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German Pages 963 [968] Year 2006
Friedrich Schleiermacher Kritische Gesamtausgabe II. Abt. Band 6
W G DE
Friedrich Daniel Ernst
Schleiermacher Kritische Gesamtausgabe Im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen herausgegeben von Hermann Fischer und Ulrich Barth, Konrad Cramer, Günter Meckenstock, Kurt-Victor Selge
Zweite Abteilung Vorlesungen Band 6
Walter de Gruyter · Berlin · New York 2006
Friedrich Daniel Ernst
Schleiermacher Vorlesungen über die Kirchengeschichte
Herausgegeben von Simon Gerber
Walter de Gruyter · Berlin · New York
2006
Bearbeitet in der Schleiermacherforschungsstelle Berlin
® Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt.
ISBN-13: 978-3-11-019106-7 ISBN-10: 3-11-019106-7 Bibliografische
Information
der Deutschen
Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
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Inhaltsverzeichnis Editorische
Grundsätze für die IL Abteilung (Vorlesungen)
IX
Einleitung des Bandherausgebers I. Historische 1. 2. 3. 4. 5. 6.
Einführung
Die Vorlesung 1806 Die Vorlesung 1821/22 Die Vorlesung 1825126 Ausgaben der Kirchengeschichte Nachgeschichte Anhang: Vorarbeiten zu den Aufsätzen
IL Editorischer
XVII XVII XVII XXII XXVII XXXI XXXIV dogmengeschichtlichen XL
Bericht
XLl
1. Manuskripte Schleiermachers 1.1. Das Material 1.2. Zur Edition 2. Nachschriften 2.1. Heinrich Klamroth (Leitnachschrift 2.2. Karl Rudolf Hagenbach 2.3. August Eyssenhardt 2.4. Eduard Bonnell 2.5. Anonymus 3. Sekundärüberlieferung Erster Teil · Manuskripte
Schleiermachers
Zur Einleitung in die Kirchengeschichte Manuskript Manuskripte Einleitung
zum Kolleg 1806 zum Kolleg 1821/22
1821/22)
...
XLl XLl XLVII XLIX XLIX LI LI LH LIII LIII 1
(1806)
3 7 19 21
VI
Inhaltsverzeichnis Erste Periode Zweite Periode Dritte Periode Vierte Periode Manuskripte
27 73 119 120
zum Kolleg 1825/26
Einleitung Erste Periode Apostolisches Zeitalter Zeitalter der Apologeten Bis zur zweiten Hälfte des dritten Jahrhunderts Zweite Periode Manichäische und pelagianische Streitigkeiten Kollektaneen Nachtrag
(1821/22 und 1825/26) 1825/26
125 127 127 128 133 135 138 141 387
Zweiter Teil · Vorlesungsnachschriften Kolleg 1821/22 • Nachschrift
123
Klamroth
465 467
Einleitung
469
Erste Periode Zweite Periode Dritte Periode Vierte Periode
490 498 542 627
Anhang Kolleg 1825/26 · Ausgabe Bonneil
663 665
Einleitung
667
Erste Periode Übersicht Apostolisches Zeitalter Zeitalter der Apologeten Bis zur zweiten Hälfte des dritten Jahrhunderts Zweite Periode Manichäische und pelagianische Streitigkeiten Origenistische Streitigkeiten Nestorianische Streitigkeiten
702 702 702 714 722 725 730 731 732
Inhaltsverzeichnis
VII
Eutychianische Streitigkeiten Monotbeletische Streitigkeiten Dritte Periode Geschichte der römischen Bischöfe Erstes scholastisches Zeitalter Zweites scholastisches Zeitalter
733 734 736 737 738 744
Notizen zur Lehre von der Erwählung (1819)
747
Notizen zur Trinitätslehre (1822)
755
Verzeichnisse
779
Synopsen über Schleiermachers Vorlesungen zur Kirchengeschichte Ubersicht über die Vorlesung 1821/22 Übersicht über die Vorlesung 1825/26 Ubersicht über die von Schleiermacher benutzte Literatur
781 781 787 . . 788
Synopsen über die Ausgaben von Bonnell und Boekels Nachweis des von Bonnell in den Fußnoten edierten Materials Ubersicht über das von Bonnell und Boekels veröffentlichte Material aus Schleiermachers Manuskripten Aufschlüsselung der Hagenbach-Nachschrift nach Vorlesungsstunden
795 795 798 800
Abkürzungen
802
Editorische Zeichen
803
Chiffren in den Manuskripten und ihre Auflösung
803
Literatur
805
Register
831
Personen
833
Sachen
892
Bibelstellen
904
Editorische Grundsätze für die II. Abteilung (Vorlesungen) Die II. Abteilung dokumentiert Schleiermachers Vorlesungstätigkeit nach seinen handschriftlichen Materialien und nach Vorlesungsnachschriften. Die folgenden Grundsätze schließen sich an die für die I. Abteilung in der Fassung von KG A 1/1 und für die V. Abteilung in der Fassung von KG A V/1 niedergelegten an, tragen aber den Besonderheiten der Vorlesungsedition Rechnung. 1. Historische Einführung
und Editorischer
Bericht
Den Bänden der II. Abteilung wird jeweils eine Einleitung des Bandherausgebers vorangestellt, die eine Historische Einführung und einen Editorischen Bericht umfaßt. Die Historische Einführung gibt Auskunft über die Entstehungs- und Uberlieferungsgeschichte der jeweiligen Vorlesung. Gegebenenfalls wird über die Rezeption durch die Zeitgenossen berichtet. Der Editorische Bericht beschreibt die Materiallage und erläutert das editorische Verfahren. 2. Textgestaltung und textkritischer
Apparat
Die Bände der II. Abteilung umfassen neben sämtlichen Vorlesungsmanuskripten Schleiermachers, wo es zu deren Verständnis nötig ist oder wo andere Gründe es nahelegen, auch ausgewählte Vorlesungsnachschriften, ferner — falls keine solchen Primärquellen mehr vorliegen — auch Texte, die nur noch sekundär etwa im Druck der „Sämmtlichen Werke" vorliegen. Für die Edition aller drei Sorten von Textzeugen gelten folgende Prinzipien: a) Schreibweise und Zeichensetzung des zu edierenden Textzeugen werden grundsätzlich beibehalten. Dies gilt auch für Schwankungen in der Schreibweise, bei denen es häufig eine Ermessensfrage darstellt, ob eine irrtümliche Schreibweise vorliegt. Hingegen werden
χ
Editorische Grundsätze
Verschiedenheiten in der Verwendung von Zeichen (z.B. für Abkürzungen und Auslassungen), soweit sie willkürlich und sachlich ohne Bedeutung sind, stillschweigend vereinheitlicht. Die von Schleiermacher für Randnotizen gebrauchten Verweiszeichen (Ziffern, Sterne, Kreuze etc.) werden einheitlich durch Ziffern wiedergegeben, sofern diese Randnotizen hier als Fußnoten wiedergegeben werden. b) Offenkundige Schreibfehler oder Versehen werden im Text korrigiert. Im Apparat wird - ohne weitere Angabe — die Schreibweise des Originals angeführt. c) Wo der Zustand des Textes eine Konjektur notwendig macht, wird diese im Text durchgeführt; in Zweifelsfällen wird die Konjektur mit der Angabe „Kj" nur im Apparat vorgeschlagen. Wo bereits Konjekturen eines früheren Herausgebers vorliegen, werden diese entsprechend unter Nennung des Urhebers und der Seitenzahl seiner Ausgabe oder Schrift im Apparat mitgeteilt. Wird eine solche Konjektur in den Text übernommen, so wird dies ebenfalls im Apparat nachgewiesen. Uber diese gemeinsamen Prinzipien hinaus wird für die drei unterschiedlichen Textsorten - Manuskripte Schleiermachers, Vorlesungsnachschriften und sekundäre Uberlieferung - das im folgenden beschriebene abgestufte Editionsverfahren angewandt.
Manuskripte
Schleiermachers:
d) Es wird die letzt gültige Textgestalt des Manuskripts wiedergegeben. Alle Belege für den Entstehungsprozeß (wie Streichungen, Korrekturen, Umstellungen) werden im textkritischen Apparat — nach Möglichkeit gebündelt - mitgeteilt. e) Zusätze zum ursprünglichen Text, die Schleiermacher eindeutig einverwiesen hat, werden in den laufenden Text eingefügt. Sie werden mit der Formel „mit Einfügungszeichen" und mit Angabe des ursprünglichen Ortes im Manuskript im textkritischen Apparat nachgewiesen. Ist ein Zusatz von Schleiermacher nicht eingewiesen, aber seine eindeutige Einordnung in den Grundtext durch Sinn oder Position möglich, so wird im textkritischen Apparat nur der Ort angegeben. Zusätze, die sich nicht eindeutig in den Grundtext einfügen lassen, werden auf den jeweiligen Seiten - vom übrigen Text deutlich abgesetzt unter Angabe des Ortes im Manuskript wiedergegeben. f ) Bei Abbreviaturen (Abkürzungen, Kontraktionen, Kürzeln), deren Sinn eindeutig ist, werden unter Weglassung eines evtl. vorhandenen
Editorische Grundsätze
XI
Abkürzungszeichens (Punkt, Abkürzungsschleife usw.) die fehlenden Buchstaben im Text kursiv ergänzt. Chiffren für Wörter (ζ. Β. Θ für Gott) werden ebenfalls im Text kursiv aufgelöst und im Abkürzungsverzeichnis zusammengestellt. Abbreviaturen und Chiffren, deren Auflösung unsicher ist, werden im Text belassen; für sie wird ggf. im textkritischen Apparat ein Vorschlag mit der Formel „Abk. wohl für ..." gemacht. Zur Zeit Schleiermachers geläufige Abkürzungen werden nicht aufgelöst. Soweit sie heute nicht mehr geläufig sind, werden sie im Abkürzungsverzeichnis mit ihren Auflösungen zusammengestellt. Die durch Überstreichung bezeichnete Verdoppelung von m und η wird stillschweigend ausgeschrieben. In allen Fällen, wo (ζ. B. bei nicht ausgeformten Buchstaben, auch bei der verkürzten Endsilbe -en) aufgrund der Flüchtigkeit der Schrift nicht eindeutig ein Schreibversehen oder eine gewollte Abkürzung zu erkennen ist, wird das betreffende Wort ohne weitere Kennzeichnung in der üblichen Schreibweise vollständig wiedergegeben. g) Fehlende Wörter und Zeichen, die für das Textverständnis unentbehrlich sind, werden in eindeutigen Fällen kursiv in eckigen Klammern ergänzt. In Zweifels fällen wird im Apparat mit der Formel „zu ergänzen wohl" ein Vorschlag gemacht. Im Text gelassene Lücken werden im textkritischen Apparat durch den Hinweis (lacuna) gekennzeichnet. Sofern das Zeilenende bzw. das Ende eines Absatzes eindeutig den Punkt am Satzende vertritt, wird dieser stillschweigend ergänzt. Ferner werden fehlende Umlautzeichen in eindeutigen Fällen stillschweigend ergänzt; fehlende diakritische Zeichen (wie Akzente, Spiritus-Zeichen) in fremdsprachigen Texten werden hingegen nicht ergänzt. h) Sind im Manuskript Umstellungen von benachbarten Wörtern oder Satzteilen vorgenommen worden, so wird im Apparat mit der Formel „umgestellt aus" die Vorstufe angegeben. Bei Umstellungen von Sätzen oder Satzteilen über einen größeren Zwischenraum wird der ursprüngliche Ort unter Verwendung der Formel „mit Umstellungszeichen" angegeben. i) Streichungen. Sind im Manuskript Wörter, Buchstaben oder Zeichen gestrichen worden, so wird das Gestrichene im Apparat in Winkelklammern unter Angabe des Ortes im Manuskript mitgeteilt. Wurden Streichungen vorgenommen, aber nicht vollständig durchgeführt, so werden die versehentlich nicht gestrichenen Partien in doppelte Winkelklammern eingeschlossen.
χπ
Editorische Grundsätze
j) Korrekturen Schleiermachers an Wörtern, Wortteilen oder Zeichen werden durch die Formel „korr. aus" angezeigt (Beispiel: klein] korr. aus mein). k) Unsichere Lesarten werden in unvollständige eckige Klammern (Beispiel: [noch]) eingeschlossen. Gegebenenfalls wird eine mögliche andere Lesart mit der Formel „oder" (Beispiel: [auch] oder [noch]) vorgeschlagen. Bei unsicheren Lesarten, zu denen frühere Texteditionen eine abweichende, ebenfalls erwägenswerte Lesart bieten, wird diese unter Nennung des jeweiligen Herausgebers und der Seitenzahl seiner Ausgabe oder Schrift mitgeteilt. Nicht entzifferte Wörter werden durch ein in unvollständige eckige Klammern gesetztes Spatium gekennzeichnet; bei zwei oder mehr unleserlichen Wörtern wird dieses Zeichen doppelt gesetzt und eine genauere Beschreibung im textkritischen Apparat gegeben. I) Liegen an einer Stelle der Handschrift mehrere deutlich unterscheidbare Entstehungsstufen vor, so können diese, wo es die Klarheit erfordert, im Textapparat nacheinander jeweils für sich nachgewiesen werden. Keine eigene Mitteilung erfolgt, wenn beim Übergang aus einer früheren in eine spätere Stufe ein Wort gestrichen oder korrigiert worden ist; dies ergibt sich aus dem Vergleich der Stufen. m) Uberlieferungslücken. Ist ein Manuskript nur bruchstückhaft überliefert, so wird der Uberlieferungsverlust innerhalb eines Absatzes durch ein in kursive eckige Klammern eingeschlossenes Spatium gekennzeichnet. Ein umfangreicherer Uberlieferungsverlust wird durch ein in kursive eckige Klammern gesetztes Spatium gekennzeichnet, das auf einer gesonderten Zeile wie ein Absatz eingerückt wird. Eine Beschreibung erfolgt im textkritischen Apparat.
Vorlesungsnachschriften: Die Edition der Vorlesungsnachschriften erfolgt nach einem vereinfachten Verfahren. Dies betrifft die im vorstehenden unter den Buchstaben d), e), h), i), j) und l) genannten Prinzipien. Die unter den Buchstaben f ) , g), k) und m) genannten Grundsätze gelten unverändert. n) Bei der Edition von Vorlesungsnachschriften wird in der Regel lediglich die letztgültige Textgestalt wiedergegeben, jedoch ohne Nachweis des Manuskriptbefundes - d.i. von Streichungen, Zusätzen, Verbesserungen, Umstellungen und Entstehungsstufen — im Apparat. Abweichend hiervon werden längere Randbemerkungen zu Vorlesungsnachschriften, die den Charakter von eigenständigen Text-
Editorische Grundsätze
XIII
Partien haben, als Fußnoten mitgeteilt, da es sich bei ihnen um spätere Ergänzungen des Nachschreibers handeln kann. o) Existieren zu einer Vorlesung mehrere Nachschriften, so wird die beste als Leittext ediert. Die als Leittext gewählte Nachschrift wird in der Regel vollständig geboten. Wo Vorlesungsnachschriften über Schleiermachers Manuskripte hinaus keine wesentlichen Aufschlüsse enthalten, ist es auch möglich, sie nur ausschnittweise abzudrucken. Bietet die als Leittext gewählte Nachschrift an einer Stelle einen offenkundig fehlerhaften Text, so wird nach Möglichkeit der richtige Text aus einer anderen Nachschrift übernommen, die Abweichung aber im Apparat dokumentiert. Ist die als Leittext gewählte Nachschrift unvollständig, wird sie mit entsprechendem Nachweis im Apparat aus einer vollständigeren ergänzt. Weist auch diese offenkundige Fehler auf, wird, sofern weitere Vorlesungsnachschriften vorhanden sind, verfahren wie im vorigen Absatz beschrieben.
Sekundäre
Überlieferung:
p) Sofern Uberlieferungsverluste gegenüber früheren Editionen eingetreten sind, können die entsprechenden Texte als sekundäre Uberlieferung unverändert unter Hinzufügung eines Sachapparats dargeboten werden.
3. Sachapparat Der Sachapparat gibt die für das Textverständnis notwendigen Erläuterungen. a) Zitate und Verweise werden im Apparat nachgewiesen. Dabei wird, soweit möglich und sinnvoll, sowohl die von Schleiermacher benutzte Ausgabe als auch eine heute maßgebliche Ausgabe angeführt. Das gilt auch für Verweisungen Schleiermachers auf eigene Werke. Bei Zitaten werden sinnverändernde Abweichungen von den Quellen vermerkt. b) Zu Anspielungen Schleiermachers werden Nachweise oder Erläuterungen nur dann gegeben, wenn die Anspielung als solche deutlich, der fragliche Sachverhalt eng umgrenzt und eine Erläuterung zum Verständnis des Textes nötig ist.
Editorische Grundsätze
χ/ν
4. Verzeichnisse und Register a) Jeder Band erhält ein Abkürzungsverzeichnis, das sämtliche Zeichen und Abkürzungen auflöst, die von den Autoren oder vom Bandherausgeber benutzt worden sind, soweit die Auflösung nicht in den Apparaten oder im Literaturverzeichnis erfolgt. b) Jeder Band erhält ein Literaturverzeichnis, in dem die Schriften aufgeführt werden, die in den Texten sowie in den Apparaten und in der Einleitung des Bandherausgebers genannt sind. Bei denjenigen Werken, die im Auktionskatalog der Bibliothek Schleiermachers (s. Günter Meckenstock: Schleiermachers Bibliothek nach den Angaben des Rauchschen Auktionskatalogs und der Hauptbücher des Verlages G. Reimer, 2. Aufl. In: KGA 1/15, 2005, S. 637—912) verzeichnet sind, wird nach dem Titel in eckigen Klammern das Kürzel SB mit der jeweiligen Katalognummer hinzugefügt. c) Jeder Band erhält ein Namenregister, das alle im Band genannten historischen Personen erfaßt. d) Ein Register der Bibelstellen erhalten diejenigen Bände, bei denen es sinnvoll ist.
5.
Druckgestaltung
a) Satzspiegel.
Es werden untereinander angeordnet: Text des Origi-
nals ggf. mit Fußnoten, textkritischer Apparat, b) Schriftarten.
Oer Text des Originals wird einheitlich in rede
stehender Antiqua Ordnungszahlen) (wie doppelte
Sachapparat.
wiedergegeben. Hochgestellte
Endungen (z.B.
werden nivelliert, graphische Varianten von
Bindestriche, verschiedene Formen von
chen oder Klammern)
bei
Zeichen
Abkürzungszei-
werden stillschweigend vereinheitlicht.
Ergänzun-
gen nicht ausgeschriebener Wörter im Text sowie Herausgeberrede werden kursiv gesetzt. c) Hervorhebungen
in Schleiermachers
Manuskripten
(vorwie-
gend durch Unterstreichung) werden einheitlich durch Sperrung
kennt-
lich gemacht. d) Die Seitenzählung
des Originals
angegeben. Der Seitenwechsel
wird auf dem Außenrand
des zugrundeliegenden
Textzeugen
wird im Text durch einen senkrechten Strich (\) wiedergegeben. Wo die Angabe des Zeilenbruch Schrägstrich (!) im Text.
s sinnvoll erscheint, erfolgt sie durch einen
Editorische
Grundsätze
XV
e) Sofern ein Text bereits in den Sämmtlichen Werken erschienen ist, wird die Paginierung kursiv am Außenrand mitgeteilt, jedoch ohne Seitentrennstrich. f ) Beziehung der Apparate auf den Text. Sie erfolgt beim textkritischen Apparat durch Zeilenangabe mit Lemma. Kommt in einer Zeile das gleiche Bezugswort mehrfach vor, wird ein zusätzliches Bezugswort angeführt. Die Bezugswörter werden durch das Lemmazeichen von der folgenden Mitteilung abgegrenzt. Oer Sachapparat wird durch Zeilenangabe auf die jeweilige Bezugsstelle bezogen. g) Sofern in einem Band sowohl Manuskripte Schleiermachers als auch eine Nachschrift aus demselben Kolleg veröffentlicht werden, wird der Zusammenhang zwischen ihnen möglichst durch ein Verweisungssystem hergestellt, etwa durch die Angabe der Daten oder durch die Bezeichnung der Vorlesungsstunden am Seitenrand. Sofern solche Angaben in den edierten Quellen enthalten sind, werden sie recte wiedergegeben; sofern sie aus anderen Quellen ergänzt sind, werden sie kursiv gesetzt. Im Namen der Herausgeber Hermann Fischer
Einleitung des
Bandherausgebers
Der vorliegende Band umfaßt sämtliche erhaltenen Manuskripte Schleiermachers zu seinen 1806, 1821/22 und 1825/26 gehaltenen Vorlesungen über die Kirchengeschichte; außerdem enthält er, als Ergänzung und Kommentar dazu, etwa zwei Drittel einer Nachschrift der Vorlesung von 1821/22 und Auszüge aus Eduard Bonnells 1840 erschienener Ausgabe der Schleiermacherschen Kirchengeschichte, die auf heute verlorenen Vorlesungsnachschriften von 1825/26 basiert, und schließlich im Anhang - als Nachtrag zu Band 10 der I. Abteilung der Kritischen Gesamtausgabe (KGA) - Aufzeichnungen Schleiermachers zu den beiden großen dogmengeschichtlichen Aufsätzen von 1819 und 1822 über die Lehre von der Erwählung und die Trinitätslehre. Obwohl es bisher bereits zwei Ausgaben von Schleiermachers Kirchengeschichte gibt, wurde von dem hier veröffentlichten Material das meiste noch nicht ediert, einiges aus Schleiermachers Manuskripten auch nur auszugsweise und außer seinem Zusammenhang.
1. Historische 1. Die Vorlesung
Einführung
1806
Der Schwerpunkt von Friedrich Schleiermachers akademischer Lehrtätigkeit in Halle (1804—06) war die enzyklopädische und methodische Grundlegung der theologischen Wissenschaft und ihrer Einzeldisziplinen. 1 Diesem widmete sich — neben den Vorlesungen zur theologischen Enzyklopädie (Wintersemester 1804/05 und Sommersemester 1805) und den für das Wintersemester 1806/07 geplanten Prinzipien der Praktischen Theologie — auch die einstündige Vorlesung „über Zweck und Methode des Studiums der Kirchengeschichte" im Sommersemester 1806. Den
1
Vgl. Kurt Nowak: Schleiermacher,
Göttingen 2001, S.
149-153.
XV///
Einleitung des
Bandherausgebers
materialen Teil der Kirchengeschichte vorzutragen, beabsichtigte Schleiermacher damals nicht, weder in dieser Vorlesung noch überhaupt in absehbarer Zeit: Schon zu Beginn der Vorlesung von 1806 sagt er, er könne die Kirchengeschichte „nicht selbst genauer bearbeiten", sondern wolle nur seine Ansicht, die ja organisch sein und somit durch das Ganze hindurchgehen müsse, auch für diesen Teil der theologischen Wissenschaft mitteilen. Und in einem Brief an Joachim Christian Gaß vom 17.12.1804, also anderthalb Jahre früher, im ersten Semester seiner Professur, schrieb Schleiermacher: „Auf Kirchengeschichte werde ich mich vor der Hand gar nicht einlassen".2 Das Kolleg wird in den Hallenser Vorlesungsverzeichnissen dermaßen angekündigt:
folgen-
„publ. de methodo et fine studii historiae ecclesiasticae disseret d. Ven. [freitags] hör. II-III." - „Ueber Zweck und Methode des Studiums der Kirchengeschichte liest Hr. Prof. Schleyermacher."
Laut den Akten des Ministeriums begann die Vorlesung am 9.5. und Schloß am 5.9., sie hatte also 18 Stunden. Die Zahl der Hörer wird mit 57 angegeben.3 Denkwürdig ist, daß mit großer Sicherheit einer dieser 57 Hörer August Neander war: Neander, der sieben Jahre später Schleiermachers Kollege an der Berliner Universität werden sollte und als einer der bedeutendsten protestantischen Kirchenhistoriker des 19. Jahrhunderts gilt, empfing in dieser Vorlesung erste Anregungen für seine spätere Laufbahn.4 Dokumentiert wird Schleiermachers Vorlesung von 1806 durch seine Ausarbeitung der ersten elf Stunden.5 Studentische Nachschriften sind nicht erhalten. Doch ein nicht datiertes einseitiges Manuskript Schlei-
2
3
4
5
Friedrich Schleiermacher: Briefwechsel mit J. Chr. Gaß, hg. von Wilhelm Gaß, Berlin 1852, S. 6 Vgl. Andreas Arndt und Wolfgang Virmond: Schleiermacher Briefwechsel (Verzeichnis) nebst einer Liste seiner Vorlesungen, Schleiermacher-Archiv 11, Berlin /New York 1992, S. 301; Wolfgang Virmond: Schleiermachers Vorlesungen in thematischer Reihenfolge. In: New Athenaeum 3 (1992), S. 127-151, hier 142. Kurt-Victor Selge: August Neander —ein getaufter Hamburger Jude der Emanzipationsund Restaurationszeit als erster Berliner Kirchenhistoriker (1813-1850). In: Gerhard Bester und Christof Gestrich (Hg.): 450 Jahre Evangelische Theologie in Berlin, Göttingen 1989, S. 233-276, hier 239; Neander und Schleiermacher. In: Günter Meckenstock und Joachim Ringleben (Hg.): Schleiermacher und die wissenschaftliche Kultur des Christentums, Theologische Bibliothek Töpelmann 51, Berlin/New York 1991, S. 33-50, hier 39 f. Schleiermacher-Nachlaß (SN) 63. Kurt Nowak hielt dieses kurze Manuskript für Schleiermachers bedeutendste Leistung auf dem Gebiet der Kirchengeschichte (Schleiermacher, S. 246—250).
1. Historische
Einführung
XIX
ermachers mit dem Titel „Zur Einleitung in die Kirchengeschichte" ist sicherlich auch dieser frühen Vorlesung zuzuordnen, und zwar als eine erste Sammlung von Gedanken, wie Schleiermacher sie vor der eigentlichen Präparation der Vorlesungsstunden anzulegen pflegte.6Dafür, daß das genannte Manuskript zur Vorlesung von 1806 gehört und damit insgesamt Schleiermachers frühestes Vorlesungsmanuskript zur Kirchengeschichte ist, spricht sein Titel — die Einleitung in die Kirchengeschichte war eben die Vorlesung 1806 und nicht die von 1821/22 oder 1825/26 und sein Inhalt: Uber das Verhältnis zwischen Historie und Mythologie hat Schleiermacher in den späteren Vorlesungen nicht mehr gesprochen. Vier Jahre nach der Einleitung in die Kirchengeschichte legte Schleiermacher mit der erste Auflage der „Kurzen Darstellung des theologischen Studiums" einen Gesamtentwurf der theologischen Wissenschaft und ihrer Disziplinen vor. In ihn gehört natürlich auch die Grundlegung der kirchengeschichtlichen Wissenschaft. Wie in der Vorlesung von 1806 geht Schleiermacher in der „Kurzen Darstellung" zunächst vom Begriff der Geschichte aus, um aus ihm die geschichtliche Kenntnis des Christentums abzuleiten. Eine Chronik, also eine bloße Aufzählung der Ereignisse, sei noch keine geschichtliche Darstellung; vielmehr komme es darauf an, zu einer Gesamtanschauung des Äußeren (der Ereignisse, auch „räumliche Veränderungen" genannt) und des Inneren (der wirksamen Kräfte) zu kommen. 7 Bereits in seiner (zu Lebzeiten ungedruckten) Abhandlung über den Geschichtsunterricht (1793) hatte Schleiermacher dieses Thema erörtert; er fragte, inwiefern die Darstellung der Geschichte eine Wissenschaft sein könne, und zeigte das Ungenügen einer romantisch-poetischen, chronistischen und pragmatischen Geschichtschreibung.8 In der Einleitung in die Kirchengeschichte von 1806 geht Schleiermacher von dem Gedanken aus, daß die Kirchengeschichte als Entwicklung der christlichen Lebensorganisation ein organischer Teil der Geschichte überhaupt sei, die er als die immer vollkommenere Aneignung der Natur
6
7
8
SN 67. Vgl. z.B. „Zur Politik" (KGA 11/8, hg. von Walter Jaeschke, 1998, S. 47-51; „Zur Statistik" (KGA 11/16, hg. von Simon Gerber, 2005, S. 9-11). Kurze Darstellung des theologischen Studiums zum Behuf einleitender Vorlesungen, 1. Aufl., Berlin 1811 (KD '), S. 25 f., § 4-10. S. 45 f., § 2-7 (KGA 1/6, hg. von Dirk Schmid, 1998, S. 265 f. 279 f.). Vgl. die ersten beiden Stunden der Vorlesung von 1806. KGA 1/1, hg. von Günter Meckenstock, 1983, S. 487-497. Zu dieser Abhandlung vgl. Hanna Jursch: Schleiermacher als Kirchenhistoriker, Band 1, Jena 1933, S. 98-101; Nowak: Theorie der Geschichte. Schleiermachers Abhandlung „Uber den Geschichtsunterricht" von 1793. In: Meckenstock/Ringleben (Hg.): Schleiermacher und die wissenschaftliche Kultur des Christentums, S. 419-439, bes. 436-439. Vgl. auch Nowak (ebd. S. 422—424) zu Schleiermachers historischer Bildung an Schule und Universität.
XX
Einleitung des
Bandherausgebers
durch den Geist versteht (1.-4. Stunde). Die Kirchengeschichte ist damit im Grunde nichts anderes als Religionsgeschichte und Religionssoziologie, also die Entwicklungsgeschichte der Organisation eines gemeinsamen Lebens aufgrund eines gemeinsamen Gefühls. Um ein organischer Teil der Geschichte zu sein, muß sie aber so aufgefaßt und dargestellt werden, daß ihr Endzweck mit dem Zweck und Ziel der Geschichte überhaupt zusammenfällt. Es wäre also absurd, die Kirchengeschichte vom unchristlichen oder areligiösen Standpunkt aus zu betreiben.9 Die „Kurze Darstellung" hingegen begründet die Kirchengeschichte nicht ethisch-spekulativ, sondern praktisch: Eine geschichtliche Kenntnis und Selbstreflexion des Christentums sei notwendig für die Führung des Kirchenregiments. Unter den Disziplinen der historischen Theologie aber sei die Kirchengeschichte das Mittelstück zwischen der Kenntnis des Urchristentums und derjenigen der Gegenwart; sie umfasse alles, was zwischen beiden geworden sei oder gewirkt habe.10 Beide Ansätze, der des Kollegs von 1806 und der der „Kurzen Darstellung", stehen freilich nicht in Widerspruch oder Konkurrenz zueinander, sondern beschreiben dasselbe aus unterschiedlicher Perspektive und Fragestellung.11 In der „Kurzen Darstellung" teilt Schleiermacher die historische Theologie und speziell die Kirchengeschichte organisch in die Geschichte der Lehre und diejenige der des christlichen Lebens; zu diesem gehörten die Sitte und Kirchenverfassung und der Kultus, zu jener die theoretischen und praktischen Dogmen.12 Das Kolleg von 1806 nennt als Elemente der Kirchengeschichte die Anschauung der „Einwohnung des Gefühls" und diejenige des „gemeinschaftlichen Lebens" (5. Stunde). Beide Male geht es also um eine Teilung in die innere und die äußere Geschichte, und die Anschauung des gemeinschaftlichen Lebens entspricht
9
10 11
12
Vgl. Nowak: Schleiermacher, S. 247 f. - Zu Schleiermachers Lehre vom höchsten Gut vgl. den mit der Einleitung in die Kirchengeschichte etwa gleichzeitigen Brouillon zur Ethik (hg. von Otto Braun und Hans-Joachim Birkner, Philosophische Bibliothek 334, Hamburg 1981, S. 12-27). KD1 S. 9 f., 5 34-37. S. 24-29, § 4. 14-19. S. 44 f., § 1 (KG A 1/6, S. 254. 265-268. 279) Den Ansatz in der „Kurzen Darstellung" dürfte Schleiermacher ja auch schon in seinen Hallenser Enzyklopädie-Kollegs 1804 und 1805 entwickelt und vorgetragen haben, also noch früher als die Einleitung in die Kirchengeschichte. — Auch in der „Kurzen Darstellung" will Schleiermacher keinen vermeintlich höheren, neutralen Standpunkt einnehmen, sondern den christlichen, der die Geschichte des Christentums nicht als untergeordnete Periode der Religionsgeschichte auffaßt, sondern als geschichtliches Ganzes (KD1 S. 26, § 9 f., KG A 1/6, S. 266); mit Christus hat also etwas Neues angefangen haben, wie Schleiermacher es dann als Glaubensbekenntnis in der Einleitung der Vorlesung 1821/22 formuliert. KD1 S. 16, § 3. S. 29 f., § 20. 27. S. 46-51,
§ 8-34 (KGA 1/6, S. 259. 268 f.
280-284)
I. Historische
Einführung
XXI
etwa der Geschichte des christlichen Lebens nach der „Kurzen Darstellung". 13 Unter die Anschauung der Einwohnung des Gefühls faßt Schleiermacher im Kolleg von 1806 aber nicht nur die Geschichte der Lehre (hier als „innere Ausbreitung" bestimmt), sondern auch die Geschichte der äußeren Ausbreitung, die in der „Kurzen Darstellung" gar kein eigenes Thema ist, am ehesten aber zur Verfassungsgeschichte gehört. Verglichen mit der „Kurzen Darstellung", aber auch mit Schleiermachers späteren Vorlesungen zur Kirchengeschichte wird in dem Kolleg von 1806 der Gegenstand der Kirchengeschichte auffallend eingeschränkt (man könnte auch sagen: konzentriert): Was nicht unmittelbar zur Einwohnung des Gefühls und zum gemeinsamen Leben auf dessen Grundlage gehöre, die politischen Verhältnisse und die Entwicklung der Philosophie und der Wissenschaft überhaupt, werde in seiner Bedeutung für die Kirchengeschichte überschätzt. Auch die Dogmenentwicklung sei nur insoweit ein Teil der Kirchengeschichte, wie sie nicht bloß unter dem Einfluß des Staates und der Wissenschaft geschah, sondern wirklich Kunst und Sitte, also den Gehalt des christlichen Lebens, betrifft (6.-7. Stunde). Das ist offenbar gegen Kirchen- und Dogmengeschichtler der rationalistisch-pragmatischen Richtung wie Heinrich Philipp Konrad Henke und Wilhelm Münscher gerichtet. In der „Kurzen Darstellung" schreibt Schleiermacher nur, es sei jeweils zu unterscheiden zwischen dem, was aus dem christlichen Prinzip selbst hervorgegangen sei, und dem, und was den Einflüssen der Politik und der Wissenschaft zuzuschreiben sei.14 Was die nicht organische, sondern zeitliche Anordnung des Stoffes betrifft, so heißt es in der „Kurzen Darstellung", die Kirchengeschichte müsse — wie die Geschichte überhaupt — geteilt werden in Perioden (Zeiten einer ruhigeren Entwicklung) und Epochen (Zeiten des Umbruchs, in denen es eine stärkere gegenseitige Beeinflussung der sonst organisch geschiedenen Gebiete gebe).15 Schließlich behandelt Schleiermacher noch Methode, Umfang und Praxis des kirchengeschichtlichen Studiums.16 Im Kolleg von 1806 hat er sich von der 8. Stunde an zu diesen Themen geäußert, doch werden seine Aufzeichnungen und unsere Kenntnis über den Inhalt der Vorlesung hier zusehends spärlicher.
13
14 15 16
Die Verfassung, hier als „Organisation der Mitteilung" gefaßt, wird freilich nicht der Sittengeschichte untergeordnet, sondern dem „Gehalt des religiösen Lebens" nebengeordnet, zu dem christliche Sitten- und Kunstgeschichte gehören. KD'S. 47, § 10-12 (KGA 1/6, S. 281) KD' S. 25-31, § 4-7. 13. 28. S. 53 f., § 42-44 (KGA 1/6, S. 265-269. 285 f.) KD1 S. 52-56, § 36-52 (KGA 1/6, S. 284-287)
XXII
2. Die Vorlesung
Einleitung des
Bandherausgebers
1821/22
Erst rund 15 Jahre nach der Methodenvorlesung von 1806, im Wintersemester 1821/22, hielt Schleiermacher ein Kolleg über die gesamte Kirchengeschichte. Andere Themen waren dringender gewesen, zumal es einen erheblichen Arbeitsaufwand bedeutete, sich den Stoff für eine solche Vorlesung selbst anzueignen; jetzt aber wollte Schleiermacher auch diese Lücke aus seinem Gesamtentwurf der Theologie ausfüllen.17 Von dem tatsächlichen Aufwand zeugen nicht nur die umfangreichen Präparationen für die Vorlesung, sondern auch einige Briefe. An Joachim Christian Gaß schrieb Schleiermacher im Juli 1821, er bereite die erste Auflage der Glaubenslehre und die dritte Auflage der Reden über die Religion vor und müsse „alles Reisen aufgeben und in den Ferien das Beste thun, zumal ich, wie Du aus unserm Catalog sehen wist, im ~Winter ein funkelnagelneues Collegium [nämlich die Kirchengeschichte] lese, 18 wozu ich eine Menge von Studien machen muß. " Und in einem Brief an Ludwig Gottfried Blanc vom 22. oder 23. Oktober 1821, also unmittelbar vor Semesterbeginn, heißt es: „Wie sich nun Dogmatik und Kirchengeschichte mit einander vertragen werden, mag Gott wissen. Die Kirchengeschichte macht mir viel Pein. Ueberall entsteht mir die größte Versuchung zu großen Studien und zu neuen Untersuchungen der Gegenstände, und doch muß ich alles von der Hand schlagen. Wäre ich noch zehn Jahr jünger: so könnte es wol sein, daß ich mich auf mehrere Jahre ganz ausschließend in dieses Fach würfe. Zu thun ist gewiß noch viel mehr darin, auch recht im Großen, als man gewöhnlich meint."19 Die Vorlesungsverzeichnisse Vorlesung an:
der Berliner Universität kündigen
die
„Compendium historiae rerum Christianarum tradet quinqu. hör. Vili—IX mat." - „Einen kurzen Abriß der Kirchen- und Dogmengeschichte trägt Herr Prof. Dr. Schleiermacher vor in fünf wöchentlichen Stunden von 8—9 Uhr Morgens."
Die Vorlesung begann laut den Akten des Kultusministeriums am 24.10.1821, endete am 22.3.1822 und hatte 51 Hörer.20 Genauere An-
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18 19 20
Joachim Boekels: Schleiermacher als Kirchengeschichtler, Schleiermacher-Archiv 13, Berlin /New York 1994 (Boekels), S. 10 f. stellt einige Mutmaßungen an, warum Schleiermacher gerade im Wintersemester 1821/22 die Kirchengeschichte las. Aus Schleiermacher's Leben. In Briefen, Berlin 1861-64 (Briefe), Band 4, S. 273 Briefe 4, S. 280 Vgl. Arndt /Virmond: Schleiermachers Briefwechsel, S. 317; Virmond: Schleiermachers Vorlesungen in thematischer Reihenfolge, S. 142 f. - Die im gleichen Semester von
I. Historische gaben über ihren Verlauffinden 1821 und 1822:
XXUI
Einführung
sich in Schleiermachers
Tagebüchern
für
6.10. „Etwas Dogmatik und Kirchengeschichte." 11.10. „Eusebius gelesen." — 19.10. „Auf dem Sofa gelegen und Eusebius gelesen."11 — 24.10. „Beide Collegia angefangen." -29.10. „4te Stunde." -5.11. „9te Stunde." -12.11. „14te Stunde."-19.11. „19te Stunde."-20.11. „Collegia"-21.11. „Nicht gelesen." -22.11. „Mit Jonas nach Potsdam". Die Vorlesung fiel also noch einmal aus. — 23.11. „21 te Stunde." — 24.11. „Den ganzen Tag nicht ausgegangen. Vorzüglich zur KirchenGeschichte gelesen und nachgeschlagen. " - 26.11. „22te Stunde." - 3.12. „27te Stunde." - 10.12. „32te Stunde" - 17.12. „37te Stunde." 21.12. „Mit der 41ten Stunde für dies Jahr geschlossen." — 7.1. „Mit der 42ten Stunde beide Collegia wieder angefangen." — 14.1. „47te Stunde." — 21.1. „52te Stunde." - 25.1. „56te Stunde." - 28.1. „57te Stunde." - 1.2. „61te Stunde." - 4.2. „62te Stunde." -11.2. „67te Stunde." -15.2. „71te Stunde." 18.2. „72te Stunde." 22.2. „76te Stunde." - 25.2. „77te Stunde." - 1.3. „81te Stunde." — 4.3. „82te Stunde." — Am 6.3., laut Tagebuch Henriette Schleiermachers Geburtstag, fiel die Vorlesung offenbar aus. - 8.3. „85te Stunde." 11.3. „86te Stunde."12-15.3. „90te Stunde." - 16.3. „Vorbereitung." - 18.3. „91 te Stunde." - 19.3. „Kirchengeschichte dublirt. 92. 93." - 20.3. „94. 95." 21.3. „96. 97." -22.3. „98. 99. Kirchengeschichte geschlossen." Als Ziel der Vorlesung hatte Schleiermacher sich den Augsburger Religionsfrieden gesetzt, das definitive Auseinandertreten der reformatorischen und der römisch-katholischen Richtung innerhalb des abendländischen Christentums, das noch für die Gegenwart konstitutiv sei. Um dahin und noch zu einem kurzen Ausblick auf die kirchliche Zeitgeschichte zu kommen, sah Schleiermacher sich genötigt, an den letzten vier Terminen Doppelstunden zu halten. Unter Schleiermachers kirchengeschichtlichen Vorlesungen ist diese die am besten dokumentierte: Uns sind umfangreiche Manuskripte Schleiermachers und fünf studentische Nachschriften überliefert. Zwei Nachschriften, die von Heinrich Klamroth und Karl Rudolf Hagenbach, sind (nahezu) vollständig; unvollständig sind diejenigen von August Eyssenhardt (87 Stunden) und Eduard Bonnell (90 Stunden) und eine an-
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22
Schleiermachers einstigem Hörer Neander angebotenen Vorlesungen über den zweiten Teil der Kirchengeschichte und die Dogmengeschichte hatten 56 bzw. 86 Hörer. Die Rede ist vom ersten Band der Ubersetzung der Eusebschen Kirchengeschichte von Friedrich Andreas Stroth, vgl. Schleiermachers numerierte Exzerpte zur Kirchengeschichte („Kollektaneen", abgekürzt: K) Nr. 14-44. Für den 12.3. findet sich der dann gestrichene Eintrag „8Ste Stunde." Schleiermacher hat die 85. Stunde offenbar zunächst versehentlich hier und dann unter dem 8.3. verzeichnet.
XXIV
Einleitung des
Bandherausgebers
onyme Nachschrift (92 Stunden). Bei den Schleiermacherschen Manuskripten handelt es sich um eine Sammlung von numerierten Exzerpten und Aphorismen, von Eduard Bonneil „Kollektaneen" genannt, um eine ausführliche Ausarbeitung der ersten 46 Stunden und um kurze Aufrisse weiterer Vorlesungsstunden.23 — Bonneil erwähnt in seiner Erstausgabe der Kirchengeschichte drei der von ihm benutzten mutmaßlich fünf Nachschriften dieses Semesters namentlich, seine eigene und zwei, die uns nicht mehr zur Verfügung stehen: die von Heinrich Saunier (1801—1825) und die von Emil Vangerow (1800-1890).24 Anhand dieser handschriftlichen Quellen, besonders der Kollektaneen, läßt sich weitgehend rekonstruieren, aus welchen Büchern Schleiermacher seine Vorlesungen geschöpft hat:25 Für die erste Periode der Kirchengeschichte stützt Schleiermacher sich auf die deutsche Ubersetzung der Eusebschen Kirchengeschichte von Stroth; weitere Quellen benutzte er besonders über die Gnostiker und den Monarchianischen Streit,26 er
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Kollektaneen (K) -so genannt nach Schleiermacher: Sämmtliche Werke 1/11, hg. von Eduard Bonneil, 1840 (Bonneil), S. VIII - in SN 64/1 (K 1-958 wurden für das Kolleg 1821/22 angelegt); vgl. zu ihnen auch Boekels S. 14-16. — Ausarbeitung der ersten 46 Stunden in SN 64 und 65; sie verweisen häufig auf die Kollektaneen, vgl. zu ihnen auch Boekels S. 24-26. - Kurze Aufrisse (ähnlich denen für die Vorlesungen zur kirchlichen Statistik, vgl. KGA II/16, S. 13-16 u.ö.) der Stunden 47-52, 82-85, 88, 90 und 94-97 auf fünf Zetteln in SN 66/1. Bonneil S. VII. IX; vgl. Boekels S. 37-39. - Saunier, * 18.8.1801 in Berlin, f 1825 als königlicher Domkandidat, bestattet am 31.12.1825, vgl. Gelehrtes Berlin im Jahre 1825, Berlin 1826, S. 235. 326. Vangerow," 13.9.1800 in Liegnitz, 1825 Pfarrer in Panthenau (Kirchenkreis Haynau), 1832 in Hochkirch, 1873 emeritiert, f 18.6.1890. Dies teilte mir freundlicherweise Pastor em. Mag. Dietmar Neß (Groß Särchen) mit. Boekels (S. 93—105) hat schon eine Liste der von Schleiermacher benutzten Bücher zusammengestellt, indem er einerseits die kirchengeschichtlichen Werke aus dem Rauchschen Katalog der Schleiermacherschen Bibliothek (hg. von Günter Meckenstock, KGA 1/15, 2005, S. 637-912) auflistete, andererseits die in den Kollektaneen zitierten Autoren. Vieles aus dieser Liste hat sich als zutreffend erwiesen, vieles auch nicht. Daß der Rauchsche Katalog sich nicht mit Schleiermachers Bücherbestand 1821 deckt, daß Schleiermacher nicht alle seiner Bücher benutzt hat, die er hätte benutzen können, und daß er auch Bücher benutzt hat, die er nicht besaß, ist klar. Wie Boekels schon vermutet hat (S. 100 f.), stammt ein Großteil der Referate Schleiermachers über Quellen nicht aus den Quellen selbst, sondern aus der Sekundärliteratur; dies gilt selbst für manche Stellen, die die Seitenangabe der Quelle nennen: Daß Schleiermacher in Κ 387 nicht, wie Boekels annahm, die Mauriner Augustin-Ausgabe vor Augen hatte, sondern nur Schröckhs Kirchengeschichte, erhellt daraus, daß er die Angabe „VI p. 694" falsch aus Schröckh abgeschrieben (richtig wäre V statt VI) und nicht korrigiert hat (vgl. Boekels S. 105 f. übrigens hat noch Bonneil S. 273 die falsche Bandzahl). Vgl. zum folgenden im Einzelnen die Übersicht über die von Schleiermacher benutzte Literatur. Irenaus, Clemens von Alexandrien, Tertullian, Hippolyt, Orígenes, Plotin, Epiphanius und Theodoret und Neanders Monographie über die Gnosis.
I. Historische Einführung
XXV
zog aber auch sonst noch eine Anzahl Quellen und Sekundärliteratur heran.27 In der zweiten und dritten Periode dominiert die Schröckhsche Kirchengeschichte. Der Anfang des Arianischen Streits (zu Beginn der zweiten Periode) wird auch anhand der „synoptischen" Kirchenhistori28 ker Socrates, Sozomenus und Theodoret erarbeitet. Für die Scholastiker der dritten Periode hat Schleiermacher noch die langen Exzerpte in der Bossuet-Cramerschen Einleitung in die Weltgeschichte herangezogen. Von etwa 1200 an bekommt der (viel kürzer als Schröckh gefaßte) „Versuch eines fruchtbaren Auszugs aus der Kirchengeschichte" Johann Salomo Semlers immer mehr Gewicht, um Schröckh schließlich den Rang abzulaufen; die Kollektaneen werden immer mehr zu einer Art Faktengerüst (also zu dem, was Schleiermacher „Chronik" nennt).29Die vierte Periode stellt Schleiermacher vor allem anhand von Semler und Henke dar.30 - Schleiermacher scheint sich das gesamte Material tatsächlich erst für diese Vorlesung angeeignet zu haben. Er hätte für die altkirchliche und mittelalterliche Theologiegeschichte auf seine Aufzeichnungen zur christlichen Philiosophiegeschichte zurückgreifen können, hat das aber offenbar nicht getan.31 Daß wir die Vorlesung ihrem Verlauf nach in die einzelnen Stunden unterteilen können, verdanken wir nicht zuletzt der Nachschrift Eyssenhardt und der anonymen Nachschrift, deren erste, soweit sie reicht, durchgängig die Daten der Vorlesung vermerkt, während die zweite immerhin gelegentlich das Datum angibt. Offenbar hat Schleiermacher zu Beginn seiner Präparation noch mit den Einleitungsfragen der Kirchengeschichte gerungen. Als organische Einteilung des Stoffs scheint ihm nun die Unterscheidung von äußerer 27
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Eine Ausgabe der Konzilsakten, die Apostolischen Väter, Epictet, Marc Aurel, Morels Ausgabe Justins und anderer Apologeten, Sulpicius Severus, Augustin und Gennadius sowie kirchengeschichtliche Darstellungen von Bingham, Cave, Mosheim, Semler, Schmidt und Stolberg (diesem widerspricht Schleiermacher freilich meistens). Weitere Quellen: Euseb, Hilarius, Epiphanius, Augustin und Theodorets ketzerkundliches Werk. Außerdem hat Schleiermacher noch Anselm von Canterbury und Henkes Kirchengeschichte benutzt. Vereinzelt zog er Schröckhs und Tzschirners Kirchengeschichte seit der Reformation und Ausgaben der protestantischen Bekenntnisse heran. Vgl. SW 111/4,1, hg. von Heinrich Ritter, 1839, S. 155-229. Hier werden behandelt: Justin, Orígenes, die Gnosis, Augustin, Johannes Scotus Eriugena, Anselm, Roscellin, Wilhelm von Champeaux, Abaelard, Gilbert de la Porrée, Hugo von St. Victor, Johannes von Salisbury, Alanus ab Insults, Alexander von Haies, Bonaventura, Albertus Magnus, Thomas von Aquino, Duns Scotus, Wilhelm Durandus, Wilhelm von Occam u. a. Die Vorlesungen, zu denen diese Aufzeichnungen gehören, hielt Schleiermacher 1810, 1812 und 1820, vgl. Virmond: Schleiermachers Vorlesungen, S. 135.
XXVI
Einleitung des
Bandherausgebers
und innerer Entwicklung vorzuschweben: „Die äußere Entwiklung ist die Verbreitung die Gestaltung und das Verhältniß gegen den Staat. Die inere Entwiklung ist die Begriffsbildung, die Sittenbildung und das Verhältniß gegen die Wissenschaft." (K 4) Die äußere Ausbreitung des Christentums gehört hier also zur äußeren und nicht mehr wie im Kolleg von 1806 zur inneren Geschichte. 1821/22 hat Schleiermacher dann aber über diese Frage kaum geredet.32 Umso mehr treten nun die zeitlichen Abschnitte, die Perioden und Epochen, hervor; die Vorlesung von 1806 und die erste Auflage der „Kurzen Darstellung" hatten sie zeitlich noch nicht fixiert. Schleiermacher wählte nun als Einschnitte die Zeit um 300, um 800 und um 1500. Diese Periodeneinteilung begründete er in der Vorlesung ausführlich und behielt sie auch in der Vorlesung von 1825/26 bei. Doch zu Beginn der Vorbereitung 1821 hatte er noch eine Einteilung in fünf Perioden erwogen: die Perioden der Evangelien, der Apologien, der Synoden, der Systeme und der Reformatoren (K 11); er teilte also die spätere erste Periode in zwei Perioden. Im Mittelpunkt der Einleitung von 1821/22 steht der Satz, daß Christus der Urheber eines neuen Lebensprinzips sei, das sich von ihm aus äußerlich und innerlich immer weiter über die Menschheit verbreite. Die Vorlesung nimmt also einen ähnlichen Ausgangspunkt wie diejenige von 1806, nur formuliert sie ihn von Anfang an nicht als „Lehnsatz aus Ethik und Religionsphilosophie",33 sondern als Glaubenssatz, ja, nennt ihn in der 2. Stunde sogar explizit ein Glaubensbekenntnis. 1822 erschien in der Berliner „Theologischen Zeitschrift" Schleiermachers dogmengeschichtliche Abhandlung über den Gegensatz zwischen der sabellianischen und der athanasianischen Vorstellung von der Trinität.34 Dieses zu seiner Zeit viel beachtete und gelobte Werk ist offenbar kein Nebenprodukt der kurz zuvor abgeschlossenen Kirchengeschichtsvorlesung, sondern verdankt sich der ersten Auflage der Glaubenslehre, genauer: den Schlußparagraphen über die Trinitätslehre.35 32
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34 35
Vgl. den Anfang der Vorlesung nach der anonymen Nachschrift, wo aufgezählt wird: Verbreitung des Christenthums, Verfassungsgeschichte, Fortsetzung der Anwendung des christlichen Prinzipes, Gestaltungen des Gegensatzes zwischen Klerus und Laien, die verschiedenen Formen der Reflexion über das Innere des Christenthums, die allmählige Steigerung des christlichen Kultus, die Geschichte der eigentlichen Theologie als Folge der Steigerung des Kultes. Vgl. so Schleiermacher: Der christliche Glaube, 2. Aufl. 1830/31, § 2-10 (KGA 1/13, 1, hg. von Rolf Schäfer, 2003, S. 13-93). KGA 1/10, hg. von Hans-Friedrich Trauisen und Martin Ohst, 1990, S. 223-306 Vgl. KGA 1/10, S. LXII—LXVI1I. Jursch (Schleiermacher 1, S. 11) vermutete einen näheren Zusammenhang der Abhandlung mit der kirchengeschichtlichen Vorlesung 1821/22.
l. Historische
Einführung
XXVII
Schleiermacher hätte zwar mit Gewinn seine Aufzeichnungen zur Kirchengeschichtsvorlesung heranziehen können, besonders seine Exzerpte aus Tertullian, Hippolyt, Euseb, Epiphanius und Theodoret, soweit sie den monarchianischen Streit betrafen. Doch ist zweifelhaft, ob er das getan hat; die zahlreichen wörtlichen Zitate zeigen jedenfalls, daß die Quellen erneut durchgearbeitet wurden.36 3. Die Vorlesung
1825/26
Vier Jahre später hielt Schleiermacher noch einmal eine fünfstündige kirchengeschichtliche Vorlesung. In den Berliner Vorlesungsverzeichnissen für das Wintersemester 1825/26 heißt es: „Historiae ecclesiasticae compendium uno absolvendum semestri tradet quinquies p. hebd. hör. VIII-IX." - „Einen kurzen Inbegriff der Kirchengeschichte trägt Hr. Prof. Dr. Schleiermacher in fünf Stunden die Woche von 8—9 Uhr _ ff vor. Es waren diesmal 61 Hörer. Das Kolleg fing am 25.10.1825 an und 37 dauerte bis zum 17.3.1826. Wieder verdanken wir den Tagebüchern Schleiermachers Genaueres über seinen Verlauf: 25.10. „Kollegia angefangen." - 28.10. „Beide Kollegia 4." - 31.10. „Kollegia 5." - 1.11. „Ausgesezt wegen Durch fall und Kopfweh." — 4.11. „Kollegia 8." -7.11. „Kollegia 9." -11.11. „Kollegia 13." - 14.11. „Kollegia 14." -18.11. „Kollegia 18." - 21.11. „Ausgesezt wegen Begräbniß der Wigand." -22.11. „Kollegia 19." - 25.11. „Kollegia 22." -28.11. „Kollegia 23." - 2.12. „Kollegia 27." - 5.12. „Kollegia 28." - 9.12. „Kollegia 32." - 12.12. „Kollegia 33." - 16.12. „Kollegia 37." - 19.12 „Kollegia 38." - 23.12 „KirchenGeschichte 42." - 27.12. „Kirchengeschichte und Piaton in diesen Tagen abwechselnd gearbeitet." — 3.1. „KirchenGeschichte 43." — 5.1. „Ausgesezt wegen Zahnschmerz." — 6.1. „Noch ausgesezt; und wenig thun können nach ziemlich schlechter Nacht." — 8.1. „KirchenGeschichte in Ordnung." — 9.1. „Kirchengeschichte 45" — 13.1. „KirchenGeschichte 49." — 16.1. „KirchenGeschichte 50" -20.1. „KirchenGeschichte 54" -23.1. „KirchenGeschichte 55." -24.1. „Ausgesezt wegen Akademie."3i — 25.1. „KirchenGeschichte 56." — 27.1.
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Vgl. ζ. B. die langen Zitate aus Adversus Praxean (KGA 1/10, S. 232-239). Vgl. Arndt IVirmond: Schleiermachers Briefwechsel, S. 321 f.; Virmond: Schleiermachers Vorlesungen in thematischer Reihenfolge, S. 143. - Neanders Vorlesungen zum zweiten Teil der Kirchengeschichte und zur Patristik hatten in diesem Semester 120 bzw. 200 Hörer. Am 24.1.1826 hielt Schleiermacher bei der öffentlichen Sitzung der Akademie der Wissenschaften den Eröffnungsvortrag, vgl. KGA Uli, hg. von Martin Rössler, 2002, S. LX f . 479-490.
XXVIII
Einleitung des
Bandherausgebers
„KirchenGeschichte 58." -28.1. „Vorbereitung." — 30.1. „KirchenGeschichte 59" - 3.2. „KirchenGeschichte 63." — 6.2. „KirchenGeschichte 64 dritte Periode angefangen" -10.2. KirchenGeschichte 68." -13.2. „KirchenGeschichte 69" -17.2. „KirchenGeschichte 73." - 20.2. „KirchenGeschichte 74" - 24.2. „KirchenGeschichte 78" - 27.2. „Kirchengeschichte 79" - 3.3. „KirchenGeschichte 83." - 6.3. „KirchenGeschichte 84." - 10.3. „KirchenGeschichte 88" - 13.3. „KirchenGeschichte 89." - 15.3. „KirchenGeschichte 91. 92." - 17.3. „KirchenGeschichte mit der 96ten Stunde geschlossen."
Auch diese Vorlesung zur Kirchengeschichte wurde also mit Doppelstunden abgeschlossen, dieses Mal an den letzten drei Tagen. Weil von diesem Kolleg heute keine Nachschriften mehr vorhanden sind und Schleiermachers Manuskripte sich auf einige Notizzettel und auf die Glossierung und Fortschreibung der Manuskripte von 1821/22 beschränken, müssen wir für den Inhalt des Kollegs auf die Ausgabe Bonnells zurückgreifen. Bonneil schreibt, ihm hätten für die Edition der Schleiermacherschen Kirchengeschichte zwei Nachschriften des Kollegs 1825/26 vorgelegen, und zwar aus der Feder von Julius Schubring (18061889) und Julius Braune (1805-1871). Braunes Nachschrift habe er zur Grundlage der ganzen Edition gemacht.39 Die von der Vorlesung 1821/22 gelegentlich abweichende Disposition des Stoffes in Band 1/11 der Sämmtlichen Werke entspricht also dem Aufbau der Vorlesung 1825/26. Von Bonnell wissen wir schließlich auch, daß die Vorlesung von 1825/26, obwohl sie ebenfalls die Friedensschlüsse von 1555 und 1648 zum Ziel hatte, nur bis ins zweite Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts kam, bis zur Verbrennung Hus' auf dem Konstanzer Konzil.40 Schleiermacher verwendete noch einmal seine Exzerpte und Ausarbeitungen von 1821/22, die er nach Bedarf am Rand ergänzte. Neue Gedanken und kurze, mit Exzerpten durchsetzte Stundenaufrisse notierte er sich auf Zetteln. Erst relativ spät, am Ende des zweiten Abschnitts der ersten Periode, ging er dazu über, den Kollektaneen weitere hinzuzufügen (unter Nr. 959 ff.); doch er behielt daneben die Glossierung der alten Kollektaneen bei: Κ 586 (zum Monenergetischen und Monotheletischen Streit) ζ. B. ergänzte er sowohl direkt am Rand als auch durch Κ 1128-1129. Die Zettel hören gegen Ende der zweiten Periode auf; die Kollektaneen gehen bis zu Wyclif und Hus.41
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Bonnell S. IX. 558. Zu Schubring vgl. KGA U/16, S. XL1I1 f. Braune," 5.3.1805 in Berlin, 1829 Pfarrer in Wietstock, 1844 Superintendent und Propst in Mittenwalde, f 22.2.1871, vgl. Otto Fischer: Evangelisches Pfarrerbuch für die Mark Brandenburg seit der Reformation, 3 Teilbände, Berlin 1941, II/l, S. 90. Bonnell S. IX. 37. 558
1. Historische
Einführung
XXIX
Schleiermachers Tagebücher und Zettel verraten uns nur wenige Zäsuren zwischen den einzelnen Stunden: diejenigen zwischen den Stunden 1 und 2, 3 und 4, 4 und 5, 42 und 43, 44 und 45, 45 und 46, 63 und 64. Doch schon dies wenige ist aufschlußreich: Am Ende der Vorlesung 1825/26, in der 96. Stunde, kam Schleiermacher zu Hus, den er 1821/22 schon in der 88. Stunde 1821/22 behandelt hatte; den Tod Karls des Großen am Anfang der dritten Periode behandelte er in der 64. Stunde, etwa so wie in der Vorlesung 1821/22. Daß die Vorlesung 1825/26 ihr Ziel nicht erreichte, verdankt sich also ihrer Breite und Ausführlichkeit in der dritten Periode. In ihr wiederum scheinen es vor allem die Scholastiker und ihre Systeme zu sein, denen Schleiermacher mehr Raum gab. Viele der Bücher, die Schleiermacher 1821/22 konsultiert hatte, zog er 1825/26 noch einmal heran,42 es kamen aber auch neue dazu.43 Schröckhs Kirchengeschichte herrscht noch mehr vor als in den Aufzeichnungen von 1821/22. Quellen hat Schleiermacher (abgesehen von Anselm und Alanus ab Insults) nur für die alte Kirchengeschichte studiert. Von der Mühe, die auch diese Vorlesung machte, schrieb Schleiermacher am 19.11.1825 an Gaß: „Die Kirchengeschichte, die ich erst einmal gelesen und wenig davon zu Papier behalten habe, kostet mich viel Zeit".44 Anfang März 1826 schrieb er an Gaß: „Mir macht meine Kirchengeschichte alle Hände voll zu thun"45. In einem Brief an Henriette Herz heißt es schließlich: „Was mich so besonders treibt, ist einmal, daß ich Kirchengeschichte lese, die ich erst einmal gelesen habe und dabei auch eine Menge Nachforschungen geführt werden, die ich nicht abweisen kann, wenngleich ich die am wenigsten wirklich brauche, und dann, daß ich sehr fleißig bin für die Gesangbuch-Commission."46 Aus diesem letzten Zeugnis spricht nicht mehr die Entdeckerfreude, die bei allem Zeitmangel 1821/22 doch noch durchschien, sondern ein gewisser Überdruß oder wenigstens Ungeduld. 41
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44 45 46
Glossen stehen in SN 64/1 und 65, die neuen Kollektaneen in SN 64/1, pag. 169-210 und SN 64/2. Ein Zettel liegt in SN 64/1 als Blatt 155a, elf weitere in SN 66/1. Die Konzilsakten, die Apostolischen Väter, die Apologeten, Clemens von Alexandrien, Hippolyt, Orígenes, Euseb, Hilarius, Epiphanius, Augustin, Theodoret und Anselm sowie Schröckhs Kirchengeschichte und die Scholastik nach Bossuet /Cramer. - Zum Einzelnen vgl. die Ubersicht über die von Schleiermacher benutzte Literatur. Flavius ]osephus, Cyrill von Jerusalem, Gregor von Nyssa, Photius und Alanus ab lnsulis sowie Fabricius' Bibliotheca Graeca, Schleiermachers eigener Aufsatz über die Trinitätslehre und Gieselers Kirchengeschichte. Briefe 4, S. 339 f. Briefe 4, S. 344 Briefe 2, S. 433. Die Zeitangabe 1827 für diesen Brief stimmt nicht; er muß während des Wintersemesters 1825/26 geschrieben sein.
XXX
Einleitung des
Bandberausgebers
In der Einleitung dieser Vorlesung versucht Schleiermacher offenbar eine Synthese seiner Ansätze in der „Kurzen Darstellung" und in den Vorlesungen von 1806 und 1821/22: Die Kirchengeschichte als theologische Disziplin mit praktischem Zweck, als Teil der Weltgeschichte und als Verbreitung des Lebensprinzips Christi vereinen sich zu einer Weltgeschichte aus christlicher Perspektive.47 Die Periodeneinteilung von 1821/22 behielt Schleiermacher bei, teilte aber zusätzlich die erste Periode in drei Abschnitte, das apostolische Zeitalter, das apologetische Zeitalter und das dritte Jahrhundert. Weitere Vorlesungen zur Kirchengeschichte hielt Schleiermacher nicht mehr. Statt dessen wandte er sich einer neuen Disziplin zu, der Fortsetzung der Kirchengeschichte: Für das Wintersemester 1826/27 kündigte er ein Kolleg an über die kirchliche Statistik, laut der Schleiermacherschen Enzyklopädie die letzte Disziplin der historischen Theologie, die Darstellung der Kirchen und Kirchenverfassungen in der Gegenwart. Das Kolleg kam dann erst im Sommersemester 1827 zustande. Schleiermacher kehrte in seinem letzten Lebensjahr, im Winter 1833/34, noch einmal zu dem Thema zurück.4S Die zweite Auflage der „Kurzen Darstellung" von 1830 erfuhr auch in den Passagen zur Kirchengeschichte viele Veränderungen des Ausdrucks, Ergänzungen und Umstellungen. Die Gesamtkonzeption blieb aber dieselbe wie in der ersten Auflage von 1810. Präziser als dort faßt Schleiermacher nun die Erfordernisse an eine Darstellung der Kirchengeschichte: Sie müsse von den Epochen (Zeiten größter allgemeiner Umbrüche) ausgehen, weil diese für die ihnen folgenden Zeiten entscheidende Bedeutung hätten; die Epochen müßten aber durch die Hauptmomente der kirchengeschichtlichen Zweige (Lehre, Kultus, Sitte und Verfassung) in den Perioden dazwischen miteinander verbunden werden. Die ganze Kirchengeschichte sei eines als Bewegung des christlichen Geistes; so müsse sie dargestellt und aufgefaßt werden, und so aufgefaßt könne sie auf die Kirchenleitung wirken. Doch nicht nur die Kenntnis des Gesamtverlaufs, auch diejenige eines besonderen Gebietes innerhalb der einen Kirchengeschichte sei von Interesse für die Kirchenleitung, die ja auch auf besondere Gebiete einwirken wolle.49 Das durch die Erfahrung zweier Vorlesungen geschärfte Bewußtsein für die Probleme der kirchengeschicht47
48 49
Vgl. die Einleitung nach Bonneils Ausgabe und Schleiermacbers eigene Aufzeichnungen, unter denen der Zettel SN 66/1, fol. 5 besonderes Gewicht hat (vgl. sonst SN 66/1, fol 4 sowie die Ausarbeitung der ersten Stunde in SN 64/1, pag. 6). Vgl. KG A 11/16, S. XIl-XXX. KD2 § 186-189 (KGA 1/6, S. 391 f.). Vgl. KD' S. 53 f., § 42-44 (KGA 1/6, S. 285 f.).
I. Historische Einführung
XXXI
liehen Darstellung mag daraus sprechen; es äußert sich aber auch, wenn Schleiermacher über den notwendigen Umfang des kirchengeschichtlichen Studiums und sein Verhältnis zur Unendlichkeit des Gegenstandes an sich schreibt: „Bedenken wir, wieviel Hülfskenntnisse erfordert werden, um diese verschiedenen Zweige der Kirchengeschichte zu verfolgen: so ist dieses Gebiet ein offenbar unendliches, und postulirt einen großen Unterschied zwischen dem, was Jeder inne haben muß, und dem was (vergi. §. 92) nur durch die Vereinigung aller Virtuosen gegeben ist."50 4. Ausgaben der
Kirchengeschichte
1840 erschien als Band Uli der Sämmtlichen Werke Schleiermachers die „Geschichte der christlichen Kirche"; Eduard Bonneil, selbst Hörer der Vorlesung 1821/22, hatte sie „aus Schleiermachers handschriftlichem Nachlasse und nachgeschriebenen Vorlesungen" kompiliert und herausgegeben. Als Material lagen Bonnell die Manuskripte Schleiermachers aus dem Schleiermacher-Nachlaß vor, außerdem sieben Nachschriften: fünf von 1821/22 (seine eigene, Saunier, Vangerow und zwei weitere) und zwei von 1825/26 (Braune, Schubring).51 Erhalten ist uns von diesen Nachschriften nur die aus Bonneils eigener Feder. Separat am Schluß des Bandes edierte Bonnell das Manuskript von 1806 (S. 623—631) und unter dem Titel „Aphorismen zur Kirchengeschichte" die Ausarbeitung der ersten acht Stunden 1821/22 (S. 632-637).52 Den Hauptteil seiner Ausgabe (S. 1—622, Text und Fußnoten) bildet ein aus Manuskripten Schleiermachers und Nachschriften kompilierter, fortlaufender Text, der von der Einleitung in die Kirchengeschichte und vom Urchristentum bis zum Pietismus und der Herrnhuter Brüdergemeinde geht. Das Grundgerüst geben die Nachschriften, zunächst die von 1825/26 (besonders von Braune), dann für die Zeit nach Hus (S. 558—622) die Nachschriften von 1821/22. Hierein sind Stücke aus Schleiermachers Manuskripten und (für die Zeit bis Hus) aus den Nachschriften von 1821/22 eingefügt, entweder im Text oder, wenn Bonnell für sie dort keinen passenden Ort fand, als
50
51 52
KD2 § 184 (KG A 1/6, S. 390). Vgl. auch Schleiermachers Erläuterungen der kirchengeschichtlichen Paragraphen in der Enzyklopädie-Vorlesung 1831/32: Theologische Enzyklopädie (1831/32), Nachschrift David Friedrich Strauß, hg. von Walter Sachs, Schleiermacher-Archiv 4, Berlin/New York 1987, S. 143-181. Bonnell S. V1I-IX, vgl. oben zu den Vorlesungen 1821/22 und 1825/26. Offenbar erwog Bonnell auch eine Edition des kurzen Manuskripts „Zur Einleitung in die Kirchengeschichte" (SN 67), denn er fertigte eine Abschrift an.
XXX//
Einleitung des Bandherausgebers
Fußnoten; bei Schleiermacher-Texten steht am Ende der Fußnote in der Regel das Kürzel „Schi." oder „S.". In der ersten und zweiten Periode, so weit, wie die Ausarbeitung von 1821/22 reichte, schrieb Bonneil passagenweise Schleiermacher ab, danach war das nicht mehr möglich.53 Bonneil wollte, wie er selbst schreibt, „nichts von seinen handschriftlichen Sammlungen über die Kirchengeschichte unbenutzt gelassen und der nach seiner Belehrung verlangenden Nachwelt vorenthalten haben."54 Eine anonyme Rezension der Bonnellschen Ausgabe erschien 1842 in Band 38 des Allgemeinen Repertoriums für die theologische Literatur und kirchliche Statistik. Sie schreibt zu Bonneils editorischem Verfahren: „Schon oben ist der Fleiß anerkannt worden, welchen B. unleugbar auf dieselbe [seil, die Redaktion der Vorlesungen] verwandt hat; gleichwohl ist ihm die beabsichtigte Reproduction nicht überall befriedigend gelungen. Einen unangenehmen Eindruck macht die Aengstlichkeit, mit welcher vielfach solche Bemerkungen aus Schl's. schriftlichen Notizen zum Text als Noten angehängt werden, welche nicht im Gedanken, sondern nur in der Wendung des Ausdrucks von dem im Vortrage selbst Gesagten
53
Bonneil. S. 193 f. z.B. stimmt fast wörtlich mit der Ausarbeitung der 31. Stunde überein, S. 218—222 fast wörtlich mit der Ausarbeitung der 35. Stunde. — Bonneil gibt selbst Rechenschaft über sein Editionsverfahren: „Dieser Theil des Manuscripts [seil, die Ausarbeitungen] bildete eine vortreffliche Grundlage für die beiden ersten Perioden ... Die am sorgfältigsten nachgeschriebenen Collegienhefte stimmten nämlich großen Theils fast wörtlich mit dem ausführlicheren Theile des Manuscripts überein, woraus man die enge Verbindung zwischen beiden ersieht. Daher erschien es am zweckmäßigsten, um ein lebendiges und vollständiges Bild von Schleiermachers Wirksamkeit im Gebiete der Kirchengeschichte herzustellen, eine Reproduction seiner Vorlesungen darüber zu versuchen, alles Uebrige aber aus seinen Collectaneen, was mit dem Zusammenhange der Vorlesungen sich nicht verschmelzen ließe, als Anmerkungen oder Beilagen einzufügen. Denn Schleiermachers Geist entfaltete sich am reichsten, lebendigsten und freiesten gerade auf dem Katheder. ... Ferner ergab sich aus Vergleichung der früheren und späteren Collegienhefte, daß zwar im Ganzen eine große Uebereinstimmung zwischen beiden herrschte und die spätere Vorlesung die bei weitem ausführlichere war, daß aber doch manche Theile in der älteren umfassender behandelt waren; diese trug ich daher kein Bedenken am gehörigen Orte einzuschalten oder, wo dies nicht thunlich war, als Anmerkungen unter den Text zu setzen; und es unterscheiden sich eben diese Anmerkungen von denen aus Schleiermachers Collectaneen eben dadurch, daß letzteren die Chiffer Schi, beigefügt ist." (Bonnell S. VII-IX; vgl. auch Boekels S. 37—43.) Ahnlich ist ζ. B. Georg Woldes Editionsverfahren in SW 1/8. Bonneils Vergabe des Kürzels „Seh." bzw. „S." ist recht unzuverlässig: Er vergaß es bei den Fußnoten S. 117 a). b). 152 b). 165 a). b). 173 a). 176 a). 198 a). b). 212 b). 213 a). 229 a). 239 a). b). 327 a). 338 a). b). 359 a). 380 a). Die Fußnoten S. 253 a). 295 a). 317 a). 350 a). 402 a) wiederum stammen trotz „Schi." aus Nachschriften. Die Fußnoten S. 102 a). 226 a). 263 a) und der Anfang von S. 305 a) haben sich in den Quellen nicht nachweisen lassen, doch sind sie von keinem inhaltlichen Gewicht.
54
Bonnell S. X
I. Historische
Einführung
XXXIII
sich unterscheiden; gleich als wäre Joh. 6,12 als Motto erwählt worden. ... Aus dem gleichen ,ängstlichen Bemühen', alles vorräthige Material an den Mann zu bringen, ist dann der größere Uebelstand hervorgegangen, daß der Fortschritt der Darstellung selbst nicht selten durch lästige W i e der holungen gehemmt wird. ... Schwerlich darf ein solches Verfahren auf den Namen einer wahren, d.h. lebendigen Reproduction 55 Anspruch machen." Tatsächlich wirkt die Bonnellsche Kompilation über weite Strecken redundant und schwerfällig, zumal dann, wenn man sie mit dem Text der einzelnen Nachschriften und der Schleiermacherschen Aufzeichnungen vergleicht. Hanna Jursch schrieb in ihrer unvollendeten Monographie über Schleiermachers kirchengeschichtliche Arbeit, daß „der Text trotz der Bemühungen Bonneils schlecht ist, nicht nur stilistisch hart, sondern zuweilen leider schwer verständlich."56 Jursch hielt eine Revision der Ausgabe Bonneils für nötig. Sie kannte die handschriftlichen Quellen aus dem Schleiermacher-Nachlaß, also Schleiermachers eigene Aufzeichnungen und die Nachschrift Klamroth, deren hohe Qualität sie erfreute: „Fast möchte man es bezweifeln, [daß Bonneil die Nachschrift Klamroth kannte,] um Bonneil nicht zutrauen zu müssen, daß er sich eine Fülle feiner Bemerkungen hat entgehen lassen." Für eine Neuausgabe der Schleiermacherschen Kirchengeschichte sah sie zwei Schwierigkeiten: Schleiermachers Kirchengeschichtschreibung sei durch die neuere Forschung zum Teil überholt, und sie, Jursch, habe nur die eine Nachschrift gefunden. Sie nahm sich vor, im zweiten Band ihrer Monographie Bonnells Ausgabe durch Material aus Klamroths Nachschrift zu korrigieren und zu ergänzen.57Dieser zweite Band ist jedoch nie erschienen. Heute sind der Schleiermacherforschung fünf Nachschriften von 1821/ 22 bekannt. Joachim Boekels hat in seiner von Kurt-Victor Selge angeregten Berliner Dissertation „Schleiermacher als Kirchengeschichtler" (1994) eine von ihnen ediert, die Nachschrift Hagenbach, die Selge 1988 in der Baseler Universitätsbibliothek entdeckt hatte; damit lag erstmals ein authentischer Text für die späten Kirchengeschichtsvorlesungen Schleiermachers vor. Boekels' Arbeit enthält neben dieser Edition (S. 171 — 453) noch weitere wertvolle Beiträge zu einer Wiedergewinnung der
55
Allgemeines von Friedrich
Kepertorium Heinrich
für die theologische Rheinwald,
56
Schleiermacher
1, S. 10 f. Vgl. auch
57
Schleiermacher
1, S. 11
38 (1842), Boekels
Literatur S. 204-213,
S. 5.
und
kirchliche
hier 212 f.
Statistik,
hg.
XXXIV
Einleitung des
Bandherausgebers
Schleiermacherschen Kirchengeschichte: eine Liste, Klassifizierung und Charakterisierung der Manuskripte Schleiermachers mit zahlreichen Textproben und Aufschlüsselung des in den Fußnoten der Ausgabe Bonneils zitierten Materials (S. 11—31), eine Liste der noch erhaltenen Nachschriften (S. 31—35), einen Vergleich der von ihm edierten Nachschrift mit Schleiermachers eigenen Aufzeichnungen und mit Bonneils Ausgabe (S. 44—90) und eine Liste der von Schleiermacher mutmaßlich benutzten Literatur (S. 93-105). Von den Texten, die die Ausgabe Bonnells im Zusammenhang enthielt, stehen in unserer Ausgabe Schleiermachers Manuskript von 1806, die ersten acht Stunden seiner Ausarbeitung von 1821/22 und (als Sekundärüberlieferung) eine Auswahl aus Bonnells Kompilation. Hier gibt unsere Ausgabe jeweils die Seitenzahlen nach Bonneil kursiv am Rand an. Zur Identifizierung dessen, was Bonneil und Boekels sonst aus Schleiermachers Manuskripten ediert haben (es handelt sich dabei immer nur um kürzere Stücke), hilft ein Verzeichnis.58 Schließlich wird Boekels' Haupttext, die Nachschrift Hagenbach, nach Vorlesungsstunden aufgeschlüsselt, so daß der Leser ihn bei der Lektüre von Schleiermachers Stundenausarbeitungen und Klamroths Nachschrift zum Vergleich heranziehen kann. 5.
Nachgeschichte
Schleiermachers Vorlesungen zur Kirchengeschichte war keine große Nachwirkung beschieden. Schon die Tatsache, daß er sie gehalten hatte, scheint nach 1826 allmählich in Vergessenheit geraten zu sein. Bonneil schreibt 1840, am Anfang der Vorrede zu seiner Ausgabe, Schleiermachers Vorlesungen über die Kirchengeschichte gehörten zu seinen am wenigsten gekannten überhaupt.59 Karl von Hase bestätigt das: „Wir waren überrascht, als aus Schleiermacher's Nachlaß eine Kirchengeschichte auftauchte. Es war fast unbekannt, daß er auch auf diesem Gebiet gelehrt hat".60
58
59 60
Hier findet der Leser einerseits, welche Schleiermacher-Texte Bonneil und Boekels auszugsweise ediert haben, und andererseits, woher aus Schleiermachers Manuskripten bzw. aus den Nachschriften von 1821/22 die von Bonneil als Fußnoten edierten Texte kommen. Boekels' Ausgabe gibt bei Zitaten aus Schleiermachers Manuskripten immer selbst den Fundort an. Bonneil S. VII Karl von Hase: Kirchengeschichte auf der Grundlage akademischer Vorlesungen, Leipzig 1885-1891, Band 1, S. 46
1. Historische
Einführung
XXXV
Zu einem vollständigen Verständnis des Schleiermacherschen theologisches Systems, schreibt Bonnell weiter, sei gleichwohl auch die Kenntnis seiner Kirchengeschichte notwendig.61 In der Tat ist die Kirchengeschichte bei Schleiermacher ein notwendiger Teil im Kanon der theologischen Disziplinen. Kirchengeschichte und kirchliche Statistik sind zunächst das empirische Gegenstück zur christlichen Sittenlehre: Alle diese Disziplinen beschreiben das christliche Handeln; die Sittenlehre beschreibt es nach seinen Prinzipien, Kirchengeschichte und Statistik beschreiben es nach seiner Wirklichkeit in Vergangenheit und Gegenwart. Das christliche Handeln aber ist die lebendige, sich verbreitende Wirksamkeit des neuen Lebens der Menschheit, das von Christus ausgegangen ist.62 Da die Kirchengeschichte nun aber nicht nur die Geschichte des christlichen Handelns ist, sondern auch diejenige der Lehre, ist sie als Geschichte der Glaubens- und Sittenlehre auch die Vorgeschichte der Dogmatik und Sittenlehre in der Gegenwart. Den drei Disziplinen der historischen Theologie, die Lehre und Leben der Gegenwart beschreiben (Dogmatik, Sittenlehre, Statistik), steht mithin für die Vergangenheit - abgesehen von der Sittenlehre, deren Prinzipien christlichen Handelns auch die Vergangenheit betreffen, - die eine Kirchengeschichte gegenüber; die Äußerungen der christlichen Frömmigkeit und die Seiten des Lehrbegriffs, nach denen die Beschreibung der Gegenwart organisch geteilt ist, gehören nach Schleiermacher eben untrennbar zusammen, da in Christus, dem Initiator dieses neuen Lebens, Erkenntnis, Lehre und Handeln eines seien.63 Schließlich steht die Kirchengeschichte auch in genauem Zusammenhang mit der exegetischen Theologie oder Kunde des Urchristentums, die die Disziplinen der historischen Theologie eröffnet. Das Urchristentum ist selbst Teil der Kirchengeschichte, es wird am
61 62
63
Bonnell S. VII Vgl. Die christliche Sitte (SW 1/12, hg. von Ludwig Jonas, 1843), S. 17f. 32-34. 300-304; Kirchliche Statistik (KGA Ii/16), S. 188: „Also die lebendige Anschauung von der Totalität der Wirkungen, die das Christenthum hervorgebracht hat und von der verschiedenen Intensität, Art und Weise wie es sich in das menschliche Leben hineingebildet hat, das heißt doch nichts anderes: als, die Kenntniß der in dem Christenthum wirkenden Kraft erlangen wir nur durch die Erkenntnis des Gesammtzustands der christlichen Kirche, jeder Leitung der christlichen Kirche muß diese lebendige Kenntniß zu Grunde liegen, wenn sie nicht bloß eine empirische sein soll; eine wirkliche Darstellung der lebendigen Idee setzt diese Kenntniß voraus; es zeigt sich also daß diese Disciplin etwas sehr wesentliches ist. Das muß auch das natürliche Resultat der Kirchengeschichte sein, welche auch die Totalität der Wirkungen des Christenthums zur Anschauung bringen kann." Vgl. KD2 § 223-228 (KGA 1/6, S. 404-407); Die christliche Sitte (SW 1/12), S. 17-24; Bonnell S. 11-14.
XXXVI
Einleitung des
Bandherausgebers
Anfang der kirchengeschichtlichen Vorlesungen behandelt; mit seinen Urkunden, dem neutestamentlichen Kanon, steht es der weiteren Entwicklung aber auch als die unhintergehbare, normative Darstellung des christlichen Prinzips gegenüber.64 - Die Disziplinen der historischen Theologie stellen also das eine christliche Prinzip nach seinem Wesen, seinem Ursprung und seiner Wirkung dar, als Lebensregel, als Weise und Gegenstand des Glaubens und als gemeinschaftstiftende, wirksame Kraft in der Menschheitsgeschichte. Unter ihnen ist die Kirchengeschichte gewissermaßen das Herzstück.6S Bonneils Ausgabe bewahrte Schleiermachers Kirchengeschichte davor, ganz dem Vergessen anheimzufallen. Die erwähnte Rezension der Ausgabe im Allgemeinen Kepertorium für die theologische Literatur und kirchliche Statistik (1842) sah ein zweifaches Interesse an Schleiermachers Kirchengeschichte: ein „mehr persönliches Interesse" daran, „zu erfahren, wie der originelle Geist auch in dem Theile der Wissenschaft schöpferisch und formgebend sich bethätigt hat, dessen Anbau ihm bei seiner überwiegenden Richtung auf die Bildung des dogmatischen Systems ferner zu liegen schien; — zu sehen, wie sich der dogmatische Standpunkt Schl's. in seiner Geschichts-Betrachtung und -Behandlung abspiegele", und ein „Interesse an der Wissenschaft selbst", nämlich daran, an Schleiermacher zu studieren, wie das Historisch-Empirische mit dem Spekulativen zu vereinbaren sei: „es ist für das Gedeihen einer ächttheolog. Kirchengeschichtschreibung vom höchsten Werthe, daß sie mehr und mehr in dem hier wie dort [seil, in Theodor Kliefoths Einleitung in die Dogmengeschichte] sich offenbarenden Geiste geübt werde, damit die Scylla der bloß empirischen, wie die Charybdis der einseitig spekulativen Behandlung ihres Gegenstandes vermieden werde." Die Rezension fährt fort mit einer ausführlichen Paraphrase der Einleitung (bei Bonneil S. 1—47). Ein kurzer Uberblick über den materialen Teil und eine kritische Würdigung der Bonnellschen Redaktion (vgl. oben) schließen die Rezension ab.66 Auch für die weitere Rezeption der Kirchengeschichte Schleiermachers ist es charakteristisch, daß ihre Prinzipien größere Beachtung fanden als die materiale Durchführung.67 Hase schreibt: „Die leitenden 64 65
66
67
Vgl. KD2 § 84. 87 f. 103-110 (KGA 1/6, S. 358-368). In der 3. Stunde 1806 nannte Schleiermacher die Kirchengeschichte die „eigentliche Vollendung" der theologischen Disziplinen. Allgemeines Repertorium 38 (1842), S. 204-213. Vgl. auch Jursch: Schleiermacher 1, S. 52-54, die mitteilt, weder in den anderen bekannten theologischen Zeitschriften noch in der Jenaischen Literaturzeitung eine weitere Rezension gefunden zu haben. Vgl. auch Boekels S. 2-5.
I. Historische
Einführung
XXXV//
Grundgedanken tragen das Malzeichen des großen Theologen, aber es fehlt das Quellenstudium, dadurch der volle lebendige Inhalt. ... Durch Christus trat ein neues Lebensprincip in die Menschheit. Nur darin liegt das Recht, eine abgeschloßne Geschichte der Kirche aufzustellen. Ihr Gegenstand ist die extensive und intensive Verbreitung dieses Princips, d.h. im Kaum und in den Herzen. Wir erkennen den Charakter der Schleiermacherischen Theologie, das Recht des frommen Gefühls und zugleich des klaren, freien Urtheils. Abgesehen davon, daß diese Kirchengeschichte damals nur einem kleinen akademischen Kreise bekannt wurde, war die geschichtliche Ausführung zu flüchtig, um auf die herrschende Behandlung einzuwirken."68 Ahnlich urteilt Franz Hermann Reinhold von Frank, der bedeutende Systematiker der Erlanger Erfahrungstheologie, in seiner nachgelassenen neueren Theologiegeschichte: Schleiermachers exegetische Schriften seien ebensowenig wie die von Bonneil veröffentlichten Vorlesungen zur Kirchengeschichte von Einfluß auf die weitere Entwicklung gewesen. „Hier bewegt sich Schleiermacher im Ganzen auf dem von Anderen vor ihm eröffneten und betretenen Gebiete der Kritik, ohne selbst bahnbrechend zu sein. Bedeutsam sind diese Leistungen nur, um daraus die Universalität seines Geistes zu erkennen, der es vermochte, in sämmtlichen Disziplinen der Theologie sich zu bewegen und productiv zu sein."69 Daß die Kirchengeschichte nicht Schleiermachers stärkstes Fach war, daß seine Quellenkenntnis sich im wesentlichen auf die Patristik beschränkten, war allgemeiner Konsens;70 teilweise wurde Schleiermachers kirchengeschichtliche Arbeit auch gar nicht zur Kenntnis genommen. 71 68 69
70
71
Kirchengeschichte auf der Grundlage akademischer Vorlesungen 1, S. 46 Franz Hermann Reinhold von Frank: Geschichte und Kritik der neueren Theologie, insbesondere der systematischen, seit Schleiermacher, 3. Aufl. mit einem Beitrag von Reinhold Seeberg, Erlangen ¡Leipzig 1898, S. 122 f. Wilhelm Gass: Einleitung zu Schleiermacher: Briefwechsel mit J. Chr. Gaß, S. XXXV f. Friedrich Lücke schreibt, es führten alle Vorlesungen Schleiermachers, „selbst da, wo er weniger zu Hause war, wie ζ. B. in der Kirchengeschichte, Goldkörner in Menge mit sich, welche leicht zu erkennen sind" (SW 1/8, hg. von Georg Wolde mit einer Vorrede von Friedrich Lücke, 1845, S. X). Für Karl Heussi ist Schleiermacher geradezu beispielhaft für die Dürftigkeit der kirchengeschicbtlichen Kenntnisse im frühen 19. Jahrhundert: Zur Geschichte der Beurteilung der Mystik. In: Zeitschrift für Theologie und Kirche 27 (1917), S. 154—172, hier 166 f. Vgl. auch Jursch: Schleiermacher 1, S. 54 f. zu den Urteilen über Schleiermachers Kirchengeschichte. Vgl. ζ. B. Martin Kähler: „Man kann sagen, daß Hegel in gewisser Weise einseitiger Historiker ist, wie Schleiermacher einseitiger Physiker. Schleiermacher faßt alles als Natur, was sich mehr gleichmäßig auseinanderlegt. Bei ihm ist das Werden gar nicht von Bedeutung; auch bat er überhaupt keinen Sinn für Geschichte." (Geschichte der protestantischen Dogmatik im 19. Jahrhundert, hg. von Ernst Kähler, 2. Aufl., Wuppertal/Zürich 1989, S. 98; vgl. auch S. 79. 119.)
XXXVIII
Einleitung des
Bandherausgebers
Zu den eher zurückhaltenden Urteilen über die Kirchengeschichte Schleiermachers und zur nicht sehr großen Beachtung, die sie fand, mag ihre nicht in jeder Hinsicht überzeugende Präsentation durch Bonneil das Ihre beigetragen haben. Karl Rudolf Hagenbach immerhin, ein Hörer von 1821/22 und später selbst Professor der Kirchengeschichte und Verfasser mehrerer erfolgreicher Lehrbücher, nannte das Werk „ein werthvolles Geschenk aus seinem literarischen Nachlasse, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, mehr eine großartige Skizze in Schleiermacher's Geiste, als ein Geschichtswerk."72 Er zitierte auch den materialen Teil der Schleiermacherschen Kirchengeschichte.73 Im 20. Jahrhundert nahm Jursch sich vor, der Rezeption der Kirchengeschichte Schleiermachers aufzuhelfen, auch durch eine Verbesserung der Bonnellschen Ausgabe (vgl. oben). Doch erst Boekels hat in seiner erwähnten Dissertation den materialen Teil von Schleiermachers Vorlesungen (hier denjenigen von 1821/22, den er durch seine Edition neu erschloß) eingehender betrachtet und gewürdigt. Er hebt die für Überblicksvorlesungen ungewöhnliche Fülle der Details ebenso hervor wie Schleiermachers historische Kritik und Darstellungskunst.74 Schleiermacher hatte sich vorgenommen, die chronistische und pragmatische, aber auch die rein spekulative Geschichtsbetrachtung hinter sich zu lassen. Er wollte die Kirchengeschichte - entsprechend ihrer Stellung im Kanon der theologischen Disziplinen, die alle von kirchenleitendem Interesse sind - von vornherein nicht aus der Position einer vermeintlichen historisch-skeptischen Neutralität, sondern aus explizit christlicher Perspektive darstellen, ohne dabei im Historischen den Wahrheitsbeweis des Christentums zu suchen oder auf das Organon der historischen Kritik zu verzichten. In der Verbreitung des christlichen Lebensprinzips auf die Menschheit habe die Kirchengeschichte ihre innere Einheit, und in ihr fielen Empirie und Spekulation zusammen. Aus christlicher Sicht sei die Christus-Offenbarung und ihre Ausbreitung kein kontingenter Gegenstand der Religionsgeschichte, sondern Zentrum und Ziel der Menschheitsgeschichte überhaupt. 72
73 74
Rudolf Hagenbach: Encyklopädie und Methodologie der Theologischen Wissenschaften, 12. Aufl., hg. von Max Reischle, Leipzig 1889, S. 281 Hagenbach: Lehrbuch der Dogmengeschichte, 3. Aufl., Leipzig 1853, S. 357 (§ 151) u. ö. Boekels S. 113—158. Vgl. aber auch Nowak: Schleiermacher, S. 249 f., der zu den Vorlesungen von 1821/22 und 1825/26 schreibt, die Durchführung der Kirchengeschichte habe mit der in der Vorlesung von 1806 formulierten Theorie nicht Schritt halten können: „Schleiermachers ,Kirchengeschichte' bot sich, ungeachtet einer Reihe von scharfsinnigen Einzelbeobachtungen, als ein nicht sonderlich originelles Kompendium des kirchenhistorischen Grundwissens dar. Der konzeptionell hohe Ton von 1806 war in praxi weit heruntergestimmt."
I. Historische
Einführung
XXXIX
War diese Konzeption, auch abgesehen von der Rezeptionsgeschichte der Ausgabe Bonneils, von Einfluß auf die Entwicklung der kirchengeschichtlichen Disziplin? Unter den großen Kirchenhistorikern gilt besonders August Neander als Schleiermachers Schüler. Er war geprägt von Schleiermachers Begriff der Religion und Frömmigkeit und eben auch von seiner Auffassung der Kirchengeschichte als Geschichte der Verbreitung des neuen Lebensprinzips Christi. Neander gebraucht das Gleichnis vom Sauerteig, der, in die Masse der Menschheit geworfen, diese allmählich durchsäuert (Matth 13,33): Ebenso ergreife das Christentum als eine Kraft von Gott die Menschheit und forme sie um, eigne sich dabei auch die menschlichen Geistes- und Kulturgüter an. Urquell dieser Kraft seien Leben und Lehre Jesu, ihr Ziel die Kirche als eine alles umfassende Bewußtseins- und Lebensgemeinschaft, die alles übertreffe, was die Menschheit aus eigener Kraft je hervorbringen könne. Wie Schleiermacher ist Neander der Auffassung, daß die Kirchengeschichte nur durch einen Zirkel von Empirie und Spekulation zu erkennen und zu verstehen sei.75 Das Schwergewicht liegt dabei auf der inneren Geschichte, der Geschichte der Frömmigkeit und der frommen Individuen; Lehrdifferenzen werden milde beurteilt, der Einfluß fremder Faktoren (Politik, Nationalcharakter, Wissenschaft usw.) wird — wie besonders in Schleiermachers Methodenkolleg von 1806, das Neander gehört hat, — als wenig bedeutend angesehen.76 Der Schleiermacher-Neanderschen Richtung wird auch der schon genannte Hagenbach zugerechnet. Schleiermachers Einfluß im Verständnis der Kirchengeschichte als Wirkungsgeschichte des von Christus ausgehenden neuen Lebensprinzips zeigt sich ferner bei den konfessionellen Lutheranern Theodor Kliefoth und Gottfried Thomasius und bei dem Katholiken Johann Adam Möhler.77 Die von Ferdinand Christian Baur
75
76
77
August Neander: Allgemeine Geschichte der christlichen Religion und Kirche, 4. Aufl., Gotha 1863-1865, Band 1, S. 1—5 Vgl. Hase: Kirchengeschichte auf der Grundlage akademischer Vorlesungen 1, S. 47 f.; Gerhard Uhlhorn: Art. Neander, August, gest. 1850. In: Realencyklopädie für protestantische Theologie und Kirche, 3. Aufl., 13 (1903), S. 679-687, bes. 681-685; Selge: August Neander - ein getaufter Jude, S. 235 f. 242 f. 257-264; Neander und Schleiermacher, S. 41-43; Joachim Mehlhausen: Art. Neander, Johann August Wilhelm (1789-1850). In: Theologische Realenzyklopädie 24 (1994), S. 238-242. Vgl. Theodor Kliefoth: Einleitung in die Dogmengeschichte, Parchim /Ludwigslust 1839, S. V-Vlll. 7-44; Gottfried Thomasius: Die Christliche Dogmengeschichte als Entwicklungs-Geschichte des kirchlichen Lehrbegriffs, 2. Aufl., hg. von Nathanael Bonwetsch und Reinhold Seeberg, Erlangen 1886—1889, Band 1, S. 1—5; Johann Adam Möhler: Die Einheit in der Kirche oder das Prinzip des Katholizismus, hg. von Josef Rupert Geiselmann, Köln/Olten 1957, S. 5—22 (§ 1-7); Vorlesungen über die Kirchen-
XL
Einleitung des Bandherausgebers
ausgehende Richtung die Identität
dagegen sah zwar auch in der
von Idee und Erscheinung,
mehr im Sinne der Hegeischen salis könnte Geschichte schichte.
Kirchengeschichte
doch anders als
Philosophie
der
Schleiermacher,
Geschichte;78
cum grano
man sagen, daß sich für Baur die Kirchengeschichte des Dogmas
darstellt,
Schleiermachers
Impulse
für Schleiermacher auf die Disziplin
als
Missionsge-
der Kirchen-
Dogmengeschichte
gingen insgesamt weniger von den
lichen Vorlesungen
und ihrer Buchfassung aus als von seiner
überhaupt,
besonders seiner Theorie
von der Kirche
6. Anhang: Boekels
Vorarbeiten
erwähnt
Vorarbeiten Unter
und vom
der Frömmigkeit
ßerdem Exzerpte, (1819) angefertigt
den Manuskripten Papieren
Aufsätzen
Schleiermachers
der beiden Aufsätze, in Beziehung
zur Kirchengeschichte
„Ueber
auf Herrn
Vorstellung
von der Trinität",81
bern des Bandes KG A VIO in der Einleitung braucht hier nicht wiederholt (vermutlich
Erwählung; Aphorismen"80
und der AthaHerausge-
dargestellt82
nach der in Schleiermachers
Besitz
Christianae befindlichen
Leidener Ausgabe von 1654) über die Lehre von der Vorsehung, de und Prädestination
und aus Johannes Chrysostomus'
den Epheser- und Hebräerbrief
78
79
80 81 82
und
zu werden.
SN 6612 enthält Exzerpte aus Johannes Calvins Institutio religionis
Wirkungs-
wird von den
ausführlich
68/1).79
Erwählung
und
Bretschneiders
den Gegensatz zwischen der Sabellianischen
mit
finden sich au-
die Lehre von der
Dr.
eines
von 1822 (SN
wurden (SN 6612). Die Entstehungs-
besonders
nasianischen
und seiner Lehre
die für den Aufsatz über die Lehre von der
geschichte und „Ueber
Theologie
Geist.
zum Aufsatz über die Trinitätslehre
Schleiermachers
und
kirchengeschicht-
zu den dogmengeschichtlichen
unter
als
(Opera,
Erbsün-
Homilien
ed. von Bernard de
über
Montfaucon,
geschichte, hg. von Reinhold Rieger, München 1992, Band 1, S. 3-33; Nowak: Schleiermacher, S. 482-484. Vgl. Hase: Kirchengeschichte auf der Grundlage akademischer Vorlesungen 1, S. 51—53; Hermann Christoph Schmidt und Johannes Haußleiter: Art. Baur, Ferdinand Christian, gestorben 1860, und die neuere Tübinger Schule. In: Realencyklopädie für protestantische Theologie und Kirche 2 (1897), S. 467-483, bes. 478-483; Emanuel Hirsch: Geschichte der neuern evangelischen Theologie im Zusammenhang mit den allgemeinen Bewegungen des europäischen Denkens, Gütersloh 1949—1954, Band 5, S. 522-557. Boekels S. 13 f. (dort wird der Titel des Manuskripts allerdings nicht ganz wiedergegeben). Vgl. KGA 1/15, S. 626. Theologische Zeitschrift 1819, Heft 1, S. 1-119 = KGA 1110, S. 143-222 Theologische Zeitschrift 1822, Heft 3, S. 295-408 = KGA 1/10, S. 223-306 KGA VIO, S. XLV-LXIX
korrekt
II. Editorischer
Bericht
XLI
Band 11 und 12). Dem Aufsatz über die Lehre von der Erwählung sind die Exzerpte aus Calvin (pag. 1—3) und das Exzerpt aus Chrysostomus' 17. Homilie zum Hebräerbrief (pag. 9) zuzuordnen. Bei den anderen Exzerpten aus Chrysostomus (pag. 5) ist das allerdings nicht eindeutig: Was hier zusammengetragen ist, wird im Aufsatz nicht zitiert und steht thematisch auch nicht in Zusammenhang mit der Lehre von der Erwählung und der Prädestination; eher handelt es sich um Beobachtungen zu Chrysostomus' rhetorischem Stil und um literarkritische Mutmaßungen. Da es aber auch sonst zu keinem Werk Schleiermachers gehört, ist wohl die Erklärung am plausibelsten, daß Schleiermacher die Homilien Chrysostomus' für den Aufsatz über die Lehre von der Erwählung durchgearbeitet hat und sich dabei auch stilistische Notizen über Chrysostomus gemacht hat, die er dann aber nicht mehr verwertet hat. Bei der Vorarbeit für den Aufsatz über die Trinitätslehre handelt es sich nicht um Zettel, sondern um ein 16seitiges Heft mit Exzerpte und Entwürfen (SN 68/1). Einige Passagen des Aufsatzes sind in ihm schon skizziert. Schleiermacher hat — wie der Titel des Heftes, „Zur Zeitschrift. Aus Martini pragmatische Geschichte", verrät - Christoph David Anton Martinis Versuch einer pragmatischen Geschichte des Dogma von der Gottheit Christi benutzt, dann die Werke der Kirchenväter, besonders Athanasius, außerdem Novatian, Hippolyt, Epiphanius, Theodoret, Euseb, Basilius, Johannes Chrysostomus, Orígenes und Hilarius.
II. Editorischer 1. Manuskripte
Bericht
Schleiermachers
1.1. Das Material Die Manuskripte Schleiermachers zur Kirchengeschichte finden sich im Schleiermacher-Nachlaß (SN) im Archiv der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin, unter den Nummern 63—68:83 SN 63 Titel (pag. 1): Einleitung / in / das Studium der Kirchengeschichte angefangen den 9ten May 6.
83
Vgl. zum Folgenden auch Boekels S.
11-14.
/
XLIl
Einleitung des
Bandherausgebers
Inhalt: Ausarbeitung der ersten elf Stunden der Vorlesung 1806 Beschreibung: 16 Seiten (vier ineinandergelegte Doppelbätter), 21,5 χ 17,5 cm, archivalisch paginiert. Die Seiten 2, 15 und 16 sind leer. An der äußeren Seite einer Seite ist jeweils mehr als ein Drittel Rand gelassen. Schleiermachers Handschrift wurde (wohl von Eduard Bonnell) mit Bleistift (meist am Rand) und mit schwarzer Tinte nachbearbeitet: Wörter sind ausgeschrieben, i-Punkte und u-Bögen, Umlautzeichen, griechische Akzente und Satzzeichen sind ergänzt. Da etwa von der Ausarbeitung der 5. Stunde an die Tinte des Nachbearbeiters die Farbe derjenigen Schleiermachers annimmt (dunkelbraun), ist von hier an nicht mit Sicherheit zu entscheiden, welche Kommata Schleiermacher selbst gesetzt hat. SN 64/1 Titel (pag. 1): Zur / Kirchengeschichte. Inhalt: 1) Kollektaneen (numerierte Exzerpte und Aphorismen) für die Vorlesungen 1821/22 und 1825/26, 2) Ausarbeitung der ersten vierzehn Stunden der Vorlesung 1821/22 und Ausarbeitung der ersten Stunde 1825/26 (pag. 6 am linken Rand), 3) ein Zettel zur Vorlesung 1825/26 Beschreibung: 212 Seiten in 27 Lagen zu je 8 Seiten (zwei ineinandergelegten Doppelblättern), 20,5 χ 16,5 cm, die Lage pag. 169-176 (auf der die Kollektaneen 1825/26 anfangen) 21 χ 18 cm, archivalisch paginiert.84 Eigene Foliierung oben rechts auf der jeweils ersten Seite der ersten 21 Lagen (also der Lagen, die auf das Semester 1821/22 zurückgehen).85 Das innere Doppelblatt der letzten Lage ist herausgenommen; es trägt im Schleiermacher-Nachlaß die Nummer 64/2 (s. dort). Etwa ein Drittel einer Seite ist als Rand freigehalten, die Grenze ist auf vielen Seiten (von Schleiermacher?) mit Bleistift nachgezogen. Die Seiten 211 und 212 sind leer.86 Auf den ersten etwa 20 Seiten finden sich wie in SN 63 mit Bleistift und schwarzer Tinte (wohl von Bonnell) nachgetragene Entziffe-
84
85
86
Die Lage pag. 57-64 ist bei der Paginierung durcheinandergeraten: pag. 63/64 und 61/62 bilden das äußere, pag. 57—60 das innere Doppelblatt, die richtige Reihenfolge ist also 63, 64, 57-62. Pag. 1: „39 Bogen", pag. 9: „Kirchengeschichte fol 5", danach (entsprechend nach „KirchenGeschichte ") pag. 17: „fol 9", pag. 25: „fol 13.", pag. 33: „fol 17", pag. 41: „fol 21", pag. 49: „fol 25", pag. 63 (vgl. die vorige Anmerkung zum Fehler in der Paginierung): „fol 29", pag. 65: „fol 33", pag. 73: „fol 37", pag. 81: „fol 41", pag. 89: „fol 45", pag. 97: „fol. 49", pag. 105: „fol 53", pag. 113: „fol 57", pag. 121: „fol 61", pag. 129: „fol 65.", pag. 137: „Bl 69", pag. 145: „fol 73", pag. 153: „f. 77", pag. 161: „f81". Boekels S. 22 bildet SN 64/1, pag. 142 ab.
II. Editoriseber Bericht
XLIÌI
rungshilfen, danach verlieren sie sich. Ob die Unterstreichungen in den Ausarbeitungen auf diesen Seiten von Schleiermacher oder vom Nachbearbeiter gemacht wurden, läßt sich nicht eindeutig entscheiden. — Der eingelegte Zettel (fol. 155 a) hat das Format 21 χ 8 cm. Er ist auf beiden Seiten beschrieben. Auf der Vorderseite unten steht mit dickem schwarzem Stift (nicht von Schleiermachers Hand) etwas geschrieben wie „NB ökomene Apostelgesch". 1 ) Die Nummern der Kollektaneen stehen meist am inneren Rand der Seite (also auf ungeraden Seiten links, auf geraden rechts), auf pag. 2 aber am linken Rand. Die Nummer 808 hat Schleiermacher überschlagen. Die Kollektaneen sind zum Teil am Rand (meist dicht bei der Nummer) mit Bearbeitungszeichen gekennzeichnet; dies geschah während der Vorlesung 1821/22, etwa von der 42. Stunde an bis zur 97. Stunde. Es gibt dreierlei Bearbeitungszeichen: Kreuze, Haken und (selten) waagerechte Striche; sie bedeuten wohl, daß die gekennzeichneten Kollektaneen in der Vorlesung behandelt worden sind (Haken) bzw. bald behandelt werden sollen (Kreuze). Abgehakt sind: Κ 278; 286; 302; 307; 317-319 (318 mit zwei Haken entsprechend den beiden Absätzen); 321; 325; 328-331; 340; 341; 343-345; 347; 350-352; 359; 360; 386-394; 403; 457; 459-463; 466-470; 472; 476; 478-492; 496-499; 501-526; 528; 530; 532-536; 538-551; 553-558; 560-565 (563 mit zwei Haken); 567; 568; 571-574; 576-590; 595; 600; 601; 603-607; 613; 647-652; 656-661; 663-665; 667; 668; 670-672; 676-678; 686; 707-719; 722-754; 756; 756 b; 757-762; 764-766; 768-781; 782 a-l; 785-795; 797-799; 801-807 (805 mit zwei Haken); 810-831 (822, 826, 831 mit je zwei Haken). 833-840 (833 mit zwei Haken); 842-853 (848 mit zwei Haken); 854 a-c; 855-864 (860 mit zwei Haken); 866-872; 874-882 (880 mit zwei Haken); 884-910 (891 mit zwei Haken); 912-915 (913 mit zwei Haken); 917-930 (920, 926 mit zwei Haken); 932-940 (932 mit zwei Haken); 942-952 (946 mit zwei Haken); 957; 958. Angekreuzt
sind:
Κ 439; 457; 458; 464; 465; 471; 473; 494; 523-529; 531-533; 535; 537; 545-556; 566-570; 575; 576; 591-594; 596-599; 602; 608-612; 614-623; 639; 653; 654; 656; 657; 662; 677; 679-683; 687; 688; 720; 721; 730; 733; 734; 737; 739-755; 757; 762-767; 770; 772; 775-781; 782 a. f-h. j. k; 783-786; 789; 791; 793; 796; 799; 801-807 (805 mit zwei Kreuzen); 810; 812; 817; 818; 820; 822; 824-829; 831-834 (831 mit zwei Kreuzen, 833 mit vier Kreuzen); 836-839; 841-843; 846; 852; 858; 860-863 (860 mit zwei Kreuzen); 865-872; 874-882 (880 mit zwei Kreuzen); 885; 891; 899; 902; 904-906; 911-913; 919; 923; 924; 926 (mit zwei Kreuzen); 927; 929-931; 933; 935; 938; 939 (mit zwei Kreuzen); 944; 945; 953-956.
XLIV
Mit waagerechtem
Einleitung des
Bandherausgebers
Strich gekennzeichnet
sind:
Κ 478; 479; 492; 494; 500; 526; 527; 529; 935; 939; 947.
Κ 9 ist mit schrägen, fast waagerechten Strichen durchgestrichen. Mit fast senkrechten Strichen sind Κ 10; 14—16 und der Rand von Κ 11 („Einleitung") durchgestrichen. Eindeutig lassen sich Κ 1-958 der Vorlesung 1821/22 und Κ 959-1223 der Vorlesung 1825/26 zuordnen. Schleiermacher hat aber für die Vorlesung 1825/26 die 1821/22 gesammelten Kollektaneen noch einmal verwendet und ζ. T. ergänzt und glossiert. Welche Korrekturen, Ergänzungen und Glossen zu Κ 1-958 Schleiermacher 1821/22 und welche er 1825/26 gemacht hat, läßt sich ziemlich sicher entscheiden, ζ. T. schon anhand der ausgewerteten Literatur (Gieselers Lehrbuch ζ. B. stand Schleiermacher ja 1821/22 noch nicht zur Verfügung), vor allem aber anhand der Handschrift und Tinte (bei den späteren Glossen ist die Schrift kleiner und die Tinte dünner). Danach hat Schleiermacher an den folgenden Stellen 1825/26 Nachträge angefügt: Κ 110; 168; 380; 384; 405; 407; 441; 450; 452; 454; 504-508; 513-519; 536; 539; 579; 586; 588; 593; 661; 663; 690; 691; 695; 696; 700-702; 705; 707; 735; 736; 745; 748; 782; 783; 790; 793; 797; 798;
482; 598; 709; 821;
484; 618; 710; 823;
485; 622; 712; 826;
496-500; 502; 638; 651; 660; 722; 723; 727; 834.
2) Die Stundenausarbeitungen stehen auf den ersten vier Lagen bzw. 32 Seiten, gemischt unter die Kollektaneen: die Eingangsbemerkungen ganz am Anfang des Manuskripts (pag. 1, dort am Rand eine Glosse, die wohl zur Präparation auf die Vorlesung 1825/26 gehört), der Entwurf für die Einleitung nach Κ 45 (pag. 6), Stunde 1 nach Κ 46 (pag. 6; dort am Rand steht auch die Ausarbeitung der ersten Stunde 1825/26), Stunde 2-3 nach Κ 58 (pag. 7-9), Stunde 4 nach Κ 62 (pag. 9 f.), Stunde 5-8 nach Κ 75 (pag. 12-15), Stunde 9 nach Κ 100 (pag. 18 f.), Stunde 10-11 nach Κ 104 (pag. 19-23), Stunde 12 nach Κ 106 (pag. 23-26), Stunde 13 nach Κ 109 (pag. 26 f.), Stunde 14 nach Κ 128 (pag. 31 f.). Auch bei diesen Ausarbeitungen läßt sich inhaltlich und durch Tinte und Handschrift unterscheiden, welche Ergänzungen und Glossen Schleiermacher schon 1821/22 gemacht hat (darunter Querverweise auf die Kollektaneen) und welche erst bei der Vorbereitung der Vorlesung 1825/26. Nachträge von 1825 finden sich in der Ausarbeitung der 9.—13. Stunde. 3) Der eingelegte Zettel fol. 155 a gehört zu den in SN 66/1 gesammelten Zetteln und ist ein Teil der Präparation der Vorlesung 1825/26 (zum zweiten Abschnitt der ersten Periode). Warum er in SN 64/1 eingelegt wurde, ist unklar.
II. Editorischer
Bericht
XLV
SN 64/2 Titel: Miltitz. Wicliff. Inhalt: Fortsetzung von Kollektaneum 1223 (1826) Beschreibung: ein Doppelblatt (vier Seiten), 20,5x16,5 cm, die erste Seite ist beschrieben, der Rand (ein Drittel) mit Bleistift nachgezogen. Das Doppelblatt gehört eigentlich als inneres Doppelblatt der letzten Lage zu SN 64/1 und hätte dort die Seitennummern 211—214 gehabt, die jetzigen (unbeschriebenen) Seiten 211. 212 in SN 64/1 wären eigentlich pag. 215. 216. SN 65 Kein Titel Inhalt: Ausarbeitung der Stunden 15-46 der Vorlesung 1821/22 Beschreibung: 80 Seiten in 10 Lagen zu je 8 Seiten (zwei ineinandergelegten Doppelblättern), 19,5x16 cm, archivalisch paginiert.87Die Lagen wurden von Schleiermacher mit Großbuchstaben gekennzeichnet.88 Die Seiten 76-80 sind leer. Das letzte Blatt ist zwischen pag. 78 und 79 nicht aufgeschnitten. Auf pag. 4 steht der Kolumnentitel „Erste Periode. Gnosticismus", auf pag. 12 der Kolumnentitel „Erste Periode. Verbreitung und Gemeinschaft". Auch hier finden sich einige wenige fremde Randbemerkungen (meist Entzifferungsversuche) mit Bleistift und Tinte (wohl von Bonneil). Bei Schleiermachers eigenen Ergänzungen läßt sich nach Inhalt, Tinte und Schriftgröße meist entscheiden, ob sie 1821/22 oder 1825/26 gemacht wurden. Nachträge von 1825/26 finden sich in der Ausarbeitung der 18., 22., 24-27., 29.-32., 37. und 39.-42. Stunde. SN 66/1 Kein gemeinsamer Titel Inhalt: Zettel zu den Vorlesungen 1821/22 und 1825/26 Beschreibung: 16 Zettel verschiedenen Formats. Fol. 1: 22x6 cm, einseitig beschrieben. - Fol. 2: 21 χ 9 cm, doppelseitig beschrieben. — Fol. 3:
87
88
Bei der Paginierung wurden die inneren Blätter der fünften und sechsten Lage (pag. 43-46 und 35-38) vertauscht. Die richtige Reihenfolge ist also 43-46, 39-42, 35-38. Pag. 1: „KirchenGeschichte E", danach (entsprechend nach „KirchenGeschichte") pag. 9: „F", pag. 17: „G", pag. 25: „H", pag. 33: „I", pag. 41: „K", pag. 49: „L", pag. 57: „M", pag. 65: „N", pag. 73: „O
XLVI
Einleitung des
Bandherausgebers
20,5 χ 8 cm, einseitig beschrieben. - Fol. 4: 6x8,5 cm, einseitig beschrieben. - Fol. 5: 19,5 χ 6,6 cm, einseitig beschrieben. - Fol. 6: 22x7,5 cm, einseitig beschrieben. - Fol. 7: 21 χ 8 cm, einseitig beschrieben. - Fol. 8: 17,5x10,5 cm, doppelseitig beschrieben. Der Zettel war ursprünglich eine kurze Mitteilung Elisabeth Schleiermachers an ihren Vater vom 11.11.1825: „Lieber Vater, Mutter läßt dich herzlich grüßen und läßt dir sagen sie würde diese Nacht bei der Fischerin bleiben. Elisabeth den Ilten November." - Fol. 9: 8x10 cm, einseitig beschrieben. — Fol. 10: 13x10,5 cm, einseitig beschrieben. — Fol. 11: 7,5x7 cm, einseitig beschrieben. — Fol. 12: 16,5x10 cm, einseitig beschrieben. Der Zettel war eigentlich ein Entwurf für den Gottesdienst am Sonntag Invokavit 1826 (12.2.). Auf der Rückseite steht: „Am Sonntage Invocavit 1826. / Chor I Kommt, laßet uns anbeten und knieen und / nieder fallen vor dem Herrn; / denn es hat einmal gelitten der Gerechte für die Ungerechten, auf daß er uns Gott opferte." usw. - Fol. 13: 7,5x9,5 cm, einseitig beschrieben. - Fol. 14: 18,5x6,5 cm, einseitig beschrieben. Auf der Rückseite an der Schnittkante ist noch etwas von der ursprünglichen Beschriftung des Zettels zu erkennen. — Fol. 15: 20,5 χ 7 cm, doppelseitig beschrieben. - Fol. 16: 19,5x7 cm, doppelseitig beschrieben. Auf der Rückseite an der Schnittkante ist noch etwas von der ursprünglichen Beschriftung des Zettels zu erkennen. Zur Vorlesung 1821/22 gehören fol. 2, 9, 10, 11 und 13, während fol. 1, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 12, 14, 15 und 16 zur Vorlesung 1826/27 gehören. SN 66/2 Kein gemeinsamer Titel Inhalt: Exzerpte für Schleiermachers Abhandlung über die Lehre von der Erwählung, 1 ) aus Johannes Calvin: Institutio Christianae religionis, 2) aus Johannes Chrysostomus: Opera, ed. von Bernard de Montfaucon, 11 (1734); 12 (1735) Beschreibung: 1) ein Doppelblatt (4 Seiten) 20x16 cm, davon drei Seiten beschrieben; 2) ein Doppelblatt (vier Seiten), 16x10 cm, davon eine Seite beschrieben, und ein Zettel, 10x8 cm, eine Seite beschrieben. Die Blätter und der Zettel sind nicht paginiert. Wir zählen das erste Doppelblatt als S. 1-4, das zweite als S. 5-8 und den Zettel als S. 9-10 (leer sind also die Seiten 4, 6-8 und 10).
II. Editorischer
XLVII
Bericht
SN 67 Titel: Zur / Einleitung in die KirchenGeschichte Inhalt: 1) ein nicht datiertes, höchstwahrscheinlich als Gedankensammlung zur Vorlesung 1806 angelegtes kurzes Manuskript Schleiermachers, 2) eine Abschrift dieses Manuskripts, wohl von Eduard Bonneil Beschreibung: zwei Doppelblätter (je vier Seiten) 21x17 cm, 1) die erste Seite beschrieben, außer Schleiermachers Handschrift Entzifferungshilfen und ergänzte Satzzeichen des Abschreibers (mit Bleistift und schwarzer Tinte), 2) zwei Seiten beschrieben, unter dem Titel „Aphorismen. Zur Einleitung in die Kirchengeschichte" SN 68/1 Titel (pag. 1): Zur Zeitschrift / Aus Martini pragm. Inhalt: Exzerpte und Entwürfe für Schleiermachers die Vorstellung von der Trinität Beschreibung: 16 Seiten (zwei ineinandergelegte aufgeschnittene Bögen zu je acht Seiten), 19x16 cm, niert. Seite 16 ist leer.89
Geschichte Abhandlung
über
doppelt gefaltete, archivalisch pagi-
1.2. Zur Edition Bei den hier edierten Manuskripten Schleiermachers handelt es sich um Aufzeichnungen zum eigenen Gebrauch, die nicht zur Veröffentlichung bestimmt waren. Trotzdem sind die Manuskripte recht gut zu entziffern; die Zahl der unsicheren Stellen ist relativ gering. Schleiermacher kürzt wie gewöhnlich in seinen Aufzeichnungen wenig ab. Was der Editor bei abgekürzten Wörtern ergänzt hat, ist durch Kursivierung gekennzeichnet. Keine größeren editorischen Probleme bereiten die Vorarbeit und das Manuskript zur Vorlesung 1806 (SN 67 und 63) und die Vorarbeiten zu
89
SN 68/2, ein Konvolut von insgesamt zwölf Seiten, enthält Notizen zum preußischen Grundbesitz- und Ablösungsrecht (wohl nicht von Schleiermachers Hand) sowie vier Seiten aus einer Abschrift der Schleiermacherschen Rezension von Johann Gottlieb Fichtes Grundzügen des gegenwärtigen Zeitalters, Berlin 1806 (von Schleiermacher rezensiert: Jenaische Allgemeine Literatur-Zeitung 4, 1807, S. 137-160 = KGA I/S, hg. von Hermann Patsch, 1995, S. 119-152, hier S. 145-147 bzw. 131-133), nicht von Schleiermacher geschrieben. Mit Schleiermachers Vorlesungen oder sonstigen kirchengeschichtlichen Arbeiten steht es nicht in Zusammenhang.
XL VU!
Einleitung des Β andb erausgeh ers
den dogmengeschichtlichen Aufsätzen (SN 66/2 und 68/1). Bei den Aufzeichnungen zu den Vorlesungen 1821/22 und 1826/27 (SN 64/1, 64/2, 65 und 66/1) gehen hingegen die Genera (Ausarbeitungen und Präparationen zu den Vorlesungsstunden und Materialsammlung) und die Vorlesungen durcheinander; die Numerierung der Zettel (SN 66/1) ist auch zufällig und entspricht nicht der zeitlichen Folge. Diese Manuskripte werden also nicht in der Ordnung und Reihenfolge ediert, in der sie im Nachlaß Schleiermachers liegen. Unsere Edition bietet erst die Ausarbeitungen und Präparationen zur Vorlesung 1821/22, dann diejenigen zur Vorlesung 1825/26 und schließlich die Materialsammlung, also die Kollektaneen. Das entspricht freilich auch nicht genau der zeitlichen Folge, denn die Kollektaneen wurden ja zunächst gleichzeitig mit den Ausarbeitungen 1821/22 angelegt, wie man in den ersten vier Lagen von SN 64/1 sieht, und gehören ab Nr. 959 zur späteren Vorlesung. Weil aber die Kollektaneen ein durchnumeriertes, zusammengehöriges Ganzes bilden und die für die Vorlesung 1821/22 gesammelten Kollektaneen für die Vorlesung 1825/26 weiter benutzt und noch ergänzt wurden und weil sie insgesamt als Kommentar und Ausführung dem skizzierten Verlauf der Vorlesungen zugeordnet sind, werden sie ungeteilt an den Schluß der Manuskripte zu den Vorlesungen 1821/22 und 1825/26 gestellt. Die Ergänzungen, die Schleiermacher bei der Präparation der Vorlesung 1825/26 zur Ausarbeitung der ersten 46 Stunden 1821/22 gemacht hat, werden, sofern es sich nicht bloß um Korrekturen und stilistische Glättungen handelt, als Fußnoten wiedergegeben. Ebenso wird bei den Kollektaneen verfahren: Ergänzungen zu einzelnen Kollektaneen aus anderen Quellen werden als Fußnoten mitgeteilt; wo Schleiermacher aber Kollektaneen von 1821/22 bei der Präparation des Kollegs 1825/26 aus derselben Quelle ergänzt hat (also in der Regel aus Schröckhs Kirchengeschichte), da werden die Ergänzungen nicht als Fußnoten ediert (das ergäbe z.B. bei Κ 661; 702 einen fast unlesbaren Text), sondern werden im Text in Klammern gesetzt. Dem Text- und Sachapparat ist jeweils zu entnehmen, was 1825/26 nachgetragen wurde. - Die Zettel werden nach dem Verlauf der Vorlesung geordnet; diejenigen von 1821/22 schließen sich mit Stunde 47 auch zeitlich direkt an das Ende der Ausarbeitungen (Stunde 46) an. Die Zettel zur Vorlesung 1825/26 (ein ordentliches Manuskript hat Schleiermacher ja nicht mehr angelegt) sind allerdings meist nicht mehr bestimmten Vöriesungsstunden zuzuordnen; sie überschneiden sich teilweise auch inhaltlich. Der Sachapparat verweist bei den Ausarbeitungen auf die der Darstellung zugrundeliegenden Kollektaneen. Bei den Kollektaneen wird an-
II. Editorischer
Bericht
XLIX
gemerkt, wo Schleiermacher das Stück in den Vorlesungen verwendet hat: Für die Vorlesung 1821/22 wird jeweils die Stunde angegeben, für die Vorlesung 1825/26 die Seitenzahl bei Bonnell. In unserer Edition sind die Manuskripte SN 63—68 also folgendermaßen angeordnet: 1) Zur Einleitung in die Kirchengeschichte, 1806 (SN 67), 2) Manuskript (Ausarbeitung) für die Vorlesung 1806 (SN 63), 3) Manuskripte (Ausarbeitung und Präparationen) für die Vorlesung 1821/22 (SN 64/1, 65, 66/1), 4) Manuskripte (Ausarbeitung und Präparationen) für die Vorlesung 1825/26 (SN 64/1, 66/1), 5) Kollektaneen für die Vorlesungen 1821/22 und 1825/26 (SN 64/1, 64/2). Als Anhang folgen auf die Edition der Kirchengeschichte: 6) Notizen zur Lehre von der Erwählung, 1819 (SN 66/2), 7) Notizen zur Trinitätslehre, 1822 (SN 68/1). 2. Nachschriften Es liegen fünf Nachschriften zur Vorlesung von 1821/22 vor.90 2.1. Heinrich Klamroth (Leitnachschrift 1821/22) Standort: Berlin, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Archiv, Schleiermacher-Nachlaß (SN) 548 Titel (fol. 1r): Christliche Kirchen- und Dogmengeschichte / gelesen vom Professor Schleiermacher. / Berlin / Winterhalbjahr 1821/22. Heinrich Klamroth. Inhalt: alle 99 Vorlesungsstunden Beschreibung: 176 Blätter, 23,5 χ 18 cm, in Lagen zu meist acht Blättern, archivalisch foliiert; fester Einband. Wohl beim Einbinden wurden die Blätter beschnitten; dabei ging die eigene Paginierung weitgehend verloren, außerdem wurde gelegentlich etwas am linken und rechten äußeren und am unteren Rand abgeschnitten. Hinter den Blättern 103 und 167 folgt jeweils ein leeres Blatt, das nicht numeriert ist (vom Blatt hinter fol. 103 ist etwa die Hälfte abgeschnitten). Fol. Γ. 98". 103". 176" sind leer. Auf fol. 98r notiert Klamroth: „Nulla desunt."91
90 91
Vgl. zum Folgenden auch Boekels S. 31-35. Nicht „Nonnulla desunt" (so Boekels S. 33).
L
Einleitung des Bandherausgebers
Autor: Karl Heinrich Ludwig Klamroth, * 1799 oder 1800 in Parlin als Sproß einer pommerschen Pastorenfamilie, Studium in Greifswald und Berlin, 1823 Rektor in Naugard, 1825 in Pasewalk, dort 1830 Diakon an St. Marien, 1837 Pastor, f 2.10.1850.92 Der Schleiermacherforschung ist Klamroth als Nachschreiber bereits bekannt.93 Die hohe Qualität dieser sorgfältig ausgearbeiteten Nachschrift ist schon Hanna Jursch aufgefallen (vgl. oben). Der Text ist von allen Nachschriften am ausführlichsten und und am sorgfältigsten ausgearbeitet wird deshalb zum Leittext für die Vorlesung 1821/22 gewählt. Freilich muß auch er an etlichen Stellen anhand der anderen Nachschriften (namentlich der Nachschrift Hagenbach) korrigiert und ergänzt werden; besonders zur 94.-95. Stunde hat Klamroths Text einige Lücken. Entsprechend den editorischen Grundsätzen stehen für das Verständnis wesentliche Korrekturen und Ergänzungen im Text mit einem Nachweis im textkritischen Apparat (Ergänzungen, denen in Klamroths Nachschrift nichts entspricht, stehen in eckigen Klammern); andere erwähnenswerte Zusätze und Varianten werden im Sachapparat notiert. Die Handschrift ist ungewöhnlich gut lesbar; zweifelhafte Stellen gibt es praktisch nur dort, wo Wörter am Rand abgeschnitten oder durch die Bindung überklebt wurden. Die Auflösung der Abbreviaturen ist in der Regel problemlos (gelegentlich kann man z.B. im Zweifel sein, ob „k" für „kann" oder „könne" steht). Die Kursivierung der vom Editor ergänzten Buchstaben läßt dem Leser die Möglichkeit, die Entscheidungen des Editors nachzuvollziehen und eventuell zu anderen Lösungen zu kommen. Auf die Dokumentation der 12.-46. Stunde des Kollegs 1821/22 anhand der Nachschriften wird verzichtet, weil hier Schleiermachers eigenhändige Ausarbeitungen den Inhalt der Vorlesungen gut wiedergeben. Wo die Nachschriften zu Schleiermachers Ausarbeitungen Ergänzungen bieten, werden diese im Sachapparat zu den Ausarbeitungen vermerkt. Ebenfalls im Sachapparat wird auf die Schleiermachers Darstellung zugrundeliegenden Kollektaneen verwiesen.
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Die Evangelischen Geistlichen Pommerns bearbeitet von Hans Moderow, Ernst 1903-1912; Greifswald 1956-1973, Teil 1, Vgl. KGA 11/10, 1, hg. von Andreas Arndt,
von der Reformation bis zur Gegenwart, Müller und Hellmuth Heyden, Stettin S. 331. 333 2002, S. XXXVII. LXXX11I.
IL Editorischer
2.2. Karl Rudolf
Bericht
LI
Hagenbach
Standort: Basel, Öffentliche Bibliothek der Universität, Handschriftensammlung, Signatur: Q I 45 Titel (pag. 1): Abriss / der / Kirchen- und Dogmengeschichte / bei / Herrn Professor Schleiermacher. / Winterhalbjahr 1821-22. / Hagenbach. Inhalt: alle 99 Vöriesungsstunden; von der ersten Stunde fehlen die ersten zwei Drittel. Beschreibung: 272 Seiten, 26,5x18 cm, in sieben verschieden starken Lagen, eigene Paginierung. Die Seiten 2 und 270-272 sind leer. Der Kodex enthält außerdem eine Nachschrift von Schleiermachers Praktischer Theologie desselben Semesters (mit eigener Seitenzählung). Autor: Karl Rudolf Hagenbach, * 4.3.1801 in Basel, Studium in Bern und Berlin, 1829 Universitätsprofessor in Basel, f 7.6.1874.94 Diese Nachschrift, verfaßt von einem späteren Lehrer der Kirchengeschichte in der Schule Schleiermachers und Neanders und 1994 ediert, ist meist etwas knapper gefaßt als diejenige Klamroths und fällt gelegentlich von Sätzen in Stichworte, ist aber zuverlässig und hat auch eine Anzahl wertvoller Ergänzungen zu Klamroth. Die Handschrift ist etwas flüchtig, aber meist gut zu entziffern.95 - Um dem Leser die Möglichkeit zu geben, die hier edierten Texte aus Schleiermachers und Klamroths Feder mit Hagenbachs Nachschrift in Boekels' Edition zu vergleichen, findet sich unter den Verzeichnissen eine Aufschlüsselung der Nachschrift Hagenbach nach Vorlesungsstunden. 2.3. August
Eyssenhardt
Standort: Halle, Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt, Signatur: Yc 8° 29 Kein Titel, doch die Verfasserschaft ist eindeutig, da in der Universitäts- und Landesbibliothek in Halle weitere Nachschriften gleicher Handschrift liegen, deren einige Eyssenhardt als Verfasser nennen, u. a. die christliche Sitte 1820 (Yc 8° 31) und die praktische Theologie 1821/22 (Yc 8° 34).
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Rudolf Stähelin: Art. Hagenbach, Karl Rudolf, gest. den 7. Juni 1874. In: Realencyklopädie für protestantische Theologie und Kirche 7 (1899), S. 335-338; Boekels S. 35-37. Zu Hagenbach als Nachschreiber vgl. KGA 11/10, 1, S. XXXVII. LXXX1I1. Vgl. Boekels S. 169 f . 189. 242. 330. 422, wo Seiten aus der Nachschrift abgebildet sind. - Daß die Nachschrift schon Hagenbachs schriftstellerische Begabung zeige (so Boekels S. 37), mag etwas übertrieben sein.
LU
Einleitung des
Bandherausgebers
Inhalt: 1.-87. Stunde Beschreibung: 253 Seiten Oktav, eigene Paginierung Autor: Friedrich August Eyssenhardt, 17.12.1798 in Prädikow, Studium in Berlin, 1829 Lehrer an der städtischen Gewerbeschule in Berlin, dort 1832 4. Diakon an St. Nikolai, f 29.6.1879.96 Der Text dieser Nachschrift ist knapp gefaßt und hat einige Lücken, ist aber sonst recht zuverlässig. Die Blässe der Tinte erschwert die Lektüre sehr. Wertvoll sind die durchgängigen Angaben der Daten der Vorlesung. 2.4. Eduard
Bonneil
Standort: Berlin, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung, Signatur: Hdschr. 39 Titel (Deckblatt): Kirchengeschichte / vom / Professor Schleiermacher / Wintersemester 1821/22, bzw. (Buchrücken): Kirchengeschichte / von / Schleiermacher. - Die Verfasserschaft Bonneils läßt sich anhand der Handschrift bestimmen. Inhalt: 1.-33., 35.-60., 62., 69., 71.-99. Stunde; es fehlen also die 34., 61.y 63.-68. und 70. Stunde. Von der ersten Stunde fehlen die ersten zwei Drittel (wie bei Hagenbach). Beschreibung: 382 Seiten, 19,5x16 cm, in 45 römisch numerierten Lagen (dazu Lage Nr. LXIV pag. 231-238, vgl. unten) zu meist acht Seiten, eigene Paginierung bis pag. 53; fester Einband. Auf der Vorderseite des hinteren Deckblattes findet sich ein Verweis auf Schleiermachers zwei dogmengeschichtlichen Aufsätze. - Bonneil notiert pag. 122: „Desunt nonulla" (hier fehlt die 34. Stunde), pag. 228: „Nonnulla desuní" (hier fehlt die 63.-68. Stunde) und pag. 240: „Deest Nonnihil" (hier fehlt die 70. Stunde). - Die Lage pag. 231—238 ist an dieser Stelle irrtümlich eingebunden: Pag. 239 schließt sich direkt an 230 an, und die Lage pag. 231-238 steht als Nr. LXIV zwischen XXIX (223-230) und XXX (239-246). Die Seiten 231-238 behandeln Spätmittelalter und Reformation; da sie weiter hinten in der Nachschrift nicht fehlen, stammen sie vielleicht aus der (lückenhaften) Nachschrift einer anderen Vorlesung. Autor: Eduard Bonneil, * 15.2.1802 in Berlin, Studium in Berlin, 1823 Lehrer am Friedrich-Wilhelms-Gymnasium in Berlin, 1824 am Gymnasium in Liegnitz, 1825 wieder am Friedrich-Wilhelms-Gymnasium in
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Fischer: Evangelisches Pfarrerbuch für die Mark Brandenburg
IUI, S. 189
II. Editoriseber
Bericht
LUI
Berlin, 1829 am Grauen Kloster in Berlin, 1830 Professor, 1838-1875 Direktor des Friedrichwerderschen Gymnasiums in Berlin, Herausgeber von Schleiermachers Kirchengeschichte in den Sämmtlichen Werken (Band Uli, 1840), f 9.5.1877.97 Der Text dieser Nachschrift ist von uneinheitlicher Qualität; für seine Ausgabe scheint Bonnell sie kaum herangezogen zu haben. Die Handschrift ist nicht sehr gut leserlich. 2.5.
Anonymus
Standort: Zürich, Zentralbibliothek, Signatur: Mscr. W 163 Titel (pag. 1): Kirchengeschichte bei Schleiermacher Inhalt: 1.-39., 41.-45., 47.-51., 54.-55., 57.-61., 63.-66., 68.-99. Stunde. Es fehlen also die 40., 46., 52., 53., 56., 62. und 67. Stunde; auch der Anfang der 86. Stunde fehlt.98 Beschreibung: 312 Seiten, 26,5x21 cm, in Lagen zu meist 16 Seiten, eigene Paginierung nur pag. 1-65. 81. 97. 113. 128. 129. Die Seiten 130-135. 152-154. 173-177. 184-186. 206-208. 220 f. 309-312 sind leer (mit Ausnahme der letzten leeren Seiten fehlt hier jeweils eine Stunde bzw. pag. 173—177 zwei Stunden). Dieses Manuskript scheint eine Mitschrift, keine ins Reine geschriebene Nachschrift zu sein. Die Schrift ist recht unregelmäßig, aber meist zu entziffern. Die Qualität des Textes ist unterschiedlich gut. Wertvoll sind die Datenangaben am Rand. 3.
Sekundärüberlieferung
Eduard Bonnell hat seine Edition der Schleiermacherschen Kirchengeschichte zum nicht geringen Teil aus Nachschriften der Vorlesung 1825/ 26 zusammengestellt und damit aus Quellen, die heute verloren sind. Aus seiner Edition wird hier die Einleitung (S. 1-47) abgedruckt, die anders gefaßt ist als diejenige der Vorlesung 1821/22 und relativ viel rezipiert wurde. Für den materialen Teil (S. 48-558) wird die Disposition des Stoffes mitgeteilt, da sie der Vorlesung 1825/26 folgt und in vielen Einzelheiten von derjenigen von 1821/22 abweicht. Auf eine Wie-
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Allgemeine Deutsche Biographie, München 1875-1912, Band 47, S. 106-109. Vgl. zu Bonnell als Nachschreiber auch KGA 11/10, 1, S. XXXVII. LXXXll f. Die letzten Seiten der Handschrift fehlen nicht (so Boekels S. 33), sondern die Reihenfolge der Seiten ihrer Kopie in der Berliner Schleiermacherforschungsstelle war durcheinandergeraten.
LIV
Einleitung des Bandherausgebers
dergabe des Textes kann jedoch meist verzichtet werden - es reicht, im Sachapparat auf die noch vorhandenen Quellen (Vorlesung 1821/22 und die ergänzenden Manuskripte Schleiermachers von 1825/26, also Zettel und Kollektaneen) zu verweisen. Nur einige ausgewählte Passagen, die demgegenüber noch neue Gedanken und Reflexionen Schleiermachers bieten, werden hier abgedruckt. Die vorliegende Edition entstand in den Jahren 2003—2006 an der Schleiermacherforschungsstelle der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, seit 2004 finanziert mit Mitteln der Fritz Thyssen Stiftung für Wissenschaftsförderung. Der Leiter der Berliner Schleiermacherforschungsstelle, Herr Prof. Dr. Kurt-Victor Selge, hat die Edition in die Wege geleitet und die Förderung beantragt. Die handschriftlichen Quellen der Vorlesung wurden von Herrn Prof. Dr. Walter Jaeschke (jetzt Bochum) und von meinen Berliner Kollegen, den Herren Prof. Dr. Andreas Arndt und Dr. Wolfgang Virmond, recherchiert und fotokopiert. Beim Entziffern der Handschriften unterstützten mich KurtVictor Selge, Andreas Arndt, Wolfgang Virmond und Herr Prof. Dr. Dr. Günter Meckenstock, der Leiter der Kieler Schleiermacher-Forschungsstelle. Frau Isabelle Lüke schrieb die hier abgedruckten Passagen aus Eduard Bonnells Ausgabe der Kirchengeschichte Schleiermachers ab. Herr Dr. Joachim Boekels, dessen Dissertation eine unentbehrliche Vorarbeit zu dieser Edition ist, stellte mir liebenswürdigerweise eine elektronische Version seiner Transskription der Hagenbach-Nachschrift zur Verfügung. Herr Giorgio Giacomazzi wandelte mit viel Sachverstand die Textdateien in einen Satz für den Druck um. Ihnen allen sei an dieser Stelle noch einmal herzlich gedankt. Berlin, im Oktober 2006 Simon Gerber
Erster Teil Manuskripte
Schleiermachers
Zur Einleitung in die Kirchengeschichte
(1806)
Zur Einleitung in àie
KirchenGeschichte
Der mythologische Ursprung der Geschichte zeigt d a ß das Interesse der leeren Neugierde nicht die Quelle gewesen. - Der Trieb àie Ideen lebendig und zeitlich anzuschauen muß in der Zeit selbst als Dichtung anfan5 gen weil die Einheit des Organischen und der Idee ein Werdendes ist.
Dem Theolog ist die Beruhigung, welche aus der historischen Ansicht entspringt, vorzüglich nothwendig. Ohne sie wird seine populäre Praxis leere Empirie und seine Philosophie abgestorbenes Formelwesen. Daher auch den populären ¥^e\igions\ehrern die KirchenGeschichte vorzüglich 10 zu empfehlen.
In der Kirche erscheint die Mittelzeit zwischen dem Anschließen an die mythische Periode und der organischen Ausbildung auch als chaotische und hier nimmt die Geschichte auch als Chronik ihren Anfang.
Kirche und Staat im umgekehrten Verh^ltniß der Bewegung und Ruhe; 15 der Klarheit und Unbestimtheit, des verschlossenen Lebens und der äußeren Darstellung.
Die pragmatische KirchenGeschichte Dogmatik zu dekreditiren.
3 Ideen] Idee/en
ist gemißbraucht worden, um die
SN 67
Manuskript zum Kolleg 1806
Einleitung in das Studium der Kirchengeschichte
SN 63, 1 623
angefangen den 9ten Mai 6. | Erste Vorlesung. Wer eine eigene Ansicht hat, will sie auch, da sie doch organisch sein 5 und durch das ganze hindurchgehn muß, in den Zweigen mittheilen, die er nicht selbst genau bearbeiten kann. Solche Winke sollen diese Vorlesungen sein. Um ab er der KirchenGeschichte ihren recht Plaz anzuweisen müssen wir sie erst unter der Idee der Geschichte überhaupt betrachten. Alle 10 theologischen Wissenschaften wurzeln so in einem andern Gebiet; ihre Einheit ist nur die religiöse Beziehung.
3
1. Stunde
Die Geschichte wird entweder als Sam lung von einzelnen Begebenheiten angesehn. So ist sie keine ιστορία sondern nur ein χρονικον. Das Interesse kann nur das einer müssigen Neugierde sein, zu wissen was gewesen 15 ist. Ihr Inhalt ist Alles, weil auch das Kleinste die Zeit erfüllt, und nichts weil nichts bestirnt ausgesprochen werden kann. Für jeden Thäter läßt sich auch ein anderer annehmen und so auch für jede Veränderung in einem Moment eine andere. Ohne innere Einheit als bloß mannigfaltiges ist die Ansicht des successiven eben so fluctuirend als die des coexisti20 renden. M a n hat nur Masse und kann nichts bestimmtes unterscheiden und also auch nicht erkennen und darstellen. Die zweite Ansicht ist die sogenannte pragmatische, Erklärung des 624 gegenwärt/gen aus dem Vergangenen, eigent//c^ psychologisch. Die Gegenwart läßt sich ab er nicht von der Vergangenheit trennen und ihr 25 entgegensezen. Eben so wenig ein bestirntes | in ihr selbst absondern. 4 Was man willkühr/Zc/? absondert, hat dann seine Ursache nicht in einem gleichen einzeln enstprechenden sondern in einem Theil aller Einzelheiten aus der nächsten Vergangenheit. M a n hält sich aber nur an Eine. Daher dieser Ansicht eigen das Bestreben zu großen Begebenheiten klei-
10
Erster Teil · Manuskripte
Schleiermachers
ne Ursachen aufzufinden; also cLzs ganze Resultat der Geschichte für zufällig anzusehn, weil man es nämlich in einem falschen Sinne für nothwend/'g ansieht. Dies ist auch natürlich wenn alles aus einzelnen widerstreitenden Kräften erklärt wird. Zu diesen Ansichten verhält sich die wahre, wie sich die organische 5 Potenz zur mechanischen und chemischen verhält. Die Geschichte ist alles das was die Wissenschaft enthält in der Zeit angeschaut. Also die Organisation der Natur als ein Werdendes, Naturgeschichte; die Organisation des Geistes als ein Werdendes Sittengeschichte; die Identität von beiden als ein Werdendes Weltgeschichte. 10 Ihr Wesen ist das Aufgehn der Zeit in der Idee. Also in ihr aller Gegensaz zwischen Empirie und Speculation aufgehoben und volle Beruhigung überall nur in der historischen Ansicht. 2.
Stunde
Zweite Vorlesung.
Die Geschichtschreibung muß ganz den Charakter der Kunst an sich 15 tragen; ja auch die wissenschaitliche Darstellung hat sich dessen nur so fern bemächtiget, als sie der historischen Form nahe kommt. An der Chronik und an der pragmatischen Geschichte kann d/eser Charakter nur ein erkünsteltes, äußer lieh angeklebtes sein. Wie kann man also bange sein (wie ]o\\ann Müller scheint) daß bei der höheren Behänd lung 20 die Geschichte der lebendigen Fülle entbehren und die Bewegungen des Einzelnen nicht darstellen werde? Dies scheint nur möglich zu sein wenn 5 man die höhere Ansicht als eine spätere von der Philosophie | aus eingeschlichene ansieht, die einen fremden Zwekk unterschiebt und also das Wesen verderben kann. Das ist ab er nicht; sondern auch historisch an- 25 gesehen ist die höhere Ansicht die ursprüng//c^e. Denn die Geschichte stammt vom Epos ab und von der Mythologie und diese gehn doch offenbar auf die Identität der Erscheinung und der Idee. Wenn nun in dieser grade eine Fülle von eigenthümlichen Gestalten angetroffen wird: warum soll die Geschichte in derselben Richtung sie nicht geben? Auch 30 läßt sich ja das Werden des Ganzen nicht darstellen ohne Darstellung des 625 Einzelnen weil das Ganze nur im Einzelnen erscheint, und es gehört grade zur Form seines Wesens auch die Abwechselung zwischen Ver2 0 wie] über
(d