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German Pages [278] Year 1982
Dr. ed. {Rühl
Kulturfunde des (Regnltztcllcs
FRANKENVERLAG LORENZ SPINDLER NÜRNBERG
SCHRIFTENREIHE DER ALTNÜRNBERGER LANDSCHAFT
HERAUSGEGEBEN VON FRITZ SCHNELBÖGL BAND X
EDUARD RÜHL
Kulturkunde des Regnitztales und seiner Nachbargebiete von Nürnberg bis Bamberg aufgezeigt an Kulturdenkmälern mit Zeichnungen von Wilhelm Funk
2. unveränderte Auflage Eingeleitet von Η. H. Hofmann. Mit Anhang von G. Vogel
1966 FRANKENVERLAG LORENZ SPINDLER NÜRNBERG
Alle Rechte Vorbehalten Anastat. Nachdruck: Franz Wolf, Offsetdruck: Heppenheim/Bergstraße Neusatz: Buchelruckerei E. C. Baumann KG, Kulmbach
Als im Jahre 1952 des rührigen Dr. W. Ament tradjtionsschwerer Schulbuchverlag C. C. Buchner, Bamberg, "mit diesem Werke das erste seiner Art nicht nur für das Regnitztal von Nürnberg bis Bamberg, sondern auch kür einen viel weiteren Umkreis"1 vorlegte, war der
damals vierzigjährige Studjenrat an der Oberrealschule Fürth Dr.
Eduard Rühl2 in seiner engeren Heimat schon lange gut bekannt. 1912 hatte der in Ingolstadt geborene Abiturient des Hofer humanisti-
sehen Gymnasiums an der Universität Erlangen das Studium begon-
nen, das der erst 1920 schwerverwundet aus Krieg und GefangenSchaft zurückkehrende Oberleutnant 1921/22 mit Promotion und Staatsexamen abschloß. In Erlangen, Nürnberg und seit 1926 dann in Fürth im höheren Schuldienst begeistert und begeisternd lehrend, im
Heimatverein Erlangen und in der praktischen Heimatpflege vorbild-
liecht wirkend war der Germanist, Geograph und Kunsthistoriker in steter Verbindung zur wissenschaftlichen Forschung geblieben, die er für die Schule wie für die Erwachsenenbildung umzusetzen suchte —
und verstand. Als didaktischen Versuch hat er deshalb auch das große Werk seiner
Kulturkunde beharrlich angegangen: "Geschichte, Kultur und Kunstgeschichte sind in ihren Forschungen heute so weit gediehen, daß sie die Anwendung auf einzelne Heimatgebiete in vollem Umfange leisten können1." Durchaus ״eigene Wege" hat er dabei im Text wie in den von seinem Freund und Kollegen Wilhelm Funk kongenial geschafkenen Skizzen gesucht und gefunden und das Vorwort ist darum noch
nach mehr denn 50 Jahren immer wieder beherzigenswert geblieben. Es war ein Werk aus einem Guß. Die "große Kühnheit, die ja wohl dazu gehörte, die Idee eines solchen Buches zu fassen und sie auszu-
führen" (Emil Rejcke)3, ward darum auch sogleich anerkannt, der große
Wurf allenthalben gerühmt. Denn dieses "Heimatbuch von ganz besonderer Art"4, das "man allen Lehrern gar nicht warm genug emp-
Ausschreiben des Verlags C. C. Buchner vom 20. 7. 1932. (1957) der Erlanger Bausteine zur fränkischen Heimatforschung gewidmet, das Erinnerungen, Nachnike und seine Gesamtbiographie bringt. 2 Dem ״Leben für die Heimat" (E. G. Deuerlein) Eduard Rühls ist das Heft 3'4 3 Fränkischer Kurier vom 19. 7. 1932. 4 Volk und Heimat, Bayerische Volksbildungszeitung Nr. 2 (1933).
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kehlen kann" (Hermann Sdweibmüller)5, ward zu Recht als ״etwas ganz Eigenartiges und Ausgezeichnetes und ungewöhnlich Wertvol-
les" empfunden, als "eine Monographie von einer Vielseitigkeit, Gründlichkeit und Brauchbarkeit, wie sie heule kaum ein anderer Gau aus unserer deutschen Heimat besitzt"4, als eine "wirkliche Kultur-
künde"0. Eduard Rühl war es gelungen, den schon in seinen ersten StudienSemestern gefaßten, durch das Erleben des Krieges verdichteten und
dann in seinem von der Kunstgeschichte zur Volkskunde gehenden
inneren Bildungsgang immer mehr die Gesamtheit der Erschejnungsformen umgreifenden Gedanken einer solchen kulturgeschichtlichen Landesaufnahme so zu verwirklichen, daß Forschung und Lehre einen
geradezu idealen Zusammenklang fanden. Dieses Buch war erwandert draußen im Land, vertieft an den Stätten wissenschaftlicher Arbeit und umgesetzt für die Praxis des Lehrers aller Schulen. Und es war zu-
gleich geschrieben mit einer heißen, stillen Liebe zur Heimat, die kein
emotionaler, sondern ein höchst rationaler Gefühlswert war für die Generation zwischen zwei Zeitstürzen, die Eudard Rühl beide bitter am eigenen Leib und an der eigenen Existenz erleben mußte. Auch dies erklärt die Faszination, die von diesem Werk ausging, das jm
Einklang stand mit alten echten Strömungen der Zeit, die bald so rasch
und gründlich überspitzt und dann pervertiert werden sollten. Weit dieser "kleine Katechismus der Kulturkunde" (Karl Schornbaum)7 aber wirklich ״das Handbuch" schlechthin kür ״jeden gebildeten Hei-
matfreund, ganz besonders aber kür Pfarrer, Lehrer und Schüler,
Gemeinde- und Bezirksbehörden"8 war, behielt es seinen unverljerbaren Wert dann gerade auch in dieser düsteren Epoche eines kehl-
geleiteten Idealismus und über ihren totalen Zusammenbruch hinaus,
als abermals der Heimatgedanke sich als Kristallisationskern alter
wahrhaft rationalen inneren Werte erwies.
Eine ganze Generation von Lernenden und Lehrenden, zu denen sich auch der Verfasser dieser Zeilen in dankbarer Erinnerung an den so warmherzigen Menschen Eduard Rühl gern bekennt, hat aus diesem
Buch am Schreibtisch und mit ihm in der Hand draußen jm Lande die
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Fränkische Zeitung 181 vorn 3. 8. 1932, dort und in den Bayerischen Blättern für das Gymnasialwesen 1 (1934) auch das folgende Zitat. Deutsche Gaue 35, 1934. Zeitschrift für bayerische Kirchengeschichte 8, 1, 1933. Münchner Neueste Nachrichten vom 21. 9. 1932 mit gleichlautenden Besprechungen in mehreren fränkischen Volksblättern im August 1932.
Grundlagen mehrerer Disziplinen landeskundlicher Arbeit sichgeschaf-
ken. Daß der unvergeßliche Joseph Μ. Ritz 1922 rühmte, Rühl habe "einen recht fruchtbaren Buchtypus" entwickelt, weil die "Systematik es über die rein örtliche Bedeutung hinaushebe"9 und in dem Nachruf aufden 1957 viel zu früh Verstorbenen nochmals ausdrücklich das "me-
thodisch Neuartige, aus erzieherischem Anliegen Erwachsene"1011 dieser
Kulturkunde herausstellte, erhellt mit wünschenswerter Deutlichkeit ihr Überdauern in jähen Epochenwedtseln. Denn mit Recht hatte Her-
mann Sdrreibmüller schon nach dem ersten Durcharbeiten geurteilt, diesem Buch ,,wohne die Kraft inne, zu kulturkundljchen Beobachtungen anzuleiten und reichste Anregungen auszustrahlen"5.
Im Namen seiner Schüler hatte Hugo Sieger bei der Trauerfeier am 7. März 1957 dem toten Honorarprofessor gedankt, ״daß er uns vor-
lebte, wie man als Forscher liebevoller Hüter sein muß und ganz hinter einer Sache zurückstehen kann, wie der redliche und stille Dienst, das sorgsame Säen und das Wartenkönnen auf das Gedeihen der Saat
die besten Früchte hervorbringt"11. Ein schöneres Wort konnte dem nicht gesprochen werden, der durch ein Vierteljahrhundert unablässi-
gen Wirkens in so viele junge und alte Herzen die Heimatliebe gepflanzt hat, die allein aus dem Verstehen der Heimat erwächst.
In diesem Sinne hat nun auch die herausgebende Arbeitsgemein-
sdrakt sieh nach tanger und reiflicher Überlegung entschlossen, das seit langem vergriffene und auf dem Markt sehr gesuchte Buch in anasta-
tischem Neudruck unverändert wieder aukzulegen. Denn diese Pionierleistung fränkischer und deutscher Landes- und Volkskunde war ein
so aus einem Guß geschaffener erster Wurf, daß seine innere Ge-
schtossenheit keine revidierenden Eingriffe verträgt. Die Herausgeber
sind sich voll bewußt, daß manches, im ll. Abschnitt sogar sehr vieles, in dem grundlegenden Wandet unseres Bildes vom Mittelalter überholt ist, nach mehr denn 30 Jahren notwendig überholt sein muß.
Selbstverständlich hat auch Eduard Rühl, der stetig Weiterschaffende,
dies selbst gewußt. Sein Handexemplar der "Kulturkunde des Regnitztals" weist viele Korrekturen und Anmerkungen auf. In dem ihn
bis in die letzten Lebenstage beschäftigenden Pendant der von der gleichen Arbeitsgemeinschaft 1961 aus dem Nachlaß herausgegebenen
9 Bayerischer Heimatschutz, 1932. 10 Schönere Heimat 46, 1, 1957 11 Vgl. Anm. 2, S. 63.
"Kulturkunde des Pegnitztals" hat er in allen einschlägigen Kapiteln gezeigt, wie nahe er stets dem Fortgang der Forschung geblieben ist,
wie gut er sie auch hier didaktisch kür einen breiteren Leserkreis umzusetzen vermochte. Gerade im Hinblick auf dieses jüngere Werk aber
soll das ältere in seiner einmaligen geschlossenen Leistung unverän-
dert erhalten bleiben12. Auch der Titel ,,Kulturkunde" wurde hier wie dort belassen. Wo nämlich hätten Nachschalfende ansetzen, eingrejfen, verbes-
sern, ergänzen sollen, ohne die Geschlossenheit zu zerstören? Wie weit durften sie dabei gehen, ohne — vielleicht unbewußt — den Rang des Einmaligen zu schmälern? Wissenschaft wäre tot, wandelte sie
nicht stetig durch neue Forschung das Spektrum ihrer Erkenntnisse.
Jeder Forscher steht aus den Schultern all derer, die vor ihm Echtes schufen. Jeder Baustein in dem großen Werke der Erkenntnis spricht
für sich selbst, braucht und dari danam nicht neu behauen werden. Aus dem Nachlaß Eduard Rühls ist darum lediglich ein Abschnitt angefügt worden, der das in der Erstauklage nicht berücksichtigte Thema der Wasserschopfräder behandelt. Zur Wetterführung für den
arbeitswilligen Leser hat Stud.-Proi. Gerhard Vogel, Coburg, der das Erbe Rühls sorgsam bewahrende Nesse, zu den einzelnen Abschnitten
ein Verzeichnis des seither veröffentlichten wesentlichen Schrifttums erstellt. Das Register wurde von ihm neu geordnet.
Den Herren Studienprokessor G. Vogel und Oberstudienrat i. R. Dr. W. Funk, nicht minder dem abgebenden und dem neuen Verlag
sind die Herausgeber zu besonderem Dank verpflichtet, lm Sinne
Eduard Rühls konnten sie auch kür diese Auflage kein besseres Wort linden als das, das er der Erstauklage von 1932 vorangestellt:
Den Freunden der Heimat gewidmet.
Nürnberg, im Mai 1965
Hanns Hubert Hofmann
12 Aul den stärker auf Mainfranken ausgerichteten Abschnitt ״Volkskunde" von J. Diinninger (in: Franken, Land, Volk, Geschichte und Wirtschaft, hrsg. von C. Scherrer, Band kl, 1959) sei ergänzend verwiesen.
Vorwort. Das Regnitztal ist überreich an Kulturdenkmälern der verschiedensten Epochen. Sie zum Ausgangspunkt einer Kulturkunde zu machen ist ein so nahe liegender Gedanke, daß man sich nur darüber wundern kann, daß dieser Weg erst heute eingeschlagen wird. Freilich, geschrieben wurde wohl manches, darunter aber sehr viel ohne System und noch mehr ohne ernste Kritik; immer und immer wieder begegnen die gleichen Irrtümer, zum so und sovielten Male von einem dunklen Gewährsmann abgeschrieben, während andererseits wichtigste Pro־ bleme der Heimatkunde bisher kaum angetippt wurden. Auf Grund langjähriger Beobachtungen, Studien und Vorarbeiten — zum Teil im Rahmen des deutschen Seminars der Universität Erlangen — habe ich nun versucht in volkstümlicher, allgemein verständsicher Darstellung eine sich auf die bisherigen Forschungsergebnisse auf kultur- und heimatkundlichem Gebiet stützende Grundlage zu schaffen, eine Grundlage, auf der weitergebaut werden könnte; denn da es an mancherlei Vorarbeiten fehlt, müssen eine Reihe von Fragen offen bleiben. In mehr als einem Dutzend knapper Kapitel sind die wichtigsten Denkmälergruppen zusammengefaßt und in ihrem Werdegang dargestellt. Das Untersuchungsgebiet umfaßt das Regnitztal in einer Breite von etwa 20 Kilometern und schließt die Städte Nürnberg und Bamberg mit ihrem Landgebiet mit ein1). (Vgl. Tafel S. XIIl) Freilich wird der eine oder andere Leser dieses oder jenes Denkmal vermissen. Um aber den Umfang dieses ersten Versuchsbandes nicht allzusehr anschwellen zu lassen, war eine gewisse Beschränkung notwendig; die Kapitel: Klöster, Hoheitszeichen, Volkstrachten usw. mußten vorerst noch zurückgestellt werden. In Text und Bild gehe ich eigene Wege. Mit einem der üblichen "Führer" hat meine Arbeit weder der Anlage noch dem eigentlichen Inhalt nach etwas zu tun, soll man doch hier das finden, was eben im Führer nicht steht. Namen und Zahlen spielen bei Kulturdenkmälern und ihrer Geschichte nur eine untergeordnete Rolle. Was wäre damit gewonnen, wenn ich mir z. B. bei einem Baudenkmal ein Dutzend Iahreszahlen und vielleicht ebensoviele Namen einprägte, die ich über* 3) Auf die Einzeldenkmäler diefer Städte — nur einige wenige find zur Darstellung des Entwicklungsganges herausgegriffen — konnte hier verzichtet werden, da hierüber genügend brauchbare Arbeiten vorhanden sind.
Vorwort.
kurz oder lang doch wieder vergesse. Rein, da ist folgende Fragestellung doch wohl wichtiger und aufschlußreicher: Welches war der Zweck und Sinn des Denkmals? Wie wurde es diesem Zweck gerecht? Welcher Kulturperiode gehört es an? Läßt sich ein Entwicklungsgang seststellen? lauter Fragen, die zu genauer Beobachtung und eigenem Denken anregen. Mit Vorbedacht wurden zur Bebilderung Zeichnungen gewählt. Einerseits gestattet es die Zeichnung, das Wesentliche herauszuarbeiten und zu unterstreichen. Störendes und Unwesentliches aber fortzulassen, während andererseits durch das Nebeneinander von Zeichnungen leicht Entwicklungsreihen zur Anschauung gebracht werden können. Gerade aber diese Entwicklung zu zeigen, das Sichanpassen der Denkmäler an sich verändernde Zeitumstände, Anschauungen und Geschmacksrichtungen, soll möglichst deutlich zum Ausdruck kommen. Schließlich springt durch die Wahl von Zeichnungen auch noch ein praktischer Vorteil heraus. Es dürste doch wohl die Mehrzahl der Leh־ rer an Volks- und Mittelschulen in der Lage sein die einfachen Zeichnungen auf die Tafel zu übertragen und so ein heimisches Kulturdenkmal ohne viel Mühe und ohne kostspielige Apparate in den Mittelpunkt des Unterrichts zu stellen. Am Schlüsse jedes Kapitels findet der Leser eine kurze Literaturangabe. Aus der überreichen Fülle unserer Heimatliteratur, unter der sich leider nur allzuviel Spreu befindet, habe ich mich bemüht das Wichtigste und Beste herauszugreifen, ohne aber behaupten zu wollen, daß mir das vollständig gelungen sei. Altere Historiker und Forscher, deren Arbeiten mit einer Menge längst richtig gestellter Irrtümer belastet sind, habe ich grundsätzlich beiseite gelassen. Das Richtige aus ihren Arbeiten ist ja in die neuere Literatur übergegangen; den Rest überlasse ich getrost den ״abschreibenden Heimatforschern". Mögen sie zum xten Male ihren aufgewärmten Kohl geduldigen und urteilslosen Lesern vorsetzen. Daß diese Arbeit nicht für den Wissenschaftler geschrieben ist, habe ich schon angedeutet (obwohl auch diesen die eine oder andere Feststellung interessieren möchte), sondern sür jeden besinnlichen Heimatfreund, insonderheit aber für den Lehrer in Stadt und Land. Sie soll ihm geordnetes und gesichertes Material für den heimatkundlichen Unterricht an die Hand geben. Warnen möchte ich ausdrücklich davor, die hier gewonnenen Erkenntnisse zu verallgemeinern, sie haben unbedingte Geltung vorerst nur für das Regnitzgebiet2). 3) Kulturgeschichtliche Arbeiten, die ein zu großes Gebiet umfassen, wie z. B. KempsP "Bayrische Heimat", führen leicht zu falschen Verallgemeinerungen, außerdem können sie ihr Gebiet nicht erschöpfen. Erft müssen als Bausteine gründliche Arbeiten über kleinere Gebiete porliegen; solche benötigt por allem auch die praktische Heimatkunde der Schule.
Vorwort.
Iedem Einsichtigen dürste klar sein, daß bei einer Arbeit, die fast alle Kulturdenkmäler eines doch verhältnismäßig großen Gebietes umfaßt Irrtümer und Versehen unterlaufen können, obwohl alle Werturteile und Beschreibungen auf Selbstschau zurückgehen. Ich bitte deshalb von vorneherein den Leser um freundliche Nachsicht; ich bin ihm für jede Berichtigung oder Ergänzung aufrichtig dankbar. Damit glaube ich alles gesagt zu haben, was mir vor dem Hinausgehen des Buches am Herzen lag und es bleibt mir nur noch die angenehme Pflicht, all denen zu danken, die mich bei meiner Arbeit unterstützten. Es ist nicht möglich, all die Privatperfonem Amter und Behörden einzeln zu nennen, die mir auf meine Bitte hilfreiche Hand boten, ich muß mich auf einige wenige Namen beschränken. In erster Linie habe ich hier meinen Freund und Kollegen Dr. W. Funk zu nennen, dessen geschickter Feder wir die Zeichnungen dieses Buches verdanken. Selbst erfolgreich auf heimatkundlichem Gebiet tätig, hat er es wie kein anderer verstanden, aus meinen Skizzen und Angaben das herauszuholen, was mir selbst vorschwebte. Wort und Bild ergänzen sich nun zu einheitlicher, abgerundeter Wechselwirkung. Mit Funks Zeichnungen steht und fällt meine Arbeit. Auch fonst bin ich ihm für manchen wertvollen Hinweis zu Dank verpflichtet. Aufrichtiger Dank gebührt auch Herrn Dr. W. Ament-Bamberg. Erst seine mir bereitwilligst zur Verfügung gestellten Unterlagen, seine Mitteilungen über persönliche Forschungsergebnisse, ermöglichten mir die hier gebotene Darstellung des baulichen Werdegangs der Bischofsstadt Bamberg. Mein ehemaliger Schüler, cand. jur. et phil. F. ReuMünchen, Maximilianeum, hat mir durch Abzeichnen von Plänen, photographische Aufnahmen usw. viele zeitraubende Vorarbeiten abgenommen. Schließlich haben mich noch Frau L. Manderscheid bei der Anlage des Ortsverzeichnisses und Herr Prosessor H. HornungErlangen beim Lesen der Korrekturen in dankenswerter Weise unterstützt. Sollte sich das Werkchen als brauchbarer Baustein zu einer Kulturkunde Frankens erweisen, so wäre das dem Verfasser die schönste Belohnung für die aufgewendete Mühe und Arbeit. Fürth i/B., Herbst 1931.
Inhaltsverzeichnis. I. BorgeschichtlicheKulturdenkmäler; 1—12 A. Grabhügel:.......................... Wie sieht ein Grabhügel aus ? . . Alter der Grabhügel........................ Wie sieht der geöffnete Grabhügel aus?....................................... Welche Kulturverhältnisse sprechen aus den Funden?..................... Gestatten uns die Grabbeigaben einen Einblick in die Geisteswelt der Hallftattleute?................. Totenfurcht einst und jetzt....
B. VorgeschichtlicheBesestigungen: Ehrenbürg-Walberla . Befestigte stadtartige Sledelung (oppidum) oder Fliehburg ? Die Anlage der Walle................. 10 Wie aus der "Ehrenbürg" das Walberla wurde............................... 11 Literatur:...................................
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II. Die große Lücke:................. 13-20 500 v. Ehr. — 1000 n. Ehr. ... 13 Ortsnamen und Flurform ... 16 Bezeugte, aber heute verschwundene Kulturdenkmäler aus dem ersten Iahrtausend n. Ehr.......................... 17 1. Könlgshöfe.................................... 17 2. Slavenkirchen.......................... 19 Literatur:........................................... 19 III.
Flurdenkmäler:.................... 21—44
A. Marterfäulen: ................... 21 Wie sehen Martersäulen aus? 21 Welchen Zweck hatten die Martersäulen?..................................... 21 Martersäule und Marterl . 24 Der Name ״Marter"säule . . .24 Was erzählen uns die Martersäulen? 24 Was weiß das heutige Landvolk von den Martersäulen zu erzählen? 25 Martersäulen und Geschichte ... 25 Läßt sich das Alter der Martersäulen bestimmen?.......................... 26
Entwicklungsgang der Martersäulen 26 1. Der mittelalterlich - gotische Typ bis etwa 1500 .................. 26 2. Übergangsformen um 1500 . 27 3. Die Marter d.16. Jahrhunderts 27 4. Die Marter d.17. Jahrhunderts 30 5. Die eigentliche Barockmarter des 18. Jahrhunderts .... 31 Das Ende der Martersäule ... 32 Fortleben der Martersäulen in anderer Form................................... 32 Ausnahmen und Martern von besauberer Bedeutung ... .33 Das Eggolsheimer "Weichbild" . 34
B. Stelnkreuze:............................ 35 Wie sehen Steinkreuze aus? . . . 35 Zweck der Steinkreuze ... .35 Wie steht ein Sühnevertrag aus ? 35 Was erzählen uns die Stelnkreuze? 36 Was bedeuten die auf den Steinkreuzen verkommenden Zeichen? 37 Was erzählt sich das Volk von den Steinkreuzen?.............................. 38 Alter der Steinkreuze? . . 39 Was noch nicht geklärt ist ... . 40 Hauptsormen der Steinkreuze . . 41 Der Kreuzsteln.............................. 41 Ausnahmen (besondere Formen) . 41 Literatur:........................................... 44 VI. Befestigte KirchhSfe: . . . 45—64 Waren befestigte Kirchhöfe notwenbig ?............................................... 45 Warum haben die Bauern nicht das ganze Dorf befestigt? .... 46 Lage der besestigten Friedhöse . . 47 Die Wehrmauer als Hauptträgerin der Verteidigung................. 47 Typus l: Wehrmauer ohne Türme....................................... 48 Typus II: Wehrmauer mit Eck. und Mauertürmen . ... 48 Die Kirche selbst als Wehrbau . . 49 Was erzählen uns die befestigten Kirchhöfe?................................... 53
Inhaltsperzeichnis. Besondere Gründe für die seltenen Angriffe auf befestigte Friedhöfe Historische Nachrichten über Einnähme von Friedhöfen .... Die befestigten Kirchhöfe werden noch im 30tähr!gen Kriege benützt Woran erkennen wir heute noch einen ehemals befestigten Kirchhos?............................................... Verzeichnis der beseftlgten Friedhöfe des Regnitzgebletes mit kurzen Angaben:.............................. Typus I: Ringmauer ohne Ecktürme, ossener Wehrgang . . Typus ll: Ringmauer mit Eckund Mauertürmen, gedeckter Wehrgang.............................. Typus I oder II ? Heute nicht mehr zu entscheiden .... Literatur:...........................................
VI. Die Dorfkirche:................... 84-108 54 55
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V. Bauernhof und Bauernhaus: 65—83 A. Der Hof:................................... 65 Normalgrundriß des sogenannten fränkischen Gehöfts................. 65 Das fränkische Gehöft von heute . 65 B. Das Bauernhaus: .... Normalgrundriß des fränkischen Bauernhauses, schematisiert . . Reste eines älteren Typs: Walmdach............................................... Heute: Satteldach und hoher Giebel 1. Das Fachwerkhaus. . . . Konstruktion des Fachwerkhauses................................... Die wichtigsten Konstruktionsund Ziersiguren.................. Fachwerkgiebel, aber steinernes Erdgeschoß (18.Iahrh.) Eine Sondersorm des Fach, werkhauses im Bamberger Gebiet (18. Iahrhundert) . 2.Das steinerne Bauernhaus des 18. Iahrhunderts Ausklang .............................. Schicksal des Bauernhauses im 19. und 20. Iahrhundert.................. C. Das Bauernwirtshaus: . D. Hostore und Brunnen: . . Literatur:...........................................
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Wie unterscheidet sich die Dorskirche von der Stadtkirche ?.................. Lage der Kirche und ihre Bedeutung sür das Ortsbild .... Lassen sich auch bei Dorskirchen perschieden{ Typen unterscheiden? 1. Did mittelalterliche Dorfkirche 2. Die nachmittelalterliche Dorfkirche (Barock, katholisch) . . 3. Dorskirchen im sogen. "Markgrasenstii" (protestantisch) . .
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In der Dorskirche:..................... 93 Die Ausstattung der mittelalterlichen Kirche.............................. 93 1. Der gotische Altar................. 96 2. Tas Sakramentshäuschen . . 97 3. übrige Ausstattung .... 97 Die Ausstattung der nachmittelalterlichen k a t h o l i s ch e n Kirche 98 Der Barockaltar.............................. 98 Die Ausstattung d. nachmittelalterlichenprotestantischenKirche: 98 1. Die Emporen.......................... 98 2. Der Kanzelaltar ..... 102
Rings um die Dorskirche: . . 103 1. Das Beinhaus..................... 103 2. Die Totenleuchte..................... 104 3. Ölbergdarstellungen .... 105 4. Das Buttenhelmer Brauthäuslein.................................. 106 5. Der Pranger (Reutles) ... 107 Literatur:........................................... 108
Hdhenburgen:................. 109—132 Zweck und Lage der Höhenburgen 109 Hauptbestandteile einer Burg . . 109 Verteidigungsanlagen einer Burg 110 Der Weg zum Verständnis einer Burganlage sührt über den Grundriß.................................. 110 Wie lange wurden Höhenburgen gebaut?.......................................111 Wie werden Burgen der verstärkten Wafsenwirkung angepaßt? . 111 Letzte Form.................................. 112 Haupttypen der Höhenburgen . . 112 Verzeichnis der Burgen des Regnitzgebietes mit Beschreibung ihrer
VII.
Inhaltsverzeichnis. Wehranlagen(Nürnberg,Reideck, Cadolzburg, Alte Veste b. Fürth, Senftenberg, Lisberg, Greisenstein, Breitenstein, Reifenberg, Regensberg, Burgstein, Altenbürg, Wiesenthau, Glich) ... 113
Literatur:...........................................131 v111. Wasferschlasser: .... 133—148 Aussehen, Zweck unb Alter der Wasserschlösser.............................. 133 Besondere Rolle der Wasserschlösser in Nürnbergs nächster Umgebung 133 Hauptthpen der Wasserschlösser . 135 V ortyp: Turmartiger Bau ohne Zwingermauer..........................135 Typus I: Turmartiger Kernbau, Zwingermauer aber ohne Ecktürme...........................................135 Typus ll: Turmartiger Kernbau, Zwingermauer mitEcktürmen 138 Typus III: Mehrere Gebäude umschließen einen Innenhos 138 Typus IV: Zweiteilung in Vorund Hauptburg..................... 138 Typus V: Außenschutz durch Erdwerke (17. Jahrhundert) . 139 Verzeichnis derWasserschlösser nach Typen eingeteilt mit kurzen Angaben...........................................139 Welche Schlußfolgerungen ergeben sich aus der räumlichen Verteijung dieser einzelnen Typen? . 146
Wasserschloß oder Höhenburg? . 146 Verzeichnis bieser Zwitter-Anlagen mit kurzen Angaben . 147 Literatur:............................................... 148 IX. Barockschlösser:................... 149—160 Wodurch unterscheidet sich das Barockschloß von seinem Vorgänger?.......................................149 Das Barockschloß als treues Spiegelbild seiner Zeit..........................149 Zum Barockschloß gehört ein Barockgarten...................................... 152 Das Bindeglied zwischen Schloß und Garten (Schloß-Parterre) 152 Was sich mancher Barockgarten gefallen lassen mußte..........................152
Ein Paar Außenseiter...................... 153 Verzeichnis der Barockschlösser des Regnitzgebietes mit kurzer Be= schreibung.......................................153 1. Schlösser, indenenderWehrgedanke nachklingt (Großgründlach, Seehof, Weifendorf) . 153 2. Stadtschlösser (Baunach, Bamberg. Erlangen, Forchheim) . 155 3. Schlösser auf dem flachen Lande (Almoshof, Buttenheim, Gremsdorf, Hemhofen, Iägersburg, Pommersfelden, Thurn)....................................... 157 Literatur:........................................... 160 X. Die Entwicklung der Stavtbefeftigung:.............................. 161—183 Die älteste Form der Stadtbesestigung (Ebermannstadt) .... 161 Die Befestigung der mittelalterlichen Kleinstadt...................... 161 Die Befestigung der mittelalterlichen Großstadt (Nürnberg) . 164 Sicherung der Stadttore ... 165 Wie die Nürnberger ihre Ringmauer modernisierten . . . 168 Italienische Festungskunst in Nürnberg .............................. 170 Die Wafsenwirkung der Burgbastionen.......................................174 Die bastionierte Stadtbefestigung (Forchheim).............................. 176 Die älteren Forchheimer Bastionen (16. Jahrhundert) . . . 177 Die modernen Forchheimer Bastionen (17. Jahrhundert) . . 180 Der Festungsgraben................. 181 Sicherung der Stadttore ... 181 Die Barockbefestigung der Neustadt Erlangen.......................................182
Literatur:........................................... 183 X1. Stabte:................................ 184—211 Der Stadtplan als Geschichtsquelle. 184 Wie unsere Städte gewiß nicht entstanden find.............................. 184 Was in keiner Stadt fehlen darf 185 Woran man eine mittelalterliche Stadt schon von außen erkennt 188
Inhaltsverzeichnis. Warum häufen sich die städtischen Siedlungen im Regnitztal? . . 188 Warum treiben kleine Städte vielfach Ackerbau ?.......................... 188 Zusammenfassung.............................. 189
Verzeichnis der Städte des Regnitzgebietes mit kurzer Besprechung ihres Werdeganges an Hand ihres Grundrisses. (Baiersdorf, Bamberg, Ebermannstadt, Eltmann. Erlangen, Forchheim, Gräfenberg, Herzogenaurach, Höchstadt a. Aisch, Nürnberg, Scheßlitz, Zirndorf)................. 190 Literatur:........................................... 210 X11. Markte:............................... 212---240
Die Merkmale des Marktes . . . 212 Wodurch unterscheibet sich der Markt von der Stadt?.......................... 212 Waren die Märkte des Regnitzgebietes wirklich nicht befestigt? . 212 Wie erklären sich stadtmäßig be‘־ sestigte Märkte? (Cadolzburg, Neunkirchen).............................. 213 Wie erklären sich Märkte mit ausgelockertem Grundriß? .... 214
Das Zwischenglied: "Übergangsmärkte".......................................... 215 Zusammenfassung.............................. 215 Verzeichnis der Märkte des Regnitzgebietes mit kurzer Besprechung ihres Werdeganges an Hand ihrer Grundrisse ..................... 216
1. Mittelalterliche Märkte mit geschlossenem Grundriß und behelfsmäßiger Besestigung. (Eggolsheim, Fürth, Hallstadt Wendelstein, Wöhrd) .... 2. Mittelaiterllche Märkte mit geschlossenem Grundriß und stadtähnlicher Besestigung. (Baunach, Roßtal, Cadolzbürg, Neunkirchen) . . . . 3. Das Zwischenglied: "Übergangsmärkte" des 14. — 16. Jahrhunderts (Feucht, Heiltgenstadl Heroldsberg, Kornburg) ...................................... 4. Nachmittelalterliche Märkte mit offenem Grundriß, ohne Befestigung. "Pseudomärkte" (Ammerndorf, Bruch Buttenheim, Weisendorf)................. Zusammenfassung.......................... Literatur:...........................................
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XIII. Der Maibaum: .... 241-246 Der Maibaum als Kulturdenkmal 241 Welche Rolle spielt der Maibaum heute ?...............................................241 Der ursprüngliche Sinn des Maibaumes.......................................242 Kennt man in unserem Gebiet noch ähnliche Frühlingsbräuche? . . 243 1. Die Pfingstbirke.................... 243 2. Der Osterbaum.................... 243 3. Die Effeltricher Fasalecken . 244 4. Die Kärwanarrn . . . . 245 Literatur:.............................................. 246 Orts-Verzeichnis...................... 247—252
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I. Borgeschichtliche Kulturdenkmäler. A. ®ralchugel. Wie steht ein Grabhügel aus?
Das älteste Kulturdenkmal in unserer Gegend ist zweifellos der vorgeschichtliche Grabhügel, der uns in unserem Gebiet allenthalben, vereinzelt oder in Gruppen, begegnet1). Häufiger finden wir ihn im Waldgebiet als aus dem freien Felde, wo er durch die Bodenkultur längst abgetragen und vernichtet wurde. Ein flacher, regelmäßig aufgeschütteter, kreisrunder Hügel, an Höhe und Umfang immer verschieden, so tritt uns der vorgeschichtliche Grabhügel entgegen. Der Laie wird ihn häufig gar nicht sehen oder ihn für eine natürliche Bodenerhebung halten. Und doch läßt sich häufig schon von außen erkennen, ob wir es mit einer Begräbnisstätte oder einem natürlichen Hügel zu tun haben. Zeigt nämlich der Hügel oben in der Mitte eine Einsenkung, so kann man ihn mit ziemlicher Sicherheit als Grabhügel ansprechen, denn die Einsenkung ist durch einen eingesallenen Hohlraum oder einen verfaulten Holzeinbau im Innern entstanden. Kommen an der Peripherie des Hügels große Steine zum Vorschein, so spricht auch dies für einen Grabhügel, es handelt sich dann meist um den sog. ,,Steinkranz״, der die Grabstätte kreisförmig umgab. Läuft dagegen um den Hügel ein leicht vertiefter Graben, so haben wir es ganz bestimmt nicht mit einem Grabhügel, sondern mit einem alten Kohlenmeiler zu tun. Die Vertiefung rührt von dem Erdaushub her, den man sür die Bedeckung des Meilers brauchte. Beim Grabhügel fehlt sie, denn das Material, Erde und Steine, wurde fast nie der Nähe entnommen, sondern ist ost von weit hergeholt, wie sich heute noch leicht feststellen läßt. Alter der Grabhügel. Über das Alter dieser Grabhügel kann man in Stadt und Land die sonderbarsten Meinungen hören. Am öftesten begegnet man der Meinung, es handle sich hier um "germanische Grabhügel" und auf der Karte Erlangen-West 1 :50 000 sind am Seebach zwischen Erlangen und Dechsendorf sein säuberlich "Altdeutsche Grabhügel" eingetragen. So steht es schwarz auf weiß auf einer vom Topographischen Bureau ') Z. B. im Hauptsmoor bei Bamberg, in der Forchheimer Gegend, bei Kosbach und Kriegenbrunn (Erlangen) usw. Rühl, Kult Urkunde des Regnitztates.
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Vorgeschichtliche Kulturdenkmäler.
in München bearbeiteten und bis 1915 verbesserten Karte. Drotzde ll stimmt das nicht; unsere Grabhügel gehören in der Hauptsache der älteren Eisenzeit an, nach einem Hauptsundorte auch "Hallstattzeit" genannt, die man, um runde Zahlen zu bekommen, etwa vom Iahre 100()---5(»0 v. Ehr. Geburt ansetzt2). Zu dieser Zeit aber hat es in unserer Gegend noch gar keine Germanen gegeben, sondern die damaligen Bewohner waren wahrscheinlich Juyrer-Räter (die allerdings der indogermanischen Sprachfamilie angehören), in die sich gegen Ende der Hallstatt-Periode Kelten einschieben, während die Illyrer verschwinden. Die Hermunduren aber, die ersten germanischen Siedler in unserem Gebiet, begegnen uns erst im ersten Iahrhundert nach Ehristus. Eine hermundurische Grabstätte zu finden ist aber bisher noch nicht gelungen. Einwandfrei germanische Bestattungen können wir im ersten Iahrtausend n. Ehr. nicht nachweisen und dann handelt es sich nicht mehr um Hügelgräber, sondern um Reihen- oder Flachgräber, die äußerlich gar nicht in die Erscheinung treten und ihre Entdeckung nur einem glücklichen Zufall verdanken. Also: mit Germanen haben die Grabhügel unserer Gegend nichts zu tun, sie gehören der Hallstattperiode, also ungefähr der Zeit von 1000—500 v. Ehr., an.
Wie sieht der geöffnete Grabhügel aus?
Das Alter eines Grabhügels läßt sich natürlich nicht von außen bestimmen, das ist nur möglich an Hand der Fundstücke im Innern des Grabhügels. Wie sieht nun so ein geöffneter Grabhügel aus? Wir beschreiben — ohne uns auf Unterschiede im Einzelnen einzulassen — ein Rormalgrab aus der jüngeren Hallstattzeit, weil ja diese Stufe bei uns am häufigsten vertreten ist. Wird der Grabhügel fachmännisch schichtenweise von oben abgetragen, so legt man in der Regel zunächst zwei Hauptbestandteile frei, nämlich einen aus großen Steinblöcken gebildeten Ring, den sog. "Steinkranz ״am äußeren Rand des Hügels; die Mitte desselben wird von einer mehr oder minder hohen Steinpackung eingenommen. Während der Steinkranz die ganze Grabstätte einschließt und gleichzeitig den Zweck hat den Hügel vor einem Abrutschen zu sichern (Dasei I), birgt die Steinsetzung in der Mitte die eigentliche Bestattung. Wird auch dieser Steinmantel abgenommen, so findet man in der Regel in der Mitte auf einem niedrigen Erd- und Steinsockel die mehr oder minder gut erhaltenen Reste eines ausgestreckten Skeletts. 2) Der Fachmann unterscheidet sogar vier verschiedene Slusen, die er mit A, B, C, D bezeichnet Für unser Gebiet kommt vor allem Hallstatt C und D in Betracht. (850—500.)
Vorgeschichtliche K ullurdenkluäler.
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Ihm zur rechten Hand flehen, bequem erreichbar, große, bauchige Krüge von fieillerell, napsartigell Bechern umgeben. Aus der anderen Seite, ebenfalls aus dem gewachsenen Boden stehend, zählen wir eine ganze Reihe flacher, tellerartiger Gesäße. Freilich sind diese Gesäße häufig bereits beim Herausheben zerdrückt oder zerfallen, können aber verhältnismäßig leicht wieder zusammengesetzt werden. Am Skelett selber entdecken wir den meist aus Bronce bestehenden Körperschmuck, Hals-, Arm- und Ohrringe, Haar- und Gewandnadeln; am oder aus dem Körper etwaige Wassen, verschieden lange Schwerter, daneben aber auch Geräte und Werkzeuge aus Stein. Das darf uns nicht wundern, denn wie in der Hallstattzeit (ältere Eisenzeit) das vorherrschende Schmuck- und Werkmetall immer noch die Bronce ist3), während Eisen erst sehr wenig vorkommt, so werden auch jetzt noch Werkzeuge au^ Stein benützt, obwohl die Steinzeit (Stein als ausschließliches Werkzeugmaterial) schon über 100() Iahre zurückliegt. Zur Rechten des Toten sinden sich dann meist noch Schaf- oder Schweineknochen; wiederholt ist man beim Abgraben des Hügels aus eine schwarze Brandschicht gestoßen, ja es kommt sogar vor, daß heute noch nach über 2000 Fahren bei der Grabung ein durchdringender Brandgeruch srei wird.
Aus der Beschaffenheit der Fundstücke, vor allem aber aus der Form und der Verzierung der Keramik läßt sich das Alter des Grabhügels mit ziemlicher Genauigkeit feststellen. Etwa 2/3 der Grabhügel enthalten Körperbestattungen, während 1I3 auf Brandbestattungen fällt. Diese gehören vor allem der frühen Hallstattperiode an (Hallstatt A.), fehlen aber auch nicht in den spä־ teren Stufen. Es kommt auch vor, daß ein Grabhügel sowohl Skelettals auch Brandbestattung birgt. Bei einem Brandgrab sind die weißgebrannten Knochellüberreste entweder in einem kleinen Viereck ausgestreut, das mit Schmuckbeigaben belegt und von Gefäßen umstellt ist, oder sie liegen in einer Urne, in oder neben der auch die metallischeu Grabbeigaben Platz gesunden haben. Ein derartiges Brandgrab ist in den Sammlungsräumen der Raturhistorischen Gesellschaft in Nürnberg ausgestellt. Die im Forchheimer Pfalzmuseum zur Auf־ stellung gebrachte Grabanlage, bei der hochkant gestellte, mit Zeichen versehene flache Steine eine kleine, kreisrunde Fassung bilden (ebenfalls Frühhallstatt) sind einstweilen als ein ,,Novum in der Vorgeschichtssorschung* anzusehen. 3) Die vorausgehende Broncezeit, in der sich überhaupt keine Spur von Eisen findet, rechnet man etwa 2000—1000 vor Ehr" die Steinzeit wäre demnach vor 2000 anzusehen.
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Borgeschichte. a) O u e r s ch n i t t durch einen Grabhügel H a l l st a t t,
(schematisiert). 1. Steinkranz.
2. Steinpackung über der Bestattung. 3. Skelettbestattung.
4. Sockel.
5. Gefäßbeigaben. b) Geöffneter Grabhügel (schematisiert). 1. Steinkranz.
2. Umsang der weggenommenen Steinpackung.
3. Bestattung. 4. Sockel. 5. Gefäßbeigaben.
c) SchalemitSonnensymbol.
d) DieWallanlagen aus dem Walberla. 1. Hauptplateau.
2. Kapelle.
3. Vorwerkartige, tieferliegende Anlagen an beiden Schmal-
feiten. 4. Weg nach Schlaishausen.
5. Weg nach Leutenbach. 6. Weg nach Kirchehrenbach. 7. Sollllenquelle.
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Tafel 1.
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Vorgeschichtliche Kulturdenkmäler.
Welche Kulturverhältnisse sprechen aus den Funden? Über die Kultur der Hallstattleute ist schon viel geschrieben worden; man kann dies in jedem Handbuch'1) nachlesen, deshalb begnügen wir uns mit einer ganz Jammarischen Zusammenstellung. Ackerbau und Viehzucht ist die Grundlage der Hallstattkultur; der Pflug ist bekannt, aus dem Walberla wurden verbrannte Getreidevortäte gefunden; Hauptsleischlieferanten sind, wie aus den Grabbeigaben hervorgehh Haustiere (Schwein, Schass Rind), während die Jugd erst in zweiter Linie in Betracht kommt. Hochentwickelt ist die Töpferei (noch ohne Drehscheibe)4 56 ), die wir uns wohl als Frauenarbeit zu denken haben. Es sind vor allem die verschiedenartigen Verzierungen an den Gesäßen, die eine Datierung gestatten. Ornamental verziert sind ebenfalls die fast durchwegs aus Bronce hergestellten Schmuckfachen, die von einem lebhaften Schmuckbedürsnis sprechen. Eisen war
bereits bekannt und wird gelegentlich zum Schmuck verwandt, doch sind eiserne Arbeits g e r ä t e der Hallstattzeit bei uns noch nicht zum Vorschein gekommen. Aus Bronce war auch noch das Langschwert des Hallstattkriegers, bei dem häusig der kleine Griff aussällt. Daß der Webstuhl bekannt war, beweisen Gewebereste. All dies wissen wir aus aufgedeckten Grabhügeln; die zu diesen Grabhügeln gehörigen Siedlangen fehlen uns in unserem Gebiete im allgemeinen noch, abgesehen von wenig aufschlußreichen Resten einiger Wohngruben (Walberla usw.). Doch dürfen wir nach Analogie anderer Gegenden annehmen, daß neben den Wohngruben wohl auch schon Hütten bekannt waren, deren Wände aus mit Lehm beworsenem Flechtwerk bestanden. Als Dach kam nur das einfache Satteldach in Betracht. Alles in allem: in der ersten Hälfte des ersten Iahrtausends vor Ehr. begegnen wir in unserem Gebiet bereits einer recht beachtlichen Kulturhöhe. Der unterschiedliche Reichtum an Grabbeigaben dürfte auf soziale Unterschiede hinweisen. Gestatten uns die Grabbeigaben auch einen Einblick in die Geifteswelt der Hallstattleute'?
Es sind vor allem religiöse Anschauungen, die sich in den Bestattungen kundtun. Die Hallstattleute glauben zunächst an ein Leben nach dem Tode. Das beweisen einmal die zahlreichen keramischen Beigaben, die wir uns mit Nahrungsmitteln gefüllt vorzustellen haben, zur rechten Hand
des Toten die Getränke, links die festen Speisen. Auch auf die Schaf 4) Z. B. M. Hoetnes: Kultur der Urzeit, lll. Eisenzeit. Sammlung Göschen Nr. 566. 6) Die Drehscheibe begegnet uns erst in der Latänezeit, also in der ersten Hälfte des ersten Iahrtausends v. Chr.
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oder Schweinekllochell, die man häufig bei der rechten Hand des Bestatteten findet, muß hier noch einmal hillgewiesell werden. Die eben genannten Beigaben stellen nichts anders dar ass den Reiseproviaut für die Dotenreise, die, nach der Menge der Nahrungsmittel zu schließen, gar nicht so kurz gewesen sein muß. Iln Dotenreich aber braucht der Verstorbene all das, was im Leben sein Privateigentum war, also vor allem Schmuck und Waffen; sie folgen ihm also als Grabbeigaben ins Ienseits. Ausfallen muß schließlich noch der Umstand, daß mindestens eines der Gesäße, meist der innere Teil eines Dellers, eine kreuzartige Verzierung aufweist (auch die Form des Hakenkreuzes kommt vor), die heute als Symbol der Sonne erkannt ist. So verrät uns der Grabhügel auch, daß die Hallstattleute dem Sonnenkult huldigten (Tafel le). Zu Sonnenkult und dem Glauben an ein Weiterleben nach dem Tode kommt noch ein Drittes. Die Furcht vor der Wiederkehr der Toten. Sie äußert sich zunächst in der Sorgfalt, mit der der Tote bestattet wird. Über seiner Leiche wölbt sich eine solide Steinpackung und diese wieder wird von dem Grabhügel zugedeckt. Zwei massive Sargdeckel gewissermaßen hätte der Tote zu durchbrechen, wenn er wiederkommen wollte. Bei der gänzlichen Vernichtung des Körpers durch die Verbrennung der Leiche ist vielleicht der Gedanke, die gefürchtete Wiederkehr zu verhindern, noch deutlicher zu erkennen6). Den Verstorbenen ihr persönliches Eigentum, Schmuck und Waffen, mit ins Grab zu geben, war für die Hinterbliebenen zweifellos ein schweres Opfer; es wurde aber gebracht aus Furcht vor dem Toten, der sich sonst als Wiedergänger, als Geist, das ihm vorenthaltene Eigentum geholt hätte. Wir haben gesehen, daß auch bei Brandgräbern (vgl. S. 3) die üblichen Grabbeigaben nicht sehlen. Über die Dotensurcht hinaus dürfen wir aus der sorgfältigen Anläge der Grabhügel, deren Material oft von weither herbeigeschafft wurde, auf eine pietätvolle Einstellung der Hinterbliebenen den Verstorbenen gegenüber schließen. Die Brandschichten im Grabhügel selbst (bis zu 2 cm) erklären sich als Reinigungsfeuer. Der Boden mußte vor der Bestattung gewissermaßen "entgeistert" werden.
Totenfurcht einst und jetzt.
Toten- und Gespensterfurcht ist heute noch einer der Hauptangelpunkte7) unseres Brauchtums. Es seien hier nur ein paar der bekann ") Die sog. ״Hockergräber" (Steinzeit), die allerdings in unserer Gegend nicht vorkommen, enthalten eine Leiche, die mit angezogenen Beinen (Hockerstellung) zusammengeschnürt wurde um eine Wiederkehr unmöglich zu machen. Teilbestattungen gehen aus den gleichen Gedankengang zurück. 7) Aus einen zweiten Angelpunkt, "Sorge für Feld unb Flur" werben wir im Kapitel ״Der Maibaum ״zu sprechen kommen.
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testen Züge zusammengeftellt um zu zeigen, daß von der Vorstellungsweit der Hallftattleute wohl Fäden herüber führen in unsere Zeit. Auch der aufgeklärte Städter hat eine gelvisse Scheu davor nachts einen Friedhof aufzusuchen. Beim Tode eines Menschen öffnen wir das Fenster um die Seele hinauszulassen, damit sie nicht im Hause herumgeistert. Mit den Füßen voraus wird der Tote aus dem Hause getragen, damit er den Rückweg nicht findet, oder man schüttet dem Leichenzug das Waschwasser nach um eine Wiederkehr der Seele zu verhüten. Ia, selbst unsere Drauerkleidung geht ursprünglich auf die Dotenfurcht zurück, obwohl heute natürlich niemand mehr an diesen Zweck denkt. Die vergleichende Volkskunde hat uns gezeigt, daß der Brauch, sich nach einem Todesfall anders zu kleiden als sonst dem Wunsche entspringt, sich dem Toten bei seiner etwaigen Rückkehr unkenntlich zu machen. Die ursprüngliche Sitte, Tote im Friedhosi bei der Kirche, also auf gelveihtem Boden zu bestatten, dürfte ebenfalls mit dem Bestreben erklärt werden, den Verstorbenen all einem Orte zu bergen, der eine gewisse Sicherheit vor ihm verspricht. Der geweihte Boden bannt ihn. Auch Grabbeigaben kennt man heute noch. In der Ansbacher Gegend z. B. gibt man dem Toten Gabel, Lössel und Kamm mit ins Grab, gelegentlich auch den vom Toten benützten Waschlappen. Dazu bekommt er noch das Gesangbuch in die Hand8). Eine Ersatzsitte haben wir darin zu erblicken, wenn beim Tode eines Fürsten oder Heerführers dessen Leibroß im Leichenzug mitgesührt wird, das natürlich in vorgeschichtlicher Zeit seinem Herrn ins Grab folgte. Es kann als sicher angenommen werden, daß auf den Gräbern von Zeit zu Zeit Dotenopfer dargebracht oder auch Feuer angezündet wurden, um die Toten zu wärmen. Dieses Dotenopser sehen wir heute noch wirksam, wenn z. B. einem Verstorbenen an Weihnachten ein kleines Dannenbäumchen aufs Grab gestellt wird. Gebildbrote können z. T. Ersatz für ein ehemaliges Opfer sein, zumal »Denn sie zopfartige Form haben (Haaropfer, Seelenzopf). Ein derartiges Ersatzopfer haben wir sicher im Erlanger "Märtersweck" zu sehen, denn dieses Gebildbrot wird nur am Martinstag gebacken, an dem Tage, an dem, abweichend von der allgemeinen Regel, in der Erlanger Altstadt die Gräber geschmückt werden. Einen Nachhall der alten Wärmefeuer können wir in den Lichtern erblicken, die an Allerseelen aus den Gräbern aufflackern. So führt also eine kurze vergleichende Betrachtung mitten hinein in die moderne Volkskunde, vom vorgeschichtlichen Grabhügel zum Brauchtum unserer Zeit. 6) R. Reubold: Beiträge zur Volkskunde des B.-A. Ansbach. Sonderheft der Deutschen Gaue Nr. 80 (1904/05), S. 59 f.
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B. vorgeschichtliche Befestigungen. Ehrenbürg — Walberla.
Viel stärker als durch Grabhügel kann ein Landschastsbild durch Wehranlagen verändert werden, handelt es sich hier doch um langgestreckte Wälle von ost sehr bedeuiender Höhe9). Außer einigen kleineren z. D. stark zerstörten Anlagen auf dem Hetzles (Westnase), der Katz bei Weisenohe, bei Ebermannstadt usw. besitzen wir in dem wallumgürteten Plateau der Ehrenbürg (Walberla) eine vorgeschichtliche Befestigungsanlage bedeutenden Umsangs. Befestigte, stadtartige Siedelung (oppidum) oder Fliehburg?
Von den zahlreichen vor- und frühgeschichtlichen Wehranlagen Frankens heben sich einige wenige durch ihre Größe und ihren Um־ fang ab wie z. B. der Stasselberg und die Houbirg. Die Forschung bezeichnet diese Anlagen als spätkeltische10) oppida. Unter einem oppidum versteht man nach Reinecke einen befestigten Siedlungsplatz, bei dem das Wallmauersystem eine Fläche umschließt, die erheblich größer ist als die stadtähnliche Siedelung selbst. Demnach wäre wohl auch unsere Ehrenbürg als spätkeltisches oppidum anzusprechen. Die Wallanlagen umziehen das ganze Plateau, Siedlungen sind festgestellt, sie können aber nur einen Teil der Bergoberfläche eingenommen haben. Außerdem wissen die Umwohner heute noch von einer großen Stadt zu erzählen, die einst auf dem Berge gestanden sei. Run aber kommt ein großes ,,Aber". Die keltischen oppida gehören alle der Spätlatenezeit an, ihre Entstehungszeit ist durch Bodenfunde gut gesichert (Stasfelstein usw.). Auf dem Walberla jedoch fehlen SpätlatHnefunde, nur die Hallstatt- und Frühlatönezeit ist vertreten, also die Zeit rund um 500 v. Ehr. Hier klafft demnach eine Lücke von mehreren hundert Iahren, ein Widerspruch, der auch P. Reinecke in seiner Abhandlung: "Spätkeltische oppida im rechtsrheinischen Bayern11 )״zu schaffen macht. Wir wollen die endgültige Lösung dem Spaten und den Fachgelehrten überlassen, uns genügt die Feststellung, daß wir in der Ehrenbürg auf jeden Fall eine vorgeschichtliche, höchstwahrscheinlich noch keltische Fliehburg vor uns haben, geeignet, die Bewohner eirtetz ganzen Gaues im Falle der Rot samt ihrem Vieh in ihre schützenden Wehranlagen aufzunehmen. )״Die Wälle aus der benachbarten Houbirg bei Hersbruck erreichen eine Höhe von etwa 10—12 m. 10) Seit etwa der Mitte des ersten Jahrtausends v. Chr. treten in unserem Gebiet an Stelle der illyro-rätischen Hallstattleute Kelten (vgl. auch S 2.) ”) Bayrischer Vorgeschichtsfreund. Heft IX. 1930. S. 29 ff.
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Die Anlage der Wälle. Steilausragend erhebt sich der Felsflotz der Ehrenbl'lrg als isolierter Inselberg über seine Umgebung (Kapelle 506 ni). Oben trägt er ein breites, in der Mitte stark eingesatteltes Plateau von ea. 1500 111 Länge und 400 m Breite. Diese Fläche ist aus ihrem ganzen Umsang von einem deutlich sichtbaren, breiten Wall umgeben, der nur dort aussetzh wo ihn unersteigliche Steilabfälle unnötig machen (vgl. Tafel Id). Die dem Hauptplateau zwischen Kapellen-Massiv und der Rotensteinwand im Süden und Norden vorgelagerten, aber niedrigeren Teile sind dem Hauptplateau ebenfalls durch Wälle angegliedert, andererseits aber von ihnen durch ostwestlich streichende Ouerwälle abgetrennt, sodaß an der Nord- wie an der Südspitze eine Art Vorwerk entsteht. Besonderes Augenmerk ist den beiden Haupteingängen gegen Schlaifhausen (W.) und Leutenbach (O.) zugewandt. Hier sind nämsich die WallschenJel zurückgebogen und bilden eine Art Dorgasse, die eine wirksame Bekämpfung eines eindringenden Gegners gestattet. Dem Eingang von Leutenbach her ist sogar ein Doppelwall vorgelagert. Am Leutenbacher Hang befinden sich auch die Quellen --- eine Lebensnotwendigkeit sür die Bewohner oder Flüchtlinge auf dem Walberla---, deren Schutz durch Wallanlagen ebenfalls heute noch festgestellt werden kann. Das Material der Wälle besteht aus Steinbrocken und Erde. Es ist nicht ausgeschlossen, daß wir nach Analogie ähnlicher (allerdings etwas späterer) Wallanlagen annehmen dürfen, daß das, was wir heute als Wall sehen, nichts anderes ist als der Rest einer in sich zusammengestürzten Mauer, die mit Holzwerk durchschossen .und versteift war (Eäsars "murus gallicus“). Zur Fliehburg eines größeren Gebietes war die Ehrenbürg denkbar gut geeignet. Schon von weitem sichtbar, ragt der riesige Bergklotz wie eine natürliche, langgestreckte Burg aus der Dalebene auf. Bereits vor der Anlage der jetzigen Befestigung dürste der Berg als Zufluchtsort benützt worden sein, wie die bis in die iüngere Steinzeit (Neolithicum) zurückgehenden Funde beweisen. Die Wallanlagen haben die Bergkuppe zu einer vollendeten Festung gemacht. Diese aber und die beim Wallbau zu leistende Arbeit setzen eine verhältnismäßig dichte Bevölkerung der Umgegend voraus12), die im Falle der Rot auf der weiten Fläche samt ihrem Vieh hinreichend Platz sand. Man kann sich das am leichtesten vorstellen, wenn man bedenkt, daß die nach vielen
Tausenden zählende Besuchermenge, die sich alljährlich am ersten Maisonntag auf dem Walberla zusammenfindet, eigentlich nur einen ver12) Bezeugt durch zahlreiche Nekropolen (vorgeschichtl. Friedhöfe) in der engeren und weiteren Umgebung.
Vorgeschichtliche Kulturdenkmäler.
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hältnismäßig kleinen Teil der Gesamtoberfläche auf der Rordkuppe einnimmt. Die rund 20 Ouellen des Berges sicherten, so lange wenigstens ein Teil in der Hand der Besatzung lvar, eine ausreichende Wasserversorgung. Die gewaltige, in den kilometerlangen Wallanlagen steckende Arbeitsleistung setzt ferner eine gewisse staatliche Ordnung voraus, denn nur durch eine zielbewußte Zusammensassung aller Kräfte konnte dieses Riesenwerk geschaffen werden. Wir fassen zusammen: So lange nicht hinreichend SpätlatöneFunde vorliegen, müssen wir die Wallanlagen den bisherigen Fundstücken entsprechend wohl als Frühlatöne-Befestigung (um .500), als vorgeschichtliche Fliehburg, nicht als spätkeltisches oppidum ansprechen, so sehr der eine oder andere Umstand für ein oppidum spricht. Wie aus der ״Ehrenbiirg" das ״Walberla" wurde. Obwohl die Kelten, die Erbauer der Wälle, unser Gebiet bald darnach verlassen haben dürsten, so ist unser Berg auch in den folgenden Iahrhunderten immer wieder als Zufluchtsort aufgesucht worden. "Ehren bürg", der älteste germanische Rame, weist deutlich genug auf den Wehrcharakter des Berges hin und ein prachtvoller, hier gefundener Bronce-Gürtelschmuck aus dem 5. Iahrhundert n. Ehr. spricht zum mindesten für eine zeitweilige Benützung des Platzes noch in dieser Zeit. Ein Berg, der Iahrhunderte hindurch zahlreichen Menschen im Falle der Rot eine sichere Zufluchtsstätte bot, ist ohne Kultstätte nicht gut denkbar. So werden die ersten Glaubensboten auf dem Berg ein germanisches Heiligtum angetrossen haben, das vor allem anläßlich eines alljährlichen Frühlingsfestes einen außerordentlich starken Besuch aufwies. Eingedenk der Weisung des Papstes Gregor I. (um 600), man solle einen schroffen Bruch mit der heidnischen Vergangenheit vermeiden, damit auch fernerhin das Volk ״am gewohnten Ort nach alter Sitte" sich einsinde, dachten die Missionare gar nicht daran, das tief eingewurzelte heidnische Frühlingssest zu verbieten, sondern man begnügte sich damit die heidnische Frühlingsgöttin durch eine entsprechende christliche Heilige zu ersetzen. Wer wäre dazu geeigneter gewesen als die heilige Walburga, die man auch heute noch anruft um Fruchtbarkeit, Ernte- und Kindersegen. Und mit dem Bau eines Walburgis-Kirchleins13) ward dem Berg sein neuer Rame Walburgisberg, Walberla. Und heute noch kommen "am gewohnten Ort nach alter Sitte" am ersten Maisonntag viele Dausende von Besuchern aus dem Berg zu *3) Die heute auf dem Beige thronende bescheibene Kapelle geht nicht über das spätere Mittelalter zurück. Ausstattung 16. u. 17. Iahrhundert.
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sammen; das alte Frühlingssest, wenn auch heute durch den Massenbesuch stark entartet, zeigt sich immer noch wirksam. Der rings um den ganzen Berg heute noch geübte Brauch der Dorsjugend, in der dem Fest vorausgehenden Walburgisnacht14) die Druden (Hexen), Schädlinge des Frühlingswachstums, durch lautes Peitschenknallen aus dem Dors zu vertreiben, weist noch ziemlich eindeutig zurück auf das vorchristliche Frühlingssest.
Siteratur: K. Hörmann: Aus der Vorgeschichte der Heimat. Nürnberg 1925. Die ausgezeichnete Arbeit orientiert über alle unsere engere Heimat betreffenden Fragen. Dem Sonnen- und Totenkult ist eine besondere, scharfsinnige Untersuchung gewidmet. Zahlreiche gute Bilbbeigaben. Abhandlungen der Naturhistorischen Gesellschaft Nürnberg. Zahlreiche Beiträge vorgeschichtlichen Inhalts. R. Herold: Beiträge zur Vorgeschichte Erlangens und Umgebung. Erlangen 1913. Starke Bedenken der Fachwelt vor allem gegen den sog. ,,Kosbacher Altar". E. P f i st e r : Zur Besiedelung der Umgebung von Erlangen in vorgeschichtlicher Zeit. Erlanger Heimatbuch 1921. Zum Teil überholt. Der Bayerische Vorgeschichtsfreund: Die einzelnen Hefte bringen auch Beiträge, die unser Gebiet mit betressen. Besonders sei genannt der Aufsatz von P. Reinecke: Spätkeltische Oppida im rechtsrheinischen Bayern Jahrgang 1930, Heft IX. S. 29 ss. H. Räbel: Meine Ehrenbürg (Walberla). Erlanger Heimatbuch 1921. D ü r r w ä ch t e r : Studien zur Besiedlungsgeschichte bes Bamberger Landes. (68. Jahresbericht des histor. Vereins zu Bamberg 1910). G. Hock: Vor- unb Frühgeschichte Frankens. (Führer durch das fränkische Luitpold-Museum in Würzburg) 1922. S. 99 ss. Knappe, aber klare Einführung, freilich mit starker Betonung Untersrankens. H. Hornung: Funde und Fundstellen der vorgeschichtlichen Stufen in der Umgebung von Erlangen, nach dem derzeitigen Stand der Forschung. Mein Frankenland, 1930, Nr. 6. H. Hornung: Ein Hügelgrab der Späthallstattzeit bei Kriegenbrunn. Naturhistorische Gesellschaft Nürnberg 1931. (Enthält zahlreiche Abbildungen.)
“) Ursprünglich sand das Fest jeweils am 1. Mai statt. Seit 1910 wird es, des besseren Geschäftes halber, am ersten Maisonntag abgehalten.
II. Die große Lücke. 500 v. Ehr. bis 1000 n. Ehr.
In den Hallstatt-Hügelgräbern (ca. 1000—500 v. Ehr.) und in dell Wallanlagen auf dem Walberla aus der Frühlatenezeit (um 500 v. Ehr.) haben wir die ältesten Kulturdenkmäler — alle noch vorgermanisch — unserer Gegend kennen gelernt. Sehen wir uns jetzt nach weiteren Kulturdenkmälern der folgenden Generationen und Iahrhunderte um, so machen wir die erstaunliche Entdeckung, daß uns von den nächsten erhaltenen und bekannten Kulturdenkmälern ein Zeitraum von etwa 1500 Iahren trennt. Erst um das Iahr Tausend treten uns in den ältesten städtischen Siedlungen, Burgen usw. wieder Denkmäler entgegen, die uns von der Kultur ihrer Entstehungszeit erzählen. Wie erklärt sich dieser große für uns unfruchtbare Zeitraum? Es lassen sich verschiedene Gründe anführen. Aus dem Fehlen von Funden der späteren Latönezeit (Walberla Frühlatene) bis etwa zum Beginn unserer Zeitrechnung müssen wir schließen, daß für diese Zeit die Besiedlung unserer Gegend abgerissen ist1). Wo aber keine Siedler sind, können auch keine Kulturdenkmäler an ihr Dasein erinnern. Leer oder nur dünn bevölkert muß unser Regnitzgebiet auch in den ersten Iahrhunderten der nachchristlichen Zeitrechnung gewesen sein, denn wieder fehlen Funde fast ganz. Es sind Iahrhunderte lebhaftester Völkerbewegungen; keine der nunmehr austauchenden Völkerschaften — Jetzt erst sind es Germanen — hat dem Land einen besonderen Stempel aufgedrückh weder die Hermunduren, noch die Burgunder, noch die Thüringer, deren vorübergehender Ausenthalt in unserem Gebiet bezeugt ist. Die dünne oder nur vorübergehende Besiedlung begünstigte natürlich eine zunehmende ,,Verwaldung" des Regnitzgebietes. Im 6. Iahrhundert setzen sich die Franken in den dauernden Besitz unseres Gebietes, geben ihm ihren Namen, während etwa gleichzeitig Slaven von Rordosten her gegen das Regnitzgebiet vordringen; von ihnen allen sind keine bemerkenswerten Kulturdenkmäler auf uns gekommen. 1j Eine Reihe von Gründen sür diese Erscheinung weiß Albang in seiner Arbeit: ״Die ländlichen Sieblungssormen des westlichen Regnitzgebietes" S. 63 s. glaubhaft zu machen. (1923)
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Die große Zücke. a) Ortsnamen und Flurform: Die alten Ortsnamen auf —heim und —ing im Bamberger
Gebiet verraten die srühbesiedelte Landschaft. Sie war wald-
frei, deshalb konnte sich hier die alte, regelmäßige ״Gewannstur" entwickeln. Die Ortsnamen des Erlanger-Rürnberger Gebietes weisen
zahlreiche Rodungsorte auf, die erst gegen Ende des ersten
Iahrtausends anzusetzen sind.
Der Urbarmachung des Bo-
dens entspricht die unregelmäßige Blockflur.
b) Slavenkirchen: Schon die Verteilung
dieser Kirchen zeigt, wo wir den
Schwerpunkt der slavischen Bevölkerung zu suchen haben.
Der südliche Teil des Regnitzgebietes war frei von Slaven. (Lokalisierung nach Schlund.)
c) Bodensunde:
Sie setzen in dem Zeitraum von 500 v. Ehr. bis 1000 n. Ehr.
sast vollständig aus.
d) Königshöfe:
Das zusammenhängende System der der Regnitzlinie solgen-
den Königshöfe ist unverkennbar. Königsfeld auf der Iura-
höhe wirkt wie ein vorgeschobener Vorposten.
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Tafel II.
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Die große Lücke
Ortsnamen und Flurform.
Rur einige wenige Ortsnamen des Regnitztales deuten auf eine ziemlich frühe Besiedlung hin. Heute rechnet man die mit der Nachsilbe —ing und nach ihnen die mit —heim gebildeten Ortsnamen zu den ältesten germanischen Ortsnamen; germanischen Ursprungs sind fernerhin die charakteristischen Gewannsluren mit den schmalen nebeneinanderliegenden Ackerstreifen. Nimmt man also die Zeit um 600 etwa als das Ende der Völkerwanderungszeit, so könnten die —ing und —heimorte bald darnach entstanden sein. In Betracht kommen nur vier Orte: Seußling, Eggolsheim, Buttenheim, Forchheim (Das. Ila). Alle diese Siedlungen liegen in der nördlichen Hälfte unseres Gebietes und hier lassen sich auch zu beiden Seiten der Regnitz altgermanische Gewannsluren sestftellen2). Auch die Slavensiedlungen3) konzentrieren sich, wie wir später sehen werden, auf dieses Gebiet, sodaß wir annehmen dürfen, daß hier noch waldsreies Gebiet zur Verfügung stand, denn immer lassen sich Siedler zuerst aus waldfreiem Gebiete nieder. Während wir also im nördlichen Teil des Regnitztales sehr alte Siedlungen feststellen können, gehören alle Siedlungen in der südlichen Hälfte des Regnitzgebietes einer späteren Periode an, denn dieses Gebiet war in der Zeit fehlender oder nur vorübergehender Besiedlung vollständig verwaldet, Siedlungsplätze mußten also dem Walde erst abgetrotzt werden und das geschah immer erst dann, wenn kein waldfreies Gebiet mehr zur Verfügung stand. Abgesehen davon, daß sich im ״Reichswald ״ein Rest dieser dichten Waldbedeckung bis auf unsere Zeit erhalten hat, weisen zahlreiche mit der Nachsilbe ---reuth gebildete Ortsnamen auf die Entstehung durch Rodung hin. Auch die mit einem Baumnamen zusammengesetzten Namen wie Dennenlohe, Büchenbach. Buch usw. wären hier zu nennen. Diese Rodungstätigkeit setzte aber erst Iahrhunderte später ein, etwa vom 9. Iahrhundert an. Regelmäßige Gewanne suchen wir hier umsonst; die Flurform ist unregelmäßig, wie sie eben aus dem Wald herausgeschlagen wurde. Wir nennen sie daher ״Blockslur" (Das. Ila). Wir sehen also, Ortsnamen und Flurnamen ist alles, was uns für diese Zeit zur Verfügung steht. Erst etwa vom Iahre 1000 an können wir in der Betrachtung wirklich erhaltener Kulturdenkmäler fortsahren. Wenn nun auch heute bemerkenswerte Kulturdenkmäler aus dem ersten Iahrtausend unserer Zeitrechnung in unserem Gebiete schien, 5) Albang: a a. O. S. 20. 3) Bachmann: Die Verbreitung der slavtschen Siedlungen in Rordbayern. 1926. Daß die "Slavensrage" sür Ostsranken trotz vielfacher Bemühungen immer noch nicht geklärt ist, zeigte die Aussprache über dies Problem bei ber Tagung des Verbandes bayrischer Geschichts- und llrgeschichtsvereine in Bayreuth, März 1931.
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Die große Lücke
so ist damit noch nicht gesagt, daß solche überhaupt nie vorhanden waren. Es sei im folgenden nur auf einige Arten dieser heute verschwundenen Kulturdenkmäler hingewiesen.
Bezeugte, aber heute verschwundene Kulturdenkmäler aus dem ersten Iahrtaufend nach Ehr. 1. Königshöfe.
Hand in Hand mit der fränkischen Landnahme ging die Anlage von Königshöfen, über deren Aussehen wir durch literarische Überlieferungen4*) oder durch archäologische Feststellungen6) ziemlich genau unterrichtet sind. Es handelt sich bei diesen Königshöfen jeweils um einen durch Wall und Graben befestigten Guts- und Musterhof von meist rechteckiger Grundrißform. Der Hauptbau des Königshofes ist immer ein steinernes Haus für den König, dessen Inventar Karl der Große bis ins einzelste festsetzte. Wir haben uns diese Königshöfe als militärische und wirtschaftliche Stützpunkte zugleich vorzustellen. Erhalten hat sich in unserer Gegend kein einziger dieser Königshöfe, wohl aber sind solche bezeugt6) in Hallstadt, Forchheim, Büchenbach, Herzogenaurach, Fürth, Nürnberg, Wendelstein (Daf.IId). Es muß auffallen, daß all die genannten Königshöfe ein der Regnitzlinie folgendes System bilden. Run wissen wir, daß Königshöfe in geschlosstnem Zuge den gefährdeten Grenzen oder auch den damaligen Landund Wasserstraßen folgen6). Beginnen wir mit der Lage der Königshöfe an Land-Wasserstraßen! Das Regnitztal war beides; von Forchheim ab war die Regnitz immer schiffbar, Karl der Große hat diesen Wasserweg nach Einhards Zeugnis selbst benützt. Rur aus Grund einer schiffbaren Regnitz konnte man an den Plan eines Eanals (fossa Carolina) herantreten. Reben dieser Wasserstraße aber war das breite Dal selbst eine natürliche NordSüdlinie, die ständig benützt wurde7) und zwar lief sie, der Überschwemmung wegen nicht unmittelbar an der Regnitz selbst, sondern etwas östlich auf bereits ansteigendem Gelände. 4) Vgl. den Erlaß Karls d. Großen: Beneficiorum fiscorumque regalium describendorum formulae; Morr. Germ. Leg l. S. 175 ff. “) Vgl. Hoops: Reallerikon bei german. Altertumskunde ll. S. 81 sf. Für Bayern allerdings fehlen diese archäolog. Feststellungen noch vollständig. — Vgl. Bahr. Vorgeschichtssreunb, Heft VIU, S. 20. Wir sind hier auf Analogien angewiesen. 6) Wenn einige dieser Königshöse auch erst nach dem Jahre 1000 unkundlich erscheinen, so darf ihre Existenz doch mit ziemlicher Sicherheit schon vor diesem Zeitpunkt angenommen werden. ’) So gab es in Buttenheim, bas an bieser Straße lag, eine Stiftung für Kreuzzugspilger — A. Seidl: Das Regnitztal, S. 70. Rühl, Kulturkunde des Regnttzialei.
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18
Die große Lücke.
Die Regnitzlinie als ehemalige Grenze wird heute von Dopsch8) abgelehnt, und zwar auf Grund seiner Interpretation des Capitulare Theod. (805), die manches sür sich hat. Dopsch operiert aber nur mit den Königshöfen Hallstadt und Forchheim, während er von den übrigen, die doch augenscheinlich in ihrer Zusammengehörigkeit ein System bilden, nicht spricht. Warum konzentrieren sich die Königshöse alle aus die Regnitzlinie? Warum liegen sie nicht alle weiter östlich, wenn dort die Grenze war? Ein einziger Königshof ist hier aus die Iurahöhe selbst vorgeschoben, Königsfeld9); er trägt die bezeichnende Benennung "kunigeshofen in montanis contra Boemiam“. Seine vorgeschobene Stellung ist durch das "contra“ besonders betont. Wir kommen aus dieser Schwierigkeit, wenn wir die Königshöse nicht als Grenzorte, wohl aber, um ganz modern zu sprechen, als Hauptetappenorte eines Aufmarschgebietes, einer Grenz -Zone verstehen, die sich an eine natürliche Sicherheitslinie, die Regnitz, anlehnen (Das. II).
Von den Königshöfen des Regnitzgebietes lassen sich einige heute noch mit einer gewissen Sicherheit lokalisieren. In Hallstadt dürste Wachter10*) wohl mit Recht in einem regelmäßigen, länglichen Gebäudeviereck östlich der Pfarrkirche die Örtlichkeit des ehemaligen Königshofes vermuten (vgl. S. 222). In Forchheim stand der Königshof sicher an Stelle der bischöflichen Burg11), die heute (nicht mit Recht) "Kaiserpfalz" genannt wird (vgl. S. 198). In Herzogenaurach dürfte sich ebenfalls das Schloß (Amtsgericht)12) an Stelle des alten Königshofes erheben (vgl. S. 204), während es die Grabenanlage in Büchenbach bis zu einem gewissen Grade wahrscheinlich oder doch wenigstens möglich erscheinen läßt, daß sich der Königshof an Stelle des heutigen Kirchhofs befand. In Fürth und Wendelstein fehlen bisher bestimmte Vermutungen, die Lage des Königshofes in Nürnberg wird gerade in letzter Zeit viel umstritten13), aufgegeben ist aber wohl die Ansicht Mummenhosss, der Königshof habe sich auf dem Burgselsen befunden. 8) Dopsch: Wirtschastsentwicklung der Karolingerzeit, Weimar 1912; II. S. 190. Vgl. auch E. p. Guttenberg: Die Territorialbildung am Obermaln, 1926. S. 27 ss. ’) Im 8. und 9. Iahrhundert Kunigeshofen, seit dem 12. Iahrh. Chunigesseld. 10) Wachter: Hallstadt, o. I. S. 6 ss )״Gückel: Der ehemalige Königshos und die fürstbischösliche Burg in Forchheim, o. I. 1S) Rühl: Herzogenaurachs mittelalterliche Bau- und Kunstdenkmäler. 1921. ”) Vgl. die Kontroverse Krast-Schasser in den "Fränkischen Monatsheften". 1930, S. 45, 60, 72, 165, 173, 325.
Die große Lücke.
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2. S l a v e n k i r ch e n.
Mit den Königshösen ist auch eine andere interessante Reihe voll Kulturdenkmälern aus dem Regnitzgebiete verschwunden; es sind die sog. 14 Slavenlirchen, deren Gründung aus Karl den Großen zurückgeht. Heute erhebell sich an ihrer Stelle längst Kirchen jüngeren Datums. An diesen Slavenkirchen ist viel herumgeraten worden; man lese dies nach bei I. Schlund14), der endlich eine wohlbegründete Lokalisierung der Slavenkirchen gebracht hat. Wir solgen Schlund, dessen Feststellung meines Wissens bisher keinen ernsthaften Widerspruch gefunden hat. Sechs dieser Slavenkirchen liegen in unserem Gebiet, nämlich Pretzfeld, Buttenheim, Seußling, Amlingstadt, Hallstadt und Scheßlitz. Die übrigen acht Kirchen (Stasselstein, Ützing, Altenkunstabt, Kasendorf, Melkendorf, Lanzendorsi Bindlach, Königsfeld) liegen alle (mit Ausnahme von Königsfeld) nordöstlich des Regnitztales und zeigen uns zusammen mit dem allerdings erst 1007 gegründeten Bistum Bamberg, das aber ebenfalls ausdrücklich für die Slavenmission bestimmt war, wo wir den Schwerpunkt der Slavenbevölkerung zu suchen haben. In der südlichen Hälfte unseres Gebietes dürste sie also ohne nennenswerte Bedeutung gewesen sein, die Wiesent hat sie kaum überschritten (Das. Ilb). Diese wenigen Beispiele mögen gezeigt haben, daß es im 1. Iahrtausend nach Ehr. auch in unserm Gebiet an Kulturdenkmälern nicht fehlte. Um das Iahr 1000 schließt sich sür uns die große Lücke; in den ältesten Stadtgrundrissen, Kirchen, Klöstern, Burgen usw. treten Kulturdenkmäler wieder sichtbar vor unser Auge. Wenn wir im solgenben die wichtigsten Gruppen dieser Kulturdenkmäler besprechen, so verfolgen wir zugleich ihren Werdegang durch Iahrhunderte hindurch, sodaß es nicht möglich ist, die einzelnen Gruppen streng chronologisch aufeinander folgen zu lassen.
Siteratur. Das Regnitztal, seine Natur, Geschichte und Kultur behandelt: A. Seidl: Das Regnitztal von Fürth bis Bamberg. Erlangen 1901 (Die Arbeit ist teilweise überholt). Mit siedlungsgeschichtlichen Fragen beschäftigen sich besonders: A. A l b a n g: Die ländlichen Siedlungsformen des westlichen Regnitzgebiete. Diss. 1923. Nicht im Druck erschienen. Ch. Beck: Zwischen Frankenhöhe unb Frankensura. 1930. Enthält verhaltnismäßig wenig über unser untersuchungsgebiet. Ch. Beck: Die Ortsnamen des Pegnitztales und des Gräsenberg-Erlanger Landes. 1909. Kap. ll behandelt die Besiedlung des Landes. ’4) I. Schlund: Besiedlung und Christianisierung von Oberfranken, 1931.
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Die große Lücke.
Th. Seibert: Die ländlichen Siedlungsformen im bayrischen Franken. 1924. Diss. Nicht im Druck erschienen. Mit der Slavensrage beschäftigen sich besonders: M. Bachmann: Die Verbreitung ber slavischen Siedlungen in Nordbayern — Erlangen 1926. Im einzelnen angegriffen, bringt die Arbeit zweifellos wertvolle Ergebnisse durch klare, streng methodische Untersuchungen. E. v. Guttenberg: Territorienbilbung am Obermain — 1926. 79. Bericht des Histor. Vereins Bamberg. Sehr willkürliche Lokalifierung der 14 Slavenkirchen. S. 17, Anm. 78. P. Reinecke: Die Slaven in Nordostbayern. Bayrischer Vorgeschichtsfreund, Heft VII. 1927/28. Nimmt Stellung zu Bachmann. I. Schlund: Besiedlung und Christianisierung Obersrankens. Bamberg 1931. Für uns besonders wichtig wegen der Lokalisierung der 14 Slavenkirchen. H. Eidam: Die Slaven in Nordbayern; Zeitschrift für bahr. Landesgeschichte, 1931, Heft 2. Die vom Verfasser perfönlich auf der Tagung der bahr. Gefchichtsund urgefchichtsvereine Bayreuth 1931 porgetragenen Gedankengänge fanden scharfen Widerspruch. Vgl. S. 16, Anm. 3. Über Königshöfe orientiert: I. Hoops: Reallejikon der germanischen Altertumskunde 1913/15. Band ll, S. 80 ff. Die einzelnen Spezialarbeiten sinb bereits in den Fußnoten genannt,
III. gflurdenkmater. Unter Flurdenkmälern verstehen wir zunächst steinerne Wahrzeichen in Pfeiler-, Säulen- oder Kreuzform, die wir im ganzen Regnitzgebiet allenthalben auf dem flachen Land, gelegentlich auch i n den Siedlungen, antreffen. Das Volk nennt die säulen- oder pfeilerartigen Flurdenkmäler ״Martern ״oder Martersäulen, die kreuzförmigen "Steinkreuze ״oder auch "Schwedenkreuze״. Wir sprechen in Zukunst nur von Martersäulen und Steinkreuzen. Da Entstehung und Zweckbestimmung dieser beiden Arten von Flurdenkmälern grundverschieden ist, haben wir sie getrennt zu betrachten. (Auf die hölzernen Feldkreuze des 18. und 19. Iahrhunderts kommen wir später (S. 33) noch besonders zu sprechen.)
A. Rkarterfäulen. Wie fehen Martersäulen aus? Da wir Martersäulen vom ausgehenden Mittelalter bis zum Ende des 18. Iahrhunderts besitzen, ist natürlich ihre Form im einzelnen sehr verschieden, doch können wir drei, mindestens aber zwei Hauptteile überall unterscheiden. Der unterste Teil, der Sockel, kann bei mittelalterlichen Martersäulen fehlen, doch ist er auch hier meistens angedeutet, im 17. oder 18. Iahrhundert aber fehlt er nie. Darauf folgt ein vier- oder achteckiger Pfeiler oder eine runde Säule; auf dieser sitzt endlich eine sehr verschiedenartig gebildete Bekrönung. Diese ist das Hauptstück des ganzen Denkmals und war, meist aus allen vier Seiten, mit Bildtaseln oder plastischem Schmuck verziert. In der Frühzeit häufig wie ein kleines Häuschen gestaltet, führt sie in der Fachliteratur den Namen "aedicula“1). Welchen Zweck hatten die Martersäulen?
Ein Biick auf ihren Standort und ein wenig Überlegung kann uns die richtige Antwort geben. Wir finden diese Flurdenkmäler sast ausnahmslos an oder in der Rähe von Wegkreuzungen oder an Straßen-* ’) =■. Tempelchcn, Kapelle. Der obere Aufbau der mittelalterlichen Martersäulen erinnert tatsächlich an die Form einer einfachen Feldkapelle. (Vgl. Tafel lll a—c!)
Martersäulen ans der Zeit vor dem ZOfahr. Krieg. Der mittelalterlich-gotische Typ bis etwa 150 0. Schaft mit quadratischem oder achteckigem Ouerschnitt. Ge-
samtform schlank in die Höhe strebend ohne starke Unterbrechung.
a) Honings.
b) Kalchreuth 1498 (?). c) Dechsendorf 1507.
Übergangsformen um 150 0. Schaft meist noch quadratisch oder achteckig im Ouerschnitt, doch ist die aedicula deutlich abgesetzt und wird breiter.
Beginnender
Gegensatz
zwischen
Höhen-
und
Breiten-
dimension. a) an der Regensburger Straße bei Nürnberg.
b) Seußling 1497. Schaft und aedicula gehen bereits in die Breite, aber noch bleibt eine betonte Schlankheit.
c) Heßdorf.
Die Martersäule des 16. Iahrhunderts.
Schaft und aedicula gehen stark in die Breite; der Ouer-
schnitt ergibt ein längliches Rechteck. a) Möhrendorf. b) Hannberg. c) "Rote Marter" bei Untermembach.
Alle Martersäulen aus der Zeit vor dem 30jährigen Krieg zeigen eine einfache strengeFormengebung, bei der gerade Linien und rechte Winkel vorherrschen. Geschwungene Linien nur ganz vereinzelt.
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Tafel III.
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Flnrdenkmäler.
gabeln, das heißt also, an Orten, die einen gl steigerten Verkehr ausweisen. Diese Übereinstimmung im Standort muß doch einen Grund haben. Gewiß. Diese Martersäulen sind Stiftungen frommer Christen. Ieder Gläubige sprach im Vorbeigehen ein Gebet sür den Stifter; je mehr Leute also an der Martersäule vorüberschritten, um so besser sür den Stifter. Deshalb wählte man von vornherein Orte des gesteigerten Verkehrs — eben Straßengabeln und Wegkreuzungen — zur Aufstellung dieser Stiftungen. Daß diese Martersäulen fromme Stiftungen waren, geht nicht nur aus dem Aufstellungsort hervor, sondern auch aus gelegentlichen Inschriften. So lesen wir z. B. auf einer Marter in Scheßlitz vom Iahre 1618:
Hans Sauer vnd kungund sein Hausfrau haben got zu eren diese marter aussrichte lasen im 1618 jar.
Marterfäule und Marterl. Aus dem bisher Gesagten geht wohl klar hervor, daß unsere ״Martersäulen" mit den im bayerischen Oberland heimischen ,,Marterln" nichts zu tun haben, denn diese — sie haben in der Hauptsache die Form einer Tafel — erinnern meist an einen Unglücksfall, bei dem eilt Ehristenmensch sein Leben lassen mußte. Mit unseren fränkischen Bildstöcken haben sie nur das gemein, daß sie den Wanderer zu stillem Gebet mahnen und dann den ähnlich klingenden Namen.
Der Name ״Marter"fäulen. Woher haben unsere Marterssäulen ihren Namen? Es ist nicht schwer zu erraten. Die Zahl der Bilder oder Reliefs in der "aedicula“ der Martersäule schwankt zwischen eins und vier. Mindestens eine dieser Darstellungen stellt saft immer die Kreuzigung Christi, die "M arter Christi" dar. Rach dieser, auf fast keiner Martersäule fehlenden Darstellung trägt unser Flurdenkmal den Namen.
Was erzählen uns diese Martersäulen? Sie berichten vom srommen Sinn unserer Vorfahren, die sich nicht genug tun konnten in srommen Stiftungen zum Heil ihrer Seele, von frommen Gelübden, getan in Not und Gefahr. Ein Zusallsfund beleuchtet blitzartig diese ganze Gedankenwelt. Bei Bauarbeiten vor dem Nürnberger Dor in Erlangen sand man 1929 die Reste eines Bildstockes2). Unter dem Pfeilerstumps entdeckte 2) Vgl. Erlanger Heimatblätter 1930 — Nr. 4.
Flurdenkmäler.
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man dann eine Pilgermuschel. Was erzählt uns dieser Fund? Ein Erlanger Bürger tat beim Antritt einer Pilgersahrt das Gelübde nach seiner Rückkehr eine Martersäule zu errichten. Er erfüllte sein Gelübde und legte die Pilgermuschd, die er auf seiner Fahrt am Hut oder an seinem Pilgergewand getragen hatte, unter den Sockel des Bildstockeg.
Was weiß das heutige Landvolk von diesen Martersäulen zu erzählen?
Fragt man heute einen Landbewohner nach der Bedeutung der Martersäulen, so wird man fast immer die Antwort bekommen: ,,Hier ist etwas passiert, hier ist einer erschlagen worden." Natürlich, der Stifter, der vor Hunderten von Iahten gelebt hat, ist längst vergessen, das Volk aber fragt nach dem Wie? und Warum? und schon umwucheri die dichtende Volksseele diese alten Steinzeichen. Eifersüchtige Mädchen haben sich gegenseitig mit dem Grasstumpf (Sichel) getötet — ein ungetreuer Liebhaber wurde erschlagen usw. Man bekommt fast immer die gleichen, der ländlichen Vorstellungswelt entnommenen Geschichten zu hören. Schon dies beweist den Sagencharakter dieser Erzählungen. Run wird aber in unserer Gegend etwa seit dem Ende des 18. Iahrhunderts die Martersäule abgelöst vom hohen, hölzernen Feldkreuz (vgl. S. 33). Von diesen Feldkreuzen erzählt sich das Landvolk keine Sagen, die bekommt man auch aus dem Lande als fromme Stiftungen erklärt, auch wenn das Kreuz schon über 100 Iahre alt ist und den Stifter niemand mehr kennt. Wie kommt das? Feldkreuze — allerdings heute meist schablonenmäßig in Stein oder gar Gußeisen hergestellt — werden auch heute noch gestiftet und aus־ gestellt. Sinn und Zweck einer derartigen Gruppe ist allgemein bekannt, hier findet die Sage keinen Anhaltspunkt. Die heute jedoch nicht mehr übliche Form der Martersäule mit ihren verwitterten und bemoosten Bildern und Schriftzügen, sie kommt der dichtenden Volksseele entgegen.
Martersäulen und Geschichte.
Sogar geschichtliche Aufschlüsse vermögen uns die Martersäulen zu geben. Hier muß ich aber vorausgreifend ein ganz grobes zeitliches Unterscheidungsmerkmal dieser Flurdenkmäler vorweg nehmen. Die vor dem 30jährigen Krieg aufgestellten Martersäulen haben einen rechteckigen oder achteckigen, die nach dem Kriege aufgestellten aber einen runden Schaft (vgl. Tafel III und IV!). Finde ich also in einem Gebiete nur rechteckige oder achteckige Säulenschäste, so weiß ich, daß sich dieses Gebiet der Reformation angeschlossen hat, denn Stiftungen
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Flurdenkmäler.
dieser Art sind dem Protestantismus sremd. Ich muß mich also im Gebiete von Ansbach-Bayreuth oder im Territorium der Reichsstadt Nürnberg befinden. Begegne ich dagegen neben den eckigen Pfeilerschäften auch runden, so ist ohne weiteres klar, daß ich mich in einem Gebiet aufhalte, das den alten Glauben und seine Gepflogenheiten beibehalten hat, im Bistum Bamberg. So gibt uns also das Vorkommen bzw. das Fehlen von Martersäulen Aufschluß über die Glaubensspaltung in unserer engeren Heimat.
Läßt sich das Alter der Martersäulen bestimmen? Das Alter der Martersäulen läßt sich bestimmen, wenn auch meist nur ungefähr; die Martersäulen sind nämlich in der Regel Erzeugnisse ländlicher Künstler3). Reue Stilformen dringen hier später ein, alte halten sich länger als in der oft nur wenig entfernten Stadt. Deshalb sind neben den Stilformen vor allem auch noch die — wenigstens im Mittelalter — nicht zu häufigen datierten Martersäulen vergleichsweise heranzuziehen. Stilformen und Vergleich mit gesicherten Datierungen dürften denn in den meisten Fällen eine annähernd richtige Zeitbestimmung ermöglichen. Der Entwicklungsgang der Martersäulen. 1. Der mittelalterlich-gotische Typ bis etwa 150 0.
Maßgebend sür die rohe Datierung ist vor allem der O u e r ־ schnitt des Schaftes, der vor 1500 ein ungefähres O. u a d r a t oder ein regelmäßiges Achteck bildet
הי
Ecken
bei
quadratischem Ouerschnitt
Häufig sind auch die ganz oder teilweise abgesast
Der ';Schaft kann aus einem Stück bestehen oder auch aus meh-
reren Ouadern zusammengesetzt sein. Auch die aedicula (Bekrönung) ist im Ouerschnitt meist quadratisch. Richt selten aber zwingt die Biiddarstellung zu einer größeren Breitenausdehnung. Trotzdem bleibt das Bestreben deutlich sichtbar dem gotischen Höhendrang entsprechend die schlanke, hochstrebende Linie möglichst wenig zu beeinträchtigen. Aus dem gleichen Grunde fehlt ein Übergang zwischen Schaft und Tabernakel oder er ist nur schwach betont. Die Form der Bekrönung kann sehr verschiedenartig sein (vgl. Tafel III!). Bei der Bilddarstellung in der aedicula herrscht das Relief vor. 3) Künstlerisch wertvolle Darstellungen auf Martersäulen sind verhältnismäßig selten, es seien hier genannt: Kalchreuth (Ortsausgang nach Heroldsberg), Höchstabt am Schloßausgang, die Marter an der Regensburger Straße bei Nürn= berg usw.
Flurdenkmäler.
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Romanische Martersäulen finden sich in unserem Gebiet nicht. Die älteste datierte Marter steht am Ortsausgang von Raisa nach Litzendorf mit der Iahreszahl MCCCL (1350) — (B.-A. Bamberg, Abb. Mainbote von Oberfranken 1931 S. 27). Abbildungen (vgl. Tast III!): a) sockelloser, quadratischer Pfeiler, darauf etwas ausladend ohne Übergang die aedicula (Honings, B.-A. Forchheim),
b) sockelloser, annähernd quadratischer Pfeiler, der sich nach oben etwas verbreitert. Kein Übergang zwischen Schaft und aedicula — datiert 1498? (Kalchreuth, B.-A. Erlangen), c) Sockel quadratisch — Schaft achteckig. Quadratische aedicula mit pyramidenförmiger Bekrönung (Dechsendorf, B.-A. Höchstadt). Auf der Pyramide 1507. Die Zahl 1584 auf dem Schaft geht vielleicht auf Renovierung zurück.
2. Übergangsformen um 150 0. Schaft meist noch quadratisch oder achteckig, die aedicula dagegen
hat bereits allgemein den rechteckigen, stark seitlich ausladenden Omerschnitt KQ. Sonst noch rein gotische Formen.
In der aedicula
stieliefdarstellungen. Abbildungen (vgl. Das. III!):
a) Ouadratischer, an den Ecken von unten aus abgesaster Sockel. Betonte Breitendimension der aedicula. Zierliche gotische Be= krönung. Die Reliefdarstellungen bedeutend. An der Regensburger Straße bei Nürnberg. b) Schaft mit rechteckigem Ouerschnitt; aedicula kaum breiter, sodaß trotz des breiteren Schaftes noch die gotische, schlanke, hochstrebende Linie vorherrscht. Datiert 1497. (Seußling, B.-A. Bamberg). c) achteckiger gotischer Sockel, aedicula breit ausladend. — Übergang zwischen Schaft und aedicula stärker betont. (Heßdorf, B.-A. Höchstadt).
3. Die Marter des 16. Iahrhunderts. Ouerschnitt von Schaft und aedicula rechteckig QQ. Die ganze Marter geht gewissermaßen in die Breite, entsprechend der starken Betonung der Breitendimension der Renaissance (16. Iahrh,) im Gegensatz zur betonten Höhendimension der Gotik. RenaissanceEünzelformen werden meist vermißt; sie waren schon in der Stadt
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Martersäulen aus der Zeit nach dem 30jahr. Kwieg. Die Marter des 17. Iahrhunderts. An Stelle des vier- oder achteckigen Schaftes hat sich — mit
Ausnahme der seltenen Balustersäule (b) — die runde Säule auf viereckigem Sockel durchgesetzt. Im einzelnen noch Suchen nach neuen Formen. In c und f ist die endgültige Form
des 18. Iahrhunderts bereits stark vorgebildet. a) Herzogenaurach 1630. b) Kunigundenruhe bei Bamberg (nicht datiert).
c) Kosbach 1691.
d) Forchheim 1621. e) Kosbach 1682.
f) Drosendorf bei Bamberg 1692.
Die
eigentliche Barockmarter
des
18.
Iahrhun-
d e r t s. Die Martern des 18. Iahrhunderts sind sich in der Gesamt-
erscheinung wieder sehr ähnlich. Aedicula und Sockel zeigen verhältnismäßig wenig Wechsel, umsomehr aber das Kapitäl
und damit zusammenhängend die Länge des runden Schafts. a) Hannberg.
b) Haundorf 1732.
c) Pinzberg 1720. d) Langensendelbach 1760.
Mit den Martern aus der Zeit vor dem 30jährigen Krieg verglichen, wirken die Martern des 17. und 18. Iahrhunderts viel reicher, belebter und malerischer. Geschwungene Linien treten stark hervor.
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Tafel IV.
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Flurdenkmäler.
etwas Fremdes und vermögen sich aus dem Lande nicht einzubürgern. Dafür erhalten sich gotische Stilformen bis weit ins 16. Iahrhundert. — In der aedicula Reliefdarstellungen.
Abbildungen (vgl. Das. III!): a) Starke Breitenbetonung von Schaft rendorf, B.-A. Erlangen).
und Tabernakel. (Möh-
b) Schaft rechteckig, schwach abgesast, aedicula rechteckig, breit ausladend. Übergang vom Schaft zur aedicula durch Vorsnrünge, Gesimse und Rundstäbe stark betont. Als oberer Abschluß einfacher Zinnenkranz. Die primitiven Figuren würde man etwa dem 13. oder 14. Iahrhundert zuweisen, wenn nicht das Ganze durch eine Inschrift auf der linken Schmalseite für das 16. Iahrhundert gesichert wäre. Sie lautet:
15 7 5 HANS HAIDT. HART ZV. DEC HSEND ORF. GE SCAFT:
Ein außerordentlich interessantes Beispiel sür die Bauernkunst des 16. Iahrhunderts. (Hannberg,B.-A. Höchstadt.)
c) Ahnlich b) im Gesamtausbau, nur mit reicherem oberen Abschluß, aber noch durchaus in gotischen Formen. Die Reliefs bedeutend gewandter als bei b. (Sog. "Rote Marter" bei Untermembach, B.-A. Höchstadt). 4. Die Marter des 17. Iahrhunderts. Im Iahrhundert des 30jährigen Krieges Martersäule eine wesentliche Änderung.
ersährt die Form der
Quadratisch bleibt nur der Ouerschnitt des Sockels, der von jetzt ab eine größere Rolle spielt; der Schaft aber entwickelt sich zur runden Säule, die uns aber in ganz verschiedenen Prägungen begegnet. Rur gelegentlich erscheint neben dem runden Schaft auch die sog. Balustersäule (Daf. IV). Auch die aedicula tritt uns in den verschiedensten Formen entgegen. Deutlich erkennt man das Suchen nach neuen Formen.
Flurdenkmäler.
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Wenn auch die Endform noch nicht gesunden ist, so unterscheidet sich doch die i n und nach dem 30jährigen Kriege ausgestellte Martersäule durch ihren runden Schaft aus den ersten Blick von all ihren Vorgängerinnen. An Stelle der Reliesdarstellung in der aedicula treten jetzt häufiger auf Blech gemalte Heiligenbilder in flachen Rischen. Allerdings sind davon meist nur noch die Dübellöcher übrig geblieben.
Abbildungen (vgl. Das. IV a—f): a) Sockel-Ouerschnitt quadratisch, runde Säule, die sich nach oben verjüngt. Einige verschieden dicke Platten vermitteln den Übergang zur aedicula. In dieser auf der Vorderseite flache Bildnische. Verschnörkelte Umrahmung. Datiert 1630. (Herzogenaurach, B.-A. Höchstadt.) b) Sog. Balustersäule. Sockel, Schaft und aedicula rechteckig im OuerschnittBpa Verhältnismäßig seltene Form. Kunigunden-
ruhe bei Bamberg. c) Sockel mit quadratischem Ouerschnitt. Rach oben verjüngte Säule; als Übergang viereckige Platte mit abgerundeten Kanten. Quadratischer Ouerschnitt der aedicula mit 4 flachen Bildnischen, über diesen Rundbogen; in einem derselben die Iahreszahl 1691. Vorläufer der endgültigen Form. (Kosbach, B.-A. Höchstadt.) d) Aedicula ähnlich a), Säule rund mit engen Windungen; slaches, kissenartiges Volutenkapitäl 1621. (Forchheim.) e) Sockelquerschnitt quadratisch-gleichmäßig runde Säule; über dem Halsring eine Art Akanthuskapitäl, daraus reichverziert, aber zu klein, die aedicula. Die den Schaft umschlingende Weinrebe deutet auf ehemaligen Weinbau hin. 1682. (Kosbach, B.-A. Höchstadt.) f) Sockel mit quadratischem Ouerschnitt, runde Säule, doppeltes Kapitäl — aedicula mit Muschelabschluß. 1692. Außergewöhnliche Höhe — ca. 4 m. (Drosendorsi B.-A. Bamberg.) Vorläufer der endgültigen Form. In c) und f) ist die endgültige Form des 18. Iahrhunderts bereits vorgebildet, es fehlt noch die Anschwellung der Säule in der Mitte. Mit Ausnahme der Balustersäule hat sich der runde Schaft durchgesetzt. 5. Die eigentliche Barockmarter des 18. Iahrhunderts. Die heute noch am häusigsten vorkommende Barockmarter hat ihre endgültige Form gesunden, die in einigen leichten Varianten immer wiederkehrt.
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Flurdenkmäler.
Sockel mit quadratischem Ouerschnitt, runde Säule mit Anschwellung in der Mitte, Voluten-, manchmal auch Blätterkapitäl. Aedicula mit quadratischem Ouerschnitt und 4 stachen Bildnischen, über ihnen als Abschluß Muschelornament iu Rundbogen. Blütezeit: 1. Hälfte des 18. Iahrhunderts.
Abbildungen (vgl. Das. IV unten a—d!): a) Hoher Sockel, runde Säule mit Anschwellung in der Mitte, Volutcnkapitäh quadratische aedicula (Ouerschnitt) mit Muschelabschluß. (Hannberg, B.-A. Höchstadt.)
b) Wie a). — Blätterkapitäl, dazwischen Gesichter. Reicher oberer Abschluß. 1732. (Haundorf, B.-A. Höchstadt.) c) wie a), doppeltes Volutenkapitäl, dazwischen zweigeteiltes, quadratisches Zwischenstück. 1720. (Pinzberg, B.-A. Forchheim.) d) Wie c) — aber die beiden Kapitäle ohne Zwischenstück dicht übereinander. 1760. (Langensendelbach, B.-A. Forchheim.)
In der Gesamterscheinung zeigen die Barockmartern also eine sehr starke Übereinstimmung. Es ist eigentlich nur das K a p i t ä l, dessen Formen wechseln. Es wechselt ferner das Größenverhältnis: Sockel: Schaft: Aedicula. Das Ende der Marterfäule. Zur Ausbildung des besonderen Typs einer Rokokomarter ist es in unserem Gebiet nicht gekommen. Bis weit ins 18. Iahrhundert hinein, als sich in der großen Kunst die Spielart des Rokoko längst durchgesetzt hatte, finden wir immer wieder den gleichen Barock-Typ. Ganz selten, und dann ganz untergeordnet, erscheint ein Rokokoornanlent (z. B. am Kapitäl der sog. Weißen Marter bei Gaustadt) oder aber die aedicula macht den Versuch wieder mehr in die Breite zu gehen. Außerdem zeigt sich auch wieder eine gewisse Vorliebe für plastische Darstellungen in der aedicula an Stelle der auf Blech gemalten Bilder der eigentlichen Barockzeit. Die Rokokomarter mit ihren schwellenden, phantasievollen Formen ist ganz wo anders zuhause. Zahlreich finden wir sie im weinfrohetl Mainfranken, man vergleiche nur die Abbildungen in "Deutsche Volkskunst" — Franken. (Bes. Abb. 18.) Solche Formen sucht man bei uns umsonst. Es zeigt sich auch hierin der Unterschied zwischen schwerblütigeren Ostfranken und dem lebendigeren Mainfranken.
Fortleben der Martersäulen in anderer Form. Schon etwa seit der zweiten Hälfte des 18. Iahrhunderts scheinen die Martersäulen "aus der Mode" gekommen zu sein. Man schaute sich
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Flurdenkmäler.
nach neuen Formen um und stellte von nun an an Stelle der Martersänken ein hohes Feldkreuz aus Holz mit dem Gekreuzigten auf. Auch im ganzen 19. Iahrhundert dürften als Stiftungen nur derartige Feldkreuze errichtet worden sein. Die Kreuzigungsdarstellung wird gewissermaßen aus der aedicula der Martersäule herausgenommen und zum selbständigen Flurdenkmal erhoben. Man kann also wohl sagen, daß in diesen Feldkreuzen die alte Martersäule weiterlebt. Richt selten finden sich unter ihnen qualitativ hochstehende Stücke, ich erinnere nur an die zahlreichen Feldkreuze unseres Gebietes, die aus den Bildhauer Friedrich Dheiler aus Ebermannstadt zurückgehen4). Ie mehr wir uns aber unserer Zeit nähern, um so mehr nimmt der künstlerische Wert ab. Immerhin, ein primitiv in Holz geschnitzter Kruzisixus, vom ländlichen Künstler gut gemeint, ausgestellt neben einer Feldkapelle oder unter ein paar Bäumen, er wird uns nicht mißfallen. Kalt aber läßt uns ein gußeiserner Kruzisixus, wie er sein bronciert gegen Ende des vorigen Iahrhunderts aufgestellt wurde und auch sür den Sandsteinkruzifixus unserer Tage, dessen Stamm oder Sockel in Goldbuchstaben den Namen des Stifters trägt, während ein Eisenzäunlein das Ganze umgibt, können wir uns nicht erwärmen. Das ist keine Volkskunst mehr, das ist Fabrikware, Kitsch. So erzählen uns auch diese modernen Flurdenkmäler etwas, freilich nichts Erfreuliches, sie erzählen vom Sterben deutscher Volkskunst, die von Industrieerzeugnissen zu Tode gewürgt wird. Ausnahmen und Martern von besonderer Bedeutung. Keine Regel ohne Ausnahme. Wenn auch die überwiegende Mehrzahl der Martersäulen ihre Entstehung einem srommen christlichen Stifter verdanken, genau so wie die späteren Feidkreuze, so kommen
vereinzelt zweifellos auch Martersäulen vor, die aus einen Unglücksfall oder eine Mordtat hinweisen. Es ist naheliegend, an einen Unfall oder eine Mordtat zu denken bei Martersäulen, die wir — selten genug — abseits vom Weg im Gelände sinden, doch wird in den meisten Fällen ein historischer Beleg fehlen.
Wir nennen einige dieser Ausnahmen: a) Die spätgotische Marter am Schloßaufgang in Höchstadt von 1514. Die Inschrift bezieht sich auf eine Mordtat. b) Die sog. "Metzgermarter ״bei Walsdorf (B.-A. Bamberg) mit der Inschrift: Frydrycus hofmann von Baireut, eines Metzlers Jung, ist Allhie Iemmerich Ermordt worden 1565". Wohl Erinnerungs-, kaum aber Sühnezeichen. *) Konrad Kupfer: Leben und Werke bes Bildhauers Friedrich Theiler aus Ebermannstadt — ®dangen 1916. Rühl, Kulturkunde des Regnitztales.
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c) Eine moderne Marter von 1907, die sog. ״Eisenbahnmarter ״bei Hallstadt auf der ein von der Eisenbahn gesährdetes Fuhrwerk dargestellt ist.
Als Martern von besonderer Bedeutung wären in unserem Gebiet zu nennen die riesige sog. ,,Wettermarter'' bei Dörsleins (B.-A. Bamberg) und die ״P e st s ä u l e" von 1652 am Ehor der Sebastianskapelle von Gaustadt (B.-A. Bamberg) mit der Darstellung des Pestheiligen Sebastian auf der linken Schmalseite. Vielleicht kann auch eine Martersäule bei Wetzendorf (Nürnberg) als Pestsäule angesprochen werden. Auch sie trägt auf der südlichen Schmalseite des Dahernakels einen Pestheiligen, den heiligen Rochus. Das Eggolsheimer ״Weichbild".
An den vier ehemaligen Ortsausgängen des alten Marktes Eggolsheim (B.-A. Forchheim) erhebt sich je eine spätgotische Martersäule, geschützt von einem später errichteten Balkenhäuschen mit spitzem Zeltdach. Diese Regelmäßigkeit der Aufstellung muß ausfallen. Es ist nun durchaus möglich, ja sogar höchst wahrscheinlich, daß diese vier Steinsäulen die alten Ortsgrenzen bezeichnen. Derartige Grenzzeichen waren im Mittelalter die Regel, allerdings trugen sie meist ein Wappenbild, eben das ,,Weichbild" (ahd. wih = Flecken, Dorf). Heute ist ein Bedeutungswandel eingetreten, wir verstehen unter "Weichbild" nicht mehr das Grenzzeichen, sondern das von den Grenzsäulen eingeschlossene Orts- oder Stadtgebiet.
Normalerweise müßten ja die Eggolsheimer Bildsäulen nicht eine Heiligendarstellung, sondern das Ortswappen tragen, denn Eggolsheim hatte als Markt zum mindesten ein Siegel (vgl. S. 216). Da wir aber Bildstöcke kennen, die auch als Grenzzeichen benützt werden5), so braucht uns dieser Umstand nicht weiter zu stören. Abzulehnen ist der Versuch von Hoch: "Flurdenkmäler aus dem Gebiete der ehemals sreien Reichsstadt Nürnberg" S. 12, den ersten Teil des Wortes Weichbild auf mhd. wih = heilig zurückzuführen, nur um Martersäulen mit Heiligenbildern leichter als Grenzzeichen ansprechen zu könen. Alle deutschen Wörterbücher6), auch der von Hoch zitierte Lexer, führen Weich- auf ein mhd. wih = Stadt, Flecken zurück (lat. vicus). 6) Ament: Bamberg S. 134 vermutet in Bamberger Bildstöcken ehemalige Immunitätsgrenzen, zwischen Eltmann und Kirchalch bezeichnet ein Bildstock die alte Zentgrenze (Mayer a. a. O. S. 129) und auch Hoch sucht die eine oder andere Bildsäule (z. B. bei Kalchreuth) als Grenzzeichen zu bestimmen. 6) Heyne, Paul, Weigand, Kluge, Loewe usw.
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Diese lückenlose Erhaltung von Grenzbildstöcken in Eggolsheim — heute noch bezeichnen sie die Ortsgrellze — dürste nicht nur in Franken einzig dastehen.
B. Steinkreuze. Wie sehen Steinkreuze aus? Steinkreuze sind meist plump geformte, aus Sandstein gehauene krellzsörmige Flurdenkmäler von y2 bis 2 m Höhe. Auf den ersten Blick alle ziemlich gleich aussehend, stellen sich bei genauer Betrachhing Unterschiede heraus, doch sehlt hier die Vielfältigfeit der Formen, die wir bei den Martersäulen kennen gelernt haben. Gelegentlich befindet sich aus ihnen eine primitive plastische Darstellung, selten eine Iahreszahl (Daf. V).
Zweck der Steinkreuze.
Wie bei den Martersäulen bringt uns auch hier die Beobachtung des Standortes auf den richtigen Weg. Von Ausnahmen abgesehen, finden wir die Mehrzahl der Steinkreuze nicht wie bei den Martersäulen an Wegekreuzen und Wegegabeln, sondern mitten am Verlauf eines Weges, am einsamen Feldrain, am Hang eines einsamen Hohlweges usw. Sie sind nicht aus freiem Willen erfolgte Stiftungen frommer Christen, sonden vielmehr in ihrer überwiegenden Mehrzahl Sühnezeichen für eine Bluttat7). So erklärt sich der ost einsame, abgelegene Standort. Der Missetäter mußte, um seine Schuld zu sühnen, eine ganze Reihe von Bußen auf sich nehmen. Wir sind darüber genau unterrichtet durch eine nicht geringe Anzahl von erhaltenen Sühneverträgen. Fast in allen Verträgen muß der Mörder eine Geldsumme an die Hinterbliebenen zahlen, das war die weltliche Buße. Bei der stark kirchlichen Einstellung der Zeit war aber auch noch eine Kirchenbuße nötig, die in einer Wallfahrt, sie konnte bis Aachen, Rom oder sogar Ierusalem führen, und in der Setzung eines Sühnekreuzes aus Stein gipfelte, dessen Maße im Sühnevertrag genau angegeben wurden. Wie sieht ein Siihnevertrag aus? Ein Sühnevertrag ist ein ziemlich umfängliches Schriftstück. Er beginnt in der Regel mit der Erwähnung des Totschlags und nennt ’) "Die alten nieder« Steinkreuze sind zum größten Teil von solchen gesetzt worden, welche einen Totschlag begangen hatten................... Diese Lehre kann also der Heimatlehrer als ganz gesichert vortragen". Deutsche Gaue, 1919, S. 90.
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dann die ,,Spruchmänner״, meist vier an der Zahl, von jeder Partei zwei, die unter dem Vorsitz des zuständigen Richters oder Pfiegers zusammenkommen, um sich über die Sühnebedingungen zu einigen. Ich lasse einen derartigen Sühnevertrag mit Weglassung der umständlichen Einleitung und mit einigen Kürzungen in einer unserer Zeit angepaßten Ausdrucksweise folgen. Er stammt aus dem Gerichtsbuch Rr. 3 des Amtes Neunkirchen vom Iahre 1520.
,,.........Fürs erste verlangen wir, die obengenannten vier Spruchmänner, daß der Täter dem Ermordeten zuerst ein Meßopfer ausrichten soll mit zehn Priestern, darunter ein gesungenes Seelamt... Außerdem soll der Täter während des Seelamtes hinter dem Priester stehn, bis das Amt aus ist und hinter ihm vier seiner F ?eunde, ein jeder aber soll eine brennende Kerze in der Hand halten, die ein halbes Pfund schwer ist. Rach dem Amt soll der Totschläger der Frau des Erschlagenen und ihrer Freundschaft auf dem Grabe Abbitte tun. Darnach werden der Witwe und ihrer Freundschaft die fünf Kerzen übergeben, die damit nach Gutdünken verfahren kann ... Der Mörder soll auch eine Wallfahrt nach Rom und Aachen unternehmen (romfart vnnd achsartt). Sobald er davon zurückgekommen ist, soll er der Witwe und ihrer Freundschaft eine glaubwürdige Bescheinigung bringen, zum Zeichen, daß er diese Wallfahrt auch wirklich vollbracht hat. Darnach soll im selben Iahr der Täter einen Kreuzstein setzen an einem Ort im Reunkirchner Gerichtsbezirk, den die Witwe und ihr Freundschaft bestimmt. "Der sol sein sieben schuh Lanng, vier halbenn vber die Zwerch (breit) vnnd mit einen Steynen fueß eingelassen." Dann soll der Totschläger als Sühne für die Tat zwölf Gulden zahlen........ und zwar zu Neunkirchen vor einem Pfleger oder Richter und zu dieser Zahlung soll die Witwe und ihre Freundschaft eingeladen werden. Darnach aber soll die Frau und Freundschaft des Getöteten den Täter ledig sprechen (nach noturpfft quitirn). Zum Schluß bestimmen wir, die obengenannten Spruchmänner, daß der Täter für die gesamte Zehrung aufzukommen hat, ,,die auf diessem Tag darauff geet".........8). Was erzählen uns die Steinkreuze?
Sie erzählen uns vom alten deutschen Volksrecht, das sich trotz des Eindringens des römischen Rechtes bis ins 16. Iahrhundert zu halten vermochte. Rach altgermanischem Volksrecht konnte ein Totschlag durch gütliche Übereinkunft gesühnt werden; vor allem hatte derMör6) Im Wortlaut hat den gesamten Vertrag veröffentlicht A. Nützel-Neunkirchen in ben Erlanger Heimatblättern 1919 — Nr. 31.
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der das W e r g e l d zu bezahlen, das sprachlich und sachlich dem Wert eines sreien Mannes entspricht. In den 12 Gulden des eben mitgeteilten Sühnevertrages haben wir — obwohl der Ausdruck nicht mehr gebraucht wird — das altgermanische Wergeld zu erblicken. Völkerverschiebungem kulturelle Weiterentwicklung usw. haben diesen alten Rechtsgrundsatz nicht zu beseitigen vermocht. Wenn nun die Sühneverträge und mit ihnen die Steinkreuze mit Ende des 16. Iahrhunderts im allgemeinen verschwinden, so hat das wieder seine geschichtliche Grundlage. Die Hals- oder peinliche Gerichtsordnung Kaiser Karls V. des beginnenden 16. Iahrhunderts beseitigte die Möglichkeit privater Sühneverträge bei einem Totschlag. Allerdings konnte diese Gerichtsordnung zunächst nur in den habsburgischen Landen durchgesührt werden, während die übrigen Territorien erst später folgten. — So erklärt sich auch das gelegentliche Vorkommen von Steinkreuzen noch in späterer Zeit. Der eingewurzelte Brauch ließ sich nicht von heute auf morgen beseitigen. Konnte in germanischer Zeit ein Totschlag durch das Wergeld allein gesühnt werden, so tauchen mit der Einführung des Christentums neue Strafbestimmungen auf, die den Mörder nicht unerheblich belasten. Totschlag ist Sünde; Sünde aber wird gebüßt von der Kirche, die Buße gipfelt, neben geringeren Aussagen, in einer Wallfahrt und in der Aufstellung eines Steinkreuzes. Kein Christ konnte im Mittelalter daran denken, sich diesen kirchlichen Bußen zu entziehen. Wir tun damit einen interessanten Blick in die Macht der mittelalterlichen Kirche. Was bedeuten die auf den Steinkreuzen vvrkommenden Zeichen?
In einem Sühnevertrag aus dem Iahre 1383 sür einen erschlagenen Adeligen heißt es: auch sol er (der Totschläger) ein steh nein kreuez schicken........., daran gehawen sol werden dez obgenanten schenken schilt (Wappen) vndhelm. Für den von markgräflichen Reitern 1587 erschlagenen Nürnberger Feldhauptmann Esaias von Fers ließ der Rat der Stadt Nürnberg bei Heroldsberg, wo die Tat geschehen war, zur Erinnerung (16. Iahrhundert!) ein Steinkreuz setzen, auf dem man heute noch das Wappen des Nürnberger Reiterführers sehen kann. Wir sehen also, welchen Wert man aus die Darstellung des Wappens9) auf Sühne- und Erinnerungszeichen legte. Run ist aber doch wohl die überwiegende Mehrzahl unserer Steinkreuze nicht zur Erinnerung für Adelige — dafür spricht schon der Ausstellungsort — errichtet worden, sondern zur Sühne einer Bluttat, begangen an Be= e) H o ch, a. a. O. S. 18.
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wohnern des flachen Landes. Analog dem Wappen der Adeligen haben wir also in den primitiven Figuren auf einer Anzahl von Steinkreuzen einen Hinweis aus die Beschäftigung des Getöteten, ein Berusszeichen, meist aber ein Bauernwappen zu sehen. Die Darstellung besteht tatsächlich in einem bäuerlichen Handwerksgerät, das leicht in Stein auszusühren ist, etwa in einer Hacke (z. B. bei Hannberg, B.-A. Höchstadt — Tafel V) oder der Pflugschar10*) usw. Die Landbevöikerung freilich sieht in diesen Zeichen — bei einer Hacke ist das ja wohl leicht begreiflich — das Mordinstrument. Daß es sich nicht darum handeln kann, beweist das verhältnismäßig häufige Vorkommen der Pflugschar z. B. bei Großhabersdorf und Pfaffenhofen im B.-A. Nürnberg und bei Lembach (B.-A. Haßfurt). Die Pflugschar ist aber ganz gewiß kein Mordinstrument (sie hätte ja zuerst aus dem Pflug herausgeholt werden müssen), sondern das immer wieder vorkommende Symbol des Bauernstandes, ein ,,Bauernwappen11)״. Die Pflugschar im ״Bauernwappen ״kommt im ganzen 18. und 19. Iahrhundert in unserer Gegend noch vor, man wandere nur einmal mit offenen Augen durch Knoblauchsland. Auch der Ausdruck "Bauernwappen ״ist bei unseren heutigen Landleuten noch durchaus gebräuchlich (vgl. Tafel Vl). Wenn wir auf dem Steinkreuz hei Langelohe (B.-A. Nürnberg) die Darstellung einer Schere finden, so dürfen wir wohl auch hierin einen Hinweis auf die Beschäftigung des Getöteten, ein Berufswappen sehen, nicht aber ein Mordwerkzeug (höchstens an ein Dämonen-Abwehrzeichen wäre noch zu denken). Was erzählt sich das Volk von den Steinkreuzen? Viel mehr noch als die Martersäulen sind die Steinkreuze von der Volkssage umrankt. Das hat auch seinen Grund. Es spielt hier mit als Anreger der Phantasie der einsame, ost vom Wege abgelegene Aufstellungsort des Steinkreuzes eine wesentliche Rolle. Daß ein Mensch hier sein‘ Leben lassen mußte, das weiß man auf dem Lande, ,,da ist was passiert, da ist einmal einer derschlagen worden." Aber wie? und warum? Da findet die Volksphantafie einen dankbaren Anknüpfungspunkt in den auf den Steinkreuzen dargestellten Zeichen, 10) Hoch erklärt S. 99 die Pflugschar als ein "spatenartiges Gerät zum Reinigen bes Pfluges von Erdteilchen" (!), in Pfaffenhofen bezeichnet er die Pflugschar als "Spaten" (S. 103). “) Rattler erwähnt in bem von ihm inventarisierten Bamberger Gebiet zweimal eine Pflugreute, eine Gabel (Heugabel?), eine Zange, ein Beil, eine Bretze (neueren Datums). Deutsche Gaue 1920 — S. 57 f. Auch hier dürfte es sich in der Hauptsache um Berusswappen hanbeln.
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trotzdem es sich hier, wie wir gezeigt haben, meist um Attribute bäuerlicher Arbeit, also Bauern-, gelegentlich auch um Handwerkerwappen handelt12). Darum kümmert sich aber das Volk wenig, es wird in Anlehnung an die geheimnisvollen Zeichen frisch drauf los fabuliert mit dem Erfolg, daß sich sast alle diese Sagen mehr oder minder ähneln. Ein־ zelne derartige Sühnesteine tragen wohl auch einen besonderen Ramen, der auf eine Sage hinweist, so heißt z. B. ein Kreuzstein bei Breitengüßbach (B.-A. Bamberg), der auf der Vorderseite neben dem Kreuz eine dolchartige Waffe zeigt, im Volksmunde ״die stolze Graserin13 )״usw. Häufig werden unsere Steinkreuze auch als alte Grabsteine angesprochen, unter denen schwedische Soldaten, Zigeuner usw. begraben liegen sollen, eine Deutung, die von der Kreuzform ausgeht Ihr sagenhafter Charakter liegt auf der Hand (siehe unten). Alter der Steinkreuze.
Viel schwerer als die Martersäulen sind die Steinkreuze zu datieren, einmal, weil ihre Ausführung meist sehr primitiv ist und dann, weil hier Stilmerkmale soviel wie ganz fehlen. Wir müssen uns begnügen einen weitumfassenden Zeitraum anzugeben, in dem derartige Sühnedenkmale vorkommen, etwa vom 14. bis 16. Iahrhundert; Sühneverträge und vereinzelte Zahlen auf den Denkmälern stützen diese Zeitbestimmung14). Sie verschwinden, wie schon eingangs erwähnt, je mehr sich die neue Gerichtsordnung Karls V. durchsetzt (vgl. S. 37). Richt selten werden Steinkreuze von der Landbevölkerung "Schwedenkreuze" genannt, sie würden also demnach dem 17. Iahrhundert angehören; verhältnismäßig ost weiß z. B. auch die Sage zu erzählen von Schweden, Reitern, Soldaten, die unter diesen Kreuzen begraben liegen sollen. Wer sollte sich aber im 30jährigen Kriege Zeit und Mühe genommen haben, solche Steine aufzustellen? Rein, damals hatte man andere Sorgen. Es handelt sich hier lediglich darum, die Steinkreuze als möglichst alt zu bezeichnen; genau so ist es, wenn man etwa uralte Bäume als "Schwedenföhren" (Möhrendorf, B.-A. Erlangen) oder "Wallensteinföhre( ״Kriegenbrunn, B.-A. Erlangen) “) Bei Martersäulen fehlen derartige Zeichen; die Heiligendarstellungen aber kommen einer Sagenbilbung nicht entgegen. )״Die Sage ist erzählt: Heimatbilder aus Oberfranken, 1921, S. 7f. >4) Dr. Kuh fahl (Vgl. S. 43) verficht die Theorie der germanischen (vorchristlichen) Entstehung der Steinkreuze. In unferm Gebiet spricht kaum etwas für, fehr vieles aber gegen diese Theorie.
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bezeichnet oder andererseits vor- und frühgeschichtliche Wallanlagen als ,,Schwedenschanzen ״oder die ältesten Bauernhäuser im Knoblauchsland als "Schwedenhäuser*. Es ist übrigens interessant zu sehen, wie wenig weit eigentlich die lebendige historische Erinnerung unseres Volkes zurückreicht. Gleichzeitig sehen wir, wie tief sich das Erlebnis des 30jährigen Krieges im Volksbewußtsein festsetzte, wie lebendig es weiterlebte, sodaß mit ihm gewissermaßen auf dem Lande eine neue Zeitrechnung beginnt. Der gleichen Erscheinung stehen wir ja heute selbst gegenüber, auch wir rechnen mit Ereignissen vor und nach dem Weltkrieg.
Was noch nicht geklärt ist.
Gelegentlich trisft man in unserem Gebiet ganze Gruppen von Steinkreuzen nebeneinander. Ich nenne als Beispiel: Bruck bei Erlangen, 5 Steinkreuze; Reuenhof (B.-A. Fürth) 4 Steinkreuze und eine Martersäule usw. Was bedeutet dieses gruppenweise Austreten dieser Flurdenkmäler? Eine Erklärung lautet: Die Steine standen ursprünglich verstreut in der Flur, bei späterer Flurbereinigung störten sie, deshalb wurden sie an einem geeigneten Ort zusammengestellt. Diese Erklärung hat etwas für sich, zumal die Steinkreuze in den Gruppen unter sich meist verschieden sind, also wohl aus verschiedener Zeit, von verschiedenen Meistern stammen. Dem gegenüber steht aber das bereits frühe Vorkommen von Gruppen. Die Brucker Gruppe z. B. ist bereits im Iahre 1675 bezeugt15), während auf einer Nürnberger Karte des 16. Iahrhunderts in der Nähe des Diergärtner Dores nicht weniger als sieben Steinkreuze eingezeichnet sind16). Damals aber gab es bestimmt noch keine Flurbereinigung. Wir müssen also sagen, daß es sür das gruppenweise Vorkommen von Steinkreuzen bis Jetzt noch keine allseits befriedigende Erklärung gibt. Gruppen von Martersäulen kommen im allgemeinen nicht vor — auch das beweist den Wesensunterschied —; höchstens, und auch das ist selten, findet man zwei Martersäulen nebeneinanderstehen und auch dann nur tln hervorragenden Geländepunkten, wie z. B. auf der Kunigundenruhe bei Bamberg oder auf der Höhe östlich Herzogenaurach (B.-A. Höchstadt). Eine dankenswerte Aufgabe für jede Dorfschule: In eine Karte des Schulortes und seiner Umgebung werden in einem Umkreis von 16) Schubert: Bruck bei Erlangen. 1915. S. 107 — Anm. 1e) Hoch a. a. O. S. 31.
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etwa 10 km sämtliche Flurdenkmäler eingetragen, Sagenmaterial gesammelt usw. Das wäre eine Belebung und Bereicherung des heimatkundlichen Unterrichts und gleichzeitig eine äußerst wertvolle Unterstützung der Forschung.
Hauptformen der Steinkreuze. Die Hauptformen der Steinkreuze sehen wir aus unserer Abbildungstafel V. Eine besondere, nicht so häufig vorkommende Spielart des Sühnedenkmals ist der
Kreuzstein, bei dem es sich nicht um ein freistehendes Kreuz handelt sondern um ein auf eine ziemlich starke Steinplatte eingemeißeltes Kreuz. Gelegentlich kommen auch radförmige Kreuzsteine vor. Im allgemeinen beschränken sich die Kreuzsteine auf das ehemalige Bamberger Gebiet.
Ausnahmen. 1. Hier wäre in erster Linie zu nennen der sog. "Agidiusstein" bei Eltersdorf, der nach Form und plastischer Darstellung aus dem Rahmen herausfällt und wohl auch kaum als Sühnekreuz anzusprechen ist, obwohl er abseits vom Wege in einem Acker steht.
Auf der Vorderseite ist der Heilige Agidius dargestellt, die Rückseite trägt die Iahreszahl 1396. Ölgidius war osfenbar der alte Schutzheilige von Eltersdorf (heute protestantisch). Roch heute wird die Kirchweih am Agidiustage gefeiert17), während die Gemeinde den Heiligen im Siegel führte. Das Steinkreuz, das ursprünglich sicher einen bevorzugten Platz irgendwo innerhalb der Gemeinde einnahm, dürfte wohl in der Reformationszeit auf seinen Jetzigen Standort gekommen sein. 2. Die beiden Steinkreuze bei Heroldsberge, datiert 1587, Spätlinge ihrer Art und aufgestellt nicht vom Totschläger sondern von der Stadt Nürnberg, in deren Dienst die Erschlagenen standen (vgl. Seite 37). 17) Vgl. S t e r n e ck e r: Geschichte unb Beschreibung des Pfarrdorfes Eltersdarf. Nürnberg 1844. S. 11.
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Steinkreuze. Die Hauptformen der Steinkreuze:
a) gleichschenklig-rechtwinklig.
b) gleichschenklig-rechtwinklig, aber unterer Teil verlängert. c) gleichschenklig-rechtwinklig, unterer Teil verlängert und
nach abwärts verbreitert; Stützen unter den Ouerarmen. d) Form des eisernen Kreuzes.
Steinkreuze mit besonderen Zeichen: a) Hannberg (Hacke?).
b) Großhabersdorf (Pflugschar). c) Bauernwappen aus Reutles mit Pflugschar.
d) Pfaffenhofen (Pflugschar).
Steinkreuze mit figürlichen Darstellungen: a) Eltersdorf. b) Eltersdorf, sog. Agidiusstein. c) Reunhof bei Krastshof.
KreuFsteine. a) Schnaid.
b) Hallerndorf. c) Pautzfeld. d) Zwischen Staffelbach und Unterhaid.
Die Kreuzsteine, im Süden unseres Gebietes nur selten vorkommend, begegnen um so zahlreicher im Bamberger Gebiet, vor allem westlich der
Regnitz.
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Tafel V.
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Literatur. 1. Nürnberger Gebiet: Fritz Hoch: Flurdenkmfiler aus dem Gebiete der ehemals freien Reichsstadt Nürnberg. Dissertation 1923. Nicht im Druck erschienen. Als Inventarisation gut, in vielen Einzelheiten vermögen wir ihm nicht zu folgen. Es wird bei diesen einfachen Flurdenkm&lern zu viel mit kunstgeschichtlichen Begriffen gearbeitet. Im Literaturverzeichnis nicht erwähnt ist die bereits 1911 von Hühnermann in den Deutschen Gauen veröffentlichte Inventarisation des Nürnberger Gebiets mit Karte (S. 210 ff.) ebensowenig wie mein Versuch einer Typologie in den Erlanger Heimatblättern 1922 Nr. 32 ff., die Hoch zweifellos benützt hat. 2. ErlangerGebiet:
E. P f i st e r : Flurdenkmale der Erlanger Gegend. Erlanger Heimatblätter 1924 Nr. 11—44. Brauchbare Inventarisation. 3. BambergerGebiet: Heinrich Mayer: Die Kunst des Bamberger Umlandes. Bamberg 1930. Bei den nach Ortschaften geordneten Kunstdenkmälern sind auch die Mehrzahl der Flurdenkmaler mit erwähnt. R o t t l e r : Kreuzsteln und Steinkreuze vorzüglich im Bezirke des Landbauamtes Bamberg (mit Zeichnungen). Deutsche Gaue — 1920, S. 57 ff.
4. Allgemeines: Hans Schnezer: Vom Stelnkreuz zum Marterl. Bayrische Hefte für Volkskunde. 1914. S. 26 ff. Ich erwähne diefe Arbeit, weil sie verhältnismäßig oft zitiert wird. Der Verfasser unterscheidet nicht streng zwischen Marter und Marterl (das ist zweierlei), außerdem sucht er die Entstehung der Martersäule aus dem Steinkreuz glaubhast zu machen. Da — wenigstens in unserem Gebiet — Steinkreuze und Martersäulen ihrem Wesen nach gänzlich verschiedene Flurdenkmäler sind, müssen wir diese These entschieden ablehnen. Dr. K u h f a h l Die alten Steinkreuze in Sachsen 1918. K. will die Steinkreuze z. T. aus einen germanischen (vorchristlichen) Ursprung zurücksühren. Der Beweis wäre (für unser Gebiet) noch zu liefern.
IU. Befestigte Kirchhöfe. Am Ruheplatz der Toten, da pflegt es still zu fein. Man hört nur leises Beten bei Kreuz und Leichenstein. Zu Döffingen war's anders; dort scholl den ganzen Tag Der feste Kirchhof wider von Kampfruf, Stoß und Schlag.
Die Städter find gekommen, der Bauer hat sein Gut Zum festen Ort geflüchtet und hälfe in tapfrer Hut. Mit Spieß und Karst und Sense treibt er den Angriff ab; Wer tot zu Boden sinket, hat hier nicht weit ins Grab. uh land (Die Eäsflnger Schlacht).
Unter befestigten Kirchhöfen versteht man einen Kirchhof, der mit einer starken und hohen Mauer umgeben ist; ein Wehrgang ermöglicht die Verteidigung. Häufig ist der Mauerring noch durch Ecktürme und feste Dorbauten verstärkt. Gelegentlich, nicht allzuoft, läuft auch noch ein Graben um die ganze Anlage. Auch die im Friedhof stehende Kirche selbst ist meist zur Verteidigung eingerichtet. Derartige Kirchenburgen sind im Regnitzgebiet noch verhältnismäßig zahlreich erhalten, am besten Hannberg (B.-A. Höchstadt), Esseltrich (B.-A. Forchheim) und Kraftshof (Nürnberg).
Waren befestigte Kirchhöfe notwendig?
Der Krieg des späteren Mittelalters war ein ausgesprochener Kleinkrieg. Derritorialherren, Städte oder Fürsten, suchten sich, wenn es zwischen ihnen zum Bruch gekommen war, zu schädigen durch Verwüstung des flachen Landes und durch Viehraub. Der Viehraub im großen wurde ein wichtiger Faktor der Ernährungspolitik; besonders die Stadt Nürnberg mit ihrer verhältnismäßig großen Einwohnerzahl war auf ihn in Kriegszeiten angewiesen. Am 11. August 1449 (I. Markgrafenkrieg) verbrannten die Nürnberger 18 Dörfer und brachten 2000 Haupt Vieh mit nach Hause; am 20. August werden 14, am 25. August wieder 14 Dörfer in Asche gelegt. Am 20. September können die Nürnberger wieder an 2000 Haupt Beutevieh eintreiben. In 14 Tagen allein 46 zerstörte Dörfer, das spricht für sich. Der Markgraf Albrecht Achilles blieb natürlich die entsprechende Antwort nicht schuldig, an zwei aufeinanderfolgenden Tagen verbrannte er allein in unserem Gebiete die Dörfer Bruck, Eltersdorf, Vach, Reunhof, Kraftshof, Buch, Kalchreuth, Heroldsberg und das Städtchen Gräfenberg.
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Besestigte Kirchhöfe.
Die damalige Kriegssührung suchte keine große Entscheidungsschlacht sondern Ziel war, den Gegner möglichst zu schädigen, ihn dadurch zu zermürben und zum Frieden zu zwingen. Wer aber war der Hauptleidtragende bei all diesen Fehden? Der Bauer, der in seinen ossenen Dörfern allen Raubzügen schutzlos preisgegeben war, während der Stadtbürger hinter seiner Mauer, der Adelige auf seiner Burg sichere Zuflucht sand. Kein Wunder also, wenn auch der Bauer aus die Schaffung eines ähnlichen Zufluchtsortes bedacht war. Er richtete den größten Hof des Dorfes, das war der Friedhof, der ja ohnedies schon von einer Mauer umgeben war, zur Verteidigung ein, verstärkte im Lause der Iahre die Besestigung durch Türme, bis das Ganze einen burgartigen Charakter trug, wie er uns heute noch in den guterhaltenen Beispielen Hannberg (B.-A. Höchstadt) und Krastshof (Nürnberg) entgegentritt. Diese Kirchenburgen sind also die aus der Rot geborene mittelalterliche Einwohnerwehr des flachen Landes. Warum haben die Bauern nicht das ganze Dorf befestigt?
Zunächst einmal deshalb, weil sie nicht dursten. Das Recht der Befestigung war nur den Städten vorbehalten und wurde vom Kaiser oder Derritorialherrn besonders verliehen. Daraus ergibt sich einer der mittelalterlichen Wesensunterschiede zwischen Stadt und Land: Stadt = befestigt, Dorf = offen.
Der andere Grund: die Bauern konnten das Dorf gar nicht befestigen. Das Dorf nimmt bei seiner aufgelockerten Bauweise einen verhältnismäßig großen Raum ein. Diesen weiten Raum mit einer Mauer zu umschließen, dazu hätten wohl die Kräfte nie gereicht. Ia selbst wenn es trotzdem gelungen wäre eine derartige Mauer auszuführen, so hätten im Kriegsfälle die Verteidiger gefehlt. Rein, es blieb nur die Befestigung eines Teils der Ortschaft übrig, eben des Friedhofes1). Zwar wurde auch dagegen von kirchlicher Seite Einsprach erhoben; doch Rot bricht Eisen, der befestigte Friedhos hat sich durchgesetzt. Zäune und Hecken um ein Dorf können nicht als Verteidigungsanlagen, sondern nur als Annäherungshindernisse aufgefaßt werden. Hatten sie den Gegner solange aufgehalten, bis sich die Dorfbewohner alle in den festen Kirchhof flüchten konnten, so hatten sie ihren Zweck erfüllt. Wie wir uns ein derartiges Hindernis vorzustellen haben, zeigt ein Aquarell von Kraftshof (um 1530), das Fr. Schulz in seiner* ’) Wo befestigte Dörfer vorkommen, wie etwa in unterfranken usw., ist die Siedlungsanlage geschlossen, stadtähnlich. Es liegen hier besondere Verhältnisse vor.
Besestigte Kirchhöfe.
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Monographie über Kraftshof abbildet (Abb. 3). Hier ist — wenigstens auf der einen Seite — das Dorf sogar von einem doppelten Zaun umgeben. Daß er keine Widerstandslinie darstellh sieht auch der Laie. In unserm Gebiet kenne ich nur ein einziges Dorf, das Reste einer wirklichen Besestigung aufweist, Kemmern im B.-A. Bamberg (bei Hallstadt). Hier hat sich außer einem allerdings sehr einfachen Dorhaus anschließend ein nicht unbeträchtliches Grabenstück erhalten. Diese Dorsbefestigung in Kemmern ist vorerst für unser Gebiet eine absolute Ausnahme2).
Lage der befestigten Kirchhöfe.
Als erste Feststellung: die mittelalterliche besestigte Kirche liegt n i ch t in der Mitte des Dorfes, denn die Verteidiger einer von Häufern umgebenen Dorfkirche könnten sonst nur zu leicht von einem Gegner, der sich in nahestehenden Häusern eingenistet hätte, beschossen werden. Rein, eine befestigte Kirche muß frei stehen und unschwer erkennen wir, daß die heute nahe an die Kirche herangebauten Gebäude der n a ch mittelalterlichen Zeit angehören. Deutlich zeigen diese "Randlage" auch heute noch die wohlerhaltenen Anlagen in Hannberg, Krastshof usw. Wenn irgend möglich, wählte man sür die Kirchenburg aus taktischeu Gründen einen erhöhten Standort. Veitsbronn (B.-A. Fürth) und Hohenpölz (B.-A. Ebermannstadt) bilden überzeugende Beispiele. Wenn nicht anders möglich, ist man auch mit der Lage aus niedriger Terrasse oder leichtem Hang zusrieden (Burk b. Forchheim, Seußling, Bischberg, B.-A. Bamberg usw.). Der Eingang der Kirchenburg ist stets dem alten Dorfkern zugekehrt, auf dem k ü r z e st e n Weg muß der Bauer sich und seine wertvollste Habe bergen können.
Die Wehrmauer als Hauptträgerin der Verteidigung. Fast jede Kirche unseres Regnitzgebietes dürsen wir uns im Mittelalter mit einer Wehrmauer umgeben vorstellen. Wohl hat die Mehrzahl heute ihre Wehranlage verloren, doch finden sich auch bei den entsestigten Kirchelk meist noch so viel Spuren und Reste, daß wir ihren ehemaligen Wehrcharakter auch heute noch unschwer nachweisen können. s) Ein umwalltes Dorf, Mattstes in Schwaben, bringen die Deutschen Gaue 1930, S. 124 (mit Plan). Auch hier scheint es sich um eine einzig bastehende Ausnähme zu handeln.
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Befestigte Kirchhöfe.
Typus I. Wehrmauer ohne Türme. Beim frühen, einfacheren Typus 1 besteht die Wehranlage ill der Hauptsache aus einer hohen Mauer, die oben einen offenen Wehrgang trägt. Die Brustwehr ist von schmalen Schießscharten durchbrochen (Das. Vllc), das Dor meist mit einem Dorhaus überbaut (Das. VII f). Das besterhaltene Beispiel dieses Typs dürste Veitsbronn (B.-A. Fürth) sein, das Dorhaus allerdings ist heute abgetragen. (Auf dem Stich von Rot noch sichtbar.) Vgl. Tast VI a—b! Erbauungszeit dieses Typs b i s etwa Mitte des 15. Iahrhunderts.
Typus II. Wehrmauer mit Eck- und Mauertürme ll. Dieser Typ, der in der Hauptsache dem ausgehenden Mittelalter angehört (15. Iahrhundert) zeigt zunächst, im Gegensatz zu Typus I, einen gedeckten Wehrgang nach dem Muster der Stadtbefestigung (Das. VII d). Außerdem ist die Mauer verstärkt durch meist runde Ecktürme, auch in lange Mauerstrecken sind Türme eingeschoben. Von diesem II. Typus haben sich drei Beispiele besonders gut erhalten, Hannberg (B.-A. Höchstadt), wo allerdings in den 70er Iahten der Wehrgang sür den Schulhausneubau abgetragell wurde, Esseltrich (B.-A. Forchheim) mit etwa 10 m erhaltenem Wehrgang und die fast unversehrte Anlage von Krastshof (Nürnberg). Im übrigen vgl. die Plänet (Das. VI c-f.) Der Typus II bedeutet einen wesentlichen Fortschritt, denn die vorspringenden Eck- und Mauertürme gestatten eine seitliche Verteidigung der angegrisfenen Mauer und besonders gefährdeter Punkte, wie z. B. des Dores, das in Krastshof von zwei Türmen flankiert ist (Das. VI e—i). Sind die Mauertürme nach innen offen, so ist die Anlage mit Sicherheit dem späten 15. oder Ansang des 16. Iahrhunderts zuzuweisen. Diese offenen, ״Schalen" genannten Türme machen es einem eingedrungenen Gegner unmöglich, sich im Turme sestzusetzen. Einen viereckig offenen Durm besitzt Esseltrich; in Kraftshos sind alle Türme (mit Ausnahme des Kapellenturmes) nach innen ossen und zwar von der Höhe des Wehrganges an (Das. VII h). Die Türme weisen bis zu vier Reihen Schießscharten übereinander auf (Hannberg), hatten also eine nicht unerhebliche Gesechtskrast. Der Zugang zu den Mauertürmen ist recht verschieden. Bei den oben offenen Schalentürmen von Kraftshof führt der Wehrgallg direkt durch den Durm. Die Türme in Effeltrich zerfallen in zwei getrennte Hauptgeschoße. Das untere ist vom Erdboden aus zugänglich, das obere vom Wehrgang auf einer um den Durm herumlaufenden Steinbrüstung (Daf. VII g). In Hannberg sind die Türme nur von einer
Besestigte Kirchhöfe.
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Einsteigösfnung in Höhe deg Wehrgangeg zugänglich. Diese Tsürme bildeten also eine Art Berchfrit für sich, sie haben auch Schießscharten nach innen (bis zu 27 Scharten). Der Zugang zum Wehrgang erfolgte bei I. und II. durch einfache aus der Mauer herauswachsende Steinstusen (Tas. VII e). Das eisenbeschlagene Haupttor wurde durch Querbalken von innen verrammelt. Nachzügler konnten durch ein kleines Schlupftürchen in einem der großen Torflügel eingelassen werden. Erhalten ist dies noch in Hannberg (vgl. Das VII ft). Verhältnismäßig selten umgibt ein Graben die Kirchenburg. Den Zugang hat dann wohl eine Zugbrücke vermittelt. Am besten ist die Grabenanlage noch erhalten in Büchenbach (Erlangen), Oberhaid (B.-A. Bamberg) und Kornburg (B.-A. Nürnberg). In Effeltrich (B.-A. Forchheim) steigt das Gelände gegen Westen an, nur deshalb ist der Westseite ein Graben vorgelagert. (Das. VI, b—c.) In Puschendorf (B.-A. Fürth) erklärt sich der wohlausgemauerte Graben daraus, daß die jetzige Kirche Ende des 15. Iahrhunderts an Stelle eines ehemaligen Wasserschlosses errichtet wurde. Kirchgaden, Hauseinbauten zum Schutz der Bevölkerung und zur Unterbringung von Proviant, haben sich in unserem Gebiete nicht erhalten, wohl aber Keller innerhalb der alten Befestigung, z. B. in Kriegenbrunn, Möhrendorf, Eggolsheim, hier 12 m lang und 5.2 m breit3), Ammerndorf, Hermsdorf usw.
Die Kirche selbst als Wehrbau. War es dem Gegner gelungen, die Friedhossmauer zu nehmen, so konnten sich die Bauern immer noch aus der festen Kirche heraus verleidigen. Zu diesem Zwecke mußten die Fenster klein und schmal sein. Solche Schlitzfenster finden wir z. B. noch in Veitsbronn, Hannberg usw.; freilich sind die meisten in späterer Zeit, besonders im Barockzeitalter erweitert worden. Gelegentlich lassen sich aber hier und dort neben den größeren Fenstern die vermauerten ehemaligen Schlitzfenster noch erkennen. Um die Kirche wirksam verteidigen zu können, dursten auch die Ehorfenster des Erdgeschosses nur schlitzartig gebildet werden; häufig sind diese, besonders auf der Ostseite, paarweise angeordnet, erhalten noch in Hannberg, Pautzfeld, Hirschaid, Langensendelbach usw. 3) Kirchgabensriebhöse sind typisch für untersranken. Vgl. dazu: Alte Kunst in Bayern: Das untersränkische Dors von I. M. Ritz, Augsburg, 1924 und I. M. Ritz: Besestigte Kirchen untersrankens. Fränkischer Bund, II. Jahrgang, 1. Heft, S. 46 ff. Auch W. Funk: Kirchgaden, Fränk. Kurier 7. XI. 1931. Rühl, Kulturkunde des Regnltztalee.
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Grundrisse befestigter Kirchhöfe. Typus I. Ringmauer ohne Eck-und Mauertürme, offener Wehrgang. a) Veitsbronn, Dorhaus abgetragen, Höhenlage. b) Büchenbach, Dorhaus abgetragen. Um den Fried-
hof läuft ein Graben.
Typus II. Ringmauer mit Mauer- und Ecktürmen.
c) Effeltrich. Das ansteigende Gelände macht den Gra-
ben im Westen notwendig. d) Hannberg. Neubauten schraffiert.
e) K r a s t s h o s. Man beachte, daß der Eckturm links oben
nicht an der Ecke steht. Rechts oben (punktierte Linie) wurde ein Schulhaus eingebaut. f) K r a s t s h o f. Blick aus die Kirche aus der Vogelper-
spektive. Nach einer Zeichnung von Hans Bien 1620.
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Tafel VI.
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Befestigte Kirchhöfe.
War der Angreifer auch in die K i r ch e eingedrungen, so stand den Verteidigern als letzter Zufluchtsort der Durm zur Verfügung, in den man wenigstens das nackte Leben flüchten konnte, denn Vieh und Vortäte waren dem Feind im Friedhof schon in die Hände gefallen. Der Kirchturm spielt die gleiche Rolle wie der Berchfrit einer Burg; wie dieser ist er von unten nicht zugänglich, erst ins 2. oder 3. Durmgeschoß führt vom Kirchenboden aus eine Düre, die natürlich sehr massiv sein mußte und von innen noch verrammelt wurde, in den Durm. Eine eisenbeschlagene schwere Düre bildet z. B. heute noch den Zugang zum Ehorturm in Bruck (Erlangen). Einige Türme sind auch von außen über eine Leiter (Effeltrich), einen (meist späteren) Dreppenturm (Büchenbach, Burgfarrnbach usw.) oder auch vom Wehrgallg aus zugänglich (Hetzles, Effeltrich). (Daf. VII, a und 1.) Meist ist in unserer Gegend der Durm ein sogenannter Ehort u r m, d. h. der Durm steht im Osten, sein unterstes Geschoß bildet gleichzeitig den Ehor der Kirche. Stark und massiv eingewölbt, schützt er die im Durm Geborgenen vor der Gefahr des Ausgeräuchertwerdens. Gar nicht selten trägt der Durm auch noch 4 Ecktürmchen, die sog. Scharwachttürmchen, auch ,,Pfesserbüchsen ״genannt (nach der Ahnlichkeit mit den mittelalterlichen Pfefferbüchsen). Sie gestatteten eine freie Rundsicht nach allen vier Seiten, schließlich ist von ihnen aus auch noch eine, wenn auch nicht allzu wirksame Beschießung des Gegners möglich. Wir nennen im folgenden Türme mit Scharwachttürmchen kurz ,,Fünfknopf4)״. Die überwiegende Mehrzahl der Türme im Regnitztal sind Ehortürme, also Osttürme. Aber auch die Westtürme und die der Kirche seitlich angesügten Türme sind ebenso zur Verteidigung eingerichtet; so trägt der Wessturm in Heroldsberg Scharwachttürmchen, im Westturm zu Seußling standen noch im 18. Iahrhundert Büchsen, der Westturm in Effeltrich war mit dem Wehrgang verbunden; der nördlich der Kirche stehende Durm in Büchenbach hat Schießscharten und ist nur durch einen (späteren) Dreppenturm zugänglich usw. Auch bei diesen Türmen ist das Untergeschoß fast immer stark eingewölbt. Besondere Einrichtungen zur Verteidigung des Kirchengebäudes sind in unserem Gebiete selten. Es kommen hier nur die Kirchen in Heiligenstadt (B.-A. Ebermannstadt) und Vach (B.-A. Fürth) in Betracht. In Heiligen st adt überhöht die Westgiebel*) Freilich find viele dieser "Fünfknöpfe'' nicht mehr ursprünglich, zumal wenn sie mit Schiefer verkleidet find; es dürfte sich hier um Wiederherstellungen nach einer Beschädigung hanbeln. Am urfprünglichsten und am schönsten find erhalten die Fünfknöpfe in Burgfarrnbach unb Heroldsberg.
Besestigte Kirchhöfe.
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mauer der Kirche die Friedhofsmauer und trägt zwei Reihen von Schießscharten übereinander; das ergibt mit den Schießscharten der Friedhofsmauer drei Reihen übereinander zu wirksamem Etagenfeuer. In V a ch steht die Kirche auf einer bastionsartig nach Osten ins Regnitztal vorspringenden Erhöhung. Der rechteckig geschlossene Ostchor überragt die Friedhofsmauer und trägt an seinen beiden Ecken je ein massiv steinernes Scharwachttürmchen. (Dass VII b.) Schließlich dient der Umstand, daß gar nicht selten die Rordseite der Kirche überhaupt keine Fenster ausweist, auch der Verteidigung. Da Rordfenster so wie so am wenigsten Licht spendeten, ließ man sie weg und hatte so nur drei Seiten der Kirche zu verteidigen, bei zahlenmäßig geringer Mannschaft ein wesentlicher Vorteil. Als Beispiel sei genannt Rossendorf (B.-A. Fürth) mit einem einzigen schmalen Fenster. Die allerdings sehr bescheidene Kirche in Buttendorf (B.-A. Fürth) weist überhaupt nur auf der Südseite Fenster auf. Poppendorf (B.-A. Forchheim) auf der Rordseite kein (ursprüngliches) Fenster, Röthenbach (B.-A. Schwabach) kein Rordfenster usw. Was erzählen uns die befestigten Friedhöfe? "Sobald des Feinds ansichtig man. So wollten Sturm sie läuten. Da sollt zulaufen Jedermann Mit Hauen, Gabeln, Reuten Zum Kirchhof hin mit seiner Wehr; Dann wollten sie mit einem Heer Des Feinds bald haben obgesiegt. Herab ihm tun die Hauben. Hans Sachs.
Sie erzählen uns nicht nur von der Rot des flachen Landes im Mittelalter, das die Hauptlast der landesherrlichen Kleinkriege zu tragen hatte, wenn der Fürst die Stadt, die Stadt den Bischof befehdete sondern auch von dem Lebenswillen der Bauern, die sich einen wirksamen Selbstschutz schufen. Wirksam mußte dieser Selbstschutz gewesen sein, denn wir ersahren verhältnismäßig selten etwas von Angriffen auf befestigte Friedhöfe unseres Gebietes. So wurden z. B. im ersten Markgrasen־ krieg 1449—50 Bruck, Eltersdorf, Heroldsberg, Langensendelbach, Kalchreuth, Kersbach, Krastshof und Vach verheert, nichts aber wird berichtet über einen Angriff oder gar die Einnahme einer Kirchensestung. Man begnügte sich damit das Vieh wegzutreiben, ein paar verspätete Bauern abzusangen, das Dorf anzuftecken, ein Angriff auf den Friedhof hätte Zeit und Opfer erfordert, hören wir doch aus benachbarten Gegenden, welch harte Ruß eine derartige Kirchenburg
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Besestigte Kirchhöfe.
sein konnte. So trotzte z. B. der Friedhof von Dombühl bei Rothenbürg o. T. dem mehrmaligen Sturm von etwa 600 Rothenburgern. Um den Kirchhof in Offenhausen bei Hersbruck zu stürmen mußten die Nürnberger gar 2000 Mann ausbieten. (Chroniken der deutschen Städte, Nürnberg II, 160). Ohne eine größere Streitmacht und ohne Feuergeschütze — und daran dürste es gerade bei der Eigenart des Kleinkrieges meistens gefehlt haben — war einem wohlbefestigten Friedhof so schnell nichts anzuhaben. Rur ein überraschender Handstreich oder eine längere Belagerung konnte einen Ersolg in Aussicht stellen. Vor Überraschungen aber konnte man sich durch einen entsprechenden Wachtdienst schützen, aus diesen weist ja auch die eingangs zitierte Stelle bei Hans Sachs hin. Aus seiten des Angreifers aber war man auf eine langwierige Belagerung wohl meist nicht eingestellt. Besondere Grunde für die feltenen Angriffe auf befestigte Friedhöfe. Wenn Angriffe auf befestigte Friedhöfe gewissermaßen als Seltenheiten erscheinen, so dürften außer den oben genannten äußeren Gründen noch einige nicht unwichtige innere Gründe mitsprechen. Man hatte damals noch eine gewisse Scheu einen geweihten Bau, eine Kirche anzugreifen; daß dem tatsächlich so ist, ja, daß man sogar auf diese christliche Scheu auf seiten des Angreifers spekulierte, geht daraus hervor, daß man besonders im Burgenbau die Schloßkapelle zur Verteidigung einrichtete und sie an den gesährdetsten Punkt stellte. So liegtz.B.die alte Schloßkapelle Herzogenaurach unmittelbar neben dem Eingang, in Wiesenthau ist der gesährdetsten Seite des Schlosses die Kirchenburg vorgelagert usw. Im 14. Iahrhundert war diese Scheu noch wirksam, im 15. Iahrhundert verliert sie sich, dem Markgrasen Albrecht Achilles wird der entrüstete Vorwurf gemacht, daß er den ,,Brannt in Kirchhöfen angefenget5)״. Daß aber die Scheu vor dem Heiligtum auch noch im 15. Iahrhundert weiterwirft, sehen wir in Emskirchen, wo die Nürnberger erst dann zum Angriff übergehen, nachdem sie den Pfarrer aufgefordert hatten, das Sakrament und die heiligen Geräte ans der Kirche zn tragen und gut zu verwahren®).
Reben der religiösen Schelt vor einem Angriff aus ein kirchliches Bauwerk hat zweifellos die Tatsache mit zum Schutze der Dorfkirchen beigetragen, daß sie im Mittelalter als Asylstätten galten, neben denen es freilich auch weltliche Freistätten gab, es sei hier nur an die "Freiung" auf der Nürnberger Burg erinnert.6 6) C. Höfler: Ritter Ludwigs von Ehb Denkwürdigkeiten brandenburgischer Fürsten. Bayreuth 1849. S. 77. ’) Chroniken der deutschen Städte. Nürnberg ll, S. 220 s.
Befestigte Klrchhöse.
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Historische Nachrichten über Einnahme von Friedhöfen.
Berichte über die Einnahme eines befestigten Friedhofes unseres Gebietes besitzen wir nur zwei. Beide finden sich in den Chroniken der deutschen Städte, Nürnberg Bd. II, wo der nürnbergische Feldhauptmann Erhard Schürstab mit peinlicher Genauigkeit über die Unternehmungen der Nürnberger im sog. ersten Markgrafenkrieg 1449/50 berichtet. Aus Seite 151 lesen wir: Auch zogen etlich fußgengel (Soldaten zu Fuß) hie (Nürnberg) aus und branten das Dorf zu Amerstorf (Ammerndorf, B.-A. Fürth) aus und süst etliche dörfer und gewannen den kirchoff zu Amerstorf und brachten gar ein großen raub von plündern und allerlei hausrat und vil vihs. Einige Seiten weiter (157) wird uns die Einnahme des befestigten Kirchhofs von Büchenbach (Erlangen) mitgeteilt: 9. August, .... zu mittag luffen hie bei 80 Fußgengel aus und stürmten den Kirchoff zu Büchenbach bei Bruck und namen groß traid (viel getreide) heraus und allerlei, daß sie wol geladen prachten 9 wegen (Wagen) und vihe (Vieh) und vil pawern (Bauern). Die befestigten Kirchhöfe werden noch im 30jährigen Kriege benutzt. Im Iahre 1632 unternimmt Graf Horn einen Kavallerieangriff auf Ouartiere kaiserlicher Truppen in Oberhaid bei Bamberg. In seinem Bericht7) an den König vom 7. III. 1632 heißt es: ,,... Die übrigen (Kroaten) haben sich zu den Dragonern in das Dorf Staffelbach (vgl. S. 60) retiriret und daselbst in den Kirchhof, welcher mit hohen Mauern geschlossen, nebenst die Dragoner begeben, die ich zwar durch Brandt, weil ich keine Musquetirer mit mir gehabt, zu bezwingen vermeinet, aber weil es nichts helfen wollen und des Feindes andere Ouartier so nahe gelegen, ... habe ich sie lassen müssen .. .״ Auch die Bewohner von Kornburg flüchteten sich im 30jährigen Krieg mit ihrer wertvollsten Habe hinter die hohen Kirchhofsmauern (vgl. S. 62). 1631 schreibt der Pfarrer Ayrschöitel: ,,Da die Kirche von
Truhen, Mobilien und Bettgewand so vollgesteckt war, daß man nicht zur Kanzel kommen konnte, so konnte am 11. n. Drin, kein Gottesdienst gehalten werden8)״.
Woran erkennen wir heute noch einen ehemals befestigten Kirchhof?
Eine spätere ruhigere Zeit hat häufig die funktionslos gewordene Wehrmauer mit ihren Dünnen als Steinbruch benutzt. Trotzdem läßt*6 7) Der Frankenbund, 1931, S. 90. 6) H. W l ch: Geschichte Kornburgs, Nürnberg 1911 — S. 90.
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Befestigte Kirchhöfe: (Einzelheiten. a) Querschnitt durch eine Kirche mit Ehorturm und Pfesser-
büchsen (Fünfknopf). Ehorturm vom Kirchenboden aus zugänglich. b) Kirche in Vach. Am Oftchor zwei Scharwachttürmchen.
c) Querschnitt der Ringmauer von Typus I.
d) Querschnitt der Ringmauer von Typus II. e) Steintreppe zum Wehrgang.
f) Dorhaus mit eisenbeschlagenem Dor und Schlupstürchen. (Roßtal 1494; Dor heute nicht mehr erhalten.)
g) Eckturm in Esseltrich. Zweigeschossig mit je einem besonderen Zugang.
Mit Hilse eines schmalen Mauervorsprungs
gelangt man in Höhe des Obergeschosses von Wehrgang zu
Wehrgang, also um den Durm herum.
h) Eckturm in Kraftsho st Zweigeschossig, im Obergeschoß nach innen offen, sodaß der Wehrgang gewissermaßelk durch den Durm hindurchsührt. (Schalenturm.)
1) Esseltrich. Zum Westturm der Kirche sührt ein Verbindungsgang von der Ringmauer aus; eine zweite Einsteigöffnung ist nur durch eine Leiter zugänglich.
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Tafel VII.
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Besestigte Kirchhöfe.
sich der ehemalige Festungscharakter einer Kirche aus Resten, Spuren und Einzelbauteilen meist noch einwandfrei nachweisen. Was ist verdachtig? 1. Eine mehr als mannshohe Mauer; zur bloßen Einfriedigung genügt auch eine niedrigere Mauer. 2. Eine Mauerdicke von etwa einem Meter. Die Stärke fester Friedhofsmauern schwankt etwa zwischen 90 und 110 cm. Zur bloßen Einfriedigung genügt eine weit schwächere Mauer. 3. Lage auf einem Berg oder an einem Hang. 4. Reste von Mauertürmen, Dorhäusern, vereinzelte Schießscharten, Spuren von Sperrbalken an Toren. 5. Schmale, schlitzartige Fenster in der Kirche selbst. 6. Ieder Durm mit schmalen, schlitzartigen Fenstern, Schießscharten, die sich nach innen zu sog. Schießkammern erweitern. 7. Besonders jeder Ehorturm. Trägt er außerdem noch Scharwachttürmchen, so sprechen 993/2 / für seinen Festungscharakter. (Ecktürmchen, die erst später bezeugt sind, dürften häufig auf frühere Vorbilder zurückgehen.) 8. Türme mit hochgelegenen Einsteigöffnungen. 9. Ein Graben um die ganze Anlage. 10. Lage der Kirche am Rand der alten Ortschaft.
Verzeichnis der befestigten Friedhöfe des Regnitzgebietes. a) Typus I. Ringmauer ohne Ecktürme, offener Wehrgang.
Büchenbach (Erlangen). Turm mit Schießkammern, in diefen noch Spuren von Querhölzern zum Auflegen des Gewehres; zugänglich nur über (fpäteren) Treppenturm. Die 2 unteren Stockwerke find eingewölbt. 3—4 m hohe Mauer fast vollständig erhalten, vor ihr breiter, ringslaufender Graben. Ehemals Torhaus vorhanden. Oberer Teil mit Wehrgang fehlt; Randlage. Wurde 1449 von den Nürnbergern eingenommen. Vgl. S. 55. Tas VI b. Hohenpölz (B.-A. Ebermannstadt). Die rechteckig verlaufende Ringmauer ist in einer Höhe von 3—4 m fast vollständig erhalten. Kirchhof in ausgefprochener Höhen- und Randlage. Rundbogiges Zugangstor dem Dorf zugewendel es wirb heute noch mit einem Sperrbalken abgeschlossen, links daneben ein vermauertes fpitzbogiges Pförtchen. Es ist möglich, daß überhaupt kein Wehrgang vorhanden war, zwei erhaltene Schießscharten, in niedriger Höhe lassen darauf schließen. Kirche mit Chorturm (Schlitzfenfter). Katzwang (B.-A. Schwabach). Chorturm, hohe Mauer mit Wehrganganfatz. Erbaut Ende 13. Iahrh. Randlage am Waffer. Rüsfelbach (B.-A. Forchheim). Mauer mit Wehrganganfatz größtenteils erhalten. Höhen- und Randlage.
Besestigte Kirchhöse.
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Veitsbronn (B.-A. Fürth). Isolierte Höhenlage, Chorturm mit Schießkammern. Hohe Mauer mit offenem Wehrgang und Schießscharten größtenteils erhalten. Aus einem Stich von 1759 hatte der Turm noch 4 Ecktürmchen, außerdem war auch ein Torhaus vorhanden. Tas. VI a. Bestes Beispiel für Typus l: Veitsbronn.
b) Typus II.
Ringmauer mit Eck- und Mauertilrmen, gedeckter Wehrgang. Ampserbach (B.-A. Bamberg). Ehemals 4 Türme, bis 1907 zwei Tore. Zugang zum Turm von außen über (spätere) Steintreppe. Schießscharten. Reste einer etwa meterdicken Mauer. Breitengüßbach (B.-A. Bamberg). Ehemaliger Chorturm (bis 1722 Fünfknops). Innerhalb der alten Kirchhofmauer lagen 12 "Kirchenhäuslein" (wohl ähnlich wie in Hirschaid?) — Reste einer starken Mauer. Dormitz (B.-A. Forchheim). Erhöhte Lage. An der N.-W.-Ecke des ehemaligen Friedhofes Reste eines runden Eckturms. Turm mit Schießkammern und späterem Treppenturm. Ehemals Torturm. Esseltrich (B.-A. Forchheim). Mauer mit Teil des Wehrgangs erhalten. Torturm (oberer Teil abgetragen), 3 runde, ein eckiger, nach innen offener Turm. Westturm der Kirche ehemals mit Wehrgang verbunden (vermauerte Türe am Turm, W.-Seile). Die Türe aus der N.-Seite war durch eine Leiter zugänglich. Tas. VI c und Vll i. Randlage. Hannberg (B.-A. Höchstadt). Mauerring vollständig erhalten, Wehrgang zu Gunsten eines Schulhausneubaus in den 70er Jahren des vorigen Iahrhunderts abgetragen. Drei runde und ein viereckiger Mauerturm. Ein zweigeschossiger viereckiger Bau an der Südseite wohl Karner und Wehrbau zugleich (vgl. Bruck). Das alte Torhaus später verändert. Chorturm, Fünsknops. Im Untergeschoß ber Ostseite gekuppelte Schlitzsenster. Auch an der Norbseite bes Langhauses haben sich neben den neueren, einige ber alten Schlitzsenster erhalten. Randlage. Tas. Vl d. Heiligen stabt (B.-A. Ebermannstabt). Höhenlage; Kirchturm von ber Kirche getrennt als Mauerturm (wie in Pinzberg) in die Westmauer des Friedhoses eingebaut. Schießscharten in der 4—5 m hohen Westmauer. Diese werden noch überhöht durch Schießscharten im Westgiebel der Kirche. Die Kirche hatte ehemals noch einen Rückhalt an der dicht über ihr liegenden Burg. Heroldsberg (B.-A. Erlangen). Höhenlage, Fünsknops. (Westturm.) Aus der Dürer-Zeichnung der alle Torturm sichtbar. Aus einem Stich von I. A. Böner (1708) zwei Mauertürme"). Wie ein Vorwerk ist das sog. "Weiße Schloß" der Kirche vorgelagert. Hetzles (B.-A. Forchheim). Die 1884 zu Gunsten eines Schulhausneubaus abgebrochene Besestigung bestand aus einer Ringmauer, zwei runden Ecktür’) Scheven a. a. O. S. 57 hält bas Gebäude in der Südwestecke des Friedhofes (bei Dürer) sür ein Torhaus. Das kann nicht stimmen, denn die alte Siedlung Heroldsberg lag ganz aus der Höhe, der Eingang kann sich also nicht auf der Talfeite befinden, außerdem ist von einem Tor auf der Zeichnung nichts zu fehen. Zweifellos aber haben wir in dem stattlichen Turm rechts des Chores einen Torturm zu erblicken, der etwa dort gestanden sein müßte, wo auch heute der Osteingang zum Friedhof sich besindet.
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Besestigte Kirchhöfe.
men und einem Vierecksturm, der den Eingang flankierte. Der alte Chorturm steht heute seitlich des neuen Kirchenlanghauses. Von einer Türe hoch oben am Turm (Ostseite) führte eine Verbindung zum Wehrgang (vgl. Esseltrich). Ein breiter Graben umgab die ganze Anlage. Randlage. (Abb. Frank. Schatzgräber 1927, S. 73.) Hirschaid (B.-A. Bamberg). Von dieser besonders schönen Anlage nichts mehr erhalten. 1410 erbaten die Bewohner die Erlaubnis "Häuser und Behältnisse auf der Friedhofsmauer zimmern und bauen" zu dürfen. (14 Mauerhäufet wurden gebaut.) Abb. Deutsche Gaue 1911, S. 131. Letzter Rest 1902 abgebrochen. Turm mit Schießkammern. Kraftshof (Nürnberg). Mauerring mit Wehrgang fast vollständig erhalten. 5 runde Ecktürme, Torhaus verändert (alte Ansicht bei Schulz), Chorturm — ehemals Fünfknopf. Anlage des Mauerrings 1505—10, also sehr spät. Randlage. Oberhaid (B.-A. Bamberg). Chorturm, Graben im Süden und Osten. Ein Schiedsspruch von 1467 spricht vom beabsichtigten Bau eines Kirchhofs "mit Graben, Mauern, Türen oder Torhäusern". Pinzberg (B.-A. Forchheim). An N.= und W.-Seite Mauer noch etwa 7 m hoch. Hoher Torturm. An RW.-Ecke der Mauer Konsole eines runden Eckturms. Die Westseite der Kirche steht auf der Friedhofsmauer. Die vom Wehrgang in die Kirche führende Pforte permauert, aber deutlich sichtbar. Staffelbach (B.-A. Bamberg). An der Südwestecke des Friedhofes viereckiger, ehemals vorspringender Mauerturm erhalten. (Maueransatz sichtbar.) Chorturm. (Vgl. S. 55.) NB. Es find unter Typus II hier nur die Kirchhofsbesestigungen ausgenommen, bei benen sich Mauer- und Ecktürme erhalten haben oder doch wenigstens an Spuren oder an Hand älterer Ansichten nachzuweisen find. Die am besten erhaltenen Anlagen sind Esseltrich, Hannberg, Kraftshos.
Typus I oder II? Heute nicht mehr zu entscheiden. Bei dem größten Teil ehemals befestigter Friedhöfe läßt sich wegen des Fehlens oder der nur teilweisen Erhaltung der Ringmauer die Zuteilung zu einem der beiden Haupttypen nicht mit Sicherheit durchführen. Wir begnügen uns den ehemaligen Wehrcharakter dieser Kirchen sestzustellen. Adelsdorf (B.-A. Hochstadt). Chorturm der alten Kirche, unbedeutend. Amlingstadt (B.-A. Bamberg). Fünsknops. (Westturm.) Starke-'Ringmauer bes. auf der S.-Seite erhalten. Hier auch eine Doppelkapelle (Karner?) eingebaut. Vgl. Hannberg, Bruck usw. Ammerndorf (B.-A. Fürth). Der Friedhof wurde 1449 von den Nürnbergern eingenommen (Chroniken d. deutsch. Städte — II. S. 151). Der Chorturm der barocken Kirche erinnert an die ursprüngliche Anlage. Ca. 90 cm starke Mauer rings um die Kirche bis 2 m hoch erhalten. An der Südmauer Keller. (Vgl. S. 55.) Baunach (B.-A. Ebern). Fünfknopf mit steinernem Treppentürmchen. Lage aus Terrasse. Mauerreste. An der Ostseite müßte Friedhossmauer und ehemalige
Befestigte Kirchhöfe.
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Stadtmauer (vgl. S. 225) znsammengefallen sein. Dann hätte wohl auch die nach Osten wie ein breiter Turm vorspringende doppelgeschossige Friebhosskapelle Wehrcharakter besessen. (Vgl. Hannberg usw.) Bischberg (B.-A. Bamberg). Chorturm, Höhenlage. NW.-Ecke des Friebhoss ca. 1 m starke Mauer bis 4 m hoch. Bruck (Erlangen). Chorturm, Fünsknops. Im Westen Mauerrest mit Schießscharte. An der N.-Mauer kleiner doppelgeschossiger Bau. Wohl Karner und Turm gleichzeitig. (Vgl. Hannberg.) Westseiie durch Regnitz geschützt. Burgfarrnbach (Fürth). Chorturm mit angebautem, achteckigem Treppentürm. Fünfknops, einer der schönsten in unserem Gebiet. Mauer — mit Ausnähme der Westseite — etwa bis zur Höhe des ehemaligen Wehrgangs erhalten. Höhenlage. Burk (B.-A. Forchheim). Starke Mauer auf der Westseite. Schießscharten. Bastionsartige Lage aus Talvorsprung. (Vgl. Seußling, Wendelstein usw.) Buttenheim (B.-A. Bamberg). Ehemaliger Chorturm. Kirche etwas erhöht gelegen. Cunreuth (B.־A. Forchheim). Höhenlage der (neueren) Barockkirche. Auf der Südseite der Friedhossmauer Vorsprung, der vielleicht als Rest einer alteren und stärkeren Mauer angesprochen werben könnte. Einen besseren Schutz sanden die Einwohner wohl in dem geräumigen Wasserschloß — vgl. S. 144. Eggolsheim (B.-A. Forchheim). Fünsknops. Schlitzfenster. Randlage. 12 m langer Keller (Vorratsraum). Reste einer starken Mauer. Eltersdorf (B.-A. Erlangen). Chorturm mit Schießkammern. Etzelkirchen (B.-A. Höchstabt). Chorturm, Höhen- und Randlage. Feucht (B.-A. Nürnberg). Chorturm, Fünfknops, die Ecktürmchen primitiv aus Holz. In der jetzigen Friedhofsmauer dürften — besonders im Osten — noch Teile der alten Mauer enthalten sein. Frensdorf (B.-A. Bamberg). Chorturm, früher Fünsknops Schießscharten im Turm. Mauerreste. Keine Höhenlage. Gaiganz (V-A. Forchheim). Chorturm. Rand- und Höhenlage. Bescheiden. Geisfeld (B.-A. Bamberg). Fünfknops mit Schlitzsenstern. Auf der Nordfeite noch Reste einer hohen Mauer. Großgründlach (B.־A. Fürth). Chorturm mit Schießkammern, darin ehemals Oluerhölzer zum Auflegen des Gewehrs. Auf dem Turm sind Geschütze bezeugt11). Reste einer hohen, starken Mauer. Hausen (B.-A. Forchheim). Höhen- und Randlage. Turm mit Fensterschlitzen1®). Aus einer Jagdkarte der 1. Hälfte des 18. Iahrh. ist die Kirche von einer hohen Mauer umgeben. (Im Besitz von Frhr. v. Sturmfeber-Hornech Schloß Thurn.) Heroldsbach (B.-A. Forchheim). Ehemaliger Chorturm. Fenster erneuert. Herrnsdorf (B.־A. Bamberg). Chorturm mit zahlreichen kleinen Schlitzsenstern. Mauer z. T. in einer Stärke von ca. 1 m erhalten. Auf der Südfeite
“) K. Kupfer: Die Pfarrkirche St. Wolfgang zu Hausen bei Forchheim. Bamberg 1930. Die oben erwähnte Abbildung scheint mir verhältnismäßig zuverlässig, zeigt sie doch auch die ehemals ausfallende Turmform. )״Lehner-Burgstall: Nürnbergs nächste Umgebung usw. 1913, S. 171.
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Besestigte Kirchhöfe.
eingebauter Keller mit Tonnengewölbe (Zugang von außen neu). Höhenlage. (Abb. Deutsche Gaue 1908, S. 99.) Herzogenreuth (B.-A. Bamberg). Höhenlage, Chorturm; die über 1 m starke Friedhofsmauer ist stellenweise noch 2 m hoch. Kairlindach (B.-A. Höchstadt). Stattlicher Chorturm — Langhaus neu. Randlage. Kalchreuth (B.-A. Erlangen). Höhenlage, "um das ganze Heiligtum aber wird eine hohe Kirchhossmauer gebaut, auch ist im Eingangstor der Turm des Meßners zum Schutz gegen Jedermännlglich.' XV. Jahresbericht d. Hist. Vereins v. Mittelfranken 1846, S. 34.
Kersbach (B.־A. Forchheim). Chorturm mit Schießkammern. Reste der alten, starken Ouadermauer. Kirchehrenbach. Fünflnopß wohl ehemaliger Chorturm. Erhöhte Lage. Kornburg. Barockkirche in mittelalterlicher Ringmauer; diese in stattlicher Höhe erhalten. Der Torbau dürfte vom alten Torhaus (vgl. Regelsbach u. Roßtal) herrühren. An der Südostseite deutliche Spuren eines ehemaligen Grabens. (Vgl. S. 55.) Turm ehemals Fünfknopf. Kriegenbrunn (B.-A. Erlangen). Chorturm. Hohe Mauer noch teilweise erhalten. Höhenlage. Keller innerhalb der Mauer. Langensendelbach (B.-A. Forchheim). Ehemaliger Chorturm mit Schießkammern. Randlage. Es soll ein Torhaus und ein Graben vorhanden gewesen sein. Leutenbach (B.-A. Forchheim). Ehemaliger Chorturm, Fünsknops. Li mb ach (B.-A. Höchstadt). Chorturm. Litzendorf (B.-A. Bamberg). Rand- und Höhenlage. Chorturm, Fünfknops mit Schießscharten. Am Chor schmale, gekuppelte Fenster. Lohndors (B.-A. Bamberg). Chorturm, Rand- unb Höhenlage. Memmelsdorf (B.-A. Bamberg). Chorturm. Fünsknops. Mi st en do rs (B.-A. Bamberg). Höhenlage, Chorturm, Fünsknops. Nördlich der Kirche starke 2—3 m hohe Mauer. Mögeldorf (Nürnberg). Höhenlage aus steiler userterrasse. (Turm seitlich unb ausfallend schmal.) Möhrendors (B.-A. Erlangen). Chorturm, Reste der alten hohen Mauer und Keller innerhalb derselben. Neuhaus (B.-A. Höchstadt). Chorturm, Kirche etwas erhöht. Wie das Schloß am einen, so Hegt die Kirche am anderen Ende der sehr langgestreckten Siedlung. Neunkirchen (B.-A. Forchheim). Der Turm der Klosterkirche ist in seinem unteren Teil ein ausgesprochener Wehrturm, der später ein Bestandteil der Klosterbesestigung wurde. Vgl. A. Röder: Neunkirchen am Brand. Niederanirsberg (B.-A. Ebermannstadt). Chorturm, früher Fünfknops. Höhenlage am Rande der Ortschaft. Obermichelbach, (B.-A. Fürth) Chorturm, Reste einer starken Mauer.
Pautzseld (B.-A. Forchheim). Chorturm mit Schießkammern — Reste einer ca. 1 m starken Mauer. Die Westmauer stieß an bie Westmaucr der Kirche. Hoher Maueransatz sichtbar. (Vgl. Pinzberg.) Pettstadt (B.-A. Bamberg). Ehemaliger Chorturm.
Befestigte Kirchhöfe.
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Poppendorf (B.-A. Forchheim). Chorturm, oben aus späterem Fachwerk Schlitzsenfter. An Ost- und Nordseite der Kirche kein (ursprüngliches) Fenster. Höhenlage.
Poppenreuth (Fürth). Westturm mit Schießkammern. Drei Stockwerke eingewölbt. Mauerstärke im 2. Geschoß 1,6 m. Turm 1476. Pretzfeld (B.-A. Ebermannstadt). Früher Chorturm, Fünsknops und zwei Torhäuser. Regelsbach (B.־A. Schwabach). Chorturm, Schießscharten — Torhaus unb unterer Teil der Ringmauer erhallen. Stärke ca. 1 m. Neben dem Tor Wehrgangansatz und Treppe erkennbar. (Vgl. Roßtal und Kornburgl) Reuth (B.-A. Forchheim). Höhenlage. Sonst ist von einer Wehranlage um die barocke Kirche nichts erhalten. Rossen do rs (B.-A. Fürth). Chorturm. Nur das wuchtige Untergeschoß ist alt. Schmales Fenster aus Nordseite des Langhauses. Südsenster neu. Westseite kein Fenster. Leicht erhöhte Lage. Roßtal (B.-A. Fürth). Ringmauer im unteren Teil saft vollständig erhalten, z. T. in beträchtlicher Höhe. Tothaus mit Schießscharten und Iahreszahl 1494. Westturm, unteres Geschoß keine Ösfnungen, eingewölbt. Weiter oben Schießscharten. Die Friedhossanlage überrascht durch ihre Weiträumigkeit. (Vgl. S. 230.) Tas. Vlll. Röthenbach (B.-A. Schwabach). Turm aus der Nordseite mit Fensterschlitzen. Nordseite der Kirche keine Fenster, Westseite Schlitze. Nordmauer des Friedhofes noch ca. 3—4 m hoch; die ehemalige größere Breite an Spuren noch erkennbar. Auffallend die verhältnismäßig ties gelegene Anlage. Röttenbach (B.-A. Höchstadt). Ehemaliger Chorturm. Ansatz des alten Langhauses aus Ost-Seite des Turmes noch sichtbar. Randlage. Sambach (B.-A. Höchstadt). Chorturm. Schlammersdorf (B.-A. Forchheim). Chorturm, unbedeutend. Seukendorf (B.-A. Fürth). Ringslausende hohe Mauer (ca. 3 rn), in ihrer ursprünglichen Stärke nur an kleiner Stelle an der Ostseite erhalten. Westtürm unten nicht eingewölbl dann oben Schießscharten. Oberstes Geschoß barock. Int Langhaus noch einige schmale Schiitzsenster.
S e u ß l i n g (B.-A. Bamberg). Die bastionsartige Stellung aus steiler Höhe noch heute von starker Wirkung, wenn auch vom Schulhaus wesentlich beeinträchtige Der stattliche Westturm trug noch 1600 vier Scharwachttürmchen. In den Schießkammern des Turmes standen noch im 18. Jahrhundert Büchsen. An der Nordseite der Kirche keine Fenster. Von der äußeren Ringmauer noch beträchtliche Teile mit Schießscharten erhalten. Steppach (B.-A. Höchstadt). Höhenlage, Randlage. Ehemaliger Chorturm. Am mittelalterlichen Tor der Friedhofsmauer sind rechts und links noch deutlich die Verliesungen sür ben Sperrbalken zu erkennen. Stettfeld (B.-A. Haßfurl). Höhenlage, Fünfknops (18. Iahrh.). Mauerrest mit Schießscharte. Strullendorf (B.-A. Bamberg). Erhöhte Lage, Reste einer ca. 1 m starken Mauer. Ten neu lohe (B.-A. Erlangen). Westturm mit Schießscharten. Ranblage. Teuchatz (B.-A. Bamberg). Höhenlage. Chorturm — Friebhosmauer ca. % m stark, bis 2 m hoch erhalten. Randlage.
64
Befestigte Kirchhöfe.
Unterleinleiter (B.-A. Ebermannstadt). Höhenlage, Chorturm mit Schießscharten. Eingemauerte Ouerhölzer zum Auslegen der Gewehre. Uttenreuth (B.-A. Erlangen). Erhöhte Lage. Spuren alter Mauer an N.-W.Seite. Enger Zusammenhang mit Schloß. (Wehreinheit?) Randlage. Vach (B.-A. Fürth). Bastionsartige Höhenlage. Mauerresle, Ecktiirmchen am Chor. Turm mit Schießscharten. Randlage. Tas. VI! b. Walsbors (B.-A. Bamberg). Chorturm mit Schlitzsenstern. Wendelstein (B.-A. Schwabach). Ausgesprochene Höhenlage, bastionsartig vorspringend, Torhaus (Ecktürmchen später hingepsuscht). Starke Mauer mit Wehrgangansatz noch großenteils erhalten. Westturm und Westfront mit Fensterschlitzen (nach innen wenig erweitert). Am Sakristeibau über dem Sakrlsteiraum im S. und O. je eine vermauerte Einsteigössnung. Randlage. Weisendorf (B.-A. Höchstadl). Chorturm, später eingebaut. Reste einer starken Mauer. Randlage. Wiesenthau (B.-A. Forchheim). Westturm mit Schießscharten. In diesen noch Spuren eines Oluerholzes zum Auslegen des Gewehres. Hier bildet die befestigte Kirche ein Vorwerk des benachbarten Schlosses. Vermauerte Türe erhöht an Westseite der Kirche. — Vgl. S 51. (Ehemalige Verbindung mit der Schloßmauer) Willersdors (B.־A. Forchheim). Chorturm. Reste einer hohen Kirchhofsmauer im Westen; der größte Teil mußte allerdings einer Anlage mit glatten Betonmauern weichen. Randlage. Zentbechhosen (B.-A. Höchstadt). Höhenlage, Chorturm — Obergeschosse des Turmes später. Zirndorf (B.-A. Fürth). Westturm, unten eingewölbt; früher Fünfknopß auf dem Trechsel’schen Plan vom Lager Wallensteins deutlich zu erkennen. An der West- und Südseite des Friedhoses Reste einer hohen und starken Mauer (ca. 1 m). Etwas erhöhte Lage.
Literatur: F. Scheven: Die mittelalterliche Befestigung her Dorskirchen im Regnitzgau. Dissertation. Erlangen 1914. Die Arbeit eignet sich zur Einführung, enthält aber im einzelnen eine Reihe von ungenauigkeiten und Irrtümern. Von dieser Arbeit ist nur bei erste systematische Teil im Druck erschienen, der zweite spezielle Teil dürste wohl überhaupt nicht mehr erscheinen. Deutsche Gaue: 1906 (S. 240 sf), 1907 (S. 61 ss.) und 1908 (S. 49 ss.fr Allgemeine Gesichtspunkte über befestigte Friedhöfe mit Beispielen, 1911, S. 129 ss. Zusammenstellung von befestigten Friebhösen in Bayern. Knappe Einzelangaben, Verzeichnis lückenhaft. A. D ü r r w ä ch t e r: Effeltrich und bie befestigten Friedhöfe — Bamberg 1910. R o t t l e r : Der befestigte Friedhof und bie 1000jährige Linde in Effeltrich — Bahr. Heimatschuß 11 (1913). S. 23 ff. Enthält brauchbare Zeichnungen. F. T. Schulz: Die St. Georgskirche in Kraftshof. Straßburg 1909. Geht auch auf die Befestigung ein und bringt entsprechende gute Bilder. H. Timm: Unserer Lieben Frauen Pfarrkirche zu Katzwang. Dissertation Erlangen 1914. Auf S. 19 ss. Angaben über die ehemalige Befestigung. Die Übersetzung von ״cirniteriurn“ (Friedhof) mit "Befestigung" in einer urkunbe von 1298 erscheint uns reichlich kühn.
U. Bauernhof und Bauernhaus. A. Der Host Der Rormalgrundriß des sog. fränkischen Gehöfts. Das fränkische Gehöft besteht in der Hauptsache aus drei Gebäudeli, dem Wohnhaus mit dem Giebel zur Straße, einem Stallgebäude dem Wohnhaus gegenüber, zwischen ihnen im Hintergrund die Scheune. Diese drei Gebäude schließen einen mehr oder minder regelmäßigen Hos ein, der auf der Straßenseite durch einen Zaun oder eine Mauer seinen Abschluß findet. Ein breites Dor mit einem kleinen Türchen daneben gewährt Einlaß in den Hof. Rur vom Hof aus ist das Wohnhaus, dessen Düre immer auf der Draufseite liegt, zugänglich. Breit und behäbig hingelagert, reiht sich im fränkischen Dorf Gehöft an Gehöft, jedes in sich abgeschlossen. Die Giebel an der Straße geben dem fränkischen Dorf sein typisches Gepräge (Daf. Villa).
Das fränkische Gehöft von heute. Rur noch vereinzelt trifft man einen Bauernhof, bei dem tatsächlich ein Stallgebäude auf der anderen Hofseite dem Wohnhaus gegenüberliegt, während die Scheune im Hintergrund des Hofes (direkte Zufahrt des Erntewagens) ihren Platz behauptet hat. Der Stall ist heute meist in die rückwärtige Hälfte des Wohnhauses gewandert. Deutlich heben sich auf der Hofseite die größeren Fenster der Wohnräume von dell kleineren Stallfenstern ab. An Stelle des reinen Wohnhauses ist jetzt also das Wohn-Stall-Haus getreten (Daf. VIII b). Auf dem Platz, den ursprünglich der Stall einnahm, finden wir heute meist offene Schuppen, Kleintierställe usw.; nicht selten wird diese Seite des Hoses von der Außenwand des nächsten Bauernhauses abgeschlossen. Der fränkische Bauernhof besitzt also heute im allgemeinen ein Bauwerk weniger als früher. Aus der Dreiflügelanlage ist eine Zweiflügelanlage geworden. Maßgebend waren wohl vor allem wirtschaftliche Verhältnisse. Der Misthaufen, gewissermaßen der Wertmesser des bäuerlichen Besitzstandes, nimmt einen großen Teil des Hofes ein. Auf hohem Balkenfuß thront ein Taubenhaus, in der Einzelausbildung sehr verschieden. Der Backofen dagegen hat keinen bestimmten Platz, er kann überall stehen, ja sogar auf der anderen Straßenseite, also außerhalb des Gehösts. Richt selten schiebt sich zwischen Bauernhaus und Einfriedigung noch ein kleines Bauerngärtchen ein. Der Abschluß nach außen ist imRühl, Kulturkunde des Regnitztales.
5
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Bauernhof und Bauernhaus.
mer stark betont, am ausfallendsten im sog. "Knoblauchsland( ״östlich der Regnitz zwischen Erlangen und Nürnberg), wo eine 1 bis P/2 m hohe Mauer nur von dem Hostor mit seinem kleinen Rebentürlein ("Läuferle“) durchbrochen wird. Dadurch bekommt der Gesamteindruck etwas Wehrhaftes.
B. Das Bauernhaus. Normalgrundriß des fränkifchen Bauernhauses. Das Bauernhaus ist nur vom Hof aus zugänglich, der Eingang befindet sich also auf der Draufseite. Man gelangt zunächst in einen Flur, an den sich rückwärts meist die Küche anschließt. Eine seitliche Düre führt in den Hauptraum, die Wohnstube, die immer eine ganze Hausecke einnimmt, sodaß man von ihr aus sowohl den Hoss als auch die Dorsstraße beobachten kann. Daran schließt sich nach rückwärts die Kammer als Schlafraum von Bauer und Bäuerin. Auf der anderen Seite des Flurs liegen meist noch ein paar Kammern, auf die dann sofort der Stall folgt. Vom Flur führt eine Treppe ins Obergeschoß, das auf der Giebelseite mindestens eine Stube enthält (Das. VIII b). Sehr häufig — ja es ist fast die Regel — haben bei uns die Bauernhäufet im Erdgeschoß drei Fenster zur Straßenseite. Zwei von ihnen gehören zur Stube. Dann kommt — meist in etwas größerem Abstand — das dritte Fenster, das zur Kammer gehört; man beachte, wie also schon im Außenbau die Inneneinteilung zum Ausdruck kommt. Bei Neubauten (z. B. in Möhrendors, B.-A. Erlangen) wird heute noch an dieser bewährten Einteilung sestgehalten.
Reste eines älteren Typs: Walmdach. Unser Regnitztal hat (schon als alte Rsrd—Südstraße) immer und immer wieder unter Kriegen zu leiden gehabt. Es seien hier nur die beiden sogenannten Markgrafenkriege und schließlich der 30jährige Krieg genannt, der ja einmal hier seine ganze Macht zusammenballte (1632, Schlacht an der alten Veste). Wir dürfen uns also nicht wundern, wenn aus dem 16. und 17. Iahrhundert nur wenig ländliche Wohnbauten auf uns gekommen find. In Thon, Almoshof, Großreuth hinter der Veste, alles Siedlungen dicht nördlich Nürnberg, finden wir ganz vereinzelt alte Bauernhäuser, die uns wegen ihres eigenartigen Aussehens sofort auffallen1). Ein hohes, breites Walmdach, das fast auf den Boden reicht, ist wie eine große Haube auf den eingeschossigen Bau gestülpt. Denkt man sich an* *) Vgl. dazu: W. Funk: "Albrecht Dürer und die Schwedenhäuser" in den Fränkischen Monatsheften 1928, S. 363 ff.
Bauernhof und Bauernhaus.
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Stelle des heutigen Ziegeldaches ein Strohdach, so haben wir oas Bauernhaus, wie es uns auf Dürerbildern immer wieder entgegentritt, ich verweise nur auf die Eisenradierung ״Die große Kanone" von 1518 und das Aquarell von Kalchreuth, 1500. Es haben sich also in unserem Gebiete Bauernhäuser erhalten, die ihrem Aussehen nach aus der Zeit Dürers stammen könnten. Sie hätten demnach den 30jährigen Krieg überstanden; ebensogut ist es natürlich möglich, daß sie kurz nach dem Kriege in der altüblichen Form wieder aufgebaut wurden. Wie dem auch sei, mit Sicherheit ist ihre Entstehungszeit nicht mehr festzustellen21); jedenfalls aber haben wir in ihnen die älteste Bauernhausform unserer Gegend vor uns (Dass VIII c). Im Volk werden diese Häuser ״Slaven- ״oder auch Schwedenhäuser" genannt. Todsicher falsch ist die erstere Bezeichnung, die wohl erst der im Anfang des vorigen Iahrhunderts modernen "Slavomanie" ihre Entstehung verdankt. Mit dem Namen "Schwedenhaus״ will der Landbewohner nur ausdrücken, daß es sich um ein uraltes Haus handelt, genau Ja, wie er vorgeschichtliche Wälle, Schwedenschanzen, mittelalterliche Sühnekreuze als "Schwedenkreuze ״bezeichnet (vgl. S. 40). Heute: Satteldach und hoher Giebel.
Wenn man heute von einem fränkischen Bauernhause spricht, so denkt man unwillkürlich an einen hochragenden, spitzen Giebel, der sich der Straßenseite zuwendet. Zweierlei haben wir also zu beobachten. Aus dem Walmdach wird ein Satteldach, in seinem Straßengiebel bekommt das Haus eine Schauseite, auf die sich die Schmuckfreudigkeit des fränkischen Bauern konzentriert. Das Giebelhaus ist keineswegs erst eine Erfindung der Zeit nach dem 30jährigen Krieg, denn auf Dürers schon genannter Eisenradierung "Die große Kanone" entdecken wir vereinzelt zwischen den Walmdächern auch einige wenige Giebelhäuser3), während sie auf dem Kalchreuther Aquarell überhaupt fehien. Daraus ergibt sich also, daß das hochgiebe-
lige Bauernhaus in unserer Gegend zu Beginn des 16. Iahrhunderts wohl bekannt, aber noch lange nicht die Regel war. Es setzte sich auf dem stachen Lande erst in den folgenden Iahrhunderten durch. Aus dem Baumaterial ergibt sich eine zwanglose Zweiteilung in Fachwerkhäuser und Steinhäuser. ’) Das schönste dieser alten Bauernhäuser in Großreuth wurde leider 1930 abgebrochen. Die Iahreszahl 1686 am Schornstein darf nicht, wie M. Winter S. 68 es tut, als Erbauungslahr des Hauses angesehen werden. Haus- und Schornsteinsorm gehören zwei verschiedenen Welten an. Dem alten Haus wurde ein neuer Schornstein ausgesetzt. Vgl auch: Mein Frankenlanb, 1930, S. 110. ’) Das dargestellte Dors ist Kirchehrenbach. Das hat O. M i t i u s in ben Mitteilungen aus dem germanischen Nationalmuseum 1911, S. 141 ss. nachgewiesen.
68
Bauernhof und Bauernhaus. a) Rormalgrundriß des alten fränkischen Gehöfts
(schematisiert). 1. Wohnhaus.
5. Vorgarten
2. Scheune.
6. Hostor.
3. Stallung.
7■ Hof.
4. Backofen.
8. Straße.
b) Rormalgrundriß des heutigen Bauernhauses
(schematisiert). 1. Wohnstube.
4. Küche.
2. Kammer.
5. Kammern.
3. Flur mit Stiege.
6. Stall.
c) Alte st er Bauernhaustyp unserer Gegend. Dieses schönste Beispiel des sog. ,,Schwedenhauses( ״in Groß-
reuth hinter der Veste) wurde im Iahte 1930 abgebrochen,
um einem Neubau Platz zu machen.
d) Fachwerkwand zur Bezeichnung der wichtig st en Fachausdrücke.
1. Sockel.
5. Streben (schräg!)
2. Schwelle.
6. Riegel (wagrecht!)
3. Ständer (senkrecht!).
7. Balkenköpse.
4. Rahmen.
69
Tafel VIII.
70
Bauernhos und Bauernhaus.
1. Das Fachwerkhaus. Das hochgiebelige Fachwerk-Bauernhaus4) wurde in unserem Gebiet vom 16. bis tief herein ins 19. Iahrhundert gebaut. Wir sehen, wie fest der fränkische Bauer am Hergebrachten und der in Iahrhunderten erprobten Form seines Hauses festhielt. Freilich sind aus dem kriegsersüllten 16. und 17. Iahrhundert nicht allzuviele Fachwerkhäuser des flachen Landes auf uns gekommen. Zweierlei ist es, was uns an einem Fachwerkbau zunächst auffällt; einmal dasZutagetreten der Konstruktion (was uns vielleicht etwas an die gotische Kirchenarchitektur erinnern mag), dann der m a l e r i s ch e R e i z , den der Wechsel zwischen den hellen Wandflächen und dem dunklen, braunroten Fachwerk auslöst56 ); selbst einfachste Fachwerkfiguren wirken, in Kontrast zu weißen Flächen gesetzt, stark dekorativ. Konstruktion und Dekoration haben wir also zu beachten, wenn wir eine Entwicklungslinie heraussinden wollen. Ganz allgemein kann gesagt werden: Zunächst herrscht im Fachwerkbau die ,,Konstruktion" vor, im 17. und noch mehr im 18. Iahrhundert (Barock) tritt die Betonung der reinen Zweckform (Konstruktion) zurück zu Gunsten einer reicheren, malerischeren Wirkung, erzielt durch Häufung von einfachen Motiven oder durch neue, nicht rein konstruktive Figuren wie Kreis-, Sternformen usw. Wenn gegen Ende des 18. Iahrhunderts die Fachwerkbauten wieder zurückkehren zur einfachen, konstruktiv bedingten Form, so sprechen hier nicht nur wirtschaftliche Verhältnisse mit (wirtschaftliche Roh Teurerwerden des Holzes) soll־ dern auch der Stilwandel der städtischen Kunst. Die einfachen Formen des Biedermeier wirken auch auf das Bauernhaus vereinfachend ein. Eine Parallelerscheinung haben wir beim Steinbauernhaus (vgl. S. 75, Das. IX). Verhältnismäßig selten kommt geschnitztes Fachwerk in unserem Landgebiet vor. Die Mühle in Ammerndorf (B.-A. Fürth) allerdings ist dafür ein Prachtexemplar ihrer Gattung (wenn auch kein Bauernhaus an sich).
Konstruktion des Fachwerkhauses. Ein gemauerter Sockel reicht nur wenig über die Erdoberfläche. Darauf kommt ein starker Längsbalken, die "Schwelle" als Grundtage des ganzen Ausbaus. In diese Schwelle sind die tragenden "Ständer" eingezapst, die ihrerseits durch waagrechte "Riege l" 4) Es sei ausdrücklich daraus hingewiesen, daß hier vom "Bauernhaus" ge= sprachen wird, nicht etwa vom Fachwerkhaus in Markt und Stadt, das gar kein Bauernhaus ist. 6) Den warmen, dunklen Holzton erreichte man früher, indem man das Fachwerk mit Ochsenblut tränkte. Heute dient Ölfarbe als "Ersatz".
Bauernhof und Bauernhaus.
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verbunden, oder durch schräge "Streben ״versteift sind. Den oberen waagrechten Abschluß bildet der "Rahmen". Auf diesem ersten Geschoß baut sich, ebenso konstruiert und ebenso selbständig, das zweite Geschoß auf. Da in unserem Gebiet das eingeschossige Fachwerkhaus vorherrscht, können wir den weiteren Aufbau nur am Giebel verfolgen, der sich meist in 2—3 Stockwerken aufbaut. Die Trennung der Geschosse wird häufig durch ein vorgelagertes Dächlein noch besonders stark betont. Da die Balken, die die Decken tragen, quer (parallel zur Giebelseite) gelegt werden, verschwinden die Balkenköpfe unter dem vorspringenden Dach (Dass VIII d). Die wichtigsten Kon st ruktions- und Zierfiguren. Ständer, Riegel und Streben bilden bestimmte Figuren, die zunächst rein konstruktiv sind, gehäuft, geschwungen oder verziert aber zum Schmuckmotiv werden. An erster Stelle wäre hier das liegende Kreuz, das sog. "Andreaskreuz" zu nennen, das sich als Konstruktion wie als Schmuckmotiv gleicher Beliebtheit ersreut. Als Schmuckmotiv kommt es vor allem geschwungen vor, außerdem in Verbindung mit Vierecks- und Kreisformen. (Vgl. Daf. IX 1 1—5!) Konstruktiv bedingt ist der sog. ,,Wilde Mann" (Daf. IX 1 6), der vor allem durch die Art der Verzapfung eine besondere Festigkeit gewährleistet. Das Fischgrätenmotiv dagegen wirkt trotz der einfachen Linienführung mehr dekorativ als konstruktiv (Das. IX 1 7). Es ist klar, daß nicht immer die gleichen Fachwerkfiguren begegnen, wohl aber läßt sich in einzelnen Orten oder auch Gegenden eine besondere Vorliebe für eine bestimmte Fachwerksorm feststellen; hier wäre noch manche Beobachtung zu machen, noch manche Arbeit zu leisten. In Reuth bei Forchheim z. B. erscheint fast an allen Fachwerkhäusern das Fischgrätenmotiv usw.
Fachwerkgiebel, aber steinernes Erdgeschoß. Während das reine Fachwerkhaus verhältnismäßig schwer zu datieren ist — äußerst selten trägt es eine Iahreszahl — kann die Spielart mit dem steinernen Erdgeschoß meist mit ziemlicher Sicherheit dem 18. Iahrhundert zugeteilt werden. Stein ist das Baumaterial des 18. Iahrhunderts, vor allem im Nürnberger Gebiet. Wir sehen hier das moderne Material eindringen, ohne daß es gelingt, die alte Fachwerkbauweise vollständig zu verdrängen. So kommt es zu diesem Mischtyp, vor allem am Fuße des Iura. (Daf. IX k und 11.) Das Erdgeschoß zeigt dann freiliegenden Ouaderbau oder es ist verputzt. Ecklisenen mit oder ohne kapitälartige Bekrönung und barocke FensterUmrahmungen geben einen sicheren Anhaltspunkt sür eine summarische Datierung.
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Fachwerkhäuser. a) Unter st ürmig: Einfach konstruktiv.
b) Poxdorf:
Einfach konstruktiv, nur das Fischgrätenmuster auf
der Mittellinie wirkt dekorativ.
c) Dobenreuth: Einfach konstruktiv, aber von stark malerischer Wirkung durch Häusung konstruktiver Teile. (Vgl. damit a!)
d) Dechsendorf: An sich einfach, doch wirken die zwei reicheren Ouerstreisen stark dekorativ. e) Honings: Die dekorative Wirkung der an sich einfachen Fach-
werksfiguren wird durch die drei schmalen Ouerdächer veestärkt. (Vgl. damit c!)
1) Die häufigsten Fachwerkfiguren:
1—3. Verschiedene Formen des "Andreaskreuzes". 4. Andreaskreuz mit Raute kombiniert.
5. Andreaskreuz mit Kreis kombiniert. 6. Der ״Wilde Mann". 7. ״Fischgräten־״Motiv.
f) Gosberg: Sandsteinerdgeschoß und Fachwerkgiebel.
g) S ch n a i d :
Die Sonderform des Bamberger Gebietes. Durm-
artig, zweigeschossig, Walmdach. h) Kirchehrenbach:
Steinernes
Untergeschoß,
Fachwerkober-
geschoß, Fachwerkgiebel. Beispiel des seltenen zweigeschossigen
Bauernhauses.
(Die heute aus der Giebelseite eingebrochene
Türe ist neueren Datums.)
7.3
*FÄ-^,eoeMe-t2^oMityn׳.(*:
Tafel ix.
74
Bauernhos und Bauernhaus.
Eine Sonderform des Fachwerkhauses im Bamberger Gebiet. Einer besonderen Form des Fachwerkhauses begegnen wir gar nicht selten im Bamberger Land. Es ist ein zweigeschossiger Bau auf annähernd quadratischer Grundfläche. Das Erdgeschoß kann aus Stein oder Fachwerk bestehen. Häufig ist dieses vom Obergeschoß durch ein rings herumlaufendes Vordächlein getrennt. Ein Giebel fehlt, dafür ist das Haus mit einem nach vier Seiten abfallenden Walmdach gekrönt. Deutlich sehen wir den Einfluß der Barockstadt Bamberg, während im Gebiet der Stadt Nürnberg, die in der Barockzeit stagnierte, eine derartige Form des Bauernhauses und vor allem des Daches nicht zu finden ist. (Zum Unterschiede vergleiche man dies hochgeschobene Walmdach mit dem viel älteren, tief herabgezogenen Walmdach der sog. ,,Schwedenhäuser ״im Knoblauchsland. Daf. VIII c.) Bauernhäuser in der eben beschriebenen Form, die fast einen turmartigen Eindruck machen, finden sich, um nur einige Orte zu nennen, in Amlingstadt, Geisfeld, Stackendorf, Strullendorf, Wernsdorf (alle B.-A. Bamberg), Schnaid (B.-A. Forchheim) usw. Das Stallgebäude schließt sich unmittelbar an das Wohnhaus an (Das. IX g). 2. Das steinerne Bauernhaus des 18. Iahrhunderts.
Während das Fachwerkbauernhaus in unserem ganzen Gebiet vorkommt und sich dort besonders häuft, wo der Sandstein als Baumaterial fehlt, also auf dem Iura und am Iurarand, liegt der Schwerpunkt des steinernen Bauernhauses im Nürnberger Gebiet. Seine schönste und reichste Ausbildung hat es im sog. Knoblauchsland erfahren, wo die Fachwerktechnik beim Wohnhaus nur selten angewandt wird und eigentlich nur auf Nebengebäude beschränkt bleibt. In Aufbau und Grundrißbildung ist das steinerne Bauernhaus dem Fachwerkhaus völlig gleich. Wie dieses besitzt es einen hohen Giebel und ist nur von der Hofseite aus zugänglich. Auch hier ist die Giebelseite ausgesprochene Schauseite, und sie ist es, die dem Steinhaus sein besonderes Gepräge gibt. Einfach ist der Aufbau des Erdgeschosses, dafür konzentriert sich das Schmuckbedürfnis des Iahrhunderts auf die hohe Giebelwand, die das eigentliche Dach etwas überragt. Hoch oben thront als Giebelschmuck eine Muschel oder ein kugeliges Gebilde. Breite, flach-plastisch vortretende Bänder lausen an den Giebelseiten herab und rollen sich am unteren Dachende zur Schnecke auf. Durch waagrechte Bänder erfährt die hohe Giebelwand eine Horizontalgliederung; diesen Zweck erfüllen aber auch regelmäßig verteilte Fensterreihen im Giebel übereinander. Häufig bekommt der
Bauernhof und Bauernhaus.
75
Giebel noch einen besonderen Schmuck in einer plastischen Kartusche, auf der wir Iahreszahlen, die Initialen des Erbauers oder das "Bauernwappen ״erblicken«). (Vgl. auch Daf. V!) Es ist vor allem das immer wiederkehrende Motiv der Schnecke, das dem steinernen Barockhaus seine besondere Rote gibt. Häufig wachsen aus ihr pflanzenartige Gebilde, Blätter und Blüten hervor. Breit, behäbig steht das Steinhaus des Knoblauchsbauern vor uns. Düren und Fenster tragen z. D. Barockrahmen, die Ecken sind durch Lisenen betont. Häufig finden wir jetzt Erbauungszahlen entweder auf einer Kartusche des Giebelfeldes oder im Schlußstein der Haustüre. Das Wiedererstarken des Bauernstandes nach dem großen Krieg, das gesteigerte Schmuck- und Geltungsbedürfnis des 18. Iahrhunderts findet in diesen steinernen Barockbauernhäusern eindeutigen Ausdruck (Daf. X). A u s k l a n g. Das Sandsteinbauernhaus hält sich etwa bis in die erste Hälfte des 19. Iahrhunderts, allerdings nicht in der reichen Form, wie wir sie im vorigen Abschnitt kennen lernten. Der Biedermeierstil mit seinen einfächeren, strengeren Formen macht sich auch auf dem Lande bemerkbar. Die Ouerbänder auf der Giebelseite verschwinden, es bleibt die das Dach etwas überhöhende Giebelwand, aber aus der Muschel als Giebelkrönung wird eine einfache, streng stilisierte, schlanke Empirevase, während die weiche Rundung der Voluten am unteren Giebelende eine eckige Mäanderform annimmt (vgl. Daf. Xbl). Die Vereinfachung geht aber noch weiter. Auch die plastischen, den Giebel einfassenden Bänder verschwinden, ebenso Giebelschmuck und Voluten, die Giebelwand überhöht das Dach nicht mehr, dieses setzt direkt am Giebelrand an. So bleibt schließlich nur noch der nackte, glatte Giebel übrig, der als einzigen Schmuck höchstens noch eine einfache Kartusche oder Inschrifttafel trägt. Trotz alledem bleibt bei dem schönen zu Tage liegenden Material auch ohne Schmuck immer noch der Eindruck eines behäbigen Wohlstandes, man betrachte nur derartige Häuser in Krastshof (neben der Kirche aus dem Iahre 1821), Großreuth hinter der Veste, Sack usw. (Daf. Xe).
Schicksal des Bauernhauses im 19. und 2 0. Iahrhundert. Schon in der ersten Hälfte des 19. Iahrhunderts beginnt der Bauer (nicht die Bäuerin) seine altfränkische Tracht abzulegen und sich städ6) Vgl. H. Wilhelm: "Mitteilungen über die Hauszeichen des Bauern und des Gewerbes im Umland von Nürnberg". Mit zahlreichen guten Zeichnungen. Fränk. Monatshefte 1930, S. 2 ff.
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Das Bauernhaus aus Sandstein. a) Haus aus der Blütezeit des Sand st einbauern-
h a u s e s (18. Iahrhundert.) Giebelschmuck und Schnecken durch Bänder verbunden, Horizontalbänder gliedern den Giebel (Reunhos). Daneben Detail.
b) Verein sachte Form um 1800:
Die Ouerbänder ver-
schwinden, der Giebelschmuck wird zur Empirevase, die Schnecke zum Mäander. (Großreuth hinter der Veste.)
Daneben Detail.
Roch c)
mehr verein sachte Form
aus
der
er st en
Hälste des 19. Iahrhunderts. Die bisherige Überhöhung des Daches durch die Giebelmauer fällt. Als Dekor bleibt höchstens eine Kartusche oder ein Bauernwappen im Giebelseld. (Krastshos:
Haus 1841, Torbau 1710.) Neben diesen oben gezeigten Haupt-Entwicklungstypen sindenwir natürlich zahlreiche Zwischenstufen.
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T a f e l X.
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Bauernhof und Bauernhaus.
tisch zu kleiden. Bereits im Iahre 1800 schreibt Bundschuh in seinem Lexikon von Franken, daß die Bewohner der Cadolzburger Gegend die ,,verunstaltende Nürnberger Tracht" ablegten und aus einem Trachtenbild aus dem Knoblauchslande (etwa 1. Drittel des 19. Iahrhunderts) liest man als Unterschrift "Alte gegenwärtig im Aussterben begriffene Tracht der Knoblauchs Bauern um Nürnberg". Im protestantischen Süden ging dieser Aussterbe-Prozeß schneller, im katholischen Norden langsamer. In seiner ländlichen Tracht sühlte sich der Bauer dem Städter von vornherein unterlegen. So schlüpft er selbst in die städtische Tracht, um es dem Stadtbewohner zunächst wenigstens in einer Äußerlichkeit gleich zu tun7). Mit der Tracht beginnt es, das Haus folgt. Wie man dem Bewohner nicht mehr den Bauern, so soll man auch dem Haus nicht mehr das Bauernhaus ansehen. So verschwindet das schöne Fachwerk unter einem glatten Verputz, denn in der Stadt hatte man ja auch längst, einer neuen Geschmacksrichtung solgend, alte Fachwerkhäuser verputzt. Und nun ist der Bauer sogar städtischer als der Städter, er bringt es sogar sertig — freilich nicht überall — seine schönen Sandsteinsassaden zu verputzen. Sein Haus soll städtisch glatt, ,,modern4 ׳aussehen.
Damit ist das alte bodenständige Bauernhaus tot. Was jetzt geballt wird, wird gleich von vornherein als verputztes Gebäude errichtet, seit den 80er Iahten treten unverputzte Backsteinhäuser auf und noch später solche aus Kunststein.
H. Rebensburg8) sindet in seiner Monographie ״Das deutsche Dors" (Süddeutschland) sür diese Art des Bauens bittere Worte: ״Was seit einem halben Iahrhundert im Dorfe neu gebaut worden ist, entehrt Heimat, den Bauern und das Dors und ist durchweg unwürdig, eine ruhmreiche, mehr als tausendjährige (!) Tradition weiterzuführen. Der Bauer selbst weiß heute nichts mehr von seinen Vätern und ihrer ehrlichen, ehrbaren Bauweise und das Bauhandwerk im Dorfe, das einst schlicht und sachgemäß, echt und — eben um dieser Eigenschaften willen — "schön" den Hausbau besorgte und die innere Wahrhaftigkeit des Dorfbildes durch Iahrhunderte zu garantieren vermochte, es lebt heute nicht mehr.“ Freilich, in neuerer Zeit sehen wir eine gesunde Gegenbewegung einsetzen; verputztes Fachwerk wird wieder sreigelegt, die Neubauten passen sich (z. D.) besser den bereits bestehenden Gebäuden und ihrer*6 ’) Was wir heute als ״Tracht" bewundern ist nichts weiter als die etwa im 18. Iahrhundert auss Land gewanderte städtische Tracht. Es liegt also beim Bauernhaus der gleiche Prozeß vor, wie etwa 200 Iahre früher bei der Kleidung. 6) H. Rebensburg: Das beutsche Dorf. Süddeutschland. München o. I. (1915) Piper-Verlag.
Bauernhof und Bauernhaus.
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Umgebung an; das sind Anfänge, über die man sich aufrichtig freuen kann. Ob eine durchgreifende Gesundung möglich ist, muß die Zukunst zeigen.
C. Das Sauern-Sßirtshaus. Gar nicht selten wird das Bauernhaus mit dem Bauern-Wirtshaus in den gleichen Topf geworfen. Es besteht aber zwischen beiden doch ein recht wesentlicher Unterschied, auf den hier wenigstens kurz hingewiesen sei. Zwar ist der Besitzer einer ländlichen Gaststätte meist gleichzeitig Landwirt, aber der Gast- und Wirtshausbetrieb verlangt doch eine ganz andere Einteilung von Haus und Host benötigt vor allem viel mehr Räume für Mensch und Tier. Deshalb sind die Wirtshäuser meist zweistöckig in deutlichem Gegensatz zum eingeschossigen Bauernhaus. Der Zugang ist dem Fremden zugewandt auf der Giebeiseite, z. B. in Großgründlach "Schwan" 1776; Dechsendorf (B.-A. Höchstadt) Mahd 1770 oder Marlossstein (B.-A. Erlangen) usw. Roch einladender aber sieht das Wirtshaus aus, wenn es sich breit, also mit der Drausseite zur Straße stellt, wie z. B. die beiden Wirtshäuser vor der Kirche in Krastshof bei Nürnberg, das Stirnweiß'sche Gasthaus in Walsdorf (B.-A. Bamberg) von 1707 usw. Auf einen gesteigerten Verkehr deuten hier zwei Hostore in Altendorf (B.-A. Bamberg) von 1648 und 1697, oder bei dem schon genannten "Schwan" in Großgründlach. (Man beachte hier übrigens den streng symmetrischen Ausbau von je zwei Toren mit Nebengebäuden rechts und links des Hauptbaus.) Zu alledem besitzen zahlreiche Bauernwirtshäuser noch irgend eine besondere Eigenart, die sie von einem gewöhnlichen Bauernhaus unterscheidet. So trägt z. B. die schon genannte Fleischmann’sche Wirtschaft in Altendorf ein breites Walmdach, in Tennenlohe (B.-A. Erlangen) sehen wir vor dem Rutter'schen Gasthaus einen reizenden, säulengestützten Vorbau, während die Breitseite des Hackschen Gasthauses in Uttenreuth (B.-A. Erlangen) ein hübscher Fachwerkerker schmückt. Zum Eingang des Stirnweiß’schen Gasthauses in Walsdorf führt eine doppelseitige, breite Freitreppe hinauf usw. Die wenigen Beispiele dürften gezeigt haben, daß das Bauernhaus und das Bauern-Wirtshaus zwei paar Stiefel find.
D. Hostore und Brunnen. Um 1500 war das fränkische Gehöft von einem Latten- oder Flechtzaun umgeben, ein hohes, viereckiges Dor gewährte den Zugang9). Es *) Auf Dürer-Blättern (z. B. große Kanone von 1518) finden wir zahlreiche Beispiele.
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Bauernhof und Bauernhaus.
bestand aus zwei starken Holzpfosten, über die ein dritter quer als Abschluß gelegt war, schräggestellte Bretter bildeten einen dachartigen Schutz (Daf. XI a). Von diesen hölzernen Dorbauten ist natürlich keiner auf uns gekommen, wohl aber hat man in der Zeit nach dem dreißigjährigen Krieg an der mittelalterlichen Grundform festgehalten, nur mit dem Unterschied, daß jetzt der Dorbau aus Stein, ein kleines Rebentor, das Läuserle, fast die Regel ist. Anstelle von Brettern bildet jetzt ein kleines Ziegeldächlein den oberen Abschluß. Im Knoblauchsland sind derartige Dore — kleine Unterschiede kommen vor — noch sehr häufig. (Daf. XI b.) Dem gesteigerten Schmuckbedürsnis entsprechen dann vereinzelt Dore mit einem elegant geschlagenen Rundbogen (Großgründlach 1776, Heroldsberg usw.), doch können diese, obwohl sie Zugang zu Hof- und OkonomierKumen gewähren, nicht mehr als eigentliche Bauernhoftore angesprochen werden. (Das. XI c. Vgl. das Bauern-Wirtshaus S. 79!) Später noch verzichtet man dann auf den oberen Dorabschluß und "markiert" gewissermaßen das Dor nur noch durch Torpfosten. Doch behält man auch hier noch die alte Zweiteilung bei. Zwei eng gestellte Pfosten entsprechen dem ehemaligen Läuserle, zwei weiter gestellte dem alten Hostor. Mit ihrer meist reich profilierten Bekrönung, zu der manchmal noch eine Kugel als Abschluß kommt, nimmt sich auch diese jüngste Dorform, durchaus stattlich und behäbig aus (Daf. XI d).
Der B r u n n e n hat seinen Platz meist im Hofe, er kann aber auch an der Dorfstraße stehen. Bei tiefgelegenen Orten mit hohem Grundwasserspiegel besteht der Brunnen in einer einfachen, zisternenartigen Schöpfanlage (Heroldsberg, unterer Markt). (Daf. XI a.) Auf Dürers Eisenradierung "Die große Kanone" sehen wir im Mittelgründe rechts vor einem Bauernhaus einen Ziehbrunnen. Ein rund aus dem Boden herausgemauerter Brunnenschacht wird von zwei Steinpfeilern flankiert, die einen dem Hoftor ähnlichen Ouerbalken tragen; an ihm ist die Rolle befestigt, über die die Kette mit den Eimern läuft. Im Nürnberger Gebiet treffen wir gar nicht selten ganz gleich gebaute Brunnen. Wenn sie — wie in Heroldsberg — Iahreszahlen aus dem 18. Iahrhundert tragen, so zeigt uns das nur die lange Lebensdauer einer zweckgeborenen Form (Daf. XI b). Daneben kommen aber auch Brunnen vor, die, obwohl im Aufbau ganz gleich, ohne weiteres als Kinder des Barock angesprochen werden können. An Stelle der einfachen Steinpfeiler sind hier elegante Rundsäulen mit mehr oder minder reichem Kapitäl getreten (Heroldsberg, Marloffstein usw.) (Daf. XI c). Eine Sonderforln — ebenfalls aus dem 18. Iahrhundert — finden wir noch vereinzelt im Gräfenberger Gebiet; es ist ein geschlossenes Brunnenhäuschen, mit einem gedrückt
Bauernhos und Bauernhaus.
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ten, spitz zulaufenden Runddächlein (Rüsselbach, B.-A. Forchheim, Daf. XI d). Der Pumpbrunnen gehört der neueren Zeit an. Nicht selten hat man die Pumpanlage in einen alten Ziehbrunnen eingebaut (Marloffstein usw.). Reben diesen Brunnen, die meist in Hof oder Garten stehend dem Bedarf nur eines Hofes dienten, finden wir in unserem Gebiet auch Brunnenanlagen, die die ganze Gemeinde mit Wasser zu versorgen hatten. Es handelt sich hier meist um hochgelegene Gemeinden. Im Kern bestehen auch sie aus einem Ziehbrunnen, der aber von einem geräumigen, meist aus Fachwerk erbauten Brunnenhaus umgeben und überdacht ist, groß genug, den wartenden Wasserholerinnen — immer nur eine konnte schöpfen — Schutz vor den Unbilden der Witterung zu bieten. Verhältnismäßig einfach ist der achteckige Ausbau in Pinzberg (B.-A. Forchheim, Das. XI a). Schwer und wuchtig wirkt das viereckige Brunnenhaus in Schnaid (B.-A. Forchheim) mit seinem spitzen Zeltdach (Daf. XI b). Auch die beiden spitzgiebeligen Brunnenhäuser in Roßtal (B.-A. Fürth) tragen durchaus ländlichen Eharatter und seien deshalb hier erwähnt (Das. XI c).
Die laufenden Dorfbrunnen unserer Gegend sind durchwegs neu angelegt oder doch wenigstens neu gefaßt.
Siteratur. Die Literatur über das Bauernhaus unserer engeren Heimat ist mehr als dürftig, eine zufammenfaffende Arbeit über das fränkische Bauernhaus fehlt überhaupt noch, in größeren Werken über das Bauernhaus kommt unfer Gebiet, wenn es überhaupt erwähnt wird, viel zu kurz. Aber auch Sonderarbeiten über das Regnitzgebiet werden dem Bauernhaus nicht gerecht fo z. B.
A. Seidl: Das Regnitztal von Fürth bis Bamberg. 1901. Seibl hat auf S. 96 ganze 15 Zeilen für das Bauernhaus übrig; das abfällige urteil über das Bauernhaus ist völlig unbegründet.
Bavaria: Landes- und Volkskunde des Königreichs Bayern 1864. Band lll. S. 188 und 895 ff. bringt brauchbares Material, wenn auch heute manches überholt ist. Dr. Maria Winter: Das Bauernhaus im nürnbergifch-fränkischen Land. Dissertation. Nürnberg 1924. Die einzige Spezialarbeit über einen Teil unferes Gebietes. Man würde gerne manche Weitschweifigkeit missen zu Gunsten einer konzentrierteren Darstellung des eigentlichen Tatsachen-Materials. Auch im einzelnen kann man nicht immer mit der Verfasserin einverstanden sein. Die Bebilderung ist mäßig. So sehlt z. B. eine Abbildung des Sandsteinhauses des 18. Jahrhunderts, das doch einen Höhepunkt darstellt. Als Einführung trotzdem brauchbar. Rühl, Kulturkunde des Regnitztales.
g
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Hoftore und Brunnen. H o s t o r e: a) Dor nach einer Dürerzeichnung. b) Hoftor in Kraftshof (mit Läuferle).
c) Hoftor in Großgründlach (Wirtshaus!).
d) Pfostentor.
Brunnen in einem Gehöst: a) Zisterne (Heroldsberg). b) Brunnen mit Pfeilern (A. Dürer und Heroldsberg).
c) Brunnen mit Säulen (Heroldsberg).
d) Kleines Brunnenhaus in Rüsselbach.
Gemeindebrunnen : Im Gegensatz zu den kleineren Brunnen
in den einzelnen Gehöften stehen sie der ganzen Gemeinde zur Versügung. Die wartenden Wasserholer können sich bei
schlechtem Wetter unterstellen. a) Pinzberg. b) Schnaid.
c) Roßtal.
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Tafel XI. 6*
Ul. Die Dorskirche. Wie unterscheidet sich die Dorfkirche von der Stadtlirche?
Gleichen Zwecken dienend wie die Stadtkirche, ist sie doch etwas durchaus anderes. Eine verkleinerte Nürnberger Lorenzkirche oder eine verkleinerte Bamberger Michelskirche wird nie eine Dorfkirche abgeben. Richt der kleinere Maßstab schafft die Dorfkirche, sondern vor allem eine wesentliche Vereinfachung des Raumes, mit der (wenigstens im Mittelalter) eine gewisse Sparsamkeit an Schmucksorr.ten Hand in Hand geht. Die Dorfkirche besteht aus einem einzigen, saalartigen Raum, der sich im Ehor verengt. Das ist das Grundschema unserer Dorskirche. Seitenschiffe, Ouerschifse, Kapellenfranz usw. all das ist der Dorfkirche fremd. In ihrer einfachsten Form mit einem wenig eingezogenen, rechtwinklig geschlossenen Ehor unterscheidet sich die Kirche kaum vom Frühtyp des fränkischen Bauernhauses unserer Gegend. Man vergleiche doch nur das kleine Kirchlein in Reutles mit einem der sog. Schwedenhäuser aus dem Knoblauchsland (Daf. XII a mb). Die Ahnlichkeit springt in die Augen. Hier ist die Kirche nichts als ein Bauernhaus, das größte Bauernhaus, dem nur der Durm eine Sondernote verleiht. Das ähnliche Kirchlein in Buttendorf, B.-A. Fürth, besitzt nur einen Dachreiter. Später freilich wird das Bild reicher; derEhor schließt mit dreiSeiten des Achtecks, wenn er nicht, was ja sehr häufig der Fall ist, aus Verteidigungsrücksichten (vgl. S. 52) im Erdgeschoß des Turmes untergebracht wird. Dieser Durmchor ist für die Dorfkirche wieder besonders charakteristisch, die Stadtkirche kennt ihn nicht. Rach dem dreißigjährigen Kriege werden dann vor allem die äußeren Schmuckformen reicher. Wir finden Gesimse, Säulen, plastischen Schmuck usw., aber das Raumschema bleibt: einfacher Kirchensaal, verengerter Ehor. Wechselnd ist nur die Stellung des Turmes, der im Osten (am häufigsten), Westen oder auch seitlich stehen kann. Eine zweitürmige Pfarrkirche finden wir in unserem Gebiet nicht. (Die ehemals zweitürmige Kirche in Münchaurach war eine Klo st er-, keineDorfk i r ch e. Lage der Kirche und ihre Bedeutung für das Ortsbild. Wir haben schon bei der Behandlung der befestigten Friedhöfe gesehen, daß die Dorskirche aus taktischen Gründen nicht in der Dorfmitte liegt (vgl. S. 47) sondern am Rand der Siedlung, wenn mög
Die Dorfkirche.
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lich aus einem erhöhten Platz. Aber auch bei seitlicher Lage bildet sie durch ihre meist überragende Baumasse und den Durm den baulichen Höhepunkt des Dorfes. Er vervollständigt erst das Ortsbild, ein Dorf ohne Kirchturm erscheint uns fast wie eine Herde ohne Hirten. Barockkirchen erheben sich meist an der gleichen Stelle, aus der ihre mittelalterlichen Vorgängerinnen standen. Es bleibt also die ehemalige Randlage, obwohl jetzt aus eine Verteidigungsmöglichkeit keine Rücksicht mehr zu nehmen ist. Lassen sich auch bei Dorfkirchen verschiedene Typen unterscheiden?
Nachdem die Raumanlage der Kirche mit ihrer Zweiteilung, saalartiges Schiss und Ehor, durch die Iahrhunderte gleich bleibt, kann von verschiedenen Typen eigentlich nicht gesprochen werden. Wohl aber zeigt das äußere Gewand recht beträchtliche Unterschiede. Davon ausgehend kann wohl eine Einteilung gesunden werden. Wir wollen uns hier, da uns kunstgeschichtliche Einzeluntersuchungen fernliegen, mit einer recht summarischen Einteilung begnügen; wir teilen ein in: "mittelalterliche" Kirchen und ,,nachmittelalterliche״ Kirchen. Da im 16. Iahrhundert, dem Zeitalter der Reformation einerseits und bejahender Lebensfreude andererseits in unserem Gebiet so viel wie keine Neubauten entstanden, ebensowenig wie in der nun solgenden Zeit des 30jährigen Krieges, liegt zwischen den beiden Dypen ein Zeitunterschied von über 150 Iahren. Da aber die Stilentwicklung natürlich weitergeschritten war, zeigen die vor- und nachmittelalterlichen Kirchen recht wesentliche Unterschiede, die auch dem Laien ausfallen müssen. Im Fernbild kommt dies am besten in der Turmsorm zum Ausdruck; der spitze Durm ist mittelalterlich, der Durm mit welscher Haube nachmittelalterlich. Allerdings heißt es auch hier vorsichtig sein; nicht selten hat ein mittelalterlicher Durm eine welsche Haube bekommen1), oder aber der mittelalterliche Durm blieb stehen, während man die alte Kirche durch einen Barockbau ersetzte2) (Tas. XII, e und f).
1. Die mittelalterliche Dorfkirche. Gesamteindruck: einfach, schlicht; spitzer Kirchturm, die typische Form des bayerisch-schwäbischen Dorfkirchturms mit gedrücktem Satteldach fehlt in unserer Gegend sast vollständig3). Das Material ist in unserem Gebiet überwiegend Sandstein, der schön gequadert das Auge *) Zum Beispiel in Großgründlach (B.-A. Fürth) und Kersbach (B.-A. Forchheim). 2) Zum Beispiel in Buttenheim (B.-A. Bamberg), Pettstadt (B.-A. Bamberg). 3) Früher hatte Pinzberg (B.-A. Forchheim) einen derartigen Turm.
86
Die mittelalterliche Dorfkrrche. a) Reutles : Einfachste Form. Rechteckiger Grundriß, im östlichen Teil kaum merklich für den Ehor eingezogen. Durm an die
Rordseite angesetzt. Man vergleiche, wie die Kirche im Auf-
bau dem ältesten Bauernhaustyp unserer Gegend ähnelt. (Vgl. S. 66 i und Das. VIII c!) b) Almoshof: Sog. "Schwedenhaus ״zum Vergleich mit a.
c) Kraftshof: Langhaus mit Ehorturm. Über dem Eingang ein
Vorbau, ein sog. Paradies. d) Poppenreuth: Langhaus mit Ostchor und Westturm. Lang-
hausfenster barockisiert. Am Durm Bogensries.
In nachmittelalterlicher Zeit veränderte Dorfkrrchem e) Großgründlach: Langhaus mit Ehorturm. Das Obergeschoß des Turmes (Achteck) mit der welschen Haube ist Barock-
zutat.
Auch
die
Langhausfenster
sind
barock
erneuert.
(Unwesentliche Anbauten wurden in der Zeichnung weg-
gelassen.) f) Dennenlohe: Zwischen dem mittelalterlichen Ehor und dem
mittelalterlichen Westturm wurde ein barockes Langhaus mit barockem Mansardendach eingebaut. Über dem Hauptportal:
Restauratum 1768.
87
Tafel XII.
88
Die Dorskirche.
erfreut. Im Bereich des Iura sehlt er natürlich, infolgedessen ist hier das Kirchenäußere verputzt. Schmucksormen sind nur spärlich verwandt. Vom Sockelgesims abgesehen sind die Wände glatt, nur Türund Fensterlaibungen weisen, besonders in der Spätzeit, eine reichere Gliederung durch Rundstäbe auf. Der obere Teil der Fenster bekommt Maßwerkschmuck. Romanische Rundbogensormen sind selten, sie gehören fast immer K l o st e r kirchen an (Frauenaurach, B.-A. Erlangen), Münchaurach (B.-A. Höchstadt), Neunkirchen (B.-A. Forchheim), scheiden aber hier aus. Auch die im Achteck geschlossenen Ehorbauten, die übrigens wegen des vorherrschenden Ehorturms gar nicht so häufig sind, entbehren im allgemeinen des Schmuckes, hohe Fenster und sich nach oben verjüngende Strebepseiler, das ist meist alles. Besser ist der Durm daran; der viereckige Bau ist meist durch Gesimse deutlich in verschiedene Stockwerke eingeteilt. Bei besonders stattlichen Türmen werden die Gesimse zu Bogenfriesen4). Auch Ecklisenen finden sich gelegentlich bei solchen Türmen, z. B. in Bruck (Erlangen), Hannberg (B.-A. Höchstadt) usw. Aus Verteidigungsrücksichten fehlen — besonders bei Osttürmen — größere Fenster im Erdgeschoß (vgl. S. 51). Erst die oberen, oder auch nur das oberste Geschoß weist grö= ßere Fensteröffnungen, z. T. mit Maßwerk auf. Ausnahmeerscheinungen einer späten Zeit sind der Durmkranz und das zierliche Erkerchen aus dem Westgiebel des Langhauses in Dormitz, B.-A. Forchheim (um 1500). Der Durmhelm ist spitz; er bildet entweder eine vierseitige Pyramide oder auch er geht vom Viereck ins Achteck über, dies aber wohl meist erst in der Spätzeit. Die Höhe des Durmhelms ist sehr verschieden. Angebaute Ecktürmchen, die dem Durm einen besonders stattlichen und malerischen Charakter verleihen, dienen Verteidigungszwecken (vgl. S. 52). Man beachte besonders, daß der mittelalterlichen Dorfkirche eine Schauseite im allgemeinen sehlt, nur gelegentlich ist das Hauptportal durch reichere Behandlung etwas hervorgehoben, z. B. in SeußIing (B.-A. Forchheim)5). Vgl. auch Das. XII c (Krastshof). Hier ist wie in Seußling dem Hauptportal eine Halle, ein sog. Paradies, vorgelagert. *) Bruck, Poppenreuth, Lohndors, Hannberg, Burgfarrnbach usw. Tas. XII d. Gelegentlich aber fehlen Gesimse überhaupt, z. B. in Buttenheim, Langensendelbach, Großgründlach usw. 6) Die ältesten Kirchen hatten meist --- wieder aus Verteidigungsrücksichten — nur einen einzigen Zugang.
Die Dorfkirche.
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2. Die nach mittelalterliche katholische Dorskirche. Die barocke Dorsfirche steht meist so, daß sic mit ihrer W e st s a s s a d e einen sreien Platz beherrscht. Sie hat also im Gegensatz zur mittelalterlichen Kirche eine stark betonte Schauseite6). Sie zeigt hier eine unverkennbare Verwandtschaft mit dem Barockschloß (vgl. S. 149). Wie diesem wohnt ihr das Bestreben inne sich zur Geltung zu bringen, sich in Vorder- und Mittelgrund zu schieben.
Genau so wie beim Barockschloß, so ist auch hier der Ausbau der Fassade streng symmetrisch. Sie läßi sich immer in zwei Hauptteile
zerlegen. Ein breites, horizontales Gesims zieht einen Trennungsstrich zwischen Giebel und Hauptbau. Vom schmäleren Mittelbau des Giebels führen geschwungene Linien hin zur größeren Breite des unteren Teiles. Hier befindet sich das Hauptportal streng in der Mitte, die durch einen Vorsprung, ein Fenster oder eine Plastik über dem Hauptportal noch besonders betont wird. Die Flächen rechts und links sind durch Fenster, Lisenen, Figurennischen usw. gegliedert (Tas. XIII). Wenn möglich wird die Pracht der Schauseite noch gesteigert, gewissermaßen unterstrichen, durch eine breite Dreppenanlage, die, wieder symmetrisch angelegt, zum Hauptportal hinaufsührt. Mächtig wirkt die breite Treppe in Kirchehrenbach (B.-A. Forchheim), reich die von einer schönen Balustrade eingefaßte Treppen- und Derrassenanlage in Buttenheim (B.-A. Bamberg)7). (Das. XIII bZ Halten wir also fest: Westsassade als betonte Schauseite in klarer Zweiteilung, Außenwände von Langhaus und Ehor meist einfach und nur durch Lisenen gegliedert. Reben diesem entwickelten Kirchentyp begegnen uns aber auch Barockdorfkirchen in einfachster Formengebung, die als weniger aufschlußreich hier wohl übergangen werden dürfen. Der Durm der Barockkirche tritt bei der starken Betonung der Westfassade als Schauseite zurück, es müßte denn sein, daß er als Westiurm die Rolle der Fassade übernimmt, wie etwa der elegante
Westturm in Pretzfeld (B.-A. Ebermannstadt). (Das. XIII d.) Doch sind Westtürme verhältnismäßig selten, wie — das mag zunächst überraschen — eigentliche Barocktürme überhaupt. Sehr häufig behält man den Durm der mittelalterlichen Kirche bei, der ja als stärkster Bauteil einer ehemaligen Wehranlage den Iahrhunderten am ·) Eine große Ausnahme stellt es dar, wenn, wie in Litzendors (B.-A. Bamberg), gleich zwei Seiten als Schauseiten gestaltet reichen plastischen Schmuck tragen. (West- und Südseite.) Dies ergibt sich hier aus der Lage der Kirche an einem Hang ’) Die Fassade in Kirchehrenbach ist übrigens eine Wiederholung der von Buttenheim. Baumeister I. M. Küchel.
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Die katholische Barockkirche. Ausgesprochene Schauseite, die meist einen Platz oder eine Straße beherrscht. Die Kirche will imponieren. Deutliche horizontale Zwei-
teilung der Fassade, Vorliebe für geschwungene Formen und Linien.
Kuppelförmiger Durmabschluß.
a) Reuth bei Forchheim: Einfache, frühe Fassade (1708/17), Giebelform noch geradlinig. Auf dem Durm welsche Haube. Durm
selbst ohne Ecklisenen
(vgl. Das. XIV b), also wohl noch
mittelalterlich.
b) Buttenheim: Entwickelte, prunkvolle Form (1754/57), Giebel
mit geschwungenen Linien, reicher plastischer Schmuck. Die Gesamtwirkung wird noch geschickt gesteigert durch eine vor-
gelagerte Balustrade mit Freitreppe.
Durm mittelalterlich.
c) Kersbach: Die Fassade trägt einen Giebel von rokokohaster Ele-
ganz und Leichtigkeit (1744). Der viereckige mittelalterliche Ehorturm von schöner Barockhaube gekrönt.
d) Pretzfeld: Fassadenturm von besonders reicher Ausbildung.
Breites Sockelgeschoß, Übergang in ein schlankes Achteck, schlanke Barockhaube als Abschluß. In geschwungener Linie
gehen die unteren Durmwände in die Kirchenwand über. Die Fassade ist mit den beiden seitlichen Friedhofstoren zusammenkomponiert zu gesteigerter Wirkung (1742/61). Man vergleiche diese Tafel mit der folgenden!
91
,־Si* ־,43tu^lr&^e>, h&,ut'v142e2e,r1^n>
Tafel xlll
92
Die Dorfkirche.
leichtesten trotzte. Ausgerechnet die stattlichsten Barockkirchen unserer Gegend, Buttenheim (Das. XIII b), Kirchehrenbach, Litzendorf, Pettstadt haben den mittelalterlichen Durm ohne jede Anderung oder Modernisierung übernommen, in Litzendors ist sogar heute noch der Ehor im Ehorturm. Zahlreich sind dagegen barockisierte mittelalterliche Türme, d. h. Türme mit mittelalterlichem Unterbau und barocker Bekrönung, die in einer welschen, von einer Laterne gekrönten Haube8) besteht; als Beispiele seien genannt Kersbach und Pautzseld (B.-A. Forchheim). Reine Barocktürme sind, wie schon oben erwähnt, selten9). Das schönste Beispiel stellt der schon genannte Westturm von Pretzfeld dar, in seiner eleganten Formengebung ein Schmuckstück für Dorf und Gegend (I. M. Küchel). Einen Westturm einfachster Art besitzt die Pfarrkirche in Drügendors (B.-A. Bamberg). Seitlich an die Westsassade angebaut ist der schöne Turm in Burk (B.-A. Forchheim). 3. D o r s k i r ch e n im sog. "M a r k g r a s e n st i l".
(Protestantisch) Die überwiegende Mehrzahl der nachmittelalterlichen (barocken) Landkirchen unseres Gebietes sind katholische Kirchen, während man protestantische Barockkirchen suchen muß. Diese zahlenmäßige Überlegenheit katholischer Neubauten hat verschiedene Gründe. Einmal sand das durch die Gegenresormation gesteigerte, aber während des 30jährigen Krieges im Bauen gehemmte Selbstbewußtsein der katholischen Kirche in zahlreichen Neubauten seinen sichtbaren Ausdruck, während man sich im Gebiet der durch den Krieg verarmten Reichsstadt Nürnberg fast ausschließlich damit begnügte, ehemals katholische Kirchen dem protestantischen Kultus anzupassen. Höchstens, daß einmal ein alter Durm eine moderne (barocke) Bekrönung bekam, wie in Großgründlach (B.-A. Fürth) oder gar, das war schon vid, daß neben der alten Kirche ein barocker Durm errichtet wurde wie in Kalchreuth (B.-A. Erlangen) und in Frauenaurach, das damals längst keine Klosterkirche mehr war. In den beiden protestantischen Markgrasentümern, besonders im Ansbachischen, wurde wohl mehr gebaut, trotzdem kommen in unserm Untersuchungsgebiet nur einige wenige Bauten in Betracht, nämlich in Ammerndorf und Cadolzburg (B.-A. Fürth), Kornburg (B.-A. Nürnberg) und Uttenreuth (B.-A. Erlangen). Von diesen vier Bauten ist Cadolzburg am bedeutendsten, Ammerndorf am einfachsten (Daf. XIV). 8) Zwiebeltürme ohne Laterne sind wieder verhältnismäßig feiten z. B. in Heiligenstadt und Bronn (B.-A. Ebermannstadt), beide protestantisch! ") Reine Barocktürnle finden wir häufiger an protestantischen Kirchen wie z. B. in Uttenreuth, Frauenaurach, Kalchreuth usw.
Die Dorfkirche.
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Der Unterschied zwischen einer Barockfirche des katholisch-bambergischen Gebietes und einer gleichzeitigen Kirche der südlich gelegenen protestantischen Gebiete springt in die Augen. Während auch die einfachste katholische Dorskirche ihre Zierfreudigkeit irgendwie wenigstens anzudeuten versteht — ganz abgesehen von der feierlich-pathetischen Pracht großer Dorfkirchen (Buttenheim, Pettstadt usw.), zeigt das Außere protestantischer Kirchen eine antike Formenstrenge, die nicht selten bis zur Nüchternheit getrieben wird. Eine eigentliche Schauseite, geschwungene Giebel, plastischen Schmuck, finden wir in unserem Gebiet nirgends, auch nicht in Cadolzburg, das ja schließlich als Markt einen größeren Reichtum des Außenbaus verstündlich erscheinen lassen würde. Höchstens aus dem schlanken Durm könnte man ein gesteigertes Geltungsbedürfnis der ,,Markt״-Kirche herauslesen. Als oberen Durmabschluß tragen auch die protestantischen Landlirchen die Barockhaube10), dort wirst auch sie einfacher, ernster und schwungloser als die in ihrer Formengebung viel beweglichere und freiere Bekrönung katholischer Dorfkirchen, man denke nur an die eleganten Formell von Kersbach, Pretzfeld, Stegaurach usw. Die Gliederung des Turmes selbst erfolgt wie bei den mittelalterlichen Kirchen durch Gesimse, die aber stärker hervortreten; Ecklisenen, die uns schon im Mittelalter gelegentlich begegneten (vgl. S. 88), sind am Barockturm die Regel. Im Namen ״Markgrafenstil ״haben die einfacheren und strengeren Formen der Bauten in den ehemaligen markgräflichen Gebieten eine durchaus entsprechende Bezeichnung bekommen. Der Unterschied im Aussehen katholischer und protestantischer Kirchenbauten im 18. Iahrhundert ist natürlich kein Zufallsprodukt, die klar erkennbare Gegensätzlichkeit war gewollt als Ausdrucksform zweier verschiedener Glaubensbekenntnisse.
3n der Dorfkirche. Die Ausstattung der mittelalterlichen Kirche.
Von der Raumanlage der Dorfkirche haben wir bereits gesprochen (vgl. S. 84). Rur wenige der mittelalterlichen Kirchen sind unverändert auf uns gekommen. Der Ehorraum, zumal im Ehorturm, hat wohl meist den Stürmen des 30jährigen Krieges standgehalten und zeigt uns heute noch sein gotisches Gewölbe, das Kirchenschiff selbst aber hat in den weitaus meisten Fällen eine flache, oder wenig get0) Der Kirchturm in Kornburg trägt einen niedrigen Spitzhelm.
Die protestantische Barolikirche. Markgrafenstil.
Von innen und außen viel einfacher als die katholische Barockkirche.
In der strellgen Liniensührung herrscht die Gerade vor. Eine eigentliche Schauseite sehlt meist, ebenso ein Ehor. a) Ammerndorf: Einfachstes Beispiel einer protestantischen Ba-
rockkirche. Schon die Anordnung der Fenster an dem gänzlich
angegliederten Langhaus verrät uns die ,,Emporen״-Kirche. Im Untergeschoß des etwas reicheren Ostturmes befindet sich
die Sakristei (nicht der Ehor!).
b) Uttenreuth: Die Westseite mit dem symmetrisch angeordneten
Durm könnte als (seltene!) Schauseite angesprochen werden,
wenn sie nicht durch andere Gebäude verbaut wäre. Kein Ehor.
c) Eadolzburg: Keine Schauseite, kein Ehor.
Emporenkirche
(Fensteranordnung!). Achteckiger Durm auf viereckigem (mit-
telalterlichem) Sockel. Seine auffallende Höhe erklärt sich aus der tiefen Lage der Kirche. (Eigentlich keine ,,Dorf״-Kirche
mehr, aber beigefügt, um auch eine "reichere" Markgrafen-
kirche zu zeigen.) d) Kornburg: Keine Schauseite, kein Ehor, im Untergeschoß des
Ostturmes Sakristei.
Durch ein eingeschobenes Ouerschiff
wird eine Art Zentralbau mit Emporen geschaffen. Aufsallend der spitze Helm. (1740, sicher von Steingruber.)
Man vergleiche diese Tasel mit der vorhergehenden!
95
Tafel XIV.
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Die Dorfkirche.
wölbte Barockdecke oder auch eine Holztonne (besonders in protestantischen Kirchen) erhalten11). Kommt dazu noch eine barocke Ausstattung, so ist der Gegensatz zwischen dem mittelalterlichen Außenbau und dem barocken Innern vollständig, ich nenne als Beispiel Dormitz und Hausen (B.-A. Forchheim), Amlingstadt (B.-A. Bamberg) usw. 1. Der gotische Altar.
Der Altar ist der geistige Mittelpunkt der mittelalterlichen Kirche. Er ist auf dem Altartisch (mensa) aufgebaut, ein Zwischenstück, die Predella, bildet den Übergang zum eigentlichen "Kastenaltar״. Dies ist ein Schrein, der durch zwei Flügel geschlossen wird. Meist besitzt der Altar rechts und links noch je einen feststehenden Flügel. Diese und die Außenseite der geschlossenen Mittelslügel sind in regelmäßige Felder eingeteilt und mit Szenen aus der Heilsgeschichte bemalt. Der farbige Gesamteindruck ist verhältnismäßig stumpf und zwar nicht ohne Absicht. Wird nämlich an Feiertagen der Altar geöffnet, so tut sich ein Farbenwunder auf. Im Mittelschrein stehen vollplastische, in Holz geschnitzte Heiligenfiguren, reich in Gold gefaßt, mit leuchtenden Gewändern. Die Innenseiten der geöffneten Flügel — sie tragen meist Reliefdarstellungen — passen sich in der Farbe durchaus an. So zeigt also der Altar eine Werktagsseite (geschlossen) in gedämpften, eine Feiertagsseite (geöffnet) in leuchtenden Farben. Ein leichter, in Fialen und Maßwerk emporstrebender Aufsatz bildet den oberen Abschluß (Daf. XVa). Dieser gotische Kastenaltar, im ganzen 15. Iahrhundert vorkommend, erlebt seine Blütezeit um 150012); die Mehrzahl der noch erhaltenen Kastenaltäre gehören der Zeit um 1500 an, so z. B. die prachtvollen Haupt- und Rebenaltäre13) in Kalchreuth (B.-A. Erlangen), Seukendorf und Veitsbronn (B.-A. Fürth), Bruck (Erlangen), Limbach (B.-A. Höchstadt), Krastshof (Nürnberg) usw. Es mag auffallen, daß all die genannten Altäre — es sind die bedeutendsten des Gebietes — sich in protestantischen Kirchen befinden. Es handelt sich also um mittelalterliche Kirchen, die nach der Reformation dem protestantischen Kultus angepaßt wurden. Eine eigene protestantische Kunst gab es damals aber noch nicht, so behielt man die alte Ausstattung bei. Im Bamberger Gebiet jedoch mit seiner hochentwickelten barocken Kirchenkunst wurden die gotischen Altäre fast )״Zu den ganz wenigen Kirchen, deren Schiff heute noch ihr mittelalterliches Netzgewölbe besitzt, gehört Seußling (B.-A. Bamberg), eine der schönsten und interessantesten Dorfkirchen unseres Gebietes überhaupt. )״Blütezeit der gotischen Holzbildnerei überhaupt. “) Im allgemeinen enthält eine Dorfkirche einen Haupt- und zwei Nebenaltäre.
Die Dorskirche.
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überall durch prunkvolle Barockaltäre ersetzt. Die alten Hochaltäre, für die jetzt kein Platz mehr war, verschwanden jedoch nicht spurlos. Fast in jeder älteren katholischen Kirche finden wir ein mittelalterliches Tafelbild, mittelalterliche Reliefs und Vollplastiken, Reste der in einzelne Teile zerlegten gotischen Altäre. Ihr Kunstwert ist häufig dem der neuen Ausstattung weit überlegen.
2. Das Sakramentshäuschen.
Das heilige Meßopfer stand im Mittelpunkte des mittelalterlichen Gottesdienstes. Die Monstranz mit dem Leib Christi erforderte einen gesicherten und ausgezeichneten Standort. Rur der Ehor kam dafür in Betracht. Zunächst begnügte man sich mit einer mehr oder minder verzierten Wandnische, wie wir sie etwa in Dennenlohe (B.-A. Erlangen) oder in Willersdorf (B.-A. Forchheim) und Zentbechhofen (B.-A. Höchstadt, Tafel. XV d) finden; in Herzogenaurach wird die Umrahmung reicher, zierlicher, strebt mehr in die Höhe, immer noch bleibt aber der Aufbau auf seiner Rückseite fest mit der Wand verbunden (Daf. XV e). Um 1500 löst sich das Tabernakel völlig von der Wand und wird zum freistehenden, turmhelmartig durchbrochenen Aufbau; doch finden wir diese reiche Endphase in unserem Gebiet nur in Kalchreuth 1498 (B.-A. Erlangen) und Katzwang (B.-A. Nürnberg, Daf. XV f). 3. Übrige Ausstattung. Zu Altar und Tabernakel können noch eine ganze Reihe weiterer Kunstwerke, Einzelplastiken, Tafelbilder, Glasfenster, schließlich auch noch Dotenschilde, Epitaphien usw. treten. All das häuft sich meistens im Ehor, der somit nicht selten ein kleines Museum darstellt, ein Spiegelbild der Blütezeit Nürnberger Kunst, ich erinnere nur an die Dorfkirchen in Kalchreuth, Krastshof, Dormitz, Veitsbronn, Katzwang usw. Deutlich kommt in diesem Reichtum das Streben des mittelalterlichen Menschen zum Ausdruck, sich durch fromme Stiftungen den Weg ins Ienseits zu ebnen. Gleichzeitig bilden diese Kirchen das Erbbegräbnis des ortsansässigen Adels, der sich durch reiche Stiftungen besonders auszeichnete. Was wäre z. B. heute Kraftshof ohne die Kreß von Kressenstein oder Kalchreuth ohne die Haller?
Ich kann es mir schenken hier auf Einzelheiten näher einzugehen, weil darüber H. Mayer für den nördlichen Teil unseres Gebietes eingehend berichtet. Für den südlichen Teil unseres Gebietes fehlt allerdings eine derartig vollständige Arbeit, dafür besitzen wir für alle die eben genannten reichen Dorfkirchen Einzelmonographien, deren genauer Titel in der Literaturangabe auf S. 108 zu finden ist. Rühl, Kulturkunde des Regnitztalcs
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Die Dorfkirche.
Die Ausstattung der nachmittelalterlichen katholischen Kirche. 1. Der Barock-Altar.
Dräger des Haupteindrucks einer barock ausgestatteten oder barock gebauten Kirche ist der Hauptaltar mit seinen beiden Rebenaltären. Die Dreizahl der vormittelalterlichen Zeit ist also beibehalten (vgl. S. 100), doch welcher Unterschied klasft zwischen dem gotischen und dem barocken Altar! Iener ist in den Ehor hineingestellt, dieser aber hinein komponiert, sich den Formen seiner Umgebung geschickt anpassend; breiter, höher, imponierender, selbstbewußter als sein gotischer Bruder, füllt er fast den ganzen Ehorraum aus, die Seitenaltäre treten nicht minder seibstbewußt aus. Was von der Fassade der Barockkirche gesagt wurde (vgl. S. 89) das gilt auch vom Altar. Säulenstellungen von wechselnder Säulenzahl bilden eine Art von Triumphbogen, dessen mittlere Bogenöffnung das große Altarbild einnimmt. Architektonische Formen und plastische Gruppen bilden den oberen Abschluß, während lebhaft bewegte Einzelplastiken den ganzen Aufbau beleben und somit die ausrauschende Bewegung aufs nachdrücklichste unterstreichen. Warme Farben und reichliche Verwendung von Gold — ein leidenschaftlicher Hymnus an die Gottheit. Der malerische Zusammenklang der Barockaltäre mit dem Kirchenraum, ihr reichbewegter Aufbau ist es vor allem, der den katholischen Kirchen ihren festlichen Charakter verleiht, den wir in protestantischen Kirchen mehr oder minder vermissen14).
Die Ausstattung der nachmittelalterlichen protestantischen Kirche. 1. Die Emporen.
Der Gesamteindruck, den wir beim Betreten einer protestantischen Kirche gewinnen, ist von dem, den eine katholische Kirche vermittelt, doch recht verschieden. Hier eine mehr oder minder pomphafte Festesstimmung, dort ein unverkennbarer stiller, nüchterner Ernst; ebenso unterscheidet sich ja auch, wie wir gesehen haben (vgl. S. 93), der Außenbau einer katholischen von dem einer protestantischen Barockkirche. Diese Wesensverschiedenheit zeigt sich ja sogar in der Kleidung der Geistlichen. Welch ein Unterschied zwischen dem leuchtenden Meßgewand eines katholischen Priesters und dem einfachen, dunklen Ehorrock des protestantischen Predigers! Stark sprechen in der protestantischen Kirche die Emporen mit. *4) Daß auch die protestantische Barockkirche bei vorliegendem besonderen Bedürfnis eine ähnliche festliche Raumstimmung zu erzielen vermag, beweist unter anderem die ganz einzigartige Ordenskirche in St. Georgen bei Bayreuth, deren vornehme Prachtentfaltung keiner katholischen Barockkirche nachsteht.
Die Dorfkirche.
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n.) Emporen, nachträglich in mittelalterliche Kirchen eingebaut. Die Predigt (nicht das am Altar dargebrachte Meßopfer der katholischen Kirche) steht im Mittelpunkt des Gottesdienstes. So ist die protestantische Kirche ihrer Zweckbestimmung nach eine Predigtkirche und diesem Zweck suchte man sie so gut als möglich anzupassen. Man bedenke, es wurden vorerst nur sehr wenige Kirchen neu gebaut; man mußte sich also zunächst mit mittelalterlichen Kirchen behelfen. Wie paßte man sie dem neuen Bedürfnis einer Predigtkirche an? Durch Einbau von Emporen. Diese ermöglichen es einer möglichst großen Gemeinde den Geistlichen nicht nur zu sehen, sondern auch zu verstehen. Diese an den Wänden übereinander herumlausenden Emporen verraten uns deutlich, daß wir in einer protestantischen Kirche sind, selbst wenn sich im Ehore noch mittelalterliche Altäre mit Heiligenbildern befinden sollten, wie etwa in Kalchreuth oder Limbach (B.-A. Höchstadt) usw. (In der katholischen Kirche finden wir im allgemeinen nur eine Orgelempore, doch kommen Ausnahmen vor, wie z. B. in Büchenhach bei Erlangen usw.) Freilich verschönern die nachträglich eingebauten Emporen nicht immer gerade das Raumbild, man betrachte daraufhin nur einmal die bekannten Kirchen in Kalchreuth, Kraftshof oder Gründlach. Der Raum ist bei dem ohnedies nicht allzubreiten Kirchenschiff bedenklich eingeengt, in Möhrendors (B.-A. Erlangen) kann man sich von Empore zu Empore fast die Hände reichen. Neben diesen wenig befriedigenden Lösungen, die aber bei den gegebenen Verhältnissen nicht gut anders möglich waren, begegnen uns aber auch Emporen-Einbauten, die dem Raum ihr Recht lassen, sich einsügen, ohne den Raum zu beengen. Hier wäre zu nennen Bruck bei Erlangen und vor allem Heiligenstadt, dessen breites Langhaus (sollte es bei der Erneuerung 1653 erweitert worden sein?) direkt nach Emporen schreit. Diese, mit Bildern bemalt, umziehen das Schiss in zwei Geschossen auf allen drei Seiten und verleihen dem Raumbild einen überraschenden Wohlklang. Einfacher, aber sympathisch ist die Lösung in Gräfenberg. (Die beiden letzten allerdings Markt- bzw. Stadtkirchen.)
b) Emporen in Barockkirchen. Viel leichter tat sich der Baukünstler, wenn er eine Emporenkirche als solche bauen konnte. Der Bau wurde von vornherein breiter angelegt, sodaß eine Beengung des Raumes durch Emporen nicht mehr eintreten konnte. Somit werden die Emporen das Hauptgestaltungsmittel eines sich selbständig entwickelnden protestantischen Kirchen-
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Kirchenausstattung. Der Altar:
a) GotischerKastenaltar: Vom steinernen Altartisch (mensa) bildet ein schmales Zwischenstück, die Predella, den Übergang zum viereckigen Altarschrein, in dem vollplastische Figuren
stehen. Durch zwei Flügel kann der Kasten geschlossen wer-
den. Hinter diesen beweglichen Flügeln meist noch zwei feststehende. Altaraufsatz aus Maßwerk, Fialen, z. D. auch Plastiken. Meist noch zwei Rebenaltäre.
b) Der katholische Barockaltar: Der Gesamteindruck erinnert mehr oder minder an einen Triumphbogen. Säulen
sind reichlich verwandt, Vorliebe für geschwungene Formen.
Reichbewegter Aufsatz. Über dem Gesamtaufbau zahlreiche plastische Figuren verteilt;
den Mittelpunkt bildet das Al-
tarbild. c) ProtestantischerKanzelaltar: Reuschöpfung des Pro-
testantismus. In Aufbau und Linienführung viel einfacher
als der katholische Barockaltar (Uttenreuth). Die Entwicklung des Sakramentshäuschens: d) Zentbechhofen: Einfach verzierte Wandnische. e) Herzogenaurach: Flacher, an die Wand gelehnter Aufbau.
Man sieht deutlich die Entwicklung von d zu e. i) Kalchreuth: Freistehendes Sakramentshäuschen.
Durmartig
durchbrochener Aufbau mit plastischem Schmuck aus einfa-
chem Sockel. Totenleuchte: g) Buttenheim: Einfache Wandnische.
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Z a s e l XV.
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Die Dorskirche.
raumes, der protestantischen Predigtkirche. Einsache Beispiele protestantischer Emporenkirchen sind Ammerndors (B.-A. Fürth) und Uttellreuth (B.-A. Erlangen)15). Hier umziehen die Emporen das Kirchenschiss aus drei Seiten; da keine dieser beiden Kirchen einen eigentlichen Ehor besitzt, steht der Altar bereits im Kirchenschiss; wir sehen, wie alles sich zusammendrängt. Laufen vollends die Emporen um alle vier Seiten wie in Cadolzburg (B.-A. Fürth), so ist das Ende der Entwicklung, die Zentralkirche, erreicht, während die gleichzeitige katholische Kirche im allgemeinen am Längsbau festhält. Durch Fensterreihen übereinander ist eine Predigtkirche schon von außen zu erkennen. Ein besonders interessantes Beispiel einer Zentralkirche finden wir in Kornburg (B.-A. Nürnberg), wo, um einen Zentralraum zu gewinnell, ein Ouerschiff eingeschoben ist (1740). 2. Der Kanzelaltar.
Der Altar der protestantischen Kirche übernimmt den Säulenausbau des katholischen Barockaltars, doch ist er im einzelnen viel einfacher und ruhiger, sehlen hier doch auch die füllenden und verbindenden Heiligenfiguren16). Reben diesem vereinfachten Barockaltar wurde aber auch eine typisch protestantische Lösung gefunden, der Kanzelaltar. Der Schwerpunkt des protestantischen Kultus beruht in dem von der Kanzel verkündeten Wort Gottes. Räumlicher Schwerpunkt war aber nach wie vor Ehor und Altar. Was lag näher als der Gedanke, diese zwei Zentren zu vereinigen, zumal da der Prediger damit einen Standort bekam, von dem aus ihn jeder Kirchenbesucher sehen und auch verstehen konnte? So baut sich also jetzt, einheitlich zusammengeschlossen, die Kanzel über dem Altar aus, durch ihre bevorzugte Stellung die Bedeutung des Wortes Gottes stark betonend. Besonder« häufig findet sich diese Lösung in den ehemals markgräflichen Landen, in unserem Gebiet also in Cadolzburg, Kornburg, Ammerndorf, Uttenreuth (auch in Erlangen), daneben aber auch in der Diaspora, wie etwa in Pommersfelden und Steppach (B.-A. Höchstadt) (Das. XV c). Einen Höhepunkt räumlicher Konzentration stellt die Kirche in Eadolzburg und im benachbarten Ammerndorf dar; Altar, Kanzel und Orgel übereinander und zwar nicht im Ehor — ein solcher ist gar nicht mehr vorhanden — sondern im Kirchenschifs17). In Eadolzbürg setzt sich dazu noch die Empore auch auf der Altarseite fort, sodaß also die Kirche aus allen vier Seiten von Emporen umgeben ist. “) In Walsdors (B.-A. Bamberg) wurden die schönen Emporen erst nachiräglich in den breiten Ball von 1608 eingefügt. *·) Außer Engelfiguren kommen nur Petrus und Paulus vor. ”) Gelegentlich kommt auch die vereinfachte Kombination Altar und Orgel darüber vor z. B. in Heiligenstadt (B.-A. Ebermannstadt) unb in Trabelsdorf (B.-A. Bamberg).
Rings um die Dorfkirche. Beinhaus, Totenleuchte, Ölberg, Pranger, Brauthäuslein.
1. Das Beinhaus. Eine ganze Reihe interessanter Kulturdenkmäler finden wir in nächster Umgebung der Dorskirche. Wir nennen an erster Stelle das Beinhaus oder den Karner (lat. carnarium). Wozu diente dieses Beinhaus? Die alten, an die Kirche sich anschließenden Friedhöfe waren verhältnismäßig eng; um alle Toten unterzubringen, mußten ältere Grabstätten nach verhältnismäßig kurzer Zeit neu belegt werden. Die dabei zum Vorschein kommenden Knochen, vor allem die Schädel, wurden fein säuberlich im Beinhäuslein ausbewahrt. Es gibt in unserem Gebiet vier verschiedenartige Formen des Beinhäusleins. 1. Die freistehende Doppelkapelle. Der obere Raum dient dem Gottesdienst, im unteren Raum, der ,,Gruft״, werden die Schädel aufbewahrt. Ein charakteristisches Beispiel dieser Gattung ist der Karner in Herzogenaurach18), dicht nordöstlich der Pfarrkirche.
2. Zweigeschossige Bauten mit rechteckigem Grundriß im Verlauf der ehemaligen Befestigungsmauer. Hier diente der untere Raum als Karner19), der obere als Wohnung des Mesners. In Hannberg (B.-A. Höchstadt) befindet sich neben dem Eingang eine in die Wand gemeißelte Vertiefung für das Weihwasser, Beweis genug für die kultische Zweckbestimmung dieses Raumes20). Ähnliche Bauten finden wir in Bruck bei Erlangen, Katzwang (B.-A. Nürnberg), Amlingstadt (B.-A. Bamberg) usw.
3. U n t e r der Sakristei, die meist in den einspringenden Winkel zwischen dem Ehorturm und dem breiteren Kirchenschiff eingebaut ist, befindet sich ein kellerartiger Raum, der Karner. Diese Form ist mir im Bamberger Gebiet besonders häufig begegnet. Belegte Karner konnte ich in Hirschaid (B.-A. Bamberg) und Deuchatz (B.-A. Bamberg) seststellen; Karner als solche in Geisseid, Mistendorf und Seußling (B.-A. Bamberg) und Unterleinleitet (B.-A. Ebermannstadt) usw. 18) Vgl. E. Rühl: Das mittelalterliche Herzogenaurach; Erlanger Heimatbuch 1921, S. 69, Anm. 9. " )״Ein Kerntet (Karner) und aus den Kerntet ein capellen" war im Jahre 1507 auch im Friedhof zu Krastshof geplant. Schulz: Die St. Georgs-Kirche in Krastshof. S. 19. 3°) In dem Raum ein ehemaliges "Heiliges Grab" zu fehen, dazu kann ich mich vorerst noch nicht entschließen.
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Die Dorfkirche.
4. Reben diesen in 1—3 genannten Karnern, die wohl alle noch ing Mittelalter zurückreichen, kommen gelegentlich auch Barockkarner vor, die sich schon durch ihren reicheren Ausbau als Kinder ihrer Zeit ausweisen, sie sind meist als offene Hallen oder Kapellen angelegt. Wir finden Barock-Karner in Burk (B.-A. Forchheim), Litzendorf und Lohndorf (B.-A. Bamberg). Um so einfacher sind die noch im 19. Iahrhundert angelegten Beinhäuser, allereinsachste Anbauten an Kirchen- oder Friedhossmauer. 1849/50 wurde in Hausen (B.-A. Forchheim) ein Beinhäuslein errichtet21), recht primitiv sieht das heute profanierte "Beinhäuslein ״in Pretzfeld aus. (Der Name Beinhäuslein noch gebraucht.) Die bis ins 19. Iahrhundert vorkommenden Karner geben einerseits Zeugnis von der langen Benützung der engen Dorffriedhöse um die Kirche, andererseits von dem pietätvollen Sinn der Landbewohner ihren Verstorbenen gegenüber. Da bei den kleinen Dorssriedhöfen der Karner eine Notwendigkeit war, mögen sich derartige Bauten oder wenigstens ihre Spuren noch an zahlreichen anderen Orten sinden. Die Mehrzahl der alten Beinhäufet dürste mit der Verlegung der Friedhöfe vor das Dorf verschwanden sein, soweit sie nicht zur Rumpelkammer degradiert· wurden22). 2. Totenleuchte.
Dotenleuchten bildeten früher sicher einen notwendigen Bestandteil eines mittelalterlichen Friedhofes. Ihre Ausbildung konnte sehr verschieden sein. So steht heute noch eine bildstockähnliche Dotenleuchte aus dem ehemaligen Friedhof hinter dem Regensburger Dom, während uns eine laternenartige Dotenleuchte am Schreyerschen Grabmal von 1492 am Oftchor der Nürnberger Sebalduskirche daran erinnert, daß auch diese Kirche im Mittelalter von einem Begräbnisplatz umgeben war. Aus den Dorffriedhöfen dürften die Formen einfacher gewesen sein; mir sind in unserem Gebiete nur zwei Beispiele bekannt, nämiich in Buttenheim und Gremsdorf. In beiden Fällen handelt es sich um eine einfache, kleine Wandnische, das eine Mal an der Sakristeimauer, das andere Mal am Durm der Kirche23). Der Formengebung ”) K. Kupfer: Die Pfarrkirche St. Wolfgang zu Haufen bei Forchheim. 1930. ”) H. Mayer, a. a. O. stellt Karner fest in Adelsdorf und Baunach. Auch die Grust-Kapelle unter dem Turm der Pfarrkirche in Höchstadt a/Aisch dürfte wohl als Karner anzufprechen sein. Ein Beinhaus erwähnt ferner Ringelmann in seiner Eggolsheimer Ortsgeschichte (S. 62). ”) Ein größerer Raum ist am Südwestpfeiler der St. Moritz-Kapelle in Nürnberg als Lichthäuschen ausgespart.
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nach gehören unsere beiden Leuchternischen dem Mittelalter an, aus das sich ja diese Kultzeichen ausschließlich beschränken. Renaissance
oder gar Barock-Dotenleuchten gibt es wenigstens in unserem Gebiet nicht (Das. XV g). Welchen Zweck hatten diese Dotenleuchten? Bei Tod und Begräbnis bedarf der Mensch eines besonderen Schutzes, ist er doch nach dem Volksglauben von Geistern und Dämonen umgeben, die ihm oder seiner scheidenden Seele schaden wollen. Licht und Feuer aber fürchten die Geister, daruln die Sterbekerzen, darum Lichter bei der Beerdigung. Es lag der Gedanke nahe, diesen ״Lichtschutz ״zu verlängern. So entstanden die Dotenleuchten, die wenigstens in der Nacht brennen sollten, um die bösen Geister zu verscheuchen. Das Licht kam so auch nicht nur dem Einzelnen, sondern all den Toten auf dem Friedhof zugute. Gelegentlich finden wir auch heute noch auf Einzelgräbern eine kleine Leuchte oder Laterne, in der an Allerseelen ein Licht brennt. In ihnen dürfen wir wohl die letzte Spur der mittelalterlichen Totenleuchten erkennen, die ihrerseits sogar mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auf die altheidnischen Wärmefeuer zurückgeführt werden können (vgl. e. 8). 3. Olbergdarstellungen.
Olbergdarstellungen sind in unserem Gebiete verhältnismäßig häusig. Irgendwo, an beliebiger Stelle, lehnt sich an die Kirchenwand ein besonderer kleiner Steinbau an, der eine breite, nach vorne offene Rische bildet. In ihr erblicken wir in plastischer Darstellung Christus mit seinen drei Lieblingsjüngern am Olberg. Die Komposition zeigt immer das gleiche Schema. Iesus auf der einen Seite, knieend mit zum Gebet erhobenen Händen, blickt auf zum Engel mit dem Kelche; auf der anderen Seite sind die drei Iünger schlafend dargestellt, manchmal ist im Hintergründe noch die von Iudas geführte Häscherschar angedeutet. Zweierlei haben diese Olbergdarstellungen gemein: sie sind durch die Bank handwerksmäßige Leistungen ohne besonderen Kunstwert, wahrscheinlich also Arbeiten ländlicher Künstler, ausgeführt wohl in den meisten Fällen als sromme Stiftung24). Zum andern fällt ihre Entstehung fast ausschließlich in die Zeit um 1500, wie die häusig angebrachten Datierungen beweisen. Man könnte geradezu von einer Zeitmode sprechen. 2*) Auch an Stabtkirchen finden wir Ölbergdarftellungen, wenn auch nicht fo häufig wie auf dem Lande. Hier ist aber die Qualität bedeutend besser, man denke nur an den prachtvollen Ölberg an der Forchheimer Martinskirche. Vgl. Sitzmann: Forchheimer Kirchen im Spiegel Bamberger Kunst, S. 19 ss.
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Die Dorskirche.
Das Material ist meist Sandstein, gelegentlich kommt auch gebrannter Don vor. Mittelalterliche Olbergdarstellungen sinden sich in Baunach (B.-A. Ebern), Bruck-(Erlangen) 1499, Büchenbach-(Erlangen) 1516; Burgfarrnbach (B.-A. Fürth) 1512, Dormitz, Esseltrich, Eggolsheim (B.-A. Forchheim), Gremsdorf (B.-A. Höchstadt), [Herzogenaurach 1471 B.-A. Höchstadt Höchstadt a/Aisch, um 1500], Katzwang (B.-A. Nürnberg), Mögeldorf (Nürnberg), Neunkirchen 1492 (B.-A. Forchheim), Regelsbach (B.-A. Schwabach) Reste in einer Bogennische; Reuth (B.-A. Forchheim) leere Rische, die nach Aussage der Ortsbewohnet einen Olberg enthielt, Zirndorf 1505 usw. Auch Krastshof (Nürnberg) hatte einen Olberg aus der zweiten Hälste des 15. Iahrhunderts (Fr. Schulz a. a. O. S. 45).
Barocke Olbergdarstellungen. Rach einer Pause von über 200 Iahten tauchen aus einmal wieder — wenn auch nicht so zahlreich wie um 1500 — Olbergdarstellungen an Kirchen auf. Der in ihnen lebende Gedanke scheint also noch wirksam zu sein; wir erinnern hier nur an Lohndors 1713 und Memmelsdarf 1719 (B.-A. Bamberg), Pretzfeld 1785 (B.-A. Ebermannstadt), Scheßlitz 1700 (B.-A. Bamberg), Wiesenthau (B.-A. Forchheim) usw.
Woraus erklärt sich das zahlreiche Vorkommen und die lange Lebensdauer der Olberge? Woraus ihr Aufstellungsort auf dem Friedhof? Maßgebend für den Stifter dürste es gewesen sein sich und den Seinen durch den Hinweis auf Christi gläubigen Gehetskampf im Angesicht des nahen Todes ein Denkmal ernster Mahnung und frohen Auferstehungsglaubens zugleich zu schaffen.
4. Das Buttenheimer Brauthäuslein. Dieses Brauthäuslein ist ein Unikum in unserem Gebiet. Es besteht eigentlich lediglich aus einem Schutzbau über einer schmalen, mit einem Aufsatz versehenen Altarmensa an der Außenseite der Sakristei25). In diesem Häuslein sand früher die Einsegnung der Brautpaare statt26). Wenn ich diesen bescheidenen Bau besonders nenne, sogeschiebt dies deshalb, weil wir hier die ländliche Spielart der mittelalterlichen Brauttüren an Stadtkirchen vor uns haben, ich erinnere nur an die reichen Brautpforten an der Rordseite der Nürnberger Lorenz- und Sebalduskirche. Die Landkirche kennt diese Brauttüre 26) Abb. bei H. M a n e r a. a. O. S. 238. ’6) Vgl. auch: Grandinger, Buttenheim, ein Heimatbuch 1926. S. 58.
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nicht, hier fand die Einsegnung vor dem Haupteingang statt. Das Buttenheinler Brauthäuslein bildet eine seltene und interessante Ausnahme. 5. Pranger. An dem kleinen Kirchlein in Reutles bei Großgründlach (B.-A. Fürth) befindet sich links neben dem Eingang der Rest eines Prangers. Der oder die Angeprangerte stand hoch, Spuren eitles Steingesimses an der Wand zeigen die Höhe des Schandpostaments. Darüber ist in Körperhöhe an einer senkrechten Eisenstange noch die eine Hälfte des verschiebbaren Halsringes besestigt. Derartige Pranger waren wohl an den meisten der mittelalterlichen Kirchen zu finden, haben sich aber nur selten erhalten. Der Kirchenpranger weiß beredt non der Macht der mittelalterlichen Kirche zu erzählen. Der Papst belegte den Kaiser mit dem Bann, der Pfarrherr stellte den Bauern an den Pranger. Für welche Vergehen? Darüber gibt uns z. B. das Sendbuch von 1416 des Marktes Hallstadt (B.-A. Bamberg) Auskunft27). Hier lesen wir: ״Item zum ersten hat der pfarr .... gewalh daß er mag in den stock (Prangerstock) slahen, der auf dem Kirchhoff stet, alle eebrecher, wuchern, tzauberer vnd die im jeglichen jar nicht gedeicht haben vnd alle dy, die da in der vnee (Unehe) sitzen".
Die Erneuerung des selben Prangers 1684 hat auch eine Erneuerung der Strafbestimmung zur Folge: ,,aufs daß werden".
die Gotslesterer
zur
Abscheu
darin bestrafst
Der Kirchenpranger war natürlich auch bei Stadtkirchen üblich. Ich verweise auf eine Parallele am Bamberger Dom: Am Adamsportai befindet sich unter der Eva ein unbehauener Stein. Auf diesem sollen die Ehebrecherinnen Kirchenbuße getan haben, indem sie in Trauerkleidern mit brennender Kerze in der Hand und einem Strohkranz aus dem Kops dort niedersitzen und sich von den Kirchenbesuchern mit saulen Apseln bewersen lassen mußten28).
”) F. Wachter: Hallstadt — 1912, S. 21 ff. )’־Schneider-Ament: Bamberg, S. 107
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Siteratur. Eine zusammensassende Arbeit über die Dorskirche unseres Gebietes gibt es noch nicht, wohl aber eine recht genaue Ballbeschreibung der Kirchen des ehemaligen Bamberger Gebietes mit all ihren Kunst- und Kulturdenkmälern, nämlich: H. Mayer: Die Kunst des Bamberger Umlandes. Bamberg 1930. Beschreibungen und Angaben sinb genau und zuverlässig; leider schließt das zweibändige Werkchen, dem auch gute Abbildungen beigegeben sinb, im Süden etwa auf der Höhe von Forchheim ab. Für die südliche Hälfte nnseres Gebietes käme zunächst in Betracht: G. D e h i o : Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Band I. und III. Hier sind leider nicht alle Dorsklrchen ersaßt, ein Teil der Angaben sind durch neuere Untersuchungen überholt. Angaben z. T. zu knapp. Zum Glück bestehen über die bedeutendsten Dorskirchen des südlichen Gebietes bereits besondere Monographien: Bruck: Bruck bei Erlangen von A. Schubert. Dissertation. Erlangen 1915. Dormitz: Die Kirche zu Dormitz und ihre Kunstschätze von G. Betke. Dissertation. Erlangen 1914. Forchheim: Forchheims Kirchen im Spiegel Bamberger Kunst von K. Sitzmann, Forchheim 1922. Auf S. 161 ss Die Kirche in Burk. Hausen: Die Pfarrkirche St. Wolfgang zu Hausen bei Forchheim von K. Kupser. Bamberg 1930. Kalchreuth: Die gotische Bildnerei und Taselmalerei in der Dorskirche von Kalchreuth von H. M. Sauermann. Dissertation. Erlangen 1911. Kajjwang: Unserer Lieben-Frauen-Psarrkirche zu Katzwang von H. Timm. Dissertation. Erlangen 1914. K r a f t s h o s; Die St. Georgskirche in Krastshos von Traugott Schulz. Straßbürg 1909. Wichtig für den evangelischen Kirchenbau (Markgrafenstil) ist: E. M. Hausladen: Ioh. David Steingruber, der markgräsliche Baumeister. Ansbach 1930. An systematisch-vergleichenden Darstellungen käme noch in Betracht: M. S ch e s o l d : Andachtsbilder gotischer Plastik im untern Regnitzgau zwischen Nürnberg und Bamberg. Erlangen. Dissertation 1924. Nicht im Druck erschienen. E. Langheinrich: Die Schnitzaltäre im Zeungrund. Erlangen. Dissertation. 1924. Nicht im Druck erschienen. (Enthält vor allem Veitsbronn und Senkendors). W. Funk: Der Meister des Marthaaltars. 1930/31. Noch nicht im Druck erschienen. Behandelt Plastiken in Dormitz, Neunkirchen, Kalchreuth, Senkendarf, Cadolzburg usw. Im Auszug: Fränk. Murier, 14. ll. 1932
Burgen und feste Schlösser sind nicht nur Kunstwerke und wollen nicht nur als Kunstwerke gesehen werden 1). W. Pinder.
Uli- Höhenburgen. Zweck und Lage der Höhenburgen. Hauptzweck einer Burg war zunächst der, eine unbedingt sichere Wohnstätte zu bieten. Wie wurde dies erreicht? Indem man die Burg erhöht an schwer zugänglicher Stelle erbaute und den Zugang durch künstliche Gräben noch weiter erschwerte. Zwei Geländeformen kommen dieser Anlage entgegen, die isolierte, von allen Seiten gleich schwer zugängliche Bergkuppe, oder eine schmale vorspringende Berg- oder Felsnase, die durch einen künstlichen Graben von dem anschließenden Bergmassiv abgetrennt werden kann. Man spricht in diesem Falle von einer ,,Sporenlage״. Aussallenderweise haben — mit Ausnahme von Wiesenthau — alle 15 Burgen unseres Untersuchungsgebietes diese Sporenlage. Aus Höhenlage und schwerer Zugänglichkeit ergibt sich eine selbstverständliche Folge: die Burg kann auch von schwachen Kräften gegen eine Übermacht verteidigt werden. Aber nicht nur defensiven Zwecken dienten die Burgen, es konnte ihnen gelegentlich auch eine offensive Rolle zufallen. So hatte z. B. die längst eingegangene Burg bei Ortspitz (Burgstein) zweifellos die Aufgabe die an ihrem Fuß vorbeiführende Straße zu sperren (vgl. S. 125), ganz ähnlich wie die Burg Reideck (vgl. S. 117). Daß natürlich eine Burg bei entsprechender Größe Ausgangspunkt militärischer Unternehmungen, ein militärischer Stützpunkt sein konnte, liegt auf der Hand.
Hauptbestandteile einer Burg.
Größere Burgen bestehen im allgemeinen aus zwei deutlich getrennten Hauptteilem einer Vorburg und einer Hauptburg. Während sich in der Vorburg in der Hauptsache Wirtschaftsgebäude und Dienstwohnungen befinden, erheben sich in der Hauptburg die Wohngebäude des Burgherrn, Palas, Kemenate usw. Vorburg und Hauptburg sind in der Regel durch einen Graben voneinander getrennt; der Berchfrit, ein meist freistehender starker *) Deutsche Burgen und feste Schlösser. Langewiesche. o. I.
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.Höhenburgen.
Durm, der als letzte Zuflucht dient, sollte logischerweise in der Hauptburg stehen; wir sinden ihn aber z. B. in Nürnberg in der Vorburg (Sinwell-Durm), während er in Cadolzburg überhaupt sehlt.
Verteidigungsanlagen einer Burg. Eine Zugbrücke führt über den ersten Graben in die mauerumwehrte Vorburg. Das Dor ist die gefährdetste Stelle. Deshalb wird es häusig durch ein besonderes Vortor gesichert (Cadolzburg) oder von Dünnen flankiert (Nürnberg, Lisberg usw.). Wer die Hauptburg angehen will, muß sich erst durch die Vorburg durchgearbeitet haben. Diese bildet ein recht wirksames Annäherungshindernis; die sog. Abschnittsverteidigung war aiso auch dem Mittel-
alter nicht sremd. Zwischen Haupt- und Vorburg gähnt meist ein neuer Graben; auch das Haupttor ist wieder besonders geschützt (Cadolzburg) oder kann flankiert werden (Eadolzburg, Nürnberg). Das Eindringen in den Halsgraben verwehren wieder eigene Flankierungsanlagen, besonders interessant in Eadolzburg. Die Hauptburg ist eine nach außen geschlossene Einheit. Lücken zwischen den Gebäuden werden durch hohe Mauern ausgefüllt, sodaß eine geschlossene Außenmauer entsteht (Eadolzburg, Nürnberg, Lisberg usw.). Dieser Außenmauer können aber zum Schutz noch eine, ja sogar zwei niedrigere Mauern, sog. "Zwingermauern ״vorgelagert sein. Der schmale Raum zwischen den einzelnen Mauern heißt Zwinger. Das interessanteste Beispiel einer mittelalterlichen Burg in unserer Gegend, die Eadolzburg, weist zwei um die Hauptburg herumlausende Zwingermauern auf, die sich aus steil ansteigendem Gelände übereinander aufbauen, sodaß wirksames Etagenfeuer möglich wird. Ist der Gegner auch in die Hauptburg eingedrungen, bleibt als letzte Zufluchtsstätte der Berchsrit, der nur von einer hochgelegenen Einsteigeöffnung aus zugänglich ist (Lisberg). Aber nicht immer befindet sich der Berchfrit in der Hauptburg, wir finden ihn auch in der Vorburg, wo er aber ebenfalls eine wichtige Rolle zu spielen hat; meist flankiert er dann dell Eingang (Nürnberg, Sinwellturm). Der in die Vorburg eingedrungene Gegner konnte hier außerdem von der Besatzung des Turmes ständig im Rücken belästigt werden. Der Weg zum Verständnis einer Burganlage fuhrt über den Grundriß. Leider werden Burgen und Ruinen heutzutage viel zu sehr nur aus ihre malerische Wirkung hin betrachtet. Bei dieser Betrachtungsweise
Höhenburgen.
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geht viel verloren, denn als Gesamteindruck bleibt doch schließlich weiter nichts als eine Häusung von Mauern, Türmen, Ruinen usw., die bei allen Burgen immer wiederkehrt. Geht man aber auf den Sinn und Zweck der Anlage ein, beobachtet man die Verteidigungsmöglichkeit, dann werden sich je nach der Örtlichkeit usw. bald Unterschiede herausstellen, das Ganze bekommt Leben. Bei wohlerhaltenen Burgen ist dies verhältnismäßig einfach, ungleich schwerer aber bei Ruinen, weil ich mir aus den Mauerresten erst die Gebäude rekonstruieren muß, wie z. B. bei der Reideck. Hier leistet ein Grundriß die beste Hilfe, darum sollte in jeder Burg oder Ruine ein großer Grundriß zu sinden sein. Um zu zeigen, wie aufschlußreich gerade Grundrisse von Burgen sein können, fügen wir die Grundrisse der wichtigsten Burgen und Ruinen unseres Gebietes bei. Wie lange wurden Höhenburgen gebaut? Die Entwicklung der Feuerwassen macht den Höhenburgen ein Ende. Roch im 16. Iahrhundert werden zerstörte Höhenburgen wieder ausgebauh so z. B. Giech, Wiesenthau, Altenburg usw., nicht mehr aber im späteren 17. oder gar 18. Iahrhundert. Die Bischöse von Würzburg, Eichstätt, Bamberg, Passau usw. steigen herab von ihren Felssitzen und beziehen ein geräumig-bequemes Barockschloß in der Stadt. Die Markgrafen von Ansbach verlassen die Bergseste Eadolzbürg und residieren im Ansbacher Stadtschloß. Das Barockschloß auf ebenem Gelände löst die Höhenburg ab; die gesteigerte Waffenwirkung hat den Vorteil der Höhenlage längst besei־ tigt, es lohnt sich nicht mehr zum Schutze die unbequeme Höhe aufzusuchen, außerdem herrscht la seit dem 30jährigen Kriege in Deutschland im allgemeinen Ruhe. Man hat also nur noch im 16. Iahrhundert ältere Burgen der gesteigerten Wirkung der Feuerwaffen anzupassen versucht.
Wie werden Burgen der verstärkten Waffenwirlung angepaßt? Will man einem Angreifer mit Erfolg entgegentreten, so dürsen die Waffen des Verteidigers nicht schlechter sein. Stark vorspringende Halbtürme der äußeren Umfassungsmauern ermöglichen die Aufstellung von Geschützen und ein flankierendes Feuer. Dieses System der flankierenden Batterietürme finden wir besonders schön auf Schloß Giech ausgebildet. Später treten an die Stelle dieser offenen runden Batterietürme winkelig vorspringende Bastionen mit gerader Linienführung und leicht geböschten Mauern. Oben in der ebenfalls geböschten Brustwehr
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Höhenburgen.
gähnen breite Kanonenscharten. An die Stelle des direkten Schusses tritt immer mehr das flankierende Feuer. Ein imposantes Beispiel dieses frühen Bastionärsystems haben wir an der Nord- und Westseite der Burg von Nürnberg. In Verbindung mit dem außerordentlich tiefen und breiten Graben machte es die Burg für damalige Verhältnisse so viel wie unangreisbar.
Die von dem Italiener Fazuni erbauten Außenwerke waren im Iahre 1545 vollendet. Da diese Bastionen gleichzeitig einen Teil der Stadtbesestigung bilden, werden sie zusammen mit dieser S. 170 ff. näher behandelt. Letzte Form.
Von den Bastionen Fazunis führt die Linie direkt zu den Bergfestungen, die aus einem Kernwerk nach allen Seiten Bastionen hinausstrecken. Wenn auch derartige Werke in unserem eng begrenzten Gebiete fehlen, so sind doch zwei von ihnen leicht erreichbar, der Rothenberg bei Schnaittach und die Wülzburg bei Weißenburg. Aus Gründen der Vollständigkeit muß diese Endphase hier wohl erwähnt werden. Haupttypen der Höhenburgen.
Bei den Höhenburgen begegnet uns eine unendliche Vielheit von Formen, verursacht durch verschiedene Größe, Lage, Bauzeit usw. Wenn wir also überhaupt eine Unterscheidung treffen wollen, so kann dies nur in ganz groben, allgemeinen Zügen geschehen. Dies zugegeben, lassen sich wohl 2 Hauptgruppen unterscheiden:
I. Die mittelalterliche Burg.
II. Die im 16. Iahrhundert (meist nach Zerstörung) erneuerte Burg. Welches sind die Hauptunterscheidungsmerkmale? Die mittelalterliche, also vor 1500 gebaute Burg, wirkt in Grundrißbildung und Aufbau vielgestaltig. Die im 16. Iahrhundert wieder aufgebauten Burgen zeigen demgegenüber eine viel größere Einheitlichkeit, Einfachheit; gerade Linien und rechte Winkel spielen eine bestimmende Rolle den Schwingungen und Krümmungen der mittelalterlichen Burg gegenüber. (Das Stilempfinden der Renaissance klingt also auch im Burgenbau an.) Schwere, wuchtige Kanonentürme mit breiten Kanonenscharten (Wiesenthau) oder halbkreisförmig vorspringende, offene Türme (Giech) sind ebenfalls dem 16. Iahrhundert zuzllweisen.
Höhenburgen.
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Diese Unterscheidung ist gewiß nicht überflüssig, denn gerade in unserem Gebiet sind z. B. nach dem Bauernkrieg 1525 zahlreiche Burgen wieder aufgebaut worden.
Als Hauptbeispiele für die beiden Typen seien genannt: Typus I: Nürnberg oder Eadolzburg. Typus II: Schloß Giech oder Wiesenthau.
Verzeichnis der Burgen des Regnchgedietes. Die Nürnberger Burgen. Vorbemerkung: Die Vielheit von hohen Dächern, Mauern und Türmen, die der Silhouette Nürnbergs ihre charakteristische Rote ausprägt, pflegt man im allgemeinen als "die Burg" zu bezeichnen. Dieser Ausdruck ist ungenau; auf dem Burgfelsen befinden sich nämlich zwei Burgen, die frühe Burggrasenburg mit dem fünfeckigen Durm und die spätere Kaiserburg. Diente die Burggrasenburg ursprünglich dem Statthalter des Kaisers in Nürnberg zur Wohnung, so haben wir in der Kaiserburg die Residenz, das Absteigequartier der Kaiser zu sehen, die einem eigenen Beamten, dem "Buticularius" unterstellt war.
Der Luginsland mit seinen vier Ecktürmchen und der hochragende Giebelbau der Kaiserstallung zwischen ihm und dem fünfeckigen Durm sind aus der Burgsilhouette nicht wegzudenken. Sie sind aber beide städtische Gebäude und haben mit den beiden Burgen gar nichts zu tun. Sie sind die jüngsten Bauten aus dem Burgselsen. Der Burgfelsen bildet einen langgestreckten schmalen Dalsporn, dessen östlichen Teil die Burggrasenburg, dessen westlichen, noch etwas ansteigenden Teil die Kaiserburg einnimmt.
I. Die Burggrasenburg. Sie ist die östliche kleinere Burg, gleichzeitig die ältere von den beiden, und diente dem Burggrafen, dem Stellvertreter des kaiserlichen Stadtherrn, als Wohnung. Die steil ansteigende Burgstraße führt uns direkt in ihren Bereich (Das. XVII a).
Mit ihrem ältesten Bautest, dem sog. fünfeckigen Durm, dürste sie wohl bis in die erste Hälfte des 11. Iahrhunderts zurückreichen. Seit 1420 ist sie Ruine, doch läßt sich ihr ehemaliges Aussehen aus den Rühl, Kulturdenkmäler des Regnidtalel.
S
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Höhenburgen.
noch bestehenden Bauteilen wie aus archivalischen Angaben mit einiger Sicherheit rekonstruieren2). Der Bereich der Burggrasenburg ist aus der Skizze senkrecht schraffiert. Wir haben uns die Burggrafenburg als mauerumgürtete, wehrhafte Einheit vorzustellen. Heute ist der Zusammenhang zerrissen. Erhaiten vom ursprünglichen Bestand sind der fünfeckige Durm als Berchsrit, auch heute nur durch einen hochgelegenen Eingang zugänglich, die erneuerte Walburgiskapelle, die das Westtor flankierende Amtmannswohnung, Teile der westlichen Umfassungsmauer mit Wehrgangansatz. Die Hauptwohnbauten schien heute, sie sielen der Zerstörung von 1420 zum Opfer. Das Innere der Burggrasenburg von heute ist eigentlich weiter nichts als ein riesiger Schutthügel, in den man später den heutigen Hohlweg eingeschnitten hat. Etwa dort, wo der Hohlweg beginnt, haben wir uns das zur Stadt führende Dor zu denken3).
Erhalten haben sich aus der Stadtseite seiner Reste der ehemaligen Zwingermauer. II. D i e K a i s e r b u r g.
Sie ist viel geräumiger als die Burggrasenburg und liegt westlich von ihr auf sanft ansteigendem Gelände; zwischen beiden erstreckt sich die sog. Freiung4). Gesamtanlage um 1200 (Das. XVII a).
Der Bereich der Kaiserburg ist auf der Skizze schräg schraffiert. Sie wurde erbaut als kaiserliche Residenz, zugleich als sichtbarer Mittelpunkt der fränkischen Reichsgüter und einem eigenen Reichsbeamten, dem Buticularius (Butigler), unterstellt. Die alte Burggrasenburg als Absteigequartier der Kaiser war auf die Dauer zu klein und zu bescheiden56 ). 2') In seiner "Kriegsbaukunst" (1889) bringt Essen wein eine vollständig ungenügende und irreführende Rekonstruktion der Burggrasenburg, ist ihm doch nicht einmal klar, daß es sich auf dem Burgfelsen um zwei Burgen handelt, umso bedauerlicher ist es, daß trotzdem seine Rekonstruktions-Phantasie auch in der neueren Literatur immer wiederkehrt, tvie z. B. bei Sehuchardt: ,,Die Burg im Wandel der Weltgeschichte" und in Meyers Lexikon, Tafel ״Burgen II' (Band 2). Nach Mummenhosss grundlegenden Untersuchungen über die Nürnberget Burg dürste das eigentlich nicht mehr vorkommen. Freilich können wir Mummenhoss auch nicht in allen Einzelheiten zustimmen. 3) Es ist bedauerlich, daß man bisher noch nie versucht hat durch systematische Grabung eine absolute Klarheit zu schassen. 4) Ein in eine ״Freiung" geflüchteter Verbrecher genoß Rechtsschutz und konnte nicht verhaftet werden. Seit 1331 waren von diefem Rechtsschutz Mörder ausgenommen. 6) Mummenhoff glaubt, die Burg erhebe sich an Stelle des ehemaligen Königshoses. Dieser Ansicht vermögen wir nicht beizupslichten. Vgl. S. 18.
Höhenburgen.
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Da bei einem Angriff von Osten her erst der Durchgang durch die vorgelagerte Burggrasenburg erzwungen werden mußte, spielt diese gewissermaßen die Rolle einer äußeren Vorburg. Die Kaiserburg zerfällt in zwei deutlich unterschiedene Teile, die Vor- und Hauptburg. Gegen die Freiung ist die Vorburg, die wir zunächst betreten, noch heute durch eine hohe, zinnengekrönte Mauer abgeschlossen. Die davor liegende niedrigere Mauer haben lvir uns wegzudenken, sie engt den Platz unnötig ein und beeinträchtigt das Schußseid. Lints, hart am Rand des Burgselsens, öffnet sich das Dor, slankielt vom Sinwellturm und dem um ihn herumgeführten Wehrgang der Burgmauer. Dem Dor war früher höchstwahrscheinlich noch ein Graben vorgelagert®). Hauptträger der Verteidigung ist selbstverständlich der "Sinwellturm", der den Zugang deckend an der Angrifsseite aufragt. Er ist der Berchfrit7) der Kaiserburg. Roch im 16. Iahrhundert war sein hochgelegener Eingang nur mittels einer Leiter erreichbar. Sonst befinden sich in der Vorburg nur Wirtschaftsgebäude, Stallungen, Brunnen, Wohnungen von Beamten, Dienstleuten usw. Links seitwärts führt ein breiter Weg in die Tiefe zum sog. Himmelstor, das eine direkte Verbindung mit der Stadt herstellt. Leider schweigt sich Mummenhoff über die Entstehungszeit dieses Zuganges aus8); verteidigt wird er von einer "Hasenburg" genannten Burghut. Dieser Zugang ist wohl erst später entstanden. Erst wenn man die Vorburg in ihrer ganzen beträchtlichen Ausdehnung durchschritten hat, steht man vor der Hauptburg. Auch hier dürfen wir mit Essenwein vor dem später veränderten Dor einen nur mittels einer Zugbrücke überschreitbaren Graben annehmen. Flankiert wird das Dor der Hauptburg von dem vorspringenden Kapellenbau mit dem sog. Heidenturm. Es ist wieder charakteristisch, daß ein zur Verteidigung eingerichteter Kirchenbau an gefährdetster Stelle steht. (Vgl. Lisberg S. 124 und Herzogenaurach; hier liegt die alte Schloßkapelle dicht neben dem Eingang.)*6 ") Mit dieser Annahme hat Effenwein sicher recht. ’) Wir müssen den Sinwellturnl, um Unklarheiten zu vermeiden, nach dem heute üblichen Sprachgebrauch ״Berchfrit" nennen; im Mittelalter war die Bezeichnung ״Berchfrit" sür den Hauptturm nicht allgemein üblich. So wird z. B., wie Mummenhosf (S. 32) mitteilt, der turmartige Ausbau über dem Himmelstor 1377 ,,perfrid" genannt, während in Bamberg ein einfaches Stadttor ohne Turm als ״perkfrid" bezeichnet wird. Es ist alfo mindestens irreführend, wenn Mummenhosf diesen Turmstumps als "Bergfried der Kaiferburg" bezeichnet, denn für uns ist heute Berchfrit = Hauptturm. 6) Mummenhoff weist aus S. 100, Anm. 2 mit Nachdruck darauf hin, daß Burgen schon aus Verteidigungsrücksichten nur ein Tor haben, bringt aber dann doch keine näheren Angaben über die Entstehung von Himmelstor und Vestnertor.
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Höhenburgen.
Die Hauptburg selbst enthält zwei große, winklig auseinanderstoßende Wohnflügeh die zusammen mit der Mantelmauer im Osten und Norden einen geräumigen Hos umschließen, der heute leider nur zu kalt und geleckt wirkt. Vor- und Hauptburg sind außerdem sast in ihrer ganzen Ausdehnung von einer vorgelagerten Zwillgermauer umschlossen. An der Rordwestecke springt ein Rundturm stark vor; er diente bereits zur Ausstellung von Pulvergeschützen, wie das an den breiten Kanonenscharten unschwer zu erkennen ist. Einen weiteren Versuch, die mittelalterliche Burg der gesteigerten Waffenwirkung anzupassen, stellen die noch vor der Mitte des 16. Iahrhunderts errichteten, winkelig vorspringenden Bastionen dar (Nordund Westseite), die eine wesentliche Verbreiterung des Grabens notwendig machten. Da sie gleichzeitig einen Teil der Stadtbefestigung darstellen, werden sie erst im Zusammenhang mit dieser (S. 170 ff.) eingehender behandelt.
Das V e st n e r t o r. Das Vestnertor haben wir bisher nicht erwähnt, weil es direkt weder zur Burggrafen- noch zur Kaiserburg gehört. Es handelt sich hier um einen später9) angelegten Zugang von Norden her, der zu )״In den Mitt. d. Ver. s. Gesch. d. Stabt Nürnberg, 1899, S. 260 ss. erbringt Mummenhofs den Wahrscheinlichkeitsbeweis, baß das erst im 15. Iahrhundert urkundlich belegte Vestnertor spätestens bereits Mitte des 14. Iahrhunderts vorhanden gewesen sein muß, denn bei dem Bestreben der Nürnberger, den Burggrafen den Zugang zur Stabt zu erschweren, wurde ein freier, ungehinderter Nordausgang zur Notwendigkeit.
I-------------------------K------------------------ 1 Die Nürnberger Burg, wie Dürer sie sah. llltnkehrunfl des Stiches ״Meerwunder.t Die Teile rechts und links des Grundstriches und die beiden Türme in der Mitte sind eraiiuit.
Höhenburgen.
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nächst in die Freiung, das heißt also in den unbebauten Raum zwischeu den beiden Burgen führt. Der Dorbau schließt die Freiung nunmehr vollständig ab, sodaß eine Art Wassenplatz entsteht (vgl. S. 168), in dem ein eingedrungener Gegner von drei Seiten beschossen werden konnte, von der Ringmauer der Kaiserburg, von der Ringmauer der Burggrasenburg und von der sog. Amtmannswohnung aus. Die Außenseite des Dores war noch durch ein Fallgatter besonders geschützt, dessen beide Lausfalzen noch heute erhalten find. Der anschließende tunnelartige Durchgang entstand erst seit 1538 mit dem Bau der Bastionen. Damit verschwand das ursprüngliche Vortor. Über sein Aussehen sind wir aber durch den Dürerstich "Das Meerwunder" orientiert, der, allerdings als Spiegelbild, die Rürnberger Burg von Norden zeigt10).
Burg Reideck (B.-A. Ebermannstadt)11). Aus verhältnismäßig breitem, steilrandigem Talsporn erhob sich die Burg Reideck; seit 1553 ist sie Ruine. Interessant ist diese Burganlage vor allem deshalb, weil sie zwei sehr geräumige Vorburgen ausweist, während die Hauptburg räumlich sehr beschränkt ist (Daf. XVllb). Dort, wo die Bergnase an das Massiv ansetzt, befindet sich der erste Graben, der das Eindringen in die erste, sehr geräumige Vorburg verwehrt. Parallel zum ersten Graben sperrt ein zweiter Graben, sehr zweckmäßig an einer natürlichen Einengung der Felsnase angelegt, den Zugang zur zweiten, ebenso geräumigen Vorburg. Dieser zweite Graben wird außerdem durch zwei starke Rundtürme flankiert, die wohl erst im 15. oder 16. Iahrhundert angesügt wurden. Erst am äußersten Ende des Felsmassivs, es ist ein verhältnismäßig kleiner Felskops, erhebt sich die Hauptburg, voll der "Vorburg zwei" aber wieder durch einen Graben getrennt — es ist der dritte Graben. Rach außen wird er durch Mauern abgeschlossen. An Bauten finden wir in der Hauptburg noch einen stattlichen Wohnturm (große Fenster!), der wohl auch gleichzeitig auf der höchsten Stelle stehend die Rolle des Wachtturmes spielte. Heute bildet er den Hauptakzent der malerischen Burgruine. Etwas unter ihm hat noch ein schmaler Wohnbau gestanden. 10) H. S e i b o l d : Die Nürnberger Burg, wie Dürer sie sah. Festschrift zur 400iährigen Gedächtnisfeier Albrecht Dürers. Verein f. Geschichte d. Stadt Nürnberg, 1928, S. 320 ff. )ייObwohl nicht mehr in nuferem Untersuchungsgebiet liegend, nehme ich Neideck als Vertreterin der zahlreichen Burgen der Fränkischen Schweiz mit herein, dann aber auch deswegen, weil sie nach Zweck und Anlage zu den interessantesten Burgen unserer Gegend zählt
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Steile Höhenlage und drei Abschllittsgräben machten die Burg für das Mittelalter uneinnehmbar, aber auch im 16. Iahrhundert (1553) fiel sie nur durch Verrat in die Hände der Angreifer. Man beobachte aus der Skizze den Zickzackweg, den der Angreiser durch die beiden Vorburgen nehmen mußte, um zum letzten Abschnittsgraben zu gelangen. Über die eigenartigen Größenverhältnisse der Burg können wir nur Vermutungen anstellen. Auszugehen ist dabei erstens davon, daß Reideck schon infolge ihrer Lage eine der st ä r k st e n Burgen unseres Gebietes darstellt, zweitens, daß es möglich war in den beiden geräumigen Vorburgen eine stattliche Streitmacht unterzubringem sodaß drittens von hier aus die durchs Dal führende Straße nach Bayreuth und Pegnitz gesperrt werden konnte. Dies scheint mit der Hauptzweck der Burg gewesen zu sein, hören wir doch, daß der letzte Schlüsselselber sogar die Absicht hatte, das Wiesenttal zwischen der Streitburg und Reideck durch eine Zollmauer zu sperren (14. Iahrhundert). Um diese Sperre durchzusühren, war ein entsprechendes Aufgebot nötig, das auf der Reideck mühelos untergebracht werden konnie.
Als die vereinigten Bischöfe von Bamberg und Würzburg sowie der Burggras von Nürnberg gegen Konrad von Schlüsselberg eben wegen der Zollmauer 1347 zu Felde zogen, finden wir Konrad auf der Reideck, also doch wohl aus seiner stärksten Burg, die übrigens auch ziemlich inmitten seines Gebietes gelegen war. Die Burg hält sich, Konrad aber, der letzte Schlüsselberger, fällt durch eine Nürnberger Wurfmaschine. 155.3 spielt Verrat die Burg in die Hände der Feinde. Seitdem ist sie Ruine12). Cadolzburg (B.-A. Fürth). Sporenlage auf weit vorspringendem Felsrücken. Schon frühzeitig erwähnt, sah die Cadolzburg in ihren Mauern Rudolf v. Habsburg, Karl IV., Siegmund, Friedrich Hl., Maximilian I., Karl V. usw. Ihren jetzigen Umfang hat die Cadolzburg erst im 15. Iahrhulldert erhalten; die Befestigungsanlagen sind spätmittelalterlich, der eine Hauptbau in der inneren Burg gehört sogar erst dem 16. Iahrhundert an. Wie erklärt sich die verhältnismäßig späte Blütezeit der Eadolzburg? Die Hohcnzollernburg in Nürnberg --- es ist dies die Burggrafenbürg und nicht die Kaiserburg — war 1420 zerstört worden; sie wurde 12) Weitere historische Angaben bei A. Sieghardt: Im Bannkreis der Wiesent, II. Bd. 1925. S. 51 fs. und bei E. Pfister im Fränkischen Schatzgräber, Jahrgang 1927, S. 36 ff. (Stark von Sieghards abhängig). Die beigeqebene Ah. bildnng einer Rekonstruktion ist ein haltloses Phanlasiegebilde.
Höhenburgen.
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nicht mehr ausgebaut, ja die Hohenzollern verkauften die Trümmerstätte 1427 an die Nürnberger und residierten zunächst aus der Eadolzbürg. Von der Eadolzburg aus zog Burggraf Friedrich IV. nach der Mark Brandenburg, mit der er 1417 auf dem Reichstag zu Konstanz belehnt worden war. Auch diese Standeserhöhung der Hohenzollern dürste nicht ohne Einfluß aus den Ausbau der Burg geblieben sein. Verdient so diese Burg schon ob ihrer bedeutsamen geschichtlichen Vergangenheit unser gesteigertes Interesse, so wird der Burgenfreund durch die Wucht der Erscheinung, die klare, zweckmäßige Anlage und nicht zuletzt durch den guten baulichen Zustand immer wieder begeistert werden. Die Eadolzburg gehört zu den dankbarsten und aufschlußreichsten Burgenbauten unseres Gebietes (Daf. XVI). Die Gesamtanlage zerfällt in Vor- und Hauptburg. Da sich aber der befestigte Markt (!) unmittelbar an die Vorburg anschließt, bildet er, vor dieser auf dem gleichen Felsrücken liegend, eigentlich eine zweite Vorburg (vgl. S. 231). Markt und Burg gehören zusammen, müssen also auch im Zusammenhang betrachtet werden (Das. XVI a und b). Ein Dorturm aus dem 15. Iahrhundert verwehrt uns den Zugang zum mauerumwehrten Marn, rechts sehen wir noch Spuren des alten Grabens. Wir durchschreiten den malerischen Markt, der etwa doppelt so groß ist wie Vor- und Hauptburg zusammen13), und stehen vor einem zweiten tiesen Graben.
Dieser Graben, tief aus dem gewachsenen Felsen herausgeschnitten, trennt Markt und Vorburg. Hinter dem Graben wächst ein imposantes Dor mit Vortor aus. Der durch das Vortor gedrungene Gegner konnte in dem verlängerten Dorraum von allen Seiten unter Feuer genommen werden. Wir durchschreiten unangefochten das Doppeltor und befinden uns nun in der Vorburg. Wir sind erstaunt über die Weiträumigkeit des Platzes. An Stelle der ehemaligen Wirtschaftsgebäude erheben sich hier Bauten neueren Datums, ein Psarrhaus, eine Fronfeste, das ehemalige Finanzamt usw. Glücklicherweise sind sie alle in einfachen, unaufdringlichen Formen gehalten, die den Zusammenhang in keiner Weise stören.
Wieder stehen wir vor einem breiten, tiesen Graben, hinter dem eine wuchtige Baumasse drohend emporwächst, die Hauptburg. Dies ist der Graben aus dem gewachsenen Fels herausgespitzt. Ein Eindringen in den Halsgraben verhindern Flankierungsanlagen rechts und links, vor allem der Durm links, dann aber auch das Vortor, das )״Alls dem Plan XV! b ist der Markt stark zusammengedrängt, um die Burg möglichst deutlich darftellen zu können. Vgl. aber Tas. XXVI.
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Die Eadolzburg. a) Längsschnitt
durch Hauptburg,
Vorburg und
Markt (von links nach rechts). Aufbau schematisiert. Der Markt ist aus Platzmangel stark zusammengedrängt. Der Angreifer hatte drei Gräben zu überschreiten, drei
Dore (zwei mit Vortoren) zu nehmen.
b) Grundriß der Gesamtanlage: 1. Hauptburg.
2. Vorburg.
3. Befestigter Markt. 4. Gräben. Man beachte die doppelte Zwingermauer um die Hauptburg!
ch Ouerschnitt durch
die Hauptburg. Der eigentlichen
Ringmauer sind noch zwei übereinander ausgebaute Zwingermauern vorgelagert.
Die Cadolzburg stellt ein außerordentlich klares Beispiel einer großen, spätmittelalterlichen Burg dar. Kanonenscharten oder Kanonentürnle finden wir hier noch nicht. Die Burg ist in allen wesentlichen Bestandteilen erhalten und durch Neubauten fast gar nicht beeinträchtigt.
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D 0 f e l XVI.
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Höhenburgen.
halb in den Graben vorspringt. Am Vortor finden wir noch die Spuren des alten Sperrbalkens. Angesetzte Ecktürmchen gestatten eine unmittelbare Verteidigung des Dores. Über dem Haupttotz mit der Vorderfläche aus der Mantelmauer herauswachfench erhebt sich ein viereckiger Durm (srüher höher). Rechts von ihm der ״Reue Bau" (um 1600) mit seinen eieganten Giebein,
links eine riesige Mantelmauer, aus der hoch oben ein nach beiden Seiten geschlossener Wehrgang läuft, so breit, daß man in ihm mit ausgebreiteten Armen gehen kann. Das gibt noch in dieser Höhe eine Mauerstärke von ungefähr drei Metern. Im Hofe je ein Hauptwohngebäude rechts und links, die dutch den sog. Kapellenbau im Hintergrund verbunden werden. Der Host heute noch von starker, malerischer Wirkung, war ursprünglich durch einen querlaufenden Arkadengang in zwei ungleiche Teile geteilt14).
Hinter dem Kapellenbau finden wir dann noch einen letzten Hof, der im gebrochenen Halbkreis wieder von einer hohen Mantelmauer mit Wehrgang umschlossen wird. Die Hauptburg genießt aber noch eines besonderen Schutzes; in ihrem ganzen Umfang ist sie von einer doppelten Zwingermauer umgeben. Übereinander aufgebaut, durch flache, nach innen offene Mauervorsprünge unterbrochen, machen sie das Herankommen an das Schloß selbst fast zur Unmöglichkeit (vgl. auch Ouerschnitt, Das. XVI c). Von der Dalseite aus wirkt die sich hoch austürmende Mauermasse des Schlosses am imposantesten. Von der Doppellinie der Zwingermauern wird sie wirksam unterstrichen. Von hier aus also war die Burg kaum angreifbar. Ein Angriff konnte eigentlich nur von der Marktseite aus erfolgen. Hier aber war die Hauptburg durch drei Gräben und drei Dore, durch befestigten Markt und Vorburg hinreichend geschützt (vgl. Längsschnitt, Das. XVI a). Die Gesamtanlage wirkt noch durchaus mittelalterlich. Von einer Anpassung an Feuergeschütze ist hier noch nichts zu sinden. Die alte V e st e bei Fürth. Die im Iahre 1388 von dell Nürnbergern zerstörte markgräfliche Feste wurde in der Folgezeit nicht mehr aufgebaut. In der Stellung?**) Zu sehen aus einem Aquarell von A. Dürer. — Vgl. O. Mitius: Dürers Schloßhosansichten und die Cadolzburg bei Nürnberg. --- Leipzig 1922. Mitius' Deutung der Blätter wird zwar von Dräger-Innsbruck bestritten, doch ist Milins zweifellos im Recht.
Höhenburgen.
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schlacht von 1632 diente die Ruine Wallenstein als starker Stützpunkt15). Sporenlage. Auf einem aus dem gewachsenen Fels herausgehauenen Sockel erheben sich die UmfasJangsmauent, die man ihrer regelmäßigen Anläge wegen am liebsten dem 15. oder 16. Iahrhundert zuteilen würde. Sie bilden ein regelmäßiges Viereck von etwa 25 X 45 m Seitenlänge; an allen vier Ecken springen ebenfalls viereckige Ecktürme vor. Mauerreste lassen außerdem noch eine ringslaufende Zwingermauer erschließen mit allerdings sehr schmalem Zwingerraum. Die Mauerführung dieser zweifellos erst später hinzugesügten Anlage ist, um die Flankierungsmöglichkeit der bereits vorhandenen Ecktürme nicht aufzuheben, höchst eigenartig. Hohe, künstliche Wälle bilden zusammen mit der aus gewachsenem Felsen aufsitzenden Ringmauer einen breiten und tiesen Graben, der um die ganze Anlage läuft, die nur über eine Brücke zugänglich war. An Stelle der heutigen Wirtschaft müssen wir uns die ehemalige Vorbürg denken. Durch sie führte — wie noch heute — der Zugang zur Hauptburg. Von den Gebäuden der Hauptburg hat sich nur der noch sichtbare Sockel des runden Berchfrits erhalten; heute erhebt sich hier ein gelecktet, glatter Aussichtsturm. Die Gesamtanlage ist so klar, daß sich die Beigabe einer Skizze erübrigt. Senftenberg (B.-A. Bamberg). An Stelle der 1525 (Bauernkrieg) zerstörten Burg, die auf einem mäßigen Dalsporn thronte, erhebt sich heute eine Barockkapelle mit Dachreiter, die freilich nur einen Teil der ehemaligen Burgsläche bedeckt. Trotzdem macht die Kapelle allein mit ihren hohen Stützmauern auch heute noch aus der Ferne fast einen burgartigen Eindruck16). Auf einer unbeholfenen Zeichnung etwa aus der Mitte des 17. Iahrhunderts schließen sich an die damals noch primitive Kapelle nicht unerhebliche Mauerreste, aus denen ein runder Berchfrit aufragt (Abb. bei Grandinger S. 90). 1728 wurde die Ruine aus Abbruch verkauft, eine runde Vertiefung — man hat also auch die Grundmauern herausgerissen --- verrät heute noch den Standort des Berchfrits. Sonst sind alle Spuren der Burg verschwunden, bis aus den künstlichen, tief eingeschnittenen Halsgraben, der die Bergnase vom Massiv abtrennt17).*18 15) Mil der Beschreibung bei Frohmüller oder Lehner-Burgstall ist nicht viel anzufangen. 18) Einen ähnlichen Eindruck macht Gugel bei Schloß Giech, ebenfalls eine Kapelle an Stelle einer abgegangenen Burg. *’) Weitere historische Angaben bei Pfarrer Grandinger: Buttenheimer Heimatbnch. Bamberg 1926
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Höhenburgen.
Oberhalb dieser Burg soll sich noch eine zweite, ״Obersenstenberg", erhoben haben, die allerdings schon im 15. Iahrhundert nicht mehr erwähnt wird. Diese war nach Grandinger S. 91 mit dem unteren Schloß durch eine Zugbrücke verbunden und außerdem ringsum von einem Graben umgeben, der heute noch zu erkennen ist. Diese Burg wäre also auf einer Fortsetzung des Talsporns gelegen, deren vordersten Teil heute der Kapellenbezirk einnimmt. Abgesehen davon, daß von den bei Grandiger erwähnten Gräben kaum mehr etwas zu erkennen ist, fällt das Fehlen eines zweiten Halsgrabens auf, denn auch diese Burg wäre sicher durch einen Graben vom anschließenden Plateau abgetrennt worden.
Lisberg (B.-A. Bamberg). Sporenlage aus schmaler Bergzunge. Imposante Fernwirkung. Im Bauernkrieg (1525) verwüstet, nicht aber zerstört, sodaß nur von einer Erneuerung, nicht aber von einem Reuausbau im 16. Iahrhundert gesprochen werden kann (nach Heller a. a. O. findet sich Lisberg nicht in dem zeitgenössischen Verzeichnis der von den Bauern zerstörten Schlösser). Sie besteht aus Vor- und Hauptburg; wenn auch in der Vorburg heute ein landwirtschaftlicher Betrieb eingerichtet ist, während die Hauptburg z. D. als Ruine daliegt, so ist die ursprüngliche Anlage doch noch klar zu erkennen (Daf. XVII d). Den Zugang zur Vorburg verwehrt ein Halsgraben, der von einem runden Eckturm der Umfassungsmauer flankiert werden kann. Innerhalb der Außenmauer der Vorburg zum größten Teil moderne Wirtschaftsgebäude. Ein zweiter Halsgraben verwehrt den Eingang zur Hauptburg. Der runde Berchfrit18) steht so innerhalb des Innenhoses, daß er den Zugang deckt. Die den Hos einschließenden Wohngebäude z. D. ruinös. Die mittelalterliche Kapelle, die an Stelle der heutigen Pfarrkirche sich dicht vor dem Zugang zur Vorburg erhob, dürste zur Verteidigung eingerichtet, den Zugang zur Burg erschwert haben (vgl. Nürnberg, Herzogenaurach usw.). Die Hauptburg umgibt in ihrem ganzen Umsang eine Zwingermauer18 19). Gesamteindruck durchaus noch mittelalterlich. Schloß Greisen st ein (B.-A. Ebermannstadt).
Imponierend in der Fernwirkung, vor allem von Ebermannstadt auch wird der Eindruck aus der Nähe durch Neubauten, z. D. aus jüngster Zeit, stark beeinträchtigt. 18) Er war bis um 1800 etwa ein Drittel höher. ”) Historische Angaben bei Heller: Bnrg Lisberg, Bamberg 1836.
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Ein künstlicher Graben unterbricht vor dem äußeren Burgtor die breite Zufahrtsstraße (Das. XVll f). Dem Hauptbau, der einen Innenhof umschließt, ist ein kleinerer Vorhof vorgelagert der aber schon wegen seiner geringen Ausdehnung nicht als Vorburg, sondern höchstens als Dorschutz (Vortor) angesprochen werden kann. Dafür ist seitlich ein tiefer gelegener, mauerumwehrter Wirtschastshos angeschlossen, dessen Mauerführung sich dem Gelände anpaßt. Roch vorhandene Schießscharten weisen auf seine ehemalige Verteidigungsmöglichkeit hin. Rach der Zerstörung im Bauernkrieg 1525 wurde die Burg osfenbar ohne besondere Änderung wieder auf dem mittelalterlichen Grundriß aufgebaut.
Breitenstein auf dem Hetzles (B.-A. Forchheim). Die wahrscheinlich im Bauernkrieg 1525 zerstörte Burg ist heute sast spurlos verschwunden, dichte Bewachsung des Burgstalles erschwert eine Untersuchung. Deutlich die ausgesprochene Sporenlage (gegen Effeltrich)20).
Schloß Reifenberg (B.-A. Ebermannstadt). Das schon Mitte des 12. Iahrhunderts erwähnte Schloß muß bereits kurz nach 1500 Ruine gewesen sein, die immer mehr verfiel. Heute steht an ihrer Stelle eine Rikolaus-Kapelle, im Volksmund "Vexierkapelle ״genannt. Sporenlage und Reste des Halsgrabens verraten dem Kundigen den Burgstall20 21). Rach Angaben Einheimischer sollen sich bei und unter der Kapelle noch Gewölbe befinden.
Der Burg st ein bei Oberleutenbach (B.-A. Forchheim). Sporenlage. 1112 erscheint zum ersten Male ein Geschlecht der Leutenbacher; an ihre Burg erinnert nur noch der Name "Burgstein״ (Höhe 503 dicht östlich der Moritzkapelle). Außerdem muß dem Kundigen ein Graben aussallen, der den vorderen Teil der Bergnase abschnürt, es ist der alte Halsgraben. Mauerreste sind keine mehr vor־ handen, erlosch doch das Geschlecht bereits wieder mit dem Iahre 1203. Diese kleine Bergseste hatte wohl eine besondere Aufgabe, die sich an Ort und Stelle noch unschwer erkennen läßt. Die Straße Bam20) E. Pfister: Burg Breitenstein auf dem Hetzlafer Berg. Fränkische Heimal Iahrgang 1926. S. 106 ff. ”) E. Rühl: Der Burgenkranz ums Walberla. Mitteilungen des Frönfischen Albvereins 1924. S. 54 f.
126
Burgen-Grundrisse. a) Nürnberg: Hauptburg
Bereich der Kaiserburg
Schräg gestrichelt.
Vorburg
Bereich der Burggrasenburg. Senkrecht gestrichelt.
1. 2. 3. 4.
Sog. Heidenturm mit Doppelkapelle. Eingang zur Hauptburg; wird von 1 slankiert. Zweiflügeliger Wohnbau. Hof mit Abschlußmauer im Norden.
5. Sog. Himmelstor; späterer direkter Zugang zur Kaiserburg von der Stadt aus. ursprüngkicher Zugang nur über Burggrasenburg. 6. Eingang zur Vorburg. 7. Slawentum (Berchfrit), flankiert den Eingang 6. 8. Sog. Himmelsstallung. 9. Walburgiskapelle. 10. Burgamtmannswohnung. Man beachte, wie diefer Bau, zufammen mit 12 und 13 das Gelenk zwischen beiden Burgen bildet. 11. Westtor der Burggrasenburg. 12/13. Vestnertor mit ehemalig. Vortor (13). 14. Fünseckig.Turm,Berchfrit derBurggrasenburg. 15. Graben.
( 16. Luginsland, l 17. Kaiserstallung. Zwei sehr große Vorburgen (V 1 u. V 2), verhältnismäßig b) Reideck: kleine Hauptburg; drei Gräben (1,2,5). Die Hauptburg besteht nur aus Wohnturm (3) und Palas (4). Man beachte die ZickZack-Führung des Zuganges! Gesamtanlage noch stark unregelmäßig. Gesamtanlage durch Erneuerungen im 15. und 16. Iahrhunc) Altenburg: dert stark vereinheitlicht. Keine Trennung mehr zwischen Vorund Hauptburg erkennbar. Östlicher Teil durch Erdrutsch zerstört. 1 Graben, 2 Berchfrit, 3 Neubau (an Stelle des alten Palas), 4 Bergrutsch. Mittelalterliche Anlage der Hauptburg unverändert, die Red) Lisberg: gelmäßisikeit der Vorburg durch Umwandlung in großen Ökonomiebetrieb wohl mitbedingt. An den Anmarschweg eine (heute vergrößerte) Kirche vorgeschoben. 1 Kirche, 2 Graben, 3 Vorburg, 4 Graben, 5 Hauptburg mit rundem Berchfrit, 6 Zwinger. e) Wiesenthau: Ringmauer,geschloss.Kernwerkm.Ecktürmen (Kanonenscharten). Die ehemals besestigte Kirche wie ein Stützpunkt vorgeschoben. 1 Mauertor, 2 Kernwerl 3 Kirche. Einheitliche Gesamtanlagt, weil nach dem Bauernkrieg neu ausgebaut. Ein paar nicht mehr vorhandene Ecktürme der Außenmauer find punktiert, i) Greifenstein: Keine Vorburg, nur enger Vorhof mit Vortor. Der seitlich etwas tiefer gelegene Wirtschastshos ist von einer Mauer umgeben. Neuausbau nach 1525. 1 Vortor mit Graben u. Brücke, 2 Hauptburg, 3 Wirtschastshos. g) Giech: Einheitlich klare Anlage mit zahlreichen Knnonentürmen. Keine Zweiteilung in Vor- und Hauptburg. Letzte umfassende Wiederherstellung erst um 1600. 1 Vortor, 2 Haupttor, 3 Palas, (Ruine), 4 Berchfrit (ältestet Teil), 5 Graben. Aus Verteidigung durch Pulvergeschütze sind eingerichtet Nürnberg, Altenburg, Wiesenthau, Giech, wahrscheinlich auch Neideck.
Städtische Bauten.
ד
12
Tafel xvll.
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Höhenburgen.
berg—Oberpfalz nahm damals noch nicht den heutigen Verlaus sondern solgte dem jetzigen Fußweg an der Moritzkapelle vorbei, um sich dann links ausbiegend durch eine Enge durchzuzwängen. Diese Enge aber konnte vom Burgstein aus beherrscht bezlv. gesperrt werden22).
Regensberg (B.-A. Forchheim). Sporenlage. Die erstmals 1251 erwähnte Burg wurde im Iahre 1525 abgebrannt. Der sich auf den Trümmern erhebende Neubau war eine regelmäßige vierflügelige Anlage mit vier Ecktürmen, die aber vom Besitzer 1867/68 abgebrochen wurde. Heute erinnert nur noch ein mächtiger Bauklotz mit z. T. eingestürzten Gewölben an das alte Schloß. Eine Zeichnung aus den 30er Iahren des vorigen Iahrhunderts besindet sich in der Staatsbibliothek Bamberg. (Abgebildet im Fränk. Schatzgröber 1924, S. 83.) Erhalten ist ferner die dem ehemaligen Schloß vorgelagerte Kapelle mittelalterlichen Ursprungs. Am weitesten gegen den Berghang vorgeschoben, kann sie sehr wohl eine Rolle in der Verteidigung des Schloss ses gespielt haben. Auch der ehemalige Halsgraben ist noch unschwer zu erkennen. Mit Regensberg beginnt die Reihe der im 16. Iahrhundert auf regelmäßigem Grundriß erneuerten Bergfesten.
Bamberg — Altenburg. Ausgesprochene Sporenlage. Ein künstlicher Halsgraben trennt die Burg vom Bergmassiv (Das. XVII c). Die Burg, wie sie uns heute entgegentritt, stammt, mit Ausnahme des älteren Berchfrits, aus dem 15. und 16. Iahrhundert, ist also ein ausgesprochener Spätling. Im frühen Mittelalter war die Altenburg bedeutend kleiner23). Die Burg, imponierend in der Fernwirkung, enttäuscht den Burgenkennet, sobald man den Burghof betritt. Dehio hat für den heutigen Zustand einmal den Ausdruck "Dheaterburg" geprägt. Bei der Wie־ derherstellung 1901/02 hat man vor allem in der Platzgestaltung eine wenig glückliche Hand gezeigt, der neue Palas steht ohne innere Ver= bindung mit den übrigen Bauteilen im Raum. Uns interessieren in erster Linie die älteren Teile, Dorhaus mit anstoßendem Wohnbau, der Berchfrit und der Bering. ’”-)־-Wie .(״ 3 )־Vgl. S ch n e i d e r - A nl e n t: Bamberg 1912, S. 66 ff. und W. Ament: Bamberg 1929, S. 184 ff. Letztere Arbeit enthält eine eingehende kritische Baugeschichte und Baubeschreibung.
Höhenburgen.
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Der Berchfrit springt in seinem oberen Teil zurück, er ist ein sogenannter Butterfaßturm. Seine Stellung gestattet eine wirksame Verteidigung des Dores. Der Zugang erfolgte srüher vom alten Palas aus, erst 1578 wurde das seitliche Dreppentürmchen erbaut. Am aufschlußreichsten für uns ist der Bering, der schon durch seine regelmäßige Form, seine geradlinigen Mauerfluchten und seine Rundtürme zeigt, daß er der Spätzeit des Burgenbaus angehört. Bis zu 11 m wachsen die Außenmauern über ihre Umgebung empor. Die Rundtürme sind als Geschütztürme anzusprechen. Der Mauerturm der Nordseite weist sogar durch seinen Namen "Kattelsburg" auf seine ehemalige Bestückung hin24). Besonders interessant sind nur die schräg in die Diese führenden Schießscharten, die sich regelmäßig aus den ganzen Bering verteilen und eine direkte Verteidigung des Mauerfußes gestatten. (Keine Gußlöcher!) Zugang natürlich nur über eine Zugbrücke, am Dorhaus Pechnase. (Ausgußöffnung heute zugemauert). Durch einen Erdrutsch wurde 1780 die Ostseite des Berings zerstört, nur ein Teil der Mauer ist stehengeblieben und zeigt den alten Umfang an. Schloß Wiesenthau (B.-A. Forchheim).
Das nach der Zerstörung im Bauernkrieg (1525) wieder aufgebaute Schloß macht heute noch, sowohl vom Dal (Norden) als auch von der Höhe (Westen) aus gesehen einen imposanten Eindruck. Trotzdem kann Wiesenthau nicht als eigentliches Bergschloß angesprochen werden. Es liegt aus hoher Dalterrasse, die nach Norden und Westen steil abfällt. Der Osten wird durch die vorgelagerte Dorfkirche gedeckt, im Süden läuft heute eine Straße die Dorsmauer entlang. Vielleicht befand sich hier früher ein Graben. Die Umfassungsmauer bildet ein langgezogenes westöstliches Vieleck. Über dem Steilabfall im Norden und Westen ist die Umfassungsmauer auf der Innenseite niedrig25). Die Süd- und Ostmauer dagegen ist hoch; von zwei nach innen ossenen, aus der Mauer vorspringenden Türmen kann die Mauer flankiert werden, die selbst wieder eine Reihe von Schießscharten enthält, die sich nach innen in geräumige SchießJammern erweitern. M) A m e n t a. a. O. S. 190. 25 Von ber Nordmauer führt eine sich erweiternde Schießscharte nach unten und gestattet ein Bestreichen des Mallersußes aus voller Deckung. (Von unten am besten zu sehen.) Vgl. Altenburg! Ritbl, Kulturkunde des Regnidtales.
9
130
Höhenburgen.
Vor die schmale Ostseite schiebt sich wie ein Schild die Dorskirche. Von der Westseite der Kirche aus bestand ehemals eine Verbindung mit der ganz nahen Schloßmauer (zugemauerte Tür; vgl. auch S. 64). Das Innere der Burg zeigt deutlich die vereinheitlichenden Dendenzen des 16. Iahrhunderts (Das. XVlIIe). Roch ist das alte Tor mit Rebentürlein erhalten, noch erkennt man das Vorhandensein eines ehemaligen Sperrbalkens. Das Gelände links von uns könnte die alte Vorburg gewesen sein, ein schönes Fachwerkhaus ist auf diesem Raum das einzige Gebäude. Run aber liegt er vor uns, der Kernbau, massig, vieltürmig, drohend. An den hochgiebeligen westöstlichen Hauptbau schließen sich nach Norden zwei niedrigere Seitenslügel an und bilden so einen heute nach Norden offenen Hof. Die Hauptträger der Verteidigung sind zweifellos die runden, ungleich hohen Ecktürme, die aus allen Ecken (mit einer einzigen Ausnahme) vorspringend, eine Bestreichung des ganzen Außenbaues gestatten (5 Türme). Rach dem Fall der Außenmauer konnte also der Kernbau noch recht wohl verteidigt werden, deshalb fehlen oder sehlten im Erdgeschoß auch die Fenster; hier hatten nur schmale Schießscharten ihre Berechtigung, während uns aus den Ecktürmen die breiten Mäuler der Kanonenscharten entgegengähnen. Der heute nach Norden offene Hos hätte natürlich eine Verteidigung erschwert. Er war aber durch eine (wahrscheinlich mit Wehrgang versehene) Mauer abgeschlossen, Spuren des ehemaligen Maueransatzes sind vor allem am Durm noch leicht zu erkennen. So lag das Schloß da, in sich geschlossen, unfaßbar, die Verteidigungstürme vorgeschoben, sast wie ein zusammengerollter Igel, der dem Gegner seine Stacheln entgegenstreckt. In der Regelmäßigkeit der Gesamtanlage, in den zahlreichen flankielenden Türmen ist eine gewisse Anpassung an die Forderungen der Neuzeit unverkennbar26).
Schloß Giech (B.-A. Bamberg). Sporenlage aus vorgeschobener Iura-Bergnase. Die im Bauernkrieg (1525) und im Markgrafenkrieg (1553) zerstörte Burg ersuhr 1599 bis 1609 eine umsassende Wiederherstellung. Interessantestes Beispiel einer spätesten Burganlage, deren Regelmäßigkeit und Einheitlichkeit sofort in die Augen springt; keine Drennung mehr in Vor- und Hauptburg (Daf. XVII g). 36) Vgl. S. 125, Annu 21.
.Höhenburgen.
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Die einzelnen Gebäude umschließen ein längliches Rechteck; dieses wird weiterhin umgeben von einer Zwingermauer, die durch starke Rundtürme verstärkt ist. An der heutigen Zugangsseite (Westen) verdoppelt sich die Zwingermauer und bildet ein Vortor. Der vom mittelalterlichen Bau stammende Berchfrit steht übereck (vgl. fünfeckigen Turm Nürnberg!) dicht an dem künstlichen, aus dem Felsen herausgearbeiteten Graben aus der Ostseite und deckt so die gefährdete Angriffsseite, die Jetzt auch noch durch zwei Ecktürme der Zwingermauer gesichert wird. Ich vermute, daß sich hier der ehemalige Zugang zur Burg befand. Ein zweiter Halsgraben ist noch weiter nach Osten hinausgeschoben.
Durch die Schuld des Bauinspektors v. Hohenlohe, der nach der Säkularisation die Dächer teilweise entsernen ließ, ist der größte Teil der Burg heute Ruine (Mayer a. a. O.). Trotzdem vermag uns auch noch die imposante Ruine eine klare Vorstellung vom Aussehen einer Burg aus der letzten Zeit des Burgenbaues zu geben.
Ziteratur. Eine Arbeit über den Ausbau der Burgen unseres Gebietes sehlt noch. Vorliegende Zeilen bedeuten einen bescheidenen Ansang nach dieser Richtung. Wohl liegen eine Reihe von Einzelarbeiten vor, doch überwiegt bei ihnen meist das Interesse an der rein historischen Seite, die Burg selbst als Bau- und Wehranlage kommt meistens zu kurz. Außerdem sind diese Arbeiten zum Teil veraltet oder verraten eine sehr geringe Kenntnis des Burgenbaues. Immer noch am besten orientiert man sich über den Burgenbau bei: O. Piper: Burgenkunde, München 1912. Grundlegende Arbeit, die auf alle Einzelheiten eingeht. O. Piper: Abriß der Burgenkunde. Sammlung Göschen, Nr. 119. Genügt für die erste Einführung. C. S ch u ch a r t: Die Burg im Wandel der Weltgeschichte, Potsdam 1929 Versuch unter Verzicht aus Einzelheiten (Piper) eine Entwicklungslinie der Burg überhaupt (also nicht nur der deutschen) herauszuarbeiten.
An größeren kritischen Spezialarbeiten kommt nur wenig in Betracht. Hier wäre in erster Linie zu nennen:
E. Mummenhoff: Die Burg zu Nürnberg. 4. Aufl. 1926. Mummenhoff gebührt vor allem das Verdienst mit den Phantasten Essenweins ausgeräumt zu haben.
Bodo Ebhardt: Deutsche Burgen. 1899—1908. Der ll. Halbband enthält auf Seite 423 ff. eine erschöpfende Darstellung der Cadolzburg mit zahlreichen Abbildungen, Grundrissen usw. Ein geschichtlicher Teil ist angefügt. Ob sich die hier mitgeteilten Zerstörungen in den Jahren 1388 und 1434 auf die Burg beziehen, scheint mir sehr zweiselhast. Es scheint sich hier eher um die Zerstörung des damals noch nicht befestigten Marktes (Vgl. S. 231) gehandelt zu haben.
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Höhenburgen.
H. T h i e r s ch : Zeitschrift für Bauwesen, Bd. 60, 1910. Hier beschäftigt sich Thiersch eingehend mit den Gebäuden der Cadolzburg und bringt zahlreiche gute Grundrisse und Bauzeichnungen. Ein Teil derselben findet sich wieder bei O. Mitius: Dürers Schloßhofanstchten, Leipzig 1922. Hier weist Mitius nach, daß bie beiden Dürer’schen Schloßhofansichten den Hof der Cadolzburg darstellen. I. M. Lehner-Burgstall: Mittelsrankens Burgen und Herrensitze. Nürmberg 1895 und Nürnbergs nächste Umgebung mit besonderer Berücksichtigung der Herrensitze, 2. Ausl. 1913. Der Verfasser will vor allem die "G e f ch i ch t e" der Burgen und Herrenfitze geben, aiso Namen, Besitzer, Bauzeiten ufw. Die meist spärlichen Angaben über die Burgenanlage selbst sind mit Vorsicht zu genießen. Die beigegebenen Abbildungen entstammen der Glockendhon’schen Karte (16. Jahrhundert) und den Nürnbergischen Hesperiden von Volkamer (1708). Die übrigen kürzeren Arbeiten in Städtemonographien, Zeitschristen usw. sind Jeweils bereits in den Fußnoten genannt.
Ulli. Wasserschlösser. Aussehen, Zweck und Alter der Wasserschlösser.
Wasserschlösser sind Schloßbauten verschiedenster Größe, deren Hauptschutz nicht in der Lage auf einer Höhe, sondern in einem oder mehreren Gräben besteht, die die ganze Anlage umgeben. Sie sind im Regnitzgebiet verhältnismäßig häusig, besonders im Bereich der alten Reichsstadt Nürnberg. Vor den Toren des alten Nürnberg lag ein ganzer Kranz von kleinen Schlössern, die wir, wenn wir uns ganz modern ausdrücken wollen, als spätmittelalterliche "Wochenendhäuser* bezeichnen können, als Landhäuser, aus denen sich das Nürnberger Patriziat den Freuden des Landlebens hingab. Freilich war man damals — auch dicht vor den Toren Nürnbergs — nicht immer ganz sicher, daher die Besestigung als notwendige Folge. Wegen ihrer geringen Ausmaße wurden sie auch häusig ,,Weiherhäuser" genannt. Sie gehören in der Hauptsache dem 15. und 16. Iahrhundert an. Bei der damaligen Art der Kriegsführung, über die wir schon bei den besestigten Kirchhöfen gesprochen haben (vgl. S. 45 s.), rasche Überfälle durch kleinere Abteilungen, genügte dieser Schutz vollkommen. An längere Belagerung oder Verwendung von Geschützen dachte man noch nicht. Reben diesen verhältnismäßig kleinen Nürnberger Wasserschlössern, die meist nur einen Hauptbau besaßen, finden wir in unserem Gebiet, allerdings bedeutend seltener, ansehnliche Anlagen, die nicht nur aus mehreren Gebäuden, sondern wie eine Höhenburg, aus Haupt- und Vorburg bestehen (Ebelsbach, Reuhaus, Eunreuth uswj. Diese Wasserburgen dürften wohl auf ein höheres Alter zurückblicken, wurden aber im Lause der Iahrhunderte stark verändert, suchten sie sich doch der gesteigerten Wafsenwirkung anzupassen (Batterietürme in Eunreuth, Reuhaus usw.). Ausbau und Linienführung der letzten großen Wehranlage unseres Gebietes, des ehemaligen Schlosses Scharfeneck bei Baiersdorf, bezeichnet die Endphase dieser Art von Wehrbauten (im 30jährigen Krieg zerstört). Diese größeren Schloßbauten haben im nördlichen Regnitzgebiet ihre stattlichste Ausbildung gesunden. Rach dem 30jährigen Krieg wurden keine Wasserschlösser mehr gebaut.
Besondere Rolle der Wasserschlösser in Nürnbergs engstem umkreis. Eine Reihe von Wasserschlössern war den Mauern der Stadt Rürnberg dicht vorgelagert. Ein Teil von ihnen hat sich bis aus unsere
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Wasserschlösser.
Tage erhalten, ich nenne nur die Schlößchen in Gibitzenhosi Lichtenhos, Hummelstein, das Hallerschlößchen an der Haln-Straße, das Zeltnerschlößchen (Gleißhammer) und das Hallernschlößchen in Schoppershos. Sie liegen dicht innerhalb oder außerhalb des sog. Landgrabens, das ist eine mittelalterliche besestigte Außenlinie, die wir wohl in erster Linie als Annäherungshindernis ansprechen dürfen1). Stellen
unsere Schlößchen nicht direkte Stützpunkte dieser Außenlinie dar, gaben sie ihr nicht erst einen gewissen Gefechtswert? Wollten wir uns ganz modern ausdrücken, so würden wir von einem Fortgürtel sprechen. Eine derartige Außenlinie konnte sür Nürnberg nur dann von Wert sein, wenn die Schlößchen, die Stützpunkte dieser Linie, in der Hand der Nürnberger waren. Deshalb sicherte sich Nürnberg für alle diese Herrenhäuser das "Ofsnungsrecht", d. h. Nürnberg hatte das Recht, diese Wasserschlösser im Falle eines kriegerischen Konfliktes militärisch zu besetzen. Tatsächlich wissen wir auch, daß im ganzen* *) Der Landgraben lief in einer Entfernung von etwa 1—1% km um die Stadt. Im Süden bezeichnet bie heutige Landgrabenstraße ihren ehemaligen Ver lauf. Vgl. Mummenhoff: Nürnberg (in Einzeldarstellungen) 1931, S 105 ff.
Wasserschlösser.
135
ersten Markgrafenkrieg das Hallernschlößchen eine Besatzung Rürnbergischer Truppen beherbergte, ebenso wie das (heute verbaute) Schlößchen in Lichtenhos und das Schloß in Gleißhammer (ZeltnerSchlößchen). Roch im 30jährigen Krieg werden sie z. D. in die Lagerlinie Gustav Adolfs einbezogen, z. B. Gleißhammer und Lichtenhos. Rach dem 30jährigen Krieg spielten die Nürnberger Herrensitze nochmals, diesmal aber eine durchaus friedliche Rolle; sie wurden häufig barockisiert, vergrößert und fast immer erstand neben oder hinter ihnen ein prunkvoller Barockgarten. Zu ihrer Zeit berühmt, haben sich nur noch Reste der damaligen Gartenanlagen erhalten.
Die Haupttypen der Wasserschlösser. Bortyp: Turmartiger Bau ohne Zwingermauer.
Als Vortyp möchte ich das sog. ״Weiherhaus" bezeichnen, wie wir es auf A. Dürers Stich "Maria mit der Meerkatze" oder auf der Handzeichnung "Weiherhaus" finden (siehe Einschaltbild S. 134). Es besteht aus einem turmartigen Haus auf quadratischer Grundläge. Der Oberstock des aus Fachwerk aufgeführten Gebäudes kragt vor, ein Krüppelwalmdach bildet den oberen Abschluß. Der einzige Schutz besteht in der Lage auf einer Insel. Dies und die Fachwerkkonstruktion dürfte wohl die Schuld tragen, daß wir diesen Vortyp bei uns nirgends mehr sinden. Die Zeit verlangte einen zuverlässigeren Schutz, eine festere Bauweise. Diese finden wir verkörpert in Typus I: Turmartiger Kernbau, Zwingerntauer, aber ohne Ecktiirnte. Er besteht, wie der Vortyp, aus einem turmartigen Bau auf annähernd quadratischer Grundlage. Die Dimensionen sind bedeutend größer, das Baumaterial besteht, zum mindesten in den Untergeschossen, aus Sandsteinguadern. Das unterste Geschoß, das nur Wirtschaftsräume enthält, besitzt an Stelle der Fenster schmale Schlitze, es ist also zur Verteidigung ein־ gerichtet. Darüber erheben sich in der Regel zwei Wohngeschosse. Das hohe Dach zeigt meist noch Erkerausbauten2). Um dieses turmartige Gebäude zieht sich — nur wenige Meter entfernt — eine mit Schießscharten versehene Mauer. Dann erst folgt der künstlich angelegte Wassergraben; Außen- und Innenseite desselben 2) Wachsen diese turmartig aus den Ecken des Schlosses heraus, so nennen wir sie in Zukunst "Nürnberger Ecktürmchen", weil sie für das Nürnberger Gebiet besonders charakteristisch sind.
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Wasserschlösser. a, b, c D y p u s II: Turmartiger Hauptbau, Zwingermauer mit Ecktürmchen, Graben. (Typus I genau so, nur ohne Ecktürmchen).
a) Typisches Wasserschloß des Nürnberger Gebietes. Man beachte die aus den Ecken des Hauptbaus herauswachsenden "Nürnberger Ecktürmchen!״ b) Ouerschnitt. c) Grundriß.
d) Typus III: Mehrere Gebäude Zwingermauer, Graben.
umschließen
einen Innenhos.
Forchheim, sog. Kaiserpsalz, entstanden aus Typus I. (Vgl. S. 143.)
1. Hauptbau 1380, Dreppenturm um 1600. 2. Hof. 3. Nebengebäude (um 1600 und später). Um den vorderen Teil der Anlage läuft heute noch der Zwingermaueransatz.
e) Typus IV. Der Wirtschaftshof wird mit in das Verteidigungssystem einbezogen (Vor- und Hauptburg).
R e u h a u s. Vor der Vorburg noch ein kleiner Burgflecken als weitere Vorburg. (Vgl. S. 145.) 1. Hauptburg. 2. Vorburg. 3. Burgflecken. 4. Weiher. f) D y p u s V: Haupt- und Vorburg durch bastionsartige Erdwerke mit vorspringenden Spitzen geschützt. (Vgl. S. 139.) Sog. "Hornwerk".
Schloß Scharseneck bei Baiersdorf. 1. Hauptburg. In dem rechteckigen Aussprung rechts der Hauptburg ein sog. "Kavalier״, eine erhöhte Geschützstellung, die durch ihre Wallmasse wie durch überhöhtes Feuer das Schloß nach dieser Seite deckt.
2. Graben. 3. Vorburg. 4. Wasserläufe (Regnitz).
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Tafel XVIII.
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138
Wasserschlösser.
sind mit Ouadersteinen gefüttert. Eine Zugbrücke, heute meist durch eine steinerne ersetzt, sührte über den Graben. Waren also die beiden Hindernisse, Graben und Zwingermauer überwunden, so konnte das Schlößchen selbst immer noch von den Schießscharten des Untergeschosses aus verteidigt werden (Das. XVIII. a). Wohl immer schloß sich an den Schloßbau ein Wirtschastshos an, der von einer einfachen Mauer umgeben war; der Schloßgraben trennte die beiden Teile. Außer der Mauer dürfte der Wirtschaftshof keinerlei Verteidigungseinrichtungen besessen haben, wenn auch die Mauer ein gewisses Annäherungshindernis bildete. Dieser entwickelte Typ erscheint in Urkunden usw. häufig noch unter dem Namen ״Weiherhaus". Musterbeispiel dieses Typs: Reunhos bei Krastshof (ogl. S. 141).
Typus II:
Durmartiger Kernbau, Zwingermauer mit Eckturmen.
Der Typus II gleicht dem Typus I aufs Haar, nur unterscheidet er sich von ihm dadurch, daß die Ecken der Zwingermauern durch Türme verstärkt sind. Es handelt sich also meist um vier, teils runde, teils eckige Türme. Freilich sehlt heute häufig die Zwingermauer, sodaß sich nicht mehr mit Sicherheit feststellen läßt, ob das Schlößchen dem Typus I oder II angehört. In diesem Zweifelssalle werden die Schlößchen im Verzeichnis unter Typus I aufgeführt. Da die Ecktürmchen eine flankierende Verteidigung gestatteten, war Typus II leichter und wirksamer zu verteidigen als Typus I. Musterbeispiele dieses Typs: Lichtenhosi Hummelstein (vgl.S. 142). Typus III: Mehrere Gebäude umschließen einen Innenhof. Typus III unterscheidet sich von Typ I und II dadurch, daß die Anlage aus mehreren Gebäuden besteht, die meist ganz oder teilweise einen Innenhof einschließen. Sonst wie Typus I und II: Graben und Zwinger. Auch hier dienen die Erdgeschoßräume meist zu Wirtschaftszwecken und sind zur Verteidigung eingerichtet (Daf. XVIII d). Aufschlußreichste Anlage des Typus III: Forchheim (vgl, S. 143 und Daf. XVIII d).
Typus IV: Zweiteilung in Bor- und Hauptburg. Er entsteht, wenn zu Typus III noch eine ausgesprochene V o r b u r g dazukommt. Es wird also jetzt der Wirtschaftshof in die eigentliche Befestigung einbezogen, ebenfalls mit Mauer und Graben umgeben und mit Ecktürmen versehen. Damit zieht beim Wasserschloß
Wasserschlösser.
139
die gleiche Zweiteilung ein wie bei der Höhenburg. Natürlich wachsen jetzt auch die Dimensionen über Typ I—ΠΙ hinaus. Kern der Anlage wie Typus III (Zwinger kann fehlen). Der einen Seite ist eine Vorburg vorgelagert, die in der Hauptsache ursprünglich Wirtschaftsgebäude enthält. Der Graben, nur auf der Brücke zu überschreiten, trennt sie von der Hauptburg. Dadurch, daß der Graben der Vorburg auch noch um die Hauptburg herumgeführt wird, ist diese durch zwei Gräben geschützt (Eunreuth, B.-A. Forchheim, Reuhaus, B.-A. Höchstadt). Fehlt dieser äußere Graben, so ist doch die Vorburg durch Mauer mit Wehrgang, Dorhaus, Ecktürmen usw. zur Verteidigung eingerichtet (Ebelsbach, B.-A. Haßfurt). In Neuhaus ist sogar ein Teil des alten Dorfes, das sich unmittelbar an die Vorburg anschließt, durch Gräben und Weiher geschützt (Daf. XVIII e). Es entstehen dadurch gewissermaßen zwei Vorbürgen.
Typus V: Außenschutz durch Erdwerke. Mauern, Gräben, Ecktürme waren die bisherigen Besestigungsmittel. Das 17. Iahrhundert bringt hier eine letzte Neuerung, herausgeboren aus der gesteigerten Wasfenwirkung der Pulvergeschütze: Erdschanzen. Dieser Spättyp war in unserem Gebiet einmal vertreten und zwar in dem ehemaligen markgräslichen Schloß Scharfeneck bei Baiersdorf (B.-A. Erlangen). Im 30jährigen Krieg zerstört, ragte es als imposante Ruine empor, bis es in den 90er Iahten des vorigen Iahrhunderts auf Abbruch verkauft wurde. Ein Gedenkstein bezeichnet heute etwa den Mittelpunkt der Anlage (Daf. XVIII f). Streng geometrische Anlage, zerfallend in Vor- und Hauptburg. Man sieht also, wie hier Typ V aus Typus IV herauswächst; das von Ecktürmen bewehrte Kernwerk umschließt einen Innenhof und ist von einem Graben umgeben, der diesen Teil von der Vorburg trennt Auch diese umschließt einen regelmäßigen Innenhof. Die Gesamtanlage wird eingeschlossen von einem System geradlinig verlaufender Erdwälle, aus denen spitze Winkel vorspringen. Rach diesen Spitzen — es sind im Grunde sog. halbe Bastionen — nennt man eine derartige Anlage auch "Hornwerk". Natürliche und künstliche Wasserläufe erschweren obendrein den Zugang.
Verzeichnis der Wasserschlösser nach Typen eingeteilt. Typus I. Turmartiger Bau mit turmloser Zwingermauer. Hier sind alle diejenigen Wasserschlösser eingereiht, bei denen ein ehemaliger Zwinger heute nicht mehr vorhanden ist. Manche der hier genannten Anlagen mag
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Wasserschlösser.
eine Zwingermauer m i t Ecktürmchen befessen haben, würde also demnach zu Typus ll gehören; dies kann aber beim Fehlen der Zwingermauer heute nicht mehr sestgestellt werden. Adlitz (B.-A. Erlangen). Turmartiger Bau mit Treppentürmchen. Graben und Zwingermauer heute verschwunden. Behringersdorf (B.-A. Laus). Nördlich der Kirche altes Herrenhaus; Steinsockel, zwei Fachwerkgeschosse, Satteldach, Treppenturm. Graben unb Zwinger schien heute. Eigenartig ist der Gegensatz zu dem daneben breit hingelagerten Herrensitz aus dem 18. Iahrhundert, in dessen weiträumig und regelmäßig angeordnetem Vorhos sich das mittelalterliche Herrenhaus recht bescheiden ausnimmt. Erlen st egen (Nürnberg). Von den fünf Herrensitzen in Erlenftegen macht eigentlich nur noch der Scheurl’fche einen wehrhaften Eindruck (Nr. 111). Das Vorhandenfein eines ehemailgen Ringgrabens ist noch unschwer zu erkennen. Feucht (B.-A. Nürnberg). Drei Herrensitze. Das ehemalige Tucherfchloß (mit Treppenturm), heute als Gasthof (Nürnberger Hof) ohne Wehranlagen an der Straße liegend, ist nicht mehr als Wasserschloß anzufprechen, ebensowenig das sog. Schloß Morneck am Gauchsbach, das wohl den typischen Ausbau des Nürnberger Wasserschlosses um 1500 zeigt (4 Nürnberger Erker), aber ebenfalls Graben und Mauer eingebüßt hat. Am ursprünglichsten wirkt noch das sog. ״Karthäuserschloß" mit dem Zeidelmännchen als Portalschmuck. Hier ist der ehemals den Bau umgebende Weiher, der vom dicht vorbeisließenden Bach gespeist wurde, noch unschwer zu erkennen. Dreigeschossig, Walmdach, Ortsteine — barock. Fischbach (B.-A. Nürnberg). Von den 3 Herrensitzen läßt nur noch einer den ehemaligen Wehrcharakter erkennen. Auf einem Steinsockel erheben sich überkragend zwei Geschosse in Fachwerk. Satteldach — Untergeschoß auch heute noch eine Halle. Eine Holzsäule in der Mitte trägt einen mächtigen unterzug. Graben nicht mehr vorhanden, aber Wasserlaus auch heute noch dicht am Schloß vorbei. Der vorgelagerte Wirtschastshos noch deutlich erkennbar, rückwärts ein ehemaliger Barockgarten. Gesamteindruck mehr malerisch und zierlich als wehrhast. G i b i tz e n h o f, Nürnberg, Meisenstraße 6. Turmartiger Bau, gesütterter Graben (ohne Zwinger). — Anschließender Wirtschastshos noch gut erhalten. Kleinere, aber interessante und klare Anlage. Gugelhammer (B.-A. Schwabach). Auf einem, aus gewachfenem Felsen herausgearbeiteten Steinwürsel erhebt sich der turmartige Bau, umflossen von der Schwarzach. Durch Brücke mit dem Wirtschastshos verbunden. Rechts anschließend Barockgarten. Eigenartige Anlage.
Hallerschlößchen, Nürnberg, Hallerschloß 78. Zugang von der Hainstraße. Klotzartiger Bau mit späterer, rückwärtiger Erweiterung. Ein Graben mit z. T noch erhaltener Zwingermauer (Schießscharten) umgibt den Bau in einem verhältnismäßig weiten umkreis. Das Schloß selbst besaß früher die typischen Nürnberger Ecktiirmchen. Die dem Schlößchen vorgelagerten alten Häufet Nr. 80 und 81 bilden zweifellos Bestandteile des ehemaligen Wirtfchaftshoses.
Kalchreuth (B.-A. Erlangen). Klotzartiger, später erweiterter Bau. Ringslausender Graben. Zwingerreste.
Wasserschlösser.
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Kraftshof (Nürnberg-Land). Der "Kressenstein“ im Garten des Herrenhauses; erhalten Mauerklotz mit umgebendem Graben. Auf bem alten Sockel jüngerer Fachwerkbau. Bescheidene Anlage. Malmsbach (B.-A. Nürnberg). Erhalten der breite, beiderfeits gefütterte Graben; auf her Zwingermauer haben sich kleine Gütler-Häuschen festgesetzt, das Schloß selbst wurde im vorigen Jahrhundert abgetragen; die ehemalige Baustelle bildet heute den Hoß zu dem ein stark verändertes Torhaus den Zugang gestattet. Von der Pegnitzseite aus gesehen, trägt die ganze Anlage immer noch einen gewissen wehrhaften Charakter. Neunhos (B.-A. Fürth). Turmartiger Bau mit schönen Fachwerkzwerchgiebeln. Zwingermauer und Graben vollständig erhalten, ebenfo der anschließende Wirtschastshos. Interessante, klare Anlage; die kleinen, aus die Zwingermauer ausgesetzten Barockbauten stören kaum. Puschendorf (B.-A. Fürth). Anstelle des eingegangenen Schlosses steht heute die Kirche. Der ringslaufende gefütterte Graben vollständig erhalten. Röttenbach (B.-A. Höchstadt). Erhalten nur Graben und Mauersockel im Graben. Im Hofe der benachbarten Brauerei Sauer schöner Wappenstein der Truchseß von Pommersselden. 1591. Schoppershos, Nürnberg, Adamstraße 94—98. Noch heute steht das Herrenhaus inmitten einer Anzahl ländlicher Gebäude, die sich wunderbar genug von den angrenzenden Großstadtstraßen abheben. Herrenhaus und Wirtschaftshos bilden eine mauerumschlossene Einheit die aber trotz der beiden Ecktürme (nach mittelalterlich) einen mehr malerischen als wehrhaften Eindruck macht. (Vgl. Oberbürg!) Herrenhaus mit thpischen Nürnberger Ecktürmchen unb rundem Treppenturm. Der Schloßgraben fiel wohl der Barockzeit zum Opser. Ein großer Garten schließt sich an. Ganz in der Nähe, Bismarckstraße 36, erhebt sich das sog. "Tuchers ch l ö ß ch e n". Turmartiger, dreigeschossiger Bau auf eingezogenem untergefchoß. Anschließender Wirtschastshos mit großem Hoftor. Die ganze (!) Anlage könnte ehemals von einem Wassergraben umgeben gewesen sein. (Vgl. Hallerschloß S. 140.) Iedensalls ist hinter ben Wirtschaftsgebäuden (von der Schillstraße aus) der Rest eines Wassergrabens zu erkennen. Schwaig (B.-A. Laus). Dreigeschossiger einfacher Sandsteinbau, mit späterer rückwärtiger Erweiterung und Treppenturm. Die geringere Zahl der Fenster im Erdgeschoß deutet noch aus den ehemaligen Wehrbau hin. Graben und Zwinger nicht mehr vorhanden. Steinach (B.-A. Fürth). Turmartiger Bau. Das ehemals fensterlose UnterBeschoß bekam im Barockzeitalter ovale Fenster (Festsaal). Auch sonst stark barockisiert. Barocktor zum vorgelagerten Wirtschaftshof. Graben aufgefüllt. Unterbürg (B.-A. Nürnberg). Hoher mittelalterlicher Wehrturm mit Ecktürmchen, angebaut ein späterer Wohnbau. Beide später mit gotisierenden Fenstern versehen und dadurch verfälscht. Unzusammenhängende Teiche ziehen sich um das Ganze herum. Der Turm, besonders die angesetzten Scharwachttürmchen, zeigen eine große Ähnlichkeit mit den alten Herzogenauracher Stadttürmen. Vach (B.-A. Fürth). Turmartiger, stark erneuerter Bau (am Nordende des Dorfes). Trockener Graben noch erhalten; eine (spätere) Mauer schließt den ehemaligen Wirtschaftshof ein. Ein Teil der Mauer scheint alter zu sein (vermauerter gotischer Torbogen). Hinter dem Schloß außerhalb der Mauer heute noch Stauweiher.
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Wasserschlösser.
Am besten ist der Typus I erhalten in dem Schlößchen in Neunhos bei Krastshos. (Vgl. S. 141.) Auch das heute spurlos verschwundene Erlanger Wasserschloß gehörte dem Typus I an. Vgl. die Abbildung bei Stein-Müller: Geschichte von Erlangen, S. 22. Typus II.
Turmartiger Bau mit Zwingermauer und Ecktürmen. Altenberg. In Merians Plan der Schlacht an der alten Veste ist ein Schloß Altenberg eingezeichnet mit vier Ecktürmen und einem überragenden Hauptturm. Da Schloß Altenberg bereits um 1280 einging, kann diese Darstellung nicht stimmen. Ossenbar handelt es sich um eine Verwechslung mit der benachbarten alten Veste. (Vgl. S. 122.) Buckenhof (B.-A. Erlangen). Turmartiger Bau. Fenster im Untergeschoß neu, dagegen sind aus der Vorderseite noch vermauerte Schießscharten zu erkennen. Reste der Zwingermauer und Stumps eines Eckturmes erhalten (es waren wohl 4). Der von der vorbeisließenden Schwabach bewässerte Graben heute verschwunden. Gleißhammer (Nürnberg). Turmartiger Bau mit Nürnberger Ecktürmchen. Zwingermauer zwischen 2 runden Ecktürmchen aus der Zugangsseite erhalten. Breiter, weiherartiger Wassergraben. Der außerhalb gelegene Wirtschastshof spielte offenbar die Rolle eines Brückenkopfes’). Hummel ft einer Schlößchen (Nürnberg). Schöne, wehrhafte Anlage. Turmartiger Bau mit Nürnberger Ecktürmchen, Zwingermauer mit teilweife erhaltenem Wehrgang und vier runden Ecktürmen. Ringslaufender Graben. An Stelle des Wirtfchaftshofes heute eine Gärtnerei. Schöner Blick auf das Schlößchen von der Gerngroßstraße, wenn die Bäume nicht belaubt find. Zugang von Pflugstraße 2 aus. Lichtenhof, Nürnberg, Wirthstraße 74/76. Selten schön erhaltene Anlage. Turmartiger Bau mit Nürnberger Ecktürmchen. Zwingermaucr mit übereck gestellten, viereckigen Ecktürmchen. Breiter Graben. Auch der sich anschließende Wirtschastshos ist noch klar erhalten und nur durch ein breites Hoftor zugänglich. Sambach (B.-A. Höchstadt). Von der mittelalterlichen Anlage erhalten: Graben, Zwingermauer und vier Rundtürme. Der heutige Schloßbau von 1709. Anlage durch Buschwerk und Gartenmauer stark verdeckt. Die Gefamtanlage ähnelt durchaus ähnlichen Bauten in der Nürnberger Gegend und mag hier im Bamberger Gebiet auffallen, wenn man nicht weiß, daß Sambach ehemals Nürnberger Lehensbefitz gewefen ist. Wollersdorf (B.-A. Schwabach). Turmartiger, dreigeschossiger Bau mit Zwingermauer und Graben; von den vier Ecktürmen der Zwingermauer ist nur noch einer erhalten, der durch seine Höhe aussällt (zweigeschossig). Am besten hat sich der Typus II erhalten in: Hummelst ein, Lichtenhos, Wolfersdorf. Typus III. Die Anlage besteht aus mehreren Gebäuden, die meist einen Hos umschließen. Buttenheim (B.-A. Bamberg). Von der mittelalterlichen, 1525 zerstörten Anlage blieb nur der viereckige Turm und der z. T. noch gefütterte Graben 3) Vgl. M. B e ck h : Geschichte des Schlosses Gleißhammer bei Nürnberg.
Wasserschlösser.
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erhalten. Ietziger Schloßbau von 1774. Er steht im alten Graben, eine doppelläufige Freitreppe sührt aus der Grabentiese hinaus zum Mittelportal. Forchheim. Der hohe Hauplbau im Osten, der heute noch einen trutzig-wehrhasten Eindruck macht (erbaut 1380), umgibt mit Neben- und Verbindungsgebäuden einen Innenhof (Taf. XVlII). Allerdings stammen die alteren Nebengebäude wie auch der Treppenturm des Hauptballes erst aus der Zeit um 1600, sodaß sich also der Typus III erst aus dem Typus I entwickelte. Auch der Zugang wurde um diese Zeit von der Nord- aus die Südseite verlegt. (Ein Holzschnitt mit der Jahreszahl 1632 (!) ist irreführend, er zeigt nur den Hauptbau, nicht aber die längst bestehenden Nebengebäude). Die Gesamtanlage ist von einem breiten, gemauerten Graben mit Zwingermaueransatz umgeben. (Westseite durch spätere Festungsanlagen verbaut). Der Name "Kaiserpfalz" ist nicht berechtigt, wohl aber kann die heutige Grabenanlage aus den ehemaligen Königshos zurückgehen4). Neue Feststellungen zur Baugeschichte von A. Karnbaum.
Frensdorf (B.-A. Bamberg). um einen etwa ovalen Hof liegen eine Reihe von bescheibenen Wirtschaftsgebäuden. An den wehrhaften Charakter erinnert nur noch ein Stück der Umfassungsmauer und am ehesten noch der Graben. Hallerndors (B.-A. Forchheim). Von dem Seckendorflschen Schloß nur noch der Graben und Mauerreste erhalten. Eine im Staatsarchiv Bamberg bekindliche Zeichnung gibt den Zustand um 1850. (Abb. Fränk. Schatzgräber 1925, S. 93.) Heute erhebt sich im Bereich der alten Burgstelle ein Forsthaus. Herzogenaurach (B.-A. Höchstadt). Zwei Gebäudeslügel, von denen nur der linke mittelalterlich ist, umschließen zusammen mit einer starken Mantelmauer einen Innenhos. An Stelle der Fronseste stand bis 1720 ein hoher Turm (Berchfrit). Zwingermauer zum Teil noch erhalten lVorderfeite), ebenfo ringslaufender Graben. Im 18. Iahrh. erweitert und barockifiert, hat das Schloß piel von feinem wehrhaften Ausfehen verloren Auch der Graben mußte sich Einbauten gefallen lassen. Am wehrhaftesten wirkt die Anlage von der Rückseite, deren Eindruck von der starken und hohen Mantelmauer und dem breiten Graben bestimmt wird. Wahrscheinlich steht das Schloß an Stelle des ehemaligen Königshoses56 ). Neuenbürg (B.-A. Höchstadt). Mehrere Gebäude umschließen einen Innenhos. Die Anlage ist zum Teil noch von einem weiherartigen Graben umgeben. Pommersselden (B.-A. Höchstadt). Erhalten die regelmäßige mit Steinen gefütterte viereckige Grabenanlage mit Ringmauer, auf der z. T. direkt die Innbauten aufsaßen (Rest an der N.-W.-Ecke). Der Eingang wird durch zwei mächtige, runde Ecktürme flankiert.
Pretzfeld (B.-A. Ebermannstadt). Zwei im rechten Winkel aneinanderstoßende Wohnbauten, eine Kapelle und ein paar Nebengebäude sind von einer
4) Vgl. auch: M. Gückel: Der ehemalige Königshos und die sürstbischösliche Burg in Forchheim. Forchheim o. I. 6) E. Rühl, Herzogenaurachs mittelalterliche Kunst- und Kulturdenkmäler. Diss. 1921. Nicht im Druck erschienen.
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Wasserschlösser
ca. 3—4 m hohen Mauer umgeben, in der sich einige kreisrunde Schießscharten erhalten haben. An bet Außenmauer drei teilweise erhaltene Rundtürme. Wie weit die unmittelbar am Schloß vorbeisließende Wiesent der Verteidigung nutzbar gemacht wurde, läßt sich heute nicht mehr erkennen. Schloß Thurn (B.-A. Forchheim). Heute eine barockisierte Anlage, die sich vielleicht aus dem turmartigen Eckbau am rückwärtigen Ende herausgebildet hat. Am Mittelturm noch die Rollen der ehemaligen Zugbrücke. Wassergraben um die ganze Anlage, die keinen wehrhaften, wohl aber einen starken malerischen Eindruck macht. Die Wehrhaftigkeit weicht ber Repräsentation bes 18. Iahrhunderts’). Weisendorf (B.-A. Höchstadt). Reine vierslügelige Barockanlage mit Innenhos. Der alte Wehrgedanke klingt nach in den vorspringenden vier Ecktürmen. Noch das Barockschloß soll von einem Wassergraben umgeben gewesen sein. (Vgl. S. 154 und Tas XIX d.)
Wernsdors (B.-A. Bamberg). Zweiflügeliger Schloßbau, nachmittelalterlich; der Graben noch gut erkennbar. Am besten ist der Typus III erhalten in: Forchheim, Herzogenaurach und Reuenbürg. (Vgl. S. 113.) Typus IV.
Haupt. und Borburg. Der Wirtschaftshof ist also in das Berteidigungsfystem mit einbezogen. Die Hauptburg besteht in ver Regel aus mehreren Gebäuden mit Innenhofl
Cunreuth (B.-A. Forchheim). Die Vorburg ist heute ein freier, durch einen Zaun nach außen abgesperrter Platz. Als Rest der Befestigung an ber rechten Ecke ein Runbturm. Davor Grabenfpur. Graben unb Torhaus verwehren weiter innen den Zugang zum Hauptschloß, das mit zwei Flügeln, Nebengebäuden und Mauern ein Viereck bilbet und einen Hos umschließt. Graben und Zugang zum Torhaus werden von einem Rundturm und einem viereckigen Erker des Hauptbaues flaukiert. Der aus dem Eck vorspringende Rundturm zeigt Kanonenfcharten. Auf der Süd-, Oft- und Nordfeite sind noch deutlich Spuren eines äußeren Grabens zu erkennen, der ganz außen um die Anlage lief, sodaß die Hauptburg nach diesen Seiten durch zwei Gräben geschützt war. Aus der Westseite, wo das Gelänbe sofort ansteigt, fehlt bieser äußere Graben. Die Westmauer der Hauptburg dürste ursprünglich wohl keine Fenster nach außen besessen haben, wohl aber Schießscharten. Ebelsbach (B.-A. Haßsurt). Die der Hauptburg vorgelagerte Vorburg ist von Mauern umgeben, deren Ecken mit Ecktürmen bewehrt sind. Ein Torhaus vermittelt den Zugang. Innerhalb der Vorburg Wirtschaftsgebäude und eine Kapelle. (Plan: Kunstdenkmäler d. Konigr. Bayern, B.-A. chasisurt. S. 17.) Die Hauptburg ist von ber Vorburg durch einen ringslausenden Graben getrennt und durch eine Zwingermauer, aus der an den vier Ecken Rundtürme vorspringen, besonders geschützt. Erbaut 2. Hälfte des 16. Iahrh. Kein Innenhof! (Ausnahme.) 6) Erlanger Heimatbuch 1924, S. 106 ff.
Wasserschlösser.
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Kornburg (B.-A. Schwabach). Der Grundriß des Schlosses ist ein an der Eingangsseite abgeplatteter Kreis. Zusammenhängende Gebäude schließen einen Innenhos ein. Eingangsseite überragt von einem viereckigen Turm, rechts und links und weiter rückwärts ein Ecktürmchen. Um das Ganze ein tiefer Graben. Imposante, geschlossene Anlage. Der Eingangsseite ist ein Vorhos vorgelagert, gebildet durch zwei Reihen niedriger Wirtschasts- und Wohngebäude. Dieser Vorhos ist noch leicht zu erkennen, wenn man sich die späteren querlaufenden Einbauten wegdenkt. Auch der Vorhos war von einem, vom Hauptgraben ausgehenden Graben umgeben, der aus der einen Seite noch deutlich zu erkennen ist. An den Vorhof schloß sich der Schloßgarten an. An Stelle bes Gartentores heute eine Mauer.
Neuhaus (B.-A Höchstadt). Tas. XVIII, e. Besonders reiche und interessante Anlage. Eine lange Dorsstraße in ausgelockerter Bauweise zieht sich von der Kirche gegen das Schloß. Aus einmal bilden enger zusammengerückte Häuser, die zur Dorsstraße quersiehen, gewissermaßen eine eng zusammengeschlossene Siedlung für sich, bie urfprünglich von dem eben durchschrittenen langgestreckten Dorf durch zwei Gräben, die in Spuren noch erhalten sind, getrennt war. Sogar ein kleiner Platz findet sich hier in diesem Teil, in dem wir wohl einen ehemaligen Burgslecken erblicken dürfen. Ein neuer (allerdings zugeschütteter) Graben; wir durchschreiten ein Tor und befinden uns in der Vorburg, die, heute in einen Garten umgewandell nur noch einige wenige Wirtschaftsgebäude ausweist. Ein neuer Graben umschließt das Kernwerk, die Hauptburg. Es ist eine Dreislügelanlage, die aus ber vierten Seite durch eine Mauer abgeschlossen wirb. Wie in Cunreuth flankiert ein runder masstger Eckturm mit Kanonenscharten den Eingang und bie Westseite, während die Ostseile von bem etwas vorspringenden Hauptbau bestrichen werden kann. Am Hauptbau unb Ostsliigel noch zahlreiche Schießscharten im ErdBeschoß. Der durch Gräben gesicherte Burgslecken bildet gewissermaßen eine 2. Vorburg. Es waren von der Dorsseite aus also nicht weniger als vier Gräben zu überschreiten, wenn man in die Hauptburg gelangen wollte.
Darüber hinaus war (und ist auch heute noch) die ganze Anlage durch ein ganzes System von Weihern geschützt, die Schloß und Burgslecken sast auf allen Seiten umgeben. Ob e rb ü r g (B.-A. Nürnberg). Die ganze Anlage ist stark barockifiert und außerdem im 18. Jahrhundert beträchtlich erweitert.
Ein ungleich hoher Kernbau umgibt einen kleinen Innenhof. Borgelagerte Wirtschaftsgebäude bilden einen geräumigen Vorhof, um diesen läuft z. T. heute noch ein trockener Graben. Schießscharten, besonders an der großen Scheune. Diesem Vorhof wurde im 18. Jahrhundert auf der Torfeite ein zweiter Wirtschaftshof vorgelagert. Der Zugang ist von zwei (deforativen) Rundtürmen flankiert. Auch die Ecktürme rechts und links können nicht mehr als Wehrtürme angesprochen werden. Das Ganze malerisch, bie Wehrhastigkeit ist aber nur vorgetäuscht. Ein großer Garten schließt sich an das Schloß an. (Vgl. Schoppershos S. 141.) Die interessante st en Beispiele sür Typus IV sinb: Cunreuth, Ebelsbach und Neuhaus. Rühl, Kulturkunde bes Regnitztales.
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Wasserschlösser. Typus V. Außenschuy durch Ervwerke. (17. Iahrh.)
Schloß Scharseneck bei Baiersdorf (B.-A. Erlangen), das einzige, heute leider nicht mehr erhaltene Beispiel dieses Spätthps, wurde bereits Seite 139 beschrieben. Tas. XVllh f.
Welche Schlußfolgerungen ergeben sich aus der räumlichen Verteilung dieser Wasserschlösser? Typus l und 11, in der Hauptsache dem 15. und 16. Iahrhundert angehörend, filldet sich sast ausschließlich im Gebiet der ehemaligen Reichsstadt Nürnberg. Es waren die Sommerhäuser des Nürnberger Patriziats, das sich dort den Freuden des Landlebens hingab. nicht umsonst tragen in Schwaben ähnliche Landsitze den bezeichnenden Namen ,,Freßgütl"7). Charakteristisch ist serner, daß ihre Zahl sich häufte, je näher sie dem schützenden Mauergürtel Nürnbergs lagen; die Besestigung war also nur da "sür alle Fälle״. Im Winter wurden diese Landsitze wohl kaum bewohnt. In Bamberg, dem anderen Angelpunkte des Regnitztals, fehlte — es war ja eine Bischofsstadt — das reichsstädtische Patriziat und damit auch die Wasserschlösser vom Typus I und II. Was Bambergs Umgegend an Wasserschlössern auszuweisen hat sind in der Hauptsache Amtsschlösser oder Rittersitze, bestimmt sür ständigen Ausenthalt, daher auch meist umfangreicher, auch stärker besestigt (Vor- und Hauptburg) und zeitlich weiter zurückreichend. Das Bild würde noch klarer sein, wenn nicht viele der im .”Ojährigen Kriege zerstörten Wehranlagen spurlos verschwunden wären. Ihre Ruinen wurden häufig als bequeme Steinbrüche benützt, ein Schicksah vor dem die schwer zugänglichen Ruinen der Bergschlösser verschont blieben. Wasserschloß oder Höhenburg?
Bei einer Reihe von Wehrbauten unseres Gebietes kann man im Zweifel sein, ob man sie den Berg- oder Wasserschlössern zuzählen soll, weil sie von beiden etwas haben. Mit den Bergschlössern gemein ist ihnen eine gewisse Höhenlage, die aber an die Höhe der eigentlichen Bergschlösser meist nicht heranreicht; nicht selten begnügt man sich mit der Lage am Rande einer Terrasse oder eines mäßig hohen Berghanges, ausgesprochene Sporenlage ist selten. Um so mehr bedürsen diese Schlösser eines weiteren Schutzes, die in einer mehr oder minder ausgedehnten Grabenanlage besteht, die ’) Lehner-Burgstall: Nürnbergs nächste Umgebung mit besonderer Berücksichtigung der Herrensitze. S. 19. Anm.
Wasserschlösser.
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allerdings heute häufig verschwunden ist. Die Eigenart ihrer Lage bringt es mit sich, daß sie meist nicht isoliert austreten wie die Höhenburgeil, sondern daß sich an sie und um sie in den meisten Fällen, wie schutzsuchend, eine Siedlung drängt. Auch dies haben sie andererseits mit den Wasserschlössern gemein. Da sie weiterhin auch im Ausbau den Wasserschlössern im allgemeinen näher stehen als den Höhenburgen, seien diese Zwitteranlagen den Wasserschlössern angesügt8). Verzeichnis dieser Zwitteranlagen. Atzelsberg (B.-A. Erlangen), um den heute barocken Schloßbau am Berghang zieht sich im Viereck ein durch Wallausbauten gebildeter trockener Graben. Auch Reste einer Zwingermauer sind noch zu erkennen. (Ursprungliche Anlage wohi Typus l.)
Heroldsberg (B.-A. Erlangen). Der Berghang ist von ein paar schmalen Taleinschnitten durchfurcht, fodaß sporenartige Vorsprünge entstehen, auf denen drei Gender-Schlösser Platz gefunden haben. Währenb das sog. weiße Schloß links außer seiner Höhenlage nichts Wehrhaftes mehr an sich hm, thronen die beiden andern Schlösser hinter steil und wuchtig aus dem Tal auswachsenden Schutzmauern. Rückwärts schließen sich an die Schlösser ein Garten und ein Wirtschastshos an mit Zugang von der oberen Marktstraße. Sehr schön ist der Wirtschastshos des Schlosses am weitesten rechts (vom Tal aus) erhalten, dessen Einfahrt ein Torbogen überspannt. An einen ehemaligen Wassergraben erinnert vielleicht ein in die linke Ecke aus der Grenze zwischen Hof und Schloß eingebauter Ziehbrunnen. Höchstadt a. Aisch. Wird eingehend bei der Besprechung des Stadtgrunbrisses geschildert. Vgl. S.206. Marlossstein (B.-A. Erlangen). Wir müssen uns das Schloßgebäude im Viereck geschlossen vorstellen, einen Innenhof anschließend. Außerdem war es ursprünglich ein Stockwerk höher, auf der Eingangsfeite stand ein überragender Torturm. So erscheint das Schloß noch aus einer Lithographie aus der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts. (Im Schloß.) Heute ist der oberste Stock abgetragen, der Torturm fehlt überhaupt, von dem Schloßviereck steht nur noch die gegen Erlangen schauende Hälfte. Infolge der Hanglage war ein ringslaufender Graben notwendig, der in feinem ganzen Verlauf noch deutlich zu erkennen ist. Auch die Zwingermauer mit einem turmartigen Vorsprung (heute Wirtschaststerrasse) hat sich noch erhalten. Während die Bausormen des Gebäudes eine barockisterende umgestaltung verraten (die Jahreszahl im Hos — 13. Iahrhundert — ist nicht ernst zu nehmen), muß die Schloßanlage im 14. Iahrhundert schon recht bedeutend gewesen sein, denn im Rechtsbuch des Bischoss Friedrich von Hohenlohe (1348) sind sür den ständigen Wachtdienst nicht weniger als sechs Personen genannt, ein Türmer, zwei Wächter, ein Pförtner für das innere Tor, zwei Pförtner für die äußeren Tore. Die Erwähnung von ,,äußeren" Toren dürfte auf eine Vorburg hinweisen, die ursprüngliche Ansage würde also dann dem Typus IV entsprechen. (Vgl. S. 138.) Wo lag die Vorburg?6* 6) Nur das Schloß Wiesenthau haben wir bei den Höhenburgen S. 129 eingereiht.
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Wasserschlösser.
Mögeldors (Nürnberg). Von den zahlreichen ehemaligen Herrenhäusern in Mögeldorf macht nur noch eines einen mehr ober minber wehrhaften Eindruck. Der Kirche gegenüber aus hohem Hang gelegen, wirkt es heute vor allem durch seine Höhenlage. Das Schlößchen selbst ist stark barockisiert bis hinaus zu den Nürnberger Ecktürmchen. Den wehrhaftesten Eindruck hat man vom ,,Kirchenberg" aus, wo sich eine starke, mit einem Wehrgang versehene Mauer vor das Schlößchen legt, ursprünglich Typus i oder n. Rathsberg (B.-A. Erlangen). Heutiges Schloß von 1632 an Stelle eines älteren Baues. Die starken Stützmauern im Norden wie das schöne Hostor aus her Südseite stammen erst aus dem Jahre 1702*). Die Schießscharten rechts und links des Tores sind Dekoration. (Vgl. Stadtmauer der Neustadt Erlangen!) Schon die späten Baudaten zeigen, daß an einen wirklichen Wehrbau nicht mehr gedacht wurde. Trunstadt (B.-A. Bamberg). 1525 im Bauernkrieg zerstört, dann wieder rusgebaut, daher eine gewisse Regelmäßigkeit der Anlage, die sich aus sanft ansteigendem Hang erhebt. Der alte Kernbau, heute Schule, ist noch von einer Zwingermauer umgeben, an bereu Ecken zwei Rundtürme erhalten sind, von einem dritten nur Reste. Dem Kernbau vorgelagert Amtshaus mit Zehntscheuer. Auch diese Gebäude waren von Mauern umgeben (Vorburg) und dem Hauptbau angeschlossen. Der ehemalige Zusammenhang, heute gestört, läßt sich aber noch unschwer erkennen (Typus IV.) Wiesenthau (B.=A. Forchheim). Gehört der Gesamtanlage nach doch mehr zu den Höhenburgen und ist dort ausgesührt. (Vgl. S. 129s.)
Literatur. Die Geschichte des fränkischen Wasserschlosses wurde noch nicht geschrieben, vorstehende Zeilen bedeuten einen bescheidenen Ansang.
Allgemeines über Wasserburgen bei: O. Piper: Burgenkunde, 20. Kapitel, 111. Auslage 1912. Einen Auszug aus diesem umsassenden Werk stellt dar: O. Piper: Abriß der Burgenkunde — Sammlung Göschen Nr. 119. M. I. Lehner-Burgstall: Mittelsrankens Burgen und Herrensitze. Nürnberg 1895. M. I. Lehner-Burgstall: Nürnbergs nächste Umgebung mit besonderer Berücksichtigung der Herrensitze. 2. Ausl. 1913. Vgl. dazu Seite 132.
An Einzelarbeiten ist sehr wenig vorhanden: M. Bondy: Baiersdorf, eine kunstgeschichtliche Untersuchung. Erlangen. Dissertation 1919. Nicht im Druck erschienen. Hier auch bie ältere Literatur über Schloß Scharseneck. M. G ü ck e l: Der ehemalige Königshos und die sürstbischösliche Burg in F o r ch heim. o. I. In ber Hauptsache historische Angaben. E. Rühl: Herzogenaurachs mittelalterliche Kunst- und Kulturdenkmäler. Diss. 1921. Nicht im Druck erschienen. Ebelsbach: Die Kunstdenkmäler des Königreichs Bayern, untersranken, IV. Bez.-Amt Haßfurt S. 17 ss. ’) Mitteilungen des fränk. Albvereins 1924, S. 1 ss.
In. Barockschlösser. Wodurch unterscheidet sich das Barockschloß von feinen Vorgängern? Das Barockschloß ist kein Wehrbau mehr. Mittelalter und dreißigjähriger Krieg sind vorbei, das Schloß kann auf jede Verteidigungsanlage verzichten. Das Schloß steigt also herunter in die Ebene, ohne sich hier hinter einem Wassergraben zu bergen, ja es dringt sogar in die Stadt ein, es wird zum Stadtschloß. Freilich hat es auch schon im Mittelalter Schlösser in den Städten gegeben, ich erinnere nur an Herzogenaurach (vgl. S. 204) oder an die Burg von Nürnberg. Diese Schloßbauten aber waren durch Lage, Wall und Graben von der Stadt getrennt, bildeten also auch innerhalb der Stadt eine Wehreinheit. Dies alles fällt beim Barockschloß restlos weg (Tast XIX).
Das Barockschloß als treues Spiegelbild feiner Zeit.
Das Barockschloß will aber nicht nur als Wohnsitz eines Herrn oder Fürsten betrachtet werden; es ist der Stein gewordene Ausdruck des 18. Iahrhunderts, des Absolutismus. Wie Herr und Fürst, so will auch das Schloß imponieren nicht durch hochragende Türme und bunteil Wechsel der Bauglieder, das gehört dem Mittelalter an, sondern durch die Wucht einer breit hingelagerten Baumasse. Wie der eine Wille, der Wille des Fürsten, dieser Zeit seinen Sternpel ausdrückt, so wird auch der Barockbau von einem Willen beherrscht. Streng st e Symmetrie mit besonderer Betonung der Mitte (bei größeren Bauten auch der Flügel) ·ist Regel. Alle Einzelglieder haben sich der Gesamtlinie unterzuordnen. Am imposantesten wirkt die Dreislügelanlage, die in Hufeisensorm angelegt, sich nach vorne in einen "Ehrenhos" öffnet (Pommersfelden). Enger als mit Fürsten des Mittelalters verbinden wir mit Fürsten des Barockzeitalters den Begriff des Hosstaates. Wie der Barocksürst nie allein austritt, so sinden wir gewissermaßen kein Barockschloß ohne seinen Hosstaat. Zum Stadt schloß gehört ein Platz. Seine Häuser bi (den den Hosstaat, die, in respektvoller Entfernung den Herrn des Platzes umstehend, in ihren bescheidenen Ausmaßen die Majestät des Platzherrn nur noch steigern (vgl. z. B. Erlangen, Daf. XIX a). Reben Stadtschlössern sinden wir aber auch Barockschlösser aus dem flachen Lande. Hier sehlt zunächst der Platz, Stadthäuser, die den Hosstaat bilden könnten. Der Barockarchiiekt aber weiß sich zu helfen. Der
Schloßsassade werden Nebengebäude vorgelagert und zwar so ange-
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Barockschlösser-Grunbrisse. a) Erlangen: Stadtschloß
mit vorgelagertem, aus Bau-
blöcken gebildetem Platz. Auch der Platz hinter dem Schloß, das Schloßparterre, ist architektonisch gegliedert. Die Archi-
tektur des anschließenden Gartens ist in den geraden Längsachsen noch deutlich spürbar, obwohl der Garten im englischen Stil umgestaltet wurde.
b) Pommersfelden:
Repräsentatives Schloß aus
dem flachen Lande. Huseisensorm; das geschwungene
Stallgebäude schasst einen künstlichen Platz, Nebengebäude bilden Vorhöfe. Pappelalleen führen zu den seitlichen Zufahrten. Der Garten hinter dem Schloß englisch umgestaltet.
c) Iägersburg bei Forchheim: Iagdschloß. Einflüge-
liger Schloßbau.
Platzbildung
gerte Nebengebäude.
durch symmetrisch vorgela-
Hinter dem Schloß ein (verwildeter)
Schloßgarten.
d) Weisendorfs in beiden Vierflügelanlagen klingt die Erinne-
e) S e e h o s
j rung an den mittelalterlichen Wehrbau des slachen Landes noch nach. Innenhof und Ecktürme.
Beide Bauten liegen i n einem Garten. Plan a—b läßt deutlich erkennen, wie der Barockarchitekt den Besucher nicht direkt auf das Schloß zuführt; er zwingt ihn, sich dem Schloß von der Seite zu nähern; dadurch erzielt er beim Beschallen eine stärkere, perspektivisch reichere Wirkung Den Grundsatz strengster Symmetrie finden ivir bei allen Barockschloßbauten in die Tat umgefetzt.
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Tafel XIX.
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Barockschlösser.
ordnet, daß ein künstlicher Platz entsteht (vgl. Pommersfelden, Thum, Iägersburg usw.. Das. XIX b, c). Schon hat auch das Schloß auf dem flachen Lande seinen Hofstaat.
Zum Barockschloß gehört ein Barockgarten. Wie der Platz vor dem Schloß, so gehört ein Garten hinter dem Schloß notwendigerweise zu einem Barockadelssitz. Hier ist Geradlinigkeit Trumpf. Im allgemeinen geht eine schnurgerade Hauptachse vom Mittelbau des Schlosses auch flankiert von ebenso geradlinigen Rebenachsen; durch geschnittene Hecken und Laubengänge wird diese Geradlinigkeit noch unterstrichen (Das. XIX a). An zentralen Punkten des Gartens sind Großplastiken oder Gartenarchitekturen als Blickpunkte (points de vue) angeordnet. Über den ganzen Garten finden wir in bestimmter Ordnung Kleinplastiken, meist humorvollen Inhalts, verteilt. Nirgends spricht sich das Spielerisch-Graziöse des Rokoko deutlicher aus als in der jener Zeit besonders eigenen Kunstgattung, dem Porzellan, dem wir vergrößert gewissermaßen als "Gartenporzellan" hier begegnen. Das Bindeglied zwischen Schloß und Garten (Schloßparterre).
In der Regel ist zwischen Schloß und Garten noch ein Mittelglied eingeschaltet, entweder eine breite Terrasse (Pommersfelden) oder auch ein architektonisch geschlossener Platz wie in Erlangen, das sog. ,,Schloßparterre״, dessen Mittelpunkt durch einen Springbrunnen oder eine Plastik wieder besonders betont wird. Ein offenes, luftiges Vestibül oder auch ein Gartensaal im Mittelbau des Schlosses vermittelt den Übergang vom geschlossenen Platz vor dem Schloß zur heiteren, ungebundeneren Welt des Gartens, dessen Fluchten in die freie Natur hinausführen. Dem intimeren Zweck des Gartens entspricht die Gartensassade des Schlosses, immer verschieden von der mehr repräsentativen Schauseite (Das. XIX a). Was sich mancher Barockgarten gefallen lassen mußte. Richt immer konnte sich die Geradlinigkeit des französischen Garteils bis aus unsere Zeit erhalten. Der französische Geschmack wurde etwa seit der Mitte des 18. Iahrhunderts bei uns abgelöst durch den englischen Geschmack. Man wollte wieder loskommen von der architektonischen Gebundenheit, ״zurück zur Natur! ״erscholl auch in der Gartenkunst als Losungswort. Der "englische Garten" macht mehr den Eindruck einer Parklandschaft; aus weiten Glasflächen wachsen malerische Baumgruppen auf, die wie Zufallsproduste aussehen, die
Barockschlösser.
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aber in Wirklichkeit nicht minder raffiniert angelegt und ausgemessen sind als die Gartenanlagen im französischen Geschmack. Die schnurgeraden Wege kurven und schlängeln sich, damii sind auch Plastiken
als Blickpunkte und architektonische Akzente funktionslos geworden und verschwinden. Mancher Barockgarten im französischen Geschmack mußte sich später eine mehr oder minder radikale Umbildung im englischen Stil gefallen lassen. Der Schloßgarten von Pommersfelden läßt heute nicht mehr ahnen, daß seine Stelle ehemals ein streng geometrisch-architektonisch ausgebauter Garten einnahm, während in Erlangen, wo die Hauptachsen bestehen blieben, trotz der Rasenflächen und Schlängetwege der ursprüngliche Gedanke immer noch vorherrscht. Ein paar Außenseiter.
Drei Schlösser unseres Gebietes, Seehof bei Bamberg, Weisendorf und Großgründlach bei Erlangen passen nicht in das oben ausgezeigte Schema. Zwei von ihnen, Seehos und Weisendorf, liegen, in sich geschlossen, inmitten eines großen Parkes, ihr Grundriß ist rechteckig oder quadratisch, vier Flügel umschließen einen Innenhof. Durch Türme an den vier Ecken wird der Eindruck des ,,In-sich-Geschlossenseins" in Seehof und Weisendorf noch verstärkt. Im Aschaffenburger Schloß hat diese Vierflügelanlage ihre monumentalste und bekannteste Gestaltung gefunden. Es ist ganz offensichtlich, wie in diesen Bauten der Wehrgedanke der Zeit vor dem 30jährigen Kriege noch nachklingt. Sie bilden das Verbindungsglied vom gesetzlossenen Wehrbau zum Barockschloß mit seiner offe־ n en Platzanlage. In der Symmetrie des Aufbaus, ihrer betonten Breitendimension, sind sie ebenfalls echte Kinder des Barock (Tas. XIX d, e). Verzeichnis der Barockschlösser des Regnitzgebietes. 1. Schlösser, in denen ver Wehrgedanke in ver viereckig geschlossene«, z. T. mit Ecktfirmen versehenen Anlage noch n a ch k l i n g t.
Großgründlach (B.-A. Fürth). Am Giebel Jahreszahl 1723. Vierslügelig geschlossene Anlage aus quadratischer Grundlage, dicht östlich der Kirche1) etwas erhöht liegend. Innen Arkadenhos. Von hier reichen noch starke Fäden zurück zum früheren Wehrbau, erhebt sich doch das Schloß aus den Mauern eines im 30jährigen Kriege (16.34) zerstörten Schloßbaues. Noch heute läuft um die ganze Anlage eine schmale, 1j In dem alten, an Stelle des heutigen Baues stehenden Schloß war ehedem das im Iahre 1525 ausgehobene Kloster Himmelthron untergebrachl das durch einen Verbindungsbau mit der Kirche zusammenhing.
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Barockschlösser.
terrassenähnliche Erhöhung, in der wir wohl den Rest eines ehemaligen Zwingers sehen dürfen. Barock ist nur ber regelmäßige, zweigeschossige Ausbau mit Mansardendach. Neun Fensterachsen. Westlich des Schlosses Rest eines Barockgartens, von dem aus quer durch bie Felder eine stattliche, geradlinige Allee zu einem verwilderten Park in englischem Geschmack führt)־. Seehof (B.-A. Bamberg). Erbaut von dem Italiener Petrini um 1700 als fürstbischösliches Lustschloß. Tas. XIX, e. Schloßbau auf quadratischer Grundlage mit Innenhof. Symmetrische Anlage mit 15 Fensterachsen in zwei Geschossen. Mitte durch Portal betont. Der Hof öffnet sich im Erbgeschoß in rundbogigen Arkaden. Seinen besonderen Charakter bekommt das Schloß burch seine vier Ecktürme, bie kaum aus der Außenmauer heraustreten, aber trotzdem infolge eines ausgesetzten Achtecks und der das Schloßbach überragenden Kuppeln klar als Türme wirken. Das Ganze liegt im Zentrum einer weitläufigen, rechteckigen Garlenanläge. Eine west-östlichc Hauptachse halbiert die Gartenfläche, zwei Ollerachten teilen sie in drei Zonen, von denen die mittlere als Schloßparterre anzusprechen ist. Hier besanben sich bie Mehrzahl der Gartenplastiken von Ferd. Tietz’), vor allem aber bie berühmten Wasserkünste, denen das Schloß seinen Namen verdankt*). Am Westende der Hauptachse Einfahrt zwischen zwei wuchtig-schlichten Torhäusern. Schöne Schmiedeeisengitter. Aus der Nordseite eine ähnliche aus Gewächshäusern entwickelte Toranlage. Nach der Säkularisation wurden bie Parkanlagen planmäßig zerstört, einigermaßen erhalten ist nur die westliche Hälfte, von den etwa 400 Plastiken ein Rest, vor allem aber die große, allerdings nicht mehr spielende Kaskade auf der Südseite bes Schlosses.
Weisendorf (B.-A. Höchstadt). Von allen bisher genannten Schlössern ist hier der Wehrgedanke noch am deutlichsten spürbar. Regelmäßige, rechteckige Vierflügel-Anlage mit Innenhof wie in Gründlach und Seehof, dazu aber stark vorfpringende sechseckige Ecktürme an allen vier Ecken. Taf. XIX, d. Der Aufbau des Schlosses ist einfach, zwei Geschosse mit je 10 (bzw. sieben) Fensterachsen, Satteldach. Gesimshöhe von Schloß und Türmen ist gleichhoch, diese lausen aus in ein eingezogenes Zwiebeldach. Noch im vorigen Iahrhundert soll das Schloß von einem Wassergraben umgeben gewesen sein. Der inmitten eines (englischen) Gartens gelegene streng symmetrische Barockbau verzichtet auf irgendwelche Platzgestaltung. Wirtschaftsgebäude links der Einfahrt sind jüngeren Datums. Einige Rokokoplastiken im Garten Kopieen nach Originalen in Veitshöchheim.
2) G. v. K r e ß : Gründlach und seine Besitzer 1889. Vgl. auch Lehner-Burgstall a. a. O. S. 159 ss. 3) Eva-Luise v. Stößel: Ferdinand Tietz, ein Rokokobildhauer. 76. Bericht des Historischen Vereins zu Bamberg, 1918. 4) I. M. R i tz : Schloß Seehos bei Bamberg. Bamberger Hefte s. fränk. Kunst u. Geschichte. Bamberg 1925.
Barockschlösser.
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2. Stadtfchläffer.
(Hauptbeispiel Erlangen).
Baunach (B.-A. Ebern)’). Stadtschloß einfachsten Typs um 1700. Langgestreckte! zweigeschossiger Bau mit Satteldach. Mitte betont durch viereckigen Treppenturm mit Kuppel und Laterne. Vor dem Schloß freier, von einer hohen Mauer umschlossener Platz (heute Baum- und Grasgarten). Wappen geschmückte Toreinfahrt. Bamberg: Die neue Hofhaltung. Es interessieren uns hier nur bie beiben im rechten Winkel auseinanderstoßenden Dientzenhoser-Flügel der neuen Hofhaltung, bie den heutigen Karolinenplatz im Norden und Osten abschließen. Der Barockmeister schasst nicht nur Wohnbauten sondern vor allem auch offene Räume, Plätze. Das bars man nicht vergessen, wenn man I. L. Dientzenhosers neuer Resibenz (um 1700) gerecht werden will. Freilich der Ausbau ber beiden dreigeschossigen Flügel, die im rechten Winkel auseinanderstoßen, ist denkbar einfach. Als Platzivände jedoch geben sie einem monumental gesehenen Platz einen monumentalen Abschluß"). Masse und Liniensührung beherrschen den Raum, die verschiedenartigsten Stilelemente zur Platzeinheit zusammenschmelzend. Beim Ausgang zum Domplatz steht der mächtige, turmartig ausragende Eckpavillon des Stadtschlosses in der Blickrichtung, gleichsam, als wollte er dem Besucher schon von weitem zurufen: ״Mein ist er,der Platz!" bis dann bei weiterem Vorschreiten der Dom links als Gegenspieler mächtig emporwächst. Aus dem Gelände und den besonderen Verhältnissen erwachsen, folgt die Gesamtanlage im einzelnen keiner Regel. Das gilt auch von dem mit einem schönen Barockgeländer abgeschlossenen Hofgarten (Rosengarten). Erlangen. Musterbeispiel einer einflügeligen Stadtfchloßanlage mit Barockgarten. Um 1700. Taf. XIX, a. Die wuchtige, breit hingelagerte, dreigeschossige Baumasse des Italieners (!) Porta beherrscht mühelos den vor ihm liegenden regelmäßig-rechteckigen Breitenplatz. Der Mittelbau springt vor; die ihn oben abschließende Attika beleben dekorative Steinplastiken. Trotz einfachster Formengebung ist die Herrscherrolle des Schlosses unbestritten, wirb doch der ganze Platz umrahmt von den einheitlichen Fluchten bescheidener Bürgerhäuser ("aus der Südseite stark aus der Fagon gekommen"), die nur von ben Gelenkbauten zwischen Straße und Platz, den sog. ,,Richthäusern" überragt werden (Tas. XIX. a). Aber auch diese erreichen die Gesimshöhe des Schlosses nicht, es bleibt ein Respektabstand. Barockherrscher mit Hofstaat! Eine breite, offene Halle, von schlanken Pfeilern gestützt, bildet den übergang in die freiere Welt des Gartens hinter bem Schloß. (Leider ist diese Halle heute bursch Einbauten rettungslos verdorben.) Wieder stehen wir auf einem Platz, aber viel leichteren und heitereren Charakters als ber strenge Paradeplatz vor dem Schloß. Freilich müssen wir
6) Baunach bekam im Iahre 1328 Stadtrecht. Vgl. S. 225. Abb. des Schlosses in I. M. Ritz: Unterfränkische Barockschlösser S. 22. Vgl. außerdem: Die Kunstdenkmäler des Königreichs Bayern, Untersranken, B.-A. Ebern. 6) Ursprünglich war der Platz noch viel monumentaler gedacht, sollte doch zur Raumgewinnung, die ganze alte Hofhaltung eingelegt werden; den so gewönnenen Raum sollte eine Dreislügelanlage umklammern. Schneider-Ament: Bamberg S. 129.
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Barockschlösser.
uns alle Büsche und Bäume bis zum nächsten breiten Ouerweg wegdenken, dann erst find wir imstande, das Schloßparterre in seiner ursprünglichen Schönheit zu erkennen’). Wodurch werden die Platzwände gebildet? Von der Rückseite des Schlosses, dem elegant geschwungenen Halbrund der Orangerie, dem ein gleichgebildetes Gegenstück auf der anderen Seite entsprechen sollte (heute steht hier das langweilige mineralogische Institut), während auf der vierten Seite die hochragenden Bäume des Schloßgartens ben Abschluß bildeten. Fürwahr, ein schönes Raumbild, das gipfelt in der barock bewegten, sigurenreichen Komposition des sog. Hugenottenbrunnens im Mittelpunkt. Wie die Fassung eines Ringes den Edelstein, so umschließen die Bauten des Schloßparterres den lodernden Ausbau des Springbrunnens. An das Schloßparterre schließt sich nun der eigentliche Schloßgarten mit hohem Baumbestand, im Gegensatz zur niederen Bepflanzung (so sollte sie wenigstens sein) des Platzes. Obwohl um 1800 englisch umsrisiert, hat er die Längsachsen der alten Planung beibehalten. Die Hauptachse ging vom Mittelbau des Schlosses aus und verlor sich in schnurgerader Zeile weit im Hintergrund in die freie Natur. Vom plastischen Schmuck der Mittelachse hat sich außer dem Hugenottenbrunnen nur noch das Reiterdenkmal8) erhalten, des weichen Materials wegen unvollendet und bem berühmten Schlüter’schen Denkmal bes großen Kurfürsten in Berlin nachgebildet. Auch bie breiten, der Mittelachse parallel laufenden Nebenachsen haben sich noch erhalten und betonen noch stark die ehemals streng geometrische Anlage des Schloßgartens, der allerdings heute in seinem Bestände wesentlich beschnitten ist’). So viel wie nichts hat sich von den zahlreichen Gartenplastiken erhalten, deren je 12 sür jedes der 20 Gartenquartiere geplant waren. Marstall, Theater und Redoutenhaus, dicht nördlich an den Schloßgarten sich anschließend, runden das Bild einer Barockresidenz ab. Forchheim. In Forchheim wäre die ehemalige Stadtkommandantur (1752), heute Forstaml ebenfalls als Stadtschloß anzusprechen. Wenn es auch in seiner Breitenlage den in die Diese gehenden Platz vor ihm nicht vollständig zu beherrschen vermag, so ist doch der Versuch gemacht dem "Paradeplatz" einen entsprechenden Abschluß zu geben. Das zierlich-behagliche Wachthäuschen aus der entgegengesetzten Schmalseite schasst zu der nicht unbeträchtlichen Baumasse des Stadtschlosses einen wirkungsvollen Gegensatz. Der zweigeschossige Bau mit seinen 11 Fensterachsen findet in einem Walmdach seinen Abschluß. Der Mittelbau ist in der Breite von 3 Fensterachsen um ein Stockwerk höher und endigt in einem Mansardendach. Das Ganze in Verteilung der Baumassen und Linienführung ein durchaus beachtlicher ’) Durch völlig sinnwidrige Bepflanzung mit Büschen und Bäumen, die jeden Zusammenhang verdecken, ist Erlangens architektonisch schönster und wertvollster Platz jämmerlich verballhornt. Wann wird man diese Sünde wieder gut machen? 6) Das Brjinnchen hinter dem Reiterdenkmal ist eine Zutat des 20. Iahrhunderts, ordnet sich aber der Achse sinngemäß ein. ’) Der Garten reichte ehemals bis zur östlichen Stadtmauer; über sein Aussehen sind wir durch zeitgenössische Stiche ziemlich gut unterrichtet. Dadurch, daß man im vorigen Iahrhundert sast alle universitätsgebäude in den Schloßgarten hineinstellte, es waren nicht weniger als 10 (!) Institute, schrumpfte der elgentliche Garten sast auf ein Drittel seiner ursprünglichen Fläche zusammen.
Barockschlösser.
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Bau, dessen Wirkung leiber durch die dem Schloß vorgelagerte Baumreihe sehr stark beeinträchtigt wird. Sie deckt das Gebäude, das den Platz beherrschen soll, sast vollständig zu. 3. Schloßbauten auf dem flachen Land. (Hauptbeispiele: Pommersselden, Iägersburg und Thurn.) Almoshof b. Nürnberg. Um 1700. Duodezausgabe einer Dreislügelanlage mit symmetrisch angelegtem Hos in ländlichen Formen. Die brei Flügel umgeben in Huseisensorm einen allerdings sehr bescheidenen Ehtenhos. Dieser Bau steht wieder in einem von symmetrisch aufgebauten Wirtschaftsgebäuden umgebenen Hoß zu dem ein zentral angeordneter Torbogen den Zugang vermittelt10*). Buttenheim (B.-A. Bamberg). Einflügeliger, zweigeschossiger Barockbau mit 9 Fensterachsen an Stelle eines ehemaligen Wasserschlosses. (Vgl. S. 142.) Seitlich ein ziemlich verwilderter Schloßgarten (ohne Bedeutung)11). Gremsdorf (B.-A. Höchstadt). Ehemals Bambergisches Amtsschloß; bescheidene Dreislügelanlage um 1750. Der nach vorne durch eine Mauer abgeschlossene Bau ist heute Bestandteil eines Klosters (seit 1896), das eine Reihe neuerer Gebäude ansügte. Hemhofen (B.-A. Höchstabt). Das Schloß steht quer im vorderen Drittel eines in die Tiefe gehenden rechteckigen Hofes, der ganz regelmäßig von Mauern und Nebengebäuden umschlossen wird. Hosmauer auf der Vorderfeite von zwei viereckigen Türmen flankiert. Der rückwärtige größere Hof ist ausgesprochener Wirtschaftshoß rechts und links von Nebengebäuden umsäumt, nach rückwärts durch eine Mauer abgeschlossen. Das Schloß selbst besteht aus einem zweigeschossigen Bau mit 12 Fensterachsen, betonter Mitte und Walmdach. Mauerpfeiler und Gartenhäuschen lassen auf das ehemalige Vorhandenfein eines seitlich angelegten Schloßgartens schließen. Die ganze Anlage scheint weniger her Repräsentation gedient zu haben, basür treten bie schmucklosen Neben ־und Stallgebäude zu stark in die Erscheinung; sie macht eher den Eindruck eines allerdings recht ansehnlichen, regelmäßig angelegten Wirtschaftshoses, der in einem mächtigen Herrenhaus gipfelt. Iägersburg (B.-A. Forchheim). Das auf einem breiten, im Regnitztal vorspringenden Iurarücken thronende Schloß wurde um 1720 ais fürstbischöflich-bambergisches Jagdschloß gebaut. Taf. XIX. c. Einflügeliger, dreigeschossiger Schloßbau mit 11 Fenfterachfen. Manfardendach. Ein nur wenig vorspringender Mittelrlsalit von flachem Giebel gekrönt. Einstöckig-behagliche Nebengebäude mit schweren Mansardendächern umgeben einen regelmäßigen Hoß zu dem ein stattlicher, achteckiger Torturm mit Kuppel und Laterne Zutritt gewährt. Im linken seitlichen Aussprung der Nebengebäude die Schloßkapelle. Leider wird der ursprünglich freie Hof heute durch Bäume stark beeinträchtigt. Man denke sie sich weg! Hinter dem Schloß ein verwilderter Schloßgarten. Die ganze frei auf der Hochfläche thronende Gebäudegruppe bildet eine dem befonderen Zweck durchaus angepaßte, behagliche Anlage. Man beachte auch die schön geschlossene Fernwirkung! 10) Vgl. Lehner-Burgstall a. a. O. S. 193 ff. **) Vgl. Grandinger: Buttenheim, ein Heimatbuch. 1926. S. 55 f.
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Barockschlösser.
Pommersfelden (B.-A. Höchstadt). Vollendet 1716. Tas. XIX, b. Imposanteste und glänzendste Barock-Schloßanlage unseres Gebietes. Dreigeschossige Dreislügelanlage in Huseisensorm. Stark betonter Mittelbau, die Seitenflügel endigen in Eckpavillons. Den Platz schließt in vollendeter Weise das im Halboval geschwungene Stallgebäude, das nur eingeschossig im Ausbau, das Schloß selbst nur um so mächtiger erscheinen läßt. An Einheitlichkeit, Geschlossenheit und imponierender Raumwirkung sucht dieser Platz seinesgleichen. Barockfürst mit umgebendem Hofstaat! Bauherr war Franz Lothar von Schönborn, als Erzbischof von Mainz gleichzeitig Kurfürst und Kanzler des Deutschen Reichs. Als Hauptträger glänzender Repräsentation tritt der Mittelbau klar hervor; er enthält das Treppenhaus, das großartigste in Deutschland, ״bevor es die Ncamannschen Schloßbauten überboten", den durch die beiden Obergeschosse durchgehenden Festsaal und unter ihm, als Übergang zum Garten, einen weiten Muschelsaal. Die Zufahrt zum Schloßhof erfolgt seitlich zu gesteigerter malerischer Wirkung durch Erzielung von Überschneidungen und perspektivischen Verkürzungen. Zu beiden Seiten der Einfahrten bilden langgestreckte, fhmmetrisch angeordnete, eingeschossige Bauten mit Mansardendach je eine Art Vorhof, zu dem in schnurgerader Zeile eine Pappelallee hinführt. Die Gartenfront, einfacher im Aufbau, gegliedert lediglich durch wenig vorfpringende Mittel- und Eckrisalite, gewinnt vor allem dadurch au Wirkung, daß das Gelände sanst abfällt. Oben erhebt sich breit und wuchtig das Schloß, dem eine Terrasse vorgelagert ist. Von dem Aussehen der ursprünglich französischen Gartenanlagen sind wir nur durch zeitgenössische Stiche unterrichtet12). Die Mittelachse belebte eine reichgestaltete Wasserkunst, die Geländeunterschiede des Gartens waren durch pompöse Treppenanlagen ausgeglichen. Um 1800 wurde auch dieser barocke Schloßgarten in eine englische Anlage umgewandelt, spurlos sind seitdem Wasserkünste und Gartenplastiken verschwunden13). Thurn (B.־A. Forchheim). Kleine, aber wegen ihrer idyllischen Lage besonders reizvolle Bauschöpsung. Das ursprüngliche wehrhafte Wasserschloß (vgl. S. 144) wird etwa seit der Mitte des 18. Iahrhunderts in einen freundlichen Herrensitz umgewandelt14). Der älteste Teil der "B a r o ck"anlage ist der ursprünglich alleinstehende Torturm mit Zwiebelhaube. Rechts und links wird nachträglich je ein dreigeschossiger Bau mit nur drei Fensterachsen angesügl das ringslausende Abschlußgesims des Turmes verschwindet unter dem Dach. Entstanden ist so eine achtachsige Schloßsront mit betonter Mitte. (Chronostichon 1756.) Für einen repräsentativen Hoß der nur vor dem Schloß liegen kann, ist auf der Infel kein Platz mehr, es muß also über die Insel hinausgegrissen werden. Dem Schloß gegenüber ersteht ein zweigeschossiges Gärtnerhaus mit lustigem Giebel (Iahreszahl 1758), rechts seitwärts ein reizender, einge“) Abb. Fränkische Monatshefte 1929. S. 263. 13) Einen interessanten Gegensatz zu diesem Barockschloß bildet sein Vorgänger, ein Wasserschloß, dessen Ruinen heute noch in der Ortschaft Pommersfelden unsere Aufmerksamkeit erregen. Hier trotziger Wehrbau, dort prunkvoller Repräseniationsbau. Vgl. auch S. 143. 14) Vgl. dazu meinen Aussatz im Erlanger Heimatbuch 1924, S. 106 ss.
Barockschlösser.
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schossiger Gartensaal mit Mansardendach (Chronogramm 1766), ihm gegenüber einfache Wirtschaftsgebäude; der regelmäßige, von Gebäuden umgebene repräsentative Platz ist fertig und ersährt durch einen dekorativen Neptunbrunnen noch eine besondere Belebung. Ietzt fehlt nur noch der Barockgarten. Ihn, wie es die Regel will, in der rückwärts verlängerten Mittelachse des Schlosses anzulegen ist der ortlichen Verhältnisse wegen nicht möglich. So muß er seitlich verlegt werden, die Funktion des Schlosses als Ausgangspunkt übernimmt, der Gartensaal, der, selber die Grazie des Rokoko atmend, den Übergang bildet vom repräsentativen Platz zur heileren Welt eines Rokokogartens. Mit seinem großen, lustigen Hauptsaal (zwei kleinere Nebenräume schließen sich rechts und links an), durch den man bei offenen Türen durchblickl bildet er einen glücklichen Austakt, unser Blick läust die Hauptachse entlang, über eine Plastik hinweg durch ein niedrig bepslanztes Parterre, taucht ein in das Grün hohen Baumbestandes, springt weg über einen kleinen künstlichen See und verliert sich in die Weite der freien Natur. Das Parterre ist verhältnismäßig ties gegliedert und in regelmäßige Oluartiere ausgeteilt. Rechts und links wird es eingefaßt von schattigen Laubgängen, aus denen uns wie übermütige Kobolde die reizenden Plastiken des Rokokomeisters F. Tietz entgegenkichern. Rechts begleitet uns eine weite Wasserfläche. Hier springt eine steinerne Balustrade ins Wasser vor und lädt zu einer Gondelsahrt ein. Im hochstämmigen Park lausen die Wege von einem Mittelpunkt sternsörmig auseinander. Von den ehemaligen Blickpunkten hat sich hier nur noch die dekorative Plastik eines Flötenspielers erhalten. Neben dem bereits erwähnten künstlichen See, über den die Hauptachse wegspringt, sinden wir noch eine, allerdings stark ruinöse Muschelgrotte. Wir haben hier somit den einzigen größeren Barockgarten unseres Gebietes vor uns, der seinen ursprünglichen Charakter unverändert in unsere Zeit herüberretten konnte. Der Überführung in den englischen Stil entging er, weil der damalige Schloßherr aus der andern Seite des Schlosses einen englischen Garten neu anlegte; dieser Dualismus, hier Barockgarten, dort englischer Garten, ist besonders reizvoll. Fernab der Hauptverkehrsstraße fühlt man hier noch den Pulsschlag des 18. Iahrhunderts, einer versunkenen Welt. Natur und Kunst vereint, stempeln Thurn zu einem der idyllischsten Orte im Regnitzgebiet. Der das Schloß heute noch umgebende breite Wassergraben, beschattet von alten Bäumen, spricht als Stimmungsfaktor start mit und weist gleichzeitig zurück auf das vorbarocke Wasserschloß. Für uns am aufschlußreich st en sind die Schloßbau־ ten in Pommersselben, Iägersburg, Thurn. Pommersselben der durchaus aus Repräsentation gestellte monumentale Schloßbau eines Reichssürften, das seiner Zweckbestimmung glücklich angepaßte einfache Jagdschloß Iägersburg, Thurn der elegant-idyllische Sitz eines Landedel־ mannes.
160
Barockschlösser.
Siteratur. Die bedeutenderen Barockbauten unseres Gebietes haben fast alle bereits ihre — vor allem kunstgeschichtliche — Bearbeitung gefunden. Wir nennen nur die wichtigsten Arbeiten und verweisen sür bie kleineren Schlösser auf die Fußnoten. Bamberg: O. A. Weigmann: Eine Bamberger Baumeifterfamilie um die Wende des 17. Jahrhunderts. Ein Beitrag zur Geschichte ber Dientzenhofer. Straßburg 1902.
Vgl. auch die eingehende und Ament: Bamberg, S. 138 ff.
zuverlässige Baubeschreibung
bei: W.
Erlangen: F. Schmidt: Die Entstehung ber Neustadt Erlangen. 1912. E. B u s ch o’r: Das Schloß zu Erlangen. Das Schöpsrad 1927. E. Rühl: Erlangen, die Hugenottenstadt. 1925.
Iägersburg: O. A. Weigmann a. a. O. (Bamberg). Vgl. auch: K. Sitzmann: Schloß Iägersburg, Fränkischer Schatzgröber 1923, S. 45 sf. Pommersfelden: H. Hantsch: Führer burch das Schloß Pommersfelden. O. I. Hier auch weitere Literaturangaben. Vgl. auch: F. Abert: Pommersfelden und dle Schönborn, Fränk. Monatshefte, 1929, S. 261 ff. Seehof: I.M.Ritz: Schloß Seehof bei Bamberg, Bamberg 1925. Vgl. auch den Auszug in den ״Fränkischen Monatsheften 1928, S. 317 ff.
Thurn: E. Rühl: Schloß Thurn — einst und jetzt: Erlanger Heimatbuch 1924. S. 106 ss.
A. Die Entwicklung der Stadt-Besestigung. Die Stadt ist eine vergrößerte Burg; also werden uns bei der Besprechung der Stadtbefestigung lauter wohlbekannte Elemente begegnen? Doch nicht ganz, denn die Stadtbesestigung hat eine längere Entwicklung durchgemacht. Im 18. Iahrhundert werden keine Burgen mehr befestigt, wohl aber Städte, ja schließlich lebte die befestigte Stadt sogar in der Festung unserer Zeit noch weiter. Da der moderne Festungsbau sür unser Gebiet ausfällt, haben wir uns lediglich mit den Stadtbefestigungen vom Mittelalter bis ins 18. Iahrhundert zu beschästigen.
Die älteste Form der Stadtbefestigung. (E b e r m a n n st a d t.) Da sich die Anlage einer Stadtmauer über Iahrzehnte erstreckte, mußte natürlich die Stadt während der Bauzeit behelssmäßig geschützt und befestigt werden. Das geschah durch Wall und Graben. Durch Palisaden konnte der Wall noch besonders zur Verteidigung eingerichtet werden. Eine Kleinstadt unseres Gebietes ist über dieses behelfsmäßige Stadium offenbar nicht hinausgekommen: Ebermannstadt. Roch heute kann man am Wiesentufer (Das. XXV) nicht unerhebliche Wallspuren feststellen. Das älteste Bild von Ebermannstadt vom Iahre 1625 zeigt einen Wall mit zaunartig gestellten Palisaden1). Die im Ebermannstadter Heimatbuch zitierten Bischoss-Urkunden*2) sprechen auch immer nur von Gräben, nicht von Mauern. Eine solche könnte höchstens auf der vom Wasser nicht geschützten Südseite gewesen sein, der wie ein Bollwerk die ebenfalls von einem Graben umgebene besestigte Kirche vorgelagert war. Die drei erwähnten Dore dürsten einfache Dorhäuser gewesen sein3).
Die Befestigung der mittelalterlichen Kleinstadt.
Als besestigte Kleinstädte kämen in unserem Gebiet in Betracht: Baiersdorf, Baunach, Eltmann, Erlangen (Altstadt), Forchheim (inllerer Ring), Gräfenberg, Herzogenaurach (zwei Ringe), Höchstadt *) Abb. Ebermannstadter Heimatbuch, 1926. S. 64. ףS. 117 s. 3) Die Erinnerung an bie primitive Stadtbesestigung hat einen Niederschlag in der Sage und wohl auch im Spitznamen ״Hungerleider" gesunden Heimatbuch S. 63. Rühl, Kulturtunde des Regnitztales.
11
162
Die mittelalterliche Stadtbefestigung. a) Befe st igungssy ft emdermittelalterliche 11 Klein-
st a d t: Einsache Mauer und Graben. Mauer durch Türme verstärkt. b) Dorturm mit anschließendem Wehrgang.
c) Der Turm flankiert das Dor (Herzogenaurach). Fallgatter!
d) Dorhaus (Neunkirchen). e) Das Haupttor ist durch ein Vortor geschützt (Rürn-
berg: Weißer Turm).
f) Befe st igungssy st em der mittelalterlichen Groß-
st a d t : Doppelte Mauer mit dazwischen liegendem Zlvinger, Graben.
g) Sog. ,,W a f f e n p l a tz" (Dorschutz). Man sieht deutlich, wie sich aus dem einfachen Vortor (e)
herausentwickelt.
der geräumige Waffenplatz
Der Angreifer muß den Wasfenplatz in
der Diagonale (längster Weg) durcheilen. dem 16. Iahrhundert an.
Wegen
des
Gehört bereits Zusammenhangs
mit e hier eingereiht.
Nürnberg: Wassen platz am Frauen tor.
163
D a s e l XX.
164
Die Entwicklung der Stadt-Besestigung.
(zwei Ringe) und Scheßlitz. (Schließlich wären hier noch die stadtmäßig befestigten Marktflecken Neunkirchen und Cadolzburg zu erwähnen.) Über den Verlauf der Befestigungsanlagen geben die Skizzen XXIV und XXV Aufschluß. Das System ist denkbar einfach. Ein Mauerring mit vorgelagertem Wassergraben zieht sich um die ganze Stadt (Das. XX a). Verstärkt wird der Mauerring durch runde oder eckige Türme, die so weit vorspringen, daß sie ein seitliches Bestreichen der Mauer gestatten. Rach innen offene Türme (z. B. Cadolzburg, Das. XXVI) gehören stets dem späten Mittelalter an. (Vgl. S. 48!) Besonderes Augenmerk ist immer den Toren gewidmet. Häufig führt das Dor unten durch einen mächtigen Dorturm wie in Eadolzbürg oder Höchstadt a. Aisch. Die Dorbauten in Neunkirchen sind nur zweigeschossig, wir nennen sie "Dorhäuser ;״derartige Dorhäuser besaßen auch Erlangen, der äußere Ring von Herzogenaurach usw. (Das. XX Ja d). Gelegentlich kommt es auch vor, daß sich der Dorturm nicht über dem Dor, sondern neben dem Dor erhebt, wie die beiden imposanten Fünfknöpfe in Herzogenaurach. Hier wird also das Dor vom Durm flankiert. Ein besonderer Schutz des Dores besteht im Fallgatter4); am westlichen Durm in Herzogenaurach sehen wir noch deutlich die ehemalige Lausrille, ebenso wie die Vertiefung, in die der geöffnete Torflügel schlug (Das. XX c). Einen besonders wirksamen Schutz erblicken wir in der Verdoppelung des Dores, d. h. es ist dem Haupttor noch ein Vortor (wie bei der Burg) vorgelagert. Eine derartige Anlage hat sich in Nürnberg am Weißen Durm erhalten (Das. XX e). Richt selten finden wir innerhalb der Stadtbefestigung nochmals eine besondere Wehreinheit und zwar dann, wenn die Keimzelle in einer Burg oder in einem Schloß bestand wie in Forchheim (sog. Kaiserpsalz), Herzogenaurach und Höchstadt a. Aisch. (Vgl. Tas. XXIV, XXV und S. 204!) Die Befestigung der mittelalterlichen Großstadt. (Nürnberg.)
Anstelle der einfachen Ringmauer versügt die Großstadt über deren zwei, die hohe Hauptmauer (7 m) und die ihr vorgelagerte niedrigere Zwingermauer,' zwischen ihnen der verhältnismäßig breite Zwingerraum (bis zu 28 m). Wie bei der Kleinstadt sind die Mauern auch *) Es ist meist dicht vor dem Tore angebracht und soll das Tor selbst vor Angriffen burch Feuer unb Schwert schützen.
Die Entwicklung der Stadt-Befestigung.
165
hier von zahlreichen viereckigen Türmen unterbrochen. Die Türme der Zwingermauer reichen bis auf die Sohle des vorgelagerten trockenen Grabens5) (Daf. XX f). Wir sehen also, aus dem zweifachen Hindernis der Kleinstadt (Mauer und Graben) ist bei der Großstadt ein dreifaches Annäherungshindernis (doppelte Mauer und Graben) geworden. Dazu kommt aber noch eine weit ins Vorfeld hinausgeschobene Sicherungslinie, die sog. Landwehr oder der Landgraben, dessen Verlauf Mummenhoff eingehend beschreibt. (Vgl. S. 134!) Es handelte sich um ein Plankenwerk, das teilweise noch durch einen Graben gesichert war. An der Einmündung von Wegen und Straßen besanden sich Schlagbäume, an taktisch wichtigen Punkten erhoben sich kleine Blockhäuser, bestimmt, eine Wache auszunehmen. Diese Landwehr wurde 1449 aufgesührt, der äußere Mauerring der Stadt seit 1340 bis 1450. Sicherung der Stadttore.
Da sich ein Angriff normalerweise in erster Linie gegen die Stadteingänge richtete, mußten diese ganz besonders geschützt werden. Wie bescheiden nimmt sich die noch erhaltene Dorsicherung des zweiten Besestigungsringes am sog. Weißen Durm aus (Das. XXe)! Der Eingang sührt unten durch den Durm; diesem ist ein von zwei Rundtürmen flankiertes Vortor vorgelagert. Demgegenüber bedeuten die Sicherungen der Dore des dritten (äußeren) Befestigungsringes einen wesentlichen Fortschritt. Zunächst einmal bekommt an den Toren, die natürlich nur über eine Zugbrücke zugänglich sind, die sonst niedrigere Zwingermauer die gleiche Höhe wie die Hauptmauer, außerdem wird sie durch Ouermauern mit dieser verbunden. Es entsteht also ein vollständig von hohen Mauern umschlossener länglicher Rechteckplatz in der Breite des Zwingers. Geschlossene Wehrgänge mit Schießscharten nach beiden Seiten schließen das Mauerviereck nach oben ab6). Das Innentor (Hauptmauer) liegt dem Außentor (Zwingermauer) diagonal gegenüber (Das. XX g). Was ist durch diese Anlage erreicht? Sollte es dem Gegner geglückt sein das Außentor einzurennen, so befand er sich zunächst in einer Mausesalle, denn in dem von hohen Mauern eingeschlossenen Platz zwischen Haupt- und Zwingermauer konnte er von einem gut gedeckten Gegner von allen Seiten unter Feuer genommen werden. 6) über den Werdegang der Nürnberger Befestigung — hier wird nur von dem äußeren (dritten) Ring gesprochen — vgl. S. 207 ss. Im Nachbargebiet kommt gelegentlich auch eine Kleinstadt mit doppeltem Mauerring vor, z. B. Wolframs-Eschenbach. 6) Rur der Wehrgang der Hauptmauer ist auf die Stadt zu offen.
166
Nürnbergs Befestigung wirb modernisiert (15. und 16. Iahrhundert.)
a) Das mittelalterliche Mauerfystem: 1. Hauptmauer.
2. Zwingermauer. 3. Graben. Die viereckigen Türme der Zwingermauer gestatten nur die Auf-
stellung ganz leichter Geschütze. Geringes Schußfeld.
b) Der stärkere, nach vorne abgerundete Durm gestattet die Aufftel-
lung größerer Geschütze.
Das Schußfeld wächst.
Roch ist
der Durm geschlossen. c) Das offene Rondell gewährt völlig freies Schußfeld. Keine Rauch-
behinderung mehr.
d) Ouerschnitt eines Batterieturmes vom Stadium b. Zwei Geschützstellungen übereinander.
Starke Behinderung durch Rauch
und Gase im geschlossenen Durm.
f) Grundriß zu d:
Hinter
dem aus der Zwingermauer vorsprin-
genden Batterieturm die Hauptmauer mit einem Vierecksturm (Durm am Hallertor). e) Das offene Rondell.
g) Die Zwingermauer fällt
und macht einer niedrigen Brustwehr
Platz, um die Aufstellung von Geschützen im Zwinger zu ermöglichen.
h) und k) Mittelalterliche Viereckstürme nachträglich in Batterietürme umgewandelt,
breite Kanonenscharte,
einem
abgetragenen
h zeigt eine nachträglich eingefügte
k eine ossene Geschützstellung aus Vierecksturm
mit
Schutzdach
(am
Pegnitzeinsluß).
1) Die Nürnberger Rundtürme, entstanden durch eine starke Ummantelung der ehemals viereckigen Dortürme, tragen oben eine geräumige Plattform zur Ausstellung von Geschützen. Durch die hohe Ausstellung des Geschützes verliert aber das Geschoß seine rasante Wirkung. Die ehemalige Hauptmauer verliert an Bedeutung, an ihre Stelle tritt als Hauptträger der Verteidigung die modernisierte Zwingermauer.
167
Tafel XXl.
168
Die Entwicklung der Stadt-Befestigung.
Um zum Innentor zu gelangen, mußte er den ganzen Platz diagonal, also in seiner größten Ausdehnung, im Feuer der Verteidiger durchqueren. Ein derartige Anlage, die ״Wassenplatz" genannt wird, stellte zweifellos einen wirksamen Dorschutz vor. Außerdem konnten in einem derartig gedeckten Raum — ungesehen vom Gegner — Truppen zu plötzlichen Ausfällen bereitgestellt werden. Von den drei erhaltenen Nürnberger Wasfenplätzen am Reutor, Spittelertor und Frauentor wirkt letzterer, allerdings durch einige Einbauten beeinträchtigt, noch am ursprünglichsten. Die fehlende Abschlußmauer zwischen Außenmauer und rundem Durm läßt sich leicht hinzudenken. Diese Waffenplätze gehören bereits dem 16. Iahrhundert an. Unschwer ist zu erkennen, wie sich der Wassenplatz (g) aus dem einfachen Vortor (e) herausentwickelt. Wie die Nürnberger ihre Ringmauer modernis i e r t e n.
Kaum war um 1450 der äußere Mauerring fertiggestellt, als die gesteigerte Wasfenwirkung der Pulvergeschütze eine Verbesserung des Befestigungssystems als notwendig erscheinen ließ. Es mußten Mittel und Wege gefunden werden, um der feindlichen Artillerie mit gleicher Waffe entgegentreten zu können. Gewehrfeuer konnte von den beiden Mauern wie aus den Mauertürmen abgegeben werden, zur Ausstellung von größeren Geschützen jedoch eigneten sich weder die viereckigen Türme, noch der feindwärts von einer hohen Mauer abgeschlossene Zwingerraum. 1455 entsteht der vorspringende Rundturm am Hallertor. Er ist ein ausgesprochener Batterieturm. Zwei Geschosse übereinander enthalten je 5 Geschütznischen, von denen die im oberen Geschoß sogar zwei Schußösfnungen besitzen, eine geradeaus und eine schräg nach unten zur Verteidigung des Grabens (Das. XXI b, d, f). Wenn auch dieser Rundturm — andere Rundtürme finden wir nördlich der Kaiserstallung — den kleinen in ihm aufgestellten Geschützen eine ganz andere Bewegungsfreiheit läßt, als etwa die bisherigen viereckigen Mauertürme (Daf. XXI a), so war man von einer Ideallösung doch noch recht weit entfernt. Die Geschützbedienung, die in einem — trotz der Rauchöfsnungen — mit Pulverdampf geschwängerten Batterieturm aushalten mußte, war nicht zu beneiden. Es lag also sehr nahe die Geschützstellungen ins Freie zu verlegen; so entstehen die gedrungenen Rundtürme, die oben als Geschützsteliung eine osfene Plattsorm tragen. Eine Brustwehr schützt die Be-
dienung,
breite Geschützlucken
geben entsprechend Schußfeld.
Wir
Die Entwicklung der Stadt-Befestigung.
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brauchen gar nicht weit zu gehen; derartige Rundtürme mit Plattformen finden wir gleich dicht neben dem eben erwähnten gedeckten Geschützturm am Hallertor, nämlich am Pegnitzaussluß, der gleich durch drei derartige Türme, wir nennen sie "Rondelle", geschützt ist, genau so wie der Pegnitzeinfluß (Das. XXI c, e). Aus dem Iahre 1527 sind die beiden größten Rondelle, die Rürnberg besitzt, nämlich eines nördlich des Spittelertores (am heutigen Ludwigstor), das andere nördlich des Lausertors. Ihre Lage an einer Mauerbiegung gestattet ihnen, von ihrer breiten Plattform aus (20 m Durchmesser) den Graben rechts und links zu bestreichen, daneben beherrschen sie aber auch den Zugang zu den benachbarten Toren. Rur das Rondell am Laufertor ist kasemattiert
Übrigens hat man auch mittelalterliche Viereckstürme zur Aufnähme von Geschützen eingerichtet, indem man entweder in ihre Vorderseite breite Kanonenscharten einbrach oder auch, indem man den obersten Teil der Türme abtrug und oben eine offene Plattform anlegte, die durch ein auf Balken gestelztes Dach vor Witterungseinflüssen geschützt wurde. Diese beiden Arten einer behelfsmäßigen Lösung finden sich z. B. zwischen den beiden Pegnitz-Einflüssen (Daf. XXI11, k).
Nürnbergs Wahrzeichen find seine mächtigen vier Rundtürme in ihrer prachtvoll-trutzigen Linienführung (1556—64). Sie verdanken ihre Entstehung dem Bestreben, eine möglichst hoch gelegene Plattform zu gewinnen7). Der Durm selbst hat feindwärts keine Öffnungen, seine obere Plattsorm aber war — wie man damals glaubte — ein idealer Ausstellungsplatz für Geschütze mit freiem Schußfeld nach allen Seiten, außerdem gewährleistete der hohe Standort eine größere Reichweite. Gewiß, die Reichweite eines Geschützes wächst mit dem erhöhten Standort, gleichzeitig aber verliert das von oben kommende Geschoß seine rasante Wirkung, es "bohrt". Der Vorteil einer hohen Plattform ist also recht problematisch. Iedenfalls bedeuten die runden Nürnberger Türme den Höhepunkt des Systems, das in den Rondellen und runden Batterietürmen das Rückgrat der Verteidigung erblickte (Daf. XXI1). Schon um die Mitte des 16. Iahrhunderts wird in der damaligen Kriegsliteratur gefordert, man müsse dem Belagerer mit mehr Geschütz entgegentreten als dieser selbst habe. Das war bei den doch recht weit auseinanderliegenden Rondellen und Batterietürmen nicht gut mög’) Sie stellen keine Neubauten an sich vor, sondern sind entstanden durch eine runde Ummantelung der bereits bestehenden Vlereckstürme an den Toren. Mit A. Dürer haben sie nichts zu tun.
170
Die Entwicklung der Stadt-Besesligung.
lich, während der Angreiser seine Artillerie an beliebiger Stelle masfieren konnte. Es mußte also eine Möglichkeit gesunden werden, Geschütze auf den ganzen Festungsring zu verteilen. Die Zwingermauer fällt, an ihre Stelle tritt eine niedere, nach oben abgeböschte Brustwehr, die von breiten Kanonenscharten durchbrochen ist. Der Verteidiger mit dem Handgewehr schießt nicht mehr durch eine Schießscharte, sondern srei "über Bank". Die Türme im Verlauf der Zwingermauer bleiben bestehen und dienen sast ausschließlich der flankierenden Verteidigung des Grabens (Daf. XXI g, e). Durch diese Umwandlung der ehemaligen Zwingermauer in eine mit Kanonenscharten versehene Brustwehr wird die Möglichkeit gegeben Geschütze in beliebiger Zahl an allen bedrohten Punkten auszustellen; erhalten ist diese Brustwehr des 16. Iahrhunderts noch an zahltetchen Stellen, z. D. sogar noch mit einem Schutzdach überdeckt8). Gleichzeitig beobachten wir eine Umwertung der beiden Verteidigungslinien. Diente im Mittelalter die hohe Hauptmauer (2. Linie) in der Hauptsache der Fernverteidigung, während der Zwingermauer (1. Linie) die Grabenverteidigung zusiel, so wird jetzt die erste Linie (ehemalige Zwingermauer) durch die Ausstellung von Geschützen zur Hauptverteidigungslinie, die alte Hauptlinie wird zur Reservestellung. Reben den Grabentürmen ermöglichen die vorgeschobenen Rondelle eine Flankierung des Grabens. Italienische Festungskunst in Nürnberg.
So imposant die vier Nürnberger Rundtürme, erbaut von Meister Unger 1556—1564, heute wirken, rein kriegstechnisch betrachtet bedeuten sie einen gewaltigen Rückschritt den von dem Italiener Fazuni schon 1538—45 errichteten Burgbastionen gegenüber, die sast einzig in ihrer Art (in Deutschland) viel zu wenig und dann meist nur vom malerischen Standpunkt aus betrachtet werden. Freilich, das üppig wuchernde Busch- und Baumgrün, dem keine vernünftige Hand wehrt, deckt ja dieses geniale Meisterstück srühzeitlicher Befestigungskunst immer mehr zu und läßt Sinn und Zusammenhang höchstens noch im Winter erkennen. Fazunis Kriegskunst ist durch und durch modern, sie bedeutet einen vollständigen Bruch mit dem bisherigen Besestigungswesen. Er war es, der das Bastionssystem in Nürnberg heimisch machte; einen kurzen Rückschlag bedeuten die vier runden, hohen Batterietürme, dann aber bleibt man bei dem Bastionssystem, schon 1563 entsteht durchaus nach 6) Z. B. rechts und links des Martores. An zahlreichen Stellen sieht man noch die aus der Brustwehr herausragenden Ouader, aus denen das Balkenwerk bes Schutzdaches ruhte.
Die Entwicklung der Stadt-Besestigung.
171
italienischem Vorbild die hochragende Reutorbastion, 1613/14 die sog. Wöhrder Bastei in Bossenquadern, die leider in den 70er Iahten des vorigen Iahrhunderts ohne zwingenden Grund eingelegt wurde. Das Bastionssystem beruht vollständig auf der fast ausschließlichen Verwendung flankierenden Feuers. Wirksam flankiert können nur geradlinige Mauerflächen werden, also verschwinden jetzt alle Rundtürme, Mauerbiegungen usw., es herrscht die gerade Linie. Um diese aber flankieren zu können, müssen Bastionen winklig aus der Mauer herausspringen, ja auch die Mauerstrecken können winklig gebrochen werden. Ie mehr winklige Brechungen, desto mehr Flanklerungsmöglichkeiten. Die direkte Mauerverteidigung scheidet fast überhaupt aus, jedes Mauerteilstück wird von einem anderen Deilstück flankierend verteidigt. Mauern und Bastionen wachsen nicht mehr senkrecht — wie im Mittelalter — in die Höhe, sie sind leicht geböscht, wie wenn sie sich an die Erdhintersüllungen anlehnen wollten. Die notwendigsten Fachausdrücke ergeben sich aus der Zeichnung: Das. XXII c. Fazunis Burgbastionen stellen, wie allgemein viel zu wenig bemerkt wird, eine streng symmetrische Anlage dar. Aus dem breiten Graben, der sich in der Form eines weitausladenden Kleeblattbogens um Nord- und Westseite der Burg herumschwingt, wächst eine von Seitenwehren slankierte Hauptbastion empor; es solgen rechts und links symmetrisch gebrochene Kurtinen, an die sich, gewissermaßen als Eckund Endpunkte des ganzen Systems, je eine Bastion, die Vestnertorund Diergärtnertor-Bastion anschließt9). Symmetrisch sühren zu diesen Bastionen mit ihren Toren die bogenförmig geschwungenen Zugänge, die von den einspringenden Ecken des Grabens ausgehen (Dass XXII a). Die Mittelba st ion : Die Facen bilden einen rechten Winkel, die Flanken sind eingezogen und sitzen im spitzen Winkel aus der Kurtine aus10). Dieser Mittelbastion sind zwei niedrigere Vorbastionen seitlich angegliedert, die mit spitzen Winkeln in den Graben vorspringen. Der Höhenunterschied zwischen Haupt- und Vorbastionen gestattet wirksames Etagenseuer. Direkt feindwärts besitzen weder die Haupt- noch die Rebenbastionen eine Geschützscharte. Sie können sich also gar nicht im direkten Schuß verteidigen, sie werden siankierend verteidigt. Vestnertor -11 ndDiergärtnertor-Ba ft io n. Sie sitzen sast rechtwinklig auf der Kurtine auf, die Flanken laufen annähernd )״Die südwärts sich aufschließende Neutor-Bastion ist nicht mehr von Fazuni, sie wurde erst 1563 errichtet, freilich nach Fazunis Vorbild. 10) Die Frage der Winkel spielt in der zeitgenössischen Fachliteratur eine große Rolle.
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Rürnberger Burgbastionen. a) Gesamtanlage.
Man beachte zunächst die Symmetrie des ganzen Systems.
1. Mittelbastion mit den beiden seitlich angegliederten, aber
niedrigeren Vorbastionen.
2. Diergärtnertor-Bastion mit Tunnel. 3. Vestnertor-Bastion mit Tunnel. 4. Graben in Form eines großen Kleeblattbogens.
5. Die Kaiserburg. Man beachte, wie fast alle Strecken flankierend verteidigt werden, die Bastionsfacen besitzen gar keine Kanonenscharten zu direfter Verteidigung.
Die Artilleriewirkung ist aus die beiden Zugänge und ihr Vor-
gelände konzentriert.
b) B a st i o n , schematisiert.
Man beachte: Geböschte Mauer.
Brustwehr mit Kanonenscharten in den Bastionsslanken.
Keine Scharten in den Bastions-Facen. Scharten
zur Grabenbestreichung
am Fuße
der Bastion. Anschließende Kurtinen mit Kanonenscharten.
Hinter der Bastion die mittelalterliche Hauptmauer.
c) H i l s s z e i ch n u n g zur Verdeutlichung der Fachausdrücke.
173
Tafel XXII.
174
Die Entwicklung der Stadt-Befestigung.
parallel, die Facen bilden einen stumpfen Winkel. Ie eine bogenförmig laufende Holzbrücke führt zum Dor, das sich an der Bastionsslanke austut, ein tunnelartiger Durchgang sührt in die Burg, bzw. Stadt. Der Diergärtnertor-Dunnel ist — der Geschützwirkung wegen — hogensörmig geführt, während der geradlinig verlaufende Tunnel der Vestnertorbastion nur am Anfang abgewinkelt ist. Man beachte, daß auch bei diesen Bastionen die Facen keine Geschützscharten zum direkten Schuß gegen den Feind ausweisen. Die Kurtinen. Die Kurtinen sind jeweils zweimal gebrochen, sodaß ein rechtwinkliger, bastionsartiger Vorsprung entsteht. Wie bei den Bastionsslanken durchbrechen auch hier weite Kanonenscharten die Brustwehr. Die Waffenwirkung der Burgbastionen.
Die schulmäßige sog. ,,altitalienische Befestigung" (bis etwa 1550) kennt nur stumpswinklige Bastionen11), die sog. ,,neuitalienische Besestigung" dagegen baut spitzwinklige Bastionen, während D. Speckle, der berühmte deutsche Festungsbaumeister des 16. Iahrhunderts, auf die rechtwinklige Bastion schwört.... Fazuni arbeitet bereits in der ersten Hälfte des 16. Iahrhunderts souverän sowohl mit stumpfen als auch mit rechten und spitzen Winkeln; er ist eben nicht Dheoretiker, sondern in allererster Linie Praktiker, dem es daraus ankommt, den von ihm befestigten Platz in einen möglichst guten Verteidigungszustand zu setzen*12). Um dieses Ziel zu erreichen, dazu genügen nicht die wuchtigen Bastionen allein, sondern diese müssen imstande sein eine möglichst starke Feuerwirkung gegen den Angreiser zu entfalten. So wird man Fazunis Werk nur gerecht, versteht den Sinn der Anläge nur dann, wenn man sich klar macht, welche Waffenwirkung ihm seine Befestigungsanlage gestattet. Aus der beigegebenen Zeichnung dürste das ziemlich deutlich hervorgehen. Zunächst einmal sehen wir, daß alle Mauerslächen, sowohl die der Bastionen als auch die der Kurtinen, von irgend einer Rachbarsläche slankierend verteidigt wurden. Die Facen der 3 Hauptbastionen könnten sich gar nicht direkt verteidigen, sie weisen keine einzige Kanonenscharte auf. Flankierung also ist alles (Das. XXII). )״Vgl. Forchheim S. 177. Wie altertümlich wirken die dort in altitalienischer Manier noch um die Mitte des Jahrhunderts gebauten Bastionen, verglichen mit denen Fazunis. Taf. XXlll. 12) Meist wird das moderne Bastions-System in Zusammenhang gebracht mit dem französischen Festungsbaumeifter Vauban, der eigentlich nichts Neues brachte, wohl aber ein erfolgreicher Praktiker war und zahlreiche Plätze im BastionärSystem besestigte. Vauban wurde fast 100 Iahre nach dem Bau der Nürnberger Burgbastionen geboren. (1633).
Die Entwicklung der Stadt-Befestigung.
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Zwei Zugangsstraßen mit zwei Toren sind in die Anlage Fazunis eingeschlossen, das Vestner- und das Diergärtnertor, zu denen von den einspringenden Ecken des Grabenbogens die ebenfalls in Bogenform geführten Brücken führen. Auf diese Zugänge vereinigt Fazuni ein konzentrisches Feuer, handelt es sich hier doch um die mutmaßlichen Einbruchsstellen des Feindes. Besonders wirksam mußte sich hier das Etagenfeuer erweisen, das von der Hauptbastion mit ihren niedtigeren Vorbastionen dem Angreifer entgegenschlug. Der bereits in den Graben eingedrungene Gegner konnte von den hochstehenden Geschützen der Bastionsslanken und Kurtinen nicht mehr so gut gefaßt werden, hier mußte also ein Ausgleich geschaffen werden. Fazuni wußte auch hier Rat. In Höhe der Grabensohle ziehen sich nämlich im Innern der Bastionen kasemattierte Gänge hin (5 m hoch, 1.3 m breit), die sich nach dem Graben in breiten Schießscharten össnen und eine gründliche Grabenbestreichung gewährleisten. Im sog. ״Schneppergraben ״sind sie noch deutlich zu erkennen (Das. XXII b). So steht Fazunis Werk vor uns, eine imponierende Anlage aus einem Guß, vollständig aus der Höhe der damaligen Festungskunst, sür uns von heute ein außerordentlich interessantes Kulturdenkmal. Die Nürnberger wußten sehr wohl, warum sie Meister Fazuni nach Vollendung seiner Arbeiten noch eine besondere ,,Verehrung" von 400 Goldgulden zuteil werden ließen; damals erregten seine Bastionen allenthalben Aussehen, von weither kamen die Kriegsbaumeister um sie kennen zu lernen. Das Nürnberg von heute aber läßt die Bastionen und Kurtinen immer mehr zuwachsen und beeinträchtigt dadurch selbst die Wirkung eines Kulturdenkmals, dem (in einer Stadt) ein ähnliches nicht so schnell zur Seite gestellt werden kann13). Daß Fazunis Bastionen auch bei den beiden später gebauten Bastionen, der Reutor-Bastion (1563) und der Wöhrder Bastei (1613/14) Pate standen, ist ohne weiteres zu erkennen. Der Vollständigkeit halber muß noch erwähnt werden, daß Rürnberg während des 30jährigen Krieges noch durch eine ganze Reihe von Erdbefestigungen außerhalb der Stadtmauer geschützt wurde, die aber alle längst von der wachsenden Großstadt ausgefressen werden. Der Rame ,,Bärenschanzstraße ״erinnert noch an eines dieser sternsörmigen Erdwerke. Seinen Festungscharaster behielt Nürnberg übrigens bis zum Iahre 1866, also länger als das in seiner Gesamtheit moderner befestigte Forchheim (1838). 13) Ich rede damit nicht einer rigorosen "Reinigung" das Wort; das wuchernde Buschwerk sollte nur so weit beseitigt werben, als es die klare Linienführung und die Kanonenscharten verdeckt. Für eine rein malerische Wirkung könnten noch Büsche und Bäume genug übrig bleiben.
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Die Entwicklung der Stadt-Besestigung.
Die bastionierte Stadtbefestigung. Forchheim.
Während der mittelalterliche Befestigungsring Nürnbergs nur an einigen Stellen durch Bastionen verstärkt und modernisiert wurde, besitzt — oder richtiger gesagt, besaß — Forchheim eine geschlossene bastionierte Besestigung (Siehe Das. XXIII). Forchheim verdankt seine moderne Besestigung dem Umstand, daß es als Festung die Südgrenze des Bamberger Bistums zu schützen hatte. Von etwa der Mitte des 16. Iahrhunderts an (Bastei hinter dem Amtsgericht 1552, Daf. XXIII, 1), wurde etwa 200 Iahre (Reuther Dor-Vorwerk 1746/47, Daf. XXIII, 17) an den Forchheimer Festungswerken gebaut. Obwohl also während des 30jährigen Krieges die Mehrzahl der moderneren Werke noch nicht bestand, konnte Forchheim wiederholten Belagerungen erfolgreich standhalten. Im 18. Iahrhundert verfügte Forchheim über vier Basteien älteren Systems aus dem 16. Iahrhundert (nur die Reuther Dorbastei stammt schon aus dem Iahre 1608) und sechs modernere Bastionen aus dem 17. Iahrhundert. Um die ganze Anlage zog sich ein breiter Graben, der auch auf der dem Feinde zugekehrten Seite zur Verteidigung eingerichtet war. (Gedeckter Gang usw.)’ Die vier Dore bekamen im 17. und 18. Iahrhundert durch in den Graben vorgeschobene Dor-Vorwerke noch einen besonders wirksamen Schutz (Daf. XXIII, 15—18).
Forchheim würde in seinem Besestigungsring — erst 1838 verlor es seinen Festungscharakter — heute eine Sehenswürdigkeit allerersten Ranges besitzen, wenn nicht die Forchheimer in der zweiten Hälfte des vorigen Iahrhunderts den größten Teil ihrer Festungswerke abgetragen hätten14). Rur auf der Nord- und Westseite haben sich noch vier Bastionen, zwei ältere und zwei moderne, in unsere Zeit herübergerettet. Auf der Südseite steht heute das innere Nürnberger Dor, ein Bau von ״prunkvoller Schwere", verlassen und verlegen mitten im 14) Noch im Iahre 1867 schrieb I. B. Deuber in seiner kurzen "Geschichte ber Stadt Forchheim" S. 78 ---. . ״cs würde viel zur Verschönerung Forchheims beitragen, wenn die Mauern und Thore gegen die Eisenbahn hin beseitigt würden. In kürzester Zeit könnte man dann Häuser an dem Weg zur Eisenbahn erbauen unb so eine Eisenbahnstraße entstehen sehen. Dies würde der Stadt einen viel freundsicheren Anblick gewähren, während bisher der Eingang in die Stadt von der Eisenbahn durch das Reuther Thor bei jedem Fremden einen ungünstigen Eindruck hervorrust." — Nun, Herr Deuber hat seinen Willen bekommen, ob aber dadurch die Stadt Forchheim wirklich eine Verschönerung erfahren hat, möchten wir stark bezweifeln.
Die Entwicklung der Stadt-Befestigung.
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Gelände (1698). Von den Vorwerken am Bamberger- und Sattlertor haben sich noch Spuren erhalten15).
Der Verlauf der barocken Befestigung ist in der Straßenführung der Eglosfsteiner-, Dreikirchen-, Luitpold- und Wallstraße heute noch unschwer zu erkennen. Die älteren Forchheimer Bastionen (16. Iahrh.).
Obwohl sich von den 10 ehemaligen Bastionen nur noch vier erhalten haben, so läßt sich an ihnen doch noch recht deutlich die Entwicklung des Festungswesens beobachten. Die beiden hinter Pfalz und Amtsgericht gelegenen Bastionen gehören noch der Zeit um 1550 an, sie zeigen uns das sog. altitalienische Befestigungssystem (Das. ΧΧΙΠ, 1 und 2). Welch’ ein Unterschied aber zwischen ihnen und den doch ebenfalls von einem Italiener gebauten Nürnberger Burgbastionen! Wie diese sind sie mit geböschten Mauern aus Ouadersteinen aufgeführt, springen aber nur wenig in den Graben vor, denn die Bastionsfacen bilden einen sehr stumpfen Winkel. Dafür aber führen die Flanken nicht geradlinig zu den Kurtinen zurück, sondern sie bilden zurückspringend eine breite Rische, die durch den seitlichen Bastionsvorsprung gedeckt wird (Das. XXIII c). Dieser Vorsprung sührt bezeichnenderweise den Namen "Bollwerksohr" (orillon). Engbrüstig und besangen sehen diese Bastionen aus verglichen mit den kühnen Vorsprüngen der Nürnberger Burgbastionen. Fazuni war offenbar der kühnere Gestalter, der bessere Könner, trotzdem die Rürnberget Werke schon früher entstanden sind. Um den Zweck dieser altitalienischen Forchheimer Bastionen zu verstehen muß man wissen, daß damals bei der Belagerung einer Stadt normalerweise zuerst eine Bresche in die Mauer geschossen wurde, bevor man zum Sturm schreiten konnte. Für derartige Breschierungsarbeiten wählte man anfangs fast immer eine Kurtine, fast nie eine Bastion. Konnte der Gegner im direkten Schuß leicht auf die Kurtine wirken, so war es schwer an den durch das Bollwerksohr geschützten, zurückspringenden Teil der Bollwerksslanke heranzukommen (Das. XXIII c). Hier aber standen in 3 Reihen übereinander Abwehrgeschütze. Ging also der Feind gegen die Bresche zum Angriff vor, so *6) Von der mittelalterlichen Befestigung steht nur noch der Saltor-Turm. ursprünglich war er ein Stockwerk höher; heute ist die ehemalige Toröffnung zur ״Plakattafel" degradiert. Ebenfalls erhalten ist noch der unterbau ber Mauerstrecke zwischen Saltor und (innerem) Bamberger Tor, die durch ihren geradlinigen Verlaus aussällt. Zu sehen ist sie allerdings nur von dem nicht allgemein zugänglichen Wall hinter dem Krankenhaus. Rühl, Kulturkunde des Regnitztales.
12
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Die bastionierte (Stadtbefestigung. Forchheim. a) Die einzelnen Teile der Festung Forchheim: Altitalienische Bastionen: 1. Bastion hinter dem Amtsgericht 1552 ץ 2. Bastion am Saltor, ab 1561 (?) j 16· Jahrhundert
Winklig vorspringende Zwergbastionen (Übergang): 3. Nürnberger־Tor־Baftei 1569 ץ 4. Reuther-Tor-Bastei 1608 ) 16׳unb 17' Jahrhundert-
Die modernen Bastionen des 17. Iahrhunderts: 5. 6. 7. 8. 9. 10.
I. Valentini-Bastion 1655. ll. Valentini-Bastion 1656. Zwinger-Bastion 1657. 3 Kirchen-Baftion 1662. Dernbach-Bastion 1675. Neuwerk-Bastion 1683.
Die Dore: 11. 12. 13. 14.
Bamberger Tor 1560 Reuther Tor 1567 Nürnberger Tor 1570 Sattlertor 1578l)
alle verschwunden bis aus das "neue" Nürnberger Tor von 1698.
Dorsicherungen des 17. und 18. Iahrhunderts: 15. 16. 17. 18. 19. 20.
Nürnberger-Tor=Vorwerk ab 1672. Bamberger-Tor-Vorwerk 1745. Reuther-Tor-Vorwerk 1746/47. Sattler־Tor־Vorwerk (?). Nördliches Wasserhaus (?). Südliches Wasserhaus 1567.
b) Die Neuwerkbastion (10) mit sehr guter Flankierungsmöglichkeit. c) Eine aus 5 Geschützen bestehende "Bresche-Batterie" hat die Kurtine zei stört, die Trümmer füllen z. T. den Graben. Die durch das Bastionsohr gedeckten Batterien flankieren den Angreifer. (Altitalienische Bastion.) d) Altitalienische Bastion von der Seite gesehen, mit den hinter dem Bastionsohr gedeckten Batterie-Stellungen. e) Ouerschnitt durch eine moderne Bastion mit Erdausschüttung, Kasematten und Rondengang, Graben und Glacis.
*) Nicht zu verwechseln mit dem mittelalterlichen "Saltor" neben der sogenannten Kaiserpfalz. Anm. ■ = Tor, □ = eingelegtes Tor.
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Tafel XXIII.
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Die Entwicklung der Stadt-Besestigung.
erhielt er aus den gedeckt hinter dem Bollwerksohr lauernden Feuerschlünden ein mörderisches Flankenseuer. Der zurückgezogene Teil einer einzigen derartigen Forchheimer Bollwerksslanke weist nicht weniger als 5, ja sogar 7 Geschützscharten auf (Daf. XXIII d). Die modernen Forchheimer Bastionen (17. Iahrh.).
Die Kopfseiten (Facen) der nur flach vorspringenden altitalienischen Bastionen konnten nicht flankiert werden, sie waren deshalb mit Geschützständen zu direkter Verteidigung versehen. Da sich aber die flankittende Verteidigung immer mehr durchsetzte, wurde allmählich aus dem stumpfen Bastionswinkel ein rechter, ja sogar ein spitzer Winkel, die Maße wachsen, weit springt die Bastion in den Graben vor und kann nun auch von den anschließenden Kurtinen und Rachbarbastionen flankierend verteidigt werden. (Die bescheidenen Zwergbastionen Daf. XXIII, 3 und 4 zeigen uns das nur zögernde Vorwärtsschreiten auf neuen Bahnen. Roch sind diese Bastionen nur wenig größer als die altitalienischen.)
Vielumstritten war damals die Wahl des Bastionswinkels: Rechter oder spitzer Winkel? Das war die Frage. Für den rechten Bastionswinkel trat vor allem der deutsche Kriegsbaumeister Daniel Speckte ein. Eine weitere Neuerung Speckles bestand darin, daß er die Bastionen und Kurtinen nur soweit aus Mauersteinen aufsührte, als sie der Sicht des Feindes durch den davorliegenden Graben und Wall entzogen waren1®). Der Feind konnte von seiner Angrisfsstellung die Mauerausbauten gar nicht sehen, sondern nur die auf ihnen aufgeschütteten Erdwerke*17). Er konnte also erst dann an ein Brescheschießen denken, wenn er sich bis zur Höhe des Glacis, also bis zum Grabenrande vorgearbeitet hatte18) (Das. XXIII e). Hierher gehört die rechtwinklige Zwingerbastion (1657) und die spitzwinklige Dernbach-Bastion (Daf. XXIII, 7 und 9). Kurtinen und Bastionsflanken sind durch Flankierung und direkten Schuß entsprechend geschützt, dagegen ist die flankierende Verteidigung der Bastionsfacen (Stirnseiten) nicht überall gleichmäßig gut19). 16) Man vergleiche damit bie hochragenden, völlig aus Ouadersteinen ausgeführten Bastionen des altitalienischen Systems (Tas. xxllld). 17) Erdwerke aus den Bastionen sind die letzte Neuerung, die wir beim Besesligungsbau unseres Gebietes feststellen können. Fazunis Nürnberger Bastionen bestanden wie die schon genannten älteren Forchheimer Bastionen nur aus Mauerwerk 19) Speckle: "Die Mauern müssen so angelegt sein, daß ber Feind aus der Ferne keinen Stein sehen und erst von der Glaciskette aus breschieren kann.״ 1e) Vgl. Iann, Fränk. Schätzgräber 1930 (S. 21 ff).
Die Entwicklung der Stadt-Befestigung.
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Die Mauern der modernen Forchheimer Bastionen sind glatt und zeigen keinerlei Schießscharten wie etwa die zur Grabenbestreichung dienenden Scharten am Fuße der Nürnberger Bastionen (Das. XXII b). Das muß aussallen. Doch dieser Mangel ist nur scheinbar. In Wirklichkeit besitzen die neueren Forchheimer Bastionen zahlreiche Schießscharten, nur sind sie durch eingesetzte Ouader maskiert. Es ist besonders zu bedauern, daß die modernste Bastion Forchheims, die Reuwerk-Bastion (1683) nicht erhalten blieb. Hier ist durch eine entsprechende Liniensührung eine wirksame Flankierung von Kurtinen, Bastionssacen und Bastionsflanken gewährleistet (Das. XXIIIb). Am lehrreichsten sür uns ist die sog. Zwingerbastion (Daf. XXIII, 7). Die geböschte Mauer endigt nach oben in einer Brustwehr, hinter der gedeckt der sog. Rondengang läuft. Posten stehen in den aus Ecken herauswachsenden Beobachtungstürmchen. Erst hinter diesem schmalen Gang wächst der Wall empor, der die eigentliche Deckung der Verteidiger bildet. Hinter ihm ist auch die Artillerie ausgestellt. Sie feuerte durch Einschnitte in den Wall, die heute noch deutlich zu erkennen sind. Die links anschließende Kurtine zeigt feindwärts nur einen schwach geböschten Wall, die Oberfläche der Dernbach-Bastion (XXIII, 9) ist durch die Anlage eines Gartens völlig verändert, die Wälle sind abgetragen.
Der Festungsgraben. Der Forchheimer Festungsgraben solgt genau dem Mauerverlaus. Der äußere Grabenrand ist durch Erdaufschüttungen gebildet. Ein gedeckter Weg und ein Schützenaustritt macht ihn zur vorderen Feuerstellung (Daf. XXIII e). Allmählich fällt das Vorfeld (Glacis) zum Gegner ab und kann leicht von allen Seiten bestrichen werden. An geeiglleten Stellen sind sog. Wasfenplätze20) angeordnet, die — ganz ähnlich den mittelalterlichen Wassenplätzen, vgl. S. 168 — zur gedeckten Bereitstellung von Aussallstruppen dienten. Außerdem konnte der Forchheimer Graben durch die Wiesent unter Wasser gesetzt werden. Von all diesen Einzelteilen ist heute nichts mehr zu sehen, nur der Grabenverlauf vor den erhaltenen Festungswerken ist geblieben.
Sicherung der Stadttore.
Leider hat sich von den wehrhaften Außentoren Forchheims keines erhalten, das Nürnberger Dor von 1698 wirkt als Innentor mehr prunkvoll als wehrhaft (Daf. XXIIl, 13). )"'־Diese Waffenplätze sind auf dem Plan nicht eingezeichnet, um den Hauptverlauf des Grabens deutlich hervorzuheben.
182
Die Entwicklung der Sladt-Besesligung.
Um aber den Fortschritt gegenüber der mittelt.lterlichen Dorsicherung zu zeigen, sei das Barocksystem des 18. Iahrhunderts kurz skizziert. Um die Dore zu sichern, wurden im 17. und 18. Iahrhundert im Graben vor jedem Dor Vorwerke (Ravelins) errichtet. Es war dies gewissermaßen eine detachierte, allseits vom Graben umgebene vorgeschobene Bastion. Durch diese Bastion sührte der Zugang und zwar in der Regel nicht geradlinig, sondern gebrochen (Feuerwirkung!). Wollte man also ein Dor forcieren, so mußte erst der Übergang über den äußeren Grabenarm erzwungen werden, dann die Einnahme des Dorvorwerks selbst, dann der Übergang über den inneren Grabenarm, dann erst stand man vor dem inneren Dor (Das. XXIIl, 15—18).
Von diesen Vorwerken haben sich Spuren erhalten: vom SatterVorwerk (18) die Grabensührung, vom Bambergertor-Vorwerk (16), das von der Wiesent durchflossen wurde, eine Brustwehrmauer mit 5 Schützennischen, die heute die Seitenwange einer Brücke bildet.
Bei diesen Vorwerken sind auch die beiden Wasserhäuser zum Schutz von Ein- und Ausfluß der Wiesent zu erwähnen (Daf. XXlII, 19 und 20). Von 20 ist die Rückseite (eingebaut) erhalten, aus den Resten von 19 klassen noch 3 Schießscharten, bestimmt, das Bamberger Dor (11) zu slankieren.
Die Barvckbefestigung der Neustadt Erlangen. Aus drei Seiten ist die Neustadt Erlangen heute noch mit einer geradlinig laufenden Mauer umgeben. Stellenweise, z. B. in der Nähe des Nürnberger Dores, hat sich sogar der offene Wehrgang erhalten, der schlitzartige Schießscharten ausweist. Trotzdem wird nur ein blutiger Laie dieser Anlage einen Wehrcharakter zusprechen, sie kann nur als wirksame Zollgrenze angesprochen werden21). Ursprünglich nur aus Palisaden bestehend, wurde 1708 der Grund zur Stadtmauer gelegt, an der bis 1758 gebaut wurde.
Von dem 1717 begonnenen Nürnberger Dorhaus wurde nur die stadtseitige Fassade sertiggestellt. Von einem Wehrcharakter kann auch hier nicht gesprochen werden; wichtiger ist die Rolle, die das Dor als monumentaler Abschluß der Hauptstraße spielt. 21) Der Gründer der Neustadl Markgras Christian von Bayreuth, scheint ansangs allerdings an eine moderne Befestigung der Neustadt gedacht zu haben, denn am 28. I. 1688 wandte er sich an den Großen Kurfürsten mit der Bitte um die Überlassung eines Ingenieurs zur Beseitigung der zu erbauenden Stadt. Schanz: Zur Geschichte der Kolonisation und Industrie in Franken. (S. 574
Die Entwicklung der Stadt-Besestigung.
183
Siteratur. Eine systematische Darstellung der Entwicklung der Stadtbefestigung in Franken fehlt. Für das Regnitztal bedeuten die vorangehenden Seiten wieder einen bescheidenen Ansang. Wie bei den Burgen, so ist auch hier die Darstellung in Städtemonographien usw. in der Hauptsache historisch orientiert. Besonders schlecht kommen bie Befestigungsanlagen des 16.-18. Iahrhunberts weg. Nürnberg: A. v. E s s e n w e i n : Die Kriegsbaukunst. Darmstadt 1889. E bringt wenigstens sür Nürnberg den Versuch einer systematischen Darstellung, allerdings aus verschiedene Kapitel verteilt. Die Arbeit ist, wenn man ihr auch nicht in allen Punkten unbedingt solgen kann, heute noch durchaus brauchbar, ebenso die Mehrzahl der beigegebenen Zeichnungen. Allerdings beschränkt er sich nut auf den mittelalterlichen Wehrbau, über die Burgbastionen ist bei ihm nichts zu finden. K. Schäfer: Mauern und Thore des alten Nürnberg. O. I. (vor 1902). Der Verfasser geht mehr vom rein ästhetifch-architektonischen als vom milltärtechnischen Standpunkt aus. Auf diefem Gebiete ist er offenbar nicht fehr zu Haufe. Die Arbeit enthält außerbem eine ganze Reihe von ungenauigfeiten. Erschienen in: Die Baukunst, 8. Heft. II. Serie. Verlag W. Spemann. über den Einfluß Dürers auf den Feftungsbau seiner Zeit kenne ich zwei Arbeiten: W. Waetzold: Dürers Besestigungslehre, Berlin 1916 unb A. G i e s e ck e: Die Befestigung ber Stabt Nürnberg unb Albrecht Dürer. Der Burgenwarl 22. Jahrgang (1921), Nr. 3 und 4. Giesecke macht glaubhaft, daß der Einfluß Dürers vor allem an dem Rondell beim Läufer Tor zu erkennen ist. Gute Zeichnungen der beiden Rondelle von 1527. Über die Befestigung Forchheims gibt es eine ganze Reihe älterer unb neuerer Arbeiten (Münzenthaler 1852, Hübsch 1867, Gückel o. I., Iann 1930 usw.), die aber über die Auszählung von Jahreszahlen nicht wesentlich hinauskommen.
Zur allgemeinen Orientierung: Da mittelalterliche Städte im Grunbe nur große Burgen darstellen, kann für Einzelheiten Pipers Burgenkunde herangezogen werden. (Vgl. S. 131). M. I ä h n s : Handbuch einer Geschichte bes Kriegswesens. Leipzig 1980. Gute Einsührung in das historische Befeftigungswesen, doch schließt Iähns bereits mit dem 16. Iahrhundert ab. Eingehend find die großen Nürnberger Batterietürme behandelt, nicht aber Fazunis Bastionen.
R e u l e a u j : Die geschichtliche Entwicklung des Besestigungswesens vom Auskommen der Pulvergeschütze bis zur Neuzeit. R. beginnt mit dem Ende des Mittelalters. Hier handelt es sich allerdings nur um eine kurze, leitfadenähnliche Darstellung. Sammlung Goschen Nr. 569. H. Müller: Geschichte des Festungskrieges seit allgemeiner Einführung der Feuerwaffen bis zum Iahre 1892. Berlin 1892. Da das Schwergewicht der Arbeit auf bem neueren Festungskrieg ruht, ist die uns interessierende Epoche nur verhältnismäßig kurz behandelt. Schießund Angrisssversahren.
XI. Städte ״Der Grundriß einer Stabt ist nicht bloß die monumentalste urkunde ihrer Geschichte, sondern auch eines ber allerwichtigsten Denkmäler, die sie enthält." p. I. itteier.
Der Stadtplan als Gefchichtsquelle.
Viel besser als eine Menge von Iahreszahlen vermag uns ein brauchbarer Stadtgrundriß in das Verständnis des Werdeganges einer Stadt einzusühren, deshalb sollte bei jeder ernsthasten Stadtbesichtigung grundsätzlich vom Stadtplan ausgegangen werden. Die wichtigsten siedlungsgeschichtlichen Kenntnisse müssen unsnatürlich vertraut sein. Heute wissen wir z. B., daß die Mehrzahl der Städte unseres Gebietes als sogenannte ״Gründungsstädte״, d. h. als Siedlungen anzusprechen sind, die Entstehung und Stadtcharakter dem Willen des Kaisers oder des Landesherrn verdanken. In den wenigsten Fällen erfolgte die Gründung "aus wilder Wurzel", sondern sast immer im Anschluß an einen schon bestehenden militärischen oder kirchlichen Stützpunkt, also an eine Kirche, eine Burg, ein Kloster usw. In ihnen also haben wie die Keimzelle, den Kristallisationspunkt der Stadt zu erblicken. Bei genauem Zusehen werden wir häufig den Kristallisationspunkt der Siedlung schon aus dem Stadtplan seststellen können. Von ihm müssen wir ausgehen. Dann sehen wir, wie sich um diesen Punkt oder an diesen Punkt eine enggeschlossene Siedlung ankristallisiert, die Stadt. Stadterweiterungen, die sich um die älteste innere Stadt herumlegen oder sich seitlich anschließen, lassen sich ebenfalls meist ohne große Mühe erkennen. Berücksichtige ich schließlich noch die topographische Lage der Stadt, so läßt sich der ganze Werdegang der Stadt in großen Zügen vom Stadtplan ablesen. Wie unsere Städte gewiß nicht entstanden sind. Immer wieder begegnet man der falschen, aber tiefeingewurzelten Anschauung, unsere Städte hätten sich durch ständiges Größerwerden aus ländlichen Siedlungen entwickelt daß also die "Stad t" aus einem ״D o r s" entstanden sei. So etwas ist unmöglich. Ein Dorf zeigt eine ausgelockerte Bauweise mit Hösen, Gärten und Rebengebäuden, die nötig sind sür die landwirtschaftliche Betätigung, sür Ackerbau und Viehzucht. In der Stadt dagegen treibt man Handel und Ge
Städte.
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werbe. Unter dem Zwang der Stadtmauer rücken die Häuser zu geschlossenen Zeilen aneinander. Wie sollte sich eine locker gebaute Siedlung, eingestellt auf landwirtschaftliche Beschäftigung, ohne weiteres umstellen lassen in eine städtisch geschlossene Siedlung mit ganz anderer Beschäftigung? Wohl kommt es gelegentlich vor, daß ein Dors Markt- oder Stadtrecht bekommt1). Run wird aber nicht das Dorf zum Markt oder zur Stadt umgewandelt, denn wo sollte man z. B. in einem Dors nun aus einmal einen Marktplatz unterbringen, sondern Stadt oder Markt entsteht regelmäßig und seinem Zweck angepaßt neben der Dorssiedlung, die allerdings der neuen Marktsiedlung meist ihren Namen lassen muß. Ebermannstadt z. B. ist aus einem Dorf entstanden. Man betrachte den Grundriß Daf. XXV; ein Dorfgrundriß sieht anders aus, hier handelt es sich um eine planmäßige Reuanlage. Vgl. mit der S t a d t s i e d l u n g die sich auf dem westlichen Wiesentuser anschließende Dorssiedelung Breitenbach!
Was in keiner Stadt fehlen darf. Auf Handel und Gewerbe eingestellt, lebt die Stadt in erster Linie vom Austausch der Produkte zwischen Stadt und Land. Dieser Austausch findet zum größten Teil auf dem Marktplatz stau, der in keiner Stadt fehlen darf. Meist liegt er seitlich einer Durchgangsstraße oder er besteht auch lediglich aus einer verbreiterten Hauptstraße, wie vor allem in Bayern, aber auch bei uns in Ostsranken. Das Rathaus finden wir meist a m Marktplatz, im bayerischen Einslußgebiet (Ostsranken) auch sreistehend im Marktplatz. Bei alten Rathäusern kleinerer Städte läßt sich manchmal noch deutlich die ehemalige Zweiteilung erkennen: Untergeschoß mit offenen Hallen für den Marktverkehr, im Obergeschoß ein großer Saal, der als Versammlungs-, Gerichts- und Danzsaal benützt wurde (Herzogenaurach, Forchheim usw.). Die Stadt- oder Marktkirche muß nicht am Marktplatz stehen; wir finden sie abseits auf einem ruhigen Platz, gelegentlich so־ gar außerhalb der Stadtmauer. (Vgl. Herzogenaurach, Scheßlitz, Ebermannstadt usw.).
Das Straßennetz ist verhältnismäßig einfach*2); trotz aller Kurven und Schwingungen ist eine gewisse Planmäßigkeit unverkennbar, bei fehlender Urkunde der beste Beweis für die Entstehung der Siedlung durch planmäßige Gründung. Ein Dorsgrundriß sieht anders aus. *) Gilt selbstverständlich nur sür mittelalterliche Verhältnisse. 2) Vgl. die Zusammenstellung der einzelnen Typen bei R. G r a d m a n n ־ Süddeutschland, 1931, Band l. S. 162 ss.
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Die größeren (Städte des Regnihgebieteä. Nürnberg: Der von uns angenommene Werdegang: = Keimzelle der Burgslecken die Sebalderftadt die Lorenzerstadt (Lage des Königshoss?) und b = Eriveiterungen der Sebalderftadt Notwendige Erweiterung nach Zusammenschluß von Sebalder- unb Lorenzer-Seite VI. = Neue Erweiterung der Sebalder Seite VII. = Erweiterung der Lorenzer-Seite VIII. = Letzte zu einheitlicher Mauerführung notwendige Erweiterung. Die Skizze soll auch dartun, wie der heutige äußere Mauerring nicht in einem Zug entstanden ist, sondern sich aus lauter Teilstücken zusammensetzt. Die Baunähte sind an den Mauerknicken unschwer zu erkennen und durch Pseile besonders gekennzeichnet.
i. II. !!!. IV. V.
Burg = = = a =
Bamberg: Keimzelle die "Domstadt" oder Burg (!) mit den beiden Vorstädten Kaulberg und Sand (Iaundlb). Zur Domstadt kommen bereits im 11. Iahrhundert vier Freiungen (Immunitäten; ll = St. Michael, III -= St. Stephan, IV = St. Jakob, V = St. Gangolf), deren noch nicht genau bestimmbarer Umfang durch Kreislinien angegeben ist. Im 11. Iahrhundert entsteht auf dem rechten Regnitzufer die "Bürgerftadt", dunkel schraffiert. Die Pfarrkirche (K.) lag ursprünglich außerhalb des Mauerrings. [Stadterweiterung mit neuem Mallerring (15. Iahrh.) ·‘·*““--־Angenommene, aber noch nicht völlig gesicherte Mauerführung auf dem linken Regnitzuser.
Forchheim: Einfacher, klarer Werdegang im Vergleich mit Nürnberg oder Bamberg. Ein älterer Kern (dunkel schraffiert) lehnt sich an die Keimzelle (Schloß) an. Mittelalterliche Stadterweiterung hell fchraffiert.
Erlangen:
Entstanden aus einer Doppelstadt, dem mittelalterlichen ״Erlang" (Keimzelle Burg und Martinsbühlerkirche) und der im 17. Iahrhundert gegründeten Hugenottenstadt "Christian-Erlang". Heute sind beide Städte zusammengewachsen. Zeichenerklärung:
Burg, Schloß oder Residenz ev Kirche a Rathaus.
□ abgebrochenes Tor del Marktplatz,
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Tafel xxtv.
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Städte.
Woran man eine mittelalterliche Stadt schon von außen erkannte.
Früher erkannte man eine Stadt schon von weitem mühelos an ihrer Bewehrung durch Mauer und Türme. Das Besestigungsrecht war das vornehmste Recht einer Stadt, deshalb gibt es keine mittelalterliche nicht besestigte Stadt. Der Markt dagegen, im Wesenskern der Stadt gleich, auch ähnlich geschlossen angelegt wie diese, besitzt diese stadtmäfeige Befestigung mit Mauern und Türmen nicht, wohl aber (überall im Regnitzgebiet und darüber hinaus) eine aus Wall und Graben bestehende behelfsmäßige Besestigung. Diese Feststellung ist neu und wird im nächsten Kapitel näher ausgesührt. Vom Dorfe unterscheidet sich die Stadt auch schon von außen durch ihre geschlossene Bauweise. Wohl sucht man auch das Dorf gegen feindliche Angriffe zu schützen, doch ist dieser Schutz noch primitiver als beim Markt und besteht lediglich in Schranken3), Verhauen oder einem Dorfzaun (Etter). Eine Ausnahme ist es, wenn das Dorf Kemmern (B.-A. Bamberg) als Schutz einen Graben und sogar eine Art Dorhaus besitzt. Ist auch die mittelalterliche Stadtbefestigung heute vielfach verschwunden, so läßt doch in den meisten Fällen die Linienführung der Straßen den ehemaligen Mauerverlauf erkennen.
Warum häufen sich die städtischen Siedlungen im R e g n i tz t a l ? Die Gründungstheorie gibt uns darauf die Antwort. Am Regnitztal hatten eine ganze Reihe großer und kleiner Derritorialherren Anteil, jeder wollte in diesem wichtigen Durchgangsgebiet mindestens eine Stadt haben. In die kurze Strecke zwischen Nürnberg und Bamberg teilten sich im frühen Mittelalter nicht weniger als 4 Territorialherren, die Reichsstadt Nürnberg, der Bischof von Bamberg (Bamberg, Forchheim), die Burggrafen von Nürnberg (Baiersdorf), der König von Böhmen (Erlangen); schließlich wäre hier auch noch die schlüsselbergische Stadt Ebermannstadt zu erwähnen. Durch die günstige Verkehrslage allein dürsten sich diese städtischen Siedlungen nicht erklären. Warum treiben kleine Städte vielfach Ackerbau?
Obwohl für Handel und Gewerbe gegründet, müssen die Mehrzahl unserer kleinen Landstädtchen als Ackerbürgerstädtchen angesprochen werden. Wie kommt eine städtische Siedlung zu ländlicher Betätigung? 3) 1379 wird das Dorf Goslenhof ״mit Schranken verwahrt". L. Eisen: ״Vor den Toren Altnürnbergs." 1923. S. 8.
Städte.
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Zwei Gründe kommen in Betracht. Diese Städtchen sind erstens einmal mißglückte Spekulationen des Derritorialherren. Die aus die neuen Gründungen gesetzten Hossnungen erfüllten sich nicht, Handel und Gewerbe wollten nicht zur Blüte kommen, sie ernährten die Siedler nicht, so sanken sie zurück auf den Stand von Ackerstädtchen; Großgründlach, im 14. Iahrhundert mit Stadtrecht begabt, ist heute ein "Dorf", während Roßtal und Baunach doch wenigstens ״Märkte" geblieben sind; Zwergstädte wie Ebermannstadt, Baiersdorf, Gräfenberg sind auch heute noch sehr stark auf Ackerbau und Viehzucht eingestellt. Zweiter Grund: Eine Reihe von kleineren Territorien gingen im Laufe der Zeit in größeren Territorien auf. Damit wurde ihnen die Grundlage ihrer Existenz, nämlich Mittelpunkt eines selbständigen Territoriums zu sein, entzogen, sie sanken zur Bedeutungslosigkeit herab (z. B. Baiersdorf neben Erlangen). Die Umstellung dieser Kleinstädte auf Ackerbau und Viehzucht hatte eine notwendige Folge. Man brauchte Stallungen und Scheunen. Diese konnten aber innerhalb des engen Mauerrings nicht oder höchstens zum Teil untergebracht werden. So entstanden außerhalb der Städte — in unserer Gegend wohl erst ziemlich spät — geschlossene Scheunenviertel, so in Gräfenberg vor dem Eglosfsteiner Dor und in besonders schöner Ausbildung zu beiden Seiten von Ebermannstadt. Auch Furcht vor Feuersgefaht dürste bei der Anlage der Scheunen außerhalb der Stadt mitgesprochen haben.
Zusammenfassung. Keimzelle und regelmäßiger Stadtgrundriß mit sinnvoll angelegten Verkehrsadern verraten uns die "Gründungs״-Stadh Mauerringe den ehemaligen Umfang bzw. die späteren Erweiterungen der Siedelung. Zu beobachten ist noch besonders Marktplatz mit Rathaus und Standort der Pfarrkirche. Verfügt man noch über einige stiigeschichtliche Kenntnisse, die es gestatten, das ungesähre Alter der Gebäude zu datieren, so läßt sich aus Grund- und Ausriß der ganze Werdegang der Siedlung in ihren Hauptzügen ablesen. Hauptsache aber bleibt der Grundriß, häufig die älteste, wenn nicht sogar einzige Urkunde der älteren Stadtgeschichte.
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Städte.
Berzeichuis der Städte des Regnchgebietes. Baiersdorf (B.-A. Erlangen) Daf. XXV.
Mit einer noch erhaltenen Urkunde4) vom Iahre 1353 erhält Baiersdorf Stadtrecht, d. h. der Burggras von Nürnberg wird ermächtige im Anschluß an eine bereits bestehende Siedlung (Baiersd o r s) eine Stadt mit Marktplatz, Mauer, Graben usw. anzulegen. Damit saßt der Burggraf festen Fuß an der unteren Regnitz; diese dicht an das bambergische, ja i n das bambergische Gebiet vorgeschobene Stellung — denn Erlangen ist ebenfalls noch bis 1361 bambergisch — schreit direkt nach einer Besestigung, zumal da das 1310 erstmals als Stadt ״rwähnte bambergische Forchheim damals sicher schon befestigt war. Über die Lage des ehemaligen Dorfes Baiersdorf läßt sich heute — wie in den meisten ähnlichen Fällen — nichts mehr sagen, jedenfalls aber trägt die Gesamtanlage des heutigen Baiersdorf durchaus städtischen Charakter. Als mögliche Keimzelle hebt sich aus dem Plan die Gegend um die Kirche ab. Die Stadt liegt auf der hochwasserfreien Uferterrasse. Die ursprüngliche Straßenanlage des Kerns ist unverändert, der ehemalige Verlauf der Mauern läßt sich aus dem Plan unschwer herauslesen, ein Rest des Grabens hat sich aus der Rordseite erhalten; das Bamberger Dor von 1734 steht an Stelle eines mittelalterlichen Dores, der Standort des ehemaligen Erlanger Dores ist durch zwei Dorpseiler angedeutet. Die in der Mitte sich gabelnde Hauptstraße ist größtenteils als breite Marktstraße angelegt, der Marktplatz kann also verhältnismäßig klein sein. An ihm das Rathaus. Die Kirche liegt abseits, hart am Abfall der Terrasse. Vom Flußübergang führt eine Straße — allerdings in Brechungen — quer durch den Ort. Sonst spricht der Plan sür sich, ausfallend ist nur, daß sich der Iudensriedhos innerhalb des Stadtbezirkes befindet. Das Iudenviertel (Ghetto) dürste sich auf die Iudengasse beschränkt haben, sie läuft sich an der Stadtmauer tot und bildet mit dem Iudensriedhos zusammen einen geschlossenen Bezirk mit der Synagoge als Mittelpunkt. Eine Verstärkung als Grenzplatz gegen Bamberg erfuhr Baiersdorf durch das 1391 erworbene Schloß Scharfeneck, das zu einem festen Wasserschlosse ausgebaut wurde (vgl. S. 139). Durch das Aufkommen des benachbarten Erlangen im 18. Iahrhundert ging die Bedeutung von Baiersdorf stark zurück, die Beschästigung ist wieder stark landwirtschaftlich (Kreen) eingestellt. 4) Mon. Zoll. Ill 297.
Städte.
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Bamberg. Die einzige Bischossstadt des Regnitzgebietes.
(Das. XXIV). Bamberg weist von allen Städten des Regnitzgebietes wohl den verwickeltsten baulichen Werdegang5) aus, handelt es sich hier doch um ein allmähliches Zusammenwachsen einer verhältnismäßig großen Zahl von Einzelteilen. Wir können diesen Werdegang nur in ganz großen Zügen verfolgen. Als ruhender Pol hebt sich die Keimzelle der Stadt heute noch klar aus dem Stadtbild heraus; es ist die Siedlung aus dem Domberg, die 902 als castrum Babenberg zum ersten Male erwähnt, mit der Gründung des Bistums 1007 zur Domstadt wird. Natur und Kunst haben ihren Umfang scharf umrissen, burgartig erhebt sie sich noch jetzt über ihre Umgebung. Beträchtlich ist der Raum, den sie einnimmt; eine halbe Stunde ist notwendig, will man diesen ältesten Kern zu Fuß umkreisen; der Rundgang ist lohnend und außerordentlich eindrucksvoll6). An diese Domstadt — noch in der 2. Hälfte des 18. Iahrhunderts wurde sie "die Burg" genannt — schlossen sich nach Süden und Osten Vorstädte an (suburbia), zuerst auf dem "Kaulberg" und dann am "Sand". (Eine dritte Vorstadt am Michelsberg übergehe ich, da sie für die Entwicklung des Stadtbildes nur von geringer Bedeutung war.) Beide Vorstädte waren seit dem 12. Iahrhundert durch Dore und Mauern geschützt, aber jede sür sich, da die Burgmauern freigehalten werden mußten. Der einstige Umfang der ältesten Vorstadt aus dem Kaulberg ist heute ziemlich verwischt6), wir merken uns als ihren Mittelpunkt die heutige ,,Obere Pfarrkirche". Ebenso schwer zu erkennen ist der Verlauf der beiden Schenkelmauern des Sandes. Die Elisabethenftraße im Norden und der Rordrand des Dheresienplatzes (einige Rücksprünge gegen die Burgmauer schließen sich an) bezeichnen die Grenzen7). Ob die Rordmauer bereits in romanischer Zeit an die 6) Mit dem Werdegang ber Stabt Bamberg beschäftigen sich nicht weniger als drei neuere Arbeiten, nämlich: G. Göpfert: Die Anfänge der Stadt Bamberg, 77. Bericht d. Hiftor. Vereins zu Bamberg; W. Neukam: Immunitäten und Civitas in Bamberg, 78. Bericht des Hiftor. Vereins zu Bamberg; W. Ament : Bamberg. Führer auf siedlungs- und stadtgeschichtlicher Grundlage. 1929. Von verschiedenen Seiten an ihr Thema herantretend, kommen die Verfasser zu Ergebnissen, die z. T. stark auseinandergehen. Da für unfere Arbeit das topographische Interesse überwiegt, folgen wir in der Hauptfache Dr. Amenl der sich durch feine gründlichen, ortsgeschichtlichen Forschungen um die Aufhellung des baugeschichtlichen Werdegangs der Stabt Bamberg große Verdienste erworben hat. 6) Genaue Angabe der Straßenzüge bei A m e n t a. a. O. S. 13 s. 7) Teile des Sandes scheinen doch zur civitas aus der anderen Flußseite gehört zu haben. Eine Abgrenzung oder endgültige Entscheidung müssen wir der Lokalforschung überlassen.
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Stäbte.
Burgmauer anschloß, ist noch eine offene Frage, die Parallelmauer im Süden spricht dagegen. Zur Domstadt mit ihren Vorstädten kamen aber vier sogenannte Fveiungen (Immunitäten); es sind dies die Herrschaftsgebiete der geistlichen Stifter, die alle bereits im 11. Iahrhundert gegründet wurden. Die Laienbewohner der einzelnen Immunitäten standen zu ihrem Stift in einem Hörigkeitsverhältnis. Diese Immunitäten waren: St. Michelsberg, St. Stephan und St. Iakob, alle auf linkem Regnitzufer, also in engem Zusammenhang mit dem Domstift und seinen Vorstädten. Das Stist St. Gangolf allein liegt vorerst noch fernab auf der rechten Seite des östlichen Regnitzarms. Auch diese Immunitäten waren besestigt, doch ist deren Umfang noch zu wenig geklärt. Aus diesem Grunde bezeichnen wir die Immunitäten mit einfachen Kreisliniem die gleichzeltig die Eigenart dieser Siedlungsgebilde dartun sollen.
Wir sehen also bisher ein ziemlich geschlossenes geistliches Siedlungsgebiet aus der Westseite des linken Regnitzarmes6 *8). Ein Marktplatz fehlte, aber die günstige Marktlage, wie die bereits dichte Siedlung auf dem linken Regnitzufer schreien direkt nach einem Markt. 1062 werden zuerst mercatores (Kaufleute) erwähnt, ein forum (Markt) unter Otto I. (1102—1139). Was ist geschehen? Die Domstadt mit dem Kranz der sie umgebenden Stister und Vorstädte westlich der Regnitz wird die Veranlassung zur Marktgründung östlich der Regnitz, die wohl noch im 11. Iahrhundert erfolgt sein düste. Aus diesem Markt entwickelt sich die Bürgerstadt Bamberg (civitas), eine Niederlassung freier Handwerker und Kaufleute, im Gegensatz zur zunächst unfreien Laienbevölkerung der Immunitäten (dunkel schraffiert). Zu Anfang des 12. Iahrhunderts bereits geht das forum durch Schenkung in den Besitz des Bischoss über, der Bischof wird Marktoder Stadtherr. Roch bestehen zunächst zwei Teile getrennt nebeneinander, die Immunitäten-Stadt (wie wir sie kurz nennen wollen) auf dem linken, die Bürgerstadt auf dem rechten Ufer des linken Regnitzarmes, geeint zunächst nur in der Person des Bischoss. Die Bürgerstadt oder "civitas“ nimmt vorerst keinen allzugroßen Raum auf der Regnitzinsel ein. Sie lehnt sich ziemlich nahe an den linken Regnitzarm an, ihr Rückgrat ist, heute wie damals eine breite Marktstraße, der Grüne Markt. Die enge wirtschaftliche Verbundenheit mit der Immunitätenstadt läßt sich heute noch aus dem Stadt 6) Da der linke Arm des westlichen Regnitzlauses erst im Mittelalter künstlich angelegt wurde, dürste Dr. Ament recht haben, wenn er in dem jetzigen Rathausturm den Brückenturm des Westusers erblickt, der durch die Anlage eines neuen Flußarmes sozusagen nachträglich in die Mitte der Brücke geraten ist.
Stäbte.
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plan ersehen. Alle größeren Straßen führen radial auf die beiden dicht beieinander liegenden Regnitzbrücken zu, die die beiden Siedlungen verbinden. Der Stadt charakter der civitas ist uns seit dem 13. Iahrhundert durch Urkunden9), in denen von Besestigungen die Rede ist, außerdem aber durch Besestigungsreste erwiesen10*). Die Pfarrkirche St. Martin (sie stand aus dem heutigen Maximiliansplatz) blieb zunächst außerhalb der Besestigung liegen11). Wie überall in mittelalterlichen Städten ergaben sich sehr bald Schwierigkeiten zwischen der Bürgerschaft und dem Stadtherrn (Bischos). Die ständig wachsende Stadt bedurfte zu ihrem Schutze eines neuen, weiteren Befestigungsrings. Bischöfe und Immunitäten aber wollten davon nichts wissen; der Bischof fürchtete wohl ein zu starkes Anwachsen der Macht der civitas, die Immunitäten pochten auf ihre Immunitas und verstanden sich zu keinem Beitrag zur Reubefestigung (Immunitätenstreit). Das waren Schwierigkeiten, die den Bau einer Mauer wohl verzögern, aber nicht aushalten konnten. Als 1430 die Hussiten nur durch eine Kriegssteuer von 15 000 Gulden von Plünderung und Brandschatzung der offenen Stadt abgehalten werden konnten, ging es mit dem Reubau rasch vorwärts. Bis 1435 wurde der äußere Mauerring mit Graben errichtet, der in seiner Linienführung besonders in der nördlichen Hälfte noch deutlich zu erkennen ist12). Gleichzeitig dürsten auf der linken Flußseite ältere Befestigungen der Immunitäten erneuert und erweitert worden sein, welche die Kaulbergvorstadt und das Gebiet von St. Stephan umschlossen. Damit wäre dann eine die beiden Flußuser umfassende, Bürger- und einen Teil der Immunitätenstadt zusammenschließende Wehrlinie entstanden, aus der die befestigte Domstadt wie eine Zitadelle nach Westen vorsprang, der wieder, gewissermaßen als Vorwerke, die Immunitäten St. Michael und St. Iakob vorgelagert waren. Das neue Rathaus finden wir charakteristischerweise nunmehr aus der Grenzlinie der beiden Stadthälsten. Verhältnismäßig einsam lag auf dem rechten Ufer des östlichen Regnitzarmes immer noch die Immunität St. Gangolf. Sie hat auf die Entwicklung des Stadtbildes bisher so viel wie keinen Einfluß ausgeübh sie wirkt als östliche Vorstadt. Erst mit einer stärkeren Besiedlnng und Bebauung seit dem 18. Iahrhundert tritt sie in eine engere Verbindung mit der Stadt. )״ *“) )״ ‘)'־
Eine Marktgründungs- wie eine Stadtrechtsverleihungs-Urkunde sehlt. Genauer Verlaus bei A m e n t a. a. O. S. 16. Im Mittelalter keine Seltenheit, vgl. Scheßlitz, Herzogenaurach usw Genauer Verlauf bei Ament a. a. O. S. 18.
Rühl, Kulturkunde des Regnitztales.
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Städte.
Als eine wohlbefestigte, äußerlich völlig geeinte Stadt geht Bamberg aus dem Mittelalter hervor, nach wie vor die Hauptstadt des Bistums Bamberg, eine Fürstenstadt. Ihrer Eigenschaft als Fürsten- und Residenzstadt verdankt sie einen baulichen Reuausschwung nach dem 30jährigen Krieg im 18. Iahrhundert, während z. B. die verarmte Reichsstadt Nürnberg aus baulichem Gebiet sast vollständig stagniert (vgl. S. 209). Bamberg streift gewissermaßen ein neues Gewand über, ein reiches Barockgewand. Straßen und Plätze tragen bald mehr oder minder starken Barockcharakter, der sich überall durchsetzt, am Maximiliansplatz und Grünen Markt ebensogut, wie aus dem Dom-, Stephans-und Michelsberg. Wie Kleinodien auf reichem Grund leuchten auf Prachtleistungen großer Meister: Concordia, Rathausturm, Böttingerhaus usw. Bamberg heute als Barockstadt anzusprechen, hat seine volle Berechtigung.
Ebermann st adt (Das. XXV). Stadtrechtsurkunde vom Iahre 1323 erhalten und zwar ersolgte die Stadtgründung im Anschluß an ein schon bestehendes Dors Ebermanstat. Lag das Dorf an Stelle der heutigen Stadt, so wurde es von der Stadt völlig aufgesogen, denn der Stadtplan zeigt tatsächlich die streng geschlossene Bauweise einer Stadt, nicht die Streulage einer Dorssiedlung. Man braucht, um den Unterschied klar zu erkennen, nur die Wiesent zu überschreiten; das hier unmittelbar anschließende "Dors" Breitenbach zeigt eine ganz andere Anlage. (Vgl. Plan!) Stadtherr war zur Zeit der Gründung Konrad, der letzte Reichsherr von Schlüsselberg, im Gebiete der sog. Fränkischen Schweiz reich begütert. Reben dem Wunsch an der Wiesent einen eigenen Marktort zu besitzen, dürste vor allem auch der Umstand bei der Gründung mitgesprochen haben, daß von hier aus die dem Dal solgende Straße Forchheim, bzw. Nürnberg—Bayreuth gesperrt werden konnte. (Als zweite Sperre kam eine um 1347 angelegte Mauer zwischen den Burgen Streitberg und Reideck in Betracht. Vgl. S. 118.) Militärisch war die Lage der neuen Stadt günstig; sie lag von Natur geschützt auf der östlichen Hälfte einer von zwei Wiesentarmen gebildeten Insel. Auch die Marktlage kann als vorteilhaft angesprochen werden, fallen doch hier Leinleiter- und Eschlipptal ein. Die Keimzelle der Stadt könnte man entweder in der Marienkirche i n der Stadt, oder in Pfarrkirche St. Nikolaus vor der eigentlichen Stadt erblicken, wenn man in der einen oder anderen die Pfarrkirche )״Ebermannftädter Heimatbuch. Ebermannstadt 1926. S. 70 f.
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des ehemaligen "Dorfes" Ebermannstadt erkennen will. Als ehemalige Pfarrkirche eines offenen Dorses müßte sie dann Spuren ehemaliger Besestigung aufweisen. Run ist der außerordentlich gedrungene Westturm der Marienkirche mit seinen Schießscharten sicher ein Wehrturm; aber auch der Ehorturm der St. Rikolauskapelle vor der Stadt mit seinen vier Scharwachttürmen (seit 1853 steht an dieser Stelle ein öder Neubau) trägt ausgesprochenen Wehrcharakter14). Diese Kirche wird 1308 erstmals erwähnt, jene ist 1406 bereits baufällig15), muß also ebenfalls beträchtlich älter sein. Welche der Kirchen eventuell als ehemalige Dorskirche anzusprechen ist, kann hier nicht entschieden werden. Die Grundrißbildung ist einfach; eine west-östliche Hauptstraße durchzieht die Stadt der Länge nach, die sich etwa in der Mitte zu einem seitlichen Platz, dem Marktplatz, erweitert, aus dem sich ehedem sreistehend das Rathaus erhob16). Rippensörmig zweigen rechts und links der Hauptstraße Seitenstraßen ab. Von der Stadtbefestigung haben sich lediglich Wallspuren erhalten.
Iedenfalls liegen die stadtseitigen User der Insel sast überall höher als die Außenufer der Wiesent. Die Lage der ehemaligen drei Dore ergibt sich bei einem Blick aus den Stadtplan von selbst. Die Lage der Pfarrkirche außerhalb der eigentlichen Stadtsiedlung ist nichts Seltenes (vgl. Herzogenaurach, Scheßlitz usw.). Auf dem Roppelt’sthen Grundriß (im E. Heimatbuch) von 1805 erscheint der Kirchenbezirk als polygonale, von einem Graben17) umgebene Wehreinheit mit Ecktürmen, der westlichen Schmalseite der Stadt wie ein Vorwerk vorgelagert. Als Schlüsselberg’scher Marktort von einiger Bedeutung, trat Ebermannstadh 1347 bzw. 1390 an Bamberg gefallen, hinter älteren und bedeutenderen bambergischen Städten zurück, es wurde zur ausgesprochenen Ackerbaustadt. Diesem Wechsel verdanken die beiden Scheunenviertel, eines vor dem West-, das andere vor dem Osttor, ihre Entstehung. Das letztere ist besonders interessant, weil unverfälscht und malerisch am Hang gelegen. (Das andere nach Brand erneuert.) Das Stadtbild leidet von innen und außen an einer gewissen Einsörmigkeit. Die Hauptstraße, sast durchgehend mit Straßengiebeln, entbehrt nicht eines charakteristischen Zuges, einige hübsche Fachwerkbauten bedeuten eine recht willkommene Belebung. **) Im Kirchturm den Turm eines ehemaligen Schlosses sehen zu wollen (E. Heimatbuch S. 159) ist völlig abwegig. 16) H. M a h e r a. a. O. S. 289. 18) Plan von 180.5 im Ebermannstädter Heimatbuch 1926. Der Plan ist nicht orientiert; er wäre um sast90° nach rechts zu drehen. ,7) Die Spuren des Grabens sind, vor allem aus der NW.-Seite, noch deutlich zu erkennen.
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Eltmann (B.-A. Haßfurt, Das. XXV). Eltmann begegnet uns zuerst als fränkische Militärsiedlung unter dem Namen "castellum Altimoin“ (8. Iahrhundert)18). Diese Militärsiedlung verfällt im Laufe der Iahrhunderte und liegt im 12. Iahrhundert als Ruine da. Dieses Kastell dürfen wir nicht ohne weiteres als Stadt in unserem Sinne ansprechen, zwischen Militär- und Bürgersiedlung besteht doch ein recht wesentlicher Unterschied. Das geht auch daraus hervor, daß Eltmann erst 1335 ״Stadt"recht bekommt. Es ist möglich, daß die "Stadt" Eltmann die verfallenen Befestigungsanlagen des ehemaligen castellum Altimoin zur Anlage der neuen Stadtbefestigung wenigstens teilweise benützte, jedenfalls wäre die Notiz im ältesten Eltmanner Urbarium (um 1430) zu berücksichtigen, daß das Kastell "ist grosser gewesen den itzo"19). Doch ist diese Frage hier nicht zu entscheiden. Auf jeden Fall läßt sich mit Hilfe der allerdings größtenteils verbauten Mauer- und Grabenreste das ungefähre Viereck des mittelalterlichen Berings feststellen. Im Mittelpunkt etwas seitlich verschoben liegt ein geräumiger Marktplatz, an ihm die alte Kirche20) (ältere Teile um 1300) und nach der Tradition eine "alte Burg", die bereits im 13. Iahrhundert als Pallacium (Pfalz) urkundlich belegt ist21). Hier an diesem Platz, bei Pfalz und Kirche, haben wir die Keimzelle der mittelalterlichen Stadt Eltmann zu suchen, die bei ihren Befestigungsarbeiten wohl auf die Ruinen des ehemaligen Kastells zurückgriff. Urkundlich werden im 15. Iahrhundert 3 Türme und 15 Halbtürme (Schalen) erwähnt, eine Durmform, die erst dem späten Mittelalter (15. Iahrhundert) angehört22). Mit dem größten Teil der Mauer sind heute auch die zwei (!) Stadttore und die drei Einlaßpsörtchen verschwunden. Das mittelalterliche Erlangen (Altstadt, Tas. XXIV).
Das mittelalterliche ״Erlang" und das im 18. Iahrhundert gegründete ״Ehristian-Erlang" müssen schon wegen ihrer um etwa 300 Iahre auseinanderliegenden Entstehungszeit gesondert betrachtet werden.
Marktgründung wahrscheinlich 1367, Stadtrecht 139823). 18) G. G o e p f e r t : Castellum. Stadt ober Burg. Würzburg 1920. S. 28 ss. 19) G ö p s e r t a. a. O. S. 30. ”) Heute Neubau des 19. Jahrhunderts, nur der Turm ist alt. 21) G ö p f e r t a. a. O. S. 33 und 40. 22) Vgl. auch: Die Kunstdenkmäler des Königreichs Bayern, Untersranken IV. B.-A. Haßfurt, S. 22 ss. ”) D e u e r l e i n : Die Erlanger Marktgründung Karls IV. Erlanger Heimatbuch 1921. S. 52 ff.
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Um 1400 ist ,,Erlang" Stadt. Was war maßgebend sür die Gründung? Erlang gehörte damals zu Reuböhmen und zwar als einziger Ort an der wichtigen Regnitzlinie; hier mußte auch das Königreich Böhmen auf eine städtische Siedlung gesteigerten Wert legen. Zur guten Marktlage — nicht zuletzt bedingt durch das Auslaufen des Schwabachgrundes in das Regnitztal — kam die Möglichkeit, die Siedlung auf der östlichen Regnitzterrasse, also außerhalb des Überschwemmungsgebietes anzulegen. Der regelmäßige Grundriß, auch heute noch — wenigstens im westlichen Hauptteil — klar zu erkennen, zeugt von der planmäßigen Gründung. Keimzelle der Anlage die uralte Martinskirche und dicht daneben die ehemalige Burg der Ritter von Erlangen. Diese Wasserburg stand mit der Stadtmauer, von der sich im sog. ״Saugraben ״noch beträchtliche Reste erhalten haben, durch eine hölzerne Brücke in Verbindung. Die Hauptverkehrsader (Straße Nürnberg—Bamberg) weitet sich seitlich zum Marktplatz (heute Martin-Lutherplatz), in dessen Mitte sich bis 1706 das alte Rathaus erhob. Zwei Straßenengen, bei Hauptstraße 90 und nördlich davon an der Wirtschaft "Zum Bayreuther Dor" verraten uns den Standort der beiden Haupttore; an Stelle der barocken Altstädter Kirche erhob sich am Marktplatz die gotische Marienkirche. Durch eine die Hauptstraße querende Straße, der ebenfalls am Mauerring zwei Dore entsprachen, wird Erlangen zur Viertor-Anlage; am Schnittpunkt der sich kreuzenden Straßen des Marktplatzes. Infolge des Brandes von 1706 hat Erlangen sein mittelalterliches Gepräge verloren, nur die Stasselung der Häuser in der Nähe des ehemaligen Bayreuther Dores erinnert noch an die mittelalterliche Straßenführung. Die Reustadt Erlangen (Ehristian-Erlang, Das. XXIV).
Die einzige neuzeitliche Städtegründung des Regnitzgebietes. Gegründet nach der Aushebung des Ediktes von Nantes 1685 sür geflüchtete Hugenotten, also nachmittelalterliche Gründung. Streng geometrische Anlage nach dem Entwurf von I. M. Richter. Hauptstraße als Symmetrieachse, zwei Plätze mit Monumentalbauten aus der Westseite (der auf dem Marktplatz kam nicht zur Ausführung). Um diese Plätze herum regelmäßige Wohnblöcke, zusammengeschlossen durch eine Ringstraße. Geradlinige Stadtmauer. Eine zweite Etappe in der Entwicklung der Reustadt bedeutet die Einfügung eines ursprünglich nicht geplanten Schlosses. Der Schloßbau sprengte den Rahmen des ersten Planes im Osten (Schloßgarten)
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und Süden (Anlage der Friedrichstraße). Aus der kleinen Rechteckstadt wird so eine bedeutend vergrößerte Rechteckstadt. Der einheitlichen Liniensührung des Grundrisses entspricht der ebenso einheitliche Ausbau der Häuser, Straßen und Plätze. Die von einem einheitlichen Baugedanken beherrschte Barockstadt ist trotz der bescheidenen Verhältnisse ein getreues Spiegelbild ihrer Zeit, versteinerter Absolutismus24). Die 1706 abgebrannte Altstadt lehnte sich beim Wiederaufbau stark an die moderne Schwesterstadt an, auch sie ist heute barock im Ausbau; auch ihre Straßen und Plätze hat man nach Möglichkeit geradlinig und rechtwinklig gestaltet. Heute sind die beiden ursprünglich räumlich voneinander getrennten Städte "Erlang" und "Ehristian-Erlang" zusammengewachsen, nur der Richtungsunterschied der Hauptachsen läßt den ehemaligen Dualismus noch nachklingen. Forchheim, die bambergische Festung (Das. XXIV, vgl. Das. XXIII).
Forchheim, schon zur Zeit Karls des Großen Sitz eines Königshofes, dann Tagungsort zahlreicher Reichsversammlungen, verliert mit dem Übergang an Bamberg 1007 zunächst seine Bedeutung, bis ihm seine Lage an der Südgrenze des bambergischen Gebietes erneutes Gewicht gibt. Gründungsurkunde nicht erhalten, doch hat Forchheim im Iahre 1310 einen Rat, Stadtgericht, Marktrecht, Stadtwappen und da es außerdem befestigt ist, kann eine Verleihung des Stadtrechts um 1300 angenommen werden; wenn wir weiter hören, daß dieser Mauerring um 1300 bereits zu eng war25), schiebt sich die Entstehung der Stadt Forchheim sogar ins 12. Iahrhundert zurück26). Gründung der Stadt zweifellos als südlicher Stützpunkt des Bistums Bamberg; sie war bis zur Säkularisation bambergische Festung. Eine günstige Marktlage (Einmündung des Wiesenttales) und der Regnitzübergang begünstigten die Anlage. Keimzelle: das bischöfliche Schloß, das sich höchstwahrscheinlich aus den Ruinen des alten Königshofes erhob. Dieses nachmals mehrfach erweiterte Schloß trägt heute den nicht ganz einwandfreien Namen ״Kaiserpfalz״. ’·) E R ü h l : Erlangen, die Hugenottenstadt. 1925. -») Vj Scherer: Cin Beitrag zur Rechtsentwicklung Forchheims. 1924. S. 9. ”) Nach K. Sihmann : Forchheim, die sehenswerte alte Frankenstadl Fränkische Heimat 1925, S. 321, wird bereits 1172 ein Schultheiß in Forchheim genannt.
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Dort, wo die von der Regnitzbrücke kommende Straße auf die NordSüdstraße trifft, entsteht der Marktplatz, an ihm, ehemals freistehend das Rathaus (14. Iahrhundert), das die ehedem typische Zweiteilung, unten ossene Hallen, oben Saal, noch deutlich erkennen läßt. Gewissermaßen ein in sich abgeschlossenes Gebiet bildet seitlich der Kirchenbezirk. Die Umfassung der inneren mittelalterlichen Stadt läßt sich aus dem Plan noch deutlich herauslesen, wenn sich auch von der mittelalterlichen Befestigung nur noch der Durm am sog. Saltor und der untere Teil der Mauer zwischen diesem und dem inneren Bamberger Tor erhalten hat. Sie folgte vom Saltor südlich über die Kaiserpfalz ungefähr dem Verlauf der heutigen Wallstraße und biegt dann ostwärts ab zum Rordrand des Paradeplatzes. Die Straßenenge zwischen Paradeplatz und Hauptstraße bezeichnet die Stelle des inneren Nürnberger Dores, während die geschwungene Häuserfront aus der Rordseite des ParadePlatzes und seine nordöstliche Fortsetzung den Verlauf der Mauer verrät. Der Paradeplatz selbst ist nichts anderes als der zugeschüttete, mittelalterliche Graben. Dort, wo die Alleestraße auf den freien Platz mündet, haben wir uns das ehemalige Reuther Dor zu denken (zwischen Alleestraße 34 und 35). Der Ostrand folgte dem Lauf der Wieseni bis
zum ehemaligen Bamberger Dor, dort, wo Straße und Wiesent sich schneiden. Das Spital liegt außerhalb. Die Rordstrecke: Bamberger Dor —Saltor ist, wie schon oben erwähnt, in ihrem unteren Teil noch erhalten. Ausfallend ist der geradlinige Verlauf. Allerdings ist diese Mauerstrecke nur noch von dem nicht allgemein zugänglichen Wall hinter dem Krankenhaus aus zu sehen. Diesem inneren Ring, schon um 1300 zu eng, wurde ein weiterer, äußerer Ring vorgelegt; durch die Einbeziehung der Vorstädte Altenhach, Raschenbach und Bambergerweg in den Bering (Anfang des 15. Iahrhunderts) ersuhr die Stadt eine wesentliche Erweiterung nach Süden, Osten und Norden27). Die Wiesent fließt jetzt durch die Stadt. Dieser äußere Ring wurde ständig modernisiert, am durgreifendsten wohl nach der Einnahme Forchheims durch den Markgrafen Albrecht Alcibiades 1552. Schon im Iahre 1553 mußte er unverrichteter Dinge wieder abziehen; auch während des 30jährigen Krieges konnte sich Forchheim halten28). Rach dem Krieg wurden die Außenwerke besonders durch weitvorspringende Bastionen weiter verstärkt, sodaß Forchheim als der festeste ”) Deutlich zeigt die zwei Ringe ein mit der Iahrzahl 1632 (1) bezeichneter Holzschnitt, der aber in allen Einzelheiten gänzlich unzuverlässig ist. “) Den damaligen Zustand der Festung zeigt das Bild bei Merian.
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Die Kleinstädte deg Regnitzgebietes. Scheßlitz: Klare Anlage: Pfarrkirche (wohl Keimzelle) außer-
halb der Siedlung. Rathaus freistehend auf dem Marktplatz. Spital (S) vor dem Dor. Eltmann : Klare Anlage: Keimzelle wohl bei Kirche und heutigem
Rathaus. Baiersdorf: Klare Anlage: Keimzelle wohl bei der Kirche. Sehr
bescheidener Marktplatz.
Auffallend der in den Maucrring
einbezogene alte Iudenfriedhos (I). Das nordöstliche Stadtviertel dürfte mit dem alten Ghetto identisch sein (Iudengasse, Synagoge, Friedhos).
H ö ch st a d t: Keimzelle der (dunkel schraffierten) Altstadt das Schloß.
Mittelalterliche Stadterweiterung hell schraffiert. Herzogenaurach :
Skizze im Text Seite 204. Die Anlage ist
Höchstadt (s. o.) sehr ähnlich. Altstadt an Schloß angelehnt. Die Pfarrkirche liegt außerhalb der Altstadt. Mittelalterliche
Stadterweiterung.
S = Spital, W-W = Wiwa - Weiher.
Gräsenberg: Keimzelle bei Schloß und Kirche. Der hell schras־ sierte Teil wohl spätere Stadterweiterung.
Freistehend im
Marktplatz das im 19. Iahrhundert abgebrochene langge-
streckte Rathaus (nicht eingezeichnet). Scheunenviertel außerhalb der Stadt.
Ebermann st adt : Städtisch geschlossene Siedlung neben einer aufgelockerten Dorfsiedlung (links Breitenbach). Geschützte Lage zwischen zwei Wiesentarmen.
Die ehemals befestigte
Pfarrkirche bastionsartig vorgeschoben. Zwei Scheunenviertel
außerhalb der Stadt. (Der Plan ist nicht genau orientiert. Er wäre um fast 90° nach rechts zu drehen.) Zeichenerklärung. W Schloß ev Kirche ■■ Rathaus
A Stadttor, noch vorhanden