahere possunt. 213.

I. Die jetzige Disciplin der katholischen Kirche hinsichtlich

der Priesterehen ist noch auf das Recht des Mittelalters gegründet, da dieses durch das Concilium von Trient ausdrücklich wiederholt wor­

den ist. Die Kleriker der höheren Weihen dürfen sich also nicht verheirathen, sondern ihre Verbindung ist kirchlich nichtig und verbre­ cherisch, und zieht von selbst den Verlust des geistlichen Amtes nach sich 1). Ob und wie sie bürgerlich zu einer Ehe gemacht werden könne,

hängt von den Landesgesetzen ab.

Verheirathete Kleriker der niederen

Weihen, die noch wirklich die geistlichen Verrichtungen ausüben, wer­ den nach der jetzigen Verfassung auch nicht leicht vorkommen. II. In der morgenländischen Kirche dürfen noch jetzt, den alten Vorschriften

gemäß, die Geistlichen der höheren Grade nach empfangener Weihe nicht heirathen. Da aber umgekehrt bereits Verheirathete ordinirt wer­

den können: so ist es der That nach dahin gekommen, daß regelmäßig

24) C. 4. D. LXXXIV. (Conc. Carth. V. a. 401), c. 15. D. XXXII (Conc. Chalc. a. 451), c. 14. D. XXXIV. (Conc. Agath. a. 506). 25) C. 14. D. XXXII. (Humbert. Card. a. 1054). 26) C. 1. 2. 3. 5. X. de cleric. coniug. (3. 3). 27) C. 7. 9. X. de cleric. coniug. (3. 3). 28) C. 1. de der. coniug. in VI. (3. 2), dem. 1. de vit. et honest. (3. 1), Conc. Trid. Sess. XXIII. cap. 6. de ref. 29) Conc. Trid. Sess. XXIII. cap. 17. de ref. 1) C. 1. 4. X. de cleric. coniug. (3. 3), c. 1. 2. X. qui cleric. vel vovent. (4. 6), Conc. Trid. Sess. XXIV. cap. 9. de sacram. matrim.

472

jeder angehende Geistliche kurz vor dem Empfang der Weihe zur Ehe schreitet. Nur werden zur Weihe diejenigen nicht mehr zugelassen, die

in

einer zweiten Ehe stehen,

oder eine Wittwe geheirathet haben 2).

Auch dürfen die Geistlichen, bei Verlust des Amtes, nach dem Tode ihrer Ehefrau nicht eine zweite nehmen.

Die Bischöfe sollen sogar

ganz ohne Frauen leben8), und werden daher regelmäßig aus dem

Mönchsstande gewählt.

III. Die Protestanten haben zwar den Vor­

zug des ehelosen Lebens für den geistlichen Beruf anerkannt *), doch

aber ihre Prediger von allen gesetzlichen Beschränkungen dieser Art entbundm5). C) Allgemeine Bemerkungen.

214.

I. Die Verpflichtung der Geistlichen zum ehelosen Leben

gründet sich in der Hauptsache auf

die Bedeutung und Würde des

PriesterthumS, welches nur denjenigen ertheilt werden soll, die diesen

hohen Beruf seinem ganzen Umfange nach erkannt, und den weltlichen Dingm mit dem ernstesten, gegeben haben.

unabänderlichen Entschluß den Abschied

Schon in dem Alterthume wurde dem jungfräulichen

Stande eine höhere Ehre beigelegt, und von den Dienern der My­ sterien theilweise oder gänzliche Enthaltsamkeit gefordert.

Die Kirche

hat also hier, wie auch sonst häufig, nur eine durch das Gefühl bezeichnete Wahrheit aufgefaßt und näher entwickelt.

allgemeine II. Die

ausgedehnten Pflichten, die nach der Disciplin der katholischen Kirche dem Geistlichen als Seelsorger auferlegt sind, vertragen sich ebenfalls

mit dem ehelichen Leben

nicht.

HäuSjiche Sorgen ziehen den Geist

vom Allgemeinen ab, lähmen die Selbstopferung am Krankenbett, den

Muth in den Zeiten der Verfolgungen, hindern die Freigebigkeit gegen die Armuth, und rauben die Nebenstunden, welche dem Gebet und den

Wissenschaften gewidmet sein sollen.

Wenn also die Kirche von dem,

der diesen Dienst erwählt, fordern darf, daß er ganz und ungetheilt Va­ ter seiner Gemeinde werde, so ist eben dadurch auch ihr Gebot des

2) Not. Tust 6. cap. 1. §. 3. cap. 5., nov. 22. cap. 42., nov. 123. cap. 1. 12. 3) Nov. Tust. 6. cap. 1. §. 7. 4) Helvet. Conf. I. Cap. XXIX. Aptiores autem hi (seil, qui donum habent coelibatus) sunt curandis rebus divinis , quam si privatis familiae negotiis distrahuntur. 5) Helvet. Conf. II. Art. XXVII., Angl. Conf. Art. XXXII., Au­ gust. Conf. Tit. II. de coniugio sacerdotum.

473 ehelosen Lebens begründet und gerechtfertigt. III. Die Kirche betrachtet überhaupt jeden Beruf im Staate wie in der Kirche als eine gött­

liche, mung.

durch die inneren Anlagen und Neigungen angezeigte Bestim­

Sie läßt daher zwar die Wahl völlig freix),

allein sie ver­

langt, daß diese mit Besonnenheit gefaßt1 2), und der einmal erwählte

Beruf mit männlichem Ernste im Leben durchgeführt werde.

Der

Verpflichtung der Geistlichen zum Cölibate ist daher das für die Laien nicht minder inhaltschwere Gesetz der Unauflösbarkeit der Ehe an die

Seite gestellt, und es liegt nur eine oberflächliche, durch Sinnlichkeit bestimmte Auffassung dieser Verhältnisse

zum Grunde,

wenn man

wähnt, daß zur würdigen Durchführung der Ehe eine geringere mo­

ralische Kraft, wie zum ehelosen Leben, erforderlich sei. durch

Hauptsächlich

diesen hohen sittlichen Ernst, womit die Kirche die Lebensver­

hältnisse auffaßt und ordnet, hat sie den Nationen die Ehrfurcht vor ihrem Heiligthum eingeflößt,

und selbst ihren unbefangenen Gegnern

Achtung abgenöthigt. Ihre Feinde wissen daher auch recht gut, warum

sie

grade diese Seite so eifrig bestreiten.

IV. In der morgenländi­

schen Kirche sind zwar die Weltgeistlichen regelmäßig verheirathet;

allein eben deshalb hat sich der Mönchsstand in der öffentlichen Meinung weit über sie erhoben, und dieser hat fast ausschließlich das

Vertrauen im Beichtstuhl und die wissenschaftlichen Beschäftigungen

an sich gezogen. Eben so würde im Abendlande, wenn man den Geist­

lichen die Ehe gestattete, in denjenigen, die noch im höheren Geist ihres Berufes sich davon entfernt hielten, ein freiwilliger Mönchsstand sich darstellen, ihnen die Achtung und das Vertrauen der Gemeinde vorzugsweise zufallen,

Stiftungen für sie entstehen, und zuletzt, wie

im Mittelalter, durch die Begünstigung der Fürsten und Bischöfe, in

einer neuen Form das Cölibat und Mönchswesen eingerichtet sein. 1) Es ist daher ganz falsch, wenn man das Cölibat als einen wider­ rechtlichen Zwang betrachtet; die Kirche nöthigt ja Niemand geistlich zu wer­ den. Wohl aber zwingt fie ihn es zu bleiben, weil er die Verpflichtung dazu gegen sie feierlich übernommen hat, und weil Nachgiebigkeit gegen Leichtsinn ihre ganze Disciplin zu Grunde richten würde. 2) Der Ausspruch Christi: Das Wort fasset nicht jedermann (Matth. XIX. 11.) beweist daher gegen da« Cölibat nichts: denn die Kirche setzt hier eben solche voraus, die es gefaßt haben. Diesem kann man auch nicht entgegenstellen, daß Manche nicht nach wahrhaft erkanntem Beruf, sondern mehr durch Zufälligkeiten bestimmt, in den geistlichen Stand treten; denn dieses be­ weist nur, daß die Bischöfe die vielen Mittel, die ihnen die kirchliche Gesetzge­ bung und da« geistliche Erziehungswesen, um den wahren Beruf ausfindig zu machen, darbietet, sorgfältig benutzen müssen.

474 V. Verheirathete Bischöfe vertragen sich aber mit den Einrichtungen

der Kirche schlechterdings gar nicht: es würde dadurch, wie der Zu­ stand der englischen Kirche zeigt, die Verleihung der Aemter dem ärg­ sten Nepotismus,

die Verwendung des Kirchengntes") den größten

Gefahren ausgesetzt seines.

Beiden Uebeln könnte nur durch eine

strenge Aufsicht, entweder von Seiten des Papstes, oder wie in der schwedischen Kirche von Seiten der Regierung, begegnet werden, da­

durch aber der Geist und die Freiheit der Verfassung ganz zu Grunde gehm.

VI. Würde zwar den Priestern die Ehe gestattet, den Bischö­

fen nicht, so wäre dadurch stillschweigend die Mißbilligung der Prie­

sterehe eingestanden, dem freiwilligen Mönchsstande eine neue Auf­ munterung und Anerkennung gewährt, und so in die Verfassung der

innere Widerspruch ausgenommen,

der die griechische

VII. Der gewöhnliche Vorwurf,

daß das Cölibat zur Unsittlichkeit

führe, entspringt

Kraft des Willens.

Kirche drückt.

aus einem geringen Vertrauen auf die moralische Nach den jetzigen bürgerlichen Verhältnissen sind

ohnehin die Wenigsten im Stande schon in den Jahren, wo die Lei­ denschaft am stärksten ist,

zu heirathen,

und so ist eigentlich durch

jenen Vorwurf unsere ganze Jugend gebrandmarkt. Auch schützt selbst die Ehe, wie die Erfahrung zeigt, den Weichling gegen Lüsternheit

nicht.

ES kommt also in jedem Stande auf Selbstbeherrschung an,

wozu am Wenigstm dem Geistlichen die Kraft gebrechen wird, wenn die geistliche Erziehung mit verständiger Ascctik auf diesen Punkt hin­

geleitet und in ihm das Bewußtsein seiner Würde als Mensch und als Priester lebendig erhalteu wird.

VIII. Der Vorwurf, daß das

Cö­

libat dem Staate nachtheilig sei, verdient keine Widerlegung mehr, da

man täglich in den Auswandernden und in denen, die wie die Schwei­

zer ihr Leben in fremden Kriegsdiensten verkaufen, die

unglücklichen

Schlachtopser der Bevölkerungs-Politik vor Augen hat.

3) Die Kirche verlangt für die Bischöfe eine reiche Dotation, aber nicht zur äußeren Pracht und Weltlichkeit, sondern damit sie nach den Pflichten ihres Amtes zu religiösen, wissenschaftlichen und mildthätigen Zwecken würdig und großartig mitwirken können. Durch die Ehe der Bischöfe würde diese große Absicht gänzlich vereitelt. Allerdings haben mehrere englische äöischöse herrliche Stiftungen gegründet; allein dieses sind gerade solche, die nicht verheirathet waren. 4) Beides hat die griechische Kirche schon früh erfahren, und daher die Vorschrift erlassm, daß zu Bischöfen nur solche genommen werden dürfen, die weder Kinder noch Enkel hätten, c. 42. §. 1. C. de episc. et der. (1. 3), nov. 6. cap. 1. §. 4., nov. 123. cap. 1.

475

IX.

Allgemeine Standesrechte der Geistlichen.

Greg. II. 2. Sext. ll. 2. Clem. II. 2. De foro competenti, Greg. DI. 49. Sext. III. 13. Clem. III. 17. Extr. comm. III. 13. De immunitate ecclesiarum. 215.

Der geistliche Stand hat aber auch

einen Anspruch auf

eine besondere Achtung und Berücksichtigung, und zwar hauptsächlich Erstens, weil er das Organ ist, wo­

aus einem vierfachen Grunde.

durch Gott seine Geheimnisse und Gnaden den Gläubigen mittheilt. Zweitens, weil er der Stand ist, der mit wesentlichen Entsagungen

md Opfern sich dem mühsamen Dienste für das Seelenheil Anderer

hingiebt. Drittens, weil er durch die religiöse und sittliche Erziehung der heranwachsendm Generation auch der bürgerlichen Gesellschaft die

wichtigsten,

durch

ja ganz unentbehrlichen Dienste leistet.

Viertens, weil

die Ehre des geistlichen Standes die Ehre und das Ansehen

der Kirche selbst erhöht wird.

Aus diesen Gründen sind im Laufe

der Zeiten mancherlei Standesvorrechte der Geistlichen festgesetzt wor­

den, wobei man jedoch unterscheiden muß, was aus der eigenen Macht-

vollkommmheit der Kirche, und was aus Privilegien der Staatsge­

walt herrührt.

I. Die Kirche

will in ihren Zusammenkünften und

feierlichen Handlungen den Klerus in angemessener Weise ausgezeich­ net wissen,

und weist ihm dabei den Vorrang vor den Laien an l).2

II. Um die wehrlosen Diener der Religion und des Friedens gegen Rohheit und Frevel zu schützen,

waren schon im fränkischen Reiche

Unbilden gegen Kleriker mit dem Anathem bedroht3).

Im Mittel­

alter wurden körperliche Gewaltthätigkeitm gegen Kleriker oder Mönche

in der Art mit dem Anathem belegt, daß die Lossprechung davon per­ sönlich in Rom nachgesucht werden mußte3).

Diese Strafe ist eine

poena latae sententiae, die von selbst ohne richterlichen Spruch ein-

1) C. 1. X. de vita et honest, cleric. (3. 1). 2) Benedict. Levit. Capital. I. 192. 3) Das Anathem ohne den schärfenden Zusatz verordnete da- Conc. Claram. a. 1130. c. 10., mit diesem Zusatz das Conc. Remense a. 1131. c. 13. und danach das Conc. Later, a. 1139. c. 15. Dieses wiederholte Eugen III. auf dem Conc. Remense (nicht Romanum wie Phillips nach Gon­ zalez Tellez irrig sagt) a. 1148. c. 13. Aus dem Lateranischen Concilium ist bei Gratian der berühmte Can. Si quis suadente diabolo 29. c. XVII. q.4. Davon ist dieses Borrecht der Kleriker schlechtweg das privilegium canonis (nämlich Si quis suadente) genannt worden. Genau handeln davon: Phillips Kirchenrecht I. §. 60., Hüfser Das Privilegium Canonis (Moy Archiv III. 155—170).

476 tritt 4). 5

Doch giebt es

dungen 6);

über deren Verwirkung mehrere Unterschei­

auch wird jetzt die Lossprechung davon, bis auf wenige

Ausnahmen, den Bischöfen .durch die Ouinquennalfacultäten übertra­

gen.

Jener Canon hat auch auf die bürgerliche

Gesetzgebung in der

Nichtanwendbarkeit von Leibesstrafen gegen Kleriker eingewirkt6). III. Die Kirche kann von einer christlichen Staatsgewalt für ihre Diener die ihrem Amt und Stande gebührende Achtung und Schutz gegen

Beleidigungen verlangen7).8

Darauf gründen sich die von den Lan­

desgesetzen dm Geistlichen beigelegten bürgerlichen Ehren - und Stan-

deSrechte, und die besonderen Strafen wegen Beleidigung

namentlich im Amte9).

derselben,

IV. Auf dieser Rücksicht auf die Standes­

ehre beruhte auch der befreite

Gerichtsstand vor den geistlichen Ge­

richten (privilegium fori) 9). Doch ist der Genuß dieses Vorrechts, wo

eö noch besteht,

bei den niederen Klerikern durch das Trageq

geistlicher Kleidung und Anderes bedingt10).11 V. Damit die Geistli­

chen nicht durch lästige Geschäfte in

ihren Amtspflichten gestört und

in weltliche Händel verwickelt werden, ist cs angemessen, daß sie von der Uebernahme von Gemeindeämtern, Vormundschaften und derglei­

chen befreit seien.

Dieses wurde schon in alten Zeiten anerkanntn),

und ist es insgemein

auch in den heutigen Landesgesetzen.

VI. Noch

mehr begründet ist die Befreiung von den persönlichen Leistungen, die sich mit der Ehre, dem Geiste und den Beschäftigungen des geistli-

4) Diese- zeigen klar c. 7. 14. X. de sentent. excomm. (5. 39), In­ nocent. IV. ade. 1. eod. So sagt den» auch die Glosse zum c.29. c. XVII. q. 4. Richter sagte von ihr irrig da« Gegentheil, und ihm war ich mit Ande. ren unvorsichtig gefolgt. Der Irrthum beruht aus einem Versehen, welches Hüffer nachgewiesen hat. Ob Jenes schon der Sinn des ursprünglichen Lanons war, läßt sich nach dessen Worten weder bejahen noch verneinen. 5) C. 1. 3. 4. 6. 14. 17. 23. 29. X. de sentent. excomm. (5. 39). Die Wichtigkeit der Frage für das Forum des Gewissens hat das Eingehen in viele Specialitäten nothwendig gemacht. Nähere Nachweisungen geben Phillips und Hüffer. 6) Man sehe zum Beispiel Segesscr RcchtSgeschichte von Lucern II. 738. 7) Diese» ist in wörtlicher Uebereinstimmung anerkannt im Bayer. Eoncordat Art. 14., Oesterr. Eoncordat Art. 16. 8) So in der c. 10. C. de episc. (1. 3), nov. 123. c. 31. 9) Man sehe darüber oben §. 183. 190. 10) Conc. Trid. Sess. XXIII. cap. 6. de ref., Benedict. XIV. de synodo dioeces. V. 12. n. 1. 2. IX. 6. n. 3. XII. 2. n. 1 — 5. XII. 3. n. 1—5. XII. 6. n. 4. 11) C. 1. 2. 7. 9. 11. 21. 24. C. Th. de episc. (16. 2), c. 6. C. J. de episc. (1. 3), nov. 123. c. 6., Benedict. Levit. Capitul. III. 185. — C. 52. C. J. de episc. (1. 3) oder c. 40. c. XVI. q. 1., nov. 123. c. 5.

477 chen OtandeS nicht vertragen würden, namentlich von Frohnden, Einquartirutig12) und Kriegsdiensten. VII. Zu den Vorrechten der Geist­

lichen gehörte im römischen Reich

auch die Befreiung von der Ein­

dieses darum,

weil ihre Freigebigkeit

gegen die Armen diese Rücksicht erfordert14).

Im Mittelalter, wo

kommen - oder Kopfsteuer 13);

die Steuerfreiheit

zu den herkömmlichen höheren Freiheitsrechten ge­

hörte, vertheidigte die Kirche dieselbe für ihre Geistlichen gegen die

einreißenden Anmaßungen und drückenden Willkührlichkeiten der Stadt­ obrigkeiten und anderen Machthaber durch die Androhung der Ex-

communkation15), und erhielt dafür auch die Anerkennung des Kai­ sers 16).

Unter den jetzigen ganz veränderten Verhältnissen ist aber

jene Steuerfreiheit wesentlich modificirt oder selbst ganz aufgehoben worden.

VIII. Damit ein verarmter Geistlicher nicht zu einer seiner

unwürdigen Beschäftigung genöthigt werde, hat sich aus Rücksicht auf die Ehre des geistlichen Standes in der bürgerlichen Praxis") der

Rechtssatz gebildet, daß einem wegen Schulden verfolgten Geistlichen doch der nothwendige Lebensunterhalt gelassen werden muß.

Man

hat dieses nach einem im Civilrecht vorkommenden ähnlichen Verhält­ nisse die RechtSwohlthat der Competenz (beneficium competentiae) genannt.

Wo

ein Geistlicher ein Amt bekleidet, ist dafür noch ein

Grund mehr vorhanden.

Daher verordnen dann die Staatsgesetze

insgemein, daß wie bei Staatsbeamten das Amtseinkommen nur bis

auf einen gewissen Theil mit Beschlag belegt werden kann.

12) C. 8. 10. 14. C. Th. de episc. (16. 2), c. 1. 2. C. J. de episc. (1. 3). — Benedict. Levit. Capitul. VH. 290. 467. — Frid. II. const. a. 1220. c. 2. (Pertz Leg. II. 243) oder Auth. ad c. 2. C. de episc. (1. 3). 13) C. 8. 10. 14. 15. 26. 36. C. Th. de episc. (16. 3), c. 1. 2. C. J. de episc. (1.3). Nicht aber von Abgaben vom Grundbesitz, c. 15. C. Th. 1. c., c. 3. C. J. 1. c. 14) So sagen c. 10.14. C. Th. de episc. (16. 3), c. 2. C. J. de episc. (1. 3). 15) C. 7. X. de immun, eccles. (3. 49), c. 4. de censib. in VI. (3. 20), c. 1. 3. de immun, eccles. in VI. (3. 23), dem. 3. de censib. (3.13), dem. un. de immun, eccles. (3. 17). 16) Frider. II. const. a. 1220. c. 2. (Note 12). 17) Mau hat dafür das Cap. Odoardus 3. X. de solut. (3. 23) ange­ führt; allein dieses sagt es nicht.

478

Drittes Kapitel.

Bon den Kirchenämtern im Mgemeinen.

I.

Begriff eines Kirchenamtes.

Greg. I. 33. Sext. I. 17. De maioritate et obedientia. 216. Ein Kirchenamt (officium ecclesiasticum) ist das Recht und die Pflicht, die Kirchengewalt in bestimmten Verhältnissen ver­

möge einer dazu ertheilten festen Anstellung wirklich anzuwenden und

auszuüben. Jedes Kirchenamt schließt also eine von den rechtmäßigen Trägern der Kirchengewalt ausgehende Mission in sich.

Gewöhnlich

bezieht eS sich auf eine der geographischen Eintheilungen

des kirchli­

chen Gebietes,

und bezeichnet dann die Ausübung der Kirchengewalt

an einem bestimmten Ort und über bestimmte Personen.

Der In­

begriff der Befugnisse eines solchen Amtes heißt die Amtsgewalt (ma-

ioritas), welcher der Gehorsam der Untergebenen entspricht. Diejeni­ gen Personen, welchen sie zusteht, heißen Kirchenoberen (superiores

ecclesiastici),

und werden zusammen als ein eigener Stand in der

Kirche betrachtet, den man den kirchlichen Beamtenstand (status ec-

clesiasticus in specie) nennt. Aus jenem Begriff eines Kirchenam­ tes ergiebt sich

aber Folgendes.

I. ES ist kein wahres Kirchenamt,

wenn blos der Genuß von kirchlichen Einkünften oder anderen selbst-

nützigen Rechten ohne bestimmte Verpflichtungen übertragen wird. Im Mittelalter, wo die Kirche aus ihrem ansehnlichen Vermögen eine große Zahl von Personen zu unterhalten im Stande war, gab eS

zwar viele Aemter, die verhältnißmäßig nur wenige wirkliche Dienst­ leistungen auferlegten.

Doch blieb jener Grundsatz selbst immer an­

erkannt^). Der gemeinen Auffassung nach wurde freilich das mit sol­

chen Aemtern verbundene Einkommen als die Hauptsache betrachtet: daher ist der Ausdruck, Beneficium, der eigentlich nur die mit einem

Amte verbundene Dotation bezeichnet, auch für das Amt selbst ge-

1) C. 15. de rescript. in VI. (1. 3).

479

braucht 2), und das Verhältniß des Inhabers häufig unter den rein

privatrechtlichen Gesichtspunkt

gezogen wordens).

Auf der anderen

Seite entsprang aber daraus für die Kirchenbeamten, so wie für die weltlichen Beamten aus dem Lehnwesen,

selbstständigen und

gesicherten Stellung.

die kirchlichen Verrichtungen,

der Vortheil einer höchst

II. Eben so wenig können

die blos auf eine bestimmte Zeit oder

wie die sogenannten Manual - Beneficien auf willkührlichen Widerruf

ertheilt werden,

ein wahres Kirchenamt heißen.

Verhältnisse dieser

Art sind selbst, besonders für die Seelsorge, dem Geiste der Verfas­

sung zuwider, weil sich dabei kein wahres Band zwischen dem Vor­ steher und der Gemeinde bilden kann *).

III. Endlich sind auch die

Stiftungen von Privatpersonen, an deren Genuß die Verbindlichkeit

Messe zu lesen oder eine andere gottesdienstliche Verrichtung geknüpft

ist, selbst wenn dieser Genuß dauernd und auf Lebenszeit verliehen

wird, so lange sie der Bischof nicht zum Titel eines BeneficiumS er­ hoben hat, nicht für eigentliche Beneficien zu halten, weil diese nicht durch eine bloße Privatperson gegründet werden können.

Ein solches

Stiftungsvermögen ist daher auch nicht Kirchengut, sondern Eigenthum der Familie.

II. 217.

Eintheilung der Kirchencimter.

Die Kirchenämter können auf verschiedene Art eingetheilt

werden. I. Einige beziehen sich auf die Verrichtung der heiligen Hand­

lungen, andere auf die Jurisdiction und die äußere Verwaltung. Er­

stere heißen geistliche oder gottesdienstliche Aemter (officia sacra). Nach der jetzigen Verfassung gehören dahin blos die Pfarrer mit ih­

ren verschiedenen Gehülfen, die Canonici wegen des Chordienstes, und

die Bischöfe wegen der ihnen vorbehaltenen Rechte der Weihe. Früher waren dahin alle Grade vom Ostiarius bis zum Presbyter zu rech­

nen, indem diese damals wirkliche Aemter waren. Ist mit einem sol­

chen geistlichen Amte auch Seelsorge verknüpft, so nennt man es ein

2) Sogar da« Amt de« Papstes wurde in diesem Sinne ein beneficium genannt, c. 1. X. de maledic. (5. 26). 3) C. 40. de praebend. in VI. (3. 5). Hier wird ein ius ad praebendam und in praebenda, so wie damals in der Schule ein ins ad rem und in re, unterschieden.

4) Conc. Trid. Sess. VII. cap. 7. Sess. XXIII. cap. 16. Sess. XXIV. cap. 13. de ref.

480 CuratbeneficiumT), sonst aber ein einfaches Bencficium2). II. Die Aem­ ter, welche sich blos auf die äußere Verwaltung beziehen, theilen sich

wieder in zwei Classen. A) Einige enthalten eine wirkliche Jurisdiction auf eigenen Namen. Diese heißen WLrden, Dignitäten S), Prälaturen. Ursprünglich gehörten dahin blos die Bischöfe,

Erzbischöfe, Patriar­

chen und der Papst. Durch Privilegium und Herkommen haben aber auch die Cardinäle und päpstlichen Legaten, die Siebte und Vorsteher

der Mönchsorden ihren Platz unter den Prälaten erhalten. Uebrigens werden

aber auch die höheren Stellen in den Kapiteln Dignitäten *)

oder Personate->) genannt. Personat nennt man jedoch jetzt vorzüglich die Würde, welche ohne reelle Bedeutung blos ein Ehrenrecht ertheilt.

Auf jenen Gegensatz der Dignitäten und der übrigen Aemter bezieht sich

auch die Eintheilung in die höheren und niederen Beneficien6).

B) Andere Aemter beschäftigen sich zwar mit der äußeren Verwal­

tung,

allein sie haben doch eine wirkliche Jurisdiction nicht, wenig­

stens nicht auf eigenen Namen.

Diese heißen kirchliche Aemter oder

Bedienungen (officia) schlechthin.

Von dieser Art sind die Gehülfen

der bischöflichen Jurisdiction, die Officiale, Generalvicarien, bischöfli­

chen Räthe und Commissarien, ferner die Erzpriester, Dechanten und die Primicerien zur Beaufsichtigung der Disciplin und der Liturgie; die Administratoren des Kirchenvermögens, und andere Stellen für

besondere

kirchliche Geschäfte.

Von diesen Aemtern sind aber viele

theils veraltet, theils zu leeren Personaten herabgesunken.

III.

218.

Von der Errichtung der Kirchenämter.

Da die Kirchenämter zur Handhabung der kirchlichen Ge­

walt bestimmt sind: so kann die Errichtung eines Kirchenamtes (con-

stitutio sive erectio beneficii) rechtmäßig nur von der Kirche selbst ausgehen. Die Errichtung der BiSthümer geschah daher in der älteren

1) C. 11. Extr. comm. de praebend. (3. 2). 2) C. 38. X. de praebend. (3. 5). 3) Tit. X. de praebend. et dignit. (3. 5). 4) C. 8. X. de constit. (1. 2), c. 6. X. de consuet. (1. 4), c. 28. X. de praebend. (3. 5). 5) C. 8. X. de constit. (1. 2), c. 8. X. de rescript. (1. 13), c. 13. 28. X. de praebend. (3. 5). 6) C. 8. X. de rescript. (1.3), c. 7. §. 2. X. de elect. (1. 6), c. 8. 28. X. de praebend. (3. 5).

481 Zeit durch das Provinzialconcilium');

seit dem achten Jahrhundert

aber häufig durch den Papst1 2)3, und dieses ist jetzt bei den höheren

Kirchenämtern und Corporationen zum gemeinen Recht geworden2). Die Errichtung

der niederen Kirchenämter geschieht durch den Bi­

schof 4).5 *In 7 8 so weit aber die Anordnung in die bürgerlichen Verhält­

nisse eingreift, namentlich wenn eS sich um die Beschaffung von Geld­ mitteln handelt, ist auch die Mitwirkung der Staatsregierung nöthig2), und von dieser geht selbst häufig der erste Antrag aus. Bei der Er­

richtung muß aber die Kirchenbehörde theils das Bedürfniß und die Zweckmäßigkeit des neuen Amtes, theils die etwaige Collision mit den

Rechten dritter Personen2), endlich auch die Größe der Dotation') untersuchen.

Von der Art, wie diese beigeschafft werden kann, wird

unten im sechsten Buch die Rede sein.

In Betreff der Bisthümer

besieht insbesondere die wohlbegründete Vorschrift, daß sie nur in grö­ ßeren, ansehnlichen Städten errichtet werden sollen2). Der Errichtung

steht gleich, wenn ein schon bestehendes Amt in ein anderes verwan­

delt (immutatio beneficii), oder wenn ein unterdrücktes Amt wieder hergestellt wird (restitutio beneficii).

In der russischen Kirche und

in den protestantischen Ländern geschieht die Errichtung neuer Kirchen­ ämter größtentheilS durch den Landesherrn.

IV. 219.

Von der Veränderung der Kirchenämter.

Die einmal errichteten Kirchenämter bestehen so lange fort,

bis daß auf rechtmäßigem Wege eine Veränderung (innovatio) damit

vorgenommen wird. Diese kann aber gesetzlich nur durch dieselben Be­ hörden geschehen, die zu der Errichtung mitgewirkt haben, also bei den

höheren Aemtern durch den Papst *), bei den niederen durch den Bi-

1) C. 50. c. XVI. q. 1. (Conc. Carth. II. a. 390). 2) Beispiele davon findet man in Mansi Conc. T. XII. col. 316. 320. Doch kommen auch noch im dreizehnten Jahrhundert Fälle vor, wo blos ein Erzbischof ein BiSthum errichtete, c. 16. X. de M et 0. (1. 33). 3) Ausführlich handelt davon Phillips Kirchenrecht V. §. 119. 4) C. 3. X. de eccles. aedif. (3. 48), Conc. Trid. Sess. XXTV. cap. 13. de ref. 5) So sagen auch das Oesterr. Concordat Art. 4. c. Art. 18., Bayer. Concordat Art. 12. f. 6. C. 36. X. de praebend. (3. 5). 7) C. 9. D. I. de cons. (nov. Iustin. a. 538), c. 8. X. de consecr. eccl. (3. 34), c. 3. X. de eccl. aedific. (3. 48). 8) C. 5. D. LXXX. (Conc. Laod. c. a. 372), c. 4. eod. (Leo I. a. 442), c. 53. c. XVI. q. 1. (Gregor. III. c. a. 738). 1) C. 48. 49. c. XVI. q. 1. (Greg. I. a. 592), c. 53. eod. (Greg. Walter'» Kirchenrecht. 13le Auflage. zi

482 schof").

Auch ist hier beziehungsweise, wie zur Errichtung, die Rück­

sprache mit der Regierung nothwendig^). Eine Veränderung kann aber auf verschiedene Art Vorkommen. I. Als Theilung (seclio, divisio),

wenn auS einem Amte mehrere gebildet werden 4* ). 2 3 Dieses geschieht

bei Pfarreien insbesondere dann, wenn die Bevölkerung für einen

Vorsteher zu groß, oder einzelne Ortschaften zu weit von der Pfarr­ kirche entfernt sind. Doch müssen der Mutterkirche gewisse Ehrenrechte vorbehalten werden 5). II. Durch Vereinigung (unio). Diese geschieht

entweder so,

daß zwei Aemter völlig ineinander verschmolzen werden

(unio per confusionem)6),

oder so,

daß beide ihren Namen und

Rechtsverhältnissen nach wie zwei getrennte Aemter fortbestehen, und

nur in der Person des Inhabers verbunden sind (unio per aequa-

litatem)7)8, 9 oder 10 endlich so, oder untergeordnet wird

daß das Eine dem Andern angehängt

(unio per subiectionem).

Von den auf

solche Art unirten Pfarreien wird die eine die Mutter-, die andere die

Filialkirche genannt. Uebrigens bleiben dem annexen Amte alle Rechts­ verhältnisse, die neben der Unterwerfung bestehen können;

auch wird

dadurch hinsichtlich der Jurisdiction, worunter es bisher stand, nichts geändert b). Unionen sollen aber überhaupt nur aus wichtigen Beweg­

gründen, und mit Zustimmung der betheiligten Personen, üamentlich des Kirchenpatrons, geschehen ^). Solche, wodurch mehrere Aemter in

einer Person blos für deren Lebenszeit vereinigt werden (unio tempo-

raria), sind selbst ganz untersagt, weil sie unmittelbar das Verbot der

Cumulirung der Aemter verletzen,0). III. Durch Jncorporation, wenn

III. c. ä. 738), c. 1. X. de translat. episc. (1. 7), c. 1. X. ne sed. vacant. (3. 9), c. 5. Extr. comm. -de praebend. (3. 2). Ausführlich handelt davon Phillips Kirchenrecht V. §. 220. 2) C. 8. X. de excess. praelat. (5. 31), clem. 2. de reb. eccl. non allen. (3.4), Conc, Trid. Sess. VII. cap. 6. Sess. XXL c. 5. Sess. XXIV. cap. 15. de ref. 3) So sagen auch das Oesterr. Concordat Art. 4. c. Art. 18., Bayer. Concordat. Art. 12. f. 4) C. 8. 10. 20. 26. 36. X. de praebend. (3. 5). 5) 0. 3. X. de eccles. aedif. (3.48), Conc. Trid Sess. XXI cap. 4. de ref. Von der Dismembration der Pfarreien handelt ein Aussatz in Moy Archiv II. 17-44. 129—53. 6) C. 1. X. ne sede vacant. aliq. innov. (3. 10). 7) Beispiele davon geben c. 48. 49. c. XVI. q. 1. (Greg. I. a. 592). 8) C. 2. X. de religiös, domib. (3. 36). 9) Wie es mit dem Patronatrecht über das annexe Amt zu halten sei, wird unten bei dieser Lehre gesagt werden. 10) Conc. Trid. Sess. VII. cap. 4. Sess. XXIV. cap. 17. de ref.

483 ein Amt einer geistlichen Corporation oder einem anderen Amte ein­ verleibt wird u).

Im Mittelalter sind besonders viele Pfarreien den

Stiften und Klöstern incorporirt worden.

Anfangs waren hierin so­

wohl die Spiritualien wie die Temporalien begriffen.

Später aber

verordneten die Gesetze, daß für die ersteren regelmäßig ein beständt-

ger Stellvertreter ernannt werden sollte (§. 148). der Ausübung nach wieder getrennt worden, Temporalien incorporirt geblieben. Klöstern so incorporirt worden,

Bischofs entzogen,

So sind diese denn

und eigentlich nur die

Zuweilen sind auch Kirchen den

daß

sie ganz der Jurisdiction des

und dem Prälaten gleichsam wie ihrem Bischöfe

unterworfen mürben12). Die Wirkungen der Jncorporation bestehen

unter andern

darin, daß das einverleibte Amt eigentlich nie vacant

wird, so lange die Gemeinheit oder das Amt, wozu es gehört, noch besteht; doch muß nach Abgang des jedesmaligm Administrators zei­ tig für die Anstellung eines neuen gesorgt werden13). Inkorporationen

werden aber überhaupt nicht begünstigt, sondern wegen des Eigen­ nutzes, der dabei zu besorgen ist, mehrfach beschränkt").

IV. Durch

gänzliche Unterdrückung (suppressio, extinctio), wenn das Amt völlig

aufgehoben wirb15).

V. Die Beränderungen, welche nicht das Amt

selbst, sondern nur die damit verbundene Dotation betreffen, kommen

im sechsten Buche vor. V.

Von der Residenz der Kirchenbeamten.

Greg. III. 4. Sext. III. 3. De clericis non residentibus in ecclesia vel praebenda. 220.

Eine gemeinschaftliche Verpflichtung

besteht in dem persönlichen der Verwaltung.

aller Kirchenbeamten

und dauernden Aufenthalt an dem Orte

Diese ist durch die Statur des Verhältnisses selbst

11) In den Quellen wird dieses Verhältniß nicht Jncorporation, sondern auch Union genannt; daher wird beides häufig verwechselt. Der Hauptunter­ schicd zwischen ihnen besteht aber darin, daß bei der Union die Aemter voll­ ständig, auch hinsichtlich der Verwaltung der Spiritualien, vereinigt, und wenn der Inhaber stirbt, zusammen vacant werden, was beides bei der Jncorpora­ tion anders ist.

12) Kirchen dieser Art wurden ecclesiae pleno oder utroque iure subiectae genannt, c. 3. §. 2. c. 21. X de privil. (5. 33). 13) Giern, un. §. Quidam etiam de excess. praelat. (5. 6), dem. un. de suppl. neglig. praelat. (1. 5). 14) Giern. 2. de reb. ecdes. non allen. (3.4), Gone. Trid. Sess. VII. cap. 6. Sess. XXIV. cap. 13. 15. Sess. XXV. cap. 16. de ref. 15) Gone. Trid. Sess. XXV. cap. 15. de ref.

484 begründet*), und durch die Gesetze von den ältesten Zeiten an, so­ wohl für die Bischöfe wie für die übrigen Aemter, sehr bestimmt

ausgesprochen worden9). Selbst große Gefahren oder ansteckende Krank­ heiten berechtigen zur Entfernung nicht, vielmehr soll gerade dann der

Auch zu den Höfen

treue Hirte seiner Heerde besonders beistehen').

der Fürsten sollten die Bischöfe nur auf besondere Einladung,

oder

Alle diese Vor­

zur Verwendung für Verfolgte Hinreisen dürfen^).

schriften wurden durch die Gesetze der römischen Kaiser') und der

fränkischen Könige6) wiederholt bestätigt. dert mußte aber von der

Seit dem achten Jahrhun­

canonischen Strenge

zu Gunsten

der Bi­

schöfe Vieles nachgelassen werden, indem ihre Beschäftigungen an den

Reichstagen, bei dem Heere oder in Staatsämtern, Rom, später ihr Antheil an den Kreuzzügen, von der Residenz abzogen*).

die Reisen nach

und andere Umstände

Daher ist jene Verpflichtung von dem

Concilium zu Trient den Bischöfen wieder auf das dringendste ein­

geschärft'), auch zur Beaufsichtigung derselben von Urban VIII. 1636 eine eigene Congregation eingesetzt, und die Dispensation davon an die Zustimmung des Papstes gebunden worden 9).

Auch bei bett nie-

1) So gefaßt wird die alte Streitfrage, ob jene Verpflichtung ex iure naturali et divino oder blos ex iure irrere ecclesiastico herrühre, ziemlich unerheblich. Den Stand dieser Frage bezeichnet Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. VII. cap. 1. Als wenig erheblich erscheint die Controverse deshalb, weil wenn auch der Grundsatz als Regel für die Ordnung der Kirche gewiß schlechthin, nach der Natur der Sache oder nach göttlichem Recht, nothwendig ist: dennoch in der Anwendung nach der Natur der Aemter und der dabei con­ currirenden Verhältnisse Modifieationeu möglich und selbst durch das Interesse der Kirche gerechtfertigt sein können, also so gut, als ob es fich um ein praeceptum ecclesiasticum handle, eine Dispensation durch die Kirche und durch den Papst zulässig sein muß. Die Art, wie Schulte Kirchenrecht II. §. 52. die­ se- deduciren will, ist augenscheinlich gezwungen. 2) C. 19. 23. c. VH. q. 1. (Conc. Nicaen. a. 325), c. 24. 25. eod. (Conc. Antioch. a. 341), c. 21. eod. (Conc. Carth. V. a. 401), c. 20. eod. (Gregor. I. a. 596). 3) C. 49. c. VII. q. 1. (Gregor. I. a. 593), c. 48. eod. (Idem a. 599) ibiq. Gratian., c. 47. eod. (Nicol. I. a. 867), Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. XIII. cap. 19. 4) C. 27. c. XXIII. q. 8. (Conc. Antioch. a. 341), c. 28. eod. (Conc. Sard. a. 344), c. 26. eod. (Gelas, a. 494). 5) Nov. Iust. 6. c. 2., nov. 67. c. 3., nov. 123. c. 9. 6) Capit. Germ. a. 744. c. 5., Capit. Vernens. a. 755. c. 13., Capit. I. Carol. M. a. 789. c. 23., Capit. Francos, a. 794. c. 5. 39. 7) Doch wurde Anfangs noch wenigstens Dispensation bei dem Papste und dem Provinzialconcilium nachgesucht, Capit. Francos, a. 794. c. 5. 39. 8) Conc. Trid. Sess. VT. cap. 1. Sess. XXIII. cap. 1. de ref. 9) Const. Ad universae Benedict. XIV. a. 1746.

485 deren Aemtern,

besonders in den Stiften seit der Aufhebung des ge­

meinschaftlichen Lebens, entstanden große Mißbräuche, welche es noth­ wendig

machten,

die Residenzgesetze durch

viele Strafbestimmungen

zu schärfen"). Doch ließ man gewisse Entschuldigungsgründe zu, die wie wirkliche Anwesenheit

(residentia ficta) gelten sollten, nament­

lich Alter und Krankheit n), nothwendige und nützliche Dienstleistun­ gen für die Kirche12), auswärtige Studien18). Als Mittel, die Re­ sidenzgesetze zu unterstützen, wurden auch in den Stiften als eine Art

der Einkünfte die täglichen Bertheilungen beibchalten, und zwar soll­

ten diese, einige geringe Ausnahmen abgerechnet, nur den im eigent­ lichsten Sinne Gegenwärtigen verabreicht werden").

In dem neue­

ren Recht sind für die Stifte die Strafbestimmungen"), die gesetz­

lichen Entschuldignngsgründe16),

und die Einrichtung der täglichen

DistributionenM) mit vielem Nachdruck bestätigt worden.

Doch sind

den Mitgliedern jedes Jahr drei Monate, wie eine gesetzliche Ferien-

zeit, freigegeben").

Für die Inhaber aller anderen Beneficien, wo­

mit eine Seelsorge oder die Residenzpflicht verbunden ist, sind zu de­

ren Unterstützung gleiche Strafen vorgeschrieben; jedoch ist den Bi­ schöfen ihnen aus triftigen Gründen einen Urlaub bis auf zwei Mo­ nate zu gewähren, gestattet19). VI.

221.

Von der Cumulirung der Kirchenämler.

Ein Kirchenamt führt in der Regel so viele Pflichten mit

sich, daß wenn diese mit Treue und Gewissenhaftigkeit erfüllt werden sollen, dadurch von selbst Beschäftigungen anderer Art ausgeschlossen

werden.

Um so weniger reichen die Kräfte einer Person, um zweien

Aemtern zugleich vorzustehen, hin. Aus diesem Grunde haben die Ge­

setze seit den ältesten Zeiten eine solche Vereinigung

strenge verbo-

10) C. 2. 6. 8. 10. 11. 17. X. h. t. (3. 4), c. un. eod. in VI. (3.3), c. 13. 14. 28. 30. 35. X. de praebend. (3. 5). 11) C. 1. X. de cleric. aegrot (3. 6). 12) C. 7. 13. 14. 15. X. h. t. (3. 4). 13) C. 4. 12. X. h. t. (3. 4), c. 5. X. de magistr. (5. 5). 14) C. 7. X h. t. (3. 4), c. 32. X. de praebend. (3. 5), c. 30. de elect. in VI. (1. 6), c. un. h. t. in VI. (3. 3). 15) Conc. Trid. Sess. XXIII. cap. 1. Sess. XXIV. cap. 12. de ref. 16) Conc. Trid. Sess. V. cap. 1. Sess. XXIV. cap. 8. de ref. 17) Conc. Trid. Sess. XXII. cap. 3. Sess. XXIV. cap. 12. de ref. 18) Conc. Trid. Sess. XXIV. cap. 12. de ref. 19) Conc. Trid. Sess. VI. c. 2. Sess. XXIII. cap. 1. de ref.

486 ten *), und wer zwei Aemter erhielt, mußte Eines von Beiden ausge­

ben 2). Da dieses jedoch selten freiwillig geschah, so ist seit Jnnocenz III. vorgeschrieben, daß durch die Annahme des zweiten das erste als

gleich von Rechtswegen erledigt betrachtet, und darüber wie über ein

solches verfügt werden soll2). Aemter cumulirt werden,

Ausnahmsweise dürfen

jedoch zwei

wenn das Einkommen aus Einem allein

zum standeSmäßigen Unterhalt nicht hinreicht,

und Eins von Beiden

nur ein einfaches Beneficium ist, womit keine Seelsorge, sondern blos

die gewöhnlichen gottesdienstlichen Verrichtungen verknüpft sind,

und

welches keine persönliche Residenz erfordert^). Solche Aemter werden

daher verträgliche (beneficia compatibilia), die übrigen unverträg­

liche genannt. Uebrigens können aber auch unverträgliche Aemter nach

erhaltener päpstlicher Dispensation, die jedoch Beweggründen ertheilt werden soll,

nur aus hinreichenden

cumulirt werdm6),

geschah in Deutschland bei den Bisthümern und Stiften, wegen der politischen Stellung dieser Institute,

Papst Clemens XII. hat jedoch

dawider

und

dieses

besonders

sehr häufig.

Der

(1731) beschränkende In­

structionen erlassen6), und jetzt haben die neueren Verhältnisse hierin von selbst eine größere Einfachheit und Strenge herbeigeführt.

1) C. 2. c. XXI. q. 1. (Conc. Chalc. a. 451), c. 1. v. LXXXIX. (Greg. I. c. a. 596), c. 3. §. 1. c. X q. 3. (Conc. Tolet. XVI. a. 693), c. 1. c. XXL q. 1. (Conc. Nicaen. II. a. 787.), c. 3. 13. X. de praebend. (3. 5), Conc. Trid. Sess. XXIV. cap. 17. de ref. 2) C. 4- X. de aetat. (1. 14), c. 7. 14. 15. X. de praebend. (3. 5). 3) C. 28. X. dc praebend. (3. 5), dem. 3. 6. eod. (3. 2), c. 4. Extr. comm. eod. (3. 2), Conc. Trid. Sesa. VII. cap. 4. de ref. 4) C. 2. D. LXX. (Urban. II. a. 1095), c. 4. X. de aetat. (1. 11), Conc. Trid. Sess. XXIV. cap, 17. de ref. 5) C. 28. X. de praebend. (3. 5), c. 1. de consuet. in VI. (1. 4), c. 3. de offic. ordin. in VI. (1. 16). 6) Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. XIII. cap- 8. n. 6—9.

487

Viertes Kapitel.

Bon der Besetzung der Kirchenämter

I.

Uebersicht.

Zu der Besetzung oder Verleihung eines Kirchenamtes

222.

(provisio beneficii) gehören zwei Handlungen: erstlich die Auswahl einer dazu tauglichen Person (designatio personae), dann die Ueber«

tragurig (collatio) des Amtes selbst. Das Recht zu beidem steht nach der Natur der Sache allein der Kirche zu, und kann daher von dem Landesherrn als solchem nicht in Anspruch genommen werden1 2).3 Wohl aber kann die Kirche der Gemeinde, oder in einem christlichen Staate dem Landesherrn, oder auch anderen Gliedern, denen sie eine beson­

dere Rücksicht schuldig ist, bei der Auswahl der Person eine Mitwir­

kung gestatten; immer jedoch so, daß die entscheidende Stimme von ihr ausgehe,

damit ihr nicht eine unpassende Person

aufgedrungen

werden könne. Nach diesen Grundsätzen war die Form der Verleihung

nach den Zeiten und Verhältnissen verschieden. Selten sind die Hand­ lungen,

die dazu gehören, in einer Hand vereinigt, sondern meistens

an verschiedene Behörden vertheilt. Auch hat sich neben dem gewöhn­ lich statt findenden Verfahren für manche Fälle oder Aemter ein be­ sonderes gebildet.

Daher wird jetzt das volle Verleihungsrecht (ins

provisionis plenae)

plenae), schieden.

und

von dem getheilten (ins provisionis minus

die ordentliche und

außerordentliche Provision unter­

Wer auf unrechtem Wege sich in ein Kirchenamt eindrängt,

ist daraus, nöthigeufalls selbst unter Androhung canvnischer Strafen, zu entfernen und verliert alle Ansprüche, die er etwa daran hatte2).

1) Helfert von der Besetzung, Erledigung und dem Ledigstehen der Beneficien nach dem gemeinen und dem besonderen Ocsterreichischen Kirchenrechte. Wien 1828. 2) Auf diesen Satz ist hauptsächlich die Freiheit und Selbstständigkeit der Kirche gegründet. Wird er nicht mehr anerkannt, so ist die Kirche in eine blos politische Anstalt verwandelt. Das in der neueren Zeit erfundene allgemeine landesherrliche Patronatrecht ist daher eine Usurpation. Gut äußert sich dawi­ der auch Richter Kirchenrecht §. 194 (145). 3) C. 31. X. de iure patron. (3.38), c. 18. de praebend. in VI. (3.4).

488 n. 223.

Katholisches Kirchenrecht. A) Besetzung der Bisthümer •). 1) Die ältere Zeit. Der Grundsatz des Episkopates ist, daß nur derjenige ein

rechtmäßiges Glied desselben ist, der in der Einheit ist1 2). 3 4Ein 5 6 Bischof wird

dieses also rechtmäßig nur durch die Aufnahme in die Einheit;

diese aber kann nur von denjenigen geschehen, die in der Einheit sind.

Das Einfachste und Unmittelbarste ist also,

wenn die Bischöfe vom

Papste selbst als Bischöfe ausgenommen werden, und auf diese Form hat auch der Entwicklungsgang der Kirche hingedrängt. Allein absolut

nothwendig ist Jenes nicht, sondern eS können auch andere Zwischen­ behörden dabei thätig sein, vorausgesetzt daß dieselben in der Einheit sind, weil sie dann.immer aus dem Princip der Einheit heraus und

als Vertreter desselben thätig sind2). Diese Gedanken haben sich nun in folgenden Formen entwickelt.

I. In den ersten Zeiten der Kirche

geschah die Ernennung der Bischöfe, dem Beispiel der Apostel getreu^),

regelmäßig so, daß die benachbarten Bischöfe, unter Zuziehung des Klerus und der Gemeinde der verwaisten Kirche, den neuen Bischof

erwählten, prüften, und gleich zu seinem Amte einweihten2).

Nach

und nach gierigen aber diese drei Handlungen mehr auseinander, und

erlitten einige Veränderungen.

II. Die Form der Wahl wurde der

Municipal-Verfassung angepaßt, und unter die Geistlichkeit, den Stadt­ rath, die Honoratioren, und die Bürgerschaft vertheilt;

doch gieng,

um den Einfluß der Volksmenge abzuschneiden, die eigentliche Wahl­ handlung blos von dem Klerus aus, und das Uebrige bestand in einer

allgemeinen Empfehlung oder Zustimmung, oder diente als Zeugniß über die Würdigkeit des Erwählten2). Ueberhaupt wurden die Stim-

1) Tradition de l’eglise sur l’institution des eveques (par de la Mennais). Paris 1818. 3 vol. 8., Staudenmaier Geschichte der Bischosswahlen mit besonderer Berücksichtigung der Rechte und des Einflusses christlicher Für­ sten aus dieselben. Tübingen 1831., Phillips Kirchenrecht V. §. 221—224. 2) Man sehe §. 11. 138. 3) Aus diese Idee ist das, was Phillips V. §. 221., Devoti Instit. tit. V. sect. I. §. 5. 6., Roßhirt Can. Recht I. 418—21. behaupten, zu beschrän­ ken, wenn man den historischen Zeugnissen keine Gewalt anthun will. Auch ist dieses vollkommen ausreichend. 4) Act. I. 15—26. VI. 1-6. XV. 22. 5) Dieser Hergang findet sich sehr anschaulich in Cyprian, (f 258) epist. LU. LXVIII. (c. 5. c. VII. q. 1). 6) C. 6. D. LX1II. (Conc. Laodic. c. a. 372), c. 13. D. LXI. (Coelestin. L a. 428), c. 26. D. LXIU. (Idem eod.), c. 2. D. LXU. (Idem a. 429), c. l.eod. (Leo I. a. 443), c. 19. 27. D.LXUI. (Idem a. 445), c. 11. eod. (Gelas, a. 493).

489

men weniger gezählt, als nach der Persönlichkeit und höheren Bildung des Empfehlmden gewogen. Um so mehr wurden daher auch die Wün­

sche txS Kaisers berücksichtigt, und bei zwistigen Wahlen gaben diese

nicht selten, um den Frieden der Kirche zu bewahren, allein den Aus­ schlag. III. Auf die Wahl folgte die Prüfung durch den Metropoliten

in

Verbindung mit den anwesenden Bischöfen der Provinz.

Diese

geschah mit großer Gewissenhaftigkeit und Strenge, damit kein Un­

würdiger zum Episcopate gelangte, und von deren Erfolg war die Rechtmäßigkeit der Wahl abhängig7). Die Prüfung und Bestätigung

eines

erwählten Metropolitm geschah dnrch den Exarchen oder Pa­

triarchen 8). 9 10Bei den Patriarchen endlich lag die Bestätigung in der ausdrücklichen oder stillschweigenden Anerkennung durch den Papst, an welchen daher nach der Ordination berichtet wurde8).

IV. Die bi­

schöfliche Consecration endlich folgte entweder gleich oder doch läng­ stens binnen drei Monaten durch den Metropoliten und die Comprovinzialbischöfe, oder wenigstens durch zwei bis drei derselben78).

2) Zustand in len germanischen Reichen. 224.

In den germanischen Reichen behaupteten die Wahlen der

Bischöfe der Theorie nach

ihre alte Gestalt und Freiheit7); allein

der That nach erhielten die Könige immer mehr Einfluß8), und in Spanien wurde das Ernennungsrecht, jedoch immer vorbehaltlich der

Bestätigung durch den Metropoliten, von den Bischöfen ausdrücklich

dem König übertragen8). In den übrigen Ländern geschah dieses zwar nicht, vielmehr wurde die Freiheit der Wahl zuweilen durch königliche

7) C. 1. 8 D. LXIV. (Conc. Nicaen. a. 325), c. 3. D.LXV. (Conc. Antioch. a. 341), c. 6. v. LXI. (Conc. Laodic. a. 372), c. 5. D. LXV. (Conc. Carth. II. a. 390), c. 2. §. 3. D. XXII. (Statuta eccles. antiq.). 8) Innocent. I. epist. XXIV. ad Alexandr. episc. Antioch. a. 415. c. 1. (Schoenemann epist. Roman, pontif. T. I. p. 603), Conc. Chalced. a. 451. c. 28. 9) Man sehe §. 19. Note 25. 10) C. 1. I). LXIV. (Conc. Nicaen. a. 325), c. 5. eod. (Innocent. I. a. 404), c. 2. D. LXXV. (Conc. Chalced. a. 451), Can. Apost. 1. 1) C. 5. D. LXIII. (Conc. Paris, in. a. 557), c. 8. eod. (Conc. Bracar. a. 572), c. 2. D. LXV. (Idem eod.), c. 34. D. LXIII. (Capit. I. Ca­ rol. M. a. 803. c. 2). 2) Edict. Chlothar. a. 615. c. 1. Die Beweise liegen auch in den For­ meln des Mareulph (man sehe meine Fontes) und Anderer, worin von der Besetzung der BiSthümer gehandelt wird. Biele Zeugnisse giebt Waitz Deutsche DerfassungSgesch. II. 350—354. 3) C. 25. D. LXIII. (Conc. Tolet. XII. a. 681).

490 Freibriefe einzelnen Kirchen namentlich zugesichert;

allein im Ganzen

kam eS bei der Verleihung der Bisthümer seit dem zehnten Jahr­ hundert, besonders in Deutschland und England, blos aus den Willen des Königs an. Dieser Einfluß wurde noch durch einen anderen Um­ stand sehr verstärkt.

Schon von Alters her waren Ring und Stab

die Zeichen der bischöflichen Würde, und diese bezogen sich Hrer äch­ ten Bedeutung nach blos auf das geistliche Amt. Da jedoch mit die­

sem, der damaligen Verfassung gemäß, auch der Genuß von Reichs­ gütern und anderen Herrlichkeiten verknüpft war, deren Verleihung

dem Könige zustand, so wurden jene kirchlichen Zeichen aus seinen Händen empfangen.

Diese an sich blos zufällige Form gewann aber

bald einen wesentlichen Einfluß auf die Sache selbst. Das geistliche Amt trat in den Hintergrund; die feierliche Ueberreichung beider Insignien

wurde als Investitur, als gewöhnliche Belehnung betrachtet, und so die Kirche auf allen Seiten durch die Weltlichkeit gefesselt. Bestechung

und Hofgunst, nicht geistliches Verdienst, entschieden nun bei der Ver­

leihung der wichtigsten Aemter, und brachten diese in die Hände un­ würdiger Bischöfe, welche dann, wie die weltlichen Großen, der Jagd, dem Spiel und der Kleiderpracht ergeben lebten. Diese Gebrechen aus­

zurotten, griffen die Päpste den Grund derselben, die weltliche Ver­

leihung geistlicher Würden, mit den kräftigsten Verboten an4); doch mtstanden daraus in Deutschland große Streitigkeiten, die erst 1122

durch den Wormser Vergleich beigelegt wurden^).

Der Kaiser gab

darin allen Kirchen die canonische Wahlfreiheit zurück und entsagte

auf die Investitur durch Ring und Stab.

Seinerseits gestattete der

Papst, daß die Wahl der deutschen Bischöfe und Aebte in Gegenwart

kaiserlicher Abgeordneten ohne Gewalt und Simonie verhandelt werden, der Gewählte aber mit den Regalien vom Kaiser durch den Scepter

belehnt werden sollte. Die Wahl selbst sollte aber jetzt nach den Kir­

chengesetzen blos durch

das Kapitel als den eigentlichen Klerus der

bischöflichen Kirche in Verbindung mit den Aebten und Mönchen ge­

schehen^);

allein eine Zeitlang übten noch die Ministerialen der bi­

schöflichen Curie einen oft sehr gewaltsamen Einfluß aus.

Bald aber

4) C. 20. c. XVI. q. 1. (Alexand. II. a. 1059), c. 13. eod. (Greg. VII. a. 1078). c. 12. eod. (Idem a. 1080), c. 16. 17. eod. (Paschal. II. a. 1106).. 5) Man sehe meine Deutsche RrchtSgeschichte §. 187. 188. 6) C. 35. 1>. LXIII. (Conc. Lateran. II. a. 1139).

491 wurde das ausschließliche Wahlrecht der Kapitel vom Kaiser Frie­ drich II. in der zu Eger 1213 erlassenen goldenen Bulle bestätigt, und jede der kirchlichen Freiheit zuwiderlausende Gewohnheit, worunter

man vorzüglich jenen Antheil der Laien verstand, durch denselben Kai­ ser und Papst Honorius III. 1220 nochmals verworfen7).

Auf diese

Weise war endlich die Wahlsreiheit der Kirche wieder befestigt. Dasselbe geschah 1208 in Arragonien, 1215 in England.

Auch in Schweden

wurde in demselben Jahrhundert diese Ordnung eingeführt. In Nor­

wegen, wo, in Verbindung mit der Errichtung des Metropolitansitzes in Nidaros 1152, an den Kathedralkirchen Kapitel errichtet worden waren, wurde alsbald auch deren Wahlrecht anerkannt, nur so, daß

der König, wie die Tunsbergrr Composition bezeugt, einen Mißliebi­ gen ausschließen sonnte8). Auf Island, wo keine Kapitel waren, kam das Wahlrecht,

welches ehemals den Häuptlingen zugestanden, 1237

an den Erzbischof und das Kapitel in Nidaros. 3) Uebergang in die neuere Form.

225.

Aus den Wahlen, die nun blos den Kapiteln überlassen

waren, entstanden aber doch auch mancherlei Nachtheile, und sie führ­ ten, besonders wenn politische Interessen hinzukamen, sehr leicht zu

ümeren Spaltungen oder zu Reibungen mit dem Landesfürsten. Hin­

gegen schien die Ernennung durch den Landesherrn dem monarchischen Princip, wie. es sich in den neueren Staaten ausbildete, angemessener,

und von frommen und erleuchteten Fürsten ausgeübt, gewährte sie

der Kirche wesentliche Vortheile. Daher ist dieses Verfahren seit dem fünfzehnten Jahrhundert, kraft der durch den Nutzen der Kirche ge­ rechtfertigten päpstlichen Machtvollkommenheit, in vielen Ländern durch

besondere Verträge und päpstliche Indulte eingeführt, und durch die neueren Concordate befestigt wordenx). Es besteht in Portugal, Spa­

nien, Frankreich, Neapel und Sicilien, Sardinien.

In Deutschland

sollte nach den Wiener Concordaten noch von den Kapiteln gewählt werden; allein in Bayern ist durch das Concordat die Ernennung auch

auf den König übertragen2* ). 1 Dasselbe ist schon früher durch Indulte in

7) C. 51. 56. X. de elect (1. 6). Ueber jene Reichsgesetze sehe man den §. 108. 8) Ma» vergleiche dazn-Z. 109. 1) Nachweisungen giebt Phillips Kirchenrecht V. §. 223. 224. 2) Bayer. Concordat Art. 9.

492

Oesterreich geschehen; jedoch hat der Kaiser zugesagt sich bei der Er­ nennung deS Rathes von Bischöfen zu bedienen 3*).1 2In den nicht katho­ lischen Ländern verträgt sich jedoch die Ernennung der katholischen Bischöfe durch den Landesherrn mit dem Geiste dieser Verhältnisse nicht; daher ist hier das Wählm beibehalten. Dieses ist der Fall in Preußen, Hannover, den kleineren deutschen Bundesstaaten, und in der Schweiz. Doch ist auch hier auf verschiedene Weise den Landesherren möglich gemacht, wenigstens die ihnen mißfälligen Personen auszu­ schließen^). In dem Königreich Polen ist sogar den Kapiteln blos das Recht gewisse Personen zur erledigten Würde zu empfehlen, ein­ geräumt, die Ernennung selbst aber den«. Könige zugestanden worden. 4) Heutiges Recht.

Greg. I. 5. Sext. I. 5. Extr. comm. I. 2. De postulatione praelatorum, Greg. I. 6. Sext. I. 6. Clem. I. 3. De electione et electi potestate.

226. Die heutige Disciplin hinsichtlich der Besetzung der bi­ schöflichen Stühle ist demnach folgende. 1. Die Designation der Per­ son geschieht entweder durch die Wahl des Kapitels oder durch lan­ desherrliche Ernennung. In Ansehung der Wahlen bildet das im Mit­ telalter durch die Concilienschlüsse und Decretalen festgestellte Recht noch jetzt die gesetzliche Nornt. Das Wahlrecht steht daher regelmäßig nur den Canonici der Cathcdralkirche zu; von einer Zuziehung der Provinzial-Bischöfe oder Siebte ist nicht mehr die Rede, außer wenn darüber ein besonderes Herkommen besteht *). Die Wahl muß binnen drei Monaten nach eingetretener Sedisvacanz geschehen, sonst devolvirt sie an die nächste höhere Behörde3). Zn derselben sind alle Wahl­ herren, so weit nicht besondere Gründe entgegenstehen3), auch die Ab3) Oesterr. Concordat Art. 19. 4) Näheres darüber giebt Mejer Propaganda II. 17 — 27. 492 — 98. Für Preußen sind die Kapitel durch ein Breve vom 16. Juni 1821 angewie­ sen, sich vorher zu versichern, daß der zu Wählende nicht mißliebig sei. 1) C. 4. X. de postul. (1. 5), c. 50. X. de elect. (1. 6), c. 3. X. de caus. possess. (2. 12). 2) G. 35. D. LXIII. (Conc. Later. II. a. 1139), c. 41. X. de elect. (1. 6). Durch diese zweite Stelle ist das c. 12. X. de concess. praeb. (3.8) abgeändert. 3) Ausgeschlossen sind diejenigen, die von ihrem Amte suspendirt, c. 8. X. de consuet. (1. 4), c. 16. X. de elect. (1. 6), oder in die höhere Exeommunieation verfallen, c. 59. X. de elect. (1. 6) , Ferraris prompta bi-

493 wesenden, wenn ihr Aufenthaltsort nicht zu entfernt ist4* ), *5* und zwar Jeder namentlich einzuladen ^), widrigenfalls ist der Uebergangene die Wahl anzufechten befugt6)»

Procurator

Rechtmäßig Verhinderte dürfen sich einen

aus der Mitte des Kapitels

ernennen; die Einsendung

eines Stimmzettels ist aber unzulässig 7).8 9 10 Eine Verpflichtung zu er­

scheinen besteht in der Regel nicht6).

Der definitiven Wahl müssen,

bei Gefahr der Annullirung, berathende Verhandlungen über die etwa zu wählenden Personen vorhergehend). Hinsichtlich des Wahlactes ist

wesentlich, daß die Stimmen, in einer dazu berufenen Versammlung, von jedem Stimmenden einzeln,

an mindestens drei dazu aus dem

Collegium erwählte Scrutatoren, geheim, mündlich oder am besten

schriftlich abgegeben, von diesen zu Papier genommen,

der Erfolg

gleich in der Sitzung selbst bekannt gemacht, und derjenige als ge­

wählt erklärt werde, der die Majorität der Stimmen für sich hat").

blioth. canon. v. Electio art. II. n. 9., oder des Stimmrecht- zur Strafe für diesmal, oder für eine gewisse Zeit oder für immer beraubt, c. 2. X. de postul. (1. 5), c. 42. 43. X. de elect. (1. 6), dem. *1. de regulär. (3. 9), Conc. Trid. Sess. XXV. cap. 2. de regulär., und auch diejenigen, die, wenn die Wahl geschieht, noch nicht Subdiaconen sind, dem. 2. de aetat. (L 6), Conc. Trid. Sess. XXII. cap. 4. de ref. 4) C. 18. X. de elect. (1. 6), Ferraris v. Electio art. III. n. 2. 3. 5) C. 35. 42. D. de elect. (1. 6), Van - Espen Ius eccles. P. II. sect. 3. tit. 4. cap. 3. n. 12—15. 6) C. 28. 36. X. de elect. (1. 6), Van-Espen P. II. sect. 3. tit. 4. cap. 3. n. 26—29. 31., Ferraris v. Electio art. IV. n. 2. 3. 4. 7) C. 42. §. 1. 2. X. de elect. (1. 6), c. 46. eod. in VI. (1. 6). 8) C. 42. X. de elect. (1. 6). 9) Dieses folgt schon daraus, daß die Wahl das Ergebniß reiflicher Er­ wägung , nicht des Zufalls sein soll. So bezeugt auch Ferraris Biblioth. v. electio art. IV. n. 5. Vocalibus vocatis, et in unum conventis sunt ante electionem habendi tractatus consultorii, in quibus discutiuntur qualitates, habilitates, et merita eligendorum; c. Cum terra 13. de elect. ibi: Personam nominent; quod si in persona fuerit peccatum etc. C. Inter Canonicos 21. eod. tit. ibi: In capitulum se receperunt, de fulura electione pontificis tractaluri; c. In causis 30. eod. tit. ibi: Cum capitulum eccles. ad tractandum de electione episcopi convenisset; c. Cum in veteri lege 52. eod. tit., ubi irritatur electio ob defectum debiti tractatus, ubi Glossa Derb, in traclatu ait: Hine putes , quod tractatus debet haberi ante electionem, et collationem ad invicem, alias quomodo eligerent, nisi primo de aliquo eligendo tractarent? et cap. In Genesi 56. eod. tit. ubi

electio declaretur irrita, ex quo tractatus debitus non fuit habitus, ibi: neque discussum. Ex quibus textibus Donatus, Matthaeucci et alii deducunt, electionem esse nullam, vel saltem annullandam, si ante eam non habentur tractatus consultorii etc. 10) C. 42. 55. 57. X. de elect. (1. 6), Ferraris v. Electio art. I. n. 22. 23., Van-Espen P. II. sect. 3. tit. 4. cap. 4. n. 10—17. 20—24. Nach jenen Stellen soll bei der Vergleichung der Stimmen erwogen werden,

Non tractatum,

494 Dazu ist jedoch nicht eine blos relative, sondern eine absolute Mehr­ heit der abgegebenen Stimmen nothwendig n). heit giebt der Vorsitzende nicht den Ausschlag, aufs Neue gewählt werden").

Mitglieder

hindert die

Bei Stimmengleich­

sondern

dann muß

Das Ausbleiben eines oder mehrerer

Wahl nicht;

eben so wenig das Weggehen

Einiger aus der Sitzung, selbst wenn darunter der Vorsitzende ist, so

lange nur die Mehrheit des Kapitels zurückbleibt 1S).

Ja, wenn der

gesetzliche Wahltermin zu Ende geht, oder wenn alle bis auf Einen

unfähig sind, so kann dieser allein wählen, nur nicht sich selbst").

Ein leerer Stimmzettel gilt als Verzicht auf das Stimmrecht16). Eine

bedingte oder alternative Stimme wird nicht mitgezähltie). Finden sich mehr Stimmzettel, als Stimmende, so bleibt die Wahl gültig, wenn nach Abzug der überzähligen Stimmen der Gewählte doch noch die

Majorität hat").

Anstatt selbst zu wählen können aber die Wahl­

herren, wenn sie Alle darüber einig sind, einer oder mehreren Perso­

nen ihre Befugniß übertragen18). Auch ist die Wahl durch Quasi-Inspi­ ration zulässig, wenn ohne besonderes Stimmensammeln sich Alle gleich

durch Zuruf für eine Person vereinigen19). Alles Loosen ist aber beim Wahlgeschäft untersagt, weil dadurch die Einsicht und das Verdienst dem Zufall untergeordnet wird").

Auch gehört es zum Wesen der

Wahl, daß sie frei, also namentlich nicht durch den Einfluß der welt­ lichen Gewalt ans zu wenige Personen beschränkt fei21).

Eine solche

Wahl ist daher nichtig, und wer sie annimmt, wird ineligibel22). Eben

so sind alle zwischen den Wahlherrn vor der Wahl abgeschlossenen

ob die maior pars auch die sanior pars sei. Dieses geschieht aber nicht mehr, weil es zu unerschöpflichen Discussionen führen würde, Ferraris v. Electio art. IV. n. 44., Van-Espen P. II. sect, 3. tit. 4. cap. 3. n. 33. 34. c. 4. n. 22. 23. 11) C. 48. 50. 55. X. de elect. (1. 6), c. 23. eod. in VI. (1. 6). 12) Ferraris v. Electio art. IV. n. 45. 13) C. 19. 28. X. de elect. (1. 6), Ferraris v. Electio art. IV. n. 18—22. 14) Ferraris v. Electio art. II. n. 5. 6. art. IV. n. 24. 25. 15) Ferraris v. Electio art. TV. n. 26. 16) C. 2. de elect. in VI. (1. 6). 17) Ferraris v. Electio art. IV. n. 27. add. ad art. IV. n. 8—11. 18) C. 42. X. de elect. (1.6), Ferraris v. Electio art. I. n. 24—31. 19) C. 42. X. de elect. (1. 6), Ferraris v. Electio art. I. n. 32—35. 20) C. 3. X. de sortileg. (5. 21). 21) Ferraris v. Electio art. IV. n. 52. 22) C. 43. X. de elect. (1. 6).

495 Capitulationen ungültig28). Endlich sind die Wählenden in ihrem Ge­ wissen verbunden,

nur einen solchen zu wählen, der alle zu der bi­

schöflichen Würde nöthigen Eigenschaften besitzt, widrigenfalls geht ihr Wahlrecht für diesmal verloren2^). Wo eine dieser Eigenschaften fehlt, ist daher keine eigentliche Wahl mit deren

kanonischen Wirkungen,

sondern nur ein an den Papst zu richtendes Gesuch (postulatio) um

Dispensation und Annahme zulässig.

Doch darf auch dieses nur bei

den geringeren Mängeln geschehen28); bei den größeren ist nicht ein­ mal

eine Postulation statthaft28).

Bei der Ernennung der Bischöfe

durch den Landesherrn hat dieser natürlich eben so auf die canonischen

Eigenschaften Rücksicht zu nehmen2^). II. Die Wahl ist dem Erwähl­

ten möglichst bald anzuzeigen, der sich dann innerhalb eines Monates darüber erklären, und binnen drei Monaten von der Annahme an ge­

rechnet die Bestätigung nachsuchen muß28).

Diese geschah noch im

Mittelalter vom Papste nur bei Metropoliten29), bei Bischöfen aber von ihrem Erzbischof89). Allmählig ist jedoch auch bei diesen die Prü­

fung und Bestätigung,

theils weil die Metropoliten dabei nachlässig

zu Werke giengen, theils um der landesherrlichen Nomination ein Ge­

gengewicht zu gebe», durch die allgemeine Praxis an den Papst über­

gegangen. Dieses erkennen auch die Concordate insgemein ausdrücklich

oder stillschweigend an.

Die Bestätigung wird jedoch nur auf den

Grund einer sorgfältigen Untersuchung und eines darüber erstatteten

genauen Berichtes ertheilt81). Vor der erhaltenen Bestätigung darf bei Verlust des aus der Wahl erworbenen Rechts kein Act der Ver­ waltung ausgeübt werden 82)> III. Die Consecration wurde im Mittel-

23) Const. Ecclesiae Catholicae Innocent. XII. a. 1695., Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. XIII. cap. 13. n. 11—24. 24) C. 7. 25. X. de elect. (1. 6), Conc. Trid. Sess. XXII. cap. 2. Sess. XXIV. cap. 1. de ref., Festus v. Electio art. III. n. 7—18. 25) C. 6. X. de postul. (1. 5), c. 13. 19. 20. X. de elect. (1. 6). 26) C. 1. X. de postul. (1.5), c. un. Extr. comm. de postul. (1.2). 27) Van-Espen P. I. tit. 13. cap. 5. 6. 28) C. 6. 16. de elect. in VI. (1. 6). 29) C. 28. X. de elect. (1. 6). 30) C. 20. 32. 44. X. de elect. (1. 6). 31) 0. 16. de elect. in VI. (1. 6), Conc. Trid. Sess. XXII. cap. 2. Sess. XXIV. cap. 1. de ref. DaS Verfahren dabei beruht auf der Const. Onus Apostolicae Gregorii XIV. a. 1592., und auf den Instructionen Urban des VIII. vom Jahr 1627. und Benedict des XIV. vom 18. Januar 1757. Gedruckt find diese auch bei Bangen die Römische Curie S. 468 —477. 32) C. 17. X. de elect. (1. 6), c. 5. eod. in VI. (1. 6), c. 1. Extr. Comm. eod. (1.3), Van-Espen P. I. tit. 14. cap. 5. Eine Ausnahme machte

496 alter noch nach der alten Weise von dem Metropoliten unb den Bi­

schöfen der Provinz ertheilt, häufig aber auch vom Papste selbst in Rom nachgesucht.

Jetzt soll sie längstens binnen drei Monaten nach

erhaltener Bestätigung88) durch einen dazu vom Papste committirten Bischof und zwar in der Regel in der bischöflichen Kirche selbst ge­ schehen^). Die Zuziehung zweier anderen Bischöfe ist zwar noch wie

ehemals geboten; nicht ob85).

doch

hängt die

Gültigkeit der Handlung davon

IV. Um die Bande der Disciplin zu verstärken wurde

bei der Consecration e.in feierliches Gelöbniß des canonischen Gehor­ sams und der Ehrerbietung gegen die vorgesetzten Oberen verlangt. Dieses findet sich zuerst in Spanien im siebenten Jahrhundert88). Bonifacius leistete bei seiner Ordination zum Erzbischof von Mainz

ein solches Gelöbniß dem Papste in der Form eines Eides; doch ist nicht bekannt, daß die anderen Metropoliten dieses nachahmten. Wohl aber

entstand der Gebrauch,

daß diese von ihren untergebenen Bischöfen

einen Eid der Obedienz und Ergebenheit forderten8^). Von den Zeit­

verhältnissen gedrängt schrieb Gregor VII. (1079) auch den Metro­ politen eine solche jedoch gesteigerte Eidesformel vor88). Diese wurde

dann, um Willkührlichkeiten zu begegnen, auch den Metropoliten bei der Vereidung ihrer untergebenen Bischöfe als Norm angegeben88).

Sie liegt auch noch jetzt der von Clemens VIII. aufgestellten Form zum Grunde; nur wird natürlich der Eid nicht mehr in die Hand des Metropoliten,

gelegt.

sondern in die des confecrirenden Bischofes

ab­

Daneben müssen aber die Bischöfe in den meisten Ländern

auch dem Landesherrn einen bürgerlichen Eid leisten"). Dieses findet sich in verschiedener Gestalt schon seit dem siebenten Jahrhundert41).

man bei den valde remoti, c. 44. §. 2. X. de elect. (1. 6), wozu aber bei den heutigen Verkehrsmitteln kein Grund mehr vorhanden ist. 33) Conc. Trid. Sess. XXIII. cap. 2. de ref. 34) Van-Espen P. I. tit. 15. c. 1. 3. 35) Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. XIII. cap. 13. n. 2—10. 36) C. 6. v. XXIII. (Conc. Tolet. XI. a. 675). 37) Die Beweise über dieses Alles giebt Thomassin. Vet. et nova eccles. discipl. P. II. lib. II. c. 44—46. 38) C. 4. X. de iureiur. (2.24), c. 4; X. de elect. (1. 6), Thomassin. P. n. lib. n. c. 46. 'n. 3. 8. 39) C. 13. X. de maiorit. (1. 33). 40) Die Formel enthält das Bayer. Concordat Art. 15., Oesterr. Eoncordat Art. 20. 41) Mehr darüber findet man bei Thomassin. P. II. lib. 2. c. 47—49.

497

B) Von der Wahl des Papstes *).

1) AeltereS Recht.

Die Wahl des Bischofs von Rom war anfangs von der

227.

gewöhnlichen nicht verschieden, und geschah durch die benachbarten Bi­ schöfe, den Klerus und die übrige Gemeinde^). Der Erwählte wurde

gleich

Als die römischen

durch bett Bischof von Ostia consecrirt.

Kaiser christlich geworden waren, blieb die Freiheit der Wahl an sich

bestehen;

doch

gaben mehrere zwiespältige Wahlen Gelegenheit zur

Einmischung'^). Dieser Einfluß gieng nach dem Aufhören des abend­

ländischen Kaiserthums mit dem Besitz der Hauptstadt auch auf die germanischen Könige über41),2 3die aber, obgleich Arianer, anfangs nur

in Nothfällen und mit großer Mäßigung davon Gebrauch machten 5),

während daß

auch die Kirchengesetze die Freiheit und Reinheit der

Wahl möglichst zu befestigen suchten6).

Später aber zog Theoderich

dennoch das Ernennungsrecht gewaltsam

an sich 7).

Dieses wurde

zwar, nachdem die Römer aus Constantinopel Italien von den Ost­ gothen

erobert hatten, wieder gemildert;

doch

blieb die Wahl deS

Papstes in

großer Abhängigkeit von den Kaisern.

Tode eines

Papstes wurde nämlich

an

Gleich nach dem

den Exarchen in Ravenna

berichtet, dann von dem Klerus, den Optimalen, dem römischen Kriegs­ heer und dem Volke gewählt, und die Wahlurkunde mit den Unter­ schriften an

den Kaiser durch den Exarchen eingeschickt 8).

Für die

1) Sehr weitläufig handelt davon Phillips Kirchenrecht V. §. 246—60. 2) C. 5. 6. c. VII. q. 1. (Cyprian, c. a. 255). Die gewöhnliche Acclamation sieht man aus Cyprian, (f 258) epist. XLVI. Nos Cornelium episcopum sanctissimae catholicae ecclesiae electum a Deo omnipotente et Christo domino nostro scimus. 3) Namentlich der Streit zwischen Siricius und Ursicinus (385), Rescriptum Valentinian. II. ad Pinian. Praef. urb. (Mansi T. III. p. 654); und zwischen Bonisacius und Eulalius (419), Rescript. Honor. Aug. ad Bonifac. I. (c. 2. D. XCVIL, c. 8. D. LXXIX.). 4) Edict. Odoacr. Reg. a. 483. Die betreffende Stelle ist daraus an­ geführt im c. 1. §. 1. D. XCVI. (Symmach. in Concil. Roman, a. 502). 5) Liber Pontificum in vita Symmachi. Facta contentione, hoc construxerunt patres, ut ambo Ravennam pergerent ad iudicium regis Theoderici. Qui dum ambo introissent Ravennam, hoc iudicium aequitatis invenerunt, ut qui primo ordinatus fuisset, vel ubi pars maxima cognosceretur, ipse sederet in sede apostolica. Quod tandem aequitas in Symmacho invenit. 6) C. 2. 10. D. LXXIX. (Symmach- in Conc. Roman, a. 499), c. 1. §. 1. 4—7. D. XCVI. (Symmachus in Conc. Roman, a. 502). 7) Cassiodor. Varior. VIII. 15. 8) Die hieher gehörenden Formeln mthält der Liber diurnus cap. II. tit. 1—7. Man sehe meine Fontes. Lvalter's Airchenrecht.

13te Auflage.

32

498 Bestätigung mußte sogar eine große Summe bezahlt werden, welche erst ConstantinuS Pogonatus (680) dem Papste Agatha erließt).

Mittlerweile wurden aber die inneren Verhältnisse der Papstwahl

durch römische Concilien genauer geordnet18), und nachdem im achtm

Jahrhundert Italien unter die Franken gekommen war, so erhielt sie auch äußerlich wieder mehr Freiheit. Doch sollte vor der Consecration

die Zustimmung des Kaisers abgewartet und in Gegenwart seiner Le­

gaten die Eidesleistung geschehen, was jedoch nicht immer befolgt wur­ de"). Ueberhaupt entstanden während der stürmischen Verhältnisse in Italien bei der Papstwahl mancherlei Mißbräuche, denen die Päpste

niözlichst zu steuern suchten12 9 10 ).1311Andererseits suchte auch Otto I. in den Verträgen mit Johann XII.18) und mit Leo VIII.14), 15 16 desglei 17 ­

chen Heinrich II. im Vertrag mit Benedict VIII.18) die kaiserlichen

Rechte aufrecht zu erhalten. Doch blieb die Herrschaft der Factionen, bis daß Nicolaus II. um den politischen Absichten der Kaiser, dem tumultuarischen Benehmen des Volks, und den Bestechungen von allen Seiten zu begegnen, ein neues Decret durchsetzte. Nach diesem sollten

die Cardinal-Bischöfe die Wahl sorgsam vorbereiten, dann die anderen Cardinäle hinzuziehen', endlich der übrige Klerus und das Volk ihre Zustimmung ertheilen:

vorbehältlich in Allem der schuldigen Achtung

der kaiserlichen Rechte18).

In der That wurde dadurch nur die alte.

Form der Bischofswahlen hergestellt.

Hierauf fiel allmählig erst der

Antheil deS Kaisers, dann auch der des römischen Klerus weg, und

die Papstwahl blieb ausschließlich in der Hand der Cardinäle").

9) C. 21, D. LXIIL (ex libr. pontif.). 10) Gone. Roman, a. 606. (c. 7. D. LXXIX.), Conc. Roman, a. 769. (o. 3—5. I). LXXIX.). Ueber die Aechtheit der letzteren Stellen sehe man Berardi Gratiani canones genuini. Part. II. Tom. II. p. 184. 11) 0onst.it. Hlotharii et sacram. Romanor. a. 824., Einhardi annal. a. 827., Prudentii annal. a. 844., Annal. Fuldens. a. 885., Guilielm. biblioth. in Hadrian. II. a. 867. (c. 29. D. LXHL). Das pactum Ludovici I. a. 817. (c. 30. D. LXIH.) ist miächt, Pertz Leg. II. App. p. 6—11. 159. 12) Stephan. VI. a. 897. (c. 28. D. LXIH.), Johann. IX. in Conc. Roman, a. 898. c. 10 (Pertz Leg. II. App. p. 158). 13) Pactum Otton. I. a. 962. (Pertz Leg. II. App. p. 159). Daraus ist o. 32. v. LXIIL 14) Pact. Otton. I. a. 963. (Pertz Leg. H. App. p. 166). Daraus ist c. 23. D. LXIII. Ueber diese wirren Verhältnisse und die darauf bezügli­ chen Urkunden handelt gut: Floß Die Papstwahl unter den Ottonen. Frei­ burg 1858. 15) Pactum Henrici II. a. 1020. (Pertz Leg. II. App. p. 173). 16) Nicol. II. in Conc. Later, a. 1059. (c. I. D. XXHL, Pertz Leg. II. App. p. 176). Darauf beziehen sich auch c. 1. 9. D. LXXIX. 17) Den Uebergang zeigt die Vergleichung von Gratian. ad c. 34. D.

499 2) Heutiges Recht. 228.

Die jetzige Wahlordnung ist nach den dabei gemachten Er­

fahrungen durch viele Gesetze sehr genau ausgebildet worden *). Stimm­

fähig sind blos die wirklich gegenwärtigen Cardinäle, welche die höhe­ ren Weihen oder ein besonderes Dispensations-Breve haben. Die Ab­

wesenden werden nicht wie in den Kapiteln besonderes berufen, sondern

müssen von selbst eintreffen.

Stellvertreter können nicht geschickt wer­

den. Wählbar sind in der Regel auch nur Cardinäle 2). Die Wähler schwören nach ihrer besten Einsicht zum Wohle der Kirche zu versah«

ren. Sie sind daher verpflichtet, die herrschenden Verhältnisse und die

(Stimmung der Nationen zu berücksichtigen, und die angesehensten katholischm Fürsten machen das Recht geltend, Einen, der ihnen beson­

ders mißfällig wäre, auszuschließen ”). Die Wahlhandlung selbst wird, um Umtriebe zu verhindem, in einem vorsichtig verschlossenen, dazu

besonders einzurichtenden Gebäude vorgenommen, welches vor vollen­ deter Wahl nicht verlassen werden darf. Die Wahlformen sind diesel­

ben, wie in den Kapiteln;

nium)

die gewöhnlichste.

doch ist das Stimmensammeln (scruti-

Hierbei müssen aber zwei Drittheile aller

Stimmen sich auf Einen vereinigen; fehlt dieses, so wird der Acceß versucht.

Die Konfirmation fällt natürlich weg.

Die Consecration

wird durch dm Cardinal-Decan, der meistens noch Bischof von Ostia

ist, unter sehr alterthümlichen Gebräuchen vollzogen; derselbe verrichtet jetzt auch die Krönung.

Zuletzt erfolgt die Besitznahme unter großen

Feierlichkeiten 4).

LXm. mit der Verordnung des dritten Lateranischen Conciliums 1179 im c. 6. X. de elect. (1. 6). 1) Diese find die Verordnung des dritten Lateranischen Conciliums (1179), c. 6. X. de elect. (1. 6), von Gregor X. auf dem Concilium von Lyon (1274), c. 3. de elect. in VI. (1. 6), von Clemens V. auf dem Concilium zu Vienne (1311), dem. 2. de elect. (1. 3), von Clemens VI. (1351), Ju­ lius II. (1505), Pius IV. (1562), Gregor XV. (1610), Urban VIII. (1626), und Clemens XU. (1731). Man findet sie, mit Ausnahme der letzteren, zu­ sammen in Menschen Ceremonialia electionis et coronationis pontificis Romani. Francos. 1732. 4. 2) C. 3—5. D. LXXIX. (Conc. Roman. a. 769), c. 1. §.4. D. XXIII. (Nicol. II. a. 1059). Dieses ist auch dem Geiste des alten Kirchenrechts ganz angemessen, c. 13. D. LXI. (Coelestin. a. 428), c. 19. D. LXIII. (Leo I. a. 445). 3) Man sehe Rofihirt Canon. Recht I. 424. 4) Quellen, um die Geschichte dieser Gebräuche zu verfolgen, find: Li­ ber diumus cap. II. tit. 8. 9. (in meinen Fontes), Ordo Romanus Tit.

500 C) Besetzung der übrigen Würden und Aemter. 229.

1) Ursprüngliche Regel.

In den ersten Zeiten der Kirche wurden die Aeltesten und

Diaconen von den Aposteln auf das Zeugniß der Gemeinde bestellt und gleich durch Auflegung der Hände zu ihrem Dienste eingeweiht *). Nach diesem Vorgänge geschah

auch in den folgenden Jahrhunderten die

Ordination zu den kirchlichen Aemtern durch den Bischof unter Mit­

wirkung seines Presbyteriums und mit möglichster Berücksichtigung der

Stimme der Gemeinde3). In diesem Verfahren bewirkte auch die Ent­ stehung des gemeinschaftlichen Lebens anfangs keine wesentliche Aende­

rung, und auch bei der Ernennung zu den verschiedenen Aemtern in der Eongregation kam es in der Hauptsache auf die Auswahl und Ent­ scheidung des Bischofes an3). Später aber erhielten aus die Besetzung der Kapitel theils diese selbst durch eigenes Wahlrecht, theils die Lan­ desherren und Päpste Einfluß, und auch bei den übrigen Beneficien

entstanden mancherlei Verhältnisse, kraft deren andere Personen durch besondere Begünstung ein Präsentationö - oder selbst das volle Ver­ leihungsrecht erhielten. Es hat aber das freie, ungetheilte Ordinations­

recht des Bischofes als die ursprüngliche Regel noch immer die Ver­ muthung für sich, und jede Beschränkung muß als Ausnahme beson­ ders bewiesen werden.

Wo jenes Recht noch besteht, ist es auch, dem

Geiste der alten Verfassung getreu, so sehr an die Person gebunden,

daß weder der Generalvicar ohne besonderen Auftrag, noch das Ka­ pitel während der Sedisvacanz es ausüben bars4).

Qualit. ordinetur romanus pontifex, Cencii de Sabellis Cardin, (c. 1191) Ordo roman. c. 48. (Mabillon. Mus. Ital. T. II. p. 210), Caeremon. Ro­ man. iuss. Gregor. X. (f 1276) edit. (Mabillon. T. II. p. 221), Jae. Gajetan Card, (f c. 1350) Ordinarium 8. Rom. eccles. (Mabillon. T. II. p. 243), Aug. Patrie. Piccolomin. (c. 1490) Sacrarum caeremoniarum Rom. eccles. lib. I. sect. 1—4 (Hoffmann Nova monument. collect. T. II. p. 275). 1) Act. VI. 2—6. XV. 22. 2) C. 2. D. XXIV. (Conc. Carth. HI. a. 397). c. 6. eod. (Statuta eccles. antiq.). Die Stimme des Presbyteriums sprach sich wie auch noch nach dem heutigen Ritus bei der Ordination durch den Mund des Archidiacons aus, c. 1. X. de scrutinio (1. 12). 3) Conc. Aquisgran. a. 816. c. 138. Oportet ecclesiae praelatos ut de congregatione sibi commissa tales eligant boni testimonii fratres, in quibus onera regiminis secure possint partiri. — C. 140. Debet procurare praelatus , ut fratribus cellerarium non vinolentum, non superbum, non tardum, non prodigum constituat. 4) C. 2. X. ne sed. vacant. (3. 9), c. 3. de offie. vicar. in VI. (1. 13), c. un. §. 1. ne sed. vacant. in VI. (3. 8).

501

2) Besetzung der Kapitel, 230.

a) Durch Wahl.

Die Stellung, welche die Kapitel seit dem elften Jahr­

hundert als selbstständige, vom Bischöfe getrennte

Korporationen Än-

nahnien, hatte auf die Besetzung derselben verschiedenen Einfluß.

In

einigen erhielt sich das alte Recht so, daß der Bischof mit dem Ka­ pitel gemeinschaftlich, aber als der Vorsteher desselben, die Würden und Aemter in dessen Mitte vergab *). In anderen wurde eine Thei­

lung zwischen ihm und dem Kapitel angenonimen, oder ihm auch die

Collation aller Präbenden überlassen31).2 Noch in anderen erhielt das

Kapitel selbst nach Art der klösterlichen Korporationen die Wahl seiner Vorsteher und Mitglieder, entweder so, daß es dabei ganz getrennt vom Bischöfe handelte3), oder so, daß dieser

nur in der Eigenschaft

eines einfachen Kapitularen an der Wahl Theil nahm4).5 6 7Auch ent­ stand in einigen Kapiteln die Gewohnheit, daß die Kapitularen stufen­ weise nach beut Alter in eine erledigte Stelle, wenn diese vortheilhafter schien, einzurücken verlangen konnten3).

So sehr eine solche An­

ordnung Gründe der Billigkeit für sich hat, so ist sie aber doch nicht als das gemeine Recht anzusehen. Zu allen diesen Neuerungen, welche mehr oder weniger von der alten Disciplin abführten, kam aber noch

dieses,

daß in vielen Stiften die adelige Abkunft zur Bedingung der

Aufnahme gemacht3), und demnach die Stellen häufig nur nach Stan­

des-

weiter

und Familienrücksichten vergeben wurden.

Dieses führte dann

dahin, daß die Könige fast in allen Ländern die Stifte fast

wie eine Versorgungsanstalt für Günstlinge benutzten, und sich durch

Empfehlungen, die man nicht füglich umgehen konnte, vielfach einmisch­

ten. Sie erhielten selbst durch das Herkommen regelmäßig das Recht, eine Anwartschaft auf die erste nach ihrem Regierungsantritt in jedem

Kapitel ledig werdende Stelle zu ertheilen (ius primarum precum) ’).

1) C. 5. X. de suppl. neglig. praelat. (1. 10), c. 15. X. de concess. praeb. (3. 8), c. 4. 5. X. de "bis quae fiunt a prael. (3. 10). 2) C. 3. X. de suppl. neglig. praelat. (1. 10), c. 2. 5. X. de concess. praeb. (3. 8). 3) C. 31. X. de elect. (1. 6), c. 3. X. de suppl. neglig. praelat. (1. 10), c. 2. X. de concess. praeb. (3. 8). 4) C. 15. X. de concess. praeb. (3. 8). 5) C. 4. de consuet. in VI. (1. 4). 6) Man sehe §. 141. 7) Der genauere Ursprung dieses Herkommens ist unbekannt. Das älteste Beispiel ist wohl von Conrad IV. 1242, Böhmer Regesta Conradi IV. n. 48. Auch viele Fürsten nahmen es gegen die Collegiat-Stifte in Anspruch.

502

Das kaiserliche Recht der ersten Bitte hat sich bis zur Auflösung des deutschen Reiches erhalten. b) Durch päpstliche Mandate und Ertheilungen von Anwartschaften').

Greg. in. 8. Sext. IU. 7. Giern. III. 3. Extr. Johann. XXII. tit. IV. De conceasione praebendae vel ecclesiae non vacantis.

231.

Die große Zahl und Mannichfaltigkeit der Beneficien, di«

bei deren Verleihung einreißmden Mißbräuche, die Schwierigkeit und Lässigkeit der Bischöfe dawider die Grundgedanken der strengeren Di­

sciplin geltend zu machen, das Bedürfniß der Concentration der Ver­ waltung beim päpstlichen Stuhl, alles dieses zeigte die Nothwendig­ keit, auf diesen wichtigen Theil der Kirchenzucht von oben herab schär­ fer einzuwirken, und führte nach Maßgabe des dadurch geweckten kirch­

lichen Bewußtseins zu dem Ausspruch, daß im Prinzip auch die volle und freie Verfügung über die Kirchenämter

im Primate enthalten

fei1 2). In der Wirklichkeit wurde dasselbe jedoch nur um anderen Nach­ theilen zu begegnen oder aus besonderen Nützlichkeitsgründen geübt. Das Einzelne gestaltete sich nun auf folgende Art. I. Da Familien­

rücksichten oder Bitten und Empfehlungm der Fürsten auf die Ver­ gebung von Stellen in den Stiften einwirkten,

so durften um so

mehr die Päpste, als die Vorsteher der allgemeinen Kirche, deren

Fürsorge

insbesondere die Stifte viele wichtige Vorrechte zu

danken hatten,

ein Recht der Empfehlung geltend machen3). 4

fangs geschah dieses in Form einer Bitte (preces);

ver­

An­

allmählig ent­

standen aber daraus bindende Mandate3), welche im Weigerungsfall

durch einen Mahnbrief (litterae monitoriae), oder durch ein Gebot (litterae praeceptoriae), endlich im Nothfall durch einen an den

1) Ausführlich handelt davon Phillips Kirchmrecht V. §. 228—34. 2) So erklärten Clemens IV. im c. 2. de praeb. in VI. (3. 4), Clemens V. und das Concilium von Vienne im dem. 1. ut Ute pendente (2. 5). Das Princip muß man, eben so gut wie in der weltlichen Monarchie, zuge­ ben. Richt zuzugeben ist jedoch, wenn Phillips dieses Princip schon in der alten Zeit mit vollem Bewußtsein erkannt und geübt worden zu sein, behauptet. Die von ihm aus Devoti dasür angeführten Decretalen erklären sich aus an­ deren Gesichtspunkten, und auch was Gregor I. in einzelnen Diversen seines da­ mals so bedrängten Italiens that, giebt dafür keinen zureichenden Beweis. 3) Das älteste bekannte Beispiel ist von Hadrian IV. vom Jahr 1154 (Mansi Conc. T. XXI. p. 805). 4) Die ältesten sind von Alexander III. (f 1181), c. 7. X. de rescript. (1. 3).

503 dafür ernannten Execntor gerichteten Bollstreckungsbefehl (litterae cxe-

cutoriae) zur Ausführung gebracht wurden85).96 7Doch wurden sie haupt­

sächlich nur zu Gunsten armer6) oder gelehrter Geistlichen, nament­ lich an den aufblühenden Universitäten, gebraucht?); auch sollte nach einer Bulle Alexander des IV. (f 1261) jedes Kapitel immer nur höchstens mit vier Mandaten beschwert tverben8).

II. Solche päpst­

liche Empfehlungen und Gnadenbriefe wurden nicht blos für eine wirk­ lich erledigte, sondern häufig auch in Beziehung auf eine erst vacant werdende Stelle ertheilt. Verleihungen von Anwartschaften waren zwar

durch das dritte Lateranische Coneilium aus guten Gründen verboten worden8); allein auf die Expectativen, welche der Papst verlieh, bezog man dieses nicht, weil diese nicht auf eine bestimmte, sondern unbe­

stimmt auf die erste dort vacant werdende Stelle lauteten. III. Wäh­

rend des großen Schisma, wo diese Verhältnisse von beiden Parteien benutzt wurden, um sich Anhänger zu verschaffen, waren die Mandate und Anwartschaften so häufig geworden, daß man eö als eine Er­

leichterung ansah, als Martin V. auf dem Kostnitzer Concilium sich nur zwei Drittheile aller nicht schon aus anderen Gründen dem Papste vorbehaltenen Stellen durch solche Mandate zu vergeben vorbehielt.

Das Concilium von Basel und demnächst das von Trient haben aber

die Ertheilung von päpstlichen Mandaten und Expectativen gänzlich untersagt, und dadurch alle Streitigkeiten über diesen Gegenstand be­

endigt l0).

c) Durch päpstliche Reservationen. , Extr. comm. I. 3. De electione, Sext. III. 4. Extr. coinni. III. 2. De praebendis et dignitatibus. 232.

Das Bestreben der Päpste,

der beginnenden Verderbniß

durch die Anstellung tüchtiger Kirchenbeamten entgegen zu treten, führte

5) C. 30. 37—40. X. de rescript. (1. 3), c. 4. X. h. t. (3. 8), c. 3. 4. eod. in VI. (3. 7). 6) C. 16. i. f. X. de praebend. (3. 5). Daher hieß ein solches Man­ dat auch in forma pauperum, oder in forma communi: Cum eecundum Apostolum, nach den Anfangsworten der genannten Stelle, z. B. im c. 27. X. de rescr. (1. 3). x 7) Hurter Papst Jnnocenz III. Th. III. B. XXL Cap. 2. 8) Conc. Colon, a. 1216. can. 13. 9) C. 2. 13. 16. X. h. t. (3. 8), c. 2. eod. in VI. (3. 7). 10) Concil. Basil. Sess. XXXI. Decret. de collationibus beneficiorum, Conc. Trid. Sess. XXIV. cap. 19. de ref.

504 sie auf den Gedanken, ganze Kategorien von Beneficien, die unter ungewöhnlichen Umständen erledigt würden,

Verleihung zu reserviren.

sich zur unmittelbaren

I. Schon im dreizehnten Jahrhundert be­

stand der Gebrauch, daß wenn ein auswärtiger Prälat zu Rom starb, sein Nachfolger gleich vom Papste selbst ernannt wurde. Clemms IV.

(f 1268) sprach dieses als eine bestimmte Regel aus, und untersagte jedem Anderen in einem solchen Fall die Verleihung vorzunehmen *).

Derselbe Vorbehalt wurde von Bonifacius VIII., Clemens V. und Johann XXII. wiederholt1 2)3, 4 und 5 von da an stehend in die Kanz­

leiregeln ausgenommen.

Als Anwesenheit in Rom wurde auch noch

die Entfernung von zwei gesetzlichen Tagereisen behandelt ^). Der Grund

dieser Reservation war aber, damit die erledigte Stelle möglichst schnell wieder besetzt würde; daher mußte die päpstliche Provision binnen einen«

Monat erfolgen, sonst war das Recht dazu erloschen; auch konnte es

während der Erledigung des päpstlichen Stuhles nicht geltend gemacht werden^),

und nach

der Praxis wurden die Pfarreien und Aemter,

worüber ein weltliches oder gemischtes Patronatrccht bestand, davon ganz ausgenommen.

II. Zu dieser Reservation kam durch Johann

XXII. (1317) eine andere, wodurch er sich die Aemter vorbehielt, die durch Annahme eines unverträglichen Amtes vacant würden^). Der

Grund war der, der Vollstreckung dieser für die Kirchendisciplin so wich­ tigen Vorschrift um so mehr Nachdruck zu geben. III. Eine dritte Re­ servation geschah durch eine Bulle Benedict des XII. (1335), wodurch

er sich die Stellen vorbehielt, welche durch Absetzung und Versetzung ihres bisherigen Inhabers durch ihn und seinen Vorgänger Johann

XXII., oder durch eine von ihm angenommene Renuntiation, cassirte Wahl oder verworfene Postulation erledigt würden; ferner diejenigen, deren bisherige Inhaber von ihm oder seinem Vorgänger zu Patriar­

chen, Erzbischöfen oder Bischöfen befördert wären, endlich diejenigen, welche durch den Tod eines Cardinals oder eines Beamten der römischen

1) C. 2. de praebend. in VI. (3.4). Die Stelle ist irrig Clemens III. überschrieben. 2) C. 1. 3. Extr. comm. de praeb. (3. 2), c. 4. Extr. comm. de elect. (1. 3). 3) C. 34. de praebend. in VI. (3. 4). 4) C. 3. 35. de praebend. in VI. (3. 4). 5) C. Exsecrabilis 4. Extr. comm. de praebend. (3.2), oder c. nn. Extr. Johann. XXII. eod. (3). Man vergleiche dazu §. 221. Note 4.

505 Curie vacant würden.

ersten Art;

Außerdem wiederholte er die Reservatton der

auch die der zweiten, diese jedoch nur für den Fall, wo

das unverträgliche Beneficium vom Papste selbst verliehen wäre. Ei­ gentlich war diese Constitution nur aus Rücksicht-auf die damaligen

Verhältnisse und als vorübergehend erlassen6). IV. Eine Reservation entstand qrich durch die Weise, wie die oben erwähnte Erklärung Mar­ tin des V. auf dem Costnitzer Concilium zur Ausführung gebracht

wurde, indem nämlich kraft derselben der Papst die Verleihung aller Aemter in Anspruch nahm, welche in den acht Monaten Januar,

Februar, April, Mai, Juli, August, Oktober und November erledigt würden.

Dieses wurde

so

auch in die Kanzleiregeln ausgenommen,

jedoch zugleich dieser Vorbehalt zu Gunsten der Bischöfe, welche Re­

sidenz hielten, nm zwei Monate verrnindert, so daß dann der Bischof

alternirend mit dem Papste verleihen sollte.

V. In den auf jenem

Concilium mit den deutschen Prälaten (1418) auf fünf Jahre abge­ schlossenen Concordaten wurde festgesetzt, daß während dieser Zeit die

Reservationen der Bullen Johann des XXII. und Benedict des XII.

ausgeübt, die Kathedralkirchen durch kanonische Wahl besetzt, und diese blos vom Papste confirmirt, die übrigen Stellen aber abwechselnd

vom Papste und vom ordentlichen Verleiher vergeben werden sollten. Ausgenommen von diesen wurden jedoch die höheren Dignitäten in den Dom- und Collegiatstiften,

ließ.

deren Wahl man dem Kapitel frei

VI. Das Concilium von Basel wollte aber die Reservationen

blos auf diejenigen beschränkt wissen, die in dem corpus iuris, wel­ ches damals noch nicht die beiden Extravaganten-Sammlungen begriff,

enthalten wären. Die beiden genannten Bullen mit den darauf gebau­ ten Kanzleiregeln fielen dadurch weg’). Allein durch den Widerspruch

Eugen des IV. kämm diese Decrete nicht zur rechten kirchlichen An­ erkennung; und selbst diejenige, die für Deutschland durch die Fürsten-

Concordate erreicht war, gieng durch die Wiener Concordate (1448) wieder verloren, welche beinahe wörtlich auf den Inhalt des Kostnitzer

Vergleichs zurückkehrten.

Zu päpstlichen Monaten wurden die un­

gleichen Monate Januar, März, Mai, Juli, September und Novem­

ber bestimmt. Doch sollte der Papst binnen drei Monaten eine taug-

6) C. Ad regimen 13. Extr. comm. de praebend. (3. 2). 7) Conc. Basil. Sess. XII. Decret. de elcctionibus, Sess. XXIII. Decret. de reservationibus.

506

liche Person ernennen, sonst fiele das Recht an den ordentlichen Ver­ leiher zurück.

Auch sind von dieser Reservation,

außer den höheren

Dignitäten der Kapitel, durch die Praxis noch alle Pfarrämter und Beneficien, die unter einem Laien-Patron stehen, ausgenommen, und selbst das dem Papste in seinen Monaten zustehende Recht ist häufig

durch besondere Jndulte dem Bischof oder dem Kapitel übertragen

worben8).

VII. In Frankreich wurden die Baseler Beschlüsse eine

Zeitlang durch die pragmatische Sanction, selbst noch nach dem Ver­

gleich zwischen SixtuS IV. und Ludwig XL9), aufrecht erhalten, und endlich durch

die Concordate zwischen Leo X. und Franz I. (1516)

die päpstlichen Reservationen so gut wie ganz abgeschafft. d) Neueste Einrichtungen.

233.

Durch die

neuen Concordate ist die Besetzung der Ka­

pitel auf verschiedene Art eingerichtet worden. DaS Wahlrecht zu den Dignitäten ist meistens aufgehoben, chen Canonicaten sehr beschränkt.

und auch das zu den gewöhnli­

In Oesterreich hat der Papst die

erste Würde zu verleihen; die Ernennung zu den übrigen Stellen steht regelmäßig dem Kaiser zux).

In Preußen ernennt nach den Worten

der Bulle der Papst den Probst, der Bischof den Dccan; die einfachen

Canonicate sind nach dem Wechsel der Monate zwischen Beiden ge­

theilt.

Da jedoch die Bulle für das Collationsrecht des Papstes auf

die Praxis des Breslauer Kapitels verweist, so hat sich dasselbe so

gestaltet, daß der König die Person nominirt, und der Papst auf den Grund

ertheilt.

eines vom Bischöfe ausgefertigten Zeugnisses

die Provision

In Bayern ernennt der Papst den Probst, der König den

Decan; die einfachen Canonicate werden in den päpstlichen Monaten durch den König, in den übrigen zur Hälfte durch den Bischof, zur

anderen durch das Kapitel vergeben. In Hannover und den kleineren Bundesstaaten werden alle Aemter, auch die des Decans, abwechselnd vom Bischof und Kapitel vergeben.

Im Bisthum Basel wird nach

der neuesten Einrichtung der Decan vom Papst, der Probst von der

8) Ueber andere dahin gehörende Specialitäten und Controversen sehe man Phillips Kirchenrecht V. §. 233., Richter Kirchenrechl §. 197 (148). Note 16. 17. Dazu gehört, daß der päpstliche Stuhl die Probstei, die prima dignitas post episcopalem, als eine reservirte betrachtete. 9) C. 1. Extr. comm. de treug. et pac. (1. 9). 1) Oesterr. Concordat Art. 22.

507 Regierung ernannt;

die übrigen Stellen werden theils durch Wahl

des Kapitels, theils durch die Regierungen der betreffenden Kantone

besetzt. In Neapel sollen die in den ersten sechs Monaten des Jahres ledig werdenden Stellen vom Papste,

die übrigen vom Bischöfe, die

erste Dignität aber in allen Fällen vom Papste verliehen werden. Im

Concordat mit Frankreich ist eigentlich über diesen Gegenstand nichts gesagt, dadurch aber stillschweigend die Ernennung den Bischöfen über­

lassen worden. Im Königreich Polen sollte es nach den neuesten Bul­ len

bei

der bisherigen Observanz verbleiben.

Ueberall ist aber den

Regierungen ein mehr oder minder großer Einfluß Vorbehalten worden. 3) Einfluß des Patronatrechts *).

234.

jenigen ,

a) Historische Einleitung.

Die Kirche erkennt die Pflicht der Dankbarkeit gegen den­

der aus

seinem Verniögen eine Kirche gegründet oder ein

Kirchenamt dotirt hat, dadurch an, daß sie ihm auch gewisse Rechte, nammtlich einen regelmäßigen und bleibenden Einfluß auf die Be­ setzung dieses Amtes, einräumt. Der Inbegriff dieser Vorrechte wird

das Patronatrecht genannt. gende Weise.

Historisch entwickelte sich dieses auf fol­

I. Die Dankbarkeit der Kirche gegen ihre Wohlthäter

sprach sich schon in den ältesten Zeiten dadurch aus, daß ihre Na­ men immer beim Opfer genannt

wurden.

Später wurde

aber im

Orient von den für das Wohl der Kirche besorgten Kaisern den Do­ natoren oder Fundatoren einer Kirche oder frommen Anstalt für sich

und

ihre Erben

des Bischofes1 2) 3,

die Verwaltung des Vermögens unter der Aufsicht und nach einem schon thatsächlich aufgekommenen

Gebrauche2) das Recht dem Bischöfe einen geeigneten Geistlichen zur

Anstellung zn denominiren4), 5 6eingeräumt. sich eine ähnliche Richtung.

II. Im Abendlande zeigte

Es wurde.zwar in Italien2), im frän­

kischen Reiche2) und in Spanien^), offenbar zur Abwehr der wach1) Neuere Monographien über da« Patronatrecht giebt es von Mayer 1824, Lippert 1829, Kann 1845, Hcllmar 1850, Schilling 1854, Michels 1857. Die über einzelne Punkte desselben werden dabei genannt werden. 2) 0. 15. C. de 88. eccles. (1. 2), e. 46. §. 3. C. de episc. (1.3). 3) Diesen erkennt man aus der nov. Inst. 57. a. 537. o. 2., wo dem Patriarchen noch das freieste Recusationsrecht vorbehalten worden war. 4) Nov. Inst. 123. a. 546. c. 18. , 5) C. 26. 27. c. XVI. q. 7. (Gelas, c. a. 494), Liber diumus cap. V. tit. 3. Processionis aditus bezeichnet in diesen Stellen nur die Theilnahme am gewöhnlichen öffentlichen Gottesdienst. So nimmt nun auch Richter Kir­ chenrecht §. 153 (141). Note 6. gegen seine frühere Meinung an. 6) Gone. Aurel. I. a. 511. c. 17. (c. 10. c. XVI. q. 7).

508 senden Ansprüche der Fundatoren, dem Bischöfe das in der canonischen Ordnung begründete

volle Recht sowohl an der Kirche wie an

dem Vermögen bekräftigt. Allein schon in der Römerzeit war in Gal­

lien dem Bischöfe, der in einer benachbarten Diöcese

eine Kirche

gründete, auch das Recht, die Kleriker dafür vorzuschlagen, beigelegt

worden7 8).9 In anderen Fällen nahm man doch auf die Wünsche deS

Fundators Rücksicht8), und in Spanien wurde das Recht, taugliche Geistliche dem Bischöfe zur Ordination zu offeriren, für ihre ganze gebenedeit10)11 , ihren Nachkommen und Verwandten wenigstens das

Recht,

über das Vermögen gegen Verschleuderung zu wachen, zuge­

sprochen n).

III. Es trat aber nun ein neues Verhältniß ein, wel­

ches für die Grundgedanken der alten Disciplin große Schwierigkei­

ten hervorrief und die Entwicklung dieser Lehre bestimmt hat.

Die

großen Grundherren legten bei ihren Haupthöfen für sich und ihre

Hofhörigen Oratorien und Kirchen an, und nahmen dafür den Geist­

lichen in Dienst.

Als auf ihrem Grund und Boden errichtet betrach­

teten sie die Kirche mit allen dabei eingehenden Zehnten und Obla-

tionen als ihr volles Eigenthum, und sich dem Geistlichen gegenüber als den Oberherrn

(senior)

und Patron 12). 13 14 Solche Kirchen wur­

den daher verkauft, verschenkt'8), mit zur Vererbung, selbst zur Erb-

theilung gezogen,

ja sogar für jeden Theil ein besonderer Priester

angestellt M), und der Geistliche wie ein Gutsunterthan mit mannich-

faltigen Abgaben und Diensten beschwert15).

Die geistlichen und

7) Conc. Tolet. IV. a. 633. c. 33. (c. 6. c. X q. 1). 8) C. 1. c. XVI. q. 6. (Conc. Arausic. a. 441). 9) C. 31. c. XVI. q. 1. (Pelag. I. c. a. 557), c. 4. c. XVIII. q. 2. I. c. & 557). 10) Conc. Tolet. IX. a. 655. c. 2. (c. 32. c. XVI. q. 7). 11) Conc. Tolet. IX. a. 655. c. 1. (c. 31. c. XVI. q. 7). 12) Patron! hießen überhaupt die Gutsherren im Verhältnisse zu ihren GutSunterthanen, c. un. C. Th. ne colon. inscio domino (5. 11) , c. un. C. Th. de colon. Thraciae (11. 51). Daher wurde das Wort auch in die­ ser Anwendung gebraucht. So im Conc. Tribur. a. 895. c. 32., c. 2. X. de iure patron. (3. 38). 13) Capit. Caroli M. a. 794. c. 54 (52). De ecclesiis quae ab ingenuis hominibus construuntur, liceat eas tradere, vendere, tantum modo ut ecclesia non destruatur, sed serviuntur cotidie honores. 14) Conc. Cabil. II. a. 813. c. 26. im c. 1. X. de iure patron. (3. 38). Daher kommen auch Schenkungen von Theilen einer Kirche häufig vor. Bei­ spiele giebt Ducange Glossar, v. ecclesiae (ed. Henschel T. HL pag. 6. col. 3). 15) Man sehe Note 18.

509 weltlichen Gesetze suchten nun die Rechte

der Grundherren mit der

Würde und Freiheit der Kirche durch sechs Vorschriften in Einklang zu bringen.

Erstens sollte bei einem Verkauf oder einer Schenkung

der Kirche doch immer der ordentliche Gottesdienst bestehen bleiben16).

Zweitens sollte an einer solchen consecrirten Taufkirche zwar das Ei­ genthum dem Erbauer verbleiben,

jedoch der Bischof jederzeit

Recht haben, die Taufe in eine seiner Kirchen zu verlegen 17).

das Drit­

tens sollte jeder Kirche ein Mansus als feste Dotation zugetheilt wer­ den, und der Priester davon so wie von den eingehenden Zehnten und

Oblationen zu keiner

andern Leistung

an den Senior als zu den

geistlichen Verrichtungen verpflichtet sein18).19 Viertens sollten,

wenn

eine Kirche an mehrere Erben gekommen wäre, diese sich über die

Anstellung des Priesters verständigen, und der Bischof widrigenfalls den Gottesdienst ganz einzustellen berechtigt sein78).

Fünftens sollte

der anzustellende Priester dem Bischöfe präsentirt und von demselben genehmigt werden20). 21 * Sechstens * sollte die von den Fundatoren der

Kirche gewidmete Dotation den Canonen gemäß unter der Gewalt und

Verfügung des Bischofes stehen27).

IV. Durch dieses Alles, durch

die Erweiterung der Oratorien zu Pfarrkirchen,

durch die Ehrfurcht

16) Man sehe Note 13.

17) Hlothar. I. const. Olonn. a. 823. capit. III. c. 2. (Pertz Leg. I. 236). 18) Capit. Aquisgran. a. 817 (816). c. 10., Capit. Wormat. a. 829. c. 4. Daher wurde, wie Richter bemerkt, von dem consecrirenden Bischof aus­ drücklich nach der haereditas gefragt. 19) Cone. Cabil. II. a. 813. c. 26. im c. 1. X. de iure patron. (3. 38), Capit. Wormat. a. 829. c. 2. (c. 35. c. XVI. q.7), Conc. Tribar. a. 895. c. 32. im c. 36. c. XVI. q. 7., c. 2. X. de iure patron. (3. 38). 20) Edict. Carol. M. ad Comites a. 800. Resonuit in auribus nostris quorundam praesumtio non modica, quod non ita obtemperetis Pontificibus nostris seu Sacerdotibus, quemadmodum canonum et legum continet authoritas, ita ut presbyteros nescio qua temeritate praesentari episcopis denegetis, insuper et aliorum clericos usurpare non pertimescatis, et absque consensu episcopi in vestras ecclesias mittere audeatis, nec non in vestris ministeriis pontifices nostros talem potestatem habere non permittatis, qualem rectitudo ecclesiastica docet. So äußern sich auch c. 29- c. XVI. q. 7. (Leo III. c. a. 800), c. 37. eod. (Conc. Mogunt. a. 813), c. 38. eod. (Conc. Cabilon. II. a. 813), Caroli M. excerpta canon. a. 813. c. 2., Capit. Aquisgr. a. 817 (816). c. 9-, Const. Wormat. a. 829. de persona sacerd. c. 15., Capit. Wormat. a. 829.. c. 1. Sehr bestimmt spricht darüber Hincmar in Synodo Rem. c. 5. (Oper. I. p. 737). 21) So hatte das Conc. Tolet. III. a. 589. c. 13. (c. 2. c. X. q. 1) festgesetzt. Dieses wiederholten nun wörtlich Benedict. Capit. VII. 292. 468., Conc. Wormat. a. 868. c. 6. 55., Conc. Mogunt. a. 888. c. 4.

510 vor der Heiligkeit des OrteS trat der Begriff des Eigenthums im­

mer mehr in den Hintergrund, und es blieben den Nachfolgern unter dem alten Namen der Patrone nur einzelne Rechte davon übrig.

V.

Dieses Patronatrecht klebte ursprünglich, wenn auch ein Zubehör deS

HerrenhofeS,

gehörte, konnte.

am Stamme,

weil auch der Herrenhof zum Stamme

und nicht leicht außerhalb des Geschlechts veräußert werbt«

Im Laufe der Zeit entstand jedoch,

wie bei vielen anderen

Gerechtsamen der germanischen Verfassung, die Wendung, daß es zu einem rein dinglichen Zubehör des Gutes wurde22).

So kam der

Begriff des dinglichen Patrouatrechtes auf22), welches namentlich bei den Ritter - und Lehngütern häufig vorkommt,

höfe sich insgemein in solche umwandelten.

da die alten Herren­

ES konnte aber auch die­

ses grundherrliche Patronat vom Grund und Boden getrennt und da­

mit ein Anderer belehnt werden, der dann den Geistlichen anzustellen

hatte24).25 26 VI. Ein anderes Verhältniß, welches auf diese Lehre ein­ wirkte , war folgendes.

Von der Noth der Zeit gedrängt gaben die

fränkischen Könige Bisthümer und Klöster an Laien als Commenden

hin22). Diese bezogen davon die reichen Einkünfte, setzten bei den da­ von abhängigen Kirchen die Geistlichen willkührlich ein und ab, wiesen denselben

nur

ein spärliches Einkommen zu.

und

Die erwähnten

geistlichen und weltlichen Gesetze sind auch dawider gerichtet22).

Bei

der Rückgabe deS Kirchengutes an die Kirchen behielten sich dann die Belehnten

doch häufig das

herkömmlich gemachte Präsentationsrecht

öor27).28 Dadurch wurde dieses also auch bei solchen Kirchen einge­ führt, welche nicht auf dem eigenen Grund den waren.

und Boden erbaut wor­

VII. Auch das Vogteiwesen war von Einfluß22).

Zu

den Willkührlichkeiten der Vögte (advocati) gehörte, daß sie sich die

Anstellung des Geistlichen anmaßteu29), oder sich solche bei der Stif-

22) C. 7. 13. X. de iure patron. (3. 38). 23) Davon handeln: Mittelstaedt De iuris patronatus quod reale dicitur origine. Vratisl. 1856., Roßhirt tu Moy Archiv IV. 3—38. 24) Ein Beispiel giebt Segesser RcchtSgeschichte von Lucern I. 760. 25) Man sehe Ducänge Glossar, v. abbacomites (ed. Henschel T. I. pag. 11. col. 1). 26) Man sehe oben Note 20. 27) Man sehe Ducange Glossar, v. patronus (ed. Henschel T.V. pag. 148. col. 1). 28) Bon demselben handelt meine Deutsche Rechtsgeschichte I. §. 191—94. 29) Dieser zeigt c. 23. X. de iure patron. (3. 38).

511 tung einer Kirche oder eines Klosters mit der Vogtei vorbehielten33). VIII. Seit dem zehnten Jahrhundert war aber dieser Theil der Kir­

chenzucht , wie man aus den vielen Verboten erkennen kann, durch Gewaltthätigkeiten gänzlich zerrüttet, und es wiederholte sich im Klei­

nen derselbe Unfug, wie bei den bischöflichen Sitzen unter der Inve­ stitur der Könige.

Kirchen und Pfründen wurden von den Patronen

und Fundatoren wie Eigenthum zu Lehen ertheilt, so daß der Belehnte den Geistlichen wieder in der Form der Belehnung anstellte, oder auch als der Kirchherr die Temporalien bezog,

und dem Leutpriester als

seinem Stellvertreter nur den nothdürftigen Unterhalt reichte3^. Ver­

geblich eiferten dawider die Bischöfe und Sottciüen3ii).

Endlich be­

schäftigte sich damit sehr nachdrücklich das dritte und vierte Latera­ nische Concilium. Die willkührliche Anstellung und Absetzung der Geist­ lichen durch die Patrone und Vögte so wie die Eingriffe derselben in

das Kirchenvermögen wurden

verpönt33),

ihre Ansprüche den oft

ausgesprochenen Grundsätzen gemäß blos auf das Präsentationsrecht

zurückgeführt, und das Ganze so

geordnet,

daß es sowohl auf die

bereits vorhandenen als die noch künftig durch Fundation oder Dotation möglicherweise entstehenden Patronatrechte paßte31).

IX. Das

Patronatrecht der Grundherrn und Vögte mit seinen nachtheiligen Fol­

gt)) Man sehe Ducange Glossar, v. advocati (ed. Henschel T. I. pag. 111. col. 1). 31) Beispiele giebt Segesser Rechtsgeschichte von Lucern II. 804—806. 32) Gone. Salegunst, a. 1022. c. 13. Nullus laicorum allen! presbytero suam commendet ecclesiam praeter consensum episcopi, sed eum prius mittat episcopo, vel eins vicario, ut probetur, si scientia, aetate et moribus talis sit, ut sibi populus Dei commendetur. — Gone. Bitur. a. 1031. c. 21. Ut saeculares viri ecclesiastica beneficia, quod fevos presbyterales vocant, non habeant super presbyteros. Ut nullus laicus presbyteros in suis ecclesiis mittat, nisi in manu episcopi, quia episcopus curam animarum debet unicuique presbyterum commendare de parochiis ecclesiarum singularum. 33) C. 30. X. de praebend. (3. 5), c. 4. 23. X. de iure patron. (3. 38), c. 12. X. de poen. (5. 37). 34) ES ist nicht richtig, wenn inan das alte Patronatrecht an einer auf dem eigenen Grund und Boden erbauten Kirche als einen reinen Ausstuß deS EigenthumS, und daher als von den Grundgedanken des späteren Patronatrechts durchaus verschieden ansteht. Diesen Irrthum haben Mittelstadt, Richter, Phil­ lips. Denn eineStheilS betrachtete schon damals die Kirche die Erbauung einer Kirche, wenn auch als Zubehör des Grund nnd Bodens, jedenfalls als eine verdienstliche Handlung, welche dankbare Rücksicht verdiente. AnderentheilS hieng es doch immer vom Bischöfe ab, ob er. da« Gebäude durch Consecration zu einer Kirche machen wollte, und mehr al« ein Präsentationsrecht hat die Kirche zu keiner Zeit anerkannt.

512 gen entwickelte sich in gleicher Weise in Italien35), 36 England 37 38 39 se), Wa­

les 31), in den nordischen Reichen33). In Norwegen und auf Island waren fast alle Kirchen von dem Könige oder von den Häuptlingen

errichtet, welche für die Dotation und allen Unterhalt zu sorgen, da­ für aber auch den Priester anzustellen und die Einkünfte zu erheben

Seit der Befestigung der kirchlichen Ordnung durch den

hatten33).

Cardinallegaten Nicolauö

(1152) trat aber die Kirche auch hier sehr

kräftig gegen dieses Verhältniß auf, indem sie jeden Einfluß der Laien, selbst des Königs, und die nahm.

auf die Verleihung der Kirchenämter bekämpfte,

ausschließliche Verwaltung

Sie setzte dieses

der

Kirchengüter

in Anspruch

auch in Norwegen schon im Anfang

deö

dreizehnten Jahrhunderts, auf Island ein Jahrhundert später, durch,

so daß hier die Bischöfe das volle Verleihungsrecht der Beneficien, mit Ausnahme der vierzehn königlichen Kapellen, hatten.

Nach der Glau­

benstrennung wurde jedoch in Dänemark und Norwegen das Patronattecht häufig als ein adeliges Privilegium mit dem vollen Voca-

ttonSrecht verliehen, dieses jedoch später auf ein Präsentationsrecht be­ schränkt,

und

auch dieses ist in Norwegen weggefallen40).

X. Ein

Patronatrecht konnte auf verschiedenen Wegen auch an eine kirchliche

Person oder Anstalt kommen.

Erstens indem ein Stift oder Kloster

als Grundherr bei einem seiner Haupthöfe eine Kirche errichtete.

ses

Die­

stimmte ganz mit einem weltlichen Patronatrecht überein, und

wurde auch häufig durch Verkauf, Belehnung oder Erbpacht mit dem Haupthof an Laien übertragen41). 42

Zweitens konnte umgekehrt ein

Laie sein Patronatrecht durch Schenkung einer kirchlichen Anstalt ein­ räumen43).

Drittens

sind häufig Kirchen von

geistlichen Anstalten

35) Die Nachweisungen giebt Richter Kirchenrecht §. 153. Note 19. 20. 36) Man sehe Phillips Lehrbuch §. 139. Note 9. 37) Mau sehe mein Buch, Das alte Wales §. 97. Note 6. §. 98. Note 10. 38) Die Quellen und Hülfsmittel dasür nennt §. 109. Note 2. 7. 10. 20. Eine eigene Schrift darüber ist: Om patronatet. Akademisk Afhandling af Johan Adolf Thurgren. (Stockh. 1855). 39) Man sehe darüber auch Maurer Bekehrung des Norweg. Stammes II. 442-58. 40) Durch die Verfassung vom 4. Nov. 1814 und das Gesetz vom 1. Au­ gust 1821. 41) C. 7. X. de iure patron. (3. 38). Andere Beispiele giebt Segesser Rechtsgeschichte von Lucern I. 110—14. 42) C. 8. X. de iure patron. (3. 38), c. 7. X. de donat. (3. 24), c. un. de iure patron. in VI. (3. 19).

513 als solchen in

der einen oder

andern Form gegründet worden").

Viertens Ist häufig bei der Theilung einer Pfarrei der Mutterkirche

für die Einbuße

an Einkünften das PräscntationSrecht an der neuen

Kirche vorbehalten worden "). Häufig hat sich auch bei incorporirten Pfarreien der primitive Pastor,

cariuS zu ernennen zusteht"),

dem das Recht den beständigen Vi-

Patron genannt.

Allein ein wahres

*Patronatrecht ist dieses nicht, weil keine Wohlthat gegen die Kirche vorhergegangen ist, und eS können daher hier außer der Präsentation

nicht auch die übrigen Ehrenrechte des Patrons in Anspruch genom­

men werden.

Die Kirche hat bei der Ausbildung ihrer Gesetzgebung

über daS Patronatrecht auch das geistliche Patronatrecht berücksichtigt und dasselbe theils günstiger theils strenger behandelt, weil sie bei des­

sen Gebrauch eine größere Gewissenhaftigkeit und Umsicht voraussetzen, aber auch verlangen kann. d) Heutiges Recht.

Greg. III. 38. Sext. KI. 19. Clem. III. 12. De iure patronatus.

235.

Der Geist des Kirchenrechts in der Behandlung des Pa­

tronatrechts, wie er sich in allen jenen Bestimmungen ausspricht, ist der, dasjenige, was daran privatrechtlich ist, nur so weit es mit der

würdigen Besetzung der Kirchenämter vereinbar ist, zuzulassen *1), 2 3die * *­ sen spirituellen Zweck daher als die Hauptsache, daS Patronatrecht

als ihm untergeordnet und als ein Annexum desselben8), und so weit

eS in die kirchliche Disciplin eingreift, als ein ausdrückliches oder still­ schweigendes Zugeständniß der Kirche zu betrachten8). Die Theorie des43) Dahin gehört auch der Fall, daß eine Klosterkirche vom Kloster getrmnt und 3u einer Pfarrkirche unter einen« plebanus gemacht worden ist, Segesset Rechtsgeschichte von Lucern I. 114—17. 44) C. 3. X. de eccles. aedif. (3.48), Conc. Trid. Sess. XXI. cap. 4. de ref. 45) Man sehe §. 148. 1) Diese« wird durch die ununterbrochene Reihesolge der davon handeln­ den Gesetze bewiesen (§. 234. Note 16 — 21). In diesen ist schon die ganze folgende Entwicklung im Keime enthalten. ES ist, ich wiederhole es, ein Irr­ thum, wenn man das Patronatrecht der alten Zeit und da« der Decretalen, so weit es die Kirche berührt, als etwas wesentlich verschiedenes ansieht. Daß da« Kirchengebäude als Eigenthum des Grundherrn betrachtet wurde, daß das Patronatrecht an einem Gute hängt, ist nur für die Frage nach dem Subject des Rechtes von Belang; die Natur des Rechtes bleibt immer dieselbe. 2) 6. 16. X. h. t. (3. 38). Ins patronatus quod est spiritual! annexum. 3) DaS c. 3. X. h. t. nennt das Recht der Fundatoren und ihrer Er­ ben eine potestas, in qua eos ecclesia hucusque sustinuit. Dieses ist auch

Walter'» Klrchenrecht. 13le Auflage.

33

514 selben ist demnach folgende.

I. Das Patronatrecht ist entweder ein

geistliches oder ein Laienpatronat. Ersteres ist dasjenige, welches ent­ weder schon von seinem Ursprung her in Folge einer aus kirchlichem

Vermögen geschehenen Stiftung, oder in Folge einer geschehenen Ueber« tragung einer kirchlichen Person, Amt, Anstalt oder Corporation als

solchen zusteht 4). Letzteres ist dasjenige, welches von einem Laien, oder, wenn

auch von einem Geistlichen, doch nur kraft eines privatrechtli-

chen Titels, besessen wird, oder

welches sich auf eine Stiftung aus

dem eigenen Vermögen, wenn auch

von einem Geistlichen gründet.

Ein dritter Fall, wo wegen der Stiftung aus dem kirchlichen und aus einem Privatvermögen

oder aus anderen Gründen ein Geistlicher und

ein Laie als Patrone concurriren,

ist richtiger nicht ein gemischtes,

sondern ein zusammengesetztes Patronatrecht zu nennen, indem bezie­

hungsweise

die Grundsätze des geistlichen und Laienpatronates anzu­

wenden fittb5). Das Eine wie das Andere ist entweder'ein persönli-

iM Princip für alle Zeiten das Richtige. Die Angabe von Schulte und Ande­ ren, daß in der alten Zeit „der Grundbesitz als die Quelle des Patronatrechts", daß das Patronat „als ein sich von selbst verstehendes Recht angesehen wor­ den", ist irrig. Erstens konnte aus dem Grundbesitz höchstens nur das folgern, daß man auch die Kirche die ©einige nannte; den Geistlichen daran konnte man, dieses wußte auch der roheste Grundherr, rechtmäßig nur von der Kirche empfangen, und wenn diese dabei auf den Vorschlag des Patrons Rücksicht nahm, so that sie es, weil sie wollte, nicht weil sie sich durch dessen Eigenthumsrecht dazu genöthigt glaubte, also nur als Concession. Zweitens machte sie aber auch diese Concession nicht dem Grundherrn als solchem, sondern als Fundator, also wegen eines besondern Titels. Drittens zeigt die ganze Reihe der alten Gesetze, daß die Kirche die Rechte der Patrone immer nur als be­ schränkte, dem Bischöfe und den Canonen unterworfene, also als ein mit Pflichten verbundenes Zugeständniß betrachtete.. Der Grundbesitz war also nur die sactische Unterlage und Veranlassung des Patronatverhältnisses und seiner Aus­ wüchse, nicht das rechtliche Fundament des daran geknüpften Präsentationsrechtes. Das Deeretalenrecht hat daher hierin nichts wesentlich Neues geschaffen, sondern nur die stets wiederholten Protestationen gegen factische Usurpationen durchgesetzt. 4) Daher waren die Patronate, welche in den ehemaligen geistlichen Territorien den Bischöfen oder Aebten, wenn auch als Landesherren, zustanden, doch geistliche Patronate, weil die ganze Landeshoheit eben nur aus den Rech­ ten zusammengesetzt war, die an das Stift als solches, also an eine kirchliche Anstalt, gekommen waren. Etwas anders ausgedrückt ist dieses bei Schulte Kir­ chenrecht II. 670. Durch die Säcularisation haben daher jene Patronatrechte aus Mangel eines Nachfolgers in der weltlichen wie in der geistlichen Ordnung aufgehört. In Jener, weil dadurch zwar die Güter und Territorien weltlich gemacht und in weltliche Hände gebracht werden konnten, nicht die geistliche Qualität und das, was an dieser hieng. In Dieser, weil die BiSthümer und Stifte in Folge neuer Einrichtungen vom päpstlichen Stuhl supprimirt wor­ den sind. 5) Mehr darüber giebt Phillips Lehrbuch §. 140.

515 cheS oder ein dingliches Patronat. Letzteres ist bei dem Laienpatronat sactisch das Gewöhnlichere. II. In Beziehung auf die Entstehung des Patronatrechts hat die Kirche den unvordenklichen Besitzstand den ge­

meinen

gemäß als Surrogat eines Rechtstitels

Grundsätzen

aner­

kannt 6); jedoch später über den Beweis desselben für gewisse Arten

verschärfte Vorschriften erlassen7). gründung dnrch eine

Die früher möglich gewesene Be­

vierzigjährige Verjährung unter Voraussetzung

eines Titels und des guten Glaubens 8)9 ist aber jetzt nicht mehr zu­

lässig-). Ferner kann ein Patronat durch ein Privilegium, jedoch nur vom Papste, verliehen werden. Der regelmäßige Entstehungsgrund ist aber die Fundirung einer Kirche oder eines Amtes. Eine Kirche sun-

diren heißt, ein Gebäude mit einer gesicherten gottesdienstlichen Be­

stimmung schaffen.

ES begreift also dreierlei: Anweisung des Grund

und BodenS (fundatio in specie), wirkliche Erbauung (exstructio), und Anweisung der zum Unterhalt des Gottesdienstes und des Geist­

lichen nöthigen Einkünfte (dotatio)10).11 Zur Fundirung eines Amtes an einer bereits errichteten Kirche ist die Anweisung des Einkommens hinreichend.

Wie sich jene drei Puntte zum Erwerbe des Patronat-

rechtS verhalten, darüber sind die Ansichten verschieden. langen dazu, daß alle drei zusammentreffen,

Einige ver­

wenn sie auch zugeben,

daß sie von verschiedenen Personen beschafft sein können, in welchem Falle diese als Pattone concurriren n). Andere nehmen an, daß schon

6) C. 1. de praescr. in VI. (2. 13). 7) Conc. Trid. Sess. XXV. cap. 9. de ref. Titulus iuris patronatus sit — etiam ex multiplicatis praesentationibus per antiquissimum temporis cursum, qui hominum memoriam excedat. — In iis vero personis, seu communitatibus, vel universitatibus, in quibus id ins plerumque ex usurpatione potius quaesitum praesumi seiet, — nec immemorabilis temporis probatio aliter eis suffragetur, quam si praeter aliqua ad eam necessaria, praesentationes, etiam continuatae, non minori saltem quam quinquaginta annorum spatio, quae omnes effectum sortitae sint, authenticis scripturis probentur. 8) C. 11. X. h. t., c. 1. de praescript. in VI. (2. 13). 9) Dieses gründet sich daraus, daß sie von dem Conc. Trid. Sess. XXV. cap. 9. de ref. nicht erwähnt und daher stillschweigend ausgehoben ist. Darüber liegen auch mehrere Entscheidungen der congregatio concilii vor. Diese sind gut nachgewiesen von Ginzel in Moy Archiv III. 295 — 304. An­ derer Meinung ist Schulte Kirchenrecht II. 685—87. 10) C. 25. X. h. t., Conc. Trid. Sess. XIV. cap. 12. de ref. 11) Diese Ansicht vertheidigt unter Anderen Fagnanus ad c. 3. X. de iure patron. (3. 38) n. 23—49. Sie hat auch die meisten historischen Gründe für sich. Ihr steht jedoch entgegen c. 25. X h. t,; weniger sicher Conc. Trid. Sess. XXV. cap. 9. de ref. Sess. XIV. cap. 12. de ref. Denn der

516 durch eine jener Handlungen das Patronatrecht erworben werbe12). Daß zum Bau der Kirche oder zur Stiftung des Amtes die Zustim­

mung des Bischofes vorhanden sein oder hinzukommen muß, versteht

sich nach den allgemeinen Grundsätzen von selbst12). Dann aber ent­ steht das Patronatrecht durch jene Handlungen "von Rechtswegen und

von selbst11). III. Das einmal begründete Patronat bildet im Sinne

der Kirche eine bleibende Vergünstigung, die sich auch auf Andere fortpflanzen kann. Dieses geschieht: 1) Durch Vererbung. Darauf hat

das Princip der Dankbarkeit, die Bedeutung deö germanischen Fami­ lienwesens, die Verbindung des Patronatrechtes mit dem Grundbe­

sitz

und der Vorgang des römischen Rechts eingewirkt.

Die Regel

dabei ist, daß es an die gewöhnlichen Erben, auch die testamentari­

schen, fällt15). Möglich ist jedoch, daß es nach dem Gesetz der Stif­ tung oder auS anderen Gründen ohne Rücksicht auf die Beerbung den Nachkommen als solchen, oder blos den Nachkommen im Manns­

stamme zusteht, und von ihnen in Gemeinschaft oder von dem Aeltesten der Familie ausgeübt werden soll.

tronat (ius patronatus gentilitium). tragung.

Dieses ist ein Familienpa­ 2) Durch freiwillige Ueber«

Diese darf jedoch nicht um Geld und Geldeswerth gesche-

hm, weil es unanständig und dem Wesen des Verhältnisses zuwider wäre, wenn eine um der Pietät des Stifters willen eingeräumte Ver­

günstigung von seinen Nachfolgern zum Gegenstände pekuniärer Ge­

schäfte gemacht würbe16).

Eine Schenkung ist zulässig; jedoch bei

einem geistlichen Patronate immer nur,

Wie bei jeder Veräußerung

von Kirchengut, mit Zustimmung des Bischofes; eben so aus Vorsicht

auch bei der Verschenkung eines Laienpatronates an einen Laien; un-

AuSdruck fundatione »vel« dotatione war nothwendig, weil bei einem Bene« ficiurn zum Erwerb des Patronatrechts die Dotation genügt. 12) Diese Ansicht vertheidigen Schulte Kirchenrecht DL §. 165., Phillips Lehrbuch §. 141. Sie hat die meisten Eanonisten und die Entscheidungen der päpstlichen Tribunalien für sich. Jedoch ist dabei zu bemerken, daß das Patronatrecht immer eine fertige Kirche voraussetzt. Wenn daher Zwei eine Kirche fundirt und erbaut haben, allein daran das Patronatrecht nicht erwerben wol­ len oder können, und ein Dritter dotirt sie, so erwirbt er das Patronatrecht, weil er die Kirche fertig gemacht und ins Leben gerufen hat. Wenn hingegen Einer" für eine erst zu erbauende Kirche den Fundus oder die Dotation anweist, so kann von einem Patronatrecht nicht die Rede sein.

13) 14) 15) 16)

C. C. C. C.

25. X. h. t. 25. X. h. t, c. 41. X. de testib. (2. 20). 3. X. h. t., dem. 2. eod. (3. 12). 6. 16. X. h. t., Conc. Trid. Sess. XXV. cap. 9. de ref.

517 beschränkt aber wenn dieselbe an eine geistliche Anstalt17) oder an einen Mitpatron geschieht.

Ein Tausch ist ans dem

Grunde nur gegen eine spirituelle Sache erlou6t18).

angeführten

3) Das ding­

liche Patronat wird mit dem Gute, woran es hängt, übertragen, ohne 20 ; 21 jedoch 22 23 daß dabei auf die Art der Veräußerung etwas ankommtl9)

folgt auch dann aus jenem Princip, daß darum das Gut nicht theurer angesetzt werden darf.

Wird das Eigenthum getheilt, so folgt das

Patronatrecht dem nutzbaren Eigenthümer, namentlich dem Emphy-

4) Durch Verjährung.

teuta und dem Vasallen99).

Ob dadurch ein

Patronatrecht erworben werden könne, wird von Einigen verneint97),

von den Meisten aber bejaht 99).

IV. Das Patronatrecht, als eine

Auszeichnung, welche in der Kirche nicht nur eine besondere Ehre, sondern auch wichtige,

in die kirchliche Regierung eingreifende,

und

daher im Geiste der Kirche auSznübende Rechte gewährt, setzt sowohl

bei seiner Begründung als bei seiner späteren Uebertragung in der Person des Erwerbers die Mitgliedschaft in der Kirche voraus.

Un­

fähig

sind daher nach der Natur der Sache Nichtchristen, diejeni­

gen,

welche durch Häresie oder Schisma von der

sind,

und

Excommunicirte,

Dieses muß der Strenge

rechte gelten, Die

weil

dessen

Rechte und Pflichten

Kirche getrennt

so lange die Excomniunication dauert.

nach auch

bei dem dinglichen Patronat­

Natur an sich dieselbe bleibt93). des Patrons

sind:

V.

1) Gewisse Ehren­

rechte, namentlich ein besonderer Sitz in der Kirche, der Vortritt bei

17) C. 8. X. h. t., c. un. eod. in VT. (3. 19). 18) C. 9. X. de rer. permut. (3. 19). 19) C. 13. X. h. t., c. 42. de reg. iur. in VI. (5. 12). 20) C. 7. 13. X. h. t. 21) So von Unterholzner Verjährungslehre II. §. 303. 22) So auch von Schulte Kirchenrecht II. §. 166., Phillips Lehrbuch §. 142. Ueber die dazu nöthigen Erfordernisse ist jedoch, auch Streit. 23) Nach der in Deutschland factisch gebildeten Observanz wird allerdings der Unterschied der Conscsstonen nicht als ein Hinderniß angesehen. Wenn daraus auch praktisch keine erheblichen Uebelstände entstanden sind, so steht es doch mit dem Grundprincip offenbar im Widerspruch, und der Geist unserer Zeit verlangt, daß man entweder das Grundprincip Herstelle oder das Insti­ tut aushebe. Diese, eben sowohl für die katholische wie für die protestantische Kirche hier in Anspruch genommene Consequenz, nennt zwar Richter Kirchen­ recht §. 154. Note 17. „die alten Schranken, hinter denen das Ketzerrecht lauert, wieder aufrichten." Selbst aber das Preuß. Landrecht II. 11. §. 340. hat doch in jenem Falle eine Modifikation für nöthig erachtet. Und wie sollte cs werden, wenn einmal ein recht indifferenter Protestant al«' Patron einer ka­ tholischen Kirche oder umgekehrt sich die Freude machte, von derselben die patronatischen Ehrmrechte in Anspruch zu nehmen.

518 Processionen24), die namentliche Erwähnung in den Kirchengebeten25),

das Begräbniß in der Kirche,

und die Kirchentrauer.

2) Es kann,

wenn er unverschuldet verarmt, aus dem Kirchenvermögen, roetm die­ ses zureicht, Unterstützung fordern26).

3) Er hat die Beschirmung

und Aufsicht über die Kirche und ihr Vermögen, und muß bei schlech­ ter Verwaltung dem Bischöfe Anzeige machen27). Hingegen eine eigene

Verwaltung hat er nicht28) und noch weniger ein Recht an dem Ver­

mögen oder an den Einkünften22).

VI. Das wichtigste Recht besteht

in der Präsentation zu dem erledigten Amte22).

Der Grundgedanke

dabei ist der, daß der Bischof den Präsentirtm, wenn ihm nicht ka­

nonische Gründe entgegenstehen, zu Ehren des Patrons annehmen muß,

daß jedoch die Prüfung der Würdigkeit im Interesse der Kirche und

die eigentliche Verleihung des Amtes blos dem Bischöfe zusteht. Ueber

das Einzelne ist Folgendes zu bemerken.

1) Der Präsentirte muß die

zum geistlichen Stande und Amte erforderlichen Eigenschaften besitzen,

sonst wird durch die Präsentation kein Recht ertoorbcnS1).

2) Die

Präsentation muß innerhalb der gesetzlichen Zeit, das heißt beim Laien­ patronat binnen vier, bei dem geistlichen binnen sechs Monaten nach

der Eröffnung des Amtes geschehen22), sonst devolvirt sie an den Ver­

leiher22).

3) Sie muß dem Grundgedanken des Patronatrechts ge­

mäß durchaus unentgeltlich, geschehen, widrigenfalls ist sie ohne Wir­ kung und strafbar34).

4) Sich

selbst zu präsentiren

wird als un­

ziemliche Zudringlichkeit angesehen22), was jedoch auf die Präsenta-

24) C. 25. X. h. t. Der Ausdruck, processionis aditus, hatte ursprüng­ lich eine andere Bedeutung (§. 234. Note 5). 25) Schon in den alten Zeiten wurden die Namen der Fundatoren össentlich recitirt und in die Diptychen eingetragen, Sidon. Apollin. (f 422) epist. II. 10. IV. 18., Paulinus (f 431) epist. XXXII., Conc. Emerit. a. 666. c. 19. 26) C. 30. c. XVI. q. 7. (Conc. Tolet. IV. a. 633), c. 29. eod. (Leo III. c. a. 800), c. 25. X. h. t. 27) C. 60. c. XVI. q. 1. (Conc. Tolet. IV. a. 633), c. 31. c. XVI. q. 7. (Conc. Tolet. IX. a. 655). 28) Conc. Trid. Sess. XXIV. cap. 3. Sess. XXV. cap. 9. de ref. 29) C. 6. c. X. q. 1. (Conc. Tolet. IV. a. 633), c. 30. X. de praebend. (3. 5), c. 4. 23. X. h. t. 30) Davon handelt: Gerlach Das Präsentationsrecht auf Pfarreien. Mün­ chen 1854. 31) C. 7. 18. 29. 31. X. h. t, Conc. Trid. Sess. XXV. cap. 9. de ref. 32) C. 3. 22. 27. X. h. t, c. un. eod. in VI. (3. 19). 33) C. 2. X. de suppl. neglig. praelat. (1.10), c. 27. X. h. t., c. 18. de elect. in VI. (1. 6). 34) Dieses folgt aus c. 11. 13. 25. 34. X. de simon. (5. 3). 35) C. 26. X. h. t.

519

tion eines Verwandten, selbst eines Sohnes, nicht anwendbar ist36). 5) Die Präsentation geschieht gewöhnlich durch ein Präsentations­ schreiben, kann

aber auch mündlich geschehen31).

6) Steht das Prä­

auszuüben, daß

sentationsrecht Mehreren zu, so ist es jedenfalls so das Interesse der Kirche darunter nicht leidet33).

ist dann als ein Act anzusehen, der zwar

Die Präsentation

an sich untheilbar, wobei

aber doch die Concurrenz Mehrerer inöglich ist.

Die Art derselben

hängt zunächst von der Vereinbarung ab; in deren Ermanglung muß die Stimmenmehrheit, selbst die blos relative, entscheiden 33), und bei Stimmengleichheit der

Verleiher die

Wahl habend).

Die Erben

eines Mitpatrons haben zusammen nur die Stimme des $erftorbe«

nett41). Bei einem Familienpatronate kommt es hinsichtlich des PräsentationSrechts

auf das Gesetz der Stiftung an43).

bei einer Corporation, so wird es nach

Ruht dasselbe

dem gewöhnlichen Geschäfts­

gänge durch die Stimmenmehrheit verhandelt43), wenn nicht ein an­ deres Verfahren,

zum Beispiel der Turnus, festgesetzt ist.

7) Bei

geistlichen Patronaten kommt es vor, daß ein oder mehrere Laien die Person zu designiren, der Patron aber den Designirten zu präsentirm hat44). Ein solches Patronatrecht ist entweder als ein geistliches oder als ein weltliches zu behandeln, je nachdem jene Designation blos

ein Rath oder Wunsch, oder etwas Bindendes ist. 8) Durch die canonisch geschehene

Präsentation erwirbt der Präsentirte dem Bischoft

gegenüber ein Recht auf die Collation; am Amte selbst.

jedoch noch nicht ein Recht

Wenn daher der Bischof das Amt einem Anderen

verleiht, so geht dieser vor; jedoch muß der Bischof den Präsentirten durch Anweisung eines andern Amtes

entschädigen43).

9) Der Pa-

36) Das c. 15. X. h. t. hat eine andere Beziehung. 37) C. 6. X. de bis quae sinnt (3. 30). 38) C. 3. 27. X. h. t. Man vergleiche dazu §. 239. Note 19. 39) C. 3. X. h. t., dem. 2. eod. (3. 12). 40) Dieses auch dann, wenn etwa der eine Präsentirte ein Verwandter des Patrons wäre. So entschied die congregatio concilii am 5. Juni 1858. Die Entscheidung steht in Moy Archiv IV. 435—37. 41) Clem. 2. h. t. (3. 12). 42) Der von den mehreren Stiftern eines Patronates etwa gebrunchte Ausdruck, primogeniti seniorea oder antiquiores, ist so zu verstehen, daß die Stimme des Aeltesten unter den primogeniti in der Nachkommenschaft der Stifter allein entscheidet. Ein RechtSfall der Art steht in Moy Archiv IV. 459-64. 43) C. 6. X. de bis quae fiunt a praelato (3. 10). 44) Beispiele giebt Segefser Rechtsgeschichte von Lucern II. 804. 45) C. 29. X. h. t.

520

trott hat das Recht gleichzeitig Mehrere zu präsentiren, weil dadurch das Recht des Bischofes nicht vermindert, vielmehr durch die über­ lassene Wahl erweitert wird.

10) Von dem geistlichen Patrone kann

man voraussetzen, daß er mit der größten Umsicht den Würdigsten ausgewählt und präsentirt habe.

Das Nachpräsentiren eines Zweiten

(variatio) ist ihm daher nach dem Geiste des Verhältnisses nicht ge­

stattet und ohne Wirkung 4S).

11) Beim Laienpatronate tritt jener

Grund nicht ein, und eS liegt vielmehr im Interesse der Kirche ihm das nachträgliche Präsentiren eines Zweiten ihm würdiger Scheinen­

den möglich zu machen, in so fern nur das Recht des zuerst Präsentirten nicht verletzt wird. Dieses Recht geht aber nur darauf, daß er

präsentirt ist, nicht auch darauf daß er es ausschließlich ist. Der Laien­ patron ist demnach berechtigt, so lange die gesetzliche Frist noch offen

ist, nachzupräsentiren, zwar nicht so, daß er dadurch die frühere Prä­

sentation zurücknimmt (variatio privativa)46 47), sondern nur so, daß der Verleiher unter den Mehreren die Wahl behält (variatio cumula-

tiva)48).4912) * 51 52 Ist ein Unfähiger präsentirt worden, so steht, wenn es unwissentlich geschah, dem Patron zur Präsentation eines Anderen

eine neue Frist von vier oder sechs Monaten zu48). Geschah es aber wissentlich, so geht dem geistlichen Patron das Präsentationsrecht zur Strafe für diesmal verloren88); und der Laienpatron kann nur, so lange die ursprüngliche Frist noch offen ist, einen Neuen präsenti­

ren84).

VII. Das Patronatrecht erlöscht: 1) Durch gänzlichen Un­

tergang der Kirche, so daß eine neue Consecration nöthig ist.

Wenn

jedoch die neue Kirche von einem Wohlthäter auf dem alten Fundus erbaut wird, oder wenn die Dotation geblieben ist, so behält der Pa­

tron sein Patronatrecht, und der neue Erbauer tritt ihm nur zur Seite8').

2) Durch Untergang der Dotation88),

wo jedoch, wenn

46) C. 24. X. h. t. 47) Anderer Meinung ist zwar Lippert Patronatrecht S. 112 — 24. und in Weiß Archiv B. III. Nr. 4., «Schilling Patronat §. 51. Man sehe aber dagegen Vermehren in Weiß Archiv B. Ü. Nr. 6. B. V. Nr. 3., Gerlach Präsentation-recht §. 23. 24., Kaiser in Moy Archiv II. 412—28. 48) C. 24. X. h. t. 49) Dieses «giebt sich aus der Analogie des c. 26. de elect. in VI. (1.6). 5b) C. 7. §. 3. c. 20. 25. X. de elect. (1. 6), c. 2. X. de euppl. neglig. praelat. (1. IC), c. 18. de elect. in VI. (1. 6). 51) Denn daß der Laienpatron auch in diesem Fall das Präsentationsrecht nicht gleich ganz verliere, «giebt sich aus c. 4. X. de off. iud. ord. (1. 31). Im a.ttn Recht war es fremd) anders, nov. 123. c. 18. 52) Dieses zeigt Fagnanus ad c. 3. X. h. t. n. 50—60.

521 Einer eine neue Dotaüon giebt,

dasselbe gilt wie im vorigen Falle.

3) Durch die Aufhebung des Amtes, worauf eS sich bezieht. Dasselbe gilt auch im Fall einer Union, wenn der Patron dazu seine Einwilli­

gung gegeben, und sich nicht ausdrücklich daS Patronatrecht vorbehal-

tm hat^). 4) Durch die gänzliche Aufhebung des Amtes oder der Cor­ poration, welcher es zustehtBB). 5) Durch ausdrückliche oder stillschwei­ Letztere ist vorhanden wenn das Beneficium

gende Verzichtleistung.

mit Zulassung des Patrons in ein Wahlamt verändert, oder mit sei­

nem Vorwissen mehrmals

frei

gewissen Fällen, namentlich

verliehen wird.

6) Zur Strafe in

wegen Mißbrauch- des Kirchenvermö­

gens 56 53) 57 54 , 58 55 uncanonischer * 60 61 62 Veräußerung des PatronatrechtsB7),

handlung des Geistlichen68).

Miß­

Auch ist dahin der Fall zu rechnen,

wenn der Patron zu den Reparaturen der Kirche beizutragen sich wei­

gert,

weil sich darin eine Gleichgültigkeit kund giebt,

Geiste des Verhältnisses im Widerspruch steht69). cation macht,

so lange sie besteht,

die mit dem

Die Excommuni-

nach der Natur der Sache zur

Ausübung der Patronatrechte unfähig. Doch ist jetzt anzunehmen, daß

der Bischof die von einem nicht namentlich und

öffentlich Excom-

municirten geschehene Präsentation annehmen kann, aber nicht muß"). VIII. Die Streitigkeiten

ein rein

über

kirchliches VerhälMiß

das Patronatrecht gehören als über vor das Forum der Kirche").

Ein

Beweis, wie wenig mehr man den Geist dieses Verhältnisses verstan­ den hat, ist, daß man diese Streitigkeiten in vielen Ländern an die weltlichen Gerichte gezogen hat"),

wozu die vorkommenden Fragen

über Erblichkeit und dergleichen die Veranlassung gegeben haben. Oesterreich ist Jenes

vom Papste beim

Laienpatronat

In

ausdrücklich

53) Fagnan. ad c. 3. X. h. t. n. 32. 54) C. 7. X. de donat. (3. 24). 55) Daher sind auch durch die Säcularisation der BiSthümer, Kapi­ tel und Klöster 1803 die ihnen als solchen zustehenden Patronate erloschen (Rote 4). 56) Conc. Trid. Sess. XXII. cap. 11. de ref. 57) Conc. Trid. Sess. XXV. cap. 9. de ref. 58) C. 12. X. de poen. (5. 37). - 59) So ist auch die Ansicht beim römischen Stuhl. Dieses zeigt bit Const. Pius ac misericors Benedict. XIII. a. 1725., §. Volumus autem. Man sehe darüber Ubaldo Giraldi Expositio iuris Pontificii Part. II. Sect. 59. 60) Dieses zeigt Kober Der Kirchenbann S. 372—75. 61) C. 3. X de iudic. (2. 1). 62) Benedict. XIV. de synodo dioecesana lib. IX. cap. 9. n. 6.

522

nachgegeben Worten68).

dessen

IX. Als ein Institut alter Zeiten,

Bedeutung man jetzt nicht mehr fühlt, sind die Landesgesetze zu dessen

Aufhebimg geneigt. Als ein wohlerworbenes Recht will aber die Kirche dasselbe respectirt wissen63 64).65 X. Schließlich

ist das vielbesprochene

landesherrliche Patronatrecht zu erwähnen66). Gewiß ist, daß es ein dem Landesherrn

als solchem zustehendes Patronatrecht nicht

sondern nur ein solches,

giebt,

welches entweder nach den Grundsätzen des

gemeinen Rechts oder durch besondere Titel an den Landesherrn ge­

kommen ist66).

Solche Titel sind:

1) Wenn dem Landesherrn ein

Patronatrecht von der Kirche als Privilegium concedirt wird,

was

aber in der katholischen Kirche als dem gemeinen Recht entgegen nur von dem Papste geschehen kann.

2) Wenn der Landesherr ein Kir­

chengut, woran ein eigentliches dingliches Patronatrecht hieng, durch Säcularisation erworben hat.

3) Dieses ist jedoch auf die Patronat­

rechte in den säcularisirten Bisthümern und Abteien

nicht anwend­

bar, welche an der geistlichen Würde als solcher hiengen6?). 68 69 4) Eben so

wenig ist es aus die Pfarreien

lichen Würde, einem Stifte

hinsichtlich der ren68).

anwendbar, welche einer geist­

oder einem Kloster vollständig,

sowohl

Spiritualien als der Temporalien, incorporirt wa­

Denn dieses Pfarrrecht war an die moralische Person des

Amtes oder der Corporation, nicht an deren Güter, geknüpft; nur in Letztere, nicht in Erstere, hat der Landesherr bei der Säcularisation

succedirt. Erstere haben vielmehr als solche ohne Nachfolger aufgehört, und dadurch sind die Pfarreien an den Bischof, als den ordentlichen

Verleiher, zurückgefallen66). 5) Auch der Umstand, daß ein Stift oder Kloster eine Kirche auf ihrem Grunde und Boden errichtet hat,

ge-

63) Oesterr. Concordat Art. 12. 64) Ausdrücklich bekräftigt ist es daher im Bayer. Concordat Art. 11., Oesterr. Concordat Art. 22. 24. 25. 26. 65) Davon handeln: Hinschius Das landesherrliche Patronatrecht. Ber­ lin 1856., Richter Kirchenrecht §. 194 (145)., Roßhirt Canonifches Recht I. 439-41. 66) Diese Wahrheit wird nun auch von Hinschius und Richter anerkannt, was als ein großer Fortschritt hervorzuheben ist. 67) Man sehe Note 4. 55. 68) Gut handelt davon Gerlach Präsentationsrecht §. 36. 69) Dieser Grundsatz ist auch in Oesterreich vom Kaiser für die Zukunst anerkannt nach der Erklärung des Fürst-Erzbischoses Art. 18. In Bayern wurde die Frage durch das Concordat entschieden, und dem Könige das Präsentations­ recht eingeräumt. In Preußen wurde es durch die Verordnung vom 30. Sept. 1812 alternirend zwischen dem Bischöfe und der Regierung getheilt. Auch in anderen Territorien haben darüber Vereinbarungen Statt gesunden.

523

nügte nicht, das dadurch erworbene Patronat zu einem dinglichen zu

Es war und blieb ein persönliches Recht der Corporation.

machen.

6) War eine Pfarrei einem Stifte oder Kloster hinsichtlich der Temporalien incorporirt, hinsichtlich der Spiritualien aber davon ausge­ schieden und in der Hand eines ständig zu ernennenden Vicarius, so

war das Pfarramt und die davon ausgehende Ernennung des Stell­ vertreters dem Princip nach auch noch immer ein persönliches Recht

der Corporation. Zuweilen hat dasselbe jedoch die Gestalt einer Patro­ natischen Präsentation, die an den unirten Gütern haftete, angenom­

men, und in diesem Falle ist es als ein dingliches bei der Säkulari­ sation an den Landesherrn gefallen.

4) Volles Verleihungsrecht dritter Personen. 236.

In gewissen Fällen kann einer dritten Person mehr als

die Präsentation,

es kann ihr die wirkliche Collation des Amtes zu­

stehen. Dieses gründet sich aber immer auf besondere Privilegien oder auf eine verjährte Observanz.

Gewöhnlich findet sich dieses Recht in

den Händen einer kirchlichen ®ignität!), oder einer geistlichen Corpo­

ration. Die Klöster namentlich besaßen es über die Kirchen, die ihnen vollständig incorporirt tooren2).

Laien sollten es aber, der strengen

Disciplin gemäß, niemals erhalten;

doch haben in allen Ländern die

Könige mehrere Aemter namentlich die an den königlichen Kapellen zu verleihen gehabt. Die Könige von Frankreich übten dieses Recht un­ ter andern, und zwar in einer merkwürdigen Ausdehnung, in Bezie­

hung auf die Aemter autz, die während der Erledigung eines bischöfli­ chen Stuhles in der Diöcese vacant wurden2).

5) Außerordentliche Verleihung kraft des Devolutionsrechts.

Greg. I. 10. Clem. I. 5. De supplenda negligentia praelatorum. 237.

Wenn die Provision nicht auf kanonische Weise oder nicht

innerhalb der bestimmten Zeit vorgenommen worden ist, so geht das

Recht dazu für diesmal verloren und devolvirt an einen höheren Be­ amten.

1) 2) 3) II. sect.

Doch wird in beiden Fällen eine verschuldete Nachlässigkeit

C. 6. X. de Institut. (3. 7). C. 18. X. de praescript. (2. 26), c. 3. §. 2. X. de privileg. (5.33). Mehr darüber findet man bei Van-Espen Ins eccles. univers. Part. 3. tit. 8. cap. 8.

524

vorausgesetzt. Die gesetzliche Frist beträgt bei dm gewöhnlichen Aem­

tern, welche der Bischof verleiht, sechs Monates; bei den übrigen sind die Fristen verschieden und schon gelegentlich genannt worden.

Der

Anfang derselben wird vom Tage an berechnet, wo die Erledigung des

Amtes am Orte selbst bekannt tourbe2). Nach verstrichener Frist bleibt die dann noch unternommene Verleihung ohne Wirkung, wenn nicht die

höhere Behörde sie freiwillig gelten läßt2). Die nähere Ordnung der

Devolution ist aber folgende.

Bei den Aemtern, deren Patron oder

Verleiher selbst unter dem Bischöfe steht, devolvirt das Provisionsrecht an diesen^), namentlich auch bei solchen,

die das Kapitel allein zu

vergeben hat«). Dieses gilt selbst dann, wenn der Bischof in der Ei­

genschaft eines einfachen Kapitularen an der Verleihung Theil zu neh­ men hatte «).

Soll die Verleihung durch den Bischof als Prälaten

und das Kapitel gemeinschaftlich geschehen, so kann die Nachlässigkeit

des Einen das Recht des Anderen nicht hindern; sind aber beide säu­ mig, so schreitet der Erzbischof ein7). Dasselbe gilt wenn der Bischof allein, sei es mit oder ohne Berathung des Kapitels, die Stelle zu vergeben hatte b).

Die Besetzung der Bisthümer endlich devolvirte

bei verzögerter Wahl sonst an den Erzbischof,

jetzt an den Papst.

Dasselbe muß nach aller Analogie gelten, wenn der Landesherr mit der Ernennung säumig ist.

6) Bon der canonischen Institution und der Investitur. Greg. UI. 7. Sext. IH. 6. De institutionibuB. 238.

In den älteren Zeiten, wo die Ordination regelmäßig

nur für ein bestimmtes Amt ertheilt wurde, war in ihr zugleich nicht

blos die Uebertragung des Amtes, sondern auch wie noch jetzt bei der

Consecration der Bischöfe, die äußere Einweisung in dasselbe enthalten.

1) C. 2. X. deconc. praeb. (3. 8). 2) C. 3. X. h. t.(1. 10), c. 5. X. de conc. praeb. (3. 8),dem. un. eod. (3. 3). 3) C. 4. 5. X. h. t. (1. 10). 4) C. 2. X. h. t. (1. 10), c. 12. X. de iur.patr. (3.38), dem. un. de suppl. neglig. praelat. (3. 5). b) C. 2. X. de conc. praeb. (3. 8). 6) C. 15. X. de conc. praeb. (3. 8). 7) C. 3. 5. X. h. t. (1. 10), c. 15. X. de conc. praebend. (3. 8). 8) Früher gicng in diesem Fall da« Recht zunächst an da« Kapitel, und dann erst an den Erzbischof über, c. 2. X. de conc. praeb. (2. 8). Allein diese« ist durch die Praxis allgemein abgcändert.

525 Später haben aber diese Verhältnisse eine ganz andere Richtung erhal­

ten. I. Wo noch das volle Verleihungsrecht dem Bischöfe zusteht, wird das Amt durch eine einzige

Handlung, durch die Zufertigung und An­

nahme der Collation vollständig erworben *). II. Wo hingegen die Wahl

oder Präsentation durch einen Dritten vorhergeht, entsteht durch diese

zunächst blos ein persönlicher Anspruch (ins ad rem) auf das Amt; das volle Recht (ius in re)1 2) am Amte wird erst durch die canonische Institution (institutio authorizabilis sivej collativa) tragen 2). 4 * In dieser

ist

über­

also die eigentliche Verleihung enthalten.

Regelmäßig kann sie nur vom Bischöfe oder dessen Stellvertreter^),

und während der Sedisvacanz vom Kapitel 6) ertheilt werden; aus­ nahmsweise haben aber auch

die Archidiaconen2) und andere unter­

geordnete Behörden dieses als ein eigenes Recht erworben. Die kano­ nische Institution darf dem Erwählten oder Präsentirten nicht ohne

Angabe bestimmter Gründe verweigert werden7), sonst ist eine Be­ schwerde bei der höheren Behörde zulässig;

in so fern kann sie eine

erzwingbare Verleihung (collatio necessaria) heißen. In allen Fäl­

len, wenn auch die Institution einer anderen Behörde zusteht, sollte jedoch nach dem neueren Recht der Bischof zuvor eine wissenschaftliche Prüfung anstellen 8); 9 allein nach der Praxis geschieht dieses nur bei

den mit einer Seelsorge

verbundenen

Aemtern; bei den einfachen

® entfielen vertreten schriftliche Zeugnisse deren Stelle2). III. Endlich

wo einem Dritten das volle Verleihungsrecht zusteht, wird durch die

Collation das Amt vollständig erworben, und es ist eine Institution durch den Bischof nicht weiter nöthig.

Wenn jedoch mit dem Amte

eine Seelsorge verbunden ist, so muß in allen Fällen wo entweder

1) C. 17. de praebend. in VI. (3. 4). 2) Diese Unterscheidung von ius ad rem und in re ist zwar zunächst nur bei den Anwartschaften angestellt worden, c. 40. de praebend. in VI. (3. 4), c. 3. 8. de concess. praebend. in VI. (3. 7): die Canonisten haben fie aber ganz richtig auch auf die anderen angeführten Verhältnisse übertragen. 3) C. 1. de regul. /iur. in VI. (5. 12). 4) C. 3. X. de instit. (3. 7), Conc. Trid. Sess. XIV. c. 12. 13. Der Generalvicar bedarf dazu keiner besonderen Vollmacht, Benedict. XIV. de synodo dioecesana lib. H. cap. 8. n. 2. 6) C. 1. de Institut, in VI. (3. 6). 6) C. 6. X. de Institut. (3. 7). 7) C. 32. c. XVI. q. 7. (Conc. seiet. IX. a. 655). 8) Conc. Trid. Sess. VII. cap. 13. Sess. XXIV. cap. 18. Sess. XXV. cap. 9. de ref. 9) Diesen Gebrauch bezeugt Van-Espen Ius eccles. univers. Part. II. sect. 3. tit. 9. cap. 1.

526 die Institution oder die ganze Verleihung durch

einen Dritten ge­

schieht, doch die Seelsorge vom Bischof besonders übertragen wer­ den 10). 11 Nur bei Siebten, die eine den Bischöfen ähnliche Jurisdiction

haben, leidet dieses eine Ausnahme. IV. Der zur wirklichen Ausübung

des Amtes nöthige Besitz wird durch die körperliche Einweisung in dasselbe (institutio corporalis,

investitura, installatio) erworben.

Diese sollte regelmäßig auch nur vom Bischöfe ertheilt werden; allmählig war aber diese Verrichtung an die Archidiaconen gekommen").

Jetzt wird sie bei den Pfarrstellen meistens aus Auftrag des Bischofes von den Erzpriestern oder Landdecanen vermittelst gewisser symboli­

scher Zeichen vollzogen.

In den Stiften geschieht sie unter anderen

durch Anweisung eines Platzes (stallum) im Chor12). 13 Mit * * * * ihr wird

die Einweisung in die Temporalien verbunden, und zwar muß auch

diese, weil eS sich um Kirchengut handelt, dem Rechte gemäß durch den kirchlichen Oberen, nicht vom weltlichen Arm, geschehen18).

UI. 239.

Zustand der morgenlcindischen Kirche.

Im Orient gestaltete sich

die Form der Bischofswahlen

so, daß der Klerus mit den Mönchen und den Angesehensten der Stadt drei Personen aus die Wahlliste brachte, woraus der Metropolit den

Würdigsten auswählte. Der Antheil des Volkes hörte fast ganz aufx).

Hingegen erhielten die Kaiser, besonders bei der Ernennung der Pa­

triarchen, allmählig ein solches Uebergewicht 2), daß seit dem siebenten Jahrhundert die Ernennung häufig gradezu von ihnen ausgieng. Doch

stellte das siebente und achte allgemeine Concilium die Freiheit der Wahl wieder her^). Die Form derselben änderte sich aber nun dahin,

daß der Einfluß der Laien ganz wegfiel, und die Bischöfe der Pro-

10) C. 4. X. de archidiac. (1. 23). Nach der Rubrik dieser Stelle ist fast unter allen Canonisten die Meinung aufgekommen, als ob die institutio authorizabilis und jene Uebertragung der Seelsorge dasselbe sei. Allein die institutio authorizabilis ist nichts anderes, wie die gewöhnliche institutio canonica. Die richtige Ansicht findet fich bei Van-Espen im angeführten Kapitel. 11) C. 7. §. 5. X. 'de offic. archidiac. (1. 23). 12) C. 19. 25. X de praeb. (3.5), c. 4. 7. X. de conc. praeb. (3.8). 13) Ausdrücklich anerkannt ist dieses auch im Oesterr. Concordat Art. 27. 1) C. 42. pr. C. de episc. (1. 3), nov. Iust. 123. c. 1., nov. 137. c. 2. Daraus gezogen ist die 'Exloyrj tujv vofMov tltX. H (§. 76). Abgedruckt ist ein großes Stück daraus bei Le Quien Oriens Christianus I. 183 —94. Zachariae ist dieses entgangen. 2) C. 24. D. LXin. (Greg. I. a. 599). 3) C. 7. D.LXIH. (Conc. Nicaen. H. c. 757), c. 1. 2. eod. (Conc. Const. IV. a. 870).

527 vinz allein drei Personen bezeichneten,

worunter der Metropolit dm

neuen Bischof erwählte. Eben so wurden zur Wahl eines Metropoli­

ten von den Metropoliten der Diöcese dem Patriarchen drei vorgeschla­ gen 4).

Der Patriarch von Constantinopel aber wurde vom Kaiser

aus drei Personen, welche die von ihm aus der Stadt und Umgegend

berufene Synode der Bischöfe designirte, erwählt, mit dem Stab, dem kaiserlichen Mantel und dem Brustkreuz bekleidet, dann, wenn er noch

nicht Bischof war, vom Erzbischof von Herallea geweiht, und endlich

inthronisier). Häufig vergaben aber auch die Kaiser die Würde ganz nach

ihrer

Patriarch

Willkühr.

Seit der Herrschaft der Türken wurde der

ebenfalls meistens nach dem Willen der Pforte ernannt

und vom Sultan mit jenen Insignien investirt«).

In der neuerm

Zeit ist jedoch VaS Verhältniß so geordnet worden, daß der Patriarch nach erhaltener Erlaubniß der Pforte von der Patriarchalsynode er­

wählt, bei der Pforte bestätigt und mit dem Kaftan belleidet, hierauf

geweiht und inthronisirt wird. Die Ernennung der Bischöfe geschieht,

um Unruhen zu vermeiden, ebenfalls von dieser Synode.

Der Ge­

wählte wird nach Auftrag des Patriarchen durch einen Metropoliten nnd zwei Bischöfe consecrirt, und von der Pforte durch ein Diplom

oder Berat bestätigt^). In Rußland kam die Wahl der Bischöfe schon früh fast ganz unter den Einfluß der Großfürsten;

polit von Kiew

nur der Metro­

wurde vom Patriarchen zu Constantinopel erwählt,

bis daß im fünfzehnten Jahrhundert die Großfürsten auch dessen Er­

nennung und Investitur an sich zogen (§. 25). So blieb eö, so lange das Patriarchat zu MoSkwa bestand. Auch jetzt noch werdm die Bi­

schöfe vom Kaiser, gewöhnlich aus zwei Personen, welche die Synode

vorschlägt und welche meistens aus dm in ihr sitzendm Aebtm ge­ nommen sind, ernannt, und von den Erzbischöfen und Bischöfen der Synode consecrirt.

Im Königreiche Griechenland geschieht ebenfalls

4) Baisamon in Nomocan. Tit. I. c. 23., Idem in Conc. Chalced. can. 28., Matth. Blastar. litt. E. cap. 11., SuetWn. Thessalon. (f 1430) de sacris ordinat. c. 6. (Maxima biblioth. veter. patrum. ed. Lugdun. T. XXII). 5) Dieses beschreibt -er eben erwähnte Simeon. Thessalon. c. 9—11. Genane Nachrichten mit Abdrücken der byzantinischen Qnellen giebt Le Quien I. 120-29. 161-82. 6) Mart. Crusii Turcograeciae libri octo p. 107—9., Leo Allatius de eccles. occid. et Orient, perpet. consens. lib. III. cap. 8. n. 2. 7) Man sehe darüber die in §. 24. Note 5. §. 163 a. Note 1. ange­ führten Schriften.

528

die Ernennung der Bischöfe durch die Staatsregierung auf den Vor­ schlag der Synode. Die übrigen Kirchenämter werden in der morgen­ ländischen Kirche von den Bischöfen vergeben; jedoch kommt dabei in Rußland auch das Patronatrecht vor. IV.

240.

Zustand in den protestantischen Ländern.

In Deutschland steht die Ernennung zu den Pfarrstellen

regelmäßig den Consistorien zu.

Häufig findet jedoch eine Theilung

des Verleihungsrechtes vermöge eines dem Landesherrn oder einer Pri­ vatperson zustehenden Patronatrechtes statt; zuweilen ist auch der Ge­

meinde eine Mitwirkung eingeräumt, entweder so, daß sie wider den Ernannten oder Präsentirten, der sich ihr zu diesem Zwecke vermittelst

einer Probepredigt vorstellen muß, Einspruch erheben darf, oder so, daß sie selbst in irgend einer Form, durch den städtischen Magistrat, oder

durch einen Ausschuß, oder durch die ganze Gemeinde das Präsenta-

tions- oder Wahlrecht hat*).

Die Einsetzung in das Amt geschieht

meistens durch den Superintendenten 1 2).3

In Dänemark werden seit

der Einführung der Souverainetät (1660) die Bischöfe vom Könige ernannt. Die Wahl der Pastoren wurde in Dänemark und Norwegen

schon seit 1537 so geordnet, daß sie von dem Patron, oder wem sonst die Vocation zustand, berufen, der Gemeinde vorgestellt, dann, wenn

diese nichts einzuwenden hatte, vom Bischöfe bestätigt und vom Probste ins Amt eingeführt wurden.

Später hat sich aber die Mitwirkung

der Gemeinde ganz verloren,

die Pastoren werden unmittelbar vom

Könige ernannt, das Vocationsrecht der Patrone ist ein bloßes Prä­ sentationsrecht geworden, und auch dieses hat in Norwegen aufgehört2).

Die Wahl der Pröbste ist den Pastoren des Hcrred überlassen.

In

Schweden schicken zur Wahl eines Bischofes alle Geistlichen des Stif­

tes, und wenn die Wahl dem Erzbischof von Upsala gilt, außer dem Domkapitel zu Upsala auch die

übrigen Kapitel des Reiches

ihre

Stimmen ein, und die drei, worauf die meisten Stimmen fallen, wer­ den dem König in Vorschlag gebracht. Die Lectoren, woraus das bi­

schöfliche Consistorium besteht, werden von diesem selbst nach der Mehr-

1) Nach der neuen Kirchenordnung für Westphalen und die Rheinprovinz vom 5. März 1835 ist den Gemeinden bei den Kirchen, die keinen Patron ha­ ben, das freie Wahlrecht gegeben. 2) Eichhorn Kirchenrecht I. 758-61. U. 686. 714. 716. 724. 733. 3) Man sehe oben §. 234. Note 40.

529

heit der Stimmen, die Contractspröbste vom Bischöfe nach dem Vor­ schläge der Pastoren des Contracts, die gewöhnlichen Pastoren und

Kapläne aber, wenn nicht ein Patronatrecht besteht, entweder von der Gemeinde aus drei Geistlichen, welche ihr das Consistorium zuschickt,

erwählt, oder vom Könige ernannt.

Die Ernennung der Dompröbste

oder Pastoren der Domkirche geschieht ebenfalls durch den König. In

England werden

die Bischöfe von den Kapiteln, nach erhaltener Er­

laubniß des Königs, womit jedoch zugleich die Bezeichnung des zu

Wählenden verbunden ist,

gewählt und vom Könige bestätigt.

Die

Würde des Decans wird in einigen BiSthümern durch Wahl des Ka­ pitels, in

anderen vom Könige,

die anderen Präbenden theils vom

Bischöfe allein, theils auf Präsentation eines Patrones, der bei den

Bedeutenderen meistens der König ist, theils auch ganz frei vom Kö­

nige vergeben. Bei den übrigen Stellen bestehen noch die meisten Ver­ hältnisse des canonischen Rechts; nur wird mit der Veräußerung des

Patronatrechts großer Mißbrauch getrieben. In Frankreich werden die

Pastoren vom Consistorium der Gemeinde gewählt und der Regierung zur Bestätigung

vorgestellt.

In Holland endlich werden die Predi­

ger von dem Kirchenrathe gewählt und durch die Moderatoren der Klasse bestätigt. V.

Gemeinschaftliche Erfordernisse.

Greg. I. 14. Sext. I. 10. Clem. I. 6. De aetate et qualitate et ordine praeficiendorum, Greg. III. 8. Sext. III. 7. De concessione praebendae et ecclesiae non vacantis. 241.

Damit aber überhaupt ein Kirchenamt auf die canonische

Art besetzt werde, sind folgende Bedingungen nothwendig. Amt muß dem Rechte nach erledigt sein,

nichtig'),

I. Das

sonst ist die Verleihung

und wer wissentlich zu administriren fortfährt,

wird ex-

communicirt2). Selbst die Ertheilung einer Anwartschaft ist jetzt un­

bedingt verboten").

Ist das Amt

zwar an sich ledig,

factisch noch im Besitz desselben, so muß dieser,

aber Einer

ehe der Beliehene

1) C. 5. 6. c vn. q. 1. (Cyprian, c. a. 255), c. 10. eod. (Leo IV. c. a. 847). 2) Gelas, a. 495. in c. 1. X. h. t. (3. 8), c. 40. c. VII. q. 1. (Gre­ gor. I. a. 592). 3) C. 2. X. h. t. (3. 8), Conc. Trid. Sess. XXIV. cap. 19. de ref. Walter'- Kirchenrecht. 13te Auflage. 34.

530

eingewiesen wird, erst noch gehört werben4). II. innerhalb

Die Provision muß

der gesetzlichen Zeit geschehen (§. 237).

Die gewöhnliche

Frist von sechs Monaten ist auch in den meisten protestantischen Kir­

chenordnungen beibehalten, und zwar so, daß wo ein Gnadenhalbjahr besteht,

die Besetzung selbst nicht früher geschehen darf.

III. Der

Berufene muß das gehörige Alter haben. Nach der älteren Disciplin

war

dieses in dem zur Ordination erforderlichen Alter von

mitbegriffen.

selbst

Besondere Bestimmungen darüber wurden erst noth­

wendig, seitdem man die Weihe vom Amte ganz zu trennen anfieng.

Nach dem gemeinen Recht, welches jedoch hänfig abgeändert ist, sind nun für den Bischof 30 Jahre, für die Dignitäten, womit eine Ju­

risdiction , und die Aemter,

womit eine Seelsorge verknüpft ist, 25

Jahre, für die übrigen Dignitäten und Personate 22 Jahre5), end­ lich für die einfachm Beneficien 14 Jahre6) ,

vorgeschrieben.

IV.

Der Berufene soll,

weil Laien keine Kirchenämter erhalten können,

schon Kleriker sein,

das heißt wenigstens die Tonsur habens, und

sich die übrigen nöthigen Weihen binnen Jahresfrist erwerben 8). Ge­ schieht dieses nicht,

so wird, wenn eS sich um ein Parochial - Amt

handelt, dasselbe unmittelbar und von selbst8), ein Amt anderer Art aber erst nach geschehener Verwarnung'8), wieder verloren, und die mittlerweile gezogenen Früchte müssen zurückgegeben

werden.

Doch

wird jenes Jahr erst vom Tage des erlangten ruhigen Besitzes an berechnetM);

auch konnte der Bischof der Studien wegen sonst auf

sieben 12), jetzt doch auf ein Jahr dispensiren1S).

Der zum Bischof

Erwählte soll aber, damit nicht tote sonst Laien unmittelbar zu dieser Würde gelangen könnenM), wenigstens schon seit sechs Monaten Sub-

4) C. 28. de praebend. in VI. (3. 4). 5) C. 7. X. de elect. (1.6), Conc. Trid. Sess. XXIV. cap. 12. de res. 6) C. 3.X. h. t. (1.4), Conc. Trid. Sess. XXIII. cap. 6. de ref. 7) C. 6. X. de transact. (1. 36), c. 2. X. de institut. (3. 7). 8) C. 14. de elect. in VI. (1. 6), dem. 2. de aetat. (1. 6), Conc. Trid. Sess. XXII. cap. 4. de ref. 9) C. 14. 35. de elect. in VI. (1. 6). 10) C. 7. X. de elect. (1. 6), c. 22. eod. in VI. (1. 6). 11) C. 35. de plect. in VI. (1. 6). 12) O. 34. de elect. in VI. (1. 6). 13) Conc. Trid. Sess. VII. cap. 12. de ref. 14) C. 9. D. LXI. (Ambros, c. a. 896), c. 10. eod. (Conc. Sard. a. 344), c. 3. eod. (Hormisd. a. 517), c. 1. eod. (Gregor. I. a. 599), c. 3. D. LIX. (Idem eod.).

531

diacon fein15). V. Die Berufenen müssen die zu ihrem Amte nöthi­ gen Kenntnisse besitzen15),17 und sich darüber durch eine gelehrte Würde,

oder durch andere Zeugnisse"), Seelsorge (§. 238).

verbunden ist,

durch

und bei den Aemtern,

womit eine

eine besondere Prüfung auSweisen

In diesem Geiste hat das Concilium von Trient bei der

Besetzung von Pfarreien eine eigenthümliche Form vorgezeichnet.

Es

sollen von Jahr zu Jahr von der Diöcesansynode auf Vorschlag des

Bischofes mindestens sechs Examinatoren approbirt, dann bei der ein­ getretenen Erledigung einer Pfarrei vom Bischöfe oder von Anderen

mehrere dazu geeignete Personen genannt, oder auch solche durch öf­

fentliche Bekanntmachung sich zu melden aufgefordert, hierauf sämmt­ liche Candidaten von drei aus jenen sechs Examinatoren geprüft, und die tauglich Befundenen renuntiirt werden18).19

In Ermanglung der

Diöcesansynoden ist der Bischof auch allein die Examinatoren zu er-

neüüen befugt18).

Aus den Renuntiirten soll nun der Bischof, oder

bei einem geistlichen Patronate der Patron, den, welchen er für den Würdigsten hält, wählen20).

Der Laienpatron ist auf die Renun­

tiirten nicht beschränkt; doch soll der von ihm Präsentirte von dersel­

ben Commission examinirt werden.

Das Ausschreiben eines Concur-

seS ist jedoch nicht überall in Gebrauch gekommen.

Bei den Prote­

stanten in Deutschland finden regelmäßig zwei Prüfungen statt: eine wodurch der Geprüfte unter die Candidaten zum Predigtamt ausge­ nommen wird, und eine zweite vor der wirklichen Uebertragung eines geistlichen Amtes.

VI. Nach den meisten Landesgesetzen unb neueren

15) C. 9. X. de aetat. (1.14), Conc. Trid. Sess. XXII. cap. 2. de ref. 16) C. 7. X. de elect. (1. 6), dem. 1. de aetat. (1. 6). 17) Conc. Trid. Sess. XXII, cap. 2. Sess. XXIV. cap. 12. de ref. 18) Conc. Trid. Sess. XXIV. cap. 18. de ref. Genau handeln davon Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib IV. cap. 7. 8., Van-Espen Ins eccles. univers. Part. II. sect. 3. tit. 5. c. 1—4., Ginzel Die Pfarrconcnrs-Prüsung nach Staats- und Kirchengesetz. Wien 1855., Bouix Tractatus de parocho- P. III. Sect. III. Die Praxis dabei beschreibt ein Aussatz in Moy Archiv II. 385—411. 19) Van-Espen Part. II. sect. 3. tit. 5. cap. 3. n. 7. 20) Conc. Trid. Sess. XXIV. cap. 18. de ref. In Oesterreich ist eine zweifache Modification angeordnet worden. Ersten» soll bei geistlichen Patrona­ ten der Patron Einen aus drei Candidaten Präsentiren, die der Bischof aus den Approbirten vorschlägt. Zweitens soll der Kaiser bei Patronaten, die auf dem Relizionsfond beruhen, Einen aus drei wählen, die der Bischof unter den Approbirten für die Würdigsten erachtet. Bei den anderen Patronaten der Krone bleibt es beim Herkommen, Oesterr. Concordat Art. 24. 25., Erklärung des Fürst-ErzbischofeS von Wim Art. 17.

532 Concordaten soll bei der Verleihung der geistlichen Stellen auch auf das Jndigenat Rücksicht genommen werden.

Früher, wo der Klerus

einen von den nationalen Verhältnissen mehr unabhängigen Stand

bildete, wurde darauf nicht so strenge gehalten.

VII. Da der Geist­

liche auch in der Treue gegen die Landesregierung als Beispiel vor­ gehen soll: so liegt es in der Natur der Sache, daß nicht Solche ge­

wählt werden, die in ihrem politischen Betragen Anstoß gegeben ha­ ben.

Dieses läßt sich jedoch nicht zu einem Gesetze formuliren, son­

dern man muß dabei

auf den Tact der

Kirchenoberen rechnen21).

VIII. Die Verleihung muß unentgeltlich geschehen, und der Wucher mit geistlichen Aemtern ist, als eine Simonie, strenge verboten22).

Fünftes Kapitel.

Bon dem Verlust der Kirchenämter.

I.

Von der freiwilligen Niederlegung.

Greg. I. 9. Sext. I. 7. Clem. I. 5. De renuntiatione. 242. Die Kirche betrachtet ein Amt als einen Inbegriff bestimm­ ter Verpflichtungen und als eine übernommene Aufgabe, der man sich

nicht willkührlich wieder entziehen soll.

Daher kann die Niederlegung

der bischöflichen Würde nur aus den wichtigsten Beweggründenx) und

nur mit Genehmigung des Papstes geschehen 2* ). 13

Bei den niederen

Aemtern ist die Zustimmung des Bischofes erforderlich^). Der Papst

21) Deswegen ist auch darüber im Oesterr. Concordat nichts gesagt; es ist aber jene Erwägung den Bischöfen durch das päpstliche Schreiben vom 5. Nov. 1855 zur Pflicht gemacht. 22) C. 9. c. L q. 3. (Alexander II. a. 1068), c. 2. eod. (Gregor. VII. c. a. 1075), c. 3. eod. (Idem a. 1078), c. 8. eod. (Urban. II. a. 1089), c. 6. 8. X. de pact. (1. 35), c. 12. 27. 33. 34. X de simon. (5. 3). 1) C. 9. 10. X. h. t, Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. XIII. cap. 16. n. 1—4. 2) C. 2. X. de translat. episc. (1. 7), c. 1. 9. X. h. t. Sehr gut handelt davon Hurter Papst Jnnocenz III. Th. III. Buch XXI. Cap. 5. Man sehe auch Phillips Kirchenrecht V. 413—56. 3) C. 4. X. h. t. Nähere Vorschriften darüber enthalten die Const. Quanta ecclesiae Pii IV. a. 1548., Const. Humano vix Gregor. XIII. a. 1583.

533 aber ist, wenn er verzichten will, nur an die Stimme seines Gewis­

sens gebunden *).

Bei den Protestanten muß man sich an die Con-

sistorien oder an den Landesherrn wenden.

nen sind unverbindlich5),

gen,

Bedingungen der

Erzwungene Renuntiatio-

Verzichtlcistung beizufü­

besonders solche, wodurch man für sich oder für einen Dritten

Vortheil sucht,

ist dem strengeren Begriff des Amtes entgegen, und

war auch in der älteren Disciplin größtentheils unbekannt. Seit dem

zwölften Jahrhundert sind aber,

besonders bei den Stellen in den

Stiften, Bedingungen verschiedener Art aufgekommen.

Diese sind:

Vorbehalt eines Jahrgeldes (pensio), oder selbst des Wiedereintritts (resignatio salvo regressu,

cum iure recuperandi) in gewissen

Fällen, zum Beispiel wenn der, auf welchen resignirt wird, vor dem Resignirenden sterben würde, der Tausch gegen eine andere Stelle,

und die Resignation auf einen Dritten

(resignatio in favorem).

Der Vorbehalt des Wiedereintritts ist aber jetzt gänzlich verboten6). Der Tausch ist es an sich ebenfalls; doch ist er in der Form gestat­

tet, daß Beide ihre Stellen in die Hand

des Bischofes resigniren,

und dieser in der Form einer Versetzung die Vertauschung vornehme?). Die Resignation auf einen Dritten endlich war hauptsächlich nur bei

Canonicaten üblich, jedoch mußte dazu als zu einer Abweichung von der Regel nach der Praxis die Genehmigung des Papstes nachgesucht

werden.

Auch war sie, um den Schein der Erblichkeit zu vermeiden,

durch die Kanzleiregel de viginti

oder de infirmis resignantibus

darin beschränkt, daß sie kraftlos wurde, wenn der Resignirende binnen

zwanzig Tagen darauf an einer schon damals begonnenen Krankheit

starb.

Als aber nun, um diese Vorschrift zu umgehen, solche Resig­

nationen häufig schon bei gesundem Leibe errichtet, allein, um im Genuß der Einkünfte zu bleiben, bis gegen das Ende des Lebens ver­

heimlicht wurden, so wurde durch sehr zweckmäßige Verordnungen fest­ gesetzt, daß sie innerhalb einer bestimmten Zeit nach ihrer Errichtung

und in

einer bestimmten Weise zur öffentlichen Kenntniß

gebracht

4) C. 1. de renunt. in VI. (1. 7). 5) C. 5. X. h. t., c. 2. 3. 4. 6. X. de his quae vi (1. 40). 6) Conc. Trid. Sess. XXV. cap. 7. de res. 7) C. 8. X. de praeb. (3. 5) , c. 5. 7. 8. X. de rer. permut. (3. 19), c. un. eod. in VI. (3. 10), clem. un. eod. (3. 5).

534 werde« sollten8). Neuere Landesgesetze, zum Beispiel die Oesterreicht.

scheu, haben sie sogar ganz verboten;

doch kann es Fälle geben, wo

ihre Zulassung nicht nur unschädlich, sondern selbst im Interesse der

Uebrigens kann eine Verzichtleistung auch stillschweigend

Kirche ist9).

geschehen, namentlich durch Eingehung einer Ehe">), durch Annahme eines zweiten nicht kompatiblen Amtes, durch Eintritt in den Mönchs­

stand"), und natürlich auch durch eine Religionsveränderung,

wor­

über in bett deutschen Reichsgesetzen besondere Vorbehalte gemacht wa­

ren (§. 51). II.

243.

Von der Absetzung.

Die Entfernung oder Absetzung vom Amte kann, weil sie

eine Strafe ist, nur wegen eines Vergehens verhängt werden, und auch

dann nur nach chung

einer in den bestehenden Formen geführten Untersu­

durch einen Spruch des ordentlichen Richters^).

Auf diesem

Grundsätze ruht in der Kirche wie im Staate die Freiheit und Ehre des Beamtenstandes.

auch

Dieses muß daher in einem christlichen Staate

die weltliche Obrigkeit anerkennen;

die Kirche befände sich in

einem rechtlosen Zustande, wenn ihre Beamten durch die Staatsregie­

rung nach deren einseitigen Gutdünken gewaltsam von ihren Stellen

vertrieben werden könnten8). Selbst wenn der Verlust des Amtes nach

den Canonen unmittelbar und von Rechtswegen an ein gewisses Delict geknüpft ist, muß doch erst, daß dieses wirklich begangen worden, gerichtlich

erwiesen, und durch

eine Sentenz ausgesprochm werden.

UebrigenS ist aber die Anwendung dieser, so wie der meisten anderen

canonischen Strafen, sen,

jetzt mehr dem richterlichen Ermessen überlas­

und die Bischöfe sind berechtigt zur Handhabung

der geistlichen

Zucht dieselbe mit Ausschluß der Appellation zur Anwendung zu brin­

gen ; doch werden natürlich immer schwere Verstöße dawider voraus-

8) Regula Cancell. de publicandis resignationibus, Const. Humano vix Gregor. XIII. a. 1583., Const. Ecclesiastica Benedicti XIV. a. 1746. 9) Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. XIII. cap. 10. n. 13—20. 10) C. 1. 3. 5. X. de cleric. coniug. (3. 3). 11) C. 4. de regulär, in VI. (3. 14). 1) C. 38. c. XVI. q. 7. (Conc. Cabilon. II. a. 813), c. 1. c. XV. q. 7. (Conc. Hispal. II. a. 619), c. 7. X. de restit. spoliat. (2. 13). 2) Dafür kann man auch nicht das Recht des Placets, wo dieses etwa noch vorkommt, geltend machen. Denn das Placet wird zu der canonischen Anstellung, also wie diese unbedingt, nicht aus willkührlichen Widerruf, ertheilt.

535 gesetzt.8).

Von bett dabei thätigen kirchlichen Behörden ist schon oben

(§. 193) gehandelt worden.

Alles Dieses ist natürlich auf die Aem­

ter nicht anwendbar, welche ausdrücklich auf beliebigen Widerruf ver­

liehen werden^). HI.

Von der Versetzung.

Greg. I. 7. De translatione episcopi. 244.

Die Versetzung

von

einem Amte zu

einem Andern

ge­

schieht entweder mit dem Willen des Inhabers oder gegen dessen Wil­ len.

I. Im ersten Falle liegt darin die Niederlegung des bisherigen,

und der Erwerb des neuen Amtes. Sie kann daher nur durch die Mit­

wirkung des oder der Oberen geschehen, stehen.

Dieses

Translation

unter welchen beide Aemter

ist bei den niederen Aemtern

der Bischofs).

Die

der Bischöfe8) geschah sonst durch das Provinzialconci-

liums), später aber durch den Papst3 4). 5 Solche Versetzungen, besonders

der Bischöfe, sollen aber damit nicht ein schädlicher Wechsel oder eigen­ nützige Bewerbungen um die einträglicheren Stellen daraus

entstehen,

nur aus dringenden Gründen und des Nutzens der Kirche wegen zu­ gelassen werden8).

II. Eine unfreiwillige Versetzung ist,

wenn sie

3) Conc. Trid. Sess. XXL cäp. 6. de ref. Eos vero qui turpiter et scandalose vivunt, postquam praemoniti fuerint, coerceant ac castigent; et si adhuc incorrigibiles in sua nequitia perseverent, eos beneficiis iuxta sacrorum canonum constitutiones, exemptione et appellatione quacunque remota, privandi facultatem habeant. 4) Von dieser Art sind in Folge der Organ. Artikel von 1802 Art. 31. in Frankreich und dadurch noch auf dem deutschen linken Rheinufer die soge­ nannten Succursalpsarreien (desservants). Dieser vielbesprochene practisch tief eingreifende Punkt hängt mit eigenthümlichen Bedürfnissen der Disciplin durch die veränderte Stellung der geistlichen Gerichtsbarkeit zum weltlichen Arme zu­ sammen. Lehrreich sind die in Frankreich darüber 1848 gepflogenen Verhand­ lungen (§. 116c.) bei Pradie Question religieuse p. 326—86. Eine neue gründliche Abhandlung darüber ist: Traite des eures amovibles. Decisions romaines de la plus grande importance (Analecta iuris Pontificii II. 1609-65). 1) C. 37- c. VII. q. 1. (Statuta eccles. antiq.), Benedict. Levit. Ca­ pital. lib. II. c. 85. 200., c. 5. X. de rer. permut. (3. 19). 2) Davon handelt Phillips Kirchenrecht V. §. 225. 226. 3) Can. Apost. 13., c. 37. c. VII. q. 1. (Statuta eccles. antiq.). 4) C. 1. 2. X. h. t. Man vergleiche tz. 98. Note 29. Einige practische Fragen dabei diseutirt Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. XIII. cap. 16. n. 5—10. 13—17. 5) C. 19. c. VII. q. 1. (Conc. Nicaen. a. 325), c. 25. eod. (Conc. Antioch. a. 341), c. 21. eod. (Conc. Carth. V. a. 401), c. 31. eod. (Leo I. a. 445), c. 37. eod. (Statuta eccles. antiq.), c. 32. eod. (Conc. Mel­ dens. a. 845).

536 mit äußerem Nachtheil verbunden ist, als eine Strafe, also nach der

Analogie der Absetzung, zu beurtheilen.

Eine Versetzung ohne Nach­

theil vorzunehmen ist aber der Bischof aus dringenden in dem Wohle der Kirche beruhenden Gründen,

bers, vorzunehmen berechtigt6).

auch gegen den

Willen des Inha­

Eben so ist der Papst zu einer sol­

chen Translation der Bischöfe nach der sorgfältigsten Erwägung der

Gründe befugt7).

In der morgenländischen Kirche und in den pro­

testantischen Ländern

geschehen

die Versetzungen von den Behörden,

die auch die Anstellung ertheilt haben.

6) So hat auch die congregatio concilii am 19. Dec. 1857 entschie­ den, Moy Archiv. HI. 408—19. 7) Man sehe Phillips Kirchenrecht V. §. 226.

Sechstes Buch.

Bon dem Vermögen der Kirche'). Erstes Kapitel.

Geschichte des Kirchenguts. I. 245.

Zustand der älteren 3eit*2).3

Das Kirchengut beginnt mit den ersten apostolischen Ge­

meinden in den Liebesgaben, welche für alle Bedürfnisse der Gemeinde

und der Armenpflege dargcbracht wurden^). Hieraus giengen die For­ men der ältesten Zeit hervor.

Den Mittelpunkt des Vermögens bil­

dete jede bischöfliche Kirche. Diese empfieng die Oblationen von Brod,

Wein, Weihrauch und Del4),5 6die regelmäßigen oder beliebigen Geld­ beiträge^), und die Erstlinge der Feldfrüchte, welche nach dem Ge­ brauche der Juden Gott dargebracht wurden ^).

Aus diesen Gaben

wurde der Unterhalt des Gottesdienstes, des Bischofes und der übri­ gen Kleriker, und die Unterstützung der Armen, Wittwen und Reisen­

den bestritten7). Die Vertheilung geschah unter der Aufsicht des Bi­

ll Helfert von dem Kirchenvermögen. Dritte Aust. Prag 1834. 2 Th. 2) Davon handelt: Braun Das kirchliche Vermögen von der ältesten Zeit bis auf Justinian I. Gießen 1860. 3) Act. IV. 34-37. VI. 1. 2. XI. 29. 30. 4) Conc. Carth. III. a. 397. c. 24., Can. Apost. 3. 5) Tertullian. (f 215) Apolog. c. 39. Modicam unusquisque stipem menstrua die, vel cum velit, et si modo possit, apponit; nam nemo compellitur, sed sponte confert. Haec quasi deposita pietatis sunt. 6) Conc. Carth. III. a. 397. c. 24., Const. Apost. II. 25. VII. 29. VIII. 30. 31., Can. Apost. 3. 4. 7) Justin, (f 163) Apolog. I. 66. 67., Const. Apost. II. 25. 35.

.538

schofeS, theils regelmäßig jeden Monat, theils durch gelegentliche Spen­ den 8). Stark durch ihre Einigkeit und durch ihre stets wachsende Zahl erwarben die bischöflichen Gemeinden wohl schon im zweiten, gewiß aber im dritten Jahrhundert, auch Kirchen, Cömeterien und andere Grundstücke, und erlangten dafür von den Kaisern thatsächliche Duldung, vorübergehend selbst rechtliche Anerkennung9). Endlich wurde ihnen diese seit 313 bleibend zu Theil10), und ihnen seit Constantin selbst bestimmte Zuschüsse aus dem städtischen Vermögen"), zuweilen auch eingezogene heidnische Tempelgüter überwiesen12). Die Beauf­ sichtigung und Verwaltung des Kirchengutcs war nun für den Bischof ein wichtiges Geschäft'8), wozu ihm die Ernennung eines eigenen Oeconomen aus seinen Geistlichen zur Pflicht gemacht tourbe14). Ueber die Verwendung der Einkünfte bildete sich aber nun im Geiste des alten Rechts die Regel aus, daß sie in vier Portionen zerlegt wurden, wovon die eine dem Bischöfe verblieb, die andere von ihm unter die Kleriker vertheilt, die dritte für die Armen, und die vierte zum Unterhalt des Gottesdienstes und der Kirchengebäude verwendet wurde15). Dieses wurde auch selbst in Beziehung auf die Kleriker fest­ gehalten, welche an auswärtigen Kirchen augestellt wurden'8). In einigen Gegenden machte man nur drei Portionen, weil man voraus­ setzte, daß der Bischof und die Geistlichen von selbst, was sie könnten, VII. 29. VIII. 30., c. 23. c.XIl. q. 1. (Conc. Antioch. a. 341), c. 6. c.I. q. 1. (Hieron. c. a. 382). 8) Cyprian, (f 258) epist. XXXIV. Caeterum presbyterii honorem designasse nos illis iam sciatis , ut et sportulis iisdem cum presbyteris honorentur, et divisiones mensurnas aequalibus quantitatibus partiantur. Darauf bezieht sich auch c. 6. c. XXI. q. 3. (Cyprian, c. a. 249). 9) Die Beweise dafür find von Braun S. 3—14. zusammengestellt. 10) Man steht dieses schon in dem Edict des Licinius vom Jahr 313 bei Lactant. de mortib. persecut. 48. Et quoniam iidem Christian! non ea loca tantum, ad quae convenire consueverunt, sed alia etiam habuisse noscuntur, ad ius corporis eorum , id est ecclesiarum , non hominum singulorum pertinentia, ea omnia lege , qua superius comprehendimus, citra ullam prorsus ambiguitatem vel controversiam hisdem Christianis, id est corpori et conventiculis eorum reddi iubebis. 11) Sozomen. V. 5., Theodoret. IV. 4., c. 12. C. de SS. eccles. (1.2). 12) C. 20. C. Th. de pagan. (16. 10). 13) C. 23. c. XII. q. 1. (Conc. Antioch. a. 341), c. 5. c. X. q. 1. (Idem eod.). 14) C. 21. c. XVI. q. 7. (Conc. Chalced. a. 451), c. 22. eod. (Conc. Hispal. II. a. 619). 15) C. 23. 25. 26. 27. c. XII. q. 2. (Gelas, c. a. 494), c. 28. eod. (Simplic. a. 475), c. 29. eod. (Gregor. I. a. 593), c. 30. eod. (Idem a. 604). 16) Man sehe oben §. 147.

539 den Armen geben würden17).

Die Erhebung dieser Einkünfte war

nach den Gegenständen verschieden. Grundstücke wurden verpachtet und

das Pachtgeld an den Bischof obgeliefcrt18).

Von den Oblationen

hingegen kamen nur diejenigen, welche der bischöflichen Kirche selbst dargebracht wurden, in die Hand deS Oeconomen zur Vertheilung in

vier Theile78); die auswärtigen verblieben den Geistlichen der Kirche,

wo sie geschahen, nur mit Abzug der zum Unterhalt der Kirche be­ stimmten Portion, welche eine Zeitlang noch an den Bischof abgelie­

fert8"), bald aber auch bei der Kirche selbst gelassen wurde87). Alles andere kirchliche Vermögen in der Diöcese galt aber, der alten Ver­

fassung gemäß, als eine einzige Masse, worüber der Bischof nach sei­ nem Ermessen schlechthin zu verfügen habe88).

n. "246.

Entstehung der Benefieien.

Diese einheitliche Verwaltung wurde in dem Maße be­

schwerlich und mußte modificirt werden, als größere Diöcesen entstan­

den,

und in denselben bei den Hauptkirchen das System des selbst-

ständigern Pfarramtes sich entwickelte7).

Die Verleihung eines Kir­

chengutes an einen Geistlichen statt des ihm zukommenden Antheils an

den jährlichen Einkünften, war nach dem ursprünglichen Systeme unter­ sagt8). Später wurde es jedoch ausnahmsweise gestattet3), freilich nur so, daß die Verleihung blos vom Willen des Bischofes abhieng. Eine

solche Verleihung hieß davon eine Precarie^). Endlich wurde die feste

17) Conc. Bracar. I. a. 563. c. 7. 18) C. 23. 25. c. XII. q. 2. (Gelas, c. a. 494). 19) C. 25. 26. 27. c. XII. q. 2. (Gelas, c. a. 494). 20) C. 7. c. X. q. 1. (Conc. Aurel. I. a. 511), c. 10. eod. (Conc. Tarrac. a. 516). 21) C. 1. c. X. q. 3. (Conc. Bracar. II. a. 572), c. 2. eod. (Conc. Emerit. a. 666), c. 3. eod. (Conc. Tolet. XVI. a. 693), Capit. Aquisgran. a. 816 (817) c. 4. 22) C. 7. c. X. q. 1. (Conc. Aurel. I. a. 511), c. 2. eod. (Conc. To­ let. HI. a. 589), c. 3. eod. (Conc. Tolet. IV. a. 633). 1) Man sieht dieses schon, in der Verordnung des Conc. Carpentorat. a. 527., daß der Bischof jeder Parochie ihre Einkünfte für ihre Geistlichen und Kirchengebäude lassen, und nur im Nothsall davon etwas für seine Kirche ver­ langen «dürfe. Durch die Einrichtung der Benefieien wurde jene Unterscheidung vollendet. 2) C. 23. c. XU. q. 2. (Gelas, c. a. 494). 3) C. 61. c. XVI. q. 1. (Symmach. a. 502), c. 32. 35. 36. c. XII. q. 2. (Conc. Agath. a. 506), c. 12. c. XVI. q. 3. (Conc. Aurel. I. a. 511). 4) C. 11. c. XVI. q. 3. (Conc. Agath. a. 506), c. 72. c. XII. q. 2. (Conc. Tolet. VI. a. 638). Die bei der römischen Kirche dafür im Jahr 625

540 Dotirung der Kirchen mit Grundstücken, selbst bei den auf dem eige­

nen Boden errichteten -Oratorien5),

zur allgemeinen Regel,

so daß

nun mit jeder Pfarrkirche von selbst der Genuß bestimmter Grund­

stücke und Gefälle als Amtseinkommen verbunden war. hältniß wurde, wie auch bei den Staatsämtern6),

genannt?).

Dieses Ver­

ein Bencficium

Von da an bildete sich die Unterscheidung des kirchlichen

Baufonds (fabrica), des Spend- und Armengutes, und des Pfründ-

guteS als gesonderten festen Vermögenscomplexen aus8).

Die Aus­

scheidung der Beneficien geschah jedoch hauptsächlich nur bei den Kir­ chen, wo es keine Priestercongregationen gab; denn in diesen bestanden vermöge des gemeinschaftlichen Lebens noch eine Zeitlang die älteren

Verhältnisse fort.

III. 247.

Entstehung des Zehnten ').

Eine neue sehr bedeutende Quelle des kirchlichen Einkom­

mens entstand in den Zehnten. Diese beruhten auf dem aus dem alten

Testamente entnommenen Satze,

daß jeder in seinem Gewissen ver-

bunden.sei, den zehnten Theil der von ihm gewonnenen Früchte zur

Verherrlichung Gottes, von dem der Segen der Arbeit herrührt, zur

Unterstützung seiner Mitmenschen und zur Beförderung gemeinnütziger

Anstalten abzugeben 2).

Es lag also

dabei die großartigste Absicht

zum Grunde, wozu sich die Besteuerung erheben kann.

Diese Ver-

pflichtllng gieng, durch die Ermahnungen der h. Väter unterstützt8), im

Abendlande allmählig so sehr in das christliche Gefühl über4),

daß

sie von den fränkischen Concilien durch Androhung der Excommuni-

cation geschärft8), durch das Beispiel der Könige selbst anerkannt8),

übliche Formel findet sich bei den Ballerini De antiq. can. collßct. P. IV. c. 14 (Galland. I. 655). 5) Man sehe §. 234. Note 18. 6) Man sehe meine Deutsche Rechtsgeschichte I. §. 80. 7) Ducange Glossar, v. beneficia ccclesiastica. 8) Segesser Rechtsgeschichte von Lucern II. 754—57. 1) Hierüber giebt es viele irrige Meinungen. Die richtige Grundanficht hat Waitz Perfassungsgesch. II. 529—533. Gegen die durchaus unhaltbare An­ sicht von Birnbaum sehe man mein Deutsches Privatrecht §. 531. Note 4. 2) Const. Apost. II. 25. 35. VII. 29. VIII. 30., c. 68. c.XVI. q. 1. (cap. incert.). 3) Cyprian, (f 258) de unit. eccles. c. 26 (23), c. 65. c.XVI. q. 1. (Hieronym. a. 408), c. 66. eod. (Augustin, c. a. 420), c. 8. c. XVI. q. 7. (Idem c. a. 405). 4) Dieses zeigt auch Gregor. Turon. VI. 6. 5) Conc. Matiscon. II. a. 585. c. 5. Leges itaque divinae — omni.

541 endlich tooit denselben zum Gesetz erhoben ’), und dessen Erfüllung nö-

thigenfalls durch Beschlagnahme des Vermögens und durch körperliche

Haft erzwungen mürbe8* ). * * Die * * * * kirchlichen und weltlichen Gesetze giengen nun hierin Hand in Hand8).

Auch die Einkünfte und Grund­

stücke des Fiscus waren der Zehntpflicht unterworfen10).II. * Die Ent­

richtung der Zehnten geschah regelmäßig an die Taufkirche, wozu der

Zehntpflichtige gehörte").

Hier sollten sie nach der Anweisung des

Bischofes zu kirchlichen Bedürfnissen verwendet werden'8). Man ord­ nete dieses bald so, daß sie vor Zeugen in drei Theile mit Ausschluß des Bischofes13), später aber der alten Regel gemäß in vier Portio­

nen getheilt"), und dem Bischof jährlich über die beiden Theile, die

ihm und der Kirchenbaucasse zufielen, Rechnung abgelegt wurde'3),

populo praeceperunt decimam fructuum suorum locis sacris praestare. — Quas leges Christianorum congeries longis temporibus custodivit in­ terneratas. — Unde statuimus, ut mos antiquus a fidelibus reparetur, et decimas ecclesiasticis famulantibus ceremoniis populus omnis inferat, quas sacerdotes aut in pauperum usum , aut in captivorum redemtionem praerogantes, suis orationibus pacem populo et salutem impetrent. Si quis autem contumax nostris statutis saluberrimis fuerit, a membris ecclesiae omni tempore separetur. 6) So widmete Sigebert II. der Kirche zu Speier den Zehnten von al­ len fiScalischen Gütern im Speiergau, Sigeberti dipl. c a. 653. (Brequigny Diplom. T. II. p. 423. nov. edit.). 7) Pippini encycl. a. 765., Capit. a. 779. Francic. c. 7., Paderbr. a. 785. c. 17., Francos, a. 794. c. 25., Aquisgr. a. 801. c. 6. 26., Capit. episc. datum a. 823. c. 9. Diese und die folgenden Stellen find nach der Ausgabe von Pertz citiit. 8) Capit. Lang. a. 803. c. 19., Coti6t. Olonn. a. 825. c. 9. 11., Wormat. a. 829. capit. gener. c. 7. 9) Conc. Cabilon. II. a.813. c. 18. (wiederholt in Ansegis Capitul. II. 37 (39), Capit. excerpta a.826. c. 9), c. 2. c. XVI. q. 2. (Conc. Mogunt. a. 813), Conv. Ticin. a.850. 1. 17., Conv. Mogunt. a. 851. c. 3., c. 3. c. XVI. q. 2. (Nicol. II.a. 1059); c. 6. D. XXXII. (Alexand. II. a. 1063), c. 5. c. XVI. q. 7. (Conc. Rothom. a. 1189). 10) Capit. Paderbr. a. 785. c. 16., Capit. de villis a. 812. c. 6. 11) Capit. Aquisgr. a. 801. c. 23., Lang. a. 803. c. 11. , Capit. ad Salz. a. 803. c. 2., c. 44. c. XVI. q. 1. (Conc. Mogunt. a. 813. c. 41. Wiederholt in den Capit. excerpta a. 826. c. 9), c. 45. eod. (Leo IV. a. 849). 12) Capit. a. 779. Francic. c. 7., Capit. Lang. a. 802. c. 7., Capit. de presbyt. a. 809. c. 4. 13) Capit. Aquisgr. a. 801. c. 7., Lang. a. 803. c. 11. 14) Benedict. Capitul. III. 375., Conv. Mogunt. a. 851. c. 3., Hludow. II. capit. eccles. a. 856. c. 15. 15) Hincmar. Rem. Capitul. c. 16. (Opp. T. I. p. 717). JJt ex decimis quatuor portiones fiant iuxta institutionem canonicam, et ipsae sub testimonio duorum aut trium fidelium studiose et diligenter dividantur. Et ut de duabus portionibus, ecclesiae et episcopi, ratio reddatur per singulos annos, quid inde profecerit ecclesia. Die Unterscheidung der quarta episcopi von den Zehnten hat sich theilweise bis ins fünfzehnte Jahrhundert erhalten, Segesser Rechtsgeschichte von Lucern II. 776.

542 ES bildeten sich aber mancherlei Ausnahmen.

Auf den Reichsgütern

sollten die Zehnten an die dort befindlichen Kirchen und Kapellen16), in neu angelegten Dörfern an die dort errichteten Kirchen gezahlt

werben17). Ferner gab es Fälle, wo von gewissen Aeckern die Zehn­ ten an die bischöfliche Kirche, von Anderen an die Kirche des Ortes

zu entrichten waren18). Auch zeigte sich, der kirchlichen Verbote ohngeachtet, die Neigung, die Zehnten den Taufkirchen zu entziehen und sie Oratorien zuzuwenden 19)20 , besonders 21 solchen, die man auf seinem Eigenthum oder Lehngute errichtet hatte"). Der Ordnung wegen sollte

jede Kirche ihre bestimmte begränzte Zehntflur haben97).

Uebrigens

konnte es neben diesen kirchlichen Zehnten noch Andere geben, die als

ein Grundzins von den Krongütern an den Fiscus (decimae rega­ les), von anderen Grundstücken an den Grundherrn (decimae dominicae, salicae) fielen, so daß dann das Grundstück doppelten Zehn­ ten unterworfen war22). 23 *In * * * England wurde der Kirche das Zehnt­

recht durch die Könige Offa (794) und Ethelwulf (855), in Däne­ mark von Canut dem Heiligen

(1080—86) bestätigt.

Auf Island

wurde das Zehntgesetz des Bischofs Gizur von der Landesversamm­ lung 1096 einstimmig angenommen, wodurch sich das Volk der Zehnt­ abgabe alles Ertrages vom Grund und Boden wie von der fahrmden

Habe nach der eigenen eidlichen Abschätzung willig unterwarf28). In Norwegen kam diese Abgabe durch den König Sigurd Iorsalafar

(1103—30) in Uebung, und zwar wurde in beiden Ländern die alte

16) Capit. de villis a. 812. c. 6., Aquisgr. a. 828. capit. ab episc. tractanda c. 1. 17) Capit. Aquisgr. gener. a. 817. ad episc. c. 12., Hludow. II. ca­ pit. diversa a. 875. c. 43. 18) 0. 46. c. XVI. q. 1. (Conc. Cabil. II. a. 813), Conv. Pist. a. 869. c. 13. 19) Capit. Aquisgr. a. 801. c. 23., c. 44. c. XVI. q. 1. (Conc. Mogunt. a. 813. oder Capit. excerpta a. 826. c. 9), Const. Wormat. a. 829. capit. gener. c. 6., Conv. Ticin. a. 850. c. 17. 20) Conv. Ticin. II. a. 853. c. 11. (c. 56. c. XVI. q. 1), Hludow. II. capit. diversa a. 875. c. 26. 21) Capit. de presbyt. a. 809. c. 10., Hlothar. I. eapit.Lang. 835. c. 3. 22) Capit. Wormat. a. 829. capit. gener. c. 9. Die zweiten Zehnten wurden als der neunte Theil von dem, was nach Abzug der Ersten übrig blieb, berechnet; daher der Ausdruck decimae et nonae. 23) Maurer Bekehrung des Norweg. Stammes H. 461—64. Das Gesetz wurde auch in das Ius ecclesiasticum vetus (§. 102. Note 14) eingerückt, und gilt noch jetzt. Ueber die neueste Ausgabe sehe man §. 109. Note 20. Ein Auszug daraus mit litterarischen Notizen steht in der Lovsamling for Is­ land I. 1—9.

543

Vertheilung in vier Portionen noch angewendet24). In Schweden ge­ schah die Einführung durch Knut Eriksson (1200).

IV. 248.

Uebergang der Kirchengüter in weltliche Hände.

Während die Stifte und Kirchen durch die Freigebigkeit

der Fürsten, durch fromme Stiftungen und durch die Zehnteinnahmen

zu ansehnlichen Reichthümern gelangten, geriethen aber auch viele kirch­ liche Einkünfte auf verschiedenen Wegen in weltliche Hände.

unter dm Merovingern gelang

Schon

es Laien häufig durch Bitten und

mächtige Fürsprache von den Königen die Verleihung von Kirchen­ gütern zu erpressen4*).1 5 2Unter 3 den Söhnen Karl MartellS wurden so­

gar die Kirchengüter in verschiedenen Formen ganz eingezogen, um sie zu Beneficien für die königlichen Vasallen und die Großen des

Reiches zu verwenden, die man dadurch in Stand setzen wollte, dem Reichsheer große Streithausen zuzuführen2). Zur Ausgleichung wurde

nur festgesetzt, daß von diesen aus dem Kirchengut herrührenden Be­ neficien doppelte Zehnten an die Kirche entrichtet werden sollten2). Unter den nachfolgenden Königen geschahen zwar einzelne Restitutio­ nen4), auch zu Zeiten feierliche Versprechungen, Kirchengut nicht mehr anzugreifen2); doch aber kamen fortwährend theilweise Einziehungen

von Kirchengütern vor6), und es blieben viele Kirchen und Klöster in

weltlichm Händen7).

Hierunter waren nicht blos die Grundstücke,

24) Maurer II. 461—64. 1) Dagegen sind die Verbote vieler Concilien gerichtet, Conc. Arvern. I. a. 535. c. 5., Conc. Aurel. IV. a. 541. c. 25., Conc. Aurel. V. a. 549. c. 14., Conc. Paris. III. a. 557. c. 2., Conc. Turon. II. a. 567. c. 24. 25. — Man vergleiche dazu die gründliche Schrift von Roth Beneficialwesen S. 313—325. 2) Dieses Verhältniß ist abweichend von Roth in der Kürze dargestellt in meiner Deutschen Rechtsgeschichte I. §. 80. 3) Capit. 779. Francic. c. 13., Lang. c. 14., Francos. 794. c. 25., Aquisgr. 801. c. 22., Lang. 802. c. 6., Capit. de presbyt. 809. c. 18., Aquisgr. 817. capit. per se scribenda c. 5., Const. Olonn. 823. memoria c. 15., Aquisgr. 825. c. 23., Wormat. 829. capit. gener. c. 5. 9., Conv. Sparnac. 846. c. 63., Synod. Suession. 853. c. 8. capit. missor. c. 6. 4) Beispiele giebt Roth Beneficialwesen S. 337. 341—350. 361—363. 5) Capit. Pipini Aquitan. a. 768. c. 3. (Pertz Leg. II. 13) , Carol. M. in Anseg. Capit. I. 77., Capit. Aquisgr. a. 817. c. 1., Conv. apud Marsnam a. 846. adnunt. Hludow. c. 5. 6. 6) Synod. Bellov. a. 845. c. 5., Conv. Ticin. II. a. 855. c. 10. Beispiele giebt Roth S. 341—344. 7) Edict. Caroli II. de tributo Nordmannico a. 877. (Walter HI. 206). De ecclesiis vero, quas comites et vasalli dominici habent etc. — Regino de eccles. discipl. lib. I. c. 10. Ut [episcopi] ecclesias tarn a re* gibus in beneficium datas quam et aliorum summo Studio provideant.

544 sondern auch die Zehnten und anderen Einkünfte begriffen 8), imb dm

Geistlichen wurde nur der nothdürftige Unterhalt gelassen. Nicht selten gaben aber auch die Bischöfe und Siebte selbst, um eine ansehnliche

Dienstmannschaft oder einen mächtigen Vasallen zu gewinnen, Kir­ chengüter an Weltliche als Precarien oder Beneficicn hin9).

Sogar

Zehnten wurden auf diesem Wege ihrer Bestimmung entfremdet10). 11 12

Noch ein Umstand, welcher kirchliche Einkünfte an Haien brachte, lag

darin, daß die großen Gutsbesitzer, welche Privatoratorien hatten, die dahin fallenden Zehnten"), der Kirchenverbote ungeachtet, usurpirten und zu weltlichen Zwecken verwendeten^).

V. 249.

Fernere Schicksale der Kirchengüter und Zehnten.

Seit dem elften Jahrhundert, wo überhaupt die Kirche

sich wieder von

den mannichfaltigen Bedrückungen der Laien frei zu

machen anfieng, wurden auch diese Verhältnisse neu geordnet.

Viele

Concilien erklärten den Besitz kirchlicher Einkünfte in weltlichen Hän­ den für ungerecht, untersagten den Bischöfen die Belehnung an Laien

aus das schärfste, und geboten, selbst unter Strafe der Excommunication, alles von der Kirche herrührende Gut an diese zurückzugeben *). Gleiche Verordnungen

Zehnten erlassen2).

wurden

um dieselbe Zeit auch hinsichtlich der

In diesem Geiste fortarbeitcnd suchten nun auch

die Päpste das Zehntrecht auf seine ursprüngliche Bestimmung zurück-

8) Agobard. (f c, 840) de dispens. rerum eccleg. c. 15. Nunc ipsi contra pietatem maiorum, si parietes sibi vindicare potuerint, non tantum ea, quae a constructoribus conlata sunt, sed et multa quae plerique fidelium pro sepulturis aut qualibet devotione alia ibidem sacraverunt, cum ipsis ecclesiis vendere licitum putant. 9) Beispiele giebt Roth S. 433—436. 10) Frideric. I. apud Arnold. Lubecc. Chronicon. lib. III. c. 18. Scimus [quidem] decimas et oblationes a Deo sacerdotibus levitis primitus deputatas. Sed cum tempore Christianitatis ab adversariis infestarentur ecclesiae, easdem decimas praepotentes nobiles viri ab eccle­ siis in beneficio stabil! acceperunt, quae per se sua obtinere non valerent. 11) Man sehe §. 247. Note 20. 12) Burchard. Wormat. III. 239. Ex concilio Remensi c. 5. (gewöhn­ lich citii't aus Conc. Confluent. a. 922. c. 5). Si laici proprias capellas habuerint, a ratione et authoritate alienum habetur, ut ipsi decimas accipiant, et inde canes et geniciarias suas pascant. 1) Conc. Remens. a. 1049. c. 3. 4., Conc. Rotomag. a. 1050. c. 10., Conc. Turon. a. 1060. c. 3., Conc. Roman. V. a. 1078. c. 1., Conc. Late­ ran. I. a. 1123. c. 14. (c. 14. c. X. q. 1), Conc. Lateran. II. a. 1139. c. 10. 2) C. 3. c. XVI. q. 2. (Nicol, a. 1059), c. 1. c. XVI. q. 7. (Gre­ gor. VII. a. 1078), c. 3. eod. sive c. 13. c. I. q. 3 (Idem eod.), Conc. Lateran. II. a. 1139. c. 10.

545

zufiihren und vermöge seiner spirituellen Natur dem gemeinen Ver­ kehr zu entziehens);

allein der That nach blieben doch viele Zehnten

in weltlichen Händen zurück, welche darüber wie über ihr gewöhnliches

Vermögen verfügten.

Das dritte Lateranische Concilium gebot daher

von neuem den Laien die Herausgabe, und untersagte jede weitere Veräußerung 3 4)5;

allein mit sehr verschiedenem Erfolg.

bewirkte es in der That die Zurückgabe;

Bei Einigen

allein bei weitem mehr an

Klöster uud fromme Stiftungen, als an die Kirche, wovon der Zehnte ursprünglich herrührte,

Klöster, jedoch nur

so daß endlich die Päpste jenen Erwerb der

unter Einwilligung des Bischofes,

zuließen 6).7

Die meisten Laien verweigerten aber die Herausgabe gänzlich6). Da­

her wurde das Verbot der Infeudation und Veräußerung durch das Reichsrecht blos auf neu entstehende Zehnten eingeschränkt ’), und auch

kirchlich jener Beschluß durch Interpretation allmählig dahin gemil­ dert, daß die bereits von Alters her bestehenden infeudirten Zehnten

den Besitzern verbleiben und

nur nicht an Laien weiter veräußert,

neue Zehnten aber niemals an Laien übertragen werden sollten8).

Allein auch dieses wurde nicht ganz befolgt, sondern die Zehnten, die

einmal in den Händen der Laien waren, wurden von diesen wie ihr

gewöhnliches weltliches Vermögen behandelt, und fortwährend Ver­

äußerungen jeder Art damit vorgenommen.

Sie haben also dadurch

die Natur einer rein privatrechtlichen Grundrente angenommen.

Nur

hm und wieder hat sich dabei noch eine Investitur durch die Kirche erhalten.

VI.

Schicksale des Kirchengutes in der neueren Zeit.

A) Einfluß der

Kirchentrennung. 249 a.

In den protestantischen Ländern Deutschlands wurde

das Kirchengut, Grundstücke, Zehnten und Anderes,

theils für die

3) C. 17. X. de decim. (3. 30), c. 7. X. de praescript. (3. 26), c. 9. X. de rer. permut. (3. 19). 4) Conc. Lateran. III. a. 1179. c. 14. Der Beschluß steht auch im c. 19. X. de decim. (3. 30). 5) C. 7. X. de bis quae sinnt a praelat. (3. 10), c. 3. X. de Pri­ vileg. (5. 33), c. 2. §. 3. de decim. in VI. (3. 13). 6) Dieses beweist der Reichstag von Gelnhausen (1186), wo Urban HI. durch den Kaiser Friedrich I. den Antrag dazu machen ließ. 7) Heinrici VI. sententia de decimis non alienandis a. 1190. 8) C. 25. X. de decim. (3. 30), c. 2. §. 3. eod. in VI. (3. 13). Walter'« Klrchenrecht.

13k Auflage.

35

546

Landesherren eingezogen, theils dem protestantischen Gottesdienste zu­ gewendet.

In England wurde es aber ganz bei der Kirche gelassen,

und daher auch das Zehntwesen in seiner vollen Ausdehnung beibe­ halten. In Schweden geschah jenes zum Theil; die Zehnten der Feld­

früchte wurden 1528 zu zwei Drittheilen an die Krone gezogen, das andere Drittheil aber, so wie auch manche kleinen Zehnten, den Geist­

lichen bestimmt. In Dänemark und Norwegen wurde vieles Kirchen­

gut vom Könige und dem Adel in Besitz genommen; vieles aber den Kirchen gelassen, theils als eigentliches Kirchengut zum Kirchenbau und

Gottesdienst, theils als Mensalgut zum Unterhalt des Geistlichen. Auch der Zehnte blieb bestehen, wurde jedoch zu gleichen Theilen unter den

König, die Kirche und den Pfarrer getheilt.

ein eigenthümliches

Verhältniß

In Norwegen entstand

durch Friedrich IV. (1699—1730).

Um sich Geld zu verschaffen, ließ derselbe eine große Zahl wohlha­ bender Kirchen öffentlich versteigern.

Der Käufer erhielt die Grund­

stücke, diese selbst mit der Befugniß der Veräußerung, und auch das

eine Drittel der Zehnten , mit der Verpflichtung, das Gebäude und

den Gottesdienst mit Beihülfe der Gemeinde zu unterhalten.

Viele

Gemeinden kauften selbst ihre Kirchen an, und besitzen dann deren

Die nicht verkauften Kirchen mit ih­

Grundstücke als Eigenthümer.

ren Grundstücken blieben öffentliche Stiftungen. Das Mensalgut war bei jenem Verkauf nicht mitbegriffen, und wurde wie jene nicht ver-

kauften Grundstücke gegen geringe Abgaben verpachtet. Seit den letz­ ten vier Decennien sind aber alle diese Grundstücke

von Staatswe­

gen, unter Vorbehalt der bisherigen Abgaben, verkauft, und aus dem

Ueberschuß ist ein allgemeiner Kirchen- und Unterrichtsfond gebildet worden.

Die Pfarrwohnungen und Zehnten

ursprünglichen Bestimmung geblieben.

sind immer bei ihrer

Der Zehnte ist jedoch 1801

in eine feste Geldrente umgewandelt worden. B) In den katholischen Ländern und in Rußland.

250.

In den katholisch gebliebenen Ländern erlitt das katholi­

sche Kirchengut bis in die neueren Zeiten keine wesentlichen Verände­

rungen, und war selbst in Deutschland durch den Westphälischen Frie­

den ausdrücklich gesichert *).

Allein mit dem Ausbruch der französi-

1) Man sehe darüber §. 51.

547 schen Revolution wurden in Frankreich alle Kirchengüter 2)3, ja selbst das Fabrikvermögen und die Meßstiftungen bei den einzelnen Kir­

chen') , als Nationaleigenthum erklärt, und den Gemeinden blos die Kirchengebäude für den

Gottesdienst provisorisch gelassen4).

Erst

nach Abschluß deS Concordates gab man die gottesdienstlichen Ge­

bäude so wie die noch

nicht veräußerten Pfarrhäuser und Gärten

ihrer Bestimmung definitiv zurück, und verordnete auch die Herstellung von Kirchenfabriken zum Unterhalt des Gottesdienstes und der Kir-

chengcbüude5), zu welchem Zwecke nach und nach die bisherigen Fa­

brikgüter und Meßstiftungen, so weit sie nicht veräußert waren, heraus­ gegeben wurden6).7

Alle diese Veränderungen trafen auch die an der

linken Rheinseite gelegenen deutschen Länder, indem hier schon gleich bei der Occupation durch die Franzosen die Kirchengüter durch die Verordnungen der französischen Commissarien unter die Mitverwal­

tung der Nation gestellt, später völlig zum Nationaleigenthum gemacht

worden waren ’).

In Deutschland wurden 1803 zur Entschädigung

der weltlichen Fürsten alle geistlichen Territorien, bischöfliche Domainen, Güter der Domcapitel, Stifte, Abteien und Klöster säcularisirt8),9 das eigentliche Kirchengut und fromme Stiftungen aber aufrecht er­

halten').

In Oesterreich, wo schon unter Joseph II. Säkularisatio­

nen begonnen hatten, wurde daraus ein ReligionS- und Studienfond

gebildet.

Jetzt ist derselbe wieder als Eigenthum der Kirche erklärt,

und ihr das Recht der Verwaltung zuerkannt worden, was ein gro­

ßer Act der Gerechtigkeit ist10).

Was insbesondere die kirchlichen

Zehnten betrifft, so wurden diese in Frankreich ebenfalls den herr­

schend gewordenen Meinungen ohne alle Entschädigung zum Opfer

2) Gesetz vom 2—4. November 1789. 3) Dccret vom 13. Brümaire II. (3. November 1793). 4) Gesetz vom 11. Prairial III. (30. Mai 1795), Beschluß der Consuln vom 7. Nivose VIII. (28. Dec. 1799) und 2. Pluviose VIII. (22. Jan. 1800). 5) Organ. Artikel vom 18. Germinal X. (8. April 1802) Art. 72. 75.76. 6) Beschluß vom 7. Thermidor XI. (26. Juli 1803), vom 28. Frimaire XU. (20. Dec. 1803), Kaiser!. Decrete vom 25. Bentose und 28. Messidor XIII. (6. März und 7. Juli 1805), vom 30. Mai und 31. Juli 1806, vom 17. März 1809, vom 8. November 1810.

7) Beschluß der Consuln vom 20. Prairial X. (9. Juni 1802). 8) Reichsdeputationshauptschluß vom 25. gebt. 1803. §. 34. 35. 36.37. 61. (In meinen Fontes). 9) Reichsdeputationshauptschluß §. 63. 65. 10) Oesterr. Concordat Art. 31.

548

gebracht"). Hingegen in Deutschland blieben sie 1803 noch bestehen;

nur kamen durch die Aufhebung der kirchlichen (Korporationen, welche mit dm ihnen incorporirten Pfarreien auch die daran hängenden Zehnt­ rechte erlangt hatten, viele Zehnten an den Landesherrn. In den Be­

wegungen des Jahres 1848 sind aber die Zehnten in vielen deutschen Ländern aufgehoben, oder für ablösbar erklärt worden, was ein neuer Eingriff in das kirchliche Eigenthumsrecht war11 12). 13 * Durchgreifende

ähnliche Aenderungen haben schon früher in Rußland Statt gefunden, indem hier nach mehreren Versuchen von Katharina II. 1764 den

Kirchen und Klöstern ihre Ländereien entzogen und unter die Verwal-tung eines eigenen Oeconomiecollegiums, später unter die Kameral-

höfe gestellt, und den Geistlichen dafür feste Besoldungen angewiesen

wordm ftnb1S).

Zweites Kapitel.

Bon dem Kirchengut im Allgemeinen.

I.

251.

Von dem Eigenthum am Kirchengut *).

Das Recht am Kirchenvermögen ist, dieses blos innerhalb

der Sphäre der Kirche betrachtet, von dem, was man im bürgerlichen Recht Eigenthum nennt, in wesentlichen Punkten verschieden. Es fällt

unter diesen Gesichtspunkt nur dann und in so weit,

als es sich um

den der Kirche dafür zu gewährenden Staatsschutz handelt. Auf diese

11) Decret vom 4—11. April 1789. Art. 5. Lesenswerth sind die Ge­ genbemerkungen des Abbe Sieyes in der Sitzung vom 10. August. 12) In Oesterreich ist aber dafür den Geistlichen eine feste Entschädigung zugesichert worden, Oesterr. Concordat Art. 33. 13) Merkwürdige Nachrichten darüber giebt (Theiner) Staatskirche Ruß­ lands S. 92-97. 104—166. 1) Davon handeln: Evelt Die Kirche und ihre Institute auf dem Ge­ biete des Vermögensrechts. Soest 1843., Schulte De rerum ecclesiasticarum domino. Berol. 1851., Ein Ungenannter in der Würzburger Kathol. Wo­ chenschrift. 1856. Nr. 8. 9. 10., Maas Ueber das Rechtssubject, die Vertre­ tung, Verwaltung und Verwendung des Kirchen-, Schul- und Stiftungsvermö­ gen (Moy Archiv IV. 583—604. 644—704. V. 1—35., Braun Das kirchliche Vermögen S. 20—52., Phillips Lehrbuch §. 224. 225.

549

Unterscheidungen ist die Theorie dieser Lehre zu bauen2)*3 I. Das bür­ gerliche Eigenthum begreift zunächst das Recht, oder richtiger die Macht, mit seiner Sache nach Belieben zu schalten und zu walten. Dieser Begriff ist aus das Kirchengut nicht anwendbar, weil dasselbe wesentlich nur seiner Bestimmung angehört, was eine willkührliche Verfügung ausschließt. Man kann daher in diesem Sinne ganz richtig sagen, daß das Kirchengut Christus^) oder den Sinnen4)5 zustehe, 67 in­ dem dabei an die Bestimmung^), nicht an das Eigenthum gedacht wird, da der Eigenthumsbegriff gar nicht hieher gehört 6). Auf dem Boden der Kirche dreht sich also Alles nur um die Frage, wer das Kirchengut zu seiner Bestimmung zu verwenden habe? Diese Befugniß ruht im Princip bei dem Bischofes. Im Laufe der Zeit sind jedoch die einzelnen Kirchen und Institute auch für das Vermögen immer mehr selbstständig gemacht worden und haben die eigene Verwendung desselben erhalten. Es wurden nun selbst auch die Eigenthumsbegriffe des bürgerlichen Rechts auf das Kirchengut sprachlich angewendet 8). Jedoch bleiben diese immer der Bestimmung desselben wesentlich un­ tergeordnet. Wenn daher diese Bestimmung wegen der Aufhebung des betreffenden Institutes nicht mehr erreicht wird, so liegt es dem Bi-

2) Dieses geschieht in der vorliegenden Auflage zum erstenmal, als'ein Versuch, in diese vielbesprochene Lehre Klarheit und juristische Bestimmtheit zu bringen. 3) C. 16. X. de praebend. (3. 5). Ut clerici vivere debeant de patrimonio Iesu Christi cuius obsequio deputantur. 4) C. 59. c. XVI. q. 1. (Capit. Caroli M. a. 803). 5) C. 10. c. XIII. q. 2. (Conc. Vasens. a. 442), c. 11. eod. (Conc. Agath. a. 506), c. 13. c. XII. q. 1. (Iulian. Pomer. c. a. 494). 6) Phillips, welcher wie die Uebrigen den Eigenthumsbegriff auch im Inneren der Kirche festhalten will, äußert sich wörtlich folgendermaßen: „Chri­ stus ist persönlich und zwar in Gemeinschaft mit seinen Aposteln wirklich Eigen­ thümer zeitlicher Güter gewesen. Aus dieser Vermögensgemeinschaft schied er durch seinen Lod aus.^ Die Kirche wurde aber durch Petrus und die übrigen Apostel repräsentirt. Domit war in jenen ersten Zeiten der Eigenthümer des Kirchenvermögens: Christus und seine durch die Apostel repräsentirte Kirche. An die Stelle Petri und der Apostel traten der Bischof von Rom und die übri­ gen Bischöfe; und diese Succession war auch zugleich die Succession in jene Repräsentanz des Eigenthums der Gesammtkirche an dem Kirchenvermögen." Ich muß das Urtheil über diese Argumentation meines gelehrten Freundes An­ deren überlassen. 7) Man sehe §. 245. Note 13. 14. 22. 8) Beispiele geben c. 10. c. XIII. q. 2. (Conc. Vasens. a. 442), c. 11. eod. (Conc. Agath. a. 506), c. 5. c. XII. q. 5. (Idem eod.), c. 13. D. XXVIII. (Pelag. a. 557), c. 6. c XVI. q. 3. (Conc. Hispal. II. a. 619), c. 2. c. XII. q. 3. (Conc. Tolet. IX a. 655), c. 8. c. XVI. q. 3. (Conc. Constant. IV. a. 869), c. 1. X. de in integr. restit. (1. 41).

550 schofe, und in höherer Stufe dem päpstlichen Stuhle, ob, mit dem

Vermögen eine seiner Bestimmung angemessene Verwendung zu treffen. So zu verfahren ist für die Vorsteher der Kirche eine aus der Natur des Verhältnisses hervorgehende Gewissenspflicht, und so ist auch im­ mer, wenn die Kirche,

darin thatsächlich ungehindert oder von der

Staatsgewalt unterstützt war, verfahren worden.

II. Das bürgerliche

Eigenthum begreift ferner das Recht, jeden Dritten von der Einwir­

kung der Sache mit Hülfe der Gerichte

dieselbe von

auszuschließen,

dem unrechtmäßigen Besitzer

vindiciren.

zu

und

daher

In

der

Anwendung auf das Kirchengut treten dabei zwei Eigenthümlichkei­ ten ein.

Erstens ist dabei ein Eingriff Dritter zugleich ein Eingriff

in die öffentliche Gott geweihte Bestimmung, den Begriff des Sacrilegium^).

und fällt daher unter

Zweitens hat die Kirche aus

nicht die Macht, solche Eingriffe mit physischem Zwang ren und das entrissene Gut

an die Kirche zurückzubringen.

kann darauf nur mit geistlichen Strafen einwirken.

sich

abzuweh-

Sie

III. Jener erste

Bestandtheil des Eigenthumsbegriffes verhält sich zur Staatsgewalt so,

daß der Eigenthümer derselben dazu gar nicht bedarf. Blos der Sache gegenüber gedacht genügt er sich vollkommen selbst.

es sich beziehungsweise mit

dem Kirchengute.

Eben so verhält

Die Kirche verwendet

dasselbe zu seiner Bestimmung nach ihrer Pflicht und ihrem Ermes­

sen; sie verlangt dazu von der Staatsgewalt nichts, als daß sich dieselbe nicht um sie bekümmere, und so lange sie nur dieses und nicht mehr von der Staatsgewalt verlangt, hat diese das Kirchengut, eben so wie

die Verwendung des gewöhnlichen Privateigenthums,

zu ignoriren.

Dieses nicht thun und dessen Bestimmung hindern, würde heißen, den

Gottesdienst hindern,

würde also den Zustand der Verfolgung con-

stituiren. So besteht also am Kirchengut der Staatsgewalt gegenüber

ein Verhältniß, welches an sich

zwar nur

ein

factischeS, insofern

aber auch ein Rechtsverhältniß ist, als die Bekenner der Kirche, wenn sie auf ihre Religionsübung ein Recht haben, auch auf die Duldung

9) C. 10. c. XIII. q. 2. (Conc. Vasens. a. 442), Conc. Aquisgr. II. a. 836. ad Pippin, lib. III. c. 5. 6. Dieser Begriff wird in den pseudoisidorischen Decretmen aus Reaction gegen die damaligen Zeitverhältnisse nach­ drücklich hervorgehoben, c. 5. c. XII. q. 2.; daher eben so von Benedictus Levita Capital. II. 370. 404. 405. 407. Der von Phillips §. 223. Note 4. dritte c. 21. c. XII. q. 2. ist, was er übersehen hat, auch pseudoisidorisch, Ballerin. P. III. Cap. VI. §. II. n. VII. (Galland. I. 532).

551 ihres Kirchengutes ein Recht haben. Dieses war der Zustand im rö­ mischen Reich vor Constantin, wenn die Verfolgungen ruhten10)11 ; eS

ist noch

der Zustand der Katholiken in England und Nordamerika.

Daraus

folgt denn auch,

daß die Versicherungen der neuen Verfas­

sungsurkunden, „daß daS Kirchengut auf ewige Zeiten bei seiner Be­

stimmung erhalten werden solle""), für die Kirche durchaus über­ flüssig sind, und auch für die Staatsgewalt nur das aussprechen, was

sich also

nach

dem Begriff des Rechtsstaates von selbst versteht;

daß sie

nur den Werth einer geschriebenen Gewissensmahnung an die

Staatsgewalt haben, jenem Begriffe immer

getreu zu bleiben.

IV.

Der zweite Bestandtheil des Eigenthumsbegriffes, der Schutz des Ei­

genthums durch die Gerichte gegen Dritte, macht die eigentlich juri­ stische Seite des Eigenthums aus, und es hängt dabei Alles davon ab, ob und wie weit das positive Recht die Gerichte anweist, jenen Schutz

und das Klagrecht gegen Dritte zu unterstützen.

So

verhält es sich

in diesem Punkte der Staatsgewalt gegenüber auch mit dem Kirchen­

gute, und dieses tritt hierin ganz Rechts und ist also die,

in die Sphäre des bürgerlichen

unter den gewöhnlichen Eigenthumsbegriff.

Die

Frage

ob und wie weit das bürgerliche Recht ein durch den

weltlichen Arm geschütztes und vindicirbareS Eigenthum der Kirche am

Kirchengut anerkenne, Eigenthums sei?

und wer in seinen Augen das Subject dieses

Allerdings kann die Kirche diese

Anerkennung von

einem Rechtöstaate im Namen der Gerechtigkeit und religiösen Frei­

heit, von einem christlichen Staate sogar als eine Pflicht fordern, aber natürlich nicht erzwingen. ES kommt also dabei auf daS histori­

sche positive Recht an.

Darüber ist Folgendes zu bemerken.

1) Die

Fähigkeit zum Eigenthumserwerb, und Mo auch der bürgerliche Rechts­

schutz dafür, ist der Kirche von Constantin zuerkannt worden12), und ist ihr von selbst nach dem Zusammenhang unserer christlichen Staa­ tenbildung verblieben13).

Das Gegentheil bildet eine positive durch

10) So erklärt sich, daß schon vor Constantin, wie das Edict des Licinius beweist (§. 245. Note 10), von einem dem corpüs Christianorum zustehen­ den Vermögen geredet wurde. Man erkannte ganz richtig, daß, wenn man Christengemeinden factisch duldete, dieses davon die natürliche Folge war. 11) Man sehe §. 256. Note 23. 12) Licinii edict. a. 313 (§. 245. Note 10), Constantin, a. 321. in c. 1. C. de 88. eccles. (1. 2). 13) Ausdrücklich anerkannt ist dieses im Oesterr. Concordat Art. 29. Ueber andere Länder sehe man Schulte Kirchenrecht II. 491. Note 1., Maas in Moy Archiv IV. 594—604. 656-58. 677—83.

552 besondere Umstände herbeigeführte Ausnahme. Wo diese Statt findet, kann also die Kirche bürgerliches Eigenthum nicht unmittelbar, sondern nur auf den Namen eines oder mehrerer Einzelnen, besitzen und er­

werbend

2) Als das Subject dieses Eigenthums betrachtete das Ge­

setz, aus der unbestimmten factischen Anschauung heraustretend"), in

Uebereinstimmung mit der kirchlichen Auffassung16 14),17 15die 18 19 örtliche 20 Kirche

oder das örtliche Institut, dessen Zwecken das Kirchengut dient"). Dieses ist als die überlieferte Rechtsansicht anzusehen.

3) Nach dem

Entwicklungsgang der kirchlichen Verfassung im Abendlande sind auch

die Bisthümer, Kapitel oder Stifte als berechtigte Subjecte für das Eigenthum, ja sogar für öffentliche Rechte, durch die That selbst an­

erkannt worden. Diese ihre Eigenschaft liegt auch als die überlieferte Voraussetzung den Verhandlungen mit den weltlichen Regierungm

über deren Herstellung zum Grunden). 4) Stiftungen zu einem from­ men Zwecke haben von Justinian juristische Persönlichkeit erhalten"),

und dieses bildet noch jetzt das gemeine Recht"). 5) Bruderschaften sind keine zu einer Kirche wesentlichen Institute, bedürfen

werbfähigkeit der Anerkennung der Staatsgewalt.

daher zur Er­ Eine Ausnahme

muß dieses dann leiden, wenn ihr Vermögen mit dem der Kirche eine Masse bildet2"). 6) Durch die Anerkennung des bürgerlichen Eigenthums

am Kirchengute tritt dasselbe ganz unter die Garantien des gewöhn­ lichen Privateigenthums, und eine einseitige Säkularisation ist ein Act der bloßen (Sctoatt21).

7) Schwierig ist, wie es nach dem positiven

14) Man sehe darüber Note 10. 15) Man sehe Note 8. 16) C. 26. C. de SS. eccles. (1. 2), c. 54. C. de episc. (1. 3), nov. 115. c. 3. §. 14., nov. 131. c. 9. Savigny System II. §. 88. will diese Stellen von der Religionsgemeinde verstehen. Ihn haben aber Evelt und Braun vollständig widerlegt. Man sehe auch Maas in Moy Archiv IV. 658—64. 17) Dieses ist überzeugend nachgewiesen von Hüller (§. 142. Note 1) und Schulte Die Erwerbs- und Besitzsähigkeit der deutschen katholischen Bisthümer und Bischöfe überhaupt und des BiSthums und Bischofs von Limburg insbe­ sondere. Prag 1860. 18) C. 46. 49. C. de episc. (1. 3). 19) Man sehe darüber mein Deutsches Privatrccht §. 85 — 89., Roth in Gerber Jahrbücher I. 1857. S. 189—220., Braun S. 41., Maas in Moy Archiv IV. 644—51. 683—87. 20) Ein lehrreicher Fall darüber steht in Moy Archiv III. 48—55. 21) Man kann also, ja man muß anerkennen, daß das Eigenthum am Kirchengut, so weit es sich um da« Bürgerliche daran handelt, ein Ausfluß des bürgerlichen Rechts ist. Allein das Recht zur einseitigen Säcularisation folgt daraus nicht.

553 bürgerlichen Recht mit dem Kirchengut bei der Aufhebung ganzer Bisthümer oder großer kirchlicher Institute zu halten sei? Man kann nicht sagen, daß dann die allgemeine Kirche als das Eigenthumssub­ ject eintrete, indem diese Ansicht selbst nicht auf dem Boden der Kirche, um so weniger also für das bürgerliche Recht, erweislich ist22).23Die 24 Frage ist also nur die, ob das bürgerliche Recht die dann eintretende Verwendungspflicht des Bischofes oder des Papstes als allgemeines Princip anerkenne? Dieses läßt sich nicht beweisen. Es ist dieses also zur Zeit noch nur eine Frage der öffentlichen Moral. V. AuS dem Gesagten ergiebt sich von selbst das Irrige, wenn man als das Sub­ ject des Eigenthums am Kirchengut die Pfarrgemeinde als Corpora­ tion betrachtet2^). Wenn aber gar dieses Eigenthum nicht einmal der Religionsgemeinde, sondern der bürgerlichen Commune beigelegt wird, so beruht dieses auf einer Usurpation der Civilgewalt und auf der Absicht, die Kirche aller juristischen Persönlichkeit möglichst zu entklei­ den2^). VI. Im protestantischen Kirchenrecht können zum Theil die­ selben Streitfragen vorkommen25). II.

Von dem Erwerb der Kirchengüter.

Greg. III. 26. De testamentis et ultimis voluntatibus.

252. Die Kirche ist bei dem Vermögenserwerb hauptsächlich auf Schenkungen angewiesen. Die Regeln darüber sind nach ihrem Rechte 22) Hierin muß man Schulte Kirchenrecht II. 482—85. beipflichten. Anderer Meinung sind mit Vielen Evelt, Phillips, und auch Maas in Moy Archiv IV. 589—92. 651—58. 687—704. Allein die unbestimmten abstracten Ausdrücke, die er dafür anführt, sind kein zureichender Beweis für einen so concreten ju­ ristischen Begriff. 23) Man sehe Note 16. 24) Dieser Uebelstand herrscht im französischen Recht, wo die restituirten Kirchen- und Pfarrgebäude als Communalgüter erklärt wurden, Gutachten des Staatsraths vom 2. Pluviose XIII. (22. Jan. 1805). Dazu stimmt jedoch nicht die Herstellung der Kirchensabriken (§. 250), und es wird jetzt von Man­ chen mit guten Gründen das Eigenthumsrecht diesen Fabriken und anderen kirchlichen Instituten zugesprochen, so von Asire Erzbischof von Paris in seinem Traite de la propriete des biens ecclesiastiques und Traite de J’administration temporeUe des paroisses; auch von Gaudry Legislation des cultes II. 472—91. III. 361—76., Maurer Ueber Eigenthum an Kirchen mit Dependenzen in den deutschen, vormals mit Frankreich vereinigten, Gebieten auf der linken Seite des Rheins. Darmstadt 1858., Gräfs Das Eigenthum der katholischen Kirche an den ihrem Cultus gewidmeten Metropolitan-, Kathedralund Pfarrkirchen nach den in Frankreich und in den übrigen Länderrr des lin­ ken Rheinufers geltenden Gesetzen. Trier 1859. 25) Eichhorn Kirchenrecht II. 650., Richter Kirchenrecht §. 301 (287).

554 möglichst einfach.

Sehr wichtig ist es jedoch für sie, dafür auch die

Unterstützung der Staatsgesetze zu habens und diese hängt von der staatlichen Anerkennung ihrer Vermögensfähigkeit ab. Dadurch ist ihr das Recht gegeben, nach den Regeln des CivilrechtS Vermögen zu er­ werben x).

Besonders wichtig

ist aber aus nahe liegenden Gründen

der Erwerb durch letztwillige Verfügungen, nnd dafür hat die Kirche selbst besondere Privilegien erlangt. Constantin war der Erste, welcher

(321) den Vermächtnissen an eine Kirche, deren Erfüllung bis dahin blos vom Gewissen der Betheiligten abhängig gewesen war,

bürger­

liche Kraft ertheilt?). Von da an wurde bald jede Erbeinsetzung und jedes Vermächtniß zu einem frommen Zweck, wenn auch die eingesetz­

ten Anstalten

oder Personen ganz unbestimmt genannt waren, für

rechtsbeständig erklärts), und den Bischöfen auferlegt, für deren Voll­ ziehung Sorge zu tragen4* ). 2 3 Auch sollte bei solchen Vermächtnissen der Erbe, was ihm sonst nach dem Faleidischen Gesetz erlaubt war,

nicht ein Viertheil für sich abziehen dürfen5). Uebrigens mußte aber

doch die gehörige Form der Testamente beobachtet6), und die Schen­ kung, wenn sie eine gewisse Summe überstieg, öffentlich insinuirt wer­ den 7).

In den germanischen Reichen nahmen diese Verhältnisse fol­

gende Wendung.

Testamente waren den Germanen ursprünglich un­

bekannt und aus Rücksicht auf die Blutsfreunde verhaßt.

Vermächt­

nisse zu einem frommen Zwecke kamen daher anfangs nur von Seiten der Geistlichen vor, da diese nach römischem Recht lebten; dann aber

hatte der Bischof dem römischen Rechte gemäß die Vollziehung

zu

betreiben, wodurch also das bischöfliche Gericht sich mit solchen Sa­

chen befassen mußte. Dasselbe trat ein, als allmählig solche Vermächt­ nisse auch von Seiten der Laien geschahen.

Dadurch wurde nun die

Kirche veranlaßt, über die Behandlung derselben gewisse Regeln auf­ zustellen.

Gestützt auf den Gesichtspunkt der Religiösität, den man

dabei besonders festhielt, sprach sie als Grundsatz aus, daß der Mangel

]) Ausdrücklich anerkannt ist dieses im Oesterr. Coneordat Art. 29. 2) C. 1. C. de SS. eccles. (1. 2). 3) C. 26. 6. de SS. eccles. (1. 2), c- 24. 28. 46. 49. C. de.episc. et der. (1. 3). 4) C. 28. 46. 49. C. de episc. (1. 3), nov. 131. c. 11. 5) C. 49. C. de episc. (1. 3), nov. 131. c. 12. Doch ist es nicht im» bestritten, ob diese Vorschrift fo ganz unbedingt zu verstehen sei. 6) C. 13. C. de SS. eccles. (1. 2). 7) C. 19. C. de SS. eccles. (1. 2), c. 34. pr. §. 1. c. 36. pr. C. de donat. (8. 54).

555 einer bloßen Formalität hier nicht so streng wie bei den gewöhnlichen Testamenten behandelt werden dürfe, so lange nur noch eine Gewiß­

heit des Willens übrig bliebe8); ja es sollte selbst eine blos mündlich hinterlassene Verfügung dieser Art verbindlich sein8).

Diese Ansicht

bildete sich nun im Gegensatz des römischen Rechts, welches auch noch in mehreren Ländern In Uebung blieb, immer mehr aus, und wurde

im zwölften Jahrhundert von den Päpsten durch den Grundsatz be­ festigt,

daß ein Vermächtniß zu Grinsten einer frommen Stiftung,

auch vor zwei oder drei Zeugen errichtet, gültig sei'8).

Ein anderes

Vorrecht erhielten diese Vermächtnisse dadurch, daß ihre Vollziehung auch ganz dem Willen einer dritten Person anvertraut werden dürfeu).

Beide Privilegien sind nachmals auch in der bürgerlichen Praxis an­

erkannt geblieben. entstanden, ob

Doch ist über den Sinn des Ersteren der Streit

die öorgeschriebene Zahl der Zeugen der feierlichen

Form, oder blos des Beweises wegen genannt sei.

Nimmt man, wie

eS nach dem Geiste des canonischen Rechts richtiger scheint, letzteres an, so ist ein solches Testament auch ganz ohne Zeugen gültig, wenn der Beweis des Willens auf andere Weise sicher geführt werden kann.

Durch die Praxis ist auch noch ein drittes Vorrecht entstanden, näm­

lich, daß wenn das Testament auch im Uebrigen nichtig ist, das Ver­ mächtniß zu einem frommen Zweck doch aufrecht erhalten wird.

Alle

diese Vorrechte sind jedoch durch die neueren Landesgesctze für das bürgerliche Forum nicht selten beschränkt oder ganz aufgehoben wor­

den.

Vermächtnisse an eine Kirche verbleiben dieser aber jetzt ganz,

und der Abzug eines Viertheils (quarta legatorum) für den Bischof,

welcher sonst als eine Folge der ursprünglichen Vertheilung des Kir-

8) Conc. Lugdun. II. a. 567. c. 2. Quia multae tergiversationes infidelium ecclesiam quaerunt collatis privare donariis , id convenit inviolabiter obsefvari, ut testamenta, quae episcopi 3 presbyteri seu inferioris ordinis derlei, vel donationes aut quaecunque instrumenta propria voluntate confecerint, quibus aliquid ecclesiae aut quibuscunque conferre videantur, omni stabilitate consistant. Id specialiter statuentes, ut etiamsi quorumeunque religiosorum voluntas aut necessitate aut simplicitate aliquid a saecularium legum ordine videatur discrepare, voluntas tarnen defunet'orum debeat inconcussa manere et in omnibus Deo propitio custodiri. 9) C. 4. X. de testam. (3. 26). Gregors des Großen.

10) C. 11. X. de testam. (3. 26). 11) C. 13. X. de testam. (3. 26).

£ ^se Stelle ist aus einem Briefe

556

cherwermögens vorkam12), ist nicht mehr im Gebrauch. Uebrigens ist, selbst in den meisten katholischen Ländern, der Gütererwerb der Kirche

doch nicht mehr ganz unbedingt frei gegeben, sondern durch die Amor-

tisationsgesetze mehrfach beschränkt, gewöhnlich so, daß Schenkungen, Vermächtnisse und andere Veräußerungen an eine fromme Stiftung

(ad manum mortuam) nur bis zu einer gewissen Summe erlaubt,

oder an die Zustimmung der Regierung gebunden sind13).

Gesetze

dieser Art finden sich schon seit dem dreizehnten Jahrhundert, beson­ ders weil durch die Veräußerung von Grundstücken an geistliche oder

weltliche (Korporationen mehrere Lehns - und andere öffentliche Ver­

pflichtungen litten").

Auch in Rußland ist ein solches Gesetz von

Iwan IV. Wasiljewitsch 1580 erlassen worden.

Von der Verwaltung und Veräußerung des Kirchengutes.

III.

Greg. III. 13. Sext. III. 9. Clens. III. 4. Extr. comm. III. 4. De rebus ecclesiae alienandis vel hon, Greg. III. 19. De rerum permutatione, III. 20. De feudis, III. 21. De pignoribus et aliis cautionibus, III. 22. De fideiussoribus, III. 23. De solutionibus, III. 24. De donationibus. 253. Obigen

Das Recht der Kirche am Kirchengute begreift nach dem

als

das Regelmäßige das Recht oder vielmehr die Pflicht,

dasselbe seiner Bestimmung gemäß zu verwenden und zu verwalten; außerordentlicherweise aber auch die Befugniß, dasselbe zu veräußern *).

Die Verwaltung ist an die verschiedenen Aemter und Institute, welche mit Kirchengut dotirt sind, vertheilt.

Hinsichtlich der Veräußerung

haben die Kirchengesetze, um das Kirchengut bei seiner Bestimmung zu erhalten, den Bischöfen schon seit der ältesten Zeit die Bedingun-

12) C. 14. 15. X. de testam. (4. 26). 13) In Preußen ist bei Schenkungen und Vermächtnissen bis zu 1000 Thalern nur die Anzeige bei der Regierung, darüber hinaus die landesherrliche Genehmigung erforderlich, Gesetz vom 15. Mai 1833., Kabinets-Ordre vom 21. Juli 1844. >14) Das erste Gesetz ,in England über die Veräußerungen an die todte Hand (mortmain) ist von Heinrich III. (1225), 9. Henr. III. c. 36. Größere Beschränkungen machte Eduard I. (1279 und 1285) und Richard II. (1392), 7. Edward I. st. 2., 13. Edw. I. c. 32., 15. Rich. II. c. 5. Unter Heinrich VIII. (1532) wurden diese auch uf solche geistliche Anstalten ausgedehnt, welche nicht Corporationen waren, 23. Henr. VIII. c. 10. Doch sind auch wieder mancherlei Milderungen gemacht worden. Das neueste Gesetz über diesen Ge­ genstand ist 43. Georg. III. c. 108. §. 1. 2. 4. 1) Dieses ist auch anerkannt im Oesterr. Coneordat. Art. 30.

557 gen genau vorgezeichnet, unter denen allein sie eine Veräußerung des­

selben vornehmen oder zugeben dürfen,

auch durch

und diese Vorschriften sind

die römischen Kaiser, durch die fränkischen Könige und

durch die Decretalen wiederholt eingeschärft und weiter ausgebildet worden.

Nach diesen Gesetzen ist die Veräußerung eines Kirchengutes

nur aus einer gerechten Ursache und

unter gewissen Förmlichkeiten

zugelassen.

Als gerechte Ursache gilt entweder eine

wmdigkeit,

Bezahlung der Schulden der Kirche,

dringende Noth-

Befreiung der Ge­

fangenen, Unterhalt der Armen während einer Hungersnoth, in wel­

chen Fällen selbst die geweihten Sachen angegriffen werden dürfen9); oder ein entschiedener Vortheil, der daraus der Kirche zufließt 3). Zur

gesetzlichen Form gehört regelmäßig

und ehedem

die Zustimmung

auch die Bestätigung durch

des Kapitels 4)

das Provinzialconcilium5).

Da aber später die Bischöfe und die Kapitel, zum Theil auch durch

die Einwirkung politischer Umstünde, gen vornahmen,

viele willkührliche Veräußerun­

so haben die Päpste Alienationen

überhaupt ohne

Zustimmung deS apostolischen Stuhles bei Strafe der Excomnrunica-

tion und anderer kirchlicher Censuren verboten6). Dieses ist zwar an

vielen Orten nicht zur Geltung gekommen, teresse der Kirche beobachtet werdens.

sollte aber doch im In­

Außerdem ist aber auch, we­

gen des eigenen Interesses, das die weltliche Obrigkeit an der Erhal­

tung des Kirchengutes hat, insgemein auch deren Zustimmung noth­ wendig^). schon

Bei der Veräußerung zur Bezahlung

der Schulden fand

nach dem römischen Recht ein besonderes Verfahren (Stott9);

jetzt hängt dieses von den Landesgesetzen ab.

Sind diese Vorschriften

2) C. 70. c. XU. q. 2. (Ambros, a. 377), c. 50. c. XII. q. 2. (Conc. Carth. VI. a. 419), c. 21. C. de 88. eccles. (1. 2), nov. 120. c. 9. 10., c. 14. 16. c. XII. q. 2. (Gregor. I. a. 597), c. 15. eod. (Idem a. 598), c. 13. eod. (Conc. Constant. IV. a. 869). 3) C. 52. c. XII. q. 2. (Leo I. a. 447), c. 20. eod. (Symmach. a. 502), c. 1. de reb. eccles. non allen, in VI. (3. 9). 4) C. 51. c. XII q. 2. (Conc. Carth. VI. a. 419), c. 52. eod. (Leo I. a. 447), c. 53. eod. (Conc. Agath. 506), c. 1. 2. 3. 8. X. de his quae sinnt a praelat. (3. 10), c. 2. X. de donat. (3. 24), c. 2. de reb. eccles. non allen, in VI. (3. 9). 5) C. 39. c. XVII. q. 4. (Conc. Carth. VI. a. 419). 6) C. 2. de reb. eccles. in VI. (3.9), c. un. Extr. comm.eod. (3.4). 7) Man sehe darüber Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. XII. cap. 8. n. 9—11. 8) So sagt auch das Oesterr. Coneordat Art. 30. 9) Nov. 120. c. 6. §. 2. , Auth. Hoc ins ad c. 14. C. de 88. ec­ cles. (1. 2).

558

nicht befolgt, so ist die Veräußerung nichtig, und die Kirche hat das Recht, die Sachen zurückzufordern10).

Ist aber

die Veräußerung

gültig geschehen, so kann die Kirche wegen Verletzung nur eine Wie­ dereinsetzung in den vorigen Stand nachsuchenu).

Veräußerung wird

aber hier überall im weitesten Sinne genommen,

und begreift nicht

blos die Fälle, wo das Eigenthum ganz verloren geht, als Verkauf12),

Tausch") und Schenkung"), selbst wenn diese zur Errichtung einer gottesdienstlichen Anstalt bestimmt wäre"):

sondern auch

Einräu­

mung einer Hypothek") oder Servitut, Ausschlagung eines zufallen­

den Gewinnes,

Jnfeudation ") und Ertheilung

Grundstücke in Erbpacht").

bereits

angebauter

Bei den Protestanten gelten über die

Veräußerung der Kirchengüter ähnliche Grundsätze; nur ist in Deutsch­

land das Consistorium oder

der Landesherr

an die Stelle des Bi­

schofs getreten.

IV.

Von den Bestandtheilen des Kirchengut». A) Grundstücke, Renten, Capitalien.

Greg. III. 14. De precariis, III. 18. De locato et conducto, HI. 20. De feudis. 254.

Das Kirchengut kann

wie jedes

gewöhnliche Vermögen

aus mancherlei Bestandtheilen zusammengesetzt sein. Grundstücke, welche der Kirche gehören, werden gewöhnlich verpachtet. Zur Sicherstellung

des

kirchlichen Eigenthums

sind jedoch die Verpachtungen auf

eine

10) C. 42. c. XII. q. 2. (Conc. Ancyr. a. 314), c. 20. eod, (Symmach. a. 502), c. 14. §. 1. c. 21. C. de SS. eccles. (1. 2), nov. 7. c. 5., nov. 120. c. 9., c. 6. 12. X. de red. eccles. non allen. (3. 13), c. 3. X. de pignor. (3. 21), c. 1. 2. de red. eccles. in VI. (3. 9). 11) C. 1. X. de in integr. restit. (1. 41), c. 11. X. de red. eccles. (3. 13). 12) C. 20. c. XII. q. 2. (Symmach. a. 502), nov. 7. c. 1., c. 5. X. de red. eccles. (3. 13). 13) C. 14. 17. C. de 88. eccles. (1. 2), nov. 7. c. 1. 5., nov. 120. c. 7-, c. 2- X. de rer. permut. (3. 19). 14) Nov. 7. c. 1. 5., c. 2. 3. X. de donat. (3. 24). 15) C. 74. c. XII. q. 2. (Conc. Tolet. IX a. 655), c. 9. X. de do­ nat. (3. 34). 16) C. 21. C. de 88. eccles. (1. 2), nov. 7. c. 5. 6., c. un. Extr. comm. de red. eccles. (3. 4). 17) C. 2. X. de locat. (3.18), c. 1. X. de send. (3.20), c. un. Extr. comm. de red. eccles. (3. 4). 18) C. 17. C. de 88. eccles. (1. 2), nov. 7. c. 1. 3. 7., nov. 120. c. 1. 5. 6., c. 5. 9. X. de red. eccles. (3. 13), c. 2. eod. in VI. (3. 9).

559 lange Zeit untersagt *), und nach dem gemeinen Recht selbst nur auf

drei Jahre erlaubt^), was aber nicht beobachtet wird8).

Die Ver­

leihung eines Gutes in Erbpacht ist nur an neu gerodeten Grund­

stücken 41)2 und 3 an solchen, woran bereits eine Erbpacht bestand5),6 ge­ stattet ;

das Rechtsverhältniß

selbst wird dann nach den Regeln des

römischen Rechts beurtheilt8). Eben so dürfen Jnfeudationen mit Kirchongütern, wie bemerkt, nicht von Neuem vorgenommen, sondern nur

wo sie

herkömmlich sind,

erneuert werden 7). 8 9 10 In der älteren Zeit

kamen auch an den Kirchengütern häufig Precarien bor8).

An deren

Stelle entstand seit dem zwölften Jahrhundert besonders in England

der Gebrauch, daß man kirchliche Grundstücke und Einkünfte in Firm­ pacht gab8). Da aber dieses Verhältniß häufig dazu gebraucht wurde, um die Benutzung von Kirchengütern, so wie früher durch die Jnfeudation und die Commenden geschehen

war,

in weltliche Hände zu

spielen, so wurden solche Firmpachten an Laien verboten^).

Gülten

und Renten, welche der Kirche zuftehen, werden nach den gewöhnli­ chen Rechtsprinzipien behandelt.

Auch in Ansehung

der Capitalien,

welche eine Kirche ausleiht, genießt sie nach dem gemeinen Recht we­ der eine gesetzliche Hypothek,

noch ein persönliches Vorrecht;

daher

1) Conc. Trid. Sess. XXV. cäp. 11. de ref. 2) C. un. Extr. comm. de reb. eccles. (3. 4). 3) Die neueren Provinzialconcilien und Landesgesetze haben gewöhnlich die Verpachtung auf neun Jahre als Regel angenommen. 4) C. 7. X. de reb. eccles. non allen. (3. 13). 5) C. un. Extr. comm. de reb. eccles. (3. 4). 6) Nov. 7. c. 3. 7., nov. 120. c. 6. 8., c. 4. X. de locat (3. 18). 7) C. 2.X. de send. (3. 20), c. un. Extr. comm. de reb. eccles. (3.4). 8) Eine Precarie war im Allgemeinen die Verleihung eines Grundstückes zur Benutzung auf unbestimmte Zeit. Dieses war, wo es der Kirche Nutzen brachte, erlaubt, nur mußte der Leihbrief von fünf zu fünf Jahren erneuert werden, c. 5. c. X. q. 2. (Conc. Belvac. a. 845) oder c. 1. X. de precar. (3.14). Eine sehr häufige Allwendung dieses Verhältnisses war die, daß wenn Jemand sein Gut an die Kirche schenkte, er sich von dieser in einer eigenen Ur­ kunde (praestaria) den lebenslänglichen Nießbrauch daran bewilligen ließ, und ihr auch umgekehrt zu ihrer Sicherheit einen Bittbries (precaria) darüber aus­ stellte, Marculf. form. II. 5. 40., Append. 27. 28. 41. 42. Es konnte selbst für das, was man als Eigenthum hingab, das Dreifache zum lebenslänglichen Nießbrauch zurückgegeben werden, c. 4. c. X. q. 2. (Conc. Meldens, a. 845), Capit. Carol. Calv. in villa Sparnac. a. 846. c. 22. Doch wurden die Pre­ carien bald auch sehr willkührlich ertheilt, und dieses verboten, Capit. Lothar. I. ad leg. Longob. c. 21. Diese Stelle ist wiederholt im c. 6. c. X. q. 2., c. 2. X. de precar. (3. 14). 9) C. 2. X. de locat. et cond. (3. 18). 10) Conc. Londin. a. 1237. c. 8., Conc. Lambeth, a. 1281. c. 18., Conc. Exon. a. 1287. c. 25., Conc. Cicestr. a. 1249. c. 31.

560 wird es gewöhnlich sowohl von den Provinzialconcilien wie von den Landesgesetzen den Administratoren kirchlicher

Anstalten zur Pflicht

gemacht, die Kirchengelder nicht anders als gegen ausdrückliche Hypo­

thek auszuthun.

B) Von den Primitien, Oblationen und Zehnten. Greg. III. 30. Sext. III. 13. Clem. III. 8. Extr. comm. HI. 7. De deciinia, primitiis et oblationibus. 255.

Die Einnahme,

der Erstlinge

welche der Kirche aus dem Darbringen

von den Feldfrüchten zuflvß,

wohl überall verloren;

hat sich im Abendlande

im Orient bestehen sie aber noch jetzt.

Die

Oblationen verbleiben nach dem jetzigen Gebrauch regelmäßig bei der Kirche, wo sie dargebracht werden, und fallen, je nachdem es der Wille des Gebers oder die Observanz mit sich bringt, den Geistlichen, den

Armen und der Kirche zu').

Die Zehnten endlich gehören zu den

Einkünften des Pfarrers, und dieses bildet die gemeine Regela). Zwar

sollte davon, dem strengen Rechte nach, noch ein Viertheil an dm Bischof abgegeben werden8); allein dieses ist nirgends mehr im Gebrauch.

Jenes Zehntrecht erstreckt sich jedoch nur auf Erzeugnisse des Bodens und der Thiere^);

die Personalzehnten,

welche noch im Mittelalter

von dem Erwerb durch Kunst oder Gewerbe verlangt wurden 5), sind

überall abgekommen.

Eine Zeitlang wurde noch statt derselben aus

dem Nachlaß jedes Pfarrgenossen unter dem Namen des Mortuarium an

die Kirche etwas entrichtet8),

wovon ebenfalls dem Bischof ein

Viertheil zufiel'); allein beides ist, mit Ausnahme von England, auch ganz abgekommen. Selbst aber hinsichtlich der Prädial-und Blutzehnten

sind durch das Herkommen mancherlei Ausnahmen und Beschränkun­ gen entstanden. Auch kommen Theilungen des Zehntrechts vor, so daß

1) Al« Beispiel örtlicher Observanz ist lehrreich Segesser Rechtsgeschichte von Lucern II. 779. 2) C. 7. 13. 29. X. de decim. (3. 30). 3) C. 16. X. de off. iud. ordin. (1. 31) , c. 4. X. de praescript. (2. 26), c. 13. X. de decim. (3. 30). Man sehe dazu §. 247. Note 15. 4) Man sehe dazu Segesser II. 762—76. 5) C. 66. c. XVI. q. 1. (Augustin, c. a. 420), c. 4. c. XVI. q. 7. (Ambros, inc. ann.), c. 5. 20, 22. 23. 28. X. de decim. (3. 30). 6) Ducange Glossar, v. Abbadia, Mortuarium. Der Ausdruck, Mor­ tuarium, bezeichnet jedoch zuweilen auch ein Vermächtniß, c.14. X. de testam. (3. 26). 7) C. 16. X. de off. iud. ord. (1. 31), c. 4. X. de praescript. (2,26).

561 einem Anderen der kleine Feld - und Blutzehnte,

Einem der große,

oder Einem ein Zehntrecht nur an gewissen Grundstücken znsteht. Was

übrigens die näheren Rechtsfragen betrifft,

die bei dem Zehntwesen

entstehen können, so hatte darüber das canonische Recht, weil solche

Streitigkeiten vor die geistlichen Gerichte gehörten, eine genaue Theorie ausgebildet.

Jetzt aber werden solche Sachen fast überall vor dm

weltlichen Gerichten verhandelt,

und

außer den Bestimmungen des

canonischen Rechts muß dabei auch die neuere Doctrin und Gesetzge­

bung und das Herkommen zu Rathe gezogen werden.

Von den Vorrechten des Kirchengutes.

V.

Greg. IT. 26. Sext. II. 13. De praescriptionibua, Greg. III. 49. Sext. III. 23. Giern. III. 17. Extr. comm. III. 13. De immunitate ecclesiarum, coemeterii et reruin ad eas pertinentium. 256.

Die Kirchengüter

hatten früher aus Rücksicht auf ihre

Bestimmung mehrere allgemeine Vorrechte,

jetzt erhalten haben.

die sich zum Theil bis

I. Gegen eine geistliche Anstalt, welche Grund­

stücke oder Gerechtsame, die ihr entzogen worden waren, zurückforderte, sollte nach einer Verordnung Justinians, welche bald auch auf das Abendland und insbesondere auf die römische Kirche ausgedehnt wurde,

nur eine hundertjährige Verjährung schützen *).

Später wurde diese

aber auf eine vierzigjährige eingeschränkt2). Unstreitig war diese Be­ schränkung auch mit für die römische Kirche erlassen, und wurde hier auch wirklich eine Zeitlang anerkannt2).

Allein später wurde für sie

wieder das Vorrecht der hundertjährigen Verjährung geltend gemacht*). Bewegliche Sachen der Kirche können übrigens in der gewöhnlichen

Frist von drei Jahren usucapirt werden2).

II. Da das Kirchengut

zu sehr wichtigen öffentlichen Zwecken dient, so liegt es nahe, dasselbe

mit bürgerlichen Lasten und Abgaben zu verschonen2).

In diesem

1) C. 23. C. de 88. eccles. (1. 2), nov. Inst. 9. 2) Nov. 111. c. 1., nov. 131. c. 6. (c. 3. c. XVI. q. 14), c. 4. 6. 8. X. de praescript. (2. 26). 3) C. 2. c. XVI. q. 4. (Greg. I. a. 590). 4) C. 17. c. XVI. q. 3. (Johann. VIII. c. £ 878), Auth. Quas actiones ad c. 23. C. de 88. eccles. (1. 2), c. 13. 14. 17. X. de praescript. (2. 26), c. 2. eod. in VI. (2. 13), Const. Ad honorandam. Benedict. XIV. a. 1752. §. 30. 5) Auth. Quas actiones ad c. 23. C. de 88. eccles. (1. 2), Gratian. §. 4. ad c. 16. c. XVI. q. 3. 6) Davon handelt Mattes Einwirkungsrechte der Staatsgewalt auf das Kirchenpermögen (Tübinger Theolog. Quartalschrift 1845. S. 235—290). Walter'- Kirchenrecht.

I3te Auflage.

36

562 Geiste sprach schon Konstantin die Befreiung desselben aus7). Jedoch

galt diese nicht unbedingt; sondern unter seinen Nachfolgern hatte die Kirche, und auch nicht ohne Abwechslung, blos die Freiheit von dm

meisten niedrigen Lasten (munera sordida)8) und den außerordentlichen Steuern8); von den regelmäßigen Abgaben aber nicht10).

Im frän­

kischen Reiche gab eS eine allgemeine regelmäßige Besteuerung nicht;

wohl aber mancherlei gelegentliche Lasten, Kriegsdienst, Frohndm und andere Naturalleistungen.

Die Könige ertheilten nun gleich anfangs

den Stiften und Klöstern an den Grundstücken, welche sie denselben

verliehen, die völlige Immunität"); und bald wurde dieses durch die Jmmunitätsbriefe auf alle deren Besitzungen ausgedehnt12).

Eben so

sollte den einzelnen Pfarrkirchen ein bestimmtes Maß von Ländereien (mansus ecclesiae) frei von allen Lasten und Prästationen angewiesen

werden1S). Von anderen dem Könige zinsbar gewesenen Grundstücken,

die etwa durch Schenkung an die Kirche kamen, mußte aber doch der Zins ferner gezahlt werden "). Jene Befreiung war auch dadurch wohl­

verdient, daß damals die Kirche aus ihrem Vermögen nicht blos den

Unterhalt des Gottesdienstes und der Geistlichen, sondern auch viele andere öffentliche Anstalten, das Unterrichtswesen, die Armen- und Kran­

kenpflege, den Bau der Kirchen und anderer Denkmäler bestritt, also

doch in einer andern Form zum gemeinen Besten beisteuerte. Auch lagen den Kirchen doch manche eigenthümliche Lasten ob.

Die Könige hatten,

wenn sie im Reiche umherreisten, bei den Bischöfen und Aebten das Recht des freien Einlagers (ins gistii sive metatus), sie empfiengen von

denselben, so wie von den übrigen Großen des Reiches, dem Herkom­ men nach jährlich ansehnliche Geschenke (dona gratuita), und konnten sie von den denselben verliehenen Reichsgütern zum gewöhnlichen Kriegs-

7) C. 1. C. Th. de annon. (11. 1). 8) Welches diese waren zeigt c. 15. 18. 21. 22. C. Th. de extraord. muner. (11. 16). 9) C. 40. C. Th. de episc. (16. 2), nov. Inst. 131. c. 5. 10) C. 15. C. Th. de episc. (16. 2), c. 3. C. J. de episc. (1. 3). 11) Conc. Aurel. I. a. 511. c. 5., Const. Chlotar. I. c. a. 560. c. 9. WaS in Benedict. Levit. Capital, lib. II. c. 109. steht, ist aus Julian ent­ nommen, und beweist für die fränkische Zeit nichts. 12) Darauf gründet stch der c. 69. c. XXII. q. 2. (Conc. Tolet.IH. a. 589). 13) Capit. reg. Franc, lib. I. c. 85., Capit. Ludov. a. 816. c. 10., Capit. Ludov. a. 829. sect. I. c. 4., Capit. Carol. Calv. apud Tusiac. a. 865. c. 11., c. 24. c. XXIII. q. 8. (Conc. Meldens, a. 845), c. 25. eod. (Conc. Wormac. a. 868). 14) Capit. III. Carol. M. a. 812. c. 11., Capit. IV. Ludov. a. 819. c. 2.

563 und anderen Reichsdienst anhalten15). So blieb es bis in das Mit­ telalter.

Nun aber wurde die Freiheit des Kirchengutes dadurch be­

droht, daß die Staatsobrigkeiten und andere kleine Magnaten das kirch­

liche Vermögen in den mannichfaltigsten Formen mit Steuern beleg­ ten. Dawider vertheidigte die Kirche ihr altes gutes Recht selbst durch Androhung der Excommunication16)17 , und erhielt dafür auch die Un­

terstützung des Kaisers"). Daneben machte sie es jedoch den Bischö­ fen ausdrücklich zur Pflicht,

der bürgerlichen Obrigkeit in der Noth

durch freiwillige Gaben beizustchen18)19 , 20 und in diesem Geiste wurde

wirklich den Kirchen in Nothfällen auf Ansuchen der Fürsten von den Päpsten und Concilien Steuern auferlegt. Durch öftere Wiederholung

wurden diese Nothsteuern in mehreren Reichen zu einem festen Her­ kommen; eben sich

so erhielten sich die alten Iahresgeschenke, ohne daß

deswegen die Geistlichkeit der Verpflichtung entbunden hielt,

in

dringenden Nothfällen dem gemeinen Besten noch freiwillige Opfer darzubringen'").

Alles zusammen gerechnet waren daher die Kirche

und der Klerus in Frankreich vor der Revolution8"), wie auch in

Spanien, eben so stark besteuert wie die übrigen Stände. In Deutsch­ land erhielten diese Verhältnisse dadurch, daß die Bischöfe und Aebte

Reichsfürsten und Landesherren wurden, eine andere Richtung.

Ihre

Verpflichtung zum Kriegsdienste dauerte in dem Beitrag, den sie der Reichsmatrikel gemäß zum Reichsheer stellen mußten, fort. Regelmäßige

«Steuern an das Reich kamen aber, außer derjenigen, die zum Unter­ halt des Reichskammergerichts bestimmt war, nicht auf, weil jeder

15) Näheres über diese Leistungen findet man bei Thomassin. Vet. et nov. eccles. discipl. Part. III. lib. I. cap. 38—48. Man sehe auch meine Deutsche Rechtsgeschichte I. §. 127. 130. 132. 134. 135. 138. 16) C. 4. 7. X. de immun, eccles. (3. 49), c. 1. 3. de immun, in VI. (3. 23), c. 4. de censib. in VI. (3. 20), dem. un. de immun, eccles. (3. 17), dem. 3. de censib. (3. 13). 17) Frider. II. const. a. 1220. c. 2. (Pertz Leg. II. 243) oder Auth. ad c. 2. C. de episc. (1. 3). 18) C. 4. 7. X. de immun, eccles. (3. 49). 19) Als Philipp der Schöne sein Volk durch unerhörte Münzneuerungen drückte, bot ihm die Geistlichkeit ein Zehntheil ihrer Einkünfte, um von diesem Wucher abzustehen. Im sechzehnten Jahrhundert half sie durch verschiedene Snbstdien die verpfändeten Krongüter wieder einlösen. In den sieben Jahren vor der Revolution brachte der französische Klerus an freiwilligen Geschenken zwei und vierzig Millionen Livres. Zuletzt erbot er sich, um die Sacularisation abzmvenden, zu einem Geschenk von vierhundert Millionen. 20) Für diese Behauptung kann man einen unverwerflichen Gewährsmann stellen: Necker sur Padministration des finances de la France T. II. p. 297.

564 Fürst die Kosten seiner Landeöverwaltung selbst bestritt und dadurch

die Abgaben, die er von seinen Unterthanen erhob, unmittelbar ver­ wendete.

In den einzelnen Territorien aber war den Prälaten als

Landständen die Möglichkeit gegeben, die Freiheit des Kirchengutes

zu vertheidigen.

In der neueren Zeit sind diese aber nach und nach

größtentheils verschwunden. Dieses läßt sich auch selbst im Sinne der

Kirche dadurch rechtfertigen, daß jetzt die fortgeschrittenen Staats­ bedürfnisse von allen Staatsangehörigen vermehrte Opfer gebieterisch

verlangen.

Man hätte jedoch bei der Aufhebung dieses alten histori­

schen Rechtes die Form mehr schonen können, was sehr leicht zu ma­

chen gewesen wäre. III. Das Kirchengut soll, den frommen Absichten gemäß, denen es seine Entstehung verdankt, bei seiner Bestimmung möglichst erhalten werden. Um eS zu schützen, drohte daher die Kirche

denen, die sich daran vergreifen würden, mit dem göttlichen Gericht,

und die Schenker selbst fügten

deshalb ihren Schenkungsbriefen ge­

wöhnlich fürchterliche Fluchformeln bei.

Auch die fränkischen Könige

ertheilten darüber die feierlichsten Versicherungen2^). Die Kirche stellt jedoch darum nicht in Abrede,

daß nach dem Laufe der Zeiten auch

das Kirchengut einer Veränderung, Umwandlung und Reduction un­

terworfen sein kann; nur verlangt sie nach den Grundsätzen der Gerechttgkeit, daß dieses von der Staatsgewalt nicht einseitig, sondern

in Rücksprache mit den kirchlichen Oberen geschehe.

Alles dieses hat

dennoch die Kirche in Frankreich, Deutschland, Spanien und Sardinien

nicht vor einer einseitigen höchst gewaltthätigen Säkularisation bewah­

ren tönnen21 22). 23 Neuere Verfassungsurkunden enthalten aber darüber

wieder beruhigende Versicherungen22).

21) Man sehe darüber §. 248. Note 5. 22) Wenn Eichhorn n. 797. zur Beschönigung derselben sagt, daß das Kirchengut keine wirkliche kirchliche Bedeutung und Verwendung für die Religioueübung mehr gehabt habe, so ist dieses factisch unwahr. In den Klöstern und Stiften war die Religionsübung statutenmäßig noch immer die Hauptsache. Von ihnen gieng Gottesdienst, Seelsorge, Armenpflege und Unterhalt der Kir­ chen aus. Waren darin Reformen und Reductionen des Personals nothwendig, so konnten diese in Uebereinstimmung mit den kirchlichen Oberen leicht bewirkt werden. Eichhorns Satz ist nur richtig in Beziehung auf die landeshoheitlichen Rechte, die in Deutschland an den BiSthümern und Abteien hiengen. 23) Vers. Urk. von Polen vom 27. Nov. 1815. §. 13., Bayern vom 26. Mai 1818. Tit. IV. §. 9.10., Bayer. Stetig. Edict vom 26. Mai 1818. §. 31. 44—49., Sets. Urk. von Baden vom 22. Aug. 1818. §.20., Würtemberg vom

565

Drittes Kapitel.

Bon den Pfründen.

I. 257.

Die Pfründen

Begriff der Pfründe». oder Beneficien sind der Theil des Kir­

chengutes, welcher zur Dotation der Kirchenämter bestimmt ist. Nach der heutigen Disciplin muß regelmäßig mit jedem Amte eine solche

Dotation in Grundstücken oder anderen Einkünften verbunden sein. DaS Amt und die Pfründe gehören daher unzertrennlich zusammen,

und letzteres wird wie ersteres auf Lebenszeit ertheilt. Doch soll daS

Amt und nicht das damit verknüpfte Einkommen

als die Hauptsache

betrachtet werden (beneficium datur propter officium) *).

Neben

diesen eigentlichen Pfründen kamen aber sonst mehrere uneigentliche

Verhältnisse dieser Art vor.

Schon frühe findet sich,

daß ein erle­

digtes Bisthum oder eine Abtei einem benachbarten Geistlichen zur

einstweiligen Verwaltung anvertraut wurde. Später bediente man sich dieser Form, um einer Person, selbst für ihre ganze Lebenszeit, die

Einkünfte aus mehreren Aemtern zuzuwenden,

ohne

doch geradezu

wider das Verbot der Cumulirung der Aemter zu verstoßen ^). solche

Eine

dem Scheine nach blos außerordentlicher" Weise anvertraute

Verwaltung wurde eine Commende (commenda, custodia,

dia) genannt.

guar-

Wegen der vielen Mißbräuche, die dabei vorfielen,

suchte man sie aber allmählig zu beschränken und abzuschaffen °). Eine

25. Sept. 1819. §.77. 82., Großherz. Hessen vom 17. Dec. 1820. §. 43.44., Sachsen-Coburg vom 8- Aug. 1821. §. 29. 30., Sachsen-Meiningen vom 23. Aug. 1829. Art. 33., Churhessen vom 5. Januar 1831. §. 138. vom 13. April 1852. §. 106. vom 30. Mai 1860. §. 112., Altenburg vom 29. April 1831. §. 155., Königreich Sachsen vom 4. Sept. 1831. ß. 60.. Hannover vom 26. Sept. 1833. §. 68., vom 6. August 1840. §. 77., Waldeck vom 17. August 1852. §. 43. — Man sehe auch das Oesterr. Concordat Art. 29. 31. 1) C. ult. de rescript. in VI. (1. 3). 2) C. 3. o7 XXI. q. 1. (Leo IV. c. a. 850), c. 54. §. 5. X. de elect. (1. 6). 3) C. 1. Extr. comm. de praebend. (3. 2), Conc. Trid. Sess. XXIV. cap. 17. de ref. Sess. XXV. cap. 21. de regulär.

566 andere Art uneigentlicher Pfründen entstand, als Kirchen und Klöster

in weltliche Hände kamen.

Diese wurden anfangs noch Beneficien

oder Lehen, später ebenfalls Commenden genannt4). II.

258.

Von der Stiftung der Pfründen.

Nach dem jetzt geltenden Grundsatz kann kein neues Kir­

chenamt errichtet werden,

ehe für dasselbe ein dauerndes und hinrei­

chendes Einkommen fundirt ist.

Eine solche Stiftung (fundatio be-

neficii) kann entweder durch eine Privatperson, oder durch die Kirche selbst *), oder durch die weltliche Regierung, entweder freiwillig, oder

wegen einer besonderen Verbindlichkeit 2),

geschehen.

Im äußersten

Fall muß sich die Regierung kraft ihrer allgemeinen Verpflichtung,

für die Erhaltung der Religion men 3).

zu sorgen, dieses

Punktes anneh­

Einer freiwilligen Stiftung darf dex Fundator alle Bedin­

gungen beifügen,

welche nicht den canonischen Satzungen

oder dem

Geiste des Verhältnisses widersprechen 4). Ueberhaupt steht diese Hand­

lung ganz unter einem privatrechtlichen Gesichtspunkt, und die Kirche ist eö selbst dem Andenken des Stifters schuldig, Umständen möglichst

zu erhalten.

diesen

unter allen

Bei den incorporirten Pfarreien

wurde ursprünglich der Stellvertreter von dem primitiven Pastor be­ soldet.

Da dieses aber sehr karg und willkührlich geschah, so haben

die Päpste und Concilien, geführt hatten,

nachdem sie die beständigen Vicarien ein­

auch darauf gedrungen, daß diesen in Uebereinkunft

mit dem Bischof, aus

den incorporirten Zehnten und anderen Ein­

künften , ein sicherer und für ihre Stellung hinreichender Theil (por-

tio congrua, competens) ausgesetzt werden sollte5). Nach der Ein-

4) Mehr über die Commenden findet man bei Thomaesin.Vet. et nov. eccles. discipl. P. II. lib. III. c. 10—21. 1) Ein Beispiel davon giebt die Theilung der Kirchenämter, c. 3. X. de eccles. aedif. (3. 48), Conc. Trid. Sess. XXI. cap. 4. de res., oder wenn kirchliche Anstalten durch den geistlichen Oberen aufgehoben, und die Einkünfte zu neuen Aemtern verwendet werden. 2) So ist den deutschen Landesherren bei der großen Säcularisation durch den Reichs-Deputations-Hauptschluß .von 1803 doch die Verbindlichkeit anserlegt worden, für die Dotirung der künftigen neuen BiSthümer und Kapitel »u sorgen. 3) Dieses ist auch anerkannt im Oesterr. Concordat Art. 26.

4) Clem. 2. pr. de relig. dom. (3. 11) , Conc. Trid. Sess. XXV. cap. 5. de ref. 5) C. 12. 30. 33. X. de praebend. (3. 5), c. 1. eod. in VI. (3. 4), c. 2. §. 2- de decim. in VI. (3. 13), dem. 1. de iur. patron. (3. 12), Conc. Trid. Sess. VII. cap. 7. Sess. XXV. cap. 16. de ref.

567 ziehung der Stifts- und Klostergüter ist die Verbindlichkeit, jene Por­ tion zu unterhalten, natürlich auf den Landesherrn gefallen6).

III.

Bon der Veränderung einer Pfründe.

Greg. III. 12. Ut ecclesiastica beneficia sine deminutione conferantur, III. 39. De censibus, exactionibus et procurationibus. 259.

Aus der Bestimmung

einer Pfründe ergiebt sich von

selbst, daß sie, so lange das Amt, wozu sie gehört, fortbesteht, selbst

auch unvermindert erhalten werden muß.

Schmälerungen des regel­

mäßigen Einkommens können also nur aus dringenden Gründen und durch die rechtmäßige kirchliche Obrigkeit vorgenommen werden.

Fälle dieser Art kommen folgende vor.

I. Wenn ein Theil der Ein­

künfte eines Amtes davon abgelöst, und

frommen Stiftung beigelegt wird.

Als

einem Anderen oder einer

Dieses ist aber sehr erschwert').

II. Wenn auf ein Amt für immer die Verpflichtung,

ein Zins- oder Bekenngeld (census) zu entrichten,

irgend wohin

gelegt ist.

Ein

wie überhaupt in der germanischen Verfas­

solches Zinsgeld diente,

sung, besonders zur Anerkennung der Unterwürfigkeit oder eines er­

haltenen Vorrechts, zum Beispiel einer Exemtion 2).

Wo es einmal

hergebracht ist, bildet es ein erworbenes Recht; darf aber weder er­

höht 3),

noch ohne neue Wohlthaten ein neues auferlegt werden *).

III. Eine Pfründe kann mit der Verpflichtung, einem andern Geist­

lichen oder Laien ein lebenslängliches Jahrgeld zu zahlen, werden.

Pensionen dieser Art finden sich schon früh,

Bischöfe zu verpflegen,

beschwert

um abgesetzte

ärmere Geistliche zu unterstützen, oder nütz­

liche Dienste zu belohnen.

Im Mittelalter wurde aber damit großer

Mißbrauch getrieben, indem die Collatoren der Beneficien, oder die­ jenigen, welche auf einen Anderen resignirten, sich häufig Jahrgelder

vorbehielten.

Daher sind sie später beschränkt worden3).

liches Verhältniß waren auch die Panisbriefe,

Ein ähn­

wodurch die Kaiser

6) Eine sehr ausführliche Abhandluug über diese sogenannte Eongrua oder Competenz findet man bei Van - Espen Ins eccles. univers. Part. II. sect. 4. tit. 3. 1) C. 9. X. de bis quae fiunt a praelat. (3. 10). 2) C. X. de relig. dorn. (3. 36), c. 8. X. de privileg. (5. 33). 3) C. 23. X. de iur. patr. (3. 38), c. 7. X. de censib. (3. 39). 4) C. 4. 7. 8. 13. 21. X. de censib. (3. 39). 5) C. un. §. Omnibus X. ut eccles. benef. (3. 12), Conc. Trid. Sess. XXV. cap. 13. de ref.

568

und Landesherren einem Stift oder Kloster eine Person um sie zu ernähren8).

zuschickten,

IV. Noch eine Schmälerung , die früher zu­

weilen vorkam, bestand darin, daß die Früchte des ersten Jahres für

den

Bischof

(§. 197).

noch in

oder zu

einem anderen Zwecke zurückbehalten wurden

Dieses findet sich aber jetzt nicht mehr.

vielm Stiften

von

Doch war es

alten Zeiten hergebracht, daß der neu

Eintretende ein oder mehrere Jahre lang die Dienste verrichten mußte, ohne die vollen Einkünfte zu beziehen, sondern daß diese der Kirchen-

baucasse, oder einem Dritten wie eine Pension, oder der Präbenden-

Masse zufielen').

IV. 260.

Man nannte dieses das Carenzjahr8).

A) Im Allgemeinen ').

Bon den Rechten der Pfründner. Die Rechte der Pfründner

Grundstücke,

bestehen in dem Genuß der

Zehnten und anderer Einkünfte, welche

des Amtes gehören.

henden Gesetzen und örtlichen Gewohnheiten.

hat

zur Dotation

Die Erhebung der Zehnten geht nach den beste­ An den Grundstücken

der Pfründner ein sehr ausgedehntes Benutzungsrecht,

zwischen dem

welches

Nießbrauch des römischen Rechts und dem Recht des

Vasallen am Lehngut in der Mitte steht.

Er kann also die Grund­

stücke entweder selbst bestellen, oder sie an Andere verleihen oder ver­ pachten. Eine solche Pacht ist aber, auch wenn sie auf eine bestimmte

Reihe von Jahren, selbst mit Vorausbezahlung, eingegangen wurde, doch nur für die Zeit, die der Verpächter im Amte steht, wirksam8);

sie bindet daher,

wenn sie nicht unter Gewährleistung der höheren

Behörde abgeschlossen wurde, den Nachfolger nicht: sondern der Päch­ ter kann sich wegen seiner Ansprüche aus dem Contract blos an den Verpächter und dessen Erben halten.

Uebrigens darf der Pfründner

sogar auch die Oberfläche der Grundstücke,

Vortheil gereicht,

verändern8).

so weit es

diesen zum

Weiter als auf die Benutzung er»

6) Auch in Frankreich findet fich diese Einrichtung schon im dreizehnte» Jahrhundert, JoinviUe histoire de St. Louis ed. 1761. p. 12. 7) C. 2. Extr. Johann. XXII. de elect. (1). 8) Eine nähere Nachweisung dieser Einrichtung in den verschiedenen Stis« teil findet man in Dürr Dies, de annis carentiae (Schmidt Thesaur. iur. eccles. T. VI. n. V.). • 1) Davon handelt Maas in Moy Archiv V. 23—32. 2) Conc. Trid. Sess. XXV. cap. 11. de ref. 3) C. 5. X. de pecul. cleric. (3. 20). Der römische Usufructuar hat bekanntlich dieses Recht nicht.

569

streckt sich aber sein Recht nicht; er darf daher nichts von der Haupt­ sache veräußerns.

Auch muß er dieselbe im baulichen Stande er­

halten und die laufenden Unterhaltungskosten tragen, widrigenfalls er

oder sein Erbe zum Schadenersatz angehalten werden kann. Die grö­ ßeren und außerordentlichen Reparaturen fallen ihm aber nicht zur

Last5). Alle diese Verhältnisse werden gewöhnlich durch die Landesge­

setze noch genauer bestimmt6); auch durch Anfertigung eines Inven­ tariums oder einer Pfarr-Matrikel möglichen Streitigkeiten vorzubeu­

gen gesucht.

Was übrigens

die Verwendung der Einkünfte betrifft,

so ist diese zwar zunächst blos dem Gewissen der Pfründner

lassen ;

doch wird durch

über­

den Geist und den inneren Zusammenhang

dieser Verhältnisse die Verpflichtung begründet, daß sie nur zu wirk­ lichen Bedürfnissen gebraucht, der Ueberschuß aber zu guten und mild­

thätigen Werken verwendet werden sott7).

B) Verhältniß in den Stiften. Greg. III. 5. Sext. III. 4. Clem. KI. 2. Extr. comm. III. 2. De praebendis et dignitatibus. Bei den bischöflichen Kirchen wurden die dabei angestellten

261.

Kleriker aus den dort eingehenden Oblationen und dem übrigen Kir­ chenvermögen unterhaltens.

Als das gemeinschaftliche Leben auflam,

erhielten die Canoniker von der Kirche Speise, auch

einen

nae)2).

Theil

der dort

dargebrachten

Trank und Kleidung,

Oblationen

(eleemosy-

Dieses zusammen nannte man des Canonikers Stipendium

oder Präbende 3). Daneben konnte Einer auch eigenes Vermögen oder

vermöge eines besonderen Kirchenamtes ein Beneficium haben; dann sollte

4) C. 51. c. XII. q. 2. (Conc. Carth. a. 419), c. 18. eod. (Leo IV. а. 853). 5) Anders ist es bei dem Vasallen, weil sein Recht ein vererbliches ist. 6) Ein ausführliches Gesetz dieser Art ist das französische Decret vom б. Nov. 1813. Ab gedruckt in meinen Fontes. 7) Matth. X. 8., c. 22. c. XII. q. 1. (Can. Apost. 41), c. 28. eod. (Augustin, c. a. 417), Conc. Trid. Sess. XXV. cap. 1. de ref., Benedict. XIV. de synodo dioecesana lib. VII. cap. 2. 1) C. 24. 25. 26. 27. c. XII. q. 2. (Gelas, c. a. 494), c. 8. c. X. q. 1. (Conc. Aurel. I. a. 511). 2) Regula Chrodogangi ed. Hartzh. c. 4. 7. 8., Regula Aquisgran. a. 816. c. 120. 121. 122. 3) Regula Chrodogangi ed. Hartzh. c. 3. 5., Capit. Reg. Francor. addit. III. c. 112.

570 er vom Stift nur das Nothwendigste sich reichen taffen4)» Die Leitung und Aufsicht des Ganzen hatte der Bischof und unter ihm der Archidiacon oder Präpositus5); von diesem hieng es auch ab, wie viele Canoniker er in 'die Congregation aufnehmen wollte, so lange nur das Vermögen zureichte 6). Iw. Laufe der Zeit nahm aber dieses Alles stufenweise eine andere Gestalt an. Zunächst wurden der Con­ gregation von dem Bischöfe aus dem Kirchenvermögen bestimmte Höfe, Grundstücke und Zehnten angewiesen, und dem Präpositus zur selbst­ ständigen Verwaltung übergeben. Dann lösten die 'Stifte nach und nach, hier früher dort später, das gemeinschaftliche Leben auf7), indem für die Canoniker abgesonderte Wohnungen um die Domkirche herum eingerichtet wurden. Sie behielten jedoch noch eine Zeitlang den ge­ meinschaftlichen Tisch bei, bis daß sich dieser allmählig blos auf die hohen Feste beschränkte und endlich auch ganz aufhörte8). Zuletzt nahmen sie selbst mit dem Stiftsvermögen eine Theilung vor, indem sie die Güter, Zehnten und Renten in eine bestimmte Zahl von Prä­ benden zerlegten9). Einiges von dem Vermögen blieb jedoch noch ungetheilt unter dem Probste, und wurde für das Refectorium und zu Distributionen unter die Canoniker verwendet10).11Eine solche gemein­ schaftliche Präbendenmasse gab es in den Stiften bis in die letzten Zeiten, nur stand deren Verwaltung meistens nicht mehr dem Probsten), 4) Regula Chrodogangi ed. Hartzh. c. 4., Regula Aquisgran. a. 816. c. ILO., Capit. Reg. Francor. addit. III. c. 112. 5) Dieses ergiebt sich aus der Regel an vielen Stellen. 6) Regula Chrodogangi ed. Hartzh. c. 3., Regula Aquisgran. a. 816. c. 118. 7) Trithem. in Chronicon Hirsaugiense ad a. 977. Mehrere, na­ mentlich Richter Kirchenrecht §. 133 (120). Note 12., ziehen dahin schon die Verordnung des Erzbischofes Günther von Cöln von 853. Allein der Gegen­ stand derselben ist eine gewöhnliche Schenkung, die der Erzbischof aus dem Vermögen der bischöflichen Kirche an arme Stiste und Monasterien der Diöcese. machte. Unrichtig ist daher auch die Auslegung von Mooren Merkwürdigkeiten der Stadt Tanten Th. II. S. 58—62. 8) Die mensa oder das refectorium commune wird noch erwähnt in c. 9. X. de constit. (1. 2) und in Urkunden von 1200 und 1215 in Gün­ ther Codex diplomat. Rheno-Mosell. T. II. p. 67. 114. 9) Stiste dieser Art werden erwähnt im c. 6. 9. 12. X. de constit. (1. 2), c. 25. X. de praebend. (3. 5), c. 8. X. de concess. praebend. (3. 8). Doch gab es auch Stifte, wo jenes nicht geschah, c. 25. X. de prae­ bend. (3. 5), c. 10. X. de concess. praebend. (3.8), c. 8. eod. in VI. (3. 7). 10) C. 9. X. de constit. (1. 2), c. 9. 19. X. de praebend. (3. 5), c. 11. Extr. comm. de praebend. (3. 2). 11) Diese Aenderung erlangte das Kapitel zu Cöln im Jahr 1374, und wollte auch diese Masse unter sich vertheilen, was aber inhibirt wurde, Conc.

571 sondern dem Stiftskellner zu12 * ). * * Aus ihr wurden insbesondere die täglichen Distributionen oder Präsenzgelder verabreicht, welche zur Unterstützung der Residenzgesetze und der Verpflichtung des persönli­ chen Chordienstes eingeführt waren13). Das Concilium von Trient wollte sogar, daß ein volles Drittheil der Stiftseinkünfte in solche tägliche Distributionen verwandelt ivürbe14)- Wegen dieser aus der noch gemeinschaftlichen Präbendenmasse fließenden Einkünfte konnte eö in den Stiften auch neben einer festgesetzten Präbendenzahl doch noch überzählige Canoniker geben, und diese hatten, wenn sie die nöthigen persönlichen Eigenschaften besaßen, so gut wie die Anderen Sitz int Chor und Stimme im Kapitel15); nur in Absicht auf die Präb.enden mußten sie warten, bis eine ledig wurde16j. Später wurde aber ins­ gemein die Zahl der Kapitularen auf diejenigen beschränkt, welche volle Präbenden hatten. Die übrigen Canoniker eines Stiftes hießen Extracapitularen, Domicellaren, jüngere Canoniker. Endlich ist auch gewöhnlich für diese aus dem Stiftsvermögen eine geschlossene Zahl von Präbenden gebildet worden, welche jedoch nur die Hälfte oder ein Drittheil der Präbende eines Kapitularen betrugen17). Zu jeder Prä­ bende gehörte regelmäßig auch eine Amtswohnung oder Curie18). Zu diesem Zwecke gab es bei dem Stifte bestimmte Canonicalhäuser, die.

Colon, a. 1400. c. 19. 20. Dieselbe Veränderung wird auch in den allen Statuten des Kapitels zu Regensburg ausdrücklich erwähnt, Mayer Thesaur. nov. iur. eccles. T. II. p. 4. 12) Conc. Colon, a. 1400. c. 32. 13) C. 7. X. de cleric. non resident. (3.4), c. un. eod. in VI. (3.3), c. 11. Extr. comm. de praebend. (3. 2), Conc. Colon, a. 1400. c. 7. 15. Das Verfahren, wie sie den Abwesenden entzogen wurden, zeigen die allen Statuten des Mainzer Stiftes in Mayer Thesaur. nov. iur. eccles. T. I. p. 4. Beispiele aller dieser mannichfaltigen Einrichtungen in den Stiften giebt auch Segesser Rechtsgeschichte von Lucern II. 826—58. 14) Conc. Trid. Sess. XXL cap. 3. Sess. XXII. cap. 3. de ref. 15) C. 9. 19. X. de praebend. (3.4), c. 8. X. de conc. praeb. (3.8). 16) Sie hießen daher Wartherren, Beitherren, canonici in herbis. 17) Im Domkapitel zu Cöln waren im Ganzen 50 Prübenden. Davon besaßen der Papst und der Kaiser jeder eine, und hatten daher den ersten Sitz im Chor und ihre eigenen Vicarien. Von den übrigen 48 waren die eine Hälfte Kapitular- die andere Domicellar-Präbenden. Unter den 24 Kapitularen waren acht Priesterpräbenden, wozu keine adlige Abkunft, sondern nur eine aka­ demische Würde nöthig war; diese wurden durch Wahl des Kapitels verliehen. In die 16 adligen Kapitularpräbenden rückten die Domicellaren nach dem Al-, ter ein. Unter diesen adligen Präbenden befanden sich die sieben Prälaturen (§. 144. Note 16), die durch Wahl des Kapitels vergeben wurden, und die selb st die Domicellar-Präbenden nach dem Turnus zu vergeben hatten. 18) C. 25. X. de praebend. (3. 5), c. 8. X. de conc. praeb. (3. 8).

572 bei jeder eintretenden Erledigung den Kapitularm und übrigen Cano-

nikern nach der Ordnung des AmtSalterS gegen eine festgesetzte Taxe angeboten wurden19).

Dafür und für die in das Haus verwmdete

Melioration hatte aber auch der Besitzer das Recht, darüber zu Gun­ sten eines MitbruderS zu teftircn20), oder wenn er dieses nicht gethan hatte, so fiel das Haus an seine Erbm,

die es dann gegen Ersatz

der Melioration nach einer bestimmten Abschätzung wieder an einen

der Canoniker verkaufen mußten2* '). 13

V.

Bon der Beerbung der Beneficiaten.

A) AettereS Recht.

Greg. III. 25. De peculio clericorum, III. 26. De testamentis et ultimis voluntatibus, III. 27. De successionibus ab inte s tato. 262.

Ueber

das Vermögen,

welches

ein Geistlicher ins Amt

mitgebracht oder darin von Verwandten ererbt hatte,

konnte er von

jeher frei testiren oder es seinen Verwandten hinterlassens; erst wenn solche fehlten, fiel es an die Krche?).

Dieses Recht galt auch für

die Canoniker b), und die Kirche war die Testirfreiheit der Geistlichen

19) Constit. ecclesiae metropolit. Coloniens. a. 1423. c. 23. (Würdtwein subsidia diplom. T. III. p. 98), Statuta ecclesiae Ratisponens. a. 1517 (Mayer Thesaur. nov. T. III. p. 25), Statuta des vormaligen erzbi­ schöflichen Domkapitels zu Trier (Trier 1834) S. 77. 150-54. 20) Eine Andeutung davon findet sich im Erzstift Cöln schon im neunten Jahrhundert, Hartzheim Conc. German. T. H. p. 357. Später sind viele Zeugnisse darüber vorhanden, zum Beispiel in den Statuten von Mainz und Regensburg, Mayer Thesaur. nov. T. I. p. 10. T. II. p. 9. Daraus bezieht sich auch der Unterschied von domus canonicales capitulares und hereditariae, Conc. Colon, a. 1400- c. 34. 35., Constit. eccles. metropolit. Co­ loniens. a. 1423. c. 23., Statuta des Domkapitels zu Trier S. 83 — 86. 154-58. 21) So im Stift zu Regensburg-, Mayer Thesaur. nov. T. HI. p. 32. Merkwürdigerweise besteht eine ähnliche Einrichtung in Dänemark an den Pfarr­ wohnungen , indem der König dieselben an den Pfarrer verkauft hat, so daß der Nachfolger sie von den Erben einlösen muß. Jeder Inhaber hat dadurch um seiner Erben willen ein Interesse, sie im guten Stande zu erhallen. 1) Conc. Antioch. a. 341. c. 24., c. 21. c. XII. q. 1. (can. Apost. 39), c. 19. eod. (Conc. Agath. ä. 506), c. 42. §. 2. C. de episc. (1. 3), nov. 131. c. 13., Gregor. I. a. 597. in c. 1. X. de testam. (3.26), c. 1. c. XII. q. 5. (Gregor. I. a. 604), Capit. Francos, a. 794. c. 41 (39), c. 4. c. XII. q. 5. (Conc. Paris. VI. a. 829). 2) C. 20. C. de episc. (1. 3), nov. 131. c. 13., c. 7. c. XII. q. 5. (cap. incert.). 3) Sie sollten zwar nach der Regel des Institut- nichts Eigenes haben; allein dieses war nur ein Rath, keine Verpflichtung; daher ist doch von ihrem Privateigenthum die Rede, Regula Chrodogangi antiq. c. 31., Regula Chrodogangi ed. Hartzh. c. 4., Regula Aquisgran. a. 816. c. 35. 120. 121.122.

573 gegen die widerstrebenden germanischen Rechtsansichten aufrecht zu hal­

ten bemüht*).

Hinsichtlich des im Amte erworbenen Vermögens trat

aber ein eigenthümlicher Gesichtspunkt ein. Die Kirche betrachtete näm­ lich das Kirchengut überhaupt als das Eigenthum der Armen, welches

jhr nur zur Verwaltung und Verwendung anvertraut sei.

Es sollten

daher die Geistlichen aus Lem Kirchenvermögen nur das Nöthige an­

nehmen, das übrige aber den Armen lassen64).75 8 Dem 9 gemäß fiel nach

dem Tode eines Geistlichen Alles, was aus dem Amte erworben war, an die Kirche zurück o).

Als aus dem Amte erworben galt ursprünglich

Alles, waS der Geistliche nach der Ordination acquirirt hattet, zum Theil selbst die ihm gemachten Schenkungen und Vermächtnisses. Spä­ ter machte man jedoch mehrere Unterscheidungen; auch wurde nun nach­

gegeben, selbst von dem aus dem Amte gemachten Erwerbe Etwas zu

mildthätigen Werken, selbst an dürftige Verwandte und an die Die­

nerschaft, zu verwendend).

In Deutschland gab es schon frühe ab­

weichende Gewohnheiten10)11 ; allein im Mittelalter wurde an mehre­ ren Orten das gemeine Recht ausdrücklich hergestelltn).

Allmählig

wurde jedoch den Geistlichen auch über den im Amte gemachten Er-

4) Einzelne Kapitel, zum Beispiel das von Osnabrück, erhielten darüber vom Papst ein ausdrückliches Privilegium, Möser II. S. 91. 317. Auch die Kaiser handelten in diesem Sinne, Constit. Friderici J. a. 1165. (Pertz Leg. II. 138). In Norwegen wurden durch den Cardinallegaten Nicolaus (§. 109) dieVerordnungen gegen Testamente gemildert, Norges gamle Love I. 447. 5) C. 6. c. I. q. 2. (Hieronym. c. a. 382), c. 7. 8. eod. (Pomer. c. a. 496). 6) C. 1. c. XII. q. 3. (Conc. Carth. III. c. a. 397), c. 42. §.2. C. de episc. (1. 3), nov. 131. c. 2., Gregor. I. a. 597. in c. 1. X. de testam. (3. 26), c. 1. c. XU. q. 5. (Gregor. I. a. 602), Capit. Francos, a: 794. c. 41 (39)., c. 4. c. XII. q. 5. (Conc. Paris. VI. a. 829), Capit. reg. Franc, lib. I. c. 150., Conc. Lateran. III. a. 1179. in c. 7. X. de testam. (3. 26). 7) So sagen die meisten der in der vorigen Note citirten Stellen. Eine Modifieation galt in Spanien, c. 1. c. XII. q. 4. (Conc. Tolet. IX. a. 655). 8) C. 3. c. XU. q. 3. (Conc. Agath. a. 506), c. 42. §. 2. C. de episc. (1. 3), nov. 131. c. 13., c. 2. c. XII. q. 3. (Conc. Tolet. IX. a. 655), Conc. Altheim. c. 916. c. 37. (Pertz Leg. II. 560., verändert int c. 1. X. de success. ab intest. (3. 27)), c. 9. X. de testam. (3. 26). 9) C. 8. 9. 12. X. de testam. (3. 26). 10) Conc. Tribur. a. 895. ap. Reginon. II. 39. (verändert im c. 2. X. de success. ab intest. (3. 37)), Conc. Altheim. a. 916. c. 37., Heinrici I. convent. Confluent. a. 922. c. 9., Const. Frider. I. a. 1165., Sentent. Frider. I. a. 1173. (Pertz Leg. II. 17. 138. 142). 11) Conc. Colon, a. 1300. c. 5., Conc. Prag. a. 1355. c. 35.

574 werb zu testiren gestattet12), so daß die Kirche darin nur in Ermang­ lung eines Testaments fuccebirtels). Endlich hörte auch dieses in den

meisten Ländern auf. Hin und wieder hat sich jedoch vom alten Recht noch eine Abgabe erhalten, welche die Kirche vom Nachlasse der Geist-

lichm zieht.

B) Vom Spolienrecht'). 263.

Da der Mobilarnachlaß eines Bischofes insgemein im

Amte angeschafft war, also der Kirche zufallen sollte, so entstand der

Mißbrauch, daß die Kleriker der bischöflichen Kirche,^ später die Me­

tropoliten, denselben für sich in Beschlag nahmen,

und damit sehr

willkührlich umgiengen2* ). 13 4 Daran 56 schloß sich ein anderer Mißbrauch, der auch gegen weltliche Großen verübt wurde, nämlich daß gleich

beim Tode eines Bischofes die Ministerialen und das Volk das vorräthige bewegliche Vermögen jeder Art an sich rissen2). Endlich leg«

ten sich in den meisten Ländern die Könige selbst

dieses Recht bei

(ins spolii, exuviarum). Eben so thaten insgemein die Schirmvögte

und Patrone von Kirchen und Klöstern gegen den Nachlaß ihrer Kle­ riker^).

Oesters wiederholten die Concilien ihre Verbote2).

Allein

nur allmählig gelang es, die Könige zu Verzichtleistungen auf jenes Herkommen zu bewegen2). Nachdem dieses erreicht war, wurden auch

viele strenge Verordnungen gegen die Anmaßungen der Patrone und Schirmvögte erlassen, und so endlich die Freiheit der Kirche herge-

12) Conc. Herbip. a. 1298. c. 12., Conc. Trevir. a. 1310. c. 78., Conc. Colon, a. 1662. P. II. tit. 13. cap. 3. §. 1. 13) Conc. Colon, a. 1662. P. II. tit. 13. cap. 3. §. 7., Conc. Paderb, a. 1688. P. III. tit. 5. §. 13. 1) Davon handeln: Kober Spolienrecht (Freiburger Kirchenlexikon X. 307—13), Friedberg De finium inter ecclesiam et civitatem regundorum iudicio. (Lipsiae 1861). p. 220—26. 2) C. 43. c. XII. q. 2. (Conc. Chalced. a. 451), c. 48. eod. (Conc. Herd. a. 524), c. 48. eod. (Conc. Trull, a. 692). 3) Capit. Carol. II. apud Caris. a. 877. c. 4. Auch in Italien, sogar in Rom, und wie die goldene Bulle des Joannes Comnenus von 1120 zeigt, ebenfalls im Orient, wurde dieser Mißbrauch herrschend. 4) Conc. Tribur. a. 895. in c. 2. X. de success. ab intest. (3. 27), Henrici I. convent. Confluent. a. 922. c. 9. (Pertz Leg. II. 17). 5) C. 46. c. XII. q. 1. (Conc. Claramont a. 1095), c. 47. eod. (Conc. Lateran. II. a. 1139). 6) In Deutschland geschah dieses von Otto IV. bei seiner Wahl 1197, und nachher nochmals in der Kapitulation, die ihm Jnnocenz III. 1209 vor­ legte; dann auch von Friedrich II. 1213, 1216, 1219 und 1220 (Pertz Leg. II. 205. 217. 224. 226. 231. 236).

575 stellt?).

Allein nun rissen häufig die Ministerialen der bischöflichen

Kirche b), dann die Kapitel und Convente selbst den Nachlaß der Bi­ schöfe und Siebte9),

und umgekehrt die Bischöfe, Archidiaconen und

Aebte den Nachlaß ihrer Stiftsherrn, Kleriker und Regularen an sich10).

Endlich zogen seit dem Ende des vierzehnten Jahrhunderts die Päpste, von finanziellen Verlegenheiten gedrängt,

den Nachlaß der Prälaten

und Beneficiaten an die apostolische Kammern).

Alles dieses ist aber

jetzt, selbst im Kirchenstaate, außer Gebrauch gekommen. C) Heutiges Recht').

264.

Im Orient haben die alten kirchenrechtlichen Bestimmun­

gen bei dem Säcularklerus, der regelmäßig verheirathet ist, einen gro­

ßen Theil ihrer Anwendbarkeit verloren.

noch

jetzt aus

und dem

schöfe zu.

dem Nachlaß

Patriarchen

Doch ziehen die Bischöfe

ihrer Kleriker

fallen sogar

die

verschiedene

Erbschaften

Einkünfte,

mehrerer

Im Occident ist das Recht der Decretalen durch

Bi­

keine

gemeinrechtliche Bestimmung aufgehoben, vielmehr der Geist dessel­ ben ausdrücklich bestätigt worden2). ker im Forum der Kirche fort,

ES dauert daher für die Kleri­

so weit es nicht durch particuläre

Gesetze oder durch das örtliche Herkommen modificirt ist9).

Wegen

7) Gone. Colon, a. 1266. c. 7., Gone. Vienn. a. 1267. c. 10., Gone. Londin. a. 1268. c. 23., Gone. Endens, a. 1297. c. 46., Gone. Salisb. a. 1281. c. 15., Gone. Colon, a. 1300. c. 11. Doch dauerte der Mißbrauch an einzelnen Orten noch länger fort, Segesser Rechtsgeschichte von Lueern DL 739-41.

8) Chronicon Hildesheim, ad a. 1274 (Pertz Scriptor. VH. 864). 9) C. 40. de elect. in VI. (1. 6). Wo die Stistsherren durch Privi­ legium das Recht zu testiren erlangt hatten, beschränkte sich das Recht des Bi­ schofes blos auf das Heergewedde nach Art der Dienstleute. So in Osnabrück, wo der Bischof Adolph (1217) auch dieses aufhob, Möser Osnab. Gesch. III. Urk. 115.

10) C. 9. de off. ordin. in VI. (1. 16). 11) Thomassin. Vet. et nov. eccles. discipl. P. HI. lib. 3. c. 57., tit. de spoliis cleric. in VII. (3. 3). 1) Davon handeln: Wie sollen und dürfen Weltgeistliche ihr Vermögen verwenden? Leitmeritz 1853., Lorenbeck Abhandlung über die canonischen Be­ stimmungen für die Errichtung der Testamente der Geistlichen. Münster 1857.

2) Gone. Trid. Sess. XXV. cap. 1. de ref. Omnino vero iis interdicit (sancta synodus), ne ex redditibus Ecclesiae consanguineös familiaresque suos augere studeant; cum et Apostolorum Canones prohibeant, ne res Ecclesiasticas, quae Dei sunt, consanguineis donent; sed, si pauperes sint, iis ut pauperibus distribuant. 3) Das Oesterreichische Eoneordat Art. 21. unterscheidet zwei Fälle: den, wenn der Geistliche ein Testament errichten will, und den, wo er ohne Testa-

576 der Früchte des letzten Jahres finden folgende

Einrichtungen statt.

I. Das Recht auf das Defervitenjahr, das heißt auf die bereits ver­

dienten Früchte des letzten

Jahres, geht, wenn diese auch noch nicht

percipirt sind, den gewöhnlichen Rechtsgrundsätzen gemäß, mit auf die Erbm über. Man berechnet sie so, daß man alle regelmäßigen Amts­

einkünfte des Jahres, nicht aber auch die AmtSaccidentien,

als eine

Masse anschlägt, und nun vergleicht, wie viel davon auf die Zeit kommt, welche der Geistliche während dieses Jahres noch im Amte fungirt hat.

Nach demselben Verhältniß werden die auf die Früchte

gemachten Auslagen vertheilt. Der Anfang des Jahres wird, wo nicht ein allgemeiner Anfangstag für das Defervitenjahr bestimmt ist, nach der Amtsantretung berechnet.

II. Neben dem Defervitenjahr kommt

aber häufig das Sterbequartal vor, welches eine außerordentliche Be­

günstigung ist, kraft welcher die Einkünfte des ganzen laufenden Vier­ teljahrs, also nicht blos die schon verdienten Früchte, den Erben oder

Gläubigern des Verstorbenen zukommen. III. In vielen Stiften war

sogar ein Nach- oder Gnadenjahr (annus

gratiae)

hergebracht*),

kraft dessen den Erben deS Verstorbenen noch ein oder mehrere Jahre lang alle Amtseinkünfte,

die also der neu Eintretende so lange ent­

behrte^), zufielen, zunächst um die Kosten der Beerdigung zu bestreiten und die Schulden zu bezahlen.

In mehreren protestantischen Ländern

ist auch noch jetzt der Wittwe und den Kindern eines verstorbenen Geistlichen dieser Vortheil gestattet. Es gehören dann dahin nicht blos

die regelmäßigen Einkünfte, sondern auch die Accidentien oder Stol-

ment verstorben ist. Im ersten Falle soll er dieses nach den sacri canones thun dürfen; im zweiten Falle sollen die Jntestaterben die Vorschriften der ca­ nones genau beobachten. Dem ins commune gegenüber soll also im ersten Falle der Geistliche über das durch die Kirche erworbene Vermögen nur beschränkt verfügen dürfen (§. 262. Note 9). Im zweiten Falle müssen die Jntestaterben da» durch die Kirche erworbene Vermögen der Kirche lassen (§. 262. Note 6). Doch ist zugleich die Möglichkeit der Modification durch die particularrechtlichen canones, die gegenwärtigen oder zukünftigen, mit inbegriffen. Demgemäß hat das Conc. Viennens. a. 1858. Tit. VII. Cap. 4. 5. im ersten Falle dem Geist­ lichen für das forum externum volle Testirfreihcit gegeben, und die Beachtung lediglich seinem Gewissen überlassen. Im zweiten Falle ist das örtliche Herkom­ men bestätigt, wonach vom gesanimten Nachlaß ein Drittel der Kirche, ein Drit­ tel den Ortsarmen und ein Drittel den Jntestaterben zukommen soll. Jener Interpretation am nächsten ist die von Moy in dessen Archiv H 429 — 48. Abweichend ist die von Schulte in Moy Archiv III. 284—95., Phillips Lehr­ buch §. 234. 4) Dürr Dies, de annis gratiae (Schmidt Thesaur. T. VI. no. IV.), Segesser Rechtsgeschichte von Lucern II. 836. . 5) C. un. Extr. comm. ne sede vacante (3. 3).

577

gebühren, wo diese nicht dem vicarirenden Geistlichen als Entschädi­ gung angewiesen sind.

Findet sich das Sterbequartal und das Gna­

denjahr vereinigt, so nimmt letzteres nach Ablauf des ersteren fein tu Anfang. VI.

265.

Bon der Verwaltung erledigter Pfründen.

Nach der Natur des Kirchengutes als kirchlichen Eigen­

thums müssen auch die Einkünfte eines erledigten Kirchenamtes der Kirche verbleiben und nach deren Ermessen verwendet werden.

Dem­

gemäß wurden in der älteren Zeit die Einkünfte eines erledigten BiS-

thumS von dem Archidiacon und Oeconomen unter Aufsicht deS Bi­ schofes, der vom Metropoliten oder vom Papst als Visitator der ver­ verwaltet, und der Ueberschuß für den

waisten Kirche ernannt war,

Nachfolger aufbewahrt ‘).

Eben so verblieben die Einkünfte einer un­

teren geistlichen Stelle, so lange sie erledigt war, der Kathedralkirche, weil sie von da aus besoldet wurde. In den germanischen Reichen aber,

wo die Könige die Güter der bischöflichen Kirchen und Abteien wie verliehene Krongüter behandelten, zogen sie allmählig, den Einrichtungen

des LehnwesenS gemäß, die Verwaltung der Einkünfte der Zwischen­ zeit in ihre Hand (ius regaliae)2). Eben so rissen die Patrone und Schirmvögte, kraft der Obhut (custodia, guardia), welche sie über

die erledigten Pfründen führten, die mittlerweile eingehenden Früchte

an sich. Jenes Recht der Regalie hat sich in Frankreich bis zur Re­ volution2), in England

bis

jetzt erhalten.

In Deutschland leistete

aber Otto IV. in seiner Kapitulation von 1209, Friedrich II. 1213, 1216 und 1219, und Rudolph von Habsburg in seiner Kapitulation

von 1274 darauf Verzicht. selbst nach

Da aber nun die Kapitel und Convente

dem Tode ihres Bischofes oder Abtes sich die Einkünfte

dieser Stelle anmaßten:

so

wurden unter strenger Strafe die alten

Verordnungen eingeschärft, daß diese nur zum Nutzen der Kirche ver­ wendet, oder für den Nachfolger zurückgelegt werden sollten2).

Nach

dem Concilium von Trient soll selbst das Kapitel innerhalb acht Ta­

is C. 45. c. XII. q. 2. (Gregor. I. a. 593), c. 19. D. LXI. (Idem a. 594), c. 16. eod. (Idem a. 602). 2) Davon handelt: Friedberg De finium inter ecclesiam et civitatum regundorum iudieio p. 220—26. 3) P. de Marca de concord. lib. VIH. cap. 1. n. 17—28. 4) C. 40. de elect. in.VI. (1. 6), dem. 7. eod. (1. 3). Walter'- Ktrchcnr^cht 131t Ausiage. 37

578

gen einen eigenen Oeconomen für die Güterverwaltung ernennen5 6). Auch wider die Anmaßungen der Patrone und Schirmvögte wurden seit dem dreizehnten Jahrhundert verschiedene Gesetze erlassen, und den Bischöfen zur Pflicht gemacht, bei längerer Vaeanz einen Oeeonomm zu ernennen, der für die Aufbewahrung der Früchte Sorge trüge6).8 Allein nun nahmen die Bischöfe, Archidiaeonen und Aebte selbst diese Einkünfte für sich in Beschlag, und allmählig wurde dar­ aus, der Kirchenverbote ohngeachtet ’), ein so regelmäßiges Her­ kommen (ius deportus), daß selbst die Päpste bei den Pfründen, die sie zu verleihen hatten, die vaeanten Früchte durch ihre Comniissarien einziehen ließen. Auf den Coneilien von Pisa und Kostnitz leisteten sie aber auf dieses Recht förmlich Verzicht6). Das der Bischöfe und anderen Prälaten hingegen erhielt sich theilweise noch sehr lange, ist aber allmählig ebenfalls aufgehoben worden. Das dem Geiste und dem Rechte der Kirche angemessenste Verfahren ist also jetzt, daß die Früchte erledigter Pfründen, üach Abzug der interimistischen Verwal­ tungskosten 6), dem Fond der Kirche, wo sie vaeant werden, zufallen. Auch läßt es sich rechtfertigen, daß daraus ein Jnterealar- oder Religionssond für außerordentliche Bedürfnisse gebildet wird, vorausge­ setzt, daß dieses für jede Diöeese geschieht, und daß dem Bischöfe die freie Verwaltung und Verwendung zusteht. Die Landesgesetze enthalten jedoch darüber insgemein die kirchliche Freiheit mehr oder weniger beengende Bestimmungen10). 5) Conc. Triel Sess. XXIV. cap. 16. de ref. 6) C. 4. X. de off. iud. ordin. (1. 31), c. 10. X de poen. (5. 37), c. 13. de elect. in VI. (1. 6). 7) C. 9. de off* ordin. in VI. (1. 16), dem. un. de suppl. neglig. praelat. (1. 5), dem. 1. de excess. praelat. (5. 6). 8) Conc. Pisan. Sess. XXII., Conc. Constant. Sess. XLIII. Man vergleiche dazu §. 197. Note 18. 9) Conc. Trid. Sess. XXIV. cap. 18. de ref. 10) Eine angemessene Uebereinkunst enthält darüber das Oesterr. Concordat Art. 32.

579

Viertes Kapitel.

Bon den Kirchenfabriken.

I. 266.

Historische Einleitung.

Die Kosten deS Gottesdienstes,

also die Anschaffung der

dazu nöthigen Geriithschaften, die Beleuchtung und der Unterhalt der Kirchengebäude wurden ursprünglich aus den freiwilligen Gaben, spä­

ter

aus dem

dazu angewiesenen Viertheil von

gesammten Kirchenoermögens bestrittenx).

den Einkünften des

Als man das Kirchengut

immer mehr nach den einzelnen Kirchen zu theilen anfieng, bestimmte

man dazu insbesondere einen Theil der bei jeder Kirche eingehenden Oblationen und Zehnten1 2). 3 4Dadurch 5*7 aber, daß die Oblationen häufig blos den Geistlichen und Armen zugewiesens), und kirchliche Grund­ stücke und Zehnten in weltliche Hände gebracht wurden, verloren die

Kirchenfabriken einen großen Theil ihres Einkommens, und es gelang oft

nur durch Sparsamkeit und Schenkungen, sie zusammenzuhalten. Selbst

in den Cathedralkirchen wurden nicht selten die eingehenden Oblatio­

nen der Präbendenmasse zugesprochen ^).

Doch half hier, wo es nö­

thig war, die Freigebigkeit der Bischöfe aus, und von diesm wurden

selbst bei dem Aufblühen der Kunst die Kirchen prachtvoller hergestellt

oder ganz neue gegründet.

Aus der dadurch angeregten Begeisterung

giengen dann CollecteiiE) und Vermächtnisse«) an die Kirchenfabrik hervor; häufig entstand selbst eine eigene Fraternität, deren Mitglie­

der sich zu einem regelmäßigen jährlichen Beitrag zum Bau der Cathedralkirche verbindlich machten?);

auch wurden beschwerliche Ge-

1) Man sehe darüber §. 245. Note 7. 15. 17. 2) Man sehe §. 245. Note 20. 21. §. 247. Note 23. 14. 15. 3) Capit. Ludov. a. 816. c. 4. 4) Dieses geschah in Cöln, wo die Oblationen bei den Leibern der hei­ ligen drei Könige sehr bedeutend waren, im Jahr 1189 durch den Erzbischof Philipp von Heinsberg, der selbst aus seinen Antheil ganz verzichtete. Die Ur­ kunde darüber steht in Lacomblet Urkundenbuch Bd. I. Nr. 519. 5) Dieses zeigen die Statuta Colon, a. 1327. c. 2. a. 1357. c. 4. ed. Hartzheim. G) Statuta Colon, a. 1300. c. 7. 13. 14. a. 1310. c. 5. a. 1357. c.13. 7) Diese wurde in Cöln durch den Papst Johann XXII. 1322 bestätigt, Statuta eccles. Colon, ed. 1554. p. 106. Daraus beziehen sich auch bie Sta­ tuta Colon, a. 1327. c. 2. a. 1339. c. 2. a. 1357. c. 9.

580 lübde, oder Restitutionen ungerechten Gutes in solche Beiträge um­ gewandelt^), und besondere Jndulgenzen daran geknüpft8 9).10 11 Anderer­ seits zog man nun auch wieder die Präbenden auf verschiedenen We­

gen zu diesem Zwecke heran, indem die Canoniker bei ihrer Aufnahme etwas für |bte Kirchenornamente entrichten mußten *"), und die Ein­ künfte des Carenz- oder Gnadenjahres so wie die Abgabe

für die

Canonicalhäuser der Kirchenfabrik zugelegt wurden").

n. 267.

Einteilung der Kirchensachen.

Von den zu einer Kirche gehörenden Gegenständen muß

man zwei Arten unterscheiden.

Einige dienen unmittelbar als Werk­

zeuge für den Cultus und werden aus Rücksicht auf die heiligen Hand­ lungen,

wozu sie gebraucht werden, durch eine besondere Feierlichkeit

eingeweiht. Man nennt sie daher heilige Sachen (res sacrae). Diese

Feierlichkeit hat nach der Wichtigkeit jener Handlungen entweder die Form einer Weihe, oder die einer bloßen Einsegnung;

daher werden

jene Gegenstände entweder geweihte (res consecratae), oder gesegnete Sachen (res benedictae) genannt. Solche heilige Sachen unterschei­

den sich von den weltlichen durch ihre ausschließliche Bestimmung zum Gottesdienste; eS sind daher die gewöhnlichen Verhältnisse des Eigen­

thums auf sie nicht anwendbar, sondern sie sind dem gemeinen Ver­

kehr entzogen, und ihre Verunehrung wird gewöhnlich auch durch die bürgerlichen Gesetze geahndet.

Andere kirchliche Sachen haben eine

solche gottesdienstliche Bestimmung nicht, sondern dienen dazu, die äußeren Bedürfnisse der Kirche zu bestreiten. Sie stimmen daher mit den gewöhnlichen weltlichen Sachen zum Theil überein, und es fin-

dm an ihnen in Ansehung deS Gebrauchs oder der Benutzung die gewöhnlichen Eigenthumsverhältnisse statt.

Ein Unterschied liegt je­

doch darin, daß sie unter eine besondere Aufsicht gestellt und ihre Ver­ äußerung erschwert ist.

Man nennt sie Kirchensachen im eigentlichen

Sinne (res ecclesiasticae in specie, patrimonium sive pecuimm

ecclesiae).

Bei den Protestanten werden auch die unmittel-

8) Statuta Colon, a. 1354. c. 3. 4. a. 1356. c. 1. 9) Statuta Colon, a. 1357. c. 5. 10) So im Domkapitel zu Cöln nach den alten noch nicht gedruckten Statuten. 11) C. un. Extr. comm. ne sede vacante (3. 3), Statuta des Dom­ kapitels zu Trier S. 80. 151. 159. 160.

581 bar gottesdienstlichen Sachen und das Kirchenvermögen unterschieden,

und bei den ersteren ebenfalls anerkannt, daß sie um ihrer Bestim­ mung willen mit einer gewissen Ehrfurcht behandelt werden sollen *).

Auch dürfen sie nur aus dringenden Beweggründen veräußert werden, und sind gegen Verletzung durch härtere Strafen gesichert.

Ceremonien

Nur die

der Einweihung sind vereinfacht oder ganz abgeschafft

worden.

III.

Von den heiligen Sachen.

A) Geweihte Sachen.

Greg. IIL 40. Sext. HI. 21. De consecratione ecclesiae vel altaris, Greg. III. 48. De ecclesiis aedificandis vel reparandis. 268.

Zu den heiligen Sachen gehören zunächst die Kirchen, das

heißt die Gebäude, die zum regelmäßigen Gottesdienst und zur Auf­ bewahrung der Eucharistie bestimmt sind. Zur Errichtung einer Kirche

bedarf es der Genehmigung des Bischofes1), der zu untersuchen hat, ob ein gerechter Grund2) und eine hinreichende Dotation sowohl für die Gebäude wie für die dabei anzustellenden Geistlichen vorhanden ist,

und ob die Einrichtung des neuen Gottesdienstes nicht mit anderen wohl­ erworbenen Rechten in Widerspruch komints). Auch ist jetzt gewöhnlich die Zustimmung der weltlichen Regierung nothwendig.

Hierauf wird

die Stelle vom Bischof oder dessen Abgeordneten unter gewissen Cere­

monien bezeichnet und der erste Stein gelegt4). Bei den Protestanten

wird zur Errichtung einer neuen Kirche gewöhnlich die besondere Be­ willigung des Landesherrn erfordert.

Ist die Kirche im Bau fertig,

so wird sie zu ihrer Bestimmung durch einen Bischofs) unter den vor-

1) Helvet. Conf. I. cap. XXII. Propter verbum Dei et usus sacros scimus, loca Deo cultuique eius dedicata non esse profana sed sacra, et qui in bis versantur, reverenter et modeste conversari debere, utpote qui sint in loco sacro. 1) C. 10. c. XVIII. q. 2. (Conc. Chalced. a. 451), c. 14. c. XVI. q. 1. (Capit. Carol. M. a. 804). Einige Stellen verlangen die Zustimmung des Papstes, c. 4. 5. 6. 7. D. I de cons. (Gelas. I. a. 494), c. 8. eod. (Nicol. I. inc. ann.). Allein diese beziehen sich wohl nur auf die Kirchen, wor­ über der Papst Metropolitanrechte besaß. 2) C. 10. D. I. de cons. (Conc. Bracar. a. 572), c. 3. X. h. t. (3.48). 3) C. 44. c. XVI. q. 1. (Capit. Carol. M. a. 804), c. 43. eod. (Conc. Arelat. VI. a. 813), c. 2. X. h. t. (3. 48) , c. 2. X. de nov. oper. nun­ tiat. (5. 32). 4) Nov. Iust. 5. c. 1., nov. 67. c. 1., nov. 131. c. 7., c. 9. D. I. de cons. (ex novell. cit.), Benedict. Capital, lib. I. c. 382. 5) C. 26. c. XVI. q. 7. (Gelas, c. a. 494), c. 28. c. VH. q.l. (Conc. Aurel. III. a. 538).

582 geschriebenen sehr bedeutsamen Feierlichkeiten consecrirt, anderen

eingesenkt werden müssen6).

Dieses bezieht sich darauf, daß auch in

den alten Zeiten die Christen mit der

wobei unter

die Reliquien eines Heiligen oder Märtyrers in den Altar

die irdischen Ueberreste der Märtyrer

größten Sorgfalt aufbewahrten und bei deren Gräbern zu­

sammenkamen 7). Das Andenken an die Kirchweihe wird auch jährlich

an demselben Tage durch ein Fest (encaenia, anniversaria) gefeiert8). Um jedoch mancherlei Mißbräuchen, die dabei eingerissen sind, zu be­

gegnen, haben die neueren Concilien verordnet, daß in einer Diärese die verschiedenen Kirchweihfeste alle an demselben Tage gehalten wer­

den sollten8). Die Kirche muß von neuem geweiht werden, wenn eine gänzliche Entweihung (execratio) Statt gefunden hat, welcheS-durch die Zerstörung ihrer Haupttheile geschieht'8). Bei einer Entheiligung

durch eine Blutthat oder Unzucht wurde sonst auch aufs Neue con­ secrirt"); jetzt wird blos eine Reconciliation durch den Bischof vor­ genommen 12).

Wenn zur feierlichen Consecration nicht Gelegenheit

vorhanden ist, so kann die Kirche einstweilen durch eine Benediction

zum gottesdienstlichen Gebrauche eingerichtet werden. Außer der Kirche werden auch die Altäre, wenn sie von Stein sind1S), ferner der Kelch

und die Patena") von einem Bischöfe oder dessm Delegirten conse­ crirt, und diese sollen wenigstens nicht von Holz oder Glas sein'8).

Die Protestanten beachten auch bei der Eröffnung einer neuen Kirche

eine religiöse Feierlichkeit, und in Schweden werden selbst die Altäre noch geweiht.

6) Ambros, (f 397) epist. LIV., Paulin, (f 431) epist. XU., c. 26. D. I. de cons (Conc. Carth. V. a. 401). 7) C. 7. C. Th. de sepulcr. violat. (9. 17) ibiq. Gothofr. 8) C. 16. 17. D. I. de cons. (capp. incert.), c. 14. X. de poen. (5. 38), c. 3. eod. in VI. (5. 10). 9) Conc. Colon, a. 1536. Part. IX. c. 11., Conc. Camerac. a. 1550. tit. VIII. 10) C. 24. D. I. de cons. (Vigil, a. 538), c. 6. X. h. t. (3. 40). 11) C. 19. 20. D. I. de cons. (capp. incert.). ' 12) C. 4. 7. 9. 10. X. h. t. (3. 40), c. 5. X. de adulter. (5. 16.) c. un. h. t. in VI. (3. 21). 13) C. 32. D. I. de cons. (Conc. Agath. a. 506), c. 31. eod. (Conc. Epaun. a. 517), c.19. D. I. de cons. (cap. incert.), c. 1. 3. 6. X. h. t. (3. 40). 14) C. un. §.8. X. de sacra unct. (1. 15). 15) C. 44. D. I. de cons. (Conc. Tribur. a. 895), c. 45. eod. (cap. incert.).

583 B) Gesegnete Sachen. 269.

Zu den gesegneten Sachen gehören folgende.

gräbnißplätze.

Die ersten Christen wählten dazu,

I. Die Be-

nach der Freiheit,

die darin das römische Recht gestattete, vorzugsweise die Nähe der Gräber der Märtyrer, um die Gemeinschaft mit ihnen auch noch im

Tode darzustellen *). Als man später deren Leiber in die Städte brachte, hätte das Begraben in deren Nähe nach den Vorschriften des römi­ schen Rechts aufhören sollen1 2);

allein die Sitte blieb mächtiger wie

die Gesetze2), und endlich wurde überall der Vorhof der Kirchen zur

regelmäßigen Ruhestätte gemacht^). mein noch jetzt.

So ist es auf dem Lande insge­

In den Städten ist aber in der neueren Zeit der

Begräbnißort aus polizeilichen Rücksichten überall außerhalb der Stadt verlegt worden; doch ist auch dann noch nach den Satzungen der Kirche

eine Benediction und nach einer Entheiligung eine Reconciliation noth­ wendig2). 4 5Das Bestatten in der Kirche selbst wurde schon frühe aus­ nahmsweise für den Fürsten, den Patron und die höheren Geistlichen erlaubt6), und dieses kommt noch jetzt vor. Was die Eigenthumsfrage

an den Kirchhöfen betrifft, so beruht diese auf den oben angegebenen Gesichtspunkten7); nur kommen noch einige Besonderheiten hinzu. Vor Allem

ist es nach dem historischen Zusammenhang gewiß, daß der

Kirchhof wie die anliegende Kirche und

Pfarrwohnung immer als

reines Kirchcngut angesehen worden ist8), 9 und daß daher die Befugniß, darüber seiner Bestimmung gemäß zu verfügen, lediglich der Kirche

und dem Pfarrer zusteht8).

Eigenthümlich ist jedoch erstens, daß bei

1) C. 19. c. XIII. q. 2. (Augustin, c. a. 421). 2) C. 16. C. Th. de sepulchro violato (9. 17) ibiq. Gothofr. 3) Im Orient ist selbst das Begraben in den Städten durch ein aus­ drückliches Gesetz erlaubt worden, Nov. Leon. 53. 4) Daher wurden auch die Memorien der Märtyrer, das heißt die Kir­ chen selbst, Cömeterien genannt. Die Priester der Cömeterien, die im fünften Jahrhundert in Rom vorkommen, sind die Priester der Hauptkirchen. 5) C. 7. X. de consecr. eccles. (3.40), c. un. eod. in VI. (3. 21). 6) C. 18. c. XIII. q. 1. (Conc. Mogunt. I. a. 813), c. 15. eod. (Conc. Nannet. c. a. 895), Capit. Reg. Franc, lib. I. c. 153. 7) Man sehe §. 251. 8) Hincmar. Remens. Capitula c. 2. (Oper. I. 716). (Inquirendum) si habeat (ecclesia) mansum habentem bunnuaria duodecim praeter coemeterium et cortem, ubi ecclesia et domus ipsius continetur. 9) Der Grundsatz ergiebt sich am deutlichsten aus Hincmar. Rem. Ca­ pitula c. 2. (Oper. I. 731) Ut pro loco sepulturae, sicnt sacra et canonica sanxit auctoritas, nemo a quocumque quiddam exenii exigat. Si autem aliquid quisquam gratis offerre voluerit, post sepultum cari sui

584 dieser Verwendung die Privaten in besonderer Weise betheiligt sind, worauf der Pfarrer die angemessene Rücksicht zu nehmen hat"), und

zweitens, daß sowohl an der Lage des Beerdigungsortes wie an dem Beerdigtwerden überhaupt auch die bürgerliche Ordnung ein Interesse hat, was die Kirche berücksichtigen kann und muß, woraus aber nicht

ein Eigenthumsrecht des Staates oder der Civilgemeinde an den Kirch­ höfen gefolgert werden kann. Anders ist eS, wo ein Begräbnißort neu aus dem Communalvermögen angelegt worden ist; dieser ist als für alle Mitglieder der Gemeinde bestimmt anzusehen. Nur erfordert dann

die Rücksicht auf die Religionsfreiheit, daß wenn der akatholische Theil

an der Bencdiction des ganzen Platzes nach dem katholischen Ritus Anstoß nimmt, derselbe nach den Confessionen getheilt werde"). Durch die neueren Landesgesetze sind aber häufig die Kirchhöfe, auch wenn

sie von Alters her nur der einen Confession angehören, gemeinschaft­ lich

gemacht worden,

was aus dem Standpunkt des Rechts schwer

zu rechtfertigen ist. In Frankreich und auf dem deutschen linken Rhein­ ufer sind nach der richtigern Meinung die Kirchhöfe, welche Pertinen­ zen der Pfarrkirchen waren, Eigenthum der Kirchenfabrikw). II. Die

geistlichen Gewänder, die weiße Bekleidung (mappa) des Altars, die Leinwand (corporale), worauf die consecrirte Hostie gelegt, das Ta­

bernakel, worin die Eucharistie aufbewahrt wird, die Kreuze und Bil­ der werden ebenfalls zu ihrem Gebrauche durch ein passendes Gebet

eingesegnet.

III. Besonders feierlich ist die Bencdiction der Glocken.

Wenn man auch erwägt, wie bedeutungsvoll diese metallene Zunge ist, und wie viel Freud und Leid sie verkündet: so hat die Kirche volles

vel carae suae corpus, hoc suscipi non vetamus. Et nemo Christianorum praesumat, quasi haereditario iure, de sepultura contendere: sed in sacerdotis providentia sit, ut parochiani sui, secundum Christianam devotionem, in locis quibus viderit sepeliantur. Ipse tarnen sacerdos, memor ordinis sui, provideat et congruam cuique sepulturam, et ne scandalum, quantum vitari potest, fiat suis parochianis. Et provideat, sicut de ministerio suo et coram Deo et coram saeculo vult gaudere, ut nullius Christian! Corpus de sepulcro suo ejiciatur , et nec sepulcra confringantur. 10) Man sehe Note 9. 11) Es liegt im wohlverstandenen religiösen Interesse aller Confessionen, getrennte Kirchhöfe zu haben. 12) Dieses zeigen: Mooren Ueber Eigenthum und Benutzung von Kirch­ höfen. Köln 1857., Gräfs DaS Eigenthum an den Kirchhöfen nach den in Frankreich und den übrigen Ländern des linken Rheinusers geltenden Gesetzen. Trier 1860.

585 Recht,

auch bei dieser Gelegenheit durch einen frömmelt christlichen

Spruch an den Ernst und Wechsel des Lebens zu erinnern. C) Von den Vorrechten der heiligen Sachen.

Greg. UI. 49. Sext. ID. 23. De immunitate ecclesiarum, coemeterii et rerum ad eas pertinentium. 270.

Die geweihten Stätten haben, ihrer ehrwürdigen Bestim­

mung wegen, sowohl durch die geistlichen als weltlichen Gesetze gewisse

Auszeichnungen und Vorrechte erhalten.

I. Weltliche und rauschende

Beschäftigungen, Märkte und lärmende Vergnügungen sollen in ihrer

Nähe nicht geduldet werden'). Namentlich sind die Gerichtssitzungen?) und die noch aus dem Heidenthum herrührenden Festes) in den Kir­

chen

oder ans den Kirchhöfen oft verboten worden.

Auch die Prote­

stanten, besonders in England und Schweden, haben diese Rücksichten anerkannt.

II. Diebstahl,

Raub und Zerstörung kirchlicher Sachen

soll, wegen der Verdorbenheit der Gesinnung, die sich in einem solchen Frevel kund giebt, besonders hart bestraft werden^).

Dieses ist auch

noch in allen neueren Landesgesetzen angenommen. III. Von dem Asyl­ recht, welches sonst den geweihten Stätten ertheilt war, wird schickli­ cher im achten Buche die Rede sein. IV.

Bon den gewöhnlichen Fabrikgütern.

Greg. III. 15. De commodato, III. 16. De deposito, III. 18. De- locato et conducto, III. 22. De fldeiussoribus, III. 23. De solutionibus. 271.

So lange das für die Kirchenfabrik bestimmte Viertheil,

so wie alle übrigen Einkünfte, bei der bischöflichen Kirche zusammen­ floß, wurde es auch unter der unmittelbaren Aufsicht des Bischofes

verwaltet und vertheilt.

Nachdent aber den Einzelnen Pfarrkirchm zu

ihrem Zweck ihre Grundstücke,

Oblationen und Zehnten unmittelbar

angewiesen worden waren: so wurden diese von bett Pfarrern selbst,

mit Zuziehung einiger Mitglieder der Gemeinde verwaltet,

und dem

Bischof oder dem Archidiacon bei der Visitation darüber Rechnung

1) C. 2. de immunit. eccles. in VI. (3. 23). 2) Capit. Carol. M. a. 813. c. 21., c. 1. b. X. de immunit. eccles. (3. 48). ' 3) Benedict. Levit. Capitul. lib. II. c. 196., c. 12. X. de vit. et honest, cleric. (3. 1). 4) C. 10. C. de episc. (1. 3). c. 21. c. XVII. q. 4. (Johann. VIIL c. a. 878), c. 6. eod. (Nicol. II. c. a. 1069).

586 abgelegt *). Jener Antheil der Gemeinde bildete sich allmählig so aus, daß aus ihr unter bischöflicher Bestätigung2) einige zuverlässige Män­ ner (provisores, iurati,

vitrici) ernannt, und diesen hauptsächlich

die Verwaltung des Vermögens übertragen wurde.

Jetzt sind solche

Administratoren unter dem Namen Kirchenjuraten, Kirchenvorsteher,

Kastenvögte, in allen Ländern eingeführt, und über ihr Verhältniß

sind gewöhnlich durch die neueren Provinzialconcilien3) gesetze^) ausführliche Verordnungen erschienen.

und Landes­

Im Ganzen ist dieses

Amt wie eine mit besonderer Gewissenhaftigkeit zu führende Verwal­ tung eines fremden Vermögens zu behandeln.

Sie müssen daher die

rückständigen Einkünfte beitreiben, die Grundstücke möglichst Vortheilhaft

verpachten, die Gelder auf Zinsen, jedoch ohne Wucher, ausleihen, und über dieses Alles jährlich vor dem Pfarrer oder Decan5), jetzt mei­ stens auch mit Zuziehung der Ortsobrigkeit, getreue Rechnung able­

gen, welche sonst von dem Archidiacon bei der Visitation nachgesehen3),

jetzt aber an den Bischof oder dessen Comnnssarius?), gewöhnlich auch an die höhere weltliche Behörde, eingeschickt wird.

Den Schaden, der

durch ihre Nachlässigkeit entsteht, müssen sie aus ihrem eigenen Ver­

mögen ersetzen3):

doch kann die Kirche auch unter denselben Bedin-

1) Dieses ergiebt sich aus den im §. 187. Note 5. angeführten alten Visitatioysordnungen. Eine Stelle daraus steht im §. 247. Note 15.

2) Conc. Wirceburg. a. 1287. c. 35. Laicos in nonnullis partibus praetextu fabricae ecclesiae reparandae per laicos sine consensu praelatorum — deputatos, praesentis constitutionis tenore huiusmodi officio ex nunc volumus esse privatos, ei alios laicos vel clericos sine praelati seu capituli ecclesiarum reparandarum assensu prohibemus in posterum ordinari. 3) Conc. Buscod. a. 1571. tit. XXIV., Conc. Yprens. a. 1577. tit. XXVIII., Conc. Andorn, a. 1583. tit. XVI., Conc. Trid. a. 1593. cap. L., Conc. Yprens. a. 1609. tit. XX., Conc. Andorn, a. 1640. tit. XIX., Conc. - Colon, a. 1662. Part. III. tit. XIII. 4) Auf dem linken Rheinufer gilt das Decret vom 30. December 1809. Es steht in meinen Fontes. Davon handelt: Das die Kirchensabriken betreffende Decret vom 30. December 1809. Uebersetzt und unter Berücksichtigung der dar­ auf bezüglichen preußischen Gesetze erläutert von Carl de Syo. Köln 1861.

5) Conc Exon. a. 1287. c. 12., Conc. Colon, a. 1300. c. 16., Conc. Magdeb. a. 1313. c. 8., Conc. Frising. a. 1440. c. 9., Conc. Bamberg, 'a. 1491. tit. XXXVIII., Conc. Swerin. a. 1492. c. 40., Conc. Basil, a. 1503. tit. XXIV., Conc. Tornac. a. 1520. c. 9., Conc. Osnabr. a. 1533. c. 10., Conc. Hildesh. a. 1539. c. 34., Conc. August. 1567. Part. III. c. 19. 6) Conc. Exon. a. 1287. c. 12. 7) Conc. Trid. Sess. XXII. cap. 9. -de res., Conc. Atreb. a. 1570. c. 30., Conc. Camerac. a. 1586. tit. XV. c. 9. 8) Conc. Gandens. a. 1571. tit. XVI. c. 3., Conc. Buscod. a. 1571. tit. XXIV. c. 9.

587 gütigen wie die Minderjährigen, Stand nachsuchen9).

Wiedereinsetzung in den vorigen

Aus Bürgschaften, welche der Verwalter über­

nahm , aus einem Darlehn

oder Depositum,

welches

wird natürlich die Kirche nur in sofern verpflichtet,

er empfieng,

als es mit Zu­

stimmung des Bischofes oder des Kapitels geschah, oder als eine Ver­ wendung für sie nachweisbar ist10).

gelten

Alle diese Grundsätze

auch dann, wenn der Patron, was noch zuweilen vorkommt, mit an der Verwaltung Theil nimmt. In den protestantischen Ländern Deutsch­

lands,

in England und Schweden bestehen in den Kirchenpflegern

(churchwardcns, Kyrkovärdar) ganz ähnliche Einrichtungen.

In

Dänemark werden zur Aufsicht über die Verwaltung vom Könige Kir­

chenvögte ernannt, und diese ordnen bei den einzelnen ihnen unterge­ benen Kirchen die Pfleger an.

In Norwegen ist die Stiftsdirection,

das ist der Stiftsamtmann und der Bischof, oder der Patron, wo er noch

wo

existirt,

Schirm

der Kirche (Kirkens Forsvar);

die Kirche nicht Eigenthum,

sie

führen,

entweder der Gemeinde oder eines

Privatmannes, ist, die Aufsicht über die Verwaltung des Kirchenverund stellen bei den einzelnen Kirchen Pfleger (Kirkevär-

mögenS, ge r) an. V.

Bon der Erhaltung und Herstellung der Kirchen- und PsarrgebSude').

Greg. HI. 28. De ecclesiis aedificandis vel reparandis.

272. und

I. Die Unterhaltungs - und Reparaturkosten der Kirchen

Presbyterien

wurden

ursprünglich

Viertheil oder Drittheil der sämmtlichen

ten 2).

aus dem dazu bestimmten

kirchlichen Einkünfte bestrit­

Dieses war mithin eine Verpflichtung, die auf dem gesamm-

ten Kirchengute ruhte.

Als daher im Laufe der Zeit Theile dessel-

9) C. 1. 3. X. de in integr. restit. (1. 41). 10) C. 4. X. de fideiuss. (3. 22), c. 2. X. de solut. (3. 23), c. 1. X. de deposit. (3. 16). 1) Helfen Von der Erbauung, Erhaltung und Herstellung der kirchlichen Gebäude. Prag 1834., Reinhart Ueber kirchliche Baulast. Stuttgart 1836., Permaneder Die kirchliche Baulast oder die Verbindlichkeit zur baulichen Er­ haltung und Wiederherstellung der Cultusgebäude. München 1838. 2. Ausl. 1856., Gründer Ueber die Verbindlichkeit zum Beitrag der Kosten zur Erhal­ tung der Cultusgebäude. Nürnberg 1839., Lang im Archiv für civilist. Praxis. Band XXVI. 1843. S. 12—35. 296—342. , Helfen daselbst Band XXVII. 1844. S. 103—14., Huck in Reyscher Zeitschrift Band VIII. 1843. S- 326 —45., Mayer daselbst Band X. S. 89—104., Herrmann daselbst Band XVIII. 1858. S. 29-81. 2) Man sehe darüber §. 245.

588 den auf verschiedene Weise in weltliche Hände tonten3),

gieng auch

jene Verbindlichkeit mit über4), 5 6und auch die Geistlichen wurden we­ gen der Beneficien, die sie von der Kirche hatten, so weit sie von

dm Einkünften erübrigen konnten, damit belastet3).

II. Auf diese Ver­

hältnisse sind die Verordnungen des Conciliums von Trient gebaut3).

Nach diesen sollen die Kosten zunächst aus der Kirchenfabrik bestritten werden. Das Concilium redet zwar nur von deren Früchten und Ein­ künften ; doch kann unstreitig im Falle der Noth auch der Grundstock

angegriffm werden, in so weit derselbe nicht mit besonderen Stiftun­ gen beschwert ist,

und wenn so viel übrig bleibt,

als zum Gottes­

dienst erforderlich ist. Reicht dieses Vermögen nicht hin, so sollen alle

diejenigen, welche aus der zu reparirenden Kirche Einkünfte beziehen, herangezogen werden.

Dabei wird auch der Kirchenpatron genannt,

jedoch augenscheinlich nicht als solcher, sondern nur in so fern er Ein­

künfte von der Kirche hat.

Ist dieses nicht der Fall,

so kann man

ihn nicht zu einem Beitrag nöthigen, weil daraus, daß er früher eine Wohlthat erzeigte, nicht folgt, daß er nochmals eine erzeigen müsse7);

wohl aber kann ihm deshalb das Patronatrecht entzogen werden8). 9 Unter jenen Beitragspflichtigen sind ferner auch die Pfarrer und Beneficiaten, in so fern sie von ihrem Amtseinkommen etwas abgeben

können, und diejenigen begriffen, welche von der zu reparirenden Kirche

Zehntm besitzen; ist der kirchliche Ursprung des Zehnten zweifelhaft, so muß über die Beitragspflicht die Observanz des Ortes entschei­

den3).

Wo die Zehnten durch die Incorporation der Pfarrei au

eine geistliche Corporation und

durch deren Säcularisatton an den

Landesherrn gekommen sind, ist jene Pflicht auf diesen übergegangen10). Sind die Zehnten abgelöst worden, so bleibt die eventuelle Beitrags-

3) Man sehe darüber §. 248. 4) Capit. Francos, a. 794. c. 26 (24), Conc. Mogunt. a. 813. c. 42. (c. 1. X. h. t.), Capit. excerpt. e canon. a. 813. c. 24., Capit. Carol. M. ad leg. Langob. c. 60., Capit. IV. Ludov. a. 819 (817). c. 5., Capit. Ludov. a. 829. c. 9 (8), Benedict. Levit. Capital, lib. II. c. 13., Capit. Carol. Calv. in villa Sparnaco a. 846. c. 53., c. 1. X. h. t. 5) C. 22. c. XVI. q. 1. (Innocent. II. c. a. 1129), c. 4. X. h. t. 6) Conc. Trid. Sees. XXL cap. 7. de ref. 7) Die entgegengesetzte Ansicht vertheidigt Phillips Lehrbuch §. 238. 8) Man sehe §. 235. Note 59. 9) In Frankreich waren nach der allgemeinen Ansicht der Jurisprudenz auch die Laienzehnten beitragspflichtig, wurden also nach ihrem Ursprung als geistliche angesehen. 10) Reichsdeputationshauptschluß vom 25. Februar 1803. §. 36.

589 pflicht auf der Ablösungssumme ruhen, und die Kirche eine angemessene Sicherstellung verlangen.

kann dafür

Die Repartition der Bei­

träge geschieht , in Ermanglung gesetzlicher oder herkömmlicher Bestim-

mungen nach dem Maß der Einkünfte, die Jeder von der Kirche be­

zieht.

Ist aber alles dieses unzureichend, so sollen die Eingepfarrten

um ihre Beihülfe angegangen werden,

natürlich

jedoch nur diejeni-

gen, welche zu derselben Glaubens-Confession gehören, indem es sich hier vorzugsweise nur um ein Interesse der Religionsgemeinde han­

delt. Auch Filialgeuieinden müssen contribuiren, es sei denn, daß sie

bei sich eine Kirche mit einem so regelmäßigen Gottesdienste haben,

daß sie der Pfarrkirche entbehren können.

Die Reparaturen der Ka­

pellen fallen aber blos denjenigen zur Last, welche davon Vortheil haben; weigern sich diese, so muß die Kapelle eingehen und mit der Mutterkirche

vereinigt »erbenn).

III. Von dieser Vertheilung wei­

chen aber die Particularrcchte häufig ab 11 12);

namentlich kann man

es als eine allgemeine Observanz ansehen, daß auf dem Lande die

Eingepfarrten,

und zwar häufig die Ortsgemeinde

als solche ohne

Unterschied des Glaubensbekenntnisses, immer Hand- und Spanndienste

leisten. Chor,

Oft findet sich

auch

der Gebrauch,

daß der Pfarrer das

die Decimatoren und darunter der Patron das Schiff, die

Ortsgemeinde den Thurm unterhalten muß 13).14 15 IV. Eine durch Zu­

nahme der Bevölkerung nothwendig werdende Erweiterung der Kirche ist nach denselben Grundsätzen wie eine Reparatur zu behandeln, weil die Gründe der Beitragspflicht dieselben sind u).

V. Die Reparatur

der Pfarrhäuser, so weit solche nicht dem Beneficiaten allein obliegt1B), richtet sich gemeinrechtlich nach denselben Grundsätzen, wie die der

11) Conc. Trid. Sess. XXL cap. 7. de ref. 12) Diese und die darauf bezügliche Litteratur namentlich hier zu verzeich­ nen, ist nicht Bedürfniß. 13) So in den meisten Theilen der alten Diöcese Cöln, Conc. Colon, a. 1662. tit. VII. cap. II. §. III. Genauere Bestimmungen erließ darüber noch die erzbischöfliche Verordnung vom 15. Februar 1715. Aehnliche Formen er­ wähnt Segesser Rechtsgeschichte von Lncern II. 778. 811. 14) Jedenfalls muß geholfen werden, und wenn man statt der Erweite­ rung eine zweite Kirche bauen wollte, so würden die Eontribuenten nach dem innern Zusammenhang der Verhältnisse genau dieselben sein. Eine Ausnahme wäre nur hinsichtlich des Patrons zu machen, der ohne Einkünfte zu beziehen nach Ortsrecht zur Reparatur beizutragen hat. Die Frage ist, jedoch au» etwa» unbestimmten Gründen, behandelt in einem Gutachten der Berliner Juristen« facultät in Buchka Sammlung der Entscheid. deS OAGericht» zu Rostock II. 293. 15) Darüber sehe man §. 260.

590 Pfarrkirchen 18 16).17 Nach den Particularrechten ist sie jedoch häufig den

Parochianen unmittelbar auferlegt17). hat die Gesetzgebung,

VI.

Im französischen Recht

nachdem sie die Zehnten

ohne Entschädigung

aufgehoben und die Kirchengüter für den Staat eingezogen hat,

die

Kosten für den Unterhalt des Cultus und der Kirchengebäude zunächst

auf die Kirchenfabrik,

und subsidiär auf die Civilgemeinde gelegt18).

Dieses ist jedoch für Rheinpreußen wieder modificirt,

wo die Kosten

für außerordentliche kirchliche Bedürfnisse, also auch für die Repara­

tur der Kirchen,

zunächst aus dem Kirchenvermögen, dann aus dem

Communalvermögen,

endlich,

wenn solches nicht zureicht,

von der

Pfarrgemeinde, bestritten werden sollen19).20 VII. Die Reparatur der

Pfarrhäuser ist nach dem System der französischen Gesetzgebung, nach der richtigen Meinung der meisten Schriftsteller, unmittelbar der Ci­ vilgemeinde auferlegt99),

und daran ist auch wohl durch die neuere

Gesetzgebung nichts geändert21).

VIII. Im protestantischen Kirchen­

recht kann man im Zweifel von den Grundsätzen des gemeinen katho­

lischen Kirchenrechts ausgehen, indem das Concilium von Trient in dieser Lehre nichts Neues verordnet,

dene Herkommen wiederholt hat.

sondern nur das bereits bestan­

In Deutschland sind jedoch nach

den Landesgesetzen die Geistlichen von dem Beitrage insgemein befreit, der Patron aber, ohne Unterschied

ob er aus dem Kirchenvermögen

16) Eine Entscheidung der congregatio concilii hat nach der Angabe von Gallemari die Borschrift des Tridentinischen Conciliums ausdrücklich auf sie ausgedehnt. Man sehe auch Ubaldo Giraldi Expositio iuris Pontificii p.881. Reiffenstuel Ius canon. lib. III. tit. 48. n. 26. 17) So in der Erzdiöcese Cöln durch die ordinatio archiepiscopalis vom 28. August 1715, uud die Churfürstl. Verordnung vom 18. Febr. 1752. 18) Decret vom 30. Dec. 1809. Kap. IV., Decret vom 14. Febr. 1810. (In meinen Fontes). Gemeinden oder Theile einer Gemeinde, die eine eigene Kirche oder Kapelle mit regelmäßigem Gottesdienst haben, müssen diese unter­ halten, sind aber vom Beitrag für die Pfarrkirche befreit, Gutachten des Staats­ raths vom 7. Dec. 1810. 19) Gesetz vom 14. März 1845. (In meinen Fontes). 20) Dieses zeigt: Regnier Die Verpflichtung der Civilgemeinden in An­ sehung der Pfarrhäuser. Trier 1844. Die noch übrig gebliebenen Bedenklichkei­ ten löst Hüfser in der gleich anzuführenden Schrift. 21) Diese Ansicht vertheidigt mit überwiegenden Gründen Hüffer Die Ver­ pflichtung der Civilgemeinden zum Bau und zur Ausbesserung der Pfarrhäuser. Münster 1859. Bestritten wurde sie von Bluhme Das Rheinpreußische Gesetz vom 14. März 1845 in besonderer Anwendung aus Pfarrwohnungen. Bonn 1859. Hierauf replicirte Hüfser Das Rheinpreußische Gesetz vom 14. März 1845. Münster 1860. In dem angegebenen Sinne sind auch die Rescripte des Cultusministers vom 16. August 1858, vom 26. April und 21. Juli 1859 er­ lassen worden.

591

Einkünfte bezieht oder nicht, dazu verbunden M).

In England ist die

Unterhaltung des Chors gewöhnlich dem Pfarrer, die des Schiffs der

Gemeinde auferlegt; die nöthige Summe wird dann in der Kirch­ spielsversammlung (vcstry) beschlossen, und in der Form einer Ab­

gabe erhoben.

Zu dieser mußten in Irland bis zum Jahre 1833

auch die Katholiken beitragen,

wiewohl sie von jener Versammlung

ausgeschlossen sind. Nach der dänischen Kirchenordnung sollen die Kir­ chenbauten zunächst aus dem eigenen Vermögen der Kirche, in dessen

Ermanglung aber durch ein Anlehn der benachbarten Kirchen oder von den Eingepfärrten bestritten werden; auch müssen diese unentgelt­

lich Spanndienste leisten. Eben so ist es in Norwegen, wo aber, wenn

die Kirche

angekaustes Eigenthum eines Andern ist, dieser für den

Unterhalt mit Beihülfe der Gcnicinde zu sorgen hat.

In Schweden

endlich werden der Bau und die Unterhaltung der Kirchen gewöhnlich von den Gemeinden getragen; doch ist es gestattet, die Kosten der

Glockenstühle und der Kirchenmauern aus der Kirchenkasse zu bestrei­ ten;

auch werden in einigen Provinzen die Kirchen von dem Patron,

und die Pfarrhöfe von dem Pfarrer gebaut und reparirt.

22) J. H. Böhmer Ius eccles. Protest, lib. III. tit. 48. §. 73 — 75., Ins Paroch. sect. VII. cap. 3. §. 5—7., G. L. Böhmer Princip, iur. can. §. 597. Nach dem preußischen Landrecht trägt von den Unkosten bei Landkir­ chen der Patron zwei Drittel, die Eingepfärrten ein Drittel; bei Stadtkirchen ist das Verhältniß umgekehrt.

Siebentes Buch.

Von dem lirchlichcn Leden'). Erstes Kapitel.

Bon den heiligen Handlungen im Allgemeinen.

I.

Don den Saeramenteu.

Greg. I. 16. De sacramentis non iterandis. 273.

Da die Heiligung

des Menschen durch Christus in der

Kirche vollbracht wird, so bildet diese ein

großes Sakrament, von

welchem in mannichfaltigen Formen und Richtungen Weihungen und Heiligungen

des Menschen ausgehen.

Diesen Grundbegriff hat die

Kirche gleich in den ersten Zeiten, wie die Constitutionen der Apostel

unb andere liturgische Werke beweisen, praktisch aufgefaßt, und aus den ihr von Christus und den Aposteln überlieferten Gnadenmitteln

in Verbindung mit anderen heiligen Handlungen und Gebräuchen einen schön verbundenen Kreislauf für das gottesdienstliche Leben zusam­

mengesetzt. AuS diesem im Leben der Kirche überlieferten Stoffe wur­

den dann beim Fortschritt der Wissenschaft die bedeutungsvolleren von Christus selbst eingesetzten Handlungen

Gnadenmittel von den übrigen heiligen

abgesondert und unter dem Namen

mente zusammengestellt *).

der sieben Sakra­

Die Richtigkeit dieser Auffassung

ergiebt

1) Helfert Darstellung der Rechte, welche in Ansehung der heiligen Hand­ lungen, dann der heiligen religiösen Sachen sowohl nach kirchlichem als nach Oesterreichischen bürgerlichen Gesetzen Statt finden. Prag 1826. Zweite Ausl. 1843., Seitz Darstellung der Kirchendisciplin in Ansehung der Verwaltung der Sacramente. Regensb. 1850. 2) So lange dieser Sprachgebrauch nicht fahrt war, was wie es scheint erst im elften Jahrhundert geschah, konnte ein Schriftsteller je nach den beson-

593 sich theils aus der spekulativen Betrachtung der Kirche'nach ihrer Beziehung zu den Hauptabschnitten des organischen Lebenslaufes des Menschen, theils historisch aus der Uebereinstimmung der morgenlän­ dischen und der abendländischen Kirche, da bei der schon so frühe einge­ tretenen Spaltung zwischen Beiden eine solche Uebereinstimmung nicht hätte entstehen können, wenn sie nicht schon in dem ursprünglich über­ lieferten Stoffe enthalten gewesen wäre. Jene sieben Sacramente (jiwaTi^ia) sind nach den Bekenntnißschriften der morgenländischen8) und der abendländischen Kirche^): die Taufe (to ßdnTiapd), die Firmung (to xQi(rf,id), die heilige Communion (77 foux, xon'oma, 77 to xvQtaxov öetnvov), die Buße (77 fUTavotd), die letzte Oelung (to äyiov skatov), die Priesterweihe (-7 XEiQOTovid) und die Ehe (0 ydfiog). Das Gemeinschaftliche derselben ist, daß in die Handlung selbst nach der Verheißung Christi eine göttliche Gnade niedergelegt ist, der aber die Würdigkeit des Empfän­ gers entgegenkommen muß8). Mit dem Auftrage diese Sacramente. zweckmäßig zu verwalten, hat aber die Kirche die Vollmacht empfan­ gen, über deren gültige oder rechtmäßige Ausspendung, außer den da­ bei überlieferten unwandelbaren Formen, auch aus ihrem eigenen Er­ messen nach den Zeiten und Umständen die nöthigen Bedingungen sestzusetzen8). Die Protestanten lassen nur die Taufe und das Abend­ mahl als eigentliche Sacramente göttlicher Einsetzung gelten?).

deren Beziehungen, worunter er die heiligen Handlungen betrachtete, mehr, ein Anderer weniger al- sieben Sacramente zählen; zum Beispiel c. 84. c. I. q. 1. 3) Orthod. confess. Part. I. q. 98., Synod. Hierosol. a. 1672. cap. XV. (Harduin. Conc. T. XL p. 247). 4) Conc. Trid. Sess. XII. pr. et can. 1. de sacram. in genere. 5) Das protestantische Kirchenrecht hat dieselbe Grundansicht (§. 34. Note 6). Auch es nimmt, wie Richter Kirchenrecht §. 253 (240) sagt, an, daß durch die Sacramente die göttliche Gnade wahrhaft und auf übernatürliche Werse über­ bracht werde, aber „nicht ex opere operato, sondern nur dem gläubigen Em­ pfänger." Wie aber ist dieses mit der Kindertaufe zu vereinigen? 6) Innocent. IV. ad c. 2. X. de baptism. (3. 42). 7) August. Conf. Art. IX—XIV., Helvet. Conf.II. Art. XX., Helvet. Conf. I. Cap. XIX., Gallic. Conf. Art. XXXIV. XXXV., Belg. Conf. Art. XXXIII., Angl. Conf. Art. XXV., Scotic. Conf. Art. XXL Jedoch auch die Protestanten halten sich bei dieser Bestimmung der Sacramente nicht wört­ lich an die heiligen Schriften; denn die Taufe und das Abendmahl werden darin nirgends Sacramente genannt. Wenn man aber nun einmal nicht den biblischen Ausdruck, sondern nur die biblische Erwähnung der Handlung zum Maßstab nahm, warum hat man denn nicht auch die Firmung als ein Sacrament beibehalten, da diese nicht weniger das klare Zeugniß der Schrift für sich hat, Act. Vni. 14. 7. ? Und wenn man, die Tradition verwerfend, sich blos Walters Kirchenrecht. 13te Auflage.

Ztz

594

II.

Von den Sacramentalien.

Gregor. I. 15. De sacra unctione, III. 44. De custodia eucharistiae, chrismatis et aliorum sacramentorum, III. 47. De purificatione post partum. 274.

Bei gewissen Gelegenheiten werden von dem Priester Ge­

bete nach feierlichen Formeln und in Verbindung mit Salbungen,

Weihungen oder Segnungen gesprochen. Feierlichkeiten dieser Art wer­

den wegen der Aehnlichkeit, die sie äußerlich mit den Sacramenten haben, Sacramentalien genannt. Sie kommen theils mit den Sacra­

menten in Verbindung, theils zu anderen Zwecken vor. Die Materie der Salbung ist dem uralten Gebrauche gemäßOlivenöl, und zwar entweder rein, oder als Chrisma mit Balsam vermischt. In der grie­

chischen Kirche kommen außer dem Balsam noch viele andere Spece-

reien hinzu. Das reine Olivenöl wird theils für die Taufe, theils für die letzte Oelung bereitet, chumenen, oder Krankenöl2).

und heißt daher entweder Oel der Kate­

Beide Gattungen so wie das Chrisma

werden jährlich am Gründonnerstag vom Bischöfe gesegnet, und den Pfarrern zur sorgfältigen Aufbewahrung zugeschickt ’).

Geht während

des Jahres der erhaltene Vorrath bei, so darf er durch nicht geseg­ netes Oel ergänzt werden*). Die Weihe dient dazu, eine Person oder

Sache durch die Salbung dem Dienste Gottes und der Kirche feier­

lich zu bestimmen.

Die Segnung aber besteht in Gebeten, entweder

über eine Person, damit Gott ihre Handlungen segne, oder über eine Sache, damit er ihr einen heilsamen Gebrauch verleihe.

Weihungen

geschehen bei der Confirmation mit Chrisma, bei der Priesterweihe

mit Katechumenenöl, bei der Taufe mit beidem.

Ferner werden die

Bischöfe, Kirchen, Altäre, Kelche und Patenen mit Chrisma, der Tauf­ stein mit Katechumenenöl und Chrisma, die Glocken mit Chrisma und

an die heiligen Schriften halten will, wie will man es rechtfertigen, daß man die Fußwafchung nicht eingeführt hat, da darüber doch ein Gebot des Herrn vorliegt, Johann. XIII. 13. 15.? 1) Marc. VI. 13., c. 5. §. 1. D. XL (Basil, a. 375). 2) C. un. §. 2. X. de sacr. unct. (1. 15). 3) C. 1. c. XXVI. q. 6. (Conc. Carth. II. a. 390), c. 2. eod. (Conc. Carth. HI. a. 397), c. 4. D. XCV. (Statuta eccles. antiq.), c. 18. D. III. de cons. (Pseudo-Isid.), c. 1. X. de custod. euchar. (3. 44), c. 3. X. de consecr. eccles. (3. 40). 4) C. 3. X. de consecr. eccles. (3. 40).

595 Krankenöl consecrirt5).

Alle Weihen sind mit Segnungm verknüpft,

Blos gesegnet werden die Fürsten bei der Salbung mit Oel, die Kle­ riker, wenn sie zum Ministerium ordinirt werden, Aebte und Aebtissinnen, die Eheleute,

und die Frauen nach der Entbindung; ferner

die Kirchen, Kirchhöfe, Meßparamente, und das Weihwasser; endlich wichtige Lebensbedürfnisse und Geräthschaften, Brod,

Wein, Salz,

Gemüse, ein neugebautes Haus oder Schiff, das Ehebett, die Felder, Waffen, Fahnen und ähnliche Gegenstände.

Alle solche Handlungen

haben blos als Ceremonien kein Verdienst, sondern erhalten dieses erst durch die damit verbundene innere Fröinmigkeit und Erhebung.

Wer

aber das Leben im christlichm Sinn auffaßt, der wird es sehr billi­

gen, daß die Kirche bei jeder Gelegenheit durch ihre bedeutsamen Zei­ chen und Gebräuche ^as Gemüth auf Gott hinzuführen sucht.

III.

Bon der Liturgie'). A) In der katholischen und griechischen Kirche.

275.

Um den gemeinschaftlichen äußeren Gottesdienst und die

eingesetzten Religionshandlungen würdig zu begehen, bedürfen sie einer

bestimmten Form und Einkleidung.

Diese wird im Allgemeinen der

RituS, und der Dienst der Messe insbesondere die Liturgie genannt. Beides besteht aus Gebeten und Gebräuchen, wodurch die Kirche den inneren Gottesdienst zu erwecken und zu befestigen sucht.

Als bloße

Form gehört dieses zwar zu den unwesentlichen Theilen der Religion: doch aber hängt es mit dem Wesentlichen derselben sehr enge zusam­

men, indem daS Geistige für sinnliche Menschen nur durch die Form dargestellt und mitgetheilt werden kann2* ). 13 4Daher 5 ist die Kirche seit den ältesten Zeiten, wie die noch erhaltenen Ritualbücher, besonders die der römischen Kirche^), beweisen, auf eine würdige Einkleidung der kirch­ lichen Handlungen sehr sorgfältig bedacht gewesen*). Eine unbedingte Uebereinstimmung aller Länder in dem Ritus ist zwar nicht nothwen­

dig^); doch aber ist es dem Wesen der Kirche angemessen, daß die

5) C. un. §. 3—8. X. de sacr. und. (1. 15). 1) Bouix Tractatus de iure liturgico. Paris. 1853. Atreb. 1860. 2) Conc. Trid. Sess. XXII. cap. 5. de sacrif. missae. 3) Zu diesen gehören unter anderen die unter dem Namen Ordines Ro­ mani verfaßten Ritualbücher. Von einer Sammlung dieser Art ist schon oben die Rede gewesen (§. 94). Fünfzehn Andere verschiedenen Alters und Inhalt­ finden sich in Mabillon Museum Italicum. Paris. 1689. 1730. T. II. 4) Die Priester empfiengen einen solchen libellus officialis bei der Or­ dination, c. 2. D. XXXVIII. (Conc. Tolet. IV. a. 633). 5) So weicht der griechische Ritus von dem lateinischen, der Einheit

596 innere Einheit sich auch durch die Gleichheit der Gebräuche offenbare.

Besonders dient dazu eine gemeinsame Kirchensprache,

wofür in der

griechischen Kirche die altgriechische, in der russischen die slavonische, in der katholischen die lateinische Sprache beibehalten worden ist6 * ). *** Um jene Uebereinstimmung noch mehr zu fördern, hat das Concilium

von Trient den Päpsten die Abfassung neuer Ritualbücher übertra­ gen 7), 8 welche seitdem auch bekannt gemacht und mehrmals verbessert worden sind6). Auch ist für diesen Gegenstand 1588 eine eigene Con-

gregation von Cardinälen niedergesetzt wordm. Für die Gebräuche der römischen Kirche giebt es noch

besondere Ceremonialbücher9); und

eben so haben die meisten Diöcesen eigene Ritualien und Agenden,

deren Abfassung und Verbesserung den Bischöfen zusteht.

llebrigenS

sollen sich aber die Geistlichen nicht auf die genaue Handhabung der Ceremonien beschränken, sondern deren Sinn und Beziehung dem Volke

fleißig erklären10).

Die Kenntniß derselben macht daher einen nicht

unwichtigen Theil der Theologie aus. In der neueren Zeit haben sich

in Deutschland mehrere Stimmen für die Einführung der Landessprache

bei dem Gottesdienst, namentlich bei der Messe, erhoben.

Allein un-

streittg kann der Vortheil, den man dadurch beabsichtigt, nämlich die allgemeine Verständlichkeit, die ohnehin in einem großen Gebäude un­ möglich ist, weit sicherer durch Vorttäge über den Sinn der vorkommen­

den Gebräuche erreicht werden, ohne daß man die alterthümliche Würde,

des Glaubens unbeschadet, mehrfach ab, c. 11. X. de tempor. ordin. (1. 11), e. 14. X. de off. iud. ordin. (1. 31). Auch in der lateinischen Kirche können einzelne Länder und Diöcesen ihre eigenen Gebräuche haben, c. 10. D. XII. (Greg. I. c. a. 603), c. 3. eod. (Leo IX. c. a 1053). 6) Conc. Trid. Sess. XXII. cap. 8. et can. 9. de sacrif. missae. 7) Conc. Trid. Sess. XXV. de indice librorum. 8) Für die bischöflichen Verrichtungen erschien unter Clemens VIII. das Pontiflcale Romanum 1596 und das Caeremoniale Episcoporum 1600. Jenes ist von Urban VlH. 1644, dieses von Jnnocenz X. 1650 und Benedict XIII. 1727 verbessert worden. Für die Verrichtungen der Seelsorger erließ Paul V. 1614 das Rituale Romanum. Alle diese Werke wurden von Benedict XIV. 1725 mit einigen dazu gehörenden Statuten als eine einzige Sammlung neu herausgegeben. 9) (August. Patrie. Piccolomin. c. a. 1490) Rituum ecclesiasticorum sive sacrarum ceremoniarum libri tres non ante impressi. Venet. 1516. fol. (Hoffmann Nova monument. collect. T.. H. p. 269—740), Sa­ crarum caeremoniarum sive rituum ecclesiasticorum 8. Romanae ecclesiae libri tres auctore Jos. Catalano. Romae 1750. 2 voh fol. 10) Conc. Trid. Sess. XXII. cap. 8. de sacrif. missae, Sess. XXIV. cap. 7. de ref.

597 die

Festigkeit

und

allgemeine

die

Gleichförmigkeit

Sprache gegen die Gefahr neuer, schwankender,

der lateinischen

und jeder schlechten

Mundart hingegebener Uebersetzungen zu vertauschen braucht. In jedem Falle

kann eine solche Veränderung nur von den rechtmäßigen kirch­

lichen Oberen ausgehen "). In der morgenländischen Kirche giebt es

ebenfalls, sowohl für die gewöhnlichen Verrichtungen der Priester und

Bischöfe12), wie für die außerordentlichen Feierlichkeiten13), bestimmte Ritualbücher, und die Kirche von Constantinopel hat noch ein beson­

deres Ceremonialbuch11).

B) Von der Liturgie in der protestantischen Kirche. 276.

Die Protestanten haben, um den Gegensatz gegen mehrere

zum Theil falsch verstandene Lehren der katholischen Kirche durchzu­ führen, die Gebräuche und die Uebereinstimmung darin für ganz gleich­

gültig und einige derselben sogar für sündhaft erklärt, doch aber einen

gewissen Ritus der

guten Ordnung wegen und als Mittel zur Er­

bauung beibehalten *).

Nur sollte überall die Landessprache an die

Stelle der lateinischen gesetzt werden2). Auf diesen Grundsätzen beru­

hen die Kirchenordnungen und Agenden,

welche seit dem sechzehnten

Jahrhundert in den protestantischen Ländern Deutschlands

worden sind3).

Namen

abgefaßt

Diese sind insgemein, wie die Vorreden zeigen, im

der weltlichen Obrigkeit kraft des ihr zustehenden Kirchenre­

giments erlassen, und dadurch ist diese sowohl der Theorie wie der

11) Sehr bestimmt und würdig erklären sich darüber auch Van - Espen Ins eccles. univers. Part. II. sect. I. tät. I. cap. 2. 3., Sauter Fundam. iur. eccles. cathol. §. 649—52. 12) Euchologium sive Rituale Graecorunr ed. Ja. Goar. Paris. 1645. Venet. 1730. fol., Allgemeines Ritualbuch (der griechisch - russischen Kirche). Moskau 1834. fol. 13) Llo/vitoy.Trzbs Liber pontificalis ecclesiae Graecae cura Isaac. Ha­ berti. Paris. 1676. fol. 14) Constantini Porphyrogenneti (f 979) libri duo de ceremoniis aulae Byzantinae. Lips. 1751. 1754. 2 vol. fol. nov. edit. Bonn. 1829. 2 vol. 8., Georg. Codinus Curopalata (c. 1470) de officiis et officialibus magnae ecclesiae et aulae Constantinopolitanae. ed. Jac. Goar. Paris. 1648. fol. 1) August. Gons. Art. XV., Helvet. Gons. II. Art. XXIII. XXV., Helvet. Gons. I. cap. XXVIII., Angl. Gons. Art. XXXIV. 2) Helvet. Gons. I. cap. XXII. 3) Verzeichnisse derselben geben: König Bibliotheca Agendorum. Zelle 1726. 4., Feuerlini Bibliotheca symbolica Evang. Lutherana. Gotting. 1752. Norimb. 1768.

598 Praxis nach in den Besitz des liturgischen Rechts gekommen.

Jedoch

macht bei dessen Ausübung die Natur des Verhältnisses eine Bera­

thung mit dem Lehrstande und die Berücksichtigung der Stimmung der Gemeinden nothwendig^). In Preußen ist 1821 eine neue Agende

bekannt gemacht und seit 1829 nach und nach allgemein eingeführt worden. In England hatten von alten Zeiten her nach den Provinzen

verschiedene Ritualbücher gegolten, und diese wurden unter Heinrich VIII. noch beibehalten.

Eduard VI. erließ aber 1549 ein gemeines

Ritualbuch (bock of common prayer) für das ganze Reich.

Neue

Ausgaben mit mancherlei Abänderungen wurden noch unter demselben

König 1552, unter Elisabeth 1558 und unter Jacob 1.1603 bekannt gemacht.

Das Ritualbuch, dessen sich die englische Kirche noch jetzt

bedient, ist von Karl II. 1673 erlassen worden. Die Liturgie der dä­

nischen und norwegischen Kirche gründet sich auf das Kirchenritual von 1685 und das Altarbuch von 1688. In Schweden wurde zuerst

1529 ein neues Handbuch für die geistlichen Amtsverrichtungen, und 1531

ein neues Meßbuch in schwedischer Sprache verfaßt.

kam das Kirchenhandbuch von 1693 an deren Stelle.

Später

Die jetzige Li­

turgie ist 1811 von Karl XIII. nach Genehmigung der Reichsstände eingeführt worden.

4) Eichhorn Kirchenrecht I. 682. II. 52—55., Richter Kirchenrecht §.177 (183).

599

Zweites Kapitel.

Die Aufnahme in die Kirche.

l.

277.

Von der Wahl des Glaubensbekenntnisses.

Die Bestimmung, in welchem Glauben ein Kind erzogen

werden soll, geht zunächst von den Eltern aus.

Aus dem Stand­

punkt der Kirche ist dieses jedoch nicht ein willkührliches Recht,

son­

dern jede Confession schreibt den Eltern, die zu ihr gehören, die Er­ ziehung ihrer Kinder in gleichem Glauben als eine wesentliche Ver­

pflichtung vor.

Die Unterstützung dieser Verpflichtung durch bürger­

lichen Zwang beruht aber immer

Uebergewicht,

den

auf einem besondern Vorzug und

die Staatsgewalt

einem bestimmten Glaubensbe­

kenntnisse ertheilt, also auf der Annahme einer Staatsreligion.

daher die drei

Wo

christlichen Confessionen in einem Lande mit gleichen

Rechten recipirt sind, muß die Auswahl derselben für die Kinder le­ diglich den Eltern überlassen bleiben, so daß

wenn Beide einig sind,

die Staatsgewalt in deren natürliches Erziehungsrecht nicht eingrei­ fen darf.

Wenn aber bei eintretender Meinungsverschiedenheit das

Einschreiten der Gerichte nothwendig wird, ters den Vorzug erhalten 1).2

muß der Wille des Va­

Verträge, wodurch die Ehegatten unter

einander etwas über die religiöse Erziehung der Kinder festsetzen, ha­

ben aus dem Standpunkte des bürgerlichen Rechts die Bedenklichkeit gegen sich, daß neben den Vater, wenn derselbe sein Versprechen nicht

halten will, auf Anrufen der Mutter durch die Gerichte eine Art von

Vormundschaft in das Hauswesen

gesetzt werden müßte.

Die neue­

ren Landesgesetze haben daher häufig solchen Verträgen die bürger­

liche Wirkung und Klagbarkeit abgesprochen, also deren Erfüllung zu einer bloßen Gewissenssache gemacht?).

Nach dem Tode des Vaters

1) Das einfachste Verhalten der Staatsgewalt ist also, über die religiöse Erziehung der Kinder gar kein Gesetz zu machen, sondern fich lediglich an den Willen des Vaters zu halten. Eine Kritik der verschiedenen zum Theil sehr abweicheuden Landesgesetze nach diesem GestchtSpunkt würde hier zu weit führen. 2) Daß demohngeachtet ein solches Versprechen, mit der im Voraus ge-

600 fällt jene Bestimmung über die Kinder an die Mutter, da diese die Sorgfalt und Verantwortlichkeit für dieselben nun allein zu tragen hat , und daher nicht gezwungen werden darf, sie wider ihre bessere Einsicht und Ueberzeugung in einem fremden Glauben erziehen zu lassen. In Ermanglung beider Eltern haben aber die Vormünder sich an die Anordnungen zu halten, die sie darüber vorfinden. Bei Er­ wachsenen entscheidet über den Glauben, zu welchem sie sich bekennen wollen, dort wo unbedingte Religionsfreiheit gilt, die freie Wahl, und zwar gehört bazu, da es sich um eine rein persönliche Gewissens­ sache handelt, nichts wie die gehörige Vorbereitung und Reife des Urtheils. Von bestimmten Jahren kann man diese für die Kirche nicht abhängig machen; so weit aber die Frage auf dem bürgerli­ chen Gebiet zur Sprache kommt, setzen die Landesgesetze ein gewisses Alter fest, und zwar ist dafür in den protestantischen Ländern insge­ mein das zurückgelegte vierzehnte Jahr als die Gränze angenommen3*).4 * Eben so wenig ist dabei das Vorwissen der Eltern oder Vormünder wesentlich; jedoch müssen die Pflichten der kindlichen Pietät, so weit es ohne Aufopferung der gewonnenen Ueberzeugung geschehen kann, möglichst berücksichtigt werden. Alle diese Grundsätze gelten, wo die drei christlichen Confessionen einander gleichgestellt sind, insbesondere auch hinsichtlich des Uebertritts von einer Confession zur anderen; und wenn die Landesgesetze sich dabei beaufsichtigend einmischen wol­ len, so mtsteht daraus allzu leicht eine lästige Bevormundung, welche zu dem Bildungszustande unserer Zeit nicht paßt. Mit jener grund­ gesetzlichen Freiheit steht eö jedoch nicht im Widerspruch, wenn mit einer Schenkung oder einem Vermächtniß die Bedingung, die Reli­ gion nicht zu wechseln, verbunden, oder ein Fideicommiß von einer bestimmten Religionsgemeinschaft abhängig gemacht wird, da der Be­ rufene immer die Freiheit behält, um seiner religiösen Ueberzeugung willen aus den dargebotenen Vortheil zu verzichten. Selbst eine durch den Religionswechsel bedingte Schenkung ist nicht schlechthin für eine unerlaubte zu halten^). UebrigenS kann die Religionsfreiheit selbst

faßten Absicht es nicht zu halten, eine moralische Schlechtigkeit sei, wird Jeder zugestehen. 3) Dieses gründet man, wenn auch nicht ganz richtig, auf einen Be­ schluß des Corpus Evangelicorum vom Jahr 1752. 4) Offenbar ist dabei zu unterscheiden, ob die so bedingte Schenkung in der Absicht damit, oder blos auf den Fall daß der Andere die Religion wech«

601 auf den Uebertritt eines Christen zu einer nicht christlichen Religions­

partei ausgedehnt werden;

einem christlichen Staate ist es jedoch an­

gemessen, diese Freiheit zu beschränken6* ). ***5 II.

278.

Aufnahme in die Kirche und deren Wirkungen.

Der Act der Aufnahme in Ine Kirche geschieht durch die

Taufe oder bei denjenigen, die bereits in einer anderen Confession

getauft sind, durch Ablegung des Glaubensbekenntnisses *).

Mit ihr

wird die Theilnahme an allen Rechten erlangt, welche aus der kirch­

lichen Verbindung fließen6).

Jedoch legt sie auch die Verpflichtung

auf, die Lehren der Kirche zu bekennen, die vorgeschriebenen Religions­

handlungen zu erfüllen, und ihren Gesetzen zu gehorchen.

Der Ort,

wo diese Rechte und Pflichten zur Sprache kommen, ist regelmäßig das Domizil, welches im Ganzen nach der Analogie des bürgerlichen

Oft entscheidet aber auch der bloße

Domizils zu beurtheilen ist").

Aufenthaltsort. ' Zur Beurkundung der wichtigsten auf das kirchliche Leben

Taufe,

sich

beziehenden Begebenheiten

einer Person, namentlich der

Trauung und Beerdigung, diener: die von ten Pfarrern zu

haltenden Kirchenbücher^), und diese haben durch die Praxis und die

Landesgesetze insgemein auch für das bürgerliche Leben die Eigenschaft öffentlicher Urkunden erhalten").

durch beglaubigten Thatsachen

Sie begründen daher über die da­

einen vollen Beweis, der nur durch

den Gegenbeweis der Fälschung oder der nicht vorhandenen Identität

der in Frage stehenden Person aufgehoben werden tonn6). Bei man-

sele, gemacht ist. Im ersten Fall läge darin die Verlockung zu einer Schänd­ lichkeit; im zweiten nicht, sondern stc kann hier zur Sicherung des Lebensun­ terhalts oder zur Entschädigung für Vortheile, die man durch den Religions­ wechsel verliert, dienen. Im Zweifel ist selbst eine solche erlaubte Absicht zu präsumiren. 5) So in Preußen in Beziehung auf ,den Uebertritt zum Judenthum, KabinetSordre vom 19. Nov. 1814., Ministerial-Bescheid vom 10. März 1848. 1) Der Gebrauch solcher Glaubensbekenntnisse ist uralt, Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. V. cap. 2. n. 9. 2) Den Inbegriff dieser Rechte nennt man häufig den etatus ecclesiasticus communis. 3) Man sehe darüber Helsert in Weiß Archiv B. V. Heft I. 4) Conc. Trid. Sess. XXIV. cap. 1. 2. de ref. matr., Rituale Romanum Tit. ult. 5) Eine Ausnahme macht nur das franzöfische Recht, welches während der Revolution die EivilstandSregister an die Stelle der Kirchenbücher gesetzt hat. Letztere find daher hier bürgerlich blos als Privaturkunden zu betrachten. 6) Binterim Comment, historico - critica de libris baptizatorum,

602 gelnden oder unvollständig geführten Kirchenbüchern ist natürlich jedes

andere dem Falle angemessene Beweismittel zulässig7).

III.

Insbesondere von der Taufe.

Greg. III. 42. Clem. IDE. 15. De baptismo et eins effectu, Greg. III. 43. De presbytero non baptizato. 279. heißung

Die Taufe ist das Sacrament, wodurch nach der Ver­

Christi eine geistige Wiedergeburt des

Menschen und

der

Nachlaß der Erbsünde und anderer bis dahin begangener Verschul­ dungen bewirkt wird *).

Dieses Sacrament eröffnet also zum Em­

pfang der Uebrigen den Weg 2).

Wo jedoch die eigentliche Taufe

(Baptismus fluminis) nicht erlangt werden kann, vertritt das gläu­

bige Verlangen nach der nis)3) oder

Vereinigung mit Gott

(Baptismus flami-

das Märtyrerthum für den christlichen Glauben (Bap­

tismus sanguinis)4) deren Stelle; doch ist beides nicht als ein Sa­

crament zu betrachten. Die Materie, womit getauft wird, muß natür­

liches Wasser3), und die Form den Einsetzungsworten Christi gemäß sein3).

Ob übrigens die Taufe durch Besprengen,

Abwaschen oder

Eintauchen geschehe, ist für die Gültigkeit der Handlung unwesentlich,

und hängt von den Gebräuchen jeder Kirche ab7).

Die Verrichtung

der Taufhandlung geschah ursprünglich nur mit Vorwissen und im

Auftrage des Bischofes3); später aber wurden auch in der Diöcese

umher bestimmte Kirchen als Tauftirchen bezeichnet3), und so ist all-

coniugatorum et defunctorum, antiquis et novis, de eorum fatis ac hodierno usu. Dusseld. 1816., Becker Wissenschaftliche Darstellung der Lehre von den Kirchenbüchern. Frankfurt 1831. 7) Das französische Recht ist darüber sehr lehrreich. 1) Conc. Trid. Sess. VII. De baptismo, Orthod. confess. Part. I. qu. 102. 103. 2) C. 1. 3. X. de presbyt. non baptiz. (3. 43), c. 2. de cognat. spirit. in VI. (4. 3). 3) C. 34. 149. D. IV. de cons. (August, c. a. 412), c. 2. X. de presbyt. non baptiz. (3. 43). 4) C. 34. D. IV. de cons. (August, c. a. 412), c. 37. eod. (Gennad. c. a. 492). 5) C. 5. X. de baptism. (3. 42). 6) C. 83. D. IV. de cons. (Zachar. a. 748), c. 86. eod. (Idem a. 746), c. 1. §. 4. X. de summ, trinit. (1.1), c. 1. X. de baptism. (3. 42). 7) C. 79. D. IV. de cons. (Can. Apost. 50), c. 81. eod. (Hieronym. a. 386), c. 78. eod. (August, c. a. 410), c. 80. eod. (Gregor. I. a. 591), c. 85. eod. (Conc. Tolet. IV. a. 633). 8) Der Beweis steht im §. 139. Note 1. 9) Man sehe darüber §. 147.

603 mählig diese Handlung an das Pfarramt gekommen.

Diaconen dür­

fen nur, wenn keine Priester zur Hand sind, taufen").

Im Noth­

fall ist jedoch auch die von einem Laien, von einem Weibe,

selbst

von einem Ketzer, Juden oder Heiden ertheilte Taufe gültig, wenn sie in der gehörigen Form geschieht, und wenn der Taufende dabei die Intention

hat, welche die Kirche mit dieser Handlung verbindet").

Sich selbst kann man aber nicht gültig taufen,

Verlangens hinreicht12).

kann die Taufe nicht blos an Erwachsenen,

brauche des werden").

weil die Taufe des

Was die Person des Täuflings betrifft, so

höchsten Alterthums

auch

sondern nach

schon an

dem Ge­

Kindern verrichtet

Nur müssen diese dazu lebendig, in menschlicher Form,

und wenigstens schon zum Theil wirklich

geboren fein14).

Ist, wie

bei ausgesetzten Kindern, ob sie überhaupt oder ob sie gültig getauft

seien, zweifelhaft: so muß ihnen die Taufe ertheilt werden"), jedoch in einer bedingten Formel16).

Wer von christlichen Eltern geboren

und unter Christen erzogen worden ist, wird aber als getauft voraus­ gesetzt, bis das Gegentheil vollkommen erwiesen ist17). christlichen Glauben bezügliche Unterricht geht

Taufe

Der auf den

bei Erwachsenen der

vorher"): bei den Kindern folgt er nach, jedoch so, daß bei

der Taufe Pathen eintreten, welche für das Kind die Bürgschaft und daher die Verpflichtung übernehmen, für dessen Unterricht und Er­ ziehung im Christenthum nöthigenfalls Sorge zu tragen").

Dieses

ist bis in die neuere Zeit durch viele Verordnungen eingeschärft wor-

10) Act. Vin. 12., c. 13. v. xcm. (Gelas, a. 494), c. 19. v. IV. de cons. (Isidor, c. a. 610). 11) C. 21. D. IV. de cons. (Augustin, c. a. 392), c. 31. 32. eod. (Idem a. 412), c. 23. eod. (Isidor, c. a. 630), c. 24. eod. (Nicol. I. a. 866), c. 1. §. 4. X. de summ, trinit. (1. 1), Gone. Trid. Sess. VII. can. 4. de baptism. 12) C. 4. X. de baptism. (3. 42). 13) Gone. Trid. Sess. VII. can. 12. 13. de baptism. 14) Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. VII. cap. 5. 15) C. 111. D. IV. de cons. (Statuta eccles. antiq.), c. 113. eod. (Leo I. a. 443), c. 112. eod. (Idem a. 451), c. 110. eod. (Greg. II. a. 726). 16) C. 2. X. h. t. (3. 42), Benedict. XIV. de synodo dioeces. Hb. VII. cap. 6. 17) C. 3. X. de presbyt. non baptiz. (3. 43). 18) C. 58. D. IV. de cons. (Gone. Laodic. a. 372), c. 60. eod. (Gone. Carth. V. c. a. 401), c. 55. 59. eod. (Gone. Bracar. c. a. 572), c. 54. 95. eod. (Rhaban. c. a. 847). 19) C. 7. 8. 76. 77. 105. D. IV. de cons. (August, a. 395-414), c. 74. eod. (Isid. c. a. 610).

604 den20), und daher sollen nur solche als Pathen zugelassen werdm, welche geeignet sind jene Verpflichtung zu erfüllen21).

Aus Rücksicht

auf das Ehehinderniß, welches aus der geistlichen Verwandtschaft ent­ springt, dürfen aber bei einem Kinde höchstens zwei, ein Mann und

eine Frau, Pathen sein22). Der Ort der Taufhandlung ist regelmä­ ßig in der Pfarrkirche22).

Hinsichtlich der Zeit ist nichts vorgeschrie­

ben. Ursprünglich war dazu, Nothfälle abgerechnet, der Vorabend vor

Ostern und Pfingsten bestimmt: dieses hat sich aber seit dem elften Jahrhundert verloren und ist nur noch in der Einsegnung des TaufwasserS, die an diesen Tagen vorgenommen wird, sichtbar24). Die mit

der Taufe verbundenen bedeutungsvollen alten Gebräuche werden größ-

tentheils auch noch jetzt beobachtet22). Im Wesentlichen stimmt in den meisten dieser Punkte das protestantische Kirchenrecht mit dem katho­ lischen überein22).

IV. 280.

Bon der Firmung.

Nach dem Zeugniß der heiligen Schriften legten die Apo­

stel den Getauften die Hände auf und theilten ihnen dadurch den hei­ ligen Geist mit1).

Dieses hat die griechische und lateinische Kirche

in der Firmung bewahrt, als einem Sacramente, wodurch die Bekräf­ tigung des in der Taufe erworbenen Glaubens, besonders denselben standhaft zu bekennen, ertheilt wird2).

die Gnade

Sie geschieht nach

Anrufung des heiligen Geistes durch eine Salbung mit Chrisma ver-

20) Capit. I. Carol. M. a. 813. c. 18., Conc. Paris. VI. c. 829. lib. I. c. 19., Statut. Leodin. a. 1287. tit. II. c. 9., Conc. Tornac. a. 1481. c. 1., Conc. Warmiens. a. 1497. c. 19., Conc. Colon, a. 1536. Part. VII. c. 4., Conc. August, a. 1548. c. 16. 21) C. 103. D. IV. de cons. (Conc. Autissiod. a. 578), c. 102. eod. (Theodor, c. a. 680), Conc. Audomar. a. 1585. tit. III. c. 6., Conc. Pa­ derb. a. 1688. Part. II. tit. II. c. 19., Conc. Culm. a. 1745. cap. XV. 22) C. 101. D. IV. de cons. (Walafr. c. a. 840), Conc. Trid. Sess. XXIV. cap. 2. de ref. matr. 23) Clem. un. h. t. (3. 15). 24) Zeugnisse über das Gesagte giebt unter Anderen Pelliccia Christianae ecclesiae politia lib. I. sect. I cap. 2. 25) C. 53. 61-70. 73. 78. 87—91. D. IV. de cons. 26) August. Cons. Art. IX., Helvet. Cons. II. Art. XXI. , Helvet. Cons. I. cap. XX., Gallic. Cons. Art. XXXV., Anglic. Cons. Art. XXVII., Scotic. Cons. Art. XXL, Belg. Cons. Art. XXXIV. 1) Act. VIII. 14—17. XIX. 6. 2) C/28. D. IV. de cons. (Gennad. c. a. 412), c. 5. D. V. de cons. (Rhaban. a. 847), Conc. Trid. Sess. VII. de confirm.

605 bunden mit einer gewissen Formel. Der Ausspender derselben ist, dem Beispiel der Apostel gemäß, regelmäßig nur ein Bischofs); außeror­ dentlicher Weise kann aber dazu ein Priester delegirt werden^); und

in der griechischen Kirche ist diese Verrichtung stehend an das priester­

liche Amt gekommen«).

In der lateinischen Kirche kann aber eine

solche Delegation nur mit Autorisation des Papstes geschehen, und

auch dann muß das Salböl, womit der Priester firmt, vom Bischöfe benedicirt sein«).

Ursprünglich wurde die Firmung gewöhnlich gleich

nach der Taufe ertheilt, und in der griechischen Kirche geschieht dieses noch jetzt; in der lateinischen wird aber wenigstens schon ein Alter von

sieben Jahren verlangt'). Seitdem beideSacramente getrennt worden sind, entstand auch die Nothwendigkeit besondere Firmpathen einzufüh­

ren. Ueber ihre Verpflichtungen haben sich die neueren Concilien auf ähnliche Art wie über die Taufpathen ausgesprochen.

Sowohl die

Taufe wie die Firmung können nicht mehr wiederholt, und sollen von

Jedem an dem jährlichen Gedächtnißtage gefeiert werden.

Die Pro­

testanten haben eine Confirmation, jedoch nicht als ein Sacrament, beibehalten.

3) Innocent. I. epist. XXV. ad Decent. Eugub. a. 416. c. 3 (6), c. un. §. 7. X. de sacr. unct. (1. 15). 4) C. 1. D. XCV. (Greg. I. a. 594). 5) Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. VII. cap. 9. Dieses scheint zwar Jnnocenz III. zu mißbilligen, c. 4. de consuet. (1.4). Allein diese Stelle redet im Original nur von den lateinischen Priestern, die sich in Eonstantinopel aushielten. 6) Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. VTI. cap. 7. 8. 7) Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. VH. cap. 10.

606

Drittes Kapitel.

Das gottesdienstliche Leben. Von der Feier des Abendmahls.

I.

A) Ursprüngliche Form derselben.

281. * Den Haupttheil und Mittelpunkt des Gottesdienstes bildet die von Christus selbst eingesetzte Feier des Abendmahls*).

Diese

wurde schon von den ersten Christen?) und zwar in der Art begangen, daß erst die heiligen Schriften vorgelesen, dann von dem Bischof ge­

predigt, hierauf von der Gemeinde die Gaben, nämlich Brod und Wein mit Wasser dargebracht, diese vom Bischof durch Gebete und Danksa­

gungen consecrirt, und endlich unter die Anwesenden vertheilt oder den

Abwesenden durch

die Diaconen zugesendet wurden^).

Es war also

dieser Dienst ays vier Haupttheilen zusammengesetzt. Der erste bestand

aus belehrenden Vorttägen, und diesen durften nicht blos Katechume­ nen, sondern auch Juden, Ketzer und Heiden beiwohnen *), wurden aber nach Beendigung derselben durch einen feierlichen Aufruf entlas­

sens.

Der zweite Theil bezog sich auf die Opfer von Brod und

Wein, die jeder Gläubige als seinen Beittag zum Gottesdienst dar­ brachte o). Hiervon wurde das, was zur Consecration gebraucht wurde,

genommen, das Uebrige aber zurückgelegt und unter die Kleriker und

1) Matth. XXVI. 26—28., Marc. XIV. 22—24., Luc. XXII. 19. 20. 2) Act. n. 42. 46., I. Cor. XI. 20—29. 3) Justinus Martyr. (f 163) Apolog. I. 67. Die solis omnes qui in oppidis vel agris morantur conveniunt in eundem locum. Deinde — commentaria Apostolorum et scripta Prophetarum, quantum per tempus licet, leguntur. — Lectore quiescente, Praesidens orationem qua populum instruit, et ad eorum quae pulchra sunt imitationem adhortatur, habet. Tum simul consurgimus omnes, et precationes fundimus et sicuti iam diximus finitis precationibus nostris panis offertur et vinum et aqua. Consimiliter Praepositus ipse, quantum potest, vota et gratiarum actiones effundit, et populus fauste acclamat, dicens: Amen. Et distributio communicatioque fit eorum, super quibus gratiae sunt actae, cuique praesenti; absentibus vero per Diaconos mittitur. 4) C. 67. D. 1. de cons. (Statuta eccles. antiq.). 5) Isidor. Hispal. Origin. VI. 19. 6) Darauf beziehen sich Conc. Carth. III. a. 397. c. 24. (c. 5. D. H. de cons.), c. 2. 8. D. XC. (Statuta eccles. antiq.), c. 73. D. I. de cons. (Innoc. I. a. 416), c. 6. D. II. de cons. (Conc. Trull, a. 692).

607 die Armen »ertheilt7).8

Die morgenländische Kirche hat diesen alten

Dienst der Oblation noch in seiner ursprünglichen Gestalt bewahrt.

Der dritte Theil begriff die Eucharistie, wo das Brod und der Wein

auf dem Altar durch die Consecration des Priesters den Worten Christi gemäß9)10ihrem Wesen nach in den Leib und das Blut Christi um­

gewandelt 9) und diese als das wahre Opfer des neuen Bundes Gott

dargebracht wurden'9).

Der vierte Theil endlich bezog sich auf die

Communion oder die Vertheilung der consecrirten Gaben unter die Gemeinde. Bei der Erweiterung der Gemeinden nahm aber im Laufe der Zeit dieser Dienst, während man das Wesentliche beibehielt, in den

äußeren Bestimmungen stufenweise eine freiere Form an.

B) Von dem Empfang des Abendmahls.

Greg. HI. 41. De celebratione missarum et sacramento eucharistiae et divinis officiis, III. 44. De custodia eucharistiae chrismatis et aliorum sacramentorum. 282.

1. Nach dem ursprünglichen Gebrauch wurde die Eucha­

ristie von Allen, die dabei gegenwärtig waren, auch wirklich empfan­

gen. Später, da mit dem Wachsthum der Gemeinden der Gottesdienst

sich vervielfältigte, bildeten sich darüber abweichende Gewohnheitenx),

und um darüber doch eine Gränze zu haben,

wurde endlich geboten,

7) Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. V. cap. 8. n. 1. 2. Ein Theil davon wurde jedoch auch gesegnet und an diejenigen, welche zum Em­ pfang der Eucharistie nicht vorbereitet waren, unter dem Namen der Eulogie auSgetheilt, Ducange Giess, v. Eulogia. 8) Johann. VI. 54—59. 9) Diesen Begriff, daß in der Eucharistie der wahre Leib und das wahre Blut gegenwärtig werden, bezeugen Ignat. (f 107) ad Smyrn. c. 6., Justin, (f 163) Apolog. I. 66., Irenaeus (f 201) contra haeres. IV. 18. 33. V. 2., Cyprian. (258) epist. LIV. ad Cornel, epist. LXIII. ad CaeciL, c. 38. D. II. de cons. (Ambros, c. a. 380), c. 40. 43. 55. 69. eod. (Idem c. a. 384), c. 35. eod. (Eucher. Lugd. c. a. 440), c. 73. eod. (Gregor. I. a. 593), c. 34. 41. eod. (Lanfranc. a. 1059), c. 1. §. 3. X. de summ, trinit. (1. 1), Conc. Trid. Sess. XIII. cap. 1. 2. 3. 4. de euchar. sacram. 10) Diesen Begriff des Opfers bezeugen Justin, (f 163) Tryphon. c. 41. 117., Irenaeus (f 201) contra haeres. IV. c. 17. 18., c. 2. 3. D. II. de cons. (Cyprian, a. 254), c. 50. 53. eod. (Hilar. c. a. 384), c. 73. eod. (Gregor. I. a. 593), c. 71. eod. (Paschas. Radbert. c. a. 818), c. 37. 52. eod. (Lanfranc. a. 1059), Conc. Trid. Sess. XXII. cap. 1. 2. et can. 1. 3. de sacrif. missae. Ein sehr klares uraltes Zeugniß erwähnt auch Döllinger HippolytuS S. 343—353. 1) C. 13. D. II. de cons. (Gennad. c. a. 492).

608 daß Jeder wenigstens an den drei hohen Festtagen2) oder nach einer

neueren Verordnung wenigstens einmal jährlich in der österlichen Zeit die Eucharistie wirklich

genießen sollte3).

II. Früher geschah dieses

regelmäßig unter den beiden Gestalten des Brodes und des WeineS;

doch war dieses nicht unbedingt nothwendig 4), weil nach der beständi­ gen' Lehre der Kirche Christus unter jeder Gestalt ganz empfangen wird. Daher wurde schon in der ältesten Zeit, namentlich während der

Verfolgungen und in Krankheiten, häufig auch blos das consecrirte Brod,

oder wie den neugeborenen Kindern blos der consecrirte Wein gegeben.

So entstand allmählig aus vielen Gründen in der lateinischen Kirche

der Gebrauch, auszütheilen5).

die Eucharistie allein unter der Gestalt dcS Brodes

Die Orientalen haben aber die Communion unter

beiden Gestalten beibehalten.

III. Das Brod,

dessen man sich zur

Eucharistie bediente, konnte ursprünglich jederlei Gestalt und Größe haben; später aber wurde dasselbe in einer bestimmten Form bereitet

und mit besonderen Characteren bezeichnet, wie noch jetzt in der mor­ genländischen Kirche

geschieht.

Da jedoch diese Form für die Ber­

theilung unter eine unbestimmte Zahl von Communicanten noch man­ cherlei Schwierigkeiten darbot: so entstand in der lateinischen Kirche der Gebrauch, für die Eucharistie blos sehr dünne aus ungesäuertem

Waizenteig bereitete runde Stückchen zu consecriren, die also jetzt die Stelle der dargebrachten Brode (oblata) vertreten. IV. Der Empfang sollte noch immer regelmäßig während einer Messe als der gemein­

schaftlichen Abendmahlsfeier, und zwar wie die Ausdrücke der Ritual­

bücher beweisen, gleich nach der Communion des Priesters geschehen. Da aber die Eucharistie schon in der ältesten Zeit den Kranken ab-

2) C. 19. D. II. de cons. (Conc. Agath. a. 506), c. 16. eod. (Conc. Turon. III. a. 813), c. 31. eod. (cap. incert.). 3) C. 12. X. de poenit. (5. 38), Conc. Trid. Sess. XIII. cap. 9. de euchar., Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. V. cap. l.n. 7. Die öster­ liche Zeit dauert von Palmsonntag bis zum Sonntag nach Ostern. Doch er­ halten die Bischöfe die Befugniß dieselbe zu erweitern, Benedict. XIV. lib. IX. cap. 16. n. 3. lib. XII. cap. 6. n. 10. 4) DaS c. 12. D. II. de cons. (Gelas, c. a. 495) bezieht sich blos auf die Priester, die zufolge einer damals gangbaren häretischen Meinung, nicht den Kelch genießen wollten. 5) Conc. Trid. Sess. XXI. cap. 1. 2. 3. et can. 1. 2.3. de commun. sub utraq. specie, Benedict. XIV. de synodo dioecesana lib. VI. cap. 9. Doch ist dem Papst die Befugniß gelassen, aus wichtigen Ursachen einer Person oder einem Volke auch den Gebrauch des Kelches zu gestatten, Conc. Trid. Sess. XXII. Decret. super petitione concessionis calicis.

609 gesondert ertheilt und also für sie aufbewahrt wurde, so kann der

Empfang

des Abendmahls auch von der Messe getrennt sein.

Dem

Wesen nach ist aber selbst dann noch darin eine gemeinschaftliche Hand­ lung enthalten, weil die Eucharistie, welche vertheilt wird, vorher in

einer Messe consecrirt worden sein muß. V. Die Austheilung, geschah sonst durch die Diaconen b), jetzt geschieht sie immer durch einen Prie­ ster;

die Vorschrift, daß dieser dazu die

besondere Erlaubniß des

Pfarrers haben müsse7), wird aber jetzt, außer um die österliche Zeit

und bei der Wegzehrung der Kranken, nicht mehr befolgt.

VI. Zum

Empfang der Communion muß man in dem der Wichtigkeit der Hand­

lung angemessenen Alters), gehörig unterrichtet, ganz nüchterns, und von schweren Vergehen durch die Beicht und Buße gereinigt sein10); doch darf der Priester demjenigen, den er auch als unwürdig kennt,

der aber die Communion öffentlich verlangt, diese nicht verweigern, wenn nicht dessen Zustand notorisch ist11). Der Gebrauch, die Eucha­ ristie auch neugeborenen Kindern gleich nach der Taufe zu ertheilen,

hat sich in der lateinischen Kirche schon längst verloren12); griechischen besteht er aber noch jetzt.

in der

Gefährliche Kranke müssen die

Communion dem uralten Gebrauche der Kirche gemäß als Wegzeh­ rung oder Viaticum empfangen13); daher muß die Eucharistie in der

Kirche immer vorräthig gehalten werden1^).

VII. Die Protestanten

6) C. 14. D. xcm. (Conc. Nicaen. a. 325), c. 18. eod. (Statuta eccles. antiq.), c. 13. eod. (Gelas, a. 494). 7) Clem. 1. de privil. (5. 7). 8) Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. VII. cap. 12. n. 2. 3. 9) C. 49. D. I. de cons. (Conc. Carth. III. a. 397), c. 54. D. II. de cons. (August, c. a. 400). Eine Ausnahme findet statt, wenn die Eucha­ ristie als Viaticum ertheilt wird, Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. VII. cap. 12. n. 4. 5. 10) C. 64. D. II. de cons. (August, a. 412), c. 15. eod. (Gennad. c. a. 492), Conc. Trid. Sess. XIII. cap. 7. de euchar. 11) C. 95. D. II. de cons. (Cyprian, p. a. 256), c. 67. eod. (August, a. 412), c. 2. X. de off. iud. ordin. (1. 31), Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. VII. cap. 11. n. 3—8. 12) Conc. Trid. Sess, XXL cap. 4. et can. 4. de commun., Bene­ dict. XIV. de synodo dioeces. lib. VII. cap. 12. n. 1. 13) C. 9. c. XXVI. q. 6. (Conc. Nicaen. a. 325), c. 8. eod. (Statuta eccles. antiq.), c. 7. eod. (Conc. Arausic. I. a. 441), c. 6. eod. (Conc. Bracar. c. a. 572). Die Verpflichtung hört jedoch auf, wenn der Sterbende etwa an demselben Tage schon eommunicirt hat, Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. VII. cap. 11. n. 2. 14) C. 93. D. II. de cons. (Conc. Wormac. c. a. 820), c. 1. X. de custod. euchar. (3. 44), Conc. Trid. Sess. XIII. cap. 6. et can. 7. de euchar. Walter'- Sachenrecht. 13te Auflage. 39

610 haben das Abendmahl als ein Sacrament und als eine gemeinschaft­

liche Gedächtnißfeier beibehalten und den Empfang unter beiden Ge­ stalten hergestellt'2).

Sie läugnen zwar dabei die Verwandlung der

Gaben durch die Consecration des Priesters; doch nimmt die Augsbur­ gische Konfession eine wahre Gegenwart des Leibes und Blutes Christi

im Abendmahle, und selbst die Lehre der Reformirten einen in un­

begreiflicher übernatürlicher Weise statt findenden Genuß dieses Leibes

und Blutes anie).

C) Von dem Meßopfer. Greg. HI. 41. Clem. III. 14, De celebratione missarum et sacramento eucharistiae et divinis officiis. 283.

Der Gottesdienst der Christen bestand in dem Opfer, wel­

ches in der Versammlung der Gläubigen (collecta,

synaxis) nach

vorhergegangenen belehrenden Vorttägen von dem Vorsteher unter den

Gebeten der Anwesenden dargebracht, durch die Consecration in den Leib und das Blut Christi umgewandelt, und demnächst zum Genuß vertheilt toutbe1).

Dieses stellt sich im Wesentlichen noch in der Messe dar,

wie dieser Dienst schon in alten Zeiten genannt tourbe2).

gehört also vor Allem ein Bischof oder Priester,

I. Dazu

der das Meßopfer

dem Auftrage Christi gemäß verrichtet2), ferner Brod, Wein und etwas Wasser, welche dargebracht und consecrirt werden^), und end­

lich der Genuß dieser Gaben durch den Priester2).

II. Die Kirche

wünscht, daß dabei jedesmal wie in der ältesten Zeit auch eine ange­

messene Versammlung der Gläubigen anwesend sei,

und daß dabei

15) August. Conf. tit. III. de missa, Helvet. Conf. I. cap. XXI., Anglic. Conf. Art. XXVIII. XXX., Scotic. Conf. Art. XXII. 16) August. Conf. Art. X., Helvet. Conf. II. Art. XXII., Helvet. Conf. I. cap. XXL , Gallic. Conf. Art. XXXVI. XXXVII., Angl. Conf. Art. XXVIII. 1) Man sehe die Beweisstellen im §. 281. 2) Missa catechumenorum, missa fidelium hieß ursprünglich nur die Entlassung, welche der Diacon am Schluß aussprach, c. 67. D. I. de cons. (Statuta eccles. antiq.), Isidor. Origin. VI. 19. Aber schon im vier­ ten Jahrhundert ist auch der ganze Dienst so genannt worden, Ducange Glos­ sar. v. Missa. 3) Conc. Trid. Sess. XXII. cap. 1. et can. 2. de sacrif. missae. 4) C. 2. 3. D. H. de cons. (Cyprian, a. 254), c. 5. eod. (Conc. Carth. HI. a. 397), c. 83. eod. (Ambros, a. 384), c. 8. 13. X. de celebr. miss. (3. 41), Conc. Trid. Sess. XXH. cap. 7. de sacrif. missae. 5) C. 11. D. II. de cons. (Conc. Tolet. XI. a. 681), Conc. Trid. Sess. XIIL cap. 8. et can. 10. de euchar.

611 jedesmal auch von Anderen das Abendmahl empfangen toerbe6). Al­ lein das Wesentliche der Handlung selbst kann davon als von einer Zufälligkeit nicht abhängig gemacht werden.

III. Der innere Begriff

der Eucharistie als eines Opfers und auch viele äußere Gründe führten daher von selbst

stand

dahin, jene Gesichtspunkte zu trennen, Md so ent­

nachweislich schon frühe der Gebrauch,

auch stille Messen zu

begehen, wenn gleich Wenige gegenwärtig waren, und Keiner mit communicirte, weil die Anwesenden

doch

als geistigerweise empfangend

betrachtet werden, und das Opfer überhaupt nicht für den Priester

allein, sondern für alle Gläubigen dargebracht wird7).

IV. Die alte

öffentliche Messe der Gläubigen stellt sich aber noch in der Pfarrmesse

dar, welche täglich oder doch wenigstens am Sonntage zu einer fest­ gesetzten Stunde b), und zwar der alten Ordnung gemäß in Verbin­

dung mit Vorträgen über das Evangelium °), gehalten wird.

Auch

entspricht derselben die Vorschrift, daß jeder wenigstens jeden Sonnund Festtag einer Messe10), beiwohnen soll.

und zwar eigentlich der Pfarrmessen),

V. Eigenthümlich ist, daß in der öffentlichen Messe

am Freitag in der Charwoche die Eucharistie nicht consecrirt wird.

In der griechischen Kirche geschieht dieses während der ganzen Fasten­ zeit nicht,

außer am Samstag und Sonntag.

Für die Communion

an den übrigen Tagen bedienen sich die Griechen so wie die Lateiner

am Charfreitag, der Brode, die vorher consecrirt worden sind.

VI.

Stille Messen können auch an jedem Tage gelesen werden, nur nicht in der Weihnachtsnacht,

und nicht am Donnerstag,

Samstag in der Charwoche^).

Freitag und

Auch muß dabei immer wenigstens

6) Conc. Trid. Sess. XXII. cap. 6. de sacrif. missae , Const. 6ertiore Benedict. XIV. a. 1742. 7) Conc. Trid. Sess. XXII. cap. 6. et can. 8. de sacrif. missae. 8) C. 52. D. II. de cons. (Theodulf. c. a. 797), Const. Cum semper Benedict. XIV. a. 1744. 9) Conc. Trid. Sess. XXII. cap. 8. de sacrif. missae. Sess. XXIV. cap. 7. de res. 10) C. 64. D. I. de cons. (Conc. Agath. a. 506), c. 65. eod. (Conc. Aurel. I. a. 511). 11) C. 52. D. I. de cons. (Theodulf. c. a. 797), c. 4. 5. c. IX. q. 2. (Conc. Nannet. c. a. 895), c. 2. X. de paroch. (3.29), c. 2. Extr. comm. de treuga (1. 9), Conc. Trid. Sess. XXII. Decretum de observandis et evitandis in celebratione missae. Die Verbindlichkeit, grade der Pfarrmesse beizuwohnen, ist aber durch eine allgemeine Gewohnheit aufgehoben, Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. XI. cap. 14. n. 7—13. 12) Dieses ist durch mehrere Declarationen der congregatio rituum aus­ gesprochen, Ginzel Archiv I. 186. 187., Sacrorum rituum decreta ed. Leod. v. missa. §. 1. n. 8. 9.

612 Einer als ministrirend zugegen fein13).

VII. Die Tageszeit ist jetzt

von stütze Morgens bis Mittag, und zwar

muß der celebrirende Prie­

ster von Mitternacht an nüchtern sein"); die ursprüngliche Einrichtung, das Abendmahl des Nachts zu begehen, ist nur noch in der Dlesse am

Feste der Geburt Christi beibehalten.

VIII. Ehemals durfte ein Prie­

ster an einem Tage auch mehrmals das Meßopfer halten15); später

wurde dieses aber um Mißbräuche zu verhüten verboten13), und aus­ nahmsweise nur gestattet, wo Einer zwei von einander entfernte Pfar­ reien zu verwalten hat, und andere Priester nicht zur Hand sind17).

Hingegen hat jeder

Priester die Verpflichtung,

wenigstens

an den

Sonn- und Festtagen Messe zu lesen, damit es den Gläubigen nicht an Gelegenheit zum Gottesdienste fehlte13).

IX. Der Ort muß re­

gelmäßig ein geweihter oder benedicirter sein13).

jedoch von Alters her das Vorrecht,

Die Bischöfe haben

dazu ihre Hauscapelle33), oder

auf Reisen in einer fremden Wohnung einen tragbaren Altar zu brau­ chen31).

X. WaS den Ritus bei der Messe betrifft,

so geht dieser

dahin, daß dadurch die Würde dieser Handlung möglichst erhöht und der Geist zur Betrachtung des hohen Geheimnisses, welches hier be­

gangen wird, hingeführt werden soll33).

Feierlichkeiten dieser Art

kamen unstreitig schon in der ersten Zeit vor; allein diese sind nicht

genauer bekannt, weil die liturgischen Werke, welche die späteren Zei­ ten den Aposteln und Evangelisten zuschreiben, nicht ächt sind.

Auch

13) Conc. Magont. a. 813. c. 43., Conc. Paris, a. 829. Part. I. c. 48., c. 61. D. I. de cons. (capp. incerta saec. noni). 14) Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. VI. cap. 8. n. 4—11. 15) C. 11. D. II. de cons. (Conc. Tolet. XII. a. 681). 16) C. 53. D. I. de cons. (Alexand. II. a. 1065), c. 3. 12. X. h. t. (3. 41). 17) Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. V, cap. 8. n. 8. lib. VI. cap. 8. n. 1—3. Man sehe auch die Entscheidungen der congregatio rituum in deren Decreta ed. Leod. v. missa §. I. n. 13. 18) Conc. Trid. Sess. XXIII. cap. 14. de ref. 19) Nov. Inst. 58. pr., c. 33. D. I. de cons. (Conc» Aurel, incert ), c. 34. eod. (Conc. Trullan. a. 692), Capit. Reg. Francor. lib. I. c. 383., Conc. Trid. Sess. XXII. Decret. de observ. in celebr. miss. Durch die­ ses Decret ist auch das den Regularen im c. 30. X. de privil. (5. 33) er­ theilte Privilegium aufgehoben, Const. Magno Benedict. XIV. a. 1751. §. 28—33. 20) Const. Magno Benedicti XIV. a. 1751. §. 1. 2. Man sehe dazu die Entscheidung der congregatio rituum in deren Decreta ed. Leod. v. oratoria n 4 21) C. 12. de privileg. in VI. (5. 7), Const. Magno Benedicti XIV. a. 1751. §. 3. 8., Ferraris Bibliotheca v. altare n. 7. 22) Conc. Trid. Sess. XXII. cap. 5. et can. 7. 9. de sacrif. miss.

613

bestand in der äußeren Einkleidung keine unbedingte Gleichförmigkeit. Doch suchten die Provinzialconcilien schon frühe die Uebereinstimmung

mit der Murgie der Metropolitankirche23), und die Päpste die Ueber­

einstimmung mit der Liturgie der römischen Kirche zu bewirken2^). So

entstand

nach

der Verschiedenheit der Länder eine Hispanische

oder Mozarabische, eine Gallische, Ambrosianische und Römische Litur­

gie.

Letztere wurde von Karl dem Großen auch im fränkischen Rei­

che 25), und unter Gregor VII. in Arragonien, dann auch im übrigen Spanien eingeführt26).

Jetzt bedient man sich regelmäßig des römi­

schen Missale, welches, dem Auftrag des Conciliums von Trient ge­

mäß2^), von Pius V. 1570 bekannt gemacht, und von Clemens VIII. 1604 verbessert worden ist.

Im Orient wird gewöhnlich die Liturgie

des heiligen Basilius, an besonderen Tagen die des heil. ChrysostomuS

befolgt.

XI. Aus der abgesonderten Aufbewahrung der Eucharistie ist

in der lateinischen Kirche allmählig der Gebrauch entstanden, dieselbe in Monstranzen oder Osteusorien zur Anbetung in den Kirchen auSzusetzen und in feierlichen Bittgängen umherzntrageu28). In der grie­

chischen Kirche geschieht dieses nicht, die vorher consecrirten Brode auf

selbst

dann nur verhüllt.

außer in der Fastenzeit, wenn

den Mar getragen werden, und

XII. Die Protestanten haben den Begriff

der Messe als eines Opfers verworfen22); dadurch hat sich ihr Got­ tesdienst an den Tagen, wo nicht communicirt wird, in bloße Gebete und Predigt verwandelt.

D) Don dm Meßstipmdien und Meßstistungen'). 284.

Nach der Bedeutung der Eucharistie als eines Opfers,

betrachtete man dasselbe von jeher als für diejenigen besonders wirk-

23) C. 31. D. I. de cons. (Gone. Epaun. a. 617), c. 31. D. II. de cons. (Conc. Gerund. a. 517), c. 13. D. XII. (Gone. Tolet. IX. a. 675). 24) C. 11. D. XI. (Innocent. I. c. 416). 25) Capit. I. Carol. M. a. 789. c. 78., Capit. III. a. 789. c. 7. 8., Capit. I. a. 805. c. 2. 26) Nur in einigen Kirchen wird nach einer Stiftung des CardinqlS Nmenez der Gottesdienst noch nach der Mozarabischen Liturgie begangen. 27) Conc. Trid. Sess. XXV. De indice librorum. 28) Gregor. Turon. de gloria martyr. I. 86., Conc. Bracar. III. a. 675. c. 6.; Conc. Trid. Sess. XIII. cap. 5. et can. 6. de euchar. 29) August. Cons. tit. III. de missa, Helvet. Cons. I. cap. XXL, Anglic. Cons. Art. XXXI. 1) Sehr gründlich handelt davon Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. V; cap. 8. 9. Das Historische, was sich aus die Oblationen und beim Formen bezieht, ist gut dargestellt von Feßler in Moy Archiv V. 321—37.

614 sam,

welche Gaben

dazu off tritt hatten und dem Gebete des cele-

brirenden Priesters empfohlen worden toareit2).

In diesem Sinne

ließen auch Verstorbene Oblationen für sich zurück2), 4 5ober es wurden

für sie von den Hinterbliebenen Oblationen dargebracht^).

Die Ga­

ben bestanden ursprünglich in Brod und Wein; später,

man weiß

nicht wann, traten Oblationen in Geld an deren Stelle, die dann wie gewöhnlich unter die Kleriker »ertheilt wurden; hieraus entstand

endlich auch der Gebrauch, daß man sich zu ^inem besonderen Anlie­ gen von einem Priester eine Messe lesen ließ, und diesem allein das Opfer als Stipendium überreichte2).7 Dieser Gebrauch gilt auch noch

jetzt; doch sind viele Verordnungen und Maßregeln erschienen, dabei der Einmischung eigennütziger Absichten zu begegnen2).

um

Insbe­

sondere ist der Seelsorger des Ortes verbunden, an den Sonn- und Festtagen, selbst an den reducirten, das Meßopfer für die Gemeinde

darzubringen, oder im Falle rechtmäßiger Verhinderung durch einen Anderen darbringen zu lassens. Den Priestern der Gesellschaft Jesu

ist es selbst durch ihre Regel ganz verboten, Gaben für geistliche Ver­ richtungen anzunehmen. Für solche Votivmessen sind häufig auch feste

Vermächtnisse und Stiftungen errichtet worden, aus deren Einkünften beim Anniversarium des Begräbnisses oder öfter Messen gelesen wer­

den sollen8). Stiftungen dieser Art sind je nach der Art, wie sie er-

2) Dieses zeigt schon Cyprian, (f 258) epist. LXIV. ad der. et pleb. Farn, consist., Innocent. I. epist. XXV. c. 2 (5) ad Decent. Eugub. a. 416. (c. 73. D. I. de cons.). 3) C. 9. c. XIII. q. 2. (Statuta eccles. antiq.), c. 10. eod. (Conc. Vasens. a. 442), c. 11. eod. (Conc. Agath. a. 506). 4) Tertullian. (f 215) de corona c. 3. de exhort. castit. c. 11. de monogam, c. 10., c. 49. D. I. de cons. (Conc. Carth. III. a. 397), c. 6. c. XXVI. q. 7. (Statuta eccles. antiq.), c. 19. 23. c. XIII. q. 2. (Augu­ stin. c. a. 421), Const. Apost. VIII. 41. 42. 5) Dieser Gebrauch war im achten Jahrhundert schon ganz hergebracht, Regula Chrodogangi antiq. c. 32. 6) Conc. Trid. Sess. XXI. Decret. de observ. in celebr. miss. 7) Ein neues, den viel behandelten Gegenstand erschöpfend umfassendes, Gesetz ist die Encyclica Amantissimi Redemptoris. Pii IX. die 3. Maji 1858 (czbgedructt in meinen Fontes). Nach derselben soll das heilige Meßopfer von den Pfarrern und allen eine Seelsorge verwaltenden Priestern für das ihnen anvertraute Volk nicht nur an den, Sonn- und gesetzlichen Festtagen, sondern auch, wie vor der Constitution Urbans VIII. Universa per orbem vom 13. September 1642, an den seither aufgehobenen oder verlegten Festtagen applieirt werden. Eine auch das Historische umfassende, gründliche Abhandlung dar­ über ist von Feßler in Moy Archiv V. 185—224. 321—43. Eine gute praetische Beleuchtung steht in der Zeitschrift: Der Katholik 1859. S. 212 — 30. Dort ist auch die ältere Litteratur angeführt. 8) Ein Beispiel giebt das Testament des h. Remigius (t 533), Erzbi-

615

richtet sind, entweder Eigenthum der Familie

oder der Kirchenfabrik.

Im letzten Falle können sie sogar, wenn darauf ein eigener Geistli­ cher gehalten werden soll, die Fundation eines BeneficiumS ausma­ chen, und dieses wird dann, wenn weiter keine Verbindlichkeit daran

geknüpft ist, im eigentlichsten Sinne ein beneficium simplex genannt. Meßstistungen, die der Kirche gehören, dürfen aus dringenden Beweg­

gründen umgewandelt werden; jedoch ist das Recht dazu, welches von dem Concilium von Trient für damals den Bischöfen beigelegt toor» bett10 * *), 11 * * von 12 9 Urban VIII. dem päpstlichen Stuhle Vorbehalten "), und

wird den Bischöfen nach Bedürfniß von

der Congregation des Con­

ciliums mit, einer Instruction delegirt").

II.

Bon der Beicht und Buße.

A) 'Wesentliche Bestandtheile.

Greg. V. 38. Sext. V. 10. Giern. V. 9. Extr. comm. V. 9. De poenitentia et remissionibus. 285.

Gleichwie in der Taufe der Bund zwischen Gott und dem

durch die Erbsünde von ihm getrennten Menschen wieder hergestellt wird: so hat auch Christus, indem er der Kirche die Macht hinterließ

die Sünden zu vergeben und aufzubewahren *),

ein Mittel eingesetzt,

um die nach der Taufe begangenen Vergehen zu tilgen und das von eigenen Verschuldungen niedergebeugte Gemüth der Versöhnung wieder aufzurichten 2).

.mentes theilhaftig zu werden,

durch die Gewißheit

Um der Gnade dieses Sacra-

ist dreierlei nothwendig:

innige Reue, ein aufrichtiges Bekenntniß

eine wahre

bei einem dazu bevollmäch-

schofs von Rheims. In Lucern wurde dasjenige, was für die Begehung des Dreißigsten entrichtet wurde, das Selgeräth, dasjenige, wodurch ein Anniversa­ rium für immer gestiftet wurde, das Iahrzeitgut genannt, Segesser RechtSgeschichte von Lucern II. 758. 759. 810. 812. 9) Einen Fall der Art nennt §. 216. 10) Conc. Trid. Sess. XXV. cap. 4. de res. 11) Darauf beruht auch das Oesterr. Concordat Art. 29. 12) Ausführlich handelt davon Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. V. cap. 10. lib. XIII. cap. 25. Die Instruction und mehrere Resolutionen der Congregation findet man in den Zusätzen zum Conc. Trid. Sess. XXII. ed. Richter n. 77—86., Ginzel Archiv I. 200—206. 1) Joann. XX. 21. 22. 23. 2) C. 81. D. I. de poenit. (Augustin, c. a. 415), Conc. Trid. Sess. XIV. cap. 1. 2. et can. 1. 2. 3. de poenit. 3) Ueber die Nothwendigkeit des mündlichen Bekenntnisses find so viele alte Zeugnisse vorhünden, daß die Auswahl schwer wird. Man sehe nur Origen, (t 234) in Psalm. XXXVII. homil. II. n. 6., Cyprian, (f 258) de lapsis p. 382. 383. ed. Venet., c. 4. c. XXVI. q. 7. (Conc. Laodiq. c. a. 372)

616 tigten Priester 4), und die Genugthuung durch bestimmte Bußwerke6). Unter der Vereinigung dieser drei Punkte wird dem Beichtenden durch die Absolution des Priesters die Gewißheit der göttlichen Verzeihung M Theil b); nicht aber darum auch die Gewißheit des vollständigen Nach­ lasses der zeitlichen Strafen, die jede Schuld zur Genugthuung der göttlichen Gerechtigkeit nach sich zieht 7). Diese Grundbegriffe hat die morgenländische und abendländische Kirche von Anbeginn an aufge­ faßt, und je nach der Verschiedenheit der Zeiten in eine verschiedene Disciplin eingekleidet. Die Protestanten aber haben die Nothwendig­ keit des mündlichen Bekenntnisses verworfen. Doch wollte die Augs6. 52. D. I. de poenit. (Ambros, a. 374), c. 38. eod. (Idem a. 375), c. 39. eod. (Idem a. 380), c. 72. eod. (Hieronym. a. 390), c. 40. 41. eod. (Chrysostom. c. a. 400), c. 85. eod. (Augustin, c. a. 415), c. 88. eod. (Idem c. a. 428), c. 49. eod. (Leo 1. a. 452), c. 89. eod. (Idem a. 459). Die Gegner berufen sich dawider auf Clmysostom. homil. XXXI. in Hebr. Allein diese Stelle bezieht sich augenscheinlich, wie schon Gratian nach c. 87. D. I. de poenit. bemerkt, nur aus die Frage, ob ein öffentliches Bekenntniß vor der Gemeinde nöthig sei. Ferner beruft man sich aus die Abhandlung des Gratian in der Dist. 1. de poenit. Darüber sehe man aber Natal. Alex, dissert. 14. post histor. saec. XIII. §. 35. Endlich führt Richter Kirchenrecht §. 257. Note 8a (§. 244. Note 7) mit besonderem Nachdruck an: Conc. Cabil. II. 813. c. 33 (Mansi T. XIV. p. 100). Quidam Deo solummodo confiteri debere dicunt peccata, quidam vero sacerdotibus confitenda’esse percensent: quod utrumque non sine magno fructu intra sanctam fit ecclesiam. Ita dumtaxat et Deo, ipii remissor est peccatorum, confiteamur peccata nostra, et cum David dicamus: Delictum meum cognitum tibi seci etc. Et secundum institutionem apostoli, consiteamur alterutrum peccata nostra, et oremus pro invicem ut salvemur. Confessio' autem quae Deo fit, purgat peccata: ea vero quae sacerdoti fit, docet qualiter ipsa purgentur peccata. Deus namque salutis et sanitatis auctor, plerumque hanc praebet suae potentiae invisibili administratione, plerumque medicorum operatione. Hierüber ist Folgendes zu bemerken. Zur Zeit jenes Conciliums war das Sündenbekenntniß vor dem Priester, wie die obigen Stellen zeigen, längst in allgemeiner Uebung, und diese vertrat, wie auch in anderen Gegenständen der Disciplin, die Stelle eines allgemeinen obli­ gatorischen Gesetzes. Eine formelle Entscheidung des allgemeinen Lehramtes über dessen Nothwendigkeit war jedoch noch nicht erfolgt, und dazu war auch das Concilium als ein blos particuläres nicht berufen. Es erklärte daher gegen entstandene Zweifel dreierlei: daß das Bekenntniß vor Gott zum Nachlaß der Sünden, unerläßlich sei; daß es auch allein für sich diese in manchen Fällen bewirken könne; daß aber nach der Vorschrift der Apostel das Bekenntniß vor dem Priester zur Seelensührung und Reinigung gehöre. 4) C. 51. D. I. de poenit. (Ambros, a. 375), c. 78. eod. (Idem a. 378), c. 85. eod. (Augustin, a. 415), c. 61. 89. eod. (Leo I. a. 459). 5) C. 56. D. I. de poenit. (Ambros, a. 374), c. 76. eod. (Idem c. a. 387), c. 66. eod. (Hieronym. a. 408), c. 84. eod. (Augustin, c. a. 401), c. 63. eod. (Idem a. 428). 6) Conc. Trid. Sess. XIV. cap. 3. 4. et can. 4. 5. 6. de poenit. 7) C. 42. D. I. de poenit. (Augustin, c. a. 390), Conc. Trid. Sess. XIV. cap. 8. 9. et can. 12. 13. de poenit.

617 burgische Confessio» die Privat-Absolution beibehalten wissen8); ja diese wurde selbst ein Sacrament genannt9),

der Reformirten

während die Symbole

die Reue und das Bekenntniß vor Gott für hinrei­

chend erklärten10).

B) Aeltere und heutige Disciplin. 286.

I. Bei öffentlichen Vergehen war das Bekenntniß, wodurch

der Sünder die Aussöhnung mit der Kirche zu erlangen suchte, immer

öffentlich,

und selbst über die geheimen Vergehen wurden, um die

Größe der Reue kund zu geben, häufig nach dem Rathe des Beicht­ vaters öffentliche Bekenntnisse abgelegt*1).2 3Dieses kam aber schon früh

mehrerer nachtheiligen Folgen wegen zuerst in der griechischen8), dann auch in der lateinischen Kirche ab8). Das Bekenntniß geschieht also

jetzt immer geheim. Es muß, wenigstens in Beziehung auf die schwe­ ren Sünden,

so weit man sich derer erinnert, vollständig, und hin­

sichtlich der zur Beurtheilung wesentlichen Umstände genau fein4); 5678 der Name oder die Bezeichnung der Mitschuldigen darf aber nicht er­ fragt werden8). II. Die Strafen bestanden bei öffentlichen Vergehen

in den kleineren oder größeren Excommunicationen und vorgeschriebe­

nen öffentlichen Büßungen8); dasselbe Verfahren wurde nach Umstän­ den

auch auf gebeichtete geheime Vergehen angewendet, gewöhnlich

jedoch dafür nur geheime Bußwerke auferlegt ’). Später endlich blie­ ben die öffentlichen Pönitenzen nur bei öffentlichen Vergehen im Ge­ brauch8), und selbst bei diesen ist, wiewohl die Kirche noch auf der

8) August. Conf. Art. XI. XII. et Abus. mutat. tit. IV. 9) Apol. Conf. V. de poenitentia. Et absolutio proprie dici potest Sacramentum poenitentiae. 10) Helvet. Conf. I. cap. XIV. 1) Ein sehr bestimmtes Zeugniß darüber ist bei Origen, (f 234) in Psalm. XXXVII. homil. II. no. 6. 2) Pelliccia de Christ, eccles. politia lib. V. cap. 1. §. 3. cap. 3. §. 12. 3) C. 89. eod. (Leo I. a. 459). 4) C. 12. X de poenit. (5. 38), Conc. Trid. Sess. XIV. cap. 5. et can. 7. 8. de poenit. 5) Benedicti XIV. Const. Suprema a. 1745. Const. Ubi primum a. 1746. Const. Ad eradicandum a. 1746., De synodo dioecesana lib. VI. cap. 11. n. 1. 2. 6) Darüber sehe man §. 191. 7) Im Orient gab es eigene Beichtpriester, welche auch über die von ihnen auferlegten Büßungen die Aussicht führten. Diese wurden aber später ab­ geschafft, also Jeder ohne Aufsicht blos seinem Gewissen überlassen, Socrates V. 19., Sozomen. VII. 16. 8) Dieses zeigt schon Benedict. Levit. Capitul. lib. I. c. 116.

618 alten Disciplin besteht 2), doch dm Bischöfen die Vollmacht gegeben, sie in geheime Bußwerke umzuwandeln10).

Die Art und Dauer der

öffentlichen oder geheimen Büßungen hieug von dem Bischof oder

Priester abn);

später

wurden darüber sehr genaue und vorsichtig

abgefaßte Pönitentialbücher entworfen.

Seit dem dreizehnten Jahr­

hundert gieng man aber davon ab, weil sich deren Strenge und Ein­ richtung

mit

dm neueren Verhältnissen nicht mehr vertrugen.

Die

Bestimmung der Bußwerke ist daher jetzt wieder der Beurtheilung des Beichtvaters überlassen12). III. Die Reconciliation der Büßenden ge­

schah ursprünglich erst nach Ablauf der ganzen oft sehr lange dauern­ den Bußzeit,

Nothfälle insbesondere bei Kranken ausgenommen1S).

Allmählig wurde es aber bei geheimen Vergehen Regel, die Losspre­ chung unmittelbar nach der Beichte, unter der Verpflichtung, die vor­

geschriebenen Bußwerke nachzuholm, zu ertheilen").

IV. Hinsichtlich

der Zeit, wie oft man beichten sollte, machte die Frömmigkeit der

früheren Jahrhunderte Verordnungen lauge überflüssig; erst auf dem vierten Laterauischeu Concilium wurde festgesetzt, daß es wenigstens einmal jährlich geschehen müsse15).

V. Was endlich die Verwaltung

dieses Sacraments betrifft, so gründet sich diese auf die von Christus den Aposteln hinterlassene Vollmacht und steht daher nur den Priestern

zu").

Bei den öffentlichen Bußen wurde die Reconciliation regel­

mäßig vom Bischöfe selbst ertheilt11). Die Fälle, wo Diaconen Bü­ ßende reconcilirt haben sollen, sind von zweifelhafter Bedeutung oder

irreguläre Ausnahmen, und die hin und wieder erwähnten Confessionen an Laien waren bloße Uebungen der Frömmigkeit und Selbst-

verläugnung18). Außer dem priesterlichen Ordo ist aber zür Verwal-

9) C. 1. 7. X. de poenit. (5. 38). 10) Conc. Trid. 8683. XXIV. cap. 8. de ref. 11) C. 5. c. XXVI. q. 7. (Conc. Cartli. III. a. 397), c. 4. eod. (Conc. Laodic. c. a. 372) , c. 2. eod. (Leo I. a. 458), c. 84. D. I. de poenit. (August, c. a. 401), c. 17. D. III. de cons. (Innoc. I. a. 416). 12) C. 8. de poenit. (5. 38), Conc. Trid. Sess. XIV. cap. 8. 9. 13) C. 9. c. XXVI- q. 6. (Conc. Nicaen. a. 325), c. 8. eod. (Statuta eccles. antiq.), c. 17. D. III. de cons. (Innocent. I. a. 416). 14) Statuta Bonifac. a. 745. c. 31., Benedict. Levit. Capitul. lib. II. c. 206. 15) C. 12. X. de poenit. (5. 38). 16) Man sehe die Stelle im §.285. Note 1. Darauf beruht dieErklä­ rung des Conc. Trid. Sess. XIV. cap. 6. et can. 9. 10. de poenit. 17) C. 1. 5. c. XXVI. q. 6. (Conc. Carth. II. a. 390) , c. 14. eod. (Conc. Carth. III. a. 397), c. 63. 64. D. L. (Conc. Agath. a. 506). 18) Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. VII. cap. 16. n. 2—6.

619 tung dieses Sakraments, weil darin auch die Ausübung einer geistigen

Jurisdiction liegt, sowohl bei Ordens- wie bei Weltgeistlichen, ent­ weder der Besitz eines ParochialbeneficiumS oder eine besondere Au­

torisation durch den Bischof nothwendig 19). gilt

auch für die österliche Beicht,

Eine solche Approbation

und die Vorschrift des Laterani­

schen Conciliums, daß diese bei dem eigenen Pfarrer geschehen solle,

ist durch den

allgemeinen Gebrauch aufgehoben20).

Um den Ernst

der Disciplin zu verschärfen, können aber die Bischöfe, und in höch­ ster Instanz der Papst, die besonders schweren Fälle zur Absolution sich

ausschließlich vorbehalten, und die Lossprechung durch einen an­

deren nicht dazu besonders delegirten Priester ist dann, außer auf dem Sterbebette, unerlaubt uud ohne Wirkung21). dem Geistlichen,

Auch die Beichte Lei

der in Beziehung auf eine Sünde der Unkeuschheit

Mitschuldiger des Beichtenden ist, bewirkt keine Lossprechung22).23 VI.

Jeder Beichtvater ist bei schwerer Strafe verbunden über das, was

ihm unter dem Siegel der Beichte eröffnet worden ist, das tiefste Ge­ heimniß zu beobachten, und er darf ohne die Zustimmung des Beich­

tenden unter keinerlei Umständen etwas davon verlauten lassen, was zur Entdeckung der Person führen könnte22). Daher kann auch ein Geistlicher

niemals vor Gericht zu einer Aussage über das, was er in der Beicht erfahren hat, letzung

genöthigt werden24), weil darin ein Zwang zur Ver­

einer allgemein anerkannten beschworenen Amtspflicht liegen

würde25).

Wohl aber können und müssen die Beichtväter nach den

Umständen den Beichtenden zur Anzeige des Mitschuldigen bei den

19) Conc. Trid. Sess. XXIII. cap. 15. de ref. 20) Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. XI. cap. 14. n. 1—6. 21) Conc. Trid. Sess. XIV. cap. 7. et can. 11. de poenit., Benedict.XIV. de synodo dioeces. lib. V. cap. 4. 5. Die dem Papste reservirten Fälle waren ehemals sehr zahlreich, c. 3. Extr. comm. de poenit. (5. 9). Jetzt sind aber die Bischöfe von allen geheimen, selbst den dem apostolischen Stuhle vorbehaltenen, Beichtfällen in ihrer Diöcese zu absolviren ermächtigt, Conc. Trid. Sess. XXIV. cap. 6. de ref. Näheres findet man Bei Buohler Die Lehre von . den Reservatsällen. Schaffhausen 1859. 22) Benedict. XIV. Const. Sacramentum a. 1741. §. 4., De synodo dioecesana lib. VII. cap. 14. 23) C. 2. D. VI. de poenit. (Greg. I. a. 600), c. 12. X. de poenit. (5. 38). 24) C. 13. X. de excess. praelat. (5. 31). 25) Dieser Grundsatz ist auch 1813 selbst in Nordamerika von einer pro­ testantischen Jury anerkannt worden. Die höchst lehrreichen Verhandlungen finden sich in folgender Schrift: The catholic question in America. NewYork 1813.

620

Gerichten durch Zureden oder selbst durch Verweigerung der Absolu­

tion anhalten26).

, C) Sätze über den Ablaß. 287.

I. Durch die wahre Buße wird zwar die Verzeihung der

Sünde erworben; allein, wie oben bemerkt, nicht immer auch der Nachlaß

aller zeitlichen Strafen. II. Nach dem Grundbegriff der Gerechtigkeit rechnet jedoch Gott gegen die verdienten Strafen die Verdienste der guten Handlungen an. III. Es findet also für die Strafen eine Ge­ nugthuung durch gute Werke Statt *), und mit jedem wahrhaft guten Werke ist schon an sich auch ein gewisser Ablaß verbunden. IV. Die

Kirche kann demnach mit Recht statt der Pönitenzen die Verrichtung

anderer guten Werke auferlegen.

Dieses geschah namentlich seit dem

achten Jahrhundert häufig in den Fällen, wo die Anwendung der streu?

gen kanonischen Pönitenzen unpassend gewesen wäre2* ). 1

V. Die Kirche

hat ferner das Recht, um die Andacht der Gläubigen anzufeuern,

oder um ihre Mitwirkung zu höheren kirchlichen Zwecken zu erhalten, gewisse Handlungen als besonders gut und verdienstlich zu empfehlen.

Sie kann dieses so thun, daß sie die heilsame Wirkung derselben gleich mit bezeichnet und einen gewissen Ablaß damit verbindet.

VI. Eine

gute Handlung kann auch im Geben von Geld bestehen, wenn dieses zu einem würdigen Zwecke bestimmt ist. Daher kann die Kirche, so wie

sie ehemals die Pönitenzen zuweilen in Almosen umwandelte, so auch

für Beiträge zur Erbauung von Kirchen oder Brücken, zur Unter­ stützung der Armen und zur Befteiung

christlicher Länder von den

Ungläubigen Ablässe verkünden3). VII. Um den Sinn für die große sichtbare und unsichtbare Gemeinschaft, die das Wesen der Kirche aus­

macht, zu heben, kann die Kirche Ablässe auch denjenigen verheißen, welche

eine Feierlichkeit der Kirche in Andacht mit begehen helfen4).

26) Aus einen Fall der Art geht Benedict. XIV. Const. Sacramentum a. 1741., De synodo dioecesana lib. VI. qap. 11. n. 4—14. 1) Conc. Trid. Sess. VI. cap. 14. de iustificatione. 2) Man sehe darüber §. 191. 3) C. 4. 14. X. de poenit. et remisg. (5. 38). 4) So die Consccration eines Bischofes, die Einweihung einer Kirche, c. 14. X. de poenit. (5.38). Darauf gründet sich auch der große Ablaß des Jubeljahres, als eines gemeinschaftlichen Bußjahres der ganzen Christenheit. Dieses sollte nach der Verordnung BonifaciuS des VIII. von 1300 nur alle hundert Jahre wiederkehren, ist aber von Clemens VI. 1349 auf jedes fünf­ zigste, dann von Urban VI. aus jedes drei und dreißigste, endlich von Panl II.

621 VIII. Die Kirche verkündet aber den Ablaß, wie sowohl in den Ab­

laßbriefen, als in dem Religionsunterricht sehr bestimmt hervorgeho­

ben wird, blos als Nachlaß einer verwirkten Strafe, und setzt die Schuld schon als durch Reue, Beicht und Buße getilgt voraus. Falsch ist daher der Vorwurf, als ob die Ablässe zur Vergebung der Sün­

den oder gar für künftige Sünden verliehen würden. IX. Die Ablässe

sind also nützlich b), indem sie einen Antrieb zur Buße und Besserung, zur Herstellung begangenen Unrechts und zur Verrichtung guter Werke

enthalten«). X. Den Nutzen der Ablässe kann man nur dann in Ab­

rede stellen,

wenn man überhaupt das Verdienst

guter Werke und

deren Nutzen für die Seligkeit läugnet7* ). * 5 6XL Dem Vorwurf, daß

in den Ablässen das eigene Verdienst des Menschen Gott gegenüber zu hoch gestellt werde, begegnet die Kirche durch die ausdrückliche Er­

klärung,

daß der Werth unserer guten Werke allerdings zuletzt blos

auf den Verdiensten Christi beruhe8), 9 10 daß also auch die Ablässe aus dem Schatz der Verdienste Christi

Kirche,

geschöpft seien8).

im höheren Sinn aufgefaßt,

XII. Da die

einen durch Liebe und Fürbitte

vereinigten mystischen Körper bildet, worin Alles gemeinschaftlich ist: so ist es aber ebenfalls richtig zu sägen, daß an den Ablässen auch

die Verdienste aller Heiligen und Frommen Theil haben.

lässe sollen aber überhaupt mit Maß ertheilt,

XIII. Ab­

nach dem Bedürfniß

und der Empfänglichkeit einer jeden Zeit eingerichtet,

zur Belebung der höheren christlichen Tugenden

und vorzüglich

gebraucht werden.

XIV. Mißbräuche sind allerdings bei den Ablässen möglich,

diese heben den richtigen Gebrauch nicht auf,

deren Beseitigung nach Kräften bedacht.

allein

und die Kirche ist auf

Die Beichtväter sollen dar­

über gehörig instruirt *°), apokryphe Ablässe von den Bischöfen nicht

geduldet und darüber mit der dazu niedergesetzten Congregation von

1470 und Sixtus IV. 1473 auf jedes fünf und zwanzigste Jahr festgesetzt warden, c/ 1. 2. 4. Extr. comm. de poenit. et remiss. (5. 9). 5) Conc. Trid. Sess. XXV. Decretum de indulgentiis. 6) Wollen sich die Staatsregierungen davon überzeugen, so mögen sie durch die Bischöfe ein Verzeichniß von den Restitutionen unrechtmäßigen Gutes aufnehmen lassen, die in einem Jubeljahr im Wege der Beicht vorkommen. 7) Ueber den Ursprung und Verlauf dieses bekannten Streilhandels sehe man K. A. Menzel Neuere Geschichte der Deutschen I. 49. 50. 77. 144. 145. n. 165—73. IV. 73-85. 168-90. 298—313. 361—69. 8) Conc. Trid. Sess. XIV. cap. 8. de poenit. 9) C. 2. Extr. comm. de poenit. et remiss. (5. 9). 10) Ein Muster giebt die Const. Apostolica Benedicti XIV. a. 1749.

622

Cardiniilen Rücksprache genommen werden n). Insbesondere sind die Quästoren, welche die Abläße zu predigen und die frommen Gaben dafür einzusammeln hatten, weil von ihnen oft großer Unfug ausgieng, schon frühe beschränkt, endlich ganz aufgehoben wordenia). Auch sind zur Erhaltung der nöthigen Strenge und Gleichförmigkeit die Bi­ schöfe bei der Ertheilung von Ablässen auf ein gewisses Maß be­ schränkt, und die von allgemeinem Umfang sind dem apostolischen Stuhle Vorbehalten^). III.

Bon dem Gebete. A) Im Allgemeinen.

288. Das Erforderniß eines jeden Gottesdienstes, ohne wel­ ches dieser nur ein äußerlicher sein würde, ist die Andacht oder das Gebet. Dieses besteht in einer inneren Handlung, wodurch sich das Gemüth unmittelbar zur Gegenwart Gottes erhebt, und ihm Vereh­ rung, Dank oder Fürbitten darbringt. Der Glaube an das Verdienst und die Wirksamkeit des Gebetes, sowohl für sich als für Andere, ergiebt sich von selbst aus dem Glauben an die lebendige Persönlich­ keit Gottes. Daher hat die Kirche, den Vorschriften des Evangeliums getreu das Gebet nicht blos allen Gläubigen als eine Verpflich­ tung auferlegt, sondern auch zur Beförderung desselben mehrere öffent­ liche gemeinschaftliche Andachten eingeführt, die blos aus Gebeten be­ stehen. Dahin sind namentlich die Vesper- und Abendandachten zu rechnen. Die Anordnung solcher Gebete und Andachten steht natürlich den Bischöfen zua). Die Form des Gebetes kann sich Jeder nach seinem Bedürfnisse selbst bilden; doch haben von Zeit zu Zeit fromme Männer, um der Andacht nachzuhelfen oder um einer falschen Gebet­ weise entgegen zu wirken, Gebetbücher abgefaßt. Diese müssen vor ihrer Bekanntmachung von der geistlichen Behörde genehmigt werden. Für diejenigen aber, welche nicht lesen können, oder für die Fälle, wo Gebete gemeinschaftlich oder auswendig gesprochen werden müssen,

11) Conc. Trid. Sega. XXV. Decretum de indulgentiig, Benedict. XIV. de synodo dioecesana lib. XIII. cap. 18. n. 1—11. 12) C. 14. X. de poenit. et remiss. (5. 38), dem. 2. eod. (5. 9), Conc. Trid. Sess. XXL cap. 9. de ref. 13) C. 14. 15. X. de poenit. et remiss. (5. 38), c. 1. eod. in VI. (5. 10). 1) Luc. XVIII. 1., Rom. XII. 12., Ephes. VI. 18. 2) So sagen auch das Oesterr. Concordat Art. 4. d., Bayer. Concordat Art. 12. f.

623

sind nach dem Beispiele des Erlösers3) schon .seit alten Zeiten ste­

hende Gebetformen eingerichtet worden.

Die gewöhnlichsten sind die

Litaneien, der Rosenkranz und das Angelusgebet, welches nach einer

Einrichtung von Gregor IX. und Calixtus III. Mittag und Abend zur Erinnerung

täglich am Morgen,

an die Menschwerdung Christi

gesprochen und auch durch den Glockenschlag bezeichnet wird.

Zuwei-

ftn werden auch öffentliche Bittgänge (litaniae) oder Processionen ge­ halten.

Die symbolischen Bücher der Reformirten haben zwar das

Verdienst des Gebetes verworfen, und sich mit einer gewissen Vesorg-

niß dagegen verwahrt, daß nicht zu viel gebetet werde, doch aber die Verpflichtung, nicht blos für sich

sondern auch für Andere zu beten,

auferlegt, und also gewiß auch wenigstens die Wirksamkeit desselben

anerkannt4).

B) Von den canonischen Tageszeiten.

Greg. III. 41. Clem. HI. 14. De celebratione missarum et sacramento eucharistiae et divinis officiis. 289. Außer der Feier des Abendmahles beobachteten die Apostel schon in der ersten Zeit am Tage wie in der Nacht gewisse Stun­

den,

wo sie theils allein theils mit der Gemeinde zusammen Gott

durch Psalmen und Hymnen, durch Gebet und Lesen der heiligen Bü­ cher verehrten4). Diesen Gebrauch setzten die Christen, der erhaltenen

Weisung gemäß2), auch nach den Zeiten der Apostel fort. Die Stun­ den des gemeinschaftlichen Gottesdienstes waren Morgens vor Tages­

anbruch und Abends gegen Sonnenuntergang.

In den Klöstern wur­

den aber diese Zeiten allmählig bis auf sieben vermehrt, daS Matu-

tinum mit den Laubes, welches in die Nacht fällt,

und die Prima,

Tertia, Sexta, Nona, Vesperä und das Completorium, welche des

TageS gehalten werden. Diese Einrichtung gieng allmählig, besonders nach der Einführung

Kirchen über.

des canonischen Lebens,

An diesen

auch auf die anderen

canonischen Stunden nahmen regelmäßig

auch die Laien Theil; doch war es ihnen nicht geboten.

Die Kleriker

aber mußten vermöge ihres Amtes sämmtlich zugegen fein8).

3) 4) 1) 2) 3)

Diese

Matth. VI. 9—13., Luc. XL 2—4. Tetrapol. Conf. cap.VII. X. XXL, Helvet. Conf. II. cap. XXIII. Act. III. 1. X. 9. Xn. 2. XVI. 25. Ephes. V. 19., Coloss. III. 16. C. 3. D. XCI. (Statuta eccles. antiq.), c. 13. D. V. de cona.

624 Verpflichtung wurde während des ganzen Mittelalters

sowohl durch

das Beispiel und die Ermahnungen frommer Bischöfe, wie durch die

Verordnungen der Concilien5* ), * * 4besonders in den Stifts- und Kloster­

kirchen, aufrecht erhalten, und auch das Concilium von Trient will die Stiftsherren zum Chordienst angehalten wissen6).

Auch sind da­

bei noch die bestimmten Tageszeiten zu beobachten7).

Aus Rücksicht

auf diesen Dienst wurden selbst in jedem Stifte bei der Theilung des Vermögens neben den großen Stiftspräbenden noch Keine Präbenden

für eine bestimmte Zahl von Geistlichen

für den Chordienst fungirten.

Diejenigen,

gebildet,

die als Vicarien

welche wegen einer recht­

mäßigen Verhinderung nicht in der Kirche zugegen sein konnten,

wa­

ren dem uralten Gebrauch gemäß, den auch die Regel Chrodogangs

ausnahm, verbunden, die kanonischen Zeiten wenigstens für sich abzu­

halten 8).

Dieses ist auch

noch durch die Ermahnung des Baseler

Conciliums für alle Kleriker, welche ein Beneficium oder die höheren Weihen haben, bestätigt worden9). Neuere Verordnungen setzen sogar

bei den Beneftciaten, welche diese Verbindlichkeit versäumen, einen verhältnißmäßigen Verlust ihrer Einkünfte an die Armen fest10).

sind billige Entschuldigungsgründe .zugelassen.

Der Grund,

Doch weshalb

die Kirche dieses so strenge festhält, beruht in der inneren Erhebung und Veredlung, welche die öftere Sammlung des Gemüthes im Ge­

bete gewährt, und die durch nichts zu ersetzen ist. Die Gesänge, Ge­ bete und Lectionen für die canonischen Stunden entnahm man ur­

sprünglich unmittelbar aus den heiligen Schriften, den Psalterbüchern, Martyrologien und anderen Werken.

Gregor VII. ließ aber dafür

(Conc. Agath. a. 506), c. 14. eod. (Conc. Gerund. a. 517), c. 1. D. XGL (Pelag. I. c. a. 517), c. 42. §. 10. C. de episc. et der. (1. 3), c. 9. D. XCU. (Conc. Bracar. c. a. 572), c. 2. D. XCI. oder c. 1. X. h. t. (Conc. Nannet. c. a. 895). 4) Die ausführlichen Beweise findet man bei Thomassin. Vet. et nova eccles. discipl. P. I. lib. 2. cap. 71—88. 5) C. 9. X. de celebrat. miss. (3. 41), dem. 1. eod. (3. 14). 6) Conc. Trid. Sess. XXIV. cap. 12. de ref. 7) Nur aus ganz besonderen Gründen, wie wegen großer Beschwerlich­ keit des Weges, ist davon dispensirt und gestattet worden, das ganze Officium ununterbrochen des Morgens zu absolviren, und auch dann mit Ausnahme der Sonn- und Festtage. Eine Entscheidung der congregatio concilii vom 30. Januar 1858 steht in Moy Archiv IV. 191-93. 8) Die Nachweisung dieser Verpflichtung alle Jahrhunderte hindurch fin­ det man bei Thomassin. 9) Conc. Basil. Sess. XXI. c. 5. 10) C. 1. 2. de. fruct. benef. restit. in VII. (1. 15).

625

einen Auszug verfertigen,

der wie es scheint Breviarium genannt

wurde. Eine neue Verkürzung machte 1241 der General der Minoriten Haymo, welche Gregor IX. genehmigte und Nicolaus UI. in allen

Kirchen zu Rom einführte.

Eine spätere Umarbeitung,

welche der

Kardinal Quignon 1536 herausgab, wurde zwar erlaubt, aber nicht

förmlich angenommen.

Dem vom Concilium von Trient erhaltenen

Auftrag gemäß machte daher PiuS V. 1568 ein neues Brevier bekannt,

wovon unter Clemens VIII. 1602 und Urban VIII. 1631 verbesserte

Ausgaben erschienen sind"). Doch haben mehrere Orden und Kirchen

auch ihre alten Breviere beibehalten. In der morgenländischen Kirche

wird ebenfalls noch der Dienst der canonischen Stunden, theils öffent­ lich in den Kloster - und Pfarrkirchen,

theils von jedem einzeln für

sich, selbst von Laien, nach einer bestimmten Anleitung beo6ad)tet12). Die Protestanten haben aber denselben verworfen 13); in

England noch Manches davon in

doch hat sich

zusammengezogener Form er­

halten.

IV.

Von dem Fasten.

Greg. HI. 46. De observatione ieiuniorum. 290.

Als ein Mittel den Geist der Buße, Andacht und Selbst-

verläugnung zu erwecken und zu unterhalten, ist in der Kirche auch

das Fasten eingeführt.

Dieses gründet sich in seinem Ursprung aus

dm Gebrauch der Juden und aus

das eigene Beispiel Christi und

seiner Jünger *), und ist allmählig durch Gewohnheit und Gesetze an

bestimmten Tagen zu einer kirchlichen Verpflichtung erhoben worden.

Zuerst geschah dieses bei den Quadragesimalfasten, die vor dem Pascha gehalten wurden2). Die Dauer derselben war jedoch bei den einzelnen

Kirchen sehr verschieden,

bis

Einrichtung festgesetzt wurde3).

daß allmählig die noch jetzt bestehende Ohngefähr von gleichem Alter sind

11) Eine Abhandlung De la veritable et pure edition du breviaire Romain steht in den Analecta iuris Pontificii II. 1846—61. 12) Typicum Sabae Monachi seu ordo recitandi officium ecclesiasticum per totum annum. Venet. 1615. 13) Helvet. Conf. I. cap. XXIII. 1) Matth. IV. 1. 2. XVII. 21., Act. XIII. 2. 3. XIV. 22. 2) C. 3. D. XVIII. (Conc. Nicaen. a. 325), c. 8. D. III. de cons. (Conc. Laodic. c. a. 372), Can. Apost. 69., Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. XI. cap. 1. n. 4—6. 3) C. 5. D. IV. (Ambros, c. a. 380), c. 16. D. V. de cons. (Gre­ gor. I. a. 593). Walter'S Kirchenrecht. 13te Auflage. 40

626 die wöchentlichen Fasten.

Sie wurden ursprünglich jeden Mittwoch

und Freitag gehalten, weil an jenem Tage Christus verrathen worden,

an diesem gestorben war4).

Im Occident wurde allmählig noch das

Fasten am Samstag eingeführt5); hingegen kam hier das Fasten am

-Mittwoch außer Gebrauch. Ferner sind aus dem Judenthum die Qua­

tember-Fasten als regelmäßige Bußzeiten beibehalten worden6).

Im

Alterthum wurde auch noch als Vorbereitung zu gewissen hohen Fe­ sten der Tag vorher mit Fasten, und die Nacht vom Abend bis an den Morgen mit Gebeten und Gesängen in der Kirche zugebracht7).

Diese Nachtwachen find zwar längst nicht mehr im Gebrauch; doch

wird noch immer der Tag vor einem hohen Feste die Vigilie genannt, und diese mit Fasten begangen8). UebrigenS sind aber alle Sonntage8),

ferner die ganze Zeit zwischen Ostern und Pfingsten10), und das Fest der Geburt Christi, wenn dieses auf einen Freitag oder Samstag

fällt"),

von dem Fasten ausgenommen.

Das Fasten selbst besteht

theils in einem wirklichen Abbruch von der Mahlzeit überhaupt, theils

in der bloßen Enthaltsamkeit von den schmackhafteren Speisen, na­ mentlich vom Fleische78).

Das eigentliche Fasten dauerte ehemals

den ganzen Tag bis zum Abend78); jetzt aber ist einmal des Tages

eine Hauptmahlzeit und außerdem noch eine kleine Collatton gestattet.

Das Nähere hängt von den örtlichen Verordnungen und der Gewohn­

heit jedes Landes ab. Das Concilium von Trient hat auch ausdrück­ lich den Bischöfen die Aufrechthaltung der Fastendisciplin,

als einer

4) C. 16. D. III. de cons. (S. Apollon, a. 388), c.,11. eod. (Leo IV. c. a. 850). 5) C. 11. D. XIII. (Augustin, c. a. 400), c. 13. D. III. de cons. (Innoc. I. a. 416), c. 31. D. V. de cons. (Gregor. VII. a. 1078), c. 2. X. de observ. ieiunior. (3. 46). 6) 0. 5. D. XXXI. (Leo I. c. a. 442), c. 6. eod. (Idem c. a. 442), c. 2. eod. (Conc. Mogunt. a. 813), c. 3. eod. (Gone. Salegunst. ,a. 1023), c. 4. eod. (Urban. II. a. 1095). 7) C. 9. D. LXXVI. (Ambros, c. a. 399). 8) C. 1. 2. X. de observ. ieiun. (3. 46), c. 14. §. 1. X. de verb. sign. (5. 40). 9) C. 7. D. XXX. (Conc. Gangr. c. a. 355), c. 15. D. HI. de cons. (Conc. Caesaraugust, a. 380), c. 9. eod. (Conc, Agath. a. 506), c. 17. D. XXX. (Conc. Bracar. c. a. 572), c. 16. D. V. de cons: (Gregor. I. c. a. 593). 10) C. 11. D. LXXVI. (Hieronym. a. 385), c. 8. eod. (Ambros, c. a. 490), o 10. eod. (Isidor, a. 633). 11) C. 3. X. de observ. ieiun. (3. 46). 12) Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. XI. cap. 5. n. 9—16. 13) C. 50. D. I. de cons. (Theodulf. a. 797).

627 sehr wirksamen Uebung der Selbstbeherrschung, zur Pflicht gemacht").

In der morgenländischen Kirche besteht sie ebenfalls noch in großer

Strenge. Die Protestanten aber haben zwar das Alterthum und den Nutzen derselben anerkannt, allein keine Gebote darüber erlassen wol­

len; daher ist sie bei ihnen ganz außer Gebrauch gekommen"). V.

Bo» den historischen Formen der Gottesverchrung.

A) Verehrung

heiliger Personen.

Greg. HI. 46. Sext. HI. 22. dein. HI. 16. Extr. comm. III. 12. De reliquiis et veneratione sanctorum. Das Leben der Kirche äußert sich, wie bei jeder von äch­

291.

tem Gemeingeist durchdrungenen Gemeinschaft, auch in der Verehrung, welche sie dem Andenken verdienter Personen widmet.

Da aber als

Verdienste in der Kirche blos Frömmigkeit und hohe christliche Tu­

genden gelten können: so darf sie nach den Verheißungen des Chri­ stenthums annehmen, daß diejenigen, welche hier auf diese Weise ge­ feiert werden, auch jenseits vor Gott besonders verherrlicht sind, und

daß daher ihre Fürbitte bei Gott eine höhere Kraft und Gnade ge­

nießen wird.

Auf diesen Grundsätzen beruht die Verehrung der Hei­

ligen, die nach der Lehre der Kirche nicht als Gegenstand der Anbe­ tung, sondern

als Fürsprecher bei Gott und ihrer Tugenden wegen

als Muster der Nachahmung dargestellt toerbenx). Ob Jemand eines solchen Andenkens würdig sei, selbst bestimmt werden.

kann unstreitig nur durch die Kirche

Früher geschah dieses

zunächst thatsächlich

durch die Verehrung, welche sich für einen Verstorbenen, namentlich

für die Märtyrer, im Volke bildete und erhielt, und wurde durch die Aufnahme in die Diptychen befestigt. und

Besonders

und in den Meßcanon

vollendet und

wichtig war aber die Aufnahme in die Liturgie

das Martyrologium der röiüischen Kirche,

indem dadurch die

Verehrung eine allgemeine wurde, während den darin nicht aufgenom­

menen Namen nur eine örtllche Verehrung blieb, auch verlor.

die sich allmählig

Seit dem elften Jahrhundert wurde aber die Canonisa­

tion beim römischen Stuhle zu einem besonderen feierlichen Acte ge-

14) Conc. Trid. Sess. XXV. Decretum de delectu ciborum. 15) August. Genf. tit. V. de discrhn. cibor., Helvet. Gons. I. cap. XXIV. 1) Conc. Trid. Sess. XXV. de invocatione sanctorum.

628 macht, und die Verehrung eines Verstorbenen als Heiligen ohne die

Autorität der römischen Kirche, um Uebereilung

verhindern, verboten2).

und Mißbrauch zu

Nach und nach ist dabei auch der Unterschied

zwischen der Heilig- und Seligsprechung entstanden,

da die Seligen

nur in einem gewissen Theil der Kirche und aus beschränktere Weise verehrt werden.

Beides geschieht nach

läufigen Verhandlungen,

gation der Cardinäle über

storbenen in

äußerst behutsamen und weit­

welche bei der dazu niedergesetzten Congredas Leben

und die Verdienste des Ver­

verschiedenen Zwischenräumen geführt werden, die ge­

wöhnlich zusammen über ein Jahrhundert ausmachen, damit sich auch zeige, ob die Verehrung für denselben hat, anhaltend fortbauere-8).

an dem Orte,

wo er gelebt

Um das Andenken der Heiligen und

ihrer Tugenden zu erhalten und zu befestigen,

ist der Gebrauch der

Bilder zugelassen 4), obschon die Kirche so lange dagegen war , als

sie noch eine Vermischung mit heidnischen Begriffen zu befürchten

hatte.

Schon Gregor I. sagte, die Bilder seien die Bücher derjeni­

gen, welche nicht lesen könnten8).

Noch tieferen Eindruck machen auf

den Verehrer der christlichen Vorzeit

wirkliche irdische Ueberreste hei­

liger Personen. Diese sollen daher mit Ehrfurcht behandelt, übrigens

aber, um Betrug und die Einführung unächter Reliquien zu verhindern, behutsam untersucht und vom Bischof anerkannt werden8).

In allen

diesen Stücken stimmt die morgenländische Kirche mit der abendlän­

dischen überein; dem Patriarchen,

nur werden die Canonisationen in Griechenland bei

in Rußland bei der heiligen Synode,

nicht immer mit der gehörigen Vorsicht, verhandelt.

und zwar

Die Protestan­

ten haben zwar das Gedächtniß der Heiligen als Mittel, deren Nach­

ahmung zu erwecken, empfohlen, übrigens aber den Glauben an ihre Fürbitte und den Gebrauch der Reliquien und Bilder verworfen7).

2) C. 1. X. de reliq. et vener. sanct. (3. 45). 3) Davon handelt das gelehrte Werk: Benedict. XIV. de servorum Dei beatificatione et beatorum canonizatione. Edit. II. Patav. 1743. 4 vol. fol. Eine gute kurze Darstellung giebt Bangen Die römische Curie §. 66—73. 4) C. 28. D. III. de cons. (Conc. Nicaen. a. 787), Conc. Trid. Sess. XXV. de invocat. sanctor. 5) C. 27. D. III. de cons. (Greg. I. a. 600). 6) C. 2. X. de reliq. (3. 45), Conc. Trid. Sess. XXV. de invocat. sanctor. 7) August. Cons. Art. XXI., Helvet. Cons. H. Art. XXIII., Helvet. Cons. I. cap. IV. V.

629 B) Verehrung heiliger Zeiten *)•

Greg. II. 9. De feriis.

292. Die Kirche feiert die Erinnerung an wichtige Begebenhei­ ten des Christenthums durch regelmäßige Gedächtnißtage, welche mit gemeinschaftlichem Gottesdienst begangen werden. Dieses ist die Ent­ stehung und Bedeutung der Festtage. Schon zur Zeit der Apostel wurde der Sabbath auf den Sonntag, als den wöchentlichen Gedächt­ nißtag der Auferstehung des Herrn verlegt, und das Leiden, die Auf­ erstehung, die Himmelfahrt Christi, und die Herabkunft des heiligen Geistes mit einer jährlichen Feierlichkeit begangen 1 2).3 Dazu kamen bald noch das Fest der Geburt Christi und Gedächtnißtage an die Mutter des Erlösers, an die Apostel und Märtyrer, und so allmählig noch viele Andere2). Das Recht, Festtage anzuordnen, steht nach der Natur der Sache blos der Kirche zu, und zwar dem Papste, wenn es sich um eine in der ganzen Christenheit zu haltende Feier handelt, in anderen Fällen den National- oder Provinzial-Concilien und den einzelnen Bischöfen ^); doch ist, in so fern sie auch für das bürger­ liche Leben gelten sollen, die Zustimmung der Staatsgewalt nothwen­ dig. Gleiches gilt bei deren Veränderung und Aufhebung2).5 Die Bestimmung der Festtage ist aber überhaupt die, daß an denselben der Mensch vorzüglich bei geistlichen Betrachtungen verweilen und sein Herz in Andacht zu Gott erheben soll6).7 Daher findet dann Borund Nachmittags ein besonderer Gottesdienst Statt, und es sind, außer­ ordentliche Fälle abgerechnet, alle Arbeiten und Beschäftigungen unter­ sagt, welche sich mit jener Bestimmung nicht vereinigen lassen^). Die1) Bon der Geschichte der Festtage handelt gut Feßler in der oben (§.284. Note 7) genannten Schrift. 2) C. 11. D. XII. (Augustin, a. 401). 3) C. 1. D. III. de cons., c. 5. X. de feriis (2. 9). Das letzte all­ gemeine, schon etwa« beschränkende, Gesetz ist die Const. Universa per ordern. Urbani VIU. a. 1642. 4) Conc. Trid. Sess. XXV. cap. 22. de regulär. 5) Die Grundsätze darüber entwickelt Benedict. XIV. Const. Non multi a. 1748., De synodo dioecesana lib. XIII. cap. 18. n. 10—15. Von Be­ nedict XIV. an sind auch von den Päpsten für die einzelnen Reiche Rcductionen bewilligt worden. 6) C. 16. D. III. de cons. (8. Apollon, a. 388). 7) C. 66. D. I. de cons. (Statuta eccles. antiq), c. 1. c. XV. q. 4. (Conc. Tarrac. I. a. 516), c. 2. eod. (Conc. Erphurt. a. 932), c. 1. 3. 5. X. de feriis (2. 9). Daher werden auch die'Festtage feriae genannt. In der

630

ses Verbot wird in den christlichen Reichen auch durch die weltlichen Gesetze und Behörden unterstützt«). Jahrmärkte, die von alten Zei­ ten hergebracht sind, werden jedoch tolcrirt9). Die Protestanten ha­ ben ebenfalls die Nothwendigkeit besonderer dem Gottesdienste bestimm­ ter Zeiten anerkannt10); sie hatten selbst sehr viele Feste der Katholiken beibehalten, und die Aufhebung derselben wurde erst im achtzehnten Jahrhundert von Seiten der Staatsgewalt ausgeführt. Dieser Praxis gemäß wird bei ihnen das Recht, Festtage anzuordnen und abzuschaf­ fen, dem Landesherrn beigelegt. C) Verehrung heiliger Orte.

293. Die Kirche überträgt die Begeisterung und Verehrung für die in der Geschichte des Christenthums bedeutend gewordenen Per­ sonen zum Theil selbst auf die Orte, wo sie gelebt und gewirkt ha­ ben, oder wo noch Ueberreste von ihnen anfbcwahrt werden. In die­ sem Sinne'haben schon die ersten Gläubigen die durch das Leiden und den Tod Jesu geheiligten Stätten und die Gräber der Märty­ rer besucht, und dort ihre Gebete verrichtet. Hieraus sind die Wall­ fahrten entstanden. Die vorzüglichsten Orte waren und sind noch Je­ rusalem, Rom und St. Jago; außerdem haben aber in vielen Län­ dern noch andere näher liegende Orte durch mancherlei Veranlassun­ gen die Verehrung der Gläubigen an sich gezogen. Die entfernteren Wallfahrten werden gewöhnlich einzeln, die näheren häufig in Processionen unternommen. Die Aufgabe der geistlichen und weltlichen Behörden muß dabei die sein, die leicht statt findenden Mißbräuche zu beseitigen, ohne doch die Uebungen wahrer Frömmigkeit zu verhin­ dern. Als ein Mittel sich die Leidensorte Christi näher zu vergegen­ wärtigen, ist auch der Kreuzweg, eingeführt. Dieser besteht darin, daß an bestimmten Stationen Bilder aufgestellt sind, deren jedes in fort­ laufender Ordnung einen Zug aus der Leidensgeschichte enthält, wo­ vor denn die Gläubigen, besonders am Freitage als dem Todestag Christi, am Sonntag Nachmittags und in der Fastenzeit, mit kurzen

Kirchensprache heißen aber feriae alle Tage der Woche, und diese werden als feria prima, secunda etc. näher unterschieden. 8) 6. 2. 3. 6. 7. 8. C. de feriis (3. 12), Conc. Childeb. c. a. 554., Praecept. Gunthramni a. 585., Decret. Childeb. c. a. 595. c. 14. 9) Const. Ab eo- tempore Benedicti XIV. a. 1745. 10) Helvet. Conf. I. cap. XXIV.

631

Gebeten und Betrachtungen verweilen.

Diese Andachtsform ist sehr

alt, und eine sinnreiche Erfindung, selbst den Spaziergang mit christ­ lichen Erinnerungen zu verbinden.

Viertes Kapitel.

Bon der Ehe'). I. 293 a.

Von dem Wesen der Ehe.

Die Bedeutung der Ehe ergiebt sich aus der Stellung,

die sie als Institut in der Oeconomie der Schöpfung einnimmt. Die Menschheit stimmt mit dem Thierreich darin überein, daß sie einer­ seits den Gesetzen

der Sterblichkeit unterworfen,

daß andererseits

aber durch das Gesetz der Fortpflanzung die Erhaltung der Gattung von der Natur gewollt und gesichert ist.

Sie unterscheidet sich aber

vom Thierreich in zwei Punkten: erstens darin, daß der Mensch einer stets fortschreitenden Entwicklung und Vervollkommnung fähig, also

auch von der Natur dazu bestimmt ist;

zweitens darin, daß der

Mensch mit einer unsterblichen Seele begabt ist, welche sich in dieser irdischen Welt durch ihre stets fortschreitende innere Vervollkommnung

1) Das Hauptwerk darüber, woraus alle Neueren ihren Stoff geschöpft haben, ist das des spanischen Jesuiten Sanchez (f 1610) De sancto matrimonii sacramenta. Lugduni 1669. 3 vol. fol. Neuere Werke sind: In Ita­ lien: D. Gualco Tractatus de matrimonio. Taurini 1837. 2 vol., Perrone De matrimonio christiano libri tres. Romae 1858. 3 vol. — In Frank­ reich : Carriere De matrimonio. Paris. 1837. 2 vol., P. Märtin 8. J. De matrimonio et potestate ipsum dirimendi ecclesiae soli exclusive propria. Paris. 1844. 2 vol. (gegen Carriere gerichtet). — In Deutschland: Stapf Vollständiger Pastoralunterricht über die Ehe. 6. Aust. Frankfurt 1843., Roscoväny De matrimonio in ecclesia catholica. Aug. Vindel. 1837.2 vol., Gitzler Handbuch des gemeinen und preußischen Eherechts. Breslau 1840., Knopp Vollständiges katholisches Eherecht. Regensburg 1850. 2. Aust. 1854., Uhrig System des Eherechts. .Dillingen 1854., Schulte Handbuch des katholischen Ehe­ rechts. Gießen 1855., Kutschier Das Eherecht der katholischen Kirche nach seiner Theorie und Praxis. Wien 1856. 5 Th., Bangen Instructio practica de sponsalibus et matrimonio. Monast. 1858. — Für das protestantische Ehe­ recht: Hauber Würtembergisches Eherecht der Evangelischen. Stuttgart 1858. — Kuzmany Handbuch des allgemeinen und österreichischen evangelisch -prote­ stantischen Eherechts. Wien 1860.

632

zu ihrer überirdischen Bestimmung vorbereiten soll.

Diese fortschrei­

tende äußere und innere Vervollkommnung, welche die wesentliche Be­ stimmung des Menschen ausmacht, ist aber nur möglich durch die ge­

ordnete Ueberlieferung der menschlichen Bildung

durch Sprache und

Die Erziehung aber setzt einen engen

Sitte, also durch Erziehung.

dauernden Kreis, durch die stärksten Bande der Zuneigung und Hin­

gebung verbundener Personen, die Familie, voraus. die

eigenthümliche Bestimmung

der Menschheit und

Eben weil nun des

Menschen

nur durch Erziehung, diese aber nur durch die Familie erreichbar

ist:

so hat die Natur auch in den Menschen Alles gelegt, was mit Noth­ wendigkeit auf die Familie hinführt,

und in der Familie dasjenige,

was zur Erhaltung der menschlichen Gattung, mit demjenigen, was

zur wesentlichen Bestimmung derselben gehört,

durch

Triebe und edelsten Neigungen in Verbindung großen Absichten Gottes Ehe,

concentriren sich

die mächtigsten

gebracht.

Alle diese

aber in dem Institut der

welches daher drei von der Natur gewollte Momente in sich

trägt: das Geschlechtsverhältniß, welches zur Fortpflanzung und Er­ haltung der Gattung dient;

die Dauer, zu welchem Zwecke die Na­

tur den Menschen, und ihn allein, einer dauernden Alles umfassen­

den Liebe und Zuneigung

zwischen Mann und Weib fähig gemacht

hat; endlich die dauernde Liebe und Hingebung für das Erzeugte, für

dessen Erhaltung, Pflege und Erziehung. Diese Bedeutung der Familie lebt, wenn auch das erste Moment aufgehört hat,

in der bildenden

Kraft fort, welche von dem elterlichen Hause fortwährend auch auf

die erwachsenen Kinder und Enkel ausströmt.

294.

Das Institut der Ehe ist also eine Ordnung der Natur,

welche mit der Menschheit, so wie sie von Gott gewollt und geschaffen

ist, gegeben und davon unzertrennlich ist. Die Ehe ist die Grundlage der Familie und dadurch derjenigen Anstalt, worauf die Ueberlieferung aller menschlichen Sitte und Bildung beruht.

Sie ist die Grundlage

der Staaten, weil der Mensch in der Familie die sittlichen Eindrücke, die Gewöhnung an Zucht und Ordnung, und die Ehrfurcht vor der

Autorität empfängt, ohne welche kein Staat bestehen kann. die Grundlage der Menschheit,

weil

Sie ist

nur in ihr die geordnete Fort­

pflanzung der menschlichen Gattung möglich ist.

Sie ist die Pflanz­

schule für das Reich Gottes, weil in ihr der Schöpfungsact des ersten Menschen durch diesen selbst fortgesetzt und mit den sterblichen Leibern

633 unsterbliche Seelen gezeugt werden.

Sie ist für den Mann und das

Weib durch die Einheit, welche sie unter ihnen begründet, die Ergän­

zung ihrer selbst, durch die innige auf Liebe und Achtung gegründete Gemeinschaft ein Antrieb zur fortdauernden gegenseitigen Veredlung,

durch die Prüfungen, die sie ihnen auferlegt, die tägliche Schule der Hingebung und Selbstverläugnung.

Natur eine

Die Ehe hat also schon von der

hohe Würde und Heiligkeit,

und das Christenthum hat

dieselbe besiegelt, indem es die Ehe überhaupt als eine Ordnung Got­

tes darstellte1), das richtige Verhältniß der Ehegatten zu einander be­ zeichnete^), und der Ehe der Christen insbesondere den Character als

Sacrament beilegte3). Die Eingehung geschieht durch freien Entschluß,

also durch einen Vertrag; allein das Eigenthümliche ist, daß dieser Vertrag nicht auf ein obligatorisches,

sondern auf ein sittliches den

Menschen von allen Seiten ergreifendes Verhältniß gerichtet ist. Das

Wesen der christlichen Ehe besteht also in einer durch freien Entschluß, mit der Gesinnung der Liebe und unerschütterlichen Treue geknüpften, und durch die Religion geheiligten Verbindung zwischen einem Manne

einer Frau zur Gemeinschaft aller Lebensverhältnisse, so weit

und

diese gemeinschaftlich gemacht werden können. Die Protestanten haben zwar auch die natürliche Heiligkeit und göttliche Einsetzung des Ehe­

standes anerkannt, und es nur nicht als Sacrament in dem Sinne wie die anderen Sacramente gelten lassen wollen, wobei aber Vieles

auf Wortstreit hinausläuft 4).

II.

Geschichte des christlichen Eherechts. A) Von der-Gesetzgebung in Ehesachen *).

295.

Um die hohe Auffassung und die inhaltreichen Vorschrif­

ten des Christenthums über die Ehe'practisch zu entwickeln, bedurfte eS einer neuen in diesem Geiste bis in die Einzelnheiten durchgeführ­

ten Gesetzgebung. Diese kann aber natürlich nur von der Kirche selbst, nicht von der Staatsgewalt ausgehen, da dieser ohne die Kirche die dazu

nöthige Erleuchtung fehlt.

Jenes thaten schon die Apostel in

1) Matth. XIX. 3—9., Marc. X. 2—12. 2) Ephes. V. 21—33., I. Tim. II. 11—15. 3) Ephes. V. 32., c. 17. c. XXVII. q. 2. (Leo I. a. 443) ibiq. Corr. Rom., c. 5. X. de bigam. (1. 21), Conc. Trid. Sess. XXIV. cap. 1. de sacraro. matrim. 4) Apol. August. Conf. Art. VH. de numero et usu sacrament. 1) Audisio Quistioni pölitiche. Napoli 1854. Die erste Abhandlung darin betrifft: II matrimonio e la ragion di stato.

634

ihren Sendschreiben, die heiligen Väter und die Concilien. Besonders war es der große Kirchenlehrer Augustinus, der seit dem fünften Jahr­ hundert das christliche Eherecht seinem Geiste und Umfange nach voll­ ständig entwickelte. Auf die bürgerliche Gesetzgebung hatte dieses jedoch selbst, nachdem die Kaiser christlich geworden warm, keinen Einfluß, sondern diese gieng in ihrer heidnischen Richtung fort. Erst unter den neubekehrten Germanen gelangte die Kirche zur vollen Freiheit und Kraft, und wiewohl es ihr auch nicht gleich gelang, ihrem Eherecht in allen Stücken über die widersprechenden nationalen Sitten die Ober­ herrschaft zu verschaffen?), so wurde es doch allmählig durch die Ver­ ordnungen der Concilien und Reichstage vollständig ins Leben einge­ führt. Die Gesetzgebung in Ehesachen war nun, wie die ganze Ver­ fassung, gemischt; die Kirche setzte die nöthigen Verordnungen fest, und der weltliche Arm ertheilte ihnen ausdrücklich oder stillschweigend bürgerliche Wirksamkeit. Dieses Verhältniß blieb in den katholischen Ländern bis in die neuere Zeit. Die Reformatoren aber legten gleich anfangs den Landesherren nicht nur das Recht bei, Ehegesetze zu er­ lassen, sondern verlangten auch von ihnen wirklich ein neues Eherecht, weil man die Grundlage des katholischen verworfen hatte. So kam auch dieser Theil der kirchlichen Gesetzgebung in die Hände der protestantischm Landesherren. Doch wurde bei der Abfassung der neuen Eheordnungen noch auf die heilige Schrift, auf die symbolischen Bü­ cher, und auf das canonische Recht, so weit dieses anwendbar schien, Rücksicht genommen, und es wurden daher Gottesgelehrte zugezogen, so daß das Eherecht doch den christlichen Charakter bewahren sollte. Die­ ses änderte sich aber unter dem Einfluß der falschen Doctrinen des achtzehnten Jahrhunderts, welche theils zur Herstellung der Unabhängig­ keit des Staates von der Kirche, theils aus Gleichgültigkeit und Haß gegen das Christenthum, für den Staat ein rein bürgerliches von dem Religiösen ganz unabhängiges Eherecht verlangten. Dieses kam in dem Preußischen Landrecht von 1794 und in dem Französischen Ge­ setzbuch von 1804 zu Stande. Diesem hat sich auch die protestanti­ sche Geistlichkeit gefügt. Hingegen die katholische Kirche hielt an dem canonischen Eherecht fest, indem sie ihren Geistlichen die Mitwirkung zu einer demselben widersprechenden ehelichen Verbindung untersagte, und die Uebertretung desselben nöthigenfalls mit Kirchenstrafen ahn2) Man sehe darüber meine Deutsche NechtSgeschichte §. 484. 486.

635 bete. Jener falsche Weg wurde auch in dem Oesterreichischen Ge­ setzbuch von 1811 betreten; jetzt ist aber das richtige Verhältniß her­ gestellt 8). Im Orient fieng die bürgerliche Gesetzgebung schon nach Justinian an, sich der kirchlichen mehr zu nähern, und im neunten Jahrhundert kam selbst eine Verschmelzung in der Art zu Stande, daß die kirchliche Einsegnung bürgerlich als wesentlich vorgeschrieben wurde. Allein in den Grundsätzen selbst behauptete das bürgerliche Recht einen überwiegenden Einfluß, dessen sich die griechische Kirche noch bis jetzt nicht zu entledigen gewußt hat. So ist es auch in Ruß­ land, und hier gehen die Gesetze in Ehesachen blos vom Kaiser aus. B) Von der Gerichtsbarkeit in Ehesachen.

296. Mit der Gesetzgebung in Ehesachen mußte die Kirche auch darauf bedacht sein, diese, so weit sie es vermochte, durch ihre Di­ sciplin zu handhaben, und sie that dieses, indem sie denjenigen, der den Canonen zuwider eine Ehe eingieng, von der Gemeinschaft auöschloß!). Doch blieb, weil der weltliche Arm nicht hinzutrat, die Ehe in bürgerlicher Beziehung bestehen. Dieses änderte sich aber im Orient seit der Verschmelzung, des kirchlichen und weltlichen Eherechts, in­ dem nun die Gerichtsbarkeit der Bischöfe in Ehesachen von Seiten des Staates anerkannt und mit bürgerlichen Wirkungen versehen wurde. Dasselbe geschah schon frühe auch im fränkischen Reiche8), und blieb seitdem in allen christlichen Ländern ununterbrochen in Uebung8). Auch die Protestanten behandelten anfangs die Jurisdiction in Ehesachen als einen Bestandtheil der Kirchengewalt; nur wurde, weil man sich nicht gleich in die veränderten Verhältnisse zu finden wußte, die AuS3) Oesterr. Concordat Art. 10. In dem Geiste dieses Artikels ist das mit dem Kaiserl. Patent vom 8. Oct. 1856 verkündigte neue Ehegesetz gearbei­ tet. Doch enthält dasselbe auch einige selbstständige im cauonischcn Recht nicht vorkommende Bestimmungen und Ehebedingungen. Bon diesem wichtigen Ge­ setze handeln: Das Eherecht der Katholiken im Kaiserthum Oesterreich. Wien 1857., Schulte Erläuterung des Gesetzes über die Ehen der Katholiken im Kai­ serthum Oesterreich. Zweite Aust. Prag 1857., Kopsz Ius matrimoniale növissimum catholicorum in imperio Austriaco. Sabariae (Wien) 1857. 1) TertuUian. (f 215) de pudicit. c. 4., c. 1. c. XXVII. q. 1. (Sta­ tuta eccles. antiq). 2) Decretio Childebert. a. 596. c. 2., Capit. II." Carlomann. a. 743. c. 3. 3) C. 4. c. XXXI. q. 3. (Nicol. I. c. a. 863), c. 4. c. XXXIII. q. 2. (Idem a. 867), c. 10. c. XXXV. q. 6. (Alcxand. II. c. a. 1067), e. 12. X. de excess. praelat. (5. 31).

636 Übung den Pfarrern überlassen,

giengen.

die damit ziemlich willkührlich um-

Später wurde sie den Consistorien übergeben.

Endlich sind

aber die Ehesachen- in mehreren Ländern, namentlich in Preußen, Däne­ mark, Norwegen und Schweden, an die gewöhnlichen Gerichte verwiesen

worden.

Dasselbe geschah denn auch in mehreren katholischen Ländern

nach der falschen Richtung der neueren Gesetzgebung. Die Kirche hielt

jedoch die Gerichtsbarkeit in Ehesachen als wesentliches Grundprincip fest4), so daß jene Veränderung der weltlichen Gesetzgebung nur die

bürgerliche Wirksamkeit ihres Ausspruches berührte. Mit Recht nimmt sie aber fortwährend von einer Staatsgewalt, die eine christliche sein

will, die Anerkennung und Unterstützung dieser Gerichtsbarkeit in An­ spruch 5).

Dieses bleibt auch in einem Staate von gemischter Bevöl­

kerung nicht nur wahr, sondern es ist hier selbst das einzige Mittel, den christlichen Charakter des Staates mit dem Grundsatz der Parität und Religionsfreiheit zu vereinigen, wenn in Ehesachen der Katholik

an das katholische, der Protestant an das protestantische Ehegericht verwiesen toirb6).

UI.

Bon der Eingehung der Ehe.

A) Regelmäßige Erfordernisse.

Greg. IV. I. Sext. IV. 1. De sponsalibus et matrimonio, Greg. IV. 2. Sext. IV. 2. De desponsatione impuberum. 297.

Nachdem die Handhabung des Eherechts der Kirche ganz

überlassen worden war, entstand für sie die Nothwendigkeit, sich überalle Theile desselben gesetzlich

auszusprechen,

auch über diejenigen,

welche an sich eben so gut der Civilgesetzgebung angehören können. Sie that dieses so, daß sie sich so enge wie möglich an die Natur

der Sache und an die herrschenden bürgerlichen Rechte anschloß. Die

wesentlichen Bedingungen sind demnach folgende. I. Ein hinreichendes zur Zeugung fähiges Alter, weil früher die vollständige Einsicht in

4) Conc. Trid. 8688. XXIV. can. 12. de sacram. matrim., Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. IX. cap. 9. n. 3—5. 5) Dieses ist auch anerkannt in dem Bayer. Concordat Art. 12. c., Oesterr. Concordat Art. 10. Das practisch Wichtigste des eanonischen Eherech­ tes ist für Oesterreich gut zusammengefaßt in der Instructio pro iudiciis ecclesiasticis imperii Austriaci quöad causas matrimoniales. Viennae 1856.4. 6) Dieses zeigt gut ein Aussatz in Moy Archiv IV. 381—91. Was be­ deutet auch, kann man fragen, das vielgerühmtd landesherrliche Schutzrecht, wenn die Kirche in einem so wichtigen Punkte ihrer Disciplin ohne Unterstützung ge­ lassen wird? Wie es jedoch damit zur Zeit in den deutschen Territorien steht, zeigt in einer Uebersicht Moy in Dessen Archiv II. 3—16.

637 das Wesen der Ehe fehlt. Hinsichtlich des Termins der Mannbarkeit

hat sich das kanonische Recht an das römische Recht gchalten, welches dazu bei Jünglingen das Alter von vierzehn, bei Mädchen das von

zwölf Jahren annahm *).

Diese Regel beruht jedoch blos auf einer

Präsumtion, welche da aufhört, wo sie durch die That selbst wider­ legt ist2).

Nach diesen Grundsätzen sind auch die auf Veranstaltung

der Eltern von unmündigen Kindern geschlossenen Ehen2) für diesel­ ben nicht bindend^), wenn sie nicht von denselben bei erreichter Mann­

barkeit oder schon vorher durch Beiwohnung bindend den2).

gemacht wer­

Wo neuere Landesgesetze andere Termine der Mannbarkeit

festsetzen, müssen die Geistlichen darauf bei der Abschließung der Ehe

Rücksicht nehmen.

II. Der beiderseitige mit voller Freiheit des Wil­

lens gefaßte Entschluß, mit einander eine Ehe einzugehen.

so wesentlich, daß ohne ihn eine Ehe gar nicht besteht2).

Dieser ist

Doch kann

er übrigens auch durch Zeichens und unter Abwesenden durch einen Stellvertreter2) erklärt werden.

III. Was die Einwilligung der El­

tern betrifft, so ist zu unterscheiden. Das römische Recht trennte dabei genau das Moralische und Juristische.

Letzteres knüpfte es lediglich

an seinen eigenthümlichen Begriff der väterlichen Gewalt an. Es gab daher nur dem Vater, nicht der Mutter, und auch Jenem nur gegen die Kinder in der Gewalt, nicht gegen die Emancipirten, das Recht,

1) 6- 10. X. de despons. impuber. (4. 2). 2) C. 3. 8. X. de despons. impuber. (4. 2). 3) Solches geschah im Mittelalter häufig, und zwar so, daß solche Ver­ bindungen nicht als Verlöbnisse, sondern als Ehen gemeint waren. Dieses zeigt unter anderen das c. 12. X. de despons. impub. (4.2), wo zwei Kinder von sechs und sieben Jahren matrimonialiter verbunden wurden, und drei Jahre zusammen lebten. Hier waren es also die Eltern, welche die Ehe für die Kin­ der schlossen; was diese dabei thaten, war eine leere Form oder Spielerei. Die Kirche behandelte diese Fälle so, daß sie die Rücksicht auf die Sitte, auf die oft von wichtigen Interessen geleitete Veranstaltung der Eltern, auf die scheinbare Existenz einer Ehe (nicht eines bloßen Verlöbnisses), mit der Freiheit der Individuen in das gehörige Verhältniß setzte. 4) 6. un. c. XXX. q. 2. (Nicol. I. a. 863), c. 10. 11. 12. X. de despons. impub. (4. 2). Die entgegenstehende Stelle im c. 2. c. XXXI. q. 2. oder c. 1. X. eod. ist zweifelhaft, und ohne gewaltsame Interpretation mit den anderen Stellen nicht zu vereinigen.

5) C. 6. 9. 14. X. de despons. impub. (4. 2), c. un. §. 1. eod. in VI. (4. 2). 6) 6. un. c. XXX. q. 2. (Nicol. I. a. 863), c. 2. c. XXVII. q. 2. (Idem c. a. 865), c. 3. c. XXXI. q. 2- (Urban. II. c. a. 1090), c. 26. X. de sponsal. (4. 1). 7) C. 23. X. de sponsal. (4. 1). 8) C. ult. de procurat. in VI. (1. 19).

638 die ohne seine Einwilligung geschlossene Ehe als nichtig anzufechten. Das deutsche Recht gründete ^die Nothwendigkeit der Einwilligung auf das Mundium des Vaters, oder, in dessen Ermanglung, der Bluts­ freunde (parentes)9); die Mutter kam dabei juristisch so wenig wie bei den Römern in Betracht. An diese Familiensitten lehnten sich auch die alten Kirchengesetze tut10); jedoch gestatteten sie nicht, die ohne jene Einwilligung geschlossene Ehe als nichtig anzufechtenll),12und bei dieser Ansicht ist es geblieben^). Aus. dem Gesichtspunkt der den Eltern schuldigen Ehrerbietung und obliegenden Fürsorge ist aber die Nachsuchung der elterlichen Einwilligung, und, im Falle eines gerecht­ fertigten Widerspruches, das Abstehen von der Ehe, als eine in der sittlichen Natur des Verhältnisses und int Geiste der Kirche wohlbe­ gründete Pflicht der Kinder zu betrachten. Es wäre daher ein neues Gesetz wünschenswerth, welches den Pfarrer nach den Umständen und mit Unterscheidung der Altersstufen zur Verweigerung der Assistenz berechtigte13)., Das griechische Kirchenrecht hat sich aber in die­ ser Lehre an das römische Recht gehalten14). Der Einfluß desselben zeigt sich auch in vielen protestantischen Kirchenordnungen, wo die unterlassene Nachsuchung des elterlichen Consenses als ein Nullität9) Man sehe meine Deutsche RechtSgeschichte §. 479. Note 1. 2. 3. 10) Conc. Aurel. IV. a. 541. c. 22., Conc. Paris. III. a. 557. c. 6. (c. 6. c. XXXVI. q. 2), Conc. Turon. II. a. 567. c. 20. — C. 3. c. XXX. q. 5. (Nicol. I. a. 866), c. 1. eod. (Pseudoisid.). — Es ist irrig, wenn man, wie Richter Kirchenrecht §. 267 (254), unter den parentes in jenen Stel­ len die Eltern versteht. 11) Den Uebergang von der abweichenden Ansicht des römischen Rechts zeigt die Formul. Sirmond. n. XVI. Viventibus patribus Inter siliosfamilias sine voluntate eorum matrimonia non legitime copulantur, sed coniuncta non solvuntur. Die Quelle dieses Satzes ist augenscheinlich Paulli Re­ cept. Sentent. lib. II. tit. 19. §. 2., wo sich auch die letzten Worte finden. Allein da sie den Grundsätzen des römischen Rechts gradezu widersprechen, so sind sie höchst wahrscheinlich ein wcstgothischer Zusatz. In jenem Sinn sind auch die in der Note 10. angeführten zwei letzten Stellen zu verstehen. 12) Daß diese Ansicht im Mittelalter feststand, zeigt c. 6. X. de raptor. (5. 17), c. 6. X. de condit. appos. (4. 5). Bestätigt ist sie im Conc. Trid. Sess. XXIV. cap. 1. de ref. matr. Was Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. IX. cap. 11. über diesen Gegenstand sagt, zeigt, daß ihm das germanische Recht nicht genug bekannt war. 13) Darauf führt auch in Oesterreich die Instructio pro iudiciis ecalesiasticis §. 68. Diese erklärt die Ehen als illicita, quae parentibus iustis ex causis assensum denegantibus contrahuntur. Sollte also der Pfarrer etwas Unerlaubtem assistiren müssen. 14) Basil, can. 42. apud Joann. Scholast. tit. XLII. (Justell. T. II. р. 586), Baisamon adPhotii Nomocanon tit. XIII. cap. IX. (Justell. TII. с. 1112), Simeon. Magist. epit. (Justell. T. II. p. 739).

639

gründ angesehen wird;

aber ein gemeinrechtlicher Grund ist dieses

nichts); auch gilt überall die Milderung, daß die Einwilligung ohne

gegründete Ursache nicht verweigert oder dann durch die Obrigkeit

supplirt werden kann. B) Form der Abschließung.

1) Aeltercs Recht.

Greg. IV. 1. De sponsalibus et matrimonio, IV. 3. De clandestina de- sponsatione. 298.

In der älteren Zeit,

wo neben der Kirche ein bürgerli­

ches Eherecht bestand, welches mit den Grundsätzen des Christenthums

in vielen Punkten unvereinbar war, bung ihrer Disciplin darauf bestehen,

mußte die Kirche zur Handha­ daß die Gläubigen ihre Ehen

bei dem Bischöfe anmeldeten, und erst,

wenn dieser nichts dawider

einzuwenden hatte, wurde die Ehe zu einer kirchlichen *).

fand auch darauf eine kirchliche Einsegnung Statt2).

wo

die ganze Umgebung der Kirche sich veränderte,

Regelmäßig

Später aber,

wurde ihre Be­

handlung freier. Stach dem aus der Natur des Verhältnisses gezogenen

Grundsatz, daß die Ehe eigentlich nur durch die Intention beider

erklärte

sie jede mit dieser Absicht unter

Christen geschlossene Verbindung,

welcher- nur keine besonderen Hin­

Theile constituirt wird,

dernisse entgegenständen, auch kirchlich für eine vollgültige Ehe, wenn

gleich alle Förmlichkeiten dabei fehlten8).

Zwar wurden noch zur

Verhütung von Mißbräuchen sowohl durch die geistlichen^) wie durch

die weltlichen8) Gesetze Publicität der Ehen und priesterliche Einseg­ nung

vorgeschrieben; namentlich machte das vierte Lateranische Con-

15) G. L. Böhmer Princip, iur. can. §. 369. 1) Ignat. (f 107) ad Polycarp. c. 5. Decet vero ut sponsi et sponsae de sententia episcopi coniugium faciant. — Tertullian. (f 215) de pudicit. c. 4. Penes nos occultae quoque coniunctiones, id est, non prius apud ecclesiam professae, iuxta moechiam et fornicationem iudicari periclitantur. 2) Tertullian. (f 215) ad uxor. II. 9., de monogam, c. 11., de praescript. c. 40., c. 5. c. XXX. q. 5. (Statuta eccles. antiq.). 3) Gratian. ad c. 17. c. XXVIII. q. 1., Idem ad c. 9. c. XXX. q. 5., c. 9. 25. 30. 31. X. de sponsal. (4. 1), c. 2. X. de clandest. despons. (4. 3), Conc. Trid. Sess. XXIV. cap. 1. de ref. matr. 4) 0.6. c. XXX. q. 5. (Conc. ArelaLVI. a. 814), c. 1. eod. (Pseudoisid.), c. 4. eod. (cap. incert. saec. noni). 5) Capit. Vernense a. 755. c. 15., Capit. I. Carol. M. a. 802. c. 35. WaS Benedict. Levita Capit. lid.H. c. 133. lib. III. c. 105. 179. 389. 463. hat, ist aus diesen ächten und unächten Quellen entnommen. Die Stelle in den Capit. add. IV. c. 2. ist aus der L. Visig. XII. 3. c. 8.

640 cilium (1215) die in Frankreich gebräuchlichen6) vorhergehenden Auf­ gebote zu einem allgemeinen Kirchengesetz7).

Allein die Unterlassung

dieser Vorschriften zog nicht die Nullität der Ehe, Umständen eine Bestrafung nach sich,

sondern nur nach

so daß noch

Ehen (matrimonia clandestina) möglich waren.

immer formlose

Daraus entstanden

aber für die Handhabung der Disciplin des Ehercchts gegenüber dem

Concubinate so viele Schwierigkeiten, und auch für die bürgerlichen Familienverhältnisse so mancherlei Uebelstände, daß die Particularcon-

cilien

die öffentliche

holt einschärften.

Abschließung der Ehen dringend und

wieder­

An manchen Orten half selbst der Ortsgebrauch8)

oder das Landrecht nach,

indem es für die bürgerlichen Wirkungen

der Ehe den Nachweis des gehaltenen Kirchenganges9)10 , 11 oder gar die

Trauung durch einen Laien verlangte"), welches Letztere aber von der Kirche verboten wurde").

Alles Dieses zeigte aber an, daß eine

neue durchgreifende Gesetzgebung nothwendig geworden war.

2) Heutiges Recht. 299.

Dieses Bedürfniß sand

seinen Ausdruck

auf

dem Con­

cilium von Trient, welches sich dadurch zu einer ausführlichen Ver­

ordnung über die Abschließung der Ehe veranlaßt fand,

worin das

Bisherige zusammengefaßt und mit einer neuen Vorschrift vermehrt

wurde x).

I. Das Neue besteht darin, daß die Ehen bei Strafe

der Nichtigkeit vor dem rechtmäßigen Pfarrer und wenigstens

zwei

Zeugen geschlossen werden sollen, daß also dasjenige, was bis dahin

durch eine Erklärung unter vier Augen oder vor bloßen Privatperso­

nen geschehen konnte, fortan durch eine Erklärung vor Pfarrer und Zeugen geschehen muß.

Es genügt also nicht, wenn die Contrahenten

einander die Ehe erklärten, und der zufällig anwesende Pfarrer dieses

6) C. 27. X. de sponsal. (4.1), c. 6. X. qui matrim. aecus. (4.18). 7) C. 3. X. de clandest. despons. (4. 3). 8) Daraus beziehen sich selbst c. 3. X. de aponsa duor. (4. 4), c. 9. X. de sponsal. (4.1). Mehr darüber giebt Biener Beitrage zu der Geschichte der Civilehe (Reyscher Zeitschrift XX. 119-47). 9) Man sehe meine Deutsche Rechtsgeschichte §. 483. Note 11. 12. 10) Zeugnisse giebt meine Deutsche Rechtsgeschichte §. 483. Note 8. 9. 11) Conc. Trevir. a. 1227. c. 5., Leod. a. 1287. c. IX. n. 5., Prag, a. 1355. c. 50., Magdeb. a. 1370. c. 32. Diese Concilien erhalten erst durch jenen RechtSgebranch ihren bestimmten Sinn. 1) Conc. Trid. Sess. XXIV. cap. 1. de ref. matr.

641 gehört hat; sondern die Erklärung muß ihm als Pfarrer geschehen9).

Da jedoch der Zweck derselben nur der ist, ihm die Ehe zu erklären, um dieselbe als Pfarrer beglaubigen zu können, so brauchen er und die Zeugen nicht ausdrücklich geladen zu sein; ja selbst der Wider­ spruch des Pfarrers hindert die Gültigkeit der Ehe nicht, wenn er

jene Erklärung nur wirklich gehört hat9).

Der rechtmäßige Pfarrer

ist der des Domicils oder Quasidomicils4).

Dieser ist es dazu auch

dann, wenn er die höheren Weihen noch nicht hat9), oder suspendirt,

oder excommunicirtO) ist,

selbst

wenn

er

nicht wirklicher Pfarrer

ist, aber kraft eines colorirten Titels irrthümlich dafür gilt7). Stehen

beide Theile unter verschiedenen Pfarrern, so ist die Gegenwart eines derselben hinreichend9).

Ein Zeuge genügt aber nicht9).

II. Die

Vorschrift, daß der Ehe eine dreimalige Aufkündigung in der Kirche

vorhergehen soll, ist beibehalten.

Doch ist dieses auch noch jetzt zur

Gültigkeit der Ehe nicht wesentlich10), sondern ihr Zweck besteht blos darin,

daß dritten Personen möglich

gemacht werde, ihre etwaigen

Einsprüche geltend zu machen. Versäumen sie dieses, so ist ihr Recht dazu verloren n).

III.

Die so geschlossene Ehe soll nach dem alten

Gebrauche durch die priesterliche Einsegnung bestätigt, und zwar soll

diese nur von dem rechtmäßigen Pfarrer oder demjenigen, den er dazu beauftragt, in der Regel in der Kirche ertheilt werden. dabei noch andere Ceremonien beobachtet79).

Auch werden

Alles dieses ist jedoch

2) Eine Declaration darüber erwähnt Benedict. XIV. de synodo dioecea. lib. XIII. cap. 23. n. 5. 3) Van-Espen Ins eccles. univers. Part. II. sect. I. tät. 12. n. 25. 26., Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. XIII. cap. 23. Man sehe auch die Resolutionen 63—68. der congregatio concilii zum Conc. Trid. Sess. XXIV. de ref. matr. ed. Richter. Solche stehen auch in Moy Archiv II. 589—97. 4) Daraus beziehen sich die Resolutionen 33—62. zur angeführten Stelle. Solche stehen auch in Moy Archiv II. 581—89. Gründlich handeln davon auch Knopp Eherecht S. 287 —*95., Hofmann in Moy Archiv II. 546 —54. IV. 391—402. 5) Fagnanus ad c. 5. X. de aetate et qualit. ordinand. n. VIII. Man sehe dazu §. 241. Nr. IV. 6) Man sehe über diesen Fall Kober Kirchenbann S. 300—303. 7) Dazu gehören die Resolutionen 38. 51 — 55. zu der angeführten Stelle. Solche stehen auch in Moy Archiv II. 598—601. 8) So lauten auch die Resolutionen 42. 43. zur genannten Stelle. 9) So sagt die Resolution 40. zur genannten Stelle. 10) So sagt die Resolution 27. zur genannten Stelle. 11) C. 6. X qui matrim. accus. (4. 18). 12) C. 7. c. XXX. q. 5. (Isidor, a. 633), c. 3. c. XXX. q. 5. (Ni­ col. I. a. 866). Walter'« Ktrcheurecht. 13te Auflage. 41

642 zur Gültigkeit der Che nicht wesentlich.

IV. Der Pfarrer muß die

geschlossene Ehe in den Kirchenbüchern bemerken.

Dieses gehört nur

zum Beweis der Ehe, der im Nothfall auch auf andere Weise geführt werden kann. V. Die neue Vorschrift soll nach der ausdrücklichen Er­

klärung des Conciliums in jeder Pfarrei erst nach dreißig Tagen, vom Tage der in der Pfarrei geschehenen Publication an gerechnet,

in gesetzliche Kraft treten.

Dadurch entgieng man der Verlegenheit,

welche dieselbe in der Anwendung auf die Ehen der Protestanten mit

sich führte, indem bei diesen natürlich von einer Publication nicht die

Rede todt13).

VI. Im Orient blieb man hinsichtlich der Eingehung

der Ehe eine Zeitlang noch bei dem freieren Princip14).15 Doch machte

schon-Justinian wesentliche Beschränkungen*3), und endlich wurde im neunten Jahrhundert die priesterliche Einsegnung durch Leo den Wei­ sen, als zur Gültigkeit der Ehe wesentlich, vorgeschrieben16).17 Vorher 18 ­

gehende Verkündigungen in der Kirche sind aber nicht üblich.

VII.

Nach den protestantischen Kirchenordnungen soll die Abschließung der Ehe

nach den ergangenen Aufgeboten durch die priesterliche Trauung

geschehen; allein über die juristische Bedeutung dieser letzteren sprechen

sie sich

gewöhnlich nicht aus.

Nach der gemeineren Meinung wird

sie aber als wesentlich angesehen").

Doch macht der bloße Mangel

an Zeugen, oder daß die Trauung nicht von dem gehörigen Pfarrer

ertheilt worden, die Che nicht ungültig. Landesgesetzen ab'3).

Das Nähere hängt von den

Eigenthümlich war schon in der älteren Zeit

das Verhältniß in den Niederlanden, indem hier die Ehen im Namen

der bürgerlichen Obrigkeit abgeschlossen wurden, und die Einsegnung

blos als als eine kirchliche Ceremonie galt.

VIII. Die wirkliche Bei­

wohnung ist aber zur juristischen Existenz der Ehe nicht nothwendig19).

13) So bemerkt ausdrücklich Pallavicini XXII. 8. n. 10. 14) C. 22. c. 23. §. 7. C. de nupt. (5. 4), nov. 22. c. 3., nov. 89. c. 1. §. 1. 15) Nov. Iust. 74. c. 4. 5., nov. 117. c. 4. 16) Nov. Leon. 89. 17) Eichhorn Kirchenrecht II. 310—21., Richter Kirchenrecht §. 278 (265). 18) In England ist 1823 durch ein ausführliche« Gesetz die Beobachtung der vorhergehenden Aufgebote, die Abschließung in der Kirche, die Zuziehung von Zeugen, und die Eintragung in die Kirchenbücher, zum Theil selbst bet Strafe der Nichtigkeit eingeschärst worden, 4. Georg. IV. c. 76. 19) C. 5. 35. c. XXVII. q. 2. (Ambros, a. 377), c. 1. 4. eod. (Chrysost. a. 400), c. 6. eod. (Isid. c. a. 630). Dawider beweisen auch c. 16. 17. eod. nicht-, weil darin, wie auch die römischen Correctoren bemerke«, der Text ganz entstellt ist.

643

Doch wird sie als die natürliche und regelmäßige Vollendung dersel­ ben betrachtet 2°), und daher doch in einigen Fällen, wovon unten die

Rede sein wird, die noch nicht consummirte Ehe nicht als eine volle

Ehe behandelt.

3) Besondere Fälle. 300.

Bei der vielseitigen Berührung der Ehe mit dem bürger­

lichen Leben können neben dem regelmäßigen Verhältniß mehrere ano­ male Fälle vorkommen.

I. Die Ehe muß zwar nach der

jetzigen

Disciplin zur Kenntniß der Kirche, sie braucht aber darum nicht noth­ wendig auch zur Kenntniß des PublicumS gebracht zu werden.

Der

Bischof darf daher, jedoch nur aus sehr dringenden Gründen, eine stille Trauung durch den Pfarrer oder einen anderen dazu delegirten

Priester vor zwei vertrauten Personen ohne vorhergegangene Procla-

mation und ohne Eintragung in das gewöhnliche Kirchenbuch, gestat­ ten *). II. Eine Ehe kann unter Beobachtung der wesentlichen Erfor­

dernisse auch auf dem Sterbebette geschlossen werden. Weil aber diese Freiheit das Concubinat zu begünstigen schien, so haben zuweilen die

weltlichen Gesetze, zum Beispiel das frühere französische Recht, einer solchen Ehe die bürgerlichen Wirkungen versagt.

III. An den Orten,

wo das Concilium von Trient nicht publicirt worden ist, sind die formlosen Ehen noch vollgültig^), jedoch nur für diejenigen, welche

dort wirklich wohnen, nicht auch für diejenigen, welche an einen sol­

chen Ort, blos um eine formlose Ehe abznschließen, hingehend). IV. Wo das Concilium von Trient eingeführt, aber ein katholischer Prie­

ster nicht zu finden ist, ist die ohne einen Geistlichen blos vor zwei Zeugen eingegangene Ehe gültig4).

V. Wo durch die Landcsgesetze

die Abschließung vor dem akatholischen Pfarrer oder vor der weltli­

chen Obrigkeit zur bürgerlichen Gültigkeit der Ehe yorgeschrieben ist, können auch katholische Ehegatten sich derselben unterwerfen °). Jedoch

20) C. 36. 37. c. XXVII. q. 2. (cap. incert.), c. 5. X. de bigam. non ordin. (1. 21). 1) Const. Satis vobis Benedicti XIV. a. 1741., De synodo dioeces. XII. 23. n. 12. 13. 2) So sagen die Resolutionen 160. 172. der cohgregatio concilii zum Conc. Trid. Sess. XXIV. de res. matr. ed. Richter. 3) So sagen die Resolutionen 35. 36. zur genannten Stelle. Man sehe auch Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. XIII. cap. 4. n. 10. 4) So sagen die Resolutionen 41. 162. zur genannten Stelle. May sehe auch Benedict. XTV. de synodo dioeces. lib. XII. cap. 5. n. 5. 5) Diesen Grundsatz hat 1672 die Congregation des heil. Osficiums aus-

644 müssen sie auch die kirchliche Form beobachten, widrigenfalls ist ihre Verbindung kirchlich keine Ehe6*).7 * *8VI. * Wo das Concilium von Trient gilt und dessen Befolgung möglich ist, muß es auch bei den Ehen zwi­ schen Katholiken und Akatholiken beobachtet werden, weil der katholische Theil jedenfalls an die Gesetze seiner Kirche gebunden bleibt ’). VII. Eine Ausnahme besteht jedoch kraft besonderer Vorschrift in mehreren Ländern in der Art, daß dort gemischte Ehen, wenn sie auch in einer anderen nach den Landesgesetzen üblichen Form eingegangen wurden, von der Kirche als gültige Ehen anerkannt sind. Zuerst wurde dieses mit Berücksich­ tigung des darüber gebildeten Herkommens für die Niederlande fest­ gesetzt^), und allmählig auch auf mehrere andere Länder ausgedehnt9). Dieses bezieht sich aber nur auf gemischte Ehen, nicht auf solche, wo beide Theile katholisch sind10).11VIII. Die Ehen der Protestanten wer­ den auch von der katholischen Kirche als Ehen geltetn). Wenn jedoch eine solche Ehe vor einem katholischen Ehegericht in Beziehung auf deren Gültigkeit oder Nichtgültigkeit zur Sprache kommt, so kann dieselbe in Ansehung der materiellen Erfordernisse nach den Voraus­ setzungen beurtheilt werden, unter welchen eine Ehe auch unter Ka­ tholiken eine wahre vollgültige wäre12). IX. Ob aber die Ehen der gesprochen, Benedict. XIV. in seinen Schriften bestätigt, De synodo dioeces. lib. VI. cap. 7., und selbst auf die Katholiken in Servien, die ihre Ehen nach der katholischen Trauung nochmals vor dem türkischen Kadi abschließen, ange­ wendet, Const. Inter omnigenas a. 1744. §. 10. 6) Const. Redditae sunt nobis Benedict. XIV. a. 1746. Diese steht auch in dessen Werk De synodo dioeces. lib. VI. cap. 7. n. 5. 7) So sagen die Resolutionen 161—70. 173. 174. zur genannten Stelle. 8) Const. Matrimonia Benedicti XIV. a. 1741. (In meinen Fontes). Die Verhandlungen darüber beschreibt Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. VI. cap. 6. Man findet diese auch im Zusatz 176. zur genannten Stelle. 9) Die genaue Aufzählung dieser Länder giebt Perrone De matrimon. n. 255—74. Es geschah für Quebeck und Canada 1764, Breslau 1765, Ma­ labar 1765, Bombai 1767, Culm 1774, Russisch-Polen 1780, Irland 1785. Die Nachweisungen giebt der Zusatz 177. zur genannten Stelle. Ferner wurde es ausgedehnt aus das Herzogthum Cleve durch die Instruction von Pius VI. vom 19. Juni 1793; aus die vier westlichen Diöcesen des preußischen Staates durch daö Breve von Pius VIII. vom 25. März 1830., Instruction des Car­ dinals Albani vom 27. März 1830.; aus das Königreich Ungarn durch die In­ struction des Cardinals LambruSchini vom 30. April 1841. Man findet diese Erlasse bei Roscoväny de matrim. mixtis II. 91. 234. 239. 817.; die für Preußen auch in meinen Fontes. 10) Const. Redditae (Note 6), Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. VI. cap. 6. n. 13. 11) Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. VI. cap. 6. n. 6—11. 12) Anderer Meinung ist Berg Ueber die Verbindlichkeit der canonischen Ehehindernisse in Betreff der Ehen der Evangelischen. Breslau 1835. Allein

645

Protestanten aus dem katholischen Standpunkt auch in Ansehung der Form als der Tridentinischen Vorschrift

unterworfen zu betrachten

seien, ist streitig1S * *).* *Benedict * 13 14 XIV. hat bei den darüber in den Nie­

derlanden entstandenen großen Contestationen in Erwägung der dorti­

gen Verhältnisse solche Ehen auch ohne die Tridentinische Form da­ selbst für gültig erklärt, dadurch aber über die Frage im Allgemeinen

gesetzlich nicht entschiedenu). Darüber ist nun Folgendes zu bemerken. 1) Die Frage ist natürlich für die protestantischen Länder zu vernei­ nen, wo

die Tridentinische Verordnung nie publicirt worden ist15).

2) Eben so gewiß ist sie in solchen katholischen Ländern zu bejahm,

wo es für die Protestanten keine andere Form der Eheschließung giebt, weil sie dort nur vereinzelt ohne Geistliche vorkommen,

oder weil

ihre Geistlichen nicht zu Acten des Civilstandes berechtigt sind, wie

dieses in Frankreich von 1685 bis 1787 der Fall war. 3) Hinsicht­

lich der Länder aber, wo die Protestanten neben den Katholiken ihre eigenen anerkannten Pfarrsysteme haben, sind, wenn daselbst die Tri­

dentinische Vorschrift publicirt worden, die Meinungen getheilt. Einige

halten hier den Grundsatz fest, daß die Protestanten, wenn auch that­ sächlich von der Kirche getrennt, doch dem Rechte nach durch die Taufe als

Glieder derselben

seien16).

deren

Vorschriften fortwährend

unterworfen

Sie lassen davon nur Ausnahmen zu, wenn ein katholischer

Pfarrer nicht zu haben ist, oder wenigstens zu dem gedachten Zwecke ohne Gefahr nicht fungiren kann 17)18 , oder wenn das Decret zwar

publicirt worden, allein nicht in Aufnahme gekommen75),

oder die

wenn auch die katholische Kirche ihre Gesetze den Protestanten als einer getrenn­ ten Religionsgesellschaft nicht als Richtschnur vorschreibt, so degiebt sie sich darum nicht des Rechts, da wo eine bei jenen geschlossene Ehe in ihren Wir­ kungen auf ihrem eigenen Gebiet zur Sprache kommt, diese hier bei sich nach ihren eigenen Gesetzen zn beurtheilen. 13) Ueber diese Frage sind zwischen Knopp und Uhlig während 1855 meh­ rere allzu heftige Streitschriften gewechselt worden. 14) Dieses geschah in der Const. Matrimonia (Note 8). Wohl zu be­ merken ist, daß wenn diese Verordnung hinsichtlich der gemischten Ehen auf andere Länder ausgedehnt worden, dieses nicht immer auch die Ehen unter Pro­ testanten begreift. 15) Man sehe oben §. 299. Nr. V. 16) Diesen Standpunkt nehmen auch bei dieser Frage, nach den in einzel­ nen Fällen ergangenen römischen Declarationen, Schulte, Knopp, Perrone. Man sehe dazu die Resolutionen 174. 176. zum Conc. Trid. Sees. XXIV. cap. 1. de ref. matrim. ed. Richter. 17) So die genannten Resolutionen 174. 176. Man sehe auch Benedict. XIV. de synodo dioeces. XII. 5. n. 5. 18) Die Vertreter dieser Ansicht findet man in der genannten Ausgabe des Conc. Trid. p. 313. n. 11.

646 geschehene Publication ganz in Vergessenheit gerathm ist19), 20 21 endlich 22 wenn die Protestanten zur Zeit der Publication bereits eigene Pfar­ reien gebildet hatten"). Andere verneinen aber die Frage unbedingt91). X. Da nach den Grundsätzen der Protestanten die Ehe kein Sacrament ist, und das Erforderniß der priesterlichen Einsegnung nicht auf

dem Evangelium, sondern blos auf einer Satzung der Kirche beruht, so kann der Landesherr, auch sich selbst, davon dispensiren").

Die

19) Man sehe eben dort p. 324. n. 54. Durch diese beiden Ausnahmen kommt man allerdings mit dem Grundsatz über die Schwierigkeiten der Anwen­ dung hinweg, aber, wie es scheint, etwas auf Unkosten der Consequenz. Denn wenn die Protestanten dem Rechte nach der katholischen Vorschrift unterworfen sind, so kann der Umstand, daß sie diese nicht wollen oder in Vergessenheit ha­ ben kommen lassen, das Recht nicht ändern. 20) So mit anderen Autoren Knopp Eherecht S. 304. Diese Meinung ist jedoch völlig inconsequent. Denn wenn die Protestanten dem Rechte nach der katholischen Kirche unterworfen sind, so gehören sie auch dem Rechte nach in den katholischen Pfarrverband, und die Errichtung eigener Pfarreien kann daran für den katholischen Standpunkt nichts ändern. Das Concilium von Trient hat doch gewiß nur an eine Publication in katholischen, nicht auch in protestantischen Pfarreien gedacht. 21) Die Gründe dafür sind zum Theil in der congregatio concilii selbst bei der Discussion der Frage für die Niederlande geltend gemacht worden, wie Benedict. XIV. de synodo dioecea. lib. VI. cap. 6. berichtet. Sie sind fol­ gende. 1) Das Concilium von Trient selbst hat dadurch, daß es die verbin­ dende Kraft seiner Formvorschrift von der Publication in der Pfarrei abhängig machte, mit großer Umsicht seine Absicht angedeutet, daß es dadurch die Prote­ stanten nicht obligiren wollte; und durch die Bejahung jener Frage würden die Uebelstände zum Theil wieder aufleben, die es durch seine Vorschrift vermeiden wollte, Benedict. XIV. lib. VI. cap. 6. n. 9. — 2) Es liegt etwas Ge­ zwungenes darin, wenn man die principielle Unterwerfung der Protestanten un­ ter die Gesetze der katholischen Kirche auf eine rein äußerliche Formvorschrist ausdehnt, die erst seit der Lossagung der Protestanten nur aus Gründen der gesellschaftlichen Disciplin eingesührt worden ist. — 3) Die Protestanten bilden durch ihre Lossagung, wenn man die Verhältnisse nimmt wie sie sind, eine von den Katholiken unterschiedene Gemeinschaft, wozu die in den katholischen Ge­ meinden geschehene Publication keine Beziehung mehr hat, Benedict. XIV. lib. VI. cap. 6. n. 8. — 4) Es ist anerkannt, daß die leges, quae nunquam a populo recipiuntur, desinunt obligare, Benedict. XIV. lib. XIII. cap. 5. n. 3. Dieses muß aber um so mehr dann gelten, wenn das Volk selbst die Autorität verwirft, wovon das Gesetz ausgeht. — 5) Ein Breve von Pius VII. vom 27. Juni 1805 (Knopp Eherecht S. 304) erklärte in einer Stadt von ge­ mischter Bevölkerung die Publication in den katholischen Pfarreien nicht für zu­ reichend, um die dort lebenden Protestanten zu verpflichten. Dieses ist mit je­ nem Grundsatz nicht vereinbar, wenn man nicht die in der Note 20. bezeichnete unhaltbare Meinung damit in Verbindung bringt. — 6) Es ist daher rathsam, eine Behauptung aufzugeben, die ohne allen practischen Nutzen die Gegner unnöthig verletzt und erbittert, und nur in gezwungener Weise durchgesührt wer­ den kann. So thun auch viele bewährte Schriftsteller. Man findet diese ange­ führt in der Abhandlung von Uhrig Zur Frage S. 16—26., Perrone de matrimonio II. 207. 22) Anderer Meinung ist Eichhorn Kirchenrecht II. 329.330. Allein wenn die priesterliche Einsegnung, wie doch Jeder zugeben wird, nicht aus dem Evan-

647 Gewissensehen der protestantischen Landesherren sind daher auch ohne alle Förmlichkeit gültig, sobald es nur gewiß ist, daß die Verbindung

als wirkliche Ehe intendirt tourbc23 * *).* XL Die Abschließung der Ehe

kann auch durch einen Bevollmächtigten geschehen. Jedoch vernimmt hier der Pfarrer nicht die Einwilligung der Contrahenten selbst, sondern nur die auf dessen Vollmacht sich stützende Erklärung des ProcuratorS. Zu

präsumiren ist allerdings,

daß die

in dieser Vollmacht sich kund ge­

gebene Einwilligung auch noch im Moment der Trauung fortbesteht. Aber wenn dieses erwiesenermaßen nicht der Fall war, indem der

Mandant seine Absicht geändert hat,

so ist ohngeachtet der vollzoge­

nen Trauung keine Ehe vorhanden,

weil das wesentliche Requisit,

nämlich

die im Moment der Trauung vorhandene Einwilligung des

Contrahenten, fehlt24).25 Ein Gleiches ist im protestantischen Kirchen­ recht von der priesterlichen Einsegnung zu behaupten. XII. Die soge­ nannte salische oder morganatische Ehe, oder Ehe zur linken Hand, ist

kirchlich

eine wahre vollständige Ehe.

Ihre Eigenthümlichkeit beruht

blos in den bürgerlichen Wirkungen, indem die Frau und die Kinder nicht dem Stande des Mannes folgen und diese nicht die vollen Erb­

rechte der ehelichen Kinder erhalten23).

XIII. Ueber die bürgerliche

Trauung ist aus dem Standpunkt der Kirche Folgendes zu bemerken. 1) Jede Consession betrachtet die kirchliche Eingehung der Ehe als

das unerläßliche Erforderniß zur Gründung

eines christlichen Haus­

standes, und freut sich, daß sich diese Form in der Gesetzgebung und in dem Gefühl der christlichen Nationen zu einer obligatorischen Noth­

wendigkeit durchgebildet hat. 2) Jede Confession kann von der Obrig­

keit, die sich als eine christliche bekennt und welche die Wichtigkeit der christlichen Familie für die Wohlfahrt des Staats zu würdigen weiß,

erwarten,

daß sie diese kirchliche Verbindlichkeit auch durch das bür»

geliuni, sondern blos aus einer Satzung der Kirche beruht, so muß auch die Kirchengewalt davon dispensiren können. So sagt auch Richter Kirchenrecht §. 278 (265). 23) Die Rechtfertigung dieser Ansicht mit einer gründlichen Beleuchtung der dissentirenden Schriftsteller findet man bei Dieck Die Gewissensehe, Legiti­ mation durch nachfolgende Ehe und Mißheirath. Halle 1838. Die entgegenge­ setzte Meinung vertheidigt jedoch Wilda in Reyschers Zeitschrift sür deutsches Recht Bd. IV. 24) C. ult. de procurat. in VI. (1. 19). So sagen auch die Resolutio­ nen 69. 70. zu der genannten Stelle. Ein merkwürdiger Fall anderer Art steht in Moy Archiv II. 602—9. 25) Man sehe Benedict. XIV. de synodo dioeces. Hb. XIII. cap. 23. n. 12.

648 gerliche Gesetz unterstütze. 3) Findet die Staatsgewalt die Führung besonderer Civilstandsregister für ihre Zwecke nothwendig, so läßt sich dieses mit dem Vorigen leicht vereinigen, und die Kirche bietet dazu gern ihre Mitwirkung dar. 4) Erklärt das bürgerliche Gesetz, die kirchliche Trauung ignorirend, die Civiltrauung allgemein als noth­ wendig, so hat jede Confession dieses zu beklagen, weil dadurch dem christlichen Charakter der Familie die bürgerliche Anerken­ nung entzogen wird. 5) Stellt das bürgerliche Gesetz die kirchliche oder die bürgerliche Trauung dem Belieben der Parteien anheim, so beklagt jede Confession dieses noch mehr, weil wer dann die bür­ gerliche Trauung wählt, die kirchliche gewiß nicht weiter nachsuchen wird, was im vorigen Falle anders ist; weil eine in einer solchen Absicht eingegangene Civilehe von jeder Confession mißbilligt und ver­ worfen werden muß; weil also das Staatsgesetz dann positiv etwas herbeiführt und autorisirt, was mit der Kirche direct im Widerspruch steht. 6) Was die Ehen der Dissidenten oder der nach dem bürgerli­ chen Recht geschiedenen Ehegatten betrifft, so überläßt jede Confession es der Staatsgewalt, wie sie denselben zu einer bürgerlichen Ehe ver­ helfen will. Nur verlangt Jede mit Recht, daß wenn das bürgerliche Gesetz solche Ehen nicht auf den kirchlichen Standpunkt erhöhen kann, eö ihnen zu Gefallen das christliche Eherecht überhaupt nicht zu dem blos bürgerlichen Standpunkt herabziehe. 4) Von der Ehe als Sacrament.

301. Die Ehe ist ein Verhältniß der Naturordnung, welches durch das Gesetz deö neuen Bundes aus seine ursprüngliche Reinheit zurückgeführt und zu einem sacramentalischen Stande erhoben worden ist. Der Stoff dieses SacramentS ist also der eheliche Stand als solcher; die Form beruht in der Art, wie zwei Personen in den christ­ lichen Ehestand eintreten, was nach der Disciplin der Zeiten wechseln kann und wirklich gewechselt hat; endlich die Ehegatten selbst sind es, welche dadurch, daß sie auf die rechtmäßige Art in diesen Stand ein­ treten, das Sacrament vollbringen'). Diese Auffassung geht aus dem 1) Thomas Aquin. in quatuor libros sententiar. lib. IV. dist. XXVI. qu. unic. art. I. Dicendum quod verba exprimentia consensum de praesenti sint forma huius sacramenti, non autem sacerdotalis benedictio, quae non est de neeessitate sacramenti, sed de solennitate. — Scotus in quat. libr. sentent. lib. IV. dist. XXVI. qu. unic. Ut plurimum ipsi-

649

inneren Wesen dieser Verhältnisse hervor und ist in der Wissenschaft die vorherrschende^). Einige behaupten zwar, daß durch die Ehegatten unter einander nur der bürgerliche Ehevertrag abgeschlossen, und daß dieser erst durch die priesterliche Einsegnung zum Sacrament erhoben werde. Allein diese Meinung hat, ohngeachtet einiger Scheingründe, die dafür angeführt werden, zu Vieles gegen sich, als daß sie bestehen könnte b). Geht man also von dem ersten Standpunkt als dem allein richtigen ans, so fällt der Unterschied zwischen dem Contract und Sacrament weg4*)5 2, 3und eine Verbindung ist im Sinne der Kirche entweder gar keine Ehe, also etwas Unerlaubtes, oder sie ist auch zugleich ein Sacrament °). Selbst die Ehen der Protestanten sind aus diesem Gesichtspunkte an sich noch als Sakramente zu betrachten6). Wenn aber auch nach dieser Ansicht die priesterliche Einsegnung nicht zum Sacrament wesentlich ist7), so darf doch deren Nachsuchung nicht ohne Noth unterlassen werden, und wenn dieses aus Ungehorsam ge­ gen die Kirche geschieht, so ist zwar die Ehe an sich immer noch ein met contrahentes ministrant sibi ipsis hoc sacramentum, vel mutuo vel uterque sibi. 2) Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. VIII. cap. 13. 3) Dieses zeigt Filser Dogmaüsch-canomsche Untersuchung über den Ausspender des Ehesacraments. Augsb. 1842., Fischer der Spender der sacramentalen Gnade bei den unter Christen geschlossenen Ehebündnissen. München 1845. 4) Aus dem Gesichtspunkt des Staats ist zwar eine solche Unterscheidung möglich. So sind zum Beispiel die nach den Vorschriften des französischen Rechts vor der Ortsobrigkeit geschlossenen Verbindungen bürgerliche Ehen; allein die Kirche kann sie nicht als Ehen gelten lassen, bis sie vor dem Pfarrer erklärt find; dann aber sind sie auch wahre Sacramente.

5) Ferraris Bibliotheca v. Matrimonium art. I. n. 16. 17. Probabilius est, inter fideles sive baptizatos nullo modo, ne quidem per intentionem contrahentium , posse valide separari rationem sacramenti a contractu matrimonii; id est, probabilius nequit fidelis valide inire ma­ trimonium solum ut contractum, non vero ut sacramentum. — Ratio est, quia ex institutione Christi in statu legis evangelicae ratio sacra­ menti est essentialiter imbibita ratione contractus matrimonialis. — Chri­ stus Dominus inseparabiliter connexuit contractui matrimoniali rationem sacramenti, ut quamvis positio contractus pendeat a voluntate fidelium, 60 tarnen ipso non pendeat a voluntate fidelium ratio sacramenti; sed eo ipso, quod legitime ponatur contractus matrimonialis, statim ex Chri­ sti institutione sit ei annexa ratio sacramenti, taliter quod, quicunque fideles volunt vere contrahere matrimonium, volunt etiam virtualiter accipere sacramentum. 6) Cavalchini Archiepisc. Philipp, de matrimon. inter haeretic. p. 42. Negari autem debet, quod tales coniuges (acatholici) conversi possint ab invicem divelli, quia probabile est, eiusmodi matrimonia valere et esse vera sacramenta. 7) Diesen Punkt behandelt ausführlich Benedict. XIV. de synodo dioe­ ces. lib. VIII. cap. 12.

650 Sacrarnent, aber sie ist für die Ehegatten, wie ein mißbrauchtes Sa-

crammt, ohne die sacramentalische Gnade, und eine Sünde.

IV.

Don dem Verlöbnis;.

A) Bedingungen der Eingehung.

Greg. IV. 1. Sext. IV. 1. De sponsalibus et matrimonio, Greg. IV. 2. Sext. IV. 2. De desponsatione impuberum. 302.

Der Ehe geht gewöhnlich eine Verabredung vorher,

durch sich beide Theile gegenseitig die Ehe geloben. Eheversprechen oder Verlöbniß genannt.

wo­

Dieses wird das

Damit dieses verpflichtmde

Wirkungen hervorbringe, müssen aber die Gelobenden vor Allem der Absicht sich zu verpflichten fähig sein. Ganz ungültig ist es daher bei

Letzteres

Wahnsinnigen7),

und bei Kindern unter sieben Jahren?).

ist auch für die

griechische Kirche ausdrücklich festgesetzt worden8).

Eben so sind die Eheverlöbnisse,

welche die Eltern für ihre Kinder

unter sieben Jahre schließen, ohne alle Wirkung^).

Kindern

Verlöbnisse von

über sieben Jahre müssen zwar bis zur Pubertät gehalten,

können aber dann ohne Weiteres wieder aufgehoben werden8).

kommen aber diese Vorschriften selten mehr zur Anwendung.

Jetzt

Ferner

fordern die Landesgesetze zur Gültigkeit der Verlöbnisse gewöhnlich die

elterliche Einwilligung,

wenn gleich das canonische Recht dieses nir­

gends ausdrücklich sagt8). Eine besondere Form, namentlich Zuziehung von Zeugen und Ueberreichung von Geschenkm, ist zwar dabei ge­ wöhnlich, aber nach dem katholischen Kirchenrecht nicht wesentlich, son­

dern sie vollendet,

werden durch freie7),

unzweideutig erklärte8) Einwilligung

welche auch nicht gerade in Worten ausgedrückt zu sein

braucht o). Gleichgültig ist es auch jetzt, ob die Worte auf dieGegen-

1) C. 24. X de sponsal. (4. 1). 2) C. 4. 5. X. de desponsat. impub. (4. 2). 3) Nov. Leon. 109. 4) C. 29. X. de sponsal. (4. 1), c. un. pr. de despons. impub. in VI. (4. 2). 5) C. 7. 8. X. de despons. impub. (4. 2), c. un. §. 1. eod. in VI. (4. 2). 6) DaS c. 3. X. qui matrimon. accusare (4. 18), worauf sich Eich­ horn II. 434. beruft, erwähnt blos historisch und tm Vorbeigehen, daß nach den leges, das heißt nach dem germanischen Recht des Mundiums, die Einwilligung der Eltern und Verwandten zur Ehe nothwendig sei. Daraus folgt für unsere Frage nichts. 7) C. 15. X. de sponsal. (4.1), c. 11. X. de desponsat. impub. (4.2). 8) C. 7. X. de sponsal. (4. 1). 9) C. 23. X. de sponsal. (4. 1).

651 wart (ego te in meam accipio) oder auf die Zukunft (ego te in

meam accipiam) gerichtet find.

Vor dem Concilium von Trimt

hingegen war dieses von der größten Wichtigkeit, weil im ersten Fall

kein Verlöbniß, wurde10).

sondern eine wirkliche nur formlose Ehe geschlossen

Es ist daher ein Mißverständniß, wenn man diesen Un­

terschied durch den Gegensatz von sponsalia de praesenti und de futuro zu bezeichnen gesucht hat.

Nach dem Ritual der morgenländi­

schen Kirche geschieht die feierliche Verlobung, wie ehemals auch im

Abendlande"), unter Einsegnung des Priesters und Auswechseln der Ringe; sie wird daher fast wie der Anfang der Ehe behandelt, und

deswegen häufig mit der wirklichen Trauung verbunden. Alsdann geht

aber natürlich eine unfcierliche Verlobung vorher. In den protestanti­ schen Kirchenordnungeu sind bei dem Verlöbniß die Gegenwart von

Zeugen oder des Pfarrers und andere Sollennitäten vorgeschrieben,

was aber auch nicht immer befolgt wird. B) Wirkung der Verlöbnisse.

Greg. IV. 4. De sponea duorum, IV. 5. De conditionibus adpositis in desponsatione. 303.

Das kanonische Recht hat ein solches Versprechen, worauf

der Andere sein ganzes Lebensschicksal baut,

mit großem Ernste be­

handelt, und Jeden zur Erfüllung desselben in seinem Gewissen ver­ bunden erklärt. Im Nothfall sollten sogar, was aber nirgends mehr geschieht, geistliche Zwangsmittel

angewendet toerbeit *).

Dem Ge­

wissensrechte nach ist daher der einseitige Rücktritt nur aus bestimm­

ten Gründen erlaubt,

namentlich wegen Krankheit und körperlicher

Verstümmelung?), oder wenn der Andere wesentliche Pflichten ver­ letzt^) , wohin man auch rechnet, wenn er ohne Grund die Ehe ver­

zögert. Die Aufhebung eines Verlöbnisses durch beiderseitige Uebereinkunft ist aber immer erlaubt, selbst wenn es beschworen todt4).

Ist

es unter einer Bedingung, einer Zeitbestimmung, oder dem Versprechen einer erlaubten Gegenleistung (modus) eingegangen worden: so muß

10) C. 31. X. de sponsal. (4. 1), c. 3. X. de spons. duor. (4. 4). 11) C. 50. c. XXVII. q. 2. (Siric. a. 385), c. 7. §. 3. c. XXX. q.5. (Isidor, a. 633), c. 3. eod. (Nicol. I a. 866). 1) C. 10. 17. X. de sponsal. (4. 1). 2) C. 25. X. de iureiur. (4. 24), c. 3. X. de coniug.lepros. (4. 8). 3) C. 25. X. de iureiur. (2. 24), c. 5. X. de sponsal. (4. 1). 4) C. 2. X. de sponsal. (4. 1).

652 in den beiden ersten Fällen der Eintritt der Bedingung oder der Zeitfi'tft abgewartet werben5).

Im letzten kann der Andere, wenn die

Gegenleistung ausbleibt, von dem Verlöbniß abgehen®). Doch können alle diese Beschränkungen wieder ausdrücklich oder stillschweigend er­ lassen werden').

Unerlaubte Bedingungen machen das ganze Verlöb­

niß nichtig. Schließt Einer, während er noch in einem Verlöbniß steht,

ein anderes, so ist dieses ungültig.

Der wirklichen Ehe muß freilich

das wenn auch ältere Verlöbniß weichen.

Die vielen Collisionen, zu

denen die formlosen Ehen des Mittelalters Gelegenheit gaben, wurden

nach folgenden Grundsätzen entschieden.

Zwischen mehreren wirklichen

Verlöbnissen gieng das älteste vor8); zwischen einem älteren Verlöb­

niß und einer jüngeren Ehe die letztere, selbst wenn sie ganz formlos als sponsalia de praesenti eingegangen War9); zwischen mehreren

Ehen,

und mithin auch zwischen mehreren sponsalia de praesenti,

oder zwischen einer formlosen und einer förmlichen Ehe, immer die ältere'9);

endlich zwischen einem älteren aber durch körperliche Bei­

wohnung bestätigten Verlöbniß und einer jüngeren förmlichen Ehe doch das erstere, weil eS in eine wirkliche Ehe übergegangen war"). Jetzt

sind aber natürlich diese Grundsätze zum Theil nicht mehr anwendbar. Die bürgerlichen Wirkungen des Verlöbnisses hängen von den Ge­

setzen jedes Landes ab.

Genau genommen sollte man ihm gar keine

beilegen, weil ein Zwang auf wirkliche Eingehung der Ehe unanwendbar, ein Ersatz in Geld aber unpassend und unzureichend ist.

Daher ent­

stand auch bei den Römern aus einem Verlöbniß nie ein Klagrecht

auf Eingehung der Ehe'9), und selbst beigefügte Conventionalstrafen

waren, um nicht die Freiheit der Ehe zu hindern, ohne Wirkung'5).

Nur ein etwa hingegebener Mahlschatz (arrha) gieng dem ohne Grund

5) C. 5. X. de condit. adposit. (4. 5). 6) C. 3. X. de condit. adposit. (4. 5). 7) C. 3. 6. X. de condit. adposit. (4. 5). 8) C. 22. X. de sponsal. (4. 1), c. un. eod. in VI. (4. 1). 9) C. 31. X. de sponsal. (4.1), c. 12. X. de despons. impub. (4. 2), c. 1. X. de sponsa duor. (4. 4). 10) C. 31. X. de sponsal. (4. 1), c. 1. 3. 5. X de sponsa duor. (4. 4). Nach den beiden letzten Stellen galt hin und wieder die irrige Mei­ nung, daß in der Colliston zwischen älteren nicht consumirten und jüngeren eonsumirten sponsalia de praesenti letztere vorgiengen. Interessante Beiträge zu dieser Controverse giebt Maaßen Paucapalea S. 22.

11) C. 15. 30. X. de sponsal. (4. 1). 12) C. 1. C. de sponsal. (5. 1). 13) Fr. 134. pr. de verb. obl. (45.1), c. 2. C. de inutil. stipuL (8.39).

653 zurücktretenden Theile verloren").

In der morgenländischen Kirche,

wo man daS Verlöbniß mit priesterlicher Einsegnung verband, wurde aber die Verletzung desselben als ein Ehebruch erklärt").

Um dieses

jedoch etwas zu mildern, suchte Leo der Weise diese förmlichen Verlöb­ nisse der wirklichen Ehe noch näher zu bringen, und verordnete, daß jene Einsegnung nie vor erreichter Pubertät ertheilt werden dürfe"). Endlich entschied Alexius Comnenus 1084, daß die gemäß der Ver­

ordnung des Kaisers Leo unter Gebet und priesterlicher Einsegnung

abgeschlossenen Verlöbnisse gleiche Kraft wie die Ehen, die vor dem bestimmten Alter und ohne jene Feierlichkeit eingegangenen Verlöbnisse aber die bürgerlichen Wirkungen der alten Sponsalien haben sollten.

Dieses bestätigte er auch 1092 durch eine ausführliche Erklärung1T).

In den protestantischen Kirchenordnungen und Landesgesetzen, sowohl in wie außerhalb Deutschlands, wurde allgemein ebenfalls die verbind­

liche Kraft der Verlöbnisse, jedoch gewöhnlich nur der feierlich abge­

schlossenen, anerkannt, und daher der einseitige Rücktritt nur aus be­ stimmten Gründen gestattet. Ohne solche Gründe zog aber der Rück­

tritt doch nur Bermögensstrafen nach sich; und auch dieses ist durch

neuere Gesetze häufig aufgehoben. Eine Ausnahme machte man, wenn

zum Verlöbniß Schwängerung hinzngckommen war, indem dann ein Zwang auf Ehelichung zugelassen wurde; so in Dänemark, Norwegen,

Schweden18), England "). Doch ist auch dieses durch neuere Gesetze ins­

gemein modificirt. Nach der deutschen Praxis, die auch das preußische Landrecht ausdrücklich bestätigt,

wird dann, wenn der Verlobte sich

durchaus weigert, die Verbindung, hinsichtlich der bürgerlichen Wirkun-

gen für daS Mädchen und das Kind,

von dem Civilgericht als eine

Ehe erklärt.

14) C. 3. 5. C. de sponsal. (5. 1). 15) Conc. Trullan. a. 692. can. 98. 16) Nov. Leon. 74. 17) Baisamon ad Photii Nomocanon tit. XIII. cap. IL (Justell. T. II. p. 1085—90), Baisamon et Zonaras ad Conc. Trullan. c. 98 (Bevereg. T. I. p. 276. 277). Beide Verordnungen, die von 1084 nnd die von 1092, stehen auch bei Zachariae Ins Graeco - Romanum III. 359. 376. und hinter GothosredS Ausgaben des Corpus iuris. 18) Giftermalsbalk Cap. III. §. 10. Nach dem neuesten Recht hat sich der König, wenn die Parteien sich nicht in Güte vereinigen, die Entscheidung Vorbehalten, Königs. Verordnung vom 3. April 1810. 19) 32. Henr. VIII. c. 38. Nach den neueren- Gesetzen soll aber in kei­ nem Falle mehr aus einem Verlöbniß ein Zwang aus Eingehung der Ehe fol­ gen, 26. Georg. II. c. 33. §. 13., 4. Georg. IV. c. 76. §. 27.

654

V. Bon bett Ehehittdernissen. A) Von dem Recht Ehehindernisse zu setzen'). 304.

Die Ehe steht mit so vielen sittlichen, religiösen und ge­

sellschaftlichen Beziehungen in Verbindung, daß deren Eingehung nicht schlechthin von dem Willen der Betheiligten abhängt, sondern daß es

Umstände geben kann, unter welchen nach der Vorschrift der Gesetze

eine Ehe zwischen zwei Personen nicht Statt finden soll. Dieses bil­

det dann ein Ehehinderniß1 2). 3 I. Das Recht Ehehindernisse zu statuiren ist von dem Wesen der Kirche unzertrennlich, weil sie nur dadurch das Institut der Ehe mit dem sittlichen Wesen derselben, mit der

Offenbarung und mit der Bedeutung des Sacramentes in Uebereinstimmung erhalten und gegen Ausartung bewahren kann.

II. Aus

diesem Grunde ist sie auch befugt, Hindernisse bei Strafe der Nich­ tigkeit aufzustellen b).

III. Die von der Kirche aufgestellten Hinder­

nisse beziehen sich an und für sich nur auf das Gebiet der Kirche, und dieselbe hat zu deren Aufrechthaltung aus sich allein nur kirch­

liche Strafmittel. ES gehört aber zum Wesen ihrer Freiheit, in deren

Anwendung unbehindert zu sein. IV. Ob die Staatsgewalt den von der Kirche aufgestellten Hindernissen bürgerliche Kraft beilegen wolle, hängt

an und für sich von ihrem Ermessen ab. Wenn sie aber zur Erkennt­

niß des Christenthums gelangt ist, so ist es für sie allerdings Pflicht, und gehört zum Charakter eines christlichen Staates.

V. Wegen der

mannichfaltigen Einwirkung der Ehe auf die bürgerlichen Verhältnisse

bleibt die Staatsgewalt berechtigt, auch ihrerseits, aus bürgerlichen und politischen Motiven, Ehehindernisse, selbst unter Androhung der

bürgerlichen Unwirksamkeit der Ehe, aufzustellen 4).

VI. Da der Ge­

horsam gegen die Landesgesetze, so weit sie den Geboten Gottes nicht

1) Des lois civiles concernant le mariage des Chretiens traduit de 1'Italien (de Rosmini) par L. Rupert. Paris 1853. 2) Ein Ehehinderniß ist etwas Positives. Es ist daher nicht correct, von einem impedhnentum clandestinitatis zu reden, und darunter die man­ gelnde Form zu verstehen (§. 299). Denn dieses ist nur die Negation von Et­ was, das vorhanden sein muß; ein Ehehinderniß hingegen ist etwas PofitiveS, das nicht vorhanden sein darf. Eben so verhält es sich mit dem angeblichen impedimentum aetatis. 3) Conc. Trid. Sess. XXIV. can. 3. 4. de sacram. matrim. 4) Einen Fall der Art erwähnt Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. IX. cap. 11. n. 5. Solche Fälle kommen auch im neuen Oesterreichischen Ehegesetz vor (§. 295. Note 3).

655

zuwider laufen, auch von der Kirche gelehrt und eingeschärft wird, so liegt eS in ihrem Geiste, die Staatsgewalt auch in solchen Vorschrif­ die Mitwirkung zu einer

ten zu unterstützen, und ihren Geistlichen

solchen Ehe zu untersagen °).

VII. Wenn aber dessenohngeachtet eine

solche Ehe zu Stande gekommen ist, so kann die Kirche nicht gezwun­ gen werden, dieselbe auch kirchlich als nichtig zu behandeln, weil die

Kirche die Gültigkeit eines SacramenteS nicht nach den bürgerlichen

Gesetzen abmessen tarn6).

daß eine

VIII. Allerdings ist der Fall,

Verbindung kirchlich eine Ehe, bürgerlich aber es nicht ist, und um­ gekehrt, immer eine Jnconvenienz.

Allein die Schuld davon fällt der

Staatsgesetzgebung zur Last, indem sie es ist, welche durch eine Neue­ rung dieses herbeiführt, dem

wo

es früher nicht bestand,

und

weil aus

christlichen Standpunkt sie sich nach den höheren sittlichen und

religiösen Maximen der Kirche zu richten hat, und nicht umgekehrt.

B) Trennende Ehehindernisse.

1) Privatrechtliche.

Greg. IV. 5. De conditionibus appositis in desponsatione, IV. 9. De coniugio servorum, IV. 15. De frigidis et maleficiatis. 305.

Die wichtigsten Ehehindernisse sind diejenigen, welche nicht

blos die Eingehung

einer Ehe hindern,

gene Ehe nichtig machen.

sondern selbst die eingegan­

Diese sind wieder doppelter Art.

beruhen blos auf einem Privatinteresse, drücklichen

oder stillschweigenden Verzicht

Einige

so daß sie durch den aus­ des Betheiligten

gehoben

werden; andere sind aus Gründen, die in der Disciplin der Ehe selbst liegen, eingeführt worden.

Hindernisse der ersten Art sind folgende.

I. Wenn die Einwilligung zur Ehe durch Gewalt oder durch Furcht

vor einem angedrohten Uebel erzwungen, also keine wahre,

sondern

blos eine äußerliche und scheinbare gewesen ist1). Nur muß die Dro­ hung eine solche

gewesen sein, welche eine

Furcht erregen konnte ®),

schwere und begründete

wobei Vieles auf die faktischen Verhält-

5) So sagt auch in Oesterreich die Instructio pro iudiciis ecclesiasticis §. 69. 70. 6) So sagt auch die Resolution 119. der congregatio concilii zum Conc. Trid. Sess. de ref. matr. ed. Richter. 1) C. 3. c. XXL q. 2. (Urban. II. a. 1090), c. 1. eod. (Idem a. 1095), c. 14. X. de sponsal. (4. 1). 2) 0. 6. 15. 18. X. de sponsal. (4.1). Man sehe darüber Knopp Ehe­ recht S. 40—58.

656 nisse ankommt b). Auch die Furcht vor dem elterlichen Zorne (metus reverentialis) kann nach Umständen der Art fein3 4).

Die Nichtigkeit

kann aber durch die nachträglich ertheilte freie Einwilligung gehoben

werden, die auch schon stillschweigend in der ehelichen Beiwohnung liegt5).6 7 Da jedoch die Verbindung bis dahin keine Ehe war, so muß

dieselbe wenigstens dann, wenn das Hinderniß öffentlich bekannt war, in der Tridentinischen Form revalidirt werden5).

II. Wenn bei der

Eingehung der Ehe ein wesentlicher Irrthum Statt fand. Begriff zu bestimmen, ist vor Allem hervorzuheben,

Um diesen

daß her Gegen­

stand des Ehevertrages, nicht wie bei anderen Verträgen ein Vermö­

gensinteresse, sondern ein sittliches, die ganze Lebensgemeinschaft um­ fassendes Verhältniß ist. Als Irrthum ist aber nur zweierlei denkbar:

der über die Identität der Person, oder der über persönliche Quali­ täten^). 1) Der Irrthum über die Identität der Person ist nach der

Natur der Sache der wesentlichste, den es giebt.

Dahin gehört auch

der Fall, wenn die Person, mit welcher man contrahiren wollte, nach einer bestimmten Eigenschaft bezeichnet war, und man irrthümlich mit

einer Person contrahirt, welche nicht

die durch diese Eigenschaft be­

zeichnete ist8); denn auch hiev ist ein wahrer Irrthum in der Iden­

tität der Person vorhanden9).

2) Was den Irrthum in Eigenschaf­

ten betrifft, so ist es gewiß, daß Eigenschaften,

welche das sittliche

Wesen der Ehe nicht berühren, nicht in Betracht kommen, wie Reich­ thum, vornehme Geburt, Anwartschaft zum Throne; selbst dann nicht,

wenn man nur wegen derselben zur Heirath bestimmt worden ist10).

3) Beispiele geben die Resolutionen 71 — 79 der congregatio concilii zum Conc. Trid. Sess. XXIV. de ref. matr. ed. Richter. 4) Davon handelt ein Aufsatz in den Analecta iuris Pontificii T. I. р. 707-22. 5) C. 21. X. de eponsal. (4. 1), ‘c. 2. X. de eo qui duxit (4. 7), с. 4. X. qui matrim. accus. (4. 18). 6) So sagen auch die Resolutionen 80—82. zur angeführten Stelle. 7) Es ist ganz willkührlich, wenn die Lehrbücher den Irrthum über die Unfreiheit als error in conditione von dem Irrthum in Qualitäten als et* was Besonderes unterscheiden. Die Unfreiheit ist auch nur eine persönliche Qualität. 8) Zum Beispiel es ist verabredet, daß man den Erstgeborenen heirathen soll, und es wird Einer als der Erstgeborene vorgesteüt, der es nicht ist, den man aber dafür hält. 9) Die Lehrbücher nennen dieses einen error qualitatis in personam redundans. ' Es ist aber ein reiner error in persona, und man sollte diese Terminologie ganz aufgeben. 10) So sagen auch die Resolutionen 83. 84. zur genannten Stelle.

657 Eben so gewiß ist, daß der Irrthum über

die gewöhnlichen morali­

schen Eigenschaften zur Anfechtung der Ehe nicht hinreicht, weil jeder Theil seine eigenen Unvollkommenheiten mitbringt und auch auf die des Anderen zu rechnen hat, und weil die sittliche Bedeutung der Ehe

grade in der Uebung

der gegenseitigen Dnldung und Vervollkomm­

nung besteht. Anders ist es, wenn es sich um außerordentliche das We­

sen der Ehe berührende Eigenschaften handelt, woran der Andere nicht

denken konnte, oder, wenn er daran gedacht, sie als gewiß nicht existirend vorausgesetzt hat. Als wesentlich gilt hier unbestritten der Irrthum

über den Zustand der Freiheit und Unfreiheit"); desgleichen der über

das Unvermögen zur ehelichen Beiwohnung, weil dieser Punkt tief so­ wohl in das physische wie geistige Wesen der Ehe eingreift11 12). Es sind

aber noch andere außerordentliche Qualitäten der Art denkbar,

eine bleibende Geisteskrankheit,

wie

die erlittene Verurtheilung zu einer

infamirenden Strafe, die Schwangerschaft der Braut von einem Drit­ ten.

Die meisten Canonistcn lassen den Irrthum darüber nicht als

einen wesentlichen gelten, weil sie besorgen, daß dadurch dem richter­

Wenn man

lichen Ermessen zu viel Spielraum eingeräumt werde.

jedoch dabei die sittliche Bedeutung der Ehe als einer Anstalt zur ge­ genseitigen Erbauung und Heiligung zum Maßstab nimmt, so kann

dieser Zweck nicht erreicht werden,

wo gleich von vorne herein durch

eine solche absichtliche Täuschung das Band der moralischen Achtung

völlig zerstört ist13).

Uebrigens kann das Ehehinderniß wegen Irr-

11) Conc. Wermer. a. 752. c. 6. (c. 4. c. XXIX. q. 2), Edict. Pist. a. 864. c. ZI., Gratian. in c. XXIX. q. 1., c. 2. 4. X. de coniugio Ser­ ver. (4. 9). Der Grund liegt, wie meine Deutsche Rechtsgeschichte II. §. 395. 408. 453. zeigt, in dem weiten Abstand, der nach dem nationalen Gefühl zwi­ schen Freien und Unfreien Statt fand, so daß solche Ehen häufig selbst mit dem Verlust der Freiheit bestraft wurden, und auf dieses Gefühl nahm auch die Kirche Rücksicht. Der Grund liegt aber nicht, wie Manche irrig angeben, darin, daß zur Ehe eines Unfreien außer seinem Willen auch der des Herrn wesent­ lich gewesen sei: denn seit der Verordnung von Hadrian IV. (f 1159) im c. 1. X. de coniugio servor. (4. 9) konnte die, wenn auch ohne die Einwilligung des Herrn geschlossene Ehe nicht mehr getrennt werden. Eben so unhaltbar ist die Erklärung von Roßhirt Canon. Recht II. 712., weil „der in Sclavendienstfchaft stehende das nicht bieten könne, was die Ehe ihrem Wesen nach verlange." Daraus würde folgen, daß um so weniger unter zwei Sclaven eine Ehe mög­ lich gewesen, was aber ganz uncanonisch ist. Willkührlich und unhistorisch ist es auch, wenn man die Vorschrift nicht für die Leibeigenen gelten lassen will; denn die servi des Mittelalters sind nichts anders als die Leibeigenen, Deut­ sche Rechtsgeschichte II. §. 385. 12) Man sehe unten Note 23. 13) Wir geben dabei Folgendes zu erwägen. 1) Daß nur der Irrthum Walters Kirchenrecht.

13te Auflage.

42

658 thums, wie daS wegen Gewalt und Furcht, durch nachträgliche aus­

drückliche oder stillschweigende Einwilligung gehoben werden14).

III.

über die Unfreiheit, nicht auch der über andere Qualitäten, als wesentlicher gel­ ten könne, ist nirgends durch ein Gesetz sanctionirt, sondern beruht nur aus einer Aeußerung des Gratian, dessen Zusätze bekanntlich kein gesetzliches Anse­ hen haben, sondern nur eine Privatautorität sind. 2) Der Irrthum über die im Texte genannten Eigenschaften berührt das sittliche Wesen der Ehe weit nä­ her, als der über die Unfreiheit. Wenn die kirchliche Praxis einer blos in den gesellschaftlichen Zuständen begründeten nationalen Ansicht eine so große Rück­ sicht erwies. (Note 11}, so kann und muß dieses auch dem sittlichen Gefühl einer höher gebildeten Zeit geschehen. 3) Um dem Gewicht dieses Einwandes aus dem Wege zu gehen, will Schulte den Irrthum über die Unfreiheit zu einer Art von error in persona, gleichsam über die Identität der rechtlichen Person, machen. Allein dann könnte man mit weit mehr Grund sagen, daß in unseren Fällen ein Irrthum über die sittliche Identität der Person vorliege. 4) Der als das Orakel seiner Zeit verehrte AbbaS PanormitanuS schreibt zum c. Cum dilectus n. 13. X. de bis quae vi. Et notat glossa — tenere matrimonium , licet dolus dederit causam contractui. — Quod ego limitarem, nisi talis et tantus esset dolus, quod habuisset tollere consensum ad hoc; quod notat in simili Jo. Andreae in cap. unico de commod. Ein solcher Dolus ist aber von Seiten des Andern in den genannten Fällen vor­ handen. 5) Allgemein zugegeben ist, daß wenn eine auch minder wichtige Eigen­ schaft zur Bedingung gemacht war, der Mangel derselben wegen des dann feh­ lenden Consenses die Ehe nichtig mache, Ferraris Biblioth. v. impedimenta matrimonii art. I. n. 14.; ja selbst dann, wenn diese Bedingung nicht verbis expressa, sondern nur mente contrahentis retenta war, Sanchez de matrim. lib. VII. disp. 18. n. 21. In den genannten Fällen trägt aber Jeder die Bedingung in sich, und würde sie, wenn es zulässig gewesen wäre, auch aus­ gesprochen haben. 6) Der Einwurf, daß durch diese Meinung dem richterlichen Ermessen zu viel Spielraum eingeräumt werde, beweist nichts. Bei dem Hin­ derniß wegen Furcht und Zwang, namentlich wegen metus reverentialis, ist dieses anerkanntermaßen und in einem noch größeren Grade der Fall. 7) Selbst Schmalzgrueber IV. 1. n. 446—49. giebt das Gewicht der Gründe für die hier vertretene Ansicht und die Analogie mit metus an sich zu; er ist nur da­ gegen wegen der Möglichkeit des Mißbrauches. Allein "bie Möglichkeit des Miß­ brauches beweist gegen ein an sich richtiges Prinzip nichts. Mißbrauch ist auch bei den anderen Ehehindernissen möglich und wirklich vorgekommen. Es muß überhaupt eine vorsichtige und gewissenhafte Praxis vorausgesetzt werden. 8) Uebertrieben ist daher die Beschuldigung und Besorgniß, daß durch diese Ansicht der sittliche Bestand der Ehe erschüttert werde. Unter den oben aufgestellten Be­ schränkungen ist dieses keineswegs der Fall. 9) Die Praxis ist allerdings über­ wiegend gegen diese Meinung; doch giebt es auch Entscheidungen dafür, welche bei Stapf, Uhrich und Knopp angeführt sind. 10) Bei Knopp S. 37. ist ein Rechtsfall abgedruckt, wo von der congregatio concilii unter dem 24. Febr. 1720 die Schwangerschaft der Braut von einem Dritten nicht als ein wesent­ licher Irrthum anerkannt wurde. Dieses ist als Präjudiz eine Autorität. Jedoch ist dadurch, wie überhaupt bei Präjudicien, der Wissenschaft das Recht nicht benommen, dnrch eine Discussion der Gründe auf eine Veränderung der Recht­ sprechung einzuwirken. Selbst die Päpste haben, namentlich im Eherecht, sogar Gesetze ihrer Vorgänger abgeändert und verbessert, was doch nur auf den Grund der fortgeschrittenen Wissenschaft geschah (§. 303. Note 10. §. 310. Note 28. 29). 14) C. 2. 4. X de coniug. servor. (4. 9).

659 Im alten Recht kamen Bedingungen bei der Eingehung der Ehe häufig

vor,

und auch durch die Tridentinische Form ist deren Möglichkeit

nicht ausgeschlossen 15). Nur müssen sie, um vor dem Forum der Kirche

zv wirken, dem Pfarrer und den Zeugen vor oder bei dem Abschluß der Ehe bekannt gemacht werdens.

Wird dadurch für die Zukunft

etwas dem Wesen der Ehe Zuwiderlaufendes bedungen, so ist die Ehe

nichtig,

weil eben jene Bedingung beweist, daß sie keine wahre Ehe

intendirt haben"). Wird dadurch etwas anderes physisch oder mora­ lisch Unmögliches festgesetzt,

so braucht dies nicht erfüllt zu werden,

aber die Ehe bleibt bestehen'2).

Lautet die Bedingung so, daß der

Anfang der Ehe von der Wahrheit oder dem Eintritt einer erlaubten

Thatsache abhängig gemacht wird, so bleibt jene bis dahin suspendirt; jedoch müssen sich Beide auch des ehelichen Umgangs enthalten, weil darin eine stillschweigende Aufhebung der Bedingung liegen wür­

de^). Resolutivbedingungen sind aber unwirksam, weil über die Auf­

lösung einer gültig geschlossenen Ehe überhaupt nichts stipulirt werden kann. Jedenfalls muß aber der Pfarrer zur Abschließung einer beding­ ten Ehe als etwas Anomales die Erlaubniß des Bischofes einholen.

IV. Das Unvermögen zur ehelichen Beiwohnung bildet keinen Nulli­

tätsgrund, wenn es erst während der Ehe entsteht2").

Ueber daS

schon bei der Eingehnng der Ehe vorhandene waren die Ansichten verschieden; jedoch neigte zuletzt der römische Stuhl dahin, es als Nichtigkeitsgrund gelten zu lassen2l). Die Ehen der völlig der Mann­

barkeit beraubten Castraten

und Spadonen sind sogar als

absolut

nichtig und nicht zu dulden erklärt worden22). Nach diesem Gesichts­

punkte sind also Ehen, wo das Unvermögen des einen Theils im

Publikum und dem anderen Theile vor der Eingehung der Ehe be-

15) Davon handelt sehr ausführlich Sanchez de matrim. lib. V. Dar­ aus haben die Neueren unmittelbar oder mittelbar geschöpft. Was Eichhorn II. 355. sagt, beweist, daß er die Doctrin und Praxis über diese Lehre gar nicht angesehen hat. 16) So sagen die Resolutionen 85. 86. 87. 89. zur genannten Stelle. 17) Daraus beruht die Resolution 88. zur genannten Stelle.

18) C. 7. X. de condit. apposit. (4. 5), Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. XIII. cap. 22. n. 5—12. 19) C. 3. 5. 6. X. de condit. apposit. (4. 5). 20) C. 25. c. XXXII. q. 7. (Nicol. I. a. 870). 21) C. 2. c. XXXIII. q. 1. (caput incert), c. 29. c. XXVII. q. 2. (Rhaban. Maurus a. 853), c. 2. 3. 4. X. de frigid. (4.15), Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. IX. cap. 10. n. 2. 22) Const. Cum frequenter. Sixti V. a. 1587.

660 kamt ist, nicht zu gestatten. Wo dieses aber nicht der Fall ist, muß man dessen Geltendmachung dem Betheiligten überlassen23). Im Falle der Klage wird eine ärztliche Untersuchung angeordnet24), und je nach­ dem die Impotenz Physisch evident, oder doch moralisch gewiß, oder zweifelhaft ist, wird entweder die Nullität gleich ausgesprochen, oder ein Eid mit sieben Eideshelfern aus den Verwandten oder Nachbarn, oder erst eine dreijährige Probezeit auferlegt25).26 Der mit dem Unvermögen behaftete Ehegatte darf nicht heirathen23); thut er es dennoch, und weist er sich jetzt als vermögend aus, so muß er zur er­ sten Ehe, weil diese aus Irrthum für nichtig erklärt wurde, zurück­ kehren 27). 2) Oefsentliche NullitätSgründe.

a) Verschiedenheit der Religion.

306. Da die Ehe in ihrer Vollständigkeit gedacht eine Gemein­ schaft aller Lebensverhältnisse sein soll: so muß sie gewiß auch den edelsten Theil derselben, die Religion, umfassen. Ohne diese würde ihr dasjenige fehlen, was vorzüglich diese Verbindung gegen den Wechsel der Leidenschaft beschützt, und die Ehegatten in Freud und Leid unerschütterlich zusammenhält. Ueberhaupt wird die Wirkung der Ehe, 'als einer Ordnung des Heils, nur in der christlichen Familie sichtbar. Alles dieses hört aber auf, wenn unter den Ehegatten ein völliger Gegensatz der Religion besteht. Daher wurden die Heirathen zwischen Christen und Ungläubigen von den ersten Zeiten an vielfach getadelt4), dann insbesondere die Ehen zwischen den Provinzialen und den aufgenommenen Barbaren, so wie die zwischen den Christen und

23) Dieses ergießt sich aus c. 2. c. XXXIII. q. 1. (caput incert.^ c. 4. 5. X. de frigid. (4. 15). Dafür spricht auch, daß Ehegatten, unbeschadet des Wesens der Ehe, die GeschlechtSgemeinschast unter einander einer höheren Idee zum Opfer bringen können, c. 9. c. XXVII. q. 2. (Augustin, c. a. 419). 24) C. 4. 14. X. de probat. (2. 19), c. 5. 6. X. de frigid. (4. 15). 25) So ist die Praxis nach den Resolutionen 96. 97. zu der genannten Stelle. Der Siebenereid beruht auf c. 2. c. XXXIII. q. 1. (caput incert), die dreijährige Probezeit auf nov. Iust. 22. c. 6. Beides verbinden c. 5. 7. X. de frigid. (4. 15). Eine am päpstlichen Stuhl in neuester Zeit erlassene Instructio super confectione processus in solchem Falle steht in den Analecta iuris Pontificii III. 927—30. 26) C. 2. c. XXXIII. q. 1. (caput incert.), c. 5. X. de frigid. (4.15). 27) C. 2. c. XXXIII. q. 1., c. 5. 6. X. de frigid. (4. 15). Anderer Meinung ist c. 4. c. XXXIII. q. 1. (Hincmar. Rem. a. 860). 1) C. 15. c. XXVIII. q. 1. (Ambros, c. a. 387), c. 9. §. 6. eod. (Augustin, c. a. 419).

.661 Juden durch die bürgerlichen Gesetze verpönt2), letztere auch bei den christlichen

Germanen nicht

geduldet2), endlich überhaupt die Ehen

zwischen Christen und Ungläubigen durch eine allgemeine Observanz für nichtig erklärt^).

Dieses hat auch bisher das protestantische Kir­

chenrecht anerkannt.

In der neueren Zeit sind jedoch in einigen pro­

testantischen Ländern Deutschlands die Ehen mit Juden unter der Be­ dingung, daß die Kinder christlich würden, gestattet worden. Die katho­ lische Kirche beharrt aber auch in diesem Falle bei ihrer Ansicht von

der Nichtigkeit einer solchen Ehe;

daher muß, wenn ein solches Ehe­

paar zur katholischen Kirche übertritt, die Ehe durch eine neue Einge­

hung gültig gemacht werden2).

b) Bestehende Verpflichtungen. Greg. III. 42. De conversione coniugatorum. IV. 4. De sponsa duorum, TV. 6. Qu! clerici vel voventes matrimonium contrahere posaunt. 307.

Da die Ehe nach der Tiefe und Vollständigkeit der Auf­

fassung, die durch die christliche Erkenntniß gegeben ist, eine gegen­ seitige Hingebung der ganzen Persönlichkeit sein soll: so ist sie nicht

möglich, wenn Einer bereits feierliche Verpflichtungen übernommen hat, welche ihn ausschließlich an eine andere Bestimmnng fesseln. Da­

hin gehören folgende Fälle. I. Eine schon bestehende Ehe.

Die Mo­

nogamie beruht auf einem Grundgesetz der Natur, das sich schon im Gefühle der Heiden ankündigte, und welches von der Offenbarung

und der Kirche als ein schon in der Schöpfung des ersten Menschen­

paares ausgesprochenes göttliches Gesetz bezeugt wirdx).

Zwei Ehen

derselben Person können daher nicht neben eineinander bestehen, son­ dern Kirche

die jüngere ist schlechthin nichtig2). auch

Dieses gilt im Sinne der

von der Ehe der Heiden, weil es zum natürlichen Be-

2) C. 1. C.Th. de nupt. gentil. (3.14), c. 6. 0. J. de iudaeis (1.9). 3) C. 17. c. XXVIII. q. 1. (Conc. Arvern. a. 535), c. 10. eod. (Conc. Tolet. IV. a. 633). 4) Darauf bezieht sich auch die Const. Singular! nobis BenedictiXTV. a. 1749. §. 9. 10. 5) Const. Singular! nobis BenedictiXIV. a. 1749. Ueber den Grund sehe man §. 300. Note 12. 1) Matth. XIX. 3—9., o. 5. X. de divort. (4.19), Conc. Trid. Sess. XXIV. can. 2. de sacram. matrim. 2) C. 2. c. XXXIV. q. 1. (Innocent. 1. a. 405), c. 1. eod. (Leo I. a. 458), c. 1. X. de sponsal. (4. 1).

662 griff der Ehe gehört 3). Hingegen ist die zweite Ehe gültig, wenm zur Zeit deren Eingehung der Ehegatte des einen Contrahenten, auch ohne daß dieser darum wußte, gestorben war4).5 6Nach den katholischen Grundsätzen wird auch das Band der Ehe schon kraft des natürli­ chen Wesens derselben als so stark angesehen, daß eS nur durch den Tod, nicht durch Scheidung getrennt werden kann3). Deshalb wird ein geschiedener Protestant, so lange dessen Ehegatte noch lebt, aus dem katholischen Standpunkt nicht als ledig betrachtet, und einem Katholiken die Ehe mit demselben schlechthin nicht gestattet«). II. Ein feierliches Gelübde der Keuschheit. Schon in der älteren Zeit wurde die Verletzung eines solchen Gelübdes aufs Strengste und mit der Verstoßung aus der Kirchengemeinschaft bestraft7).8 9 Als daher die Kirche später die volle Jurisdiction über die Ehen erhielt, erklärte sie die gegen ein solches Gelübde eingegangene Ehe für durchaus nich­ tig«). Als feierliches Gelübde in diesem Sinne wurde jedoch nun außer dem Empfang der höheren Weihen nur der Eintritt in einen von der Kirche approbirten religiösen Orden erklärt«). Die Kirche legte aber diesem letzteren selbst dann noch eine die Ehe annullirende Kraft bei, wenn er auch erst nach erklärter ehelicher Einwilligung ge­ schähe, so lange nur noch nicht wirkliche Beiwohnung Statt gefunden hätte10); und das Concilium von Trient hat diesen Grundsatz von 3) C. 8. X. de divort. (4. 19). 4) So sagt die Resolution 92. der congregatio concilii zum Conc. Trid. Sess. XXIV. de ref. matrim. ed. Richter. 5) Das Nähere im §. 319. 6) Dieses ist in einem Breve von Pius VH. an den Erzbischof von Main; vom 8» October 1803 (Roscoväny Monumenta II. 86) und in dem Schreiben Gregors XVI. an die Bayerischen Bischöfe vom 27. Mai 1832 auf das Schärfste ausgesprochen. 7) Siricius epist. X..ad Gallos c. a. 390. c. 1., c. 5- 9. D. XXVII. (Hieronym. c. a. 390), c. 1. c. XXVII. q. 1. (Statuta eccles. antiq.), c. 10. eod. (Innocent. I. a. 404), c. 12. 22. eod. (Conc. Chalc. a. 451), c. 7. eod. (Conc. Paris. V. a. 614), c. 8. 17. eod. (Conc. Tribur. a. 895). Die Unterscheidung zwischen dem feierlichen und unseierlichen Gelübde tritt schon bei Siricius aufs deutlichste hervor. Es ist daher irrig, Gratian, der beim c. 8. D. XXVII. diese Unterscheidung angewendet hat, als deren Erfinder aus­ zugeben. 8) C. 6. D. XXVII. (Nicol. I. a. 865), c. 8. eod. (Conc. Later. I. a. 1123), c. 40. c. XXVII. q. 1. (Conc. Later. II. a. 1139), c. 3. 7. X. qui cleric. (4. 6). 9) C. un. de veto in VI. (3. 5), Conc. Trid. Sess. XXIV. can. 9. de ref. matr. Einen Rechtfall darüber giebt die Resolution 93. zu der ge­ nannten Stelle. 10) C. 28. c. XXVII. q. 2. Greg. I. a. 597) ibiq. Gratian., c. 27.

663

den formlosen Ehen der älteren Zeit auch auf die förmlichen Ehen des neueren Rechts übertragen"). Ist aber die Ehe ganz vollzogen, so kann der Eine nicht mehr ohne Zustimmung des Anderm die Ge­ lübde ablegen, und selbst dann dauert die Ehe an sich noch fort; da­ her darf derjenige, der in der Welt zurückbleibt, doch nicht wieder Heimchen13 * *). 11III. 12 Die höheren Weihen. Dieses Ehehinderniß beruht nicht im göttlichen Recht, sondern darauf^ daß die Kirche aus wichti­ gen Gründen an die höheren Weihen die Verpflichtung zum ehelosen Leben unter dem Präjudiz der Nichtigkeit der Ehe geknüpft hat, und daß von dem Einzelnen mit der Weihe auch diese Verpflichtung über­ nommen wird. So gefaßt wird die vielbesprochene Frage, ob die hö­ heren Weihen die Ehe kraft eines mit ihnen verbundenen Gelübdes oder blos kraft eines Gesetzes der Kirche annulliren, eine wenig frucht­ bare Sontroocrfe13). Uebrigens machen dieselben nur die spätere Ehe nichtig, niemals die früher schon geschlossene, wenn sie auch noch nicht consumirt ist14). Bei den Protestanten fällt dieser und der vorige Nichtigkeitsgrund weg. c) Verbrechen.

Greg. IV. 7. De eo qui duxit in matrimonium, quam polluit per adulterium.

308. Es hebt die sittliche Würde und also das höhere Wesen des Ehestandes aus, wenn der Entschluß der Ehe von schweren vereod- (Theodor. Cantuar. c. a. 690) ibiq. Gratian., c. 2. 7. 14. X de convers. coniugat. (3. 32), c. 16. X. de sponsal. (4. 1). 11) Conc. Trid. Sess. XXIV. can. 6. de sacram. matrim., Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. XIII. cap. 12. n. 7—9. Davon handeln die Resolutionen 148—50. zu der (§. 307. Note 4) genannten Stelle. 12) C. 212. c. XXVII. q. 2. (Basil, c. a. 362), c. 25. eod. (Gregor. I. a. 596), c. 21. eod. (Idem a. 601), c. 26. eod. (Nicol. I. a. 867), c. 4. 7. 8. 13. 18. X. de convers. coniug. (3. 32), Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. XIII. cap. 12. n. 10—16. Davon handeln die Resolutionen 155 —157. zu der (§. 307. Note 4) genannten Stelle. 13) Ueber diese Streitfragen mit den dabei verhandelten Subtilitäten sehe man Sanchez de matrim. lib. VII. disput. 27—30. Streitig ist auch , ob nicht diese Controverse durch das Conc. Trid. Sess. XXIV. can. 9. de sa­ cram. matrim. im zweiten Sinne entschieden, oder ob sie von ihm unentschie­ den gelassen sei. Naä) der Fassung jener Stelle läßt sich das Eine wie das Andere vertheidigen. Für das Erste ist Sanchez lib. VII. disp. 26. n. 4.; für das Zweite Devoti Inst. can. lib. II. §. 128., und dieses ist auch dem vom Concilium in anderen Fällen beobachteten Verfahren mehr angemessen. 14) C. un. Extr. Johann. XXII. de voto (6), Benedict. XIV de syn­ odo dioeces. lib. XIII. cap. 12. n. 14.

664 brecherischen Absichten begleitet war, und um so mehr, wenn Verbre­ chen das Mittel gewesen sind, wodurch die Ehe zwischen zwei Per­ sonen zu Stande gekommen ist. Nach diesem Grundsatz bilden folgende Verbrechen trennende Hindernisse. I. Der Ehebruch 41).52 3Nach dem rö­ mischen Rechte machte dieser die nachfolgende Ehe zwischen dem Ehe­ brecher und der Ehebrecherin schlechthin nichtig2). In der Kirche galt jedoch diese Ansicht nicht2); sondern hier wurde der Ehebruch nach gehörig geleisteter Buße nur dann als ein bleibendes Hinderniß ange­ sehen, wenn er mit besonders erschwerenden Umständen verbunden ge­ wesen wäre4). Gratian reducirte diese auf die beiden Fälle, wo die Ehebrecher zugleich dem unschuldigen Ehegatten nach dem Leben ge­ trachtet, oder sich auf den Fall des Todes desselben die Ehe gelobt hätten2). Bei dieser Ansicht blieb nun auch die nachfolgende Gesetz­ gebung 6),7 8 jedoch 9 nicht immer ganz buchstäblich ’) stehen. II. Die Er­ mordung des einen Ehegatten durch den Anderen. Nach dem älteren Recht fiel dieser in eine lebenslängliche sehr strenge Kirchenbuße, und durfte nie mehr heirathen2). Nach dem neueren ist aber blos die Ehe mit demjenigen verboten, mit welchem er sich zur Ermordung des Ersteren verabredet hatte2).

1) Die folgende von der früher gewöhnlichen Ansicht abweichende Dar­ stellung verdanke ich der Const. Redditae nobis altero ab hinc mense Be­ nedicta XIV. a. 1744. §. 21—36. 2) Fr. 11. §. 11. fr. 49. I). ad L. Iul. de adulter. (48. 5), c. 9. 27. Cod. eod. (9. 9), nov. 134. c. 12. 3) Augustin, de nuptiis 1.10. ed. Maur. T. X. p. 286. (c. 2. c. XXXI. q. 1). Einige Handschriften und die älteren Ausgaben haben zwar: fieri non potest, allein dieses ist ganz wider den Context. 4) C. 5. c. XXXI. q. 1. (Conc. Meldens, a. 845), c. 4- eod. (Conc. Tribur. a. 895). Allgemeiner lauten zwar c. 1. eod. (Conc. Tribur. a. 845), c. 3. eod. (Conc. Altheim. a. 916). Allein daß die Praxis so strenge nicht war, zeigt Regino de eccles. discipl. II. 236 (235). 5) Gratian. ad c. 3. c. XXXI. q. 1. 6) C. 1. 3. 6. 7. X- h. t. (4. 7). Diese Stellen reden -blos von Lebensnachstellungen; sie sagen nicht, daß auch der wirkliche Tod erfolgt sein müsse. Einen Rechtssall giebt die Resolution 109. zu der (§. 307. Note 4) genann­ te» Stelle. 7) Dieses beweist c. 5. X; h. t. (4. 7). 8) Capit. Pippin, a. 752. c. 5., c. 8. c. XXXIII. q. 2. (Paulin, ad Heistul. a. 794). 9) C. 1. X. de convers. infid. (3. 33). Einen Rechtsfall giebt die Re­ solution 108. zu der genannten Stelle.

665 d) Die Entführung *). 308 a.

Die Entführung (raptus) enthält,

Zwecke der Ehe vorgenommen wird,

auch wenn sie zum

eine dem Hause der Entführten

zugefügte Schmach, einen gewaltsamen Eingriff in die Familienrechte,

ein

schweres Vergehen gegen die öffentliche Ordnung,

und wenn sie

gegen den Willen der Entführten geschieht, eine die Freiheit der Ehe bedrohende Gewalt. Das römische Recht seit Constantin behandelte sie unter den ersten Gesichtspunkten mit der

äußersten Strenge,

setzte

darauf die Todesstrafe1 2) 3, selbst gegen die Enfführte, die dazu einge­ willigt2), gab Jedem, wer wollte, das Recht die Ehe zwischen ihr und dem Entführer zu accufiren4), und verbot eine solche Ehe schlechthin, selbst mit Zustimmung der Eltern5).6 7Das 8 kirchliche Recht im Orient

bestrafte zwar den Entführer mit Kirchenbuße und Anathcm9), und

gebot die Rückgabe der Entführten an die Eltern; ließ aber dann mit

deren Zustimmung die Ehe zu'). In Folge eines Gesetzes des Kaisers Leo, der die Strafe etwas mildertes), erkannte jedoch auch die Kirche

zur Unterstützung des bürgerlichen Rechts die Unzulässigkeit einer sol­

chen Ehe an9). Nach den germanischen Volksrechten wurde die Entführung wegen des Eingriffes in die Familienrechte mit einer hohen Buße

an die Eltern, Verwandten oder den Bräutigam bestraft10).11 Durch die

Kirche und

die Römer, wofür das römische Recht fortdauerte, fanden

aber dessen Bestimmungen, die Todesstrafe, oder, wenn man sich in eine

Kirche geflüchtet, die Freiheitsstrafe, und die unbedingte Unzulässigkeit der Ehe zwischen Beiden, Eingang n). Daneben hielt die Kirche auch

1) Davon handelt: Kaiser Ueber das impedimentum raptus. Inns­ bruck 1858. (Moy Archiv III. 170—226). Dadurch ist die im Texte gegebene neue Untersuchung angeregt worden. 2) C. 1. 2. C. Th de raptu virgin. (9. 24), Iustinianus in c. un. C. eod. (9. 13). 3) x C. 1. C. Th. eit, c. un. §. 2. C. cit. 4) C. 3. C. Th. de raptu virgin. (9. 24). 5) C. un. §. 1. C. de raptu virgin. (9. 13), nov. 143. 150. 6) Basil, ad Amphiloch. c. 30., c. 1. c. XXXVI. q. 2. (Conc. Chalced. a. 451), Conc. Trull, a. 692. c. 92. 7) Basil, ad Amphiloch. c. 22. 8) Nov. Leon. 35. 9) Baisamon ad Can. Apost. 67. ad Conc. Trull, c. 92. (Bevereg. T. I. p. 43. 266). 10) Man sehe darüber meine Deutsche Rechtsgeschichte II. §. 479. Note 4. §. 482. Note 5. §. 741. Note 9. 11) Lex Romana Visigoth. a. 506. lib. IX. tit 24. c. L, Conc. Au-

666 die Strafe der Excommunication fest 12 * *j.

An die Stelle der Todes­

strafe kam später der Königsbann13)14 ; die 15 16 übrigen Strafen, das Ana-

selbst wenn die Entführte zur

them und die Unzulässigkeit der Ehe,

Entführung eingewilligt hatte, blieben nach den weltlichen ") wie nach den geistlichen^) Gesetzen bestehen.

Später wurde die Beurtheilung

milder. Man unterschied nun dreierlei: erstens das durch die Entfüh­ rung bewirkte öffentliche Aergerniß;

dieses werde durch die Kirchen­

buße gesühnt und dadurch die Ehe möglich

gemacht; zweitens den

Eingriff in die Freiheit der Entführten; dieser werde gehoben, wenn dieselbe an einem gesicherten Orte ihre Zustimmung zur Ehe er­

klärte; drittens den Eingriff in die vom bürgerlichen Recht geschütz­ ten Familicnrechtc;

dieser werde dadurch gehoben, daß die Entführte

den Ihrigen zurückgegeben werde und diese in die Ehe cinwilligten1G). Die Entführung war also nun ein absoluter Nullitätsgrund nur noch, so lange der Zustand der Entführung bestand; von da an nur unter

dem zweiten und dritten Gesichtspunkt.

Hierauf hat auch das Con­

cilium von Trient gebaut17). Es verhängt unter dem ersten und zwei­ ten Gesichtspunkt gegen den Entführer die Epcommunication, und er­

klärt die Ehe für nichtig, bis daß die Entführte vom, Entführer ge­ trennt ihre Zustimmung ertheilt. Ueber den dritten Gesichtspunkt hat

es sich nicht ausgesprochen, dadurch aber gewiß das bisherige Recht nicht ändern wollen. Der Fall, wo das Mädchen in die Entführung

rel. a. 511. c. 2. (c. 3. c. XXXVI. q. 1), Decret. Childeb. a. 596. c. 4., L. Visigoth. III. 3. c. 1. 2., Cod. Utin. IX. 18. 12) C. 2. c. 36. q. 2. (Symmach. a. 502), c. 5. c. XXXVI. q. 2. (Conc. Paris. III. a. 557), c. 5. eod. (Gregor. II. a. 721). 13) Capit. de banno a. 772. c. 5., Aquisgr. a. 817. capit. leg. add. c. 4. 9., Vern. a. 844. c. 6., Silvac. a. 853. c. 2. 14) Ansegis. Capit. I. 97. 98. 99. (oder Capit. Aquisgr. a. 817. ca­ pit. ad episc. c. 22. 23. (c. 4. c. XXXVI. q. 2. 24), (c. 22. 23. eit.), Bened. Levit. Capit. III. 183. (ist das citirte c. 23. 24), Capit. Aquisgr. a. 817. alia capit. 6. 9., Conc. Ticin. a. 850. c. 10., Otton. I. const. Francos, a. 951. c. 1., Burchard. Wormac. statuta c. a. 1024. c. 23. 15) C. 10. c. XXXVI. q. 2. (Conc. Meld. a. 845), c. 11. eod. (Conc. Aquisgr. a. 847), Bened. Levit. Capit. III. 395. Sehr nachdrücklich ist Alles zufammengesaßt von Hincmar Rem. de coercendo et extirpando raptu c. 5. 12. (Opusc. II. 228. 234). 16) Diese Auffassung ist die von Gratian zu c. 6. 7. et 11. c. XXXVI. q. 2. Ihr folgt auch das c. 7. X. de raptor. (5.17). Legitimae personae im Schluffe dieser Stelle heißt nur soviel , daß unter den Contrahenten keine Ehehindernisse anderer Art obwalten dürfen. Darin, wie in Anderem, weicht unsere Darstellung von Kaiser ab. 17) Conc. Trid. Sess. XXIV. cap. 6. de ref. matr.

667 einwilligte, gehört nach dem canonischen Recht unter den Begriff der

Entführung nicht18), und ist auch in der Verordnung des Conciliums von Trient nicht erwähnt. Jedoch paßt der erste und dritte Gesichts­

punkt auch auf ihn; es wird daher darauf ebenfalls die Kirchenstrafe

angewendet, und das den Eltern oder dem Vormund civilrechtlich zu­ stehende Recht,

die Ehe einer entführten Minderjährigen anzufechten,

auch von der Kirche anerkannt 19). e) Die Verwandtschaft.

«) Bon der Art die Nähe der Verwandtschaft

zn berechnen.

309.

Nach einem Gesetz der Natur, welches durch politische

Gründe verstärkt und weiter ausgedehnt werden kann, ist die Ehe auch unter nahen Verwandten verboten. Die Nähe der Verwandtschaft kann

aber auf verschiedene Art bezeichnet werden.

I. Das mosaische Recht

bediente sich keiner allgemeinen Berechnung nach Linien und Graden, sondern es bezeichnet jeden Verwandten mit einem besonderen Namen.

II. Das römische Recht unterscheidet die Verwandten aufwärts, ab­ wärts, und von der Seite her; ihre Entfernung von einander bestimmt

es so, daß es bei demjenigen der dem Einen am nächsten ist anfan­ gend, bis zu dem Anderen hin die Grade zählt *). Als die regelmä­ ßige Gränze der Cognation galt der sechste Grad8).

Da jedoch das

prätorische Edict auch noch aus dem siebenten Grade einige Personen,

nämlich die Kinder der Sobrinen, zur Succession berufen hatte, so

wurde jene Gränze bei den Schriftstellern, die vom Erbrecht handel­ ten, auf den siebenten Grad festgestellt8).

Mit dem römischen Recht

kamen diese Ansichten auch zu dm Westgothen; daher wird bei ihnen

18) C. 6. X. de raptor. (5. 17). 19) Die Entscheidungen der congregatio concilii in diesem Sinne sind von Kaiser angeführt. Darauf beruht auch in Oesterreich die Instructio pro iudiciis ecclesiasticis §. 19. ibiq. not. 1) Paulius sentent. rec. IV. 11., fr. 9.10. D. de gradib. cognat. (38. 10), tit. Inst, de gradib. cognat. (3. 6). Diese Stellen sind jedoch nur dann ganz verständlich, wenn man das Bild, in welchem die Römer die Verwandt­ schaft darstellten, vor Augen hat. Ein solches Schema findet man aus einer Handschrift des Theodosischen Codex in Cuiac. observ. VI. 40., Heinecc. antiq. Rom. lib. III. tit. VI., Ulpiani fragm. ed. Böcking. Bonnae 1845. Darauf beziehen sich auch die Ausdrücle: linea, linea recta et transversa, gradus, descendentes, ascendentes, a latere iuncti. 2) Dieses näher auszuführen ist hier nicht der Ort. 3) Paulius sentent. rec. IV. 11. §. 8.

668 bald der sechste^), bald der siebente Grad4 5) als die Gränze der Ver­

wandtschaft bezeichnet.

III. Das germanische Recht bezeichnete die

Verwandtschaft zwischen zwei Personen nicht nach Graden, sondern nach der Zahl der Glieder oder Generationen, die vom gemeinschaft­

lichen Stammvater auf jeder Seite bis zu ihnen herab Statt gefun­

den. Ueber die Gränze der Verwandtschaft gab es aber keinen gleich­ förmigen Gebrauch.

Einige Rechte bestimmten als solche das fünfte,

andere das sechste, noch andere das siebente Glied6). IV. Die Kirche

bediente sich anfangs der Zählart des römischen Rechts, blieb

im Orient beständig im Gebrauch.

und diese

Im Verkehr mit den ger­

manischen Völkern nahm aber der römische Stuhl die Zählart nach Gliedern oder Generationen an7), und diese wurde nun im fränki­ schen Reiche8) und in England9) herrschend.

In Italien hingegen,

wo daö römische Recht in der Tradition fortlebte, entstand im zwölf­ ten Jahrhundert über die Computation zwischen dem Bischöfe Petrus Damiani und

Folge die

den Juristen von Ravenna ein (Streit10),

in dessen

kanonische Computation von Alexander II. als die recht-

4) Isidor. Origin. IX. 6. (c. un. c. XXXV. q. 4), L. Wisig. lib. III. tit. V. c. 1. lib. XII. tit. II. c. 6. tit. III. c. 8. 5) So die Interpretativ zu Paullus in dem westgothischen Breviarium (§. 88). Aus dem Breviarium ist auch c. 6. c. XXXV. q. 5. , und es ist ganz falsch, wenn dieses Stück immer dem Isidor von Sevilla beigelegt wird. 6) L. Ripuar. tit. LVI. c. 3., L. Anglior. tit. VI. c. 8., L. Sal. ed. Herold, tit. XLVII. c. 4., Edict. Rothar. c. 153. 7) Zuerst finden sich diese in einem Schreiben Gregors des Großen an Augustinus in England vom Jahr 603, Mansi T. X. col. 407. Bruchstücke desselben werden angeführt im c. 20. pr. c. XXXV. q. 2., c. 2. §. 5. c. XXXV. q. 5. In der ersten Stelle ist jedoch die Lesart aus der zweiten zu verbessern. 8) Man findet sie hier ganz klar in Bonifac. epist. ad Zachar. c. 741. c. 5., und Zacharias befestigte sie durch sein Decret vom Jahr 742, worin er sie den fränkischen Bischöfen auseinander setzte, und eine andere übliche Com­ putation, welche augenscheinlich die unter dem Klerus herkömmliche römische war, verwarf, Mansi T. XII. col. 356. Dieses Decret ist fälschlich auch Gre­ gor dem Großen beigelegt worden, Mansi T. X. p. 444. Bruchstücke davon stehen auch bei Gratian, c. 3. 4. c. XXXV. q. 5. Seitdem wurde die carlonische Computation auch in den Capitularien bei den Eheverboten angewendet, Capit. Compend. a. 757. c. 1. 2. 9) Theodori Cantuar. Capit. d’Acher. (§. 93. Note 6) c. 29. 30. 157., Anonymi Poenitentiale (§. 93. Note 15) c. 98., Hucarii excerpt. (§. 89. Note 5) c. 138 (140). Die Gründe, aus welchen man diesen Stellen noch die römische Zählart zum Grunde legen will, sind durchaus nicht haltbar. Die letzte ist zwar zum Theil aus Isidor (c. un. c. XXXV. q. 4); allein es wurden nun die römischen Grade von canonischen Generationen verstanden. 10) Petr. Damian, opusc. VIII. de parent. gradib. (Opp. T. III.).

669 mäßige bestätigt wurde “). V. Die Ordnung des deutschen Erbrechts

führte allmählig daraus, daß man in der Doctrin den näheren und den entfernteren Kreis von Verwandten unterschied. Jener endigte bei den Geschwistern.

Darüber hinaus hießen

die Verwandten Magen.

Die Geschwisterkinder, die nach der gewöhnlichen Computation das zweite Glied bildeten, standen also nach Magen gerechnet in der ersten

Sippzahl"). Diese Computation fand, da es sich bei der Ehe unter

Verwandten nur um Magen handeln kann, auch bei der Kirche Ein­ gangs), und wurde selbst bei der Gelegenheit, wo der Papst die römische Computation verwarf, als

mit der

canonischen leicht vereinbar für

zulässig erklärt"), später aber doch ebenfalls abgeschafft,5). VI. Ei­

nige Schriftsteller in Deutschland nehmen noch eine

eigenthümliche

Computation an, welche sie die Jsidorische oder Gregorische nennen").

Diese soll darin bestanden haben, daß die Berechnung,

wie bei der

Computation nach Magen, nicht von dem gemeinschaftlichen Stamm­

vater, sondern von den Geschwistern ausgegangen, übrigens aber in beiden Linien wie im römische» Recht die Grade zusammengezählt worden seien.

Allein Isidor befolgt die reine römische Computation

nach Graden17),

Gregor I. die reine germanische nach Gliedern "),

und die einzige Stelle, die man scheinbar für jene seltsame Rechnung

geltend machen könnte,

ist bei genauerer Betrachtung,

nur von der

11) C. 2. c. XXXV. q. 5. (Alexand. II. a. 1065). 12) Sachsensp. I. 3. Ungezweiter bruder kindere die stehn an dem gelide da schuldere und arme zusammene körnen, also tun die Schwe­ ster kindere. Diz ist die erste sibbe zcale die man zu magen rechent. — Auf dieser Computation beruht auch c. 1. c. XXXV. q. 5. Nur darf diese Stelle nicht, wie man bisher nach Gratian immer gethan hat, dem Isidor beigelegt werden, denn sie findet sich in dessen Schriften nicht. Sie ist ein aus verschiedenen Elementen entstandenes späteres Fabricat. 13) Synod. Theodon. Villan. a. 1003. (Hartzheim Conc. Germ. T. III. p. 29), Conc. Salegunst, a. 1022. c. 11. Man sehe dazu meine Deutsche Rechtsgeschichte II. §. 577. 14) C. 2. §. 9. c. XXXV. q. 5. (Alexand. II. a. 1065). Daher ist auch noch in den Decretalen zuweilen darans Rücksicht genommen, c. 3. X. de divort. (4. 19). 15) C. 7. X. de consang. (4. 14). 16) Diese Erfindung rührt von I. H. Böhmer her, und ist bis zum Er­ scheinen diese» Lehrbuchs allgemein geglaubt worden. 17) Dieses beweisen auf das deutlichste Isidor, origin. IX. 6. und die drei Verwandtschaststafeln, die bei dieser Stelle abgebildct sind. 18) Dieses zeigt das oben Note 7. angeführte Schreiben dieses Papste».

670 germanischen Berechnung nach Magen zu verstehen'2).

Man wird

also doch wohl endlich jene Fabel aufgeben müssen20). ß) Verbotene Verwandtschaftsgrade.

Greg. IV. 14. Clem. IV. 1. De consanguinitate et affinitate. 310.

Das mosaische Recht verbietet die Ehe nicht nach Graden,

sondern zwischen namentlich bezeichneten Verwandten, so daß wenn

man bei den Worten stehen bleibt, von den Verwandten desselben

Grades einige einander heirathen können, andere nichts.

Auch das

römische Recht bezeichnet gewöhnlich nach Namen, so jedoch daß ihm

die Rechnung nach Graden zum Grunde liegt und es daher die Per­ sonen desselben Grades vollständig aufzählt.

Nach ihm war die Ehe

verboten unter Verwandten in der graden Linie bis ins Unendliche2); in der Seitenlinie die Ehe unter Geschwistern^) und unter solchen

Personen, wovon die eine zur anderen an Eltern Statt, das heißt die eine unmittelbar unter dem gemeinschaftlichen Stammvater, die andere

entfernter steht 4).

Unter Geschwisterkindern war die Ehe früher er­

laubt^), wurde aber von Theodosius um das Jahr 385 verboten §). Die Kirche stellte zwar schon früh Eheverbote unter den nahen Ver­ wandten auf,

doch findet sich kein Beispiel, daß sie damals weiter

gieng wie das römische Rechts.

Bei den Franken wurde aber all-

mählig das Verbot auch auf die Ehe unter Kindern von Geschwister-

19) Dieses ist der in der Note 12. angeführte c. 1. c. XXXV. q. 5. Da nämlich diese Stelle nicht aus Isidor ist, so fällt der einzige scheinbare Grund sie mit der römischen Computation in Verbindung zu bringen, weg. 20) Diese Fabel ist in diesem Lehrbuche von Anbeginn an bekämpft wor­ den, was aber lange, namentlich an Eichhorn Widerspruch fand. Jetzt wird sie für das, was sie ist, erkannt. So von Mejer Ueber die s. g. Gregorische Com­ putation (Reyscher Zeitschrift für deutsches Recht VII. 173).

1) Levit. XVIII. 7. 9. 13. XX. 17. 18. 19., Deuter. XXVII. 22. 2) Fr. 53. de rit. nupt. (23. 2), c. 17. C. de nupt. (5. 4L §. 1. J. eod. (1. 10). 3) C. 17. C. de nupt. (5. 4), §. 2. J. eod. (1. 10). 4) Fr. 39. pr. de rit. nupt. (23. 2), c. 17. C. de nupt. (5.4), §. 3. 5. J. eod. (1. 10). 5) Fr. 3. de rit. nupt. (23. 2). 6) C. 1. C. Th. si nupt. ex rescr. (3. 10), c. 3. C. Th. de ine. nupt. (3. 12). 7) Augustin, de civit. Dei XV. 6. Experti etiam sumus in connubiis consobrinarum, etiam nostris temporibus propter gradum propinquitatis fraterno gradui proximum, quam raro per mores fiebat, quod fieri per leges licebat; quia id nee divina lex prohibuit, et nondum prohibuerat lex humana.

671 lindern8), also auch auch auf die dritte Generation nach der canonischen Zählart8), ja selbst bis auf die dritte Generation einerseits

und die vierte andererseits10), also bis auf den siebenten Grad nach

der römischen Zählart, ausgedehnt.

In Spanien erklärte man sogar,

mit Beziehung auf eine Aeußerung des

mosaischen Rechts "),

die

Ehen unter Verwandten überhaupt für unertaubt12), und demgemäß wurden wirklich später in dem westgothischen Gesetzbuch solche Ehen bis in dm sechsten Grad, welcher nach der römischen Grundansicht

die gesetzliche Gränze der Cognation bildete, verboten13).

Am päpst­

lichen Stuhle hielt man im siebenten Jahrhundert die Ehen zwar erst

in der fünften Generation für völlig erlaubt14); doch wurden darum die in der vierten oder dritten Generation geschlossenen Ehen nicht

getrennt15), lich

als

und solche den neubekchrten Völkern sogar

erlaubt nachgegeben 16).

aber der Papst über alle Ehen aus ”).

ausdrück­

Im achten Jahrhundert sprach unter Verwandten

Der Erfolg war jedoch verschieden.

das Anathem

Für Deutschland hatte

der Papst selbst das Verbot aus besonderen Rücksichten auf die vierte

Generation beschränkt18), und dabei blieb man hier noch eine Zeit­

lang stehen19).

Durch den Einfluß der Schriften Isidors,

Sinne des römischen Rechts den sechsten Grad als

Verwandtschaft bezeichnet hatte,

der im

die Gränze der

wurden aber viele veranlaßt,

die

8) Die Ehe unter consobrim verbietet c. 8. c. XXXV. q. 2. (Conc. Agath. a. 506); nicht blos unter diesen, sondern auch unter den sobrini, Conc. Epaon. a. 517. c. 30., Conc. Arvern. a. 535. c. 12., Conc. Turon. II. a. 567. c. 21., Conc. Autisiodor. a. 578. c. 31., Conc. Paris. V. a. 615. c. 14. Die Bezeichnung geschieht hier überall nicht nach Graden, sondern mit den rö­ mischen Namen. 9) So rechnen Conc. Wenner, a. 742. c. 1., Capit. Hayton. Basil, a. 820. c. 21. 10) Capit. Compend. a. 757. c. 1. 11) Levit. XVIII. 6. 12) Conc" Tolet. H. a. 531. c. 5. 13) LexWisigoth.lib.III. tit. V.c.l. lib.XII.tit.il. c.6. tit.III. c.8. 14) Theodor. Cantuar. Capit. d’Acher. (§. 93. Note 6) c. 29. 15) Hinsichtlich der dritten Generation liegt der Beweis in der Lesart, die von der eben angesührten Stelle in dem unten Note 19. zu erwähnenden Schreiben des Rhabanus Maurus vorkommt. 16) Dieses zeigt das im §. 309. Note 7. erwähnte Schreiben Gregors. 17) Gregor. II. in Conc. Roman. a> 721. c. 4—9., Zacharias in Conc. Roman, a. 843- c. 13. 18) Gregor. II. epist. XIII. ad Bonifac. a. 726. c. 1. 19) Rhaban. Maurus epist. ad Humbert, episc. c. a. 847. (Regino de eccles. discipl. II. 201), Conc. Mogunt. a. 847. c. 30.

672 Eheverbote auf die sechste Generation sestzustellen22). Andere nah­ men das Verbot ganz allgemein, so weit eine Verwandtschaft nach­ weisbar toüre21). Noch Andere, denen aus dem römischen Recht und dem westgothischen Breviarium der siebente Grad als die Gränze der Verwandtschaft vorschwebte, setzten die Eheverbote auf die siebente Generation fest22). In England, wo Gregor blos die Ehen in der zweiten Generation untersagt hatte23), wurde das Verbot stufenweise auch auf die dritte2^), vierte23), sechste23) und siebente2^) ausge­ dehnt. Dem allgemeinen Gebrauche gemäß nahm nun auch der rö­ mische Stuhl die siebente Generation als die Gränze an28), wovon jedoch Ausnahmen bewilligt wurden22). Diese allzu große Ausdehnung, die in der That auch hauptsächlich durch die seit dem achten Jahr-

20) Anonymi Poenitentiale (§. 93. Note 14) c. 29., c. 21. c. XXXV. q. 2. (Conc. Cabil. a. 813), Benedict. Levit. Capitul. lib. I. c. 166. lib. II. c. 209. Daß Isidor dazu die Veranlassung gegeben hat, bezeugt ausdrücklich der eben angeführte Rhabanus Maurus. Aber selbst dieser gelehrte Mann bemerkte nicht die dabei mit uutergelausene Verwechselung von Graden und Ge­ nerationen. 21) L. Langob. Lothar. I. c. 98. 99., Benedict. Levit. Capitul. lib. III. c. 179. Add. IV. c. 74., Nicol. I. ad episc. German, c. a. 859. (Mansi T. XV. col. 141), Conc. Wormac. a. 868. c. 32. (c. 18. c. XXXV. q. 2). 22) Zuerst findet man diese Zahl als allgemeine Gränze der Verwandtschaft in Gregor. HI. epist. I. ad Bonifac. a. 731. c. 5. Dann in der Anwendung auf die Eheverbote in mehreren erdichteten dem Papste Gregor I. beigelegten Schreiben, wovon Gratian verschiedene Bruchstücke hat, c. 10. 20. §. 1. c. XXXV. q. 2., c. 2. c. XXXV. q. 8., und seit dem neunten Jahrhundert in vielen anderen Stellen, c. 2. 7. c. XXXV. q. 2. (Pseudo - Isidor.), Bene­ dict. Levit. Capitul. lib. I. c. 310. lib. II. c. 80. 139. lib. III. c. 432., Add. IV. c. 2. 74., Conc. Duziac. II. a. 873. , Hincmar. Rem. epist. synod. II. a. 879. 23) In dem oben §. 309. Note 7. erwähnten Schreiben. 24) Anonymi Poenitentiale (§. 93. Note 15) c. 28. 25) Leges Northumbr. presbyt. a. 950. c. 61., Conc. Aenham. a. 1009. c. 12. 26) Canuti leg. eccles. c. a. 1032. lib. I. c. 7. 27) Hucarii excerpt. (§. 89. Note 5) c. 137 (139). 28) Conc. Roman, a. 1059. c. 11. (c. 17. c. XXXV. q. 2), Conc. Roman, a. 1063. c. 9., c. 2. c. XXXV. q. 5. (Alexand. II. a. 1065), c. 1. X. de consang. (4. 14). 29) In Norwegen hatte der Cardinallegat Nicolaus (§. 109) die Ehe unter Verwandten des sechsten Grades gestattet; dieses wurde von CölestinuS III. 1195 bestätigt und näher declarirt. Die Decretale desselben steht in der Compil. II. Decretal IV. 8. c. 2. und daraus im c. 3. X. de consang. (4. 4). Darauf beziehen sich Gulathings- Lov Cap. 24., Frostathings - Lov in. 1., Eidsivathings-Christenret Cap. 30., Sverrers Kirchengesetz Cap. 56. In des Erzbischofs Jon Kirchengesetz Cap. 47. ist aber das Verbot, der nun eingetretenen Veränderung gemäß, auf den vierten Grad beschränkt. Die­ ses findet sich auch in dem alten Borgarthings-Christenret Cap. 15.

673 hundert vorgegangene Verwechselung zwischen

der römischen und ka­

nonischen Computation entstanden war, bewog

aber Jnnocenz III.

1216 die Eheverbote auf das vierte Glied zu reduciren30), und zwar

wurde schon die Ehe für erlaubt erklärt, wenn auch nicht Beide, son­ dern nur der Eine im fünften Gliede stände31).

Dieses bildet also

jetzt in der katholischen Kirche die Regel, die jedoch noch durch leichte Dispensationen in den entfernteren Graden gemildert wird. Die pro­

testantischen Kirchenordnungen und die neueren Landesgesetze haben aber unter Seitenverwandten die Ehe noch in weit näheren Graden gestattet33).

Im Orient wurde von Arcadius 405 die Ehe unter

Consobrinen dem bürgerlichen Rechte nach wieder erlaubt ®3);

allein

die Sitte blieb entschieden dagegen34), und die Kirche verbot sie daher

später wieder ausdrücklich35).

Durch die Basiliken wurde dieses auf

die Sobrinen ausgedehnt33), die Ehe unter Svbrinenkindern aber ge­ stattet 37).

Ueber die Verwandtschaft im siebenten Grade entstanden

nun aber Zweifel, bis daß zur Zeit des Patriarchen Alexius Studita (1033 —1051) eine solche Verbindung von der Synode zwar nicht für ungültig, doch aber für unerlaubt und strafbar, endlich durch ein

Synodal - Decret unter dem Patriarchen Lucas 1166, welches gleich auch der Kaiser Manuel Comnenus bestätigte, selbst für nichtig er­

klärt wurde33). Alle diese Beschränkungen galten auch für die außer­ ehelichen Blutsverwandten39).

30) C. 8. X. de consang. (4. 14). 31) C. 9. X. de consang. (4. 14). Früher scheint dieses anders gewesen zu sein, c. 3. X. eod. Das cap. 9. cit. redet zwar üur vom vierten und fünften Grad; allein die Praxis hat dieses generalisirt. 32) Eichhorn Kirchenrecht II. 393—405. 33) C. 19. C. de nupt. (5. 4), §. 4. J. eod. (1. 10). 34) Theodor. Cantuar. Capit. d’Acher. (§. 93. Note 6) c. 29. 157. 35) Conc. Trull, a. 692. c. 54. Weiter giengen die Verbote bis in das neunte Jahrhundert noch nicht. Dieses ergiebt stch aus Photii Nomocanoniit. XIII. cap. 2. 36) Basilic. lib. XXVIII. tit. 5. de nupt. prohib. c. 1., lib. LX. tit. 37. lex Iul. de adulter, c. 77. 37) Basilic. lib. XXXV. tit. 12. de Institut, sub condit. fact. c. 5. 38) Diesen ganzen Hergang erzählt ausführlich Balsamen ad Photii Nomocanon tit. XIII. cap. 2. (Justell. T. II. col. 1080—82). 39) Baisamon ad Photii Nomocanon tit. XIII. cap. 5. (Justell. T. II. col. 1107).

Walter'- Kirchenrecht.

13te Auflage.

43

674 /) Bon der nachgebildeten Verwandtschaft. Greg. IV. 11. Sext. IV. 3. De cognatione spirituali, Greg. IV. 12. De cognatione legali. 311.

Neben der Verwandtschaft, welche auf einer wirklichen

Zeugung beruht, giebt es mehrere künstliche, der wirklichen Verwandt­

schaft nachgebildete Verhältnisse,

verbote zur Folge.

und diese haben auch gewisse Ehe­

Diese nachgebildetc Verwandtschaft wird in die

bürgerliche und in xbic geistliche eingethcilt, je nachdem das Verhältniß, welches ihr zum Grunde liegt, durch das bürgerliche oder durch das

geistliche Recht erzeugt worden ist. I. Die bürgerliche Verwandtschaft entsteht aus der Annahme an Kindesstatt. Nach dem römischen Recht, wo eine Adoption nur von Männern vorgenommen werden konnte,

war die Ehe mit derjenigen, welche durch die Adoption in das Ver­ hältniß einer Tochter oder Enkelin gekommen war, - unbedingt, selbst noch nach aufgelöster Adoption, verboten ’). Die Verbote für die Sei­ tenlinie gründeten sich aber darauf, daß der Adoptirte durch die Adop­

tion Agnate der Agnaten des Adoptivvaters wurde.

Es war daher,

jedoch nur während daß die Adoption bestand, die Ehe des Adoptiv­

kindes mit den wirklichen Kindern, mit den von Söhnen erzeugten Enkeln, und mit der Mutter, Schwester, und Vatersschwester des Adoptivvaters untersagt1 2),3 4mit dessen Cognaten aber erlaubt8). Das

Verbot der Ehe mit den Kindern des Adoptivvaters wurde später im

Orient nochmals unbedingt wiederholt *), war aber, wiewohl Balsamon noch ausdrücklich daran erinnerte5),6 am Ende des zwölften Jahr­

hunderts nicht mehr im Gebrauch").

Die lateinische Kirche hat im

Allgemeinen das römische Recht recipirt7).

II. Die geistliche Ver-

1) Fr. 55. pr. de rit. nupt. (23. 2), §. 1. J. de nupt. (1. 10). 2) Fr. 12. §. 4. fr. 17. pr. §. 2. fr. 55. §. 1. de rit. nupt. (23.2). In der letzte» Stelle wird zwar auch noch die Mutterschwester unter den ver­ botenen Personen genannt; allein daß dieses ein unechter Zusatz sei, «giebt sich mit der größten Bestimmtheit aus den vorhergehendeil Stellen. 3) Fr. 12. §. 4. de rit. nupt. (23. 2). 4) Nov. Leon. 24. Auch die übrigen Verbote blieben, Basilic. lib. XXVIII. tit. 5. de nupt. prohib. c. 1. 8. 5) Balaamon ad Conc. Trullan. c. 53. (Bevereg. T. I. p. 220). Bai­ samon spricht aber von jener Novelle auch schon als von einer Halb vergesse­ nen Sache. 6) Dieses beweist die Aeußerung von Demetrius Chomatenus Archiepisc. Bulgar, de gradib. cognation. (Leunclav. Tom. I. lib. V. c. 315). 7) C. 1. c. XXX. q. 3. (Nicol. I. a. 866), c. 5. eod. (Paschal. II.

675 wandtschaft entsteht aus der Taufe, weil die Kirche diese als eine geistige Wiedergeburt betrachtet, wobei die Pathen die Stelle der El­ tern vertreten. Daher wurde im Orient schon von Justinian die Ehe zwischen ihnen und dem Täufling, dann auch zwischen ihnen und den Eltern des Täuflings, später selbst zwischen den beiderseitigen Kin­ dern, und endlich unter den beiderseitigen Verwandten so weit wie bei der wirklichen Verwandtschaft, verboten 8). Die lateinische Kirche hat sich früher fast eben so buchstäblich an jenen Begriff gehalten9), und diesen sogar' auf die Pathen bei der Firmung angewendet. Es war demnach die Ehe verboten zwischen dem Täufling und den Pathen ">), zwischen ihm und deren Kindern"), zwischen dem Pathen und der Pathin 12), endlich auch zwischen den Pathen und den Eltern des Täuf­ lings 13). Dieses letztere Verbot galt jedoch nicht überall14), muh ist die Anwendung auf den Ehemann, der bei dem eigenen Kinde seiner Frau Pathe gewesen wäre, entschieden verworfen worden^). Nach dem neueren Recht entsteht aber eine geistliche Verwandtschaft durch die Taufe blos zwischen den Pathen und dem Täufling und dessen Eltern, desgleichen zwischen dem Taufenden und dem Täufling und dessen Eltern. Eben so durch die Firmung 16). Die Protestanten ha­ ben sie ganz aufgehoben. a. 1110), c. 6. eod. (Dig. lib. XXIII. tit. 2. fr. 17), c. un. X. de cognat. legal. (4. 12). Gut behandelt diese Frage Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. IX. cap. 10. n. 3. 4. 5. * 8) C. 26. C. de nupt. (5. 4), Conc. Trull, a. 692. c. 53., Basilic. lib. XXVIII. tit. V; cap. 14., Balsamen ad Photii Nomocanon tit. XIII. cap. 5. (Justell. T. II. col. 1104), Idem ad Conc. Trullan. c. 53. 9) Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. IX. cap. 10. n. 6. leitet sogar den Ursprung dieses Hindernisses ganz aus der Vorschrift Justinians, also vom Civilrecht, ab. 10) C. 5. c. XXX. q. 1. (Rhaban. c. a. 840). 11) C. 1. c. XXX. q. 3. (Nicol. I. a. 866), c. 2. 3. eod. (Zachar. c. a. 745), c. 5. eod. (Paschal. II. a. 1110), c. 1. 3. 7. 8. X. 'de cognat. spirit. (4. 11), c. 1. eod. in VI. (4. 3). 12) C. 5. c. XXX. q. 1. (Rhaban. c. a. 846), Benedict. Levit. Capi­ tal. lib. II. c. 421., c. 3. de cognat. spirit. in VI. (4. 3). 13) C. 2. c. XXX. q. 1. (Conc. Compend. a. 757), c. 6. X. de cognat. spirit. (4. 11). 14) C. 3. c. XXX. q. 1. (Nicol. I. a. 860). 15) C. 1. c. XXX. q. 1. (Suppos. epist.), c. 4. eod. (Conc. Cabilon. II. a. 813), c. 5. i. f. eod. (Rhaban. c. a. 840) , c 6. eod. (Nicol. I. a. 864), c. 2. X. de cognat. spirit. (4. 11). 16) Conc. Trid. Sess. XXIV. cap. 2. de ref. matr. Rechtsfälle geben die Resolutionen 105. 106. zu dieser Materie.

676 f) Die Schwägerschaft.

«) Wirkliche Schwägerschaft.

Greg. IV. 13. De eo qui cognovit consanguineam uxoria suae vel spon-

sae, Greg. IV. 14. Clem. IV. 1. De conaanguinitate et affinitate. 312. schaft.

Gewisse Eheverbote entstehen endlich aus der Schwäger­

I. Die eigentliche Schwägerschaft ist das Verhältniß, welches

durch die Ehe zwischen dem einen Ehegatten und den Blutsverwandten

des Andern gestiftet wird. Die Eheverbote daraus gründen sich haupt­ sächlich darauf, daß die Schwäger untereinander sich wie wahre Ver­

wandte betrachten sollen.

Der Umfang derselben kann jedoch durch

das positive Recht verschieden bestimmt werden. Das mosaische Recht verbot die Ehe mit der Stiefmutter, mit der Stieftochter und deren

oder des Stiefsohns Tochter, mit der Schwiegermutter, der Schwieger­

tochter, und mit des Bruders und des väterlichen Oheims Wittwe'). Nach dem römischen Recht war früher blos die Ehe mit der Schwie­

ger- und Stiefmutter, und umgekehrt mit der Schwieger- und Stief­

tochter untersagt");

später wurde aber, unstreitig aus Rücksicht auf

den Ausspruch der Kirche"), auch die Ehe mit der Frau des verstor­

benen Bruders und mit der Schwester der verstorbenen Frau verbo­

ten^).

Innerhalb

dieser Gränzen blieb nun das canonische Recht

lange stehen"). Später aber erklärte die Kirche, buchstäblich den Satz

festhaltend, daß unter den Ehegatten eine Einheit des Fleisches statt finde"),

die Ehe des Einen mit den Blutsverwandten des Anderen

für eben so

unerlaubt,

als ob er dieser Andere selbst wäre.

Auch

wurde nun die Schwägerschaft nach Gradm, und zwar jenem Begriff

zu Folge, auf dieselbe Weise wie die wirkliche Verwandtschaft berech-

1) Levit. XVIII. 8. 14-17. XX. 11. 12. 14. 20. 21., Deuteron. XXII. 29. XXVII. 20. 23. Die Ehe mit der Schwester der Frau nach dem Tode der Letzteren war aber nicht verboten, Levit. XVIII. 18.; und die Er­ wähnung der Frau des mütterlichen Oheims (Levit, ex edit. vulg. XX. 20.) findet sich im Urtexte nicht. 2) Fr. 14. §. 4. de rit. nupt. (23. 3), fr. 4. §. 5. 6. 7. de grad, cognat. (38. 10), c. 17. C. de nupt. (5. 4). 3) Conc. Eliber. a. 313. c. 61., Conc. Neocaesar. a. 314. c. 2. Can. Apost. 18. 4) C. 2. 4. C. Th. de incest. nupt. (3.12), c. 5. 8. 9. C. Just. eod. tit. (5. 5). Diese Stellen sind sämmtlich jünger, wie die angeführten Concilien. 5) Dieses zeigt noch das im §. 309. Note 7. angeführte Schreiben von Gregor I. 6) C. 15. c. XXXV. q. 2. (Augustin, c. a. 402).

677 net ’). So wurde das Verbot der Ehe unter Verschwägerten allmählig bis in das dritte Glied8), bis in das dritte einerseits und das vierte andererseits8), dann bis in das vierte Glied ganz48), dann bis in das sechsten), endlich dem allgemeinen Ausspruch des Papstes ge­ mäß 12), auf alle Verschwägerten13), oder bis in das siebente Glied14) ausgedehnt. Jnnocenz III. führte es aber auf das vierte Glied zu­ rück43). Die protestantischen Kirchenordnungen und Landesgesetze ha­ ben es noch weit mehr eingeschränkt43). Unter den beiderseittgen Bluts­ verwandten im Verhältniß zu einander hat aber die lateinische Kirche niemals eine Schwägerschaft angenommen17). Nur zwischen den in zweiter Ehe erzeugten Kindern einer Frau und den Verwandten des ersten Mannes war ausnahmsweise sonst die Ehe verboten18); jetzt ist dieses aber ebenfalls von Jnnocenz III. aufgehoben48). In der griechischen Kirche wurde mittlerweile das Verbot der Ehe unter Ver­ schwägerten auch sehr erweitert88); zuletzt bis auf den sechsten8'), von einigen Patriarchen sogar bis auf den siebenten Grad88); doch blieben deren Nachfolger bei dem sechsten stehen2$). Merkwürdig war

7) C. 3. c. XXXV. q. 5. (Zachar. a. 742), c. 14. c. XXXV. q. 2. (Conc. Maciens. a. 814), c. 13. eod. (cap. incert. saec. noni). 8) Theodor. Cantuar. Capitul. d’Acher. (§. 93. Note 6) c. 30., Hayton. Basil. Capitul. c. 21., c. 3. c. XXXV. q. 2. (cap. spur. saec. noni). 9) Capit. Compend. a. 757. c. 2. 10) Conc. Mogunt. a. 847. c. 30., Conc. Aenham. a. 1009. c. 12. 11) Canuti leg. eccles. c. a. 1032. lib. I. c. 7. 12) Greg. II. in Conc. Roman, a. 721. c. 9. Si quis de propria cognatione vel quam cognatus habuit duxerit uxorem, anathema sit. 13) C. 10. c. XXXV. q. 2. (Epist. spur. saec. octav.), L. Langob. Lothar. I. c. 98. 99-, Benedict. Levit. Capitul. lib. III. c. 179. Add. IV. c. 74., Conc. Wormac. a. 838. c. 32. (c. 18. c. XXXV. q. 2), Hincmar. Rem. epist. synod. II. a. 879. 14) C. 7. c. XXXV. q. 2. (cap. spur. saec. noni), Capit. Reg. Franc. Add. IV. c. 2., c. 1. X. de consang. (4. 14). 15) C. 8. X. de consang. (4. 14). 16) Eichhorn Kirchenrecht II. 415—19. 17) Anonym. Poenitent. (§.93. Note 15) c. 25., c. 5./ X. de consang. et affin. (4. 14). 18) C. 1. c.XXXV. q. 2. (Gregor. I. a. 602), c. 2—5. eod. (cap. incert.). 19) C. 8. X. de consang. et affin. (4. 14). 20) Dieses zeigen schon die Basilic. lib. LX. tit. 37.1. Iul. de adulter, c. 77. 21) Dieses ist die Gränze in einer Synodalsentenz unter Michael CerulariuS (1051—59), Leunclav. T. I. lib. III. p. 206. 22) So weit giengen die Patriarchen Xiphilinus (1073—75) und Eugratius (1082—84), Leunclav. T. I lib. IV. p. 266. 268. Das Deeret des Er­ steren wurde selbst durch eine goldene Bulle des Kaisers NicephoruS Botoniata 1080 bestätigt, Zachariae Ius Graeco-Romanum III. 338. 23) So rechnet der Patriarch Nicolaus III. (1084 — 1111), Leunclav.

678 es, daß selbst die Blutsverwandten der beiden Ehegatten unter ein­ ander als verschwägert bewachtet wurden.

Daher durften zwei Brü­

der, oder Vater und Sohn aus einer Familie nie zwei Schwestern,

oder Mutter und Tochter aus der

anderen heirathen 2*).

Später

wurde dieses sogar auch bis in den sechsten Grad ausgedehnt25); doch machte der Kaiser Alexius26) und Manuel Conmenus27) meh­ rere Einschränkungen22).

II. Zwischen dem einen Ehegatten und den

Schwägern des Anderen besteht eine eigentliche Schwägerschaft nicht. Doch war nach dem römischen Recht die Ehe des Stiefvaters mit der Frau des Stiefsohns, und die Ehe der Stiefmutter mit dem Mann

ihrer Stieftochter verboten22).

siliken aufnahmen22),

Diese Vorschrift, welche auch die Ba­

gab in der griechischen Kirche Veranlassung,

überhaupt aus der Schwägerschaft von einer dritten Familie her (ex r§t/k»-k/ae) Eheverbote abzuleiten; allein die Praxis gieng hierin nicht

weiter, wie das bürgerliche Recht2').

Auch in der lateinischen Kirche

führte theils der Einfluß des römischen Rechts, theils der angenom­

mene Begriff von der Einheit des Fleisches dahin, die Ehe zwischen einem Manne und

den Schwägern seiner verstorbenen Frau zu un­

tersagen22); ja es wurden sogar, wenn zwei Weiber an zwei Consobrinen verheirathet gewesen waren, einem Manne, der Eine derselben,

nachdem sie Wittwe geworden, geheirathet hatte, nach deren Tode die Andere zu heirathen nicht gestattet22). So

wurde neben der eigent-

T. I. lib. III. p. 216. Daß dieses als die Gränze seit dem zwölften Jahrhun­ dert fest stand, beweist auch Baisamon ad Photii Nomocanon tit. XIII. cap. 2. (Justell. T. II. col. 1081. 1084), Matth. Blastar. Syntagma litt. B. cap. 8. (Bevereg. T. II. p. 47). 24) Conc. Trullan. a. 692. c. 64., Basilic. lib. LX. tit. 37. 1. Iul. de adulter, c. 77. 25) Dieses geschah unter dem Patriarchen Sisumius (991—97), Leunclav. T. I. lib. UI. p. 197. 26) Alexius erklärte gewisse Ehen dieser Art für völlig erlaubt, Zachariae Ins Graeco-Romanum III. 412., und diese Entscheidung nahm auch die Syn­ ode unter Nicolaus III. (1084—1111) an, Leunclav. I. I. lib. III. p. 215. 27) Manuel erklärte gewisse Ehen dieser Art zwar für strafbar, allein nicht für ungültig, Leunclav. T. I. lib. II. p. 167. 28) Man findet den Inhalt dieser geistlichen und weltlichen Verordnungen zusammengestellt von Baisamon ad Photii Nomocanon tit. XIII. cap. II. (Ju­ stell. T. II. col. 1082—84). 29) Fr. 15. de rit. nupt. (23. 2). 30) Basilic. lib. XXVIII. tit. 5. de nupt. prohib. c. 3. 31) DaS Genauere darüber findet man bei Matth. Blastares Syntagma litt. B. cap. 8. (Bevereg. T. II. p. 49—51). 32) C. 12. c. XXXV. q. 2. (cap. incert.). 33) C. 22. c. XXXV. q. 2. (Paschal. II. c. a. 1110).

679 lichen, noch eine zweite und dritte Gattung von Schwägerschaft un­ terschieden 34). Jnnocenz III. hat aber alle Ehehindernisse dieser Art aufgehoben35).36III. Nach dem älteren Recht war auch, wenn man mit einer Person unerlaubten Umgang gehabt hatte, die Ehe mit einer Blutsverwandten derselben verboten33). Nach dem neueren Recht bil­ det aber eine solche ungesetzliche Schwägcrschaft nur bis zum zweiten Grad ein trennendes Ehehinderniß 37).38 39 Kommt sie zu einer bereits bestehenden Ehe, nämlich durch Ehebruch des einen Ehegatten mit einer Verwandten des Anderen hinzu: so machte sie nach dem älteren Recht ebenfalls die Ehe nichtig, und der unschuldige Theil durfte wie­ der heirathen33). Nach dem späteren Recht soll aber das Band der Ehe und, wenn der Unschuldige will, selbst das eheliche Leben fort­ bestehen33). ß) Bon der nachgebildeten Schwägerschaft.

313. Der nachgebildetcn Verwandtschaft entsprechend entsteht in folgenden Fällen auch eine nachgebildete Schwägerschaft. I. Aus der Adoption. Das römische Recht untersagte daher die Ehe zwischen dem Adoptivkind und der Frau des Adoptivvaters; und umgekehrt zwischen Letzterem und der Frau des Adoptivkindes; beides selbst nach aufge­ hobener Adoption *). Daran hält sich auch die kirchliche Praxis2). Jenes ist auch im Orient beibehalten worden3). II. Aus der geist­ lichen Verwandtschaft. Daher war nach dem älteren Recht die Ehe verboten zwischen dem Ehegatten des Pathcn und dem Täufling und

34) Gratian. ad c. XXXV. q. 2. 35) C. 8. X. de consang. et affin. (4. 14). Man sehe dazu die Reso­ lution 100. der congregatio concilii zum Conc. Trid. Sess. XXIV. de ref. matr. ed. Richter. 36) C. 5. c. XXXV q. 2. (Conc. Compend. a. 757), c. 6. eod, (Conc. Tribur. a. 895), c. 2. 5. 7. 8. 9. X. de eo qui cognov. consanguin. uxor. (4. 13). 37) Conc. Trid. Sess. XXIV. cap. 4. de ref. matr. Mas sehe dazu die Resolution 102. 38) Capit. Wenner, a. 752. c. 2. 10. 11. 12. 18. (c. 21. 24. c. XXXII. q. 7), c. 19. eod. (Capit. Compend. a. 757), c. 20. eod. (Conc. Mogunt. a. 813). 39) C. 6. 10. 11. X. de eo qui cognov. consanguin. uxor. (4. 13). 1) Fr. 14. pr. §. 1. de rit. nupt. (23. 2). 2) Dieses zeigt die Resolution 107. der congregatio concilii jiun Conc. Trid. Sess. XXIV. de ref. matr. ed. Richter. 3) Basilic. lib. XXVIII. tit. 5. de nupt. prohib. c. 2.

680

dessen Eltern *). Jedoch waren schon damals die Meinungen darüber verschieden^), und jetzt ist dieses Hinderniß stillschweigend aufgehoben3). III. Aus einem Verlöbniß aus Rücksichten des öffentlichen Anstandes (impedimentum publicae honestatis). Schon das römische Recht betrachtete die Braut des Vaters gleichsam als die Stiefmutter der Kinder, und die Eltern des einen Verlobten gleichsam als die Schwie­ gereltern des Anderen, und leitete daraus die entsprechenden Ehever­ bote ab7). Diese sind auch in den Basiliken wiederholt3). Bald gieng man aber weiter3), und endlich wurden zwischen dem Verlobten und dell Blutsverwandten des Anderen, ja selbst zwischen den beiderseitigen Blutsverwandten unter einander, dieselben Hindernisse allgenommen, als ob eine wirkliche Ehe Statt gefunden hätte10). Alexius Comnenus ließ die Wirkung selbst für die unfeierlichen Verlöbnisse fortbe­ stehen n), wiewohl er übrigens nur die feierlichen als eigentliche Ver­ löbnisse erklärt hatte12). Auch das kirchliche Recht des Abendlandes dehnte die Eheverbote zwischen dem Verlobten und den Verwandten des Anderen sehr weit aus13); jetzt aber sind sie auf den ersten Grad beschränkt"). Uebrigens wird ein Hinderniß aus Rücksicht des öffent­ lichen Anstandes auch aus einer nicht consummirten Ehe angenommen, 4) C. 1. c. XXX. q. 4. (Nicol. I. a. 865), c. 2. 3. eod. (cap. incert.), 4. de cognat. spirit. (4. 11), c. 1. eod. in VI. (4. 3). 5) C. 4. c.XXX. q. 4. (Conc. Tribur. a. 895), c. 5. eod. (Paschal. II. c. a. 1110). Die Unterscheidung, wodurch Gratian diese Stellen mit den vorigen vereinigen will, ist ganz grundlos. 6) Conc. Trid. Sess. XXIV. cap. 2. de ref. matr. Daß die hier ge­ machte Aufzählung eine ausschließliche sei, erklärte auch die Const. Quum illius Pii V. a. 1566. 7) Fr. 12. §. 1. 2. fr. 14. §. 4. de rit. nupt. (23. 2), fr. 6. §. 1. fr. 8. de grad, cognat. (38. 10), §. 9. J. de nupt. (1. 10). 8) Basilic. lib. XXVIII. tit. 5. de nupt. prohib. c. 2. lib. XLV. tit. 3. de gradib. cognat. c. 4. 6. 9) Dieses zeigt schon das Scholion zu Basilic. lib. XXVIII. tit. 5. c. 2. 10) Dieses beweist die Verordnung des Patriarchen Xivhilinus, verbunden mit der ihr ertheilten Bestätigung des Kaisers Nicephorus (§. 312. Note 22). 11) Dieses ergiebt sich aus der oben (§. 303) angeführten Verordnung vom Jahr 1084, Zachariae Ius Graeco-Romanum III. 359., Balsamon ad Photii Nomocan. tit. XIII. cap. II. (Justeil. T. II. col. 1085—89). Doch ist der Sinn derselben in dieser Beziehung etwas dunkel. 12) Man sehe darüber §. 303. Note 17. 13) C. 11. c. XXVII. q. 2. (cap. ine.), c. 12. eod. (Greg. I. a. 595), c. 14. eod. (Idem c. a. 600), c. 15. eod. (Julius cap. ine.), c. 32. eod. (Conc. Compend. a. 757), c. 31. eod. (Conc. Tribur. a. 895), c. 3. 4. 8. X. d^ sponsal. (4. 1), c. 4. 5. 12. X. de desp. impub. (4. 2), c. un. de sponsal. in VI. (4. 1). 14) Conc. Trid. Sess. XXIV. cap. 3. de ref. matr.

c.

681

dieses aber wie aus der Schwägerschaft bis zum vierten Grade aus­ gedehnt 1S). C) Aufschiebende Hindernisse.

Greg. IV. 4. De sponsa duorum, IV. 6. Qui clerici vel voventes matrimonium contrahere possunt, IV. 16. De matrimonio contracto contra interdictum ecclesiae.

314. Neben den Hindernissen, welche die eingegangene Ehe nich­ tig machen, giebt es noch andere Umstände, unter welchen die Kirche die Eingehung einer Ehe verbietet, deren Beachtung mithin für den Geistlichen Amtspflicht ist, die aber doch nicht die Annullirung der einmal abgeschlossenen Ehe nach sich ziehen. Diese sind folgende. I. Ein bestehendes Verlöbniß mit einer anderen Person. Dieses wird, wenn es ein feierliches ist, in der griechischen Kirche sogar als ein Nichtigkeitsgrund behandelt *). II. Ein unfeierliches Gelübde der Keusch­ heit. Die Kirche betrachtete nämlich auch ein solches als eine gegen Gott eingegangene Verpflichtung, wovon der eigenmächtige Rücktritt unerlaubt sei2*).1 3 Die Ehe selbst wird aber dadurch nicht annullirts). III. Das dem Pfarrer ertheilte Verbot des geistlichen Oberen die Ehe abzuschließen4).5 Der Papst kann ein solches Verbot selbst bei Strafe der Nullität verordnen ^). IV. Hierhin sind ferner alle Fälle zu zählen, wo den Geistlichen durch einen allgemeinen Erlaß deS kirch­ lichen Oberen in Berücksichtigung der einer Ehe entgegenstehenden Landesgesetze die Mitwirkung zur Abschließung derselben untersagt ist6). V. Dem älteren Gebrauche gemäß, kraft dessen in den Zeiten des Kirchenjahres, wo die Kirche den Sinn der Gläubigen vorzugs­ weise für ihre Feier in Anspruch nimmt, die Celcbration der Ehen untersagt war7), ist in der Advent- und Fastenzeit die solenne Ab­ ib) Dieses zeigen die Resolutionen 101. 103. zu der genannten Stelle. 1) Man sehe darüber §. 303.

2) Siricius epist. X. ad Gallos, c. a. 390. c. 1 (4), c. 9. c. XXVII. q. 1. (Innocent. I. a. 404), c. 3. D. XXVII. (Theodor, a. 670), c. 2. c. XXVIH: q. 1. (Gregor. III. a. 739). 3) 0. 2. D. XXVII. (August, a. 401), c. 41. c. XXVII. q. 1. (Idem eod.), c.l. c. XX. q. 3. (Leo I. a. 443), c. 3. 4. 5. 6. X. qui clerici (4.6). 4) C. 3. pr. X. de clandest. despons. (4.3), c. 1. 2. X. de matrim. contracto contra interd. (4. 16). Rechtsfälle dazu geben die Resolutionen 110—113. zum Gone. Trid. Sess. XXIV. de ref. matr. ed. Richter. 5) Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. XII. cap. 6. n. 3. 6) Man sehe oben §. 304. Nr. VI.

7) C. 8. c. XXXIII. q. 4. (Gone. Laodic. c. a. 372), c. 9. eod. (Gone.

682 schließung einer Ehe verboten8). Die protestantischen Kirchenordnun­ gen haben diese« auch beibehalten. VI. Ehemals entstand auch ein Hinderniß aus den öffentlichen Pönitenzen, weil man während dersel­ ben keine Ehe eingehen durfte, und aus dem Verhältniß des Lehrers zum Katechumenen, weil dieses ein blos väterliches sein sollte3*).1 42 Bei­ des ist aber mit der veränderten Disciplin verschwunden. D) Von der Dispensation von Ehehindernissen.

315. Die Dispensation von Ehehindernissen beruht auf densel­ ben Gründen und geschieht nach denselben Grundsätzen wie die Dis­ pensationen überhaupt'). Da nämlich die Ehehindernisse auf allge­ meinen Kirchengesetzen beruhen, so können die Bischöfe davon nur in sofern dispensiren, als ihnen das Recht dazu entweder durch das gemeine Recht oder durch eine besondere Vollmacht des Papstes über­ tragen ist. I. In der ersten Beziehung ist zu unterscheiden2). In den gewöhnlichen Zuständen kann von den annullirenden Hindernissen, so weit dabei überhaupt von einer Dispensation die Rede sein sann3), desgleichen von den aufschiebenden Hindernissen, die aus dem unfeier­ lichen Gelübde der Keuschheit oder des Eintrittes in einen geistlichen Ordm und aus der Häresie entstehen, nur der Papst dispensiren; von den übrigen kann es der Bischofs). Außerordentlicherweise kann er eS aber auch von annullirenden Hindernissen unter der Voraus­ setzung von sechs Umständen: wenn das Hinderniß ein geheimes, die Ehe öffentlich geschlossen, und wirklich consummirt ist; ferner die Ehe­ gatten das Hinderniß als solches nicht gekannt haben, die Dispensatiou beim päpstlichen Stuhle nicht leicht nachgesucht, und die Ehe

Bracar. II. c. a. 572),' c. 11. eod. (Nicol. I. a. 866), c. 10. eod. (Conc. Salegunst, a. 1023), c. 4. X de fer. (2. 9). 8) Conc. Trid. Sess. XXIV. can. 11. de sacr. matr. cap. 10. de ref. matr. Man sehe dazu die Resolution 114. 9) C. 5. X. de cognat. spirit. (4. 11), c. 2. eod. in VI. (4. 3). 1) Man sehe darüber §. 180. 2) Davon handelt Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. IX. cap. 2. 3. 3) Bei den annullirenden Privathindernissen ist dieses nicht der Fall. Denn wenn der verletzte Theil die Ehe will, so genügt sein bloßer ConsenS und eine Dispensation ist überflüssig. Wenn er aber nicht will, so ist sie unmöglich. 4) Bei dem Verlöbniß kann jedoch von einer eigentlichen Dispensation nicht die Rede sein, weil sie eine Rechtsverletzung des Anderen enthalten würde; sondem nur von einem Erkenntniß darüber, daß das Verlöbniß unter den ge­ gebenen Verhältnissen seine verbindende Kraft verloren habe.

683 nicht ohne Aufsehen getrennt werden kann5).

Mehrere Canonisten ge­

ben dem Bischöfe das Recht von geheimen annullirenden Hindernissen zu dispensiren auch bei

dringende Umstände eintreten, Ehe auch nicht verschoben

Papstes

zu schließenden Ehe dann, wenn

einer erst wo

der Papst nicht befragt und die

werden kann6).

zu dispensiren wird nach dem

II. Das Recht statt des

jetzt

bestehenden Gebrauche

auf die Bischöfe als Delegirte des apostolischen Stuhles

in

ausge­

dehntem Umfange durch besondere Vollmachten übertragen, so daß nur

die besonders wichtigen Sachen an den Papst selbst kommen.. III. Das

Gesuch geht dann, wenn das Hinderniß nicht verheimlicht zu werden braucht, durch das bischöfliche Ordinariat

an die Datarie,

und eS

wird dabei, um sich für die von der Kirche verlangte Jndulgenz dank­ bar zu erweisen, eine dem Stande und Vermögen angemessene Summe entrichtet, die zu den Missionen und ähnlichen nützlichen Zwecken ver­ wendet wird7). Bei geheimen Hindernissen, wo die Dispensation blos

für das Gewissen nachgesucht wird, geht das Gesuch ohne Angabe der

wahren Namen durch den Beichtvater und das Ordinariat

an die

römische Pönitentiarie, und die Bewilligung erfolgt unentgeltlich. In

dem Gesuch müssen die Gründe,

welche dafür sprechen, mit Wahr­

und

es wird auf die individuellen Ver­

haftigkeit angegeben fein8),

hältnisse, auf Stand, Vermögen, Alter, Gelegenheit der Versorgung und dergleichen, mit großer Umsicht Bedacht genommen. sich um eine bereits geschlossene Ehe,

Handelt es

so ist dieses, wenn auch nur

der eine Theil dabei in gutem Glauben war, ein Umstand, der die Dispensation erleichtert.

Haben

aber

beide dabei

wissentlich oder

leichtsinnig gehandelt, so soll dieses sehr strenge genommen werden9). IV. Wird zu einer bereits geschlossenen Ehe dispensirt, so muß, weil bis dahin rechtlich keine Ehe bestand, der Eheconsens mit vollem Be­ wußtsein,

und zwar der Strenge nach in der Tridentinischen Form,

5) So sagt Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. IX. cap. 2. n. 1. Man sehe auch die Resolutionen 120 — 122. der congregatio concilii zum Conc. Trid. Sess. XXIV. de ref. matr. ed. Richter. 6) Man sehe darüber Benedict. XIV. lib. IX. cap. 2. n. 2. 3. 7) Pallavicin. Hist. Conc. Trident, lib. XXIII. cap. 8. n. 21. Man sehe dazu Phillips Kirchenrecht V. 566. 8) Const. Sicut accepimus Pii V. a. 1566., Const. Ad apostolicae Benedict. XIV. a. 1742. 9) Conc. Trid. Sess. XXIV. cap. 5. de ref. matr. Dieses ist auch durch ein Rescript Gregors XVI. vom 22. Nov. 1836 an dm Prodatar Car­ dinal Pacea nachdrücklich eingeschärft worden.

684

wiederholt werden. Aus Schonung der Betheiligten wird jedoch, wenn

das Hinderniß nicht öffentlich bekannt ist,

lassen 10).

dieses zweite Requisit er­

Die Verbindung gilt juristisch erst von da an als Ehe.

Eine Ausnahme leidet dieses nur dann, wenn der Papst der Dispen­ sation eine rückwirkende Kraft bis auf deu Anfang Verbindung beilegt

durch kraft

geschlossenen

der

(dispensatio in radice matrimonii) ,

und da­

seiner Machtvollkommenheit für die vorliegende Ehe die

Wirkungen, die das Hinderniß sonst hat, auch für die Vergangenheit

aufhebtu).

V. Hinsichtlich der

Gränzen des

Dispensationsrechtes

versteht es sich von selbst, daß von den wesentlichen, aus der Natur und Offenbarung fließenden Vorschriften, namentlich von dem Verbot

der zweiten Ehe bei Lebzeiten pensirt werden kann;

des anderen Ehegatten,

gar nicht dis-

aber auch davon abgesehen giebt es noch an­

dere Fälle, wo nie dispensirt wird, namentlich bei vorhandener Affi­

nität ersten Grades in

absteigender Linie, und wenn Ehebruch

und

wirkliche Tödtung des anderen Ehegatten vorhergegangen sind 12). VI. Bei den Protestanten steht das Recht zu dispensiren insgemein dem

Landesherrn zu; in England aber ist es, so weit es sonst der Papst

hatte, dem Erzbischof von Canterbury übertragen worden.

E) Von dem Einspruch und der Nichtigkeitsklage. Gregor. IV. 18. Qui matrimonium accusare possunt vel contra illud testari. 316.

Aus jedem gesetzlichen Hinderniß entspringt das

Recht

wider die Abschließung der Ehe Einspruch z»l erheben. Bei Privathin­ dernissen steht dieses jedoch nur dem verletzten Theile zu;

öffentliche

Hindernisse muß der Pfarrer von Amtswegen berücksichtigenx), und selbst jeder Dritte ist sie anzuzeigen verpflichtet2).

Die Wirkung be­

steht dann darin, daß vorläufig, wenn die Anzeige nur einigermaßen glaubwürdig und bescheinigt ist2), die Abschtießung der Ehe bis nach

10) So ist die Praxis. Eine Parallele dazu giebt §. 305. Note 6. 11) So bestimmt diesen Begriff Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. XIII. cap. 21. n. 7. 12) Benedict. XIV. epist. ad Ignatium Realem a. 1757. §. 13. 14. 15. (in eiusdem Bullar. T. IV. Append. II. p. 7. 8). 1) C. 3. pr. X. de clandest. despons. (4. 3). 2) C. 7. X. de cognat. spirit. (4. 11). 3) C. 22. X. de testib. (2. 20), c. 12. 27. X. de sponsal. (4. 1).

685 beendigter Untersuchung ausgesetzt werden muß4). Ist das Hinderniß ein trennendes, so begründet es das Recht, auch gegen die bereits ab­ geschlossene Ehe eine Nichtigkeitsklage anzustellen5). Zu dieser Klage sind, wie bei dem Einspruch, wenn das Hinderniß ein öffentliches ist, Alle berechtigt und verpflichtet, welche die nöthigen Jndicien beibrin­ gen können, und nicht grade besonders verdächtig finb6); doch muß der geistliche Obere, wenn er das Dasein eines solchen NichtigkeitSgrundes erfährt, selbst von Amtswegen Untersuchung erhebens. Als Beweismittel werden Urkunden und Zeugen, und unter diesen auch Verwandte und Hausgenossen 8), zugelassen, nicht aber Eidesdelation 2), auch nicht unbedingt das Geständniß der Ehegatten, wegen der Gefahr der Collusion 10). Ueberhaupt muß ein sehr bestimmter und vollstän­ diger Beweis geliefert werden, und im Zweifel ist eher für als wi­ der die Ehe zu erkennen n). In diesem Geiste ist durch eine neuere sehr weise Verordnung Folgendes festgesetzt. In der Diöcese muß vom Bischof ein Defensor ernannt werden, der bei jeder gegen eine Ehe erhobenen Nullitätsklage herbeizuziehen und zu vereiden ist, und von Amtswegen für die Aufrechthaltuug der Ehe zu streiten hat. Zur Annullirung sind immer zwei gleichlautende Sentenzen erforderlich. Der Defensor muß daher von der ersten Sentenz, wenn sie auf An­ nullirung lautet, appelliren, und es ist in zweiter Instanz in gleicher Weise ein Defensor zu bestellen. Dieser kann, wenn das zweite Urtheil das erste bestätigt, auch noch appelliren; er muß es aber nid)t12). 4) C. 3. pr. de clandest. despons. (4. 3), c. 3. X. de matrim. contract. contra interdict. eccles. (4. 16). 5) Bon diesem Verfahren handelt Bouix de iudiciis eccles. II. 429 —454. Ueber den Eheproceß in Oesterreich erschienen die Schriften von Schül­ ler und Schopf 1856, Schulte 1858, Loberschiner vierte Aufl. 1859. 6) C. 2. 6. X. qui matrim. accus. (4. 18), c. 7. X. de cognat. spirit. (4. 11). 7) C. 3. X. de divort. (4. 19). 8) C. 3. c. XXXV. q. 6. (Urban. II. c. a. 1092), c. 3. X. qui ma­ trim. accus. (4. 18), c. 10. X. de sentent. et re iudic. (2. 27). 9) Das kanonische Recht sagt dieses zwar nicht ausdrücklich, allein es ist von der Praxis ganz richtig angenommen worden, weil die Eidesdelation eine Art von Transact in sich schließt, Transacte über die Existenz der Ehe aber überhaupt unzulässig sind, c. 11. X. de transact. (1. 30). Doch sind auch. Einige anderer Meinung. Man sehe Jacobson in Weiske Rechtslexikon III. 638. 10) C. 5. X. de eo qui cognov. consanguin. (4. 13). 11) C. 1. X. de consanguin. (4. 14), c. 26. X. de sentent. et re iu­ dic. (2. 27). Beispiele geben die Resolutionen 135—137. der congregatio concilii zum Loire. Trid. Sess. XXIV. de ref. matr. ed. Richter. 12) Alles dieses bestimmt die Const. Dei miseratione. Benedicti XIV. a. 1741. Diese steht auch in meinen Fontes.

686

Wo die in einer anderen als der Tridentinischen Form oder ganz formlos geschloffenen Ehen ausnahmsweise kirchlich und auf Annullirung

gültig sind1S),

einer solchen geklagt wird, sind unstreitig jene

Vorschriften ebenfalls anzuwenden, weil dann solche Ehen nicht min­ der fest sind, als die anderen.

Ist die Nichtigkeit anerkannt, so liegt

darin, daß die Ehe von Anfang an nicht wirklich, sondern blos dem Scheine nach existirte;

Dispensation

sie wird daher durch das Urtheil, wenn nicht

eintritt, rückwärts mit allen Wirkungen aufgehoben.

Das Urtheil geht aber, weil es sich hier nicht um reine Privatrechte

handelt, nie in Rechtskraft über, und kann daher eines Irrthums

wegen immer wieder aufgehoben werden u).

Doch ist eine Klage zu

diesem Zwecke nur wegen neu aufgefundener Thatsachen^), auch nicht wegen eines blos pecuniären Interesse'"), zuzulassen. F) Zux Revision der Gesetzgebung über die Ehehindernisse.

316 a.

Ueberblickt man die Geschichte der Gesetzgebung über die

Ehehindernisse, so

ergiebt sich dreierlei.

Erstens hat die Kirche ihr

System der Hindernisse zu keiner Zeit als abgeschlossen

betrachtet,

sondern sie ist immer dasselbe nach den fortschreitenden Zeitansichten und Zeitbedürfnissen zu reformiren bemüht gewesen. Zweitens hat da­

bei die Kirche auch die bürgerliche Gesetzgebung als Ausdruck des sitt­ lichen Geistes beachtet und beziehungsweise in sich ausgenommen. Drittens haben daher große Veränderungen in den geistigen und nationa­

len Zuständen auf diesen Theil der kirchlichen Gesetzgebung vorzüglich

eingewirkt; so das Germanenthum, die Rechtswissenschaft des Mittel­

alters, die Glaubenstrennung des sechzehnten Jahrhunderts. Aus die­ sen Gründen wird auch in der jetzigen Zeit, die unbestreitbar in der

geistige« Entwicklung der europäischen Menschheit eine wichtige Epoche

bildet, eine Revision der Ehegesetzgebung, auch mit Rücksicht auf die weltlichen Rechte, Bedürfniß werden.

Denn erstens haben die Fort­

schritte der Wissenschaft und der bürgerlichen Gesetzgebung manches Wahre zum Bewußtsein gebracht,

tigt lassen kann.

was die Kirche nicht unberücksich­

Zweitens hat die bürgerliche Ehegesetzgebung doch

13) Man sehe §. 300. Nr. in. IV. VH.

14) C. 7. 11. X de sentent. et re iudic. (2. 27), c. 5. 6. X de fri­ gid. (4. 15). 15) Const. Dei nnneratione (Note 12) §. 11. 16) So sagt die lehrreiche Resolutton 134. zur genannten Stelle.

687 thatsächlich

eine Geltung

auch für die Kirche erlangt'), und eS ist

ihrer Würde angemessener, daß sie solche Bestimmungen selbst fest­ setze,

als daß sie sich dieselben von der Staatsgewalt aufdringen

lasse. Drittens wird die Kirche die eingetretene beklagenSwerthe Spal­ tung zwischen der kirchlichen und bürgerlichen Gesetzgebung nur dann überwinden, und die Einheit nur dann herstellen oder die hergestellte,

wie in Oesterreich, festhalten können, wenn sie sich mit den begrün­

deten Forderungen der Zeit in Einklang setzt 1 2).

Dahin gehören na­

mentlich folgende Punkte. I. Das aus dem römischen Recht als Ter­

min der Ehemündigkeit aufgenommene Alter von vierzehn und zwölf Jahren paßt zu unseren Zllständen nicht, und es könnte die Kirche in

diesem Punkt unbedenklich auf die Gesetze jedes Landes verweisen, die thatsächlich bereits auch für sie schon wirken3). II. Es ist Wünschens­ werth , daß für Kinder unter einem gewissen Alter der Mangel der

elterlichen Einwilligung, wenigstens als-aufschiebendes Hinderniß, vor­ geschrieben toiirbe4).5 III. Das aus der Blutsverwandtschaft entsprin­ gende Hinderniß könnte in

der Seitenlinie auf seine ursprüngliche

Gränze, auf die Geschwisterkinder, beschränkt werden3). Die Dispen­

sationen, die über diese Gränze hinaus leicht und allgemein ertheilt

werden, erschüttern das Ansehen der kirchlichen Gesetzgebung. Auch hat der allzu große Umfang der Ehehindernisse die Kirche bei Unkundigen und Uebelgesinnten dem Vorwurf ausgesetzt,

als ob sie sich dadurch

doch in einer andern Form die Möglichkeit von Scheidungen offen halten wollte. IV. Um so mehr ist das Hinderniß aus der Schwäger­

schaft in der Seitenlinie zu beschränken, und kann füglich wieder auf

den ersten Grad reducirt werden6). V. Das Hinderniß aus der geistli­ chen Verwandtschaft, das ohnehin nur aus dem römischen bürgerlichen

Recht in' das kanonische Recht gekommen ist7),

ist auf seinen ur-

1) Man sehe oben §. 304. Nr. VI. §. 314. Nr. IV. 2) Das Episcapat in Deutschland, namentlich in Oesterreich, hat daher einen besondern Beruf dazu, jene Reviston der Gesetzgebung beim h. Stuhle zu beantragen. 3) Man sehe §. 297. Nr. I. 4) Man sehe §. 297. Nr. III. 5) Man sehe §. 310. Note 6. 7. Schon auf demConcilium vonTrient verlangte der Papst selbst, man solle das impedimentum quartigradus auf­ heben; allein die Väter wollten dieses nicht, Pallavicini XXIII. 9. n. 16.

6) Man sehe §. 312. Note 3. 4. 5. 7) Man sehe §. 311. Note 9.

688 spriinglichen Umfang, auf die Ehe eines der Pathen mit dem Täuf­ ling, zurück zu führen ®). VI.

Bon den Wirkungen der Ehe.

A) Allgemeine Verhältnisse.

Greg. IV. 10. De natis ex libero ventre.

317.

Aus dem Wesen der Ehe, als einer durch Liebe und Treue

aller Lebensverhältnisse,

verbundenen Gemeinschaft

entstehen folgende

Wirkungen. I. Die Verpflichtung der Ehegatten, ein gemeinschaftliches Hauswesen zu unterhalten,

Freud und Leid mit einander

zu

thei­

len, und sich in allen Lagen gegenseitig nach Kräften zu unterstützen. II. Die Verpflichtung zur ehelichen Treue. teren Sinne die Erfüllung

alles desjenigen,

Diese begreift im wei­

was die Ehegatten sich

einander nach dem Wesen der Ehe schuldig sind;

insbesondere aber

die Verpflichtung, jedes Geschlechtsverhältniß mit einer dritten Person

zu unterlassen, weil dieses der äußerste Grad von Entfremdung ist. Daher wird ein solches Vergehen vorzugsweise Ehebruch genannt *).

III. In Beziehung auf das Hauswesen, welches durch die Ehe gestiftet

wird, hat der Mann nach der ihm von der Natur angewiesenen Stel­ lung, die Verpflichtung dasselbe zu ordnen und zu unterhalten, und die Frau muß ihm als dem Haupte des Hauses Achtung, und seinen Anord­

nungen Gehorsam erweisen3* ). 1 2 Dafür soll aber auch dieser gegen sie, als gegen den schwächeren Theil, milde und liebreich sein, und ihr

seinen Schutz verleihen.

Die näheren Vermögensverhältnisse hängen

von den bürgerlichen Rechten ab.

enthält

IV. Ueber den ehelichen Umgang

das canonische Recht die Ermahnung, daß dieser mit keuschen

Sitten und nicht blos der Sinnlichkeit wegen geübt werden soll3).

Daher

war früher den Ehegatten noch einige Tage nach der Einseg-

8) Auf dem Concilium von Trient wurde dasselbe, wie Pallavicini be­ merkt, besonders aus Rücksicht auf Irland beibehalten, weil dort die geistliche Verwandtschaft so hoch geachtet würde, und bei dem streitsüchtigen Volke vortheilhast wirke. Dieser Grund reicht aber doch jetzt wohl nicht hin. Man sage auch nicht, daß durch Dispensationen leicht geholfen werden könne. Wie aber, wenn Einer, nicht dispensirt sein will, und auf Grund eines solchen Hindernisses die Annullirung der Ehe verlangt? 1) C. 4. c. XXXII. q. 4. (Ambros, c. a. 387), c. 18. c. XXXII. q. 5. (Augustin, c. a. 393). ' 2) C. 13. 17. o. XXXIII. q. 5. (Hilar. diacon. c. a. 380), c. 15. eod. (Hieronym. a. 386), c. 18. eod. (Idem c. a. 389), c. 12. 14. eod. (Augu­ stin.. c. a. 410). 3) C. 12. 14. c. XXXII. q. 4. (Hieronym. a. 386), c. 5. eod. (Idem a. 390), c. 3. c. XXXH. q. 2. (Augustin, c. a. 401), c. 7. c. XXXIII. q. 4. (Gregor. I. a. 601).

689 nung die Enthaltsamkeit auferlegt4),

und die Aussprüche der Väter,

später besonders die Pönitentialbücher, schrieben ihnen im Geiste des

Beschränkungen bot 5)>6

mosaischen

Rechts

Uebrigens

darf sich aber hierin ein Ehegatte den Wünschen des An­

noch

mancherlei

andere

deren nicht eigenmächtig entziehend); daher ist auch ein Gelübde der Art ohne Zustimmung

des Anderen ungültig7),

und sogar die er­

theilte Zustimmung kann immer noch widerrufen werden8).9

Um die­

sem jedoch vorzubeugen, wurde gewöhnlich dem Ehegatten bei Ertheilung seiner Zustimmung ebenfalls das Gelübde der Keuschheit abver­ langt b); auch hört das Recht des Widerrufs auf, wenn er seitdem einen Ehebruch begangen hat, weil dieser den Anderen überhaupt von der Verbindlichkeit zum gemeinschaftlichen Leben befreit10).

V. Die

Wirkungen für die Kinder bestehen zunächst darin, daß durch die Ehe, weil sie als ein fortdauerndes und ausschließliches Verhältniß inten-

dirt ist, die Abstammung der Kinder von einem bestimmten Vater

gewiß gemacht wird; fehlt,

und was an der vollen factischen Gewißheit

ergänzt das positive Recht durch die aus dem Wesen der Ehe

4) C. 33. D. XXIII. oder c. 5. c. XXX. q. 5. (Statuta eccles. antiq.), c. 1. c. XXX. q. 5. (Pseudo-Isid.), Benedict. Levit. Capital, lib. III. c. 463. In einigen Gegenden entstand daraus im Mittelalter der Gebrauch, daß sich die Verlobten gegen eine gewisse Summe, die der Kirche zufiel, von diesem Verbot diSpensiren ließen, und daraus haben neuere Schriftsteller eine andere abgeschmackte Fabel gemacht. Man sehe meine Deutsche RechtSgeschichte II. §. 483. Note 20. 5) C. 4. 5. c. XXXIII. q. 4. (Hilarius c. a. 380), c. 1. eod. (Hieronym. c. a. 400), c. 4. eod. (Idem a. 408), c. 2. 3. eod. (cap. incert.), Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. V. cap. 1. n. 8. Diese Verordnun­ gen haben eine sehr tiefe Physische und geistige Beziehung, wovon fich aber hier nicht gut reden läßt. 6) I Cor. VII. 4. 5., c. 3. c. XXXH. q. 2. (Augustin, a. 401), c. 5. c. xxxni. q. 5. (Idem c. a. 415). Ein Recht, welches wie das der Kirche hauptsächlich auf das Gewissen geht, kann allerdings über diesen Punkt reden. Allein das bürgerliche Recht wird, wenn es nicht ärgerliche und unnöthige Pro­ cesse herbeisühren will, wohl thun, davon ganz zu schweigen, und solche Kla­ gen gar nicht zuzulassen, weil ein Zwangsurtheil aus Erfüllung höchst unwür­ dig und doch gar nicht ausführbar ist. Das protestantische Kirchenrecht hat frei­ lich den Knoten durchschnitten, indem es in einem solchen Fall eine Klage aus Ehescheidung gestattet. 7) C. 11. 16. c. XXXm. q. 5. (Augustin, c. a. 415), c. 6. eod. (Idem c. a. 411), c. 4. eod. (Idem c. a. 410), c. 1. eod. (Idem c. a. 420), c. 3. eod. (Conc. Cömpend. a. 757), c. 3.12. X. de convers. coniug. (3.32). 8) C. 11. c. XXXIII. q. 5. (Augustin, c. a. 410), c. 6. eod. (Idem c. a. 411), c. 1. 9. 11. X. de convers. coniug. (3. 32). 9) C. 10. c. XXXIII. q. 5. (Conc. Wermer. a. 752), c. 4. 5. 6. 8. 13. 18. X. de convers. coniug. (3. 32). 10) C. 15. 16. 19. de convers. coniug. (3. 32). Walter'ö Kirchenrecht. 13te Auflage. 44

690 gezogene Präsumtion, daß alle während der Ehe erzeugten Kinder als

von dem Ehemann erzeugt gelten sollen. Die nähere Berechnung und

Anwendung dieser Regeln hängt von den bürgerlichen Rechten ab. An diese Präsumtion schließen sich dann ferner alle Rechte und Pflichten

an, welche die Natur und das positive Recht zwischen Eltern und

Kindern feststellen.

VI. Eine besondere Begünstigung, welche der Ehe

von der Kirche beigelegt worden ist, besteht darin, daß die unehelich erzeugten Kinder durch die nachfolgende Ehe der Eltern, und zwar

von Rechtswegen, selbst gegen den Willen der Kinder, legitimirt wer­ den ").

Auch daS neuere römische Recht kannte schon eine solche Le­

gitimation; jedoch nicht für alle in einer außerehelichen Geschlechts­

gemeinschaft, sondern nur für die in einem Concubinat erzeugten Kin­

der, welches damals eine der Ehe sich nähernde bürgerlich tolerirte

Verbindung war11 12).

Diese Unterscheidung hört aber jetzt auf, weil

kein Concubinat mehr geduldet wird 13).14 Ucbrigens 15 liegt es aber doch im Geiste der Legitimation, daß zur Zeit, wo das Kind erzeugt wurde, eine Ehe zwischen seinen Eltern wenigstens möglich gewesen sein muß.

Die während

einer Ehe von dem einen Ehegatten im Ehebruch mit

einem Dritten erzeugten Kinder werden daher durch die nachfolgende

Ehe ihrer Eltern nicht legitimirt"), es sei denn, daß jene erste Ehe

für nichtig erklärt wurde13).

Hingegen werden die im Incest erzeug­

ten Kinder, wenn die Eltern mit Dispensation einander heirathen,

dadurch legitimirt, weil mit Dispensation eine Ehe auch schon im

11) C. 1. 6. X. qui filii sint legitiini (4. 17). 12) C. 5. 6. 7. 11. C. de natur, über. (5. 27), nov. Tust. 12. c. 4., nov. 18. c. 11., nov. 19., nov. 74. c. L, nov. 78. c. 4., nov. 89. c. 8. 11. 13) Conc. Trid. Sess. XXIV. cap. 8. de ref. matr. 14) C. 6. X. qui filii sint legitiini (4. 17). Der Sinn ist: die Kinder werden durch die nachsolgende Ehe der Ehebrecher nicht legitimirt, nnd wo gar diese Ehe äug' besonderen Gründen nicht einmal gültig ist, kann von einer Le­ gitimation vollends nicht die Rede sein. So ist augenscheinlich die Stelle zu verstehen, man mag dieses Excerpt allein für sich, oder die Decretale in ihrer ursprünglichen Gestalt, wie sie in den Conciliensammlungen steht, betrachten. Diese Auslegung vertheidigt auch, jedoch blos als seine Privatmeinung, Bene­ dict XIV. in der Const. Redditae nobis altero abhinc mense a. 1744., und man kann sie in der Praxis als entschieden annehmen. Einige Schriftsteller be­ haupten jedoch noch, die Decretale gehe blos aus den Fall, wo die geschlossene Ehe aus besonderen Gründen ungültig wäre, Schweikart de matrimonii vi in liberis adulterinis legitimandis non deficiente. Regioni. 1823., Dieck Beiträge zur Lehre von der Legitimation durch nachsolgende Ehe. Halle 1832., Eichhorn Kirchenrecht II. 451. 15) So entscheidet auch die oben (§. 316. Note 16) angeführte Resolu­ tion 134.

691 Augenblick ihrer Zeugung möglich gewesen wäre16).

VII. UebrigenS

hat auch eine an sich nichtige Ehe, die aber im guten Glauben ohne

die Nichtigkeit zu kennen, eingegangen war (matrimonium putativum), die Wirkungen der rechten Ehe, und zwar für Alle, wenn beide Ehe­ gatten im Irrthum waren, sonst mir für den unschuldigen Theil und die Kinder 17).

Nur muß die Ehe öffentlich in der gehörigen Form

abgeschlossen gewesen sein,

weil sonst Beide den Verdacht gegen sich

haben18). Eine putative Ehe ist auch diejenige, welche annullirt wird,

weil der eine Ehegatte zu einer älteren auö Irrthum für nichtig er-

klärten Ehe zurückkehren Mußte.

B) Von dem Beweis der ehelichen Abstammung. Greg. IV. 17. Qui silii sint legitimi. 318.

Will

ein Kind in einer bestimmten Familie die Rechte

.eines ehelichen Kindes in Anspruch nehmen,

beweisen:

so sind drei Punkte zu

erstlich, daß es von der Frau, die seine Mutter sein soll,

geboren worden ist; zweitens, daß diese Frau mit dem Manne, der sein Vater sein soll, durch die Ehe verbunden war; und drittens, daß

eS von diesem Manne anch wirklich in dieser Ehe erzeugt worden ist. Der erste Punkt kann durch den Besitzstand, durch die Erklärung der

Eltern, durch Zeugen *)

und andere Beweismittel dargethan werden.

Der zweite Punkt wird regelmäßig durch den Heirathsact, in dessen

Ermanglung durch die Zeugen, welche bei der Eingehung gegenwärtig waren,

bewiesen8).

Ist die Abschließung der Ehe dargethan,

haben die Eltern unbestritten als Ehegatten gegolten,

und

so kann nach

deren Tode dem Kinde nicht die Legitimität unter dem Vorgeben be­

stritten werden,

daß jene Ehe aus irgend einem Grunde nichtig ge­

wesen sei3). Nach der Praxis vieler Länder braucht selbst das Kind,

wenn beide Eltern todt sind, gar nicht einmal den Beweis zu führen, daß sie wirklich verheirathet waren, wenn sie nur überhaupt öffentlich

16) Meine Meinung ist also vollkommen consequent und nur von Eichhorn II. 451. nicht verstanden. 17) C. 8. 10. 14. X. qui filii sint legitim. (4.17). Man sehe auch die Resolution 138. zum Conc. Trid. Sess. XXIV. de res. matr. ed. Richter. 18) C. 3. §. 1. X. de clandest. despons. (4. 3). 1) C. 10. X. de probat. (2.19), c. 3. X. qui filii sint legitim. (4.17). 2) C. 12. X. qui filii sint legitim. (4. 17). 3) C. 11. X. qui filii sint legitimi (4. 17). Man sehe die im §. 317. Rote 17. angeführte Resolution 138.

692

als Eheleute gegolten haben. Der dritte Punkt wird endlich kraft der

oben erwähnten gesetzlichen Präsumtion regelmäßig schon dadurch be­ wiesen, wenn die Berechnung zeigt, daß es während der Ehe conci-

pirt worden ist4).5

Wird

einem Kinde seine eheliche Abstammung

bestritten, so muß umgekehrt der Beweis wider diese Punkte gerich­ tet sein.

VII.

Bon der Ehescheidung *).

A) Grundlehre der katholischen Kirche.

Greg. III. 33. De conversione infidelium.

319.

Die Ehe als eine Verbindung,

worin die Ehegatten mit

unbedingter Hingebung sich als für dieses Leben angehörend erkannt und zur Gründung einer Familie vereinigt haben, muß, wenn dieser Begriff

in seiner ganzen Tiefe gemessen und verstanden wird,

eine

über den Wechsel der Neigungen, Leidenschaften und selbst der gegen­ seitigen Verschuldungen erhabene,

also schlechthin unauflösliche Ver­

bindung sein. So ist sie auch von Christus selbst als eine Anordnung

Gottes mit der größten Bestimmtheit bezeichnet?), dieses von dem Apostel wiederholt b), und diesem Begriffe in dem Symbol der Ver­ einigung Christi mit der Kirche das erhabenste Vorbild gegeben wor­

den^). Hierauf gestützt haben schon die ältesten Väter und Concilien

die Unauflösbarkeit des Ehebandes bezeugt und vertheidigt^), und

4) Mau sehe die Resolution 136. zur genannten Stelle. 1) Davon handelt Eberl Ehescheidung und EhescheidungSproceß. Augsbnrg 1854. 2) Christus hat sich darüber fünfmal ausgesprochen. Zuerst in der Berg­ predigt , hier jedoch zunächst nur in Beziehung auf den jüdischen Scheidebrief, den er nur wegen noqvda zuließ, Matth. V. 31. 32. Dieses bezog sich nicht aus den Ehebruch Qtoijfda), sondern auf den Fall, wo der Ehemann die Neu­ vermählte nicht nte Jungfrau befunden, was das jüdische Gesetz sehr streng be­ strafte. Zweitens gegen die Pharisäer unbedingt für die Unauflösbarkeit des Ehe­ bandes, Matth. XIX. 3—6., Marc. X. 2.6—9. Dritten« gegen dieselben auf deren gleich folgende Frage über den jüdischen Scheidebries, welche Christus wie in der Bergpredigt beantwortete, Matth. XIX. 7. 8. 9., Marc. X. 3. 4. 5. Viertens gegen seine Jünger zu Hause nach jener Unterredung für die Unauf­ lösbarkeit, Marc. X. 10. 11. 12., Matth. XIX. 10. 11. 12. Fünftens gegen die Pharisäer für die Unauflösbarkeit, Luc. XVI. 18. Man sehe darüber Döl­ linger Christenthum und Kirche Buch III. §. 106—117. und Beilage III. 3) I. Cor. Vn. 10. 11. 4) Ephes. V. 21—32. 5) Herrnas. Pastor II. mandat. IV. 12., Tertullian. (1*215) de patient. c. 22. adv. Marcion. IV. 34. de monogam, c. 9., Origen, (f 234) in Matth. Opp. Tom. XIV. n. 24. , Cyprian, (f 258) Testim. III. 90., Conc. Eliber. a. 313. c. 8. 9. (c. 8. c. XXXII. q. 7), c. 7. eod. (Hiero-

693 wenn auch Einige die von Christus für den Scheidebrief des jüdischen Gesetzes zugelassene Ausnahme3)* *auch * auf den Fall des Ehebruches übertrugen, Andere unter dem Einfluß der weltlichen Gesetzgebung andere Accommodationen versuchten: so lag doch selbst in der bedenk­ lichen Art, wie sie sich zum Theil darüber ausdrückten 7)*, eine Hin­ weisung auf das, was der Geist und die Vollkoinmenheit des christ­ lichen Rechts verlangte. Nachdem daher die Tradition allmählig von jenen trüben Beimischungen gereinigt in der Doctrin zum klaren allgemeinen Bewußtsein gelangt war, wurde diese Doctriü gegen ihre Widersacher auch durch einen bestimmten Canon in Schutz genom­ men^). Die Grundsätze der katholischen Kirche sind demnach folgende. I. Das Band einer unter Christen rechtmäßig geschlossenen uitb voll­ zogenen Ehe ist nach göttlichem Recht schlechthin unauflöslich9). Eine geschlossene aber noch nicht vollzogene Ehe ist aber, sowohl tut Sinne der Natur wie der mysteriösen christlichen Auffassung, noch keine ganz vollständige Ehe10).* *Daher kann sie durch das feierliche Gelübde der Keuschheit") und durch päpstliche Dispensation'3) noch aufgehoben werden. II. Jener Grundsatz gilt aus dem Gesichtspunkt der katholi­ schen Kirche auch von der Ehe der Akatholiken, weil, wenn diese auch nach ihrer Auslegung die Ehescheidung mit der Offenbarung verein­ bar halten, dieser Irrthum die Kraft und Gültigkeit des göttlichen Gesetzes für sie nicht aufhebt13). III. Die Ehen der Ungläubigen,

nym. a. 388), c. 4. eod. (Augustin, c. a. 393), c. 2. 10. eod. (Idem a. 419). Diese und andere Stellen sind bei Moy Geschichte des Eherechts umständ­ lich behandelt. Was Eichhorn II. 465. darüber sagt, beweist, daß er von dem Wesen der Tradition gar keinen Begriff hat. 6) Man sehe Note 2. 7) Conc. Arelat. I. a. 314. c. 10., Capit. Wermer. a. 752. c. 2. 5. 9. 10. 18., Capit. Compend. a. 757. c. 7. 8., Benedict. Levit. Capital, lib. II. c. 87. Es giebt noch mancherlei Stellen der Art. 8) Conc. Trid. Sess. XXIV. can. 7. de sacram. matr. 9) Es gehört zu den erfreulichen Fortschritten, daß nun auch protestan­ tische Schriftsteller die Richtigkeit dieses großen und tiefsinnigen Princips aner­ kennen; so W. Klee die Ehescheidungsklage. Berlin 1844. 10) C. 5. X. de bigamis non ordin. (1.21). Man sehe §.299. Note 20. 11) Man sehe oben §. 307. Nr. II. 12) Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. XIII. cap. 21. n. 4. Das Verfahren dabei bezeichnet die Const. Dei miseratione (§. 316. Note 12) §. 15. Davon handelt auch Bouix de iudiciis eccles. II. 454 — 458. Bei­ spiele geben die Resolutionen 139 —147. zum Conc. Trid. Sess, XXIV. de ref. matr. ed. Richter. 13) Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. XIII. cap. 22. Man sehe §. 307. Note 6.

694 welche nach ihren Gesetzen eingegangen sind, werden zwar nicht als

Sakramente14), doch aber als wahre und rechtmäßige Ehen 16), und daher, wenn sie vor der Kirche zur Sprache kommen, auch als un­

auflösliche Verbindungen angesehen 16).

Hievon ist jedoch nach der

Erklärung des Apostels 17) eine Ausnahme gestattet,

wenn nach der

Bekehrung des Einen zum Christenthum der Andere die Gemeinschaft mit ihm nicht fortsetzen will ; dann ist auch Jener nicht mehr gebun­

den^).

Er kann sich jedoch in der Regel nicht eher als frei betrach­

ten, als bis an den Anderen die Interpellation gerichtet, ob derselbe mit ihm ohne Schmähung seiner Religion fortleben wolle"), und auch

wenn dieses verneint oder unbeantwortet gelassen wurde, demnach von ihm rechtmäßig getrennt hat,

und er sich

gilt die Ehe doch noch

nicht gleich, sondern erst dann für aufgelöst, wenn er wirklich zu einer

anderen Ehe geschritten ist20).

Alle diese Grundsätze kommen bei der

Bekehrung der Juden und Heiden vielfach zur Sprache, und mehrere

schwierige Fragen darüber sind durch besondere päpstliche Constitutio­ nen entschieden27). Im umgekehrtm Falle aber, wo ein Ehegatte vom

Christenthum abfällt,

wird das Band der Ehe weder für ihn noch

für den zurückgebliebenen Theil aufgelöst22).

14) C. 7. X. de divort. (4. 19). 15) C. 4. D. XXVI. (Ambros, a. 377), c. 3. eod. (Innocent. I. a. 414), c. 1. c. XXVIII. q. 1. (Idem a. 405), Gratian. ad c. 17. c. XXVIII. q. 1., c. 4. X. de consang. (4. 14). 16) Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. XIII. cap. 21. n. 8. 17) I. Cor. VII. 12. 13. 14. 15. 18) C. 2. c. XXVIII. q. 2. (Hilar. c. a. 384) ibiq. Gratian., c. 4. 7. c. XXVIII. q. 1. (Augustin, c. a. 414), c. 7. 8. X. de divort. (4. 19). Man behauptet zwar häufig, daß auch dann noch das Eheband fortdauere. Allein dawider sehe man Binterim de libertate coniugis infidelis factae fidelis. Confluent. 1834. 19) Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. VI. cap. 4. n. 3. lib. XIII. cap. 21. n. 1. Es kann aber aus wichtigen Gründen von dieser Interpella­ tion durch den Papst dispensirt werden; so entschied die congregatio concilii 1722 in der Resolution 152. zur genannten Stelle. 20) C. 8. i. f. X. de divor. (4. 19), Benedict. XIV. de synodo dioe­ ces. lib. VI. cap. 4. n. 4. Darauf beruhen die Resolutionen 151. 153. 154. zur genannten Stelle. 21) Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. VI. cap. 4. n. 3. 5. lib. XIII. cap. 21. n. 2—7. 22) Gratian. ad c. 2. c. XXIII. q. 2., c. 7. X. de divort. (4. 19).

695 B) Von der Sonderung von Tisch und Bett.

Greg. IV. 8. De coniugio leprosorum, IV. 19. De divortiis, IV. 20. De donationibus Inter virum et uxorem. 320.

Mit dem Verbote der Scheidung ist es doch vereinbar,

daß die Kirche aus dringenden Gründen eine Absonderung von Tisch und Bett entweder für eine gewisse Zeit oder gar für immer gestat­ tet 1). 2

Eine zeitige Sonderung

ist in mehreren Fällen zngelassen,

namentlich wegen schwerer Mißhandlungen3).

von

dem richterlichen Ermessen ob3).

Andere Fälle hängen

Eine ekelhafte und ansteckende

Krankheit ist jedoch dazu an und für sich nicht hinreichend,

vielmehr

soll sich in einer solchen Noth vorzüglich die Liebe und Treue der Ehe­ gatten bewähren4). Die Sonderung auf Lebenszeit kann aber nur we­ gen Verletzung der ehelichen Treue

nachgesucht werden; doch wird

dieses Vergehen jetzt gegen den Mann mit gleicher Strenge behandelt, wie gegen die Frau3).6

Zum Beweis des Ehebruches sind stark ver­

dächtige Thatsachen hinreichend3); auch kann dazu das Geständniß des Schuldigen benutzt

werden 7) 8; 9 doch muß der Richter dabei Vorsicht

anwenden, weil dasselbe fingirt sein könnte3).

UebrigenS ist es aber

kein Ehebruch, wenn die Beiwohnung durch Gewalt3) oder durch einen

1) Conc. Trid. Sess. XXIV. cap. 8. de sacram. matrim. 2) C. 8. 13. X. de restit. spoliat. (2. 13). 3) Rechtfälle geben die Resolutionen 158. 159. der congregatio concilii zum Conc. Trid. Sess. XXIV. de ref. matr. ed. Richter. 4) C. 1. 2. X. de coniug. leproser. (4. 8). Sowohl mit diesen Stel­ len, die noch dazu von der fürchterlichen Krankheit des Aussatzes reden, als mit ber Natur der Ehe, insbesondere der christlichen Ehe, ist es unvereinbar, wenn KnoPP Eherecht S. 567—570., Roßhirt Canon. Recht II. 751. und Andere das Gegentheil behaupten. Von den anderen Scheidungsgründen, wobei eine Verschuldung des anderen Theiles concurrirt, kann auf diesen Fall kein Schluß gezogen werden. Ein Anderes ist natürlich die Frage nach der dann cessirenden Verpflichtung zur ehelichen Beiwohnung. 5) C. 4. c. XXXII. q. 4. (Ambros, c. a. 387), c.2O. c. XXXII. q. 2. (Hieronym. c. a. 400), c. 23. eod. (Innocent. I. a. 405), c. 5. c. XXXII. q. 6. (Augustin, c. a. 415), c. 4. eod. (Idem c. a. 419). Im römischen Recht war es bekanntlich anders, daher heben diese Stellen den Gegensatz so bestimmt hervor. 6) C. 2. c. XXXII. q. 1. (Hieronym. c. a. 388), c. 27. X. de testib. (2. 20), c. 12. X. de praesumt. (2. 23). 7) C. 5. X. de divort. (4. 19), c. 6. X. de adult. (5. 16). 8) In so weit ist das c. 5. X. de eo qui cognov. consang. (4. 13) auch hieher zu beziehen. Ueber das Processualische sehe man die oben §. 316. Note 5. tz. 319. Note 1. genannten Schriftsteller. 9) C. 7. c. XXXII. q. 5. (Augustin, a. 409), c. 3. 4. eod. (Idem a. 422), c. 14. eod. (Leo I. a. 442).

696 entschuldbaren Irrthum10) veranlaßt war. Auch kann der Kläger ab­

gewiesen werden, wenn er sich gleicher Untreue schuldig gemacht"),

oder den Anderen selbst dazu verleitet12), oder ihm seitdem schon ein­

mal ausdrücklich13)

oder stillschweigend verziehen hat.

Die Kirche

fordert selbst im Geiste der Liebe zur Verzeihung aufl4);

doch will

sie deswegen nicht, daß der Mann gegen seine Ehre und die Schuld der Frau gleichgültig scheine,

und erlaubt ihm daher diese nur nach

strengen Büßungen wieder bei sich aufzunehmen1S). Die Wirkung der Sonderung besteht im Allgemeinen darin,

daß für den unschuldigen

Theil die Verpflichllmg zum gemeinschaftlichen Lebm aufhört.

Das

Band der Ehe und die Verpflichtung des Anderen dauern aber noch fort, daher kann der Unschuldige, wenn er will, die Gemeinschaft im­

mer wiederherstellen; er wird sogar dazu gezwungen, wenn er seitdem selbst einen Ehebruch begeht16). Wie es mit dem Vermögen zu halten

sei, hängt von den bürgerlichen Rechten ab n). Früher hatte der geist­

liche Richter, vor welchem die Scheidungsklage verhandelt wurde, auch mit darüber

zu erkennen18).

überall vor die Civilgerichte.

Jetzt

aber

gehört dieser Punkt fast

Dem Ehebruch wird zuweilen der Ab­

fall des Einen vom wahren Glauben19) oder die Verführung des

Anderen zu schlechten Handlungen29) gleichgestellt. Allein richtiger ist die Trennung, worauf in solchen Fällen erkannt werden kann,

als

eine Sonderung auf unbestimmte Zeit zu betrachten, weil sie nur so lange dauert, als jene Gründe bestehen. Scheidungen jeder Art dürfen

10) C. 1. c. XXXIV. q. 1. (Leo I. a. 458), c. 6. eod. (Conc. Tri­ bur. a. 895). 11) C. 1. c. XXXII. q. 6. (Augustin, c. a. 393), c. 4. X de divort. (4. 19), c. 6. 7. X. de adulter. (5. 16). 12) C. 6. X. de eo qui cognov. consang. (4. 13). 13) C. 25. X. de iureiur. (2. 24). 14) C. 7. 8. c. XXXII. q. 1. (Augustin, c. a. 419). 15) C. 1. c. XXXII. q. 1. (Chrysost. c. a. 400), c. 4. eod. (cap. incert.), c. 5. eod. (Pelag. I. c. a. 557), c. 6. eod. (Theodor. Cant. c. a. 690), c. 3. X. de adulter. (5. 16). 16) C. 5. X. de divort. (4. 19). 17) Die Decretalen, welche von diesem Gegenstände handeln, haben nach Verschiedenheit der Länder theils das System des römischen Recht-, theils die germanischen Verhältnisse vor Augen, c. 2—8. X. de donation. int. vir. et

uxor. (4. 20). 18) C. 2. 3. X. de donation. int. vir. et uxor. (4. 20). 19) C. 21. X. de convers. coriiug. (3.32), c. 6.7.X. de divort. (4.19). 20) C. 5. c. XXVIII. q. 1- (Augustin, c. a. 393), c. 2. X. de di­ vort. (4. 19).

697 aber überhaupt nicht eigenmächtig, sondern nur mit Dazwischenkunft

des geistlichen Richters vorgenommen werden21), außer wenn für den einen Theil Gefahr vorhanden ist22).

C) Griechisches Küchenrecht. Die Lehre der griechischen Kirche stimmt ursprünglich mit

321.

der des Abendlandes darin überein, daß sie eine lebenslängliche Schei­ dung nur wegen eines Ehebruchs '), und, wenn vbn zwei ungläubigen

Ehegatten der Eine zum christlichen Glauben übergetreten war, wegen böslicher Verlassung des Anderen

gestattete2).

Sie unterschied sich

blos darin, daß einige Väter auch in dem ersten Falle über die Wie-

derverheirathung zu Gunsten des unschuldigen Theiles sich nachsichtig

äußerten2).

Das bürgerliche Recht wich aber davon wesentlich ab.

Nach diesem,- wie es durch Justinian festgestellt worden war, war zwar

die Scheidung nicht inehr wie ehenials ganz willkührlich, aber doch nicht blos wegen gewisser Vergehen 4), sondern auch aus anderen bestimm­

ten Gründen2) erlaubt, und den Geschiedenen die Wiedcrvcrheirathung

gestattet.

Bald darauf wurden sogar auch Scheidungen aus gütlicher

Uebereinkunft, welche Justinian verboten hatte6), vom Kaiser Justinus

wieder zugelassen7).

Alle diese Bestimmungen, wiewohl sie der Of­

fenbarung geradezu widersprechen, nahm nun allmählig auch die Kirche in sich auf8).

Auch die Basiliken machten darin keine Aenderung,

sondern wiederholten wörtlich die in der Justinianischen Novelle ange­

gebenen Scheidungsgründe9).

liche Praxis 10).

An diese hielt sich denn auch die kirch­

Die durch Justinus wieder eingeführte Scheidung

21) C. 1. c. XXXIII. q. 2. (Conc. Agath. a. 506), c. 3. 6. X. de divort. (4. 19), c. 10. X. de rest.it. spoliat. (2. 13). Von dem Verfahren nach einer eigcnmiichtigen Verlassung des Einen handelt Bouix de iudiciis eccles. II 420—429. 22) C. 8. 13. X. de restit. spoliat. (2. 13). 1) Basilius (f 378) ad Amphiloch. can. 9. 48. 77., Conc. Trullan. a. 692. c. 87. 2) Conc. Trullan. a. 692. c. 72. ibiq. Balsamen et Zonaras, Bal­ samen ad Photii Nomocanon tit. I. cap. X. 3) Epiphan. (f c. 403) Haeres. LIX. 4) Nov. Iust. 117. c. 8. 9. 13., nov. 127. c. 4., nov. 134. c. 10. 11. 5) Nov. Iust. 117. c. 11. 12.. nov. 123. c. 40. 6) Nov. Iust. 117. c. 10., nov. 134. c. 11. 7) Nov. Iust. 140. 8) Photii Nomocanon tit. XIII. cap. IV. 9) Basilic. lib. XXVIII. tit. 7. de repudiis c. 1. 10) Balsamen ad Conc. Trullan. c. 87. (Bevereg. T. I. p. 259), Bal-

698 aus gütlicher Uebereinkunft wurde aber stillschweigend abgeschafft, imdem die Basiliken überhaupt die Scheidung aus anderen als den von

ihnen angeführten Ursachen für unstatthaft erklärtn), die Novelle jenes Kaisers

aber nicht berücksichtigt hatten12 * *). 13 * * 14 * Eben 11 so scheint die Be­

stimmung des Kaisers Leo, der nachträglich noch den Wahnsinn eines

Ehegatten

als rechtmäßige Ursache aufstellte, nicht in Aufnahme ge­

kommen zu sein 1S). Merkwürdig ist übrigens das griechische Kirchen­ recht auch darin,

daß es nur die Untreue der Fran,

nicht aber die

des Mannes als eigentlichen Ehebruch und als einen Scheidungsgrund

gelten läßt").

D) Protestantisches Kirchenrecht'). 322.

Die Protestanten erklärten zwar die Lehre von der unbe­

dingten Unauflösbarkeit des Ehebandes für irrig2): doch beschränkten

sie anfangs die erlaubte Scheidung blos auf den Fall des Ehebruchs. Bald nahm man aber allgemein nach Luthers Auslegung die bösliche Verlassung hinzu 3). Endlich wurde jene Befugniß auch noch auf an­

dere Fälle ausgedehnt^).

Da sich jedoch die Kirchenordnungen über

diese Verhältnisse gar nicht oder nur unbestimmt aussprachen: so blieb

Bamon et Zonaras ad Basilii can. 9. (Bevereg. T. II. p. 64), Baisamon ad Photii Nomocanon tit. XIII. cap. IV. (Justell. T. II. col. 1097), Matth. Blastar. Syntagma litt. F. cap. XIII. (Bevereg. T. II. d. 73). Es ist merk­ würdig zu sehen, wie leicht diese Schriftsteller über den Widerspruch dieser Ge­ setze mit der Offenbarung und der Tradition hinwegkommen. 11) Basilic. lib. XXVIII. tit. 7. de repudiis c. 5. 12) Dieses bemerkt auch Baisamon ad Photii Nomocanon tit. XIII. cap. IV. (Justell. T. II. p. 1099). 13) Nov. Leon. 111. 112. 14) Baisamon ad Conc. Trullan. c. 87. (Bevereg. T. I. p. 259), Zo­ naras et Aristen. ad Basilii can. 9. 21. (Bevereg. T. II. p. 64. 78). 1) Davon handelt: Strippelmann Das Ehescheidungsrecht nach gemeinem und insbesondere nach hessischem Recht. Kassel 1854. 2) Artic. Smalcald. tit. de potest. et iurisdict. episcopor. Iniusta etiam traditio est, quae prohibet coniugium personae innocenti post fa­ ctum divortium. 3) Man sehe darüber Lippert in dessen Annalen Heft I. S. 101—53. 4) Die große Varietät der Meinungen reserirt in der Kürze Richter Kir­ chenrecht §. 282 (269). Davon handeln auch: Desselben Beiträge zur Geschichte des Ehescheidungsrechts in der evangelischen Kirche. Berlin 1858. Diese Ge­ schichte ist eben nur die.Geschichte der Transactionsverjuche zwischen dem christ­ lichen Princip und der Nachgiebigkeit gegen menschliche Schwächen, welche Ver­ suche Alles ins Schwanken bringen, und mit der biblischen Grundlage des christlichen Eherechts schlechthin unvereinbar sind. Doch findet sich auch eine strengere Auffassung; so bei Klee (§. 319. Note 9) und bei I. Müller Ueber Ehescheidung. Berlin 1855.

699 das Meiste der Auslegung der Juristen und der Praxis der Consistorien überlassen. gründet.

In

Hierauf sind denn die neueren Landesgesetze ge­

diesen werden in Deutschland

auch gewöhnlich noch

unnatürliche Fleischesverbrechen, Lebensnachstellungen, unversöhnlicher Haß,

absichtliche Unfruchtbarmachung, Verweigerung der ehelichen

Pflicht und die Verurtheilung

zu

infamirenden Strafen als recht­

mäßige Scheidungsursachen anerkannt.

In

einigen Ländern findet

sogar eine Scheidung aus landesherrlicher Gnade statt.

Wegen min­

der wichtiger Gründe kann auch auf Sonderung von Tisch und Bett,

jedoch nur auf bestimmte Zeit, erkannt werden.

Uebrigens läßt sich

das, was das canonische Recht Dom Beweis des Ehebruchs und den Einreden dawider sagt, auch auf das protestantische Kirchenrecht an­ wenden.

Zum Beweis der böslichen Verlassung wird ein eigener

Desertionsproceß angeordnet. Früher wurde wenigstens dem schuldigen

Theil die Wiederverheirathung verboten; allein jetzt nimmt man dieses nicht mehr so genau.

In Schweden ist durch das neuere Recht die

Zahl der Scheidungsgründe auch bis zu dem oben angegebenen Um­ fang erweitert worden5). In Dänemark und Norwegen berechtigen zur gerichtlichen Ehescheidung nach dem Gesetzbuche Christians V. Ehebruch,

bösliche Verlassung, Verurtheilung zu öffentlichen Arbeitsstrafen, und

eine vor der Ehe vorhandene Impotenz oder ekelhafte Krankheit. Bald

entwickelte sich aber auch eine Scheidung durch königliches Rescript aus unbestimmten Ursachen, jedoch nach einer langen Probezeit, und

wobei die Erlaubniß zur Wiederverheirathung abermals ein königliches Rescript voraussetzt. In England wurde sogar wegen Ehebruch, dem

kanonischen Rechte gemäß,

blos auf Scheidung von Tisch und Bett

erkannt, und der unschuldige Theil konnte die Befugniß zur Wieder­ verheirathung nur

durch eine Parlamentsacte erhalten.

Im Jahr

1857 ist aber das Institut der Ehescheidung auch hier eingeführt worden 6). VUI.

Von der zweiten Ehe.

Greg. IV. 21. De secundis nuptiis. 323.

Die eheliche Liebe, in ihrer Vollendung gedacht, bleibt dem

5) GiftermalSbalk Cap. XIII., König!. Verordnung vom 27. April 1810., W. Ziemssen über Ehe und Ehescheidung nach schwedischem Recht. Greifswald 1851. 8.

6) Macqueen A practical Treatise cm Divorce and Matrimonial Jurisdiction under the Act of 1857 and new Ordres. London 1858.

700 anderen Ehegatten auch noch im Grabe treu, und lebt mit dem An­ denken des Verstorbenen fort. Von diesem Standpunkte aus wurde in der älteren Kirche die.zweite und fernere Ehe, wenn auch nicht grade verworfen, doch aber mißbilligt'), und diejenigen, die zum zweitenmal verheirathet gewesen waren, wurden nach der Vorschrift des Apostels31)42nicht zu den höheren Weihen zugelassen, weil man dazu Beweise einer besonderen Vollkommenheit verlangte. Jene Ansicht der Kirche fand bei den Germanen um so leichter Eingang, als sich schon in ihren Sitten etwas Aehnliches vorfand3). Daher wurde auch diejenige, die ihrem Wittwenstande treu blieb, mit besonderer Achtung behandelt. Uebrigens will aber das kanonische Recht des Abendlaudes die Freiheit der Wiederverheirathung so wenig beschränken, daß es so­ gar die Strafen des römischen Rechts gegen die Wittwe, die im Trauer­ jahr heirathcte, aufhob *). Ein Unterschied ist jedoch der, daß bei einer zweiten Ehe die Benediction nicht ertheilt werden soll. Als Grund wird angegeben, weil der Mann oder die Frau schon benedicirt sind5).6 7Demgemäß kann, wenn Einer, der bei der Ehe mit einer Wittwe den Ehesegen nicht empfangen hatte, demnächst eine Jung­ frau heirathet, diese Ehe bcnedicirt werden. Hingegen die Ehe einer Wittwe soll unter allen Umständen nicht bcnedicirt werden3), also auch dann nicht, wenn sie in erster Ehe einen Wittwer geheirathet hatte und mithin noch nicht benedicirt ist. Die griechische Kirche hat aber nicht blos die Mißbilligung, sondern selbst gewisse kanonische Strafen gegen die zweite, und noch härtere gegen die dritte Ehe beibehalten ’), und diese wurden endlich sogar durch das bürgerliche 1) I. Cor. VII. 39. 40., c. 8. c. XXXI. q. 1. (Conc. Neocaes. a. 314), c. 9. eod. (Chrysostom. c. a. 400), c. 10. 11. eod. (Hieronym. a. 390), c. 13. eod. (Augustin, a. 401), c. 12. eod. (Idem a. 420). 2) I. Tim. III. 2. 3) Tacit. de morib. Germanor. c. 19. Melius quidem adhuc eae ei vitales, in quibus tantum virgines nubunt, et cum spe votoque uxoris semel transigitur. Sic unum accipiunt maritum, quomodo unum Corpus, unamque vitam, ne ulla cogitatio ultra, ne longior cupiditas , ne'tanquam maritum sed tamquam matrimonium ament. 4) C. 4. 5. X. de secund. nupt. (4. 21). 5) Benedict. Levit. Capital, lib. II. c. 408., c. 1. 3. X. de secund. nupt. (4. 21). 6) So sagt das Rituale Romanum, und dieses steht auch durch Entschei­ dungen der congregätio rituum fest. Man sehe darüber Ginzel Archiv 1.189.190. 7) Conc. Neocaesar. a. 314. c. 3., Conc. Laodic. c. a. 372. c. 1., Basil, ad Amphiloch. c. 4. Alle diese Stellen kamen auch in die Sammlung des Photius.

701

Recht bestätigt8).

Endlich nachdem über die vierte Ehe des Kaisers

Leo (901) in der griechischen Kirche eine Spaltung entstanden war,

wurde

in dem Unions-Schluß von Constantinus Porphyrogenneta

(920) die vierte Ehe schlechthin, und selbst die dritte, wenn man über vierzig Jahre alt und aus einer früheren Ehe Kinder da waren, ver­

boten 9).

Uebrigens verlangt aber das canonische Recht,

damit eine

andere Ehe eingegangen werden könne, immer den bestimmten Beweis des Todes10); 11 bloße langwierige Abwesenheit oder Gefangenschaft rei­

chen dazu nicht hin n); doch kann daraus in Verbindung mit anderen Umständen allerdings eine zureichende Präsumtion des Todes entstehen 12).13 Im Fall eines Jrrrthums muß aber die Ehe mit dem todt

geglaubten Ehegatten hergestellt werden1S).

Das griechische Kirchen­

recht beruhte auf denselben Grundsätzen 14); nur war das Verhältniß

durch die Civilgesetze genauer geordnet^).

IX.

324.

Von den Ehen zwischen Mitgliedern verschiedener christlicher Religionsparteien ’). Die Behandlung

der gemischten Ehen beruht aus folgen-

8) Nov. Leon. 90. 9) Man findet diese Entscheidung bei Baisamon ad Basilii can. 4. (Bevereg. T. II. p. 54), Zachariae Ins Graeco-Romanum III. 227. 10) Von beut Verfahren dabei handelt Bouix de iudiciis eccles. II. 458-466. 11) C. 19. X. de sponsal. (4. 1) , c. 2. X. de secund. nupt. (4. 21). Dieses ist auch durch viele neuere Provinzialconcilien wiederholt worden, Conc. Yprens. a. 1577. tit. XIX. c. 3., Conc Constant, a. 1609. Part. I. tit. XVI. c. 22., Conc. Mechlin. a. 1609. tit. IX. c. 10., Conc. Bascol. a. 1612. tit. 10. c. 22., Conc. Gandav. a. 1613. tit. IX. c. 9., Conc. Osnabr. a. 1628. Part. I. cap. XX. §. 11., Conc. Colon, a. 1651. Part. IV. c. 27., Conc. Paderborn, a. 1688. Part. II. tit. X. c. 17. Einen Rechtfall darüber giebt die Resolution 91. der congregatio concilii zum Conc. Trid. Sess. XXIV. de ref. matr. ed. Richter. 12) Das Nähere hängt von der richterlichen Beurtheilung ab. Wo die neueren Landesgesetze sich über diesen Punkt ausgesprochen haben, können sich auch die geistlichen Gerichte daran hatten, weil jene Gesetze insgemein mit gro­ ßer Vorsicht zu Werke gehen. 13) C. 2. c. XXXIV. q. 1. (Innocent. I. c. a. 405), c. 1. eod. (Leo I. a. 458), c. 2. X. de secund. nupt. (4. 21). 14) Basil, ad Amphiloch. c. 31. 36., Conc. Trullan. a. 692. c. 93. ibiq. Baisamon. Photii Nomocanon tit. XIII. cap. III. 15) Nov. Iust. 22. c. 7. 14., nov. 117. c. 11., Basilic. lib. XXVTIL tit. 7. de repudiis c. 2. 4^ nov. Leon. 33. 1) Die neuesten Schriften über diesen viel besprochenen Gegenstand sind von Döllinger 1838, Gründler 1838, Kunstmann 1839, Mack 1840, Kutschier

702 den Gesichtspunkten.

1) Alle

christlichen Confessionen stimmen darin

überein, daß sie das Christenthum in seiner Reinheit und Vollständig­

keit als die große Heilsanstalt der Menschheit verehren, woran Jeder, dem

dessen Erkenntniß zu Theil

geworden,

um

seines Seelenheils

willen schlechthin festhalten muß. 2) Sie stimmen darin überein, daß

Jede sich als die allein wahre und die Anderen als mehr oder min­ der irrig, also für das Seelenheil unzureichend betrachtet.

3) Sie

stimmen darin überein, daß Jede ihren Mitgliedern das treue Fest­ halten an ihr als eine absolute Pflicht auferlegt, worüber keine TranS4) Sie stimmen darin überein,

action zulässig ist.

daß Jede ihren

Mitgliedern die absolute Pflicht auferlegt, ihre Kinder vor religiösem

Irrthum zu bewahren und sie in dem eigenen als wahr erkannten

Glauben zu erziehen.

5) Sie stimmen, darin überein, daß die christ­

liche Ehe vor Allem eine Gemeinschaft des religiösen Lebens

sein,

und die Ehegatten sich gegenseitig an einander erbauen und im Glau­

ben stärken sollen.

6) Sie stimmen also darin überein, daß eine ge­

mischte Ehe diesen Zweck nicht erfüllen, der eine Ehegatte darin an den pflichtgemäßen religiösen Interessen des Anderen nicht mit Ueber­

zeugung Theil nehmen, und sich an dem Anderen nicht erbauen kann, ohne in der eigenen Ueberzeugung wankend oder gleichgültig gemacht zu werden.

7) Sie stimmen ferner darin überein, daß in Beziehung

auf die religiöse Erziehung der Kinder ein absolut unauflöslicher Con­

flict von Pflichten eintritt, indem Jeder, wenn er ein treues Glied seiner Kirche sein will, auf der Erziehung der Kinder in seiner Confession

bestehen muß.

8) Bei jeder gemischten Ehe ist also Einer der beiden

Ehegatten gegen seine Kirche im Unrecht und eine der beiden Confes­

sionen verletzt. 9) Alle christlichen Confessionen haben also ein wesent­ liches Interesse daran, daß keine gemischten Ehen geschlossen werden. 10) Alle christlichen Confessionen müssen sich daher darin die Hände

reichen, durch die ihnen über ihre Mitglieder zustehenden moralischen Mittel die gemischten Ehen möglichst selten zu machen.

11) Jede

Confession hat, wo die Andere von diesen Mitteln Gebrauch macht,

dieses nicht als einen gegen sich gerichteten Angriff, sondern als die

1842, Linde 1846, Reinerding 1853. Das Hauptwerk mit der vollständigen An­ gabe der Litteratur und dem Abdruck sämmtlicher päpstlicher Erlasse und ande­ rer Actenstücke ist aber: A. de Roscovany de matrimoniis mixtis luter catholicos et protestantes. Quinque eccles. 1842—54. 3 vol.

703 Erfüllung einer Pflicht,

die im Princip einer jeden Confession liegt,

anzusehen. 12) Jede Confession muß da, wo die völlige Verhinderung gemischter Ehen nicht möglich ist, die ihr zu Gebote stehenden mora­ lischen und kirchlichen Mittel anwenden, um wenigstens die aus den

gemischten Ehen dem einen Ehegatten und den Kindern drohende Ge­

fahr abzuwenden und die Erziehung der Kinder in ihrem Glauben zu sichern.

13) Jede Confession muß, wenn dieses fruchtlos ist, sich

der Mitwirkung zur Abschließung einer gemischten Ehe enthalten. 14)

Die Anwendung solcher

kirchlicher Mittel oder beziehungsweise die

Verweigerung der Mitwirkung gehört zu ihren wesentlichen Pflichten,

worin sie von der Staatsgewalt nicht behindert werden bars.-

Die eine Confession hat den Gebrauch,

15)

den die Andere von diesen

Mitteln macht, nicht als eine gegen sich gerichtete Feindseligkeit, son­ dern als die Erfüllung einer ihr nicht minder obliegenden Verpflich­

tung anzusehen2).

16) Eine Nachgiebigkeit und Transactivn unter

den Confessionen über eine Theilung

der Kinder ist

weil weder die Eine noch die Andere dem,

nicht möglich,

was sie für das Seelen­

heil bedenklich hält, einen Theil der Kinder Preis geben kann, ohne

mit sich selbst in Widerspruch zu treten.

17) Der Versuch, den un­

auflöslichen Conflict hinsichtlich der religiösen Kinderziehung von Sei­ ten der Staatsgewalt durch eine Zwangsvorfchrift zu heben,

greift

in die elterlichen Erziehungsrechte ein und ist für die eine oder die

andere Confession verletzend.

18) Es ist daher für die Staatsgewalt

das allein Richtige, sich in diesen Conflict nicht einzumischen und jeder

Confession den Gebrauch ihrer moralischen Mittel zu überlassen. 19) Wegen der mit den gemischten Ehen für den religiösen Sinn verbun­

denen Nachtheile muß auch ein Staat, dem es mit dem Christenthum

Ernst ist, es für wünschenswerth halten, daß gemischte Ehen möglichst

selten seien.

20) Die Meinung, daß durch gemischte Ehen die Ein­

tracht unter den Confessionen gefördert werde, ist falsch, Natur der Sache und die Erfahrung vielmehr zeigen,

indem die

daß dadurch

insgemein in die christlichen Familien entweder Trauer und Zwie­ spalt oder religiöse Gleichgültigkeit gebracht werden.

21) Will die

Staatsgewalt die gemischten Ehen von der Weigerung der Kirche un­

abhängig machen, so kann die Kirche sie nicht hindern, dafür eine bür-

2) In der Hauptsache übereinstimmend ist auch Richter Kirchenrecht §. 285 (273).

704 gerliche Trauung einzuführen; nicht aber ist die Staatsgewalt berechtigt, von der Kirche die Verläugnung ihrer Grundsätze zu verlangen.

22) In so fern eine so geschlossene Verbindung freilich in den Augen der Kirche ein Concubinat bleibt, kann es für die Staatsgewalt wün-

schenSwerth sein und die

Kirche nachgeben,

daß dje kirchliche Ge­

setzgebung die gemischten Ehen, wenn sie auch nicht in der Tridenti-

nischen, doch aber in einer andern bürgerlich gültigen Form einge­ gangen sind, auch kirchlich, wenn gleich als unerlaubte, doch aber als

wahre Ehen anerkenne 3). 23) Mit diesem Zugeständniß ist das Aeu-

ßerste nachgegeben, was die Staatsgewalt von der Kirche verlangen kann,' und diese hat nun um so mehr die volle Freiheit, die Bedin­ gungen festzusetzen, unter welchen sie einer gemischten Ehe ihre Mit­

wirkung gewähren kann oder nicht. 324 a.

In der Durchführung dieser Grundsätze zeigen sich un­

ter den Confessionen folgende Verschiedenheiten.

I. Die katholische

Kirche suchte die Consequenz des Princips mit der Berücksichtigung der Lebensverhältnisse möglichst zu verbinden. 1) Die Ehen mit Häre­ tikern, wurden seit den ältesten Zeiten,

wenn auch nicht für nichtig,

doch aber für unerlaubt erklärt *), und dieses auch in der Anwendung

aus die neueren Verhältnisse festgehalten 2 * ). 1 2) Demgemäß bildete sich beim päpstlichen Stuhle consequenterweise der Grundsatz

aus,

daß

solche Ehen, um erlaubt zu sein, einer Dispensation, und zwar, da es sich um eine allgemeine Vorschrift handle, durch den Papst oder den

von diesem dazu autorisirten Bischof bedürften, die aber nur aus einer wichtigen Ursache und unter den gehörigen Bedingungen ertheilt wer­

den dürfe3).

Zu diesen Bedingungen gehörte anfangs die Abschwö-

3) Man sehe darüber §. 300. Rote 8. 9. 1) C. 16. c. XXVIII. q. 1. (Conc. Agath. a. 506), c. 14. de haeret. in VI. (5. 2). Aridere Zeugnisse giebt Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. VI. cap. 5. n. 1—4. 2) Hierüber äußert sich folgendermaßen der sonst so milde Van-Espen Ins eccles. univers. Part. II. sect. I. tit. 12. cap. 5. n. 38. Neque enim ullus negat, quin Catholici gravissime peccare soleant, cum haereticis matrimonia ineundo; haecque matrimonia ob multiplicia incommoda, ac praesertim praesentaneum periculum perversionis ad haeresim parti catholicae nec non prolibus imminens, esse plane detestanda. Ja diesem Sinne reden viele neuere Concilien, die man bei Hartzheim findet, zum Beispiel Conc. Colon, a. 1651. Part. IV. n. XXV., Conc. Paderborn, a. 1688. Part. II. tit. 10. n. 24. 3) Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. VII. cap. 5. n. 4. 5. lib. IX. cap. 3. n. 1. 2. 5. 6. Aus diesen Grundsatz beziehen sich -die Erlasse

705

rung der Häresie, wovon man jedoch allmählig abgieng;

dann aber

die Sicherstellung des katholischen Theils gegen Abfall, und Cautelen

für die katholische Kindererziehung 4), als welche das eidliche Gelöbniß des äkatholischen Theils,

die katholische Kinderziehung nicht hindern

zu wollen, erwähnt wird5). den gemischte Ehen,

4) Selbst mit dieser Dispensation wur­

wenn auch erlaubt,

Gefahr ungern gesehen.

doch wegen der bleibenden

Daher sollten die Formen der Abschließung

nur auf das Nothwendigste der Tridentinischen Form beschränkt, diese

außerhalb der Kirche vorgenommen und dabei die Feierlichkeiten, Ge­ bete und Einsegnung unterlassen werden, worin sich die freudige Zu­

stimmung der Kirche ausspricht«).

nicht gegeben würden,

5) Wo die verlangten Cautioncn

sollten sich die Pfarrer jeder Mitwirkung bei

der Abschließung enthalten7).

6) Diese strenge Praxis ist in Frank­

reich, Belgien, Holland, England und der Schweiz wirklich im Ge­

brauchs).

7) In Deutschland und im Königreich Ungarn war es

aber unter der obwaltenden Schwierigkeit der Berhältnisse zu keiner

Gleichförmigkeit gekommen. Dispensationen wurden häufig nicht nach­

gesucht und die Einsegnung mit mehr oder weniger Leichtigkeit ertheilt. Der römische Stuhl ignorirte,

wo er nicht ändern konnte, unterließ

aber nicht, bei jeder Gelegenheit den Grundsatz zu wahren. Allem verwarf er den Mißbrauch,

8) Vor

die Benediction da zu ertheilen,

wo die erforderlichen Cautionen nicht geleistet wären 9).

Doch gestat-

von Benedict XIV. an die polnischen Bischöfe vom 29. Juni 1748 (Roscoväny II. 74), Pius VI. an den Erzbischof von Mecheln vom 13. Juli 1782 (II. 61), Pius VIII. an die preußischen Bischöfe vom 25. März 1830 (II. 234). Daß die Dispensation beim Papste in jedem einzelneu Falle einzuholen sei, sagen die Erlasse von Pius VII. yan das Generalvicariat in Ehrenbreitstein vom 31. Oct. 1819 lll. 166), Gregor an die bayerischen Bischöfe vom 27. Mai 1832 (II. 212). Die französischen Bischöfe waren um die Verleihung des Dispeniationsrechts eingekommen; dieses wurde ihnen aber nicht zugestanden, Breve von'Pius VII. vom 17. Febr. 1809 (II. 119). 4) So sagen die angeführten Erlasse von Benedict XIV. 1748, Pius VH. 1819, Pius VIII. 1830, Gregor XVI. 1832; auch das Breve von Pius VII. an den Erzbischof von Mainz vom 8. Oct. 1803 (Roscoväny II. 86). 5) So in dem (Note 3) angeführten Schreiben von Pms VI. 1782 und in dem Schreiben der Nuntiatur zu Luzern vom 9. Nov. 1819 (Roscoväny II. 188). 6) Benedict. XIV. de synodo dioeces. VI. 5. n. 5. So sagt auch das Schreiben von Pius VI. 1782 (Note 3). 7) So sagen auch die Erlasse von Pius VIII. 1830 und Gregor XVI. 1832 (Note 3). 8) Die Zeugnisse giebt Roscoväny II. 828—831. 9) Dieses geschah namentlich wieder in dem Erlaß von Gregor XVI. Walter's Kirchenrecht. I3te Auflage. 45

706 tete er selbst da in dringenden Fällen, um größere Uebel zu vermei­

den, daß der Pfarrer als ganz passiver Zeuge bei der Eingehung der Ehe gegenwärtig sei und die vernommene Erklärung in das Kir­

chenbuch eintrage 10 * *). 11 12 9) Mittlerweile war in Deutschland die welt­ liche Gesetzgebung auf mannichfaltige Weise bemüht, diese Verhältnisse

nach ihren Zwecken zu modeln, die Leistung der Cautionen zu besei­ tigen, und die Einsegnung der gemischten Ehen zur allgemeinen Regel zu machen.-Allein durch den Einspruch der Päpste und gewissenhafter

Bischöfe ist das Verhältniß auf das richtige Maß zurückgeführt wor­ den.

Die Staatsgewalt muß es den Ehegatten überlassen, über die

Erziehung der Kinder das Nöthige unter einander festzusetzen; sie muß

eS

ihnen überlassen,

dung beilegen wollen;

welches moralische Gewicht sie dieser Verabre­

sie muß es dem katholischen Theile, der die

Mitwirkung seiner Kirche verlangt, überlassen sich mit derselben über

die von ihr dazu gestellten Bedingungen zu benehmen"); sie muß

der Kirche die Freiheit lassen, gegen denjenigen der ihre Gesetze miß­

achtet, mit der Kirchendisciplin einzuschreiten. Die Staatsgewalt kann

ihrerseits nichts thun, als demjenigm, der zur Abschließung der Ehe bei seiner Kirche nicht gelangen kann,

diese in einer andere»; Forin

möglich zu machen, und da, wo die Frage nach der Kindererziehung

vor dem weltliche»» Richter zur Sprache kommt,

des Vaters zu halten.

sich an den Willen

II. Die griechische Kirche hat, strenger als

die lateinische, die Ehen zwischen Orthodoxen und Häretikern unbe­

dingt für nichtig erklärt und dadurch allerdings die Frage sehr verein­ facht'^).

In Rußland sind zwar durch Peter I. 1719 die Ehen mit

anderen christlichen Religionsverwandten erlaubt worden;

allein zu-

an dm Erzbischof von Freiburg vom 23. Mai 1846. Abgedruckt in meinen Fontes. 10) So verordneten die Instruction von Pius VI. für das Herzogthum Eleve vom 19. Juni 1793 (Roscovany II. 97), Pius VIII. für die westlichen Diversen Preußens am 25. März 1830 (Note 3) und dazu die Instruction des Cardinals Albani vom 27. März 1830 (II. 239), Instruction des Cardinals Bernetti für Bayern vom 12. Sept. 1834 (II. 291), Gregor XVI. für Un­ garn am 30. April 1841 (II. 811), und dazu die Instruction des Cardinals Lambruschini für Ungarn vom 30. April 1841 (II. 817), Instruction des Car­ dinals Lambruschini für Oesterreich vom 22. Mai 1841 (II. 820). 11) Sehr einfach und richtig löste Mahmud Sultan 1839 für fein Reich die Frage durch die Verordnung, daß keine Behörde die katholischen Priester­ zwingen könne, einer gemischten Ehe die Weihe zu ertheilen, Roscovany II. 834. 12) Conc. Laodic. a. 372. c. 10. 31., Conc. Trullan. a. 692. can. 72. ibiq. Baisamon et Zonaras (Bevereg. I. 241), Photii Nomöcanon XU. 13.

707 gleich ist für die Staatsreligion

auf Unkosten der anderen Bekennt­

nisse dadurch gesorgt worden, daß der Abfall von der orthodoxen Kirche überhaupt aufs Strengste bestraft, und bei solchen Ehen die Erzie­

hung der Kinder in der rechtgläubigen Religion zur unbedingten Pflicht

gemacht wird. die

III. Die Protestanten haben sich ursprünglich gegen

gemischten Ehe eben so streng wie die katholische Kirche ausge­

sprochen 13).14 Später ist man davon abgegangen, und jetzt sucht man

hin und wieder zu den strengeren Grundsätzen zurückzukehren u).

Fünftes Kapitel.

Der christliche Tod.

I.

325.

Bon der letzten Oelung *).

Um den sterbenden Christen in den Bedrängnissen dieses

ernsten Augenblicks zu stärken und ihn mit beruhigtem Herzen dem Gericht des Herrn entgegenzuführen, bietet ihm die Kirche nicht nur die Sacramente der Buße und des Abendmahls dar,

sondern es ist

auch dafür, wie die heilige Schrift und die Tradition bezeugen2), ein eigenes Sacrament

eingesetzt, welches in einer Salbung mit Oel,

verbunden mit denl Gebet des Priesters und der umstehenden Gläw-

13) Ein Rescript des Oberconsistoriums zu Dresden vom 5. Mai 1620 (Roscovany II. 15) verlangt, daß der lutherische Theil in seiner „wahren und „seligmacheuden Religion hinreichend sundirt" sei, um keinen Abfall befürchten zu lassen, und auch über die Erziehung der Kinder in der evangelischen luthe­ rischen Lehre „genügsame Versicherung aufrichten lasse." In Holland hat das Gesetz von 1730 die gemischten Ehen sehr erschwert. Die Puritaner haben in ihrer Consession von 1648 die Ehen, „mit den Papisten und anderen Götzen­ dienern" ganz verboten. 14) In Preußen haben die Synoden und Kirchentage während 1853 die gemischten Ehen als für das Seelenheil sehr gefährlich erklärt. Damit hat man sich auf den richtigen Standpunkt gestellt (§. 34. Note 14), den man aber nun auch consequent sefthalten sollte. 1) Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. VIII. cap. 1—8. 2) Jacob. V. 14. 15., c. 3. D. XCV. (Innocent. I. a. 416).

708 bigen bestehts). Früher wurden dazu, wie noch jetzt in der griechischen

Kirche mehrere Priester erfordert; jetzt ist aber in der lateinischen Kirche einer hinreichend^); doch soll dieses, Nothfälle abgerechnet, der

regelmäßige Pfarrer oder dessen angeordneter Stellvertreter

sein».).

Laien können dieses Sacrament nicht wirksam verwalten6 3).7 4 5Das Del,

welches dazu gebraucht wird,

der lateinischen Kirche vom

muß in

Bischöfe consecrirt sein'). Nach dem Gebrauche der griechischen Kirche

aber wird das Oel, welches der Bischof am Donnerstag in der Char-

woche weiht, gleich zur Salbung der anwesenden, gleichsam geistig kran­ ken Büßenden eonsumirt, und das wirkliche Krankenöl wird daher von

den Priestern selbst in dem Augenblick, wo sie es nöthig haben, eon-

secrirt.

UebrigenS soll die letzte Oelung weder Kindern noch Blöd­

sinnigen, die keiner Sünde fähig gewesen sind,

ferner nur in einer

schweren Krankheit, nicht in einer Todesgefahr anderer Art, auch in

derselben Krankheit nur einmal ertheilt werden.

Früher wurde sie,

was auch gut zu ihrer inneren Bedeutung paßt, gleich mit der Beicht

verbunden, und vor der Eucharistie empfange«; jetzt aber findet mei­ stens die umgekehrte Ordnung Satt.

Doch

soll sie nicht bis zum

letzten Augenblick verschoben, sondern die Zeit benutzt werden, wo der Kranke noch bei vollem Bewußtsein ist8). II.

Von dem christlichen Begräbniß •).

Greg. III. 28. Sext. III. 12.

Clem. III. 7. Extrav. comm. III. 6. De

sepulturis.

326.

Die Kirche will nach der Sitte aller gebildeten Völker

den Leichnam eines abgeschiedenen Bruders mit Achtung

behandelt

3) Conc. Trid. Sess. XIV. Doctrina de sacram. extrem, unction. et cap. 1. 3. et can. 1. 2. 3. eod. 4) C. 4. X. de verhör, signif. (5. 40). 5) Clem. 1. de privil. (5. 5). 6) Conc. Trid. Sess. XIV. cap. 3. et can. 4. de extr. unct. 7) Man sehe darüber §. 274. Note 3. 4. 8) Der Mißbrauch, die letzte Oelung bis zum letzten Augenblick zu ver­ schieben, hängt mit mehreren falschen und zum Theil abergläubischen Vorstel­ lungen der älteren Zeit zusammen. Die früher sehr verbreitete Meinung , daß der Kranke nach Empfang dieses SacramentS nicht mehr testiren dürfe, gründet sich aber auf gewisse Ansichten des deutschen Rechts. Man sehe meine Deutsche Rechtsgeschichte II. §. 592. 1) Baudri das christliche Begräbniß (Dieriuger kathol. Zeitschrift Jahr­ gang II. Band I. S. 65—90. 224—266). x

709 wissen, und hat

verbunden,

daher die Beerdigung mit mehreren Feierlichkeiten

wodurch sie auch noch im Tode diejenigen ehrt, die sich

während ihres Lebens zu ihrer Gemeinschaft bekannt haben. Dadurch ist in allen christlichen Ländern das Begräbniß eine kirchliche Hand­

lung geworden. Die Begehung desselben und der Ort der Beerdigung

sind regelmäßig bei der Pfarrkirche, welcher man während seines Le­ bens angehörte9).

Ausnahmen treten aber ein, wenn man ein Fa-

milienbegräbniß2 3) oder, was Einem immer frei steht, einen anderen

Begräbnißplatz erwählt hat4),5 6oder 7 wenn man zufällig an einem an­ deren Orte verstorben ist,

und der Leichnam nicht ohne viele Um­

stände an den wirklichen Wohnort geführt werden kann3).

Früher

war es den Geistlichen untersagt, für das Begräbniß etwas zu ver­ langen3); doch war ihnen freiwillige Gaben anzunehmen nicht verbo­

ten, und diese sind allmählig in ein festes Herkommen übergegan­

gen ’).

In der neueren Zeit sind dafür theils von den Provinzial-

Concilien, theils in Uebereinstimmung mit den Ortsbehörden gewisse Taxen festgesetzt worden. Ist das Begräbniß an einein anderen Orte als

bei der Pfarrkirche erwählt worden, so mußte dieser ehemals

doch ein bestimmter Theil (portio canonica, quarta funeraria) von Allem, was der Kirche des Bcgräbnißortes vermacht war, abgegeben werden8).9 Jetzt ist dieses aber nicht mehr allgemein im Gebrauch9).

Uebrigens kann die Ehre des kirchlichen Begräbnisses, da sie sich auf

2) C. 6. e. XIII. q. 2. (Conc. Tribur. a. 896), c. 3. 5. X. de sepultur. (3. 28). 3) C. 1. 3. X. de sepultur. (3. 28). 4) C. 7. X. de sepultur. (3.28), c. 2. §. 1. c. 4. eod. in VI. (3.12). Abweichend ist c. 3. X. de sepultur. (3.28). Die Eommentatoren haben die­ ses so vereinigt, daß zwar die Wahl frei stehe, allein der erwählte Ort doch ein geweihter sein müsse. Der Psarrer hat jedoch die Leiche zu erheben und bis zur Gränze der Pfarrei zu geleiten: oder bis zur anderen Kirche, wenn dieselbe in seiner Pfarrei liegt. Ist es eine Klosterkirche, so dürfen die Ordens­ geistlichen die Leiche nicht eher erheben, als bis sie eine Zeitlang auf den Pfar­ rer gewartet haben. Entscheidungen der congregatio concilii in diesen« Sinne stehen in Moy Archiv IV. 185—88. 5) C. 3. de sepultur. in VI. (3. 12). 6) C. 12. c. XIII. q. 2. (Greg. I. a. 599), c. 15. eod. (Conc. Naunet. c. a. 895), c. 13. X. de sepult. (3.28), c. 8. 9. X. de simon. (5. 3). 7) C. 42. X. de simon. (5.3). In Lucern bezog sich das Selgeräth auf das,was für die Bestattung und die Begehung des Dreißigsten zu ent­ richten war (§. 284. Note 8). 8) C. 1. 8. 10. X. de sepultur. (3. 28), c. 2. eod. in VI. (3. 12), eiern. 2. eod. (3. 7). 9) Conc. Trid. Sess. XXV. cap. 13. de ref.

710 die kirchliche Gemeinschaft gründet10),

doch nur denjenigen zu Theil

werden, die wirklich in dieser Gemeinschaft stehen;

nicht also den

Ungläubigen n), Ketzern und deren Begünstigern12), Schismatikern13), de» Interdicirten und Excommunicirten"); auch nicht denjenigen, die

durch Unterlassung der schuldigen Religionshandlungen ihre Gleich­

gültigkeit gegen

die kirchliche Verbindung an Tag gelegt haben 16).

Ferner ist jene Ehre zur Strafe in mehreren Fällen entzogen,

mentlich den Selbstmördern16),

wenn

sie

zurechnungsfähig

na­

waren,

denjenigen, die in einem $utmcrc17), oder in einem Duell 18j geblie­

ben sind, offenbaren Wucherern19), Räubern und Zerstörern von Got­ teshäusern 20).

Jetzt

ist zwar in manchen Ländern,

namentlich in

Deutschland und Frankreich,

nach den bestehenden bürgerlichen Ver­

hältnissen

von dem gemeinen Begräbnißort nicht

die Ausschließung

mehr ausführbar. Allein an der Bedeutung der Beerdigung als kirch­ lichen Handlung ist dadurch nichts geändert. In Beziehung auf diese

können und müssen daher auch noch die obigen Bestimmungen geltend gemacht werden,

weil die Kirche, wenn sie auch das Weitere dem

göttlichen Gericht ehrfurchtsvoll anheimgcstellt, doch um ihrer Würde willen nicht von dem Grundsatz abgehen kann, denjenigen, die im Le­

ben ihre Gemeinschaft verschmäht haben, sich auch im Tode nicht- aufzu­ dringen97). In zweifelhaften Fällen sollen jedoch die Pfarrer vorsich­

tig und nicht ohne Rücksprache mit der bischöflichen Behörde verfah­ ren.

so

Was insbesondere das Verhältniß zu den Protestanten betrifft, ist zu unterscheiden.

Hat sich an dem Orte eine protestantische

10) C. 1. c. XXIV. q. 2. (Leo I. a. 443), c. 3. eod. (Urban. II. c. a. 1095), c. 12. X. h. t. 11) C. 27. 28. D. 1. de cons. (cap. incert.). 12) C. 8. c. 13. §. 5. X. de haeret. (5. 7), c. 2. eod. in VI. (5. 2). 13) C. 3. c. XXIV. q. 2. (Urban. II. c. a. 1095). 14) C. 37. c. XI. q. 3. (Gelas. I. c. a. 494), c. 12. 14. X. de sepult. (3. 28), c. 20. de sentent. excomm. in VI. (5. 11). Nach dem neueren Recht ist dieses jedoch nur aus diejenigen zu beschränken, welche namentlich Q» communicirt und öffentlich als solche bekannt gemacht worden sind (§. 191). 15) C. 12. X de poenitent. (5. 38). 16) C. 12. c. XXIII. q. 5. (Gone. Bracar. I. a. 561). x 17) C. 1. X. de tomeament. (5. 13). 18) Conc. Trid. Sess. XXIV. cap. 19. de ref., Const. Betest abilem Benedicti XIV. a. 1752. 19) C. 3. X. de usur. (5. 19). 20) C. 2. 5. X.» de raptor. (5. 17). 21) C. 1. c. XXIV. q. 2. (Leo I. a. 443), c. 37. c. XI. q. 3. (Gelas, c. a. 494).

711

so bleibt der katholische Pfarrer außer aller

Pfarrgemeinde gebildet,

Beziehung. Häufig ist allerdings derselben durch die Landesgesetze der Mitgebrauch des Kirchhofes eingeräumt;

allein ein Recht auch auf

den Gebrauch der Glocken und der zur Beerdigung dienenden Geräth-

schaften folgt daraus nicht;

auch ist dann, um Collisionen und Stö­

rungen beim Besuch der Gräber durch die Hinterbliebenen zu vermei­

den,

für die Protestanten ein verhältnißmäßiger Theil abzusondern.

Besteht an dem Orte keine protestantische Pfarrgemeinde, so ist wei­ ter zu unterscheiden.

War der Verstorbene an einen ändern Ort hin

eingepfarrt, so gehört die Leiche auf den dortigen Kirchhof;

doch ist

es den bürgerlichen Rücksichten angeniessen, daß der katholische Pfarrer, wenn es verlangt wird,

die Beerdigung auf dem eigenen Kirchhof

War der Verstorbene nirgendshin eingepfarrt, so muß der

gestatte.

katholische Ortspfarrer aus Rücksichten die Leiche,

polizeilichen und allgemein menschlichen

wenn er darum angegangen wird, auf seinem

Kirchhofe zulassen. In beiden Fällen ist aber aus den obigen Grün­ den dazu ein besonderer Platz zu bestimmen und als solcher kenntlich zu machen.

Der Vornahme des Beerdigungsactes muß sich aber der

Pfarrer nach der Bedeutung dieser Handlung enthalten', und derselbe

ist einem Geistlichen jjcner Confession oder einer andern Person zu überlassen. In manchen Diöcesen wird er aber im Nothfall aus Rück­

sichten des Anstandes [bem katholischen Pfarrer gestattet; dieses

in einer Form geschehen,

nur soll

wodurch zwar eine menschliche und

christliche Theilnahme, nicht aber eine kirchliche Ehre und Anerkennung der Gemeinschaft ausgedrückt wird.

Was das protestantische Kirchen­

recht betrifft, so haben die Bekenntnißschriften ebenfalls die Sorgfalt für die anständige Beerdigung der Verstorbenen zur Pflicht gemacht22);

auch haben die Kirchenorhnungen und Landesgesetze dieselbe als eine aus der Gemeinschaft fließende Ehre aufgefaßt, und daher häufig deren Entziehung als Strafe angeordnet. III.

327.

Von dem Dienste der Verstorbenen.

Die Gemeinschaft des Gebetes ist nicht auf die hier Le­

benden beschränkt, sondern nach dem übereinstimmenden Glauben der griechischen und lateinischen Kirche können auch für die Seelen der

22) Helvet. Conf. I. cap. XXVI.

712 Abgeschiedenen, die noch an dem Orte der Reinigung der Anschauung Gottes harren, Fürbitten und andere fromme Werke, besonders aber

das Opfer des Leibes und Blutes Christi, dargebracht werden *). Daher

ist schon seit den ältesten Zeiten ein eigener Dienst für die Verstorbenen eingerichtet worden. Am Abend vor dem Begräbnißtage wurden näm­

lich die Leichen in die Kirche getragen, bei ihnen die Nacht hindurch

Psalmen und Hymnen gebetet, dann am folgenden Tag das Meßopfer verrichtet, und während desselben Oblationen für sie dargebracht. Jene

Gebete haben sich,

selbst der Benennung nach, in den Vigilien oder

dem Officium für

die Verstorbenen erhalten,

doch wird dieses,

wie auch die Todtenmesse, nicht mehr vor der Leiche selbst,

so

sondern

erst nach der Beerdigung, etwa nur vor einem Traucrgerüstc, welches

die Leiche vorstellt, verrichtet'^).

Die Oblationen sind aber allgemein

in ein festes Herkommen übergegangen und durch genaue Taxen re-

gulirt worden. Die Exequien wurden ehemals gewöhnlich am dritten, siebenten oder neunten, dreißigsten oder vierzigsten Tage, und an dem

Jahrestage des TodeS

wiederholt3);

dieses kommt auch noch jetzt

häufig vor. Außerdem wird für die Abgeschiedenen, entweder nament­

lich oder im Allgemeinen, auch in den anderen Diessen gebetet4). Zu diesem Zwecke wurden schon

in der alten Zeit die Verstorbenen bei

jeder Gemeinde in den Diptychen verzeichnet, Todtenregister entstanden.

und hieraus sind die

Die Exequien sind natürlich in der regel­

mäßigen Pfarrkirche des Verstorbenen

zu halten, und dieses bildet

ein bestimmtes Recht, welches durch die Wahl eines anderen Begräbnißortes

oder durch das

einer

anderen Kirche verliehene Recht der

Beerdigung nicht verloren gel)t5). Verstorbenen zwar aufrichtig

Uebrigens sollen die Christen ihre

betrauern,

unmäßigen Betrübniß nach Art

sich dabei aber nicht einer

der Heiden überlassen«), und noch

1) C. 19. 23. c. XIII. q. 2. (Augustin, c. a. 431), c. 17. eod. (Gre­ gor. I. c. a. 593), c. 12. eod. (Greg. 111. c. a. 721), c. 22. eod. (cap. incert.), Gone. Trid. Sess. XXV. Decret. de purgatorio. 2) Gegen diese Neuerung erhält sich Mooren über die kirchliche Begrabnißseier (Dierrnger kathol. Zeitschrift Jahrgang II. Bd. IV. S. 259—279). 3) C 24. c. XIII. q. 2. (Ambros, a. 395), nov. Iust. 133. c. 3. §. 1., c. 7. D. XLiy. oder c. 35. D. V. de cons. (Conc. Nannet- c. a 895). Man vergleiche §. 284. Note 8. 4) C. 72. D. I. de cons. (Conc. Cabilon. II. a. 813). 5) C. 9. X. de sepultur. (3. 28). 6) I. Thess. IV. 13. 14. , c. 25. c. XIII. q. 1. (Cyprian, c. a. 255) c. 26. eod. (Chrysostom. c. a. 390), c. 28. eod. (Conc. Tolet. II. 589).

713 weniger diese durch einen übertriebenen Aufwand an Tag legen wol­ len 7). Die Protestanten haben zwar auch das Gedächtniß der Todten

empfohlen,

allein mit der Lehre von dem Reinignngsort nach dem

Tode das Gebet für die Verstorbenen verworfen8).

Sechstes Kapitel.

Bau den besonderen kirchlichen Anstalten.

I.

Bon den Wohlthätigkeitsanstalten. 328.

A) Allgemeine Armenpflege').

Die Kirche fordert nicht nur ihre Mitglieder zur Milde

und Wohlthätigkeit ans, sondern sie nimmt sich auch der Armen und

anderer hülfsbedürftiger Personen unmittelbar an. Daher wurde die­ sen schon in den

ersten christlichen Gemeinden eine besondere Sorg­

falt erwiesen, und zu diesem Zwecke hauptsächlich das Amt der Dia­ conen eingesetzt8). Als das Vermögen der Kirchen zunahm, bestimmte

man ihnm den vierten Theil der sämmtlichen Einkünfte8), und über­ trug deren Verwendung, stimmten Diaconen.

Zu

der ursprünglichen Einrichtung gemäß, be­ diesem Zwecke wurden die von der Kirche

verpflegten Armen in einer eigenen Matrikel verzeichnet, aus welcher

sic aber wegen schlechter Sitten ausgestrichen werden konnten.

Doch

beschränkte man sich auf diese regelmäßige Vertheilung nicht, sondern

7) Augustin, de civit. Dei I. 12. (c. 22. c. XIII. q. 2). Curatio funeris , conditio sepulturae, pompa exsequiarum, magis sunt vivorum solatia, quam subsidia mortuorum. 8) Helvet. Conf. I. cap. XXVI. 1) Ueber den Einfluß der Religion auf diesen für die moderne Staats­ verwaltung so wichtigen Gegenstand, und über die daraus hervorgehende hohe staatswirthschastliche Bedeutung des Christenthums, sehe man Rubichon du mecanisme de la societe en France et en Angleterre. Paris 1833., A. de Villeneuve- Bargemont £conomie politique chretienne ou recherches sur la nature et les causes du pauperisme en France et en Europe. Paris 1834. 3 vol., Naville de la charite legale. Paris 1836. 2 vol. 2) Act. IV. 34—37. VI. 1—6. 3) Man sehe darüber §. 245.

714 das Kirchenvermögen wurde überhaupt als das Eigenthum der Armen, welches

der Kirche nur zur Verwaltung und Verwendung anvertraut

wäre, betrachtet 4).

Daher übten die Bischöfe und Päpste, oft mit

Aufopferung ihres eigenen Vermögens, eine unglaubliche Freigebigkeit aus, und die Concilien aller Zeiten legten ihnen die Pflicht auf, so

viel wie nur möglich,

zur Unterstützung

der Armen beizutragen5).

Aehnliche Einrichtungen und Verpflichtungen

bestanden auch für die

Klöster, und von diesen sind ebenfalls unzählige Liebcswerke jeder Art

ausgegangen. Aber auch die Laien wurden dazu von der Kirche ange­ halten, und es sollte darauf bei der jährlichen Visitation ausdrücklich gesehen werden 6).

Uebrigens erlitt aber die Armenpflege der Diaco­

nen im Laufe der Zeit mehrere Veränderungen. Bei den Stiften kam

sie in die Hände der Kongregation, bei den anderen Kirchen an die Pfarrer,, und zwar wurde dazu ein bestimmter Theil der bei der Kirche eingehenden Oblationen angewiesen7).

diesen Opfern

und

anderen

ein eigener Armenfond

So bildete sich allmählig aus

Donationen bei

(mensa pauperum,

den

meisten Kirchen

mensa 8. Spiritus),

dessen Verwaltung dann nach denselben Grundsätzen, wie die Ver­ waltung der Kirchenfabriken, eigenen Armenvätern übertragen wur­ de 8).

In der neueren Zeit ist aber die Armenverwaltung in vielen

Ländern der Kirche fast ganz entzogen, und den Ortsbehörden überge­ ben worden.

4) Man findet diese Regel aus der kirchlichen Gesetzgebung und Praxis durch alle Jahrhunderte nachgewiesen bei Thomassin Vet. et nov. eccles. discipl. P. III. lib. 3. cap. 26—33. 5) C. 1. D. LXXXII. (Conc. Aurel. I. a. 511),- Conc. Ravenn. a. 1311. c. 30., Conc. Trid. Sess. XXV. cap. 1. de ref. 6) Regino de ecclesiast. discipl. lib. II. cap. 5. n. 68. Inquirendum de mendicis, qui per patrias discurrunt, et si unusquisque pauperem de familia sua pascat. No. 72. Inquirendum, si aliquis est, qui peregrino aut viatori hospitium contradicit. 7) Capit. Aquisgran. a. 816 (817). c. 4. 8) Conc. Buscod. a. 1571. tät. XXIV., Conc. Antwerp. a. 1576. tät. XIII., Conc. Yprens. a. 1577. tit. XXVIII., Conc. Audomar. a. 1583. tät. XXI , Conc. Buscod. a. 1612. tit. XXI., Conc. Camerac. a. 1631. tit. XVII., Conc. Audomar. a. 1640. tit. XIX., Conc. Colon, a. 1662. Part. 111. tät. XIII. In Lucern entstand so bei den Pfarrkirchen das Spend- oder Almoseignt, Segesser RechtSgeschichte von Lucern II, 813.

715 B) HoSpitien für Hülfsbedürftige *). Greg. III. 46. Clem. III. 11. De religiosis domibus, ut episcopo sint subiectae. 329.

Um die Pflege hülfsbedürftiger Personen noch fester zu

begründen, stifteten die Bischöfe aus ihren Ersparnissen und ande­ ren frommen Schenkungen eigene Anstalten für Arme, Kranke, Wai­ sen, ausgesetzte Kinder, Greise und andere Reisende, und ließen diese durch einen Kleriker unter ihrer Aufsicht verwalten?).

Häufig wur­

den aber dergleichen Häuser auch von Privatpersonen gegründet, und

alsdann hatten diese und ihre Erben die innere Einrichtung zu leiten und

die Hülfspersonen

zu bestellen.

solche Privatstiftungen ebenfalls

worfen s).

Doch wurden von Justinian

der Oberaufsicht des Bischofs unter­

In den germanischen Reichen nahmen sich vorzüglich die

Mönche jener wohlthätigen Werke an; es wurden sogar bei den Klö­

stern, und später auch,

der eingeführten kanonischen Regel gemäß 4),

bei den bischöflichen Kirchen eigene aus der quarta decimarum un­

terhaltene Häuser zur Berpflegung der Armen und Reisenden ange­ legt, und die Könige waren sehr auf Erhaltung dieser Anstalten be­ dacht 5).

Daneben entstanden aber auch viele Privatstiftungen dieser

Art, und zwar so,

daß deren Verwaltung entweder dem Bischöfe6),

oder den Erben des Stifters oder anderen von ihm bestellten Perso­

nen übertragen wurde7).

In allen Fällen galten sie aber als geist­

liche Anstalten, und waren daher dem Schutz und der Oberaufsicht des Bischofs unterworfen b).

Doch versäumte man nicht leicht, der

größeren Sicherheit wegen, auch Schutzbriefe der Könige für sie nach­ zusuchen.

Die

innere Einrichtung dieser Häuser war nach den Ber-

1) Lehrreich ist darüber: Bensen Ein Hospital im Mittelalter. Regens­ burg 1853. 2) C. 10. c. XVIII. q. 2. (Conc. Chalced. a. 451). 3) C. 42. §. 9. c. 46. pr. §. 3. C. de episc. (1.3), nov. 131. c. 10. 4) Regula Chrodogangi ed. Hartzh. c. 45., Conc. Aquisgran. a. 816. c. 141. 5) Capit. I. Carol. M. a. 789. c. 73., L. Langob. Carol. M. c. 63. 6) Die Formel für eine Stiftung dieser Art giebt Marculf. II. 1. 7) Diese Unterscheidung macht das Conc. Ticin. a. 850. c. 15. 8) Capit. Carol. M. a. 793. c. 1., c. 3. X. h. t. (Eugen. H a. 826), Conc. Ticin. a. 850. c. 15., Epist. episc. ad Ludov. Reg. Germ. a. 858. c. 10. (Walter T. III. p. 87., Baluz. T. II. col. 111), c. 4. X. h. t. (Ur­ ban. IV. a. 1268).

716 hältnissen verschieden. In den bei den bischöflichen Kirchen errichteten Hospitien war, wie in den Klöstern, ein Bruder der Kongregation selbst mit der Pflege beauftragt. Dieses gab Veranlassung, daß sie öfters von den Bischöfen zu wirklichen Beneficien erhoben, und als solche verliehen wurden. Eben so gaben auch oft die Könige die ih­ nen zustehendcn Hospitien als Lehen tjin9). Die Gehülfen, besonders für die Krankenpflege, sollten nach der Absicht der Kirche die Tonsur haben und ein regelmäßiges geistliches Leben führen. Seit dem zwölf­ ten Jahrhundert wurde daher in vielen dieser Häuser eine förmliche Regel nach Art der Mönche eingeführt10)11 ;' es entstanden sogar für die Krankenpflege eigene Orden, für welche entweder neue Hospitäler errichtet, oder denen die bereits vorhandenen übergeben wurden. Doch blieben auch viele Hospitäler in den Händen anderer Rectoren, und diese hatten sich sogar mancherlei Exemtionen von der bischöflichen Oberaufsicht zu verschaffen gewußt, so daß die Einkünfte nicht selten sehr willkührlich verwaltet wurden. Um diesem zu steuern, verordnete 1311 das Concilium von Vienne, daß bei allen diesen Anstalten das Vermögen, nöthigenfalls auf Betreiben der Bischöfe, selbst vorhan­ dener Exemtionen ohngeachtct, auf seine ursprüngliche Bestimmung zurückgeführt, keine Verleihung zu Beneficien mehr damit vorgenom­ men , sondern die Verwaltung rechtschaffenen und sachkundigen Män­ nern übergeben werden sollte, die dazu wie Curatoren vereidet wür­ den, und auf den Grund des errichteten Inventars dem Bischöfe, oder wem sonst dieses Recht zustände, jährlich Rechnung ablegten"). Nur die in den Händen geistlicher Orden sich befindlichen Hospitäler wurden von dieser Vorschrift ausgenommen12).13 14 Das Concilium von Trient baute auf diesem Plane fort, indem es den Bischöfen bei allen Hospitälern, auch den eximirten, nur nicht bei den unter einem geistlichen Orden stehenden, die Aufsicht über deren getreue Verwal­ tung 18), und daher das Visitationsrecht"), die Mitwirkung bei der

9) Capit. Carol. M. a. 793. c. 6. 10) Conc. Paris, a. 1212. Part. III. c. 9., Constit. Edmund. Cantuar. a. 1236. c. 35., Conc. Arelat. a. 1260. c. 13., Conc. Ravenn. a. 1311. c. 25. 11) Clem. 2. pr. §. 1. de relig. domib. (3. 11), dem. 3. de praebend. (3. 5). 12) Clem. 2. §. 2. de relig. domib. (3. 11). 13) Conc. Trid. Sess. VIL cap. 15. de ref., Sess. XXV. cap. 8. de ref. 14) Conc. Trid. Sess. XXII. cap. 9. de ref.

717 Rechnungsablage 15) 16 , und die Befugniß im Nothfall die Einkünfte

auch zu

einem

anderen

Zwecke zu verwenden,6),

ihrer Bestimmung

am

nächsten liegenden

alles dieses jedoch nur so weit nicht das

Gesetz der Stiftung ausdrücklich entgegenstände17) 18 , 19 übertrug. dem sechzehnten Jahrhundert ist

Seit

aber in vielen Ländern, namentlich

in Deutschland, den Niederlanden und Frankreich, die Vermögensver­

waltung allmählig der Aufsicht der Bischöfe ganz entzogen und unter die weltlichen Behörden gestellt worden.

Auch werden jetzt die Vor­

steher und Gehülfen gewöhnlich blos aus den Laien genommen. und wieder habe» sich jedoch, und zwar,

Hin

wie die Erfahrung zeigt,

zum größten Nutzen für die leidende Menschheit, noch geistliche Or­ den für die Krankenpflege erhalten, und zwar entweder so, daß dem Orden die ganze Leitung der Anstalt zusteht, oder so, daß er blos

den Krankendienst besorgt,

die übrige Verwaltung aber von Anderen

versehen wird. Uebrigens wollte die Kirche in diesen Stiftungen eben

so sehr die Seele, wie den Leib gepflegt wissen.

Der Eintretende

mußte

gottesdienstlichen

daher

beichten

itnb

sich den

Uebungen des Hauses unterwerfen.

regelmäßigen

Viele Hospitien, besonders die

der geistlichen Orden, hatten sogar eigene Priester und Kirchhöfe"); in den Anderen wurde die Seelsorge von deni Ortspfarrer verwaltet. Auch noch jetzt gehört die Leitung der religiösen Disciplin in diesen

Anstalten schon nach der Natur des Verhältnisses zu den bischöflichen Rechten ").

II. 330.

Von den religiösen Orden '). Das Streben

nach

A) Allgemeine Grundlage.

möglichster Vervollkommnung,

wel-

15) Conc. Trid. Sess. XXII. cap. 9. de res. 16) Conc. Trid. Sess. XXV. cap. 8. de ref‘. 17) Dieser Vorbehalt wird zwar bei dem VisitatiouSrecht nichtgemacht, doch ist in der Praxis angenommen, daß auch diesesdurch das Gesetz der Stiftung ausgeschlossen werden könne, Fagnan. ad c. 2. X. de relig. domib. no. XLIV. 18) 0. 2. X. de eccles. aedif. (3. 48), dem. 2. §. 3. de relig. do­ mib. (3. 11). 19) Dieses ist auch in Oesterreich vom Kaiser anerkannt, Schreiben des Erzbischofs von Wien vom 18. August 1855. Art. 20. 1) Neue gründliche Werke darüber sind: Verhoeven De regularium et saecularium clericorum iuribus et officiis. Lovanii 1846., Bouix Tractatus de iure regularium. Parisiis 1857. 2 vol., SchelS Diö neuen religiö­ sen Frauengenossenschasten nach ihren rechtlichen Verhältnissen dargestellt. Schaff­ hausen 1857.

718 cheS das Christenthum weckt,

kann bei einzelnen Menschen die Rich­

tung Hervorrufen, dieselbe in besonderer Weise durch Abtödtung und

völlige Hingebung an höhere Lebenszwecke zu fördern. Indem Gleich­ gesinnte in dieser Richtung sich dauernd an einander schließen, entste­ hen religiöse Orden.

Diese sind also freiwillige Verbindungen von

Männern, die in der religiösen Begeisterung für eine höhere Lebens­ richtung nach reiflicher Prüfung ihres Willens und ihrer Kräfte den

festen Entschluß gefaßt haben, sich derselben ausschließlich zu widmen. Um dieses durchzuführen,

bedarf es aber einer genauen beitt vorge­

setzten Ziel entsprechenden Lebensordnung oder Regel, wozu sich Jeder

bei dem Eintritt in die Verbindung, mit völliger Unterordnung sei­ ner sinnlichen Neigungen, seiner Anhänglichkeit an irdische Güter,

und seines Eigenwillens, verpflichtet; und da man voraussetzen muß,

daß er die Bestimmung, die er nach

gehöriger Selbstprüsung

frei

gewählt, auch mit männlicher Beharrlichkeit verfolgen werde, so ist es dem Ernst der Einrichtung

angemessen,

jene Verpflichtung,

und

der Armuth und

de»

die darin enthaltenen Gelübde der Keuschheit,

Gehorsams, als unwiderruflich zu behandeln?). Doch muß um Ueber eilungen zu verhindern eine bestimmte Probezeit vorhergehens),

um so weniger ist ein aus Furcht

gültig4).

und

und Zwang abgelegtes Gelübde

Uebrigens kann eine Regel,

nach der verschiedenen Weise

daS irdische Dasein auf Gott zu beziehen, sich verschiedene Zwecke setzen,

und bald auf Beschauung und strenge Büßungen, bald mehr

gemeinnützig auf den Unterricht der Jugend, liche Unternehmungm,

auf höhere wissenschaft­

auf die Krankenpflege, auf die Unterstützung

der Pfarrer beim Gottesdienst und Predigten, und auf die Bekeh­

rung der Heiden gerichtet sein.

Die Kirche hat dabei,

eben weil sie

freie Entschließungen voraussetzt, weniger die Aufgabe, durch positive

Gebote einzuwirken, als nur zu sorge«, daß solche Institute nicht aus der Ordnung deS Ganzen heraustreten5).

AIS Associationen, worin

2) C. 8. c. XX. q. 1. (Leo I. a. 443), c. 1. c. XX. q. 3. (Idem eod.), c. 3. eod. (Conc. Chalced. a. 451), c. 2. eod. (Conc. Tolet. VI. a. 638). 3) Nov. Tust. 5. c. 2., c. un. D. LI1I. (Greg. I. a. 598), c. 6. c. XIX. q. 3. (Idem a. 600), c. 16. X. de regulär. (3.31), Conc. Trid. Sess. XXV. c. 15. de regulär. 4) C. 1. X. de bis quae vi (1. 40), c. 14. X. de regulär. (3. 31), Conc. Trid. Sess. XXV. cap. 18. 19. de regulär. 5) In diesem Geiste sind die Bestimmungen des Conciliums von Trient erlassen (§. 152. Note 9. 10).

719 sich die Blüthe des kirchlichen Lebens ausspricht, und welche daher zur

vollen Entwicklung desselben gehören, kann und muß die Kirche von der Staatsgewalt für die religiösen Orden wie für sich

selbst die

Freiheit der Errichtung, des Bestehens und des ungehinderten Zusam­ menhangs mit den Ordensoberen in Anspruch nehmen 6).

Freiheit der Association grundgesetzlich anerkannt ist,

Wo die

kommt dieselbe

natürlich auch den religiösen Vereinen zu Statten7). B) Geschichtliche Uebersicht der religiösen Orden').

331.

Die ersten Mönche waren Einsiedler, die in den Wäldern

und Gebirgen zerstreut ein beschauliches Leben führten.

ten Jahrhundert vereinigte aber Pachomius

Im vier­

in Egypten viele dieser

Anachoreten in einem geineinschaftlichen Wohngebäude (coenobium), welches er in einem Dorfe in Thebais errichtete,

und bald wurden

solche Monasterien auch in den Städten von Palästina

asien angelegt.

und Klein­

Der Bischof Basilius der Große (f 378) gab den

Andachtsübungen die Regel, der noch iin Orient alle Mönche folgen. Um dieselbe Zeit

wurden

auch in Rom und Mailand, und dann

auch in anderen Ländern des Occidents Klöster errichtet, und diesen

von ihren Vorstehern oder anderen erleuchteten Männern Lebensre­ geln mitgetheilt.

Eine sehr weise

und ausgebildete Regel

entwarf

515 Benedict, Graf von Nursia, für die Klöster, die er in Subla-

cum und auf dem Gebirge bei Cassinnm stiftete,

und nach dieser

wurden allmählig fast alle übrigen Klöster des Abendlandes eingerich­ tet.

Diesem Orden haben in jener Zeit die Wissenschaften ihre Er­

haltung und Verbreitung, viele Völker das Licht des Christenthums, ganze Landstriche ihre Urbarmachung und andere gemeinnützige Kennt­ nisse, und Tausende von Leibeigenen milde und gesittete grundherrliche

Einrichtungen zu verdanken2).

Als nach Jahrhunderten die Sitten

6) Diese« ist auch anerkannt im Oesterr. Concordat Art. 28. Doch ist verabredet, daß bei der Einführung eine« geistlichen Orden« in eine Diöcese der Bischof sich mit der Staatsregierung ins Einvernehmen setzen- soll. In Bayern hat die Krone versprochen einige Orden mit angemessener Dotation' herznstellen, Bayer. Concordat Art. 7. 7) So nach der Belg. Verfassung vom 7. Febr. 1831. Art. 20., Preuß. Verfaffung vom 31. Januar 1850. 1) Fehr Allgemeine Geschichte der Mönchsorden. Tübingen 1845. 2 Th. 2) Man sehe darüber da« folgende ausgezeichnete Werk: Les Moines de l’Occident depuis Saint Benoit jusqu’ä Saint Bernard par le Comte

720 wurden von eifrigen Män­

von der alten Zucht abgewichen waren, nern

neue Klöster gegründet, in denen sie die Regel Benedicts in

ihrer ursprünglichen Strenge herstellten und noch durch neue Bestim­ mungen,

dem Bedürfnisse der Zeit und dem Geiste des Stif­

nach

So entstand ans dem von Berno zu Clugni 910

ters, vermehrten.

errichteten Kloster durch dessen Nachfolger, den Abt Odo,

der weit­

verbreitete Orden der Cluniacenser; Romuald gründete um das Jahr

1020 in einem Kloster zu Kamaldoli in

den Apenninen den Orden

der Kamaldulenser; aus dem von Robert zu Citeaux 1098 gestifteten Kloster giengen die Cistertienser hervor, die nach dem heiligen Bern­ hard, der in einem ihrer Klöster zu Clairveaux Abt war, auch Bern­

hardiner genannt wurden^). Eine ganz besonders strenge Regel grün­ dete 1084 Bruno, bei Grenoble.

Chorherr

zu Rheims, in der großen Karthanse

An mehreren Kirchen nahm man auch die Einrichtun­

gen zum Muster, wodurch der heilige Augustinus seine Kleriker zum

gemeinschaftlichen Leben vereinigt hatte. Nach diesem Vorbild und in einem sehr strengen Geiste ist besonders die Regel abgefaßt, welcher Norbert

1120 in

ein Kloster gründete; Lebens

nach

der Einsamkeit von Premontrs. bei Laon

diese wurde

zur Festhaltung

auch bei einigen Stiften eingeführt.

des canonischen

Einen neuen Schwung

nahm aber der von Franz von Assisi im dreizehnten Jahrhundert

gestiftete Orden der Minoren,

dessen

von Jnnocenz III. gebildete

Regel die Verpflichtung zur strengen Armuth enthielt. Derselbe Grund­

satz wurde in der von Dominicus für die Prädicatoren verfaßten und von Honorius III. bestätigten Regel, ferner von den Carmeliten und den Eremiten des heil. Augustinus angenommen.

Die große Anzahl

der religiösen Orden bewog aber nun die Päpste die Erfindung neuer

Regeln zu verbieten, und die nicht vom apostolischen Stuhl bestätig­ ten fortan für ungültig zu erklären*). Doch wurden auch noch später

theils neue Formen von Mendicanten-Orden, namentlich im sechzehn­

ten Jahrhundert die Capuziner, die Recollecten von der stricte» Ob-

de Montalembert. Paris 1860. vol. I. II. (Das Werk wird au8" sechs Bän­ den bestehen.) Deutsche Ausgabe von P. Brande«. Regensburg 1860. Bd. l.u. 2. 3) Ein neuer werthvoller Beitrag zu deren Geschichte ist: Stüdes sur Fetal Interieur des Abbayes Cisterciennes et principalement de Clair­ vaux au XIII. et au XIV. siede par M. H. d’Arbois de Joubainville. Paris 1858. 4) C. 9. X. de relig. domib. (3. 36), c. un. eod. in VI. (3. 17).

721 servanz, und die Brüder der HoSpitalität oder der Barmherzigkeit, theils die Orden der regulären Kleriker errichtet. Unter diesen ist die

Gesellschaft Jesu vorzüglich berühmt, welche im sechzehnten Jahrhundert von Ignatius von Loyola gestiftet, von Paul III. 1540 bestätigt, von Clemens XIV. 1773 aufgehoben, und von Pius VII. für Ruß­

land 18015), dann 1814 allgemein wieder hergestellt worden ist. Auch gehöre» die von Gregor XV. bestätigten Kleriker der frommen Schu­

len oder

die Piaristen

dahin.

Neben diesen

eigentlichen regulären

Klerikern entstanden noch andere Priester-Verbindungen, die zwar in Gemeinschaft und nach

einer gewissen

förmlichen Gelübde ablegen.

Ordnung leben,

aber keine

Bon dieser Art ist die von Philipp

Neri 1565 in Rom gegründete und von Paulus V. 1612 bestätigte Congregation vom Oratorium, und die im Anfang des siebenzehntm Jahrhunderts zu Paris errichtete Congregation des Oratoriums unse­

res Herrn Jesu Christi. Beide Einrichtungen haben sich auch in an­

dere Länder verbreitet. C) Innere Verfassung der Orden.

Greg. IIL 31. Sext. HI. 14. Clem. III. 9. Extr. comm. III. 8. De regularibus et transeuntibus ad religionem, Greg. III. 32. De conversione coniugatorum, Greg. III. 36. Sext. III. 16. Clem. III. 10. De statu monachorum et canonicorum regularium, Greg. III. 36. Sext in. 17. Clem. IH. 11. Extr. Johann. XXII. tit. 7. Extr. comm. 9. De religiosis domibus. 332.

Die Einrichtung der Orden beruht zunächst auf der Ver­

fassung der einzelnen ihnen angehörenden Klöster. Jedes Kloster bildet wie eine Familie für sich, und alle Verrichtungen in diesem großen

Hauswesen sind auf das Genaueste geordnet und an die einzelnen

Mitglieder nach ihren Fähigkeiten und Kräften vertheilt. Ursprünglich waren die Mönche meistens Laien, und nur die Ausgezeichnetsten un­ ter ihnen wurden, besonders wenn das Bedürfniß des Gottesdienstes es verlangte, zu den Weihen zugelassen1).

Seit dem zehnten Jahr­

hundert sind sie aber meistens zugleich Kleriker, tmb es werden nur für die gewöhnlichen Dienste und Handarbeiten einige Laienbrüder

5) Const. Catholicae Kdei. Pii VII. a. 1803. - 1) C. 6. c. XVI. q. 1. (Hieronym. a. 372), c. 29. eod. (Siric. c. 385), c. 26. 27. eod. (Hieronym. c. a. 400), c. 3. eod. (Innocent. I. a. 404). Waller'« Kirchenrecht. Ute Auflage. 46

722 (conversi) gehalten. An der Spitze des Hauses steht «in, gewöhnlich auf Lebenszeit gewählter8) Abt, Prior, einer sehr freien,

Guardian oder Rector mit

dem Hausvater ähnlichen Gewalt8);

doch ist er

bei gewissen Theilen der Verwaltung an den Rath oder die Zustim­ mung eines regelmäßigen Ausschusses, des Kapitels, gebunden oder ihm verantwortlich.

Mit den Klöstern auf dem Lande standen der

in Verbindung,

Landwirthschast wegen Klosterhöfe (grangiae)

von Laienbrüdern bewohnt waren, hatten*).

die

zuweilen auch eigene Oratorien

Nach der Regel Benedicts bestand übrigens, wie noch jetzt

im Orient unter den einzelnen Klöstern kein genauer Zusammenhang

durch eine gemeinschaftliche Regierung.

Bei den daraus später her­

vorgegangenen Orden, namentlich bei den Cluniacensern und Cisterciensern, wurde aber der Abt des Stammklosters, woraus die Uebri-

gen hervorgegangen,

als das Haupt des ganzen Ordens betrachtet,

und es fanden bei ihm Generalcapitel, wo sämmtliche Aebte zusam­

menkamen, und von denselben angeordnete Visitationen Statt8). den Orden

Bei

der Mendicanten und der Regular-Geistlichen sind die

Klöster einer bestimmten Provinz unter einem Ordensprovinzial ver­ einigt; und an der Spitze des ganzen Ordens steht der Ordensgene­

ral, welcher gewöhnlich in Rom wohnt.

D) Bon dm weiblichen Orden. 333.

Die weiblichen

religiösen

Orden sind auf gleiche Weise

wie die Männer - Orden entstanden1). Schon seit den ersten Zeiten

der Kirche gab es Jungftauen, welche sich

durch ihre Tracht und

Lebensweise zum geistlichen Stande bekannten, oder selbst sich vom

Bischof feierlich mit dem Schleier bekleiden

ließen8),

ohne jedoch

2) C. 2. 3. 6. XVIII. q. 2. (Gregor. I. a. 595), c. 5. eod. (Idem a. 601), c. 42. X. de elect. (1. 6), c. 32. §. 1. c. 43. eod. in VI. (1. 6). 3) C. 16. c. XVIII. q. 2. (Conc. Aurel. I. a. 511), c. 9. eod. (Pelag. c. a. 557), c. 3. 26. X. de appell. (1. 28), c. 8. X. de stat. monach. (3. 35). 4) C. 26. X. de censib. (3. 39). 5) C. 7. 8. X. de stat. monach. (3. 35). 1) Mehr darüber findet man bei Thomassin. Vet. et nov. eccles. discipl. P. I. lib. 3. cap. 42—63. 2) C. 25. c. XXVII. q. 1. (Conc. Eliber. a. 313). c. 5. 9. D. XXVII. (Hieronym. c. a. 390), c. 1. c. XXVI. q. 6. (Conc. Carth. II. a. 390), c. 2. eod. (Conc. Carth. HI. a. 597), c. 9. 10. c. XXVII. q. 1. (Inno­ cent. I. a. 404).

723 übrigens ihr elterliches Haus zu verlassen. Eben so nahmen die Witt­

wen häufig eine religiöse Kleidung ott8), und aus ihnen wurden ge­ wöhnlich die Diakonissen genommen.

Die Schwester des Einsiedlers

Antonius und die drs Pachomius stifteten aber auch für die Frauen, die sich von der Welt zurückziehen wollten, gemeinschaftliche Wohnge­

bäude, und diese Einrichtung verbreitete sich nun sehr rasch über alle

christliche Länder. Als Regeln für das gemeinschaftliche Lebm bienten die Rathschläge, welche fromme und erleuchtete Männer, namentlich im Abendlande der heilige Augustinus, Cassianus, CäsariuS und Au-

relianus einzelnen Klöstern gegeben hatten. mein die Regel Benedicts befolgt. kanonischen Kleriker,

Später wurde fast allge­

Auch kamen nun,

canonische Congregationm

nach Art der

von Frauen auf8),

und eS wurde für sie auf dem Concilium von Aachen 816 eine eigme, von dem Priester Amalarius in Metz verfaßte Regel angenommen5 3). 6 4

Später sind noch mancherlei neue Orden entstanden, gewöhnlich so, daß

man eine der für die Männer - Orden erfundenen Regeln nachahmte.

So ist namentlich, nach Art der regulären Kleriker, von Angela von BreScia (f 1540) der Orden der Ursulinen für die weibliche Erzie­

hung gestiftet worden.

Auch gab es Verbindungen,

die zwar nach

einer gewissen Regel lebten, aber sich nicht durch Gelübde für immer

verpflichteten. Bon dieser Art warm die Säcular-Canonissen5), eigent­

lich eine Ausartung der regulärm, und die Begumen,

die aber ein­

gerissener Mißbräuche wegen in mehreren Ländem unterdrückt wer­

den mußten7).

Auch bei den Protestanten haben sich in einigen Län­

dern noch Damenstifte erhalten, die aber natürlich bloße Versorgungs­ anstalten sind.

3) C. 1. c. XXVII. q. 1. (Statuta eccles. antiq.), c. 33. eod. (Au­ gustin. c. a. 401), c. 35. eod. (Conc. Araus. a. 441) , c. 42. eod. (Gelas, a. 494), c. 7. eod. (Conc. Paris. V. a. 615), c. 2. eod. (Gregor. III. c. a. 739), c. 34. eod. (Conc. Wortnac. a. 868), c. 8. eod. (Conc. Tribur. a. 895). 4) Conc. Vemens. a. 755. c. 11., Conc. Mogunt. a. 813. c. 13., Conc. Cabilon. a. 813. c. 53. 5) Diese steht bei Mansi Conc. T. XIV. col. 246. 6) Ueber ihre Disciplin sind mehrere resormatorische Verordnungen er­ schienen, c. 43. §. 5. de elect. in VI. (1. 6), dem. 2. de stat. monach. (3. 19), Conc. Colon, a. 1536. Part. X. cap. 19., Conc. Colon, a. 1549. Med. HI. cap. 7. Allein diese Fränlein-Stiste blieben bloße einstweilige Versorgnngsanstalten nnd zum Theil sehr anSgeartete Institute, die längst die Aus' Hebung verdient hatten. 7) Clem. 1. de relig. domib. (3.11), c. 3. de haeret. (5. 3), c. un. Extr. Johann. XII. de relig. domib. (7), c. un. Extr. comm. eod. (3.9).

724 III.

334.

Von dm Bruderschaften.

Im Geiste der religiösen Orden find für die Laien, welche

für geistliche Zwecke thätig sein, aber doch nicht kn einen Orden tre­

ten wollen, die Sodalitäten oder Bruderschaften entstanden.

Verbrü­

derungen, Gilden, die durch feierliche Eide beschworen wurden, werten,

unstreitig als Reste des Heidenthums,

in dm Gesetzen Karls

des

Großen und seiner Nachfolger erwähnt. Diesen Geist der Association nahm die Kirche in sich auf, und gab ihm eine würdige Nahrung und Stiftung *), wobei sie freilich mit mancherlei ererbten Mißbröuchm zu kämpfen hatte.

Seit dem sechzehnten Jahrhundert sind unter

anderen die Bruderschaften für das heilige Sacrament,

um dasselbe

mit zu Kranken zu begleiten, für den christlichen Unterricht verwahr­

loster Kinder, für die Beilegung von Feindschaften, und für die Nach­

ahmung bestimmter Heiligen entstanden.

Alle solche Vereine dürfen

natürlich nur mit Genehmigung des Bischofes errichtet werden1 2), und sind auch dem Visitationsrecht desselben unterworfen3).4 5Dieses Letztere

gilt selbst in dem Falle, wo eine Bruderschaft mit einem geistlichen Orden in Verbindung steht, und in dessen Kirche einen Altar oder eine Kapelle hat^).

Insbesondere ist darauf zu sehen, daß den Mit­

gliedern über den Zweck und die Verdienste solcher Berbindungm die

richtigen Vorstellungen gegeben, daß nicht übertriebene Ablässe dafür

versprqchen, und daß aus den den Bruderschaften ertheilten Privile­ gien in Beziehung aus die Absolution von den den Bischöfen reservirten Fällen keine falschen

Staatsgewalt gegenüber

Consequenzen

abgeleitet werden6).

Der

gehört die Errichtung von Bruderschaften

ebenfalls zur Freiheit des Cultus und des Associationsrechts6).

1) Lehrreich ist Segesser Rechtsgeschichte von Lucer» II. 825. 2) Conc. Arelat. a. 1234. c. 6., Conc. Campinac. a. 1238. c. 21., Const. Quicunque. Clement. VIII. a. 1600. 3) Conc. Trid. Sess. XXII. c. 8. de ref. 4) Diese- steht durch Entscheidungen der congregatio concilii fest, Be­ nedict. XIV. de eynodo dioeces. XTTT. 25. n. 6. 5) Davon handelt Benedict. XIV. de synodo dioeces. V. 5. n. 8. 9. 6) In Oesterreich ist diese Freiheit vom Kaiser ausdrücklich anerkannt, mit Vorbehalt der nöthigen Sicherheitsmaßregeln, Schreiben des Erzbischoses von Wien vom 18. August 1855. Art. 19. Doch find diese Verbindungen von der über die gewöhnlichen Vereine bestehenden Polizeiaufsicht befreit, Kaiserl. Entschließung vom 27. Juni 1856. Dieses beruht ans dem richtigen Gedanken, daß Vereine, die auf religiöser Grmidlage unter der Anfficht des Bischofes bestehen, nicht mit den anderen Vereinen auf gleiche Linie zn stellen find.

725 IV.

335.

Bon den geistlichen Ritterorden.

Die Kirche erklärt zwar den Krieg zum Angriff, selbst

wider die Ungläubigen, für sündhaft, die Vertheidigung aber für er­ laubt,

und die Unterstützung derselben wider augenscheinliche Unge­

rechtigkeiten sogar für verdienstlich.

Von der Noth des Augenblicks

und dem Geist des Zeitalters bewegt, traten daher im Mittelalter

fromme und kriegerische Männer auf, die ihre Tapferkeit ganz für den Dienst der Kirche zu verwenden gelobten.

Zu diesem Zwecke

schlossen sie sich aneinander, und gaben sich eine bestimmte Verfassung,

gewöhnlich so, daß sie eine der bereits vorhandenen Regeln, die des heiligen BenedictuS, der regulirten Chorherren oder der Cistertienser,

zum Grunde legten, und ihr noch die kriegerischen Gelübde beifügten. Die christliche Welt nahm dieses freudig auf;

Fürsten und Bischöfe

machten ihnen ansehnliche Schenkungen, und die Päpste stellten sie, als höhere geistliche Anstalten, unter ihren unmittelbaren Schutz, in­

dem sie ihnen auch das Recht ertheilten, bei ihrw Höfen, nach Art der Mönchsorden, eigene Kapläne, Oratorien und Begräbnißplätze

zu halten *).

Die näheren Umstände, worauf sich diese kriegerischen

Genossenschaften bezogen, waren übrigens verschieden.

den Zweck, die Pilger gegen Angriffe

zu schützen;

Einige hattm so die Tempel­

herren *2), und die Ritter des heiligen Jacob vom Schwerdt3). An­

il C. 10. X. de sepult. (3. 28), c. 10. X. de decim. (3. 30), c. 18. X. de regulär. (3. 31), c. 4. 7. X. de privileg. (4. 33) , dem. 2. §. 2. de relig. domib. (3.11). Doch sind daraus mancherlei Mißbräuche und Strei­ tigkeiten entstanden, c. 3. 5. 7. 10. 11. 15. 20. X. de privileg. (5. 33). 2) Ihre Stiftung fällt in das Jahr 1118. Neun französische Ritter zo­ gen vereinigt nach Jerusalem, und legten neben den drei Gelübden, noch das vierte, die Beschützung der Pilger, ab. Balduin II. gab ihnen ein Gebäude nahe an dem Tempel SalomoniS, daher nannte sie das Volk Tempelherren (templarii). Hugo von PayenS, ihr Anführer, erhielt 1128 von HonoriuS II. ihre Bestätigung, und eine eigene Regel, welche Bernhard von Clairveaux ver­ faßte. Nun breiteten sie sich bald über viele Länder aus, indem sie von den Fürsten durch ansehnliche Schenkungen, von den Päpsten durch mancherlei Pri­ vilegien rmterstützt wurden. Später aber wurde der Orden geheimer Laster und Verirrungen beschuldigt, und endlich nach einer grausamen, unförmlichen Untersuchung, wobei die Folter die Hauptrolle spielte, auf Betreiben Philipp des Schönen von Clemens V. auf dem Concilium von Vienne 1312 aufgeho­ ben. Davon handelt Chowanetz Die gewaltige Aufhebung und Ausrottung des Ordens der Tempelherren, Münster 1856. 3) Dreizehn Edelleute verbanden sich durch ein feierliches Gelübde, den Pilgern, die nach Compostella zum Grabe des heiligen Jacob wallfahrten, die Wege zu sichern. Im Jahr 1170 vereinigten sie sich mit den Chorherren von St. Eligius, die auf demselben Wege für die Pilger Hospitier! angelegt hat-

726 dere entstanden, um bestimmte Länder wider die Ungläubigen zu ver­ theidigen; so im gelobten Lande die Hospitalbrüder oder Johanniter^),

die Brüder vom Hospital der Teutschen zur heiligen Maria in Je­ rusalem"), und der Orden vom heiligen Lazarus"); in Liefland 1204

tert, und erhielten nun 1175 vom Papste Alexander in. die Bestätigung als ein eigener Orden, der aus Geistlichen und Rittern gemischt war. Später aber hat ihre Verfassung mehrere Aenderungen erlitten. 4) Dieser Ordeu entstand aus einem Hospital, welches Kaufleute aus Amalfi 1048 in Jerusalem gestiftet, und dem heiligen Johannes dem Täufer gewidmet hatten. Raymund du Puy, der Ritter desselben, nahm 1118 den Titel eines Meisters an, und gab den Hospitalbrüdern eine Regel, worin er fie, au­ ßer den drei Gelübden, noch zur kriegerischen Beschäftigung verpflichtete. Die Mitglieder zerfielen in drei Ordnungen: ordentliche Mitglieder, welche ritterli­ cher Abkunft sein mußten, Kapläne für den Gottesdienst, und dienende Brüder. Das Ganze wurde von Jnnocenz H. 1130 bestätigt, und nun breiteten sie sich bald über viele Länder aus. Nach dem Verlust des gelobten Landes verlegten fie 1291 ihren Sitz nach Cypern, dann 1309 nach Rhodus, wo sie sich zuerst Ritter nannten, endlich nach Malta, welches Carl V. 1529 ihnen schenkte. Der ganze Orden war nach den Ländern in acht Zungen (linguae , Sprachen) ein­ getheilt, deren Häupter aus Malta wohnten und den hohen Rath des Großmei­ sters bildeten. Auch war mit jeder Zunge eine der acht hohen Würden des Or­ dens dauernd verbunden. Jede Zunge zerfiel in Priorate, und diese gewöhnlich in Balleien, worunter denn die einzelnen Häuser und Güter standen, welche als Eommenden, ähnlich den kirchlichen Beneficien, den Rittern verliehen wurden. Schon nach der Kirchentrennung des sechzehnten Jahrhunderts fiel aber die Englische Zunge aus; doch wurde noch 1781 die Bayerische Zunge an ihre Stelle gesetzt. Die Teutonische Zunge begriff ehemals auch die Priorate von Dänemark und Ungarn, zuletzt nur noch die von Böhmen und Germanien. Letzteres wurde durch den Hochmeister regiert, der durch Karl V. 1549 zum Reichsfürsten er­ hoben worden war, und in Heitersheim seinen Sitz hatte. In dieser Verfassung bestand der Orden bis auf die neuere Zeit. In Frankreich wurde er aber wäh­ rend der Revolution (1792) aufgehoben und die Güter wurden eingezogen. Eine noch größere Erschütterung erlitt dann der Orden (1798) in Folge der gewalt­ samen Wegnahme von Malta durch die Franzosen, welches die Engländer zwar (1800) wieder eroberten, allein ohngeachtet der im Frieden von Amiens (1802) gemachten Versicherung dem Orden nicht zurückgaben. Hieran schloß sich die Einziehung der Ordensgüter in Spanien, in Oberitalien, seit 1806 auch in Deutschland, Neapel, Portugal. In Oesterreich und Böhmen blieb aber der Orden bestehen, und im Jahr 1839 ist er in den italienischen Staaten von Oester­ reich , dann in demselben Jahre im Königreiche beider Sieilien, und 1841 in Modena hergestellt worden. Der Sitz desselben war nach dem Verlust von Malta zu Catania in Sieilien; wurde aber durch Leo XII. 1826 nach Ferrara, dann 1834 nach Rom verlegt. Man sehe darüber Reumont in Raumer histo­ risches Taschenbuch 1844. 5) Dieser Orden wurde auf dem dritten Kreuzzuge 1190 von deutschen Kreuzfahrern für die Krankenpflege und Kriegsführung gegründet, und von Cö­ lestin 1191 bestätigt. Er theilte sich in drei Ordnungen: Ritter, Kapläne und dienende Brüder. Später kehrte er seine Waffen gegen die heidnischen Preu­ ßen, und eroberte während des dreizehnten Jahrhunderts ganz Preußen, Curland, Semgaüen und Liefland. Daher wurde nun 1309 der Sitz des Hoch­ meisters nach Marienburg verlegt. Bei der Glaubenstrennung des sechzehnten Jahrhunderts tzieugen aber jene Länder dem Orden wieder verloren, und er

227 der Orden der Schwerdtritter, welcher 1237 dem Orden der Teut­

schen Ritter einverleibt wurde; in Spanien der Orden von Calatrava 1158,

bestätigt von Alexander III. 1164,

in Portugal der

Orden von Aviz 1162, den Jimocenz IV.. 1248 nochmals bestä­ tigte; auch wurde auf den Trümmern des Tempelherrenordens in Spanien 1316 der Orden von Montes», in Portugal 1317 der

Christorden errichtet.

Ferner gab cs geistliche Orden dieser Art, die

zwar zu diesem Zwecke, allein nicht gerade für das Bedürfniß einer

bestimmten Gegend gestiftet wurden; so der von Urban IV. bestä­ tigte Ritterorden der heiligen Jungfrau Maria in Italien.

Selbst

mit den weltlichen Ritterorden wurden damals wenigstmS die allge­

meinen Gelübde verbunden, den christlichen Glauben zu vertheidigen,

Wittwen und Waisen zu beschützen,

und den Unterdrückten beizuste­

hen; und bei Mehreren derselben ist sogar auch die päpstliche Bestä-

tigung nachgesucht worden.

Beispiele sind der Orden des goldenen

Vließes, gestiftet 1429 von Philipp von Burgund, bestätigt von Eu­

gen IV. 1433; ferner der sehr alte Elephantenorden in Dänemark,

erneuert von Christian I. 1438, bestätigt von Pius II. 1462 und

SixtuS IV. 1464: dann der Ritterorden des heil. Georg in Bayern, erneuert von Karl Albert 1729, bestätigt von Benedict XIV.; lich der Ritterorden des heil. Stephan des Märtyrers,

end­

gestiftet in

ToScana von CoSmus von Medicis 1554, bestätigt von PiuS IV. 1561. UebrigenS ist aber bei vielen geistlichen Ritterorden die strenge

blieb nun blos auf Deutschland beschränkt. Der Ordensmeister war ein geist­ licher Fürst, der zu Mergentheim residirte. Ferner bestand er aus zwölf Balleien, die durch Landkomthure regiert wurden, welche auch nebst einigen Räthen das Kapitel des Meisters bildeten, und diesen erwählten. Jede Ballei zerfiel in Komthureien, die durch Hauskomthure verwaltet, und noch in Aemter abge­ theilt waren. Seit 1805 find aber die Ordensgüter von den Fürsten, unter welchen sie lagen, in Besitz genommen, und endlich 1809 ist der Orden selbst ausgehoben worden. 6) Ursprünglich bestand dieser Orden blos '.für die Krankenpflege, beson­ ders aussätziger Personen. Später, wahrscheinlich im zwölften Jahrhundert, er­ hielt er auch eine militärische Bestimmung. Jedoch blieb die Krankenpflege noch immer Hauptzweck, und der Großmeister des Hospitals in Jerusalem durste selbst kein anderer, als ein aussätziger Ritter fein. Rach und nach hörte die­ ses aber auf, und Jnnocenz VIII. vereinigte 1490 diesen Orden mit den Jo­ hannitern, was aber nur in Italien, nicht in Frankreich zu Stande kam. Leo X. stellte ihn daher auch bald in Italien wieder her, bis er endlich hier durch Gregor XIII. 1572 mit dem Orden des heil. Moritz vereinigt wurde. In Frankreich wurde er 1607 dem von Heinrich IV. 1607 gestifteten und von Paul IV. bestätigten Orden Unserer lieben Frauen vom Berge Larmel ein­ verleibt.

728 Regel schon früh wesentlich gemildert worden, indem ihnm die Päpste gestatteten, Vermögen zu erwerben, Testamente zu errichten, und sich

zu verheirathen.

Dadurch sind sie später theils ganz untergegangm,

theils bloße politische Anstaltm gewordm.

V. 336.

Don den Lehranstalten').

A) Die Volksschule.

DaS Wesen des Christenthums besteht darin, daß es die

Geschichte der Menschheit von ihrem Ursprung bis zu ihrem Endziel als eine Einheit verstehen lehrt,

und in diesem Zusammenhang dem

Einzelnen über die Räthsel seines Daseins, tur und überirdischen Bestimmung in

giebt.

Das Christenthum hat daher über die geistigen und sittlichen

Beziehungen des Menschen,

über

eigenthümliche Anschauungsweise, Irrthümern

tritt.

seiner zwiespaltigeü Na­

tiefsinniger Weise Aufschluß

einer

die Natur und

Geschichte seine

womit es den Behauptungen und

von ihm abgewendeten Geistesrichtung entgegen­

Von dem Christenthum ist daher eine christliche Wissenschaft

unzertrennlich;

eS fällt der Kirche die hohe und schwierige Aufgabe

zu, in der Entwicklungsgeschichte des menschlichen Geistes der Wäch­ ter und Pfleger jenes Elementes zu sein, und es gehört zum Character eines christlichen Staates dieses Wächteramt der Kirche

anzuer­

kennen und zu unterstützen?). Vor Allem hat sie sich unter der still« schweigenden Zustimmung der weltlichen Regierungen und des christ­

liches Volkes die Volksschulen angeeignet, theils weil bei diesen über­ haupt wmiger der Unterricht als die christliche Erziehung die Haupt­ sache ist, theils weil es nach der Natur des Christenthums darauf

ankommt, schon in die zartesten kindlichen Gemüther dessen Keime

niederzulegen, endlich weil jener mühsame und undankbare Dienst eine Aufopferung erfordert, welche nur von Solchen zu erwarten ist, die denselben im Geiste der Kirche als ein Liebeswerk übernehmen.

Um

dieser Aufgabe von Seiten der Kirche zu genügen, wurden schon früh bei den Klöstern der Benedictiner, dann später bei den Stiften Volks­

schulen eingerichtet»), und selbst dm Priestern auf dem Lande inVer-

1) Thomassin Vet. et nova eccles. discipl. P. II. lib. I. cap. 92 —100., I. W. Karl über die alten und die neuen Schulen. Mainz 1846. 2) Diese« thut das Oesterr. Concordat Art. 5.; minder vollständig das Bayer. Concordat Art. 5. 3) Capit. I. Carol. M. a. 789. o. 70., Capit. I. Carol. M. a. 805. c. 2. 5.

729 bindung mit einem dazu tauglichm Sakristan der Unterricht der Ju­ gend zur Pflicht gemacht*). In gleichem Geiste waren auch noch die

neueren Concilien auf die gehörige Einrichtung von Pfarrschulen, und auf die Anstellung ordentlich denselben bedacht.

und christlich gesinnter Schullehrer bei

Diese wurden daher von der kirchlichm Behörde

geprüft und verpflichtet, und die Pfarrer so wie die Landdecane führ­

ten über ihre Lehre und Zucht eine sehr wohlgeordnete Aufsicht 5). Aus Rücksicht auf die an den gewöhnlichen Tagen beschäftigten arbei­

tenden Klassen sollten auch unter Mitwirkung der weltlichen Obrig­ keit Sonntagsschulen errichtet werden6).

Auch hatten sich

mehrere

geistliche Orden ausschließlich diesem Zwecke gewidmet. In der neue­

ren Zeit ist jedoch die Verwaltung der Volksschulen immer mehr von

der Kirche getrennt und zu einer Staats- oder Communalangelegen-

heit gemacht worden. Es haben sich jedoch davon keine guten Früchte gezeigt').

Es liegt auch in der Natur der Sache, daß das, was in

der Volksschule die Hauptsache ist, christliche Zucht und Ehrfurcht vor

der Autorität, nur auf dem Boden der Kirche gedeihen kann. Daher

sollten die weltlichen Regierungen schon um ihrer selbst und der Kin­ der willen die Volksschule wieder in den engsten Zusammenhang und unter die Aufsicht der Kirche stellen8), und derselben wenigstens das

Recht nicht verkümmern, neben den Staatsschulen aus ihren Mitteln

Voksschulen einzurichten.

B) Höhere Schulen. 337.

Für das Bedürfniß der höheren christlichen Wissenschaft

sorgten die Bischöfe durch die Schulen, welche sie für ihre angehen­ den Kleriker errichteten, und bte unstreitig auch von Weltlichen besucht werden konnten.

Später traten die Schulen bei den Klöstern und

Stiften dafür ein').

Nachdem diese im Laufe der Zeit in Abnahme

4) Theodulph. Aurelian, epist. a. 835. c. 20., Conc. Roman, a. 853. c. 34., Conc. Nannet. a. 895. im c. 3. X. de vita et honest. (3. 1). . 5) Man findet die vielen Concilien, die davon handeln, leicht in Hartz­ heim Conc. Germ. Index v. scholae. 6) Hartzheim Conc. Germ. Index v. scholae dominicales. 7) Sehr lehrreich ist darüber: Rendu de l’education populaire dans PAllemagne du Nord et de ses rapports avec les doctrines philosophiques et religieuses. Paris 1855. 8) So thut das Oesterr. Coneordat Art. 8. 1) Man sehe §. 201. 202.

730

gekommen waren,

schrieben die Concilien bei dem neum Aufschwung

der Wissenschaften seit dem sechzehntm Jahrhundert den Klöstern und Stiften und selbst den angesehensten Pfarrkirchen die Unterhaltung

oder Herstellung von lateinischen Schulen wieder als dringende Pflicht vor, und übertrugen deren Beaufsichtigung und regelmäßige Visitation

in den Städten den Scholastern der Cathedra!- und Collegiatstifte,

auf dem Lande den Landdecanen2).

Mit den höheren Klassen befaß­

ten sich

aber nun die Collegien der Jesuiten und anderer geistlichen

Orden.

Durch die Umwälzungen der neueren Zeit ist zwar in den

meisten Ländern das Schulwesen ganz von der Kirche getrennt und unter die Staatsregierung gestellt worden;

doch ist in Deutschland

einer jeden Confession der ungestörte Genuß ihres SchulsondS grund­ gesetzlich zugesichert b). Auch muß noch den Bischöfen zur Aufrechthal­ tung des christlichen Princips in der Wissenschaft ein angemessenes Aufsichtsrecht, insbesondere auf den Geist der Geschichtsvorträge offen

stehen,

weil sie ihre schweren Verpflichtungen gegen die Kirche und

den Staat nicht erfüllen können, wenn das, was der Seelsorger ge­

pflanzt hat, durch die Schule wieder ausgerottet wird4).

C) Die Universitäten. 338.

1) Verhältniß derselben zur Kirche.

Die ersten Universitäten zu Bologna und Paris entstan­

den aus dem Boden der Kirche aus der Vereinigung der dortigen

Stifts- und Klosterschulen. Sie wurden daher als kirchliche Anstalten

behandelt, so daß der. Papst ein Oberaufsichtsrecht ausübte, die nö­

thigen Privilegien und Statuten verlieh, und die Lehrer und Studirenden mit kirchlichen Pfründen unterstützt wurden. schaftliche Richtung derselben

Auch die wissen­

wurde, wie damals die Wissenschaft

überhaupt, vom Geiste der Kirche getragen.

Bei den seit dem vier-

zehntm Jahrhundert gestifteten Universitäten trat der Zusammenhang mit der Kirche noch schärfer dadurch hervor, daß zu dem StiftungS-

2) Conc. Trevir. a. 1549. tit. de scholis, Argent. a. 1549. cap. XXTV., Camerac. a. 1565. tit. III., Constant, a. 1567. tit. IV., Salisb. a. 1596. const. LIX., Camerac. a. 1586. tit. XXI. c,2., WratisL a. 1592. tit. I. c. 14., Mechlin. a. 1607. tit. XX., Constant, a. 1609. Part. I. tit. XXV. 3) Instr. Pac. Osnabr. Art. V. §. 31., ReichSdeputationShauptschluß von 1803. Art. 63. 4) Dieses ist anerkannt in dem Oesterr. Coneordat Art. 5.

731 Brief des Landesherrn immer auch die Errichtungsbulle des Papstes nachgesucht, und von diesem gewöhnlich zur Erhaltung der darin ver­

liehenen Privilegien ein eigener Conservator ernannt wurde. protestantischen Ländern ist dieses weggefallen;

In. den

auch ist jetzt von der

Einwirkung des Papstes und der Kirche auf dm christlichen Geist der

Profanwissenschaften nicht mehr die Rede.

Wie aber die Staatsge­

walt, wenn sie eine christliche sein will,

die Freiheit unchristlicher

Lehren zugeben, oder kraft welcher Autorität sie ohne die Kirche den­

selben entgegen, treten könne, ist schwer zu sagen.

Jedenfalls sollte

man der Kirche im Rückblick auf ihre früheren großartigen Leistungen

oder nach der vielgepriesenen Freiheit der Wissenschaft und herrschen­ den Abneigung gegen Staatsmonopole das Recht nicht bestreiten, ans

eigenen Mitteln Universitäten

zu stiften*1).

Jeder Theil könnte bei

dieser Conmrrenz nur gewinnen2).

2) Von dm theologischen Facultätm.

339. Eine theologische Facultät ist ein Inbegriff von Lehrern, welche

unter öffentlicher Autorität mit der Pflege der theologischen Wissenschaf­ ten und dem Unterricht in denselben für die angehenden Geistlichen be­

auftragt, und mit den herkömmlichen Rechten einer Facultät versehen sind. Als Facultät kann sie nur auf dem Boden der Kirche ruhen, indem

die Staatsgewalt weder eine kirchliche Lehrmission zn ertheilen noch über die Reinheit der Lehre zu entscheiden vermag.

Daher muß sie unter

dem besonderen Einfluß des Bischofes stehen*), und es kann die Be­ rufung der Lehrer,

wenn sie von der Staatsregierung ausgeht, doch

nur aus solchen geschehen,

welche von dem Bischöfe hazu genehmigt

sind, und nur auf so lange, als sie dieses sind; auf diese Bedingung

hat die Staatsregierung ihre Berufung zu stellen2).

Die Rechte der

1) Diese Freiheit ist in Oesterreich vom Kaiser den Bischöfen ausdrücklich zugestanden. Schreiben de» Erzbischof» von Wim vom 18. August 1855. Art. 4. 2) Diese» zeigt sich in Belgien, wo die Kirche auf der Grundlage der Unterrichtsfreiheit die Universität Löwen gestiftet hat. Eben so ist in Dublin eine katholische Universität gegründet worden. 1) Diese» ist auch in Oesterreich vom Kaiser anerkannt, Schreiben de» Erzbischöfe» von Wien vom 18. August 1855. Art. 1. 2) Diese» wurde in Oesterreich ausdrücklich festgesetzt durch die Kaiser!. Verordnung vom 23. April 1850. §. 1. 2. 3. Wiederholt ist e» im Oefterr. Concordat. Art. 6.

732 theologischen Fakultäten sind theils solche, die sich blos auf die Diö-

cese, theils solche, die sich auf die ganze Kirche beziehen. Erstere kön­ nen schon von dem Bischof ertheilt werden.

Letztere bestehen,

nach

dem Zeugniß der kirchlichen Praxis, hauptsächlich in dem Recht theo­

logische Gutachten über

allgemeine kirchliche Angelegenheiten zu er­

theilen, durch Abgeordnete an den allgemeinen Concilien Theil zu nehmen, und Doctoren der Theologie zu creiren, welche in der ganzen

Kirche Anerkennung haben.

Diese Rechte können einer Facultät, nach

dem ganzen Zusammenhang der Verhältnisse, nur durch päpstliche

Autorität verliehm werden.

Die Vorlesungen über das canonische

Recht sind bei dm Universitäten zwar immer zu der juristischen Fa­ cultät gezogen worden: in so fern sie aber auch eine äußerst wichtige

theologische Disciplin und für die Theologen bestimmt sind, bringt

eS die Natur der Einrichtung mit sich, daß der Bischof bei der An­

stellung deS Lehrers für dieses Fach mit befragt3), und oaß dieser

wie die Lehrer der Theologie auf das herkömmliche Glaubensbekennt­ niß verpflichtet werde4).

3) Bon den Doctoren der Theologie.

Greg. V. 5. Giern. V. 1. De magistris et ne aliquid exigatur pro licentia docendi. 340. dem

Die Würde der Doctoren der Theologie hat sich

älterm Lehrwesen

aus

Wenn nämlich Einer an einer

entwickelt.

Stifts- oder Klosterschule als Lehrer auftretm wollte, so mußte ihm die Erlaubniß dazu von dem Scholasticus oder einem anderen Prä­

laten, und zwar unter Voraussetzung der nöthigen Eigenschaften, un­

entgeltlich ertheilt werden4).

Später wurde die Gesammtheit der auf

diese Weise licenzirten Lehrer zu

einer Corporation, und diese zog

nun selbst die Ernennung der Doctoren oder Magistri an sich. End­

lich als die Lehrer sich nach den Fächern getheilt uitb danach verschie­

dene Facultäten constituirt hatten,

so gieng jenes Ernennungsrecht

3) Dieses ist auch in Oesterreich vom Kaiser zugesagt, Erzbischöfe» vou Wien vom 18. August 1855. Art. 5.

Schreiben des

4) Gone. Trid. Sess. XXV. cap. 2. de ref., Pius IV. in c. 2. de magistr. in VII. (3. 5). 1) C. 1. 2. 3. X. de magistr. (5. 5).

733

beziehungsweise an jede Facultät über2). 3

Doch mußte, weil eS sich

auf eine Zulassung der Kirche gründete, zu jeder Promotton die Ge­

nehmigung deS StistskanzlerS oder eines onbertt dazu bestellten Prä­ laten eingehvlt werden2).

Diese gewährte Licenz galt ursprünglich

gewiß nur für die einzelne Anstalt.

Allmählig erhielten

aber die

Promottonen durch besonders berühmte Universitäten eine allgemeine

Bedeutung und Anerkennung4). 5 6So wurde der Doktorgrad eine selbst­

ständige Würde, die häufig auch ohne die Absicht, wirklich lehren zu wollen, nachgesucht wurde, und bestimmte davon unabhängige Wir­ kungen hatte.

Bei dem theologischen Doctorgrade bestehen diese dem

Herkommen nach in dem Recht zu Kirchenversammlungm berufen zu und die Stistsherrenstellen zu erwerben, wozu ein gelehrter

werden,

Grad erfordert wird. Diese Rechte setzen aber voraus, daß die Facul­

tät, von welcher man promovirt wird, mit einer die ganze Kirche verpflichtenden Autorität versehen sei, und diese kann ihr nur vom

Papste gegeben »erben.

Auch könnte wegen der Wichttgkeit der Pro-

mottonm für die Kirche und die Diöcese, dem Bischöfe, wie ehemals dem StiftSkanzler, eine Mitwirkung dabei eingeräumt werden2). Ge-

gm die unnöthigen Auslagen, welche ehemals mit einer Promotion verbunden waren, hat schon das Concilium von Bienne 1311 eine bestimmte Maßregel ausgestellt2). VI.

341.

Bon der Kunst in der Kirche.

Zu dm vorzüglichsten Mitteln den GotteSdimst zu ver­

herrlichen und den inneren Sinn zu religiösen Anschauungen zu er­ heben,

gehört die Verbindung der Kunst mit der Religion;

daher

haben auch alle gebildeten Religionen deS Alterthums mehr oder we­

niger die Künste in ihrm Dienst gezogen. Ganz vorzüglich hat aber der reiche poetische und

historische Stoff und der höchst bedeutsame

Gottesdienst, den das Christenthum darbot,

den künstlerischen Sinn

2) Sehr lehrreich ist darüber Savigny Röm. Recht im Mittelalter III. §. 77—85. 3) In Paris hatte diese der Kanzler der Cathedralkirche und mit ihm concnrrirend der von St. Genevieve, in Bologna der Archidiacon zu ertheilen. 4) Eine Spur davon zeigt fich schon im c. 5. X. de magistr. (5. 5). 5) In Oesterreich hat der Bischof nach der Kaiser!. Verordnung vom 23. April 1850. §. 5. die Hälfte der Prüfungscommifsarien zn ernennen. Wie­ derholt ist dieses im Oesterr. Eoncordat Art. 6. 6) Gern. 2. de magistris (5. 1).

734 belebt und genährt, und die Kirche, besonder- die Päpste selbst, haben

diese Richtung mit großartiger Freigebigkeit unterstützt. So sind von

den Bischöfen im Mittelalter aus den reichen Einkünften, die ihnen

der fromme Eifer der Gläubigen darbrachte, gestiftet worden, die wir noch bewundern.

die herrlichen Kirchen

Ferner hat die Verzierung

der Kirchen durch Statuen und Gemälde den Künstlern aller Zeiten

ehrenvolle Beschäftigung

verschafft;

und wenn auch häufig mißver­

standene Andacht rohe Bilder, liebgewann und sie auf unpassende Weise

ausschmückte: so war die Kirche doch für die Aufklärung *) und den guten Geschmack2) durch sehr bestimmte Vorschriften bedacht. Daher sollen auch keine neuen Bilder zur Verehrung ohne die Genehmigung

des Bischofes aufgestellt werden2). Vorzüglich hat aber die Kirche schon seit den ältesten Zeiten

die Musik in

dafür eigene Cantoren ernannt.

ihren Dienst genommen und

Bei der Ausbildung des canonischen

Lebens entstanden daraus bei den Stiften und Klöstern eigene Chor­ schulen^), und der Domcantor sollte gleichsam der Vorsteher der geistlichen Musik in der Diöcese sein. Als man wegen falscher Kün­

steleien von dem alten ernsten Kirchenstil abzuweichen anfieng, wurden wider diese AuSartungm schon früh Verordnungen erlassen2),

und

diese sind in der neueren Zeit öfters wiederholt worden6). Besonders sollte nicht geduldet werden, daß während der Elevation gesungen oder

1) Conc. Trid. Sess. XXV. Decret. de invocatione sanctor. Omni« porro superstitio in — imaginum sacro usu tollatur. Diese Vorschrift ist durch viele neuere Provinzialconcilien noch genauer ausgeführt worden. 2) Conc. Colon, a. 1662. P. I. tit. IX. cap. III. In ornandis porro Sanctorum statuis — ab omni procaci venustate — et vano quovis ornatu abstineatur. Auch gehört hieher die Const. Sacrosancta Urban. VIII. a. 1642. 3) Conc. Trid. Sess. XXV. Decret. de invocat. sanctor., Conc. Osnabr. a. 1628. P. I. cap. VIII. §. 6., Colon, a. 1662. P. I. tit. IX. cap. IV., Paderborn, a. 1688. P. I. tit. XI. §. 1. 4) Capit. I. Carol. M. a. 789. c. 70., Capit. I. Carol. M. a. 805. c. 2., Regula Chrodog. ed. Hartzh. c. 50., Regula Aquisgran. a. 816. c. 137. Andere Nachrichten darüber giebt Thomassin. Vet. et nova eccles. discipl. P. I. lib. II. cap. 80. 5) C. un. Extr. comm. de vit. et honest, cleric. (3. 1). 6) Conc. Colon, a. 1536. P. II. cap. XV., August, a. 1548. cap. XVIII., Trident. Gener. a. 1562. Sess. XXII. Decret. de observ. in celebr. miss., Camerac. a. 1566. tit. V. c. 3. 4.. August, a. 1567. P. II. cap. I., Constant, a. 1567. tit. XI. c. 6. 7., Mechlin. a. 1610. tit. XII. cap. VII., August, a. 1610. P. H. c. 13. 14. 15., Colon, a. 1662. P. I. tit. m. c. 10.

735 auf der Orgel präludirt würde7). Ueberhaupt ist die Kirchenmusik ein sehr wichtiger Gegenstand, worüber sich die Bischöfe mehr, als gewöhnlich geschieht, mit Männern von Einsicht und Geschmack be­ sprechen sollten8).

7) Conc. August, a. 1548. cap. XVIII., Atreb. a. 1570. Statut, praedecessor. cap. VIII. 8) Der Verfasser kann nicht umhin, hier die vortreffliche Schrift seine­ verehrten Lehrer- und Freunde- anzuführen: (A. F. I. Thibaut) Ueber Rein­ heit der Tonkunst. Heidelberg 1826.

Achtes Buch.

Bm -cm Einfluß der Kirche aus die welt­ lichen Rechte. I.

Einfluß der Kirche auf das Völkerrecht.

Greg. V. 15. De sagittariis.

342.

DaS Christenthum führt bei seiner vollständigen Entwick­

lung von selbst dahin, daß alle christlichen Völker, wenn auch übrigmS ihre nationale Selbstständigkeit bewahrend, sich als verbrüdert,

und daher Gewaltthätigkeiten und Feindseligkeiten unter einander als unerlaubt betrachten. Nachdem sich daher auf den Trümmern des rö­ mischen Reichs mehrere christliche Königreiche erhoben hatten: so wurde

jener Grundsatz auch

äußerlich in

der auf dem Haupte Karls des

Großen 800 erneuerten abendländischen Kaiserwürde dargestellt, da diese, von dem alten römischen Kaiserwesen völlig verschieden, haupt­

sächlich dazu bestimmt war,

als höchster Schiedsrichter den Rechts­

und FriedenSzustand unter den christlichm Nationen zu erhalten, ohne aber weiter in ihre Eigenthümlichkeiten und besonderen Rechte einzu­

greifen.

AIS die Kaiser sich in dieser Stellung nicht behaupten konn­

ten, und die Völker doch einer geordneten Verbindung bedurften, fan­

den sie diese,

da es an anderen Mitteln völlig fehlte, bei

dem

1) Das abendländische römische Kaiserthum war im fünften Jahrhundert nicht erloschen, sondern nur mit dem morgenländischen vereinigt worden. Durch Karl den Großen wurde es wieder auf das Abendland transferirt. Die Be­ weise giebt meine Deutsche Rechtsgeschichte I. §. 39. 53. 171. Note 2. ES war also Imperium translatum, wenn man genau staatsrechtlich reden wollte. ES war Imperium renovatum, in so fern dadurch das abendländische Kaiser­ thum wieder als etwas für sich Bestehendes hergestellt wurde. Dieses gegen Phillips Kirchenrecht V. 678.

737 apostolischen Stuhle,

und dieser wurde so auch der Mittelpunkt des

europäischen Völkerlebens.

Bei ihm wurde daher die Aufnahme in

den christlichen Staatenbund nachgesucht, und er gewährte diese, indem

er Länder die christlich geworden waren,

oder Völker, die sich selbst­

ständig gemacht hatten, auf ihr Gesuch und nach Erwägung der Umstände zu Königreichen erhob2). Später sind stehende Gesandtschaften,

(Songreffe, etwa auch die heilige Allianz an die Stelle getreten, und die Anerkennung neuer Reiche oder Dynastieen wird durch diplomattsche Verhandlungen erwirkt. Doch haben die Päpste noch in den neue­

ren Zeiten den Königen gewisse Titel, die sich auf Verdienste um die Kirche beziehen, verliehen, und diese werden von allen Höstn respec-

tirt3). 4 5 6Auch 78

für die Erhaltung des Friedenszustandes konnten

die

Päpste wenigstens in so fern wirken, daß sie bei drohenden Streitig­

keiten als Vermittler dazwischen traten *), oder Kraft des großen Ver­

trauens , sdas man zu ihnen hegte, als Schiedsrichter angerufen wur­ den3).

Die Kirche arbeitete selbst darauf hin, den Krieg ganz aus

der christlichen Welt zu verbannen3), oder doch wenigstens die Grau­

samkeit desselben durch das Verbot allzu mörderischer Kriegswaffen

zu mildern').

Ein Recht der Eroberung erkannte der Papst aber

hauptsächlich nur in so fern an, als diese zur Bekehrung3), also zum

Wohle des besiegten Volkes führen sollte3).

2) Diese« geschah bei Ungarn 1073, (Kroatien 1076, Polen 1080, Por­ tugal 1142 und 1179, Irland 1156. Man sehe nun auch Phillips Kirchen­ recht V. 685-89. 3) Bon dieser Art sind die Beinamen: Beschützer des Glaubens, Aller­ christlicher, Katholisch, Getreuester, Apostolisch. Man sehe Phillips Kirchenrecht V. 692—95. 4) So hat, um unter vielen Beispielen nur eines zu erwähnen, Leo X. 1520 einen Legaten an den Großfürsten geschickt, um ihn zum Frieden mit dem Könige von Polen zu bewegen. 5) C. 13. X. de iudic. (2.1). Dieses geschah noch im Ryßwicker Frie­ den 1697 hinsichtlich der Pfälzischen Allodialherrschaft. 6) ES giebt Beispiele, daß ein Monarch bei dem Papst anfrug, in wie fern er einen Krieg, ohne sein Gewissen zu beschweren, unternehmen dürfe. Die Theologen de» päpstlichen Hofes hielten aber jeden Krieg, selbst gegen die Un­ gläubigen, für sündhaft, der nicht znr Abwehr eines Angriffs oder einer nahen Gefahr unternommen würde. Wer über den Krieg ernsthaft nachgedacht hat, wird gewiß wünschen, daß es statt dieses blutigen Völkerprocesses, dessen Aus­ gang vom Zufall abhängt, eine geordnete richterliche Instanz gäbe, sollte diese

auch nur au» Theologen bestehen. 7) C. un. X. de sagittar. (5. 15). Die Ballistarier schleuderten durch Wurfmaschiuen große Steine aus den Feind, die Sagittarier schossen viele Pfeile auf einmal. 8) In diesem Sinne ist e» zu verstehen, wenn Hadrian IV. 1155 dem

Walter'- Kirchenrecht. I3te Auflage.

47

738

n. 343.

Einfluß der Kirche auf da- Staat-recht*l).

Die Kirche betrachtet jedes Amt als einen Inbegriff von

Verpflichtungen, für deren getreue Verwaltung man einem höheren Richter verantwortlich sei.

Die

Vorstellung

willkührlichen Gewalt ist ihr daher fremd.

einer unumschränkten,

Auf diesen Grundsatz ha­

ben die Bischöfe das Staatsrecht des Mittelalters gegründet 2), und

durch die Ermahnungen und Eide,

welche sie den Königen bei der

Krönung vorhielten, befestigt3). Die königliche Gewalt gieng also nur

König Heinrich II. gestattete, Irland zu oceupiren, oder Alexander VT. 1463 die Ansprüche der Spanier und Portugiesen auf den neuen Welttheil entschied, c. un. de insul. nov. orb. in VH. (1. 9). Man sehe' auch Phillip- Kirchen­ recht V. 689-92. 9) Man fragt, mit welchem Recht der Papst über fremde Länder ver­ fügt habe. Allein ob diese- so, oder wie im neuen Völkerrecht durch einen euro­ päischen Tractat geschehe, ist, nach dem Privatrecht beurtheilt, gleich unbefriedi­ gend. Der Papst gab aber jene- Recht, wie die angeführte Bulle zeigt, nur alMittel, die Einwohner mild und schonend zu Christen zu bekehren. Hingegen in den neuen Verträgen dieser Art ist von dem Interesse der Besiegten wenig die Rede. Also ist wenigstens, wo der Gewinn für die Menschheit lag, nicht zweifelhaft. 1) Gründlich handelt davon Gosselin Pouvoir du pape au moyen age. Louvain 1845. 2 vol. Eine Übersetzung erschien zu Münster 1859. 2) Gone. Paris. VI. a. 829. lib. I. c. 3. Principaliter totius sanctae Dei ecclesiae corpus in duas eximias personas, in sacerdotalem videlicet et regalem, sicut a sanctis patribus traditum accepimus, divisum esse novimus. — Lib. II. c. 1. Rex a recte agendo vocatur. Si enim pie, et iuste et misericorditer regit, merito rex appellatur; si bis caruerit, non rex sed tyrannus est. — C. 2. Regale ministerium specialiter est populum Dei gubernare, et regere cum aequitate et iustitia, et ut pacem et concordiam habeant studere. Ipse enim debet primo defensor esse ecclesiarum et servorum Dei, viduarum, orphanorum, caeterorumque pauperum, nec non et omnium indigentium. — Loire etiam debet, quod causa, quam iuxta ministerium sibi commissum administrat, non hominum, sed Dei causa existit, cui pro ministerio, quod suscepit, in examinis tremendi die rationem redditurus est. — C. 5. Nemo regum a progenitoribus regnum sibi administrari, sed a Deo veraciter atque humiliter credere debet dari. — C. 8. Necesse est, ut unusquisque fidelis tantae potestati ad salutem et honorem regni, secundum Dei voluntatem, utpote membrum capiti opem congruam ferat, plusque in illo ge­ neralem profectum et utilitatem atque honorem regni, quam lucra quaerat mundi. 3) Man sehe §. 44 c. Note 8. Diese Formeln sind im Wesentlichen biauf die neueren Zeiten dieselben geblieben. So heißt e- im Pontific. Roman. Tit. de coronatione regum: Bene est ut te prius de onere, ad quod destinaris, moneamus. Regiam hodie suscipis dignitatem, — praeclarum sane inter mortales locum, sed discriminis, laboris et anxietatis plenum. Verum si consideraveris, quod omnis potestas a Domino Deo est, per quem Reges regnant — tu quoque de grege tibi commisso ipsi Deo rationem es redditurus. Primum pietatem servabis. — Iustitiam sine qua nulla societas diu consistere potest, erga omnes inconcusse admi-

739 auf Schutz und Erhaltung, und war wie jede andere, den göttlichen

und weltlichen Rechten unterworfen^).

Wo über deren Auslegung

zwischen den Fürsten und ihren Völkern Streit entstand, trat, damit

keiner in der eigenen Sache Richter wäre,

der Papst in die Mitte,

erklärte den Sinn und Umsang der beschworenen gegenseitigen Ver­ bindlichkeiten,

löste die

aus

solchen

Eiden

hervorgehenden

äußerst

schwierigen Gewissensfragen6* ), * * beschützte 45 durch sein Ansehen die Für­ sten gegen

ungerechte Machtsprüche ihrer Reichsstände9), umgekehrt

aber auch die Völker gegen pflichtvergessene Fürsten durch die Zulas­

sung außerordentlicher Maßregeln7),8 und im äußersten Fall durch die Drohungen des Kirchenbannes9). Im Fortschritt der Zeit ist freilich in den Monarchieen ein ganz anderes Staatsrecht entstanden.

die Stelle der Legitimität und des Rechtsprincips

ist

An

die factische

Macht getreten, und wer sich in deren Besitz zu setzen und einige Zeit

zu behaupten versteht, kann der baldigen Anerkennung der anderen Mächte gewiß sein.

Dadurch hat auch der römische Stuhl die Ein­

mischung in die inneren Angelegenheiten der Nationen zur Wahrung des Rechtsprincips

aufgeben9),

und

den Grundsatz annehmen müs-

nistrabis. — Viduas, pupillos, pauperes, ac debiles ab omni oppressione defendes. Omnibus benignum , mansuetum, atque affabilem, pro regia tua dignitate te praebebis. 4) Man sehe §. 44 b. Note 19-24. 5) So erklärten Jnnocenz IV. und Urban IV. den Eid für unverbindlich, den in England der König den Baronen aus Zwang und Uebereilung und zum Nachtheil des Landes geschworen zu haben vorstellte. 6) So erklärte Jnnocenz HI. das Todesurtheil, welches die Barone in England 1216 über Johann ohne Land ausgesprochen hatten, für unzulässig. 7) So die Anordnung eines Reichsverwesers gegen den wollüstigen Sancho in Portugal, der das Reich zu Grunde richtete, c. 2. de suppl. neglig. praelat. in VI. (1. 8). 8) C. 2. de sentent. et re iudic. in VI. (2. 14), Sachsenspiegel III. 57. Bemerkenswerth ist darüber das Urtheil von Leibnitz de iure suprematus c. 31. (Oper. T. IV. P. in. p. 403). An ad Pontificem pertineat deponere Reges, absolvere subditos a sacramento, saepe dubitatum est, et Bellarmini argumenta, ex hypothesi spiritualis iurisdictionis temporalem saltem indirecte, ut vocant, inferentis , ne Hobbesio quidem spernenda videntur. Illud enim certum est, qui circa salutem animarum procurandam plenam a Deo potestatem habet, tyrannidem ambitionemque procerum coercere posse, quibus tot animae pereunt. 9) Französische Schriftsteller haben zwar eine angebliche päpstliche In­ struction von 1804 producirt, worin Pius VII. noch das Recht, häretische Für­ sten abzusetzen und die Unterthanen de- Eides zu entbinden, in Anspruch ge­ nommen habe; und Mejer Propaganda in England S. 11-., Propaganda I. 12. hat diesen Fund mit Wohlgefallen zur Verdächtigung und Aufreizung benutzt. Allein dieses Docnment ist apokryph und vom päpstlichen Stuhle deSavouirt. Dieses zeigt Gosselin II 452—455.

740

fett, jede faktisch bestehende Gewalt, so weit es zur Ordnung der kirch­

lichen Verhältnisse des Landes nöthig sei, anzuerkennen10). Statt des

Papstes entbinden nun die Fürsten oder Völker von geleisteten Eiden

stillschweigend sich selbst; oder es werden beschworene Verttäge den Gründm der höheren Politik aufgeopfert, oder es haben in Ermang­ lung einer höheren Antorität die Völker sich selbst zum Richter ge­ macht und ihre Könige eigenmächttg vertrieben oder hingerichtet. Aber

auch jetzt noch zeigt sich in außerordentlichen Umständen die große Bedeutung der Kirche für das Staatsrecht in dem Bestreben, die

unterbrochene (Kontinuität

des Rechts durch

einen kirchlichen Act er­

setzen zu lassen, welcher der neuen Ordnung der Dinge die Anerken­

nung und Weihe einer durch höhere Fügung gewordenen aufdrücken soll III.

Einfluß der Kirche auf die Landespolizei.

Greg. I. 35. De treuga et pace. 344. Die Ausbildung des kirchlichen Lebens führt von selbst, auf Humanität der Sitten, und dadurch auf die Verbesserung der gesell­ schaftlichen Ordnung hin: auch hat die Kirche immer die ihr zu Ge­

bote stehenden Kräfte zu diesem Zwecke bereitwillig dargeboten.

So

schützte sie zu einer Zeit, wo die Gesetze wider das Fehdewesen ohne alle Kraft waren, die öffentliche Ruhe durch den Gottesfrieden *), und durch die Heiligkeit, die sie gewissen Personen und Geräthschasten er­

theilte^),

hemmte die Wuth

der Blutrache

durch das Asylrecht3),

förderte die Sicherheit der Wege durch geheiligte Zeichen, welche sie dabei errichten ließ4),

verbot nachdrücklich

verfolgte die Seeräuber mit dem Bann 5),

die grausame,

unchristliche Sitte des Strand-

10) Dieses zeigt, unter Berufung auf die Vorgänger Clemens V. , Jo­ hann XXII., Pius II., Sixtus IV., Clemens XI. die merkwürdige Const. Sollicitudo ecclesiarum Gregor. XVI. nonis aug. 1831. (In meinen Fontes). 11) Dieses zeigt sich in der Kaiserkrönung, welche Napoleon I. nachgesucht und erhalten, und Napoleon III. wenigstens sehr eifrig nachgesucht hat.

1) C. 1. X de treug. et pac. (1. 34). 2) C. 2. X. de treug. et pac. (1. 34). 3) Joh. Müller Beobachtungen (Werke B. XV. S. 383). Im Mittel­ alter floh der Bedrängte vor der Wuth des Adels zu Gräbern und Heiligen, und die Kirche veranstaltete Stillstand zwischen den Räubern.

4) Conc. Claram. a. 1095. c. 29. 5) Diese Bestimmungen der Concilien sind auch in die Abendmahlsbulle ausgenommen worden (§. 191).

741 rechts b), und erhebt noch jetzt mit Kraft ihre Stimme gegen die

Abscheulichkeit des Sklavenhandels ’).

Ferner sorgte die Kirche für

richtige Aufklärung durch ihre Lehranstalten und durch die Bekämpfung des tief eingewurzelten Aberglaubens8), für die leidende Menschheit

durch ihre Hospitien, nahm sich der neugeborenen Kinder wider ent­

artete Mütter an9),

verwandelte kanonische Bußen in Geldbeiträge

für Weg- und Brückenbau, verhieß Ablässe denjenigen, die wider die

Seeräuber kreuzen

würden10),

unterdrückte rauhe

und

grausame

Rationallustbarkeitcn H), tadelte unnöthigen Aufwand und Kleider­

pracht, verbesserte die Landescultur durch ihr eigenes Beispiel, veran­ staltete allgemeine Treibjagden wider reißende Thierel3), und sorgte zum Theil selbst mit für die Straßenbeleuchtung durch die Lampen, welche der fromme Eifer vor den überall errichteten Heiligenbildern

unterhielt. IV.

345.

Einfluß der Kirche auf das Strafrecht.

Nach der Ansicht der Kirche sollen die bürgerlichen Stra­

fen nicht die Vertilgung,

sondern die Besserung und das Seelenheil

des Schuldigen bezwecken, und sie hofft für das Herz des Verstockten mehr von zweckmäßig

geleiteter Milde, als von Peinigung.

Des­

halb legten die Bischöfe, schon unter den Römern, wo sie konnten,

bei den weltlichen Obrigkeiten ihre Fürbitte von Todesstrafen ein1).

wider die Anwendung

Sie erlangten sogar die Mitaufsicht über

die öffentlichen Gefängnisse3),

und eS bildete sich nach einer tiefen

menschlichen Regung der Gebrauch, daß an den hohen Freudentagen

6) C. 3. X. de raptor. (5. 17). 7) Bulle von Gregor XVI. vom 3. December 1839.

8) C. 9. c. XXVI. q. 2. (Augustin, c. a. 426), c. 3. c. XXVI. q. 5. (Conc. Bracar. II. c. a. 572), c. 10. eod. (Gregor. I. a. 599.), c. 1. eod. (Greg. II. a. 721), c. 7. c. XXVI. q. 2. (Rhaban. Maur. c. a. 840), c. 1. c. XXVI. q. 3. (Idem eod.), c. 14. c. XXVI. q. 5. (Rhaban. Maur. c. a. 840), c. 12. eod. (Capitul. c. a. 850). 9) Regino de ecclesiast. discipl. lib. II. cap. 68 (69). 10) ES muß auf den Geist eines Volkes ganz anders wirken, wenn man Leistungen für das gemeine Beste blos durch das Lob ihrer Verdienstlichkeit, was doch richtig verstanden allein die Ablaßverkündigung heißt, zu erreichen trachtet, oder ob man sie, wie in unseren Polizeiverordnungen, als Pflichten darstellt, die durch Geldstrafen erzwungen werden.

11) C. 1. 2. X. de torneam. (5.13), c. un. eod. Extr. Johann. XXII. (9), c. un. de tauror. agitat. in VII. (5. 18). 12) Conc. Compostell. a. 1114. c. 15. 1) C.3. c. XXIII. q. 5. (Augustin, a. 408), c. 1. 2. eod. (Idema. 412). 2) C. 22.23. C. de episc. audient. (1.4), Conc. Aurel. V. a. 549. C. 20.

742 des Christenthums auch die Unglücklichen in den Kerkern nicht ver­

gessen, und die, welche wegen leichterer Vergehen gefangen saßen, frei gegeben wurdens).

Besonders suchte aber die Kirche die Verbrecher

zu schützen, welche dadurch, daß sie sich zu ihr flüchteten, den ersten

Beweis reumüthiger Gesinnung abgelegt hatten»); und bald erhielt diese- Asylrecht, wovon auch schon im heidnischen Recht etwas Aehn-

liches vorkam5), von den christlichen Kaisern, jedoch mit mehreren bürgerliche Bestätigung«).

Einschränkungen,

Die Wirkung

bestand

darin, daß der Flüchtling nicht mit Gewalt aus der Kirche weggeholt werden durfte,

und daß der Bischof bei der Auslieferung

Verschonung mit einer

sprechen ließ.

sich die

tödtlichen oder verstümmelnden Strafe ver-

Dafür legte er ihm aber schwere kirchliche Pönitenzen

auf, und hielt ihn in der Erinnerung an die von der Kirche empfan­

gene Wohlthat zur ernstlichen Besserung seines Lebens an. Germanen wurde das Asylrecht,

Bei den

als eine heilsame Schutzwehr gegen

eine formlose, grausame Rechtspflege und gegen die herrschende Sitte

der Blutrache,

sogar auf die bischöfliche Wohnung und den Kirchhof

ausgedehnt?), und von den weltlichen Gesetzen aus Devotion gegen

die Kirche bestätigt8). Doch fanden dabei wie früher mancherlei Aus­

nahmen Statt«).

In der neueren Zeit sind diese von den Päpsten

selbst noch mehrfach erweitert»«),

und endlich ist in vielen Ländern

das ganze Asylrecht von der Staatsgewalt aufgehoben worden n).

3) C. 3. 4. 6. 7. 8. C. Th. de indulg. crimin. (9. 38), c. 3. C. de episc. audient. (1. 4), L. Burgund, tit. LH., Benedict. Levit. Capitul. lib. II. c. 107. 4) C. 28. c. XXIII. q. 8. (Conc. Sard. a. 344), c. 10. 11. c. XVI. q. 4. (Gelas, c. a. 494). 5) C. un. C. Th. de his qui ad statuas confug. (9. 44), c. un. 0. J. eod. (1. 25). 6) C. Th. de his qui ad eccles. confug. (9. 45), C. J. eod. (1. 12), nov. Iust. 17. c. 7.' 7) C. 36. c. XVII. q. 4. (Conc. Aurelian. I. a. 511), c. 35. eod. (Conc. Tolet. IX. a. 655), c. 20. eod. (Conc. Tribur. a. 895), c. 6. eod. (Nicol. II. a. 1059), c. 5. 6. 10. X. de immunit. eccles. (3. 48). 8) Decret. Chlotar. II. a. 595. c. 13. 14. 15., L. Alemann, tit. HI., L. Baiuvarior. tit. I. c. 7., Capit. Carol. M. de partib. Saxon. a. 789. c. 2., Eiusd. Capit. II. a. 803. c. 3. 9) Capit. Carol. M. a. 779. c. 8., c. 6. c. XVII. q. 4. (Nicol. II. a. 1059), c. 6. 10. X. de immunit. eccles. (3. 48), c. 1. X. de homicid. (5. 12), c. 1. eod. in VI. (5. 4). 10) Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. XIII. cap. 18. n. 13. 11) In England geschah die Aushebung dieses privilege of sanctuary im Jahr 1624., 21. Jam. I. c. 28. §. 7. Anerkannt mit angemessener Beschrän­ kung ist es noch im Oesterr. Concordat Art. 15.

743

V.

Einfluß des canonifchen Rechts auf den Proceß.

Greg. V. 35. De purgatione vulgari. Die Kirche hat auf die Procedur der weltlichen Gerichte

346.

hauptsächlich durch das Beispiel eingewirkt, welches sie in ihren eige­ Allmählig ist daher der kanonische Proceß­

nen Gerichten aufstellte.

gang auch bei den weltlichen Gerichten angenommen, und dadurch die germanische Procedur von Grund aus verändert worden.

In Frank­

reich geschah jenes schon unter Ludwig IX. Außerdem hat aber auch die Kirche gewisse Punkte des germanischen Processes gradezu angegriffen

und

abzuschaffen

Der Eine war der barbarische Gebrauch

gesucht.

des Zweikampfs und anderer Gottesurthcile für den Beweis. Dieser

wurde, als

auf der Voraussetzung regelmäßiger Wunder beruhend,

von aufgeklärten Päpsten schon frühe verworfen').

Doch dauerte eS

lange, ehe dieses in der Praxis wirklich anerkannt wurde. Der andere

Punkt war der allzu häufigel und leichtsinnige Gebrauch deS Eides,

namentlich der Satz, daß man das, was man nicht- vor Gericht voll­ führt, so wissentlich eS auch war, abschwören, und dessen durch noch so viele Zeugen nicht überführt werden konnte2).

Dieses konnte die

Kirche wegen der augenscheinlichen Gefahr offenbarer Meineide nicht

dulden8). Daher sind denn auch die Bestimmungen deS Sachsenspie­ gels, die mit diesen Grundsätzen zusammenhiengen, von Gregor XI. 1374 verworfen worden.

VI.

Einfluß der Kirche auf das bürgerliche Reckst. A) Allgemeine Ansicht über den Gebrauch des römischen Rechts. 347.

tung der

Der Geist der Kirche geht auf Anerkennung und Erhal­ Eigenthümlichkeiten und hergebrachten guten Gewohnheiten

der Völker, und sie selbst schmiegt ihre Gesetzgebung den bestehmden

Verhältnissen möglichst an.

Im Mittelalter, wo die Päpste zur Lei­

tung aller höheren geistigen Interessen berufen waren, her das

wiedererwachte

Studium

haben sie da­

des römischen Rechts in Italien

selbst nirgends verhindert, vielmehr befördert, weil es hier von alten

1) C. 22. c. II. q. 5. (Nicol. I. a. 867), c. 20. eod. (Stephan. V. c. a. 886), c. 7. §. 1. eod. (Alexand. II. c. a. 1070), c. 1. 2. 3. X. de purgat. vulgär. (5. 35). 2) Sachsenspiegel Buch I. Art. 7. 18. 3) Dawider eifert schon Agobard. advers. legem Gundobaldi (in Opp. ed. Baluz. T. I. p. 113).

744

Zeiten her einheimisch

war: allein als man, an der Autorität des

Buchstabens klebend, dasselbe auch auf andere Länder, wo die Ver­

hältnisse ganz ungleichartig waren, anznwenden anfieng *), als selbst Kleriker und Mönche mit diesem Studium den Geist einer anderen

Zeit in sich aufnahmen: so schien dieses allerdings eine bedenkliche und gewaltsame Veränderung in dem bisherigen Zustand der Dinge

herbeizuführen.

Aus diesem Grunde verbot HonoriuS III., übrigens

ein gelehrter Mann und eifriger Beförderer der Wissenschaften, in Paris das römische Recht zu lehren, weil in der dortigen Provinz nur Gewohnheitsrechte galten, und hauptsächlich Kleriker hier studier­

ten^).

Für ein ähnliches Verbot, welches sich über ganz Frankreich,

England, Schottland, Spanien und Ungarn erstrecken sollte, suchte Jnnocenz IV.

Bei

1254 eine Mitwirkung der Fürsten zu erhalten31).2

diesen Verordnungen müssen die Päpste noch jetzt diejenigen auf

ihrer Seite haben, welche den wissenschaftlichen

Werth des römi­

schen Rechts an sich vollkommen anerkennend, doch über den günsti­

gen Einfluß, den dasselbe auf die Entwicklung unserer eigenthümli­ chen Rechte und der bürgerlichen Freiheit gehabt habe, sehr zweifel­ haft sind. B) Ueber den Zustand der Unfreien *).

Greg. IV. 9. De coniugio servorum.

348. stand

Die Knechtschaft ist der äußeren Rechtsform nach ein Zu­

strmger Abhängigkeit von einem Herrn,

worin Einer durch

Noth, Hülflosigkeit oder andere Schicksale versetzt worden ist, und die

sich auf seine Nachkommen sorterbt.

Im Geiste des patriarchalischen

Rechts aufgefaßt, der auch zum Theil noch im ältesten römischen und

deutschen Recht fortlebte,

sollte sie aber ein Familienverhältniß sein,

wodurch der Hausvater mit denjenigen,

die das Schicksal ihm zuge-

1) Wie die Glossatore» über dm Rechtsgrund und Umfang der Geltung de» römischen Recht» dachten, darüber giebt sehr interessante Mittheilungen Maaßen Beiträge S. 78—84. 2) C. 28. X. de privileg. (5. 33). Andere Stücke dieser Decretale find c. 10. X. de cleric. et monach. (3. 50), c. 5. X. de magistr. (5. 5). Man sehe darüber Savigny Zeitschrift B. VIII. S. 225—37. 3) Matth. Paris. Addend. p. 124., Bulaeus Hist. Univ. Paris. I. HL p. 265. 266. 1) Ueber den wohlthätigen Einfluß de» Christenthums auf bett Zustand der Unfreien sehe man Möhler in der Tübinger theol. Quartalschrist Jahrgang 1834 Heft I. IV.

745 führt, dauernd verbunden würde,

damit er vom Standpunkt seiner

höheren Bildung aus ihre Erziehung und Lebensverhältnisse ordnete,

sie

beschäftigte und versorgte, und sie dadurch vor der weit drücken­

deren Abhängigkeit bewahrte, in welche ohne eine solche Veranstaltung

die Armen, wenn auch unter anderen Namen und Formen, immer aber auf Gefahr der guten Sitten nothwendig gerathen. Die Knecht­

schaft sollte also nicht blos ein Inbegriff von Berechtigungen, sondern auch mit wesentlichen Verpflichtungen verbunden sein; und selbst das

Recht über Leben und Tod, welches die Patriarchen und römischen

Hausväter über ihre Knechte wie über ihre eigenen Kinder hatten, darf seiner ursprünglichen Bestimmung nach nicht als eine Grausam­

keit, sondern als ein Richteramt, wie es noch jetzt der Staat ausübt, betrachtet werden.

Dieser Zustand ist jedoch in mehreren Richtungen

einer großen Ausartung fähig. den gerechten Gebrauch

Denn erstlich, da der Hausvater für

der ihm anvertrauten Gewalt hauptsächlich

nur seinem Gewissm verantwortlich ist:

eines

jähzornigen

und

grausamen Herrn

so kann diese in der Hand

sehr mißbraucht werden.

Neben der Knechtschaft muß daher eine Einrichtung bestehen,

welche

gegen solche Ausartung schützt, und im Nothfall selbst willkührliche

Mißhandlung der Knechte ahndet.

Dazu diente im alten römischen

Recht die Censur, unter den germanischen Völkern die Kirche2). Zwei­ tens darf

die Rechtsform dieses Zustandes nie so starr ausgebildet

sein, daß dadurch die Persönlichkeit völlig zerstört wird.

Diese Aus­

artung berichtigte die Kirche dadurch, daß sie auch die Knechte in sich

aufnahm, und ihnen als Kindern desselben Vaters christliches Eherecht zusicherte3).4 Drittens muß für diejenigen, welche sich selbstständig re­ gieren und versorgen können,

eine Freilassung möglich sein,

damit

arich das Gemeinwesen einen beständigen Zuwachs von freien Bürgern

erhalte.

Dieses beförderte die Kirche dadurch, daß sie überhaupt die

Freilassung als ein frommes und verdienstliches Werk empfahl*), und

dazu selbst in der Form der Freilassung in der Kirche ihre Mitwir-

2) Conc. Agath. a. 506. c. 62., c. 6. X. de immunit. (3. 49). 3) C. 5. c. XXIX. q. 2. (Conc. Compend.. a. 757), c. 8. eod. (Conc. Cabilon. a. 813), c. 1. eod. (cap. incert.), c. 1. X. de coniug. servor. (4. 9). 4) C. 68. c. XII. q. 2. (Gregor. I. a. 599). In Norwegen setzte die Kirche durch, daß jedes Jahr am Weihnachtsabende in jedem District ein Sclave freigelassen werden mußte, Gulathings-Lov Cap. 5.

746 kung anbot 5).

Insbesondere aber hat das Christenthum,

indem es

den Grundsatz des alten Völkerrechts, die Kriegsgefangenen zu Sklavm zu machen, aus der christlichen Welt verdrängte6), und den Ar­ men in

der Mildthätigkeit der Reichen

eine unerschöpfliche HülfS-

quelle eröffnete, auf die völlige Umgestaltung jenes Verhältnisses ein« gewirkt.

C) Ueber die Testamente.

Greg. III. 26. Sext. III. 11. Giern. III. 6. De testamentis et ultimis voluntatibus. 349.

Nach dem römischen Rechte standen die Testamente unter

den gewöhnlichen Behörden; nur wenn sie ein Bermächtniß zu einem frommen Zweck enthielten, war

nach den Gesetzen der christlichen

Kaiser die Vollstreckung den Bischöfen übertragenx).

Bei den Ger­

manen waren Testamente ursprünglich ganz unbekannt und sogar wegm der Gefahr für den nächsten Erben verboten;

Klerus,

allein unter dem

der nach römischem Rechte lebte, blieben Testamente in Ue­

bung, und selbst gegen die Laien setzte es die Kirche durch, daß wenig­ stens die Vermächtnisse zu einem frommen Zweck für verbindlich ge­

halten wurden.

Auch erhielt sich bei ihnen dem römischen Rechte ge­

mäß der Grundsatz, daß die Bischöfe für deren gewissenhafte Erfül­ lung zu sorgen hätten2).

So kamen diese Vermächtnisse, endlich die

Testamentssachen überhaupt, unter die geistlichen Gerichte. Diese Er­

weiterung hatte einen dreifachen Grund.

Erstlich war nach der herr­

schenden Pietät der Zeit in jedem Testamente regelmäßig irgend Et­

was zu einem frommen Zweck ausgesetzt; zweitens wurden die Testa­ mmte insgemein mit Zuziehung des Pfarrers errichtet und die Con­ cilien legten diesen sogar die Pflicht auf, bei Zeiten daran zu erin­

nern; drittens endlich, sah die Kirche die Erfüllung des letztm Willens als eine Gewissenssache an, da hingegen die Landgerichte, dem beut«

schm Rechte gemäß, mancherlei Schwierigkeitm entgegenstellten. Nach­ dem nun die Testamentssachen

als

ein

Gegenstand der geistlichen

5) C. 1. 2. C. de bis qui in eccles. manumitt. (1. 15), c. 6. D. LXXXVH. (Conc. Araus. a. 441). 6) Potgiesser de statu servorum lib. I. cap. 2. n. 118. 1) Man sehe darüber §. 252. 2) C. 3. X. h. t. (Greg. I. a. 594), c. 6. X. eod. (Conc. Mogunt. c. a. 850), Benedict. Levit. Capitul. Add. in. c. 87., c. 17. 19. X. h. t.

747 Gerichtsbarkeit anerkannt waren, so wurdm die Päpste auch zu manchertei Verordnungen darüber veranlaßt.

Vermächtnisse zu

Zunächst setzten sie für die

einem frommen Zwecke mehrere Vorrechte fests).

Zweitens bestätigte Alexander III. die Praxis, nach welcher ein Te­ stament gültig

vor dem Pfarrer und zwei bis drei Zeugen errichtet

werden sonnte4), und viele Concilien schrieben dieses sogar als die

regelmäßige Form Bor5). in Ansehung

Drittens stellte das canonische Recht auch

des Inhalts eine wichtige Aenderung

des römischen

Nach diesem mußten nämlich die Notherben, die mit

Rechts auf.

einem Fideicommiß beschwert waren, die sogenannte Trebellianische

Quarte auf ihren Pflichttheil einrechnen5).

Unter den Glossatoren

fieng man aber an dieses zu bezweifeln, und dadurch wurde Jnno-

cenz III. zu der Entscheidung veranlaßt, daß die Kinder erst ihren

Pflichttheil abziehen,

rückbehalten könnten').

und dann von dem Rest noch jene Quarte zu­ Die neueren Concilien haben zwar auch noch

die Execution der Testamente der bischöflichen Oberaufsicht unterwor­

fen 8);

allein seit dem sechzehnten Jahrhundert ist allmählig fast in

allen Ländern dieser Gegenstand an den weltlichm Arm zurückgefallen.

Doch sind die Verordnungen des beibehalten worden;

canonischen Rechts darüber lange

und in England gehören die Testamente noch

jetzt vor die geistlichm Gerichte.

D) Ueber Besitz, Verjährung und Verträge.

Greg. I. 35. Sext. I. 18. De pactis, Greg. II. 13. Sext. II. 5. De restitutione spoliatorum, Greg. II. 26. Sext. II. 15. De praescriptionibus, Greg. III. 18. De emtione et venditione. 350.

Der Geist der Kirche verlangt, daß auch in dem bürger­

lichen Recht strenge Gewissenhaftigkeit herrsche,

und daß diese darin

höher gestellt sei, als eine blos formelle juristische Consequenz.

diesem Grundsatz sind folgende Sätze des römischen

dert worden.

3) 4) 5) scipl. P. 6) 7) 8) de ref.

Nach

Rechts abgeän­

I. Im Fall des gewaltsam verlorenen Besitzes kann

Darüber sehe man §. 252. C. 10. X. de testam. (3. 36). Mehr darüber findet man bei Thomassin. Vet. et nov. eccles. diDI. lib. 1. cap. 24. C. 6. C. ad SC. Trebellian. (6. 49). C. Raynutius 16. X. de testam. (3. 26), c. Raynaldus 18. X. eod. Clern. un. de testam. (3. 26), Conc. Trid. Sess. XXII. cap. 6.

748 der Spolirte die Besitzklage auch gegen den dritten Inhaber der Sache

anstellen,

wenn dieser sie wissentlich empfangen hat, weil er dann

gleichsam an der Schuld des eigentlichen Thäters Theil nimmt *). II. Wer eines Besitzes gewaltsam entsetzt worden ist, kann vor allem

Restitution verlangen,

und braucht sich vorher auf keine Klagen des

Spolianten wider ihn einzulassen, sondern kann diese durch die Exceptton des Spoliums abweisen1 2).3 4III. Zur Verjährung durch fortgesetz­ ten Besitz ist von Seiten des Gewinnenden immer guter Glaube we­

sentlich s).

Dieses gilt nicht blos bei der Ersitzung, sondern auch bei

der Klagverjährung, und zwar sowohl bei Sachen, wie bei Rechten, wobei noch von einem Besitz gesprochen werden kann.

Aus die Ver­

jährung von Forderungen, wodurch man, wenn auch wissentlich, von

einer nicht eingeforderten Schuld befreit wird, ist es aber wohl nicht füglich anzuwenden *). IV. Der gute Glaube ist auch nicht blos, wie

im römischen Recht, beim Anfang der Verjährung, sondern während

des ganzen Verlaufs derselben nothwendig5).

V. Alle rechtmäßig ein­

gegangenen Verttäge sollen erfüllt werden6); und auf die Form der­

selben kommt es nicht mehr wesentlich an.

Dadurch wurde der Un­

terschied, den das römische Recht zwischen den förmlichen und den

einfachen Verträgen machte, aufgehoben. Doch haben die neueren Lan­

desgesetze in bürgerlicher Beziehung wieder mancherlei formelle Be­ stimmungen eingeführt.

1) C. 18. X. de restit. spoliat. (3.13). Anders war es im römischen Recht, fr. 3. §. 20. uti possid. (43. 17). Von der Entstehung jener Klage handelt: Maaßen Zur Dogmengeschichte der Spolienklage in Muther Jahrbuch Bd. III. 3859. S. 227-45. 2) Die Geschichte dieses Satzes ist sehr gründlich erörtert von Bruns Recht des Besttzes §. 16—27. Davon handelt auch Goecke De exceptione epolii. Berolini 1858. 3) C. 5. 20. X. de praescript. (2. 26). 4) Hildenbrand de bona fide rei propriae debitori ad temporis praescriptionem band necessaria. Monachii 1843., Savigny System V. §. 244-246. 5) C. 5. 20. X. de praescript. (2. 26). Diese Meinung war zwar schon früh einmal gelegentlich ausgesprochen worden, c. 5. c. XXXIV. q. 1. (Augustin, c. a. 413). Allein daß noch bis in das zwölfte Jahrhundert das reine römische Recht galt, beweist die bestimmte Aeußerung von Gratian zum c. 15. c. XVI. q. 4. 6) C. 1. 3. X. de pact. (1. 25). Ursprünglich hatten zwar diese Stellen jenen Sinn nicht; wohl aber in der Form, wie sie in die Sammlung Gre­ gors IX. eingerückt wurden, und so hat sie auch die Praxis verstanden.

749 E) Ueber das Zmsgefchäft und den Rentenkauf.

Greg. V. 19. Sext. V. 5. Clem. V. 2. De usuris. 351.

Wenn Jemand Geld leiht, blos um seine augenblickliche

Noth zu fristen, so hat es etwas der christlichen Liebe Widersprechen­ des,

wenn der Darleiher aus dem Bedürfniß des Anderen für sich

gewinnen will, besonders

dann, wenn das Darlehn gering ist und

ohnedies das Geld bei ihm müßig liegen würde.

In diesem Sinn

hat die Kirche, dem mosaischen Gesetze gemäß, die Zinsen als Wu­ cher verboten *). Wenn hingegen Jemand ein Kapital bei einem An­

deren anlegt, um sich selbst von den Einkünften zu erhalten, so ist das Geschäft ein ganz anderes. Daher wurde auch dafür im Mittel­

alter eine von dem Zinsgeschäft völlig verschiedene Rechtsform an­ genommen.

Derjenige, der das Kapital anlegte, wurde nämlich als

der Käufer, der andere als der Verkäufer der verhältnißmäßigen jähr­

lichen Einkünfte gedacht.

Um dabei möglichst dem Mißbrauch und

der Verwechselung mit dem Zinsgeschäft zu begegnen, war festgesetzt,

daß nicht der Erste, der das Hauptgeld hingegeben hätte, sondern nur der Andere, dieser aber wann er wollte, dasselbe aufkündigen und sich durch die Rückzahlung von der Leistung der jährlichen Renten befreien könnte.

Uebrigens konnte aber zur Sicherheit des Käufers die Rmte

auf ein Grundstück oder auf das ganze Vermögen gelegt, und dadurch gleichsam zu einer dinglichen Verpflichtung gemacht werden.

Solche

Geschäfte galten auch nach dem canonischen Rechte nicht als uner­ laubt^), und sie gaben das Mittel, wodurch man, als sich neben dem Grundbesitz Kapitalreichthum zu bilden anfieng,

die Maximen der

Kirche mit den Bedürfnissen des bürgerlichen Verkehrs in Ueberein­ stimmung erhielt.

Noch

anders

gestalten sich die Zinsverhältnisse

dort, wo ein reger Geld- und Handelsverkehr besteht.

Denn da nun

derjenige, der das Geld leiht, dieses meistens thut, um damit zu spe-

culiren und zu gewinnen, und der Andere, der das Geld giebt, sich da-

1) C. 2. D. XLVII. (Conc. Nicaen. a.325), c. 1. eod. (Can. Apost.), c. 8. eod. (Basil, c. a. 370), c. 10. 12. c. XIV. q. 4. (Ambros, c. a. 390), c. 11. eod. (Augustin, c. a. 414), c. 7. eod. (Leo I. a. 443), c. 9. eod. (Capit. Carol. M. a. 806). In den Decretalen wird dieses sehr strenge, jedoch allzu buchstäblich und ohne Unterscheidung der Verhältnisse gehandhabt. 2) C. 1. 2. Extr. comm. de ernt. vend. (3. 5). Eine Beschränkung macht dabei die Const. Cum onus Pii V. a. 1568., wodurch der Rentenkaus nur mit Beziehung auf ein namentlich bezeichnetes Grundstück für erlaubt er­ klärt wurde. Allein diese ist in Frankreich, Belgien und Deutschland nicht recipirt.

750

durch des Gewinnes, den er selbst damit machen könnte, beraubt: so scheint es nicht unbillig, wenn dieser sich gleichsam als einen Antheil

an dem verschafften, oder als Ersatz für den entbehrten Gewinn ge­

wisse Zinsen ausbedingt. Daher ist in der neueren Zeit in den meisten Ländern durch die bürgerliche Gesetzgebung ein bestimmtes Maß von

Zinsen für

zulässig erklärt und

der Begriff des Wuchers auf die

übermäßigen Zinsen beschränkt worden. Für das Gewissensrecht kommt eS aber noch auf eine genaue Unterscheidung der Verhältnisse mt8).

Oesfentliche Anstalten (montes pietatis), welche den Armen, um sie vor Wucherern zu schützen, auf Pfänder für mäßige Zinsen Geld lei­ hen, sind aber ausdrücklich gebilligt4).

F) Ueber die Verbindlichkeit aus Gelübden.

Greg. IH. 34. Sext. III. 15. Extr. Job. XXII. tit. 6. De voto et voti redemtione. 352.

Das Gelübde ist ein aus Pietät gemachtes Versprechen

einer gewissen Leistung zu einem frommen Zweck.

römischen Recht war ein

Schon nach dem

solches Versprechen selbst für den Erben

bürgerlich verbindlich, wenn es auf die Entrichtung einer bestimmten Sache gieng *).

Natürlich setzte dieses voraus, daß eS nicht blos in­

nerlich gefaßt, sondern auch äußerlich abgelegt war. Die Kirche gieng aber weiter, und erklärte auch das blos innerliche Gelübde, als ein Gott geleistttes Versprechm, dem Gewissen nach für verpflichtend8).

Dieses bildete dann das kanonische Recht für die geistlichen Gerichte

zu einem zusammenhängenden Systeme aus.

Damit nämlich ein Ge­

lübde gültig und verbindlich sei, muß es vor allem auf eine erlaubte ’),

und Gott wirklich wohlgefällige,

den Rechten dritter Personen nicht

nachtheilige Handlung 4) gerichtet,

ferner in der Absicht sich wirklich

3) Eine sehr genaue und scharfsinnige Beleuchtung dieses Gegenstandes au» diesem Gesichtspunkt findet man in Benedict. XIV. de synodo dioeces. lib. X. cap. 4—8., Devoti Instit. canon. lib. IV. tit. 16. 4) Conc. Lateran. V. a. 1517. Sess. X., Conc. Trid. Sees. XXII. cap. 8. de ref. 1) Fr. 2. D. de pollicitat. (50. 12). 2) C. 1. c. XVn. q. 1. (Cassiodor. c. a. 540), c. 3. eod. (Gregor. I. a. 591). 3) C. 12. c. XXII. q. 4. (Ambros, a. 377), c. 10. eod. (Augustin, c. a. 415), c. 5. 13. eod. (Isidor, c. a. 620), c. 1. 15. eod. (Conc. Tolet. VIII. a. 653). 4) C. 6. c. xxxm. q. 5. (Augustin, c. a. 411), c. 2. eod. (Alexand. II. c. 1065).

751

freiwillig, ohne Furcht, Zwang und Irrthum °) ab­

zu verpflichten

gelegt sein. Betrifft es eine persönliche Handlung des Gelobenden, so

bindet es nur diesen, nicht den Nachfolger, außer wenn dieser die Er­ füllung ausdrücklich übernommen hat2); geht es aber auf eine Ver­

mögensleistung, so wird auch der Erbe dadurch gebunden8). hoben kann ein Gelübde

Aufge­

nur durch die kirchlichen Oberen werden,

ein ungültiges durch Nichtigkeitserklärung, ein gültiges durch Dispen­ sation. Ungültig ist unter anderen dasjenige, welches von unmündigen Kindern ohne Zustimmung der Eltern8), oder von einem OrdenSmitgliede ohne den Oberen 10) abgelegt ist, und zwar unbedingt: un­

gültig,

aber nur in so fern es die Rechte des Anderen verletzt, ist

das Gelübde eines Ehegatten ohne Zustimmung des Anderenu). Die Dispensation wird nur aus hinreichenden Gründen, namentlich dann

ertheilt, wenn mit der Erfüllung Gefahr, Nachtheil oder besondere Schwierigkeit verbunden ist12). schub 18),

oder Umwandlung

gänzliche Aufhebung.

Sie betrifft entweder bloßen Auf­

in einen anderen Gegenstand "), oder

Sie kann in der Regel schon von dem Bischof

ertheilt werden; in fünf Fällen28)

aber nur von dem Papst.

Der

Grund, warum in allm diesen Fällen die geistliche Behörde zu erkm-

nen hat, liegt darin, damit über eine Gewissenssache nicht der ver­ pflichtete und befangene Theil selbst Richter sei.

G) Ueber den Eid.

1) Wesen desselben').

Greg. II. 24. Sext. II. 11. dem. II. 9. De iureiurando. 353.

Aus

der sittlichen Natur des Menschen

mtspringt die

5) C. 3. X. de vot. (3. 34). Dadurch unterscheidet sich das Gelübde von dem bloßen Vorsatz. 6) C. 1. X. de bis quae vi metusve causa fiunt. (1. 40). 7) 6. 6. X. de vot. (3. 34). 8) C. 18. X. de censib. (3. 39). 9) C. 14. c. XXXII. q. 2. 10) C. 2. c. XX. q. 4. (Basil, c. a. 362), c. 27. de elect. inVI. (1. 6). Eine Ausnahme enthält c. 18. X. de regulär. (3. 31). 11) Nach diesem Grundsatz wurde namentlich das Gelübde der Keuschheit beurtheilt (§. 307. Note 12). Eine Ausnahme davon enthält c. 9. X. de vot. (3. 34). 12) 6. 2. 7. X. de vot. (3. 34). 13) C. 5. 8. X. de vot. (3. 44). 14) C. 1. 2. 7. 8. 9. X. de vot. (3. 34). 15) Diese find das Gelübde immerwährender Keuschheit, in einm religiösen Orden zu treten, nach Rom, nach dem heiligen Grabe, und nach St. Jacob von Compostella zu wallsahrten, c. 5. Extr. comm. de poenit. (5. 9). 1) Gut handeln davon: Gösche! der Eid nach seinem Principe, Begriffe

752 Pflicht der Wahrheit mib Treue gegen andere und diese Berpflichtmng

sollte bei jeder Aussage und Versicherung nach ihrem vollen Inhalte

vor Augen schweben.

ES

gehört jedoch zu den Unvollkommenheiiten

der menschlichen Natur, daß das Gefühl dieser Pflicht verschiedene

Grade haben und nach Maßgabe der Gemüthsstimmung

theuernden schwächer und stärker sein kann. durch die lebhafte Vergegenwärtigung

verehrter besonders religiöser

Gegenstände in eine feierliche Stimmung versetzt wird,

sehr nahe, einer unter Anrufung

des Be­

Da nun das GemÄth

so liegt es

oder Verwünschung eines solchen

Gegenstandes abgelegten Betheuerung eine höhere Glaubhaftigkeit bei« zumessen. Auf diesen Grundgedanken beruht der Gebrauch des Eid>es,

der sich bei allen bekannten Völkern auch schon im Alterthum findet.

Ueberall herrscht dabei die Ahnung eines Zusammenhangs der sicht­

baren mit einer überirdischen Welt;

allein je unvollkommener diese

bei einem Volke ist, um destö mehr werden Eide ohne Noth angewen­

det oder auf ungeeignete Gegenstände^geschworen werden. Dieses zeigt

sich auch bei den Römern 2) und bei den alten Germanen, wo man ohne Eide in der Procedur gar nicht fertig werden konnte.

Ihre

wahre Begründung erhielt daher diese Einrichtung erst im Christen­

thum durch den Glauben an Gott als den allwissenden und allgegen­

wärtigen Richter. Versicherung,

Der Eid im christlichen Sinne ist demnach eine

wobei Gott als Zeuge der Wahrheit und als Rächer

wissentlicher Unwahrheit angerufen wird. Er ist daher eine sehr ernste

das Irdische mit dem Ueberirdischen verknüpfende Handlung,

wozu

man einerseits nicht ohne dringende Beweggründe greifen, die aber andererseits im bürgerlichen Leben zur Befestigung rechtlicher Verhält­

nisse oder zur Erforschung der Wahrheit nicht entbehrt werden kann.

Hiemit steht nicht im Widerspruch, daß die h. Schrift das Schwören verbietet,- indem sich

dieses augenscheinlich nur auf die willkührliche

Anwendung auf geringfügige Gegenstände bezieht2).

So Haden es

auch die Kirchenväter verstanden *). Allerdings beruht aber der Werth

und Gebrauche. Berlin 1837., Marx der Eid und die jetzige Eidespraxis. Re­ gensburg 1855.

2) Fr. 3. §. 4. fr. 13. §. 6. D. de iureiur. (12. 2). 3) Matth. V. 34—37., Jacob. V. 12., Gratian. ad c. 1. c.XXH. q. 1. 4) C. 2. c. XXII. q. 1. (Augustin, c. a. 3;h i, c. 3. 15. eod. (Idem a. 398), c. 5. 6. eod. (Idem c. a. 410), c. 4ä,j"3j< eod. (Idem c. a. 415), c. 8, eod. (Hieronym. c. a. 400).

753 des Eides für das bürgerliche Leben lediglich auf der Voraussetzung,

daß jene Vorstellung in jedem Gewissen wirklich lebhaft und gegen­

wärtig fei. Nirgends zeigt sich also deutlicher, wie die Kirche als die Erzieherin des Gewissens dem Staate zur Seite stehen müsse.

2) Bedingungen und Form des Eides. 354.

Der Eid soll entweder zur Bekräftigung einer Aussage

(iuramentum assertorium) oder eines geleisteten Versprechens die­ nen (iuramentum

promissorium).

seiner Natur nach viererlei *).

In beiden Fällen erfordert er

Erstlich von Seiten des Schwörenden

die Fähigkeit des Urtheils für die vorzunehmende Handlung. fehlt

Diese

bei denen, welche wegen noch nicht erreichter Mündigkeit über­

haupt noch nicht zur Reife des Geistes gelangt2),

oder die wegen

besonderer Umstände, Wahnsinn, Trunkenheit oder Leidenschaft ihrer

Sinne

nicht mächtig sind.

Aus diesem Grunde ist bei gerichtlichen

Eiden vorgeschrieben, daß sie nüchtern2) oder nach der Praxis wenig­ stens vor Mittag geschworen werden, und eine Belehrung über die Be­

deutung des Eides vorhergehen soll.

Zweitens muß der Schwörende

seiner inneren Freiheit auch äußerlich mächtig,

also der Eid nicht

durch Drohungen oder Gewalt erzwungen fein4). Drittens muß der Eid mit Wahrhaftigkeit geleistet werden, also bei dem Aussageeid mit der Absicht die Wahrheit ohne Zweideutigkeit und Vorbehalt zu offen­

baren, bei dem Versprechungseid mit dem Vorsatz das Versprochene

getreu zu erfüllen.

Die Wahrhaftigkeit ist bei dem Schwörenden re­

gelmäßig zu präsumiren. Eine Ausnahme leidet dieses jedoch bei dem­ jenigen, der einmal eines Meineides überführt worden; daher ist ein

Solcher zum Eide nicht mehr zugelassen2).

Der Wahrhaftigkeit von

Seiten des Schwörenden muß aber die Wahrhaftigkeit dessen,

der Eid geleistet wird, entsprechen.

dem

Daher darf dieser den Eid nicht

durch Täuschung oder Arglist erwirkt haben, sonst ist derselbe unver­

bindlich2).

Viertens endlich muß der Eid

aus

einem rechtmäßigen

1) Drei Bedingungen, veritas, iudicium, iustitia nennt c. 2. c. XXII. q. 2. (Hieronym. c. a. 410), c. 26. X. de iureiur. (2. 24). 2) C. 14. 15. 16.-tx XXn. q. 5. Die Particularrechte enthalten dar­ über häufig besondere Be'ümnwngen. 3) C. 16. c. XXII. q. 5. (cap. incert.). 4) C. 8. 28. X. de iureiur. (2. 24), c. 2. de pact. in VI. (1. 18). 5) C. 14. c. XXII 5. (Capit. Carol. M. a. 789), c. 1. X. de purgat. can. (5.34). Die Pan.^,arrechte machen noch andere analoge Ausnahmen. 6) C. 28. X. de iureiur. (2. 28), c. 2. de pact. in VI. (1. 18). Walter'« Ktrchenrech«.

13te Auflage.

48

754 Grunde, das heißt zu einem nicht blos erlaubten, sondern auch erheb­

lichen Zwecke geleistet werden. Ein Versprechungseid, dessen Erfüllung unmoralisch oder den Rechten dritter Personen zuwider wäre, ist da­ her nicht blos in sich ungültig, sondern selbst wegen des Mißbrauches

des göttlichen Namens zu bestrafens. Was die Form des Eides be­ trifft, so ist wesentlich, daß derselbe unter Anrufung GotteS8) nicht

einer Creatur8)

geschworen werde.

Uebrigens aber ist an sich jede

Formel genügend, welche ausdrückt, daß dem Schwörenden die Idee eines

wahren Eides dorgeschwebt hat.

Da jedoch durch angemessene

Feierlichkeiten der Eindruck der Handlung verstärkt und das Gefühl

der Wahrhaftigkeit lebhafter angeregt wird,

so

sind für gerichtliche

und andere officielle Eide bestimmte Förmlichkeiten in Gebrauch ge­ kommen, wozu namentlich die Vorlegung und Berührung des Evan-

gelienbuchcS gehört"). setzen ab.

Das Nähere hängt jetzt von bcn Landesge­

Der einfache Eid kann auch schriftlich geleistet werden, in­

dem damit der Zweck des Eides vollkommen bestehen kann; der feier­

liche aber nicht, weil dann der Eindruck, den man durch die erhöhte Form bezweckt,

wegfallen würde.

Eine Ausnahme leidet dieses nur

bei Stummen und Tauben, wo die Natur der Sache dazu nöthigt. Die Ablegung eines Eides durch einen Bevollmächtigten hat denselben

Grund gegen sich, lumnieneid

und kommt im kanonischen Recht nur beim Ca-

und beim Eide einer Corporation vor").

In anderen

Fällen ist sie daher nur mit Zustimmung des Gegners zu gestatten. Christliche Religionsparteien, die den Gebrauch des Eides ganz ver­

werfen, können sich auf diesen ihren Grundsatz nur dann berufen,

wenn die Landesgesetze ihnen diese Ausnahme zugestehen.

Bei nicht

7) C. 2. 8. 12. (Ambros, c. a. 377), c. 3. 4. eod. (Idem c. a. 391), c. 22. eod. (Augustin, c. a. 396), c. 13. eod. (Isidor, c. a. 620), c. 1. eod. (Conc. Tolet. VIII. a. 653), c. 6. 7. eod. (Beda c. a. 720), c. 18. eod. (Conc. Oecum. VII. a. 787), c. 1. 2. 13. 18. 19. 24. 27. 28. 33. X. de iureiur. (2. 24). 8) C. 11. c. XXII. q. 1. (Chrysostom. c. a. 400), c. 7. eod. (Hieronym. c. a. 410). 9) C. 9. c. XXII. q. 1. (Statuta eccles. antiq.), c. 10. eod. (Julian, novell.). 10) C. 7. X. de iuram. calumn. (2. 7). Darauf bezieht sich die Formel am Schluffe des c. 4. X. de iureiur. (2. 24). Von dieser Berührung wird der Eid ein körperlicher genannt, c. 10. X. de maior. (1. 33). 11) C. 6. 7. X. de iuram. calumn. (2. 7), c. 3. do iuram. calumn. in VI. (2. 3), c. 2. de testib. in VI. (2. 10).

755 christlichen Religionen kommt es hinsichtlich der Zulässigkeit und Form

der Eides auf die Landesgesehe an.

3) Wirkungen des Eides. 355.

Die Wirkung des Aussageeides besteht darin, daß die aus­

gesagte Thatsache bis

zum

Beweis des Meineides als wahr gilt;

woran sich dann im Proceß die weiteren Wirkungen anschließen. Hin­

sichtlich des Versprechungseides gieng

das canonische Recht von dem

Grundsatz aus, daß die geistlichen Gerichte

ein durch einen Eid be­

kräftigtes Versprechen, wenn nur, wie oben bemerkt, dessen Erfüllung moralisch erlaubt und den Rechten Dritter nicht zuwider wäre, wegen

der Heiligkeit der Handlung und der dabei geschehenen Anrufung des

göttlichen Namens, gleichviel ob es übrigens bürgerlich klagbar wäre

oder nicht, als eine heilige Religions- und Gewtssenspflicht betrachten und

auf dessen Erfüllung durch die Anwendung

bestehen 1_), ja sogar

geistlicher Strafen

wider die weltlichen Gerichte,

die wissentlich

solche Eide nicht beachten würden, wegen der darin liegenden Begün­ stigung des Eidesbruches mit kirchlichen Censuren einschreiten sollten31).2 Nach diesen Grundsätzen hat auch die bürgerliche Gesetzgebung

Mittelalter gehandelt3).

In den neueren Civilgesetzbüchern ist aber

zum Theil der Versprechungseid gen 4), 5 6also bürgerlich

im

ganz

mit Stillschweigen übergan­

wirkungslos gemacht, oder selbst als ein Miß­

brauch bei Strafe verboten worden3). Der Gesichtspunkt für das in­

nere Forum ist

aber dadurch nicht verändert.

Ist durch den Eid

etwas Unrechtes oder Unerlaubtes versprochen worden, so ist er zwar an sich schon ungültig und unverbindlich; doch soll man, um nicht in

der eigenen Gewissenssache Richter zu sein, tion der Kirche einholen,

und

Mißbrauches Buße thun3).

darüber die Interpreta­

wegen des mit dem Eide begangenen

Eben so

ist zur Aufhebung eines aus

1) C. 13. X. de iudic. (2. 1), c. 6. 20. 28. X. de iureiur. (2. 24), c. 2. de pact. in VI. (1. 18), c. 3. de foro compet. Jn VI. (2. 2), c. 2. de iureiur. in VI. (2. 11). Das canonische Recht durste als in der Sphäre der Sittlichkeit sich bewegend nicht anders als so bestimmen. 2) C. 2. de iureiur. in VI. (2/11). 3) Auth. Sacramenta puberum C. si adversus vendit. (2. 28). 4) So im französischen Recht, welches weder bei den Bestärkungsmitteln der Verbindlichkeiten, noch im Strafrecht davon redet. 5) So im Preuß. Laudr. Th. I. Tit. V. §. 199. Th. II. Tit. XX. §. 1425. 1426. 6) C. 12. §. 1. c. 18. X. de iureiur. (2. 24). Davon handelt : Silbernagl Die Eides-Entbindung nach dem canonische« Recht. München 1860.

756 Zwang,

Bettug oder Irrthum geleisteten Eides für das Gewissen

immer die Entbindung durch die Kirche nothwendig7).

Die recht­

mäßige Behörde dazu ist in beiden Fällen der Bischof8); doch ist in

besonders schwierigen oder wichtigen Sachen häufig beim Papste selbst angefragt worden2).

Wo der Eid das Versprechen noch bürgerlich

klagbar macht, ist zur Aufhebung der daraus hervorgehenden Verbind­ lichkeit auch die Mitwirkung der weltlichen Obrigkeit nöthig, und es tarn dann der mit dem Eide getriebene Mißbrauch auch Civilstrafen

zur Folge haben.

VII. 356.

Von dem christlichen Kalender.

Die Kirche hat in ihrem fortschreitenden Einfluß auf das

Leben der Völler sich auch des Kalenderwesens bemächtigt, und demsel­

ben die

Zeichen und Erinnerungen des Christenthums

eingedrückt."

Die nächste Veranlassung gab die Bestimmung der Zeit der Osterfeier, worüber schon im zweiten Jahrhundert Streitigkeiten entstanden. Der Orient feierte nämlich

dieses Fest mit dem Passah der Juden

am vierzehnten Tage des ersten Mondenmonats,

gleichviel

auf wel­

chen Wochentag dieser fiel; der Occident aber am ersten Sonntage, der darauf folgt,

well die Heidenchristen dabei kein Passahmahl, son­

dern lediglich den Hauptgedächtnißtag der Auferstehung begehen woll­ ten.

Nachdem Constantin den Orient zu vereinigen gesucht hattex),

wurde auf dem Concilium von Nicäa 325 der Gebrauch des Occi-

dentS bestätigt.

Unter dem ersten Mondenmonat verstand man mit

den Juden denjenigen, dessen Vollmond entweder auf das Frühlings-

äquinocüum selbst oder darnach fällt.

Ueber

die Berechnung dieser

Termine entstanden aber Differenzen, so daß zuweilen zur Erzielung

der Gleichförmigkeit der Zeitpunkt der Feier unter den Kirchenhäup­ tern ausgemacht und auf den Concilien und durch Rundschreiben an­

gesagt wurde2). Seit Dionysius, dem Verfasser der bekannten Cano-

nensammlung, welcher 525 die Ostertafel des Cyrillus fortsetzte, wurde allmählig die Berechnung nach dem neunzehnjährigen Alexandrinischen

7) C. 2. 8. 15. X. de iureiur. (2. 24). 8) Darüber find die Praktiker einig. 9) Dieses zeigen die angeführten Decretalen. 1) Sozömen. hist. eccl. I. 16. 2) C. 24. D. III. de cons. (Conc. Carth. V. a. 401), c. 26. eod. (Conc. Arel. a. 524), c. 25. eod. (Conc. Bracar. II. a. 572), Du Gange Kloss, v. Baseballs epistola.

757 Mondcyklus allgemein.

Hiemit kam auch die Zeitrechnung von der

Menschwerdung Christi an in Gebrauch,

seiner fortgesetzten Tafel danach

da Dionysius die Jahre

bezeichnet hatte.

Indem nun die

Kirche in das Jahr die drei großen Festcyklen von Ostern, Pfingsten

und Weihnachten sinnreich vertheilte, und diese

mit den Festen der

heil. Jungfrau, der Apostel, Märtyrer und Heiligen durchflocht, er­ wuchs der Kalender zu einer Haus- und Gedächtnißtafel, welche ge­

wissermaßen die ganze christliche Borzeit in sich schließt, und Tag für Tag dem dafür empfänglichen Gemüthe

trachtungen darbietet.

edle Erinnerungm und Be­

Hinsichtlich der Größe des Jahres befolgten

übrigens die Christen bis in das sechzehnte Jahrhundert den im rö­ mischen Reiche gangbar gewesenen Julianischen Kalender. Bei diesem

war zwar das Sonnenjahr, allein nach einer nicht ganz genauen Be­ rechnung zum Grunde gelegt. Daher machte Gregor XIII. nach sorg­

fältigen Vorarbeiten 1580

einen verbesserten Kalender bekannt, dm

Kaiser Rudolph 1583 bestätigte.

Die Protestanten nahmen diesen je­

doch, weil er vom Papst herrührte, nicht an.

Erst 1699 wurde von

den protestantischen Ständen in Deutschland ein neuer Kalender un­ ter dem Namen des verbesserten Julianischen bestätigt,

und dieser

nach und nach auch in den anderen protestantischen Ländern einge­

führt.

Endlich haben sich die Protestanten in Deutschland 1778 zur

Annahme der Gregorianischen Berechnung unter dem Namen des. ver­

besserten Reichskalenders verstanden. Die Russen und Griechen befol­ gen aber noch den Julianischen Kalenders). VIII.

357.

Schlußbetrachtung.

Faßt man die Hauptzüge der hier entwickeltm Gesetzge­

bung zusammen, erkennt man deren bis in die kleinsten Bestimmun-

3) In dem Julianischen Kalender ist das Sonnenjahr zu 365 Tagen 6 Stunden angenommen, und daher wird alle vier Jahre ein Tag eingeschaltet. Da es aber in der Wirklichkeit nur 365 Tage 5 Stunden 49 Minuten aus­ macht, so blieb jener Kalender jedes Jahr 11 Minuten hinter dem wirklichen Stande der Sonne zurück, was bis in das sechzehnte Jahrhundert 10 Tage betrug. Nach dem Gregorianischen.Kalender soll zur Ausgleichung alle hundert Jahre der Schalttag aussallen; weil aber so doch alle vierhundert Jahre wie­ der 22 Stunden 40 Minuten übrig bleiben, dann wieder da» Schaltjahr beob­ achtet werden. Auch ließ man, um die Sonne wieder einzuholen, im Jahr 1582 zehn Tage aussallen, so daß man nach dem 4. gleich den 15. October schrieb. Der griechische Kalender ist jetzt zwölf Tage hinter dem wahren Stande der Sonne zurück.

758 gen hindurchgchenden hohen sittlichen Ernst und ideale Richtung, und

ist eS dem Verfasser gelungen,

den Leser über herkömmliche Vorur-

theile zur Anschauung der großen Wahrheiten der Geschichte zu erhe­

ben: so darf er seine Darstellung mit den Worten beschließen, die einer unserer edelsten Denker aus der Fülle seines schönen Gemüths

begeistert ausströmte:

„Angewandtes, lebendig gewordenes Christen­

thum ist der alte katholische Glaube. Seine Allgegenwart im Leben, „seine Liebe zur Kunst, seine tiefe Humanität, die Unverbrüchlichkeit „seiner Ehm, seine menschenfreundliche Mittheilsamkeit, seine Freude

„an der Armuth, Gehorsam und Treue machen ihn als ächte Religion

„unverkennbar und enthalten die Grundzüge seiner Verfassung"1).

1) Novalis die Christenheit. Ein Fragment (Schriften. Vierte Auflage. Berlin 1826. Th. I. S. 202). In der ersten, zweiten und dritten Ausgabe von Novalis Schriften war diese« schöne Fragment als zu katholisch nicht aus­ genommen, und in der fünften ist es aus demselben Grunde wieder weggelassen worden.

Register. (Die Ziffern beziehen fich auf die Paragraphen. -

A. Abbo von Fleury 100. Abendmahl 281. 288. Abendmahlsbulle 191. Abgaben, kirchliche 195—200. Ablaß 287. Absetzung 191. 243. Absolution 286. Acclamation 225. Adoption 311. 313. Advocatie über die Kirche, im Mittel­ alter 44c. nach dem neueren Staats­ recht 46. 51. Aegidius Fuscararius 106. 107. Aelsric 102. Akolythe 139. 205. Alarms 105. Alexander Tartagnus 107. Algerus von Lüttich 100. Altäre 268. Amortisation 252. Anagnosten 163. Anathema 191. Ancyra, Concil von 65 a. Andreas Barbatia Siculus 107. Angilramn von Metz 99. Annalen 200. Anniversarien 284. 327. Ansegisus 92. Anselm Archipräsul 100. Anselm von Lucca 100. Antiochien, Concil von 65 a. Anwartschaften 231. 241. Apokrisiarius 135. Apologie der Augsburgischen Confession 117. 178. Apparatus 104. Appellation 19. 185. ab abusu 46 e. Application, der Messe 284. Archidiacon 144. 145.

Archiepiscopus 153. Archrjereien 165. Archimandrit 161. Archipresbyter 144. 145. Archiv, römisches 59.

Aristenus, Alexius 78. Synopsis des 78. Arne, Bischof 109. Arsenius 78. Asylrecht 270. 345. Atto 100.

Audientia episcopalig 182. Aufgebot 299. Augsburgische Consession 59. 117.178. Augustinerregel 141. 331. Avellanische Sammlung 85. Azo de LambertacciiS 107Azo de Ramenghis 107/

B. Baldus 107. Balsamon 77. Barath 239. Barmherzige Brüder 331. Bartholomäus von BreScia 104a. 107. Baseler Concilium 108. Basiliken 76. Beda 93. Vegräbniß 326. Begumen 333. Beicht 285. Belgische Consession 32. Benedictiner-Orden 331. Benedictus Levita 97. 99. Beneficium 216. 246. 257.

Beneficium competentiae 215. Beneficium curatum 217. Simplex 217. 284. Benefit of clergy 190. Benineasa Senensis 107. Bernhard von Compostella 105. 107. Bernhard von Parma 106. Bernhard von Pavia 105. 107. Bernhardiner 331. Besitz 350. Bestes, Theodor 76 a. Bettelorden 331. Bibel 17. Bilder 341. Bischof 9. 138. Blastares 79.

760 Blondel 96. Blutsverwandtschaft 309. Bonaguida 107. Bonifaz VIEL 106 a. Bonizo von Sutrium 100. Bounty of queen Anne 197. Breve 59. Breviarium, westgothisches 68. Brevier 288. Brocarda 107. Bruderschaften 334. Bulle 59. In coena Domini 191. Burchard von Worms 100. Buße 285. Büßungen, canonische 188. 191.

C. Caeremoniale episcoporum 275. CalixtinischeS Concordat 108. 224. Camaldulenser 331. Camera Romana 133. Cancellaria Romana 133. Canon der Kirche 1. Canonen der Apostel 68. Canonicalhäuser 261. 266. Canonici 140. Canonisation 291. Canonissen 333. Cantor 139. 144. 163. 341. Capitula episcoporum 90. Capitularien 92. Cardinal, der Glossator 104a. Cardinäle 131—132 c. Carenzjahr 259. Carmeliter 331. Casus 107. Catechisation 177. Catechumenen 177. Cathedralstift 140. 141. Cathedraticum 197. Censur 178. Censuren 192. Census 259. Chappuis 106 a. Chorepiscopi 145. LhriSma 274. Christianität 145 a. Christophorus 80. Chrodegang 140. Cistercienser 331. Clemens V. 106 a. Cluniaeenser 331. Coadjutor 146. Cölibat 212. Collation der Beneficien 222.

Collegialsystem 40. Collegiatstift 141. 142. ColumbanuS 93. Cömeterien 269. CommeanuS 93. Commende 248. 257. 335. Competenz der Pfarrer 258. Compilatio prima, secunda, tertia, quarta, quinta 105. Compromiß 225. Computation, canonische, deutsche, rö­ mische 309. Concilien 156. öcumenische 58. Concilienjammlungen 58. Conclave 228. Concordate 48 a. 60. der deutschen Nation 111. Concordienformel 30. 178. Loncubinat 317. Concurs zu Pfarrstellen 241. Confession, Augsburgische 29.117.178. Belgische 32. Englische 33. Galli­ sche 32. Helvetische 32. Schottische 33. Tetrapolitanische 30. Samm­ lungen derselben 64. Confessionale Egberti 93. Congregation, der Cardinäle 134. des Oratoriums 331. Congrua 258. Cönobiten 331. Conscientia informata 194. Lonsecratiom, der Bischöfe 223—226. der Kirchen 268. Consistorien 36. 168. in der russischen Kirche 165. Consistorium der Cardinäle 132 c. Constitutionen, apostolische 65. päpstliche 59. Corporale 269. CorporationSacte 53. Corpus evangelicorum 51. 117. Corpus iur. can. 120. 123. Correctoren, Römische 121. CreSconius 87. Cumulirung der Kirchenämter 221. Curie, bischöfliche 151. römische 133. CustoS 144. Cyrillus LukariS 23.

D. Damasus 105. 107. Datarie 133. Decan 144. 145. Decanica 191a. Note 6. Decisiones rotae 133.

761 Decretalen 84. falsche 95. Defensoren 184. Degradation 191. Delegation 185. Denunciation 194. Deservitenjahr 264. DeuSdedit 100. Deutsche Ritter 335. Devolutionsrecht 237.

Devotio domestica Simplex, qualificata 55. Diacon 139. 205. Dignität 217. Dinüssorialbriese 207. DinuS 106 a. Diocesansynoden 160. Diöcese 138. Dionysius 85. 356. Diptychen 327. Disciplinargesetze 13. Dismembration 259. Dispensation 180. bei Ehehindernissen

315. Disputationen 107. Distinctionen 104 a. Distributionen, tägliche 220. 231. Doctoren der Theologie 340. Domdecan 144. Domherren 141. Domicellare 141. 261. Dominicaner 331 Dominicus de Scto Geminiano 107. Domprobst 144. Domvicarien 288. Doxapater 77. Durantis 106 a.

E. Ecloga legum Leonis et Constantini 76. Edict von Nantes 54. Egbert von Dort 89. 91. 93. Ehe 294. auf dem Sterbebette 300. consummirte 299. gemischte 300.324. 324a. vermeintliche 317. zur linken Hand 300. zweite 323. Ehebruch 308. 317. Ehehindernisse 304. aufschiebende 314. trennende 305. Ehescheidung 319. Ehrencanonici 142. Eid 353. der Bischöfe 226. Emser (Kongreß 114 a.

Encaeniae 268. Englische (Konfession 33.

Entführung 308 a. Eparchie 165.

Episcopalis audientia 182. Episcopalsystem 128. protestantisches 38. Episcopat 9.

Episcopus in partibus 145. Erste Bitte 231. Erzbischof 153. griechischer 163. Erzpriester 145. Eucharistie 281. Eulogie 281.

Exactio 197. Examinatoren 241. Exarch 155. griechischer 163.

Exceptio spolii 350. Excerptiones Egberti 89. Excommunieation 191. 192. Exemtion 152. Exequien 327. Exokatacölen 162. Exorcista 139. 205. Exspectativen 231. Extravaganten 105.106.

F Facultät, theologische 339. Fasten 290. FaventinuS 104 a. Febronius 114 a. Felinus SandeuS 107.

Feriae 292. Ferrandus FulgentiuS 87. Festtag 292. Filiale 219. Firmung 280. Fiscal, bischöflicher 193.

Foranei officiales 146. Formelbücher 94. FranciScaner 331. Franciscus de AccoltiS 107. Franciscus de PaviniS 106 a. Franciscus Zabarella 106 a. Freiheiten, gallicanische 114. Fürstenconcordate 111. FulgentiuS FerranduS 87.

G. Galizien, Kirche in 25 a~ Gallicanische Freiheiten 114. Gallische Consession 32. Gandulfus 104 a. Gangra, Concil von 65 a. Gebet 288. Gefäße, geweihte 268. Gelübde 352.

762 Generalvicar 145. Gerichtsbarkeit, geistliche 181. Gewissensehe 300. Gewissensfreiheit 56. 277. Gewohnheitsrecht 62. Gilbert 105. Glaubensbekenntniß 277. Glocken 269. Glossen 104. Gnadenjahr 263. GoffreduS TranensiS 106. Gottesurtheil 194. 346. GragaS 102. Grangia 332. Gratiae exspectativae 231. Gratia von Arezzo 107. Gratian 101. 104. 104 a. Gregor IX. 106. GregoriuS von Spanien 100. Guardian 332. Guido de Baisio 106 a. GuilielmuS de Monte Lauduno 106a. Gnilielmus de Mandagoto 106. 107.

Hadrian L, dessen Codex 85. Haimo von ChalonS 100. Halitgar von Cambrai 91. 93. HarmenopuluS 78. Haytho von Basel 90. Hegumenen 161. Heidelberger Katechismus 30. Heilige 291. Helvetische Consession 32. HenricuS OstiensiS 106. 106a. Herard von Tours 90. Heribald von Auxerre 93. Hierarchie der Jurisdiction 18. der Weihe 16. Hierologie 299. Hieromonachen 163. Hildebert von Tours 100. Hincmar von Rheims 91. Hontheim, Nie. von 114a. Horae canonicae 289. HoSpital-Orden 335. Hospitäler 329. Hostien 281. Hugo von ChalonS 100. Huguceio von Pisa 104a. Hukarius 89. 100.

I. Jacob de Albenga 105.

Jacob de Baisio 107. Jahrgeld 259. Jesuiten 202. 331. 337. Immunität 215. 256. 270. Impotenz 305. Jncorporation 219. von Pfarreien 148. 171. 258. Index librorum prohibitorum 134. 178. Installation 238. Institution, canonische 238. Jntercalarfond 265. Jnterdict 191. Jnternuntien 137. Intrusion 222. Investitur 238. Jnvestiturstreit 103. 108. 224. Johann XXII. 106 a. Johannes ab Imola 107. Johannes Andrea 106. 106a. 107. Johannes Antonius de Seto Georgio 107. Johannes a Turrecremata 107. Johannes de Deo 104 a. 107. Johannes FaventinuS 104 a. Johannes Gallensis 105. Johannes Hispanus 104 a. Johannes Jejunator 70. Johannes Monachus PicarduS 106 a. Johannes ScholastieuS 70. Johannes Teutonicus 104 a. 105. Johanniter 335. Irregularität 208. Isaac von Langres 99. Isidor 88. der falsche 95. Island 102. 109. Itio in partes 51. Jubiläum 287. . Julian 86. Iura circa sacra 46—46 g. Jurisdiction, bischöfliche 181. delegirte 185. Ins cavendi 46 a. Ins deportus 265. bis exuviarum, spolii 263. Ius gistii, metatus 256. Ius inspectionis 46 b. Ius reformandi 39. 46 f. Justinus FebroniuS 114. Ivo von Chartres 100.

K. Kalandgesellschaft 160. Kalender 356. Kanzlei, päpstliche 133.

763 Kanzleigebühren 196. Kanzleiregeln 125. Kapellen 150. 234. 248. 283. deren Reparatur 272. Kapitel, der Klöster 332. der Stifte 141. 142. 145. Kapitularen 141. 261. Kapitularien 92. Kapitulationen der Bischöfe 61. 226. Kaplan 149. Kapuziner 331. Katechismen 178. Kettil, Bischof 102. Kirche, sichtbare 11. 13. unsichtbare 12. griechische 22. lutherische 29. reformirte 30. russische 25. als Ge­ bäude 268. Kirchenbann 191. Kirchenbücher 278. Kirchenbußen 191. Kirchensabrik 266. 271. Kirchengewalt 14. Kirchenstaat 130. Kirchhof 269. Kirchweihe 268. Klerus 20. Klöster 322. Kormczaia Kniga 82. Kostnitzer Concilium 110. Kreuzweg 293. Krönung, päpstliche 228.

L. Laborans, der Cardinal 102. Laienbruder 332. Laiencommunion 191. Landbischof 145. Landdecan 145 a. Laudkapitel 145a. 161. Laodicea, Concil von 65 a. Lauren 165. Lazaristen 335. Lector 139. 162. 205. Lecturä 107. Legate zu einem frommen Zweck 252. Legaten, päpstliche 135. Legitimation 316. Leihhäuser 351. Lex dioecesana, iurisdictionis 152. Lex Romana canonice compta 86. Liber de remediis peccatorum 93. Liber diurnus 94. Liber sextus 106a. septimus 106a. 131. Litanei 288.

Litterae formatae 207. Litthauen, Kirche in 25 a. Liturgie 275. Protestantische 276. Lüneviller Friede 115.

M. Malaxes 80. Mandata de providendo 231. Mansus ecclesiae 246. Manualpfrüude 216. Manus mortua 252. Marculf 94. Martin von Braga 88. Martyrium 269. Matrikel, der Armen 328. der Kleri­ ker 139. Matrimoniuni legitimum, ratum 319. Matthäus Blastares 79. Mensa pauperum, 8. Spiritus 328. Messe 283. Meßstistungen 216. 284. Meßstipendien 284. Metropolitan 153. griechischer 163. Michael Cerularius 22. Psellus 76 a. Sebastos 76 a. Militärorden 335. Minorenorden 331. Mißheirath 300. Missionen 1/9Monarchia Sicula 113. Mönchsorden 330. Mons pietatis 351. Morganatische Ehe 300. Mortuarium 255. Mozarabische Liturgie 283. Musik, kirchliche 341. Mutterkirche 279.

N. Nachjahr 264Neucäsarea, Concil von 65a. Nicäa, Concil von 58. 65a. Nicolaus de Tudeschis 107. Niederlegung eines Kirchenamtes 242. Nominatio regia 216. Nomocanon 73. 78. 89. Nonnen 333. Normaljahr 51. Normaltag 51. Norwegen 109. Novellen-Sammlungen 71. 72. 86. Noviziat 330. Nuntien 137.

764

O. Oblaten 281. Oblationen 195. 245. 255. 261. 266. 271. Oeconomen 245. 265. Ortung, letzte 325. Officialis per obitum 133. Officium divinum 288. Osficial 145. OmnibonuS 101. 104a. Oratorien 150. 234. 248. 283. Ordination 15. 204. Ordo Romanus 94. Organische Artikel 45. 115. Osterfeier 356. Ostiarius 139. 205.

P. Pactum Galixtinum 108. 224. Palea 120. Pallium 154. PaniSbriefe 259. Pannormie 100. Papalsystem 128. Papst 10. 19. 126. Papstwahl 227. Passauer Vergleich 29. 113. Pastoralconferenzen 160. Pathe 279. Patriarch 155. griechischer 162. russi­ scher 125. Patronat 234. Paueapalea 104. 104a. 120. Peculium clerici 262. 263. Pedalion 80. Pension 252. 259. Personal 217. Peterspfenning 198. Petrus BlesensiS 107. Petrus de Ancharano 107. Petrus de Sampsone 106. Petrus HiSPanuS 104a. 107. Petrus MogilaS 24. Petrus von Benevent 105. PsarrconeurS 241. Pfarrer 147. protestantische 167. Psarrschulen 336. Pfründe 246. 257. Philippus DeciuS 107. PhotiuS 22. 73. 74. 75. Plansten 331. Pistoja, Synode von 114a. Plaeet, königliches 46c. Pluralität der Beneficien 221. Pönitentialbücher 93. 100. 188. 286.

Pöenitentiale Egberti 93. Poenitentiale Romanum 91. 93. Poenitentiaria Romana 133. PönitentiariuS 144. Polen, Kirche in 25 a. Pontificale Romanum* 275. Portio canonica 326. Postulation 225. Potestas iurisdictionis, magisterii, ministeni s. ordinis 14. Präbende 261. Prälaturen 217. nullius dioeceseos 152. Präsentation des Patrons 235. Präsenzgelder 261. Pragmatische Sanction 111. Precarie 246. 254. Predigt 177. Premonstratenser 331. Presbyterial-Verfassung 37. Presbyterium 139. 145. Protestant sches 167. Priester der Cömeterien 269. Primae preces 230. Primat, päpstliches 10. 19. 126. Primaten 155. Pnmicerius 144. Primicerius notariorum 138. 151. Prinntten 195. 245. 255. Prior 332. PriSca 85. Privilegium 179a. Privilegium fori 215. Probst 144. Procnration 197. Prodromus, Theodor 77. Promotor 193. Promulgation der Gesetze 179. Propaganda 134. 137a. Protodracon 165. Protojerei 165. Protonotarius 151. in der griechischen Kirche 162. Protopop 165. Protosynkellos 166. Provinz 153. Provinzialconcilien 159. Provlsion 222. päpstliche 231. Psellns, Michael 76. Publication der Gesetze 179. Purgatio, canonica 194. vulgaris 194. 346.

765

Q. Quäftionen 107. Quarta canonica 325. Quarta decimarum 255. falcidia 252. funeraria 326. legatorum 252. mortuariorum 255. Quasi Affinität 313. Quasi-Inspiration 225. Quindennia 200. Quinquennal-Facultäten 180.

R. RabanuS Maurus 93. Nainerius von Pomposi 105. Raymund a Pennafort 106. Recollekten 331. Regalie 265. Regino von Prüm 100. Regulargeiftliche 334. Regulirte Chorherren 141. 331. Reichsdeputationshauptschluß 115 Religionis exercitium privatum, publicum 55. Religionseid 178. Religionsfriede 29. 113. Reliquien 291. RemediuS von Chur 99. Rentenkauf 351. Renuntiation 242. Reparatur der Kirchen 272. Repetitionen 107. Rescripte, päpstliche 59. Reservationen, päpstliche 232. Reservatum ecclesiasticum 51. Residenz der Kirchenbeamten 221. Resignation 242. Retention bei den Beneficien 259. Ricardus 107. RicharduS Anglus 104 a. 107. Ritterorden 335. Ritualbücher 94. 275. 276. Rituale Romanum 275. Roffredus Ephiphanii 107. Rolandus 104 a. Rümergeld 198. Rota Romana 133. RotgeruS von Trier 100. Rufinus 104 a. Ruralkapitel 160.

S. SabinuS von Herakles 66. Sachen, geweihte, gesegnete 267. Saeramentalien 274. Sacramente 273.

Sacrilegium 251. Säcularisation 115. 250. 266. Salbung 274. Sardika, Concilium von 19. 65 a. Scheidung der Ehe 319. von Tisch und Bett 320. , Schirmvogtei über die Kirche 44v. 51. Schmalkaldner Artikel 29. 117. 178. ScholastieuS 141.144. 202.316. 339. Schottische Confesston 33. Schulen 201. 336. Schwägerschaft, wirkliche 312. nach­ gebildete 313. Schweden 109. Schwerdtritter 335. Scipio Ricci 114 a. Sebastus, Michael 76 a. Secretaria apostolica 133. SediSvacanz 143. Segnungen 274. Seminarien 202. Sendgerichte 187. 188. 193. 194. Servitia communia, minuta 200. Sicardus 104 a. Signatura gratiae, iustitiae 133. Silve/ter 104 a. Simeon Logotheta 78. SinibalduS FliScuS 106. Sonntagsschulen 336. Spolienklage 350. Spolienrecht 263. Sponsalien 302. Staatssekretariat, römisches 133. Stationen 293. Status clericalis 204. communis 278. ecclesiasticus216. religiosus 330. Statuta ecclesiae antiqua 87. Stauropigien 165. Stephan von Ephesus 78. Stephan von Tournay 104 a. Sterbequartal 264. Stifte 141. 142. Stolgebühren 196. Strafen, geistliche 191. 192. Strasgewalt, kirchliche 188. Subdiakon 139. 162. 205. Subsidium charitativum 196. Suffraganbischof 153. Summa 104 a. Superintendent 167. Suppression der Beneficien 219. Supremateid 53. Suspension 191. Symbole 178. Symbolische Bücher 178. Syneellen 151. 162.

766 Synodalexaminatoren 241. Synodaticum 197. Synoden, protestantische 167.

T. Tagzeiten, eanonische 288. Tancred 105. 107. Taufe 278. 279. Tauskirchen 147. 279. Tempelherren 335. Territorialsystem 41. Testacte 53. Testamente 181. 248. 252. der Kleri­ ker 262. 264. Testeid 53. Theilung der Benefieien 219. Theodor von Canterbury 93. Theodosius Diacon 85. Theodulph von Orleans 90. 93. Theologus 144. Thesaurarius 144. Thorlak, Bischof 102. Titel 147. der Ordination 209. Titelbill 53 a. Todte Hand 252. Toleranz 49—56. Tonsur 205. Tradition 17. 57. Translocation 244. Trauerzeit 323. Trauung 299. Tridentinisches Concilium 112. 124. Trullanische Synode 74.

11 Unfehlbarkeit, der Concilien 176. der Kirche 17. 17 a. des Papstes 178. Union bei Kirchenämteru 219. der Lu­ therischen und Resormirten 30 a. Universitäten 104. 338. Unvermögen 305. Ursulinen 333.

V. Valor ecclesiasticus 197. Veränderung der Kirchenämter 219. der Pfründen 259.

Verbrechen, geistliche 188. 189. Verjährung 350. hundertjährige 256. Berlöbniß 302. Vermächtniß 252. Versetzung 244. Verstoßung aus dem geistlichen Stande 191. Vertauschung der Benesicien 242. Verträge 350. Verwandtschaft, wirkliche 309. bürger­ liche, geistliche 310. Bestes, Theodor 76 a. Viaticum 382. Vicarien 149. päpstliche 135. 137. bi­ schöfliche 145. für den Chordienst 288. Vicarii foranei 145. . Vigilien 290. VineentiuS HiSpanuS 107. BinnianuS 93. Visitation 187. Visitator 143. 265. Vital de ThebeS 106 a. Vogtei 44 c. Votivmessen 284. Vulgata 178.

W. Wahl der Bischöfe 223-226. dePapstes 227. Wahlkapitulationen 61. 226. Wallfahrten 293. Walter von Orleans 90. Weihbischos 145. Weihen, geistliche 15. 16. 204—210. Westfälischer Friede 52. 113. Wiener Concordate 111. Wormser Concordat 108.

Z. Zabarella 106 a. Zakonnik 85. Zehnten 195. 247. 248. 249. 255. 261. 266. Zeiten, geschlossene 314. Zenzelinus de CassaniS 106 a. Zinsen 351. Zinsgelder 198. 259. ZonaraS 77.

Bonn, Druck von Carl Georgi.

250.