Kritische Gesamtausgabe: Band 14 Vorlesungen über die Ästhetik 9783110537758, 9783110535006

This volume focuses on Schleiermacher's anthropology and aesthetics. It offers contributions from the Wittenberg Sc

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German Pages 1046 [1048] Year 2021

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Table of contents :
Inhaltsverzeichnis
Einleitung der Herausgeber
Einleitung des Bandherausgebers
Erster Teil Manuskripte Schleiermachers
Notizen zur Ästhetik I
Notizen zur Ästhetik II
Kollegheft Ästhetik 1819
Marginalien zum Kolleg 1832/33
Zweiter Teil Vorlesungsnachschriften
Kolleg 1819 Nachschrift Bluhme – sekundäre Überlieferung –
Kolleg 1825 Nachschrift Bindemann
Kolleg 1832/33 Nachschrift Schweizer part 1
Kolleg 1832/33 Nachschrift Schweizer part 2
Anhang
Musik
Notiz zu einem Trauerlied
Notiz zur Ästhetik von Bouterwek
Notizen zur dritten Akademieabhandlung „Über den Umfang des Begriffs der Kunst in Bezug auf die Theorie derselben“
Verzeichnisse
Abkürzungen
Editorische Zeichen
Chiffren in den Manuskripten und ihre Auflösung
Literatur
Register
Register der Personen, Werke und Orte
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Kritische Gesamtausgabe: Band 14 Vorlesungen über die Ästhetik
 9783110537758, 9783110535006

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Friedrich Schleiermacher Kritische Gesamtausgabe II. Abt. Band 14

Friedrich Daniel Ernst

Schleiermacher Kritische Gesamtausgabe herausgegeben von Lutz Käppel und Andreas Arndt, Jörg Dierken, André Munzinger, Notger Slenczka

Zweite Abteilung Vorlesungen Band 14

De Gruyter

Friedrich Daniel Ernst

Schleiermacher Vorlesungen über die Ästhetik unter Verwendung vorbereitender Materialien von Wolfgang Virmond †

Herausgegeben von Holden Kelm

De Gruyter

ISBN 978-3-11-053500-6 e-ISBN (PDF) 978-3-11-053775-8 Library of Congress Control Number: 2020941968 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2021 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Umschlaggestaltung: Rudolf Hübler, Berlin Satz: Meta Systems Publishing & Printservices GmbH, Wustermark Druck und buchbinderische Verarbeitung: Beltz Bad Langensalza GmbH www.degruyter.com

Zum Gedenken an Wolfgang Virmond (1940–2020)

Inhaltsverzeichnis Einleitung der Herausgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Kritische Schleiermacher-Gesamtausgabe . . . II. Die II. Abteilung (Vorlesungen) . . . . . . . . . . . . III. Editorische Grundsätze für die II. Abteilung (Vorlesungen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . .

IX IX IX

. .

XI

. . . . .. . . . . . . . . .

XIX

I. Historische Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XIX

Einleitung des Bandherausgebers

1. 2. 3. 4. 5. 6.

Vorgeschichte . . . . Zum Kolleg 1819 . Zum Kolleg 1825 . Zum Kolleg 1832/33 Ausgaben . . . . . . . Rezeption . . . . . .

II. Editorischer Bericht

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. XIX . XXX . XXXVII . XLI . XLIV . XLVIII

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Erster Teil · Manuskripte Schleiermachers 1. 2. 3. 4.

. . . . . .

Notizen zur Ästhetik I . . . . . . Notizen zur Ästhetik II . . . . . . Kollegheft Ästhetik 1819 . . . . . Marginalien zum Kolleg 1832/33

. . . .

. . . .

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. . . . . . . . . . .

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. . . .

L

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LI LV LVIII LXI

Zweiter Teil · Vorlesungsnachschriften . . . . . . . . . .

LXIV

1. Kolleg 1819 (sekundäre Überlieferung) . . . . . . . 2. Kolleg 1825 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kolleg 1832/33 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

LXV LXVII LXXI

Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

LXXIV

1. 2. 3. 4.

. . . . . . . . . . . . . . .

LXXIV LXXV LXXVI

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LXXVII

Musik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Notiz zu einem Trauerlied . . . . . . . . . . Notiz zur Ästhetik von Bouterwek . . . . . Notizen zur dritten Akademieabhandlung „Über den Umfang des Begriffs der Kunst in Bezug auf die Theorie derselben“ . . . .

. . . .

L

VIII

Inhaltsverzeichnis

Erster Teil · Manuskripte Schleiermachers Notizen zur Ästhetik I . . . . . . . . . . . . . . . . . . Notizen zur Ästhetik II . . . . . . . . . . . . . . . . . Kollegheft Ästhetik 1819 . . . . . . . . . . . . . . . . Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erster Teil. Allgemeiner spekulativer . . . . . . . Zweiter Teil. Darstellung der einzelnen Künste Die begleitenden Künste . . . . . . . . . . . . Mimik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Musik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die bildenden Künste . . . . . . . . . . . . . . Architektur . . . . . . . . . . . . . . . . . Skulptur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marginalien zum Kolleg 1832/33 . . . . . . . . . . .

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3 21 37 39 45 91 92 92 105 116 118 123 131

Kolleg 1819 · Nachschrift Bluhme – sekundäre Überlieferung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kolleg 1825 · Nachschrift Bindemann . . . . . . . . . . . . Kolleg 1832/33 · Nachschrift Schweizer . . . . . . . . . . .

161 279 535

Zweiter Teil · Vorlesungsnachschriften

Anhang Musik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Notiz zu einem Trauerlied . . . . . . . . . . Notiz zur Ästhetik von Bouterwek . . . . Notizen zur dritten Akademieabhandlung „Über den Umfang des Begriffs der Kunst in Bezug auf die Theorie derselben“ . . .

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

915 917 918

. . . . . . . . . .

919

Verzeichnisse Abkürzungen . . . . . . . . . . Editorische Zeichen . . . . . . Chiffren in den Manuskripten Literatur . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . und . . .

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ihre Auflösung . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . .

925 926 926 927

Register der Namen und Werke . . . . . . . . . . . . . . . .

945

Register

Einleitung der Herausgeber I. Die Kritische Schleiermacher-Gesamtausgabe Die Kritische Gesamtausgabe (KGA) der Schriften, des Nachlasses und des Briefwechsels Schleiermachers ist in die folgenden fünf Abteilungen gegliedert: I. II. III. IV. V.

Schriften und Entwürfe Vorlesungen Predigten Übersetzungen Briefwechsel und biographische Dokumente.

Die Gliederung richtet sich nach den literarischen Gattungen in Schleiermachers Werk, wobei den einzelnen Abteilungen jeweils auch der handschriftliche Nachlass zugewiesen wird. Der Aufbau der Abteilungen orientiert sich am chronologischen Prinzip.

II. Die Abteilung II (Vorlesungen) Die II. Abteilung dokumentiert Schleiermachers Vorlesungstätigkeit nach seinen handschriftlichen Materialien und nach Vorlesungsnachschriften. Schleiermacher hat in seiner beinahe drei Jahrzehnte währenden Lehrtätigkeit in der Theologischen Fakultät, abgesehen vom Alten Testament, über nahezu alle theologischen Disziplinen Vorlesungen gehalten. Als Mitglied der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu Berlin hatte er überdies das Recht, auch in der Philosophischen Fakultät Vorlesungen zu halten. Davon hat er extensiven Gebrauch gemacht. In jedem Semester hat Schleiermacher mindestens zwei Vorlesungen gehalten, oft sogar drei (eine neutestamentlich-exegetische, eine weitere theologische und eine philosophische). Ein Verzeichnis seiner Vorlesungen findet sich in dem von Andreas Arndt und Wolfgang Virmond bearbeiteten Band „Schleiermachers Briefwechsel (Verzeichnis) nebst einer Liste seiner Vorlesungen“ (Schleiermacher– Archiv Bd. 11, Berlin und New York 1992, S. 293–330).

X

Einleitung der Herausgeber

Angesichts der umfänglichen Materialien ist eine restriktive Berücksichtigung der Vorlesungsnachschriften unumgänglich. Für die Edition der Vorlesungen gelten folgende Richtlinien: 1. 2. 3.

4.

Jede von Schleiermacher in seinen Vorlesungen behandelte Disziplin wird in einem Band – eventuell mit Teilbänden – vorrangig durch seine eigenen Manuskripte kritisch ediert. Die Manuskripte Schleiermachers werden im ersten Teil in chronologischer Ordnung kritisch ediert. Die Vorlesungsnachschriften werden, wenn ihre Qualität es erlaubt, dort in die Edition einbezogen und unter vereinfachten Editionsregeln in einem zweiten Teil ediert, wo eigene Manuskripte Schleiermachers entweder fehlen oder wo seine Manuskripte als nicht ausreichend zu beurteilen sind. Nachschriften eines mehrfach gehaltenen Kollegs aus verschiedenen Jahren werden nur dann eigens berücksichtigt, wenn es darum geht, eine bedeutsame Entwicklung zu dokumentieren. Auch die Nachschriften werden chronologisch angeordnet. Die abgrenzende Gruppierung der Manuskripte Schleiermachers und der Nachschriften von fremder Hand in zwei Teilen des Bandes kann bei besonderen Sachlagen aufgegeben werden; die zu edierenden Texte werden dann fortlaufend chronologisch angeordnet.

Für die chronologische Anordnung der Vorlesungsdisziplinen ist dasjenige Semester maßgebend, in dem Schleiermacher die jeweilige Vorlesung zum ersten Mal gehalten hat. In den beiden Fällen, in denen er im selben Semester mit zwei bzw. drei Vorlesungen begonnen hat (Wintersemester 1804/05 und Sommersemester 1806), werden zuerst die allgemeiner und dann die spezieller ausgerichteten Vorlesungen geboten. Dementsprechend ergibt sich für die Abteilung „Vorlesungen“ folgende Gliederung: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

Vorlesungen Vorlesungen Vorlesungen Vorlesungen Vorlesungen Vorlesungen Vorlesungen phie (1807)

über die Philosophische Sittenlehre (1804/05) über die Theologische Enzyklopädie (1804/05) über die Christliche Glaubenslehre (1804/05) zur Hermeneutik und Kritik (1805) über die Christliche Sittenlehre (1806) über die Kirchengeschichte (1806) über die Geschichte der griechischen Philoso-

Editorische Grundsätze für die Abteilung II (Vorlesungen)

8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17.

XI

Vorlesungen über die Lehre vom Staat (1808/09) Vorlesungen über die Geschichte der christlichen Philosophie (1810) Vorlesungen über die Dialektik (1811) Vorlesungen über die Praktische Theologie (1812) Vorlesungen über die Pädagogik und amtliche Voten zum öffentlichen Unterricht (1813) Vorlesungen über die Psychologie (1818) Vorlesungen über die Ästhetik (1819) Vorlesungen über das Leben Jesu (1819/20) Vorlesungen über die Kirchliche Geographie und Statistik (1827) Vorlesungen über die Einleitung in das Neue Testament (1829).

Die exegetischen Vorlesungen Schleiermachers werden aus pragmatischen Gründen an den Schluss der Abteilung gestellt, weil dazu sehr umfängliche Manuskripte Schleiermachers im Nachlass erhalten sind. Die Quantität und Qualität dieser Materialien stellen eine editorische Erschließung vor spezifische Probleme. Geplant ist, die Bandeinteilung an dem bei Schleiermacher erkennbaren Kurs über sechs Semester zu orientieren: 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Vorlesungen über die Schriften des Lukas (Evangelium und Apostelgeschichte) Vorlesungen über die Briefe des Apostels Paulus A Vorlesungen über die Briefe des Apostels Paulus B Vorlesungen über die Katholischen Briefe und den Brief an die Hebräer Vorlesungen über das Evangelium des Johannes Vorlesungen über das Evangelium des Matthäus.

III. Editorische Grundsätze für die Abteilung II (Vorlesungen) Die folgenden Grundsätze schließen sich an die für die I. Abteilung in der Fassung von KGA I/1 und für die V. Abteilung in der Fassung von KGA V/1 niedergelegten an, tragen aber den Besonderheiten der Vorlesungsedition Rechnung.

XII

Einleitung der Herausgeber

1. Historische Einführung und Editorischer Bericht Den Bänden der II. Abteilung wird jeweils eine Einleitung des Bandherausgebers vorangestellt, die eine Historische Einführung und einen Editorischen Bericht umfasst. Die Historische Einführung gibt Auskunft über die Entstehungs- und Überlieferungsgeschichte der jeweiligen Vorlesung. Gegebenenfalls wird über die Rezeption durch die Zeitgenossen berichtet. Der Editorische Bericht beschreibt die Materiallage und erläutert das editorische Verfahren.

2. Textgestaltung und textkritischer Apparat Die Bände der II. Abteilung umfassen (A) sämtliche Vorlesungsmanuskripte Schleiermachers (B) dort, wo es zu deren Verständnis nötig ist oder wo andere Gründe es nahelegen, auch ausgewählte Vorlesungsnachschriften und ferner, falls keine solchen Primärquellen mehr vorhanden sind, (C) auch Texte, die nur noch sekundär, etwa im Druck der „Sämmtlichen Werke“, vorliegen. Für die E d i t i o n al l e r d r e i So r t e n v on Text zeug en gelten folgende Prinzipien: a)

S c h r e i b w e i s e u n d Z e i c h e nsetzung des zu edierenden Textzeugen werden grundsätzlich beibehalten. Dies gilt auch für Schwankungen in der Schreibweise, bei denen es häufig eine Ermessensfrage darstellt, ob eine irrtümliche Schreibweise vorliegt. Hingegen werden Verschiedenheiten in der Verwendung von Zeichen (z. B. für Abkürzungen und Auslassungen), soweit sie willkürlich und sachlich ohne Bedeutung sind, stillschweigend vereinheitlicht. Die von Schleiermacher für Randnotizen gebrauchten Verweiszeichen (Ziffern, Sterne, Kreuze etc.) werden einheitlich durch Ziffern wiedergegeben, sofern diese Randnotizen hier als Fußnoten wiedergegeben werden. b) O f f e n k u n d i ge Sc h r e i b f e h ler oder Versehen werden im Text korrigiert. Im Apparat wird – ohne weitere Angabe – die Schreibweise des Originals angeführt.

Editorische Grundsätze für die Abteilung II (Vorlesungen)

c)

XIII

Wo der Zustand des Textes eine Konjektur notwendig macht, wird diese im Text durchgeführt und im Apparat nachgewiesen; in Zweifelsfällen wird die Konjektur mit der Angabe „Kj“ nur im Apparat vorgeschlagen. Wo bereits Konjekturen eines früheren Herausgebers vorliegen, werden diese unter Nennung des jeweiligen Urhebers und der Seitenzahl seiner Ausgabe oder Schrift im Apparat mitgeteilt. Wird eine solche Konjektur in den Text übernommen, so wird dies ebenfalls im Apparat nachgewiesen.

Über diese gemeinsamen Prinzipien hinaus wird für die drei unterschiedlichen Textsorten (Manuskripte Schleiermachers, Vorlesungsnachschriften und sekundäre Überlieferung) das im Folgenden beschriebene abgestufte Editionsverfahren angewandt. (A) Manuskripte Schleiermachers d) Es wird die l e t z t gü l t i ge Te x t g esta lt des Manuskripts wiedergegeben. Alle Belege für den Entstehungsprozess (wie Streichungen, Korrekturen, Umstellungen) werden im textkritischen Apparat – nach Möglichkeit gebündelt – mitgeteilt. e) Zu s ä t z e zum ursprünglichen Text, die Schleiermacher eindeutig einverwiesen hat, werden in den laufenden Text eingefügt. Sie werden mit der Formel „mit Einfügungszeichen“ und mit Angabe des ursprünglichen Ortes im Manuskript im textkritischen Apparat nachgewiesen. Ist ein Zusatz von Schleiermacher nicht eingewiesen, aber seine eindeutige Einordnung in den Grundtext durch Sinn oder Position möglich, so wird im textkritischen Apparat nur der Ort angegeben. Zusätze, die sich nicht eindeutig in den Grundtext einfügen lassen, werden auf den jeweiligen Seiten – vom übrigen Text deutlich abgesetzt – unter Angabe des Ortes im Manuskript wiedergegeben. f) Bei Ab b r e vi at u r e n (Abkürzungen, Kontraktionen, Kürzeln), deren Sinn eindeutig ist, werden unter Weglassung eines evtl. vorhandenen Abkürzungszeichens (Punkt, Abkürzungsschleife usw.) die fehlenden Buchstaben im Text kursiv ergänzt. Chiffren für Wörter (z. B. Θ für Gott) werden ebenfalls im Text kursiv aufgelöst und im Abkürzungsverzeichnis zusammengestellt. Abbreviaturen und Chiffren, deren Auflösung unsicher ist, werden im Text belassen; für sie wird ggf. im textkritischen Apparat ein Vorschlag mit der Formel

XIV

Einleitung der Herausgeber

„Abk. wohl für …“ gemacht. Zur Zeit Schleiermachers geläufige Abkürzungen werden nicht aufgelöst. Soweit sie heute nicht mehr geläufig sind, werden sie im Abkürzungsverzeichnis mit ihren Auflösungen zusammengestellt. Die durch Überstreichung bezeichnete Verdoppelung von m und n wird stillschweigend ausgeschrieben. In allen Fällen, wo (z. B. bei nicht ausgeformten Buchstaben, auch bei der verkürzten Endsilbe -en) aufgrund der Flüchtigkeit der Schrift nicht eindeutig ein Schreibversehen oder eine gewollte Abkürzung zu erkennen ist, wird das betreffende Wort ohne weitere Kennzeichnung in der üblichen Schreibweise vollständig wiedergegeben. g) F e h l e n d e W ö r t e r u n d Z e i chen, die für das Textverständnis unentbehrlich sind, werden in eindeutigen Fällen kursiv in eckigen Klammern ergänzt. In Zweifelsfällen wird im Apparat mit der Formel „zu ergänzen wohl“ ein Vorschlag gemacht. Im Text gelassene Lücken werden im textkritischen Apparat durch den Hinweis (lacuna) gekennzeichnet. Sofern das Zeilenende bzw. das Ende eines Absatzes eindeutig den Punkt am Satzende vertritt, wird dieser stillschweigend ergänzt. Ferner werden fehlende Umlautzeichen in eindeutigen Fällen stillschweigend ergänzt; fehlende diakritische Zeichen (wie Akzente, Spiritus-Zeichen) in fremdsprachigen Texten werden hingegen nicht ergänzt. h) Sind im Manuskript U ms t e llung en von benachbarten Wörtern oder Satzteilen vorgenommen worden, so wird im Apparat mit der Formel „umgestellt aus“ die Vorstufe angegeben. Bei Umstellungen von Sätzen oder Satzteilen über einen größeren Zwischenraum wird der ursprüngliche Ort unter Verwendung der Formel „mit Umstellungszeichen“ angegeben. i) S t r e i c h u n ge n . Sind im Manuskript Wörter, Buchstaben oder Zeichen gestrichen worden, so wird das Gestrichene im Apparat in Winkelklammern unter Angabe des Ortes im Manuskript mitgeteilt. Wurden Streichungen vorgenommen, aber nicht vollständig durchgeführt, so werden die versehentlich nicht gestrichenen Partien in doppelte Winkelklammern eingeschlossen. j) Ko r r e k t u r e n Schleiermachers an Wörtern, Wortteilen oder Zeichen werden durch die Formel „korr. aus“ angezeigt (Beispiel: klein] korr. aus mein). k) U n s i c h e r e L e s ar t e n werden in unvollständige eckige Klammern (Beispiel: QnochR) eingeschlossen. Gegebenenfalls

Editorische Grundsätze für die Abteilung II (Vorlesungen)

XV

wird eine mögliche andere Lesart mit der Formel „oder“ (Beispiel: QauchR oder QnochR) vorgeschlagen. Bei unsicheren Lesarten, zu denen frühere Texteditionen eine abweichende, ebenfalls erwägenswerte Lesart bieten, wird diese unter Nennung des jeweiligen Herausgebers und der Seitenzahl seiner Ausgabe oder Schrift mitgeteilt. Nicht entzifferte Wörter werden durch ein in unvollständige eckige Klammern gesetztes Spatium gekennzeichnet; bei zwei oder mehr unleserlichen Wörtern wird dieses Zeichen doppelt gesetzt und eine genauere Beschreibung im textkritischen Apparat gegeben l) Liegen bei einer Handschriftenstelle mehrere deutlich unterscheidbare E n t s t e h u n gs s t u f e n vor, so können diese, wo es die Klarheit erfordert, im textkritischen Apparat nacheinander jeweils für sich nachgewiesen werden. Keine eigene Mitteilung erfolgt, wenn beim Übergang aus der früheren in die spätere Stufe ein Wort gestrichen oder korrigiert worden ist; dieses ergibt sich aus dem Vergleich der Stufen. m) Ü b e r l i e f e r u n gs l ü c k e n . Ist ein Manuskript nur bruchstückhaft überliefert, so wird der Überlieferungsverlust innerhalb eines Absatzes durch ein in kursive eckige Klammern eingeschlossenes Spatium gekennzeichnet. Ein umfangreicherer Überlieferungsverlust wird durch ein in kursive eckige Klammern gesetztes Spatium gekennzeichnet, das auf einer gesonderten Zeile wie ein Absatz eingerückt wird. Eine Beschreibung erfolgt im textkritischen Apparat. (B) Vorlesungsnachschriften Die Edition der Vorlesungsnachschriften erfolgt nach einem vereinfachten Verfahren. Diese Vereinfachungen betreffen die im Vorstehenden unter den Buchstaben d), e), h), i), j) und l) genannten Editionsregeln. Die unter den Buchstaben f), g), k) und m) genannten Grundsätze gelten unverändert. n) Bei der Edition von Vorlesungsnachschriften wird in der Regel lediglich die l e t z t gü l t i ge Te xt g esta lt wiedergegeben, jedoch o h n e N ac h w e i s d e s M anuskript bef undes – d. i. von Streichungen, Zusätzen, Verbesserungen, Umstellungen und Entstehungsstufen – im Apparat. Abweichend hiervon werden längere Randbemerkungen zu Vorlesungsnachschriften, die den Charakter von eigenständigen Textpartien haben,

XVI

Einleitung der Herausgeber

als Fußnoten mitgeteilt, da es sich bei ihnen um spätere Ergänzungen des Nachschreibers handeln kann. o) Existieren zu einer Vorlesung mehrere Nachschriften, so wird die beste als Leittext ediert. Die als Leit text gewählte Nachschrift wird in der Regel vollständig geboten. Wo Vorlesungsnachschriften über Schleiermachers Manuskripte hinaus keine wesentlichen Aufschlüsse enthalten, ist es auch möglich, sie nur ausschnittweise abzudrucken. Bietet die als Leittext gewählte Nachschrift an einer Stelle einen offenkundig fehlerhaften Text, so wird nach Möglichkeit der richtige Text aus einer anderen Nachschrift übernommen, die Abweichung aber im Apparat dokumentiert. Ist die als Leittext gewählte Nachschrift unvollständig, wird sie aus einer vollständigeren ergänzt, mit entsprechendem Nachweis im Apparat. Weist auch diese offenkundige Fehler auf, wird, sofern weitere Vorlesungsnachschriften vorhanden sind, verfahren wie im vorigen Satz beschrieben. (C) Sekundäre Überlieferung p) Sofern Überlieferungsverluste gegenüber früheren Editionen eingetreten sind, können die entsprechenden Texte als sekundäre Überlieferung in ihrer ursprünglichen Gestalt unverändert unter Hinzufügung eines Sachapparats dargeboten werden.

3. Sachapparat Der Sachapparat gibt die für das Textverständnis notwendigen Erläuterungen. a)

Zit at e u n d Ve r w e i s e werden im Apparat nachgewiesen. Dabei wird, soweit möglich und sinnvoll, sowohl die von Schleiermacher benutzte Ausgabe als auch eine heute maßgebliche Ausgabe angeführt. Das gilt auch für Verweisungen Schleiermachers auf eigene Werke. Bei Zitaten werden sinnverändernde Abweichungen von den Quellen vermerkt. b) Zu A n s p i e l u n ge n Schleiermachers werden Nachweise oder Erläuterungen nur dann gegeben, wenn die Anspielung als solche deutlich, der fragliche Sachverhalt eng umgrenzt und eine Erläuterung zum Verständnis des Textes nötig ist.

Editorische Grundsätze für die Abteilung II (Vorlesungen)

XVII

4. Verzeichnisse und Register a)

Jeder Band erhält ein A b k ü r z u n gsv erzeichnis, das sämtliche Zeichen und Abkürzungen auflöst, die von den Autoren oder vom Bandherausgeber benutzt worden sind, soweit die Auflösung nicht in den Apparaten oder im Literaturverzeichnis erfolgt. b) Jeder Band erhält ein L i t e r at u r verzeichnis, in dem die Schriften aufgeführt werden, die in den Texten sowie in den Apparaten und in der Einleitung des Bandherausgebers genannt sind. Bei denjenigen Werken, die im Katalog der Bibliothek Schleiermachers (s. Günter Meckenstock: Schleiermachers Bibliothek nach den Angaben des Rauchschen Auktionskatalogs und der Hauptbücher des Verlages G. Reimer, in: KGA I/15, 2005, S. 637–912) verzeichnet sind, wird nach dem Titel in eckigen Klammern das Kürzel SB mit der jeweiligen Katalognummer hinzugefügt. c) Jeder Band erhält ein N ame n r e gist er, das alle im Band genannten historischen Personen erfasst. d) Ein Register der B i b e l s t e l l e n erhalten diejenigen Bände, bei denen es sinnvoll ist.

5. Druckgestaltung a)

S a t z s p i e ge l . Es werden untereinander angeordnet: Text des Originals ggf. mit Fußnoten, textkritischer Apparat, Sachapparat. b) S c h r i f t ar t e n . Der Text des Originals wird einheitlich in recte stehender Antiqua wiedergegeben. Hochgestellte Endungen (z. B. bei Ordnungszahlen) werden nivelliert, graphische Varianten von Zeichen (wie doppelte Bindestriche, verschiedene Formen von Abkürzungszeichen oder Klammern) werden stillschweigend vereinheitlicht. Ergänzungen nicht ausgeschriebener Wörter im Text sowie Herausgeberrede werden kursiv gesetzt. c) H e r v o r h e b u n ge n in Schleiermachers Manuskripten (vorwiegend durch Unterstreichung) werden einheitlich durch S p e r r u n g kenntlich gemacht. Hervorhebungen in den Vorlesungsnachschriften bleiben unberücksichtigt, soweit sie der Lesbarkeit nicht förderlich sind. d) Die S e i t e n z äh l u n g d e s O r i gi na ls wird auf dem Außenrand angegeben. Stammt die Zählung nicht vom Autor, so

XVIII

e) f)

g)

Einleitung der Herausgeber

wird sie kursiv gesetzt. Der Seitenwechsel des zugrundeliegenden Textzeugen wird im Text durch einen senkrechten Strich (|) wiedergegeben. Wo die Angabe des Zeilenbruchs sinnvoll erscheint, erfolgt sie durch einen Schrägstrich (/) im Text. Sofern ein Text bereits in den S ä m m tlichen Werken erschienen ist, wird die Paginierung kursiv am Außenrand mitgeteilt, jedoch ohne Seitentrennungsstrich. B e z i e h u n g d e r A p p ar at e auf den Text . Sie erfolgt beim textkritischen Apparat durch Zeilenangabe mit Lemma. Kommt in einer Zeile das gleiche Bezugswort mehrfach vor, wird ein zusätzliches Bezugswort angeführt. Die Bezugswörter werden durch das Lemmazeichen von der folgenden Mitteilung abgegrenzt. Der Sachapparat wird durch Zeilenangabe auf die jeweilige Bezugsstelle bezogen. Sofern in einem Band sowohl Manuskripte Schleiermachers als auch eine Nachschrift aus demselben Kolleg veröffentlicht werden, wird der Zusammenhang zwischen ihnen möglichst durch ein Ve r w e i s u n gs s ys t e m hergestellt, etwa durch die Angabe der Daten oder durch die Bezeichnung der Vorlesungsstunden am Seitenrand. Sofern solche Angaben in den edierten Quellen enthalten sind, werden sie recte wiedergegeben; sofern sie aus anderen Quellen ergänzt sind, werden sie kursiv gesetzt. Im Namen der Herausgeber Lutz Käppel

Einleitung des Bandherausgebers Dieser Band umfasst alle bekannten Manuskripte Schleiermachers zu seinen Vorlesungen über die Ästhetik, die er 1819, 1825 und 1832/33 an der Berliner Universität gehalten hat, sowie eine Auswahl von Vorlesungsnachschriften. Bei Schleiermachers Manuskripten handelt es sich neben seinem Kollegheft, das er für alle drei Kollegien verwendet hat, um vorbereitende Notizen, Exzerpte und Aphorismen. Zu jedem der drei Kollegien wird eine der insgesamt sieben überlieferten Nachschriften wiedergegeben: für das Kolleg 1819 die durch Odebrecht überlieferte Nachschrift von Friedrich Bluhme, für das Kolleg 1825 die Nachschrift von Moritz Bindemann und für das Kolleg 1832/33 diejenige von Alexander Schweizer. Der Anhang enthält darüber hinaus Dokumente über die Ästhetik aus Schleiermachers Hand, die den Vorlesungen nicht direkt zugeordnet werden können, darunter vorbereitende Notizen zur dritten Akademieabhandlung „Über den Umfang des Begriffs der Kunst in Bezug auf die Theorie derselben“, ergänzend zu Band 11 der I. Abteilung der KGA („Akademievorträge“). Der Band enthält unveröffentlichte und bereits veröffentlichte Manuskripte und ist die bislang umfassendste Ausgabe der Ästhetikvorlesungen Schleiermachers.

I. Historische Einführung 1. Vorgeschichte Wie aus biographischen Dokumenten hervorgeht, hegte Schleiermacher Zeit seines Lebens ein besonderes Interesse für die Kunst, namentlich für Literatur und Musik. Bereits in seiner Zeit im Pädagogium Niesky und im Seminarium von Barby (1783–1787) las er nicht nur antike Klassiker wie Homer, Hesiod oder Pindar, sondern auch Goethes „Werther“ oder Wielands Gedichte.1 Seine Tageskalender 1

Vgl. Kurt Nowak: Schleiermacher. Leben, Werk und Wirkung, Göttingen 2001, S. 24–28.

XX

Einleitung des Bandherausgebers

belegen Schleiermachers Fortführung dieses literarischen Interesses in seiner Berliner Zeit: Zwischen 1808 und 1810 las er erneut Homers Epen, aber auch Ovid und Vergil sowie Lessings „Minna von Barnhelm“ und Goethes „Wahlverwandtschaften“.2 Außerdem sang Schleiermacher ab 1808 in der Berliner Singakademie unter Zelter Tenor, besuchte die Singakademie mitunter mehrmals wöchentlich und darüber hinaus bis in die 1830er Jahre verschiedene Berliner Opern- und Konzertaufführungen.3 Seine rege Anteilnahme am musikalischen Leben seiner Zeit, zu der er auch durch seine kirchlichen Tätigkeiten motiviert war, belegen nicht nur die Musikalien in seiner Bibliothek, sondern auch sein Briefwechsel: Schleiermachers Verbindung mit dem Komponisten Johann Friedrich Reichhardt und dessen Familie in Giebichenstein bei Halle, der er in der „Weihnachtsfeier“ ein Denkmal setzte, führte zu einer Brieffreundschaft mit Reichardts Tochter Luise, die ebenfalls komponierte und später einen Chor leitete; dieser Austausch dürfte Schleiermacher Einblicke in die gegenwärtigen Entwicklungen der Instrumental- und Vokalmusik vermittelt haben.4 Auch mit seiner Briefpartnerin, der Musikliebhaberin Charlotte Cummerow, tauschte er sich über musikalische Themen wie über die Bedeutung Beethovens in seiner Zeit aus.5 Seine ersten theoretischen Kenntnisse von der Ästhetik dürfte Schleiermacher während seines Studiums (1787–1789) von seinem philosophischen Lehrer und Förderer an der Universität Halle, Jo2

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Vgl. Wolfgang Virmond: „Schleiermachers Lektüre nach Auskunft seiner Tagebücher“, in: Günter Meckenstock (Hg.) in Verb. mit Joachim Ringleben: Schleiermacher und die wissenschaftliche Kultur des Christentums, Berlin / New York 1991, S. 71–99, hier: 74–76. Vgl. Schleiermacher: Tageskalender 1809, erarbeitet von Wolfgang Virmond unter Mitarbeit von Holden Kelm, in: schleiermacher digital / Schleiermachers Tageskalender 1808–1834, hg. v. Elisabeth Blumrich, Christiane Hackel, Wolfgang Virmond, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: https://schleiermacher-digital.de/tageskalender/index.xql (abgerufen 23.06.2020). Vgl. den Briefwechsel zwischen Schleiermacher und Luise Reichardt 1808–1810, KGA V/10 und KGA V/11, hg. v. Simon Gerber und Sarah Schmidt, Berlin/Boston 2015, der auch online verfügbar ist: schleiermacher digital / Briefe, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: https://schleiermacherdigital.de/index.xql (abgerufen 23.06.2020). Günter Meckenstock: Schleiermachers Bibliothek nach den Angaben des Rauchschen Auktionskatalogs und der Hauptbücher des Verlages G. Reimer, KGA I/15, Anhang, Berlin / New York 2005. Am 20. Januar 1808 schrieb Charlotte Cummerow an Schleiermacher: „Beethoven ist gewiß (darüber bin ich mit Ihnen einig) der verdienstvollste Künstler unsrer heutigen Zeit, aber er ist auch der schwerste“ (Brief 2613, KGA V/10, S. 27).

Historische Einführung

XXI

hann August Eberhard, erworben haben.6 Eberhard, der die Schulphilosophie von Leibniz und Christian Wolff gegen den aufkommenden Kantischen Kritizismus verteidigte, verfasste selbst eine „Theorie der schönen Wissenschaften“ (1786), später ein „Handbuch der Aesthetik“ (1803–1805), und betreute u. a. eine Neuausgabe von Baumgartens „Metaphysik“ (1783).7 Schleiermachers frühe Beschäftigung mit ästhetischen Fragestellungen lässt sich in seinem Aufsatz „Über das Naive“ (1789) beobachten.8 Darin untersucht er Mendelssohns Schrift „Über das Erhabene und Naive in den schönen Wissenschaften“ (1771)9 näher und erörtert mit dem Naiven, Erhabenen und Lächerlichen ästhetische Kategorien, die in der Ästhetik der Spätaufklärung und Empfindsamkeit diskutiert wurden. Schleiermacher kritisiert Mendelssohns Begriff des Naiven dabei vor allem aus ethischer Perspektive als unzulänglich, weil er die äußerlichen Bewegungen als auch die charakterlichen Eigenheiten eines Menschen nicht hinreichend zu erfassen erlaube. Auch in seiner Schrift „Über die Freiheit“, die um 1790 entstand, behandelt Schleiermacher die Ästhetik nur am Rande.10 Die kurze Untersuchung des ästhetischen Urteils darin betrifft nicht etwa das Geschmacksurteil im Kantischen Sinne, sondern die Frage, inwiefern die Behandlung des Moralischen mit der des Ästhetischen in Beziehung gesetzt werden könne.11 In der Abhandlung „Über den Stil“ (1790/91) erörtert Schleiermacher die Art und Weise der sprachlichen Mitteilung von Empfindungen und Gedanken und insofern eine durchaus ästhetische Thematik.12 Er geht davon aus, dass eine unmittelbare Mitteilung von 6

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Bei Eberhard besuchte Schleiermacher u. a. ein Kolleg über die Geschichte der Philosophie, über Metaphysik und über philosophische Moral, in dem er sich mit der „Nikomachischen Ethik“ von Aristoteles auseinandersetzte. Vgl. Nowak: Schleiermacher (Anm. 1), S. 35. Johann August Eberhard: Theorie der schönen Wissenschaften, Halle 1786 (2. Auflage). Ders.: Handbuch der Aesthetik, für gebildete Leser aus allen Ständen. In Briefen, 4 Bde., Halle 1803–1805 (2. Auflage 1807–1820). Alexander Gottlieb Baumgarten: Metaphysik, hg. v. J. A. Eberhard und Georg Meier, 9. Auflage, Halle 1783. Schleiermacher: Über das Naive, KGA I/1, hg. v. Günter Meckenstock, Berlin / New York 1984, S. 177–187. Moses Mendelssohn: Philosophische Schriften, 2. Auflage, 2. Theil, Berlin 1771, S. 153–240. Schleiermacher: Über die Freiheit, KGA I/1, S. 217–356; vgl. Günter Meckenstock: „Historische Einführung“, ebd., S. LVIII. Schleiermacher: Über die Freiheit, KGA I/1, S. 258–262. Schleiermacher: Über den Stil, KGA I/1, S. 365–390. Schleiermacher exzerpierte für diese Schrift offenbar Beispiele aus Johann Christoph Adelungs „Ueber den Deutschen Styl“ (Berlin 1785), für das er wohl eine Rezension plante. Wolfgang Virmond: Schleiermachers Schlobittener Vorträge „Über den Stil“ von 1791 in un-

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Einleitung des Bandherausgebers

Empfindungen oder Gedanken nicht möglich sei, weshalb eine solche Mitteilung nur indirekt mit Hilfe von Zeichen erfolgen könne, bei denen er natürliche, wesentliche und willkürliche unterscheidet. Entsprechend der Annahme, dass sich dieser Zeichen auch alle Künste und Wissenschaften bedienten, unterscheidet Schleiermacher drei verschiedene Ausdrucks- und Stilformen in den Künsten: 1. Insofern Gebärden und Töne zu den natürlichen Zeichen gehören, sei die Kunst ihres Ausdrucks der mimische oder musikalische Stil, 2. Malerei und Bildnerei seien Ausdrucksformen wesentlicher Zeichen, die auf sinnliche Eindrücke zurückgingen, weshalb es auch einen besonderen Stil in den bildenden Künsten gebe, 3. Poesie und Rhetorik stellten schließlich die Kunst des Ausdrucks von Vorstellungen durch die willkürlichen Zeichen der Sprache dar.13 Diese Dreiteilung hat Schleiermacher offenbar in kritischem Anschluss an Eberhards „Theorie der schönen Wissenschaften“ (1786) entwickelt, der darin die schönen Wissenschaften und Künste aufgrund eines ähnlichen dreigliedrigen Zeichenmodells einteilt.14 Obwohl Schleiermacher in seinen Ästhetikvorlesungen ab 1819 die Rhetorik nicht als eine eigene Kunstform behandelt, bildet Eberhards semiotischer Ansatz offenbar eine Art Blaupause für seine Einteilung der Künste in die drei Abteilungen: begleitende (Mimik und Musik), bildende (Architektur, Skulptur, Malerei) und redende Künste (Poesie).15 Von einer ausführlichen Auseinandersetzung mit der ästhetischen Theorie seiner Zeit finden sich in Schleiermachers Frühschriften insge-

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bekannten Nachschriften, in: Synthesis Philosophica (Nr. 23), Bd. 12, H. 1, Zagreb 1997, S. 7–38. Schleiermacher: Über den Stil, KGA I/1, S. 365. Eberhard: Theorie der schönen Wissenschaften (Anm. 7), S. 6–7. Ders.: Theorie der schönen Künste und Wissenschaften, Halle 1790 (3. Auflage), S. 6–7, 16. Eberhard antwortete mit dieser Konzeption auf eine Debatte, die von Moses Mendelssohn angeregt wurde, der der Behandlung der Kunst in Baumgartens Ästhetik eine Verengung auf die Poesie und die Rhetorik vorhielt und demgegenüber ein semiotisches Einteilungsschema vorschlug, das alle schönen Künste und Wissenschaften umfasst. Vgl. Norman Kasper: „Ontologischer Sensualismus als Restitution der sinnlichen Erkenntnis und dessen Kritik. Zweierlei Begründung der seelischen Empfindung durch die Sichtbarkeit (Eberhard und A. W. Schlegel)“, in: Hans-Joachim Kertscher / Ernst Stöckmann (Hg.): Ein Antipode Kants? Johann August Eberhard im Spannungsfeld von spätaufklärerischer Philosophie und Theologie, Berlin / New York 2012, S. 225–250, hier: 226–231. Eine ähnliche Einteilung der Künste findet sich auch in Eberhards „Handbuch der Aesthetik“: 1. die „practischen“ Künste Musik und Orchestik, 2. die „bildenden“ Künste Baukunst, Bildhauerkunst und Malerei sowie 3. die „redenden“ Künste. Vgl. J. A. Eberhard (Hg.): Handbuch der Aesthetik, für gebildete Leser aus allen Ständen in Briefen, 3. Th., Halle 1804, S. 63.

Historische Einführung

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samt nur vereinzelte Hinweise. So kritisiert er in „Über den Wert des Lebens“ (1793) die zeitgenössische Kunsttheorie in einer Passage scharf, weil deren Unterfangen, das „ästhetische Gefühl“ allein durch seine Übereinstimmung mit einer Verstandesregel einschätzen zu wollen, zu abstrakt sei: „Hätten wir erst die absolute Theorie des aesthetischen Gefühls welches wahrscheinlich unmöglich ist, dann möchte eine solche Anmaßung Statt finden, aber dann würden wir auch nothwendig einen ganz anderen Blik in diese Dinge haben. Jezt ist jedes System einer Kunst oder irgend einer Anwendung des Schönheitsgefühls nur hypothetisch und beruht immer auf Voraussezungen und Beobachtungen über das angenehme und schikliche bei welchen gar keine Allgemeinheit möglich ist.“16 Das individuelle „Schönheitsgefühl“ und der „ästhetische Genuß“ blieben daher letztlich unabhängig von der Beschaffenheit und Ausbildung einer allgemeinen Theorie des Schönen, womit Schleiermacher der Ästhetik der Spätaufklärung eine unreflektierte Kluft zwischen Sinnlichkeit und Verstand attestiert. Zu dieser Zeit hatte sich Schleiermacher zwar bereits mit Kants „Kritik der praktischen Vernunft“ auseinandergesetzt, dessen „Kritik der Urteilskraft“ (1790) dürfte er aber erst später rezipiert haben – briefliche Zeugnisse deuten darauf hin, dass er sie erst spät im Jahr 1792 während seiner Schlobittener Zeit zur Verfügung hatte.17 16 17

Schleiermacher: Über den Wert des Lebens, KGA I/1, S. 391–471, hier: 451–452. Sein Hallenser Studienfreund Duisburg informierte Schleiermacher in einem Brief vom 4. Dezember 1792 aus Danzig: „Auch sind noch Bücher für Dich von Troschel angelangt [...]. Es sind: Kants Kritik der Urtheilskraft – Nößelts theologische Bücherkunde – und Fülleborns Beyträge [zur Geschichte der Philosophie].“ (Brief 204, KGA V/1, hg. v. Andreas Arndt und Wolfgang Virmond, Berlin / New York 1985, S. 274) Ferdinand Troschel war ein Verlagsbuchhändler in Danzig, von dem Duisburg offenbar Bücher für Schleiermacher besorgte, die er diesem dann nach Schlobitten übermittelte. Er kannte zu dieser Zeit wohl auch bereits Kants „Beobachtungen über das Gefühl des Schönen und Erhabenen“ (1771), auf die ihn Johannes Baptist von Albertini in einem Brief vom 12. Mai 1787 hinwies (Brief Nr. 68, KGA V/1, S. 78). Die zweite Auflage der „Kritik der Urteilskraft“ von 1793 besaß Schleiermacher dann auch in seiner Bibliothek (SB: 1021). – Schleiermachers frühe Kant-Rezeption ist in der Forschung in Bezug auf Kants praktische Philosophie bereits herausgestellt worden, in Bezug auf Kants Ästhetik finden sich jedoch nur vereinzelte Arbeiten. Vgl. Günter Meckenstock: Deterministische Ethik und kritische Theologie. Die Auseinandersetzung des frühen Schleiermacher mit Kant und Spinoza 1789–1794, Berlin / New York 1988. Peter Grove: Deutungen des Subjekts: Schleiermachers Philosophie der Religion, Berlin / New York 2004, S. 29. Denis Thouard: „Schleiermacher et Kant: les modalités de l’assentiment“, in: Claude Piché (Hg.): Années 1781–1801. Kant, Critique de la raison pure. Vingt ans de réception, Paris 2002, S. 183–193.

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Einleitung des Bandherausgebers

Diese frühen verstreuten Gedanken und Aussagen Schleiermachers zur Ästhetik erweitern und verändern sich nachhaltig in seiner Berliner Zeit zwischen 1796 und 1802. Nachdem Friedrich Schlegel 1797 von Jena nach Berlin gezogen war und Schleiermacher ihn in der „Mittwochsgesellschaft“ von Ignaz Aurelius Feßler kennen gelernt hatte, entstand zwischen beiden in kürzester Zeit eine konstruktive Freundschaft, die durch die Differenzen über die als gemeinsames Projekt geplante Platon-Übersetzung jedoch strapaziert wurde und nach Schlegels Konversion zum Katholizismus 1808 weiter abkühlte.18 Die Entwicklung ihres philosophischen und ästhetischen Denkens verlief in dieser Phase in einem wechselseitigen „symphilosophischen“ Austausch, wovon Schleiermachers Fragmente und Rezensionen für das „Athenaeum“ zeugen.19 In seinen „Vertrauten Briefen“ (1800) begegnete Schleiermacher den zahlreichen Kritikern von Friedrich Schlegels Roman „Lucinde“ (1799) mit deutlichen Worten und verteidigte die frühromantischen Überzeugungen von der Lebendigkeit der Poesie, dem Enthusiasmus für die Vernunft und die Geselligkeit.20 Dass Schleiermacher zu dieser Zeit selbst Pläne hegte, es seinen dichtenden Freunden gleich zu tun, belegen die poetischen Versuche, die er vor allem in seiner Stolper Zeit unternahm. Diese Pläne gediehen jedoch nicht über einige Gedichte, einen Romanentwurf und später regelmäßig verfasster Charaden hinaus – die poetischen Qualitäten seiner frühromantischen Schriften einmal ausgenommen.21 Auch begann Schleiermacher in Stolp neben seinen geistlichen Pflichten als Pfarrer mit der Platon-Übersetzung, in deren Zuge er sich auch mit den verstreuten Aussagen Platons über das Schöne und die Kunst auseinandersetzte, wovon dann etwa seine „Einleitungen“ zu den Über18

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Vgl. Andreas Arndt: „Eine literarische Ehe. Schleiermachers Wohngemeinschaft mit Friedrich Schlegel“, in: ders.: Schleiermacher als Philosoph, Berlin/Boston 2013, S. 31–41. Die Brüder Friedrich und August Wilhelm Schlegel gaben zwischen 1798 und 1800 in Berlin die Zeitschrift „Athenaeum“ heraus. Im 2. Stück des 1. Bandes von 1798 finden sich Fragmente von F. Schlegel, A. W. Schlegel, Friedrich von Hardenberg (Novalis) und Schleiermacher, in denen keine Autorschaft ausgewiesen wird. Die nachweislich von Schleiermacher stammenden (wohl 31) Fragmente sind inzwischen abgedruckt in: KGA I/2, hg. v. Günter Meckenstock, Berlin / New York 1988, S. 141–156. Schleiermacher rezensierte in diesem Rahmen etwa auch Kants „Anthropologie in pragmatischer Hinsicht“ (1798). Vgl. Schleiermacher: Vertraute Briefe über Friedrich Schlegels Lucinde, KGA I/3, hg. v. Günter Meckenstock, Berlin / New York 1988, S. 139–216. Vgl. Hermann Patsch: Alle Menschen sind Künstler. Friedrich Schleiermachers poetische Versuche (Schleiermacher-Archiv 2), Berlin / New York 1986.

Historische Einführung

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setzungen der Dialoge „Phaidros“, „Politeia“ und „Symposion“ zeugen.22 Schleiermachers erstes, anonym in Berlin veröffentlichtes Buch „Über die Religion. Reden an die Gebildeten unter ihren Verächtern“ (1799) ist ohne seine Beteiligung am frühromantischen Diskurs kaum denkbar. Aus den „Reden“ erwächst die bis in die Gegenwart geführte Diskussion über die „Kunstreligion“ – ein Neologismus Schleiermachers, den er jedoch nur in der Erstauflage verwendete.23 Die Art und Weise, wie Schleiermacher darin Kunst und Religion als zwei „befreundete Seelen“ mit „innerer Verwandtschaft“ und gleichwertige Quellen der „Anschauung des Unendlichen“ engführt, zeitigt bis heute den Vorwurf, Schleiermacher ästhetisiere die Religion.24 Schleiermacher legt in den „Reden“ die gestaltbildende Kraft der Kunst zwar durchaus als eine Art Vervollkommnung der im Gefühl wurzelnden Religiosität dar, bestreitet aber, dass die Kunst die Religion gänzlich ersetzen könnte, weil sich vielmehr beide „befreundete Seelen“ wechselseitig bedingten. Die Hoffnung auf eine Verschmelzung von Religion und Kunst bewegt sich im Rahmen von Schleiermachers Kritik der abstrakten Religionsauffassung der Spätaufklärung und der Religionspädagogik seiner Zeit. Dass die frühromantische Ästhetik in mancher Hinsicht wegbereitend war für das, was in den Ästhetiken der klassischen deutschen Philosophie nach Kant systematisch ausformuliert wurde, liegt auf der Hand; nicht zuletzt war es das Verwandtschaftsverhältnis von Kunst und Religion, das auch in Schellings und Hegels Vorlesungen über die Philosophie der Kunst bedeutsam wurde.25 Schleiermacher nimmt die 22

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Vgl. etwa Schleiermachers Deutung von Platons Theorie der Redekunst in seiner „Einleitung“ zum „Phaidros“, KGA IV/3, hg. v. Lutz Käppel und Johanna Loehr, Berlin/Boston 2016, S. 66–68. Schleiermacher: Über die Religion. Reden an die Gebildeten unter ihren Verächtern, KGA I/2, S. 185–326, hier: 262. Vgl. Albert Meier, Alessandro Costazza, Gérard Laudin (Hg.): Kunstreligion (Bd. 1). Der Ursprung des Konzepts um 1800, Berlin 2011; dies.: Kunstreligion (Bd. 2). Die Radikalisierung des Konzepts nach 1850, Berlin 2012; dies.: Kunstreligion (Bd. 3). Diversifizierung des Konzepts um 2000, Berlin 2014. Ernst Müller: Ästhetische Religiosität und Kunstreligion in den Philosophien von der Aufklärung bis zum Ausgang des deutschen Idealismus, Berlin 2004. Schleiermacher: Über die Religion, KGA I/2, S. 263. Vgl. Gunter Scholtz: „Schleiermacher und die Kunstreligion“, in: 200 Jahre „Reden über die Religion“. Akten des 1. Internationalen Kongresses der Schleiermacher-Gesellschaft. Halle 14.–17. März 1999, hg. v. Ulrich Barth und Claus-Dieter Osthövener, Berlin 2000, S. 515– 533, hier: 521. So waren etwa August Wilhelm Schlegels Berliner Vorlesungen über die Kunstlehre (1801/02) für Schellings Vorlesungen über die Philosophie der Kunst in Jena (1802/03),

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Einleitung des Bandherausgebers

Entwicklung der spekulativen Philosophien von Fichte, Schelling und Hegel um 1800 zur Kenntnis und sieht sich in einer gewissen Nähe zu ihnen, wenngleich er den Absolutheitsansprüchen der spekulativen Systementwürfe nicht zustimmen konnte. Die Einordnung seiner „Reden“ als einer Zuspitzung der Subjektivitätsphilosophie Jacobis in Hegels Abhandlung „Glauben und Wissen“ von 1802 ist Schleiermacher jedenfalls nicht entgangen.26 Bereits in einem Brief an G. E. A. Mehmel, den Redakteur der Erlanger „Litteratur-Zeitung“, in der neben Fichte und Schelling auch Hegel (anonyme) Rezensionen publizierte, schrieb Schleiermacher am 21. April 1801, wohl als Antwort auf eine Einladung zur Mitarbeit: „[In] der speculativen Philosophie ist mir der Antheil, den die gegenwärtigen Häupter derselben in Deutschland an Ihrem Institut nehmen nicht entgangen; laßen indeß diese etwas merkwürdiges zurük, was Sie mir anvertrauen wollen, so werde ich es gern übernehmen. Eben so würde ich in dem Fache der praktischen und angewendeten Philosophie, mit Inbegrif der sogannten Aesthetik und der Theorie der Sprache gern Einiges arbeiten“.27 Schleiermacher verfasste in der Folge fünf Rezensionen für die „Litteratur-Zeitung“ Mehmels, darunter eine von den „Charakteristiken und Kritiken“ der Schlegel-Brüder und eine von Schillers Übersetzung des „Macbeth“ von Shakespeare.28

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die er in Würzburg (1804/05) wiederholt hat, von Bedeutung. Vgl. Ernst Behler: „Schellings Ästhetik in der Überlieferung von Henry Crabb Robinson“, in: Philosophisches Jahrbuch, Nr. 63, 1976, S. 133–176, hier: 137. Friedrich Wilhelm Joseph Schelling: Philosophie der Kunst und weitere Schriften (1796–1805), in: Historischkritische Ausgabe an der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Abt. II, Bd. 6,1, hg. von Christoph Binkelmann und Daniel Unger, Stuttgart 2018, S. 64. A. W. Schlegel: Vorlesungen über Ästhetik I (1798–1803), mit einem Kommentar und Nachwort herausgegeben von Ernst Behler (KAV 1), Paderborn, München u. a. 1989. Zum Verhältnis der Vorlesungen A. W. Schlegels zu seinen früheren Arbeiten im Zusammenhang mit F. Schlegel wie etwa dem „Athenaeum“ vgl. Stefan Knödler: „August Wilhelm Schlegels Vorlesungen. Analoge und digitale Edition“, in: Literaturkritik, Nr. 9, September 2014. URL: http://literaturkritik.de/id/1967 (abgerufen 23.06.2020). Vgl. Brief 1574. An C. G. v. Brinckmann vom 19. 10. 1803, KGA V/7, hg. v. Andreas Arndt und Wolfgang Virmond, Berlin / New York 2005, S. 55. Georg Wilhelm Friedrich Hegel: „Glauben und Wissen“, in: Kritisches Journal der Philosophie 2, hg. v. G. W. F. Hegel und F. W. J. Schelling, Tübingen 1802, 1. Stück, S. 134– 137 (GW 4, S. 383–386). Brief 1046, KGA V/5, hg. v. Andreas Arndt und Wolfgang Virmond, Berlin / New York 1999, S. 104. Zu Hegels Rezensionen in der Erlanger Literatur-Zeitung vgl. Walter Jaeschke: Hegel-Handbuch. Leben – Werk – Schule, Stuttgart 2016 (3. Auflage), S. 117–119. Vgl. KGA V/6, hg. v. Andreas Arndt und Wolfgang Virmond, Berlin / New York 2005, „Historische Einführung“, S. XXXIX.

Historische Einführung

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Schleiermachers „Die Weihnachtsfeier. Ein Gespräch“ (1806) enthält ausführliche ästhetische Reflexionen, die überwiegend Sujets der frühromantischen Ästhetik betreffen wie etwa Johann Friedrich Reichardts Vertonung der „Weihnachtskantilene“ von Matthias Claudius (1784), A. W. Schlegels Gedicht „Der Bund der Kirche mit den Künsten“ (1800) und Novalis’ geistliches Lied „Wo bleibst du Trost der ganzen Welt“ (1802).29 Nachdem Schelling auf Novalis’ „Die Christenheit oder Europa“ mit seinem satirischen Gedicht „Epikureisch Glaubensbekenntnis Heinz Widerporstens“ reagiert und darin auch Schleiermachers „Reden“ karikiert hatte, rezensierte er die „Weihnachtsfeier“ in der JALZ von 1807 durchaus freundlich, was Schleiermacher offenbar erfreut zur Kenntnis nahm, wie ein Brief an seinen Freund Carl Gustav von Brinckmann vom 1. März 1808 belegt.30 Für eine Rezension der Rede Schellings „Über das Verhältnis der bildenden Künste zu der Natur“ (1807) für die „Heidelbergischen Jahrbücher der Literatur“, um die ihn August Boeckh gebeten hatte, fand Schleiermacher, wohl wegen seines Umzugs von Halle nach Berlin aufgrund der Schließung der Universität Halle und der Kriegswirren, nicht die erforderliche Zeit.31 Diese Rede Schellings spielt in ihrer Beschreibung der Nähe von Kunst- und Naturproduktion für Schleiermachers Ästhetikvorlesungen jedoch eine wichtige Rolle, wovon etwa die Exzerpte und Aphorismen in seinen Notizen zur Ästhetik sowie die Anspielungen in den Marginalien für das Kolleg 1832/33 zeugen.32 Nach seiner Berufung auf eine (zunächst) außerordentliche Professur für Theologie an der Universität Halle 1804, mit der auch eine Stelle als Universitätsprediger verbunden war, hatte Schleiermacher mit der Ausarbeitung seiner ethischen Vorlesungen begonnen.33 In seinem Brouillon zur philosophischen Ethik von 1805/06 entwickelte er das in den „Reden“ zeitkritisch zugespitzte Verwandtschaftsverhältnis 29

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Schleiermacher: Die Weihnachtsfeier. Ein Gespräch, KGA I/5, hg. v. Hermann Patsch, Berlin / New York 1995, S. 49–50, 59, 78–79. Vgl. Gunter Scholtz: Schleiermachers Musikphilosophie, Göttingen 1981, S. 26, 37, 138. Jenaische Allgemeine Literatur-Zeitung 1807, Bd. 1, Nr. 58–59, Sp. 457–467, vom 9.–10. März. Brief 2650, KGA V/10, S. 68. In diesem Brief errät Schleiermacher Schelling als den Autor der anonymen Rezension. Vgl. Briefe von A. Boeckh an F. Schleiermacher vom 7. Oktober 1808 und vom 5. April 1809: Brief 2859, KGA V/10, S. 286 und Brief 3193, KGA V/11, S. 225. Vgl. Schleiermachers „Notizen zur Ästhetik I“ in diesem Band, S. 5–8, sowie seine „Marginalien zum Kolleg 1832/33“, S. 133. Vgl. Nowak: Schleiermacher (Anm. 1), S. 147–150.

XXVIII

Einleitung des Bandherausgebers

von Religion und Kunst in systematischer Weise weiter. Dabei wird die Religion nicht mehr als „Anschauung des Universums“ angesprochen, sondern im Rahmen der ethischen Funktionen des individuellen Symbolisierens als „Gefühl“ oder als die „eigentliche Sphäre des Gefühls im sittlichen Sein“, während der Kunst die Aufgabe der Darstellung des Gefühls zukommt; daher könne gelten: „alle Menschen sind Künstler“.34 Dabei bestimmt Schleiermacher das Gefühl und dessen Darstellung als einen unmittelbaren Zusammenhang, dem als einer Art Mitteilung durch mimische oder gestische Zeichen auch die Bedeutung einer indirekten Kommunikationsform zukommt. Der religiöse Aspekt der künstlerischen Darstellung liege hingegen darin, dass sie eine Reflexion über die Allgemeinheit impliziere, welche zugleich ihren vernünftigen Gehalt ausmache, so dass Schleiermacher im Rahmen der Ethik behaupten kann: die „wahre Ausübung der Kunst ist religiös“.35 Daher ist die Kunst für Schleiermacher, obwohl sie als hervorbringende an die mechanischen Tätigkeiten angrenzt, eine selbstzweckmäßige und ungebundene Produktion des Individuums. Als Schleiermacher 1807 in Berlin angekommen war, hielt er im Vorfeld der Universitätsgründung, in die er durch Wilhelm von Humboldt involviert worden war, erste (private) philosophische und theologische Vorlesungen, wurde nach der Eröffnung der Universität 1810 Professor und zugleich Dekan der theologischen Fakultät und übernahm das Amt eines Predigers an der Dreifaltigkeitskirche.36 Durch seine 1810 erfolgte Wahl in die Philosophische Klasse der Preußischen Akademie der Wissenschaften erhielt er die Möglichkeit, auch an der philosophischen Fakultät Vorlesungen zu halten, was Schleiermacher dann über 24 Jahre auch regelmäßig tat, zumeist ein Kolleg pro Semester.37 Dass seine Auffassung von der Ästhetik mit der Entwicklung 34

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Schleiermacher: Brouillon zur Ethik 1805/06, hg. v. Hans-Joachim Birkner, auf Grundlage der Werke-Ausgabe v. Otto Braun, Hamburg 1981, S. 99–100. Vollständig lautet die Sentenz: „Trennt man nun beide Seiten, so besteht die Ethisierung der Darstellung darin, daß jede Darstellung ein reines Produkt des Gefühls sei: alle Künstler sollen Genien sein. Die Ethisierung des Gefühls aber, inwiefern es ein gemeinschaftliches werden soll, darin, daß jedes Gefühl in Darstellung übergehe: alle Menschen sind Künstler.“ (Ebd., S. 184). Schleiermacher: Brouillon zur Ethik 1805/06 (Anm. 34), S. 100. Vgl. Anne Käfer: „Die wahre Ausübung der Kunst ist religiös.“ Schleiermachers Ästhetik im Kontext der zeitgenössischen Entwürfe Kants, Schillers und Friedrich Schlegels, Tübingen 2006. Vgl. Nowak: Schleiermacher (Anm. 1), S. 215–221. Vgl. Andreas Arndt und Wolfgang Virmond: Schleiermachers Briefwechsel (Verzeichnis) nebst einer Liste seiner Vorlesungen, Berlin 1992, S. 295–299.

Historische Einführung

XXIX

seiner philosophischen Ethik einhergeht, zeigen insbesondere die Berliner Ethikvorlesungen, in denen die Verwandtschaft von Kunst und Religion ein integraler Bestandteil bleibt, wenngleich ihr Verhältnis infolge der Entwicklung der Dialektik ab 1811 einen neuen Differenzierungsgrund erhält. In der Dialektik, die Schleiermacher offenbar schon seit seinen „Grundlinien einer Kritik der bisherigen Sittenlehre“ (1803) „im Kopf spukte“, entwickelte Schleiermacher die begrifflichen Grundlagen seiner philosophischen Systematik in kritischer Auseinandersetzung mit Fichtes Wissenschaftslehre, der seit der Eröffnung der Universität an der philosophischen Fakultät lehrte.38 In der Dialektik nähert Schleiermacher das bewusste Hervorbringen von allgemeingültigen Erkenntnissen der Philosophie und das individuelle Darstellen der Kunst einander an: „Das Philosophiren ist deshalb Kunst weil die Anwendung der Regeln nicht wieder unter Regeln zu bringen ist.“39 Schleiermachers Kunstauffassung äußert sich aber auch in den Vorlesungen über die christliche Sittenlehre, im Konzept des „darstellenden Handelns“, das er im Kolleg 1809/10 näher beschreibt: „Alle Kunst im höheren Sinne ist Darstellung und geht unmittelbar von einem Gefühle aus, welches nicht als Lust oder Unlust gesetzt wird. Alle Kunst im großen angesehen ist immer mit der Religion in Verbindung. Aller Cultus sucht sich zur Kunst auszubilden. [...] Auch alles darstellende Handeln des einzelnen wird künstlerisch, wenn auch nur mimisch.“40 In der Vorlesung über philosophische Ethik von 1812/13 bestimmt Schleiermacher die Kunst dann systematisch als ein Medium der Religion: „Wenn demnach das Bilden der Fantasie in und mit seinem Heraustreten Kunst ist, und der Vernunftgehalt in dem eigenthümlichen Erkennen Religion, so verhält sich Kunst zur Religion wie Sprache zum Wissen.“41 Als Sprache der Religion enthält die Kunst aber nicht nur die Religion im engeren Sinn als Erkennen, das als 38 39 40

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Vgl. Schleiermacher: Vorlesungen über die Dialektik, KGA II/10,1–2, hg. v. Andreas Arndt, Berlin / New York 2002, „Historische Einführung“, S. VIII–XVI. Schleiermacher: Dialektik 1811, KGA II/10,1, S. 62. Schleiermacher: Christliche Sitte 1809/10, § 89 (Die christliche Sitte, Sämmtliche Werke, 1. Abteilung. Zur Theologie, 12. Band, hg. v. Ludwig Jonas, Berlin 1843, Beilage A, S. 29). Vgl. Jörg Dierken: „Darstellung – Ausdruck – Spiel. Zweckfreies Handeln und seine sittlichen Formen bei Schleiermacher“, in: Christian Polke, Michael Firchow und Christoph Seibert (Hg.): Kultur als Spiel. Philosophisch-theologische Variationen, Leipzig 2019, S. 85–99. Schleiermacher: Ethik 1812/13, hg. v. Hans-Joachim Birkner, Hamburg 1990, S. 74–75, § 228.

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Einleitung des Bandherausgebers

allgemeines Symbolisieren näher in das Gebiet der Dialektik falle, sondern auch „alles reale Gefühl“, das über die Persönlichkeit des Einzelnen hinaus eine Synthesis anzeige, die im physischen Bereich im Geist und im ethischen im Herz liege.42 Mit diesem weiten Begriff der Religion ist bereits der Gegenstand und mit dem Bilden der Fantasie ein Prozess skizziert, die für die Ästhetik als einer Theorie der Kunst nach Schleiermacher grundlegend sind. Ihre systematische Bedeutung als eine kritische Disziplin der Ethik wird im Rahmen der „vollkommenen ethischen Formen“ konkretisiert: „Es ist die Sache der kritischen Disciplin, welche wir jezt Aesthetik nennen, den Cyclus der Künste zu deduciren und das Wesen der verschiedenen Kunstformen darzustellen“.43 Somit konzipiert Schleiermacher die Ästhetik als eine philosophische Disziplin, die mit dem Wesen der verschiedenen Kunstzweige auch dem systematischen Anspruch genügen muss, diese aus einem einheitlichen Begriff der Kunst zu entwickeln. Neben der philosophischen Ethik enthält auch Schleiermachers Psychologie einige wichtige Bestandteile, die in seiner Ästhetik in Hinblick auf die Kunstproduktion von Bedeutung sind.44 Psychologie (1818) und Ästhetik (1819) sind nicht nur die letzten beiden philosophischen Disziplinen, zu denen Schleiermacher vollständige Vorlesungskonzepte ausgearbeitet hat, sondern sie sind auch inhaltlich miteinander verschränkt, etwa in Bezug auf das ästhetische Gefühl, die begeisterte Stimmung oder die den Produktionen der Kunst ähnelnden Erzeugungen des Traums.45

2. Zum Kolleg 1819 Erste briefliche Spuren eines Plans von Schleiermacher, ein Kolleg über Ästhetik durchzuführen, finden sich zum Jahreswechsel 1816/17. Schleiermacher schreibt an Joachim Christian Gaß: „[A]ber leider fehlen mir noch ganze Disciplinen, an die ich nicht kommen kann, Einleitung ins Neue Testament, Psychologie, Aesthetik. Davon bin ich noch 42 43 44 45

Schleiermacher: Ethik 1812/13 (Anm. 41), S. 75, § 229. Schleiermacher: Ethik 1812/13 (Anm. 41), S. 126, § 232. Schleiermacher: Vorlesungen über die Psychologie, KGA II/13, hg. v. Dorothea Meier, Berlin/Boston 2018. Vgl. Thomas Lehnerer: Die Kunsttheorie Friedrich Schleiermachers, Stuttgart 1987, S. 114–152.

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sehr weit entfernt.“46 Gut zwei Jahre später, zum Jahresende 1818, schreibt Schleiermacher seinem Jugendfreund Brinckmann bereits von einem konkreten Zeitraum: „Noch in den lezten Jahren habe ich eine Politik eine Dialektik eine Psychologie nach meiner eignen Weise vorgetragen, von denen ich hoffe wenn sie auf dem Papier ständen sollten sie sich Deines Beifalls erfreuen; und im nächsten Jahr denke ich an die Aesthetik zu gehn.“47 Kurze Zeit darauf ist der Plan gefasst, für das Sommersemester 1819 das erste Ästhetikkolleg anzukündigen. Davon berichtet Schleiermacher seinem Kollegen Immanuel Bekker am 9. Januar 1819 im Zusammenhang mit der Ankunft Hegels in Berlin: „Bei uns ist nun Hegel angekommen, und man muß sehn, wie er sich auf die Länge hält; Klagen über Unverständlichkeit werden freilich schon gehört, aber vielleicht giebt sich das. Mir ist es lieb, daß ich nun meine philosophischen Segel wenigstens einziehen kann, so bald ich will. Vor der Hand will ich nun noch im Sommer ein neues Kollegium lesen, nämlich Aesthetik; daneben soll meine Dogmatik fertig werden, und weiter will ich nichts thun.“48 Entlastung erhoffte sich Schleiermacher von der Berufung Hegels wohl nicht nur, um seine eigenen wissenschaftlichen Projekte intensiver bearbeiten zu können, sondern wohl auch deshalb, weil der philosophische Lehrbetrieb der Berliner Universität seit dem Tod Fichtes 1814 nicht hinreichend aufgestellt war: Neben Karl Wilhelm Ferdinand Solger, der als Spezialist der antiken und romantischen Ästhetik auch Kollegien über Logik, Dialektik, Politik- und Rechtsphilosophie hielt, lehrte kein ausgewiesener Philosophieprofessor am philosophischen Institut. Dafür sprangen gelegentlich Professoren benachbarter Disziplinen ein, wie eben Schleiermacher oder auch Ernst Heinrich Toelken und August Boeckh, wobei die letzteren beiden überwiegend die antike Kunst behandelten; Privatdozenten unterstützten zusätzlich den 46

47

48

Brief von F. Schleiermacher an Joachim Christian Gaß, vom 29. Dezember 1816 bis 2. Januar 1817, in: Friedrich Schleiermachers Briefwechsel mit J. Chr. Gaß, mit einer biographischen Vorrede hg. v. Wilhelm Gaß, Berlin 1852, S. 128. Brief von F. Schleiermacher an C. G. v. Brinckmann vom 31. Dezember 1818, in: Aus Schleiermachers Leben. In Briefen, Bd. 4, hg. v. Wilhelm Dilthey, Berlin 1863, S. 241. Brief von F. Schleiermacher an A. I. Bekker, vom 9. Januar 1819 bis zum 16. Januar 1819, in: Friedrich Schleiermacher: Briefwechsel mit August Boeckh und Immanuel Bekker. 1806–1820, für die Litteraturarchiv-Gesellschaft in Berlin [hg. v. Heinrich Meisner], Berlin 1916, S. 102.

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Lehrbetrieb.49 Nach dem plötzlichen Tod Solgers im Herbst 1819, hielten Hegel und Schleiermacher ihre Vorlesungen über die Philosophie der Kunst bzw. Ästhetik regelmäßig, aber nie im selben Semester.50 Die ersehnte Fertigstellung seiner Dogmatik erforderte von Schleiermacher aber trotz dieser institutionellen Bedingungen ein hohes Maß an intensiver Arbeit, was die Vorbereitung seines Ästhetikkollegs wohl erschwerte. In einem Brief an seinen Schüler August Twesten vom 14. März 1819 schreibt Schleiermacher: „[U]nd dann wünsche ich gar sehr im Sommer und Herbst meine Dogmatik fertig zu machen. Nun freilich ist es schlimm, daß ich für den Sommer ein neues Collegium angekündigt habe, das ich schon lange im Schilde führe, aber wozu noch nichts vorbereitet ist, nämlich Aesthetik.“51 Gut einen Monat später, am 19. April 1819, beginnt Schleiermacher seine erste Ästhetikvorlesung in fünf wöchentlichen Stunden und hält sie bis zum 7. August; 108 Hörer schrieben sich für das Kolleg ein.52 Im Lektionskatalog der Berliner Universität für das Sommersemester 1819 findet sich die entsprechende Ankündigung unter der Rubrik „Philosophische Wissenschaften“: „Aesthetik, Herr Prof. Schleiermacher, fünfmal wöchentlich von 6–7 Uhr Morgens.“53 Neben der Ästhetik gab Schleiermacher in diesem Semester zwei theologische Kollegien: eines über die Hermeneutik bezüglich des Neuen Testaments und eines über die Briefe an die Hebräer.54 Laut den brieflichen Zeugnissen hatte Schleiermacher nur eine sehr begrenzte Vorbereitungszeit für die Ausarbeitung seiner Ästhetik gehabt, auch kosteten die beiden anderen Kollegien sowie weitere Verpflichtungen etwa gegenüber der Gesangbuchskommission nicht nur relativ viel Arbeitszeit, sondern erforderten auch organisatorisches 49

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51

52 53 54

Vgl. Wolfgang Virmond (Hg.): Die Vorlesungen der Berliner Universität 1810– 1834, nach dem deutschen und lateinischen Lektionskatalog sowie den Ministerialakten, Berlin 2011. Hegel gab nach 1817 und 1818 in Heidelberg, 1820/21, 1823, 1826 und 1828/29 in Berlin Vorlesungen über die Philosophie der Kunst. Vgl. Jaeschke: Hegel Handbuch (Anm. 27), S. 413. Brief von F. Schleiermacher an August D. C. Twesten vom 14. März 1819, in: D. August Twesten nach Tagebüchern und Briefen, hg. v. C. F. Georg Heinrici, Berlin 1889, S. 342. Vgl. Virmond (Hg.): Die Vorlesungen der Berliner Universität (Anm. 49), S. 191. Ebd.: „Aestheticen docebit quinquies p. hebd. hor. VI–VII. matutina.“ Vgl. Nowak: Schleiermacher (Anm. 1), S. 300. Vgl. Virmond (Hg.): Die Vorlesungen der Berliner Universität (Anm. 49), S. 185.

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Geschick. So liegen nur etwa fünf Wochen zwischen Schleiermachers brieflicher Aussage an Twesten vom 14. März, „noch nichts vorbereitet“ zu haben, und dem Beginn des Kollegs am 19. April 1819. Dass es Schleiermacher dennoch gelang, eine eigenständige und umfassende Konzeption der Ästhetik auszuarbeiten, verdankt sich dem Umstand, dass er bereits über einen breiten Fundus an ästhetischen Kenntnissen verfügte und einen systematischen Ansatz zur Ästhetik im Rahmen seiner Ethik ausgearbeitet hatte, deren Veröffentlichung er weiterhin plante. Dies belegt auch seine Aussage in einem Brief an Bekker fünf Tage nach Beginn des Kollegs; Schleiermacher schreibt am 24. April: „Nach meiner Ethik fragen Sie? nicht nur sie schläft sehr sanft sondern auch die angefangene Dogmatik ruht, und ich zweifle ob die Aesthetik die ich nun lese und die Hermeneutik über die ich leider mein Heft verloren habe, und der Brief an die Hebräer den ich auch einmal wieder durcharbeiten muß mich dazu kommen lassen werden, sie wie ich gehofft hatte diesen Sommer zu vollenden. Die Aesthetik knüpft indeß an die Ethik an, und so kommt sie mir wenigstens nicht aus dem Sinne.“55 Wohl aufgrund der geringen Vorbereitungszeit scheint der Arbeitsaufwand auch während der Durchführung des Kollegs nicht wesentlich abgenommen zu haben. Schleiermacher teilt Gaß am 28. April in einem Brief mit: „Die Aesthetik kostet Zeit“, und am 2. Juni ebenfalls an Gaß: „Meine Kollegia kosten mich diesmal unverhältnißmäßig viel Zeit, da ich für die Aesthetik nichts vorgearbeitet habe“; im Postskriptum heißt es dann: „Meine Aesthetik gefällt mir bis jezt nicht übel aber ich weiß noch nicht wie ich fertig werden soll.“56 Neben den wissenschaftlichen Anforderungen musste Schleiermacher auch mit politischen Verhältnissen umgehen, inbesondere der restaurative Kurs der preußischen Regierung nach den Befreiungskriegen, dem Wiener Kongress und den Karlsbader Beschlüssen betraf zum Teil direkt seine öffentliche Tätigkeit als Prediger und Universitätsdozent: Er wurde offiziell verdächtigt, demagogisch umtriebig zu sein.57 Infolge der Affäre um den Berliner Theologieprofessor de Wette verschärfte sich die Situation, nachdem die Ministerial-Kom55 56

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Brief von F. Schleiermacher an A. I. Bekker vom 24. April 1819, in: Schleiermacher: Briefwechsel mit August Boeckh und Immanuel Bekker (Anm. 48), S. 108–110. Brief von F. Schleiermacher an Joachim Christian Gaß vom 28. April und vom 2. Juni 1819, in: Schleiermachers Briefwechsel mit J. Chr. Gaß (Anm. 46), S. 173– 174. Vgl. Nowak: Schleiermacher (Anm. 1), S. 379–381.

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Einleitung des Bandherausgebers

mission, die den Fall de Wette aufarbeitete, einen Brief des Studenten Bernhard Lindenberg auswertete, in dem dieser von einem Umtrunk auf dem Berliner Pichelsberg vom 2. Mai 1819 berichtet, an dem neben einigen Studenten und Burschenschaftlern auch die Professoren Schleiermacher und Hegel sowie der noch lehrende de Wette teilgenommen hätten. Laut diesem Brief sagte Lindenberg zu später Stunde noch zu Schleiermacher: „Ach Schleiermacher, wie wirst Du in Deiner Ästhetik morgen um 6 Uhr Dich finden.“58 Eine baldige Rücknahme der offiziellen Verdächtigungen gegenüber Schleiermacher konnte unter diesen Umständen vorerst nicht erfolgen. Schleiermachers erste Ästhetikvorlesung entstand somit in einem politischen Klima, in dem die in ihr hervorgehobene freie Produktivität von Kunst und Wissenschaft in ihrer Entfaltung durchaus bedroht war. Überliefert ist das Ästhetikkolleg 1819 durch Schleiermachers bis zur 64. Stunde fortgeführtes und dann abgebrochenes Vorlesungsmanuskript, auf dessen Titelblatt er notierte: „angef[angen] 1819 d[en] 19. April“. Dieses Kollegheft verwendete Schleiermacher auch für die beiden nachfolgenden Kollegien 1825 und 1832/33, was die teilweise umfangreichen (im Fall des Kollegs 1832/33 mit neuer Stundenzählung versehenen) Randbemerkungen belegen. Schleiermachers ebenfalls erhaltene „Notizen zur Ästhetik“, zwei Hefte kleineren Umfangs, legen nahe, dass er das Kolleg nicht unvorbereitet hielt, weil sich darin auch einige der Durchführung offenbar vorausgehende Exzerpte und Kommentare zu Quellen der zeitgenössischen Ästhetik (etwa Schelling, Ast, Goethe) befinden. Auch über den allgemeinen Begriff der Kunst und die Spezifik der einzelnen Kunstzweige machte sich Schleiermacher in diesen Notizen Gedanken. Aufzeichnungen zur „Musik“, die nicht näher datiert werden können und vermutlich nicht eigens für das Kolleg angefertigt wurden, zeugen von Schleiermachers musiktheoretischen Kenntnissen. Vorlesungsnachschriften zum Kolleg 1819 sind im Original nicht überliefert. Carl Lommatzsch berichtet in seiner Edition von 1842 von einer Vorlesungsnachschrift des „Professors Wigand“.59 Diese Nachschrift des bis 1819 Theologie studierenden Eugen Anton Wigand, der ab 1821 Professor am Berliner Friedrich-Wilhelm-Gymna58 59

Vgl. Nowak: Schleiermacher (Anm. 1), S. 382. Schleiermacher: Vorlesungen über die Aesthetik. Aus Schleiermachers handschriftlichem Nachlasse und aus nachgeschriebenen Heften, hg. v. Carl Lommatzsch, in: Friedrich Schleiermachers sämmtliche Werke, 3. Abt., 7. Bd., Berlin 1842, S. X.

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sium wurde, ist nicht erhalten. Auch Lommatzsch berichtet nichts über den Verbleib dieser Nachschrift, von der er nur zwei kurze Ausschnitte über die Poesie wiedergibt. Weitere erschlossene Hörer des Kollegs sind Ludwig Jonas, Gustav Parthey und Friedrich Bluhme. Allein von Bluhme ist eine Nachschrift als Sekundärüberlieferung in der Edition von Rudolf Odebrecht erhalten; aufgrund der Editionsund Kompilationstechnik Odebrechts bricht diese Nachschrift jedoch mit Schleiermachers Kollegheft in der 64. Stunde ab.60 Weil ein Tageskalender Schleiermachers für das Jahr 1819 nicht überliefert ist, können die Daten der einzelnen Stunden nur nach Abgleich mit den sporadischen Mitteilungen Odebrechts aus der Nachschrift Bluhme ermittelt werden, wo etwaige Stundenausfälle oder -verschiebungen nicht angegeben sind: 16.5.: 19. Stunde; 27.5.: 26. Stunde; 8.6.: 32. Stunde; 21.6.: 39. Stunde; 29.6.: 45. Stunde; 7.7.: 51. Stunde; 13.7.: 54. Stunde.61 Werden von dieser 54. Stunde die Termine bis zum angeblichen Ende am 7. August zusammengezählt, hätte das Kolleg über ca. 73 Stunden verlaufen müssen.

Sein Kollegheft beginnt Schleiermacher mit einer knappen historischen Einleitung über den Gegenstand und den Begriff der Ästhetik in Hinblick auf die Kunst als einer Produktion, die der Naturproduktion ähnlich sei, aber durch menschliche Tätigkeit bewusst entstehe. Nach der Einleitung ist die Ästhetik in zwei Hauptteile untergliedert: ein allgemeiner spekulativer Teil, in dem das Wesen der Kunst erörtert wird, und ein besonderer Teil, der die einzelnen Künste beinhaltet. Im allgemeinen Teil wird die Ästhetik aus den Grundsätzen der Ethik abgeleitet („Ethische Lemmata“), die als allgemeine Wissenschaft der Vernunfttätigkeit auch die Grundlage der künstlerischen Produktivität darstelle. Gemäß dieser Ableitung ist die Kunstausübung eine der erkennenden Funktion ähnliche individuelle Tätigkeit, die ihren Grund im Gefühl hat. Ausgehend von der unmittelbaren Darstellung des Gefühls in der Gefühlsäußerung im Rahmen der Ethik konstatiert Schleiermacher, dass ein Akt der „Besinnung“ zwischen die Gefühlserregung und ihre Darstellung treten müsse, damit ein genuines Kunstwerk entstehe. Schön ist diese Darstellung dann, 60

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Friedrich Schleiermachers Ästhetik, im Auftrage der Preußischen Akademie der Wissenschaften und der Literatur-Archiv-Gesellschaft zu Berlin nach den bisher unveröffentlichten Urschriften, hg. v. Rudolf Odebrecht, Berlin 1931. Vgl. Schleiermacher: Ästhetik, hg. v. Odebrecht (Anm. 60), S. 80, 101, 122, 145, 165, 182, 191.

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Einleitung des Bandherausgebers

wenn in den internen Relationen ihrer Gestalt eine Verbindung von elementarischer und organischer Vollkommenheit vorliegt, die dem Ideal als einer möglichst mangellosen Erscheinung mit strenger Gemessenheit entspricht. Mit der Erörterung der drei wesentlichen Momente der Kunsttätigkeit greift Schleiermacher auch auf seine Kenntnisse der Psychologie zurück: 1. die Begeisterung oder Erregung des Gefühls, 2. den Akt der Besinnung, der die innere Urbildung (durch die Fantasie) hervorbringe, und 3. die äußerliche Darstellung des Kunstwerks. Weil das Gefühl nach Schleiermacher nur vermittelt durch die Besinnung in die Kunstproduktion einfließt und dadurch sein momentaner Charakter aufgehoben wird, musste er einen neuen Begriff für diesen vermittelten Grund suchen, den er in der „Stimmung“ findet, die er als einen „Durchschnitt festgehaltener Affectionsmomente“ bezeichnet.62 Kunst spekulativ als ein „organisch werden der Stimmung“ und „freie menschliche Production“ zu fassen, die einem allgemeinen „Kunsttrieb“ entspringe, legt es nahe, Schleiermachers Ästhetik als eine Produktionsästhetik zu charakterisieren, die sich von wirkungsästhetischen Ansätzen der Empfindsamkeit ebenso absetzt wie von formalästhetischen Erklärungen der Kunst im Kantischen Sinne. Die Fundierung der Kunstproduktion in der Stimmung ermöglicht es Schleiermacher schließlich auch, die einzelnen Künste einheitlich zu bestimmen: „Begeisterung aber ist nichts anderes als das Erregtwerden der freien Production durch die Stimmung. Also ist sie auch an sich dieselbe in allen Künsten, das jedesmal erneuerte Werden der bestimmten Kunst selbst aus dem allgemeinen Kunsttriebe.“63 Das Verhältnis der einzelnen Künste zueinander entwickelt Schleiermacher dann aufgrund der Richtung, die der allgemeine Kunsttrieb auf die individuelle Begeisterung und die Organe ausübt, durch die Kunstwerke sinnlich wahrnehmbar dargestellt und aufgefasst werden. Demnach sei die spezifische Begeisterung für körperliche Bewegungen und musikalische Töne der Anfang der subjektiven Kunstzweige Mimik und Musik, die Begeisterung für regelmäßige bzw. organische 62

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Schleiermacher: Kollegheft Ästhetik 1819, in diesem Band S. 54. Zur Genese von Schleiermachers Begriff der Stimmung vgl. Peter Grove: „Der Grundton aller unserer Gefühle. Schleiermachers Begriff der Stimmung“, in: Der Mensch und seine Seele. Bildung – Frömmigkeit – Ästhetik, Akten des Internationalen Kongresses der Schleiermacher-Gesellschaft in Münster, September 2015, hg. v. Arnulf von Scheliha und Jörg Dierken, Berlin 2017, S. 533–552. Schleiermacher: Kollegheft Ästhetik 1819, in diesem Band S. 68–69.

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Gestaltungen im Medium der anorganischen Materie hingegen der Anfang der objektiven Kunstzweige Architektur, Skulptur etc. Diese erkenntnistheoretisch und psychologisch fundierte Ableitung der einzelnen Künste bringt Schleiermacher dann zu der Einteilung der drei Abteilungen: 1. „begleitende Künste“ (Mimik, Musik) und 2. „bildende Künste“ (Architektur, Skulptur). Da das Manuskript von 1819 mit der 64. Stunde inmitten der Behandlung der „Skulptur“ abbricht, kann auf den weiteren Verlauf nur aus den nachfolgenden Kollegien geschlossen werden. Demnach müssten die bildenden Künste abschließen mit der „Malerei“ und auf diese als 3. Abteilung die „Poesie“ folgen, welche die subjektiven und objektiven Aspekte der beiden anderen Abteilungen integriert. Eine Binnenunterteilung, die alle Kunstzweige durchläuft, findet Schleiermacher zudem im Unterschied zwischen religiösem und geselligem Stil sowie im historischen Gegensatz zwischen Antike und Moderne.

3. Zum Kolleg 1825 Schleiermachers zweites Ästhetikkolleg wird im Lektionskatalog der Berliner Universität für das Sommersemester 1825 angekündigt: „Aesthetik trägt Hr. Prof. Schleiermacher wöchentlich fünfmal von 6–7 Uhr Morgens vor“; das Kolleg verlief vom 11. April bis zum 9. September 1825, eingeschrieben waren 81 Hörer.64 Neben der Ästhetik hielt Schleiermacher in diesem Semester nur eine theologische Vorlesung über seine inzwischen veröffentlichte Dogmatik (die erste Auflage der „Glaubenslehre“ erschien 1821/22), die er allerdings täglich über zwei Stunden, von 7 bis 9 Uhr morgens, direkt im Anschluss an die Ästhetik veranstaltete.65 In dem bekannten Briefwechsel Schleiermachers aus dem Jahr 1825 ist über das Ästhetikkolleg daher wohl weniger die Rede als von dem Plan einer Revision der Dogmatik. Offenbar waren die Kritiken an der „Glaubenslehre“ eindringlicher ausgefallen als von Schleiermacher erwartet, auch war er selbst mit einigen zu „weitschweifigen“ Passagen nicht ganz zufrieden, wie er 64

65

„Privatim aestheticen seu theoriam artium universalem tradet quinquies hor. VI– VII. matut.“ Virmond (Hg.): Die Vorlesungen der Berliner Universität (Anm. 49), S. 383. Vgl. Virmond (Hg.): Die Vorlesungen der Berliner Universität (Anm. 49), S. 375.

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Einleitung des Bandherausgebers

in einem Brief an Twesten vom 8. September 1825 schreibt.66 Die Fertigstellung seiner Ethik trieb Schleiermacher zu dieser Zeit aber offenbar genauso um, wie derselbe Brief an Twesten belegt: „Dann wartet Reimer schon auf die Revision der Dogmatik, an die ich aber doch erst im Sommer kommen werde, und dann scheint mir doch die schon halb fertige Ethik ein größeres Recht zu haben, wiewohl auch sie noch warten muß“.67 Diese arbeitsintensiven wissenschaftlichen Projekte haben wohl dazu beigetragen, dass Schleiermacher seine Ästhetik in diesem Semester ohne größere Veränderungen gegenüber dem sechs Jahre früher gehaltenen Kolleg vorgetragen hat, möglicherweise aber sah er auch keinen Grund für Veränderungen, weil er mit der Konzeption nicht unzufrieden war. Der restaurative Kurs der preußischen Regierung hatte sich inzwischen jedenfalls soweit gemäßigt, dass Schleiermacher keine Beobachtungen oder Repressionen wegen demagogischer Umtriebe mehr befürchten musste. Er nutzte die ihm verbleibende Zeit auch für die Ausbildung seiner Kunstkenntnisse, setzte seine Singstunden im Chor der Berliner Singakademie gelegentlich fort oder besuchte Opernaufführungen, wie etwa Webers „Freischütz“ (25. Juli 1821), Glucks „Iphigenie in Aulis“ (11. Februar 1822 und 27. Januar 1823) und Grauns „Der Tod Jesu“ (28. März 1823 und 16. April 1824).68 Aus Schleiermachers Hand sind für das Kolleg 1825 nur einige Randnotizen in seinem ursprünglichen Kollegheft erhalten, auf dessen Titelblatt er am Rand das Anfangsdatum notiert hat: „angef[angen] 1825 d[en] 11. April“. Außerdem sind noch zwei kleinere Texte aus dem weiteren Kontext von Schleiermachers Beschäftigung mit der Ästhetik in dieser Zeit erhalten: ein Notizzetttel zur zweiten Auflage von Friedrich Bouterweks „Ästhetik“, auf dem er einige ästhetische Kategorien zusammenfasst, sowie ein Notizzettel, auf dem Schleiermacher einen Ausschnitt der musikalischen Struktur des Trauerliedes „Wie sie so sanft ruhn“ von Friedrich Beneken beschreibt.69 66 67 68

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Brief von F. Schleiermacher an August D.C. Twesten vom 8. September 1825, in: D. August Twesten nach Tagebüchern und Briefen (Anm. 51), S. 382. Ebd. Vgl. Wolfgang Virmond: „Schleiermacher und die Musik nach Auskunft seiner Tagebücher“ (unveröffentlichtes Manuskript). Carl Dahlhaus (Hg.): Studien zur Musikgeschichte Berlins im frühen 19. Jahrhundert, Regensburg 1980. Vgl. den „editorischen Bericht“ zum Anhang „Notiz zur Ästhetik von Bouterwek“ und „Notiz zu einem Trauerlied“.

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In Schleiermachers Tageskalender 1825 sind folgende Stundeneinträge zum Kolleg 1825 notiert: 11.4.: „1. Stunde Aesthetik“; 15.4.: „5te Stunde Aesthetik“; 18.4.: „6. Stunde Aesthetik“; 22.4.: „Aesthetik 10“; 25.4.: „Aesthetik 11“; 26.4.: „Aesthetik 12“; 28.4.: „Aesthetik 13“; 29.4.: „Aesthetik 14“; 2.5.: 2.5.: „Aesthetik 15“; 6.5.: „Aesthetik 19“; 9.5.: „Aesthetik 20“; 13.5.: „Aesthetik 23“; 16.5.: „Aesthetik 24“; 20.5.: „Aesthetik 28“; 26.5.: „Aesthetik 29“; 27.5.: „Aesthetik 30“; 30.5.: „Aesthetik 31“; 3.6.: „Aesthetik 35“; 6.6.: „Aesthetik 36“; 10.6.: „Aesthetik 40“; 13.6.: „Aesthetik 41“; 17.6.: „Aesthetik 44“; 20.6.: „Aesthetik 45“; 23.6.: „Aesthetik 48“; 14.7.: „Aesthetik 49“; 15.7.: „Aesthetik 50“; 18.7.: „Aesthetik 51“; 22.7.: „Aesthetik 55“; 25.7.: „Aesthetik 56“; 29.7.: „Aesthetik 59“; 1.8.: „Aesthetik 60“; 2.8. „Architectur beendigt“; 3.8.: „Kollegia [...] ausgesezt“; 5.8.: „Aesthetik 63“; 8.8.: „Aesthetik 64“; 12.8.: „Aesthetik 68 Mahlerei angefangen“; 15.8.: „Aesthetik 69“; 19.8.: „Aesthetik 73“; 22.8.: „Aesthetik 74 bildende Künste beendigt“; 23.8.: „Aesthetik 75 Redende Künste angefangen“; 26.8.: „Aesthetik 78“; 29.8.: „Aesthetik 79“; 2.9.: „Aesthetik 83 alte Poesie geschlossen; neue eingeleitet“; 5.9.: „Aesthetik 84“; 9.9.: „Aesthetik 88 und geschlossen“. Während der dreiwöchigen Vorlesungspause zwischen dem 23.6. und dem 14.7. unternahm Schleiermacher eine Rügenreise, die auch in seinem Tageskalender 1825 dokumentiert ist.70

Insgesamt sind vier Vorlesungsnachschriften vom Kolleg 1825 bekannt, von denen drei (teils fragmentarisch) erhalten sind: jeweils eine von Ernst Moritz Heinrich Bindemann, von Friedrich Adolf Trendelenburg und von einem anonymen Nachschreiber. Die Nachschrift des „Predigers Braune zu Wittstock“ – Heinrich Wilhelm Julius Braune, der 1844 zum Superintendenten in Mittenwalde bei Zossen ernannt wurde, die Lommatzsch neben der von „Bindemann“ bei der Erstedition von 1842 noch vorlag und aus der er einige Passagen zur Poesie im Anhang wiedergibt, konnte jedoch nicht aufgefunden werden und muss als verschollen gelten.71 Der von den erhaltenen Nachschriften dokumentierte inhaltliche Aufbau des Kollegs erlaubt den Schluss, dass es Schleiermacher ohne größere Veränderungen gegenüber dem von 1819 vorgetragen hat. Die wenigen Marginalien im Kollegheft 1819, die sicher in das Jahr 1825 datiert werden können, stützen diese Annahme. Auch Lommatzsch war der Auffassung, dass dem Kolleg von 1825 der Entwurf von 1819 zugrunde lag und zwischen beiden keine großen Differenzen bestehen.72 Odebrecht behauptet dasselbe, allerdings aufgrund der inzwischen als falsch erwiesenen Annahme, bei der anonymen Nach70

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Vgl. Schleiermacher: Tageskalender 1825, erarbeitet von Elisabeth Blumrich, in: schleiermacher digital / Schleiermachers Tageskalender 1808–1834 (Anm. 3). URL: https://schleiermacher-digital.de/tageskalender/index.xql (abgerufen 23.06.2020). Vgl. Schleiermacher: Ästhetik, hg. v. Lommatzsch (Anm. 59), S. X, 691–710. Vgl. Schleiermacher: Ästhetik, hg. v. Lommatzsch (Anm. 59), S. V.

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Einleitung des Bandherausgebers

schrift handele es sich um ein Autograph Schleiermachers.73 Somit kann der inhaltliche Aufbau des Kollegs 1825, wie er in den Vorlesungsnachschriften dokumentiert ist, auch dazu beitragen, denjenigen Teil des Kollegs 1819 zu rekonstruieren, den Schleiermachers Kollegheft und Odebrechts Auszüge aus der Nachschrift Bluhme nicht enthalten, weil beide bei der Behandlung der Skulptur abbrechen. Schleiermacher hatte folglich auch 1819 nach der Skulptur die Malerei und abschließend die Poesie behandelt. Friedrich Trendelenburg, der heute als ein Mitbegründer des Neukantianismus gilt und 1824/25 u. a. bei August Boeckh und Henrich Steffens an der Berliner Universität gehört hatte, schreibt in einem Brief an seinen Vater über den Besuch von Schleiermachers Ästhetikkolleg 1825: „Es ist fesselnd, wie Schleiermacher in der Aufbauung einer philosophischen Wissenschaft sucht und findet und uns selbst mitsuchen und mitfinden lässt. Der Weg ist schwer, weil Geist dazu gehört und strenge Consequenz. In den philosophischen Vorträgen pflegt man sonst das Gefundene mit seinen Beweisen, oft wie vom Dreifuss herunter, zu geben; aber die Frage: wie kam man zu diesem Ziel? bleibt unbeantwortet. Schleiermacher lehrt selbst den Weg gehen und in dieser Hinsicht, weniger in Rücksicht der Ergebnisse, die spärlicher zum Vorschein kommen, eben weil sie gefunden werden sollen, hörte ich nie etwas Aehnliches. Ich wüsste nicht, wo ich mehr lernen könnte für die Gedankenentwickelung in mir und in anderen.“74 Diese Aussage Trendelenburgs verdeutlicht die auch von anderen Hörern (auch seiner Predigten) gerühmten rhetorischen Qualitäten Schleiermachers, der seine Vorlesungen offenbar aufgrund nur weniger Notizen oftmals frei hielt und dabei Gedanken ausführte, Beispiele anbrachte und Exkurse entfaltete, die in seinen eigenen Manuskripten nicht vorkommen; darin liegt zugleich auch ein Teil der Bedeutung, die die Vorlesungsnachschriften für das nähere Verständnis von Schleiermachers wissenschaftlicher Tätigkeit tragen.75 73 74

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Vgl. Schleiermacher: Ästhetik, hg. v. Odebrecht (Anm. 60), S. XXIX. Zit. in: Ernst Bratuscheck: Adolf Trendelenburg, Berlin 1873, S. 45. Vgl. Klaus Christian Köhnke: Entstehung und Aufstieg des Neukantianismus, Frankfurt am Main 1996, S. 446. Vgl. Holden Kelm: „Schleiermachers Vorlesungseditionen im historischen Vergleich“, in: Jörn Bohr (Hg.): Kolleghefte, Kollegnachschriften und Protokolle. Probleme und Aufgaben der philosophischen Edition. Beihefte zu „edito“, Bd. 44, Berlin/Boston 2019, S. 37–53.

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4. Zum Kolleg 1832/33 Sein letztes Ästhetikkolleg hielt Schleiermacher im Wintersemester 1832/33. Unter der Rubrik „Kunstgeschichte und Kunstlehre“ wird im Lektionskatalog der Berliner Universität angekündigt: „Ästhetik, Hr. Dr. Schleiermacher, Mitgl. d. Königl. Akad. d. Wiss. wöchentl. fünfmal Morgens von 7–8 Uhr“; das Kolleg verlief vom 23. Oktober 1832 bis zum 29. März 1833, 71 Hörer waren eingeschrieben.76 Neben dieser hielt Schleiermacher in diesem Semester zwei theologische Vorlesungen, eine über die Hermeneutik und deren Anwendung auf das Neue Testament und eine über das Matthäus-Evangelium.77 In den sieben Jahren zwischen seinen beiden letzten Ästhetikkollegien hat sich Schleiermacher weiterhin mit Kunst und Kunsttheorie beschäftigt. Er erlebte etwa am 11. März 1829 zusammen mit anderen Gästen wie Zelter und Hegel die Wiederaufführung von Bachs Matthäus-Passion in der Berliner Singakademie in der Bearbeitung von Felix Mendelssohn Bartholdy, verfolgte die Entstehung des klassizistischen (Alten) Museums auf der Berliner Museumsinsel, das nach einem Entwurf von Friedrich Schinkel erbaut und 1830 eröffnet wurde, und besuchte 1832 offenbar die 27. Kunstausstellung der Königlichen Akademie der Künste in Berlin. An der Akademie der Wissenschaften trug er 1831 und 1832 „Über den Umfang des Begriffs der Kunst in Bezug auf die Theorie derselben“ vor, ein dritter Vortrag zum selben Thema war geplant, konnte aber aufgrund der schnell fortschreitenden Krankheit Schleiermachers zu Beginn des Jahres 1834 nicht mehr realisiert werden.78 Aus Schleiermachers Hand sind für das Kolleg 1832/33 umfangreiche Marginalien zu seinem ursprünglichen Kollegheft erhalten, die sich von dem Entwurf für die Kollegien 1819 und 1825 unterscheiden und eine eigene Stundenzählung aufweisen; sie brechen in der Behandlung der Architektur etwa mit der 68. Stunde ab.79 76

77 78

79

Vgl. Virmond (Hg.): Die Vorlesungen der Berliner Universität (Anm. 49), S. 712: „Privatim aestheticen docebit quinquies p. hebd. h. VII–VIII. matutina.“ Erst ab dem Sommersemester 1822 gibt es „Kunstgeschichte“ als eigene Rubrik im Lektionskatalog (vgl. ebd. S. 712 und S. 285). Vgl. Virmond (Hg.): Die Vorlesungen der Berliner Universität (Anm. 49), S. 695. Schleiermacher: „Über den Umfang des Begriffs der Kunst in Bezug auf die Theorie derselben.“ 1.–3. Abhandlung, KGA I/11, hg. v. Martin Rössler, Berlin / New York 2002, S. 725–742, 769–786, 787–794. Es finden sich noch zwei Marginalien zum Themenkreis der Skulptur, die möglicherweise zur 89. und 90. Stunde gehören. Vgl. dazu den „Editorischen Bericht“ zu Schleiermachers „Marginalien 1832/33“.

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Einleitung des Bandherausgebers

In Schleiermachers Tageskalender 1832 sind folgende Vorlesungsstunden notiert: 23.10.: „Alle drei Collegia angefangen“; 26.10.: „4te Stunde“; 29.10.: „5te Stunde“; 31.10.: „7te Stunde“; 1.11.: „8te Stunde“; 2.11.: „9. Stunde“; 5.11.: „10te Stunde“; 9.11.: „14te Stunde“; 12.11.: „15te Stunde“; 16.11.: „19te Stunde“; 19.11.: „20te Stunde“; 21.11.: „22. Stunde“; 23.11.: „24. Stunde“; 26.11.: „25. Stunde“; 30.11.: „29. Stunde“; 3.12.: „30. Stunde“; 7.12.: „34. Stunde“; 10.12.: „35. Stunde“; 14.12.: „39. Stunde“; 17.12.: „40. Stunde“; 21.12.: „44. Stunde“.80 Im Tageskalender 1833 finden sich folgende Stunden notiert: 3.1.: „Alle Collegia mit 44ter Stunde angefangen.; 4.1.: „45. Stunde“; 7.1.: „46. „Stunde“; 11.1.: „50te Stunde“; 14.1.: „51. Stunde“; 18.1.: „55. Stunde“; 21.1.: „56. Stunde“; 24.1.: „Ausgesezt Kollegia“; 25.1.: „59. Stunde“; 28.1.: „60. Stunde“; 1.2.: „64. Stunde“; 2.2.: „Kollegia nachgeholt“; 4.2.: „65. Stunde“; 8.2.: „69. Stunde“; 11.2.: „Kollegia ausgesezt wegen des Begräbnisses der Generalin Braun“; 12.2.: „70. Stunde“; 15.2.: „73. Stunde Gartenkunst angefangen“; 18.2.: „74. Stunde“; 22.2.: „78. Stunde“; 25.2.: „79. Stunde“; 1.3.: „83. Stunde“; 4.3.: „84. Stunde“; 8.3.: „88. Stunde“; 11.3.: „89. Stunde“; 15.3.: „93. Stunde“; 18.3.: „94. Stunde“; 22.3.: „98. Stunde“; 25.3.: „Aesthetik 99“; 29.3.: „Aesthetik 103 [...] geschlossen.“81 Offenbar ist Schleiermacher bei der Zählung jedoch ein Fehler unterlaufen, wovon auch seine Marginalien zum Kolleg 1832/33 zeugen: Er zählt die gehaltene Doppelstunde vor Weihnachten nur einfach. Auch die durchgehende Stundenzählung der Nachschrift Schweizer 1832/33, die zuverlässig erscheint, ergibt eine Gesamtstundenanzahl von 104 Stunden.82

Vom Kolleg 1832/33 sind insgesamt fünf Vorlesungsnachschriften bekannt, von denen drei erhalten sind: jeweils eine von Alexander Schweizer, von Ernst Ludwig Theodor Henke und von Sigismund Stern. Lommatzsch lagen für seine Edition neben der Nachschrift des „Professor Schweizer“ noch die der „Licentiaten Dr. Erbkam und Dr. George“ vor.83 Von Wilhelm Heinrich Erbkam, der 1855 Professor für Kirchengeschichte an der Universität Königsberg wurde, und Johann Friedrich Leopold George, später Professor der Philosophie in Greifswald, der 1862 Schleiermachers Vorlesungen über die Psychologie im Rahmen der „Sämmtlichen Werke“ herausgab, konnten jedoch keine entsprechenden Dokumente aufgefunden werden. Die grundlegende Dreiteilung seiner Ästhetik in historische Einleitung, allgemeinen spekulativen und besonderen Teil behält Schleiermacher im Kolleg 1832/33 bei, wobei die historische Einleitung einen 80 81 82 83

Vgl. Schleiermacher: Tageskalender 1832, erarbeitet von Elisabeth Blumrich, in: schleiermacher digital (Anm. 3). Vgl. Schleiermacher: Tageskalender 1833, erarbeitet von Elisabeth Blumrich, in: schleiermacher digital (Anm. 3). Vgl. „Editorischer Bericht“ zu Schleiermachers „Marginalien 1832/33“ und zur „Nachschrift Schweizer 1832/33“. Schleiermacher: Ästhetik, hg. v. Lommatzsch (Anm. 59), S. IX.

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deutlich größeren Umfang als in den beiden vorherigen Kollegien einnimmt. Schleiermacher behandelt nun neben antiken Ansätzen zu einer Kunsttheorie bei Platon und Aristoteles und der Ästhetik der Empfindsamkeit im Kontext von Baumgarten bis Sulzer auch zeitgenössische Positionen der Ästhetik von Kant, Fichte und Schelling bis Hegel. Im allgemeinen Teil sind einige terminologische Veränderungen und konzeptuelle Verschiebungen feststellbar, zu erwähnen ist etwa die Einführung des Begriffs des „unmittelbaren Selbstbewusstseins“, das in seiner immanenten Dynamik nun den Ausgangspunkt der künstlerischen Praxis darstellt und damit die Bedeutungsdimensionen des Begriffs der Stimmung umfasst. Diese wird nun als eine vergängliche Bestimmtheit der geistigen Tätigkeit des Selbst bestimmt: „Z. B. eine Gemüthsstimmung ist ein unmittelbares Selbstbewußtseyn. Stimmung deutet eine Fortwirkung an, und nicht bloß momentan, doch irgend wann entstanden und irgend wann vorüber; ein bestimmter qualitativer Moment dem ein andrer vorausging und ein andrer folgen wird.“84 Das ethische Konzept des „Gesamtbewusstseins“, in dessen Kontext die „freie Produktivität“ der Kunst ab 1832/33 gestellt wird, ersetzt zudem die systematische Funktion des Begriffs des „Kunsttriebs“ als den allgemeinen Grund dieser Produktivität. Zwar hat es Schleiermacher nicht mehr geschafft, seine lange Zeit geplante Ethik fertigzustellen, zu deren wesentlichen Elementen er einige Akademieabhandlungen veröffentlichte; in der mit dem „Gesamtbewusstsein“ fundierten sozialen, historischen und kulturellen Einbettung der künstlerischen Produktivität zeigt sich allerdings, dass er die ethische Fundierung der Ästhetik konsequent weitergeführt hat. Die Anordnung der einzelnen Künste verschiebt sich im Kolleg 1832/33 nur geringfügig: Die 1819 und 1825 im Rahmen der Architektur kurz erwähnte „schöne Gartenkunst“ wird 1832/33 als eine eigenständige Kunstform zwischen Architektur und Malerei verortet; damit folgt die Skulptur als letzte Form der bildenden Künste nicht mehr auf die Architektur, sondern auf die Malerei. Die Überarbeitung seiner Ästhetik hat Schleiermacher offenbar nach der Fertigstellung der beiden Akademieabhandlungen „Über den Umfang des Begriffs der Kunst in Hinblick auf die Theorie derselben“ von 1831 und 1832 vorgenommen, allein die dritte, unvollendete Abhandlung ist erst nach dem Ende der Vorlesung 1833 entstanden. Das 84

Kolleg 1832/33, Nachschrift Schweizer, S. 575.

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Einleitung des Bandherausgebers

belegen seine Materialien zur Ästhetik, in denen sich beginnend auf der Rückseite eines Zirkularbriefes vom 9. November 1833 vorbereitende Notizen für diese dritte Abhandlung befinden, die im Anhang dieses Bandes erstmals vollständig veröffentlicht werden.

5. Ausgaben Die erste Ausgabe der Ästhetik Schleiermachers erschien im Rahmen der „Sämmtlichen Werke“ Schleiermachers, die nach seinem Tod im Februar 1834 von einigen seiner Schüler und Freunde konstituiert wurde und zwischen 1834 und 1864 beim Georg Reimer Verlag erschienen ist.85 Die im Rahmen dieser Gesamtausgabe von Carl Lommatzsch herausgegebene Edition von Schleiermachers Ästhetik wurde 1842 veröffentlicht.86 Im Vorwort macht Carl Lommatzsch deutlich, dass Schleiermacher seine Ästhetik im Kolleg 1832/33 gegenüber den vorherigen Entwürfen verändert hatte; Lommatzsch betrachtet aber diese Fassung als ihre reifste und lebendigste Gestalt, weshalb er seiner Edition vor allem Nachschriften dieses Kollegs zugrunde gelegt hat. Das von ihm nicht dokumentierte Verfahren des Kompilierens der drei verwendeten Nachschriften von Schweizer, Erbkam und George führt allerdings zu einem unzuverlässigen Text, in dem nicht nachvollziehbar ist, welche Passagen aus welcher Nachschrift stammen und an welchen Stellen der Herausgeber möglicherweise selbst eingegriffen hat.87 Beim Vergleich mit der Nachschrift Schweizer hat sich allerdings herausgestellt, dass Lommatzsch diese mit hoher Wahrscheinlichkeit als Leittext seiner Edition verwendet hat. Nicht nur der inhaltliche Verlauf beider Texte ist weitgehend identisch, sondern auch ihr Wortlaut ist bis hin zu den Formulierungen einzelner Sätze gleich, so dass die Erstellung einer Seitenkonkordanz für diese Ausgabe möglich war. Die wenigen Passagen, die nicht in der Nachschrift, sondern nur in der Edition vorkommen, stammen somit wahrscheinlich aus einer der beiden an85

86

87

Vgl. Hans-Joachim Birkner: „Die Kritische Schleiermacher-Ausgabe zusammen mit ihren Vorläufern vorgestellt“, in: ders.: Schleiermacher-Studien, eingeleitet u. hg. von Hermann Fischer, Berlin / New York 1996, S. 309–335, hier: 309. Schleiermacher: Vorlesungen über die Aesthetik. Aus Schleiermachers handschriftlichem Nachlasse und aus nachgeschriebenen Heften, hg. v. Carl Lommatzsch, in: Friedrich Schleiermachers sämmtliche Werke, 3. Abt., 7. Bd., Berlin 1842. Vgl. Schleiermacher: Ästhetik, hg. v. Lommatzsch (Anm. 86), S. IX.

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deren Nachschriften oder von Lommatzsch selbst; da die Nachschriften Erbkam und George verschollen sind, kann die Textgestalt der Edition nicht mehr eindeutig rekonstruiert werden. Vor allem aber stellt die weitgehende Ausklammerung der eigenhändigen Manuskripte Schleiermachers – das ursprüngliche Kollegheft von 1819 gibt Lommatzsch nur auszugsweise in Fußnoten wieder – einen Mangel dieser Edition dar. Denn selbst wenn Schleiermachers Ästhetik von 1832/33 ihre reifste Ausführung sein sollte, könnte diese Einschätzung nur aufgrund eines Vergleichs mit Textzeugen der vorhergehenden Kollegien gewonnen und begründet werden; diese Möglichkeit bleibt dem Leser aber durch die eingeschränkte Textzeugenauswahl verschlossen. Auch aus den ihm noch vorliegenden Nachschriften der Kollegien 1819 (Wigand) und 1825 (Braune und Bindemann) bringt Lommatzsch nur wenige ergänzende Auszüge aus der Behandlung der Poesie.88 Lommatzsch, der durch die Heirat mit Schleiermachers zweitältester Tochter Gertrud 1830 zum engeren Familienkreis hinzugetreten war, begründete seine Entscheidung auch damit, dass „Schleiermacher die Absicht hatte, die Aesthetik eigenhändig noch als selbstständiges Werk zu bearbeiten und herauszugeben [...], ungeachtet sich nichts handschriftlich Begonnenes darüber vorfindet“.89 Ludwig Jonas, Schleiermachers Schüler und später der Verwalter von dessen wissenschaftlichem Nachlass, erwähnt in seinem Bericht über die letzten Tage Schleiermachers nur, dieser habe nichts gegen eine Veröffentlichung seiner Ästhetik gehabt, von einer Absicht Schleiermachers, die Ästhetik selbst als Buch herauszubringen, finden sich aber darin und auch sonst keine Hinweise.90 Im Jahr 1932 gab der bereits als Herausgeber von Schleiermachers Dialektik hervorgetretene Rudolf Odebrecht Schleiermachers Ästhetik erneut heraus.91 Odebrecht kritisiert einleitend die offenkundigen Mängel der Edition Lommatzsch und macht zudem geltend, 88 89 90

91

Schleiermacher: Ästhetik, hg. v. Lommatzsch (Anm. 86), S. 691–710. Schleiermacher: Ästhetik, hg. v. Lommatzsch (Anm. 86), S. V. Vgl. Nowak: Schleiermacher (Anm. 1), S. 458, der die neuere Fassung des Jonasschen Textes von Hans-Friedrich Traulsen zitiert: „Aus Schleiermachers letzten Tagen (25. Januar bis 12. Februar 1834)“, in: Zeitschrift für Kirchengeschichte 102 (1991), S. 372–385. Tobias Kirchhof: Der Tod Schleiermachers. Prozess und Motive, Nachfolge und Gedächtnis, Leipzig 2007. Vgl. Friedrich Schleiermachers Ästhetik, im Auftrage der Preussischen Akademie der Wissenschaften und der Literatur-Archiv-Gesellschaft zu Berlin nach den bisher unveröffentlichten Urschriften, hg. v. Rudolf Odebrecht, Berlin 1931.

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Einleitung des Bandherausgebers

dieser habe Schleiermachers Ästhetik durch die Konzentration auf das Kolleg 1832/33 verfälscht; er vergleicht Lommatzschs Edition darin mit der Hotho-Ausgabe von Hegels Ästhetik.92 Dabei kehrt Odebrecht das Kriterium der Textzeugenauswahl von Lommatzsch geradezu um, indem er bemängelt, dass dessen Editionsprinzip auf Kosten von Schleiermachers eigenhändigen frühen Manuskripten gehe; zudem habe Schleiermacher selbst in seinem letzten Ästhetikkolleg seinen prägnanten Erstentwurf von 1819 aufgeschwemmt und verwirrt.93 Dementsprechend legt Odebrecht in seiner Edition ein Schwergewicht auf das Material von 1819, von dem er Schleiermachers Kollegheft („Grundheft 1819 (A)“) und die Nachschrift Bluhme in Auszügen wiedergibt, indem er beide Texte ineinander fügt, so dass Auszüge der Nachschrift ergänzend und in kleinerer Schrift zwischen die (nach einem fraglichen Verfahren fragmentierten) Passagen des Kollegheftes eingeschoben sind. Wohl aufgrund dieses Montageverfahrens musste Odebrecht einzelne Sätze des Kollegheftes umstellen und syntaktische Veränderungen vornehmen, die nicht dokumentiert sind, im Gegensatz zur erwähnten veränderten Zeichensetzung.94 Abschließend bringt Odebrecht auch einen Teil von Schleiermachers vorbereitenden Notizen zur Ästhetik („Reflexionen“) sowie die Randnotizen zum Kolleg 1832/33 heraus, womit erstmals fast alle bekannten Manuskripte Schleiermachers zu seinen Ästhetikvorlesungen veröffentlicht waren. Die editorischen Mängel der Edition Odebrecht liegen neben einigen Fehllesungen und nicht gekennzeichneten editorischen Eingriffen in der falschen Identifikation der anonymen Vorlesungsnachschrift des Jahrgangs 1825 als eines Autographs Schleiermachers. Obwohl er Abweichungen in Orthographie und Interpunktion gegenüber dem Kollegheft 1819 feststellt, im Schriftbild unübliche Durchstreichungen erkennt und die fehlende Stundenzählung bemerkt, bleibt Odebrecht bei dem Schluss, es handele sich um das Fragment eines Heftes Schleiermachers von 1825 („Heft B“), das eine Vorarbeit für eine geplante Publikation sein könne.95 In der Schleiermacherforschung wurde dieser Irrtum erst in den 1990er Jahren aufgeklärt.96 92 93 94 95 96

Schleiermacher: Ästhetik, hg. v. Odebrecht (Anm. 91), S. XXIV–XXV. Schleiermacher: Ästhetik, hg. v. Odebrecht (Anm. 91), S. XIX, XXIV–XXV. Einzelne Sätze sind umgestellt auf den Seiten 5–6, 7–8, 8–9, 40–41, 49–50, 54–55, 60–61, 139–140, 143–144. Schleiermacher: Ästhetik, hg. v. Odebrecht (Anm. 91), S. XXX. Vgl. Andreas Arndt und Wolfgang Virmond: „Rez. Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher: Ästhetik (1819/25). Über den Begriff der Kunst (1831/32), hg. v. Thomas

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Ergänzend zu diesem „Heft B“ bringt Odebrecht Auszüge aus der Nachschrift Bindemann 1825. Im Jahr 1984 erschien eine Studienausgabe von Schleiermachers Ästhetik von Thomas Lehnerer.97 Diese reproduziert Odebrechts Edition von Schleiermachers „Grundheft 1819“ weitgehend, jedoch ohne die Einschiebung der Nachschrift Bluhme und unter Rücknahme einiger syntaktischer Eingriffe. Statt den „Reflexionen“ und den Marginalien von 1832/33 enthält diese Ausgabe die drei Akademieabhandlungen Schleiermachers „Über den Begriff der Kunst“. Gleichwohl wiederholt Lehnerer die falsche Einschätzung Odebrechts bezüglich der anonymen Nachschrift 1825 und betrachtet sie trotz einiger Zweifel als ein Autograph Schleiermachers.98 Vorlesungsnachschriften enthält diese Ausgabe sonst keine. Eine französische Ausgabe der Ästhetik Schleiermachers aus dem Jahr 2004 geht auf Vorarbeiten von Wolfgang Virmond zurück, insofern für die Übersetzung dessen Transkription von Schleiermachers Kollegheft 1819 herangezogen wurde; Auszüge aus der anonymen Nachschrift von 1825 sind ergänzend einbezogen.99 Eine weitere Studienausgabe brachte 2018 erstmals die wieder aufgefundene Nachschrift Schweizer von Schleiermachers Ästhetikkolleg 1832/33 vollständig heraus; die Ausgabe enthält zudem die drei Akademieabhandlungen Schleiermachers „Über den Begriff der Kunst“.100 Die Akademieabhandlungen Schleiermachers mit dem vollständigen Titel „Über den Umfang des Begriffs der Kunst in Bezug auf die Theorie derselben“ wurden zunächst in den „Sämmtlichen Werken“ 1835 durch Ludwig Jonas veröffentlicht und erfuhren ihre historischkritische Ausgabe im Rahmen der ersten Abteilung der KGA, im Band 11: „Akademievorträge“.101

97 98 99

100 101

Lehnerer, Hamburg 1984“, in: New Athenaeum / Neues Athenaeum 2, 1991, S. 190–196. Schleiermacher: Ästhetik (1819/25). Über den Begriff der Kunst (1831/32), hg. v. Thomas Lehnerer, Hamburg 1984. Schleiermacher: Ästhetik, hg. v. Lehnerer (Anm. 97), S. XVIII–XXI. Schleiermacher: Esthétique. Tous les hommes sont des artistes, édité par Denis Thouard, traduction de l’allemand par Christian Berner, Élisabeth Décultot, Marc de Launay et Denis Thouard, introduction par Christian Berner et Denis Thouard, postface de Paolo d’Angelo, Paris 2004. Schleiermacher: Ästhetik (1832/33). Über den Begriff der Kunst (1831–33), hg. v. Holden Kelm, Hamburg 2018. Schleiermacher: Reden und Abhandlungen der Königlichen Akademie der Wissenschaften. Aus Schleiermachers handschriftlichem Nachlasse und aus nachgeschriebenen Heften, hg. v. Ludwig Jonas, in: Friedrich Schleiermachers sämmtliche

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Einleitung des Bandherausgebers

6. Rezeption Neben dem editorischen Verfahren verhinderte wohl auch die späte Herausgabe von Schleiermachers Ästhetik im Jahr 1842 ihre produktive Rezeption im ästhetischen Diskurs der klassischen deutschen Philosophie. Obwohl Schleiermacher auf der Höhe seiner Zeit argumentiert, auf die Positionen Kants, Schellings und Hegels teilweise konstruktiv Bezug nimmt, wurde seine Ästhetik im 19. Jahrhundert nur marginal wahrgenommen. Auch die Rezension von Wilhelm Danzel in der Neuen Jenaischen Allgemeinen Literatur-Zeitung aus dem Jahr 1844 führte offenbar nicht zu der vom Rezensenten gewünschten Breitenwirkung der Ästhetik Schleiermachers.102 Vor allem die mangelnde Konzentration und Bündelung der vielen eröffneten Fragen und Probleme gibt dem Rezensenten Anlass zur Kritik, wobei er diese Vielfalt zugleich als dem Gegenstand der Ästhetik angemessen bezeichnet und die Ausgabe insgesamt für bedeutsam hält. Weitere Besprechungen erfolgten erst in philosophiehistorischen Gesamtdarstellungen zur Ästhetik des 19. Jahrhunderts, in denen Schleiermachers Ästhetik meist in den Schatten der Hegelschen und Schellingschen Ästhetik gestellt wurde und mitunter polemische Reaktionen hervorrief.103 In der „Geschichte der deutschen Ästhetik seit Kant“ (1886) von Eduard von Hartmann wird Hegels und Schleiermachers Ästhetik etwa in Beziehung gesetzt, indem beide unter der Rubrik des „konkreten Idealismus“ diskutiert werden. Hartmann stellt dabei fest, dass Schleiermachers Ästhetik die Hegelsche in „psychologischer und erkenntnistheoretischer“ Hinsicht ergänze, insofern letztere vor allem auf das Verhältnis der „Aesthetik zur Metaphysik“ konzentriert sei.104 Dabei konnte sich Hartmann jedoch nicht enthalten, Schleiermachers Ästhetik in der Lommatzsch-Edition als einen „formlose[n]

102

103

104

Werke, 3. Abt, 3. Bd., Berlin 1835, S. 179–224. KGA I/11, S. 725–742, 769–786, 787–794. Wilhelm Danzel: „Rez. Vorlesungen über die Aesthetik. Aus Schleiermachers handschriftlichem Nachlasse und aus nachgeschriebenen Heften, hg. v. Karl Lommatzsch, Berlin 1842“, in: Neue Jenaische Allgemeine Literatur-Zeitung, 3. Jg., Nr. 40, 15. Februar 1844 sowie Nr. 41, 16. Februar 1844. Vgl. etwa Robert Zimmermann: Ästhetik, erster historisch-kritischer Teil, Wien 1858. Hermann Lotze: Geschichte der Ästhetik in Deutschland, viertes Buch, München 1868. Max Schasler: Kritische Geschichte der Aesthetik, Berlin 1872. Eduard von Hartmann: Die deutsche Aesthetik seit Kant. Erster historisch-kritischer Theil, in: Eduard von Hartmanns Ausgewählte Werke, zweite Ausgabe, Bd. III, Aesthetik, Leipzig 1886, S. 157.

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Gedankenbrei, in welchem vieles Triviale, noch mehr Halbwahres und Schiefes und einige gute Bemerkungen durcheinander gerührt sind“, zu bezeichnen.105 Hierbei reflektierte Hartmann jedoch nicht auf die Konzentration der Edition Lommatzschs auf das Kolleg 1832/33; auch die Akademieabhandlungen oder andere kunsttheoretische Schriften Schleiermachers berücksichtigte er nicht. Wilhelm Dilthey brachte die Bedeutung von Schleiermachers Ästhetik ansatzweise zur Geltung, indem er sie in eine Reihe mit der von A. W. Schlegel, Schelling, Solger, Hegel und Schopenhauer stellt. Aber auch seine Auszeichnung Schleiermachers als dem „Ästhetiker der Romantik“ änderte nicht viel an dessen geringer Präsenz im philosophisch-ästhetischen Diskurs, nicht zuletzt auch deshalb, weil Dilthey vor allem auf Schleiermachers Hermeneutik aufmerksam machte, die im 20. Jahrhundert eine breite Wirkung entfaltete.106 Auch die wohl durch Diltheys Arbeiten zu Schleiermacher mit ermöglichte Edition Odebrechts von 1931 beförderte ihre Diskussion nicht wesentlich, was wohl auch durch die historischen Umstände – den baldigen Ausbruch des Zweiten Weltkrieges und die damit einhergehenden Notlagen – bedingt sein dürfte. Eine Ausnahme in dieser Zeit bildet der italienische Philosoph Benedetto Croce: Seine Entdeckung der Ästhetik Schleiermachers stellt eine konstruktive Fortsetzung einiger ihrer Grundgedanken dar, wovon schon der deutsche Titel seines ästhetischen Hauptwerks zeugt: „Aesthetik als Wissenschaft des Ausdrucks und allgemeine Linguistik“ (1905).107 Auch in Frankreich machte Croce Schleiermachers Ästhetik bekannt: Er veröffentlichte 1934 einen Artikel über sie in der „Revue de métaphysique et de morale“ – freilich in einem Kontext, in dem bereits Hegels „Phänomenologie des Geistes“ und die „Pariser Manuskripte“ von Karl Marx eine breite Aufmerksamkeit auf sich zogen.108 105 106

107

108

Hartmann: Die deutsche Aesthetik seit Kant (Anm. 104), S. 156. Wilhelm Dilthey: Leben Schleiermachers, 2. Bd., Schleiermachers System als Philosophie und Theologie, aus dem Nachlass von W. Dilthey, hg. v. Martin Redeker, Göttingen 1966, S. 443. Benedetto Croce: Aesthetik als Wissenschaft des Ausdrucks und allgemeine Linguistik. Theorie und Geschichte, aus dem Italienischen übersetzt von Karl Federn, Leipzig 1905. Benedetto Croce: „L’esthétique de Schleiermacher“, in: Revue de métaphysique et de morale, Nr. 41, 1934, S. 327–341. – Eine weitere Rezeptionslinie führt zu Edgar Wind, einem Schüler von Aby Warburg, der jedoch primär auf Schleiermachers Akademieabhandlung „Über den Umfang des Begriffs der Kunst“ rekurriert. Vgl. Edgar Wind: „Warburgs Begriff der Kulturwissenschaft und seine Bedeutung für die Ästhetik“, in: Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft 25 (Beiheft), Stuttgart 1931, S. 163–179.

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Einleitung des Bandherausgebers

In der Nachkriegszeit erneuerte Hans-Georg Gadamer die Diskussion über Schleiermachers Hermeneutik; Schleiermachers Ästhetik blieb dabei weitgehend unberücksichtigt, zumindest solange, bis die literaturwissenschaftliche und philosophische Forschung die Frühromantik (wieder-)entdeckte und mit ihrer kritischen Aufarbeitung, etwa in Form von historisch-kritischen Gesamtaugaben begann.109 In der Folge entstanden auch neue Interpretationen und kritische Aufarbeitungen von Schleiermachers Ästhetik, etwa in Hinblick auf ihre Musikphilosophie (Scholtz 1981), auf ihre Stellung in Schleiermachers philosophisch-theologischem System (Lehnerer 1987) oder hinsichtlich ihres frühromantischen Kontextes (Käfer 2006). Bis auf einige Ausnahmen, wie die Beiträge über Schleiermachers Ästhetik für den Internationalen Kongress der Schleiermacher-Gesellschaft von 2015 „Der Mensch und seine Seele. Bildung – Frömmigkeit – Ästhetik“ belegen, ist Schleiermachers Philosophie der Kunst bis heute eher ein Randphänomen des ästhetischen Diskurses geblieben.110

II. Editorischer Bericht Erster Teil. Manuskripte Schleiermachers Sämtliche bekannten Manuskripte Schleiermachers zur Ästhetik befinden sich im Schleiermacher-Nachlass (SN) des Archivs der BerlinBrandenburgischen Akademie der Wissenschaften (ABBAW) und tragen noch den Stempelabdruck vom „Litteratur-Archiv“ Berlin. Sie enthalten Exzerpte, Aphorismen und Notizen, die Schleiermacher vor und während seiner Vorlesung 1819 verfasste sowie ein Kollegheft, das er für alle drei Kollegien verwendete und mit zum Teil umfangreichen Marginalien versehen hat. Diese Dokumente werden im Ersten Teil dieser Ausgabe wiedergegeben. – Außer diesen Dokumenten und teilweise mit ihnen zusammen archiviert, sind verschiedene Notizen überliefert, die nicht in direktem Zusammenhang mit Schleiermachers Ästhetikvorlesungen stehen, aber dennoch ästhetische Gegenstände 109

110

Vgl. etwa die historisch-kritischen Gesamtausgaben der Werke von Friedrich Schlegel oder die von seinem Bruder August Wilhelm Schlegel, die Ernst Behler u. a. auf den Weg brachten. Arnulf von Scheliha und Jörg Dierken (Hg.): Der Mensch und seine Seele. Bildung – Frömmigkeit – Ästhetik, Akten des Internationalen Kongresses der SchleiermacherGesellschaft in Münster, September 2015, Berlin/Boston 2017.

Editorischer Bericht

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behandeln, darunter befinden sich etwa ein Heft zur Musik oder auch Vorbereitungen Schleiermachers für seine dritte Akademieabhandlung „Über den Umfang des Begriffs der Kunst“. Ergänzend zu den in den editorischen Richtlinien der II. Abteilung (Einleitung der Herausgeber, III. 2.) genannten Textsorten werden diese Dokumente im Anhang dieses Bandes präsentiert, weil sie thematisch relevant sind und bisher noch nicht in historisch-kritischer Edition vorliegen. Die Edition dieser Texte folgt dabei den Richtlinien für die Vorlesungsmanuskripte Schleiermachers. 1. Notizen zur Ästhetik I Unveröffentliches Manuskript: ABBAW, SN 110. Es handelt sich um Notizen, die Schleiermacher für die Vorbereitung und die Durchführung seines Kollegs 1819 angefertigt hat. Darunter befinden sich kommentierte Exzerpte zu Schellings Rede „Über das Verhältnis der bildenden Künste zu der Natur“ sowie Aphorismen über allgemeine Gesichtspunkte der Ästhetik und die einzelnen Künste, die teilweise in das Kollegheft 1819 eingegangen sind, wovon verschiedene Bearbeitungsvermerke zeugen. Zudem finden sich hier anhängend Schleiermachers Vorbereitungen für seine dritte Akademieabhandlung „Über den Umfang des Begriffs der Kunst“. Das Manuskript umfasst 4 halbe Bogen, d. h. 8 Blätter im Quartformat und einen Zettel. Die Seiten wurden nachträglich wohl von Archivseite mit Bleistift paginiert und enthalten einen für Schleiermachers Manuskripte typischen Rand von etwa 1/3 Seitenbreite für Ergänzungen. Die Bogen bestehen aus verschiedenen Papiersorten und hängen offenbar falsch zusammen; vieles deutet darauf hin, dass die jetzige Zusammensetzung nachträglich erfolgte, wenngleich nicht ausgeschlossen werden kann, dass Schleiermacher selbst eine gewisse Willkür bei der Papierwahl und der hinterlassenen Anordnung der Bogen walten ließ, zumal er nur wenig Zeit hatte, sein Ästhetikkolleg 1819 vorzubereiten. Odebrecht hat diese Notizen I erst nach der Veröffentlichung seiner Edition entdeckt und betrachtet sie fälschlich ausschließlich als „Vorarbeiten zur letzten Akademierede über Ästhetik“.111 Das im vorliegenden Band als „Notizen zur Ästhetik II“ 111

Odebrecht: Schleiermachers System der Ästhetik. Grundlegung und problemgeschichtliche Sendung, Berlin 1932, Vorwort: „Bei einer ungestörten Durchsicht der Schleiermacher-Archivalien fanden sich an entlegener Stelle noch einige Quartbogen mit Bemerkungen zur Ästhetik.“

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Einleitung des Bandherausgebers

edierte Heft hat Odebrecht hingegen als „Reflexionen“ zum Kolleg 1819 herausgegeben, was darauf hindeutet, dass die Notizsammlungen I und II bereits vor ihrer Sichtung durch Odebrecht, möglicherweise von Dilthey, in der jetzigen Form hinterlassen wurden. Lommatzsch berichtet nur am Rande von „Zettelchen zum Behuf der frühern ästhetischen Vorlesungen“, die sich in „ziemlich vollständigem Zusammenhange“ vorfinden, womit unklar bleibt, wie die Vorlesungsnotizen ursprünglich zusammenhingen.112 Die Notizen der Bogen sind von Schleiermacher mit Eisengallustinte beschrieben.113 Der Bogen 1 (Seiten 1–2, 7–8) trägt auf der ersten Seite die Überschrift „Zur Aesthetik“, links darüber ist ein roter Stempelabdruck vom „Litteraturarchiv-Berlin“, der auch auf Seite 9 zu finden ist. Der Bogen besteht aus hellem Papier, die Ränder weisen deutliche Abnutzungserscheinungen auf, sind angegilbt und teilweise eingerissen. Der Bogen 2 (Seiten 3–4, 5–6) ist in Bogen 1 eingelegt, besteht aus dunklerem Papier als dieser und enthält das Wasserzeichen „Spechthausen“. Bogen 3 (Seiten 9–10, 11–12) liegt unter den Bogen 1 und 2 und war ursprünglich wohl umgekehrt gefaltet, er besteht aus dem gleichen Papier wie Bogen 2, worauf auch der Schrifttyp des Wasserzeichens „I. W. Ebart“ hindeutet.114 Der Text auf Seite 10 bricht nach 7 Zeilen ab. – Diese drei Bogen enthalten in loser Reihenfolge kommentierte Exzerpte, Aphorismen und Reflexionen Schleiermachers, die der Vorbereitung und Durchführung seines Ästhetikkollegs 1819 zugerechnet werden können, wovon die Erledigungsvermerke sowie Verweise auf die Vorlesungsstunden IV, VII, VIII und IX zeugen, die im Textapparat nachgewiesen werden. Nicht nachgewiesen werden die für Schleiermachers Manuskripte typischen größeren Spatien, die im Drucktext durch größere Lücken dargestellt werden. Der Zettel (S. 13–14) ist nur halb so breit wie die Bogen, enthält kein Wasserzeichen und ist bis zum unteren Rand beschrieben. Schleiermacher zerschnitt offenbar einen Zirkularbrief, der auf der Rückseite (S. 14) fragmentarisch erhalten ist, mit dem Datum „9.11.1833“ 112 113

114

Schleiermacher: Ästhetik, hg. v. Lommatzsch (Anm. 86), S. VI. Vgl. Röntgenfluoreszenzanalyse der Schreibmaterialien Friedrich Schleiermachers, in: KGA II/12, hg. v. Jens Beljan, Christiane Ehrhardt, Dorothea Meier, Wolfgang Virmond, und Michael Winkler, Berlin/Boston 2017, Anhang, S. 892. Es handelt sich offenbar um handgeschöpftes imprägniertes Papier, das in der Papierfabrik Spechthausen bei Eberswalde (geführt von Johann Wilhelm Ebart und Söhnen) hergestellt wurde.

Editorischer Bericht

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und seiner Unterschrift versehen ist. Der Bogen 4 (Seiten 15–16, 17– 18) liegt unter dem Zettel und besteht aus dunklerem und festerem Papier wie Bogen 2 und 3 und enthält kein Wasserzeichen; auf Seite 17 ist nur der rechte Rand beschrieben. – Auf dem Zettel beginnen Notizen, die eindeutig der Vorbereitung von Schleiermachers dritter Akademieabhandlung „Über den Umfang des Begriffs der Kunst in Bezug auf die Theorie derselben“ zugeschrieben werden konnten; auf Bogen 4 werden diese vorbereitenden Notizen fortgesetzt. Entsprechend diesem Befund und den erkennbaren inhaltlichen Zusammenhängen wurden die Notizen umgestellt und in unterschiedliche zeitliche Schichten separiert: Bogen 1–3 werden als „Notizen zur Ästhetik I“ dem Kolleg 1819, der Zettel und der darauffolgende Bogen 4 hingegen den „Notizen zur dritten Akademieabhandlung“ zugeordnet; letztere werden im Anhang wiedergegeben. Weil die einzelnen, mitunter kurzen und nicht über Seitenwechsel verlaufenden „Notizen zur Ästhetik I“ nicht nummeriert sind, keine in sich geschlossene Folge bilden und durch Trennungsstriche voneinander abgesetzt sind, mussten für ihre Anordnung neben den Materialmerkmalen der Bogen inhaltliche Gesichtspunkte herangezogen werden. Als Muster wurde der Verlauf des Kolleghefts 1819 zugrunde gelegt, das sich nach der kurzen Einleitung in einen allgemeinen und einen besonderen Teil gliedert, wobei zu berücksichtigen war, dass Schleiermachers Notizen diesem Muster nicht folgen müssen, weil sie mitunter auch spontane Einfälle wiedergeben. Dabei hat sich der folgende Zusammenhang der Bogen als plausibel erwiesen: Bogen 1 bildet den Umschlag, Bogen 3 folgt, jedoch umgekehrt gefaltet als vorliegend, und in diesem liegt Bogen 2, so dass sich die Seitenfolge ergibt: 1–2, 11–12, 3–4, 5–6, 9–10, 7–8. Die Notizen beginnen auf den ersten beiden Seiten mit zum Teil aphoristisch formulierten Kommentaren und Exzerpten zu Schellings Rede „Über das Verhältnis der bildenden Künste zu der Natur“, die 1807 veröffentlicht wurde. Schleiermacher exzerpiert diese Rede aufgrund der von ihm verwendeten Ausgabe der „Philosophischen Schriften“ Schellings von 1809 mit Seitenangaben stellenweise wortwörtlich.115 Schleiermacher wurde spätestens durch August Boeckh auf diese Rede aufmerksam, der in zwei Briefen 1808 und 1809 mit 115

F. W. J. Schelling: „Ueber das Verhältniß der bildenden Künste zu der Natur“ (1807), Rede zum Anlass des Namensfestes des Bayrischen Königs am 12.10.1807, in: ders.: Philosophische Schriften, Bd. 1, Landshut 1809, S. 341–396.

LIV

Einleitung des Bandherausgebers

der Bitte an ihn herantrat, eine Rezension von ihr zu verfassen.116 Damit wäre als frühester Zeitpunkt für die Abfassung dieser Notizen das Jahr 1809 möglich. Da aber keine weiteren Hinweise auf eine geplante Rezension dieser Rede vorliegen, ist die Annahme wahrscheinlicher, dass Schleiermacher die Exzerpte erst anfertigte, als er sein erstes Ästhetikkolleg plante und sich eben dafür sein Heft „Zur Aesthetik“ angelegt hatte. Das könnte bereits zum Jahresende 1816 gewesen sein, als Schleiermacher an Gaß schrieb, ihm fehlten in seiner Lehre noch ganze Disziplinen, darunter auch die „Aesthetik“.117 Spätestens zum Jahresende 1818 dürfte Schleiermacher an der Verwirklichung seines Planes gearbeitet haben, er schrieb an Brinckmann: „im nächsten Jahr denke ich an die Aesthetik zu gehn.“118 Allerdings teilte Schleiermacher Twesten noch gut fünf Wochen vor Vorlesungsbeginn mit, er plane ein Kolleg, das er „schon lange im Schilde führe, aber wozu noch nichts vorbereitet ist, nämlich Aesthetik.“119 Zwar könnte der erste Teil dieser Mitteilung auch so gedeutet werden, dass Schleiermacher bereits seit längerer Zeit Notizen zur Ästhetik führte, er könnte aber auch auf den bereits im Rahmen der Ethik entworfenen Grundriss der Ästhetik deuten. Da Schleiermacher jedoch angibt, „noch nichts vorbereitet“ zu haben, ist es wahrscheinlicher, dass er diese Exzerpte erst in den gut fünf Wochen vor Vorlesungsbeginn am 19. April 1819 niederschrieb. Weil Schleiermacher bei der Besprechung der Kunstschönheit in seinem Kollegheft (26. Stunde, 27. Mai) auf einen Passus der Rede Schellings rekurriert, müssten diese Exzerpte spätestens vor dieser Stunde entstanden sein. Die an diese Exzerpte anschließenden Notizen dürften teils in die engere, gut fünfwöchige Vorbereitungszeit, teils in die Zeit der Durchführung des Kollegs fallen. Sie enthalten überwiegend allgemeine Überlegungen zur Anlage und Konzeption der Ästhetik, die der Abhandlung des Kolleghefts inhaltlich und teilweise auch dem Wortlaut nach entsprechen. Allerdings finden einige Gedanken über die Malerei und die Poesie (etwa auf S. 7–8) keine Entsprechung im Kollegheft 116 117 118 119

Vgl. Briefe von A. Boeckh an F. Schleiermacher vom 7. Oktober 1808 und vom 5. April 1809: Brief 2859, KGA V/10, S. 286 und Brief 3193, KGA V/11, S. 225. Brief von F. Schleiermacher an Joachim Christian Gaß, vom 29. Dezember 1816 bis 2. Januar 1817, in: Schleiermachers Briefwechsel mit J. Chr. Gaß (Anm. 46), S. 128. Brief von F. Schleiermacher an C. G. v. Brinckmann vom 31. Dezember 1818, in: Aus Schleiermachers Leben (Anm. 47), S. 241. Brief von F. Schleiermacher an August D. C. Twesten vom 14. März 1819, in: D. August Twesten nach Tagebüchern und Briefen (Anm. 51), S. 342.

Editorischer Bericht

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1819, da es bei der Behandlung der Skulptur abbricht. Wie die Erledigungsvermerke und die Verweise auf Vorlesungsstunden belegen, führte Schleiermacher seine Notizen I zeitweise parallel zu seinem Kollegheft. Dabei ist es auch möglich, dass er einige Notizen erst nach der Abhaltung einzelner Stunden verfasste, wie es etwa auch bei seinen Dialektik- oder Psychologievorlesungen der Fall ist. Der wahrscheinliche Zeitpunkt, zu dem er die Notizen I abgeschlossen haben dürfte, ist das Ende der Vorlesung am 7. August 1819. Da im Kollegheft 1819 die Behandlung der Malerei und Poesie fehlen, ist nicht auszuschließen, dass Schleiermacher für den Abschluss seines Kollegs 1819 auf diese Notizen zurückgriff und sie eventuell auch für den Abschluss des Kollegs 1825 verwendete. 2. Notizen zur Ästhetik II Manuskript: ABBAW, SN 112/2.120 Erstveröffentlichung und Seitenkonkordanz: Edition Odebrecht (ÄOd).121 Es handelt sich um ein Notizheft, das Schleiermacher für die Vorbereitung und Durchführung seines Kollegs 1819 angefertigt und verwendet hat. Odebrecht brachte dieses Notizheft unter dem Titel „Reflexionen“ heraus und charaktisierte die Notizen als Einfälle und Zusätze zum Kollegheft 1819. Die Notizen enthalten neben Exzerpten zu Schellings Vorlesungen über die Philosophie der Kunst überwiegend Aphorismen zum besonderen Teil über die einzelnen Künste. Einzelne Verweise auf Vorlesungsstunden und die für Schleiermacher üblichen Bearbeitungsvermerke verdeutlichen einen den Notizen I ähnelnden Charakter dieses Notizheftes als einer Materialsammlung für seine Kollegien. Das Manuskript besteht aus 3 halben Bogen, d. h. 6 Blättern im Quartformat, die zu einem Heft gefaltet sind und einem Zettel. Das Heft ist von Archivseite durchgehend mit Bleistift paginiert und bis auf die letzten drei Seiten (10–12) beidseitig beschrieben. Zwischen die Seiten 4 und 5 wurde offenbar nachträglich ein Zettel eingefügt, der die Seitennummer 3a trägt; er enthält Notizen zu Bouterweks Äs120

121

Unter der Signatur 112/1 wird in dieser Mappe auch Schleiermachers Manuskript zur „Würdigung des Fürsten Radziwill“ (1833) aufbewahrt, das bereits veröffentlicht ist in: KGA I/14, hg. v. Hermann Fischer, Ulrich Barth, Konrad Cramer, Günter Meckenstock, Kurt-Victor Selge, Berlin / New York 2003, S. 363–368. Schleiermacher: Ästhetik, hg. v. Odebrecht (Anm. 91), S. 318–327.

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Einleitung des Bandherausgebers

thetik (1815) und steht inhaltlich in keinem direkten Zusammenhang mit den Kollegien, weshalb er im Anhang dieses Bandes wiedergegeben wird.122 Das Papier der drei Bogen ist mit Eisengallustinte beschrieben, die Seiten haben den für Schleiermacher typischen Rand von etwa 1/3 Seitenbreite, die Notizen und Aphorismen sind durch Trennstriche voneinander abgesetzt. Die Kanten der Blätter sind teilweise ausgefranst und die Ränder leicht vergilbt. Die Bogen hängen wie folgt zusammen: Bogen 1: Seiten 1–2, 11–12; Bogen 2: Seiten 3– 4, 9–10; Bogen 3: Seiten 5–6, 7–8. Auf Seite 1 beginnen die Notizen ohne Überschrift mit der Sentenz: „Musik: Rhythmus Melodie Harmonie.“ Die unveränderte Faltung, die einheitliche Papiersorte und die drei leeren Seiten am Ende des Heftes vermitteln den Eindruck, dass es in seiner ursprünglichen Anlage erhalten ist. Da die Bogen 1–3 offenbar aus derselben Papiersorte wie der Bogen 1 der Notizen I („Zur Aesthetik“) bestehen, könnte es sein, dass diese Bogen ursprünglich zusammenhingen. Es lässt sich jener Bogen 1 aber nicht sinnvoll etwa als Umschlagbogen den Notizen II anfügen, seine beschriebenen Seiten 7 und 8 würden dann auf drei leere Seiten folgen, auch weist sein verschlissener Zustand auf eine unterschiedliche Verwendung oder frühzeitige Entnahme aus diesem Heft hin. Die leeren Seiten am Ende des Heftes der Notizen II belegen zudem, dass Schleiermacher die Arbeit an ihm beendete, bevor ihm der Platz zum Weiterschreiben ausging. Dieser Befund und die bündige Anlage des Heftes sprachen dafür, es als zweiten Teil von Schleiermachers Vorlesungsnotizen zur Ästhetik zu behandeln. In den Notizen setzt sich Schleiermacher zunächst wiederum mit Schellings Kunstphilosophie auseinander; wie Odebrecht bereits festgestellt hat, muss es sich dabei um Schellings „Vorlesungen über die Philosophie der Kunst“ handeln, die dieser 1802/03 in Jena gehalten und 1804/05 in Würzburg wiederholt hat.123 Allerdings sind diese Vorlesungen erst posthum, in den „Sämmtlichen Werken“ Schellings 1859 von seinem Sohn veröffentlicht worden.124 Schleiermacher hätte für diese Notizen also über eine Nachschrift des Jenaer oder Würzbur122 123 124

Vgl. unten „Editorischer Bericht“ zu „Notiz zur Ästhetik von Bouterwek“. Schleiermacher: Ästhetik, hg. v. Odebrecht (Anm. 91), S. XXXI. Schelling: Vorlesungen über die Philosophie der Kunst, in: Friedrich Wilhelm Joseph von Schellings sämmtliche Werke, hg. v. Karl Friedrich August Schelling, Abt. I, Bd. 5, Stuttgart und Augsburg 1859.

Editorischer Bericht

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ger Kollegs verfügen müssen, von einer solchen finden sich allerdings keine Spuren in seinem Nachlass. In der historisch-kritischen Ausgabe der Kunstphilosophie Schellings ist die Nachschrift Schlosser des Kollegs 1802/03 enthalten, auf die einige der Notizen Schleiermachers inhaltlich bezogen werden können.125 Schleiermacher rekurriert etwa auf Schellings Einteilung der bildenden Künste in die drei Stufen Musik, Malerei und Plastik sowie die Unterteilung der Plastik in Architektur, Basrelief und Skulptur, er hinterfragt die „Schellingsche Parallelisierung von Architectur und Musik“, referiert dessen Ansicht, die plastische Kunst stelle den Gipfel der bildenden Kunst dar und reflektiert Schellings Deduktion der Plastik aus der Malerei.126 Aus den ihm nachweislich bekannten Texten Schellings hätte Schleiermacher diese detaillierten Kenntnisse nicht entnehmen können. Von einer Nachschrift des Typs Schlosser, die möglicherweise von Schelling autorisiert worden war, waren wahrscheinlich mehrere im Umlauf und es ist wahrscheinlich, dass auch Schleiermacher eine solche zur Verfügung stand, die dann später möglicherweise aus seinem Nachlass ausgesondert wurde. Eine solche Nachschrift besaßen etwa Dorothea und Friedrich Schlegel, von denen sie sich Schleiermacher auch geliehen haben könnte, wovon sich jedoch keine Hinweise finden; Friedrich Ast und Solger kannten die Vorlesungen Schellings auch.127 Wie und wann Schleiermacher diese Kenntnisse erlangt haben könnte, ist somit nicht mehr feststellbar – auch seine 1803 erschienene Rezension von Schellings „Vorlesungen über die Methode des akdemischen Studium“ bietet keine weiteren Anhaltspunkte.128 Da Schleiermacher in seinem Kollegheft 1819, im Rahmen der Einteilung der Künste in der 37. Vorlesungsstunde, Schellings Einordnung der Musik unter die bildenden Künste erörtert, ist es wahrscheinlich, dass er diese Notizen spätestens zu dieser Stunde niedergeschrieben hatte, die um den 17. Juni datiert werden kann. In den weiteren Notizen kommentiert Schleiermacher kunsttheoretische Aussagen Goethes, Diderots und Friedrich Asts und behandelt weniger allgemeine Gesichtspunkte der Ästhetik, wie in den Notizen I, sondern überwiegend spezifische Bestimmungen und Ver125 126 127 128

Schelling: Philosophie der Kunst und weitere Schriften (Anm. 25), S. 18. Vgl. unten „Notizen zur Ästhetik II“, S. 23. Vgl. Schelling: Philosophie der Kunst und weitere Schriften (Anm. 25), S. 78–81. Schleiermacher: Rezension von Friedrich Wilhelm Joseph Schelling: Vorlesungen über die Methode des akademischen Studiums, KGA I/4, hg. v. Eilert Herms, Günter Meckenstock und Michael Pietsch, Berlin / New York 2002, S. 461–484.

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Einleitung des Bandherausgebers

hältnisse der einzelnen Künste, die mit dem besonderen Teil des Kolleghefts korrespondieren; darunter befinden sich aber auch zwei Verweise auf die Einleitung und einer auf die 8. Vorlesungsstunde. Die inhaltliche Ausrichtung der Notizen I und II ist somit zwar tendenziell unterschiedlich, sie erlaubt aber nicht die Feststellung eines eindeutigen zeitlichen Nacheinanders beider Hefte, vielmehr scheint Schleiermacher sie zeitweise auch parallel geführt zu haben. Somit dürften die Notizen II größtenteils in einer ähnlichen Zeit wie die Notizen I entstanden sein; wahrscheinlich ist die Zeitspanne zwischen der etwa fünfwöchigen Vorbereitungszeit und dem Ende des Kollegs. Es ist auch bei diesen Notizen denkbar, dass Schleiermacher die Reflexionen über Malerei und Poesie nutzte, um seine Kollegien 1819 und 1825 abzuschließen, da das Kollegheft selbst bereits bei der Skulptur abbricht. 3. Kollegheft Ästhetik 1819 Manuskript: ABBAW, SN 109. Erstveröffentlichung und Seitenkonkordanz: Edition Odebrecht (ÄOd). Das Kollegheft enthält Schleiermachers grundlegende Abhandlung zur Ästhetik, die er für das Kolleg 1819 angefertigt hat und für die Durchführung aller drei Kollegien verwendete. Für das Kolleg 1825 notierte er darin einige wenige, für das von 1832/33 umfangreiche, die ursprüngliche Konzeption teilweise erweiternde Marginalien. Die Abhandlung beginnt auf dem Titelblatt mit der Überschrift „Aesthetik“. Nach einer kurzen Einleitung folgt der allgemeine Teil über die philosophisch-ethischen Grundlagen der Ästhetik, an den der besondere Teil über die einzelnen Künste Mimik, Musik, Architektur und Skulptur anschließt, danach bricht das Manuskript ab. Odebrecht veröffentlichte das Kollegheft 1819 als „Grundheft 1819 (A)“ mit einer Reihe von Ergänzungen und Umstellungen. Das Manuskript besteht aus 23 einzeln übereinander liegenden halben Bogen, d. h. 46 Blättern im Quartformat; von den 92 sind 91 Seiten beschrieben. Das Papier ist offenbar das gleiche, wie das der 3 Bogen der Notizen II und an den Ecken leicht vergilbt. Die Seiten haben den für Schleiermacher typischen Rand von etwa 1/3 Seitenbreite für Nachträge, die Ränder sind abgegriffen und teilweise eingerissen, was auf eine mehrfache Benutzung schließen lässt. Die Bogen

Editorischer Bericht

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wurden offenbar von Schleiermacher am oberen rechten Rand nummeriert, die Seiten nachträglich (bisweilen aussetzend) am unteren Rand mit Bleistift paginiert. Die Bogennummern sind mit der gleichen Tinte (Eisengallustinte) geschrieben wie die gesamte Abhandlung. Am rechten Rand sind die Anfangsdaten der ersten beiden Kollegien notiert: „angef. 1819, d. 19. April“ und „angef. 1825, d. 11. April“. Im Verlauf des Heftes sind die einzelnen Stunden mit römischen Ziffern gekennzeichnet, bis zur 42. Stunde im Haupttext und von der 43. bis zur 64. Stunde am Seitenrand. Aufgrund der sporadischen Datumsangaben der sekundär überlieferten Nachschrift Bluhme konnten einige dieser Vorlesungsstunden datiert werden. Am rechten Rand der Titelseite beginnen die Marginalien Schleiermachers, von denen einige dem Kolleg 1819 angehören (spontane Korrekturen oder Einfügungen), einige dem Kolleg 1825 (nachträgliche Ergänzungen oder Präzisionen). Die Marginalien 1825 werden im Textapparat nachgewiesen und fallen größtenteils in den besonderen Teil der Abhandlung. Die Marginalien zum Kolleg 1832/33 weisen eine eigene Stundenzählung auf und sind eindeutig vom Haupttext abgegrenzt; darüber hinaus lassen sie eine in sich geschlossene Abhandlung mit konzeptionellen Umgestaltungen erkennen, weshalb sie als ein eigenes Dokument wiedergegeben werden.129 Das Heft bricht auf Seite 91 in der 64. Stunde ab; die Seite ist zu etwa 5/6 beschrieben, die folgende Seite 92 ist leer und bildet den Abschluss des erhaltenen Heftes. Im Vergleich zur Systematik der einzelnen Künste in den Kollegnachschriften 1825 fehlen hier daher noch ein Restteil zur Skulptur sowie die Behandlung der Malerei und der Poesie. Bereits Lommatzsch lag das Heft in dieser Gestalt vor, er spricht, ohne mögliche Ursachen zu erwägen, von der „Unvollständigkeit des ursprünglichen Heftes“, in dem der Schluss fehle, namentlich die Teile über Malerei und Poesie.130 Dass dieser Abbruch nicht durch Krankheit oder Reisen bedingt sein kann, ist dadurch belegt, dass Schleiermacher sein Kolleg offiziell bis zum 7. August 1819 gehalten hat und es damit, wie auch das parallel gehaltene Kolleg über Hermeneutik und Kritik, wie geplant zum Semesterende abschloss. Dafür spricht auch, dass in Lommatzschs Edition ein Auszug des Kapitels über die Poesie aus der Nachschrift Wigand 1819 überliefert ist, die in der Systematik der einzelnen Künste das Ende bildet. Wenn 129 130

Vgl. „Editorischer Bericht“ zu den „Marginalien zum Kolleg 1832/33“. Schleiermacher: Ästhetik, hg. v. Lommatzsch (Anm. 86), S. VII.

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Einleitung des Bandherausgebers

von den im Lektionskatalog angeführten fünf wöchentlichen Stunden ausgegangen wird, die letzte in der Nachschrift Bluhme mitgeteilte 54. Stunde am 13. Juli stattfand und Schleiermacher das Kolleg tatsächlich am 7. August (einem Samstag) beendete, dann ist das Kolleg über 73 Stunden verlaufen und es fehlten ab der 64. Stunde Ausführungen zu ca. 9 Vorlesungsstunden bzw. ca. 2 Vorlesungswochen. Am unteren rechten Rand der Seite 91 findet sich ein wohl von Schleiermacher selbst notiertes, schwer zu deutendes Zeichen: Es könnte ein „M“ mit darunter befindlichem Punkt bzw. Tintenklecks oder eine bloße Schreibprobe sein, die Schleiermacher durchführte, um die angespitzte und mit frischer Tinte versehene Feder zu testen. Als „M“ könnte das Zeichen ein Hinweis auf das Ende des Manuskripts sein, was bedeuten könnte, dass Schleiermacher im Sommer 1819 keine Zeit mehr zur Fortführung und Vollendung des Heftes fand und den Rest des Kollegs frei oder aufgrund der vorbereiteten Notizen beendet hatte. Wie sein Brief an Gaß nahe legt, führte Schleiermacher sein Kollegheft sukzessive und hatte es am 2. Juni, also etwa nach einem Drittel des Semesters, noch nicht fertig gestellt: „Meine Aesthetik gefällt mir bis jezt nicht übel aber ich weiß noch nicht wie ich fertig werden soll.“131 Die arbeitsintensiven wissenschaftlichen Projekte, die Schleiermacher außerhalb der Lehre beschäftigten, vor allem die Niederschrift seiner Ethik und Dogmatik, könnten die Annahme eines wegen Zeitmangels unvollendet gebliebenen Heftes bekräftigen. Zudem ist es nicht unüblich, dass ein Vorlesungsmanuskript Schleiermachers nicht bis zum Ende des Semesters reicht. Allerdings kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich Schleiermacher ein neues Heft, einzelne Bogen oder Zettel für die Abfassung der restlichen ca. 9 Vorlesungsstunden zur Behandlung von Malerei und Poesie angelegt hatte. Das als „M“ lesbare Zeichen könnte dann evtl. auch ein Verweis auf ein Ergänzungsheft sein, von dem sich jedoch keine Spuren nachweisen lassen. Odebrecht hat dem Kollegheft 1819 das sog. „Heft B“ angehängt, das er für ein Autograph Schleiermachers zum Kolleg 1825 hielt, welches sich jedoch als eine anonyme Nachschrift des Kollegs 1825 erwiesen hat. Weil von dem Abbruch auch die Marginalien für die Kollegien 1825 und 1832/33 betroffen sind, fehlen auch für das Kolleg 1825 Ausführungen zur Malerei und Poesie, die in den bekannten Nachschriften allerdings vorliegen. Für 131

Vgl. Brief von F. Schleiermacher an Joachim Christian Gaß vom 2. Juni 1819, in: Schleiermachers Briefwechsel mit J. Chr. Gaß (Anm. 46), S. 172–175, hier: 174.

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das Kolleg 1832/33 fehlen Ausführungen zu den bildenden und zu den redenden Künsten fast gänzlich, die auch wiederum in den Nachschriften teilweise detailliert dokumentiert sind. In der Nachschrift Schweizer finden sich beispielsweise Besprechungen zur Malerei mit Beispielen von Gemälden der sog. Düsseldorfer Schule, die Schleiermacher offenbar bei der 27. Kunstausstellung der Akademie der Künste 1832 gesehen hat, von denen er auch einige Werktitel und Künstlernamen mitteilt. Ob Schleiermacher diese Ausführungen gänzlich ohne Vorlesungsmanuskript vorgetragen hat, ist zwar nicht undenkbar, aber auch nicht sehr wahrscheinlich. Die Notizen I und II konnten dem Kolleg 1832/33 nicht eindeutig zugeordnet werden. Es ist somit nicht auszuschließen, dass einzelne ergänzende Bogen oder Zettel mit Ausführungen über die bildenden und redenden Künste verschollen sind. Schleiermacher hat dieses Kollegheft wohl im Verlauf der fünfwöchigen Vorbereitungszeit zum Ästhetikkolleg 1819 angelegt und begonnen, d. h. nach und während der Abfassung der Notizen I und II, deren Inhalt dann größtenteils in es einging. Die Hinweise auf eine sukzessive Niederschrift des Heftes während der Durchführung des Kollegs lassen eine Entstehungszeit während der Monate April, Mai, Juni und Juli 1819 wahrscheinlich erscheinen. Da das Heft mit der 64. Stunde abbricht, die auf den 21. Juli datiert werden kann, ist damit auch der wahrscheinliche Zeitpunkt für den Abschluss der Ausführungen des Kollegheftes 1819 angegeben. Die erhaltenen Marginalien zum Kolleg 1825 dürften dann größtenteils während dessen Durchführung im Sommersemester 1825 entstanden sein. 4. Marginalien zum Kolleg 1832/33 Manuskript: ABBAW, SN 109. Erstveröffentlichung und Seitenkonkordanz: Edition Odebrecht (ÄOd). Die Marginalien sind von Schleiermacher an den Rändern des Kollegheftes 1819 in kleiner und enger Schrift und in zusammenhängenden Blöcken – häufig über Seitenwechsel hinweg – mit der üblichen Eisengallustinte notiert worden. Sie dienten der Durchführung des Kollegs 1832/33 und lassen eine konzeptuelle Umgestaltung des Kollegs erkennen: Die historische Einleitung wird ausgeweitet, der allgemeine Teil enthält Bezüge auf das Konzept des „unmittelbaren

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Einleitung des Bandherausgebers

Selbstbewusstseins“ und die einzelnen Künste des besonderen Teils werden überarbeitet. Die zunächst mit Stundenzahlen versehenen Marginalien brechen noch vor dem Ende des Kolleghefts bei Stunde 59 auf Seite 72 ab, danach tauchen nur noch vereinzelte Marginalien auf, die nachträglich den Stunden 67–68 und 89–90 zugewiesen werden konnten, während das Kolleg über insgesamt 104 Stunden verlief. Dieser Befund könnte die bereits erwogene Annahme eines Überlieferungsverlusts bekräftigen: Schleiermacher hat möglicherweise noch über Notizen für die ca. 41 restlichen Stunden des Kollegs 1832/33 verfügt, die heute nicht mehr erhalten sind. Odebrecht gibt die Marginalien in seiner Edition als „Vorlesungsnotizen von 1832/33“ heraus, rechnet die ersten Randnotizen auf der Titelseite des Kollegheftes, die die drei „Avancements der Ästhetik“ betreffen, jedoch fälschlich dem Kolleg 1819 bzw. 1825 zu. Schleiermacher hat diese „Avancements“, die die grundlegenden Positionen zur Ästhetik von 1. Kant und Schiller, 2. Fichte und Schelling und 3. Hegel refererieren, aber nachweislich erst für das Kolleg 1832/33 entwickelt und darin in der historischen Einleitung abgehandelt. Das geht nicht nur aus einem Textvergleich mit der Nachschrift Schweizer hervor, sondern auch aus dem Sachverhalt, dass Schleiermacher darin Passagen aus Hegels „Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse“ in der zweiten Ausgabe von 1827 teilweise wörtlich zitiert; er besaß zwar auch die Ausgabe von 1817, in der die zitierten Passagen jedoch noch nicht vorkommen. Die auch im Rauchschen Auktionskatalog aufgeführte zweite Ausgabe der „Enzyklopädie“ Hegels erwarb Schleiermacher am 26. Januar 1830 über seinen Verleger Reimer.132 Er rekurriert hiermit erstmals im Rahmen seiner Ästhetik dezidiert auf Hegels Kunstphilosophie und betrachtet diejenige Schellings als deren Vorstufe; hingegen dürfte Schleiermacher von Hegels Berliner Vorlesungen über die Philosophie der Kunst nur vom Hörensagen oder aus dem Lektionskatalog der Berliner Universität erfahren haben, da Hothos Edition derselben erst 1835–38 erschienen ist. Bis auf wenige gekennzeichnete Ausnahmen enthalten die Marginalien eine eigene Stundenzählung und Jahresangaben; in Abgleich mit den Tageskalendern 1832 und 1833 sowie mit der Nachschrift Schweizer konnten alle 104 Stunden datiert werden. Ab der 132

KGA I/15, S. 732.

Editorischer Bericht

LXIII

59. Stunde wird die Stundenzählung nicht mehr kontinuierlich weitergeführt, die einzelnen Notizen auf den Seiten 82 und 90 konnten erst nach Abgleich mit der Nachschrift Schweizer den Stunden 67 und 68 bzw. 89 und 90 zugewiesen werden. Zudem stimmen die Stundenangaben nur bis zum 21. Dezember 1832 mit den Angaben von Schleiermachers Tageskalender 1832 überein. Ab dem 3. Januar 1833 ändert sich dieser Befund: Im Manuskript und im Tageskalender 1833 notiert Schleiermacher „44. Stunde“, obwohl er diese im Tageskalender 1832 bereits für den 21. Dezember als letzte gehaltene Stunde des Jahres notiert hat. Auch in Hinblick auf die Stundenkennzeichnungen der Nachschrift Schweizer muss die erste Stunde des Jahres 1833 die 45. Stunde gewesen sein. Daher ergibt sich, anders als im Tageskalender 1833 notiert, eine Gesamtanzahl von 104 statt 103 Stunden. Schleiermacher platzierte die Marginalien häufig parallel zu den Kapitelanfängen der Niederschrift von 1819, sie verteilen sich im Manuskript wie folgt (in Klammern mit Seiten- und Zeilenangaben in dieser Edition): 1. Block (Einleitung): 2. Block: 3. Block (allg. Teil): 4. Block:

5. Block: 6. Block: 7. Block (Mimik):

S. 1 (39,4–8) S. 5 (43,14–25) S. 7 (45,9 – 46,4) S. 8 (46,4–36) S. 10 (47,30 – 48,25) S. 11 (48,25 – 49,17) S. 12 (49,17 – 50,7) S. 13 (50,8 – 51,1) S. 14 (51,1–32) S. 15 (51,32 – 52,18) S. 16 (52,19 – 53,12) S. 35 (71,9 – 72,4) S. 36 (72,4–26) S. 40 (76,14 – 77,3) S. 41 (77,7–16) S. 57 (92,2–19) S. 58 (92,19 – 93,19) S. 59 (93,19 – 94,14) S. 60 (94,14 – 95,16) S. 61 (95,16 – 96,6)

ohne Stundenangabe Stunde 1 bis 9 Stunde 10 bis 14 Fortsetzung Stunde 14 Stunde 19 bis 21 Stunde 22 bis 25 Fortsetzung Stunde 25 Fortsetzung Stunde 28 Stunde 31 bis 33 Fortsetzung Stunde 33 Fortsetzung Stunde 36 Stunde 38 Fortsetzung Stunde 38 Stunde 40 bis 42 Stunde 43 bis 44 Stunde 45 bis 46 Fortsetzung Stunde 46 Fortsetzung Stunde 47 Fortsetzung Stunde 48 Fortsetzung Stunde 50

bis 18

bis 28 bis 31 bis 36 bis 37 bis 39

bis bis bis bis

47 48 50 52

LXIV

Einleitung des Bandherausgebers

8. Block (Musik):

S. 62 (96,6–40)

Fortsetzung Stunde 52 bis 53

S. 63 (96,40 – 98,6)

Stunde 54 bis 55

S. 64 (98,6 – 99,6)

Fortsetzung Stunde 55 bis 56

S. 65 (99,15 – 100,3)

Fortsetzung Stunde 56 bis 57

S. 71 (105,32 – 106,13) Fortsetzung Stunde 57 bis 59 S. 72 (107,2–9)

9. Block (Architektur): S. 82 (118,7–36) 10. Block (Skulptur):

Fortsetzung Stunde 59 Zwei Notizen (St. 67 und 68)

S. 90 (127,20 – 128,13) Fünf Notizen (St. 89 bis 90)

Die Marginalien dürften kurz vor und während der Durchführung des Kollegs im Wintersemester 1832/33 entstanden sein und damit zeitlich nach der ersten und der zweiten Rede „Über den Umfang des Begriffs der Kunst“ und vor der geplanten dritten.

Zweiter Teil. Vorlesungsnachschriften Insgesamt sind 11 Nachschriften zu Schleiermachers Ästhetikvorlesungen bekannt, von denen sieben in unterschiedlichen Überlieferungszuständen erhalten sind, drei von diesen – zu jedem Kolleg eine – werden in diesem Band ergänzend zu Schleiermachers Vorlesungsmanuskripten wiedergegeben. Kolleg

Nachschreiber

Manuskript

Überlieferung / Archiv

1819

Bluhme

verschollen

ÄOd enthält umfangreiche Auszüge

1819

Wigand

verschollen

ÄLo enthält wenige Auszüge

1825

Bindemann

erhalten

ÄLo (kompiliert) und ÄOd enthalten Auszüge / ABBAW, SN 581

1825

Trendelenburg

erhalten

unveröffentlicht / Handschriftenabteilung StaBi Berlin, A 24

1825

Anonymus

Fragment

ÄOd / ABBAW, SN 582

1825

Braune

verschollen

ÄLo (kompiliert) enthält wenige Auszüge

1832/33

Schweizer

erhalten

ÄLo (kompiliert) / Handschriftenabteilung UB Zürich, VIII 33

1832/33

Henke

Fragment

unveröffentlicht / UB Marburg, Ms 649, S. 73–92

Editorischer Bericht 1832/33

Stern

Fragment

1832/33 1832/33

Erbkam George

verschollen verschollen

LXV

unveröffentlicht / Handschriftenabteilung StaBi Berlin, Nachlass 304, Mappe 5 ÄLo (kompiliert) ÄLo (kompiliert)

1. Kolleg 1819 (sekundäre Überlieferung) Als einzige relativ umfangreiche Vorlesungsnachschrift des Kollegs 1819, das vom 19. April bis zum 7. August 1819 in ca. 73 Stunden verlief, ist die N ac h s c h r i f t B l u h me durch die Edition Odebrechts überliefert. Odebrecht gibt von der Titelseite nur diese Sequenz wieder: „A[ngefangen] d[en] 19. April 1819, F[riedrich] Bl[uhme]“.133 Friedrich Bluhme (1797–1874) wurde in Hamburg als Sohn eines Kaufmanns geboren, er war an der Berliner Universität vom 10. Oktober 1818 bis zum 14. Oktober 1819 an der Juristischen Fakultät immatrikuliert, hörte in dieser Zeit zwei philosophische Vorlesungen bei Schleiermacher und schloss sein Studium als Dr. jur. und theol. ab. Später wurde er Geheimer Justizrat und ab 1843 Professor für Kirchenrecht an der Universität Bonn. Odebrecht berichtet über das Manuskript, dass es in der Universitätsbibliothek Bonn unter der Signatur „S 839“ aufbewahrt wurde; laut Auskunft einer Bibliothekarin gilt es inzwischen als Kriegsverlust. Odebrecht beschreibt das Manuskript wie folgt: „Es ist ein 311 + 270 Seiten umfassender Halblederband, der im ersten Teil die Dialektik von 1818/1819, im zweiten Teil die Ästhetik von 1819 enthält. [...] Zusätze oder nachträgliche Ausarbeitungen sind nirgends festzustellen. Die Schrift ist sorgfältig, leserlich und mit vielen leicht und einwandfrei deutbaren Siglen durchsetzt. Beide Teile tragen am Rande später hinzugesetzte Kapitelüberschriften, die von mir größtenteils unter entsprechender Kennzeichnung (Bl) verwendet worden sind.“134 Weil Odebrecht ausführliche Passagen der Nachschrift in kleinem Schriftgrad in den laufenden Text des Kollegheftes 1819 eingeschoben hat und die Mitteilung von Auszügen mit dem Abbruch des Kollegheftes bis auf einzelne Ausnahmen beendet, ist die Nachschrift nur fragmentarisch überliefert. Für seine Edition musste Odebrecht sowohl 133 134

Schleiermacher: Ästhetik, hg. v. Odebrecht (Anm. 91), S. 1. Schleiermacher: Ästhetik, hg. v. Odebrecht (Anm. 91), S. XXXI–XXXII.

LXVI

Einleitung des Bandherausgebers

die Abhandlung des Kollegheftes als auch den Text der Nachschrift fragmentieren, was den Effekt hat, dass nicht mehr eindeutig nachvollziehbar ist, ob die Auszüge aus der Nachschrift ursprünglich zusammenhingen oder nicht und ob Passagen fehlen oder nicht. Aufgrund dieses Befundes sind in der Wiedergabe dieser Nachschrift an den Stellen, wo in der Edition Odebrechts die Passagen des Kollegheftes 1819 abgedruckt sind, kursivierte eckige Klammern als Zeichen für einen möglichen Textverlust eingesetzt. Über seine Textbearbeitung der Nachschriften Bluhme und Bindemann äußert Odebrecht: „So sind denn hier und dort einige Satzanfänge geändert worden. Auch waren Umstellungen von kleineren Satzgruppen erforderlich, die durch die Gedankenbewegung in den Grundheften bedingt waren. Streichungen nahm ich überall dort vor, wo Nachschrift und Grundheft inhaltlich völlig übereinstimmen. Offenbare Flüchtigkeiten und allzu ungeschickte Formulierungen des Nachschreibers wurden beseitigt [...]. Die Orthographie dieser Texte habe ich modernisiert; denn es wollte mir nicht zusagen, die vielen Abkürzungen und Siglen der Nachschriften nach altertümelnder Orthographie zu ergänzen.“135 Der ursprüngliche Text muss demnach über eine dem früheren 19. Jahrhundert entsprechende Orthographie verfügt haben und auch syntaktisch etwas anders strukturiert gewesen sein als in der Ausgabe von Odebrecht. In den Fällen, wo dieser nur Satzteile oder einzelne Sätze aus der Nachschrift Bluhme wiedergibt, werden für das Verständnis nötige Passagen aus Schleiermachers Kollegheft ergänzt. Obwohl die Nachschrift trotz dieser Kompilationstechnik relativ ausführlich wiedergegeben ist (zu jeder enthaltenen Vorlesungsstunde zumindest einige Passagen), reicht der besondere Teil über die einzelnen Künste nur bis zur Behandlung der Skulptur. Mit dem Abbruch des Kollegheftes 1819 bringt Odebrecht ab Seite 205 das sog. „Heft B“ als Ergänzungsheft, das sich jedoch als die Nachschrift Anonymus 1825 erwiesen hat. Aufgrund der relativen Ausführlichkeit dieser Nachschrift und des gewechselten Jahrgangs folgen ab der Skulptur nur noch vereinzelte Auszüge aus der Nachschrift Bluhme und stattdessen mehrere Passagen aus der Nachschrift Bindemann 1825. Die kontinuierlichen Seitenangaben, die Odebrecht durchgehend mit dem Kürzel „Bl.“ versieht, und ebenfalls von einer relativ ausführlichen 135

Schleiermacher: Ästhetik, hg. v. Odebrecht (Anm. 91), S. XXXIV.

Editorischer Bericht

LXVII

Wiedergabe des Heftes zeugen, brechen mit Manuskriptseite 242 (von ursprünglich 270) ab; in dieser Ausgabe werden diese Seitenangaben mit runden Klammern an den Stellen mitgeteilt, wo auch Odebrecht sie anbringt. Die letzten sporadischen Auszüge der Nachschrift sind von Odebrecht umgestellt worden: Nach einem Auszug von Manuskriptseite 244 folgen welche von den Seiten 250, 247–249 und 247. Durch die Umstellung in die richtige Reihenfolge mussten die Seitenzahlen der Referenzquelle entsprechend angepasst werden. Odebrecht gibt auch einige von Bluhme notierte Termine wieder, die zur Datierung der Vorlesungsstunden auch des Kollegheftes 1819 herangezogen werden konnten.136 Relevante textkritische Anmerkungen Odebrechts werden im Textapparat, die aus der Nachschrift Bluhme ergänzten Überschriften im Haupttext wiedergegeben – diese bieten einen anderweitig nicht überlieferten Inhaltsüberblick des Kollegs 1819, der auch für die Kollegien 1825 und 1832/33 relevant ist. Fehlende Überschriften wurden ergänzt. Die N a c h s c h r i f t Wi gan d gilt als verschollen, sie stammt von Eugen Anton Wigand (1795–1843).137 Die einzigen von Lommatzsch mitgeteilten Sätze aus dieser Nachschrift über die Poesie werden am Ende der Nachschrift Bluhme mit entsprechender Quellenangabe wiedergegeben. Weil sonst keine Nachschriften zum Kolleg 1819 überliefert sind, konnte kein eingehender Textvergleich durchgeführt werden – die Qualität der Nachschrift Bluhme musste daher durch einen inhaltlichen Vergleich mit Schleiermachers Kollegheft 1819 eingeschätzt werden, mit dem sie allerdings durchgehend eindeutige Korrelationen aufweist. 2. Kolleg 1825 Die N a c h s c h r i f t B i n d e man n gibt Schleiermachers Ästhetikkolleg 1825, das er vom 11. April bis zum 9. September 1825 über 88 Stunden hielt, vollständig wieder. Das Manuskript (ABBAW, SN 581) wird hier erstmals vollständig veröffentlicht, Auszüge enthalten die Editio136 137

Vgl. oben „Historische Einführung“, „Zum Kolleg 1819“. Zu den Kurzbiographien der hier nur erwähnten Nachschreiber siehe: Holden Kelm: „Zu den Hörern von Friedrich Schleiermachers Vorlesungen und ihren Nachschriften“, in: Zeitschrift für Neuere Theologiegeschichte, hg. v. Mark D. Chapman, Theodore M. Vial, Jr. und Friedrich Wilhelm Graf, Bd. 25, Heft 1–2, Berlin 2018, S. 156–234.

LXVIII

Einleitung des Bandherausgebers

nen Lommatzsch (kompiliert) und Odebrecht. Auf dem Titelblatt notierte Bindemann: „Aesthetik. – von Dr. Schleiermacher. – Berlin, Sommersemester 1825. M. Bindemann“. Ernst Moritz Heinrich Bindemann (1803–1858) wurde als Sohn eines Predigers in Schwedt (Oder) geboren, besuchte ein Gymnasium in Stettin und war vom 28. April 1824 bis zum 24. Februar 1827 an der theologischen Fakultät der Berliner Universität immatrikuliert. Schleiermacher bezeugte ihm im Abgangszeugnis „fleißigen Besuch“ seiner Vorlesungen. Später wurde Bindemann Rektor und Prediger in Pasewalk und ab 1837 Pastor in Beyersdorf. Lommatzsch kompiliert ergänzend zur Abhandlung der Poesie einige Passagen aus der Nachschrift Bindemann mit derjenigen von Braune.138 Odebrecht hingegen nutzt die Nachschrift Bindemann ergänzend zur Wiedergabe des besonderen Teils des Kollegs 1825, vor allem aber zum Ersatz der in der Nachschrift Anonymus 1825 fehlenden Ausführungen über den Roman.139 Das Manuskript besteht aus einem fest gebundenen Folioband mit 144 größtenteils beidseitig beschriebenen Blättern, es endet auf Seite 287; die Seiten 47 und 48 sind unbeschrieben und bilden das Ende des dritten Bogens. Die insgesamt 18 Bogen wurden wohl noch von Bindemann selbst durchgehend nummeriert, die Nummern der recto-Seiten hingegen nachträglich wohl von Archivseite mit Bleistift ergänzt. Der durchgehend mit Tinte geschriebene Text ist mit vielen Kürzeln und Kontraktionen versehen und verzichtet weitgehend auf Interpunktionen und Absätze. Die Kapitelüberschriften sind nicht vollständig und wurden daher anhand der überlieferten Inhaltsangaben des Kolleghefts und der parallel überlieferten Nachschriften ergänzt. Das Schriftbild ist ungleichmäßig und ändert sich offenbar in Abhängigkeit davon, ob es sich um Passagen einer direkten Mitschrift oder um Passagen einer nachträglichen Bearbeitung des Mitgeschriebenen handelt. Einige Wechsel von hellerer und dunklerer Tinte deuten wohl Stundenwechsel an, die nicht speziell markiert sind; da diese Wechsel nicht regelmäßig erkennbar sind, erlauben sie keine Ergänzung der Stundennummern; einzelne Stunden wurden aufgrund der Einträge aus Schleiermachers Tageskalender 1825 mit Datumsangaben versehen. 138 139

Schleiermacher: Ästhetik, hg. v. Lommatzsch (Anm. 86), S. 691–710. Schleiermacher: Ästhetik, hg. v. Odebrecht (Anm. 91), S. XXXV.

Editorischer Bericht

LXIX

Bis einschließlich Bogen 14 scheint es sich überwiegend um direkte Mitschriften zu handeln, von Bogen 15 bis 18 hingegen überwiegend um nachträgliche Bearbeitungen des Mitgeschriebenen. Dabei hat sich der Bogen 13 (S. 193–208) als redundant erwiesen: Er gibt nahezu denselben Inhalt wieder wie Bogen 15 (S. 225–233), der inhaltlich jedoch weiterführend ist und an den Bogen 16 lückenlos anschließt. Offenbar schrieb Bindemann seine Mitschriften vom Bogen 13 auf dem Bogen 15 ins Reine, vergaß dann aber Bogen 13 zu entsorgen und heftete ihn nach Bogen 12 ein, so dass das Manuskript jetzt zwei textgenetisch verschiedene Fassungen der selben Vorlesungsstunden enthält. In dieser Ausgabe wird mit dem Bogen 15 die letztgültige Textgestalt wiedergegeben, während der Bogen 13 nur auszugsweise, sofern er verständnisfördernde Varianten und Zusätze enthält, in den Sachapparat des Bogens 15 aufgenommen wurde. Daher folgt im edierten Text nach dem Bogen 12 (S. 177–192) direkt der Bogen 14 (S. 209–224). Die Nachschrift Bindemann ist das bislang vollständigste und ausführlichste Textzeugnis des Kollegs 1825. Obwohl die mitunter ausufernden Satzkonstruktionen die Lesbarkeit erschweren, enthalten sie viele begriffliche Differenzierungen, die in den parallel überlieferten Nachschriften nicht mitgeteilt werden, weshalb sie als Leittext dieses Kollegs ediert wurde. Die in den Bogen 15–18 vorkommenden Nachbearbeitungen konnten durch Varianten und Zusätze aus der Nachschrift Trendelenburg ergänzt werden. Die während des Editionsprozesses aufgefundene und bisher unveröffentlichte Nac h s c h r i f t Tr e n d e l e n b urg ist in der Handschriftenabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin im Nachlass Trendelenburg unter der Signatur A24 archiviert und stammt von Friedrich Adolf Trendelenburg (1802–1872). Die erste Seite ist beschrieben mit „Aesthetik. Bei dem Herrn Professor Schleiermacher in Berlin 1825“. Der mit Tinte beschriebene Folioband enthält 355 beschriebene Seiten, die weder paginiert noch foliiert sind, das Manuskript endet mit der letzten Kollegstunde, worauf der Datumsvermerk hinweist: „Berlin. September 9. 1825“. Der Text des Heftes trägt den Charakter einer direkten Mitschrift und bricht an einigen Stellen ohne erkennbaren Grund ab, einige Seiten sind unbeschrieben. Nach Abgleich mit der Nachschrift Bindemann fehlen dem Manuskript im Verlauf mehrere Vorlesungsstunden, die Trendelenburg möglicherweise nicht besucht hat; laut Abgangszeugnis war er im Sommersemster 1825 auch

LXX

Einleitung des Bandherausgebers

für zwei Kollegien von August Neander, zwei von Carl Ritter und für ein Kolleg von August Boeckh eingeschrieben. Ein offenbar versehentlich in die Abhandlung der Mimik eingebundener Bogen, der die Seiten 147 bis 167 umfasst, gehört ursprünglich in den allgemeinen spekulativen Teil ab Seite 102 und müsste dann bis Seite 122 verlaufen. Die Nachschrift ist trotz ihres größeren Seitenumfangs weniger ausführlich als die Nachschrift Bindemann. Die Lesbarkeit wird durch relativ wenige und leicht erschließbare Kürzel, bündige und verständige Satzbildungen gewährleistet, die aber im Vergleich zur Nachschrift Bindemann an einigen Stellen begriffliche Differenzierungen vermissen lassen; einige Kapitelüberschriften fehlen. Die N ac h s c h r i f t A n o n ymu s ist fragmentarisch überliefert, sie wird im Schleiermacher-Nachlass des Archivs der BBAW aufbewahrt unter der Signatur SN 582. Auf dem erhaltenen Deckblatt findet sich der Titel: „Aesthetik von Schleiermacher“ ohne Jahresangabe – ein Parallelstellenvergleich mit den Nachschriften Bindemann und Trendelenburg deutet mit hoher Wahrscheinlichkeit auf das Kolleg 1825. Die gut lesbare Schrift weist relativ wenige Abkürzungen und Kontraktionen auf, Spuren einer Stundenzählung sind nicht vorhanden, einige Streichungen und Randnotizen lassen vermuten, dass das Heft mindestens einmal nachbearbeitet wurde, womit es sich vermutlich um keine direkte Mitschrift handelt. Bei dem gebundenen Heft im Quartformat ist eine Bogenzählung von 9–19 erkennbar, es enthält 36 beidseitig mit Tinte beschriebene Blätter, wobei die recto-Seiten nachträglich am unteren Seitenrand mit Bleistift nummeriert wurden. Einige Bogen des Bandes sind verschollen, was offenbar vor seiner Deponierung im „Litteraturachiv-Berlin“, von dem ein roter Stempel auf Seite 1 zu erkennen ist, geschehen ist. Der vordere Teil (8 Bogen) – und damit vermutlich auch die Namensangabe des Nachschreibers – wurde herausgerissen, von Bogen 16 fehlen wohl 2 Blätter, Bogen 17 gänzlich und auch am Ende ist mindestens eine Seite grob entwendet worden (ein nicht ganz abgerissenes Seitenstück heftet noch an). Das Fragment setzt mit der Diskussion der Verzierungen in der Architektur ein und endet in dem Kapitel über die redenden Künste, das aufgrund des fragmentarischen Zustands unvollständig ist. Odebrecht nahm aufgrund des relativ gleichmäßigen Schriftbildes und der grafischen Merkmale der Handschrift an, dass es sich um ein Manuskript Schleiermachers zum Kolleg 1825 handele, das dieser für eine mögliche Veröffentlichung ins Reine geschrieben habe.140 140

Schleiermacher: Ästhetik, hg. v. Odebrecht (Anm. 91), S. XXVIII–XXX.

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Diese Annahme lässt sich schon durch einen Vergleich mit Schleiermachers Handschrift im Kollegheft 1819 und unter Berücksichtigung seiner gewöhnlichen Orthographie und Interpunktion ausschließen. Auch die von Lehnerer bekräftigte Hypothese Odebrechts, die für Schleiermacher untypische Handschrift könnte durch eine persönliche Lebenskrise hervorgerufen worden sein, erscheint angesichts des Schriftbildes als unnötig; für eine solche Krise gibt es auch keine hinreichenden Belege.141 Die abweichenden Merkmale in Handschrift, Orthographie und Interpunktion, die Anlage des Heftes und der charakteristische Textfluss hätten beide Herausgeber dazu bringen können, darin eine Vorlesungsnachschrift zu erkennen. Odebrecht gibt die ihm bereits als Fragment vorliegende Nachschrift bis auf einige Lesefehler und Umstellungen vollständig wieder, er ergänzt sie nur am Ende um einige Ausführungen über den Roman aus der Nachschrift Bindemann. Der Textbestand des anonymen Nachschriftfragments geht nicht über den der Nachschriften Bindemann und Trendelenburg hinaus, weshalb sie in dieser Ausgabe nicht berücksichtigt wurde. Die N a c h s c h r i f t B r au n e lag Lommatzsch noch vor und gilt inzwischen als verschollen; sie stammt von Heinrich Wilhelm Julius Braune (1805–1871). Lommatzsch gibt einige Passagen daraus ergänzend zum Kapitel über die Poesie wieder, kompiliert diese aber offenbar mit entsprechenden Passagen der Nachschrift Bindemann. Aufgrund der relativ guten Überlieferungslage und der Feststellung einer nicht über den bekannten Textbestand hinausgehenden Überlieferung der Passagen durch Lommatzsch, wurde die Nachschrift Braune in dieser Ausgabe nicht weiter berücksichtigt. 3. Kolleg 1832/33 Das Manuskript der Nac h s c h r i f t Sc h w e izer befindet sich im Nachlass Schweizer, in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich (VIII–33). Die Nachschrift wurde erst in jüngerer Zeit wieder aufgefunden und dokumentiert Schleiermachers letztes Ästhetikkolleg, das vom 23. Oktober 1832 bis zum 29. März 1833 über 104 Stunden verlief; sie trägt auf dem Titelblatt die Überschrift: „Schleiermachers Vorlesungen über die Aesthetik nachgeschrieben und mit Inhaltsverzeichnis am Rande versehen von Alexander Schweizer, Zü141

Schleiermacher: Ästhetik, hg. v. Lehnerer (Anm. 97), S. XIX. Vgl. Anm. 96.

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Einleitung des Bandherausgebers

rich“. Alexander Schweizer (1808–1888) wurde in der Schweiz, in Murten (Kanton Freiburg), als Sohn eines Geistlichen geboren. Er ging 1818 auf das Gymnasium in Biel und wechselte 1821 nach Basel, ab 1822/23 besuchte er die Zürcher Gelehrtenschule und bis 1825 das Collegium Humanitatis. Anschließend studierte er am Collegium Carolinum, der Vorgängerinstitution der 1833 gegründeten Universität Zürich, Philologie, Philosophie und Theologie, und erhielt seine Ordination 1831. Wie für Absolventen seines Standes üblich, legte Schweizer 1832 nach seinem Examen ein Studienjahr an einem Ort seiner Wahl ein und immatrikulierte sich vom 21. April 1832 bis zum 31. März 1833 an der Berliner Universität, wo er überwiegend Schleiermacher hörte. Seine intensiven Schleiermacherstudien und die geknüpften Kontakte mit Schleiermacherschülern dürften dazu beigetragen haben, dass Schweizer als Herausgeber von Schleiermachers Vorlesungen über die philosophische Ethik im Rahmen der „Sämmtlichen Werke“ (SW 3,5) tätig wurde. 1834 wurde Schweizer Privatdozent an der Zürcher Universität, 1840 Professor für Praktische Theologie und 1844–71 war er Pfarrer des Großmünsters in der Altstadt von Zürich. Für Schleiermachers letztes Ästhetik-Kolleg ist diese Nachschrift das bislang vollständigste und ausführlichste Zeugnis und wurde daher als Leittext ediert. Das Manuskript ist in einem Folioband gebunden und enthält laut der Zählung am oberen Seitenrand 29 Bogen und 237 von Schweizer selbst paginierte Seiten, die mit dunkelbrauner Tinte beschrieben sind. Hierbei handelt es sich offenbar um einen während der Vorlesung verfassten Text, was an den zahlreichen Abkürzungen und einigen offensichtlich in Eile verfassten Schriftzügen deutlich wird. Bei einer Durchsicht wurden die Seitenränder von Schweizer nachträglich mit ausführlichen Inhaltsangaben beschrieben, die hier nicht berücksichtigt wurden. Meist an den inneren Seitenrändern hat Schweizer mit einem kurzen waagerechten Strich die Stundenwechsel notiert, von denen ausgehend alle 104 Stunden gekennzeichnet und datiert werden konnten. Die Gliederung des Vorlesungstextes ist nicht kohärent: Schweizer hält sich nicht immer an die anfangs eingeführte Kapitelzählung und lässt einzelne Kapitelüberschriften aus bzw. nennt sie nur am Rand. Die wiedergegebene Gliederung folgt weitgehend der von Schweizer selbst vorgenommenen, korrigiert diese aber an fehlerhaften Stellen in Anlehnung an Schleiermachers Kollegheft 1819 und den anderen Nachschriften.

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Lommatzsch lag die Nachschrift Schweizer als eine von drei Nachschriften des Kollegs 1832/33 vor und hat sie offenbar als Leittext seiner Edition herangezogen. Wenngleich einige Stellen anders formuliert sind und einige Passagen der Edition von 1842 in der Nachschrift Schweizer nicht vorhanden sind, ist der inhaltliche Aufbau, die Abfolge der Kapitel und Absätze, teilweise bis hin zum Wortlaut der einzelnen Sätze identisch. Daher konnte eine Seitenkonkordanz mit der Edition Lommatzsch erstellt werden, die kursiv am Seitenrand mitgeteilt wird. Die N a c h s c h r i f t St e r n ist in der Handschriftenabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin im Nachlass Stern in der Mappe 5 archiviert und setzt direkt mit der 28. Stunde vom 29. November 1832 ein, also gut fünf Wochen nach dem offiziellen Beginn der Vorlesung; sie ist aus der Hand von Sigismund Stern (1812–1867). Die fehlende Überlieferung eines Titelblattes lässt vermuten, dass das lose gebundene Heft nur fragmentarisch erhalten ist. Auch nach der 28. Stunde ist die Nachschrift im Vergleich zu den Parallelüberlieferungen undetailliert und wenig materialreich; die einzelnen Künste sind nur sehr knapp oder lückenhaft dokumentiert. Am Rand hat Stern einige Termine notiert, die auf eine unregelmäßige Teilnahme der Vorlesung deuten, womit auch der überlieferte Teil der Nachschrift als unvollständig gelten muss. Laut dem überlieferten Abschlusszeugnis bezeugte Schleiermacher Stern einen „rühmlich fleißig[en]“ Besuch seiner letzten Ästhetikvorlesung. Neben Schleiermacher hörte Stern im Wintersemester 1832/33 auch zwei Vorlesungen von August Boeckh und je eine von Henrich Steffens, Friedrich Eduard Beneke und Franz Bopp. Die N a c h s c h r i f t He n k e ist eine fragmentarische Überlieferung des Kollegs 1832/33, die an der Universitätsbibliothek Marburg mit der Signatur Ms 649 archiviert wird. Die Nachschrift stammt von Ernst Ludwig Theodor Henke (1804–1872) und ist auf den Blättern 73–92 eines Heftes niedergeschrieben, das im vorderen Teil eine vollständige Nachschrift von Schleiermachers Kolleg über Hermeneutik von 1832/33 enthält. Die Nachschrift enthält nur den letzten Abschnitt über die Poesie, der Titel lautet dementsprechend: „Schleiermacher über die Poesie. (Schluss seiner Vorlesungen über Aesthetik, Berlin, im März 1833.)“ Dieser Abschnitt über die Poesie ist ausführlich, jedoch im Textbestand nicht über die Nachschrift Schweizer hinausgehend, weshalb er für diese Ausgabe unberücksichtigt blieb.

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Die N ac h s c h r i f t e n E r b k am u n d G eorg e lagen Lommatzsch für seine Edition noch vor und gelten heute als verschollen. Lommatzsch hat sie mit der Nachschrift Schweizer kompiliert, so dass nicht mehr ersichtlich ist, welche Passagen aus welcher Nachschrift stammen.

Anhang 1. Musik Unveröffentlichtes Manuskript: ABBAW: SN 112/3. Das Manuskript trägt auf der Titelseite mittig die Überschrift „Musik“; es wurde in der Studienausgabe von Lehnerer als ein Text beschrieben, in dem Schleiermacher „Detailfragen der Musiktheorie“ notiert. Es besteht aus 4 halben Bogen, d. h. 8 Blättern im Quartformat und einem Einzelblatt, die zu einem losen Heft gefaltet sind. Bogen 1 bildet den Heftumschlag (Seiten 1–2, 17–18), in Bogen 2 (Seiten 3–4, 7–8) ist nur ein Blatt (Seiten 5–6) eingelegt, das abgerissen wurde, ein zur Risskante passendes Blatt liegt nicht vor; Bogen 3 (Seiten 9–10, 15–16) liegt unter Bogen 2 und enthält den Bogen 4 (Seiten 11–12, 13–14). Alle Bogen bestehen aus derselben Papiersorte und sind offenbar in der ursprünglichen Heftung erhalten. Die 18 Seiten wurden nachträglich mit Bleistift paginiert. Das relativ grobkörnige Papier ist nur auf dem Titelblatt und den Seiten 3 und 5 beschrieben (Eisengallustinte), diese Seiten weisen den für Schleiermacher typischen Rand auf; die restlichen Seiten sind leer. Die Notizen befassen sich speziell mit der Harmonielehre, der Tonskala und den Intervallen. Die für Schleiermachers Vorlesungsnotizen typischen Erledigungsvermerke und Querverweise fehlen hier, auch gibt es keine Hinweise darauf, dass das Heft mit den Notizen zur Ästhetik I und II ursprünglich in Verbindung stand, schließlich konnten in den Manuskripten und Nachschriften zu den drei Kollegien auch keine inhaltlichen Bezüge zu diesen Notizen festgestellt werden. Aus diesen Gründen kann dieses Heft nicht eindeutig den Ästhetikvorlesungen, sondern vielmehr nur Schleiermachers persönlicher Beschäftigung mit der Musik zugerechnet werden. Dafür spricht auch, dass er laut archivalischem Befund für keine andere Kunstform ein vergleichbares Heft angelegt hat; es war offenbar nur für seine Gedan-

Editorischer Bericht

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ken über die Musik bestimmt und mit 18 Seiten deutlich umfangreicher bestückt als für die Notizen am Ende nötig war. Schleiermachers praktische Beschäftigung mit der Musik geht mindestens zurück auf seinen Eintritt in den Chor der Berliner Singakademie im Jahr 1808 und die sich in den folgenden Jahren anschließenden, teilweise mehrmals wöchentlich dort wahrgenommenen Musikstunden, zu deren Anlass er diese Notizen verfasst haben könnte. Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass er das Heft erst im Zuge seiner ersten Planungen eines Ästhetikkollegs angelegt hat, was laut den erhaltenen Briefzeugnissen spätestens zum Jahresende 1816 der Fall gewesen war. Dieser Plan könnte ihn dazu veranlasst haben, Exzerpte aus einem musiktheoretischen Handbuch zu verfassen, um sich Grundzüge der Musiktheorie anzueignen und diese zu vertiefen, auf die er dann aber in seinen Ästhetikkollegien nicht mehr dezidiert, sondern nur wie auf einmal erworbene Grundkenntnisse zurückgegriffen hätte. Ein solches musiktheoretisches Handbuch konnte in Schleiermachers Bibliothek jedoch nicht nachgewiesen werden. 2. Notiz zu einem Trauerlied Unveröffentlichtes Manuskript. ABBAW, SN 112/4. Es handelt sich um einen halben, bräunlich gefärbten Papierbogen im Quartformat, der in der Mitte gefaltet wurde; von den vier mit Bleistift nachträglich paginierten Seiten ist nur die Titelseite mit Eisengallustinte beschrieben. Wie der Quellennachweis am Ende des kurzen Textes verdeutlicht, beinhaltet er das Grab- und Trauerlied „Wie sie so sanft ruhn“, das von Friedrich Burchard Beneken komponiert wurde. Da das Lied in seinen Ästhetikkollegien an keiner Stelle erwähnt wird, handelt es sich hier vermutlich um ein Schriftstück, das Schleiermacher zu einem anderen Anlass verfasst hat. Einen Hinweis auf eine mögliche Datierung liefert die „Chronik des neunzehnten Jahrhunderts“ (1821), in der berichtet wird, dass Schleiermacher für den am 25. Februar 1821 verstorbenen Berliner Propst Gottfried August Ludwig Hanstein eine Grabrede gehalten hat, in deren Folge „Zelters Sing-Akademie“ den „herrlichen vierstimmigen Gesang des schönen Liedes: Wie sie so sanft ruhen“ anstimmte.142 Schleiermacher hat diese Notiz somit möglicherweise im 142

Chronik des neunzehnten Jahrhunderts. 1821, hg. v. Carl Venturini, Altona 1824, S. 195.

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zeitlichen Umfeld dieser Grabrede niedergeschrieben, bei der er das Lied gehört haben dürfte. Es könnte aber auch sein, dass er das Lied als Repertoirestück des Chores der Singakademie kannte, in dem er bereits zwischen 1808 und 1810 häufig mitwirkte, und diese Notizen dementsprechend früher verfasst worden sind. 3. Notiz zur Ästhetik von Bouterwek Manuskript. ABBAW, SN 112/2, 3a. Erstveröffentlichung und Seitenkonkordanz: Edition Odebrecht (ÄOd). Bereits Odebrecht hatte diesen Zettel mit dem Titel „Aesthetik von Bouterwek“ im Heft der Notizen II vorgefunden, in das er aber offenbar erst nachträglich eingelegt wurde. Der Zettel ist aus bräunlichem Papier und wurde aus einer gedruckten akademischen Abhandlung (anscheinend über agronomische Fragen) ausgeschnitten, von der sich auf der Rückseite noch Fragmente finden. Schleiermacher hat sich hier offenbar Notizen zur zweiten Auflage der „Ästhetik“ Bouterweks143 von 1815 gemacht und erörtert einige ästhetische Kategorien. Laut seinem Tageskalender 1825 bestellte er sich diese Ausgabe am 9. April 1825 bei seinem Verleger Reimer.144 Da dieser Zettel keine inhaltlichen Entsprechungen zu den Notizen I und II oder zur Abhandlung des Kollegheftes aufweist und sich auch in den Nachschriften der drei Kollegien keine direkten Bezüge zu Bouterweks Ästhetik finden, kann dieser Zettel, obwohl er in zeitlicher Nähe zum Kolleg 1825 entstanden sein könnte, nicht eindeutig den Ästhetikvorlesungen zugewiesen werden. Für diese Annahme spricht auch, dass es an einer Textstelle heißt: „Kann das komische getheilt werden, wie Rec[ensent] thut in das Aesthetisch Lächerliche und das ästhetisch scherzhafte“; denn die Wendung „wie Recensent thut“ deutet darauf hin, dass es sich hierbei entweder um die Skizze einer geplanten Rezension Schleiermachers von Bouterweks Ästhetik, oder aber um ein kommentiertes Exzerpt von einer Rezension aus anderer Hand handeln könnte. Zwar plante Schleiermacher gelegentlich Rezensionen, die er dann letztlich nicht ausführte, aber 143 144

Friedrich Ludewig Bouterwek: Ästhetik, Göttingen 1815. Schleiermacher: Tageskalender 1825, erarbeitet von Elisabeth Blumrich, in: schleiermacher digital / Tageskalender 1808–1834 (Anm. 3). URL: https://schleiermacherdigital.de/tageskalender/index.xql (abgerufen 23.06.2020).

Editorischer Bericht

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weil in seiner Ästhetik das Komische nicht dezidiert in das Lächerliche und Scherzhafte eingeteilt wird, ist diese Option doch sehr fraglich. Eine Rezension von Bouterweks Ästhetik von einem Rezensenten, der die genannte Einteilung des Komischen (in seiner Ästhetik) trifft, konnte jedoch im fraglichen Zeitraum nicht nachgewiesen werden, weshalb über den näheren Anlass dieses Zettels einige Fragen offen bleiben. 4. Notizen zur dritten Akademieabhandlung „Über den Umfang des Begriffs der Kunst“ Unveröffentlichtes Manuskript: ABBAW, SN 110, S. 13–18. Odebrecht sind diese Notizen erst nach seiner Edition aufgefallen, er erwähnt sie in seiner Monographie „Schleiermachers System der Ästhetik“ (1932) einleitend, zitiert sie auszugsweise und insistiert auf ihrer Bedeutung, Schleiermachers letzte Worte über die Ästhetik zu enthalten.145 Das Manuskript besteht aus einem einseitig beschriebenen Zettel und einem halben Bogen, der in der Mitte gefaltet wurde, so dass vier Seiten entstehen, die durchgängig beschrieben sind. Die Notizen wurden nachträglich an die „Notizen zur Ästhetik I“ angefügt, müssen aber aufgrund ihres Inhalts und Erstellungszeitraums als ein eigenständiges Dokument betrachtet werden.146 Es handelt sich dabei um Vorarbeiten Schleiermachers für seine unvollendete dritte Akademieabhandlung „Über den Umfang des Begriffs der Kunst in Bezug auf die Theorie derselben“, die er im Gegensatz zu den ersten beiden Abhandlungen nicht mehr vorgetragen hat, offenbar weil sich sein Gesundheitszustand bereits zu Beginn des Jahres 1834 zunehmend verschlechterte. Die Notizen enthalten typische Bearbeitungsmerkmale, die davon zeugen, dass Schleiermacher sie tatsächlich für die Niederschrift der dritten Akademieabhandlung verwendet hat. Der Zettel beginnt mit der Notiz „Revision des bisherigen“; es folgen Rekurrenzen auf die erste und zweite Akademieabhandlung, die jedoch selbst nicht in den Notizen vorbereitet oder abgehandelt werden. Schließlich zieht Schleiermacher aus der bisherigen Erörterung Schlüsse und formuliert Fragen, die die systematische Anlage der 145 146

Odebrecht: Schleiermachers System der Ästhetik (Anm. 111), S. 27, 88, 134, 160, 161, 184. Vgl. oben „editorischer Bericht“ zu den „Notizen zur Ästhetik I“.

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Einleitung des Bandherausgebers

Ästhetik betreffen und teilweise in der dritten Abhandlung selbst nicht mehr vorkommen. Darunter befindet sich etwa die folgende Passage, deren Edition durch Ludwig Jonas der Forschung Rätsel aufgab: „Es ist aber natürlich, da niemand die Mimik der Poesie gleichstellen wird als welche der Gipfel aller Kunst ist, daß diese nicht ganz ans Licht komen konte wo von jener ausgegangen war, und wir werden nicht besser thun als nun das Verfahren umzukehren und von den Künsten welche es mit Gestaltbildung und Rede zu thun haben ausgehen, und wenn wir dann die Ergebnisse beider Wege in einander bauen wird sich das ganze vollenden.“147

Ludwig Jonas gibt diese Passage in seiner Ausgabe der Akademiereden ergänzend zur dritten Abhandlung wieder und bezeichnet sie als eine „dem Manuscript anliegende Bemerkung“, was darauf hindeutet, dass ihm die vorbereitenden Notizen zusammen mit den drei Abhandlungen vorlagen (Präparationen zu den ersten beiden Abhandlungen sind jedoch nicht bekannt).148 In späteren Publikationen wurde die von Jonas zitierte Notiz als verschollen betrachtet, vermutlich aus dem einfachen Grund, weil sie dem Manuskript der dritten Abhandlung nicht (mehr) beilag; auch die Datierung dieser Notiz blieb unbestimmt.149 Weil sämtliche vorbereitende Notizen für die dritte Akademieabhandlung auf der Rückseite eines Briefes beginnen, der am „9.11.33“ mit „Schleiermacher“ unterschrieben ist, müssen jedoch nicht nur die Vorarbeiten, sondern auch die dritte Abhandlung selbst nach diesem Datum entstanden sein und somit auch nach dem Ende des Ästhetikkollegs 1832/33. *** Die vorliegende Ausgabe von Schleiermachers Ästhetik ist in den Jahren 2016 bis 2020 an der Schleiermacher-Forschungsstelle der BerlinBrandenburgischen Akademie der Wissenschaften entstanden. Sie basiert auf umfangreichen Vorarbeiten von Dr. Wolfgang Virmond, der im Januar 2020 verstorben ist und in dessen Gedenken diese Ausgabe steht. Die erste Erschließung des überlieferten Materials in den 1990er Jahren, die sukzessive Herstellung der Rohtranskriptionen von Schlei147 148 149

Notizen zur dritten Akademieabhandlung „Über den Umfang des Begriffs der Kunst“, S. 921. SW III,3, S. 224. Als verschollen wird die Passage betrachtet in: Schleiermacher: Ästhetik, hg. v. Lehnerer (Anm. 97), S. 188, der die drei Akademieabhandlungen über den Begriff der Kunst zudem fälschlich in die Jahre 1831/32 datiert, sowie in: KGA I/11, S. 793.

Editorischer Bericht

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ermachers Manuskripten (bis auf zwei Notizzettel) und der Nachschriften Bindemann, Anonymus und Henke gehen auf Virmonds akribische Editionsarbeit zurück; ihm gebührt daher der erste große Dank für das Zustandekommen dieser Ausgabe. Das Projekt zu dieser historisch-kritischen Ausgabe wurde dann von Prof. Dr. Andreas Arndt, dem Projektleiter des Akademienvorhabens „Schleiermacher in Berlin 1808–1834. Briefwechsel, Tageskalender, Vorlesungen“ initiiert. Daraufhin konnte in den Jahren 2015/16 die Rohtranskription der Nachschrift Schweizer im Rahmen eines Forschungsstipendiums der Gerda-Henkel-Stiftung erstellt werden. Das Editionsprojekt, das neben der Druckausgabe auch aus einer digitalen Edition150 besteht, wurde ab 2016 von der DFG im Rahmen einer Eigenen Stelle finanziert und als Drittmittelprojekt mit dem Akademienvorhaben „Schleiermacher in Berlin 1808–1834“ der BBAW assoziiert. Prof. Dr. Andreas Arndt, der Arbeitsstellenleiterin Dr. Sarah Schmidt, PD Dr. Simon Gerber und Elisabeth Blumrich möchte ich besonders herzlich für die stetige und freundliche Unterstützung sowie die vielen wertvollen Hinweise danken – ohne die tiefgehenden Schleiermacherkenntnisse, die langjährigen Transkriptionserfahrungen und das umfassende Editionswissen der Berliner Schleiermacher-Forschungsstelle wäre diese Ausgabe in der vorliegenden Gestalt nicht möglich gewesen. Auch Isabelle Lüke sei herzlich gedankt für die Transkription der Nachschrift Bluhme sowie Carolyn Iselt und Henri Vogel für die umfangreichen Korrekturarbeiten. Außerdem möchte ich ausdrücklich dem TELOTA-Team der BBAW danken: Stefan Dumont, Martin Fechner, Nadine Arndt, Frederike Neuber und Lou Klappenbach haben die Herstellung dieser Hybridausgabe, die Transkriptionsarbeit, die textkritische Bearbeitung und Referenzierung der Dokumente aufgrund des digitalen Editionsframeworks „ediarum“ begleitet und durch hilfreiche Anregungen unterstützt. Schließlich möchte ich dem Archiv der BBAW und den anderen Institutionen danken, die die Publikationserlaubnis für die in diesem Band enthaltenen Quellen und Abbildungen erteilt haben. Berlin, im Juni 2020

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Holden Kelm

Die digitale Edition wird drei Jahre nach der Druckausgabe auf der Editionsplattform „schleiermacher digital“ erscheinen. URL: https://schleiermacher-digital.de (abgerufen 23.06.2020).

Erster Teil Manuskripte Schleiermachers

Notizen zur Ästhetik I

Archiv der BBAW: Schleiermacher-Nachlass Nr. 110, S. 1

Zur Aesthetik.

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Wenn die bildende Kunst stumme Dichtkunst ist, so ist die Dichtkunst redende Bildnerei. Ein Gedicht ist eine Reihe von Bildungen im Fluß. Doch muß man hier die lyrische Poesie ausnehmen: Dies ist die Seite von der die Dichtkunst an der Musik hängt.

Gymnastik, Kosmetik[,] Mimik, innere Verzierung der Gebäude ist Eine Kunst.

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Nach Schelling S 345 soll das eigenthümliche der bildenden Kunst ihre Verbindung mit der Natur sein wodurch sie eine ihr ähnliche hervorbringende Kraft sein soll. Die Natur bringt aber auch Gesang hervor und auch Bewußtsein hervor; also haben auch Musik und Poesie eine solche Naturseite

2–3 Schleiermacher exzerpiert und kommentiert hier und nachfolgend Textstellen aus F. W. J. Schellings Rede „Über das Verhältnis der bildenden Künste zu der Natur“ (1807), gehalten anlässlich des Namensfestes des Bayerischen Königs Maximilian I. an der Bayerischen Akademie der Wissenschaften am 12. Oktober 1807. Vgl. Schelling KN, S. 344; Schelling PhB, S. 4. Diese Analogie von bildender Kunst und Poesie kann als die Abwandlung eines in der antiken Kunsttheorie geläufigen Sprichwortes (Malerei sei wie eine stumme Dichtkunst) betrachtet werden. Plutarch schreibt diese Analogie in seinen „Moralia“ (346 F) dem antiken Dichter Simonides von Keos zu. Auch das Motto „Ut pictura poesis“ des Horaz steht für die Verschränkung der bildenden und redenden Künste (vgl. Quintus Horatius Flaccus: De arte poetica, Vers 36). 8– 10 Vgl. Schelling KN, S. 345 (Schelling PhB, S. 4): „Die bildende Kunst steht also offenbar als ein thätiges Band zwischen der Seele und der Natur, und kann nur in der lebendigen Mitte zwischen beyden erfaßt werden. Ja, da sie das Verhältniß zu der Seele mit jeder andern Kunst und namentlich der Poesie gemein hat, so bleibt die, wodurch sie mit der Natur verbunden und eine dieser ähnliche hervorbringende Kraft seyn soll, als die ihr allein eigenthümliche zurück“.

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Erster Teil · Manuskripte Schleiermachers

Erklärung Winkelmanns aus Schelling[:] Zwek der Kunst sei Hervorbringung idealischer und über die Wirklichkeit erhabener Natur samt dem Ausdruck geistiger Begriffe. Lessings Ausdruck, daß für den Historienmahler die Historie bloß ein Mittel ist seine lezte Absicht mannigfaltige Schönheit zu erreichen. Ich finde ihn ganz wahr. Die Absicht der Mahlerei überhaupt ist die Identität von Geist und Licht, das geistige Leben des Lichts; das specielle der Historienmahlerei ist eben dieses in bewegten menschlichen Gestalten. Die bestimte Geschichte bekommt ihren Werth nur in Beziehung auf diesen Zweck. Deshalb auch nothwendiges Gebundensein der Malerei an einen bestimten Cyclus und somit wieder an die Poesie

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Eben das ohngefähr ist Schellings S. 352[:] Das Wesen muß uns in der Form als Geist als werkthätige Wissenschaft erscheinen, und S 354[:] Der | Künstler muß sich vom Product entfernen um sich zu der schaffenden Kraft zu erheben. Er soll dem durch Formen wie durch Sinnbilder redenden Naturgeist nacheifern.

2 und über] über )Gestalten* 1–3 Vgl. Schelling KN, S. 348 (Schelling PhB, S. 7): „Lebhaft bewegt durch die Schönheit der Formen in den Bildungen des Alterthums lehrte er [Winckelmann], daß Hervorbringung idealischer und über die Wirklichkeit erhabner Natur sammt dem Ausdruck geistiger Begriffe die höchste Absicht der Kunst sey.“ 4–5 Vgl. Schelling KN, S. 389, Anm. 2 (Schelling PhB, S. 9, Anm. 2): „Man höre folgende Fragmente Lessings: [...] ,Um körperliche Schönheiten von mehr als einer Art zusammenbringen zu können, fiel man auf das Historienmahlen – Der Ausdruck, die Vorstellung der Historie war nicht die letzte Absicht des Mahlers. Die Historie war bloß ein Mittel, seine letzte Absicht, mannichfaltige Schönheit zu erreichen.‘“ Vgl. Lessings Gedanken und Meinungen, aus dessen Schriften zusammengestellt und erläutert von Friedrich Schlegel, Leipzig 1804, Theil 1, S. 292. 13–14 Vgl. Schelling KN, S. 353 (Schelling PhB, S. 12): „Aber nicht bloß als thätiges Princip überhaupt, als Geist und werkthätige Wissenschaft muß uns das Wesen in der Form erscheinen, damit wir es lebendig fassen.“ 14–17 Vgl. Schelling KN, S. 354 (Schelling PhB, S. 14): „Er muß sich also vom Produkt oder vom Geschöpf entfernen, aber nur um sich zu der schaffenden Kraft zu erheben, und diese geistig zu ergreifen. [...] Jenem im Innern der Dinge wirksamen durch Form und Gestalt nur wie durch Sinnbilder redenden Naturgeist soll der Künstler allerdings nacheifern, und nur insofern er diesen lebendig nachahmend ergreift, hat er selbst etwas Wahrhaftes erschaffen.“

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Notizen zur Ästhetik I

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Schönheit ist (Schelling S. 355) das volle mangellose Sein

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alibi Schönheit ist absolute Ineinsbildung von Form und Wesen in der idealen Welt real angeschaut. Wahrheit dasselbe ideal angeschaut. Hernach bei der Plastik ist Schönheit die Synthesis von Wahrheit und Anmuth S 359 „Es ist wahr daß die höchste Schönheit charakterlos ist, aber nur wie das Weltall“ – heißt das nicht das abgeschlossene unterscheidende des Individuums muß als ein Keim unendlicher Mannigfaltigkeit erscheinen

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S 361 die Kunst fing mit dem starren Ernst an, schloß mit überfließender sinnlicher Anmuth, blieb aber immer der Wahrheit treu. – Ebendort[:] Der hohe Styl entwikelt sich aus dem strengen durch Steigerung des Charakteristischen zum erhabenen und zur Einfalt. – Das charakteristische wirkt aber doch ununterscheidbar fort und hilft die erhabene Gleichgültigkeit der Schönheit bewirken S 363 Ueber den Umfang der Kunst, daß sie nicht bloß das höchste hervorbringen müsse. – Dies greift auch in meine Klassification von Werk, Gelegenheitserzeugniß und Studium. Wenn zB eine musikalische Composition für einen Virtuosen gemacht ist ist sie eine Gelegenheitsschrift. Wenn sie die Eigenthümlichkeit eines bestimten Instruments zur Anschauung bringen soll, ist sie ein Studium. So sind alle 2–5 alibi

Schönheit … Anmuth] am linken Rand

1 Vgl. Schelling KN, S. 355 (Schelling PhB, S. 14): „Wie sollte aber irgend etwas ausser dem Wahren wirklich seyn können, und was ist Schönheit, wenn sie nicht das volle mangellose Seyn ist?“ 6–7 Vgl. Schelling KN, S. 360–361 (Schelling PhB, S. 19): „Es ist wahr, daß die höchste Schönheit charakterlos ist; aber sie ist es, wie wir auch sagen, daß das Weltall keine bestimmte Abmessung, weder Länge, noch Breite, noch Tiefe habe, weil es alle in gleicher Unendlichkeit enthält“. 10–13 Vgl. Schelling KN, S. 361 (Schelling PhB, S. 19) 13–15 Vgl. Schelling KN, S. 362 (Schelling PhB, S. 20): „[J]edes charakteristische Element wiegt, wenn auch noch so sanft mit, und hilft die erhabene Gleichgültigkeit der Schönheit bewirken.“ 16–17 Vgl. Schelling KN, S. 363 (Schelling PhB, S. 21): „Stellt doch die Natur in ihrem weiten Kreise das Höhere immer mit seinem Niederern zugleich dar: Göttliches schaffend im Menschen, wirkt sie in allen übrigen Produkten den bloßen Stoff und Grund desselben, welcher seyn muß, damit im Gegensatz mit ihm das Wesen als solches erscheine.“

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Erster Teil · Manuskripte Schleiermachers

Stilleben und Beleuchtungsstücke nur Studien. Er meint es aber mehr von den mannigfaltigen Abstufungen der Schönheit zB in den Figuren desselben Gemäldes. S. 368 An m u t h ist Seele der Form oder Naturseele. Die Natur ist hiernach vollendet. Auch die Kunst kann hier stehen bleiben. Aber erst die Schönheit der Seele an sich mit sinnlicher Anmuth verschmolzen ist die höchste Vergöttlichung der Natur. – Mir scheint Anmuth die positive Leichtigkeit im Gebrauch der Organe |

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Der schwankende Zustand der Theorie. Bald überwiegend von bildenden [Künsten] ausgehend bald von Dichtkunst und Musik bleibt ungewiß ob es gut war den Unterschied zwischen schönen Künsten und Wissenschaften aufzugeben. Die Erscheinung ist natürlich da die Theorie erst nachkommt wenn sich im gemeinen Leben schon Ausdrükke und Theilungen gebildet haben Dazu hier noch die doppelte Richtung der Theorie die mehr ethische mit der Richtung alles zusammenzufassen und die mehr technische die auf das vereinzeln ausgeht. Von dieser hinauf und von jener hinab die Theorie der Gattungen in der sich beide begegnen. Gegen diese Subsumtion unter die Ethik hat sich zwar schon Schelling erhoben aber wenn auch nur für die bildende Kunst wäre es doch für die Einheit des Begriffs übel wenn eins das andere aus13–15 Die … haben] Absatz durchgestrichen (Erledigungsvermerk) 16–19 Dazu … begegnen.] Absatz durchgestrichen (Erledigungsvermerk) 18 die] korr. aus am 20–4 Gegen … Natur.] Absatz durchgestrichen (Erledigungsvermerk) 1–3 Vgl. Schelling KN, S. 365 (Schelling PhB, S. 22): „Es müssen daher in einem solchen Werk [der Malerei] Abstufungen der Schönheit beobachtet werden, wodurch erst die im Mittelpunkte konzentrirte volle Schönheit sichtbar wird“. 4–7 Vgl. Schelling KN, S. 368 (Schelling PhB, S. 24): „Wo in völlig ausgewirkter Form Anmuth erscheint, da ist das Werk von Seiten der Natur vollendet [...]. Die Kunst kann auf diesem Punkt verweilen und stehen bleiben; denn schon ist von Einer Seite wenigstens ihre ganze Aufgabe erfüllt. [...] Die Schönheit aber der Seele an sich, mit sinnlicher Anmuth verschmolzen: diese ist die höchste Vergöttlichung der Natur.“ Hierzu auch: Friedrich Schiller: Ueber Anmuth und Würde, Leipzig 1793 (ders.: Schiller Werke. Nationalausgabe, Bd. 20, Philosophische Schriften. Erster Teil, hg. v. Benno von Wiese unter Mitwirkung von Helmut Koopmann, Weimar 1962). 20–21 Bereits in Schellings „System des transzendentalen Idealismus“ (1800) ist Kunst als höchste Form der Selbstvergewisserung des Selbstbewusstseins der Sphäre der praktischen Zwecksetzungen in Ethik und Geschichte enthoben. Vgl. auch Schelling KN, S. 384–385 (Schelling PhB, S. 41).

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schlösse; wenn nicht die Behandlung der Natur in der bildenden Kunst ein ethisches Factum wäre und wenn nicht die andern Künste ebenfalls ihren Zusammenhang hätten mit der Wissenschaft der Natur. Was alles auf den Namen Kunstwerk Anspruch macht und wem wir ihn gern gewähren (nach IV) wenn wir auch den mechanischen Künstler los werden[.] Jede für den Zweck gleichgültige Form, die wohlgefallen will. Das Wohlgefallen ist der Art nach nicht zu unterscheiden. Anders ist es wenn man wissenschaftliche Werke Kunst nennt. Aber wir sind hier auch nicht einmal auf das menschliche beschränkt. An dem Leben der Erde ist die pittoreske Schönheit in der Intelligenz in der leiblichen Schönheit den musikalischen Fantasien der Sinne in der Atmosphäre. In jedem Weltsystem die Kunst der Composition. – Wie man sich täuscht mit der Formel der Nachahmung der Natur. Es ist nur die Identität der Richtung in beiden. – Daher nun wollen wir die göttliche nur als Typus auf den wir hinsehen gebrauchen. | In der menschlichen [Kunst] nun theilen wir dann die Kunst an einem anderen und die Kunst in einem andren (dann muß auch jedes sittliche Leben ein Kunstwerk sein) von der Kunst an und für sich. Schwierigkeit die Architektur aufzustellen[;] Schwierigkeit der Skulptur – auf PgerathewohlS in der Mitte anpassen und versuchen Wenn wir nun von der innersten Lebensbewegung ausgehn [und] mit dem Werk schließen so ist es vielleicht um den streitigen Ansichten beim ausgehn von oben und der Unsicherheit beim Zusammenfassen von unten zu entgehn ein guter Griff wenn wir uns zwischen Anfang und Ende stellend, wodurch nun was es sei ein KunstWerk wird. Das leichteste wo der Weg am kürzesten ist. Mimik und Musik[.] Der Unterschied zwischen dem kunstlosen und künstlerischen nach VII und VIII. Das zwischen eintretende ist urbildlicher Keim – Ueber das Verschwinden der Kunst beim Auseinandergehn nach IX. (In Bezug auf die Urbildung treten am nächsten zusammen Mimik und Skulptur als Darstellung der lebenden Gestalt[,] Malerei und 5–17 Was … gebrauchen.] Absatz durchgestrichen (Erledigungsvermerk) 5 Kunstwerk] mit Einfügungszeichen am linken Rand 9 Kunst] folgt )werke* 18– 20 In … sich.] Absatz durchgestrichen (Erledigungsvermerk) 21–22 Schwierigkeit … versuchen] Absatz durchgestrichen (Erledigungsvermerk) 23–27 Wenn … wird.] Absatz durchgestrichen (Erledigungsvermerk) 32–4 (In … andern)] Absatz ist mit dem nachfolgenden durch eine eckige Klammer, die linksseitig durchgezogen ist, verbunden. 6 Vgl. Schleiermachers Kollegheft Ästhetik 1819, Stunde 4, S. 42,29 14–15 Vgl. die Sachanmerkung zu Schleiermachers Kollegheft Ästhetik 1819, S. 40,16–17 30 Vgl. Schleiermachers Kollegheft Ästhetik 1819, Stunden 7 und 8, S. 46,16 und 47,25 31 Vgl. Schleiermachers Kollegheft Ästhetik 1819, Stunde 9, S. 49,8

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Erster Teil · Manuskripte Schleiermachers

Musik als Bildung in das allgemeine Medium[,] Architektur und Poesie Jene als grenzend an die Kunst in andern und an die Mathematik diese als grenzend an Dialektik alles Wissen umfassend und grenzend an die Kunst in andern) In Bezug auf Werke scheint es treten zusammen Mimik und Musik als das unmittelbarste[,] Architectur und Plastik als das transitivste. Aber Malerei und Poesie wollen sich nicht recht zusammenstellen. Darum möchte es hier scheinen als müßte man Malerei zu den lezten beiden rechnen[,] Poesie zu den ersten beiden. Das Geheimniß ist also in dem Verhältniß zwischen der Erregung und der Urbildung. An sich quantitative Differenz der Erregung als allgemeines Substrat und selbstthätige innere Bildung als allgemeines Element. Wenn beides nicht in Verhältniß zu einander tritt entsteht keine Kunst. Erregt ist der Künstler von der göttlichen Kunst. Bilden kann er in das Feste des Stoffs oder des Gedanken[s] und in das flüssige der allgemeinen Medien Luft und Licht. Alles Bilden ist Verkörperung des geistigen und Vergeistigung des körperlichen zugleich; Musik vergeistigt die Luft verkörpert die PLebensschauerS[,] Plastik vergeistigt den Stoff verkörpert die Lebensformen. Poesie verkörpert die Fantasie vergeistigt |

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Bezug auf den Schluß der vorigen wie er das Unternehmen erschwert Zwiefacher Anknüpfungspunkt. Wie verschieden das Verhältniß zwischen Erregung und Urbildung und wohinein kann gebildet werden? Die lezte Frage ist aber erst näher zu beschreiben sonst würden PWachsbossirenS und Bildhauerei zwei verschiedne Künste werden Die zwiefache Form der Erregung geänderter Lebenston und geweckter Sinn. Es kann nur producirt werden Bewegung und Bild, der Gedanke ist hier nur Mittel für das Bild, das beabsichtigte ist immer ein schlechthin einzelnes Die subjective Poesie nähert sich der Musik, Mimik wie auch alle drei zusamen sind.

6 unmittelbarste] über )P folgt )Gedanke*

S*

17 Bilden] korr. aus Urbilden

29 Bild,]

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Der Zusammenhang zwischen Erregung und Aeußerung wird seinem Grunde nach durch die dazwischen tretende Urbildung nicht aufgehoben. Denn auch das unmittelbare ist künstlerisch wenn es das Maaß instinctartig oder aus Uebung in sich schließt. Also ist auch die Kunstthätigkeit Manifestation. Wie nun Ton und Gebehrde als solche anzusehen sind versteht sich von selbst

Wollte man nun sagen alle Kunstthätigkeit wäre Manifestation einer Stimmung dann aber nicht behaupten daß jede Kunstthätigkeit von einer besondern Stimung ausgehe so würden also die Künste auch bei gleicher Stimmung verschieden sein durch verschiedene Urbildung die aber alle Manifest werden wollten. Dieses beweist sich auch durch Vereinigung der Künste zu Einer Manifestation Poesie Musik Mimik

Aber jene der Natur nacheifernden Schöpfungen die ihr Geseze vorzuschreiben scheinen, indem wir in ihnen das Maaß erbliken an welches nur weniges von ihren Hervorbringungen reicht; jene Dichtungen p dies alles nur Manifestation einer Stimmung?

Stimmung ist erstlich geistiger Moment, manifestirt sich in freier Production und diese kann sehr manigfaltig sein. Die Production in welcher die Kunst unmittelbar nicht [ist,] ist organische Thätigkeit und erkennende und doch ist die Kunst beides aber nur für einander Das Bilden geht schon von Anfang an. Das allgemeine Bildnis der Dinge und wer bildet nicht ins menschliche Leben hinein | Der Dichter bildet in der Sprache d. h. nicht das Sylbenmaaß allein nicht den Wohllaut allein sondern die Durchsichtigkeit der Sprache für den Gedanken und mittelst desselben für den ganzen Menschen

Wenn die Tendenz eine moralische ist so ist die Kunst nicht ursprünglich und auf der höchsten Stufe[;] sie darf weder eine praktische sein noch eine theoretische

15 von] über )an*

22 ins] folgt )allgem*

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Erster Teil · Manuskripte Schleiermachers

Alle Maler sind vom Licht begeistert Aber die Landschaftsmaler haben ein anderes bestimendes Interesse als die Historienmaler Das sogenannte poetische ist von einer veranlassenden Stimung abhängig. Ist diese sehr gleichmäßig so macht es den Eindruck der Armuth sei es nun einer geistigen oder einer organischen Was der Künstler macht ist die ursprüngliche Prädetermination zu einer bestimten Bildungsweise

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Das Kunstwerk darf auf nichts andres abführen; es muß bei der Manifestation festhalten Die Landschaftsmalerei ist früher nur Nebenwerk gewesen[;] Bezug auf Menschen muß immer darin sein.

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Schon wenn Maaß in Ton und Gebehrde kommt verwandelt sich die unbestimmte Beziehung auf die Erregung in eine secundäre[;] der Künstler bringt auch in den unwillkührlichen Ausdruck Maaß hinein Die freie Bildung fängt auch an in den Sinnenthätigkeiten selbst aber nur bei Gesicht und Gehör

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Die wichtigen Erregungszustände sollen wiedergegeben werden, das ist die nationale Forderung[,] die Forderung Aller die sich aneignen wollen Wir müssen nachweisen und zusammenfassen, ausschließend und abschließend. Das erstere geschehen. Aber alle Künste nicht aus jenem unmittelbaren und andre solche giebt es nicht, große Gefahr der falschen Construction[;] Besser wäre es aufgeben.

3 von einer] über )die Stimmung* 12 kommt] folgt )fällt* aufgeben.] Absatz durchgestrichen (Erledigungsvermerk)

20–23 Wir …

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Ja auch schon der erste Anfang voller Schwierigkeit denn wir wissen nicht ob die Mimik und Musik als eins können | angesehen werden. Ton auch Bewegung, wenngleich nur Eines Organs.

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Dieses schon in der Ungewißheit lassend weiß ich nur zweierlei. Einmal die Bewegung ist an der Gestaltung woher ist die Gestalt selbst. Nicht aber die Bedeutsamkeit von festen Theilen entscheidet aber mir helfen sie die Bewegungen bedingen[.] Bildet nun der Geist hernach entwickelt sich die Gestalt mit durch ihn so müssen wir auch im ursprünglichen Werden ihn als handelnd voranstellen so daß sich die Vernunft ursprünglich wie sie sich besondert auch in der Gestalt manifestirt. Wie die Bewegung nicht nur Reaction ist sondern auch Action so auch das Gestaltbilden nicht nur Action sondern auch manifestirende Reaction. Traum und Vision, die gewöhnlich einlegende Umbildung der Gestalt. Eben so verhält es sich mit den PweisenS der Naturumgebung Licht und Schatten Verschlossenheit und Offenheit. Also zur Bewegung auch das Bilden von Gestalten Das zweite daß sich Gebehrde und Ton der Rede bemächtigen aber nicht so wie sie ins Wissen gehört. Gegensaz zwischen Formel und Bild. Der Gedanke ist kein selbständiges Element. Unterschied zwischen Wissenschaft in Briefform und Roman in Briefen[,] alles sind Elemente aus dem PmiterregtenS Bilde welches den Charakter repräsentirt. Die Poesie am weitesten entfernt vom unmittelbaren Ausdruck[.] Sie kann am meisten die großen Eindrücke von sittlichen Verhältnissen manifestiren, und das geistige Bild einsezen. Hier sondert sich also die Kunst gegen den unmittelbaren Ausdruck völlig ab. Alles ist sonach Bild und Bewegung, oder beides in einem. Denn die Bewegung hat auch ihre Bedeutung nur indem wir die ruhende Gestalt dabei gegenwärtig haben. Vor der Rede noch Landschaft und Bildnerei[;] lezte nimt das mißfällige weg oft neckend ohne Karikatur Auf die ersten Säze zurükkgehend wird aus dem Eindruck Ton Bewegung Bild, aber das Kunstwerk entsteht erst wenn der unmittelbare 4–30 Dieses … haben.] Absätze durchgestrichen (Erledigungsvermerk) 26 manifestiren,] folgt )auch* 33–3 Auf … Verstand?] Absatz durchgestrichen (Erledigungsvermerk)

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Erster Teil · Manuskripte Schleiermachers

Zusammenhang zwischen Eindruck und Darstellung aufgehoben wird so daß eigner und fremder Eindruck gleichgilt ist es denn wahr daß der Künstler keine Begeisterung braucht sondern nur Verstand?

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Mangel an eigner Erregung ist Dürftigkeit, Tadel des Geistes aber die Kunstbegeisterung kann dieselbe sein | Bewegung dem Mimen Ton [dem] Musiker In Gestalt theilen sich Maler und Bildner (Lebensform und mathematische) Poesie und Rede. Der Dichter zeigt nur durch die Handhabung der Sprache hat die ganze Sprache, sie muß wissend sein

die Poesie

Die negativen Foderungen Alles positive für den Zwek der Sprachen Begeisterung und die Ideen Nur als Sprachmacht nicht Richtigkeit fürs Leben Die Begeisterung muß aber bestimt werden[.] Dies die erste Berührung mit dem Leben für alle Künstler Die Kunst auf zwei Wurzeln zurück, erstlich auf das unwillkührliche Produciren, Geberden Ton (haben Poesie, Mahlerei und Plastik kein solches Element?) Zweitens auf die unbewußte Thätigkeit im Auffassen[.] Jenes ist das mehr leibliche Element; dieses das mehr geistige. Daher auch die vom leiblichen Element ausgehenden Künste den andern einverleibt werden

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Eintheilung der Dichtkunst in objective = epische wie vom Auffassen ausgehende, und subjective = Lyrik von der Besinnung in die unwillkührliche Production ausgehend | Die Poesie [betrifft] Menschen oder menschliche Momente oder menschliche Gesamthandlungen. Die ungeheure Masse als menschliche Schöpfungen betrachtet, inclusive alles was in Romanen aller Form steht wird kaum überragt von allem Tönen und allen architektonischen Bildungen. Dabei liegt nicht das Verlangen nach bloßer Vermehrung zum Grunde, auch nicht Arrangement des Gedächtnißmaterials sondern 14 werden] folgt )PdurchS*

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dieses. Wie die plastische Naturkraft in der Hervorbringung des Einzelnen nicht rein wirkt sondern bald mehr bald weniger ihr Resultat gestört wird durch Zufälligkeiten so ist es auch wieder mit der idealen plastischen Kraft welche die allgemeinen Bilder an den Einzelnen hervorbringt und daher komt es daß sich Menschen auf niederen Stufen mit ganz verworrenen Bildern begnügen. Wo aber nun diese Kraft in einem ausgezeichneten Grade vorhanden ist und sich eben deshalb auch naturgemäß entwickelt hat da wird auch die Mangelhaftigkeit der Erscheinungen bemerkt und dies wird ein Stachel für die innere Production welche rein naturgemäße und nur das allgemeine Bild in einem seiner besondern Orte darstellende Einzelwesen zur Darstellung zu bringen sucht. Das gilt aber nicht nur von den Gestalten des Malers und des Bildhauers, sondern auch von den eben so individuellen des Dichters. Ja es gilt nicht nur von den epischen und dramatischen Figuren sondern auch von den dramatischen Handlungen. Denn auch diese gestalten sich in der Wirklichkeit auf eine verworrene Weise, im Drama müssen sie so hervortreten daß der bestimmte Antheil eines jeden am Ergebniß vollständig ans Licht tritt. Der Chor der Alten repräsentirt aber den Einfluß des öffentlichen Lebens und der herrschenden Gesinnung und Gesittung. Vollständiger erscheint nun freilich dies nirgend als im Drama darum ist das auch der Gipfel. Mit dem Dichter vereinigen sich der Mimiker, der Musiker und auch der Maler er mag nun die räumlichen Bedingungen täuschend darstellen oder symbolisch durch Andeutung Der Mimiker wird erst hier recht verstanden. Die aufgeregten Momente sind nur das was er darstellen will, nicht das was ihn zur Kunst | begeistert, sondern nur zum Gegenstand bestimmen wenn er für die Kunst schon begeistert ist Es ist nicht schwer dasselbe von dem Lyriker zu sagen der einen bewegten Moment in Vollkommenheit darstellt durch singbare Rede, und dem sich dann bei uns der Musiker vereint. Dies geht gleich gut auf den religiösen den politischen und den erotischen |

Ueber das Copiren. – LandschaftsMahlerei soll kein Copiren sein[.] Ueber den Werth der Tradition in der Geschichtsmahlerei. – Ueber die allegorischen Erfindungen.

18 ans] über )hinPgebS*

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Erster Teil · Manuskripte Schleiermachers

Ueber die Wahrheit der Handlung in historischen Bildern[.] Ueber die Einheit der landschaftlichen. – Von der Totalität der Beleuchtung und Färbung. – Uebergänge und Contraste. Perspectiven –

Ueber die Pigmente und ihre verschiedene Behandlung

Ueber den Kunstwerth der kleinen Gattungen. Analyse des Portrait Blumen und Thier

Re d e n d e K ü n s t e . Ungewißheit über die Grenzen. Gewöhnliche Eintheilung in Poesie und Beredtsamkeit. Von Seiten der leztern angesehn kämen wir nie auf Kunst am Geschäft. Epitaphische Rede und Kanzelberedtsamkeit PscheinbarS eine gewiße Annäherung an die Kunst. Uebergang auf die didaktischen Darstellungen die dem Gebiet des Erkennens angehören. Für diese scheint nur das musikalische der Sprache übrig zu bleiben. Das könnte dann anderwärts gelegentlich behandelt werden. Eben so auch die Verzierungen die in der Geschäftsrede möglich sind.

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Von Seiten des Unterschiedes zwischen Poesie und Prosa. Roman Fabel. Didaktische Poesie Historische Kunst Auflösung der Schwierigkeit in dem ursprünglichen Begriff der schönen Kunst. Zu suchen Klassificationsprincip.

8

Subjective und objective Poesie Analogie mit musikalisch und plastisch. (Ob auf alte lyrische Poesie anwendbar?[)] – Bei den Alten wol | durchaus eine größere Neigung zum objectiven.

In der objectiven Poesie kommt es nun zunächst an auf Epos und Drama. Da lezteres bestimter erscheint: so ist es natürlich daß ersteres im gemeinen Gebrauch eine mehr negative Bedeutung bekam und 3 Perspectiven –] folgt )Ueber die kleinen Gattungen nur als Studien* nie] Tinte leicht verwischt 9 Epitaphische] korr. aus Epithaphische

9 kämen …

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25

Notizen zur Ästhetik I

5

10

15

17

man alles objective was nicht Drama ist Epos nannte. – Das bestimende zum Drama ist nicht wie Platon meint daß die erzählende Verbindung der Rede wegfällt. Wenn man die Gespräche in einer antiken Tragödie erzählend verbände so würden sie kein Epos. Auch nicht die Verbindung mit Mimik – denn wenn man homerische Gespräche in Scene sezte würden sie dadurch keine Tragödie. Der stärkste Gegensaz ist die Unendlichkeit des Epos und im Drama die abgeschlossene Einheit der Handlung. Dabei ist noch der Gegensaz des tragischen und komischen zu betrachten. In der modernen Poesie ist die Begrenzung weit weniger genau. Das Epos [(]Milton [und] Klopstock[)] nähert sich der Abgeschlossenheit der Handlung und hat weit mehr Hervortreten des Dichters. Das moderne Drama leidet an Menge zur Einheit der Handlung nicht gehöriger Zuthaten. Auch nimmt die Tragödie häufig im höchsten Gebiet das komische auf. So Shakespeare [und] Calderon. Zum alten Epos gehört nun auch noch das Ineinander von Menschlichem und Göttlichem und die Richtung auf Universalität der Erkenntniß aber ohne alle didaktische Form.

4 verbände] über )beha* 4 Epos] über )Drama* 7 Epos] über )Dr* 7 abgeschlossene] über )abgeschP

6 dadurch] über )bekP S*

S*

1–3 Vgl. Platon: Politeia III 394b–395b 10–11 Gemeint sein dürften „Paradise Lost“ (1667) von John Milton, von dem Schleiermacher „Paradise Regaine’d“ in seiner Bibliothek aufbewahrte, sowie „Der Messias“ (1773) von Friedrich Gottlieb Klopstock. 13–15 Schleiermacher kannte William Shakespeares dramatisches Werk in Originalsprache (in der Ausgabe von C. Wagner, William Shakespeare: The dramatic works, Braunschweig 1797–1801) sowie in der Übersetzung von A. W. Schlegel bzw. Friedrich Schiller. Laut Auskunft seiner Tageskalender las er u. a. „Hamlet“, „Macbeth“ oder „Der Kaufmann von Venedig“. Auch einige dramatische Werke von Pedro Calderón de la Barca las Schleiermacher in der Übersetzung von A. W. Schlegel, andere in der von Johann Diederich Gries. Vgl. William Shakespeare: Dramatische Werke, übersetzt von August Wilhelm Schlegel, Bd 1–9, Berlin 1797–1810. Ders.: Macbeth. Ein Trauerspiel, übersetzt von Friedrich Schiller, Tübingen 1801. Pedro Calderon de la Barca: Spanisches Theater, hg. von August Wilhelm Schlegel, Bd 1, Berlin 1803 (Bd. 2, Berlin 1809). Ders.: Schauspiele, übersetzt von Johann Diederich Gries, Bd 1–8. Berlin 1815(–1842). Hierzu auch: Wolfgang Virmond: „Schleiermachers Lektüre nach Auskunft seiner Tageskalender“, in: Günter Meckenstock (Hg.) in Verbindung mit Joachim Ringleben: Schleiermacher und die wissenschaftliche Kultur des Christentums, Berlin 1991, S. 71–99.

18

Erster Teil · Manuskripte Schleiermachers

Die alte lyrische Poesie auch Menge Gattungen die weniger bestimt gesondert sind. Lyrische Behandlung des historischen im Pindar PEpinikiaS und Hymnen aller Art an das öffentliche Leben Gnomische und erotische Poesie an Persönlichkeit. Erste an philosophisches Epos anschließend. Erotisch kleine Bewegungen und kleine Strophen

5

Zwei entgegengesezte Richtungen Nachahmung des Antiken bei der logischen Beschränktheit. Klassisch. Ursprünglich Licenz in Vermischung der Formen Romantisch

Starkes BeWußtsein des musikalischen Elementes im spanischen. Principien Galanterie und Religion

10

Mythisirte historische VolksDichtung im Deutschen

Mit der strengen logischen Beschränktheit des französischen hängt das Streben wol zusamen wodurch der Chor aus dem Drama ohne Ersaz verschwunden ist

Die Mischung des tragischen und komischen ist episch.

15

Das P S historische PElementS ist überwiegend religiös oder erotisch – Ballade überwiegend musikalisch

Trennung von Poesie und Mimik und Musik

1–18 Die … Musik] am linken Rand 17 oder erotisch] über der Zeile

7 Klassisch.] über )Französisch*

16–

Notizen zur Ästhetik I

5

19

Auch im Alten schon je mehr am Einzelnen Fact gehalten um desto mehr Willkühr und Erfindung. Die Odyssee aus Abentheuern mehr Analogie mit dem Modernen. Im Modernen fast Verschwinden der Aussenwelt außer als musikalisches Element, fantastische Behandlung. Das strophische im italienischen Epos. Aber Distichen und Terzinen auch schon abweichend – Im Drama Mischung von Poesie und Prosa

2 Schleiermacher kannte Homers „Odyssee“ in Originalsprache in der Ausgabe von Friedrich August Wolf sowie in der Übersetzung von Voß. Vgl. Homer: Werke, übersetzt von Johann Heinrich Voß, Bd. 1–4, Altona 1793.

Notizen zur Ästhetik II

Musik: Rhythmus Melodie Harmonie. Mahlerei[:] Zeichnung Helldunkel Kolorit[.] Plastik drei Arten. Architectur = Musik. Basrelief = Malerei. Skulptur = Plastik ?

5

Klang Licht parallel zu Körper Rede. Man kann aber auch zusammenstellen Klang Rede parallel zu Licht Körper. Musikalische Poesie ist lyrisch. Pittoreske Poesie ist episch. Plastische Poesie ist dramatisch. Poetische Poesie ist romantisch.

10

Das plastische in der Musik ist die Harmonie. Das pittoreske die Melodie. Das Colorit in der Melodie ist das pianoforte[;] das Helldunkel ist das crescendo und decrescendo. Invention und Execution. Invention ist das symbolische, Execution das mechanische. Das Ineinander von beiden die indifferente Vollkomenheit.

15

Die Schellingsche Parallelisirung von Architectur und Musik will mir nicht ein. Ich möchte nur vom Verhältniß der Plastik und Mahlerei 3 ?] Auch eine hochgestellte „2“ ist lesbar; vgl. ÄOd, wo hinter „Plastik“ ein Punkt folgt. 1–3 Möglicherweise paraphrasiert Schleiermacher hier Schellings Einteilung der Künste. In der Nachschrift Schlosser von Schellings Jenaer Vorlesungen über die Philosophie der Kunst (1802/03) werden die bildenden Künste in die drei Stufen Musik, Malerei und Plastik unterschieden, wobei die Plastik sich wiederum in Architektur, Basrelief und Skulptur unterteilt. Vgl. Schelling AA, Abt. II, Bd. 6,2, S. 448–449 (siehe auch: die Gliederung in der Ausgabe der „Sämmtlichen Werke“, I,5, Stuttgart 1859). Zu Schleiermachers Kritik an der Einordnung der Musik unter die bildenden Künste bei Schelling vgl. Schleiermachers Kollegheft Ästhetik 1819, S. 85,12. 14–1 In der Nachschrift Schlosser von Schellings Vorlesungen über die Philosophie der Kunst (Jena 1802/03) heißt es: „Die anorgische Kunstform oder die Musik in der Plastik ist die Architektur.“ Auch findet sich darin die Formel von der Architektur als „erstarrter Musik“: „Aber die architectur ist erstarrte musik, und die verhältniße der zahlen verwandeln sich in geometrische.“ (Schelling AA, Abt. II, Bd. 6,2, S. 449, 450) Vgl. Nachschrift Schweizer 1832/33, wo vom „Wizwort“ die Rede ist, die Architektur sei „gefrorne Musik“, S. 601,10–11. Hierzu auch: Ernst Behler: „Schellings Ästhetik in der Überlieferung von Henry Crabb Robinson“, in: Philosophisches Jahrbuch, 63, 1976, S. 133–176, hier: 138, 146, 153.

1. 318

24

Erster Teil · Manuskripte Schleiermachers

ausgehn. Malerei stellt Gestalten im Raum dar, Plastik Gestalten an sich, Architektur Raum an sich. Architektur ist nur die Raumbildung. Ich halte für falsch daß darin bloß die Verzierungen Kunst sind. Die Dekoration geht vielmehr schon wieder in Plastik oder Mahlerei über. So auch die Malerei in Architektur, wenn sie einen Grund bildet der nicht Luft ist.

2

319

Das Verhältniß des allegorischen und symbolischen hat Plastik mit Mahlerei gemein. – Warum Blumen und Fruchtstücke durchaus allegorisch sein sollen sehe ich nicht ein. | Die historische und moralische Allegorie ist nur ein schlechter Ersaz für das abgehende mythische. Allegorie ist nicht eher gut bis sie ein stehender Cyclus geworden ist.

5

10

Ob die GötterAttribute bei den Alten schon alle aus den Zeiten des Verfalls sind? Man kann die untergeordnete anorganische Plastik doch nicht ganz läugnen. Sie ist wie das Stillleben in der Malerei Malerei ist wesentlich immer ein Zusammensein weil Licht alles verbindet; Skulptur wesentlich ein Vereinzeln. Skulptur hat keine Gruppen, außer wenn zwei Gestalten wirklich eine geworden sind, Laokoon, Amor und Psyche. Alles gruppirte ist schon Uebergang ins Basrelief. Eine gemalte einzelne Figur ist als eine abgebildete Statue aufzufassen.

8–9 allegorisch] korr. aus symbolisch aufzufassen.] am linken Rand

10 und] folgt )alle*

22–23 Eine …

3 Vgl. die Sachanmerkung zu S. 117,3–4 7–9 Möglicherweise spielt Schleiermacher hier kritisch auf Schellings Vorlesungen über die Philosophie der Kunst an; in der Nachschrift Schlosser des Jenaer Kollegs (1802/03) findet sich die Aussage (Schelling AA, Abt. II, Bd. 6,2, S. 445): „Die mahlerei ist blos allegorisch in denjenigen gegenständen welche nicht um ihrer selbstwillen dargestellt werden können. Solche gegenstände sind das stillleben, die blumen- und frucht-, wie die thier-stücke, die wenn sie auch nicht allegorisch gedacht, doch, wofern sie überhaupt kunstwerke sind, ihrem begriff nach allegorisch seyn müssen.“

15

20

Notizen zur Ästhetik II

25

Die Mimik möchte ich weit eher für die Musik der Plastik erklären weil sie successiv ist.

5

Jede Kunst ist beschränkt in Zeit oder Raum, und ist desto vollkomner je mehr sie die Beschränkung aufhebt. Harmonie giebt der Musik Simultaneität; Lebendigkeit giebt der Skulptur und Malerei Succession. Die Plastik darf keinen durchsichtigen Stoff haben; eben darum ist das durchscheinende ihre größte Virtuosität.

10

15

20

Der strenge Styl scheint mir wesentlich darin zu bestehen, daß die minder characteristische Virtuosität der Kunst zurüktritt oder vielmehr noch nicht gegeben ist, wie zE in der Skulptur die Nachahmung andrer Stoffe. Es muß so sein, daß gewisse Theile des Werkes nur als Andeutung können angesehen werden zE der knittrige Faltenwurf die eckigen Gliedmaaßen | Bei der antiken Kunst geht wohl die Eintheilung in den religiösen Styl und den geselligen nicht durch Die Kunst muß von ihrem Centro aus verfolgt werden auf der einen Seite in die einfachste elementarische Function wo sie noch nicht Kunst ist auf der andern in ihr sinnbegreifendes wo alles unter ihre Potenz zu stellen ist. Universum als Kunstwerk. Alle eigentliche Kunstproduction ist Zusammenziehung des einen und Erweiterung des andern

15–16 Vgl. Schleiermachers Kollegheft Ästhetik 1819, S. 59,22–26

3

26

320

Erster Teil · Manuskripte Schleiermachers

Die plastische Kunst ist Schellingen der Gipfel der bildenden Kunst als vollendete Einbildung des Endlichen in das Unendliche. Dies möchte ich lieber nicht unbedingt zugeben, sondern nur für die antike Ansicht, für die moderne aber die Mahlerei oben stellen. Schelling deducirt so daß die Malerei ihre Gegenstände nur als Ideen, die Plastik sie aber als Ideen und zugleich auch als Dinge darstellt. Allein der marmorne Mensch ist nicht mehr und nicht weniger ein Ding als der gemahlte. Daß die Plastik vorzugsweise Götter darstellt hängt damit zusammen daß sie nur Einzelnes darstellen kann.

5

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Könnte nicht die Plastik die Götter ebenso gut leidend darstellen wie die Poesie? Ein Hephästos auf Lemnos der sich vom Fall aufrichtet könnte ein schönes Bild sein. Ueber das Epos scheint Schelling ohne alle Rüksicht auf die Wolfsche Hypothese zu reden. Der Unterschied zwischen Homer und Virgil bleibt auffallend und nur jenes das rechte Epos. Das Epos ist Welt und Volksdarstellung. Einheit des Helden niemals darin

1–2 Vgl. Schellings Jenaer Vorlesungen über die Philosophie der Kunst (1802/03), Nachschrift Schlosser (Schelling AA, Abt. II, Bd. 6,2, S. 460): „Die plastische kunst ist die vollendete einbildung des unendlichen ins endliche und insofern also der gipfel aller bildenden kunst.“ Allerdings kehrt Schleiermachers Satz diese Formel der vollendeten Einbildung um. 4–6 Vgl. Schellings Jenaer Vorlesungen über die Philosophie der Kunst (1802/03), Nachschrift Schlosser (Schelling AA, Abt. II, Bd. 6,2, S. 461): „Die mahlerei stellt ihre gegenstände vorzugsweise als ideen, oder im idealen dar, die plastik hingegen als der höchste gipfel der bildenden kunst, worin sie in die absolute kunst zurückgeht, stellt ihre gegenstände zugleich ganz als ideen und ganz als dinge, oder in der absoluten indifferenz des absolut–idealen, und absolut-realen, dar.“ 14–15 Gemeint ist wohl die von Friedrich August Wolf aufgeworfene „Homerische Frage“ in seinen „Prolegomena ad Homerum“ (Halle 1795) nach der Autorschaft der „Odyssee“ und der „Ilias“, die in den überlieferten Zeugnissen von Schellings Vorlesungen über die Philosophie der Kunst allerdings angerissen wird: „Wenn man diese als Zufälligkeit erscheinende Absolutheit, die tief im Wesen des Epos gegründet ist, auffaßt, so reicht diese allein hin, die neuere Wolfsche Ansicht des Homero nicht so fremd und unfaßlich zu finden, als sie von den meisten gefunden wird.“ (Schelling AA, Abt. II, Bd. 6,1, S. 337–338) 15–16 Vgl. Schelling: Philosophie der Kunst (Schelling AA, Abt. II, Bd. 6,1, S. 341): „Man kann Virgil fast nach allen angegebenen Bestimmungen dem Homer entgegensetzen. Die erste gleich, die Schicksallosigkeit des Epos betreffend, so hat sich Virgil vielmehr bestrebt in die Handlung Schicksal durch eine Art tragischer Verwicklung zu bringen. Die Bestimmung des Epos, die Bewegung ganz allein in den Gegenstand zu legen, ist ebensowenig erfüllt, da er nicht selten zur Theilnahme an seinem Gegenstand herabsinkt. Die erhabene Zufalligkeit des Epos, dessen Anfang und

15

Notizen zur Ästhetik II

27

Die neue Poesie muß aus zwei Gesichtspunkten betrachtet werden, ursprünglich und gepfropft. Gegensaz zwischen romanisch und germanisch. Jene die Sprache behalten aber eigne Form, diese eigne Sprache aber fremde Formen.

5

Schelling sieht Elegie und Idylle, Lehrgedicht und Satyre als dem Epos untergeordnet an.

Vom Lehrgedicht läßt sich auf die absolute Kunst übergehn | Darstellung von Natur und Geschichte in einander wäre Vollendung aller Poesie und Philosophie

10

In der Einleitung vom Verhältniß zwischen Natur und Kunst. Dann zwischen Schönem und Vollkomnem

Ueber den Namen Aesthetik

15

Die Musik ist die subjective oder Gefühlskunst, wohin auch die Mimik gehört. Darum hat sie das successive, die Gleichzeitigkeit aber wird ihr eingeboren durch die Harmonie.

Ende ebenso, wie die dunkle Zeit der Urwelt und die Zukunft unbestimmt ist, ist durch die Aeneis gänzlich aufgehoben.“ 5–6 Vgl. Schelling: Philosophie der Kunst (Schelling AA, Abt. II, Bd. 6,1, S. 343): „Es ist schlechthin objektiv, weil es die höchste Identität der Subjektivität und Objektivität ist.“ Ferner: „Die Sphäre der relativ-objektiven epischen Poesie [...] ist durch die Elegie und die Idylle [...]; die Sphäre der relativsubjektiveren Poesie [...] ist durch das Lehrgedicht und die Satyre [...] beschrieben.“ 7 Vgl. Schelling: Philosophie der Kunst (Schelling AA, Abt. II, Bd. 6,1, S. 350): „Das Lehrgedicht κ ατ' ξοχὴν kann nur ein Gedicht vom Universum oder der Natur der Dinge seyn. Es soll den Reflex des Universums im Wissen darstellen. [...] Der Ursprung des absoluten Lehrgedichts oder des speculativen Epos fällt also mit der Vollendung der Wissenschaft in eins zusammen“. 10 Vgl. „Einleitung“, Stunde 2, in Schleiermachers Kollegheft Ästhetik 1819, S. 40,16. 12 Vgl. „Einleitung“, Stunde 1, in Schleiermachers Kollegheft Ästhetik 1819, S. 39,3–7

4

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Erster Teil · Manuskripte Schleiermachers

Die 4 Haupttempos haben offenbar eine Verwandtschaft mit den Temperamenten Presto cholerisch Allegro sanguinisch Andante phlegmatisch Adagio melancholisch.

321

Das differente Ineinander von Genialität und Virtuosität ist sehr verschieden. In Architektur ist die Execution bloß mechanisch; in der Musik tritt sie als genialisch auf und die Erfindung erscheint ganz abgesondert. Lezteres ist aber nur Schein. In der Malerei ist das Ineinander am genauesten. Daher auch in mancherlei Formen variirt. Im Kupferstich tritt die Invention am isolirtesten heraus. In VIII liegt der Keim 1.) zu der Auseinandersezung über das Verhältniß der Kunst zur Leidenschaft und 2.) daß der Sinn für Maaß und Regel das eine ursprüngliche physische Element der Kunst ist 3.) Zur allgemeinen Nationalität aller Kunst Zu VIII. Das Zusammenschmelzen zweier genetisch verschiedenen aber analogen Urbildungen ist der innerste Grund des Parallelismus.

5

10

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Musik Ueber die Bedeutung der Oktave oder des cyclischen in den Tönen. Und über die Bedeutung der P S oder des discreten. Die Musiker sind pathematisch, haben gewöhnlich wenig Charakter. Nur die am meisten plastischen wie Kirchenmusik. Der Ort muß das Mittel bleiben um die Einheit zu finden. – Die organisirende Thätigkeit ist nur Durchgangspunkt, Mittel zur Fortpflanzung des Urbildes 10–13 In … Kunst] Absatz durchgestrichen (Erledigungsvermerk) 16 M u s i k ] am linken Rand 18 P S ] ÄOd: der Variationen 21–2 Der … Welt] Absatz durchgestrichen (Erledigungsvermerk) 10 Vgl. Schleiermachers Kollegheft Ästhetik 1819, Stunde 8, S. 47,25 Kollegheft Ästhetik 1819, Stunde 8, S. 47,25

14 Vgl.

20

Notizen zur Ästhetik II

5

29

Das weiteste in den beiden Charakteren ist die Beziehung auf Gott und Welt | Ueber den eigentlichen Sinn des Ideals. Er ist parallel der Allgemeingültigkeit der Philosophie welche noch nicht erreicht wird. Alles wirkliche ist in seinem Sein durch das Zusammensein gestört. Jeder Mensch idealisirt in seinem Kunstwerk zuerst sich selbst

5

Mahlerei theile ich in Zeichnung und Beleuchtung die Zeichnung in Gestaltung und Perspective die Beleuchtung in Färbung und Helldunkel

10

15

20

Mahlerei verhält sich zu Skulptur wie vorherrschendes Zusammensein zu vorherrschendem In sich sein. Eine Skulpturgruppe ist ein Uebergang ins pittoreske. Eine gemalte einzelne Figur scheint immer das Bild einer Statue zu sein. Es folgt nun die ganze Ansicht von der Kunst am meisten aus dem erotischen. – Einseitige Ansicht der Alten. Betrachtung aus dem Indifferenzpunkt. – Nachtheil für die höhere Kunst aus Vernachlässigung der geringen. Ueber die moralischen Wirkungen der Kunst. Sie sind eben so wenig die rechten als die unmoralischen – Daß das Einzelne als Spiel behandelt wird gehört mit zum Ganzen – Production auf der einen Seite muß verbunden sein mit Sinn für die andere Ueber die Vielseitigkeit der neuen Künstler und die Geschiedenheit der Alten.

25

Giebt es nicht auch einen Gegensaz zwischen der profanen Kunst der Alten und der der Neueren? – Jene arbeiteten nemlich aus dem mythologischen Cyclus heraus. Die Thätigkeit des Menschen in der Kunst wie sie über allen Gegensaz erhaben ist, hat auch genaue Beziehung auf das Erhabensein der Gegenstände darüber oder auf das Ideal

3–6 Ueber … selbst] Absatz durchgestrichen (Erledigungsvermerk) 7 Beleuchtung] über )Färbung* 8 Beleuchtung] über )Färbung* 8 Färbung] über )Kolorit* 14– 20 Es … andere] Absatz durchgestrichen (Erledigungsvermerk)

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6

Erster Teil · Manuskripte Schleiermachers

Das lyrische theilt sich wie das epische sein Element ist – so Pindar – und wie es selbst Element des dramatischen ist. – So das Neuere. – Doch kommt in den Chören der Alten auch das epische als Element vor. | Auf der einen Seite erscheint das Erhabene dem PniedlichenS entgegengesezt; auf der andern Seite dem komischen. Der Unterschied zwischen dem eigentlichen und uneigentlichen Kunstgebiet beruht auch auf der zwiefachen Vollkommenheit. In der schönen Kunst sind beide ursprünglich und gleich. Aber die mechanische und intellectuelle Kunst haben ursprünglich nur die Vollkomenheit der Composition und nur abgeleitet aus dieser bekommen die einzelnen Theile einen Schein von Selbständigkeit und Freiheit. Eintheilung der ganzen Kunst ist wesentlich a. Production in der Gefühlsäußerung b. Production in der Composition = unmittelbare und mittelbare Kunst. a Die unmittelbare ist α.[)] Musik, die ursprünglich mittheilende β.) Mimik die ursprünglich reflectirende b die mittelbare α.) die bildende, die ursprünglich subjectiv componirende β.) die redende, die objective. Sie begleiten sich daher kreuzweise.

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Beiwerk ist in jedem Kunstwerk nothwendig um die Ausschweifung der Nebenvorstellungen zusammenzuhalten und darf gar nicht alles symbolisch sein. Es ist die abwehrende Aehnlichkeit mit dem gemeinen Spiel Aus der Idealität ist nun die Kunst in der Wissenschaft und im Leben zu verstehen. Je mehr da die Perturbationen der Wirklichkeit aufgehoben sind, um desto mehr Kunstvollkommenheit. Daher ist dort das Ideal die Annäherung an die Kunst.

4–5 Auf … komischen.] Absatz durchgestrichen (Erledigungsvermerk) 4 PniedlichenS] ÄOd: Diabolischen 6–11 Der … Freiheit.] Absatz durchgestrichen (Erledigungsvermerk) 12–17 Eintheilung … kreuzweise.] Absatz durchgestrichen (Erledigungsvermerk) 17 ob] über )sub* 18–20 Beiwerk … Spiel] Absatz durchgestrichen (Erledigungsvermerk) 21–24 Aus … Kunst.] Absatz durchgestrichen (Erledigungsvermerk) 1 Die 4. Pythische Ode (ca. 461. v. Chr.) Pindars etwa handelt vom Zug der Argonauten. 4–5 Zu Schleiermachers Kritik der Entgegensetzung des Schönen und Erhabenen vgl. sein Kollegheft Ästhetik 1819, S. 73,3–4, 74,4–8

5

10

15

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Notizen zur Ästhetik II

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Zur Vollkommenheit des Ganzen gehört das symbolische mit. Das Wesen desselben besteht [darin,] daß in dem Einzelnen das Allgemeine dargestellt, die ganze innere Welt von einer bestimten Seite ergriffen ist, und also das Ganze ein organischer Theil in der Totalität der unmittelbaren Darstellung. – Hiervon ist dann der Uebergang zu nehmen zuerst zur bestimmten Unterscheidung des eigentlichen und uneigentlichen Kunstgebietes, dann aber zum Gegensaz des antiken und modernen.

10

Plastik ist die Kunst wo das Beiwerk in Null verschwindet wenigstens die reine Skulptur.

15

Sobald die Figuren in einer Landschaft zu einem bestimten Cyclus gehören werden sie die Hauptsache – Symphonie und Ouverture gehören eben dahin.| Verhältniß der Legende zum symbolischen Kreise und zur Mythologie. Das Studium der Natur ist für die bildende Kunst nothwendig nicht zur Nachahmung sondern um den reinen Typus hervorzulocken. Göthe hat Recht daß die Natur nie correct ist weil immer Anomalien entstehn durch die äußeren Potenzen.

1–8 Zur … modernen.] Absatz durchgestrichen (Erledigungsvermerk) tik … Skulptur.] Absatz durchgestrichen (Erledigungsvermerk)

9–10 Plas-

18–19 Wohl Anspielung auf Goethes kommentierte Übersetzung von Denis Diderots „Essai sur la peinture“ (1795): „Diderots Versuch über die Mahlerey“ in den „Propyläen“. Goethe kommentiert: „Die Natur ist niemals correct! dürfte man eher sagen. Correction setzt Regeln voraus, und zwar Regeln, die der Mensch selbst bestimmt, nach Gefühl, Erfahrung, Ueberzeugung und Wohlgefallen [...]. Eine Gestalt, die von Geburt an schön zu seyn bestimmt war, kann, durch irgend einen Zufall, in Einem Theile verletzt werden, sogleich leiden andere Theile mit.“ Vgl. Johann Wolfgang Goethe: Diderots Versuch über die Mahlerey, in: Propyläen, Ersten Bandes Zweytes Stück, Tübingen 1799, S. 6–7 (WA I,45, S. 251). Goethe unterscheidet ferner in seiner „Morphologie“ regelmäßige, unregelmäßige und zufällige Metamorphosen, wobei die letzteren äußere Umstände betreffen, die das regelmäßige Wachstum einer Pflanze behindern oder stören können. Vgl. Johann Wolfgang Goethe: Zur Morphologie, Bd. 1, in: ders.: Werke, Stuttgart/Tübingen 1817, S. 3–6 (WA II,6, S. 26–27).

7

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Erster Teil · Manuskripte Schleiermachers

Die Abweichung der Kunst von der Natur darf in dem Gebiet der Natur niemals etwas positives sein, keine conventionelle Regel Das characteristische der Individualität ist der Kunst wesentlich, das der Entwiklungsperiode auch; das der Function aber trägt schon ein Element des komischen oder niedrigen in sich und muß also im edleren durchaus gemäßigt erscheinen

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Greise sind deswegen nicht schön weil sie das Resultat der äußeren Störungen im maximum zeigen, Kinder nicht weil sie das geistige Leben noch als minimum zeigen. Darum sind handelnde Kinder immer der spielenden Seite angehörig – Christkind immer unter dem Alter des Handelns. Orchestik ist immer Ineinander von Leib und Kleid. Diderot vergleicht in der Malerei die Zeichnung mit der Logik, das Colorit mit der Rhetorik.

12 Orchestik … Kleid.] Absatz durchgestrichen (Erledigungsvermerk) 1–2 Vgl. Denis Diderot: Essai sur la peinture (1795), in der Übersetzung von Goethe: Diderots Versuch über die Mahlerey, Tübingen 1799, Ersten Bandes Zweytes Stück, S. 12 (WA I,45, S. 256): „Ob wir nun gleich die Wirkungen und Ursachen des organischen Baues nicht kennen, und aus eben dieser Unwissenheit uns an conventionelle Regeln gebunden haben, so würde doch ein Künstler, der diese Regeln vernachlässigte, und sich an eine genaue Nachahmung der Natur hielte, oft wegen zu großer Füße, kurzer Beine, geschwollener Knie, lästiger und schwerer Köpfe entschuldigt werden müssen.“ 7–9 Vgl. Denis Diderot: Essai sur la peinture (1795), in der Übersetzung von Goethe: Diderots Versuch über die Mahlerey, Tübingen 1799, Ersten Bandes Zweytes Stück, S. 25 (WA I,45, S. 267): „Die Kindheit ist beynahe eine Carricatur, dasselbe kann man von dem Alter sagen; das Kind ist eine unförmige, flüssige Masse, die sich zu entwickeln strebt, so wie der Greis eine ungestaltete und trockne Masse wird, die in sich selbst zurückkehrt, um sich nach und nach auf nichts zu reduciren.“ 13–14 Vgl. Denis Diderot: „Essai sur la peinture“ (1795), in der Übersetzung von Goethe: Diderots Versuch über die Mahlerey, Tübingen 1799, Zweyten Bandes Erstes Stück, S. 7 (WA I,45, S. 287): „Wenn es mehrere treffliche Zeichner giebt, so giebt es wenig große Coloristen. Eben so verhält sichs in der Litteratur, hundert kalte Logiker gegen einen großen Redner“.

5

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Notizen zur Ästhetik II

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Der Fehler der gefärbten Statuen ist nicht die zu große Aehnlichkeit sondern vielmehr die nothwendige Unvollkommenheit der Färbung wobei alles Helldunkel nur zufällig durch die Natur entsteht. Man sieht es daraus weil ein gemaltes Bild ausgeschnitten oder auf einem weißen Grunde auch kein Kunstwerk ist. Die Gesichtsbewegungen sind auf dem Gebiet der eigentlichen Mimik das kleinste und unwillkührlichste, also auch PohneS. Erst wenn ein Ausdruck im Gesicht gewissermaßen Stellung geworden ist fangen die Bewegungen der Extremitäten an.

10

Gesang ist die Indifferenz von Reden Weinen und Lachen. Jedes kann sich ihm nahen aber keines wird Gesang ohne aufzuhören zu sein was es ist. Entgegengesezt dem Thier Der Ton das an sich gemessene, Dauer[,] Verlauf, Stufe.

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Das Intervall im Vergleich mit dem continuum wie SaturationsPunkt Polarität des Consonirens und Dissonirens Ueber das arithmetische Fundament – Ueber das Geheimniß des Gegensazes von Harmonie und Melodie. Ueber das cyclische der | Octave. Ueber die Instrumente. Ueber die Tempos als rhythmische Charactere. Ueber die Stimmregister. Ueber das Thema. – Gesang, Begleitung, reine Instrumentalmusik. Gesang muß Identität von Blas- und Saiten[instrumenten] sein. Gegensaz zwischen Kirchenstyl und Opernstyl; Kammerstyl. Im Kirchenstyl dominirt Harmonie, im Opernstyl Melodie. Die Natur hat nur wenig Ton angelegt. Ganze Welt dem Menschen gelassen. – In der Musik ist auch der Sänger zugleich Hörer, also mehr Selbstbefriedigung Die vier Stimmregister sind Vater Mutter Sohn und Tochter. Wie überhaupt ohne Harmonie kein Chor, kein Ausdruck des Gemeingefühls möglich ist. Armseligkeit des Unisono.

3–5 Man … ist.] Nachtrag (auf den rechten Rand hinausgeschrieben) ÄOd: nichts 14 wie SaturationsPunkt] über der Zeile 18 die] das

7 PohneS]

8

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Erster Teil · Manuskripte Schleiermachers

Quartett als gleiche Zusamenstimmung auf Virtuosität des Streichens berechnet. Idee der schönen Gartenkunst als Raumbildung für die Gestalten. Bei den Alten beides Eins. Stadt und Markt ein Park von Gebäuden. Zurüktreten des Privatbaus. – Charakter des ganzen Lebens in der Architektur. – Bloße VorrathsGebäude ohne Bezug auf menschliche Bewegungen sind eigentlich nur Keller. Dagegen Grotten in Bergwerken werden wieder Gebäude. – Gegensaz zwischen Keller und Dom oder Thurm. – Drei Elemente Symmetrie Eurhythmie und Masse. Was an der Characterlosigkeit der Schönheit wahres ist, ist nur dieses daß der Moment niemals den Charakter darstellen kann, dieser also immer nur indirect da ist.

5

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Mahlerei für uns höher als Plastik Architektur für uns niedriger. Architektur und Plastik zusammen der Mahlerei gegen über. Gegensäze zwischen Architektur und Musik, das fließendste und das starrste. Das Zurüktreten des Werks und das Zurüktreten des Künstlers. Keine individuelle Stimmung nur Gemeingeist.

15

Gattungen der andern bildenden Künste an der Architektur. In wiefern ein Kunstwerk Verzierung eines bestimmten Raumes ist? Das Kolossale in der Plastik hat seinen Hauptwerth darin zu zeigen wie sehr ins Einzelne der Typus studirt ist. – In der Plastik keine gesonderten Gruppen weil man keinen Raum dazu machen kann. Ue10 Vgl. Schleiermachers Notizen zur Ästhetik I, S. 7,6 13–14 Wohl Anspielung auf Schelling, der in seinen Vorlesungen über die Philosophie der Kunst die Plastik (inkl. Architektur, Basrelief und Skulptur) vor Malerei und Musik als die höchste Stufe der bildenden Künste setzt; vgl. dazu oben S. 23,1–3. 19 Wohl Anspielung auf Goethes „Ueber Kunst und Althertum (in den Rhein und Mayn Gegenden)“, 1. Bd., Stuttgart 1816, S. 145–146 (WA I,34.1, S. 165): „Die höchste Aufgabe der bildenden Kunst ist, einen bestimmten Raum zu verzieren, oder eine Zierde in einen unbestimmten Raum zu setzen; aus dieser Forderung entspringt alles, was wir kunstgerechte Composition heißen. Hierin waren die Griechen und nach ihnen die Römer große Meister.“

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Notizen zur Ästhetik II

5

35

ber die symbolische und historische Plastik. Auswuchs des symbolischen in das Allegorische. Die beste Allegorie nothwendig die die keine mehr ist weil jede Gestalt ganz individuell sein muß. Nähere Erläuterung des Kanons daß alles was sich in der Gestalt aussprechen kann (NB und begeisternd sein) darstellbar ist. Warum in | der Mahlerei manches, Alter, Gemeinheit, was in der Plastik nicht Ast sagt die Mahlerei stelle Charaktere dar und die Bildnerei Organisationen.

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Die beiden Hauptgattungen sind Landschaftsmalerei und Geschichtsmalerei[;] Architekturen und Stillleben sind untergeordnet. Erstere Studien auf den Prospect, leztere auf die Beleuchtung. Der Raum muß immer mit beleuchtet werden sonst kein Gemälde.

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Erfindung. Uebergewicht der allgemeinen Begeisterung oder der speciellen. Nothwendig beides zum vollständigen Werk. – Uebergewicht der Zeichnung oder der Beleuchtung. – Uebergewicht von Einheit oder Vielheit

7–8 Vgl. Friedrich Ast: Grundlinien der Aesthetik, Landshut 1813, S. 26: „Die Bildnerei stellt den beseelten und afficirten Körper als solchen und um seiner selbst willen dar, bildet folglich rein äußerlich; die Mahlerei dagegen will durch die Körperlichkeit das Innere, den Charakter, die Gemüths-Stimmung oder Regung u. dgl. bezeichnen, bildet also allegorisch.“

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Kollegheft Ästhetik 1819

Archiv der BBAW: Schleiermacher-Nachlass Nr. 109, S. 1

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Einleitung2

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Der Name Ae s t h e t i k bedeutet Theorie der Empfindung und so der Logik gegenübergestellt.3 Ausgeschlossen sind sinnliche und sittliche weil beide praktisch sind d. h. in Handlungen ausgehn. Das Wohlg ef al l e n a m S c h ö n e n (welcher Begriff hier noch nicht zu erklären[)] ist also eigentlicher Gegenstand. – Allein es war Unrecht die Sache von dieser Seite anzufassen. Wird das Schöne größtentheils durch menschliche Thätigkeit hervorgebracht so ist auch Hervorbringen und Aufnehmen dasselbe, Productivität und Receptivität nur dem Grade nach verschieden, und man sollte den Gegenstand in den größeren und stärkeren Zügen auffassen. Geht man auf das Anschauen des Eindruks aus so wird nur das Geschmaksurtheil gebildet. Aber dies ist selbst ein dunkler Ansaz zur Production, und sollte also auch von der Production aus und mittelst ihrer gebildet werden. Sieht man die 1 2 3

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Aesthetik1

Aristoteles Ausscheidung der bildenden Kunst troz der μίμησις. angefangen 1819 den 19. April in 5 wöchentlichen Stunden angefangen 1825 den 11. April in 5 wöchentlichen Stunden Man unterschied allgemeine Aesthetik und specielle, Redner und Dichter – also Theorie der schönen Redekünste.

16 Aristoteles … μίμησις.] am oberen Rand 17–18 angefangen … Stunden] am rechten Rand 19–20 Man … Redekünste.] am rechten Rand (wohl für das Kolleg 1825) 3–4 Schleiermacher rekurriert hier auf den Begriff der Ästhetik, wie er im Anschluss an Alexander Gottlieb Baumgartens „Aesthetica“ (1750/58) als Gegensatz zur Logik verwendet wurde. Baumgarten entwickelt die Ästhetik als eine Wissenschaft von der sinnlichen Erkenntnis in kritischer Auseinandersetzung mit der Schulphilosophie von Leibniz und Christian Wolff. Schleiermacher lernte diese Tradition durch seinen Lehrer Johann August Eberhard während seines Studiums an der Universität Halle (1787– 1789) kennen. 5–6 Schleiermacher spielt hier offenbar auf Kants „Kritik der Urteilskraft“ (1793) an, worin der Begriff des Schönen auf Grundlage des Geschmacksurteils entwickelt wird (KdU B 16; Kant AA 1/V, S. 210–211): „Geschmack ist das Beurtheilungsvermögen eines Gegenstandes oder einer Vorstellungsart durch ein Wohlgefallen oder Mißfallen ohne alles Interesse. Der Gegenstand eines solchen Wohlgefallens heißt schön.“ 12–13 Vgl. Kant: Kritik der Urteilskraft (KdU B 4; Kant AA 1/V, S. 203): „Das Geschmacksurtheil ist also kein Erkenntnisurtheil, mithin nicht logisch, sondern ästhetisch, worunter man dasjenige versteht, dessen Bestimmungsgrund nicht anders als subjectiv sein kann.“ 16 In seiner „Poetik“ untersucht Aristoteles die mimetische Grundlage der Künste in besonderer Rücksicht auf das Rollenspiel der Mimen in der Tragödie (vgl. Aristoteles: Poetik 1460a–1460b).

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Empfindung nicht als Wirkung an sondern als Zweck so ist die Kunst überall in dem Maaß ausgeartet als die Künstler für einen ohne ihre Mitwirkung entstandenen Geschmak arbeiten. Der Künstler erregt den Geschmack, artet die Sache dahin aus daß er für den bestehenden Geschmak arbeitet, so muß die Kunst von neuem anfangen. Man kann nun sagen dieser Kreis entstehe daraus daß man Künstler und Kenner in ihrem Verhältniß zu einander selbständig betrachte. Aber das Schöne sei ursprünglich in der Natur gegeben. Dieses ursprünglich gegebene bilde sowol den Künstler als den Kenner, und man müsse also auf dieses zurükgehn. | Ist also das Schöne freie menschliche Production: so muß man es nicht in der Form des πάθημα sondern der Handlung aufsuchen, und also nach der Theorie der Kunst fragen. Sieht man aber die Quelle des Schönen in der Natur: so muß man die Untersuchung mehr auf den Begriff des Schönen richten. II Die Frage ob die K u n s t N ac h a hmung der N a tur sei kann hier noch nicht gründlich entschieden werden weil weder der Begriff des Schönen noch der Begriff der Kunst schon gehörig bestimmt sind. Aber eine nach Art alles bisherigen vorläufige Beantwortung ist doch besser als wenn wir auf Gerathewohl an die Bestimmung jener beiden Begriffe gehn wollten. Für die A r c h i t ektur führt man die Pflanzenorganisation als Urbild an, aber das ist weit hergeholt und trifft nur einzelne Theile. Was sie eigentlich hervorbringt hat kein Urbild in der Natur. M i m i k im Tanz ist ursprünglich Kunst, Urbild und Nachah3 entstandenen] folgt )Zwek* 16–17 Schleiermacher bezieht sich hier wohl auf einen Diskurs des ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jahrhunderts, in dem es um die Frage ging, ob und inwiefern die Kunstschönheit aus dem Prinzip der Nachahmung der (als schön empfundenen) Natur hervorgeht. Wirkungsmächtig für diesen Diskurs war Charles Batteux, der die Einheit der schönen Künste, u. a. in Rekurs auf die Mimesiskonzeption von Aristoteles, durch das Prinzip der Nachahmung der Naturschönheit erklärt. Vgl. Charles Batteux: Einschränkung der schönen Künste auf einen einzigen Grundsatz, übers. und erl. von J. A. Schlegel, Leipzig 1770 (Original: ders.: Les beaux-arts réduits à un même principe, Paris 1746). Die Position, dass der Mensch der Schöpfer einer Kunstschönheit ist, die nicht auf die Naturschönheit reduzierbar ist, ist ein Phänomen der Autonomieästhetik und findet sich paradigmatisch in der Abhandlung von Karl Philipp Moritz: Über die bildende Nachahmung des Schönen (Braunschweig 1788). In der Ästhetik der klassischen deutschen Philosophie nach Kant wird die Kunstschönheit in der Regel von der Naturschönheit unterschieden, insofern schöne Kunst vom Menschen bewusst hervorgebracht wird; vgl. dazu exemplarisch G. F. W. Hegel: Vorlesungen über die Philosophie der Kunst (1826), Nachschrift Griesheim (GW 28,2, S. 529–532, 579). 21–22 Vgl. Nachschrift Schlosser von Schellings Jenaer Vorlesungen über die Philosophie der Kunst von 1802/03 (Schelling AA, Abt. II, Bd. 6,2, S. 453): „Die architectur hat vorzugsweise den pflanzenorganismus zum vorbild.“

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mung desselben durch leise Uebergänge vermittelt. Im Ausdruk der Leidenschaft ist der Künstler Vorbild für den wirklich bewegten nicht umgekehrt; und der wirklich bewegte, wenn er sich edel und schön bewegt, ist zugleich Künstler nur mit geringerem Bewußtsein. Musik hat nicht die Töne anderer Geschöpfe zum Vorbild, sondern der Mensch singt eben so ursprünglich als sie; das Tönen der Natur in andern Geschöpfen ist nur allmähliches Aufsteigen zu dem Kunstvermögen im Menschen. Am bestimmtesten hat die Ansicht [von der Nachahmung der Natur] ihren Siz in der b ildenden Kunst . Freilich bildet der Mensch keine andern Formen als die in der Natur sind. Allein diese sind ihm auch innerlich angeboren und nur eine unzureichende empirische Ansicht des Denkens überhaupt kann auch dieser KunstAnsicht Haltung geben. Das Schöne aber in diesen Formen bringt die Natur nur zerstreut und sparsam hervor, und wir müssen doch ein aufsuchendes und zusammenstellendes Princip im Menschen haben, welches aber eben demselben angehört aus dem die Kunst hervorgeht. Lassen wir also auch die Ansicht gelten so führt sie uns doch selbst dahin die Richtung auf die Kunst im Menschen unmittelbar aufzusuchen. Also unsere Untersuchung wird vorzüglich Theorie der Kunst, und der Begriff des Schönen muß sich uns im Verlauf | derselben von selbst mit entwickeln. Zuvor aber Verständigung was wir unter Kunst und unter T h e o r i e d e r K u n s t verstehen. Zuerst das lezte. Theorie sezt überall ein Gegebenes voraus welches angeschaut wird. Besinnung darüber wie es geworden. Dies kann uns auf das allgemeinste Resultat führen: was eigentlich das Streben nach Kunst in der menschlichen Natur bedeute. – Eben so aber auch auf das Einzelnste. Wie der einzelne Künstler dieses und jenes hervorbringe und worauf der Effect davon beruhe. Ganz getrennt kann speculatives und empirisches nicht werden, und es kommt nur darauf an wie man beides unterordnet. III. Im Allgemeinen ordnen wir das einzelne dem allgemeinen unter: aber Grenzen sind schwer, und nicht ohne Willkühr zu bestimmen. Die t e c h n i s c h e n Vo r s c h r i f t e n über Behandlung des Stoffes und der Instrumente p kann der Künstler immer haben ganz ohne speculative Principien. Doch können wir sie nicht ganz ausschneiden weil ohne ihre Kenntniß keine Kritik geübt werden kann, und wir doch die Principien der Kritik aufstellen müssen. Die v erschiedenen G a t t u n g e n innerhalb jeder Kunst, auch die verschiedenen Style dürfen wir nicht übergehn denn die einzelne Kunst kann nur in ihren Gattungen und Modifikationen verstanden werden. Aber eben diese haben auch eine nach dem technischen gewendete Seite. Das Verh ä l t n i ß d e r K ü n s t e u n t e r e i n an d e r ist ein Hauptpunkt. Aber

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die Frage nach ihrem nothwendigen Zusammenhange führt auf ihr Verhältniß zu den Organen und also auf den nothwendigen Zusammenhang dieser wo wir auf einen unausgebildeten Theil der spekulativen Naturwissenschaft stoßen, also auf ein zu hoch. Die Identität aller Künste ist der andere Brennpunkt, die ethische Bedeutung des Kunststrebens überhaupt unsere HauptUntersuchung. Aber über diese hinaus liegt noch die kosmische. Die Kunstwelt ist das Resultat; sie tritt in die Reihe der Dinge und hat also eine Beziehung auf den Weltgeist. Dies eine andere und höhere Gestalt der Frage über den Zusammenhang von Kunst und Natur wohin wir nur noch mit einzelnen Andeutungen reichen können. Noch eine andere Schwierigkeit ist die Geltung des theoretischen und des historischen. Man sucht es in vielen Disciplinen zu verbinden besonders die bei denen eine praktische Ansicht vorherrscht. Aber je größer das historische Detail, um desto mehr leidet der theoretische Zusammenhang. Die historische Behandlung kann des speculativen nicht | ganz entbehren; wenn es nicht überall durchschimmert ist die Geschichte todt. Eben so wenig umgekehrt weil das Wesen selbst in aller Differenz sich successiv entwikelt. Nicht nur daß die Kunst unvollkommen anfängt, sondern auch gewisse Gattungen und gewisse Style nehmen überwiegend gewisse Perioden ein. Auch hier kann die Grenze nur willkührlich gezogen werden. Die ganze Disciplin wie sie jetzt liegt läßt sich auch ansehn als Encyclopädie der Künste und hat alle Unsicherheit des encyclopädischen. Wer dieses nur als Auszug des materiellen ansieht versteht es gar nicht. Immer muß das formale die Hauptsache sein aber die Beimischung läßt sich nicht construiren. Daher auch die Behandlungen so sehr abweichend ausfallen. IV. Eben so die Frage i n w e l c h e m Umfa ng wir die Kunst nehmen wollen. Außer dem eigentlichen Kunstgebiet ist Kunst überall bei menschlichen Hervorbringungen als Accidens theils Verschönerung als Zusaz, theils Bestimmungsgrund für die an sich zufällige Form zE. Gewänder und Gefäße, so daß sie ins unendlich kleine ausgeht. Die Sonderung der mechanischen Kunst von der schönen hilft hier nicht denn es ist eben von dem nicht mechanischen der Erfindung die Rede. 12 Noch eine andere Schwierigkeit ist die] über )Die ganze Disciplin wie sie bis jezt* 3–4 Schleiermacher könnte hierbei an die naturphilosophischen Schriften Schellings denken, wie etwa die „Ideen zu einer Philosophie der Natur“ (Leipzig 1797), oder an die Naturphilosophie von Henrich Steffens, wie sie sich etwa in seinen „Grundzügen der philosophischen Naturwissenschaft“ (Berlin 1806) findet.

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Es ist dies freilich ein u n e i ge n tl i c h es Kunstgebiet neben dem eigentlichen, aber die Grenzen schwer zu bestimmen. Denn die Architektur bildet ein förmliches Mittelglied indem einige sie dem Wesen nach nicht zur schönen Kunst rechnen, andre aber meinen die schöne Kunst bringe an ihr nicht nur einzelne Theile wie Säulen und Zubehör hervor, sondern müsse alle ihre Verhältnisse bestimmen. – Ferner finden wir daß alle menschliche Thätigkeit in ihrer höchsten Vollendung zugleich als Kunst erscheint zE. wissenschaftliche Werke, Staatsverfassungen, gesellige Feste. Auch dies kann man ein uneigentliches nennen weil diese Dinge ursprünglich etwas anderes sein wollen. Allein auch dieser Unterschied ist nicht festzuhalten sonst müßte die Kunst in ihnen ganz oben auf liegen und leicht abgesondert werden können. Die Kunst aber in einem wissenschaftlichen Werk liegt nicht etwa nur in | der rhetorischen Behandlung der Sprache, sondern sie muß die ganze Composition durchdringen p. Genauer betrachtet sieht man auch daß das Kunst werden wollen vom ersten Anfang schon angeht und nur nicht wahrgenommen wird weil wir uns durch die Unvollkommenheiten durchschlagen müssen. – Endlich über alles kann man auch noch sagen die ganze Welt sei ein Kunstwerk und wo sie uns nicht so erscheine sei die Unvollkommenheit unserer Einsicht und die Befangenheit unserer Betrachtung Schuld daran. Schöpfung und Kunst seien wesentliche Correlata: so wie in der Kunst der Mensch schöpferisch sei so Gott in der Schöpfung künstlerisch. Der Genuß dieser göttlichen Kunst ist immer als die höchste Bestimmung des Menschen durch die er selbst wieder künstlerisch aufgeregt werden sollte (ewige Musik und Poesie der Offenbarung) angesehn worden und so löset sich alles in die unendliche Einheit der göttlichen Kunst auf. Wir können in der Grenzbestimmung nur auf die bisherige vorläufige Art verfahren, auffassend was sich uns bis jezt vorläufig ergeben hat und den Gegensaz von Einheit und Mannigfaltigkeit in der Kunst zum Hauptpunkt unserer Construction machend. Durch diesen relativen Gegensaz scheiden wir zugleich, jedoch nicht ohne Beziehung auf sie, die menschliche Kunst von der göttlichen. Indem wir die Einheit nur in der Mannigfaltigkeit aufsuchen und die Mannigfaltigkeit nur durch die Einheit verstehen wollen sezen wir als Mannigfaltigkeit vorläufig das eigentliche Kunstgebiet und in der Behandlung der Einheit, wo alle schlechthin gemeinschaftlichen Elemente vorkommen müssen kann uns dann das uneigentliche zur Probe dienen ob 9 uneigentliches] über )eigentliches*

20–21 Befangenheit] über )Vollkommenheit*

2–6 Vgl. unten S. 117,3–4 und die entsprechende Sachanmerkung sowie Schleiermachers Notizen zur Ästhetik II, S. 24,3

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wir das rechte gefunden haben. Die Mannigfaltigkeit würde uns nun in die Theorie der einzelnen Künste hineinführen. Allein weil wir sie nur um der Einheit willen behandeln so gehn wir auch in das einzelne der Kunstregeln nur hinein so weit wir einen spekulativen Gehalt darin verfolgen können d. h. ent|weder die Identität oder den Parallelismus mit den andern Künsten, alles andere dem ausübenden Künstler überlassend. V. In diesen Principien der Begrenzung liegen nun auch schon die der An o r d n u n g. Aus dem angenommenen Gegensaz gehen die beiden Haupttheile hervor, der erste der mehr specula t iv e der es mit der Identität, der zweite der mehr e m p irische der es mit der Differenz der Kunst zu thun hat. In jedem aber wird jedes nur in Beziehung auf das andere gesezt. Der erste Theil muß hauptsächlich mit der ethischen Bedeutung der Kunst zu thun haben indem er die Kunst t h ä t i g k e i t im Zusammenhang mit den anderen menschlichen Thätigkeiten begreift. Da Kunstthätigkeit aber zugleich Correlat von Kunstwerk ist: so muß zugleich das allgemeine objectiv e Kunst e l e m e n t , welches wir vorläufig nur das Schöne nennen, hiebei mit gefunden werden. Das von den ethischen Punkten aus gefundene muß auch hier am geschichtlich gegebnen erläutert werden, welches aber nur vorläufig ohne durchschaut zu sein auftritt. Die Brücke aber ohne welche beide Theile nicht zusammenhängen würden und keine Einheit da wäre muß gebaut werden dadurch daß schon in dem ersten Theile sich ein Theilungsgrund findet um die verschiedenen Kunstzweige darunter zu befassen. Dies nun ist der große Streitpunkt indem einige alles construiren wollen Andre gar nichts. Dies sind die beiden Grenzpunkte welche vermieden werden müssen. Was dazwischen liegt darin muß man die reine wissenschaftliche Gesinnung zu erkennen suchen und jeder muß es sich auf seinen Standpunkt reduciren. Der zweite Theil geht die einzelnen Künste durch nach Maßgabe des Eintheilungs30 durch] dadurch 25–26 Möglicherweise Anspielung auf die nachkantische Philosophie der Kunst. Als ein spekulativ-konstruktives System kann insb. Schellings Philosophie der Kunst angesehen werden – in der Nachschrift Schlosser des Jenaer Kollegs 1802/03 heißt es etwa: „Construction aber ist darstellung im absoluten, und construction der kunst ist daher darstellung der formen der dinge im absoluten.“ (Schelling AA, Abt. II, Bd. 6,2, S. 420) Gegen eine Verschmelzung der Künste wendete sich hingegen Goethe, der in der Einleitung seiner „Propyläen“ – wohl in Bezug auf die Jenaer Frühromantiker – bemerkt: „Eines der vorzüglichsten Kennzeichen des Verfalles der Kunst ist die Vermischung der verschiedenen Arten derselben.“ Die „Würde des ächten Künstlers“ läge vielmehr darin, „daß er das Kunstfach, in welchem er arbeitet, von andern abzusondern, jede Kunst und Kunstart auf sich selbst zu stellen, und sie aufs möglichste zu isolieren wisse.“ (Johann Wolfgang Goethe: Propyläen, Ersten Bandes Erstes Stück, Tübingen 1798, S. XXIV–XXV; WA I,47, S. 22–23)

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grundes, und was in diesen nicht hineingeht muß nach seiner Verwandschaft eingetheilt werden indem man nur hypothetisch aufstellt weshalb es sich nicht habe construiren lassen. Je weniger des | nicht construirten ist um desto mehr bewährt sich der Eintheilungsgrund. Die Hauptsache ist die Entwiklung des allgemeinen elementarischen Begriffs nach dem Charakter einer jeden besonderen Kunst; die Eintheilung einer jeden in ihre Hauptgattungen wo in demselben Geist das construirbare und nicht construirbare unterschieden werden muß.

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VI. E t h i s c h e L e m m at a. Construction der menschlichen Functionen aus dem Verhältniß des Menschen zu der übrigen Welt als Oscillation zwischen Aufhebung und Wiederherstellung des Gegensazes. Gegensaz zwischen Sein und Bewußtsein, Idealität und Realität. Er bildet das Reale in seine Idealität: E r k e n n e n d e Function. Er bildet sein Ideales in die Realität[:] Or gan i s i r e n d e Function. Durch lezte vereinigt er die Dinge mit sich, durch erste er sich mit den Dingen. Die Wiederherstellung ist aber von selbst in der Beendigung eines jeden Actes gesezt. – Zweitens muß auch auf das Verhältniß der Menschen untereinander Rüksicht genommen werden. Zusammengesezt aus Identit ä t d e r N a t u r in allen und E i ge n t h ü m l i c h k eit der Person in jedem. Wie aber auch der vorige Gegensaz nicht rein war sondern in jedem wirklichen Lebensmoment erkennen und organisiren beisammen ist so ist auch nicht etwa das eigenthümliche etwas zur identischen Natur hinzukommendes, noch umgekehrt, sondern es ist die Natur selbst welche sich in jedem eigenthümlich gestaltet, und das Eigenthümliche selbst in welchem sich das identische manifestirt. Nun ist es ferner die menschliche Natur welche sich im Zusammensein des Menschen mit allem übrigen als ein relativ abgeschlossenes Leben hinstellt und also 18 Beendigung] über )P

S*

14–16 Schleiermacher verortet die Kunst in seinen Vorlesungen über philosophische Ethik (1812/13) allgemein im Rahmen der Güterlehre. Darin unterscheidet er grundlegend zwei relative Gegensätze: 1.) den zwischen individuellen und identischen und 2.) den zwischen symbolisierenden (erkennenden) und organisierenden (bildenden) Tätigkeitsformen. Die Kunstausübung wird in diesem Schema als eine individuelle symbolisierende Tätigkeit näher bestimmt. Vgl. Schleiermacher: Ethik 1812/13, hg. v. HansJoachim Birkner, Hamburg 1990, S. 23–30.

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sind es eben jene beiden Functionen welche sich als das identische und eigenthümliche in Allen verhalten. Zu zeigen ist noch wie dieses Schema nicht ein zu allgemeines ist, sondern gerade das eigenthümliche des | Menschen mit enthält. Offenbar aber ist der Mensch erst das vollständig heraustretende Bewußtsein vorher wird nicht das andere Sein als ein bestimmt entgegengeseztes eingebildet, und der Kreislauf des Erkennens und Organisirens ist nur in ihm. Eben so ist auch das Eigenthümliche nicht allein stärker hervortretend in ihm, sondern auch in ihm allein als ein innerliches gesezt. Daß ferner keine menschliche Thätigkeit außerhalb dieses Schema gedacht werden kann leuchtet ein denn es müßte eine Thätigkeit sein die auch nicht in die reale Seite des Menschen einginge oder eine Einbildung die nichts einbildete. Es entsteht also nur die Aufgabe innerhalb dieses Schemas den O rt der Kunst thä tig keit aufzusuchen. VII. In der erkennenden Function ist zuerst das Wissen mit seinem Correlat der Sprache. Jenes denken wir alle als allgemeingültig suchen alle Differenzen aufzulösen und sezen voraus daß das eigenthümliche sich dagegen wie minimum verhalte. An diese Stelle nun könnten wir die P o e s i e sezen wollen, die auch Darstellung von Gedachtem durch die Sprache ist. Allein theils wäre es doch nur die Poesie allein und wir könnten keinen allgemeinen Begriff der Kunst von diesem Punkt aus gewinnen, theils finden wir näher betrachtet, daß das eigenthümliche der Poesie nicht hier seinen Siz hat. Unterschied zE zwischen Geschichte und Epos daß lezteres nicht aufgenommene Erkenntniß darstellt sondern frei producirte. Wir finden also hier nur vorzüglich die Ku n s t so fern sie als G i p f e l sich überall zeigt, nicht aber die eigentliche. – In der organisirenden Function liegt nun zunächst das mechanische[,] Steigerung vom identischen ins differente finden wir durch Übergänge. Man könnte auch die Sc u lpt ur herrechnen die auch einen gegebenen Stoff bearbeitet aber was sie bildet wird nicht Werkzeug, tritt nicht mit der übrigen Thätigkeit der Menschen in Verbindung. Wir finden also hier eigentlich nur die Kunst a ls A ccidens wie sie sich an die mechanische anlegt. Wir müssen also umkehrend das ursprünglich eigenthümliche aufsuchen. In der erkennenden Function liegt hier das G ef ühl. Erkennend ist dies auch, es | ist Bewußtsein vom Verhältniß des Menschen in der Welt. Die Eigenthümlichkeit und Unübertragbarkeit desselben ist anerkannt. Es hat aber als Aeußerung wie das Wissen die Sprache, so seinerseits den Ton und die Bewegung. – Hier finden wir 29–30 Steigerung … Übergänge] mit Einfügungszeichen über der Zeile Sprache] über )den Ton*

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die Naturanfänge zweier Künste M u s i k un d Mimik und zwar das Künstlerische so dicht neben dem Kunstlosen daß wir [an] diesen Punkten nicht vorbeigehn können.4 Denn da wir um das inconstruible nicht in einen schneidenden Gegensaz zu bringen nicht aus dem absoluten construiren wollen so haben wir kein anderes Mittel als aus der Differenz des sonst ähnlichen aber Kunstlosen mit dem Künstlerischen zu construiren. Wir müssen also an diesen Punkt anknüpfen; müssen aber nicht vergessen daß wir nur einzelne Künste haben und daß wir wenn wir die hier gefundene Differenz nicht verallgemeinern können erst auf ähnliche Art die einzelnen Orte anderer Künste suchen müssen. Im lezten Fall müßten wir dann noch höher hinauf steigen um wieder Theilungsgründe zu finden. Der erste wäre also der günstigste, um desto vorsichtiger aber müssen wir zu Werke gehn. Auf diesem Gebiet nun ist das Identische zwischen dem kunstlosen und künstlerischen die innere Erregung und das Aeußerlich werden derselben. Uebergang des Kunstlosen in die Kunst. Das Kunstlose aber ist ohne Maaß und Regel[,] Sprung in der Freude, Umherwüthen im Zorn[,] Schrei im Schreck p. Das Künstlerische hat Maaß und Wechsel und wird dadurch Gesang und Tanz. Wo aber Maaß im Wechsel ist, da ist ein innerer Typus, Urbild, der der Ausführung vorangeht und zwischen die Erregung und sie tritt. Die Kunst ist also hier die I d e n t i t ät d e r B e ge i s t e r u n g, vermöge deren die Aeußerung aus der inneren Erregung herrührt und der Besonnenheit vermöge deren sie aus dem Urbilde herrührt. VIII. Das K u n s t l o s e ist die unmittelbare Ident it ä t der Erreg u n g u n d Aeu ß e r u n g. Beide sind schlechthin gleichzeitig, durch ein bewußtloses Band geeinigt, eins mit dem andern beginnend und verlöschend, weshalb man auch sagt die Erregung erlösche in der Aeußerung so daß sie nicht andere That werde. Schon wenn einer hintennach über das ungemessene und regellose | seiner Aeußerung reflectirt wird dies auf einen folgenden Moment negativ wirken, noch nicht einen bestimmten Typus hervorbringend aber das ungemessene und rohe mildernd. Sobald die Besinnung positiv dazwischen tritt, sind, wenn sie auch der Zeit nach noch so nahe aneinander liegen dennoch Erregung und Darstellung als Momente getrennt. Man muß 4

Bemerkung über die Methode

7 anknüpfen;] folgt )Kunstlos ist b* 16 Uebergang … Kunst.] am rechten Rand 36 Bemerkung … Methode] am rechten Rand 21–24 Vgl. Schleiermachers Vorlesungen über die Psychologie von 1818 (KGA II/13, S. 89–90) sowie die sog. Hamburger Nachschrift dieses Kollegs (KGA II/13, S. 466– 467)

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daher sagen daß in dem G e b i e t d e r K unst nicht nur jene Ident it ä t nicht nothwendig, sondern daß sie in demselben w esentlich a uf g eh o b e n ist, und die Darstellung unmittelbar nur auf das Urbild bezogen wird. Hierdurch hebt sich von selbst eine Einwendung welche gegen diese Ableitung gemacht werden kann, daß nemlich die Kunstübenden niemals in einem erregten Zustande sind. Denn mittelbar bezieht sich durch das Urbild die Darstellung doch auf einen Erregungsmoment aus welchem das Urbild selbst entsprungen ist. In diese Beziehung aber kommt durch jene Trennung noch die Möglichkeit eines r e l a t i ve n G e ge n s az e s b e i d e r Moment e in Bezug auf Einheit und Vielheit, so nämlich daß Eine Darstellung sich auf eine Mehrheit von Erregungsmomenten und umgekehrt Ein Erregungsmoment auf eine Mannigfaltigkeit von Darstellungen beziehen kann. Im Kunstlosen nämlich wirkt der Erregungsmoment entweder unmittelbar oder wenn er zu schwach ist gar nicht, und mehrere Darstellungen sind zwar analog und verwandt aber doch ohne Realzusammenhang. Tritt aber die Besinnung dazwischen so kann er eine Urbildung bewirken die aber nicht gleich in die Erscheinung tritt[;] wirkt der erregte Zustand nach dieser Hemmung noch fort so kann aus demselben noch eine zweite Urbildung hervorgehn die sich in der Darstellung entweder von jener ganz sondert oder mit ihr zu einem größeren Ganzen zusammenschmilzt. Lezteres aber kann auch geschehen wenn nach der Hemmung ein anderer Analoger Moment entsteht, in welchem Fall sich dann die Eine Darstellung auf zwei Erregungsmomente bezieht. Zur unmittelbaren | Anschauung kommt dies in unsern Kunstgebieten bei den Volksfesten. Hier erscheint das Darstellen der Zeit nach als ganz willkührlich, aber die Festzeit ist nichts als der im voraus aufgesparte Entladungsort für die innerlich aufgesammelte Urbildlichkeit. Daß aber auch hier Beziehung auf die Erregungsmomente ist, geht daraus hervor, daß wir alle Darstellungen auf einen bestimmten Gefühlscharakter beziehn. (was freilich bei zusammengesezteren wieder verschwindet aber die stellen auch theils nicht mehr das ursprüngliche dar theils erfordern sie um es darin wiederzuerkennen ein geübteres Organ.) Gegen diesen lezten Nachweis könnte man einwenden die Darstellung müsse eigentlich unverständlich sein wenn sich Ton und Geberde zum unübertragbaren eigenthümlichen Gefühl verhalten sollen wie Sprache zum Denken.5 Allein dieser Gegensaz ist auch nur relativ und in der Wirklichkeit immer beide Glieder vereint, wie denn auch die Sprache nur in gewissen Grenzen und innerhalb 5

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dieser in sehr verschiedenen Graden verständlich ist. So sind auch jene Aeußerungen des Gefühls vollkommen verständlich nur wo eine wahre Identität des Lebens stattfindet im vollkommensten Zusammensein, in gewissem Grade aber verständlich auf jeder Basis einer Gemeinsamkeit von eigenthümlichem am meisten der natürlichen, nämlich Volksthümlichkeit. Außer diesen Grenzen mit der Verwandtschaft abnehmend immer unverständlicher und fremder. IX. Das bisherige zusammengenommen zeigt sich daß die Kunstthätigkeit auf diesem Gebiet aus drei verschiedenen Momenten besteht, der Erregung, der Urbildung und der Ausbildung, und es entsteht die Frage, ob das Wesen der Kunst auf allen diesen gleichmäßig beruht. Dies muß einzeln untersucht werden. 1.) Wenn E r r e gu n g fehlt Urbildungsfähigkeit oder Erfindungskraft und organische Fertigkeit da sind. Wie der Fall möglich ist können wir nicht einsehn, da wir die Erfindungskraft nicht unabhängig sondern nur im Zusammenhang mit der Erregung gefunden haben. Die Erregung kann auf keinen Fall ganz fehlen, und | dies wird also eine M o d i f i c a t i o n d e r K u n s t sein in welcher die ursprüng lich e Be g e i s t e r u n g f e h l t und das Talent der Erfindung und die Virtuosität der Ausführung vorherrschen. a Fehlt außer der Erregung auch noch die Erfindungsgabe so kann auch die organische Fertigkeit nur mechanisch erworben sein und kann nur fremder Erfindungsgabe dienen. Dies ist also das al l m äh l i ge Ve r s c hw inden der Kunst in d a s m e c h a n i s c h e . 2.) F e h l t d i e E r f i n d ung sg a be so sollte man denken Erregung und organische Fertigkeit würden das Kunstlose hervorbringen. Allein im Zusammenhang eines Gemeinlebens wo Kunst sich gebildet hat kann die Kunstlosigkeit sich nicht halten, der Mangel der Erfindungskraft wird gefühlt und die Erregung wendet sich an fremde Erfindungskraft, um diese durch die eigene organische Fertigkeit für sich zur Erscheinung zu bringen. Dies ist die Nachahmung in der Kunst. Fehlt aber nun auch noch die organische Fertigkeit, dann bleibt der Erregung beides als minimum nur in der Gestalt des Verlangens zurük, welches sich als Kunstsinn oder Geschmak den fremden Erzeugnissen zuwendet. Ve r s c h winden der Productiv it ät i n d i e b l o ß e R e c e p t i vi t ät . 3.) Fehlt die organische Fertigkeit welches nur relativ stattfindet so entsteht die Modifica tion der K u n s t in welcher die Virtuosität der Ausführung und in gewissem Grade auch das Talent der Erfindung, weil sie nicht auf die Ausführung berechnet wird, zurüktritt und die B e g eist erung a llein v orh e r r s c h t . Dies ist das vollständige Bild der Kunstwelt. Eine solche besteht nie ohne die Abstufungen zwischen den originellsten Künst14 Wie] über )Ob*

20 a] korr. aus b.

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lern und dem gern genießenden Publicum, eben so wenig als ohne die beiden entgegengesezten Modificationen. Denn das Gleichgewicht ist nirgends und das selbständige Dasein kann nur in der Verknüpfung beider Ausweichungen sein. Wo nur Eine ist wie zE. bei den Engländern da ist keine unabhängige Kunstwelt sondern nur ein Theil. Die Vollkommenheit eines Volkes ist, wenn es die Kunst ganz in sich trägt und allseitig aus sich entwickelt. | X. Daß wir von unserm bestimmten Punkt aus auf eine solche Anschauung der ganzen Kunstwelt gekommen sind scheint dafür zu bürgen daß wir die einzelnen Kunstgebiete Musik und Mimik hier nur als Schemata behandelt haben. Aber die anderen scheinen so wenig auf dieselbe Weise construirt werden zu können, daß dies noch einer genaueren Untersuchung bedarf. Nämlich die musikalische und mimische Anregung wenn sie sich an das anschließt was kunstlos durch Ton und Bewegung geäußert wird scheint auf dem l e i d e n s c h af t l i chen zu beruhen; und alle andern Künste hievon ganz entfernt zu sein. Es ist zwar eine seit Aristoteles oft wiederholte Ansicht die A b z w ekung der Kunst sei die Leid e n s c h a f t e n z u m äß i ge n ; allein dies zeigt sich immer wenn es allgemein gemacht werden soll schillernd und unstätt. Bald sollen die gemäßigten Leidenschaften dargestellt werden (Drama), bald soll die Wirkung der Mäßigung in den Betrachtenden hervorgebracht werden. Woraus schon erhellt, daß man hier nur auf etwas zufälliges gerathen ist. (Die Mäßigung in den Betrachtenden entsteht nur aus der Betrachtung selbst, welche entweder nicht entsteht oder die Leidenschaft austreibt. Dasselbe aber würde jede andere Betrachtung thun wenn man sie nur zu erregen wüßte.) Auf Mimik und Musik würde es passen denn der kunstlose leidenschaftliche Ausdruck ist ungemessen und formlos. Das Urbild ist die Quelle des Maaßes und indem es zugleich Besinnung ist: so muß je mehr diese eintritt um desto mehr das leidenschaftliche welches besinnungslos ist verschwinden. Allein dies wäre nur etwas besonderes denn andere Künste gehn nicht von leidenschaftlichen Zuständen aus. Die Skulptur verräth am deutlichsten daß dabei die vollkommenste Ruhe postulirt wird, und auch die Gegenstände müssen so ruhig sein wie die Leidenschaft nicht fähig wäre sie zu concipiren. Bei Malerei und Dichtkunst scheint zwar Leidenschaft durchzuschimmern in Karikatur und Satire allein theils liegen diese Formen schon an der zweifelhaften Grenze des eigentlichen Kunstge24–27 (Die … wüßte.)] mit Einfügungszeichen in Klammern hinter dem zweitnächsten Satz 17–19 Vgl. Aristoteles: Poetik 1449b–1450a

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bietes | theils gehn sie doch auch mehr von einem heiteren als leidenschaftlichen Zustande hervor. Wenn also unsre Deduction sich hierauf gründete so wäre sie nichts allgemeines. Daß jedoch an allen Kunstthätigkeiten die Erregung Theil hat geht hervor aus dem Unterschiede der lebendigen und bleichen Kunst denn dieser Unterschied ist nicht in den organischen Fertigkeiten zu suchen sondern kommt von innen heraus. Es kommt also nur darauf an, zu untersuchen, inwiefern dieser innerste Punkt bei allen Künsten in denselben allgemeinen Ort des Gefühls gehört, und inwiefern wir das bisherige angeknüpft haben an das in allen Kunstformen identische oder an das differente des besonderen Gebietes. Ausgehend von den drei Momenten, welche unmittelbar mit dem allgemeingültigen unseres lezten Resultats zusammenhängen liegt die Ausführung überall im differenten. An diese haben wir nicht angeknüpft; denn was wir von Maaß und Form gesagt ist nicht specifisch für Musik und Mimik sondern das gemeinsame aller Kunst. Inwiefern nun die Ausführung nur Abbild der Urbildung ist muß auch diese schon im differenten liegen. Sie ist bedingt durch die überwiegende Verwandtschaft des Künstlers zu einer bestimmten Darstellungsweise aber dies schließt die Identität der Erregung nicht aus. Sondern wir werden sagen müssen: kann die Erregung noch etwas anderes sein als eben jene Verwandschaft so kann sie auch in Allen identisch sein und dieselbe Erregung wird in dem Einen vermittelst der einen Verwandschaft Musik und in dem anderen vermittelst der anderen Verwandschaft Gemälde. Ist sie aber nichts als jene Verwandschaft selbst dann giebt es auch in diesem Moment nichts für alle Künste identisches. – Für den ersten Fall ist noch nicht bewiesen, sondern nur die Möglichkeit gesezt des identischen. Dieser aber soll wenigstens der Schein des leidenschaftlichen in Musik und Mimik nicht in den Weg treten. Denn ein Schein ist es nur. Es giebt leidenschaftliches hier und dieses ist kunstlos: aber es ist nicht das kunstlose was unmittelbar in die Kunst übergeht. | Die einfachsten Kunstelemente dieser Gebiete gehn aus von Freude und Trauer. Aber diese sind schon[,] jene die gestillte Begierde[,] also leidenschaftslos geworden und diese der Nachklang des Schmerzes, also ebenfalls [leidenschaftslos geworden]. XI. Wenn alle Kunstthätigkeit ursprünglich mit dem Punkt anfinge in welchem schon die Verwandschaft mit einem bestimten Medium als Grund der Urbildung mitgesezt ist, so könnte erstlich der Unterschied nicht stattfinden zwischen der mehr lebendigen und begeisterten und der mehr kalten und matten Kunst, weil dann das Urbild selbst aus der Virtuosität entsprungen wäre; zweitens könnte man sich die Neigung zur bestimten Kunst nur aus einer schon vorhandenen Kunst erklären und die ursprüngliche Genesis bliebe unerklärt

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weil doch die Virtuosität nicht kann angeboren sein. Drittens ist Kunstsinn und Kunsttrieb nach dem obigen dasselbe. Der Kunstsinn aber (von dem wir eben so verlangen, daß er auf alle Zweige gerichtet sein soll, auch beim Künstler selbst wie wir zugeben daß die Kunstthätigkeit beschränkt sei) ist nur Einer, also ist ein identisches eben dadurch gegeben. – Auf eben diese Antwort werden wir auch unmittelbar geführt wenn wir fragen, da jene Verwandschaft etwas beständiges ist, die Entstehung von Urbildern aber nur etwas momentanes, wie geht diese aus jener hervor. Es muß also etwas sein wodurch das Subject in eine erzeugende Bewegung gesezt wird welche sich dann auf jene organisch begründete Verwandschaft wirft. Diese Bewegung nun ist das identische in allen Künsten und es kommt darauf an ob diese eben an jenem Ort, der individuellen erkennenden Function seinen Siz habe. Um uns davon vollständig zu überzeugen müssen wir nur über den dem gemeinen Sprachgebrauch nach zu beschränkten Ausdruck Gefühl hinwegsehn und mehr auf die Charaktere selbst achten. – Das identische Erkennen geht aus auf Verwirklichung des angeborenen | BegriffsSystems im BeWußtsein. Die Welt durch die Sinne eingehend wekt nur: aber jeder ist im Beleben jenes Systems beständig begriffen, es ist die Productivität der Vernunft. Soll es nun auch ein eigenthümliches Erkennen geben so müßte jeder noch eine eigenthümliche Welt und ein eigenthümliches System haben. Die Welt darf aber doch nicht eine andere sein weil niemand in zwei Welten lebt. Also das eigenthümliche nur in der Verschiebbarkeit des Interesses. In solcher Production ist sonach auch jeder immer begriffen, die sich aber natürlich am meisten an das empirisch gegebene als Veranlassung anschließt. So gewiß nun jenes das Gebiet des Wissens ist, ist auch dieses das Gebiet der Kunst. XII. Daß die Urbilder der Kunstwerke in dem Gebiet dieses freien Spiels liegen wird niemand läugnen. Die meisten Resultate dieses Spiels sind freilich unbedeutend aber aus diesen als der Masse erheben 6 werden] folgt )P

S, was also*

13–14 seinen] Kj. ihren

25 In] folgt )jeder*

30–31 Schleiermacher rekurriert hier möglicherweise auf Kants Bestimmung des „freien Spiels der Erkenntnisvermögen“ in der „Kritik der Urteilskraft“ (KdU B 28; Kant AA 1/V, S. 217). Daran knüpft auch Schiller in seinen Briefen „Über die ästhetische Erziehung des Menschen“ und der darin entwickelten Theorie des „Spieltriebs“ kritisch an. Vgl. Friedrich Schiller: Ueber die ästhetische Erziehung des Menschen in einer Reyhe von Briefen, 2. Teil; 10. bis 16. Brief, in: ders. (Hg.): Die Horen, 2. Stück, Tübingen, 1795, S. 45–124, hier: 81 (Schiller Werke. Nationalausgabe, Bd. 20, Philosophische Schriften, 1. Teil, hg. v. Benno von Wiese unter Mitwirkung v. Helmut Koopmann, Weimar 1962, S. 353).

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sich die welche mehr ins Licht des BeWußtseins treten und die Darstellung fordern. Daß alle diese Bilder die eigenthümliche Welt eines jeden bilde, ist eben so deutlich wenn man nur versteht daß die eigenthümliche keine andere sein kann als die wirkliche wie sie sich in dem specifischen Interesse eines jeden bricht, und daß identisch und different nicht absolut sondern nur relativ in der Wirklichkeit entgegengesezt sind. Wie sich nun diese spielenden Vorstellungen von der wirklichen Welt entfernen so auch überall die Kunstwerke denn in Malerei und Poesie hält man die Gattungen für Grenzgattungen und verdächtig welche sich an die Wirklichkeit genau halten. Die Parallele zwischen Vernunft und Fantasie scheint also fest zu stehn ohne daß wir uns auf die streitige Frage einzulassen brauchen ob die Fantasie productiv oder nur reproductiv sei. Die Frage ist von großer Bedeutung wenn man sie von Seiten der Parallele betrachtet 12–13 Schleiermacher rekurriert hierbei wohl auf den kritischen Diskurs der Frühromantik über Fichtes Auffassung der Einbildungskraft. Ein Ausgangspunkt ist Kants Bestimmung in der „Kritik der reinen Vernunft“ (KrV B 151–152; Kant AA 1/III, S. 119–120): „Einbildungskraft ist das Vermögen, einen Gegenstand auch ohne dessen Gegenwart in der Anschauung vorzustellen. [...] So fern die Einbildungskraft nun Spontaneität ist, nenne ich sie auch bisweilen die productive Einbildungskraft und unterscheide sie dadurch von der reproductiven, deren Synthesis lediglich empirischen Gesetzen, nämlich denen der Association, unterworfen ist“. Eine Wendung erhält das Konzept der produktiven Einbildungskraft bei Fichte, indem er sie in der „Wissenschaftslehre“ (1794) als eine synthetische Bedingung des Gegensatzes von spontaner und reproduktiver Reflexion vorstellt: „Das Vermögen der Synthesis hat die Aufgabe die entgegengesezten zu vereinigen, als Eins zu denken. [...] In diesem Streite verweilt der Geist, schwebt zwischen beiden; schwebt zwischen der Forderung, und der Unmöglichkeit, sie zu erfüllen, und in diesem Zustande, aber nur in diesem, hält er beide zugleich fest, oder, was das gleiche heißt, macht sie zu solchen, die zugleich aufgefaßt, und festgehalten werden können. [...] Dieser Zustand heißt der Zustand des Anschauens. Das in ihnen thätige Vermögen ist schon oben produktive Einbildungskraft genannt worden.“ (Johann Gottlieb Fichte: Grundlage der gesammten Wissenschaftslehre, Gesamtausgabe, Abt. I, Bd. 2, Werke 1793–1795, hg. v. Reinhard Lauth und Hans Jacob, Stuttgart 1965, S. 249–451, hier: 367) Novalis konzentriert sich in seinen „Studien zur bildenden Kunst“ (um 1798) auf dieses synthetische und schwebende Moment und weist die Abhängigkeit der produktiven Einbildungskraft von sinnlichen Wahrnehmungsinhalten zugunsten ihrer schöpferischen Fähigkeit tendenziell zurück: „Die Einbildungskraft ist der wunderbare Sinn, der uns alle Sinne ersetzen kann – und der so sehr schon in unsrer Willkühr steht“ (Novalis: Schriften, 2. Bd., Das philosophische Werk I, hg. v. Richard Samuel, Stuttgart 1965, S. 650). A. W. Schlegel erläutert dann in seinen Berliner Vorlesungen über schöne Literatur und Kunst von 1802/03 (KAV 1, S. 525): „Einige Dichter haben den gestirnten Himmel so vorgestellt, als ob die Sonne nach Endigung ihrer Laufbahn in alle jene unzähligen leuchtenden Funken zerstöbe: dieß ist ein vortreffliches Bild für das Verhältniß der Vernunft und Fantasie; in den verlorensten Ahndungen dieser ist noch Vernunft; beyde sind gleich schaffend und allmächtig, und ob sie sich wohl unendlich engegengesetzt scheinen, indem die Vernunft unbedingt auf Einheit dringt, die Fantasie in gränzenloser Mannichfaltigkeit ihr Spiel treibt, sind sie doch die gemeinschaftliche Grundkraft unsers Wesens.“

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denn es muß eben so auch über die Vernunft entschieden werden. Das Wahre ist nun daß beides eine Productivität ist die aber gewekt werden muß. Allein für jezt kann es uns gleich gelten auch nur eine modificirende Reproduktion anzunehmen. Allein es scheint als ob wir jezt nur das specielle Princip der bildenden und redenden Künste gefunden hätten, eben so mit einem allgemeinen Resultate; denn die Entfernung der Kunst von dem äußerlich gegebenen gilt auch in Mimik und Musik; denn das äußerlich gegebene ist auch in ihnen nur das kunstlose und pathematische. Aber eben so scheint wenn man das Princip betrachtet die gegenwärtige Untersuchung den mimischen und musikalischen Kunstzweig aus|zuschließen, wie die erste den bildenden und redenden ausschloß. Denn jene haben es nicht mit einem Spiel von Vorstellungen und einer darzustellenden Welt zu thun. Um nun das wahrhaft identische zu finden muß man auf die Nothwendigkeit der Affection von außen zurükgehn. Diese ist das Gefühl; aber Musik und Mimik gehn auch nicht vom unmittelbaren Gefühl aus, sondern von der Stimmung die aus dem Durchschnitt festgehaltener Affectionsmomente entsteht. Eben diese aber bestimmt auch das freie Spiel der Fantasie, und so ist also beides in demselbigen gegründet. Man kann auch nicht gradehin sagen daß Musik und Mimik als unmittelbarer Ausdruck des Gefühls passiver sind und die anschauenden Künste activer; weil nämlich auch jene sich nur auf das gehaltene Gefühl bezieht, denn diese Haltung ist das ursprüngliche fühlenwollen und also ist Musik und Mimik eben so selbstthätig. Der Unterschied besteht also nur darin daß alle Künste insgesamt Ausdruck der Stimmung sind wie sie sich in den Zeiten der objectiven Thätigkeit angehäuft hat, Musik und Mimik aber ihren Ausdruck von dem unmittelbaren des Gefühls entlehnen die bildenden und redenden Künste hingegen von der Art wie die Stimmung auf das freie Spiel der Vorstellungen wirkt. Es ist uns also nur begegnet, was uns bei einem richtigen Verfahren begegnen mußte, wir haben mit der Formel für das identische in der Kunst auch die Hauptformel für die Eintheilung gefunden.6 XIII. Der Einwurf daß der eine Zweig eine andere ursprüngliche Wurzel habe als der andere ist von Seiten des Gegensazes zwischen Selbsthätigkeit und Leidentlichkeit durch die Beziehung beider auf die 6

Dazwischen Bußtag.

25–26 alle Künste insgesamt] über )Musik und Mimik* 37 Dazwischen Bußtag.] am linken Rand 37 Gemeint ist wohl Mittwoch, der 5. Mai 1819.

31 der] korr. aus dem

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Stimmung gehoben; allein es bleibt noch zu bedenken, daß diese Zurükführung zu weit geht. Sie ist nicht mehr die Identität für die Kunst allein, denn die Stimmung geht auch als Ursache in alle objective Thätigkeit hinein. Ferner kann man auch Musik und Mimik nicht eben so wie bildende und redende Kunst als Darstellung einer eigenthümlichen Welt ansehn, denn in dieser würden doch Gegenstände dargestellt in jener nicht. – Die erste Schwierigkeit hebt sich dadurch daß die Ku n s t nicht allein auf die Stimmung zurükgeht, sondern auf die v o n d e r S t i m m u n g au s ge h e n d e f r e i e Product ion. Denn dies sind Ton und Bewegung eben so gut wie Bild und Gedanke. Es singt auch in allen Menschen beständig wie es in allen bildet, nur in den musikalischen mehr. Und die Menschen könnten nicht springen und tanzen zu gewissen Zeiten wenn nicht die Tendenz dazu | beständig wäre. Und eben so giebt es hier eine Masse des Unbedeutenden und unvollständigen aus welcher sich die einzelnen Kunstmomente herausheben. Der Parallelismus beider Productionen ist nicht zu verkennen. Die zweite Schwierigkeit hebt sich dadurch daß auch bildende und redende Kunst nicht unmittelbar die eigenthümliche Welt produciren, denn es ist auch nur ein Schein. NB Einige zE. Schelling unterscheiden Malerei und Plastik dadurch, daß diese unmittelbar das Sein darstelle. Aber ein steinerner Mensch ist eben so wenig als ein gemalter. Auch die Poesie kann nicht das Innere geistige darstellen denn Thaten und Leidenschaften sind nur das Aeußere. Also ein Schein in welchem die innere Production sich spiegelt. Aber ein eben solcher sind auch die Töne und Bewegungen. Es ist dieselbe Identität von Afficirtsein und Produciren die nur in eine andere Differenz ausgeht. Auch Töne und Bewegungen sind Sinnbilder der eigenthümlichen inneren Welt. Das Zusammengehen beider giebt sich auch dadurch zu erkennen daß beide einander ergänzen. Zur Musik suchen wir Worte; ursprünglich ist sie nur begleitend aber auch wo sie selbständig heraus XIV. Aeußerlich wird diese innere Einheit aller Künste am vollkommensten dadurch dargestellt, daß die Kunst nur in einem alle Zweige vereinenden Festleben recht aufblüht. Zwei solche Zeiten haben wir vor uns die hellenische und die italisch-christliche 3. deutsch. Alles andere war nur Verfall oder unfruchtbare Annäherung, und so verschwindet auch alle bloß vereinzelte Privatbeschäftigung mit der Kunst ohne sonderlichen Gewinn. (Selbst die Poesie ist nur von einge30 heraus] bricht ab, vgl. Nachschrift Bluhme 1819, S. 199,19–20 über )Volksleben* 34 3. deutsch] über der Zeile

33 Festleben]

19–20 Vgl. Schleiermachers Notizen zur Ästhetik II, S. 26,4–6 und die entsprechende Sachanmerkung

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schränkter Wirkung wenn man sie mit der in jener Zeit vergleicht.) Auch nimmt desto mehr Willkühr und Laune Ueberhand, da in einem festlichen Gesammtleben immer ein bestimmter Typus herrscht. Steht nun aber auch dieses fest: so haben wir doch noch immer kein rechtes Verständniß und sind nicht im Stande alle Einwendungen abzuweisen und zwischen den streitigen Ansichten zu entscheiden. Zweierlei vorzüglich zu beherzigen. Zuerst auf der einen Seite die Vergötterung der Kunst wenn sie als unmittelbare Offenbarung des göttlichen im Menschen dem Höchsten auf dem Gebiet des Wissens, nemlich der Philosophie, gleichgesezt, auf der anderen die Geringschäzung der Kunst als etwas Unbedeutenden und gefährlichen. | Die erste hat für sich den überwältigenden Eindruck großer Kunstwerke, den Zusammenhang jeder Kunstblüthe mit dem politischen und religiösen Gesammtleben; die andere hat für sich die Masse des unbedeutenden gleichartigen woraus sich jene Blüthe nur einzeln erhebt, die Erfahrung aus der hellenischen Zeit [zeigt,] daß auch die verbreitetste Kunstanschauung nicht die leidenschaftlichen Bewegungen hemmt wie in der Perikleischen Zeit, und daß die Aufnahme der Kunst in die Religion diese nur verunreinigt und zum Sinnlichen herabzieht wie in der Leonischen Zeit, und daher das erste Bestreben gründlicher Verbesserung darauf ausging die Kunst ganz wieder aus dem Gebiet der Religion zu vertreiben. Daß sie also als unnüz nothwendig schädlich wird indem sie einen leeren Dünkel verbreitet und die Menschen von den ernsten Lebensbeschäftigungen abzieht. Der größte Eindruck finde sich nur bei Meisterwerken, und rühre weniger von dem Wesen der Kunst her als weil jene das ausgezeichnete in ihrer Art wären. Die 7 Zuerst] über der Zeile

10 anderen] korr. aus einen

7–11 Schleiermacher konstruiert hier einen Gegensatz, der auf dieser Abstraktionsstufe schwer historisch nachweisbar ist. Möglicherweise rekurriert die erste Position auf die Aufwertung der Kunst im Anschluss an Kants „Kritik der Urteilskraft“. In Schellings „System des transzendentalen Idealismus“ (1800) findet sich etwa die Auffassung, dass allein die Kunst die Objektivität der intellektuellen Anschauung darstellen und damit das philosophische Wissen als das „absolute Identische“ vollenden könne (vgl. Schelling AA, Abt. I, Bd. 9,1, S. 325). Noch Hegel wird die Kunst in der „Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse“ (1827/1830) als (sinnliche) Weise der Selbstreflexion des „absoluten Geistes“ bestimmen und sie damit auf eine Ebene mit Religion und Philosophie stellen (vgl. GW 20, S. 542–543, §§ 553, 556). Vgl. dazu auch Schleiermachers Theorie der drei Avancements der Ästhetik in seinen Marginalien zum Kolleg 1832/33, ab S. 133,1–3. Als Gegensatz zu dieser Aufwertung könnte Schleiermacher an die Kunstreflexion im Anschluss an Platon (Politeia X 600c–602a), die Bildkritik im Calvinismus oder auch an die Kritik der sinnlichen Vorstellung bzw. der Phantasie in der Schulphilosophie (Leibniz, Wolff) denken. 18 Perikles (um 490– 429 v. Chr.) war ab 443 v. Chr. Stratege der Polis Athen. 20 Leo III. (ca. 680–741) war von 717 bis 741 Kaiser von Byzanz.

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Masse wäre überall mittelmäßig und gleichgültig oder hätte nur einen Werth so fern sie an jene Meisterwerke erinnerten. Zweitens könnte man uns auch Bedenken erregen gegen den Ort der Kunst; der Ort aber war es der uns das Wesen der Kunst enthüllen sollte. Nämlich die Stimmung gehöre zwar in die erkennende Function aber die Kunst selbst sei überall bildende Thätigkeit, Malerei und Skulptur geradehin aber auch Musik und Mimik seien Luftbildung und Poesie bilde unmittelbar in die Fantasie der Andern hinein. Dagegen kann man wieder sagen diese Bildung sei nichts wirksames, Anfang und Ende gehen vielmehr in die erkennende Thätigkeit über. Aus allem bisher gefundenen ergiebt sich hierüber keine Entscheidung und wir müssen also unsere Untersuchung noch tiefer anlegen. XV. Der Anfang muß damit gemacht werden die Frage über den Or t d e r Ku n s t noch einmal zu behandeln. Ob wir sie zur organisirenden Thätigkeit rechnen sollen oder zur erkennenden, das heißt ob der Gesichtspunkt zu nehmen sei rükwärts von der Entstehung des Urbildes oder vorwärts. Denn vorwärts von jener ist alles bildend und zwar Mimik Musik und Poesie eben so gut als die bildende Kunst im engern Sinne. Das | vorübergehende in diesen Werken macht keinen bedeutenden Unterschied. Die Saite klingt auch noch nach, im Leibe bleibt etwas zurük von der mimischen Kunst und Stein und Farbe fängt gleich an zu verbleichen und zu verwittern. Auch kann man jede als Bildung eines Stoffes ansehn die Luft oder den Leib nur die Poesie bildet unmittelbar in die Seele hinein. Auf der einen Seite nun ist die Analogie mit dem Verhältniß der Sprache zum Denken jene ist auch Bildung und das ganze gehört doch der erkennenden Function. Auf der andern entfernt sich die Bildung von allen mechanischen Werken durch Ermangelung eines Zweks. Daher überall die Zweklosigkeit anerkannt. Und zu dieser negativen Bestimmung finden wir das Positive wieder in der Analogie mit der Rede. Diese ist auch nicht gewolltes, sondern natürliches Aeußerlichwerden um den Gedanken für sich oder Andere (für sich aber heißt hier auch nur für fremdere Augenblicke des eignen Lebens) zu fixiren. (NB. Daß die Rede der Gedanke selbst ist, das Werk aber nicht das Urbild selbst sondern dieses immer 8 hinein.] folgt )Beide* 21–22 und … verwittern] mit Einfügungszeichen am linken Rand 24 die] über )das Verh* 28–29 Vgl. Kant: Kritik der Urteilskraft (KdU B 44; Kant AA 1/V, S. 226): „Die objective Zweckmäßigkeit kann nur vermittelst der Beziehung des Mannigfaltigen auf einen bestimmten Zweck, also nur durch einen Begriff, erkannt werden. Hieraus allein schon erhellt: daß das Schöne, dessen Beurtheilung eine bloß formale Zweckmäßigkeit, d. i. eine Zweckmäßigkeit ohne Zweck, zum Grunde hat, von der Vorstellung des Guten ganz unabhängig sei“.

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unbestimmter ist als jenes thut nichts. Denn derselbe Unterschied findet sich auch zwischen der gemeinen und kunstmäßigen Rede.) Ebenso soll durch das Werk nur was in der Seele des Urhebers war in andere Seelen (ohne irgend [einen] bestimmten Zweck denn er weiß ja nicht in welche) übergetragen werden. Das übergetragene ist aber nicht das an sich unübertragbare Gefühl über dieses bleiben wir vielmehr immer zweifelhaft, sondern das Urbild selbst. Also die erkennende Function bleibt die dominirende. – Wir gehen nun zurük auf die Vergleichung des identischen und des eigenthümlichen Charakters der Production um in beiden das identische zu suchen. Beides Activität, freie. Die Identität beider ist die reine Vorstellung des Geistes. Aber diese wird uns nur etwas lebendiges in ihrer Beziehung auf das Sein. Alles Denken will in seiner Richtung aufs allgemeine ein Denken Gottes werden, in seiner Richtung auf das besondre ein Denken des schlechthin einzelnen. Die eingeborene Idee Gottes und der Welt als Totalität der Erscheinung soll auf diese Weise realisirt werden. Dasselbe findet nun auch auf der eigenthümlichen Seite statt. Alle Kunst hat auf der einen Seite eine religiöse Tendenz, auf der andern verliert sie sich in das freie Spiel mit dem Einzelnen. In beidem zusammen manifestirt sich die eigenthümliche Welt wie dort in beiden die allen gemeine. Und hieraus läßt sich nun auch der eben angerührte Gegensaz der Meinungen vermitteln. | XVI. Die Parallele ist zunächst weiter auszuführen. Von dem Denken mit Richtung auf das Allgemeine ist streitig ob es ein Denken Gottes oder ein Denken der Welt werden will und wie beide Ideen gegen einander stehn, welches der alte dialektische Streit ist um deswillen eine Parthei die andere des Atheismus und diese wiederum jene der Idololatrie beschuldigt. Diesen Streit können wir hier nicht ausgleichen, und er begleitet uns auch auf unser Gebiet wo wir eine ähnliche Duplicität vermuthen müssen. Indeß haben wir für jezt genug diese religiösspeculative Seite dem Spiel mit dem Einzelnen gegen über zu stellen. Beide Seiten verhalten sich aber so gegen einander, daß 6–7 über … zweifelhaft] mit Einfügungszeichen am linken Rand )was* 28 Diesen] korr. aus Diese 28 Streit] über )Duplicität*

20 beiden] folgt

23–28 Schleiermacher selbst untersucht das Verhältnis zwischen dem Denken der Idee Gottes und dem der Idee der Welt bereits in seinen Vorlesungen über die Dialektik (1811) näher: „Da wir das Absolute als Fundament alles Denkens sezen: so müssen wir annehmen die Idee der Gottheit sei in Allen; aber so sind wir in Streit mit denen welche Gott von der Welt trennen.“ (KGA II/10,1, S. 44). Mit dem „dialektischen Streit“ rekurriert Schleiermacher wohl auf die Kontroverse zwischen Spiritualismus (Idealismus) und Materialismus (vgl. KGA II/10,1, S. 44–46 sowie die entsprechenden Sachanmerkungen). Siehe auch: die Marginalien zum Kolleg 1832/33, S. 137,12–14.

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keine Richtung sich ganz von der andern lösen kann. Wo wir das Spiel mit dem Einzelnen allein finden sehen wir es nur als Nachhall und Nachahmung an welche den rechten Geist verfehlt hat. Die religiöse Stimmung aber kann ganz für sich allein nicht einmal in der Darstellung heraustreten. Das BeWußtsein von Gott kann auf keine Weise unmittelbar bezeichnet werden sondern nur indem es sich an einzelnen Verhältnissen offenbart. Es ist freilich eine Thätigkeit die von der gehaltenen religiösen Stimmung ausgeht wenn der rohe Mensch sich einen Fetisch schnizt allein dieser ist keine Darstellung denn wem sonst nichts gegeben ist in dem wird durch den Anblick des Fetisch die religiöse Stimmung nicht erregt. Ein Gott Vater ist ein Kunstwerk aber doch im Grunde dasselbe, ein edler alter Mann der nicht an sich Gott ist sondern es durch seine Attribute wird; und eine religiöse Stimmung aus welcher das Urbild entstanden ist geht nicht mit über. Nicht viel besser ist es mit dem redend eingeführten messianischen Gott-Vater denn der sezt auch eine leibliche Gestalt voraus. Anders ist es in den Propheten deren Productionen zwar auf der einen Seite Kunstwerke auf der andern aber Thaten sind welche zum han|deln aufmuntern sollen. Wie demnach die religiöse Kunst eine Mannigfaltigkeit von Einzelheiten werden muß: so muß auch das Spiel mit dem Einzelnen noch wenngleich untergeordnet das Allgemeine in sich tragen. Daraus entstehn zwei Stile in der Kunst der relig iöse oder heili g e und der – nicht weltliche, das wird zweideutig weil [wir] in dem religiösen selbst die zwiefache Beziehung auf Gott und auf Welt haben, und auch – nicht frivole denn der bezeichnet schon die ausgeartete Einseitigkeit, Sondern – der ge s e l l i ge . Nicht in dem Sinn in welchem auch die religiöse weil nach Mittheilung strebend gesellig ist, sondern in einem andern, weil alles Einzelne äußerlich ist, Masse fordert und sich ausbreitet also auch nur im öffentlichen Leben bestehen kann. XVII. Der relative Gegensaz von religiösem und geselligem Stil geht durch alle Kunstzweige durch Architektur, Kirchen- und Lustgebäude. Mimik, die Begleitung religiöser Festzüge und die Maskerade, der Theatertanz. Musik, Kirchenstil und Opernstil. Poesie Tragödie Ode und Tändeleien. Malerei Altargemälde und Dekoration. Skulptur Götter Heilige und das erotische Basrelief. – In einigen mehr in andern weniger, aber wir dürfen nur den Indicien der stärker geschiedenen nachgehn um die Analogie überall zu finden. 1 von] über )auf*

3 an] ansehen

22–26 Seine Kunststilistik entwickelt Schleiermacher bereits ansatzweise in seinen Vorlesungen über die philosophische Ethik (1812/13). Vgl. Schleiermacher: Ethik 1812/ 13, hg. und eingeleitet von Hans-Joachim Birkner, Hamburg 1990, S. 122–124.

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Von hier aus läßt sich dann die entgegengesetzte A nsicht der Kunst erklären. Die h o h e s p e k u l at i ve ist von dem religiösen und ernsten hergenommen, und ist zuerst in Bezug auf diese nochmals zu prüfen. Wir abstrahiren also noch von der Differenz der Beziehung auf Gott und Welt und gehen von dem relig iöse n a n sich aus wie es dem speculativen gegenübersteht wie Gefühl der Anschauung. Die P e r m a n e n z d e s r el i gi ö s e n G e f ü h ls ist die S t immung ; sie hält sich in der objectiven Thätigkeit zurük, und wie die speculative in der Meditation herausbricht so die religiöse wie auch andern Stimmungen im festlichen Leben welches als Unterbrechung der Arbeit jene frei läßt. Die r e li gi ö s e St i m m u n g will äußerlich werden und das geschieht auf zweifache Art einmal durch Reflexion | im Dogma und dann durch Darstellung in der religiösen Kunst. Alles religiöse Festleben, aller Kultus ist nur Aufeinanderwirken der Spontaneität und Receptivität der Production und des Genusses auf beiden Gebieten. Die Gebiete selbst aber sind einander relativ entgegen gesezt. Die Reflexion im Dogma nähert das Gefühl wieder dem Denken, weil sie Denken über das Gefühl ist. Die Darstellung in der Kunst tritt als freie Production dem objectiven Denken am meisten gegenüber. Daher finden wir auch daß das Gefühl fast immer nur einen von beiden Wegen nimmt. Wie das Dogma System werden will, so auch die Kunstdarstellung strebt einen Cyclus zu bilden er sei nun mythologisch oder symbolisch, ein Unterschied von dem wir jezt auch noch absehn. Je mehr das dogmatische System sich ausbildet, desto mehr tritt der Kunstcyclus zurük; scholastische Periode. Je mehr der Kunstcyclus sich ausbildet desto mehr tritt das Dogma zurük Antike Periode. Hervortreten des Dogma (welches nämlich in der antiken religiösen Poesie auch nicht zu suchen ist.) aber mit Verlust des eigentlichen Kunstgehalts der Darstellung, neuplatonische Periode, Verfall des Alterthums und Uebergang des Christenthums. Hervortreten des Kunstcyclus in der christlichen Kirche verbunden mit Verlust der dogmatischen Bildung. Hervortreten der lezten mit Widerspruch gegen die erste im Protestantismus. Daher sieht man wie beide gleich stehn. Kann man nun sagen die ganze Kunst stehe der ganzen Philosophie gegenüber? Nicht anders als wenn man Philosophie im weitesten Sinne nimmt, und auch das empirische Wissen mit einbegreift; sonst muß man sagen daß der eigentlichen Philosophie nur die tiefe Kunst gegenüberstehe. Und ihr 34 gegenüber] über 23–33 Zu Schleiermachers Periodiserung der antiken und der christlichen Geistesgeschichte vgl. etwa seine Vorlesungen über die Geschichte der antiken Philosophie sowie seine Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie unter den Christen (SW III/4,1). Siehe auch: die Ausführungen der Nachschrift Bluhme 1819, S. 209,26–18.

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Verhältniß ersieht man erst recht wenn man als Mittelglied das Dogma dazwischentreten läßt. XVIII. Die nachtheilige Schäzung geht aus von dem entgegengesezten Ende wo ein Widerstreit gegen die relig iöse Tendenz erscheint, am meisten mit dem e r o t i s c h e n , welches man beschuldigt die Begierde zu reizen und nun daran Veranlassung nimmt | auch die religiöse Kunst selbst zu beschuldigen daß sie doch am Sinnlichen festhalte und also vom Geistigen abführe. Diese Beschuldigung kann aber nur davon ausgehn daß man von der Kunst verlangt sie solle bestimmte religiöse oder sittliche Bewegungen erregen. Diese Wirkungen aber will sie nicht, und wenn sie hervorgebracht werden so geschieht es nur zufällig. Die Darstellung ist nur Durchgangspunkt auf der einen Seite, sie will das Urbild wieder geben und dieses, auch ein Moment, kann nicht mitgetheilt werden wenn nicht auch das mitgetheilt wird, woraus es hervorgegangen ist; das war aber nur die Stimmung, nicht das bestimte Gefühl, nicht die Volition. Diese Aufgabe hat auch die erotische Kunst, die Stimmung ist aber die Freude an dem Erhaltungs- und Vereinigungstriebe und wie er sich die Menschen zu Organen bildet. Und jede Kunst muß auch diese Aufgabe zu lösen suchen grade weil sie die schwerste ist. Auf der andern Seite aber will auch die Kunst immer an der sinnlichen Seite festhalten, denn sie ist nur Kunst sofern sie die Stimmung durch ein bestimmtes Medium wiedergiebt. Wenn nun in der religiösen Kunst dieses festhalten verhindert daß nicht aus der Stimmung eine Volition entstehe als nur indem das Kunstwerk aufhört zu wirken: so geschieht dasselbe auch auf der erotischen Seite, und die rechte Klage geht nur da an, wo die rechte Kunst aufhört. – Eben so entsteht auf der andern Seite ein Widerstreit gegen die s ym b o l i s c he W ü r de der höhern Kunst in dem leeren und unbedeutenden der niedern, welche mit der Bedeutung nur spielt. Das beste Schema hierzu ist die Arabeske wo mit dem Einzelnen gespielt wird in einer Zusammensezung die es nicht wirklich verbindet, und in der nur hie und da einzelnes festhält durch die Virtuosität der Ausführung. Der Grund hiezu liegt aber in der symbolischen Würde selbst. Im Leben will uns überall das Einzelne als solches festhalten. Gegen diese Ansicht muß die Kunst polemisiren, weil ihr sonst die symbolische Würde des Einzelnen verloren geht. Daher das Be|streben das Einzelne für sich in seiner Nichtigkeit darzustellen entweder unmittelbar (wie dies im komischen überall der Fall ist. Eine komische Person wird jeder, der sein Verhältniß zum Ganzen nicht in sich aufgenommen hat; und das Ganze, wie beim 4 die] korr. aus P S 11 nicht] korr. aus aus 32 in der] über der Zeile

27 entsteht] über )PunrichtigS*

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Aristophanes der Staat, wird dann nur nebenbei mit lächerlich, wie es doch solches Einzelne producirt.) oder auch unmittelbar durch die unwillkührliche Aufsuchung einer hohen Bedeutung wie in der Arabeske und im Mährchen. Daher dies die natürliche Einfassung aller Kunst wird. Wie die symbolische Behandlung und die religiöse Tendenz so gehören auch das Spiel mit dem Einzelnen und der lascive Inhalt zusammen. Eine Kunstwelt aber die nur dieses Spiel darstellt würden wir nie für eine vollständige halten. Eine solche aber die nur die religiöse Seite entwickelt würden wir nicht für eine freie halten, sondern glauben daß eine praktische Tendenz (weil dann gleich das Bewirken wollen bestimmter Bewegungen hervortritt) sich einer übrig gebliebenen Kunstgeschiklichkeit bediene. Die Kunst beweist daher ihre Freiheit durch die spielende und losere Seite und ihre innere Nothwendigkeit durch die symbolische und höhere. Weshalb es denn einseitig ist so trennen zu wollen wie Platon, von dem man glauben müßte, der rechte Sinn für die Kunst fehle ihm, wenn nicht das Gegentheil aus seinen eignen Kunstwerken hervorginge, in denen auch komische Personen den symbolischen zur Seite stehn. (Die größten Künstler zeigen uns dieses Zusammengehören oft in einer sehr leicht mißverständlichen Unmittelbarkeit: Josefs Schenke, Shakespeares Zweideutigkeiten die man ihm nicht so übel deuten muß) Plato aber war nur bange vor den Ausartungen; er glaubte nicht daß die Künstler bei den verderbten Institutionen seiner Zeit die er überall tadelt jenes Gebiet bearbeiten könnten ohne Ausartung, darum schnitt er es ab, und wollte wenn sie doch dienen müßten sollten | sie dem Ernst dienen. XIX. Wenn nun eine selbständige Kunstwelt beide Seiten vereinigen muß so sollte auch billig jeder Künstler beide soweit vereinen daß wie auch seine Production ganz in der einen steckt er wenigstens den Sinn auch für die andere ganz haben müßte. Je mehr ihm dieser fehlt um desto mehr muß man besorgen, daß seine Kunst in der Ausartung 8 vollständige] über )selbständige* 1 Schleiermacher spielt offenbar auf die Komödien „Die Vögel“ (414 v. Chr.) und „Die Ritter“ (424 v. Chr.) von Aristophanes an, die kritische Anspielungen auf die Athener Polis unter Perikles enthält. 14–17 Auf Platons Teilung der Kunst in hervorbringende und nachahmende folgt die Verbannung der nachahmenden (v. a. bildenden Künste) aus dem idealen Staat (vgl. Politeia X 596a–608b). Neben der Ansicht von der (ethischen) Unzulänglichkeit der nachahmenden Künste findet sich auch die Auffassung, so etwa im „Ion“ (533e, 534c) und „Phaidros“ (245a), dass insb. die Dichtkunst einer göttlichen Inspiration entspringe. Einleitend zu seiner Übersetzung des „Phaidros“ schreibt Schleiermacher über Platon: „Wahre Kunst nemlich ist ihm nur diejenige Ausübung, von welcher es wiederum eine wahre Wissenschaft, oder wie die unsrigen es zu nennen pflegen, eine Theorie geben kann: denn so unterscheidet Platon Kunst und kunstloses Verfertigen.“ (KGA IV/3, S. 68)

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liege oder daran grenze. Doch reicht dies nicht hin zur Basis eines persönlichen Urtheils, die Vertheilung des Sinns kann ungleich sein und im einzelnen verschwinden, nur wenn man die ganze leichte Seite als völlig fehlend ansieht so grenzt die Kunst an Philisterei, und wenn die erste völlig fehlt grenzt sie an Ueppigkeit. Im Großen treten beide Seiten auch oft der Zeit nach auseinander aber das völlige Isoliren bezeichnet auch Anfangs und Endpunkt. Al l g e m e i n e B e m e r k u n g darüber daß wir im Suchen der Einheit immer zugleich auf eine Zweiheit gekommen sind. Sobald man etwas als Thatsache in der einzelnen Seele betrachtet wird es Moment, und jeder Moment besteht nur in der Duplicität der Rükweisung auf die Vergangenheit und Hinweisung auf die Zukunft. So war uns der eigentliche Kern der Betrachtung die Erzeugung des Urbildes und wurde uns zur Duplicität von Stimmung und Darstellung. Die Kunstthätigkeit ist aber nur in der Identität beider und darum ist die Kunst noch nichts ohne die ganze Fülle ihrer Zweige, sie ist nicht die Stimmung sondern das organisch werden der Stimmung. Eben so auch mit der jezigen Duplicität. In jenem organischwerden wird die Thätigkeit ein Einzelnes und hieraus entsteht die Duplicität der symbolischen Sezung und der spielenden Vernichtung. Beides ist aber in der Kunst wesentlich eins. Denn was symbolisch gesezt wird, das wird auch als einzeln vernichtet, und was als einzeln vernichtet wird wird eben dadurch als symbolisch gesezt, nemlich als Symbol vom Nichtsein des Einzelnen. Die Parallele mit der objectiven Erkenntnißseite scheint hier nicht genau[,] näher betrachtet aber ist sie es doch; auch dort hat das speculative einen positiven das empirische einen negativen Charakter. Denn alles gewußte wird immer ein allgemeines und das Einzelne als solches wird immer als Nichtgewußtes gesezt. Dies führt uns zurük zu den entgegengesezten Ansichten deren eine die ganze Kunst als heilig die an|dre die ganze Kunst als Spiel 13 Erzeugung] über )Entstehung*

18 der] folgt )Du*

29–2 Bereits in seinen Vorlesungen über die christlichen Sittenlehre untersucht Schleiermacher im Rahmen des „darstellenden Handelns“ das Verhältnis von Kunst und Spiel näher; im Kolleg von 1809/10 heißt es dazu: „Das Centrum der geselligen Darstellung ist die Verbindung des Spiels mit der Kunst.“ (SW I/12, Beilage A, S. 61, § 176); und im Kolleg 1824/25: „Es ist eine Zeit lang vorherrschende Terminologie gewesen, auch den Begriff der Kunst unter Spiel zu subsumiren, um so Kunst dem wirksamen Handeln entgegenzusezen, welches unter dem Begriffe Ernst befaßt wurde. Aber alles Spiel, wenn es in seiner Vollkommenheit gedacht wird, muß doch auch subsumirt werden unter den Begriff Kunst.“ (SW I/12, S. 690–691) Schleiermacher kannte wohl neben Kants und Schillers Konzepten des „freien Spiels“ (vgl. oben S. 52,30–31) auch die frühromantische Spieltheorie, auf die er hier möglicherweise rekurriert. Vgl. etwa die Aussage des „Lothario“ in Friedrich Schlegels „Gespräch über die Poesie“ (KFSA II, S. 324): „Alle heiligen Spiele der Kunst sind nur ferne Nachbildungen von dem unendlichen Spiele der Welt, dem ewig sich selbst bildenden Kunstwerk.“

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ansieht. Beides kann nur richtig sein wenn beides einander nicht streng entgegengesezt ist. Spiel ist die Kunst im Gegensaz gegen die organisirende Thätigkeit welche Arbeit ist und gegen das objective Erkennen welches auch eine Aufgabe ist ein Geschäft die Welt so aufzunehmen wie sie gegeben ist, auf dem relativen Gegensaz zwischen Mensch und Welt ruhend wogegen die Kunst gar nicht am Gegensaz hängend eine Beschäftigung des Menschen mit sich selbst ist, ein Spiel und keinen andern Gegensaz hat als den Gegensaz selbst. XX. Wenn man nun die Kunst im Gegensaz gegen die Arbeit und das Geschäft Spiel nennt so gereicht das nicht zu ihrer Herabwürdigung. Denn im Bilden und Erkennen befindet sich der Mensch in seinem Verhältniß zur Welt in einem zwiefachen Nachtheil, einmal erscheint er bedürftig. Aus dem Zustand der Hülflosigkeit soll er sich allmählig zum Herrn der Natur erheben, und aus dem der Unwissenheit zum Kenner der Welt. Hätte er beides je vollendet so wäre das Bilden ohne Erfindungskraft zur bloßen Erneuerung der Dinge und das Lernen ohne Entdeckung zur bloßen Tradition[,] beides nur etwas mechanisches worin sich die Würde des Menschen nicht zeigen könnte, und es bliebe nichts übrig als das Gefühl und die Kunst. Zwar wenn man sich denken könnte es sei je alle Kunstbildung erschöpft, so bliebe auch nur eine mechanische Nachbildung übrig, Virtuosität ohne Begeisterung. Allein dieses kann nicht so gedacht werden als jenes. Jenes zwar ist auch eine Fiction, aber wir erkennen es nun nothwendig dafür wegen der Irrationalität die nur Annäherung durch Progressus in infinitum zuläßt. Die Kunst aber ist an sich unerschöpflich und wenn es gleich Unsinn ist einen andern um eine große That oder bedeutende Entdeckung zu beneiden so wird doch durch eine jede solche das noch übrige Feld wirklich verringert, durch ein Kunstwerk aber gar nicht wäre es auch das größte. – Zweitens im Erkennen und Bilden wird sich der Mensch solcher Geseze bewußt denen er nothwendig folgen muß, und er hat kein bestimmtes BeWußtsein darüber ob sie mehr aus dem Innern der Welt oder aus seinem eignen Innern hervorgehn. Bei der Kunst aber bleibt ihm kein Zweifel übrig, und indem seine freien Productionen Symbole sind für dasselbe | was er im Wissen findet, und in seinen Bildungen überall die Formen aus dem Gebiet der freien Kunst entlehnt sind so wird er sich erst dadurch seiner Freiheit bewußt. Daher steht die Kunst, wenngleich Spiel, doch jenen beiden rein zur Seite und ist ihr Complement. Könnte der Mensch das Wissen a priori wovon das Lernen nur die Erinnerung ist ohne Lernen wirklich besizen; könnte er sich mit der bloßen Unabhängigkeit von der Natur, indem er sich gegen alle Eindrücke stählte, 6 zwischen] folgt )Gott*

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begnügen: so würde der ganze Vorzug des Ernsts vor dem Spiel nichtig sein und der Mensch gleich nur in der Kunst leben. Denn auch religiöse und sinnliche Gefühle werden erst von der Unterwerfung unter die Zeit befreit durch den Uebergang in die freie Production. Daher zu erklären wie unentbehrlich mit einer kräftigen Fortbildung überhaupt auch die Kunst sich entwickelt, und welchen hohen Werth ein Volk auf sie sezt. XXI. Wenn man nun umgekehrt von dieser hohen und heiligen Bedeutung der Kunst ausgeht: so findet man eben so leicht daß sie nothwendig auch Spiel sein muß. Denn jede einzelne Kunstthätigkeit hat als solche gleichen Werth mit der andern, und es ist nur die Eigenthümlichkeit des Spiels, daß in ihm alle Differenz des Werthes aufhört. Denn auf dem sittlichen Gebiet ist zwar auch alles gleich in Beziehung auf die Gesinnung aber die That hat einen differenten Werth. Eben so im Wissen ist die Idee zwar dieselbe aber das einzelne werdende BeWußtsein hat einen differenten Werth, beides abgesehn von der Vollkommenheit oder Unvollkommenheit der That in ihrer Art. Im Kunstgebiet aber giebt es keine andre Differenz als diese der Unvollkommenheit[;] jedes vollkommene Kunstwerk sei es auch ganz klein hat eben solchen absoluten Werth als das größte (und mit Recht machen die Künstler zum entscheidenden Kennzeichen eines ächten und allgemeinen Kunstsinnes wenn man am Kleinen ein eben solches Wohlgefallen haben kann als am größten.) – Hiegegen könnte man zunächst eine äußere Einwendung machen gegen die ungleiche Werthschäzung der Kunstwerke im Verkehr. Allein theils ist doch auch diese Ungleichheit völlig regellos theils ist es schon nicht mehr das natürliche und ursprüngliche wenn Kunstwerke in den Verkehr kommen. | Nämlich jedes hat einen Theil seiner Verständlichkeit aus seiner ursprünglichen Bestimmung. Die Urbilder entstehn zwar aus der Stimmung frei aber wenn man fragt warum werden sie nicht alle realisirt und also auch nicht alle recht bestimmt, so liegt die Ursache darin weil nur einige einen Anknüpfungspunkt in der äußern Welt finden (Wunsch eines andern, Bestellung p ist eigentlich nie mehr als dieses) andre aber nicht, und von diesem geht also etwas in ihr ursprüngliches Sein über. Daher ein Kunstwerk aus seinem ursprünglichen Zusammenhang gerissen, wenn dieser nicht geschichtlich aufbewahrt wird, von seiner Bedeutsamkeit verliert. Ohne ein solches Herausreißen aber wird es nicht Gegenstand des Verkehrs. Daß der Künstler von seinem Werk lebt ist freilich eine in den meisten Zustän4 Zeit] über )Kunst* 4 freie] über )eigen* 19 klein] über )PgeringS* 20– 23 (und … größten.)] mit Einfügungszeichen vier Zeilen weiter unten 27 den] korr. aus das

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den der Gesellschaft unvermeidliche Nebensache allein dies betrifft den Werth des Kunstwerkes nicht sondern nur seine Umstände. Daher auch hierin die größte Willkühr herrscht. XXII. Die zweite Einwendung ist eine mehr innerliche, daß man doch keine solche Verehrung fühle für einen Künstler der sich nur mit kleinen Kunstwerken beschäftige. Hiegegen aber ist zu erinnern 1.) daß die Beziehung auf den Künstler schon eine Beziehung der zweiten Ordnung sei von dem Werthe des Werkes ganz verschieden, so daß wir allen kleinen Werken eines Künstlers den absoluten Kunstwerth beilegen können und ihn persönlich doch gering anschlagen. Denn in jenem Urtheil liegt gar keine Andeutung darauf daß ein solcher nichts mache als dergleichen. Vielmehr sind es die großen Künstler, die auch das kleine am besten machen[,] Arabesken von Raphael und Dürer, Epigramme von Göthe 2.) Es giebt allerdings kleine Kunstwerke auf die der Saz nicht anwendbar ist, weil sie an der Grenze liegen, theils indem sie einem Zweck dienen wie Epigramme oft polemisch sind, theils weil sie nicht selbständig sondern an einem anderen sind wie auch Epigramme, Verzierungen p theils weil ihr Werth nur in der Kleinheit und der Ueberwindung der damit verbundenen Schwierigkeiten besteht, wodurch sie in das Gebiet der mechanischen Kunst fallen, denn da allein gelten die überwundenen Schwierigkeiten zE. geschnit|tene Steine wobei niemand an Begeisterung in der Erfindung denkt, sondern jeder denkt nur an die Virtuosität, und betrachtet die Erfindung nur in Bezug auf ihre Angemessenheit für die Ausführung. Entfernen wir uns etwas weiter ins Basrelief, so sind wir immer noch im Gebiet des Kleinen aber doch im reinen Gebiet der Kunst, da waltet Begeisterung, da nehmen große Künstler Theil. Ganz anders freilich wenn man große und kleine Werke in der geschlossenen Kunstwelt betrachtet der sie angehören. Dann unterscheidet man ihren Werth. Allein die geschlossene Kunstwelt ist nicht da für die unmittelbare Kunstwirkung sondern für die Kritik, und dies ist auch eine andere Betrachtung. Wer freilich vermag sich ein solches Ganzes mit Lebendigkeit zu vergegenwärtigen, der kann es auch unmittelbar ge13–14 Raffael und seine Schüler verzierten bekanntlich einige vatikanische Loggien mit Arabesken. Von Albrecht Dürer sind arabeske Randzeichnungen bekannt, die er 1514/15 (neben anderen Künstlern wie etwa Lucas Cranach d. Ä.) in ein Exemplar des „Gebetbuchs“ für Kaiser Maximilian I. gezeichnet hat. Zu Goethes Epigrammen vgl. etwa seine „Venezianischen Epigramme“ (1790), in: Musen-Almanach für das Jahr 1796, hg. v. Friedrich Schiller, Neustrelitz 1796, S. 205–260. 22 Schleiermacher meint offenbar Gemmen, unter denen geschnittene Schmucksteine verstanden werden, die (vorwiegend aus Quarzgestein) bereits im alten Ägypten hergestellt wurden. Unterschieden werden Gemmen nach der Art, wie das Motiv herausgearbeitet wird, ob in die Steinoberfläche eingraviert oder reliefartig gegen den Hintergrund abgehoben (dann auch Kamee genannt).

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nießen. Dann werden aber alle einzelnen Werke nur einzelne Theile, und die isolirt und vergleicht man auch nicht beim unmittelbaren Genuß sondern nur im kritischen Geschäft. Noch ist übrig ein scheinbarer Widerspruch zwischen dem Ursprung der Urbilder aus der Eigenthümlichkeit und der äußern Darstellung derselben um der Uebertragung willen. Denn Eigenthümlichkeit als unübertragbar und Mittheilung widersprechen einander. Sie sind auch wirklich Gegensäze: aber wie das Leben überall ein Binden von Gegensäzen ist, so sind auch diese in der Wirklichkeit immer, nur in verschiednem Verhältniß, vereint. In der Darstellung des Wissens und im Bilden ist auch das eigenthümliche und im Gefühl ist das Mitgefühl. Jeder Einzelne trägt die Identität der Natur auf eine active Weise besonders modificirt in sich, worin sich das eigenthümliche Verhältniß des Menschen zu seiner Gattung ausspricht. Denn bei den untergeordneten ist die Eigenthümlichkeit nur passiv. Als bestimte Vielheit zwischen der Einheit der Natur und der unendlichen Mannigfaltigkeit der Einzelnen stehn die Volksthümlichkeiten als bestimmte Saturationspunkte, nicht willkührlich gemacht sondern naturgemäß bestehend. Die Verständlichkeit der Kunst und Uebertragbarkeit der Ideen ist nun bedingt durch die Volkstümlichkeit. Da der Gegensaz nicht absolut ist kann auch die Vermittlung nur relativ sein; also andre nicht ausgeschlossen aber nur die Volksgenossen verstehn sich mit unmittelbarer Lebendig|keit. Wir müssen erst durch die allgemeine Menschenanschauung die Volksdifferenz anschauen und auflösen. Darum sind bei uns nicht alle dieses Genusses fähig. Auch kann die Begrenzung nicht gleichförmig und stehend sein, sondern manche Völker sind einander mehr und manche minder verwandt, und Zeiten giebt es wo die Völker bestimmter aus einander treten und andre worin sie sich mehr zu verschmelzen suchen. In diesen wandelbaren Grenzen aber gehört die Volksthümlichkeit zum Wesen der Kunst.7 XXIII. Noch anderes ist nachzuholen, worin sich diese Differenz als eine fließende zeigt. 1.) Der physische Organismus ist ein mannigfaltiges und nicht alles ist in jedem Volk gleich ausgebildet. Aber nur das Ausgebildete ist fähig ein eigenthümliches Gepräge anzunehmen. Also wird auch das volksthümliche sich nicht allen Künsten gleich einbilden, und manche Völker werden in einem Kunstgebiet scheinen in einander zu fließen, die in andern ganz auseinandergehn. 2.) Da 7

Dazwischen Himmelfahrt.

38 Dazwischen Himmelfahrt.] am linken Rand 38 Gemeint ist wohl Donnerstag, der 20. Mai 1819.

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alle Völker sich anfangs in einem ungebildeten Zustande befinden, so werden sie auch anfangs überhaupt sich mehr in einander verschmelzen, und hernach weiter auseinander treten. Dies kann sich auch in speciellen Punkten wiederholen so daß wie es beim Wein Jahrgänge giebt die man als solche leicht unterscheidet schwerer aber die Sorten sondert, so auch in der Kunst Zeiten giebt deren Producte man leicht erkennt aber ohne die Gegenden zu unterscheiden. – In diesem Zusammensein des constanten und fließenden geht die Theilung der Kunst nach Völkern durch alle bisherigen Theilungen hindurch, und es wird geben nationelle Differenz in den einzelnen Künsten nationelle Differenz im hohen sowol als leichten Styl pp. An sich betrachtet aber ist jede nationelle Kunstwelt ein Individuum d. h. nur durch eine Unendlichkeit der Anschauung zu erschöpfen. Eine allgemeine Kenntniß derselben in ihren Unterschieden muß die Geschichte der Kunst mittheilen, denn dies ist nur in der aus unserm Kreise ausgeschlossenen mehr dem empirischen zugeneigten Betrachtung möglich. Bei uns kann nur das Princip selbst aufgestellt werden. Und so haben wir abermals indem wir eine Bestimmung für die gemeinsame Einheit der Kunst suchten die Anlage zu einer durchgehenden Differenz gefunden. Die nächste Frage ist nun die, ob für den eben schon angeregten Gegensaz des vollkomnen und unvollkomnen in der Kunst auch ein Plaz in der allgemeinen vor der Eintheilung | der Künste in ihre Arten hergehenden Betrachtung übrig ist oder ob es nur für jede einzelne Kunst eine besondere Vollkommenheit und Unvollkommenheit giebt? Die leztre hat ihren Siz in dem Act der Ausführung oder kann ihn auch schon haben in dem Urbilde sofern dieses bereits durch die bestimmte Kunst modificirt ist. Soll es eine allgemeine Vollkommenheit und Unvollkommenheit geben so muß diese ihren Siz haben in dem Urbilde sofern dieses aus der Stimmung hervorgeht, oder auch schon in der Stimmung selbst. XXIV. Nun können wir freilich keine bestimte Vollkommenheit oder Unvollkommenheit nachweisen als in Bezug auf die einzelnen Künste; aber auf der andern Seite läßt sich auch gar nicht erklären wie die Kunst jemals im Gedanken Ein Ganzes geworden wäre. Nun finden wir aber auch in dem bereits gefundenen das Zusammensein von Begeisterung und Besonnenheit. Alle Vollkommenheit der Ausführung gehört der Besonnenheit; aber offenbar ist das minimum der Begeisterung auch eine Unvollkommenheit, die Begeisterung aber ist nichts anders als das Erregtwerden der freien Production durch die Stimmung also ist sie auch an sich dieselbe in allen Künsten, das je3 und] korr. aus als 3 weiter] über )PspäterS* Zeile 25 hat ihren Siz] über )ist gegründet*

4 daß] folgt )es*

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desmal erneuerte Werden der bestimmten Kunst selbst aus dem allgemeinen Kunsttriebe. Wir haben also allerdings zwei verschiedne Vollkommenheiten wovon nur die eine in diesen allgemeinen Theil hineingehört die andere in den speciellen. Auf dem Dasein eines solchen allgemeinen beruht es daß es eine allgemeine Theorie überhaupt geben kann, und daß es ein Kunsturtheil giebt, welches nicht ausschließend auf die Behandlung des bestimmten medium geht, und einen auf allen Gebieten selbigen guten und schlechten Geschmack. Da sich nun die Kunst überhaupt aus dem verworrnen Spiel der Fantasie überhaupt erhebt: so besteht ihre Vollkommenheit darin wie sie sich jenem entgegensezt. Das verworrene Spiel ist Masse d. h. unbestimte Mannigfaltigkeit, worin Einheit und Vielheit sich nicht scheiden, und man nicht weiß ob man eine Reihe von Vorstellungen vor sich hat oder eine einzige sich aus sich entwickelnde: Dies ist das Wesen des Traumes, und so ist das verworrene Spiel auch. Hingegen das Urbild eines Kunstwerkes ist Spannung des Gegensazes | also bestimmte Einheit und Vielheit; und es muß sich also von dem verworrenen Spiel auf eine zwiefache Weise unterscheiden einmal durch die Bestimmtheit der Einzelheiten, und dies ist die element a rische Vollkommenheit und dann durch die Art wie die Vielheit als Allheit in sich selbst beschlossen ist, und dies ist die o rg a nische Vollkommenheit. Nur ist die Unterscheidung keine absolute. Die unbestimmte Mannigfaltigkeit weicht nicht gänzlich aber sie zieht sich in das absolute minimum zurück welches nicht als unmittelbarer Theil des Kunstwerkes kann angesehn werden. Und eben so ist zwar das Urbild ein gesondertes Ganze aber es knüpft sich doch im Gebrauch wieder verworrenes Spiel daran sowol beim Künstler selbst während der Ausführung als auch beim Betrachter während der Uebertragung und in der Erinnerung. Aber es ist das was beständig von dem Sein und der Wirkung des Kunstwerkes ausgeschlossen wird. Wir handeln also zuerst v o n d e r e l e m enta rischen Vollkomm e n h e i t . Alles werden wir uns wenigstens in Gedanken am Einzelnen bewähren müssen, und dabei geräth man leicht auf eine bestimmte Kunst als beständiges Schema und wird dann zu Ausdrücken verleitet welche dem gesagten den Schein geben, nur ein Specielles zu sein. Davor müssen wir uns hüten. Die elementarische Vollkommenheit besteht nun zufolge der Ableitung in nichts anderem als in der Art wie die Vorstellungen welche 14–15 Vgl. dazu Schleiermachers Vorlesungen über die Psychologie von 1818 (sog. Hamburger Nachschrift, KGA II/13, S. 440–443) sowie die Psychologievorlesung von 1821 (KGA II/13, S. 127–128, ferner die Nachschrift Eyssenhardt 1821, KGA II/13, S. 609–611)

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Theile des Kunstwerkes sind sich von denjenigen welche im freien Spiel der Fantasie vorkommen unterscheiden. – Ehe wir diese Formel weiter entwickeln zwei Erläuterungen. 1.) Der Ausdruck Vorstellung scheint schon wieder zu speciell nur auf die redenden Künste welche es mit Begriffen, und auf die bildenden welche es mit Bildern zu thun haben zu passen. Denn diese beiden Elemente sind unter dem allgemeinen Ausdruck Vorstellung enthalten, nicht aber auch die fließenden Künste denn Töne und Bewegungen sind keine Vorstellungen. Antwort: Beide haben aber doch ihren Werth hier nur insofern sie entstehendes BeWußtsein sind und es ist gemeiner Sprachgebrauch dies alles durch den Ausdruck Vorstellung zu bezeichnen, der also hier nur im weitern Sinne braucht genommen zu werden. Daß aber diese Elemente hier nur als BeWußtsein betrachtet werden ist klar, weil ihre Wirkung | weder auf das Element noch auch rükwärts auf den Leib nicht im mindesten in Betracht kommt, sondern nur wie sie im Künstler als BeWußtsein entstehen und wieder auf den Betrachter als BeWußtsein wirken. 2.) Warum kommt es nicht auch darauf an wie sie sich von den in der praktischen und theoretischen Richtung entstehenden Vorstellungen unterscheiden? Antwort: Einmal ist schon die freie Production von jenen als ein bestimtes Gebiet geschieden und also die Vergleichung überflüssig. Dann aber ist sie auch in dem gewählten Ausdruck schon enthalten, da das verworrene sich nicht so bestimmt von jenen beiden unterscheidet, wie die Entwiklung der Formel selbst zeigen wird. XXV. Das gemeine Spiel der Fantasie entlehnt vom wirklichen und für das wirkliche, schließt sich an das Gedächtniß an auf der einen Seite an die Ahndung und die Vorbildung künftiger Handlungen auf der andern. Soll sich die Kunstthätigkeit aus dieser Masse erheben so muß die freie Production in ihr nicht auf gleiche Weise bedingt sein sondern mehr frei, sie muß unabhängig sein vom Wirklichen. So kommen wir zurük auf die Frage ob die Fantasie productiv oder nur reproductiv ist, und ob die Kunst die Natur nachahmt oder nicht. Jener Gegensaz ist ohnehin nur relativ; und es muß wenn die gemeine Fantasie reproductiv ist die Kunstthätigkeit mehr productiv sein; und wenn sie vom Wirklichen unabhängig sein soll darf sie die Natur nicht nachahmen. Nämlich alles wirkliche einzelne ist in seiner Entwiklung zum Theil getrübt weil die äußeren Einwirkungen nicht in genauer Uebereinstimung sind und bleiben mit dem innern Entwiklungsprozeß. Die Fantasie aber in ihrer reinen Thätigkeit geht von den Urbildern aus die der Mensch in sich trägt. Diese haben nicht nur das Allgemeine zum Gegenstand sondern auch das besondere und bis ins 22 da das] über )weshalb*

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individuelle hinab. Jeder Mensch trägt alle menschliche Individualität in sich mittelst des Verhältnißes seiner eigenen zur menschlichen Natur überhaupt, und so auch in anderem hiedurch vermittelten. Was also Element des Kunstwerks sein soll, das muß in seinem eignen reinen Sein mangellos und unverkümmert dargestellt werden, und dies ist der eigentliche Sinn des Ausdruks I d e al auf dem Kunstgebiet. Von einem menschlichen Ideal überhaupt kann nie die Rede sein aber jeder Mensch ist ein Ideal, und so auch jedes untergeordnete Wesen nur daß es auf dem Gebiet des Lebens nie rein heraus | kommt, und so ist die Kunst die Ergänzung der Wirklichkeit. Nur insofern ist eine Vorstellung ein wahres Kunstelement als sie den reinen Typus des Dargestellten in seiner Besonderheit herausbringt. Dies ist reine Productivität, denn die Seele hat diesen nie gesehn, und indem sie ihn darstellt ahmt sie nicht nach und reproducirt nicht. Allerdings geht sie nicht über den Umkreis von Typen nach dem die wirkliche Welt auch darbietet, aber diese ist selbst eben so gut Abbild der idealen Welt wie diese Abbild der realen. Allerdings kann sie das gesehene nicht entbehren als Reiz, denn ohne äußere Einwirkung würde keine ihrer Thätigkeiten eine bestimmte werden aber sie producirt nur vermöge der Welt die sie in sich trägt. XXVI. Die aufgestellte Bezeichnung der elementarischen Kunstvollkommenheit wird jeder auch am meisten auf Poesie und bildende Kunst angewendet haben und ihre Anwendung auf Musik und Mimik erscheint schwierig. Allein hier ist der unmittelbare Ausdruck des Gefühls und der Leidenschaft das gegebene wirkliche wovon die Kunst sich entfernen muß: die strenge Gemessenheit ist das Ideale wahrhaft in der Natur liegende weil alle Lebensäußerungen Takt und Rhythmus haben, was aber in der Wirklichkeit nie herauskommt sondern sich trübt. Noch schwieriger ist die Analogie zu finden zu dem verworrenen Spiel der Fantasie in Tönen und Bewegungen. Man bedenke aber daß beide Künste ursprünglich immer begleitend gewesen sind und man wird wiewol nur zu einem dunklen BeWußtsein davon gelangen wie auch jenes Spiel von Bewegungen und Tönen begleitet ist. Indem wir nun in beiden Künsten die elementarische Grundvollkommenheit im streng gemessenen finden, also dieses hier das idealische wäre: so veranlaßt dies eine Vergleichung dieser mit der herrschenden Terminologie, den Ausdruk mangelloses Dasein habe ich zuerst bei Schelling gefunden und mir angeeignet, wiewol er dort nicht so abgeleitet ist wie bei mir und vielleicht also auch nicht ganz das37–2 Offenbar rekurriert Schleiermacher hier auf Schellings Rede „Über das Verhältnis der bildenden Künste zu der Natur“ (1807); vgl. Schleiermachers Notizen zur Ästhetik I, S. 7,1ff.

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selbe gemeint. Aber das Wort für diese Formel ist bei Schelling das S c h ö n e , bei mir das I d e al e , beides also gleich. Dagegen habe ich auf der einen Seite nichts, weil dadurch am leichtesten klar wird daß ich unter ideal nicht will das allge|meine Ideal welches eine ganz leere Vorstellung ist verstehen. Aber ich möchte doch nicht täuschen sondern meine Bezeichnung so bestimmen daß unter Ideal nur verstanden werde die Richtung auf den reinen dem menschlichen Geiste einwohnenden Typus jedes einzelnen Seins, der Bezeichnung durch den Ausdruk schön vorziehen aus zwei Gründen. Einmal ist S chön bereits der Natur geweiht und begünstigt auf die Kunst übertragen zu leicht die falsche Meinung daß die Kunst reproductiv und Nachahmerin der Natur sei. Die Natur liefere das Schöne nur zerstreut, die Kunst seze es zusammen. Allein das partielle Schöne kann gar nicht erkannt werden als nur in der Vergleichung mit dem Totalschönen (daher kennen die Alten einen Kanon, aber keine Idealnasen und Augen) und die Fantasie muß erst productiv gewesen sein ehe sie in diesem Sinne reproductiv werden kann. Daher bleibe lieber das Schöne für die Natur, und ideal sei was den reinen Typus unmittelbar zum BeWußtsein bringt[,] schön sei was in der Wirklichkeit mit dem idealen übereinstimmt. Die zweite Ursache ist die, daß Schön bei uns sich seiner Natur nach unmittelbar und ausschließend auf die Gestalt bezieht und der Bewegung nur zukommt insofern sie der lebendigen Gestalt adhärirt. Wenn man nun von schönen Tönen redet und schönen Charakteren: so verschwimmt der Ausdruck ins Allgemeine und es ist nicht mehr damit ausgerichtet als wenn man von schönen Handlungen redet. Die Sorge aber für die verschiednen Hauptgebiete specifische Bezeichnungen des idealen in ihnen zu finden gehört noch nicht hieher; nur können wir voraussehn daß wir den Gebrauch des Ausdruks schön aus dem Gebiet der bildenden Kunst nicht mehr werden vertreiben können. XXVII. Indem man nun davon ausging daß die Kunst die Natur verbessernd nachahme um denselben Eindruk hervorzubringen den das Schöne in der Natur hervorbringt entdeckte man daß es in der 6 bestimmen] über )verstanden* 14–15 Gemeint ist wohl der sog. „Kanon des Polyklet“. Laut antiken Quellen hat Polyklet eine (nicht erhaltene) kunsttheoretische Schrift mit dem Titel „Kanon“ verfasst; seine Bronzestatue „Doryphoros“ entfaltete vor allem in der römischen Antike kanonische Wirkung; vgl. die Sachanmerkung zu S. 468,27–3. 33–4 Im 18. Jahrhundert war es zunächst Burke, der das Erhabene als eine ästhetische Kategorie behandelte (vgl. Edmund Burke: A philosophical enquiry into the origin of our ideas of the sublime and beautiful, 1757). Kant stellt in der „Kritik der Urteilskraft“ (1793) einen Gegensatz des Schönen und Erhabenen auf (Kant AA 1/V, S. 244): „Das Schöne der Natur betrifft die Form des Gegenstandes, die in der Begrenzung besteht; das Erhabene ist dagegen auch an einem formlosen Gegenstande zu finden, sofern Unbegrenztheit an ihm [...]:

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Natur auch E r h ab e n e s gebe, welches ein keinem bestimmten Interesse zufallendes Wohlgefallen hervorbringe und daß erhabenes auch in der Kunst vorkomme, und so hat man in der Theorie Schönes und Erhabenes zusammengestellt. Allein keine Erklärung rechtfertigt dieses denn es will immer nicht möglich sein irgend einen relativen Gegensaz zwischen beiden aufzufinden. Es müßte doch das Kunstmäßige dann eines sein und müßte sich in zwei Arme theilen, das Schöne und das Erhabene; so aber kommt | es nie heraus. Eigentlich ist es auch aus einem rein empirischen Verfahren nur so geworden; man betrachtete die Kunst von Seiten der Wirkung, da kommen also Lust und Unlust; von beiden wurde manches ausgeschlossen; die Unlust überhaupt war als Bestandtheil der vermischten Empfindungen aufgenommen. Von der Lust alles reizende und begehrliche ausgeschlossen und so blieb übrig als reines Wolgefallen das Schöne, als Gipfel der vermischten Empfindungen weil nemlich der Mensch in der Vergleichung mit dem größten sich seiner Kleinheit bewußt würde. Allein eben so blieb noch das rührende und das lächerliche und nirgends eine Andeutung um den Cyclus zu bestimmen. Etwas richtiges muß nun um so mehr darin sein als von je her die Kunstrichter das Erhabne zum Gegenstand der Untersuchung gemacht haben. – Das Ideale soll zwar sich vom wirklichen entfernen also das innere Wesen nicht durch Zufälligkeiten bestimmt darstellen aber doch ist jeder Typus nur Theil der Welt und erst in sich selbst bestimmt durch das Zusammensein mit dem übrigen. Dieses Bestimmtsein läßt aber ein mehr und minder zu, und es entsteht also ein maximum und minimum. Das minimum von Bestimmtsein durch das Zusammensein und das maximum von Selbstbestimmung ist das Erhabne. Der absolut erhabene Gegenstand ist Gott, welches auch immer anerkannt ist, weil seine Selbstbestimmung der Grund des ganzen Zusammenseins ist. Eben so sind die Gestirne als Welten erhaben weil sie den Grund zum Zusammensein eines bestimmten Cyclus von Geschöpfen in sich tragen. Dann aber ist auch in jeder Gattung selbst das Bestimtsein jedes einzelnen Wesens 22 darstellen] über )denken*

24 läßt] über )zu*

so daß das Schöne für die Darstellung eines unbestimmten Verstandesbegriffs, das Erhabene aber eines dergleichen Vernunftbegriffs genommen zu werden scheint.“ Neben der „Kritik der Urteilskraft“ verfügte Schleiermacher in seiner Bibliothek auch über Kants „Beobachtungen über das Gefühl des Schönen und Erhabenen“ (1771) und setzte sich bereits in seiner Jugendzeit kritisch mit Moses Mendelssohns Abhandlung „Über das Erhabene und Naive in den schönen Wissenschaften“ (1758/71) auseinander. Vgl. Schleiermacher: Über das Naive (1789), KGA I/1, S. 177–187. 19–20 Möglicherweise Anspielung auf Pseudo-Longinos und dessen Schrift „Peri hypsous“ („Über das Erhabene“, ca. 1. Jh.), worin das Erhabene insb. in rhetorischer Hinsicht untersucht wird.

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demselben Gegensaz unterworfen und so ist der Mensch erhaben welcher das maximum von Unbestimbarkeit von außen beweist (je crains Dieu cher Abner et n’ai point d’autre crainte) Gebirge und Meere sind erhaben in Bezug auf den Menschen. Das Uebermaaß des Erhabnen ist das Wilde, wenn die Selbstbestimmung des Einen das wirksame Zusammensein des Uebrigen zerstört. Der entgegengesezte Punkt ist das Niedliche, auch der reine Typus aber quantitativ zurükgedrängt im Zusammensein. Das Uebermaaß des Niedlichen ist das verkümmerte und verkrüppelte. Das Niedliche und Erhabene sind also die Grenzpunkte zwischen denen sich das Ideale bewegt, aber nicht etwas außer demselben, und so wie beides aus dem Idealen herausgeht geht es auch aus dem Kunstgebiet heraus. | XXVIII. Ueber die bisherige Theorie von der elementarischen Vollkommenheit sind noch theils Erläuterungen zu geben, theils Einwürfe dagegen zu beseitigen. – Zuerst muß auch dasselbe nachgewiesen werden können daraus daß Kunstthätigkeit nicht aus dem unmittelbar erregten Gefühl sondern aus der zusammen gehaltenen Stimmung [entsteht]. In der Stimmung ist immer eine Mäßigung der Erregung. Diese ist nicht allein als Verschwinden also negativ zu erklären, sondern man muß immer ein positives dazu rechnen. In der leidenschaftlichen Erregung entsteht am meisten daß der Mensch durch die Wirklichkeit getrübt wird, in der Totalität der Stimmung aber ist das Wiederhervortreten des inneren Typus. Darum kann sie sich nun auch nur in dem äußern worin sich dieser Typus darstellt, wogegen die Darstellung des Wirklichen nur eine Verbindung mit den vorherrschend praktischen Erregungen hat. Dies ist auch das wahre daran, daß die Kunst die Leidenschaft mäßigt; dies ist ein Theil des natürlichen Erfolges. – Demnächst geht aus dem richtigen Verständniß unsres Ausdruks auch hervor daß das Ideale nicht überall dasselbe ist, und daß auch dadurch die überwiegende nationale Geltung der Kunst mit bestimmt wird. Nicht alle Menschen tragen gleichförmig den Typus der Welt in sich, sondern er modificirt sich und bildet sich klimatisch aus und das eben so wohl auf Seiten der Vernunft als der Fantasie. – Wenn nun das ideale die allgemeine elementarische Vollkommenheit ist: so müßte sie auch auf der Seite des leichten spielenden und ironischen sein. Das verhält sich aber auch so, und nur der verkehrte Gebrauch des Ausdruks verhindert es zu sehn. Eine komische Person ist auch nie so in der Wirklichkeit, sie hat auch ihren 10 Ideale] über )Schöne*

13 Ueber] über )Gegen*

2–3 Dieser Vers stammt aus Jean Racines Tragödie „Athalie“ (Paris 1691, 1. Akt, 1. Szene); vgl. die Sachanmerkung zu S. 147,13–14.

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reinen Typus der nur in der Kunst herauskommt. Indem nun an diesen beiden Endpunkten das gleiche nachgewiesen ist muß es auch in allem dazwischenliegenden sein. – Eben so ist es mit der andern Einwendung, welche das Wirkliche mehr oder weniger in allen Zweigen der Kunst wird nachweisen wollen. Vom Portrait anfangend ist dieses nur ein Kunstwerk wenn der Mensch in keinem wirklichen Moment dargestellt und wenn er in unserm Sinn idealisirt ist. Dasselbe gilt von der Landschaft die eigentlich immer Portrait. Bilder aus einer bestimten Zeit welche nur Portraits enthalten sind insofern untergeordnete Kunstwerke; überhaupt Bilder welche bestimte Begebenheiten darstellen und nicht ohne Unterschrift verstanden werden können und die Höhe der historischen | Bildnerei tritt erst ein mit den symbolischen und mythologischen Bildern wo alles ideal ist. Die Allgemeinheit bewährt sich also auch hier. Die Vo l l k o m m e n h e i t d e s G an z e n aber muß auch zunächst aus dem Gegensaz gegen das verworrene freie Spiel verstanden werden. Dieses ist ein unbestimmter Uebergang von jedem unbestimmten einzelnen ins Unendliche. Es hat keine Begrenzung in sich, sondern endet entweder durch das Hervortreten anderer Thätigkeiten oder in dem Traum. Dagegen also muß das Kunstwerk in sich beschlossen sein und das Spiel innerhalb seines Umkreises fest halten. Damit dieses in dem Betrachter geschehe muß sein Kunstsinn hinzu kommen. Je weniger Kunstsinn desto mehr isolirt jeder das Einzelne und macht jedes für sich zu einem Anknüpfungspunkt für das gemeine Spiel. Die Beziehung des Einzelnen auf das Ganze muß daher die zerstreuende Kraft des Einzelnen aufheben, und mit der jedes anderen zusammenwirken um das Ganze als eine bestimmte Einheit aufzufassen und innerhalb desselben zu ruhen. XXIX. Das Kunstwerk ist sobald sein Urbild fest steht ein gegebenes, und erregt also wie andere gegebene Vorstellungen das verworrene Spiel welches sich aber wegen des gleichen Ursprungs mit ihm selbst vermischen würde. Darauf ist berechnet was wir im Gegensaz gegen das Wesentliche im Kunstwerk das B eiw erk nennen; das freie Spiel soll dadurch gefangen genommen und in Einheit mit dem KunstWerk gebracht werden. Die Vollkomenheit des Wesentlichen aber ist eine zwiefache. Zuerst daß al l e s E i n z e l n e auf einander bezogen zusammenstimme z u r To t al i t ät , und jedes auf nichts anderes bezogen werden könne als auf alles übrige. Dann aber auch da jedes KunstWerk eine einzelne Thätigkeit ist aus einem ganzen Gebiet bringt jedes das ganze Gebiet in Anregung. Hat es nun in demselben ein unbestim3–4 Einwendung] korr. aus Einwirkung korr. aus freie

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tes Verhältniß so entsteht eine unbestimt mannigfaltige Anregung, welche wieder die Einheit aufhebt. Es muß daher ein organisches sein. Das Ganze muß auf eine ruhige Weise mit dem einzelnen KunstWerk gesezt sein zE. Jeder Moment aus der Mythologie oder dem historischsymbolischen Cyclus einer Kunstwelt ist ein organischer Theil des ganzen Gebietes. Andere Künste so Musik, Lyrik, bieten einen solchen Cyclus nicht dar. Dagegen haben sie einen Cyclus bestimmter | Formen, deren Neigung keine andere ist als den verschiedenen Darstellungen ein organisches Verhältniß zu geben, und dieser Zwek wird erreicht, wenn auch diese Formen ganz positiv erscheinen und wechseln. – Diese beiden Theile der wesentlichen Vollkommenheit, da sie die gleiche Richtung haben ergänzen einander. Je genauer die innere Beziehung desto weniger fordert man das ganze Kunstgebiet organisch zu sehn. Auch hängt die Vollkommenheit der Composition genau mit der elementarischen zusammen. Das Wirkliche weil es zugleich in allen Beziehungen ist leidet keine Abschließung; nur das ideale kann jedesmal nur das sein was es im KunstWerk ist. Daher ein mythischer Gegenstand streng abgeschlossen, ein historisches Bild je mehr es in der Wirklichkeit bleibt umso weniger. XXX. B e i w e r k ist alles das was anders sein kann oder fehlen ohne daß die wesentlichen Elemente dürfen geändert werden. Denn ein wesentliches Element darf nicht hinzukommen oder abgeändert werden ohne daß alle geändert werden. In demselben Maaß nimmt auch das Beiwerk nicht Theil an der Bedeutsamkeit der Haupttheile. Lächerlichkeit jedes Grübchen und jede Pflanze symbolisch betrachten zu wollen. Der Gegensaz zwischen Beiwerk und Hauptwerk ist freilich auch nicht absolut. Das landschaftliche und architektonische in einem historischen Bilde ist Beiwerk; es kann nur als minimum da sein; aber es kann auch so zunehmen daß es Hauptsache wird und man zweifelt ob nicht die Figuren nur Beiwerk sind. Daher auch alle Abstufungen möglich; aber etwas muß doch immer reines Beiwerk bleiben. In jedem Kunstgebiet ist eine Differenz des Styls die strenge Einfalt welche nur das minimum von Beiwerk zuläßt und die reiche Fülle welche das maximum verträgt und in den Künsten selbst eine solche Abstufung denn die Skulptur verträgt überhaupt nur ein minimum von Beiwerk. Wenn nun das Beiwerk soll eine abwehrende Annäherung an das kunstlose Spiel sein um dasselbe in der Identität mit dem Kunstwerk festzuhalten so darf es sich auch nicht eben so streng vom wirklichen entfernen. Daher aus angehäuftem Beiwerk ein Stilleben entsteht, welches wenn es nicht eine andere ideale Tendenz be6 bieten] über )bilden* 14 Auch] über )Beide Theile* mit Einfügungszeichen am linken Rand

34–36 und … Beiwerk]

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kommt zE. in der Beleuchtung und Anordnung nur an der Grenze des eigentlichen Kunstgebietes liegt. Indem aber das Beiwerk [sich] um des Gegensazes willen an das wirkliche annähert sezt es das ideale als Charakter des Hauptwerkes voraus; denn wäre dieses auch dem wirklichen entsprechend so wäre jenes nicht Beiwerk sondern organischer Theil. Das Beiwerk und die Vollkommenheit desselben bildet daher den | Gegenpunkt zu der strengen Form oder dem cyclischen Inhalt und zwischen beiden liegt die Einheit des Complexus und die Idealität des Inhaltes. Dieses nun führt uns zurück auf den früher schon bemerkten Unterschied zwischen dem e i ge n t l i c h e n und u neig ent lichen Kunst g e b i e t . Das leztre nemlich ist theils in dem Gebiet der bildenden Thätigkeit, und in diesem zwiefach, Kunst im Leben und Kunst an den Werken, theils in dem Gebiet der objectiv erkennenden Thätigkeit. Wir nennen unter gewissen Umständen ein wissenschaftliches Werk ein Kunstwerk; unter welchen? Die elementarische Vollkommenheit der Kunst kann ein solches nicht theilen weil auf dem wissenschaftlichen Gebiet der Gegensaz zwischen dem wirklichen und idealen nicht stattfindet indem die Perturbationen selbst in das nothwendige aufgelöst werden müssen. Aber die Vollkommenheit der Construction kann es haben nicht nur im systematischen sondern auch im artistischen Sinn, indem um die Verhältnisse jedes in allem und alles in jedem zur Anschauung zu bringen jedes doch eine gewisse Fülle bekommen muß. Auch wird ein solches Werk nur sofern ein Kunstwerk genannt als es sich wirklich in sich abschließt und nicht nach gewöhnlicher Weise auf alles zurükführt. Umgekehrt ist es mit der Kunst im Leben. Weder ein einzelner Mensch noch eine einzelne Handlung können sich isoliren und ein abgeschlossnes in sich bilden; die Analogie geht also vom entgegengesezten Punkt aus. Nämlich im Leben erscheint alles um so mehr Kunst als die Perturbationen des schon Vorhandenen abgewehrt werden und der reine Typus sich entwickelt. Alle Annäherung an die Kunst hängt von dem Idealen ab. Die Kunst in den Werken ist Beiwerk theils auch dem Inhalt nach welches wie auf jedem eigentlichen KunstWerk nur Beiwerk wäre, theils nur der Stellung nach indem dasselbe für sich gedacht ein eigentliches KunstWerk sein könnte. Im lezten Fall mehr Heraufziehn des andern Werkes, welches nun nur als der Ort jenes KunstWerks angesehn wird. Im ersten Fall mehr Verlieren der Kunst in das andre Gebiet; also auch constanter Uebergang. XXXI. Nachdem nun alles beisammen ist, was sich ganz im allgemeinen von der Kunst sagen läßt so können wir auf umfassendere 25 nach] über )auf* 27 Handlung] über )Beweg* )Pdoch dem AntikenS* 33 welches] korr. aus solches 37 jenes] korr. aus seines

32 von dem Idealen] über 34 Beiwerk] über )PUeberS*

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Weise als vorhin unsern Standpunkt mit den entgegengesezten Ansichten von der Kunst vergleichen. Wir können dabei zum Faden nehmen die drei (hier weder zu construirenden noch zu deducirenden) Begriffe Schön Wahr und Gut worin auf gleiche Weise das erste der Kunst zukommen soll, das | zweite der erkennenden und das dritte der bildenden Thätigkeit zukommen soll. In dieser Parellele kann Schön nicht die elementarische Vollkommenheit bedeuten sondern man müßte es stempeln zum Ausdruck der Identität beider Vollkommenheiten; wenigstens müssen wir davon bei der Vergleichung ausgehn. Wenn nun Gut der Ausdruck für die Vollkommenheit aller bildenden Thätigkeit ist: so kann nichts in dieser vorkommen was nicht auch Gegenstand der Kunst wäre. Und da beiden Thätigkeiten nur derselbe Typus zum Grunde liegt so muß die Kunstthätigkeit auf diesem Gebiet auch das Gute hervorbringen. Eben so ist Wahr der Ausdruck für die Vollkommenheit der Erkenntniß, nichts kann in der Erkenntniß vorkommen was nicht auch Gegenstand der Kunst wäre und da derselbe Typus zum Grunde liegt muß die Kunst auf diesem Gebiet auch das Wahre hervorbringen. Aber das Wahre und Gute können nur sein und erkannt werden in einem allgemeinen Zusammenhang[,] diesen aber hat das Kunstwerk nicht, und wenn man ihn erzeugt geht man aus dem Kunstgenuß und Kunsturtheil heraus. So wenn man sich die Einheit eines Characters ergänzen will oder die Entwiklungsreihe eines nur in Einem Moment dargestellten Naturgegenstandes. Daher überall in der Kunst nur der Sc h e i n des Wahren und des Guten. In diesem doppelten Schein geht aber auch der Begriff des Schönen völlig auf. Denn die Kunst kann nichts anderes darstellen als die Gegenstände der erkennenden und bildenden Thätigkeit. Diese Eigenschaft aber hindert nicht daß nicht das kunstmäßig dargestellte selbst in Bezug auf die Ideen des Guten und Wahren das Urbild sei, und alles was in der Wirklichkeit einzeln vorkommen kann als Einzelnes nur Abbild. Wenn man also sagt die Kunst sei die unmittelbare Production des Absoluten und sie dadurch über die Wissenschaft und die Tugend erheben will: so muß man einlenken und sagen sie producirt immer nur Einzelnes in sich nicht zusammenhängendes als Symbol des absoluten. Die erkennende und bildende Thätigkeit vollbringen ihr Geschäft durch beständige Approximation in welcher einzelnes aneinander reihend verknüpft wird; die | Kunst zwar auch durch Approximation, aber in unendlicher Wiederholung von Einzelnen isolirten. 31–35 Möglicherweise kritischer Bezug Schleiermachers auf Schellings Position im „System des transzendentalen Idealismus“ (1800), wonach die Kunst allein das absolut Identische objektiv zur Darstellung bringen könne: „Kunst sey das Vorbild der Wissenschaft, und wo die Kunst sey, soll die Wissenschaft erst hinkommen“ (Schelling AA, Abt. I, Bd. 9,1, S. 323).

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(Denn wenn wir von einer Kunstwelt und einem Verstehen des Einzelnen aus dem Ganzen dieser Welt reden so ist dies das secondäre geschichtliche und kritische Verstehen, unmittelbar aber wird jedes für sich betrachtet und genossen.) Sagt man nun Alles in der Kunst sei Schein, und will sie dadurch unter jene erniedrigen: so muß man wieder einlenken bedenkend die Urbildliche Kraft des Einzelnen im Vergleich mit anderen einzelnen. Dasselbe ergiebt sich wenn man auf den Gegensaz achtet. Der Inhalt der Kunst und der Wissenschaft ist derselbe aber die Wissenschaft ist Receptivität, die Kunst ist Productivität. In der Wissenschaft ist etwas solange es erfunden ist nur Hypothese, und der Schein der Erfindung muß verschwinden wenn es Erkenntniß werden soll. In der Kunst ist alles nur etwas für sich sofern es erfunden ist, und wenn nicht erfunden kann es nur Annex eines andern sein. Eben so der Inhalt der Kunst und der (Selbst und Welt) bildenden Thätigkeit ist derselbe; aber in der bildenden Thätigkeit ist alles Einzelne nicht zwar um eines andern willen, aber doch nur im allgemeinen Zusammenhang und insofern zwekmäßig; in der Kunst aber ist alles bloßer Ausdrukk und völlig zweklos. Also aus sich selbst heraus erfunden in Bezug auf die Totalität aber zweklos ist das eigenthümliche Wesen der Kunst. XXXII. Nachdem nun alles was zur Einheit gehört gefunden ist müssen wir die Principien der Mannigfaltigkeit oder die Gegensäze suchen, und zwar ehe wir versuchen uns die einzelnen Künste zu construiren erst diejenigen welche durch alle Künste hindurchgehn. Einige derselben haben wir schon beim Suchen der Einheit gefunden, und knüpfen nun an diese die übrigen an. Zunächst den Gegensaz des An t i k e n u n d M o d e r n e n anknüpfend an den des heiligen und spielenden. Schon oben bemerkt, daß auf jener Seite eine Verschiedenheit sei indem die Production sich mehr beziehen könne auf die Idee der Gottheit oder mehr auf die Idee der Welt. Das Verhältniß zwischen diesen beiden ist für die philosophische Betrachtung immer noch nicht gefunden und kann hier nicht auseinander gesezt werden. Es hängt aber mit dem Hervortreten der Gott|heit zusammen ein späterer Gegensaz zwischen ernstem und spielenden. Denn wie in dem heiligen heraustritt die Offenbarung des göttlichen in dem menschlichen: so ist das spielende das Losreißen des einzelnen vom allgemeinen und die Offenbarung des bloß irdischen im menschlichen. Dagegen wo das Geistige gleichsam nur aus dem materiellen hervorwächst da kann es sich auch wieder ins materielle zurükverlieren durch unmerkliche Uebergänge. Die Götter als das höchste der antiken Kunst sind bestimmte einzelne Naturen: sieht man sie nicht als ein System an so ist 28–30 Vgl. oben S. 58,23

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die ganze Kunst chaotisch, systematisirt man sie so ist eines durch alle bedingt und sie bilden eine Welt. Die moderne Kunst hat statt dessen die heilige Geschichte in der die einzelnen Naturen als solche ganz zurüktreten – auch Christus ist als einzelne Natur nicht einmal völlig bestimmt – sondern sie sind nur Momente in der Offenbarung des ewigen. Mit den Göttern wird nun ebenso gut Spott getrieben und das selbstvernichtende Element geht durch die ganze Mythologie durch. In der modernen Poesie sind zwar heilige und ironische Elemente grade von den größten Künstlern in Einem Werk verbunden, aber in sich doch streng geschieden. Man könnte nun sagen dieser Gegensaz ginge nicht durch sondern treffe bloß das abendländische. Allein wir verstehn die orientalische Kunst noch nicht genug um sie in unsere Theorie aufzunehmen. Doch kann man sagen ihre Poesie die uns doch noch am deutlichsten ist sei aus der unbestimmten Indifferenz von Gott und Welt hervorgegangen gleichsam die Mutter jenes Dualismus. XXXIII. Mit diesen Hauptmerkmalen hängt zusammen im Antiken das Hervortreten der Naturseite und Zurüktreten der Freiheitsseite und im Modernen umgekehrt. Man könnte freilich sagen im Antiken noch weit weniger Natur dargestellt als im Modernen, keine Landschaftsmalerei, keine poetischen Naturbeschreibungen. Aber weil der Mensch als Natur dargestellt wird so verschwindet die geringere Natur gegen ihn weil er aber im Modernen als Freiheit dargestellt wird gebraucht die moderne Kunst die äußere Natur als Gegensaz. Der Mensch im Antiken als Naturproduct, die That als Begebenheit. Eben so auch die Nemesis auf Welt bezogen, denn sie ist nichts anderes als das dunkle Streben nach Gleichgewicht. Die poetische Gerechtigkeit wovon es freilich eine niedere und eine höhere Potenz giebt ist auf Gott bezogen weil sich der Mensch an ein absolutes Maaß hält. – Dieser Gegensaz geht freilich | nicht gleichmäßig durch alle Künste durch; aber wo er in der Kunst an sich weniger hervortritt, da desto mehr im Verhältniß der Künste unter sich; zE. Vortreten der Skulptur im Alterthum und Zurüktreten der Malerei und im Modernen umgekehrt. Dies daher weil in der Skulptur der Mensch weit mehr allein in seiner eignen Natur erscheint, wogegen er in der Malerei wegen des Interesses der Beleuchtung mehr in die allgemeine Natur ver10–16 Man … Dualismus.] mit Einfügungszeichen vor dem zweitletzten Satz 24 Man … Gegensaz.] mit Einfügungszeichen am linken Rand 8–10 Vgl. Schleiermachers Notizen zur Ästhetik I, S. 17,13–14

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schwimmt; wogegen weil die Malerei nicht vereinzelt sie mehr solcher Momente fähig ist in denen die Freiheit sich darstellt. Alles weitere bleibt den einzelnen Künsten vorzüglich der Poesie vorbehalten. Ein anderer Gegensaz entwickelt sich aus der schon bemerkten Mehrheit der Hauptmomente, nämlich erzeugende Stimmung, gestaltende Urbildung, darstellende Ausführung. Die beiden ersten zusammen sind die Erfindung, und die Erfindungsgabe als Quantum ist die G e n i a l i t ä t . Die Fertigkeit in der Ausführung als Quantum ist die Virtuosität. Hieraus entsteht ein Gegensaz in den Kunstwerken. Wird nur die Erfindung hingeworfen ohne alle Virtuosität mit bewußter Uebergehung derselben so entsteht eine Sk izze. Sie ist kein vollständiges Kunstwerk sondern Vorbereitung und erwartet den Zeitpunkt der Ausführung. Wird nur Virtuosität ausgeübt mit gewußtem und gewolltem Mangel der Erfindung so kann man eine solche Arbeit nicht ein selbständiges Kunstwerk nennen sondern die Absicht kann nur sein eine bestimmte Virtuosität zu üben zum Behuf einer künftigen Erfindung, und so entsteht ein St u d i um. Rein in der relativen Identität von Genialität und Virtuosität ist das Werk. In diesem aber ist wieder eine Duplicität je nachdem die zurükgehaltene Stimmung auf eine solche Weise von innen ausbricht daß keine Andeutung auf äußere Veranlassung bemerklich ist, das f r eie Werk, oder es dominirt diese Veranlassung, das G e l e ge n h e itsw erk. Man ist geneigt das leztere als eine schlecht|hin untergeordnete Gattung anzusehn; aber mit Unrecht. Auch in der Poesie fängt der Einfluß schon an beim antiken Drama; in der Skulptur aber sind alle großen Werke Gelegenheitswerke, weil sie nur auf Veranlassung entstehen können, und mit Bezug auf diese schon gedacht sein müssen und nur das Kleine ist frei. In der Malerei hält sich beides das Gleichgewicht. XXXIV. Auch dieser Gegensaz scheint nicht durch alle Künste durchzugehen indem die Malerei fast die einzige ist wo Skizzen für sich wirklich erscheinen. Er ist aber auch weniger wichtig für sich als vielmehr weil er auch die eigentlichen Werke theilt in solche wo die Ausführung wissentlich vernachläßigt ist und solche wo die Erfindung verhältnißmäßig wenig Werth hat; erstre bilden den strengen Stil PsindS wieder an Zeiten gebunden und dann scheint es noch unvollkommne Herrschaft über das Mittel zu sein (Aeginetisch, altdeutsche Malerei) feiner Stil. – Es theilt sich nun aber auch die Erfindung selbst in zwei Momente in den der bestimten Kunst zugewandten den technischen (Motive) und den der Stimmung zugewandten den man 11–12 vollständiges] über )selbständiges*

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gewöhnlich das p o e t i s c h e in jeder Kunst nennt; welches aber ein unrichtiger Ausdruck ist da in der Poesie dieselbe Duplicität der Erfindung statt hat. Dieser geistige Moment bezieht sich auf das in allen Künsten identische und man nennt dies nur das poetische weil man sich die Poesie gewöhnlich als die potenzirte Kunst denkt. Es ist aber eigentlich das symbolische das wodurch das Einzelne Darstellung wird von dem bestimmten Allgemeinen in dem sich die Stimmung abspiegelt. Die Liebhaber welche sich gegen alle Künste indifferent verhalten werden am meisten angezogen durch dieses und die bestimte Kunst scheint ihnen allein um deswillen da zu sein; die Künstler am meisten von dem was die bestimmte Kunst bedingt. Darum das Urtheil beider über einzelne Werke so oft verschieden. Endlich müssen wir nun versuchen die Künste selbst in ein Schema zu bringen. Ohne diese Aufgabe giebt es keine allgemeine Theorie, weil diese das differente nur aus dem identischen, also auch nur durch Vergleichung der einen Kunst mit der andern verstehen kann. Es hat auch an sich große Wahrscheinlichkeit daß es ein solches Schema giebt da überall dieselben Künste sich | wieder erzeugen, von allen ein minimum in jeder Kunstwelt ist und keine neuen entstehen. Man hat zwar hier und da versucht einiges mit zur schönen Kunst zu rechnen was nur gefällig ist (Reitkunst, Gartenkunst, und die Herderschen Künste) aber dies ist immer nur Uebergang aus dem eigentlichen Kunstgebiet in das uneigentliche. Man kann den Theilungsgrund 9 dieses] über )jenes* 1 Schleiermacher spielt hier möglicherweise auf ästhetische Konzeptionen wie die Schellings oder Solgers an. Im dritten Gespräch von Solgers „Erwin“ heißt es etwa: „Ist demnach die Poesie eine besondere Kunst, so ist es doch nur eine, die zugleich die ganze Kunst selber ist, und darum dürfen wir sie keineswegs betrachten, wie irgend ein anderes einzelnes Ding [...], sondern nur als die Idee des Schönen selbst, die sich selbst offenbart, oder als die Kunst, die nun in ihrem ganzen Umfange Poesie geworden ist.“ (Karl Wilhelm Ferdinand Solger: Erwin. Vier Gespräche über das Schöne und die Kunst, Berlin 1815, S. 76–77) In der Nachschrift von Karl Wilhelm Ludwig Heyse von Solgers „Vorlesungen über Ästhetik“ (1819) heißt es dann: „Die Poesie ist etwas der Kunst Allgemeines, das innere Wirken der Idee; die Kunst, die Vollendung der Idee in ihrer Erscheinung.“ (Solger: Vorlesungen über Ästhetik, hg. v. Giovanna Pinna, Hamburg 2017, S. 146) 21–22 Schleiermacher spielt hier möglicherweise auf Herders Theorie der Künste in „Kalligone“ (1800) an, wo dieser etwa die Bau- und Gartenkunst, die Kunst der Bekleidung, des Gebärdens und der häuslichen Inneneinrichtung sowie die Kunst des Reitens, des Jagens u. a. zu den freien Künsten zählt. Vgl. Johann Gottfried Herder: Kalligone, 2 Th., Leipzig 1800. Siehe auch: Nachschrift Bluhme 1819, S. 241,5–7. 23–5 Schleiermacher rekurriert hier wohl auf eine Diskussion, die bereits A. W. Schlegel wiederaufgenommen hatte, indem er die Einteilung der Künste in zeitliche (sukzessive) und räumliche (simultane) kritisch reflektiert (vgl. KAV 1, S. 266). Diese Unterscheidung geht zurück auf Lessings kritische Auseinandersetzung mit Winckelmann in seinem „Laokoon“ (Berlin 1766). Nach Lessing sind demnach „Körper mit ihren sichtbaren Eigenschaften die eigentlichen Gegenstände der Mahle-

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mehr hernehmen von einem äußeren oder mehr von einem inneren. Gewöhnlich successiv vorgehende Werke und simultan bestehende. Dies scheint den alten Hauptunterschied zu treffen daß Musik und Mimik allein stehn im Grunde aber trifft es die Poesie mit[,] deren Werke auch nur im Gedächtniß auf einmal vorhanden sind. XXXV. Allein der ganze Unterschied ist auch nur scheinbar; denn Statue und Bild sind zwar auf einmal da aber die Betrachtung ist doch successiv und Gedicht und Musik sind zwar nie ganz zugleich da aber ein Totaleindruck ist da auf einmal. Also ist dies nur sehr untergeordnet. Ein anderer Versuch ist nach dem Organ zu theilen womit das KunstWerk aufgefaßt wird Skulptur und Mahlerei für das Auge so auch Mimik und Musik und Poesie für das Ohr. Von den ersten Mahlerei und Mimik nur für das Auge, Skulptur zugleich für das Getast. So sagt man nun Musik allein für das Ohr Poesie auch für den Verstand. Allein keine andere Kunst kann mit irgend einem Sinn allein gefaßt werden sondern immer ihr symbolischer Gehalt nur mit dem Verstand. Auch kann man nicht, die Eintheilung umändernd sagen, die andern Künste alle würden mit dem Verstand durch irgend einen Sinn vernommen, die Poesie aber mit dem Verstande allein; denn sie bedarf des Ohrs und sie hat ein von ihr unzertrennliches musikalisches Element. Mir scheint die Eintheilung eines Gegenstandes am besten hervorzugehn in Verbindung mit der Art wie er selbst ist ausgeschieden worden aus einem allgemeinen Gebiet. Die Kunstthätigkeit, selbst wieder ein Bilden, gegenüber der bildenden Thätigkeit aus der subjectiven Seite des Erkennens und zwar dem nicht momentanen constanten wird äußerlich theils in dem Mittel des gegenüber stehenden momentanen nämlich dem Ton und der Bewegung (Musik und Mimik) theils in der objectiven Seite des Erkennens (Bildnerei und Dichtkunst). Diese trifft grade so wie wir die stärksten Un|terschiede schon gefunden haben und bedingt nun eine nähere Betrachtung. 1.) Aller bildenden Thätigkeit liegt die erkennende zum Grunde; indem also die Stimmung in erkennende Thätigkeit ausgeht geht sie auch in bildende aus, nur in zweklose. Ihre äußersten Enden sind also die Annäherung an das eigentliche Gefühl und an die eigentliche bildende Thätigkeit. 2. Die Duplicität von Musik und Mimik erscheint zufällig. Aber alle Aeußerung ist Offenbarung und sezt Anschauen voraus. Es giebt aber nur zwei Media der Offenbarung Luft und Licht. Daß und warum rey“ (simultane Künste), während „Handlungen“, deren Momente aufeinanderfolgen, der „eigentliche Gegenstand der Poesie“ (sukzessive Künste) seien. Vgl. Gotthold Ephraim Lessing: Laokoon: oder über die Grenzen der Malherey und Poesie, in: ders.: Sämtliche Schriften, 9. Band, hg. v. Karl Lachmann, Stuttgart 1893 (3. Auflage), S. 94–95.

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es nur diese giebt ist eine rein physische Untersuchung. Durch Licht offenbart sich der Mensch constant in der Gestalt, darum ist die Kunstoffenbarung nur Veränderung in der Gestalt; durch Luft nicht constant, darum ist die Musik unmittelbar hervorbringend. 3.) Die Duplicität von Bildnerei und Dichterei ist die von Bild und Gedanke. Freilich sezt man die Poesie als bildlich allem wissenschaftlichen entgegen aber nur weil die Poesie Gedanken hervorbringt welche nur Bilder, Erscheinungen des Einzelnen bestimmten werden wollen. Eben so wollen die Bilder der Bildnerei Gedanken werden, denn der symbolische Gehalt kann nur gedacht werden. XXXVI. Der Hauptgegensaz ist also der, daß einige Künste sich am meisten dem Heraustreten des unmittelbaren Gefühls nähern; andere durch das Producirende Erkennen wenn es dargestellt wird mehr der bildenden Thätigkeit. Doch ist auch dieser Gegensaz nur relativ so daß das eine in dem einen und das andere in dem anderen das minimum ist. Die Mimik bildet den Ausdruk der freien Geistesthätigkeit als Anmuth und Leichtigkeit dem Leibe ein; die Musik bildet eine ganze Tonwelt theils durch die Stimme theils durch die Instrumente, welche ohne diese Kunstthätigkeit gar nicht sein würde. Eben so umgekehrt die Malerei stellt jede That in Einem Moment dar, aus welchem sich vorwärts und rükwärts die andern entwikeln müssen d. h. in jeder Figur liegt die Formel zu einer Reihe von Bewegungen welche der Betrachter sich vergegenwärtigt. Eben so in der Landschaft eine Reihe Beleuchtungsmomente, Farbenmusik die sich auch als Succession vergegenwärtigen muß. | Das gleiche gilt von der Poesie nur auf andere Art sie hat das was dem unmittelbaren Ausdruk des Gefühls ähnlich ist in sich als Rhythmus und Tonfall außerdem daß sie Reihen von Empfindungen und Bewegungen selbst entwickelt. – Aus diesem Verhältniß gegenseitiger Ergänzung begreift sich nun das Bestreben der Künste sich zu vereinigen, wovon hernach die Rede sein wird. Zuvor noch Prüfung der speculativen Astischen Eintheilung. Wenn Plastik sich wie Wesenheit und Musik wie Eigenheit verhält so deutet das auf unsern Unterschied aber wenn jene auch Realismus und diese auch Idealismus heißt so ist das schon Verwirrung denn in welchem Sinn wäre Musik ideal in dem es nicht Plastik auch wäre, und in welchem Plastik real in dem es nicht Musik auch wäre? Nun soll weiter Orchestik die reale Identität beider sein und Poesie die ideale; diese heißt aber auch die absolute, als geistige Anschauung. 31–36 Gemeint ist offenbar die sich an Schelling orientierende Einteilung der einzelnen Künste in den „Grundlinien der Aesthetik“ von Friedrich Ast: 1.) die realen (bildenden) Künste (Plastik, Malerei, Musik, Orchestik) und 2.) die idealen (redenden) Künste (Poesie: Epos, Lyrik, Drama, Fabel, Roman). Vgl. Friedrich Ast: Grundlinien der Aesthetik, Landshut 1813, S. 52.

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Also müßte auch die Musik als das einfach ideale absolut sein. Allein in welchem Sinn wäre die Orchestik realer als die Poesie, und die Poesie absoluter als die Orchestik? Und in welchem Sinne wäre die Musik als absolutes vollkomner als die Plastik? Uebrigens wären Plastik und Musik als den einfachen Gegensaz darstellend nur elementarisch Orchestik und Poesie aber als Vermittlung derselben wären potenzirt[,] wer möchte nun wol der Orchestik ein solches Uebergewicht über die Plastik und Musik zuschreiben? Und wie könnten die potenzirten Künste noch ein Bestreben an sich haben sich mit den elementarischen zu vereinigen? Vielmehr müßen die elementarischen als verschwindend gedacht werden. XXXVII. Auch die Schellingsche Ansicht. Haupteintheilung in bildende und redende nach Materie und Sprache. Aber wie sind diese beiden coordinirt, da Sprache schon Materie voraussezt also Identität derselben und eines dritten ist auch selbst nur äußere Seite des Gedankens. Der Ort der Musik erscheint gleich zweideutig, indem wir sie unter die bildende schwer bringen, und zur Noth auch den bloßen Ton als herabgedrükte Sprache ansehn können. Das lezte scheint auch an einem Ort zu geschehen; allein | das erste behält die Oberhand indem Licht und Klang offenbar im Gebiet der Materie gegenübergestellt Malerei und Musik ergeben, und Plastik als Einheit, nicht zwar von Licht und Klang aber doch der idealen und realen Einheit welche diese darstellen, steht über beiden. Hier ist schon etwas Verworrenes in der Form. Nun steht Poesie allein der Plastik gegen über, und es giebt nichts was sich zur Poesie verhielte wie Musik und Mahlerei zur Plastik. Doch werden beide wesentlich gleich und nur der Form nach verschieden gesezt welches nicht leicht zu verstehen ist, und wozu die Ungleichheit beider in dem Umfang ihrer Werke wenig paßt. Auch leidet die Ansicht daran daß Schönes und Erhabenes gegenübergestellt werden und die Erfindung in allen Künsten das poetische heißt. Auch die Vereinigung der Künste begreift man aus dieser Ansicht nicht da Plastik und Poesie grade sich nicht vereinigen und die Mimik ganz fehlt. 12–13 Vgl. die Nachschrift Schlosser von Schellings Jenaer Vorlesungen über die Philosophie der Kunst von 1802/03 (Schelling AA, Abt. II, Bd. 6,2, S. 433): „Der kunst, inwiefern sie die reale einheit als potenz wieder aufnimmt, wird die materie zum leib oder zur form. Die kunst in der angegebenen beziehung ist allgemein als bildende oder plastische kunst zu bestimmen. [...] Die ideale einheit als potenz wieder aufgenommen, und als solche real angeschaut, ist rede oder sprache.“ 16–18 Vgl. Schleiermachers Notizen zur Ästhetik II, S. 23,1–3 und S. 23,14 sowie die entsprechenden Sachanmerkungen

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Die Vereinigung der Künste führt gleich auf den Unterschied zwischen antiker und moderner Kunst da sie in beiden eine andre ist; und da nun noch jede einzelne Kunst in beiden andere Formen hat so ist zu denken, daß beides nur miteinander kann verstanden werden. Die Principien zuerst gehn aus dem obigen hervor. Musik und Mimik [zeigen] ein natürliches Zusammengehören welches dadurch daß jede sich als besondere Kunst constituirt nicht aufgehoben wird. Dann ziehen sich an die beiden Hauptzweige[,] jeder um ihr Minimum zu ergänzen. Dann auch bildend und vorstellend damit zugleich sei was in jeder einzelnen nur nacheinander ist. In der antiken Kunst finden wir ein größeres Bestreben der Künste sich zu vereinigen, und in der modernen ein größeres für sich allein zu sein. Musik ist bei den Alten fast niemals allein Poesie fast niemals allein. Bei uns Musik als große allein; Concert, Symfonie und Poesie immer allein gemacht, lyrisches nur zufällig componirt, dramatisches eben so gespielt und fast nie ohne Verlust. XXXVIII. Wenn man die Verschiedenheiten einzeln be|trachtet so können sie scheinen nur in Zufälligkeiten gegründet zu sein. Die Instrumentalmusik könnte bei uns nicht so heraustreten wenn sich nicht durch Vervollkomnung der mechanischen Kunst die Instrumente so vervielfältigt hätten. Das mimische Recitiren des Epos war dort nothwendig weil es sonst aus Mangel an Exemplaren nicht wäre bekannt worden, und daß bei uns das dargestellte Drama weniger Interesse erregt kommt vom Aufhören des öffentlichen Lebens. Allein alles zusammengenommen liegt doch eine starke Aufforderung darin zu versuchen ob wir nicht diese Erscheinungen aus den Grundverschiedenheiten beider Kunstwelten erklären können. In der modernen dominirt die Beziehung auf die Idee der Gottheit und weil dieses Verhältniß ein schlechthin unmittelbares ist und von jedem einzelnen Punkt ausgehn kann so liegt darin eine Aufforderung zum Isoliren. Die Idee der Welt war bei den Alten in dem mythologischen Cyclus ausgesprochen. Dieser war für alle Künste und darum scheint leichter eine Bearbeitung die andre nach sich gezogen zu haben, und da die Welt überhaupt nur in dem Ineinandersein des Verschiednen ist so liegt darin ein combinatorisches Princip. Die empfindenden Künste sind von Natur zusammen und müssen es bleiben, wenn sie sich dem Ausdruk des unmittelbaren Gefühls nähern und sie werden nur im Modernen auseinander getrieben durch die isolirende Neigung in der Musik. Daher auch die Mimik zurükbleibend weil sie sich nicht isoliren kann. Bei den Alten war in den bildenden und redenden Künsten der Cyclus dominirend. Bei den Modernen hat die symbolische Geschichte nie 41 Modernen] Mordernen

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solchen Werth erhalten und nur in der Mahlerei dominirt. Die Mahlerei bei den Alten eben deshalb architektonisch befestigt und in heiligen Gebäuden mit Plastik zusammen; überhaupt diese hervor jene zurüktretend; die portative Mahlerei bei den Alten nur im Kleinen, bei den Neuern hervorragend. Bildergallerien. Unendlichkeit der Gegenstände für die historische Mahlerei mit vermindertem Interesse und Verständlichkeit. – Die Künstler mischen sich bei uns in alles aber in jeder Thätigkeit gehören sie nur einer isolirten | Kunst. XXXIX. Der Hauptunterschied läßt sich nach dem Gesagten zurükführen zunächst auf das Geseztsein eines Cyclus im antiken und der daraus entstehenden Abgeschlossenheit jeder Kunst für sich und das Fehlen eines solchen und der daraus entstehenden Unendlichkeit einer jeden Kunst für sich [im Modernen]. In der Musik tritt zwar das Cyclische nicht heraus, allein die bestimmten Formen derselben stehn doch im Zusammenhang mit den lyrischen Formen. Die Plastik könnte nicht so dominirt haben, wenn nicht eben des Cyclus wegen jeder Gegenstand für sich allein verständlich gewesen wäre. Nur das Zurüktreten der Mahlerei scheint mehr einer organischen Eigenthümlichkeit die zugleich im Geselligen Wurzel gefaßt hatte, zugeschrieben werden zu müssen. Am deutlichsten aber in der Poesie, in welcher der alten Tragödie offenbar nicht die unsrige gegenübersteht sondern der Roman. Denn auch unsere Tragödie ist romantisch, die Charaktere sind die Hauptsache, unsere Zwitterformen beweisen es auch deutlich; ahmen wir das antike Drama nach so fühlen wir uns auf einem ganz fremden Gebiet und treffen es auch niemals recht. Der Roman aber trägt die unendliche Mannigfaltigkeit auf das deutlichste in sich. Auch spricht deutlich für diese Ansicht, daß mit dem Verfall der Mythologie auch die alte Kunst verfiel. Es entstand das nachahmende Epos, die Liebesgeschichten die sich dem Roman nähern, und in der Plastik die später erdichteten Wesen, lauter Annäherungen an das Moderne. Sehen wir aber auf unsere Haupteintheilung der Künste so finden wir hier auch einen Punkt an dem wir den Gegensaz fixiren können. Denn da die Charaktere durch alle Künste durchgehen so müssen sie sich auch in der Eintheilung spiegeln. Und hier ist offenbar daß sich die bildende und redende Kunst der Neueren dem musikalischen nähert, weil überall der Charakter in einer Reihe von Momenten d. h. 9–13 Bereits Friedrich Schlegel hat die griechisch-römische Antike als ein der theoretischen Vernunft zugängliches „System des Kreislaufes“ und die christliche Moderne hingegen als ein der praktischen Vernunft zugängliches „System der unendlichen Fortschreitung“ konzipiert. Vgl. Friedrich Schlegel: Vom Wert des Studiums der Griechen und der Römer (1795–1796), KFSA I, S. 621–642, hier: 631.

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im wechselnden Gefühl zur Anschauung gebracht wird wogegen die Musik der Alten sich der Objectivität der bildenden und redenden Kunst nähert. Der ganze Typus der modernen Kunst ist musikalisch subjectiv; der ganze Typus der | antiken ist plastisch, objectiv. Da nun jede Kunst in jeder dieser beiden Kunstwelten ein anderes Verhältniß hat so kann auch in Beziehung auf diesen Gegensaz nicht die gleiche Behandlung aller stattfinden. Musik und Malerei werden nur modern zu behandeln sein weil das Antike unvollkommen war und wir wenig davon wissen, Plastik nur antik weil alles moderne nur Nachahmung ist, Poesie aber muß doppelt behandelt werden weil die Zurükführung der modernen Formen auf antike nur scheinbar ist und Irrthümer hervorbringt. Der Ordnung nach werden wir am besten mit der subjectiven Seite, und auf dieser mit der Mimik anfangen[,] auf der objectiven aber mit der Poesie schließen. Es fragt sich nur, ob nicht manches gemeinschaftliche erst voranzuschicken wäre – theils über die Behandlungsweise selbst. Diese kann nur in sofern gleich sein daß wir in aller Kunst das elementarische und organische scheiden und jenes natürlichvoranschicken. Das elementarische wird auch in allen etwas ähnliches haben in dem Verhältniß des identischen zum differenten und also eine Analogie durchgehn die wir bei den Gattungen nicht berechtigt sind vorauszusezen – theils auch über das Entstehen der verschiednen Künste aus dem Einen Kunsttriebe. Hier kommt nun eine früher zurükgewiesene Eintheilung an ihren Plaz, nemlich nach den Organen durch welche jede Kunst darstellt, und den correspondirenden durch welche ihre Werke aufgefaßt werden. Das Uebergewicht des einen über die andern im Verhältniß zum ganzen Organismus bestimmt dann die Kunstrichtung jedes Einzelnen. XL. Das productive Organ für die Musik ist die Stimme nicht die äußere singende, sondern die innere klingende welche mit ihrer Productivität alle qualitativen Verschiedenheiten des Tones umfaßt. Dazu gehört das innere Ohr, welches für sich allein nur die Receptivität begründet, als kritische Begleitung. Der allgemeine Kunsttrieb wird nur Musik durch Verbindung mit diesem Organ, und wem es nicht immer klingt, wem nicht alles Ton wird der wird kein Musiker. – Das Organ für die M i m i k | ist die leichte Beweglichkeit des Leibes um Ausdruck der Seele zu werden. Nur wer diese in einem hohen Grade besizt kann ein Mimiker werden. In einem gewissen Grade angeboren ist jedem dieses Organ wie jenes; darunter leiden viele die in 18 natürlich] über )PAndereS* 23–26 Vgl. oben S. 83,12–15

23 zurükgewiesene] über )zurükgebliebene*

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einem gewissen Grade theilnehmen ohne eigentlich Künstler zu sein. Aber zu beiden gehört auch eine auf solche Weise, daß sie sich am liebsten auf den natürlichen Ausdruk des Gefühls hinwirft, leicht bewegliche Seele. Spekulative Menschen sind selten weder Musiker noch Mimiker. Beide haben etwas gemein nämlich den Takt und dafür auch Sinn einer am andern. – Die b i l d e n d e n Künst ler zusammennehmend müßten wir für Bildner und Maler das Auge als Organ sezen aber dies ist nur das vorbereitend aufnehmende Organ; das productive ist in beiden freilich die gestaltende Fantasie. Aber der Ma ler bildet nicht Gestalten sondern beleuchtete und gefärbte, seine Darstellung ist das Zusammensein der Gestalten im Licht, und man kann nicht entscheiden welches von beiden Hauptsache ist Gestalt oder Licht. Der B i l d n e r bringt einzelne Gestalten hervor und geht deshalb nicht wie der Maler von der Oberfläche selbst nach außen hin, sondern nach innen zurük. Sein Hauptwerk ist in der Gestalt das Leben zu zeigen, wie unter der Bekleidung den Umriß so unter dem Umriß auch das Muskelspiel. Wer nicht diesen Sinn hat wird kein Bildner. Auge und Herz muß auf diese Aeußerungen des Lebens gerichtet sein. (Daher ist die Bildnerei eigentlich wollüstiger als die Malerei ihrem innern nach; und man hätte nicht mit derselben Wahrheit dichten können daß ein Maler sich in sein Bild verliebte wie Pygmalion in seine Statue.) Den Maler hingegen treibt die Verehrung des Lichts, das Licht will durch ihn geistig wiedergeboren werden aber freilich nur in Bezug auf die belebte Gestalt. Er fällt aus seiner Kunst wenn die Bestimmtheit der Gestalten schwindet und er mit bloßen Lichteffekten spielt; aber eben so auch wenn er die Gestalten ohne Lichtvermittlung neben einander stellt als ob er Statuen copirt hätte. – Für den Poeten | ist das Organ die Sprache, das heißt der Tongewordene Gedanke (keinesweges der Verstand denn der gehört zu allen Künsten, wie auch der Sinn zur Poesie gehört. Denn in der Kunst soll überhaupt der Unterschied zwischen Vernunft und Sinnlichkeit ganz verschwinden, und Alles nur sinnlich gewordene Vernunft sein.) Er hat eine ähnliche Duplicität wie der Maler; wenn er bloß mit der Musik der Sprache spielt, fällt er aus der Kunst; aber auch wenn er nur die Gedanken mittheilen will, und die Sprache verstummt. 9 die] über )der* über )Bekleidung*

9 die] folgt )Sinn für* 16 dem] korr. aus der 27 Poeten] über )D i c h t e r *

16 Umriß]

20–22 Eine ausführliche Darstellung des antiken Pygmalion-Mythos findet sich in Ovids „Metamorphosen“ (Buch 10, Vers 243–297).

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Diese Eintheilung auch systematisiren zu wollen muß mißlingen bis wir noch mehr speculative Naturwissenschaft vor uns haben. Was dadurch gewonnen werden könnte wäre nur die Einsicht daß diese Künste grade so aus der Natur hervorgehn und keine andern möglich sind. Das erste wissen wir schon und es bleibt nur das zweite übrig, was freilich auch heilsam wäre wegen der öfters gemachten Ansprüche auf Erweiterung des engeren Kunstgebietes. Über diese werden wir aber auch von unserer mehr empirischen Seite aus an mancherlei Orten etwas zu sagen finden. Wenn nun aber zu jeder Kunst gehört der allgemeine Trieb und das specielle Organ so scheint noch in jeder eine Duplicität angelegt, je nachdem eines oder das andre überwiegt. Beide Formen sind an sich gleich möglich. Der allgemeine Trieb ist dann das Innere, und man kann sagen das Innere macht sich sein Aeußeres, das specielle Organ ist das Aeußere, und man kann sagen das Aeußere wekt sich sein Inneres. Ganz analog mit dem Verhältniß von Freiheit und Nothwendigkeit, Selbstthätigkeit und Erregtheit. Aber verschiedene Erscheinungen müssen daraus hervorgehen. XLI. Da im allgemeinen der erste Keim der Erfindung von dem ursprünglichen intellectuellen Motiv ausgeht, die weitere Ausbildung aber und die eigentliche Ausführung vom organischen: so ist natürlich wenn das erste dominirt die ursprüngliche Erfindung überwiegend, wenn das zweite die Modification und die Ausführung. Eben so natürlich ist, daß da wir die Kunst ganz von der intellectuellen Seite ansehn das intellectuelle Motiv das ursprüngliche ist, und auf der andern Seite daß das organische sich erst allmählich aufschließt. Keine Kunst ist von Anfang an im Besiz ihres ganzen äußeren Gebietes. In der Malerei entsteht erst später das Helldunkel | und die Perspective, in der Musik die Mannigfaltigkeit der Instrumente, in der Poesie die leichte Harmonie des Versbaues und die Mannigfaltigkeit der Sylbenmaaße[;] wo dies anders zu sein scheint (zE. Homer) da muß man schon deshalb sicher sein, daß man nicht den Anfang vor sich hat. Die erste Entwiklung besteht also in einer mehr oder minder zusammenhängenden durch gleiche Gesichtspunkte und gleiche Erregungen bedingten Reihe von Erfindungen[;] dann geht die organische Entwiklung fort mit zurüktretender Genialität auf der geistigen Seite; die Erfindungen werden nur so modificirt wie sich das organische darin offenbaren kann. Oder es kommen neue aber schwächliche Erfindungen hinzu. Je mehr nun das ursprünglichste Motiv zurüktritt, um desto leichter artet hernach die Virtuosität aus in mechanische Künstelei. In dieser Oscillation ist der geschichtliche Typus beschlossen und eine zweite Blüthe 3 gewonnen werden] über )P

S*

37 offenbaren] über )entwik*

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auf demselben geschichtlichen Raume kann nur eintreten bei einer neuen geistigen Befruchtung die aber bei der Verwandtschaft aller wesentlichen Functionen schwerlich für die Kunst allein kommen kann. Nach diesem Maaß kann man die Bestimmung verschiedener Völker für die verschiedenen Künste messen.

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Darstellung der einzelnen Künste.

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Ei n l e i t u n g . Nach der schon angegebenen Eintheilung und Ordnung machen wir den Anfang mit denjenigen Künsten, welche sich an den natürlichen Ausdruck des unmittelbaren Gefühls halten. Diese haben es nie auf gleiche Weise wie die andern zum selbständigen Dasein gebracht. Denn wenn gleich in der modernen Kunst die Musik mehr allein herausgetreten ist als in der antiken so ist sie doch selbst wieder mehr an andern als die übrigen Künste. In der Vereinigung nun mit den andern sind diese Künste nicht die herrschenden sondern die dienenden. Dies komt daher. Die ganze Kunst ist nur in der Identität beider Arten, und beide ziehen sich daher an, weil der ursprüngliche Kunsttrieb kein specifischer ist, sondern auf alle zugleich geht. Indem sich aber diese an das unmittelbare Gefühl lehnen: so ist zu bedenken daß dieses für sich nicht ins Erkennen übergeht sondern nur entweder ins Handeln (und das führt aus dem Kunstgebiet hinaus) oder es | vergeht in sich d. h. macht neuen Momenten Plaz. Also kann diese Anziehung nur receptiv sein im Gebiet dieser Künste. Alles Vorstellen aber ist mit Gefühl verbunden und zieht das fühlenwollen an sich; also ist in den vorstellenden Künsten die Anziehung productiv d. h. sie dominiren. – Daher könnte man nun glauben es wäre zwekmäßiger ihre Darstellung zu versparen bis diejenigen Künste gekannt sind von denen sie gebraucht werden. Allein die allgemeine Vorstellung von diesen ist schon gegeben, und der Analogie gemäß mit dem elementarischen zu beginnen müssen wir auch mit diesen dienenden Künsten beginnen welche an sich nur Elemente, und erst mit andern zusammengefaßt auch ganz sie selbst sind. – Auch geschichtlich angesehen sind sie die ersten, weil sie noch immer vor unsern Augen aus dem Kunstlosen entstehn. 12 in] über der Zeile 32–34 – Auch … entstehn.] über die Zeile auf den rechten Rand hinaus geschrieben (wohl für das Kolleg 1825)

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Erste Abtheilung Die begleitenden Künste

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In diesen nun hat der Analogie gemäß die Mimik den Anfang zu machen, weil sie noch nirgends für sich allein bestanden hat, sondern sofern sie die Hauptsache sein kann muß sie wenigstens die Musik zur Stüze haben. Denn wenn die Mimik ganz allein auftritt hält man es immer nur für Probe, nicht für die wirkliche Ausübung selbst. M i m i k . Das Wesentliche dieser Kunst ist Darstellung der Stimmung durch frei producirte Bewegungen des Leibes. Einige übergehen sie ganz weil sie sie nur als einen Annex auf der einen Seite des unwillkürlichen Ausdruks, auf der andern der dramatischen Kunst ansehn; allein mit Unrecht. Andere machen zwei Künste daraus Mimik und Orchestik. Allein der ganze Unterschied besteht nur darin daß in der Mimik, Geberdenkunst, mehr das Einzelne bezeichnend und also auch das Gesicht der Hauptpunkt ist, in der Orchestik mehr das Ganze der Bewegungen bezeichnend ist und eben daher die Füße der Hauptpunkt sind, daß hingegen in der Orchestik mehr im Einzelnen die Schönheit der Gestalt erscheinen soll welche sich in der Mimik nur relativ aus dem | Ganzen entwickelt. Wir nehmen daher beides zusammen und sehen diese ohnedies in einander übergehenden Künste nur an als untergeordnete Abtheilungen, an welche wir erst nach Betrachtung des elementarischen kommen können. Das Wesen besteht in Darstellung durch leibliche Bewegung: so ist also die Bewegung das Element der Kunst. In diesem aber ist ein Gegensaz zwischen eigentlicher Bewegung, und Stellung als Function der Bewegung. Stellung ist das von der Bewegung übrig bleibende, Bewegung das aus der Stellung entstehende. Da nun die Kunst in der Leichtigkeit und Stätigkeit besteht: so ist der HauptKanon der[:] die 23 Das] folgt )Das* 9–13 Unter Mimik versteht Schleiermacher nicht nur kunstvolle Bewegungen des Gesichts, sondern auch des Körpers (Gebärden) und der Sprache (Sprachmimik), womit der Tanz (Orchestik), das Schauspiel (eigentliche Mimik) und die Pantomime unter die Mimik fallen. Schelling (und später auch Hegel) behandelt in seiner Kunstphilosophie weder Tanzkunst noch Mimik als eigene Kunstformen, sondern ordnet diese der dramatischen Poesie unter. Friedrich Ast hingegen fasst die „Orchestik“ als eine Kunstform auf, die Plastik und Musik vereint und welche der mimischen Tanz- und Schauspielkunst untergeordnet ist (vgl. Friedrich Ast: Grundlinien der Aesthetik, Landshut 1813, S. 32; siehe auch: Nachschrift Bluhme 1819, S. 245,1–3). A. W. Schlegel bestimmt in seinen Vorlesungen über die Kunstlehre (1801/02) die „Tanzkunst“ durch einzelne Formen näher, z. B. Chortänze in antiken Dramen, religiöse Tänze, kriegerische Tänze, aber auch Pantomime, Ballett sowie Operntänzerei; die Mimik wird aber nicht als eigene Kunstform betrachtet (vgl. KAV 1, S. 382–386).

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Stellung muß so sein daß die Bewegung mit Leichtigkeit daraus hervorgeht, also Harmonie zwischen beiden, und eben so die Bewegung so daß sie leicht wieder Stellung werden kann und zwar solche wie eben beschrieben. Alles andere ist Unbeholfenheit oder Extravaganz. Der menschliche Leib ist aber nicht bestimmt sich nackt darzustellen. Die Bekleidung ist die erste freie Ausbildung welche er sich selbst giebt, und durch die er erst vollendet wird. Wie nun in der Bewegung Seele und Leib Eins sein sollen als Inneres und Aeußeres, so auch Leib und Bekleidung als Inneres und Aeußeres. XLII. Alle Bekleidung ist theils Bewahrung theils Drappirung: jenes die Bedürfniß, dieses die Schönheitsseite. Die Drappirung muß dem Körper im Wechsel der Bewegung die Raumeinheit geben ohne die Bewegung zu hemmen. – Die mimische Bewegung darf nie zum ungemessenen kunstlosen zurükschreiten, wiewol auch dieser Gegensaz nicht streng ist. Denn Maaß tritt hier (wie auch beim Ton und der Sprache) bald bestimmter bald unbestimmter heraus. Ebenso wenig darf sie übergehn in Bewegungen die zwar das besonnene mit ihr gemein haben, aber einem Zwek gehorchen; und auch nicht in solche welche Uebungen sind um die zu den zwekmäßigen | Bewegungen erforderlichen Fertigkeiten zu erlangen. Sie dürfen nie gymnastisch sein oder epideiktisch, weder athletisch noch Seiltänzerisch. Denn dergleichen Bewegungen sind nicht darstellende. Auch hier aber giebt es Uebergangsstufen; bei rohen Völkern haben die darstellenden Bewegungen diesen Charakter deshalb, weil ihr ganzes Bewußtsein noch in das leibliche Leben versenkt ist, und sie keine andern Stimmungen darzustellen haben als das leibliche Kraft und Wolgefühl. Dagegen kann an der Athletik und Seiltänzerei die Mimik sein als uneigentliche Kunst zur Verschönerung. – Die Mimik geht durch das Gebiet der strengen und spielenden Kunst hindurch, nur nicht gleich im antiken und im modernen Gebiet. Im ersten gehn alle Gattungen durch beides, im lezten ist von religiöser Mimik nur die Andeutung übrig geblieben in der den Vortrag begleitenden Gebehrdenkunst (die aber auch sonst den Schein des unwillkührlichen bedarf) und in den Processionen die im gemessenen Gang und Bekleidung etwas mimisches haben. Doch sind diese wiederum nicht eine ganze Handlung für sich, sondern nur Theil. Als Hauptgattungen treten nun auseinander Mimik im engern Sinne und O r c h e s t i k . Leztere stellt die Stimmung unmittelbar dar in einer Reihe von Bewegungen, erstere mittelbar indem durch die Reihe von Bewegungen eine Reihe von Gemüthsveränderungen darge26 darzustellen] korr. aus darzustellend chen am rechten Rand

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stellt werden welche in ihrem Zusammenhang die Stimmung ausdrüken. Da die Gesichtsbewegungen die leisesten Ausdrüke der Gemüthsveränderung sind, so sind sie es, welche Anfang und Ende eines Momentes sind in der engeren Mimik, und auf welche alles andere bezogen wird. In der Orchestik dagegen soll das momentane zurüktreten und in der vorgebildeten Reihe der Bewegungen verschwinden, also sind die Gesichtsbewegungen Null, und dürfen nur als Schatten der anderen auftreten. Entgegengeseztes Verhältniß der Gesichtsbewegungen und der allgemeinen im antiken und modernen. Die dritte Gattung ist die aus beiden zusammengesezte Pa ntomime, welche die Gegensäze zwischen beiden zu vermitteln hat, und also höchst schwierig. Die Pantomime ist nicht ein Zusammenwirken mehrerer wie der reine Tanz, sondern ein Aufeinanderwirken, eine eigenthümliche Handlung, und soweit dominirt die | Mimik. Die Raumbewegungen aber sind nicht Gang sondern Tanz, und als solcher sollen sie unmittelbar etwas für sich sein. Dies ist nur im Wechsel mehr mimischer und mehr orchestischer Momente möglich. I O r c h e s t i k . Ganz allgemein ist der Tanz unter allen Völkern. Als Kunst soll er den innern Typus von dem beweglichen Sein des Leibes in seiner Einheit mit der Seele zur Anschauung bringen. Das Ideale ist also auch hier das Element. XLIII. Die Hauptgattungen sind offenbar der gesellige oder eigentliche Vo l k s t an z und der sogenannte höhere Ta nz. Der gesellige Tanz nimmt unendlich viele Formen an. Sie lassen sich aber zurükführen auf den Gegensaz einzelner Stimmung und Virtuosität oder gemeinsamer[,] mehr Solo oder mehr Chor. Das lezte wieder mehr Wechseltanz d. h. Reihe von Solos welches der Uebergangspunkt ist oder mehr Zusammenwirken aller, welches wieder mit jenem wechseln kann wie in Liedern Solo und Refrain. Ein anderer Theilungsgrund ist das Zusammensein oder getrennt sein der Geschlechter. Das leztere ist eine mehr subjective Behandlung, das erste ist mehr objectiv denn die Einheit von Seele und Leib ist anders modificirt in beiden Geschlechtern und tritt also nur ganz in die Anschauung wenn beide sich neutralisiren. Von dieser Seite hat man dem Tanz den Vorwurf der Unsittlichkeit gemacht. Allein die aesthetische Grenze tritt hier gewiß noch eher ein als die sittliche. Denn da die Kunst ein Ineinander ist von Begeisterung und Besonnenheit: so muß sie aufhören wenn eine fremdartige Begeisterung eintritt, welche jenes Ineinandersein in 1 ihrem] über )den PihrigenS* 8 der] folgt )PumsoS* 8–9 Entgegengeseztes … modernen.] am rechten Rand (wohl für das Kolleg 1825) 17 orchestischer] über )P S* 22 XLIII.] am rechten Rand 34–1 dieser … PverschiebtS.] mit Einfügungszeichen am linken Rand

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seinen beiden Elementen PverschiebtS. Die größten Unterschiede wird man immer finden wenn man die abweichendsten Nationalitäten vergleicht slawisch germanisch romanisch. Daher haben gewiß die verschiedenen Formen eine ursprünglich nationale Bedeutung und sind theils auf die körperliche Constitution theils auf die Lebensweise gegründet. Das physiologische des Tanzes ist ebenso schwer zu verstehen als das der Sprache. Nur wenn man sie durcheinandergemengt und verunstaltet auf einem fremden Gebiet sieht verschwindet jene Anschauung und sie erscheinen zufällig und conventionell. Hieraus geht hervor daß die Blüthe dieser Kunst für ein jedes Volk nur sehr kurz ist. Es muß sich über die schwerfällige Arbeit welche Gewandtheit und Schönheit zurükdrängt erhoben haben, aber noch nicht in den allgemeinen Weltmarkt verflochten sein. Denn dann geht der Sinn für den Unterschied des eigenthümlichen und fremden und somit die ganze ursprüngliche Bedeutung verloren, welches eben die Kunst in Mißruf gebracht | hat. Am schlechtesten wird sie an den Höfen getrieben wo sie zum organischen Gliede steifer Festlichkeiten herabgewürdigt ist und von dem natürlichen Hergang keine Spur übrig bleibt. Von dem Volkstanz sollte sich der h ö h ere Ta nz eigentlich nur durch die strengere Schule unterscheiden und dadurch daß auf eine bestimmte Weise die Tradition des Normalen fortgepflanzt würde. Jezt aber ist er ganz in den Händen der Schaubühne welche selbst dem volksthümlichen durchaus entfremdet ist. Wie der Volkstanz in den ungebildeteren Erscheinungen noch die Spuren des kunstlosen an sich trägt, so der höhere Tanz in überbildeten Erscheinungen den Uebergang in das Seiltänzerische. Bewegungen die so ganz das natürliche Verhältniß des Leibes zur Erde und der Gliedmaßen unter sich zerstören können unmöglich wahrer Ausdruck sein; es ist nichts darin was sich auf die Seele zurükführen ließe, und sie haben kein anderes Verdienst als das der überwundenen Schwierigkeit. Daher gehören sie dem athletischen an und liegen außer dem Gebiet welches nach antiken Begriffen dem freien Mann anständig war. Auch entstellen sie den Körper nach wenigen Jahren was der richtig getriebene Tanz niemals kann. Die Bühne soll in gewissen musikalischen dramatischen Darstellungen den Tanz der dem Gegenstand angehört und mit dem dramatischen Chor zusammenhängt nicht ausschließen; aber der Bravourtanz hat noch weniger Recht an das Drama als die BravourArie. II M i m i k im engeren Sinne, wie sie vornämlich auch bei der dramatischen Darstellung vorkommt: begleitende Darstellung der in der Rede sich offenbarenden Zustände durch Leibesbewegungen. Die Schwierigkeit der Aufgabe ist sogleich zu erkennen, wenn man auf 6–7 Das … Sprache.] am rechten Rand (wohl für das Kolleg 1825)

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den Gegensaz von Stellung und Bewegung achtet, auf dem Maaß und Haltung also alles kunstmäßige beruht. Denn man kann sich wol die Möglichkeit denken die Aeußerungen gewisser Zustände unter gewissen Umständen zu beobachten und danach auch frei zu produciren und zwar auch auf ideale Weise; aber wenn die Stellung dasjenige ist was von der Bewegung, und also | noch fixirter von einer langen Reihe von Bewegungen übrig bleibt wo soll die Stellung herkomen? Daher auch die wenigen Meister gleich beim ersten Auftreten erkannt werden als solche die lange schon gewesen zu sein scheinen was sie jezt darstellen wollen. Etwas hilft man sich zwar indem man unter die Schauspieler nach ihrer Gemüthsart und Lebensstufe die Rollenfächer vertheilt, deren nähere Betrachtung (als allgemeines Schema der Charakteristik) eine sonderbare Psychologie abgeben würde. Allein das hilft doch nicht gegen die individuelle Differenz und den unverhältnißmäßig schnellen Uebergang aus einem Alter in das andere. – Das erste was sich hier zeigt ist ein schneidender G eg ensa z des a ntiken u n d m o d e r n e n . Bei uns die Gesichtsmimik die Hauptsache und alle anderen nur begleitende Instrumente; bei den Alten tritt vermittelst der Masken die Gesichtsmimik ganz zurük und die Gebärden treten hervor. Der erste Grund davon scheint der, daß den Alten in Bezug auf das Gesicht die Stellung die Hauptsache war, da freilich die Gesichtsbewegungen wegen größerer Theater und Mangel an Gläsern wenig bemerklich sein konnten. Wie denn auch wir, was wir in Gesichtsstellung leisten nicht ohne Schminke und Färbung, also temporäre Maske, hervorbringen. XLIV Sobald nun die Gesichtsmimik frei und hervortretend ist so entsteht in einem weit höheren Sinn die Aufgabe das Fragmentarische der dramatischen Person zu ergänzen. Denn keine dramatische Person ist ein ganzer Mensch weder ist das ganze vorige Leben und dessen Einfluß poetisch gegeben noch auch alle Nebenvorstellungen und Interessen des gegenwärtigen Momentes. Im Gesicht aber kann sich das alles abbilden, und soll sich also auch, weil wenn es dies nicht enthält es leer ist. Diese Aufgabe aber kann nur auf eine ganz willkührliche Weise gelöst werden. Daher auch die Art wie verschiedene mimische Künstler dieselbe Person fassen ganz verschieden sein kann ohne eigentlich falsch zu sein. Die Aufgabe ist eigentlich der mimische Künstler soll eine zweite Erfindung machen zu der ersten des Dichters und beide sollen sich durchdringen. Das ist noch eher möglich wo wie bei den Alten der Dichter selbst die Schauspieler einlehrt ein Fall der in der heimathlichen | dramatischen Kunst fast niemals vorkommen 4 Umständen] folgt )PfreiS* 26 XLIV] am rechten Rand

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kann. Darum ist nun der Zuschauer selbst der dritte Künstler der erfinden muß, denn wenn man hört wie mehrere Kenner dasselbe Spiel desselben mimischen Künstlers entwickeln wird man auch wenig Aehnlichkeit finden. Die antike Kunst hält also offenbar durch ihre Weise den Gegensaz zwischen dem Künstler und dem Betrachtenden besser auseinander. Der zweite Grund des Gegensazes liegt in dem Uebergewicht der Poesie in der alten und der Prosa in der neuen Dramatik, indem die Prosa die Aufmerksamkeit auf das Gesicht hinzieht, die Poesie sie davon ablenkt. Wir fangen zwar an zur Poesie zurükzukehren aber sie tritt noch nicht vor. Die englischen Verse sind kaum Poesie der Form nach die französischen kaum dem Inhalt nach. Prosa und ungemessene Rede bedarf in der Kunst einer Ergänzung und diese sucht man an dem Gesicht welches auch, schon weil seine Bewegungen unendlich klein sind, ungemessener Bewegungen fähig ist; die Poesie ist in sich vollständig und bedarf nur einer harmonischen Begleitung und diese findet sie in den eines bestimmten Maaßes fähigen Bewegungen der Gestalt. Die Kunst besteht also aus drei Elementen 1. S pra chmimik d. h. richtiger Vortrag der Rede; denn dieser ist, abgesehen von dem der Musik anheimfallenden Gesang, in Absicht der Intonation und Accentuation bedingt durch die richtige Bewegung der Sprechorgane. Kein Mensch kann seine eigne Rede in unmittelbarer Production falsch accentuiren sondern nur wenn er sie nach langer Zeit liest oder wenn er sich durch Auswendiglernen aus der Stimmung herausgesezt hat. Sprachmimik heißt mit Recht auch der Vortrag der eignen Rede. Die ausgearbeitete ist schon wieder fremd geworden. Bei der Improvisation ist doch etwas ähnliches in Bezug auf die einzelnen Theile. 2. G e s i c h t s m i m i k ; denn ganz fehlt die auch bei den Alten nicht da besonders die Bewegungen des Auges frei bleiben. 3. G eberdenmim i k . Daß die Sprachmimik der Centralpunkt ist, kann nicht bezweifelt werden. Denn sie ist etwas vollständiges in sich; ihre einzelnen Züge, abgesehen von der Rede selbst, geben doch ein klareres Bild von der Hauptstimmung und ihrem Wechsel als das ganze Minenspiel für sich oder alle Geberden für sich. Die drei Elemente können in sehr verschiedenem Maaß hervortreten; aber die Intensität des Kunstgemäßen muß in allen dieselbe sein. Die Vollkommenheit muß nun also liegen in der rechten Beziehung der beiden Nebenelemente auf das Hauptelement. 11 kaum] über )bloß* 14 sind,] folgt )nur* 16 eines] über )mit* 25– 27 Sprachmimik … Theile.] am rechten Rand (wohl für das Kolleg 1825) 33 von] über )von* 34–36 Die … sein.] am rechten Rand (wohl für das Kolleg 1825)

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XLV. Die Gesichts und Gestaltsbewegungen gehen im Gespräch – welches man immer zum Grunde legen muß, denn der Monolog, welcher sich ohne Pause nicht denken läßt, ist darunter zu subsumiren – der Rede voran. Sie sind der Ausdruk des Eindruks welchen die Rede des andern macht. Die Gesichtsbewegungen offenbar die ersten weil sie schon | das leiseste bezeichnen. Auch deshalb hat die antike Weise den Vorzug weil ein ausgezeichnetes Mienenspiel des zuhörenden die Aufmerksamkeit von dem Redenden der doch Hauptperson ist ablenkt, und so die Einheit des Momentes stört. Auch in der eignen Rede giebt es in den Pausen eine Kenntnißnahme von dem Eindruk den die Rede gemacht, welcher sich innerlich abbildet und in die Production des folgenden einfließt. Jeder Moment beruht also auf einem pathematischen und einem productiven Theil welcher wieder einen pathematischen hervorbringt. Ob die Geberden sich schon vor der Rede entwikeln (welches in mehr gesteigerten Zuständen natürlich ist) hängt von den Umständen ab. Das Ganze also beginnt mit stummem Spiel, welches zwar unmittelbarer Ausdruk des Gefühls ist, aber es steht zugleich schon unter dem Einfluß des sich entwickelnden Gedankens, und unterscheidet sich eben dadurch zugleich von der eigentlichen Pantomime. Das Maximum des Moments ist im Zugleichsein der Rede und beider Bewegungen. Wie vorher in den Bewegungen das pathematische hervortrat so muß jezt dieses zurück und das besonnene hervortreten indem die Bewegungen unter die Gewalt der Rede kommen. Die Gesichtsbewegungen müssen dabei schon ständig geworden sein und den herrschenden Charakter ruhig wiedergeben denn kleine Gesichtsbewegungen dürfen neben denen der Sprachwerkzeuge nicht stattfinden, als welches an den Wahnsinn grenzen würde. Hört nun die Rede auf so geht alle Bewegung allmählig in Stellung über d. h. verschwindet auch als stummes Spiel in den relativen Indifferenzpunkt aus welchem sich ein neuer Moment entwickeln kann. Während der Rede aber ist in den Bewegungen noch ein andrer Antagonism, denn wie in der Rede selbst Sylbenmaaß und rhetorischer Accent mit einander kämpfen so theilen sich auch die Bewegungen; die eigentliche Gesticulation folgt dem rhetorischen Accent, Gang und Haltung dem Sylbenmaaß. Die Einheit aller dieser Antagonismen und die Leichtigkeit im Steigen und Fallen der einzelnen Bewegungen ist die Vollkommenheit des Spiels. Wenn nun aber hiebei freilich zum Grunde liegt daß eine jede Bewegung gehörig d. h. dem Gemüthszustande wie er sich in der Rede ausspricht angemessen sei: so ist dieses eine Sache der Beobachtung 1 XLV.] am linken Rand 9–14 Auch … hervorbringt.] am linken Rand (wohl für das Kolleg 1825) 22 hervortrat] über )zurüktrat* 29 den] folgt )In*

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welche hier nicht durchgeführt werden kann. Sondern nur dieses ist zu behaupten daß die Sache physiologisch sei und eben deshalb beobachtet werden muß, und nicht conventionell in welchem Fall sie könnte erlernt werden. Allerdings werden dieselben Bewegungen nach Volk und Zeitalter verschieden dargestellt allein diese Verschiedenheiten sind nicht willkührliche Erfindungen | einzelner Künstler und das abweichende Urtheil nicht ein eingeführter Geschmack sondern nationale, ganz analog den nationalen Tanzformen. Denn wie dort die Form auch das Maaß bedingt und also erst mit dem Uebergang aus dem natürlichen in die Kunst sich bildet woher eben der Schein der Willkühr entsteht demohnerachtet aber der nationale Typus sich auch in der Kunstform ausdrückt: so giebt es auch hier einen Unterschied zwischen den natürlichen Bewegungen und denen im Kunstgebiet, aber in lezterem sind doch nur durch das Maaß umgebildete individuelle Naturformen. Diese Umbildung erfolgt aber auch nur durch schaffende Beobachtung, und dies ist der Weg den jeder gehen muß. XLVI Die Vollkommenheit des Spiels bewegt sich aber in den Grenzen folgender G e ge n s äz e . Betrachten wir die Bewegung aus ihrem Mittelpunkt wo beide Nebenelemente und das Hauptelement zugleich sind so kann es ein zu wenig der Mimik geben gegen die Erregung welche sich in der Rede offenbart und dies ist das Todte, es kann auch ein zuviel geben der Bewegung, und dies ist das Ueberla d e n e . Beides ist fehlerhaft. Das erste zeigt offenbar daß der Leib als Organ nicht durchgebildet ist, daß aus dem innersten Mittelpunkt der die Indifferenz des leiblichen und geistigen ist die Bewegungen nicht ungehindert entstehen; es tritt also der innere Typus des Seins, wie er grade diese Kunst erzeugt, alsdann nicht hervor. Das andere kann seinen Grund theils haben in einem Mangel der Gedankenerzeugung; aber weil wir die Mimik abhängig von der Rede sezen, so dürfte sie auch dann in der Kunstausübung nicht über die Gedanken wie sie sie findet hinaus; theils kann es auch gegründet sein in einer überwiegenden Leiblichkeit, welche thierisch wird, wie denn in allen überladenen Bewegungen, schreien, toben p die Gattung mag sein, welche sie wolle, etwas wildes ist. Die Extreme ergänzen einander wenn man nur die Mittelstraße sucht; es bedarf einer positiven Formel, und diese kann nur liegen in der Art wie die Einheit von Leib und Seele selbst verschieden kann modificirt sein, Nationaldifferenzen und Temperamentsdifferenzen. Man kann sich nämlich denken daß geistiges und leibliches selbst wieder jedes in ein inneres und äußeres zerfällt. Beides in beidem zusammen addirt muß immer gleich sein kann aber den11–12 demohnerachtet … ausdrückt] mit Einfügungszeichen am rechten Rand 17 XLVI] am linken Rand

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noch in der Erscheinung sehr verschieden ausfallen, nur muß dann das Zurükgedrängtsein nach innen, auf welcher Seite es auch liege, irgendwie angedeutet sein. – Betrachten wir die Bewegung in ihren beiden Differenzpunkten, wie sie sich im Entstehen mehr dem Unwillkührlichen nähert, in der Culmination mehr besonnen producirt erscheint: so kann es ein Zuviel jener Annäherung geben wodurch sie in das N a t ü r l i c h e zurüksinkt, und ein Zuviel jener Ablösung, wodurch sie in das G e k ü n s t e l t e übergeht. Beides ist fehlerhaft, denn in jenem ist der all|gemeine Kunstcharakter der Bestimmtheit und des Maaßes verloren, in diesem der besondere daß der leibliche Ausdruk des Innern Darstellungsmittel sein soll, denn die gekünstelten Bewegungen, welche eben den Schein des conventionellen erregen, sind nicht Ausdruck. Aber beide Extreme erzeugen einander, wenn man von dem widrigen Eindruk des einen getrieben die Mittelstraße sucht. Die positive Formel kann nur die sein daß derselbe innere Typus welcher sich in den Naturbewegungen offenbart auch in den gemessenen Kunstbewegungen sein muß und daß keine Naturbewegung an sich sondern nur durch das Maaß umgebildet erscheinen kann. Die Wahrheit des wirklichen Lebens ist im ungemessenen, denn dieses ist Störung, nämlich Störung dessen was die einzelne Richtung für sich allein hervorgebracht haben würde durch die unendliche Mannigfaltigkeit aller in einander verschlungenen Erregungen. Denn an sich ist ja doch Maaß in allen bloß leiblichen Bewegungen Gang Athemzug Puls. Der günstige Impuls an sich kann das Maaß modificiren aber nicht aufheben, sondern dies geschieht nur durch die Unendlichkeit. Die Kunst aber schließt diese Unendlichkeit aus, daher kehrt natürlich das gestörte Maaß zurück (Eben so ist es mit Sylbenmaaß und Prosa) und dieses ist die Wahrheit der Kunst. Die am meisten gegenüberstehenden Kunstgebiete des t ra g is c h e n und k o m i s c h e n scheinen auf den ersten Augenblik auf entgegengesezten Seiten dieses Durchschnittes zu liegen das komische mehr Natürlichkeit zu fodern das tragische mehr Künstlichkeit; allein sofern das komische eine wirkliche Kunstgattung ist, ist dieses nur Schein. Durch die Natürlichkeit wird die komische Darstellung gemein; sie muß das Maaß immer festhalten; durch das gekünstelte wird das tragische bombastisch, sie muß die Ausdrüklichkeit immer fest halten. Der Unterschied liegt vielmehr nur darin daß die komische Darstellung nachgelassener ist, die tragische gespannter welches aber nicht hieher gehört, indem es hier aus der Abhängigkeit der Bewegungen von der Rede folgt. Denn jedes tragische Sylbenmaaß ist strenger als das gleiche komische. Die eigenthümliche Beschaffenheit beider 10 leibliche] über )unwillkührliche*

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Arten von Bewegungen aber ist auch nur aus der Beobachtung zu nehmen welche außerhalb unseres Kreises liegt. Nur das kann gesagt werden daß die Fähigkeit zur rechten Beobachtung und Nachbildung bedingt ist durch die Selbstbeobachtung. Nur wer die Keime aller Gemüthszustände in sich findet, wird ihre Aeußerung richtig beurtheilen und produciren. Aus einem dunkeln Gefühl hervor will auch die Kennerschaft hier allgemeiner sein als auf irgend einem andern Gebiet. XLVII. Die bisherige Betrachtung ist zwar auf das Gespräch gegründet worden, aber doch der Mimiker nur einzeln betrachtet. Allein das Zusammensein mehrerer erfordert offenbar eine Zusammenstimmung in ihren Bewegungen, die wir in dem Ausdruck G ruppirung im weitern Sinne zusammenfassen können. Schon im gemeinen Leben werden alle drei Elemente anders modificirt wenn wir mit andern Menschen zusammen sind und dies Zusammensein muß also Einfluß | haben auf die ursprüngliche Construction. Demohnerachtet darf aus dieser neuen Forderung kein Widerspruch mit den bisherigen entstehn. Die Aufgabe löset sich durch die Voraussezung, daß jede Vereinzelung nur eine relative Selbständigkeit ist. Jeder ist in seinem Innersten ein Ineinander von Persönlichkeit und Gemeinsinn; und ein solcher Gemeinsinn entwickelt sich auch aus dem vorübergehenden Zusammensein. Er ist zusammengesezt aus dem was in der dargestellten Person durch ihr Zusammensein mit den andern dargestellten entstehen würde, und aus dem was sich in dem darstellenden Künstler durch das Zusammensein mit den andern darstellend entwickelt. Das erste ist bei unsern Bühnen das Gemeingefühl des Stüks, welches sehr selten zu finden ist; das zweite das Gemeingefühl der Truppe, das Eingespieltsein mit einander. Je mehr diese beiden Elemente auseinandergehn, desto schwerer ist es in der Gruppirung etwas tüchtiges zu erreichen, woraus aufs Neue hervorgeht wie sehr die Darstellung fremder Nationalität die ganze Aufgabe erschwert. – Uebrigens ist die Gruppirung denselben Extremen ausgesezt. Wenn zu sehr auf die Bewegungen der andern Rüksicht genommen wird: so wird die Tendenz überladen und das einzelne Spiel leidet darunter. Nimmt einer zu wenig Rüksicht: so kann er freilich seine Persönlichkeit hervorheben aber das Ganze als solches ist todt. Wenn man bestimmte Formen für die Gruppirung allein sanctioniren will: so verfällt man in das gekünstelte, steife conventionelle zE Pyramiden oder Ellipsen. Wenn man sich mit dem begnügen will was sich auch im gemeinen Leben von selbst macht so 2–7 Nur … Gebiet.] mit Einfügungszeichen am linken Rand (wohl für das Kolleg 1825) 8 XLVII.] am rechten Rand 14 zusammen sind] zusammensieht

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fällt man in das kunstlose und gemeine. Material können wir hier überall nicht ins Einzelne gehn welches nur einer speciellen Theorie der Mimik muß vorbehalten bleiben. III P a n t o m i m e . Ist der Form nach Orchestik weil sie ganz von der Rede getrennt ist, dem Inhalt nach dramatische Mimik, weil sie eine bestimmte Handlung darstellt. Hieraus geht hervor daß es eine zwiefache Ansicht der Pantomime giebt, als erhöhter Ta nz und als v e r s t ü m m e l t e s D r am a. Auch hier fällt gleich der Gegensaz zwischen dem Antiken und Modernen auf. Die antike Pantomime war von den großen Volksfesten getrennt hatte also gar keinen Zusammenhang mit dem Drama, und kann schon | deshalb nicht als verstümmeltes Drama angesehn werden. Sie kam nur vor in der Privatgeselligkeit von den Tänzern geübt, welche nicht für sich und unter sich sondern für Andere tanzten. Der bloße Tanz ist als Ausdruk der Stimmung dem Betrachtenden selten völlig verständlich, der tanzende selbst aber ist sich seiner Stimmung bewußt. Darum bedarf der Volkstanz einer solchen Erhöhung nicht. Wenn aber ein Anderer getanzt wird ist sie erwünscht. Die Stimmung wird an einer einzelnen Geschichte exemplificirt, und an den Verlauf von dieser die Succession der Bewegungen geknüpft. Bei den Alten nun waren die Gegenstände aus dem mythologischen Cyclus genommen und also augenblicklich und vollkommen verständlich. Darum bei ihnen die Pantomime der Gipfel der mimischen Kunst am meisten für sich verständlich (Ob auch wie ich vermuthe die Gesichtsbewegung von der Maske erlöst?) Wol immer nur Solo und Duett. Bei den Neuern kann von Seiten des Tanzes die Pantomime sich nicht an den Volkstanz sondern nur an den höhren anschließen, und wird also auch die epideiktischen Ausartungen von diesem theilen. Dieser Art des Tanzes weil die Bewegungen ohnedies nicht ausdruksvoll sind thut eine bestimmte Handlung als Erhöhung der Verständlichkeit höchst nöthig. Allein wir haben keinen mythologischen Cyclus, sondern es sind nur fingierte Gegenstände die durch bänkelsängerische Texterläuterung müssen verständlich gemacht werden. Darum erscheint die Pantomime überwiegend bei uns als verstümeltes Drama. Am besten wenn bekannte dramatische Gegenstände die einfach genug sind so behandelt werden. Dann kann die Pantomime wenigstens ein Studium sein für den Künstler sowol als Betrachter. Denn im Drama sind doch die Bewegungen nur Nebensache. Ein isolirtes Hervortreten derselben im dramatischen Geist schärft die Productivität des Künstlers und den Sinn des Kenners. 29 als] über )oder*

39 Kenners] über )Künstlers*

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Die ältere italienische Schule aus der wir noch die Vigano gesehen haben hat diese Tendenz; die neuere französische will erhöhter Tanz sein ist aber nur erhöhte Seiltänzerei, wo im Ueberladenen und gekünstelten die Kunst zu Grunde gegangen ist. Sollen wir etwas dem Alterthum analoges gewinnen so müßten sich die Pantomimischen Darstellungen mit sehr leichter Behandlung an den Volkstanz anschließen. XLVIII. S c h l u ß b e m e r k u n g. Indem wir was auf diesem Gebiet sich am meisten als Kunst hervorthut getadelt haben | (denn auch an der alten Mimik muß man es doch als eine andere Unvollkommenheit ansehn daß sie den ausdruksvollsten Theil des Leibes gewaltsam in Ruhe sezt): so ergiebt sich von selbst daß diese Kunst als solche nur einen kleinen Kreislauf hat, und daß ihr eigentlicher Werth nicht auf ihrem höchsten Gipfel ist sondern da wo sie sich aus dem Leben herausbildet, Volkstanz, und da wo sie sich wieder ins Leben zurükbildet. Dies geschieht von der eigentlichen Mimik aus indem auch den unwillkührlichen Bewegungen durch die Verwandtschaft mit der Kunst die Anmuth welche in der leichten Durchdringlichkeit des Leibes und in dem leichten Wechsel von Stellung und Bewegung besteht sich einbildet und auch die Annäherung an das feste Maaß sich in demselben Grade einstellt als auch die erregtere Rede sich dem Maaße nähert. Dies uneigentliche Kunstgebiet scheint das lezte Ziel dieser Thätigkeit; aber dies würde nicht erreicht, wenn sie nicht immer auch für sich hervortreten wollte, weil alles einigermaßen kräftige dieses will. Darum wo diese Richtung nicht stark genug ist um ein eignes Kunstgebiet zu erzeugen Die eigentliche Kunst hat also ein unermeßliches Gebiet der Rükwirkung hinter sich, und sie will immer nur für sich hervortreten um auf dieses immer ihren Einfluß auszuüben. Aus diesem Gesichtspunkt sollten wir anfangen unsere theatralischen Anstalten zu betrachten nicht als unentbehrliche Mittel die dramatische Poesie in ihrem höchsten Lichte zu zeigen. In dieser Beziehung werden wir am Ende noch einmal auf sie zurükkommen. Fragen wir nun welches ist das P r i n c i p d e r e i ge n t h ü m l i c h mimischen Beg eister u n g , durch dessen Anwesenheit der allgemeine Kunsttrieb sich für diese Form bestimmt: so ist es das erhöhte Lebensgefühl von der Geistigkeit des Leibes von der ganzen Identität beider Functionen vermöge deren alles leibliche nur die äußere Seite des Geistigen ist. Dieses 7 XLVIII.] am rechten Rand bricht ab, am rechten Rand

13 sie] über der Zeile

24–25 Darum … erzeugen]

1 Salvatore Viganó und seine Ehefrau Maria Viganó wurden berühmt durch ihre Paarauftritte in den 1790er Jahren etwa in Wien, Berlin, Dresden, Hamburg und Venedig. Von einem Gastspiel in Berlin sind Nachzeichnungen des Malers Johann Gottfried Schadow überliefert.

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Gefühl kann aber nur entstehen da wo die Leibesbewegungen nicht alle in dem mechanischen der bildenden Thätigkeit aufgehn, und der Leib auch nicht durch das Zurükziehen der Seele in die erkennende Thätigkeit von ihr mehr abgelöset und in sich selbst verhärtet ist. Also nur in den freien Klassen bildet sich diese Kunstthätigkeit. Bilden diese nun die Masse so gewinnt die Kunst ihre reine Existenz wie bei den Alten. Ist aber das Volk sehr differentiirt so muß die Thätigkeit von Einigen für Andere dargestellt werden um in diesen erst das BeWußtsein zu erregen und ihr Spiel von seiner rohen und ungemessenen Wildheit und ihre Redebegleitung von der pathematischen Wuth zu steigern, dies ist der moderne Zustand in welchem die Kunst mehr Schule wird. Natürlich aber | muß sie sich um dies zu sein in Gegenständen bewegen welche dem Volke zugänglich sind. Dieses begeisternde Gefühl ergießt sich nur in die beiden Hauptzweige deren Bedeutung erst von diesem Punkt aus recht klar wird. Die Orchestik nämlich hat es mehr mit der Irritabilität zu thun; denn was sie mit Bestimmtheit ausdrücken kann ist selten etwas anderes als der freie oder gehemmte Zustand des Blutumlaufs und der Respiration. Die Mimik hat es mehr mit der Sensibilität zu thun. Auch sieht man hieraus wie die Pantomime indem sie beides vereinigt das höchste ist, aber auch ihre epideiktische Natur, daß sie eben nur zeigen will, wie eines dem andern nicht darf hinderlich sein. Offenbar nun kann dieses Grundgefühl sich erst entwickeln wenn durch Entwiklung der Vernunft und des Geschlechtstriebes der Gegensaz beider Funktionen gespannt ist, und also ihre über ihm liegende Identität bewußt werden kann. Kinder tanzen nie im Ernst sondern nur nachahmend, nur in der Mimik können sie zwar bedeutend sein aber in der höchsten Unbewußtheit, die geringste Spur von Bewußtsein darin macht sie unerträglich. Der Tanz ist in die Jugend eingeschlossen hernach soll nur Anmuth und Leichtigkeit in Stellung Bewegung und Kleidung davon ins Leben übergehn; und auch die Mimik darf sich als Kunst nicht ins Alter hinüberziehen, weil die überwundene Schwierigkeit sich in eine fremde Existenz hinein zu denken schon zu sehr überwiegt. Also auch in der Dauer zeigt sich der kurze Kreislauf dessen was eigentliche Kunst ist. Und weil sie am wenigsten vom kunstlosen sich sondert hat sie nach unserer Anordnung mit Recht den ersten Plaz eingenommen. Ihr Hauptzwek bleibt das Urbild aller Grazie im Leben zu sein, und zwar die Orchestik in sofern die Gemeinsamkeit darin dominirt, die Mimik sofern die persönliche Eigenthümlichkeit hervortritt. (Die Gruppirung ist wieder das orchestische in der Mimik) 11 steigern] Kj. reinigen 30 in … Kleidung] am linken Rand 36 mit Recht den] über )am meisten* 37–40 , … Mimik)] mit Einfügungszeichen, auf den linken Rand hinausgeschrieben (wohl für das Kolleg 1825)

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Noch ist ihr Ve r h äl t n i ß z u an d e r n K ünst en aufzusuchen um die Anknüpfungspunkte zu finden. Der Musik steht sie gleich durch den gemeinsamen Charakter. Beide sind rhythmische Productionen und Genüsse; nur die Musik an Ein Organ gebunden, die Mimik über den ganzen Leib verbreitet. Beide locken sich gegenseitig hervor, und sind jede für sich betrachtet in völliger Gleichheit einander unentbehrlich. – Der Plastik ist sie verwandt durch den Gegenstand ja auch durch das Princip. Allein die Plastik kann im Bilde nur die Ruhe und in der Ruhe die Möglichkeit der Bewegung darstellen, die Mimik am lebendigen Leibe nie die Ruhe selbst sondern nur ihren Schein im Uebergang aus einer Bewegung | in die andere. Aus demselben Grunde muß die Plastik alles auf die feste Grundlage, den Knochenbau, beziehen wogegen die Mimik nur das Elastische zur Anschauung bringen will. Beide sezen also beides in umgekehrtes Verhältniß. Beide also gereichen sich zur Ergänzung, und schwerlich kann die eine in den rechten Flor kommen wenn die andre zurük bleibt. Die Mahlerei hat nach unserer Ansicht nur die Verwandtschaft des Gegenstandes, nur daß der Gegenstand der Mimik nur ein Theil des ihrigen ist. Aber die Mahlerei ist einer Seite der Mimik verwandt welcher die Plastik fern ist nämlich dem aufeinander bezogen werden der Gestalten in der Gruppirung; nur daß die Mahlerei dabei mehr auf das vermittelnde Licht sieht als auf die Leichtigkeit des Wechsels der in der Mimik dominirt. Also auch hier Ergänzung. Das Verhältniß der Poesie ist nach den verschiedenen Gattungen derselben verschieden. Alle Poesie existirt nur durch den Vortrag und kann also der Sprachmimik nicht entbehren. Aber die epische verlangt auch nur diese. Die Rhapsoden thaten mehr aber uns würde dadurch die Wirkung der Poesie alterirt erscheinen; die lyrische Poesie läßt zu und verlangt Gebehrdenspiel, die dramatische auch Minenspiel und Tanz. Also Gleichheit mit der Musik. Parallelismus mit den bildenden Künsten, Abhängigkeit von der Poesie. XLIX. M u s i k Der Mimik verwandt theils dadurch daß Ton so wie Gebehrde natürlicher unwillkührlicher Ausdruck des erregten Gefühls ist, theils durch das Hervortreten des Maaßes, also der Freude an dem ersten eigenthümlichen Element aller Kunst, so wie durch gegenseitige Anziehung und gleiche Dienstbarkeit gegen die Poesie umfaßt doch als Kunst ein weit größeres Gebiet. Jede mimische Bewegung soll ei14 Beide … Verhältniß.] am rechten Rand (wohl für das Kolleg 1825) korr. aus Die 32 XLIX.] am linken Rand 32 theils] über der Zeile sche] über der Zeile

24 Alle] 37 mimi-

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gentlich eine ihr entsprechende Naturbewegung haben und nur aus dieser für das Maaß umgebildet sein. Dagegen hat den Ton die Natur nur sehr mangelhaft angelegt. Der Stimmumfang der im Reden gebraucht wird ist weit geringer und selbst im Weinen und Lachen werden die Grenzen der Höhe und Tiefe nicht erreicht; außerdem aber hat der Mensch die ganze Tonwelt der Instrumente rein erfunden. Wenn wir die Betrachtung wie bisher führen wollen müssen wir allmählig die Musik aus dem Kunstlosen entstehen lassen und die Elemente ins Auge fassen durch welche die Kunstwerke ihr Dasein und ihre Kraft haben. Zuerst also wird der Ton ein bestimmter und gehaltener. Aber in der bloßen Dauer ist er noch nicht völlig gemessen und also noch kein Kunstelement. An einem bestimmten gleich gehaltenen Ton können wir | nur die Reinheit und Stärke des Organs bewundern; gemessen wird er erst wenn die einfache Dauer sich in Zeitabschnitte theilt und diese vielfältiges oder aliquote Theile einer angenommenen Zeiteinheit sind. Hier entsteht also wieder ungemessenes wenn diese Einheiten nicht wieder gleiche Abschnitte, Takte p bilden. Ein so in ungleichen commensurabeln Absäzen durch mehrere gleiche Interimen gehaltener identischer Ton bringt schon eine Kunstwirkung hervor. Der Ton wird durch Anschwellen und Verlaufen schon an sich gemessen. Also zwei Arten rhythmisirten Tons Gleicher so abgesezter[,] ungleiche aneinandergereiht. Da ferner der Ton die Indifferenz ist von Reden Weinen und Lachen, als den drei Naturlauten deren jeder sich dem Gesang annähern kann aber nicht eher Gesang wird bis er aufhört zu sein was er war, und da jeder gesungene Ton eine Analogie zu einem von diesen dreien ist und dieses durch den Vortrag verräth so kann auch der einzelne r h ythmisirt e Ton schon einen Eindruk machen der aber freilich so nicht lange ausgehalten werden kann.8 Es muß also das zweite hinzukommen, nämlich der Ton differentiirt werden nach Höhe und Tiefe d. h. Melodie. Die Bedeutsamkeit des Naturlautes scheint verringert im melodischen Thema. Ein melodischer Satz von einfachen Tönen ist schon ein Kunstganze. Wenn er nicht ganz bedeutsam ist: so kommt es nur daher weil die Musik erst in ihrer völligen Ausbildung allein hervortreten darf; aber als Thema eines Gesanges oder Liedes gedacht muß ein einfach melodischer Saz ganz bedeutsam und in sich abgeschlossen sein. Deshalb würde nun das dritte Element die Har m onie überflüssig erscheinen. 8

Vierter Naturlaut ist Interjection

6 die] über )alle* 20–22 Der … aneinandergereiht.] am linken Rand (wohl für das Kolleg 1825) 25 war] über )will* 27 Vortrag] folgt )verwährt* 30–31 Die … Thema.] am linken Rand (wohl für das Kolleg 1825) 38 Vierter … Interjection] am linken Rand (wohl für das Kolleg 1825)

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Sie ist das Zugleichsein mehrerer Töne, welche also jeder als Glied einer eignen melodischen Reihe anzusehn sind.9 Allein die Harmonie ist durch das Mitklingen der verwandten Töne von der Natur selbst angelegt, und ist also auch nur kunstmäßige Umbildung. Alle musikalischen Wirkungen entstehen aus diesen Elementen. Man sieht auch leicht wie verschiedene Effekte entstehen müssen aus ihrer verschiedenen Unterordnung. Harmonie hebt die Melodie auf. Denn wenn alle Töne zugleich klingen ist in mehrern zusammengenommen keine Melodie. So wie Melodie am stärksten hervortritt, wenn der Eindruck der Folge nicht gehemmt wird durch die Beziehung jedes Tons auf einen gleichzeitigen. Also kann man sich denken Melodie mit zurüktretender Harmonie und Harmonie mit zurükgedrängter Melodie. Eben so aber kann auch Rhythmus in der Verbindung mit einem von beiden hervortreten oder zurük nach der Voraussezung daß Musik schon ist rhythmischer Ton ohne Melodie. Dann nur kann von diesem Punkt aus Melodie allmählig aufsteigen | bis zum Ueberragen, wie denn der Melodie zu Liebe der Rhythmus bisweilen gebraucht wird und im Recitativ in einzelnen Momenten an das Ungemessene streifen kann. Ebenso mit Harmonie. – L. Sehn wir auf den Ton selbst als das gemeinsame Element: so kann die ganze Leiter auf einer Folge von Saiten als ein reines continuum dargestellt werden. Daß nun nicht alle Punkte dieser Leiter in der Kunst vorkommen kommt nur daher weil sie nicht alle in der Natur gegeben sind. Denn mit der Stimme kann man dieses continuum nicht hervorbringen sondern die einzelnen Töne sezen sich in In t e r v a l l e n ab; und die Kunst soll auch hier nur hervorbringen nach der Analogie mit der Natur. Warum aber nun die andern Punkte als Töne nicht wirklich sind ist eine physiologische Untersuchung die nicht hieher gehört. Nur soll man sie nicht rein arithmetisch behandeln und alles auf die Anzahl der Schwingungen reduciren da der unangenehme Eindruck schon anfängt, ehe noch irgend eine Zeiteinheit abgelaufen ist. Das bestimte Absezen der Intervalle ist Basis der Melodie. Die Kunst dürfte aber über die gegebene Leiter nicht hinausgehn als nur nach Analogie der Natur und sie fand keine wenn es nicht in der Natur einen abgeschlossenen Cyclus gab. Einen solchen finden wir nun in der Ok t ave . Warum es aber grade diese ist, ist 9

Gegensaz von Dissonanz und Consonanz worauf er beruht

20 L.] am linken Rand 33–2 Die … zurükführen.] mit Einfügungszeichen am rechten Rand (wohl für das Kolleg 1825) 37 Gegensaz … beruht] am linken Rand (wohl für das Kolleg 1825) 26 Vgl. Schleiermachers Ausführungen zur Musik, S. 915,16–6

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auch eine physiologische Untersuchung, und man muß es nicht vom arithmetischen auf die halbe Saite zurükführen. – Die Natur aber bringt die To n l e i t e r in keiner menschlichen Stimme ganz hervor sondern nur ve r t h e i l t in Geschlechtshälften und Altershälften und hierin liegt die erste Basis der Harmonie; so wie darin daß der gleiche tiefe Ton von einer weiblichen Alt und einer männlichen Tenorstimme doch nicht als derselbe erscheint die Grundlage zur Differenzirung der Töne liegt. Diese ist vollständig geworden in den mannigfaltigen b l a s e n d e n u n d Sai t e n i n s t r u m e n t e n. Der Gegensaz ist nicht zu erkennen ohne in das physiologische des Klanges einzugehn (welches auch nicht verstanden werden kann aus dem Körper allein als Streben sich in die gestörte Indifferenz zurükzuversezen, sondern aus Körper und Luft zusammen als ein gemeinsames Product.) Denn bei den Blaseinstrumenten wird der schwingende Körper durch die Luft in Bewegung gesezt und bewegt diese dann wieder, bei Saiten wird er unmittelbar vom Menschen in Bewegung gesezt. Indeß ist dieser Gegensaz nur untergeordnet und relativ. Becken und Glocken werden geschlagen verlieren aber auch dann die Mannigfaltigkeit der Töne. Auf einerlei Production beider reducirt und doch die Analogie mit dem Gegensaz nicht zu verkennen in der Orgel. Diese Mannigfaltigkeit nun bezeichnet am bestimmtesten den Unterschied der Musik im Kunstumfang von der Mimik. Denn die Vielheit der Instrumente will für sich heraustreten um alle Differenzen zu enthüllen, und wenn dies gleich erst in der modernen Kunst entstanden ist kann man es doch nicht als Ausartung ansehen. Vielmehr erscheint uns diese Fülle sowol für den Tanz als für den Gesang zu viel, sondern da will der Ton allein herrschen. – Der R h yt h m u s hat seine eigne Bedeutsamkeit in der Eintheilung seiner | Periode, dem Wechsel des Schnellen und langsamen und dem Gegensaz von Arsis und Thesis (der im Adagio am wenigsten, im Presto am meisten heraustritt). Die reinen Haupttempi entsprechen offenbar den Temperamenten, Adagio melancholisch Andante phlegmatisch Allegro sanguinisch Presto cholerisch. Auch im natürlichen Stimmgebrauch kommt diese Differenz als unwillkürlicher Ausdruck heraus. In der Kunst aber wird sie von der Abhängigkeit vom Moment befreit. – LI. Die M e l o d i e hat ebenfalls ihre physiologische Basis daß nämlich gewisse Intervalle nur vorbereitend vorkommen dürfen (c fis.) und daß die Melodie nur in andern zur Ruhe kommen kann (Leittöne.) Hiebei indeß scheint die Nationalität schon sehr ins Spiel 14 Blaseinstrumenten] folgt )geht* 19–20 Auf … Orgel.] mit Einfügungszeichen am rechten Rand (wohl für das Kolleg 1825) 25 Vielmehr] korr. aus E 36 LI.] am rechten Rand

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zu kommen weil die Alten nicht alle unsere Intervalle hatten und auch andere Schlußweisen. Die eigentlich melodischen Effecte aber beruhen auf zwei Gegensäzen, dem zwischen Uebergängen und Sprüngen und dem zwischen Hervortreten der Töne und Zurüktreten des Intervalls und umgekehrt. Die leztere Duplicität ist notwendig gesezt weil mit der Succession der Töne auch ihr Verhältniß ins BeWußtsein kommt, und eins von diesen Elementen das andere verdrängen kann. Daß in jedem dieser eine andere Bedeutung liegt ist offenbar. – In der H ar m o n i e fällt jedem zugleich ein der Gegensaz von Consonanz und Dissonanz (der ja nicht mit dem zwischen reinen und unreinen Tönen der arithmetischen Analogie wegen verwechselt werden darf) dieser Gegensaz ist auch untergeordnet, indem es Consonanzen giebt, die sich nicht wiederholen dürfen und Dissonanzen die unentbehrlich sind. Ein verschiedener Charakter entsteht offenbar aus ihrem entgegengesezten Verhältniß. Maximum von Consonanz ist Einfachheit, Maximum von Dissonanzen ist mehr gereizt und gespannt. Von dieser Betrachtung der Elemente kommt man sehr leicht auf den Gegensaz der an t i k e n und m o d e r n en Musik. Bei den Alten war die Harmonie ganz zurüktretend. Nicht nur weil ihnen die zusamengesezten Instrumente fehlten, denn die Hauptgegensäze hatten sie doch; sondern auch weil sie der Indication der Stimmregister nicht folgen konnten, indem es ihrer Lebensweise widersprach beide Geschlechter zu Einer Kunstübung zu vereinigen. In dem Complexus aber von Melodie und Rhythmus herrschte wieder der Rhythmus vor, welcher sich den zusammengesezten rhythmischen Ganzen der Poesie anschloß und von dieser Verbindung durfte die Aufmerksamkeit nicht zu sehr durch die Melodie abgelenkt werden. Die Dichter sezten meist die Sachen selbst, daher der Dichter auch in der Musik zu erkennen war. Bei uns ist der Tonsezer ein anderer, und bei der Ungewißheit ob etwas gesezt worden ist richtet sich der Dichter nicht genug darauf ein. Daher muß auch der Tonsezer mehr | die Musik an sich geltend machen und bringt seinen leicht zu erkennenden Styl hinein. Bei den Alten waren ferner die melodischen Verschiedenheiten weit mehr ethnographisch vertheilt. Wenn man bei uns von deutscher italienischer französischer Musik redet ist das mehr eine Verschiedenheit der Schule. Der Kirchengesang soll zwar eine Brücke sein in die antike Musik; viele Weisen sind noch aus den Zeiten vor der Völkerwanderung. Allein die Musik ist wahrscheinlich von dem Christenthum eben so ursprünglich verändert worden als die Poesie da es von den unteren Klassen ausging und also mehr an das volksgemäß natürliche an31 worden ist] Kj. werden soll

39 ist] über )hat*

40 es] über )sie*

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schließen mußte als an das kunstgemäß durchgebildete was aber schon verfallen war. Auch stimmen die angeblich lydischen myxolydischen p Weisen unsrer Choräle nicht mit den von den Alten angegebenen Charaktern jener νόμοι überein. Endlich wendet sich auch hieran der allgemeine Charakter daß heiliger Styl und leichter Styl nicht so streng auseinandertreten. Der mythologische Cyclus auf dem dieses vorzüglich beruht wirkt in der Musik zwar nicht unmittelbar wol aber durch die Verbindung mit der Poesie. Die Anlage zu einem solchen Gegensaz war in dem Gegensaz der dorischen und jonischen (leztere phrygisch und lydisch) gegeben ist aber nicht reif geworden. LII. Nimmt man diese elementarischen Gegensäze zusammen so ergiebt sich daß jedes musikalische Kunstganze von auch kleinem Umfang Elemente von entgegengesezter Bedeutsamkeit in sich vereinigt. Dieses kann nur geschehn indem eine Einheit der Stimmung in einem Gegensaz der Momente ausgedrükt wird. Aber es folgt auch zugleich daß je mehr sich die Kunst vom Moment losreißt und je zusammengesezter das Ganze wird um desto mehr sich die bestimmte und klare Bedeutsamkeit die dem Naturlaut eignet im einzelnen verliert und nur dem Ganzen einwohnt. Schon ein kleiner Saz wird deutlicher in Verbindung mit Mimik und Musik an sich. Von einem Concert kann der Verfasser wol nicht sagen was er sich beim einzelnen gedacht, bei einer Oper verweiset er uns auf das Gedicht. Es geht nun hieraus hervor daß von dem allgemeinen Kunstmotiv aus, eine Stimmung in einer freien Production auszusprechen die selbständige Musik nicht würde entstanden sein, sondern der begeisterte würde entweder eine andere Aeußerungsart ergriffen haben oder gewartet bis ihm etwas mimisches oder poetisches gekommen wäre woran er knüpfte. Soll nun die Musik selbständig werden so muß die specifische Begeisterung, das beständige Klingen in dem sich der Künstler wie ein schwingender Körper verhält der jede Regung in die Luft ausströmt, dieses muß dazu kommen. Aber dieses ist auch vorzüglich in der Fülle der Töne recht befriedigt; daher reine Instrumental-Musik auf ein Paar Instrumenten mangelhaft erscheint (die Bedeutung der Quar|tette wird anderwärts deutlich werden) und dagegen eine Menge von Instrumenten als Begleitung des Gesanges und Tanzes, wenn nicht beides wieder im großen Ganzen verbunden ist, zuviel. Man kann also einen Gegensaz aufstellen daß in der obligaten Musik die allgemeine Begeisterung vorherrsche in der freien aber die specifische. Doch ist dieser Gegensaz vermittelt durch den theatralischen Tanz und das Drama. Diese erfordern auch die Fülle der Töne und dürfen sich auch 3 mit] über )bei*

3 Alten] über )Griechen*

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nicht an das Einzelne halten wenn sie nicht in den Fehler des Mahlens verfallen wollen. Hieran knüpft sich die Betrachtung der eigenthümlichen Art wie der Gegensaz von Genialität und Virtuosität in der Musik sich verhält, wovon zwar auch in andern Künsten Analoga vorkommen, die aber hier allein recht hervortritt. Nämlich daß die Ausführung sich von der Erfindung ganz trennen läßt, aber dadurch selbst einer eigenthümlichen Genialität fähig wird. Ein vortrefflicher Tonsezer braucht weder singen noch spielen zu können und läßt sein Werk lieber durch andere darstellen. Aber im Vortrage ist immer etwas das sich weder durch Zeichen noch Worte darstellen läßt und was also durch Divination gefunden sein will. Die zusamengesezten Bezeichnungen, welche recht die Idee darstellen sollen sind größtentheils lächerlich; und auch wenn der Erfinder selbst den Spieler einlernen wollte kann er nur tadeln; aber finden muß dieser doch das Rechte allein. Daher können auch Viele nur Manche Componisten gut vortragen, das sezt besondere Verwandschaft oder einseitige Uebung voraus, und ist nicht die rechte Virtuosität; sondern nur die universelle ist genial. Eben so aber kann auch derjenige der seine Virtuosität geltend machen will und dem es an Erfindung fehlt diese mechanisiren wozu auch die Musik mehr Veranlassung giebt durch die Zurükführung auf arithmetische Formeln desto mehr, je mehr nach dem epideiktischen hin. LIII. Man könnte freilich darauf ausgehn die bloße Virtuosität ganz zu mechanisiren, wenn man für alle Nuancen deren ein Ton fähig ist ein vollkomnes Bezeichnungssystem erfände, und dann statt daß jezt schon die meisten Virtuosen sich nur auf Ein Instrument beschränken jeder sich nur auf eine Anzahl Töne in allen Nuancen, oder auf eine einzige Nuance in allen Tönen beschränkte.10 Dann bliebe zulezt, außer dem richtig lesen, nur übrig die Genauigkeit des Anschlags und der Pause. Allein die Musik würde auf diesem Wege auf welchem die Russen bedeutend fortgeschritten sind nur verlieren. Es ist ein geistiges Verhältniß zwischen dem Virtuosen und dem Instrument; kein anderes Beispiel von solcher Anbildung eines äußeren Dinges an das natürliche System der Beseelung; eben so muß auch ein geistiges Ver|hältniß bleiben zwischen dem Tonsezer und dem Virtuosen. 10

PVerhältnißS zu (Mimiker und Rhapsoden) Ueber die Kinder Virtuosen

6–7 Ausführung] über )Virtuosität* 22–23 desto … hin.] am linken Rand (wohl für das Kolleg 1825) 24 LIII.] am rechten Rand 38 PVerhältnißS … Virtuosen] am linken Rand (wohl für das Kolleg 1825)

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Vom K i r c h e n s t i l und K am m e r stil oder Opernstil. Die entgegengeseztesten Punkte sind leicht zu unterscheiden aber die Theilung schwer zu machen. Cantaten, heilige Oper (Athalie) mit ernstem Tanz. Die ernste Oper unterscheidet sich ebenso sehr von der opera buffa als von dem Oratorium. Allein daß sie auch den Tanz hat entscheidet. Der Charakter des Kirchenstyls ist Einfachheit und Klarheit. Der Kammerstil ist auf die Fülle im Gleichzeitigen und Wechsel gewiesen. Darum ist der KirchenStil an die strengsten Geseze des Rhythmus der Melodie und Harmonie gewiesen; das Springende in der Melodie sowie die Annäherung an das ungemessene im Rhythmus ist von ihm verbannt und in der Harmonie greifen zwar in den künstlicheren Gattungen auch die Dissonanzen ein aber die Geseze der Lösung müssen streng befolgt werden, und die harmonische Basis d. h. die Modulation muß einfach sein. Der Kammerstil hat überall mehr Licenzen und darf auch im Auffallenden die Fülle offenbaren. Darum kommt auch im KirchenStil keine bloße InstrumentalMusik vor außer nur als Einleitung, und im Kammerstil kein bloßer Gesang ohne Begleitung, als im Einzelnen Ausnahmsweise. Der strengere KirchenStil hat sonst der Einfachheit wegen auch die Blaseinstrumente ausgeschlossen (Falsch!). Der Kirchenstil hat die Gefahr der Ausartung in das trokne und herbe. Der Kammerstil in das weichliche und üppige; allein beim lezten muß, wie in der Mimik, die Kunstgrenze immer schon überschritten sein wenn ein Grund zur sittlichen Klage da sein soll. Der KirchenStil bedarf überall der Begleitung der Worte oder der Bewegung um die Klarheit auch im Einzelnen zu erhalten. Aber dafür 3 Cantaten, … Tanz.] am rechten Rand 14 Kammerstil] über )Opernstil* 18– 20 Der … (Falsch!).] am rechten Rand (wohl für das Kolleg 1825) 24–25 oder … Bewegung] mit Einfügungszeichen am rechten Rand 3 „Athalie“ ist die letzte Tragödie des französischen Dichters Jean Racine von 1691. Als große Oper in drei Akten wurde „Athalia“ von Johann Nepomuk von Poißl inszeniert (Libretto: Gottfried Wohlbrück) und 1814 in München uraufgeführt. Ihre Erstaufführung in Berlin von 1817, auf die Schleiermacher hier anspielen könnte, wurde mit Bühnenbildern von Karl Friedrich Schinkel realisiert. Obwohl die Dramatik der französischen Klassik bei den Frühromantikern meist scharfe Kritik hervorrief, wurde Racine durchaus geschätzt. So urteilt bereits Friedrich Schlegel: „Unstreitig auch ist er [Racine] derjenige Tragiker der Franzosen, welcher die Alten am besten gekannt, den Sophokles und Euripides am meisten gelesen, und nicht ohne Gefühl gelesen hat.“ (Friedrich Schlegel: Probe einer metrischen Übersetzung des Racine, in: ders. (Hg.): Europa, 1803, 2. Bd., S. 117) Auch A. W. Schlegel lobt Racines „Athalie“ in seinen Vorlesungen „Über dramatische Kunst und Literatur“ von 1808 in Wien: „Sie ist nicht nur sein vollendetstes Werk, ich trage kein Bedenken, sie unter allen französischen Tragödien für diejenige zu erklären, die, rein von allen Manieren, sich dem großartigen Styl der Griechen am meisten nähert“. (A. W. Schlegel: Über dramatische Kunst und Literatur, 2. Th., Heidelberg 1809, S. 199–200; KAV 4/1, S. 231)

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begnügt er sich auch mit der Prosa welches der Kammerstyl nie thut. Denn auch das Recitativ muß poetischen Rhythmus haben. Der KirchenStil schließt den Tanz ganz aus; allein er läßt doch in großen Oratorien den Marsch zu, welches ganz in der Analogie ist mit dem in der Mimik gesagten. InstrumentalMusik ist nur auf einen unterlegbaren Text zu beziehn – melodramatische ist Uebergang dazu. Um die v e r s c h i e d e n e n G at t u n ge n übersichtlich kennen zu lernen müssen wir zum Grunde legen den Unterschied zwischen der gebundenen oder begleitenden und der freien oder selbständigen Musik; dieser dominirt so daß es Künstler giebt welche vortreflich sind in der einen und unbedeutend in der andern. Dies erklärt sich nun auch aus den verschiedenen bewegenden Principien. Denn der Instrumentalist ist begeistert von der Fülle der Tonwelt, allein er entwöhnt sich mit wenigen Mitteln auszureichen. Der begleitende Tonsezer ist mehr begeistert von der Poesie, also von der unmittelbaren Bedeutsamkeit des Tons. Jeder also hat einen Vorzug und einen Mangel der dem andern fehlt. Doch giebt es auch ganz universelle Producenten. | LIV. Wir machen den Anfang von der beg leitenden Musik, welche begleitet entweder den Tanz oder die Poesie am einfachsten beide als bloßer Gesang. Beide enden in der Oper wo sich beide Begleitungen vereinigen und im Oratorium wo der Tanz (religiöser Marsch) zwar nicht selbst vorkommt aber doch musikalisch dargestellt werden kann. In der Tan z b e gl e i t u ng dominirt der Rhythmus und Melodie ist untergeordnet; die Harmonie tritt ganz zurük indem eine einstimmige Begleitung genügt, bis bei großen Tänzen die Mannigfaltigkeit der Instrumente auch die Harmonie eintritt. Daher bei Märschen schon das Spiel von Consonanz und Dissonanz ziemlich stark ist, und gewöhnlich ein Gegensaz zweier Theile in deren einem die Melodie im andern die Harmonie dominirt. – Da Tanz und Musik beide ihre Verständlichkeit nur im Totaleindruk haben, nicht im Einzelnen: so wird sie dadurch nicht vermehrt, und dies lockt auf der einen Seite die Poesie herbei, so daß wir schon auf der ersten Stufe in der B a l l a d e eine Vereinigung von allen dreien haben. Auf der andern Seite geht daraus hervor daß die Musik nicht die einzelnen Bewegungen des Tanzes zu genau begleiten darf ohne in den Fehler der Mahlerei zu verfallen. Sondern je stärker sie hervortritt desto mehr muß sie ihren Zwek durch einen ihr eigenthümlichen Wechsel erreichen und nur das rhythmische Band bleibt. Daher eine den höheren Tanz wo der Rhythmus selbst mehr zurüktritt begleitende Musik fast auch für sich allein will angehört und verstanden sein. 5–6 InstrumentalMusik … dazu.] am rechten Rand (wohl für das Kolleg 1825) 18 LIV.] am rechten Rand 35 zu genau] über der Zeile 37 ihr] korr. aus aus

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In der Wo r t b e gl e i t u n g wird die Musik zunächst angelokt durch den völlig gemessenen Ton d. h. das Sylbenmaaß. Daher sollte man glauben für einerlei Sylbenmaaß könne auch nur einerlei Begleitung sein. Allein dasselbe Sylbenmaaß verträgt den verschiedensten Inhalt (Hieran möchte ich den Hexameter als heroischen Vers nicht anführen. Denn theils ist er rhythmisch höchst mannigfaltig theils ist der Inhalt sehr identisch weil durchaus die Objectivität dominirt, so daß das rhythmische Malen ein Verdienst desselben ist. Eher schon das Distichon denn in diesem tritt die rhythmische Mannigfaltigkeit zurük und die Mannigfaltigkeit des Inhalts hervor.) der auch auf die verschiedenste Stimmung zurükgeht. Im Chora l ist hierin das größte Hervortreten des Rhythmus, und weil die Melodie mehr zurück und die großer Abwechselungen fähige Harmonie mehr hervortritt: so ist es möglich sehr verschiedene Gesänge auf dieselbe Weise zu singen. Doch sezen wir auch hier eine Grenze, und verlangen daß Lieder von entgegengeseztem Charakter auch bei gleicher Strophe doch eine andere Melodie erhalten. Im weltlichen Gesang tritt schon die Frage ein, ob mehrere Strofen Eines Liedes auf dieselbe Weise müssen gesungen werden wenn sie verschiedenen Charakter haben, oder durchcomponirt werden können. Im strengen Styl darf ein strophischer Gesang nicht durchcomponirt werden. Psalmodische Prosa repräsentirt die Poesie LV Die lezte Methode sucht schon sehr die Bedeutsamkeit der Musik im Einzelnen und verliert sich deshalb leicht ins malende. Hier hilft das Verhältniß von Thema und Variation, wenn die Differenz des Inhaltes bedeutend ist. Auf der einfachen Begleitung des Liedes durch die Stimme und ein harmonisches Instrument erhebt sich nun die Begleitung manigfaltig organisirter Poesie im Wechsel von Solo und Chor von Annäherung an die Prosa und von hoher Poesie. Hier tritt bei Mannigfaltigkeit der Formen und Vielheit der Stimmen auch die Harmonie mehr hervor. Dies hat | Einfluß auch auf die Begleitung solcher Theile die sich am meisten dem Liede nähern. Die Begleitung des Liedes kann sich weit über die bloße Deklamation erheben aber wir finden es unangemessen oder müssen es uns gleich in ein größeres Ganze hineindenken wenn es so viel Töne auf eine Sylbe bringt und die Stimme so sehr als Instrument geltend macht wie dies in der A rie geschieht. Diese aber finden wir im Oratorium (nach seinem Maaß) und der Oper gar nicht ungehörig. Hier komen wir nun an die Grenze bei Chören mit durcheinander gehenden Stimmungen (wie Finales in 1 wird] korr. aus will 20–21 Im … werden.] am linken Rand (wohl für das Kolleg 1825) 21–22 Psalmodische … Poesie] am linken Rand (wohl für das Kolleg 1825) 23 LV] am rechten Rand

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der Oper) wo die Musik um Allen zu genügen sich neutralisiren und fast selbständig werden muß. Die f r e i e M u s i k kann nicht leicht in einzelnen Säzen vorkommen ja auch für ein einzelnes Instrument erscheint sie nur fragmentarisch oder höchstens als Studium. Da sie auf dem Zusammensein qualitativer Dissonanzen beruht so ergiebt sich von selbst der Gegensaz daß die verschiedenen Instrumente theils gleich gestellt sind, sy mp h o n i s c h e Musik, theils die übrigen alle auf eines bezogen sind co n c e r t i r e n d e Musik. Erstere ist offenbar die höchste und vollkommenste und muß leztere auf untergeordnete Art in sich schließen. Leztere für sich erscheint mehr als Studium für den Hörer um die einzelne Eigenthümlichkeit für sich kennen zu lernen und als Epideixis für den Virtuosen. Erstere ist wieder theils den ganzen Gegensaz von Wind und SaitenInstrumenten in sich schließend theils nur Instrumente Einer Gattung, wie Quartett, neben einander stellend, und von diesen ist dann die lezte wieder mehr Studium für diese Art oder absichtlich beschränkter Genuß, und dann kommt alles auf Reinheit und Faßlichkeit an, daher die größten Meister diese Gattung nicht verschmäht haben. LVI. Die Ausartung der concertirenden Musik ist das gekünstelte, Seiltänzerei, und das schlimmste der Gebrauch eines Instrumentes außer seinem eigentlichen Kreise. Die Ausartung der symphonischen Musik ist das schreiende, und das schlimmste wenn Töne dazu gebracht werden die nicht mehr rein gemessen sind. Pauke ist Grenze, Janitscharenmusik ist drüber hinaus und reine Barbarei, nur dadurch zu beschönigen daß sie bloß rhythmisch gebraucht wird. – Der Kirchenstil besitzt gar keine freie Musik. Ich selbst sonst gesagt ein Miserere und gloria müsse man auch ohne Text verstehn, und in der Abnahme von Poesie zu Prosa meint man die Worte auch ganz entbehren zu können. Der weltliche Stil hat noch eine Annäherung an die Zwittergattung des melodramatischen, wo die Worte bloß deklamirt werden und die Musik dazu gemacht. Dies nähert sich an die langweiligen Überschriften durch welche man auch den Charakter verstehn soll, und ginge für einzelne Säze wol an. Diese kommen aber im KirchenStyl nur vor im Gange eines KultAktes dessen übrige Theile durch die Rede belebt werden so daß man diese doch immer erwartete. Annäherung aber an diesen Gegensaz ist in der | freien Musik der zwischen t h e m a t i s c h e r und p r o gr e s s i ve r. Die leztere welche außer den einzelnen Takten welche zu atomistisch klein sind nichts wiederkehrendes hat gleicht den Dithyramben in denen kein wiederkehrendes Sylbenmaaß ist. Ihre Ausartung ist daher auch das Verw orrene, in welchem mit dem Maaß auch die Bedeutsamkeit verschwimmt, die 19 LVI.] am linken Rand

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erste hat das wiederkehrende, die Bedeutsamkeit bleibt mehr an das wiederkehrende Thema gebunden und die Tonbegeisterung hält sich mehr an die Ausführung in den Zwischensäzen. Je mehr nun diese abnehmen, um desto mehr nähert sich diese, weil sie ihr eigenthümliches Element zurüksezt, ihrer Ausartung, dem Trocknen. Die Vollkommenheit liegt also in der Annäherung an das progressive, so wie die des progressiven in der Annäherung an das thematische. Da in der freien Musik nach Maaßgabe wie sie zunimmt die Melodie verschwindet und die Harmonie dominirt, so muß sie sich bisweilen zusammenziehn, wie auch die vielstimmige gebundene Kirchenmusik thut, um die Melodie wieder zu heben, und dies auch ohne concertirend zu werden; und da sie nach Maaßgabe wie im Concertiren sich das individuell einzelne heraushebt wieder der Art der begleitenden sich nähert so muß sie sich denn bisweilen entwickeln ohne jedoch symphonisch zu werden. Je mehr dies versäumt wird desto größer die Versuchung zum epideiktischen geistlosen Quinqueliren auf der einen Seite und zum bloßen harmonischen Wust auf der andern. Dies sind aber alles nur allgemeine Gegensäze, und wenn man nach den Gattungen unter diesen fragt: so kommt man auf eine Menge Formen welche eine Zeitlang gegolten haben und dann wieder abgekommen sind; sie werden eine Zeitlang für nothwendig gehalten und hernach von andern verdrängt. Diese construiren zu wollen wäre wunderlich aber man muß sie auch nicht für rein zufällig halten. Sie sind aber eben nicht Gattungen sondern rein individuelle Formen die Elemente zu verbinden welche theils von einzelnen Künstlern ausgegangen sind und sich durch Nachahmung erhalten theils wie die Tanzformen gewachsen sind. Jede an sich ist also vorübergehend; aber daß es zu jeder Zeit solche feste Formen gebe ist nothwendig um die begleitende Fantasie des Zuhörers die von jedem gegebenen Punkt aus auf ein unendliches übergehn kann in gewissen Schranken zusammenzuhalten, und indem die Aufmerksamkeit gleich von vorn eine gewisse Richtung erhält den Genuß zu sichern. Im Ganzen müssen sie immer Beiträge geben zur Charakteristik musikalischer Perioden und Gegenden wenn man aus der Art wie die Elemente verbunden sind ihre Tendenz richtig auffaßt.| Zweite Abtheilung Die bildenden Künste

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LVII. Ihr Hauptcharakter in sinnlichen Anschauungen zu produciren ist oben angegeben, vornämlich aber von Malerei und Plastik gespro38 LVII.] am linken Rand

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chen worden. Unter leztrem Namen ist freilich möglich die Architektur mit zu begreifen; aber von dieser ist zweifelhaft geredet worden und die Frage muß entschieden werden ob sie unter die schönen Künste gehört. Die halbe Maaßregel nur was an ihr Verzierung ist, die Säulenlehre und dgl. für schöne Kunst zu erklären, ist nicht anwendbar. Denn eben dahin würden die Verzierungen aller andern Gegenstände auch gehören und man bekäme eine andere Theorie aber keine Baukunst. Also ganz oder gar nicht. Wenn die Plastik Gestalten hervorbringt so thut das die Architektur auch; nur jene mehr organische und diese mehr mathematische. Aber diese architektonischen Gestalten werden in der Natur auch gefunden, Crystallisation Hölen p und also muß auch eine Differenz des wirklichen und idealen statthaben; auch alle wesentlichen Merkmale der Kunst sind vorhanden. Daß sie nun einem Zweke dient schadet insofern als sie deshalb einen mechanischen Theil hat gar nichts denn davon findet sich die Analogie auch in andern bildenden Künsten. Schaden würde es nur wenn die Darstellung welche den idealen Typus herausbringen will durch die Beziehung auf das Bedürfniß gehemmt würde. Allein a priori betrachtet muß man sagen die Tendenz einen Raum zu bilden könnte dem Menschen gar nicht kommen sondern er würde immer wie die Thiere nur den Raum suchen wenn er nicht den Typus der Gestalten in sich trüge, eben so gut als man sagen kann der Typus würde nicht auf diese Weise zur Darstellung kommen wenn nicht das Bedürfniß wäre. Also steht beides gleich, also ist keine absolute Unterordnung sondern eine wechselnde, und diese hindert nicht sie in das Kunstsystem aufzunehmen. Im voraus also müssen wir sagen wenn sich irgendwo die Darstellung durch das Bedürfniß alterirt findet wird dieses eine Unvollkommenheit des Künstlers sein wie anderswo auch. Im Vergleich nun mit den andern bildenden Künsten kann man zwei Formeln für 2 von] korr. aus man 20–21 sondern … suchen] mit Einfügungszeichen am rechten Rand 24–25 sondern eine] über )und keine* 3–4 Die Diskussion über den Status der Architektur als schöner Kunst spitzte sich nach Kants „Kritik der Urteilskraft“ (1790/93) zu, worin die praktische Zweckmäßigkeit (Nützlichkeit) aus dem Bereich des Schönen herausfällt. Obwohl die Architektur vorwiegend der praktischen Zweckmäßigkeit folgt, wird sie von Kant als Baukunst unter die schönen Künste (Plastik) subsumiert; Beiwerk oder Verzierungen, die Gebäuden äußerlich anhaften, können nach Kant das ästhetische Wohlgefallen an den Bauwerken steigern (vgl. KdU B 43, 70–71, 207–208; Kant AA 1/V, S. 226, 241–242, 321–322). Schelling behandelt die Architektur in seinen „Vorlesungen über die Philosophie der Kunst“ ähnlich wie A. W. Schlegel, der Architektur in seinen Vorlesungen über Kunstlehre (1801/02) als eigenen Kunstzweig bestimmt und betont, dass ihre Schönheit (inklusive der organischen Verzierungen) die mechanische Zweckmäßigkeit zur Voraussetzung hat (vgl. KAV 1, S. 306, 308). Vgl. oben S. 43,2–6.

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die Architectur anlegen daß sie den Typus der mathematischen Gestalten darstellt wie die Skulptur die organischen und dann daß wie die Malerei Gestalten im Raume bildet, die Skulptur Gestalten ohne Raum so die Architektur Raum für die Gestalten. Die leztere scheint sich mehr an die Bedürfnißseite die erste mehr an die ideale zu halten. Man muß daher auch beide vereinigen: sie bildet den Raum nach dem | Typus der mathematischen Naturformen. Indeß hat das Raumbilden für die Gestalten noch eine eigne Beziehung auf die Kunstseite. LVIII. Denn auf dasselbe läßt sich auch die schöne Gartenkunst zurükführn, die auch ein Raumbilden ist und in der antiken Kunst ist nur beides weniger auseinander tretend denn Städte und Märkte selbst waren Parks in denen Tempel Altäre und Standbilder aufgestellt waren. Man muß daher auch die Gartenkunst unter die Architektur subsumiren, zumal sie auch auf die andere Formel zurükgebracht werden kann indem die französische Nachahmung der Architektur ist, die englische aber den anorganischen Typus der Ungleichheit in Verbreitung der Vegetation zur Darstellung bringt. Also Ar c h i t e k t u r. Bildung von Räumen für die organischen Gestalten nach dem Typus der anorganischen. Je weniger der Raum für die Gestalten berechnet ist um desto weniger auch Kunst. Jedes bloße Vorrathshaus eigentlich nur ein in die Höh gebauter Keller und an dem keine Kunst zu beweisen. Eben so nicht im Bergbau, denn da bewegen sich zwar organische Gestalten aber nur auf mechanische Weise, eben so in Fabriken; wenn aber im Bergbau eine Grotte als Kapelle ausgebaut wird, findet die Kunst statt. Keller und Tempel die größten Gegensäze. Darum bei den Alten nie die Frage über Architektur als Kunst weil Privatbau so gewaltig zurücktrat. Eben so im Mittelalter sind alle Häuser zum größeren Theil Vorrathshäuser und zum kleinsten Wohnung und eben deshalb ohne Ansprüche an Kunst alle Kunst in Kirchen und öffentlichen Gebäuden. Jezt im Gegentheil der Privatbau oben, und auch die Fürsten bauen mehr als Privatmänner wie sonst. Daher der Widerspruch zwischen den Forderungen der Bequemlichkeit und der Kunst gefühlt wird. Die wesentlichen Elemente sind Symmetrie Eurhythmie und Masse. S y m m e t r i e tritt hervor sobald das gemessne sich anfindet und der Mensch nicht mehr bloß das gegebene braucht sondern producirt. Daß jede Gestalt zwei gleiche Hälften hat ist allgemeines Grundgesez bei den organischen und unorganischen Gestaltungen. Zwei Formen, entweder nur nach Einem Durchschnitt symmetrisch 9 LVIII.] am linken Rand 22 beweisen.] folgt )Daher* über der Zeile

18 für] über )nach* 18 organischen] über der Zeile 38 den] folgt )vollkomnen* 38 und unorganischen]

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theilbar; dies gilt bei den vollkomnen Formen, auch in der anorganischen Natur die Krystalle; oder von einem Punkte aus nach allen. Dies bei den unvollkommenen Schleimthieren Flechten p. Wie aber die Symmetrie im menschlichen Leibe nicht nach innen geht so auch nicht in den Gebäuden; in demselben Maaß als die einzelnen Theile sich wieder auf das Bedürfnis beziehn. Die Außenseite bezieht sich auf die Beschauer. Die Hälfte kann nicht wieder symmetrisch getheilt sein weil sie die halbe Mitte enthält die immer etwas eigenthümliches hat. Eu r h y t h m i e ist das anmuthige Größenverhältniß der einzelnen Theile; auch zurükgeführt auf arithmetische | Verhältnisse wie in der Musik aber schwerlich daraus allein zu erklären. Nur wenige werden mit ihrem Auge die Verhältnisse richtig taxiren, wogegen der Eindruck des Wohlgefallens und Mißfallens ganz allgemein ist. Das Zusammentreffen desselben mit den Verhältnissen ist aber auch nicht zu läugnen, und so kann man diese als Bezeichnung für die Beobachtungen gebrauchen. LIX. Noch weniger ist es möglich bei dem runden eine Abschäzung von Zahlen die dort alle unendlich sind anzunehmen. Kurz die Gründe sind hier durch noch tiefere Forschungen auszumitteln welche wir aber nicht anstellen können weil dies doch nur zum technischen gehört. Man müßte überall Regeln aufsuchen und dann die Ausnahmen bemerken, und die Principien von beiden vergleichen. – Ma ss e n v e r h ä l t n i s s e scheinen weil sie doch auf Durchschnittsflächen zurükgeführt werden können auch Eurhythmie zu sein; allein theils bezieht sich Eurhythmie immer auf getheilte Flächen theils hängt auch der Eindruk der Massenverhältnisse von der Größe ab abgesehn von den Verhältnissen. Das Verhältniß dabei pflegt man zu erklären durch die Beziehung auf Festigkeit oder Leichtigkeit. Ist die Tiefe groß auf Höhe und Umfang so entsteht der Eindruk der Festigkeit; ist die Höhe groß entsteht der der Leichtigkeit. In diesem Sinne nun hat freilich jedes Gebäude seine gewisse Schicklichkeit aber demohnerachtet kann man nicht sagen daß der Eindruck von der Bestimmung abhänge. Wenn eine Kirche ein Magazin geworden ist wird man sie deshalb nicht minder schön finden. Wäre ein Magazin so gebaut, so würde man es nicht[;] aber nur deshalb weil die Vorstellung von dem Mißverhältniß des Inneren zum Äußeren das Kunsturtheil gar nicht aufkommen ließe. Kann man von der Bestimmung abstrahiren so bleibt der Eindruck ganz derselbe. Auch wird er nicht vermindert bei Gebäuden die gar keine Bestimmung haben zE. Thurm bei dem Glocken und Uhr ganz Nebensache sind; wogegen die Bewunderung über die Größe bei Gebäuden die rein dem Bedürfniß dienen, von ganz andrer Art 8 hat] korr. aus aus

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und kein Kunstgefühl ist. Daß aber dieser Kunsteindruck auch auf der Masse selbst beruht sieht man deutlich daraus daß ein Modell ihn nicht erregt (unsere Eisenmonumente). In den egyptischen Piramiden dominirt dieser Eindruck und hat mit den Verhältnissen nichts zu thun. Das Gefühl von Festigkeit und Leichtigkeit heben einander auf wenn jedes ein gewisses Maaß überschreitet, und man kann dies also zum Maaßstabe gebrauchen um die Beobachtungen anzuweisen. Diese drei Elemente bilden das wesentliche. Außerdem finden wir nun noch das Z u f äl l i ge oder die eigentlichen Verzierung en. Man muß sich zuerst verständigen was in dieses Gebiet gehört[,] die Säulen nicht, sie bilden den halbgeschlossenen Raum. Uebergang von Wänden ins Freie; was an ihnen hängt ist ihr Zusammenhang mit Boden und Dach also auch durch das wesentliche bedingt, Verzierung ist nur [dasjenige,] dem dieser Zusammenhang fehlt. Sie entstehn wo Verhältnismäßig zuviel gestaltlose | Masse übrig bleibt; der kunstgestaltende Trieb wirft sich in dieses Leere und erzeugt da die Verzierungen. Wo kein Anspruch auf Kunst ist, Stadtmauern, Festungsgebäude, da ertragen wir die gestaltlose Leere ohne Verlezung. Materiell unterscheiden sich die Verzierungen darin daß sie das organische nachbilden, besonders die vegetabilischen Formen und einzelne animalische Theile. Wo dagegen menschliche Gebilde erscheinen da löset sich das Werk von dem architektonischen ab und will selbständig beurtheilt sein so daß es eine zweifache Ansicht davon giebt. Dies gilt vorzüglich vom Basrelief welches fast immer architectonisch bedingt ist. LX. Wenn man das materielle der Verzierungen daraus herleiten will daß alles Bauen von Baumstämmen und Bäumen ausgegangen sei die Stämme nun in Säulen und Balken verwendet sind und Laubwerk und Blumen als Verzierung umhergestreut: so hängt das mit einer einseitigen Ansicht der ganzen Kunst zusammen. Vielmehr wenn das formale aus den Gelegenheiten zu erklären ist, die dem gestaltenden Triebe noch gegeben werden so muß man das materielle erklären aus dem Bedürfniß das zufällige (in dem Urbilde nicht mit enthaltene) von dem wesentlichen zu unterscheiden, welches nicht geschehen könnte wenn es eben so mathematische Gestaltungen wären, die daher auch immer, gleichviel ob eckig oder rund, widerlich als Verzierungen sind (Nur weiß ich nicht ob dies allgemein gilt, wenigstens muß man Uebergangsglieder annehmen, organisches auf mathematisches zurükgeführt, zufälliges auf wesentliches hindeutend). Der Gebrauch der Verzierungen begründet nun den t rokenen Geschmak wenn sie zu sehr fehlen, und den überla denen wenn sie 25 LX.] am rechten Rand

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überfüllt sind d. h. den reinen Eindruk von Linien und Flächen stören. Nur was in der Mitte liegt kann constant gefallen. Aus den verschiedenen Verhältnissen der HauptElemente in denen es auch ein Vor und Zurüktreten giebt – denn bei vorwaltendem Masseneindruck verschwindet die Symmetrie von selbst und kann also auch ohne Verlezung hintangestellt werden, und vollkommene Symmetrie und Eurhythmie vernichten den Masseneindruck, wie bei der Peterskirche – und dem verschiedenen Verhältniß zwischen dem wesentlichen und zufälligen begreifen sich nun im allgemeinen die verschiedenen S t y l e . Wir haben vorzüglich zu betrachten den a ntiken den g o t h i s c h e n und den m o d e r n e n . Sie sind nicht vergleichungsweise als näher oder entfernter von Einem Ideal zu betrachten, sondern als individuelle o b j e c t i ve Modificationen des gestaltenden Triebes. Complicationen von nationeller Verschiedenheit und Zeitverschiedenheit, weil nämlich zur selben Zeit nur Eine Völker|masse solche Festigkeit und Herrschaft genießt. Das kritische Studium sollte hier darauf gehn die Architektur correspondirend zu vergleichen mit andern Kunstzweigen und auf diesem Wege allmählig die Bedeutung der verschiedenen Style zu erforschen. Der tiefe Zusammenhang der Architektur mit dem politischen Leben ist nicht zu verkennen. In dem egyptischen Styl dominirt offenbar nur die Aehnlichkeit mit der mechanischen politischen Aggregation und dabei der düstere Charakter. Im h e l l e n i s c h e n dies heitere anmuthige, welches aber eben deshalb auf einen kleineren Umkreis bestimmt ist, und sich mit jenem verglichen selbst im Großen ganz der Gartenkunst näherte wogegen die egyptische Kunst starr in die Wüste hineintritt. Im go t hischen dominirt das religiöse und die stufenweis sich erhebende politische Organisation. Im modernen r o m an i s c h e n das Gepfropftsein der ganzen Existenz und Bildung auf ein fremdes, in welchem das eigene untergeht. Eine neue Umbildung ist noch zu erwarten wenn eine harmonische politische und religiöse Organisation wirklich entsteht. Daß sich im antiken Styl der (im egyptischen fast unmögliche) Gegensaz h e i l i ge r u n d p r o f an e r A r c h it ektur wenig entwickelt hat liegt in den allgemeinen Verhältnissen. Der stärkste Gegensaz sind Amphitheater und Tempel. Mehr im gothischen [zwischen] Kirchen und Burgen. Aber die lezten haben sich weit später und nie so vollkommen zum Kunstmäßigen entwickelt. Denn wenn man ihnen auch das Zurüktreten der Symmetrie erlauben will so behalten sie doch 3–8 Aus … dem] durch Einfügungszeichen umgestellt, ursprünglich vor dem vorigen Absatz 3 HauptElemente] korr. aus Hauptglieder 13 individuelle] mit Einfügungszeichen über der Zeile 22 und … Charakter] mit Einfügungszeichen am rechten Rand 35 Kirchen] korr. aus P S

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sehr lange das auch die Eurhythmie nicht anerkennende bloß auf das Bedürfniß eingerichtete der Wohnhäuser. LXI. Das al l ge m e i n e K u n s t m o tiv kann nur wenn das darzustellende nicht persönlich sondern eine Bewegung des Gemeingeistes ist Architektur werden. Auch der Privatmann wenn er der Kunst einigen Antheil an seinem Gebäude giebt bezieht dann seine Facade nicht auf sein Geschäft sondern auf die Stadt und baut so weit für das öffentliche. Die s p e c i f i s c h e B e ge i s t erung ist dann das Darstellenwollen dieser Bewegungen in der Gestaltung großer für sie bestimmter Massen. Der productive Sinn für die G ew a lt des Menschen über d a s s t a r r e ist ein wesentliches Element derselben. Denn dieselben Gestaltungen in Miniatur oder in weichen Massen wären nur Bilder nicht Architektur. Daher dominiren auch in der ältesten Baukunst die MassenEindrücke, und Eurhythmie und Symmetrie heben sich erst allmählig empor. Hieraus lassen sich nun die Verhältnisse der Architektur zu den übrigen Künsten leicht abnehmen, und daran alles übrige anschließen. Die Architektur ist eben so alt und ursprünglich als die Musik. Wie diese die Poesie erzogen hat und den Gegensaz von Poesie und Prosa erst recht zum Bewußtsein gebracht: so sind auch überall | die andern bildenden Künste durch die Architektur bedingt, und wie die Musik doch vorzüglich nur für Poesie und Mimik da ist so hat auch die Architectur ihre Hauptbestimmung in der Aufnahme der Skulptur und Malerei und verliert einen Theil ihrer Verständlichkeit wenn das öffentliche Leben dem sie dient nicht auch durch andere Künste bestimmt bezeichnet ist. Daher je mehr auf den Straßen gelebt wird um desto größer die Neigung auch die Außenseiten der Gebäude durch Skulptur und Mahlerei zu verzieren. – Der Musik ist die Architektur auch darin ähnlich daß der Rhythmus in ihr das herrschende ist. Denn Masseneindruk und Symmetrie sind veränderlich und jedes kann das Minimum werden wenn das andere hervortritt aber Eurhythmie ist der unbewegliche Mittelpunkt. Dagegen weil die Architektur nicht persönliche Bewegungen darstellt tritt in ihr der Künstler weit mehr zurük und das Werk hervor. Das musikalische Kunstwerk existirt nur in der Vereinigung der Virtuosen und ist ohne sie nicht. Das architektonische steht für sich, und der Künstler kann gleich nach seiner Entwerfung es bloß mechanischen Händen überlassen. In der Musik breitet sich deshalb die Genialität am weitesten in die Virtuosität aus; in der Architektur ist die Genialität nur im Riß und die Ausführung ist ganz mechanisch. Aber eben daraus daß sie so das Gegenstük zur Musik bildet, im Riß aber doch wahre Genialität wirklich ist sieht 1 das] über der Zeile

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man wie fest der Architektur ihr Plaz unter den übrigen Künsten zugesichert ist. Wie die Musik es mit dem flüchtigsten Element zu thun hat, die Architektur aber mit dem starrsten; so sind auch in der Musik die geistigsten Organe des menschlichen Leibes auf die geistigste Weise beschäftigt, die Architektur bedarf des Aufwandes der mechanischen Kräfte die der Mensch entwikelt hat. Beide constituiren sich also als äußerste Enden. Das gegenseitige Verhältniß von Architektur und den andern bildenden Künsten ist nicht bloß dieses, daß die Architektur die andern aufnimmt und ihre Productionen mit bestimmt. Wie Goethe meint ein Kunstwerk sei immer Verzierung eines bestimmten Raumes welches freilich nur die negative Seite der anderen Künste ausdrükt nämlich daß sie einer Veranlassung bedürfen und durch diese mit bestimmt werden. Denn die Gebäude nehmen auch Musik und Poesie auf, und, wenngleich weniger, werden auch diese durch den Raum mitbestimmt in dem sie sollen aufgeführt werden. Einer Veranlassung bedarf die Architektur übrigens auch, und diese ist eben das Bedürfniß; welches sie daher ebensowenig hindern kann Kunst zu sein als ein Rührstück deshalb weniger Kunst|werk ist weil es durch den auszufüllenden Raum bestimmt ist. Aber weil in Plastik und Mahlerei die persönliche Individualität am meisten hervortritt: so steht die Architektur auf eine eigenthümliche Weise beiden gegenüber. Gebäude ohne Statuen und Gemälde (wie in Egypten wo die Statuen noch sehr an Architektur gränzten) deuten auf eine Zeit in welcher das individuelle im gemeinsamen sich noch nicht herausgearbeitet hat, sondern alles noch Masse ist. Wogegen Plastik und Mahlerei ohne mit ihnen verbundene und ihnen geschichtlich angehörige Architektur beweiset daß die Kraft des gemeinsamen in der einzelnen Individualität untergegangen ist. LXII S k u l p t u r Der Malerei zwar in vielen Dingen so verwandt daß wir uns dort auf vieles werden berufen können aber doch nothwendig sie zu trennen um den eigenthümlichen Standpunkt für jede desto sichrer fest zu halten. Von beiden steht die Skulptur am nächsten schon durch die Gleichheit des Stoffes; denn sie arbeitet auch nur in Stein und Metall alles andere sind nur untergeordnete Arten. Noch mehr aber durch die Verwandschaft der Elemente. Denn wir sezen zwar organische Formen den anorganischen entgegen und haben der Architektur nur die niedrigen organischen Formen beigelegt welche die Skulptur ausschließt aber es ist doch der Uebergang zwischen bei15 mitbestimmt] folgt )den*

18 Rührstück] Rhürstück

29 LXII] am linken Rand

2–3 Vgl. Schleiermachers Notizen zur Ästhetik II, S. 23,14 und die entsprechende Sachanmerkung 10–11 Vgl. die Sachanmerkung zu S. 34,19

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den nicht zu verkennen. Rosetten aus bloßen Verschlingungen von Kreislinien gebildet, und vegetabilische Formen gehn ineinander über und auch die Linien des menschlichen Körpers sind Curven deren Verhältnisse nur durch Beziehung auf grade Linien, also mathematisirend können ausgedrückt werden. Auch in den Werken läßt sich ein Uebergang nachweisen. Hermen sind Säulen also architektonisch und das menschliche daran erscheint oft nur als Verzierung. So haben auch die steifen egyptischen Figuren noch ein ganz architektonisches Ansehn und schälen sich gleichsam nur aus den Wänden hervor. Wenn wir aber auf das Motiv sehn so tritt der Gegensaz zwischen beiden heraus. Denn nicht nur geht die Architektur nur vom Gemeingeist aus, welches bei der Skulptur nicht in demselben Grade der Fall ist, sondern die Kunstwerke selbst sind individualisirter weil die Bildungen der Lebenskraft selbst es in höherem Grade sind als die todten Naturformen. Und dies führt gleich auf das s p e c i elle Beg eist erung sprincip der Skulptur, nämlich d i e l e b e n d i ge G est a lt. Plastische Werke können von allen Erregungen ausgehn, welche sich | durch die lebendige Gestalt offenbaren lassen. Hiegegen ist zweierlei zu beseitigen. Einmal daß die Skulptur auch T h i e r gesta lten gebildet und ausgezeichnet vortreffliche Werke dieser Art hervorgebracht hat. Hiebei muß man nur von dem den Künstlern instinktartig einwohnenden Grundsaz ausgehn daß die Thiere disiecti membra poetae sind; es ist also nur die Analogie des geistig menschlichen was dargestellt wird an einem dem menschlichen analogen Leibe. Die Begeisterung für die Lebenskraft kann sich bis zu einem gewissen Punkt verallgemeinern. Doch steht Myrons Kuh schon an der Grenze würdiger Gegenstände für die Plastik; anders mit Rossen Löwen p. Zweitens daß die morgenländische Skulptur sich in ab e n t h e u erlichen Bildung en herumdreht die gar nicht einem dem Realen identischen Typus des Seins angehören. Diese sind nun wirklich, was man sonst als das einzige Geschäft der productiven Fantasie ansah, willkührliche Zusammensezungen aus gegebenen Elementen aber eben deshalb Monstrosität in der Kunst, die sich auch dadurch verräth, daß gar keine fortschreitende Entwikelung dabei möglich ist. Dabei giebt es doch einen Punkt

6 Hermen] Thermen 35 Dabei giebt es doch einen Punkt] über )Wir kommen also auf das menschliche an* 23 Vgl. Horaz: Satiren, 1,4,62

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von welchem aus wir diese Abartung in Verbindung sezen können mit der klassischen Plastik. Nämlich die hellenischen ξοανα waren auch unförmlich theils Klöze theils willkührlich und es giebt einen strengen zwar nicht überall gleichzeitigen und überhaupt nicht genau zu bestimmenden Abschnitt des Uebergangs in menschliche Bildung. Von da an eine sehr schnelle Entwikelung der Kunst die morgenländische hingegen hat sich von demselben Punkt ins abentheuerliche umgebildet und ist stehn geblieben. Die Elemente sind nun zuerst Z e i c h n ung . Plastik nicht mehr Wesen als Malerei, denn der Stein ist innerlich auch nicht durchgebildet, und eben soviel Schein. Man muß nicht sagen daß sie körperlich darstellt sondern nur auf runder Fläche. Die Mahlerei zeigt nur Eine Hälfte, die Plastik auch jedes mal nur Eine, denn das Auge kann nicht mehr fassen, aber nach einander alle. Die Aufgabe der Zeichnung ist also hier viel complicirter. Wie man sich eine Fläche zusammengesezt denkt aus unendlich vielen Linien, so muß hier jede von diesen Linien einen klaren Umriß geben. Daher ist alles im höheren Sinn kolossa le nicht mehr rein plastisch sondern hat schon etwas pittoreskes. Denn wenn das Bild in richtigem Verhältniß soll gesehen werden: so muß der obere Theil zu groß gemacht werden, weil ihn die Verkürzung verkleinert, und wir wieder im Niveau des Kopfes den untern Theil ganz verkürzt erbliken. Das Bild ist also auf einen bestimmten Gesichtspunkt berechnet d. h. mahlerisch. Dies bleibt richtig, ohnerachtet die größten Künstler kolossal gearbeitet haben, und ist auch in der Natur der Sache begründet. | Denn die Größe ist in den lebendigen Dingen nichts zufälliges, sondern jede Art hat nur gewisse Grenzen, innerhalb deren sie schwankt. Erklären aber läßt sich die Tendenz auf das Kolossale auf eine andere Art, wobei man aber sein Gegentheil mitnehmen muß. LXIII. Nämlich wir finden auch ve r kleinert e S kulpt ur vom verschiedensten Maaßstabe bis zur Steinschneiderei herunter. Der vergrößerte Maaßstab läßt zu die einzelnen Verhältnisse mehr auszuarbeiten und ins Licht zu stellen, und erfordert also die genaueste Anatomie. Der verkleinerte rückt die Haupttheile näher zusammen daß das Ganze leichter übersehen wird. Beides ist also Epideixis für den Künstler und Studium für den Betrachter. Dabei aber dominirt desto mehr je stärker die Vergrößerung wird der architektonische Eindruck 17 alles] folgt )nicht* 22 verkürzt] korr. aus verlängert Rand 32–33 mehr auszuarbeiten] über )bis ins kleine* aus P S

30 LXIII.] am linken 37 Eindruck] korr.

2 Xoana (altgr.) bezeichnen in archaischen Kulturen verbreitete, anthropomorph gestaltete Holzfiguren, die eine Gottheit repräsentierten.

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der mechanisch überwältigten Masse, und je stärker die Verkleinerung der Eindruck der mangelnden Selbständigkeit und der Angehörigkeit an ein anderes. Das Werk erscheint als Zierath und Spielerei. Woraus folgt, wie die Abweichung vom natürlichen Maaß nur in gewissen Grenzen eingeschlossen sein darf wenn die Reinheit der Kunst nicht soll verloren gehen, wie denn zE. bei geschnittenen Steinen schon eine andere als die reine Kunstschäzung eintritt. – Der Streit ob die Linearumrisse n at u r ge m äß sind oder ob die Kunst abweichend von der Natur ideale Verhältnisse darstelle vorzüglich beruhend auf den Abweichungen des griechischen Profils ist zuerst auszusezen da wir nicht wissen ob nicht die jezt ganz ausgearteten Griechen ehemals solche Verhältnisse gehabt, demnächst aber aus unserm Prinzcip zu entscheiden daß sie das national ideale überall darstellen muß, welches überall ein anderes ist und überall mehr oder weniger abweichend von der nie ohne Störungen arbeitenden Natur. Das z w e i t e Element ist die F l äc henbea rbeit ung unterschieden von dem Liniengehalt der Fläche und zunächst für das Gefühl berechnet und nur repräsentirend fürs Auge. Haut muß aussehn als fühlte sie sich wie Haut an, und Gewand wie Gewand welches freilich im Stein mehr zu leisten ist als im Erz, daher auch der erste immer die reinste und ergiebigste Masse bleibt. Wo irgend von Vollkommenheit die Rede sein soll, da muß diese Eigenschaft nicht fehlen, und jedes Kunstwerk in allen seinen Theilen ist ein Ineinander von beiden in einem bestimmten Verhältniß. Der zweiten wird auch das mikroskopische in der ersten, die Darstellung der Poren aufgeopfert, und die Wahl des Gegenstandes hängt genau damit zusammen, wie sehr die leztere zurüktreten oder sich in Mannigfaltigkeit ausbreiten soll. – Der Streit über die F är b u n g der Bildwerke, welche mit der Flächenbeschaffenheit zusammenhängt ist nicht so zu schlichten daß die gefärbte Statue der Naturwahrheit zu nahe kommen würde und daß die Farbe nur der Malerei gebühre zum Ersaz für die verloren gegangene Körperlichkeit. Der Grund ist vielmehr der weshalb kein Mahler ein Gemälde auf einen weißen Grund mahlt, am wenigsten eine einzelne Figur sondern dies ist nur eine | illuminirte Zeichnung und in Bezug auf die Farbe gar kein Kunstwerk. Nemlich Färbung wird nur Kunst durch die Vielseitigkeit des Lichtspiels im Helldunkel. Dies ist an der gefärbten Statue nicht möglich hervorzubringen sondern hängt bloß vom Zufall ab. Daher in der höchsten Entwiklung der Kunst auch die Färbung der Statuen bei den Alten abgekommen ist. Eben deshalb auch der weiße Marmor der vorzüglichste Stoff. 23 ist] über )von fest* 28 der] korr. aus dem

26 wie] über )daß*

27 ausbreiten] über )P

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Der Ka n o n daß alles darstellbar sei was sich in der lebendigen Gestalt aussprechen kann scheint ganz anders bestimmt zu sein für die Plastik als für die Mahlerei. Man hat dies theils in der Zeit gesucht, die Alten hätten sich überhaupt mehr auf die ruhigen Gegenstände gelegt, und würden dies auch in der Mahlerei gethan haben wenn sie eben so weit wäre ausgebildet worden. Andre darin daß die Plastik reine Organisation darstelle und die Mahlerei Charakter und daß sich also jene von allem solchen Ausdruck des Geistigen frei halten müsse, wodurch der reine Eindruk der Organisation könnte geschwächt werden. Allein die alten Götter sind offenbar nicht nur verschiedne Organisationen sondern eben so bestimmt und anerkannt auch verschiedene Charaktere. Wir müssen dabei auf die verschiedenen Bedingungen unter denen beide Künste arbeiten zurükgehn. LXIV. Die gr ö ß e r e R u h e nämlich welche die Plastik erfordert gründet sich darauf daß die P l as t i k n icht g ruppiren ka nn. Ueberwiegend ist das Einzelne; Gruppirung beschränkt. – In der Handlung physiognomisch ganz zurüktretend[;] Parallele mit Mimik. – Der Sinn lange unterdrükt. Entgegengesezter Gang der modernen Skulptur. Sie kann zwar mehrere Personen in Einem Werk darstellen aber nur wenn sie ganz in Eine Gestalt verschlungen sind, so 3 Grazien, so Niobe mit Kindern p Umarmungen, Kämpfe p. Sie kann auch mehrere Figuren, deren jede ein Werk für sich ist aufeinander beziehen wie wenn Apoll und 9 Musen jede in besonderer Nische in Einem Saal aufgestellt werden, aber jede muß auch für sich verständlich sein. Das ist aber keine Gruppe. Zu dieser gehört Sonderung der Gestalten und Einheit des Raumes, und ein solcher ist für die Plastik nicht zu beschaffen als nur ein solcher in welchem der Beschauer mit steht und der also für ihn eigentlich nicht vorhanden ist. Ohne eine 5 gethan] über )gesucht* 7 darstelle] über )werde* 8 Ausdruck] über )Eindruck* 10 die alten Götter sind offenbar nicht] über )wir müssen dabeiP S* 11 Organisationen] über )OrganP S* 14 LXIV.] am rechten Rand 15 daß … kann.] Am rechten Rand hat Schleiermacher, wohl bei der Durchsicht für das Kolleg 1825, ein Fragezeichen notiert. 16–19 Ueberwiegend … Skulptur.] am linken Rand (wohl für das Kolleg 1825) 3–5 Von Winckelmann stammt die berühmte Aussage über die antiken Skulpturen, ihr Wesen sei „edle Einfalt und stille Größe“, was sie gegenüber dem Überladenen etwa der Malerei der neueren Zeit (insb. Rokoko) auszeichne. Vgl. Johann Joachim Winckelmann: Gedanken ueber die Nachahmung der griechischen Werke in der Malerey und Bildhauerkunst, Dresden 1756, S. 21. 6–7 Wohl Anspielung auf die „Grundlinien der Ästhetik“ von Friedrich Ast; vgl. Schleiermachers Notizen zur Ästhetik II, S. 35,7– 8. 21 Vgl. Schleiermachers Notizen zur Ästhetik II, S. 24,19–20 23–24 Wohl Anspielung auf ein von Papst Pius VI. für die Vatikanischen Museen angekauftes und dort seit 1784 im „Saal der Musen“ ausgestelltes Skulpturenensemble, bestehend aus einem leierspielenden Apollon und mehreren Musen.

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Erster Teil · Manuskripte Schleiermachers

solche Einfassung aber sind die Figuren nicht lediglich unter sich bezogen und abgeschlossen. In einem Gemälde kann die Menge der Figuren bis ins Unendliche gehn und doch eine Einheit der Handlung drin sein. Zu dieser gehört gemeinschaftliche Thätigkeit d. h. aufeinander bezogen sein von Receptivität und Spontaneität. Es kann aber jene auch nur in Einem und in allen übrigen nur die andre sein. Also jene höchst erregt aber in dieser Erregung nur verständlich durch das Dasein der übrigen. Allein würde auch die Malerei eine solche Figur nicht darstellen weil sie nicht verständlich wäre. Allein aber äußert sich der Mensch nie so heftig weil alle Aeußerung Mittheilung sein will, und die Mittheilung an sich selbst nur sehr weniger Hülfsmittel bedarf. Dies ist daher die Quelle der Ruhe; und man | muß den Kanon der für alle bildenden Künste gilt und bei der Malerei nur einer näheren Bestimmung bedarf wegen des zur Gestalt hinzukommenden Lichtes für die Plastik durch den Zusaz die isolirte Gestalt vervollständigen. – Eben hieher gehört auch der ebenfalls auf die ganze bildende Kunst sich beziehende S t r e i t ü be r d as Sc h ö n e u n d c h ar a kt erist ische. Lebende Gestalt und Charakter sind nicht zu trennen. Die Gestalt als Begriff gesezt ist unbestimmt; denn die Verhältnisse der Theile sind innerhalb gewisser Grenzen schwankend. Eben so auch der Gattungscharakter. Aber das Bild ist bestimmt und darum kein Bild ohne bestimmten Charakter. Die Charakterlose Schönheit ist ein Unsinn, nur die aus1 sich] folgt )PsondS*

4 eine] korr. aus einer

18 Schiller schreibt in einem Brief vom 7. Juli 1797 an Goethe: „Es wäre, däucht mir, jetzt gerade der rechte Moment, daß die griechischen Kunstwerke von Seiten des Charakteristischen beleuchtet und durchgegangen würden: denn allgemein herrscht noch immer der Winkelmannische und Lessingische Begriff, und unsre allerneuesten Ästhetiker, sowohl über Poesie als Plastik, lassen sich’s recht sauer werden, das Schöne der Griechen von allem Charakteristischen zu befreien und dieses zum Merkzeichen des Modernen zu machen.“ Schiller schlägt Goethe nachfolgend vor, den Aufsatz über das Charakteristische von Aloys Hirt „Versuch über das Kunstschöne“ in den „Horen“ zu veröffentlichen. Auch im Kontext der Frühromantik, etwa im „Athenaeums-Fragment“ 310 von Friedrich Schlegel, wird der Begriff des Charakteristischen von Hirt diskutiert (KFSA II, S. 218): „Bei Gelegenheit werden Lessing und Winckelmann zurecht gewiesen: nicht Schönheit, [...] noch stille Größe und edle Einfalt, [...] sei das Grundgesetz der griechischen Kunst gewesen, sondern Wahrheit der Charakteristik. [...] Charakterlose Schönheit läßt sich nicht denken: sie wird, wenn auch keinen ethischen, doch allezeit einen physischen Charakter haben, d. h. eine Schönheit eines gewissen Alters und Geschlechts sein“. Vgl. Brief von Schiller an Goethe vom 7.7.1797, in: Schiller Werke. Nationalausgabe, Bd. 29, Briefwechsel, Schillers Briefe 1.11.1796– 31.10.1798, hg. v. Norbert Oellers und Frithjof Stock, Nr. 104, S. 98. Aloys Hirt: „Versuch über das Kunstschöne“, in: Die Horen, 7. Stück, hg. v. Friedrich Schiller, Tübingen 1797, S. 1–37, hier: 34–35 (vgl. digitales Friedrich Schiller Archiv, URL: https:// www.friedrich-schiller-archiv.de/schriften/horen/) (abgerufen 23.06.2020).

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drukslose (Ausdruk nämlich ist vorübergehendes Product des Moments) ist in gewissem Sinne möglich und jede mythologische Person hat eben so gewiß ihren eignen Charakter als ihre eigene Gestalt. Denkt man sich aber den Charakter nicht als nähere Bestimmtheit des Allgemeinen sondern als von außen bewirkte Störung: dann muß freilich die Gestalt möglichst charakterlos sein. Nun ist freilich die Wirklichkeit nie ohne Störung und diese kann so sein daß der Mensch in der Wirklichkeit nur seine eigene Carikatur ist. In den fingirten Personen aber können und sollen die Störungen gar nicht zum Vorschein kommen. Die Malerei hat mehr Mittel durch Gesichtspunkt und Beleuchtung dieses zu mildern und zu umgehn. Daher die Darstellung des wirklichen bei ihr einen größeren Raum einnimmt und mehr Aehnlichkeit ohne Kunstverlezung von ihr gefordert werden kann. In der Plastik ist daher die Darstellung des rein idealischen die Hauptsache. Das Plastische Portrait nimmt um sich zu PdekenS Abweichungen vom Maaßstab zu Hülfe und bedient sich überhaupt größerer Freiheit in Bezug auf die Aehnlichkeit. Die Alten haben gewiß bei Portrait Statuen nur eine allgemeine Aehnlichkeit gesucht. Diese Differenz nun zwischen dem m y tholog ische n und his t o r i s c h e n tritt hier an die Stelle des, da wir nur im Antiken versiren gar nicht recht heraustretenden Gegensazes von heiligem und profanem Styl. Alles leichte und scherzhafte ist im mythologischen Cyclus eben so gut wie das ernste und große. Das mythologische geht aber in das historische über durch das heroische. Im historischen aber ist das Große eher isolirt. Soll das mehr Anmuthige und leichte dargestellt werden so wird ihm eine mythologische Form gegeben. Weiber dargestellt als Göttinnen, Kinder als Amores und Genien.–

27 Genien.–] bricht ab

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erstes Avancement der Aesthetik bei Kant. Das Subjectiv nicht unerkennbare. Zwekmäßigkeit ohne Zwek (Schillers naives und sentimentales auf die Kunst. Verbindungsmittel der zwei Theile der Philosophie zu einem Ganzen.) Die gleiche Beziehung auf Natur und Kunst wird zweifelhaft wenn man die Tabelle betrachtet. Zweites bei Fichte Kunst als Beruf, Bildung des aesthetischen Sinnes. Verschwindet also im pädagogischen. Schelling eine bloße Tendenz, die bildende Kunst aus der Naturlehre zu construiren. 4–5 Die … betrachtet.] mit Einfügungszeichen am rechten Rand Schleiermacher entwickelt hier eine Theorie der drei historischen Avancements der Ästhetik, die er offenbar in der ersten Vorlesungswoche (Stunden 2–3) besprochen hat. Vgl. die „Geschichtliche Einleitung“ der Nachschrift Schweizer 1832/33, ab S. 541,30– 31, wo die im Folgenden nur skizzierten Positionen (1. Kant und Schiller, 2. Fichte und Schelling, 3. Hegel) ausführlich behandelt werden. 2 Vgl. Schleiermachers Kollegheft Ästhetik 1819, S. 57,28 2–4 Schiller charakterisiert das Verhältnis von naiver und sentimentalischer Dichtung im weiteren Sinn als den Gegensätz von praktischer und theoretischer Vernunft: „Aber wenn es der naive Dichter dem sentimentalischen auf der einen Seite an Realität abgewinnt, und dasjenige zur wirklichen Existenz bringt, wornach dieser nur einen lebendigen Trieb erwecken kann, so hat letzterer wieder den großen Vortheil [...], daß er dem Trieb einen größeren Gegenstand zu geben im Stand ist [...]. Alle Wirklichkeit, wissen wir, bleibt hinter dem Ideale zurück; alles existierende hat seine Schranken, aber der Gedanke ist grenzenlos.“ Friedrich Schiller: Ueber naive und sentimentalische Dichtung [3 Teile], Beschluß [3], in: Die Horen, 1. Stück, Tübingen 1796, S. 75–122, hier: 77 (Schiller Werke. Nationalausgabe, 20. Bd., Philosophische Schriften, 1. Teil, hg. v. Benno von Wiese unter Mitwirkung von Helmut Koopmann, Weimar 1962, S. 411–503, hier: 474). Siehe auch: Nachschrift Schweizer 1832/ 33, S. 542,31. 4–5 Schleiermacher meint hier mit „Tabelle“ möglicherweise die „Tafel der oberen Seelenvermögen“ in Kants „Kritik der Urteilskraft“, wo die Gegenstände der Natur dem Verstand bzw. dem Erkenntnisvermögen und die der Kunst der Urteilskraft bzw. dem Gefühl der Lust und Unlust zugeschrieben werden. Das wäre plausibel, insofern sich Schiller im besagten Aufsatz häufiger auf Kants „Kritik der Urteilskraft“ bezieht. Vgl. KdU B LVIII; Kant AA 1/V, S. 198. 6–7 In dem „System der Sittenlehre“ (1798) untersucht Fichte den Beruf des ästhetischen Künstlers im Verhältnis zum Gelehrten und zum Volkslehrer: „Zwischen beiden, dem Gelehrten, der den Verstand, und dem Volkslehrer, der den Willen zu bilden hat, steht in der Mitte der ästhetische Künstler, welcher den ästhetischen Sinn, der dem Verstande und dem Willen im Menschen zum Vereinigungsbande dient, bildet.“ Johann Gottlieb Fichte: Das System der Sittenlehre nach den Principien der Wissenschaftslehre, Jena und Leipzig 1798, S. 447 (ders.: Gesamtausgabe, Abt. I, Bd. 5, Werke 1798–1799, hg. v. Reinhard Lauth und Hans Gliwitzky, Stuttgart 1977, S. 19–317, hier: 301). Siehe auch: Nachschrift Schweizer 1832/33, S. 543,16. 8–9 Schleiermacher rekurriert hier wohl hauptsächlich auf Schellings Rede „Über das Verhältnis der bildenden Künste zu der Natur“ (1807); vgl. dazu Schleiermachers Exzerpte in den Notizen zur Ästhetik I, S. 5,1ff. sowie seine Bezugnahmen auf Schelling in seinen Notizen zur Ästhetik II, S. 23,14 oder S. 26,4–6, die darauf hindeuten, dass er Schellings „Vorlesungen über die Philosophie der Kunst“ zumindest zur Kenntnis genommen hat. Siehe auch: Nachschrift Schweizer 1832/33, S. 545,1–2.

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Erster Teil · Manuskripte Schleiermachers

Drittes bei Hegel zum absoluten Geist aber er tritt doch nicht ein, zerfällt in unbestimmte Vielgötterei, die Begeisterung in unfreies Pathos. | Aesthetik 1832. E r s t e Wo c h e . Stunde 1–4. Das geschichtliche – Fassung der Aufgabe – der speculative Gesichtspunkt – die Grenze der Ausführung – Gegensaz zwischen pathematischem und productivem Standpunkt (= Kunst aus Geschmack oder Geschmack aus Kunst) – Der erste endet in Nachahmung der Natur und schließt Musik und Architektur fast aus. Zw e i t e Wo c h e . Stunde 5–9. Der lezte schließt bildende Kunst fast aus. – Beide müssen also verknüpft werden. – Kunst an anderem (also auch sittliche Kunst) und göttliche Kunst werden ausgeschlossen. – Maaß im Aufsteigen zum allgemeinen und Absteigen zum Besonderen (nach IV b). – Construction nach V. H i s t o r i s c h e r T h e i l . Begründung aus der Ethik sofern sie die freien Thätigkeiten [behandelt] um ihnen die Regel zu geben; als Pflichtenlehre oder Tugendlehre genügt sie nicht weil niemand Kunst oder Geschmack unter diese aufgenommen hat. Ist außer dem Rückgang zur Ethik auch noch Uebergang zur Physik nothwendig wegen

9 und] folgt )PArchitecturS* 1–3 Schleiermacher rekurriert hier teilweise wortwörtlich auf Hegels Bestimmung der Kunst im Rahmen seiner Philosophie des Geistes in der „Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse“ (1827), von der Schleiermacher am 26. Januar 1830 ein Exemplar bei seinem Verleger Georg Reimer erwarb (vgl. KGA I/15, S. 732). Hegel bestimmt darin die Kunst als die erste Gestalt des absoluten Geistes und somit als eine Form der Selbstreflexion, die den Gegensatz von subjektivem und objektivem Geist überwindet. Weil diese Gestalt des absoluten Geistes, anders als dessen beiden anderen Gestalten Religion und Philosophie, ihren Gegenstand primär in Form der Sinnlichkeit (Anschauung) erfasst, zerfällt dieser in eine Vielheit vereinzelter Momente. § 558: „Diese Bedeutung, der Inhalt, ist wie die Gestalt ein endliches überhaupt. – ein beschränkter Volksgeist, der zugleich zwar unendlicher Reichthum nur in der Allgemeinheit des Gedankens gefaßt, nicht in solcher Einzelnheit des Gestaltens explicirt werden kann, und wenn zu weiterer Bestimmung fortgegangen wird, in eine u n b e s t i mm t e Vi e l g ö t t e re i zerfällt.“ § 560: „Aber es ist hierin der Gegensatz vorhanden, daß die mit diesem inwohnenden Gehalte erfüllte Thätigkeit, die Begeisterung des Künstlers, wie eine in ihm fremde Gewalt als ein u n f r e i e s P a t h o s ist, das Produciren hiemit an ihm selbst die Form natürlicher Unmittelbarkeit, im Genie als diesem besondern Subjecte hat, – und zugleich ein mit technischem Verstande und mechanischen Aeußerlichkeiten beschäftigtes Arbeiten ist.“ G. W. F. Hegel: Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse (1827), GW 19, §§ 558, 560 (Hervorhebungen d. Hg.). Siehe auch: Nachschrift Schweizer 1832/33, S. 546,32. 14 Vgl. Stunden 4 und 5 im Kollegheft Ästhetik 1819, S. 42,29 und 44,8 15–18 Vgl. die Sachanmerkung zu S. 45,14–16

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Voraussezung der Sinnlichkeit: so kann dies nur von der Ethik aus geschehen, muß zwischen ihr und Physik gegenseitig sein und also auch in dem höheren als beide gegründet.1 Gegensaz des universellen und individuellen. Man kann nicht Dialektik und Aesthetik hierin verwechseln. – Gegensaz zwischen Thätigkeiten die sich in dem Subject selbst vollbringen und die aus ihm herausgehen. Kunst zum ersten, wenn man nur das ursprünglich innere Kunstwerk von der äußeren Darstellung die großentheils mechanisch vollbracht wird unterscheidet. Durchführung durch Mimik, Mahlerei Skulptur, Poesie – Schrift und PWandlungS bei der Musik nach Noten stehen zwischen dem inneren und äußeren. | 1832 Ze h n t e St u n d e . Frage Womit ist die Kunstthätigkeit an dem bezeichneten Ort zusammen? Das Denken gehört auch in die immanente [Thätigkeit] aber das vom Wissenwollen ausgehende in die universelle. Das sinnliche Vorstellen gehört noch in die immanente, aber das auf die Erfahrung ausgehende in die universelle. Das künstlerische unterscheidet sich also von jenem dadurch daß es nicht durch das Sein bestimmt ist, also auch nicht Receptivität sondern reine Produktivität. Zusammen ist sie mit dem unmittelbaren SelbstBewußtsein. 11.12. [Stunde] Darstellung des unmittelbaren SelbstBeWußtseins an der höchsten Geistigkeit (religiös) und in der tiefsten Leiblichkeit sinnlich. Beides ist an sich betrachtet in allen identisch; allein in der Wirklichkeit bildet jedes eine Reihe die in zweien auch unter ganz gleichen Umständen nicht dieselbe sein wird, und dadurch sind sie Ausdrukk der Einzelheit. Die Art wie man deshalb die Kunst hat ganz als religiös oder ganz als sinnlich ansehn wollen ist einseitig. Die Frage von ihrem Verhältniß zum unmittelbaren SelbstBeWußtsein ist vielmehr so zu beantworten, daß sie sich zu diesem so verhält wie ihr Material zu anderm Denken und Bilden nämlich als freie durch gegebenes Sein nicht bestimmte Productivität. Die freie aber scheinbar ganz kunstlose [Productivität] in dieser Art ist der Traum; aber die ersten Anfänge der innern Bilder sind demselben sehr nahe. 13. [Stunde] Worin besteht nun die Selbigkeit und der Gegensaz? Der leztere darin, daß weil im Traum keine Zeit ist auch Maaß und Einheit darin nur zufällig sein können. Denkt man sich diese hinein 1

Siehe unter diesem Zeichen das folgende Blatt

16 auf] über der Zeile 37 Siehe … Blatt] am rechten Rand. Bezeichneter Satz befindet sich auf dem folgenden Blatt unter dem am rechten Rand befindlichen Einfügungszeichen. 32 Vgl. Schleiermachers Kollegheft Ästhetik 1819, S. 69,15

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so gleicht er dem Bilde das einem Kunstwerk zum Grunde liegt und der Gegensaz liegt dann nur noch darin daß vom Traum aus keine äußere Darstellung angehn kann. Die Selbigkeit in beiden ist aber die B e g e i s t u n g des Organismus. Ist nun, was zu dieser hinzukommen muß damit das traumartige Kunst werde die Maaßbringende Besinn u n g so müssen auch dies die wesentlichen Elemente der Kunst sein. Aehnliches findet sich in Beziehung auf die äußere Darstellung selbst wenn wir auf Musik und Mimik sehn. 14. [Stunde] Musik und Mimik soll hier angeführt werden nicht insofern sie ein Aeußeres sind, denn dies ist beseitigt, sondern wie aus dem kunstlosen und maaßlosen welches dabei das ursprüngliche ist und worin inneres und äußeres identisch ist die Kunst entsteht in der sich beides sondert. Wenn der gebildete Mensch auch in seinen leidenschaftlichen Bewegungen und Tönen mehr Maaß und Anmuth hat als der rohe so ist das die natürliche Wirkung seines Gesamtlebens aber es ist nicht in ihm vorgebildet. Im Künstler ist das Vorgebildete nicht aus dem leidenschaftlichen Zustande abzuleiten sondern aus der Begeistung des Organismus die aber zu einem Kunstwerk nur durch die Besinnung bestimmt wird. Steht nun diese Duplicität fest, so dürfen wir uns nicht verleiten lassen als den eigentlichen Ort der Begeistung des Organismus die eigentlichen fünf Sinne anzusehen; denn | (1832 Fortsezung von 14) die drei untern Sinne leisten nichts. Dagegen kommen die willkührlichen Bewegungen hinzu und wir gewinnen nur innre Einheit wenn wir das innere Gestalt und Tonbilden auch als willkührliche Bewegung ansehen. Nur fehlt uns das wesentliche die Poesie und die Architectur. 15. [Stunde] Architectur anorganische Gestaltenerzeugung aus dem kosmischen und tellurischen Leben, also auch ähnlich einer beim Auffassen gebundenen Poesie Gedankenbewegung aber nach dem Einzelnen hin also auch Gestalt und Bild, dieselbe die beim Auffassen gebunden ist. Worin liegt aber die Begründung eine Thätigkeit frei zu lassen welche nur in der Gebundenheit Wahrheit und Wirklichkeit giebt. Diese ist ein Entgegenstreben gegen die Täuschung als wenn wir die Form und den Stoff zugleich von außen empfangen. Diese Annahme welche die Receptivität als Passivität sezt findet dann ihren lezten Schuz in dem unzureichenden Theorem von der Nachahmung der Na7–8 Aehnliches … sehn.] mit Einfügungszeichen sieben Zeilen weiter oben 22 (1832 … 14)] am oberen linken Rand ohne Klammern 37–1 Vgl. die Sachanmerkung zu S. 40,16–17 sowie die Ausführungen in der Nachschrift Schweizer 1832/33, S. 540,26–27

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tur. Der Geist hat die Typen Schemata der Gestalten als Thätigkeit in sich und im leiblichen Leben bildet er sie einzeln in die Sinne hinein. So wird er von den Sinneseindrücken ergriffen, diese Zusammenstellung giebt ihm die Ueberzeugung und das Sein wird ihm so das wirkliche. Aber dadurch allein gelangt er nicht zum vollkommnen SelbstBeWußtsein, sondern erst indem diese Thätigkeit ganz frei wird, und das geschieht in der inneren Kunstthätigkeit. So ist sie aber auch eins mit allem inneren Bilderspiel (doch aber nicht bloßes Spiel oder Schein welches das einseitige ist in der Schillerschen Theorie) und dies erleichtert uns die zweite Aufgabe. 16. [Stunde] Hier nur eine etwas weitere Auseinandersezung des speculativen, die materialistische und idealistische Ansicht, die Gleichheit von Natur und Geist PinS dem absoluten, die Natur in der Steigerung des individuellen zum BeWußstein. Für die materialistische daß der einzelne Mensch aus dem Naturprozeß entsteht. Für die idealistische daß der Geist in das Einzelleben die Schemata der Natur schon mitbringt. Erklärung des einzelnen Lebens aus diesem Standpunkt. 17. [Stunde] Die ganze freie Thätigkeit als innerliche ist auf diese Weise Eine (In der practischen ist das äußerlich werden nicht abzusondern, eine Volition ohne dieses ist nichts. Die speculative hat die entgegengesezte Richtung zum allgemeinen und will in diesem an das Seyn gebunden bleiben) In PVielenS aber bleibt sie nur auf der untersten Stufe fast Null; dann als Verlangen welches sich durch den Geschmack kundgiebt (gleichviel ob guten oder schlechten) und so zulezt zur Productivität. Die bloße Freude an der Kunst beruht allerdings auf dem GattungsBeWußtsein; vermöge dieser Identität nur kann der Einzelne sich befriedigt finden durch das was in dem Andern gesezt ist. 18. [Stunde] Aufgabe die verschiednen Kunstzweige als einen geschlossenen complexus abzuleiten. Vorläufige Betrachtungen über die verschiedenen Verwandschaften sowol ethnographisch als im Zusammensein der Künste. Wie bei den Egyptern ihr Zurükbleiben in Musik und Poesie in demselben begründet wie ihre Hinneigung zum 33 Musik] korr. aus Plastik 9 Zu Schillers Theorie des Spieltriebs vgl. die Sachanmerkung zu S. 52,30–31; siehe auch: oben S. 133,3 sowie die Ausführungen zu Schiller in der Nachschrift Schweizer 1832/33, S. 542,31. 12–14 Wohl Anspielung auf die Ansicht von der immanenten Einheit von Natur und Geist, die mit der spekulativen Einheit von Sein und Denken korrespondiert, wie sie in der klassischen deutschen Philosophie in kritischem Anschluss an Spinoza und Kants Vernunftkritik diskutiert wurde. Vgl. Schleiermachers Kollegheft Ästhetik 1819, S. 58,24–25. Hierzu auch: Walter Jaeschke und Andreas Arndt: Die Klassische Deutsche Philosophie nach Kant. Systeme der reinen Vernunft und ihre Kritik (1785–1845), München 2012, S. 24–26.

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Kolossalen in Architektur und Bildnerei? Sind die Pantomime und die reine Instrumentalmusik Ueberschreitungen des Naturgemäßen. Sind Architectur und Musik verwandt wegen ihrer Zurückführbarkeit auf Zahl. | 1832. 19. [Stunde] Um nun uns nicht in dieser Mannigfaltigkeit zu verwirren müssen wir die freien Thätigkeiten unter einen Gegensaz bringen. Solche die dem unmittelbaren SelbstBeWußtsein und solche die dem gegenständlichen anheimfallen (dazwischen aber auch anderes SelbstBeWußtsein welches den Charakter des gegenständlichen annimmt[,] Reflexion Spiegelung[,] aber nicht unmittelbar ist) das unmittelbare SelbstBeWußtsein ist an sich unfrei im Moment betrachtet aber es hat eine Reaction welche in die Andern geht als Offenbarung. Diese Reactionen sind Mimik und Musik; diese sind freie nicht mehr durch den Moment bestimmte Darstellungen des unmittelbaren SelbstBeWußtsein in allen in sämmtlichen der gleichen Offenbarung fähigen Individuen vorkommenden Momenten. – Das gegenständliche BeWußtsein soll sich in seinen Thätigkeiten Einzelnes producirend darstellen. Das einzelne ist entweder Bild oder Vorstellung und so entsteht uns bildende und redende Kunst, beide ungetheilt gedacht und ohne daß wir der einen andere Gegenstände anwiesen als der andern. 20. [Stunde] Wir können nun auch noch hinzunehmen was von der ethischen Thätigkeit ausgeht. Diese ist noch gebunden sowol in der Arbeit an der Natur als in der geselligen Construction. Auch hier giebt es ein kunstloses inneres Bilden, die Entwürfe die in der wirklichen Handlung gebunden werden selten ohne Aufopferung. Daher will auch dieses sich als Kunst vollenden. Die Arbeit an der Natur wird im organischen Landschaftsmahlerei und Gartenkunst, im anorganischen Architektur wie ein Wohngebäude ursprünglich nur ein Monument im Gebiet des gemeinsamen religiösen oder bürgerlichen Lebens. Die gesellige Construction wird historisches Bild oder dramatische Poesie. Die Form der Eintheilung ließe sich leicht vervollständigen. BeWußtsein a) subjectiv = Reaction durch α) Bewegungen β) Ton b.) Objectiv α) das mit dem Sein verbundene β) das unsre Handlungen construirende. Allein weder die Ungleichheit der Haupttheile ist zu heben noch dieses daß Theile derselben Kunst aus ganz verschiedenen Oertern entstehn. Da bleibt nur entweder die Einheit dieser verschieden entstandenen abzuläugnen was nicht geht; oder zugeben daß die Wirklichkeit der Kunst noch auf etwas anderem beruht als die Idee. 21. [Stunde] Dies führt nun darauf die Thätigkeit in ihren Modificationen zu betrachten. Im allgemeinen Richtung auf freie Productivi2 reine] folgt )Instrumental*

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tät des Einzelnen. (Einzeln soll nie ein gegebenes bedeuten, das wäre Abschrift, aber die Function soll sich im einzelnen darstellen, und auch das Ideal ist ein einzelnes. Aber auch das zusammengesezteste Bilden das größte Gedicht ist in diesem Sinne einzelnes.) Wie stark aber auch diese Richtung sei so liegt darin nicht die Bestimmung zu irgend einer einzelnen Kunst. Sie kann also nur in dem in Bewegung gesezten Organismus liegen. Diese ist beim Mimiker die Beweglichkeit der Gestalt als Ausdruck. Ein hoher Grad von dieser ist das mimische Talent. Fehlt aber die allgemeine künstlerische Begeisterung so wird er nur andere Einzelne in ihren Bewegungen nachahmen. Maler und Bildhauer wollten sich uns nicht trennen. Dem lezten aber liegt die Gestaltbildung allein zum Grunde, dem ersten die Verhältnisse des Lichtes zu den Gestalten also das kosmische Leben der Erde im Einfluß auf ihre Lebenerzeugende Kraft. Aber die Identität beider bewährt sich in den Uebergängen Relief, Umriß. | 1832. S t u n d e 2 2 . 23. In der Dichtkunst finden wir aber dasselbe was diese beiden trennt vereint nur in der Form der Vorstellung einzeln Gestaltbildung und Zusammensein. Aber man fordert auch poetisches vom Maler und Bildhauer wie pittoreskes und plastisches vom Dichter. Maler und Bildhauer sollen Bilder daraus nehmen; daraus geht ein allgemeines Zusammenstreben der Künste hervor welches vielleicht den Schlüssel giebt. PBrächteS der Dichter ein Bild oder eine Gestalt ganz bestimmt und der Maler gäbe es so wieder so schriebe er ab und das poetische fehlte ihm; eben so wenn der Dichter ein Bild in Vorstellungen übersezte aber doch ist es weder das poetische noch das malerische was fehlt sondern es ist ein gemeinsames Erforderniß, daß von dem Allen einwohnenden Typus aus das dargestellte Einzelne werde durch die eigne productive Kraft. Hat das Einzelne keine Verwandtschaft zu dem allgemeinen Typus so daß er darin entdeckt wird: so ist es unbedeutend; findet man einen Widerspruch darin, so ist es unwahr. Dies erklärt nun nicht nur wie die Kunst auf der einen Seite als Nachahmung der Natur angesehn werden kann, auf der andern als ideal oder ihr die Regel gebend, sondern auch wie man sie mit Recht so hoch stellt daß sie die Wahrheit des Typus und damit zugleich die Wahrheit unserer Erkenntnis – sie ist also wesentlich antiskeptisch – zu bewähren hat durch das einzelne welches sie selbst producirt. Dies gilt nicht nur vom ethischen sondern auch von der Natur und nicht nur von den substantiellen Formen sondern auch vom Zusammensein. Eine Landschaft muß eine klimatische Wahrheit haben und jeder epische oder dramatische Moment eine nationale. Der eine wird nun ein Dichter weil das Einzelne ihm primitiv und bestimmt als Vorstellung wird, der andere ein Maler weil PalsS Bild.

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Aber die verschiedenen Functionen des geistigen Organismus kommen doch in jeder Kunst fast alle vor. – 24. [Stunde] Wenn wir nun hier einsehn daß das Ideal und die Nachahmung sich nicht widersprechen so sehen wir auch wie selbst von PdenjenigenS Kunstzweigen die als Thätigkeit des objectiven BeWußtseins erscheinen gilt daß sie ihren Ort im unmittelbaren SelbstBeWußtsein haben. Denn Uebergewicht von Bild oder Vorstellung, Richtung auf die selbständigen Formen oder auf das Zusammensein das ist schon die Wirksamkeit der besonderen Eigenthümlichkeit. – Wenn nun Maler und Bildhauer sich doch anders trennen als nach der Verschiedenheit des geistigen Inhalts der organischen Function und die Dichtkunst die sich so auch trennen sollte (denn einer Trennung in Kunst der ungebundenen und der gebundenen Rede würde die Aufgabe auch nicht entsprechen) doch immer eins bleibt: so muß man schließen daß d i e K ü n s t e s i c h vereinzeln na ch der a ndern S e i t e d e r o r gani s c h e n F u n c t i o n wodurch sie ä ußerlich w erd e n . Und zwar ohne daß wir das fallen lassen die eigentliche Technik als etwas secondäres anzusehen, die Grenze zwischen beiden muß nur recht bestimmt werden. Der Bildhauer kann den Marmor ganz den Handwerkern überlassen, aber das Modell muß er selbst körperlich formen, der Architekt braucht nur Grundriß und Aufriß zu machen und diese Differenz hängt mit jener zusammen daß dieser mathematische Gestalten jener organische Formen producirt. Der Maler muß Zeichnung und Beleuchtung selbst machen, der Mimiker alles Einzelne am eignen Leibe vollziehen, nur im zusammengesezten Kunstwerk muß er was er vorgemacht hat copiren lassen. Dies hängt damit zusammen daß bei ihm das Interesse an der bedeutsamen Beweglichkeit innerlich und Trieb auf die Bewegung selbst sein muß. Eben so ist es mit der Musik. 25. [Stunde] Wir wollen nun annehmen daß es einen Uebergang geben muß vom Gesang zur Instrumentalmusik und daß auch diese nichts anderes darstellen kann als die unendliche Mannigfaltigkeit der innern Erregungen. Es entsteht aber von demselben Punkt aus auch lyrische Poesie als mittelbarer Ausdruck indem die Erregung sich im Charakter der Gedankenfolge zu erkennen giebt. Endlich wird dies auch in die bildende Kunst aufgenomen denn aller innerste Ausdruck in Figuren hat diesen | Ursprung. – Die ethische Thätigkeit sofern sie gesellig ist, kann sich nur in der Rede zur vollen Freiheit durcharbeiten. Sofern es Arbeit an der Natur ist kann nur Kunst daraus entstehn so fern in dem, was um eines Zweckes willen gewollt wird, noch 27 das] korr. aus die

27 das] folgt )Richtun*

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etwas mit enthalten ist, und dies ist hier die regelmäßige Gestaltung die in der Architectur durchbricht. 26. [Stunde] Architektur : Gartenkunst = Skulptur : Mahlerei. Das kolossale bei den Aegyptern und Indiern ist ihr ethisches Moment weil ihre Naturthätigkeit nur in der Masse Werth hat. Hernach gestaltet es sich anders bleibt aber immer in der Anwendung auf das öffentliche Leben. In jeder Kunst sind die Gattungen die niedrigsten welche nur von dem einzelnen Leben ohne Beziehung auf das öffentliche ausgehn. Die ursprünglich nur hiervon ausgehenden Künste schließen sich sobald es etwas höheres gibt an andere an. Die Poesie ist für alles höhere, weil das GesamtBeWußtsein sei es nun politisch oder religiös oder gesellig nur durch die Sprache vermittelt ist. Das Centrum und alles vollendet sich erst wenn ein so zusammengeseztes Werk für den gemeinsamen Genuß mit den genießenden in einen architektonischen Raum zusammengefaßt ist. Hier haben wir Einheit und Sonderung der Künste, äußere Darstellung und speculative Tendenz in Einen Moment zusammengefaßt. Anm. 1. Die Kunst hält sich nur da innerhalb des PKunstlebensS (auch Hoflebens) beschränkt, wo die Masse noch zu sehr von der gebundenen Thätigkeit in Besiz genommen ist. Anm. 2. Die Nationalität ist Bedingung jeder bestimmten Kunstentwiklung. 27. [Stunde] Recapitulation des aus verschiedenen Gesichtspunkten gesagten. Die freie Production ist die der Reaction (Mimik Musik) die der auffassenden Typen (Skulptur Malerei) die der ethischen (Poesie Architectur). Die Gattungen sind die vom einzelnen Leben ausgehn (die niederen) und die vom Gesamtleben (die höheren); in jenem erscheinen alle Künste eher isolirt, immer streben sie nach Vereinigung. Die Künste selbst vereinzeln sich nach den eigenthümlichen Differenzen Mimik und Musik sind schon innerlich ganz verschieden. Anm. Ueber die Begeisterung. Die allgemeine ist die Richtung auf den Geist die specielle ist diese in Verbindung mit der eigentlichen Thätigkeit also beruht sie auch auf dem Heraustreten von dieser. 28. [Stunde] Die allgemeine Kunstbegeisterung an sich wie sie keine Kunstthätigkeit hervorbringt kann doch auch in verschiedenem Grade vorhanden sein, und sich auch manifestiren. So erkennt man im Centauren die freie wenngleich unwahre Gestaltbildung, in Feen Gnomen die wenngleich unwahre freie Vorstellung. In der ethischen Sphäre ist es dasselbe mit dem idealisiren der einzelnen sittlichen Verhältnisse. Dies lassen wir uns auch als freies Spiel eben so gefallen wahr oder unwahr, aber es will nicht verwechselt sein mit der sittli20 Thätigkeit] folgt )PdurchS*

36 und] folgt )ist am stärksten wenn sie auch*

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chen Thätigkeit sondern jeder unmittelbare ZwekBegriff muß als Anknüpfung gerechtfertigt sein; auch nicht mit der speculativen Darstellung der sittlichen Idee denn diese ist eine Zusammenfassung jenes idealisiren aber giebt Einzelheiten. Wenn aber die freie Production das in der Natur vorhandene aber ihr noch nicht gegebene ahndet und eben so im sittlichen Gebiet so streift sie an die göttliche Kunst und wir finden auch in dem Uebergang zu dieser die hohe Stellung der Kunst gerechtfertigt. | (1832. Fortsezung von 28.) Mit der speciellen Begeisterung steht es nun so. Der Mimiker ist begeistert von der bedeutsamen Beweglichkeit der menschlichen Gestalt und alles was er an menschlichen Zuständen vernimmt muß ihm bewegte Gestalt werden. Der Musiker von der sympathetischen Kraft der Töne, der Bildhauer von der plastischen Kraft der Natur in der lebenden Gestalt, der Maler von der Wechselwirkung zwischen Licht und Leben, der Dichter von der sympathetischen Kraft der Sprache, der Architekt von der Kraft des Menschen in Ueberwältigung der Masse (der Sinn für die mathematische Gestaltung macht nur den architektonischen Maler nicht den Architekten, so wie der für das organische nicht den Kunstgärtner sondern den Landschaftsmaler) und eben so der organischen Natur. Beide Zweige also ruhen wesentlich auf dem BeWußtsein des gemeinsamen Lebens. 29. [Stunde] Verfolgen wir die Kunstthätigkeit zum lezten innern Punkt, nämlich der Vorbildung so müssen wir also hier als Ergebniß der freien Productivität E r f i n d u n g postuliren. Hiegegen aber spricht die häufige Wiederholung der Gegenstände auch in den Meisterwerken und daß die Gattungen wo die Erfindung am freiesten ist Genrebild, bürgerliches Drama grade weniger geachtet werden. Die lezteren sind eben solche die es nur mit dem Einzelleben zu thun haben, in jenen aber ist das religiöse oder nationale Gesammtleben wirksam. Aber eine Madonna ist nicht wie die andere und eine Antigone nicht wie die andere; und diese Differenz ist in der Vorbildung selbst, auch nicht bloß eine räumliche und zeitliche sondern als Ausdruck einer andern Eigenthümlichkeit und in dieser wieder verschiedener Stimmungen. Besonders in den Kunstzweigen wo es Zusammenstellung giebt hat auch die Erfindung noch große [Bedeutung]. 30. [Stunde] Das komische erklärt als den Gegensaz zwischen der Wirklichkeit und dem Ideal frei producirend indem die Motive die sich sonst verbergen bestimmt hervortreten. In dramatischer Poesie am deutlichsten anzuschauen. 31. [Stunde] In Mimik und Musik in Verbindung mit der Poesie, in Malerei nur als Element oder in untergeordneten Gattungen, in 8 (1832. … 28.)] über der Zeile ohne Klammern

9 der] folgt )Bewegl*

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Skulptur sehr sparsam (Silen, Faunen p) in Architectur gar nicht wegen deren großer Verwandschaft mit dem geschäftlichen Ernst und ihrem gänzlich gegründet sein auf das GesammtBeWußtsein. Der lezte von uns zu betrachtende Moment ist nun der Uebergang von der Erfindung zur äußeren Darstellung. Die leztere an und für sich betrachtet soll freilich ganz aus dem Spiel bleiben aber sie ist von unverkennbarem Einfluß auf die vollkomne Ausbildung der Erfindung, so daß die leztere selten eher eintritt als mit der äußeren Darstellung zugleich. Die Erfindung des Malers hat freilich noch nicht angefangen wenn er sich mit den Umrissen der Figuren nicht auch den Licht und Farbenton im allgemeinen gedacht hat, analog beim Dichter der metrische Typus; aber sie bildet sich auch innerlich nur aus mit der äußeren Darstellung zugleich, sonst dürften Maler und Dichter nie ändern. So auch beim Mimiker nur durch wiederholte Proben. Nur beim Architekten ist alles zu | (Fortsezung von 31. Stunde) nothwendigem durcheinander bestimmt, welches von der Natur der mathematischen Gestaltung ausgeht. Dem ohnerachtet bleibt der HauptSaz nur ein natürlicher Ausdruck des Verhältnisses zwischen der inneren und äußeren Sinnesthätigkeit. Diese drei Momente Erregtsein zur freien Productivität, Erfindung und Ausführung geben nun auch den Schlüssel ab der Geschichte der Kunst und aller darin vorkommenden Abweichungen, wobei wir nur wieder von der Nationalität derselben ausgehen müssen. Die Richtung selbst wohnt nicht nur verschiednen Völkern in verschiednem Grade ein, sondern auch demselben zu verschiednen Zeiten, und ist immer innerhalb eines jeden sehr ungleich vertheilt. 32. [Stunde] Kolossale Periode ist Kunstprincip noch nicht ganz getrennt vom Geschäft mit mechanischen Fertigkeiten in der Masse. – Kunstprincip und Erfindungsgabe ohne Empfänglichkeit in der Masse ist nur zu denken in einem zerstörten Gesamtleben. Dann floriren die Gattungen welche vom Einzelleben ausgehn, aber in den großen Formen nur Nachahmung fremden Stoffes. Französische Kunst. Umgekehrt auch nach großen Zerrüttungen aber weil das individuelle weniger ausgebildet bemächtigte sich in Shakespeare die Erfindung des nationalen Lebens. – In Deutschland bei der Reformation in der 15 (Fortsezung … 31. Stunde)] am oberen Rand ohne Klammern 33 Schleiermacher spielt hier wohl auf den französischen Klassizismus unter Ludwig XIV. (1643–1715) an; vgl. Nachschrift Schweizer 1832/33, S. 646,32–36 und S. 682,1– 9. 35–36 Schleiermacher spielt hier wohl auf die Geschichte Englands an, als Heinrich VIII. (1491–1547) als König 1534 auch Oberhaupt der englischen Kirche wurde; vgl. Nachschrift Schweizer 1832/33, S. 647,8–11.

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Masse geweckte Empfänglichkeit für religiöse Musik und Poesie einseitig während sie für anderes todt blieb. – Die Erfindung kann reich sein ohne Intensität – skizzirende Kunst. 33. [Stunde] So wie beim Skizziren ein Uebergewicht der Erfindung so giebt es auch Uebergewicht der Ausführung ohne alle Erfindung in der Copie, mit wenig Erfindung in der schwachen Abänderung cyclischer Elemente. – Im Deutschen gab es in der gothischen Baukunst (nicht ganz vom Geschäft getrennt) auch im kleinen eine saubere an das Handwerk gränzende Kunst an kleinen Geräthen, Mahlerei an Kalligraphie p. – Diese Differenzen führen nun auf die mora lische Beurtheil u n g d e r K u n s t . Die alte Rede daß sie die Leidenschaften mäßige oder reinige kann sie nicht lösen. Während der Blüthe der attischen Kunst war die Politik und Moral ganz von der Leidenschaft unterjocht. In der Blüthe der christlichen Malerei die Superstition (auch leidenschaftlicher Zustand) vorherrschend, und so auch die einzelnen Künstler nichts weniger als religiös begeistert, sondern daß sie ihrer Kunst diese Richtung gaben darin waren sie Organe des Gemeinsinnes. Eben so falsch daß die Kunst nur ein Product des Luxus und der Corruption ist. B e s t i m m t e moralische Wirkungen soll man nicht von ihr erwarten ohnerachtet ihr Lebensverlauf allerdings mit der ethischen Entwiklung zusammenhängt indem die Geschmaks|(1832 Fortsezung 33) entwiklung die Menschen mehr ausgleicht und das Wohlgefallen an der niederen Sinnenlust beschränkt. Will man sie aber nach solchen Wirkungen schäzen so construirt man sie von außen nicht von innen. 34. [Stunde] Das Urtheil über alle ethischen Ansprüche an die Kunst liegt darin daß sie überhaupt an sich keine Willensbewegung bewirkt, indem das Gemüth an der freien Production festgehalten wird und nicht in das [Gebiet] der gebundenen Thätigkeit übergehen kann (eben so wenig auch kann sie aus demselben Grunde eine Einsicht fixiren) weder die religiöse [Kunst] eine wohlthätige [Willensbewegung] noch die erotische eine lascive. Sondern dies muß immer von etwas der Kunst fremdem in dem Sinn des Künstlers entstehen (der Kunst ist deshalb nichts ab oder zuzurechnen) womit er andere anstecken will. – Eben deshalb hat auch jedes Kunstwerk wenn es vollkommen in seiner Art ist einen absoluten Werth das kleinste Epigramm wie die Tragödie, also einen Werth ohne Vergleichung. Vergleichung geht nur auf die Vollkomenheit wobei noch die technische 22–23 (1832 … 33)] am oberen Rand 12–13 Vgl. Aristoteles: Poetik 1449b

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der äußeren Darstellung nicht mitgerechnet wird wenn nur das innere Bild ganz vollendet ist. – In diesem Sinne ist auch kein Unterschied zwischen der Kunst im ernsten Styl welche das Einzelne symbolisirt und der (komischen) welche mit der Nichtigkeit des einzelnen spielt. Denn in jener wird das einzelne doch als solches vernichtet, in dieser wird es als Symbol von der Nichtigkeit des einzelnen an sich gesezt. 35. [Stunde] Die Differenz liegt also nur in der Kunstvollkommenheit. Ob der Begriff derselben allgemein oder nur speciell kann gefaßt werden? Wenn nur das leztere dann würde die Allgemeinheit des Begriffs Kunst selbst zweifelhaft. Ausgehend vom Anfangspunkt können wir sagen[:] Je weiter die freie Production sich vom kunstlosen entfernt um desto vollkomner. Das kunstlose ist das traumartig chaotische. Die Vollkommenheit ist also das fixirte bestimmt unterschiedene also allseitig gemessene elementarisch Ton Bewegung. Als Ganzes betrachtet verläuft sich der Traum allmählig ins wache; auch die durchlaufenden Nebengedanken begrenzen sich nicht. Also die organische Vollkommenheit ist das begrenzte. 36. [Stunde] Das Resultat scheint geringfügig und doch giebt es auch Einwendungen dagegen denn rein gemessen und bestimmt unterschieden sind nicht BaumMassen und MenschenMassen in Bildern, und vollkommen begrenzt ist nicht die Iliade, man mag nun das Gedicht als Eins ansehn oder die einzelnen Gesänge als Ganze. Geringfügig erscheint es weil an sich kein Bezug auf freie Productivität darin ist, und wenn doch das aus dem vorigen voraus genommen werden soll: so bleibt dann Portrait selbständig und als Element im Bilde, eben so landschaftliche Abbildung als unvollkomnes ausgeschlossen. Wir wollen das lezte zuerst beseitigen. | Jeder Mensch hat sein Ideal, woraus sich alle seine Momente begreifen lassen und in diesem muß er gefaßt, alle einzelnen PAlterationenS die etwa vorkommen mögen müssen diesem untergeordnet werden. Nur so ist das Portrait Kunstwerk. Die natürliche Landschaft ist nicht als ein Ganzes wirklich. Das Umrahmen derselben von einem bestimmten Standpunkt aus ist die freie Produktivität des Künstlers darin, und so wie er sie darstellt existirt sie nicht. Das gleiche findet statt bei jedem historischen Bild und Drama. Auch die Iliade hat so eine bestimmte Begrenzung gesezt auch sie erschiene nach einer Seite unbegrenzt; aber ist sie ein Ganzes gewesen so war sie auch das nicht. Nur die Massen eines Hintergrundes sind selbständige Theile eines 21–22 Schleiermacher spielt hier wohl auf die sog. homerische Frage an, die durch Friedrich August Wolf eine neue Wendung erfuhr, indem er die alleinige Autorschaft Homers bei der „Odyssee“ und der „Ilias“ und damit auch den einheitlichen Charakter dieser Epen hinterfragte. Vgl. Friedrich August Wolf: Prolegomena ad Homerum, Halle 1795.

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Bildes, nicht die Einzelnen darin. Eine mikroskopische Zeichnung von diesen liegt ganz außer dem Kunstwerk. 37. [Stunde] Auf das lebendige Element angewendet giebt der Begriff des gemessenen dieses, daß jedes einzelne eine eigenthümliche und für die Gesammtdarstellung des Typus nothwendige Modification desselben ist, so daß die künstlerische Production eine wahre Vervielfältigung der Natur wird. Eben so muß sich auch die Darstellung eines Gegebenen verhalten zu seinem Gesammtwesen als eine solche Bestimmtheit desselben woraus alle Momente zu begreifen und darin anzuschauen sind. Im Portrait ist eben so die Auffassung ideal, wenn die etwaige bestimmte Wirklichkeit jener symbolischen Dignität untergeordnet ist. Das ideale in diesem Sinn ist die elementarische Kunstvollkommenheit ganz. Dies führt auf Vergleichung mit dem Begriff des Schönen und erhabenen, wo man sich über das subjective sehr leicht verständigt aber das objective will nie recht zu Stande kommen und selbst Philosophen wie Kant weichen in rhetorische Schilderungen aus. | 1 8 3 2 St u n d e 3 8 Auf Kritik dieser Theorien über das Schöne und Erhabene können wir uns nicht einlassen ohne durch die Ausführlichkeit dem folgenden zu schaden oder durch Sparsamkeit einzelnen Theoretikern Unrecht zu thun. Daher hebe ich nur heraus was unsren Säzen zur Erläuterung dienen kann. – Das Schöne als mangelloses Dasein (Schelling) ist nur ein Theil unseres idealen. Es gehört dazu daß der Stoff dem Ausbilden der Form kein Hinderniß in den Weg gelegt, weder so daß die Verhältnisse gestört werden noch so daß das Maaß zurück geblieben. Aber daß das producirte ein wesentliches Moment in der Erscheinungsgesammtheit sei, das liegt nicht in dem Ausdruck mangelloses Dasein. Nennt man nur jenes zweite Moment das characteristische so müßte also das characteristische in diesem Sinne zu dem Schönen hinzukommen um unser ideales zu sein. Versteht man hingegen unter dem characteristischen die Angemessenheit zu irgend einem in Natur oder Geschichte einzeln gegebenen: so wird mit Recht dagegen protestirt daß dies zur Kunstvollkommenheit gehöre. Schelling giebt dieses nur für die bildende Kunst; aber wir können einen so speciellen Ausdruck hier noch nicht brauchen. Und wenn 6 Production] folgt )nichts* 8 seinem] folgt )P S* gen.] mit Einfügungszeichen 15 Zeilen weiter unten

35–5 Schelling … ausgegan-

14–19 Schleiermacher spielt hier offenbar auf Kants Bestimmung des Schönen und Erhabenen als zwei gegensätzlichen ästhetischen Kategorien in der „Kritik der Urteilskraft“ an. Vgl. die Sachanmerkung zu S. 72,33–4. 22–23 Vgl. Schleiermachers Notizen zur Ästhetik I, S. 7,1ff. 35–5 Zu Schellings Rede „Über das Verhältnis der bildenden Künste zu der Natur“ (1807) vgl. Schleiermachers Notizen zur Ästhetik I, S. 5,1ff.

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er sagt man solle das Schöne lieber physisch zu erklären suchen als psychologisch: so heißt das nur eine Einseitigkeit an die Stelle der andern sezen. Wir hingegen sind von dem Gleichgewicht zwischen beiden, nämlich dem Einssein derselben auf entgegengesezte Weise, ausgegangen. Bei dem Erhabenen kommt es immer auf zweierlei hinaus, daß das Erhabene nicht das Schöne sei aber ohne dem Schönen doch zu widersprechen, und daß es etwas überwältigendes sei ohne doch daß wir uns demselben entziehen wollten. Beides hängt so zusammen daß eben vom erhabenen überwältigt wir nicht nach der Schönheit fragen. Das überwältigen kann freilich nicht von einem mangellosen Dasein herrühren, sondern nur von einem unüberwindlichen, und zwar nach Maaßgabe seiner Umgebung. Dafür sprechen auch die beiden klassischen Stellen aus der Genesis und dem Calas. Bei der ersten kann man PimmerS zweifeln ob es im Sprechen und werden liegt oder im Licht. Aber warum nicht eben so beim Leben? und doch sind die ganz gleichlautenden Stellen, welche das Entstehen des lebendigen beschreiben mehr ausgeführt worden. Offenbar nur | deswegen weil dieses nicht so kurz zu beschreiben war. Nicht als ob das maximum von Breviloquenz zum erhabenen gehöre sondern nur weil die Zerfällung jenem Eindruck nicht günstig ist. Das erhabene ist hier die Unwiderstehlichkeit des göttlichen Willens. Eben so im Calas die Furchtlosigkeit. Führen wir dies auf unseren Saz zurück so ist es der Ausdrukk eines bestimmten Verhältnisses des einzelnen zum allgemeinen Zusammensein; ein Schritt weiter auf derselben Seite das wilde zerstörende. Gegenstück zum erhabenen auf der anderen Seite ist das zarte

13–14 Die Nachschrift Schweizer 1832/33, S. 668,20–21, gibt in diesem Kontext die Stelle aus Gen 1,3 wieder: „Gott sprach es werde Licht und es ward“. Der andere Vers, den Schleiermacher in seinem Kollegheft Ästhetik 1819 (S. 74,2–3) als Beispiel für das Erhabene in der Poesie wiedergibt und der auch hier mit „dem Calas“ gemeint sein dürfte: „Je crains Dieu cher Abner et n’ai point d’autre crainte“, stammt aus Jean Racines Tragödie „Athalie“ (Paris 1691, 1. Akt, 1. Szene), wo er vom Hohepriester Joad ausgesprochen wird. In der Nachschrift Schweizer 1832/33 (S. 669,1–2) ist an dieser Stelle – ähnlich wie in der Nachschrift Bindemann 1825 (S. 367,8–10) – vom „Calas von Voltaire“ die Rede, wobei Voltaires „Traité sur la tolérance“ (1763) im Hintergrund stehen dürfte, in dem der Fall von Jean Calas beschrieben wird – einem unschuldig zum Tod durch Rädern und Verbrennung verurteilten Familienvater. Möglicherweise kannte Schleiermacher den Kupferstich „Les Adieux de Calas a sa famille“ (1768) von Chodowiecki, in dem der von Voltaire beschriebene Fall dargestellt wird mit dem im Kollegheft 1819 zitierten Vers aus der „Athalie“ als Bildunterschrift. Beide „klassischen“ Beispiele (Genesis 1,3 und der Vers aus Racines Athalie) finden sich auch unter der Rubrik „Erhaben“ in Johann Georg Sulzers „Allgemeine Theorie der schönen Künste“ (2. Bd., 2. Auflage, Leipzig 1792, S. 98, 100), das Schleiermacher in seiner Bibliothek aufbewahrte.

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niedliche, was an sich schon der Pflege und Begünstigung bedarf. Gegenstück des wilden ist das schwache nichtige was sich im Zusammensein nicht halten kann. 39. [Stunde] Das in sich begrenzt sein des Kunstwerkes als Vollkommenheit desselben als Ganzes ist nun auch nicht die Begrenzung nach außen allein, sondern das Bestimmt und Bezogensein aller Theile auf einander. (Die Begrenzung nach außen aber dann auch der Umfang der Einheit ist in der Musik oft bei Fantasien eben so zweifelhaft wie im Epos.) Wo dieses fehlt und zwar mit Bezug auf das eigenthümliche Wesen der bestimmten Kunst, da erkennen wir kaum noch ein Kunstwerk. Wenn es aber in absoluter Strenge zu nehmen wäre, so könnte es kein B e i w e r k geben (leerer Raum fordert des Beschauers freies Spiel heraus, Beiwerk fixirt es). | 1 8 3 2 40. [Stunde] Beiwerk verschiedenes Maaß nach Stil und auch nach Auffassungsweise der einzelnen Künstler. Am losesten sind die Gattungen wo der Unterschied am geringsten ist. Stillleben aus lauter Beiwerk. – Beiwerk muß daher auch können selbständig als Kunstwerk auftreten und hat dann auch einen absoluten Werth Arabeske, Einfall. Wer aber lauter solche Werke machte, wäre doch kein eigentlicher Künstler, wenn die freie Productivität sich nur auf solche Formen des Seins wirft die immer untergeordnet erscheinen. Für den wahren Künstler können sie nur um der andern willen sein, also S tud i e n . Gegensaz zwischen Studium und Werk. 41. [Stunde] Skizze und Werk. Hauptwerk und Gelegenheitswerk. 42. [Stunde] Auch zwischen den lezten beiden giebt es Annäherungen theils Beziehungen auf eigne Lebensmomente theils indirecter Einfluß des gemeinsamen Lebens. Wo lezter fehlt ist entweder Copie die sich nicht geltend machen kann oder Verfall oder Anfang einer neuen Periode. (In allen Fällen der lezten Art giebt es vorangehende) Allein das wirklich neue pflegt doch immer eine Art von Nullpunkt an sich zu haben. Beispiele, Französische Malerei PnachS der ursprünglichen Mythologie und Allegorie PwelcheS nicht volksmäßig werden kann. Meistersänger nach Minnesängern einzelner zerstreuter Poesie im tiefsten Volksverfall in und nach dem dreißigjährigen Kriege. Dann Nachahmung des französischen in der Poesie wie im Leben PwelcheS sich auch nicht geltend machen kann. | 1832. In den lezten beiden Stunden vor Weihnachten wurde nun noch aus dem Beiwerk zurückgegangen auf den Gegensaz zwischen eigentlichem und uneigentlichem Kunstgebiet indem in dem lezterem die Kunst selbst Beiwerk ist an einem anderen. In Verbindung hiemit (glaube ich) auch der Gegensaz zwischen antik und modern als Di4 als] folgt )solchen Ganzes*

7 außen] folgt )ist*

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gression behandelt, weil wir nämlich von selbst nicht darauf kommen konnten, und gezeigt wie untergeordnet er ist. Endlich wurde auf das Verhältniß wie eine Kunst Beiwerk bei anderen ist die Anordnung gegründet, und gezeigt wie sie damit zusammenhängt daß zugleich die begleitenden Künste mehr von der Reaction [des Selbstbewußtseins] ausgehn. | 1833. 44te Stunde (3. Januar) Recapitulation des Zusammentreffens daß in Mimik und Musik die freie Productivität sich an die kunstlose Reaction anschließt und daß sie als wesentlich begleitend minder selbständig sind (Musik wird hier auf ihr ursprüngliches den Gesang zurükgeführt.) Ton und Bewegung sind in der kunstlosen Aeußerung der Stimmung verbunden. Nationale Verschiedenheit im Grade und im Verhältniß. Eben deshalb müssen beide Künste gesondert werden. I. M i m i k . Freie Productivität in denselben Bewegungen welche unwillkürlich Begleitung innerer Stimmungen sind. Die Bewegung muß erscheinen. Gegensaz zwischen B e w e g ung en die nur indir e c t erscheinen (Respiration) und d i e u n mit telb a r wahrgenommen werden. Ge g e n s az z w i s c h e n e n t b l ößt en u nd v erhüllt en T h e i l e n . Die B e k l e i d u n g hemmt sofern sie S chuz ist, sie kann aber auch mitwirken sofern sie D r ap p i r ung ist. Leztere geht vom Kunstsinn aus und die Kunst greift also wieder hemmend in die Hemmung ein. 4 5 . S t u n d e . Als Reihe von Bewegungen müssen diese getrennt sein, also durch Ruhe. Diese darf aber nicht absolut sein sonst würde jedes isolirt[.] So wenig es rein partielle Bewegungen im Raum giebt so wenig auch rein isolirte in der Zeit; das lebendige ist nie in absoluter Ruhe. Die Ruhe also nur minimum von Bewegung und zwar nach beiden Seiten. Spur des PbewegtenS im Minenspiel Ausdruck, in den eigentlichen Bewegungen Stellung. Daher nun die elementarische Vollkomenheit des physischen Ele|mentes darin besteht, daß jedes mit Leichtigkeit in das andere übergehe. Die Ruhe ist lebendig wenn man das vergangene darin erkennt und das künftige ahndet; die Bewegung ist gemessen wenn sie nicht aus dem Zusammenhang mit der Stellung herausgeht aus der sie entstanden ist und wenn man sehen kann in was für eine sie übergeht. Der Gegensaz zwischen Minenspiel und Bewegung der Gliedmaassen ist der daß ersteres gleichsam das Minimum ist an dem man die kleinsten Veränderungen erkennt. Daher aber auch daß man dabei an das Einzelwesen besonders gewiesen ist. Umgekehrt daher die große Bewegung überwiegend ge s e l l i g, Tanz seiner Natur nach ein Chor; die kleinere im dramatischen Künstler wird es nur durch Unter7 1833] 1832

37 daß] das

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stüzung des Wortes. (Der Solotanz ist in dem Grad eine Ausartung als er nicht ganz deutlich nur Theil eines größeren Ganzen ist.[)] Eben dieser Gegensaz ist Grund genug Mimik und Orchestik von einander zu trennen. Nur daß noch der Unterschied zwischen locomotiven Bewegungen und statarischen (Geberdenspiel) aufgefaßt werden muß, so daß Minenspiel Geberdenspiel und Stellung der Mimik angehört (das locomotive in ihr ist nur durch das dramatische bedingt) der Orchestik allein locomotive Bewegung Geberdenspiel und Stellung. Und zwar so daß in der Mimik locomotive Bewegung unter Geberdenspiel subsumirt wird. 46. [Stunde] Die beiden Merkmale des physischen und ethischen treffen nun in der Theilung nicht genau zusammen; daher sind nun die einzelnen Zweige und Gattungen nicht streng aus logischer Theilung zu begreifen sondern individualisirt. So bei den Alten das Minenspiel im Drama weit untergeordneter und wegen der Masken auf die Augen beschränkt. Schon dieses Umstandes wegen ist unthunlich eigentliche Mimik und Orchestik als zwei ganz verschiedene Künste zu stellen. Eben so ist auch das Verhältniß zwischen Minenspiel und Geberden im wesentlichen zwar überall in sofern dasselbe als alle innern Veränderungen sich zuerst im Minenspiel äußern aber bei den SüdEuropäern gehn sie weit leichter und schneller in Geberde über als beim Nordeuropäer. Eben so spricht auch für die Vereinigung beider in Ein großes Kunstgebiet die Betrachtung der | (1833 Fortsezung von 46) Begeisterung. Denn diese ist hier überall die allgemeine Richtung auf freie Productivität angewendet auf die willkührliche Beweglichkeit des Leibes. Zum Mimiker gehört mehr geistiges zum Tänzer mehr leibliches, weil er mehr mit der ganzen Gestalt leistet. Wenn man aber vom Mimiker Begeisterung für die dargestellten Charactere fodert, so verwirrt man sich und specialisirt auf eine ganz falsche Weise. Denn es ist nur Unvollkomenheit, wenn einer nicht darstellen kann, was im Umkreis seiner physischen Bedingungen liegt, und wahrscheinlich liegt immer eine Rükkehr ins kunstlose dabei zum Grunde, wenigstens ein Mangel von Gaben seiner Kunst in ihm. Haben wir nun die Mimik ursprünglich isolirt und kennen sie nur gesellig in Verbindung mit der dramatischen Poesie: so tritt uns nur noch entgegen als eine widersprechende Instanz die Pantomime, wo die Mimik statt der Poesie mit dem Tanz verbunden ist, immer aber irgendwoher die dargestellten Verhältnisse als bekannt vorausgesezt werden. 24 (1833 … 46)] über der Zeile ohne Klammern )Pverweist erS*

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47. [Stunde] Um nun auch den Gegensaz von religiösem und geselligem Styl im ganzen Umfang der mimischen Kunst zu erkennen müssen wir nur aus dem einseitigen modernen heraustreten. Bei den Alten war das religiöse mimische im politischen versenkt, das orchestische in Tempelfeiern welche auch zum Theil als pantomimisch können angesehen werden. I. O r c h e s ti k . Vom Volkstanz anfangend die am meisten ins leibliche versenkte Kunstübung. Die gebundene Thätigkeit besteht in körperlicher Anstrengung und so entsteht in den Zwischenräumen der Künste theils eine Richtung auf das geistige, welche in den religiösen Zusammenkünften ihre Nahrung findet, anderntheils eine gleichartige freie Productivität. Die gebundene Thätigkeit erscheint dieser Klasse oft als Sache der Noth, der Wille ist mithin nicht dabei und also die Einheit des SelbstBeWußtseins aufgehoben, welche aber hernach wieder hergestellt wird. Daher auch die orchestischen Bewegungen im Volkstanz wegen der Annäherung an die Anstrengungen etwas roh erscheinen. | Die ethische Naturnothwendigkeit erläutert aus der puritanischen Zeit und der Reaction welche Karl II begünstigte. 48. [Stunde] Der gesellige Tanz der höheren Stände auf den dies Motiv nicht paßt ist nur als stetig aus dem Volkstanz sich entwikkelnd zu betrachten. Je mehr in den Weltverkehr hineingezogen, um desto mehr assimilirt sich derselbe in verschiedenen Völkern; und nähern sich die niederen Klassen den höheren so kann die Eigenthümlichkeit des Volkstanzes ganz verschwinden. – Der theatralische Tanz gehört der Pantomime an, und wenn er abgesondert von der Handlung (besonders als Solo) heraustritt: so ist das eine Ausartung. Die Bewegungen des Tanzes müssen rhythmisch sein d. h. zeitgemessen, takthaltig und mit Arsis und Thesis unterschieden. Ohne ersteres wäre keine Gefälligkeit der Bewegung möglich; beide aber haben ihren Urtypus in Respiration und Circulation. Mit diesen Naturmomenten würden eurhythmische, die nach keiner Zweckmäßigkeit zu beurtheilen PwärenS, im Widerspruch sein. Sie müssen den Gegensaz von schnell und langsam, krumm und gradlinig darbieten und in diesem Wechsel die Gestalt in ihrer Beweglichkeit zur vollen Entwiklung 11 Nahrung] folgt )PfandS*

20 Der gesellige] Den geselligen

18–19 Karl II. (1630–1685), zweiter Sohn von Karl I., sollte seinem Vater als König von England nachfolgen, ging jedoch infolge der Bürgerkriege und dem Aufstieg der „Independents“ unter Oliver Cromwell ins Exil. Nach Cromwells Tod 1660 wurde Karl II. vom Parlament zum englischen König erklärt, woraufhin er die Restauration einleitete. Vgl. die Ausführungen in der Nachschrift Schweizer 1832/33, S. 703,31–39.

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bringen. Der Tanz artet aus wenn er wollüstig wird ( welches eben so begegnet den Orientalen die vor sich tanzen lassen als beim gemeinsamen Tanz der Geschlechter). Dies ist nicht nur ethisch zu tadeln, sondern auch aesthetisch denn das anlockende ist ein fremdes Motiv; oder auch in dem Beschauer ist der Kunstsinn alterirt durch die Begierde und seine Auffassung keine künstlerische mehr. Die zweite Ausartung ist die epideiktische seiltänzerische. 49. [Stunde] Nämlich im Tanz als Volkstanz ist das Volk selbst freudig erregt, und dies scheint kunstlos. Allein die Stimmung wirkt doch nicht momentan, sondern sie wird wissentlich für die Zeiträume der Muße eigentlich gesammelt um sich da zu entladen. In den höhern Ständen fällt auch dieser Schein des kunstlosen hinweg | weil sie sich nicht in der Befreiung von der körperlichen Anstrengung fühlen. Daher kann nun dort der Tanz die vollkommenste Kunstmäßigkeit entwikkeln; er geht von der reinen Begeisterung für die schöne Beweglichkeit aus, und soll allgemein die Norm geben. Die vollkomne Virtuosität kann immer in unserm Bühnentanz sein; aber keine Bewegungen welche nicht zur naturgemäßen Entwicklung der Gestalt gehören, in denen es kein reines Wohlgefallen giebt sondern nur Freude an überwundenen Schwierigkeiten. Die Seiltänzerei als mechanische Virtuosität kann den Tanz an sich haben als Ornament aber sie darf nicht in den schönen Tanz zurücktreten. Dies ist eben so kunstwidrig als der lüsterne Tanz. Der strenge Styl in der Orchestik knüpft sich an das Element der geistigen Erhebung. Die religiöse Stimmung ist auch aufgesammelt und postulirt Aeußerung. Mimische Symbolik mit Handlung verbunden (zE. Opfer) gehören so der Pantomime. Aber solche die reine Bewegung sind, Prozessionen Altargebräuche p sind rein orchestisch. Langsames Maaß, geringe Beweglichkeit versteht sich dabei von selbst. 50. [Stunde] Der religiöse Tanz bei rohen Völkern theils wild theils lüstern. Je weiter er sich von diesen Ausartungen entfernt, um desto mehr zieht er sich auch quantitativ zurück; da also hier alles bedeutende mit Mimik verbunden ist muß es bis unten verspart werden. II. eigentliche Mimik. Bewegte Zustände abbildend ohne eigne Bewegung, also von vorn herein reiner als Kunst. Die specielle Begeisterung muß eine Mannigfaltigkeit von Beobachtungen hervorbringen, welche alle ein gleiches Recht haben in künstlerischen Dar37–38 Begeisterung] korr. aus Bewegung 1–2 Vgl. Nachschrift Schweizer 1832/33, S. 710,2

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stellungen verwendet zu werden, wobei nur die körperliche Analogie beschränkend ist. Die gewöhnliche Rollenvertheilung scheint zu beweisen daß man nicht auf allseitige unpartheiische Begeisterung rechnet sondern auf Mitempfindung und dies ist Corruption. Aufstellung der drei Elemente Sprachmimik, Gesichtsmimik, Gebehrdenmimik. 51. [Stunde] Von der Orchestik unterscheidet sich die Mimik bestimmt dadurch daß hier alles nur Kunst ist sofern der Künstler ein anderes Individuum agirt. Der eigne Vortrag des Redners kann zwar kunstgemäß sein wenn er der Leistung des Künstlers ähnlich ist, aber künstlerisch wird sie immer wenn er später den Moment der Production als einen früheren agirt. Der Künstler hat also | (1833 Fortsezung von 51) die drei Elemente so hervorzubringen wie die Natur sie in einem ähnlichen Moment hervorbringen würde wenn sie von allen fremdartigen Einflüssen und hemmenden Gewöhnungen frei wäre. Also zugleich Nachahmung und Norm. – Betrachtet man die Kunstübung wie es natürlich ist im Dialog – denn der Monolog kann nur als Uebergang von einem Dialog zum andern gedacht werden – so fängt das Minenspiel schon beim Zuhören an und es kann auch schon im stummen Spiel schon die GebehrdenMimik dazu kommen; so wie aber die Rede beginnt werden jene beiden von der Sprachmimik dominirt. In der eigenen Rede kann diese nie falsch intoniren oder accentuiren als durch verderbliche Schulgewöhnungen. Aber in der fremden Rede kommt alles auf das richtige Verstehen an. In der Geberdenmimik hat jedes Volk ja oft jeder Stand nicht nur sein individuelles sondern auch sein positives welches von einem größeren oder geringeren Antheil Zeichensprache herrührt. Daher kann die wahre Vollkomenheit der Kunst überall nur nationell sein, und die Einmischung von Fremden in ein Drama erregt immer die Gefahr daß wider Willen komisches entsteht. Die moderne Mimik die soviel für die Illusion thut erfordert hier eine beständige Abstraction so oft fremde Handlungen in deutscher Sprache und mit deutschen Gebehrden PvorgetragenS werden. 52. [Stunde] Ist der Mimiker redend so tritt das Minenspiel zurück und das Geberdenspiel welches mehr den Willen begleitet hervor aber die Sprachmimik dominirt. Diese also und das Minenspiel bilden einen Antagonismus, jenes abnehmend so wie der Eindruck sich fixirt, diese hervortretend so wie durch denselben eine Thätigkeit bestimmt ist. Das Minenspiel ist dann zur relativen Ruhe gekommen und stellt nur die Gesichtszüge dar. Daher nun konnte bei den Alten (XLIII) 12–13 (1833 … 51)] am oberen linken Seitenrand ohne Klammern 40 Vgl. Stunde 43 in Schleiermachers Kollegheft Ästhetik 1819, S. 94,22

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ohne Nachtheil die Maske eintreten zumal weder der distichische Dialog noch der Wechsel mit dem Chor viel Minenspiel zuließ. Hieraus erklärt sich nun (XLVI) in welchen Grenzen sich die Vollkomenheit bewegt quantitativ zwischen dem todten und überladenen aber nur nach nationalem Maaßstab. Qualitativ zwischen dem gemeinen, natürlichen und dem erkünstelten. Dort fehlt die Tendenz der Natur die Norm zu geben und es bleibt nur die Nachbildung übrig. Hier fehlt die richtige Auffassung. | 1 8 3 3 d i e 5 3 t e St u n d e Die Aufgabe des modernen Theaters ist fast nicht lösbar weil der Künstler im Minenspiel am meisten die Lebenseinheit des Individuums darstellen soll, die ihm doch nur auf eine so unvollkomne Weise gegeben ist wie die Maske sie darstellen kann. Daher denn auch die Unsicherheit in der Beurtheilung. Wogegen bei den Alten der Mimiker bloß zu recitiren und sich mit dem viel leichteren Geberdenspiel zu begleiten brauchte, hiebei aber ganz unter dem Einfluß des Dichters stand, und sein vollkomnes Organ war. Ist nun in unserm Drama der Mimiker mehr vom Dichter gelöst und eigner Künstler so steigt dies am höchsten in der PitalienischenS Komödie, wenn der Dichter bloß als Componist den Kanon giebt, die Mimiker aber ausführen. Aber auch in einem Cyclus von bestimmten Personen, bei denen dann die Maske überflüssig wird. Uebrigens ist dies leichter im komischen schon deshalb weil hier die Wirklichkeit, wie man sie fast täglich sieht darzustellen ist. Die Sprachmimik allein erscheint in der Recita t ion, die daher auch ein zwekmäßiges Studium ist für den dramatischen Mimiker. Wenn aber in dem zu recitirenden der Autor als Person auftritt, sei es auch allein, so machen auch die andern Elemente Anspruch. Die eigentliche dramatische Recitation hat ihre Grenze auch in Bezug auf die Sprachmimik und eben so auch auf die andern. Ganz ohne Tonwechsel ist sie schwer auszuführen. 54. [Stunde] Wenn die erhöhte Declamation des Einzelnen noch die musikalische Begleitung annimmt, die aber dann nur recitativisch sein darf: so entsteht das M e l o d r am, eine nur selten vorkomende Zwittergattung. Man sieht wie die einzelnen Elemente der begleitenden Künste sich auf die mannigfaltigste Weise PsuchenS und anziehen. Und so ist auch III. die P an t o m i m e . Es läßt sich nicht recht denken wie man auf die Verringerung des Drama um seinen Hauptbestandteil sollte 9 1833] 1832

22 weil] folgt )es von*

35 PsuchenS] ÄOd: nähern

3 Vgl. Stunde 46 in Schleiermachers Kollegheft Ästhetik 1819, S. 99,17

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gekomen sein. Also als erhöhter | (1 8 3 3 F ortsezung v on 54. S tu n d e ) Tanz zu betrachten. Schon im Volkstanz hat der Wechsel von sich vereinzeln und zusammenthun, sich finden und verlieren eine Bedeutsamkeit; aber nur eine unbestimmte. Der Volkstanz selbst ist auch darin befriedigt. Aber wenn der höhere Tanz entsteht und Künstler und Publicum sich scheiden: dann läßt sich ein solcher Reiz erklären die Bedeutsamkeit der Bewegungen zu erhöhen. Es gehört aber dazu daß die Handlung leicht erkennbar sei sonst ist eine schwerfällige bänkelsängerische Erklärung nöthig. Uebrigens kann sich die Handlung wenn sie mehrere Abschnitte hat und einen bestimmten Ausgang dem Drama nähern. S c h l u ß . Ueberall wo mehrere in der mimischen Ausübung zusammenwirken muß es ein Zusammentreffen mehrerer geben im Uebergang in die Ruhe, wo in ihrem Zusammensein wahre Einheit ist, da sie in den bewegten Momenten mehr zusammengehn. Dann müssen sie die Einheit eines Bildes darstellen in seinem Rahmen und dies ist die G r u p p i r u n g. 55. [Stunde] Diese geht durch alle Gattungen durch aber auf sehr verschiedene Weise. In der Orchestik bestimmen sich die einzelnen Formen nach dem Verhältniß der Gruppirungen zu den Bewegungen, im Drama bezeichnen sie nur die Hauptabschnitte und den Schluß. Außer unserm eigentlichsten Gebiet liegt allerdings die Mimik w i e s i e a n e i n e m an d e r e n i s t ; aber den ganzen Kreislauf derselben können wir nur übersehen wenn wir dies berücksichtigen. Schon die Mimik des Redners, des weltlichen und geistlichen ist an einem andern; wenn sie auch wirklich sich selbst in einem frühren Augenblick darstellen, müssen sie doch wenigstens den Schein des vorbedachten in der Mimik vermeiden. Daher ist auch hier das Maaß und die Mannigfaltigkeit der Bewegungen zu sehr an die Persönlichkeit geknüpft um unter Formeln gebracht zu werden. Aber sehr deutlich der Unterschied ob ein solcher Beruf geübt wird in einem Lebenskreise worin die mimische Kunst verständig geübt wird oder nicht (Nachtheilige Wirkung der bloßen Buchstabenerziehung auf diesen Beruf). Auf dieselbe Weise | (1833 Fortsezung von Stunde 55.) verbreitet sich dieser Einfluß als an ihren Ursprung aus der Kunst erinnernde Anmuth in den Bewegungen sowol über das geschäftliche als gesellige Leben, und dieser Rükgang ist das Ende der Kunst. Zwischen dem Anfang als Volkstanz und diesem Ende liegt der ganze Ve r l a u f der Kunst wie er sich immer wieder erneuert für jedes einzelne Leben; die Kunstübung selbst aber eingeschlossen in die Zeit 1–2 (1 8 3 3 … S t u n d e )] über der Zeile ohne Klammern 34 (1833 … 55.)] über der Zeile ohne Klammern

1 1833] 1832

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der Blüthe, nicht eher beginnend als wenn der Gegensaz zwischen Anstrengung und Muße in Verbindung mit dem des Lebensprincips und des Organismus zum bestimmten Bewußtsein kommt, und aufhörend als Orchestik sobald das Leben sich bestimmt gestaltet hat. Geistig hört sie dann auf weil das Lebensprincip an sich nicht mehr zur Darstellung kommen will; leiblich weil sich dem Organismus die Spuren seiner Berufsbestimmung aufdrücken und er also nicht mehr als Gegenstand des reinen Wohlgefallens aufgefaßt wird. Dann geht die Periode der Mimik an für die meisten nur als untergeordnete Form, Recitation p und zulezt nur in dem uneigentlichen Gebiet. Die Frage ob Mimik als eigentlicher Beruf geübt werden soll kann nur im Zusammenhang mit der dramatischen Poesie geübt werden. 56. Das Ve r h äl t n i ß d e r M i m i k zu a ndern Künsten sofern diese schon als bekannt vorausgesezt werden können. (nach XLVIII Ende.[)] | 1833 Fortsezung von 56. Stunde II. M u s i k . Physisches Element der Ton. Uebergang das singende Sprechen in der Frage und sonst und aus den Naturlauten Weinen und Lachen die Interjection. Der gemessene Ton muß sich absezen in Zeittheile Rhythmus Takt. Jener nicht zu denken ohne Anschwellen und Verlaufen dieser nicht ohne Arsis und Thesis. Beide mit Differenzirung des Tons in Höhe und Tiefe sind Melodie. Ein melodischer Saz ist schon ein KunstGanzes, nicht denkbar ohne dazwischen getretene Besinnung und Willen. 57. [Stunde] Ist nun der Musiker immer wie der Mimiker auch außerhalb der Bewegung und agirt sie nur? Man muß dies um so mehr glauben als auch das kleinste musikalische Ganze nicht mehr verhältnißmäßig verständlich ist. Das verständliche ist weit PmehrS das Tempo und der Rhythmus überhaupt als die Melodie. Alle qualitative Differen|(Fortsezung von 57. Stunde – 59.) cirung der Töne in der Menge der Instrumente vermehrt die Verständlichkeit nicht. Da nun diese nicht umsonst dürften entstanden sein so muß etwas andres gewollt geworden sein. Wir dürfen auch nicht stehn bleiben bei dem uneigentlichen Gebiet, was zE. von der Gewalt kriegerischer Musik gerühmt wird. | 1833 Anfangen soll die Architectur, dann nicht die materiell verwandte Skulptur folgen, sondern die als aus gebundener Thätigkeit 12 geübt] Kj. behandelt 23 ohne] folgt ))ohne** linken Rand ohne Klammern 32 andres] korr. aus P

30 (Fortsezung … 59.)] am S

14–15 Vgl. Stunde 48 im Kollegheft Ästhetik 1819, S. 103,7

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hervorgehend verwandte Gartenkunst. Auf diese die ihr wegen der Lichtbeziehungen verwandte Malerei folgen und die Skulptur beschließen. 1833. Steigt man von der gewerblichen Architectur hinauf so kommt man immer nur auf ein uneigentliches Kunstgebiet. Die ältesten großen Werke sind nur gemeinsame aus großer Krafterregung wobei der bestimte Zweck zwar vorhanden ist aber als minimum. Die gemeine Thätigkeit des Menschen am starren ist zufällig auch Ausdruck seines besondern Daseins, wie die Vergleichung bald zeigt. Tritt nun hier Besinnung dazwischen so entsteht die Richtung auf die freie Productivität als bloßer Ausdrukk. Sie würde aber das nicht sein können wenn sie nicht eine Beziehung auf das öffentliche Leben hätte. Die specielle Begeisterung ist also die in gestalteten Massen welche sich auf Functionen oder Momente des öffentlichen Lebens beziehen dieses selbst zur Darstellung zu bringen. Hieraus ergeben sich die drei Hauptregeln (Privatwohnungen haben nur sofern sie an den Pläzen des öffentlichen Lebens unmittelbar erscheinen (unsre Straßen) Beziehung auf dasselbe. Londoner Façaden.[)] | Ein Grund ist Ausgehn vom symbolischen, in welchem gar keine Handlung ist – Ueber unsere allegorischen Figuren – Die vermenschten Götter auch ein Sein. Ausdruck von Charakter aber nicht der Handlung. Dann in bezeichnenden Momenten. Aber immer nur Ausdruck des leichten Daseins. In der ganzen Gestalt verschwindet das Gesicht mehr. Der ethische Ausdruck führt auf lange Vergangenheit zurück und dies liegt nicht in der Plastik. Laokoons Schmerz ist wenigstens aus sich selbst verständlich. Auch auf der Bühne wirkte dies, daß jede Gestalt aus sich selbst will betrachtet sein. Die Bewegung soll aber überall auf den Typus der Ruhe zurükführen. Auch bei Homer weit häufiger charakterisirende Beschreibungen aus der ganzen Gestalt als aus den Minen. Erst als das öffentliche Leben verloren ging tritt der Ausdruk im Antliz mehr hervor. Daß sie Unbewegteres gewohnt gewesen wären kann man PdennochS nicht sagen denn Homer stellt die Götter bewegt genug dar.

34–35 PdennochS] ÄOd: demnach 18 Vgl. die Ausführungen in der Nachschrift Schweizer 1832/33, S. 776,1

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Zweiter Teil Vorlesungsnachschriften

Kolleg 1819 Nachschrift Bluhme – sekundäre Überlieferung –

[Aesthetik] Angefangen den 19. April 1819, Friedrich Bluhme

[Einleitung] 5

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Die Erörterung des Namens Ästhetik scheint sehr äußerlich und unbedeutend zu sein, hängt aber sehr mit der Ansicht über den ganzen Gegenstand zusammen. Die ganze Behandlung des Problems ist nicht älter als der Name. [...] Schon die Bezeichnung: Theorie des Empfindens erscheint wunderlich. Man empfindet, was man empfinden muß. Natürlich war es nicht die Meinung, die unwillkürlichen Empfindungen, d. h. was unmittelbar angenehm oder unangenehm ist, zu behandeln. Man fand aber noch andere Empfindungen, z. B. die sittlichen. Hier besteht aber derselbe Gegensatz, nur anders potenziert oder modifiziert. Wenn man auch sagen kann, daß diese Empfindungen vom Urteil abhängen, so treten sie doch ganz in dieselbe Klasse. Das Gefühl des Sittlichen ist ebenfalls angenehm oder unangenehm. [...] Nun bleibt noch die Empfindung für das S chöne. Es ist hier nicht der Ort, sich über den schwierigen Begriff des Schönen selbst zu verständigen. Wir setzen den Inhalt als bekannt voraus. Freilich gibt es hier auch entgegengesetzte Empfindungen (beim Unschönen). Aber diese unterscheiden sich von jedem anderen am unmittelbarsten dadurch, daß sie nie eine B e gi e r d e werden, wie es bei sinnlichen und intellektuellen Empfindungen der Fall ist, die man unter den Gegensatz des Angenehmen und Unangenehmen stellt. Wenn man nun beim Schönen eine Empfindung annimmt, so kann man allerdings dieses πάθημα als abgeschlossenen Kreis behandeln. Man hat sie besonders durch Wo h l g e f al l e n am Schönen bezeichnet, durch ein Verweilenwollen bei dem Gegenstande ohne weitere Tätigkeit. [...] Bei sinnlichen Inhalten geht die Empfindung in Begierde, bei sittlichen in ein Streben zu lohnen oder zu strafen aus. Ebenso muß man sagen, wenn man dem Erkennen für das Gebiet des D enkens eine Empfindung beilegt: es entstehe das Streben mitzuteilen oder zu widerlegen. Da nun beim Schönen keine solche praktische Beziehung ist, 12–13 Vgl. die Sachanmerkung zu S. 544,8 29 Zum Begriff des „Wohlgefallens“ in Kants „Kritik der Urteilskraft“ vgl. die Sachanmerkung zu S. 39,5–6.

1 1. Stunde 19. April

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Zweiter Teil · Vorlesungsnachschriften

hat man diese Empfindung die reinste und die Ästhetik die T heorie d e s S c h ö n e n genannt. Allein in neuester Zeit hat man diesen Ausdruck als unpassend verändert. Doch wäre es zu wünschen, wenn ein passenderer Name allgemein würde. Wenn man nämlich bei der Empfindung des Schönen stehen bleibt, läßt sich hier eine doppelte Ansicht feststellen. 1. Wenn man sie als r e i n e Wi r k ung des Gegenstandes fassen will, muß man fragen: Wo kommt der Gegenstand her? Wir finden das Schöne in der Natur und in der Kunst. Letztere ist doch aber bei weitem das Größte; durch sie entsteht die größte Masse schöner Gegenstände. Es ist also selbst ein Produkt der menschlichen Tätigkeit. Insofern muß sich die Tätigkeit zuerst auf die Produktion des Gegenstandes richten; dann wird die natürliche Empfindung nicht ausbleiben. Freilich kann man noch eine Differenz annehmen und sagen: Einige empfinden bestimmter, deutlicher als andere. Und so kann man auch die Untersuchung auf die Bestimmung des Empfindens richten. Dann ist Kunst nichts als Bildung des Geschmacksurteils oder vielmehr der Empfindung, über die das Geschmacksurteil die Reflexion ist. Dadurch ist einerseits der Kunst, andererseits der Natur zu Hilfe gekommen. Das Schöne s o l l in allen gleich stark empfunden werden. Dies war die erste Absicht bei dieser Disziplin und so auch bei Kant in seiner Theorie der Urteilskraft im Begriff des Geschmacksurteils. Was ist denn aber dieses Geschmacksurteil und das zugrundeliegende Gefühl? Wir müssen zur Beantwortung der Frage einschränken, was wir sagten: daß diese Empfindung sich dadurch von allen anderen unterscheide, daß sie nie praktisch werde. Denn wie verhält sich das Hervorbringen des Schönen von der Seite der Kunst und von der der Empfindung des Schönen? Sie verhält sich wie Spontaneität und Rezeptivität. Es ist dieselbe Richtung, nur in dem einen selbsttätig, im andern empfangend. Das ist aber nichts als ein geringerer Grad, eine Approximation. Je lebhafter das Wohlgefallen für ein 1–4 Schleiermacher selbst bringt in Auseinandersetzung mit Schelling den Begriff des Ideals als Äquivalent zum Begriff des Schönen ins Spiel (vgl. etwa sein Kollegheft Ästhetik 1819, S. 72,1–2). Auch Hegel verwendet den Begriff des Ideals als eine Grundkategorie seiner Ästhetik, etwa im Abschnitt über die „Kunst der Religion“ der „Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse“ (1817) sowie auch später, etwa in seinen Vorlesungen über die Philosophie der Kunst (1823) und in den weiteren Auflagen der „Enzyklopädie“ (vgl. GW 13, S. 241, § 456–459; GW 28,1, S. 285–286). Zur Diskussion über den Begriff des Schönen und den des Charakteristischen vgl. Anm. zu S. 128,18. 21–23 Vgl. Kant: Kritik der Urteilskraft (KdU B4; Kant AA 1/V, S. 203): „Das Geschmacksurteil ist also kein Erkenntnisurteil, mithin nicht logisch, sondern ästhetisch, worunter man dasjenige versteht, dessen Bestimmungsgrund nicht anders als subjektiv sein kann.“

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Schönes ist, desto eher entsteht der Wunsch, es zu produzieren oder nachzuahmen. Also kann es nicht richtig sein, die Betrachtung auf das zu lenken, was im Aufnehmenden vorgeht. [...] Man muß also die Betrachtung auf das lenken, was im Hervorbringenden vorgeht. Wenn das eine nicht wäre, wäre das andere auch nicht. Wo in einem Kreise keine Neigung ist, das Schöne aufzunehmen, wird auch keine Neigung sein, es hervorzubringen. Sehen wir das Ganze als Eines an, so tun wir uns selbst Schaden, wenn wir die Untersuchung bloß auf die passive Seite lenken. [...] Also kann schwerlich eine tiefe, erschöpfende Ansicht aus der Betrachtung der Empfindung hervorgehen. Hier ist nur schwache Volution, die in keine Tätigkeit ausgeht, wenn sie auch die produktive Seite stärkt. Nun aber gibt es z w e i t e n s von der Empfindung, welche das Schöne hervorbringt, noch eine andere Ansicht: daß ihre Erzeugung in dem Betrachtenden der eigentliche Endzweck des Hervorbringenden ist. Der letzte Endzweck wären dann also die Empfindungen und die Kunst nur Mittel hierfür. Schon häufig hat man gegen diese Ansicht eingewandt, daß dieser Zweck ganz falsch sei. Vielmehr, wo dies Streben auf bestimmte Wirkungen sich zeige, bestehe schon eine Ausartung der Kunst. Der Künstler müsse vielmehr sein Werk hingeben, damit jeder daraus machen könne, was er wolle, und es sich auf seine besondere Weise aneignen könne. Ein Künstler würde, muß man sagen, schlecht zufrieden sein, wenn er in allen dasselbe hervorbrächte. Nur in unendlichen Modifikationen von Wirkungen kann sich das Maß seines Kunstwerkes produzieren. Nach dieser Ansicht also darf die Wirkung gar kein Gegenstand der Betrachtung sein. Wollen wir aber einmal die erste Ansicht gelten lassen und den Zweck bestimmter Empfindungen zugeben, so müssen wir doch sagen: man scheint hier wieder nicht recht die Sache von der Seite der hervorgebrachten Empfindung aus zu betrachten, denn der Künstler darf nicht abhängen von der Beschaffenheit derjenigen, denen er sein Kunstwerk hingibt. Tut er dies, so muß jeder zugeben, daß das Ausartung sei. Es verliert offenbar seine Allgemeingültigkeit, ist nur für einen bestimmten Kreis da. Sobald ein anders Empfindender hinzutritt, ist keine Kraft da, es zu ergreifen. [...] Nach dieser Auffassung müßte also aus der Theorie des Geschmacks die Theorie für die Kunst abgeleitet werden, und es müßten aus den Regeln für die Empfindung alle Regeln für die Produktion entstehen. Aber heißt das nicht die Sache rein umkehren? Wie entsteht

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Zweiter Teil · Vorlesungsnachschriften

der Geschmack? Doch aus nichts anderem als aus der Kunst; die Kunstgegenstände bilden den Geschmack. Erst nach der Produktion gibt es auch einen bestimmten Geschmack in einer Nation. Ist eine Produktion fragmentarisch, so ist der Geschmack different und gering. Wir würden also bei dieser Ansicht vom falschen Ende anfangen. Wenn auch der Künstler auf einem bestimmten Punkt einer Entwicklung abhängig arbeitet, so wäre doch der Ausgang von diesem Punkt die Umkehrung des natürlichen Verhältnisses, denn es müssen zunächst Produzierende vorhanden gewesen sein. Also hat auch die Theorie des Empfindens ihre Quelle in der Theorie der Kunst. [...] Hiergegen ließe sich nun einwenden, wir wären durch eine falsche Annahme in diesen Kreis hineingeraten (Geschichtlich läßt sich der Kreis nicht leugnen). [...] Dies veranlaßt uns, nicht auf die Empfindung allein zurückzugehen; wir sind nur im Dilemma, ob wir das Ganze mehr aus der Natur oder aus der Kunst betrachten wollen. Der Empfindung müssen wir jedenfalls auf immer den Abschied geben. Aber ist die Theorie des Schönen indifferent gegenüber dem Verhältnis zwischen Natur und Kunst?

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Hat das Schöne in der Natur oder Kunst seinen Sitz? (Bluhme 7–10)

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Es hat immer jedem eine Relation zwischen den beiden Ideen des Schönen und der Kunst vorgeschwebt. Aber wir dürfen nicht, wie der Name erwarten läßt, vorzüglich auf die Empfindung sehen. Wenn nun in der Natur das Schöne nur zufällig ist, so müssen wir besonders auf die Kunst sehen. Sonst hingegen müssen wir von der Betrachtung des Gegenstandes, den wir schön nennen, wo er sich auch finden mag, ausgehen, da die Kunst dies Ursprüngliche nur nachahmt. Lieg t die I d e e d e s Sc h ö n e n , au f d e r e n D a rstellung a lle Kunst a bz w e c k t , i m I n n e r n d e s M e n s c h e n, so da ß da s Best reben r e i n u r s p r ü n gl i c h i s t , o d e r w i r d ihm diese Idee v on a ußen g e g e b e n , s o d aß e r n i c h t i n f r e i e r Produktion, sondern nur i n N a c h b i l d u n g b e gr i f f e n i s t ? Von dieser Frage hängt die ganze Anordnung unserer Untersuchung ab. Freilich ist hier die Entscheidung noch schwierig. Denn beide Ideen – Kunst und Schönheit – sind noch nicht näher bestimmt, und wir können sie hier auch nicht näher bestimmen. Wollen wir aus der Natur entscheiden, so müssen wir fühlen, daß uns noch Data zur empirischen Entscheidung fehlen, bis

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wir wissen, was wir unter den Gegenstand subsumieren. Wir sind aber immer noch in vorläufigen Untersuchungen begriffen, und so schließt sich die Frage mehr an die Einleitung, ehe wir die eigentlichen Untersuchungen über Kunst und Schönheit anfangen. Wir müssen uns aus der vorläufigen Verlegenheit ziehen. Wir gehen aus von den unbestimmten Vorstellungen des Schönen und der Kunst. Wie steht es denn nun eigentlich? Geht die Vorstellung vom Schönen von einem inneren Triebe im Menschen aus, oder wird er ursprünglich von dem Schönen in der Natur getroffen? Wäre alle menschliche Kunst nichts als Nachahmung der Natur, dann könnten alle unsere Untersuchungen nur darauf gehen, was in der Natur nachgeahmt werden soll. Also vor allem: was ist das, woraus das Streben der Nachahmung entsteht? Nun müssen wir doch aus unseren empirischen Vorstellungen über Kunst zugeben, daß dies Gebiet aus sehr verschiedenen Zweigen besteht, und daß das Verhältnis dieser Zweige sehr verschieden zu einem in der Natur vorhandenen Analogon ist. Z. B. hat man die Architektur in gewissem Sinne immer mit in die Kunst hineingezogen. [...] [Für die Architektur führt man die Pflanzenorganisation als Urbild an, aber das ist weit hergeholt und trifft nur einzelne Theile. Was sie eigentlich hervorbringt hat kein Urbild in der Natur,] die Sache wird da auf ein ganz weites, unbestimmtes Feld gezogen. Wo ist das natürliche Urbild der Musik? [...] Der Mensch producirt doch eben so gute Töne, und hat es nicht erst von anderen Thieren gelernt. [...] So kehrt sich die Sache um; denn man kann nicht das Vollkommene aus dem Unvollkommenen, sondern nur umgekehrt das Unvollkommene aus dem Vollkommenen verstehen. – Noch weiter: Bei allen Völkern ist etwas unter dem Namen Mimik in die Kunst gerechnet worden. Es ist die Kunst schöner Bewegungen, körperlicher oder innerlicher. Inwiefern ist dies Nachahmung der Natur? Hier verschwindet das Urbild für die Nachahmung ganz und gar; die Kunst ist die Natur selbst. [...]

20–22 Für … Natur] ergänzt nach Schleiermacher: Kollegheft Ästhetik 1819, S. 40,21–24

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Zweiter Teil · Vorlesungsnachschriften

Bei Leidenschaften freilich ist der Mensch selbst die Natur, der Darsteller der Nachahmer. Aber auch hier kehrt sich, genauer betrachtet, das Verhältnis um. [...] Auch dies zeigt schon das Vorläufige der Betrachtung. Es gibt eine niedere und eine edlere Darstellung. Letztere ist keine Nachbildung, sondern Vorbildung. Ein so dargestellter Mensch wird in der Natur nicht gefunden. Das Urbild ist ein inneres, und der Mensch kann da nur noch veredelt werden. Es scheint, daß die Natur die Kunst nachahmen müsse. Wenn einer sich so beträgt, daß ihm dies vorschwebt, so ist auch das Element der Kunst schon darin. [...] Die bildende Kunst beschäftigt sich mit Darstellungen der lebenden Gestalten. Hier sagt man: der Mensch kann nichts darstellen, als was ihm gegeben. Was er erfindet, sind Fratzen, höchstens als Arabesken zur Einfassung des Eigentlichen, in der Natur Gegebenen tauglich. Von diesem Punkt ist man ausgegangen und hat es auf die anderen Gebiete angewandt. Man muß nun aber sagen, daß die Gestalten, die zur Nachahmung tauglich sind, sehr selten sind. Von dem meisten muß die Kunst sich entfernen. Man könnte dagegen sagen, das liege in unserer minder begünstigten Natur. Daher bedürften wir auch der traditionellen Überlieferungen. Aber ich behaupte, daß überall etwas ist, wovon sich das Kunstwerk entfernen muß. Dies muß unstreitig jeder zugeben. Also auch hier ist die Kunst ebenso gut nicht Nachahmung der Natur, wie sie es ist. – Man sagt ferner, die Kunst sei eine zusammenstellende Nachahmung. Aber warum ist sie denn keine zusammenstellende Nachahmung des Unschönen, sondern nur des Schönen? [...] Man muß doch sagen, es ist ein inneres Prinzip. Und selbst auf diesem Gebiet steckt das Schöne eigentlich in dem Menschen. Will man sagen, dies seien doch Kleinigkeiten, die Hauptsache bleibe, daß es keine selbständigen großen Formen für die Kunst gebe, so führt uns dies in ein höheres Gebiet. [...] Das hat die Kunst mit anderen Gebieten gemein. [...] Der innere bildende Typus kann auf der idealen Seite nicht anders sein als der bildende Typus auf der realen Seite. Sonst wäre die Welt ein Gespenst und der Mensch ein Gespenst für die Welt. Aber daraus folgt nur, daß das, was in der Natur das Schöne werden will, im Menschen die Produktion von dem erweckt, was in ihm selbst das Schöne werden will.

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[...] Wir können die Idee des Schönen nicht in der Natur allein aufsuchen, sondern auch im Menschen. Wollen wir sie hier aber in ihren großen Zügen finden, so müssen wir sie in der Kunst suchen. So können wir uns also das Dilemma lösen. Nicht um abzuurteilen, sondern um vorläufig zu wissen, was uns die Ansicht helfen werde, der Mensch ahme die Natur nach. Welches von beiden wir auch immer voranstellen müssen, die Kunst oder beides: Kunst und das Schöne an und für sich ohne Unterschied: wir werden doch immer beim Schönen auf die Kunst zurückgehen müssen. Über den Begriff einer allgemeinen Theorie der Kunst (Bluhme 11–13)

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Eine so bezeichnete Erkenntnis setzt Handlungen, die wir unter Kunst bezeichnen, voraus. [...] T h e o r i e , d i e i n s e i n z e l n e ge h t . Hier finden wir in Beziehung auf jede einzelne Kunst alle Vorschriften, die auf Verfertigung der Kunstwerke, Behandlung der Mittel und Werkzeuge gehen. Dies ist die äußerste Technik und gehört für den Ausübenden, der der Betrachtung von oben her nicht bedarf und nichts zu wissen braucht, weder von der Verbindung dieser Kunst mit anderen, noch aller Kunst mit allem Menschlichen. [...] Denken wir uns dies als das letzte, wozu wir hinabsteigen, so sind doch die technischen Regeln nicht mehr davon zu trennen. Denn darin liegen oft die Unterschiede. Wollen wir nun noch gar Prinzipien der Kritik, die nur in dem Höheren begründet sein können, so kann doch diese gar nicht geübt werden ohne eine Kenntnis von der technischen Seite. Wir müssen den Prozeß der Bildung rückwärts konstruieren können, sonst ist alles wieder leeres Hypothesenwesen. Wenn also auch die Künstler der Theorie des Allgemeinen entbehren können, kann doch der Theoretiker nicht der Theorie des Einzelnen entbehren. Gehen wir hiervon aus, so finden wir eine sehr große Ausdehnung unseres Feldes, aber auch eine natürliche Spaltung. Malerei und Skulptur sind freilich verschiedene Künste, aber beide sind bildend, sie haben es mit Gestalten zu tun, wenn auch das meiste für eine von beiden der anderen ganz fremd sein wird. Musik ist noch verschiede-

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ner. Also scheint am besten jede Kunst ihre eigene Theorie zu haben, aber gänzlich vom Spekulativen getrennt. Wiefern sich nun die Theorie einzeln für sich äußert, ist sie ganz von unserem Kreis ausgeschlossen. – Gehen wir etwas weiter hinauf, so müssen wir sagen: jede Kunst teilt sich in verschiedene Fächer, z. B. Historien-, Landschaftsmalerei, freie und Reliefskulptur, Vokal- und Instrumentalmusik. Wie weit können wir diese Beziehungen in unser Gebiet aufnehmen? Sie haben offenbar eine Seite, wo sie an das Einzelne angrenzen. Es gibt besondere technische Regeln für die Landschaftsmaler usw.; z. B. das Spiel des Lichts am menschlichen Körper fordert eine andere Darstellung als in der Pflanzenorganisation. Findet sich beides in einem Gemälde zusammen, so ist eins doch nur Nebensache, man verzeiht hier die Fehler leichter. – Aber andererseits kann jede einzelne Kunst doch nur verstanden werden in dem Charakter ihrer verschiedenen Produktionsweise, wie jede Gattung in ihren Arten. Dies ist die nach oben liegende Seite. Hier kann man nur eine gewisse willkürliche Grenze ziehen. Wir haben es mit den Gattungen jeder Kunst nur zu tun, um zu sehen, ob sie wesentlich oder zufällig sind (z. B. episch und lyrisch, nicht aber Madrigal und Quatrain). Wir müssen also suchen, was eine überwiegende Neigung hat, einen strengen inneren Zusammenhang darzustellen. Hier aber müssen wir abbrechen, sobald Bestimmungen über die Technik selbst beginnen. Gibt es nun wohl auch im ganzen Gebiet etwas, was zu hoch hinausliegt? Das Verstehen jeder einzelnen Kunst in ihrer ganzen Tendenz liegt offenbar in der Mitte. Nun aber gibt es eine Mannigfaltigkeit von Künsten, die doch einen Einheitspunkt haben müssen. Inwiefern bilden sie wiederum einen notwendigen Zyklus? Danach müssen wir notwendig fragen. [...] Die eine arbeitet mehr für das Ohr durch den Ton, die andere für das Auge durch die Hand. Nun können wir bei der Untersuchung, ob die Künste einen vollständigen Zyklus bilden, leicht auf die Frage geführt werden, ob die Organe vollständig zusammenhängen, also auf einen Zusammenhang des Ethischen und Physischen, der uns noch nicht gegeben ist und den hervorzubringen uns hier nicht zugemutet werden darf. Hier also müssen wir abbrechen. [...] Wenn wir also in dem Komplexus nicht auf die Differenzen, sondern auf das Identische sehen, ist eben die Richtung des Menschen auf diese ganze eigentümliche Produktivität Gegenstand unserer Untersuchung. Ist es w e s e n t l i c h oder z uf ä llig , daß Künste entstehen? Ist es zufällig: von welchen Umständen hängt es dann ab? Ist es wesentlich: mit welchen Richtungen der menschlichen Natur hängt es

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dann zusammen? Dies ist die eigentliche e t hische Seite der Theorie. Und da wir mehr wissenschaftlich zu Werke gehen wollen, können wir uns dieses Brennpunktes unserer Untersuchung nicht entschlagen. Aber wir können hier wieder, wie vorhin, nicht umhin, auf das Zusammensein und Auseinandertreten des Geistigen und Leiblichen in der menschlichen Natur zu sehen. Da dies aber noch nicht ausgebildet ist, müssen wir hier wieder etwas Fragmentarisches haben und Grenzpunkte finden. – [...] Die menschliche Tätigkeit macht die Kunst, die ganze Kunst ist das Gewordene. [...] Man kann also die Kunst als Bestandteil der uns gegebenen Welt betrachten und sagen: Der Mensch ist nur Organ für den Weltgeist, um die Kunstwelt hervorzubringen, die als letzte Stufe von Produktionen über allen anderen Produktionen steht. Dies läßt uns eine kosmische Seite der Kunst ahnen, die mit der schaffenden Natur in Verbindung steht. Dies möchte ich die t r an s z e n dent e Seite nennen. Es ist der höchste Punkt unserer ganzen Untersuchung. Die Aufgabe ist ganz analog unserer früheren über das eigentliche Verhältnis der Kunst zur Natur. Hier haben wir aber am wenigsten einen festen Boden. Wir haben durchaus nichts Allgemein-Geltendes. Es kann nicht einmal von Hypothesen, nur von Ansichten die Rede sein, durch welche diese Untersuchung vielleicht in der Folge besser gedeihen kann. Also überall Endpunkte für unsere Untersuchung, aber nur wegen unserer Erkenntnis und unseres bestimmten Zweckes. An und für sich erscheint das Gebiet als ein unendliches, ohne daß in der Sache selbst eine bestimmte Scheidung des Allgemeinen und Einzelnen läge. [...] Offenbar kann man hier im allgemeinen beides unterscheiden: die spekulative und die historische Betrachtung der Kunst; und offenbar sind unsere Untersuchungen mehr von der ersten Art. Historische Untersuchungen faßt man schon nicht mehr unter dem Namen Ästhetik. Aber 1. kann die Geschichte der Kunst nicht das rechte Leben haben, wenn das Spekulative ausgeschlossen ist. 2. kann ebenso gewiß das Spekulative nicht für sich auftreten, ohne in gewissem Grade das Historische in sich aufzunehmen. [...] Die Kunst selbst ist etwas Historisches. Das geht durch alle ihre Teile hindurch, auch bei dem, was gleichzeitig erscheint. Sofern die verschiedenen Gattungen einer Kunst denselben Zyklus bilden, sind sie gleichzeitig; aber die eine oder andere Gattung dominiert in verschiedenen Zeiten. – Ebenso andererseits: das, was auch gleichzeitig

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erscheint, das Äußere und Innere in der Kunst, ist historisch. Die verschiedenen Versuche haben einen überwiegend äußeren Charakter. Das erstere ist mehr instinktmäßig, das Innere kommt erst später hinzu. Offenbar müssen wir uns aber auch für das historische Element bestimmte Grenzen abstecken; ex professo dürfen wir es nicht treiben. Denn man verliert durch den Überfluß desselben wieder den theoretischen Zusammenhang. Wir werden uns also mit dem Minimum des Historischen begnügen müssen. Daher haben unsere Untersuchungen schon im voraus auch in dieser Beziehung einen gewissen Charakter der Unvollkommenheit, von dem wir uns nicht befreien können. [...] Es muß einen Zyklus, eine wesentlich verbundene Mannigfaltigkeit der Teile geben, wenn eine Enzyklopädie bestehen soll. Diesen Zyklus suchen wir. Streng genommen ist eine Enzyklopädie immer nur Darstellung eines solchen Organismus. Aber offenbar kann man sich nicht enthalten, ins Empirische hinabzusteigen. Und je weiter man ins Materielle hineingeht, desto schwankender wird das Enzyklopädische. [...] (Bluhme 15–18) [Außer dem eigentlichen Kunstgebiet ist Kunst überall bei menschlichen Hervorbringungen als Accidens theils Verschönerung als Zusaz, theils Bestimmungsgrund für die an sich zufällige Form zE. Gewänder und Gefäße, so daß sie ins unendlich kleine ausgeht] und nichts im gewöhnlichen Leben davon ausgeschlossen wäre. [Die Sonderung der mechanischen Kunst von der schönen hilft hier nicht denn es ist eben von dem nicht mechanischen der Erfindung die Rede] und das eigentlich Mechanische wird in diesem Gebiete Kunst genannt. Die Verzierungen gehören nicht der mechanischen Kunst an, sondern es sind Ausflüsse der schönen Kunst, aber auf einem fremden Gebiet, wofür man aber doch auch hier seine Regel haben muß. [...] Soll dies übergangen werden? Dann muß eine Grenze zwischen eigentlicher und uneigentlicher Kunst gezogen werden. Oder sollen wir glauben, daß die Regeln der eigentlichen Kunst auch von der uneigentlichen gelten? Die genaue Abgrenzung zwischen diesen beiden Gebieten ist um so schwieriger, weil ein ganzer Kunstzweig in die Mitte tritt, der streitig ist und sie verbindet. [...] 12 eine] ein 20–24 Außer … ausgeht] ergänzt nach Schleiermacher: Kollegheft Ästhetik 1819, S. 42,30–33 25–27 Die … Rede] ergänzt nach Schleiermacher: Kollegheft Ästhetik 1819, S. 42,33–35

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Hier können wir nicht entscheiden, sondern müssen nur sehen, ob es ein wirklicher Streit ist. Man sagt, ein Haus ist ursprünglich zum Nutzen und durch mechanische Kunst entstanden; aber man kann auch sagen, daß das, was in das Gebiet des Schönen gerechnet wird, so sehr in die Struktur eingreift, daß die Anlage sich schon danach richten muß. Dies gewinnt größeren Schein, weil eine Menge von Gebäuden nur um der Schönheit willen aufgeführt ist. Aber dabei ist doch die große Analogie auf der anderen Seite nicht zu verkennen. Also ist der Streit schon da. Eine andere Gattung ist diese: Das bis jetzt gezeigte verzierte Nützliche könnte in Hinsicht der Verzierung wegbleiben; aber wenn wir auf andere Dinge des menschlichen Lebens sehen, so wird wieder alles auf dem höchsten Gipfel Stehende Kunst. Fangen wir bei der Wirklichkeit an, so steht sie zunächst der Kunst entgegen. Aber wenn wir auf ihre Produkte sehen, [finden wir daß alle menschliche Thätigkeit in ihrer höchsten Vollendung zugleich als Kunst erscheint zE. wissenschaftliche Werke, Staatsverfassungen, gesellige Feste.] [...] Sehen wir auf das bürgerliche Leben. In dem Gestaltlosen ist die größte Unvollkommenheit; und solange das Bessere noch ein Werk des Zufalls ist, werden wir sagen, die Verfassung sei ein Naturprodukt. Sowie sie aber vervollkommnet und geschichtlich durchdrungen ist, sagen wir, die Verfassung sei ein Kunstwerk. So auch im geselligen Leben. Wenn die Form desselben in bloßen Gewöhnungen besteht, so kommen wir nicht auf den Gedanken, es für ein Gebiet zu halten, worauf die Kunst anzuwenden sei. Sobald aber Sitten eintreten und die Stände sich sondern und doch wieder ineinandergreifen und die Gesellschaft sich zu Spielen und Festen vereint, sagen wir, sie wird Kunst und meinen damit nicht die einzelnen Produkte (z. B. Musik oder was man sonst treibt), sondern die ganze Gestaltung. So finden wir die Kunst überall, und sie ist teils für sich, teils das Höchste, Vollkommenste in allem. Ja, was uns auch schon im unvollkommenen Zustand als Kunst entgegentritt, ist die eigentliche Kunst. Das gesellschaftliche Leben und dergleichen aber wird erst später bewußtlos Kunst, und daher ist jenes die eigentliche, dies die uneigentliche Kunst. Doch gibt es keine feste Grenze zwischen beiden. Wir finden, wenn wir auf das gesellige Leben sehen, daß es von Anfang an schon 15–17 finden … Feste.] ergänzt nach Schleiermacher: Kollegheft Ästhetik 1819, S. 43,6–9 2 Zur Diskussion über den Status der Architektur als schöner Kunst vgl. Schleiermachers Kollegheft Ästhetik 1819, S. 117,3–4 und die entsprechende Sachanmerkung.

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aus Kunstelementen besteht, welche zusammengeordnet werden müssen. Und wo dies nicht von Anfang an geschieht, ist es Mangel. Dies gilt auch vom bürgerlichen Leben. Je gestaltloser und roher es ist, desto weniger waltet darin der Geist, der es ordnen will, und es herrschen Leidenschaften. Es fehlt das ordnende Prinzip, und dies ist Mangel. Wenn es aber im Innern wäre, so würde es schon von Anfang an Kunst sein, ebenso wie die eigentliche Kunst. Dasselbe gilt in der Wissenschaft. Diese können wir nicht von der Sprache trennen, die in völliger Indifferenz zwischen Kunst und Wissenschaft steht, sofern diese sich gegenüberstehen. Sie ist beiden nötig, am wenigsten etwa der Mathematik. Aber nun ist doch die Behandlung der Sprache bei der Wissenschaft schon in ihren Uranfängen der Kunst nahe, nicht bloß wie bei den Alten, wo die Sprache zuerst als Poesie auftrat; sondern es kann von ganz falschen Prinzipien aus eine Wissenschaft gebildet werden, welches man für sich doch künstlich nennen muß. [...] Wenn also die Wissenschaft noch ganz niedrig steht, so kann doch Kunst darin sein; wir haben nur nicht Ruhe, sie zu betrachten, weil wir auf die Wissenschaft sehen. [...] Wir können auch hier die Grenzen nicht bestimmen. Es ist klar, daß man hier nicht fragen kann: Worin besteht die Schönheit einer bürgerlichen Verfassung, eines Buches? sondern wir müssen ein allgemeines Prinzip suchen; und dies ist das Schwierige. [...] Es entspricht dies ganz unserem Gefühl, und wir ahnen es auch da, wo wir es nicht wissen. Je mehr wir ins einzelne gehen, um so mehr verläßt uns die Kunst bei unseren Kenntnissen. Wo wir das Gefühl der Kunst nicht haben, haben wir auch das Gefühl der Unvollkommenheit unserer Kenntnis oder unserer Befangenheit. Wir wenden nun unsere Idee der Kunst auf die göttliche Weltschöpfung an und sagen: [so wie in der Kunst der Mensch schöpferisch sei so Gott in der Schöpfung künstlerisch.] [...] Begriff der Kunst (Bluhme 18–22) Bisher sind wir nur von vorläufigen, aus dem gemeinen Leben bekannten Vorstellungen ausgegangen. Wir haben aber noch nicht ge33–34 so … künstlerisch.] ergänzt nach Schleiermacher: Kollegheft Ästhetik 1819, S. 43,22–23

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sagt, was wir eigentlich unter Kunst verstehen. Auch hier können wir nicht die Hauptbegriffe bestimmen, denn wir haben noch nicht den Kreis von Anschauungen, aus denen der Begriff hervorgehen soll. Wir können jetzt aber nicht anders anfangen als von relativer Unterscheidung zwischen Einheit und Vielheit. [...] Es ist freilich nicht erwiesen, aber wir setzen es voraus, daß das Wort Kunst nicht ein leeres ist, sondern einen Gehalt hat, welcher sich überall zeigen muß und dessen Identität sich auf allen verschiedenen Gebieten finden muß. Auf der Seite der Vielheit finden wir eine Kunst, eine andere in jedem verschiedenen Zweige und keinen scharfen Unterschied zwischen eigentlicher und uneigentlicher Kunst. Aber auf den äußersten Punkten erkennen wir den Unterschied doch deutlich. 1. Fragen wir: Was ist das Identische in allem, was Kunst ist? so müssen wir zunächst auf ein eigentliches Kunstgebiet sehen, aber dabei vor allem abstrahieren von dem, was mehr nach der Seite der uneigentlichen Kunst liegt. [...] Je mehr wir es nun auch da wiederfinden, um so höher wird die gefundene Einheit liegen. 2. Gehen wir von der Mannigfaltigkeit aus, so hat dies eine zweifache Beziehung: a) es führt uns in das Einzelne jeder Kunst, und b) es führt uns wieder in die Einheit zurück. [...] So haben wir unser Gebiet abgegrenzt durch diese beiden Punkte. Wir müssen also von dem relativen Gegensatz des Einzelnen und Mannigfachen, von der Identität und Verschiedenheit ausgehen. [...] [Durch diesen relativen Gegensaz scheiden wir zugleich, jedoch nicht ohne Beziehung auf sie, die menschliche Kunst von der göttlichen,] welche immer absolut Eins sein muß, weil der Gegenstand die absolute Totalität ist. Kein Teil für sich kann als göttliche Kunst angesehen werden. So betrachtet ist es Naturprodukt. Nur im Zusammenhang mit allem anderen kann es auf die göttliche Kunst bezogen werden. Der menschlichen Kunst ist es notwendig und sie differenziert sich ihrer Natur nach. Jeder Zweig und seine Geschichte ist von den übrigen unabhängig. [...] 30–32 Durch … göttlichen] ergänzt nach Schleiermacher: Kollegheft Ästhetik 1819, S. 43,31–33

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Denn nur im Zusammensein kann ihr Wesen gefunden werden. Daher ist es natürlich, daß in diesen Betrachtungen zugleich die allgemeinen elementaren Begriffe vorkommen müssen, weshalb etwas als ein Kunstwerk angesehen werden kann. [...] Es ist klar, daß dies nur durch bestimmte Beziehungen beider Seiten aufeinander erkannt wird, der subjektiven und objektiven, der Tätigkeit des Menschen und des Schönen, das in jedem Kunstwerk ist. So findet sich von selbst, inwiefern das Schöne in diesem allgemeinen Sinn (das Wort hier bloß versuchsweise) auch noch ein anderes Verhältnis zur Natur hat, und wiefern man das Produkt der Kunst als abhängig von der Natur ansehen kann, oder inwiefern der Mensch, in Kunsttätigkeit begriffen, zur Natur steht. [...] Es ist angedeutet worden, daß wir zur eigentlichen Tätigkeit der Kunst nicht anders als im Zusammenhang mit den übrigen menschlichen Tätigkeiten kommen können, d. h. im Leben. Dies kann aber doch nur geschehen, indem wir in diesem spekulativen Verfahren die menschliche Tätigkeit beispielsweise vor uns hinstellen. Ganz ohne historischen Gehalt kann also auch dieser Teil nicht sein, sonst wird er ganz transzendent. Soll es einen Durchgang geben zwischen dem Spekulativen und Differenten, so kann er nur darin liegen, daß wir im ersten Teil [von historischen und technischen Einzelheiten weitgehend absehen]. Und dies wäre die schwerste Aufgabe. Es ist hier offenbar ein Punkt, wo alles darauf ankommt, welches Ziel man sich bei der Untersuchung setzt. Wir gehen von dem Bestreben aus, das Ganze in ein System zu bringen, und suchen die verschiedenen Kunstzweige aus der Einheit der Kunst zu konstruieren. Es ist klar, daß uns die Spekulation und Empirie überall als etwas Irrationales erscheint. Auch wenn wir von ganz allgemeinen Prinzipien ausgehen, z. B. von der Idee des Lebens konstruiert haben, so wissen wir doch nicht, ob wir nicht etwas hineingedacht haben, was für das irdische Leben gehört. Wie wollen wir dann aus diesem Allgemeinen die verschiedenen Formen des Lebens konstruieren, welches eine Aufgabe der Naturwissenschaft ist? So müssen wir sagen, daß wir auf etwas Irrationales kommen; besonders, je mehr wir auf Gattungen und Arten stoßen. Wenn man sich dies Irrationale aber vorbehält, so ist man noch schlimmer daran und sicher von einem falschen Punkt ausgegangen. Je tiefer wir hinabsteigen, je weniger will das Einzelne passen, und das Irrationale überrascht uns hier noch früher. Wenn wir dies für den Charakter der menschlichen Wissenschaft feststellen und durch Approximation fortschreiten, so ist es eine eigene Aufgabe, zu sehen, wo das Irrationale anfängt. Für diese Auf-

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gabe gibt es keine allgemeine Formel, sondern es ist der wissenschaftliche Takt, der nicht in allen derselbe ist, sondern einen subjektiven Charakter hat. Daher müssen wir alle Bestrebungen als wahre Wissenschaft ansehen, wenn wir nur sehen, daß ein Wille da ist. [...] Wenn der erste nur eingesteht, daß er nicht alles konstruieren kann, so ist der wissenschaftliche Geist in ihm. Wenn der andere, welcher nur empirisch verfahren will, nur gesteht, daß er für eine künftige wissenschaftliche Verbindung arbeitet, so gilt dasselbe auch von ihm. Wir können nicht voraussetzen, daß wir alle identisch sind, sondern in diesem Zwischenraum finden wir auf jedem Punkt einige von uns, und unsere gemeinschaftliche Untersuchung, welche von einem ausgeht, kann nicht alle gleich angehen, sondern sie müssen es nur für ihren Punkt modifizieren. Das wissenschaftliche Verfahren in diesem Fache ist nicht alt; aber solange es ist, finden sich auch die gegenseitigen Verfahrungsarten: Untersuchungen nicht ohne wissenschaftlichen Charakter, aber ganz nach der Seite des Empirischen gerichtet und das Zusammenkonstruieren nicht berührend, aber doch ein identisches Prinzip in allen feststellend; und andere, welche von Anfang darauf ausgehen, das Gebiet der Kunst vollkommen zu konstruieren. Doch gestehen sie, daß noch ein Irrationales bleibt. Wir haben aber auch eine Ansicht, die alles Wissenschaftliche in der Kunst verwirft, und eine andere, welche alles konstruiert, wie wenn die menschliche Kunst wie die göttliche die Totalität darstellte. Diese sind über die Grenze der Wissenschaft hinaus, und davor muß sich jeder hüten. Er muß alles mit Liebe umfassen und auf seinen Standpunkt führen. Indem wir also nun die verschiedenen Kunstzweige zu konstruieren suchen, müssen wir schon mit dem Bewußtsein darangehen, daß es eine Aufgabe ist, welche nicht ganz aufgeht, also uns nicht zwingen und weitergehen wollen, als wir für sicher halten. Wir müssen nicht auf das Identische sehen, solange wir das Differente aufsuchen wollen. [...] Wenn nun Hauptmassen nicht hineingehen, so müssen wir besorgen, daß wir von einem falschen Punkt ausgingen. [...] Das eigentlich Technische wird ausgeschlossen, aber die Prinzipien der Kritik werden wir berühren müssen, worauf sich die technischen Regeln beziehen.

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Eigentliche Aesthetik

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[Erster Theil. Allgemeiner speculativer] [...] Die erste Aufgabe ist, allem, was wir für ein Kunstwerk halten, seinen Platz anzuweisen. Dazu müssen wir 1. die Totalität der menschlichen Funktionen konstruieren, 2. die verschiedenen Fächer der Kunsttätigkeit feststellen.

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Totalität der menschlichen Funktionen (Bluhme 23–25) [...] 24

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Die erste Aufgabe, und zwar in bezug auf die Tätigkeit des Menschen, ist die Aufgabe der Ethik. Denn diese soll lehren, was der Mensch aus seinem Vermögen zu machen hat. Dieser Teil ist also auch vollkommen ethisch. Wir könnten also bloß auf dieses Gebiet zurückweisen, wenn es in dieser Wissenschaft schon irgend etwas Allgemeingültiges gäbe. Aber Ansichten und Darstellungsweise sind hier noch sehr verschieden; wir müssen also diesen Teil der Ethik selbst versuchen, um ihn auf unser Gebiet anzuwenden. Soll der Mensch in seiner Tätigkeit betrachtet werden, muß man ihn in seinem Wechselverhältnis zu der übrigen Welt betrachten. Denn auf diese wirkt er, diese regt seine Tätigkeit an. Ebenso kann man es umgekehrt ansehen. Es gehen in ihr Veränderungen vor. Diese werden durch die Veränderungen im Menschen mit bestimmt. Es ist ein vollkommenes Wechselverhältnis, und von diesem müssen wir auf der einen Seite ausgehen. Andererseits müssen wir ausgehen von der Betrachtung des Menschen selbst, d. h. von dem inneren Verhältnis seines Daseins. Hier müssen wir uns an den relativen Gegensatz von Identität einerseits und Differenz andererseits halten. Also nur von der menschlichen Natur, sofern sie in allen dieselbe ist, können wir allein ausgehen. Insofern sind auch alle Verrichtungen dieselben, die durch sie bestimmt werden. Es gilt dies ebenso von allen lebenden Wesen. Aber darin besteht der Unterschied von anderen lebenden Wesen, daß beim Menschen wieder verhältnismäßig eine Differenz für jeden einzelnen besteht. Man möchte sagen, dies sei auch bei anderen lebenden Wesen ebenso. Aber hier erscheint die Differenz als ein Minimum. Diese Antwort ist freilich nur Schein und kann wenig Gewicht haben. Sie rührt nur von unserer Unbekanntschaft mit jenen Wesen her, so wie uns ein fremdes Volk unter sich weit ähnlicher erscheint als unsere einheimi-

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schen Mitmenschen. Wir können aber auch sagen, daß wir bei allen anderen Wesen in dem Maße, wie sie sich von der Stufe des Menschen entfernen, diese Differenz für etwas Äußerliches halten und nicht für innerlich notwendig. So etwa bei Samenkörnern. Nehmen wir hier die äußeren Umstände als gleich an, so werden wir darin nicht die Vorherbestimmung einer Differenz suchen. Je mehr wir uns aber dem Menschen nähern, desto mehr wird sich die Voraussetzung von dem inneren Grund der Differenz finden. Darum setzen wir diesen Grund am meisten bei den Tieren voraus, welche in Gemeinschaft mit dem Menschen stehen oder welche dieser Gemeinschaft fähig sind. Hier suchen wir etwas von p e r s ö n l i c h e m C h a ra kter. Aber nur beim Menschen machen wir diese Forderung auf eine allgemeine Weise und rechnen sie zu seinem notwendigen Wesen. Wir verlangen die Rücksicht auf notwendige Differenzen in jeder Beschreibung des Menschen. Finden wir in einem Menschen nichts Eigentümliches, so suchen wir erst die Schuld in uns; danach glauben wir, es sei ein Mangel an ihm, und so sinkt er damit zum Tier herab. Wenn wir von diesem Gegensatz zwischen Identität und Differenz ausgehen, so ist dies nur relativ zu verstehen. In der Wirklichkeit läßt sich das eine von dem anderen gar nicht absondern. Die Differenz ist nicht etwas, was zur Identität als ihrem Gegenteil hinzukommt; sie manifestiert sich schon jederzeit an dieser selbst. Ebensowenig kommt das Gemeinschaftliche zum Besonderen hinzu. Auch dieses ist nicht etwas Hinzukommendes, es manifestiert sich ebenfalls an jenem selbst. Wenn wir uns erst überzeugt hätten, daß es nichts anderes und nichts Höheres außer diesem relativen Gegensatz gäbe, so wäre es gut. Das ist das Schicksal aller aus dem Höheren abgeleiteten Wissenschaft: Man kann sich die Überzeugung für das Aufgestellte nur durch den empirischen Gebrauch verschaffen. Ich möchte nur zur Verteidigung darauf aufmerksam machen: es gibt nichts, womit sich die menschliche Tätigkeit beschäftigt als das verschiedene Verhältnis der Menschen, das auf dem Verhältnis des Einzelnen zur Gattung und umgekehrt beruht. Denn was kann und soll der Einzelne anders, als die menschliche Natur im einzelnen entwickeln und begrenzen? Und das geht doch ganz und gar auf den relativen Gegensatz zurück. Grenzen wir das Ganze ab, so bleibt nur das Verhältnis zur übrigen Welt, das ebenfalls in den Gegensatz der Wechselwirkung mit dieser aufgeht. Es ist also klar, daß wir den ganzen ambitus der menschlichen Tätigkeit aufgefaßt haben. Drücken zwar auch die Verhältnisse, von denen wir gesprochen haben, das innere Wesen nicht aus, so drückt sich doch das innere Wesen in jenen aus. Also haben wir ihren Ort

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gefunden. Wir brauchen nur noch zu fragen: Was sind die Verhältnisse, in denen der Mensch zur Welt steht? Hier finden wir keinen höheren Gegensatz als den zwischen Sein und Bewußtsein. Erkennen und Organisieren (Bluhme 25–26)

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Betrachten wir den Menschen in seinem spezifischen Verhältnis zur Welt, so ist sie das bloße Sein, er das Bewußtsein. Sofern er aber ein Teil der Welt ist, ist er das bewußte Sein (so daß freilich der Name Bewußtsein nicht recht an der Stelle ist; man kann ihm nur das Unbewußte entgegensetzen). Wir können nicht unternehmen, diesen Unterschied auf eine tiefe Weise noch höher hinaufzuführen, wir müssen also sehen, worin sich diese Tätigkeit des Menschen manifestiert. Diese Manifestation geschieht einerseits so, daß sich ihm das bewußte Sein einbildet, dadurch wird der Mensch ein bewußter. Zweitens so, daß der Mensch auch sich und das Bewußte in ihm den Dingen einbildet und sich dadurch mit ihnen identifiziert. Dies ist das, was er in der Welt hervorbringen und verändern kann. Wir werden sagen müssen: wir können uns keine andere Tätigkeit denken als in diesem Gegensatz; denn in der Wechselwirkung des Menschen mit dem übrigen Sein liegt nichts anderes. Es ist ein beständiges Aufhebenwollen der Trennung und ein beständiges Wiederherstellen derselben. Als ein Eigentümlicher kann der Mensch nicht in der Identität verschwinden; aber er kann auch nicht ganz aus ihr herausscheiden. In dieser Duplizität des Verlierens im Ganzen und Heraustretens aus dem Ganzen geht das menschliche Sein auf. Der Mensch ist nicht bloß sein, sondern auch ih r (der Welt) Bewußtsein. Das geistige Prinzip bezieht sich im Erkennen nicht bloß auf ihn, sondern auch auf das Ganze; das ist das Einswerdenwollen. Aber nach einem jeden solchen Akt tritt er immer wieder als ein eigenes, in sich abgeschlossens Sein heraus. So haben wir das Ganze in der Welt nach seinen beiden Polen ausgedrückt. Es sind die des Erkennenden, die die Welt sich einbilden, es sind die des Organisierenden, die sich der Welt einbilden. Aber auch dieser Gegensatz ist durchaus nur relativ. Denn wir können uns keine bloß erkennende Tätigkeit des Menschen denken, wodurch nicht auch zugleich etwas gebildet wird, sei es außer dem Menschen oder in ihm selbst, sofern er ein Seiendes ist. Ebenso können wir uns keine Veränderung denken, wo nicht zugleich ein Erkennen gesetzt wäre. In allen Momenten, die die Zeit erfüllen, ist immer beides in einem. Aber der Unterschied bleibt insofern bestehen, als eins immer das Akzidens des anderen ist. 34 es] er

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Gehen wir nunmehr auf den anderen Gegensatz, den wir festgestellt hatten, zurück, auf das mehr Identische und Differente im Menschen selbst, so müssen wir fragen: Hat dies einen anderen Gehalt als das Vorige? Nein! Wir hatten zwar jenen Gegensatz auf das Verhältnis der Welt zu den Menschen bezogen, diese Menschen als eins angesehen; betrachtet man aber den Menschen als Vielheit, so muß auch hier derselbe Gegensatz bestehen. Es kann auch hier nichts anderes geschehen, als daß jeder sich das Dasein der anderen entweder einbildet oder die Tätigkeit der anderen modifiziert, sie also bildet. Wir müssen also sagen: Diese Duplizität ist das ganz Allgemeine, und der relative Gegensatz der Identität und Differenz ist derselbe wie dort. Es handelt sich immer entweder um erkennende oder bildende Tätigkeiten. Und entweder tritt das mehr Allgemeine oder das Persönliche hervor. Das eine ist mehr der Gehalt, das andere mehr die Gestalt des Menschen. In diesem Schema werden wir also die Kunst aufzusuchen haben. Dies Geschäft ist nicht leicht, und es möchte wohl nötig sein, daß wir uns vorläufig das Schema etwas ausfüllen, um eine Analogie zu haben. Daß alles, was wir Wissen nennen, in die erkennende Funktion gehört, sowie die Sprache und alles, was schon den Übergang zum anderen bildet, ist offenbar. [...] Daß in die organische Tätigkeit alles gehört, was der Mensch in der Natur s c h af f t , leuchtet auch ein. Manches scheint hier nach demselben Typus gebildet zu sein, anderes ist nur für eins ausschließend bestimmt, oder auch nur für eine Zeit oder eine Gegend besonders gestaltet. Hier scheint also eine weitere Teilung notwendig zu sein. Können wir nun in einem von diesen beiden die Kunst finden? In letzterem Fall kommt sie uns schon entgegen; aber offenbar ist es nicht das Gebiet der eigentlichen Kunst, sondern nur, sofern sie Nebensache ist, als mechanisches Schaffen. Die eigentliche Kunst aber, wenn auch sie einen mechanischen Stoff bearbeitet, tritt hier noch nicht hervor. Der Stoff tritt in mechanischer Verarbeitung nicht ins organische Leben ein. Er schafft und wirkt nicht darin. [...] Verfaßt jemand ein geschichtliches Werk, so ist dies die Darstellung einer Erkenntnis; verfaßt jemand ein episches Gedicht, so ist das Darstellung von Begebenheiten, aber nicht von Erkenntnissen, die jemand durch Begebenheiten bekommt. Wir werden ein geschichtliches Werk über denselben Gegenstand auch ein Kunstwerk nennen, wenn es einen gewissen Grad von Vollkommenheit hat.

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[...] Hier erscheint die Kunst nicht in ihrem substantiellen isolierten Dasein. Der Unterschied ist also, daß die Geschichte die Erkenntnis mitteilt, während in dem Epiker die zusammengestellte Anschauung auf eine ursprüngliche Weise e n t s t anden ist. Was letzterer an Erkenntnissen mitteilt, ist rein untergeordnete Nebensache. [...] An ein gemeinschaftliches Gebiet scheint also nicht zu denken zu sein von diesem Punkt aus. [Wir müssen also umkehrend das ursprünglich eigenthümliche aufsuchen. In der erkennenden Function liegt hier das Gefühl.] Dies beruht auf dem persönlichen Dasein. Wir setzen es bei jedem verschieden, von der Sprache, die das Erkennen ausdrückt, so verschieden, daß es sich nie vollkommen dadurch ausdrücken läßt. [...] Das Gefühl muß nun doch wohl auch seine natürliche Äußerung haben, wie das Erkennen durch die Sprache. Wenn das Gefühl eine Bestimmtheit erhalten hat, äußert es sich am Leibe durch Gebärden, die sich nicht ganz von einem zum anderen übertragen lassen, die aber doch ein natürlicher Leiter sind. Diese Zeichen verhalten sich zum Gefühl ganz wie die Sprache zum Denken. Beide wollen sich von selbst äußern, wenn wir sie nicht absichtlich hemmen. Das Denken ist auch dann in dem einen nicht ohne innere Sprache, das Gefühl in dem anderen nicht ohne Äußerung der Gebärde. [...] (Bluhme 28–33) Wenn der Mensch in seiner natürlichen Freude springt und singt, nennen wir das Kunst? Die Antwort ist schwer. Wenn wir Roheit dabei bemerken, so werden wir es bestreiten; finden wir aber ein Maß darin, einen allgemeinen Typus, so sagen wir, es seien wenigstens Elemente von Kunst darin vorhanden. Zwar bezieht sich dies zunächst auf die genannten Künste, doch findet sich schon bei den rohesten Völkern das Streben nach Maß und Rhythmus. Da wir hier zunächst ungesucht einen Übergang aus dem Kunstlosen gefunden haben, so ist dies für uns wenigstens ein Anknüpfungspunkt, an dem wir nicht vorbeigehen dürfen. Es kann nur zwei Methoden für uns geben. Die erste, nach der wir die Kunst aus dem Absoluten zu konstruieren suchen, haben wir schon vorläufig von der Hand gewiesen, weil wir nicht das geschichtlich Gegebene mit dem, was in die Konstruktion aufgeht, als eins behandeln können. Vielmehr erhalten wir den vollkommensten Gegensatz, wo wir uns überzeugen, 9–11 Wir … Gefühl.] ergänzt nach Schleiermacher: Kollegheft Ästhetik 1819, S. 46,35–36

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daß im Ton oder in der Bewegung schon eine Vorbildung zugrunde liegt, von der sie abhängen. Denn von der Bewegung gilt ganz dasselbe wie vom Ton. Wo die Regel fehlt, da fehlt das erste Zeichen der Kunst. [...] Wo aber die Bewegung im Wechsel ein Maß hat, entsteht Tanz, beim Ton Musik. Jedes einzelne in diesem Wechsel muß aber wieder sein inneres Maß haben. Es wird vorausgesetzt, daß jedem besonderen Ton oder jeder Bewegung ein Urbild vorangeht, und daß der Ausübende die Äußerung hervorbringt, wie er sie wollte. Was wird nun die Kunst mit dem Kunstlosen gemein haben? Das Zusammensein eines Inneren mit einem Äußeren. Eine innere Erregung des Gefühls und eine Äußerung derselben durch Ton oder Bewegung. Also: die Äußerung einer inneren Bewegung ist das Gemeinschaftliche. [...] Der Unterschied besteht also darin, daß zwischen Inneres und Äußeres ein Urbild tritt, dem das Äußere entspricht. Denn der Wechsel im Maß, das Maß im Wechsel entsteht nicht unbewußt, es wird gewollt. Beides also ist ein Besonnenes, gehorcht einerseits dem Willen, wenn es auch andererseits der natürliche Ausdruck ist. In diesem Unendlich-Kleinen findet sich damit dasselbe, was wir im großen die Begeisterung nennen. Es ist ein inneres Singen, ein inneres Bewegen vor der Äußerung. Dies ist das, was wir hernach überall im großen den vorschwebenden Typus nennen. [...] Ohne Identität von Begeisterung und Besonnenheit können wir uns kein Kunstwerk denken; völlig dürfen wir diese nie trennen. [...] Es läßt sich denken, daß der Punkt der Trennung als der angesehen werden könnte, wo die Kunst anfängt. Hier finden wir den Menschen nicht mehr in dem bewegten Zustand der Exhibition. Kunst fängt erst mit der Ruhe an. Dies kann allerdings richtig sein, aber dadurch ist die Verbindung keineswegs aufgehoben. Wir würden zu weit gehen, wenn wir schon jetzt die schwierige Prüfung anstellen wollten, ob innere Erregung bei der Kunst sei. Wir finden aber doch schon einen besonderen Charakter in der Kunst, der sich auf eine innere Erregung bezieht (das Freudige, Wehmütige usw.). [...] Gehen wir nun noch einmal davon aus, daß in der Kunst das momentane Zusammentreffen nicht mehr notwendig ist, so können wir auch daraus folgern, daß es nicht mehr nötig ist, daß sich jede einzelne Darstellung auf eine besondere Erregung beziehe, oder jede spezifische Erregung auf eine Weise dargestellt werde. So wird es mög-

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lich, daß ein und dieselbe Äußerung sich auf eine Reihe von verschiedenen, aber analogen Erregungen bezieht und umgekehrt. Dadurch wird auf der Seite der Kunst beides noch mehr gelöst. [...] Ist ein Erregungsmoment stark genug, um eine Äußerung hervorzubringen, dann ist beides zugleich (daher die Meinung, daß durch die Äußerung die Erregung gestillt wird); oder der Zustand der Erregung ist nicht stark genug, um eine Äußerung hervorzubringen. Aber dann geht er ohne Spur vorüber, wir beziehen ihn nicht auf eine spätere Äußerung. [...] Ein Erregungsmoment kann zu schwach sein, um die Äußerung hervorzubringen. Aber er bringt doch das Urbild hervor, wenn auch nur seinem ersten Keime nach. Es ist die zum Bewußtsein kommende innere Disposition zu der Äußerung, die aber eben, weil sie ins Bewußtsein kommt, auch nur als ein Gemessenes hineinkommt. Hier kann man sagen: Die Erregung kann eine Disposition hervorbringen, die sich im Bewußtsein absetzt, sie kann aber auch zugleich zu schwach sein, um sich wirklich zu äußern. So geht der Moment aber nicht spurlos vorüber, und es kann geschehen, daß, nachdem sich die Disposition zur Äußerung im Bewußtsein gesammelt hat, ein Erregungsmoment die Stärke erhält, sich zu äußern, weil er im Bewußtsein dies schon vorbereitet findet. [...] Es kann derselbe Erregungsmoment sein, in dem sich ein Urbild bildet. Dies kann noch fortdauern, während die Äußerung stattfindet, so daß in der Folge zwei oder mehrere Dispositionen zusammenwirken. Also gerade durch die Hemmung wird es in seiner Produktivität vermehrt. Das Zusammensein aber hört darum nicht auf. Eine jede Darstellung bezieht sich immer auf eine Erregung. [...] Sind nun die Singenden und Tanzenden besonders erregt? Nein, es erscheint als etwas Willkürliches. Aber diese Willkür ist eben durch die vorhergegangene Disposition veranlaßt, die sich nun entladen soll. Das ist nicht das Produkt des Momentes, sondern das Produkt aller vorhergehenden Momente. (In diesem Ansammeln einer solchen Tendenz liegt der Naturgrund, warum eine solche zur Äußerung bestimmte Zeit zwischen die Zeit der Anstrengung hineintreten muß. Oft ist es nur eine strenge Arbeit, welche die Äußerung hindert, nicht aber die Erregung; und darum ist dann eine Zeit nötig, wo sie sich gewissermaßen entäußern und entladen kann.) Zu s a t z . (Auch im Gefühl ist Identität, auch in der Sprache Differenz.) Sehen wir von diesem Punkte aus auf unser Schema zurück, so

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sind wir davon ausgegangen, daß die Modifikationen des Gefühls in das Gebiet der erkennenden Funktion gehören, aber ausgestattet mit Differenz und Eigentümlichkeit; und daß das Gefühl dem differenten Erkennen ebenso angehört wie die Sprache dem identischen Erkennen. Wir haben gesagt, dies Differente sei, eben weil es Differenz ist, nicht übertragbar. Wenn ich das, was ich denke, herausrede, so muß es auch, wenn die Verbindung zwischen dem Denken und der Sprache ganz rein ist, von allen verstanden werden. Das Gefühl ist nun auch ein Bewußtsein, auch an die ideale Form des Seins geknüpft und ebenso auch ein Bewußtsein von dem Zusammensein des Menschen mit der Welt. Die Verschiedenheit vom Denken kann man nur darin setzen, daß das Gefühl sich auf das bestimmte Dasein der Eigentümlichkeit bezieht. [...] Andererseits nimmt in allen Äußerungen des Gefühls die Verständlichkeit zu, je mehr sie in die Kunst fallen. Also scheint es, wenn wir wirklich hier die ersten Elemente der Kunst gefunden haben, als ob sich doch noch Zweifel über ihren Ort erheben könnten. [...] Das Verhältnis der Identität und Differenz beim Menschen ist in der Realität nur ein fließendes; beide Glieder sind nur in den verschiedenen Momenten auseinander. So sind auch in der Sprache die Grenzen der Verständlichkeit, und andererseits liegt auch im Differenten das Identische. Zwei Menschen verstehen sich desto besser, je vertrauter sie geworden sind, je mehr sie die Schranken der Differenz aufgehoben haben. [...] Noch verständlicher wird man sich, wenn man sich auf gleicher Bildungsstufe, in gleichen Verhältnissen befindet. Jedenfalls muß eine bestimmte Basis der Identität vorhanden sein, auf der das Verständnis beruht. Die Eigentümlichkeit wird getragen durch das hindurchgehende Identische. So ist also diese Schwierigkeit gehoben, und wir müssen sagen: Es ist das Eigentümliche, was sich im Gefühl abspiegelt; aber nur durch die Identität wird es anderen verständlich. Sind zwei Menschen einander diametral entgegengesetzt, so sind ihnen Ton und Bewegung gegenseitig nicht verständlich, sie müssen erst erraten, was sie ausdrücken, ob Freude oder Trauer. [...] (Bluhme 34–36) Wie die Konzeption des Urbildes einerseits mit der Erregung, andererseits mit der Ausführung zusammenhängt, das 21 ein] eine

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wissen wir noch nicht. Wir können aber den Gedanken der Entwicklung aus dem Kunstlosen nicht festhalten, wenn wir uns diese Zusammenhänge nicht klar machen. 1) (Erregbarkeit ist ein Minimum.) [...] Für diesen Fall können wir also immer annehmen, daß die verschiedenen Anlagen sich an die stärkeren Erregungen anderer anschließen. Ist das Nachfühlen fremder Erregungen gesund und richtig gewesen, so daß der uns unbekannte Naturzusammenhang zwischen beiden nicht gestört ist, so wird die Kunsttätigkeit zustandekommen. Da sie aber das eine Glied nicht in sich hat, wird sie auf der Fähigkeit des Nachkonstruierens beruhen. Ob wir dies der Kunsttätigkeit anmerken werden, können wir noch nicht beantworten; aber es muß uns doch wahrscheinlich werden. Die Kräftigkeit des ursprünglichen Impulses fehlt, und daher werden die Kunstwerke kalt erscheinen müssen. Die Begeisterung ist das Zurücktretende, die Besonnenheit das überwiegend Hervortretende. [...] 2) (Urbildung und organische Fertigkeit sind ein Minimum.) Wir nehmen an, es sei Erregbarkeit da, aber nicht die Fähigkeit, einen Typus zu bilden. Die organische Fertigkeit ist notwendig. [...] Das innere Bedürfnis, die Erregung laut werden zu lassen, wendet sich dahin, wo die Fähigkeit, einen inneren Typus zu bilden, zur Anschauung gekommen ist. Man wird also aus dem Gebiet der wirklichen Kunst auswählen und etwas als Eigenes hinstellen. Von sehr wenigen sind die herrschenden Typen der Kunstgebilde ausgegangen; die meisten Künstler haben sich an jene angeschlossen. [...] [Fehlt aber nun auch noch die organische Fertigkeit,] so ist das Gleichgewicht nicht ganz gestört. Wir können auch nicht von einem völligen, sondern nur von einem relativen Fehlen sprechen. Die Fertigkeit ist oft nicht stark genug zur Erzeugung von Kunstwerken. Gehen wir aber davon aus, daß eine innere Verbindung stattfindet, [dann bleibt der Erregung beides als minimum nur in der Gestalt des Verlangens zurük, welches sich als Kunstsinn oder Geschmak den fremden Erzeugnissen zuwendet.] [...] Hier sind wir wieder durch unsere Unwissenheit in Verlegenheit. Denn das Kunstlose ist mit unmittelbarer Ausführung verbunden, sie 30 Fehlt … Fertigkeit] ergänzt nach Schleiermacher: Kollegheft Ästhetik 1819, S. 49,31–34 34–37 dann … zuwendet.] ergänzt nach Schleiermacher: Kollegheft Ästhetik 1819, S. 49,31–34

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beruht bloß auf der natürlichen Tätigkeit der Organe, es gehört keine besondere Fähigkeit dazu. Es kann also wohl an Fähigkeit zu zierlichen Bewegungen fehlen, aber es kann nicht an dem Vermögen, Freude oder Schmerz zu äußern, fehlen. Hier ist wohl eine große Differenz, aber kein Nullpunkt möglich. So kann auch eine Fertigkeit in der Erfindung bei einem Mangel in der Ausübung bestehen. So etwa, wenn ein Musiker zwar trefflich komponiert, aber nicht vorzutragen imstande ist; wenn ein Maler, der einen herrlichen Entwurf eines Gemäldes besitzt, ihn nur stümperhaft ausführen kann. Dies muß wieder als Mangel gefühlt werden, und es wird eine lebendige Verbindung entstehen zwischen dem, worin die innere Seite verhältnismäßig ohne die äußere ist und umgekehrt. Wenn wir dies alles zusammenfassen, so ergibt sich als Resultat, daß jede mangelhafte Kombination der verschiedenen Glieder möglich ist, so daß stets eine Differenz in der Kunst selbst entsteht, entweder mit Zurücktreten der Begeisterung oder der Virtuosität, oder aber auch eine natürliche Verbindung solcher Kombinationen, denen wechselseitig verschiedene von den einzelnen, notwendig zur Kunst gehörenden Elementen fehlen. [...] [Denn das Gleichgewicht ist nirgends und das selbständige Dasein kann nur in der Verknüpfung beider Ausweichungen sein], in dem Hervortreten der Originalität und dem Anschließen der Nachahmung, in dem Hervortreten eines wesentlichen Elementes und dem Zurücktreten der anderen. Keine Kunst kann gedacht werden ohne die große Differenz zwischen der wirklichen Kunsttätigkeit und der Aneignung des Fremden. Wo nicht Kunsttätigkeit, Kunstsinn und Kunstgeschmack zusammentreffen, wird sich keine Kunst halten. Zweitens wäre es eine Unvollkommenheit, wenn die Kunst nicht in den zwei verschiedenen Gestalten – mit Hervorragen der Begeisterung und mit Hervorragen der Virtuosität – erschiene. Beide Ausweichungen müssen zusammen sein, das ist ein allgemeines Naturgesetz. [...] (Bluhme 37–40) Wir waren bei der erkennenden Tätigkeit auf das G e f ü h l gekommen, hatten dessen natürliche Ä ußerung gefunden und von diesen zwei Punkten aus hatten wir unsere zwei Gebiete gefunden. Wir müssen also auch von diesem Punkte aus noch die übrigen aufsuchen. Nach dem Bisherigen können wir diese Fragen noch nicht beantworten. Nun finden wir auf den ersten Anblick eine große Differenz. Das Kunstlose, das hier vorangeht, findet sich in den mehr oder weniger leidenschaftlichen Erregungen des Menschen. Die Bewe21–22 Denn … sein] ergänzt nach Schleiermacher: Kollegheft Ästhetik 1819, S. 50,2–4

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gungen, die bloße Äußerungen sind und keine Tat zum Zweck haben, setzen immer eine Leidenschaft voraus, wenn auch mit nationaler Verschiedenheit. [...] So können wir wohl von hier aus keinen Übergang finden, weil der Punkt selbst in der Differenz liegt. Dies erinnert an eine Ansicht über die Kunst im allgemeinen, die in den verschiedensten Formen aufgestellt wurde. [...] Zunächst scheint es sich unserer Bemerkung anzuschließen. Dort ist es die Wi r k u n g des Kunstwerkes, die Leidenschaften zu mäßigen, hier ist es die in der B e s i n n u n g liegende Ursa che, die die Leidenschaft aufhebt. Allein wenn man diese allgemeine Ansicht auf die übrigen Kunstzweige anwenden will, muß man sie ganz anders drehen. Und so ist es auch geschehen: [Bald sollen die gemäßigten Leidenschaften dargestellt werden (Drama), bald soll die Wirkung der Mäßigung in den Betrachtenden hervorgebracht werden.] [...] Wir müssen geradezu fragen: ist es wahr oder nur Schein, daß das Kunstlose, woran sich Musik und Mimik anlehnt, etwas Leidenschaftliches [ist]? Allgemein und unparteiisch betrachtet, müssen wir schon eine Mannigfaltigkeit von Abstufungen zugeben. 1) Bei der Mimik, die sich an die natürliche Bewegung anschließt, ist es doch im kunstlosen Zustande nicht allemal etwas Leidenschaftliches, sondern es gibt noch andere Zustände dieser Art. Die Leidenschaft erscheint also als etwas Zufälliges. 2) Bei der Musik nimmt die Abstufung noch einen bestimmteren Charakter an. Denn man wird sagen müssen: Je leidenschaftlicher die Erregung, desto weniger ist der Ton geeignet, ein Kunstwerk zu werden. Hier scheint also die Kunst sich gar nicht einmal unmittelbar an das Leidenschaftliche lehnen zu können. Im Zustande der Freude ist der Mensch am geneigtesten, sich in Tönen zu ergießen. Aber Freude ist schon beruhigte Leidenschaft; das Verlangen hat schon aufgehört oder sie ist noch nicht rein. Wir müssen uns also das Gebiet, worin wir die beiden Punkte gefunden haben, noch einmal in seinem ganzen Umfange vorhalten. [...] Wir müssen also überall die Differenz zwischen Kunstwerken annehmen, wo mit Erregung inneres Leben und ohne dieselbe bloße Korrektheit ist. Das ist also nun die Erregung, aus der das Urbild 15–17 Bald … werden.] ergänzt nach Schleiermacher: Kollegheft Ästhetik 1819, S. 50,20–22

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selbst hervorgegangen ist. So wie dies, so das Abbild. Es ist ein großer Unterschied, ob wir sagen: das Kunstwerk hat einen kalten Charakter, oder: der Künstler hat seinen Zweck nicht erreicht. Es muß also allerdings etwas Allgemeines geben, und der Ort aller Kunst muß ebensogut in diesem Gebiet liegen wie Musik und Mimik. [...] Wenn wir annehmen, daß im letzten Resultat etwas Allgemeines ist, so müssen wir auch die drei Momente in jedem Kunstgebiet annehmen. Ob aber der Ausgangspunkt unter dem Ausdruck des Gef ü h l s beizubehalten ist, bleibt noch zweifelhaft. Auch beim Gefühl müssen wir auf das Identische und Differente sehen. Wir können aber diese Untersuchungen nicht anders fortsetzen, als wenn wir [von den drei Momenten ausgehend, zunächst die Ausführung als im Differenten liegend betrachten.] [...] Hier sind in jedem Kunstgebiet die allgemeinen Formen so bestimmt, daß über die Subsumtion der anderen Künste unter das Schema kein Irrtum sein kann. Freilich wissen wir noch nicht, wie viele Künste es gibt und geben muß. Aber diese Kenntnis haben wir jetzt auch noch nicht nötig. [...] Sie ist so sehr mit der Ausführung identisch, daß letztere nichts ist als das Herausgeworfensein der inneren Urbildung. Unter diese Formel kann man sie allgemein fassen. Wer ein musikalisches Kunstwerk macht, hat schwerlich vorher das Urbild so vollkommen in sich wie der Maler. Es entsteht bei jenem in viel höherem Maße gleichzeitig mit der Ausführung als beim letzteren. Aber dies ist ein ganz relativer Unterschied. Denn auch beim letzteren wird bei der Ausführung das Urbild doch bestimmter, das ist ganz unvermeidlich. Die größere Bestimmung muß gegenüber der Erscheinung im Urbild liegen. Aber auch im Urbild ist sie etwas allmählich Werdendes. Wenn nun die Urbildung identisch ist mit der äußeren Ausführung, so können wir nicht sagen, jene sei im Innern des Gemüts, ohne einem bestimmten Kunstzweig anzugehören. [...] Es ist das Überwiegende, daß jeder einzelne nur Urbilder entwirft in einem Kunstgebiet, worin er sich auszeichnet. Wir betrachten es als eine Ausnahme, wenn wir verschiedene Ausübungen finden. Es ist bei jedem eine bestimmte Neigung, das Urbild in ein bestimmtes Gebiet zu werfen. Es ist also eine Ve r w an d t s c h a f t zu einem Gebiet vor13–14 von … betrachten.] ergänzt nach Schleiermacher: Kollegheft Ästhetik 1819, S. 51,12–14 22 Sie] lies: die Urbildung

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handen, und diese ist die Ursache, warum das Urbild gerade ein solches ist. [...] Zur endgültigen Entscheidung wollen wir uns an etwas früher Gesagtes erinnern. Wenn wir die organische Erregung als das allein Vorhandene, und organische Fertigkeit und Urbildung als Minimum setzen, so bleibt nichts als der Si n n für die Kunst. Damit ist aber zugleich folgendes gesagt: Der Sinn für die Kunst und das innerste Prinzip ist ein und dasselbe. Wir können dies mit ziemlicher Gewißheit setzen, weil Rezeptivität und Spontaneität überall dieselbe Richtung haben. Wir sehen es also als Regel an, daß Kunst tä t ig keit auf ein bestimmtes Gebiet beschränkt ist. Aber vom Kunst sinn verlangen wir eben Allgemeinheit, selbst bei dem Künstler, der in einem einzelnen Gebiet gereift ist, und dem wir das Gegenteil nur mit Bedauern oder Lächeln verzeihen. So muß also in der Erregung etwas Identisches sein, was von der Verschiedenheit nicht abhängt. Darin liegt das Prinzip, wo wir das Differente und Identische scheiden können. Inwiefern aber dieser innerste Keim notwendig im einzelnen sich entwickelt, entsteht das Differente. [...] (Bluhme 40–44) Wir wollen die Alternative noch einmal betrachten. So viel ist offenbar, daß, wenn wir auf das letzte Resultat sehen, die Konzeption des Urbildes in der Seele das Frühere ist. Wir haben hier zwei Punkte, die man genau aufeinander beziehen kann. In dieser Beziehung ist die Verwandtschaft schon wesentlich enthalten. Man ist schon ein Maler, ehe man die Skizze entworfen hat. Von dieser Seite aus hätten wir also die größte Veranlassung, für jede Kunst einen abgeschlossenen Kreis anzunehmen. Wollten wir nun bei der Annahme bleiben, so daß wir die Aufgabe allgemeiner Prinzipien für die Kunst völlig abweisen müßten, so müßten wir fragen, woher denn dann das bestimmte Interesse für eine bestimmte Kunst komme. Wir können dann nur sagen, es müsse das Interesse an der speziellen Art der Au s f ü h r u n g sein. [...] Vergleichen wir dies einmal mit dem, was wir oben provisorisch annahmen, so müßten wir sagen, alle Kunst müßte so sein, daß ein Minimum von Erregung und ein Maximum von Virtuosität darin wäre. Denn die Virtuosität leitete das Ganze, und wir würden uns das tiefere Leben der Kunst so nicht erklären können. Dies ist schon eine Schwierigkeit gegenüber unserer Annahme; eine solche Theorie würde die Erscheinungen nicht erklären, da die Hauptsache herausfiele. [...]

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Denn wenn wir sagen, die ganze Liebe zu einer einzigen Kunst beruhe nur auf der Virtuosität: wie ist man dann zu diesem Geschenk gekommen? Dies hat erworben werden müssen, wenigstens durch Übung. Und als weitere Frage würde sich daraus entwickeln: Wodurch ist die Kunst entstanden, die er vor sich gehabt und die seine Geschicklichkeit angeregt hat? So entfernen wir uns aber immer mehr von dem inneren Grund, also auch gewiß immer mehr von der Wahrheit. [...] Wir haben aus der Erfahrung heraus angenommen, daß der Mensch in der Regel nur in einer Kunst ausübend ist. Aber ebenso bestimmt ist in der Erfahrung gegeben, daß bei einer Menge von Menschen der Sinn für die Kunst, aber keine Ausübung vorhanden ist. Wie kommen diese zu dem Sinn für die Kunst, da die Geschicklichkeit der Ausführung fehlt? Wie müssen wir uns die Verwandtschaft dieses Sinnes zu einer Gattung der Kunst erklären? Wir finden es hier gar nicht natürlich, wenn man sich hier nur auf eine Gattung beschränkt. Geschieht es, so betrachtet man das andere als ein Zurückgedrängtes. Da wir den Kunstsinn nicht von dem Kunsttalent wesentlich verschieden setzen können, sondern nur auf den verschiedenen Stufen der Rezeptibilität und Spontaneität, so müssen wir offenbar ein allgemeines Kunstgebiet annehmen. [...] Aus diesem Grunde muß der erste Fall notwendig verneint werden. Nun ist es aber nicht gut, auf apagogische Weise auf etwas zu kommen, indem man das Gegenteil leugnet. Dies kann nur der lebendigeren Veranschaulichung dienen, wenn man schon überzeugt ist. Wir wollen uns also auch nicht mit diesem Verfahren begnügen, sondern etwas Positives suchen. [...] Der Moment, wo das Urbild sich erzeugt, ist ein bestimmter. Wir wollen ihn uns erklären aus der Verwandtschaft der Seele mit dem bestimmten Kunstgebiet. Das führt notwendig auf ein Lebensprinzip zurück, wodurch die Verwandtschaft hervorgebracht wird. [...] Man könnte nun glauben, es würde dies Prinzip für ein eigentümliches bei einzelnen Menschen, das bei anderen nicht vorhanden ist, zu halten sein. Aber wir haben schon gesagt, daß die Erreg ung allgemein vorhanden sei und daß nur das Resultat fehle, weil keine Verwandtschaft, kein Kunsttalent da sei. In unserem Schematismus finden wir das Prinzip an dem Ort, den wir Gef ühl nannten. Liegt hier nun das Identische für alle andere Kunst? Wir nehmen unser obiges Resultat mit zu Hilfe. Bei Leidens c h a f t e n kann keine Kunst sein. Daß es aber eine innere Erregung

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sein muß, aus welcher dies Bewegtwerden zur Entwerfung von Kunstwerken hervorgeht, folgt aus dem Gesagten. Wir müssen uns also dies Erste in seinem ganzen Umfange recht klar machen. Es waren zwei Charaktere dieses Ortes: 1. die erkennende Funktion, 2. das Eigentümliche im Gegensatz zum Identischen. Wir wollten diesen Ort Gefühl nennen. Daß immer beide Charaktere beim Gefühl sind, ist gewiß. [...] Was liegt alles in diesen Charakteren? Vorerst schicken wir noch folgendes voraus: Alles, was wir auf irgendeine Art Tat nennen, hat in einer inneren Erregung seinen Grund. Alles, was sein Letztes innerlich hat, fängt von außen an, so eine Vorstellung. Gefühl im engeren Sinne, das Selbstbewußtsein im Gegensatz von Lust und Unlust, hat auch sein Letztes innerlich. Aber nun gehen alle Tätigkeiten, deren Ziel außen liegt, wieder von dem Innern aus. Sehen wir hier noch einmal auf die Identität und Differenz. Wenn wir sagen, unsere Vorstellungen seien keine Tätigkeiten, ihr Anfang liege außen: wodurch werden dann die Sinne erregt? Nur durch unseren Willen, also durch eine innere Tätigkeit, die in allen dieselbe ist. Wir suchen in diesen Beziehungen alles in uns aufzunehmen. Der tiefere Grund liegt darin, daß wir alle niemals wahrnehmen wollen, ohne auch zu denken. Wir wollen die Bilder und Begriffe zugleich aufnehmen. Es ist also das Streben, das uns angeborene System von Begriffen zum wirklichen Bewußtsein zu bringen, die Vernunft im Bewußtsein selbst zu manifestieren. [...] Dies ist das Identische in allem, es ist die innere Gestaltung unseres Bewußtseins. Fragen wir nun einmal: Was ist denn nun das Korrespondierende auf diesem Gebiet, was aber nicht den Charakter des Identischen trägt? Dies muß sich eben zu jenem so verhalten, daß, sowie es von jenem Punkt aus für alle eine gemeinsame Welt gibt, so auch auf der anderen Seite für jeden eine eigene Welt, die er für sich herauszuproduzieren versucht. Diese ist nicht vorhergegeben, sondern wird erst durch ihn. Aber vorhergegeben ist etwas, das als das ihm Eigentümliche seinen Begriffen korrespondiert. So muß es sein, denn die Menschen sind nicht reine Exemplare, sondern haben eine qualitative Differenz, wodurch sie erst das Recht bekommen, einzelne zu sein. [...] Es ist also nur eine eigentümliche Gestaltung derselben Welt. Denn am Ende unterscheiden sich die Menschen nur dadurch, daß sie an dem Äußeren nicht ein gleiches, sondern ein differentes Interesse nehmen. Das Differente liegt also nur darin, wie sich das Interesse an den Bestandteilen der Welt produziert.

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[...] Wir müssen also beides als eine innere Produktion sehen, und zwar des Identischen in Abstufung von Bild und Begriff, und des besonderen Interesses. [...] Das Eine ist das Element des Wissens, das Andere ist das, wodurch das Eigentümliche unseres Wesens sich ebenso im Bewußtsein realisiert wie das Gemeinsame im Wissen. [...] [So gewiß nun jenes das Gebiet des Wissens ist, ist auch dieses das Gebiet der Kunst,] und nur in diesem Sinne können wir sagen, daß, indem wir dies G e f ü h l nennen, alle Kunst vom Gefühl ausgeht.

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Freilich ist es nicht allgemein anerkannt, daß die Vernunft ein produktives Vermögen sei. Viele sagen, die Vorstellung werde von außen gegeben, sie sei bloß auffassend. Dieser Gegensatz ist freilich ein fundamentaler, aber hier kann er nicht durchgeführt werden. Man sagt, der Mensch könne nichts tun, als die ihm gegebenen Vorstellungen anders ordnen und modifizieren. Aber schon aus dem oben Gesagten sehen wir, daß wir hierüber gar keines Streites bedürfen. Allerdings kann der Mensch nicht in zwei Welten leben; die eigentümliche Welt ist nur der eigentümliche Ausdruck von der eigentümlichen Art, wie sich das Wesen des einzelnen Menschen in der gemeinsamen Welt verteilt. Wir können es also für unseren jetzigen Zweck ganz dahingestellt sein lassen, ob wir die Tätigkeit als ein Produktives der ersten oder der zweiten Art, d. h. als ein Reproduktives betrachten wollen. Das Eigentümliche bleibt uns doch, es mag sich an die Rezeption oder an die Produktion schließen. Nun aber gibt es keine Vorstellungen, die bloß von außen oder bloß von innen entstanden wären; beides ist zusammen, nur mit verschiedener Genesis. Wenn wir nun das Vermögen, mit dem wir alle Differenzen aufzulösen streben, die Vernunft nennen, so pflegen wir das Vermögen der Vorstellungen des eigentümlichen Daseins als P h an t as i e zu bezeichnen. So wie aus jener alles Wissen hervorgeht, so aus dieser alle Kunst. Nicht als ob es ganz verschiedene Kräfte wären; es sind nur die verschiedenen Funktionen desselben Vermögens zu unterscheiden, und auch nur in relativer Weise. Die 10–11 So … Kunst] ergänzt nach Schleiermacher: Kollegheft Ästhetik 1819, S. 52,28–29 14–16 Vgl. Sachanmerkung zu S. 53,13

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Differenz und das Zusammengehörige beider Funktionen desselben Vermögens nachzuweisen, wird überflüssig sein. Wir erkennen überall das Bestreben an, die Vorstellungen aus der Außenwelt zu ordnen und daraus ein Ganzes zu bilden, bei dem einen durch Erfahrung, bei dem anderen durch Wissenschaft. Das andere Vermögen erkennen wir in dem freien Spiel der Vorstellungen, die ihrem Inhalt nach ganz dieselben sind, aber gar nicht die Tendenz haben, allgemeingültig zu sein. Sie sind der Übergang aus dem Gebiet des Identischen, wo sie zurückgedrängt waren, so daß sie hier hervortreten. Dies Gebiet ist ziemlich verworren. Ein Spiel freier Vorstellungen begleitet uns beständig; es ist nur ein Schattenbild der für sich hervortretenden Vorstellungen, wo unser objektives Denken mehr ruht. In den Zeiten der Ruhe und Erholung tritt das freie Spiel mehr hervor. [...] Übrigens ist auch an und für sich der genaue Charakter der Urbilder und derjenige vergänglicher Bilder, die uns beständig begleiten, in seiner Verwandtschaft nicht zu verkennen; [aber aus diesen als der Masse erheben sich die welche mehr ins Licht des BeWußtseins treten und die Darstellung fordern.] [...] Kein Künstler hat bloß d i e Bilder, aus denen er produziert; wir können die Konzeption nur begreifen, wenn wir sie als Erzeugnis betrachten, das auf anderen ruht. In allen muß das freie Spiel als Phantasie vorhanden sein, nur nicht mit der Vollkommenheit und Kraft, die die Darstellung postuliert. [...] Sofern Malerei reines Porträt ist, sagt man, es sei ein Produkt, das an der Grenze der Kunst liegt. Ebenso verhält es sich mit der Poesie. Je mehr hier die Beschreibung vorherrscht, desto zweideutiger wird der wahre poetische Charakter. [...] Als wir unsere Anfänge in der musikalischen und mimischen Kunst fanden, gingen sie von dem Selbstbewußtsein des Gefühls aus. Jetzt sind wir, freilich auch von demselben allgemeinen Ort ausgehend, auf einen anderen Punkt gekommen, wo sich uns eigentlich nur die Anfänge der Malerei, Skulptur und Poesie gezeigt haben. Diese aber erscheinen ganz different von Musik und Mimik. Das allgemein Geltende, das wir von jenem Punkt aus fanden, waren die drei Elemente und die verschiedenen möglichen Verhältnisse derselben. Das 18–20 aber … fordern.] ergänzt nach Schleiermacher: Kollegheft Ästhetik 1819, S. 52,31–2

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allgemein Geltende, das wir hier fanden, ist die Differenz des Eigentümlichen von der wirklichen Welt. Freilich ist in diese Differenz auch Musik und Mimik eingeschlossen; [denn die Entfernung der Kunst von dem äußerlich gegebenen gilt auch in Mimik und Musik; denn das äußerlich gegebene ist auch in ihnen nur das kunstlose und pathematische.] [...] [Denn jene haben es nicht mit einem Spiel von Vorstellungen und einer darzustellenden Welt zu thun,] sondern mit dem unmittelbaren Selbstbewußtsein, das äußerlich werden will. Es scheint also immer noch, daß wir das Identische noch nicht gefunden haben, sondern nur den gemeinsamen Ort, aber unter Ausdrücken, die auf eine Differenz deuten. Daß Musik und Mimik Ausdruck des Selbstbewußtseins sein sollen, scheint so klar als das andere. Wie aber kommen wir dazu, beides mittelbar oder unmittelbar ineinander aufzulösen? [...] Kehren wir noch einmal zu der allgemeinen Formel zurück, mit der ich die ganze zweite Untersuchung begonnen habe. Wir betrachteten das Erkennen als Selbsttätigkeit, als ideelle Produktion. Wir haben aber auch zugegeben, daß diese Selbsttätigkeit angeregt wird durch ein Affiziertwerden des Menschen; nicht als ob dies unbedingt das erste wäre. Das würde uns unmittelbar auf die entgegengesetzte Ansicht führen. Das Affiziertwerden beruht vielmehr wieder auf einem freien Sich-Hingeben und Affiziert-sein-Wollen. Das freie Öffnen des Sinnes ist immer die innere Tätigkeit; sonst haben wir den Menschen rein vernichtet, seine absolute Passivität ausgesprochen. Ebenso in unserem Gebiet. Es ist ein Affiziertwerden notwendig, und [dieses ist das Gefühl.] [...] Indem es aber ein Sich-Hingeben ist, ist es auch freie Tätigkeit, die aber zugleich das Eigentümliche des einzelnen Lebens in sich schließt. Dort wollen wir affiziert werden, wie die Welt ist; hier, wie wir sind. Wir wollen den Abdruck unseres eigentümlichen Daseins haben. Die Welt ist nur das Medium, aus dem alles freie Spiel der Phantasie hervorgeht. Solange wir uns in objektiven Beziehungen befinden, ist immerfort das Eigentümliche durch das in allen Identische gedrückt; aber es geschieht doch in jedem einzelnen Augenblick eine indirekte Affektion. Sie ist als Minimum immer mitgesetzt. Diese 3–6 denn … pathematische.] ergänzt nach Schleiermacher: Kollegheft Ästhetik 1819, S. 54,7–9 8–9 Denn … thun] ergänzt nach Schleiermacher: Kollegheft Ästhetik 1819, S. 54,12–14 28 dieses … Gefühl.] ergänzt nach Schleiermacher: Kollegheft Ästhetik 1819, S. 54,16

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Betrachtung zeigt uns also den wahren und lebendigen Zusammenhang zwischen dem, was wir das Gefühl und was wir die Phantasie nennen. Letztere ist die Selbsttätigkeit, die aus dem Affiziertsein hervorgeht. Wenn man einwendet: So ist doch aber die Differenz gesetzt zwischen den Kunsttätigkeiten, die durch das Affiziertsein, und denjenigen, die durch freie Phantasie, also Selbsttätigkeit begründet sind, so antworte ich: Auch jene hängen nicht von der Passivität als solcher, sondern von dem Affiziert-sein-Wollen ab, von der Selbsttätigkeit des Affiziert-sein-Wollens. Wer möchte wohl sagen, daß die Produkte der Musik und Mimik aus einer einzelnen Affektion, einem einzelnen Gefühl hervorgehen; [aber Musik und Mimik gehn auch nicht vom unmittelbaren Gefühl aus, sondern von der Stimmung die aus dem Durchschnitt festgehaltener Affectionsmomente entsteht.] [...] Jedes Gefühl ist ein unmittelbar Vergängliches, und so bringt es nur das Kunstlose hervor, das Kunstwerk nur, sofern es ein Gehaltenes, Permanentes ist, und das ist es nur durch das beständige Affiziertsein-Wollen. Das Aneinanderhalten und Reihen ist die Stimmung; und andererseits: der objektiven Seite des freien Spiels der Phantasie sind die einzelnen Gefühle zugewandt. [...] Das Identische also ist, daß alle Kunst in der Produktivität des Menschen begründet ist; die höchste Differenz zwischen den Künsten dagegen, daß einige auf dem unmittelbaren Gefühl, andere auf dem Übergang des Gefühls in die Vorstellung beruhen. Jene suchen den unmittelbaren, diese den mittelbaren Ausdruck. [...] (Bluhme 48–52) Wir wollen nun noch ausgesetzt sein lassen, wie es sich mit dem Grunde der Differenz verhält. Dies hat ohnedies seine nächste Beziehung zu dem, was den folgenden Hauptteil bilden muß, zu den verschiedenen Zweigen der Kunst. Aber das Identische ist noch näher zu untersuchen. Zuerst noch einmal die Einwendung, die schon gewissermaßen beseitigt ist, daß Musik und Mimik aus Zuständen der Passivität, der andere Zweig aus einem selbsttätigen Zustand hervorgehe, so daß also der höchste Gegensatz unseres Seins sich schon hier zeige. Wir haben aber schon gesagt, daß das Festhalten des Gefühls selbst, also auch sein erstes Entstehen, schon auf einer Selbsttätigkeit beruhe. Nun hatten wir auch gesagt, auch Musik und Mimik gäben kein unmittelbares Gefühl wieder, sondern seien die Entladung der Affekte, die sich durch objektive Tätigkeit gesammelt hätten. 11–13 aber … entsteht] ergänzt nach Schleiermacher: Kollegheft Ästhetik 1819, S. 54,16–18

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[...] Aber insofern bleibt die Differenz doch, als wir sagen, alle Elemente des einen Zweiges seien in uns erzeugte Vorstellungen des anderen; aber nur als etwas, was ohne diese Kunstbedeutung nichts wäre. So verfolgt uns die Differenz in die einzelnen Gebiete hinein; es bleibt nichts als die S ti m m u n g. [...] Diese Zurückführung ist also zu hoch. Wir müssen deshalb versuchen, ob wir von diesem Punkt aus auf einen tieferen kommen können. Wir waren davon ausgegangen, daß so, wie wir in der Vernunft begriffen waren, die Welt in uns aufzunehmen, wir auch alle in der Phantasie begriffen waren, eine uns eigentümliche Welt zu gestalten. Mit diesem Gedanken müssen wir es sehr genau nehmen. [...] Die Werke der Plastik sind Teile der sich uns eigentümlich gestaltenden Welt. Denn sie verhalten sich zu dieser gerade wie Gedanken zu der gemeinsamen Welt. Aber von Musik und Mimik können wir das nicht sagen; sie scheinen nur ein uns eigentümliches Dasein auszudrücken. Dies müssen wir gleich kombinieren, denn auch um dieser Differenz willen scheint es, daß wir die Aufgabe noch nicht gelöst haben. a) Freilich sind wir auf etwas zu Allgemeines zurückgegangen, wenn wir das Identische in der Gemütsstimmung suchten. Aber es ist auch nicht die Gemütsstimmung allein, sondern die freie Produktion, die die Gemütsstimmung abspiegelt. [...] Auch alle unsere objektiven Tätigkeiten hängen von der Gemütsstimmung ab. Aber hier ist sie nur Nebensache, Koeffizient. Denn wir produzieren die Töne und Bewegungen unmittelbar, gerade wie die Vorstellungen in der Poesie usw. Hingegen ist bei den objektiven Vorstellungen die Gemütsstimmung Nebensache. [...] Bald tauchen mehr Bilder, bald mehr Begriffe auf; aber sie werden keins von beiden, weil sie nicht energisch genug sind. Aus diesen entwickelt sich das Stärkere. Und so wie wir sagten, das freie Spiel der Phantasie sei etwas Beständiges, ebenso werden wir auch für das andere Gebiet sagen müssen, daß es auch hier eine Menge von Unbedeutendem gibt, das beständig in uns vorgeht. So sind wir denn in dieser freien Produktion ebenso beständig begriffen wie in jener. [...] Denn Stimme und Gehör hat jeder, und jeder muß musikalisch sein, wenn es auch ein Minimum ist. [...]

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Denn eine innere lebendige Produktion ist auch wesentlich immer Kontinuum, wir müssen die Null immer als Schein ansehen. Ebenso verhält es sich mit dem Mimischen. Es wäre gar nicht zu denken, daß die Menschen irgendwann kunstmäßig tanzen könnten, wenn nicht beständig eine solche Produktion in ihnen wäre. Soviel müssen wir jedenfalls zugeben: Das Identische beruht nicht auf der Stimmung allein, sondern ist eine lebendige Produktion. Dabei werden wir die Differenz zwischen den verschiedenen Künsten noch immer fühlen. Dies führt uns auf den zweiten Punkt, b) daß das eine Gebiet zu Darstellungen der eigentümlichen Welt führt, das andere nicht. [...] Wir sagten, daß die eigentümliche Welt von der gemeinschaftlichen materiell nicht verschieden sei, sondern nur der Ausdruck des besonderen Daseins, in der gemeinsamen Welt betrachtet. Wie können wir nun sagen, daß die bildenden und redenden Künste die eigentümliche Welt wirklich darstellen, Musik und Mimik aber nicht? Allerdings haben jene einen mehr objektiven Charakter als diese. Aber wir können doch nicht sagen, daß die eigentümliche Welt eines jeden durch sie unmittelbar dargestellt werde, und daß Musik und Mimik gar nichts mit der objektiven Darstellung zu tun haben. Es ist etwas sehr Gewöhnliches, daß wir sagen, das Gemälde stelle das Sein dar, während es doch nur der Schein ist. [...] Noch weniger können wir mit den großen Aesthetikern sagen, die Plastik stelle das Sein, die Malerei das Bild dar. Aber beides ist ja doch nur die Außenseite, die Fläche. Beide haben es nur mit dem Ausdruck des Innern im Äußern zu tun, d. h. mit dem Schein. [...] Sehen wir die Poesie so an, wie ihr Gegenstand unmittelbar der Mensch ist, so sagen wir freilich, die Poesie habe es mehr mit dem Innern, dem Psychischen des Menschen zu tun, die bildende Kunst mehr mit dem Leiblichen. Aber auch jene stellt nur das Äußere dar, 25–26 Vgl. etwa Herders Aussage aus der Schrift „Plastik“: „Endlich die Bildnerei ist Wahrheit, die Mahlerei Traum: jene ganz Darstellung, diese erzählender Zauber, welch ein Unterschied! und wie wenig stehen sie auf Einem Grunde! Eine Bildsäule kann mich umfassen, daß ich vor ihr knie, ihr Freund und Gespiele werde, sie ist gegenwärtig, sie ist da. Die schönste Mahlerei ist Roman, Traum eines Traumes.“ (Johann Gottfried Herder: Plastik. Einige Wahrnehmungen über Form und Gehalt aus Pygmalions bildendem Traume, Riga 1778, S. 28). Damit rekurriert Herder u. a. auf Lessings „Laokoon“ (vgl. dazu Sachanmerkung zu S. 82,23–5). Zu Schellings Theorie des Verhältnisses von Plastik und Malerei vgl. Schleiermachers Notizen zur Ästhetik II, S. 26,4–6 und die entsprechende Sachanmerkung.

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aus dem auf das Innere geschlossen werden soll. So gewiß ist also die Differenz nicht. Wir müssen es noch dahin modifizieren, daß wir sagen: Poesie usw. sind Ausdrücke von dem Streben des Menschen, sich die Welt eigentümlich zu gestalten, also das Eigentümliche des Menschen als seine Selbsttätigkeit. Das Darstellungsmittel ist nicht das objektive Sein selbst, sondern nur der Schein desselben. Wir wollen immer nur sehen, wie der darstellende Künstler das Sein aufgefaßt habe. [...] Gehen wir davon aus, daß es etwas Fortbildendes ist, so müssen wir sagen, daß es auch hier die produktive Eigentümlichkeit des Menschen ist, die Art, wie die produktive Welt auf ihn wirkt und in ihm ein Eigentümliches wird. Der Unterschied ist also doch nicht größer als der zwischen verschiedenen Darstellungsmitteln. Es ist eine mehr subjektive und eine mehr objektive Seite der Produktivität, aber in beiden ist immer nur dasselbe gesetzt. [...] [Zur Musik suchen wir Worte; ursprünglich ist sie nur begleitend aber auch wo sie selbständig heraus]tritt, ist der Ausdruck vollständiger, wenn die objektive Seite hinzukommt. Sie ist schwerer verständlich in ihrer reinen Selbständigkeit. Wir haben immer ein rechtes Verständnis, wenn in uns ein Keim von entsprechender Dichtung, ein freies Spiel von Vorstellungen, das jener korrespondiert, hinzukommt. Ebenso verhält es sich mit der Poesie. Auch diese ist ohne Musik unverständlich. Indem sich beide Künste getrennt haben, ist dennoch ihre innere Beziehung nicht verloren gegangen. Die lyrische Poesie halten wir alle für unverständlich ohne Musik, jeder verlangt sie. So wundern wir uns auch nicht, wenn wir einen gemeinschaftlichen Typus in verschiedenen Kompositionen zu demselben Gedicht finden. Wir setzen voraus, daß der Dichter, wenn die Fertigkeit hierzu vorhanden wäre wie bei den Alten, selbst komponiert hätte. Ebenso bei der dramatischen und romantischen Poesie. Nur beim Epos erscheint uns der Gesang willkürlich. Aber hier ist es nur der Ausdruck des Ergriffenseins von der Poesie selbst. Ebenso werden wir das Verhältnis zwischen Mimik und bildender Kunst zeigen können. Wir wollen eine Statue beweglich machen; ebenso suchen wir in jeder Sukzession von mimischen Bewegungen einen festen Typus. So sehen wir hier, daß Wesentliches zusammengehört und ein Identisches voraussetzt. Also sind es nur zwei verschiedene Seiten der Produktion, so daß bald das eine, bald das andere die Hauptreihe 18–19 Zur … heraus] ergänzt nach Schleiermacher: Kollegheft Ästhetik 1819, S. 55,29–30

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oder das Begleitende ist; wenn auch unsere stehende Ansicht ist, daß die objektive Seite die Hauptreihe ist. [...] (Bluhme 52–53) Die einzelnen Kunstzweige erscheinen als etwas, was sich für sich gar nicht einmal erhalten kann. [...] In allem Früheren, Fremden ist entweder der eigentliche Charakter der Kunst nicht recht herausgetreten, oder es ist einzelnes Zerstreutes, noch nicht recht Beharrliches. [...] Die griechische Kunst finden wir in ihrem Entstehen durch das gemeinsame feste Volksleben gestützt; so Poesie, Musik und Mimik im Theater und in Volksfesten; Malerei und Skulptur erscheinen als raumbildende Einfassung für dieses ganze Dasein. Sowie dieser große Zusammenhang verloren geht, verfällt auch die Kunst. Die Römer waren nicht zur Fortsetzung imstande, es fehlte ihnen der allgemeine Sinn. Das Einzelne ist doch nur Nachahmung; denn es gab kein so organisiertes öffentliches Kunstleben. Dasselbe können wir beständig in der Geschichte beobachten. Wo die eine oder andere Kunst nur als Privatsache erscheint, ist auch keine rechte Kraft. – Eine zweite glänzende Periode haben wir in der christlichen Geschichte gehabt. Das alte Kunstleben wurde durch das Christentum zerstört, und so verschwand anfangs die ganze Tätigkeit, bis das Christentum die Kunst aufs neue in seinen Schoß aufnahm. Auch hier fanden wir wieder Musik und Poesie als das Innere zusammen, Architektur und Malerei als Raumbestimmung. Sonst verliert sich immer das Einzelne; statt einer allgemeinen Norm tritt nur Eigensinn des Geschmacks und Caprice ein. Dies ist offenbar die äußere Reproduktion von der inneren Einheit der verschiedenen Kunstzweige; und die Frage, was in die Kunst gehört, wird sich immer geschichtlich beantworten lassen. Wir müssen immer auf diese äußerlich gegebene Totalität sehen. Dieser Umstand, daß die Kunst nur so bestehen kann, gibt die Sicherheit dafür, daß sie eins ist und daß wir nach dem inneren Prinzip suchen müssen. Wie weit sind wir nun in unserer Untersuchung gekommen? Wir haben allerdings eine Einheit festgestellt und die Kunst noch nähergebracht. Indem wir sagten, alle Kunst sei Erzeugnis einer freien Produktion, haben wir ein allgemeines Bild gewonnen, das sich auf alle verschiedenen Kunstzweige übertragen läßt. [...] Wir werden alle das Gefühl haben, daß wir mit unserer Untersuchung noch nicht zu Ende sind, daß es mehr etwas Äußerliches ist. 9 .] ;

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Es fehlt noch das rechte lebendige Prinzip, woraus sich alle weiteren Untersuchungen entwickeln können. Sehen wir denn schon diese freie Produktion, haben wir ihre Bedeutung schon neben der Vernunfttätigkeit verstanden? Wir haben sie nur nachgewiesen; ihr Verhältnis und ihre Bedeutung kennen wir noch nicht. Es kann uns noch immer entgegnet werden, daß der ganze Gegenstand eigentlich gar nicht der Mühe wert sei, daß wir nur einerseits etwas Unbedeutendes, andererseits etwas Störendes gefunden hätten, wie alles, was Zeit und Raum einnimmt. Zur Widerlegung sind wir auf unserem jetzigen Punkt noch nicht imstande. Ja, wenn wir noch etwas tiefer eingehen, müssen wir sagen: wir haben uns nach Analogie aller anderen menschlichen Tätigkeit erklärt, wie die freie Produktion, die vor der Kunst vorhergeht, vom Erregtsein abhängt, aber wir sind doch noch nicht so weit, daß uns nicht jemand einen Einwurf über das Gebiet machen könnte, das wir der Kunst angewiesen haben. Darüber noch etwas Näheres. [...] Es gibt also zwei sehr entgegengesetzte Ansichten über die Kunst überhaupt in Beziehung auf ihren Wert für das menschliche Dasein, d. h., im rechten Sinne genommen, über ihren sittlichen Wert und ihre Kraft. Einige stellen sie dem Höchsten, was es auf dem Gebiete des Wissens gibt, der Philosophie, gegenüber, betrachten sie als unmittelbaren Ausfluß dessen, was dem Menschen das Höchste ist. So nimmt die Kunst eine sehr hohe Stelle in der Totalität des menschlichen Lebens ein. Und wenn man von diesem Punkt aus einen Wettstreit mit der Philosophie anfängt, möchte letztere zu kurz kommen. Aber das erscheint ganz willkürlich und ist keineswegs ganz zugestanden. Wer von hier anfängt, bei dem muß man gleich fürchten, daß er viel zu hoch angefangen habe. Es finden sich hiergegen viele Einwendungen. Auf welchen Unbefangenen macht wohl ein Kunstwerk einen solchen Eindruck? Sagt man, es geschehe nur bei wenigen Kunstwerken, so geschieht es da wegen der Vo l l k o m m e n h eit, die überall dem Göttlichen nahe ist. [...] Wenn ich andererseits sehe, welchen Weg diese Tätigkeit geht, so brauche ich gar nicht auf die Entwicklung aus dem Unbedeutenden, die wir oben fanden, zu sehen, sondern ich will nur eine Stufenleiter von jenen Meisterwerken abwärts finden. Dann verliert sich jener Eindruck sehr bald, es findet sich nur noch die Erinnerung an das, was das Kunstwerk hervorgebracht hat. So kommen wir auf ein Gebiet, wo die Kunst teils fremden Zwecken dient, teils barock, teils kleinlich wird. So wird jene Behauptung, die nur im Vollkommensten bewährt wird, verdächtig. Andererseits werden wir zugestehen, daß in einem Volk, wo wir die Kunsttätigkeit vermissen, eine wesentliche Unvoll-

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kommenheit ist. Alle Größe im menschlichen Leben erscheint hart und streng, wenn nicht Sinn für die Kunst daneben heraustritt. Es ist, als wenn das ganze menschliche Dasein seine Mitteilbarkeit und Geschmeidigkeit ohne Kunst verliert. So trete ich freilich auf die entgegengesetzte Seite, und es erscheint nun als eine wesentliche menschliche Tätigkeit. Das alles ist aber noch eine Unsicherheit in der Betrachtung, die beweist, daß wir die Sache noch nicht tief genug aufgefaßt haben. Sehen wir nun, wie diese Differenz der Schätzung hervortritt. Die eine Meinung ist: die Kunsttätigkeit sei die dem Menschen mitgeteilte schaffende Kraft. Die entgegengesetzte: sie sei ein leeres, verderbliches Spiel, wodurch alles Große, womit man sie verbinden will, nur alteriert wird. Offenbar muß die Kunst verderblich wirken, sofern man ihr einen eigentümlichen Wert einräumt, den sie um ihrer selbst willen nicht hat. [...] Daher fing der Streit um Verbesserung der Religion mit dem Kampf gegen die Beimischung der Kunst an. Und wo das religiöse Leben am stärksten ist, da hat auch die Kunst noch nicht wieder eindringen können; so in allen kleinen religiösen Gesellschaften. Wenn die Kunst das religiöse und politische Leben verdorben und sich nur in diesen Beziehungen ausgebildet hat, da das Privatleben keine große Haltung haben kann, so sollte man die Kunst beiseite lassen. Dann würde das ernste Leben besser geführt werden, da die Kunst es nur erschlafft. Offenbar können beide Ansichten nicht begründet sein. Aber das rechte Prinzip ist noch nicht gefunden.

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Wir haben schon oben die Notwendigkeit eines Zusammenhanges mit der übrigen Tätigkeit des Menschen behauptet und den Ort bei der eigentümlichen erkennenden Tätigkeit gefunden. Wir haben uns gleich vorgesehen, daß auch das Gemeinsame dabei sei. Aber wenn das Erkennende nur der Grund der Kunst ist und wir bei jeder Kunst Produktivität setzten, müssen wir doch sagen, die Kunst gehöre in die bildende Tätigkeit und die erkennende Tätigkeit sei nur der Grund davon. [...]

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Das innere Bilden mußte ein subjektives sein, weil es kein objektives sein konnte; es ist also ein ursprüngliches Selbstbewußtsein. Wegen des Urbildes also setzten wir die Kunst hierher. Wenn wir aber auf die Ausführung sehen, scheint alles der entgegengesetzten Tätigkeit anzugehören, wo der Mensch auf die Welt einwirkt. Der Bildhauer gibt eine bestimmte Gestalt, desgleichen der Maler. Dichter und Musiker bilden unmittelbar in die Seele der Hörenden ein. Freilich scheint letztere Tätigkeit vorübergehender. Aber das ist nur ein Schein. [...] Der Unterschied ist also kein recht bedeutender; es gibt also bildende Kunst im weiteren und im engeren Sinne. Es wird also für alle gleichermaßen gelten. Daß diese Seite nun eine offenbare Analogie hat mit allen bildenden Tätigkeiten des Menschen, ist klar. Ebenso offenbar ist der Hauptunterschied zwischen dieser Tätigkeit bei allen menschlichen Zuständen, wenn wir sie auch verbinden müssen. Auch hier müssen wir also den Blick rückwärts und vorwärts unterscheiden und fragen: Welches ist in der Kunst die Hauptsache, welches ist der Gesichtspunkt, den wir festhalten müssen? [...] Verfolgen wir die Analogie von innen heraus, haben wir die Poesie und Musik auch als bildende Tätigkeiten angesehen, so müssen wir dasselbe auch bei der Rede tun. Und hier ist nicht zu leugnen, daß bei dem Zusammenstellen von Denken und Reden jenes, also die erkennende Tätigkeit, die Hauptsache ist, die Rede nur das Akzessorium. [...] Vergleichen wir das Bilden mit jeder anderen Tätigkeit, so unterscheiden wir in allen Fällen, wo ein bestimmter Zweck ist, das Hinzutreten der Verzierung von dem Wesen des Mechanischen. Wir nehmen also hier schon einen bestimmten Unterschied an und müssen gestehen, daß er in der Richtung auf einen bestimmten Zweck liegt. Dieser hat alles, was die anderen eigentlichen Tätigkeiten schaffen. Hingegen hat man der schönen Kunst die Zwecklosigkeit immer vindiziert im Gegensatz zur Zweckmäßigkeit. Wir finden also auch wieder eine Entfernung. [...] Warum sprechen wir denn? Um den Gedanken für uns oder andere zu modifizieren. Das Für uns geht aber in dem Für andere auf. Wenn ich aber einen Gedanken in der Rede herausstelle, geht er in die Seele des anderen hinein. Die Rede ist nur ein Durchgangspunkt. [...] Eine Differenz will ich indessen keineswegs verhehlen, daß das Urbild nie so bestimmt und vollkommen ist wie die Darstellung, denn

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letztere ist wenigstens völlig bestimmt. Die Rede ist aber dem Gedanken ganz adäquat, denn schon beim Denken reden wir innerlich. Indes gibt es doch auch schon beim Reden wieder solche Differenz, und wir müssen auch hier sagen, daß der Gedanke nie so vollkommen ist wie die Rede. Dieser Unterschied ist also bei beiden; das übrige aber ist völlig gleich. Was aber soll eigentlich übergehen? Wir haben die Kunst aus dem Gebiet des Eigentümlichen abgeleitet. Das Eigentümliche ist aber etwas Unübertragbares. [...] Es soll in dem Betrachtenden aus der Betrachtung wieder das Urbild hervorgehen. Wollte man sagen, dies sei ein bestimmter Zweck, so wäre das wunderlich. Es ist nur ein im ganzen Leben herrschender Trieb. Überall sehen wir die Persönlichkeit als eine Schranke an, die durchbrochen werden soll. Es ist als Zweck etwas Leeres, es ist die reine innere Naturnotwendigkeit. So hätten wir also immer den Gesichtspunkt des Eigentümlichen, aus dem wir die Kunst in ihrer Allgemeinheit betrachten müssen. Welchen unter diesen verschiedenen Punkten müssen wir nun als das eigentliche Zentrum aufstellen? Wir haben schon früher festgestellt, daß ein Urbild durch eine Erregung entsteht, wo das Eigentümliche dominierend ist. Diese ist etwas Passives im Affiziertsein der inneren Einheit von dem Äußeren. Wir hatten aber gesehen, daß gerade die Kunst meist sich nicht gerade auf ein einziges Gefühlsmoment bezieht, und daß es mehr aus der zeitlosen Einheit des Lebens hervorgeht, indem wir nämlich gesehen hatten, es sei niemals ein unmittelbarer Eindruck, sondern das Kunstwerk entstehe in der Befreiung von der objektiven Tätigkeit, ohne daß man recht weiß, wie. Darum hatten wir auch den innersten Grund nicht in die Passivität, sondern in die freie Tätigkeit des Festhaltens gesetzt, den Impuls nach außen als die abgeleitete zweite Formation der Tätigkeit. Bleiben wir bei diesem letzten, so werden wir immer wieder in die Differenz der einzelnen Zweige getrieben. Darum müssen wir wieder zum ersten zurückkehren. Hier hatten wir schon den Unterschied zwischen der freien Tätigkeit festgestellt, aus der die Kunst, und der, aus der die Wissenschaft hervorgeht. Wir würden unrecht tun, wenn wir eins oder das andere aus der bloßen Passivität der Sinne oder des Gefühls ableiten wollten. [...] Wenn wir aber alle Koeffizienten davon getrennt haben, ist die Vorstellung mehr isoliert, aber auch deshalb weniger lebendig. Als dies allem zugrunde liegende Gemeinschaftliche müssen wir es auch 20–21 Vgl. oben S. 188,40–1

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hier fixieren. Nun können wir aber doch nie den Menschen allein für sich betrachten, es muß uns noch etwas anderes gegeben sein, die Zugehörigkeit des Geistes zu der Totalität des Seins überhaupt, und daß im Geist auf eine Weise gesetzt ist, was in der Welt auf eine andre Weise. Daß diese Zugehörigkeit ihm so gut eingeboren ist als der Welt: es sind die dem Geiste angeborenen Beziehungen zu Gott und der Welt, die das Charakteristische seiner Tätigkeit sind und wodurch sie erst etwas wird. [...] Die religiöse Beziehung der Kunst ist gar nicht zu verkennen, und der religiöse Charakter ist immer der dominierende, so wie wir die Kunst betrachten, wo sie als ein Ganzes erscheint. Diese religiöse Seite finden wir überall; und je gewisser wir etwas in das Gebiet der Kunst ziehen können, desto gewisser muß diese Tendenz darin sein. So finden wir also in der Seele die Richtung auf die höchste Einheit des Seins. Gehen wir aber auf das, was auf den Grenzen der Kunst liegt, so finden wir wieder das Spielen mit den einzelnen Elementen. Das Hereingehen und Verlieren in die einzelnen Elemente konstituiert aber auch ein gemeinsames Ganze der Welt, und sofern wir auch hier einen bestimmten Typus, eine notwendige Verbindung zwischen beiden finden, müssen wir gestehen, daß eins nicht ohne das andere sein kann. [...] So ist es also wahr, daß die Kunst jenen hohen Zweck hat und doch auf der anderen Seite ein Spiel ist, welches verderblich werden kann, wenn es vorherrscht. Wir wollen aber von diesem Punkt aus den Gegensatz lösen.

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Das ist gewiß, daß, wenn eine Seite die andere ganz fahren lassen wollte, entweder Wahrheit oder Fülle und Bestimmtheit des Inhalts verloren ginge. [...] In der Kunst besteht ein ähnlicher Unterschied [wie beim Denken]. In dem freien Produzieren kann sich das Eigentümliche des Produzierenden abspiegeln, ohne an die Wirklichkeit gebunden [zu] sein. Wir haben hier eine Alternation, die auf jene Idee gegründet ist, und 6–7 Vgl. die Sachanmerkung zu S. 58,23–28

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also auch ein Interesse, hierüber zu entscheiden. Dies ist nun aber die Aufgabe der Philosophie, die sie eigentlich noch nie gelöst hat. Wir müssen also gestehen, daß die Richtung auf das Allgemeine beim Denken und bei der Kunst im Vergleich mit der Richtung auf den Einzelnen als dasselbe anzusehen ist, wir können nur über den Wert nicht aburteilen. Mag die Richtung auf das Allgemeine mehr der Idee der Welt oder Gottes entsprechen, im Gegensatz zur anderen Richtung können wir es noch als eins auffassen. Wir werden sehr leicht einig werden, daß beides in der freien Produktion nie ganz voneinander lassen kann. [...] Jetzt ist der lebendige innere Trieb verloren und die Richtung auf Virtuosität besteht nur noch. Wenn wir andererseits von den beiden Punkten, der Idee Gottes und der Welt, ausgehen, müssen wir sagen: wie die Idee der Gottheit sich offenbart, das kann nie an und für sich dargestellt werden. Denn da ist nichts als die absolute Einheit. [...] Es bleibt nur ein Z e i c h e n der Gottheit, wobei der Mensch sich sein Bewußtsein reproduziert, aber keine Darstellung, die auch in einem anderen diese Idee reproduziert. Also indem sich die eine Richtung isoliert, schlägt sie völlig um und wird absolut das andere; und am Ende muß sich doch beides vereinigen. Ebenso ist ein vollkommenes Bild Gottes als Kunstwerk etwas Verfehltes. [...] Ein einzelner Gott des Altertums will gar nicht das göttliche Wesen darstellen. Es ist also eine mißgeleitete Idee, die Alten darin nachzuahmen. Wir haben einen Greuel daran, können nur darin das Bild als Bild eines Einzelnen bewundern und das Streben anerkennen, das Göttliche in das menschliche Wesen heraustreten zu lassen. Das Alter versöhnt, weil hier die menschliche Differenz wieder mehr ausgeglichen ist. Aber es bleibt doch ein Umschlagen nach dem Fetischismus. [...] Wenn in Klopstocks Messiade Gott redend eingeführt wird, soll eine bestimmte Anschauung des göttlichen Wesens in der Seele des Dichters stattfinden. Aber auch hier kommt es auf ein Bild hinaus. 34 In der Einleitung seines „Messias“ schreibt Klopstock: „Alles erwartet still die Antwort Gottes. Gott eröffnet durch ein Donnerwetter das Allerheiligste des Himmels, die Seligen zu seiner Antwort vorzubereiten. Seraph Eloa und Cherub Urim unterreden sich von dem, was sie in dem Allerheiligsten sehen. Gott redet nunmehr. Er sey die Liebe; itzo, da die Erlösung des menschlichen Geschlechts angienge, wollte er einen zweyten Sabbath feyern, die Seelen der Väter sollten auf die Sonne herunter steigen, von da Zeugen der Erlösung zu seyn.“ (Friedrich Gottlieb Klopstock: Der Messias,

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[...] Man darf wohl nur dieses betrachten, um darüber klar zu werden, daß das unmittelbare Bestimmtsein des Selbstgefühls die Basis ist, worauf die freie Produktion in dieser Richtung beruht. Sie kann nie, ohne zu verlieren, in eine Darstellung ausarten, die den Gegenstand, die bewirkende Ursache jener Stimmung, an und für sich darstellt. Vielmehr ist eine Mannigfaltigkeit von Beziehungen notwendig. Es kann in der Kunst nur dargestellt werden, was die religiöse Stimmung in irgendeiner Beziehung durch das Erkennen oder Handeln oder durch das Affiziertsein im Gefühl von einzelnen Gegenständen zum Grunde hat, nie aber das religiöse Selbstbewußtsein für sich. So ist es allerdings eine Quelle von unendlichen Produktionen, wobei aber immer eine bestimmte andere Beziehung die Basis bildet. Die eigentliche Wahrheit also liegt darin, daß die eine Seite die andere nicht fahren läßt, sondern beide auf gewisse Weise identifiziert werden. [...] Nur wenn die Richtung auf das Allgemeine mit darin ist, wenigstens untergeordnet, d. h. wenn ein Übergang von dem Einzelnen zum Allgemeinen in der Darstellung desselben selbst liegt, hat diese überwiegende Richtung auf das Einzelne ihre Wahrheit. Wir haben vorläufig nur so viel gesehen, daß beide Richtungen aneinander gebunden sind. Aber sie können und müssen doch auf eine entgegengesetzte Weise ineinander sein. So haben wir in der Identität wieder eine Duplizität. [...] Wo die Richtung auf das Allgemeine dominiert, ist der religiöse, heilige Stil. Wo die Richtung auf das Einzelne, da fehlt der Name. Die Bezeichnung: weltliche, frivole Kunst kann sehr irre führen und ist hier ganz unangebracht. Der Name „frivol“ bezeichnet schon die Karikatur dieser Seite, trennt zu weit. Ich weiß nur einen Namen, der freilich nicht recht paßt: die gesellige Kunst. [...] Hier zeigt sich also die innere Produktion überwiegend als eine mehr äußerliche; und das Äußerliche ist eben das Nicht-für-sich-seinWollen. Nur in Masse können wir Genuß davon haben; es setzt notwendig die Vielheit voraus. Dies ist ebenso in der Natur. Ein einzelnes Tier, das gar nicht seinesgleichen hat, ist kein einzelnes mehr; wir müssen einen bestimmten Zyklus haben. Darin liegt nun auch ein Merkmal dessen, was wir das Gesellige nennen. Indes will ich den Ausdruck Bd. 1, Halle 1751, S. 14 (ders.: Werke und Briefe. Historisch-kritische Ausgabe, IV/3, Der Messias. Text/Apparat, hg. v. Elisabeth Höpker-Herberg, Berlin 1996, S. 145).

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keineswegs für den besten oder erschöpfenden halten. Es sollte nur etwas von dem Charakteristischen dieses Stils ausgedrückt sein. Indem wir nun aber nichts suchen als das Gemeinsame, haben wir gleich eine neue Duplizität und einen Teilungsgrund gefunden. Aber die Analogie aller Kunsttätigkeit mit der objektiven Seite des Erkennens ist gewiß hier mit ins Licht gesetzt. Sie ist nichts als ein Produzieren-Wollen der eigentümlichen Welt. [...] (Bluhme 63–70) In der Architektur liegt diese Duplizität [von religiösem und geselligem Stil] sehr zutage, wenngleich auch nicht durch alles derselbe Geschmack hindurchgeht, daß der große Stil bei heiligen Gebäuden und der bei Lustgebäuden einen solchen Gegensatz bildet. In der Musik ist es ganz auffallend, in der Malerei hat sich am bestimmtesten die heilige Kunst als etwas Besonderes ausgeschieden und die profane Malerei ist gegenübergetreten. Dasselbe läßt sich bei der Poesie nachweisen, so verschieden auch die alte und neue religiöse Poesie ist. Hier liegt eine andere Differenz nahe, die wir noch nicht gefunden haben; aber sie kann doch die eben gefundene nicht verdrängen. Selbst bei der mehr begleitenden Kunst, z. B. bei der Mimik, finden wir denselben Unterschied. [...] Die Geringschätzung entsteht, wenn man die gesellige, profane Seite also ganz von jener isoliert, also in ihren Auswüchsen betrachtet, also so, wie sie gar nicht hätte werden können, wenn man auf dem rechten Weg geblieben wäre. Es gibt ein Minimum von Kunstsinn wie bei allen menschlichen Anlagen. Wenn dieser mit einem großen religiösen Interesse verbunden ist, so kann es leicht geschehen, daß man die Kunst selbst zerstörend für dieses Interesse findet. Betrachten wir beides noch einmal einzeln: 1. Re l i gi ö s e K u n s t . (Wir nennen sie so, obgleich wir noch nicht darüber im reinen sind, ob die Duplizität dieselbe ist wie beim Denken.) [...] [Wir abstrahiren also noch von der Differenz der Beziehung auf Gott und Welt und gehen von dem religiösen an sich aus wie es dem speculativen gegenübersteht wie Gefühl der Anschauung. Die Permanenz des religiösen Gefühls ist die Stimmung,] d. h. die Neigung, die einzelnen Lebensmomente, ihr Inhalt mag sein, welcher er wolle, auf das Verhältnis des Menschen zu dem höchsten Wesen zu beziehen. Die Vernunft sucht hier die Idee der Gottheit zur Darstellung zu brin34–37 Wir … Stimmung] ergänzt nach Schleiermacher: Kollegheft Ästhetik 1819, S. 60,4–7

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gen, so daß sie von allen anerkannt werden muß. Es sind die rein philosophischen Bestrebungen, die noch zu keinem allgemein anerkannten Resultat geführt haben. Wiefern aber diese religiöse Stimmung vom Gefühl ausgeht, so weiß ein jeder, daß das Gefühl diesen Anspruch nicht macht, in allen dasselbe zu sein, denn es ist rein persönlich das Resultat von dem Zusammensein dieses eigentümlichen Lebensprinzips mit der Außenwelt. [...] Nun ist es offenbar, daß sich die religiöse Stimmung hier ebenso zeigt wie bei der allgemeinen Betrachtung des Lebens. Die subjektive Tätigkeit ist zurückgedrängt, bis die Naturnotwendigkeit ihr endlich einen freien Spielraum gewährt. So hat sich unter allen Völkern das religiöse Festleben gebildet, wo die unterdrückte religiöse Stimmung frei wird, sich mitteilen und ergießen kann. [...] Daß das religiöse Dogma ein unmittelbares Produkt der religiösen Stimmung ist (wenn auch nicht bloß ein solcher Ersatz), ist allgemein anerkannt. Nun müssen wir doch aber der religiösen Kunsttätigkeit ganz dasselbe vindizieren, und wir können es gewiß auf diesem Wege am besten nachweisen. Denn offenbar stehen diese beiden Arten, wie sich das religiöse Gefühl manifestiert, in einem bestimmten Gegensatz. Bald tritt das Dogma, bald die Kunsttätigkeit hervor. Nur in einzelnen Momenten ist ein Gleichgewicht, ein Streben nach gegenseitigem Durchdringen. [...] Zur Zeit der scholastischen Theologie und Philosophie im Christentum war die reale Kunsttätigkeit so gut wie null. Das einzige, was eigentlich in jene Zeit hineinfällt, ist die religiöse Architektur, deren damalige Geschichte noch nicht recht aufgeklärt ist. Aber doch können wir sagen, daß sie dort besonders blühte, wo das Dogma nicht so herrschte. Gehen wir in die Zeit des Altertums zurück, so war überall die reale Kunsttätigkeit das Hervortretende. Von religiöser Reflexion war eigentlich nichts zu bemerken. Es gab keine andere religiöse Äußerung durch die Rede als die Poesie, aber diese nimmt ja schon die Kunstform an, so daß die dogmatische Materie weichen muß. Erst ganz spät, gegen die Zeit des Christentums, entstand eine philosophie28–29 Gemeint ist wohl die gotische Architektur. 35–1 In seinen Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie unter den Christen behandelt Schleiermacher als erste Periode die Kirchenväter und Scholastiker und betrachtet dabei das Verhältnis von Theologie und Philosophie: „Nimmt man die Theologie: so ist diese die reflectirte Anschauung des Gefühls mit seiner besondern Bestimmtheit, also die Analyse dessen, was der Philosophie homogen ist, ihr also auch nothwendig verwandt seyn muss.“ (SW III/ 4,1, S. 154) Siehe auch: Sachanmerkung zu S. 60,23–33.

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rende Äußerung des religiösen Gefühls. Dadurch verlor sich das Heidentum ins Christentum. Im Christentum hat sich überwiegend das Dogma ausgebildet und die religiöse Kunst sich zurückgezogen. Freilich will ich nicht den großen Streit entscheiden, ob erst die Verbindung mit dem Altertum den Kunstsinn hervorrief. Aber es ist doch gewiß, daß der Kunsttrieb erst später hervorbrach. Im Orient war schon früh ein anderes Verhältnis; der Streit zwischen religiöser Kunst und Dogma entstand schon früher. Das Dogma ist in der katholischen Kirche zurückgetreten vor der Kunst. Es ist wieder erstanden, aber nur durch polemische Veranlassung, nicht durch religiöses Interesse. Wir können uns die reine Vollendung nur im Gleichgewicht denken; aber wir müssen doch annehmen, daß das Ausgehen in religiöse Kunsttätigkeit ganz denselben Grund hat wie das Ausgehen in das Dogma. Beide sind gleichzustellen. Dies möchte die rechte Schätzung der Kunst, von der spekulativen Seite angesehen, sein. Ist dies nun die gleiche Auffassung wie bei den neueren Ästhetikern? Es scheint nicht, aber unsere Ansicht erhält doch wohl den Parallelismus eigentlich rein. [...] Die Kunst steht auf diesem Gebiet nur dadurch der Philosophie gegenüber, weil sie die reinste Äußerung ist, d. h. mit der geringsten Beimischung des Objektiven. [...] Wie die Spekulation selbst wieder in das Gefühl zurückgeht und dadurch Religion wird, so anderseits die Kunst in die Spekulation. Sonst erscheint immer die hohe Stellung der Kunst als etwas Willkürliches, als enthusiastisches Ergriffensein von den Sachen, das sich nicht Rechenschaft genug gegeben hat. 2. G e s e l l i ge K u n s t . Dem Religiösen steht erstens das La sziv e gegenüber; das zweite ist das Bedeutungslose, S pielende, z. B. die Arabeske. Sie scheint etwas zu bedeuten, aber wir können ihr keine bestimmte Bedeutung unterlegen. Dasselbe können wir vom Komis c h e n sagen. a) Laszive Kunst. [...] Wenn die Kunst in ihren lasziven erotischen Produktionen die Begierde erregt, so tut sie offenbar etwas, was sie als Kunst nicht soll. Aber wir können dies auch rein von der entgegengesetzten Seite sagen. Auch wenn die religiöse Kunst ein religiöses Gefühl erregt, geht sie über ihre Grenzen hinaus. [...] Das Kunstwerk muß hindeuten auf das Moment, wo das Urbild entstanden ist. Denn dies ist nur ein Moment, ein Übergang zum Stre-

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ben nach Mitteilung. Wenn aber ein Urbild eines Kunstwerkes entstehen soll, muß das Momentane vergehen; die Begeisterung ist das Vertilgen des Momentes. Indem durch das religiöse Kunstwerk das Urbild in die Seele des Betrachtenden übergeht, wird die religiöse Stimmung in ihn übergehen, nicht ein bestimmtes religiöses Gefühl. Anderenfalls erreicht das Kunstwerk seinen Zweck nicht und ist schlecht. [...] Das Laszive ist die Darstellung einer Seite der Natur; freilich ein Spiel mit dem Einzelnen. Es muß etwas Komisches darin sein; es muß sich selbst ironisieren. Dann bleibt es in den Grenzen der Kunst. b) Wa s e i n e B e d e u t u n g z u h ab e n scheint, a ber tä uscht. [...] Wir haben gesagt, alle Kunst gehe von der freien Produktion der Phantasie aus, und zwar in Vorstellungen. Sonst gehöre sie nicht in das Gebiet der Kunst, sondern in das objektive Denken. Die Produktion ist immer ein Einzelnes. Das Einzelne ist aber in der Wahrheit nie vom Allgemeinen getrennt. In der höheren Seite der Kunst soll es das Allgemeine darstellen, unmittelbar auf das Allgemeine zurückführen. Denn die Stimmung ist schon etwas Allgemeines, das Einzelne ist nur Zeichen eines Allgemeinen. Dies ist die eigentliche höhere Bedeutung des Einzelnen in der Kunst, was man unter dem S y mbolischen zu bezeichnen pflegt. Wenn aber das Einzelne für sich allein hervortritt, so ist dies eine Ansicht, die der Kunst immer mehr entgegengesetzt ist. Es entsteht eine Opposition dagegen, und alle, die in das Wesen der Kunst tief versenkt sind, werden in Polemik dagegen sein. Alles Spiel mit dem Einzelnen ist nichts als diese Polemik; man wird so immer darauf zurückgeführt, daß es nichts für sich ist. Das ist das Spiel mit der Bedeutung des Einzelnen; aber so, daß man immer gezwungen wird, es als ein Einzelnes zu betrachten. Es bleibt immer eine Zusammensetzung, führt nicht auf ein Allgemeines zurück, sondern erregt nur das Streben, auf ein Allgemeines zurückzugehen. Das Einzelne selbst aber bleibt bedeutungslos. Wenn in solchen Kompositionen wirkliche Gegenstände vorkommen, sind sie in keinem organischen Ganzen, man sucht vergebens die Bedeutung. Bei dem einzelnen Teil kann man nur mit Wohlgefallen verweilen, wenn er mit Virtuosität ausgeführt ist. [...] Jenes [laszive Spiel mit dem Einzelnen] werden wir ein frivoles Wesen nennen, es spielt mit der Leiche einer untergegangenen Kunst; diese [Bedeutung vortäuschende Vereinzelung] ein sentimentales. 21–22 Ein zu Schleiermachers Berliner Zeit verbreitetes Werk über das Symbolische war Friedrich Creuzers vierbändiges Werk „Symbolik und Mythologie der alten Völker, besonders der Griechen“ (Leipzig 1810–1812).

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Wenn die Kunst Entschlüsse veranlaßt, so hat das Einzelne gewirkt, und die Kunst bekommt den Charakter des Gespenstischen, wo das Einzelne mehr ist als ein Zeichen des Allgemeinen. Das entsteht, wenn die Kunst einerseits nichts als nichtig darstellen will und andererseits nicht das Betrachten, sondern das Handeln zum Ziel hat. Daher ist es Sophisterei, wenn man die Spuren der Verführung zum Sinnlichen auch in dem Höheren verfolgen will und darum die Kunst verdammt. Die Kunst soll an dem Einzelnen haften, sie haftet aber daran als an der Tat des Künstlers oder als an der Darstellung des Allgemeinen. [...] Aber das sind nur die Endpunkte der Kunst, so wie sie zusammentreffen. Es ist eine Andeutung, daß das Einzelne, als Einzelnes betrachtet, schon seine Nichtigkeit in sich trägt. Damit das Einzelne symbolisiert werden kann, muß es auch zugleich als Einzelnes in seiner Nichtigkeit erscheinen. Die Kunst muß sich in allen ihren verschiedenen Stimmungen üben, so daß keine Begierde und keine Volution entsteht. Daher muß die erotische Kunst auch mit darin sein, weil sie das schwerste Problem ist. [...] Wenn also Plato die Kunst zerschneiden wollte, einiges zulassen, einiges nicht, so können wir doch nicht leugnen, daß das einseitig sei. Eine so zugeschnittene Kunstwelt kann so wenig zustande kommen als ein von ihm zugeschnittener Staat. Die Kunst hätte seinen moralischen Ansichten gedient, und so hätte er die wahre Ansicht der Kunst nicht. [...] Es gilt das nur in dem Sinne, daß man es auf das Ganze beziehen kann, und beweist nur, wie selten der Mensch das Prinzip seiner Selbständigkeit in sich hat, nicht bloß das Organ einer höheren Funktion ist. Wir werden auch nicht leicht einen Künstler finden, wo beides im Gleichgewicht wäre. Was zu fehlen scheint, denken wir uns als Minimum, sonst ist das Prinzip der Kunst nicht ganz da, er ist mehr das Organ des Ganzen. [...] Resultate dieser Betrachtungen (Bluhme 71–74) [...] Wir suchten also die Einheit der Kunsttätigkeit, hatten aber doch gleich die Duplizität der Stimmung und Darstellung gefunden. 21–22 Vgl. die Sachanmerkung zu S. 62,14–17

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[...] Wir haben die Kunst als Funktion des menschlichen Geistes gefunden, mußten sie im Zusammensein mit den übrigen Funktionen suchen. Nun mußten wir uns das, was wir gefunden, bestätigen, indem wir das uns wirklich Gegebene mit dem Allgemeinen verglichen. Bei dieser Vergleichung wird uns jedesmal die Kunsttätigkeit eine allgemeine Tatsache. Mit dieser Tatsache ist aber auch eine wesentliche Verschiedenheit gegeben. Eine Tatsache ist aber nie etwas für sich, sondern immer nur ein Durchgangspunkt. Er weist auf das, woher sie kommt, und das, was sie bewirkt. So muß uns also die Duplizität dabei nicht irre machen. Haben wir nun aber Ursache, von unserer letzten Duplizität noch weiter zurückzugehen? Wir fanden die Einsicht: alle Kunst besteht im freien Spiel der Phantasie. Und dies hat selbst seinen Erregungspunkt, rückwärts gerichtet, in der Gemütsstimmung; vorwärts, in der Mitteilung. Diese Zweiheit ist eine reine Einheit in sich, denn sie ist nichts als das lebendige Verhältnis zwischen dem Allgemeinen und dem Einzelnen. Diese Duplizität finden wir in aller menschlichen Tätigkeit; sie ist ihr Wesen. Wenn wir sagen: das freie Spiel der Phantasie geht aus der Gemütsstimmung hervor, so müssen wir uns diese Stimmung nicht bloß als momentan denken. Wie beim Gefühl der Konstanz des Daseins liegt es eben in der inneren Richtung, die Momente zu verknüpfen. Durch diese aber wird erst der einzelne Mensch ein solcher. Die Identität aber des menschlichen Prinzips in allen anerkennend, soll alles ein Allgemeines werden. Das ist das Verhältnis des Denkens zur Rede, des Entschlusses zur Tat, und so hier der Stimmung zur Darstellung. Was sich also so ergeben hat, müssen wir auch als einzeln ansehen, die Stimmung und die Darstellung. Daher haben wir auch gesagt: alles freie Spiel der Phantasie, das keine Darstellung wird, ist das Unvollständige. Nun aber müssen wir sagen: Mit dem Heraustreten wird es kein Kunstwerk im allgemeinen, sondern in einer bestimmten Art und Gattung der Kunst. Und darauf bezieht sich auch das Urbild, denn dies muß schon verschieden sein, selbst bei Malerei und Skulptur. Das Urbild bezieht sich schon auf die Differenz, wir müssen auf den Lebenskeim der Kunst zurückweisen. Alle Differenz verbindet sich im Prinzip des menschlichen Organismus. Wir hatten uns entschieden, daß die Kunst allerdings in der erkennenden Funktion des menschlichen Geistes ihren Sitz habe, weil die Darstellung nur auf dem allgemeinen Streben, die persönlichen Schranken zu zerreißen, beruht. Bei objektivem Erkennen können wir nicht den Gegensatz des Spekulativen und Empirischen verkennen, aber unsere ganze Richtung geht doch darauf, diesen Gegensatz auf-

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zulösen. Wie steht nun zu dieser Differenz die Duplizität, die wir zuletzt im Gebiet der Kunst gefunden hatten? [...] Wir haben gesagt: bei einem ist mehr das Spiel mit dem Allgemeinen; und nur durch das Spiel wird das Einzelne auf das Allgemeine zurückgeführt. Das freie Spiel der Phantasie ist ein eigentümliches Produzieren, insofern versiert die Kunst immer im Einzelnen. Aber das Einzelne ist nur wahr, sofern es das Allgemeine des Produzierenden in sich trägt. Und wie beim objektiven Erkennen das Spekulative mehr den positiven Pol darstellt, das Empirische den negativen, so ist auch hier die Einheit von beiden nicht hinter beiden, sondern im Ineinandersein von beiden. So ist auch die Duplizität bei der Kunst so zu verstehen, daß keine allein die Funktion des menschlichen Geistes repräsentiert. [...] Man pflegt die ganze Kunst ein Spiel oder aber auch ein Heiliges zu nennen. Inwiefern ist beides wahr? Spiel und Heiliges bilden eigentlich keinen strengen Gegensatz, sonst müßte alles Spiel unheilig sein. [...] Die Kunst hat keine Aufgabe; der Gegensatz von Mensch und Welt muß aufgelöst sein, so daß man sagen kann, sie sei das absolute Sein und kann sie das Heilige nennen. Diesen Punkt müssen wir uns recht fixieren. [...] (Bluhme 75–78) Der Mensch soll durch die Kunst nicht anders werden, es wird durch sie kein Gegensatz vermittelt, kein Zweck erreicht. Bei der bildenden Kunst ist die Behandlung des Stoffes eine Nebensache. Die Kunst ist also durchaus nur die Beschäftigung des Menschen mit sich selbst, und eben deshalb ist sie ein Spiel im Gegensatz gegen die Geschäfte des Menschen. [...] Auch bei der bildenden Tätigkeit muß der Widerstand bekämpft werden. Der Mensch hat zwar das Gefühl, daß eine freie Wollung zugrunde liegt, aber er muß immer nachgeben. Freiheit ist freilich im Selbstbewußtsein, im Gefühl. Und je größer dieses Gefühl, desto größer das Bewußtsein der Freiheit. Aber in dem bloßen Gefühl ist der Mensch doch das rein Momentane, erst in der freien Produktion hat er sich die Zeit selbst unterworfen. Man hat gesagt, der Mensch könne auf zwei Weisen seine Würde gegenüber der Natur behaupten: Erstens, sie sich zu unterwerfen; zweitens, sich unabhängig von ihr zu machen. Im letzteren Fall er17–18 Vgl. die Sachanmerkung zu S. 63,29–2

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scheint das erste auch als überflüssig. Aber der Mensch käme dabei bloß zu einem negativen Bewußtsein. Zu einem positiven kann er nicht anders kommen, als indem er sich die Welt unterwirft. Es ist ein Bedürfnis, welches aufhören soll. Und deshalb denken wir uns, wenn auch nur fingiert, daß einmal alles, dessen wir bedürfen, erschöpft sein könnte. Indem die Kunst sich als das Unerschöpfliche zeigt, macht sie es dadurch gut, daß sie nicht ein von der Seite des Bedürfnisses angesehenes Notwendiges ist. Der Mensch soll nicht bloß das Bedürfnis oder den Genuß darstellen; und die Freiheit ist nur in der Beschäftigung des Menschen mit sich selbst. Nur mit der Kunst zusammen kommt uns die Würde des Menschen zum Bewußtsein. [...] Kein Volk kommt zu einem wahren Bewußtsein seiner Freiheit als unter der Bedingung der Kunst. Nur hier ist es ursprünglich, sonst allenthalben nur mittelbar. Blicken wir noch einmal auf das Vorige zurück, daß beim Erkennen und Handeln der Mensch sich der Gesetze bewußt werden muß, nach denen er handelt, so ist dies auch die Gewähr, durch welche der Mensch sagen kann, daß er wirklich die Freiheit in sich trägt. Das Schöne schmiegt sich dem Notwendigen an. Es gibt keine anderen Gesetze als die, welche der Mensch in sich trägt. Geben wir also auch zu, daß die Kunst nichts sei als Spiel, so erkennen wir doch ihre große Bedeutung und sehen, daß nur so der Mensch zum Bewußtsein seiner Freiheit gelangt. Sonst kann er auch zu keinem unabhängigen perm a n e n t e n B ew u ß t s e i n d e s G ö t t l i c h e n in sich selbst kommen. Alles andere wird erst geadelt, wenn es in Berührung mit Kunst kommt und in seiner höchsten Vollendung selbst Kunst wird. [...] (Bluhme 79–84) Selbst der Unterschied zwischen dem Höheren und Leichteren ist kein solcher, der diesem in Beziehung auf die Idee der Kunst einen verschiedenen Wert beilegt. Denn beide können einander nicht entbehren, keine ist unabhängig. Wir können auch die Erfahrung machen, daß jede kleine Kunst uns mit demselben Interesse erfüllt wie eine große; oder es ist ein Interesse an dem Gegenstande, eine spielende Liebhaberei vorhanden. Die Idee der Kunst fordert ein ganz gleiches Interesse für alle Sachen. Vergleichen wir dies mit anderen Lebensfunktionen, so finden wir dort dieselben Unterschiede. Wir sagen auch, es habe etwas einen absoluten Wert durch die Gesinnung. Und es ist oft behauptet worden, 39–2 Wohl Anspielung Schleiermachers auf eine Diskussion, die möglicherweise auf Platons „Nomoi“ (XII 941) zurückgeht und von Cicero in seinen „Paradoxa Stoicorum“ (46 v. Chr.) ausgeführt wurde. Das dritte darin dargestellte Paradox lautet: „Verfehlungen sind ebenso einander gleich wie gute Taten.“ Vgl. Marcus Tullius Cicero: De legibus. Paradoxa Stoicorum. Lateinisch – Deutsch, hg. v. Rainer Nickel, München/

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daß alle tugendhaften Handlungen gleich wären und so auch alle Sünden. Dies ist in gewissem Sinne wahr, aber nicht in dem Sinne wie bei der Kunst. Denn die Gesinnung ist nicht der ganze Wert der Handlung. Diese kann innerlich bleiben und behält dennoch ihren Wert. Das ist der Wert des Menschen, aber nicht der Wert der Handlung. Diese hat einen Zweck. Aber die Kunst hat keinen Zweck, da sie unbedingte Produktion ist, etwas Unendliches. Und daher gibt es hier keine Differenz. Das hängt damit zusammen, daß sie ein Spiel ist. Sowie der Begriff von Wert hinzukommt, ist es wieder Ernst. Daher hatten sehr richtig die Preise der Spiele bei den Alten gar keinen Lebenswert. Eben weil die Kunst nun aber das Komplement ist zu allem, was Ernst und Geschäft heißt, muß sie auch jenen beiden rein gegenüberstehen. Es wird nicht schwer sein, diesen Satz, daß in der Kunst kein Unterschied des Wertes stattfindet, durch alles hindurchzuführen und von allen Seiten zu zeigen, daß er sich auf alle Weise rechtfertigt. [...] In welchem Verhältnis steht nun der Verkehr zu der Produktion selbst? Hat ein Kunstwerk einen gleichen Wert, es mag sich befinden, wo es will, d. h. hat es einen inneren Wert, nämlich die Kraft, mit der es die Idee des Künstlers in andere überträgt? Offenbar nein! Nur scheinbar widerspricht diese Antwort unserer Behauptung. Dem schlechtgestellten Kunstwerk ist schon etwas begegnet, was gegen seine Natur ist. So wie der Mensch, so kann auch das Kunstwerk nie isoliert dastehen. Es wird in seiner Wirksamkeit gefördert, wenn es an dem ursprünglich gedachten Ort steht, im anderen Fall gehindert. Sehen wir, wie die höhere Kunst mit dem öffentlichen, die leichtere mit dem geselligen Leben in Verbindung steht, so finden wir auch hier eine Duplizität, in der das Kunstwerk Werk auf der einen Seite, Tat auf der anderen ist. Dies wird klar, wenn man bedenkt, wie viele Kunstwerke es gibt, die man nicht mehr ganz versteht oder nur durch Zufall verstehen lernt. Ein Gemälde von Holbein zeigt eine Maria, die Zürich 1994, S. 215. Vgl. Schleiermachers Untersuchung der Sündhaftigkeit des Menschen im § 74 seiner „Glaubenslehre“ (1821/22): „Sonach gibt es allerdings größere und kleinere Sünden, aber für uns nur mit Bezug auf die Wirksamkeit der Erlösung; und aus diesem Gebiet verbannt also die kirchliche Lehre mit Recht den Saz von Gleichheit aller Sünden.“ (KGA I/13,1, S. 462) 31–3 Von Hans Holbein dem Jüngeren sind zwei größere Marienwerke bekannt, die sog. „Solothurner Madonna“ und die „Madonna des Bürgermeisters Meyer“ (Ölgemälde von 1526, Sammlung Würth). Letzteres ist ein Auftragswerk des ehemaligen Basler Bürgermeisters Jakob Meyer zum Hasen und zeigt dessen Familie, die eine Maria mit Jesuskind anbetet. Eine Kopie dieses Gemäldes von Bartholomäus Sarburgh aus dem 17. Jahrhundert, aufgrund derer der sog. „Dresdner Holbeinstreit“ ausgetragen wurde, befindet sich in der Dresdner Gemäldegalerie Alte Meister, wo Schleiermacher sie bei einem Besuch 1810 gesehen haben könnte. Für die Bildinterpretation bedeutsam, worauf Schleiermacher hier möglicherweise anspielt, sind zwei Jungen auf der linken Bildseite, die gewöhnlich als die

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angebetet wird. Soll das eine Vision oder ein Bild sein? Nun will jemand entdeckt haben, das Kind sei ein krankes Kind, das durch die Fürbitte der Jungfrau genesen sei. So verlor das Bild seine Bedeutung, wie es seine Geschichte verloren hat. In jedem Kunstwerk ist notwendig eine solche Bedeutung, eben weil es zugleich Werk und Tat ist. Wir haben gesagt: die Idee zu einem Kunstwerk ist nicht das Produkt des momentanen Gefühls. Nun aber haben wir gesehen, daß es eine unendliche Abstufung in dem Spiel der Phantasie gibt und daß nur einiges real wird. Nun entstehen doch in der Seele des Künstlers manche Gedanken und Bilder, die eine gleiche Kraft haben, real zu werden; sie sind bestimmt genug, und doch verschwinden sie wieder. Was ist der Grund davon? Sehr viele Gedanken eines Künstlers werden nicht ausgeführt, weil sich kein Anknüpfungspunkt in der äußeren Wirklichkeit findet. Dies greift in die Genesis des Kunstwerkes aufs tiefste ein. Der Künstler kann nichts auf Bestellung produzieren; es ist nur möglich, daß eine reife Idee hier ihren Anknüpfungspunkt findet. Mehr Wirksamkeit kann man dieser äußeren Einwirkung nicht zuschreiben. Aber dennoch muß etwas von den äußeren Umständen ins Kunstwerk übergehen; und daraus entsteht eben, daß es seine volle Bedeutung nur da haben kann, wo dies ganz verstanden werden kann. So ist also eigentlich ein Kunstwerk auch eingewurzelt in seinen Grund und Boden, in seine Umgebung. Es verliert schon seine Bedeutung, wenn es aus dieser Umgebung herausgerissen wird und in den Verkehr übergeht. Es ist wie etwas, das aus dem Feuer gerettet ist und nun Brandflecken trägt. Daher können wir die Kunstwerke danach klassifizieren, wieviel sie von ihrem ursprünglichen Wert übrig behalten haben. Das steht aber dem gar nicht entgegen, daß jedes Kunstwerk an und für sich einen absoluten Wert hat. [...] So ist die Arabeske nie etwas für sich, sondern nur dazu bestimmt, ein großes Kunstwerk einzufassen; sie kann aber von demselben Geist durchdrungen sein und so bewundert werden. [...] Was also nur als Verzierung, nicht für sich in die Kunst gehört, darf auch nicht rein als Kunst beurteilt werden. Es ist schon der Ausfluß der Kunst auf das Leben, der Schatten, den sie auf andere Gegenstände wirft. Dann sind aber auch kleine Kunstwerke besonders deshalb an der Grenze liegend, weil es gar leicht ist, daß der eine Koeffizient des Kunstwerkes darin verschwindet. Niemand wird an verstorbenen Söhne Meyers gedeutet werden. An wessen Bildinterpretation Schleiermacher hierbei gedacht haben könnte, konnte nicht nachgewiesen werden.

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eine ursprüngliche Produktion, an einen inneren Faktor bei einem geschnittenen Stein denken. [...] Wenn wir also nur die richtige Ansicht fassen, wird es keine bedeutende Einwendung geben, daß jedes Kunstwerk absolut für sich betrachtet werden muß, also auch seinen absoluten Wert hat. Dieses Absolut-Behandeln ist der wesentliche Charakter des Spiels; es kann auf keinen Zweck bezogen werden. Darin spricht sich der Grund aus, daß die Kunst etwas in sich selbst Unendliches ist und daß sie die freie, durch nichts anders bestimmte Produktivität ist.

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Nehmen wir nun das Bisherige zusammen, so haben wir eine gemeinschaftliche Vorstellung vom Wesen der Kunst gewonnen. Wir sind von der Verbindung des Inneren mit dem Urbild ausgegangen und haben gesehen, daß das Äußere nur ein Heraustreten ist, nicht, um etwas zu gelten, sondern um in andere Seelen überzugehen. [...] [In der Darstellung des Wissens und im Bilden ist auch das eigenthümliche und im Gefühl ist das Mitgefühl,] und dieses ist Streben, das Gefühl identisch zu machen. Das wäre aber ohne einige Identität unmöglich. Aber wir sind überzeugt, daß wir diese Identität nicht fassen ohne die Differenz, daß eine bestimmte Vielheit mitten hinein tritt, von der jedes Glied nichts ist als ein Streben, in einem größeren Kreise Identität und Differenz zu zeigen. Dies ist die wahre Anschauung von volkstümlicher Einheit, die bestimmte Vielheit, die zwischen Einheit und das ganze menschliche Geschlecht tritt. [...] Diese Saturationspunkte liegen so gut in der menschlichen Natur als bei untergeordneten Stoffen. Es ist nichts Willkürliches, sondern etwas Wesentliches. Eben darum ist jedes Volk wieder für sich ein Individuum. Daher können wir es nicht dahin bringen, das Verhältnis der Völker zueinander auf bestimmte Formeln zurückzuführen. [...] [Die Verständlichkeit der Kunst und Uebertragbarkeit der Ideen ist nun bedingt durch die Volkstümlichkeit. Da der Gegensaz nicht absolut ist kann auch die Vermittlung nur relativ sein; also andre nicht ausgeschlossen,] denn sonst würde daraus folgen, daß durchaus nur 18–19 In … Mitgefühl] ergänzt nach Schleiermacher: Kollegheft Ästhetik 1819, S. 67,10–12 34–37 Die … ausgeschlossen] ergänzt nach Schleiermacher: Kollegheft Ästhetik 1819, S. 67,19–22

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Kunstwerke zwischen Gliedern desselben Volkes verständlich wären. Das wird niemand zugeben. Nun aber wird doch jeder gestehen, daß uns ein griechisches Kunstwerk nicht so affizieren kann, wie es die Griechen affizierte. [...] Innerhalb desselben Volkes wird der Einzelne, um den anderen zu verstehen, rein zum Volk, er verläßt seine Eigentümlichkeit. Bei einem fremden Volk müssen wir eine andere Operation dazwischenstellen. [...] Es gehört schon Leichtigkeit und Übung dazu. Nun aber kann niemand von dieser Vermittlung durch Volkstümlichkeit fordern, daß sie eine absolute sei. Es ist nur eine Differenz zwischen dem unmittelbaren und mittelbaren Verständnis. [...] Bald ist die Sprache das Eigenste, dann wird die redende Kunst am eigentümlichsten sein; bald die Mimik und Musik. Also auch in dieser Beziehung ist die Differenz etwas ungleichförmig. [...] Das Fließende in dieser Unterscheidung wird durch einzelne Unterschiede sehr deutlich. So war z. B. in einer bestimmten Zeit die italienische und deutsche Schule viel ähnlicher als später. Dann wieder gab es eine Zeit, wo im Abglätten und Verfeinern wieder aller nationale Charakter verloren ging. So kann man die Differenz auf die Zeit übertragen; man kann bald den Charakter der Zeit unterscheiden, den des Volkes nicht, bald umgekehrt. So hatten wir ganz recht zu sagen, die Volkstümlichkeit selbst sei ein durch die Natur bestimmter Saturationspunkt, und die Kunstproduktion in einem Volke sei wieder ein Einzelwesen. Vergleichen wir diese Einzelwesen in verschiedenen Zeiten, so entsteht das Fließende des Unterschiedes, ebenso wie beim einzelnen Menschen. [...] Es ist eine Identität, aber mit einer Mannigfaltigkeit des Besonderen in sich. Eine solche allgemeine Kenntnis von der Volkstümlichkeit der verschiedenen Künste ist auch zu suchen und die Merkmale der Unterschiede und Verzweigungen aufzufassen. [...] Eine Kunstgeschichte aber gibt immer nur einzelne Züge von der unmittelbaren Anschauung wieder, die an sich unübertragbar ist, weil sie eine innere ist. [...] Übrigens ist es wahr, daß diese letzte Unterscheidung alle früheren durchkreuzt, aber mit eben dem Unterschied des Konstanten und des Fließenden. Die Differenz wird durch alle Zweige der Kunst hindurchgehen, aber nicht in allen auf gleiche Weise. Sie wird in dem einen ein

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Minimum sein, während sie im anderen ein Maximum ist. Ebenso ist die Differenz zwischen Heiligkeit und Geselligkeit in allen Kunstzweigen; aber auch durch diese geht die nationale Differenz, und zwar auch nicht gleichmäßig, je nachdem sich die nationale Differenz mehr dem Heiligen oder dem Geselligen eingebildet hat. Dadurch aber ist der scheinbare Widerspruch wirklich vermittelt, denn er ist das Gemeinsame. Sehen wir auf die Konstante, so ist jedes Kunstwerk in sich selbst abgeschlossen. Es ist eine andere Stufe des Verstehens innerhalb und außerhalb des Volkes; es ist hier der Unterschied des Unmittelbaren und Mittelbaren. Dieser Unterschied ist freilich am alleranschaulichsten, wenn wir auf die Sprache sehen. Hier werden wir sagen müssen: Es ist eine ganze Differenz zwischen dem, der sich in die Sprache des Volkes selbst hineinversetzen kann, und dem, der sich die Kunstwerke in seine Muttersprache übertragen lassen muß. Hier hat die Identität des Volkes verloren durch die Differenz der Sprache. Die Erlernung der fremden Sprache ist nichts Ursprüngliches, sondern ein Vermitteltes, ein Sekundäres. Indem jemand die fremde Sprache erlernt, setzen wir voraus, daß er dann ein Bild des Volkes erhält; er kann nur durch dieses allgemeine Bild von der Volkstümlichkeit des fremden Volkes das Einzelne verstehen. Sein Verstehen geht nicht unmittelbar von einem Einzelnen zum andern. Andererseits ist dieser relative Gegensatz zwischen mittelbarem und unmittelbarem Verstehen ein fließender. Das beruht darauf, daß die Fähigkeit, sich eine fremde Sprache anzueignen, wieder verschieden ist. [...] (Bluhme 88–91) Bei Beantwortung der Fragen müssen wir an folgende drei Punkte anknüpfen: 1 . a n die innere S t immung , a us d e r d i e f r e i e P r o d u k t i o n e n t s t e h t ; 2. a n die freie Produkt i o n d e s i n n e r e n K u n s t b i l d e s ; 3 . a n die f reie Produktion, a u s d e r d i e s i n n e r e K u n s t b i l d e i n ä ußeres w ird. Wir haben schon den Zusammenhang dieser Teile gesehen. Nun haben wir uns zwei Fälle gestellt: Entweder kann von der Vollkommenheit und Unvollkommenheit in der Kunst ganz allgemein geredet werden, oder wir müssen es auf die einzelnen Künste verschieben. Was würde folgen, wenn wir das letztere, das Aufschieben auf die einzelnen Zweige, wollten? Dann müßte sich die Vollkommenheit auch nur auf die Unterschiede der einzelnen Künste beziehen, d. h. auf das, was sich auf das Gebiet der Darstellung selbst bezieht. Daß es hier eine Vollkommenheit oder Unvollkommenheit gibt, wird niemand leugnen, aber sie ist nicht die einzige. Vielmehr: das Urbild wird gleich in Beziehung auf die bestimmte Kunst, in der es ausgeführt werden soll. Dieselbe Erregung zur freien Produktion bringt etwas anderes für die Musiker und für die Poeten hervor; und das Urbild

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des Malers kann denselben Gegenstand haben, muß aber doch etwas anderes sein als das Urbild des Bildhauers. [...] Erinnern wir uns, daß der Anteil der Begeisterung an dem Kunstwerke stufenweise herabsinkt, so daß bei manchem nur noch die Fähigkeit der Ausführung vorhanden ist. Wir haben ebenso die Möglichkeit zugegeben, daß mit einem Maximum von Begeisterung ein Minimum von Virtuosität und umgekehrt verbunden sein kann. Minimum und Maximum sind also etwas Allgemeines; das Vermögen, begeistert zu sein, ist dasselbe, nur seine Quantität ist verschieden. [...] Um die Untersuchung weiterzuführen, müssen wir sehen: 1. auf die Gemütsstimmung; 2. auf das Urbild; 3. auf die Ausführung, die aus einer Reihe von Akten besteht, aber nichts ist als das Heraustreten jenes Urbildes nach außen. Wir sind hier nur in Betrachtung der beiden ersten Momente. Wir würden ganz über unser Gebiet hinausgehen, wenn wir von diesen beiden das erste allein betrachten wollten. Wir kämen dann ganz ins Allgemeine und würden die ganze Ethik hineinbringen können. Wir lassen also alle Untersuchungen über Moralität, Religiosität und intellektuelle Kräfte des Künstlers beiseite. Wir betrachten also nur die Gemütsstimmung als Veranlassung des Urbildes, d. h. das U r b i l d w i e e s au s der G emütsstimmung hervorgeht. [...] Wenn wir dem allerursprünglichsten Spiel der Phantasie zusehen, können wir nicht unterscheiden, ob wir mehrere Einzelheiten oder Teile von einem Ganzen vor uns haben. Dies sondert sich erst mit dem Bewußtsein, daß es die Einheit sei, die aber eine Totalität ist; nicht als ob die unbestimmte Mannigfaltigkeit völlig ausgeschlossen wäre – sonst wäre kein Übergang möglich –, aber sie hat ihren Sitz nur noch im Unendlich-Kleinen. So erscheint uns das Urbild des Kunstwerkes, wenn wir es mit dem traumähnlichen Bilde der Phantasie vergleichen. [...]

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[...] (Bluhme 91–92) [Der Ausdruck Vorstellung scheint schon wieder zu speciell nur auf die redenden Künste welche es mit Begriffen, und auf die bildenden welche es mit Bildern zu thun haben zu passen. 36–3 Der … Vorstellungen.] ergänzt nach Schleiermacher: Kollegheft Ästhetik 1819, S. 70,3–8

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Denn diese beiden Elemente sind unter dem allgemeinen Ausdruck Vorstellung enthalten, nicht aber auch die fließenden Künste denn Töne und Bewegungen sind keine Vorstellungen.] Wir müssen sie Tätigkeiten nennen, und wir haben gesehen, daß die Stimmung zwei verschiedene Ausgänge hat: einerseits in den Vorstellungen, andererseits im Handeln. [...] Von dem Wert bei der Ausführung abstrahieren wir, und dann bleibt für Ton und Bewegung kein anderer Wert als der im Bewußtsein. Was in der Luft vorgeht, wissen wir nicht; was dagegen in der Seele des Betrachtenden vorgeht, gehört zur Ausführung. Auch die Bewegung ist nichts als Entstehen des Bewußtseins. Nun ist es Sprachgebrauch, der allgemein genug gilt, das Entstehen des Bewußtseins Vorstellung zu nennen. Wir können also dabei bleiben. 2) Ist es erschöpfend, daß wir den Unterschied vom verworrenen Spiel der Phantasie in die Bestimmtheit setzen, und daß wir nicht auch den Unterschied von Erkennen und den Urbildern unserer Handlungen betrachten? [...] (Bluhme 93) Das gewöhnliche Spiel der Phantasie hängt einerseits an der aufnehmenden, andererseits an der naturbildenden Tätigkeit des Menschen. Sie ist eben deswegen durchaus bedingt und hat kein anderes Material, als was einerseits vom Erkennen herkommt, andererseits in das Handeln ausgeht. Einerseits schließt sich diese Tätigkeit an das Gedächtnis an, ist gleichsam das freiwillige Gedächtnis. Man hat hier von Assoziationsgesetzen gesprochen, nach denen die Sinnesregung die Bilder der Phantasie veranlaßt. Es geht selbst eine andere Veränderung damit vor als die, wodurch das Wiederaufleben veranlaßt wird. Wenn die neuere Psychologie dies Ganze auch auf eine Pas29–1 In seinen Vorlesungen über die Psychologie setzt sich Schleiermacher kritisch von der empirischen Psychologie des 18. Jahrhunderts ab, sowie von Vorstellungen von der Seele, in denen diese als ein rein rezeptives und nicht zugleich spontanes Prinzip aufgefasst und vom Leib getrennt untersucht wird. Zu Beginn von Schleiermachers Notizen zu seinen Vorlesungen über die Psychologie (1818) heißt es in Bezug auf Johann Christian Heinroths „Lehrbuch der Störungen des Seelenlebens oder der Seelenstörungen und ihrer Behandlung“ (Leipzig 1818): „Leibliches Leben und Seelenleben (Heinroth) ist auch schon ein verdächtiger Unterschied denn das Leben ist nur eines.“ (KGA II/ 13, S. 6) Und in Bezug auf die „Untersuchungen über das Wesen und Wirken der menschlichen Seele. Als Grundlage zu einer wissenschaftlichen Naturlehre derselben“ (Leipzig 1811) von Christian Weiß heißt es: „Man kann nicht sagen (Weiß S. 18), daß die Seele sich nicht selbst errege. Denn wenn man die psychischen Erscheinungen vorstellt müßte man dann zu jedem Moment eine äußere Erregung annehmen und dann würde alle Selbstthätigkeit der Seele vernichtet.“ (KGA II/13, S. 10) Zum wissenschaftshistorischen Kontext vgl. „Historische Einführung“, in: KGA II/13, S. XXIII– XXXI.

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sivität der Seele zurückgeführt hat, so ist das überhaupt eine Lehre, die die Eigentümlichkeit des Lebens nicht genug anerkennt. Aber die Tätigkeit der Kunst ist das nicht, sondern bloß die Basis ihrer Entwicklung. Ebenso andererseits bei Vorstellungen, die Urbilder zu Handlungen werden. Dies ist auch nichts als freie Tätigkeit der Phantasie; sie geht hier in das Begehrungsvermögen über, wie dort in das Erkenntnisvermögen, aber sie ist keins von beiden, will nur nicht für sich sein. Ein solches Vorbilden der Phantasie ist nicht ohne Interesse, trägt immer den Charakter des Wunsches oder der Besorgnis. Es ist also ebenso bedingt von dieser Seite wie jenes von der anderen Seite, von den gegebenen Vorstellungen. Wir befinden uns noch immer im Gebiet des Wirklichen. [...]

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Dieser Charakter in der Kunst ist das, was wir hier durch das Idea le bezeichnen wollen. Die Vollkommenheit der Kunst besteht darin, daß alle ihre Elemente den Charakter des Idealen an sich tragen. Indessen denkt man gleich an so viele Spuren der Verwandtschaft mit dem Wirklichen, und es fällt uns ein, daß wir das Ideale nur als das Höchste in der Kunst, nicht als conditio sine qua non für alle Vollkommenheit betrachten. Es ist daher notwendig, dies näher zu betrachten. Wir dürfen hier nicht auf die bisher in der Theorie üblichen Ausdrücke sehen, sondern nur auf die Sache. Wenn wir auf irgend etwas sehen, was eine Vorstellung wird, so ist es nur in einem gewissen Z u s t an d gegeben. Dieser Zustand ist in dem Gegenstand selbst angelegt, d. h. seine Möglichkeit muß in ihm begründet sein. Er ist so, wie er sich uns zeigt, ein Produkt seiner eigenen Natur und seiner Stellung in dem allgemeinen Zusammensein. Nun aber bringt dieses Zusammensein nicht nur die wirklichen Zustände hervor, sondern es hat auch überall eine tiefergehende Wirkung, um die Äußerung der Eigentümlichkeit freizulassen oder zu drücken. Denn auf dieser Seite ist es ein Leidendes; sofern es auch ein Lebendes ist, ist es wieder ein Zurückwirkendes. Aber diese Zurückwirkung ist endlich und kann daher total und partiell gehemmt werden, d. h. jedes Einwirken ist notwendig ein Mangelhaftes; das Zurückwirken ist das Streben, diesen Mangel abzustreifen und die Dinge in ihrer reinen Natur, in ihrem eigensten Wesen darzustellen. Daher muß die Verwandtschaft mit dem Wirklichen abgeworfen werden, und nichts anderes sollte man unter dem Ausdruck des Idealen verste-

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hen als, was ein Ding seiner Natur nach werden will, was aber in der Wirklichkeit nie werden kann. [...] Das [menschliche Ideal überhaupt] ist eine ganz leere Vorstellung, die auf einer ganz falschen Ansicht beruht. Dann könnten alle Menschen nur gut sein, sofern sie einander ähnlich sind; alle Verschiedenheit wäre mangelhaft. Diese Verschiedenheit aber ist F ülle der N a t u r, u n d e b e n d i e s e w i l l d i e K u n st da rstellen, aber in ihrem reinen inneren Typus. [...] Denn die Natur stellt uns nirgends etwas anderes als ein mangelhaftes Sein dar; sie kann nur immer eine Annäherung an das hervorbringen, was die Kunst produziert. Die Natur will ebensogut die Abhängigkeit als das innere Leben darstellen. So ist das Mangelhafte wesentlich und notwendig in der Natur. [...] Aber jeder Mensch könnte gar nicht andere Individualitäten verstehen und aus sich selbst darstellen, wenn er sie nicht insgesamt ursprünglich in sich trüge. Ebenso trägt er den Typus der Produktion in sich. Aber erst die Übereinstimmung mit den äußeren Anregungen macht eine Entwicklung möglich. Ebenso bilden sich die wirklichen Vorstellungen der äußeren Dinge vermöge dieser; aber sie sind wieder bedingt durch die innere Tätigkeit des Menschen, die dann in zwei Bestrebungen ausgeht, in Streben nach wirklicher Darstellung und Darstellung des Typus. Die Kunst soll den reinen Typus auffassen. So ist sie eigentlich Ergänzung der Natur. Eben in diesem Sinn also darf man nun sagen, daß sie die Natur nachahmt; sie stellt dar, wozu Natur nur eine Annäherung sein kann. [...] Es ist also eine zweite Entwicklung, wenn sie [Töne und Bewegungen] für sich heraustreten [lässt]. Sobald sie selbständig werden, werden sie größer, aber verlieren an Verständlichkeit. Wir suchen sie erst zurückzuführen, müssen etwas Poetisches dazu erfinden. Wir müssen also auch bei dem Ursprünglichen etwas Begleitendes erwarten, wenn wir die Analogie suchen. Verhältnis des Idealen zum Schönen (Bluhme 97–99) [...] Wir nennen auch das schön, was wir in der Realität finden, und aus diesem doppelten Sprachgebrauch sind die mancherlei Verwirrun33–35 Wir … suchen.] Nach ÄOd enthält die Nachschrift hier einige Lücken.

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gen hervorgegangen, die auch für uns hätten entstehen müssen, wenn wir gleich eine Erklärung des Schönen gesucht hätten, ohne die Kunsttätigkeit selbst zu betrachten. Indem nun der Ausdruck einmal den wirklichen Gegenständen eigen ist, scheint er für das andere unpassend. Man könnte sagen: [Die Natur liefere das Schöne nur zerstreut, die Kunst seze es zusammen.] [...] Offenbar hört das Schöne auf, schön zu sein, wenn wir es als einzelnen Teil des Ganzen behandeln. Wir setzen, wenn wir einen solchen Teil schön finden, ihn in Gedanken in ein anderes Ganzes hinein. Denn das Schöne ist eigentlich nur im Ganzen. Offenbar also nennen wir das Einzelne immer nur durch Vergleichung mit einem Ganzen schön. Das Schöne ist ursprünglich nur in der Seele; wir nennen es nur in der Natur so, wenn wir hier den Ursprung wiederfinden. Kein Mensch wird sagen, daß die Idee der menschlichen Schönheit aus Zusammensetzung der einzelnen Glieder entstehe. Das ist fratzenhaft; es ist nur das Unvermögen, sich eine ursprüngliche Tätigkeit zu denken, die das Schöne hervorbringt. [...] Ideal ist der Grundtypus aller Spiele der Phantasie. Die Kunstterminologie aber können wir ausbilden, wie wir wollen. Nur so pflanzen wir die Verwirrung nicht weiter fort. [...] Bei schönen Gedanken will es gar nicht mehr gehen. Wir haben diesen Ausdruck erst den Übersetzern zu verdanken, besonders seit den griechischen Übersetzungen. Καλόν ist etwas anderes als das Schöne, steht in ganz anderem Zusammenhang mit ἀγαθόν; es ist nichts als die Güte selbst, aber auf andere Weise betrachtet. Wir können uns also in der Übersetzung allenfalls solches gefallen lassen; aber in der Kunstsprache muß man die Ausdrücke zu befestigen suchen. [...] Das Erhabene (Bluhme 99–103)

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Es hat sich noch etwas anderes in die Kunsttheorie eingeschlichen, was gewiß falsch behandelt ist: das Erhabene. [...] Man könnte sagen, das Kunstmäßige sei entweder das Ernste oder das Spielende, und das Ernste entweder das Schöne oder das Erha5–6 Die … zusammen.] ergänzt nach Schleiermacher: Kollegheft Ästhetik 1819, S. 72,12–13

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bene. Dann müßten wir im Spielenden eine analoge Untereinteilung finden. Vom Schönen könnte man glauben, es erstrecke sich in das Spielende hinein, vom Erhabenen aber nicht. Aber auch beim Ernsten kommt kein Gegensatz zwischen Schönem und Erhabenem heraus. [...] So ist also kaum der Weg angedeutet, um zu einer Entgegensetzung zu kommen. Wollte man die Sache anders anfangen und sagen: auf der einen Seite stehe das Schöne, auf der andern das, was eine vermischte Empfindung erregt, so geht dies über die eigentliche Kunst ins Psychologische hinein. Es handelt sich um einen Effekt, wozu auch die Beschaffenheit des Betrachtenden hinzukommen muß. Auch das Rührende ist ein Produkt im Betrachtenden, das gar nicht von dem Kunstwerk allein, sondern von der Beschaffenheit und Stimmung des Menschen abhängt. Ein anderer wird nicht gerührt, fühlt aber doch die Vortrefflichkeit des Kunstwerkes. Rührung kann auch ohne vortreffliche Kunstwerke hervorgebracht werden. So muß man dies in seinen Quellen ganz voneinander trennen. Die Differenz des Affiziertseins ist eine andere als die Differenz im Urteil über das Kunstwerk. Für das Gesetz ist es eines, für den Betrachtenden ein Mannigfaltiges; die letztere Differenz beschäftigt uns hier nicht. So ist es mit dem Erhabenen auch. Es kann im Kunstwerk die Nötigung liegen, daß der Betrachtende von der Größe des Gegenstandes nun zur Vergleichung mit sich selbst zurückkehrt. Eigentlich soll das nicht geschehen. Das Kunstwerk soll den Betrachtenden an sich selbst festhalten; er soll ganz in die Anschauung aufgehen, auf sich selbst gar nicht zurückkommen. In diesem Sinne müßte dann das Erhabene weit unter den Charakter eines Kunstwerkes gesetzt werden. Die eigentliche Wirkung würde einer anderen zuliebe gestört. [...] Finden wir nicht in allen Kunstwerken eine Annäherung an das Erhabene? Gehen wir zurück auf die Erklärung, die wir über die elementare Vollkommenheit des Kunstmäßigen überhaupt gefunden haben, daß es das Ideale sei. [...] Das untergeordnete Besondere ist auch wieder eine Totalität und nur als solche verständlich. Das Wesen ist durch das Zusammensein bestimmt. [...] Nach dieser Analogie können wir herabsteigen. Nun müssen wir, sobald wir aus dem Bereich des Absoluten herausgehen, immer einen Vergleichspunkt haben. Die Kunst stellt aber immer nur das Einzelne als Einzelnes dar; nur auf eine symbolische Weise. Das Einzelne ist

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nur so bestimmt, daß das Allgemeine darin erscheint. Nun aber leidet das Einzelne einen Vergleich mit der Idee der Gattung. [...] Nun liegt das Erhabene an der Grenze, es muß also einen anderen Grenzpunkt haben, der ihm gegenübersteht. [...] Nun werden wir auch den anderen Punkt finden können, wo das innere Wesen in das Zusammensein weniger heraustreten soll. Je mehr dies der Fall ist, desto mehr tritt der eigentliche Typus zurück; das Ding erscheint durch das Zusammensein beschränkt, wenn auch noch der reine Typus des eigentümlichen Wesens ausgedrückt ist, aber verkleidet. [...] Es trägt keinen Mangel an sich, tritt aber nicht in seiner rechten Qualität heraus; es ist auf ein kleineres Maß zurückgebracht und so den Einflüssen des Zusammenseins mehr ausgesetzt. [...] So ist also keine Nebeneinanderstellung des Schönen und Erhabenen oder Idealen möglich, sondern das Ideale bewegt sich zwischen dem Erhabenen und Niedrigen, ohne daß die Endpunkte einen Vorzug über das Mittlere oder umgekehrt hätten. Das Erhabene ist nur die eine Art, das Ideale zu sein. [...] (Bluhme 104–106) Nur indem das Ideale im Kunstwerk enthalten ist, vermag es in dem Betrachtenden wieder das momentane Gefühl zurückzudrängen. Sofern ein Kunstwerk hiervon abweicht und nicht das Ideale zu seinem Element hat, sondern das Wirkliche, wird es entweder ohne Wirkung bei dem Betrachtenden bleiben oder ihn praktisch ganz fremdartig erregen. [...] Es beruht eben auf der unrichtigen Vorstellung vom Ideal. Wir reden nur vom Ideal des Einzelnen. Was nun dargestellt werden soll als gleichsam sich selbst vernichtend, darf auch nicht in seiner Wirklichkeit dargestellt werden. Das wird niemand den großen Komikern abstreiten. [...] Man muß sich die Momente, wo die Eigentümlichkeit heraustreten kann, selbst machen. Wenn wir darüber das gleiche Gefühl haben, wenn wir uns selbst fragen, ob sich etwas herrlich zu einem Kunstwerk ausnehmen werde, immer müssen wir doch gestehen, daß es erst künstlerisch umgearbeitet werden muß. 31 Es] lies: der unrichtige Gebrauch des Ausdrucks

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[...] Man sagt, es gebe doch so viele Kunstwerke, woran das Wirkliche seinen Anteil habe. Dieser Einwurf wird aber ganz verschwinden, wenn man nur die Sache selbst betrachtet und unsern Grundsatz festhält. [...] Die Porträtmalerei soll den Menschen nicht in einem einzigen Moment einer vorübergehenden Erregung darstellen; das hält man immer für manieriert. Sondern der Mensch soll in seinem inneren Wesen ergriffen sein, wie es zugrunde liegt, wenn es auch vielleicht nie so erscheint. [...] Auch die Landschaft soll ja keine Abbildung sein, soll weniger die Gegenstände, als das Licht zum Objekt haben. Der Künstler muß die Gegenstände so behandeln, wie sie die Aufgabe im höchsten Grade lösen. [...] Je mehr hier das Wirkliche im Einzelnen die Oberhand hat, desto mehr verschwindet das Kunstwerk, es wird eine Beilage zur Geschichte. Denn wenn bei einem großen Bilde auch ein einziger Teil noch idealisiert ist, so verträgt sich das nicht mit dem Ganzen. Historische Malerei und Dichtkunst werden also immer etwas Halbes bleiben, wenn sie zu sehr am Wirklichen versieren. Das Vollkommene schließt sich in bestimmte Kreise ein, die schon durch sich selbst etwas Idealisiertes sind. [...] Organische Vollkommenheit

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[...] (Bluhme 106–107) Wir haben gesehen, daß wir keine Unbestimmtheit in der Kunst leiden dürfen, sondern nur Gegensatz von Einheit und Vielheit. Für das Gemeinschaftliche der Vielheit fanden wir das Ideale. Was ist aber das G e m e inscha f tliche des G a nzen? [...] Das regellose Spiel der Phantasie hat kein Ende, dies muß ihm mit Gewalt gesetzt werden, entweder durch den Willen oder durch eine natürliche Gewalt, den Schlaf. [...] Es muß also sein Ende i n s i c h selbst haben. Dies ist seine Vollkommenheit als Ganzes. Es ist selbst sein eigener Rahmen. Alle einzelnen Teile dürfen nur auf das Ganze hin, nie über das Ganze hinausführen. Dies ist die allgemeine Formel für diesen Teil der Vollkommenheit. Freilich erscheint auch hier gleich ein bestimmter

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Unterschied zwischen den fließenden Künsten und den stehenden, deren Ganzes nur auf einmal gegeben ist. Aber wir können doch leicht das eine auf das andere reduzieren. Wollen wir ein Werk der Musik oder Mimik beurteilen, so müssen wir es auch als ein simulta nes fixieren. Aber nicht nur, sofern es einem Kunstwerk an einem vollständigen Schluß fehlt, nennen wir es unvollkommen, sondern auch, wiefern irgend etwas darin ist, was uns über das Kunstwerk hinausnötigt. Je mehr wir durch die einzelnen Teile über das Ganze hinaus getrieben werden, desto weniger hat es seine eigentliche Vollkommenheit. Jeder einzelne Teil ist ein Besonderes für sich. Es kann kein Einzelnes etwas erregen, was nicht eine Mannigfaltigkeit von Anklängen hervorbrächte. So muß das, was jedes Einzelne für sich wirken kann, durch das Ganze aufgehoben werden. [...] So finden wir immer, daß Menschen, die wenig Sinn für das Ganze haben, immer aus dem Gebiet herauskommen bei der Betrachtung. Denn der Sinn in dem Betrachtenden ist hierzu auch notwendig. Der Fehler aber kann auch bei den Teilen liegen, daß sie nicht genug zum Ganzen verarbeitet sind. [...] Die auseinandergehenden Strahlen des Einzelnen müssen sich gegenseitig vernichten; die im Mittelpunkt zusammenfallenden Strahlen müssen das Überwiegende werden. Die Einheit muß das Gemüt als solche festhalten, dann ist der vollkommene Unterschied gegen das Kunstlose begründet. [...] (Bluhme 108–111) Das Beiwerk ist nichts als das Festhalten des kunstlosen Spiels im Umfang des Kunstwerkes selbst. Der Gegensatz ist selbst ein relativer. Auch das Beiwerk soll nicht ganz willkürlich erscheinen. Aber es als notwendig zu betrachten, ist erkünstelt. Es ist eine Abstufung vorhanden. Etwas darin ist das Notwendige, etwas das Zufällige. [...] [Die Vollkomenheit des Wesentlichen aber ist eine zwiefache. Zuerst daß alles Einzelne auf einander bezogen zusammenstimme zur Totalität, und jedes auf nichts anderes bezogen werden könne als auf alles übrige,] ohne daß etwas fehlt. Dazu gehört das Beiwerk nicht; es muß schon in dem andern eine Vollständigkeit sein. 34–37 Die … übrige] ergänzt nach Schleiermacher: Kollegheft Ästhetik 1819, S. 75,35–38 1 Vgl. die Sachanmerkung zu S. 82,23–5

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[...] So ist ein Übergang zu allem andern vorhanden, was demselben Kunstgebiet angehört. [...] Es findet sich eine Mannigfaltigkeit von Reizen, aus den Grenzen des Kunstwerkes herauszugehen. So können die Vorstellungen, die sich in jedem bei dem Kunstwerk erzeugen, doch verschieden sein. Dies wird aber völlig anders, wenn ein bestimmtes Verhältnis des Teils zum Ganzen vorhanden ist. [...] Wo dies stattfindet, da haben wir im Einzelnen das Ganze; es ist das Ganze im Einzelnen mitgesetzt. Aus diesen beiden besteht also die wesentliche Vollkommenheit des Kunstwerkes: 1. daß es Totalität in sich sei, 2. daß es in organischem Verhältnis zur Totalität seines Kunstgebietes stehe. Beides bewirkt dasselbe, das Kunstwerk in sich abzuschließen. Also können sie auch einander ergänzen und keins kann völlig fehlen. Das Verhältnis aber, in dem beide zueinander stehen können, ist ein unendliches, denn beides kann ein Minimum und ein Maximum sein. [...] So bildet z. B. das alte Drama einen ganz bestimmten Zyklus, es ist durchaus in die heroische Welt eingeschlossen; eine gewisse historische Begrenzung fixiert es. [...] In der Lyrik ist überall das bestimmte Verhältnis zur Totalität ein Minimum. Die Kunstvollkommenheit muß ihr Maximum in dem Komplexus selbst haben. Das finden wir noch mehr bei der Musik, der sich die lyrische Poesie am meisten nähert. Dennoch ist aber auch hier ein bestimmtes Bestreben, auch diese Unendlichkeit zu fixieren. [...] So finden wir in der Musik in jeder Periode ein bestimmtes System von Formen, in denen produziert wird. Diese Formen wechseln erst mit der Zeit. Dasselbe gilt auch in der lyrischen Poesie, wo die Form in der Anordnung der Silbenmaße liegt. Indem nun das Kunstwerk eine solche bestimmte Form ausdrückt, tritt es eben dadurch in ein organisches Verhältnis zum Ganzen, und damit ist eben die Ruhe in der Betrachtung gesetzt. Was uns hier zum Bewußtsein kommt, führt gar nicht aus dem Gebiet heraus. [...] Je mehr also das Kunstwerk als Komplexus vollkommen ist, desto weniger darf überhaupt das Ganze hervortreten. Je weniger eine solche Vollkommenheit in einem Kunstwerk möglich ist, wie bei der

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freien Musik, die sich von der Poesie losgelöst hat, desto mehr muß die reine Form das Abgeschlossene sein und das Ganze vollenden. Von jedem Teil eines musikalischen Kunstwerkes ist ein viel leichterer Übergang möglich. Aber es ist doch ein jedes eine eigene Art und Weise, wie sich die bestimmte Form darstellt. Es wird zu einer Einheit, die sich sonst nicht fände. Daher auch in diesen in sich selbst unendlichen Künsten die Kunstformen eine ganze besondere Gewalt ausüben; ohne sie könnte nichts festgehalten werden. In der lyrischen Poesie hat jede Nation fast ihr eigenes System von Formen. Wenn es auch als zufällig erscheint, so bleibt doch das allgemeine Gefühl, daß das Kunstwerk sonst nicht bestehen könnte. [...] Die elementarische Vollkommenheit bestand in der völligen Bestimmtheit des Einzelnen, aber in einer solchen, die es von dem Wirklichen, aber auch von dem Unbestimmten völlig trennt. [...] Nur durch Abstraktion können wir eine Anschauung des Wirklichen isolieren; aber wenn wir dieses Isolierte nicht wieder ergänzen, begehen wir einen Irrtum. Mit der Wirklichkeit habe ich die absolute Mannigfaltigkeit gesetzt. Darum wird es immer die reine Ganzheit des Kunstwerkes stören, und letztere ist ohne Identität der Elemente unmöglich. [...] Ein historisches Werk kann nie ein solch abgeschlossenes Ganzes sein; es muß immer die ganze Weltgeschichte zur Einleitung haben und führt auf die ganze Weltgeschichte zurück. Aber auch die Idealität der Elemente ist nichts, wenn sie nicht in eine solche Totalität hineingesetzt ist. Es ist immer eine mangelhafte Seite eines Kunstgebietes, wenn sie eine solche Vereinigung nicht gestattet. Ein Apoll und Jupiter scheinen ideale Personen zu sein, aber es muß das Kunstwerk auf den ganzen mythischen Zyklus bezogen werden. Das geschah z. T. durch die Lokalität, an welche man meistens nicht denkt. Wichtig daher die Stellung des Gottes im Tempel. Auch gab es keinen Apoll im allgemeinen, sondern mit einem bestimmten Beinamen. Das andre ist freilich unsichtbar, umschwebt nur; gibt aber doch dem Kunstwerk erst seine Bestimmtheit. Beiwerk (Bluhme 111–114) [...]

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Das plastische Werk ist mehr durch sich selbst idealisiert und soll daher auch die Idealität auf eine absolute Weise in sich tragen. Das

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Beiwerk ist nichts als das freie, vom Kunstwerk nicht bestimmte Spiel der Phantasie, durch welches sonst die Einheit des Werkes gestört werden würde. Dieses Spiel soll durch das Beiwerk gleichsam gefangen und auf das Kunstwerk zurückgeführt werden. [...] Die Beziehung auf das Ideale darf niemals fehlen. Die Gleichnisse im epischen Gedicht gehen rein aus der Einheit heraus und gefallen sich so in der treuen Darstellung des Wirklichen, daß durch sie allein kein Kunstwerk entstehen könnte. Es kann immer nur das Beiwerk so gedacht werden, daß es gleichsam in beständigem Verschwinden gedacht wird. Hieraus wird klar, daß ein gänzliches Entfernen von dem Gegebenen in verschiedenen Abstufungen eintritt, wodurch aber erst die freie Produktivität der Phantasie rein heraustritt, daß zweitens ein In-sich-abgeschlossen-sein zu einer vollkommenen Einheit entsteht, das nichts bedarf und auf nichts anderes hinweist. Weil es aber keine vollkommene Abgeschlossenheit des Einzelnen gibt, sondern weil immer ein Zugleichsetzen des Ganzen und des Teils stattfindet, wird es auch immer als Teil gesetzt. Daher eben die Notwendigkeit, daß mit dem einzelnen Kunstwerk zugleich ein größeres Kunstgebiet gesetzt wird durch eine bestimmte Beziehung auf jenes Gebiet. Es muß ein Zyklus von bestimmten Formen und Inhalten sein. Wir haben auf diesem Wege zugleich wieder etwas gefunden, das sich auf das Mannigfaltige in der Kunst bezieht, obgleich wir nur das Identische gesucht haben. Die Notwendigkeit ist uns als etwas in allen Gleiches gegeben, die Differenz werden wir unten näher betrachten. Eine andere Betrachtung aber muß hier gleich angeschlossen werden. Wir haben uns aus der Erfahrung vorgehalten, daß wir das Wort Kunst in sehr verschiedenem Umfange brauchen. [...] Hier [beim wissenschaftlichen Werk] haben wir also das eine Element der Vollkommenheit ohne das andere, und eben darum ist es ein uneigentliches Kunstwerk; der eine Faktor der elementarischen Vollkommenheit fehlt. Indessen sehen wir ihn nur als gleichsam auf Null herabgesunken an. Wir werden es aber doch kein Kunstwerk nennen wollen oder können, selbst wenn wir es in streng dialektischer Form denken. Wenn aber die Vollkommenheit der Konstruktion nicht als bloßer Schematismus, sondern als lebendige Vollständigkeit erscheint, dann erst finden wir in ihm ein Kunstwerk; dann aber ist schon ein Rudiment von idealischer Beimischung darin. Auch hier lassen sich die Grenzen nicht streng ziehen. Es gibt Kompositionen, bei denen 40–2 Zu Schleiermachers Auffassung des künstlerischen und philosophischen Charakters von Platons Dialogen vgl. die „Einleitung“ zum ersten Band seiner Platonübersetzungen, in: KGA IV/3, S. 15–59, hier: 27–52. Bereits Friedrich Schlegel, der Schleiermacher zu seiner Übersetzungsarbeit motivierte, schrieb in seinen „Philosophischen

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man sich nicht anzugeben getraut, wohin man sie rechnen soll. So bei Plato, desgleichen bei einem wirklich poetischen Werk, das seinem Inhalt nach philosophierend ist. [...] Wann können wir nun aber doch von einem einzelnen Menschen oder einer einzelnen Handlung diese Analogie [dass sie wie Kunst seien] aussprechen? Offenbar dann, wenn wir sagen müssen, daß der innere Typus durch die Perturbationen des Wirklichen gar nicht gelitten hat und wenn wir dies nicht als etwas Zufälliges, sondern als ein in sich selbst Begründetes setzen können. [...] Hier haben wir also das Ideale, aber nicht die Vollkommenheit der Komposition. Aber freilich: je mehr ein Mensch im Allgemeinen verschwindet, desto weniger werden wir auf den Gedanken kommen, ihn mit einem Kunstwerk zu vergleichen. Das Ideale muß verschwinden, aber nicht ganz zu fehlen scheinen. Je mehr das Ideale heraustritt, desto mehr isoliert der Mensch sich, weil alles mehr eine Wirkung seines Innern ist. In der äußeren Erscheinung verschwindet dies, aber innerlich ist eine Annäherung gegeben, die nur zurückgedrängt ist. So haben wir hier dieselbe Analogie mit dem Kunstwerk wie dort. Wir können uns auch hier einen Übergang des Beiwerkes denken. [...] Die Triplizität des Wahren, Guten und Schönen (Bluhme 114–118)

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Jedenfalls müssen wir aufhören, den Ausdruck vom Einzelnen zu gebrauchen, denn dann fehlt die Zusammenstimmung, wie auch die Naturgegenstände nie ein in sich abgeschlossenes Ganzes sind. Will man also dem Ausdruck „schön“ diese Geltung geben, so kann man nichts dagegen haben; aber bis jetzt hat er sie eigentlich nicht. Wollen wir diesen Ausdruck gebrauchen, so ist darin die elementarische und die Vollkommenheit des Ganzen zusammengefaßt. Kann die Kunst nun so dem Höchsten gegenübergestellt werden, wie es in dieser Triplizität geschieht? [...] So schließt die Kunst das ganze Gebiet der sittlichen Urbilder mit in sich. Dies kommt besonders zur Anschauung, wenn der Fragmenten“ (1799) der „Philosophischen Lehrjahre 1796–1806“: „Manche kleinen Dialoge des Plato, Lysis z.b. sind nichts weniger als skeptisch; es sind wahre Kunstwerke der intellektuellen Anschauung, Darstellung des transzendentalen Schwebens.“ (KFSA XVIII, S. 244, Nr. 617)

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Mensch selbst Gegenstand der Produktion ist. Wie wird sich aber in dieser Hinsicht das, was die Kunst hervorbringt, verhalten zu dem, was das Leben hervorbringt? Hier ist das Gute als Gutes gesetzt; der Gegensatz ist nur relativ. In der Kunst aber muß das Gute auch nur als das Schöne erscheinen. Warum? Weil alles rein in sich abgeschlossen ist. Wir sollen gar nicht aus dem Kunstwerk herausgerissen werden. Daher die eigentliche moralische Ansicht des in einem Kunstwerk Dargestellten immer über das eigentliche Kunstgefühl und Kunstgebiet hinausgeht. Das Gute, wie es in den wirklichen Handlungen vorkommt, ist nie in einen einzelnen Moment eingeschlossen. Es ist freilich ein jedes nicht etwa gut um eines andern willen; aber auch nicht an und für sich, sondern erst im allgemeinen Zusammenhang. Nämlich einerseits bezogen auf die Totalität der menschlichen Natur, andrerseits auf die Außenwelt. Die Zusammenstimmung zu einem Kunstwerk aber ist durchaus nur die Zusammenstimmung zu einem bestimmten Moment. Aus den Gesichtspunkten des Guten betrachtet, kann es nur in der Totalität der Geschichte erkannt werden. Anders bei einem Kunstwerk, wo alles sich in einen einzigen Augenblick konzentriert. Wir werden also sagen müssen: das Schöne ist nicht das Gute, sondern der Schein des Guten. [...] Das Erkennen ist nur die Darstellung desselben Systems von dieser Veranlassung aus, die Kunst die Darstellung ohne diese Veranlassung. Die Veranlassung zu jeder Erkenntnis ist aber immer ein Einzelnes; das Innere aber, das aufgeregt wird, ist die Totalität. Selbst das, was wir empirische Erkenntnis nennen, muß, wenn es überhaupt noch Erkenntnis sein soll, eine Richtung auf das Allgemeine haben. Was zur Erscheinung kommen soll, ist in der Kunst eben jene Totalität; aber die einzelne Erregung soll nicht die Veranlassung sein. Und da unser ganzes Sein nie aus der Identität des Allgemeinen und Besonderen herausgehen kann, muß die Kunst im Besonderen bleiben, aber als Repräsentant des Allgemeinen. [...] Das Wahre ist immer gegenwärtig, selbst wenn es ein Einzelnes ist; das Einzelne als ein Allgemeines, wie es sich in der Reihe entwickelt oder im Raum zusammenhängt. Die Kunst aber stellt immer eine im Raum und in der Zeit beschränkte Einheit dar. [...] Wir müssen die Darstellung des Guten erg ä nzen, und das geht bereits über den Kunstgenuß und das Kunstprodukt hinaus. Diese Ergänzung ist aber deshalb eine höchst mißliche Sache. Es wird z. B. bei der Darstellung der menschlichen Charaktere eine psychologische Kritik entstehen, die ganz über das Gebiet der Kunst hinausgeht.

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Ebenso bei der Darstellung des Wahren. Keine Kunst gibt das Wirkliche; es ist eine lächerliche Unterscheidung, die Malerei und Skulptur dadurch auszeichnen zu wollen. Indem das Sein wirklich dargestellt werden soll, wird es doch nur als Schein des Wahren dargestellt. Hiermit ist aber zugleich der Begriff des Schönen erschöpft. Wenn man also sagt, alle Kunst sei nur Schein, so ist das sehr wahr, aber es ist nichts, was die Kunst herabsetzen könnte. [...] Reden wir von einer Kunstwelt und von einem Zusammenhang der Kunstwerke, so ist das freilich wahr, aber doch wieder nur, sofern die Kunst in der Theorie selbst zu einem Gegenstand der Erkenntnis gemacht wird. [...] Unter Schein ist nicht zu verstehen, was den Gegensatz des Wahren macht, sonst gäbe es keinen Schein des Wahren, sondern nur das, was sich nicht festhalten läßt, wenn man es nicht als Schein behandeln will. Im Kunstwerk muß selbst Wahrheit sein, aber wir können keine Probe auf die Wahrheit machen, wenn wir über die Kunst hinausgehen. [...] Die Kunst ist also nichts als der immer erf undene Schein des Wahren und der zwecklose Schein des G u ten unter dem Ausdruck der Phantasie. Der Gegensatz des Antiken und Modernen (Bluhme 119–123)

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Wie im ganzen die Idee der Gottheit die absolute Einheit ausdrücken soll, die Idee der Welt die Einheit der Allheit geworden ist, so müssen wir auch sagen, daß beides eine andere Gestalt im Gefühl des Menschen annimmt. Nämlich der Idee der Gottheit kann ich den Einzelnen vollkommen unterordnen. Aber in der Idee der Welt erscheint er zugleich als ein konstitutiver Bestandteil und ist gewissermaßen wieder selbst das Ganze. Dies hat auch einen unmittelbaren Einfluß auf jenen Gegensatz. Wenn der Einzelne für sich sein will, so kann er offenbar in sich gar kein Verhältnis zur Idee der Gottheit haben, sondern er hat sich aus diesem Verhältnis herausgesetzt, weil das vermittelnde Glied aufgehoben ist. Nur der Einzelne, sofern er die Totalität konstituiert, kann in diesem Verhältnis stehen. Indem nun dies zugleich als eine gänzliche Aufhebung des Verhältnisses zur Idee der Gottheit erscheint, ist hier ein scharfer Gegensatz. Ganz anders, wenn wir die Idee der Gottheit ganz aus dem Spiele lassen. Indem der Einzelne sich selbst isoliert, muß er auch alles andere isolieren. Freilich

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vernichtet er so sich selbst und die Idee der Welt; aber beides auf gleiche Weise, und so ist kein scharfer Gegensatz möglich. Die Anwendung wird dies deutlich zeigen. Wenn ich sage, daß in der antiken Kunst die Idee der Welt dominierend ist, so gründe ich dies darauf, daß sie immer wesentlich in Polytheismus verstrickt blieb. [...] [Die Götter als das höchste der antiken Kunst sind bestimmte einzelne Naturen,] sie sind immer Teile der Welt, man mag sie historisch oder symbolisch erklären. Man kann von diesem System, das das ursprüngliche in der ernsten Kunst ist, nie sagen, daß die Idee der Gottheit mit darin ist. Es ist ein bestimmter Zyklus der Welt dargestellt. [...] Hier [in der modernen Kunst] gibt es nicht so einzeln bestimmte Naturen wie Apollo, Zeus und dergleichen, es herrscht durchaus kein solcher bestimmter Typus vor. Der eigentliche Zweck liegt überall nicht in dem Einzelnen, sondern in dem Geschichtlichen der Offenbarung des Göttlichen im Menschlichen. Die einzelne Natur tritt zurück. Das Höchste ist nur ein Darstellungsmittel für die Idee der Welt. Darin scheint mir auch der natürliche Aufschluß zu liegen, daß antike und moderne Kunst kein Kontinuum sein konnten. Jene mußte erst durch zwitterartige Bestrebungen, die aber nie zu etwas Ordentlichem führen konnten, vernichtet werden. Es ist ein eigentümlicher Charakter notwendig; es war aber nur eine Divination da, die gar nicht in das Wesentliche des Lebens hineingriff, nicht die freie Produktivität in der Kunst ergreifen konnte. Offenbar ist im Orientalischen weder die Idee der Welt, noch die Idee der Gottheit entwickelt. Allerdings liegt eine Mythologie zugrunde, aber eine, die sich gar nicht als solche gestaltet, aus der vielmehr die Idee der Gottheit hervorbrechen zu wollen scheint. Die antike Mythologie will sich auch darin verkörpern, kommt aber nicht dazu. So ist eine Indifferenz vorhanden, und nun können wir einsehen, daß sie sich nicht so bestimmt und zusammenhängend konstituieren konnte, weil ein Gestaltungsprinzip fehlte. [...] Daher ist überall im Antiken das Übergewicht der Idee der Notwendigkeit, in der modernen Behandlung dagegen das Bewußtsein der sittlichen Freiheit. [...] 8–9 Die … Naturen] ergänzt nach Schleiermacher: Kollegheft Ästhetik 1819, S. 79,40–41

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Das ganze mythologische System war eben auf die Idee der Welt im Gegensatz zu der unbewußt zurücktretenden Idee der Gottheit berechnet. Dieser Gegensatz zeigt sich nicht in allen Künsten gleich stark. Von der Musik wissen wir zu wenig. In der Malerei ist es offenbar, daß die antike Kunst in einer gewissen Unvollkommenheit zurückgeblieben war, so wie die moderne in der Skulptur. Die moderne Skulptur hat bis jetzt kein anderes Ziel, als die antike nachzuahmen. Wir werden also die eine Kunst aus dem Gesichtspunkt des Modernen betrachten müssen. Nur bei der Poesie und Mimik ist der Gegensatz. [...] (Bluhme 123–128) [Ein anderer Gegensaz entwickelt sich aus der schon bemerkten Mehrheit der Hauptmomente, nämlich erzeugende Stimmung, gestaltende Urbildung, darstellende Ausführung.] Letztere ging, wie wir sagten, besonders aus von dem Interesse an dem Mittel, wodurch sich eine bestimmte Kunst darstellt. Die Erfindung schien zwei Seiten zu haben. Denn wenn wir das Urbild eines Kunstwerkes auch nur in seinen ersten Grundzügen betrachten, so ist es gleich so beschaffen, daß es nur in einer Kunstart gedacht werden kann. Auf der anderen Seite soll es mehr im Motiv gefunden werden, in dem bestimmten Antrieb, der sich gleich in das Wesen einer bestimmten Kunst hineingestaltet. Wir können hier also zwei relativ entsprechende Formen der Kunstvollkommenheit denken. [...] Wie wir früher gesehen haben, muß eigentlich in der Kunst alles erfunden werden; was gar nicht erfunden ist, kann auch nur der Anhang eines anderen sein. Wie nun an der Erfindung nicht das Verhältnis zu einer einzelnen Kunst, sondern die Erregbarkeit überhaupt Anteil hat, können wir sie nur in der innersten Eigentümlichkeit suchen, und daher paßt hierauf das Wort Genialität. [...] Ganz rein freilich nennen wir nur die Kunstwerke so, wo die Erfindung auf eine b e w u ß t e Weise vernachlässigt ist; sonst kann es auch ein verfehltes Werk sein. [...] Wir haben gesagt, daß die künstlerische Konzeption aus der Gemütsstimmung hervorgeht. Sie stellt die eigentümliche Natur dar, aber auch das Verhältnis der verschiedenen Momente. Ferner: in jedem unmittelbar erregten Moment wird der Mensch entweder auf die erkennende oder die bildende Tätigkeit hingewiesen. So sammelt sich aus den einzelnen Momenten allmählich, was in dem Akt der Begeisterung 11–13 Ein … Ausführung.] ergänzt nach Schleiermacher: Kollegheft Ästhetik 1819, S. 81,4–6

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hervortritt und die Kunsttätigkeit entfaltet. Aber andrerseits können wir doch nicht leugnen, daß dieses Hervortreten auch einen Faktor haben muß, der außer dem Menschen liegt. So wird sich auch in den Kunstwerken selbst mehr ein Gegensatz zeigen. Wo der äußere Faktor verschwindet und es als ein reines Werk der Freiheit erscheint, das der Mensch produziert, da haben wir das eigentliche freie Kunstwerk. Wo aber eine Hindeutung auf eine äußere Veranlassung ist, die das Hervorbrechen beschleunigt hat, da ist das Kunstwerk mehr ein kas u e l l e s , ein ge l e ge n t l i c h e s . [...] Manche schönen Ideen und Urbilder müssen untergehen, weil das Kunstwerk erst einen Ort in der Welt haben muß, da es seinen Ort nicht in sich hat. So hoch wir daher die Skulptur stellen müssen, so sind doch deren Kunstwerke immer in gewissem Sinne Gelegenheitswerke; [und nur das Kleine ist frei,] welches man überall hinstellen konnte und deshalb aufs Geratewohl machte. Hier scheint sich also das Verhältnis umzukehren. Man muß es dem großen Werk ansehen, für welchen Ort es gemacht ist. Also bestehen auch bei diesem Gegensatz Abstufungen. Von der Poesie gilt rein das Umgekehrte. Selbst ein Drama ist in sehr untergeordnetem Sinne ein Gelegenheitsgedicht, wenn auch diese Beziehung keineswegs ganz vernachlässigt werden darf. [...] Freilich bedürfen auch hier [in der Malerei] große Werke ihres Ortes. Sofern aber hier ein großer Zyklus von symbolischen Gegenständen besteht, wird die Veranlassung nicht so sehr bestimmend. Sie ist nur der Rahmen, in den ein Urbild am besten hineinpaßt. Von äußerer Veranlassung ist hier nicht so sehr die Rede. Diese trifft mehr die Differenz der Zeit zwischen Urbild und Ausführung. Die Sache hat noch eine andere Seite. Wir sind uns schon der Duplizität bewußt geworden, daß das Urbild in der Seele des Künstlers frei entsteht, daß aber jede Zeit und jedes Volk ein gewisses Ganzes bildet, wodurch auch der Einzelne einen notwendigen Ort einnimmt. Dies wird mit dem vorigen Gegensatz in Verbindung stehen. Es wäre gar nicht möglich, daß die äußere Veranlassung einen Reiz zur Produktion geben könnte, wenn diese rein das persönliche Spiel der Individualität ausdrückte. Die Kunsttätigkeit wäre ganz im Menschen abgeschlossen. So ist das Gelegentliche das Dokument für die Realität der Kunstwerke. Ohne das Zusammensein der Produktivität und Rezeptivität im großen ließe sich diese Differenz gar nicht den15 und … frei] ergänzt nach Schleiermacher: Kollegheft Ästhetik 1819, S. 81,27

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ken. Darum ist das Gelegenheitswerk ein ebenso wesentliches Glied wie das freie. Wir haben eigentliche Kunstwerke von Skizzen und Studien unterschieden. [...] Dies deutet auf die verschiedenen Formationen der Kunst hin, die doch durch einen jeden Kunstzweig hindurchgehen. [...] Aber auch wenn es nicht an eine Zeit gebunden ist, bezeichnet es mehr eine Richtung, das Urbild unmittelbar mitzuteilen. Ebenso charakterisiert die entgegengesetzte Handlungsweise auch eine entgegengesetzte innere Richtung der Künstler, also mehr die Richtung auf das Reale und Empirische in der Darstellung, auf eine Bezeichnung, wie der Künstler sich die Mittel für das Vollkommenste angeeignet habe. Solange aber noch die ideale Seite vorhanden ist, kann man es nicht als reine Studie ansehen. Der Unterschied geht gleichmäßig durch alle Künste hindurch. [...] Mit der technischen Seite, die schon in der Erfindung der Ausführung zugewandt ist, tritt ein Maß zwischen Mannigfaltigkeit und Zusammengehörigkeit heraus. Schon in dem Thema und in der Mannigfaltigkeit der Ausführung können wir in der Musik die Beziehung auf das Technische sehen, d. h. welcher Art der Virtuosität in der Ausführung das Stück sich hingibt. Andrerseits aber müssen wir auch einen gewissen Typus darin erkennen, inwiefern ein Beharren auf ein und dieselbe Stimmung angelegt ist. Ebenso in der Malerei: Das Urbild muß schon darauf angelegt sein, daß die Kunst und alles, was dazu gehört, sich darin zeigen kann, und daß Gruppierung möglich ist. Das ist die technische Seite. Ebenso aber soll die Erfindung etwas Geistiges, eine Ansicht aussprechen, in der sich die Gemütsstimmung der ganzen inneren Richtung abspiegelt. [...] Ich möchte zuerst gegen diese Benennung [des Identischen in allen Künsten als das Poetische] protestieren, die den Gesichtspunkt ganz verschiebt, jetzt aber sehr allgemein ist. Denn in der poetischen Kunst herrschen dieselben beiden Momente. Der Dichter muß auf Vollkommenheit der Sprache in der Ausführung sehen. Sieht er aber nur darauf, so hat er unpoetisch erfunden. Diese Seite ist ebenso notwendig wie die geistige. Man könnte sie hier ebensogut malerisch nennen, wie dort poetisch. Diese Benennung ist eben nur daraus entstanden, daß 34–36 Vgl. die Sachanmerkung zu S. 82,1

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man die Poesie das Zentrum der gesamten Kunst genannt hat, was wir jetzt noch dahingestellt sein lassen müssen. [Es ist aber eigentlich das symbolische das wodurch das Einzelne Darstellung wird von dem bestimmten Allgemeinen in dem sich die Stimmung abspiegelt,] und wo das Einzelne nichts ist als die Darstellung dieses Verhältnisses. Die geistige Seite der Erfindung muß immer diesen Charakter haben, eben weil sie nicht von dem Einzelnen ausgeht. Diese Duplizität kommt nun bei jedem Kunstwerk vor. Man muß überall darauf sehen, wie die symbolische und technische Seite zueinander stehen. Wir haben gesehen, wie der Künstler in der Regel immer nur an ein Gebiet der Kunst gebannt ist. Auch hier besteht gerade der Gegensatz zwischen dem Antiken und Modernen, daß in der modernen Kunst eine weit größere Ausbreitung des Einzelnen stattfindet, nicht bloß in einzelnen Künsten, sondern auch über verschiedene Künste, wie denn auch Dichter zugleich Maler waren. Aber wir f o r d e r n doch nur Bearbeitung eines Zweiges. Der Kunstsinn aber soll jene Allgemeinheit haben, sonst ist hier Einseitigkeit, wie dort das Gegenteil: Zerstreuung. Nun ist es offenbar, daß der Kunstsinn mehr auf das gerichtet ist, was sich bei allen auf gleiche Weise verhält. [...] Der Selbstproduzierende sieht auch das Fremde mehr in bezug auf das Verhältnis zu seiner eigenen Kunsttätigkeit an. Diese verschiedenen Richtungen sind aus diesem Gegensatz begreiflich. Wir sehen, wie ein vollständiges Urteil immer nur aus dem Zusammenfassen von beiden möglich ist. So haben wir ziemlich das ausgeführt, was schon angelegt ist, indem wir das Gemeinsame der Kunst überhaupt suchen.

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Das System der einzelnen Künste (Bluhme 128–135) [...] Wenn man auf eine solche Zusammenstellung der verschiedenen Künste gar nicht ausgeht, kann man eigentlich nie zu einer allgemeinen Theorie kommen, sondern immer nur eine Theorie der einzelnen Künste aufstellen, und muß es darauf ankommen lassen, ob sich etwas Gemeinsames dabei ergibt. Man hat es oft so gemacht, und dann ist es gekommen, daß man e i n e Kunst als Zentrum setzte. Das aber ist etwas rein Subjektives, worin kein Erkennen, nur ein Gefühl liegt. Wir müssen dagegen von einer notwendigen allseitigen Betrachtung 3–5 Es … abspiegelt] ergänzt nach Schleiermacher: Kollegheft Ästhetik 1819, S. 82,5–8

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ausgehen. Nun ist eine solche Beziehung wahrscheinlich, weil wir uns gar keine neue Kunst denken können; diese haben sich überall geschichtlich entwickelt. [...] So bringt z. B. H e r d e r eine Menge von verschiedenen Künsten herbei, die wir als solche sonst nicht bezeichnet finden; und von denen sich auch sonst keine Theorie aufstellen läßt. So haben andere noch willkürlicher einzelne Künste hineinziehen wollen, die man sonst nur als Fertigkeiten zu einem bestimmten Zweck ansah. [...] Ein musikalisches Ganzes ist nicht mit seinen Teilen zugleich da; ebensowenig in der Mimik. Es findet sich häufig die verkehrte Auffassung, daß die Poesie eigentlich nur im Buche stehe. Deshalb meinen wir, daß sie auf einmal ganz da ist. Aber wir haben sie tatsächlich nur im Ohr, und so müßte die Poesie zu jenen gerechnet werden. [...] Musiker und Dichter müssen sich so einrichten, daß sie das Zusammenfassen erleichtern, und Maler und Bildhauer das Herausschälen der einzelnen Teile. Dies sind nicht entgegenstehende Regeln, der Unterschied bleibt untergeordnet. [...] Auge und Ohr, diese beiden Sinne hebt man immer heraus, sie sind die unmittelbaren Träger der höheren geistigen Tätigkeiten. Und wenn man auf die Sinneswirkung sieht, wirkt die Kunst auf sie am meisten. Wie soll man nun aber weiter teilen? Etwa so: [Von den ersten Mahlerei und Mimik nur für das Auge, Skulptur zugleich für das Getast.] Der Marmor will betastet sein, und das Auge muß die Stelle des Betastens vertreten. Hier kommt uns also wenigstens ein andrer Sinn zu Hilfe. Wenn die Farben Unebenheiten bilden, verliert das Werk seine Reinheit und es zeigt sich ein Übergang zum Basrelief. Wie aber finden wir einen ähnlichen Unterschied zwischen Musik und Poesie? [...] Nun haben wir unterschieden einerseits die erkennende und die bildende Tätigkeit, andererseits das Identische und Eigentümliche. Wir haben das letztere mit dem allgemeinen Namen Gefühl bezeichnet und dies als die Basis der Kunsttätigkeit angegeben. Wir wollen also 26–28 Von … Getast.] ergänzt nach Schleiermacher: Kollegheft Ästhetik 1819, S. 83,12–15 5–7 Vgl. die Sachanmerkung zu S. 82,21–22

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die bildende Tätigkeit vorderhand ruhen lassen und nur auf die Seite der erkennenden Tätigkeit sehen. [...] Das Gefühl also in seiner momentanen Erregung findet seinen unmittelbaren Ausdruck in Stimme und Bewegung. Die Gemütsstimmung sucht aber auch einen Ausdruck, und das ist die Kunsttätigkeit. Wir wollen also die Einteilung folgendermaßen fassen: Es gibt Kunsttätigkeiten, wo der unmittelbare Ausdruck des Gefühls auch zur Manifestation der Seele dient. Bei anderen liegt die Manifestation in der objektiven Tätigkeit der freien Produktion in Vorstellungen. So stehen also Musik und Mimik den bildenden und redenden Künsten gegenüber. 2. Es liegen wesentlich zwei Künste auf der einen Seite: Musik und Mimik, so wie sich das Gefühl durch Stimme und Bewegung unmittelbar äußert. Als Ausdruck des Gefühls ist beides vereint. Es gibt gewisse Maxima, wo die Bewegung des Gefühls sich nur noch einseitig äußert. Wenn beides verschwindet, geht das Bewußtsein in Bewußtlosigkeit über. Auf dem Gebiet der Kunst aber, wo die Kontinuität des Bewußtseins repräsentiert wird, ist beides getrennt, und die Mimik kann ganz stumm sein. In dieser Trennung offenbart sich also die Besonderheit der Kunst. Diese Trennung verstehen wir aus der Vergleichung mit dem unmittelbaren Zusammensein. Aber wie dieses Zusammensein die unmittelbare Äußerung sei, begreifen wir nicht, es liegt auf einem anderen Gebiet. [...] Hier sind wir an einen Punkt gekommen, der an der Grenze unseres Gebietes, ja der ganzen Ethik liegt. Auch für die Ethik ist Luft und Licht ein Lemma, etwas rein Physisches, das wir nicht konstruieren können. So viel sehen wir: Die unmittelbare Äußerung ist doch Mitteilung und setzt das Dasein anderer Menschen voraus. Freilich, wenn jemand in heftiger Bewegung ist, gestikuliert er; andere singen für sich allein. Aber ein jeder Mensch ist für sich selbst schon ein Mehreres; schon hier ist ein Fixierenwollen des Momentes, da der Moment selbst ein rein Verschwindendes ist. Wenn wir nun betrachten, wie und wodurch der Mensch unmittelbar für die anderen da ist und wie ihm das Dasein der anderen zum Bewußtsein kommt, so findet dies nur durch Auge und Ohr statt. [...] Die Erregung kann nur durch Veränderung der Gestalt gezeigt werden. [...] Durch das Ohr wird nie etwas anderes als der Moment wiedergegeben. Daraus ist auch der verschiedene Charakter beider Künste zu erklären. Die Mimik zeigt die Veränderung am Konstanten.

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[...] Die bildenden Künste sind die, wo die Phantasie in der Produktion von Bildern begriffen ist, und so unterscheiden sie sich schon in den Urbildern. Die redenden Künste sind die, wo die Phantasie in der Produktion von Gedanken ist. Freilich ist auch die Poesie bildlich und hat es nicht mit einzelnen Gedanken zu tun. Die Sache ist aber so: Die eigentlichen Bilder wollen Gedanken und die poetischen Gedanken wollen Bilder werden. Anders kann keines von beiden verstanden werden. Das Allgemeine des Gedankens ist nur ein Bezeichnungssystem, um das Einzelne hervorzubringen. Der Gedanke aber bleibt doch das Medium. Insofern können wir freilich sagen, daß alles Poetische bildlich ist, wenn wir es nur von dem eigentlichen Erkennen unterscheiden. [...] So umschlingt die Kunst die ganze menschliche Tätigkeit. In der Plastik wird sie am bestimmtesten etwas in der Welt bilden, aber die ist mehr die äußere Seite, worin der Unterschied gegen die Poesie besteht, die dasselbe innerlich tut. Das Organ der Stimme wird erst durch die Kunst auf eine bestimmte Weise gebildet. So sind auch diese Künste bildend, einerseits am menschlichen Leibe selbst, andrerseits am Element, in und mit dem der Mensch am unmittelbarsten lebt. Wir haben schon früher gezeigt, wie das Urbild selbst im Künstler sich erst allmählich herausbildet. Die ganze Darstellung ist nichts als der Moment. Je vollkommener der Betrachtende dies nachkonstruiert, desto vollkommener versteht er das Kunstwerk. Die Malerei hat zur besonderen Aufgabe, den rechten Moment zu finden, d. h. den, der am allervollkommensten die ganze Reihe in sich trägt. Was heißt das anders als, das Bild stellt den einzelnen Moment dar, und das Einzelne muß sich mit der größten Leichtigkeit daraus entwickeln. Die übrigen Bewegungen der Personen muß die Phantasie sich nachkonstruieren. Die Malerei erreicht also von dieser Seite ihre höchste Vollkommenheit erst, wenn sie eine Reihe schöner, leichter Bewegungen in sich trägt. Dasselbe kann man nun umgekehrt von der mimischen Kunst sagen. So ist beides ein Ganzes. Der Landschaftsmaler stellt nicht die Gegenstände an sich, sondern in ihrer Verbindung mit dem Licht dar. Dies ist aber ein beständig Veränderliches, eine immer wechselnde gemeinschaftliche Tätigkeit der Erde und der Sonne. In dem einzelnen Moment, den der Künstler herausgreift, sollen wir die Geschichte des ganzen Tages haben. Wir müssen zugleich die allmähliche Verwandlung sehen. Je vollkommener dies geleistet ist, desto vollkommener ist das Bild. So ist es nichts als eine wahre Musik des Lichtes, wir sollen eine Reihe von musikalischen Bewegungen nachkonstruieren. Freilich

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ist die bloße Bewegung nur mittelbar darin, wogegen es bei Musik und Mimik umgekehrt ist. – Die Poesie können wir ganz in die Analogie zur historischen Malerei bringen. Sie stellt von selbst eine Reihe dar, aber sie produziert in Gedanken. Dies erfüllt aber noch nicht die Wirkung des ganzen Kunstwerkes, es muß zugleich eine ganze Fülle von Empfindungen sein, das Leben muß sich ins Unendliche hinein brechen und vervielfältigen. Das Zurückgehen ist immer eine höchst mißliche Sache, wenn dies selbst wieder Gedanke wird. Es verdirbt das Kunstwerk. Ganz anders aber, wenn es innere Anregung bleibt. Dann liegt es in der Kunst selbst, ist ihre Absicht, ist die innere Musik, die sie begleitet. Es wird eine Einheit mannigfaltiger Vorstellungen dargestellt, zugleich aber muß eine unendliche Reihe von inneren Bewegungen, die dieser Einheit korrespondieren, stattfinden. So ist auch hier überall der Gegensatz der beiden Abteilungen nur der, daß in der einen das Hervortretende ist, in der anderen das Zurücktretende. [...] Wir können keine Kunst verstehen, wenn wir sie nicht auch in ihrem Verhältnis zu den anderen betrachten. [...] (Bluhme 135–137) Ich muß hier einen kleinen Ruhepunkt machen und zum besseren Verständnis diese Einteilung mit einer anderen vergleichen. Die oben vorgetragene war mehr von der empirischen Seite hergenommen. [...] Ast geht vom Schönen aus, welches entweder am Objektiven oder am Subjektiven gezeigt werden könne. Dort sei es Darstellung der Schönheit an der Wah r h e i t , Realität; hier an der Eig enheit. Nun steht der Realität die Idealität gegenüber, und die Eigenheit müßte so genannt werden. Aber das Ideale muß auf beiden Seiten sein. Diese Duplizität will also schon nicht recht rein herauskommen. [...] Die Plastik gehört zu dem Zweig, wo Produktivität der Vorstellungen ist, die Musik zu dem anderen Zweig, wo das Gefühl produziert. Freilich ist letzteres das Subjektive, jenes das Objektive. Indem aber in der Plastik die Kunst auf eine freie Art produktiv ist, kann man dies nicht jenem so entgegensetzen. [...] Was wird aber nach dieser Einteilung aus der Poesie, die sich zur Plastik verhält wie Gedanke zum Bild, was aus der Mimik? Diese 23 .] ; 25–30 Vgl. die Sachanmerkung zu S. 84,31–36

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bekommen einen ganz anderen Platz. Was wir Mimik nennen, nennt Ast Orchestik, was freilich einen Teil ausschließt. Ast stellt dies dar als Identität von Plastik und Musik. Von letzterer ist die Reihe, von jener der organische Leib genommen. Wenn man aber Plastik in so weitem Sinne nimmt wie Ast, nämlich auch für Malerei, so kann man es doch nicht Identität von Plastik und Musik nennen. [...] Wenn wir schon den Ausdruck in der Mimik uneigentlich nennen müssen, so gilt dies noch weit mehr von der Poesie. Auch diese stellt doch nur eine Reihe dar. Daß es hier ein Maß geben muß, ist nicht der Musik eigen, und darum repräsentiert die Poesie nicht die Musik, sondern das ist aller Kunst eigen. Die Ähnlichkeit mit der Plastik reduziert sich immer darauf, daß sie Vorstellungen produziert, und die Plastik hat auch in allen Zweigen das Maß. Man kann auch sagen, die Plastik sei Identität von Poesie und Musik. [...] [Auch die Schellingsche Ansicht. Haupteintheilung in bildende und redende nach Materie und Sprache. [...] Der Ort der Musik erscheint gleich zweideutig, indem wir sie unter die bildende schwer bringen, und zur Noth auch den bloßen Ton als herabgedrükte Sprache ansehn können.] (Man müßte ein Verhältnis setzen zwischen dem Ton für sich und dem bezeichnenden Ton als Wort. Dies läßt sich nicht denken, weil das Wort den Ton in sich schließt; man mag den Ton nach Höhe und Tiefe, Schnelle und Langsamkeit einteilen. Man kann nur den negativen Gegensatz machen: Das eine ist nicht zugleich Gedanke. Das streng Gemessene ist die Grundbedingung also auch der Poesie. So läßt sich auch diese nicht trennen.) [...] Die Plastik ist zwar in sich sehr vollendet; wenn wir aber auf den Unterschied sehen, weil jedes einzelne poetische Werk gewissermaßen eine ganze Welt in sich schließt, so müssen wir sagen, daß diese Einteilung doch auch darauf geht, die Poesie über alles zu stellen, so daß die Erfindung in jeder Kunst als das Poetische angesehen wird. [...]

17–21 Auch … können.] ergänzt nach Schleiermacher: Kollegheft Ästhetik 1819, S. 85,12–18 1–3 Vgl. die Sachanmerkung zu S. 92,9–13 S. 85,12–13

17–18 Vgl. die Sachanmerkung zu

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Das Verhältnis der einzelnen Künste zueinander (Bluhme 137)

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Über das Verhältnis der Künste haben wir oben folgendes gefunden: E r s t e n s verhält sich Musik zur Mimik wie die beiden natürlichen Elemente für den unmittelbaren Ausdruck des Gefühls. Sie hören auf, Ausdruck hierfür zu sein und treten mehr auseinander, aber das ursprüngliche Verhältnis der Elemente bleibt. Wir müssen also schon im voraus eine Verbindung zwischen ihnen annehmen. Zw e i t e n s haben wir gesehen, wie die am meisten entgegengesetzten Enden der Kunst darin bestehen, daß sie sich einerseits dem unmittelbaren Gefühl, andererseits den objektiven Vorstellungen anschließen. Beides ließ sich nicht trennen, und deswegen scheinen auch beide Klassen einander anzuziehen. Jedes Minimum sucht sein Maximum. So ist in dieser Einteilung schon ein Bestreben aller Kunst nach Zusammensein angelegt. Wir können dies ebenso auf der anderen Seite verfolgen. Denn wenn wir die bildende und redende Kunst nebeneinander stellen, so kann das Bild auch nur durch den Gedanken verstanden werden. Es scheint, als müsse es überall den Gedanken suchen. Es ist ja auch offenbar, daß z. B. alle mythologischen Darstellungen der bildenden Kunst gar nicht verstanden werden könnten und daß ebenso die Gedanken Bilder in uns erzeugen. Ferner ist klar, daß die Plastik die Dinge an und für sich darstellt und von diesem inneren Typus nur diese innere Seite zeigt. Die Malerei aber stellt die Dinge dar, wie sie durch das Licht verbunden sind; also mehr in ihrem Zusammensein, womit eine andere Seite des inneren Typus gezeigt wird. Wenn wir z. B. eine Figur in einem Gemälde darauf prüfen, ob die reine Zeichnung korrekt ist, so setzen wir das Malerische in Identität mit der Plastik und abstrahieren von dem übrigen. Hier finden wir also überall ein gegenseitiges Zusammengehören und gegenseitige Abhängigkeit. Wir haben auch hier das Zwiefache gefunden, daß das eine das andere erzeugt und verständlich macht. Das ist aber nur ein Unterschied des Grades. [...]

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Das gilt auch von den drei wesentlichen Formen der Poesie bei den Alten. Das Dramatische war immer mit Musik und Mimik, das Lyrische mit Musik verbunden. Das Epische schien für sich allein zu sein. Aber das eigentlich Wahre und Lebendige war die Ausführung durch die Rhapsoden, wo auch in untergeordneter Weise Gesang und Mimik vertreten waren. Dies war das Volksmäßige; die Lehre, die es

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enthielt, nur das Nebensächliche. Als Lehrmittel tritt die epische Kunst schon aus ihrem Wesen heraus. [...] Bei uns ist das Zusammensein der Poesie mit anderen Künsten etwas sehr Untergeordnetes. Ob jemand Musik zum lyrischen Gedicht setzt, ist zufällig. Die Musiker klagen sogar, daß der Dichter nicht an die Vertonung denke. Beim Drama ist es ähnlich. Das beste ist das, bei dem man fühlt, daß es nicht aufgeführt werden kann. Man läßt sich die Aufführung nur gefallen als ein Mittel, sieht sie nicht als Vollendung an. Es ist eine Art von schlechter Gesellschaft, wenn der Dichter mit dem Schauspieler in Kompagnie tritt. Bei den Alten existierte das Drama gar nicht außerhalb der Aufführung. In der Oper kommt bei uns die Poesie vollkommen ins Gedränge. Man hat noch gar nicht daran gedacht, einen Text zu machen, der für sich gelesen werden könnte; ebenso klagt der Musiker, daß er durch den Text beschränkt sei. Jede Kunst wäre also heute am liebsten für sich allein. Man könnte sagen, es gebe hier und da auch eine Oper, etwa von Metastasio, die auch erträglich zu lesen sei; andererseits sei auch das Band zwischen Poesie und Malerei durch die Dekorationen viel inniger, sowie auch ein Teil der Mimik bei uns weit mehr hervortrete. Das Theater habe sich nur überhaupt auf das Privatleben zurückgezogen, das Drama behandle das Fremde mit derselben Liebe; so müsse denn dafür das epidemische Interesse geringer sein. Dergleichen läßt sich sagen, wenn man die ganze Sache von einzelnen Standpunkten aus betrachtet. [...] Freilich kann dies mißverstanden werden. Eine Beziehung auf die Idee der Gottheit kann auf jedem Punkt für sich gemacht werden, weil eines ihr so nahe liegt wie das andere. Aber die Idee der Welt kommt uns nur in der Kombination selbst zur Anschauung. Nur auf verschiedenen Punkten kann auf dieses allgemeine Prinzip der Kombination hingewiesen werden. Die Beziehung auf die Idee der Welt kann also nur mittelbar gemacht werden, indem das Einzelne schon mehr in Verbindung mit allem übrigen gesetzt ist. Es kommt also auf das bewegende Prinzip an, das sich freilich bei der Anwendung auf unsere Differenz nicht allenthalben unmittelbar verständlich zeigt. In der antiken Kunst war die Idee der Welt dominierend, was wir in der modernen Kunst viel weniger finden. Diese ist in ihren Gegenständen viel unbestimmter, fast unendlich. Im antiken Zyklus 17–18 Pietro Metastasio, Pseudonym des italienischen Dichters und Librettisten Pietro Antonio Domenico Bonaventura Trapassi (1698–1782)

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des Göttlichen und Heroischen sind das Symbolische und Historische ineinander. Daß die Götter bestimmte Figuren mit relativem Gegensatz sind, daß sie auch individuelle Naturen sind, die ein ganzes großes System postulieren, das nie erfüllt ist, sondern nur in seinen Grundzügen festgestellt werden konnte, das zeigt, wie dort die Idee der Welt vorzüglich das Dominierende war. Die Richtung entwickelt sich aus der Stimmung, das Bewußtsein der Welt darzustellen. Aus dieser Richtung ist jenes System hervorgegangen, welches indirekt die Totalität enthält, so daß wir in sie übergehen können. Es gibt von der Idee des Zeus zu unserer Gottheit so wenig eine Brücke als von Mars oder Venus. In diesem Zyklus, der an und für sich für die bildende und redende Kunst indifferent ist, mußten diese einander gegenseitig anziehen und in unmittelbarer Beziehung stehen. [...] Der Ton ist ein unmittelbarer Ausdruck des Gefühls, aber als solcher roh, ungemessen, chaotisch. Er wird erst ein Kunstelement, indem er aus dem unbestimmten Zustand in einen bestimmten übergeht. Dann aber ist er imstande, die verschiedenen Stimmungen des Menschen auszudrücken. Kompliziert er sich mehr, so verwirrt sich das freilich. Bei einer einfachen Melodie merkt es ein jeder, bei größeren Tonmassen wird es einer Andeutung bedürfen. Indessen müssen wir dies als Überladung ansehen. Die Musik ist schon an und für sich etwas Unendliches, so hat sie nur Sinn in Beziehung auf die Gottheit. Hier sind schon entgegengesetzte Stimmungen gegeben, so daß die Stimmung sich reproduziert. Dagegen bedarf es erst einer objektiven Vermittlung, wenn eine Relation zur Welt ausgedrückt werden soll. Hieraus werden wir auch das entgegengesetzte Verhältnis zwischen der Mimik der antiken und der modernen Kunst verstehen. Dort war die Mimik ebenfalls an die zyklischen Gegenstände geheftet und konnte so teils an Poesie gebunden, teils mit Musik allein verbunden sein. Bei uns ist ein pantomimisches Ballett ein rechter Unsinn, eine Qual für alle, weil niemand es ohne Beschreibung verstehen kann. Daher hat dies auch nie rechten Platz gewinnen können. Dagegen konnte bei den Alten die Pantomime der Poesie entraten, weil die Gegenstände als bekannt angesehen werden konnten. Die Selbständigkeit war aber auch hier nur eine relative. Der Kanon mußte für die mimischen Kunstwerke niedergelegt sein in der Poesie. Bei uns hingegen ist eine unmittelbare Anregung zum Ineinandersein von Musik und Mimik eigentlich gar nicht vorhanden, wenigstens nicht in der großen ernsten Kunst, sondern nur in der spielenden, und auch dort, wo sie sich dem unmittelbaren Gefühl am meisten nähert. Es ist die Kunst, die wieder in das Kunstlose gleichsam zurückgeht. Der Tanz in der Oper bekommt seinen Gegenstand durch den Inhalt des Stückes.

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Dagegen können wir uns die Musik isolieren, wovon die ganze Kunstrichtung der Alten sich abwandte, da sie immer eine objektive Vermittlung zur Welt brauchten. So gilt dasselbe auch von der mehr geselligen und leichten Seite unserer Kunst. Auch diese geht mehr in die Subjektivität zurück und hat daher auch weit mehr den Charakter des Zufälligen. Daher finden wir auch auf dieser Seite, daß sich die Kunst mehr isoliert hat. Dies ist das klarste Schema, das wir zugrunde legen können. Aber wie stand es bei den Alten eigentlich mit der bildenden Kunst? Sie war überwiegend religiös. [...] Die Alten hatten Fresko- und enkaustische Gemälde. Letztere waren klein nur zu Verzierungen bestimmt, die großen hingegen mit Architektur und Plastik zusammen. Dieselben Gegenstände gaben sich allen Künsten auf gleiche Weise her. Daß irgendein Kunstwerk isoliert gestanden hätte, gehörte doch immer zu den Ausnahmen (z. B. in Hainen, auf Straßen). Aber die Regel waren immer die Tempel. Hier bilden sie immer ein religiöses und mystisches Ganzes. Bei uns ist keine solche Verbindung. Bei Kirchen, die einem Heiligen geweiht sind, kommen wir in die Legenden, die mit dem Mythus Ähnlichkeit haben. Aber wir finden hier durchaus nur eine untergeordnete Verbindung mit diesen Gegenständen. Die Legende ist untergeordnet unter den ganzen Kreis der heiligen Geschichte. Man kann von Christo nie sagen, daß er als eine bestimmte Natur gedacht ist, und die anderen treten mehr in Unbedeutendheit zurück. So isoliert sich jeder mehr für sich, verläßt sich darauf, daß die Hauptrichtung auf die Idee der Gottheit diesen Mangel heben werde. Hieraus wird sich wohl dieses Verhältnis im ganzen begreifen lassen. – Je mehr der Mythos verschwindet und das Historische hervortritt, desto mehr hört die Beziehung auf die Kunst auf. Der erste Perserkrieg hat eigentlich immer noch einen mythischen Charakter. [...] Niemand wird behaupten, daß das neue Drama auf derselben Stufe stehe wie das alte, daß es gleiches Interesse errege oder nur ähnlich sei. Die alte Form hat für uns nicht die Bedeutung mehr. [...] Er hat einen unendlichen Stoff; und indem die Charaktere doch die Hauptsache sind, wird gerade darin dem Künstler doch die Erfindung überlassen. 37 Er] lies: der Roman 30 Gemeint ist wohl die Schlacht bei Marathon (490 v. Chr.), bei der das athentische Heer (laut Herodot unter dem Strategen Miltiades) das persische Expeditionskorps des Dareios I. erfolgreich zurückdrängte.

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[...] Unser romantisches Heldengedicht ist nicht unter das Epos zu bringen, ohne dem einen oder anderen Gewalt anzutun. Die lyrische Poesie leidet am meisten eine solche Vergleichung, das Drama aber wieder gar nicht. In der modernen Kunst ist etwas schlechthin Unendliches. In der alten Kunst tritt etwas hervor, was diese Unendlichkeit von Urtypen besser repräsentiert, hingegen geht die moderne Kunst weit weniger darauf aus, das zur Anschauung zu bringen, sondern es wird das, wodurch die subjektive Kunst sich unterscheidet, mit in den Charakter der objektiven hineingebracht, so wie umgekehrt bei den Alten. Diese Objektivität und Subjektivität werden wir ebenfalls bei der Vergleichung zugrunde zu legen haben.

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Verfahren bei den einzelnen Künsten (Bluhme 146–150)

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Schon weil wir in der modernen Zeit stehen, werden wir am besten bei den Künsten anfangen, wo dieser Haupttypus sich am deutlichsten offenbart. [...] Diese aber sind für uns nicht von gleichem Wert. Die Mimik kann bei uns unmöglich selbständig sein, bei den Alten verschmähte sie auch die Musik nicht. Obgleich aber die Mimik nie für sich ist, können wir doch mit ihr anfangen, da sie etwas Elementares an und für sich ist und weil sie auf direkte oder indirekte Weise in die anderen übergeht. Wir werden von da zur Musik übergehen. Die objektive Seite wird dann als die bedeutendere folgen. Hier können wir aber nur mit den bildenden Künsten anfangen. Diese haben den unmittelbar sinnlichen Charakter mit den anderen gemein. Die redenden erfordern die meiste Produktivität in dem, der sie auffassen will. Schon in dieser Hinsicht, da sich bei den ersten Künsten die größte Passivität des Beschauers verträgt, ist hier der größte Gegensatz. So werden wir mit Poesie schließen, in der auch das Ineinandersein der Kunst am meisten zum Vorschein kommt. Je mehr dieses Verhältnis verschoben wird, desto mehr ist auch eine Abartung zu bemerken. [...] Wir finden, daß jede Kunst sich in verschiedene Gattungen teilt. Nun dürfen wir freilich kein durchgehendes Teilprinzip vermuten, da jede Einteilung auch auf der Eigentümlichkeit der einzelnen Künste 18 Diese] lies: Mimik und Poesie

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beruht; aber das Elementarische ist in allen Gattungen dasselbe, weil es durch das eigentümliche Wesen der Kunst selbst bestimmt ist. [...] Die Verschiedenheit von dieser Seite [der darstellenden und auffassenden Organe] in ein System zu bringen, kann nur geschehen, wenn wir die verschiedenen Funktionen in ein System bringen wollen. Wir müssen uns mehr an die identische Seite halten und das Übrige empirisch betrachten, bis beides sich durchdringt. [...] Das Urbild ist bloß ein abstraktives Mittelglied; im Verhältnis zum Musiker müssen wir es konkret fassen: eine bestimmte Richtung auf den Ton. [...] Die Kombination der Gestalten, die Gruppierungen, sind schon Übergang aus der Plastik in die Malerei. Die Gruppe kann nur als Mittel angesehen werden, die einzelnen Gestalten zur rechten Anschauung zu bringen. [...] Die Poesie beruht auf dem Sprachvermögen und der Produktivität der Sprache. Man darf nicht d e n einen Poeten nennen, bei dem sich eine Reihe von sinnlichen Bildern in die Sprache übersetzt. Es ist die gleiche reine Produktion der in der Sprache verkörperten Vorstellungen. Die Poesie will nicht bloß Vorstellungen mitteilen. [...]

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Das Allgemeine und Besondere jeder Kunst (Bluhme 150–152)

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Wir müssen uns das Allgemeine und Besondere jeder einzelnen Kunst als die beiden Brennpunkte denken, zwischen denen die ganze Kunst konstruiert wird. Wir haben also eine Duplizität und einen doppelten Gegensatz. Wir können uns die Phantasie als das Primitive denken, durch die die organische Konstitution zu einer Kunsttätigkeit bestimmt wird. Aber wir können uns auch umgekehrt die organische Konstitution als das Primitive denken, so daß die organische Seite der Kunst das Dominierende ist. [...] Das ganze Leben ist nichts als ein solches wechselseitiges Spiel. Die Phantasie ist die innere Kraft, der Organismus die äußere Anregung. Man kann im ganzen Leben beides als primitiv betrachten. Das ist das Geheimnisvolle in der Natur, daß wir zwischen beiden schwanken, dem Spiel zwischen Freiheit und Notwendigkeit. Es ist eine Ein-

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seitigkeit des Urteils, immer das eine allein zu setzen. Wir können uns relativ eins so gut denken wie das andere. Im allgemeinen können wir dies im Gegensatz zwischen Erfindung und Ausführung zusammenfassen. Die Kunst wird sich also auf zwei verschiedene Arten produzieren können. Bald dominiert die Erfindung, bald die Ausführung. Von diesem Gegensatz war schon früher die Rede, aber von einem anderen Punkte aus. Wir können jetzt den ganzen Gegensatz mehr genetisch betrachten, sei es, wie die Kunst im einzelnen oder im großen wird. [...]

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[Zweiter Theil. Darstellung der einzelnen Künste]

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Man leitet bildende Kunst und Poesie sehr einseitig aus dem Bedürfnis ab, die Leidenschaften zu stillen. Aber aus dem kunstlosen Bilden geht jene so wenig hervor wie die Poesie aus dem kunstlosen Sprechen. Letzteres muß erst Gesang geworden sein.

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[Die begleitenden Künste] [Mimik] Stellung und Bewegung (Bluhme 154–155) [...] 10

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Durch die Mimik soll eine momentane Erregung, durch die Orchestik die Stimmung bezeichnet werden. Nun haben wir freilich gesagt, die Kunst solle nicht aus momentanen Erregungen hervorgehen. Das geschieht aber auch nicht bei der Mimik; denn die Darstellung der Erregung ist nur das Moment. Die Mimik ist also nur das Mittelbare, weil erst aus einer Reihe von Stimmungen die Vorstellung entsteht. [...]

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Bekleidung (Bluhme 155) [...] 20

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So wie die Seele ohne Zwietracht durch den Leib hindurchscheinen muß, so darf keine Zwietracht zwischen Leib und Kleidung sein. In dieser zwiefachen Harmonie sind die Elemente dieser Kunst beschlossen. [...] Die Bekleidung fällt also mit in das Gebiet unserer Kunst hinein. Man hat dies als eine eigne Kunst darstellen wollen, was freilich nicht haltbar ist, da die Kleidung bloß als Sache des Bedürfnisses erscheint. Sie darf aber kein Hindernis sein und so gehört sie negativ hierher. Die Kleidung besteht aus zwei Elementen: Bedeckung zum Schutz, oder freie Um h ü l l u n g, um Freiheit des Raumes zu gewähren. So ist der Einfluß von der letzteren Seite aus ein positiver, von der ersteren ein negativer. [...]

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Wenn wir alle vorbereitenden Bewegungen unter dem Namen Gymnastik zusammenfassen (freilich nicht ganz genau), so gehört zwar Gymnastik zur Vollkommenheit der Mimik, aber sie ist doch nicht Mimik selbst. Man braucht dem Gymnastiker nicht anzusehen, daß er Mimiker ist. [...] Die Mimik ist im einzelnen bezeichnend; aber das Einzelne soll mehr das Unmittelbare ausdrücken, am meisten dort, wo das Gefühl im Begriff ist, in Handlung überzugehen. Es ist aber kein wirkliches Gefühl, sondern der bestimmte Charakter in den einzelnen Ausdrücken, die Stimmung. [...] Die Gesichtsbewegungen sind als Ausdruck der Seele das leiseste Zeichen, indem schon die geringste psychische Bewegung etwas hervorbringt, das als Bezeichnung hinreicht. Hier wird durch die Gesichtsbewegung alles andere gemessen, sonst wäre kein Maß in der Mannigfaltigkeit. Anfang und Ende können wir aber nur in der Gesichtsbewegung wahrnehmen, weil sie das erste und letzte ist. Hingegen bei der Orchestik, wo die Stimmung unmittelbar durch die Bewegungen dargestellt werden soll (das Fröhliche oder Schwermütige), da soll das Momentane gar nicht hervortreten. Gesichtsbewegungen dürfen nur im Entstehen-Wollen sein, aber sich nicht fixieren. [...] Indem im Tanz ein entgegengesetztes Verhältnis der Gesichtsbewegungen zu den Leibesbewegungen vorhanden ist, entsteht ein Widerspruch, der nie rein, sondern nur im Wechsel zu lösen ist. Eine sehr schwierige Aufgabe; daher können wir sie erst zuletzt betrachten.

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Orchestik im engeren Sinne, eigentliche Tanzkunst (Bluhme 158–161) Wir finden den Tanz überall, schon auf ziemlich rohen Stufen der Kultur; hier freilich ist der Übergang zum Kunstlosen. Erst wenn ein Volk einen gewissen Grad der Bildung erreicht hat, kann der Tanz als Kunst hervortreten. Vorher ist er nicht vom Epideiktischen zu unterscheiden; er scheint nur dazu bestimmt zu sein, das Bewußtsein von der Kraft oder der Beweglichkeit des Körpers zu erhalten. Dies kommt daher, weil hier das ganze Bewußtsein des Menschen mehr im ungehemmten leiblichen Dasein ist. So wie das Übelbefinden nur das Bewußtsein vom gehemmten leiblichen Dasein ist, so ist die Stimmung selbst nur auf das Leibliche gerichtet, nicht auf das Geistige. Wenn sich aber das geistige Leben schon entwickelt hat, und also der Leib mehr als Organ, nicht als unmittelbarer, ausschließender Sitz des Le-

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bens seinen Charakter hat, können die Bewegungen nicht mehr die Beweglichkeit des Leibes für sich, sondern die Einheit von Seele und Leib in dieser Beweglichkeit zeigen. Diese Unmittelbarkeit, wie die Seele sich im Leib manifestiert, muß gezeigt werden. [...] Der Tanz ist nur künstlerisch, wenn er volkstümlich ist; und dazu gehört, daß der Kern des Volkes sich frei bewege, daß ein gewisses Volksleben da sei, so daß leichte Übergänge auf alle verschiedenen Zweige möglich sind. Mimik im engeren Sinne (Bluhme 161–163)

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Wenn es wirklich eine solche Gewalt der Kraft und des Willens über den ganzen Körper gäbe, so wäre die natürliche Folge, daß der eigene Charakter dabei verloren geht. Es ist gar nicht zu leugnen, daß das Mimische zurückwirkt; man sieht immer das Analogon psychisch entstehen, sonst wäre auch gar keine Einheit möglich. In dieser beständigen Nachahmung muß der Mensch ein bis ins Unendliche beweglicher Automat werden. Wenn aber diese Leichtigkeit immer mehr zunimmt, muß doch die Kraft, einen Charakter zu erreichen, allmählich abnehmen. Es mögen wohl nur äußerst wenige Fälle sein, wo nicht Künstler im Manierierten geendet hätten, oder wo die Entwöhnung von dem eigenen Charakter noch nicht so weit eingetreten ist, daß sie die eigene Kraft zerstörte. [...] (Bluhme 163–165) Bei uns ist [im Gegensatz zur Antike] keine solche spezielle Gegenwart des Dichters möglich, so wie ja auch die Stücke auf jeden Ort passen. Also ist es auch schon aus diesem Grunde kein Wunder, wenn sich die moderne mimische Kunst nicht ordentlich gestalten will, daß sich keine objektiven allgemeinen Ansichten in ihr feststellen und sich keine Regeln geben lassen. Denn was En g e l u. a. geben, sind z. T. technische Regeln, z. T. bloße Einfälle. [...] Die Prosa hält mehr die Aufmerksamkeit auf das Gesicht, die Poesie leitet davon weg auf den ganzen Körper. So ist dort eine überwiegende Neigung zur Gesichtsmimik. Prosa und Gesichtsbewegung ziehen einander an. Von einem Gesicht dagegen, das Verse vorträgt, verlangen wir nichts, als daß es das reine Organ der Poesie sein soll. 30–31 Vgl. Johann Jakob Engel: Ideen zu einer Mimik, Berlin 1785–86

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Zweiter Teil · Vorlesungsnachschriften

Wir wollen keine Ergänzung, sondern nur eine harmonische Begleitung. Aus diesen beiden Erwägungen begreift sich der Unterschied der antiken und modernen Kunst, so daß das Moderne nie das leisten kann, was jene leistet. Daraus ist schon der kränkelnde Zustand zu begreifen, in dem sich unsere Bühnenkunst befindet, so daß man zweifeln möchte, ob wir überhaupt zur Ausübung dieser Kunst bestimmt sind.

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Übersicht der Mimik (Bluhme 166–167) [...] 163

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Auch von dieser Seite angesehen war es ein großer Vorzug der alten dramatischen Kunst, daß sie alles in Poesie gab, wobei die Sprachmimik weit gebundener war. Denn es ist weit schwieriger, gute Verse schlecht vorzutragen als gute Prosa. Die Akzentuation muß sich doch der Vers selbst geben. In der Prosa aber sind alle einzelnen Glieder weit loser aneinander gebunden, die Periode ist weit schwerer zu übersehen. Die Sprachmimik ist die Zentrale für die antike und für die moderne Behandlungsweise. Wie stellen sich aber die beiden anderen Elemente dagegen? Hier haben wir das umgekehrte Verhältnis. Der antike Mimiker stellt die Gestalt, der moderne die Gesichtsbewegung voran. Wir verzeihen weit eher Unbeholfenheit der Gestalt, wenn wir durch Mienenspiel befriedigt werden. Es liegt darin zu gleicher Zeit ein gewisses Gelüste, mehr sein zu wollen als bloßer Zuschauer. Der Zuschauer wird durch das Grandiose der Bewegung der ganzen Gestalt befriedigt. Aber im Mienenspiel liegt noch etwas anderes. Wir wollen die Ergänzung der Person finden. Das kann aber gar nicht vollständig gegeben sein. Wir haben aber die Freude, daß wir auch u n sere Erfindung hinzubringen können, um die Person des mimischen Künstlers zu ergänzen. Vollkommenheit der Mimik (Bluhme 167–171)

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[...] Uns gefällt die französische und italienische Bühne nicht. Man erklärt dies durch den Geschmack, der sich so gewöhnt hat, so daß das Ganze ein Produkt des Zufalls ist. Aber bei diesem Schein dürfen wir nicht stehen bleiben. Wir müssen uns daran halten, daß sich diese Differenz auf eine nationale Weise zeigt. Die mimischen Bewegungen haben nicht das Schicksal gehabt, so durcheinander geworfen zu wer-

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den wie der Tanz. Es ist nur eine vorübergehende Krankheit, wenn ein fremdes Volk die Mimik eines anderen annimmt. Wir können die Verschiedenheiten nicht für etwas Konventionelles, für das Werk einzelner, für etwas Traditionelles halten. Wir finden dasselbe außerhalb der Bühne beim gewöhnlichen Gespräch. Es ist ein veränderliches Maß, und dies muß auch veränderliche Formen veranlassen. So muß das Urteil auf die nationale Beobachtung hinausgehen. Das größere Maß und die größere Bestimmtheit führen dann zum Kunstgemäßen; aber deshalb wird auch auf der Bühne eines jeden Volkes der Ausdruck ein anderer. Wir können aber noch tiefer gehen und sagen: Auch die Bewegungen der Gemütszustände selbst sind nicht dieselben. Die Differenz liegt schon im ersten Impuls. Zwischen Gemütsstimmung und Rede tritt immer Reflexion ein. Auch dies Verhältnis zwischen den beiden Hauptmomenten, der unmittelbaren inneren Erregung und der Reflexion, ist bei verschiedenen Völkern ein anderes. Der Übergang der unmittelbaren Erregung in die Reflexion, d. h. aus dem Pathematischen, in das freie Besonnene muß sich abspiegeln. Das ist aber nichts als die Verteilung der Bewegung unter die beiden entgegengesetzten Zustände: das Gefühl und die Gedanken. Es gehört zur Vollkommenheit der poetischen Rede, daß ein untergeordneter Gegensatz zwischen der Rede und dem Silbenmaß sein müsse, damit das Ganze nicht ermüde. Die übrigen Bewegungen gehorchen der Sprachmimik und dem Silbenmaß. Wenn wir uns denken, daß einer sich gegen das Silbenmaß bewegen wollte, würden wir es widersinnig finden, aber auch, wenn seine Gestikulation mit der Rede in Widerspruch stehen sollte. Also hier teilen sich die Bewegungen in die verschiedenen Klassen; sie sind auch der Reflexion untergeordnet, aber doch noch ununterbrochen aus der ersten Bewegung hervorgegangen. So haben wir auch hier einen doppelten Gegensatz. Die Gegensätze in der mimischen Ausführung (Bluhme 171–175) [...]

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Je weniger die Kunst auf ihre natürlichen Prinzipien zurückgeführt wird, desto leichter kommt man auf Überladung durch Konventionelles. Ebenso, wenn es an richtiger Anschauung fehlt, wie das Natürliche in das Kunstgemäße umgewandelt wird, muß immer die Besorgnis entstehen, daß man sich an ein Minimum der Bewegung hält. Dieser Gegensatz fixiert sich örtlich; jenes ist der südliche, dieses der nördliche Fehler. [...]

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Dieser Gegensatz zwischen Natürlichem und Gekünsteltem ist aber vom vorigen [zwischen dem Toten und dem Überladenen] zu unterscheiden. Denn das Erkünstelte und Natürliche ist etwas rein Q u a l i t a t i ve s , kann also auch ohne das Tote stattfinden. Der erste Gegensatz beruht auf der K o n s t i t u t i on, der zweite auf entgegengesetzten Maximen, die auf M i ß ve r s t ändnissen beruhen. Eine solche Maxime wäre etwa: Die Kunst müsse überall die Natur wiederzugeben suchen. Dadurch verschwindet ihr natürlicher Unterschied von der Natur, und es bleibt nur reine Nachahmung. Ein anderer Grundsatz wäre: Die Kunst als etwas mit Bewußtsein Hervorgebrachtes dürfe in keinem Punkt dem ähnlich sein, was sich unwillkürlich bildet. Beide Maximen erzeugen sich gegenseitig auseinander. Denn indem man den unangenehmen Eindruck des Erkünstelten bestimmt, entsteht die Neigung zum Natürlichen und umgekehrt. [...] Die Alteration verändert die rein leiblichen Lebensbewegungen, aber zerstört sie nie, bis die Einheit zwischen Leib und Seele selbst gestört ist. Die Kunst aber soll die Störung, die unregelmäßigen Bewegungen, nicht aufnehmen. Nun haben aber im gewöhnlichen Leben die Bewegungen innerhalb des Geistigen kein solches Maß. Auch dies ist zwar eine Störung, aber eine solche, die mit dem Leben notwendig zusammenhängt, sofern jeder Punkt ein unendlicher ist. Aber die Kunst schließt das Unendliche aus, sie will das Abgeschlossene. Wir haben gesehen, daß in der Poesie der Mensch nie ganz da ist. Es ist nur eine einzelne Beziehung rein erfaßt, alles übrige ausgeschlossen oder nur mittelbar dargestellt. Man könnte vielleicht sagen, dies begründe den wesentlichen Unterschied zwischen Prosa und Poesie, daß dort das Maß aufgehoben ist wegen des Unendlichen. In den Bewegungen ist dies Zusammenhängen weit leichter zu begreifen. So haben das wirkliche Leben und die Kunst keine gleiche Wahrheit; jene beruht auf dem Zusammensein, diese auf dem einzelnen Sein. Wenn man das Gemessene auf das wirkliche Leben anwendet, sagen wir, man affektiere, d. h. man hemme absichtlich das natürliche Zusammensein, wodurch das Maß beherrscht wird. [...] Es scheint, als wenn es dem Komischen eigen wäre, die Natur in der Überladung wiederzugeben. Die Karikatur zerstört diesen Schein; aber auch im Tragischen gibt es eine Karikatur. Wenn wir das Komische für sich betrachten, so unterscheiden wir das Hochkomische und das Niedrigkomische. Letzteres können wir aber nicht mehr als reine Kunstform gelten lassen. Jenes trägt aber durchaus nicht die Annäherung an die Karikatur. So scheint also dieser Gegensatz doch unbegründet. Das Komische scheint eben darin zu bestehen, daß es das Maß festhält, sowie andererseits den Zusammenhang der natürlichen Ausdrücke.

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Gruppierung (Bluhme 176–177)

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Ein solcher Widerspruch scheint nach dem bisher Gesagten vorzuliegen. Denn wenn die Bewegung aus dem Mittelpunkt des Lebens, der Indifferenz zwischen Geistigem und Leiblichem, hervorgehen soll, so scheint dies die ganze Bewegung einzunehmen. Nun nehmen wir aber [mit der Gruppierung] noch eine andere Forderung dazu. [...] Hierauf beruht die ganze sittliche Natur des Menschen; zuerst das Gesellige und das, was dahin gehört. Es entsteht in jedem einzelnen ein gewisses Gemeingefühl, worin das persönliche Bewußtsein bis auf einen gewissen Grad untergeht. Das Verhältnis kann verschieden sein, aber nie kann eins ganz Null werden. Nun geht also die Forderung auf eben das zurück, woraus wir uns erst den Gedanken einer Bewegung konstruiert haben, auf das innerste Lebensprinzip. So stören sich die Forderungen nicht, und weder die Gemessenheit noch die Naturgemäßheit wird dadurch verringert. Sie wird erst vollkommen, wenn jene Forderung zugleich erfüllt wird. Wir legen es offenbar dem Künstler als Fehler zur Last, wenn kein gemeinsames Maß in ihm ist oder wenn die Bewegung nicht rein aus seinem Innersten hervorgegangen ist. Auf eins von beiden führen wir es zurück. Denn auch das Innere selbst soll auf eine bestimmte Weise modifiziert sein durch das Bewußtsein vom Zusammensein mit anderen. [...] [Pantomime] (Bluhme 177–180) Der Form nach ist sie eine Reihe von Bewegungen mit bestimmtem Charakter. Hier ist die Stimmung ohne Veranlassung gesetzt. Die Stimmung wird in einem einzelnen Exempel dargestellt. Das Allgemeine wird auf eine bestimmte Weise ein Einzelnes. So erscheint die Pantomime allerdings als etwas Höheres, weil eine bestimmtere Einheit darin ist als im Tanz, so daß ein genaueres Verständnis möglich ist. Als verkürztes, verkümmertes Drama können wir sie deshalb betrachten, weil eine bestimmte Handlung sonst immer durch die Rede dargestellt wird; es ist also ein verstummtes Drama. So erscheint uns die Pantomime als etwas Verringertes, und so muß sie auch unverständlicher sein als das Drama. [...] Das Verfehlte in der Pantomime fällt mit dem Verfehlen im höheren Tanz zusammen. Die epideiktischen Bewegungen der einzelnen

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sind an und für sich immer etwas Unverständliches; sie sind ganz getrennt von den vorhergehenden gemeinsamen Bewegungen des Chors. Die Bedeutsamkeit fällt weg und selbst von seiten der Schönheit empfehlen sie sich nicht als Leichtigkeit des Überganges von Stellung und Bewegung. So wird ein Substrat nötig, um sie von den Seiltanzkünsten zu unterscheiden, und das soll die Pantomime geben. Wie sehr dies aber verfehlt ist, zeigt das Bedürfnis der Beschreibungen. [Schlußbemerkung] [...] (Bluhme 180–185) Wir mögen den Wert der Mimik in der eigentlichen Kunstdarstellung noch so gering schätzen: diesen Wert der Zurückwirkung müssen wir immer gleich hoch ansetzen. Aber es ist offenbar, daß, wenn es an einem solchen Kunstzentrum fehlt, auch kein reines Maß über das Leben verbreitet sein kann. Es mag also der Mimik noch so viel Unvollkommenheit anhaften, und sie mag noch so wenig populär unter uns werden wollen, so ist doch notwendig, daß dieser Kunstzweig beständig im Werden bleibe. Auch hier wird es, wie in allen menschlichen Dingen, bei einem lebendigen Streben nach Entwicklung bleiben. Wenn es sich nicht entwickeln wollte, wäre es ein schlimmes Zeichen für die Anmut unseres ganzen Lebens. Wenn sich die Mimik nicht recht volkstümlich bilden will, so liegt das daran, weil hier der Einfluß der Gebildeten auf die niedere Volksklasse stattfinden soll. So kann es bei uns ein Schein sein, ganz anders als bei den Alten. Der Sinn für Harmonie wird so in den Ungebildeten geweckt. Das ist auch die einzige Seite, von der sich bei uns diese Anstalten verteidigen lassen. [...] Daß die Mimik etwas Höheres ist als die Orchestik, zeigt sich auch geschichtlich. Jene zeigt mehr den Rückgang in das Leben, diese den Ausgang aus dem Leben. Bei der Mimik wird es wieder Element des Bewußtseins der freien Produktion. Wenn erst im ganzen Leben Annäherung an das Maß stattfindet und wenn überall in dem Zusammensein mit den anderen Menschen sich das Feinste der Kunst zeigt, daß das gemeinsame, sich durchdringende Leben dies aufgenommen hat, ist das Leben selbst Kunst geworden. Das ist aber ohne Durchgangspunkt durch die eigentliche Kunstexistenz nicht möglich. Wenn die Besonnenheit nicht in die unmittelbaren Äußerungen des Gefühls mit hineinkommt, kann dies nicht erreicht werden. So ist also offenbar, daß wir das Kunst-werden-wollen der Mimik nicht unterdrücken dürfen; und es ist natürlich, daß, wo in einem Volk dieses Streben entstanden ist, es auch beständig bleiben muß, um auf das Leben zu wirken. [...]

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Darum ist in der Orchestik selten von einer Erfindung zu sprechen. Die nationale Form entsteht unbewußt. Die Erfindung liegt im gemeinsamen Leben. Wer aber in der eigentlichen Mimik als ein Erfinder erscheint, so daß er die Personen, die ihm der Dichter von der geistigen Seite her gab, leiblich erschafft, von dem müssen wir sagen, daß die Einheit in ihm stattfindet. [...] Je mehr die Mimik sich also der Plastik nähert, desto mehr nähert sie sich ihrem natürlichen Ende. Denn die Darstellung von Statuen, wie sie vor einiger Zeit gebräuchlich waren, sind Ausartungen. [...]

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(Bluhme 186–189) Der Rhythmus ist das differente, aber streng gemessene Verhältnis des Tones zur Zeit. Das bestimmte Maß ist hier wieder der eigentliche Charakter der Kunst. Gehen wir davon zurück, so sind wir auch an den Grenzen der Kunst. Wir können das deutlich merken bei den Abstufungen des Gesanges. Im Chor und in der Arie müssen streng gemessene rhythmische Verhältnisse sein, im Rezitativ kann das Ungemessene sein. Aber sowie das streng Gemessene verloren geht, ist man auch an der Grenze des Gesanges, und nur dadurch, daß dies nur einzelne Momente dauert, bleibt die Kunsthaltung. Ohne Rhythmus geht die Kunst, selbst bei Vorhandensein von Melodie, verloren. So ist der Rhythmus das erste und vollkommen unentbehrlich. Ein einzelner gleichmäßig gehaltener Ton, in dem nur die reine bestimmte Höhe und Tiefe und reine Dauer wäre, würde gar keinen Kunsteindruck machen. Dasselbe findet auch statt, wenn wir denselben Ton halten, aber mit rhythmischen Absätzen. [...]

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Die Töne (Bluhme 189–192)

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Wir wollen es auf die Leichtigkeit und Schwierigkeit zurückführen, womit die Seele die Schwingungen mißt. Die Verhältnisse können freilich nicht bestritten werden. Aber daß das Angenehme oder Unangenehme lediglich auf Zählen oder Messen der Schwingungen beruhen sollte, scheint undenkbar. Hier sind gewiß noch ganz andere physiologische Gründe.

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Wir können uns nun also die Melodie näher erklären als eine Reihe von aufeinanderfolgenden Tönen, so, wie sie in der natürlichen Tonleiter gegeben sind. [...] Es ist also nicht nur eine Differenz des Umfanges, es ist auch eine qualitative Differenz da. [...] (Bluhme 193–197) Was in einem tönenden Körper vorgeht, ist ebenfalls eine physische Untersuchung, die außerhalb unseres Bereiches liegt. Offenbar sind es Veränderungen in der Kohäsion des Körpers. Die Tonfähigkeit hängt von der Elastizität ab. Das erklärt die Sache durchaus nicht; der Ton ist daraus so wenig zu verstehen, wie aus der menschlichen Stimme allein; er ist auch Produkt der Luft. Dieser große Reichtum der Differenz ist die Erfindung des Menschen, und darauf allein beruht das Heraustreten der Kunst für sich allein. [...] Auch bei der Musik haben wir das Heraustreten aus und das Zurückgehen in die Rede. Die Rückwirkung der Kunst auf das Leben ist nicht zu verkennen; aber dies erscheint keineswegs als Hauptsache. Der Kunstumfang der Musik ist bedeutend größer, sie will ganz für sich allein heraustreten. [...] Der erste Unterschied beruht auf langsamen Bewegungen der Melodie in kleinen Intervallen und schnellen Bewegungen in großen Intervallen. Dies ist schon im natürlichen Ausdruck mehr Zeichen der Bewegung, jenes der Ruhe. Der zweite Gegensatz bezieht sich auf das Verhältnis der einzelnen Töne. Es gibt offenbar melodische Schemata, wo mehr die Folge der Intervalle als der Töne selbst, und andere, wo mehr die Töne zum Bewußtsein gebracht werden sollen. Dies muß offenbar eine entgegengesetzte Wirkung hervorbringen. Die Melodie ist in diesen Gegensatz eingeschlossen. [...] Das Vorherrschen der Harmonie bei uns ist durch die qualitative Differenz von Tönen bedingt. Allerdings hatten auch die Alten Blasund Saiteninstrumente, aber doch nicht in solcher Mannigfaltigkeit; und so war es natürlich, daß jedes Instrument mehr in seinem eigentümlichen Gebrauch festgehalten wurde ohne Verbindung mit anderen Instrumenten. – Die Vereinigung der Geschlechter ist zuerst wieder vom Christentum ausgegangen, und zwar zuerst in der Musik. So hinderte das ganze Leben die Vereinigung der zusammengehörenden Elemente der Kunst. Unser Ohr ist nicht imstande, manche Strophe der Alten als ein rythmisches Ganzes zu fassen. Die Musik mußte diese rhythmischen Differenzen wiedergeben. Die Melodie konnte

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sich nun nicht so ausbreiten, weil sonst das Verhältnis zur Poesie verändert wäre. So hat man mit Recht die antike Musik vorzüglich als rhythmisch, die moderne als harmonisch angesehen. [...] Solche Arten von Differenz kennen wir nur auf einem untergeordneten Gebiet, und zwar auf einem Gebiet, wo die Musik nur Nebensache ist, nicht auf dem größeren. [...] Eigentümliches Verhältnis bei der Musik zwischen Genialität und Virtuosität (Bluhme 198–200)

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Nur bei solcher Begeisterung werden wir uns erklären können, wie der Musiker für sich allein heraustritt. Freilich muß dann die Bedeutsamkeit, und was durch deren Fehlen an Klarheit abgeht, durch die Fülle ersetzt werden. Die Begeisterung muß die ganze Tonwelt beherrschen. Bei dieser Fülle verliert sich von selbst die Forderung, die Bedeutsamkeit im einzelnen zu suchen. Wir sehen nur auf das Ganze und die Fülle der ganzen spezifischen Begeisterung. Je mehr sich die Reinheit des Totaleindruckes einerseits und die Klarheit, mit der man das Zusammenstimmen der qualitativ verschiedenen Töne und entgegengesetzten musikalischen Elemente bemerkt, vereinigen, desto vollkommener ist das Kunstwerk. [...] Offenbar ergibt sich nun auch ein Gegensatz zwischen bedingter und selbständiger Musik, freilich nur ein relativer. Jeder organische Teil, den man schon als ein kleineres Ganzes setzen kann, muß im Zusammenhang mit der Mimik seine Befriedigung finden, und so zeigt sich weniger das Bedürfnis, eine ganze Fülle von Tönen entwickelt zu sehen. Diese würde nur zerstreuen, so wie wir eine qualitativ sehr zusammengesetzte Musik beim Tanz schon zu verwickelt finden. Hingegen ein rein musikalisches Ganzes, wenn es nicht eine gewisse Fülle von Gegensätzen qualitativ verschiedener Töne in sich schließt, erscheint uns dürftig und gewährt keine rechte Befriedigung. Relativ aber ist der Gegensatz nur; denn je zusammengesetzter das poetische und mimische Ganze wird, desto zusammengesetzter muß auch die Begleitung werden, desto weniger findet aber auch das Einzelne seine 2–3 Vgl. etwa A. W. Schlegel: Vorlesungen über die Kunstlehre von 1801/02 (KAV 1, S. 368): „Wenn wir nun in Ansehung dieser Hauptbestandteile die Musik der Alten und Neueren vergleichen, so finden wir daß in jener der rhythmische in dieser der harmonische Theil bey weitem complicirter ist und in dem ganzen vorwaltet.“

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Auslegung im Ganzen. Es will nur im Ganzen verstanden sein. Die Musik kann auch nicht den dialogischen Charakter des Dramas darstellen. Sie kann das Einzelne nur in dem Ganzen geben, was also schon eine Annäherung an die selbständige Musik ist, die auch nur das Totale gibt. Wir können dies alles in folgende Formel fassen: J e m e h r d i e M u s i k f ü r s i c h a llein g elten w ill, desto m e h r k a n n al l e s E i n z e l n e n u r aus dem Tota leindruck v ers t ä n d l i c h s e i n u n d d i e P r o d u k t i o n nur a us der spezif ischen To t a l b e g e i s t e r u n g ve r s t an d e n w erden. So erscheint es als Unvollkommenheit, wenn zwei ein Lied komponieren und wir keine Analogie zwischen beiden finden. Hingegen, wenn zwei eine Oper bearbeiten – sogar mit gleichem Text –, finden wir eine Abweichung weit natürlicher. Das Einzelne soll immer in der Idee des Ganzen aufgehen; aber weil sie einen anderen Stil haben, gibt es doch nichts, was sie nötigt, einander nahe zu bleiben. [...]

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Kirchen- und Opernstil (Bluhme 200–203) [...]

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Freilich zerfällt die Oper selbst in seria und buffa, und bei der ersteren wird es zweifelhaft, wohin sie zu rechnen. Diese Frage scheint bloß die logische Form der Sache zu treffen, aber sie geht tiefer. [...] Wir haben im allgemeinen den Gegensatz darauf reduziert, daß die antike Kunst einen mythologischen Zyklus hat. Nun kann die ernste Oper doch eigentlich niemals eine religiöse sein. Freilich gibt es solche (z. B. Athalie), aber dadurch ist die Grenze Opern- und Kirchenstil nicht verwischt. [...] Außer der Einfachheit soll im Kirchenstil aber auch die größte Bedeutsamkeit herrschen. So kommt die Verständlichkeit hier nicht durch den Totaleindruck zustande. Dies wäre ein widersprechendes Verhältnis zwischen Mittel und Zweck. [...] Im leichten Stil hingegen ist weder Einfachheit noch durchgängige Klarheit. Die Komposition hat überall ein freieres Gebiet. In diesem Spiel hat die ganze Entwicklung des Tones ihren Platz, im Verein mit 27 Vgl. die Sachanmerkung zu S. 112,3

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Rhythmus, Harmonie und Melodie. Es kann abwechselnd alles dominieren. Auch der qualitativen Verschiedenheit der Töne ist ein ganz ungemessenes Gebiet zugewiesen. Das fremde Motiv, durch welches die Grenzen der Kunst überschritten werden, ist hier nicht so offenbar wie bei der Mimik. Allein wenn wir bedenken, wie gewisse Instrumente und eine gewisse Behandlung dieser Instrumente am ersten die Überschreitung zulassen, so muß man sagen: dies für sich muß als Heraustreten des Einzelnen vorkommen, das das Maß überschreitet, ehe ein Gegenstand der sittlichen Klage da ist. Dies trennt am meisten den leichten und Kirchenstil, denn beim letzteren ist diese Abweichung unmöglich. Das scheint dafür zu sprechen, daß man die tragische Oper doch auf die andere Seite hinbringen muß, denn hier müssen im musikalischen und mimischen Teil doch diese Annäherungen vorkommen, so in Armide. [...] Begleitende Musik (Bluhme 203–209)

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Balladen sind nichts als Gedichte, zu denen gesungen und zugleich getanzt werden sollte. Wenn hier [kein] Wechsel zwischen Bewegungen des Einzelnen und Ganzen ist, so ist doch Wechsel zwischen Strophe und Refrain. [...] Hier dominiert die Verbindung des Hexameters mit dem Pentameter so, daß wir auf das Einzelne nicht sehen. Und zu welchem entgegengesetzten Inhalt wird nicht diese Form gebraucht? Die musikalische Begleitung aber muß sich teilen zwischen Rhythmus und Inhalt. [...] In der Poesie ist zwar der Rhythmus das Charakteristische, der sie von der Prosa unterscheidet, aber er wird gleich in Kampf gesetzt mit dem Akzent der Rede. Nun hat die Musik an und für sich ihre Verständlichkeit nur im Totaleindruck. Diesen kann sie nicht herausbringen, wenn sie sich nicht an den Inhalt hält, und dies kann nur durch Kombination von Rhythmus und Melodie geschehen. Beide müssen vereinigt sein, aber die Harmonie kann noch zurücktreten. Denn ursprünglich sind wir nur an die Stimme gewiesen, und so ist für die Begleitung das Saiteninstrument, das man selbst dabei spielen kann, das Ursprüngliche. Wir sehen hier aber wieder einen natürli14 „Armide“ (frz. Original: „Tragédie en musique“) ist die letzte Oper von Jean-Baptiste Lully, dessen Librettist Philippe Quinault dafür Torquato Tassos Epos „Das befreite Jerusalem“ verarbeitete. Die Uraufführung erfolgte 1686 an der Pariser Oper.

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chen Gegensatz: Die Melodie kann hervortreten oder das Rhythmische. Dem poetischen Gehalt muß die Melodie genügen, der Rhythmus vermag es nicht so. Das harmonische Element wird erst auftreten können, wenn die Begleitung reichhaltiger und zusammengesetzter wird. Und das kann sie nur, wenn die Poesie den Chor hat. Hier muß sich gleich der harmonische Charakter entwickeln. In diesem liegt schon eine Veranlassung der ursprünglichen Form, wo die Poesie alle ihre Elemente, also auch ihre Selbständigkeit verloren hat. Jetzt gewinnt sie diese wieder, aber hier fängt auch gleich die Gefahr der Ausartung an. Ein Beispiel ist die eigentliche Arie. Wird die Silbe solange ausgehalten, daß man eine Reihe von Tönen entwickeln kann, so wird die Poesie zerstört; die Poesie muß Halt machen, wenn dies mitten im Fluß der Rede nicht bei Zwischenworten geschieht. Allerdings finden wir uns bei der Arie in einer Cantate oder Oper nicht gestört. Es entsteht aber die Frage: ist dies etwas, woran wir uns erst gewöhnt haben oder ist es in den Verhältnissen selbst gegründet? Bei einem selbständigen Lied, das wir uns als Ganzes denken, könnten wir das nicht loben. Hier dagegen lassen wir es uns nur gefallen, weil wir vom Größeren her daran gewöhnt sind. In der Oper ist gar nicht mehr ein solches Zusammensein von Musik und Poesie. Auch ist das Lied hier nur Teil des Ganzen. Die Menge und der Umstand, daß alle verschiedenen Naturstimmen zugleich da sein können, fordert die Vollständigkeit der Harmonie im Gesang selbst; so wie überhaupt im Kirchenstil der Chor das Herrschende ist, während es im Kammerstil entgegengesetzt ist. Dort wird die Stimmung als im großen Maße identisch gesetzt, das Einzelne darf nicht mehr hervortreten. So ist die Orgel als für den Kirchenstil und zwar für die begleitende Musik besonders und ausschließlich bestimmtes Instrument einer eigenen Betrachtung wert. Das Instrument wird sonst eigentlich gegen seine Natur gebraucht. Der selbständige Gebrauch darf sich nur auf Einleitung, Schluß und Zwischenspiel beschränken, das Übrige ist geschmackswidrig. Die Orgel vereinigt eine große Mannigfaltigkeit von qualitativen Tönen; der Gegensatz von Blas- und Saiteninstrumenten wird ziemlich aufgehoben, die Töne werden durch ein und dieselbe Art hervorgebracht. Hierdurch wird alle Differenz untergeordnet, und man sieht, was die Musik selbst sein soll: Die größte Vollständigkeit und größte Einheit, verbunden mit der Unmöglichkeit, die Grenzen zu überschreiten. Wenn wir nun auf der anderen Seite den weltlichen Gesang und die begleitende Musik betrachten, so herrscht ursprünglich die Melodie mehr vor, im Höheren tritt auch die Harmonie ein. Die Verhältnisse dieser Elemente sind aber mannigfaltiger und deshalb loser; die

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Gesetzmäßigkeit ist nicht so streng. Es gibt in der begleitenden Musik von beiden Spielen gewisse künstlerische Kombinationen, z. B. den Kanon: Harmonie und Melodie sollen wieder eins werden. Es ist bekannt, daß die musikalischen Theoretiker einen strengen Kanon für eine der höchsten Leistungen der Kunst halten; aber das bezieht sich freilich nur rein auf die arithmetischen Verhältnisse. Es ist indes nicht zu leugnen, daß auch von Seiten des Eindrucks jeder Kanon gar nicht etwas Unbedeutendes zu sein braucht. Freilich wer sich an die Bedeutsamkeit hält, dem fällt die Künstlichkeit mehr auf und so umgekehrt. Wir haben also die beiden ursprünglichen Motive in denselben Grenzen streng vereinigt, und man kann beide Elemente hier auch im Kleinen sehr leicht erkennen. Die Virtuosität in der Komposition selbst hat ihr Gebiet am meisten in der Harmonie; die Melodie muß immer mehr aus dem Impuls selbst hervorgehen. Es ist hernach die Sache des spezifischen musikalischen Talentes, dies durch diejenige Mannigfaltigkeit einer reinen Musik durchzuführen, so daß die Harmonie dabei ihr volles Recht behauptet. Sobald aber die Harmonie die Melodie unterdrückt, geht die Bedeutsamkeit verloren. Es ist offenbar, daß die Harmonie rein im Gleichzeitigen ist. Denn freilich, sowie wir den Gegensatz zwischen Konsonanz und Dissonanz betrachten, haben wir die harmonische Einheit nur in der Auflösung der Konsonanz durch eine Dissonanz. So kann sich die Gleichzeitigkeit erweitern, die wahre Einheit ist nur im ganzen. Die Melodie aber hat ihre eigentliche Wirkung nur in der Sukzession. Die Harmonie strebt dem ursprünglichen Eindruck entgegen. Daher ist vielen der melodische Eindruck sehr groß, die Harmonie hat keine Bedeutsamkeit für sie. Es gehört Eingeweihtsein in die Kunst selbst dazu, um den Genuß des Kunstwerkes zu haben. Da aber nie die Melodie in der Harmonie untergehen soll, gibt eben dies dem Kanon einen so großen Reiz, weil hier die Melodie in allen Stimmen offenbar ist, also nicht untergehen kann; vielmehr geht die Harmonie in der Melodie unter. Dies Gesetz geht durch die zusammengesetzte begleitende Musik hindurch. Um so mehr muß in den weltlichen Stil die ganze Instrumentalmusik mit allen qualitativ verschiedenen Tönen hineingehen. Erst indem sich der Gegensatz zwischen Kirchen- und Opernstil bestimmter gestaltet hat, hat sich dies zeigen können. Der Gesang ist die ursprüngliche Verbindung von Poesie und Musik, und so darf die Instrumentalmusik über diesen nie dominieren, nur in den Zwischenräumen darf sie hervortreten. Im Kirchenstil aber bleibt doch die Orgel immer das Muster, da sie den Gegensatz am meisten neutralisiert. Im Kirchenstil ist das Maximum der begleitenden Musik das Oratorium. Von dieser aber können wir erst bei der Poesie reden.

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Das Oratorium liegt aber ebenfalls so an der Grenze zwischen Kirchenstil und weltlichem Stil, weil es sich einen größeren Reichtum, selbst einzelne Übergänge in den weltlichen Stil erlauben darf. Das im allgemeinen Gesagte gilt auch vom Oratorium auf untergeordnete Weise: daß die Musik auch die Prosa begleiten darf, nicht bloß die Poesie. Dies kommt auch in der Kirchenmusik vor, aber eigentlich, wo die prosaischen Worte biblisch sind. Dies hat seinen Grund vorzüglich darin, daß in der Bibel Poesie und Prosa nicht geschieden waren. Dies ist der Charakter des Hebräischen, und so sieht man auch das neue Testament an; was freilich eine Fiktion ist und daher nicht vollkommen genügt. [...] (Bluhme 210–214) [Die freie Musik kann nicht leicht in einzelnen Säzen vorkommen ja auch für ein einzelnes Instrument erscheint sie nur fragmentarisch oder höchstens als Studium. Da sie auf dem Zusammensein qualitativer Dissonanzen beruht so ergiebt sich von selbst der Gegensaz daß die verschiedenen Instrumente theils gleich gestellt sind, symphonische Musik] (mit einer Tendenz, die mehr auf den Ton selbst und seine Brechungen in allen Instrumenten gerichtet sind), [theils die übrigen alle auf eines bezogen sind concertirende Musik.] [...] Wie scharf sich hier die Grenzen abschneiden, sehen wir wieder daraus, daß nicht leicht jemand in eine Symphonie die Orgel hineinbringen wird. Sie ist in der Vermischung mit beiden nichts, weil sie die einsgewordene Analogie von beiden ist; sie taugt auch nicht zur Selbständigkeit, kann also das Ganze nicht geben. [...] Hier artet es zuletzt in Epideixis aus, in Künsteleien, wodurch Ähnlichkeiten mit einem anderen Instrument entstehen sollen. Diejenige Musik, die auf Gleichheit in den mannigfachen Instrumenten bezogen wird, muß so beschaffen sein, daß das reine Maß und die feste Bestimmtheit nicht verloren geht, anderenfalls sie in ein bloßes Geräusch ausartet. Dies liegt in dem Anteil, den man Instrumenten gibt, die eigentlich keine Instrumente sind. [...] Es ist durchaus eine Wiederkehr, etwas Zyklisches notwendig. Es muß eine gewisse Masse von Takten geben, die wiederkehren, damit die Musik nicht in das bloß Verworrene ausarte. Das wiederkehrende Gleichartige ersetzt, was der bloßen Sukzession abgeht. 13–18 Die … Musik] ergänzt nach Schleiermacher: Kollegheft Ästhetik 1819, S. 115,3–9 20 theils … Musik.] ergänzt nach Schleiermacher: Kollegheft Ästhetik 1819, S. 115,3–9

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[...] Indem wir von dem Eindruck des Ganzen abgezogen werden, werden wir nicht befriedigt. Die Aufgabe, das Ganze zu geben, wird [durch eine Einengung der Komposition auf thematische Wiederkehr] nicht gelöst. [...] Es bleibt immer die Aufgabe, alles dies auf ein innerlich Notwendiges zu reduzieren, ohne es eigentlich lösen zu wollen. Auch vom geschichtlichen Standpunkt kommt man hiermit nicht zustande. Nur Zurückführung auf die Elemente kann die Sache klar machen. [...] So zeigt sich in der Musik ein notwendiges Bestreben, etwas Typisches zu haben, entweder auf eine produktive oder auf eine sekundäre Weise. Die genialsten Künstler müssen neue Formen machen oder vergessene hervorrufen, was auch Produktion ist. Anderenfalls würde Musik der reinsten Willkür verfallen, und es könnte sonst die Bedeutsamkeit durch nichts bestimmt sein. Deshalb braucht die Kunst bestimmte Hinleitungsmittel, die sich in den Formen finden. Worin liegt aber die Notwendigkeit oder Bedeutsamkeit dieser Sukzession? Darüber ist an und für sich keine Rechenschaft zu geben. Sie liegt in der Zusammenstellung. Die Wirkung muß ganz verschieden sein, wenn man mit einem Presto anfängt und mit einem Adagio schließt oder umgekehrt. Diese Begrenzung der Wirkungsart ist aber wieder aus nichts zu erklären als aus der Nachahmung. Durch diese fixiert sich die Art und Weise. So ist sie als Einzelnes nicht unbegreiflich, als Gattung fehlt ihr der Charakter. Man darf sie weder als Konvention noch als Zufall ansehen, sondern als Einzelnes, das sich wiederholt, aber wie alles an Zeit und Raum gebunden ist, so daß sie auf das Nationale und die Zeitcharaktere zurückzuführen ist.

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(Bluhme 214–219) Ein Mittelweg ist nicht einzuschlagen, denn dann fällt die Architektur aus der Kunst heraus. Wenn wir die Sache ordentlich entscheiden wollen, so müssen wir auf unsere Grunderklärung zurückgehen, daß sie das Ideale in sich habe. Daß die Architektur ebenfalls eine Gestaltung ist und so das Merkmal freier allgemei-

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ner Kunst an sich trägt, ist gewiß. Nun meint man aber, man fände das, worauf Architektur gerichtet ist, nicht in der Welt. Dann wäre der Unterschied zwischen dem Realen und Idealen aufgehoben. Diese Meinung können wir nicht zugeben. [...] Wir finden in der Natur weit mehr Analogie mit dem, was die Architektur, als mit dem, was die Musik produziert, die doch als wesentliches Element der Kunst betrachtet wird. Diese Gestaltungen sind alles Abbildungen der Erdbildung, treten alle in der Geschichte der Erde und ihrer Fortbildung auf. Denn alle kristallinischen Gestalten sind offenbar symmetrisch. Wo sie es nicht sind, da besteht schon ein Unterschied zwischen dem Wirklichen in der Natur und dem Idealen in der Kunst. [...] Wir können also eben so gut sagen, daß Bedürfnis und Zweckmäßigkeit der Darstellung untergeordnet seien. Wenn auch eine bestimmte Bildung des bestimmten Zweckes wegen hätte alteriert werden müssen, so kann doch der Zweck nicht ohne Kunstidee zustandekommen und umgekehrt. [...] Diese zwei verschiedenen Formeln [Architektur in mathematischer und raumbildender Hinsicht] ergeben sich so leicht, daß sie verdächtig erscheinen. Aber auch für die Malerei könnten wir leicht solche verschiedenen Formeln aufstellen, die auch keinen Zusammenhang unter sich haben. Diese Differenz kann uns also nicht irre machen, die Architektur als Kunst den anderen gleichzustellen. [...] „Raum“ schließt sich mehr an den Zweck, die anorganische Gestalt mehr an den Grundtypus an. Daher müssen wir sagen: [sie bildet den Raum nach dem Typus der mathematischen Naturformen.] Nun stehen aber die Dinge immer in Relation zum Menschen, also sind alle Räume solche, worin sich Menschen bewegen sollen. [...] Jene [französische Gartenbaukunst] baut Wände und Räume aus Bäumen, die andre [englische Gartenbaukunst] hält sich mehr an die Natur, so daß sich die Vegetation in verschiedene Gruppen ordnet. Die Formen sind wahrhaft anorganisch, elementarisch. Es ist die horizontale Architektur, wie jene die vertikale. [...] 29–30 sie … Naturformen.] ergänzt nach Schleiermacher: Kollegheft Ästhetik 1819, S. 118,6–7

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Die Grundverhältnisse des Gebäudes müssen auf den Zweck desselben berechnet sein, und die Aufgabe der Architektur ist, eben beides zu vereinigen; in einem aufgegebenen Raum einen Kunsttypus der Gestaltung zur Anschauung zu bringen. [...] (Bluhme 219–222) Verfolgen wir die Teilung in das Innere, so finden wir die Regelmäßigkeit der äußeren Gestalt nicht mehr. Aber hier steht auch die Organisation selbst auf einer unvollkommeneren Stufe, und man kann mehr von einem Punkt aus teilen. So auch beim Moos, dessen verschiedene Ausbreitung nur mehr von äußeren Einflüssen als vom inneren Typus abhängt. Anders beim Kristall, den man nur nach einer Linie teilen kann. [...] Man sagt, daß die Verhältnisse anmutig seien, wenn die Zahlenverhältnisse nicht so kompliziert sind. Aber das hat seine Grenzen. Denn das Einfachste, die Einheit, ist auch widrig; z. B. lauter quadratische Räume. Daran kann es also allein nicht liegen, ebenso wenig wie man in der Musik lauter Oktaven hören will. Dasselbe gilt von dem Verhältnis 1:2. Die Technik beruht bis jetzt auf der bloßen Beobachtung. [...] (Bluhme 222–224) Alles, was in einen realen Zusammenhang mit der Struktur des Gebäudes gehört, ist an sich keine Verzierung. So alle Verbindungen der Hauptteile. Verzierung ist eigentlich nur das in der Architektur, was genau genommen irgend einer anderen Kunst, zunächst also der Skulptur oder Malerei, angehört. Alles Vegetabilische erscheint als Verzierung; anders bei menschlichen Figuren, z. B. Karyatiden, die als Kunstwerke für sich gelten wollen. [...] Es fragt sich, 1. Warum bekommt das Gebäude Verzierungen? 2. Was ist das natürliche Maaß zwischen Verzierung und Gebäude? Zur ersten Frage ist zu sagen, daß wir keine große ungeteilte Masse sehen wollen, die als Kunstwerk gelten soll. Eine Festung macht als Masse einen architektonischen Eindruck, auf Kunst erhebt sie keinen Anspruch. Das gestaltende Prinzip tritt in den Beschauer hinein. Und indem er das Kunstwerk selbst teilt, gehen die Spuren des Künstlerischen verloren. Zum zweiten: In dem Maß, wie die Verzierungen sich nicht selbständig ablösen, tragen sie doch immer den Typus organischer Formen an sich. Der Gegensatz zwischen organischen und anorganischen Formen scheint die Hauptsache zu sein. Der wesentliche Sinn ist, daß, wenn die Verzierungen denselben Typus an sich tragen wie das Gebäude selbst, sie als Fortsetzung desselben erscheinen müssen. Sie wären also weiter geteilte Flächen und Linien. Es können also

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nur durch den organischen Charakter Mißverhältnisse vermieden werden. [...] (Bluhme 224–226) Eine Nation oder Völkermasse muß zunächst zu einer Sicherheit des Grundbesitzes und ihrer Verbindungen gelangt sein, wenn ein Kunstwerk von Gebäuden in ihr entstehen soll. Es war also kaum anders möglich, als daß sich diese verschiedenen Stile nach einander erheben konnten. Der Streit über den Wert, sowie über den historischen Ursprung, also etwa darüber, ob der griechische Stil rein griechisch sei usw., gehört nicht hierher. Wie es ein einziges Ideal in keinem Kunsttriebe gibt – wie sich vielmehr das ganze System des Denkens auf eigentümliche Weise organisiert –, muß man auch in der Kunst dieses Individuelle voraussetzen und kann nicht nach Analogie eines verwandten Kunstzweiges auf Vollkommenheit in einem andern schließen. Richtiger unterläßt man diese Vergleichungen ganz, sucht zunächst nur den Charakter des Volkes richtig aufzufassen. Ein großes gotisches Gebäude kann ebensowenig seinen Eindruck verfehlen als ein ebenso vollkommenes im antiken Stil. Die Hauptsache ist nur, daß man versteht, was jedem Stil angehört. Es sind nur Modifikationen aller Elemente ohne Ausnahme. Symmetrie, Eurhythmie und Massenverhältnisse manifestieren die Verschiedenheiten. Je mehr die Massenverhältnisse dominieren, desto mehr tritt die Symmetrie zurück. Von einem Gebäude von gewissem Umfange und einer gewissen Kompliziertheit seiner Teile verlangt man Symmetrie. Von den größten Gebäuden verlangen wir die Symmetrie in demselben Umfange gar nicht mehr. Das Gemüt ruht in den Massenverhältnissen und in der Eurhythmie. Letztere verlangt man aber selbst in später zusammengesetzten Gebäuden, die die Symmetrie stören. Die Verschiedenheit aus dem Bedürfnis erklären zu wollen, ist mißlich, besonders da die Kunst eigentlich nur in großen Gebäuden hervortritt. Wenn wir an die morgenländische und egyptische Architektur denken, sehen wir überall das Massenverhältnis hervortreten. 8–10 Auf welchen Streit Schleiermacher hierbei genau angespielt haben könnte, konnte nicht nachgewiesen werden. Eine eingehende Behandlung erfährt die Kunst der Ägypter, Sumerer, Phönizier etc. zwar in Winckelmanns „Geschichte der Kunst des Alterthums“ (1764), wo diese allerdings im Sinne einer ungebildeten Vorstufe der idealen griechischen Kunst der Antike angesehen wird. Analogien zwischen der altägyptischen und der frühgriechischen Mythologie zeichnet der Göttinger Philologe Christian Gottlob Heyne nach, der ein Lehrer von Friedrich Schlegel war. Dieser wiederum sieht in seinen Vorlesungen über die Geschichte der europäischen Literatur (1803/04) ägyptische Einflüsse etwa in den griechischen Kulten der Athene, des Bacchus und der Kybele (vgl. KFSA XI, S. 19).

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Eigentliche Schönheit hat sich hier gar nicht entwickelt. Wie kann man diese Massen aus dem Bedürfnis erklären? Man muß sie vielmehr ansehen als eine von Menschen fortgesetzte Umbildung der Erde selbst. Wenn wir bedenken, daß die Werke der Architektur dem Umfang nach bei weitem das größte sind, was die Kunst hervorbringen kann, welche der Zeit am meisten trotzen, müssen wir den Grund in dem Bestreben suchen, etwas für die Nachwelt zu schaffen. Dies schließt sich an das an, was das Bleibende selbst auf der Erde ist. Also nicht der Baum, sondern der Stein, die Grotten und Felswände. In diesem natürlichen Gedanken, den Kern der Erde mit der künstlerischen Idee zu durchdringen, ist doch etwas ganz anderes, als jene idyllische aber sehr kleinliche Ansicht von der Architektur. Sie setzt mehr als jede andere Kunst ein politisches Leben voraus und kann nur mit diesem bestehen. Daher tragen diese Produktionen den Charakter des politischen Lebens an sich. [...] Das specielle Begeisterungsprincip in der Architektur (Bluhme 226–229)

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Das allgemeine Prinzip ist: Den Typus der mathematischen Gestaltungen in der Konstruktion großer Massen zur Anschauung zu bringen. [...] Sehen wir auf diese Vereinigung [von Plastik, Malerei und Architektur], so finden wir erst das ganze Zusammensein der Kunst. Die einsame Betrachtung ist zwar durch Kritik die künstlichste; aber die Produktivität des Künstlers will das Ganze der öffentlichen Darstellung der Kunst zum Gegenstande haben. Diese fordert aber wieder, daß die Masse, die bewegt sein will, in einem geschlossenen Raum existiert. Von dieser Seite können wir sagen, daß die Architektur nicht zurücksteht, sondern eigentlich eines potenzierten Kunsttriebes bedarf, der nicht bloß von der eigenen, sondern von allen Künsten begeistert ist. [...] Skulptur (Bluhme 229–242)

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[...] Es liegt hier das Bewußtsein zugrunde, daß das Lebensprinzip, sofern es den Leib bildet, dasselbe im Tier wie im Menschen ist, und

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daß sich auch beim höheren Tier im Leibe etwas Geistiges ausspricht, das in eine Analogie mit einem menschlichen geistigen Leben fällt. In den einzelnen Tiergestalten sind einzelne Erregungen und Richtungen des höheren menschlichen Lebens verkörpert. Sieht man aber auf das Ganze und den Reichtum der Produktionen, so wird die menschliche Gestalt doch der eigentliche Gegenstand der ganzen Kunst. Es ist also eigentlich dies als die Aufgabe der Plastik anzusehen: Die Darstellung der menschlichen Gestalt und zwar in Beziehung auf jenen allgemeinen Kunsttrieb, der eine Darstellung veranlaßt. Diese innere Erregung soll in den Betrachtenden übergehen. Wir können daher den allgemeinen Umfang gleich so abstecken, daß der Gegenstand der Plastik ist darzustellen, wie sich die Modifikation der menschlichen Seele in der Gestalt manifestiere. [...] Die plastischen Verhältnisse müssen von jedem Punkt aus richtig sein, denn man kann unendlich viele Punkte ins Auge fassen. So ist von dieser Seite gesehen ein plastisches Werk aus einer unendlichen Menge von Umrissen zusammengesetzt. Diese vollkommene Richtigkeit der Zeichnung von jedem Punkt aus ist das erste Element. Die Vollkommenheit besteht darin, daß jeder Punkt in das Ganze hineinkommen und jeder Durchschnitt mit Klarheit vor das Auge treten kann. Hieraus folgt zuerst, daß es schon eine untergeordnete Art von plastischen Werken ist, wenn sie nur aus einem gewissen Gesichtspunkt betrachtet werden können. [...] (Bluhme 243) Man könnte sagen, die Malerei verbinde die Erde mit dem Himmel durch das Licht, die Bildhauerei bleibe bei der Erde. Wir können auch nur so das spezifische Prinzip der Malerei auffassen. Es ist ebensosehr die Wirkung des Lichtes auf die Gestalt als der Gestalt auf das Licht, das sie darstellen will. Daher muß es wohl einseitig erscheinen, wenn man in neueren Büchern der Plastik ein entschiedenes Übergewicht über die Malerei gibt. Die ganze überwiegend christliche Richtung der neueren Zeit mußte sich der Malerei mehr zuwenden. [...] (Bluhme 243) Die Zeichnung ist eine a bsolute, wenn sie die Grenzen der Form gibt. Dies nennen wir die Form im engeren Sinne. Wiefern aber eine Mannigfaltigkeit von Gestalten in bezug auf einander gesetzt wird durch den Raum, der eine Fläche und eine Tiefe werden soll, entsteht wieder eine Beziehung: das zurück- und hervortretende Verhältnis. Dies ist die Perspektive, die rela t iv e Zeichnung, 30–32 Vgl. Anm. oben S. 198,25–26

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von der die Architektur gar nichts weiß, weil sie keinen bestimmten Gesichtspunkt hat, aus dem allein der Gegenstand betrachtet werden soll. (Bluhme 244) Die eigentliche Zeichnung und die Perspektive, die Färbung und die eigentliche Beleuchtung. In diesen vier Elementen ist die ganze Wirkung der Malerei. Fehlt eines, so ist die Malerei unvollständig, und wir können ihren eigentlichen Charakter nicht mehr erkennen. – Dasselbe gilt von einfarbigen Bildern. Es kommt hier nur dazu, den Gegenständen eine Färbung zu geben, die nur etwas Gemeinsames ist. Eine Landschaft in Sepia hat doch immer etwas Unnatürliches und Widerliches. [...] (Bluhme 247) Es wird eine größere Tiefe gefordert, als in einem historischen Gemälde, wo die Tiefe nur gering zu sein braucht. Auch hier ist eine große Differenz der Vordergründe, aber besonders erst, wenn ein landschaftlicher Charakter hinzutritt. Besonders das in der Entfernung abnehmende Licht ist das sehr Schwierige, was erst allmählich hat zur Vollkommenheit gebracht werden können. Es ist nun eben deshalb natürlich, daß wir in der Landschaftsmalerei diese Differenz finden. Bei einer Landschaft ohne tiefen Hintergrund ist das eigentliche Licht, die Färbung, die Hauptsache. Hingegen, wenn eine Landschaft einen tiefen Hintergrund hat, dominiert nicht das eigentliche Licht, sondern die Art, wie das allgemeine Licht durch seine Masse an den Gegenständen wird. Der allgemeine Lichtton muß dominieren. So haben wir zwei Gattungen der Landschaftsmalerei. In der ersten ist die Wahrheit in den einzelnen Gegenständen weit klarer zur Anschauung zu bringen, so wie sie in der letzteren auf dem richtigen Verhältnis beruht. [...] (Bluhme 247–249) Einheit und Lebendigkeit sind in jedem Werke zwei wesentliche Vollkommenheiten. Wahrheit ist mehr die Basis als selbst eine eigentliche Kunstvollkommenheit. Diese Einheit ist aber nichts als Einheit der Handlung. Man muß dies nur richtig und in seinem ganzen Umfange verstehen. Der Malerei ist die Mannigfaltigkeit der Gestalten wesentlich, wie der Plastik die Einheit. Die Mannigfaltigkeit muß aber zu einer Handlung verbunden sein, so daß verschiedene Modifikationen derselben von selbst darin vorkommen. In der Landschaft ist das Licht das Tätige, die dargestellte Natur mehr das Empfangende. Die Gegenstände müssen so zusammengestellt sein, daß sich die ganze Mannigfaltigkeit darin offenbaren kann. Wir können nun unterscheiden: 1. den Charakter in der Lichttätigkeit. Es kann eine ruhige sein und eine mit Gewalt erschütterte. Die Lichttätigkeit ist bewegt, unruhig, leidenschaftlich. Hingegen in einer ganz stil-

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len Gegend beruht die Einheit der Lichttätigkeit auf dem Moment. Der Charakter derselben ist die Ruhe, wie dort der Bewegung. Selbst bei einem solchen Gegenstand dominiert nicht die Zeichnung. – In der Geschichtsmalerei ist die Einheit die Einheit der Handlung, zu der die Gestalten verbunden sind; das Licht ist das Empfängliche, bedingt durch die Lage, welche die Gestalten zueinander haben. 2. Die Lebendigkeit, d. h. die Art, wie ein Mannigfaltiges von Momenten in dem ruhenden Werke dargestellt wird. – Was auch der Gegenstand sein mag, er ist immer ein Veränderliches. – Die Aufgabe ist, ihn als einen Übergang darzustellen, wo das Vorige und das Folgende mitgesehen wird. – Die Kunst hat überall das Leben darzustellen. Ein jedes einzeln in Bewegung Dargestellte muß erscheinen als Übergang einer Ruhe in die andere. In einer schreitenden Gestalt muß man den Punkt, von dem die Bewegung ausgegangen ist, mitsehen können. Dies ist die Lebendigkeit. Diese Vollkommenheit bezieht sich mehr auf das allgemeine Motiv, die Einheit mehr auf das Spezielle. Das, was eigentlich dargestellt werden soll, ist die Handlung, aber es ist die Totalität der Handlung, und zwar so, wie sie im Bilde sich darstellt. Der Künstler ist im Sehen nicht auf einen Moment beschränkt; er sieht immer die Totalität der Handlung. Er wird sehr unvollkommen darstellen können, wenn er in der Darstellung an einen Moment gebannt ist. Durch eine Reihe von Momenten ginge die Einheit verloren; ein Kontinuum entsteht dadurch doch nicht. So fällt dies von einer gewissen Seite in die Kindheit der Kunst. Vorher haben wir das rein Elementarische der Gestalt gesehen. In der Zusammenstellung muß dies für die ganze Handlung entstehen, daß man das Vorige und Folgende sieht. Dies geht in die Erfindung über, so wie die Einheit mehr auf Ausführung beruht. Kein Teil des Ganzen darf sich losreißen, auch das minder Wesentliche muß mit dem Wesentlichen zusammenhängen. Dies liegt allerdings auch schon in der Erfindung, ist aber weniger das Ursprüngliche als das Sekundäre. Hier sieht man, wie alle Elemente zusammenwirken müssen, um diese Vollkommenheit in einem Werke hervorzubringen. Zuerst entsteht die rechte Einheit durch den Umriß im Großen, die Vollkommenheit der Gruppierung. Diese Einheit ist natürlich eine andere in der Geschichts- als in der Landschaftsmalerei. Dort beruht sie weit bestimmter auf der Zeichnung, hier muß eine bestimmte Form im Zusammensein sein. In der Landschaft beruht es weit mehr darauf, wie sich die verschiedenen Gründe zu einer Ebene vereinigen, allmählich ineinander übergehen und sich auch relativ doch sondern, aber ohne gewaltsamen Abschnitt und ohne entschiedene Willkürlichkeit. Diese Vollkommenheit modifiziert sich aber in jeder Gattung auf ganz

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andere Art. – Jede Landschaft wird von der Art sein, daß nur eine gewisse Lichttätigkeit sich recht darin manifestieren kann. [...] (Bluhme 250) Das Bild soll den ganzen Menschen darstellen, also eigentlich diese Variabilität selbst, die zu seinem Charakter gehört. Wir müssen uns in dem einzelnen Moment den ganzen Charakter vergegenwärtigen. Dies ist der höchste Grad der Lebendigkeit. – Der Künstler muß das Medium zwischen höchster Erregung und höchster Ruhe treffen. – Es muß in der Ruhe die leise Beweglichkeit sein. – Wir haben gesehen, daß die Malerei nicht durch die Gestalt allein bedingt ist; so ist auch die Begeisterung für die menschliche Gestalt allein nicht das Motiv für den Maler. Das Licht ist es auch, und die Begeisterung muß das Ganze sein. In dem Typus der menschlichen Gestalt liegen alle verschiedenen Modifikationen, und die Begeisterung des Malers ist insofern Begeisterung für die Totalität menschlicher Gestalten. [Poesie]

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[Das pentametrische Gedicht, die Elegie, ist offenbar Uebergang aus dem Epischen ins Lyrische, sowohl der Form als dem Inhalte nach, es ist so durchaus untergeordnet. Die Gnome führt wieder in die Prosa zurück, die Darstellung kann poetisch sein, und zwar lyrisch, aber der Inhalt bleibt prosaisch.] [Der Chor stellt das Betrachtende dar, das gemeinsame Bewußtsein, in das sich der Gegensaz der einzelnen Personen immer auflöst.]

17–21 Das … prosaisch.] ergänzt aus Nachschrift Wigand (ALö: S. 691) 23 Der … auflöst.] ergänzt aus Nachschrift Wigand (ÄLo: S. 691)

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Archiv der BBAW: Schleiermacher-Nachlass 581, S. 1

Ästhetik.

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vorgetragen vom Prof. Schleiermacher. Berlin Sommersemester 1825. Den 11ten April

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[Man sollte zuerst eine Definition von einem Gegenstande geben und doch kann diese wiederum nur das Letzte seyn. Hier ist eine besondere Schwierigkeit, die nur gelöst werden kann, indem man in das Geschichtliche eingeht.] Der Name Ästhetik kommt erst in der WolfBaumgartenschen Philosophie vor und ist neueren Ursprungs. Ursprünglich behandelte man unter dem Namen Aesthetik PalsS Gegenstük zur Logik das Schöne. αἴσθησις bei den Griechen der sinnliche Eindruk des Gemeinschaftlichen von Lust und Unlust. Man behandelte die Ästhetik ganz nach der Form der Logik und redete von ästhetischen Urtheilen Begriffen und Schlüssen. Diese Form war ihr nicht angemessen. Die ästhetischen Urtheile beschränkte man auf die Vergleichung der sinnlichen Eindrüke unter einander. Die Theorie der Wahrnehmung nennt man die allgemeine Ästhetik, die Regeln welche sich auf Dichtkunst und Redekunst bezogen die specielle. Daraus ist das was wir jetzt Ästhetik nennen entstanden; indem man die allgemeine Theorie mit der Logik verband. Man sagte das was durch die Werke der Rede und Dichtkunst hervorgebracht ist ist auch Empfindung und es kommt darauf an die Theorie derselben vorzutragen. Theorie der Rede und Dichtkunst PwarS etwas älteres als die neuere Ästhetik. Schon bei Aristoteles ist die Rede von Theorie der Rede und Dichtkunst. Diese hatte aber einen andern Charakter als diese Behandlung des Gegenstands aus diesem Gesichtspunkt aufgefaßt, bekommen mußte. Die Redekunst war bei den Alten etwas Politisches. Man wollte [mit] ihr nicht den Eindruk hervorbringen den das Schöne 5–8 Man … eingeht.] ergänzt nach Nachschrift Trendelenburg, 1 8–9 Vgl. auch zum Folgenden die Sachanmerkung zu S. 39,3–4 11–12 Variante Trendelenburg, 1: „α σθησις ist der subjective Ausdruck des Gemeinschaftlichen von δονή und λπη.“ 24–25 Aristoteles entwickelt in seiner „Poetik“ (Περὶ ποιητικ ς, um 335 v. Chr.) eine Theorie der Dichtkunst und der mimischen Künste, während er sich in seiner „Rhetorik“ (Περὶ ητορικ ς, zwischen 340 und 335 v. Chr.) primär mit der Redekunst auseinandersetzt.

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macht. – Dies bezog sich nun auf die Musik der Sprache und dies sollte ein Mittel seyn die Versammlung an den Redenden zu ketten und einen Schluß zu bestimmen. Dabei kam es nur darauf an das Schädliche und Nützliche der Sache darzuthun. Dies bezog sich mehr auf das Logische. Die Redekunst hat diese politische Bedeutung verloren und man sagt sie gehört nicht mehr in das ästhetische Gebiet. Die Aufgabe war nun zu erklären was das sei was im Gebrauch der Sprache das hervorbringt was wir schön nennen. Dies theilte sich in Poesie und Prosa. Theorie der Beredsamkeit [und] Dichtkunst. Sieht man auf den prosaischen Theil der Rede so liegt das Schöne im musika|lischen Theil der Rede. Auf dem Gebiet der Dichtkunst ist der ganze Complex der Vorstellungen willkürlich. Das Schöne beruht hier darauf wie die Vorstellungen verbunden sind. Dichtkunst und Beredsamkeit erschöpfen das aber nicht was wir Kunst nennen. Es gibt bildende Künste, Mahlerei, Plastik. Man fragte: was ist das weshalb wir ein Kunstwerk schön nennen? Daraus mußte Theorie der bildenden Künste entstehn. Insofern in beiden der Begriff des Schönen das war worauf man zurükkam so schwebte dies dabei vor, so verschieden auch die Künste sind und man kam dahin, es müsse eine gemeinschaftliche Theorie geben. Bei allem was wir Kunst im höhern Sinn nennen muß es allgemeine Principien geben die sich auf den Begriff des Schönen beziehn. Der Name Ästhetik hat es nur mit der Empfindung zu thun. Wir beziehn ihn aber auf die besondre Empfindung des Wohlgefallens am Schönen im ganzen Umfange des Worts. Weil es nun bei allen Künsten darauf ankommt dies Wohlgefallen am Schönen hervorzubringen so brauchen wir Ästhetik als Inbegriff der Principien in allen Künsten in sofern sie sich auf das Schöne beziehn. Wenn nun allgemeine Principien für die Kunst gebildet werden sollen und diese die Ästhetik ausmachen, wenn wir zunächst ausgehn vom Wohlgefallen am Schönen, von der Empfindung, so kommt es darauf an dies Gebiet von allem andern was man Empfindung nennt zu isoliren; dann aber auch darauf, wenn wir sagen dieser Eindruk wird hervorgebracht durch die Kunstwerke aller Art, zu fragen was ist ein Kunstwerk; d. h. hier müssen wir noch sondern. Wir beobachten hier das was Wissenschaft wer5–6 Möglicherweise Anspielung auf die von Kant formulierte Trennung von Poesie und Rhetorik in der „Kritik der Urteilskraft“. Während die Dichtkunst die höchste unter den schönen Künsten darstelle, weil sie das Gemüt erweitere und die „Einbildungskraft in Freiheit setzt“, sei die „Beredsamkeit, sofern darunter die Kunst zu überreden, d. i. durch den schönen Schein zu hintergehen (als ars oratoria), und nicht bloße Wohlredenheit (Eloquenz und Stil) verstanden wird“, als eine niedere Kunst zu betrachten, die „weder für die Gerichtsschranken, noch für die Kanzeln angerathen werden“ könne. (vgl. Kant KdU, B 215–216; Kant AA 1/V, S. 326) 23–24 Vgl. die Sachanmerkung zu S. 39,5–6

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den will, wie es aus dem gemeinen Leben heraus entsteht. Die Ästhetik ist erst im werden und also auch ihr wissenschaftlicher Ort im werden. Wir müssen also sehen wie das Wissenschaftliche d. h. die nähere Beziehung der Begriffe aus dem Unwissenschaftlichen entsteht. Diese Wissenschaft hat es zunächst damit zu thun daß auf dem allgemeinen Gebiet der Empfindung das Wohlgefallen am Schönen ausgesondert werde und daß aus dem Gebiet das wir Kunst nennen dasjenige was Kunst im höheren Sinne genannt wird zu scheiden [ist]. Wir würden also mit dieser Sonderung beginnen | müssen; kommen aber dabei nicht zum Ziel. Es findet keine Aufnahme eines Kunstwerks statt ohne ein gewisses Nachbilden im Innern. Das Urtheil über das Verhältniß eines Kunstwerks zum Wohlgefallen am Schönen ist das Geschmaksurtheil. Jeder hat dabei seine eigne Art und Weise. Es giebt dabei einen guten, schlechten, gebildeten und ungebildeten Geschmak. Es giebt hier nur ein zwiefaches Verhältniß der Kunst. Es ist ein bestimmter Geschmak vorhanden, die Regeln haben sich festgestellt und der Künstler arbeitet darnach als nach etwas gegebnen oder die Kunstproduktion bildet den Geschmak d. h. das Urtheil über das was schön ist oder nicht. Wenn wir nur auf das erste sehn und es ist also ein bestimmter Geschmak vorhanden, so können wir diesen nicht als bestimmt voraussetzen, denn ehe der Künstler producirt ist der Beschauende Null und es kann keinen Geschmak geben. Also das Entstehn des Kunstwerks veranlaßt das Urtheil. Die Produktion ist das Ursprüngliche. Denken wir uns nun: es besteht unter einem Volk zu einer gewissen Zeit ein Geschmak die Künstler arbeiten darnach, wer sind nun die Kundigen? Es müssen die Künstler seyn; denn das Publikum der Kenner und Liebhaber hat das Unvermögen der Produktion in sich. Das Principielle der Regeln muß also auch in den Künstlern seyn. Ist nun also die Produktion der wahre Anfang so ist es auch das Fortbestehen des Geschmaksurtheils. Richten wir uns nun auf die Produktivität der Künstler und Receptivität der Menge so fragt sichs ob das Urtheil von der Produktion so abhängig ist daß es nothwendig beifällig seyn muß. Dies läßt sich nicht gewiß machen. a priori läßt sich schon sehen daß solche Nothwendigkeit nicht existirt. Das Urtheil wird gewekt durch den Gegenstand aber es kann beifällig und mißfällig seyn. Denn das ganze Kunstgebiet einer jeden einzelnen Kunst ist eine geschichtliche Erscheinung und also immer eine wachsende im ersten Anfang unvollkommne. Das erste Kunstwerk irgend wo unter irgend einem Volk denken wir uns also unvollkommen. Daraus geht hervor daß das Verhältniß zwischen Künstler und Kenner nicht ein in sich so abgeschlossnes ist daß man dabei allein stehen bleiben könne. 11–13 Vgl. Sachanmerkung zu S. 39,12–13

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Das Urtheil ist frei in sich selbst und der Urtheilende muß in sich eine Regel tragen | wonach er urtheilt welche unabhängig ist von der Erscheinung des Kunstwerks. Woher kommt dem Urtheilenden nun solche Regel? Auf die Produktion allein können wir nicht sehen, denn was einer Vervollkommnung fähig ist, ist auch eines Verfalls fähig[;] auf die Urtheilsfassung können wir auch nicht allein sehen. Es kommt nun darauf an die Regel worauf das Urtheil gegründet ist zu finden. Damit haben wir dann das Maaß des Verhältnißes worauf die Produktion zum Urtheilenden gegründet ist. Es fragt sich nun ist das Geschmaksurtheil frei von der Produktivität wie sie eben entsteht? Man sagt nun der Beschauer sieht auf die Natur, der Künstler ahmt die Natur nach und dem Urtheilenden ist die Natur das Maaß wonach er ein beifälliges Urtheil ausspricht wenn die Nachahmung der Natur richtig ist, ein mißfälliges wenn er sie unrichtig findet. Ist die Kunst Nachahmung der Natur so muß also der Künstler darauf sehen und in der Natur hätten wir also das dritte was beide Fragen beantwortet. Die Sache hat beim ersten Anblik viel für sich; auch das Geschichtliche stimmt dafür aber welch unbestimmter Begriff ist die Natur; man muß doch erst wieder fragen in welcher Hinsicht muß ich die Natur betrachten. Wenn die Kunst Nachahmung der Natur ist so schaut der Künstler zuerst auf die Natur und bildet dann nach und der Beschauer vergleicht nur. Da der Begriff der Natur so schwierig ist so fangen wir mit dem Einzelnen an. Nun ist zwar das einzelne Individuum auch noch nicht gegeben aber über Einzelnes wissen wir schon daß man es ganz gewöhnlich zur Kunst rechnet so Malerei Sculptur Dichtkunst Musik. Schwieriger ists schon die Baukunst dazu zu rechnen doch wird nicht leicht jemand glauben daß in der Baukunst nicht etwas sei was nach dem Begriff des Schönen beurtheilt werden kann. – Die Kunst hat es zum Theil zu thun mit der natürlichen Thätigkeit des menschlichen Lebens und weiter nichts z. B. Musik oder Gesang. Dies gilt von allen Redekünsten. Dann mit körperlichen Massen aber in Beziehung auf die lebendige menschliche Natur | z. B. Sculptur, Bildnerei[,] Malerei. Endlich mit körperlichen Massen nur in mittelbarer Beziehung auf das menschliche Leben z. B. Architektur. Fangen wir nun von den Künsten an die es mit der Rede zu thun haben und fragen wo ist Natur und wo Nachahmung der Natur? so wird niemand eine bestimmte Gränze zwischen beiden ziehen können; Beides geht unmittelbar in einander über und fällt unmittelbar zusammen. Sprechen wir im gemeinen Leben so ist das die unmittelbare Natur; werden im Drama Personen redend eingeführt so ist dies die Nachahmung der Natur. Ist dies Prosa so ist die Nachahmung der Natur noch näher. 10–16 Vgl. die Sachanmerkung zu S. 40,16–17

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Ists Poesie so tritt die Kunst mehr hervor. Das vorzüglichere ausgebildetere in dem Ursprünglichen der Natur selbst ist das was wir Annäherung an die Kunst nennen. Wesentlich ist der menschlichen Natur das Bewußtseyn. Vergleichen wir nun zwei Menschen von denen der eine gut der andre schlecht spricht so wird man dem letzten größere Bewußtlosigkeit zusprechen. Dem ersten ist durch fortgesetzte Übung die Gewöhnung des schön sprechens entstanden. Bewußtlosigkeit verhält sich also zum Bewußtseyn wie die unvollkommne Natur zur vollkommnen. (Die Annäherung an die Kunst im gemeinen Leben ist nichts anderes als größere Vollkommenheit der Natur selbst). Stellt man diese Glieder zusammen so sieht man eine gleichmäßige Fortschreitung. Das Drama sieht man gewöhnlich an als für die wirkliche Darstellung bestimmt und da werden die redend eingeführten Personen zugleich auch in der körperlichen Bewegung dargestellt; also die geschriebne Rede wird verwirklicht durch die Darstellung. Da scheint offenbar daß das der Punkt sei der am bestimmtesten darauf hinweist hier im Gebiet der Dichtkunst den Begriff der Nachahmung der Natur darzuthun. Diese Bewegungen welche hier die Idee des Kunstwerks erst vollständig verwirklichen wozu auch die Produktion der Stimme selbst gehört | das wollen wir hier alles zusammenfassen. Nun werden bei der Darstellung innre Bewegungen des Gemüthes vorausgesetzt woraus nachher die Rede und die Art der Rede hervorgeht. Diese inneren Bewegungen stehen mit Begebenheiten und Ereignissen im Leben zusammen sind also Affekte, Pathemata im weiteren Sinn. Nun hat aber z. B. der Darsteller den Agamemnon nicht gesehn wohl aber andre in ähnlichem Verhältniß stehende Menschen. Ahmt er diese nach so ist die Kunst in sofern Nachahmung der Natur. Nun fragt sich aber soll die Kunst Nachahmung seyn von dem was im gewöhnlichen Leben in ähnlichen Umständen befindliche Menschen thun? Das Nachbildende setzt ein Urbild oder Vorbild voraus. Also verhält sich der ursprüngliche Ausdruk der Natur zu dem was der Künstler thut wie das Urbild zum Nachbild. Die am meisten unbewußte rohe Gemüthsbewegung des Menschen kann nicht das Nachbild des Künstlers seyn sondern er soll vielmehr das Vorbild seyn woran sich das Bewußtlose zu größerem Bewußtseyn heranbildet. Es kann die reine körperliche Bewegung ein Ausdruk seyn von der innern Gemüthsbewegung. Dies ist der Gegenstand einer eignen Kunst, der Mimik. Wie sollen wir dies für sich betrachten[,] wie Natur und Kunst unterscheiden? Wenn Kinder z. B. freudig herumspringen so ist das die ursprüngliche Natur. Vergleichen wir die Kinder untereinander so werden wir bei den Bewegungen selbst eine große Verschiedenheit bemerken bei dem Einen mehr Annäherung an das Schöne als bei dem Andern. Da müssen wir sagen daß die Kunst nicht Nachahmung der Natur ist

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sondern das Bessere in der Natur ist die Annäherung an das was die Kunst hervorbringt. Die Kunst ist also nicht Nachahmung sondern Vervollkommnung der Natur. In einer reinen Progression steht PdiesS. So stellt sich uns die Sache hier dar. Wir werfen nun die Mimik und Darstellung fort und bleiben stehn beim dramatischen Dichter. Wir betrachten dabei einen andern Dichter der z. B. Naturscenen darstellt | Meeressturm, ruhige Landgegend. Ist das Nachahmung der Natur so ist dies doch sehr verschieden von jener Nachahmung und wir werden dadurch irre am Begriff der Dichtkunst. Der PNatürlicheS Dichter und Landschaftsmaler würde dann in Eine Klasse fallen. Die beschreibende Dichtkunst würde dann in Eine Klasse fallen mit der Malerei. Wenn wir den Dichter in dieser Thätigkeit betrachten und fragen wie erreicht er eigentlich seinen Zwek so können wir nichts sagen als indem er seinen Leser zum Maler macht. Er vergegenwärtigt ihm die Sachen so daß sie sich innerlich abbilden und je vollkommner die innere Nachbildung ist je mehr hat er seinen Zwek erreicht. Dadurch bekommt jenes Paradoxe viel für sich. So könnte man auf einer andern Seite sagen daß der Historienmaler ein Dichter sei. Er giebt dem Leser einen Impuls ein dramatischer Dichter zu werden. So zerreissen sich die Künste wenn wir von diesem Begriff ausgehn. – Wie stehts nun mit der Musik?? Wo ist da die Natur die nachgeahmt wird. Sagen wir da: der Mensch in gewissen Stimmungen trällert sich etwas vor, das ist die Natur so wird niemand sagen daß der Gesang Nachahmung davon ist sondern da tritt es hervor daß die Kunst Vervollkommnung der Natur ist. Wie ists aber mit der Instrumentalmusik? Wo ist das Vorbild in der Natur? Die Natur tönt gar nicht als nur in den Thieren und da müssen wir sagen daß sich der unmittelbare Naturgesang des Menschen zum Gesang der Vögel nicht verhält wie die Nachahmung zum PUrbildS. Beim Menschen drükt sich das höhere Bewußtseyn im Gesange aus ist also etwas höheres als der Gesang der Thiere. Was haben wir für die Instrumentalmusik für ein Vorbild? Die Aeolsharfe ist am meisten Nachahmung der Natur aber diese ist grade am spätesten erfunden. Alles übrige hat gar | kein Vorbild sondern ist die reinste menschliche Erfindung. Denken wir uns den ersten Musiker und fragen was hat er für ein Vorbild? Seinen eignen Gesang, denn was kann er anderes spielen als was innerlich in ihm singt. Diese ungeheure Mannigfaltigkeit der Instrumente in denen er erst verschiedne Töne hervorbringt giebt gar nichts worauf wir den Begriff der Nachahmung der Natur gründen können als wenn wir sagen, der Mensch ahmt sich selbst nach. Dies ist aber auch nicht wahr denn der Mensch hat diese große Mannigfaltigkeit nicht in sich. Es wäre die allerwillkürlichste Annahme daß jeder musikalische Ton ein Vorbild hätte in der Natur in der Stimme eines Thieres. Der Naturlaut in der

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Stimme eines nicht singenden Thiers verhält sich zum Ton der ein bestimmtes Maaß hat nicht wie das Urbild zum Nachbild; denn jeder Ton ist eine Potenzirung des Schalls. In der Natur finden wir nur Laut und Schall keinen eigentlichen Ton. Dieser Ton ist von der Natur in der höchsten Vollkommenheit der menschlichen Natur gegeben. Dies verhindert also den Begriff der Nachahmung der Natur Kunst zu nennen, wenn man in das Einzelne geht. Auch in der Architektur kann von keiner Nachahmung der Natur die Rede seyn. – Nun fragt sich müssen wir den Gedanken überhaupt aufgeben ein gemeinschaftliches Princip zu suchen für Künstler und Beschauer? Das wird zu viel gefordert seyn. Müssen wir es aufheben außerhalb des Menschen und also doch in der Natur zu suchen? Es ist doch gewiß daß wir das Schöne in der Natur finden und auf so ursprüngliche Weise daß wir nicht sagen können es werde etwas später in der Natur entdekt als durch die Kunst hervorgebracht. Nun stellt sich die Sache so. In Beziehung auf das Schöne in der Natur sind wir Alle auffassend und nicht hervorbringend[;] in der Kunst sind Einige auffassend und nicht hervorbringend. Ist es eine andre Auffassung durch die wir das Schöne in der Natur auffassen und durch die wir das Schöne in der Kunst auffassen? Das ist die selbige Auffassung. Selten hat Jemand Sinn für | [das] Schöne in Bildenden Künsten und gar keinen für die Musik. Bei der Vergleichung der Auffassung in Kunst und Natur müssen wir das Analoge vergleichen. Es ist nicht zu denken daß einer Sinn für das Schöne in der Dichtkunst und gar keinen im Vergleich über das Schöne und Schlechte in der gemeinen Rede. Betrachten wir die Künstler. Diese sind auffassend in Beziehung auf die Natur[,] in Beziehung auf die Kunst hervorbringend. Ist das dasselbe wodurch sie auffassen und hervorbringen? Beides ist Eins und dasselbe. Das Auffassen des Schönen in der Natur ist eben so gut mit einem Anstoß zur Produktion versehen als das Auffassen des Schönen in der Kunst. Ist dies wahr, so werden wir dennoch sagen müssen: Es muß dabei bleiben daß wir nicht auf die Auffassung sehen müssen sondern auf die Produktion weil diese das Größere ist. In Beziehung auf die Natur sind wir immer nur im Auffassen begriffen in Beziehung auf die Kunst liegt die Produktion vor uns. Man könnte noch einen Versuch machen auf das Andre zurükzukehren. Es soll nicht geläugnet werden daß die Betrachtung der Produktion sichrer leitet als das Auffassen[;] wie wäre es aber wenn das Schöne in der Natur das Ursprüngliche wäre und wenn wir dann die Produktion der Natur betrachten könnten. Könnten wir dann die Genesis des Schönen kennen lernen so würden wir gewiß auf den Begriff selbst kommen. Aber wohin kämen wir da? In das Gebiet der Naturwissenschaft. Den Begriff des Schönen in der Natur wenden wir zunächst an auf die lebendigen Gestalten und da

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würden wir fragen müssen wie macht es die Natur indem sie das Schöne hervorbringt? Sind wir dazu gerüstet die Frage zu beantworten? Nein. Die Naturproduktion ist uns viel zu sehr Geheimniß und wir können nicht entscheiden wie viel auf der ursprünglichen innern Anlage des Geschöpfs selbst oder auf äußeren Umständen beruht. Wenn wir die Sache so angreifen könnten so würde das allerdings eine Lösung geben. Wir kommen PimmerS darauf zurük[.] Die Art wie wir die Beantwortung der Frage angreifen können ist die: daß wir auf das Kunstvermögen in dem Menschen selbst sehen. Hier können wir die Produktion mehr verfolgen, auf der einen Seite erforschen was für eine Idee dabei zum Grunde liegt | auch können wir die Art und Weise des Processes selbst verfolgen. Allerdings müssen wir es PmitS zum Ziel setzen daß uns diese Betrachtung zu der andern hinüber führt; denn wenn wir so die künstlerische Produktion uns klargemacht haben so muß sich der Begriff des Schönen mit entwikeln und also werden wir doch immer das auffinden müssen was uns in der Schätzung des Schönen leitet. Stellen wir uns auf diesen Punkt so kommen wir vorläufig ganz ab von der Betrachtungsweise die den ältesten Namen dieser Disciplin hervorbrachte; denn PdieseS hielt sich ganz am Auffassen. Ästhetik ist also bei uns nur reiner Name für das was das Resultat der Betrachtungsweise ist. Diese selbst ist uns PandersS geworden. Die allgemeine Theorie der Kunst ist ein besserer Name für unser Verfahren. – Was aber ist die Frage die wir lösen wollen? Wir sind noch immer in der Verwandschaft des Begriffs Kunst und Schön. Diese beiden Begriffe haben wir nur genommen aus der Kenntniß ihrer Gebrauchsweise im gemeinen Leben. Wir haben noch einen dritten hinzugenommen. Wir wollten es PanlegenS auf Theorie der Kunst so weit sie sich auf das Schöne bezieht. Was ist aber Theorie? Also ist noch eine Menge von Präliminaruntersuchungen ehe wir die eigentliche Aufgabe beginnen können denn jede wissenschaftliche Untersuchung muß in bestimmter und klarer Ordnung geschehen. Wir sind noch gar nicht so weit daß wir eine Methode constituiren können. Wir können jetzt nichts thun als zuerst die Begriffe die wir vorhin aus dem gemeinen Leben nahmen uns wissenschaftlicher zurichten. Da das drei Begriffe sind so fragt sich, haben wir nöthig uns zuerst mit einem bestimmten unter diesen drei zu beschäftigen oder ist das willkürlich? Eine Nothwendigkeit haben wir. Feststellend daß wir die Lösung der Aufgabe eher gründen wollen auf Betrachtung der Produktion als auf die Betrachtung des Auffassens, so haben wir dadurch den Begriff der Kunst zum dominirenden gemacht. Nun ist noch zwischen Kunst und Theorie zu unterscheiden. Sagend wir haben es zu thun mit dem Begriff der Kunst insofern sie sich auf den Begriff des Schönen bezieht so liegt darin daß die Kunst vorherrschend ist. Was

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wir Theorie nennen davon wissen wir auch daß es sich auf etwas andres beziehen kann | als auf die Kunst. Es ist nun Verschiedenheit der Gegenstände. Was im Begriff liegt ist in Beziehung auf alle Gegenstände dasselbe. Es ist dennoch besser daß wir zuerst den Begriff der Theorie betrachten weil er der einfachere ist und dann müssen wir den Begriff der Kunst wissenschaftlicher zurichten. – Was ist Theorie? Wenn wir die Sache etymologisch betrachten so ists nichts andres als Betrachtung. Davon müssen wir aber abstrahiren. Was wir Theorie nennen – der Beredsamkeit [und] der Dichtkunst – das nannten die Alten τέχνη und nicht θεωρία. Wir set zen en t g e g e n T h e o r i e u n d P r ax i s . Die Alten thaten das in etwas andern Sinn – βιος θεωρητικος und βιος πρακτικος in dem Ethischen. Wenn wir Theorie und Praxis auf einander beziehen so ist Praxis die Produktion und Theorie die Betrachtung der Produktion worin die Absicht liegt die Produktion selbst zu ordnen. Die Alten nannten eine Ausübung der gar keine Betrachtung zum Grunde liegt τριβη, ἐμπειρια und das ist was wir mit einem gemeinen Ausdruk: S chlendria n nennen. Das ist die Praxis ohne alle Theorie. Wenn man aber auf der andern Seite bei uns oft sagt, man sollte in die Theorie die Praxis nicht einmischen so liegt darin wieder ein verschiedener Sinn von Theorie. Wenn in dem vorigen Begriff das eine Element bleibt daß die Praxis PleitenS soll aber die Praxis ist herausgenommen und man will die Praxis von außen leiten; so ist der Begriff von Theorie ganz anders. Theorie ist eine Betrachtung; sie setzt also etwas voraus was betrachtet wird[;] allein in der Art wie wir das Wort gebrauchen ist der Gegenstand der betrachtet wird nichts andres als eine Ausübung[,] Praxis. Ist denn das wirklich ein bedeutender Unterschied daß die Absicht dabei zum Grunde liegt die Produktion zu leiten? Wir stellen uns auf den Standpunkt des gewöhnlichen Lebens. Diejenigen welche sagen Theorie und Praxis sei ganz verschieden fußen darauf daß die wirklich Ausübenden und Betrachtenden nicht die selbigen sind. Wenn einer betrachtet der andre ausübt ists dann möglich daß die Betrachtung des Einen könne die Ausübung des andern leiten? In Beziehung auf verschiedne Punkte ist dies ein sehr verschiednes. | Wenn die Ausübung bis auf einen gewissen Punkt gekommen ist dann wird die Kunde des Betrachtenden den Ausübenden leiten können. Nicht aber wenn wir auf den ersten Anfang sehn. Denkt man sich z. B. eine musikalische Composition so kann man nichts andres denken als daß bei 11–12 Βιος θεωρητικ ς (bios theoretikos, theoretisches oder betrachtendes Leben) und βιος πρακ τικ ς (bios praktikos, praktisches oder handelndes Leben) sind Begriffe der antiken Ethik. Aristoteles hebt in der „Nikomachischen Ethik“ das betrachtende Leben vom praktischen Leben ab, weil es potenziell eine größere Glückseligkeit gewährleisten könne. Vgl. Aristoteles: Nikomachische Ethik, X 7.

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dem ersten Anfang eine Tonfolge vorschwebt wobei der Charakter der Melodie vorherrscht. Kann wohl die vollkommenste musikalische Theorie einen andern leiten bei der Erfindung eines musikalischen Thema? Nein. Kein Mensch kann dem andern sagen wie er etwas erfinden soll! denn dann hört es auf erfundnes zu seyn. Aber wenn er sein Thema hat und variirt und bringt untergeordnete Glieder an, da wird der Theoretiker sagen können, das oder das ist falsch etc. Dann kann die bloße Theorie die Praxis leiten. Die Verbindung zwischen Theorie und Praxis ist also nicht auf allen Punkten dieselbe sondern verschieden. Je mehr in das Mannigfaltige hinein je mehr kann die Theorie der Praxis zu Hülfe kommen. Je mehr nach dem Ursprünglichen Primitiven hin, je mehr muß die Praxis ihr wesen treiben. Was zur Betrachtung kommt ist immer schon das zweite und nicht mehr das erste. Wir können uns selbst immer erst beim zweiten Betrachten was aus dem ersten hervorgegangen ist was wir nicht kannten. Vom ersten Punkte an giebt es eine verfolgende Ausübung in all ihrer Verschiedenheit in Beziehung auf das Resultat der Ausübung und in Beziehung auf die Idee des Ausübenden. Diese Betrachtung ist das was wir Theorie nennen. Kann die Theorie in dem Umfange der daraus von selbst hervorgeht wirklich Ein Ganzes seyn? Dabei müssen wir voraussetzen daß eben so schon das Gebiet der Kunst auseinandergesetzt wäre. Wenn wir die Kunstproduktion betrachten und wir fangen sie an bei der Beobachtung der Künstler selbst so sehn wir zuerst etwas Mechanisches auch bei dem allergeistigsten. In den bildenden Künsten Musik besonders finden wir viel Mechanisches. Das wäre also das eine Ende der Theorie. In jeder Kunst finden wir verschiedne Gattungen oder Bildungsweisen und wir verstehen erst die Kunst wenn wir diese in ihren Unterschieden und Beziehungen auf einander betrachten. Wenn wir dieselbe Kunst ansehn in verschiednen Gegenden | und Zeiten so finden wir verschiedene Manieren oder Stile wenn wir nur beurtheilen können wie sich diese Differenzen zu einander verhalten. – Nun kommen wir so auf die verschiednen Künste selbst. Wir wissen noch nicht mit wie vielen wir werden zu thun haben aber große Mannigfaltigkeit liegt schon zu Tage und Verwandschaft und Abstufung in derselben erscheinen schon oberflächlich betrachtet als schwierige Aufgabe. wäre uns diese gelungen so erscheint das Ganze durch alle verschiednen Völker und Zeiten hindurchgehend als große Masse von Thätigkeit die keinen unbedeutenden Theil der Selbstoffenbahrung des Menschen ausmacht. Haben wir so das ganze Kunstgebiet vor so entsteht die Aufgabe: was denn dies Bestreben in Verbindung mit allem PandernS Menschlichen Bestreben sei? wie zu den übrigen sich verhaltend wie durch sie bestimmt? So groß und so schwierig dies ist so ists doch nicht einmal das höchste. Das Kunstbe-

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streben bringt Resultate Kunstwerke hervor; diese treten in die Reihe der Dinge ein, helfen erst die Erde vollenden treten in die Reihe der NaturGegenstände ein aber sie stehen da die körperlichen als integrirende Bestandtheile der körperlichen Dinge und die Geistigen eben so auf der Geistigen Seite. Da eröffnet sich noch der kosmische Gesichtspunkt. Denken wir uns daß auf dem Weltkörper die Kunstbestrebung fehlte so würde der ganze Weltkörper etwas andres bilden und es gehört also zu seiner Dignität daß wir dies mit zu seiner Entwiklung rechnen. Es gehört dies zu der höchsten menschlichen Speculation. Wenn wir diesen Endpunkt und den ersten zusammenknüpfen wollen so ist dies gleichsam der höchste Gipfel der Theorie und jenes erste ist die niedrigste Region. Können wir nun alles was dazwischen liegt als Eins ansehn? Das muß schwierig erscheinen in der Ausübung. Einer kann großes Talent haben für die höhere Speculation der wiederum gar keins hat für die einzelnen Beobachtungen worauf eben jene Regeln für die einfachste Mechanik beruhn. In der Ausübung werden wir finden daß beides schwer das Werk Eines und desselben seyn kann. | Jedes menschliche Bestreben ist nicht das Werk von Einem wenn etwas Vollständiges hervorgehen soll. – Es ist eine andre Betrachtung die uns hier veranlassen kann hier bestimmte Gränzen zu setzen. Wie wir übergingen von der Betrachtungsweise die die Auffassungsweise zum Grunde legt zu der Produktionsweise. – Betrachten wir die Theorie der letzten Ausführung der mechanischen Seite, so ist diese nicht in allen Künsten dieselbe weil Stoff und Instrumente womit gearbeitet wird nicht dieselbigen sind. Allerdings haben wir also eine Gränze. Je mehr wir uns dem andern Endpunkte nähern desto mehr sind wir im Gebiet der Speculation[,] je mehr wir bei bei dem ersten stehen bleiben desto mehr sind wir im Gebiet der Empirie. was liegt PdannS in der Mitte? Wenn wir die einzelnen Künste in ihren verschiednen Gattungen betrachten, wie kommen wir dazu? Die eine Möglichkeit ginge aus von der Zusammenstellung des Gegebnen wäre also rein historisch. Die andre wäre der Versuch aus dem Begriff der Kunst die verzweigung zu construiren: das wäre das speculative. Die bloße Betrachtung des Gegebenen liegt mehr auf der Seite des empirischen. Grade das historische ist das was in der Mitte zwischen beiden liegt. Alle Betrachtung des Gegebnen ist auf unsrem Gebiet der Geschichte und das ist also die mittlere Region. Wiederum kann hier eine große Mannigfaltigkeit seyn im Verhältniß des Historischen zum Speculativen. Ohne daß die Kenntniß des Gegebnen fehlt wird es eine Kenntniß des historischen geben die mehr von der Idee durchdrungen ist. Vermöge dieser beiden Elemente kann also die Theorie selbst wieder einen sehr verschiednen Charakter haben. Wenn wir uns nun eine Gränze nach unten gemacht haben und auf der andern Seite uns auch

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eine Gränze nach oben ziehn müssen, so daß wir für jene höchste Betrachtung nur PAndeutungenS geben dürfen, so werden wir uns überzeugen daß unser ganzes Geschäft vorzüglich in der mittleren Region versirt. Was den verschiednen Charakter betrifft den die Theorie hier haben | kann so ergibt sich von selbst daß die rechte Behandlungsweise erst durch die unmittelbare Anschauung gegeben werden kann. Wir werden uns an die Behandlungsweise halten müssen die mehr nach der speculativ philosophisch sittlichen Seite geht. – Nun fehlt aber eben, was freilich in seiner Vollkommenheit erst Resultat der Betrachtung seyn kann, daß wir wissen was dasjenige sei womit wir es zu thun haben, was vom Begriff der Kunst in unser Geschäft hineingehört. Der Begriff der Kunst geht im gewöhnlichen Gebrauch weiter als unsre Theorie aber es kommt darauf an eine Begränzung zu finden. was nennen wir überhaupt Kunst? Einmal denken wir dabei eine menschliche Hervorbringung; denn wenn wir auch der Natur eine Kunst beilegen so geschieht das auf bildliche Weise und damit haben wir nichts zu thun. Wenn wir recht von unten anfangen so müssen wir sagen schon dem gemeinen Sprachgebrauch nach nennen wir alles Kunst wobei nach bestimmten Regeln verfahren wird und werden muß. wir nehmen z. B. durchaus alle keinen Anstoß an dem Ausdruk Rechenkunst weil dabei nach bestimmten Regeln verfahren wird. Giebt es nun aber irgend eine Thätigkeit die nicht so bestimmt ist, so werden wir allemal die Differenzen finden, das Kunstlose und Künstlerische. Die meisten mechanischen Beschäftigungen werden zuerst aufs Gerathewohl beschäftigt allmählig lernt der Mensch den Stoff kennen, findet die Regeln und das Geschäft fängt an Kunst zu werden. wollen wir so alle Beschäftigungen die Kunst genannt werden in unser Geschäft ziehn? Nein da müssen wir Gränze suchen. Diese ist schon gegeben in dem Ausdruk mechanische Künste und schöne Künste. Schwer ists beide genau zu trennen. Dasjenige was unbestritten schöne Kunst ist ist offenbar auch etwas von der mechanischen Kunst. Selbst in den redenden Künsten finden wir das Mechanische. Wenn das Gedicht seine Wirkung thun soll so kommt viel darauf an daß der der es spricht es mit Leichtigkeit spreche, | daß seine Sprache geschmeidig sei. Diese Bewegungen der Organe sind mechanisch und die Beziehung in dem Kunstwerk auf diese Organe ist also auch mechanisch. Ist denn nun in den mechanischen Künsten nicht eine Beziehung auf die schöne Kunst? Gewiß immer. Ein Hausgeräth ist eine mechanische Arbeit aber solch ein Ding kann doch schöne und Mißverhältnisse haben und fragen wir worauf bezieht sich das? hören wir: auf das Mißverhältniß auf Mangel an Schönheit. Jedes Werkzeug das wir zu mechanischem Behuf bedienen ist bestimmt zu einem Zwek und dabei kann man ein Bestreben nach Schönheit oder Unschönem

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finden. Überall spielt also das Schöne auch in das Gebiet der Mechanik hinein. Wenn die Menschheit zu gewisser Entwiklung gekommen ist so bekommt alles in der Mechanik gewisse Theile die um der Schönheit willen da sind [unabhängig vom] Zweck. Diese nennt man Ornamenta. Sie sind die letzten Enden der schönen Kunst die ins Kleine hinein ihre Zuflucht sucht um sich das Mechanische anzueignen. Hier sehen wir also die beiden Gebiete sich wieder in einander verlieren. Wollen wir nun so können wir sagen: was mit unter den Begriff des Schönen fällt aber nicht selbstständig für sich ist sondern an einem andern das gehört zur schönen Kunst aber ist mehr ein äußeres Kunstgebiet das nach denselbigen PGesetzenS beurtheilt wird und auf denselben Regeln beruht. Das ist nur die Gränze nach der Einen Seite. Es giebt noch eine andre wobei wir ein eben so verschiednes Kunstgebiet finden. Wenn wir den Begriff der Kunst aufstellen so sehen wir als Zusatz dazu an den Begriff von Wissenschaft, trennen es aber doch und setzen es gewissermaßen einander entgegen. Daß es über die Kunst auch eine Wissenschaft giebt vermittelt den Unterschied nicht. Fragen wir aber, die Kunst ist eine Produktivität des Menschen[,] ist die Wissenschaft das nicht? Ja, die Wissenschaft wird nur mitgetheilt und nur vom einen zum andern übergehn. Ist die wissenschaftliche Produktion unterschieden von der Produktion der Kunst? | Die wissenschaftliche Produktion ist wieder zu unterscheiden nach den verschiednen Disciplinen in denen bisweilen eine genaue Verwandschaft mit der Kunst vorhanden ist. Geschichte z. B. ist Wissenschaft aber wenn nun die Geschichtskenntniß dargestellt wird so kann das auf sehr unvollkommne Art geschehen aber auch so daß wir sagen diese Geschichtsschreibung ist ein wahres Kunstwerk. Dergleichen wissenschaftliche Gebiete giebt es mehrere. In der Mathematik selbst kann etwas denselben Eindruk machen wie ein Kunstwerk. Auch die philosophischen Werke sind von der Kunst nicht ausgeschlossen. Die Kunst greift also hier in das Gebiet der Wissenschaft. – Ist denn das nun alles? Nein. Gesetzt es unternehme jemand die Darstellung einer besten und vollkommensten Staatsverfassung und stellte diese dar in den besten Verhältnissen etc. so würden wir eben so sehr sagen es wäre das ein wissenschaftliches Kunstwerk als jedes andre. Wenn wir solch eine Staatsverfassung wirklich vorfinden so müssen wir sie auch ein Kunstwerk nennen und da greift also die Kunst in die Gesetzgebung des Lebens selbst hinein. Das ist die ärmste Seite des Lebens. Denken wir uns ein großes Fest, olympische Spiele – wenn dazu die Anordnung, der Wechsel zwekmäßig angeordnet sind so 6–7 anzueignen] zu manifestiren

20 und] folgt ))von**

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kann man sagen solche Einrichtung hat sich als Kunstwerk bewährt. Wo ist also die Gränze zu finden? Es gelüstet uns noch weiter zu gehn. Bisher blieben wir bei der rein menschlichen Produktion, so sehn wir jetzt mehr auf das was wir vor uns haben und nicht auf die Thätigkeit selbst. – Die göttliche Kunst in der Weltschöpfung verglichen mit der menschlichen Kunst zwingt uns zu sagen: Beides liegt in Einer Linie. Der Geist ist das Gestaltende. Es verhält sich beides zu einander so: das höchste Wesen als Geist betrachtet ist in der Schöpfung künstlerisch. Der menschliche Geist ist in der Kunst schöpferisch. Das Schöpferische des Menschen kommt erst da überall recht ans Licht wo es die Form der Kunst annimmt. – Diese Idee: die Welt als das absolute Kunstwerk anzusehn, findet sich auch überall in den menschlichen Vorstellungen auf mannigfaltige Weise realisirt. Es sind die Schönheitsvorstellungen von den Bewegungen der Gestirne was die Alten [als] Musik der Sphären bezeichneten. – | (Die Alten sahen das Genießende Leben als das niedrigere an als das Betrachtende und Hervorbringende.) Das Betrachtende sah man als das Höchste an. Auch in der christlichen Idee von der Seligkeit in dem reinen Anschauen Gottes liegt eigentlich dasselbige. Also hier sind wir an beiden Enden angekommen aber in solchem großen Abstande zwischen dem Unendlich Großen und Unendlich Kleinen so daß wir nicht wissen wo wir festen Fuß fassen sollen. Wir können unsre Aufgabe nicht anders lösen als indem wir im Gebiete des Begriffs stehen bleiben: die Aufgabe hatte sich schon so gestellt daß wir den Begriff der Kunst als Eins gestellt haben. Das Unendlich Viele ist das was wir nie erreichen können. Das Eine steht gar nicht in unmittelbarem Verhältniß zu dem Unendlich Vielen. Wir müssen zuerst das was unsre Einheit ist, der Begriff der Kunst, so fassen daß es uns eine Vielheit wird. Das ist das allgemeine Verfahren mit der Eintheilung der Begriffe. Sobald wir in der Betrachtung des Lebendigen sind kommen wir überall auf diese Aufgabe. Das Leben z. B. wissen wir wie wir es auf wissenschaftliche Art erklären können, das thierische Leben z. B. wäre als Einheit des Begriffs gegeben. Die Erscheinungen des thierischen Lebens sind unendliche Vielheit. Soll das nun ein wissenschaftlicher Begriff werden so muß die Einheit eine Vielheit werden. – Nicht anders können wir die Aufgabe hier stellen. Der Begriff der Kunst ist also die Einheit, eigentlich die ganze P S aller menschlichen Produktion. Diese Mannigfaltigkeit sollen wir eben aus der Einheit erklären. Schließt sich uns nun schon durch diese ersten Grundlinien des Verfahrens etwas aus unserm Verfahren aus was wir vorher gefunden? Allerdings. Diese Verfahrungsweise ist nur für die menschliche Kunst. Die göttliche 15–17 Vgl. die Sachanmerkung oben S. 289,11–12

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Kunst wie wir es nannten, kann s o n i c h t bet ra cht et werden weil die Totalität der Welt das Eine Kunstwerk ist und da giebt es also keine Einheit und Mannigfaltigkeit. Dennoch war das nicht vergeblich was wir als die größte Erweiterung des Begriffs hypothetisch als Begriff der göttlichen Kunst hingestellt haben. Nun aber | wie sollen wir das Verfahren anstellen da wir auf der einen Seite die Einheit als unbekannte Größe haben. Das Unendlich mannigfaltige ist wohl gegeben aber noch haben wir keine bestimmten Gränzen und eben so wenig eine andre als ganz empirische, unsichre Vorstellung von den verschiednen Formen in denen die Kunst erscheint. Das sollen wir also alles zusammen, wie auf Einen Schlag finden. Gehn wir zurük auf das was wir vom Begriff der Theorie gesagt haben so finden wir: was so Theorie der einzelnen Künste ist daß es sich lediglich auf besonderes Material und Instrumente bezieht wollen wir hier ausschließen und nur das betrachten wo sich menschliche Kunstthätigkeit im Zusammenhang mit andern menschlichen Thätigkeiten zeigt. Es giebt also eine menschliche Thätigkeit die als Kunsthervorbringung bezeichnet wird; wir wollen wissen, was diese eigentlich ist. Aus dem dominirenden sind die verschiedenen Künste entstanden und wir wollen wissen wie sich diese zum Begriff der Kunst verhalten. Aber jede einzelne Kunst theilt sich in ihre verschiednen Gattungen, von diesen wollen wir dasselbe finden. Wo wir uns so dem Einzelnen nähern da müssen wir doch wissen warum wir nicht das Nothwendige erkennen können. Wenn wir das als eigentliche Aufgabe betrachten die zuletzt dahin ausgehen muß daß wir erkennen müssen was in der Produktion in Beziehung auf die verschiedenen Formen das Ganze und das Einzelne ist. Darin liegen dann schon die Principien des Verfahrens. Es ist nun noch nicht der Begriff der Kunst im allgemeinen und der schönen Kunst auf bestimmte Weise gegeben, der soll sich erst im Verfahren selbst finden. Fragen wir nun welche Stelle wird diese Untersuchung eigentlich einnehmen? so müssen [wir] sagen, genau genommen wird das Bestreben diesen Begriff zu finden durch die ganze Untersuchung durchgehn. Bei jeder Untersuchung muß der Begriff des Gegenstandes das erste oder letzte seyn was gefunden wird. In der Mitte vorkommend läßt er sich eigentlich gar nicht denken. Wenn der Begriff gleich aufgestellt werden kann so kann die folgende Untersuchung nur seyn Analyse des Begriffs oder eine Reihe von Anwendungen des Begriffs. Einen Begriff welcher ein höherer allgemeiner ist kann man nur recht verstehen wenn man die untergeordneten | Begriffe als in ihm gesetzt mit versteht. Sollten wir nun den Begriff der Kunst schon verstehen können so müßten wir auch wissen was für 23 erkennen] Erkennen

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verschiedne Zweige der Kunst es giebt und mehrere dergleichen untergeordnete Begriffe. Was müßten wir dann aber nicht schon voraussetzen? Der Begriff der Kunst ist der einer bestimmten Menge von Thätigkeiten, steht also unter dem allgemeinen Begriff der menschlichen Thätigkeit überhaupt, kann also nicht anders als mit dem höheren und dem coordinirten zusammen verstanden werden. Diese ganze Untersuchung müßten wir dann voraussetzen. (Das System wenn wirs so sollten darstellen können, der verschiednen einzelnen Künste müßten wir genau verstehen). – So viel können wir aber nicht voraussetzen und unsre bisherige vorige Darstellung war so beschaffen daß nicht vorauszusetzen ist daß Erklärungen darüber für gewiß und recht anzusehen waren. Sie haben uns das alles erst als ein zu findendes nachgewiesen. Wir wollen es nur mit der allgemeinen Theorie der Kunst zu thun haben, nicht mit den Regeln der Einzelnen in Beziehung auf Stoff und Instrumente. – Der Theil der Untersuchung welcher diesseits der Erklärung liegt ist der mehr speculative[,] der Theil welcher jenseits liegt ist der mehr und überwiegend empirische. Diese Ausdrüke sind sehr gewöhnlich aber auch sehr verschiedenen näheren Bestimmungen unterworfen. Was ist also mit diesem Gegensatz im allgemeinen gemeint? Beides ist gebraucht in Beziehung auf das Gebiet des Erkennens. Das Empirische nennen wir diejenige Beschaffenheit der Erkenntniß vermöge derer sie erworben ist dadurch daß etwas gegeben[,] speculativ aber vermöge derer sie erworben ist [dadurch], daß sie entwikelt ist vermöge der gegebenen Voraussetzungen. In dem einen liegt überwiegend der geschichtliche Charakter der Erkenntniß, in dem andern mehr der philosophische Charakter einer Erkenntniß. Nun aber ist dies ausdrüklich nur als Entstehungsweisen der verschiednen Erkenntniß bezeichnet also ohne zu entscheiden ob nicht dieselbe Erkenntniß auf entgegengesetztem Wege könne erlangt werden. Denn hier zu entscheiden ist gar nicht Pflicht hier. In der Logik – Anweisung zur Verstehung von Gedanken und Begriffen – kann man nicht ganz auf empirische Weise handeln? Gewiß. | Dagegen läßt sich aber die Logik auch auf ganz andre Art behandeln z. B. ganz speculativ. Daran schon läßt sich erkennen wie dieser Gegensatz zwar eine wesentliche Differenz ist aber daß dieser Gegensatz selbst nur ein relativer ist. Denn etwas anders die Sache angesehen kann sehr wohl bei der Logik das Speculative empirisch und das Empirische speculativ werden. Wie steht es denn nun mit unsrer Untersuchung? Derjenige Theil der diesseits der Erklärung des Begriffs der Kunst liegt sollte der mehr speculative seyn[,] der darauf folgende der empirische. Wir würden es also mit dem überwiegend speculativen Theil der Untersuchung zu thun haben. Fragt sich ist er ganz und gar speculativ? Die Thätigkeit des menschlichen Geistes ist auch ein Gegebnes aber wir

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können sie so fassen daß sie zugleich die ursprüngliche Voraussetzung ist. Denn indem ich anfange zu untersuchen bin ich schon in Thätigkeit. Wenn wir sagen wir wollen es mit einer besonderen Art der menschlichen Thätigkeit zu thun haben so sehen wir, daß wenn wir das schon voraussetzen, wir gleich etwas empirisches hineinbringen. Können wir uns davon los machen? Je weniger dies geschieht je weniger fest ist die ganze Untersuchung. Denn wenn wir die Kunst nur aus dem Gegebnen hernähmen so haben wir auch nichts als ein Aggregat von Einzelnheiten aber ob wir so alle Kunstthätigkeiten beisammen haben, das können wir nicht entscheiden. Es können ja Kunstthätigkeiten vergangen seyn oder neue entstehen die wir nicht kennen. Je mehr wir also das Empirische der Untersuchung beimischen desto mangelhafter bleibt sie. Wie sollen wir nun die Sache halten? Wir stehen auf solchem Punkte daß wir uns dessen daß uns etwas gegeben ist nicht entschlagen können. Wir wissen schon etwas von Kunstwerken, Genuß, Betrachtung. Eben deshalb sind also beide Arten zu Werk zu gehen möglich und nützlich. We l c h e w ollen w ir denn a ussc h l a g e n ? Das Maximum von beiden Seiten zusammengestellt wird uns zur Antwort leiten. Wenn wir ganz und gar ausschließlich den spreculativen Weg einschlagen wollen so müßten wir uns vornehmen die verschiednen einzelnen Künste zu begreifen, warum es diese Künste giebt und keine andern. | Aber auch die einzelnen Kunstwerke selbst müßte man begreifen. Ginge dies in jeder Kunst so hätte man die ganze G e s c h i c h t e aufgefaßt und das wäre dann das Speculative geworden. PDarinS läge dann daß wir uns alles was je gewesen reproduciren könnten und auch alles was künftig seyn wird anticipirend produciren könnten weil es eben so und nicht anders seyn müßte und könnte. Dazu fehlen nun die Mittel. Wenn wir nun eben dasjenige was wir begreifen können das nothwendige nennen wollen und das Gegebne das Zufällige so werden wir sagen müssen wo das Zufällige da ist in der Erkenntniß das Speculative und wo das Gegebne ist da ist auch das nothwendige. Ehe die Erkenntniß nicht auf befriedigende Weise gelöst ist[,] kann man nicht sagen auf irgend einem Gebiet der Untersuchung wollen wir bloß speculativ zu Werke gehen, weil wir nicht wissen ob nicht noch etwas zufälliges darin ist und umgekehrt wir können nicht b l o ß empirisch betrachten etc. Darum müssen wir gestehen wir sind wegen dieses Mangels nicht berufen zu sagen wir wollen und dürfen alles empirische ausschließen. Auch von unserer Untersuchung werden wir nicht mehr sagen können als sie ist überwiegend speculativ, also werden wir ihr auch diese Richtung geben, 33 ist] folgt ))ehe**

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aber ob wir alles werden leisten können ohne das Gegebne hinzuzunehmen das können wir jetzt nicht wissen, aber je mehr wir erkennen woran es liegt daß wir das Gegebne zu Hülfe nehmen müssen desto klarer ist unsre Erkenntniß. Daß beides mit einander wird verbunden werden müssen liegt schon darin daß der Gegensatz kein absoluter sondern ein relativer ist. Betrachten wir dies noch näher in Beziehung auf die allgemeine Vorkenntniß daß unsre Erkenntniß desto mehr wissenschaftlich seyn werde je mehr wir nur das ganz allgemeine voraussetzen[,] je mehr geschichtlich je mehr wir zu dem Gegebnen unsre Zuflucht nehmen und legen uns die Frage vor ob wir das bei geschichtlichen Ansichten P S so werden wir diese Frage verneinen müssen. Die bedeutendste Kunst ist die Dichtkunst. Nehmen wir an es ist uns gelungen diese als nothwendige in der Natur liegende menschliche Thätigkeit [zu verstehen]. Nun sollten wir dasselbe thun in den einzelnen Dichtungsarten. Man hat das oft versucht aber ist stehen geblieben bei den classischen Dichtern und da ließ sich taliter qualiter die Dichtkunst eintheilen in episch, lyrisch, dramatisch und da ließ | sich nun versuchen diese zu construiren. Was aber hatte man dann construirt? Doch nur die Dichtkunst Eines Volkes. Nun sind uns neue Völker gegeben. Wollte man die Kunst bei diesen nun als Aberrationen davon erklären, so PwirdS man da immer sehr künsteln müssen und dies Urtheil würde mit der Vollkommenheit der Produktion nicht übereinstimmen. Kurz es zeigt sich daß die Eintheilung zu eng ist. Wollten wir uns nun die Aufgabe stellen eine allgemeine Construction zu versuchen und uns die Differenz in ihrer Nothwendigkeit darzustellen: so kann uns nicht entgehen daß da Ein Volk ist das die Sache anders ansieht also muß der Grund in der Verschiedenheit der Völker liegen und da müßten wir also erst den eigenthümlichen Charakter der einzelnen Völker construiren. Da sehn wir daß wir zu kurz kommen. Wir müssen zufrieden seyn wenn wir nur bis auf einen gewissen Punkt kommen wo die Entwiklung der Construction dieser allgemeinen Principien die Hauptsache ist und je mehr wir auf das Einzelne kommen desto mehr werden wir zum Gegebnen unsre Zuflucht nehmen müssen. So wie wir bei einer gewissen Entwiklungsstufe bald 15–17 Die in der Goethezeit sich durchsetzende historisch-systematische Einteilung der literarischen Gattungen in Epik, Lyrik und Dramatik findet sich exemplarisch in A. W. Schlegels 1808 in Wien gehaltenen und 1809–1811 veröffentlichten Vorlesungen über dramatische Kunst und Literatur (KAV 4/1, S. 29–30): „Die drey Hauptgattungen der Poesie überhaupt sind die epische, die lyrische und die dramatische. Alle übrigen Nebenarten lassen sich entweder nach ihrer Verwandtschaft einer von diesen unterordnen und daraus ableiten, oder sie sind als Mischungen aus ihnen zu erklären.Wenn wir aber jene drey Gattungen in ihrer Reinheit auffassen wollen, so gehen wir auf die Gestalt zurück, worin sie sich bey den Griechen zeigen.“

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mehr bald weniger Kunst finden so finden wir auch das bürgerliche Leben[,] den Staat. Dieses hervorzurufen und zu erhalten ist eben so ein Resultat von menschlicher Thätigkeit wie das Kunstwerk eins ist; und wir finden die verschiednen Formen wie der Staat sie annimmt. Nun entsteht auch hier die Frage dies wissenschaftlich zu begreifen? Da könnten wir dahin kommen die menschliche Thätigkeit die den Staat bildet in ihrer Nothwendigkeit zu begreifen. Aber so wie wir weiter gehend sagten: diese Thätigkeit hat eine so mannigfaltige Art von Formen angenommen; könnten wir diese nicht auch begreifen? Man hat es versucht. Demokratie. Aristokratie. Monarchie. Aber schon in dieser kleinen Welt der hellenischen Staatenbildung gab es eine Menge von Formen die hier nicht genau hineinpaßt; und wendet man es auf Erscheinungen in der Orientalischen und modernen Welt an so will es gar nicht ausreichen. Die Eintheilung ist so auch zu eng. Wenn wir also im voraus glauben daß wir uns es werden gefallen lassen müssen daß dies nicht genau geht so muß uns | schon wahrscheinlich seyn daß wir werden eine Gränze ziehen müssen ohne zu wissen wo. Wir werden anfangen müssen mit dem was den Charakter der Construction und des Speculativen hat was aber mehr dem Einzelnen angehört und mehr an den technischen Charakter kommt desto mehr muß die Untersuchung sich an das Geschichtliche schließen. Vorläufig steken wir die Gränze so daß wir sagen wenn wir auch nur PsoS weit kommen daß wir die Kunstthätigkeit nach ihrem verschiednen Charakter einigermaßen aus Principien begreifen und die verschiednen Künste selbst aus ihrem einzelnen Gebiet nachweisen können. Kommen wir aber auf das was bei verschiednen Völkern verschieden gestaltet ist da werden wir uns begnügen müssen von dem geschichtlich Gegebnen auszugehn. Es fragt sich sind wir nun wohl so weit daß wir einen Anknüpfungspunkt wenigstens haben um die Gränze so vorläufig gezogen einzusehn. Eine Andeutung liegt im vorher gesagten. Das Eine ist das allgemein Menschliche, aber wenn wir die verschiednen Kunstformen in allen verschiednen Künsten nicht läugnen können die mit den Principien PzusammenführenS, wenn wir diese zusammenhängen sehen mit den verschiednen Principien der Völker so sehen wir daß auch die Construction der Erde zu der Construction der menschlichen Thätigkeit mit zu gehöre. Die Construction der Erde ist eine physische Untersuchung und daraus würde erst die physiologische Differenz zu begreifen seyn. Eine gewisse Harmonie läßt sich einsehen in Beziehung auf die Differenz der verschiedenen Völker und die Differenz der verschiednen Kunstformen. Aus unserm Standpunkt allein würden wir diese Untersuchung gar nicht führen können. Wir können also nicht anders beginnen als wir sagen: der

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erste Theil der Untersuchung soll also mehr allgemein und speculativ seyn, der zweite ein mehr besondrer aber deshalb auch mehr historischer seyn.

[1. Allgemeiner Theil]

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In dem ersten Theil haben wir also zunächst die Aufgabe den O rt zu finden für das was wir Kunstthätigkeit nennen. Es ist nämlich hier die Rede von einer bestimmten in verschiednen Äußerungen als Ein und dieselbe gesetzten Thätigkeit. Diese gehört zum Leben und Seyn des Menschen selbst. | Nun ist uns der Mensch Eins aber auch zugleich Vielheit. Betrachtungen über ihn von Einer Seite lassen sich nicht gut anstellen. Wenn wir hierbei so zu Werke gehn daß wir bloß von Beobachtungen anfangen so bekommen wir ein ungefähres Aggregat von solchen Einzelnheiten (und wir wissen nicht ob wir unter einander gemischt haben), ohne bestimmte Vorstellung vom Werth des Einzelnen, ohne zu wissen ob und wie viel wir Alles beisammen haben. Das können wir nur indem wir bestimmte Eintheilung haben. PFürS jetzt ist die Kunstthätigkeit wirklich uns ein Gegebnes. Sie ist uns solch Einzelnes menschlicher Thätigkeit was wir vorläufig haben als Einzelnes aus solchem Aggregat. Nun wollen wir solche Eintheilung der menschlichen Thätigkeit versuchen und wenn die so erscheint als sie dem allgemein gegebnen entspricht so wollen wir fragen in welche Fächer gehört diese bestimmte Thätigkeit mit der wir es zu thun haben. Das heißt den Ort suchen. (Die Kunst ist eher gewesen als die wissenschaftliche Behandlung derselben. Man hat eher Kunstwerke hervorgebracht ehe man die Nothwendigkeit der Kunst selbst wußte). Wo aber sollen wir die Principien hernehmen um uns die menschliche Thätigkeit nach ihren Principien so einzutheilen daß wir fragen können in welche Fächer gehört nun dies und das? Nun müssen wir aber auch den Complexus der menschlichen Thätigkeiten selbst haben oder ihn uns bilden. In dieser letzten Aufgabe liegt mehr als wir für unsern Zwek brauchen indem wir dabei vieles finden was wir hier nicht alles brauchen. Es gehört diese Aufgabe also einer höheren Wissenschaft an. Welche ist aber das? Da kommen wir auf einen schwierigen Punkt. Es giebt so wenig im gegenwärtigen Zustand der Wissenschaft eine allgemein anerkannte Organisation derselben. Die Frage wo finden wir diese Wissenschaft müßte auf sehr verschiedne Weise beantwortet werden. Sehn wir indessen auf das was als das hergebrachteste ange37–6 Schleiermacher selbst hielt Vorlesungen über (philosophische) Ethik (ab 1804/05 an der Universität Halle) und Vorlesungen über Psychologie (ab 1818 an der Berliner Universität). Vgl. Andreas Arndt, Wolfgang Virmond: Schleiermachers Briefwechsel (Verzeichnis) nebst einer Liste seiner Vorlesungen, Berlin / New York 1994, S. 300, 314.

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sehn werden kann, so würden wir sagen müssen es giebt zweierlei solcher Disciplinen. 1) Psychologie oder Anthropologie, Kenntniß der menschlichen Natur in ihren verschiednen Verrichtungen. Da finden wir verschiedne Ansichten und Darstellungen | 2) Ethik oder Sittenlehre die es zu thun hat mit dem was im menschlichen Handeln und Thun das Rechte ist. Dies kann aber nicht bestimmt werden wenn nicht PjedeS im Zusammenhang mit allen übrigen betrachtet wird. Es ist nicht gewöhnlich daß diejenigen die sich mit der Sittenlehre beschäftigen sich auf die Psychologie berufen und das sollte doch eigentlich das natürliche seyn. Warum geschieht dies nicht? Die Psychologie ist bisher größtentheils so behandelt daß die einzelnen menschlichen Thätigkeiten mehr als ein Aggregat auftreten und das müßte der Sittenlehrer sich erst umarbeiten und anders gestalten und wird daher vieles nicht brauchen können. Nun fragt sich was würde für uns das beste seyn? Daß die Psychologie auf so verschiedne Weise behandelt ist möchte uns von ihr PzurükweisenS aber mit der Sittenlehre ist es eben so. Die Sittenlehre sucht den Complexus der menschlichen Thätigkeiten um ihnen ihr Maaß zu geben. Die Psychologie betrachtet sie mehr als das was wirklich im Leben vorkommt. Natürlicher muß es uns hiernach wol seyn daß wir uns an die Sittenlehre halten; denn wir haben es damit zu thun mit der Thätigkeit die wir suchen zugleich ihr Maaß und ihren richtigen Gebrauch zu finden. Wenn nun diese Frage so entschieden ist daß es besser ist das Vorauszunehmende aus einer ethischen Darstellung des menschlichen Lebens zu nehmen als aus [einer] psychologischen so stoßen wir auch hier auf ganz verschiedne Formen und Gestaltungen, von denen die meisten zu einseitig sind. Die höhere Wissenschaft zu der wir zunächst unsre Zuflucht nehmen mußten ist in so PwenigS vollendetem Zustand daß wir uns darauf nicht gradezu berufen können. Diese PangewendeteS Wissenschaft ist erst so im werden daß wir sie noch nicht gradezu überliefern können. Die höhere Wissenschaft aus welcher wir den Grund voraussetzen mußten [ist] in einem ähnlichen Zustand. Was haben wir denn da zu thun? Die Aufgabe im Ganzen betrachtet muß man sagen: die Ethik muß erst fertig gemacht werden und dann die Ästhetik. Aber wir können das nicht thun um unsern Beruf anzufangen. Die ganze Entwiklung der Wissenschaft zeigt daß man immer und zu allen Zeiten von allen Punkten zugleich angefangen habe und daß dies die Wissenschaft selbst gefördert hat. Immer hat man unterschieden allgemeine höhere Erkenntniße und ihnen untergeordnete angewendete aber auch immer zugleich an allen gearbeitet. | Da könnten wir nur zweierlei thun entweder 1) wir greifen nach Liebhaberei oder einer gewissen Ahndung zur Sittenlehre oder 2) daß wir sagten, wie es im Großen geht so wollen wir es auch im Kleinen machen; nämlich an beiden

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zugleich arbeiten. Das würde geschehen wenn wir uns einen complexus der menschlichen Thätigkeiten zu bilden versuchten aber so daß sich dieser Versuch an die höheren Forderungen anschließen müßte; so daß wir also zur Ästhetik zugleich den Grund legten in der Sittenlehre. Die letzte Art wird vorzuziehen seyn denn dadurch thun wir doch etwas in Beziehung auf den wissenschaftlichen Zusammenhang selbst was bei der ersten nicht der Fall ist. wie sollen wir also die ganze Aufgabe stellen? Fürs erste so: daß wir beide Aufgaben immer zugleich im Auge haben die höhere allgemeine ethische und dann unsre besondre. Bei der besondern finden wir zu verschiedenen Zeiten und bei verschiedenen Völkern Produktionen von sehr verschiedner Art die wir Kunstwerke nennen und sie von demjenigen scheiden was wir im Gebrauch und Nutzen des Lebens auf andre Weise Kunst nennen. Was haben die Menschen von jeher eigentlich gewollt, was ist diesem Bestreben zum Grunde gelegt? Indem wir auf das letzte sehen fragen wir nach den Regeln des Guten und [der] Richtung darin. Nun aber sagen wir diese Produktion ist nur ein kleiner Theil von der allgemeinen Produktivität der Menschen woran alle auf verschiedne Weise Theil nehmen. Viele PMenschenS ignoriren sie ganz; das halten wir für einen Mangel. Je mehr man von einer Gesellschaft sagen kann daß diese Masse von der Kunstproduktion gar keine Notiz nimmt, desto unvollkommner ist diese Gesellschaft. Dann finden wir den Unterschied aber auch zwischen denjenigen welche die Kunstwerke sich auf gewisse Weise aneignen und sich [damit] beschäftigen und denjenigen die sie hervorbringen sei es zufällig und gelegentlich sei es als Zwek des Lebens. In diesem Wechselverhältniß zwischen Genießenden und Producirenden wird es richtiges und unrichtiges geben, und zwar auf zweierlei [Art] 1) Nämlich ist das Verhältniß so daß sich nicht etwas fortschreitendes entwikelt so ist das eine Unvollkommenheit, und wenn ein fortschreiten entsteht so ist es eine Vollkommenheit. 2) Die Thätigkeit in ihrem ganzen Umfang | ist ein Theil des ganzen menschlichen Lebens steht also unter dem Gesetz der menschlichen Thätigkeit überhaupt. Jenes ist die Vollkommenheit die aus dem besondren Interesse der Kunstthätigkeit für sich[,] dieses die Vollkommenheit die aus dem allgemein menschlichen Interesse PgewonnenS wird. Können 4–5 In Schleiermachers Systematik der philosophischen Wissenschaften bildet die Ethik die Grundlagenreflexion für alle die menschliche Tätigkeit wesentlich behandelnden Disziplinen, zu denen neben der Ästhetik auch die Pädagogik, Psychologie oder Staatslehre gehören. In seiner Vorlesung über die philosophische Ethik von 1812/13 bestimmt Schleiermacher die Ästhetik als eine „kritische Disciplin“, die den „Cyclus der Künste zu deduciren“ habe und die allgemeinen Bestimmungen der Ethik auf dem besonderen Feld der Kunstproduktion einzulösen hat. Vgl. Schleiermacher: Ethik 1812/13, hg. und eingeleitet von Hans-Joachim Birkner, Hamburg 1990, S. 126, § 232.

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diese beiden nun dem Inhalt nach verschieden seyn? Ist dies der Fall so ist ein Widerspruch im menschlichen Leben gesetzt. Dann wäre das Interesse an der Kunstthätigkeit selbst ein krankhafter Zustand in Beziehung auf das allgemeine menschliche Interesse. Also können wir nicht anders als voraussetzen daß jene Übereinstimmung da sei. Nun aber wenn das Verhältniß so ist woher bekommen wir nun die Materialien, Anknüpfungspunkte um unsre vorläufige Aufgabe zu lösen: den Complexus der menschlichen Thätigkeiten zu finden. Was können wir vorläufig andres PmachenS, als daß wir so zu Werke gehn wie wir zu unsern besondern Aufgaben gekommen sind. Wir können aber nicht von unserm Gegenstand ganz abgehen und die Sittenlehre vom ersten Anfang an behandeln, sondern wir müssen zwischen beiden einen Anknüpfungspunkt suchen. Wir müssen sagen die Kunstprodukte sind uns gegeben als ein Theil der gesammten menschlichen Thätigkeit und müssen suchen so wie sie uns gegeben sind sie in einen complexus zu organisiren. Die Aufgabe ist nun nicht leicht und ein Schein von Willkür ist fast dabei nicht zu vermeiden. Je geringer er ist desto besser. Wir sagen also: die Gesammtheit der Kunstwerke ist uns gegeben als ein Theil der gesammten menschlichen Werke. Hier haben wir schon mit uns in Erinnerung zu bringen, daß es in allen menschlichen Werken eine gewisse Vollkommenheit giebt (wenn sie auch nicht zur Kunst gehören), um derentwillen sie nachher doch zur Kunst gerechnet werden. Nun fragen wir wie verhält sich diese Gesammtheit der menschlichen Werke zu den besondern menschlichen Werken? Da müßten wir gleich fragen: ist denn das ganze menschliche Leben nichts anderes als Produktion oder ists auch etwas anderes? In gewissem Sinn läßt sich sagen daß alles im MenschenLeben Hervorbringung ist, in einem andern aber nicht, wo wir etwas dem Hervorbringen entgegengesetztes finden. Es fragt sich nun ob der Gegensatz das ganze des menschlichen Lebens umfaßt und ob er hinreicht solchen Complexus zu suchen und zu finden. | Wenn wir nun das verschiedne betrachten was wir unter [dem] Begriff der Kunst in unserm Sinn suchen so scheint uns das Hervorbringen auch wieder sehr verschieden zu seyn. Der Bildhauer bringt etwas hervor was durch ganze Menschengeschlechter fortdauert. Beim Musiker werden wir Zweifelhaft ob wir das in demselben Sinn Kunstwerk nennen denn das ist wo es fertig ist, vorbei. Das Ganze läßt sich reproduciren aber immer nur auf dieselbige Weise für den Augenblik. Daselbe ist der Fall mit andern Künsten z. B. die Kunst in Beziehung auf die körperlichen Übungen, Gymnastik. Diese Verschiedenheit hat man häufig gebraucht als einen Hauptunterschied um die Künste zu classificiren, 1) deren 38–1 Vgl. die Sachanmerkung zu S. 82,23–5

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Theile gleichzeitig da sind 2) deren Theile nacheinander da sind. – Wie müssen wir hierbei den Begriff des Producirens fassen? Wenn man auf das Kunstwerk sieht so erscheint der Unterschied viel größer als wenn man nur auf die Kunstthätigkeit sieht. Beides geht aus von der innern Thätigkeit des Künstlers. Auch das musikalische und gymnastische Kunstwerk kann so aufgefaßt werden daß es reproducirt werden PkannS und es giebt daher gewissermaßen ein festhalten der Theile. – Dem Künstler schwebt innerlich etwas vor. Hernach realisirt er das was ihm innerlich vorschwebt und diese realisirende Thätigkeit ist immer eine aufeinander folgende. Der Begriff der Hervorbringung bleibt also wohl derselbige. Den Begriff der Hervorbringung müssen wir freilich beschränken indem wir immer fragen müssen wer bringt hervor und woraus bringt er hervor? Etwas muß der Hervorbringung des Künstlers schon zum Grunde liegen. Man sieht leicht, wenn man das als das eine Extrem ansehn wollte so würde das andre Extrem eine Hervorbringung seyn die eine Wiederholung wäre eines schon hervorgebrachten. Würden wir das in demselben Sinn Kunstwerk nennen? Die Wiederholung sehen wir nicht mehr als Kunst an als nur im mechanischen Sinn. Das Kunstwerk ist nur ein Kunstwerk in Beziehung auf den ersten Urheber. Wenn in der Musik aber jemand gedichtet hat und hat seine Gedanken in Zeichen gebracht und nun müssen erst viele hinzutreten und realisiren es, in einem Concert z. B. und dies äußere realisiren kann auch wiederholt werden, dann schreiben wir dem Musiker der das Kunstwerk eines andern realisirt schreiben wir schon mehr Kunst zu als dem Gießer der eine Statue nachgießt | und da schwanken wir schon ob wir dies mechanisch nennen sollen. Der Musiker der componirt ist in einem höheren Sinn Künstler als der welcher das Kunstwerk darstellt. Wenn wir alle Kunst darstellen wollten unter der Formel daß sie Nachahmung der Natur sei was wäre sie dann andres als sie fiele ganz auf diesen zweiten Grad zurük der hier als ein untergeordneter erscheint. Demnach wäre die Portraitmalerei die vorzüglichste Kunst. – Soll also das auf irgend eine Weise gelten so werden wir die Ausdrüke müssen in weiterer Bedeutung wenden. Da stehn wir in der Mitte zwischen Hervorbringen aus nichts und dem bloß Wiederholenden. Wenn wir nun sagen das künstlerische Hervorbringen setzt immer etwas voraus so sprechen wir dies nur als Negation des obigen Satzes aus. Wir wollen daß es kein Hervorbringen aus Nichts und keine Wiederholung sei; aber einen bestimmteren Sinn haben wir noch nicht ermittelt. Ein Hervorbringen aus Nichts ist uns überall nicht gegeben. Das bloße wiederholen eines schon gegebenen finden wir und das fällt aus dem Gebiet der Kunst heraus. Was ist denn nun dasjenige was gegeben seyn muß damit Hervorbringung statt finden kann? Diese Frage trifft alle menschliche Hervorbrin-

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gung. – Indem wir dies bloß allgemein hinstellen daß menschliches Hervorbringen noch etwas andres voraussetzt so kann dies etwas entweder in dem Menschen oder außer dem Menschen und entweder eins von diesen oder beides zusammen [seyn]. Ist ein Mensch etwas was der Hervorbringung vorausgeht? In sofern wir auf das Kunstwerk sehen so fällt uns gleich ein daß der Mensch außer seiner Thätigkeit noch etwas anderes braucht. Die Hauptfrage also ist: Ist im Menschen etwas was nicht Hervorbringend ist? Zwiefach zu beantworten. In gewissem Sinn ist alles Hervorbringung was sich auf den Menschen zurükführen läßt in einem andern aber nicht. wir müssen uns dabei alles Menschliche vergegenwärtigen. Wir stellen uns auf unsern ursprünglichen Punkt. Wir suchen eine Erkenntniß der Kunstwerke die uns gegeben sind. Das Kunstwerk ist ein Menschliches die Erkenntiß auch. Das Kunstwerk ist eine Hervorbringung ist dies die Erkenntniß auch? Wenn ich mir das Erkennen denke wie es im Menschen wirkt und wie es entstanden ist kann ich dann sagen wie ein Mensch etwas erkannt hat so hat er etwas hervorgebracht? Auf gewisse Weise ja aber es unterscheidet sich von dem Hervorbringen des Kunstwerks weil das Erkennen rein im Menschen bleibt. Kann ein Erkennen zu Stande kommen ohne daß der Erkennende thätig ist? Das werden wir verneinen müssen. | Denken wir bloß den Mittheilenden als thätig so kommt kein Erkennen zu Stande. Durch das Hören bekommt man nur einzelne Elemente. Die Vorstellungen die in den Elementen liegen das sind die Elemente der Gedanken. Die Combination ist erst die Thätigkeit. Das unmittelbare Erkennen – das Aufnehmen der Eindrüke in die Sinne ist auch keine Thätigkeit wenn nicht die Aufmerksamkeit dabei ist – Thätigkeit ist also immer dabei. Ist das aber eben auch ein solches Hervorbringen? Bei der Produktion des Kunstwerks selbst unterscheiden wir ein äußeres und Inneres. Das Innerliche ist die Hauptsache. Wenn wir nun das was wir im weitesten Sinn Erkennen nennen betrachten so sehn wir, wir haben kein Denken und Erkennen, als nur vermittelst der Sprache. Das Denken ist immer an die Sprache gebunden. was ist am Denken das vollkommne das bloß innerliche Denken oder das Heraussprechen? Das Letztere. Hier fängt schon die Hervorbringung an. In der im Ausdruk aber PunvollkommnerenS und unbestimmteren Hervorbringung liegt schon ein Unterschied. Der Gegensatz der Hervorbringung ist nun Leiden. Wir sind schon darauf gewiesen diesen Gegensatz zu finden und lenken wir unsre Aufmerksamkeit auf den zweiten Theil des Gegensatzes so werden wir leidendes im Menschen genug finden. Die Kunst aber steht auf der Seite des Hervorbringenden. Betrachten wir unser leibliches Leben 35 der im] dem

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im Verhältniß zu der umgebenden Welt so werden wir Einwirkungen derselben finden die es in einen leidenden Zustand setzen. In gewissem Sinn ist alles Thätigkeit und in gewissem Sinn ist alles was wir Hervorbringen nennen und neben der Thätigkeit steht das Leidende. Könnten wir uns nun solchen Gegensatz denken wie wir ihn gefunden so müßten wir doch sagen die Kunst PstündeS auf der Seite der Thätigkeit und des Hervorbringens. Findet man aber gar keine Beziehung auf das Leidende? Wenn man fragt: kann man ein Kunstwerk bei einem andern bestellen? so sagt man gleich ja aber nur ein mechanisches. Ein eigentliches Kunstwerk auch[,] beim Maler ein Bild beim Musiker ein Stük! Kann man aber dem Künstler einen Termin setzen wie der mechanische Arbeiter? Nein. Fassen wir die Sache recht allgemein und fragen: können wir verlangen daß ein Künstler zu jeder Zeit seine Hervorbringung soll in seiner Gewalt haben so werden wir einen Unterschied finden und sagen vom Mechaniker können wir das verlangen aber vom wahren Künstler unmöglich. Die Hervorbringung | des eigentlichen Künstlers ist keine Willkür. Je untergeordneter das Kunstwerk ist desto mehr nähert sich der Künstler dem Mechanischen. In Beziehung auf die primitive Hervorbringung sind die Momente nicht gleich. Sie unterscheidet sich durch die leidenden Zustände. Die Produktion fängt an in einem leidenden Zustande. Nun wollen wir uns das künstlerische Leben einmal vergegenwärtigen: dann müssen wir sagen diese Hervorbringung hängt von einem Zustande ab der nicht wiederholt werden kann und eben der Zustand des Leidens ist. Man könnte nun freilich noch mehrerlei gegen das vorige aussetzen. Je mehr in einem Kunstwerk das mechanische herrscht um so mehr findet die Freiheit statt es zu jeder Zeit zu Stande zu bringen. Nun ist von jeher immer bemerkt und zugegeben daß ein großer Unterschied sei ob man das Improvisirte höre oder ob man es lese. Das führt darauf daß man dies doch als untergeordnetes ansehn müsse und daher kann man sagen daß das Improvisiren eine Gedächtnißsache sei. Dann müssen wir sagen: die eigentliche Produktion liegt nicht im ersten Anfang sondern in Früherem und das Hervorbringen im Augenblik ist nur ein geschiktes Zusammenordnen von etwas schon Vorhandnem. Hieraus kann man also gegen das früher gesagte keine eigentliche Instanz bilden. – Im allgemeinen können wir zugeben daß ein Kunstwerk den Namen in vollem Sinn verdient je mehr der Künstler sagen wird daß nur der günstige Moment das vortreffliche hervorbringen könnte. Die Produktion weist uns also zurük auf einen mehr leidenden Zustand[,] auf eine Affektion. Wie aber das Verhältniß zwischen den beiden ist: ob wir sagen können in der Affektion liegt der Impuls zur Produktion oder ob wir sagen können die Affektion ist die conditio sine qua non, darüber können wir noch nichts entscheiden. Wir

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haben das gesagt ohne uns an irgend eine besondre Kunst zu wenden, natürlicherweise aber indem wir schon gesondert haben den mechanischen Theil und die Produktion wie sie ursprünglich ist so ist damit gesagt je weiter diese gesondert sind desto größer sei die Differenz zwischen dem Ursprünglichen und dem Willkürlichen. Je mehr eine Kunst ausgebildet ist je größer ist diese Differenz. Läßt sich denn nun finden daß ein Zusammenhang statt finde zwischen dem Zu muthe seyn und der künstlerischen Produktion? Gehn wir da auf die ersten Anfänge zurük und sagen wir wenn dem Menschen auf gewisse Weise zu Muthe ist so hat er Neigung sich zu Gebärden und Töne von sich zu geben, so haben wir die Elemente der Tonkunst und der Mimik. | Der ganze Akt hängt ab von dem innerlich zu Muth seyn. Da erscheint das, was doch immer in der Analogie mit der Kunst ist, als eine gewisse Abhängigkeit – nämlich das Zu Muth seyn. – So wie das innre Zu Muth seyn gegeben ist so ist auch die Neigung auf das Äußere gegeben. Denkt man sich dies zu Muthe seyn als etwas in hohem Grade leidenschaftliches, so kann man das durchaus nicht Kunst nennen eben deshalb nicht weil es fast ohne Ausnahme unschön seyn wird indem das Maaß fehlt. Denken wir das zu Muthe seyn als ein Erregtseyn was weniger leidenschaftlichen Charakter hat so hat die Äußerung mehr Analogie mit der Kunst. Betrachten wir die Sache rein Materiell und den Elementen nach so sind beides dieselben die wir in der Kunst finden aber diesen unmittelbaren Einfluß des auf gewisse Weise zu Muthe seyns haben wir n u r auf diesen ursprünglichen Moment zu beziehen. Können wir sagen daß die Innre Erregung sich zu der Äußerung in Ton oder Gebärde sich verhält, wie in der Kunst zu dem Erregtseyn die Produktion? Da würden wir zu viel sagen. Gehen wir auf das natürliche zurük so ists zufällig ob darin das Maaß ist wodurch es ein Element der Kunst werden kann. In dem natürlichen ists rein zufällig ob die Produktion das Maaß in sich trägt oder nicht. Betrachten wir aber etwas als Kunstwerk so fordern wir dies als Nothwendiges. Jene Kunstähnliche Äußerung unterscheidet sich wesentlich von der Kunstproduktion daß zu der letzteren zu der Erregung noch etwas hinzu treten muß was das Maaß giebt, in der Naturäußerung aber unmittelbar die Äußerung der Wiederschein von dem inneren Erregtseyn ist. Was kann man also vermittelst dieser Betrachtung in Beziehung auf die Kunst feststellen? In so fern wir einen Gegensatz aufgestellt haben zwischen den menschlichen Produktionen so müssen wir sagen: der Mensch als Künstler ist selbstthätig aber die selbstthätigkeit beruht auf einem leidentlichen Zustande. Vergleichen wir das Künstlerische mit dem ihm Ähnlichen aber bloß Natürlichen so müssen wir sagen das Natürliche ist das Unmittelbare Übergehn der Erregung in die Äußerung. In der Kunst muß zwischen beides ein andrer

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Moment hineintreten. Wie wollen wir den Bezeichnen? Wir denken uns einen Menschen der, weil ihm auf bestimmte Weise wohl zu Muth ist, sich etwas singt oder tanzt. Das ist ein kurzer Akt. Fragen wir ihn was er für Töne gesungen was er für Bewegungen gemacht; | so wird er keine bestimmte Rechenschaft geben können und sich erst erinnern müssen und wir sehn daß eine gewisse Bewußtlosigkeit bei der Produktion da war. Fragen wir aber den Künstler so wird er Rechenschaft zu geben wissen. Das hängt wesentlich zusammen mit dem Zwischentretenden, das Maaß gebenden. Dieses bringt in die Produktion ein bestimmtes Bewußtseyn. Statt daß wir vom Naturakt sagen müßten er wäre die Identität von dem innern Erregtseyn und Hervortreten nach außen so müssen wir sagen die Kunst sei das Prokukt von dem inneren Erregtseyn und der Besinnung die das Maaß hervorbringt; das Bewußtseyn. – Das innre Erregtseyn insofern es auf die Produktivität wirkt ist das was wir Begeisterung nennen. Es können auf dieselbe Weise viele afficirt werden aber der künstlerische Geist wird eben durch dies begeistert. Aber die Kunst geht erst hervor aus dem Zusammenseyn der Begeisterung und der Besinnung und das Maaß ist durchaus in und mit dem Bewußtseyn verbunden. – wenn wir einzelne Personen sehen von denen wir sagen daß alle ihre Bewegungen und Äußerungen anmuthig und schön sind so meinen wir daß das etwas ist was rein in ihrer Natur liegt und nichts künstlerisches ist. Sie haben das Maaß aber ohne Bewußtseyn. Weil aber das Maaß ihnen gleichsam durch die Natur gegeben ist und wir keinen Moment von Besinnung bemerken so ist auch nichts vom Gebiete der Kunst darin. In der Kunst ist nothwendig die Identität von beiden[,] dem Maaß und der Besinnung; denn in der natürlichen Grazie ist das Maaß ohne Besinnung. Wir haben nun die Kunst an einen Ort gestellt in Beziehung auf einen allgemeinen Gegensatz und so daß die Glieder des Gegensatzes schon auf bestimmte Weise gebunden sind durch den Ort den wir der Kunst angewiesen haben. Nun müssen wir noch einen andern Gegensatz aufsuchen. Wir haben im allgemeinen die Thatsache angenommen daß die Kunst verschieden ist bei verschiednen Völkern. Wenn wir nun diese Verschiedenheit in Gedanken neben einander stellen so werden wir sagen: wir denken uns z. B. die chinesische und hellenische Kunst wir wollen beides einander so nahe bringen daß wir das chinesische Kunstwerk vor das hellenische hinstellen und das hellenische vor dem chinesischen, und wir werden sagen müssen der Eindruk den das chinesische Kunstwerk auf das hellenische macht wird Null seyn und da PentstehtS eine Beschränkung. | Das führt uns auf einen andern Gegensatz. Indem wir den allgemeinen Begriff 9 Dieses] Dieser

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Mensch aufstellen so liegt darin daß in Beziehung auf denselben alle einander gleich sind. Nun fragt sich liegt darin auch, daß auch alles Einzelne was im Begriff Mensch liegt in allen Ein und dasselbe seyn muß? Legen wir die Frage uns so allgemein vor so werden wir schon Bedenken tragen dieselbe so leicht zu beantworten. Denn führen wir so fort zu schließen so würde Sonderbar Verkehrtes herauskommen. Mit jener Forderung würden wir die in Übereinstimmung bringen wollen daß in vieler Hinsicht jeder Mensch ein andrer sei und daß dies Innerlich nicht äußerlich sey. In Beziehung auf das letzte wird folgen daß was sich auf das anders seyn bezieht für den andern auch gar nicht da ist. Betrachten wir den e i n z e l n en Menschen, so ist er ein völlig in sich abgeschlossener. Nun stellen wir ihm einen andern gegenüber und fragen was werden diese gegeneinander seyn? Für Menschen werden sie sich beide ansehn. Aber sie verstehn sich nur dadurch daß der eine in dem was der andre thut die Identität erkennt mit dem was er selbst thut, sonst würden sie für einander gar nicht seyn. Das ist also wieder ein Gegensatz zwischen dem was in allen Menschen dasselbe ist und demjenigen was in jedem Menschen anders ist. Aber so daß sobald wir auf etwas gegebnes gehn, die beiden Glieder des Gegensatzes in Jedem solchen Gegebnen sind. – Wir dürfen nur auf die Verschiedenheit der Sprachen achten so können wir nicht sagen daß diese ein willkürliches Produkt wären. Auch sehn wir die verschiedne körperliche Constitution der Menschen so daß es nicht bloß äußeren Verhältnissen zugeschrieben werden kann. Wenn wir die einzelnen Menschen gegenüberstellen einen dem andern, so finden wir ein Maximum von Unterschied zwischen solchen die in allem was ihnen begegnet absolut verständlich sind, oder solchen die sich durchaus nicht verständlich machen können. Was den Menschen zum Menschen macht und worin alle gleich sind ist die Vernunft. Das Denken ist im Menschen nicht vom Sprechen zu trennen. Wir haben die allgemeine Voraussetzung daß es eine absolute Mittheilung der Gedanken giebt – da sind wir auf dem Felde der Identität; aber oft grenzt es an das Unmögliche daß sich einer soll in die Gedankencombinationen des Andern PhineinfindenS. Der Gegensatz ist also nicht zu läugnen. Fragen wir aber w i e f as s e n w i r i h n denn eig entlich a uf? so finden wir immer beides miteinander verbunden in Ein und derselben Thätigkeit aber in verschiedenem Maaß. | Wo liegt aber in dieser Beziehung die Kunst? Wenn wir zurükgehn auf das natürliche was erst durch Hinzutreten eines bestimmten Moments zur Kunst wird so sehen wir z. B. ein Mensch der freudig zu Muth ist bringt Töne hervor ein andrer andre; dann müssen wir sagen im allgemeinen wird es nicht 23 daß] folgt ))man**

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leicht möglich seyn daß einer den Ausdruk der Freude sollte für den Ausdruk der Trauer halten und umgekehrt. So wie das schlechthin ursprüngliche so ist dies auch[;] das schlechthin momentane trifft also die Kunst selbst nicht sondern das Natürliche was ihr analog ist. Sobald wir auf das Zusammengesetztere kommen so werden wir finden wie die absolute Verständlichkeit sich vermindert und wie wir das Moment finden wodurch die Menschen geschieden sind. Denken wir uns eine Menge von Tönen mit Bewußtseyn hervorgebracht so wird sich der Sinn die Bedeutung gleich verbreiten. Worauf beruht dieser Unterschied? Wenn wir das Gesagte in gewissem Maaße für geltend halten ungeachtet es nicht durch alle Künste durchgeführt ist, so werden wir sagen müssen, den Grund der Verschiedenheit können wir in nichts andres suchen als darin was dazwischen hereintritt zwischen innerem Erregtseyn und dem Ausdruk. Wir haben uns früher nur auf ganz allgemeine [Weise] dargestellt als das Bestreben in den Ausdruk Maaß hineinzubringen. Was ist Maaß? Allem wo gemessen wird liegt eine Vergleichung zum Grunde und es muß also ein mehreres da seyn. Kann ein einzelner Ton ein Maaß in sich haben? Auf zweifache Weise können wir dies bejahen. Wir unterscheiden den gesungenen Ton von dem nicht gesungenen dadurch daß der erste ein gewisses Maaß habe daß in den Schwingungen eine gewisse Bestimmtheit ist und Beziehung auf einander. Betrachten wir die Gebärde als Ausdruk des Inneren so werden wir dasselbe finden. Sie hat ihr Maaß: Als etwas Zeitliches als Mannigfaltiges PvermögeS dessen hat sie Anfang Mitte Ende. Das Verhältniß dieser einzelnen Theile zu einander hat etwas bestimmtes und dann hat die Bewegung ein Maaß und kann ein Kunstelement seyn. Das führt uns eigentlich aber nicht weit. Die Untersuchung der einzelnen Elemente giebt uns einen leeren Schein von Klarheit. Der Bewegung z. B. entspricht auch etwas Räumliches. Eine Linie ist ein sich bewegender Punkt. Haben wir nun hier etwas was Anfang Mitte und Ende unterscheiden läßt so daß wir eine Bestimmtheit und Schärfe wahrnehmen so ist ein Maaß darin. Worauf führt das? Da kann man dahin kommen von ihrer Natur nach Schönen Linien zu reden und das führt dahin von geometrisch schönen oder unschönen Linien zu sprechen. Wenn wir so den einfachen Ton und einfache | Bewegung betrachten so werden wir den Unterschied zwar nicht läugnen ihn aber nur als den ersten Anfang setzen. Wenn der äußerliche Trieb unter die Besinnung gestellt wird so wird eben man in den Ton und die Gebärde die Gemessenheit hineinbringen. Das Innere kann aber nur ein Äußeres werden durch die Verknüpfung d. h. durch das Aneinanderreihen des Einzelnen. In der Aneinanderreihung 24 Mitte] Mittel

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des Einzelnen wird erst das Äußerliche ein PAusdrükenS des Innern. Wird aber diese Aneinanderreihung des Einzelnen ursprünglich etwas anderes dadurch daß der Moment der Besinnung hinzutritt? Das müssen wir noch untersuchen. Wir wollen wieder bei dem zum Grunde gelegten anfangen. Wir denken uns den Menschen im Anfang seines natürlichen Ausdruks durch den Ton und die Gebärden. Diesen Ausdruk haben wir in einem Aneinander der Töne und Gebärden. Tritt die Besinnung dazwischen so werden die Töne und Gebärden das Maaß ausdrüken; wird aber die Aneinanderreihung eine andre seyn müssen? Wol nicht aber was vom einzelnen gilt das gilt auch vom Übergang des einzelnen in das andre und da giebt es eine bestimmte Gemessenheit und unbestimmte PVerworrenheitS. Es können zwei eine unbestimmte Reihe von Tönen hervorbringen aber in dem einen PvernehmenS wir ein bestimmtes Maaß und in der Dauer der Töne ein bestimmtes Verhältniß der Länge und Kürze, der andre aber läßt das vermissen so wird man das eine das positiv kunstlose nennen und in dem andern wird das Element der Kunst liegen. Fragen wir nun ist nothwendiger Weise zwischen diesen Momenten der PGesinnungS nichts anderes gesetzt als das Ungemessene und Gemessene? Nein. Tritt die Besinnung einmal dazwischen so wird die Aufgabe gleich anders und erweitert sich. Wir können keine Rechenschaft geben welchem Princip der Mensch bei der Hervorbringung der Töne folgt. Aber eben deswegen ist das Ganze wiewohl verständlich der Bedeutung nach doch unverständlich seiner Entstehung nach. Denn der sich besinnt, [dem] wird die Totalität der Töne und Bewegungen gegenwärtig und es ist eine bestimmte Auswahl des ihm Gegenwärtigen da. Gehen wir nun auf die Äußerung durch die Rede so wird dies anschaulich. Ist denn die Rede unmittelbar eben so der Ausdruk für eine Empfindung wie Ton und Gebärde? Nein die Rede steht ursprünglich mit dem Denken im Zusammenhang. Aber allemal werden wir finden daß die Rede eine gewisse begleitende PKraftS hat für diese natürliche Äußerung durch Ton und Gebärde. Wenn der Mensch inne wird daß das was er ausspricht verständlich wird aber doch über | die Entstehung eine Dunkelheit herrscht so entsteht ein Bestreben diese durch die Rede zu PersetzenS. wie macht z. B. der Zornige seinen Zorn in der Rede kund? Durch die Bezeichnung des Gegenstands auf welchen sein Zorn gerichtet ist und den er als Gegenstand des Mißfallens bezeichnet. Das ist das Ursprünglichste wo die Rede als erklärende Begleitung der Gebärde auftritt. Tritt aber die Gesinnung dazwischen so wird man nun nicht mehr anders können als annehmen daß nun auch über das ganze Verhältniß gedacht wird und daß die ganze Sprache dem der sich äußern will gegenwärtig seyn muß um herauszufinden wodurch er am besten seinen Gemüthszustand be-

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zeichnen kann. Da wird sich gleich ein ungeheurer Reichthum eröffnen. Wenn sich die Verdeutlichung des Zustandes auf die Veranlassung wirft so zeigt sich auch da ein großer Reichthum um die Schuld des Andern und eigne Unschuld zu bezeichnen. Was ist nun das wo die Besinnung hereintritt? Aus dem eben gesagten kann ein ordentliches Kunstwerk der Beredsamkeit hervorgehn. Aber warum? Nicht bloß wegen des Verhältnißes was in Ton und Gebärde im einzelnen kommt, nicht weil in den einzelnen Ausdrüken alles vermieden wird was verworren und unbestimmt ist sondern weil ein Ganzes Innerlich vorgebildet wird was hernach äußerlich nachgebildet wird; weil eine Zusammenstellung von einzelnem entsteht was auf das Innre übertragen werden soll. Die Tendenz bleibt dieselbe wenn auch die Besinnung dazwischen tritt aber sie wird auf andre Weise erreicht; ihr steht nun alles zu Gebot was auf einem gegebenen Gebiet in den Zusammenhang mit dem Darzustellenden hineingezogen werden kann. Erweiterung kann man daher denken die Ausdrüke PdargebotenS wie das Innre was sich äußern will. In dem Moment der Besinnung wo z. B. der Erzürnte sich einem andern mittheilen will ist er im Stande alles zusammenzufassen was seinen ganzen Zustand in den verschiednen Verhältnissen darstellen kann. Da ist er sich vorher bewußt dessen was er darstellen will. Das nennen wir das Urbild. Alles Einzelne braucht nicht nothwendig in dem Zustand der Besinnung mitgesetzt seyn. Der Zustand der Besinnung dauert fort. Da haben wir den eigentlichen Moment gefunden welcher das bloße Ursprüngliche in Kunst veredelt. Es ist dies Besinnung aber allemal in Beziehung auf ein Moment der Erregung. In diesem Urbildlich werden der Besinnung ist eine Anknüpfung der Besinnung angegeben, die über das Ursprüngliche hinausgeht sich | aber doch in diesem gründet. Da finden wir das Bestreben das Innre im Äußern wiedergeben zu wollen aber auch das PGebundenseynS des Einzelnen an seine Verknüpfung wodurch wieder eine relative Unverständlichkeit entsteht. – Es fragt sich ob wir in allen andern Künsten dasselbe finden als in der Mimik und Musik? Da findet sich daß wir das Gebiet der Kunst noch nicht streng beschrieben haben. Daher müssen wir vorzüglich darauf sehn was unbestritten in dies Gebiet gehört. Da haben wir das Mimische insofern es ursprünglich Kunst ist und das musikalische insofern es ursprüngliche Produktion der menschlichen Stimme ist. Alle Werkzeuge welche verschiedene Töne hervorbringen sind ein Produkt der natürlichen Anlage des Menschen aber wie sie sich erweitert hat, PdennS sie sind alle erfunden. Nehmen wir sie so als Gegebne an so ists derselbe Akt indem zwischen dem innern Erregtseyn und das Äußere die Besinnung tritt. Am allgemeinsten anerkannt sind die redenden und bildenden Künste. In Beziehung auf die redenden haben wir gesehn wie sich die

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Besinnung als das Element der Sprache darstellt und so die Kunst erst Kunst wird. – Wenn wir unter den redenden Künsten nun die Poesie oben anstellen so fragt sich ists da wohl auch so? Ja daß da ein Moment der Conception vorausgeht in welcher sich das Urbild innerlich gestaltet, wird jeder zugeben. Auch daß diese innre Gestaltung auf die persönliche Eigenthümlichkeit sich bezieht. Das Hervorgegangenseyn des ganzen Urbilds aus der persönlichen Eigenthümlichkeit ist ein Hauptpunkt wonach wir den Künstler beurtheilen. Beruht dieser Moment der Erfindung auch auf solch bestimmtem innerlich PerregtS seyn? Als conditio sine qua non haben wir dies schon angenommen. Ein urbildliches, die Idee eines Kunstwerks hervorzubringen welches nur Nachahmung ist, das würde in jedem Moment geschehen können. Je eigenthümlicher das Urbildliche ist je mehr muß es auf innre Affektion beruhn. Bei den bildenden Künsten erscheint dies noch schwieriger weil sie sich durchaus nur PwirklichS in Gebrauch setzen lassen in so fern der der es auffassen soll es mit bekanntem vergleicht. Eine Zusammensetzung von durchaus unbekannten Gestalten würde kein Kunstwerk seyn PweilS es allen unverständlich seyn wird. Der Künstler ist afficirt aber nur durch das was er gesehen hat und es ist ein rein Objectives was er im Kunstwerk wiedergiebt. Was am meisten auf das Gegebne zurükgeht bei den bildenden Künsten ist das Portrait. Das läßt sich auf ganz mechanische Weise behandeln. Aber ein so mechanisch hervorgebrachtes Bild wird | der Kenner auf die unterste Stufe der Kunst setzen und es fast gar nicht zu der Kunst rechnen als nur von der mechanischen Seite betrachtet. Der eigentliche Künstler wird so mechanisch nicht zeichnen. Es entsteht in ihm erst etwas urbildliches indem er die Gestalt in solch Moment setzen will daß es andre darin erkennen. Ist das auch noch das bloß Objective? Nein. Sehn wir Portraite Ein und denselben Moment darstellend von verschiednen Künstlern, so wird die Verschiedenheit der Portraits sehr groß seyn je größer die Verschiedenheit der Künstler ist. PAnS der verschiednen Weise aufzufassen ist das zu PmerkenS daß der Beschauende auffaßt nach seiner eigenthümlichen Art und Weise. Es spricht sich oft eine Differenz aus in der Auffassungsweise des Künstlers und des Beschauers. Die Abhängigkeit des Aktes von der Stimmung finden wir hier und von der andern Seite im Resultat das Gepräge der Eigenthümlichkeit. Das verbindet sich zu Einem wenn ich mir dazu denke der Darsteller muß von dem Darzustellenden auf gewisse Weise afficirt seyn. Ohne Erregt seyn von dem Gegenstande kommt kein Kunstwerk zustande. Wollte jemand das auch von der Architektur nachgewiesen haben so würde man ihm jetzt PnochS PnichtS das nachweisen können 4 Conception] Conceptions

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sondern das zeigt sich wenn wir auf jede Kunst besonders kommen, da es übrigens zum Klar machen des Obigen gar nichts beitragen würde. Wie stehts also mit dem Verhältniß der Kunstthätigkeit zu diesem Gegensatz im Allgemeinen? Wenn wir wieder PvonS den beiden Hauptgattungen nachsehen so werden wir sagen wir wollen die RedeKünste vergleichen mit dem was sonst durch die Rede hervorgebracht wird. Eine Erzählung z. B. oder Beschreibung die nichts andres will als die Eindrüke wiedergeben so daß der Erzählende nichts ist als ein Spiegel in dem der dritte den Gegenstand sieht. Der Erzählende ist der Sinn das Organ für das von dem er erzählt. Das ist PdasS PreineS Ausgehn vom objectiven Bewußtseyn. Es giebt keine Erzählung wobei die persönliche Eigenthümlichkeit völlig ausgeschlossen wäre. Je mehr diese hervortritt je mehr werden wir Kunst in der Erzählung bemerken. Je weniger Eigenthümliches darin ist je weniger Kunst ist darin und dann ist sie nichts anderes als des objectiven Bewußtseyns der Sinneseindrüke. Dies beruht auf demjenigen wodurch alle Menschen dieselbigen sind. Sowie sich noch eine Kritik PhineinmischtS so kommt dies daher daß etwas Eigenthümlichkeit wenngleich als minimum immer da ist. Dies minimum ist in einem ganz analogen Fall das maximum. Es dichtet jemand z. B. und hat die Absicht die | Art und Weise eines Volkes Zeitalters etc darzustellen. Was einer hier wiedergiebt das ist seine eigenthümliche Auffassungsweise und die Abweichungen der Darsteller werden wir hier in viel größrem Grade bemerken. Das ist also die persönliche Eigenthümlichkeit die sich nur an dem Gegenstand manifestirt. Im Gebiet der Kunst ist dies also das Hervorragende und je mehr sich diese eigenthümliche Auffassungsweise zeigt je mehr wird das Resultat ein Kunstwerk. Durch die beiden ersten Momente die innre Erregtheit und das Urbildliche gehört die Kunst im Allgemeinen auf die eine Seite des Gegensatzes ihre Wurzel habend auf der Seite des Eigenthümlichen, aber betrachten wir die Ausführung so müssen wir sagen daß zwischen dem Moment der Erregtheit und der Darstellung der künstlerische Moment der Besinnung eintritt. Wenn die Ausführung, das wirkliche Hinaustreten in Raum und Zeit, wenn das eine große Reihe von Thätigkeiten erfordert so kann sich der Impuls nur halten bis zum Ende wenn der Künstler wirklich für jemanden darstellen will, aber will er das so will er sich auch den andern offenbaren will also auch verstanden werden und durch dies dritte Moment gehört der Künstler also wieder dem andern Gegensatz an. Die Kunst ist überall ein Ganzes aus diesen drei Momenten. Die beiden ersten liegen überwiegend auf der Seite des Eigenthümlichen, der letzte überwiegend auf der Seite des Identischen. Dasselbe werden wir 22 das] daß

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sagen müssen von Farben und Tönen. Wir finden Differenzen unter verschiedenen Völkern z. B. und also ist auch hier die Identität begrenzt. Die verschiedenen Farben nach verschiedenen Eindrüken (es giebt nichts absolut willkürliches) Indem der Künstler in seiner Manifestation an nichts denkt als nur an den Kreis der Identität[,] der Dichter dichtet nur für sein Volk, der Musiker nur für das Zeitalter in welchem die Töne einheimisch sind aber an andre denkt er nicht und kann nicht daran denken. – So haben wir drei Momente gefunden als die ursprünglich wesentlichen in der Kunst nämlich 1. der Moment der Erregung 2. der Urbildung 3. der Ausführung. Nehmen wir nun vorläufig an daß dieser Typus sich in allen einzelnen Künsten vollständig bestätigen würde, so fragt sich was entsteht wenn wir diese drei Momente so von einander sondern daß der eine verschwindet oder Null wird. Die Ausführung dieser Untersuchung scheint sehr schwierig ist es in der That aber nicht. Wenn diese drei Momente nun das Wesen der Kunst bilden so ist der Übergang nicht anders zu denken als indem eins dieser Momente Null wird. Wir denken also z. B. den Moment der Erregung und der inneren Urbildung aber wir denken daß die Ausführung | anfängt zu verschwinden d. h. daß sie nicht im Verhältniß der Gleichheit steht so giebt dies zunächst den Unterschied zwischen den vollkommen ausgeführten und den bloß skizzenhaften unvollkommneren woraus entsteht dies? Daraus wenn das Interesse oder die Tüchtigkeit nicht im Verhältniß stehn. Wenn nun solche Werke für sich heraustreten wollen so haben wir eine untergeordnete Gattung. Denken wir uns nun die Kunst als werdend in dem Künstler so müssen wir sagen daß solche Hervorbringungen natürliche und nothwendige Stufen sind die er durchgehn muß um sich auf der Stufe worauf er steht zu befestigen. Wenn nun jemand der vielfältiger Erregung fähig ist die Grundrisse seiner Kunst hinwirft so ists natürlich daß er auch an die Ausführung derselben geht; kann er nun aber voraussehn daß er dies nicht ausführen kann ehe er wieder zu andern Produkten erregt wird, so wird er sich mit der bloßen Skizze begnügen. Wenn ein bloßer Mangel an Talent zur Ausführung da ist so entstehn Werke an denen alles zu loben ist von Anfang an; aber je näher der Ausführung je mehr findet sich daran zu tadeln. Das ist das fallenlassen oder zurüktreten desjenigen Theils der Kunst wo sie sich mehr dem Mechanischen nähert. Wenn wir es nun umkehren und denken daß der Moment der Erregung fehlt so setzt uns dies in einige Verlegenheit; denn nach dem Vorherigen müßten wir sagen: dann kommt ja gar nichts zu Stande da die Darstellung ja ganz von der Bewegung abhängig ist und erst künstlerisch wird wenn die Besinnung dazwischen tritt. Nun giebt es aber auch viele Künste wobei gar keine Erregung erforderlich zu seyn scheint. Das führt uns auf den Verdacht

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daß wir viel zu einseitig verfahren sind. Denken wir nun z. B. die Malerei und nehmen aus dieser die Geschichtsmalerei und aus dieser die heilige Geschichte heraus, was ist dann die Erregung? Eine fromme Erregung doch wohl. Sehn wir nun wie viel Künstler hierin etwas geleistet haben und wie viel ähnliches sich in diesen Produkten in Beziehung auf das Urbildliche findet so möchten wir schon zweifelhaft werden ob die Erregung die Lebendigkeit jemals haben könnte um in die Darstellung überzugehn. Fragen wir nun ob dies denn immer so fromme Leute gewesen sind so zeigt die Geschichte gar oft das Gegentheil. Wie haben wir hier die Sache anzusehn? Betrachtet man erst die Sache äußerlich: Offenbar hat dieser ganze Zweig der Kunst eine vorherrschende Beziehung auf das Gebiet der frommen Erregungen und Stimmungen, aber es scheint als ob die Erregungen hier nicht das erste sondern das letzte wären, nämlich als ob das Kunstwerk nur da wäre um Erregungen in andern hervorzubringen. Um so für die Erregung Andrer zu produciren kann unmöglich vorausgesetzt | werden daß die ganze Gattung erregt zu werden erst durch das Kunstwerk sollte hervorgebracht seyn. Sie muß doch vorher genommen werden. Dann kommen wir doch darauf zurük daß auch hier die Erregung das erste ist und daß sich doch schon die Urbildung des Künstlers darauf bezieht. Aber wir kommen auch darauf zurük daß wir das Gemeinsame und nicht das Einzelne vor Augen haben müssen. Die Erregung ist ursprünglich in dem gemeinsamen Leben und der hervorbringende Künstler braucht nur der Spiegel desselben zu seyn. Die Erregung braucht in ihm nur Mitgefühl auf sympathetische Weise zu seyn – dies ist ein Schema was wir auf viele Fälle anwenden können. Wir können als allgemeinen Kanon ansehn daß wenn der Moment der Erregung im Künstler selbst zu fehlen scheint so folgt daraus keinesweges daß das Kunstwerk von diesem Moment unabhängig sei sondern daß wir ihn nur anderswo zu suchen haben. Was wird nun für solche Kunstwerke daraus folgen? Ist es so daß eigentlich der Moment der Besinnung zwischen Erregung und Ausführung tritt so werden wir sagen, ist die Erregung keine bloß sympathetische in dem Künstler, so ist auch seine ursprüngliche Tendenz etwas hervorzubringen ein untergeordnetes Interesse und also werden wir nicht erwarten können daß sie in solcher Bestimmtheit mit seiner persönlichen Eigenthümlichkeit steht also ist in dem Typus des Kunstwerks weniger Originalität zu erwarten. Von der tragischen Dichtkunst läßt sich ungefähr dasselbe sagen. Es sind darin Momente aus gewissen Perioden der Geschichte Momente die für das gemeinsame Leben gearbeitet sind und man hat nicht nöthig eine specifische im Dichter beruhende Erregung vorauszusetzen. Nun ist noch ein dritter Versuch übrig. Denken wir die Erregung ist da und das Interesse nebst dem Vermögen zur Ausführung,

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es fehlt aber der Moment der Conception was geschieht dann? Wenn wir zu unserer ursprünglichen Betrachtung zurükgehn, so müssen wir in Übereinstimmung damit sagen daß eine bloße Naturäußerung vorkommen wird; aber wir haben auch gesehn daß der Maaßgebende Moment dazwischen treten muß. Unter dieser Voraussetzung giebt es doch etwas was aus diesem Zustande hervorgehen muß. Wir haben in diesem Moment schon zweierlei unterschieden, davon sich das eine mehr auf das Maaß hineinbringende bezog. Es ist nun nicht möglich daß jemand etwas auf künstlerische Weise ausführt wenn er dies Maaß nicht hineinbringen kann was er in sich trägt | dann kann er etwas copiren. Das verträgt die Erregung aber nicht. Das copiren ist bloß Zusammenhang zwischen Talent und allem Innern. Dies muß also nothwendig im Künstler selbst seyn – Beobachten wir die ganze Kunstwelt so finden wir in der That darin eine Bestätigung daß wir in diesen drei Punkten das gemeinsame Wesen aller Kunst gefunden haben. Sehn wir auf die Endpunkte so sagen wir: wodurch die Ausführung wird das sind organische Fertigkeiten. Der Musiker z. B. braucht zweifache Fertigkeit: Gehör und Fertigkeit in den Organen wodurch er spielen will. Diese Fertigkeit eben ist überall organisch denn die Fertigkeit des Dichters bezieht sich auch auf das Gehör und das Gedächtniß. Diese organische Fertigkeit hängt gar nicht ab von der inneren Erregung. Ja wir können uns einen Menschen denken von der höchsten inneren Erregtheit aber ohne organische Fertigkeit aber eben so kann man auch die organische Fertigkeit denken ohne innre Erregung. Wenn nun aber eins dieser Elemente [fehlt], was wird dann geschehn? fehlt die organische Fertigkeit so wird sich der innerlich Erregte mit Skizzen behelfen und sich freuen wenn Andre das skizzenhaft entworfne ausführen. Wenn dem Erregten nun auch die Gabe der Conception fehlt? dann bleibt das Bestreben der Ausführung bei ihm ein bloßes Verlangen. Dies Verlangen stillt sich an der Produktion eines Andern und die so Geschaffnen sind diejenigen die nur genießen. Die eigentliche Produktivität muß unter dieser Bedingung fehlen. Denken wir den Akt der Ausführung allein ohne Erregung und Neigung, was soll dann geschehen? Wer so etwas producirt wird ein Nachbildner. Das ist allerdings ein mangelhafter Zustand für den Künstler aber doch ein nothwendiger Moment für das Ganze. Der Leser eines Gedichts ist Nachbildner des Dichters denn dieser will es auch gehört wissen. Dies ist also auch ein nothwendiger Durchgangspunkt für den Künstler. In der Produktion ragt die Selbstthätigkeit in der Ausführung der Fertigkeit hervor. Isolirte Virtuosität kann nur durch fortgesetzte Übung erreicht werden. – Hieraus geht nun zuerst hervor das allgemein menschliche in der Kunst sobald wir nur einen Punkt annehmen wo diese drei Momente möglich sind und sich entwikeln kön-

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nen. Dadurch wird bestätigt daß die Theorie der Kunst in ihren allgemeinen Principien eine Anwendung der ethischen Wissenschaften seyn muß. Unsre Aufgabe ist nun den Begriff von der Kunst noch genauer zu bestimmen und zu versuchen ob mit dem Begriff [sich] uns auch ein | Princip der Eintheilung ergiebt. Um an das unmittelbar vorhergegangene anzuknüpfen müssen wir wieder ausgehn von der Identität jener drei Momente. Verschwindet einer dieser Momente so ist das eine Unvollkommenheit auf die wir nun nicht mehr sehn. Können wir die Kunst schlechthin nun erklären rein als das Ineinanderseyn dieser drei Momente? freilich können wir das als einen Begriff annehmen aber weder wird an und für sich klar wie sich diese Thätigkeit von andern unterscheidet und noch weniger scheint ein Princip der Eintheilung dadurch gegeben [zu] seyn. Das wovon wir ausgegangen sind, sind nur die verschiedenen einzelnen Künste. Daß wir nun in Beziehung auf das Material und ihre selbständigkeit als Kunst, als Eins setzen, das ist uns noch nicht gerechtfertigt. Dies müssen wir festhalten und noch einmal zu den drei Momenten zurükgehn. Bleiben wir bei der Ausführung stehen, so werden wir sagen: in der Ausführung ist uns unmittelbar nur gegeben wodurch die verschiedenen Künste verschieden sind. Was ist in allen diesen verschiedenen dasselbige? Das läßt sich an und für sich schwer beantworten. Gehn wir auf den zunächst zurükliegenden Moment auf die Thätigkeit der Conception des Urbilds: wodurch hat sich das unterschieden von dem Verschiedenen oder Gleichen in der Kunst? Dieser Moment ist nicht unabhängig von dem Material worin die Ausführung geschehen soll. Denken wir ein Gedicht, episch oder dramatisch so werden wir die Möglichkeit zugeben müssen daß einzelne Momente aus diesem Gedicht übertragen werden können in andre, bildende, Künste. Kann man denn das ganze Kunstwerk nicht darstellen in einer Reihe von Bildern? Das wird sich freilich nicht ganz läugnen lassen. Die Möglichkeit ist da. Dasselbe werden wir leicht auf das epische wie auf das dramatische übertragen. Wir können also das Übertragen aus der einen Kunst in die andre denken. An diesem Beispiel haben wir genug. Können wir uns wohl denken daß in einem Künstler Ein und dasselbe Urbild entstanden wäre und er erst sich besinnt ob er es ausführt in der Einen oder der andern Kunst (Dichtkunst oder Malerei)[?] Schwerlich wird man das bejahen. Das Urbild hat schon eine bestimmte Richtung nach einer bestimmten Gattung der Kunst. Noch mehr giebt sich die Verschiedenheit bei Folgendem zu erkennen: das Gedicht ist ausgeführt in Worten und Sätzen d. h. in Gedanken, das Gemälde ist Linie und Farbe, Bild. Kann wohl das Urbild in beiden dasselbe seyn? | Es müßte dann weder Gedanke noch Bild gewesen seyn sondern etwas woraus sowohl Gedanke als Bild hätte werden können. Da werden

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wir nichts bestimmtes finden und der Proceß der Urbildung ist noch nicht vollendet wenn nicht schon eine bestimmte Richtung zur Kunst gegeben ist. Dieser zweite Moment ist also schon bestimmt durch den dritten. Sehn wir nun auf den ersten Anfangspunkt der Erregung so werden wir sagen müssen: da findet nicht mehr dasselbige statt sondern wir können uns denken, mehrere Menschen auf Ein und dieselbige Weise erregt und wenn sie alle künstlerische sind und die Erregung gleich stark so wird jeder durch die Erregung den Impuls bekommen zur Produktion in der Kunst die er versteht. Die innere Erregung kann aber dieselbige seyn. Wenn wir also von den drei Momenten ausgehn so müssen wir sagen: Jeder für sich allein betrachtet ist nichts. Jeden einzelnen kann ich nur betrachten wie er in der Reihe liegt d. h. im Zusammenhange mit dem der ihm zunächst liegt. Sehn wir auf die drei Momente so müssen wir entscheiden: das Identische wodurch alle Künste Kunst sind, ist die Zusammenhängung zwischen den zwei Momenten. Das Differente ist der Zusammenhang zwischen zweitem und drittem Moment. – Es ist nun freilich an und für sich dies noch nichts bestimmtes und wenn wir erst etwas festes sichres lebendiges haben wollen so müssen wir fragen 1. in Beziehung auf das identische: was ist dasjenige wodurch sich die Erregung die in die künstlerische Produktivität übergeht unterscheidet und wie kommt dies in den Menschen und wie wirkt es in ihm 2. worauf beruht das, daß der künstlerische Urbildungsproceß diese verschiedne Richtung nimmt woraus die verschiedenen Künste entstehn und wovon hängt es ab daß eben nicht mehr vorhanden sind. Haben wir dies beantwortet so müssen wir den Grund haben zu den allgemeinen Principien in diesem Gegenstand. Übersezen wir dies so kann es scheinen als wenn wir uns wiederum im Zirkel befinden aus dem man schwerlich herauskommen kann. Die Erregung muß determinirt seyn durch den Zusammenhang zwischen Urbildung und Ausführung. Weil der mittlere Punkt in gleicher Abhängigkeit steht von der inneren Erregung und Ausführung, so können wir doch den ersten nicht bestimmen wenn wir nicht die beiden letzten Momente wieder zusammenknüpfen. Der Zirkel ist also vollkommen da. Denken wir einen Maler in der ganzen Stetigkeit seines Processes. | Was er darstellt stellt er dar für das Gesicht und dadurch sollte hernach eine intellektuelle Einsicht hervorgehn. Wir müssen aber auch ein Innerliches von Bildern denken die erst ihre Beschaffenheit erlangen indem sie heraustreten. Die Urbildung ist eine Produktion des Bildes im engern Sinn gewesen. Die Erregung hatte also schon ihre Richtung auf diese künstlerische Produktion. Können wir da denken daß die Erregung nicht auch sollte durch das Gesicht bestimmt gewesen seyn. Denken wir einen Blinden. Der kann das Bild nicht produci-

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ren da er keine Vorstellung von den Farben hat. Wir werden auch nie mit Gewißheit wissen ob bei ihm sich auch die Eindrüke nachbilden wie in uns. Farbe und Licht und Schatten kann er nie begreifen. Wenn wir einen Menschen denken der schlecht und schwach sieht und deswegen die Sinneseindrüke die durch das Gesicht kommen nicht bestimmt festhalten kann. Kann der wohl ein Maler seyn? Nein. Es ist schon eine allgemeine Erfahrung daß Kurzsichtige die Gestalten nicht so festhalten und unterscheiden können. Das Festhalten ist aber nichts als die Leichtigkeit sie innerlich zu produciren. Ein Maler wird ein solcher nie. Es giebt Maler die schielen. Das ist aber ganz etwas andres. Rein in dem Innersten des Organs ist kein Unterschied zwischen den schielenden und nicht schielenden. In Beziehung auf das Ursprüngliche, die Erregung kann das keinen Unterschied machen. Wenn wir dies auf einen andern Gegenstand übertragen so wird man vielleicht eine Instanz anführen die viel gegen sich hat. Einer der größten jetzigen Componisten ist taub und dennoch componirt er. Aber er ist nicht immer taub gewesen. Die Kenner finden aber einen größeren Mangel an Regelmäßigkeit und Gefälligkeit des Gehörs. Der ursprüngliche Impuls zur Kunst hat dadurch nicht aufhören können. Der Einfluß auf die Erregung wie sie in die Urbildung übergeht ist bemerkbar bei der Schwächung des Sinnes. Also ist dies mehr dafür als dagegen. Diesen Zirkel müssen wir nun erst recht fest ins Auge fassen. Es muß etwas anderes seyn wodurch alle Künste dieselben sind und etwas andres wodurch sie verschieden sind. Was ist das? Die beiden unbekannten Größen haben wir nun bestimmt. Der erste Moment ist in jedem durch den letzten bestimmt, durch die Lebendigkeit des Sinnes in dem der Künstler arbeitet. Ist denn als allgemein festgesetzt daß der Künstler jedesmal für einen Sinn arbeitet? Ist denn das wahr? PBeimS Maler, Musiker ergibt sich das leicht. Wie ists aber mit dem Redner? Ja wenn man das Wort Sinn nur in der engsten Bedeutung der fünf Sinne nimmt so wäre es falsch. Aber fragen wir | für wen arbeitet der Dichter für den der Sinn dafür hat oder nicht? für den ersten natürlich. Es ist also hier ein receptives Vermögen. Dies muß bestimmt seyn in der Urbildung für denselbigen Sinn. Wer keinen Sinn hat für Poesie wird nie PeinS Dichter werden. Das erste ist schon durch das letzte bestimmt und wir sind also wirklich in einem Kreise befangen, das kann aber nichts gegen unser Verfahren und unsre beiden Sätze beweisen. Denn das Beides[,] daß alles Eins und dasselbe ist[,] und daß PBeidesS verschieden ist, das ist auch schon durch einander bestimmt. Wie vielerlei Arten es giebt daß die innre Erregung kann eine verschiedne Urbildung werden, so viel verschiedne Künste kann 15–17 Gemeint ist offenbar Ludwig van Beethoven, der ab 1798 zunehmend ertaubte.

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es auch geben. Wir sagen das was in allen Künsten dasselbe ist, das ist das zusammengehörige des ersten Moments der Erregung und des zweiten der Urbildung allein es ist in diesem ersten Anfang schon die Praedetermination zu einer bestimmten Gattung gegeben; diese aber tritt erst hervor in dem Übergehn von der Urbildung in die Ausführung. Das identische wird nur gefunden indem wir diese Erregung die von der einen zur andern übergeht von Kunstproduktionen unterscheiden. Wir fragen also zuerst? was ist das Gemeinschaftliche aller in künstlerische Produktion übergehenden Erregung indem wir sie von andern unterscheiden. Wir haben schon verglichen die Erregung die in die Naturäußerung übergeht und die Erregung wodurch die Naturäußerung gleichsam umgebeugt wird. Wir dürfen aber auch nicht unbeachtet lassen von wo die Naturäußerung ausgieng. Der Moment PsahenS wir sei immer durch eine Affektion veranlaßt. Indem der Moment der Besinnung dazwischen trat wurde das leidentliche mit einem selbstthätigen verbunden und dadurch das leidenschaftliche aufgehoben. Das ist also das eigenthümliche aller Kunstrichtungen überhaupt: die Leidenschaft zu mäßigen. Diese Behauptung ist aber sehr einseitig und muß auf andre Künste noch sehr umgemodelt werden. Diese Ansicht ist seit Aristoteles schon von Vielen aufgestellt worden. Wenn wir nun das auf die bildenden Künste anwenden wollten so müssen wir uns noch weit mehr von dem Ursprünglichen und der Analogie entfernen. Also wir können an diesen Punkt zwar anknüpfen aber nicht indem wir eine unmittelbare Übertragung machen sondern nur so sagend: es ist uns hier nur ein zwiefaches gegeben: die selbstthätigkeit und die hierdurch hervorgehende innerliche Erregung durch einen bestimmten Proceß. Genau betrachtet ist jede PLebensartS hieraus zusammengesetzt. Denken wir die bloße selbstthätigkeit des Menschen so sind ihr unendlich viele Richtungen gegeben. Sie bedarf allemal erst etwas was sie bestimmt. Wir müssen also | weiter zurükgehend fragen wie derjenige Moment aus welchem Kunst hervorgeht sich von den übrigen unterscheidet? Vergegenwärtigen wir uns die verschiednen Arten der Künste so werden wir verschiedne Vergleichungspunkte finden. In den redenden Künsten haben wir Momente wo das Resultat Gedanken sind. In der Musik und Mimik haben wir Momente deren Resultat Erzeugung von Bewegung ist[;] in bildenden Künsten haben wir Momente wo das Resultat Erzeugung von Bildern 26 die] das

31 derjenige] diejenige

31 welchem] welcher

20–21 Zusatz Trendelenburg, 51: „Es ist diese Ansicht schon von Aristoteles aufgestellt, aber mehr allgemein. Die Dramatik ist Darstellung der menschlichen Leidenschaft, aber in der Mäßigung, da bei der einzelnen Person die Besinnung dazwischen tritt; und es bewegt die Schauenden zur gleichen Mäßigung.“ Vgl. die Sachanmerkung zu S. 50,17–19.

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ist. Es giebt auch eine Erzeugung von Bewegungen, Gedanken die wir nicht unter die Kunst rechnen. Was ist da das unterscheidende? Bei der Gedankenerzeugung haben wir zweierlei was von der Kunst unterscheidet: Gedankenerzeugung wo das Wissen dominirt und Gedankenerzeugung wie es im gewöhnlichen Leben ist. Unter das letzte gehören alle praktischen Geschäfte wobei PGedankenerzeugungenS Durchgangspunkte sind. Bei der ersten steht die Frage: wie verhält sich die Gedankenerzeugung die auf Wissen und die auf Kunst ausgehn? Die Tonerzeugung in der Musik und Hervorbringung der Bewegung in der Mimik, sind beides Bewegungen. Hier stellt sich uns gegenüber alle Bewegung die wir hervorrufen um irgend eines bestimmten Zweks willen. Können wir die Kunst ebenso PansehnS? Nein. Es liegt dabei kein bestimmter Zwek zum Grunde, denn sonst hätten wir gleich das Geschäft und nicht die Kunst. Hier haben wir also eine Unterscheidung im allgemeinen gefunden aber sie erscheint als etwas negatives. Woher entsteht denn dies? Es muß doch etwas positives zum Grunde liegen. Wie steht es bei der Gedankenerzeugung um diejenigen Thätigkeiten die auf das Wissen ausgehn? Es giebt für die menschliche Natur einen Complexus ein System von Begriffen und jeder der auf das eigentliche Wissen ausgeht strebt danach dies System von Begriffen zu realisiren. Alle Gedankenerzeugung die auf das Wissen ausgeht ist allemal ein Theil dieses Bestrebens mittelbar oder unmittelbar. Die Gedankenerzeugung in der Kunst ruht auf demjenigen was auf der einen Seite durch dies Bestreben auf der andern darauf was durch das Gebiet der praktischen Gedankenerzeugung schon hervorgebracht ist. Ihre Hervorbringung ist allemal eine Combination. Alle Gedankenerzeugung die auf das Wissen ausgeht ist auch eine Combination. Wie unterscheidet sich nun diese von jener? Nun werden wir wohl in Übereinstimmung sagen: die Totalität von dem das in seiner Ausführung von der Gedankenerzeugung ausgegangen ist, wie verhält sich das eine zum andern? Jedes ist durch das andre auf das bestimmteste gebunden und das Wissen ist in einem jeden insofern 32–1 insofern P

S] über der Zeile

31–2 Zusatz Trendelenburg, 53–54: „Wenn wir uns denken eine todte Idee in absoluter Vollendung, so haben wir die gesammte Wissenschaft. In ihr ist jedes durch einander in der größten Nothwendigkeit gebunden und die Wissenschaft ist in jedem, in so fern er sie in dieser nothwendigen Gebundenheit hat. Wollen wir eine streng formale, so müssen wir sagen, wenn dies einmal gegeben wäre in der absoluten Vollständigkeit, so wäre nichts mehr daran zu ändern. Wenn wir uns denken eine reine Entwicklung mathematischer Sätze auseinander, so kann als aus dem Ganzen nicht mehr daran gerührt werden. Werden einzelne Sätze in Beziehung gebracht auf ein bestimmtes Problem, wie der Einschnitt in Kuben, so geht dieses bestimmte Verhältniß schon über auf die Seite der Kunst und es wäre gegründet mehr in einer freien und willkührlichen Combination.“

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P S: Wenn einmal dies gegeben wäre in der absoluten Vollständigkeit so könnte | auch gar nichts daran geändert werden. Worauf kommen wir also? es ist offenbar ein Unterschied zwischen einer nothwendigen und angebundenen, [sowie einer] willkürlichen und mehr freien Combination. Je mehr das nun hervortritt je mehr kommt die Analogie mit [dem] Kunstwerk zum vorschein. (Je größer die Geschäftsvollkommenheit je weniger Willkür kann dadurch angewandt werden.) Wir wollen uns nun die Totalität von allem denken was PGedankenerzeugungS auf dem Kunstgebiet ist. Dann werden wir daraus nicht die nothwendige Beziehung des einen auf einen andern finden. In der Naturwissenschaft z. B. muß doch alles aus der Idee der Natur verstanden werden. Je reiner diese also ist, je vollständiger ist die Wissenschaft. was die Totalität der poetischen Kunstwerke betrifft; so ist da zu verstehen in welchem Verhältniß die einzelnen Kunstwerke zu der Idee der Kunst stehn. – Den Unterschied haben wir also gefunden in dem Unterschied der nothwendigen Verknüpfung und der freien Verknüpfung. Materialiter angesehn werden alle Gedanken die in Kunstwerken vorkommen einen untergeordneten Ort im Gebiet des eigentlichen Wissens haben. Materialiter angesehn ists also dieselbe Thätigkeit, der Unterschied liegt nur in der Form. Das geistige Vermögen ist materialiter dasselbe aber jenes Gebiet ist in der Form der Nothwendigkeit gesetzt[;] hier in Willkür: Vernunft und Phantasie. Sehn wir auf die Bewegungserzeugung, so haben wir da gegenübergestellt diejenigen die zu einem bestimmten Zwek wirken. Indem nun hier wieder das Gebiet vorkommt wo die Gedankenerzeugung einem bestimmten Zwek dient, so kommt jenes System hier wieder hinein. Es giebt kein Organ das nicht könnte Antheil haben an einer kunstmäßigen Bewegung und das keinen Zwek hat. Das Materielle ist also wieder dasselbe. Im Gebiet der Kunst aber wird sie wieder als die freie Combination erscheinen. Wie verhält sich nun diese zweifache Bestimmtheit des Menschen, die er sich giebt aber vermöge einer Affektion von Außen zu einer freien und gebundenen Gedankenerzeugung. Beobachten wir uns selbst und denken uns in solchem Gebundenen Proceß so werden wir finden daß neben diesem immer noch eine freie innere Gedankenerzeugung statt findet, die aber im Hintergrunde steht. Bild und Gedanke sind offenbar genau verwandt. Zu der Gedankenerzeugung oder Wissen können wir nun aber nicht gelangen als durch Vermittlung der Bilder. Da haben wir also durchaus eine Bilderauffassung die auf das Wissen beruht. Wir werden aber immer finden daß wie es eine unwillkürliche freie Gedankenverknüpfung gibt | so giebt es auch eine ihrer Erzeugung nach ungebundne 36 sind] ist

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Bildererzeugung. Das ist also der Grund und Boden aus welchem die Kunst hervorgeht. Wenn das nicht eine so wesentliche Funktion wäre so würde es gar keine Kunst geben. Die Möglichkeit der Kunst ist also darin gegründet und dies freie Schalten mit den Bildern und Gedanken ist: die Phantasie. Dasselbe was hier von der Bilder und Gedankenerzeugung gesagt ist werden wir auch von den Bewegungen sagen können. Die Basis aller Kunst also ist die freie Combination und PdaßS solcher Moment hervorgerufen wird hängt davon ab daß wir bestimmt werden diese freie Combination in einem Augenblik dominirend zu machen. In dieser Unterscheidung sind wir also darauf gekommen was in allen Künsten das identische ist. Wenn wir dies mit dem früheren zusammenstellen so scheint das zwei ganz verschiedene Punkte zu bezeichnen. Beim ersten nahmen wir mehr an ein in Bewegung gesetzt seyn von außen. Jetzt sind wir mehr von einer ursprünglichen selbstthätigkeit ausgegangen die wir als fast unwillkürliche der Thätigkeit im Erkennen und der was wir handeln nennen entgegengesetzt haben. Wie verhält sich beides? Das letztere hängt daran daß der Mensch ursprünglich immer als der selbstthätige gefaßt werden müsse. Fragen wir aber wie beides zusammenhängt so scheint es einmal als ob so wie wir bei jenem vorzüglich ausgingen von Naturäußerung durch Ton und Geberde wir hier mehr von redenden und bildenden Künsten ausgegangen sind und so scheint es als ob wir dort das leidentliche als Wurzel und hier das selbstthätige als Wurzel gefunden haben. So wie wir sagen müssen es giebt beständig in jedem eine unwillkürliche Gedanken und Bildererzeugung so tönt und singt es auch in jedem. Sobald es aber nach außen heraus tritt setzen wir einen Impuls von außen her voraus. Wenn wir das mimische etwas genau nehmen so müssen wir auch sagen darin ist auch etwas was bestimmt wird durch die ernsten Beschäftigungen im Leben. (Das Leben trägt die Tendenz dazu in sich.) Diese beiden Momente können wir also zusammenknüpfen und sagen das was wir angesehen haben als den ersten Anfang des leidentlichen würde nicht Kunstthätigkeit werden wenn nicht eine freie und selbstthätige Produktion da wäre und diese würde nicht so heraustreten wenn nicht die Affektion hinzukommt. Schon das Übergehn der Affektion in die künstlerische Erzeugung hängt ab von dem Specifischen wodurch sich die einzelnen Künste von einander unterscheiden. So scheinen wir der Lösung der Aufgabe um ein bedeutenderes näher gekommen [zu] seyn und müssen nur noch | fragen was ist das wodurch der leidentliche und selbstthätige Moment zusammentreffen? Von dieser freien Produktion an und für sich betrachtet wie sie rein im Menschen fast ins Bewußtlose hinein 29 Beschäftigungen] beschäftigte

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vorausgeht die wir im allgemeinen Phantasie nennen giebt es verschiedne Meinungen und Ansichten so wohl was das ethische als was die Beziehung auf die Kunst betrifft. Es giebt eine Vernunft und Phantasie durchaus gleichstellende Ansicht welche sagt beides ist Ein und dasselbe. (Was wir Vernunft nennen ist wie Gedanke und Bild in einander übergehend). Vernunft und Phantasie sind also Ein und dasselbe. Nur was wir Vernunft im engeren Sinn nennen ist das Vermögen eines durch einen bestimmten Willensakt gebundenen Zustandes. Phantasie ist dasselbe in dem freien Zustande. Eine andre Ansicht sagt: Dies beides verhält sich zu einander entweder wie das Gute (Vernunft) und Böse (Phantasie) oder wie das was unbedeutend und leer ist [zu einem Werthvollen an sich]. Wenn nun die letztere Ansicht ausschließlich die richtigere wäre und der Zusammenhang den wir PaufgefundenS haben wäre auch richtig so würde die Kunstthätigkeit etwas verderbliches seyn. Wenn wir auf die eine Seite treten und uns nicht selbst muthwillig verblenden lassen so müssen wir sagen: die andre Ansicht hat auch etwas für sich. Wie sollen wir dies vermitteln? Wir haben zuerst diese freie innere Produktion betrachtet wie sie die mehr bestimmte PLebensthätigkeitS mehr durchkreuzt und begleitet. Stellen wir die Betrachtung an wo die absichtliche selbstthätigkeit ruhe, so ist dasselbe da. Gedanken und Bildererzeugung ist da in einer gar nicht gehemmten Freiheit. Wir finden da alle jene Elemente beisammen. Wir werden nicht läugnen können, jene das absichtliche Leben durchkreuzende Produktion ist die träumerische Seite des Lebens. Da ist das unbedeutende und leere auf der andern Seite auch das verführerische und Böse. Treten wir nun auf die entgegengesetzte Seite, die Thätigkeit in dem eigentlichen Erkennen verfolgend wie ein Proceß vollendet ist. nun denken wir uns die Erkenntniß sei im innern vollendet und nun entstehe auch der Trieb auf die Mittheilung. wird sie immer grade so mitgetheilt werden wie sie innerlich entstanden ist? Das hat etwas sehr heilsames und schönes wenn es auf einen didaktischen Zwek bezogen wird. Wenn andre nicht nur die Resultate mittheilen sondern mittheilen wie sie in ihnen entstanden sind so wird das heilsam und nützlich. Es gibt dann auch eine rein objektive Art der Mittheilung. Das wird die am allermeisten durch den Gegenstand gebundene Form der Mittheilung seyn. | Wird es nicht noch eine dritte geben? Alles was wir bei der Aufgabe des Erkennens ein wissen12 zu … sich] ergänzt nach Nachschrift Trendelenburg, 57 3–5 Schleiermacher rekurriert hier möglicherweise auf frühromantische Positionen, vgl. dazu Sachanmerkung zu S. 53,13. 9–12 Möglicherweise Anspielung auf eine in der Schulphilosophie und teilweise auch in der Aufklärung vertretene Kritik an der Phantasie, die diese als eine der Vernunft untergeordnete Erkenntnisart einstuft.

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schaftliches Kunstwerk nennen wird in der Mitte zwischen beiden seyn. Die Mittheilung ist da nicht rein abhängig von dem Objektiven auch nicht von der Art wie sich im inneren der Proceß entwikelt hat. Solche Darstellung wird allemal die Originellste seyn. Das eigentliche wissenschaftliche Kunstwerk ist also eine freie Produktion die das Subjektive und Objektive in einander verschmilzt. In einer Darstellung die so geartet ist, ist zugleich die größte Virtuosität. Gehn wir so auch auf die praktische Seite hinüber, so werden wir uns ebenso den gewöhnlichen Proceß als einen gebundenen darstellen müssen. je materieller die Sache ist je mehr mechanisches ist darin. Es ist hier etwas bestimmtes nämlich die Handlungsweise die aber sehr zurüktritt, wird es nicht eine Darstellung der Handlungsweise in der Handlung selbst geben wobei das Interesse der Handlung zurüktritt. Da kommen wir auf die freie Produktion zurük, denn das ist eine Befreiung der Handlung von den Gesetzen des gebundenen Lebens. Da haben wir die höchsten Thätigkeiten des Menschen, nur in solcher Weise wo sie sich von aller äußerlichen Beschränkung am meisten frei gemacht haben. Wenn wir nun dies ganze umfassen so sagen wir es soll uns nichts hindern daß die Kunst ihrer ursprünglichen Genesis nach in Analogie steht mit dem Traum und dem oft unwillkürlichen Gedanken und Bilderspiel was das Leben durchkreuzt. Es kommt nun darauf an doch eine Scheidung zu machen und das wäre also dasjenige was uns in dieser Beziehung zunächst obläge. Wie sollen wir nun zu dieser kommen? Wenn wirklich eine bestimmte Differenz seyn soll, aber es soll sich dadurch die ganze Kunst scheiden von dem übrigen was zurük bleibt so kann die Aufgabe nicht gelöst werden als gleichzeitig mit dem Akt wodurch und auf welche Weise das Leidentliche das Bestimmende wird für die ursprüngliche selbstthätigkeit. Wir wollen die beiden Processe so nahe rüken wie möglich dadurch wird das Ganze noch klarer werden. Es giebt eine Kunstproduktion in mehr als Einem Kunstgebiet, wir brauchen sie aber nur an einer zu vergegenwärtigen. Was wir in bildender Kunst Arabesken nennen ist dasjenige in der Kunst was dem Traum am nächsten steht. Denn es haben darin die abentheuerlichsten Gestalten statt. Aber es kann auch viel Poesie damit eingeschlossen seyn, ja es kann symbolische Dignität in derselben Gattung liegen wie wir im Traum ja dergleichen auch oft finden. | Die Entstehung können wir an das Unwillkürlichste PanknüpfenS. Es ist ja Gedankenspiel wenn jemand der etwas schreibt an der Seite des Papiers irgend etwas hinkritzelt. Es kann aber darin Kunst seyn. Das sind lauter Elemente die aber in dem freien Spiel der Bildererzeugung 33 Vgl. die Sachanmerkung zu S. 69,14–15 S. 63,29–2

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gewesen sind. Wenn nicht die gesetzmäßige Thätigkeit zurükgetreten wäre hätte die andre nicht so hervortreten können. Mitten in der Meditation kann man pausiren. So wie das innre Spiel frei gelassen ist tritt es heraus. Nichts andres ist der Traum auch als dasjenige das hervortritt und sich entwikelt wenn die geregelten absichtlichen Thätigkeiten ganz ruhen. Was ist nun der Unterschied? Denn sonst ist die Kunst nur Träumerei. Eine Arabeske z. B. oder ein poetisches Spiel so willkürlich es auch erscheint und so abweichend von dem willkürlichen und also auch Ungeheuer werden wir doch von dem PwirklichenS unterscheiden können. Die unwillkürliche selbstthätigkeit ist im Traum erloschen. – Es kann nicht fehlen daß man in dieser Produktion nicht sollte verschiedne Stile unterscheiden können. So wie ein bestimmter Typus darin ist so ist ein gewisses Gesetzmäßiges darin und dann wird es Kunst. – Wir werden uns also leicht überzeugen daß es zwei Elemente giebt wodurch jedes Kunstwerk sich doch auf das bestimmteste vom Traum sowohl als dem Traumähnlichen im gewöhnlichen Leben PunterscheidenS und das sind immer die Elemente die die Momente der Besinnung und der Urbildung charakterisiren. Wenn wir den urbildlichen Proceß an das unwillkürliche anknüpfen so zeigt sich von einer andern Seite der ganze Umfang des Kunstgebietes. In diesem unwillkürlichen Gedanken und Bilderspiel der Seele ist das meiste etwas unbedeutendes und zugleich von einer andern Seite das was sich an das unmittelbar Gegebne anschließt. So finden wir auch momentane und kleine Kunstproduktionen. Arabeske, – Epigramm. – Von hier anfangend können wir hinaufsteigen ohne daß wir eine bestimmte Grenze finden wo die Verwandtschaft aufhört. In einem Traum z. B. kann oft viel Poesie seyn; er kann wirklich oft einen dramatischen Charakter haben aber wir werden das Bedeutsame in Beziehung auf die Idee gar nicht abläugnen können. Also Verwandtschaft zwischen dem allerunwillkürlichsten und dem aller Geordnetsten der künstlerischen Beschaffenheit. Ohne diese Verwandtschaft aufzuheben können wir hinaufsteigen von dem unbedeutendsten bis zum Höchsten, und also ist uns auch alles dazwischenliegende gegeben durch den Typus der Verwandtschaft. Wenn wir nun jene allgemeine Bestimmung und das zusammennehmen so sehn wir daß wir schon die Principien gefunden haben zu den bedeutendsten Untertheilungen in dem Kunstgebiet, In Beziehung auf Bedeutend und unbedeutend auf materiell und intellektuell. | Wir können uns nun das Hervortreten dieses unwillkürlichen innerlichen Spiels zu einer PfolgendenS Thätigkeit nicht denken ohne dabei zu denken daß die beiden 11–14 Zusatz Trendelenburg, 59: „Man kann gewiß auch die Differenz in dieser Gattung finden, wie zwischen der raphaelischen und dürerschen Arabeske.“

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andern Reihen, die des objektiven Bewußtseyns und die der objektiven Thätigkeit zurüktreten damit diese gleichsam frei werden können. Wenn wir die hieraus entstehenden Momente vergleichen so bekommen wir Momente wo das unwillkürliche vorherrscht und das freie zurüktritt. Diese Momente sind das G eschä ft und der Ernst. Die andern die eigentlich das enthalten was wir suchen sind die wo das freie von innen ungebundener hervortritt und das Gebundne zurüktritt. Das ist das was wir das Sp i e l nennen. Wenn wir auf die Totalität des Lebens sehn und fragen wie sich diese beiden Zustände zu einander verhalten so finden wir dies Verhältniß keinesweges überall zu allen Zeiten und bei allen Menschen gleich aber doch werden wir sagen müssen daß der meiste Raum des Lebens in Beschlag genommen wird für das Geschäft und Ernst und daß das Spiel nur die Zwischenräume einnimmt. Es scheint uns wenn wir vergleichen dabei zwischen antiquem und modernem Leben ein großer Unterschied zu seyn. Die meisten unsrer wichtigsten Geschäfte würden bei den Alten zu dem βαναυσον gehören d. h. zu der Art Geschäften die sich für den Freien nicht passen. Es scheint bei den Alten für das Spiel ein weit größrer Raum gewesen zu seyn. Das ist aber mehr ein Schein der aus der verschiedenen Art die Geschäfte zu betreiben und aus dem verschiedenen Verhältniß dessen der das Geschäft treibt, entsteht, und wir brauchen daher deshalb den Satz nicht umzukehren. Es kommt auch um den Unterschied zu fixiren am meisten darauf an daß das ernste und geschäftige PLebenS ein ordentliches und gesetzmäßiges Ineinandergreifen der Einzelnen erfordert. Mag nun jeder einzelne viel oder wenig dabei thun, so bildet doch das Ganze der Arbeitenden, ein festes und geschlossnes Ganzes, so daß wir alle Momente die den entgegengesetzten Charakter haben als dazu nicht gehörig betrachten. Weil nun in diesem Theil des Lebens jeder seinen Zusammenhang mit dem Ganzen am meisten fühlt so erscheint dies mit Recht als das capital des Lebens und jenes als das Accessorium. Die Momente wo jenes freie hervortritt und sich constituirt als den Moment erfüllend, wo das Spiel inclusive der Kunst das dominirende sind, treten nur in die Pausen des ernsten und geschäftigen Lebens herein. Fassen wir dies ins Auge so eröffnet sich uns eine neue Aussicht über unser Gebiet. Wir sind hier in einer Betrachtung wo ein relativer Gegensatz schon gegeben ist zwischen dem einzelnen für sich und dem ganzen Zusammenhang. Der Gegensatz findet auch seine Anwendung auf das entgegengesetzte Gebiet des freien Spiels. Auch hier unterscheiden wir was dem einzelnen für sich allein gehört und was zu einem Gemeinsamen sich entwikelt. | Wir wollen dies anknüpfen an das mehr äußerliche. Dieser Begriff der Pause des Zwischenraums zwischen den mehr zusammenhängenden Reihen des thätigen Lebens, diese sind uns täglich

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gegeben, Sie gehören mit zu dem Pulsschlag des Lebens. Aber diese täglichen Pausen sind auch mehr in die stetigen Kreise des gewöhnlichen Lebens eingeschlossen und der Zusammenhang ist nicht hervor sondern zurüktretend. Aber wenn wir weitergehn finden wir größere Pausen eintreten. Der Sonntag z. B. ist eine größere Pause, hat aber gleich wieder den Charakter eines geselligen und zusammenwirkenden Lebens. Neben der Religion ist der andre Theil des Sonntags dem geselligen Verein gewidmet zum Austausch des geselligen Spiels. Wenn wir uns dies nun noch weiter ausbilden so kommen wir zu der Vorstellung von großen und allgemeinen öffentlichen festlichen Zeiten, wo das Geschäft liegt – olympische Spiele, wo das ganze öffentliche Leben verwandelt wird in solche Zeit des geselligen Spiels. Darin liegt wieder die Übersicht über große Differenzen in unserm Gebiet sich an eine frühere Betrachtung anknüpfend, wie wir nämlich davon redeten daß die ganze Produktion hervorginge aus einem afficirt seyn und sagten: Hier haben wir zwar gesehen wie ursprünglich und nothwendig das äußerlich werden eines solchen Inneren immer zugleich Richtung auf die Mittheilung habe, aber die eigentliche Verständlichkeit ist dabei etwas bedingtes was erst mittelbar muß hervorgebracht werden. Nun sehen wir PaberS in dem kleineren Theil der Menschen wo das freiere Spiel hervortritt, da ist ein jeder mit dem zusammen mit dem das gegenseitige Verstehen leicht wird. Fassen wir das Maximum auf davon so ist uns das Maximum des Verständlichen gegeben. Bei den festlichen Zeiten können wir die Grenzen des geselligen Lebens nur unter einem gewissen Volk ausdehnen. Fremde verstehn nicht alles. Wir stehn z. B. immer noch als Fremde vor dem großen Gastmahl der hellenischen Kunst. – Da haben wir unser ganzes Gebiet wieder umschlossen in Beziehung auf Gemeinsamkeit und Verständlichkeit in ihrem Wachsen von kleinem Anfang an bis zu einem Maximum über welches hinaus die Verständlichkeit wieder abnimmt. Dies nun so gefundne müssen wir mit dem früher gefundenen combiniren. Die Vorstellung von einem Publikum in Beziehung auf die Kunst ist begrenzt durch den Umfang eines Volkes. Das Volk ist ein in sich geschlossenes Publikum für seine Kunst, und keine andere hat denselben Anspruch zu machen auf die Produktion eben in seiner Kunst als das Gesammte. Oben sahen wir wie es verschiedene Grade in der Kunst und verschiedene Formen des Antheils daran geben kann und daß eben deswegen immer nur eine beschränkte Auffassung der Kunstthätigkeit seyn könne wenn wir beim einzelnen stehn bleiben. Nun erscheint uns die Kunstthätigkeit als reine Volkssache und wir sagen nun | das kleinere tritt freilich zurük gehört aber doch zu dem allgemeinen künstlerischen Volksleben. Nach diesen Zusätzen müssen wir nun unsrer Aufgabe näher treten die wir so gestaltet haben daß dasjenige wodurch

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das unwillkürliche freie Spiel mit Gedanken und Bildern sich zur Kunstproduktion umgestaltete, daß das Princip dieser Verwandlung dasselbe seyn müsse, was den Moment der Erregung befruchtet zu der künstlerischen Urbildung d. h. von der Affektion angesehn. Wir haben hier zweierlei gefunden was von einer Seite ganz ähnlich war von der andern aber geschieden: der Zustand der Träumerei und des freien Spiels bedingt durch die gesetzmäßige Thätigkeit, die Kunstproduktion bedingt durch dasselbe nur so daß seine Gesetzmäßigkeit nun in das freie Spiel übergeht. Wir müssen sagen: der Moment des Übergangs aus der bloßen Affektion zu der Äußerung der innern Urbildung muß zugleich derjenige seyn wodurch das innere unwillkürliche Spiel zugleich von der Gesetzmäßigkeit erfaßt wird. So haben wir denn den Anfang der eigentlichen Kunstproduktion verstanden so gut es sich thun läßt und dadurch den Grund gelegt zum genetischen Verständniß des einzelnen Kunstgebiets in allen seinen Theilen. Es kommt vorzüglich darauf an wie sich das was wir in den ersten Untersuchungen die Affektion nannten das Momentane im Werden des selbstbewußtseyns von Außen her zu dem verhält was wir später PdasS von selbst in sich hervorgehende freie Spiel genannt haben. Das erstere ist mehr ein leidentliches das zweite mehr ein selbstthätiges. Wir sahen daß schon die Affektation bestimmt seyn müsse durch ein bestimmtes Verhältniß des Subjekts zu den Äußerungen. Nun fragt sich in wie fern ist denn auf der einen Seite in dem freien Spiel wenn wir es als ursprünglich gegeben setzen müssen jene Verwandtschaft schon gesetzt. Auf der andern Seite inwiefern ist die Momentane Affektion dasjenige in welchem das freie Spiel sich als Kunstgebiet gestaltet? Was das erste betrifft so müssen wir sagen dies freie Spiel ist nicht in allen dasselbe. Es ist in all seinen verschiedenen Formen in jedem Einzelnen nach Maaßgabe seiner innern selbstthätigkeit und Produktivität aber in dem einen ist eine überwiegende Richtung nach den Formen dieses Spiels, in dem Einen Bildererzeugung im andern Gedankenerzeugung. Also wenn etwas specifisches gesetzt ist in jedem Einzelnen so ist dadurch seine Affektion schon bestimmt, denn das Auffassen ist auch ein Auffassen für dies freie Spiel und wir müssen sagen daß auch die Auffassung des Einen in so fern sie sich hierauf bezieht auch mehr auf die Bilder bezogen werden muss oder mehr auf das intellektuelle. was aber das zweite betrifft so können wir diese Frage nicht beantworten ohne an unsre letzte Untersuchung anzuknüpfen | denn dies war bedingt durch ein zurüktreten der objektiven Thätigkeit. Denken wir den Menschen in der objektiven intellectuellen Thätigkeit so werden wir sagen in der Reihe von solchen Momenten wird nichts liegen was 8 Gesetzmäßigkeit] folgt )Thätigkeit*

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die Produktion eines Kunstwerks hervorbringen könnte, wir müßten denn annehmen daß auf die ganze innere Richtung in dieser Thätigkeit abgehe; aber der Moment der Urbildung ist ein Hervortreten im innern der Seele kann also nicht ohne jene Bedingung gedacht werden. In der Geschäftsreihe wird auch kein Moment künstlerischer Conception liegen. Nun fragen wir wenn wir uns nun dies zurüktreten denken so ist das etwas bloß negatives, liegt nun darin schon irgend eine PBestimmungS so daß wir sagen könnten, nun muß auch wenn das objektive zurüktritt das freie Spiel sich zum Kunstwerk gestalten so werden wir diese Frage nicht mehr simpliciter beantworten können. In dem bloßen stärkeren Hervortreten des Spiels überhaupt liegt noch keine genaue Bestimmung des Kunstwerks. Wenn wir hierbei stehen bleiben so finden wir: das ist PwahrS je mehr die ganze Reihe der gebundenen Geistesthätigkeit solche ist die wir Anstrengung nennen worauf also Ermüdung folgt, um so weniger ist an künstlerische Produktion zu denken. Wir finden daß der große Haufe der Menschen sich allerdings in solchem Zustande befindet wo auf die Anspannung Ermüdung der geistigen und körperlichen Kräfte folgt. Dann ist nicht möglich daß das freie Spiel solche concentration gewinne daß das Künstlerische daraus hervorgehen könnte. Stellen wir uns auf eine höhere Stufe der Bildung so müssen wir dasselbe sagen. Wir werden es natürlich finden daß es so häufig nicht einmal bis zum Kunstsinn gelangt, der Gegensatz zwischen Sinn für Wissenschaft und Kunst stark hervortritt so daß mit dem Hingeben an die Wissenschaft eine Geringschätzung der Kunst entsteht. Das wird also sicher seyn daß nur mit einer gewissen Muße nur bei einer gewissen Mäßigung und Beschränktheit der objektiven Thätigkeit eine bestimmte Entwiklung der Kunstproduktion ja schon des Kunstsinns möglich ist. Dies ist also etwas was wir vorläufig festsetzen können aber darin sehn wir doch noch nicht den Grund zu einer positiven Bestimmung. Es wird noch etwas hinzukommen müssen. Um dies zu finden haben wir zwei entgegengesetzte Punkte. Der eine ist der: wir haben gesagt daß die wirkliche Darstellung immer auch ihrer Natur nach eine Richtung auf die PMittheilungS habe so wie zwischen innere Erregung und Heraustreten Besinnung tritt. Also kann der Natur der Sache nach nur ein Kunstwerk entstehen wenn wenigstens in der | Meinung der Producirenden solche da sind die es verstehen können und auch eine besondre Art des Verstehens gegeben ist in Beziehung auf die besondere Beschaffenheit des Kunstwerks. Es muß eine Übereinstimmung seyn der Kunst und der allgemeinen Richtung derer für die producirt wird. Der andre PPunktS ist: Wir haben gesagt alles bestimmte heraustreten hängt ab von dieser innern Nothwendigkeit überhaupt aber dann auch von einer ursprünglichen Affektion. Wie verhält sich diese zu

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der Mittheilbarkeit des Kunstwerks. Das Kunstwerk ist auf jeden Fall für diejenigen die es in sich aufnehmen sollen ein Gegenstand der ihrem Sinn und durch den Sinn dem ganzen Bewußtseyn gegeben ist. Was nun unmittelbar den Sinn afficirt das ist nichts andres als die räumlichen und zeitlichen Einzelnheiten aber durch diese Auffassung wird der Zwek des Künstlers in Beziehung auf das Publikum nicht erreicht – (indem das Kunstwerk als ein äußerlich werdendes dem Künstler anfängt ein gegebnes zu werden in dem er PesS ausführt sofern die Beurtheilung der andern auf ihn PwirktS und so entsteht in ihm der Wille daß es aufgenommen wird. In einem untergeordneten Sinn kann man also den Ausdruk Zwek gebrauchen. Das aufgenommen werden was der Künstler will wird nicht vollzogen dadurch daß die Einzelnheiten aufgenommen werden sondern was aufgenommen werden soll ist außer den Einzelnheiten auch das Urbild und also alles was dazwischen liegt, die ganze künstlerische Thätigkeit. Denken wir daran daß dieser Anfang der Urbildung selbst wieder abhängt von der Affektion so fragen wir soll diese auch übertragen werden und da werden wir nicht so bestimmt antworten können und uns daran erinnern daß wir darin etwas unübertragbares angenommen haben. Die Affektion kann nur mittelbar mitgetheilt werden durch die Reflexion, wenn sie beschrieben wird, in der Kunstthätigkeit wenn man sieht wie sie ein Verknüpfungsprincip geworden ist. Das allerinnerlichste und ursprünglichste ist also das was nur auf indirekte Weise mitgetheilt werden kann und worüber der Künstler nie gewiß werden kann ob es sich wirklich mitgetheilt hat. Wenn z. B. der Redner in seinen Zuhörern einen Entschluß zu einer bestimmten Handlung hervorbringen will so ist dasjenige daß er diese Handlung will seine ursprüngliche Thätigkeit. Da ist nicht mehr seine Affektion sondern seine Willensbestimmung der Anfangspunkt. Daß diese sich mitgetheilt hat, davon kann er gewiß werden dadurch daß die Zuhörer die Handlung thun. Dann ist aber das ganze kein Kunstwerk. | Nun können wir uns denken daß, sei es ein Dichter oder Musiker sein Kunstwerk vollbracht habe und es werde dargestellt so kann er wohl inne werden durch die Art wie sich andre darüber äußern, ob bloß das Einzelne oder ob auch die Urbildung aufgenommen ist. Aber ob die Leute dadurch auch wissen wie ihm zu Muthe gewesen ist bei der Hervorbringung? Das wird er nicht wissen können. Von den Einzelnheiten aus werden sie auf das richtige Urbild kommen aber den eigentlichen inneren Proceß werden nur wenige nachbilden können die mit dem Künstler in besonderer Verwandtschaft stehn. Wenn der Künstler also in der Produktion die Auffassung mit im Willen hat so kann er doch nicht anders als voraus19 haben] wird

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setzen daß in dem Einzelnen auch das richtige Urbild gefunden werde, daß zwischen ihm und ihnen eine gewisse Identität statt findet. Das führt zurük auf etwas schon gesagtes daß die Verständlichkeit der Kunst überhaupt in einem gewissen Kreis eingeschlossen ist. Der Künstler wird immer sagen können genau kann ich das nicht wissen aber auf gewisse Weise bin ich mit allen die zu einem Volk gehören in einem gewissen Zustande des afficirt werdens und auf der andern Seite ist immer ein Verwandtseyn da und also habe ich Wahrscheinlichkeit daß das was aus mir hervorgegangen auch werde verstanden werden. Nun tritt aber das Gemeinsame Leben in dieser Hinsicht nur hervor in den Pausen zwischen den objektiven Reihen, also die Identität die für den Künstler und die für die er producirt muß gerade seyn während des Verlusts der objektiven Reihen, da wo das gemeinsame Leben in dem freien Spiel und der Receptivität zusammentritt. Nun haben wir es hier mit einem PWirksamenS zu thun was eine Reihe ist und nicht ein einzelner Moment. Die Affektion war aber ein einzelner Moment. Da ist eine s c h e i n b ar e Differenz. Das momentane afficirt seyn ist mehr oder weniger leidentlich bis zum leidenschaftlichen. Je mehr es dies ist um desto weniger tritt zwischen Affekt und Äußerung die Besinnung. Also durch das Pathematische der Affektion ist sie nicht der Übergang in das Kunstwerk, wir werden sie uns also aus diesem gleichsam herausversetzen müssen. Denken wir eine Reihe von Momenten wo auch eine Reihe von Affekten vorkommen. Was entsteht daraus in Beziehung auf das Innre? und auf das Vermögen afficirt zu werden in sofern | es in die selbstthätigkeit der Äußerung übergeht? Dasjenige was wir Stimmung nennen das ist eine gewisse überwiegende Leichtigkeit auf gewisse Weise afficirt zu werden vor andern. Wir nennen dies Stimmung wenn es seinen Grund in demjenigen hat was mehreren gemeinsam seyn kann. Was in einer Reihe von Momenten einem einzelnen Menschen allein begegnet ist das wird in ihm auch eine besondre Stimmung hervorbringen und dasjenige seyn worin sich die objektive Thätigkeit abspiegelt. Wenn der einzelne sich denken kann: wie es dir jetzt gegangen so ist es andern auch PergangenS, dann eröffnet sich wieder das Gebiet der Verständlichkeit. (Wenn das begegnete aber nicht etwas gewöhnliches ist) Da das Gemeinsame immer das Übergewicht hat so ist in einem gemeinsamen Leben eine gemeinsame Stimmung vorauszusetzen die bestimmter sein wird wenn etwas ausgezeichnetes im gemeinsamen Leben begegnet ist. Wenn nun dort die Affektion nicht der Grund der künstlerischen Produktion ist in sofern sie rein pathematisch ist, so ist sie es insofern sie Stimmung ist. In sofern kann sie auch sogleich sobald sie Urbildung geworden ist in das Äußere übergehn. Haben wir nun auch den Grund gefunden vermöge dessen die Urbildung eine bestimmte wird?

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In jedem einzelnen Menschen hat das freie Spiel ein über andere hervorragendes Element. Überwiegende Richtung auf einige Zweige der Kunst mit Vernachlässigung der übrigen. Das ist eine Begränzung die aber nicht bestimmt ist. Indem wir sagen in jedem PistS in dem gemeinsamen Leben eine Stimmung hervorgebracht so ist das eine nähere Bestimmung der Art wie die Affektion in die Urbildung übergeht. Das letzte wodurch das Kunstwerk ein bestimmtes wird das haben wir noch nicht. Das aber verbirgt sich am allermeisten. Wenn das in einer Formel wirklich wiedergegeben werden könnte so wäre alles geheimnißvolle und räthselhafte des gemeinsamen Lebens aufgehoben so daß wir sagen könnten: gieb mir nur einen Standpunct des Menschen wodurch [und] worin sich seine Stimmung deutlich zeigt so will ich dir den Schlüssel zum ganzen Menschen geben. Wir müssen aber in die Formel eine unbekannte Größe hineinbringen von der wir wissen daß sie nur durch eine Approximation kann bestimmter werden. (Zwischen der Art wie das freie Spiel der Gedanken und Bildererzeugung alles objektive P S bildet und zwischen solchen wie sich das Kunstwerk gestaltet eine bestimmte Reihe ist) | Wenn wir nun gestehn müssen es fehlt noch etwas um das Entstehn eines solchen Moments zu begreifen wie er aus der Produktion die nicht Kunst ist heraustritt so werden wir doch so viel sagen können: Es fehlt uns gleichsam nur die Ursache welche den einzelnen bestimmen kann in einem solchen gegebenen Moment die Reihe zu beginnen. Es fragt sich also ob wir darüber noch etwas näheres bestimmen können? – Also zuerst fragt sich: was ist eigentlich die ganze freie Produktion, wie wir es nannten im Gegensatz gegen die Reihe des Erkennens und der bildenden geschäftigen Thätigkeit? Das Erkennen geht darauf aus das Seyn oder den Complexus desselben, die Welt, so wie sie gegeben ist aufzufassen, entweder mehr unter der Form des Einzelnen – das Empirische[,] oder in seinem Innern – das Speculative. Die Vollkommenheit des Erkennens setzen wir in Entsprechung daß nämlich die hervorgebrachten Begriffe dem was wir den Gegenstand nennen entsprechen. Das Gegebene Seyn aber ist allen auf gleiche Weise gegeben. Wenn wir auch wissen daß 5 hervorgebracht] folgt ))ist** 11–13 Wohl Anspielung auf eine Redewendung, die gewöhnlich dem Archimedes zugeschrieben wird, seine Entdeckung des Hebelgesetzes betreffend: „Gib mir einen Punkt, wo ich hintreten kann, und ich bewege die Erde.“ Überliefert ist diese Redewendung in den „Mathematischen Sammlungen“ des Pappos von Alexandria. 33–4 Variante Trendelenburg, 69: „Wenn wir auch wissen, daß das Denken an die Sprache gebunden ist, und daß die Sprachen nicht ineinander aufgehen, so machen wir doch den Anspruch, daß auf gewisse Weise die Sprachen ausgeglichen werden – und die Pasigraphie ist zu diesem Ziel ein Versuch.“

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das Denken durchaus an die Sprache gebunden ist und diese nicht rein in einander aufgehn so machen wir doch die Forderung daß eine Ausgleichung irgendwie versucht werde; und alle angestellten Versuche zweken darauf hin dies Ziel zu realisiren. Das ist also die allen gemeinschaftliche, allen auf gleiche Weise gegebne Welt. Was ist die Reihe der objektiven Thätigkeiten? Offenbar jener in sofern entgegengesetzt daß sie nicht bei der gegebnen Welt stehn bleibt, sondern sie will eben in der Welt hervorbringen. Hier ist es also auf das Hervorbringen einer Welt abgesehn. Aber indem dabei alles auf eine Vereinigung der Kräfte ankommt so können wir wieder sagen es ist eine g e m e i n s c h a f t l i c h e We l t die hervorgebracht wird. Sagen wir auch hier die Art und Weise wie die verschiedenen Völker dabei verfahren ist verschieden so werden wir doch sagen müssen was ist denn die ganze Richtung der Völker andres als die Produktion soll in das Verhältniß aller Völker übergehn muß also aus den Eigenthümlichkeiten des einzelnen Volkes heraustreten. – Wie verhält sich nun die zwischen beiden sich uns zeigende freie Produktion? Wenn wir sie mit jenen beiden vergleichen so müssen wir sagen wenn jenes die gemeinschaftliche Welt ist so ist diese eben die eigenthümliche Welt von jedem einzelnen abhängig. So haben schon die Alten unterschieden. Es ist dies die eigenthümliche Welt der Phantasie. Sie ist eigentlich nicht gegeben und w i r d erst in Jedem; sie ist auch nicht eine absichtlich hervorzubringende sondern sie wird auf unwillkürliche Weise in ihm. Nun sahen wir: wenn dies freie Spiel zum Kunstwerk wird so tritt ein Moment des Willens in dies unwillkürliche hinein und in dem ist nun auch zu gleicher Zeit eine Berüksichtigung des Heraustretens dieser eigenthümlichen Welt in die äußere Erscheinung. Dies können wir in untergeordnetem Sinn einen Zwek nennen, aber es ist der Zwek in die gemeinsame Welt ein neues Glied zu bringen und somit nichts andres als der Zwek[,] als daß ein Moment aus dieser eigenthümlichen Welt heraustrete um für diejenigen da zu seyn | die das was auf diese Weise hervorgebracht wird verstehen können. Es ist die Darstellung der eigenthümlichen Welt in einzelnen Momenten. Können wir nun finden was das bestimmende für solche Momente seyn kann? Wenn wir auf das Eine sehen so müssen wir sagen der Moment kann nur eintreten wenn der Einzelne in dieser eigenthümlichen Welt nicht genug davon hat daß sie sich innerlich bilden. Sehen wir auf das Andere: daß beim Heraustreten nach Außen das Aufnehmen Andrer mit berüksichtigt ist so werden wir sagen der Moment entsteht wenn er aus dem inneren Leben herausgesetzt wird und in Rüksicht auf andere bestimmt wird. Das Eine ist mehr Innerlich das Eine mehr Äußerlich. 29 und somit] sondern

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Beides ist nothwendig wenn der Moment entstehn soll. Also entsteht derselbe aus beiden. Wir denken uns das was uns bestimmt das freie innre Spiel in eine heraustretende Kunstproduktion zu verwandeln das sei die Kunstproduktion andrer, so dominirt der äußerliche Grund. Es kann das eigentlich nur unter der Form geschehen wenn er bei andern ein Aufnehmen voraussetzt. Dadurch haben wir aber nur ein unbestimmtes künstlerisches P r o d u c i r e n wollen. Wenn auch wirklich eine gewisse Region gegeben wäre durch die Receptivität der andern und wenn auch ein Gegenstand gegeben ist so ist die Art und Weise nicht gegeben und es fehlt also doch noch etwas. Bei einem Moment des öffentlichen Lebens wo die Reihe der Thätigkeiten durch Feste unterbrochen wird, so ist da ein Gegenstand gegeben. Aber da ist noch eine unendliche Mannigfaltigkeit in der Behandlung des Gegenstandes gegeben, also bleibt immer noch etwas was ein Inneres seyn muß. Nicht alles was so unwillkürlich innerlich wirkt hat gleiche Möglichkeit in das Maß und die Regeln des Kunstwerks hineingefügt zu werden. Das Innere ist also daß sich in der freien Combination des Künstlers etwas ergiebt was ihm einleuchtet als die Praedetermination zum Kunstwerk in sich tragend. So kann der Künstler nicht in jedem Augenblik etwas produciren wenn es verlangt wird, – er muß erst abwarten bis sich so etwas in ihm ergiebt was er für Praedetermination ansieht. Es ist eben so keine Bestimmtheit, Anforderung von Außen da, aber die freie innere Combination bewegt sich so daß bald und bald wieder etwas innerlich wirkt was die Praedetermination zu einem Kunstwerk in sich PträgtS. Was geschieht dann? Wird das construiren des Kunstprodukts beginnen? Das glaube ich nicht denn der Künstler wird erst die Idee fixiren. – Unmittelbar ist die Kunstproduktion damit nicht gegeben. Der Plastiker und Musiker kann wohl um die Idee zu fixiren sich das Thema aufschreiben und die Skizze entwerfen aber das ist nur für ihn selbst das Mittel die Idee zu fixiren. Darin ist noch kein nach Außen heraustreten, aber so wie das Äußere sich ergiebt und je stärker der Drang nach der äußeren Darstellung ist um so weniger äußerer Anforderung wird es bedürfen[,] es wird das Minimum seyn. | Dies und das erstere nun muß immer zusammentreffen wenn die Kunstproduktion beginnt. Woraus entsteht denn die äußere Anforderung sie sei Maximum oder Minimum, die den Künstler bestimmt etwas wirklich zur Darstellung zu bringen? Weder das PwissenschaftlicheS noch das praktische Leben enthalten diese Anforderung sondern nur in dem Zurüktreten dieser beiden die eigenthümliche Welt hervorzuheben darin liegt die Aufforderung. Also in demselben Zustande in welchem der Künstler auch ist aber nur in sofern er ein gemeinsamer ist und in der Masse sich auf die bloße Receptivität beschränkt. Es tritt dann ein Verlangen nach der künstle-

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rischen Darstellung heraus. Denken wir ein Volk oder Zeitalter ohne solche Extreme nicht so daß die Masse nur anschauen will und einige nur produciren wollen sondern eine relative Gleichheit so wird ein Wetteifer des Producirens und des Anschauens seyn. Betrachten wir den innern Moment und fragen worauf beruht das daß in der freien Produktion die aber ganz in jenen unwillkürlichen Bildern sich äußert Momente eintreten wo das freie Spiel diese Prädetermination zum Kunstwerk bekommt? wir haben gesehen dies ist nichts andres als die Bestimmtheit der Theile und das bestimmte Zusammenseyn des Ganzen. wodurch geht das eine in das andre über? Wir können nichts als einen PTerminusS aufstellen um uns darin den Übergang zu fixiren. Indem wir sagen jenes ist nur ein unbestimmtes indem es ein Mannigfaltiges ist was im Kunstwerk zu Einem Ganzen zusammengefaßt werden soll, so werden wir sagen dies zusammenfassen ist ein Akt der in der künstlerischen Produktion nicht ist. Der erste Unterschied ist also daß die künstlerische Produktion eine gesteigerte ist. Der Grund zu der Steigerung in der freien Produktion kann nur liegen in der gesteigerten Stimmung in welcher zugleich das Bedürfniß eines heraustretens nach außen liegt. Dies PbeidesS hebt nun das Kunstwerk aus dem unwillkürlichen heraus. Dieser gesteigerten Stimmung muß jeder fähig seyn wenn er ein Künstler werden soll sonst bleibt er ein Träumer[,] aber das Bedürfniß herauszutreten ist wiederum ein Interesse an dem Äußerlichen und eben dies Interesse muß auch in jedem seyn der ein Künstler werden will. Dann wird es nur darauf ankommen wie der äußere Moment dem Innern zu Hülfe kommt. So werden wir auch hier ein Maximum und Minimum unterscheiden müssen unter verschiedenen Völkern und verschiedenen Zeitaltern, und so finden wir wieder bestätigt daß es durchaus unzureichend ist wenn wir diesen ganzen Theil des menschlichen Lebens nur wollten im Einzelnen PbetrachtenS weil dies gemeinschaftliche Leben ohne das Zusammenwirken des Einzelnen und des Ganzen der Erscheinung gar nicht möglich seyn würde. | Wie finden wir nun aus diesen Momenten in Beziehung auf die Kunst die verschiedenen Künste zusammen und in wie fern tritt nun wieder ein Differentes hervor? In dem zuletzt erwähnten liegt nun der Grund zu einer andern Differenz die sich schon mehr als ein relativer Gegensatz gestaltet. Wir haben auf der einen Seite gesehn daß der Körper abhängt von der Stimmung des Producirenden Individuums[,] von der andern Seite daß sobald der erste Anfang gegeben ist eine Beziehung auf das Auffassen gegeben ist. Nun haben wir gesehn daß das ganze Hervortreten der Kunstthätigkeit in die äußere Erscheinung in die Zwischenräume des thätigen Lebens fällt. Wenn wir das nach dem Verhältniß mit PdemS Produciren auffassen [und] fragen wie können wir die Stimmung in ihrer Differenz anschaulich

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machen so geht daraus hervor folgendes: Es wird Kunstwerke geben können die sich nur auf einen kleinen Theil beziehn deren Verständlichkeit beschränkt ist; es würde andere geben die für einen größeren Theil taugen also einen größeren Umfang von Verständlichkeit haben. Die ersten werden mehr individuelles haben. Das Kunstwerk wird seyn eine im kleinen PKreisS gegebne Affektion. Im täglichen Leben finden wir oft daß in einzelnen Gesellschaftskreisen sich ein gemeinsamer Typus der Sprache findet. Ein Fremder kann die Stimmung nicht theilen weil er in den Complex der Verständlichkeit nicht eintritt und weil er nicht die Stimmungen kennt. Wenn nun das was eigentlich für solchen Kreis taugt in das größere Leben hinaus will so zeigt sich ein Unverhältniß. Je mehr ein Kreis eines Kunstwerks beschränkt je größer sind die Verschiedenheiten und je weniger läßt sich darin bestimmen. Was aber auf einer gemeinsamen Stimmung ruht und über ein ganzes Gebiet Verständigungsmittel verbreitet, finden wir da nicht einen Grund zur Classification? Das große Publikum läßt sich denken in einer solchen Stimmung welche mehr in der Analogie mit dem geselligen Verhältniß kleinerer Kreise, und in einer Stimmung welche durchaus identisch ist für das Ganze und also auf die größten Lebensverhältnisse sich bezieht. Diesen Gegensatz sehen wir durch alle Kunst durchgeführt. Das ist nämlich der Gegensatz zwischen dem ernsten und leichten Spiel in der Kunst. Fassen wir beide Extreme ins Auge so wird die Sache klarer. Setzen wir statt ernst = religiös[,] statt leicht = komisch so haben wir da die Extreme. Es ist keineswegs nothwendig daß alles ernste in der Kunst religiös und alles leichte komisch sei, wiewohl es sich in der Geschichte überwiegend findet. Dies ist eine Differenz die sich in einer jeden Kunst gleich als die größte Eintheilung zu erkennen giebt. z. B. in der Musik im Kirchenstil und Opernstil ist dieser Gegensatz. Die heilige Mahlerei und das P S Kabinetsstük. – | In der Dichtkunst ist Epopöe und Tragödie das Religiöse[,] Epigramm, Idyll etc das Komische. Größere Differenzen werden nicht leicht sich finden lassen. Der Sinn dieser Gegensätze ist der: denn wenn man z. B. sagt das Komische hat doch ein eben so großes Publikum als das ernste und religiöse. Von einer Seite betrachtet ist das wahr[,] genauer betrachtet aber gehört es in einen kleineren Kreis. Sieht man auf das ernste so ist da die ganze große als gleichartig gedachte Masse. Die früheren Differenzen werden uns in der Folge mehr zu einzelnen Unterabtheilungen in den verschiedenen Künsten führen. Diese hier eben aufgezeichnete ist die größte aber gleichmäßig durch alle Künste durchgehende Abtheilung. Nun stehn wir also der Aufgabe am nächsten überzugehn in die verschiedenen Zweige und Gattungen der Kunst selbst. Da können wir an keinen andern Punkt knüpfen indem wir ausgehn von der erregten in das äußere übergehen

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wollenden Stimmung. Diese geht gleichmäßig durch alle Kunstgebiete durch. Der Grund der Differenz muß also liegen [im] in das Äußre Heraustreten wollen. Die Differenz der verschiedenen Künste ist also im letzten gegründet und es fragt sich auf wie viele Weisen kann denn die Stimmung vom Moment der Urbildung ausgehend ein Äußerliches werden? Hier finden wir eine Hauptdifferenz in einem der früher schon angegebenen Punkte. Das Kunstlose ist das Äußerlich werden der innern Affektion durch Ton und Bewegung. Nun ist die Stimmung immer ein Resultat von Momenten der Affektion die auf die Produktivität des Einzelnen bezogen einen Durchschnittspunkt bilden. Diese beiden Äußerungsweisen sind dadurch bezeichnet daß sie sich am meisten an die Affektion und das unwillkürlich Äußerlich werden anschließen. Fragen wir nach der Differenz zwischen der momentanen Affektion und der Stimmung so müssen wir sagen: Sobald ich mir einen Menschen denke in verschiedner Stimmung und denke mir dieselbe Affektion hervortreten, so wird die Affektion eine andre werden, die Stimmung modificirt die einzelne Construktion. Da tritt die intellektuelle Verknüpfung dazwischen und wir können dies nicht denken ohne es mit PdemS Gedanken zu thun [zu] haben welcher das Princip ist [und] von dessen innerer Position aus die Affektionen sich PständigS so gestalten. Das giebt uns Äußerungsweisen die mehr ideal sind da die bisher betrachteten mehr die organischen waren. Jene idealen Elemente sind eben das Bild und die Vorstellung wie sie sich in der Sprache ausdrükt und da haben wir also was wir früher Bilder und Gedankenerzeugung genannt haben. Diese sind in genauer Verwandtschaft denn der Gedanke muß durchaus eine bildliche Natur haben wenn er im Gebiet der Kunst bleiben wollte. | Hier werden [wir] also die Haupteintheilungen so PgesetztS haben daß wir zusammenstellen Mimik und Musik deren Mittel sich am meisten an die unmittelbare Naturäußerung des Gefühls anschließen. Bildende und redende Kunst die am meisten das hindurch gegangenseyn des Gedankens zu erkennen geben. Wenn wir auf der einen Seite den bloß fließenden Unterschied auf bestimmte relative PwenigstensS Gegensätze zurükzubringen suchen müssen so werden wir es doch nicht verstehen wenn wir nicht auch die Übergänge aufsuchen. Fangen wir an beim äußerlich werden des Gefühls durch Bewegung. Gebärde. Da haben wir die organische Bewegung woran und wodurch das Kunstwerk soll betrachtet werden. Gehn wir zu den bildenden Künsten wodurch werden die vollbracht? auch durch die Bewegung. Eine Zeichnung entsteht aus einer Reihe von Bewegungen der Hand und so scheint das beides sich gar nicht bestimmt dadurch zu unterscheiden. Da giebt sich uns auch wieder die Aufgabe den Unterschied bestimmter zu fassen. Dasselbe könnten wir leicht von den andern Künsten sagen. Musik ist eben so

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eine Reihe von Bewegungen die die Stimme zum Organ haben. Achten wir nun auf einen entgegengesetzten Punkt und bleiben stehn bei den bildenden Künsten so finden wir einen bestimmten Stoff an welchem das Kunstwerk ist. Der Bildhauer bildet sein Urbild in den Stein hinein. Der Maler bildet sein Urbild in die Fläche hinein. Als Mittelpunkt eines Übergangs erscheint das Relief. Unterscheiden sich nun dadurch diese Künste bestimmt von den übrigen? Hat der Musiker nicht auch etwas wo hinein er sein Urbild bildet[?] Wie sich der Stein zum Bildhauer verhält so verhält sich die Luft zum Musiker und sie ist ebenfalls der Stoff in welchen sie hineinbildet. Da sagt man um Unterschied zu suchen, von des Musikers Kunstwerk ist schon ein Theil verschwunden wenn der andre erscheint aber der Maler und Bildhauer bilden in ihrem Stoff ein gleichdauerndes und gleichbleibendes. Da kommen auch hier wir auf allmählige Übergänge zurük. Der Musiker bildet gar nicht ein rein Successives denn der musikalische Moment ist der Ton nicht sondern der Akkord, da ist also doch ein gleichseiendes. Ist das musikalische Kunstwerk aufgeschrieben so will ich nicht sagen daß es dann ein gleichseiendes ist aber wenn wir fragen wodurch entsteht denn das reine verstehn des musikalischen Kunstwerks? verstehe ich es daß ich es | als etwas rein successives auffasse? Nein. Wenn ich in jedem Moment der Auffassung nur den einzelnen Accord habe so verstehe ich damit gar nichts vom Kunstwerk. Erst durch die Folge des Kunstwerks wird das ganze klar. Thema ist eigentlich nichts andres als eine solche Reihe von Akkorden die im weiteren und engeren Sinn die Reihe von Akkorden darstellt die sich aber der Geübte als ein Ganzes gleichzeitiges Thema darstellen kann. Auf der andern Seite betrachten wir das Gemälde oder die Statue und beleuchten dadurch näher was das heißt, dies ist ein gleichseiendes Kunstwerk. So sage ich: ist denn dies Kunstwerk da dadurch daß es gleichseiend an einem bestimmten Ort ist? Es besteht das Kunstwerk erst durch das Auffassen und dies ist ebenfalls ein successives Auffassen der einzelnen Theile. Man muß sich das Bild in successive Theile zerlegen sonst kann man das Kunstwerk nicht gehörig auffassen. Da scheint diese Unterscheidung nicht von so sehr großer Bedeutung zu seyn. Dagegen werden wir sagen müssen: wenn wir auf die Differenz sehn die wir vorher uns vorhielten so hält diese mehr vor. Das wahre beim Musiker ist immer zwischen der Stimme und dem Ohr und die Luft ist der Überträger. Die Luft erscheint PreinS als das vermittelnde. Jene Differenz hängt also allerdings mit der zusammen wodurch wir diese beiden Künste die es mit dem Ton und Gebärde zu thun haben von den andern scheiden. Wenn wir Mimik und Plastik auf der einen 33 auffassen] aufzufassen

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Seite und Mimik und Malerei vergleichen so finden wir Annäherungen die die Unterscheidung sehr schwer machen. Wenn eine lebendige Gestalt in einer gewissen Stellung sich darstellt die sich dazu eignet einen gewissen Charakter zu bezeichnen so muß sie doch in dieser Stellung wo sie eine gewisse Ruhe hat dieselbe Wirkung hervorbringen wie ein plastisches Kunstwerk. Wir kennen alle was man seit einiger Zeit als artige Unterhaltung bewegliche Bilder genannt hat Gruppen von Personen die charakterisirt sind und in gewisser Entfernung angeschaut werden. Diese wirken vollkommen als ein auf der Fläche dargestelltes Bild. Sie wirken rein durch die Umrisse der Gestalt und durch das Licht; indessen ist doch das Ganze aus Bewegungen die man festgehalten hat, zusammengesetzt. Und da muß man schwanken wohin man sie rechnen soll. Sind es Copieen von einem Gemälde so werden wir es natürlich mehr zur Malerei rechnen. Ist es eigne Idee so wird es erscheinen als ein festgehaltner Augenblik aus einer Pantomime und dann gehört es überwiegend zur Mimik. So verwischen sich die Grenzen. | (Dies war aber nur eine Zwischenbetrachtung.) Wir fragten nach dem Unterschied was an der Frage hing wie viel Arten giebt es wodurch das Innere ein Äußeres wird. Was war aber das wodurch wir Mimik und Musik mehr PmitS einander verwandt betrachteten? Was ist nun eigentlich in Beziehung auf alle bisherigen Untersuchungen der eigentliche wesentliche Charakter des innern Unterschieds? Die Antwort liegt in jener Frage: weil die einen überhaupt mehr Kunst sind durch das Äußerlich werden des Innern, die andern durch die bestimmte Art und Weise die innerliche Produktion zu fixiren. Denken wir es sinnt sich einer eine Reihe von mimischen Darstellungen aus aber sie werden nicht wirklich und wir vergleichen dies mit dem Bilde so werden wir sagen es wird durchaus kein Mittel geben wodurch jemand diese Reihe von Bewegungen innerlich hat als wenn sie in ihm zum Bilde übergehn. Geschieht dies nicht so haben sie eigentlich gar keine Realität. Das Bild dagegen kann für den der es in sich trägt schon an und für sich Realität haben. Vergleichen wir nun den bloßen Ton und die Gedankenerzeugung so werden wir dasselbe finden. Es ist eben so in demselben Verhältniß der Ton wie die nicht producirte Bewegung. Hier finden wir also einen Unterschied der eher feststeht. Die Realität der beiden ersten Künste fängt an bei der Produktion des Äußern. Die ersten beiden wollen also viel bestimmter und unmittelbarer das einzelne hervortreten [lassen]. Die andern können dies mehr hemmen und doch wird mehr Realität in PdemS einzelnen seyn. Was ist aber nun damit daß Mimik und Musik viel unmittelbarer auf das äußre hinaustreten dringen, gesagt? Der Moment der 2–6 Zusatz Trendelenburg, 76: „Es ist der Rückgang des Mythus des Daedalus.“

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äußern Affektion der kann nicht anders als dargestellt werden, also sind sie die unmittelbareren. Die bildende Kunst und redende Kunst verhalten sich auf dieser Seite als die negativen Künste. Sie hängen nicht so unmittelbar von dem Moment der innern Affektion ab weil sie nicht so unmittelbar auf das äußre Hervortreten ausgehn. Wenn wir fragen so wie wir gesagt haben wie der Moment der Besinnung eintritt so tritt auch eine Berüksichtigung ein auf andre für welche dargestellt wird. wer ohne solche Besinnung darstellt der berüksichtigt nicht die PBetrachtendenS und dessen Produktion liegt nicht in der Kunst. In dieser Berüksichtigung liegt doch daß in den Andern durch das Kunstwerk etwas geschehn soll. Ist das nun in allen Künsten rein dasselbe oder? Hier müssen wir auf die drei Momente zurükgehn Affektion Urbildung Ausbildung. | Die Ausbildung verhält sich in diesen als das unmittelbarste Mittel. Sehn wir dies als Vermittlung an zwischen [der] ursprünglichen Thätigkeit des Künstlers und dem was in den Andern werden soll so haben wir die Wahl zu sagen: es soll in ihnen das Urbild nachgebildet werden oder es soll die Affektion sich in ihnen nachbilden. In sofern die Urbildung selbst das Produkt ist von der einzelnen Affektion so wird indem die Urbildung sich einem andern mittheilt eben so auch die Affektion mit gegeben. Überträgt sich in andre die Affektion so wird sich auch die Urbildung übertragen. Wie verhalten sich nun die Künste gegen diese Frage. Wir sagten daß Affektion an und für sich betrachtet etwas unübertragbares ist was nur durch Approximation von andern ausgeführt werden kann, wie ist es nun in Beziehung auf die Urbildung wenn wir diese für sich betrachten. Hier ist eine Besinnung zwischeneingetreten. Die Urbildung es der innern Produktion und betrachten wir die Bilder und Gedankenerzeugung so müssen wir sagen diese haften an der Sprache und an den Organen. Hier ist also eine breite Basis der Gemeinschaftlichkeit, eine Identität des objektiven Bewußtseyns. Betrachten wir dagegen die musikalische und mimische Darstellung so folgt daß sie viel mehr an dem rein subjektiven und persönlichen haftet. Stellen wir die einzelnen Vergleichungen zusammen so ist das Resultat: Musik und Mimik haften mehr an der unmittelbaren Affektion, bildende und redende Künste mehr an der durch die Stimmung auf gewisse weise producirten innern Produktion. Musik und Mimik haben mehr die Tendenz die unmittelbare Affektion in andre überzutragen aber diese Übertragung ist etwas an und für sich schwieriges und nur durch Approximation zu erreichen. Sie stehn auch auf einer geringern Stufe der Verständlichkeit. Bildende und redende Künste wollen überwiegend die Urbildung übertragen und das ist ein untergeordneter Effekt. Sie versiren auf der PgrößerenS Seite der Verständlichkeit. Durch Mimik und Musik an und für sich

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wurde der Musiker oder Mime weit PmehrS in eine Stimmung versetzt. Durch die bildende Kunst wird ein Complexus von Bildern hineingesetzt. Wenn in einem rein musikalischen Kunstwerk einer das Thema gefaßt hat, so hat er die Urbildung gefaßt aber das ist nicht das eigentliche letzte Ziel sondern da ist eine gewisse Stimmung ein Ton in der Seele. Auf dem Gebiet der bildenden und redenden Künste da ist umgekehrt das entstehn | einer gewissen Stimmung das Untergeordnete. Wir werden also sagen aus diesem Grunde gehört das eine Paar zusammen und das andre. Es ist eigentlich in ihnen nichts vollkommen identisch sondern sie unterscheiden sich schon von vorn herein [darin,] die verschiedenen Momente die in der Kunst liegen zusammenzufassen. Denken wir uns ein Volk wo nur Mimik und Musik wäre aber keine redenden und bildenden Künste so würden wir sagen das Volk hat noch gar nicht recht Kunst. Poesie und bildende Kunst muß da auf gewisse Weise todt seyn. Indem nun das Ganze uns als eine Ellipse erscheint die zwei Brennpunkte hat der eine ist das Dominiren der Urbildung der andre das Dominiren der Affektion. Es muß PeherS immer beides da seyn. Ist nun auch wahr daß die einen die Verständlichen sind die andern aber die PmehrS unmittelbar Bewegenderen so können wir nichts sagen als daß sie einander gegenseitig helfen. was wird daraus folgen? daß die Idee der Kunst nur Realität hat in dem ineinanderseyn dieser verschiednen Formen der Kunst. Die beiden Klassen müssen wesentlich zusammen seyn. Wie ists aber mit den beiden Hauptgliedern dieser Klassen. Sagen wir es giebt zweierlei Art (Bewegung [und] Ton) wodurch das innerliche äußerlich wird und wir fragen uns welches ist das Ursprüngliche so werden wir keine Entscheidung geben können. Das zugleich seyn von beiden ist eigentlich erst das wirkliche. Wenn jemand bloß deklamirt ohne zu sprechen so ist das ganz unnatürlich. Wenn sich die Gedankenerzeugung vom Bilde ganz löst so sind wir im Gebiet der Formel und das können wir uns nur denken auf der Seite des Erkennens. Diese Art der Gedankenerzeugung kann im Kunstgebiet keinen Raum haben. Wenn das Bild nicht nach der Gedankenerzeugung hinstrebt so ist es etwas ganz Gehaltloses. Das Bild ist also nur in sofern es nach den Gedanken strebt. Also gehören die einzelnen Glieder eben so zusammen wie die beiden Klassen selbst zusammen gehören und erst im Zusammenfassen von diesen haben wir die Idee der Kunst vollständig. | Es würde hieraus nun folgen daß eine Vereinigung aller Künste in Einem Moment das höchste und größte wäre. Wenn wir nun acht geben wie es sich verhält da wo sich die Kunstthätigkeit am meisten ausgebildet hat so findet sich ein solches Bestreben überall und nehmen wir jene Differenz dazu so werden wir wenn wir in einem Volk leben wo sich die Kunst entwikelt hat auf die Phase des Lebens sehen wo sich Kunstthätigkeit frei

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entwikelt hat. Religiöse Feste – Volksfeste – die letztern können noch vereinigen den großen und den PleichterenS Stil. Wenn wir unsre Religionsfeste betrachten so finden wir darin Poesie, Beredsamkeit, (von den redenden Künsten) die bildende Kunst nur in PErscheinungS der religiösen Gebärde. Wir finden die Musik sehr überwiegend. Wir finden die Mimik sehr verschwinden. Bei uns untergeordneter. Bei den Katholiken mehr hervortretend. Sehn wir auf die Volksfeste so finden wir da noch eine Aufstellung von Virtuosität in Beziehung auf die mechanischen Künste. Zugleich finden wir aber die Tendenz aller Künste zu Einer Vereinigung. So wie wir dies nun in der Erfahrung bestätigt finden so drängt sich die Ansicht auf daß das Verstehn und der volle Genuß nur durch die Verbindung mit allen andern Künsten entstehe. Außerdem können wir nicht läugnen daß sich auch specielle Verbindungen zwischen einzelnen Künsten vorfinden. Es ist offenbar daß auf der einen Seite die Künste die mehr von der unmittelbaren Erregung ausgehn überall wo ein gewisser Grad von Ausbildung stattfindet sich vorzüglich nur in der Begleitung von andern manifestiren. Die Mimik hat eigentlich kein größeres und vollkommeneres Werk als die Darstellung der dramatischen Dichtkunst[,] da ist sie ganz an die Poesie angehängt. (So wie nun wieder die Dichtkunst eine größere Belebung sucht so). Der Eindruk den die unmittelbar lebendige Darstellung macht, kommt noch hinzu und die ist das was das Mitgefühl stärker erregt. Wenn wir nun die Mimik betrachten in Verbindung mit der bloßen Rede was hat sie da für ein Geschäft. Da nähert sie sich dem allerursprünglichsten, daß sie Begleitung der Stimme ist. Wenn wir dagegen die Pantomime betrachten so tritt da die Mimik allein heraus. Sie hat da gar nicht mehr den Charakter, ursprüngliche Affektion mittheilen zu sollen. Denn es ist rein unnatürlich wenn Menschen gedacht werden in einer innern Erregung aber sich ganz der Rede enthaltend. Es erscheint die Pantomime da immer als Räthsel. Dann ist die Mimik eine Reihe von Gemälden, dramatischer Scenen geworden wo die Rede weggelassen ist und die Scene allein hervorgetreten ist. Aber am Ende kommt beides auf dasselbe heraus; der ursprüngliche Charakter ist aber geändert. Wir können uns leicht einzelne denken zu PeinemS | einzelnen Theil der Mimik, aber es kann ihnen irgend ein Organ in seiner Vollkommenheit fehlen; sie werden sich dann bestreben dasjenige zu isoliren was eigentlich nur in der Begleitung des andern erscheinen sollte. Bei den Alten war die körperliche Darstellung nur Sache der Sklaven und Sklavinnen, diese hatten schon die Präsumption voraus in andern Theilen nicht dasjenige leisten zu können was erwartet würde wenn es natürlich erscheinen soll. Wenn wir in der Musik auf das PnaturgemäßeS Schema sehn so finden wir sie immer in Verbindung mit der Poesie und der mimischen Dar-

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stellung. Tanz ist kaum denkbar ohne Musik. Je weniger die Abstraktion Gewalt hat, je weniger können wir uns denken daß das Bestreben nach körperlichen Bewegungen fehlt. Denken wir die Musik für sich, und in Verbindung mit der Rede, so müssen wir sagen daß sich jenes zu diesem Verhält, wie ein relativ unverständiges. Nun giebt es in der bloßen Musik freilich etwas was für sich will verständlich seyn. Das ist das was man in der Musik Mahlerei nennt (Nachahmung natürlicher Stimmen oder Bewegungen durch die Melodie)[,] das aber ist schon gleichsam ein Herausgehn aus der Musik. Dies entsteht aber aus dem Bestreben sich völlig zu isoliren. Verbindung von Poesie und Musik werden wir auf sehr verschiedene Weise denken können. Ja auch Musik mit Prosa verbunden läßt sich denken. So wie die Rede eine Intension in Beziehung auf das Maaß hat so liegt etwas Gesang darin. Dazwischen liegt alles wo beide Künste können so vollständig da seyn als ob jeder für sich wäre. Die Beziehung geht wesentlich von beiden Seiten aus. Epische Poesie ist ursprünglich nicht ohne Musik zu denken. Denken wir die Tragödie so finden wir daß diese ein vollständiges Ineinander ist wobei Poesie und Musik gar nicht getrennt werden könnte und eben in diesem Ineinanderseyn ist die absolute Vollständigkeit des Drama mit ausgesprochen. Wenn wir nun die bildende Kunst betrachten so werden wir sagen: daß diese nun allerdings auf gewisse Weise völlig isolirt erscheint aber genauer betrachtend werden wir das entgegengesetzte finden. Statuen gehören auf öffentliche Plätze oder in große Versammlungsgebäude und zwar Statuen die sich auf das Leben beziehen hinein gehören. Das rein Fremde würde sich schlecht machen. Eine religiöse Statue aus alten Zeiten und andern Religionen hat sein Unbequemes, man muß sich dann immer erst in einen andern Zeitpunkt versetzen. Wenn z. B. ein Volk nur durch fremde Künstler Kunstwerke erhalten könnte so müssen wir sagen | da kann die Darstellung der Kunst von gar keiner Wirkung seyn. Es liegt nun schon hierin die Voraussetzung daß in den Momenten wo das Kunstwerk hervortritt dasselbe auch in Verbindung steht mit andern Künsten. In einem gewissen Grade ist das Kunstwerk todt bis es belebt wird durch das Zusammentreten mit andern Künsten. Nun finden wir oft im religiösen Gebiet wo die Kunstwerke insofern sie Heiligthümer waren verhüllt waren bis der Moment kam so sie mit andern Kunstwerken in Verbindung gesetzt wurden. Fragen wir nun was ist der höchste Gegenstand der Mahlerei? so werden wir sagen das was wir Historienmahlerei nennen, die ihren Platz hat im religiösen und politischen Gebiet. Denken wir eine Kirche mit religiösen Bildern ausgeschmükt so müssen wir sagen: sie sind todt bis in der Kirche Bewegung entsteht. Die Malerei erscheint uns so auf mehr untergeord-

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nete Weise. Eine Landschaft kann schwerlich ihren Platz haben in einer lebendigen Darstellung des öffentlichen Lebens. Wenn wir auf die unmittelbarere Verbindung der bildenden Kunst mit der Poesie und der Rede sehn so ergiebt sich dann das gegenseitige Verhältniß noch viel bestimmter zu erkennen. Die bildende Kunst nimmt ihren Stoff sehr häufig aus der Poesie. Das umgekehrte finden wir selten aber doch zu weilen – (Hogarth-Commentar von Lichtenberg). Wie ist das Verhältniß aber? Gewinnt das Gebiet an Verständlichkeit dadurch daß die pitoresken Compositionen hinzukommen? so wie das Drama durch die Darstellung? Das wird wohl niemand behaupten. Es kommt dadurch nicht eine Erhöhung des Eindruks zu Stande den das Gedicht macht sondern der Eindruk des Gemäldes ist wieder ein ganz andrer. Eben so umgekehrt: Ein Gedicht zu einer Reihe von analogen Gemälden? die Gemälde werden dadurch nicht verständlicher und wenn der Dichter in seiner Composition sich so wollte auf die Erklärung des Gemäldes einlassen daß dadurch das Gemälde verständlicher würde so würde er der dichterischen Composition zu nahe treten. – Es ist kein Unterschied ob die Malerei ihren Stoff her nimmt aus dem gesammten Kunstcyklus eines ganzes Volks oder von einem einzelnen Kunstwerk. Der Künstler führt die Beschauer auf einen ihnen schon bekannten Boden. Sein eignes Gemälde wird verständlicher dadurch daß es den Stoff aus diesem bekannten Boden nimmt. Die allegorischen Gemälde bedürfen immer noch einer genaueren Erklärung. Ist es nun die malerische Erfindung die der Künstler aus dem poetischen Gebiet nimmt? Das wird niemand sagen. Die Erfindung des Stoffs als eines Geschichtlichen gebührt dem Maler gar nicht sondern seine Erfindung ist nur die, die sich auf die eigenthümliche Wirkung seiner Kunst beziehn. Denn wäre dagegen ein Gedicht entstanden aus einer Reihe von Gemälden so würde | das immer nur einen sehr untergeordneten und bedingten Werth haben. – Die Erfindung des Poeten ist geleitet durch das Gemälde wird aber daher auch nur vollständig erkenntlich seyn durch den Zusammenhang des Gemäldes mit dem Gedicht. – Etwas ganz anderes ists wenn wir die Poesie finden in einer Verbindung mit den Werken der bildenden Kunst wo sie vollkommen untergeordnet erscheint, z. B. Epigramm unter einer Statue; ein Vers unter einem allegorischen Gemälde. Da dient also die Poesie der bildenden Kunst ist also in einer absoluten Abhängigkeit. Fassen wir dieses zusammen so ergiebt sich daraus eine vollständige Klassification der Künste. Die einen sind solche welchen es natürlich ist als 1 ihren] seinen 7 Vgl. S. 485,21–22 und die entsprechende Sachanmerkung

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Begleiterinnen der andern zu erscheinen weil ihnen sonst das Substrat fehlen würde worauf allein eine sichre Übertragung des Eindruks beruht. Wenn sie darüber hinausgehen verlieren sie ihre Natur. Betrachten wir den Eindruk einer musikalischen Composition d. h. Instrumental, so sehen wir der Eindruk wenn er auf der Stimmung beruht aus dem das ganze hervorgegangen ist wird unbestimmt. Es ist dann rein die Darstellung der Tonwelt selbst welche den Eindruk hervorbringt. Dagegen giebt es andre Künste die selbstständig sind und in allen ihren Werken selbst so erscheinen wollen. Dazu gehören bildende und redende Künste. Darin wird aber wieder ein Unterschied seyn (z. B. insofern sie ihren Eindruk herbilden müssen aus einem Gebiet das nicht in ursprünglicher Verwandtschaft mit ihrer eigenthümlichen Natur steht.) Die Gestalten die der Maler hervorbringt müssen schon eine gewisse Verständlichkeit haben und diese erhalten sie nur indem der Gedanke dazu kommt. Die Differenz wird darin bestehn ob die Gegenstände aus der Wirklichkeit oder aus der Idee genommen sind. Die redenden Künste aber sind die ursprünglichen und vollkommen selbstständigen und nur in gewissen Formen an Intensität des Eindruks gewinnen können durch die Verbindung der ihrer Natur nach begleitenden Künste. Nachdem wir dies nun festgestellt haben, so wollen wir noch eine Betrachtung anstellen darüber: wie die Mittheilbarkeit der Kunst selbst eingeschlossen ist in die Nationalität. In einem Volk wenn es in seinem Entwiklungsproceß bis auf einen gewissen Punkt gekommen ist, müssen wir auch die Totalität der ganzen menschlichen Künste voraussetzen. Die verschiedenen Künste werden sich aber in jedem Volk anders gestalten je nachdem die Differenzen in der Folge entwikelt sind. Betrachten wir z. B. das Drama so sagen wir: wo wir ein Kunstwerk in einem Volk finden da finden wir auch dies. Aber hat es unter allen Völkern gleichen Werth und ist es allenthalben gleich lebendig? Nein. Einmal insofern hier gerade | die Dichtung ihre Vollständigkeit erhält durch die Darstellung, so werden wir zugeben müssen daß das Drama in einem Volke wo die mimische Darstellung ausgebildet ist, auch besser dargestellt werden wird. Vergleichen wir uns mit dem Italiener so müssen wir sagen: daß bei dem die mimische Darstellung in viel höherm Grade entwikelt ist und daß eben darum das Drama eine viel größere Nationalität hat. Daher sich der Italiener wenn er das Drama bearbeitet viel mehr darum kümmert ob es aufgeführt werde oder nicht. – Die Künste werden sich in einem Volke verschieden gestalten je nachdem es in demselben ein größeres öffentliches Leben giebt. In der Malerei sind wir weiter vorgerükt als die Alten. Aber wenn wir nicht das öffentliche Leben der Religion 31 Dichtung] folgt ))hier**

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hätten, so würde sie bei uns doch nur auf niedrigerer Stufe stehen bleiben müssen. Die dramatische Poesie hatte bei den Alten einen bestimmten Cyklus. Der Gegenstand war aber immer bekannt und man mußte gleich das eigenthümliche in der Behandlung eines Gedichts hervor bringen. – Hieraus folgen schon ganz verschiedne Gestaltungen des ganzen Kunstgebiets bei größerem Hervortreten oder Zurüktreten der einen oder der andern. Auch in Beziehung auf das Verhältniß der einzelnen Künste unter einander daß jedes Kunstwerk in Beziehung auf das Ganze ein Individuum ist und wieder nur selbst durch das Ganze verständlich. Wie stehts mit der ganzen Kunst? Was die Theorie der einzelnen Künste betrifft so haben wir etwas gefunden wodurch sie in jedem verständlich werden: aber das Gemeinsame fehlt noch ganz. Alle Vergleichungen und Zusammenstellungen haben immer darauf geführt daß in dem allerersten und ursprünglichen immer wieder eine Beziehung ist auf ihren eigenthümlichen Charakter. Wo bleibt der allgemeine Moment von Kunst? und wo sollen wir das Maaß nehmen in allen Künsten ohne Unterschied? Das letzte muß offenbar zum vorschein kommen wenn dieser Begriff in seiner Allgemeinheit wahr ist. Da kommen wir wieder auf den ersten Punkt zurük P S. Ist der Begriff etwas wahres so muß er auch in gewisser Beziehung stehn auf die einzelnen Künste. Wenn wir nun so den Versuch machen wollten und damit beginnen wollten und fragten was ist in allen Künsten [das] Schöne? so müßte uns das doch erst zur vollkommenen Wahrheit geworden seyn daß auch im Leben diese Vorstellung davon gilt. Aber diese Vorstellung müßte auch ausschließlich davon gelten. Im Gebiet der Natur kann das Gute im höheren Maaß als das Schöne da seyn und umgekehrt. Wir müssen wieder auf den Zusammenhang der bisherigen Darstellung zurükgehn ohne ein neues Element hineinzulegen. | Wir haben nun keinen andern Anknüpfungspunkt[,] da, wie wir sehen überall die freie Produktion schon vom Charakter der bestimmten Kunst PimprägniertS ist, als zu sehen wodurch sich das was durch diese freie Produktion wird von dem was es nicht wird unterscheidet. In sofern wir dies können werden wir das Gemeinschaftliche gefunden haben. Wir werden dann die Vollkommenheit oder Unvollkommenheit des Kunstwerks sehn. Es fragt sich was tritt anderes ein als vorher wenn nun die Tendenz auf die Kunstthätigkeit sich gleichsam dieses freien Spiels bemächtigt? Auf der einen Seite gehört eine stärkere Erregung. Das ist aber nur der Impuls und nicht die Beschaffenheit der Thätigkeit selbst. Wie können wir am besten nebeneinanderstellen was in der Kunstthätigkeit und was in dem unwillkürlichen freien Spiel vorkommt. Wenn wir etwas finden was in aller Kunstproduktion auf dieselbe Weise differirt so werden wir das rechte gefunden haben. Wenn wir auf das Ganze sehen

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so bildet die freie Produktion ein ununterbrochen fortgehendes freilich nicht in gleicher Stärke. (Es ist die durch die Intension der entgegengesetzten Thätigkeit zurükgedrängte; das minimum des freien Spiels) aber auf keine bestimmte Weise gesondert sondern immer sich in einander Verlierendes. Es giebt Momente wo dies innre Spiel für uns rein verschwindet aber dies ist immer durch äußere Veranlassung geschehen. An und für sich ist es ein fortgehendes und in sich selbst nicht gesondert. Auf der andern Seite dieselbe Thätigkeit betrachtet, wie sie das Kunstwerk bildet so finden wir auch eine Reihe und davon abstrahirt daß die Darstellung des Kunstwerks auch oft unterbrochen werden kann so werden wir sagen da ist auch eine Reihe von Thätigkeiten aber eine bestimmt gesonderte. Wir können dies so am bestimmtesten erkennen: Wir denken einen Künstler in der Produktion begriffen wie sie die Ausführung schon in sich schließt. Je mehr das Urbild in ihm schon abgeschlossen je mehr gleicht die Reihe von Thätigkeiten einer gebundenen. Wird nun nicht zugleich ein andres freies Spiel auch noch im Künstler seyn können das sich nicht am Kunstwerk zeigt? Freilich wird das niemand läugnen. Also hier sehn wir schon während der Produktion selbst einen bestimmten Unterschied zwischen Elementen die in das Kunstwerk hinein gehn andre nicht; eben weil diese Thätigkeiten ein in sich gebildetes Ganze geben. Es wird sich dies bewähren wenn wir die Praxis verschiedner Künstler in derselben Art vergleichen. | Denken wir ein historisches Bild so werden in demselben doch Elemente seyn können die rein zufällig sind und es wird für das Kunstwerk gleichgültig seyn ob durch die umgebende Luft etwa Vögel fliegen oder nicht. Man kann sich also das Kunstwerk denken ohne und mit diesem Beiwerk. Woher kommt es daß derselbe Künstler dergleichen beibringt oder nicht? Es ist eine größere Strenge in der Composition welche das Beiwerk ausschließt. Dasselbe gilt in der Poesie. In der französischen Poesie findet man mehr geschlossenes als in der Shakespearischen wo sich mehr – so zu sagen – Beiwerke finden aber es liegt eine gewisse Laxität zum Grunde. Aber fragen wir woraus entsteht die PIndifferenzS. Wenn sich der dramatische Dichter seine Personen denkt und sie werden in ihm recht lebendig so entstehen Gedanken darüber bei ihm und er läßt sie in seinem Kunstwerk recht lebendig heraustreten. Das sind die verschiednen Maximen die nur verschieden sind durch die Vorstellung von dem größeren Abgeschlossenseyn. Dem Wesen nach ist in beiden 27–33 Variante Trendelenburg, 88: „Woher kommt es, daß bald solches Beiwerk beigebracht wird, bald nicht? Es liegt eine verschiedene Vorgestaltung von der Geschlossenheit der Composition zu Grunde. Es ist eine größere Strenge in der Composition, die das Beiwerk ausschließt. Aber wenn wir eine Schillersche und eine Shakespeare Composition vergleichen, so finden wir in dieser größere Laxität.“

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dasselbe. Wenn aber diese Geschlossenheit ganz wegfällt wenn es in einer Composition so laut durcheinander geht daß wir gar nicht mehr diese Formel von der Abgeschlossenheit anzuwenden wissen, dann fangen wir an dieser Produktion den Namen des Kunstwerks abzusprechen. Es kann eine gegebne Reihe in sich selbst nicht abgeschlossen seyn aus einem gewissen Mangel auch nicht aus Überfluß. Wenn eine Succession anfängt, so daß wir denken, das ist solche Produktion die ein Kunstwerk werden will, so verbinden wir gleich damit die Erwartung eines gewissen Schlusses. Wenn es nun vorher abbricht so wissen wir nicht ist die Absicht da gewesen ein Kunstwerk zu produciren oder nicht. In der Musik verlangt man durchaus einen Schluß in einem völlig in sich abgeschlossenen Moment. Hören wir in einer Ausführung einer musikalischen Composition plötzlich abbrechen so wissen wir nicht ob es bloß ein Einfall ist und ob es ein Kunstwerk hat werden sollen. Das ist die Unbestimmtheit die aus dem Mangel entsteht. Dann giebt es aber auch ein in sich Abgeschlossenseyn aus einem Überfluß. Nämlich wenn der Schluß da ist aber es geht die Production immer weiter fort. Wir erwarten dann der Schluß ist nur untergeordneter gewesen und es folgt noch ein größerer Schluß. | Bricht dann dies Kunstwerk plötzlich ab so ist dies eine Unbestimmtheit durch einen Überfluß. Uns fehlt das Ganze zum Theil. Ist das nun das einzige daß sich uns das Kunstwerk unterscheidet von den ununterbrochenen Produktionen von einem bestimmten Spiel durch einen Schluß? Es ist hier wie es in der Musik in Beziehung auf das Element ist. Wir unterscheiden die Töne mathematisch betrachtet durch Mengen von Schwingungen aber wir unterscheiden die Höhe und Tiefe eines Tons doch schon ehe solche Zeiterfüllung vorüber ist. Stellt sich uns ein Kunstwerk schon als solches dar ehe wir an den Schluß gekommen sind? Ein Traum z. B. kann immer auch zu einem bestimmten Schluß kommen, für den Traum selbst ist das sicher etwas zufälliges. Aber in allen Fällen würden wir den Traum von der inneren Urbildung des Gedichts schon unterscheiden können und zwar an nichts anderm als an dem Verhältniß wie die einzelnen Theile untereinander gehn. Es ist eben so wie wenn wir eine Reihe von Zahlen denken die durch ein freies Wirken und die nach einem Gesetz entstanden sind. Am Verhältniß der einzelnen Glieder erkennen wir gleich daß die Einen zu einem bestimmten System stehen, die andern aber unwillkürlich zusammengebracht sind. – So wie der Moment der Besinnung eintritt wird die Produktion dadurch in die Analogie einer gebundenen Reihe. Sie bekommt dadurch einen Exponenten in sich und der Künstler hätte seine Kunstproduktion eben so fest wenn er in wissenschaftlicher Meditation oder in praktischer Ausführung begriffen ist. Wir wollen auch nicht übergehen, was dagegen ist. In allen

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Künsten finden wir eine Differenz grade in dieser Beziehung in den verschiedenen Kunstwerken. Phantasie in der Musik, Mährchen in der Dichtkunst, das Quodlibet in der Malerei. Das sind Produktionen die dem Impuls von Außen unterworfen sind. Es zeigt dies daß wir auch hier im Bilde eines relativen Kunstwerks sind und keines absoluten. Diese Kunstwerke können einen großen Grad von Vollkommenheit haben aber die Meisterschaft liegt dann in der Ausführung, aber im Ganzen sind sie nur Kunstwerke im untergeordneten Sinn. Hier sind also zwei Unterschiede die entstanden sind indem wir von dem PGanzenS PvonS vorn herein zu dem PGanzenS gingen. Das Abgeschlossenseyn zeigte sich zuerst. Aber | wenn wir nun in solchem Ganzen eine Reihe von Bestandtheilen vergleichen, so finden wir verschiedene Verhältniße. Im freien Spiel können diese nur ergriffen werden was von Außen her sie producirt hat. Das Kunstwerk wenn es heraustritt und sich kristallisirt können wir auch nicht erkennen. Das ist eben das Kunstwerk wie es als Kunstwerk in die ganze Reihe tritt. Das ist also zweierlei: die Abgeschlossenheit des Ganzen für sich und der organische Zusammenhang der einzelnen Momente für sich. Nachdem wir so nun sagen müssen: das unwillkürliche freie Spiel zerfällt nicht in solch abgeschlossne Ganze. In diesem PinnrenS Spiel ist PauchS nicht ein Theil in bestimmtem Zusammenhang mit einem andern. Die Produktion ist ein bloßes Aggregat, ein chaotisches in Beziehung auf den Zusammenhang: Wenn ich nun etwas rein als Element als schlechthin einzelnes auffassen kann auf all PdiesenS PGebietenS werde ich da wol erkennen können ob dies ins Kunstwerk oder ins Spiel gehört. Das Einzelne für sich in seinen Verhältnissen und die Totalität ist da. Wir wollen nun versuchen ob wir außer der in sich Abgeschlossenheit eines Kunstwerks im Gegensatz des ununterbrochenen Fortlaufens des unwillkürlichen in der Produktion, einen Unterschied finden könnten in dem Einzelnen selbst zwischen dem was sich zum Kunstwerk qualificirt oder nicht. Dieser Unterschied leidet an einer ursprünglichen Schwierigkeit nämlich um zu bestimmen was das Einzelne ist denn es gibt nichts was nicht theilbar ist und so würden wir auf das unendlich Kleine kommen. Wir wollen erst fragen wie es in dieser Beziehung in den verschiedenen Künsten steht, ob es nicht angeht daß etwas nicht als unendlich Kleines als das Einzelne muß angesehen werden. Bei der Musik ist sowie wir ein Intervall haben, schon zweierlei gegeben was von einander verschieden ist und in diesem ein Verhältniß. So sind wir schon im Gebiet unsres zweiten Punktes. Das Einzelne haben wir da noch nicht. Wir haben den einzelnen Ton was ist an diesem unterscheidbar? die Höhe und Tiefe, Stärke und Schwäche. Werden wir von dem einzelnen Ton bestimmen können ob er zum Kunstwerk gehört oder nicht? Läßt sich dies beantworten so würden wir auf dem

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Wege seyn die Frage aufs reine zu bringen. Bei der Malerei wird die Antwort complicirter. Da müssen wir 1) Zeichnung haben 2) Gegensatz von Licht und Schatten. 3) Lichtbrechung. Wir können uns ja aus dieser Verflechtung heraus helfen. Wir wollen erst das einfachste, die Zeichnung betrachten. Zu der kommt noch der Gegensatz von Licht und Schatten wenn sie mehr enthalten | soll und dann noch die Färbung. – Die Färbung ist ein Continuum was über eine bestimmte Fläche geht. Da scheint nichts einzeln zu seyn als der gefärbte Punkt wenn man die Sache räumlich nimmt. Nun sagt aber einer räumlich ist dies nicht zu nehmen. Da muß man erst ein Farbclavier machen und dann hat man alle Einzelnheiten beisammen. Wie ists mit hell und dunkel? Da haben wir wieder eine Differenz auf der ganzen Fläche. Fragen wir nach dem Einzelnen so müssen wir sagen wir müssen uns alle Erleuchtungsgrade als einzelne darstellen aber das ist nicht möglich denn es giebt nicht zwei Erleuchtungsgrade wozwischen man nicht einen dritten denken kann. Wenn daher nicht etwas als Minimum PoderS Maximum angenommen werden kann so kommt man zu nichts Bestimmtem. Nun gehn wir zur Zeichnung was ist da das Einzelne? Die Linie. was ist an der zu unterscheiden? Länge und Kürze können keinen Unterschied geben ausgenommen in sofern man sagen könnte es kann etwas zu großes und zu kleines geben. Wenn wir so etwas nachweisen können so würden wir dann wohl antworten können. Giebt es an der Linie keinen andern Unterschied? Stärke und Schwäche giebts dabei nicht. Da kommen wir in das Gebiet der mathematischen Eigenschaften der Linie und da würden wir sagen müssen wie ists in Beziehung auf den Gegensatz von Grade und Krumm? Kann eine Linie zu grade oder zu krumm seyn um zum Kunstwerk zu gehören[?] Können wir darüber antwort geben so werden wir eine Antwort haben zu unsrer Frage. Worauf kommt es in der Sculptur an? Was können wir daran unterscheiden als wieder die Linien aus denen der Körper zusammengesetzt ist, dann den Charakter den die Oberfläche als solche vertritt. Was ist an der Oberfläche als solcher zu unterscheiden? Sie bietet doch eigentlich nur etwas dar dem Tastsinn. Glatt und rauh, eben und uneben. Wenn wir nun da sagen könnten es gebe solche Endpunkte in dieser Skala daß etwas zu glatt oder zu rauh seyn könnte um zu einem Kunstwerk zu gehören so hätten wir etwas Einzelnes. Aber nun wollen wir fragen wie ists auf dem Gebiet der redenden Künste. Die Poesie wollen wir da als Eins und rein für sich nehmen. Was ist da das Einzelne? Die Produktion selbst haben wir als Gedankenbildung fixirt. Der Gedanke läßt sich von der Sprache nicht trennen. Da fragt sich was ist da das einzelne? Das 18 Bestimmtem] bestimmtes

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Wort. Können wir das aber eigentlich als Einzelnheit ansehn d. h. würden wir irgend eine Regel aufstellen können wonach sich behaupten ließe es gebe in der Sprache gewisse Wörter die aus dem Gebiet der Poesie ausgeschlossen sind und andre die in das Gebiet gehören. | Da sehn wir daß wir auf einem sehr schwierigen Gebiet sind. Denken wir wie im Drama z. B. doch die Menschen redend eingeführt werden und wie man da gar nicht sagen kann es giebt gewisse Gegenstände von denen dort die Rede seyn kann. Da würde es gewiß sehr schwer seyn solche Regel aufzustellen. Da scheint es also auch wieder als ob das Einzelne sich gar nicht würde fixiren lassen. Läßt sich solcher Kanon finden so können wir unsre Frage beantworten. – Wir können nicht sagen daß die Poesie so einfach wäre daß das Wort schlechthin ihr Element wäre sondern es verhält sich gewissermaßen wie die Malerei wo Zeichnung Färbung und Licht hineingehört. Die Poesie ist eigentlich doch mehr für das Ohr und da zerfällt das Wort erst wieder in Sylben für den Ton und die Sylben theilen wir wieder in Buchstaben. Giebt es Sylben die durch ihre Zusammensetzung so beschaffen sind daß sie in die Poesie nicht eingehen können? Einen relativen Gegensatz giebt es von Härte und Weiche. So wie wir aber rein die Sylben isoliren so ists schwer zu sagen ob irgend eine Sylbe[,] ob die nicht doch ein Recht hätte irgend wo in der Poesie vorzukommen. Nun haben wir außer der Zusammensetzung auch noch die Länge und Kürze und da fragt sich, ist hier etwas was aus [dem] Gebiet der Kunstproduktion könnte ausgeschlossen werden? Könnten wir sagen es giebt zu kurze oder zu lange Sylben so würden wir unsre Frage lösen. – Bei einer solchen rein sceptischen Betrachtung darf man nun freilich nie stehn bleiben sondern es muß irgend etwas bestimmtes ausgesprochen werden. Wir müssen also sehen ob wir der Sache nicht von einer andern Seite beikommen können. Wenn wir nun zusammenstellen was wir hier im Gebiet der verschiedenen wesentlichen Künste gefunden haben so müssen wir sagen es ist uns das Resultat hervorgegangen daß jedes Element selbst schon zusammengesetzt ist aus qualitativ verschiednem. Als wir zuerst das Beispiel von der Musik nahmen so haben wir das da nicht herausgehoben. Nehmen wir aber Musik im ganzen Umfang so müssen wir sagen daß Ton an und für sich schon verschieden ist, hoch tief. Aber es giebt auch eine qualitative Verschiedenheit der Töne, verschiedne Instrumente verschiedne Spannungen die das Leben des Menschen durchlaufen, Gesang eines dreijährigen Kindes [oder] eines 70jährigen Menschen. Daraus [wird] klar daß es Grenzen giebt. Giebt es, wenn wir alle qualitativ verschiedenen Töne neben einander denken, etwas was durch sich selbst aus dem 38 durchlaufen] PdurchläuftS

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Gebiet der Kunst ausgeschlossen ist oder nicht? In der Musik haben wir die Länge und Kürze | Höhe und Tiefe und qualitative Verschiedenheit. In der Malerei wenn wir bloße Zeichnung denken ohne Beleuchtung und Belichtung ohne Färbung, so werden wir alles noch unvollkommen denken. In der Poesie ist dasselbe. Da haben wir das Element als logisches Element und im letzten die Länge und Kürze, Höhe und Tiefe. Wird es nun wohl angehn daß wir unsre Frage beantworten indem wir dasjenige sondern was im Kunstwerk gar nicht so gesondert werden kann. Wenn mir ein Ton angegeben wird bloß als Höhe oder Tiefe und ich soll entscheiden ob er in einer musikalischen Composition vorkommen kann, so werde ich sagen das kann ich nicht wenn ich nicht alle beisammen sehe. Mit der Länge und Kürze ist es eben so. Kann jemand einen sehr langen Ton aushalten so kann ich nicht entscheiden ob dieser in das Kunstwerk gehören oder nicht gehören kann. Da scheint uns auch das von Maximum und Minimum wieder verloren zu gehn. Indem wir uns die Mannigfaltigkeit der Elemente und das wodurch sie andre werden überzeugt haben daß das was uns zuerst die Frage entscheiden zu können schien, sie nicht entscheiden kann so scheint es als wenn wir die sceptische Untersuchung nur fortgesetzt hätten. So weit sind wir aber auch noch nicht daß wir sagen können es kann kein solches Kriterium geben denn die Untersuchung war noch immer sceptisch. wir können noch immer fragen: kann es nicht noch etwas anderes geben und es muß noch etwas andres geben, ob es uns aber zur Bejahung oder Verneinung PführenS PwirdS das können wir noch nicht sehen. – Nun fragen wir: was ist das Einzelne in demjenigen wovon wir das Kunstwerk unterscheiden d. h. das einzelne in dem freien Spiel? Wenn wir da bei unsrer früheren Frage gesagt haben: dies freie Spiel ist eine untergeordnete Reihe von Produktionen ohne einen bestimmten Akt und das Einzelne darin ist ohne ein bestimmtes Verhältniß und wir fragen wie werden wir das Einzelne an und für sich zu bestimmen haben? so werden wir sagen wenn das Einzelne ein in sich bestimmtes wäre so würde es auch gewiß anders seyn als wir darüber bestimmt haben. Das Bestimmte steht mehr im Verhältniß zu einander. Wo es ein völlig bestimmtes giebt im Verhältniß zu andern Dingen da ist auch ein Cyklus von Verhältnißen der sich schwer beschreiben läßt doch so daß sich einiges als in dem Cyklus begriffen darstellt andres nicht. In sofern das freie Spiel wirklich so ist wie wir es gesetzt haben so können wir auch nicht anders als in Beziehung auf das Einzelne setzen daß es ein an und für sich unbestimmtes seyn müsse. | Wir gingen aus von der Reihe von Empfindungen und Gedanken und dann wie sich das freie Spiel zeigt abge20 fortgesetzt] fortgesetztes

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sondert von diesen Reihen. Da war uns nichts gegeben als der Traum und das Träumerische. Denken wir uns nun in einer auf das Erkennen gerichteten Thätigkeit und zugleich dabei die immer von dieser Reihe unabhängige Gedanken und Bildererzeugung und fragen worin unterscheiden sie sich? so müssen wir sagen die Reihe der Gedankenthätigkeit muß sich zu jener verhalten so daß sie eine PunabhängigeS Reihe ausmache. Solange diese Gedankenerzeugung nur [als] die begleitende und durchkreuzende erscheint neben der andern so muß sie in ihren Elementen eine unbestimmte seyn. Im Traum finden wir oft einen großen Schein von Wirklichkeit. Da liegt die größere reine Bestimmtheit der Elemente immer in der Analogie mit dem Objektiven. Hieraus würde also folgen: wenn das Kunstwerk sich den Elementen nach wieder unterscheiden soll von jenem kunstlosen unwillkürlichen Spiel so kann es wieder durch sich selbst nur sich unterscheiden. So muß sich das Element des Kunstwerks zu dem Element des freien Spiels verhalten wie das an und für sich bestimmte zu dem unbestimmten. Überall muß das Element in einem Kunstwerk, das Einzelne durch sich selbst bestimmt seyn. Allein hier entsteht ein andres Bedenken: jenes unwillkürliche Spiel soll sich unterscheiden von der objektiven Thätigkeit und der Kunstproduktion. Unterscheiden wir die Kunstproduktion von dem freien Spiel auf dieselbe [Weise] wie wir die objective Thätigkeit unterscheiden wie wollen wir dann das freie Spiel von der Objektiven Thätigkeit unterscheiden. – Sehn wir auf die Elemente so muß das Element des Kunstwerks ein bestimmtes seyn: Gegensatz gegen das Unbestimmte des freien Spiels aber es muß nicht so seyn daß es zusammenfällt mit der objektiven Thätigkeit. Dies könnte eine Antwort auf unsre Frage seyn aber es ist nur eine negative. Da bedarf es noch etwas anderes. Es wird uns nahe liegen zu sagen die Bestimmtheit muß solche seyn daß sie nicht auf die bestimmten Zweke des Erkennens und des thätigen Lebens bezogen werden kann. Das scheint etwas mehr positiv zu seyn. Aber doch so daß wir sagen wenn uns Elemente dieser Art gegeben werden so werden wir gewisse Elemente davon ausschließen können aber woran wir diejenigen Elemente erkennen die zur Kunstthätigkeit gehören wissen wir nicht. Wir haben gesagt: die objektiven Reihen des Erkennens und der Praxis haben es zu thun mit der allem Einzelnen in einem gewissen Umkreise gemeinsamen Welt als solcher; indem wir aber sagten daß jenes unwillkürliche Spiel und die PKünsteS | ganz in dem Individuellen ihren Grund hätten, sagten wir jede hätte es zu thun mit einer eigenthümlichen Welt. Hier haben wir also einen Gegensatz: die allen gemeinsame und die jedem eigenthümliche Welt. Das letzte ist nicht so bloße Negation wie das vorhergehende: denn das Einzelne ist nicht negativ sondern positiv. Also liegt darin die bestimmte Indikation daß wir sagen kön-

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nen: so liegt also hier das bestimmte Element in der PKunstproduktionS. Alle Elemente jener Reihe der objektiven Thätigkeit haben ihre Bestimmtheit in Beziehung auf die wirkliche Welt und diese muß ich prüfen nach den Regeln und Gesetzen der PgemeinsamenS Welt. Hier werden wir diesen Gegensatz noch einmal vermehren müssen weil er uns zu einem bestimmten Resultat führen soll. Wie verhält sichs mit dem was wir PgemeinsameS und eigenthümliche Welt eines jeden nennen. Wir können hier das Verhältniß aufstellen das die Sache etwas näher PbringtS wenn wir sagen die gemeinsame Welt verhält sich zur eigenthümlichen Welt wie sich Vernunft verhält zur Phantasie. Durch beides werden Combinationen gesetzt. Combinationen aus der Vernunft sind allgemein gültig. Combinationen aus Phantasie hervorgegangen sind nur relativ gültig. So weit hätten wir die Sache aber das bezog sich auf die Combination; hier haben wir es mit den Elementen zu thun. – Die Bestimmtheit der Elemente in der objektiven Reihe hat ihre Beziehung auf die gemeinsame Welt. Wenn mir jemand die Notiz gibt von einem Wirklichen und ich will die Richtigkeit prüfen so frage ich zuerst: ob es wohl schon zusammenstimmt mit dem was mir von diesem wirklich begegnet ist. Wenn ich sage das ist mir unwahrscheinlich d. h. es scheint mehr als eingebildet und dann sieht es mehr aus als zur eigenthümlichen Welt [gehörig]. Sollen wir die Elemente des Ku n s t w e r k s ebenso prüfen? Das hat größere Schwierigkeit denn die eigenthümliche Welt eines andern ist mir gar nicht gegeben. Dann scheint es als wenn das Element in dem Kunstwerk seine Bestimmung hat in Beziehung auf das Kunstwerk des Producirenden. – Wenn wir im Äußerlichen stehen bleiben so müssen wir sagen: es verhält sich so in einem gewissen Sinn wie wir vom Kunstwerk gesagt haben. Jedes einzelne Element in dem einzelnen Kunstwerk hat nur etwas provisorisches so lange ich es nicht P S | Wir sehen daraus daß um zu einer wirklichen Werthbestimmung kommen zu können müssen wir doch von einem andern Punkt ausgehn. Wie verhält sich denn die wirkliche Welt zu der P S Eigenthümlichen Welt und wie bekomme ich für diese Welt einen Maaßstab P S wie für diese Welt? In Bezug auf das Erste ist früher gesagt daß der Gegensatz auch nur ein relativer ist. Die 29 nicht P

S] bricht ab

30 kommen zu] zu kommen

27–29 Zusatz Trendelenburg, 96: „Jedes Urtheil über das Kunstwerk und einzelne Elemente in einem einzelnen Kunstwerk eines einzelnen Künstlers hat immer etwas Provisorisches, es erhält erst die Vollendung durch die ganze Reihe freier Productionen.“ 31–33 Variante Trendelenburg, 96: „Wie verhält sich die wirkliche Welt zur eigenthümlichen, wie bekomme ich von der eigenthümlichen Welt eine Beziehung einen Maßstab in Rücksicht der wirklichen?“ 34–3 Variante Trendelenburg, 96–97: „Die gemeinsame Welt ist aber eine nicht allen gemeinsame. Sie trägt den Charakter des Eigenthümlichen in dieser Hinsicht in sich.“

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Gemeinsame Welt ist auch an und für sich P S gemeinsame Welt, nämlich wenn wir die Elemente der wirklichen Welt betrachten so finden wir eine gewisse Identität des andern. Der Mensch z. B. ist freilich wesentlich derselbe, seine wesentlichen Lebensfunktionen sind überall dieselben; doch ist der Mensch in andern Klimaten ein andrer d. h. es ist eine andre Art wie sich der gemeinsame Begriff in der P S fixirt. Da haben wir in dem Gemeinsamen das Eigenthümliche. Es ist dasselbe nur anders verschoben. Das Licht ist überall dasselbe und die Art wie es sich bricht ist wesentlich auch dieselbe aber doch werden wir es nicht läugnen können: in verschiedenen Klimaten herrscht ein anderer Farbton und das eigenthümliche in dem Geiste das anders individualisirte auf andre Weise innerlich verschoben. Es ist das Verhältniß des Lichts zur Luft, das ursprüngliche Medium ist verschoben. Gehn wir aufs Entgegengesetzte so haben wir schon klar daß die Eigenthümliche weise auch nicht an und für sich selbst eigenthümlich ist sondern daß schon in dem Eigenthümlichen wieder etwas gemeinschaftliches wäre. Wird dies nun im allgemeinen anwendbar seyn auf das Verhältniß der Elemente der gemeinsamen und eigenthümlichen Welt und werden wir darin das Element suchen was PwirS. In dem Maße als mir das gemeinsame gegeben ist werde ich auch das eigenthümliche besser auffassen und verstehen können. Nun haben wir gesagt daß sich beides doch so verhält daß es im allerinnersten dasselbe ist. Vergleichen wir ein Element das der wirklichen Welt angehört mit einem andern welches der eigenthümlichen Welt angehört so werden wir sagen das eine hat seinen Werth in dem Gegebnen in dem Realen. Wenn wir nun dies im Gegensatz das Ideale nennen so wissen wir bestimmt daß wir darunter uns solche Elemente denken die den Grund ihrer Bestimmtheit haben in der eigenthümlichen Combinationsweise des Einzelnen. Nun haben | wir für das Kunstelement eine zweifache Bestimmung erhalten. Die eine steht gegenüber dem unwillkürlichen Spiel: es muß ein unbestimmtes seyn, das zweite steht gegenüber den objektiven Reihen. So weit wie wir nun diese beiden Elemente bestimmt haben müssen wir sehn daß wir gewisse Einheit in 19 PwirS] bricht ab

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3–7 Variante Trendelenburg, 97: „Der Mensch ist freilich (z. B.) wesentlich derselbe. Die Lebensfunctionen sind im Ganzen dieselben. Aber doch ist der Mensch in anderen Klimaten ein anderer. Es ist eine andere Art, wie sich der Begriff individualisirt.“ 12– 13 Variante Trendelenburg, 97: „Es ist da doch ein anderes medium gebrochen, es ist das Verhältnis des Lichts zur Luft auf eine andere Weise verschoben.“ 17–19 Variante Trendelenburg, 97: „Wird sich dies auf das Verhältniß der Vernunft und Phantasie anwenden lassen?“

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denselben finden. Es ist nun offenbar daß wir beides wieder vollkommen gleichstellen können denn fragen wir muß jedes was in sich gemessen und bestimmt ist auf die eigenthümliche Welt eines jeden bezogen werden können so werden wir das nicht bejahen können. Nun finden sich bei mehrerer Betrachtung noch mehr Schwierigkeiten bei dem zuletzt gefundenen. Den Ausdruk ideal haben wir schon oft gefunden. Aber die gewöhnliche Gebrauchsweise ist nicht einerlei. Wie ists mit dieser gewöhnlichen Gebrauchsweise des Ausdruks. man sagt: das was uns in der Wirklichkeit vorkommt das ist immer ein unvollkommnes. Die Kunst soll jedes darstellen in seiner Mangellosigkeit recht so wie es aus sich selbst heraus werden würde. Das denkt man sich gewöhnlich unter dem Ausdruk. Sagen wir: dies angenommen wollen wir zurükgehen auf etwas früheres, auf die Frage wie sich die Kunst zur Natur verhält? woher hat der Mensch das ideale? aus der Wirklichkeit eben nicht, denn da findet er es nicht, sondern er bildet sichs selbst. Die Natur ist also hier dasjenige was uns giebt das unvollkommene und die innre Kraft ist das was uns giebt das Vollkommene. Können wir hiernach sagen daß die Kunst indem sie das Ideal hervorbringt nicht die Natur nachahmt sondern der Natur die Regel giebt? Wir müssen davon ausgehn: wir schreiben der Natur auch eine bildende Kraft zu. Die lebendigen Gegenstände erscheinen uns als von der Natur gebildet aber sie erfährt in der Hervorbringung des Einzelnen Perturbationen und die bildende Kraft entspricht nicht ganz dem Urbild. Die bildende Kraft des Künstlers verhält sich die so daß immer das hervorgeht was dieser bildenden Kraft die eine bewußte ist vorschwebte? Nein. Auch die bildende Kraft des Künstlers wird alterirt. Ist hier ein wesentlicher Unterschied zwischen dem vollkommenen und Mangellosen und dem Unvollkommenen in Natur und Kunst? Nein. Hier werden wir sagen müssen daß sich das nicht recht bewahrheitet und daß wir gar nicht sagen können daß die Kunst Ergänzung der Natur sei sondern wir werden beide mit einander parallel stellen müssen. Sehn wir auf die wirkliche Erscheinung so wird beides von einem Complex von andern hervorgebracht. Also wollen wir nur gleich sagen: Wir wollen nicht das was wir ideal nennen wollten mit dieser gewöhnlichen Gebrauchsweise identificiren, wollen vielmehr feststellen daß die Erscheinung des Kunstwerks von dem was zwischen | ihr und der bildenden Kraft des Künstlers liegt alterirt wird. Betrachten wir nun unsre Bestimmung noch näher und fragen wenn wir auch zugeben müssen daß sie mit der erst gefundenen nicht wesentlich und nothwendig verbunden erscheint ist sie denn nun so daß wir sie als allgemeine in allen Künsten ansehn können. Da werden wir auf die Frage kommen wie steht es mit dem in der Kunst was genau genommen ebenbildlich seyn will? Eine Abbildung eines wirkli-

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chen Menschen oder eines Moments aus der Geschichte ist das durch sich nicht Kunst? weil es ja seine Bestimmung hat in Beziehung auf die wirkliche Welt. Es ist solche Ausschließung keineswegs gesetzt. Es ist nie eine geometrische Ebenbildlichkeit die der Künstler hervorbringen will. Etwas durch Glas nachgezeichnetes ist ein geometrisches Ebenbild aber die Zeichnung selbst ist dann nicht das Kunstgemäße. Ist es mit allem Ebenbildlichen eben so? Das müssen wir gestehen so bald wir uns erinnern wie wir das Mechanische dem Kunstgemäßen entgegengesetzt haben. Was muß in diesem andres seyn als das Mechanische oder was muß zu dem Mechanischen hinzukommen wenn das Mechanische Kunstwerk werden soll? Besteht das Künstlerische nur darin daß es nicht mechanisch ist. Wenn ich mit dem Zirkel einen Kreis mache so ist das eine mechanische Produktion. Wenn nun aber jemand aus der Hand einen Kreis zeichnet ist der deswegen ein Kunstwerk? Gewiß nicht. Der Kreis bleibt PübrigS etwas vollkommen objektives. Da ist also noch etwas andres. Es ist eben die eigenthümliche Auffassungsweise die nun das Kunstwerk zum Kunstwerk macht wenn es auch ein ebenbildliches ist. Deswegen macht es der Künstler so daß wenn er auch die Hauptzüge des Kunstwerks durchzeichnet, so ist dieser Proceß doch nicht der erste. Das Gesicht kann in verschiedenen Stellungen gesehen werden. Der Künstler sucht sich erst die Stellung aus nach der er zeichnen will. Das kann mehr oder weniger in der Erscheinung heraustreten, aber dies Auffassen des Charakteristischen ist seine eigenthümliche Auffassungsweise nach der er das eine Gesicht so das andere so behandelt. Haben mehrere Künstler ein Gesicht gleich behandelt so ist das etwas zufälliges. Deswegen wird das Kunstwerk nicht weniger ein Kunstwerk seyn, denn das ist undenkbar daß verschiedene Künstler denselben Gegenstand eben so behandeln daß man die Gemälde nicht mehr scheiden kann. Das Ebenbildliche ist durch unsre Bestimmung keinesweges ausgeschlossen. Es ist aber nur da durch die Beziehung auf die eigenthümliche Welt-Auffassungsweise des Künstlers. | Wenn wir das ideal nennen und würden eine bloß mathematische Ebenbildlichkeit eine reale nennen, so werden wir sagen diese würden wir dann kein Kunstwerk nennen. – Ich zeichne ein Gesicht auf einen Stein nach meiner freien AuffassungsWeise; ich male es nun auch – vorausgesetzt die Künste wären alle da. Werde ich nun die Copieen Kunstwerke nennen in Beziehung auf das ebenbildliche Verhältniß auf den Stein? Nein. Sie sind aber doch nichts andres als der Abdruk auf dem Stein. Den Steindruk werde ich nicht Kunstwerk nennen. Vermöge der freien Ebenbildlichkeit wird dies erst Kunstwerk. Steindruk und Kupferplatte wird niemand Kunstwerk nennen; es ist eine mechanische Fertigkeit. Wir nennen das Kunstwerk allein vermöge der Künstlerischen Ebenbild-

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lichkeit ein Kunstwerk. Wie steht es um den Gegensatz zwischen der Bestimmtheit in Beziehung auf die eigenthümliche Welt des Künstlers und der Bestimmtheit in Beziehung auf die allgemeine Welt? Können wir hier einen vollkommenen Gegensatz aufstellen oder ist er nur relativ? Ein Beispiel. In der Landschaftsmalerei sind die Bäume und der PRaumhintergrundS wesentlichste Elemente. Die erste Forderung ist daß das geübte Auge soll unterscheiden können was für eine Baumgattung er gemeint hat. Also da wollen wir doch das Einzelne soll seine Beziehung haben auf die gemeinsame Welt. Die Beziehung auf die gemeinsame Welt ist also ganz nothwendig, wenn jemand ein Thier abmalen wollte. Er hat es aber schlecht getroffen und man ist unsicher ob es das oder jenes ist. So spricht man den Typus aus; PesS soll unverkennbar seyn. Die Vollkommenheit liegt auch hier nicht in der realen Ebenbildlichkeit. Der Künstler stellt also Baumgruppen dar so daß ich unterscheiden kann was es seyn soll. Er stellt sie dar in gewissen Bewegungen in der Luft. Diese soll auch natürliche seyn. Das ist wieder eine reale Ebenbildlichkeit. Je weiter man geht je mehr erweitert sich die reale Ebenbildlichkeit. – Wir wollen also das Maximum nehmen. Ich sehe eine Landschaft und frage ist die Landschaft erfunden so sagt er nein die Landschaft ist da; frage ich ist der und der Baum auch da? Ja. Sage ich deshalb die Landschaft gefällt mir nicht? Nein. Wenn sie nur vorher einen Eindruk auf mich gemacht hat so wird der auch bleiben. Es ist das Verhältniß das der gemeinsamen Welt eigenthümlich zu der eigenthümlichen Welt des Künstlers. Wo das Kunstwerk ist da ist immer auch die Beziehung auf die eigenthümliche Welt. Ist das aber die Bestimmtheit des Einzelnen? Das Einzelne kann vollkommen seine Bestimmtheit haben durch die Beziehung auf die eigenthümliche Welt. | Was ist denn eigentlich ein Kunstwerk das was man das Einzelne für sich nennt? Es wird am besten seyn zuerst wieder bei einem einzelnen Gebiete stehen zu bleiben als Beispiel. Sehn wir auf die bildende Kunst so hat man oft die Linie als das Einzelne im Kunstwerk angesehn; aber was ist denn eine Linie für sich? Eigentlich eine bloße Negation; denn nimmt man eine Linie die nicht in sich zurükgeht so beschränkt und beschreibt sie gar nichts sie ist nur ein Theil von etwas anderm, aber bei dem Einzelnen müssen wir immer nach dem Theil fragen was in untergeordnetem Sinn schon für sich ein ganzes ist. Die Gliedmaßen des Körpers des Menschen z. B. sind Theile aber jedes einzelne hat schon ein Leben und ist etwas Einzelnes. Der Muskel ist ein Theil, aber doch gewissermaßen schon ein Ganzes für sich. Die Muskelfaser ist freilich noch weniger Theil aber in sofern auch sie in Anfang und Ende des Muskels ausgeht und insofern sie doch immer eine niedere Potenz von Lebenskraft hat so können wir sie noch immer als ein relatives Ganzes an-

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sehn. – Die wellenförmliche Linie kann gar nicht als ein Ganzes angenommen werden. Die in sich zurükgehende Linie der Kreis meinte man, sei die absolute Schönheit der Linie. Das geht aber gar nicht in den Begriff der Kunst hinein da sich die Schönheit rein auf das Erkennen bezieht. Was in den Raum eingeschlossen ist ist erkennbar durch mathematische Formeln und die kommen nicht in das Kunstgebiet. Davon müßten wir also abstrahiren. – Der bloße Umriß in der Gestalt durch Linien ist noch kein Kunstwerk sondern es müssen auch noch die inneren Verhältnisse angegeben werden. Das Bild einer Gestalt, auch nur als Skizze, wäre dann ein Element. – Einen Baum kann man als lebendige Gestalt ansehn, eine Baumgruppe entfernter gesehen kann man auch als lebendige Gestalt ansehn. Aber Fels Steinmasse wird man das als Kunstwerk ansehn können. Copirt jemand aus einer Landschaft eine Felsmasse heraus, was wird da für Kunst drin seyn? Auf Beleuchtung und Färbung würde es ankommen nicht auf die Gestalt und also nicht auf die Linie. – Wenn wir die inneren Verhältnisse noch verlangen so führt das uns darauf was die Alten den Kanon nannten; d. h. die NormalGestalt. Wird wol je jemand solchen Kanon als ein eigentliches Kunstwerk angesehen haben. In diesem Kanon würde unser aufgestelltes Merkmal völlig fehlen. – | Solcher Kanon kann nur entstehn durch die mannigfachste fortgesetzte Beobachtung. Wenn man nun sagen könnte das wäre ein Kunstwerk so wäre unsre Darstellung falsch. Um aber aus solchem Kanon ein Kunstwerk zu machen muß immer noch etwas für ihn gethan werden. Das Ganze muß in einem lebendigen Moment dargestellt werden. Wie geschieht denn wohl die Verwandlung des Einen in das Andre? Das Kunstwerk kommt nie auf die Weise zu Stande daß der Künstler einen Kanon in einen lebendigen Moment versetzt sondern das Kunstwerk entsteht durch den lebendigen Akt. – Aber wird denn, wenn ein Kunstwerk mit mehreren lebenden Gestalten gedacht wird, wohl jede einen Kanon darstellen können. Das wäre ein langweiliges Kunstwerk. Aber als Studium betrachtet kann es sehr vortheilhaft und schön seyn. – Das Resultat ist daß wir das Element des Kunstwerks was man als das Einzelne ansehen kann niemals auf dem Kunstgebiet die Linie nennen können sondern es wird immer der lebendige Moment seyn und frage ich wo kommt dieser her so weise ich auf die Produktion des Künstlers. – Wenn wir auf die Mannigfaltigkeit der Kunst übergehn und fragen wovon hängt es ab daß der ein Maler ist, der ein Dichter? Von seiner geistigen Constitution. Was ihnen gemeinschaftlich ist eine Stärke der Produktion. Daß aber der eine Gestalten bildet, der andre eine Reihe von Gedanken bildet, das wird von ihrer eigenthümlichen 34 kann] folgt ))das**

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Richtung abhängen. Es wird niemand ein Maler werden ohne daß er viel gesehen hat. Die Receptive Thätigkeit des Organs hat der Produktion immer vorausgehen müssen, ists nicht beim Dichter ebenso? Das menschliche Leben muß er in gewißem Maaße in sich aufgenommen haben und diese receptive Thätigkeit muß bei ihm vorangegangen seyn. Welches von diesen beiden ist das rein objektive oder das was zugleich das rein individuelle ist? Was uns die Künstler insgesammt darstellen, das ist doch das der gemeinsamen Welt angehörige. Darstellung von rein erdachten Wesen und Gestalten würde bloß eine Grille, Phantasie seyn. Unter gewissen Umständen nehmen wir dies nicht so genau. | Die Blumen im Vordergrunde einer Landschaft z. B. haben wenigstens immer einen gewissen Typus, wenn auch nicht alle auf die gegebene Welt zurükgehn. Beim Dichter ists eben so. Bis auf einen gewissen Grad werden wir in dem Gedicht das neue suchen. Aber doch so daß wir einen gewissen Typus des Gegebenen wiederfinden. Hierdurch betrachtet sehen wir daß es nur so scheint als müßten wir auf die entgegengesetzte Weise entscheiden. Welche Grenze setzten wir bei dem zurükgehen auf das Eigenthümliche? Wenn das Kunstwerk erscheinen soll muß es mittheilbar seyn die Grenze dieser Mittheilbarkeit haben wir auch schon gesetzt. Was ist hier das Zurükgehn auf die gemeinsame Welt? Nichts andres als die Grenze der Mittheilbarkeit die dadurch bestimmt wird. Das Kunstwerk will von denen die es aufnehmen innerlich nachgebildet seyn. Je größer die Fähigkeit dieser innern Nachbildung je größer die Vollkommenheit. Diese Nachbildung wird nur statt finden in dem Maaße in dem die receptive Thätigkeit dieselbe war. Eine chinesische Landschaft ist uns unverständlicher als eine andre. warum? Weil wir die erste so nicht nachbilden können. Die einzelnen Gegenstände sind uns fremd also können wir sie auch nicht nachbilden. Die Gegenstände müssen aus der gemeinsamen Welt genommen werden damit sie nachgebildet werden können. – Wenn man ein historisches Gemälde betrachtet so versteht man es nur in sofern als man das Zusammenseyn der Personen versteht als man den Lebensmoment herausgefunden. Hat man das gefunden so hat man das Gemälde von dieser Seite verstanden. Wenn nun einer kommt und sagt: ich sage dir noch was du nicht weißt dieser Kopf da ist das Portrait des Künstlers selbst und das ist ein guter Freund etc. würde ich sagen das Kunstwerk hat einen höheren Grad deshalb weil die Köpfe Portraits sind? Nein. Sehe ich die einzelne Figur als das Element des Kunstwerks an so kann ich doch nicht sagen daß ihr Werth beruht auf ihrer Receptivität. Aber das verlange ich daß jede Figur eine individuelle Auffassung gewähren soll. Die menschliche Gestalt ist nun uns in der gemeinsamen Welt gegeben aber ganz? Nein denn ein Gemälde wo Mulatten Kaffern etc. drauf

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sind ist uns unbekannter und unverständlicher als ein historisches aus unserm Volk. So wie diese Gestaltungen befördert werden so wird man die Vollkommenheit der einzelnen Figuren nicht in dem Typus sondern in der lebendigen Auffassung und lebendigen PNaturS denken. | Hat jemand solche lebendige und zugleich objektive Auffassung so kann er ein Künstler werden aber nur auf dem Gebiet auf dem er diese Auffassung besitzt. Die eigenthümliche Auffassung ist in dem Menschen nicht nach allen Richtungen hin gleich. Wenn die Stärke der Produktion in gewisser Richtung gegeben ist dann ist der Künstler in seinem Fach gegeben. Da werden wir immer auf das Ideale zurük kommen. Darüber werden wir aber auch nicht hinwegeilen können. Wenn gefragt wird was ist eigentlich die Eigenschaft die etwas haben muß um etwas selbständiges von einem einzelnen Kunstwerk [zu] seyn so ist die gewöhnliche Antwort: das Schöne. Aber was wird darunter verstanden? Da finden wir Erklärungen so mannigfaltiger Art daß man kaum ausführliche Kritik davon geben kann. Es giebt eine Klasse von Erklärungen bei welcher das bedenklich ist daß sie eben so gut anwendbar sind auf Elemente der objetiven Thätigkeitsreihe als auch auf das wovon hier die Rede ist. Die Kreislinie tritt uns hier wieder entgegen als worauf die Erklärung anwendbar ist. Eine andre Klasse der Erklärungen ist so daß sie dem Begriff der Kunst ganz und gar vorangehen will und das Schöne eben so gut in der Natur findet als in der Kunst. Dagegen ist nichts einzuwenden aber ich sage: wenn der Begriff ein solcher ist so kann man doch nicht sagen daß er zugleich das rein bestimmende Element in der Kunst seyn kann weil er ja gleichsam noch etwas Fremdes in sich schließt und man erst scheiden müßte das Schöne in der Natur und das Schöne in der Kunst. Wir gebrauchen den Ausdruk Schön im gewöhnlichen Sprechen von lebendigen Gestalten. Die menschliche Gestalt ist der erste und wesentlichste Gegenstand auf welchen der Begriff angewendet wird. Hernach auf Thiere aber in gewisser Auswahl. Von den Thieren der untergeordneten Arten wird man nicht sagen daß sie schön sind als etwa in Beziehung auf das Farbspiel (Schmetterling). Nun finden wir auch in der Pflanzenwelt schönes. Auch da giebt es einen gewissen Kreis von unvollkommenen Bildungen wo man den Begriff nicht mehr anwendet. Nun spricht man auch von einer schönen Landschaft. Das geht aus dem Lebendigen schon heraus. Weswegen wird also hier der Begriff angewendet? Entweder ist das schon der Anfang einer solchen Erweiterung des Gebrauchs wo ein Element verloren geht oder | das Leblose wird auf das lebendige reducirt. Ein Fluß in einer Landschaft wird schon als lebendiges angesehn werden können. An eins von beiden oder an Beides zusammen muß man sich bei der Anwendung des Begriffs halten. Nun reden wir auch von schönen Tönen und schönen

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Bewegungen. Letztere sind an der lebendigen Gestalt und gehen auf sie zurük aber doch liegt darin eine anderweitige Anwendung des Begriffs. Das führt auf etwas das der Reihe und Thätigkeit gemein seyn kann. Den Ton können wir auf die Bewegung reduciren; denn es ist die Bewegung eines bestimmten Organs. Wenn wir in unseren Gegenden sagen daß etwas schön schmekt so lachen uns die Südländer aus weil das eine Region wäre worauf sich der Begriff nicht anwenden läßt. Auf denselben Begriff läßt sichs auch unmöglich zurükbringen. Wenn wir das zusammenknüpfen so müssen wir sagen: das sehn wir selbst aus dem Mißbrauch des Ausdruks daß wir uns immer dabei denken: ein Wohlbehagen; aber nun nennen wir nicht alles was solche Lust in uns hervorbringt schön und es fragt sich also wenn wir den Begriff in ursprünglichem Sinn anwenden, was ist dasjenige wodurch das angenehme Gefühl hervorgebracht wird und warum nennen wir den Gegenstand wodurch es hervorgebracht wird schön. Das wäre also die eigentliche Aufgabe. – Da sagt nun der eine: es ist das mangellose Daseyn was sich selbst rein und vollkommen ausspricht welches dieses Wohlgefallen in uns hervorbringt und weswegen wir einen Gegenstand schön nennen. Drükt diese Erklärung zugleich die natürliche Beschränkung mit aus? Es ist offenbar daß wir eigentlich nur dem lebendigen solch mangelloses Daseyn zuschreiben können. Denn dies betrachtend werden wir auf zwei einander relativ entgegengesetzte Elemente zurükgebracht. Allem Lebendigen schreiben wir eine Kraft zu vermöge der es ist was es ist. Wenn es nun in solchem Zustande erscheint daß wir es mehr dem äußeren afficirt seyn zuschreiben, so ist das ein Mangel denn es fehlt etwas wodurch die innere Erregung würde hervorgebracht seyn. Ein verstümmeltes Geschöpf kann man nicht mehr schön nennen. Überall wo wir in der lebendigen Gestalt ein Mißverhältniß bemerken | da schreiben wir dies äußeren Einwirkungen zu oder einem Mangel in der inneren Kraft selbst. Das ist nicht das mangellose Daseyn aber auch nicht die Schönheit. Das ist aber immer noch nicht die Worterklärung. Wir fragen was ist im Daseyn ein Mangel? Es ist in uns selbst (wie hineingekommen davon abstrahirt) eine Vorstellung von dem Gegenstande in seiner Allgemeinheit die wir ein Urbilden nennen vorhanden und je mehr eine einzelne Gestalt dieser urbildlichen Vorstellung nahe kommt um desto mehr sagen wir daß sie schön ist. Worauf beruht dann unser Urtheil? Zuerst auf unserem eigenen Glauben an das uns einwohnende Urbild. Wir denken uns z. B. einen der ein Kenner ist von Pferden – der wird den Ausdruk schön gebrauchen. Er spricht zu einem Nichtkenner von einem schönen Pferde und dieser weiß nicht worin das schöne liegt. In dem einen hat die urbildliche Vorstellung mehr Lebendigkeit als in dem andern. Dies können wir unbedenklich feststellen. Aber nun sind

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wir noch ungewiß in welchem Sinn wir dies eine innere Produktion nennen wollen und sehen wir auf unsre frühere Erklärung so sehen wir nicht in wie fern wir das Eigenthümliche hineinbringen können. Ein Türke wird nach unserer Vorstellung schöne Frauen z. B. viel zu mager finden und also nicht schön. Hier sehen wir daß die urbildliche Vorstellung allerdings eine eigenthümliche ist. Sie ist aus der gemeinsamen Welt genommen und repräsentiert die gemeinsame Welt aber nur als das Eigenthümliche. Ein Urbild worin sich Europäer Afrikaner Amerikaner Türke etc. vereinigen werden wir nicht finden. Das Urbild steht also auf der eigenthümlichen Welt. Wie steht es dann auf der einen Seite um die Bezeichnung auf der andern um die Trennung des in der Natur Gegebenen und des in der Kunst hervorgebrachten. Was das erste betrifft so muß man sagen: wegen des Mißbrauchs der nun schon von dem Ausdruk gemacht ist würde ich doch den Ausdruk Ideal den wir gewählt haben dem Ausdruk schön immer vorziehen. Er erinnert gleich an diesen Charakter der innern Produktion der vom Typus des Eigenthümlichen imprägnirt ist. Man braucht ihn freilich auch auf der objektiven Seite und er hat seinen Credit da schon verloren; | aber man ist auch schon darüber einig daß die Vorstellung da keinen besondern Werth hat und nicht viel gilt. Der zweite Punkt ist wichtiger. Wodurch ist also dem Menschen etwas in der Natur als schön gegeben? Nur vermöge dieser innern Produktion des urbildlichen Schema und dieses ist es ebenfalls was ihn zur Kunstproduktion fähig macht. Das Schöne ist in der Natur als Schönes nur für denjenigen in welchem der Kunstsinn schon lebendig geworden ist. Daß das Schöne in der Natur existirt das ist für uns nur Notwendig. Die ganze innere Kunstproduktion haftet an diesem vermöge des Urbilds. Fragt man nun, ist denn alles nur dadurch und in sofern wahres Element des Kunstwerks als es nun schön oder ideal genannt werden kann? Wir werden nicht sagen können daß uns etwas fehle sondern sagen müssen: unsre beiden Merkmale daß etwas in sich selbst bestimmt sei und sein Maaß habe in der Bestimmung auf den Producirenden, die kommen zusammen in seinem Wesen PdurchS das innerlich urbildliche. Alles was dies an sich trägt hat also ein Recht im Kunstgebiet vorhanden zu seyn. Nun aber wo wir finden daß der Ausdruk schön der herschende ist, wird gesagt: Es giebt doch noch manches andre: das Erhabne z. B. das kommt doch auch mit großer Zustimmung im Kunstgebiet vor. Da sind wir wieder auf ein Wort zurükgeführt so daß es schwer ist den Gegenstand eigentlich zu fixiren. Wenn wir fragen: was kann denn nun erhaben sein? Eine Gestalt? O Ja, den olympischen Zeus hat man immer erhaben genannt u. dgl. m. Kann ein Gedanke erhaben seyn? Gewiß. ein Ton? das wird niemand behaupten wollen daß der einzelne Ton erhaben ist, aber so wie von einer Zu-

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sammenstellung der Töne die Rede ist wird man das erhabene finden. Also werden wir an allen Künsten finden was wir erhaben nennen warum nennen wir das nicht schön? Ist es unschön? Nein. Beide Begriffe schließen sich keineswegs rein aus. Was ist es also was nun das Schöne zum Erhabenen macht und was uns hindert eben beim Erhabnen das Erhabne zu vergessen und das Schöne schön zu nennen. | Dies ist dasselbe was wir früher den leichten und strengen Stil nannten. Bleiben wir bei der gewöhnlichen Gebrauchsweise stehn und fragen uns wohin das Erhabne gehört so wird jeder sagen: es habe seinen eigentlichen Ort nur in dem großen und strengen Stil in dem leichten könne es nur als fremdes Element erscheinen. Sagten wir nun was man gewöhnlich als schön und erhaben scheidet, das wird beides unter dem Begriff seyn was wir das Ideale nannten und das Schöne wird den Typus des leichten und zierlichen Stils behaupten. Hier haben wir einen Unterschied der eben so bestimmt ist als der Unterschied zwischen den beiden Stilen; der Gegensatz aber ist nur relativ. Fragen wir nun wie verhält sich aber das wol, da wir es eigentlich nur hypothetisch aufgestellt haben mit dem gewöhnlichen Sprachgebrauch und mit der Anwendung auf die einzelnen Fälle? Die Verbindung scheint zufällig aber wir müssen sagen: wenn wir vorher als die Differenz der beiden Stile dargestellt wurde uns fragten: wenn es etwas gemeinschaftliches giebt so müssen wir sagen daß sich das wieder theilen muß, so würden wir antworten: Wir würden in der gemeinen Sprache nichts andres gefunden haben was uns diesen Unterschied bezeichnet. Das Erhabene ist aus dem großen gemeinsamen Leben hergenommen. Wenn man gewöhnlich sagt, das Erhabne ist dasjenige was durch seine Größe einen Gegensatz erregt indem der Mensch sich selbst dabei seiner Kleinheit bewußt wird, so werden wir das leicht auf das andere übertragen können. Niemand wird zweifeln daß der Begriff der Größe allemal dem Erhabnen beiwohnt aber es fragt sich was ist das für eine Größe? Man hat oft gesagt das Kunstgerechte müsse von keinem Maaß abhängig seyn. Wenn man aber den Begriff des Erhabenen betrachtet: wird man da auch sagen daß er gegen das Maaß gleichgültig seye. Der olympische Jupiter z. B. ist erhaben, zugleich Colossal, aber ist er erhaben durch das colossale? Nein. Durch das Maaß ist es der olympische Jupiter auch nicht. Reduciren wir ihn vom colossalen Maaß auf das natürliche werden wir dann sagen er hat das erhabne verloren? Nein. Führt man ihn auf die Miniatur zurük, dann geht das Erhabene verloren? Warum? Ich werde nicht sagen weil er im Kleinen Maaßstab ausgeführt ist aber weil er dadurch wesentlich aus der Beziehung aus dem großen gemeinsamen Leben herausgerissen ist. | In 11–12 Vgl. die Sachanmerkung zu S. 72,33–4

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der Musik ist das Erhabne eben so zu Hause in dem Kunstspiel. So giebt es alte Choräle wie das Tedeum bei denen die ersten Akkorde schon den Eindruk des Erhabenen machen. Denkt man sich dieselben Akkorde statt auf der Posaune auf dem Flageolet ausgeführt so bleibt das Erhabne fort. Und zwar wieder deshalb weil es aus dem Typus des großen gemeinsamen Lebens herausgerissen ist. Ein einzelner der sich erbauen will wird jede andre Choralmelodie eher ergreifen als das Tedeum, weil dies bei dem einzelnen das Erhabne verliert. Aus der modernen Poesie hat man oft einen bekannten Vers des Callas angeführt und ihn für erhaben gehalten. In der Tragödie ist dies nun erhaben. Denkt man nun ein Lustspiel wo einige einem dritten ohne Grund Angst einjagen wollen, er merkt es nicht und es ist ihm Ernst und er führt dann diesen Vers an, wird dann derselbe erhaben erscheinen? Nein. An seinem rechten Ort wäre es erhaben, hier aber verliert es seinen Charakter und wird sogar unschiklich eben so wie es unschiklich ist den olympischen Jupiter auf dem Dekel einer Zukerdose zu haben. Wenn wir diese Beispiele zusammenfassen so treffen wir in der Erklärung zusammen: dasjenige was auf ausgezeichnete Weise den Typus des großen Stils ausdrückt das bleibt das Erhabne. Mit dem Erhabnen in der Natur wird es uns gehn wie mit dem Schönen in der Natur, wir werden es nur aus dem Gebiet der Kunst beurtheilen können. Denkt man sich eine Landschaft die ein stürmisch bewegtes Meer ausdrükt so wird man sagen: das hat eine Tendenz zum Erhabnen. Worin liegt dies? – Darin daß darin die größten Naturverhältniße dargestellt werden. Wenn man nun auf dem bewegten Meer ein Schiff sieht das in Gefahr ist, dann wird die Tendenz des Erhabnen noch stärker hervortreten. Es wird noch einen andern Eindruk machen wenn man ein Kriegsschiff im Kampf mit den Wellen sieht als eine Chaluppe. – Wenn man aber statt dessen auf dem Bilde Fischer am Ufer sieht mit kleinen Nachen so wird der Eindruk des Erhabenen verloren gehn. Die Tendenz lag darin weil man sich gleich bei dem Meersturm die vereinten menschlichen Kräfte dachte um sich gegen den Sturm zu halten. Das bewegte Meer mit den Fischern wird völlig dasselbe seyn ob das im großen oder kleinen ausgeführt ist aber wenn die Landschaft wo das Kriegsschiff mit den | Wogen kämpft zu sehr en miniature dargestellt wird, so wird das Erhabene verschwinden. Es ist nur ein Schein daß man sagt der Eindruk des Erhabnen beruht darauf daß der Mensch wenn er wirklich das Meer sieht sich dagegen 26 sieht] sehen 8–10 Vgl. Schleiermachers Marginalien 1832/33, S. 147,14 und die entsprechende Sachanmerkung.

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klein vorkommt. Es ist immer die Naturgewalt als solche. Fragt man gehört das dazu nothwendig daß der Einzelne sich dagegen als klein erscheint so sagt man, dies bezieht sich doch auch nur auf das große gemeinsame Gewaltleben. Das eigentliche Gebiet für das Erhabne in der Kunst liegt nicht in der Darstellung der Naturgegenstände. Beziehen wir es also auf das Geschichtliche und moralische so kommen wir immer wieder zurük auf das Große in diesem Gebiete. Wir sahen gleich anfangs daß etwas verworrenes und unklares ist in dem relativen Gegensatze von schön und erhaben. Dem haben wir nun schon etwas ausgebeugt dadurch daß wir sagten: das Erhabene ist ein solches dadurch daß es seiner Natur nach nur dem großen Stil angehören kann das Schöne hingegen nur dem Leichten. Es bra ucht im K u n s t w e r k n i c h t al l e s e r h ab e n [ zu ] sey n. Da wird ein andrer Ausdruk postulirt: Wir wollen sagen: das Schöne aber in wiefern es des leichten und zierlichen Stils an sich trägt aber auf ausgezeichnete Weise so daß es in andern PfremdS seyn würde, das wollen wir das An m u t h i ge nennen. Das Schöne ist das was beiden angehören kann[,] das Erhabene kann n u r dem großen Stil angehören und das Anmuthige ist eben so das was den Stil des Leichten an sich trägt. Es wird allerdings im großen Stil das anmuthige vorkommen können aber nur im Beiwerk. Das Erhabne aber im leichten Stil wird gar nicht vorkommen können. Nun führt dies noch darauf ein andres Glied aufzusuchen. Wir sagen im großen und hohen Stil kann das Anmuthige nur im Beiwerk vorkommen. – Giebt es nun nicht überhaupt etwas das im Beiwerk vorkommen kann im leichten Stil z. B. das anmuthige in dem es bedeutungslos ist. In dem leichten Stil der Kunst werden die Hauptelemente seyn das Schöne und Anmuthige. Das Ideale auf dieser Stufe wo das Anmuthige steht ist zierlich und niedlich und das ist das was das Beiwerk substituirt. | Vergegenwärtigen wir uns das Verhältniß zwischen der künstlerischen Produktion und dem leichten Stil und das Verhältniß der Kunstthätigkeit zu der Reihe der gebundenen Lebensthätigkeiten und vergleichen wir so werden wir sehen wie sich das Ganze abschließen läßt. – In den frühen Ansichten war die Hauptsache die Art wie wir die künstlerische Produktivität gestellt haben einmal sich erhebend aus dem freien Stil und zwischen der gebundenen Thätigkeit des eigentlichen Erkennens und der praktischen Wirksamkeit. Vergleichen wir nun und sehen das Ideale als das Allgemeine an und fassen darunter das Schöne im allgemeinen Sinne des Verstandes auf der einen Seite das Erhabene auf der 19 Anmuthige] angmuthige 14–17 Vgl. die Sachanmerkung zu S. 8,4–7

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andern das Zierliche so finden wir in Beziehung auf das letzte eine besondre Beziehung auf das Spiel[,] in dem Erhabenen [eine] besondre Beziehung auf den strengen Stil. Wir haben gesagt daß das zierliche in dem höheren und strengern Stil durchaus nur als Beiwerk vorkommen könnte. Wo wird es denn eigentlich seinen Hauptsitz haben? Gleich bei unsrer ersten Bestrebung uns den Gegenstand bestimmt zu begrenzen sagten wir daß dies schwer halte. Das ist also die Kunst an einem andern oder die verschönernde Kunst d. h. welche einen Antheil an dem Schönen giebt. Dies finden wir überall wo sich die Kunst einen gewissen Antheil an dem gemeinen Leben schon verschafft hat. Fragen wir nun, wenn wir dies als Produktion ansehen wie es sich da verhält, so ist die ganze Reihe worin die Produktion ist eine Reihe bestimmter Thätigkeiten. Das Bestreben zu verschönern ist ein solches zwischen ein treten. Daher von allem was so auftritt man die höhere Vollkommenheit eines Kunstwerks nicht erwartet, noch weniger von dem was man das Bedeutsame in der Kunst nennt. Es ist die größte Annäherung an das Willkürliche und ungebundene. Da erwartet niemand etwas andres als das Zierliche. Wir finden dies in dem Gebiete der Kunst selbst. Denkt man ein vo l l s t än d i ge s historisches Bild so wird sich überall ein leerer Raum ergeben der PnochS möglicher Weise angefüllt werden kann. Was da hinein kommt gehört in die Reihe des mechanischen Künstlers. Wenn wir da nun auch einige kleine Kunstwerke sehen so können wir das nicht auf die ursprüngliche Conception des Künstlers beziehen. Es ist aus dem freien Spiel entstanden. Der Fleiß der darauf verwandt wird ist der Laune des Künstlers freigestellt, d. h. der Einwirkung des freien Stils. Das Epigramm überhaupt erscheint nur als Ornament. Es giebt einzelne Gedanken die sich zu dem ganzen Kunstwerk des Dichters verhalten wie die kleine Nebenarbeit zu dem Hauptstük. Das richtige Verstehen des Kunstwerks beruht auf der richtigen Unter|scheidung dieser Theile. Überall wo wir im Gebiet der eigentlichen Kunst das Beiwerk finden da ist in der Kunst selbst auch die andre Seite nämlich das unwillkürliche innere Spiel repräsentirt. Selbständig d. h. von allem eigentlichen Zusammenhang mit einem Kunstwerk im engern Sinn abgesondert finden wir dies immer nur im Gebiet der verschönernden Kunst. Es geht aber so durch alle Kunstgebiete durch und bildet die innere Verbindung. Wie ists nun auf der andern Seite mit dem andern Extrem dem Erhabnen? Hier müssen wir noch etwas tiefer eindringen in mehreres was früher nur angedeutet ist. Wir haben 39–3 Zusatz Trendelenburg, 110: „Wir haben schon gesagt, daß wir in der menschlichen Seele annehmen müssen als unter der freien Production was die Kenntniß von den natürlichen Gegenständen betrifft.“

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schon gesagt daß wir in der menschlichen Seele annehmen müßten als unter der freien Produktion zu begreifen den Typus für alles dasjenige was P S. Die Form des Bildes ist etwas das wir selbst machen. Nun wollen wir sehn wie es in der geschichtlichen Welt steht? Das Große kommt nur durch die menschliche Thätigkeit hervor. Wir werden doch Parallelen ziehen können zwischen diesen beiden Seiten. Wenn wir die allgemeinen Bilder betrachten so sind sie immer innre Produktionen aber sie haben nun mit der Kunstthätigkeit gar nichts zu schaffen. In ihrer Kunstthätigkeit sind sie auch in Verbindung mit dem freien Spiel; aber sie werden nun ein geschlossnes Ganze. Auf der einen Seite wird gesucht und angestrengt. Auf der andern Seite ists ähnlich. Da bildet sich auch zu diesen Thätigkeiten das Bewußtseyn einer innern Thätigkeit und die PgeschichtlicheS Produktion soll sich verwandeln in PwasS die letzte Produktion seyn würde. Die wäre solche Darstellung dieser Gesetzmäßigkeit in dem Leben selbst PdaherS dieses. So steht es um diese objektiven Thätigkeitsreihen. Nun wollen wir auf das Kunstgebiet zurükkehren und fragen PinwiefernS in beiden Formen wir das Ideale und das Schöne entgegensetzten verhält und zu der einen Reihe verhält sich das Schöne wie Abbildung zum Urbilde. Wir sehen wie selbst das Ebenbildliche doch ein anderes Princip der Beurtheilung habe. Aber das ist gewiß daß PerstlichS auch in andern Principien die G e ge n s t än d e als etwas einzelnes vorstellend aber | es wird uns auch in der Musik nicht fehlen. Darum suchen wir auch immer darin eine gewisse Wahrheit oder wenigstens einen Schein der Wahrheit. Das Schöne muß den Schein des Wahren an sich tragen. Nun sahen wir daß PsolchesS auf dem Gebiet des Wahren auch PeineS Beziehung auf das praktische ist. Es kann hier die Kunst eben so wohl in solchem Verhältniß stehn zu dieser höchsten Aufgabe. Wenn ihr nun etwas gegeben ist was denselben Sinn des Schönen des Wahren an sich trägt wenn wir hierbei die Idee der Gesetzmäßigkeit zum Grund legen. Fragen wir uns was ist eigentlich was wir erhaben nennen so ist die Antwort ferne. Fragen wir aber was ist das absolut Erhabne so wird niemand zweifeln zu sagen dasjenige was alles andre in sich schließt. Wenn der eine sagt es ist Gott und der andre es ist die Idee der absoluten Freiheit und der dritte es ist die absolute Abhängigkeit so ist diese Untersuchung PgarS nicht hieher gehörend. Was sich als lebendige Produktion innerhalb der PGesetzmäßigkeitS zeigt, das ist das Erhabene. Ein Zeus der als Schwan erscheint oder als goldener Regen der kann nicht erhaben seyn; denn das ist der einzelne Moment wo er als einzelner erscheint. Denkt man sich aber den olympischen Zeus oder den homerischen Vers so sagt man das ist das Er3 was P

S] bricht ab

16 dieses] folgt )Lebendige*

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habne des Verses weil die Idee der Gesetzmäßigkeit darin ausgedrükt ist. Im bewegten Meer ist die Darstellung die der bewegten elementarischen Kräfte. Die allgemeine Quelle des Lebens wird darin anerkannt. Auch in der Musik wird die Differenz dasselbe seyn. So sind dies die einzelnen Enden und der mittlere Punkt ist das Schöne im engeren Sinn. – Den Umfang und der Anordnung nach kann das Erhabene den wenigsten Raum einnehmen; wenn es dabei nur auf den Typus ankäme daß es im strengen Stil sei so würde dies nicht der Fall seyn. Es kommt dabei viel auf das Verhältniß des öffentlichen zum Privatleben an. Ein allgemeines Maaß läßt sich nicht feststellen. Sagen wir aber das Erhabne verdient seinen Namen dadurch daß es uns das Gesetz eines ganzen Typus darstellt so sehn wir daß das sich so verhalten | muß wie sich das Gesetz selbst zu dem was hervorgebracht wird verhält. Das Erhabne werden wir daher nicht auf gleiche Weise in allen Künsten und in allen Kunstperioden vorauszusetzen haben. Das Entgegengesetzte, bloß zierliche schließt sich an alle mechanische Thätigkeit an, mischt sich dem Kunstwerk selbst wieder bei als etwas äußeres aber im gleichgültigen Kunstwerk als zufällige Ergänzung. Wie wird sich beides zu einander verhalten? Wir erkennen daß je mehr die Kunstthätigkeit sich in diesem Gebiet des Zierlichen ausbreitet um so mehr die Kunstthätigkeit für das Erhabne verloren gehen muß, je mehr die Kunst in dem Gebiet versirt wo das Erhabene zu Hause ist um desto weniger wird sie sich in diesem Gebiet verbreiten können. So bleibt das Ideale immer das dominirende steht in der Mitte zwischen beiden da die beiden andern schon einen Übergang andeuteten. Gehn wir zurük und sehen wie weit wir vorgerükt sind und ob der allgemeine Theil der Untersuchung abgeschlossen ist. Unsre erste Aufgabe war das Kunstgebiet selbst zu beschreiben und in seinen verschiedenen Gestaltungen zu verstehen. Hier sind wir durch die Zurükführung der Entstehung der Kunstthätigkeit zu einer Übersicht gekommen, die in sich geschlossen scheint, wenigstens nach außen. Die tönende Kunst und bildenden Künste waren uns gegeben und es ist kein Grund noch irgend etwas andres aufzusuchen was Basis einer Kunst werden könnte aber jedes in sich selbst haben wir noch nicht vollständig bestimmt und abgetheilt. Noch weniger haben wir die verschiedenen Formen und Gattungen betrachtet. Was die bildende Kunst betrifft so haben wir immer schon auf die beiden PFormenS Skulptur und Malerei Rüksicht genommen aber die Grenzen sind uns noch gar nicht bestimmt gegeben. Hernach haben wir noch auf andre Weise die Kunst getheilt indem wir das gesamte Kunstgebiet in jedem Volk [als] Ein Ganzes auffassten; so kommen wir in Kunstgebiete die überwiegend hervortreten andere die überwiegend dienen. Wir haben in jedem Kunstgebiet ohne Unterschied den Unterschied zwischen hö-

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heren und geringeren Gebieten gesetzt. Nun sind wir hernach auf die Frage gekommen vom eigentlichen Charakter der Kunstvollkommenheit. Da haben wir aus der Art wie wir die Kunstthätigkeit begriffen haben auch das wesentliche Merkmal wodurch die Kunstthätigkeiten bestimmt werden aufgestellt und angewandt auf jedes einzelne insofern es doch im Kunstgebiet selbst als organisch reines Element gesetzt ist. | Wenn wir fragen wie verhält sich die Kunstvollkommenheit des einzelnen organischen Elements zur Kunstvollkommenheit des ganzen Kunstgebiets so müssen wir sagen Es muß alles in der Kunst vom künstlerischen Moment der conception begriffen und verstanden werden können. Dagegen ist das gemeinschaftliche beider immer dieses: daß es müsse ein in der Welt gemessenes seyn. Denn das müssen wir vom Kunstwerk auch sagen, insofern es sich zum ganzen Kunstgebiet verhält wie ein Element. Hat es das in sich gemessen seyn nicht so hat es zu viel an Leichtigkeit. Es ist statt Kunstwerk Werk der Laune und des Eigensinns. Nun sieht man daß in dem Gesagten allerdings noch eine andre Aufgabe liegt die wir wenigstens aufstellen müssen. Wir können die Kunst also nicht anders betrachten als zerfallend in verschiedene Gebiete. Die Kunst eines jeden Volkes ist eine eigne Welt. Ursprünglich muß sie in jedem Volk entstehen. Das Eigenthümliche des Volkes muß offenbar irgendwie darin seyn. Je mehr sich die Völker untereinander berühren, um so mehr muß der eigenthümliche Typus zurüktreten. Könnte dieser ganz verschwinden dann müßte auch das eigentliche Wesen der Kunst selbst verloren gehn, denn dann existirte die eigentliche Welt auch nicht mehr. Dann würde aller Unterschied zwischen gemeinsamer Welt [sich auflösen]. Dies muß ein Grenzpunkt seyn auf welchen PdieS Kunst sich P S. Betrachten wir die Kunst rein im Gebiet ihres Volkes, so müssen wir auch den besonderen Charakter suchen des Volks und das Verhältniß zu andern Völkern. Das ist ein Punkt der sich auf alle Punkte gleich bezieht. Das Eigenthümliche kann durchaus nicht durch Begriffseintheilung gefunden werden PsondernS im Gebiet der Aproximation gefunden werden. Die Kunst in verschiedenen Gestalten und Verhältnissen[,] dann wird erst der Charakter sichtbar werden die Kunst in verschiedenen Gebieten zu bestimmen. Wenn wir dahin kommen könnten daß wir uns die 29 ihres] seines 36–3 Zusatz Trendelenburg, 115: „Wenn wir dahin kommen könnten, den Charakter in den verschiedenen Völkern und Zeiträumen zu construiren, und die Differenzen als Cyclus d. h. als Einheit in der Mannigfaltigkeit zu begreifen, dann würde es leicht seyn, die Stellung des einzelnen Künstlers in seiner Kunst und seinem Volk zu bestimmen. Es ist das höchste Ziel, wohin das Kunstverständnis kommen kann. Am Ende werden wir sehen, wie weit wir zu diesem die Prämisse haben werden.“

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verschiedenen Charaktere der Kunst PverändernS könnten aber P S des Zyklus P S alsdann würde es leicht seyn auch jedes einzelnen Künstlers bedeutung in Verschiedenheit zu verstehen. Dieser Theil der Aufgabe wird also nicht in der allgemeinen Untersuchung aufgestellt werden können. Die Prämissen haben wir um solche Bilder von charakteristischen Bildern mit Bestimmtheit zu entwerfen. Es kommt darauf an uns den Raum zu bestimmen auf welchem wir uns befinden | zuerst also: Nur Völker auf ganz niedriger Stufe haben durchaus gar keine Kunst aber sollen wir alles wo sich uns nur Ansatz zur Kunst findet mit in unsre Betrachtung ziehen. Wir theilen nicht mehr wie die Griechen in Griechen und Barbaren aber einen Unterschied machen wir doch noch. Solche die in großer Masse geschichtlichen Zusammenhang beginnen und das, was in Masse. Sagen wir: Also alle isolirten Völker in den ersten Anfängen der Gemeinschaft mit andern wollen wir bei Seite lassen. Nun giebt es andre die große Geschichte für sich erlebt haben, das sind die amerikanischen Völker die so wie die Gemeinschaft mit den Europäern begann ihre Kunstwerke verloren. Dann die asiatischen Völker welche große Masse theils gebildet haben theils entwikelt hat. Hier sind es Indier und Chinesen. Man kann ihre Kunst zu Gegenständen der Betrachtung machen; aber ihr ganzer Typus ist so weit von dem unsrigen entfernt daß sich ihre Kunst von der andern isoliren muß. Dann sind andre asiatische Völker welche nicht so ganz isolirt sind daß sie nicht Einfluß auf uns und wir auf sie hätten Perser Araber allein die Kunst ist unter ihnen keinesweges in ihrer Vollständigkeit gebildet. Sie bilden sich nicht einmal dazu daß wir sie für sich betrachten müßten. Nun kommen wir unserm geschichtlichen Zyklus nahe. Die europäischen Länder: Germanische und Slavische Völker geben uns auch Veranlassung die letzteren auszuschließen wegen Mangel oder Dürftigkeit der Ausbildung. Die Germanen stehen in Zusammenhang mit demjenigen was wir im alten Sinn das klassische Alterthum nennen. Von da geht das an was wir zum Gegenstand unsers Kunstgebiets zu machen haben. Der Gegensatz zwischen antikem und modernem. Wir müssen suchen ob wir uns auf allgemeine Weise darüber verständigen können. | Es fragt sich wie verhält sich dieser Gegensatz des antiken und modernen? Daß er durch alle Kunstgebiete durchgeht wird niemand bestreiten. Betrachten wir wie wir auf ihn gekommen sind, so ist hier eine 13 Masse] bricht ab 12–13 Zusatz Trendelenburg, 115: „Aber es ist ein großer Unterschied zwischen den Völkern, die eine große geschlossene Masse zusammen bilden und denen die außer ihnen stehen.“

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Völkerverschiedenheit. Griechen und Römer, die wir hier als Eins ansehn können sind ein andres Volk als die modernen Völker; aber dies ist nicht der einzige Grund. Das Eigenthümliche was hinzutritt ist: daß die antike Kunst einen PbestimmendenS Einfluß auf die Bildung der modernen gehabt hat. Die ganze moderne Figur ist in gewisser Abhängigkeit von der des Alterthums und wir haben hier also etwas was auf unserm Gebiet und dem des Alterthums dasselbe ist. Aber man kann auch nicht sagen daß die neuere Kunst Fortsetzung der Alten ist. Es ist nur die pädagogische Abhängigkeit von den alten Völkern. Dem Grade nach findet unter verschiedenen Völkern zu verschiedenen Zeiten eine Verschiedenheit statt. – Es fragt sich ist dies wirklich ein Unterschied zwischen modern und antik. Einige vertheidigen die rein selbständige Bildung der hellenischen Kultur Andre behaupten die Abhängigkeiten von der Egyptischen etc. Diese Frage ist also unentschieden; demungeachtet können wir unsre Frage nicht beantworten ohne daß jene entschieden ist. Denn wenn die Griechen zu den Egyptern in demselben Verhältniß ständen wie die modernen Völker zu den Griechen so PwürdenS sie gleich. Wir werden also doch, als ein Satz aus einem andern Gebiet entnommen irgend wie die Frage entscheiden müssen. Schleiermacher neigt sich auf die Seite derer die die Eigenthümlichkeit der griechischen Kunst behaupten. Wollte man auch annehmen die Griechen hätten die Kunst von den Egyptern zuerst empfangen so würde der Unterschied immer seyn daß die egyptische Kunst selbst, die keine große Entwiklung bis zu einem höheren Grade genommen, zu der Zeit da sie der griechischen Kunst soll einen Impuls gegeben [haben] auf einer viel niedrigeren Stufe gestanden hat als [auf] welcher die griechische Kunst war. Könnten wir in der Poesie etwas ähnliches annehmen so würden wir dasselbe annehmen müssen. Ganz anders ist die griechische Kunst [in ihrem Verhältnis] zu der modernen. Die griechische Kunst hatte ihren Cyklus schon ganz durchlaufen und da begann erst die moderne Kunst. Da ist die Einwirkung auch auf jeden Fall eine andre. Man kann so wenig sagen daß der egyptische Kunsttypus das Urbild der hellenischen Kunst gewesen ist so daß wir sagen müssen wenn auch die hellenischen Anfänge in der Kunst der egyptischen ähnlich gewesen sind, so ist diese nicht größer | als wir überhaupt in dem ersten Anfang jeder andern Kunst dies finden. Wir unterscheiden in der modernen Malerei sehr bestimmt die italienische und deutsche Schule. Gehn wir auf den ersten Anfang dieser Schulen so verliert sich die Ähnlichkeit die wir hier 25 genommen] gekommen

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bemerken mehr und mehr. Die bildende Kraft die die hellenische Kunst in allen ihren Kräften weitergeleitet hat ist rein in dem Volke selbst gelegen. Hier können wir den Unterschied allerdings nicht verkennen. Die griechische Kunst verhält sich zur modernen wie ein [sich] aus sich selbst entwikelndes zu einem auf das Bestimmteste aus den Einflüßen eines fremden Moments zusammengesetztem. Daraus folgt daß wir bei der Betrachtung der modernen Kunst werden Gesichtspunkte zu betrachten haben die in der alten Kunst gar nicht vorkommen. Diesen unterscheidenden Charakter werden wir in allen Kunstgebieten zu unterscheiden haben. Da drängt sich uns die Frage auf ob da in allen Kunstgebieten der modernen Kunst etwas allgemeines aus der antiken Kunst geblieben ist. Wir können nicht läugnen daß der Untergang der alten Bildung als sich selbst entwikelnd und der Anfang der modernen Bildung zusammenhängt mit einem größeren und allgemeinen Wendepunkt in der menschlichen Geschichte, das Christenthum; das Christenthum bestand schon lange als herrschende Religion ehe die alten Völker als solche wirklich untergegangen waren aber die Kunstproduktivität hatte aufgehört. Es liegt zwischen dem was wir als letzte Blüte der PreinenS antiken Bildung und dem Anfang der modernen [ansehen] liegt der eigenthümliche Charakter des individuellen Lebens. Zwischen der alten Kunst und dem ersten Anfang der Kunst im Christenthum liegt der Verfall der inneren bildenden Kraft. Und dieser Übergangspunkt zeigt uns nur deutlich was jener allgemeine Wendepunkt, das Christenthum auch auf diesem Gebiet der menschlichen Bildung gemacht hat. Der Gegensatz zwischen antikem und modernem entschwindet darum nicht. Denn nicht unter allen Griechen und Römern hat mit dem Christenthum eine neue Kunstperiode begonnen. Nachdem erst diese Kunstentwiklung in die modernen Völker übergegangen war so konnte sie erst ihre Entwiklung erhalten. Es fragt sich ob wir von hier aus noch etwas durchgreifenderes für alle Kunstgebiete finden könnten. Das könnte nur seyn wenn, was das Christenthum | hervorgebracht hat, gemeinschaftlichen Einfluß gehabt hätte. Wir werden da nur bei dem Punkt stehen bleiben, nämlich bei dem Gegensatz des höheren und niederen Stils und wie diese PbezogenS haben. Hier finden wir einen Unterschied den wir mit der bestimmten Entscheidung des Christenthums in Verbindung bringen müssen. Im klassischen Alterthum war das künstlerische und religiöse in der innigsten Verbindung und wenn wir auf das Verhältniß PderS Einzelnen zum Ganzen sehn, so müssen wir sagen daß das Privatleben ja sehr zurüktrat gegen das öffentliche. Alle großen Kunstwerke gehörten dem öffentlichen Leben an. Erst später als die 24 diesem] dieses

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öffentlichen zerstört wurden finden wir daß die Kunst mehr ins Privatleben übergeht. Dies gilt auch von der Poesie. Wir finden bei den Griechen die verschiedenen Gattungen der Poesie bei allen religiösen öffentlichen Festen. Was folgt hieraus für jenen festgestellten PUnterschiedS? Daß er im Alterthum weit weniger scharf seyn darf. Denn die Tendenz des Christenthums war von Anfang an das politische unabhängig zu machen vom religiösen. Damit hängt zusammen daß in demselben Maaß wie die modernen Völker sich entwikelten ein ganz anderer Charakter statt fand. Der große Stil muß sich hier offenbar überwiegend an das politische anschließen. Der leichtere Stil wiederum dem religiösen mehr. So sehr aber wie dieser Punkt wird auch kein anderer Punkt von dem festgestellten afficirt; indessen drängt sich uns hier noch eine Frage auf als ziemlich modern. Das ist diese: Vorher ist gesagt wir könnten in der PgesamtenS Kunst nur die beiden Elemente betrachten sind aber davon abgekommen. Das können wir nicht übersehn daß in der modernen Kunst wir eine Verschiedenheit des Geschmakes finden, die wir im Alterthum nicht finden. Eben war gesprochen vom Verhältniß der Produktivität und Receptivität damit hängt zusammen daß es Ein und derselbe Typus ist der die Produktion und Reception leitet. Wenn diese Einheit dieselbe ist und wenn sie sich verändert sie sich gleichmäßig verändert. Das müssen wir aus dem festgestellten Princip als dasselbe Princip ansehn. Bei den Alten finden wir die Kritik über die Kunst sehr zurüktretend. Schon PdiesesS giebt einen bedeutenden Unterschied. Bei andern | Völkern finden wir sie in weit größerem Maaßstabe. Dies sich erheben wollen setzt eine Differenz voraus zwischen beiden. Denn wenn ich dasselbe will was ein andrer, er bringt es aber hervor dann ist von keinem über ihn erhebenwollen die Rede. Dies setzt eine verschiedene Richtung voraus. Diese aber müssen wir uns als vertheilt denken und in verschiedenen Richtungen bestehend. Wir werden sehen daß die größten Geschmaksverschiedenheiten sich auf die Richtung dieser beiden Elemente beziehn. Der Geschmak wirkt auch zurük auf die Künstler selbst. Wenn wir uns es PeinfachS denken so hat die Kunst überall eine Geschichte. Dies bietet nothwendig eine Succession der Elemente dar wodurch sich gewisse Epochen bilden. Nun finden wir daß überall wo es solche Entwiklung giebt [sich] die verschiednen Punkte auch gleichzeitig finden. Es können drei wesentlich verschieden charakterisirte Zustände theilweise Ein Gleiches seyn. Dies finden wir in allen Beziehungen wo es ein gemeinsames Leben und gemeinsame Entwiklung giebt. Da kann es uns nicht wundern wenn wir zu verschiedenen Zeiten verschiedene Urtheile finden. – Daß ein volksthümliches auf 1 ins] aus

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der einen Seite[,] aber in geschichtlichem Zusammenhang mit der antiken Kunst Pauf der andernS [steht] wollen wir nun annehmen. Es ist so möglich daß die volksthümliche Kunst schon da ist aber umgewandelt wird durch die Berührung mit dem Alterthum. Es ist aber auch möglich daß durch das Alterthum die Kunstthätigkeit erst angeregt wird und sich dann das Volksthümliche einmischt. Da lassen sich nun Fortschritte denken aber eben so gut gleichmäßig als ungleichmäßig. Nur ist ein andrer Charakter der modernen Welt die größere Gemeinschaft der Völker unter einander was im Alterthum ein beschränkter Sinn war. Daher wird es auch ein näheres Verhältniß der Kunstproduktion zu einander geben. Eben so wird sich dies in der Kunstthätigkeit und [im] Kunsturtheil gestalten. Hier mehren sich uns also die Elemente und daraus erklärt sich die große Differenz im Urtheilen. Je größer die Gemeinschaft der gleichzeitig bestehenden Völker und zugleich das Fortleben des Antiken, desto mehr muß eine Differenz des Geschmaks und der zum Grunde liegenden Norm zum Vorschein kommen. Das alles wird aber überall auf einander folgen und gleichzeitig neben einander seyn können. Je mehr dies gleichzeitig neben einander ist desto schwerer ist die Aufgabe eine Theorie der Kunst aufzustellen. Wenn wir uns dies fortdenken und | denken uns eine in einen bestimmten Typus fortgehende Entwiklung so müssen etc. Wir müssen hier Betrachtung anstellen a uf w elch em Punkt w ir uns f i n d e n und da wird schwerlich ein stärkerer Gegenstand aufgestellt werden können als wenn wir den Zustand der Sache unter deutschen und Franzosen vergleichen. Die Franzosen haben als die Kunstthätigkeit sich bei ihnen in einen gewissen Typus entwikelte zu gleicher Zeit ein politisches Übergewicht erhalten und daher erhielten sie dies auch in der Kunstthätigkeit. Sie haben lange Zeit große abstoßende Kraft bewiesen gegen alle fremde sich einmischende Kunstthätigkeit. Bei uns dagegen ist das Princip der Gemeinschaft das überwiegend hervortretende gewesen zu einer Zeit wo die Kunstthätigkeit bei uns erst im erwachen war aber mehr Receptivität. Das Antike war das immer dominirende Princip und jener französische Typus wurde ein dominirendes Element auf dem Wege der Geschichte. Nehmen wir dazu wie etwas später ein besonderes zurükgehen auf die frühere deutsche Kunst sich bildete, so haben wir hier bestimmte Principien der verschiedenen Künste. Es ist der Kreislauf gegeben diese verschiedenen Ansichten immer wieder zu wiederholen, da müssen wir sagen: die Aufgabe kann nirgends so vollständig gelöst werden als bei uns aber es ist auch nirgends schwerer sie so aufzulösen wie sie sich von selbst stellt. In der französischen ist es weit leichter. Aber wir müssen auch sagen: soll die Aufgabe so behandelt werden wie es unserm Stande in Bezug auf die Kultur gemäß ist so dürfen wir auch keinen Streit erre-

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gen über die verschiedenen Formen. Ob der Streit geschlichtet werden wird das ist eine Frage die nur die Geschichte selbst beantworten kann. Wir dürfen daher diese verschiedenen Formen nur neben einander stellen. Es ist alsdann wenn man auf die Principien der Kritik sieht, jedes einzelne Kunstwerk zu beurtheilen nach seiner Art und Weise. Offenbar ist daß wir zugestehen müssen daß wir zwei ganz verschiedne Standpunkte haben zur Beurtheilung. Wir wollen etwas vollständiges daß die ganze Kultur auf das Alterthum gepfropft ist. Aber wir stehen auf dem Punkt daß wir mehr als alle Andern die Gemeinschaft der Völker repräsentiren. | Dieser Standpunkt fängt an sich mehr zu entwikeln und eben deshalb dürfen wir ihn gar nicht aufgeben. Daher ist es uns vorzüglich nöthig uns von aller Einseitigkeit frei zu halten. Es ist freilich wahr, wer sich irgend mit der Betrachtung und Theorie der Kunst beschäftigt, der kann nicht anders als seinen eignen Geschmak haben. So m ü s s e n w i r d i e A u f gab e u n s s t e l l en aber auch nur wir können das. – Es wird aber nun dies ein Hauptpunkt seyn worauf wir achten müssen denn wie werden wir schon verstehen können was der herrschende Typus gewesen ist. Dies ist eine Differenz die durch alle Kunstgebiete durchgeht wiewohl die Entwiklung der Einzelnen auch in diesem Gebiet sehr verschieden ist. – Wir kommen auf einen andern Punkt. – Wir gingen davon aus daß die Kunstthätigkeit sich unterscheide vom unwillkürlichen innern Spiel dadurch daß sobald ein innerer Das ist also der Gegensatz in welchem die künstlerische Produktion steht gegen jenes allgemeine Leben der innern Produktion. Nehmen wir also an jedes Kunstwerk ist ein in sich abgeschlossenes Ganze so fragt sich werden sich da auch noch Differenzen finden? Als man unter uns anfing [und] sich wieder auf durchgreifendere Weise mit der antiken Poesie beschäftigte war es natürlich wichtig zu einem bestimmten Begriff der verschiedenen Kunstwerke zu gelangen. Da war das wichtigste Werk der Homer. Da entstand die Frage: In wie fern und wodurch ist die Iliade ein abgeschloßenes Ganze und die Art wie 23–24 innerer] bricht ab

27 in sich] sich in

28 Ganze] folgt ))werden**

22–24 Zusatz Trendelenburg, 123: „Wir sind davon ausgegangen daß die Kunstthätigkeit sich unterscheidet von dem kunstlosen Spiel. Das ist der Gegensatz in welchem die Kunstthätigkeit steht gegen das gleichsam allgemeine Leben der Produktion.“ 32– 33 Schleiermacher kannte die Diskussion über das Vollendet- oder Unvollendetsein der „Ilias“ aus seinen philologischen Studien und durch seine Beschäftigung mit der durch Friedrich August Wolf aufgeworfenen „Homerischen Frage“ nach der Autorschaft und der Entstehung der einzelnen Teile der „Odyssee“ und der „Ilias“. Vgl. Friedrich August Wolf: Prolegomena ad Homerum, Halle 1795.

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man darüber gestritten hat giebt zu erkennen daß dieser Begriff hier nicht auf so bestimmte Weise anzuwenden ist als [in] der dramatischen Dichtkunst. Die Odyssee hat ein viel bestimmteres Ende. Die Iliade kann jeder fortsetzen wer dazu fähig ist und es haben viele versucht sie fortzusetzen. Könnten da nicht auch einige Gesänge fehlen ohne daß die Vollständigkeit dadurch litte? Ja. Man darf sich nicht wundern daß man auch auf das Resultat gekommen ist daß das Resultat nie wäre ein Ganzes gewesen. Hier sehen wir einen PUnterschiedS zwischen größerer Einheit des Ganzen und untergeordneter Theile. Im Drama ist jede Scene auch etwas für sich aber verhält sich nicht zum Gedicht wie der Gesang zu dem Gedicht. Vergleichen wir beides so müssen wir sagen: Es ist ein | ganz verschiedener Charakter welcher entsteht. Dies nun kann auf anderen Kunstgebieten sich ebenfalls zeigen wenngleich nicht ganz auf dieselbige Weise. Vergleichen wir die Werke der vollständigen Skulptur und des Relief so sagen wir dies hat eine Neigung zum Unendlichen. Man kann sich immer noch neue Theile hinzudenken. Eine einzelne Figur dagegen ist etwas ganz für sich abgeschlossenes und da kann solche Neigung sich gar nicht entwikeln. In der Mahlerei und Musik finden wir dasselbe. Hier giebt sich ein durchgreifender Gegensatz zu erkennen von der Art wo das Verhältniß PseinenS POrtS hat. Denken wir uns ein Relief so haben wir nicht nöthig zu denken daß dem Künstler das Ganze schon vorgeschwebt habe sondern daß sich es nach und nach entwikelt hat. Desto mehr muß aber das Untergeordnete ein in sich abgeschlossenes seyn. Hierauf müssen wir wieder als auf eine Theilung die sich aus den verschiednen Künsten ergiebt beobachten und uns danach richten. – Wir wollen nun jetzt eben so indem wir auf die erste Entstehung der Unterscheidung zurükgehn noch eine eben so allgemeine Unterscheidung festsetzen. Sehn wir auf die innre ursprüngliche Produktion so sehen wir unterschiede aus dem Ersten in der Kunst durch genauere Bestimmtheit und Gemessenheit. Der Unwillkürlich Producirende PbringtS immer eine größere aber doch relative Unbestimmtheit hervor. Nun ist eben so deutlich daß wenn dies eingetreten ist auch ein Unterschied fortfährt zu bestehen im Kunstwerk selbst indem die Bestimmtheit im Einzelnen größer seyn kann und geringer. Dies wird sich uns am deutlichsten in der bildenden Kunst ergeben. Das bloß Skizzirte das bis in das Einzelne ausgeführte. Es kann etwas bloße Skizze seyn und doch schon dem Kunstwerk sehr nahe stehn der Charakter des 3–5 Der jüngere Goethe etwa studierte Homers Epen in der Übersetzung von Johann Heinrich Voß und verfasste in der Folge eine „Achilleis“ in 8 Gesängen über den Tod Achills, die er jedoch nicht vollendete; das Fragment wurde 1808 veröffentlicht. Vgl. Johann Wolfgang Goethe: Achilleis, in: WA I,50, S. 269–294.

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Kunstwerks kann ihr schon aufgeprägt seyn. Wollen wir das unmittelbar auf die Poesie anwenden so wird sich dies nicht so zeigen und es scheint also dieser Unterschied nicht allgemein zu seyn. Eine Skizze zum Trauerspiel würde zum Kunstwerk noch nicht gehören. In dieser Skizze muß bei der Bearbeitung alles verändert werden. Es ist nur das Gerüst was nachher abgebrochen wird. Genauer betrachtet ist der Unterschied zwischen der Gestalt und Gedankenbildung zu suchen. Die Möglichkeit Gedichte in Bilder zu verwandeln deutet offenbar auf eine Ähnlichkeit zwischen Gedanken und Gestaltbildung. Stellt uns z. B. der epische Dichter seine Personen dar in bestimmten Momenten so erreicht die Darstellung mehr Vollkommenheit je mehr man sie sich als Bild vergegenwärtigt. Die Ähnlichkeit ist nicht zu verkennen. Dann werden wir sagen müssen daß sich der Unterschied in der redenden Kunst eben so findet wie in der bildenden. – Bei der Differenz aus dem ersten Kunstwerk gingen wir von dem Moment der Stimmung aus dann der Urbildung und 3) die darstellende Ausführung. Wie kommen | nun die beiden Glieder des Gegensatzes zu diesen drei Momenten zu stehn? Je mehr das Werk von der Skizze an sich hat je weniger ist auf die darstellende Thätigkeit ein Werth gelegt. Was da hervortritt ist nur das Verhältniß zwischen der erzeugenden Stimmung und gestaltenden Urbildung. Je mehr das Einzelne vollendet ist je mehr tritt die erzeugende Urbildung zurük und je mehr uns das Kunstwerk festhält je weniger gehn wir auf den Moment der erzeugenden Stimmung zurük. Betrachten wir dies genauer so werden wir sagen das Verhältniß zwischen erzeugender Gemüthsstimmung und gestaltender Urbildung ist gerade das was wir in der Kunst Genialität nennen. Das Verhältniß zwischen gestaltender Urbildung und Ausführung das ist was wir Virtuosität nennen. Es giebt Kunstwerke wo das Genialische das dominirende und die Virtuosität das Untergeordnete [ist] und dann solche wo die Virtuosität dominirend und Genialität das Untergeordnete. In einem Werk wo die Virtuosität dominirt und also als Verhältniß der gestaltenden Urbildung und Ausführung heraustritt da muß die Urbildung selbst schon gewisse Richtung auf die Ausführung haben. In der bildenden Kunst sind die Hauptpunkte in der Malerei z. B. Zeichnung Beleuchtung und Färbung. Nun kann es der Künstler bei der Ausführung überwiegend auf eins von diesen ansehn; dann müssen aber auch schon die Gestalten doch bestimmt seyn. (Daher bei solchem Künstler wo das helldunkel noch nicht zum Bewußtseyn hervorgetreten war die Neigung die Gestalten zu isoliren) Wenn der Künstler es auf solche Vollendung gar nicht angelegt hat und also das Werk mehr auf Seiten der Skizze liegt so braucht er bei der urbildlichen Gestaltung gar nicht darauf Rüksicht zu nehmen ob seine Gestalten mehr für die Färbung Beleuchtung oder Zeichnung passen: Er

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bezieht sich nur auf die erzeugende Urbildung. Von hier aus wird sich uns noch ein andrer Gesichtspunkt für denselben Unterschied offenbaren. Dasjenige was am meisten auf der Seite der Ausführung liegt, das ist am meisten empirisch und am meisten Mechanismus erfordernd. Also ist auch das überwiegend Sache der Übung. Wie soll diese Übung erlangt werden? In einer gewissen Periode erscheint der Künstler bloß als Schüler wo nun alles fast Übung ist. Aber nun giebt es für den Künstler selbst immer noch eine fortgehende Bildung. Was er als Künstler in der fortgehenden Übung hervorbringt werden wir nicht außer dem Kunstwerk auffaßen. Im allgemeinen kann für jeden was ein Künstler auf diese Weise hervorgebracht hat einen Kunstwerth haben, es hat aber für ihn selbst eine andre Beziehung gehabt. Betrachten wir den Gegensatz der sich bildet wie in der Produktion und PwieS subjektiv angesehn das eine als Übungsstük, Studium das andre ein selbändiges für sich beabsichtigtes Werk ist | Worin wird der Unterschied bestehn? (So wie die Hauptrichtung hervortritt so nehmen wir weit geringere Forderungen zwischen der erzeugenden Urbildung und Ausführung.) Was man z. B. in der bildenden Kunst eine Akademie zu nennen pflegt davon sagt man gleich die Figuren darin sind ein Übungsstük was zugleich als Kanon niedergelegt ist zur Übung für andre. Da ist der technische Werth das vorherrschende, wenn er aber als selbständiges Werk betrachtet seyn soll, so mag immerhin die Ausführung [eine] bestimmte Richtung haben; wir werden doch verlangen daß bestimmt und klar das Verhältniß der ersten beiden Momente hervortreten zu sehn. Wo ein entschiedenes Übergewicht nach der Einen Seite und ein Mangel nach der Andern hervortritt da ist auf der einen Seite eine Skizze auf der andern ein Studium. Voß hat einige Gedichte geschrieben mit der Überschrift: Schwergereimte Oden. Wer diese ansieht wird sagen es ist ein Studium. Zugleich aber macht es Anspruch in die Reihe der Kunstwerke aufgenommen zu werden. Wir werden also nur geringe Forderungen für Genialität verlangen aber die Virtuosität muß in der größten Vollkommenheit gelöst seyn. Nun 16 Hauptrichtung] Hauptwerk

21 Da] Das

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12–18 Zusatz Trendelenburg, 126: „Unsere drei Momente müßten sich aber auch hier als in einem Kunstwerk finden. Vergleichen wir eine Studie und ein Kunstwerk, das eine erscheint als Uebungsstück, das andere als selbständig. Wir werden den Unterschied schwer fassen, wenn nicht eine Hauptbeziehung und Hauptrichtung im Studium hervortritt, auf die der Künstler als Uebung sich vorgewandt hat. In dieser Beziehung wird man an die Studie nicht so strenge Forderung des Ebenmaßes machen.“ 27– 28 Vgl. etwa Johann Heinrich Voß: Schwergereimte Ode. An Reinbold (1773), Schwergereimte Ode. An mich selbst (1775), in: ders.: Sämmtliche Werke, Sechster Theil., Oden und Lieder, VII. Buch, Vermischte Gedichte, Fabeln und Epigramme, Königsberg 1802, S. 105–111, 117–122

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wollen wir auf einen andern Unterschied achten. Gehn wir auf den ersten Punkt zurük und denken uns die unwillkürliche Produktion denken aber dabei schon den Künstler und fragen was muß dazu kommen daß die unwillkürliche Produktion Kunstwerk werde, so haben wir uns schon Antwort gegeben das ist das was wir Stimmung nennen. Fragen wir wie entsteht diese so ist das [eine] psychologische Frage die uns nicht viel angeht. Zu jeder Handlung wenn sie wirklich werden soll gehört immer zweierlei, ein innerer und ein äußerer Faktor. Diese können auf verschiedene Seiten gegeneinander stehen. Unsere Frage kann nur die seyn, findet sich der Faktor als innerer PLebensreizS der andere von außen kommend, auch da wo PdasS Kunstwerk von außen kommt? Fragen wir was wir denn in dieser Beziehung unter Begeisterung zu verstehen [haben] so setzen wir voraus daß der innere Impuls das Maximum gewesen sei. Nun aber ists als Thatsache gegeben daß in jedem Gebiet eine Menge von Impulsen als das erste erscheint[,] da scheint eine Differenz zu seyn. Wo wir den innern Impuls als Maximum erscheinen sehn da erscheint uns das Werk selbst als das mehr freie. Denken wir das Werk entstanden so daß die | äußere Aufforderung das erste war so ist es aus dem gemeinsamen Leben herausgetreten. Das ist im Ganzen ein Unterschied den wir durch alle Künste durchgehend finden: der zwischen einem freien Werk und gelegentlichen Werk. Ist nun nothwendig daß die Begeisterung bei dem Gelegentlichen verschwinde[?] Nein. Der Künstler wird doch nicht eher produciren können und wollen bis ein solcher innerer Moment eintritt. Fragen wir uns nun nach der Bedeutung den dieser an und für sich unverkennbare Unterschied in dem Kunstgebiet hat so will ich nicht sagen daß es ein solcher ist daß man im Kunstwerk erkennen kann ob er auf solche Weise entstanden ist oder nicht. Auch daß keinesweges das HervorgegangenSein aus [einem] innern Impuls dem Werk einen bestimmten Charakter gebe. Wir werden sagen: Das ist das Schönste wenn ein Kunstwerk das Gelegenheitswerk ist, sich so darstellt daß jemand der es nicht weiß es dem Kunstwerk gar nicht ansieht. daß es gelegentlich entstanden ist. Giebt es nichts analoges in Beziehung auf die Werke der freien Begeisterung? Die größte Vollkommenheit liegt in der Verschmelzung des Unterschieds aber sie können beide nebeneinander bestehn. Damit ist nun nicht gesagt in dem Maaß wie die Virtuosität dominirt geht die Genialität zurük. Ein Vorzug des Einen vor dem Andern ist dadurch nicht eingeräumt. – Schon die ganze Composition kann auf die Ausführung berechnet seyn und dann tritt ein vollkommnes Gleichgewicht ein zwischen Virtuosität und Genialität. Die Richtung auf die Ausbildung kann das dominirende seyn dann aber kann doch immer die Tendenz auf die Urbildung da seyn. Das Gleichgewicht kann doch bestehen. Wenn wir von die-

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sem höchsten Punkt der Meisterschaft wo beides im Gleichgewicht ist zurükgehen auf die unvollkommenere Produktion wo das eine oder das andre vorherrschend ist so finden wir die verschiedensten Urtheile. Es tritt ein Gegensatz ein zwischen denjenigen die mehr einer bestimmten Kunst angehören und zwischen solchen die sich nur für die Kunst überhaupt interessiren aber das Eigenthümliche der Kunst weniger ins Auge fassen. Das Letztere sind die allgemeinen Kunstliebhaber das erstere sind schon mehr Dilettanten indem sie sich schon in die verschiednen Kunstgebiete hineindenken. Die letzteren werden sich mehr für diejenigen Werke interessiren wo die Virtuosität erscheint; die letztern werden glauben das Kunstwerk | verstanden zu haben wenn aus dem Kunstwerk die innere Urbildung ihnen hervorscheint. Man pflegt grade dies, die Komposition für die erzeugende Stimmung das p o e t i s c h e jeder Kunst zu nennen und als das Eigenthümliche dagegen die Ausführung. Das ist ein unrichtiger Ausdruk eigentlich genommen. Es kann einer große Meisterschaft haben in plastischer pitoresker musikalischer Composition auch ohne poetische Anlage und eben so ist die Poesie etwas eben so dürftiges ohne gehörige Ausführung. Es fehlt dann das poetische an dem Werke nämlich das Hervortreten des Eigenthümlichen der Kunst. Nun ist nur zu sagen daß die hier gebrauchte Bezeichnung um die Glieder des Gegensatzes zu unterscheiden nicht so verstanden werden soll daß das Geniale weniger seyn müsse in einer Composition die auf die Ausführung berechnet ist. Ein Vorzug liegt durchaus nicht darin. Eins von beiden ohne das Andre ist eben so einseitig. Diesen Gesichtspunkt aber werden wir bei allen Künsten ins Auge fassen müssen. Um ein Kunstwerk zu verstehn muß immer eine gewiße Sicherheit in dem Takt und Gefühl seyn ob die Kunst mehr auf die Stimmung oder die Virtuosität angelegt ist. – Wir müssen nun übergehen zur Betrachtung der einzelnen Künste. Nur noch einiges über den Schematismus des ganzen Kunstgebietes. Gleich Anfangs erschien uns die Kunst als etwas unbestimmtes Mannigfaltiges und wir sehen nicht ob wir alles was unter den Begriff der Kunst gehört würden zusammen gefaßt haben. Dies wurde uns etwas klarer, als wir die ursprüngliche Produktion im Verhältniß zu der ungebundenen Thätigkeit sahen und als wir aufgefunden hatten daß Kunstthätigkeit auf verschiedene Gebiete beschränkt ist und daß der eigenthümliche Typus eines Volkes nur verstanden werden kann in dem Zusammenseyn aller Künste. Wir hatten außerdem noch ein andres Princip gefunden was in einem gewissen Zusammenhang steht mit dem zuletzt gesagten. Wir waren ausgegangen von der Analogie der unwillkürlichen innern Äußerung PmitS der Kunst. 13–16 Vgl. die Sachanmerkung zu S. 82,1

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Diese unwillkürliche innere Äußerung hatten wir gefunden im Ton und Geberde. Wir hatten | gesagt es gebe Künste die sich unmittelbar an diese unwillkürliche Äußerung anschlößen. Dann hatten wir von diesen unterschieden solche in welchen die Kunstproduktion wie die Richtung darauf in einer dominirenden Stimmung entsteht [und] PaufS solche Formen der Produktion sich richte welche PimmerS Vermittler derselben wären. Beide Eintheilungsgründe erschienen uns als zusammenfallend und nicht sich kreuzend. Mimik und Musik waren diejenigen Künste die sich an das unwillkürliche des Innern anschlossen und dies zur Kunst erhoben. Die bildende und redende Kunst war eine in der Analogie mit der objektiven Lebensthätigkeit liegende innere Conception. Indem wir nun auf das Zusammenseyn der Künste, im großen öffentlichen Volksleben achteten, fanden wir daß die ersten Künste ihrer Natur nach nur begleitend, die letzteren dominirend wären. – Jetzt wo es uns nun unmittelbar angeht dies übergehen zu den einzelnen Künsten in gewisser Ordnung zu thun, jetzt müssen wir diesen Schematismus doch noch einer näheren Prüfung unterwerfen. Zuerst ist zu bemerken. Wenn wir als solche Künste die ihrer Natur nach begleitend sind Mimik und Musik ansehen als solche die selbständig ihrer Natur nach und die andern anziehend sind, bildende Kunst und redende Kunst so fragt sich was ist für ein Verhältniß unter den Eintheilungen die wir unter die obern Glieder gebracht haben und dann gehören sie wirklich so zusammen? Um bei der letzten Frage anzufangen, so kann jedem die Differenz nicht entgehn. Von der Poesie ist es klar daß sie die verschiedenen Künste an sich zieht. Die dramatische Dichtkunst zieht Mimik an sich und ist unvollständig ohne diese[,] die lyrische die Musik und ist ohne diese unvollständig. Die epische Dichtkunst zog bei den Alten beides an sich, beides aber in geringerem Grade. Bei uns ist wenn wir das dramatische ausnehmen diese Attraktion schwächer. Was bei uns in der Analogie mit der epischen Dichtkunst befindet scheint sich [auf] das Verhältniß der ursprünglichen Dichtkunst und das Ohr des Künstlers zu beschränken. Hier finden wir also Ungleichheit in dem Gebiet der verschiedenen Künste aber auch Differenz mit dem modernen und antiken. | Die bildende Kunst erscheint zwar nicht als begleitende; aber fragen wir zieht denn die bildende Kunst eben so andere Künste an sich die begleitende sind wie die Poesie so werden wir das nicht behaupten können. Wir werden sagen daß Werke der Skulptur und Malerei für sich betrachtet unvollkommen erscheinen wenn nicht noch etwas hinzukommt: aber es war gar nicht nöthig daß das Hinzukommende Kunst sei. Das läßt sich suppliren ohne daß PjedesS in der Form der Kunst hinzuzutreten brauchte. Musik zu einem Gemälde das haben wir gehabt aber das 42 brauchte] brauchten

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erscheint immer als willkürliche Verbindung. – Auf der Seite der begleitenden Künste ist unverkennbar daß es in viel stärkerem Sinne nur von der Mimik gilt daß sie begleitend ist. Sie tritt zwar für sich heraus in der Pantomime aber dann verliert sie Verständlichkeit und also auch Kunstwerth. Wie ists mit Musik. Beim Gesang tritt das begleitende hervor aber wir finden doch Instrumentalmusik doch an und für sich hervortretend um so mehr da in neuer Zeit die Instrumente sich vervielfältigt haben. Eine rein musikalisch instrumentelle Kunst ohne Poesie hat nie solche Kunstwerke als die Musik mit der Poesie verbunden. Die Fähigkeit eine dominirende Stimmung im allgemeinen mit gewisser Sicherheit wiederzugeben kann man der Musik nicht absprechen. So ist also auch hier eine Differenz zwischen Mimik und Musik. Streng genommen treten nur Mimik und Poesie in dieser Hinsicht objektiv gegenüber. Die andern treten gewisser Maßen in die Mitte. Die Entscheidung wie wir sie vorläufig gegeben ist geschehen durch den andern Eintheilungsgrund indem die Musik auf die innere Stimmung zurükgeht und die Mimik auf die innere Gestaltung sieht. Das führt uns allerdings freilich noch einmal auf die Frage zurük wie es um die Zusammengehörigkeit dieser beiden Eintheilungsgründe stehe. Für die Sache selbst ist es gleichgültig ob die Künste selbst in ein bestimmtes Verhältniß gesetzt werden aber dieser Gesichtspunkt geht doch schon in die wirkliche Ansicht der Kunst hinein. Hätten wir daher schon von jenem systematischen Interesse etwas falsches in das Allgemeine | gebracht so würde sich dies auch fortpflanzen in das Specielle. – Wenn es darauf ankommt einen Gegenstand der Betrachtung einzutheilen so wird das Geschäft am besten vollbracht wenn man zwei so verschiedne Eintheilungspunkte findet die sich einander durchkreuzen. In diesem Fall haben wir uns nun hier nicht befunden. Die beiden Gesichtspunkte durchkreuzten sich nicht. Da ist offenbar daß das vollkommene Verständniß dieses Verhältnisses darauf beruht ob sie wieder auf gewisse Weise auf dasselbe hinausgehn. Wir können zwei verschiedene Betrachtungen anstellen. Der unwillkürliche und unmitttlbare Ausdruk der innern Stimmung hat eine unmittelbare Verständlichkeit. Die Bewegungen und Töne aus einer unmittelbar innern Stimmung hervorgehend sind an und für sich verständlich; wenn dagegen der Moment der Besinnung hinzutritt so gewinnt der Gegenstand an Bestimmtheit und Gemessenheit aber die innere Stimmung verliert an Gemessenheit. Auf der ersten Stufe ist daher größere Verständlichkeit. Das führt uns auf den andern Gesichtspunkt zurük: das was auf diese Weise PbestehtS einem andern anzuknüpfen wo das Bedürfniß befriedigt wird. Sobald die Bewegung in mimische Darstellung der Ton in Gesang übergeht so sucht sich beides verständlicher zu machen durch ein andres. Daß wir aber nicht zu früh glauben

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etwas erreicht zu haben, wollen wir bedenken daß diese Künste eigentlich das bleiben wovon wir ausgegangen sind und es scheint dann als wenn die andern die Begleitenden würden. Indem wir aber ausgingen daß die verschiedenen Kunstthätigkeiten Ein Ganzes machten und jede Einzelne als organisches Glied, da zeigte sich die Sache umgekehrt. Das deutet darauf daß es wieder noch einen andern Gesichtspunkt giebt. Den werden wir finden wenn wir von einer andern Seite ausgehn. Wir sagten wir müssen die ursprüngliche Stimmung immer als das Erzeugende in allen Künsten ansehn. Daraus entsteht eine gewisse Duplicität in der Verständlichkeit. In dem Einen wird unmittelbar die Urbildung aber die innere Stimmung tritt zurük in dem Andern wird unmittelbar die innere Stimmung betrachtet und das Urbildliche tritt zurük. Hier sehn wir also ein gegenseitiges Bedürfniß. Kommt zu dem Einen das andre hinzu so wird außer der Urbildung die Stimmung und außer der Stimmung die Urbildung besser verstanden. Das Verhältniß welche Künste dominirend sind welche begleitend | das ist kein feststehendes. Daher giebt es hier etwas Schwankendes. Offenbar ist, daß wenn unsre Gesichtspunkte eine innere Wahrheit haben sie sich aber nicht durchkreuzen so scheint es daß sie auf irgend eine Weise auf einander müssen zurükgeführt werden. Gehn wir wieder aus von dem natürlichen was die Analogie bildet zur Kunst so werden wir sagen dies Innre und Äußre verhält sich wie Seele und Leib. Die Stimmung gehört der Seele an der PTonS dem Körper. – Was ist das producirende? die Seele. Aber daß nun die Seele auf der einen Seite Bilder hervorbringt auf der andern Seite die Gedanken producirt nichts anderes vollenden kann als vermittelst der Sprache, woher kommt das? Das ist die Gebundenheit der Seele an den Organismus. Die verschiedne Form ihrer Produktion ist nur aus dem Organismus verständlich. Wie wird sich nun die Sache darstellen? So daß wir sagen müssen: Es ist hier das Verhältniß zwischen Seele und Leib Geist und Organismus auf relativ bedingte Weise ausgedrükt. Hier finden wir nun also daß unsre beiden Hauptklassen so betrachtet doch in einer entgegengesetzten Auffassung Eines und desselben gegründet sind. Daher können wir nun am Besten das eine aus dem andern und das Eine mit dem Andern verstehn. In dem Mitzutheilenden liegt die Duplicität der innern Stimmung. Wenn wir nun uns die Kunst nicht betrachten von Seiten der Mittheilung sondern rein an und für sich so werden wir sagen: da tritt dies zweifache Verhältniß ein. Produktion ist beides aber in entgegengesetztem Verhältniß. In dem Maaße als der Gesichtspunkt der Mittheilung dominirend ist wird der eine Gesichtspunkt auch hervortreten. Wenn wir nun zu der 34 das] daß

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Darstellung der einzelnen Künste selbst übergehn so fragt sich welche Ordnung ist dabei zu beachten. Allerdings zeigen sich hier uns zwei entgegengesetzte Wege. Wenn wir sagen: in dem Zusammenseyn aller Künste erscheinen einige als dominirende andre als begleitende so scheint es natürlich daß wir mit den dominirenden anfangen und die begleitenden nachfolgen lassen. Aber da nach dem vorigen sich nicht genau bestimmen ließ welches dominirend ist so werden wir wohl bestimmt auf diesem Wege geblieben seyn. | Wenn wir die Sache genetisch betrachten und auf demselben Wege bleiben wollen den wir oben nahmen so müssen wir uns auch daran anschließen. Hierdurch werden wir uns erst den Übergang bilden können. Das unbestimmte was in der ersten Methode liegt scheint der letzten einen Vorzug zu geben. Es kommt dazu noch daß allerdings die Künste die wir als begleitende fanden weit kleinere Kreise bestimmen als die andern die sich an die freiere Thätigkeit des Geistes anschließen und so scheint es zwekmäßig den Anfang zu machen mit dem Anfang dessen was das Kleinere ist und am leichtesten geschlossen werden kann. (Dieser Gesichtspunkt gewinnt noch dadurch P S, daß wenn uns die Geschichte im Großen ihre ersten Anfänge bestimmt, wir fragen aber weiter) Wir werden also mit den Künsten anfangen die sich an die unwillkürliche innere Stimmung anschließen deren Kunstproduktion selbst unterscheidet sich von jenem unwillkürlichen durch ein Moment der Besinnung. Wir haben als solche angesehen die Bewegung und den Ton sowie nur Produktion von Bildern und Produktion von Gedanken. Also

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Wenn wir nun hier fragen wollten wie kommt es daß die innere Stimmung nur diese Äußerung hat, so würden wir uns in ein fremdes Gebiet verlieren. Dazu würde eine in sich selbst vollendete Psychologie und Physiologie gehören. Hätten wir solche, so müßten wir was wir suchen finden das ist aber nicht der Fall. Es ist so viel klar der Ton hängt an einem einzelnen bestimmten Organ, die Bewegung hängt an 17–19 Zusatz Trendelenburg, 133: „Dieser Gesichtspunct gewinnt dadurch, daß, wie wol die Entstehung aller Kunst in jedem Nationalgebiet über geschichtliche Perioden hinausgeht, doch wieder, wenn nur die Geschichte im Großen den ersten Anfang verbirgt, aber man die Geschichte im Kleinen, im einzelnen Menschen befragt, diese Kunstthätigkeiten als das frühere erscheinen.“

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dem Ganzen (denn es giebt Geistige; aber nicht so daß die Bewegung in das unwillkürliche übergehen kann. Da ist die Herrschaft des Geistes über den Organismus zu Ende. Die Bewegung ist nur da zu suchen wo diese Herrschaft ist. Das Eine ist eine in sich selbst geschlossene Einheit. Mit den Bewegungen ist uns auch noch ein, freilich negativ, in sich PbeschränktesS Mannigfaltiges gegeben | Das organische Element der Musik dagegen erscheint ganz einfach. Die Mimik bringt außer der Bewegung nichts anderes hervor und man kann Thätigkeit und Resultat der Thätigkeit nicht unterscheiden; in der Musik aber ist Thätigkeit die organische Bewegung und das Resultat der Ton. In der Mimik könnte man als einzige Analogie nur sagen das Resultat sei das Bild der Bewegung. Aber es leuchtet ein daß sich der Ton zur organischen Bewegung anders verhält als das Bild zu der Bewegung des Mimikers. Hier nähert sich die Musik denjenigen Künsten die die vermittelst der Thätigkeit ein eignes Werk hervorbringen. Das Werk ist freilich sehr vorübergehend, die Bewegung aber der Mimik verschieden auch und beides kann nur PnachherS reproducirt werden. In dieser Hinsicht wenn wir so die Fortschreitung der Künste gesetzt und zuletzt bis zur Poesie kommen, müssen wir sagen daß von dieser dasselbe gilt wie von der Mimik. Genau genommen kann man die Thätigkeit und das Resultat nicht unterscheiden. Gedanke und Wort gehören genau zusammen. Das Werk und die Thätigkeit ist Eins und dasselbe. In dem natürlichen unwillkürlichen Ausdruk sind die beiden organischen Elemente aus welchen Mimik und Musik entstehn immer zusammen. Denken wir uns eine natürliche Stimmung die in ein Werk ausbricht so werden wir sagen eine stumme Gemüthsbewegung ist immer unnatürlich. Es ist immer beides zusammen PsichS begleitend und ergänzend. Aus dieser ursprünglichen Einheit gehn nun beide Künste hervor. Um nun die natürliche Anlage der Einen und der Andern zu unterscheiden müssen wir uns ein Übergewicht der einen oder andern organischen Richtung annehmen. Darin liegt nun aber nicht als ob nun sobald die Richtung auf die Kunst PaufhörtS, die beiden organischen Richtungen völlig getrennt wären, daß Musik bewegungslos und Mimik tonlos sei. Wenn wir aber die Kunst nur in Beziehung auf die Gesellschaft denken so entsteht gleich die Möglichkeit eines Zusammenwirkens d. h. eine musikalische Begleitung der Bewegung des andern und mimische Begleitung der Töne des andern. Wenn wir uns so also in den Übergang aus dem natürlichen Ausdruk in die einzelnen Kunstgebiete stellen was wird der Unterschied seyn zwischen solchen Thätigkeiten die wir nur als Kunstthätigkeit ansehn und den allgemeinen? Den allgemeinen Satz können wir hier anwenden: daß alle Kunstelemente von der natürlichen Produktion sich unterscheiden durch die Bestimmtheit und Gemessenheit.

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Da müssen wir sagen: wenn der Ton eine Bestimmtheit und Gemessenheit haben soll und solche die nicht nur ein Bewußtseyn dessen ist der den Ton hervorbringt sondern auch für denjenigen der den Ton hört so ist die Beschaffenheit des Organs auch nicht gleichgültig. | Ursprünglich ist kein Mensch ganz gesanglos. Aber eben so haben wir die Erfahrung daß jemand der etwas vor sich hin singt dies für gut hält während es ein andrer der durch die Kunst geregelt ist es abscheulich findet. Der natürlich Producirende hört weniger mit dem äußeren Ohr und mehr das was er produciren will. Der Hörer aber hört nur PmitS dem äußeren Ohr. Es gehört also eine gewisse Stärke und Reinheit des Organs dazu. Wenn diese fehlt so wird der Mensch immer noch nicht gesanglos seyn aber die Richtung zur Kunst wird fehlen. Wie ists mit der Mimik? Fragen wir: woran wir diese Bewegung messen sollen so müssen wir sagen an ihrem Verhältnisse zu der Gestalt überhaupt. Hier gehört also eine gewisse Beschaffenheit der Gestalt dazu wenn die Gemessenheit wahrgenommen werden soll. Außerdem aber müssen wir sagen gehört auch wenn die Bestimmtheit und Gemessenheit in den größten und kleinsten Bewegungen zu Stande kommen soll eine gewisse organische Leichtigkeit der Bewegung dazu damit Bewegungen von jedem Zeitmaße erscheinen können. Was in der Musik Stärke und Reinheit des Organs ist das ist in der Mimik Schönheit und Anmuth der natürlichen Gestalt. Der natürliche Ausdruk wird wenn diese fehlen doch noch da seyn aber die Richtung auf die Kunst wird fehlen. – Dies ist nun ein rein organisches Element aber sehen wir noch bloß auf das Element selbst so werden wir sagen: wir können uns denken ein reines und starkes Organ das unser Ohr nicht befriedigt und daß ein weniger reines und starkes Organ ersetzt werden kann durch dasjenige was dem rein Organischen fehlt. Das ist der Au s d r u k – das Band zwischen dem intellektuellen und organischen. Überall wo ein solches Übergehen des Geistigen in das Leibliche ist müssen wir ein Organ. Die in das intellektuelle zugekehrte Seite des Organs ist das was wir die Ausdruksfähigkeit nennen. Das ist noch weit entfernt von dem was wir im Vortrage einzelner Kunstwerke dem Studium zurechnen sondern es ist etwas was wir als das geistige Element der physischen Naturanlage dem Geistigen coordiniren. Sagt man jemand singt ohne Ausdruk so schreibt man ihm dadurch noch nicht intellektuelle Stumpfheit zu. Wenn uns das im Mimischen viel31 Organ] bricht ab 30–31 Zusatz Trendelenburg, 139: „Es ist der Ausdruck, das Symbolische der inneren Stimmung, oder Sicherheit, die intellectuelle Seite des Organs gleichsam zu beherrschen, die Leichtigkeit, durch das Organische auf eine differenzirte Weise bewegt zu werden, ist die Ausdrucksfähigkeit.“

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leicht nicht so unmittelbar einleuchtend erscheint so kommt dies daher weil allemal im Gebiet des natürlichen Ausdruks etwas conventionelles liegt das auch seine intellektuelle Seite hat; | aber weil es aus dem gemeinsamen Leben entsteht weniger abhängt von der Eigenthümlichkeit des Einzelnen. selbst in dem Einzelnen aber wird doch in den Bewegungen eine gewisse unmittelbare Geistigkeit in verschiedenem Grade vorhanden seyn. Nun werden wir oft sagen wir hören lieber das musikalische Resultat eines solchen in welchem diese Geistigkeit hervortritt, eben so in dem mimischen. Wir sehen den Ausdruk eines solchen Menschen, der mehr der Geistigkeit sich nähert, selbst wenn die äußere Gestalt nicht so schön ist. – Dies ist die Parallele zwischen diesen beiden Künsten. Nun aber müssen wir jede für sich betrachten.

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1. M i m i k . Hier sagen wir nach dem vorigen: die Kunstproduktion wird bestehn in einer Reihe von bestimmten und gemessenen Bewegungen des ganzen Leibes oder einzelner Theile desselben. Dies ist gleich was uns auffällt als Unterschied des einfachen des organischen Elementes. Da haben wir einen Gegensatz zwischen der Bewegung des ganzen Körpers und den Bewegungen in welchen der ganze Körper als Ganzes betrachtet ruht aber die Bewegung in einzelnen Theilen ist. Dieser Gegensatz giebt uns die Haupteintheilung des ganzen Kunstgebiets. Beides vollkommen trennen läßt sich nicht. Wollten wir uns eine Reihe von partiellen Bewegungen denken so daß der Körper selbst immer in Ruhe bleibt so wird uns der Mensch als Automat erscheinen. Eben so wird uns die Bewegung im Ganzen ohne partielle Bewegungen unnatürlich erscheinen. In so fern die Mimik besteht aus Reihen von Bewegungen welche nicht partiell sondern allgemein sind so haben wir das was wir Ta n z nennen. Umgekehrt mimische Produktionen die als Reihen von partiellen Bewegungen erscheinen das sind solche die der M i m i k i m e n ge r n Si n n angehören. Die Tanzkunst als solche will etwas ganz anderes als die eigentliche Mimik aber es läßt sich auch eine Zusammenstellung von Beiden denken das ist: die P a n t o m i m e und das müssen wir als ein drittes betrachten. Der Gegensatz zwischen den partiellen und der den Raum des ganzen Körpers PveränderndenS Bewegungen bringt uns auf einen andern. Denken wir den Körper als ruhend d. h. seinen Raum nicht verändernden und bestimmte partielle Bewegungen einzelner Theile so werden wir doch nicht sagen daß dadurch ein und dasselbe Schema gegeben wird. Denn was meinen wir wenn wir von verschiedenen Stellungen des Körpers

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reden, anderes. Es giebt verschiedene Stellungen aller beweglichen Gliedmaßen bei voller Ruhe. Es verhält sich die Ruhe nicht zur Bewegung wie null sondern | sie trägt ihre Differenz in sich. (Denken wir nun eine Stellung des Körpers in Beziehung auf die Bewegung aber insofern ich sie betrachte als eine Differenz in sich selbst fähig so). Erscheint mir im Vergleich mit der Bewegung die bestimmte Ruhe als das Differenzial der Bewegung die folgen soll. Hier haben wir wieder einen Gegensatz zwischen Bewegung und Stellung der wird statt finden können in den beiden Gebieten die wir schon unterschieden haben. Es lassen sich denken orchestische Reihen bei welchen die Bewegung die Hauptsache ist und die Stellung nur als Übergang vorkommt aber auch solche wo die Stellung die Hauptsache ist und die Bewegungen nur als Übergang vorkommen. Der Gegensatz löst sich uns wieder in eine PDignitätS auf. Wenn zwischen diesen entgegengesetzten Harmonie seyn soll so muß man sagen die Bewegung muß in jedem Moment gehemmt werden, also Stellung werden können aber doch Kunst bleiben. Die Stellung welche Bewegung wird und nicht schnell darein verwandelt werden kann die kann auch als Stellung nicht Kunstwerk seyn. – Es kommt dabei noch dies in Betrachtung. Es ist nicht der nakte Leib der sich bewegt. Wir haben auch auf das Verhältniß zu sehn welches die Bekleidung zu dem sich bewegenden Körper hat in doppelter Beziehung auf die Bewegung und Stellung. Je mehr bloß Bewegung vorherrscht je mehr muß die Kleidung so seyn daß die Bewegung durchaus nicht kann gehemmt werden. Je mehr aber die Stellung das Übergewicht hat je mehr muß auch das Kunstwerk der Kleidung sich ändern. Daraus entsteht nun ein Gegensatz zwischen solcher Form der Bekleidung die mehr anschließend ist. Das würde überwiegend die o r c h e s t i s c h e seyn weil in der Raumbewegung die größte Leichtigkeit nothwendig ist; die andre Kleidung würde die D r a p e r i e seyn. Nun aber davon ausgehend daß die Musik von der Bewegung eines einzelnen Organs das letzte von der Bewegung alles dessen was sich am Körper bewegen kann so müssen wir die Bewegung der Organe selbst noch betrachten. Da müssen wir zurükgehn auf die Erregung durch die innere Stimmung. Da tritt ein Gegensatz ein zwischen der Bewegung des Gesichts und der andern Organe. Die Bewegungen des Gesichts sind diejenigen die am meisten 5 so] bricht ab 3–5 Zusatz Trendelenburg, 140: „Die Stellung ist freilich Ruhe in Vergleich mit der Bewegung, aber betrachtet als eine Differenz in sich selbst fähig, ist sie nur erklärbar als Maß einer früheren Bewegung und in der Stellung spiegelt sich die Bewegung oder sie erscheint als Differential gleichsam der Bewegung, welche folgen soll, aber als Bewegung noch nicht hervorgetreten ist.“

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anzeigen die augenbliklichen Veränderungen im Innern. Die Bewegungen der andern Gliedmaßen können die kleinen schnell aufeinanderfolgenden Stimmungen die nur Vibrationenen in Ein und derselben Stimmung sind nicht auf dieselbe Weise ausdrüken. In Beziehung auf den Hauptgegensatz zwischen Mimik und Orchestik | entscheidet sich schon von selbst daß in der Orchestik die Bewegung des Gesichts ganz zurüktritt indem bei den Bewegungen des Gesichts wenn sie bemerkt werden sollen muß eine relative Ruhe der andern Gliedmaßen seyn. In der Orchestik soll aber der ganze Körper in Bewegung seyn. Das Minenspiel tritt da zurük. Der Hauptsitz dieser Bewegungen als Kunstelemente ist der Sitz der Mimik im engeren Sinn: Wenn wir den Gebrauch der Sinne im engern Sinn betrachten so finden wir einen Gegensatz den wir jetzt nur aufstellen können, nämlich der große Unterschied zwischen der Antiken und modernen Mimik der derjenige ist daß in der antiken Mimik das Minenspiel ganz zurüktrat – denn man verdekte das Gesicht durch Masken. Wir haben nun uns zuerst in Beziehung auf die frühere allgemeine Auseinandersetzung die Frage vorzulegen: ob und wie das Kunstgebiet PselbstS vorkommt unter den beiden Formen die wir als den leichten und geselligen oder strengen und höheren Stil betrachtet haben. Nehmen wir es geschichtlich so finden wir das Gebiet in Beiden. Es scheint zwar daß die Orchestik nur für den leichten geselligen Stil der Kunst sei und es scheint als ob für diesen Kunstzweig in dem höheren Stil der Ort nicht sei. Wenn wir uns eine große Masse sich bewegend und denken uns dies Zusammenleben vom Typus der Kunst imprägnirt so werden wir sagen daß hier die Bewegung ebenfalls den Typus der Mimik an sich tragen muß und daß da auch Raum für die Orchestik seyn wird. Wir haben das bei den Alten auch in der modernen Zeit. Wo bei den Alten ein πομπή war da schied sich das Ganze in das Volk welches nur zuschaute und den eigentlich den Zug ausmachenden. Wenn wir uns in der christlichen Welt im Katholischen eine Procession denken so werden wir es abscheulich finden wenn die Bewegungen unordentlich sind und nicht einen bestimmten Charakter haben der natürlich der des größten Ernstes seyn muß. Wenn wir aber sagen müssen daß die Mimik im engern Sinne keineswegs angebunden seyn kann an das größere öffentliche Leben so werden wir sagen müssen daß diese beiden Zweige Mimik im engern Sinn und Orchestik durch diese Hauptformen durchgehen. Demnächst müssen wir darauf sehen wie sich das Kunstgebiet begrenzt von dem wir gleich anfangs gesagt haben daß es begrenzt sei. | Diese Begrenzung ist an sich zweifach. Die Kunst ist an einem andern wenn sie nur an der unwillkürlichen Produktion ist aber auch in einem andern wenn sie in eine Reihe von gebundenen Thätigkeiten übergeht. – Indem wir nun auf das Verhältniß der Kunst überhaupt

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zu den übrigen Lebensfunktionen gekommen sind und die Bewegung [eine] große Rolle spielt und dann auch die geistigen Thätigkeiten immer an gewissen Stellungen des Körpers gebunden sind so müssen wir in den Elementen selbst noch einen Unterschied zu bestimmen suchen, wenigstens für das eigentliche Kunstgebiet. Es giebt eine Tüchtigkeit des Körpers für Bewegungen die sich auf die gebundenen Lebensthätigkeiten beziehen. Wir wollen dies Gymnastische Thätigkeiten nennen aber in weitem Umfange des Worts. Wo es solche Thätigkeiten giebt da giebt es auch eine Darstellung derselben und es fragt sich wie verhält sich diese zu dem Kunstgebiet womit wir es zu thun haben? Im gewöhnlichen Leben kommt es oft darauf an sich mit der größtmöglichsten Schnelligkeit zu bewegen. Das ist gymnastische Tüchtigkeit. Das kann man sich abgesondert von einem bestimmten Zwek, das Tüchtige dieser Bewegung nennen. Das ist was die Alten das Epideiktische nennen. Die Beziehung auf das thätige Leben ist dabei das Vorherrschende. Bei gefährlichen Momenten, Feuer Wassernoth ist es oft nöthig sich auf einer schwachen Unterlage zu bewegen. Denkt man dies bis zur Virtuosität gebracht so kommt man bis zum Seiltänzerischen. Wenn wir dabei auf die kriegerischen Zustände sehen wo es jetzt nicht mehr wie im Alterthum aber doch noch immer etwas auf die Gewandtheit in der körperlichen Kraft des einen gegen den andern ankommt und wir denken uns dies bis zur Virtuosität so kommt man auf das Athletische. Wie sollen wir dies alles in [ein] Verhältniß zu der Kunst bringen die wir betrachten. Frage ich: was hat im ganzen menschlichen Leben eine große Schnelligkeit des Laufs für Bedeutung so muß ich sagen bloß die Schnelligkeit mit der ein Geschäft vollzogen werden soll. So müssen wir sagen: wenn sich Leute sehen lassen auf der Seiltänzerei so erscheint es uns widerlich daß sie das als ihren Beruf ansehn was sie bloß der Darstellung wegen thun. Denkt man sich dies zu einem gewissen Geschäft zur Rettung in Feuersgefahr so bekommt man einen gewissen Respekt. | Wir werden nicht läugnen daß indem uns solche Darstellungen gegeben werden, wir allerdings Forderungen an die Kunst machen. Einen schnellen Läufer der verwachsen ist werden wir nicht schön finden auch nur in Beziehung auf das Laufen selbst. Von der Bewegung soll sich die Schönheit der Gestalt entwikeln. Wie werden wir es also ansehen müssen? Ich weiß nichts als so daß wir sagen müssen: hier soll also die Kunst seyn sie ist aber an dieser Exposition von Virtuosität die eigentlich nur an das praktische Leben erinnern. Denken wir in das antike Leben zurük so sehen wir das athletische und gymnastische bedeutenden Raum einnehmen[;] sollen wir sagen: dies sehn wir daß die Alten 39 an] in

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das doch mit zum allgemeinen Kunstgebiet gerechnet haben? Nein. Man kann die Sache nur von der Seite ansehn. – Einmal in dem ganzen Gebiet der gebundenen Lebensthätigkeit ist der Gebrauch der Glieder zu. Die athletische Stärke hat für das praktische Leben bei weitem nicht mehr den Werth wie sonst weil wir durch kleine Maschinen die größten Bewegungen veranlassen. Darin würden wir auf der einen Seite den Grund des andern Verhältnisses in der modernen Welt als in der antiken finden. Dann aber werden wir auch dies finden daß die Richtung auf körperliche Schönheit in der Entwiklung bei den Alten weit stärker hervortrat als jetzt und daß diese Betrachtung weit mehr auf den männlichen Körper gerichtet war als auf den weiblichen wie in jetzigen Zeiten. Es ist natürlich daß dies ein bedeutendes Element ausmacht weil die Richtung auf körperliche Schönheit sehr hervortretend war. Das dürfen wir nicht darauf schieben daß die Schönheit jetzt schwächer hervortrete, sondern es ist ein ganz verschiedener Charakter des gegenwärtigen Lebens. Hier finden wir die Bedingung unter welcher das hier Betrachtete in das Kunstgebiet nicht gehört. Bei den Volksfesten der Alten gehörte das Bewußtseyn jeder Virtuosität zu dem was dargestellt werden soll. Körperliche Übungen gehören immer noch wo es Volksfeste giebt zu dem was dargestellt werden soll. Dagegen müssen wir sagen: deswegen können auch desto sichrer den Kanon aufstellen: daß wo wir das reine Kunstgebiet haben da dürfen die Bewegungen durchaus nicht erinnern an eine Beziehung auf das praktische. Beim Tanz z. B. darf keine Eilfertigkeit und | kein Streben nach einem bestimmten Ziel vorkommen. Nichts darf an das seiltänzerische nichts an das athletische erinnern. Um diese Trennung der beiden Kunstrichtungen zu rechtfertigen müssen wir daher nun noch einen mehr innerlichen wesentlichen Unterschied aufsuchen als wir hier schon gefunden haben. Das können wir nur indem wir zurükgehn auf die Hauptpunkte: das Verhältniß der ursprünglichen Stimmung und der Urbildung. In beiden Künsten ist die Kunstthätigkeit eine Reihe von Bewegungen. Es fragt sich ob wir einen Unterschied finden zwischen dem Verhältniß der Reihe von Bewegungen zu der ursprünglichen Stimmung? Die Orchestik setzt immer eine Stimmung voraus und drükt diese aus durch Bewegung. Der Charakter dieser Bewegung ist die Stimmung. Bei der Mimik beziehn sich die Bewegungen auf die Thatsache und nicht so unmittelbar auf die Stimmung. 4 zu] bricht ab 2–4 Zusatz Trendelenburg, 144: „Einmal in der griechischen Welt ist das Gebiet der körperlichen Organe zurücktretend geworden, wie künstlerische Organe mehr vorhanden sind.“

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Wenn wir die Mimik im Drama betrachten so haftet sie da am Gespräch, dies aber ist die Thatsache und die Bewegungen beziehn sich auf die Entwiklung der Handlungen und begleitet diese. Wenn wir die Sache näher an dem ursprünglichen natürlichen Ursprung betrachten so finden wir da dasselbe. Im gemeinen Leben begleitet die Mimik das Gespräch und dies ist immer eine Thatsache. Wenn wir dies von einem andern Gesichtspunkt betrachten so zeigt sich noch ein anderer Unterschied. Die Mimik erscheint so mit größrer Nothwendigkeit als eigentlich begleitende Kunst. selbst wenn wir die Pantomime denken so finden wir die Mimik als Entwiklung der Thatsache. Da haftet die Mimik an der Bewegung aber man wird doch immer auf das zurükgewiesen was fehlt. Von dieser höchsten Spitze angesehn erscheint sie immer nur als Begleitung. Wenn wir davon ausgehen daß die Orchestik nicht anders bestimmt werden kann als daß P S selbst dazwischen tritt so liegt nichts dazwischen aber es ist auch klar daß die Mimik in bestimmteren Zusammenhängen steht mit den übrigen Künsten. Nun wollen wir bei der Orchestik anfangen nach der Analogie unsrer ganzen Darstellung. Was wird nun wohl als das anzusehen seyn von der Mimik und Orchestik was früher in das allgemeine Kunstgebiet übergeht? Es läßt sich leicht denken daß nicht nur die lyrische Poesie zu großer Vollendung kann gekommen seyn auch in der Darstellung ohne daß an die Mimik gedacht war. Das Tanzen dagegen findet sich bei allen Völkern auf sehr frühen Bildungsstufen. Wenn wir also die Orchestik für sich betrachten so müssen wir zuerst sagen: Es giebt fast kein Volk was, wenn es auch in andern Künsten zurük geblieben ist, nicht einige Fortschritte gemacht hätte die natürliche Stimmung in gemessenen Bewegungen darzustellen. | Der innere Typus der Kunst erscheint ursprünglich als ein gemeinschaftlicher der Orchestik und Mimik im engern Sinn. Es ist die Beweglichkeit des Leibes und der Seele die hieraus zur Anschauung gebracht werden soll. Die Beweglichkeit des Leibes hängt von der körperlichen Constitution ab und bildet überall einen Theil von der natürlichen Eigenthümlichkeit. Da müssen wir sagen das Ideale ist hier wieder das Element. Verschiedne Völker zeigen verschiedne Bewegung und Ausdruk des Schmerzes und der Freude. Es entwikelt sich danach das Conventionelle was wir hier betrachten ohne auf seinen Ursprung Rüksicht zu nehmen. Die Bestimmtheit ist hier durch die eigenthümliche Welt das vorherrschende Element. Wenn wir nun anfangen von dem natürlichen unwillkürlichen Anfang und stellen uns auf der andern Seite die höchste Virtuosität der Orchestik vor Augen, wie wir sie in ihrer Vollendung haben bei den abendländischen modernen Völkern so finden wir hier Differenzen nämlich 1) den Tanz als Volkstanz und 2) den Tanz mit höheren Ansprüchen auf Virtuosität.

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Er würde aber doch den Platz gar nicht verdienen wenn er nichts weiter wäre als ein mehr oder minder. – Der Volkstanz nämlich (d. h. die Orchestik in den Formen wie in den festlichen Momenten des gemeinen Lebens diese Kunst von großen Massen ausgeübt wird) geht auf das größere Zusammenleben hinaus. Der höhere Tanz kann zwar auch für die große Masse da seyn aber diese ist nur Zuschauend nicht theilnehmend und diese Differenz ist so groß daß sie sogar einen bedeutenden Punkt in der Nationalität ausmacht. Bei den Alten wurde nur PangetanztS für das Volk denn die Glieder des Volks die freien – tanzten nicht sondern das war eine Ausartung der Sitten wenn freigeborene Menschen öffentlich tanzten. Im Orient ists noch so. Dann kann man nicht mehr sagen daß dieselbe Tendenz darin sei. Denn wenn diejenigen in welchen die Stimmung ist den Ausdruk gar nicht und diejenigen die den Ausdruk haben die Stimmung gar nicht berüksichtigen so muß etwas anderes hineingetreten seyn. Da ist natürlich die Frage was ist dies. Wenn wir auf der andern Seite doch diesen höheren Tanz nennen als nicht etwa PübergreifendenS als die Mimik im engeren Sinne aber doch so daß die Ausführung der Bewegungen und die Stimmung getrennt sind was ist da das Princip der Bewegungen? Wir haben früher gesehen daß diese Bewegung die Stimmung auszudrüken solche Beschaffenheit des Körpers erfordert | vermöge dessen die Leichtigkeit und Gefälligkeit in den Bewegungen hervortritt. Schönheit und Gewandtheit. Nun werden wir beides den Volkstanz und höheren Tanz auf relative Weise entgegensetzen können. In dem Volkstanz ist die Darstellung der innern Stimmung durch die Bewegungen die Hauptsache. Dabei dürfen die einzelnen Tänzer aber auch nicht gerade ungestaltet seyn. Je mehr Schönheit im Volk ist desto größer die Lust zum Tanz; wo das Verhältniß der Leichtigkeit und Gewandtheit noch mit hinzu kommt. Aber beim Volkstanz finden wir keinen Anspruch auf etwas eminentes in der Gewandtheit. Im höhern Tanz hebt sich dies zurüktretende Element hervor, denn indem zu der Ausführung der Bewegung ein hoher Grad von Gewandtheit und Übung erfordert ist steigern sich die Vorzüge und die Prätensionen bei denen[,] denen das Kunstwerk geboten wird. Indem dies hervortritt tritt das andre zurük. Nun haben wir beides in relativen Gegensatz gebracht, weiter läßt es sich aber nicht bringen. Denken wir den Zusammenhang zwischen einer herrschenden Stimmung und der Darstellung ganz unterbrochen, so sind wir aus dem Gebiete des Schönen heraus. Wir haben mit dieser Eintheilung zugleich die allgemeinen Grenzen für das Gebiet. – woraus sich der Hauptgegensatz gebildet hat das muß sich in den einzelnen Gliedern als Hauptgegensatz fin20 ?] .

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den. So unterscheiden wir im Tanz zwei verschiedene Formen: Solche wo Einzelne mehr hervortreten und die ganze Masse mehr gleichmäßig beschäftigt ist und Formen des Tanzes die reiner Chor sind und solche die einen Wechsel darstellen zwischen solo und Chor. Sehn wir auf den höheren Tanz so müssen wir eine etwas andre Beziehung annehmen. Wenn in diesem objektiven Sinn die Darstellung ganz beschränkt ist auf die welche die Darstellung entwikeln so ist das das in sich bestehen dieses Gegensatzes. Wenn aber der höhere Tanz einer andern Darstellung angehört aus welcher er sich heraushebt so ist dies Glied mehr der Dependent von dem andern. Das ist die PvorläufigeS Eintheilung die sich uns ergiebt. – Ein andrer Unterschied liegt in dem Unterschied den wir früher im allgemeinen Kunstgebiete fanden zwischen leichtem und strengen Stil. Dieser Gegensatz fällt mit dem vorhin gefundenen keineswegs zusammen, hat aber eine gewisse Beziehung auf Elemente die wir schon betrachtet haben. Wenn jede einzelne Bewegung ein in sich bestimmtes und gemessenes seyn soll so muß eben in sofern sie Bewegung ist zwischen den Bewegungen selbst ein Nullpunkt von Ruhe seyn | und dieser Ruhepunkt wird Stellung. Hier kommt es auf den relativen Gegensatz an. Eine Reihe von Bewegungen oder Stellungen soll von einer großen Masse angeschaut werden. Nun ist offenbar daß je kleiner die Bewegungen sind, je leichter verschwinden sie in den Augen der großen Masse. Für diese würden die kleineren Bewegungen durchaus kein Kunstelement ausmachen sondern es müssen größere Effekt machendere seyn und daher müssen auch die Ruhepunkte größer seyn und so kommen wir auf ein relatives Übergewicht der Stellung. Mit der Kleinheit leichterer Bewegungen ist ein relatives Zurüktreten der Stellungen sichtbar. – Damit hängt ein andres Verhältniß zusammen das der Bekleidung. Dies Element haben wir oben auch schon betrachtet. Es ist nun offenbar daß für eine schnellen Aufeinanderfolge der leichteren Bewegungen nur die leichtere Bekleidung ihren Platz haben; für den strengeren Stil in der Bewegung paßt daher nur die Draperie. Vergleichen wir die Bewegungen so sehn wir daß sie dazu geeignet sind sich PwiederS zu durchkreuzen. Es liegt in der Natur der Sache eine Art und Weise der Orchestik welche dem höheren Stil angehört aber auf der einen Seite mehr die reine Gemeinschaftlichkeit auf der andern Seite das Übergewicht einzelner Virtuosität in Beziehung auf die große Masse. Die Virtuosität ist nicht an den leichteren Stil gebunden sondern auch in dem größeren strengern Stil wird sie ihren Platz haben und eben so hier Differenzen bilden wie dort. Dasselbe werden wir vom leichten und geselligen Stil sagen müssen. Es ist klar daß hier nebeneinander gefunden wird die mehr demokratische Form des Chortanzes und die mehr den Einzelnen hervorhebende des Solotanzes. Um nun anzufangen bei

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dem leichten Stil der bei uns und den modernen Völkern am meisten ausgebildet ist, so ist offenbar daß wir diese beiden Unterordnungen nebeneinander finden. Beim Volkstanz ist das Wirken des Ganzen mehr dominirend und die Virtuosität des Einzelnen tritt mehr zurük. Nun sind wir an der Grenze wo wir Differenzen von oben herunter im Begriff bestimmen können. Wie sich nun diese gemeinschaftliche Form vermannigfaltigen läßt das ist ein Unendliches denn sie ist gebunden an das verschiedene Zeitmaaß. Nun finden wir bei jeder Nation die sich ihre eigenthümliche Bildung erhalten hat eigentümliche Volkstänze und diese bilden einen Bestandtheil von der Charakteristik des Volkes. | Diese Formen gehn aus derselben inneren Eigenthümlichkeit hervor woraus die Kunst hervorgeht. Es wird das klar seyn: daß allerdings wenn wir z. B. unter modernen Völkern vergleichen germanische und slawische und unter jenen wieder germanische und romanische so werden wir verschiedne Formen des Tanzes finden aber das ist bestimmter für das Gefühl da als daß es sich in Worte ausdrüken läßt. Aber das können wir aufstellen daß ein Volk unter sich eine Einheit bilden müsse. Wie sich z. B. der sanguninische Charakter des einen und der melankolische des andern Volks sich im Tanz ausdrükt das gehört zu dem was man noch leichter bemerkt. – Die Differenzen im Blutumlauf der überall das ursprüngliche Zeitmaß ist und diese Reizbarkeit der Nerven das sind die ersten Principien der Bewegung. Weil wir nun aber dem nicht überall nachgehn können bis in die innerste Quelle so erscheint uns in diesen Differenzen vieles Conventionelle aber das ist gewiß weniger als es scheint. – Wenn wir z. B. auf die Verschiedenheit der Sprachen sehen so werden wir sagen es ist auch dies System von Vorstellungen was in jeder Sprache niedergelegt ist nicht dasselbe, aber wenn wir die Sache aus gewisser Entfernung ansehn wo die kleineren Differenzen verschwinden so finden wir in PdenS PSystemenS doch eine gewisse Identität der Vorstellungen. Wenn wir hiervon ausgehn so finden wir doch in den T önen eine Differenz und das trifft die formellen Theile der Sprache sowohl als die materiellen. Worauf ist diese Differenz gegründet? Obenhin betrachtet sagt man das ist das willkürliche der Sprache. Genau betrachtet ist dies aber nicht der Fall sondern beruht auf gewissen Physiologischen Beobachtungen. – So finden wir auch hier solche Differenzen in den einzelnen Elementen, die Bewegung, und in dem ursprünglichen Thema, Reihe von Bewegungen. – Diese sind verschieden in verschiedenen Völkern. Dies hat einen Physiologischen Grund aber mit der Erklärung hat es hier seine Grenze. Allein eine Differenz tritt uns hier noch vor Augen eben aus diesem zuletzt ausgeführten. Wir sind hier stehen geblieben bei den verschiedenen Formen der nationalen Tänze wie sie sich in verschiedenen Völkern entwikeln | aber die Völker sind darin

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selbst wieder verschieden in sofern sie die eigenthümliche Bildung länger behalten oder sie mit andern vermischen. Diesen Unterschied finden wir auch bei den gebildeten Völkern, die P S bilden, so daß die volksthümlichen Tänze sich immer mehr in die größeren Massen zurükziehen und in den höheren Kreisen der Gesellschaft finden wir das was den Charakter in sich trägt diese Eigenthümlichkeit zu verwischen. Der volksmäßige Tanz und der Hoffmäßige Tanz. Anders kann man diesen Unterschied nicht ausdrüken. Die kleineren Formen die nicht monarchisch sind haben sich auch in kleineren Staaten erhalten. In der Schweiz würden wir ein ganz andres Verhältniß finden zwischen niederm eigenthümlichem Volkstanz und dem Hofftanz dort tritt das erste mehr hervor. Wie müssen wir also diese Differenz ansehn? Ist sie so daß wir sagen es sind verschiedne Formen die einander völlig coordinirt sind und für die verschiedenen Formen der Kunst gleichgelten? Das können wir so bestimmt nicht aussprechen. Wenn wir darauf zurükgehn daß wir ganz allgemein gesagt haben alle Kunstelemente müssen ihre Bestimmtheit erhalten durch die eigenthümliche Welt, so werden wir sagen müssen der volksthümliche Charakter ist solche eigenthümliche Welt und daraus sind die eigenthümlichen Formen der Bewegung hervorgegangen. Was ist aber jene höfische Welt die aus den verschiedenen Kreise aller verschiedenen Völker zusammengesetzt ist? Da werden wir sagen es ist auch eine eigenthümliche Welt. Allerdings aber keine natürliche sondern durchaus eine willkürliche Welt. Wenn der natürliche Zusammenhang zerrissen wird und mir z. B. der in einem Volk zu den höheren Kreisen gehört sagt diejenigen die in jedem Volk zu den höheren Kreisen gehören stehen mir näher als jeder in meinem Volk der nicht in diesen höheren Kreis gehört, so werden wir da ein Zerreißen des natürlichen Verhältnisses finden und wir müssen sagen das Volk ist das Beste wo das Band des Volksthümlichen immer festgehalten wird und wo sich diese beiden Kreise nicht so streng trennen. Der volksmäßige Tanz im engern Sinn entgegen dem hoffmäßigen Tanz, der kann freilich unter gewissen Umständen die Spur des Kunstlosen an sich tragen und als ungebildet erscheinen | wenn er sich noch nicht von der natürlichen Gemessenheit losgerissen hat aber diese Beimischung des Kunstlosen gehört nicht zur Eigenthümlichkeit des Volkstanzes. Vergleichen wir z. B. die romanischen und die slawischen Völker mit den germanischen im engern Sinn so müssen wir sagen daß die beiden erstern an kunstmäßiger PEntwiklungS des Volkstanzes es den letzten zuvorthun. Deutsche Schweden z. B. stehn zurük in der Kunst der Einzelnen im 3 die P S bilden] über der Zeile 6–7 verwischen] alternative Lesart: „vermischen“ 26–27 gehören stehen] gehört steht

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Tanze gegen Spanier Italiener. Wie steht es nun wenn man den hoffmäßigen Tanz auf die Probe legt? Wie steht es hier darum ob das Ganze hervorgegangen ist aus einem Impuls einer vorherrschenden Stimmung auf eine Urbildung durch welche sich eine Reihe von Bewegungen gestaltet hat? Bei weitem weniger tritt hierin das Charakteristische in den Bewegungen hervor sondern indem das Volksthümliche vermischt wird, geht das Eigenthümliche verloren und es tritt das Bestreben hervor die Schönheit der einzelnen Bewegung darzustellen, ein Bestreben nach dem Epideiktischen was schon aus dem eigentlichen Kunstgebiet herausgeht. Darum finden wir auch die Wirkung so verschieden. Im allgemeinen ists wahr daß in den höheren Ständen die Festlichkeiten mehr eine Last sind als daß sie die heitere Stimmung ausdrüken. Das zeigt sich darin auch daß in den höheren Ständen der Tanz auch nur als eine Ceremonie betrachtet wird wo alle lebhafte Bewegung und frohe Stimmung fehlt und man möchte sagen es liegt darin eine Ahndung daß das Volksthümliche eigentlich PdarinS seyn sollte aber die Gesellschaft mit dem Volksthümlichen gar nicht zusammenhängt. Daher erscheint der Tanz in den höheren Ständen am allergewöhnlichsten als das was am meisten die Langeweile erregt. Es ist offenbar daß in diesem Bestreben die körperliche Schönheit zu offenbaren auch schon die eigentliche Einheit des Kunstbegriffs nicht mehr zu finden ist; daher auch eine gewisse Übereinstimmung besteht zwischen der antiken und modernen Behandlungsweise der Sache. Hier scheint es natürlich daß wenn man sich auf einen gewissen Standpunkt der Bildung setzt hier etwas sei was man nicht selbst mit machen kann und wenn man die thätige Theilnahme nicht für verwerflich halten kann so ist dies doch immer für etwas angesehn worden wozu ein Edelgebildeter sich nicht hergiebt. Bei den Alten war aller Tanz solcher Art nur Sache der Sklaven und der öffentlichen Frauenzimmer. Dennoch möchte ich sagen muß man hier so viel wenigstens unterscheiden: | Man kann allerdings sagen daß dieses Bestreben die körperliche Thätigkeit zu zeigen mit der Virtuosität verbunden etwas untergeordnetes sei aber das Wohlgefallen an einer solchen Darstellung selbst kann ein vollkommen sittliches seyn frei von allem was Beziehung auf die Begierde hat. PBeimS Volkstanz ist vorhin nicht viel Rüksicht genommen. Auf jenem Gebiete ehe man an die Grenze der Sittlichkeit gekommen ist, ist man schon über die aesthetische Seite hinaus. Denn davon sind wir ausgegangen daß zur Kunst gehört eine Identität von aufgeregter Stimmung und Ausführung und Urbildung. Dies muß aber vollkommen gleichartig seyn. Sobald die Begierde erregt wird ist dies auch erhöhte Stimmung aber sie ist ungleichartig also ist die Grenze der Kunst schon überschritten. Es kann beim eigentlichen Kunstgebiet nicht wol die Rede davon seyn irgendwo Kau-

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telen für die Sittlichkeit aufzustellen. Wenn wir zugleich sagten daß der Kunstsinn darauf ausgeht aus der Urbildung und Ausführung auf die innere Stimmung zurükzugehn so müssen wir sagen dieser ist schon nicht mehr wenn wenn er Veranlassung nimmt zu ganz andern Stimmungen und Erregungen. Der höhere Tanz ist nun jetzt bei uns ganz und gar in den Händen der Schauspielkunst; er kommt fast nur im Drama, bei uns in der Oper vor. Wie fern er da seinen rechten Sitz hat das werden wir nur recht verstehn wenn wir auf dieses Gebiet kommen. Denken wir ihn uns hiervon getrennt so müssen wir gestehn daß er sich zum epideiktischen hinneigt und also an der Grenze des eigentlichen Kunstgebiets liegt. Es scheint also daß er so nur auf Kunstmäßige Weise vorkommen kann als Element im eigentlichen Volkstanz. Dann aber giebt das Verhältniß zu den übrigen Theilen das an daß die bloße Virtuosität nicht in der überwundenen Schwierigkeit gesucht wird. So temperirt müssen wir sagen daß das auch ein Kunstelement ist aber nicht dazu angethan rein für sich selbständig aufzutreten. Fragen wir von diesem Punkt ob unsre Eintheilung die wir als sich kreuzend dargestellt haben auch die Duplicität dieses höheren und leichteren Stils zuläßt, so werden wir das verneinen müssen aber nicht ganz allgemein. Bei uns tritt nämlich dieser Gegensatz auf bestimmtere Weise auseinander als bei den Alten. Bei den Alten war das PgroßeS Zusammenleben politisch und religiös in Einem Ungetheilten; daher der Gegensatz dort weniger scharf hervortrat. Bei uns ist es mehr das religiöse Zusammenleben was der Sitz ist von allen höheren Kunstgebieten weil das politische mehr zurüktritt, da muß also auch der Gegensatz gegen das Gesellige stärker hervortreten. Bei den Alten gab es religiösen Tanz | der gehörte mit zum Ganzen, nicht nur im klassischen Alterthum sondern im Alten Testament finden wir die Spur davon auch. Da war auch ein Zusammenseyn des Politischen und Religiösen. Eben PwegenS dieser Vereinigung, wo die Körperkraft und Schönheit wesentliche Elemente waren konnte dies geschehen. Bei uns ist dies unstatthaft und wir müssen sagen in der Orchestik läßt der höhere Stil so etwas nicht zu wo die Darstellung der körperlichen Schönheit das Übergewicht hätte über die ursprüngliche Stimmung. Hier muß ein relatives Übergewicht der Stellung über die Bewegung seyn. Nämlich hier ist überall ein vorherrschender Charakter PdieS Reihe. Die Bewegungen die vorkommen sind solche wo mehr das Verhältniß der ganzen Masse als das Verhältniß der einzelnen Theile berüksichtigt werden kann. Wenn wir nun sagten daß Stellung Übergang sei aus bewegtem Zustand in die Ruhe auf der andern Seite aber auch Übergang aus der Ruhe in die Thätigkeit so ist sie recht eigentlich dazu gemacht die Darstellung der Empfindung zu seyn, nur daß sie in der Tendenz nicht in der Thätigkeit selbst erkannt wird. Kann nun

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also hier die Bewegung eigentlich auf selbständige Weise hervortreten? Wir werden sagen müssen daß dies immer schon einen Übergang bildet. Es ist hier das Orchestische wesentlich an dem Mimischen und das Mimische wesentlich an der Rede und Gesang oder an einer symbolischen Handlung welche einen dramatischen Charakter hat und wobei die Rede gleichsam als bekannt vorausgesetzt wird gewiesen. Daß eben hier weil die Bewegung nur solche seyn kann in welcher auf die Einheit und nicht auf das Verhältniß der einzelnen Theile des Körpers gesehen wird, alles orchestische bedingt ist durch Kleidung die überwiegend Drappirung ist, ist an und für sich klar. Bei den Alten war nun die Haupterscheinung dieses höheren Stils im tragischen Chor und religiösen Aufzügen. Im tragischen Chor war die eigenthümliche Art der Bewegung zugleich das was den Gegensatz bildete zu den einzelnen Schauspielern. In wie fern dergleichen auch bei uns statt finden kann davon kann beim Drama erst die Rede seyn. Wir werden aber zugeben müssen daß bei uns die Oper ebenfalls dem höheren Stil angehören kann; allerdings nur die große dem tragischen Charakter sich annähernde. Nur daß das religiöse was im tragischen immer mit seyn soll nicht das unsrige seyn kann und sich die Darstellung nicht so auf das wirkliche Leben beziehen kann als bei den Alten. In der katholischen Kirche finden wir einen Ort für Bewegung[,] Kunstelemente in der religiösen Darstellung die orchestische Bewegungen sind. Denkt man sich eine Procession so liegt die Idee dabei zum Grunde: die Bewegungen sollen darstellend seyn und gehören einer Handlung an PwovonS sich diese auf gewisse Weise modificirt | aber die Bewegungen können nur verstanden werden als Theile einer ihrer Tendenz nach bekannten Handlung. Eben so ist es mit der Thätigkeit der katholischen Priester. Da tritt der Fall ein daß das orchestische verwandt ist mit dem Pantomimischen. So haben wir den Übergang in jene andre Gattung die wir noch vor uns haben:

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Mimik im engeren Sinn Hier können wir nicht umhin gleich von vornherein auf den Unterschied zwischen antiken und modernen Rüksicht zu nehmen. Bei uns ist überall in der dramatischen Mimik das was wir das Minenspiel nennen ein Hauptelement. Bei den Alten hingegen traten diese gänzlich zurük denn die Maske verbarg bis auf weniges die Bewegungen des Gesichts und also wurde die Aufmerksamkeit überwiegend auf die Bewegungen der Gestalt gerichtet. Worin haben wir diese Differenz 34 Mimik] folgt ))ist**

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zu suchen? Bei den Alten gehörte das Drama ganz dem öffentlichen Leben an. Es war gar nicht ein Vergnügen was öffentlich genossen werden konnte sondern es hing an öffentlichen Festen, also auch ganz und gar auf das große Zusammenseyn bezogen. Da war es also auch wieder die Voraussetzung daß die erzeugende Stimmung eine Beziehung haben müsse auf das große gemeinsame Leben. Es ist aber weit mehr die Einzelheit und die Beziehung auf das Persönliche was sich in den Bewegungen des Gesichts ausdrükt. Hier ist also nicht nur dies daß die Gesichtsbewegungen verschwinden in einem größeren Schauplatz sondern es liegt auch in der Natur der Sache daß was sich am ausschließendsten in den Gesichtsbewegungen darstellt, das PistS nicht das was dargestellt werden sollte. Sagen wir nun daß bei uns im Mimischen ganz vorzüglich auf die Bewegung der Gesichtsbildung gesehen wird so zeigt sich darin in beiden Hinsichten das Gegentheil darin daß wir das Dramatische mehr auf den Einzelnen beziehen wollen als auf die Bewegung des allgemeinen Lebens: Wenn wir uns hier orientieren wollen so müssen wir anfangen uns vorläufig loszumachen von dieser überwiegenden Richtung und beide als gleich geltend neben einander stellen, um verstehen zu können was die entgegengesetzten Verhältnisse dieser Elemente für einen Grund haben und wie sich diese gestalten. Was wir von dem Verhältniß der Gesichtsbewegungen zu der Bewegung der Gliedmaßen gesagt haben betraf die Mimik insoweit sie die Rede begleitet worunter der Gesang mit begriffen war. Wir haben es hier wesentlich mit drei Elementen zu thun; wir habens nämlich auch nach der Bewegung der Sprachwerkzeuge selbst also nach dem Gesange abgesehen, das musikalische Element der Sprache betreffend. Je stärker im Vortragen der Rede die Gebärde oder Gesichtsmimik hervortritt, desto mehr | muß sich auch der Vortrag der Rede von der gewöhnlichen Sprache unterscheiden. Der Sprechende im gewöhnlichen Leben ist sich keiner besondern Absicht dabei bewußt. Sowie nun da das Sylbenmaß unbestimmt und ungemessen ist um desto weniger tritt auch der Vortrag der Rede als etwas selbständiges oder besondres hervor. Etwas anderes ists schon wenn wir Poesie sprechen und im Vortrag der die Verse ganz zurüktreten läßt ist etwas durchaus falsches. So wie wir uns auf diesen Punkt stellen mögen wir denn auch sagen, von da an tritt die Mimik als ein Element auf. Denken wir uns aber einen Redner, der es doch nur mit der Prosa zu thun hat, so verlangen wir doch daß sein Vortrag ein ungemessener sei. Bei den Alten wurde bei den Reden sehr darauf gehalten, daß eine gewisse Reihenfolge der Längen und Kürzen, ein gewisser Numerus statt fand, worüber sie weitläuftige Theorien hatten allein dies fehlt uns schon 10 daß] das

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deshalb weil die Zeitmessung unsrer Sprache nicht dazu geeignet ist; dennoch aber verlangen wir daß in dem Vortrage der Redenden eine Gemessenheit und Bestimmtheit sei und dies wird schon durch das Verhältniß bewirkt in welches der Redende zu seinen Zuhörern tritt. Die Bewegung der Sprechorgane ist ein Kunstelement allein es fragt sich kann man sie mimische Elemente nennen. Denn darin liegt die Nachahmung; es läßt sich also vielleicht nur von dem sagen der eine fremde Rede hält? Es ist hier allerdings ein Unterschied aber nicht so bald wie er scheint. Wenn wir die Rede betrachten im allgemeinen als eine Reihe von Gedanken so besteht sie aus Perioden welche wieder eine Einheit haben wenngleich im Zusammenhang mit den andern erst recht verständlich doch ist P S Eins und zerfällt wieder in Sätze und Wörter. Ist die Rede vor dem öffentlichen Vortrage ausgearbeitet gewesen, so ist kein Unterschied mehr zwischen dem der etwas eignes und dem der etwas fremdes vorträgt; denn sie ist nun schon eigentlich für ihn etwas fremdes geworden. Die erzeugende Stimmung kann wohl noch da seyn aber das Verhältniß derselben zur Urbildung und Ausführung ist nicht mehr dasselbe; es ist als wenn ein Maler der ein Gemälde gemacht hat es nachher copirt. Gehn wir hiervon Rükwärts und sagen [daß] die nicht ausgearbeitete Rede Anspruch darauf machen könne ein Kunstwerk zu seyn wenn sie vor dem Vortrage wenigstens in Gedanken fertig ist. Es wird auch hier das Halten der Rede immer erst der zweite Moment seyn und wir können daher die Bewegung der Sprechorgane mit dem Namen Mimik belegen. Wie verhält sich nun die Gesichts und Gebärdenmimik und die der Sprechorgane? Es ist nicht zu zweifeln daß die Sache so steht: Bei verschiedenen Gattungen kann ein besonderes Verhältniß seyn, so wie zwischen Gebärden und Gesichtsmimik so auch zwischen beiden und der Sprachmimik und bald wird das eine bald das andre mehr Kunst gewesen seyn. Aber können wir uns eine Identität dieser Elemente denken ohne daß ein Unterschied eintritt und seine Kunstelemente hätte. Wenn eine Reihe von Gebährden durchaus kunstlos wäre, die Sprachmimik aber kunstgemäß hervorträte so wäre die Harmonie gestört und das darf nicht der Fall seyn. Von diesem Allgemeinen aus wollen wir nun das Verhältniß der Elemente der Mimik zu der Rede betrachten. | Alle mimischen Elemente sind Bewegungen und zwischen den einzelnen Bewegungen muß ein Moment der Ruhe, mag er auch noch so gering seyn, eintreten. Betrachten wir zuerst einen kunstlosen Zustand, wo die Rede des Einzelnen ein Theil des Gesprächs ist. Hier werden wir unterscheiden müssen: mimische Bewegungen die der Rede voran gehn und solche welche folgen. Wenn ich die Rede eines andern, mit dem ich im Gespräch bin, höre so macht sie einen Eindruk auf mich der sich verkünden wird in Bewegungen, durch Gesichts und

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Gebärdenmimik. Wenn sich nun die erregte Stimmung zur Gebärde gestaltet so wird auch die Mimik eintreten welche die Rede begleitet aber der eigentliche Produktionsmoment der Rede folgt, also finden wir hier die Rede eingeschlossen in mimische Elemente. Die Mimik die vorhergeht, hängt mit einem pathematischen Zustand in mir zusammen, die begleitende dagegen mit einem produktiven Zustand, also sind beide einander entgegengesetzt. Was in mir Eindruk ist hängt von der Produktion des andern ab; was aber in mir Produktion ist soll bei dem andern einen Eindruk machen und eine Mimik bei ihm hervorbringen. Hier findet also ein bestimmtes Verhältniß statt. Denken wir uns den Einen mit einer größeren Kraft der Überredung also als den Leitenden und den Andern als den welcher geleitet wird, so wird zwar der Erste meist produktiv seyn aber doch nicht immer und es wird noch bei ihm wechseln pathematische Zustände mit produktiven wenngleich in einem andern Verhältniß wie bei dem Letztern. Dies läßt sich leicht auf das dramatische anwenden. Denken wir uns aber einen Redner vor seinen Zuhörern so ist hier das Verhältniß eines Leitenden und geleiteten das Maximum, es findet keine Gegenwirkung der Zuhörer auf den Redner statt, und doch soll ein Resultat in den Zuhörern bewirkt werden. Es entstehen auch in der Rede wenigstens ideale Pausen d. h. es finden Eintheilungen statt und jeder einzelne Theil der Rede soll einen Eindruk machen auf die Zuhörer. Bei dem Gespräch erhält man sogleich Kunde von diesem Eindruk und dies muß es auch hier geben. Auch der Redner muß Kunde erhalten von dem Eindruk der Theile seiner Rede. In Italien und Frankreich applaudirt man dem Redner und sogar bisweilen in der Kirche. Dies tadeln wir durchaus aber wenn sich auch unser Publikum ganz ruhig verhält, so sagen wir doch der Redner muß um den Eindruk wissen, denn in der idealen Pause kommt der Redner zum Bewußtseyn des Publikums und auch von dem hervorgebrachten Eindruk. Da haben wir also doch etwas was vom Publikum aus auf den Redner wirkt und dies ist das der Rede vorhergehende, denn es geht vor den einzelnen Theilen der Rede vorher. | Es geht daraus hervor daß man das mimische in zwei verschiedene Elemente eintheilen muß. Diese Elemente sind: das mehr leidentliche was aus der Wahrnehmung des E i n d r u k s hervorgeht und das mehr wirksame was von dem I n h al t der Rede dominirt wird. Während der Rede selbst kann man von Gesichtsbewegungen nur ein Minimum annehmen. Diese Gesichtsbewegungen müssen der Rede in jedem Moment eigentlich vorangehn und das dominirende muß mehr Gesichtsstellung seyn als Gesichtsbewegung wogegen das Mimische als Gestikulation sich am meisten während der Rede zeigen kann. Denken wir uns den Dialog und den Moment des Dramatischen, so sind mehrere

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die auf einander wirken. Da kann die Wirksamkeit ungleich vertheilt seyn. Je mehr dies ist je mehr muß die Mimik pantomimisch erscheinen. Hier entsteht aus dem Verhältniß Mehrerer im gleichen Raum dies: daß im relativen Gegensatz von Bewegung und Stellung, jeder einzelne Bezug nehmen muß auf die übrigen und daß jeder Einzelne darstellen muß für sich noch das Verhältniß in dem er zum Ganzen steht und dann müssen die Bewegungen und Stellungen im Ganzen Bestimmtheit und Gemessenheit haben. Letzteres nennt man mit gewöhnlichem Ausdruk G r u p p i r u n g. Die Anwesenden werden als ein Ganzes angesehen und die Bewegungen müssen in jedem Moment Ein Ganzes bilden was durch seine Bestimmtheit und Gemessenheit ebenfalls das ideale ausdrükt. Hier verdoppelt sich die Aufgabe dadurch daß jeder die Regel seiner Beobachtung für die ideale hat, jeder auch noch eine Regel beobachten muß in Beziehung auf die übrigen. Wenn wir nun fragen: was ist denn aber nun das Richtige in Beziehung auf die Rede zu welcher die Bewegung gehört und was ist das Schöne in Beziehung auf die Darstellung der Bewegung so ists allerdings schwer hier in das materielle hineinzugehn; wir können nur anschließen an den natürlichen und unwillkürlichen Ausdruk, diesen aber näher zu bestimmen ist unmöglich denn hier treten die verschiedenen Stufen der Eigenthümlichkeit des Volks und auch des Alters ein aus denen das Kunstgemäße nothwendig hervorgehn muß. Hier erscheint uns vieles als willkürlich und also in seiner Verschiedenheit als conventionell von dem sich nicht nachweisen läßt daß es irgend wo erfunden ist. Wir können hier nur sagen daß der kunstgemäße Ausdruk sich anschließen muß | an den natürlichen. Je mehr die Gedankenerzeugung dominirt je mehr hat dies Einfluß auf die Gestikulation und Gesichtsbewegung. Nur Eins ist noch zu berüksichtigen. Wenn die Rede Poesie ist so entsteht eine doppelte Aufgabe. Denken wir die Rede in Prosa so dominirt in der Sprachmimik nichts anderes als der rhetorische Accent. Diese accentuirende Sprachmimik ist zugleich das dominirende der begleitenden Bewegung. So wie wir Poesie haben, haben wir das Sylbenmaß was sich dem Accent nicht so unterordnet als der Numerus. Nun ist offenbar daß in den begleitenden Bewegungen sich einiges allerdings auf den rhetorischen Accent beziehn muß andres aber auf. Wenn wir nun hierzu nehmen das früher gesagte über den Antagonismus der Mimik und Rede so müssen wir sagen daß die Vollkommenheit in der reinen Zusammenstimmung dieser verschiedenen Antagonismen besteht. In der Sprache muß sich das Sylbenmaß hervorheben und auch diejenigen Bewegungen die in der Analogie mit der Orchestik stehn müssen mehr dem Sylbenmaß folgen als dem 36 auf] bricht ab

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rhetorischen Accent. Hieran können wir nun noch die verschiedenen Beziehungen anknüpfen auf welchen die Vollkommenheit des Mimischen beruht. Wenn wir die verschiedenen Bewegungen gleichsam aus ihrem Mittelpunkt heraus betrachten, so können alle diese Elemente zusammen in ihrer Identität als die Rede begleitende ein zuwenig oder ein Zuviel darstellen. Wenn die Mimik hinter der Rede zurükbleibt so erscheint die Darstellung als todt[,] wenn die Mimik über die Erregung hinausgeht so wirkt die Darstellung überladen. Das mittlere wird das richtigere seyn, das reine Entsprechen daß der Hörende die Harmonie zwischen Erregung und Bewegung fühlt. Erregung und Bewegung zusammengenommen muß einen gewissen Grad von Verständlichkeit haben auch ohne die Rede: Wenn die Darstellung den Extremen des Leblosen näher kommt so geht daraus hervor daß der ganze Leib als Organ nicht durchgebildet ist und es tritt der innere Typus des beweglichen Daseyns nicht gehörig hervor. Wie kann man aber zu dem überladenen kommen? Offenbar wenn wir uns denken die Rede als eine ursprüngliche und nicht bloß dargestellte so müssen wir sagen: es kann ein bloßes Mißverständniß seyn zwischen der innern Stimmung | und der Gedankenerzeugung. Der Redende empfindet diesen Mangel und will ihn durch die Bewegung ersetzen. Die Dürftigkeit in dem einen Element erzeugt einen Überfluß in dem Andern. Es giebt auch einen andern Punkt von welchem dies Übergewicht ausgehen kann. Nämlich ein gewisses Übergewicht von Leiblichem so daß das Ganze eine gewisse Analogie des Thierischen bekommt. Das finden wir besonders in den niederen Klassen. Wenn die inneren Erregungen von dem rein Menschlichen ausgehn so wird uns immer diese ReinMenschlichkeit etwas thierisches geben. Auch ist offenbar daß hier ein sehr verschiedenes Maaß statt findet. Jedes Volk hat ein andres und wenn sich zwei Individuen gegenüberstehn so wird dem Einen die Mimik des andern todt erscheinen. Dem Italiäner z. B. der Deutsche. Hier kommen wir wieder darauf zurük daß alle Künste ihre Elemente hernehmen müssen aus der eigenthümlichen Welt. Innerhalb dieser Nationaldifferenzen giebt es wieder untergeordnete Temperamentsdifferenzen. Etwas allgemeines können wir nur in complicirten Formeln darstellen. Die Richtigkeit liegt darin wenn die Darstellung die den Ort im Einzelnen einnimmt recht klar ausdrükt. Da ist wieder ein großer Spielraum der Verhältniße des einzelnen zu dem Ganzen. Dieser Gegensatz zwischen dem Todten und Überladenen ist aber nicht der Einzige. Wenn wir auf das Entstehn des Kunstgemäßen aus dem Natürlichen zurükgehen so werden wir sagen: das Entstehn des Kunstgemäßen ist das Entstehn des Gemessenen aus dem Ungemessenen. Hier können wir uns wieder entfernen von dem unwillkürlichen Ausdruk aber es kann uns die Absonderung

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auch zu groß entscheiden und daraus entsteht die Künstelei. Es scheint als wenn es hier kein zu viel geben könne wenn doch gesagt ist das Wesen des Kunstwerks bestünde darin daß sich das Ungemessene verliert. Rein objektiv betrachtet kann kein Kunstelement zu bestimmt und gemessen seyn. Aber das Bestreben das Gemessene hervortreten zu lassen kann zu stark hervortreten. Es kommt dann dasjenige herein daß der Künstler mit Affekt arbeitet. Der Künstler bringt eine Beziehung hervor für diejenigen für welche die Darstellung gearbeitet wird. | Es ist offenbar daß diese beiden Extreme einander auch so erzeugen können. Ohne das eine zu vermeiden kann man in das andere überschlagen aber immer setzt das schon einen Fehler voraus in der ursprünglichen Kunstfertigkeit. Das gehört eigentlich alles in das Gebiet der Übung. So wie natürliches Talent und solche Übung zusammengenommen dasjenige hervorgebracht [hat], was wir den richtigen Takt nennen so muß dergleichen zurükgehn auf sich selbst und die Betrachtung ob man nahe daran ist in das eine oder das andre Extrem zu fallen in der Kunstproduktion gar nicht vorkommen. Das Verhältniß des Kunstmäßigen zu dem ursprünglichen ist dies daß überall keine Bewegung so wie sie in dem unwillkürlichen Ausdruk vorkommt auf dem Gebiet der Kunst ihren Typus ändern kann. Aber die Kunst muß zurükweisen auf die Besonnenheit wodurch der natürliche Process sich in einen kunstgemäßen verwandelt. In der Kunst soll eben die Beziehung des Dargestellten auf das Innere für sich rein hervortreten und dadurch P S P S in seinem Maaß und Bestimmtheit P S PerzeugenS. Hier giebt es auch Differenzen des Geschmaks also kann die Formel auch nicht allgemein geltend und zu allen Zeiten gleich seyn. Es gab innerhalb [von] 100 Jahren einen Zustand wo man in das Natürliche und [einen] wo man in das Gekünstelte überging. Wenn wir nun fragen in was für verschiedenen Gattungen die Mimik im engeren Sinne vorhanden ist so haben wir zweierlei zu unterscheiden; die rednerische und die dramatische. Was das unterscheidende der beiden Gattungen betrifft darüber läßt sich im allgemeinen nur sagen daß die Tendenz des Redners hierbei am meisten entscheidet. Das Drama ist eine reine Kunstgattung und die Rede können wir auf der einen Seite als dem politischen Leben[,] auf der andern dem religiösen Leben angehörend sehen. In der ersten ist immer ein bestimmter Zwek. Bei der religiösen die nun fast nur der neueren Zeit angehört, ist es zweifelhaft wie sie angesehn wird. Allerdings ist sie überwiegend didaktischer Art, auf der andern Seite aber kann man sie ansehn als aussprechend was in der Sammlung schon vorhanden ist, dann nähert sie sich mehr der reinen Kunstgattung. Auf dem Ge11 setzt] ersetzt

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biet der politischen Rede giebt es mehr Epideiktisches und dies nähert sich noch mehr der reinen Kunstgattung als die religiöse. Wenn wir nun den Gesichtspunkt festhalten daß die öffentliche Rede einen bestimmten Zwek vor Augen hat so ist die Rede nicht rein nach dem Gesetz der Kunst zu beurtheilen und das Mimische nimmt darin nur noch untergeordnetes Verhältniß statt. | Die Darstellung der Bewegung des Körpers findet allerdings seinen Platz. Wo ein bestimmter Zwek vorherrscht ist dies weniger der Fall und die Bewegungen sind rein an den Inhalt gewiesen und die Sprachmimik bekommt ein großes Übergewicht. Da nun das WechselVerhältniß zwischen Redner und Zuhörer nicht recht hervortritt so muß das P S auch zurüktreten. Wenn wir nun die religiöse Rede betrachten so ist offenbar daß wenn man sie auch mehr der epideiktischen Art der Alten nähert, dies gar keine Änderung hervorbringt. Das Mimische bleibt untergeordnet. Wo die Rede einen politischen Zwek hat da kann die Mimische Rede doch für sich ein eigenthümliches Element seyn. Es wirkt mit zur Hervorbringung der Überredung und Überzeugung. In der religiösen Rede ist der Gegenstand selbst von dem sich der Redner durchdrungen zeigen soll, von der Art, daß er am wenigsten ein heraustretendes Leibliches verträgt, da er weit mehr geistig ist und wo wir dergleichen wahrnehmen sagen wir gleich: es mische sich etwas Charakteristisches ein. Wir müssen also auch sagen: der religiöse Redner kann wenig vom politischen und noch weniger vom dramatischen Redner lernen, sonder er ist ganz zurükgewiesen an die größte Mäßigkeit in Hinsicht der leiblichen Bewegungen. – Was die dramatische Mimik betrifft so unterscheidet sich diese von der redenden wesentlich dadurch, daß die Wechselwirkung wirklich hervortritt in den Gegenreden der Mitspielenden. Nun sind außer den Mitspielenden auch Zuschauer vorhanden aber der Vortragende steht zu diesen eigentlich in gar keinem Verhältniß. Wenn der dramatische Mimiker der nur an die mit ihm zusammenwirkenden gewiesen ist zu gleicher Zeit dasjenige thut was der Redner thut d. h. auf das Publikum achtet und in seiner Mimik darauf Bezug nimmt, so ist dies etwas verkehrtes und falsches (Coquetterie). Für den mimischen Künstler müssen die Zuschauer so gut als nicht da seyn. Nun ist offenbar, daß je bedeutender die Handlung ist woran sich das mimische anschließt um desto stärker muß das mimische Element hervortreten. Wenn wir uns auf diesen Punkt stellen und fragen wie verhält sich die moderne dramatische Mimik zu 10–11 Zusatz Trendelenburg, 157: „Da nun auch das Wechselverhältniß zwischen Redner und Zuhörer auch kein solches Heraustreten ist, so muß auch die pathematische Mimik zurücktreten und eine große Mäßigung aller Bewegung ist das erste Erforderniß.“

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der antiken? Es ist nicht zu läugnen daß hierbei vieles von äußeren Umständen abhing. Es war ein andres Verhältniß des Schauspielers zu der Bühne und dem Publikum bei den Alten als bei den Neueren. Wegen der Größe des Raums verschwand die Gesichtsbildung schon und die Intension der Stimme mußte größer seyn. Je mehr nun die Stimme angestrengt wird desto größer ist die Bewegung der Sprechorgane und desto größer muß die Ruhe der übrigen Organe seyn. | Da war es unter dieser PLageS möglich daß die Gesichtsstellung mehr wirken mußte als die Gesichtsbewegung. Bei der Beschaffenheit des alten Dramas nahmen die Bewegungen des ganzen Körpers schon einen andern größeren Platz ein. Es ist dies wenn wir auf die alte Tragödie sehen durch den Chor postulirt. Denn das würde uns auch nicht gefallen wenn wir in dem Chor eine größere Gesichtsbewegung wahrnehmen; sonst würden die Bewegungen uns beim Chor so wie auf Befehl geschehen erscheinen. Bei dem Chor tritt die Individualität des Einzelnen ganz zurük. Das gewaltsame Hemmen (durch Masken) der Gesichtsbewegungen war also bei den Alten an ihrem Platz. Deshalb kann aber doch die neuere Mimik vorzuziehen seyn. Es kommt dabei freilich auf den ganzen Charakter des Drama an den wir weiter unter berühren werden. Von unsrer Art des Drama läßt sich die Gesichtsmimik gar nicht trennen und ein neues Drama mit Masken zu spielen wäre sehr unklug und widersinnig. Was der dramatischen Mimik noch einen andern wesentlichen Unterschied von der rhetorischen giebt ist die Gruppirung. Da ist eben dieser Antagonismus daß die Bewegungen folgen müssen verschiedenen Regeln einmal durch den Antheil den der Einzelne hat durch seine Rolle dann aber auch durch das was gefodert wird insofern das Ganze zusammenwirkt. Dieser Antagonismus erhöht das Kunstinteresse. Alles was gruppirende Darstellung ist darf nicht den Schein des Absichtlichen haben. Nun was das erste betrifft: das Verhältniß der Bewegung (wo wir Sprach Gesichts und Gebärdenmimik zusammen haben) zu der Rede so haben wir in unserer modernen Zeit wo diese Kunst ein Gegenstand der Kritik geworden ist, die es bei den Alten nicht so gab, das als merkwürdig, wie verschieden das Auffassen Eines und desselben Gegenstandes seyn kann. Da erscheint uns die Rede für die mimische Darstellung als unbestimmtes[,] woher kommt das und was können wir davon für Gebrauch machen in Beziehung auf die Principien der mimischen Darstellung? Wenn wir das Faktum aufstellen daß durch die mimische Handlung selbst die Rede für die mimische Behandlung als unbestimmt da steht, so fragt sich ist das richtig d. h. müssen wir 21–22 Zusatz Trendelenburg, 159: „So könnte man es auch bei anderen Nachahmungen, wie bei Schlegels Ion versuchen.“

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sagen von allen verschiedenen Auffassungen des Schauspielers ist nur Eine die richtige? Es ist schwer | zu entscheiden. Beim antiken Drama konnte die Frage gar nicht aufgeworfen werden. Es war in der Regel daß der Dichter den Schauspieler selbst nie lehrte. Wie müssen wir uns den Dichter denken indem er das Drama componirt, so daß ihm die Gestalten alle vorschweben? Denken wir ihn so, so würden wir sagen so haben wir da als zugleich entstandenes das poetische Kunstwerk und das mimische, und dann müßten wir sagen: das Mimische wäre die eigentliche PreineS Urbildung und die wirkliche Ausführung durch die Schauspieler wäre nur die Ausführung davon. Daraus würde folgen daß der Dichter sich nun auch seine Schauspieler wählen könnte. Davon ausgegangen müssen wir geneigt seyn für das Eine zu entscheiden. Je genauer der Dichter die mimische Urbildung beschreiben könnte desto vollkommner würde die Ausführung werden. – Wenn wir uns denken daß dem Dichter die Gestalten so auf verschiedene Weise vorschweben so müssen wir sagen denken läßt sich das aber nur wenn ein enger Zusammenhang des Dichters mit der mimischen Darstellung gewesen ist. So wie wir denken der Dichter macht sein Drama ohne daß es ihm einfällt ob es auf die Bühne kommt oder nicht. Dann können wir aber auch nicht dieses mimische Interesse voraussetzen. Da ist wieder die Theilung zwischen antiker Theilung und der modernen. Dazu kommt daß eben wegen des Verhältnisses des Chors im antiken Drama der einzelne Schauspieler weit mehr zurüktrat wogegen bei uns der Einzelne weit mehr hervortritt. Da muß jeder Schauspieler das Recht haben weil ich ein andrer bin muß es mir erlaubt seyn die Person ganz anders darzustellen weil ich eben meine eigenthümliche Individualisation habe. Jeder einzelne Schauspieler steht wieder in einem andern Verhältniß zu dramatischer Dichtung. Von der Eigenthümlichkeit des Schauspielers geht die letzte Bestimmung aus. Der antike dramatische Mimiker ist allerdings durch den Dichter bestimmt und also lediglich wie ein darstellender Künster zu betrachten dessen Darstellung darauf gerichtet ist daß die Handlung recht hervortritt. Der moderne Dramatiker sieht in seiner Handlung auf den Dichter und auf das PErzeugendeS. Es liegt dabei zum Grunde daß in dem modernen Drama die Person mehr für sich dargestellt werden soll. Es läßt sich aber das was fehlt um aus der einzelnen Handlung die Person an und für sich zu bestimmen, auf vielerlei Art thun und es ist eine unbestimmte Aufgabe. | Dies hängt zusammen mit der Verschiedenheit des Drama. Die Tragödie ist nicht wie die Comödie national und nur aus Improvisationen entstanden. Bei unsern ausgeführten dramatischen Stüken ist diese freie PBeziehungS des 28 in] zu

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Mimen das Übriggebliebne. Die ausübenden Personen bei uns qualificiren sich gar nicht dazu solche Compositionen zu bilden und auch bei den besseren dominirt ein natürlicher Instinkt der aus Erinnerung besteht die aus der alten Mimik zurükgeblieben ist. Es ist noch die Frage übrig wie sich auf dem Gebiet der Mimik der Hauptgegensatz zwischen tragischem und komischem Kunstgebiet in der Darstellung verhält. In wie fern ist eine Differenz gesetzt in dem Zusammenhang der Bewegung mit der Rede? Daß der Gehalt der Rede ein andrer ist versteht sich von selbst. Soll eine eigenthümliche mimische Differenz seyn so kann sie nur in dem bezeichneten Gebiet liegen. Wir können wieder nur von der Genesis ausgehn. Ist die auf dem komischen Gebiet anders als auf dem tragischen? – Es ist in dem tragischen überall eine strengere Bestimmtheit und in dem Komischen ein freieres und laxeres Maaß gehalten. Wenn das tragische sich auf irgend eine Weise der Karrikatur nähert so kehrt es seinen Charakter um und wird lächerlich. Dieselben Sylbenmaaße folgen bei den Alten einem strengerem Maaße, dasselbe ist mit den mimischen Bewegungen der Fall. Hieraus muß sich alles erklären lassen was auf dem mimischen Gebiet den Gegensatz zwischen komischem und tragischem macht der freilich nur relativ ist. Es ist offenbar daß hiermit zusammenhängt daß im Komischen eine geringere Differenz ist zwischen der Naturwahrheit und Kunstwahrheit, in dem Tragischen aber die Differenz stärker heraustreten muß. Wo für die ganze dramatische Dichtkunst die Poesie das Metrische das Sylbenmaß eine nothwendige Forderung war konnte man nie aus dem Bewußtseyn der Kunstwahrheit herauskommen. Wenn wir zugeben müssen daß das Metrum im Unterschied vom Numerus ein wesentliches Element des Dichterwerks ist so ist damit auch gesetzt daß es im Drama herrschen muß. Es giebt nun über die Mimik eine Menge von einzelnen Vorschriften. Das gehört aber in das Gebiet der Technik. Nur das sei gesagt daß es hier vieles giebt was mit einer gewissen Wahrheit und Sicherheit aufgestellt werden kann aber nur für ein gewisses Gebiet. Jede Nation wird ein andres Maaß | haben. Wenn z. B. das Drama in den höheren Kreisen versirt so wird die deutsche und die französische Mimik nie dieselbe seyn können. Da ist also das Gebiet wo der Einzelne ruht in der physiologischen Nationalität. – Wir haben im Deutschen ein Werk über diesen Gegenstand wie in keiner andern Literatur. Das ist die Mimik von Engel. – Es ist nun noch 37–38 Johann Jakob Engel: Ideen zu einer Mimik, Berlin 1785–86

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3) übrig die eigentliche Pantomime

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d. h. die mimische Darstellung die von der Rede losgerissen ist. Es wird darauf ankommen den Zusammenhang mit Orchestik und der die Sprache begleitenden Mimik aufzusuchen. Der Form nach ist die Pantomime Orchestik dem Inhalt nach der dramatischen Mimik analog. Hier haben wir eine doppelte Ansicht. Nach der einen wird die Pantomime erscheinen als erhöhter Tanz. Auf der andern Seite, als verstümmeltes Drama dem die Sprache genommen ist. Die Orchestik ist Ausdruk der Stimmung in Reihe von Bewegungen die sich an den natürlichen und unwillkürlichen Ausdruk anschließen, aber als Ausdruk der Stimmung ist nun immer das ganze verständlich und dies wird erhöht durch das Verhältniß zur Musik. Diese werden wir als ursprünglich denken können. Dies ist schwankend aber darf doch nicht über gewisse Grenzen hinaus gehen. Die Verständlichkeit ist aber mehr im Ganzen als im Einzelnen. Die Differenz kann nie ganz aufgehoben werden. Der Charakter der Bewegung PinS Beziehung auf das Verhältniß der Stellung etc. ist gleich. Es wird die Reihe von Bewegungen zu gleicher Zeit Darstellung einer Handlung die Sprache aber fehlt. Die Reihe der Bewegungen sind mittelbarer Ausdruk der Stimmung; liegt darin Erhöhung oder Aberration? Wenn die Pantomime so ist daß sie nur als verstummtes Drama angesehn werden kann so ist sie Aberration, wenn sie von der Art ist daß sie verständlich gemachter Tanz ist so ist sie eine Steigerung auf diesem Gebiet. Nun fragt sich worauf beruht das? Darauf in wie fern das Ganze verständlich ist und seyn kann ohne die Sprache. Unterschied zwischen antik und modern. Die Alten hatten einen mythologischen und heroischen Cyklus. Was hierein gehörte war volksmäßig. Die dramatische Mimik versirte ganz in diesem Gebiete. – | Das epische war mehr volksmäßig und allen bekannt. Wie ists mit der modernen Pantomime? Sie kommt uns vor in dem Ballet. Die alte Pantomime war von der dramatischen Dichtkunst ganz losgerissen und kam auf dem Theater nicht vor sondern nur in Privatgesellschaften. Es fehlte die Umgebung die das Theater bildet. Wir haben das Ballet auf zweifache Weise, einmal als Bestandtheil der Oper und dann rein für sich heraustretend. Als Bestandtheil der Oper kann es gewisse Ähnlichkeit haben mit der antiken Pantomime und das scheint das einzige was gelobt werden kann. Wenn aber auch in der Oper das Ballet im Zwischenakt etwas ganz fremdartiges ist oder ganz für sich erscheint; was haben wir da für eine Handlung die dargestellt wird? Man fühlt überall nichts heraus als das verstümmelte Drama indem man durchaus an die Handlung gewiesen ist die man nicht versteht. Das ist eine schlechte Gattung der man gar nicht mehr rechten Anspruch auf die Kunst geben kann und

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nimmt man dazu daß in der Reihe PderS Bewegungen der epideiktische Charakter sich zeigt so muß man sagen: dies gehört eher mit unter die erhöhte Seiltänzerei. Da erscheint also die Pantomime als Aberration. Wenn nun jemand von einem Ballet sagen will das steht ja da und da geschrieben so hat das gar keine Bestimmung so wie bei den Alten wo man z. B. Personen und Handlungen aus dem Homer darstellte. – Wir wollen nun einen Rükblik thun auf das ganze Gebiet der Mimik. Wir sind überall davon ausgegangen daß alle Kunstthätigkeit beruhe auf erhöhter Stimmung und das ist das Fundament was auf der Seite der Begeisterung liege und nun werde sie Kunst durch das Eintreten der Besonnenheit. Wenn wir nun fragen, was ist da die eigenthümliche mimische Begeisterung die hier zum Grunde liegt und was ist die wahre den Sinn des Kunstgebiets richtig schaffende Besonnenheit? Diese Frage ließ sich nicht eher aufwerfen bis wir das ganze Gebiet überschaut hatten. Das Fundament worauf der mimische Kunstsinn beruht ist nichts anderes als das erhöhte Gefühl von der Geistigkeit des Leibes. Es ist das durchgehende Bewußtseyn von der Identität beider so daß das leibliche nur als die äußere Seite des Geistigen angesehn werden kann. Wir sehen hieraus zugleich den eigentlichen Grund der großen Differenz in welcher dieser Kunstzweig erscheint. In demselben Maaß in welchem der Leib überall | nur als Organ zum Bewußtseyn kommt zur gebundenen Thätigkeit, in demselben Maaß muß der Sinn für diese Kunst zurüktreten. Je mehr der Geist sich von dem Leib zurükzieht durch das Speculative um so weniger wird sich jenes Talent ausbilden. Wo also auf der einen Seite das mechanische auf der andern das speculative dominirt da ist sein Grund und Boden nicht. Vergleichen wir das antike und moderne so müssen wir sagen es ist natürlich daß im Alterthum diese Kunst einen größeren Spielraum hatte denn die Speculation war zurükgedrängt und das mechanische war in den Händen der Sklaven. Auch das öffentliche Leben wo die Menschen weit mehr zur Anschauung kamen, das Hervortreten des Gymnastischen, das alles begünstigte den Sinn für die symbolische Dignität des Leibs. Auf der andern Seite finden wir auch wieder einen zurüktretenden Einzelnen; woher wir bei den Alten alles mehr auf das Chor sich beziehend finden und die persönliche Virtuosität verschwindend. Wo diese die allgemeine Entwiklung begünstigenden Bedingungen weniger vorhanden sind, muß natürlich das Ganze eine andre Gestalt annehmen. Betrachten wir die orientalische Ruhe so begünstigt diese schon weit weniger das Erscheinen der symbolischen Dignität des Leibs. Das gleichförmige zurüktreten des Körpers und Geistes giebt weniger Veranlassung zur Entwiklung der Harmonie. Daher bei den Orientalen 1 der] folgt ))die**

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der Tanz ein wesentliches Vergnügen ist aber so daß man nur vor sich tanzen läßt wogegen das eigentlich mimische ganz zurüktritt, wegen der geringen Bekanntschaft mit dem Wechsel der inneren Gemüthsbewegung. Mit dem Tanz bei den Griechen hat es eigentlich dieselbe Bewandtniß gehabt. Die Freien haben nicht öffentlich getanzt; sie haben nur vor sich tanzen lassen wiewohl einige Spuren sind wo sie in der Zeit der gymnastischen Übungen getanzt haben. Das hat freilich einen etwas complicirteren Zusammenhang. Man muß darauf sehen wie das Mimische was seinen Sitz in der ganzen Gestalt hat bei ihnen beständig hervortrat und wie diese Seite in dem gewöhnlichen Leben ihre Befriedigung fand und wie der | Tanz einen leichteren Charakter bekommen hatte durch die Annäherung. Früher hatten wir [gesagt] es sei das Zusammenseyn und wirken der beiden Geschlechter in der Orchestik etwas unbedenkliches. Das gilt für uns in höherem Maaße als es für die Alten galt. Alles dasjenige wodurch der Körper in seiner Bewegung Darstellung wird einmal der Schönheit die sich entwikelt, dann seiner ganzen Natur nach gehört mit zum symbolischen Charakter desselben. Dieser Ausdruk wird mehr erregt je stärker hervortretend alle Bewegungen sind. Das Erregende in jeder Bewegung war ein weit allgemeineres und das war es was den öffentlichen Tanz aus dem freieren Leben ausschloß. Wenn wir PdasS moderne vergleichen so finden wir den Leib als Princip des Mechanismus weit stärker hervortreten, indem der Unterschied zwischen denen die mechanische Gewerbe treiben und [denen die] andre Geschäfte haben gar nicht so bestimmt ist. Die Differenz zwischen den Gebildeten und denen die mehr auf mechanische Künste angewiesen sind, ist eigentlich so groß jetzt wie im Alterthum. Aber einmal haben wir ein mehr vergleichendes durch das Christenthum und dann ist das persönliche Verhältniß zu einander ganz anders. Es ist nicht mehr das Verhältniß des Herrn zum Sklaven. Das Speculative ist bei uns auch mehr in die gesammte Bildung eingetreten. Dagegen in dem Verhältniß in welchem das Ganze sich bei uns entwikelt ist durch das Verhältniß des gemeinsamen Lebens zum öffentlichen ist das Verhältniß der Mimik und Orchestik auf das bestimmteste gegründet. Es findet in dieser Beziehung etwas ähnliches statt auf dem Gebiet des Physiognomischen als des Orchestischen. Dieser Kunstzweig hat bei uns denselben Charakter wie der Tanz bei den Alten. Wenn Gebildete für sich dramatische Vorstellungen geben so ist dies auch etwas was man geheim hält so daß [es] nicht in das öffentliche Leben hinaustritt. Was ist hiervon der Grund? Hier ists sehr complicirt. Es ist wahr, es hat einen Schein für sich daß je mehr jemand in der Darstellung fremder Eigenthümlichkeit begriffen ist desto mehr seine eigne verloren geht. Es ist dies aber mehr ein Schein. Es ist auch hier das mehr | gesellig sittliche das bestimmende Motiv

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und das Übergewicht welches wir legen auf eine Lebensweise die in die dominirenden Bestrebungen eingreifen muß. Der mimische Künstler erscheint immer als einer der zum Vergnügen andrer da ist. Wir sehn das nicht an als etwas was eigentlich ein bestimmter Beruf seyn könnte. Das ist ein bestimmter Unterschied zwischen antik und modern. Andre Künstler schätzen wir auf andre Weise. Was herausgehoben ist, ist daß sie aus freier innerer Produktion hervorgegangen. Alle Kunst welche auf der Gedanken und Bildererzeugung beruht geht von der unmittelbaren innern Produktion aus. Der Mimiker aber muß sich erst in die Lage des Darzustellenden versetzen. Es ist zuerst klar daß das ganze Talent nicht eher erwachen kann bis alle die Funktionen entwikelt sind in welchen sich diese Einheit des Geistigen und Körperlichen zeigt. Es ist sonst immer nur ein Lernen wie irgend etwas anderes gelernt wird und ein nachahmen ohne Interesse. Bei Kindern ist dies Tanzen nie Interesse und die Mimik mit einigem Bewußtseyn ist der höchste Gipfel von dem was wir das Altkluge bei den Kindern nennen. Die Orchestik ist hauptsächlich an die Jugend angeschlossen. Solche leibliche Darstellung ist der älteren Person nicht mehr angemessen. In ein etwas höheres Alter kann sie die Mimik nicht hinüberziehn. Es tritt sonst in der Mimik nur das epideiktische hervor. Dann ist das rein künstlerische nicht mehr gegeben. Wir sehn wie in Rüksicht auf die Dauer diese Kunst einen sehr kleinen Kreislauf hat. – Wenn wir noch einmal zurükkommen darauf daß hier das Hervortreten des symbolischen Charakters des Leibes die Hauptsache ist so wird hier noch eine Hauptdifferenz zwischen Orchestik und Mimik [sich] finden. Die Orchestik versirt mehr auf dem Gebiet der Irritabilität die Mimik mehr auf dem Gebiet der Sensibilität und ist mehr der Ausdruk des Geistigen durch das Geistige so wie die Orchestik mehr der Ausdruk des Geistigen durch das Leibliche im animalischen Leben ist. Allerdings erscheint uns die Mimik in größerer die Orchestik in geringerer Bedeutung, die Orchestik mehr als Sache des | großen Volks die Mimik mehr als Sache des Einzelnen. Die Pantomime stellt ein Gleichgewicht dieser beiden PFunktionenS dar. Aber dies Bestreben für sich hat schon etwas von dem Epideiktischen an sich. Da ist das Bestreben nur darzustellen wie weit der relative Gegensatz mit dem andern überwunden werden kann. Wenn wir das Kunstgebiet betrachten müssen einmal im Hervortreten für sich dann auch im Verhältniß zu den andern Lebensthätigkeiten und fragen wie der PeineS Kunstzweig steht so müssen wir sagen: daß dieser Kunstzweig seinen Gipfel hat nicht auf dem höchsten Punkt des Heraustretens, Sondern daß dieser Kunstzweig seinen Gipfel hat auf dem Hervortreten des Grenzpunkts zwischen den Künsten, auf dem Grenzpunkt der Orchestik und der Mimik. Hierdurch bekommen wir gleichsam zwei Brenn-

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punkte von wo aus sich der eigentliche Werth dieser Kunst darstellt 1) daß der unmittelbare innere Ausdruk der Bewegung zur Anschauung kommen soll in der Gesellschaft 2) daß uns der Geist klarer werden soll vermittelst des unmittelbaren Einflußes den er auf die Bewegungen macht. Diese Anschauung soll nachher auf den natürlichen und unwillkürlichen Charakter zurük wirken. Die in der Mimik selbst durch das Hervortreten erhöhte Anmuth und Schönheit das ist das eigentliche Werk dieser Kunst daß sie ein Urbild und Vorbild aller Gratie sei. So werden wir auch auf eben diese Weise das Verhältniß dieses Kunstgebiets zu den übrigen betrachten können. Mit der Musik haben wir dieses Kunstgebiet schon verbunden. Nur ist die Musik an ein einzelnes Organ gebunden für die Mimik ist der ganze Körper Organ. Beide loken sich gegenseitig hervor. Man kann also nicht anders sagen [als] daß sie in völliger Gleichheit beide einander unentbehrlich sind. Zu der Plastik steht die Mimik in ganz eignem Verhältniß. Sie bringt dasselbe hervor was die Plastik aber nur an dem lebendigen Leibe da die Plastik in einer todten Masse producirt. Die Plastik kann in dem Bilde nur die Ruhe darstellen, die Mimik stellt eigentlich nie die Ruhe sondern immer die Bewegung dar. Daher muß die Plastik alles sicher auf der festen Grundlage dem Knochenbau stehn wogegen die | Mimik mehr das elastische, das Muskelsystem zur Anschauung bringen will. So gereichen sich beide zur Ergänzung. Die Malerei tritt offenbar in Beziehung auf die Verwandtschaft mehr zurük. Die Plastik kann weniger gruppiren, die Malerei aber hat eigentlich ihre Haupttendenz in der Gruppirung der Gestalten und sieht mehr auf das gruppirende Licht als auf das wechselnde in der Darstellung. Also auf dieser Seite dienen sich beide zur Ergänzung. Alle Poesie kann die Sprachmimik nicht entbehren und wo ein Talent zur Sprachmimik ist da lokt dies auch die Poesie hervor. Die lyrische und dramatische Poesie verlangen Minenspiel Geberdenmimik und Tanz. Musik.

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Diese Kunst hat im Gegensatz gegen die übrigen Künste mit der Mimik diese Verwandtschaft daß sie sich an den unmittelbaren Ausdruk der Gemüthsstimmung anschließt; denn in dieser Beziehung gehören Ton und Bewegung zusammen. Was hier das Kunstgemäße im Gegensatz gegen das Natürliche ist beruht ganz auf demselbigen. Es ist eben daß der Moment der Besinnung hineintritt und dadurch jedes Element bestimmt und gemessen und auch auf den ganzen Cyklus bezogen 18 dem] der

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wird. Wir müssen die Analogie weiter verfolgen und sagen wir finden in der Musik etwas analoges mit der Mimik. Aber eine Differenz findet sich gleich. Die Musik erscheint gleich als ein größeres und umfassenderes Kunstgebiet. Wenn wir auf den ganzen Umfang der Musik sehen so müssen wir sagen daß bei weitem der größte Theil aller Töne gar nicht in der Natur vorhanden sondern rein von dem Menschen hervorgebracht ist. Wenn wir rein auf die menschliche Stimme sehn so müssen wir sagen den eigentlichen Gesang finden wir nie ohne Besinnung die ihn als Kunst stempelt. Die Art wie der Ton ganz hiervon abgesehen vorkommt das ist in der Rede, in der Interjektion und im Weinen und Lachen; aber diese umfassen den Umfang der menschlichen Stimme wie er sich uns im Gesange darstellt gar nicht sondern es stellt sich dar als wenn dieser erst durch das was schon Kunst ist erweitert sei. Man hat Versuche angestellt in welchem Umfang der Rede die Höhe und Tiefe ist. Nun ist die Interjektion | unmittelbar an die Rede anschließend und von keinem größeren Umfange. Wenn jemand lachen wollte in der tiefsten Tiefe oder höchsten Höhe die er singen kann, so wäre das lächerlich. Hierin liegt also auch ein Maaß. Alles was jenseits dieses Umfangs liegt ist erst durch die Richtung auf die Musik entstanden. Es muß einer erst singen wollen um den ganzen Umfang seiner Stimme kennen zu lernen. Die menschliche Stimme ist in der Musik nur ein einzelnes Instrument. Was giebt es nun für verschiedene Instrumente! Ein einigermaßen geübtes Ohr kann in bedeutender Entfernung den Ton eines Saiteninstruments und Blaseinstruments unterscheiden, qualitative Differenz. Hier haben wir eine Welt von Tönen von denen wir sagen müssen wir finden sie nicht anders als durch die Richtung auf die Kunst weil sie in andern Combinationen gar nicht vorkommen. – Früher war [darauf] aufmerksam gemacht: es gebe manches Element in den bedeutsamen Bewegungen welches conventionell erschien theils daß sie verschieden in verschiedenen Völkern theils daß sie in andern gar nicht vorkommen. Hier werden wir sagen müssen: hier ist etwas was als gemacht erscheint. Es ist aber nicht das rein materielle sondern das Bedeutsame. Die conventionellen Bewegungen scheinen mehr geworden als gemacht. Es giebt außer jenem Gebiet Verbindungen von Bewegung mit etwas Innerem was sie darstellen soll aber wir wissen immer nicht worauf das beruht daß das eine Volk ein gewisses Verhältniß so andeutet ein andres so. Wir müssen also dabei stehen bleiben. Dadurch daß hier in der Musik die Kunst den Umfang des natürlichen Elements so sehr erweitert hat müssen wir hier einen weit größeren Kunstumfang annehmen. – Wenn wir nun auf das Ganze eines musikalischen Kunst30 daß] das

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werks sehn wie erklären wir hier das Entstehen des Künstlerischen aus dem Kunstlosen und Natürlichen? Bis jetzt ist nur die Rede gewesen von der Differenz im Gebiet des Tons überhaupt und daß wir im Gebiet der Kunst eine größere Differenz finden als in der Natur. Nun können alle diese Töne an und für sich eben so ungemessen seyn wie die ursprünglichen natürlichen. Daher müssen | wir sagen: das Kunstgemäße entsteht aus dem ursprünglichen unwillkürlichen Naturausdruk. Wir wollen hiervon einmal ausgehn wiewohl es nicht so ist. In diesem Fall würde doch alles Kunstlos seyn so wie das Maaß fehlte. Sehn wir auf die bloße Differenz und einen Ton an und für sich in bestimmter Höhe oder Tiefe hören was finden wir darin wenn wir ihn von verschiedenen Stimmen hervorgebracht hören? Was finden wir da? Verschiedenheit in Stärke und Reinheit. Aber wie bekommen wir das Maaß hinein? Ein vollkommen gleich gehaltener und in Beziehung auf Höhe oder Tiefe feststehender Ton hat eben so wenig Maaß in sich als eine grade Linie. Die Dauer des Tons erscheint dann als Fragment. Bekommt nun der Ton sein Maaß nur dadurch daß er an andre grenzt? Nein. Er kann sein Maaß auch durch etwas andres bekommen aber nicht wenn er in Beziehung auf Stärke fortgehender seyn soll aber denken wir uns ihn in Beziehung auf Stärke vom minimum anfangend und zum Maximum fortschreitend und wieder vergehend so hat er sein Maaß in sich selbst. Da kann er durch das Anschwellen und Vermindern ein inneres Maaß in sich selbst bekommen und das repräsentirt dann die ganze Stärke der Stimme. Eine schwächere Stimme hat ein geringeres Maaß in sich als die Stärkere. Abstrahiren wir von dieser Insichselbstgemessenheit des Tons so werden wir sagen müssen kann er nur gemessen werden dadurch daß ein Ton an den andern grenzt. Da werden wir doch sagen müssen: Ist nun auch das Gemessene abhängig von der Vergleichung des einen mit dem andern: dann wird sich von selbst ergeben daß wir nicht die Länge und Kürze des Tons in gleichem Verhältniß sehen, so wäre es eben so gut als wenn sie ungemessen wären. Nun müssen wir sagen: Wenn nun eine größere Folge von Tönen gegeben wird so können wir nicht bemerken ob sie einzeln betrachtet commensurabel sind oder nicht wenn wir nicht größere Einzelheiten haben. Denkt man sich eine Reihe PvonS Tönen wo jeder bestimmte Länge und Kürze habe aber man sollte 24 oder 30 bestimmte Töne hören ohne Abschnitt dazwischen zu machen so würden die Töne als ungemessen erscheinen. | Das ist was wir in der Musik den Ta kt nennen – das Absetzen der größeren in sich theilbaren Zeitabschnitte (Analog dem was wir Arsis und Thesis nannten.) Wir wollen nun einmal hier stehen bleiben. 25 Stimme] Stärke

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Dann müssen wir sagen: Wenn wir eine Reihe von Tönen hören ohne Differenz von Höhe und Tiefe aber doch so daß er in verschiedene Momente fällt und vom crescendo anfängt, so werden wir sagen hier ist schon in der Hervorbringung des Tons eine Besinnung die sich zeigt in der insichselbstgemessenheit des Tons. In so fern kann ein einzelner Ton also einen Kunsteindruk machen den wir freilich nicht lange würden aushalten können wenn nicht Wechsel von Höhe und Tiefe hinzukommt. Wenn man nun denkt Töne im Wechsel von Höhe und Tiefe aber ohne die Differenz des Anschwellens und vergehens. So wie sie in dieser Differenz einen Takt darstellen werden sie ein Kunstwerk ausmachen. Was giebt dem letzten den Vorzug vor dem ersten? Im letzten Produkt ist das melodische im ersten nicht. Wenn wir eine Melodie hören ohne daß die einzelnen Töne in sich gemessen sind so ist das allerdings auch etwas ungemessenes und dem ersten kommt eine ursprüngliche Vollkommenheit zu. Verbinden wir beide so haben wir alles was der einzelne Ton hervorbringen kann. Eine solche Reihe, ein melodischer Satz von einfachen Tönen wird immer schon ein Kunstganzes seyn. Fragen wir nun: was wird eigentlich vernommen? wenn wir solches hören. Wir vernehmen dann daß der unwillkürliche Naturausdruk der Stimmung modificirt worden ist durch das Hinzutreten der Besinnung. Aus dem Naturausdruk erkennen wir leicht die Gemüthsstimmung selbst. Wenn man melodischen Satz hört so ist die Bedeutsamkeit PnochS dieselbe. Wenn der melodische Satz nicht gesungene Rede sondern reiner Ton ist, dann scheint die Bedeutsamkeit zu verlieren statt zu gewinnen. Das wäre gegen die eigentliche ursprüngliche Tendenz denn die Besinnung hängt mit dem Verstandenseynwollen zusammen. | Wie sollten wir nun denken daß der Mensch auf diesem Gebiet solch verkehrte Wege sollte eingeschlagen haben? Jetzt und für den Augenblik läßt sich noch nichts sagen. – Nun kommt erst das Zusammenseyn mehrerer Töne was wir im Gegensatz gegen Melodie, Harmonie nennen. Bleiben wir wieder bei der menschlichen Stimme stehen so müssen wir sagen: wenn mehrere auf dieselbe Weise gestimmt sind so wird ein Zusammenseyn von gleichen Tönen entstehn; das wird auf der natürlichen Seite ein sehr disharmonisches seyn; nur daß 18–27 Variante Trendelenburg, 171: „Bleiben wir hiebei stehen und fragen wir, was denn eigentlich vernommen wird. Hören wir den einfachen Naturton als Accord oder Interjection, so erkennen wir in ihm auch die Gemüthsstimmung, aus dem gemeinsamen Leben, das wir auf unser eigenes reduciren. Ist es auch so noch bei der Melodie? – Ja – wenn es ein gesungener Satz ist. – aber wenn es reiner Ton ist, scheint die Bedeutsamkeit zu verlieren. Das wäre gegen die Tendenz, da die Besinnung, die hinzutritt, immer zusammenhängt mit dem Vernommenseynwollen. –– Es ist dies der schwierigste Punct im Verstehen der Musik überhaupt.“

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deshalb der Ton überhaupt nicht gemessen ist. So lange der Ton ungemessen ist kann die Dissonanz auch nicht bemerkt werden. Wir sehn also wie das Zugleichseyn der Töne auch wiederum auf besondere Weise muß umgebildet werden aus PUnwillkürlichemS und Natürlichem. Fragen wir nun was würde wohl das Nächste seyn? Dies offenbar daß sich alle in denselben Ton hinein versetzten, das ist das Unis o n o . Ganz streng genommen wird das nicht richtig seyn: Jede Stimme hat eigentlich ihre qualitative Verschiedenheit und jeder der die einzelnen Stimmen kennt dem wird das Unisono nicht so schlecht vorkommen. In der Kunst erscheint uns auch jetzt das Unisono als das Unvollkommenste und wir verlangen daß die Differenz heraustreten soll in der Menge der Töne. Das führt den harmonischen Gegensatz herbei von C o n s o n an z un d D i s s o na nz, und aus der Vermischung von beiden zusammen mit der Melodie und dem Takt. Das ist die Totalität der musikalischen Elemente. Die Differenz von Höhe und Tiefe verstehen wir. Woher das aber kommt daß gewisse Töne als zusammengehörig erscheinen das ist für sich nicht verständlich. Das führt uns auf eine Ansicht von der Musik die mehr dahin führt das Ganze in seinem Naturwerth mehr zu verkennen als richtig zu beurtheilen. Man macht sich dies Verhältniß klar aus den Schwingungen der verschiednen Töne. In der Melodie finden wir daß ein andrer Gegensatz herrscht, der zwischen dem allmähligen Übergang aus einem Ton in den andern und der Sprung durch größere oder geringere Intervalle aber in beiden kommt der Unterschied wieder untergeordneter. | Es ist hier in dem melodischen offenbar etwas physiologisches was mehr oder weniger noch zu entdeken ist. Das Nationale spielt schon mit hinein. Denn in der alten Musik gab es ganz andre melodische Verhältniße und ganz andre Schlußweisen also auch andre Töne die von dem Grundton ausgehn können. Wenn nun in der Harmonie und Melodie ein solcher Gegensatz den musikalischen Reichthum bildet so ist im Rhythmus ein eben solcher. Es ist auch ein Gegensatz wie im Takt so im Wechsel der schnellen und langsamen kurzen und langen Töne woraus die vier Haupttempos entstehn die wir in der gegenwärtigen Musik unterscheiden und die den Moment bilden der sich am meisten an das Natürliche anschließt. – Das Allegro entspricht dem sanguinischen, presto [dem] cholerischen, Andante [dem] phlegmatischen, Adagio [dem] melancholischen. Hier finden wir also einen Theil von der Antwort auf die Frage wie es zugehe daß durch die Erweiterung des Natureindruks in der Musik die Bedeutsamkeit PeherS gewinne als verliere. Wenn wir auf den melodischen und harmonischen Gegensatz achten so müssen wir anknüpfen an das eben bemerkte den Antheil den das Nationelle darin hat. Hier tritt uns gleich 42 den] dem

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entgegen die große Differenz zwischen der antiken und modernen Musik. Zuvörderst aber machen wir allgemeine Betrachtung über die aufgestellten Momente. Rythmus Melodie Harmonie. Jedes für sich allein bringt einen Eindruk hervor der so wie er die allgemeine Kunstform des in sich Gemessenen an sich trägt auch sogleich ein wirklischer Kunsteindruk ist. Nun können wir uns diese Elemente denken die beim vollständigen musikalischen Kunstwerk beisammen seyn müssen, doch in sehr verschiedenem Verhältniß. Man kann sich musikalische Kunstwerke denken wo der Rythmus der Hauptaccent andre wo das melodische hervor und Rythmus und Harmonie zurüktritt und wo Harmonie hervor und Melodie und Rythmus zurüktritt. Dann kann man sich auch ein hervortreten von zweien von diesen Elementen und das Zurüktreten des Einen [denken]. Wir werden nicht läugnen können daß bisweilen das Zurüktreten eines einzelnen von diesen Elementen sich sogar dem Verschwinden nähert z. B. bei dem Recitativ wo die Musik nur in Verbindung mit der Rede vorkommt aber die Rede noch nicht vollkommen Gesang geworden ist sondern schwebt zwischen beiden. Da tritt die Bestimmtheit des Rythmus zurük oder der Takt. Dasselbe findet sich auch in neueren Compositionen. | In diesem verschiedenen Verhältniß aber indem sie sich auf die Verbindung mit Poesie beziehen, liegt auch die nationelle Differenz mit hierin und in diesem Verhältniß der ursprünglichen musikalischen Momente müssen wir auch das Bedeutsame aufsuchen. Es ist noch etwas hier in Betrachtung zu ziehen was sich auf die beiden Momente der Melodie und Harmonie besonders bezieht. Es hatte anfänglich den Anschein als ob das Zusammenseyn mehrerer Töne nur auf dem gesellschaftlichen beruhen könne sich aber dann nur auf das Unisono beziehe. Denken wir uns das PgemeinsameS öffentliche Leben als den Ort einer gemeinsamen Stimmung so finden wir da immer Menschen von verschiedenem Alter und Geschlecht. Sehn wir nun auf den ganzen Umfang der Töne so finden wir wenn wir die menschliche Stimme zum Grunde legen, daß nicht die ganze Tonleiter irgend wo in einer einzelnen Brust liegt, sondern sie ist vertheilt und diese Vertheilung ist in den Geschlechtern und in dem Alter. Das Letztere erscheint nicht so wesentlich sondern mehr zufällig. Nicht jede Tenorstimme wird Baßstimme nicht jede Discantstimme Altstimme – da ist also ein zugleich seyn von verschiedenen Tönen schon angelegt durch die Natur. Also: wo eine gemeinsame musikalische Darstellung seyn soll aus der Totalität des menschlichen Lebens genommen da muß das Zusammenseyn der vier Stimmen seyn, die den vier Accorden entsprechen. Wenn wir uns nun eine Reihe von solchen vollständigen Tönen d. h. eine Reihe von Accorden denken wo in jedem Moment die vier Stimmen zugleich sind so soll eigentlich jede ein melodisches Ganze für

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sich bilden zu gleicher Zeit bilden sie zusammen das harmonische Ganze. Hier finden wir einen Punkt von welchem wir unmittelbar auf die nationale Differenz übergehn können und sie uns vergegenwärtigen. Wo aus dem öffentlichen Leben das Zusammenseyn und Zusammenwirken der beiden Geschlechter in der Kunstdarstellung ausgeschlossen ist da kann auch das harmonische Element nicht hervortreten. Wo in einem Volke die persönliche Individualität stark und wo sie weniger stark hervortritt da werden wir verbunden finden ein gleicheres Verhältniß der beiden Stimmen die in den Geschlechtern vorkommen und wo persönliche Individualität hervortritt da wird eine von beiden Stimmen vorherrschen. | Wo zu dem Gesondertseyn der Geschlechter noch das Zurüktreten der persönlichen Eigenthümlichkeit hinzukommt um desto mehr muß das harmonische zurük und das melodische und rythmische hervortreten. Je weniger das harmonische hervortreten kann um desto stärker wird die Wichtigkeit des rythmischen in der ganzen musikalischen Composition werden. Hier haben wir den Grund zur Hauptdifferenz zwischen antiker und moderner Musik. Bei den Alten war eben aus diesen Gründen die Harmonie ganz zurüktretend und wenn uns von den großen Wirkungen die die Musik hervorgebracht haben soll erzählt wird so deutet doch alles darauf daß das Rythmische dominirt hat. Die Alten hatten durch die größere Mannigfaltigkeit von Tonarten die ihnen in ihrer Musik zu Gebot standen – denn das ist nicht zu läugnen daß wir eigentlich nur zwei Tonarten dur und moll haben – eben auch eine größere Mannigfaltigkeit von harmonischen Intervallen aber dennoch trat die Harmonie zurük und dies in der menschlichen Stimme gegründete zurüktreten der Harmonie ist der Grund warum die Instrumentalmusik sich nicht so bei den Alten entwikeln konnte als bei uns. Wo das harmonische so hervortritt wie in der PneuenS Musik da mußte das Bestreben entstehn die Fülle der Töne durch die Mannigfaltigkeit zu brechen und die Zusammenstellung in dem größeren Stil hervorzubringen. Wenn eine Tonmasse aus qualitativ verschiedenen Tönen besteht so kann dies nur geschätzt werden wo das harmonische dominirt. Hier sehn wir nun wie in der Musik das Losreißen derselben von der Verbindung mit der Poesie auf eine ganz andre Stufe sich stellt als in der Mimik geschah und eben dadurch der größere Kunstumfang der Musik sich zeigt. In der Mimik konnten wir das Isoliren von der Poesie 27 warum] folgt ))sich** 21–23 Zusatz Trendelenburg, 174: „Die Alten hatten verschiedene Tonarten, während wir nur zwei haben, Dur und Moll. Die Alten hatten die phrygische, lydische, dorische, ionische und ihre Zusammensetzung.“

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nur als Ausartung ansehn und sagen: es kann etwas wirklich künstlerisches in der Mimik nur seyn wo ein bestimmter Cyklus der Poesie zum Grunde liegt. Nun haben wir die ursprüngliche Verwandtschaft der Mimik und Musik darin gesucht daß sie ursprünglich nur begleitend sind. Bei den Alten war die Instrumentalmusik die sich hiervon losgerissen in ganz anderm Verhältniß als in der neuern. Dies hervortreten der reinen | Instrumentalmusik ist aber nicht so Ausartung wie wenn wir die Pantomime der Alten nachahmen. So wie die Musik nur als begleitende Kunst auftritt so hat es seine bestimmte Grenze wie weit der Reichthum der Instrumentalmusik gehen kann. So wie diese Mannigfaltigkeit von qualitativ verschiedenen Tönen in den beiden Hauptklassen der Saiten und Blaseinstrumente und in beiden so sehr PvermannigfaltigtS gegeben war so war auch nothwendig gegeben daß nun die Musik rein für sich hervortritt abgesehn vom Verhältniß der Poesie. Um dies zu begrenzen müssen wir sagen daß nun die Hinneigung zum epideiktischen auch wieder am meisten auf dieser Seite liegen wird, um so mehr da wir zugeben müssen daß dieser Reichthum von Tönen mehr Kunst als Natur sei. Eine Symphonie oder Concert hat immer schon gewisse Neigung zum epideiktischen und zwar eben so gut in der einen als in der andern Form. Das Zusammenseyn der verschiedenen Töne mag seyn ein mehr monarchisches oder demokratisches kommt doch auf das epideiktische zurük. So wie sich die Neigung zum Epideiktischen so manifestirt daß die Bedeutsamkeit zurüktritt so ist die Kunstgrenze überschritten und die Ausartung da. – Hieraus geht hervor wie wir gestehn müssen die reine Instrumentalmusik ist nicht eine Ausartung der Kunst auf der andern Seite aber PdochS sagen müssen die Musik ist eine begleitende Kunst die reine Instrumentalmusik ist das letzte Kunstgebiet das dicht an der Ausartung liegt welche in dieser auch viel leichter ist als in andern. Der Gesang kann auch Ausartung werden. Unsre Bravourarien in der neueren Oper sind oft epideiktisch. Es kann dabei doch eine solche Composition P S wenn auch ein Gleichgewicht noch besteht zwischen der Bedeutsamkeit und der Virtuosität. Ist dies Gleichgewicht zum Nachtheil der Bedeutsamkeit verletzt so ist auch der Geschmak verletzt. Die nächste Hauptfrage ist: wie steht es um den Gegensatz den wir überall in jeglichem Kunstgebiet als den größten angesehn haben, zwischen hohem und großem Stil und dem geringern mehr bloß geselligen Stil. 31–32 Composition P S] bricht ab 30–33 Variante Trendelenburg, 176: „Auch der Gesang kann epideiktisch werden, wie so oft die Bravourarie, die nur die Virtuosität eines besonderen Organs in allen seinen Seiten zeigen will.“

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Aus dem Gebiete unsrer Musik dürfen wir uns nur den Gegensatz von Kirchenmusik und Opernmusik vorstellen so haben wir den Gegensatz aber sich Rechenschaft zu geben worauf dieser in der Musik beruht das ist nicht so ganz leicht zu beantworten. | Es liegt nicht in der Natur der Sache daß der hohe und strenge Stil in der Musik auf das religiöse Gebiet beschränkt sei: Gehn wir auf das Alterthum zurük wo das Religiöse und Politische mehr zusammenhingen so finden wir da das Politische eben so in diesem strengen Stil und dort viel mehr die Musik in Privatgesellschaften in Jonischem und dorischem Stil. Was die Hauptdifferenz bildet in Beziehung auf die Elemente und den Gebrauch so ist offenbar daß dem strengen Stil eine größere Entfernung vom Rythmus und in Beziehung auf Harmonie ein sparsamerer Gebrauch der Dissonanzen und in Beziehung auf Melodie ein Übergang P S. Es steht jetzt so daß die Kirchenmusik einen vorzüglichen Typus bildet für den strengeren Stil und alles theatralische gehört mehr dem anderen an. Es liegt aber nicht in der Natur der Sache daß die theatralische Musik nicht sollte an dem strengen Stil Theil nehmen können sondern es liegt in dem Verhältniß des Theatralischen selbst. Wenn eine tragische Oper nicht auch nach unseren Formen wesentlich das Ballet in sich trüge so wäre gar kein Grund warum sie nicht könnte dem hohen Stil angehören, dem aber die Tanzmusik allerdings fremd ist. Wir können uns den Tanz in vollkommener Annäherung an das Gottesdienstliche denken und dann kann also hier auch ein Übergang statt finden. Sehr bedeutend ist der Unterschied wenn man auf das Verhältniß der begleitenden Musik zu der freien sieht. Der kirchliche Stil verlangt durchaus die Rede als sein eigentliches Fundament und die reine Instrumentalmusik kommt niemals selbständig sondern nur als Anfang oder Zwischenmusik vor. In der Kammermusik da kann die freie Musik sich ganz selbständig hinstellen. Wenn wir fragen ob wir davon wohl den Grund angeben können so hat es mit dieser Frage bei der Musik seine große Schwierigkeit. Sehr vieles erscheint conventionell und rein positiv. Das gilt besonders in der Instrumentalmusik. Die Instrumentalmusik an und für sich auftretend muß ersetzen was ihr eigentlich fehlt, dadurch daß sie als vollkommene musikalische Totalität dasteht. Nach dieser strebt eigentlich jeder Theil der vollkommenen Instrumentalmusik. Diese Foderung P aufS Vollständigkeit in Beziehung auf das Zusammenseyn der entgegengesetzten Elemente hat schon eine gewisse Richtung nach dem Epideiktischen. Wie 13–14 Übergang P

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13–14 Zusatz Trendelenburg, 176: „[...] in Beziehung auf die Melodie Mäßigung in den springenden Uebergängen.“

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nun aber diese Elemente verbunden sind das erscheint als etwas zufälliges. Es erhalten sich solche Formen wenn sie Autorität erlangt haben aber man kann keine innere Nothwendigkeit darin erkennen. Dies Feststehn | gewisser Formen ist nur ein Hülfsmittel für die Unvollständigkeit der reinen Musik. Die reine Instrumentalmusik bekommt ihre Bedeutung in Beziehung auf die Rede. Diese fehlt aber der Instrumentalmusik ganz. Von einer unmittelbaren Beziehung auf die Gedankenerzeugung ist da gar nicht die Rede. Gehn wir darauf zurük wie die entgegengesetzten Tempos entsprechen dem entgegengesetzten im PTempoS des menschlichen Lebens, dem Temperament, Charakter, so müssen wir sagen: da ist also eine gewisse Bedeutsamkeit anzunehmen für die Musik in sofern sie die rythmische Differenz darstellt. Wenn aber zu Einer Composition Stüke von entgegengeseztem Charakter erfordert werden so muß diese Differenz durchgehn aber das Individuelle in der Bedeutsamkeit kann nicht zum Vorschein kommen. Daher ist Nur in der Musik der Unterschied sehr groß zwischen demjenigen was die Kunstdarstellung dem gewährt der selbst Künstler und dem der nicht Künstler ist. Die Kunstleistung soll aber nicht bloß für Künstler seyn sondern auch für diejenigen in welchen die Receptivität ist. Der eigenthümliche und critische Genuß welchen das Kunstwerk dem selbstkünstler gewährt ist nur Nebensache und muß eine Hauptsache seyn. Die ursprüngliche Bedeutsamkeit kann in diesem critischen Genuß niemals gesucht werden, also auch der eigentliche Kunstwerth kann in diesem nicht liegen. Wenn in der Musik das Wort gar nicht zu Hülfe kommt sie aber doch ursprünglich an das Wort gebunden ist können wir nun annehmen daß die reine Instrumentalmusik ganz von dieser Beziehung losgerissen ist? Dann müßte man die Musik als getrennt ansehen in zwei Theile. Hier haben wir also nun die Frage aufzulösen – denn zuletzt wird sich niemand verstehen wollen und sagen man solle die reine Instrumentalmusik als eigne Kunst ansehn. Es kann mir einer die Musik einer Oper vorspielen ohne Gesang so kann das ein Kunstgenuß werden. Der Zuhörer wird merken daß eigentlich dazu gesungen werden soll aber er wird sich das was gesungen werden soll anders denken als ein andrer und sich das suppliren. Ursprünglich hängt denn doch die Musik an einer bestimmten poetischen Darstellung. Betrachten wir eine Composition der eine Dichtung zum Grunde liegt und die sich an die Rede anschließt. Nun soll das Gedicht in eine andere Sprache übersetzt werden | kann dann die Musik zu dem Text dieselbe bleiben? Vollkommen nicht. Wenn einer eine Musik übersetzt für die musikalische Composition so PmußS er es anders übersetzen als sonst. Das Gedicht wird dann PnochS größere 17 und] folgt ))und**

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Veränderungen erhalten. Aber im Ganzen werden wir nicht sagen daß es an Bedeutsamkeit und Richtigkeit verloren hätte. Je mehr das Adäquate im Einzelnen gesucht wird je mehr entsteht der Fehler den man in der Musik das mahlende nennt. Es kommen dergleichen musikalische Mahlereien in den vortrefflichen Kunstwerken vor aber es ist die gefährlichste Klippe auf die sich der Componist begeben kann. Die Bedeutsamkeit ist also doch mehr im Ganzen als im Einzelnen. Daraus entsteht eine relative Leichtigkeit einer musikalischen Composition die für ein bestimmtes Gedicht gemacht ist ein anderes Gedicht unterzulegen. Eine Verwandtschaft zwischen den Gedichten muß nur da seyn wiewohl ein gewisser Unterschied immer bleiben muß. Wenn sich der dem Componisten nachdichtende zu fügen weiß, so wird die Differenz sehr verringert werden. Dasselbe Gedicht kann auf sehr verschiedene Weise musikalisch dargestellt werden. Denken wir PeineS größre Darstellung so wird schwer seyn zu entscheiden welches die Richtige sei so z. B. wenn verschiedene Meister dieselbe Oper bearbeiten. Das gehört eben zu der Vollkommenheit des Gedichts daß es auf so verschiedne Weise dargestellt werden kann. Wir müssen uns bei der Instrumentalmusik immer die Möglichkeit denken ihr einen Text unterzulegen aber wir müssen sagen jeder soll sich seinen Text selbst unterlegen und der kann für jeden ein andrer seyn. Das Objektive der Gedankenerzeugung kann in der reinen Instrumentalmusik auf keine Weise liegen aber mittelbare Verbindung ist da. Es [ist] nur der Ton in der Gedankenerzeugung der in der Instrumentalmusik angegeben ist. Wenn die composition sich bis zu einem gewissen Grad entwikelt hat, und sie einen starken Eindruk macht so werden wir sagen: wie wir auch uns selbst versenkt glauben in das bloße Hören so daß wir während des Hörens zu bestimmtem Denken gar nicht kommen so ist der Eindruk immer der von einem gewissen Typus der Gedankenerzeugung | weil eine gewisse Tendenz der Bewegung gegeben ist durch die rythmische Differenz[, ein] gewisser Umfang durch die PDifferenzS des hohen und Tiefen. – Es ist hier immer eine mittelbare Beziehung auf dasselbe was nun in der begleitenden Musik offenbar ist. Zwittergattungen sind in jeder Kunst etwas Übles. Bei dem Melodramatischen gehören Wort und Musik weniger zusammen als daß sie miteinander wechseln, so daß die Musik ausgesprochen ist. Das ist der Übergang von der begleitenden Musik zu der reinen Instrumentalmusik. Auf dieser Unbestimmtheit der Bedeutsamkeit beruht es daß dem Hörer schon etwas bestimmtes vorher muß gegeben seyn, das geschieht in den verschiedenen Namen der compositionen. Das Verstehen der reinen Instrumentalmusik kann nicht PohneS PgewißenS Anfang entstehen. Wenn mir durch den Gattungsnamen [eine] gewisse allgemeine Übersicht gegeben ist so bin ich dadurch schon mitten in

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die Sache gesetzt. Aber als etwas wesentliches kann man diese Form nicht ansehn. Wie die einzelnen Stüke Sonaten P S etc. im Concert auf einander folgen das kann sehr verschieden seyn. Um wieder auf unsern Hauptpunkt Verschiedenheit der beiden Stile zurükzukommen so ist in unserm Kirchenstil die freie und Instrumentalmusik zurükgedrängt. Sie erscheint nur als Einleitung oder nur als Zwischenspiel. Das kommt in der Analogie mit dem Dramatischen zurük. Dieses Zurükgedrängtseyn der bloßen Instrumentalmusik hängt damit zusammen daß ein Kirchenstil Klarheit hat. Vollkommen klar ist aber dieser nur in der Begleitung. Die reine Instrumentalmusik wird nur etwas in der ganzen Fülle der. Wo die Simplicität besonders gefordert wird da müßen die PMusicinstrumenteS eo ipso untergeordnet seyn. Als der Kirchenstil in seiner größten Spize geübt wurde da war sogar die Duplicität gewisser Instrumente davon ausgeschlossen. Die Musik war in Begleitung durch Blase-Instrumente oder durch bloße Saiteninstrumente. Davon ist man jetzt abgekommen und wahrscheinlich sehr mit Recht weil die Orgel freilich ein Blaseinstrument ist aber mit solcher Annäherung an die Saiteninstrumente daß darin eigentlich schon die Identität von beiden gegeben ist. Aber doch muß in dem Kirchenstil in dieser Absicht doppelt große Behutsamkeit angewandt werden. Das sind freilich allgemeine Aufgaben erklären läßt sich auf diesem Gebiet gar nichts. | Es liegt in der Natur der Sache daß hier die Theorie des eigentlichen Materials der Musik noch sehr zurüktreten wird hinter der Theorie andrer Künste. Die begleitende Musik können wir etwas leichter vom einfachen bis zum zusammengesetzten verfolgen. Wir können hier von zwei Anfängen ausgehn. Die Musik begleitet Bewegung und Wort. Beides kann mit einander verbunden seyn ist aber dann schon zusammengesetzte Begleitung des Tanzes – Gesang. In der Begleitung des Tanzes ist der Rythmus das dominirende und indem dieser hervortritt so treten Melodie und Harmonie zurük. Ja wir können uns Tanzmusik in größter Einfachheit denken ohne Harmonie durch bloßes Taktschlagen. Es ist indeß sehr leicht zu denken daß die Tanzbewegung die Rede sehr leicht zu Hülfe nimmt. In der Orchestik ist es wie in der reinen Instrumentalmusik daß sie nur im Totaleindruk bedeutsam wird. Daher man es als eine sehr früh sich entwikelnde Neigung ansehn kann daß zur Bewegung und Musik noch Poesie hin11 der] bricht ab 10–12 Zusatz Trendelenburg, 179–180: „Die Simplicität muß der erste Charakter seyn. Die Fülle der Musik in der Instrumentalmusik kann sich daher hier nicht ganz geltend machen.“

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zukommt. Betrachten wir die Musik als Begleitung der Rede und fragen wie kommt die Rede dazu sich der Musik zuzugesellen so müssen wir sagen: das Ursprüngliche ist immer nur dies daß die PgebundeneS Rede begleitet wird. Das Sylbenmaaß lokt zuerst die musikalische Begleitung hervor, und daher scheint sich die Musik mehr auf das Sylbenmaaß als auf den logischen Inhalt der Rede zu beziehen. Das finden wir auch in der ursprünglichen ersten Entwiklung. Wir finden fast bei allen Völkern daß dieselbe Melodie auf verschiedene Lieder paßt die dasselbe Sylbenmaaß haben. Das ist allerdings etwas unvollkommnes hängt aber auch mit der Unvollkommenheit zusammen daß so lange die musikalische Begleitung dem Sylbenmaaß folgt in ihr auch der Rythmus dominirend seyn muß. Das neigt sich wieder zur Orchestik. Ballade ist musikalische Darstellung eines Gedichts wobei zugleich getanzt werden soll. So wie die Beziehung auf den poetischen Inhalt mehr hervortritt so treten auch Harmonie und Melodie hervor. Dann hört entweder das ganz auf daß sich zu der Begleitung von beiden der Tanz gesellt oder die musikalische Begleitung erhält einen andern Charakter. Was ist ursprünglich der poetische Gehalt der sich am leichtesten der Musik aneignet? Da müssen wir zurükgehn auf die Hauptdifferenz der verschiednen Stile. Wenn wir das in der modernen Zeit gegebene zum Grunde legen so unterscheiden wir das Kirchenlied und Volkslied. | Das Kirchenlied gehört in seiner musikalischen Begleitung dem strengen Stil an, das Volkslied dem leichten unter Form der Ballade mit Tanz, dann Romanze oder dergleichen. Hier finden wir also auf dem Gebiet der Poesie das was wir das lyrische nennen als dasjenige was sich die Musik aneignet. Hier unterscheiden sich zwei sehr verschiedene Charaktere mehr subjektiv oder objektiv. Es ist das Lyrische entweder erzählend oder doch so daß eine gewisse Stimmung hervorgebracht werden soll oder es ist eine reine Empfindung für sich die sich freilich an etwas Objektivem zeigen muß. Finden wir nun daß die Musik als Begleitung des Lyrischen mit dem Tanz verbunden erscheint hernach aber vom Tanze sich löst wenn der musikalische Eindruk überwiegend mehr das Produkt der Harmonie und der Melodie ist als des Rythmus so finden wir PanS der Musik daß sie sich vom Gesange löst wenn der Tanz einen andern Charakter annimmt. So wie die Bewegungen zusammengesetzter und künstlicher werden so verliert das Zusammenseyn des Gesanges mit dem Tanz seinen Platz. Wenn wir auf der Seite des Gesanges bleibend sehr bald den strengen Stil – auf religiösem Gebiet – und den weicheren Stil unterscheiden müßten, so fragt sich ist dies gar nicht zu denken wo die Musik ursprünglich als Begleitung der Bewegung auftritt? Der eigentliche Volkstanz der ist immer nur aus dem Privatleben genommen und hat also nicht die Nothwendigkeit der Foderungen die den stren-

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gen Stil charakterisiren und geht einen freieren Gang. Betrachten wir die Bewegung großer Massen welche auch das geregelte in sich tragen – Marsch – so ist die Möglichkeit daß der strenge Stil darin herrsche. Das ist auch gewöhnlich aus dem gemeinsamen Leben genommen und postulirt gewöhnlich den strengen Stil. Wenn wir nun von dieser Differenz aus wie sie sich natürlich ergiebt noch einmal zurükkehren zu der Musik die den Gesang begleitet und daran anknüpfen daß zunächst Musik den Tanz und Gesang begleitend auf ein und dieselbe Weise Gedichte von verschiednem Inhalt gesungen werden können. Etwas bleibt zurük. Das lyrische bleibt immer Strophisch. An diesem Strophischen hängt immer die Musik | Vergleichen wir noch einmal Kirchenstil und geselligen Stil so finden wir im Gebiet des ersten die Sache noch immer auf demselben Fuß. Unsre ganze Choralmusik besteht aus einer Masse verhältnißmäßig geringer Melodien. Das geht hier eher an weil bestimmte Verwandtschaft des Inhalts immer hervortritt. Nun ist auch unsre harmonische Musik – im Choral herrscht doch die Harmonie vor – in solcher Stärke daß sie dem Ganzen den Charakter des strengen Stils mittheilt. Alle Differenz des harmonischen Eindruks ist an das harmonische gebunden. In der Duplicität von dur und moll müssen die Töne des religiösen Inhalts ihre Befriedigung finden. Ohne der Melodie zu schaden und ohne den Rythmus zu ändern kann doch die Harmonie sehr variirt werden. Wenn wir nun das Lied betrachten als nicht Kirchenlied, also Volkslied und so auch dem leichteren Stil angehörig, so tritt hier mehr die Melodie vor. Das gesellige Lied ist nicht so chorisch. Es kann Gesang eines Einzelnen Wechselgesang etc. seyn. Da läßt sich die Virtuosität PinS der Urbildung leicht anbringen. So wie die Melodien von dieser ursprünglichen Simplicität abgehen so kann es leicht dahin kommen daß man sich nicht einmal vollkommen befriedigt findet wenn dasselbe Gedicht in allen Strophen von derselben Musik begleitet wird, was in der Kirchenmusik ganz unvollkommen wäre daß ein Lied durchcomponirt werde so daß jeder Vers andre Melodie habe. Aber das liegt schon sehr an der Grenze und leicht möglich ist die Ausartung des mahlenden in der Musik. Darum haben viele Kunstrichter gemeint daß diese Variationen eines und desselbigen Lieds immer schon die Ausartung wären. Dies ist zu fragen aber ich möchte doch gewisse Bestimmungen stellen. Wenn musikalische Begleitung in verschiedenen PStrophenS so verschieden ist daß derselbe Grundtypus nicht mehr durchgeht so hat sie ihren Charakter verloren. Diese Mannigfaltigkeit muß immer im Choral bleiben. Diese Verschiedenheit in Melodien würde nichts seyn als die Variation worin der Grundtypus 13 Unsre ganze] Unser ganzer

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erkennbar bleibt. Aber weitergehend finden wir im Kirchenstil eine Eigenthümlichkeit der nichts gegenüberzustehen scheint. Wir finden oft daß ungebundene Rede musikalisch Begleitende. Das scheint einen Widerspruch in sich zu tragen denn in ungebundener Rede ist der Gegensatz zwischen Länge und Kürze nicht so hervortretend. | Die Rede muß erst metrisch geworden seyn ehe musikalische Begleitung hinzu kommen kann. Nun finden wir oft die ganz ungebundene Rede im Religiösen Gebiet von Musik begleitet. Das Recitativ läßt Ungebundenheit des Taktes zu und überdies: die componirte reine Prosa finden wir kaum anders als im Kirchenstil. Ich glaube nicht daß es je den Alten würde eingefallen seyn Prosa musikalisch zu begleiten. Nun dürfen wir nicht übersehen daß die vorkommende Prosa eigentlich biblische Prosa, aus Psalmen ist. Gehn wir auf die Grundsprache zurük so finden wir das als eigenthümlichen Charakter daß Prosa und Poesie im hebräischen nicht so getrennt ist als in andern Sprachen. Dennoch unterscheidet man doch das Poetisirende in der Rede – das ist das in die Kirchenmusik übergegangene. Psalmodische Prosa repräsentirt Poesie und soll nun eben dadurch Poesie werden daß sie von Musik begleitet wird. So wie die musikalische Begleitung bis auf einen gewissen Punkt sich entwikelt so zerstört sie das Metrum auch darin daß auf den Sylben selbst nicht bedeutend länger verweilt wird als das in ihrer Länge und Kürze PbegründeteS. Wird nun doch das Metrum in der eigentlichen Poesie durch den Vortrag zurükgedrängt so können wir uns auch denken daß die ungebundene Rede durch die Gebundene PhöherS gebracht werden könne. Daß das Metrische durch die weitere musikalische Behandlung mehr zurükgedrängt wird das kann in jedem Stiel vorkommen. Wenn wir in der kirchlichen Praxis auch PreinS die historische Prosa musikalisch vorgetragen finden so ist das eigentlich etwas rein unnatürliches und dem wahren Wesen der Verbindung zwischen Rede und Musik widersprechend. Wir können dies nur dadurch erklären weil der gesungne Ton in gleicher Stärke in einem großen Raum weit weiter verstanden werden kann. Die musikalische Begleitung des mimischen kann sich so weit steigern daß die Stimme dabei im Gesang fast zum concertirenden Instrument wird. So finden wir den Gipfel der musikalischen einzelnen Begleitung in der Arie, die dem Kirchenstil so gut wie dem leichten Stil angehören kann nur daß der Charakter verschieden ist. Im Kirchenstil paßt mehr das lange Aushalten der Stimme in dem Anwachsen und verschwinden. Im PweichenS Stil paßt mehr die Virtuosität der Stimme in schneller Abwechslung und leichtem Übergang. Sehn wir nun zurük auf den Gesang des Einzelnen auf das Zusammenseyn mehrerer Stimmen im Wechselge39 in] im

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sang auf den einzelnen Gesang und den Chorischen so findet sich daß das Zusammenseyn | von allem diesem das höchste in der Kunst seyn muß. Da kann aber die Poesie nicht mehr lyrisch sondern muß dramatisch seyn da kommen wir auf das größte in der Musik: die Oper, worin so gut der strenge und ernste als der weiche und leichte Stil stattfinden kann. Diese Indifferenz ist gegeben. Wenn die Oper ihrem poetischen Gehalt nach aus der Wahrheit unsres geselligen Lebens genommen wäre, wenn sie große politische Bedeutung hätte und so national wäre so müßte sie dem großen Stil angehören. Weil dies aber nicht der Fall ist so ists natürlich daß sie sich mehr zu PdemS andern hinneigt. Auf der Seite des strengen Stils steht der Oper gegenüber: das Oratorium. Die Differenz ist zufällig daß im Oratorium die Poesie in gewissem Sinn dramatisch ist aber nicht dramatisch dargestellt wird und gar nicht an Bühne und Dekoration gedacht wird. Der Charakter der Composition könnte derselbe bleiben wenn auch jenes hinzukäme. In Beziehung auf die Musik ist dies zufällig aber in Beziehung auf das ganze Kunstwerk nicht. Beim Oratorium ist die reine Vereinigung von Musik und Poesie wobei alle Nebeneindrüke vermieden sind damit diese beiden Künste mit der Totalität der andern Eindrüke nichts zu PtheilenS haben. In der Oper wo die dramatische Darstellung ist wo an der Gesichtsbildung gearbeitet wird und die bildenden Künste einen Platz haben da ist also ein Element mehr und wir können ein verschiednes Verhältniß der Elemente annehmen. – Wenn wir die Oper betrachten wie wir sie jetzt finden so ist sie eine Vereinigung von Musik Poesie Mimik und Malerei. Die letzte ist so wenig unbeachtet daß die Dekorationsmalerei eine eigne Gattung bildet. Die Mimik kann gar nicht entbehrt werden. Wie stellen sich die verschiedenen Künste gegen einander? Wir bemerken in verschiedenen Zeiten sehr große Verschiedenheit. Alles was Malerei in der Sache ist erscheint als etwas zufälliges. An und für sich ist hier davon nicht zu reden denn es ist dasselbe was beim Drama ohne Musik statt findet. Im Alterthum trat die Malererei sehr zufällig auf, auch in dem Anfang der dramatischen PDarstellungsmittelS neuerer Zeit. Das kann als ein Mangel angesehn werden. Dagegen ist nicht zu läugnen daß das Bestreben das Auge mit in das Interesse der Darstellung zu ziehen damit zusammenhängt mit der Differenz | der alten und neuen Darstellungsweise, daß wir nämlich eine gewisse Täuschung lieben, daß nämlich der Zuschauer vergessen soll daß die Sache erdacht ist. Dies hängt damit zusammen daß wir in neuerer Zeit einen Werth darauf legen zu 6–9 Zusatz Trendelenburg, 185: „Wenn es gleich im gegenwärtigen Leben wenig vorkommt, so lassen sich Beispiele denken, die sich dem strengen Stil nähern und wir haben solche Opern zur Zeit Grauns, Händels, Hasse’s gehabt.“

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überraschen durch neue Erscheinungen. Es ist offenbar daß beides zu dem eigentlichen und wahren Kunstgenuß nichts beiträgt. Daß wir beim Genuß des Kunstwerks alles andre vergessen dahin muß der Künstler arbeiten, das muß aber rein durch die Vortrefflichkeit des Kunstwerks selbst bewirkt werden. Wenn man glaubt die Vortrefflichkeit der mimischen Darstellung würde erst erreicht werden wenn die Zuschauer die Darstellung für w i r k l i c h halten so muß man sagen, alles was nur der Illusion zum Grunde liegt hat einen falschen Charakter. – Wie steht es denn eigentlich um diese Verbindung? Wir haben die Musik gleich angesehen als eine ihrem Wesen nach begleitende Kunst die erst in ihrer Entwiklung anfängt selbständig zu werden. Dennoch würden wir sagen müßte die Poesie als das ursprüngliche angesehn werden und die Musik nur als begleitend. Das hindert aber nicht daß die Virtuosität der Musik sich dabei nicht sollte vollkommen entwikeln können. Betrachtet man aber die gegenwärtige Praxis so erscheint schon das GrundVerhältniß ganz anders denn wenn die Musik nur begleitend seyn sollte und die Poesie der Grund so müßte auch der Dichter der seyn der das Ganze in Bewegung setzt das ist aber nicht sondern der Tonsetzer ist es der das Centrum bildet und die andern Künste alle in Bewegung setzt. Daraus erscheint das ursprüngliche Verhältniß umgekehrt. Darin liegt aber ausgesprochen daß die Musik die Poesie nie zum Vorwande braucht, nur zum Stabe worauf sie sich stützt. Wir haben zugegeben daß weil die einfache musikalische Darstellung sich mehr an das Metrum schließt, auf mehrere Gedichte passen könnte. Das ist allerdings wahr. Aber wenn wir nun sagen sollten es muß sich einer Oper auch eine große Mannigfaltigkeit von Texten unterlegen lassen so werden wir uns doch sehr bedenken das zuzugeben. Dadurch daß durch die musikalische Begleitung das Metrum ganz gestört wird dann ist die Poesie Null wenn nicht die Beziehung auf den Inhalt stärker hervortritt. | Soll also das Grundverhältniß da seyn so muß die Poesie sich mehr auf den Inhalt beziehen und das Metrische muß zurüktreten. Nun hat man schon seit einiger [Zeit] angefangen den Gegenwärtigen Zustand zu railliren in welchem die Dekorationsmalerei so sich hervorhebt daß man gemeint hat man könne Opern nicht in Akte sondern in so und so viele Dekorationen abtheilen. Das scheint auch wieder unrecht und ungesund. Ohr und Auge sollen ergriffen werden. Das ganze wird epideiktisch so daß die Zuschauer erprobt werden wie viel sie aufnehmen können von der Kunst. Daraus entsteht daß die Kunst etwas ermüden12–13 Zusatz Trendelenburg, 187: „Die Poesie ist daher hier das Centrum – und Glucks Reform hat ihren Grund darin, daß er sich an dieses Grundverhältniß mehr hielt.“

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des wird, das ist aber der Kunst zuwider. Da scheint es als wenn man das Ziel überflogen hat indem man zu viel vereinigen wollte. Denn es ist offenbar man soll nicht auf den momentanen Eindruk allein sehn sondern auf die Wirkung des Ganzen. Daher kommt es darauf an wie sich die Kunst festsetzt und wiederholt. So wie sie aber das Maaß der Fassungskraft übersteigt durch zu komplicirte Verbindung von Elementen so wird dadurch mehr gestört als gefördert. Hier entsteht aus diesen verschiednen Formeln und Verhältnissen die Formel: giebt es hier ein schlechthin richtiges oder falsches und was ist der Kanon? oder giebt es nur eins oder das andre und ist Verschiedenheit nur Verschiedenheit des Geschmaks? Wenn wir PreinS das Interesse der Theorie ins Auge fassen so müssen wir sagen wenn diese auch nicht immer den Zwek haben soll eine absolute Tendenz aufzustellen so muß es unpassend erscheinen wenn man bloß das letzte annehmen wollte und dann muß man auf alle Theorie Verzicht thun. Das Interesse der Theorie fodert uns also auf ein richtiges und falsches aufzustellen. Fragen wir die Praxis so scheint es umgekehrt. Betrachten wir die Geschichte der Dramatik seit einem Jahrhundert so müssen wir sagen wenn man jetzt eine Graunsche oder Haendelsche Oper ohne alle Veränderung auf die Bühne brächte würden sich die Zuschauer langweilen. Fragen wir dagegen die Theorie so erscheinen sie vollkommner. In den neueren Opern müssen wir uns immer einer Überladung zeihen. Gehn wir also auf das einfache Grundprincip zurük so müssen wir den jetzigen Geschmak für verdorben erklären. Aber wenn die Theorie nicht die Praxis hervorbringen kann dann ist sie nicht die rechte sondern willkürlich gemacht. | Die ganze Frage in Beziehung auf den itzt aufgeregten Gegenstand gehört eigentlich nicht hieher, dagegen auf der andern Seite gehört doch mehr hieher, denn nicht [nur] in dramatischer Poesie sondern 25 dann] daß 19 Laut Auskunft seiner Tageskalender hörte Schleiermacher Grauns Oper „Der Tod Jesu“ am 31. März 1809, am 28. März 1823, am 16. April 1824 (sowie am 4. April 1828 und am 5. April 1833) jeweils am Abend des Karfreitag (sowie Auszüge daraus am 7. Oktober 1833). Von Händel hörte Schleiermacher den „Samson“ am 26. April 1820 und am 27. April 1825 (sowie am 7. Dezember 1829, und eine Bravourarie daraus am 7. Oktober 1833), den „Judas Maccabaeus“ am 2. November 1820 und am 10. November 1824 (sowie am 12. Januar und am 22. Mätz 1832, den „Josuah“ (Joshua) erst am 10. Januar 1827). Vgl. schleiermacher digital / Schleiermachers Tageskalender 1808–1834, hg. v. Elisabeth Blumrich, Christiane Hackel, Wolfgang Virmond, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin, URL: https://schleiermacher-digital.de/tageskalender/ index.xql (abgerufen 23.06.2020). 27–2 Zusatz Trendelenburg, 188: „Welchen Unterschied zwischen Symphonien von Bach und Bethofen? Man sollte denken, die Sache läge so, das Eine zu tadeln und das Andere zu loben.“

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auch in der lyrischen Poesie und der reinen Instrumentalmusik finden wir ganz dasselbe. Was ist also eigentlich das Gute und Vortreffliche in der Musik? und was ist die Grenze wo so große Verschiedenheit der Produktion kann anerkannt werden in ihrer Vortrefflichkeit und wie kann man den Geschmak PverdedeltS nennen? Die Antwort ist sehr schwierig. Sie hängt mit einem andern Punkt zusammen nämlich: wie es eigentlich um die Bedeutsamkeit steht in der Musik. Wir haben sie angeknüpft an den natürlichen Ausdruk. Wir sehen wo die Bedeutsamkeit aufzusuchen und wie sich mit der Entwiklung der Bedeutsamkeit zugleich solche Mannigfaltigkeit des Elements selbst entwikelt daß diese gar nicht umgangen werden kann. Daraus sieht man wie unmöglich es ist das wahre und falsche in der Musik aus Einem Punkt zu construiren sondern wir es [construiren] müssen aus zwei Punkten aus dem An s c h l i e ß e n an natürlichen Ausdruk und 2) der A nnä her u n g an das Epideiktische. Nun ist offenbar daß beides einander beschränkt, es läßt sich beides auf gewisse Weise vereinigen aber dann wird beides sein Maximum nicht leisten können. Dann wird eins hinter dem andern zurüktreten und daraus entsteht ein verschiedner Kanon. Das Zurüktreten darf aber durchaus nicht ein verschwinden werden. So wie wir uns auf diesem einfachen Punkt der Construction sehen so scheint es zu genügen die Aufgabe zu lösen bis auf einen gewissen Punkt. Stellen wir erste Grenzen auf so sagen wir die eine Grenze wird sich leicht finden wenn die Darstellung den natürlichen Ausdruk repräsentiren soll und dies über [dem] Epideiktischen ganz verloren geht so werden wir das Urtheil fällen das ist nicht mehr Kunst sondern Corruption der Kunst. Jedes solches Kunstwerk muß auf den reinen natürlichen Ausdruk zurükdeuten. Wenn in der mechanischen Künstelei mit den Instrumenten der Zusammenhang mit dem Grundprincip verloren gegangen ist dann ist die Corruption anerkannt. | Bei der begleitenden Musik müssen wir wenn wir die reine musikalische Bedeutung haben wollen, uns die Töne auf Worte reduciren. Wenn wir bei etwas ganz einfachem anfangen, beim Kirchenstil, bei einem einzelnen Satz aus einer Cantate oder Messe etc. aber zwei PausS dem Charakter des Inhalts nach entgegengesetzte so wird man sagen ein miserere muß sicher schlecht scheinen wenn man sich bei dem gloria in excelsis beruhigen wollte. Hier ist also etwas in der Unterlage was in der Composition muß wiedergegeben werden. Je mehr Figuren in der Composition sind je mehr concertirendes darin ist je weniger ist es möglich daß das Analogon mit dem Naturausdruk herauskomme. Denkt man sich eine Romanze wo doch verschiedene Charaktere sind so wird die Kunstproduktion sehr wenig kunstgerecht seyn wenn man ihr jeden Charakter unterlegen kann. Fragen 42 ihr] ihm

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wir wodurch wird das eigentlich bewirkt so ist das mit Worten nicht wiederzugeben. Sehn wir auf die einzelnen Elemente so werden wir nie sagen daß denen eine bestimmte Bedeutsamkeit beiwohne, es ist also im Ganzen diese zu suchen; aber dieselbigen Tonverhältnisse haben für verschiedne Zeiten und verschiedene Völker gar nicht gleiche Bedeutsamkeit. Da werden wir auf das physiologische zurükgeführt. Den Eindruk den eine Bethovensche Sonate jetzt auf uns macht den hätte sie wenn sie vor 50 Jahren erschienen wäre nicht machen können. Darum giebt es eben hier so vieles was sich mit Worten nicht ausdrüken läßt weil man es auf keine Art von Calcul bringen kann. Hier sehn wir wie wir nie aufgeben können zu sagen es sind innere Gründe vorhanden auf welche sich die Empfindung stützt aber es ist auch ein sehr natürlicher Einfluß den die Künstler ausüben auf diese Basen selbst. Wenn uns jetzt die compositionen der Alten producirt werden könnten so würden sie bei uns die große Wirkung nicht hervorbringen weil wir mit der ganzen Behandlungsweise gar nicht recht im Einverstand sind. Aber man würde sich auch daran gewöhnen können. Die Musik wird also nicht erschöpft durch die deklamatorische Begleitung. Das Eigenthümliche der Kunst tritt nicht genug hervor. Wir dürfen sie nicht zum Typus nehmen aber je mehr die ganze Behandlungsweise zum entgegengesetzten hinneigt desto nothwendiger ist es diese ganze Gattung festzuhalten. Denken wir daß uns diese Gattung ganz fehlte so würden wir auch das Maaß die Bedeutsamkeit der Musik zu messen ganz verlieren. Hievon ausgehend daß ich sage das Eigenthümliche | der Musik tritt nicht stark hervor, so muß auch wohl das begeisternde Princip in der Musik noch nicht gehörig entwikelt seyn. Der bloß deklamatorische Gesang erscheint freilich nur als erste aber ganz leise Regung von diesem Princip. Wenn wir dies nun so fassen so würden wir sagen darin muß PeineS besondre psychische Stimmung die auf den Zusammenhang des Tons mit der innern Bewegung geht, in der zugleich die Ahndung von dieser unendlichen Fülle der Mannigfaltigkeit der Töne selbst liegt, da seyn die in der einfachen Begleitung der Worte gar keine Befriedigung finden kann. Da ist das erste daß dem natürlichen Organ noch ein andres zugegeben wird. Sowie wir uns beides Gesang und Instrument zusammen denken so liegt darin daß dem einen etwas zukommt was dem andern nicht zukommt. So wie die Bestimmtheit der Stimme für das Wort die reine 27 bloß] folgt ))der**

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7–9 Zusatz Trendelenburg, 190: „Eine bethofensche Sonate hätte vor 50 Jahren nicht den Eindruck machen können, da man an die Mannigfaltigkeit der Organe nicht so gewöhnt war.“

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Objektivität ergreift und mahlend wird so ist wieder der Hauptcharakter verloren. Das Instrument ist die Befriedigung jenes begeisterten Princips woraus die Musik hervorgegangen. Je reicher die Fülle der Töne ist und je mannigfaltiger die Verhältnisse der Töne um so mehr wird dies genügen. Wenn wir nun die Befriedigung dieses specifischen Princips vom ersten Punkt aus finden wollen so müssen wir sagen der Stimme muß die Instrumentalmusik beigefügt werden und zwar in solcher Fülle wie es nur bestehen kann damit daß der Gesang seine Ursprünglichkeit bewahrt. Daraus geht ein anderer Charakter in der Stimme selbst hervor. Wenn in der Oper das Recitativ hervortritt, so tritt die Instrumentalmusik bedeutend zurük. So wie nur die einzelne Stimme da ist in einer Arie, da ist eine so starke und mannigfaltige Instrumentalmusik zulässig als nur möglich ist ohne die Stimme zu unterdrüken. Denken wir uns die vier Stimmen im Wettgesang so kann die Instrumentalmusik noch stärker hervortreten, wie wir es in den Finalen der Opern sehn. So finden wir den allmählichen Übergang, denn nun wissen wir: nun muß auch die ganz freie Instrumentalmusik so seyn daß man ihr Bestimmung geben kann. | Es ist die größte compassible Mannigfaltigkeit von Tönen wobei das eigentlich epideiktische in solchem Maße bleibt daß die Beziehung auf den Naturausdruk nicht verloren geht. Hier sehn wir die andre Grenze. So wie wir nichts andres in der Musik finden als die größte Mannigfaltigkeit von PKrachS in das Ohr zu bringen so finden wir die reine Kunst aufgehoben. Wo diese Überschreitung eintritt das ist auch nicht zu unterscheiden als in diesen allgemeinen Formeln. Ein jeder muß zugeben daß dieses Maaß sehr verschieden seyn kann und daß wenn das Organ allmählig geöffnet wird für größere Fülle so kann dies immer mehr zugeben so daß die Nachbildung einer zum Grunde liegenden Stimmung durch die größte Fülle und Mannigfaltigkeit nicht aufgehoben wird. Es muß durch alle Compositionen ein Charakteristisches in Beziehung auf die Stimmung durchgehn. Sehn wir auf die Verhältnisse der beiden Hauptstile in der Musik so müssen wir sagen diese bilden auch nur [einen] relativen Gegensatz gegen einander. Wenn wir nun auf den strengen Stil sehn und betrachten so die reine Instrumentalmusik so werden wir sagen müssen: daß wohin der strenge Stil ausgehn kann wenn er den Gegensatz zu fest halten will, das ist das Trokne in der Musik. In diesem strengeren Stil giebt es bestimmtere Gesetze in Beziehung auf die Übergänge die den einzelnen Sprüngen erlaubt sind. Es gilt also sich innerhalb dieser Gesetze zu bewegen. Es tritt das arithmetische in der Musik aber zu stark hervor und diese hervortretende Beziehung auf das arithmetische Ver24 das] daß

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hältniß bringt das Trokne hervor. Daher manche große Kunstwerke nicht mehr befriedigen weil sie sich hier nicht ganz vor gehütet haben. So wird Sebastian Bachs Composition dem hörenden Kritiker nicht ganz mehr genügen. In der freieren Behandlung dieser entgegen P S sind die Beziehungen auf das arithmetische Verhältniß untergeordnet und so wenn wir dies in andern Künsten auch finden es ist eine Neigung zur Laxität in Beziehung auf die Regel da. Wenn nun aber dieser Eindruk mehr durch das Einzelne hervorgebracht wird ohne daß dies mit einer Einheit im Ganzen verbunden ist so entsteht das Hinneigen | zu etwas Verworrenen. So wie wir finden werden daß zwei der Componisten der alten Schule in das Trokne gerathen sind, so finden wir daß viele Meister unsrer Zeit in das Verworrene gerathen sind. Es ist ein Triumph der künstlerischen Freiheit über die arithmetischen Fesseln wenn das Ohr nicht ganz überstimmt wird. Bei den späteren Compositionen ist Beethoven in dieses Extrem hinein gerathen. So werden sich die Fragen über die Bedeutsamkeit nicht auf bestimmtere Weise lösen lassen, daher allerdings der einzelne produktive Künstler immer noch einen sehr freien Spielraum findet und die Musik ist eine von den Künsten wo allein der Producirende einen Eindruk hervorbringen muß nicht allein in der Auffassungsweise. Vergleichen wir die gegenwärtige Behandlung der Musik mit der Älteren so werden wir überzeugt wie das Auffassungsvermögen sich erweitert und anderseitig PgestimmtS hat. Das Materiale ist gar nicht so ein ursprünglich gegebnes. Das ursprüngliche Material ist die Stimme, die aber allein doch nicht genügen kann. – Wenn wir vergleichen dies Maaß was ehedem dem Künstler zu Gebote stand und auf welche sie beschränkt wurden wo man von einem Orchester, wie es jetzt ist eine Vorstellung sollte gehabt haben und das Gegenwärtige so sieht man daß alles was als Ausschweifung vorkommt nie wird ein wahres Kunstwerk werden. Aber gesetzt es gebe keine neue Instrumente zu erfinden, und man wolle auch nichts erfinden so werden wir sagen: das Princip wirkt doch immer fort in der Composition und der Art 3 dem] den 3–4 Laut Auskunft seines Tageskalenders 1829 hörte Schleiermacher Mendelssohns Aufführung von Bachs „Matthäus-Passion“ in der Berliner Singakademie, die allerdings erst am 11. März 1829 stattfand. Er kannte Bach und Beethoven aber auch schon durch seine Bekanntschaft und Brieffreundschaft mit Luise Reichardt, Tochter des Hofkapellmeisters von Giebichenstein, Johann Friedrich Reichardt, die sich für eine Bachund Händel-Renaissance einsetzte. Vgl. Schleiermacher: Tageskalender 1829, erarbeitet von Elisabeth Blumrich, in: schleiermacher digital / Schleiermachers Tageskalender 1808–1834, hg. v. Elisabeth Blumrich, Christiane Hackel, Wolfgang Virmond, BerlinBrandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin, URL: https://schleiermacherdigital.de/tageskalender/index.xql (abgerufen 23.06.2020).

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wie jedes Instrument weiter ausgedehnt und verstanden wird. Aber diese Ausdehnung hat auch ihr Maaß. Bei der Geige galt es früher schon als Ausschweifung wenn so viel auf der Applicatur gespielt wird, eben so wenn so viel Piccicato gespielt wird. Jegliches Instrument hat seine bestimmte Grenze. Allerdings in je größerer Höhe ein Künstler auf der Geige noch reinen Ton hervorbringen kann desto größer ist seine Virtuosität. Wenn nun der Instrumentenmacher | jezt Fortepianos baut die um 1½ Octaven höher sind so ist das PimmerS Vervollkommnung. Hier gilt es den reinen Sinn für die Vollkommenheit eines jeden Instruments zu haben aber so daß das eigentliche Princip warum der Mensch Töne will nie in dem epideiktischen verloren gehe. Nun ist noch ein ganz eigenthümliches Verhältniß in der Musik nämlich die Vertheilung der Künste selbst vom ersten innern Anfange bis zur Produktion. Wenn wir ausgehn von der begleitenden Musik als der ursprünglichen und schließen uns an die Poesie so ist der Dichter ein andrer als der Componist aber der Componist ist doch nicht wieder der Sänger und Spieler. Dasselbige finden wir bei der reinen InstrumentalMusik. Sehn wir auf die symphonische Art dabei so liegt hier schon die Unmöglichkeit daß der Hervorbringende und Ausführende derselbe seyn kann. Nun kommt noch ein drittes hinzu. Die InstrumentalMusik setzt Instrumente voraus deren Verfertigung zwar mechanische Kunst ist setzt aber doch schon ausgebildetes musikalisches Gehör voraus. Hier sehn wir also eine große Vertheilung und das musikalische Kunstwerk wenn es vor uns tritt so ist es das verschiedne Geschäft von vielen. Der Zustand bei den Alten war weit einfacher. Der lyrische Dichter war in der Regel zugleich Componist und das hat auch zum Theil von dem gegolten was in der dramatischen Poesie componirt wurde. Großentheils war der lyrische Dichter auch zugleich der Darsteller des Kunstwerks. In der begleitenden Musik entsteht PnunS aus dem gänzlichen Getrennt seyn des Dichters vom Tonsetzer allemal etwas willkürliches. Wenn ein lyrisches Gedicht einen gewissen Eindruk macht so wird es bald in Musik gesetzt aber dann finden wir auch gleich eine Mannigfaltigkeit von compositionen die sehr verschieden sind. Das ist dann die Gewalt des Dichters der auf unsichtbare Weise wie das Metrum mit dem Inhalt des Gedichts zusammenhängt die Tonsetzer leitet. Aber es ist nicht zu läugnen daß wenn der Dichter gar kein Musiker ist [er] diese Gewalt nicht ausüben kann, und in allen diesen Fällen ist die Verschiedenheit der Compositionen desto stärker. Wenn das Gedicht außerdem so ist daß es nicht gleichmäßigen Eindruk macht sondern Unbestimmtheiten in sich hat so daß verschiedene Auffassungen möglich sind, dann ist die Mannigfaltigkeit der musikalischen Compositionen noch größer. Ein lyrisches Gedicht ist eigentlich nicht fertig bis es musikalisch vorgetragen wer-

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den kann. | Läugnet man dies und sieht Musik und Poesie für unabhängig an dann ist es anders. Wie verhält sichs? Ähnliche Frage wie die bei der Mimik inwiefern für die dramatische Dichtkunst die Darstellung nothwendig sei. Damals sagten wir es schiene ein bedeutender Unterschied hier zwischen dem alten und neuen Drama zu seyn. Können wir von der lyrischen Poesie dasselbe sagen? Auch hier sind die Verhältnisse sehr verschieden. Es gab bei den Alten mehr lyrische Poesie die vom öffentlichen Leben ausging und da war die musikalische Darstellung mehr postulirt theils weil sie mehr zur Verständlichkeit PbeiträgtS für die Masse theils weil Denken wir uns eine Menge Menschen hören ein lyrisches Gedicht vorlesen und sie hören es mit Musik vortragen. Der Eindruk beim letzten wird größer seyn. Wenn wir nun dies vorläufig annehmen wollten und sagen für unsre neuere Poesie überhaupt ist die musikalische Begleitung weniger nothwendig als bei den Alten, so wird dies doch nie so weit gehen dürfen daß wir beides ganz voneinander trennen. Es würde für die Poesie gar nicht vortheilhaft seyn wenn die Verbindung mit der Musik aufhörte. Das möchte besonders von unsrer Literatur gelten. In unsrer Sprache ist viel was uns auffordert zur Gleichgültigkeit gegen den musikalischen Ton der Sprache. Indem aber nun PaufS das musikalische dabei gedacht wird so liegt darin eine weit stärkere Aufforderung das Wohllautende nicht zu vernachlässigen. Es ist gewiß eine sehr ungleiche Position vom lyrischen Dichter wenn er gar nicht von der Voraussetzung ausgeht daß irgend jemand sein Gedicht musikalisch bearbeiten wird als wenn er daran gar nicht denkt. Aus der Verschiedenheit des Componisten und des Vortragenden entsteht dies daß eine große Menge von musikalischen Kunstwerken mehr als Gelegenheitsstüke erscheinen. Große musikalische Darstellungen sind nicht möglich wenn nicht große Mengen von Künstlern zusammen sind an Einem Ort und Eine Masse bilden. Wenn nun solche moralische Person gewisse Constanz hat so ist es natürlich daß die Kunstsetzer in Beziehung auf diese Kunstfertigkeit ihre Compositionen einrichten und das ist was dem Kunstwerk das Gelegentliche giebt. Oft werden Opern componirt wo [es] aufs bestimmteste auf das Zusammenwirken gewisser Sänger ankommt. 10 weil] bricht ab 7–10 Zusatz Trendelenburg, 194–195: „Es gab bei den Alten mehr lyrische Poesie, die von dem öffentlichen Leben ausging. Es verstärkt die Gleichförmigkeit des Eindrucks, wenn musikalische Begleitung hinzukommt. Durch das Hinzukommen musikalischer Begleitung sind mehr Puncte, durch die die Zuhörer gefaßt und bestimmt werden. Wollen wir sagen, für unsere lyrische Poesie sei die musikalische Begleitung nicht so nothwendig, wie für die der Alten, so können wir das Band uns doch nicht ganz zerrissen denken.“

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Ebenso bei der Symphonie. | Ein solches Werk kann nur da gut dargestellt werden wo es ursprünglich gemacht ist. Daraus entsteht eine große Wandelbarkeit in dem Kunstwerk selbst. Kunstwerke von Werth will man sich gern überall aneignen. Fehlt es nun an dem rechten Material und Personal so muß daran geändert werden und so paßt keine Oper für eine andre Bühne im strengsten Sinn als für die sie geschrieben ist. Wenn wir die Sache mehr von der subjektiven Seite betrachten aber bei dem Vorigen stehen bleiben so gilt von dem Verhältniß des Künstlers und Vortragenden dies: Es giebt viele Virtuosen die wenig oder nichts componiren. Eben so giebt es viele Componisten die wenig als Virtuosen bedeuten. Bei der großen Oper liegt dies in der Natur der Sache. Überall im Gebiet des praktischen Lebens finden wir einen großen Vorzug in dem was man die Vertheilung der Arbeit nennt. Ist das auf dem Gebiet der Kunst eben so? Das bringt uns darauf zu untersuchen in wie fern Vortheil oder Nachtheil für die Kunst durch diese Vertheilung entsteht. Die zusammengesetzte Instrumentalmusik hatte gewisse Hinneigung zum epideiktischen. Wenn nun der Componist zugleich Virtuose ist und als Virtuose componirt wird er dann in jedem Fall zwei verschiedene Personen seyn oder nicht? Man wird es keinem zumuthen daß er indem er componirt sich selbst als Virtuosen ganz ignoriren soll. Es würde eine außerordentliche Erscheinung seyn wenn z. B. der Virtuose auf der Geige für das Pianoforte componirt. Es ist natürlich daß er so componirt daß seine eigenthümliche Fertigkeit recht zum Vorschein kommen kann. Die Virtuosität des einen besteht überwiegend in dem Ansetzen des Tons[, die] eines andern in der Stärke des Tons oder in der Beweglichkeit. Diese Vertheilung müssen wir also hier als etwas Wohlthätiges ansehen weil sie das epideiktische noch hemmt. Wenn wir vergleichen das Componiren und [den] musikalischen Vortrag so ist offenbar daß im letztern ein großer Theil von mechanischer Fertigkeit ist wogegen das componiren auf der intellektuellen Seite liegt und von dem Mechanischen frei ist. Man hat neuerdings die Kunst erfunden Walzer etc. zusammenzuwürfeln. Das heißt also die Composition selbst mechanisiren. Je mehr das rythmische die vorzüglichste Rolle spielt so sieht man die Möglichkeit solches Mechanisirens | aber das wird auch niemand für ein Kunstwerk halten. Dies eben daß die Tonsetzung das Geistige und der musikalische Vortrag überwiegend mechanisch ist daran ist nicht zu zweifeln. Darum ists gut daß beide Geschäfte vertheilt sind. Das ist auch nicht das richtige und zum Heil der Kunst gehörig wenn die Vertheilung so ist daß eine große Menge von Vorträgen bestimmt wird durch das Personal so daß es Gelegenheitsstük 7 Seite] Sache

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wird. Davon muß sich ein eigentliches Kunstwerk frei machen; wiewohl der Musiker im allgemeinen auf die Darsteller Bedacht nehmen muß. Eben so müssen wir sagen ist es nur vortheilhaft für den Gang der Kunst wenn die Virtuosen componisten sind weil dazu eine Entsagung und selbstverläugnung gehört aber wenigstens auf PdiesenS wo die mechanische Seite schon so hervorragend ist. Sehn wir auf die Volksmusik so finden wir in beiden Stilen eine Menge von Sangweisen von denen niemand weiß von wo sie herstammen. Sie sind das Gegentheil von solchen Compositionen von denen man mit Bestimmtheit sagen kann von wem und für wen sind sie entstanden. Jene können nie in der Kunst sehr steigen und sind daher nur Repräsentanten von etwas ganz allgemeinem. Das ist der eine Endpunkt. Ja daß es schon Mangel ist wenn solche Volksmusik gar nicht existirt das ist klar. Es wäre auch ein Verlust wenn nicht solche Compositionen da wären in welchen sich nicht solche Virtuosität ganz und gar ausdrüken kann. Der Werth jenes ersten Extrems ist ein sehr universeller. Bei der Virtuosität finden wir auch schon die Ausartung in Spielerei. Aber das eigentlich classische liegt nicht in diesen beiden Punkten sondern das liegt in der Mitte. Es muß berüksichtigt werden der musikalische Zustand im Ganzen. Es fragt sich nun noch wie verhält sich der Componist zu dem Virtuosen? Es ist etwas ähnliches wie das Verhältniß des dramatischen Dichters und Schauspielers oder wie bei den Alten zwischen Poeten und Rapsoden. Der Unterschied ist der: das Werk des dramatischen Dichters besteht vermittelst der Schreibekunst in Beziehung auf seinen ganzen logischen Gehalt aber man kann nicht von jemand sagen daß die musikalische composition könne genossen werden ohne daß jemand sie darstellt. Es giebt wohl ein inneres Hören | das ist aber nur ein Schattenbild von der Wirksamkeit des eigentlichen Tons. Hier ist also die wirkliche Darstellung das Kunstwerk selbst d. h. durch sie kann es erst genossen werden. Nun müssen wir sagen das Natürlichste ist immer daß der Tonsetzer auch selbst darstellt. So wie wir aber denken an eine größere Gemeinschaft und wir schon die Vervielfältigung der musikalischen Zeichen haben so denken wir uns auch die Vervielfältigung der Darstellung; wie verhält sichs aber mit der Sicherheit daß wirklich so dargestellt wird als es des Tonsetzers Absicht ist? Wie in der Mimik mit Schauspielern ganz so ist es hier nicht. Es giebt keine Möglichkeit das auf persönliche Weise für den Tonsetzer den Virtuosen so zu instruiren daß er wirklich so darstellt als er es haben will. Die musikalischen Zeichen haben sich ungemein vermehrt aber diese Zeichen haften noch immer an den einzelnen Tönen. Nun ist 12 daß] das

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offenbar daß es bei jedem musikalischen Instrument also auch bei der menschlichen Stimme viel auf die Art der Vortragung und der Stimmung ankommt. Da für dieses nun keine reine Bezeichnung sondern nur Beschreibung durch Worte möglich ist, so ist offenbar daß sich der musikalische Vortrag nicht ganz und gar mechanisiren läßt. Etwas bleibt für den Darstellenden immer zu errathen. Verschiedne Virtuosen werden dasselbe musikalische Kunstwerk nicht auf dieselbige Weise darstellen. Wäre dies auch nicht so dann wäre der musiker ein reiner mechanischer Künstler. Je weniger es möglich ist alles was Differenz in den Bewegungen ist rein auf Zahlen zurükzubringen und die qualitativen Verhältniße der Töne durch Zeichen zu geben so bleibt für den Virtuosen immer noch viel übrig. Wenn die Composition noch durch viele Instrumente dargestellt wird so ist noch immer ein Dirigent da. Da sehen wir also wie sich die ganze Produktion vertheilt. Nehmen wir dazu daß das empfangende Publikum unter sich auch noch sehr different ist und der Verfasser der Composition eine PLeiblicheS Stimmung in sich trägt durch die der Hörer aufnehmen soll, so werden wir sagen je mehr solcher Differenzen um desto schwankender wird das Verhältniß zwischen Tonsetzer und Empfänger (Publikum). Da sehen wir was in der | ursprünglichen Composition eins und sich selbst gleich ist, wie das in der Darstellung ein mannigfaltiges wird. Man wird nicht leicht an verschiednen Orten dieselbe Oper auf dieselbe Weise hören. Berüksichtigung des Publikums des Orchesters etc. Hier ist es nicht so wie bei der Mimik wo die dramatische Dichtkunst eine ganz andre Kunst war als diejenige wovon die leibliche Darstellung ausging. Hier ist es nur ein und dieselbige. Nur durch die Vertheilung entsteht solche Mannigfaltigkeit. Wo nur die Beziehung auf den unmittelbaren Naturausdruk so dominirend ist wie hier und so vieles mitgegeben was von einem Sinn abhängt der durch die Sprache nicht zu dirigiren ist, da tritt die Sprache hervor. Es ist noch ein Eigenthümlichkeit in der Musik zu erwähnen deren Untersuchung eigentlich außer unsern Grenzen liegt. Nämlich daß sich der musikalische Sinn nicht selten in sehr früher Periode entwikelt ganz außer dem Verhältniß der andern Zweige der menschlichen Thätigkeit. Es giebt wohl keine andre Kunst wobei dieser Grad von Fertigkeit sich schon in den Kinderjahren entwikelt. Daß in der Poesie etwas ähnliches vorkommen sollte läßt sich nicht denken. Eben so ist es mit der bildenden Kunst. Wovon hängt das ab? Die musikalischen Talente so früh sind es immer mehr auf der Seite der Virtuosität aus der sich dann durch die Übung das Talent der Composition entwikelt. Betrachten wir die Sache genetisch so müssen wir sagen zuerst muß [sich] die Empfänglichkeit für die Töne sehr zeitig entwikeln. Warum

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kann sich aber die Empfänglichkeit für Dichtkunst und bildende Kunst eben so schnell entwikeln? Die Dichtkunst setzt die inneren Thatsachen der menschlichen Seele so PwieS sie sich [auf] innere PWeiseS entwikeln voraus. Da sehn wir wie es durch den Gegenstand selbst schon bedingt ist daß die ganze harmonische Entwiklung bis zu einem gewissen Punkt muß gebildet seyn. Bei der bildenden Kunst beruht die Empfänglichkeit doch nur auf der Anschauung. Das Kind fängt eher an zu sehen als zu hören aber dennoch findet sich eine so zeitige Entwiklung hier nicht. Die Anlage, das Gefällige vom Häßlichen zu unterscheiden die müssen wir als etwas ursprünglich gleiches annehmen. Es giebt Menschen | die für das Schöne im Kunstwerk einen sehr richtigen Takt haben ohne sonst sehr gebildet zu seyn. Da sollte man denken das könnte sich auch sehr früh entwikeln. Das finden wir aber gar nicht. Woher das? Das Gesehne hat eigne Beziehung auf das thätige Leben. Alles was der Mensch sieht hat Beziehung auf die Begriffsentwiklung aber hernach auch auf die ganze Empfindung auf das Praktische und die ist dann das zweite was hervortritt. So sehn wir wie sich späterhin das von aller Berührung unabhängige Auffassungsvermögen entwikelt. Gesetzt man wollte durch die Erziehung eine andere Entwiklung bewirken, so würde es doch nicht gelingen weil die innre Tendenz immer den Naturgemäßen Weg gehen würde. Worin liegt nun der Vorzug der Musik? Ich glaube man wird nicht leicht etwas ähnliches anführen lassen daß [sich] sehr oft früh in den Kindern das Talent der Nachahmung der Mimik entwikelt. Es ist allerdings die unmittelbare Verwandtschaft der Kunst mit dem PmittelbarenS Naturausdruk. Die frühen musikalischen Talente werfen sich ursprünglich fast immer auf die Instrumentalmusik weniger auf den Gesang. Woher das? Der Gesang haftet mehr am Wort, das ist das logische Interesse was das andre bald verschlingt. Je mehr die Kinder das gesungne verstehen lernen desto mehr nehmen sie zu. Wenn nun der Ton ein vorzügliches Organ trifft wenn das Gehör in einem Kind musikalisch entwikelt ist, so ist dieser natürliche Vorzug etwas angeborenes. So ists zu erklären wie sich hier die Kunstanlage zeitig entwikelt. Schwierig dabei: der Naturausdruk geht auf die Stimmung, wenn dem Menschen erst wenig begegnet ist so kann er auch keinen Sinn haben für die Stimmung. Jedes Kind hat aber einen ursprünglichen Lebenston der in der Musik seine Bedeutung erhält. Die Verwandtschaft des Tons mit der Stimmung ist auch P S. Immer erregt solche zeitige Entwiklung Bewunderung einmal indem sie in wirkliche Produktivität sich umsetzt und eine richtige Composition der Bedeutsamkeit eintritt. Es ist aber auch nicht zu läugnen | daß gewöhnlich durch 38 auch P

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diese zeitige musikalische Entwiklung die allgemeine Bildung mehr gehemmt als entwikelt wird. Die Kunst ist so isolirt in ihrem Gebiet. Die Musik hängt mit nichts PweiterS zusammen; wenn nun die organische Bedingung auf vorzügliche Weise da ist und durch den Lebensmoment auf verschiedene Weise entwikelt so kann ohne bedeutende Unterstützung von den andern Bildungszweigen P S. Allerdings wird immer ein bewegliches Gemüth dazu gehören aber nicht mehr als in der Entwiklungsstufe des Menschen durchgeht.

Von den bildenden Künsten. [Architectur]

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Das Gebiet der bildenden Künste war noch nicht bestimmt begrenzt. Wir waren noch unentschieden wohin die Baukunst zu rechnen. Einen andern Platz als diesen aber können wir ihr nicht anweisen. Sie hat das mit den bildenden Künsten gemein daß sie Gestalten hervorbringt, aber dann dienen ihre Werke auch wieder zum Bedürfniß der Menschen so daß in diesem ganzen Gebiet nur Einiges als Kunst angesehn werden zu können scheint. Die meisten Produkte der Baukunst umschließen das Hauswesen oder sind zu Versammlungen zu einem bestimmten Zwek. Dies sind Bedürfnisse die der an einen Zwek gebundenen Lebensthätigkeit angehören. Sieht man sie also von Seiten dieser Absicht an so könnte sie nicht hieher gehören. Warum sollte aber nicht, so wie ein Wohngebäude von außen so gestaltet werden kann PsoS daß lediglich alles äußere seinen Ursprung hat im Innern, also ohne alles Maaß und Symmetrie, dasselbe bei großen Versammlungsgebäuden geschehen. So scheint sich das Kunstgemäße von dem Zwekmäßigen sondern zu wollen. Daher haben einige nur das was an den Gebäuden Verzierung ist zur schönen Kunst gerechnet. Denkt man sich an einem Gebäude daß an einem Gebäude die Fenster gar nicht ebenmäßig gestaltet sind. Nun aber hätte man außen einen Säulengang angebracht so wäre das Gebäude Bedürfniß und nur der Säu6 Bildungszweigen P

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3–8 Zusatz Trendelenburg, 202: „Ist der Lebenston da, so kann die Entwicklung isolirt vor sich gehen, ohne daß es einer bedeutenden Unterstützung bedarf von den anderen Bildungszweigen. Je mehr die Musik sich auf die anderen Künste bezieht, desto weniger setzt sie im Menschen voraus. Allerdings wird ein bewegliches Gemüth dazu gehören und man hat es oft bemerkt, daß Componisten, die sich früh entwickeln in einer kindlichen Stimmung in Ansehung des ganzen Lebens befangen sind und sich die ganze Thätigkeit in diesen eine musikalische Richtung erschafft.“

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lengang Kunst. Nun haben wir uns im Allgemeinen solchen Ort vorbehalten müssen. Es war dies nicht leicht eine Trennung zwischen der schönen und mechanischen Kunst zu ziehn. So gab es auch eine andre Art und Weise einen Übergang zu bilden, dadurch daß es eine Kunst geben kann die ihren Impuls erhält von den gebundenen Lebensthätigkeiten. Wird ein Gefäß zu irgend einem Zwek gebildet so ist die äußere Oberfläche | noch unbestimmt, sie kann noch Verzierungen der Malerei und Sculptur an sich tragen. Diese Verzierung gehört dann zur schönen Kunst. So wollte man es nun mit der schönen Kunst auch machen, was zum Zwek dient sollte zur mechanischen was zur Verzierung zur schönen Kunst gehören. Die Architektur würde immer wegen der Menge und Größe der Gegenstände der eigentlichen schönen Kunst näher seyn aber doch den Übergang nur bilden zu einem Gebiet der schönen Kunst. Es ist nur schwer diese Vorstellung recht fest zu halten, denn wenn wir dies recht fest halten so kommen wir in einen Kreisel. Sagen wir es werden Gebäude errichtet und inwendig mit Figuren geschmükt. Die Figuren nehmen zwar mit einem freien Raum vorlieb aber die Gemälde wollen durchaus in einen eingeschloßnen Raum. Läßt man dies gelten so kann man dahin kommen daß man die Gemälde nur als Verzierungen ansieht. Daraus scheint es als ob man dies Verhältniß zu hoch stellte. Denn es ist dann schwer einen Unterschied zu finden zwischen [dem] Gebäude was zu einem bestimmten Zwek gemacht ist und zwischen dem Gemälde was für dies Haus gemacht ist. Da würden sich die Begriffe wieder verwirren. Wir können das was in der Architektur dem Gebiet der schönen Kunst anheim fällt, können wir gar nicht so von der ganzen Construktion des Gebäudes absondern. Denn wovon wir das Kunstgemäße in dem Bauwerk postuliren, das sind nicht allein abzusondernde Theile, sondern ganze Gestaltungen der Oberfläche. Wir verlangen durchaus von der Façade eines Gebäudes daß sie auf gewisse Weise theilbar sei und ein gewisses Verhältniß der einzelnen Theile unter sich. Wenn auch von gewöhnlichen Gebäuden der Plan gemacht ist ohne diese Foderung so wird das ein jeder tadeln. Wir lassen es [uns] gefallen wenn ein Haus gar keine Verzierung hat, aber wenn in der Oberfläche selbst dieses Gesetz des Ebenmaaßes nicht beobachtet ist, so wird das jeder tadeln. Das Künstlerische ist dann gar noch nicht entwikelt und niemand wird sich denken daß ein Volk könne Malerei und Sculptur haben ohne das Ebenmaaß in der Oberfläche der Gebäude zu haben. Das scheint die Foderung in sich zu schließen: der Architektur ohne Rüksicht auf den Zwek der Gebäude einen eignen Platz unter den bildenden Künsten nachzuweisen. Allerdings die Differenz daß die Produktionen | der Architektur nicht rein aus Kunstimpulsen entstanden sind, wird immer bleiben aber etwas ähnliches hatten wir schon

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oben. Sagten wir die Musik ist als Begleitung der Poesie und Mimik entstanden so sind die orchestische Bewegung und metrische Sprache zwar Kunstimpulse aber doch von einer andern Kunst herrührend. Können wir auch hier die natürliche Bewegung der Kunstfoderung nachweisen dann werden wir sehn wie dies dem bisherigen nahe steht. Betrachten wir den ganzen Umfang der Architektur so müssen wir gleich unterscheiden: diejenigen Gebäude in denen bestimmte mechanische Geschäfte eingeschlossen sind und solche die den größeren gemeinsamen Lebenszweken dienen. In dem Gebiet der letzteren unterscheiden wir wieder leicht die Gebäude die auf das bürgerliche Leben und auf das religiöse Leben ihre Beziehung haben. Die erstern haben den Zwek einer Versammlung von Menschen deren Größe es erlaubt [sie] in einem geschloßenen Ort zu vereinigen und sie vor der Witterung zu schützen und der Stimme mehr Kraft zu geben. Früher wurden politische Versammlungen unter freiem Himmel gehalten. Es hätte so bleiben können und niemand wird in der größeren Weichlichkeit das finden daß man sich in solchen Gebäuden versammlet. Es wird, sagt man, noch ein andrer Impuls dabei gewesen seyn. Wie waren die religiösen Gebäude bei den Völkern deren Architektur wir historisch kennen. Die Tempel waren da colossale Gehäuse für ein einziges Heiligthum und dieser innere Raum war von einem äußeren Raum umgeben der die Verehrenden umfing. Ursprünglich finden wir aber die Verehrung in heiligen Hainen. Die Parallele ist aber nachzuweisen daß je mehr die Heiligthümer selbst als Kunst gestaltet [wurden] desto mehr entwikelte sich der Sinn für die architektonische Umgebung. Gleichartig sind diese Produktionen offenbar den andern architektonischen. Es ist PnichtS dasselbe. Die Einheit des ganzen Gebiets beruht nicht auf dem ausgegangenseyn von dem Bedürfniß. Wir finden architektonische Produktionen die nur Monumente sind. Dergleichen finden wir schon in den ältesten Zeiten, die gar keinen Zwek haben, an die nur ein Gedanke geknüpft war, die nur an etwas erinnern sollten. Eine eigentliche Abbildung des Gegenstandes ist rein zufälliges. | Gehn wir hievon aus und gehn noch einmal zurük auf die Gedanken die großen politischen Gebäuden zum Grunde liegen und fragen uns zu welchem Zwek dergleichen sind. Alle solche Gebäude sollen Denkmäler seyn des politischen Zustandes. Auch die Sinne sollten darauf hingerichtet werden. Die Gebäude als Denkmäler konnten die Verfassungen selbst überleben. So wie wir nun den größeren Theil der Architektonischen Kunstwerke von dem Bedürfniß absondern und sagen sie dienen der Gedankenerzeugung so sind wir dem Gebiete der Kunst schon viel näher. Denn diese Werke sollen einen beständigen 2 sind] ist

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GedankenerzeugungsProceß hervorrufen und dieser ist ein solcher an dem oft ein poetisches sich zeigt. Es gilt dies von unsern religiösen vorzugsweise theils bei den Alten theils weil die freie Erzeugung der Poesie und Musik sich auf die PbewährtestenS Häuser bezog und nun werden wir sagen: P S das tägliche Leben bestimmt Kunst ist, ist doch ein Minimum, giebt aber einen Beweis daß der Mensch diese Produktion P S auf diese Art also werden wir die Baukunst den bildenden Künsten beigesellen können. Das Innerliche als innerlicher Proceß das ein eigenthümliches Leben bekommt das ist die Basis der PBildererzeugungS. Dies bloße Aufnehmen geht in die Produktion über. Wenn wir nun das ganze Gebiet der bildenden Kunst betrachten so würden wir sagen überall zuerst finden wir Malerei und Sculptur. Dies und die Malerei und im Ganzen ja PauchS die Sculptur in solchen Produkten die nur zu den Kleinigkeiten gehört. zu diesen tritt die Architektur die sich in kleinen Produktionen in das unbedeutende verliert. Haben wir nun das ganze Gebiet der bildenden Kunst beisammen wenn wir von der Gestaltenerzeugung ausgehn? Man könnte leicht sagen: wenn wir die Architektur aufnehmen so könnten wir auch noch etwas andres aufnehmen. Ist die Architektur z. B. schöne Kunst so wird die schöne Gartenkunst auch dazu zu rechnen seyn; wir können auch diese von dem Bedürfniß und dem Zwek trennen. Dagegen würde sich nicht viel sagen lassen. | Betrachten wir die bildenden Künste im allgemeinen so ist so viel gewiß[:] der Mensch ist von Gestalten umgeben die sich ihm einprägen und dann er trägt den Typus der Gestaltung in sich nach dem Maaß das in ihm ist. Hieran müssen wir die bildenden Künste ohne Ausnahme anknüpfen. Je mehr der allgemeine Trieb in einem einzelnen Lebendig ist und je schärfer sich die Gestalten in ihm abbilden um desto mehr wird sich sein Daseyn in der bildenden Kunst manifestiren. Daß die erste Conception eines Kunstwerks allemal einer Veranlassung bedarf das ist früher schon angegeben. So wie wir aber auf die verschiedenen Zweige der bildenden Kunst sehen so finden wir daß sich der Impuls theilt und nun fragt sich was ist der verschiedene Charakter dieser einzelnen Zweige der Kunst. Malerei und Sculptur 7 Produktion P

S] bricht ab

2–8 Zusatz Trendelenburg, 206: „Es galt auch von den alten religiösen Gebäuden, theils weil die Poesie und Musik auch dort ihren Sitz hatten, theils weil die Poesie und Musik sich auf die geweihten Orte und ihre Heiligthümer bezieht. – Was an den Gebäuden des täglichen Lebens nun Kunst ist, ist freilich ein Minimum. Aber es giebt den Beweis, daß die Menschen diese Gebäude des bestimmten Zweckes nicht hervorrufen können ohne daß sich innerlich ein Kunstimpuls vereinigt. So werden wir die Baukunst den bildenden Künsten beigesellen.“

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haben das Gleiche daß beide lebende Gestalten wiedergeben, aber die Differenz liegt tiefer als daß man bloß von dem Hervortreten aus der Fläche und nicht auf der Fläche reden könnte. Die Färbung ist in der Malerei das Bestimmende. In der ganzen Richtung von der Auffassung auf die Darstellung ist schon eine wesentliche Differenz. Vergleichen wir mit diesen beiden die Architektur so hat sie zwar Verwandtschaft mit der Sculptur weil sie das körperliche wiedergiebt und gleich tritt uns entgegen daß in der Orchestik der innerliche körperliche Raum hervorgebracht werden soll was die Sculptur ignorirt. Dies läßt sich am besten so ausdrüken: die Sculptur bringt Gestaltungen hervor aber an und für sich keinen Raum für dieselben, wohl aber werden die Gestaltungen auf einen gewissen Raum bezogen, denn anders wird eine Statue gebildet wenn sie in einem Gebäude stehen soll[,] eine andere wenn im Freien. Die Architektur deren Wesen ist einen Raum hervorzubringen aber er soll auf das Daseyn von lebendigen Gestalten bezogen werden. Je weniger es seiner Natur nach dazu PgemachtS ist desto weniger Anspruch macht die Kunst daran. Ein Gebäude, das zum Vorrathshause für todte Stoffe gebraucht wird wenn daran Kunst angewandt ist so wird niemand darnach fragen. Die Malerei ist in dieser Beziehung das Zusammenfassen von beiden, denn sie bringt die Gestalten mit dem bestimmten Raum hervor. Einer gemalten Figur auf einem unendlichen Raum wird immer etwas fehlen um ein Kunstwerk zu seyn; denn es fehlt das Maaß. Ein Brustbild z. B. wird einen verschiedenen Eindruk machen wenn der Raum nicht größer ist als das Bild selbst. Je größer der Raum je kleiner das Gemälde. Allein wenn wir auf den eigentlichen Stoff sehen so kommen wir noch auf eine ganz andre Differenz. Die Malerei hat es ebenfalls vorzüglich mit den lebendigen Gestalten zu thun. Es ist aber nicht ausschließlich | die menschliche Gestalt mit der es die Malerei zu thun hat, wogegen die Sculptur ausschließlich PfastS und überwiegend mit der menschlichen Gestalt zu thun hat. Das Abbild von Thieren ist immer etwas untergeordnetes und eben dies daß sich die Kunst auf die menschliche Gestalt eigentlich beschränkt giebt der Sculptur einen eigenen Charakter. Die Malerei erscheint uns in diesem Vergleich als eine laxere Kunst und die Sculptur gehaltener und gemessener. Wie ists nun mit der Architektur? Diese bezieht ihre Werke auf die menschliche Gestalt aber sie bringt die menschliche Gestalt gar nicht hervor. Wo nimmt die Architektur nun ihre Gestaltungen her? Organisch sind sie nicht. Rein erfunden oder Ausdruk Anorganischer Natur? Nehmen wir das erste an so würde die Architektur ursprünglich ihren Grund haben in dem Produktionsvermögen der Gestalt. Nehmen wir das andre an so 1 wiedergeben] wiedergibt

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können wir sie wie die übrigen auf das Auffassen der Gestalt beziehn. Analogien zu den architektonischen Räumen in der Natur aufzufinden ist nicht schwer freilich das meiste was wir von architektonischen Produktionen sehn scheint oberflächlich betrachtet mathematisch. Wenn wir auf die Zusammensetzung sehen so ist die etwas wozu in der mathematischen Construktion der Grund gar nicht liegt. Die mathematische Produktion kann man ansehn als aus dem Menschen selbst hervorgegangen, viel später als sich die mathematische Construktion auf dem Gebiet der Wissenschaft entwikelt. Wenn wir ein Gewölbe betrachten so ist eine Höhle dasjenige wovon der Typus hergenommen ist, nur daß die Gemessenheit und die Regelmäßigkeit die Kunst von der Natur unterscheidet. Wenn wir die Zusammensetzung der gradlinigen Form betrachten so finden wir das im Kleinen in der Natur in den Christallisationen. Wenn wir darauf achten daß wir wo auch kein Anspruch auf Kunst gemacht wird doch das fodern daß das Kunstwerk auf einer Seite besonders theilbar sei so müssen wir sagen wenn auch die architektonischen Gestaltungen aus der anorganischen Natur genommen sind so ist dies doch wieder etwas aus der lebendigen Gestalt genommenes daß es einen PAbschnittS giebt der die Gestalten gleich trennt. Diesen Grundtypus verlangen wir in allen architektonischen Gestaltbildungen. Ja sogar von jedem Gefäß verlangen wir dies und verwerfen es gleich ganz wenn nicht wenigstens diese Foderung daran erfüllt ist. | Das mathematische und die Beziehung auf das anorganische PwürdenS doch wieder durch die Allgegenwart einer organischen Construktion temperirt. Je mehr die Form dem mathematischen Grundtypus sich nähert um desto zusammengesetzter verlangen wir diese Theilbarkeit. Je freier die Struktur ist um desto mehr beschränken wir die Vorstellung was wir bei den organischen Construktionen selbst finden. Wenn wir eine gothische Kirche sehen so können wir nur Einen Durchschnitt verlangen wodurch sie in gleiche Hälften getheilt wird. Indessen ist die Symmetrie nur eine von den Grundfoderungen an den Architekten, und sie ist die negativste; daß das Gesetz derselben erfüllt werde bringt noch nicht ein bestimmtes Wohlgefallen hervor. Wovon hängt das Wohlgefallen an der architektonischen Produktion ab? Da kommen zu der Symmetrie noch zweierlei hinzu, das eine ist das was wir Eurythmie nennen das verschiedene Verhältniß was sich mit leichter Anschaulichkeit einprägt. Wenn die Theile so gegen einander geordnet sind daß es schwer ist sie herauszufinden so ist das Auffassen des Ganzen auch schwierig. Sind in einem Gebäude auf einer Façade z. B. die Fenster gleich weit von einander entfernt so übersieht man das Gebäude leicht. Sind die Fenster aber 20 Diesen] Dieser

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ungleich so wird das Auffassen schwieriger und der Eindruk verliert. Ist die Differenz der Entfernung von einander zwar wahrzunehmen aber doch nicht leicht zu bestimmen so macht das ebenfalls einen unangenehmen Eindruk. Das geht also ganz und gar auf arithmetische Verhältnisse zurük und dies finden wir auch in den äußeren Begränzungslinien. Wenn die äußere Façade eines Gebäudes ein reines Vierek darstellt d. h. so hoch als lang ist so wird das niemand für schön halten. Es ist ein gewisses Maaß was man verlangt. Worauf es beruht daß dies den wohlgefälligen Eindruk macht das ist im allgemeinen schwer zu sagen. Gewiß einen großen Einfluß hat es immer daß uns das Gebäude sagt von der Bestimmung wozu es da ist. Trägt ein Haus die Spur seiner Bestimmung so an sich daß man sie leicht erkennen kann so ist auch der Beschauer leicht befriedigt. Das arithmetische Verhältniß ist also durch die Beziehung auf die Bestimmungen ein wandelbares, und doch werden wir auch hier wieder ein gewisses inneres Maaß verlangen, selbst ein Exercirhaus wird uns zu lang erscheinen können. | Ein Gradirwerk z. B. kann ¼ Meile lang seyn dazu wird niemand etwas sagen. Dies unläugbar arithmetische was zum Grunde liegt das ist die Analogie die die Architektur hat mit der Musik. Daher hat man Analogie zwischen diesen beiden immer gefunden. Die Maaße der Länge und Kürze bilden hier dasselbe als in der Musik die Accorde. Wie es in der Musik ein dissonirendes giebt so auch in der Architektur. Die Totalität des Eindruks ist erst wenn mir das Ganze im vollständigen Accord gegeben ist. Dies arithmetische der Architektur was für das Auge wie in der Musik für das Ohr da ist, ist nicht zu verkennen. Manche Kunstlehrer haben dies übertrieben so daß sie meinten die Architektur und Musik ließen sich auf einander zurükführen. Dies hält aber wenn man das Einzelne betrachtet gar nicht Stich. Noch ein Element bei der Baukunst ist das Massenverhältniß d. h. der Eindruk den der körperliche Raum an und für sich hervorbringt. Man hat gesagt das müsse mehr dem sittlichen nicht dem ästhetischen Gefühl überlassen seyn und man hat sogar den Grundsatz aufgestellt daß was eigentlich PKunstgemäßS sei durchaus unabhängig seyn müsse von der Größe. Hier hänge aber alles von der Größe ab. Allein wir finden doch bei andern Künsten etwas ähnliches. Eine kleine chinesische Figur kann doch wohl nicht in demselben Grade Kunstwerk seyn als Statue. Da entsteht doch eine Verringerung der Submission in der Kunst durch den verringerten Umfang. Es ist 19 die] den 18–20 Vgl. Schleiermachers Notizen zur Ästhetik II, S. 23,14 und die entsprechende Sachanmerkung

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eine gewisse Ungemessenheit des Gegenstandes für das Organ. An solchen kleinen Gegenständen können wir das Kunstgemäße nicht recht erkennen. Wenn wir nun die Architektur nehmen so müssen wir sagen: Die Modelle der Häuser und Kunstwerke in Kork machen doch nur Eindruk durch die Erinnerung an das Große das sie vorstellen. Wenn hier die Größe gar nichts beitrüge so müßten wir sagen diese Modelle müßten sich zum Kunstwerk eben so verhalten als ein Abdruk zu einem Gemälde. Ein Kartenhaus kann noch so schön seyn – Niemand wird es für ein Kunstwerk halten. Der Eindruk der Masse ist vom Kunstwerk nicht zu trennen. Allerdings rührt dies her von der Verwandtschaft mit dem Mechanischen was in der Architektur ist. In den egyptischen Gebäuden ist Symmetrie und Eurythmie auf untergeordnete Weise da und das Kunstwerk geht nur auf die Masse. Es ist also etwas auf die Thätigkeit rein als Größe betrachtet zurükgehendes. – Die Architektur ist unter allen diejenige Kunst die die Miniatur auf das allerbestimmteste verschmäht. Dasselbe finden wir auch bei andern Künsten. Einen Kirschkern worauf 180 Gesichter geschnitten sind wird niemand mehr für ein Kunstwerk ansehn. Nun scheint in der Architektur | ein Entgegengesetztes obzuwalten. – Einmal ist es nicht das rein umgekehrte weil wir nicht sagen können daß dieser Eindruk mit der Größe zugleich zunehme. Es giebt gewisse Abstufungen. Wenn wir in der Malerei und Sculptur finden die drei Verschiedenheiten des Verkleinerten, Natürlichen, Colossalen so werden wir sagen das verkleinerte in der Malerei ist noch eher Kunstwerk als in der Architektur Das natürliche hat in der Architektur einen großen Umfang, weil es nicht an gewisse Gestalten gebunden ist. Das natürliche ist hier nur das Verhältniß des Raums zu den Gestalten, die sich darin bewegen sollten. Wenn nun das Maaß so überschritten wird daß wir sagen die Größe ist gar nicht mehr bestimmt in Beziehung auf den Zwek, der Cöllner Dom ist für ihren Zwek colossal. Der Raum ist zu groß für eine Anzahl Menschen die eine solche Gemeinschaft bilden PalsS hier sich versammeln soll. Hier ist das Gebäude construirt nach der Idee des Zweks, es überschreitet aber den Zwek und diese den Zwek überschreitende Größe ist um die Gewalt des Menschen über die Masse darzustellen. Nun wird man sagen das ist etwas mechanisches von der einen Seite muß ich das zugeben, von der andern Seite es vereinigt sich auf das bestimmteste mit dem was Schönheit in der 15 Kunst] folgt ))diejenige** 17–18 Zu den Exponaten des Mikro-Kabinetts des „Grünen Gewölbes“ in Dresden gehört eine Mikroschnitzerei, der „Kirschkern mit den 185 Angesichtern“ aus dem 16. Jahrhundert, auf den Schleiermacher hier offenbar anspielt.

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Architektur genannt wird. Eine Ringmauer die eine große Masse bildet macht den großen Eindruk gar nicht. Es ist also nicht die Masse an und für sich sondern die Masse als Subjekt der Symmetrie und Eurythmie. Es muß eine innere Theilung da seyn. Nun werden wir auch hier die eigenthümliche Begrenzung finden. Das zugegeben daß das Gebiet des natürlichen in [der] Architektur sehr groß ist daß das Verkleinerte ganz wegfällt etc. worauf beruht das? Die architektonische Masse soll eine vielfach getheilte seyn. Je vielfacher sie getheilt ist je größer ist die Macht der Verhältnisse die das Organ in sich aufnehmen soll. Ein kleines Modell von [einem] architektonischen Kunstwerk dabei verschwinden die kleinen Verzierungen an den Säulen oder man muß sie mit einem Auge ansehn dann aber verschwinden die großen Verzierungen wieder. Hieraus scheint zu folgen daß je größer die Massenverhältnisse sind um desto weniger vielfältig darf die Theilung seyn weil also beides schwer zu vereinigen ist. Gegen diesen Kanon finden wir nun Instanzen die man anführen kann. Der Köllner Dom ist colossal aber | es ist ein großer Reichthum von Verzierungen daran die in Beziehung auf das Ganze unendlich klein sind. Fragt man warum stört dies nicht den Eindruk? Viele werden sagen es stört allerdings. Andre aber werden sagen: Es störe sie deshalb nicht weil diese kleinen Verzierungen auf so bestimmte wiederkehrende Zahlen sich zurükführen ließen. Die reine Gemessenheit mit einer absoluten Vollkommenheit ist auch hier wiederum das Element des Kunsteindruks. Das sind die drei Elemente aus welchen das architektonisch Kunstgemäße zu betrachten ist. Nun ist noch das zu betrachten was wir in [der] Architektur Verzierungen nennen. Diese unterscheiden wir vom Werk selbst wie das Zufällige vom wesentlichen aber doch verlangen wir sie fast von jedem architektonischen Werk. – Ein Gebäude hier in Berlin das Gießhaus ist oft angeführt worden als ein vorzügliches Gebäude zu dem Verhältniß zu dem Geschäft. Zu diesem Geschäft gehören heftige Bewegungen. Es liegt in der Idee desselben einmal daß es auf die Masse auf eminente Weise zurük PstehnS muß und dann daß es auf eminente Weise fest seyn muß. Könnte das Gebäude nicht ohne alle Verzierung seyn und doch diesen normalen Charakter behalten? Das ist [eine] schwierige Frage. Einige werden sagen ohne alle Verzierung werde ich es gar nicht zum Kunstwerk rechnen aber ein anderer wird sagen: Es bleibt für mich eben so schön wenn auch keine Verzierungen daran wären eben weil die Idee sich so bestimmt darin ausspricht. So wie die ganze Frage noch unentschieden 29 Das kurfürstliche, später Königliche Gießhaus zu Berlin wurde 1645 auf Befehl Friedrich Wilhelms (1620–1688) errichtet und 1872 wieder abgerissen; es diente der Herstellung von Geschützen für die preußische Armee.

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ist so sehen wir daß verschiedene Fragen P aufS PnochS so verschiedene Antworten möglich sind. Ein Festungsbau bei dem wird man noch bedenklicher sein ob der in [der] Architektur Platz finde. Ich glaube nicht daß man Ehrenbreitstein wie es jetzt ist sehn kann ohne großen Eindruk zu empfinden. Es ist in einem FestungsGebäude so viel was unter den Gesichtspunkt der Eurythmie und Symmetrie fällt und mit der Idee des Zweks verträgt es sich daß es nach dem Gesetz der Symmetrie behandelt werde aber im wesentlichen sehe ich Einen Unterschied. Werden wir an einem FestungsGebäude Verzierungen erwarten, fodern oder verwerfen? Es giebt viele schön verzierte FestungsGebäude aber die Verzierung gehört nur an gewisse Stellen. Sind sie da so werden wir uns darüber freuen, fehlen sie so wird man es entschuldigen | mit der Idee des Gebäudes. Ich möchte sagen: Allerdings kann das Maaß der Verzierung nicht überall dasselbe seyn, aber es möchte gerade zu verlangen seyn daß die Verzierung nicht ganz fehle. Was aber rechnen wir eigentlich zu den Verzierungen? Diejenigen die die Architektur theilen und sagen das was sich auf den Zwek in der gebundenen Thätigkeit bezieht hat gar keinen Zwek in der Kunst[,] dem stellt man entgegen die Säulen. Wenn wir sagen die Verzierung verhält sich zum Gebäude selbst wie das Zufällige zum wesentlichen so müßten wir sagen die Säulen wären Verzierungen. Das möchte ich nicht zugeben. Wo die Säulen ihren ursprünglichen Ort haben sind sie nichts weniger als Verzierungen. Der Vorhof eines Tempels mit Säulen trägt die Deke und wenn der PVorhangS eines Portikus von Säulen getragen ist so kann das nicht bloß Verzierung seyn sollen. Was so selbständig an einem Gebäude heraustritt wie die Säule, das würde Schleiermacher nicht als Verzierung ansehn. Wir gingen davon aus daß die Architektur einen mathematisch gestalteten Raum bildet wogegen die Sculptur nur organische Gestalten bildet. Vegetabile Formen oder einzelne animalische Theile oder vollkommne Werke der Sculptur Basreliefs Statuen auf dem Gipfel könnten Verzierungen seyn aber in sofern sie schon Werke der Sculptur sind gehören sie nicht hieher, sondern nur das, ob die Gestalt der Verzierung ein richtiges Verhältniß hat zu dem Platz den sie einnimmt. Was aber nicht als Werk der Sculptur erscheint, die Rosetten an den Balken etc. Bleiben wir bei diesen der Architektur eigenthümlichen Verzierungen stehn? Was liegt für ein Bestreben zum Grunde? das Bestreben mehr Gestal2 Festungsbau] Vestungsbau 4 Die Festungsanlage Ehrenbreitstein existiert seit dem 16. Jh. in Koblenz und wurde, nachdem die Rheinprovinz beim Wiener Kongress 1814/15 Preußen zugeschlagen wurde, umfangreich ausgebaut.

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tungen in die Masse zu bringen. Denn wo eine Fläche zu groß erscheint und keine Theilung herkommen kann, da ist die Verzierung an ihrer Stelle so in Festungsgebäuden an den großen Wänden der Bastionen ist das Bestreben die ungetheilte Masse zu unterbrechen und mehr Gestaltung hineinzubringen. Es tritt die natürliche Neigung organische Gestalten zu bilden wieder hervor aber wieder unter der Form des Phantastischen. Arabesken z. B. die Capitäle der Säulen sind doch nichts weniger als reine Copien des Laubwerks. | Hieraus entsteht nun eine große Mannigfaltigkeit die in der Verschiedenheit des Geschmaks seinen Grund hat. Die Verzierungen in einem gegen die Größe des Gebäudes zu geringen Maaße vorhanden gehören mit zu dem troknen Stil in der Architektur, sind sie zu viel vorhanden so ist das das Überladene. Das Richtige liegt in der Mitte. Wie das was wir die Massenverhältnisse genannt haben, sich an einem Gebäude stellt, wenn der Eindruk den die Massenverhältnisse machen die natürliche Bestimmtheit hat so sind die Verzierungen nicht so nöthig. Das Übermaaß hängt keineswegs allein ab von der Qualität der Verzierungen sondern auch von dem Verhältniß derselben zueinander. Es können die Verzierungen sehr häufig seyn, wenn sie unter sich einem bestimmten Gesetz folgen und bestimmte Verwandtschaft haben so bringt die Menge der Verzierungen allein das Überladene nicht hervor. Das Einzelne gilt dann weniger als Einzelnes sondern als allgemeiner Typus. Indem wir nun die Hauptelemente die den Eindruk des architektonischen Kunstwerks [bestimmen] beisammen haben werden wir nun uns den allgemeinen Charakter der Kunst näher bestimmen können. Wenn wir von dem ganz allgemeinen Kunsttrieb ausgehn und fragen uns wodurch wird dieser Trieb speciell auf die Architektur gerichtet so müssen wir sagen: wenn jenes aus der gebundenen Lebensthätigkeit hervorgehende nicht da ist so ist nicht einzusehen wie Architektur entstehen kann. Nun gehören die Gebäude worin sich Kunstcharakter entwikelt immer dem öffentlichen Leben an. Der Kunsttrieb um aus sich die Architektur zu werden muß daher Verwandtschaft mit dem gemeinsamen Leben haben. Betrachten wir worin sich diese zunächst aussprechen kann so werden wir darauf getrieben daß so wie der Kunsttrieb diese specielle Richtung nehmen soll, sich dies gleich in ihm ausprägen soll. Die Architektur hat doch immer nur Beziehung auf das äußerliche religiöse Leben also ist dieser Charakter derselbe als der des bürgerlichen Lebens. Es soll in der Architektur ausgedrükt werden welche Gewalt sich der Mensch in Beherrschung der Gestaltung und starren Masse erworben hat über die Natur. Nun ist es Unvollkommenheit wenn dies bloß in dem Quantitativen sich zeigt. So lange noch in der Architektur ein Trieb ist colossale Massen zu schaffen so ist das ein leeres Prunken mit der

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Gewalt. Ein Gebäude wird immer nur für einen bestimmten Zwek erbaut und jene Kunsttendenz wird im Gebäude nicht zum vorschein kommen, wenn nicht noch etwas hinzukommt. Wenn wir auf dem ältesten Anfang dieser Kunst | auf der einen Seite finden Gebäude von ungeheurem Umfang wo die Höhe zu der eingeschlossenen Ebene in keinem Verhältniß steht, auf der andern Seite Gebäude colossale Massen darstellend die aber durch die zugespitzte Richtung der Pyramiden sicher gestellt sind so sehn wir die Kunst noch in ihrer Kindheit. So finden wir sonst die Kunst in Indien und Egypten. Wenn die hellenische Kunst betrachtet und dieser die gothische gegenübergestellt wird so haben wir zwei ganz verschiedene Typen und es ist immer noch Streit ob beide in gleichem Sinn unter [den] Begriff der Kunst zu subsumiren sind. Über den verschiedenen Charakter ist nicht nöthig etwas zu sagen. Nun sind im Ganzen die gothischen Gebäude mehr auf die Masse berechnet und haben vielleicht noch eher die Spur jenes Kindischen und man hat deshalb aus dem Gebiet der Kunst die gothische Bauart ausschließen wollen. Man hat gesagt: Alles Kunstgemäße müsse unabhängig seyn von der Größe, die gothische Bauart brächte aber ihren Eindruk nur hervor durch die Größe, also sei der Eindruk kein rein künstlerischer sondern ein mechanischer. In der Sculptur lassen wir es uns gefallen wenn wir auch denken müssen daß die Masse des Kunstwerks in ursprünglich weichem Zustande gewesen ist. Das in das weiche gearbeitete Modell zum Kunstwerk ist eigentlich das Kunstwerk aber dies sehn wir nur als vorläufig an, vorzüglich deswegen weil es sich in diesem Verhärtungsproceß nicht erhalten kann. 14–20 Schleiermacher könnte hierbei an den ästhetischen Diskurs der Aufklärung gedacht haben, in der die Gotik bzw. das Gotische noch mit einem groben Geschmack gleichgesetzt wurde. Sulzer etwa schreibt in seiner „Allgemeinen Theorie der schönen Künste“ zum Stichwort „Gothisch“: „Darum nennt man nicht nur die von den Gothen aufgeführten plumpen, sondern auch die abentheuerlichen und mit tausend unnützen Zierrathen überladenen Gebäude [...] Gothisch. Man findet auch Gebäude, wo diese beyden Arten des schlechten Geschmaks vereiniget sind.“ (Johann Georg Sulzer: Allgemeine Theorie der schönen Künste, Bd. 1, Leipzig 1771, S. 489) In A. W. Schlegels Berliner „Vorlesungen über die Kunstlehre“ (1801/02) findet sich die klassizistisch gewendete Frage zur „Gothische[n] Baukunst“: „Ob sie überhaupt Kunstwerth hat, da sie durchaus der Griechischen entgegengesetzt?“ (KAV 1, S. 321) Eine weitgehende Anerkennung der gotischen Architektur findet sich in Goethes „Von deutscher Baukunst“ (1772) sowie später in Friedrich Schlegels „Briefen auf einer Reise“ (1806), wo es heißt: „Die gotische Baukunst hat eine Bedeutung, und zwar die höchste; [...] so kann die Baukunst [...], so gedacht und so angewandt, das Unendliche gleichsam unmittelbar darstellen und vergegenwärtigen durch die bloße Nachbildung der Naturfülle“ (Friedrich Schlegel: Briefe auf einer Reise durch die Niederlande, Rheingegenden, die Schweiz, und einen Theil von Frankreich, KFSA IV, S. 153–204, hier: 181). Auf wen der Grundsatz zurückgeht, dass der künstlerische Eindruck unabhängig von der räumlichen Größe sein müsse, konnte nicht nachgewiesen werden.

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Weil dies Modell etwas vorläufiges ist, so kommt dies daher weil es keine Dauer haben kann. Wenn nun in der Architectur etwas vorkäme wobei man das Bewußtseyn nicht hat daß unmittelbar aus der starren Masse gearbeitet ist so wird sich der rein architektonische Eindruk bedeutend vermindern und selbst Mauersteine suchen wir noch zu bekleiden um anzuzeigen daß die nicht ursprünglich natürlichen Massen so angesehen werden sollen wie natürliche PSteineS. Nun haben wir gesehn daß in der Architektur der Unterschied des colossalen und natürlichen und verkleinerten in sehr verschiedenem Maaß hervortritt. In allen ist das verkleinerte ein Untergeordnetes Kunstwerk. Ein Gebäude was nur Privathaus seyn soll aber dennoch die Form trägt als sei es zum öffentlichen Leben, das ist ein verkleinertes. Das ist allerdings untergeordnete Gattung. Es existiren bei uns mehrerlei Monumente | die ganz der gothischen Baukunst angehören und eben als Monumente sind sie verkleinert. Natürlich sind sie PnurS untergeordnete Kunstwerke aber doch Kunstwerke. So wie die Griechen ihre Kunst anwandten auf kleine Hausgeräthe so ließe sich dieser Typus auf unsre Statuen auch anwenden. Warum sollten wir also nicht beide rein gegeneinander stellen? Das erste ist dies: In der hellenischen Kunst war das religiöse und Bürgerliche durchaus miteinander vermischt im öffentlichen Leben selbst war mehr oder weniger beides verbunden[;] die gothische Baukunst hingegen die ganz der Periode des Christenthums angehört trägt auch diese Differenz des Religiösen und Bürgerlichen in sich. Betrachten wir den Unterschied eines hellenischen Tempels und eines öffentlichen Gebäudes so ist der Unterschied nicht so groß als zwischen gothischer Kirche und gothischer Burg. Man wird keinen einzigen Überrest der gothischen Baukunst PnachweisenS können die dem bürgerlichen Leben angehörte. Man muß sogar sagen der Kunstcharakter in der gothischen Kunst ist nicht erreicht worden ohne sich in Bedeutendem Maße über die Anlage des Gebäudes über die Bestimmung zu erheben. Die Größe der gothischen Kunst geht immer weit hinaus über einen einzelnen Akt der religiösen Cultur. In allen gothischen Gebäuden die dem bürgerlichen öffentlichen Leben gewidmet sind, hat man sich nie ganz erhoben über die Bestimmung, Symmetrie und Eurythmie sind fast überall zu kurz gekommen. Diese Differenz die zugleich den Charakter des öffentlichen Lebens mit darstellt ist leicht, aber schwerer ist es nun wenn man sagen soll worauf beruhen die verschiedenen Typen der gothischen und hellenischen Baukunst. Ich kann es nicht für richtig halten wenn man dabei an bestimmte Naturnachahmungen denkt, wie man z. B. die gothische Baukunst aus den größeren Bäumen etc. ableitet. Der Weg ist falsch. Zusammenhang zwischen Kunstgestalten und Naturgestalten ist immer PdaS aber man muß ihn nicht in so beschränktem

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Gebiet suchen. Denken wir uns ein Gebäude versetzt in der Südsee und wir suchen da die Gestaltung in der Vegetation so scheint uns das sehr leicht zusammenzugehören. Aber einmal muß man [sich] sehr vorsehn daß nicht vieles als bloßer Schein erscheint. Wenn wir es nun annehmen und fragen woher rührt denn dies? so müssen wir sagen daher weil der Mensch in dieser Gestaltung und Weise dem natürlichen angehört. Aber je weniger ein Volk ein sedenteres ist, je mehr es ein wanderndes ist um so weniger ist man | berechtigt grade zu auf dies climatische zurükzugehn. Hellenische und germanische Völker scheinen uns nun beide zu den wandernden Völkern zu gehören. Da müssen wir also etwas freieres anschließen. Wir haben mehr Ursache die Eigenthümlichkeit der menschlichen Typen und Formen in der größeren Einheit zu suchen. Wenn man also sagt die höheren und steileren Gebirgsformen in der Natur und so auch das Schlanke in der großen Vegetation das hier mehr vorgeschwebt in der germanischen Baukunst, das kann man wohl annehmen. Sagt man dagegen daß in der griechischen Baukunst sich offenbar mehr ausspreche die Gewohnheit und Leichtigkeit so sehn wir daraus die Neigung zu den hellenischen Gebäuden. In soweit kann man auf eine gewisse Analogie zurükgehn. Je mehr ins Einzelne man gehn will desto mehr kommt man auf Willkürliches und Gehaltloses zurük. Aus dem griechischen und gothischen Stil müßte eigentlich eine moderne Architektur hervorgehn aber es läßt sich nicht viel davon sagen. Es sind nur Ausartungen oder Vermischungen und Zeugnisse wie die Architektur der letzten Jahrhunderte auf das frühere gepfropft sind. Der wesentliche Unterschied ist eben nichts anderes als dies willkürliche Herumgreifen. Nun können wir auch nichts anderes erwarten als eine Parallele des Gemeingeists in dem ganzen Leben so wird es auch Architektur geben oder nicht. So wie es eine Zeit gab wo das Nachahmen des Französischen unter allen gebildeten Völkern Mode war, so ists in der Architektur auch gegangen. Diese Zeit ist nun vorüber und auch in der Architektur ist man von jenen Überladungen etc. zurükgekommen. – Es ist also nur noch übrig etwas im allgemeinen hinzuzufügen über das Verhältniß der Architektur zu den übrigen Künsten. Worauf die specifisch architektonische Begeisterung beruht das ist die Darstellung der Gewalt des Menschen über die Masse. Wenn wir von diesem Punkte ausgehend zusammenfassen was über die geschichtliche Entwiklung der Architektur gesagt ist, wie dies in der Neigung durch Größe der Massen sich zu zeigen in der egyptischen Architektur sich zeigt, so mögen wir hier die Betrachtung anstellen wie schon in dem hellenischen das erste Motiv weniger hervortritt als es im gothischen der Fall war, es wird ersetzt durch das Element des Gemeingeistes welches hier hervortritt. Finden wir nun daß alle mechanischen Con-

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structionen in der neueren Zeit durchaus nicht mehr den Charakter haben durch die Größe und Anspruch der Dauer sondern durch die Leichtigkeit in der Zustandebringung ihren Zwek zu erreichen so sehn wir daß das dem architektonischen Meisterwerk nicht günstig ist. Wenn z. B. in England der Grund und Boden auf gewisse Zeit verpachtet wird so ists natürlich daß die Häuser auch nur auf so lange gebaut werden als die Miethe geht. Da | geschieht es oft daß öffentliche Gebäude einfallen ehe sie fertig sind und das ist freilich das schlimmste Vorzeichen für diese Kunst. Eine neue wirklich geschichtliche Epoche der Architektur möchte weiter entfernt seyn als für jede andre Kunst. Betrachten wir das Verhältniß der Architektur zu den übrigen Künsten so ist der Grund dazu schon durch mehrere beiläufige Äußerungen gelegt. Wir finden eine Art von geschichtlicher Opposition zwischen Architektur als der materiellsten und Redenden Künsten als den idealsten Künsten. Die eine wirkt durch das starrste der Erde, die andre durch das flüchtigste die Luft. So ist das eine am Boden ruhend das andre sich in der Luft verbreitende im Gegensatz. So lange die Worte die man aufbewahren will noch auf Steine geschrieben werden und die Poesie mit der Architektur zusammenhängt könnte ein Übergewicht der Poesie über die Architektur nicht gedacht werden. Eine geschichtliche Periode kann man angeben wo die Architektur mit allen andern Künsten auf gleicher Höhe stand. Das war die Periode der Architektur. Je mehr wir jetzt den Sinn für die Poesie verbreitet finden um desto mehr finden wir den allgemeinen Sinn für das architektonische im Volk fehlen. Dabei giebt es auch unter uns noch eine Verbindung zwischen den redenden Künsten und der Architektur. Die ersten bedürfen der Beredsamkeit schon an und für sich, die dramatische poesie einen umschlossenen Raum. Die größte Bestimmung der Architektur ist Kirchen auf der einen und Theater auf der andern Seite. Da ist das schlimme für die Architektur daß die mimische Darstellung der dramatischen Poesie durchaus nichts fest gewurzeltes in uns ist. Ein Theater worin alle Andeutung auf das Politische und die Darstellung des Politischen selbst zurükgedrängt werden, das kann unmöglich Bedeutung für das ganze des Volks haben und also muß die architektonische Begeisterung im Ganzen fehlen. Denn das Zufällige auf willkürlichem Geschmak beruhende darf keinen Anspruch machen auf die Dauer der Architektur. Gehn wir auf das Verhältniß der Architektur zur Musik so gehört allerdings auch für die Musik ein eingeschloßner Raum allein in sofern ist die durchaus jener untergeordnet; sie bildet selbst mit der Rede zusammen das ganze des Gottesdienstes und so sind die dramatischen Darstellungen mit der Musik die vollkommensten. Dagegen ist ein gewisses innres Verhältniß zwischen Architektur und Musik. Es ist ein Vorherrschen

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des rythmischen in beiden Künsten und vieles läßt sich in beiden auf Zahlverhältniße zurükführen. – Einige haben gesagt Architektur ist gefrorne Musik – | die Zusammenstimmung im Accord kehrt uns in der Architektur wieder. So wie bei der Musik gesagt ist daß man doch keineswegs die ganze Wirkung des Tons im arithmetischen suchen soll so kann man dies auf der einen Seite auch von der Architektur sagen aber auf der andern Seite ist ein anderes das ZahlVerhältniß für das Auge als für das Ohr. Denn das können wir nicht sagen daß viele Menschen die Töne zählen, daß wir aber das Verhältniß der Linien mit den Augen messen das kann man nicht läugnen. Daher würde man besser sagen die Musik wäre zerfloßene Architektur als die Architektur wäre erstarrte Musik. – Jedes musikalische Thema ist eigentlich melodische Succession von Accorden. Alles was musicalische Figur ist verhält sich zum wesentlichen wie in der Architektur die Verzierungen zu den arithmetischen Linien. Der größte Gegensatz zwischen beiden ist auf der andern Seite. In der Musik PsahenS wir wie wir den Virtuosen und den Componisten zusammenstellten die etwas unmittelbar Künstlerisches hatten wenn das Werk des letzten sollte wirklich werden. Ganz anders ists in der Architektur da ist der Architekt im engern Sinn der die Gebäude entwirft ist der einzige Künstler. So wie er diese entworfen so herrscht das Mechanische. Eben daraus aber daß in der Architektur alles eigentlich Künstlerische in dem Urbilde vorhanden ist, sieht man wie Unrecht man haben würde sie aus dem Gebiet der schönen Künste herauszuweisen und wie ihr Platz feststeht. Es ist also nur die Idee des Gebäudes worin die Kunst ruht, die ganze Ausführung ist Mechanisch. So sind in der Musik auch durchaus die geistigsten Organe des Leibs in ihrer Individualitätät. Dagegen die Kräfte die in der Ausführung der Gebäude thätig sind sind die aller leiblichsten. Architektur und Musik constituiren sich also gleichsam als die äußersten Enden in der Kunst. Wie verhält sich die Architektur zu den andern bildenden Künsten Sculptur und Mahlerei? In vieler Hinsicht bedingen sich beide gegenseitig. Es läßt sich keine Architektur denken welche die andern bildenden Künste ausschlösse. So weit wie Göthe möchte ich es nicht treiben der sagt: daß jedes Werk der bildenden Kunst die Verzierung des Raumes sei. Das scheint mir zu viel gesagt. Dadurch wird die Architektur zu hoch gestellt und Sculptur und Mahlerei scheinen sich zur Architektur zu verhalten wie ihre eigenen Verzierungen. Nicht leicht wird es Werke der Sculptur und Mahlerei geben was nicht auf gewisse Weise durch den Raum für welchen es ursprünglich bestimmt ist bedingt wäre. 2–3 Vgl. die Sachanmerkung zu S. 23,14–1 S. 34,19

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Wenn ein Bildhauer Auftrag bekommt eine Statue zu verfertigen so wird er zuerst fragen wohin sie kommen soll denn danach | nimmt er sein Maaß. Dasselbe ist mit den Gemälden. Wenn diese großen Gebäuden angehören so haben sie auch bestimmten Platz in denselben. Der Raum und der Ort bestimmt mit die Composition der Figuren. In diesem Umfange verstanden ist der göthische Ausspruch richtig. Diese Betrachtung stellt doch das Gleichgewicht zwischen Architektur und andern Bildenden Künsten auf PAndeutendeS Weise wieder her. – Wenngleich es in der Malerei untergeordnete Produktionen giebt die nicht lebendige Gestalten bezeichnen so ist das nur Ausnahme. Sculptur

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Zunächst an die Architektur schließt sich nun die Sculptur an theils wegen des Stoffs theils auch dadurch daß die Sculptur wirklich körperliche Gestalten bildet. Indeß muß man hierein nicht zu viel legen. Man stellt in dieser Hinsicht die Differenz zwischen Sculptur und Malerei viel zu groß dar. Die Malerei stellt immer nur den Wiederschein der Organisation auf der Oberfläche dar. Die Malerei läßt immer nur die Hälfte der Gestalt sehen indem sie alle Gestalten so darstellt wie sie unmittelbar dem Auge als Fläche erscheinen. Die Sculptur sagt man stellt die ganze Gestalt dar. Das ist richtig aber auch nur auf gewisse Weise; denn die eine Hälfte kann ich doch nur immer auf einmal sehen. Fragen wir nun, ist nun auf der einen Seite dies der ganze und volle Unterschied zwischen Architektur und Sculptur daß Architektur mit unorganischen und Sculptur mit organischen Gestalten zu thun hat und eben so zwischen Malerei und Sculptur daß die Sculptur auf der körperlichen Masse die Malerei nur auf der Fläche bildet so ist das wieder zu viel gesagt. Nicht von allen Werken der Sculptur kann man das aussprechen daß sie wirklich organische Gestalten ausdrüken. Denn es kommen ganz fingirte Gestalten entgegen und dann giebt es wieder einen Übergang aus Architektur in die Sculptur die beide vermittelt. Die fingirten Gestalten wie die Idole bei vielen Völkern, können natürlich auch nach Art der Malerei producirt werden aber man kann sie doch nicht für wahrhaft organische Gestalten halten und wir haben auch keine Möglichkeit sie zu construiren. Es ist also zu viel zu sagen die Sculptur giebt das Wesen der Gestalt wieder. Es giebt Übergänge aus der Architektur in die Sculptur dies finden wir in allen einzelnen Fächern angedeutet. Bei den architektonischen Verzierungen finden wir Rosetten und dergleichen die aus Verschlingungen von Kreisen gebildet sind; in den vegetabilischen Formen hat die Fiktion sehr freien Spielraum und je weniger sich die

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Natur bestimmt ausdrükt um desto mehr muß man sagen die Formen des Lebens sind nur auf entfernte Weise nachgebildet. Denken wir an die Hermen, so sind das eigentlich Säulen, Monumente und nur der Obertheil stellt einen menschlichen Körper dar. Das ist ein Verlaufen einer lebenden Gestalt in eine Leblose. Eine Zwittergestalt – ähnlich | den naturphilosophischen Fiktionen wo die Entwiklung des Lebens so aus der todten Masse herausgefunden wird. Wenn wir diesen Weg noch etwas weiter verfolgen so scheint die Sculptur recht unmittelbar aus der Architektur hervorzugehn. Betrachten wir z. B. die steifen egyptischen Statuen so müssen wir sagen: es ist lebendige Gestalt aber haben ein Minimum von Leben. Denken wir uns eine egyptische Statue in einer Wand so scheint es als wolle sich die lebende Gestalt erst aus der Wand herauswinden. Nehmen wir nun die fingirten Gestalten die z. B. in ganz abentheuerlichen Bildungen vorkommen hinzu so sollte man sagen daß, was hernach so sehr dominirt hat, das Bestreben die wirkliche Gestalt wiederzugeben erst nach und nach entstanden wäre. Nun aber müssen wir freilich sagen: das sind Werke in welchen sich der Geist der Sculptur noch nicht manifestirt. Nur Völker die einen kleinen Entwiklungskreis haben sind bei dieser Darstellung stehn geblieben. Nehmen wir also die ganze Entwiklung der Kunst so müssen wir dabei bleiben: Es ist das Hinstreben zur lebendigen Gestalt und erst wo dieses recht heraustritt, da hat die Kunst ihr eigentliches Gebiet ergriffen. Vergleichen wir Sculptur und Malerei. Hier finden wir ebenfalls dergleichen Arabesken. – Die abentheuerlichen Göttergestalten sind in der Malerei so gut dar als in der Sculptur. Wo wir aber die Malerei auf ihrem Gipfel finden da ist ihr Gebiet größer als das der Sculptur. Die Landschaftsmalerei wird immer großer Gegenstand der Kunst bleiben wogegen die vegetabilische Form in der Sculptur fast gar nicht vorkommt. Eben so kann die Malerei Thiergestalten auf viel unabhängigere Weise und in größerem Umfang in sich aufnehmen[;] in der Sculptur kommen auch Thiergestalten vor aber doch auf untergeordnetere Art. Wenn wir sagen daß in der Malerei die Abbildung der Thiergestalten ursprünglich der P S angehört so müssen wir sagen daß in der Sculptur die Thiergestalten doch nicht anders vorkommen als in Beziehung auf den Menschen. Woher sollen wir denn diesen großen Unterschied zwischen Sculptur und Malerei in Beziehung auf ihren großen Umfang ableiten? Oberflächlich betrachtet müßte man sagen wenn man auf den Gedanken gekommen wäre die vegetabilischen Formen in Gestalten wiederzugeben dies nach dem Gesetz der Sculptur hervorgebracht | scheint solchen Eindruk nicht hervorzubringen. Die Beweglichkeit der Theile der vegetabilischen Formen durch die Luft ist etwas das sich im starren Stoff der Sculptur nicht nachbilden läßt aber man kann doch nicht sagen

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daß das das eigentliche von der Sache ist sondern wir müssen wenigstens noch etwas andres hinzunehmen. Die Malerei wenn wir sie in ihrem eigentlichen Wesen betrachten und nicht das Schattenbild der Kunst mit dem Wesen selbst vergleichen wollen so hat sie es mit der PLichterfindungS zu thun. Erst wenn sie in Umrisse den Wechsel von Licht und Schatten hineinbringt nur dann erst PfängtS sie an die Kunst zu betreten. Die Umrisse sind immer die Grundlage des Malers aber nicht das Kunstwerk selbst. Davon weiß die Sculptur gar nichts. Bei den Alten scheint es als wenn das Licht ganz so gewesen ist denn wir hören von etlichen Meistern daß die Statuen sind bemalt gewesen. Wir können dies doch nicht anders als es als einen Widerspruch ansehen. Man hat auch bei den Alten dies PimS schönsten Zeitalter der Kunst wieder fahren lassen. Im Ganzen überläßt der Künstler im Gebiet der Sculptur die Lichteffekte der Natur. Also müssen wir sagen: was bei der Malerei nur als Unterlage erscheint das ist bei der Sculptur das Ganze. Aus diesen beiden zusammen genommen muß die ganze Aufgabe der Kunst construirt werden können. In der Malerei ist die Grundlage die Hauptsache. – Wenn wir diesen Unterschied fest ins Auge fassen so müssen wir uns fragen können wir dennoch sagen daß das Princip der Begeisterung in beiden Künsten ein und dasselbige ist. Allerdings ist aber etwas anderes das Motiv in beiden. In der Sculptur tritt uns besonders hervor die Begeisterung durch die lebendigen Gestalten wogegen in der Malerei wenn man alles zusammennimmt man doch sagen muß es weit mehr die Begeisterung für das Licht als das Medium wodurch wir die Gestalten erbliken. Wenn wir nun also für die Sculptur dies feststellen so werden wir von hier aus das ganze Gebiet derselben betrachten müssen: fragen wir da was machen wir mit jenen alterthümlichen und abentheuerlichen Bildungen die als die ältesten Werke der Cultur erscheinen. Ist es genug wenn wir sagen es ist ja in der Mitte zwischen Architektur und Sculptur. Für eine äußere Betrachtung geht das aber man muß noch etwas anderes dabei betrachten. | Die Architektur bezieht sich auf das öffentliche Leben und geht davon aus: Es sind zwei Elemente, das politische und religiöse: die Architektur als Kunst hängt also eigentlich nicht an dem Mechanischen sondern an der Erkenntniß. Nun finden wir daß jene abentheuerlichen Bildungen in der Sculptur fast alle zum religiösen Gebiet gehören und eigentlich mit der Architektur in Zusammenhang stehn. 36–38 Zusatz Bindemann, Bogen 13, 193: „Hier können wir nicht in die innern Gründe zurükgehn das göttliche unter solcher Form darzustellen. Das liegt auf einer Entwiklungsstufe wo Bilder und Gedankenerzeugung noch nicht getrennt war. Es ist ein wildes phantastisches Herumgreifen.“

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Wir müssen dieser Bildung eine symbolische Bedeutung beilegen und zugestehn daß hier beides zusammengehört Sculptur und Architektur, Tempel und Statuen. Fragt man: wenn also die Sculptur in ihrem ersten Anfang so genau mit der Architektur verbunden ist wie ist man denn nun übergegangen zu dem eigenthümlichen Princip der Sculptur? so müssen wir das Übergehn der Göttergestalt aus jenen Formen in die menschliche Gestalt festhalten wo also die Neigung zu Naturkräften übergeht in die Neigung zum Ethischen und historischen. Dies müssen wir als ersten Anfang der Sculptur ansehn und da findet sich von selbst die Beschränkung des Gebiets durch die Wahrheit nämlich das Bild der Göttergestalten bleibt nur eine Fiktion aber die Gestalt führt uns auf das Wahre zurük. Jene älteren Bildungen gehören ganz in das Gebiet der Mythischen Zeit und es ist da keine Freiheit in der Produktion gewesen. Es ist offenbar daß aus den abentheuerlichen Bildungen eigentliche Kunstgesetze in Beziehung auf die Darstellung sich nicht festsetzen lassen und daß wir nur auf die Darstellung der menschlichen Gestalt werden zu sehen haben. Was gehört aber in den ganzen Kreis der Sculptur in Beziehung auf die Gegenstände? Da zeigt sich die antike Sculptur beschränkter, die moderne ist weniger gebunden aber auch weniger in das allgemeine Leben übergegangen so daß man nicht von vorn herein Rüksicht darauf nehmen kann. Jene älteren Bildungen die mehr orientalischen Ursprungs sind größtentheils kolossal. Die Darstellung der menschlichen Gestalt so wie sie sich fixirt hat postulirt auch eine Annäherung an die Wahrheit der Natur. Außer dem Kolossalen und der Naturwahrheit finden wir aber noch eine verkleinernde Sculptur von verschiedenem Maaßstabe ihrer Statuen PunterS der menschlichen Größe wahrscheinlich in Beziehung auf einen bestimmten Raum der es nicht anders zuließ, zum Theil noch kleiner in den Verzierungen und so kommen wir herunter bis zur Steinschneiderei. Allerdings wird man zugeben daß diese keine so vollendete Gattung mehr ist als die Arbeit der Bildhauers dennoch legt man großen Werth darauf. Wenn wir das Kolossale mit der natürlichen Größe und der MiniaturSculptur vergleichen so ist offenbar daß das Kolossale in gewissem Sinn über die Grenzen der Kunst hinausgeht, denn die Oberfläche zeigt sich nur zur Hälfte kann aber nicht ganz umgangen werden. Eine Statue z. B. die für die Nische bestimmt ist für die würde es unzwekmäßig seyn sie an der hinteren Seite ganz 13 der] des 6–8 Zusatz Bindemann, Bogen 13, 193: „Dieselbe Grenze müssen wir auch in der Poesie ziehn, wo die Richtung von den Naturkräften übergeht in das epische und historische.“

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auszuarbeiten. Kolossale Statuen können nirgend von allen Seiten betrachtet werden denn sie sind fast immer für einen hohen Gegenstand bestimmt und werden fast immer von unter herauf betrachtet. Es giebt einen ganz andern Sehwinkel wenn ich eine Statue die mit mir | auf gleicher Fläche steht betrachte als wenn ich eine erhaben stehende colossale Statue betrachte wo mir die oberen Theile schon verkleinert erscheinen. Will der Künstler die Statue in ihrem natürlichen Verhältniß bearbeiten so sehe ich sie nicht in ihrem natürlichen Verhältniß, will er sie so bearbeiten daß ich sie in ihrem natürlichen Verhältniß sehe so muß er die obern Theile verhältnißmäßig größer machen damit sie verkleinert doch noch das richtige Verhältniß bilden. Wenn wir uns eine aufrechtstehende Statue denken so kann der Beschauer in beliebiger Entfernung stehen. Ist er zu entfernt so erscheint sie verkleinert, aber wenn sie nur in horizontaler Hinsicht dem Beschauer gleich steht so ist jenes etwas worauf der Künstler gar keine Rüksicht nimmt. Aber bei der MiniaturSculptur bei der Steinschneiderei sehen wir uns in dem andern Gebiet nach natürlichen Gesetzen wo noch Fläche ist und hier fast ganz zum Punkt wird und also die Aufgabe in dieser Verkleinerung mit gehöriger Klarheit und Deutlichkeit zu arbeiten wird schwieriger aber hier kommen wir wieder an die Grenze der Kunst in das blos epideiktische. Wenn ein Kunstwerk dieser Art recht vollkommen ist so muß es vieles davon geben was mit bewaffnetem Auge nur kann unterschieden werden; das ist aber eine bloße Darlegung mechanischer Fertigkeit. Die Alten konnten das Auge nicht bewaffnen und hielten sich daher mehr in das allgemeine. Das Kolossale und die Miniatur sind also die Grenzpunkte und der eigentliche Umfang der Kunst liegt in einem kleinen Gebiet um die natürliche Größe her. Die Werke der verkleinerten Sculptur können ursprünglich nur zum Schmuk dienen und die kolossalen können nur gerechtfertigt werden durch bestimmte Zweke. In den Kolossalen finden wir fast überall die Bestimmung sich von selbst verkündigt dagegen bildet die verkleinerte Sculptur allerdings eine sehr große Gattung worin sich zu einer Zeit als die Kunst in der höchsten Blüte stand ausgezeichnete Männer versuchten. Solche kleinen Kunstwerke sollten eigentlich als Schmuk getragen werden; e s ar b e i t e t al s o die Kun st in dies em k l e i n e n M a a ß s t ab e f ü r d i e G e s t al t . Wenn dies so geschieht daß hier keine andre als die wahre Kunstschätzung einzutreten braucht so kann hier eine wahre Virtuosität ausgeübt werden. Es tritt hier der 14 horizontaler] horisontaler 11–16 Zusatz Bindemann, Bogen 13, 195: „Dies wird immer dasselbige bleiben wenn auch die natürliche Größe um ein bedeutendes verkleinert wird.“

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Fall nicht ein wie beim colossalen daß der natürliche Typus verrükt werden muß sondern hier kann die volle Wahrheit der Gestalt im kleinsten Maaßstabe wiedergegeben werden. Je kleiner der Maaßstab wird je mehr zeigt sich wie der natürliche Typus dem Künstler vorschwebt. Daher der richtige Blik für die Verhältnisse auf ganz eigenthümliche Weise aus diesen kleinen Kunstwerken ersehn werden kann. Wenn wir nun dies beides zusammen nehmen das allmählige fixirt werden der Kunst nach der Wahrheit der menschlichen Gestalt und dann den Umfang der Größe in welcher sie arbeitet so haben wir die Grenzen aufgestellt, das Qualitative und Quantitative berüksichtigt und es fehlt nur noch Eines. Im Gemälde nämlich kann eine große Menge von Gestalten neben einander da seyn und zwar theils Ganze, | theils sich einander verdekend, kurz die Gruppirung der Gestalten. Wie steht es in dieser Hinsicht in der Sculptur? Ursprünglich scheint sie auf die einzelne Gestalt beschränkt. Nun giebt es die Möglichkeit, in der Sculptur Gestalten mit einander zu verbinden und es giebt Werke der Art, die immer auf eine sehr geringe Anzahl beschränkt sind. Aber selbst diese kann die Sculptur nicht aufnehmen ohne pitoresk zu werden. Das Relief bildet den Übergang zur Malerei und läßt dieselbe Mannigfaltigkeit zu wie diese aber genau genommen kann dies auch nicht mehr zur Sculptur gerechnet werden. Das eigentliche Verschlingen der Gestalten kann nur in sehr geringem Maaße vorhanden seyn und daraus sieht man wie die einzelne Gestalt doch eigentlich Aufgabe der Sculptur ist. Was aber ist an der einzelnen Gestalt eigentlich ihre Aufgabe? Hier müssen wir zurükgehn indem wir zusehen ob es sich bewähren wird was oben gesagt ist daß das Leistende in der Sculptur nichts anderes sei als die Gestalt selbst. Wie ist nun dieser sehr allgemeine Begriff eigentlich zu fassen? Die menschliche Gestalt bleibt das Centrum dieser Kunst, das läßt sich nicht getrennt denken von dem Eigenthümlichen derselben, von der Intelligenz, und wenn dies gerade in der Aufgabe läge daß sie als Erscheinung des Geistes dargestellt werden soll so könnte das nicht mehr in der Kunst liegen. Nun haben wir verschiedne Maße nach welchen wir das Leben beurtheilen. Das eine ist das Sinnliche wo wir die Gestalt betrachten als Organ des Geistes, wo wir Kraft und Beweglichkeit betrachten; das andre ist das geistigere wo wir die Gestalt betrachten so wie wir sie als das Produkt aus der Thätigkeit des Geistes selbst ansehen und in den Gesichtszügen z. B. die Gemüthsbewegung aufsuchen in welcher Beziehung das Antlitz immer der Mittelpunkt ist. Sind 25–27 Variante Bindemann, Bogen 13, 196: „Hier müssen wir zurükgehn, indem wir zusehn ob es sich uns bewähren wird, auf das früher gesagte daß die Begeisterung in der Sculptur nichts sei als die Gestalt selbst.“

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diese beiden Maaße in Beziehung auf die Kunst einander gleich? Hier ist nun, wenn wir rein bei der Sculptur stehen bleiben eine Betrachtung bei der wir gleich anfangen müssen: daß nämlich das was wir das Physiognomische nennen und das Pathognomische in dem Werke der Alten sehr zurüktritt und wir auf etwas früheres zurükgehn müssen. Bei der reinen Darstellung der Alten sehen wir daß sie auch hier gar keinen Werth auf die kleinen Bewegungen und Züge im Angesicht legten, was auch natürlich hervorgeht wenn wir sehen wie schon aus der Aufführung der dramatischen Kunstwerke die Gesichtsbewegung zurüktrat; um wie viel mehr muß es dann der Fall gewesen seyn in der Sculptur. Hier müssen wir einen Augenblik stehen bleiben um uns das Faktum zu erklären das sonst allerdings Schwierigkeiten hat. Wir sind nämlich in unsrer ganzen Kultur so auf das Alterthum gepfropft daß wir sagen müssen: es ist natürlich daß wir einen Sinn haben für alles was im Alterthum ein Kunstelement war und doch finden wir daß, als die neue Sculptur anfing als Kunst bearbeitet zu werden man sehr bald von dem Typus der Alten abging, denn wenn wir Gruppen betrachten aus der französischen Schule so sagen wir: wir können ihnen den Kunstwerth nicht absprechen aber der ganze Sinn des Kunstwerks ist von dem antiken sehr verschieden und die moderne Sculptur ist durchaus pitoresk und in ihrem ganzen Charakter der antiken entgegengesetzt. | Wie haben wir uns nun diese Verschiedenheit zu erklären? Man möchte fast schließen daß ein genauer Zusammenhang statt finde zwischen den Grenzen selbst und der Beziehung in der die Alten gearbeitet haben. Die Auflösung kann nur darin liegen daß wir in ganz andern Verhältnissen sind zur menschlichen Gestalt als die Alten. Der Grund davon liegt in der Geschichte der alten Kunst und in der Eigenthümlichkeit des ganzen Lebens und so kann man sich nicht wundern daß die Empfänglichkeit für diesen Kunstzweig lange ist unterdrükt gewesen. Aber eben darum ist es noch schwieriger die reine Theorie der Kunst anzugeben. Es ruht für uns die Sculptur noch mehr als jede andre Kunst noch als ein Mysterium was wir nicht zu durchschauen vermögen. – Um die eigentliche Tendenz der Sculptur darzustellen müssen wir darauf zurükgehn daß sie zuerst von symbolischen Gestalten ausgeht, 33–2 Variante Trendelenburg, 233: „Auch die ältesten griechischen Werke der Skulptur, die so genannten χ ανα sind symbolisch.“ Zusatz Bindemann, Bogen 13, 198: „Auch die älteste griechische Sculptur die aber freilich noch sehr roh war, hatte denselben symbolischen Charakter. In diesen Gestalten wird nichts andres als eine Idee des Seyns abgebildet und es ist in der Regel von einer bestimmten Handlung gar nicht die Rede. Wir dürfen die symbolische Darstellung nicht verwechseln mit unsern allegorischen Figuren die grade immer bestimmte handelnde oder leidentliche Zustände darstellen. Wenn wir die Entwiklung des griechischen mythologischen Systems betrachten als entstanden aus solchen älteren symbolischen Vorstellungen und wir betrachten es so wie es sich im Homer darstellt so ist da freilich viel Handlung bei den Göttern und bewegtes Gemüth und Ausdruck desselben.“

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wie die morgenländische, ägyptische und älteste griechische Sculptur zeigt. Nach Homer ist in den Göttern viel Handlung und Bewegung viel Theilnahme an menschlichen Handlungen PselbstS von bewegtem Gemüthe ausgedrükt in der Physiognomie und hierin eben blieb die Sculptur weit zurük hinter der Poesie. Der Ausdruk in der Physiognomie kommt hier erst vor nachdem das öffentliche Leben verloren gegangen war d. h. seit dem Anfang der römischen Herrschaft. Wenn wir von der symbolischen Darstellung ausgehn so finden wir da viel willkürliche Gestalten aber die Bedeutung in den symbolischen Darstellungen höherer Wesen, wenn wir auch alles willkürliche mit hinein nehmen ist doch ein ganz andres als z. B. die Abbildung von Centauren. Das willkürliche muß aufhören wenn die wirkliche Kunst entstehn soll wie auch Poesie und Wissenschaft sich nicht eher scheiden als bis das willkürliche eingeht. Wir statuiren daher die Kunst von da an wo die menschliche Gestalt dominirte, welche aufgefaßt wurde von der Seite des wirklichen menschlichen Lebens und in der Form, wie diese sie gab. Dies führt uns auf den Unterschied der Geschlechter und den Unterschied von Kraft und Leichtigkeit. Es ist hier der Streit zu erwähnen darüber ob die Kennzeichen der Kunst eigentlich im Schönen liegen oder im Charakteristischen. Die Natur ist eigentlich Kunst; das charakteristische muß da seyn aber es muß schön seyn. Wer das Schöne darstellen wollte ohne das Charakteristische der würde nichts darstellen. Es ist der Gesichtspunkt eben so sehr auf das Charakteristische genommen als auf das Schöne. Eine Athene kann eben so schön seyn als eine Venus nur ist die Schönheit andrer Art. Fragen wir wie steht es mit der menschlichen Gestalt als einer in sich gemessenen? so kann jemand uns den Polykletischen Canon entgegenhalten und sagen der drükt genau die Verhältnisse aus allein wenn wir 2–7 Zusatz Bindemann, Bogen 13, 198: „Daher schließt man mit Recht daß der Belvederische Apoll und Diana zur späteren Zeit gehören und man wird ziemlich allgemein aufstellen können daß als die Gemüthsbewegung in der Plastik hervortrat, das in der Zeit war wo das öffentliche Leben schon verloren gegangen [war]. Dies weist darauf hin zu entscheiden: daß nicht der sittliche Moment das in der Sculptur dargestellte ist.“ 7–12 Zusatz Bindemann, Bogen 13, 198: „Aber die Bedeutung in den symbolischen Darstellungen höherer Wesen ist doch ganz anders. Bei einem Centauren sieht man zwei Gestalten kunstvoll ineinander gefügt. Eine egyptische Gottheit mit Hundsgesicht oder Sperberschnabel hat schon andre Bedeutung.“ 18–20 Vgl. die Sachanmerkung zu S. 128,18 20–21 Zusatz Bindemann, Bogen 13, 199: „Gebunden ist schon jeder an die Differenz der Geschlechter und muß daher das Charakteristische [aufsuchen]. Es giebt auch gewisse Übergänge von Einem Geschlecht zum andern. Bachus“. 27 Vgl. die Sachanmerkung zu S. 72,14–15 27–3 Zusatz Trendelenburg, 234: „Kanon wird beschrieben als δορυφρος – offenbar um das Maß des Krummen in dem Geraden zu haben. – Dieser δορυφρος kann noch immer schön seyn, aber ein Apoll wird ein Kunstwerk höherer Gattung seyn.“

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ihn noch hätten, und ihn mit einem Meisterwerk verglichen, so würde wahrscheinlich jeder ihm anmerken daß er zur Darstellung der genauern Verhältniße gemacht sei. Dann hätten die Bildhauer bloße Linien worauf nach dem Canon des Polyklet die Verhältnisse aufgetragen würden. Es kann niemand behaupten daß dieser Kanon den die Bildhauer haben ein eisernes Gesetz seyn müsse. Es ist bekannt daß auch nach der eigentlichen Wissenschaft die Verhältniße des Körpers sich verändern ohne daß die Schönheit verletzt wird. Die Schönheit ist etwas in gemessenem | Gange bewegliches. Die Idee der Sculptur kann nur seyn: die verschiednen Manifestationen des Lebens in der Gestalt nach den Gesetzen der Schönheit darzustellen. Fragt man: wie kann man auf den Gedanken gekommen seyn das Charakteristische auszuschließen? Eben daher weil es besonders für uns in der Physiognomie hervortritt und nicht so sehr in der Gestalt, bei den Alten aber dies zurüktrat. In den Kunstwerken der alten Aeginetischen Schule haben alle Gesichter gleichen Charakter aber der Ausdruk in der Gestalt fehlt nicht. – Wir müssen dazu nehmen daß der Sinn der Alten weit mehr auf die ganze Gestalt gerichtet war und deshalb mußte das Gesicht zurüktreten. Das was man neuerlich gesagt hat daß in dem Gesicht der Griechen wenig pathognomisches sich gezeigt habe ist wol nicht zu behaupten. – Klar ist daß die Sculptur also eigentlich nur die menschliche Gestalt zur Abbildung hat; es muß also die Gestalt eigentlich durch sich selbst verständlich seyn. Wenn sie in bestimmte Handlung gesetzt ist ist dies wohl möglich, nur PgabS es wenige solche Kunstwerke. Selbst einzelne solche bestimmte Handlungen lassen sich aus der Sculptur verständlich machen aber es ist doch nur selten. Wäre also nun durch ihre Natur die Sculptur schon beschränkt durch 7 die] der 6–8 Variante Bindemann, Bogen 13, 199: „Es ist bekannt daß sich bis auf einen gewissen Grad auch nach Beendigung des Wachsthums die Verhältnisse der Gestalt doch ändern und das ohne daß die Idee der Schönheit verändert wird aber indem diese Veränderungen im Zusammenhang stehen mit dem Charakter der sich noch entwikelt so sehn wir wenn man auf eine allgemeine Norm für die Schönheit ausgehn wollte, wie beschränkt alsdann die NaturSchönheit werden würde durch die Kunst.“ 19–21 Zusatz Bindemann, Bogen 13, 200: „Das ginge aus aller Analogie heraus mit den Völkern wo die Griechen die meiste Ähnlichkeit haben. Wir sehen auch aus poetischen Beschreibungen daß der Ausdruk des Gesichts den Alten nicht unbekannt war, der Künstler aber will dasjenige nicht darstellen in der Gestalt was nur Einen Moment ausdrükt und am wenigsten in der Sculptur.“ 25–26 Zusatz Bindemann, Bogen 13, 200: „Apoll im Begriff den Drachen zu erlegen und Diana im Begriff auf die Jagd zu gehn das läßt sich allenfalls durch die Attribute darstellen aber eine bestimmte Gemüthsbewegung in der Gestalt auszudrüken geht nicht so leicht. So war also die Sculptur beschränkt. Die neuere Sculptur ist eben dadurch daß es dies darstellen wollte aus der Sculptur heraus in das Pitoreske übergegangen.“

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die Beziehung der Gestalt auf die Handlung und also dadurch schon auf etwas allgemeines zurükgewiesen; so kann natürlich die Gemüthsbewegung im Gesicht noch weit weniger heraustreten, weil das Gesicht im Verhältniß zur ganzen Gestalt bei den Alten weit mehr verschwindet. Wenn wir dies alles zusammenfassen so müssen wir sagen daß die Sculptur nichts anderes ist als die Darstellung des Lebens nach seinen Differenzen durch seine Gestalt und in der Gestalt. Ist Kunsttrieb und Kunstsinn wesentlich zusammen und wir fragen worauf beruht die Identität von Richtigkeit und Kunstsinn in dieser Beziehung so kommen wir auf die Gestaltenbildung zurük. Es wird nicht leicht jemand etwas hören von einem Menschen der ihm interessant ist ohne sich eine Gestalt des Menschen zu bilden, die vollkommner seyn wird, je nachdem die Erzählung von ihm deutlich und genau beschreibend ist. Je größer der Mensch ist in beständig PverschiednenS Gestalten desto mehr wird die Gestaltbildung innerlich aufgefaßt. Bei uns ist schon der innre Keim einer Gestaltbildung weit mehr auf die Physiognomie gerichtet und das Ganze tritt zurük, dies muß auch sein natürliches Gesetz haben und da ist das mal: je kleiner und enger die Nationalität in sich abgeschlossen ist und je mehr das ganze Leben ein ö f f e n tl i c h e s ist desto weniger die Art des Individuums stark hervortritt da sie am ersten in dem Physiognomischen hervortritt. Wo dagegen das einzelne Leben mehr hervortritt da entwikelt sich diese Art des Individuellen. Hier müssen wir also in uns selbst erst mehr den Sinn für die Gestalt in uns erweken um die Alten zu verstehen und aufzufassen, wie sich bei ihnen die Kunst entwikelt hat. | Hier müssen wir noch den Unterschied jener mythologischen und historischen Darstellungen auffassen was beides durch das Heroische belebt ist: das Mythologische nähert sich noch dem Symbolischen in der Verschiedenheit der Formen und des Typus aber dies soll nur zunächst noch rein als Se yn dargestellt werden und es waltet kein P S was erst im historischen sich zeigt. Das Natürlichste also ist die Zurükführung der Bewegung auf Ruhe so daß wenigstens die Ruhe sich an die Bewegung anreiht. Wenn wir nun dies alles zusammennehmen, so werden wir sagen müssen das natürliche worauf die Sculptur ge14–15 Zusatz Bindemann, Bogen 13, 201: „Wenn wir auf die jetzige Art und Weise diesen Naturproceß mit dem Antiken verglichen so würden wir diese Differenz angeben können.“ 28–31 Zusatz Bindemann, Bogen 13, 201: „Alles Mythische ist noch in der Annäherung zu jenen symbolischen Darstellungen. Also in der Form der Geschlechter, der verschiedenen Lebensalter auf die die verschiedenen Gottheiten fixirt sind, in der Verschiedenheit des Typus aber dies soll auch zunächst rein als das Seyn dargestellt werden. Aus der Handlung soll man mit merken welche Gottheit gemeint sei aber die Mimik soll durchaus nicht vorwalten daher hier das natürliche die Zurükführung der Bewegung auf die Ruhe.“

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gründet sei sei die innre Gestaltbildung welche das geistige Leben in seinen verschiedenen Gestalten überhaupt darstellt. Es kann aber keine physische Vollkommenheit geben als für den Geist. Zwischen Gebrauch des Geistes und der physischen Vollkommenheit ist noch immer Hemmung irgend einer Geistesthätigkeit, es läßt sich also nicht entscheiden ob die Vollkommenheit der SculpturKunstwerke eine physische oder geistige ist, welche Frage von einer gelehrten Gesellschaft vor Kurzem aufgestellt worden. Ganz ein andres ist es nun wenn man von der Bestimmtheit eines einzelnen Momentes ausgeht was eigentlich nicht in die Sculptur gehört und eigentlich nur Motiv seyn kann. Stellen wir uns nun diesen Punkt fest so werden wir sagen müssen: dieser Proceß ist uns wesentlich gegeben; wir müssen die Ge2–7 Zusatz Bindemann, Bogen 13, 202: „Wodurch soll Fülle und Mangel bestimmt werden? So wie wir diese Extreme betrachten so sieht man leicht wie das physische mit dem geistigen Leben zusammenhängt. Man ist gar nicht befugt eine Trennung zu machen. In der organischen Gestalt im Mutterleibe ist zugleich das geistige Leben mit bestimmt. Das Geistige kann durch das Physische bestimmt seyn im Einzelnen[,] das Physische ist durch das Geistige bestimmt im Allgemeinen.“ 7–8 In der Schleiermacher wohl bekannten „Leipziger Literaturzeitung“, in der Ausgabe Nr. 194 vom 12. August 1825, findet sich eine Rezension der Schrift von Johann Carl Leuchs: „Von der Schönheit des menschlichen Körpers. Mit besonderer Beziehung auf die Meisterwerke der griechischen Bildhauer. Eine Preis-Schrift, welche von der [holländischen] Societät der Wissenschaften zu Harlem die Ehrenmedaille erhielt“ (Nürnberg 1822). In der Rezension heißt es: „Hr. L. arbeitete diese Abhandlung als Beantwortung einer 1817 in Harlem gegebenen Preisfrage aus, welche bestimmt wissen wollte, ob die Schönheit der Antiken auf wahrer physischer Vollkommenheit der Gestalt basirt sey, und liess sich darauf negativ ein, indem er darthut, dass Schönheit des Menschen gar nicht in der physischen Vollkommenheit begründet, diese mithin auch nicht in den Antiken zu suchen, so wie auch nicht zu finden sey.“ Es ist möglich, dass Schleiermacher die hier erwähnte Preisfrage meint. Das folgende Kapitel zur „Malerei“ beginnt Schleiermacher laut seinem Tageskalender 1825 zwar bereits am 12. August (und damit am selben Tag, an dem die Rezension offiziell erschienen ist). Im Bogen 13 der Nachschrift Bindemann (S. 202), der den Charakter einer Mitschrift trägt, findet sich diese Anmerkung zur Preisfrage jedoch noch nicht, sondern erst im Bogen 15, der eine Reinschrift des Bogens 13 darstellt, also zeitlich später verfasst worden ist (vgl. den editorischen Bericht). Es ist somit denkbar, dass Schleiermacher die Preisfrage erst nachträglich erwähnt hat und Bindemann den Hinweis darauf dann (aus dem Gedächtnis oder nach Rücksprache mit einem Kommilitonen) erst im Bogen 15 niedergeschrieben hat. Eine ähnliche Preisfrage im fraglichen Zeitraum konnte nicht nachgewiesen werden. Vgl. Leipziger Literaturzeitung, Nr. 194, 12. August 1825, S. 1551–1552. Schleiermacher: Tageskalender 1825, erarbeitet von Elisabeth Blumrich, in: schleiermacher digital / Schleiermachers Tageskalender 1808–1834“, hg. v. Elisabeth Blumrich, Christiane Hackel, Wolfgang Virmond, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: https://schleiermacher-digital.de/tageskalender/index.xql). 11–2 Zusatz Bindemann, Bogen 13, 202: „Wenn nicht die menschliche Gestalt in gehörigem Grade zur Anschauung kommt so kann sich der Sinn dafür auch nur langsam entwikeln. Je einseitiger in einem Volke die Ausbildung und Lebensweise je dürftiger und corrumpirter die geistige Entwiklung um desto weniger wird die Bildung der Gestalt heraustreten und also auch der Sinn sich gar nicht entwikeln.“

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stalten aufnehmen und nachbilden, doch ist der Sinn für die menschliche Gestalt in sehr verschiedenem Grade gewekt. Es gehört also eine glükliche Lage eines Volkes dazu wenn der Sinn für Gestalten in der Gestaltbildung heraustritt. Die Griechen sind Repräsentanten eines Geschlechts in dieser Hinsicht sie sind in dieser Lage gewesen und der Typus der in ihrer Gestaltbildung herrscht wird der herrschende werden wo sich diese Kunst ausbildet. – Wir müssen also die Grenzen der Kunst zusammen ziehn um uns das Ganze zu gestalten. Einiges ist schon gesagt: daß nämlich wesentlich die einzelne Gestalt ihr Gegenstand sei und nur wenig Gruppirung sich finden darf. Gehn wir von dem reinen Naturproceß aus und stellen diesen unabhängig von der Beziehung auf die gebundenen Lebensthätigkeiten hin so müssen wir sagen: wenn wir das nun nicht als Vorbereitung der Sculptur ansehn was architektonisch ist und die eigentliche Sculptur erst bei der menschlichen Gestalt anfangen lassen, so fragt sich: wie verhalten sich nun die Abbildungen einzelner Gestalten zum Typus? Die Kunst hat das Maximum der Bestimmung erreicht wenn für sie ein solches Gesetz gilt wie der Kanon des Polyclet aber so daß dieser Kanon selbst wieder als etwas bewegliches erscheint. Er kann nicht derselbe seyn für wilde Geschlechter und für verschiedene Lebensalter und für die verschiednen Richtungen der Körper. Es sind dies Differenzen | von der Natur geordnet und auch die letzte denn das athletische und ruhige wird immer eine verschiedne Richtung bleiben. In Hinsicht auf die Lebensalter finden wir bei den Griechen die Rüksicht auf die ακμη = Blüte. Vorher sind die Verhältnisse noch nicht richtig; der Kopf ist noch nicht in das richtige Verhältniß zum Körper getreten. Die Zeit der Blüthe ist nun freilich nicht der Punkt wo der Körper völlig ausgewachsen ist sondern es setzt sich nachher erst die Gestalt und eine Dürftigkeit die in den Extremitäten statt findet wird ausgeglichen. Bei den Frauen ist die ακμη in weit engeren Grenzen eingeschlossen als bei den Männern wo dagegen eine jugendliche und eine männliche Schönheit unterschieden wird. Nach der Zeit derselben fängt der Zerstörungsproceß an und diese Zeit will die Sculptur nicht darstellen. Wir finden hier wieder einen Unterschied in der Malerei. Kindergestalten kommen in der Sculptur selten vor höchstens im Relief, eben so ist ein spätes Lebensalter wol nicht in der Blüte der Sculptur dargestellt worden. Die Malerei dagegen hat nichts dawider auch solche Gestalten zu bilden, denn sie will nur die Gestalt in einer ge18 Vgl. die Sachanmerkung zu S. 72,14–15 30–32 Zusatz Bindemann, Bogen 13, 204: „Apoll ist der Typus der jugendlichen Schönheit und Zeus der Typus der männlichen Schönheit[,] zwei entgegengesetzte Enden der ακ μη. Apoll ist nie als Knabe dargestellt und Zeus nie als Greis.“

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messenen Beziehung dagegen kann die Sculptur nur die schöne Gestalt nachbilden. In der Malerei können auch verwachsne Gestalten nachgebildet werden was in der Sculptur nicht angeht weil diese die Gestalt an und für sich will. Das Relief hat daher eigentlich ein weit größeres Gebiet als die Sculptur selbst. Die Sculptur stellt nur die Oberfläche der Gestalten dar nicht das Innre, aber wie muß sie nun die Oberfläche darstellen? Alle die Verhältniße worauf die Vollkommenheit der Gestalt beruht sind Verhältniße des Knochenbaus. Diese kommen nicht zum Vorschein, wenn aber die Gestalt nicht nach dem Typus desselben gebildet ist und auf die Grundlage der Skelets gegründet so wird die Gestalt nie Wahrheit haben. Zwischen dem Geripp und der Oberfläche liegt die Muskulatur und das Zellgewebe und wenn nun nicht die Muskeln so dargestellt werden daß diese hervortritt und man nicht ein bestimmtes Verhältniß zwischen den Muskeln und dem Zellgewebe festhält wird die Gestalt auch nicht Wahrheit haben. Die SculpturKunst ist keine andre: als die Bearbeitung der Oberfläche in Beziehung auf das zum Grunde liegende Innere. Nun ist die menschliche Gestalt an und für sich Gegenstand der Sculptur allein sie erscheint nicht an und für sich sondern bedekt. Ist dies gleichgültig? Die ganz verhüllte Gestalt könnte ein Kunstwerk seyn aber wir würden es doch einen Eigensinn nennen wenn jemand so eine bis auf den Kopf und das Gesicht verhüllte Gestalt bildet. | Oft hat man deswegen gesagt unsre jetzige Kleidung passe nicht zur Sculptur, die griechische Bedekung hatte den Vorzug aus Einem Stük zu seyn und es sind da keine abgeschnittne Flächen so daß sich die Bewegung der Muskeln weit leichter darstellen kann; Bei uns dagegen bilden die Kleider eine eigne künstliche Oberfläche und in so fern ist sie völlig unfähig z. B. den Übergang von dem Rumpf in die Extremitäten darzustellen. In der Darstellung der bekleideten Gestalt bei den Griechen kann man ganz dasselbe setzen wie bei den nakten denn bei der nakten Gestalt müssen die Verhältnisse des Knochenbaus und der Muskeln dargestellt werden und bei den Bekleideten müssen diese Verhältnisse durchschimmern. Ist also die Bekleidung gar keiner Bewegung fähig so ist die Gestalt eigentlich kein Gegenstand für die Sculptur. Die Bedekung ist nur in sofern kein Hinderniß für die Darstellung als sie die Gestalten hindurchscheinen läßt und eben deshalb ist die griechische antike Kleidung so vorzüglich und noch immer müssen die Künstler in Bearbeitung der Kleidung sich dem antiken zu nähern suchen. Wenn wir der geschichtlichen Entwiklung der Sculptur in Beziehung auf das Bewußtsein auf ihre Abzwekung folgen wollen so kommen 33–34 Zusatz Bindemann, Bogen 13, 205: „Unsre Bekleidung ist der Sculptur noch günstiger als der Harnisch des Mittelalters.“

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wir allerdings zunächst zu den Göttergestalten in menschlichen Formen aber nur auf unvollkommene Weise mit völlig an den Leib geschlossenen Gliedern und meistens ist nur die vordere Seite bearbeitet. Bekannt ist die Fabel des Dädalus und ähnlich ist die Fabel von der Belebung der Natur und die Freude über die bessre Darstellung des inneren Lebens. Zuerst war die Arbeit noch grob späterhin fand die feinere Ausübung statt die zwar große Anstrengung erfordert aber auch schon an der Grenze der Kunst liegt indem sie die Übergänge bildet zum Epideiktischen. Aus der Gruppe des Laocoon sieht man offenbar daß sie auf einen gekünstelten Eindruk gerichtet ist, aber der Ausdruk des Schmerzes ist nicht mehr so wie er bei den Alten sonst sich fand und die Andeutung der Eindrükungen welche die Schlangen durch das Umschlingen herbeiführen nähert sich dem Epideiktischen. Das religiöse Interesse ist das erste Kunstmotiv gewesen zur Sculptur. Wir dürfen aber in der Religion das Nationelle nicht verkennen sondern müssen sagen daß in dem allgemeinen Bewußtseyn der Nation die Götter nationell waren. Das Nationelle ist also die Form unter welcher das Religiöse erscheint. Nun waren es immer zu gleicher Zeit nationelle Bewegungen welche der Kunst die Impulse gaben; denn wenn wir fragen woher in so kurzer Zeit die Mittel kamen so viele Kunstwerke zu errichten so sehen wir daß bei jedem Kriege den Göttern viele Geschenke gegeben wurden die dann meistens in Sculpturartikeln bestanden. Ferner gaben die öffentlichen Spiele Impulse zur Sculptur. In den olympischen Spielen war auf der einen Seite Darstellung der Kraft und der Leichtigkeit und Behendigkeit. Die Künstler waren also Darsteller der künstlich bewegten Gestalt und das Volk war in demselben | Interesse die lebendige Gestalt aufzunehmen und den Sinn zu sättigen und zu reinigen. Dies war die Nahrung für den Kunstsinn und es ging daraus eine Menge Kunstwerke hervor indem die Statuen der Sieger in den Tempeln aufgestellt wurden. Hier sehn wir also neben dem Mythologischen das rein Geschichtliche denn diese Darstellung war nur Darstellung menschlicher Gestalten. Ob4–6 Variante Bindemann, Bogen 13, 205: „Daß man die Fabel des Dädalus daß seine Statuen fortgegangen wären schon früh auf ein solches losmachen von Gebundenseyn deutete ist bekannt. Eben so die Fabel von der Belebung der Gestalten, was entstand daraus daß größeres Leben in die ganze Gestalt gebracht wurde.“ 19–23 Zusatz Bindemann, Bogen 13, 206: „Bei jedem Kriege mochte es ein ausländischer oder inländischer seyn wurde ein bedeutender Theil der Beute den Göttern geweiht und diese bestand großen Theils aus Kunstwerken. Darin geht die Sculptur auf die Architektur zurük daß ihr Impuls auf den Gemeingeist zurükgeht.“ 32–5 Variante Bindemann, Bogen 13, 207: „Aber wie von Anfang an [ein] bedeutender Unterschied gemacht wurde zwischen αγαλμα Götterstatue und εικ ων Portrait eines Menschen so haben wir doch Ursach zu glauben daß auch bei den Portraitstatuen nicht so genau Rüksicht genommen ist und daß es nur der allgemeine Typus der Gestalt war.“ Vgl. die Sachanmerkung zu S. 635,1–3.

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wohl ein bedeutender Unterschied gemacht wurde zwischen einem ἀγαλμα Götterbild und PortraitStatuen so haben wir doch Ursache zu glauben daß auch die letztere sich nicht an die persönliche Gestalt gebunden hatte, welches daher kommt weil auch hier das einzelne Leben in das allgemeine überging. Es war eine Versinnlichung des Gesamtlebens wenn die Statuen und Körper in den olympischen Spielen aufgestellt wurden. Nach mehreren Siegen erhielten nicht bloß die Götter Weihgeschenke sondern es wurden auch die Statuen der Feldherrn aufgestellt. Jede Gottheit hatte einen bestimmten Typus nach welchem die Künstler arbeiten mußten, und dazu kam daß man sehr strenge Kanones hatte von denen man nicht leicht abging und dadurch war auch die Bildung der göttlichen Wesen in bestimmte Formen eingeschränkt und eben so bei menschlichen Statuen sah man nicht auf die Ähnlichkeit wenn nur der Typus bewahrt war. Zwischen beiden finden wir nur noch die Abbildungen der Götter die eigentlich kein Gegenstand der Verehrung waren der Nymphen, Flußgötter, Faunen, Satyrn und hier konnte eine große Freiheit statt finden und daran schlossen sich auch noch Darstellungen von menschlichen Gestalten ohne besondern Impuls. Solche Bildwerke gehörten eigentlich mehr zur Dekoration und nicht zum Nationellen und Allgemeinen und dies führt uns auf die Zeit da die Griechen den Römern unterworfen waren doch ging damals PnochS das reichste Leben der Sculptur hervor; als das öffentliche Leben sich im Kaiser und seiner Umgebung concentrirte und große Gebäude erbaut wurden zu deren Verzierung Sculpturarbeiten verlangt wurden und dies war bei den Alten der letzte Impuls zu jener Kunst. Hier war nun die Wahl des Gegenstandes dem Künstler überlassen aber die Beziehung auf das öffentliche Leben ging dabei unter und so reich diese Periode war, so war sie doch nur Nachbildung und nicht ursprünglich und sie blieb immer im griechischen Typus; auch waren die Künstler immer Griechen da die Römer sich damit nicht befaßten. Ehe wir nun fragen wie sich die Kunst zur späteren menschlichen Entwiklung verhält, müssen wir noch einige Worte von untergeordneten Gattungen hinzufügen. Von der eigentlichen Sculptur gelten die strengen Grenzen die wir angegeben haben; nun haben wir aber noch das Basrelief und Steinschneidekunst; Statuen konnten fast immer nur für das öffentliche [Leben] seyn aber diese kleineren Kunstwerke waren dem Einzelnen weit zugänglicher. | Kleine bronzne Statuen konnten immer nur im Zimmer aufgestellt 26–27 Zusatz Bindemann, Bogen 13, 208: „Da fiel nun aber allerdings die Wahl der Gegenstände der Phantasie der Künstler anheim und sie waren beschränkt durch die ihnen dargebotenen mittel und durch den Raum worin die Kunstwerke sollten aufgestellt werden. Diese Zeit vergleichend können wir das Wort Göthes verstehen: daß ursprünglich jedes Bildwerk einem bestimmten Raum angehöre.“

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werden und bildeten so den Übergang zum Basrelief welches in großem PUmfangeS an Gebäuden angewandt werden konnte. Daß das Basrelief ein Übergang ist zur Malerei ist schon vorgekommen. Offenbar konnte die Erfindung sich am meisten in dieser Gattung zeigen; es konnte seine ganze Art und Weise P S seyn und so finden wir so oft das religiöse und häusliche Leben in diesen Basreliefs dargestellt. – In der SteinschneideKunst haben wir solche Kunstwerke daß alle Kenner darüber einverstanden sind: es hat dabei eine eben so geistige Anschauung der menschlichen Gestalt zum Grunde gelegen als bei Statuen, aber doch hält man die Steinschneidekunst für etwas untergeordnetes weil die Gestalten eigentlich doch nur scizzirt werden können, doch hat diese Kunst PnochS viele Fehler in dem Verhältniß der Gestalten und Steinschneiderei und Basrelief haben fast eine größere Ähnlichkeit als die eigentliche Sculptur. In den Basreliefs finden wir die ganze Mythologie und Lebensweise der Alten dargestellt als architektonische Elemente. Auch noch jetzt können diese Darstellungen als Elemente der Architektur gebraucht werden, nur sind sie nicht national. Fragen wir womit beschäftigt sich der gestaltbildende PVerstandS der Neuern so werden wir sagen müssen: daß er sich zuerst mit den antiken Gegenständen beschäftigt, die den Gebildeten nicht fremd sind, aber soll das Volk sie verstehen so können wir dies nicht so anwenden wie die Alten. Wir sagen nun: in wiefern ist die Sculptur noch etwas Lebendiges und wie kann sie sich zu der alten Sculptur verhalten in Beziehung auf den Typus und auf das Leben mit welchem sie soll in Verbindung gebracht werden. Die antike Kunst ging unter mit dem römischen Reich und schon früher war natürlich durch die Verbreitung des Christenthums ein großer Zweig der Kunst entzogen die Abbildung der Götter. Die neuere Kunst entstand eigenthümlich und wir haben im Mittelalter viele Spuren von Bildsäulen Basreliefs Hautreliefs etc. mit der alten Kunst hatte das nicht viel Ähnlichkeit. Aber als nun die Kenntniß der Alten sich wieder erhob bildete sich die französische Sculptur und die Franzosen glaubten ganz auf dem Grunde der Alten fortzubauen, allein wenn man ihre Kunstwerke sieht so kann es keinem entgehn daß nach einem ganz andern Typus gearbeitet ist; es ist alles auf das Hervortreten der Bewegung und Beweglichkeit berechnet und die Kleidung ist zwitterhaft weil die neuere Kleidung nicht recht passen wollte. Diese Kunst ist nun verfallen, auch war sie immer mißverständlich dem Volk weil sie besonders alle3–6 Variante Trendelenburg, 244–245: „In wiefern man die Erfindung oft das Poetische in den bildenden Künsten genannt hat, so ist das Basrelief reicher. Man findet daher den Typus der religiösen und häuslichen Lebens in solchen Basreliefs und der ganze Reichthum der mythischen Systeme ist hier am meisten benutzt worden.“

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gorische Bildwerke lieferte die das Volk nicht verstehen konnte. In der neueren Zeit ist ein reinerer Sinn für die antike Kunst erwacht und man kann nicht sagen daß die Kunst untergegangen ist aber sie hat mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen. Was die Gegenstände derselben betrifft so haben wir noch jetzt Örter wo wir die griechische Mythologie anwenden zu können glaubten. Fragen wir aber kann so die Kunst aus dem Gemeingeiste des Volks hervorgehn? Gewiß nicht und sie kann also auch nie ins PVolkslebenS | übergehn. In so weit können wir die Kunst nur als ein öffentliches Leben ansehn und als etwas unwahres; denn wenn etwas öffentlich aufgestellt wird so soll es doch auch öffentlich verstanden werden allein das ist nicht der Fall und würde auch wol nie der Fall seyn. Schleiermacher erscheint dies auch widersinnig. Er will zwar nicht läugnen daß unsre Geistesbildung noch andere Wurzeln schlagen sollte als im griechischen und römischen Alterthum und will zugeben daß diese Bildung sich immer weiter verbreite; aber kann man sich nun wol denken daß der menschliche Geist dahin gelangen werde daß er sich ganz in die Bildung der Alten versetzen könnte und dieselbe Gattung mit ihm bilden? Dies läßt sich nicht annehmen denn die uns lebendig umgebende Wirklichkeit trägt endlich immer den Sieg davon. Es ist offenbar daß die mythologischen Personen der christlichen Welt immer etwas fremdes bleiben müssen; wir werden nie ganz erkennen daß dies etwas volksmäßiges seyn könne. Es kann also die Sculptur die sich mit Gegenständen der antiken Mythologie beschäftigt nie etwas volksmäßiges werden, ja es liegt sogar, wenn man solche Kunstwerke aufstellt eine Verachtung des Volks [darin]; dagegen soll die Sculptur erhalten werden so bleibt es immer eins der wichtigsten Mittel, den reinen Sinn zu erhalten, und wenn man jungen Künstlern Aufgaben geben will ihnen solche antike Aufgabe zu geben. Hier, im Gebiete der eigentlichen Schule und für die Paläste der Großen kann man das Nachbilden der antiken Kunst loben. Nehmen wir noch einen andern Anknüpfungspunkt und gehn davon aus daß eben weil bei den Alten religiöses und bürgerliches Leben nicht geschieden war und das Privatleben sehr zurüktrat in der neueren Zeit eben weil das religiöse und politische Leben ganz getrennt ist, und die Stile der Kunst die sich hierauf beziehn weit strenger geschieden, so muß die Kunst, wenn sie wieder Volksmäßig werden will sich anschließen auf der einen Seite an das religiöse Leben auf der andern an das politische. Übel ist daß unser Volk auf die Kenntniß der Geschichte des Christenthums nicht weit zurükgeht, in der evangelischen Kirche nur bis zur Reformation in der römischen Kirche bis auf die Errichtung des großen römischen Bisthums. Da würden wir also in einer Region seyn wo die Anwendung der Kunst sehr schwierig wäre. Selbst die Bildung der Apostel

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und Evangelisten ist nicht etwas allgemein ansprechendes für unser Volk, weil wir nicht für alle einen bestimmten Typus haben und weil bei uns die Legenden welche ihnen gewisse Attribute | beilegen kein Leben haben. Das folgende würde schon ins Historische fallen und dies könnte etwas volksmäßiges geben, allein die Kenntniß der Geschichte ist auch sehr spärlich im Volk, wir würden also immer mit dem Neuesten anfangen müssen; das ist nun auch wirklich geschehn und wenn nicht wieder andre Anfänge aufgegeben wären hätte viel für die Erwekung des Kunstsinns und der Geschichtskenntniß gethan werden können. Die Gegenstände dieser Kunst sind also sehr beschränkt, aber wie steht es nun mit den Principien nach welchen der Künstler arbeiten soll? Übel ist daß die neuere Kleidung durchaus nicht zur Abbildung paßt; es muß daher hierin etwas von der Wahrheit nachgelassen werden, doch ist das Maaß sehr schwer zu finden, und wir müssen es bemerken wie glüklich in neueren Zeiten von Einigen diese Aufgabe gelöst ist. Wir werden die geschichtliche Wahrheit besonders in der Physiognomie suchen denn der ganze übrige Körper ist verhüllt und überhaupt tritt ja in der neueren Zeit die persönliche Individualität weit mehr hervor und wird nun daraus nicht immer entstehn daß unsre Kunst von der antiken Kunst verschieden ist? Sie wird mehr auf den Ausdruk des Gesichts gehn und den individuellen Charakter hervorheben müssen. Nun finden wir dasselbe in den späteren Zeiten der antiken Kunst und am anschaulichsten finden wir diesen Typus in den alten Hermen wo nur die Büste ausgearbeitet war das übrige aber ein Pfahl. Hieraus entwikelte sich die Büste der Alten wo noch immer der Anfang des untern Pfahls blieb denn an den Schultern ist die Büste immer hermenmäßig abgeschnitten, und zugleich wurden diese Büsten immer mehr Portrait. Dieser Kunstzweig ist bei uns offenbar der volksmäßigste allein wenn die Kunst dabei bleiben soll so kann sie nie den großen Charakter erhalten den die Sculptur der Alten hat, daher wird es immer am Besten seyn wenn man eine volksmäßige Kunst bilden will mit der Büste anzufangen bezogen auf die Geschichte und so immer weiter fortzuschreiten. So können wir einst wieder zu einer antikenmäßigen Kunst gelangen; doch wird immer das politische die Hauptsache seyn und das religiöse zurüktreten müssen. | 24 Hermen] Gemmen 5–6 Zusatz Trendelenburg, 249: „Die Geschichte ist im Volk nur auf sparsame Weise einheimisch. Nach gerade ist auch der Siebenjährige Krieg im Volksgedächtnis verblichen“.

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Um die Hauptdifferenz zwischen Malerei und Sculptur recht ins Licht zu setzen müssen manche Bemerkungen gemacht werden. Die Kunstwerke beider Künste werden durch das Auge angeschaut doch kann auch der Blinde bei einiger Übung einen Kunstgenuß haben von einem Kunstwerk der Sculptur indem er durch den Tastsinn das Auge ersetzt dagegen kann das Gemälde n u r durch das Auge aufgefaßt werden. Wir haben es hier also ausschließend mit dem Auge zu thun und fragen wir was ist denn das ganze Geschäft des Gesichtorgans hier? so zeigt es uns das ganze lebendige Spiel mit den Gestalten und es zeigt sich beinahe unzertrennlich das was das Auge soll und wovon die Malerei ausgeht. Die Gestalten an und für sich können mittelst der Malerei die auf einer gleichmäßig fortlaufenden Fläche arbeitet nur dargestellt werden durch die Umrisse. Wenn nun aber die Gestalt selbst nichts weiter ist als die Gestalt einer Fläche so ist sie kein Gegenstand für die Malerei. Einen Schattenriß wird niemand für ein Werk der Malerei halten. Nimmt man aber den bloßen Umriß einer Sache so ist dies noch etwas unvollkommenes; denn es treten sogleich Differenzen von Licht und Schatten ein und wenn dies nicht mit gesehen werden kann kann man die Zeichnung bloß als Schattenriß betrachten welche auf rein mechanische Weise gemacht werden. Der Gegenstand mag seyn welcher er will so bald er körperlich ist entstehn die Lichtdifferenzen und dadurch wird der Gegenstand erkannt wenn man auch in der Malerei hierauf achtet und sie ausführt. Ein Würfel oder eine Kugel nach den Lichtdifferenzen gezeichnet wäre zwar kein Kunstwerk weil es als einzelne todte Gestalt aus dem Gebiet der Malerei wie aus [dem] der Sculptur herausgeht. Aber es ist ein Übungsstük. Nehmen wir aber eine Kopfzeichnung im Umriß und geben die Lichtdifferenzen an, so haben wir schon zwei Elemente, die Gestalt und die Beleuchtung und es wird dies schon jeder mit zur Malerei ziehn. Giebt man aber nicht mehr als die Lichtdifferenzen so fehlt zur Vollständigkeit der Kunst immer noch etwas: die Färbung, die Brechung des Lichts. So lange dies nicht dargestellt wird ist auch die Aufgabe der Kunst nicht vollständig ausgeführt. Wenn wir die Aufgabe der Malerei so fassen: es sei hier zu geben: die Brechung des Lichts auf der Gestalt und umgekehrt und bleiben bei den Lichtdifferenzen stehen so ist dies blos das erste. Die Färbung ist eine von innen herausgehende Modification des Lichts oder Erzeugung des Lichts. | Betrachten wir z. B. das menschliche Auge so wird ein jeder sagen: es ist ein sehender Körper, es wird zwar auch von außen beleuchtet allein diese äußre Beleuchtung unterscheiden wir. Betrachten wir die Färbung der menschlichen Haut so ist diese immer da, im Leben aber scheint auch

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das Blut durch und giebt ihm eine eigne Farbe die eben aus dem Leben hervorgeht und so ist es auch mit dem Auge, wir müssen also auch hier sagen es sei ein strahlender Körper. Sagt man wir finden auch ursprünglich Farben in der unorganischen Natur so ist das wahr, aber die Farben sowohl als die Christallisirung durch den Druk der PderbenS Masse sind doch immer entstanden durch den eigenthümlichen Lebensproceß durch den die Gestalt so geworden ist. Wird also nur die Wirkung des Lichts von außen dargestellt so ist dies etwas unvollkommnes. Ein Kupferstich z. B. macht nicht dieselbe Wirkung wie ein Gemälde; es geht auch seine Wirkung hervor aus dem Studium doch finden wir darin keine volle Befriedigung. Es ist zweifelhaft ob man sagen soll der Maler fügt die ganze Wirkung des Lichts zur Gestalt hinzu um sie lebendig darzustellen oder er stellt die Wirkung des Lichts an den Gestalten dar. Wenn ein Maler mehrere Farben auf eine kunstvolle Weise in PeinanderS vermischt so ist dies auch ein Studium und der Künstler wird auch diesen bloßen Übungsstüken sogleich eine Gestaltung geben. Es muß also beides zusammenkommen Beleuchtung und Färbung. Bei der Sculptur haben wir gesagt: ihre eigentliche Aufgabe sei die einzelnen Gestalten, bei der Malerei aber die Mannigfaltigkeit der Gestalten, denn die Sculptur bringt Gestalten im Raum hervor die Malerei aber den Raum und die Gestalten im Raum zugleich. Klar ist wol PwoS wir ein recht vollständiges Kunstwerk haben haben wir den Raum in welchem die Gestalten sind als den Hintergrund der durch den Raum umgeben ist. Aber wenn ein Maler eine Landschaft zeichnet ohne sie zu umgränzen, so ist sie darum kein Kunstwerk. Zeichnet man sie klein auf einen Bogen Papier so wird jeder sagen sie sei noch unvollständig weil nur die Lichtdifferenzen an den Gestalten nicht aber die an der Grenze da sind, wenn aber diese mit wenig Strichen angedeutet wird so sind wir schon zufrieden. Doch muß der Raum im Verhältniß stehen zu den Gestalten. Es folgt indessen noch eins. Es tritt klar hervor daß der Raum welcher dargestellt wird ein körperlicher Raum sei und daß die Gestalten die abgebildet sind in einem körperlichen Raum und nicht auf einer Ebene sind, besonders wenn es mehrere Gestalten sind welche sich auf einander beziehn. Es muß also der körperliche Raum ebenfalls auf die Fläche dargestellt werden und je größer zwischen beiden die Differenz ist und je größer die Menge der Gestalten ist, die auf einander bezogen werden desto mehr wird das Stük ein Kunstwerk wobei wir sowohl auf die Menge der Gestalten als auf die | dadurch entstandene häufigere Brechnung des Lichts achten müssen. Wenn wir die Elemente, Zeichnung, Beleuchtung und Färbung zusammennehmen so können wir die beiden letzten als Eins zusammenfassen, denn auch die Farben sind eine gewisse Beleuchtung. Vergleichen wir die Malerei mit den früher

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behandelten Künsten, so mit der Sculptur, so fand da gar keine Färbung statt. Das wodurch die Malerei Eindruk macht beruht auf der Zeichnung denn nur durch die Lichtdifferenzen wird die Erhöhung und Vertiefung sichtbar welche in der Sculptur körperlich hervortreten. Die Zeichnung wollen wir: lokale Beleuchtung nennen und außerdem werden wir noch Beleuchtung und Färbung finden. Die eigentliche Region der Beleuchtung ist daß alle Theile des Kunstwerks mehr oder weniger beleuchtet sind je mehr sie von dem Punkt der Beleuchtung den man annimmt entfernt sind, dann die allgemeine Beleuchtung von Tag und Nacht und die Beleuchtung der einzelnen Figuren. Was die Beleuchtung und Färbung betrifft so ist diese von der Zeichnung ganz unabhängig; es kann dieselbe Landschaft in der Morgendämmerung oder im Mittag dargestellt werden der Eindruk aber wird verschieden werden aber das Objektive bleibt. Hier müssen wir fragen: welchen Eindruk machen Beleuchtung und Färbung? Wenn wir von der Malerei absehn so wird die Beleuchtung um einen her doch Einfluß auf die Stimmung haben. Hat nun ein Maler eine A rt v on Be l e u c h t u n g mehr Lust darzustellen als andre so geht dies offenbar auf die Stimmung zurük. Es hat dies Ähnlichkeit mit der Musik: es ist rein der Wiederschein einer innern Stimmung. So werden wir nun sagen müssen es giebt zwei Elemente in der Malerei die sich gewissermaßen entgegenstehn das Plastische und das Musikalische. Jenes hat sein Wesen in der Local-Beleuchtung und dieses in der vom Ort unabhängigen Beleuchtung und Färbung. Es bilden sich von diesem Punkt aus 2 Gattungen, in der einen hat das Plastische in der andern das Musikalische das Übergewicht. Daß beides in einander übergehn kann und in gleichem Verhältniß stehn und daß ein solches Verhältniß die höchste Vollkommenheit ist, ist klar. Überschreitet aber das eine sein Maaß und wird das andre nur als Mittel für jenes betrachtet so wird dies eine Einseitigkeit in der Kunst darstellen. Ist das eine vernachläßigt so ist dies ein Mißgriff. Sehn wir aber ein Gemälde worin nur Zeichnung nebst der Localbeleuchtung und Färbung ist so werden wir sagen müssen es ist dies eine untergeordnete Gattung. Ist aber die Musik da, jedoch so vernachlässigt daß sie für den Beschauer so gut als nicht existirt so ist dies die Einseitigkeit der Malerei nach der plastischen Seite hin. Wo geht also nun die malerische Produktion eigentlich an? Sie geht schon im Sehen an; darin muß sich schon das maleri21–22 die sich gewissermaßen entgegenstehn] am rechten Rand 30–31 Zusatz Trendelenburg, 258: „Wenn das Subjective dominirt und das plastische Element vernachläßigt ist, so ist eine Einseitigkeit und man hat diese neuerdings das Nebulistische genannt.“

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sche Talent zeigen. Es ist dies dasselbe für den Maler und Bildhauer aber die Gestalten von Einer Seite sehen so daß sie ein Bild geben das ist nicht jedermanns Sache. | Die Differenz ist eine natürliche; sie liegt im Gemüth. Dieses künstlerische Sehen zeigt schon die Richtung auf die Kunst, das malerische Talent. Wenn jemand des malerischen Sehens fähig ist wird es auch eine häufige Produktion geben und dies ist das wodurch auch die P S die nicht so ausgezeichnetes Talent haben. Sagen wir daß dies in einer Richtung seines Gemüths liegt so werden wir nun weiter gehn und sagen können in dieser Differenz liegt auch zugleich die Differenz der Kunstrichtung des Musikalischen und plastischen in Beziehung auf die Malerei; wir finden aber in beiden das wodurch der Maler sich vom Bildhauer unterscheidet. Die plastische Richtung hat es überwiegend mit Menschen und die musikalische überwiegend mit andern Gegenständen zu thun. Wir haben diese beiden Richtungen so daß bei einer die Zeichnung bei der andern die Färbung untergeordnet ist. Es fragt sich nun sind alle Gegenstände von der Art daß die Zeichnung von der Art seyn kann? Es ist dies nicht möglich, denn wenn bei einem Menschen die Färbung nicht ist so ist dies durchaus fehlerhaft. Die Naturgegenstände sind dagegen nicht alle so wie der Mensch, da lassen sich Veränderungen der Beleuchtung anbringen. Die musikalische Gattung der Malerei wird es daher überwiegend mit Naturgegenständen und die Plastische mit dem Menschen zu thun haben. So kommen wir zur Geschichtsmalerei und Landschaftsmalerei; doch denken wir uns immer die Möglichkeit eines Gleichgewichts, ein solches Ineinanderseyn daß das musikalische Element wie eine musikalische Begleitung erscheint. Die Naturgegenstände müssen einen Beziehungspunkt haben und die Verschiedenheiten der Deutung werden um so größer je mehr Figuren eines solchen Beziehungspunkts entbehren, je bedeutsamer aber die Figuren werden desto bestimmter wird alles und dies kann wieder bis zum Gleichgewicht geführt werden, doch muß immer das Daseyn der Elemente sichtbar bleiben. Hätten wir hier das ganze Gebiet der Malerei wie würden sich die Hauptformeln dazu verhalten? In der neueren Zeit hat man oft die Landschaftsmalerei vorgezogen nachher aber sie wieder für eine untergeordnete Gattung [gehalten] weil man besonders das Intellektuelle hervorhob. Das geht uns aber nichts an sondern wir sehn auf den Künstler aus dessen Sinn das Kunstwerk hervorgegangen. – Fragt man ist nicht auch dem Künstler die menschliche Gestalt das erste so giebt Schleiermacher dies zu, sagt aber: wenn man dabei ganz festhalten will so soll man sich lieber zur Sculptur wenden, in der Malerei müssen beide Zweige neben einander bestehn und man 5 Wenn jemand] Wer

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kann sich besonders dazu das eine oder das andre aneignen jenachdem jedes Naturell beschaffen ist und Liebhaberei zu einem von beiden hinführt. ––| Die Malerei kann selbst Handlungen darstellen und darin liegt allerdings eine Gedankenerzeugung, weswegen man der historischen Malerei bei weitem den Vorzug gegeben hat allein Schleiermacher ist dieser Meinung nicht. Wenn wir uns ein historisches Gemälde denken von dem wir die Geschichte schon kennen so entstehen wohl Vorstellungen allein diese hat doch mehr der Geschichtschreiber oder Dichter hervorgebracht. Der Maler hat diesem gedient; seine Kunst bleibt in der Gestaltenerzeugung in Verbindung mit dem Licht, die Malerei ist gegen den moralischen Gehalt der Gegenstände indifferent. Wählt z. B. ein Maler einen Gegenstand zu einem Bilde der nicht anständig ist, so wird man daraus auf seinen Charakter schließen allein nicht auf seinen Kunstcharakter. Stellt der Künstler einen geringfügigen Gegenstand dar, so daß die Deutung schwer ist, so ist dies zu tadeln, denn der Beschauer kann dann nicht ruhig betrachten. Wenn man sagt dem Geschichtsmaler sei die Geschichte nur Nebensache um schöne Gestalten zu haben so scheint das erste noch richtig zu seyn aber das zweite paßt wol nicht ganz denn die Malerei stellt nicht ausschließend das Schöne dar wie die Sculptur. –– Wenn es sich nun so verhält daß wir sagen müssen die Betrachtungen die aus den Gegenständen entstehen gehn den Maler nichts an so fragt sichs wie steht es um die Erfindung in der Malerei? hat ein Kunstwerk einen größeren Werth wenn der Maler den Gegenstand erfunden hat? Es wird dies keinen großen Unterschied ausmachen ob die Antwort so oder so ausfällt. Manche würden sagen: es ist schade daß der Maler uns etwas fingirtes darstellt und darauf Zeit und Mühe unnütz verwandt hat; hätte er uns z. B. eine wirkliche Gegend dargestellt so hätte er dadurch die Kenntniß der Erde bei uns erweitert, allein den Kunstwerth mindert ein solches Urtheil nicht. Denn wer nach der Natur malt und der welcher fingirt haben beide das gemein 32 nach] auch 17–21 Zusatz Trendelenburg, 262–263: „Denken wir uns einen Roman mit Kupfern ausgestattet, so ist der Gegenstand unbedeutend, aber im Werke durch das Werk verständlich, außer dem Werk aber weniger. Ist die Verständlichkeit da, so hat der Gegenstand keinen Einfluß auf das Kunstwerk. Die Malerei ist viel freier daß sie nicht so ängstlich in der Auswahl zu seyn braucht, als die Plastik. Die Plastik den reinen plastischen Trieb der Natur rein plastisch darstellen. Die Malerei hat es nicht mit der Gestalt allein zu thun, sondern auch mit den Lichtdifferenzen. Kein Bildner wird den Thersites darstellen, wol aber der Maler in einer homerischen Scene. – Aller Gedanke der aus dem Gebiet des Gegenstandes entsteht, gehörten nicht mehr in das Gebiet des Malers, wenn nur die Verständlichkeit gerettet ist.“

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daß sie die Gegenstände verbinden und daß der Naturtypus darin vorherrscht. Der fingirende Landschaftsmaler kann also wie der Nachbildende die Gegenstände nur verbinden. Das ist also gar keine bedeutende Differenz und mancher Landschaftsmaler in der Natur wird in seiner Kunst nicht glüklich seyn, wenn er nicht eine lebhafte Phantasie hat. Die Natur dient ihm doch nur mehr als Modell. Sehn wir auf die Geschichtsmalerei im allgemeinen Sinn. Wenn da die Malerei die ganze Einheit des Bildes, sofern es die Handlung darstellt, erfindet so gehören besondre Umstände dazu wenn sein Gemälde soll verständlich seyn. Da würden wir also mit Recht fragen warum der Künstler sich dies so schwer macht da doch Gegenstände genug vorhanden sind und man kann leicht zweifelhaft werden ob es auch eine Handlung ist; so wie aber die Deutung sicher ist, so sind wir zufrieden und der Vortrefflichkeit des Bildes thut es | keinen Eintrag wenn die Handlung nicht wahr ist. Alle Gestalten aus dem Verstande sind nur auf eine sehr allgemeine Weise fixirt das meiste muß der Künstler selbst erfinden. Gesetzt der Künstler hielte sich an einen geschichtlichen Gegenstand aus der Gegenwart würden wir ihn nun loben wenn er die Menschen anders darstellt als sie sind? Nein weil er dadurch die Deutung des Bildes verwirrt; er muß sich dann an die gegebenen Gestalten halten, doch hat er noch genug an ihnen zu erfinden und durch nichts mehr wird eine Begebenheit im Andenken erhalten als durch ein Gemälde welches schön genug ist um eine gewisse Existenz zu haben. Die Erfindung geht also hier noch auf die Zusammenstellung der Gestalten. Man hat häufig gesagt die Portraitmalerei sei eine untergeordnete Gattung weil sie das wirkliche darstellt und die Erfindung ganz fehlt. Schleiermacher will nicht läugnen daß sie eine untergeordnete Gattung ist aber aus einem andern Grunde, weil nämlich die Malerei nur in der Zusammensetzung mehrerer Gestalten ihre Kräfte und Mittel entwikeln kann. Die Nachahmung der Natur macht es hier nicht 10–15 Zusatz Trendelenburg, 265: „Warum macht der Maler sich die Schwierigkeit, da der Reichthum des bekannten Gegenstands so groß ist. In unserer heiligen Geschichtsmalerei ist es anders. Die Madonna in der Mitte, in der Umgebung ein Heiliger hat nirgends Statt gefunden. Auch erfunden angesehen läßt sich die Madonna nirgends einreihen und dies gehörte doch zur eigentlichen Malerei. Es ist hier einerlei, ob der Maler eine besondere Vorliebe für diese Heiligen hatte [...], wenn nur die Legende paßt und die Verständlichkeit sicher ist. Es ist nur Schein der Handlung, aber es thut der Vortrefflichkeit keinen Eintrag.“ 30–7 Variante Trendelenburg, 266: „Das Somatische und Psychische ist in jedem Theil der Gestalt besonders ausgedrückt und das Gesicht ist der specifische Ausdruck der Gemüthsrichtung. Der Künstler hat den Moment zu suchen, wie alles dieses dem Beschauer am vollkommensten entgegen tritt. Er bezieht sich nicht blos auf die Zeichnung, sondern auch auf die Beleuchtung und Färbung und den Hintergrund. Es ist also auch hier Erfindung genug. Wirklichkeit oder nicht ist einerlei, aber in der Naturwahrheit das Kunstgemäße hervorzubringen ist die Erfindung.“

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aus denn dem Maler bleibt immer noch etwas übrig zu erfinden, er muß den Moment und den Zustand erfinden in dem er seinen Gegenstand darstellen will, damit alles was in der Gestalt liegt am vollkommensten dem Beschauer entgegentritt. Wir werden also sagen müssen es giebt durchaus kein Kunstwerk in diesem Gebiet worin nicht Erfindung wäre aber es haben die Gemälde gar keinen größern Werth wenn der Gegenstand ganz aus der Wirklichkeit PlägeS. Dies läßt sich auch auf den größten Umfang anwenden. Denken wir uns ein Geschichtsgemälde was eine Schlacht darstellt, also eine große Menge von Figuren. Ein solches Schlachtstük wenn es eine wirkliche Begebenheit darstellt ist etwas was kein Mensch im Einzelnen beobachtet hat als nur der Anführer der Heere; hier läßt sich also die größte Frucht der Erfindung mit der größten Wahrheit vereinigen. Sollten alle Figuren Portraits seyn so wäre dies unnütz wenn aber die Gegend die Schlacht portraitirt, so trägt dies viel zur Deutung des Gemäldes bei und wenn die Hauptpersonen nur Ähnlichkeit mit den wirklichen haben so ist das PauchS gut: aber die eigentliche Aufgabe ist hier doch immer eigentlich nur Zusammenstellung der Gestalten und möglichst große Mannigfaltigkeit in den Bewegungen. – Der Maler soll nie zugleich Dichter seyn wollen was geschieht wenn der Maler zu sehr die Gedankenerzeugung mit der Malerei verbinden will. | (die Hogarthschen Kupfer – Lichtenberg) Kann man das für reine Malerei halten was erst eines Gedichts bedarf um verstanden zu werden? Denkt man sich den Beschauer ehe der Commentar da ist, so muß er erst die Deutung finden wenn er einen malerischen Genuß davon haben will, diese Deutung aber ist sehr mannigfach. Es kann hier die Erfindung durchaus nicht in das Gebiet der Malerei gehören. Eben so ist es mit einer ge21–22 Zusatz Trendelenburg, 266: „Das hogarthsche Gemälde: der Lebenslauf des Liederlichen, ist Roman in Bildern ohne Text. Die Scenen so aus dem Leben, die Figuren charakteristisch. Man kann die Bilder sämtlich nicht verstehen, als in ihrer Folge. Lichtenberg hat einen Commentar zu den Bilden geschrieben und es ist hier ein umgekehrtes Verhältniß, ein Gedachtes zu den Bildern – und die Bilder sind hier nur die Veranlassung, eine Fülle von Witzfontainen springen zu lassen. Der Maler ist hier der ursprüngliche Dichter gewesen.“ – Gemeint sind offenbar die satirischen Kommentare von Georg Christoph Lichtenberg zu William Hogarths Kupferstichen, die Lichtenberg ab 1784 in dem von ihm seit 1777 herausgegebenen „Göttinger Taschen Calender“ veröffentlichte. Ausführlich erklärt sich Lichtenberg dann in „G. C. Lichtenbergs ausfu¨hrliche Erkla¨rung der Hogarthischen Kupferstiche“ (Göttingen, ab 1794). 27– 5 Variante Trendelenburg, 267: „Dasselbe finden wir in beschränkterem Sinn häufig bei einer neuen Schule, die ihren Gegenstand hernimmt aus der heiligen Geschichte, aber jede Figur mit einer Menge allegorischer Figuren ausstattet. Dadurch wird nun die Deutung erschwert, die Wirkung wird aufgehalten, die Einheit der Composition geht leicht verloren. Das Auge wird auf die Einzelheiten festgehalten und der Eindruck wird gestört. Die Künstler legen nun freilich auch oft einen größeren Werth auf diesen Pfusch in der Dichtkunst, als auf die Malerkunst. Sie glauben einen intellectuellen Eindruck hervorzurufen, aber das geschieht wenigstens nur auf einem ungeheuren Umweg.“

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wissen Schule der Malerei die an den Cyklus der Handlung sich hält wo aber auch eine künstlerische Deutung nöthig ist. Es wird dadurch der Eindruk zerstört. Die Künstler legen einen Werth auf das Pfuschen in der allegorischen Dichtkunst nicht aber auf die Malerei aber sie verderben sich dadurch ihre Kunst nur. – Es scheint in dem Gesagten noch eine Ungleichheit zu seyn zwischen dem was der Erfindung gegeben ist auf dem Gebiet der Geschichtsmalerei und der Landschaftsmalerei. Der Geschichtsmaler soll nur etwas wählen, was er als bekannt voraussetzen kann, und soll nur den rechten Moment herausfinden; der Landschaftsmaler dagegen soll es verstehn die Einheit aus dem Ganzen herauszureißen, dann erscheint er aber wie ein Kopist und da thun wir dem Landschaftsmaler unrecht. Wenn etwas ein Prospektus seyn soll und die Gegend ist nicht ganz bekannt so muß sie durch eine Überschrift angegeben werden; bei dem Bekannten ist dies nicht nöthig wenn aber ein Prospektus so ist daß man durchaus nachahmen will so wird man hier verschiedene Anforderungen haben. Das erste ist hier Zeichnung und der Künstler will nichts andres als der Beschauer soll sich das ins Große übersetzen und wenn wir nach der Gegend kommen sie sogleich erkennen. Es ist dies nicht gleich mit dem Portrait denn PhieranS läßt sich weit größre Kunstforderung machen. Der Maler sucht sich hier seinen Prospekt und Standpunkt aus aber er hat weiter nichts zu thun als die Gegend treu aufzunehmen und je mehr er das nachweisen kann desto mehr sagt es zu. Was können wir nun aber für Kunstforderungen machen? Nicht einmal die der Einheit und Beleuchtung. Wenn der Maler bei solchen Stüken alle Beleuchtung aufgäbe würde die Zeichnung gewinnen der Maler aber würde dann ganz von der Idee der Malerei abkommen. Ein solcher Prospektus ist eigentlich gar kein Kunstwerk; wenn also ein Maler die Naturgegenstände abbilden will so muß er so viel Freiheit haben daß er die Kunstgesetze nicht zu verletzen gebraucht und weil dies jeder zugiebt sind wir auch gleichgültig dagegen ob die Gemälde wirkliche oder fingirte Landschaften darstellen. | Demnach also würde er den Vordergrund oft ändern müssen und so ist denn ein bloßer Prospektzeichner kein Künstler. Wer aber auch der Erfindung noch Spielraum läßt der bleibt immer ein Künstler wenn er auch einen Prospekt malt. Die Gemälde theilen sich leicht in Klassen z. B. es ist im Gemälde viel Wasser so kommt es besonders darauf an die Wirkung des Lichts auf das Wasser und umgekehrt zu zeigen und bei Zeichnungen von PWaldstückenS kommt es besonders auf die Gruppirung und die Beleuchtung desselben an. Kehren wir zur Geschichtsmalerei zurük und fragen woher kann eigentlich der Künstler seine Gegenstände nehmen? Wir sagten: er muß sie so wählen daß sie leicht erkannt werden können. Es wird also für dies Gebiet der Malerei eine gewisse Kunde vorausge-

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setzt und hiernach erklärt sich der Werth des Werkes. Geht ein Bild aus dem Kreise der die Kunde hat so erscheint uns hier eine Beschränktheit der Malerei. So wie der Gegenstand an Werth verliert, verliert auch das Kunstwerk in seiner Gattung. Wenn ein Portraitmaler ein solches Gemälde gemacht hat daß jemand der den Vorgestellten niemals gesehn hat dennoch sagt es liege etwas in dem Bilde das ihn zwinge zu glauben es sei eine gewisse Ähnlichkeit mit der Person darin so ist das Portrait gut. Aber dies kann nur der Fall seyn wenn der Typus bekannt ist; denn wenn uns jemand ein chinesisches Gemälde vorlegte so würden wir darüber nicht urtheilen können. Kann ein Kunstwerk nicht verstanden werden so bleibt nur die Bewunderung des mechanischen was aber schon ins Epideiktische übergeht. Die Gattung eines Kunstwerks ist desto größer in welchem der Kreis der Kunde des Gegenstands liegt und der größte Gegenstand solcher Art ist der Cyklus der heiligen Geschichte. Dies hat den weitesten Kreis der Gattung, aber nun machen wir doch wol wo einzelne Gestalten hervortreten sollen Ansprüche auf das Individuelle. Es giebt kein ursprüngliches Bildniß einer Maria oder Jesus und doch ist hier niemals ein Streit über die Deutung; je mehr diese Personen die Hauptsache sind desto leichter werden wir das Gemälde verstehn. Ist darin nun Wahrheit? Wir müssen sagen: es ist ein wunderbares Mittelding zwischen Falschem und Wahrem auch weiß man gar nicht wie dieser Typus entstanden ist. Es ruht hier die Kunst ganz auf sich. Die Tradition hat sie sich selbst gebaut und daher ist hier Sicherheit. Fassen wir die Sache vom Allgemeinen so werden wir immer tiefer in diese Gebiete hineingeführt. Vieles läßt sich als Erdichtung nachweisen z. B. in der Malerei nach einer Legende. | Es giebt also eine gewisse Art wie sich die Malerei die Wahrheit, die Tradition selbst bildet. Dies ist das Gebiet auf welchem auf der einen Seite mit der größten Freiheit zu Werke gegangen werden kann, auf der andern Seite aber muß sie sich streng an das Gebiet des allgemein Bekannten und leicht verständlichen halten. Es zeigt dies wol daß die heutige Geschichtsmalerei unstreitig den größten und bekanntesten Kreis bildet, nur muß man 10–15 Zusatz Trendelenburg, 270: „Sobald in einem individuellen Bild das Individuelle nicht mehr ergriffen werden kann, so wird man die Virtuosität bewundern können. Aber es nähert sich mehr dem Epideiktischen – und die eine Seite des Kunstgenusses ist erloschen. Ein Familiengemälde hat nur einen beschränkten Kreis. Bleiben wir auf dem historischen Gebiete, so werden wir sagen müssen, daß die Geltung um so größer ist, je größer der Kreis, in welchem der Gegenstand Geltung hat. So werden wir auf natürlichem Wege zu unserer heiligen Geschichte kommen, als dem, was den größten Kreis hat.“ 23–27 Variante Trendelenburg, 270–271: „Es ist, als wenn jemand den Boden erst machen soll, auf dem man steht. So ist es hier mit der Geschichte der Kunst. Die Kunst hat sich diese Tradition erst selbst gebaut, aber vermöge dieser ist Sicherheit in der Deutung. Erweitern wir den Kreis, so kommen wir in die Legenden.“

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nicht vergessen daß in der Legende Wahrheit und Lüge vereinigt sind; will man nun die Malerei als Stütze für die Legende ansehn so ist dagegen zu protestiren. Man sollte glauben daß besonders seitdem man es für erlaubt hält die Personen willkürlich selbst aus verschiedenen Zeiten zusammen zu stellen man in dem Cyklus der biblischen Personen immerwährend wäre. Die Portraitmalerei und der biblische Cyklus bilden jetzt die Geschichtsmalerei und es scheint dies hinlänglich besonders da man Portraite und Personen aus dem heiligen Cyklus zusammenzustellen für erlaubt hält so daß also hier die beiden Enden der Geschichtsmalerei zusammenkommen wo jedoch alles Landschaftliche wegfällt, was man sonst immer findet. Viele Legenden sind noch gar nicht bearbeitet dagegen andre wieder häufig. Betrachten wir nun die historische Malerei auf anderm Gebiet. – Wenn nicht der Tradition schriftliche Dokumente zu Hülfe kommen und wenn der Gegenstand nicht früh in das Gebiet der Kunst gekommen ist, so ist das Gemälde noch unverständlich. Sehn wir auf Geschichtsmalerei und Naturmalerei so kommen beide hier einander zu Hülfe, es kann gerade die Landschaft viel zur Deutung des Gemäldes beitragen. Hier zieht sich allerdings das Gebiet der Kunst zusammen nach Maßgabe der Bildung der Völker. Was für uns die heutige Geschichte ist in Verbindung mit der Legende das war bei den Alten Mythologie und Dichtung. Dieses Gebiet hat sein Populaires verloren; nur das wissenschaftliche Publikum wird Gemälde daraus verstehen können. An die Stelle des Mythologischen hat sich eine allegorische Composition in der Geschichtsmalerei gebildet indem man die Mythologie allegorisch behandelte und da ist dann ein ganz freies Gebiet. Solche allegorische | Figuren kann einer jeder erfinden aber es ist auch unmöglich daß sie ihre Deutung vollkommen in sich gezogen haben. Dies ist eigentlich eine Dichtung aber als solche auf einer niedrigen Stufe stehend. Wenn auch große Maler sich damit beschäftigt haben so kann man dies nur Luxus nennen. Vergleichen wir die beiden Hauptgattungen miteinander so scheint die Geschichtsmalerei ein weit reicheres Gebiet zu seyn als die Naturmalerei allein wenn wir uns einen Maaßstab bilden wollen so müssen wir zurükgehn auf das Princip wo wir die Kunst entstehn sahen und danach bestimmen ob die eine oder die andre Gattung untergeordnet sei und daraus wird sich ergeben daß keine untergeordnet sei und daß beide gleichgroße Gebiete haben und daß sich beide trennen dürfen wenn sie nicht etwas dürftiges an sich haben sollen. – Ist nun die Aufgabe der Kunst so gefaßt was ist dann nun die eigentliche Vollkommenheit des malerischen Kunstwerks? Wir haben hier zwei Elemente die Färbung und Beleuchtung, und auf die Beziehung in allen ihren einzelnen Theilen auf einander kommt es hier an.

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Schon um die Malerei von der Sculptur zu unterscheiden war gesagt: daß die Malerei nicht etwas vollkommnes sei wenn sie eine einzelne menschliche Figur darstellen soll. Sie kann eine solche Darstellung gar nicht wünschen und solche Darstellung einer einzelnen Figur die ihre Deutung durch ihre Umgebung bekommt hat schon den Charakter der historischen Malerei und ist nicht mehr eigentliches Portrait. Was die Beleuchtung betrifft so darf diese nicht fehlen wenn die Figur verständlich seyn soll. Wenn wir bedenken daß wir eigentlich alles als Ebene sehen und das Sehen der Tiefe nur aus den verschiedenen Lichteffekten verstehen so setzt eine Figur auf einem Gemälde immer eine Ebene voraus auf welcher wir die Figur erbliken indem alle Licht st r a h l e n von derselben in irgend einem Momente liegen und daher wird alles was nicht Fläche ist nur verstanden durch die Beleuchtung, nur dadurch kann was nicht Fläche ist erscheinen und da fängt erst der malerische Effekt an. Wenn nun eine einzelne Figur doch immer noch etwas unvollkommenes ist wird nun ein Gemälde vollkommner seyn je mehr Figuren es hat? Keinesweges; denn es wird durch die Menge der Figuren die Erkennbarkeit geschwächt und ein Bild wird eben so vollkommen seyn welches nur eine geringe Zahl von Figuren enthält. So giebt es große und schöne Kunstwerke die nur aus drei oder vier Personen bestehn; doch ist die Zahl der Personen nicht willkürlich sondern wird durch die Handlung bestimmt. Wollte man über die nöthige Zahl hinausgehn so wäre dies zu tadeln. Ein Besuch der Maria bei der Elisabeth läßt z. B. nur wenige Personen zu, höchstens können noch | Zacharias und einige Diener dabei seyn. Wollte man noch mehr menschliche Figuren hinein bringen so würden diese überflüssig und als Beiwerk erscheinend die Verständlichkeit des Gemäldes hindern. Denken wir nun dagegen die Verlobung Marias so ist hier dem Maler die Freiheit gelassen in der Zahl der Personen, doch liegt auch hierin ein Maaß indem es eine Privathandlung ist und nach seinem Charakter die Zahl der Personen bestimmt seyn muß. Der Grad der Erkenntlichkeit der Personen muß sich mit hineinfügen. Wenn wir also außer den nöthigen Personen die übrigen als Beiwerk denken so fragt sich wie ist dies eigentlich beschaffen? Man muß es von einer subjektiven und objektiven Seite ansehn. Ein Raum soll nach unsrer Ansicht durch etwas andres ausgefüllt werden. Es giebt auch außer den Personen noch etwas was Beiwerk ist z. B. die Wohnung, aber ist sonst noch etwas animalisches da so ist dies Beiwerk. Wo die Handlung selbst den Raum schon überfüllt kann kein Beiwerk seyn, es ist aber auch der Gedanke zum Beiwerk weggefallen weil eben der Raum vollkommen erfüllt ist. Alles was das Beiwerk ausmacht muß in einer 18 Erkennbarkeit] Erkenntlichkeit

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bestimmten Beziehung der Erleuchtung zu einander stehn. Die Menge der Figuren ist durch Zeichnung und Handlung bestimmt aber jeder Punkt des Gemäldes muß in Beziehung auf die Beleuchtung sein bestimmtes Verhältniß an andern Punkten haben. Je vollständiger ein solches bestimmtes Verhältniß ist desto besser ist das Gemälde. Alles was wir unbewußt mit dem Sehen verrichten muß in das Bild aufgenommen seyn; die verschiedenen Wirkungen der Beleuchtung, des Lichts müssen alle auf dem Gemälde seyn und je mehr sich dieses alles manifestirt desto größer ist die pitoreske Vollkommenheit des Gemäldes. Unter den älteren Bildern sieht man häufig welche auf denen mehrere Handlungen vorgehn theils zugleich, theils sogar nicht aus gleicher Zeit. Es ist dies ein Kunstzweig welcher im natürlichen Zusammenhange steht mit andern Kunstzweigen welche sich die Maler machen. So ist es in der Geschichtsmalerei. In der Naturmalerei bildet die Beleuchtung die Einheit indessen kann auch hier die Beleuchtung zweifach seyn: z. B. draußen der Mond und in einem Zimmer eine Kerze allein dies neigt sich zum Epideiktischen und ist daher zu tadeln. Wenn wir wieder ausgehn von dem Zusammenhang der Erfindung des Malers mit dem menschlichen Sehen, so können wir nicht läugnen daß hier große Differenzen vorhanden sind denn viele sehen in einer großen Entfernung kleine Dinge genauer als andre nähere Dinge. Es fragt sich nun soll der Künstler das PkleineS Maaß des Gesichts nehmen? Das würde seinem Gemälde schaden. Nimmt er ein sehr großes Maaß so fällt er dadurch auch leicht ins Epideiktische | wie z. B. wenn er eine menschliche Gestalt mit so großer Genauigkeit malt daß man alle kleinen Haare und alle Poren sehen kann, wenn man eine Lupe hat. Dies ist die mikroskopische Malerei. Es muß dann der Zuschauer zu sehr auf die Betrachtung des Einzelnen sich einlassen und darüber die Einheit verlieren. – Es wurde gesagt eine Gestalt gebe noch kein vollständiges Gemälde und eben so müssen wir sagen wenn die Färbung fehlt so ist das Werk nicht ausgeführt und eben so wenn die PBeleuchtungS fehlt. Wenn alle Grade der Beleuchtung vom hellsten Licht bis zum dunklen Schatten und alle Nü10–12 Zusatz Trendelenburg, 276: „Die Einheit und Angemessenheit leiden in vielen bedeutenden Gemälden Ausnahmen, wo zwei Handlungen in demselben Raum dargestellt sind. Man führt Raphaels Transfiguration an, wo doch beide Handlungen als gleichzeitg zu denken sind, nur daß dem Auge beide zugleich nicht erscheinen konnten, indem die Burg verkürzt ist. Aus dieser Verkürzung sieht man erst, daß beide Handlungen als zwei betrachtet seyn sollten. – Oft ist eine Geschichte auf einem und demselben Bild fortgesetzt. Es ist eine Bindung, die in natürlichem Zusammenhang steht, wenn man das untergeordnete Manirirte als Beiwerk zur Füllung des Raumes betrachtet.“ 27 Zusatz Trendelenburg, 277: „Darin sind die holländischen Maler Virtuosen, die jedes Haar auf der Hand und jede Pore mitzeichnen.“

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anzen von Farben auf einem Gemälde seyn sollten so wäre das zu viel. Um es zu untersuchen müssen wir die Färbung von der Beleuchtung trennen. Es können zwei Gebäude seyn und das eine im hellen Licht das andre im dunklen Schatten stehen allein wenn solche Gebäude sich sehr nahe stehn sollten fällt man leicht darauf daß der Künstler dies aus besondrer Absicht thue um den Lichteffekt zu heben. Sehn wir auf die Färbung so ist bei dem was zur Vertiefung gehört besonders schwierig die Wirkung die ein Körper auf die andern macht, die Reflexion. Viele alten Bilder haben hiervon ganz abgesehn und können in der Zeichnung viele Vorzüge haben, auf der einen Seite aber kann man in der Darstellung der Differenzen zu weit gehn was wieder ins Epideiktische fällt. Es müssen also die Differenzen in beiden Dingen nach gewissem Maße gehalten werden. In jedem Gemälde giebt es doch ein hellstes Licht und einen dunklen Schatten und eben solche Differenzen in den Farben. Hier giebt es zwei Behandlungsarten, die durch Übergänge und die durch Konstraste. Beide müssen beibehalten werden; wenn sie vermieden werden tritt der Schein der Willkürlichkeit ein und die Gemälde werden leicht unverständlich. Aber es dürfen auch die LichtContraste nicht zu stark seyn sondern temperirt werden durch Übergänge und diese durch Contraste; das ist das was man Harmonie nennt, was demmach unendlich mannigfaltig ist. Eine andre Frage ist was hat der Künstler für Mittel seine Werke hervorzubringen? Er muß eine Fläche haben worauf er sein Gemälde darstellen will. Hierauf kommt der Umriß und zur Färbung hat er die Pigmente wodurch alle Differenzen unterschieden werden. Der Umriß braucht keine besondere Gestalt zu haben das ist nur bei der Zeichnung nöthig. Wenn wir davon ausgehn der Künstler bedarf nichts andres als die Fläche und Pigmente und die Werkzeuge diese zu behandeln so sind nun die Pigmente sehr verschieden. So unterscheiden wir die Oelmalerei | und die Malerei mit Wasserfarben. Die erste hat einen ganz andern Ton. Beide haben gemein daß das Pigment in eine mehr oder weniger flüssige Gestalt verwandelt ist und so aufgetragen werden muß. Die meisten Farben entstehen durch eine Mischung von ver31 Pigment] Pigmente 31–6 Variante Trendelenburg, 279: „Bedarf der Künstler zu jeder Farbe ein besonderes Pigment? Es wird verneint, da die Nuancen Mischungen sind. So können alle Farben durch etwa 10 bis 5 Pigmente hervorgebracht werden. – Wird die Farbe trocken angebracht, wie bei der Pastellmalerei, so müssen die Farben in Mischung schon vorhanden sein. Diese Malerei mit trocknen Pigmenten ist aber etwas Unvollkommenes. – Es ist noch ein großer Unterschied in der Behandlung der Werkzeuge, in der Führung des Pinsels. Es ist eine der größten Studien für den Maler, herauszubringen, wie Künster von großer Bedeutung diese Aufgabe gelöst haben.“

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schiedenen Pigmenten. Denken wir uns aber die Pigmente in einer troknen Gestaltmalerei (wie in der Pastellmalerei) angewendet so kann die Vermischung nicht vorgenommen werden sondern sie muß schon gemacht seyn. Es findet eine große Verschiedenheit der Behandlung der Stoffe und Werkzeuge statt und es kostet oft Mühe um zu sehen wie Künstler diese Aufgaben gelöst haben. Ein Kunstwerk vom ersten Rang in dem muß die Erfindung der erste Punkt seyn wovon es ausgegangen ist. Der Werth der Copie für Kunstfreunde gehört nicht hieher es fragt sich nur über den Werth der Copie für die Kunst selbst. Jede Kunst bedarf einer Tradition wenn sie recht fortgebildet werden soll und diese Tradition ist das was wir unter Schule verstehn. Wenn ein Meister seine ganze Art und Weise die Kunst zu behandeln weiter fortpflanzt so ist dies eine Schule. Es bezieht sich dies nicht bloß auf die Pigmente sondern auch auf das Maaß der Beleuchtung und Färbung die Harmonie und die Werkzeuge. Dieser Einfluß geht zurük bis auf die Erfindung obgleich sie sich nur auf das Mechanische bezieht. Daher man auch die Schulen daran unterscheidet wie die Verhältnisse der Färbung und Beleuchtung behandelt sind. Wenn aber die Tradition die eine Lüke hat abgebrochen ist, wie es denn wirklich ist so ist das Copiren nöthig um hinter das Geheimniß der Meister in der Behandlung der Pigmente etc. zu kommen und wenn die Pigmente nicht mehr dieselben sind zu versuchen auf andre Weise denselben Effekt zu erregen. Bei der fortgehenden Tradition aber ist die Copie nicht nöthig. Es ist schwer, da unsre Kenntniß von der Malerei der Alten nicht hinreicht ein richtiges Urtheil über die damalige Kunst zu fällen. Die Feinheit der Figuren fing mit der Vervollkommnung der Sculptur [an] doch soll sie den Prospekt vernachlässigt haben; was man sich indessen kaum denken kann und der Grund dazu liegt wahrscheinlich in den Vasengemälden die man von den Alten lange Zeit allein hatte aber ein Gemälde welches rund um eine Vase geht kann unmöglich eine Einheit haben und daher war dies kein Fehler sondern vielmehr richtig. Auch sollen Wandgemälde die man aufgefunden hat zeigen daß die Alten den Prospekt beobachteten was schon in dem Basrelief sich zeigt. | Daß aber die Alten nicht alle Eigenthümlichkeiten der Malerei haben entwikeln können ist richtig da die Malerei erst entstand als die Sculptur schon PweitS vorgedrungen war. Bei der 36–3 Zusatz Trendelenburg, 281: „Da unsere Kenntniß von der Malerei der Alten nicht hinlänglich ist, ein wirkliches Urtheil über das damalige Verhältniß der Kunst zu Stande zu bringen, so ist es schwer hierüber etwas ganz Bestimmtes auszusprechen. So hat man gesagt, daß sie nur in einzelnen Figuren vortrefflich gewesen, daß sie aber die Perspective gänzlich vernachlässigt haben. Man kann sich es kaum denken. Die Perspective liegt dem gesunden Auge zu nahe, als daß eine gänzliche Vernachlässigung möglich seyn sollte. Der Grund liegt wahrscheinlich in den Vasengemälden, welche freilich nicht als vollkommene Kunstwerke zu betrachten sind, weil immer nur eine

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Malerei der Alten finden wir daß sie viel auf den Ausdruk in den Gesichtszügen gab was bei der Sculptur nicht der Fall war; hierin aber kann sich die Malerei in ihrer höchsten Vollkommenheit zeigen. In der neueren Malerei ging man daher auch sogleich darauf aus die Gestalt und Zeichnung richtig zu machen, doch fehlte den Neueren das Verhältniß der Malerei zur Sculptur und sie waren an ein fremdes Gewand gebunden. Was die Farben betrifft so haben die Wiederhersteller der Kunst darin eine große Vollkommenheit hervorgebracht; es ist aber ein Übergang von Veränderungen in den einzelnen Schulen vorgegangen welches zeigt daß hier nur ein kurzer Übergangspunkt war. In Deutschland fing man an, nachdem eine Verbindung mit Italien entstanden war mehr auf die Richtigkeit der Zeichnung zu geben und mehr auf die Mitteldinten und Localfarben zu achten da man sonst nur auf die Stellung und das Physiognomische sah. Später sah man mehr auf die Lichteffekte und vernachlässigte das andre allein dies ist schon ein Verfall der Kunst. Bei genauerer Beobachtung entdekt man leicht die Mängel dieser Art der Malerei. Es ist dort der Weg zum Manirirten und Gezierten wie es bei der französischen Malerei ist gegeben. Dasselbe findet man bei einzelnen Meistern. Vergleicht man Raphaels Gemälde aus der früheren Zeit so herrscht eine große Mäßigkeit der Farben und Lichteffekte vor, bei den spätern aber sind die Farben grell und die Lichteffecte gehoben. Die Kunst kann nur auf ihrer Höhe bleiben wenn keines der Elemente zu sehr übertrieben wird. Hier sehen wir also schon den natürlichen Gang der Kunst. Es liegt in ihrem Geschik daß sie sich Periodenweise erneuern muß aber 25 Geschik] über )Gesichtskreis* Seite hervortreten kann. Die Figuren stehen freilich im realen Zusammenhang, sollten aber doch nur einzeln im Auge vortreten – weil man das Gefäß umdrehen muß, sie zu sehen. Hier würde ein Perspectivgemälde ein Fehler seyn. Wir gehen hierbei anders zu Werke. Soll ein wirkliches Gemälde gesehen werden, so beschränkt man sich auf Einen Gegenstand, der nur einmal gesehen werden kann. Füllt man nur einen Theil des Gefäßes und das übrige mit Arabesken, so hat die Perspective ihre Anwendung. Neuerlich soll ein Wandgemälde entdeckt seyn welches beweist daß die Alten die Perspective nicht vernachläßigt haben. Es ist das um so wahrscheinlicher, da im Basrelief schon eine Andeutung von Perspective ist. Die Malerei fing erst an, als die Sculptur schon blühte. Daher war es natürlich, daß man dieser mehr nachstrebte und daher die Perspective vernachläßigte. Aehnlich in der neuen Zeit, und umgekehrt.“ 14–16 Zusatz Trendelenburg, 283: „Dadurch hat der Contrast gegen die Composition ein zu großes Uebergewicht bekommen und es trägt da sehr die Spur des Verfalls. Die Bologneser Schule unter Carravaccio hat besonders auf die Lichteffecte gearbeitet. Dadurch machen die Werke aus der Fremde besonders einen großen Eindruck, während die ganze Fülle der Kunst oft nicht in ihnen entwickelt ist.“ 19–22 Zusatz Trendelenburg, 283: „Vergleicht man die Gemälde von Raffael aus der ersten Zeit, z. B. die Verlobung der Maria mit der Transfiguration (aus der letzten Zeit), so ist jenen Einfachheit der Farben, in diesen grelle Lichteffecte.“

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man darf nicht sagen es sei nicht möglich daß die Malerei die erste Blüte der Deutschen und italienischen Kunst wieder erreichen könne. Das einzige was man sagen könnte ist daß die Malerei wie die Sculptur in der Kirche durch den evangelischen Kultus zurükgehalten werde und dies ist allerdings nicht ohne Grund. Die Legende ist bei uns nicht lebendig und wir bekümmern uns wenig um ihre Deutung. Die biblische Geschichte steht aber der Malerei noch eben so offen wie sonst. Deswegen ist es ganz unrecht wenn man die Künste nach den Kirchen theilen will und sagen die Malerei gehöre der katholischen und die Poesie der evangelischen Kirche an. Die Landschaftsmalerei ist in früheren Zeiten wenig geübt worden; sie kam nur besonders mit der Geschichtsmalerei vor welche Trennung nicht grade die größte Vollkommenheit ist, doch hat die Trennung den Vortheil daß dieser Kunstzweig ganz vorzüglich ausgebildet ist. In den Farben haben die Alten eine Kunst gehabt welche die Neueren nicht erreichen können. Es ist nun noch übrig von andern Gattungen zu reden in Beziehung auf die ganze Kunst. Zuerst hebt sich uns aus dem Gebiet der Naturmalerei insbesonders heraus was mit der Portraitmalerei Ähnlichkeit hat, nämlich: die Blumenmalerei wo die Naturnachahmung im einzelnen zum Grunde liegen muß; nur ist es hier nicht das Exemplar sondern die species der Gegenstand des Portraits. Das Exemplar wird nur als Muster betrachtet. Da eine Zusammensetzung der Blumen statt findet so läßt sich hier ein großer Kunstwerth entwikeln. Dieser Kunstzweig hat sich besonders wieder erhoben seitdem wir die Blumen andrer Welttheile genauer kennen. Eben | so tritt heraus die Thiermalerei, doch erscheint diese als etwas untergeordnetes, es erscheint wie ein portraitProspekt und wie ein Stillleben. – Alle diese 27 und wie ein Stillleben] am rechten Rand 6–8 Zusatz Trendelenburg, 284: „Dagegen liegt im Sinn des Protestantismus keine Art von Beschränkung in dem Cyclus aus der heiligen Schrift oder der Geschichte der Kirche, zumal da der Rigorismus in den Bildern, der in den ersten Jahrhunderten des Protestantismus Statt fand, sich mit Recht mehr und mehr verloren hat.“ 14– 15 Zusatz Trendelenburg, 284: „Die Naturwahrheit in dem Gegenstand war in der alten Malerei nicht so vollendet wie die Naturwahrheit in den Figuren, beides in der italienischen und deutschen Schule. Dagegen hatten die Alten auch hier in der Farbe schon eine Kunst, die in den Pigmenten und Behandlung zu Theil verloren ist.“ 25– 27 Zusatz Trendelenburg, 285: „Die Spinnengewebe – wie alles was man Genre-Gemälde nennt, sind mehr Studium (die Blumenmalerei ist auszunehmen), für die Kunst im Ganzen haben sie keinen anderen Werth. Haben solche Gemälde keine andere Tendenz, so ist wenig auf sie zu geben. Sieht man kleine Gefechtsstücke, ohne den historisch großen Charakter der Schlachtgemälde, und es ist kein bedeutender Moment in der Stellung der Figuren oder in der Wirkung der Geschütze auf die Lichteffecte oder gedehnte Musculatur, so ist es etwas Untergeordnetes, wie die so genannte Stillmalerei. Durch solche bestimmten Tendenzen wird sie Studie, die gleichsam Kanon sei für die Vorkommen im Größeren.“

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Gattungen sind nur als Studien zu betrachten wenngleich viele dabei stehen geblieben sind und es ist nur etwas darauf zu geben wenn sie eine bestimmte Tendenz haben entweder auf das Hervorheben gewisser Reflexe oder kunstreiche Beleuchtung. – Nun ist noch über etwas zu handeln was wichtig ist nämlich wie sich der Kupferstich zur Malerei verhält. Der Zwek ist Vervielfältigung von Gemälden doch ist dem Kupferstich keine Färbung zugestanden. Man muß dem Kupferstecher denselben Standpunkt zum Maler zugestehn wie dem Virtuosen zum Componisten da seine Arbeit nicht etwas mechanisches ist sondern etwas wirklich Künstlerisches. Es sind ihm nur wenige Mittel gegeben und dennoch hat man es sehr weit darin gebracht die Lichteffekte damit darzustellen und sogar eine gewisse Färbung hinein zu bringen. Die Mittel sind freilich nicht natürlich denn die Linien treten sonst nicht im menschlichen Körper hervor, allein davon abstrahirt das Auge sehr bald und man kann sagen die Wahrheit der Kunst läßt die Unwahrheit des Mittels nicht fühlen. Der neu erfundene Steindruk hat einen Nachtheil gegen den Kupferstich denn auf ihn wird die schattirte Fläche aufgetragen so aber ists beim Kupferstich nicht. Doch ist der Steindruk leichter. Weiter ins Einzelne können wir hier nicht gehen.

Redende Künste.

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Indem wir anfangen von diesen zu handeln die im Gegensatz mit den übrigen Künsten von der Gedankenerzeugung ausgehn so kommen wir in Verlegenheit über die Grenzen der Dichtkunst und Beredsamkeit. Bei den Alten ist früh eine Theorie darüber aufgestellt; so galt die Voraussetzung daß eben der Gegenstand dieser Lehre eine Kunst sei. Wir können dies nicht zugeben denn hier ist etwas das in die gebundene Lebensthätigkeit gehört. Es steht ein Zwek vor Augen der Hörende soll zu etwas bewegt werden, es sollen Gedanken erwekt werden die in einen Entschluß übergehn; hier ist kein ruhiges Anschauen sondern von vorn herein das Anregende. Das Praktische ist hier so vorherrschend daß wir keine Analogie mit der schönen Kunst zugeben können. Bei den Alten waren die Reden hierin nicht alle gleich, z. B. bei den epitaphischen Reden ist mehr das ruhige Anschauen, sie nähern sich den schönen Künsten sind aber immer zu den andern gerechnet bei welchen es der Zwek war einen Entschluß anzuregen, nämlich die Vaterlandsliebe zu erweken; nur weil der Entschluß nicht ein bestimmter ist und nicht gleich gefaßt werden soll 8 denselben] desselben

17 ihn] ihr

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tritt die ruhige Betrachtung ein. In den neueren Zeiten finden wir die politische Beredsamkeit nur bei wenigen Völkern bei den andern fehlt sie | wo sie aber ist hat sie auch denselben Charakter. Allerdings vergleichen wir die berathschlagenden Reden von Pitt und Fox mit den Alten – und da finden wir einen totalen Unterschied. Die Alten sind weit excitirter als die neuern weil sie ausführlicher sind aber diese werden auch vor einem Ausschusse gehalten, der überzeugt werden soll. Die epitaphischen Reden finden wir am meisten wieder in der religiösen Beredsamkeit welche vielen Völkern die einzige ist. Je mehr diese Art der Beredsamkeit ausgebildet wurde desto mehr hat man sie als schöne Kunst angesehn und Theorien darüber geschrieben. Alles was von der epitaphischen Rede gilt, gilt auch von dieser [Kanzelberedsamkeit]. Die allgemeine Ansicht aber ist daß sie den Willen leiten soll; sie gehört demnach in die Psychagogie also unter die gebundenen Lebensthätigkeiten. Wenngleich indeß die Absicht den Willen zu lenken nicht zu läugnen ist so ist es doch kein einzelner Wille sondern eine ganze Richtung des Willens und so steht sie der Kunst allerdings näher als die politische Beredsamkeit. Fragen wir: ist nichts darin was den Charakter der künstlerischen Produktion an sich trägt so müssen wir antworten: ja wenn wir vom Inhalt absehn und betrachten eine Rede bloß ihrer Form nach so soll sie von der Rede des gewöhnlichen Lebens sich unterscheiden; es soll bei der Hervorbringung die PBestimmungS eintreten und dadurch ein bestimmtes Maaß hinein kommen aber die Form ist nichts an und für sich sondern eine Produktion an etwas anderm. Es ist immer ein Geschäft das auf die Erbauung geht, daß aber dies Geschäft von der Art ist daß man die Form der Kunst PdarinS verlangt und in der Weise der Kunst beurtheilt ist gewiß. Überall im menschlichen Leben verlangt man etwas der Kunst analoges, es ist aber verschwimmend und daran grenzt dies. Wenn wir dies ganz ausschließen wollten so wäre das eben so als hätten wir die Architektur ganz von den bildenden Künsten ausgeschlossen. Man könnte noch hier sagen es ist nur das was nicht mit dem Geschäftszwek zusammenhängt nach der Kunst zu beurtheilen. Man pflegt zu sagen: es ist der Inhalt des Gedankens welcher das Geschäft bildet indem man den Weg einen Zwek zu erreichen zeigt und von diesem Inhalt sei die Form des Vortrags zu unterscheiden. Das wäre recht schön wenn sich nur Inhalt und Form von einander trennen ließen. Nimmt man den Inhalt für sich und vereinzelt die Gedanken so ists unmöglich daß man sie zusammenwürfeln könnte ohne dem Geschäft zu schaden; sie 3–5 Zusatz Trendelenburg, 287: „Vergleicht man die Meisterwerke der neuen Zeit mit den alten, Reden von Pitt und Fox mit Demosthenes, so hat die alte Rede einen mehr excitirenden Charakter, die neue ergeht sich mehr in Ausführung.“

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müssen in gewisser Ordnung und Zusammenhang seyn und so fällt schon in das Geschäft nicht der Gedanke allein sondern auch die Art wie sie verbunden werden. Wenn also dieser PGedankengangS dazu gehört so gehört auch der ganze rhetorische Accent dazu. So haben wir schon viel von der Form nach den Regeln des Geschäftes zu beurtheilen. | Was bleibt nun übrig künstlerisch zu betrachten? Etwa die Verzierungen? flores orationis. Wenn diese in einer gewissen Fülle vorhanden sind so verunstalten sie das Werk. Sie dürfen nur sparsam an bestimmten Stellen angebracht werden. Gesetzt auch wir könnten dies für die Kunst absondern so sind es doch nur Einzelnheiten und gar nicht werth Theorien darüber aufzustellen. So verschwindet die ganze rein künstlerische Betrachtung. Als wir uns im allgemeinen den Charakter der Kunst vorzeichneten als reine Darstellung da stellten wir auf der einen Seite die praktische auf der andern die theoretische Kunstthätigkeit. Über die Kanzelberedsamkeit waren schon Zweifel auf welche Seite sie gehört. Wenn eine Reihe von Gedanken die im Proceß des Erkennens liegen heraustritt so daß sie Mittheilung und nicht bloß innres Produkt ist so ist der Zwek der Theorie die Gestalten sollen in PWerkeS übergehn rein um sie als Gedanken darzustellen. Wenn nun so eine Reihe von Gedanken auf geschlossne Weise heraustritt so ist das nicht das erste Erscheinen derselben sondern es ist die Besinnung dazwischen getreten; da ist ein Moment worin Kunstthätigkeit ist. Wo solche Darstellung ist ist eo ipso Darstellung der Kunst. Die Anordnung der Gedanken ist die logische Composition und nicht die Kunst, aber weil sie nur durch die Sprache dargestellt werden können so muß in der Behandlung der Sprache etwas Kunstgemäßes seyn. Bestimmte Pointen und witzige Einfälle können in der logischen Behandlung nicht angebracht werden. Es giebt außerdem in der Rede die organische Produktion, diese würde nach den Regeln der Kunst zu beurtheilen seyn aber sie fällt ins Gebiet der Mimik und überdies ist noch der musikalische Theil der Sprache da, was in das Ohr fällt, was im Gegensatz des Angenehmen und Unangenehmen steht. Aus der Sprache im gewöhnlichen Leben kann manches holperiche vorkommen allein dies darf in dem Halten der Rede nicht vorkommen da soll die Kunst durch die Gewöhnung zur Natur geworden seyn. Was nun im theoretischen Künstler beurtheilt werden kann schließt sich eben so an das gewöhnliche Leben, es darf nur nicht das Mißtönende eintreten und so das Folgen des Zuhörers unterbrechen. Hier ist die Kunst nicht mehr an und für sich sondern nur per accidens an etwas andern. Ist auch alles was Poesie ist auf diese Weise zu betrachten? Das scheinen wir noch nicht bejahen zu können. Denn zur Poesie scheint das Versmaaß erforderlich zu seyn. Der Gegensatz zwischen Poesie und Beredsamkeit wird irgend wie den Gegensatz zwischen

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Poesie und Prosa enthalten und da fragt sichs wie verhält sich dies? Das Lehrgedicht deutet schon durch den Namen an daß es auf die Erkenntniß geht und da müssen wir also sagen: es gäbe auch Poesie die eigentlich in ein anderes Gebiet gehöre und wo die Poesie nur an der Lehre ist. Eben so ist es mit der gnomischen Poesie. Da giebt es also wieder zweifelhafte Grenzen. | Sehen wir nun auf die Prosa so ist diese voll von Geschäftsschriften und von solchen die zur Mittheilung der Erkenntniß gehören. Fangen wir aber mit der Poesie an und denken an das Drama so wissen wir daß dies jetzt oft in Prosa auftritt, sollen wir nun sagen daß ein prosaisches Drama nicht eine Kunst sei? Das läßt sich nicht behaupten. Wir müssen sagen es giebt etwas in die Poesie gehörendes trotz des Mangels des Metrums so das Drama. Sehen wir auf die ethische Poesie so haben wir hier die Klasse der Romane, die ein rein inneres Erzeugniß sind und die wir daher nicht gut anderswohin stellen können als in die Kunst. Dasselbe läßt sich anwenden auf die Fabel. Diese finden wir metrisch aber auch prosaisch und es tritt hier derselbe Fall ein wie bei dem Drama. Die Fabeln sind z. B. bei Livius in Geschichtsreden angebracht, doch sind sie an und für sich offenbar poetisch, ein kleiner Kunstkörper in das Ganze eingestreut. Wir werden sagen können eben darum daß in ein und demselben Charakter etwas vorkommt das sich sogleich so darstellt ist unser Begriff der Poesie richtig. Der Redner kann die Fabel selbst erfunden haben allein er hätte dasselbe noch anders sagen können, da es ihm aber bei der Verfertigung der Rede so einfiel so geschah es doch so daß die Fabel dadurch einen poetischen Charakter erhielt. Gleichgültig ist nun ob der Redner die Fabel selbst erfunden hat oder nicht. Der unmittelbare Erfolg des gesagten ist, daß wir sagen müssen das Gebiet der redenden Künste besteht nicht bloß [in] Compositionen der gebundenen Rede sondern auch in ungebundenen und in diese Abtheilung zerfällt auch die Poesie aber nachdem in neueren Zeiten sogar behauptet ist daß selbst das Metrum bei der Dichtkunst fehlen dürfe so scheinen hier gar keine Grenzen mehr angegeben werden zu können. Die Reisebeschreibung wird sonst niemand als Poesie ansehn allein Yorricks sentimentale journys und ähnliches sind offenbar Ge17–18 Vgl. Titus Livius: Ab urbe condita. In seiner Bibliothek hatte Schleiermacher die Ausgabe „Historiae libri qui supersunt XXXV“, ex editione J. Clerici cum praefatione J. M. Gesneri, Bd. 1–3, Leipzig 1743. 34 Zusatz Trendelenburg, 293: „Aber man denke sich Yoriks sentimental journeys oder Themmels Reise nach der südlichen Erdkugel.“ – Lawrence Sterns „A Sentimental Journey Through France and Italy“ (London 1768) wurde 1768 von Johann Joachim Christoph Bode als „Yoriks empfindsame Reise“ ins Deutsche übersetzt. Den damaligen Neologismus „empfindsam“ schlug Lessing Bode als Übersetzung von „sentimental“ vor. „Themmels Reise nach der südlichen Erdkugel“ konnte nicht nachgewiesen werden.

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dichte die nur an einem sehr dünnen Faden fortgehn. Wollen wir diese Produktionen unter eine niedere Kunstgattung stellen so würde dies Schwierigkeiten haben. Jenes erscheint bald wie ein Roman bald ist es bloß Aggregat und da fragt sich wohin sollen wir dies stellen, da es sich fast von allen Gesetzen ausgenommen dem der Sprache im weiteren Sinn entzogen hat. Sehn wir auf die belehrende Reisebeschreibung so fragt sich könnte diese nicht eben so gut zur Kunst gemacht werden. Sollen wir nun sagen das ganze Gebiet bestände aus Kunstwerken verschiedener Gattung? Sehn wir das Metrum als die Hauptsache an, übersehen die Dramen welche PprosaischS sind und stellen alle übrigen Gattungen die nicht metrisch sind gegenüber so geht dies noch nicht, denn | der Roman ist wesentlich prosaisch. Giebt es aber gar keinen Roman welcher versificirt ist? so z. B. der Oberon von Wieland woraus sich auch ein Roman in Prosa hätte machen lassen, und wenn dabei auch einige Schönheiten verloren gegangen wären so wäre dies doch kein Grund beides in verschiedne Gattungen zu setzen. Eben so giebt es jetzt poetische Episteln und so ließe sich eine ganze Begebenheit behandeln; da kann man also doch wieder nicht sagen der Roman ist wesentlich Prosa. Es fragt sich nun warum wir wollten das Drama wesentlich auf die gebundene und den Roman auf die ungebundene Seite stellen? Das möchte schwer zu entscheiden seyn; man kann nur sagen wo wir den allgemeinen Kunsttypus finden, da ist ein Kunstwerk auf diesem Gebiet und dies kann uns helfen wenn wir kritisch zu Werke gehn; wir könnten daraus nicht die einzelnen Gattungen bestimmen, woher sollten wir also das klassificatorische Princip für die redenden Künste nehmen. Könnten wir nicht sagen die neuere Dichtkunst umfaßt dies alles oder nicht? Sehn wir zuerst auf das letzte und sagen: gebundene und ungebundene Rede kann keine Grenze der Dichtkunst angeben, so bleibt uns nichts übrig als zu sagen: alles was der Kunsttypus an sich verlangt gehört hieher, alles übrige ist nur Anwendung der Kunst in etwas andern. Also alle Composition die ursprünglich der Geschichte angehört und alle die didaktisch ist wollen wir hier ausschließen, es wird nicht Kunst seyn und nun würde die Frage entstehn nach einem klassificatorischen Princip; wenn wir nur sicher wären unser Gebiet von den beiden übrigen getrennt zu haben. Was die Reisebeschreibung betrifft, so wird 10 Dramen] Drama

14 Oberon] Oberan

17–19 Zusatz Trendelenburg, 294: „Es giebt Romane in Briefen, und Briefe sind schon bei den Alten metrisch. Warum kann es nun auch nicht Romane in poetischen Briefen geben, wie schon in [...] Abaelard und Heloise. Es wäre ein Roman in antiker Gattung.“ Vgl. die deutsche Übersetzung von Paul Baumgärtner: Briefwechsel zwischen Abaelard und Heloise mit der Leidensgeschichte Abaelards, Leipzig 1893.

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sich leicht erkennen lassen welche eigentlich Poesie sind aber wie ist es mit den andern Gebieten z. B. mit dem Geschichtschreiber? Bei diesem ist keine innre eigenthümliche Gedankenerzeugung und wenn sich das Buch der Form einer Chronik nähert so wird niemand es zu unserm Gebiet ziehn; sagt aber jemand: Es kommt auf das Zusammenstellen der Begebenheiten und das Princip desselben an so müssen wir sagen es giebt eine Art von Zusammenstellung und Ordnung die allerdings von dem innern Gedankenerzeugungsproceß ausgeht, es fragt sich also ob wir nicht sagen müssen: so wie die Geschichtschreibung eine solche Gestalt hat so bildet sie eine eigne Klasse von Kunstwerken? Diese Frage ist nicht immer gleich beantwortet worden allein Schleiermacher meint doch daß sie nicht anders zu beantworten sei als verneinend. Denn das Princip der Composition liegt doch auf der theoretischen Seite die Geschichtschreibung ist also eine wissenschaftliche Kunst aber sie liegt nicht eigentlich in unserm Gebiet und der Terminus Dichtkunst umfaßt unser Gebiet. Die Künste haben zugleich etwas nationales so daß die ursprünglichen | Künste eines Volkes nicht in die eines andern aufgehn. So theilt man die Poesie in die epische, lyrische und dramatische auch die griechische Poesie, worunter freilich noch die idyllische Poesie nicht mit begriffen ist; wenn man aber gar die neuere Poesie mit darunter begreifen will so bekommt man entweder von der neueren oder alten eine falsche Ansicht. Wir haben schon die redenden Künste von den bildenden so unterschieden daß die bildenden aus dem natürlichen Gestaltbildungsproceß hervorgehn die redenden dagegen von dem Gedankenerzeugungsproceß. Wir sehen Gestalten, sie reproduciren sich in unserm Innern und so bilden wir uns auch die Gedanken nach dem was wir hören. Wenn dieser innre Proceß heraustreten soll so kann dies auf 2erlei Weise geschehn denn man kann sich die Gestalten entweder äußerlich fürs Auge darstellen oder beschreiben so daß die Hörenden sie sich eben so bilden. So wird also die innere Gestaltbildung von etwas ausgehn was den redenden und bildenden Künsten angehört. Es scheint nicht vollkommen richtig daß wir Gestaltbildung und Gedankenerzeugung von einander sondern und dies geschieht dadurch daß sich die Gestalt in Gedanken verwandelt ehe sie in die Rede ausgeht. Es kann aber auch eine ursprüngliche Gedankenbildung geben ohne die Gestaltbildung. Der erste Haupttheil ist also der welcher von der Gestaltbildung ausgeht und auf der Wahrnehmung beruht, er schließt eine Menge von Gegenständen in sich. Der 2te Haupttheil ist die Gedankenerzeugung. Sehen wir diese als etwas secundäres an und führen sie zurük auf die Wahrnehmung so haben wir sie auf die Empfindung zurükzuführen. 18–19 Vgl. die Sachanmerkung zu S. 298,15–17

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Die kunstmäßige Darstellung der Rede hat also eine Beziehung eine gemeinschaftliche Wurzel mit der Mimik und der Musik und in einer andern Beziehung mit der Plastik und Malerei. Dies scheint erschöpfend zu seyn aber giebt es nicht noch ein drittes zu diesen beiden was ins Gebiet der Kunst gehört? Wie gesagt ist der Gedanke ein secundäres, denn das eine könnte eben so gut ein Bild werden als Gedanke und das andre eben so gut Ton und Gebärde als Gedanke. Wo Gedankenerzeugung primitiv ist hat sie eine bestimmte Richtung auf das Erkennen (das Theoretische) oder aufs Praktische. Es wird also wohl kein drittes geben als ein Zurükführen des einen auf das andre. Die innere ursprün gliche Gedankenerzeugung kann nur ins Gebiet der Speculation oder Wissenschaft gehören, wo sie das nicht ist ist sie für die Kunst nur Durchgangspunkt. Die objektive Poesie würde die meiste Ähnlichkeit haben mit der Plastik die subjektive mit dem Musikalischen. Das epische und dramatische gehört beides zum Objektiven es geht auf Gestaltbildung und zieht ja auch ursprünglich die bildenden Künste an sich. Dagegen die subjektive Poesie, wohin nach | der alten Eintheilung die lyrische gehört zieht die Musik an. Epische Gedichte wird niemand mit Musik darstellen und eben so lyrische nicht in Gestalten. Wenn wir nun altes und neues (griechisches und germanisches) vergleichen so finden wir freilich eine bedeutende Differenz. In der neueren Poesie sind eine Menge von Formen von denen wir nicht wissen ob wir sie zu der objektiven oder subjektiven Poesie zählen sollen. Die Ballade und Romanze will man dem Inhalt nach der objektiven der Behandlung nach der subjektiven zuzählen. Eben so wenn wir die lyrische Poesie bei den Alten betrachten, so war mit ihr die Musik verbunden aber wenn wir eine Pindarsche Ode lesen so finden wir wieder eine Menge Gestalten darin, ein Zurükgehn auf das Geschichtliche und eine Neigung zum Plastischen. Sehn wir auf das neuere Epos wie es sich von dem Alten durch ein Hervortreten des Dichters unterscheidet so ist darin eine größere Hinneigung zum musikalischen oder subjektiven. Wir finden also bei uns was der objektiven Seite angehört mit einer starken Richtung aufs subjektive und bei den Alten das Subjektive mit einer starken Richtung aufs Objektive. Dies ist auch überhaupt der Charakter der alten und neueren Poesie. Der Grund davon scheint zu seyn daß die antike Poesie ihr ganzes Wesen vielmehr im öffentlichen Leben hat, die moderne aber von dem einzelnen Leben ausgeht. Wenn auch die alte Poesie aus dem Privatleben hervorzugehn scheint so hat sie doch in ihrer Blüthezeit ganz dem öffentlichen Leben angehört. Das älteste was uns übrig ist, ist das Epos, das späteste das Drama. In diesem ist das Epos untergegangen 30 es] er

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bis es sich in Alexandria wieder bildete wo im Gegentheil das dramatische wieder unterging. Das Epos hat mehr Beziehung auf Privatversammlungen das Drama hingegen ganz auf Volksfeste und so auch das lyrische das bei öffentlichen Spielen zum Vorschein kam. Alle Poesie bezog sich also auf ein öffentliches Leben, das Epos auf ein P S. Wo das öffentliche Leben dem besondern untergeordnet ist da wird die objektive Poesie die subjektive. In der neuern Zeit können wir gar nicht sagen daß die Poesie so dem öffentlichen Leben angehört denn unser Drama kann zwar nicht anders als öffentlich dargestellt werden aber erstens bedarf es der mimischen Darstellung auch gar nicht und einige dramatische Werke müssen erst dazu umgearbeitet werden und überdies hängt auch diese Öffentlichkeit gar nicht mit dem gemeinsamen Leben zusammen; es ist ein Punkt woraus sich das Privatleben befruchtet. | In diesem Verhältniß also sehen wir den Grund von dem Übergewicht das es hatte in der antiken Kunst, von der andern Seite in der modernen. Wenn wir den antiken Typus auffassen so werden wir also das Epos und Drama unter die objektive und die Lyrik unter die subjektive Poesie stellen. Der antike Hymnus hat epische Form aber dem Inhalt nach scheint er der lyrischen Poesie anzugehören. Wenn wir dazu nehmen wie alle Götter auch epische und dramatische Personen waren und der Hymnus immer die Tendenz hat die Geschichte der Götter darzustellen so würde offenbar der Hymnus der objektiven Poesie angehören. Dagegen werden wir nie den orphischen Hymnus mehr zur Lyrik rechnen müssen da das historische da mehr abgestreift worden. Man muß sich aber durch den Namen nicht irre leiten lassen. So werden wir also zugeben müssen daß es Produktionen geben kann die der Form nach ganz verwandt sind die wir aber doch noch theilen so daß die Elegie z. B. der objektiven die erotische Poesie der subjektiven Poesie angehört. [Das Epos] Betrachten wir zuerst das objektive Gebiet so finden wir darin allerdings ein große Mannigfaltigkeit in Formen und Produktionen, wie 5 ein P S] bricht ab 2–5 Variante Trendelenburg, 299: „Das Epische wird freilich in den Privatversammlungen recitirt – das Drama und ein großer Theil der Lyrik hing am öffentlichen Volksleben. Das öffentliche Leben hat daher je länger je mehr ergriffen: Das Epische hat das öffentliche Leben einer früheren Zeit zum Gegenstand. Nun aber haftet die Empfindung am persönlichen und einzelnen Leben.“

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finden wir nun den Hauptunterschied? Das Nächste scheint der Unterschied zwischen dem Epischen und Dramatischen so daß man alles was nicht Drama ist episch genannt hat. Aber wenn wir auch davon ausgehn daß das Dramatische einen festeren Charakter hat so fragt sich doch, was macht denn das Wesen desselben aus? Die Verbindung mit der Mimik kann nicht einen Unterschied in der Form machen. Im Homer z. B. sind oft lange Gespräche ausgeführt und nur die Erzählung hält sie PinS epischer Verbindung, sollte nun ein solches Gespräch nicht sogleich dramatisch werden können. Aber darum wird niemand sagen daß es ein Drama geworden sei noch daß ein Epos eine Zusammensetzung von dramatischen Reden sei, auch würden die Griechen so etwas nie für ein Drama angesehn haben. Setzen wir nun wenn die Mimik hinzugekommen ist das Drama vollständig so müssen wir das neuere Drama ganz zerreißen, wir werden also auf eine andre Differenz zu kommen suchen. Gehn wir von dem antiken Drama allein aus so werden wir sagen der stärkste Gegensatz gegen das Epos besteht in zweierlei, einmal in der Abgeschlossenheit der Handlung und dann das Dazutreten des lyrischen Elements theils in den handelnden Personen selbst, theils im Chor. Betrachten wir auf der andern Seite | das antike Epos so finden wir zwar nicht hier abgeschlossene Handlung sondern eine Unendlichkeit, eine Menge Personen welche es unmöglich machen die Handlung darin zusammenzufassen und es könnte in der Ilias immer noch etwas eingeschlossen seyn. Es ist kein bestimmter Endpunkt da. Was das zweite betrifft so findet sich der Inhalt auch zwar ähnlich aber immer in der epischen Form aus welcher es nicht herausgehen darf und also gleichsam mit dem Epischen unterdrükt wird. Im Drama dagegen sind wohl zu unterscheiden die leidenschaftlichen Reden die die Handlung fodern und die lyrischen Reden in den Chören. Wenn wir dies so festhalten ist dadurch eine Einheit PzwischenS antiker und moderner Form? Die französischen Kunstrichter hielten sich bloß an die Abgeschlossenheit der Handlung die nach ihrer Meinung durchaus nicht fehlen dürfe und danach haben sie ihre Blüthe PerstS durch Schakespeare beurtheilt wo eine solche Einheit gewöhnlich nicht ist. Dabei nun finden wir das lyrische Element in dem modernen Drama eigentlich gar nicht. Wir haben zwar die Monologe aber diese sind zu sehr in die Handlung verwikelt. Es entsteht daraus der Impuls. Bei uns also ist das lyrische Element nicht vorhanden und auf die Abgeschlossenheit der Handlung sehn wir auch nicht so sehr und daraus folgt denn daß unser Drama nicht so streng vom Epos geschieden ist als das alte so daß es gewissermaßen an der Unendlichkeit der Handlung Theil nimmt. Es kommen Personen in unserm Drama vor die eigentlich gar nicht zur Handlung gehören und dies ist das Erscheinen des lyrischen Elements[,] wird aber gar nicht hervorge-

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hoben. Die Grenzen werden so schwankend besonders wenn wir dazu nehmen daß bei den Alten die Aufführung nothwendig zum Drama gehörte, bei den Neuern aber die Aufführung etwas zufälliges ist. Vergleichen wir nun das antike Epos mit dem was man ihm in der neueren Zeit an die Seite stellt, vergleichen wir die Epopöe mit dem antiken Epos so finden wir hier eine Abgeschlossenheit der Handlung die sich dem Drama nähert. Miltons verlornes Paradies und die Messiade haben eine bestimmte Handlung und können nicht erweitert werden. Dies nähert sich offenbar dem dramatischen Charakter, und nehmen wir dazu was für eine große Rolle besonders in der Messiade das Letzte spielt so können wir sagen: die Messiade ist ein Drama von sehr großem Umfange; welches weil es zu umfassend ist die epische Form erhielt, eine solche Umwandlung kann aber bei dem antiken Drama nicht geschehn. Das antike Drama | und Epos wird also weit strenger geschieden als die neuern. Wie die Commödie zur Tragödie steht so steht das komische Epos zum ernsten der Sache nach. Der Gegensatz zwischen dem tragischen und komischen im Epos empfindet sich bald aber zu sagen worin er im Großen besteht ist schwer. In der modernen Poesie giebt es epische Gedichte die das komische ganz ausschließen dagegen haben wir komische epische Werke aber dieser Unterschied geht nicht durch. Im romantischen Epos finden sich beide Elemente. Sehen wir auf das Drama so haben wir zwar Komödie und Tragödie getrennt aber in der hohen Tragödie ist tragisches und komisches vermischt, bei Schakespeare und Calderon; Im bürgerlichen Drama ist die Scheidung strenger. Es zeigt sich also hier daß in der neueren Zeit die Verhältnisse der Gattung und Form der Poesie zu einander sich ganz verändert haben. Sehen wir nun auf den Stoff der behandelt wird so wissen wir nicht wie das antike Epos entstanden ist. Es kann z. B. niemand angeben wie sich Homer zu seinem Gegenstande der Zeit nach verhält und noch weniger was er eigentlich erfunden hat und wie er die Tradition behandelt, ja sogar wenn wir auf die eingemischte Götterkraft sehen so wissen wir gar nicht wie weit das Göttersystem von Homer ausgebildet gewesen sei und ob es allgemeine Volksmeinung war daß die Götter häufig unter den Menschen erschienen. Diese Fragen sind viel wichtiger als die ob des Homers Werke von Einem oder von vielen Rapsoden sind, welche für die Theorie der Kunst unbedeutend sind. Denken wir uns einmal das mit einander leben und auf einander wirken der Götter und Menschen 7–8 Vgl. John Milton: Paradise Lost (1667). Friedrich Gottlieb Klopstock: Der Messias (1751–73) 16–18 Zusatz Trendelenburg, 303: „Wir finden einen anderen Gegensatz im Antiken zwischen dem Tragischen und Komischen. Dieser Gegensatz ist nicht blos dramatisch, sondern auch episch, wie in der Batrachomyomachie.“

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und dann die Größe des Gegenstandes als eine Vereinigung sonst ganz getrennter Elemente ohne daß doch eine dramatische Einheit entstände so haben wir auch nicht mehr ein dramatisches Gedicht im antiken Sinn. Man hat z. B. den Oberon für ein episches Gedicht erklärt und hier ist allerdings noch etwas was den Göttern im Homer an die Seite gesetzt werden könnte allein das Verhältniß dieser Geister zu den Menschen und das der Homerischen Götter zu den Menschen ist doch ganz verschieden, und in dem Gedicht ist ferner gar nicht das Bestreben so viel Faktisches aufzunehmen das dem Gedicht eine Kenntniß seiner Zeit giebt wie es bei dem Homer ist und dieser Unterschied ist wichtig. Der Hexameter der im Epos das herrschende Versmaaß ist kommt im Drama gar nicht vor oder doch sehr selten, denn man ist noch keinesweges einig darüber ob die tragischen Hexameter auch wirklich Hexameter sind. Für die Dialoge hat das Drama den Jambischen Trimeter und für die Chöre alle lyrischen Versmaaße. Vergleichen wir hiermit Neueres so finden wir im Altdeutschen z. B. in den Nibelungen Distichen; es ist hier also schon etwas strophenartiges. | Später finden wir die Terzine die noch mehr strophisch ist und in Italien haben wir die ottaverime die eine vollkommene Strophe ist und dieser haben sich die Deutschen unter verschiedenen Formen angeschlossen. Die Franzosen haben den Alexandriner zugleich als epischen und dramatischen Vers und die Engländer den jambischen Pve r s b l a n c s S. Betrachten wir also die Moderne als Eins und die Antike auch so finden wir in jedem einen Übergang vom Verse in die Prosa wie auch beides im Drama häufig vermischt vorkommt und ein Sondern des Epischen von dem Dramatischen. Im Antiken hingegen tritt beides sehr streng auseinander wie es nach seiner innern Struktur auch getrennt ist; es findet sich hier also eine größere Trennung und Sonderung. Betrachten wir z. B. den bloßen Stoff so ist gewiß einige Ähnlichkeit zwischen der Ilias und Tassos befreitem Jerusalem, in beiden ist der Krieg die Hauptsache, in beiden treten Menschen näher zusammen die sonst weit mehr getrennt waren etc. ja es scheint als müßten beide Gedichte von derselben Gattung seyn, allein sehen wir mehr auf das Einzelne so findet sich die Differenz viel größer. Der Grieche hat seinen Stoff so wiedergegeben wie er ihn angeschaut hat[,] Theilnahme aber und Bewegtheit des Dichters erscheint gar nicht als Grund des Gedichts sondern das rein Geschaute ist rein wiedergegeben und insofern ist das Epos von der gewöhnlichen Erzählung nicht unterschieden. Dagegen die modernen Epiker erscheinen immer als mit ergriffen von der Gemüthsstimmung derer von welchen er spricht und dies bringt natürlich eine ganz andre Darstellung hervor. Dazu

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kommt nun noch das verschiedene Verhältniß zum Drama. Das antike Epos bildet kein vollständig abgeschlossenes Ganze, auch finden [sich] eigentlich keine Episoden darin, da man die einzelnen Rapsodien auch für sich vortragen kann und in der Odyssee jedes Abentheuer. Daraus geht auch hervor daß hier die Tendenz ist: das reine Schauen so wie der Schauende in der Natur keine Einheit hat aber doch eine Continuität so die Ilias. Dagegen ist im modernen Epos eine Neigung etwas abzuschließen, wie es im Drama ist; uns würde eine solche Darstellung einzelner Gegenstände ungeduldig machen. Wir eilen immer nach dem Ende. Es bezieht sich dies aber bloß auf das griechische Epos denn das römische Epos neigt sich schon sehr zum modernen hin und wird nur durch die griechische Form gehindert dies mehr zu zeigen. Aus dem oben gesagten ist auch klar wie man hat darauf kommen können daß die Ilias und Odyssee gar nicht Ein Ganzes seien sondern von vielen aus Ein und demselben Zeitalter und man wird nur erwarten müssen was die Kritik darüber ausmacht. Hiernach scheint es also am besten auch das objektive Gebiet im Antiken und Modernen zu sondern und wir wollen daher zuerst die Zeiten trennen. Wenn wir Epos und Drama gegenüberstellen | und bei dem Epos beginnen, so fragt sich was hat man bei diesem zu betrachten? Das Epos des Homer, Hesiodus und die Hymnen des Homer und die kyklischen Dichter die sich an die homerische Poesie und die orphischen die sich an die Hymnenpoesie anschließen. Das Kyklische steht in dem Verhältniß zum Homer wie das Mittelmäßige zum Genialen. Merkwürdig ist [das Verhältniß] der Homerischen Poesie zu der des Hesiod. Die Homerische ist schon verschieden in der Ilias und Odyssee was vielleicht daher kommt daß die Ilias einen bestimmten geographischen Punkt hat; die Odyssee hingegen nicht. Es ist hier das Einzelne das im beständigen Wechsel des Lokals und der Verhältnisse der Menschen der Faden an dem sich das Ganze fortzieht, so daß dadurch wieder der epische Charakter hervortritt. Nun werden wir aber sagen müssen daß hier weit mehr Erfindung und Fabel ist als in der Ilias, da hier weit mehr Mythisches wegen der verschiedenen Gegenden wohin 21 kyklischen] scythischen

23 Kyklische] Scythische

1–4 Zusatz Trendelenburg, 305: „Wir nennen die Doloneide eine Episode, es ist ein nur hineingetragener Begriff. Ein Alexandriner möchte sich dem nähern. Den Alten wäre es nicht eingefallen. Eine jede Schlacht, ein jedes Abentheuer aus der Odyssee war für sich betrachtet. Einen Unterschied von größerer und geringerer Bedeutung giebt es gar nicht.“ 10–13 Zusatz Trendelenburg, 306: „Der Hexameter bindet noch mehr; sonst ist Virgil der Uebergang: aus dem Griechischen in das Italienische.“ 13–16 Zusatz Trendelenburg, 307: „Die διασκ εδάσις war Sache eines späteren Zeitalters.“

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Odysseus kam mit in die reale Erzählung angebracht werden konnte. Es zeigt sich also daß die Odyssee sich schon eher dem modernen nähert, doch ist dies nur auf ganz untergeordnete Weise zu verstehen. Die Homerischen Gedichte sind eine Fundgrube alles Geschmaks, eine Encyklopädie. Wenn man eine anschauliche Vorstellung sich machen will von der Verschiedenheit des modernen Sinns in dieser Art so darf man nur die Athenäis von Göthe mit dem Homer selbst vergleichen, wo sich Göthe von der Neigung zum Musikalischen nicht hat fern halten können, was bei Homer ganz null ist. Daß die Griechen den Homer einen Philosophen genannt haben liegt darin daß die einzelnen Personen immer so sprechend eingeführt werden daß sie zugleich ihre Lebensverhältnisse mittheilen müssen. Vergleichen wir die Hesiodische Poesie mit der Homerischen so finden wir einen Unterschied. Der Stoff der ἒργα καὶ ἡμέραι findet sich im Homer auch, aber zerstreut und etwa so auch die Theogonie aber nur nicht für sich. Die Theogonie kann man auftheilen in die eigentliche Theogonie und die Gigantomachie und die letztere ist davon das eigentlich Epische worin schon eine Andeutung von Naturphilosophie liegt aber es ist in dieser Darstellung keine so große Lebendigkeit wie im Homer. Was die Homeridische Poesie betrifft so trägt sie dieselbe Sonderung in sich weil sie auch die Götter gesondert betrachtet, im Epischen aber dem Homer gemäß vieles verschiedenartige in einem Moment zusammenkommen soll. Die orphische Poesie von der freilich schwer auszumitteln ist welchem Zeitalter die verschiedenen Bruchstücke angehören, hat vorherrschend | eine Neigung zum M yt h o l o gi s c hen und das Epos ist äußerliche Form. Darin liegt nun der Übergang zum Lyrischen die nur vom Mythologischen aus gemacht werden konnte. Im Verhältniß zum Drama aber erscheint immer das Epos als eine Menge dramatischen Stoffs enthaltend. Diese Sonderung geht ganz durch. Sehn wir auf das Alexandrinische Epos so ist hier vielmehr ein Bestreben der Dichter sich selbst im Verhältniß zu der alten Dichtung zu bespiegeln und dies giebt eine Verschiedenheit wenngleich im Einzelnen die Nachahmung des homerischen Typus manchmal sehr gesucht ist; allein man sieht auch daß diese Poesie hat bloß nachbilden wollen und sich dazu die Stoffe gesucht hat, daher das wenige Colorit dieser Gedichte. Sie stehen natürlich auf einer sehr untergeordneten Stufe. Zu erwähnen sind noch das philosophische Epos und das Naturgedicht. Um diese zu 1 .] ; 7 Höchstwahrscheinlich ist die „Achilleis“ von Goethe gemeint; vgl. auch unten S. 531,34. 14 „Erga kai hemerai“ („Werke und Tage“) ist ein episches Lehrgedicht von Hesiod (entstanden um 700 v. Chr.).

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verstehen müssen wir auf der einen Seite anknüpfen an die Hesiodische Poesie auf der andern an die orphische, doch müssen wir bei dem philosophischen Naturgedicht der Alten noch gewisse Mittelglieder hineinsetzen, um sie zu verstehen. Wir werden sagen: so wie Hesiod das menschliche Thun isolirt hat so waren nun die Gegenstände selbst isolirt aber die philosophischen Naturgedichte des Xenophanes führen durchaus von dem Sinnlichen ab und betrachten nur den innern Zusammenhang und auch im Hesiod findet man schon einen Anfang dieser Naturphilosophie. Man muß sich wundern daß hier die Form poetisch blieb und nicht in Prosa überging. Da muß man auf die Zeit der Sprache Rüksicht nehmen, nämlich die antike Kunst hat ursprünglich den Rythmus der Sprache hervorgebracht und es giebt noch keine andre PneueS Kunst als die Poesie. Wenn wir nun gesagt haben die neue Darstellung die ganz für den Zusammenhang der gebundenen Lebensthätigkeit steht, müsse auch eine vollkommen gemessene Sprache haben und es wird uns schwer die Philosophie anders zu denken als in Prosa schreibend allein sie war noch nicht abhängig genug und mußte der Form nach der Kunst welche da war huldigen. Daß in einigen Gegenden die Philosophie eher in andern später die poetische Form verläßt liegt im allgemeinen Zusammenhange. Lucretius z. B. blieb in der Form in welcher er die Philosophie hatte kennen lernen. Daß aber die Philosophie nur an das Epos sich anschließen konnte ist klar, denn es will diese Art der Dichtkunst durchaus nicht subjektiv seyn sondern nur objektiv. Im Parmenides selbst finden wir noch viele Bilder und da finden wir auch die poetische Form noch passender obgleich hierin viel Dialektik ist die sonst der poetischen Form entgegentritt. – |

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Sehen wir auf das Epos herüber so müssen wir nachher auf die Unendlichkeit Unabgeschlossenheit und auf das gänzliche P S des Dichters 1 wir] folgt ))müssen wir**

13 neue] über der Zeile

4–9 Zusatz Trendelenburg, 310: „Aber die philosophischen Gedichte des Xenophanes, Parmenides enthalten die reine Speculation über das Sinnliche, nicht das Sinnliche selbst. Es sind in der hesiodischen Theogonie allerdings Anklänge enthalten. Das Chaos ist schon eine speculative Vorstellung, obgleich sinnlicher Art, dasselbe womit die spätere Philosophie begann. Das reine innere Naturleben ist zum Gegenstand gemacht. Ein Streben nach strenger dialektischer Form herrscht aber vor, namentlich im Parmenides.“ 29–2 Variante Trendelenburg, 311: „Wir müssen hier auf die beiden Hauptpuncte achten, die Unendlichkeit des Epos, sowol nach außen, indem sich eines an das andere reiht, als nach innen, da das Einzelne fast ins Unendliche theilbar ist, dann das Zurücktreten des Dichters, so daß dieser nur schauendes Organ ist.“

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in dieser reinen Objektivität wobei er eigenthümlich das schauende Organ des Lesers ist achten. Diesem steht entgegen die strenge Abgeschlossenheit in der verschiedene Theilnahme erregenden Natur, die abgeschlossne Handlung welche Theilnahme als etwas besonderes heraustritt in dem dramatischen Chor, welcher einen bedeutenden Unterschied des neueren und antiken Dramas begründet. Es lag dieser Typus des Antiken in der Gestaltung des öffentlichen Lebens wobei indessen dem Dichter noch viel Freiheit blieb; denn wenn etwas aus dem öffentlichen Leben PdargestelltS wird da sind schauende Personen nöthig. Die handelnden Personen repräsentiren die Objektivität des Epos und der Chor das lyrische Element. So betrachtet kann man mit Recht sagen: das antike Drama ist eine Synthesis des Epos und der melischen Poesie obgleich das erste das Übergewicht hat. – Geht man davon aus daß das Epos das ursprüngliche war so repräsentiren die Personen die reine Dichtkunst; dagegen der Chor steht betrachtend da und beurtheilend aber doch eine Menge geschichtlicher Gegenstände angebend und so auch wieder etwas objectives PhineinfügendS. So stellt sich uns das Ganze als natürliche Form dar. Von einem Drama welches nicht dargestellt werden sollte und nicht ganz dazu eingerichtet war, davon wußte man bei den Alten nichts. Es war hier bei den Alten die Kunst kein freies zusammenwirken wie bei uns denn dort ging alles von Einem Punkte aus, da der Dichter noch die Musik und die Mimik eingab. Doch gilt dies alles nur von der Tragödie welche so durchaus als ein Ganzes erschien. Einen andern Punkt, den wir im Vergleich mit dem modernen Drama sehr im Auge halten müssen betrifft den Gegenstand wo auch eine Gebundenheit an die Sache statt fand. Es war nichts erfunden sondern historische Personen traten auf die im Allgemeinen schon ganz bekannt waren. Die nähere Einheit der Poesie ist indessen durchaus in dem einzelnen Werk eingeschlossen und der Dichter war durchaus nicht gezwungen dieselben Personen in einem andern Drama eben so darzustellen wie im ersten. Die Charakterzeichnung in dem antiken Drama ist also gar nicht so daß der einzelne Moment ein solcher war worin sich der Charakter in seiner Totalität darstellte sondern es sollte bloß die Handlung dargestellt werden. Was hiermit zusammenhängt ist daß nur im antiken Drama auch nicht | der geringste Werth gelegt werden konnte auf die Überraschung sondern diese konnte eigentlich gar nicht vorkommen. Die Fabel war bekannt und der Dichter hatte nur die poetische Darstellung und die genauere Erkenntlichkeit dersel23–24 Zusatz Trendelenburg, 311: „Die Figuren aber bewegten sich, wie sie dem Dichter erschienen waren, ohne daß eine fremd reconstruirende Phantasie sich mit der seinigen vermischen konnte.“

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ben doch so daß die Grundzüge blieben zu besorgen und dies ist etwas sehr reines denn die Überraschung die bei uns eine so große Rolle spielt ist eigentlich nur aus [dem] Leben zur Hülfe hinzugenommen aber gar nicht etwas ursprüngliches. Der Dichter der Alten will die Person in jedem Moment in vollem Leben darstellen. Auf der einen Seite ist noch nicht an eine constante Maxime in dem was wir poetische Gerechtigkeit nennen zu denken. Klar ist daß wenn die Handlung als solche ein geschlossenes war, aber nicht zugleich das einzelne musikalische Spiel zur Ruhe gebracht und hatte keinen musikalischen Schluß; so war die Dichtung nur von einer Seite geschlossen bei den Alten aber so ist es nicht ganz sondern mit dem Abschluß der Handlung ist auch die Seele des Zuschauers beruhigt. Dies ist aber nicht das was wir poetische Gerechtigkeit nennen wovon das öffentliche Urtheilen immer sehr afficirt wird. Die Ruhe die das antike Drama hervorbringt will nichts andres seyn als Unterwerfung eines oft unbegreiflichen Zusammenhangs der dem Rechte scheinbar Hohn spricht. So im Oedipus. Daher ist es nichts seltnes daß eine Person die in einem Drama da ist, welche Ordnung und Recht aufrecht hält in einem andern als gewaltthätig erscheint [wie Kreon]. Dies würden wir als Verletzung der poetischen Gerechtigkeit ansehen können. Wenn wir nun von der Einheit des Ganzen auf die eine Seite gehen und fragen was der Gegensatz der Mannigfaltigkeit als solcher im antiken Drama ist, dann müssen wir auch auf die Form auf die Behandlung der Sprache im antiken Drama hinsehn. Es sind immer nur wenige Personen im Drama und der Chor selbst wurde bald auf eine bestimmte Anzahl reducirt. Die Anzahl der eigentlichen handelnden Personen hängt genau mit der Handlung des Drama zusammen denn nur aus der Wirkung und Gegenwirkung mehrerer Personen konnte die Einheit hervorgehen. Im modernen Drama finden wir oft eine Menge von Personen die alle handelnd auftreten wodurch es freilich erschwert wird daß man das Ganze nur auffasse und alles aufs Ganze beziehe und dies kommt daher daß unsre modernen Dramas nicht nothwendig

19 wie Kreon] ergänzt nach Trendelenburg, 313 6–7 Als „poetische Gerechtigkeit“ wurde im 18. Jahrhundert eine nach Thomas Rymer in „The tragedies of the last age“ (1678) benannte poetologische Regel bezeichnet, wonach die ethisch und moralisch verwerflich handelnden Personen in einem Drama ihrer Schuld überführt und dafür bestraft werden sollten. Vgl. Thomas Rymer: The tragedies of the last age consider’d and examin’d by the practice of the ancients and by the common sense of all ages in a letter to Fleetwood Shepheard, London 1678.

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auf die Darstellung berechnet sind. | Im antiken Drama ist die Mannigfaltigkeit der Personen leicht zu übersehen und daher das Ganze auch leichter aufzufassen je mannigfaltiger unter der kleinen Zahl der Personen das Leben und die Thätigkeit ist, desto besser ist das Drama, doch ist nicht grade nothwendig daß in jeder Tragödie der Tod mehrerer Hauptpersonen erfolge sondern es kommt nur auf die Darstellung der Wirkung der Geisteskräfte gegen einander [an], welche einzeln sich entwikeln und nur die Beweglichkeit des Einzelnen im Handeln wird dargestellt und so kann eine große Mannigfaltigkeit entstehen deren PMischungS auf wenig Personen zuletzt Aufgabe des Tragikers ist. Die Alten kennen in ihrem Drama gar keine Prosa, allein da ein Drama aus Dialogen besteht so glaubte man dies sei ein Grund die Prosa hier anzuwenden weil dies natürlich sei, allein wenn wir davon ausgehn daß das Kunstmäßige immer das ist welches sein Maaß in sich selbst hat so werden wir leicht sehn daß die Poesie ins Drama gehört. In der Prosa kann weit leichter eine große und ungemessene Leidenschaftlichkeit hervortreten was in der Kunst nicht seyn soll, dagegen das Sylbenmaaß hindert schon die Darstellung der leidenschaftlichen Zustände, denn das Gemessene der Zeilen bringt auch das Gemessene des Periodenbaues hinein die im Dialogischen des Drama ein geringes Maaß hat. Je länger die Personen in Trimetern sprechen desto häufiger wechseln sie und wenn auch längere Reden vorkommen so wird doch die ganze Darstellungsweise durch den Vers in Ordnung gehalten, dagegen im PmetrischenS Theil des Dramas treten auch pathematische Zustände ein, die ungemessener sind allein diese Zustände wirken dann weniger auf die Handlung. Im Trimeter liegt unmittelbar das abgeschlossene Handeln und so sind schon die Reden aus einem oder mehreren Trimetern bestehend immer schon ein gleicher Puls und es tritt also in dem Versmaaße schon das Verhältniß der Personen zu einander hervor. So ist auch der Schauspieler weit mehr in der Gewalt des Dichters, er ist immer gebunden und hat nur die Freiheit im Verse seine Stimme in mannigfachen Wendungen zu 1–11 Variante Trendelenburg, 315: „Der Ausgang selbst hat keine andere Nothwendigkeit als die Abgeschlossenheit, und der Tod einer oder meherer Personen ist kein absolutes Postulat. Die Tragödie besteht gar nicht wesentlich darin sondern in der ernsten und gewichtigen Entwicklung der gegen einander tretenden Kräfte und dem Bezogenseyn auf allgemeines Herrschendseyn von bedeutenden Lebensansichten. Es ist immer das %δος der Beziehung der Eigenthümlichkeit auf das Gemüth, in dem das Ganze ruht. Daß bestimmt dieses hervorgebracht und nicht blos in Gegensätzen sondern auch in Mischung, das ist Aufgabe des antiken Tragikers.“ 26–30 Zusatz Trendelenburg, 316: „Das dialogische Silbenmaß stellt gewissermaßen das in sich abgeschlossene Ganze dar; die Pentemimeris verhält sich wie der Auftact nach dem Jambus, mit dem sie beginnt; die Heptamimeris, wie der gute Tacttheil. Daher ist in beiden das Schauspiel vollendet, insofern in beiden ein zwiefacher Puls gegeben ist.“

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zeigen. Die Strophischen Sylbenmaaße sind für uns schwer nach ihrer ganzen Einheit aufzufassen; es gehörte dazu | die musikalische Begleitung und die mimische und daher begnügen wir uns häufig mit dem Rythmus im Ton. Denken wir uns also das Gegeneinanderstreben der verschiedenen Zweke und Lebensansichten aber immer in einem gewissen Maaße gehalten so ist das eben die Kunstmäßigkeit der Darstellung. Wenngleich in dem antiken Drama immer bedeutende PtodteS Personen sind so verpflanzt doch die Gegenwart des Chors die ganze Handlung immer wieder ins öffentliche Leben. Der einzelne kann leicht bewogen werden seine Gegner durch Ungemessenheit zu überwinden allein sobald sie ins öffentliche Leben gestellt sind fühlt man sich gebunden und muß ein gewisses Maaß beobachten. Wenn die Alten sagten die Tragödie reinige die Leidenschaft so beruht dies darauf daß immer die Handlung das gemeinsame Leben repräsentirte und daraus bei jedem einzelnen nothwendig ein Maaß hervorgebracht wurde. – Das Zusammenseyn des Dialogs mit dem Lyrischen das Zusammenseyn der handelnden Personen und des Chors und die Anwendung des öffentlichen Lebens auf die besondern Fälle ist alles aus Einem Stük und jedes durch das andre bedingt und nothwendig gemacht. Als daher das öffentliche Leben seine Wahrheit verloren hatte mußte auch die antike Tragödie untergehn und der P S zur Komödie mußte sich auflösen in der Moderne. Dies führt uns zur antiken Komödie wo wir einestheils ganz dasselbe haben nur daß die Komödie eine größere Menge von Personen zuließ, was schon eine größere Mannigfaltigkeit aber auch eine geringere Abgeschlossenheit der Handlung und eine bessere Behandlung des Metrums zuließ. Nun ist auch hier der Zusammenhang des Einzelnen und des Chors aber in der Constitution des Chors vollkommen willkürlich und nichts phantastisches war hier fremd [wie im Chor der Wolken, Vögel]. Wie konnten nun Tragödie und Komödie bei diesen Verhältnissen gleichzeitig seyn und miteinander bestehn? Wenn man sagt die Komödie verhält sich zur Tragödie wie Scherz zum Ernst, wie das Lächerliche zum Traurigen so ist aller30 wie … Vögel] ergänzt nach Trendelenburg, 318 1–4 Zusatz Trendelenburg, 316: „Die relativ größere Bewegtheit der Anapaest ist freilich wol zu fassen in Gegensatz gegen den Trimeter. Für die Strophe fehlt uns aber das Musikalische und die Einheit der Bewegung zur vollendeten Anschauung.“ 13 Vgl. die Sachanmerkung zu S. 50,17–19 20–23 Variante Trendelenburg, 317: „Diese Gattung konnte nun aber eben nur so lange ihre Wahrheit behalten, als das Ganze blieb. Als das antike Leben unterging, mußte sich der Gegensatz zwischen antiker Tragödie und Komoedie auflösen in der neuen Comoedie mit der todten Nachbildung der antiken Tragödie in der Tragödie.“

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dings viel wahres darin aber es ist nicht hinreichend; in der Komödie soll der Zuschauer durchaus lachen er soll in einer Stimmung seyn wie er will. Daß die Tragödie ernst ist, ist klar und daß dann die Komödie wenn sie etwas seyn soll Scherz ist ist auch klar und wenn man sagt die antike Komödie konnte mit allem scherzen auch selbst mit den Göttern so ist dies auch wahr aber es genügt nicht. Wir müssen achten auf die äußere Ähnlichkeit der Komödie und Tragödie und sehn wie wir darauf auf Differenzen kommen. Achten wir darauf wie sich der Einzelne in der Komödie zum Einzelnen in der Tragödie verhält so können wir nicht läugnen: daß das [Hervortreten] des Einzelnen in der Komödie gegen das Hervortreten desselben in der Tragödie eigentlich das PGemüthsspielS [ist] und die Art wie der Einzelne hervortritt ist immer eine gewisse N u l l i t ät die nur durch das äußere aufgehoben werde. Die Einzelnen stellen PimmerS die Masse dar und hier ist in dem einzelnen an und für sich immer eine gewisse Nullität im Verhältniß zur Masse. | Dies gilt von beiden der Tragödie und Komödie. Beide haben ihren Hauptsitz in Athen gehabt wo wir ein beständiges Gegeneinanderstreben der Aristokratie und Demokratie finden. Die Kunst ist gewöhnlich mit der Aristokratie weil sie unter den Gebildeten ist und großer Hülfsmittel bedarf. Die Tragödie ist immer Verherrlichung der Aristokratie dagegen die Komödie die beständige Parodie auf die Demokratie und ihre Hauptaufgabe ist die Eigenthümlichkeit aber immer auf einer gewissen Nullität. Charakterlosigkeit desselben PnunS so daß kein Resultat für das öffentliche Leben hervorgeht und hierauf beruht die Kraft des Lächerlichen. In dieser politischen Beziehung und in dieser Ähnlichkeit im Äußerlichen und ihrem Gegeneinander der Handlung darin besteht die Zusammengehörigkeit der Tragödie und Komödie und so wie das öffentliche Leben unterging mußten beide auch untergehen und das Spätere konnte nur Nachbildung seyn die doch keine Lebendigkeit hatte. Die lyrische Poesie der Alten.

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Äußere Unterschiede ergeben sich sogleich durch die Strophen wodurch sie sich vom Drama unterschieden doch giebt es auch lyrische Gedichte die nicht strophisch sind, die Dithyramben die auch bei uns nachgeahmt sind z. B. bei Klopstock. Wir würden da keine Verse finden wenn die Zeilen nicht abgesetzt wären und wir finden darin das große Schwanken unsres metrischen Systems hingezogen, dessen Behandlung schwankt zwischen der Quantität und dem rhetorischen Accent. Die Dithyramben der Alten sind weit leichter zu erkennen; auch wird darin das Metrum festgehalten durch die Begleitung der Musik

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die eigentlich dazu gehört. Wir können ferner in der lyrischen Poesie unterscheiden die Siegsgesänge und die lyrischen Hymnen mit allen ihren Unterarten nach dem verschiedenen Charakter des öffentlichen Lebens? Betrachten wir die politische Seite so müssen wir sagen wir finden hier nicht den Charakter der der lyrischen Poesie eigentlich zum Grunde liegen muß nämlich einen in hohem Grade erregten Gemüthszustand des Dichters. Diese Voraussetzung fehlt ganz, wie ist nun die Sache anzusehn? Solche allgemeinen Feste waren freilich geeignet einen allgemeinen erregten Zustand hervorzubringen, der Eindruck geht aber nicht auf das besondre Faktum und es stellte sich dabei das griechische Volksleben in seiner größten Mannigfaltigkeit dar. Wir finden hier natürlich daß der Stoff ein historischer ist wie bei dem Epos und so ist der Gegenstand beider verwandt aber die Behandlung ist ganz verschieden. Die Ode Pindars über den Argonautenzug hat eigentlich einen epischen Stoff und wenn wir [sie] uns nach Art des Homer behandelt denken so würden wir einen Gegensatz in der Behandlung anführen. In der lyrischen Poesie wird das Ganze aufgefaßt in großen Zügen nicht in dem einzelnen verfolgt und der Dichter der im Epos ganz zurüktritt tritt hier hervor. Eben so ist es mit den Hymnen. Die Hymnen des Homer die epische Form haben und die Hymnen die wirklich lyrische Form haben stehen sich auch entgegen. Wenn wir eben so in ganz allgemeinen Zügen uns die andere Abtheilung vorhalten | die von der persönlichen Erregtheit des Einzelnen ausgeht und vom öffentlichen Leben getrennt ist so finden wir zwei Hauptcharaktere: das Gnomische und das Erotische. In dem letzten ist die Persönlichkeit durchaus vorherrschend. Wie haben wir aber das Gnomische zu betrachten? Es tritt hier auch die Persönlichkeit des Dichters hervor aber es zeigen sich nicht leidentliche Zustände sondern Selbstthätigkeit allein dies bezieht sich ganz auf unsre Ansicht gar nicht auf die antike. Zum Grunde liegt die Besinnung in den Charakter der Selbstthätigkeit des Dichters in Beziehung auf das Leben PoderS einzelne Theile desselben. Hier kann bisweilen das Individuelle hervortreten, der Dichter kann aber PauchS aus seinem Gemeinsinn reden und dann ist er wieder Organ des öffentlichen Lebens. Dies ist 1–4 Zusatz Trendelenburg, 320: „Eine Haupteintheilung schließt sich an das Frühere. Es giebt eine Masse Lyrischer Gedichte für die Oeffentlichkeit und öffentliche Aufführungen bestimmt, andere von der Persönlichkeit des Dichters ausgehend für ein unbestimmtes Publicum. Wir unterscheiden im Ersten was sich mehr auf das Politische und was mehr auf das Religiöse sich bezieht. Zu den ersten gehören die Siegesgesänge, zu den zweiten die Hymnen.“ 14–15 Die „4. Pythische Ode“ von Pindar (461 v. Chr.) ist einem Sieger im Wagenrennen (wohl Arkesilaos von Kyrene) gewidmet und behandelt den Mythos der Argonauten. 27–30 Zusatz Trendelenburg, 321: „Das ist in unserem Sinn; denn im Sinn der Alten gehört das %δος oft noch zu unserem Pathos.

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der Übergang von der lyrischen Poesie die ins öffentliche Leben gehört wie denn darin auch gnomische Elemente vorkommen zu dem was zum besonderen Leben gehört. Denken wir uns nun daß die Affektion durch das öffentliche Volksleben eine ganz allgemeine war und daß der Dichter der großen Masse gleich war, was bestimmte ihn als Repräsentant des Ganzen hervorzutreten? Theils wegen des Bewußtseyns hervorragender Gewandtheit und Stärke in der Rede. Der unmittelbare Ausdruk der Stimmung ist nur Ton und Bewegung aber die Gedankenerzeugung nimmt PdarinS eine andre Richtung an und wird dadurch bestimmt indem sich das vergegenwärtigt was mit dem in der Seele herrschenden Ton verwandt ist und dies ist das was jener ausspricht, theils durch die Bewegung was sich auf die Sprache bezieht PdieS ein wichtiges Element der Berücksichtigung ist. Es ist eine hohe Meisterschaft in der Behandlung der Sprache in Benutzung der Freiheit im lyrischen und dadurch eine Leichtigkeit die erst durch Reflexion wahrgenommen werden kann und die Forderungen des Sylbenmaaßes zu befriedigen ohne dem Gedanken zu schaden. Hierauf auf der Gedankenerzeugung besteht der Beruf des lyrischen Dichters aber er ist überall begleitet von dem Ton und der Bewegung. Die eigentlich gnomischen Dichter befinden sich nicht in gleich günstigem Fall denn indem ihre Erregung nur auf die Totalität des Lebens ruht ist sie nicht an den Moment gebunden hat aber auch nicht die Zuversicht so leicht gleichgestimmte zu finden aber wenn er sich bewußt ist daß ein bedeutender Theil der Staatsbürger einerlei Meinung mit ihm ist; wenn er eine Seite des Staatslebens behandelt so wird auch sein Beruf sicherer. Der gnomische Dichter ist öfter in einer ungünstigeren Lage als der politische denn PeinerS ruft leicht die gleiche Gesinnung hervor durch Darstellung des Geschäftlichen doch hat hier das gnomische großen Theil und man wird dadurch dem gnomischen Dichter ähnlich[,] nur muß dieser den Gegenstand den er wählt rein hervorbringen was freilich dadurch | aufgehoben wird daß in dem richtigen Moment das Gedicht seine Wirkung thun muß; alles andre sind nur Reproduktionen. Die gnomische Poesie im weitern Sinne des Worts schließt sich an das philosophische Epos an. Zwar hat es dies mit der Natur jene mit dem Gemüth zu thun aber es hatten sich auch damals noch die verschiedenen Seiten der Speculation nicht so genau getrennt; das philosophische Epos wird immer noch mit einem gewissen lyrischen Anklang dargestellt und dies bildet den Übergang zur gnomischen Poesie nur daß hier der Dichter und das Musikalische auf das bestimmteste hervortritt. Die aller persönlichste und am meisten vom öffentlichen Leben geschiedene ist die erotische Poesie welche aber auch im Gan21 indem ihre] in den sie

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zen mehr der Zeit angehört wo das öffentliche Leben schon zurückgedrängt war. Wir haben zwar auch ältere erotische Gedichte aber diese construiren sich auf eine ganz eigne Weise. Sie bezogen sich auf solche besondre Fälle die auf das öffentliche Leben großen Einfluß hatten. Die öffentliche lyrische Poesie bewegt sich in den großen entgegenstehenden Strophen die unser Ohr kaum umspannen kann. Das gnomische bildet einen Mittelpunkt, das Erotische aber kann nur in kleinen Strophen existiren und bewegt sich meistens im Distichon. Dies ist gleichsam ein Bild der Bewegung ins öffentliche und Privatleben und dadurch ist der verschiedene Charakter entstanden. Hiermit sind wir am letzten Gliede angekommen welches schon Analogie mit der neueren Poesie hat wie denn hier auch eine große Menge Interpolationen stattgefunden hat. Was die eigentliche poetische Vollkommenheit dieser Gattung betrifft so ist doch der Charakter der Alten darin daß die Bewegung ein sehr strenges Maaß halten muß in der Darstellung; Sie gehört ihrer Natur nach der niedren Gattung an und darf sich daher nicht zu sehr in der Darstellung erheben. Der Dichter aber zeigt seine Vollkommenheit in Bildern und Exemplificationen wovon eine unendliche Menge ihm zu Gebote stehn. Hieraus ist auch leicht zu begreifen wie das Distichon die Lieblingsart seiner Gattung ist, denn im Hexameter stellt sich das bildliche dar im Pentameter kehrt sie wieder zurük zu dem was sie darstellen will und so ist der Vers gleichsam ein Bild der ganzen Poesie. Es giebt zwar nun noch mehrere untergeordnete Gattungen doch läßt sich leicht sehen daß sie theils zu diesen Hauptgattungen gehören, theils Übergänge bilden. Mit dem Aufhören des öffentlichen Lebens mußte die antike Dichtkunst einen heftigen Stoß erhalten doch sind noch zwei Perioden übrig der antiken Poesie die Alexandrinische und Römische. | Was die erste eigenthümliches hervorgebracht hat ist die Idylle und man sieht darin eine gewisse Vermischtheit der Poesie mit dem öffentlichen Leben daher nun eine Berührung des Menschen mit der Natur in einem engen Kreise stattfindet. Das Alexandrinische Epos und Komödie steht gleich zum Alten doch faßte die Komödie die Ruinen der alten Tragödie und Komödie 3–4 Zusatz Trendelenburg, 324: „Die verschiedenen erotischen Verhältnisse unter dem männlichen Geschlecht waren zum Theil Hebel des öffentlichen Lebens in weniger guten oder schlechten Verhältnissen. Daher traten auch diese früher hervor – aber immer mit Zurücksehen auf die schöneren Beziehungen dieser Zustände auf das öffentliche Leben.“ 32–2 Variante Trendelenburg, 327: „Die neue Komoedie und das alexandrinische Epos verhalten sich gleichmäßig gegen die alte Komoedie und das homerische Epos. Das alte Epos verlirt an dieselben Gebiete, wie die homerische Poesie, wo das Historische aus dem Mythischen hervortritt. Dagegen faßt die neue Komoedie die Ruinen des alten und neuen Drama zusammen – und ihr nachgebildet ist das moderne Drama.“

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zusammen und bildete daraus etwas neues woraus das moderne Drama entstanden ist. Das Epos aber hatte noch vielen Stoff aus dem Zustande wo die Griechen aus dem mythischen Zeitalter in das geschichtliche übergingen doch mußte die epische Dichtkunst die alte Sprache nachbilden weshalb der gelehrte Charakter überall vorherrscht und das Bestreben entstand weniger bekannte Gegenstände der mythischen Zeit zu bearbeiten. – Die römische Poesie hängt auf der einen Seite ganz an der hellenischen und ist als eine in eine andre Sprache zu übertragende Wiederholung des Alexandrinischen Zeitalters anzusehn und dahin gehören fast alle die jetzt klassisch genannten Dichter doch zeigte sich auch eine eigenthümliche Poesie wovon wir aber nur wenige Broken haben so daß wir nicht wissen wie viel Einfluß es auf die römische gehabt hat. Das römische Drama ist reine Nachbildung. Es wäre hier freilich der Ort etwas zu sagen über die Übertragung von einer Sprache in die andre da wir hier das erste Beispiel von Imitation haben. Nun ist die römische Sprache so sehr von der griechischen gebildet worden daß sie in gewisser Hinsicht nur als spätere Abart anzusehn ist und daher wollen wir hier von jener Übertragung noch nicht handeln. Wenn wir nun fragen auf welcher Stufe steht denn hier der Dichtergeist so müssen wir zunächst an etwas anknüpfen was auch schon vorgekommen daß in dem ersten Anfang die dichterische und speculative Richtung noch nicht streng geschieden waren. Beide sind Gedankenerzeugung und im weiteren Sinne beide in das Gebiet der Kunst gehörig. Die Speculation hat auch keine eigentliche Beziehung auf die gebundene Lebensthätigkeit, doch nun haben wir die Erkenntniß eben so gut von der Poesie ausgeschlossen als das praktische Leben. Wenn wir also sagten diese Speculation gehöre auch in die Kunst so kann man dies nur im weiteren Sinn sagen. Die Speculation ist der Erkenntnißproceß und will den reinen Gedanken. Hernach haben wir noch einen andern Anfang der Poesie gehabt wo sie beginnt mit einer gewissen Indifferenz als mittelbarer Ausdruk eines mittelbaren Moments. Weil wir aber nicht sagen es tritt diese lyrische Poesie der reinen Gedankenbildung entgegen sondern sagen müssen es ist die Indifferenz zwischen Bild und Gedanke so müssen wir der Speculation etwas anderes gleichsetzen. Die poetische 17 griechischen] römischen

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35–3 Variante Trendelenburg, 328: „In der Dichtkunst ist Spiel zwischen Bild und Gedanke, das Bild will Gedanke, der Gedanke Bild werden. Im Gegensatz zu den bildenden Künsten sprechen wir von Gedankenerzeugung. Das Bild wird in Rede verwandelt, aber die Rede stellt das Allgemeine dar, also ist hier ein Gedanke-werden des Bildes. Es ist eine Tendenz einer Zusammensetzung homogener Bilder, doch nie so, daß der Gedanke für sich seyn will.“

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Gedankenerzeugung versirt zwar Gedanke und Bild | und wir werden dasselbe sagen: durch den Ausdruck die Poesie verwandelt das Bild in Rede. Wenn wir nun gesagt haben daß in der Lyrik der Gedanke hervortritt so ist dies doch nicht so zu verstehn sondern der Gedanke ist auch hier nur Darstellung des Bildes; die reine Speculation aber muß in ihrer weiteren Entwiklung durchaus in Prosa sich ausdrüken. Der Dichter muß auch die Sprache in seiner Gewalt haben. Wir haben gesehn wie das musikalische Element des Menschen erst die Fülle der Töne hervorgebracht, nicht eben so war es in der Malerei da alle verschiedenen Nüancen des Lichts und der Gestalt in der Natur gegeben sind und sich daran der Künstler halten muß, doch verbergen sich viele so in der Natur daß wir sagen müssen der Künstler hat sie hervorgebracht. Eben so müssen wir auch sagen daß es die Dichtkunst ist welche erst die Sprache bildet und daß der Dichter hier als Schöpfer auftritt. Vergleichen wir Poesie und Prosa und sagen das eigentliche Werk des Dichters in der Sprache liegt auf der einen Seite so müssen wir doch auch sagen die Prosa in ihrer höheren Ausbildung ist auch nicht ohne ein Hinzutreten eines besonderen Princips dahin gelangt und dies zeigt sich besonders in der griechischen Sprache. In der epischen Poesie finden wir vieles was nachher als Regel in der Prosa hervortritt und in der alten Poesie finden wir eine Neigung zur Gebundenheit so daß wir nicht läugnen können daß die Speculation diese Gebundenheit der Prosa hervorgebracht hat. Die Poesie ist gebunden in Beziehung auf das musikalische Element die Prosa in Beziehung auf das logische Element. Doch ist zu bemerken daß die Sprache zuerst durch die Poesie gebildet ist (den Gegensatz hiervon bildet die französische Sprache) Wollten wir nun sagen die Prosa sei durch die Geschichtsschreibung gebildet so müssen wir doch zugeben daß die Schreibart des Herodot eigentlich nur ein aufgelöstes Epos ist. Seine Prosa hat noch nicht eine solche Gebundenheit wie die Attische sondern sie schwebt gleichsam in der Mitte. Die alte Prosa trat besonders in den Reden hervor und die Redner sahen bald daß sie Gewalt über die Sprache haben mußten und so bearbeiteten die Sophisten die Sprache speculativ. Die Ausbildung der Sprache beruht jedoch im Anfang auf der Poesie welche sich eine große Freiheit in Behandlung derselben PerlaubtS und wenn uns auch in der alten Prosa noch manches vorkommt was wir nicht in unsre Sprache übertragen können so liegt der Grund davon in dieser ersten Bildung durch die Poesie wodurch die 27–31 Zusatz Trendelenburg, 229–230: „Wollte man die Einheit von der Speculation auf die Geschichtsschreibung und die Beredsamkeit wenden, so ist zu entgegnen, daß Herodot noch aufgelöstes Epos ist und die historische Composition ist bei Thukydides ganz anders gebunden.“

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logische Strenge aufgeopfert wurde. Es sind also nicht | die einzelnen Werke selbst welche die Dichtkunst hervorbringt sondern es ist die Sprache welche dadurch so gebildet wurde daß jeder darin produktiv seyn konnte. Wir waren hier an ein solches Alterthum gewiesen daß wir keine Frage aufstellen konnten über die Ursprünglichkeit der Sprache im Volk. Vom historischen Gesichtspunkt aus müssen wir annehmen daß auf diesen Küsten des Mittelmeers wo die Verbindung mit andern Völkern nicht lange ausbleiben konnte die Sprache sich nicht ganz eigenthümlich und ohne allen fremden Einfluß gebildet hat, allein wir sind dennoch gezwungen die Sprache ganz für sich zu behandeln. [Neuere Poesie]

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Gehn wir zur neueren Poesie über so haben wir hier eine ganz andere Situation denn wir haben hier nicht Eine Sprache sondern viele die wir wenigstens in zwei Hauptklassen theilen müssen. Es wird hier behandelt die Dichtung der heutigen Europäischen Völker mit Ausschluß der slawischen. Dann bleiben zwei Klassen übrig 1. die Völker deren Sprache ein Amalgama ist von ihrem ursprünglichen Idiom und den Neueren Sprachen[,] die Romanischen und 2. die Völker welche ihr Idiom beibehalten haben welches sich weiter ausgebildet hat[,] die Germanischen Sprachen. Jene haben einen südlichen diese einen nördlichen Charakter und in beiden haben andre Bildungsgesetze gewaltet. Zugleich sind die ersten Anfänge in vieler Hinsicht so schwer zu begreifen indem die Sachen in ganz historische Zeit fallen dabei aber doch das Ansehn des mythischen haben. Eben so können wir uns nicht so leicht beruhigen als wenn wir z. B. die Untersuchung nicht durchführen können woher Homer sein Göttersystem habe und öfter treten hier Lüken ein. Wir müssen versuchen unabhängig von den verschiedenen Gattungen auf das Princip der neueren Poesie zu kommen. In Beziehung auf die Gattungen ist schon gesagt daß die Eintheilung nicht passe und es erscheint als das Zwekmäßigste daß wir zunächst aufsuchen das lyrische welches am meisten rein ist von Epischem und Dramatischem. Fragen wir, was ist denn das am strengsten lyrische der modernen Poesie so setzt diese Frage voraus daß die moderne Poesie als Eins angesehen wird und da müssen wir erst fragen, findet dies statt und worauf beruht es? Das Geschichtliche findet hier gleich einen großen Gegensatz gegen das antike wo sie in ein kleines Gebiet beschränkt war. Jetzt hingegen sind ganze Völkergruppen die Bewohner der Poesie die zum Theil erst auseinandergehn und aus den PIrrwegenS wieder in eine Vereinigung treten. Die neueren Sprachen

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bilden sich zum Theil noch, zum Theil gestalten sie sich um. Jene sind die Romanischen diese die Germanischen Sprachen wo freilich noch etwas Einfluß des Romanischen zu bemerken ist dann verschmäht die Struktur der Sprachen die Vermischung. Die modernen germanischen Völker können aber jetzt die alte gothische und fränkische Sprache nicht mehr verstehn sondern müssen sie erst lernen und wahrscheinlich sprachen auch die romanischen Völker damals dieselbe Sprache. Die romanischen Sprachen bieten | uns drei Gebiete dar das Spanische Französische Italienische. Die germanischen eigentlich nur zwei das Deutsche und Englische. Überall finden wir jedoch ein Bestreben in eine literarische Verbindung zu treten und sich die Poesie mitzutheilen. Alle haben sich mehr oder weniger nach den Alten gebildet also giebt es hier auch noch eine Trennung zwischen einer mehr antiken und einer mehr volksthümlichen Poesie. Durch Übersetzung und Imitation suchte man sich die Poesie der Alten zu eigen zu machen. Hier sehen wir einen eigenthümlichen Charakter der neueren in Beziehung auf die Ausbildung der Sprache. Alle neueren Sprachen unterscheiden sich von den antiken durch eine geringere Entschiedenheit der Quantität woher natürlich folgt daß auf den Accent mehr zugesehen wird. Als Ergänzung dieser Unbestimmtheit sehen wir in den meisten dieser Sprachen den Reim hervortreten wodurch ein gemessenes entsteht. So wie wir den Reim festhalten so sehn wir nun auch wie er wesentlich die Poesie strophisch bildet und das einzeilige Fortschreiten aufhebt; wir haben eine Gliederung die aus der Sprache nicht mehr herauszunehmen ist und wo im modernen Epos der Reim gesetzt ist haben wir schon einen bedeutenden Unterschied von der alten Poesie. Denken wir uns daß die Reime verschränkt werden so erhalten wir größere Strophen. Wir haben hier ein Princip welches uns unter der Hand immer wachsen kann und wir müssen fragen wie weit kann dies ausgedehnt werden? Hier finden wir große Differenzen, nur das werden wir zugeben müssen je mehr sich die Dichtung dem antiken Epos nähert desto einfacher wird die Strophe und bleibt bei dem Distichon stehen wie bei der altdeutschen Heldenpoesie und auf der andern Seite je moderner die Dichtung ist desto größer wird die Strophe. Nun müssen wir noch auf ein tiefer liegendes Princip sehen. Die modernen Völker treten mit der Poesie nicht eher auf als bis das Christenthum unter ihnen herrschend geworden war obgleich es damals auch noch lange währte. Wir haben zwar noch nordische mythische Dichtung, aber wir können sie hiervon ausschließen da sie ausgestorben ist. Beständig finden wir immer schon immer das Christenthum und mehr oder weniger in alle Arten der Poesie verschlungen. Hier kommen wir nun auf einen Zweig des eigenthümlich lyrischen in der modernen Poesie vom Kirchenliede an bis zur Ode etc. Sehn wir uns außerdem

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um so finden wir bei den romanischen Völkern das Erotische Element und diese beiden müssen wir als die am strengsten lyrisch gehaltenen herausheben. Die erste Klasse in ihrer Reinheit ist mehr den Germanischen Völkern eigen die Erotische den Romanischen denn die Erotische Poesie | der germanischen Völker neigt sich immer dazu hin das Geschichtliche Element aufzunehmen. Das Drama hat auch einen antiken Charakter in der modernen Poesie der auch damit zusammenhängt. Wo also die Subjektivität rein heraustritt da muß auch das Eigenthümliche heraustreten und diese sind das lyrische und erotische wovon wir also ausgehn müssen. Wenn wir uns vorläufig noch die Frage aufstellen wie es steht um die Volksmäßigkeit der modernen Poesie im Verhältniß zur antiken? und wir früher gesagt haben bei den Alten finden wir keine frühere Dichtung als den Homer und da also die Sprache durch die Dichtkunst gebildet ist wurde die Poesie selbst PPädagogischS und daher volksgemäß, die dramatische Poesie hing ganz am öffentlichen Leben und auch die Lyrische, so tritt hier also die Volksmäßigkeit recht hervor. Bei der modernen Poesie finden wir dies fast gar nicht selbst die epische ist nie in das Volk recht eingegangen selbst wenn es das religiöse an sich trägt welches nun doch das eigenthümliche ist sondern am meisten volksmäßig ist das eigenthümlich lyrische geworden in seinen beiden Unterabtheilungen des Religiösen und Erotischen und das historische was volksmäßig geworden ist [ist] durch an das Lyrische sich anschließende Formen ins Volk eingedrungen. Die Ossianischen Gedichte sind freilich populär geworden aber sie haben auch etwas lyrisches an sich und sind dennoch niemals in einem großen Umfang bekannt geworden, dagegen sind die Romanzen und Balladen weit mehr in das Volk eingedrungen. Nun müssen wir auch achten auf das Verhältniß der modernen Poesie in ihrer nachherigen Entwiklung zu der antiken. Den eigentlichen Ursprung der Differenz haben wir in der Sprache nachgewiesen, doch müssen wir noch auf den Mangel eines solchen öffentlichen Lebens sehen wie die Alten es hatten. Dagegen ist die moderne mehr sich anschließend an das Privatleben entstanden. Betrachten wir das moderne Drama in seiner sehr mannigfaltigen Gestaltung und wie es zum Theil noch historischen Stoff behandelt so sollte man meinen es müßte ein Unterschied seyn ob es etwas historisches behandelt oder eine 17–24 Zusatz Trendelenburg, 334: „Wir können es nicht nachweisen von unseren alten Heldengedichten, daß sie ganz im Volk gelebt hätten und ein Element der Bildung geworden wären. Betrachten wir das religiöse Epos, so ist weder bei uns Klopstocks Messias, noch bei den Engländern Miltons verlorenes Paradies volksmäßig gewesen. Am meisten volksthümlich ist immer das Lyrische geworden erotisch und religiös. Das Historische ist am meisten populär geworden in dem, was sich dem Lyrischen anschließt.“

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Fiktion[;] allein die Wahl des historischen Stoffs ist etwas ganz zufälliges und das historische verändert den Charakter des Drama gar nicht. Allerdings will der dramatische Dichter den Nationalcharakter darstellen allein auch dies geschieht nur in sofern er ihn in dem Einzelnen darstellt und das Subjektive finden wir hier immer vorherrschend. | Bei den Alten dominirte das im Volk vorhandene die Dichter[,] bei den Neueren dominiren die Dichter das Volk weil sie dem Volke erst etwas mittheilen. Das alte mythologische ist bei den romanischen Völkern ganz ausgetreten und bei den Germanischen auch, sie versiren also in einer gesellschaftlichen Zeit und es fehlt das mythologische auf dessen Seite die Epische und Dramatische Poesie der Alten variirt, aber bei den neueren Völkern ist das ursprüngliche mythologische verloren gegangen, dagegen finden wir große Neigung das Historische zu mythisiren was aber eine Aufgabe ist die jeder auf seine eigne Art löst daher auch hier wieder die Gewalt des Einzelnen vorherrscht und dies bestimmt den Charakter der Composition der neueren Poesie. Dies alles wenden wir nun auf die verschiedenen Gattungen und Formen der Poesie an. Von der Neigung des Historischen zum mythischen finden wir viele Beispiele z. B. die Dichtungen über Carl den Großen, Roland etc. oder die Aufnahme orientalischer Zaubergeschichten. Es sind diese Sagen hergenommen aus dem Volksleben, ja wir finden solche Sagen noch als die Poesie des Mittelalters in der Blüte stand und wohl selbst noch in den neuesten Zeiten. Das Populärste ist das Religiöse und Erotische Gebiet unter der einfachsten Form eines Liedes. Nehmen wir das Objective der Heldensage die auch erst recht wirksam wird wenn sie das Religiöse und Erotische in sich aufnimmt so ist dies in dieser Verbindung das was man am ersten epische Poesie genannt hat. Das Religiöse spielt dann häufig die Hauptrolle doch geht auch das Erotische mit hinein. So die epischen Poesien über die Kreuzzüge im Italienischen und Deutschen. Wo das Religiöse und Erotische fehlt ist eigentlich kein volksmäßiges Epos sondern ein veraltetes von einem abgeschiedenen Charakter, so das Nibelungenlied und ähnliches. 18–21 Zusatz Trendelenburg, 336: „Wir finden geschichtliche Personen in fabelhafte Umgebungen gesetzt, wie Roland, Artur von der Tafelrunde pp. Bald finden wir fremdartige Elemente in das Historische gemischt, Orientalisches, Magisches.“ 21–23 Zusatz Trendelenburg, 336: „Wir finden sie noch in der Zeit, wo die Poesie des Mittelalters in der Blüte stand, wie die Sage von dem fortgesetzen Leben für den Kaiser Friedrich. So noch in neuerer Zeit diese Neigung, wo die Sage, Scylla sei nicht todt, lange umherging. Es ist alles dies dasselbige Element nur höher gesteigert.“ 23– 25 Variante Trendelenburg, 336: „So ist das Kirchenlied das einfachste volksthümliche Lied, ebenso auch das erotische Lied in der einfachen Form.“

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Wir haben nun noch das große Prosaische Gebiet der Poesie da wir bisher nur die Poesie in gebundener Rede gehabt haben. Hier müssen wir wieder zurückgehn auf das geringere metrische Interesse der neueren Sprachen und daher die Leichtigkeit die Formen der Sprache zu verwechseln bei demselben Gegenstand[,] so Dichtung in ungebundener Rede. Wenn wir den Inhalt betrachten so finden wir hier ein Element was bei den Alten gar nicht vorkommt, die Anekdote, ein herausgerissenes historisches Ereigniß PsonstS unbedeutend was überwiegend eine Spitze hat wodurch es sich eignet dargestellt zu werden; auch dies Gebiet hat sich uns parallel angeschlossen sonst würde es nicht möglich gewesen seyn daß so etwas in die Dichtung aufgenommen war. Der Dichter muß besonders wenn in der Erzählung nicht viel liegt nothwendig etwas hineinlegen oder besondre Aufmerksamkeit auf die Sprache verwenden. Das ist das eigentllich ursprüngliche Wesen der Novelle wobei sich von selbst versteht daß im Einzelnen Vorfalle sich immer eine ganze Seite des Lebens darstellt; es ist ein allgemeiner Ort. | Das Wesen der Dichtung ist auch hier die sinnliche Vergegenwärtigung der Anschauung der Naturwahrheiten aber das daß die Erzählung immer eine sogenannte dramatische Spitze haben muß deutet hin auf die Abneigung von dem Epischen und Hinneigung zum Dramatischen. Es hat der Tendenz nach die Form einer abgeschlossenen Handlung wobei aber nicht an die mimische Darstellung gedacht wird. Ursprünglich war diese Dichtung von geringem Umfange, denn es muß doch ein gewisses Verhältniß statt finden zwischen dem ursprünglichen Gegenstand und der Darstellung aber das Mittel aus mehreren solchen einzelnen wieder ein Ganzes zu machen durch eine neue Dichtung bot sich leicht dar und ist der Typus des Decameron des Boccaccio. Hieraus hat sich nun auf der einen Seite der Roman gebildet auf der andern Seite das neuere Drama denn diese gehn meistens auf eine solche Novelle zurück. Hier fragt sich nun da sich geschichtlich nachweisen läßt daß die Novelle die Grundlage des Romans und des Drama ist wie sich beides zu seiner ursprünglichen Form verhält? Der Gegensatz den wir im antiken Drama finden ist in dem neueren nicht gehalten. Das Verhältniß des Komischen und Tragischen. (Das spanische Drama) Es pflegt eins von beiden zu sehr vorzuherrschen. Nehmen wir dazu daß die reine Darstellung jetzt gar 2–6 Zusatz Trendelenburg, 338: „Daher die Versuche, wahrhafte Chronik in Versen zu behandeln und wieder die Dichtung in ungebundener Rede vorzutragen. Betrachten wir dieses sprachliche Gebiet seinem Inhalt nach und gehen auf den Vergleich schon meisterhafter Erzeugnisse zurück, wie die Decamerone des Bocaccio zurück, so versirt es im gewöhnlichen Leben und doch treten oft Hauptpuncte auf.“ 35 Zusatz Trendelenburg, 339: „Im Spanischen sogar mischt sich in das Komische das Tragische, wenigstens im äußerlichen Sinn.“

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nicht an der dramatischen Form haftet sondern das Drama die Darstellung nicht braucht und schon so genügt; wenn es dargestellt werden soll erst für die Bühne bearbeitet werden muß so sehen wir wie leicht der Übergang ist aus der Novelle zum Drama. Es giebt zwar Novellen wo die Darstellung mehr auf die Gegenstände als die Personen gerichtet ist und diese können nur durch eine große Umbildung sich zur dramatischen Bearbeitung eignen, wo aber das Epische vorherrscht da sieht man ja leicht wie das Drama entstehn kann. Es darf dann der Dichter nur die Sache so stellen daß keine Erzählung nöthig ist und selbst diese kann durch den Prolog oder zwischen den Akten gegeben werden wie wir auch bei den größten Dramen finden. Fragen wir giebt es nicht noch andre Abtheilungen hierin, so müssen wir sagen allerdings. Es bildet dies das Gebiet wo das Objektive hervortritt aber nicht zur dramatischen und epischen Reinheit der Alten sich entwikelt und dies müssen wir vom lyrischen trennen. In Beziehung auf den Stoff erscheint uns dies Gebiet der Novelle das auf der Anekdote beruht als ein eignes und was auf der Heldensage ruht als ein andres. Die Heldensage geht über das öffentliche Leben hinaus denn es wird hier eine Einflußreiche Person behandelt, doch wird es zum Privatleben zurükgeführt indem es das Leben des Helden für sich ist; doch ist hier ein Unterschied von der Novelle und es hat alles heroische eine Ähnlichkeit mit dem tragischen Gebiet der Alten, alles novellenartige mit dem Komischen nur daß dies auf das öffentliche das neuere aber auf das Privatleben sich bezieht. Es findet hier auch eine Unterordnung der persönlichen Darstellung und der Darstellung der Handlung statt. Sehn wir auf den Roman so soll es hier umgekehrt seyn | Das Charakteristische soll die Hauptsache seyn und die Begebenheit soll nur das seyn PworanS sich der Charakter entwikelt. Wir sehen bei dem neueren Roman doch ist die Sache nicht sicher genug um als charakteristischer Unterschied aufgestellt zu werden, der Don quixote würde sonst eine Novelle seyn und kein Roman denn außer den beiden Hauptpersonen stehen die Personen gegen die Begebenheiten zurük und das Buch würde einen ganz andern Charakter bekommen wenn man die verschiedenen Novellen wieder herauszöge denn im Grunde ist es ein Kranz von Novellen. Bei einer so strengen Scheidung müßten wir sagen daß der Roman erst später entstanden sei. Es fragt sich worauf die verschiedenen Forderungen beruhen und da werden wir sagen müssen es ist PhierS noch gewisses Verstellen des öffentlichen Lebens und ein Hineintreten des Privatlebens worauf der eigentliche Roman sich gründet. Die Forderung das Innere des Menschen darzustellen anders als im Moment ist etwas eigentlich die Handlung der Poesie übersteigendes da es von einem Individuum eigentlich nur eine subjektive Auffassung giebt und deswegen konnte es

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auch nur in diesem Gebiet vorkommen wo das Subjektive so hervortritt ein einzelnes Wesen im Zusammenhang darzustellen, so daß das Leben zur Anschauung gebracht werden soll[,] was [sich] mit dem inneren Leben selbst entwikelt ist eine Aufgabe die die Alten gar nicht kannten und die sich erst in neuerer Zeit gebildet hat. Der Roman ist das eigenthümliche Produkt derselben. Es giebt eine ungeheure Masse von Schreibereien in dieser Gattung welche gar nichts werth sind besonders bei uns und es fragt sich ob nicht die Gattung es mit sich bringt daß selbst große Dichter die sich damit beschäftigen hier eigentlich aus dem Gebiet der Kunst herausgehn und die Sache ansehn als sei es verwildertes Epos. Um die Bedeutung dieser Gattung festzuhalten muß man noch einen andern Gesichtspunkt aufstellen. Der Roman steht der Geschichtsschreibung so nahe daß er eigentlich nur als Ergänzung derselben seyn sollte und dann steht er auf einem bestimmten Platze der Kunst, in so fern er davon abweicht geht er aus der Kunst heraus. Er unterscheidet sich durch die Prosa schon von der übrigen Dichtung und was den Stoff betrifft und durch die Form nähert er sich der Geschichtschreibung. So wie die Geschichtschreibung uns etwas entferntes meldet kann PsieS die Sache nicht lebhaft genug darstellen die ganze Masse und Form des gewöhnlichen Lebens entzieht sich ihr. Der Roman hat nun gar nicht nöthig sich an geschichtlich wahre Begebenheiten anzuschließen oder geschichtlich bedeutende Personen aufzustellen aber er muß das gewöhnliche Leben seiner Lokalität nach auch zur Anschauung bringen. Wir kennen auch eine ganze Reihe von solchen Werken wo die Darstellungen wegen der Begebenheiten etwas alterirt sind und dies ist eigentlich nicht recht. Eines solchen Effektes wegen soll man sich keine Alteration erlauben. Ähnlich verhält es sich mit den Reden die in den alten Historien den Leuten in den Mund gelegt sind und die auch nicht mehr sind doch ist wenigstens die Hauptidee desselben wahr. | Was nun die vorher erwähnte Klasse betrifft so muß man dabei nicht stehen bleiben sondern gleich über die eigentlich geschichtliche Darstellung im strengen Sinn weggehen und dann erhalten wir den historischen Roman wie wir viele haben. Man kann aber auch das Geschichtliche ganz liegen lassen und sich nur an das Lokal und die Zeit binden wo dann die Schilderung des gewöhnlichen Lebens allein übrig bleibt. Ist der Roman so daß die Zeit und Umstände unbestimmt bleiben so ist dies etwas andres und neigt sich sehr zur Novelle hin aber wir müssen dabei nicht den Ausgangspunkt PderS Novelle beachten wo eine große Menge von Personen eine constante Theilnahme an den Begebenheiten haben. Eine solche Composition trägt schon den Charakter an sich daß sie Contraste in Begebenheiten und Charakterschilderungen will und dadurch ist eigentlich schon der Unterschied

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zwischen Novelle und Roman bestimmt. Es ist offenbar daß in der wirklichen Geschichte selbst so wie die Einzelnen als starke Motive für die Zeit heraustreten doch das Einzelne nicht vollkommen unabhängig ist sondern es wird in Gesellschaft durch bestimmte Gesichtspunkte und Ansichten zusammengehalten und dadurch ein Kreis gebildet aus dem das Einzelne nicht heraus kann oder als Sonderling aus der Geschichte heraus tritt. Dies kommt bei der Geschichtschreibung auch zu Tage und es fragt sich wie der Roman sie aufnehmen kann. Wenn der Roman die Schilderung der Sitte und Gewohnheit die ihn der Novelle nahe bringt verschmäht so kann er in einer Reihe von Begebenheiten die Gesinnungen der Menschen darstellen und auf den Einzelnen dadurch wirken wie die Geschichte. Dies ist der am meisten ethische Roman wobei gewöhnlich ein Nationalcharakter zum Grunde liegt woraus sich die Begebenheiten entwikeln und diese Gattung erfordert kein geringes Maaß von Talent und Geist. Romane die in der Gegenwart spielen können dennoch gut seyn wenn sie die Zeit bilden PhelfenS und es kann sich so viel Geist und Talent darin offenbaren. In Göthes Wahlverwandtschaften z. B. tritt zwar das Politische zurük aber die darin geschilderten Charaktere haben in sich eine solche Bedeutung daß sie ohne das Politische bestehn können. Aber nicht so ist es im Wilhelm Meister hier ist das Negative des Helden zu groß auch ist dieser Roman nicht von so bedeutendem Einfluß auf das ganze Leben während sich jener aus der Zeit schon erkennen läßt. Nichts aber ist verwerflicher als ein Roman der dem Leser durchaus nichts fremdes vorführt sondern lauter Bekanntes. | Wenn wir geschichtlich zurückgehn und die neuere Poesie an einem gemeinschaftlichen Faden festhalten wollen so können wir nicht gut weiter zurükgehn als bis zum 15. Jahrhundert dem Anfange der neueren Geschichte da die frühere des Mittelalters keinen bedeutenden Einfluß auf die Bildung des späteren gehabt hat. Die neuere Dicht9–15 Variante Trendelenburg, 343: „Wenn der Roman nicht Erzeugung der Geschichtsschreibung ist auf die eben entwickelte Weise, so muß sie einen anderen Halt haben, damit sie sich nicht im gewöhnlichen Leben verliere. Der Einzelne ist in der Geschichte immer völlig unabhängig und frei gestaltend. Eine jede Gesellschaft wird durch allgemeine Grundsätze zusammengehalten. Was hervortritt, verliert seine geschichtliche Bedeutung. Es ist das innere Substrat der Geschichte. Auch dieses kommt selten bei der Geschichte zur Anschauung und der Roman kann dies hier ergänzen. Wenn der Roman das Aeußerliche verschmäht als ihn der Novelle zu nahe bringend: so kann er die Principien des Lebens so in einander wirken lassen, wie im großen Leben der Geschichte. Dies ist der ethische Roman, wo die Charakterschilderung am meisten hervortritt, aber national. Wenn wir die Aufgabe uns so stellen und nun bedenken, wie schwer es ist, in ein fremdes und geistiges Leben so einzudringen, daß dies zum constructiven Princip der Dichtung werden kann, so erfordert der Roman ein größeres Talent, ein um so größereres, je freier er liegt.“

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kunst fängt erst an nach der Wiederaufnahme des Studiums der Alten. Je mehr nun die Dichter in ihrer Sprache einheimisch waren und sie bildeten, zugleich aber das Studium der Alten trieben desto mehr mußte ihnen die Differenz zwischen beiden klar werden und es entstand die Frage ob man nicht ganz in derselben Art dichten könne wie die Alten. Hieraus ging die Übersetzung und Imitation hervor worin die Deutschen offenbar am meisten gethan haben. Stellt man sich auf den Standpunkt einzusehn daß die Sprachbildung etwas sehr wesentliches ist und daß sie auf eigenthümliche Weise behandelt werden muß wenn ein Kunstwerk entstehen soll, und hierauf glaubt sich Schleiermacher auch gestellt zu haben so ist es allerdings ein Gegenstand der Kunst Werke des Alterthums nachzubilden. Schleiermacher hat schon aufmerksam gemacht auf die Differenz der jetzigen und alten Sprachen in Hinsicht auf gebundene und ungebundene Rede und es entstand die Antwort der Frage, wie weit sich die neueren Sprachen der alten nahe bringen lassen darin daß sie eben so gemessen erscheinen ohne daß der Reim eintritt, ein Versuch den nur der Künstler machen kann. Es kann niemand behaupten daß die Behandlung der Sprache etwas mechanisches sei was sie noch weniger ist als die Behandlung der Instrumente in der Musik, doch können wir auf der andern Seite nicht läugnen daß die Nachbildung der Alten ihre Wurzel in der Kritik habe, denn es findet ein Vergleich statt. Es entsteht hier also noch etwas was zur Dichtkunst gehört aber es ist mehr kritisch und gelehrt und so verhält es sich mit einem großen Theile der alexandrinischen Poesie wo die alten Formen und Dialekte nachgebildet wurden. Nun aber war es nicht bloß die Sprache sondern auch die Form und nicht bloß diese sondern auch die Gegenstände welches alles der ursprünglichen Entstehung der modernen Dichtkunst fremd war aber durch den geschichtlichen Zusammenhang doch in das Gebiet der Kunst hineingezogen wurde. Für den Künstler ist die Aufgabe die kleinste die er sich stellen kann wenn er ein ganzes altes Kunstwerk mit seiner Form in die neue Sprache überträgt aber es hat ein solches Werk auch nur Werth wenn es vorzüglich gelungen ist. Wir haben vom Sophokles mehrere Übersetzungen eine von Solger und eine von Stollberg. Der erste hat die Sylbenmaße in den Chören genau nachgebildet, wir haben aber früher schon gesagt daß die griechischen Chorstellen so beschaffen waren daß wir das Metrum nicht mit unsrem Ohr umfassen können und dasselbe gilt auch von dieser Übersetzung, weshalb man sagen könnte es sei nicht genug auf die | Verschiedenheit der Sprachen gesehn. Denn wenn Hülfsmittel gebraucht 34–35 Vgl. Karl Wilhelm Ferdinand Solger: Sophokles: Des Sophokles Tragödien, Berlin 1808. Christian zu Stolberg-Stolberg: Sophokles, 2 Bde., Leipzig 1787

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werden müssen die der Sprache eigentlich ganz fremd sind wie die Akcente so zeigt dies schon daß man etwas unternommen habe was man eigentlich nicht durchführen kann. Die Stollbergschen dagegen sind auf der andern Seite zu weit gegangen und in den Chorstellen mit der größten Willkür verfahren indem sie dieselben in lyrischen Strophen wie wir sie bei Horaz finden wiedergegeben haben, die Sophocles aber gar nicht hat. Es geht aus dem Ganzen aber hervor daß das Übersetzen allerdings eine Kunst ist und daß sie sehr zur Bildung der Sprache beiträgt. Es hat auch Versuche gegeben die alten Formen und Strophen nachzubilden in den romanischen Sprachen allein nur die deutsche hat etwas darin aufzuweisen. In der eigentlichen Lyrik hat man sich mehr an das gehalten was auch die Romanen nachbilden konnten und auf die Form der Pindarischen Ode Verzicht geleistet vorzüglich aber haben wir im Epischen Versmaß und in der Elegie eine große Menge von Werken. Dadurch wurde man verleitet den Reim als etwas im Alterthum falsches und eingedrungenes anzusehn und ihn fortzulassen. Es ist zwar in unsrer Sprache seitdem viel nachgedacht über das metrische Verhältniß und es hat sich manches ergeben aber bis zu dem Volke ist es nie gedrungen und dies liegt zum Theil in der Beschaffenheit unsres Lebens aus dem das öffentliche Leben fast ganz wegfällt. Es wird immer mehr gelesen als gehört und dadurch geht ein großer Theil des Eindruks verloren und wenngleich wir uns von der Abhängigkeit von der französischen Sprache ziemlich frei gemacht haben so ist doch dies alles ins Volksleben nicht eingedrungen. Wie man früher den Werth einer Übersetzung überschätzt hat so hat man später darüber ungerecht geurtheilt. Die ursprüngliche deutsche epische Form ist das Distichon[;] die Stanze ist uns nicht einheimisch sondern sie ist nachgebildet[;] wir haben also nur eine Nachbildung mit der andern vertauscht und es fragt sich ist es eine größere Verwandtschaft zwischen dem romanischen Maaß und dem Antiken oder nicht. Unläugbar ist daß die epischen Gedichte in welchen man das antike Epos nachgeahmt hat auch den Charakter des Antiken mehr an sich tragen, und in denen die romanische Maaße haben erscheint mehr lyrisches. Vergleichen wir die Luise von Voß und Hermann und Dorothea mit Wielands Oberon und ähnlichen so werden wir sagen diese Gedichte haben auch das von dem Modernen daß eine größere Abgeschlossenheit der Handlung vorhanden ist doch ist der Ausdruk und die Bewegung freier in diesen als in jenen und dadurch hat denn unsre Poesie eine Erweiterung erfahren. Man muß dies nicht als Verwirrung ansehn sondern als ein nur in unsrer Dichtung constant gewordenes Element. Wenn wir nun eintheilen | in die Nachbildung des antiken und die Nachbildung der romanischen Form wo bleibt dann das ursprünglich Deutsche? Da müssen wir sehen auf

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das eigentliche Lied, darin war unser ursprüngliches Maaß das die Minnesänger bildeten. Klopstok und andre haben im Lyrischen die antike Form festgehalten, aber es sind auch viele Versmaaße entstanden die indeß auch den strengen Charakter des antiken haben sollen allein dies hat nie wollen recht einheimisch werden und man kann dies nur als einen verunglükten Versuch ansehn und es ist Schade daß eine so große lyrische Kraft wie Klopstoks darauf verwandt und so doch eigentlich verloren gegangen ist. Nur wer die alten Formen durch das Studium der Alten selbst genau kennt wird sich eher in diese nachgebildeten Verse finden. Es fragt sich wie sich das Sylbenmaaß in einer Strophe eigentlich zum Ganzen verhält? Man hat gemeint man müsse die ganze poetische Form wegnehmen können und es müsse das Gedicht doch bleiben und wenn man auch noch weiter ginge und die poetische Einkleidung annehme allein dies ist ganz etwas verkehrtes und der Natur der Sache zuwider und man geht davon aus daß es gar kein Princip der Zusammengehörigkeit gebe. Form und Inhalt muß genau in einander gewachsen seyn und man muß es sich wie auf Einen Schlag entstanden denken. Es ist also darin nicht eine solche Freiheit des Inhalts in Beziehung auf die Form in der Poesie sondern diese hat man von der Prosa wie sie in der gebundenen Lebensthätigkeit gesprochen wurde hergenommen. Wir müssen sagen so wie dies Verhältniß in dem Dichter ist hängt auch der Leser der das Gedicht in sich aufnimmt mit der Form zusammen. Er kann das Innre nicht gehörig aufnehmen wenn nicht das Versmaß ihm zugleich ganz klar ist denn durch das Nachdenken darüber wird man gehindert den Gedankengang ungestört und ganz in sich aufzunehmen. Hier auf diesem Gebiete des Liedes, der Ode, müßte daher die ursprüngliche Form dominiren und nach dem Maße der horazischen Oden werden unsre nicht passen und daher hat sich das Kirchenlied und das Erotische immer in dieser Form bewegt. Nehmen wir uns den Roman so bestimmt die ganze Darstellung ein mehr subjektiver Charakter, nehmen wir die Antike so erhält die ganze Darstellung einen mehr objektiven Charakter und dies Verhältniß umkehren wollen würde nur etwas leeres geben. Wie steht es nun hiermit in dem Drama? Sagen wir: nur das ist Drama was dargestellt wird so wird das Gebiet viel kleiner werden als wenn wir sagen alle Reden die die gehörige Form haben sind dramatisch sie seien dargestellt oder nicht. | Wir finden Nachbildung des Antiken auf diesem Gebiet von den Stollbergen und Schiller doch ist die Nachahmung der französischen Form und der Übergang in die Prosa bei ihnen herrschend geblieben; es fragt sich ob unsre jetzige größre Bekanntschaft mit dem Spanischen Drama nicht auch sollte eine Nachbildung hervorbringen da es hier größere strophische Ganze giebt deren Nachbildung in der Übersetzung sehr gut gelungen

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sind und dies würde auch einen andern Vortheil haben weil man auf unsern Bühnen noch immer die Werke verachtet und nicht gehörig hören läßt und dies durch die spanischen Verse verhindert und die Schauspieler gezwungen werden würden sich P aufS Recitation und Scansion zu üben. Die Nachahmung des antiken können wir als entgegen betrachten. Sehen wir auf die Nachahmung derselben im französischen so ist diese sehr thöricht und fällt sehr schlecht aus und es kann auch nur da wo man so sehr am Conventionellen hält so etwas bestehen. Wie steht es nun um das Verhältniß der Prosa zum Drama und Vers? Wir finden uns hier in einer Indifferenz. Leitet man die Prosa von dem Grundsatz der Natürlichkeit ab so ist das ganz falsch, aber sagen wir unser Drama steht in der Verbindung mit dem Roman so werden wir uns nicht wundern dürfen daß PeinS Drama auch in Prosa geschrieben werden kann oder Prosa und Vers vereinigt werden und man sich zu dem einen oder dem andern mehr hinneigen kann. Jenes scheint uns diese Mannigfaltigkeit des Chorischen in der Antike zu ergänzen. Wollten wir uns den Tasso in Prosa und den Götz von Berlichingen in Versen denken so würde dies etwas ganz unpassendes seyn, fragt man aber ob es nicht besser gewesen wenn Göthe im Tasso den jambischen Trimeter angenommen hätte so läßt sich dies nicht entscheiden da man noch nicht genug erprobt hat ob diese Form sich bei uns einführen läßt. Doch sind einige Versuche von Schlegel sehr gut gelungen. Über die Nachbildung des Antiken in kleinen Dichtungsarten will Schleiermacher nichts sagen da dies zu weit führen würde doch scheint bei der Elegie sowohl das antike als das moderne zu passen. Es scheint wie wenn unsre Sprache in der Nachbildung andrer dies immer so vollbringt daß die Nachbildung denselben Eindruk machen wird wie das Original bei einem der die Sprache des Originals spreche aber doch zugleich das Deutsche eben so fertig lesen könnte, unsre Sprache das Recht zu haben sich alle andern Maaße anzueignen 6–9 Variante Trendelenburg, 349: „Wenn wir auf der anderen Seite das französische Theater betrachten und sehen hier die Nachbildung das Antiken in Bezug auf die Einheit der Handlung und des Ortes, der im Antiken durch die Unwahrheit des Chors motivirt ist, ohne daß der Chor mit hinübergenommen ist, so ist das todt und wo sich ganze Seiten des Lebens verflüchtigen würden ohne das Conventionelle, nur da konnte so etwas entstehen und bestehen.“ 18–24 Variante Trendelenburg, 350: „Wollte man fragen, wäre es nicht für den Tasso ein Gewinn gewesen, wenn er den Trimeter statt des fünffüßigen Jambus aufnehmen könnte: so ist das nicht ganz zu verwerfen, da der Trimeter keineswegs so leicht zu zerstören ist wegen der Contraposition in der Caesur und da doch schon einige Dichtung in dieser Art gelungen scheinen, wie Schlegels [Ion]. Es müßte sich die Weise des Tasso eben so gut in diesem Versmaß darstellen lassen.“

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und sie mit einer gemessenen Beschränkung in der Nachbildung des Antiken zu benutzen. | Es ist noch etwas zuzufügen über die Behandlung des antiken Stoffs in der Poesie. Über solche Frage gleichsam allgemeine Regeln a priori aufzustellen geht nicht sondern man muß auf das historische sehn und betrachten wer und wie es versucht und wie es gelungen ist. Shakespears Stoffe sind Novellen aber als antike Stoffe hat er die Geschichte gewählt weil es ihm gleich war welche Erzählung er nahm und das Lokale und die Zeit behandelt er oft so daß man nicht weiß wo und wann die Sache geschehn seyn soll. Da das Drama Charakterschilderung seyn soll so könnte nichts Befriedigendes auf diese Weise geliefert werden, weil man das gemeinsame Leben nicht kannte woraus das Einzelne hervorging. Denkt man sich aber die Charakterschilderung der Begebenheit untergeordnet dann sieht man leicht welchen Eindruk Shakespeare machen mußte. Bei den Franzosen sind meistens antike Stoffe bearbeitet worden im Drama und dies ging hier wegen des Zusammenhanges mit dem Alterthum eher als anderswo und überhaupt haben die Franzosen im Drama nie ganz ihre eigne Nationalität hervortreten lassen sondern nur PanS Personen PausS einem fremden Gebiet. Denkt man sich nun das Volk vor einer solchen Bühne und nimmt dazu daß nach französischen Grundsätzen die Überraschung die Hauptsache ist so sieht man ein daß durch den antiken Stoff keine Störung entsteht. Für den aber welcher das Alterthum kennt wird allerdings Störung eintreten weil ganz fremde Gedankenreihe durch die Französisirung eintritt. – Bei uns Deutschen ist die Behandlung eine andre und Göthes Iphigenia und der Ion von Schlegel sind treffliche Beispiele doch ist fürs Volk auch bei uns diese Dichtung nicht aber vor einem Kreise gebildeter wird durch den Stoff gar keine Störung hervorgebracht werden aber nun fragt sich ob wir auch die antike Denkweise aufstellen können denn sonst werden doch immer wieder Störungen eintreten. Denken wir uns andre Formen als die dramatische so wird es noch schwieriger weil man da weit mehr in Gefahr ist den rechten Weg zu verlieren eben aus Furcht vor dem Fehler und es fragt sich Göthe wenn er seine Athenäis fortgesetzt hätte sich würde haben halten können. Der Gebrauch der griechischen Mythologie war bei uns einst sehr bedeutend sowohl in Gedichten, be25–31 Zusatz Trendelenburg, 352: „Es fällt uns nicht auf, wenn Personen aus dem Alterthum sich „du“ nennen, während es immer im französischen Drama mit „vous“, Monsieur, Madame vor sich geht. Wird es nun aber auch gelingen, die antike Denkweise ganz hervorrufen zu können? Je leichter es geschieht, desto mehr ist dieser Stoff zuzulassen. Sonst bleibt immer Störung für die die sich in das Alterthum hineingelebt haben.“ 34 Wiederum (vgl. oben S. 507,7) dürfte Goethes „Achilleis“ gemeint sein (vgl. Nachschrift Trendelenburg, 352).

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sonders in Erotischen als auch in der Prosa. Es giebt nun auch Versuche unsre eigne volksthümliche Mythologie in die Poesie zu verweben so in Klopstoks Oden aber sie sind nie volksthümlich geworden, doch scheint sie etwas mehr Eingang in den dänischen Charakter zu haben doch ist dies wohl kein reiner | Effekt, weil hier nur selten etwas eignes erscheint und dies dann mit Vorliebe beurtheilt wird. Je fremder die Gegenstände sind desto weniger kann die Darstellung aufgestellt werden. Nun sind jene alten Phantasien aus dem Volk ganz verschwunden und selbst für den Gelehrten noch etwas Gelehrtes. Dem Volk ist die nordische und griechische Mythologie gleich unbekannt doch die letztre nicht dem Gebildeten. Aber die Mythologie war nicht Stoff sondern gehörte zu den Darstellungsmitteln und das verstößt gegen alle Regel denn so sind wir nicht ins Alterthum einstudirt daß uns alles so nebenbei einfiele. Dies hat man denn auch eingesehn und so ist dieser Gebrauch nach und nach PverschwundenS. Hier sind nun auch die Grenzen des Einflusses des Alterthums auf unsre Kunst und wenn man das früher gesagte dazu nimmt daß das Alterthum doch immer Einfluß behalten müsse so sehen wir daß unsre Kunst immer etwas Zusammengesetztes bleibt. Es ist nun noch die Beredsamkeit übrig. Aus dem früher gesagten folgt daß alles wo der Gedankenerzeugungsproceß in dem Gebiete des praktischen oder geistigen Lebens liegt zu dem Geschäft gehört und nur wo reine Darstellung ist nur dafür könnte hier vielleicht eine reine Theorie aufgestellt werden. Fragen wir nun: was ist die Kunst an dem Geschäft so sind dies alle Darstellungsmittel wohin auch alle Bilder gehören; wir müssen also sagen: es können hier dieselben Regeln wie bei der Poesie angewandt werden aber man sieht auch leicht daß es nicht wichtig genug ist um die Theorie aufzustellen denn was das wichtigste dabei wäre hat seinen unmittelbaren Bezug auf den Zwek auf das der Kunst fremde. Was die Erfindung und Composition betrifft so müssen sie auf die Wirkung berechnet seyn und folgen also andern Gesetzen als die Künstler. Über das Unmittelbare können also keine Regeln sondern nur Kautelen gegeben werden. Es würde also nichts übrig bleiben als die musicalische Behandlung der Sprache die Theorie über den Bau und die Schönheit des Stils allein auch hiebei muß immer zu sehr auf den Zwek gesehen werden und es fällt dies auch zur Hälfte ins praktische Gebiet. Man muß hier von dem Gegensatz zwischen Prosa und Poesie ausgehn und daß nun durch den mehr vorherrschenden Accent in der Prosa die Prosa einen andern Charakter hat als dieselbe Prosa poetisch ausgedrükt aber wenn Sylbenmaaß und Periodenbau in der Poesie | selbständig ist so hängt der Periodenbau in der Prosa doch von den Gedanken ab und dem Zwek und ist also doch dem logischen untergeordnet. Eine größre Periode hat

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natürlich einen größeren Schwung und kann also nicht bei allen Gedankenreihen anwendbar seyn und es muß hier eine gewisse Abwechslung statt finden weil sonst Einförmigkeit entsteht. Doch wird dies durch den Gegenstand bestimmt. Es fragt sich nun giebt es nun bei uns irgend ein Gebiet der redenden Kunst welches reine Darstellung wäre und durchaus gar keine Verbindung mit dem praktischen Leben hätte? Das ist wol nicht der Fall doch sind einige Gebiete mehr der reinen Darstellung verwandt als andre, wie denn ein historisches Werk weit mehr der Kunst sich nähert als eine metaphysische Abhandlung. Gewöhnlich sieht man die Kanzelberedsamkeit als eine Kunst an allein wenn man die Predigt besonders als belehrend ansieht liegt sie fern von der Kunst sieht man sie aber an, so daß der Redner nur das aussprechen will was er bei seinen Zuhörern als in ihrem Gemüth ruhend voraussetzt so fällt sie ganz in die Kunst, doch würde sich die Theorie immer auf die wenigen Punkte beschränken müssen die vorher angegeben sind; sie würde zurükgehn auf das richtige Verhältniß der einzelnen Punkte zum Ganzen und des Wohllauts und Periodenbaus zu diesem Verhältniß der Theile zum Ganzen, dies ist aber etwas so einfaches was jeder Gebildete inne haben muß wenn er sprechen oder schreiben will. Es würde dies also ein weit größeres Gebiet haben. Es ist auch wol offenbar daß die Kunst an dem Geschäft immer nur eine Folge seyn kann von dem Leben welches die Kunst in einer Zeit selbständig in einem Volke hat. Alles beruht hier auf verschiednen Principien was durch das verschiedene Medium der Darstellung bestimmt wird und was z. B. die Kontraste und ähnliches betrifft so ist die Theorie in der Dichtkunst Malerei etc. ganz dieselbe nur giebt es verschiedne Regionen der Anwendung. Wenn man PnunS fragt was der eigentliche Nutzen der Kunst ist und dabei das Ganze der Bestimmung und des Lebens auf Erden im Auge hat so werden wir sagen die welche Talent dazu haben in ihren Produkten die Vollkommenheit des Maaßes recht in Anschauung zu bringen diese wirken dazu daß das Unmäßige auf ihrem Gebiet immer | mehr verschwindet und überall das Maaß heraustritt. Das ist was die Griechen ausgedrükt haben, „die Kunst sei Reinigung der Leidenschaften“ denn durch das Maaß werden die pathematischen Zustände im Zaum gehalten. Wo die Kunst zu einer gewissen Blüte gekommen ist in einem Volk ist sie mehr ein Produkt des gemeinsamen Lebens und sie sollte auch immer einen beschleunigten Gang gehen und wenn dies nicht der Fall ist so liegt dies nicht in der Kunst selbst sondern vielmehr in der Ausartung der Kunst. 13 ihrem] seinem

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Zentralbibliothek Zürich, Nachl. A. Schweizer VIII 33, S. 1

Ästhetik (1832–33)

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Geschichtliche Einleitung des Entstehens und Erläuterns dieser Disciplin 5

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Sie gehört zu den Disciplinen die man Theorie, τέχνη, ars nannte; d. h. eine mit Gründen belegte Anweisung wie etwas auf richtige Art hervorzubringen sey. Also war Praxis immer früher als Theorie. Nicht nur die ersten Anfänge der schönen Kunst, sondern sogar sie in ihrer Vollkommenheit finden wir, ehe [eine] Theorie derselben wissenschaftlich da ist. Sobald eine Kunst sich fixierte, gab es Schulen, was mehr technische Anweisungen waren, Handhabung des Materials und der Werkzeuge. Das dem Kunstwerk vorangehende Innre, das Urbild war schon schwerlich theoretisch betrachtet. Sondern als in der Seele vorgehend, hing sich das zuerst an die philosophisch Untersuchenden. Das Älteste in der Geschichte hierüber sind die zerstreuten Äußerungen des P l a t o über die Kunst. Sie sind aber nicht einmahl Elemente einer solchen Theorie; denn anders ist es zu fragen, ob etwas hervorgebracht werden soll und in welchen Gränzen, PoderS wie in Plato nur jenes, er ging aus vom Einfluß der damahls bestehenden Kunst auf die Gesinnung, auf Politik und Ethik. Die ersten Anfänge gab A rist ot e l e s , von dem wir zwei hierher gehörige Schriften haben περὶ %ητορικῆς und περὶ ποιητικῆς. Die Rhetorik gehört nicht so rein in [die] schöne Kunst, wie Poetik. Das setzt schon einen gewissen Umfang voraus, innerhalb [von] welchem sich unsre Untersuchungen befinden, aber jetzt ist es noch nicht abzuschließen. Ob Aristoteles beyde auf dieselbe Stuffe stellt, kann man nur schließen daraus, daß er sie nicht unter Einen höhren gemeinsamen Begriff schließt, sondern Pje4 nannte] nannten 4 Zu Schleiermachers Übersetzung von „techne“ mit „Erzeugen“ und „Gebähren“ siehe seine erste Akademieabhandlung „Über den Umfang des Begriffs der Kunst in Bezug auf die Theorie derselben“ (1831), KGA I/11, S. 730. 14–15 Aussagen über Kunst (im Sinne von „techne“) oder über Schönheit (im Sinne von „eros“) kommen insb. in Platons Dialogen „Politeia“, „Nomoi“, „Phaidros“, „Symposion“, „Timaios“ oder „Ion“ vor, die Schleiermacher größtenteils selbst übersetzt hat. Vgl. „Historische Einführung“, KGA IV/3. Hierzu auch: Władysław Tatarkiewicz: Geschichte der Ästhetik, 1. Bd.: Die Ästhetik der Antike, aus dem Polnischen übersetzt von Alfred Loepfe, Basel / Stuttgart 1979, S. 160–167. 15–19 Schleiermacher bezieht sich offenbar auf Platons Einteilung der Künste in hervorbringende und nachahmende. Die nachahmenden Künste (Musik, Mimik und Dichtung) werden durch den Begriff „Mimesis“ bestimmt und den hervorbringenden in ihrem ethischen Wert nachgeordnet (vgl. Platon: Politeia X 596a–608b); vgl. die Sachanmerkung zu S. 62,14–17. 19–22 Vgl. die Sachanmerkung zu S. 281,24–25

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denS an Einzelnes [knüpft], und der Redekunst wies er doch ein andres Gebieth an als der Dichtkunst. Bei jener hat er den Zweck im Auge, immer etwas Politisches in allen drei Zweigen, aber jeder Zweig isolirt[,] es kam darauf an, eine bestimmte Wirkung hervorzubringen, entweder daß etwas geschehe, oder eine Gemüthsstimmung allgemein werde. Mit dem Effect war das Kunstwerk verschwunden. Die Dichtkunst schlöße sich ebenfalls an Platos Frage: Soll das geschehen oder nicht; was er nur in Beziehung auf eine Wirkung beantwortet; nur ist hier nicht die Wirkung das was die Rede veranlaßt. Daher läßt Aristoteles dieses bey Seite. Auch von bildenden Künsten hatte er Meisterwerke vor sich, und zwar nicht einzelne zufällige Werke, sondern in bestimmtem Ort des Nationallebens, im Gottesdienstlichen und Geschichtlichen. Dennoch verbreitet er sich nicht so über die bildende Kunst wie über die Dichtkunst. Das ist um so auffallender, weil er von Plato hierüber den Begriff der μίμησις als Centrum aufstellt, Nachahmung genügt nicht, Nachbildung eher. Dieser Begriff wäre am unmittelbarsten auf bildende Kunst anwendbar gewesen. Sagen wir schöne Künste, so umfassen wir die bildenden so gut wie die redenden Künste. Man muss zweifeln, daß Aristoteles diesen unsern Begriff einer schönen Kunst gehabt habe. Denn seine Erwähnungen derselben wären anders, wenn er die bildende unter diesen Begriff brächte. Unter μίμησις freilich bringt er sie, aber das ist ganz was andres, da bey uns [die] Streitfrage [entstand], ob eine schöne Kunst als solche μίμησις sey oder nicht. Die erste zusammenhängende Theorie geht also noch vom Speciellen aus. — Unter allen einzelnen Disciplinen, die Aristoteles bearbeitet hat, ist das gerade die, welche am wenigsten in die folgenden philosophischen Entwicklungen einging. Das hängt mit dem Verfall der Kunst zusammen, denn wo diese nicht ist, da kein Interesse an Theorie. Wenn aber was er da sagte auf bestimmte Weise in [das] System alles menschlichen Thuns wäre aufgenommen worden, so hätte sie fortwirken müssen, so lange jenes System blieb. Dieß ist die Ethik und dahin gehört die eigentliche SittenLehre und Politik und Ökonomik. An Politik schließt sich Rhetorik als Kunstlehre für eine bestimmte politische Thätigkeit. | Als die freye Verfassung im römischen Autokratismus unterging, ging das Interesse auch unter, 31 hätte] hätten 21–22 Vgl. Aristoteles: Poetik 1460b 22–24 Schleiermacher spielt hier offenbar auf die Diskussion an, inwieweit schöne Kunst auf die Nachahmung der Natur zurückgeführt werden kann und inwiefern der Begriff der „Mimesis“ die Bedeutung der Kunstschönheit erklären kann; vgl. dazu die Sachanmerkung zu Schleiermachers Kollegheft Ästhetik 1819, S. 40,16–17.

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doch blieb das an [der] Beurtheilung frührer Producte, wie Quintilian. Für die Dichtkunst war dieser Zusammenhang nicht gegeben, schon Plato schloß einen großen Theil derselben aus und spaltet sie so, Aristoteles stellt es in [den] Hintergrund. Es gab im System der menschlichen Thätigkeiten keinen bestimmten Ort für diese schönen Künste als Ganzes; und Rhetorik hielt sich länger als Poetik. — Späterhin finden wir viele Relationen über Kunstwerke und Commentare zu poetischen Werken, aber diese haben es alle mit der Theorie nicht zu thun. Viele Jahrhunderte war die Kunst gleich Null. Wie die alte bildende Kunst größtentheils religiös war und mythologisch, so mußte sie im Christenthum untergehen und wie sich in diesem neue Keime philosophischer Untersuchungen entwickelten, konnten sie diesen Gegenstand nicht umfassen, da es noch keine Kunst gab, die nicht wäre im Zusammenhang mit dem Heiligen gewesen. Gedichte und Bilder in religiöser Beziehung entstanden freilich im Christenthum, da jedes geistige Erwachen sich auch auf diese Seite wendet, aber von Theorie war keine Rede; sondern erst mußte die Kunst so fest geworden seyn, daß es nothwendig war eine Reflexion der Speculation darauf zu richten. Zuerst finden wir dieß im vorigen Jahrhundert in Frankreich, England, Deutschland. Ich halte mich der Kürze wegen an die D euts c h e n , um so eher, da die ersten derselben, theils die ersten Versuche der andern schon benutzten, theils ihnen parallel gingen. Hier schlug man einen ganz andren Weg ein. Die ersten Versuche stammen aus der Wo l f i s c h - L e i b n i zs c h e n Schule und da bildete die Ästhetik (von da ihren Nahmen erhaltend) ein Gegenstück zur Logik. Das hängt mit Aristoteles gar nicht eigentlich zusammen. Diese Stellung beruht auf der Zusammengehörigkeit des Denkens und Empfindens, wie Logik Theorie des Denkens seyn sollte, Anweisung zum richtigen Denken, so sollte Ästhetik Theorie des Empfindens seyn Anweisung wie man richtig empfinden soll. Da müßte eine Menge Dinge mit in Betracht kommen, die nicht hierher gehören und über die es keine Theorie geben kann. Empfindung in einem gewissen Gebieth verträgt den Gegensatz richtig und unrichtig nicht. So Sinnesempfindung: einem schmeckt etwas bitter, einem andren süß; keiner ist richtig und unrichtig; selbst wenn ein Organ krank ist, ist Empfindung richtig und PnichtS subsumirbar unter einen allgemeinen Eindruck. Gebieth der Empfindung gehörte also gar nicht in die Theorie hinein, sondern und das ist Angelpunkt der modernen Ästhetik: es laße sich nur Anweisung geben zum richtigen Empfinden auf einem Gebieth das geistigen 1 Schleiermacher dürfte sich hier auf Quintilian: Institutio oratoria (95 n. Chr.) beziehen; das 10. Buch enthält einen Abriss der griechischen und römischen Literaturgeschichte. 23–25 Vgl. die Sachanmerkung zu S. 39,3–4

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Gehalt hat und nicht so unmittelbar mit Organismus zusammenhängt. Es gab zweierley, das m o r al i s c h e und das ä st het ische Empfinden. Billigung und Mißbilligung sind immer auch mit einer Empfindung verbunden und das nannte man moralisches Gefühl und Niemand leugnete Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Empfindung; aber zu einer Theorie war keine Veranlaßung, weil die Empfindung ganz dem Gedanken nachgeht, also der Gedanke zu regulieren ist, nicht Empfindung; und das geschah in Moral und die Empfindung werde von selbst nachfolgen. Aber mit der Empfindung des Wohlgefallens am Schönen und Mißfallens am Unschönen hatte es andre Bewandtniß, da konnte man nichts so angeben, dem das nachginge und da man wieder auf alte Kunst aufmerksam war, und die neue sich ausbildete, so unterschied man guten und schlechten Geschmack, i. e. Vergleichung über die verschiednen Arten über diesen Gegenstand zu empfinden. Nun kommt noch das eigenthümlich Moderne dazu. Nehmlich es war allmählig aufgekommen, eine gewisse Art und Weise der Naturbetrachtung, die auf demselben Gebieth zu liegen schien. Wie von Schönheit in Kunstwerken, sprach man von Schönheit der Natur und wandte dasselbe Wort auf beyde Gebiethe an, weil sich aufdrang, daß die Empfindung große Analogie habe. Dazu kam, daß ein großes Kunstgebieth es nur zu thun hat mit unmittelbarer Nachahmung der Natur. Gäbe es keine schöne Natur sagt man, so keine Landschaftmahlerey, denn man mahlt nur das Schöne, muß es also erst finden. Sculptur vollends ist ganz am B e gr i f f der S chönheit, und so wird dieser Begriff der Schönheit der Angelpunkt der neuern Ästhetik. Daraus | erstanden Streifragen über den Zusammenhang des Schönen in Natur und in Kunst und diese Frage dominirte lange die ganze Disciplin. Man konnte sagen entweder: I m Mensch en ist ein Vermög e n , i n n e r l i c h G e s t al t u ng e n z u b ilden und die dieses überwiegend haben, geben der ganzen Production die Regel, und sie machen also eigentlich die Schönheit, und man findet dann PnurS Natur schön weil es mit dieser Regel, die der Mensch in sich hat zusammenstimmt. Oder man sagte: Der Mensch käme nie dazu, aus und in sich selbst Gestalten zu bilden, wenn er nicht in der Natur lebte, also in dieser i s t d e r u r s p r ü n gl i c h e O r t d e r s c hönen und andren Gestalten; jene hängen mit [der] Vollkommenheit in [der] Äußerung der Naturkräfte zusammen, diese mit Unvollkommenheit oder Hindernissen. Also ist es reine Beobachtung der Natur worin man Schönheit findet 23 finden] findet 2 Vgl. die Sachanmerkung zu S. 544,8 S. 40,16–17

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und Kunst ist nur Nachahmung der Natur in ihrer Vollkommenheit. Beydes gibt ganz andre Verfahren, und es muß man mag von einem oder andrem ausgehen ein ganz andres Verfahren sich bilden als in der alten Ästhetik. Behandelt man sie als A nw eis un g der Kunstt h ä t i g k e i t so faßt man den M e n s c h e n i n T hä tig keit ; behandelt man sie als T h e o r i e d e r E m p f i n du n g , so faßt sie den Menschen in p a s s i v e m Z u s t an d e . Das von beyden Ansichten aus. Dieses war der erste Anfang und zugleich der erste Anfang diese Disciplin in größrem Umfang zu behandeln. Man zog nun Alles, was Gegenstand eines PreinenS Wohlgefallens ist, abgesehen von allem Ethischen und vom Zusammenhang mit dem Gedanken, in diese Theorie hinein. Der Ausdruck s c h ö n qualificirte sich freylich nicht eigentlich dazu, und so wie es in solchen Anfängen glückliche Griffe und Mißgriffe gibt, so ist eine Art Widerspruch zwischen der allgemeinen Tendenz die man der Disciplin gab und diesem Ausdruck. Schönheit ist eigentlich immer bezogen auf Gestalt und da hätte man die bildende Kunst vor Allen hervorheben und die andern in der Analogie mit dieser behandeln sollen. Freylich war man schon gewohnt den Ausdruck auch in weiterm Sinne zu gebrauchen z. B. schöne Stellen in einem Werk der redenden Kunst, Schönes in [der] Gesamtanlage eines solchen Kunstwerks waren schon üblich. Aber wie es darauf ankam, den Ausdruck in der Theorie zu fixiren und doch in dieser Allgemeinheit zu lassen, so ging man darin wieder auseinander, kam auf den leidenden Standpunkt zurück. In dieser Periode schwankt noch der allgemeine Begriff, man sah mehr auf den Eindruck und bestimmte eher, worauf die Vollkommenheit beruhe, als was das Wesen sey der Kunst; und mehr auf passive Zustände der Empfindung sehend war Verhältniß von Natur und Kunst schwankend. Viele Betrachtungen kamen unter den drei Nationen zu Stande, die der allgemeinen Grundlage ermangelnd nur als die ersten bedeutenden Regungen müssen beachtet werden. Ein erstes bedeutendes Avancement erlebte die Ästhetik durch Kant, der sie auf bestimmte Weise in [den] Cyclus der philosophischen Disciplinen aufnahm, freylich ziemlich verwandt mit denen, die sie als Seitenstück der Logik betrachteten; bedenkt man wie er die reine Vernunft

15 Ausdruck] folgt ))ein Widerspruch**

33 aufnahm] auf

30–31 Schleiermacher vertritt die Ansicht, dass es geschichtlich drei bedeutende Avancements der Ästhetik gegeben hat: 1. Kant und Schiller, 2. Fichte und Schelling, 3. Hegel; vgl. Schleiermachers Marginalien zum Kolleg 1832/33, S. 133,1.

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stellte, so daß sie ein Seitenstük zur reinen Vernunft ward, so war das [eine] Erhöhung. Er stellte sie vor als T heorie der Urt heilskra f t, d. h. der ästhetischen (der teleologischen nicht). Diese Zusammenstellung und der Gegensatz zum Teleologischen, auf Zwecke sich beziehend, zeigt seinen Gesichtspunkt. Er sagt, es komme darauf an, in einem Gegebnen Z w e c k m äß i gke i t irgendwo zu finden, aber ohne b e s t i m m t e n Z w e c k . Durch große Klarheit empfiehlt sich dieser Fortschritt nicht, da Zweckmäßigkeit ohne bestimmten Zweck sehr untergeordnet und das Wohlgefallen daran das oberste. Diese Theorie der zweigegliederten Urtheilskraft verbinde die Gesetzgebung des Verstandes für [die] Erfahrung und die der Vernunft, i. e. Moral. Sollte Urtheilskraft zwischen beyden Mittelglied seyn, so müsste sie etwas von beyden an sich haben. Und so sagt er, diese Urtheilskraft wenn ihr Gegenstand mehr dem Naturbegriff angehöre, sey es das S chöne, wenn mehr dem Freyheitsbegriff, der Moral, so sey sie das Erha b e n e . In diese zwei Gebiethe theilte sich das Material der Ästhetik. Es ist aber nicht klar, wie sie beyde Eins sind, noch durchzuführen, wie sie beyde verschieden sind; ohne Künsteley kann man nicht erhabne Naturgegenstände leugnen, und auch nicht Schönes im sittlichen Gebieth. Daher bekommt man leicht die Empfindung, daß das nicht das Richtige gewesen ist. Ich füge noch Eins hinzu, nehmlich hier war auch das Urtheil, das was sich im Gefühl ausspricht; die Gegenstände waren theils Naturgegenstände, theils durch Kunst hervorgebrachte; aber wovon diese Hervorbringungen ausgehen, sieht man nicht, sondern das durch Kunst Hervorgebrachte erscheint ein ebenso Gegebnes | wie das Schöne in der Natur. Wie kommt der Mensch dazu, nicht nur Schönes zu empfinden, sondern auch hervorzubringen? bleibt liegen. So bleibt Kant auch beym Eindruck, i. e. beym Geschmack, nicht bey der Kunst. Von hier aus erhält es andre Wendung dadurch, daß sich die Künstler selbst hineinmischten, besonders Schiller in seinen Briefen. 1–3 Kritisch an den Ansatz der „Aesthetica“ (1750/58) von Baumgarten anknüpfend, wird die „transzendentale Ästhetik“ in der „Kritik der reinen Vernunft“ von Kant als eine Konzeption der Sinnlichkeit (Rezeptivität) vorgestellt, die für die Funktionalität der Verstandesbegriffe unerlässlich ist. Zugleich kritisiert Kant an Baumgartens Ästhetik, mit der Sinnlichkeit auch die kritische Beurteilung der schönen Künste unter Vernunftprinzipien stellen und die Regeln dieser Beurteilung zu einer Wissenschaft erheben zu wollen (vgl. KrV B 35; Kant 1/III, S. 35). Für die Beurteilung schöner Gegenstände ist nach Kants „Kritik der Urteilskraft“, auf die Schleiermacher hier primär anspielt, hingegen das subjektive Geschmacksurteil der Ausgangspunkt: „[S]chön ist das, was in der bloßen Beurteilung [...] gefällt“ (KdU B 180; Kant AA 1/V, S. 306). 6–7 Vgl. die Sachanmerkung zu S. 57,28–29 14–16 Vgl. die Sachanmerkung zu S. 72,33–4 30–31 Vgl. Friedrich Schiller: Ueber die ästhetische Erziehung des Menschen in einer Reyhe von Briefen, in: Die Horen, hg. v. Friedrich Schiller, Tübingen 1795 (Schiller

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Als Dichter hatte er besondern Beruf dazu und seine speculirende Natur mußte nach dem Grund der Productivität fragen auf diesem Gebieth und das war der Wendepunkt für die Ästhetik sich auf die andre Seite zu wenden. Aber im Übrigen findet man sich ganz in demselben Kreise von Begriffen. Seine Untersuchungen gingen vorzüglich auf die Differenz der Productivität selbst und er suchte die Verschiedenheit der Naturen auf, die sich im Kunstgebieth thätig zeigen. Das ist das Fundament der Theilung des N ai ve n und S ent imenta len als zwei Arten psychischer Naturen, denn dabey sah er zugleich auch Differenz zwischen der antiken und modernen Kunst. Das Naive darin die antike Kunst; das Sentimentale die Moderne. Aber einen eigentlichen gemeinsamen Grund, der zugleich Quelle dieser Differenz wäre, zu suchen, lag nicht in seiner Richtung. Jedenfalls bleibt ihm doch das Verdienst, die Untersuchung zuerst auf dieses Moment der Spontaneität gerichtet zu haben, aus der die Kunst hervorgeht. — Hieran schloß sich F i c h t e an, bey dem wir die Kantische Darstellung so modificirt finden, daß seine Hauptrichtung auch auf diese thätige Seite geht. Freylich wird es nur beyläufig behandelt in seinem System der Sittenlehre, wo er im letzten Theil eine Deduction der verschiednen Berufe der Menschen macht, i. e. der allgemein nothwendigen aber unter verschiednen Menschen vertheilbaren sittlichen Thätigkeiten. Der wissenschaftliche Beruf steht oben an, und dann gleich folgt der Beruf des ästhetischen Künstlers. Also muß das ethische Fundament dieses Berufs und dieser Thätigkeit angegeben werden. Allerdings in Rich15 zu haben] hat Werke. Nationalausgabe, Bd. 20, Philosophische Schriften, 1. Teil, hg. v. Benno von Wiese unter Mitwirkung v. Helmut Koopmann, Weimar 1962, S. 309–412) 7–11 In „Über naive und sentimentalische Dichtung“ schreibt Schiller der antiken Kunst eine unreflektierte „Naturmäßigkeit“ zu, die sich in naiver Dichtung ausdrücke, während die moderne Kunst durch eine reflektierte „Naturwidrigkeit“ gekennzeichnet sei, die sich in sentimentalischer Dichtung manifestiere. Vgl. Friedrich Schiller: Ueber naive und sentimentalische Dichtung [3 Teile], Die sentimentalischen Dichter [2], in: Die Horen, hg. v. Friedrich Schiller, 12. Stück, Tübingen 1795, S. 1–55, hier: 68 (Schiller Werke. Nationalausgabe, 20. Bd., Philosophische Schriften, 1. Teil, hg. v. Benno von Wiese unter Mitwirkung von Helmut Koopmann, Weimar 1962, S. 411–503, hier: 430). Siehe auch: die Sachanmerkung zu Schleiermachers Marginalien zum Kolleg 1832/33, S. 133,2–4. 18–19 Im „System der Sittenlehre“ untersucht Fichte die Kunst in Hinblick auf die ästhetische Bildung des Gemeinwesens durch den ästhetischen Künstler. Vgl. Johann Gottlieb Fichte: Das System der Sittenlehre nach den Principien der Wissenschaftslehre, Jena und Leipzig 1798, S. 445–447, 458–462 (ders.: Gesamtausgabe, Abt. I, Bd. 5, Werke 1798–1799, hg. v. Reinhard Lauth und Hans Gliwitzky, Stuttgart 1977, S. 19–317, hier: 300–301, 307–309). Siehe auch: Schleiermachers Marginalien zum Kolleg 1832/33 und die entsprechende Sachanmerkung S. 133,6–7.

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tung nach der Tiefe ein bedeutender Fortschritt; aber [das] Resultat ist der Tendenz nicht angemessen; da Fichte sagt, dieser Beruf hat zum Gegenstand, d e n äs t h e t i s c h e n Si n n zu bilden und dieser soll die Vermittlung seyn zwischen dem Verstand und [dem] Willen des Menschen. Genau parallel der Kantischen Natur und Moral. Aber Fichte stellt nun die Kunst auf als Thätigkeit zur Bildung dieses Sinnes, vermöge dessen der Verstand soll auf den Willen einwirken. Sehen wir dabey aufs Kantische zurück, so nahm Kant ein sittliches Gefühl an, was eine alte Auffassung war einer allgemeinen Erscheinung; und dieses war bey ihm das Band. Wir erkennen [die] Gesetzgebung der Verunft, geschieht etwas dagegen, so macht es abstoßenden Eindruck auf dieses Gefühl, und daraus entsteht Richtung auf [den] Willen; so macht etwas der Gesetzgebung Entsprechendes einen verlangenden Eindruck und versetzt den Willen in Thätigkeit. Leugnet Fichte dieses sittliche Gefühl oder gibt es zu; gibt [er] es zu, so ist der Ästhetische Sinn als solches Band überflüssig und nicht erklärt in seiner Differenz vom sittlichen Gefühl. Wollte er beydes identificiren oder sagen, das ästhetische schließt sich unmittelbar an das sittliche an, so gäbe das eine Beschränkung und pedantisch enge Kunstbetrachtung, da Kunst nur Mittel für die Sittlichkeit würde. Soll dann die Kunst bloß den ästhetischen Sinn bilden wollen, so ist sie ein Pädagogisches und alle solche Thätigkeiten haben nach Fichte Tendenz, sich selbst überflüssig zu machen, d. h. ist der ästhetische Sinn gebildet, so ist Kunst nicht mehr nöthig, als bloß in Beziehung auf ein neu kommendes Geschlecht; da aber die Kunstwerke bleibend sind, so wäre Kunstthätigkeit sehr wenig nöthig, sobald einmahl eine gewisse Ausbildung des ästhetischen Sinns da ist. Es dürfte also in der Menschheit nur eine einzige Kunstepoche geben, als Schaz, woraus immer diese Bildung des ästhetischen Sinns geschöpft werden kann. 2–5 Zu Fichtes Bestimmung des ästhetischen Künstlers als Bindeglied zwischen Gelehrtem und Volkslehrer vgl. die Sachanmerkung zu S. 133,6–7. 8 Kant verwendet den Begriff „sittliches Gefühl“ in der „Kritik der Urteilskraft“ (1793) im Kontext der Diskussion des intellektuellen Interesses an der Natur- und Kunstschönheit. Dabei legt Kant es als die Eigenschaft eines sein „sittliches Gefühl“ kultivierenden Menschen dar, an der Natur Gefallen zu finden und ihre Schönheit, die sein unmittelbares Interesse weckt, zu suchen. Ein solcher Mensch zeige jederzeit „eine dem moralischen Gefühl günstige Gemütsstimmung“ (KdU B 165–168; Kant AA 1/V, S. 298–300). Das „moralische Gefühl“ bestimmt Kant in der „Kritik der praktischen Vernunft“ als eine Haltung der Achtung vor dem allgemeinen Moralgesetz, das den Willen motiviert, diesem Gesetz entsprechende Handlungen zu vollziehen (KpV B 133; Kant AA 1/V, S. 75). Ähnlich definiert Kant dann in der „Metaphysik der Sitten“ (1797) das „moralische Gefühl“ als eine Empfänglichkeit für Lust oder Unlust bei pflichtgemäß durchgeführten Handlungen und als eine subjektive Voraussetzung der Sittlichkeit (Kant AA 1/VI, S. 399).

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Eine neue Wendung freylich bloß in Andeutungen erhielt die Ästhetik durch S c h e l l i n g. Betrachten wir diese ganze Reihe von Kant, Schiller und Fichte, so ist überall die Theorie vorzüglich auf die Poesie hin [gerichtet]; denn diese ist das verständliche worüber von Eindruck und Art dazu zu gelangen am meisten etwas allgemeines gesagt werden kann. Betrachtet man Kants und Fichtes Ansicht, so ist es sehr schwer, | es auf Musik und bildende Kunst anzuwenden; so auch die Schillersche Theilung des Naiven und Sentimentalen ließe sich in Musik schwer darstellen. Die bildende Kunst steht so in der Mitte, aber sie in diese zwei Classen bringen ist schon weit schwerer als die Poesie. In der innersten Anlage herrschte die Richtung auf Poesie vor. Denkt man an Fichtes pädagogische Richtung der Kunst so sind die Werke, die etwas Ethisches ausdrücken, doch am geeignetsten Verstand und Willen zu verbinden und das ist auch in Poesie am meisten der Fall. Der Musik und Plastik ist auch schwer moralische Tendenz unterzulegen. Es war vorherrschende Beziehung auf Poesie, i. e. Anknüpfen an Aristoteles und die andern Künste waren nicht so in die Einheit aufzunehmen. Es fehlte freylich nicht an philosophischen Betrachtungen über Werke der Plastik, aber die hielten sich ans Unmittelbare und gingen nicht auf Principien zurük. Nun wollte Schelling die bildende Kunst besonders wieder hervorheben, hielt aber die Einheit des Begriffs der Kunst nicht fest. Er sagt, man würde weiter kommen in [der] Theorie der bildenden Kunst wenn man die philosophischen Principien nicht aus Moral oder Psychologie nähme, sondern mehr aus der Naturwissenschaft. Das ist nur eine Andeutung; aber will man das annehmen, da ja dadurch am ersten der alte Zweifel gelöst würde, wie es stände um [die] Einheit der gefallenden Natur- und Kunstgegenstände; und fragt man[,] sollen die andern Künste auch aus der Naturwissenschaft begriffen werden: so geht das gar nicht füglich an. Eine gewisse Seite gibt es, von der man dieses sehr allgemeine so betrachten kann. Die Kunst gestalte sich verschieden unter bestimmten Völkern und bestimmte Differenz ist wo Racendifferenz; da ist das ästhetische Wohlgefallen auch an Naturgegenständen. Die Orientalen fassen die menschliche Schönheit unter ganz andrem Typus als wir. Racendifferenz beruht nun freylich in der Natur als Verschiedenheit des menschlichen Geistes in seiner Leiblichkeit zu der äußern Welt. Könnte man nun auch alle diese Differenzen fixiren, so wären wir für 4 das] folgt ))am** 1–2 Vgl. die Sachanmerkung zu Schleiermachers Marginalien zum Kolleg 1832/33, S. 133,8–9 22–25 Schleiermacher rekurriert hier wohl vor allem auf Schellings Rede „Über das Verhältnis der bildenden Künste zu der Natur“ (1807); vgl. dazu Schleiermachers Exzerpte in den Notizen zur Ästhetik I, S. 5,8–9.

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[die] Einheit des ganzen Gebieths nicht weiter, da es nur eine Erklärung für die Differenz wäre. Hätte man die Meinung die naturwissenschaftliche Auffassung solle sich specifisch auf bildende Künste beziehen, so wäre das ganze Gebieth der Kunst gespalten, bildende Kunst würde wurzeln in Naturwissenschaft und redende Künste im Geiste. Schöne Kunst als Einheit wäre aufgelöst, außer man würde noch weiter diese zwei Gebiethe Natur und Geist zusammenfassen, was nur PferneS Einheit gäbe. Resultat ist, der Begriff der schönen Kunst, als Gegenstand der Disciplin, steht noch nicht fest; nicht nur steht er nicht fest als Definition ausgeführt, sondern es steht nicht einmahl fest, ob es eine wirkliche Einheit ist oder nicht; denn man ist von einem einzelnen Kunstgebieth ausgegangen. Bleibt man beym Griechischen, so ist Unsicherheit im Gebrauch der zwei Ausdrücke Kunst und Wissenschaft; also ist Kunst als Einheit noch nicht fest. Noch weniger der Begriff der schönen Kunst; es gab gar keine gemeinschaftlichen Beziehnungen derjenigen Thätigkeiten, die wir jetzt dazu rechnen. Der Unterschied zwischen liberalen und handwerksmäßigen Künsten ist ein ganz andrer; sie thun Vieles zu dem, was eines Mannes von voller politischer Würde würdig ist, was wir nicht zu der schönen Kunst rechnen und umgekehrt. Man blieb zwar in der Voraussetzung der Begriff sey da, aber nie wurde er geltend und blieb immer unbestimmt. Gewisse Hauptzweige wurden von jeher dazu gerechnet z. B. redende und bildende Künste; aber eine gemeinschaftliche Theorie dafür, die für [die] Einheit des Begriffs bürgen würde, gab es nicht. Nachher standen einzelne Künste auf z. B. schöne Gartenkunst; Reitkunst. Ist ein Begriff so, daß man nicht bestimmen kann, was als besondre Art darunter zu fassen ist, so steht er eben noch gar nicht fest und so liegt die Sache bis jetzt noch. Bedenklich ist es, was noch in Wirksamkeit fortbesteht als Geschichtliches zu betrachten, aber als letzten Punkt muß es hier Platz finden, ich meine die He ge l s c h e P h i l o s ophie, die [worin] die Kunst dem absoluten Geist zugeschrieben wird, genau verwandt mit Religion und Philosophie, d. h. zum Höchsten gehörig. Einlassen kann ich mich nicht, sondern nehme es nur als Fortsetzung unsrer | Linie, so daß He2 man] es

31 muß] folgt ))ich**

30–3 Schleiermacher rekurriert hier offenbar auf Hegels Philosophie des Geistes aus der „Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse“ (1827), von der er 1830 ein Exemplar bei seinem Verleger Reimer bestellt hatte. Hegel bestimmt darin Kunst, Religion und Philosophie als die drei Stufen der Selbstreflexion und -erkenntnis des absoluten Geistes. Vgl. Schleiermachers Marginalien zum Kolleg 1832/33 und die entsprechende Sachanmerkung zu S. 134,1–3.

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gel die Kunst auf den höchsten Punkt stellt, da sie den höchsten Entwicklungen der Menschheit noch an die Seite gestellt ist, i. e. absolutes maximum ihrer Werthschätzung, die gedacht werden kann. Fassen wir dieß Geschichtliche zusammen, einmahl die einzelnen Zweige für sich, dann den Eindruck betrachtend, als verwandt zwischen Kunst- und Natureindruck, und, PdannS das Übergehen auf das, was diesen Eindruck hervorbringt, i. e. Kunst und was ihr in Natur analog ist. Aber da jene verschiednen Zweige nur unsicher in Eins zusammengefaßt wurden, so hört diese Unsicherheit bey Hegels Ansicht auf, da alles wegfällt, was diese hohe Stellung nicht einnehmen kann. Ebenfalls muss das Schwanken zwischen der Herleitung des pathematischen Zustands aus Kunst und Natur aufhören, wenn man absoluten Geist näher entwickelt. Halten wir Parallelen fest zwischen Kunst, Religion und Philosophie, so ist jene auch als menschliche Thätigkeit genommen, folglich die Natur hier bey Seite gelassen, also auch der Eindruck von ihr her (pathematischer Zustand). Was liegt uns nun ob, wie stehen wir nun? Das kann nicht vollständig beantwortet werden, ehe wir noch auf eine andre Seite der bisherigen Entwicklung sehen. Was ich bis jetzt geschichtlich gab, ist Richtung der ganzen Betrachtung nach der Seite der Philosophie hin. Sowohl in Aristoteles Äußerungen als den ersten Anfängen der modernen Ästhetik ist dieß nicht so deutlich. Freylich denken wir gewöhnlich den Aristoteles als Philosophen; allein er geht nach allen Seiten hin so sehr ins Einzelne, daß seine Betrachtungsweise nicht die ist, wie man jetzt philosophisch speculativ ist, z. B. seine naturhistorischen Werke sind doch ganz und gar Betrachtung des einzeln Gegebnen. So hat seine Logik auch eine solche Seite, da das ganze ὄργανον endigt in der kleinen Schrift der Widerlegung der sophistischen Trugwerke; also auf etwas Gegebnes hin. So seine Politik, Rhetorik, Poetik usw. Überall geht er von den gegebnen Kunstwerken aus, untersucht dann, was ihnen ihren Werth gebe. Aus der Idee der Kunst überhaupt construirt er nicht. Diese Richtung aufs Philosophische hin, ist also in den ersten Anfängen nicht entschieden. Von diesem Weg nahm eine Richtung die Seite n ac h d e m P h i l o so p h i schen ; aber von demselben Punkt aus geht auch eine Linie an d e rsw ohin. Wir müssen da mehr auf Aristoteles’ Rhetorik sehen als auf [die] Poetik, in dieser sind keine Vorschriften, wie der Künstler soll zu Werke gehn, wohl aber in der Rhetorik; auch schon vor dem Aristoteles gab es solche τέχναι ρήτορικαι, oder τέχναι schlechthin, da es von andern Künsten keine solche Anweisungen gab. Die Rhetorik, wie sie da behandelt war, gehört freylich nicht in den reinen Begriff der Kunst, wie wir ihn 1 sie] folgt ))neben**

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behandeln wollen, da sie einen ganz andern Ausgangspunkt hat, immer im politischen Gebieth versiert und einen bestimmten Zweck erreichen will. Allein diese τέχναι haben sich sehr überwiegend mit der Gliederung der Rede und des Musikalischen in derselben [befasst], was doch gerade die Seite ist, die der eigentlichen Kunst angehört. Da also Vorschriften, wie der Künstler zu Werke gehe. Das wiederholt sich in der modernen Ästhetik, daher neben der specula t iv en Richt u n g , auch die nach der p r ak t i s c h e n S eit e. Sollten wir hier theilen, indem wir Alles darüber Litterarisch Erschienene verweisen in die speculative und in die praktische oder technische Richtung, so wäre das bey Manchen leicht, bey Andern nicht durchzuführen. Da fragt sich also, inwiefern dieses beydes Eins ist, oder wenn nicht, wie man es abgränzen solle. Es kurz zusammenzufassen und das streitige Gebieth zu bezeichnen will ich versuchen. Denken wir, es hat einer Vorschriften gegeben von technischer Art in einem einzelnen Kunstzweig (denn offenbar gehen sie nur vom Einzelnen aus), so kann, was den einzelnen Kunstzweig betrifft, als den andern entgegengesetzt, nicht der speculativen Seite angehören. Fragt man, liegt es in der Natur der Sache, daß wer solche Vorschriften gibt, die Idee der Kunst ganz bey Seite stellen kann, so ist es unmöglich. Denkt man, es sollen Vorschriften für den Bildhauer gemacht werden, so würde da von den Materialien gehandelt, | in denen sie arbeiten können. Man wird sagen z. B. dasselbe Bild läßt sich aus Stein und Holz machen, doch in andrer Begränzung, was müßte gezeigt werden, doch nothwendig dazu, ob solche Gegenstände die man in Holz machen kann, Kunstgegenstände seyen. Da kommt man schon auf [den] Begriff der Kunst. Geht man weiter zur Sculptur im Großen, wo man Stein braucht, so gibt es ebenso große Werke in Erz, wo aber das Kunstwerk in einer andern Epoche entsteht, da die Form dem Guß vorangehen muß. Da entstehen Bedingungen in der Ausführung, die nicht sind bey andrem Material, also muß man auf die Differenz aufmerksam machen, kann es aber nicht, ohne sich mit dem Gegenstand zu beschäftigen. Gehen wir weiter und sagen, Mahlerey zeigt, daß ein Kunstwerk Einheit seyn kann und doch aus vielen Einheiten bestehen; so in Bildhauerey. Geht man auch ganz rein aus diesem Technischen aus, so ergibt sich doch schon eine ganz 6–8 Mit „spekulativer Richtung“ dürfte Schleiermacher die oben skizzierte jüngere Geschichte der philosophischen Ästhetik seit Baumgarten und Kant gemeint haben, während er mit „praktischer Seite“ wohl eher die Poetologien des 18. Jahrhunderts fokussierte, etwa die Regelpoetik, die im französischen Klassizismus und in der deutschen Empfindsamkeit verbreitet war und in mehreren Hinsichten auf die „Poetik“ von Aristoteles rekurriert. Vgl. exemplarisch: Johann Christoph Gottsched: Versuch einer Critischen Dichtkunst vor die Deutschen, Leipzig 1730.

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andre Begränzung für die Bildhauerey als für das Gemählde. Gemählde in Sculptur zu verwandeln ist in Beziehung auf den Stoff schon unmöglich. Hat diese Begränzung ihren Grund nun im Material oder im Wesen der Kunst zugleich? So ist das schon Übergang dieser bestimmten Kunst in ihrem Verhältniß zu den andren. Soll die Anweisung genügen so muß immer vorkommen Manches aus dem speculativen. Geht man vom speculativen aus, kommt man dann auch so nothwendig auf Dinge, die aus dem Technischen sind? Offenbar; denn will man z. B. die Sculptur umfassen, so muß man, gesetzt man kann ihren Begriff speculativ von oben ableiten, so müßte mit der Kunst auch ihr Umfang bestimmt werden, wie weit sie ins Kleine und Große gehen kann, denn ohne das Maaß eines Gegenstands kennt man sein Wesen nicht, da man keine absolute Trennung des Wesens und der Erscheinung machen kann. Das Maaß muß mit bestimmt werden; Kirschkern z. B. mit einigen hundert Physiognomien, so die Riesenwerke des Orients. Sind sie PKunstS? Kann man nicht antworten, so hat man den Begriff Kunst nicht. So ist gänzliche Trennung des Speculativen und Technischen (Praktischen) nicht möglich. Hätten wir der Ästhetik als Theorie der Kunst einen Platz angewiesen in einem System der Wissenschaft überhaupt, in einer allgemeinen Encyclopädie, so würden wir PdaS den Begriff der Kunst allerdings aufstellen können in ihrem relativen Gegensatz zu allen andren menschlichen Thätigkeiten die da sind. Das ist aber noch nicht Ästhetik, denn so wie der Begriff soll entwickelt werden, ist nicht möglich sich von dem was der äußern Erscheinung angehört, ganz zu trennen. Nun wollen wir uns über unser Unternehmen verständigen. Doch muß ich einen Grundsatz voranstellen: Eine wissenschaftliche Behandlung eines Gegenstands, der seinen Ort schon in der menschlichen Thätigkeit wirklich hat, darf weder, wenn man auf die Entwicklung in der Zeit sieht, sich an irgend einen Punkt allein halten, sondern die ganze geschichtliche Reihe soll ins Auge gefaßt werden; und anderseits wenn der Gegenstand geraume Zeit seinen Ort im menschlichen Leben gehabt hat, so ist er auch im Raume auseinander gegangen; und es gab verschiedne Arten, ihn zu behandeln; und die wissenschaftliche Behandlung darf nicht an eine solche allein sich anschließen, sondern muß alle diese Einseitigkeiten zusammenfassen. Von diesem Satz aus wollen wir unsre historische Entwicklung revidiren und sehen, was der Grundsatz von uns fordert. In jener überwiegend geschichtlichen Entwicklung finden wir zwei Differenzen, das Verweilen bey einzelnen Kunstzweigen für sich 15–16 Vgl. die Sachanmerkung zu S. 452,17–18

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und das Aufstellen eines allgemeinen Begriffes der Kunst. Das erste erscheint uns so nur als Negation des zweiten, i. e. man betrachtet die einzelnen Kunstzweige nur so lange rein für sich, als der Begriff der Kunst noch nicht gefunden ist. | Könnte man den allgemeinen Begriff [der] Kunst aufstellen und daraus die einzelnen Zweige entwickeln, so wäre das noch nicht die ganze Behandlung, denn nicht nur soll jeder Zweig für sich aus dem Allgemeinen abgeleitet, sondern jeder auch auf alle andern bezogen werden. Nun fragt sich: Was gehört denn in den Begriff der Kunst hinein und was nicht? Da finden wir viele streitige Punkte, daher ist dieses erst noch zu leisten, noch nicht gelöste Aufgabe, daß man den Begriff der Kunst vollkommen fixire und von allem Streitigen befreye. Dieß die erste Aufgabe, die uns unser Grundsatz auferlegt, einen so bestimmten Begriff zu finden, daß von nichts mehr streitig ist, ob es hinein gehöre oder nicht. Doch muß es so gestellt seyn, daß die Möglichkeit des Entstehens neuer Zweige berücksichtigt wird. Es muß Einfluß geben der speculativen Principien auf [die] technische Ausführung und das müßte von allen Kunstzweigen wenn auch in verschiednem Grade gelten. Zu bezweifeln ist dieß nicht, aber da es sehr verschiedne Verfahrungsarten in der Ausführung gibt und wenn man damit vergleicht die verschiednen Ansichten der Kunst im PGanzenS, so ist eine gewisse Korrespondenz zwischen beyden nicht zu verkennen. Daher müssen die speculativen Principien bis auf einen gewissen Punkt geführt werden, daß klarer der Zusammenhang des Technischen würde. Bis auf diesen Punkt ist die Sache noch nicht; sondern große Differenz zwischen denen, wo Zurückgehen auf allgemeine Principien dominirt, und denen die mehr von Betrachtung des Einzelnen ausgehen. Jedes Unternehmen nun muß sich bewußt seyn auch wie weit es den andern entgegen komme. 1.) Wollen wir den Begriff der Kunst als Einheit bestimmen und zwar so, daß sich die einzelnen Zweige als nothwendig und den Begriff erschöpfend ergäben. 2.) Daß wir für den Umfang der Betrachtung uns nun entscheiden entweder für das Ausgehen vom Einzelnen aus rückwärts auf das Allgemeine; oder für das Ausgehen vom allgemeinen Begriff nach dem Einzelnen hin, dann mit einer Bestimmung, wie weit dieser solle befolgt werden. 3.) Daß wir müssen die beyden Betrachtungsweisen der ganzen Sache auf einander zurückzuführen suchen, die eine, welche vom Eindrucke ausgeht, also als Feststellung des Schönen oder Schönen und Erhabenen, und von der andern Seite von der Thätigkeit ausgehend 30 Einheit] folgt ))zu**

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in der Productivität selbst. Da muß das Verhältniß in dieser Beziehung fixiert werden und von welchem aus wir construiren wollen[,] ob von dem aus, daß das Ursprüngliche die Productivität sey, oder hingegen der Eindruck. Erst nach diesen Bestimmungen könnten wir anfangen, das ganze Gebieth der Kunst und des Geschmacks durchzuführen bis ins Einzelne hinein. 1.) Was den Umfang in der letzten Beziehung betrifft, so gehört die Ästhetik als menschliche Thätigkeit allerdings zu den philosophischen Disciplinen[;] allein geht man von mehr historischen Betrachtungen aus, so gehören Vorbestimmungen mehr übers Technische oder Geschichtliche an einen andern Ort. Wir behandeln sie als von der Ethik ausfließende Disciplin im Allgemeinen und dann Subsumtion der einzelnen Erscheinungen. In so weit Kunst als Einheit aufgestellt werden kann, ist dann das nächste, die Hauptgebiethe zu bezeichnen, in denen sich dann diese Thätigkeit zeigt. Das läßt sich nicht rein von oben her ableiten, da diese Mannigfaltigkeit schon mehr oder weniger ein Individuelles ist, was nur kann aufgefasst werden, so wie es gegeben ist. Zusammenhang der Kunst mit dem menschlichen Sinn ist nothwendig da nur durch diesen die Eindrücke kommen[, die] also von der Beschaffenheit der Sinne abhängen. Diese selbst sind nicht von oben abzuleiten, sondern man nimmt sie aus dem Begriff der Menschen wie sie uns gegeben sind. Also geht man da vom Gegebnen aus doch im Streben, es zusammenzufassen. Sind die Kunstzweige aufgestellt, dann ist wieder die Mannigfaltigkeit in diesen selbst auf die nehmliche Weise zu behandeln. Die einzelnen Gattungen in einer bestimmten Kunst kann man noch weniger rein von oben her ableiten, da | diese Entwicklung schon mit ein Theil der Geschichte ist. Sehen wir nun, daß es in denselben Kunstzweigen zu denselben Zeiten und unter verschiednen Nationen Gattungen gibt, die da entwickelt sind, anderswo nicht, so muß man sondern und gewisse Allgemeinheiten suchen, die sich unmittelbar mit dem Begriff des Kunstzweiges ergeben, und neben diesen dann Besonderheiten, die mehr einen individuellen Grund haben. Dieß würde Grenzpunkt seyn für unsre Annäherung an die andre Art, die von der technischen Seite, also vom Einzelnen ausginge. In dem Maaß als wir in einem Kunstzweig die wesentlichen und zufälligen Äußerungen scheiden, müssen wir Sätze aufstellen, die die Vollkommenheit eines jeden taxieren. Die technischen Vorschriften haben freylich unmittelbar diese Vollkommenheit im Auge, das ist von der andern Seite das nächste, was uns erst das letzte seyn kann. Sagt man nun, dieß und jenes macht die Vollkommenheit eines Kunstwerks aus, so schneidet man sich ab, Vorschriften

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aufzustellen, wie der Producirende zu verfahren hat, um sie zu erreichen, was wir dem technischen Gebieth überlassen. Die letzte allgemeine Aufgabe dann, die zwei entgegengesetzten Ausgangspunkte den vom Eindruck oder den von der Production auf einander zurückzuführen, das ist die erste, die wir auflösen, weil davon abhängig ist die Art, wie wir den Begriff der Kunst bestimmen können. Kurz entwickle ich z. B. eine aufgestellte Theorie aus der ersten Entwicklung der modernen Kunst, zugleich aus dem Alterthum her, sie sey eine N ac h ah m u n g d e r Nat ur. Wie kann das entstanden seyn? Das schließt in sich eine bestimmte Art, sich jenes Verhältniß zu construiren. Man sagt, die Gegenstände die uns umgeben und afficiren, werden uns theils dadurch, daß sie unsre Sinne afficiren, zu Vorstellungen und Bildern, andrerseits entsteht durch diese Affection ein Zustand des Menschen einer Wahrnehmung, seines Verhältnisses zu einem Gegenstand, die ihn zu einer Action auffodert, jenes Richtung auf Erkenntniß, diese auf Begehrungsvermögen. Zwischen beyden liegt nur Wohlgefallen oder Mißfallen, das weder Erkennen, noch Handlung hervorrufend ist. Da sagt man, dieses fixirt nur die Richtung von der die Kunst ausgeht, und je mehr der Einzelne sich dieser hingibt, desto mehr gehört er diesem Gebieth an. Aber das Wohlgefallen, welches nun die Gegenstände erregen, erregt auch wieder ein Verlangen nach diesen Gegenständen und da der Mensch sie selbst nicht produciren kann, so bildet er sie nach, und dieses Nachbilden des in Natur Wohlgefälligen ist die Kunst. So hängt [die] Bestimmung der Kunst wesentlich ab von dem, ob man von Spontaneität oder Receptivität ausgeht; und fragt man, was bedeutet eigentlich und ist diese Thätigkeit die Kunstwerke produciert, dann geht das wesentlich von der andern Ansicht aus. Einen Schritt weiter sagten wir: Nach Aufstellung des allgemeinen Begriffs sollen die verschiednen Kunstzweige gestaltet werden. Allein wie es verschiedne Arten gibt, zum allgemeinen Begriff zu gelangen, er selbst also ein verschiedner ist, so kann der eine nicht unter sich begreifen was der andre. Fragen wir weiter, was rechnen wir gewöhnlich zu den schönen Künsten und entstehen alle so? Die bildenden Künste können es leicht; wo menschliche Gestalt noch nicht entwickelt ist und noch nicht Bildung für dieses Wohlgefallen, da entsteht diese Kunst nicht. Die Griechen sahen wohlgefällige Gestalten und daher vervielfältigten sie sie. Auch die Dichtkunst insofern sie menschliche Verhältnisse oder Natur darstellt, kann von jenem Wohlgefallen ausgehen, nur daß es hier mehr ein Wohlgefallen an dem Geistigen 8–10 Vgl. die Sachanmerkung zu S. 40,16–17

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15 ?] . 19 wegen] über der Zeile 26–27 nachgeahmt] nachgeamht 36 haben] hat 36 vervielfältigen] vervielfältigt

26–32 Vgl. Schleiermachers Notizen zur Ästhetik II, S. 31,18–19 und die entsprechende Sachanmerkung

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Seite: D a s gan z e G e b i e t h s e y ei n e ursp rüng l iche Product iv it ä t . Dieses ist sehr anschaulich in Beziehung auf die Künste in dem Maaß, als sie in jenem Begriff nicht aufgehen wollten. Die Musik können wir gleich gelten lassen als eine ursprüngliche Productivität, so den Tanz, da die Art harmonischer Bewegungen nicht in der Natur gegeben ist; so Architectur. Aber wie kommen dann die bildenden Künste zu stehen? Die scheinen doch ganz auf die andre Seite gehörig. Nehmen wir dazu, daß der Begriff von Schönheit der Gesalt in andren Climaten ein andrer ist, da doch die Gegenstände die man an einem Ort schön nennt, überall Analoges haben. Gibt es aber einen Kunstzweig, der auf die andre Seite gehört, so sehen wir, daß weder die eine, noch die andre Seite zu einem allgemeinen Begriff der Kunst gelangt. — Da ist nur zweierley übrig, entweder wir geben die Vorstellung von [der] Zusammengehörigkeit gewisser Eindrücke oder den Gegensatz zwischen beyden Beziehungen auf. Das erste sind wir nicht im Stande, weil wir unser Urtheil immer doch nach dem richten, in welchem Grad ein Kunstwerk einen Eindruck hervorbringt. Das ist ganz unabhängig von dem Fehler in der Kunst, auf den Effect hinzuarbeiten, denn das ist etwas andres als das reine Wohlgefallen, das aus Totaleindruck entsteht; man versteht immer eine einseitige Richtung, seine Kraft auf eines zu werfen, um den Mangel an Harmonie des Ganzen zu decken. Macht ein Kunstwerk gar keinen Eindruck, so nennt es Niemand so, und denkt man das abnehmend und wir kämen zum Nullpunkt, so kann man sehen, daß es ein Kunstwerk seyn will, aber ob wir dem Künstler auch die Tendenz zuschreiben, erklären wir es doch [für] ganz verfehlt. Niemand kann vom Kunstwerk den Eindruck trennen. Also bleibt nur, den pathematischen Standpunkt und den productiven Standpunkt von denen jeder für sich nur auf einige Künste zu passen scheint, in Eins zusammenzufassen, wobey dann möglich wird zu einem allgemeinen Begriff zu gelangen, der die Aufgabe ganz in sich schließt. Wie das geschehen kann, und wie die Ästhetik dann zu den andren Disciplinen zu stehen kommt, und daß es nur auf Einem Wege geschehen kann übergehe ich, und gehe zu einem Zweyten über das auch zum Begriff der Kunst führt. Praxis ist in diesem Gebieth immer vor der Theorie gewesen und erst durch Anschauung analoger Producte und Thätigkeiten ist man dazu gekommen, [Kunst] in allgemeinen Begriffen zusammenzufassen. Ein Begriff der also nur Resultat von gegebnen Einzelnen ist, kann nicht der richtige seyn, sondern der müßte a priori hergeleitet werden; | das mag man noch so sehr sagen, so antworte ich, dieser speculative Begriff sey hier gar nicht aus sich entstanden, sondern in Bezie-

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hung und bestimmt vom Empirischen; also immer darauf es ankommt, ob dieses richtig. Es fragt sich: Was für Gegenstände freyer menschlicher Thätigkeit hat man zusammenzufassen, wenn man nichts auslassen will, das unter den speculativen Begriff dann subsumirt werden müßte und nichts auslassen, was man unter diesen hernach subsumiren kann? Da gibt es bedeutende Unterschiede; ich fange mit einem Beyspiel an, wo die Frage ins Wesen eines ganzen Kunstzweigs einschlägt. Ein jedes, auch noch so schlechte Gebäude ist doch ein Gebäude. Denkt man ein noch so schlechtes Wohnhaus, aber doch einige Verzierungen dabey; ist nun das Ganze oder die Verzierung das Kunstwerk? Da theilen sich gleich die Meinungen. Die einen sagen, etwas das so ganz bestimmt einem Lebenszweck dient, das gehört ins mechanische Gebieth, wie ein Meuble, aber Verzierung daran, das gehört zur Sculptur also in die Kunst; die Architectur wäre nur Kunst, wo die Thätigkeit des Künstlers nicht beschränkt ist durch nothwendig in einem Zwecke gegründete Bedingung. Also [eine] Kirche wäre [ein] Kunstwerk nur, wenn man ohne akustische Bedingungen arbeitet. So unterscheidet man Productionen, die man ihrem Wesen nach Kunstwerk nennt, andre nur wegen etwas an ihnen, nicht das Wesen selbst. Sollen wir nun auch das alles, wo die Kunst gleichsam nur per accidens ist, mit zur Kunst rechnen, aber in der Trennung von Hauptgegenständen, oder nicht zur Kunst rechnen? Ja wo diese Trennung aber nicht angeht z. B. in Beziehung auf die Sprache[,] wird nicht die Poesie allein für eine Kunst gehalten, sondern auch die Beredsamkeit. Denke ich eine antike politische Rede, ja so muß die ganz darauf gerichtet seyn, die Versammelten in einer bestimmten Zeit auf eine bestimmte Weise zu bewegen. Vermöge des vorläufig Festgesetzten, wäre also die Rede kein Kunstwerk, der Eindruck ist bloß der einer großen Geschicklichkeit der Behandlung des Gegenstands und der Menschen, also bloß praktische Virtuosität, aber Kunst nicht. Findet man aber eine äußre Harmonie und Wohllaut im Periodenbau cet., ja so empfangen wir einen Kunsteindruck, der auch da seyn könnte, wenn die Rede gar nicht so auf einen Zweck eingerichtet PwäreS, aber wer will da trennen? Soll da, was nicht Hauptsache ist, das ganze Werk zum Kunstwerk machen, oder soll diese ganze Gattung nicht zur Kunst gehören, sondern so daß sie nur das Künstlerische aus einem andren Gebieth hernähme? Da wir das in so verschiednen Zweigen finden so fragt sich: Macht das, daß etwas von Kunst an einem Werk ist, dieses selbst zum Kunstwerk und die Gattung zum Kunst37 ?] . 11–16 Vgl. die Sachanmerkung zu S. 117,3–4

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zweig? Anders z. B. grammatikalische Regel gehört nur in Kunst, wenn man sie in Verse bringt, ist es dann ein Kunstwerk? Da sagt man nein, sondern was daran Kunst ist, das Metrum ist herabgewürdigt zum Dienste eines gewissen Zwecks. Betrachte ich aber die Regel der Verse, so muß ich sie doch nach denselben Regeln beurtheilen wie die Verse der Aeneide. Erst fragt sich also: Wie weit wollen wir den Umfang von Gegenständen stellen, an denen wir unsern Begriff zu suchen und zu greifen haben? Aber sind wir nun ans unendlich Kleine gekommen, so laßt uns auch nach dem unendlich Großen sehen. Da ist eine alte Rede, die ganze Welt sey ein Kunstwerk und das sey der die Menschen ursprünglich bestimmende Grund der Religion. Da müßten wir fragen: Sollen wir bey [der] Aufstellung des Begriffs darauf auch Rücksicht nehmen, daß die Welt darunter passe? In praxi ist das nicht bedeutend, da uns die ganze Welt nicht gegeben ist, wir müßten jedes Kunstwerk als Ganzes in uns haben können, was da nicht der Fall ist. Doch ist die Frage interessant, wenn man sie so stellt: Indem dieß gesagt wird, denkt man dabey an die Kunst wie wir es hier fassen wollen, oder an die Kunst im mechanischen Sinn? Sagt man es ist höchstes Ziel aller Weltbetrachtung sie auf einen Calcül zu reduciren, die Himmelskörper zu wägen wie zu messen, so scheint die mechanische Kunst zum Grunde zu liegen. Gehen wir aber zu Kant z. B. wie er den gestirnten Himmel als das größte Beyspiel von Erhabenheit in der Natur darstellt, so scheint doch wieder der Begriff des Kunstwerks in unsrem Sinn zu Grunde zu liegen; denn von der Seite hat man die Natur viel mehr behandelt als man daran dachte es auf [einen] Calcül zu bringen. Also auf Seiten des unendlich Großen entsteht die Frage so gut wie beym unendlich Kleinen. Da müssen wir erst einen Entschluss fassen, weil wir sonst nicht können den Anfang setzen. | Das alles ist nöthig, den Begriff Kunst zu bestimmen. Die letzte Frage ist das leichtre, weil uns nun schon das Gebieth der Kunst sich in die Mitte stellt zwischen das unendlich Kleine und unendlich Große. Selbst wenn wir die sittliche Schönheit noch herziehen, was der Analogie nach auf dasselbe führt, was wir Erhabenheit in der PNaturErfahrungS nannten, daß ein sittliches Leben auch den Eindruck des Kunstwerks macht, als Harmonie; so ist das doch nicht die Betrachtung von der man ausgeht bey [der] Construction der Sittenlehre, aber doch ist, was als Kunst könnte angesehen werden, wie dort 1 ?] .

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21–23 Kant äußert im Schlusswort der „Kritik der praktischen Vernunft“ (KpV B 288; Kant AA 1/V, S. 161): „Zwei Dinge erfüllen das Gemüth mit immer neuer und zunehmender Bewunderung und Ehrfurcht, je öfter und anhaltender sich das Nachdenken damit beschäftigt: der bestirnte Himmel über mir, und das moralische Gesetz in mir.“

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bey der Welt, eigentlich an einem andern. Vorläufig würden wir uns nur verwirren, wenn wir das, was nur [als] Kunst scheinen will, weil etwas von Kunst an ihm ist, nicht ausschieden. Fehlt nichts! | Ob wir von oben herab wollen, speculativ oder von unten herauf empirisch und wie weit, müssen wir uns entscheiden. Die Kunstbestrebungen sind da, ehe wissenschaftliche Betrachtungen darüber, d. h. die Kunst ist ursprünglich uns ein Gegebnes. Dasselbe gilt von allen menschlichen Thätigkeiten, auch von den ganz bestimmt sittlichen. Obgleich diese offenbar ein gegebnes sind, so sucht doch die Wissenschaft sie als solche aus dem B e gr i f f d e s Menschen abzuleiten. Insofern nun die Kunstthätigkeiten doch auch freye, vom Willen ausgehende sind, müssen sie auch auf das E thische zurückgehen. Begnügt man sich aber, zu zeigen, daß die Kunstfertigkeiten mit keiner andren sittlichen Thätigkeit im Widerspruch wären, d. h. etwas Erlaubtes seyen, so sind sie damit nicht erklärt. Wir sehen nun, daß wenn der Trieb zu solcher Thätigkeit entsteht, die Sittlichkeit ihn nicht unterdrückt; was aber sein Grund wäre, bliebe unerklärt. Folgen wir dem Begriff als der Freiheit angehörend, so muß man sie mit allen andren freyen Thätigkeiten zugleich erklären; d. h. sie muß aus der Ethik erklärt werden aus dem Begriff des Menschen, so daß wo sie gar nicht entstehen, ein positiver Mangel in [der] Entwicklung des geistigen Lebens wäre. So hätten wir von unten herauf ein Ziel erreicht und das müssen wir erreichen, wenn es Wissenschaft bilden soll. Es kann viel Lehrreiches über Geschmack usw. gesagt werden, aber das ist nicht das wissenschaftliche. Wie weit müssen wir aber doch auch auf dieser andern Seite gehen und welches ist die Gränze? Betrachten wir die eigentlich t e c h n i s c h e n Vorschriften, so können wir sagen, es seyen wesentlich zweierley, Vorschriften für den Künstler und solche für den Kenner, technische und kritische Regeln, die sich aber doch auf das technische bezögen. Offenbar wird es unter diesen Regeln solche geben, die nicht allein aus dem Begriff des bestimmten Kunstzweigs abzuleiten sind, sondern zugleich aus dem Verhältniß desselben zu dem Material, z. B. dem bildenden Künstler Vorschriften für [die] Behandlung des Marmor, oder Erzes, können sie sowohl für den Künstler seyn, wie er es zu handhaben, als für den Kenner. Welches der Grad der Vollkommenheit sey, den ein solches Kunstwerk haben muß und so die Verbindung der Theile, was abweicht sind Mängel, das sind kritische Vorschriften, aber in Beziehung auf das Technische. Stelle ich diese Betrachtung hier auf, so ist darin, daß diese Regeln nicht aus dem Begriff des Kunstzweigs allein sondern 4 Fehlt nichts!] der Rest der Seite ist leer; keine Überlieferungslücke

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auch [aus] ihrem Verhältniß zum Stoff gegründet seyen, so ist das für uns Grund genug, dieses auszuschließen und der Kunstschule zuzuweisen, wohin Kenner so gut als Künstler [gehören]. Dieß [ist] unsre Grenze: Wir betrachten nichts, was gänzlich aus dem Begriff der Kunst hinausgeht. So bestimmt das scheint, kann es noch zu mancherlei Mißverständnissen Anlaß geben. Betrachten wir nehmlich die verschiednen untergeordneten Arten und Gattungen in einem bestimmten Kunstgebieth z. B. in Poesie das Sonnet, Elegie usw. und fragen: Können wir diese unmittelbar aus dem Begriff der Poesie ableiten? Nein, sie sind ein Gegebnes und wo sie gegeben sind können sie nur als Poesie betrachtet werden, aber wer wollte behaupten, nirgends wo diese Formen nicht alle sind, ist die Poesie ausgebildet; z. B. Madrigal und Triolet hat sich bey uns nicht zur Gattung gebildet, ist selbst in Frankreich wieder im Aussterben und in England gar nicht, bey uns nur Nachahmung. Solche Formen erscheinen relativ unmittelbar als willkürlich und gewissermaßen zufällige Formen. Dennoch sind diese nicht ebenso gut auszuschließen als jenes rein Technische, sondern an solches werden wir auch denken, wenigstens wo von der Begränzung die Rede seyn wird. Sie gehören her, wenn auch nur zur Betrachtung des Unterschieds | der wesentlichen und zufälligen Formen, den wir aus dem Kunstbegriff selbst herleiten wollen. Also unter derselben Formel finden wir Auszuschließendes und Aufzunehmendes, also durch diese Formel geht unsre Gränze. Hinaufwärts haben wir uns keine zu setzen, denn ist der ethische Ort der Kunstthätigkeit gefunden, so ist es auch der für den Eindruck der Kunstwerke. – Hinabwärts wäre die Gränze nun so zu bestimmen, da die Kunst einmahl schon vor der Theorie da ist, zu suchen alles Gegebne in den Begriff der Kunst in verschiednen Abstuffungen aufzulösen, wogegen alles was in die Schule gehört, wir ausschließen. Nun können wir den Umfang ganz übersehen und daraus die Anordnung und Art des Fortschritts abnehmen. Offenbar würden wir die Untersuchung verwirren, wenn wir mit den am meisten nach unten zu liegenden zuerst anfingen, wiewohl Veranlaßung dazu vorhanden ist. Daß die Kunstanlage vorhanden ist als das erste und die Betrachtung erst dadurch geweckt, könnte leicht zu folgendem Gang verleiten: Um aufzubauen, müssen wir zuerst sehen, was denn das ursprünglich Gegebne ist, d. h. wir müßten mit dem Mannigfaltigen in der Kunst beginnen; denn die bedeutendsten Kunstzweige waren alle da ehe eine Theorie entstand; und wenn nicht wäre Theorie doch erst vollständig, wenn alle entwickelt sind. Das gäbe den Gang zuerst die einzelnen Kunstzweige alle zu bestimmen, aber ohne den allgemeinen Begriff der Kunst schon 12 nicht] über der Zeile

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aufgestellt zu haben, sondern erst nach [der] Bestimmung jener zu diesem hinaufsteigen. Das wäre ein sehr mißliches Unternehmen, da wir schwerlich zu [einem] einheitlichen Begriff von den einzelnen Kunstzweigen kämen, wenn wir sie nur vom Gegebnen auffaßten, und wären nicht sicher, daß wir es nicht bloß mit leeren und noch dazu mangelhaften Abstractionen zu thun haben, weil wir so nie Sicherheit darüber hätten, daß weder die Kunstzweige vollständig mit aufgenommen wären ins Material, woraus der allgemeine Begriff zu suchen wäre, noch daß sie gleichmäßig aufgenommen wären und nicht Untergeordnetes als coordinirtes. Wollten wir umgekehrt anfangen und rein zur Ethik zurückgehend sagen: Soll die Kunst etwas seyn, womit der Mensch sich beschäftigen soll, ohne daß es als ins Speculative gehörend nach und nach zu verschwinden hat, so muß sie in der Ethik wurzeln, und dann wäre [die] Aufgabe die ganze Kunst in ihren geschichtlichen Erscheinungen bis zu unsrer Gränze abwärts rein a priori zu construiren. Das ist so vergeblich wie das erste gewagt; denn nicht nur ist hier die Täuschung so ungemein leicht und den größten Männern begegnet. Man glaubt rein im Deductionsproceß von Oben begriffen zu seyn, aber man schielt doch immer aufs Vorhandene herunter und fühlt so die Nothwendigkeit dieses mit zur Construction zu nehmen; je größer die Geschicklichkeit ist, desto leichter verstecken sich solche Willkürlichkeiten; aber geholfen ist der Sache nicht; denn kommt dann ein recht Genauer; so zeigt er diese Willkürlichkeit und dann ist die ganze Theorie umgestürzt. Wie haben wir dann zu Werke zu gehen, wenn keins von beyden das richtige ist? Ganz so verhält es sich, wenn wir das Leben der Menschen in der bürgerlichen Gesellschaft betrachten. Diese Staaten nehmlich, die in so erstaunlich vielen Formen existiren, sind auch das Werk freyer menschlicher Thätigkeit und die Thätigkeiten selbst eher da als man an eine Theorie darüber denkt. Da sind die Staaten in mannigfaltigen Formen gegeben, potentielle Verschiedenheiten und formelle, und wir können es nur als das Gegebne auffassen. Wenn man nicht meinen will, daß das ganze Staatsleben lediglich zur Corruption gehöre und in der Natur nun das Gegentheil indicirt sey, sondern annimmt, das Leben im Staat gehöre zur menschlichen Entwicklung: so muß es seinen Ort in der Ethik haben. Nun gibt es hier auch was dort Künstler und Kenner ist, doch hier nicht so streng wie dort, da eigentlich jeder im | Staat mit Künstler ist und mit arbeitet am Staat. Da muß die Wurzel ebenfalls in der Ethik gezeigt werden, daß solches Leben in der Natur aufgegeben sey und da muß der allgemeine 27 ?] .

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Begriff des Staates seinen Ort haben. Auch hier kann man auf beyde Arten verfahren, viele Formen sind gegeben, daher der allgemeine Begriff des Staates schwierig, wollte man sagen: wenn wir sicher sind, alle Formen beysammen zu haben, so wollen wir daraus den allgemeinen Begriff entwickeln, so ist das ein Verfahren, aber nie sicher, da wir nie wissen, ob wir alle Formen hätten. Von da wäre er auch nichts als eine Abstraction, nichts als die einzelnen gegebnen Formen, in denen man wegließe, was sie von einander unterscheidet. Will man das andre Verfahren und in der Ethik den Ort finden[,] also die Aufgabe den Staat zu bilden und so daß man daraus die einzelnen Staaten deduciren könne: so treten da wieder alle die Täuschungen und Willkürlichkeiten ein, nach dem Gegebnen zu schielen. Da ist die Theorie dann leer und nicht ausführbar. Wenn nun weder das eine noch das andre in ihrer Entgegensetzung das richtige ist: wie haben wir nun zu Werke zu gehen? Wir können gar nicht anfangen ehe wir uns entscheiden, ob wir unsern Gegenstand unter [der] Form der Thätigkeit oder des pathematischen Eindrucks betrachten wollen. Nun sind wir darüber einig, daß wir beydes als Eins betrachten müssen, und ist entschieden, daß in jedem Fall unsre Disciplin in [die] Ethik falle, so ist damit entschieden, daß die pathematische Seite untergeordnet werde der productiven. Dieß vorausgesetzt fragt sich: Werden wir in der Ethik die Aufgabe so finden, wie wir sie brauchen können, um in unsrer Betrachtung so weit zu gehen, wie wir uns vorgesetzt haben. Wenn wir den Begriff der Kunst so finden, daß wir die wesentlichen Kunstzweige daraus ableiten können. Das kommt darauf an, wie die Ethik selbst gestaltet ist; doch ist offenbar [eine] Entscheidung nicht möglich ohne die Sinnlichkeit des Menschen in ihrer Besonderheit zu betrachten und die kann die Ethik nicht construiren, sondern nimmt sie nur auf. So wird alles doch auf ein ursprünglich Gegebnes zurückgeführt. Dieses gibt zwei wesentliche und in gewissem Sinn entgegensetzte Theile: Wir werden vom Gegebnen und mehr oder weniger in jedem gegebnen Bewußtseyn der Kunstmäßigkeit [Vorhandenen] ausgehen und da nn rükw ä r t s u m d e n al l ge m e i n e n B e gr iff der K unst in der Et hik zu finden. Dieses s p e c u l ati ve wird der erste Theil seyn, und nach [dem] a l l ge me i n e n B e gr i f f [ d e r ] Kunst werden wir die verschiednen K u n s t z w e i ge einerseits in Bez iehung a uf den a llg em e i n e n B e gr i f f [betrachten] und andrerseits [in Beziehung] auf die Möglichkeit solcher verschiednen Formen in jedem Gebieth und inwiefern diese den einzelnen Kunstzweig erschöpfen. Dabey werden wir was in so u n m i t te l b ar e m Ve rh ä ltniß zu e inem K unst8 wegließe] weglasse

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zw e i g steht von dem, was mehr z u f äl l i g e Erschein ung ist aber allemahl sich unter einen bestimmten Zweig stellt unterscheiden. Dieses z w e it e ist der schon mehr auf der geschichtlichen Seite liegende aber doch im Allgemeinen bleibende Theil. Mit allen diesen Angaben könnten wir auch umgekehrt operiren, dann erhielte unsre Untersuchung andren Charakter. Wir könnten die einzelnen gegebnen Zweige voraussetzen und mit der Untersuchung anfangen die verschiednen Classen, wie sie sich finden in Coordination stellen und kämen so auch dazu durch eine gewisse Abschätzung das Zufällige vom Wesentlichen zu unterscheiden, dieses festzustellen und zum Allgemeinen heraufsteigen. Erstes Resultat wäre so das Gebieth der äußren Kunst in seinen verschiednen Äußerungsarten als Ein Ganzes anzuschauen; und das durch die verschiednen Zweige durchgemacht würde man versuchen, ob sie sich unter einen allgemeinen Begriff subsumiren werden, und ob das Gegebne dann einen Ort darunter finde oder nicht. Dabey würde das letztre vorläufig problematisch gelassen und überall eine solche Abschätzung seyn, nur zu unterscheiden was sich zur letzten Aufgabe eignet [und] was nicht. Dieses beständige Arbitriren ist aber das dem wahrhaft philosophischen entgegengesetzte, ist das Empirische. | Wir schlagen den ersten Weg ein. Zuerst rechtfertigen wir die Ästhetik als selbstständige Disciplin und doch von Ethik abzuleitende, finden aber die Rechtfertigung nur im Verhältniß zwischen Ethik und Ästhetik. Es ist nicht möglich eigentliche wissenschaftliche Untersuchungen zu rechtfertigen, ohne die Voraussetzung daß das Wissen Eins ist, und alle Gliederungen die wir daran machen auf jene Einheit des Wissens zurückgehen muß. Daraus folgt, daß alle einzelnen Wissenschaften gegeneinander in zweifachem Verhältniß stehen können, der Coordination und der Subordination. Coordinirt sind [diejenigen,] die in Einem und demselben Act aus der Idee des Ganzen können aufgestellt werden; subordinirt sind diejenigen, von denen die eine nicht kann aus der Idee des Ganzen aufgestellt werden, ohne daß die andre vorher aufgestellt sey. Ein ganz andres ist es, von einer Disciplin auf eine coordinirte zurückzugehen, oder auf eine der sie subordinirt ist. Damit ist nicht gesagt, das eine sey unrichtig, sondern beydes gleich nothwendig, nur jedes an einem andern Ort. Wenn wir auf die von Anfang [an] aufgestellte und im Wesentlichen bestimmt beibehaltne Organisation des Wissens [und das] vorhin aufgestellte Princip zurückgehen: so hat man überall E t h i k und Phy sik als coordinirte 3 der] das 22 und doch von Ethik abzuleitende] am linken Rand folgt ))aufzustellen** 39 Wissens] folgt ))von**

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Wissenschaften aufgestellt; über beyde eine höhere, der beyde subordinirt sind, die man D i al e k ti k oder Metaphysik usw. nannte. Neben jenen beyden aber hat man keine andern gestellt, also vorausgesetzt es gehöre wesentlich zusammen der menschliche Geist und [die] Natur und kein Drittes dazu. Fragen wir nun nach unsrer Disciplin so muß sie, wenn jene zwei nun sich coordinirt sind, der Ethik subordinirt seyn, denn das agens in der Kunst ist der freye menschliche Geist in seiner Thätigkeit. Existirt also eine Objectivität unsrer Disciplin, so ist sie nur der Ethik subordinirt. Also kann wesentlich die Ästhetik nur bestehen als der Ethik untergeordnet, daher kann man sie nur aufstellen durch Zurückgehen auf die Ethik. Nun ist aber schon gesagt, es sey nicht möglich dieß zu thun, wenn wir nicht die menschliche Sinnlichkeit als Organ der Kunst ebensowohl in Beziehung auf [die] thätige als [auf die] receptive Seite als ein Gegebnes vorausnehmen. Ebenfalls ist beyläufig angeführt eine Äußerung Schellings[,] freylich über die bildende Kunst[,] man werde sie mehr aus der Naturwissenschaft als dem Geiste erklären müssen, womit uns ein Zurückgehen auf die Physik zugemuthet wird. Was ich sage erfordert das auch; denn die menschliche Sinnlichkeit hat zwar ein Ende vermöge dem sie dem Geiste angehört, in ihrem Daseyn ist sie aber in der Natur und nur aus dieser zu verstehen. Das unsrige ist nun weit allgemeiner als das von Schelling; denn jeder Kunstzweig muß eben deswegen weil er mit der menschlichen Sinnlichkeit zusammenhängt, auch etwas Besondres in der Natur haben, worauf man zurückgehen muß z. B. aus dem entgegengesetzten Kunstzweig der Musik. Ihre Principien gehen auf [die] Entstehung des Schalles und [die] Bedingung unter der er ein Ton wird, zurück. So muß jede Kunst ihre phy s ische B a s i s haben. Nur müssen wir das beydes als sehr verschieden unterscheiden, das Zurükgehen auf Ethik und das Hinübergehen (nicht Zurückgehen) auf die Physik. Jenes ist für uns das ursprünglichre als das, was das Princip construirt; und es ist daher wesentlich Eins, das Sichbegründen aus der Ethik. Das Hinübergehen auf Physik ist hingegen ein vielfaches; aber nichts ursprüngliches, denn nie können wir auf Physik übergehen auf unsrem Weg unmittelbar, sondern nur von der Ethik aus, also muß das Hinübergehen auf Physik begründet seyn im Zurückgehen auf die Ethik. Die Ethik hat subordinirte Disciplinen, von denen die unsre eine ist, die sich in ihr begründen müssen. Aber es ist in diesen nothwendig indem sie sich ausbreiten und zur Anschauung werden wollen, ein Hinübergehen in die Physik. Der Ethik 27 zurück.] zurückgehe 15–18 Vgl. die Sachanmerkung oben S. 545,22–25

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subordinirte Wissenschaften müssen mehr seyn, nicht Eine; kann man nun behaupten, daß von andren der Ethik subordinirten Wissenschaften auch ein Hinübergehen auf Physik nothwendig sey, oder nicht? Wenn | nicht, so wäre es der Ästhetik eigenthümlich. Wenn andre auch, so läge es in ihrer gemeinsamen Natur, und die ist nur daß sie in der Ethik liegen und da wäre [schon] in der Ethik ein solches Hinübergehen auf die Physik nothwendig. Nun ist in [der] Politik ebenso ein Hinübergehen auf Physik nothwendig, da die Verschiedenheit der Staatsbildung als die wesentlichen Elemente jedes Staates werden ja, weil da die Thätigkeit des Menschen in der Natur liegt nur verstanden unter Voraussetzung dessen, was seinen wissenschaftlichen Ort in [der] Physik hat. Also ist dieses Hinübergehen ein allgemeines. Sind nun Ethik und Physik wirklich coordinirt und es ist in der einen ein Übergehen in die andre nothwendig, so muß umgekehrt in der andren auch ein Hinübergehen in diese nothwendig seyn, sonst wäre [es] Subordination, nicht Coordination. Fände sich das nicht, so ist es ein Mangel, der blieb lange Zeit in diesen Wissenschaften und diese Seite ist daher noch unausgebildet. Ist ein gegenseitiges Hinübergehen aufeinander nothwendig, so kann das seinen Grund nicht haben in den Entgegengesetzten; das Coordinirte ist aber durch seine Besonderheit einander entgegengesetzt; also muß es gegründet seyn in dem, was über ihrer Entgegensetzung steht; also muß es in jener höhren Wissenschaft begründet seyn, die man Dialektik nennt. Daraus folgt, daß der erste Theil unsres Verfahrens nicht so einfach seyn kann wie es schien, daß Zurückgehen auf Ethik nicht genügt, sondern um das Hinübergehen auf Physik zu begründen man zu jener höhern Wissenschaft aufsteigen muß. Würden wir nun vergeblich in [der] Ethik den Ort dieser Disciplin suchen, wenn menschliche Sinnlichkeit nicht als gegeben vorausgesetzt wird; so sind wir schon von Anfang [an] in dieser Nothwendigkeit.

[1. Theil. Allgemeiner speculativer]

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In dieser ersten Aufgabe des speculativen Theils, die den Ort unsrer Disciplin in [der] Ethik finden will, liegt eine große Schwierigkeit, die nicht völlig beseitigt werden kann. Wir können nehmlich nicht sagen, daß es eine Ethik gebe, auf die man sich ohne Weiteres berufen kann, 3 ?] .

14 muß] folgt ))es**

32–33 Vgl. die Marginalien Schleiermachers zum Kolleg 1832/33: „Historischer Theil“, S. 134,15–11

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sondern von jedem philosophischen System aus ist sie anders gestaltet. Beruft man sich auf eine bestimmte Ethik, so setzt man also das besondre System voraus, was keine Anerkennung hat. So scheint jedes philosophische System, weil es seine eigne Ethik hat, auch seine eigne Ästhetik [zu] haben. Einen vollkommen sichern Anfang für unsre Disciplin gibt es also nicht eher, bis ein System der Wissenschaften allgemein anerkannt ist. Das hieße die Sache aufschieben ins Unendliche (als absolut Unbestimmtes). Die Geschichte des menschlichen Wissens zeigt deutlich, daß sie in entgegengesetzte Perioden zerfällt, in Zeiten, wo eine gewisse Gestaltung des Wissens allgemein anerkannt ist, dann folgt eine, wo dieses Anerkannte aufgehoben wird, womit eine Genesis von relativ entgegengesetzten Methoden gewöhnlich verbunden ist. So gab es [eine] Zeit der allgemeinen Herrschaft der aristotelischen Philosophie. Das fiel und eine Mannigfaltigkeit folgte. Das kann sich also mehrmals wiederholen, und käme eine Zeit allgemeinen Anerkennens eines philosophischen Systems, so wäre auch da noch das Aufstellen der Ethik nach diesem nur problematisch. Diese Schwierigkeit vermindert sich einigermaßen, da wir nun eine bestimmte Richtung haben, die Kunst anzuknüpfen. Alle Ethiken, die hierauf keine Rücksicht nehmen, können wir also bey Seite legen und fragen: Was muß uns eine Ethik geben, in der wir sollen die Begründung der Ästhetik finden. Denken wir uns eine Sittenlehre sey einseitig, entweder als Pflichtenlehre, oder Tugendlehre: so kann uns die nichts nutzen, da noch nie, daß man Künstler sey, als Pflicht ist aufgestellt worden, ja nicht einmahl, daß einer ästhetischen Geschmack haben soll, sondern das Fehlen desselben sieht man nicht als sittlichen, sondern als Naturmangel an. So wenn es bloße Tugendlehre ist; denn setzt man die Kunst einmahl voraus, so gibt es Tugenden, die der Künstler in [der] Ausübung seines Berufs üben muß, aber gar nicht solche, die er als Künstler allein üben muß, sondern bey jedem Berufe. Wo die SittenLehre so ist, bleibt zweierley, entweder es fehlt einem philosophischen System an der Fähigkeit, dieses Gebieth zu begründen, oder man muß über die Ethik wegspringen | und [die] Begründung der Ästhetik in einem Höhren suchen, aber das ist unrecht, wenn Kunst menschliche freye Thätigkeit ist, die als solche nur aus der Ethik begriffen wird, da ihr nur die Physik gegenübersteht. Man kann einwenden, das Denken sey ja auch eine freye Thätigkeit und in seinem ganzen Umfange zusammengefaßt führt es auf den Begriff der Wissenschaft; also aufs Wissen und nun wird ja die Begründung des Wissens auch nicht in der Ethik gegeben, also ist es ganz dasselbe. Das will ich nicht anfechten, man stellt ja auch Kunst und Wissenschaft immer zusammen, als 2 sich] sie

15 mehrmals] mehr

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coordinirte also müssen beyde [die] gleiche Begründung haben. Will man nun beyde davon dispensieren und sie ihre Begründung finden lassen in dem was über jenen zwei Wissenschaften liegt, so ist es unmöglich, da wir die Kunst als vor dem Fragen nach der Theorie vorhanden ansehen. Das Vorangehen ist nur begriffen durch [die] Voraussetzung des menschlichen Sinnesvermögens und der Außenwelt; und das sind doch Begriffe, die in die Physik gehören. So die Wissenschaft auch, denn die Richtung auf das Wissen und Elemente des Wissens und Versuche [diese] zusammenzustellen sind immer schon da, ehe man nach dem Grund des Wissens fragt, also auch die Aufgabe den Kreis der Wissenschaften zu begreifen. Überall ist da der Gegensatz vorausgesetzt, Verschiedenheiten in den Gegenständen des Wissens und des Verfahrens des Wissens; und das gehört ebenso in die Ethik weil freye Thätigkeit, als jenes in [die] Physik. Also bleibt die Bedenklichkeit stehen auf beyden Seiten. Die eine geht uns hier nichts weiter an. — Wie läßt sich denn die Ästhetik so wie wir es wünschen begründen? Es muß uns gegeben seyn eine vollständige Anschauung von den freyen Thätigkeiten des Menschen insofern sie zu seinem geistigen Leben gehören. Ist das zunächst ein Punkt, der in die Ethik gehört? Fassen wir diese weiter als nur in Form der TugendLehre und PflichtenLehre und sollen darin Gesetze seyn für die freyen Thätigkeiten des menschlichen Geistes, so muß daraus auch begriffen werden können der Complex von Allem, was durch diese freyen Thätigkeiten möglich ist und also wirklich werden muß. Die Ethik muß also gleich darauf Rücksicht nehmen, daß dieses durch sie zu begreifen ist. Also muß die Kunstthätigkeit entweder da mitbegriffen werden, oder sie ist etwas, was gar nicht dahin gehört, also auch gar nicht seyn soll. Wenn wir nun die Thätigkeit unsres geistigen Lebens so fassen wollen, so können wir nun, da uns nichts andres ob liegt, als was wir aus der Ethik heraus nehmen sollen, erst vorläufig hineinlegen, da sie noch nicht so behandelt ist, bloß eine solche Gesamtanschauung der freyen menschlichen Thätigkeiten zu bilden. Da werden wir uns leicht verständigen über zweierley, aber die Art der Verständigung wird hier auch nur unsrer Aufgabe angemessen seyn; d. h. das Begründen dieser Construction der Ethik noch höher hinauf müssen wir dieser selbst überlassen. Wir unterscheiden in den menschlichen freyen Thätigkeiten solche, von denen wir voraussetzen, daß sie von Allen, die wir unter Menschen subsumiren, auf dieselbe Weise verrichtet werden und vor37–3 Vgl. Schleiermachers Vorlesungen über philosophische Ethik 1812/13. F. D. E. Schleiermacher: Ethik 1812/13, hg. v. Hans-Joachim Birkner, Hamburg 1990, S. 23– 30. Siehe auch die Sachanmerkung zu S. 302,4–5

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kommen, i d e n t i s c h e T hät i gk e i t e n ; und dann auch solche, bey denen wir gleich die Verschiedenheit voraussetzen: indiv iduelle T h ä t i g k e i t e n. Stellen wir uns z. B. das Denken vor, so setzen wir es im Allgemeinen betrachtet als identisch voraus, sonst gäbe es keine Verständigung verschiedner Menschen. Aber allerdings wenn wir das Denken nun in seiner Wirklichkeit betrachten, so denkt jeder nur in einer bestimmten Sprache und darin liegt schon eine Verschiedenheit; so differencirt sich das allgemeine identische Denken in der Wirklichkeit. Beyspiel für das Entgegengesetzte sey uns die menschliche Thätigkeit, die wir das Empfinden nennen. Man kann freylich fragen, ob es eine freye Thätigkeit ist; und fragt man ob es von mir abhänge, ob ein solcher Act so oder so ausfalle, mir angenehm oder unangenehm sey, so kann man das nicht sagen im Einzelnen. Ist aber deßwegen die Thätigkeit selbst keine freye? Es hängt ja immer mehr oder weniger von meiner freyen Thätigkeit ab, ob ich mich von einem Gegenstand afficiren lassen wolle oder nicht. Nimmt man freye Thätigkeit einer bestimmten Richtung, so afficirt mich Andres nicht, das mich sonst afficiren würde. Also hängt die Möglichkeit | eines solchen Afficirens vom Zustand der freyen Thätigkeit ab. Ist nun das Empf inden selbst ein überall identisches oder nicht? Da scheint die Verneinung schon im Gesagten zu liegen, das sey nicht der Fall, denn niemand bestrebt sich den Andern zu corrigiren, wenn er etwas anders empfindet als jener; sondern man setzt gleich die Differenz der beyden Persönlichkeiten für dieses sinnliche Gebieth voraus. Nun gibt es auch Empfindungen von weit mehr geistiger Art z. B. der Eindruck den eine sittliche Handlung macht. Gilt auch von diesen Empfindungen, daß nicht alle auf einerley Weise empfinden? Ja das scheint nicht; sondern sinnliche Empfindungen scheinen rein zufällig, ob sie in Allen gleich sey oder nicht; hingegen was man mit Unwillen empfindet, das scheint man von jedem Andren auch zu verlangen. Allein diese Voraussetzung beruht noch [auf] einer andern, zwischen den Menschen wo man dieses voraussetzt als identisch, setzt man schon etwas Andres früher voraus. Keiner setzt voraus, ein Barbar solle das Gute und Böse so wie er empfinden, also setzt man das nur von denen unsres gleichen voraus; also begründet es sich auf eine schon bestehende Gemeinschaft zwischen ihnen und dieß ist eine Auffhebung des Differenten; und was nicht in dieses gemeinte Gebieth gehört, davon gestalten wir gleich differente sittliche Empfindungen. Also ist die Differenz das ursprüngliche. Sehen wir nun dieses Differiren als etwas allgemeines an, so daß jede menschliche Thätigkeit entweder identisch oder different sey und fragt nun, wohin gehört dann die Kunst thä tig keit, so kommt man in Verlegenheit. Denkt man an den allgemeinen Typus einer Kunst z. B. der Mahlerey, so erscheint es im Allgemeinen in Allen

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als dasselbe; ein äußres Hervorbringen von Gestalten; so von der Musik als Bewegung der Stimmwerkzeuge. Aber doch muß man sagen, dieses Identische ist eigentlich noch gar nicht die Sache selbst, denn die kann man, wenn auch als Thätigkeit betrachten, doch nicht von der pathematischen Seite trennen. Das Hervorbringen von Formen, ja das ist nicht an sich die Mahlkunst, sonst gehörte ein Grundriß eines Gebäudes usw. auch dahin. Also ist diese Thätigkeit nicht die Kunst um ihrer Identität willen, sondern nur insofern sie einen bestimmten Eindruck hervorbringen will. Insofern nun die Kunst ein methodisches Verfahren ist in diese Richtung, so erscheint sie eine verschiedne, aber freylich nicht unmittelbar als in jedem Menschen verschieden, wohl aber als in einem gewissen Complex von Menschen anders als in andern; sie erscheint in einer nationalen Differenz, da nicht jedes Volk dasselbe schön nennt, also diesen Eindruck nicht auf dieselbe Weise empfängt. Da nun das Hervorbringen gleich eine Richtung hat für einen solchen Complex, so ist es keine persönliche Thätigkeit, sondern eine nationale; denn der Künstler macht sein Werk nur äußerlich um dieser willen, um der Nation willen. So trägt die Kunst die nationale Differenz wesentlich in sich. Noch ein Bedenken könnte einfallen. Als ich das Denken aufstellte als Beyspiel κατ’ ἐξοχὴν von identischen Thätigkeiten, so machte ich gleich die Beschränkung, es sey aber in der Wirklichkeit different in der Sprache und diese ist ja etwas nationales; warum kann man also die Sache nicht umkehren und auch vom Denken sagen, es beruhe auf der nationalen Differenz, wenn gleich Identisches noch darüberliegt; und warum sagen wir von der Kunst nicht auch dieses Umgekehrte, sie sey in Allem identisches, differencire sich aber in der Wirklichkeit? Kann man so umkehren, so ist der Gegensatz aufgehoben für die Thätigkeit. Soll der Gegensatz wirklich Eintheilungsgrund seyn, so müssen wir dieses Bedenken beseitigen. Wollen wir eine Formel in Anwendung bringen, so erledigt es sich. Vom sinnlichen Empfinden sahen wir, daß da keiner den Andern auf Einstimmung mit sich zu bringen suche. Der Grund kann nur seyn, daß die Differenz hier allgemein vorausgesetzt sey. Wollen wir nun das Denken auf der nationalen Differenz beruhen lassen, so ist es falsch, sobald jene Formel angewendet wird. Nationale Differenz liegt freylich in der Sprache aber es ist ja gerade [die] Tendenz des Denkens, diese Differenz aufzuheben und stellt allgemeine Gesetze des Denkens auf für alle Sprachen. Das setzt also die Identität voraus. | So corrigirt man Andre auch in differenten Sprachen. Hingegen will man sich nie bey Verschiedenheit des nationalen Geschmacks corrigiren und einem andren 14 dasselbe] folgt ))für**

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Volk wohlgefällig machen, was uns [wohlgefällig ist]. Das ist nur durchzuführen, wenn die Nationalität selbst im Verschwinden ist. Wir wollen noch eine Eintheilung. Es gibt wesentliche geistige Thätigkeiten, die ihr Wesen immer nur innerha lb des Einz elnen selbst haben und dagegen andre, deren Wesen es ist, daß das einzelne L e b e n a u s s i c h h e r au s ge h t und etwas in einem Andern hervorbringt gleichviel ob in Beziehung auf sich oder auf das Gesamtleben. Z. B. das Denken hat sein Wesen ganz innerhalb des Menschen selbst; ob und wie weit er es herausgibt, ist secundär, das Denken vollendet sich in ihm, sowohl das des Sinnlichen als des Höchsten. Sehen wir hingegen auf die Wirksamkeit des Menschen in der Außenwelt von den ersten Operationen an, so sind dieß solche Thätigkeiten die ihr Wesen im Heraustreten haben. Das Innerliche ist nur der Impuls, den wir in dieser Beziehung für nichts achten. Alle Bearbeitung der Natur gehört nur unter diese Art. Fassen wir diese beyden Gegensätze zusammen und sagen in jedem Glied des zweiten müssen beyde Glieder des ersten Gegensatzes gehören und umgekehrt: so ergibt sich leicht, daß darin der Complex von menschlichen Thätigkeiten beschlossen ist, was immer der Fall ist, wenn man in irgend einem Gebieth zwei Gegensätze ineinander aufnimmt; denn sollte es menschliche Thätigkeiten geben, die nicht den einen oder andren Charakter hätten, den Identischen noch Individuellen, so gibt es keine, ebensowenig solche, die nicht entweder im Menschen oder außer dem Menschen thätig seyen. Zunächst wollen wir den Ort finden, die Kunstthätigkeit aufzunehmen, so muß sie in einem von diesen seyn. Übrig bleibt nur noch, daß, da wir die Kunstthätigkeit nun ansehen als eine, wo die Differenz vorausgesetzt wird, beantwortet werde, ob sie zu den Thätigkeiten gehöre, die ihren Zweck in einem Äußren haben oder zu denen, die im Menschen selbst beschlossen werden. Da kann man sich auf zwei Seiten einigen; denkt man an den Bildner, so ist doch das Ziel außer ihm, da schiene die Kunst unter diesen Theil zu gehören. Aber betrachten wir nun den mimischen Künstler, so scheint sein Werk sich ganz in ihm selbst zu vollbringen, da er nichts hervorbringt als Bewegung; so scheint der Sänger sein Werk auch ganz an sich selbst hervorzubringen als Bewegung seiner Stimmwerkzeuge. Das Ende sind freylich die Töne, aber die sind nirgends als in diesen Bewegungen und diese nichts andres als die Töne selbst; also [ist] das Vollbringen der Thätigkeit in sich und außer sich nicht zu unterscheiden. Hingegen der steht auf der andern Seite. So schien die Kunst würde in dieser Beziehung nicht Eins, sondern zu theilen, so daß einige Kunstwerke der Mensch an sich selbst vollbringt und andre an einem Andern. Da wären wir nicht auf dem Wege, einen allgemeinen Begriff zu finden, sondern entweder gäbe es keinen und [es] müßten die Gebiethe spezi-

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ell betrachtet werden, oder man müßte einen andren Weg einschlagen. Wenn wir nun die bildenden Künste genauer betrachten, ist nur das äußre Bild dasjenige was wir eigentlich unter den Begriff der Kunst aufnehmen? Wir sehen, daß der Bildhauer am äußren Werk das wenigste macht, sondern das meiste durch Andre und zwar auf mechanische Weise, so daß es eigentlich nur [als] eine Copie erscheint. Der Bildhauer stellt sein Werk dar in weichem Thon, das im harten Stoff ist dann die Nachahmung. Das weiche Modell selbst ist aber offenbar nur die Nachahmung des innren Bildes, das er darstellt im Modell zwischen dem Urbild und der mechanischen aus jenem zu vollbringenden Nachahmung. Betrachten wir den letzten Proceß, wodurch das eigentliche Werk zu Stande kommt, so sind dann die leitenden Regeln etwas das wir uns als technisch abgeschnitten haben, so daß wir glauben unsre Theorie ohne das vollbringen zu können. So haben wir uns vom äußren Werk eigentlich schon getrennt und das innre Bild ist das zu betrachtende. Das Äußre als später hinzukommendes verhält sich zum Innren, wie die Mittheilung in Rede oder Schrift zum Denken. Das gilt nur, wenn es sich in andren Künsten auch so verhält. Diejenigen wo das Äußre für sich nicht allein kann aufgefaßt werden, verstehen sich von selbst. Aber wie ist es nun z. B. mit dem Dichter? Der hat eine gewisse Ähnlichkeit in Beziehung auf diesen Gegensatz mit dem Musiker. | Er kann sein ganzes Gedicht in sich haben, wie der Musiker, ehe er es herausgibt; aber vollständig in sich hat er es doch nur, insofern er es innerlich spricht; denn die Vollkommenheit des Gedichtes hat Vieles, das sich nur hören, nicht bloß denken läßt, wie der Rhythmus. So kann man sagen, das kann der Dichter, ohne die Sprechwerkzeuge zu bewegen; also ist dieses rein Innerliche das eigentliche Kunstwerk. Denkt man sich den Dichter der so sein Werk in sich hat und man setze ihn als stumm geworden durch irgend etwas. Wie kann er das zweite auch machen, die äußre Hervorbringung? Ja da muß er es mit der Feder hinschreiben, das ist dann wie das Thonmodell zum Urbild, aus dem Andre die Statuen dann machen. Andre können nun dieses Schwarz auf Weiß lesen und das ist dann das Ende des Herausstellens, was sich zum innern Bild verhält, wie die Statue zum Urbild, dessen erstes Abbild das vergängliche Thonmodell war. Überall also können wir unterscheiden eine rein innre Thätigkeit die doch das eigentliche Kunstwerk ist; und das Heraustreten als ein Zweytes, Hinzukommendes, wozu es der eigentlichen Kunstthätigkeit nicht einmahl bedarf. Das letztre kann nun sehr angefochten werden von Seiten der Mahlerey. Der Mahler hat als eigentliche Erfindung ein rein innres Bild. Dazu gehören nicht bloß die Linien 4 ?] .

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und Umrisse, sondern auch die Beleuchtung, also Gegensatz von Licht und Schatten, und nicht nur das, denn dann würde äußerlich eine bloße Zeichnung entstehen, sondern auch noch die Färbung, das alles muß der Künstler schon in seinem innern Bilde tragen. Denkt man nun freylich, daß der Mahler während des Werkes noch ändert, und will daraus schließen, das Äußre sey nun das Kunstwerk, da er die eigentliche Kunstthätigkeit und nicht bloß Mechanisches darauf verwendet. Das ist wie wenn der Dichter Verse ändert. Die Sache ist aber, daß der Künstler an seinem innern Werk selbst ändert und es noch nicht fertig gehabt. Zu dieser Änderung kommt er freylich durch die äußre Darstellung. Die wahre Vollkommenheit ist aber offenbar, daß der Künstler sein Urbild vollständig in sich trage, ehe er äußerlich thätig ist. Das so gut beym Mahler wie beym Dichter, es verräth nur Unvollkommenheit, und die kommt beym Wesen nicht in Rechnung. Also müssen wir sagen, die eigentliche Kunstthätigkeit ist etwas was sich rein innerlich vollbringt, und das Äußre ist ein Zweites, das als solches auf eine mechanische Weise wird und daher nicht mehr unter den Begriff der Kunst gehört. Diesen allgemein aufzustellen, ist man nur berechtigt, wenn in allen Künsten sich das äußre und innre Bild so unterscheiden läßt. Nun machte ja der Mimiker darin eine bedeutende Ausnahme, denn das Innre und Äußre scheint da nicht unterscheidbar. Sehen wir auf die Bewegungen der mimischen Kunst, so ist es ja nur Eines. In den Gebährden eines Leidenschaftlichen ist freylich dieses beydes nicht unterscheibar, aber der ist auch kein Künstler und die Bewegung denkt man nicht entstanden aus unmittelbarer Gemüthsbewegung. Sondern das ist die eines Andern, und will er sich in dieselbe hineinversetzen, so würden seine Bewegungen nicht eben so unwillkürlich aus der innern Bewegtheit hervorgehen, sondern es tritt eine Besinnung dazwischen und diese ist eigentlich das Innre. Warum sind Bewegungen eines Zornigen nicht so gut Kunstwerk, wie ein Zorniger auf der Bühne? Weil jene kein Maaß halten, und daß es gemeßen sey ist [die] ursprüngliche Forderung eines Kunstwerks. Diese sind nun ungemeßen und unschön. Wir nennen etwas im Menschen Grazie und so kann ein Mensch von natürlicher Grazie auch im Zorn nicht so unschön seyn als bey andern, aber tragen seine Bewegungen so den Charakter des vorher Gewußten und Gemeßnen, so sagt man er sey nicht mehr zornig, sondern das äußre Bild eines Zornigen sei erst innerlich geworden. Der Unterschied verbirgt sich mehr, wenn alles am Menschen ist, aber da ist er doch, da wir Kunstwerk und Naturwerk unterscheiden. Finden wir dieses Innerliche auch hier, wo man es am wenigsten erwartet, so ist der Unterschied ein allgemeiner. Die 27 würden] gingen

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eigentliche Kunstthätigkeit ist das Innre[,] | das Heraustreten erst das Zweite und bey diesem gehen die technischen Regeln an. Die Kunstthätigkeit gehört also unter diejenigen menschlichen Thätigkeiten, die den Charakter des I n d i vi d u e l l e n haben und zugleich zu denjenigen Thätigkeiten die dem Wesen nach i n s i c h selbst und nicht in einem Andern v o l l b r ac h t werden. Die Kunst ist also eine imma nente Th ä t i g k e i t bey der man die Differenz voraussetzt. Dieß ward apagogisch gefunden i. e. durch Abweisung des Gegentheils. Diese Form gewährt wohl Sicherheit aber keine Anschaulichkeit. Wir müssen betrachten die Thätigkeiten zu denen sie gehört und diese Rubrik für sich betrachten. Haben wir es mit immanenten Thätigkeiten zu thun, d. h. deren Wesen nicht das Heraustreten ist, so gehört auch alles D enken in dieses Gebieth, da Sprechen nicht das ursprüngliche [ist,] so wenig als das äußre Kunstwerk. Das Denken ist nun ein Solches, wobey wir die Identität bey Allen voraussetzen; denn wo Differenz im Denken ist, sucht man sie auszugleichen und so weit man allgemeine Regeln dafür geben kann, PgreiftS die Identität. Die Kunstthätigkeit hat es nun doch auch mit dem Denken zu thun und innerlich kommt kein Kunstwerk zu Stande als mit einem Denken. Am wenigsten wäre das möglich in der Poesie, wo alle Elemente Gedanken sind. Aber auch in den andren Zweigen. Nimmt man Denken im weitern Sinn, so gehören alle sinnlichen Vorstellungen und Bilder dazu, sobald sie nur auf das A llg em e i n e bezogen sind z. B. ein bestimmtes Thier auf den Begriff Thier. Also können auch die bildenden Künste ihre Werke nicht innerlich vollbringen ohne das Denken. Wir fänden also schwerlich eine andre Kunst, die etwa nicht ins Denken irgendwie fiele, als höchstens die Musik. Aber würde da eine Ausnahme seyn, so gäbe das [einen] so großen Gegensatz, daß man keine Einheit fände ohne sich ganz in das Allgemeine zu verlieren. Das wollen wir einstweilen hingestellt seyn lassen. Gehört nun Kunst nicht zu den Thätigkeiten, wo Identität vorausgesetzt ist, so muß auch die Poesie PdareinS nicht fallen, also muß es ein Denken geben, wo man die I d e n ti tä t , und ein Denken wo man die D i f fe r e n z voraussetzt. Wie finden wir aber einen solchen Unterschied auf? Da weiß ich freylich nichts zu sagen, als etwas trivial scheinendes: nehmlich Jeder sagt: In den poetischen Gedanken sucht niemand eine Wahrheit. Das klingt trivial und doch kann es leicht geleugnet werden. Man kann sagen: Sind die Gedanken unwahr, so ist es ein schlechtes Kunstwerk[;] aber doch ist diese Wahrheit des Gedankens eine andre als die beym identischen Denken. Man denke sich z. B. in einem Gedicht sey ein Charakter dargestellt, so ist, daß keine Wahrheit darin sey, ein Tadel gegen die Poesie; sagt man hingegen, dieser Mensch ist keine geschichtliche Person, so nimmt man

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etwas andres, nehmlich, daß diesem Gedanken kein einzelnes Seyn entspreche, dieses[,] daß kein solches vorkommen kann. In jenem Falle entspricht dem Gedanken kein Seyn, aber die Wahrheit besteht darin, daß man die Elemente des Charakters zusammen denken kann, daß er möglich sey; im identischen Denken entspricht ihm ein Seyn. Sobald dem Gedanken ein Seyn entsprechen soll, so ist es eines, wo die Identität muß vorausgesetzt werden, und hört auf, in das Gebieth der Kunst zu gehören. Dieses kann freylich auch wieder schwierig scheinen; denn denke ich ein Portrait, so besteht dessen Werth doch in der Ähnlichkeit; und vertritt es nicht die Stelle eines Seyenden, so hat es als Portrait keinen Werth. Aber in dem Maaße als wir den Kunstwerth desselben hierauf beschränken, gehen wir aus dem Kunstgebieth; denn es gibt eine Art, eine Figur rein abzuschreiben, aber das ist kein Kunstwerk[,] so getroffen es sey. Ebensowenig wenn ich eine getrocknete Pflanze copiere, kann es ganz mechanisch geschehen und ist kein Kunstwerk. Halten wir also fest, daß in den Fällen, die die Schwierigkeit machen, doch etwas andres sey, wodurch etwas erst Kunstwerk wird, so hört das Bedenken | auf. So wäre Poesie kein Kunstwerk wenn von einem gegebnen Seyn aus jeder Andre auf denselben Gedanken käme als das dem Seyn entsprechende. Also können wir noch festellen und sagen: Unerachtet in der Kunst überall ein Denken im weitern Sinn vorkommt und nahmentlich in der Poesie, so ist doch dieses von dem identischen Denken so wesentlich unterschieden, daß es ein eigenes Gebieth bildet, welches sich von demjenigen, wo die Dieselbigkeit des Denkens vorausgesetzt ist, bestimmt unterscheidet. Wenn wir sagen könnten, w o r an es sich bestimmt unterscheidet, so wären wir auf festem Boden. Allein hier kann ich nur auf eine Analogie hinweisen. Insofern z. B. die dramatische Poesie redende Personen aufführt und die lyrische Gedankenform des Dichters selbst ist, so unterscheidet sich dieses Denken von dem der Identität ebenso wie sich die Production von Anschauungen in der bildenden Kunst unterscheidet von denjenigen sinnlichen Anschauungen, von denen wir ebenfalls die Identität voraussetzen oder beabsichtigen. Haben zwei dieselben Gegenstände vor sich gehabt in demselben Moment und sie sagen differentes von demselben Punkt des Gegenstandes, so leiden wir das nicht und suchen Ausgleichung. Identität der sinnlichen Anschauung ist da vorausgesetzt und wo sie nicht ist, sucht man sie; hingegen fällt das keinem ein bey hervorgebrachten sinnlichen Darstellungen der Kunst. Also dieser Unterschied ist in den beyden Gebiethen derselbe und hat also denselben Grund. Was ist denn die Ursach, warum wir dabey Identität bezwecken, und beym andern nicht, so muß folgendes die Antwort seyn. Im Denken und sinnlichen Vorstellen sofern ihm ein Seyn entsprechen soll, denken wir uns den Einzel-

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nen durch und von eben diesem Seyn bestimmt und zwar so, daß was in ihm bestimmt ist, in Allen dasselbe ist und nur so weit diese Dieselbigkeit im Eindruck geht, suchen wir Ausgleichung, wenn Differenz da ist; d. h. wo wir den Zustand der Receptivität aufstellen, wo man vom Andern bestimmt wird und nicht selbstständig ist. Denke ich Productionen in Poesie und bildenden Künsten so ist die Thätigkeit freylich dieselbe, aber hier offenbar in Form der Productivität. Nun müssen wir noch sagen: Hier muß eine Productivität seyn, die auf der Verschiedenheit des einen von dem andern beruht und nicht auf der Dieselbigkeit. Man kann nun aufweisen ein Gebieth der Productivität der sinnlichen Anschauung, wo Identität ist und Productivität, nehmlich die mathematische Production; denn die Sachen sind gar nicht gegeben und ein Dreyeck construire ich, auch wenn ich nie im Leben eins gesehen habe. Für jeden setzen wir da die Aufgabe als dieselbige und jeder soll es leisten können auf dieselbe Weise. Da ist Productivität, aber eine der Identität; und in das Gebieth der Kunst gehört davon nicht das Mindeste, sondern mit dem Gebieth wo man einer Productivität Dieselbigkeit zuschreibt, schließt man sie von der Kunst aus. Eben das finden wir auf dem Gebieth des Denkens. Muthet mir ein Philosoph zu, ich soll einen Gedanken denken, der für ihn ein Grundgedanke ist; daß ich ihn nun denke und denselben Sinn hineinlege, das ist meine Productivität, denn durch das bloße Aufnehmen und Hören verstehe ich es nicht; von da an nöthigt er mich dann zur Einstimmung einer Reihe von Gedanken, also ist da eine Productivität der Dieselbigkeit und von da entsteht das Wissen, hingegen in Kunst ist nichts von Wissen. So beruht die Kunst auf dem Unterschied des einen und andern. Nun sagen wir haben wir unser apagogisches Verfahren aus dem Gebieth der Formel in das der Anschauung gebracht, denn wir haben nun die Ve r w an d t s c h af t en unsres Gebieths gefunden. Es gibt Productivität des Denkens und der sinnlichen Anschauung, welche den übrigen darin entgegengesetzt sind, daß wir keine Identität bey ihnen vorausgesetzt [haben] und daß sie daher der Ausdruck sind vom Daseyn der Einzelnen als solcher. | Womit wird denn die Kunst an diesem Orte zusammenseyn; denn jene Dichotomie gab uns nur das allgemeine Gebieth wohin die Kunst gehört nicht aber das Gebieth derselben bestimmt? Da alle menschlichen Thätigkeiten in diese vier Orte fallen, ist doch wahrscheinlich, daß mehrere Arten von Thätigkeit an jeden dieser Orte fallen. Was finden wir nun auch noch als i m m an e n te Thätigkeit, die rein der Ausdruck unsres i n d i vi d u e l l e n Daseyns ist? Da kommen wir auf 36 ?] .

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einen Punkt, den jeder zugeben muß, nehmlich was wir das unmitt e l ba r e S e l b s t b e w u ß t s e yn nennen. Aufgabe ist den Menschen zu denken als sich seiner bewußt. Das ist nun geistig und zugleich thätig, da man Geist nie als bloß leidend denken kann. Nun aber ist gerade in seinem Sichselbstbewußtseyn der Einzelne nur der Einzelne, durch Zerlegung kann man zwar hernach Elemente finden, die in Allen dieselben sind. Aber das Ursprünglichste für diesen Ort ist also das Individuelle. Von hier aus werden wir nun finden, womit die Kunst da noch zusammen ist: das müssen wir haben, um sie davon zu unterscheiden und den wahren Begriff der Kunst zu finden. Diesen Begriff können wir nur von Außen gewinnen, da es uns an eingestandnen Prämissen fehlt. Ist nun Kunst bald ein Denken, bald ein Bewußtseyn[,] so muß sie da eine Gränze haben, weil nicht Alles Denken Kunst ist. Wir finden zunächst an diesem Ort das unmittelbare Selbstbewußtseyn. Wie sich die Kunstthätigkeit dazu verhält, ist damit nicht gesagt. Daher ist das unmittelbare Selbstbewußtseyn erst näher zu erklären. Einiges liegt nun schon in dem Ort, wo ich es finde, um es von ähnlichem zu unterscheiden; so verstehe ich darunter nicht das Denken des Ich, denn das gehört an den andren Ort, es ist nur das Denken eines Ich, und ein solches, wo Identität vorausgesetzt ist, weil jeder unter dem Ich dasselbe versteht. Sage ich unmittelbares Selbstbewußtseyn, so muß es etwas geben, das sich dazu verhält wie ein mittelbares oder vermitteltes. Das Denken meines Ich ist immer etwas durch jenes unmittelbare Selbstbewußtseyn vermitteltes, also ist dieses etwas, was jenem vorausgeht. Was es aber sey, dafür berufe ich mich auf die Erfahrung. Das Denken des Ich und selbst das des bestimmten Ich bleibt immer dasselbige, als Beharrlichkeit desselbigen Lebens in der Verschiedenheit der Momente, das unmittelbare Selbstbewußtseyn ist eben die Verschiedenheit der Momente selbst, da ja das Leben ein sich entwickelndes Bewußtseyne ist. Wie kommen wir zu dieser Verschiedenheit der Momente, und ist das unmittelbare Selbstbewußtseyn die Verschiedenheit der Momente selbst, oder nur ein Ausdruck davon, dann wäre es ja ein vermitteltes? Darum denken wir dabey an die Verschiedenheit der Momente als Lebensmomente selbst. Gehen wir auf das einzelne Ich als in Entwicklung beharrliches und in einer Zeitreihe beständiges, so ist doch das Selbstbewußtseyn dieser Identität oder Selbigkeit erst ein abgeleitetes, so wie wir von 33 ?] . 1–2 Den Terminus „unmittelbares Selbstbewusstsein“ entwickelt Schleiermacher ausführlich in seiner „Glaubenslehre“ („Der christliche Glaube nach den Grundsätzen der evangelischen Kirche im Zusammenhange dargestellt“) von 1821/22 bzw. 1830/31 (vgl. KGA I, 7/1, S. 26).

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allem Vermittelten abstrahiren, so ist jedes Selbstbewußtseyn das unmittelbar ist, immer ein B e w u ß ts e yn v on [ der] D iff erenz der M o m e n t e, von einem A n d e r s ge w o r densey n. Z. B. eine Gemüthsstimmung ist ein unmittelbares Selbstbewußtseyn. Stimmung deutet eine Fortwirkung an, und nicht bloß momentanes, doch irgendwann entstanden und irgendwann vorüber; ein bestimmter qualitativer Moment dem ein andrer voranging und ein andrer folgen wird. Sage ich, es ist das unmittelbare Gegebne, so scheint das Selbstbewußtseyn in keinen Ort unsrer Theilung zu gehen, da wir ja nur Thätigkeiten theilen; ist es aber ein Gegebnes, das ich finde, so wäre es ja nur Passivität und unserm Gegenstand nicht verwandt. Sage ich: Wir finden es in uns, so ist das das secundäre, hingegen das Ursprüngliche und Unmittelbare ist nichts als die geistige Thätigkeit des Ich selbst in einer gewissen Bestimmtheit; und als gewordnes setze ich es erst in der Betrachtung. Es ist also allerdings Thätigkeit: und zwar immanente Thätigkeit als das Allerinnerlichste, das an und für sich gar nicht heraustritt; also ein Moment, der nirgends anders als hierhin gehört. Zugleich ist es aber auch die Thätigkeit des Einzelnen als solchen in seiner Differenz. Es scheint hier auch das Gegentheil gesagt werden zu können. Denkt man sich mehrere Menschen in gleichen Umständen, so setzen wir voraus, daß sie in derselben Gemüthsstimmung seyen; diese wird also als Gemeinsames | gesetzt, nicht als das rein Differente in jedem. Man denke z. B. an die Wirkung eines Kunstwerks. Im Hinausstellen desselben liegt die Voraussetzung, daß das Werk als solches eine identische Wirkung hervorbringen werde. Denke ich an das öffentliche Leben, so könnte sich keine Masse auf freye Weise zu bestimmter Thätigkeit vereinen, wenn sie nicht auf dieselbige Weise erregt würde. Allein diese Gemeinsamkeit ist doch nichts andres als eine Differenz. Denke ich an das Kunstwerk so glaube ich nie, daß ein Kunstwerk auf einen Menschen von andrer Race und Bildungsweise denselben Eindruck macht, wie auf mich. Also bezieht es sich doch auf eine D i f f e r e n z , aber auf eine höhere. Dasselbe gilt im politischen Leben, wo die Differenz der Nationalcharakter ist. Das ist also nicht unsre Identität, sondern nur eine weitere Differenz. Also das unmittelbare Selbstbewußtseyn ist die T hä tig k e i t d e s e i n ze l n e n L e b e n s i n s e i n er D if f erenz . Die Einzelheit kann P e r s o n oder Vo l k seyn. Was schließt dieses für Differenz in sich? Wir müssen gleich unterscheiden das unmit telba re S elbst bew u ß t s e y n als ein r e i n ge i s t i ge s und das unmittelbare Selbstbewußtseyn als ein r e i n s i n n li c h e s im Zusammenhang des Lebens mit dem Leiblichen gefaßt. Das schauen wir nur recht an in seiner Verknüpfung. Denke ich z. B. einen kranken Zustand, so sehe ich eine Stimmung voraus, die eine Depression ist, denn in krankem Zustand

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ist das Leben verringert, doch nur von leiblicher Seite. Nun ist Differenz in der geistigen Kraft, daß bey Einigen diese leiblichen Zustände auf das geistige Leben größern Einfluß üben als bey andren. Und finde ich bei animalischer Lebensverringerung den Ton des geistigen Lebens nicht afficirt, so beweist das die geistige Kraft des Individuums. Das werde ich gewahr am Ton des geistigen Lebens und das ist das unmittelbare Selbstbewußtseyn in seinem Gehalt. In ihm ist das Selbstbewußtseyn eine Stimmung die den kranken Einfluß zurückdrängt. So daß j ed er M o me n t e i n Z u s amm en sey n bey der S elbst bew u ß t s e y n e ist. Diese Duplicität muß durch das ganze Leben hindurch gehen. Es ist die Agilität des einzelnen Lebens in Beziehung zum Leiblichen und zum Idealen (also nicht Passivität). Wollen wir beydes vereinzeln, so finden wir uns dann in einer Abstraction, thun es aber, um bestimmter anzuschauen. Denken wir im Leben des Einzelnen diese Momente des unmittelbaren Selbstbewußtseyns sofern es seinen Coefficienten im leiblichen Leben hat, als eine Reihe für sich, so ist das nur eine Abstraction, weil im Leben selbst die geistige Empfindung mit da ist; aber denken wir es uns, so müssen wir sagen, daß wir einen We c h s e l vo n E n t ge ge n ge s e t z t e m darin finden, Momente der Depression und Momente der Erhebung, und das unmittelbare Selbstbewußtseyn ruht auf diesem Gegensatz, ist nur in dem Wechsel dasselbe; d. h. denken wir dasselbe Verhältniß im Einzelnen identisch fortdauernd, so ist es nicht das, was wir Stimmung nennen, und eben deswegen wird es auch nicht als unmittelbares Selbstbewußtseyn wirklich seyn. Fingire ich einen Menschen, der immer vollständig gesund wäre, also nie leiblich gestört, und damit natürlich ohne daß Wechsel zwischen Schlaf und Wachen eine Verringerung des Bewußtseyns wäre, plötzlich ineinander übergehend ohne einen Zustand der Ermüdung: so würde ein solcher nun sagen, er habe durchaus kein Bewußtseyn von seiner Leiblichkeit, denn sie kommt nur durch den Wechsel zum Bewußtseyn. Eine Stimmung wird nur bewußt dadurch daß eine andre vorherging und nachvibrirt. Das u n mittelba re S elbst b ew ußt s e y n l e i b li c h ist also im Allgemeinen der Wechsel v on Lust und Un l u s t , was der allgemeine Gegensatz ist im sinnlichen Lebensmoment. — Betrachten wir das G e i s t i ge eben so isolirt in Abstraction, so kann auch nur in sofern ein Gegensatz besteht, es eine Bestimmtheit des unmittelbaren Selbstbewußtseyn geben und [dieses] bezieht sich immer auf diesen Gegensatz. Wollen wir aber das Geistige rein fassen, so ist [es] schwierig den Gegensatz aufzustellen, denn das Geistige ist eben nichts andres als die Thätigkeit und da erkennen wir zwar in der geistigen Thätigkeit eine Mannigfaltigkeit von Functio8 die] das

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nen, aber diese geben eigentlich keinen Gegensatz der mit jenem verglichen werden könnte, so daß man Einiges als negativ, andres als positiv stellte; sondern das unmittelbare Selbstbewußtseyn in seiner Bestimmtheit müßte mit einer Unvollkommenheit und Hemmung des Geistigen Lebens zusammenhängen, und die könnte nur ihren Siz haben im Zusammenseyn des Leiblichen mit dem Geistigen. Das finden wir nun freylich nicht nur wie oben, sondern auch so, | daß vom rein leiblichen Bewußtseyn sich Thätigkeiten einleiten, die die geistige Thätigkeit hemmen, dieses sind die B e gi e r den, in denen das Zusammenseyn mit dem Animalischen immer mitgedacht wird. So wie diese das geistige Leben hemmen, und deswegen, d. h. der Wille nicht ganz in jener leiblichen Thätigkeit aufgeht, so entsteht im geistigen Leben eine Hemmung, und so ein Gegensatz. Nun freylich ist noch etwas andres zu betrachten, nehmlich, der Mensch mit seinem einzelnen Leben steht nun in der Welt, und seine geistigen Thätigkeiten sind durch dieses Zusammenseyn derselben bedingt, und in diesem Verhältniß ist auch etwas wodurch sich das geistige Leben kann gehemmt wissen. Man denke an die ganz geistige Thätigkeit des Erkennens, so ist dieses nie ein Moment, sondern eine Reihe, wir wollen etwas erkennen und es gibt eine Reihe von Momenten, bis erkannt ist. Ist nun hier ununterbrochner Fortschritt, so ist das geistige Leben nicht gehemmt, dann haben wir kein unmittelbares Selbstbewußtseyn, ausgenommen wir fixiren uns im Fortschritt und das ist PangenehmesS Bewußtseyn und wir gehen in dem Fortschritt ganz auf. Wird hingegen die Thätigkeit aufgehalten und wir können den Gegenstand nicht durchdringen, dann ist die Thätigkeit gehemmt und ein Bewußtseyn da von der Thätigkeit in ihrer Hemmung (aber nur von der Thätigkeit). So sind auch hier Gegensätze, die das unmittelbare Selbstbewußtseyn constituiren. Wollen wir diese Mannigfaltigkeit zusammenfassen und vom einen Punkt als einem Endpunkt ausgehen, nehmlich von der leiblichen Seite, insofern sie ein minimum von geistigem Gehalt hat, und wir fragen was denn das m a xi mu m v o n g eist ig em G eha lt seyn werde: so werden wir bey Betrachtung der Gegensätze im geistigen Leben sagen, diese enthalten ebenfalls Störungen aber nur daraus entstehend, daß der geistigen Thätigkeit ein andres gegenüber ist. Ohne daß ihm etwas gegenüber wäre könnte das unmittelbare Selbstbewußtseyn nicht seyn. Das maximum des geistigen Gehalts muss also in einer Relation seyn, die ü b e r d i es e m G eg ensa t z hinaus liegt. Das ist nun nur das, was wir [als] das A b s o lute, die höchste Einheit, das höchste Wesen bezeichnen. Das unmittelbare Selbstbewußtseyn welches in der Relation zu diesem wird[,] ist das maximum des geistigen Gehalts, und an und für sich aller Störung unfähig, allein in einem wirklichen Moment ist es so wenig isolirt als das andre, aber

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es ist das maximum des geistigen Gehalts, wie das rein Leibl iche davon das m i n im u m ist. In dieser Differenz und [dem] Zusammenseyn des minimum und maximum, darin ist die Wirklichkeit des unmittelbaren Selbstbewußtseyn und nun kann man fragen: Wie verhält sich hierzu unsre Kunst? Wenn wir nun jenes über allen Gegensatz sich erhebende geistige Selbstbewußtseyn und das sinnliche Selbstbewußtseyn ins Auge faßen, so kann sich die Kunstthätigkeit zweifach in dieser Beziehung verhalten, die sich selbst wieder entgegengesetzt. Man hat Kunst und Religion in unmittelbare Beziehung gebracht und Kunstthätigkeit als gan z d e r R e l i gion angehörig behauptet. Auf der andern Seite hat man die K u n s t in da s sinnl iche Element zurückgedrängt, als eine auf Befriedigung des sinnlichen Selbstbewußtseyns ausgehende. Das erste würde der Kunstthätigkeit nur die höchsten Stellen im menschlichen Seyn anweisen und gesetzgebende Autorität für alles aus dem höhern Selbstbewußtseyn ausfließende. Die andre hingegen zählt sie unter dasjenige was genau genommen nicht seyn soll; denn die Ethik will nicht, daß ein Moment bloß sinnlich erfüllt sey. Beyde Ansichten stehen in Beziehung mit der Art, wie das unmittelbare Selbstbewußtseyn sich manifestirt hat in zwei Rücksichten. Wie steht es um die Wahrheit? Setzt sich eine exclusiv, die andre ausschließend, so scheint jede das Kunstgebieth einzuengen, aber immer gibt es eine Art Rechtfertigung. Wer sie dem Sinnlichen zuweist, gibt zu, daß oft Kunstthätigkeit dem Religiösen gedient habe, aber doch nur wo die Religion selbst noch im Sinnlichen war; daraus habe man es nun in geistigere Religionen herüber genommen, wohin sie eigentlich nicht gehöre. Denen, die sie dem Religiösen zuweisen exclusiv, hält man eine Menge leichterer Kunstwerke entgegen, in denen man von jener nichts findet. Aber da geben sie zu, diese seyen freylich im Dienste der Sinnlichkeit, aber nichts als Schmeicheley und eben das Verderben der Kunst; daher im religiösen Gebieth die Gesetze der Kunst am strengsten hervortreten und die Gesetze der Kunst daher genommen, während sinnliche Kunstwerke aus [dem] Verderben der Kunst kommen. So sind b e yde A nsicht en im of fenba rs t e n Wi d e r s p r u c h . Wollen wir die Kunst in beyde theilen, so scheint die Einheit gefährdet. Unleugbar ist jedes jener zwei Bestreben als exclusiv eine Einseitigkeit. Wollen wir aber nicht | bloß vermitteltn, sondern gründlich das Verhältniß bestimmen, so müssen wir fragen, was denn beyden gemein sey, daß man sie beyde ins Kunstgebieth rechne. Dabey vergesse man nicht, daß die Kunstthätigkeit welche es mit Gedanken oder sinnlichen Vorstellungen zu thun hat sich zu dem Denken und der Production von sinnlichen Vorstellungen die auf Wissenschaft oder Erfahrung zurückgehen sich verhalte, wie das Bestimmtseyn durch das äußre Seyn zur eigenen Productivität. Dieses

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Verhältniß müssen wir festhalten und fragen wir nun: Wir haben der Kunstthätigkeit den Ort anweisen müssen, in dem das unmittelbare Selbstbewußtseyn sich befindet, wie verhält sich beydes gegen einander? Wir beziehen es also auf das einzelne Leben, da das Selbstbewußtseyn und [die] Kunstthätigkeit in diesem nur ist. Das einzelne Leben in dem Gebieth immanenter Thätigkeit die auf der Differenz beruht, wie spricht es sich aus durch das unmittelbare Selbstbewußtseyn? Offenbar in seiner Bestimmtheit durch das Seyn, also [als] Ausdruck des einzelnen Lebens im Zusammenseyn mit demselbigen Seyn; denn gehen wir auf das höchste zurück, so wäre, wenn nicht diese höhere, religiöse Form zusammenträte mit dem Höchsten in der speculativen Richtung des Denkens, keine Wahrheit darin, diese will ja nur das Denkende und Seyende als Einheit setzen. Das Bestimmt se y n d e s S e l b s tb e w u ß t s e yn s d u r c h d a s S ey n schlecht hin ist das Re l i g i ö s e . Sehen wir auf das Se yn i n s eine r Ma nnig f a lt ig k e i t u n d [ s e i n e m] We c h s e l , so ist da das Einzelleben bestimmt durch dieses wechselnde Seyn und der Wechsel der Empfindungen ist der Ausdruck dieses äußren Wechsels. Was von diesen Endpunkten gilt, gilt auch von allem dazwischen liegenden Denken. Die Analogie führt nun darauf, die Kunstthätigkeit sey dasselbige in allen Gestaltungen vom einen bis zum andren Endpunkt, als freye Productivität, indem sich das Selbstbewußtseyn ausdrückt, also nicht in der Bestimmtheit durch das Seyn. Wie kann nun beydes an demselben Orte von einander verschieden seyn? Die Thätigkeit des einzelnen Lebens zerfalle in [die] Form der Receptivität i. e. durch ein Andres mitbestimmt seyn, und Spontaneität, i. e. freye Productivität, zwar auch mit bestimmt, aber mehr negativ durch das, worin sie sich ausdrückt. Dieß ist nun dasselbe Verhältniß. Wie verhält sich das unmittelbare Selbstbewußtseyn in jener Form der Bestimmtheit durch das Seyn und in Form der Productivität von der Einzelheit des Lebens aus? Kann das Selbstbewußtseyn in seiner höchsten Geistigkeit in den Einzelnen eben so als Differentes seyn, wie das sinnliche Selbstbewußtseyn? Das muß man in einer gewissen Beziehung verneinen, da das über dem Gegensatz stehende kein veränderliches seyn kann, ebenso auf Seiten des Gedankens, kann es verschiedne Arten über das Absolute zu denken nicht geben, weil darin ein Gegensatz wäre und das Absolute über demselben ist. Wo solche Differenzen dennoch sind, halten wir sie für Täuschung oder sagen, sie sind nicht im Gedanken selbst, sondern nur in der unvermeidlichen Art, wie der Gedanke in der Rede wird. So müßte auch das religiöse Selbstbewußtseyn an sich von Identität ausgehen. Das wäre richtig seinem innren Wesen nach, allein dann 4 ?] .

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gälte dasselbe vom sinnlichen Selbstbewußtseyn auch. Wir haben es aber mit der Erscheinung desselben in den Momenten zu thun, und da ist die Art des Hervortretens des religiösen Selbstbewußtseyns im Zeitlichen ebenso bestimmt ein Ausdruck der Differenz. Denke ich zwei einzelne Menschen ganz unter denselben Umständen und betrachte den Gehalt analoger religiöser Momente, so wird er in beyden derselbe seyn, so auch die Totalität zusammengefaßt; denke ich es hingegen in einer Reihe von Momenten, so liegt in der Vorstellung des einzelnen Lebens, daß wir sagen müssen, diese Reihen werden verschieden seyn; wo der eine einen Moment starker Erregung hat, da der andre [einen] schwächern und umgekehrt. Worin liegt hier das unmittelbare Selbstbewußtseyn der Einzelheit? Im Moment[,] in sofern ich ihn auf sein Fortschreiten beziehe, denn beziehe ich ihn mehr auf den Grund, so ist es der Ausdruck nicht des Einzelnen, sondern des Menschen an sich. Daß das sinnliche Afficirtseyn der Einzelnen unter denselben Umständen different sey, geben alle zu, aber nur in der Fortschreitung, imZusammenfassen aller Momente, kann das gleiche Resultat herauskommen. Das einzelne Leben ist aber nur in Form der Zeitlichkeit, also | kann sich die Einzelheit nur durch diese ausdrücken. Die Kunstthätigkeit[,] da das äußerliche Heraustreten nur secundär ist, und wir das innre suchen, ist auch eine solche Fortschreitung und also ebenso etwas, wodurch sich das einzelne Leben in seiner Differenz ausspricht und erscheint also als dem unmittelbaren Selbstbewußtseyn angehörig. Das einzelne Leben ist nun entweder bestimmt durch das Seyn oder in freyer Production. Ist nun jede freye Productivität in dem sich das einzelne Leben erfaßt, eine Kunstthätigkeit? Beantworten können wir das am besten, wenn wir von etwas ausgehen, was dieses auch ist, und doch am wenigsten zur Kunstthätigkeit gerechnet wird. Es müßte also freye Productivität seyn, so daß das einzelne Leben gar nicht durch das Seyn bestimmt sey. Setzen wir dieses Seyn als Außenwelt und suchen einen Zustand, wo der Mensch nicht durch sie bestimmt ist, doch in freyer Productivität begriffen, doch anerkannt nicht in Kunstthätigkeit. Welches ist der Zustand, wo der Mensch am meisten verschlossen ist gegen die Außenwelt? Der Schlaf, da ist freye Productivität der Tr au m ; und so wäre ja da eine Kunstthätigkeit; allein wir wüßten nicht warum er näher der Kunstthätigkeit stehe als etwa der wissenschaftlichen. Hingegen finden wir im Traum dieselben Elemente wie in der Kunstthätigkeit. Warum sehen 1 auch] folgt ))sagen**

10 eine] andre

34–37 Vgl. die Sachanmerkung zu S. 69,15

17 Zusammenfassen] Zusammenfassung

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wir ihn dann nicht als Kunstthätigkeit an? Das muß seinen Grund haben in einer Bestimmtheit dieses Zustandes, die eine andre ist als das Abgeschlossenseyn gegen das Seyn. Fragt man, ob sich nicht aus einem Traum ein schönes Gemählde machen ließe, ja so kann, wenn einer interessant träumt und die Richtung hat auch da schöne Gestalten zu produciren, dieß der Fall seyn, aber es ist nicht möglich, weil man im Traum keinen Moment fixiren kann. Eine Analogie muß man zugeben, will man nun die Thätigkeit des Künstlers verfolgen bis in ihre erste Regung zurück; da gehören nicht nur die innern Bilder dazu, die er wirklich äußerlich darstellt, sondern viel mehr, wenn einmahl die freye Productivität so dominirt, daß sie die äußre Thätigkeit bestimmt und sogar den Beruf. In dem Maaße als einer Künstler ist, muß er immer innerlich bilden; ist er im Leben in andren Thätigkeiten, so tritt das zurück, aber er sieht es nur als Sache der Noth an, und jenes innre Bilden als Hauptsache. Diese Bilder können aber nicht alle erscheinen, weil das Herausbilden eine Menge Zeit erfordert, in der ihm immer neue Bilder entstehen. Es treten nur die heraus, die die meiste Kraft haben. Die welche die wenigste Kraft haben, werden die seyn, die sich so wenig fixiren lassen, wie die Traumbilder. Das ist das wachende Träumen des Künstlers. Die bilden den dunklen Hintergrund, aus dem klarere hervortreten, die ihn zur Production treiben. Also scheint selbst das Träumen nicht nur in seinem Element, sondern auch in der Analogie mit dem was im künstlerischen Zustand des Wachens das am wenigsten wachende ist, als von der selben Art zu seyn. Unsre Sätze aus der Ethik her gaben der Kunstthätigkeit ihren Ort, die bisherigen sind aber aus der Psychologie, aber nur als klare und bestimmte Aufstellungen aus dem Gebieth der Erfahrung, nicht also, wo Psychologie streitig ist, versirend. [Die] Kunstthätigkeit verhalte sich zum unmittelbaren Selbstbewußtseyn nicht anders als wie das Hervorrufen sinnlicher Bilder und Anschauungen in der Kunst zu denen, die die Erfahrung wissenschaftlich construiert, sahen wir schon. Auf die Frage: Ist alles, was wir so sehen Kunst? antworteten wir durch sceptische Form, d. h. suchten etwas von der Art, das doch nicht Kunst sey. So muß nun Kunst von dieser Seite bestimmt werden. Im Traum also kommen freye Productivitäten vor, die mit dem Seyn nichts zu schaffen haben, und doch sieht Niemand den Traum als Kunstwerk an. In der Kunstthätigkeit auf die ersten Anfänge im einzelnen Leben zurückgehend, kommen wir auch auf solche Gedanken und Bilderzeugungen die gleichsam den Grund bilden, aus dem das bestimmte hervorwächst, analog jener Grund dem Traum. So ist bey Traum und Kunst eine bestimmte Differenz und doch eine bestimmte

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Analogie. Worauf beruht die Differenz? | Die Alten sagten, im Traum habe jeder seine eigene Welt. Im wachen Zustande alle dieselbe. Darin ist etwas Wahres, aber auch Falsches. Im Traum ist eigentlich keine Welt; denn gewöhnlich im Griechischen κόσμος liegt ganz bestimmt der Begriff Ordnung, und dieß ist der Welt wesentlich, sonst wäre es Chaos. Daß aber jeder da in seinem Eignen, das ist wahr, nur nicht Welt, das setzte Zusammenhang mit dem Außen [voraus], im Traum aber ist das einzelne Leben ganz in sich abgeschlossen. Wäre im Traum jeder in seiner eignen Welt, ja dann wäre der Traum ein Kunstwerk. In einzelnen Fällen bleibt im Traum ein stetiger Zusammenhang und dann kann er Kunstwerk seyn, oder ein Ansatz dazu, wie etwa das Urbild zu einem Drama; aber dann ist eben die Abgeschlossenheit in einer Mannigfaltigkeit zu einer Einheit dem Begriff Welt analog. Das Princip der Differenz, sogar in diesem Fall den Traum kein Kunstwerk zu nennen, würde nur seyn die Unmöglichkeit der äußren Darstellung; denn die würde sich nur auf Erinnerung im wachen Zustand berufen können. Doch fängt da das Kunstlose an mit Kunst zusammenzuhängen. Über was für Künste erstreckt sich dieses, den Traum als Analogie anzusehen, und gibt es für andre Künste ähnliches? Der Traum ist freye Gedanken- und Bilderzeugung, also in Beziehung auf die redenden und bildenden Künste und darin liegt alles Wesentliche was man Kunst nennt, außer etwa die Musik nicht, rein für sich [betrachtet], doch Gesang kann auch im Traum vorkommen und dann haben wir alle Elemente. Dieses Analogon kann uns also für das ganze Gebieth gelten. Worin liegt nun die Differenz außer dem, daß keine äußre Ausführung des Traumes möglich ist, was nur ein Secundäres betrifft. Betrachten wir das gewöhnlich Unstäte des Traumes und die Zufälligkeit von etwas Fixem, so fehlt dem Traum gerade der Begriff Welt, i. e. Zusammenhang, Ordnung, Maaß. Wo jedes Element rein für sich, da ist keine Kunst. Im Traum existirt eigentlich keine Zeit und er ist seinem Wesen nach ordnungslos; es fehlt die Stetigkeit des Gegensatzes zwischen dem Beharrlichen und Wechselnden: Alles kann sich verwandeln, es ist das rein Chaotische, je 1 beruht] bestimmt

17 berufen können] denken

22 außer] als

1–2 Die in anthropologischen Untersuchungen zu Schleiermachers Zeit geläufige Redewendung geht auf ein bei Plutarch überliefertes Heraklit-Fragment zurück: „Die Wachenden haben eine einzige und gemeinsame Welt [κ σμος], doch jeder Schlummernde wendet sich nur an seine eigene.“ Ähnliches findet sich in Kants „Anthropologie in pragmatischer Absicht“ (Königsberg 1798): „Wenn wir wachen, so haben wir eine gemeinschaftliche Welt; schlafen wir aber, so hat ein jeder seine eigene.“ (Kant AA 1/ VII, S. 190) Vgl. Walther Kranz (Hg.): Die Fragmente der Vorsokratiker, Griechisch und Deutsch von Hermann Diels, Bd. 1, Berlin 1906 (2. Auflage), S. 75, B 89.

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mehr dieses aufhört, desto mehr auch die Differenz und es tritt die Analogie ein. Das ist also, was wesentlich zur Kunst gehört, sie fängt erst an, wo in freyer Gedanken- und Bilderzeugung Maaß und Ordnung ist, Einheit und Mannigfaltigkeit auf bestimmte Weise auseinander tritt. — Worin besteht nun die Analogie? Was jedem Kunstwerk des Mahlers z. B. zum Grunde liegt, ist ein innres Bild; je vollkommner dieses in ihm, desto vollkommner das Kunstwerk vor seiner ersten Ausführung. In einem Künstler bildet es aber immer, er ist überwiegend in dieser Thätigkeit[,] eine Menge Bilder dringen durch seinen Sinn, die nicht der Anfang von Kunstwerken werden, weil es ihnen an Klarheit und Anschaulichkeit fehlt. Sagen wir dieses eben so vom Dichter und denken dann beydes zusammen in Einem aber auf jener Stuffe der Unvollkommenheit und des Wiederverschwindens, so hat das die größte Analogie mit dem Traum. Sind nun diese etwas Willkürliches? nein[,] sondern offenbar unwillkürliche geistige Thätigkeiten die mitten in das Leben hineintreten. Je mehr die das wirkliche Leben constituirenden Thätigkeiten bestimmt sind und in das Äußre übergehen, desto dunkler werden jene unwillkürlichen Thätigkeiten, und treten hervor, je mehr das äußre Leben zurück tritt. Der Anfang des Kunstwerks besteht nun in dem Act, wodurch der Künstler ein Bild fixirt. Das ist nun ein vollkommen freyer, willkürlicher Act; nur in dem Maaß als ein unwillkürliches Bild sich zu diesem Act schon eignet, wird der Act ein momentaner. Oft hingegen ist eine Art Widerstreit zwischen diesem unwillkürlichen Innern und dem Willensact des Lebens, daß man es zum Kunstwerk hervorrufen will. Da ist die innre Conception dann kein momentaner Act, sondern der Künstler muß sich damit abmühen; er hat eine Ahnung, die Elemente seines dunklen Bildes brauchen zu können zum Kunstwerk. Was nun dort momentan, hier auseinanderstrebend ist, das ist das, wodurch [sich] das Kunstlose vom Kunst|mäßigen unterscheidet, indem jenes um dieses zu werden, erst muß mit Maaß erfüllt werden und umgestaltet, um Princip eines Kunstwerks zu werden. Wie weit sind wir nun gekommen in [der] Construction des Begriffs Kunst? Wir haben nur Elemente, folgende: 1.) Wo Kunst seyn soll, da muß Gedanken- und Bilderzeugung seyn (Bild für alles was sinnliche Anschauung und Realität hat im weitesten Sinn) und zwar muß diese seyn rein vom Seyn unabhängige, d. h. nicht wodurch wir [das,] was ist, erfahren oder bezeichnen wollen, sondern innre Productivität. Offenbar kann sie also nur seyn das einzelne geistige Leben, das sich selbst in einem Moment setzt. Das ist nur möglich wenn man voraussetzt, daß das Gedanken- und Bilderzeugen zum Wesen des menschlichen Geistes gehöre. 2.) Wo Kunst seyn soll, da muß in diese Production von Gedanken oder Bildern Maaß hineinkommen, also

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Bestimmtheit und mit dieser Entgegensetzung, und zugleich Einheit, damit es fest sey; und sagten wir noch, dieses kommt in das unwillkürlich erzeugte Kunstlose nur hinein durch den Act der Besonnenheit[,] der jenes zur Kunst macht. Diesen Act bezeichnen wir durch das Eintreten der Besinnung. Aber in was hinein tritt er nun? d. h. Wie bezeichnen wir dieses, was dem, wodurch etwas Kunst wird, vorausgeht? Bilder setzen den O r gan i s m us voraus, hängen mit den S i n n e n zusammen, als sinnliche Realität habend (Töne dazu gehörend). Die Gedanken aber setzen zwar auch einen Organismus voraus, aber einen andern, den nehmlich des Versta ndes. Denken wir diese Organismen in einer solchen Thätigkeit so haben sie die nicht aus sich selbst, sondern vermöge eines höhern Impulses, der also Thätigkeit des Geistes auf diesen zweifachen Organismus ist, also eine Begeisterung desselben. In der B e ge i s t e r u n g und Besonnenheit ist also der Begriff der Kunst. Wo diese beyden sind, da ist sie. Es gibt in der Kunst ein großes Gebieth, was wir zwar untergeordnet betrachten aber doch nicht ganz ausschließen, das der N a cha hmung. Ist die nicht durch jene Fassung von Kunst ausgeschlossen, da man ja dem Nachahmen die Begeisterung gewöhnlich abspricht? Das ist nicht der Fall in dem Sinn, wie wir Begeisterung verstehen, sondern sie ist auch ein Nachahmen, wenn schon untergeordnet. Die Richtung auf Bildund Gedankenerzeugen muß im Nachahmen seyn, doch mit einem Mangel, so daß man sich an ein schon gegebnes anschließt. [Der] Nachahmer ist nun nicht Nachschreiber und Copist, denn der versirt ganz in der mechanischen Ausführung. Sieht man hingegen deutlich, daß ein Mahler z. B. einen andren nachgeahmt hat, so ist in ihm doch das Zusammenseyn jener beyden Momente. Die wesentlichen Momente müssen nun auch aus dem Begriff der Kunst heraus abgeleitet werden können, nur sieht man dann auf das menschliche Leben im Großen. Um dieses noch von einer andren Seite zu erläutern, betrachten wir ein Paar Kunstgebiethe die in der allgemeinen Theilung von red e n d e r und b i l de n d e r Kunst nicht ursprünglich hineinfallen, die Kunst der Töne haben wir zwar noch hineingebracht, aber die Mim i k s c h e i n t n i c h t hinein zu wollen, die Kunst die ihr Werk darstellt am äußren Menschen selbst in seiner Beweglichkeit. Was ist wohl der Ursprung dieser Kunst? Er ist allgemeine Erfahrung: Wenn der Mensch in aufgeregtem Zustand, so entstehen Bewegungen in ihm, die die Zeugen jenes Zustands sind. Unter diese Bewegungen kann man die Töne subsumiren, als Bewegungen der Stimmwerkzeuge, obgleich man jene dann wieder unterscheidet. Dieses so unmittelbar aus 5 .] ?

8–9 gehörend] greift

41 jene] jenes

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innrer Aufregung [Entstehende] ist auch kunstlos, wie von bildender Kunst der erste Anfang. Doch werden hernach daraus die Kunstwerke des Gesangs und der Musik: Wie werden sie daraus? Diese Antwort schließt das Kunstgebieth ab, weil es hier ein schon äußerlich werdendes Kunstloses vom Kunstwerk scheidet und die Scheidung dann durch äußres und innres durchgeht. Allein das Äußre haben wir ja schon ausgeschieden, offenbar ist jedoch innres und äußres bey diesen | Thätigkeiten unmittelbar eins, innre Aufregung und mimische Bewegung, sofern es keine Kunstthätigkeit ist. Wie verhält sich dieses Kunstlose zum Bewußtlosen? Jenes unwillkürlich pathematische, was eine Thätigkeit wird, ist ein Ungemeßnes, Verworrnes, sowohl Gefühle der Lust als Unlust [Enthaltendes], ebenso unwillkürliche Töne. Darum schließen wir dieses äußerlich werdende Innre von [der] Kunst aus[,] so gut wie den Traum. Denken wir hingegen den Schauspieler, der die Leidenschaften darstellt und [den] Musiker, der sie in Gesang bringt, so ist da Unterschied. Entsteht das eine aus dem andren, oder ist beydes einander ganz fremd? Der Schauspieler soll gar nicht bey der Darstellung in Leidenschaft seyn, denn ginge die in ihn über, so ginge auch ihr ungemeßnes äußre in ihn also das Kunstlose. Ebenso muß Leidenschaft erst aufhören, ehe der Musiker componirt, der sein Kunstwerk mehr an [die] Erinnerung an den leidenschaftlichen Zustand anknüpft[,] als an diesen selbst. Der Moment der Leidenschaft ist nicht der der Kunst. Betrachten wir, wie sich Gebildete in Leidenschaft gebehrden und Ungebildete, so ist bedeutende Differenz; bey [ersteren] ist Annäherung an das Gebieth der Kunst; das Verworrne wird sich gelöst haben und eine Art Maaß hineinkommen; aber im Moment der Leidenschaft ist das nicht beabsichtigt, sondern rührt daher daß das ἔθος auf andrer Stuffe und Besinnung etwas Habituelles ist, das auch auf unbewußte Weise überall mitwirkt. Kunst ist dieß noch nicht, aber eine Annäherung, die herrührt von größerm Maaß von Besonnenheit, ohne daß im Moment ein bestimmter Act derselben ist, sondern Wirkung von den allgemeinen Zuständen aus. Denken wir diesen der Kunst ähnlichen Ausdruck als eines und mimische Kunstdarstellung als ein andres, wie unterscheiden wir beydes? Leidenschaftliche Aufregung muß aufgehört haben und damit [ein] Kunstwerk entsteht[,] muß ein b e s o n d r er A ct der Besinn un g eingetreten seyn. Nachdem wir ausgegangen sind vom Moment, wo Innres und Äußres dasselbe waren, sind wir nun zu einer Scheidung gekommen, verursacht durch das Aufhören des pathematischen Zustands und Eintreten der Besinnung. Die Anwendung von diesem Begriff kann nun folgen. Kunst sahen wir aus zwei Elementen entste10 ?] .

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hend, aus Begeisterung des Organismus und aus der Besinnung. Wenn wir nun beym Mimiker fragen, was der Organismus sey, der begeistet wird, so ist es das System der willkürlichen Bewegungen und diejenigen nur können Mimiker seyn, in welchen diese Thätigkeit der willkürlichen Bewegungen als Ausdruck des Innren in einem gewissen Grad dominirt, was man mit Begeisterung immer mit versteht. Wo diese fehlt kann das Mimische nur auf der Stufe der Nachahmung seyn. Völker, in denen diese Function des Organismus nur geringe Thätigkeit hat, haben keine Mimik, wie die ursprünglichen Bewohner des nördlichen Amerika, die heftiger leidenschaftlicher Erregung fähig sind, ohne daß diese im Organismus sich zeigen. Das mag vom Willen ausgehen oder vom natürlichen Mangel an Erregsamkeit des Organismus von da aus, so ist das für [die] Kunst dasselbe, es fehlt der erste Moment, daß Begeisterung nicht habituell ist. Daher haben sie keine Mimik; Tanz zwar aber von ganz andrer Art. Ebenso kann dergleichen nicht hervorgehen aus einem gesellschaftlichen Zustand, wo, es sey entstanden wie es wolle, es sich gleich verhält. Dieses Kunstgebieth in eine solche Region zu tragen, ist Willkür z. B. die französische Tragödie versiert im Gebiethe der höchsten Stände; in diesem ist aber die äußerliche Bewegung des Organismus durch Erregung fast auf nichts gebracht. In dieser Tragödie entsteht also eine willkürliche Darstellung gewisser innrer Zustände, ohne allen Zusammenhang mit dem was kunstlos in diesen Ständen erscheint. Wollen wir das Kunstlose und Künstlerische in subjektivem Zusammenhang denken, so wird überhaupt im Großen dieses Kunstgebieth nur seyn, wo im natürlichen Leben starkes Gebehrdenspiel statt findet, wo dieses nicht ist, wird mehr oder weniger Willkürliches, Gemachtes, Gekünsteltes, nicht Künstlerisches | da seyn. Im Kunstlosen ist reine Identität des Äußren und Innren. Wenn es Kunst wird, scheidet sich beydes, das Innre geht vorher, ist innerlich vorgebildet, was äußerlich werden will; also in d e r B e s o n de r h e i t ist es P r oduct der Besinnun g , im G a n z e n d e r B e ge i s t e ru n g. Obgleich wir hier etwas Bedeutendes gewonnen haben, Begeisterung und Besinnung für alle Kunst, worin als Zweiheit schon Princip zur Construction ist, so fehlt uns immer noch eine Einheit, denn wir gingen immer vom Einzelnen aus, sahen gewisse Thätigkeiten und sagten, wenn nur Begeisterung dazu kommt, wird es Kunstthätigkeit; aber Einheit fehlt uns, und auf diesem Wege würden wir sie nur dadurch gewinnen, wenn wir den Begriff Organismus statt einer Mannigfaltigkeit von Functionen in eine Einheit zusammenfassen könnten. Dabey ist nicht Organismus im gewöhnlichen Begriff zu brauchen, gäbe es keinen andern als diesen, und man wollte nun Einiges davon ausnehmen, so gibt es keine Einheit. Die bildenden Künste arbeiten

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für das Gesicht nicht nur, sondern das Innre als Product von Begeisterung und Besinnung ist selbst ein innres Sehen, wie in [der] Musik ursprünglich ist ein innerliches dieses Product hören. Das sind zwei Functionen des Organismus die zum System der Sinne gehören. Dieses könnte nun nicht alles aufnehmen, was wir Kunst nennen, denn Poesie arbeitet nicht in demselben Sinn für das Gehör wie die Musik, sondern [die] Aufgabe ist etwas andres und was sich davon auf das Gehör bezieht, ist untergeordnet. Betrachten wir die übrigen Sinne, so ist da nichts, was ein Kunstgebieth constituiren kann, für Geruch, Geschmack und Tastsinn gibt es nichts; als wenn man sagen will Sculptur unterscheide sich von Mahlerey dadurch, daß sie zugleich für den Tastsinn arbeite, aber das wäre doch ebenso das Untergeordnete wie die Poesie was sie für das Gehör thut (Jenes Tasten verbitten sich die Künstler). So entginge uns ein großer Theil der Kunst und dann könnten wir dieses Sinngebieth gar nicht mit Kunst in allen seinen Theilen erfüllen. Woher kommt es, daß es für diesen Sinn kein Kunstgebieth gibt? Wenn man einen fragt, ob er das kann, was ich ein innres Sehen, Gestaltbilden mit Sehen nannte, so bejaht es jeder und ebenso von dem Gehör. Wollen wir hingegen eine Aufgabe stellen für ein innres Riechen oder Schmecken, so wird es keiner leisten können. Dieser bestimmte Unterschied ist lange anerkannt, man faßte ihn aber so, daß für [den] Kunstunterschied nichts erfolgte, man sagte, die einen seyen deutliche Sinne, die andren dunkle. Hauptsache ist vielmehr, die einen sind ein maximum von Passivität, ohne [die] Fähigkeit der Selbstthätigkeit, während jene im Stande sind, ohne afficirt zu seyn, Gestalten und Töne zu bilden und zu sehen. Also ergibt sich, daß wir statt des allgemeinen Organismus der Sinne, nun werden das System der willkürlichen Bewegungen (im losen Sinn) für die Begeisterung annehmen. Nur die S inne, die zug le i c h F u n c ti o n e n w i l l k ü r li c h e r B e weg un gen sind, die zugleich das Gebieth des Sinnlichen ausfüllen, haben ein Kunstgebieth. Jenes maximum von Passivität denke ich nicht absolut, da es im Leben nichts gibt ohne minimum von Selbstthätigkeit; denn wenn man in Gedanken etwas genießt, so braucht man es nicht zu schmecken, aber es gehört eine willkürliche Thätigkeit dazu; und so wenn man in Gedanken, ohne zu riechen, unter den stärksten Gerüchen herumgehe, da ist die Richtung der Aufmerksamkeit des Thätigen, aber weiter geht sie nicht. Nicht einmahl in der Erinnerung können wir uns Gerüche wieder hervorrufen, weil der Geruch innerlich keine Thätigkeit hat. Also alles was im weitesten Sinne zum Organismus des Geistes gehört, ist unfähig ins Kunstgebieth einzugehen insofern es nicht will17 ?] .

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kürlicher Bewegung fähig ist, insofern es nicht durch den Willen in die ihm eigenthümliche Bewegung versetzt werden kann. Ein Künstler sieht sein Bild nicht erst äußerlich und erstaunt nun darüber, weil er es schon gesehen hat. So in [der] Musik: jeder der laut vorliest, hört sich ehe er das Einzelne ausspricht, folgen die Sprachwerkzeuge seinem innerlich Gehörten nicht, so fühlt er den Fehler. | Was ist dann das ganze System von diesem dem Willen so unterworfenen Organismus, in dem Sinn, daß er durch den Willen in Bewegung gesetzt werden kann (denn ohne Wille kommt auch kein Auffassen zu Stande)? Das ist schon die O b e rflä che des Leibl ichen als Fundament der m i mi s c h e n K u n s t. Das S ehen innerlich ist Fundament der b i l de n d e n K u n s t; und das Vermögen T öne innerl ich h e r v o r z u b r i n ge n [,] reine und articulirte[,] ist Fundament der Mus i k und des M u s i k al i s c h e n i n d e r Poesie. Wo bekommen wir nun das Wesentliche in der Poesie her, woher das eigentlich Künstlerische in der Architectur? Da scheint es doch schwerlich, daß dieser letzte Ausdruck, der in Kunstthätigkeit zu begeisternde Organismus sey das Gebieth der w i l l k ü r l i c h e n Bew eg un g en g enüg e. Beyde sind gleichsam äußerste Enden. Wir sahen die Architectur an [der] Gränze, da es zweifelhaft ist, ob ihr ganzes Werk Kunst sey oder nur etwas daran. Da ich sie als ein äußerstes Ende der Poesie entgegen stelle, so meine ich etwas andres. In P o esie wären auch willkürliche Bewegungen aber nur der Gedanken, die sich unabhängig vom Seyn entwickeln. A r c h i t e c t u r erscheint so auch als willkürliche Bewegung, aber solcher, die sich vom Heraustreten nicht mehr trennen lasse, da es um das Aufstellen der Masse zu thun ist. Insofern sind beyde äußerste Enden. Vergleichen wir beyde mit den schon aufgestellten Gebiethen, zunächst die Architectur und Sculptur, so ist da ein gemeinsames Gebieth von soliden Gestaltungen. Der wesentliche Unterschied ist, daß die Sculptur es mit organischen Ganzen, die Architectur mit unorganischen Ganzen zu thun hat; denn was an dieser organisch ist, ist nur Sculptur, sobald man es isolirt. Betrachten wir Poesie und die bildenden Künste zusammen, so ist auch da eine gewisse Zusammengehörigkeit. Wenn wir in einem Gedicht fortschreitend unter vielen Gestalten keinen Moment finden, der Gemählde seyn könnte, so erscheint dieß als ein Mangel. Dieses gibt einen Indicator daß die Gedankenbewegung in [der] Poesie doch eigentlich auch Gestalten bildend ist, indem sie den Stoff hervorbringt für Künste, die gestalten. Es ist also die Bewegung der Gedanken nach der Seite der Gestaltbildung hin, d. h. wo der einzelne Gedanke auch ein Besond r e s u n d B e s t i m m t e s werden will; während hingegen der Gedanke 18 genüge] nicht zu genügen

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in der wissenschaftlichen Bewegung nach der Formel, dem a llg emeine n Ausdruck hin ist, der eine Menge einzelner Gedanken unter sich enthält. Ist aber die Bewegung des Gedankens auch eine das Einzelne suchende und zur Einheit zusammenstellende also bildend, so ist auch zwischen Poesie und den andern Analogie. Nun noch die Architectur als anorganische Gestaltbildung. Wo haben wir denn diese Gestalten her, wenn wir alles, was der Mensch von dieser Art gemacht hat, hinwegnehmen? Da sind wir an das kosmische Leben gewiesen; Gestaltung die mit Kugel zusammenhängt ist die eigentlich Weltbildende bey allen Gestaltungen von innen heraus. Hingegen die geradlinige Gestaltung ist auf untergeordneter Stuffe, mehr in oberflächlichen Theilen der Erde zu sehen, an den Crystallisationen nehmlich. Da liegt ein Typus für die Architectur, so wie in der animalischen menschlichen Natur der Typus für die Sculptur liegt. Zusammenfassen können wir dieses alles nur wenn wir eine Stuffe höher steigen. Kunst fanden wir als eine freye Productivität von derselben Art, wie wir zugleich eine Gebundne haben, worin der Geist mehr receptiv ist und von einem Gegebnen bestimmt. Das muß nun von unsern zweien gelten. Poesie also freye Gedankenbildung nach dem Einzelnen hin ist also eine vom Allgemeinen ausgehende. Die Erfahrung bringen wir zu Stande auf ähnliche Art, als Bewegung des Gedankens zum Sinneseindruck als Vorstellung werdend. Von da erscheint dann alles Verschiedne sich zusammenziehend zu Einem. Der Mensch im lebendigen Verkehr mit der Welt muß immer in dieser untergeordneten Gedankenbewegung seyn, aber immer bestimmt durch das Seyn, oder es fixiren wollend, da der Geist sich selbst als Seyn durch das Seyn bestimmt setzt, wo Productivität mehr receptiv. In der Kunst wird nun [eben] das freye Productivität. Fragt nun | Jemand: Worin liegt dieses, daß diese Gedanken, die so bestimmt sind, nun freye seyn wollen? Es scheint dieß nur auf Kosten der Wahrheit möglich und so entsteht die Ansicht, die besonders Schiller aufstellt, daß Kunstthätigkeit als freyes S piel dem E r n s t gegenübersteht. Auskommen können wir aber nicht, ohne eine Berechtigung aufzuweisen gegen die Moralisten, daß der Mensch zu so etwas als Spiel eigentlich seine Zeit nicht verwenden soll, da er im Gebieth der Wahrheit immer genug zu thun habe, das heißt die geringste mechanische Beschäftigung mehr nütze als Gewalt des Menschen über die Natur fördernd. Dieser Charakter hat sich am stärksten ausgesprochen im Fichteschen System, das sich selbst dadurch bindet, 20 ausgehende] aus

29 ?] .

29–32 Vgl. die Sachanmerkung zu S. 63,29–2 37–3 Vgl. oben Stunde 2 und Schleiermachers Marginalien zum Kolleg 1832/33, S. 133,6–7

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daß es der Kunst eine pädagogische Bildung des ästhetischen Sinns zuschreibt, als Wirksamkeit, die den Menschen zum Idealen emporziehe. Allein da läßt sich kein rechter Unterschied fixiren zwischen dem ästhetischen Sinn und der Kunst selbst. Das gibt sich dann in Vereinigung der pathematischen und thätigen Auffassung der Kunst, die wir noch geben müssen. Wie verhält es sich mit diesem Gegensatz daß nur die gebundnen Thätigkeiten die Wahrheit enthalten, wo die Thätigkeit rein durch das Gegebne bestimmt ist, und die freye Thätigkeit dagegen nur wie Spiel sich verhalte? Diese Behauptung beruht auf einer sehr allgemeinen Ansicht, die uns aber mitten in die Speculation hineinführt, wo wir allein den Schlüssel finden. Es kann wohl nicht streitig seyn, daß der Gegensatz zwischen Productivität und Receptivität nur ein r e l at i ve r sey, weil das Lebendige nie in absoluter Passivität seyn kann, sondern auch aufnehmend thätig ist; nur die Thätigkeit freylich unter Potenz des von Außen Afficirtseyns gestellt. Fassen wir empirisch Gestalten auf, so gibt es da zwei Ansichten über die Art, wie das geschehe, die eine sich nähernd einer absoluten Passivität, die andre sich davon entfernend. Ist jene so erkannt, so muß man sie nothwendig fallen lassen, da absolute Passivität sich mit [dem] Begriff des Lebens nicht verträgt. Denken wir den Menschen als Gestalten auffassend mit dem Auge und so, daß die Gestalten erst gegeben wurden mit dem, was den Eindruck auf die Sinne macht, so übersieht man etwas Wesentliches. Wenn nehmlich der Sinn geöffnet ist, so ist er auch zugleich erfüllt und so daß diese Erfüllung eigentlich Eins bildet. Man sieht ursprünglich alles auf Einer Fläche und die ist auch erfüllt, da immer etwas den Hintergrund bildet. Wie kommen wir zur Sonderung der Gestalten und Entfernungen? Entweder ist der Mensch in dieser Beziehung rein Null und kann nur aufnehmen was ihm gegeben ist und die Gestalten an sich werden ihm erst durch das Aufnehmen, oder dann trägt er die Typen der Gestaltung schon in sich und in der Auffassung ist Zusammenseyn dessen was in ihm ist und heraus will und das außer ihm, was er aufnimmt. Jenes ist die Ansicht, die die Richtung auf das Wissen und alle Wissenschaft und Philosophie aufhebt; denn nähert man sich der Nullität des Menschen in den ersten Acten seines Aufnehmens, so hat man gegen die Scepsis verloren Spiel. Bringt hingegen das in das Aufnehmen erst die Sicherheit, Überzeugung also vom Objectiven die Wahrheit, daß die Identität zwischen den allgemeinen Gattungen des Seyns und denen des Denkens sich bewährt, so gibt dieß erst die Sicherheit der Welt. Von Allen die auf dem Gebieth des Wissens nach Speculation hin etwas leisteten, ist das immer anerkannt worden, wenngleich unter verschiednen Formen, 9 ?] .

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denn ohne von diesem Punkt aus, gibt es kein Wissen, keine Speculation. Stellen wir also zweierley gegenüber für einander das Außen und die geistigen Formen, so sind wir schon im Gebieth des Gegensatzes und wir müssen in der absoluten Identität die eigentliche Begründung suchen. Hier können wir im Gegensatz stehen bleiben. Dann ist der Geist immer productiv, immer in Richtung auf Gestaltbilden und Bewegung aber nur in entgegengesetzter Richtung vom Allgemeinen zum Besondren und umgekehrt, und in der P r oduct iv itä t; was er vom äußren Seyn ergriffen und in diese Thätigkeit gebunden, das ist der Zustand der Re c e p t i vi t ät . Haben wir nun eine ziemlich allgemeine Er|fahrung, daß die Form dem Menschen mit dem Stoff erst gegeben ist und sehen wir die Möglichkeit dieser Ansicht darin, daß die receptive Thätigkeit keine unmittelbar bewußte ist: so gehört zur Vollständigkeit des Selbstbewußtseyns, daß dieselbe Productivität auch eine freye werde, damit der Geist von der Täuschung, er empfange die Form nur mit dem Gegenstande, loskomme. So haben wir unmittelbar, was oben apagogisch, daß Kunstthätigkeit in das Gebieth des unmittelbaren Selbstbewußtseyns gehöre, also die Gestalten dem Geist angehören und [die] Zusammenstimmung dessen, was er producirt und in sich trägt eigentlich die Wahrheit ist. Sagt man auf der andren Seite, die Kunstthätigkeit ist Nachahmung der Natur, so gehört dieses der sceptischen Ansicht an, die die andre Erklärung der Kunstthätigkeit als Receptivität in absolutem Sinn hat. So sehen wir, welchem Princip jede dieser Ansichten angehört. Wenn man die Kunstthätigkeit als Spiel ansieht und die unfreye Auffassung und Gedankenbildung als Ernst, wie Schiller, so ist dieses eine unhaltbare Ansicht. Nur auf untergeordnetem Standpunkt erscheint jenes als Ernst, was nur Sache der Noth ist. Spiel erscheint daher als zu geringfügig und das Wesen der Sache nicht ergreifend. Ist nun Kunstthätigkeit erst die Vollendung des Selbstbewußtseyns, so muß sie, wird man sagen, allen gemeinsam seyn, sonst hätte der eine vollständiges Selbstbewußtseyn, der andre nicht; und nun sehen wir wie nothwendig wir jene kunstlose Thätigkeit aus der sich die kunstmäßige herausbildet aufstellen mußten. Von da aus werden die zwei Ansichten der Kunstthätigkeit als aufnehmend und als producirend [als] wesentlich einander postulirend angesehen. Nichts, was uns im geistigen Leben vorkommt, gibt es, wo wir nicht auf das Zusammenseyn des Geistes im Erscheinen des einzelnen Lebens mit der materiellen Welt zurückgeführt werden; beyde Factoren sind in Allen zusammen nur in verschiednem Verhältniß. Da sind nun folgende Differenzen. Auf der einen Seite sagt man die Wirksamkeit der äußern Welt auf den menschlichen Geist bestimme ganz und gar seine geistige Thätigkeit, so ist der Geist ganz und gar das Secun-

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däre und der Schlüssel ist das Sogewordenseyn durch äußern Eindruck. Gegenüber ist [die] Behauptung: Der Geist mache die Dinge, d. h. es sey für den Geist nichts als was er selbst setzt, und so ist er in seinem ganzen Lebensgebieth allein herrschend und productiv. Jene nennt man gewöhnlich die m at e r i e l le, diese die idea le Ansicht. Diese erscheinen offenbar vollkommen einseitig, und jede findet consequent durchgeführt etwas, woran sie sich stößt, das nur gewaltsam wegzuräumen ist; die erste findet dieses Hindernis im Bewußtseyn der Freyheit, was eben das Negative ist, daß der erste Anfang einer Reihe geistiger Thätigkeiten nicht von äußren Einflüssen bestimmt werde; denn die positive Seite des Begriffs ist in der Masse nicht so bewußt, wie gerade jene negative. Die andre Ansicht hat ihr Hindernis darin, daß sich jeder der Unmöglichkeit bewußt ist, sich die Außenwelt anders vorzustellen, als sie da ist, also sich seiner Thätigkeit als gebunden bewußt ist. So stehen beyde gegen einander. Leicht wird man geneigt seyn, auch auf gar nicht speculativem Standpunkt[,] jede für richtig zu halten, wenn sie das Hindernis aufnehmen könnte, also die materielle richtig, wenn uns Bewußtseyn der Freyheit; und die ideelle, wenn uns das der Gebundenheit mit könnte darin aufgenommen seyn. Wollte man so weitergehend ausgleichen, so gibt es nur approximatives. Nun gibt es aber eine d r i tt e A n s icht, auch so alt als das speculative Denken überhaupt, aber in verschiednen Formen: daß nehmlich beydes, worin diese Hindernisse liegen, von ein und demselben herstammen, Bewußtseyn der Freyheit vom Wesen des Geistes insofern er ein thätiger ist; und daß die Gewalt der Dinge von eben demselben her sey. Nun ist dieses doch der höchste Gegensatz durch das ganze Seyn hindurch, also daß der höchste Gegensatz, wie alle sich aus ihm entwickeln[,] von Einem her ist. Faßt man den Gegensatz so als aus dem Einen hervorgegangen, so ist in jeder der beyden Glieder eine Thätigkeit auf das andre und in dem andern zugleich etwas, was seine Thätigkeit hemmt. Daher ist alles, was als einzelnes Moment des geistigen Lebens vorkommt aus beyden zusammengesetzt, aber nur auf die verschiedenste Weise. | Beziehen wir jene beyden darauf, so ist der Geist in allen seinen Thätigkeiten bedingt durch das äußre Leben; denn das einzelne Leben, die Bedingung seines Daseyns liegt in den Thätigkeiten der Außenwelt, den lebendigen Kräften der Welt; denn so erscheint die Organisation gebunden so wie der Erzeugungsproceß, aus dem doch das geistige Leben hervorgeht. In dieser Beziehung hängt also der einzelne Geist von jenem ab. Die andre Ansicht, daß der Geist die Außenwelt auch[,] in sofern sie ihn selbst zu bestimmen scheint, aus sich setzt, hat Wahrheit darin, daß wir keine Einwirkung 4–5 Vgl. die Sachanmerkung zu S. 137,12–14

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der Dinge auf unser Einzelleben kennen, außer sie seyen erst Bewußtseyn geworden und dieses ist das dem Geiste eigenthümliche, und nach dessen Gesetzen allein hat er die Außenwelt. Beyde Ansichten erscheinen also als vollkommen wahr, aber in verschiedner Beziehung; denn die letztre muß zugeben, daß das Seyn jeder einzelnen Erscheinung des Geistes abhängig ist von einem Naturproceß in Zeugung. Die andre hat ihre Wahrheit darin, daß sie dieses zugebend sagt, was nun geworden ist, ist der Geist, und von da an begegnet und wird ihm nichts als was in den Gesetzen des Bewußtseyns beruht, die die Einwirkung der Dinge auf ihn bestimmen. Diese Bestimmung ist aber nicht vom einzelnen Geiste ausgehend, sondern vom allgemein Geistigen, da die Gesetze des Bewußtseyns für alle dieselben sind. Fragen wir nun nach der Wahrheit, so hat die ihr Wesen in diesem Verhältniß. Wahrheit besteht darin, daß das Außeruns wirklich so ist, wie wir es setzen und ebenso darin, daß was wir im Außeruns hervorbringen wirklich so wird, wie wir es gedacht haben. Dazu gehören nun auch die Gesetze des Seyns, also Bedingung der Wahrheit ist Identität der Gesetze des Seyns und derer des Bewußtseyns. Was also der einzelne Geist in sich trägt als seine Lebensmomente in seinem IndieWelt gesetzt seyn, das ist immer zuerst Bewußtseyn, Bewußtseyn von sich, von einem Außer ihm und von der Relation zwischen ihnen beyden. Alle Wahrheit beruht also darauf, daß das Denken der Ausdruck des Seyns ist für den Geist und das Seyn der Ausdruck des Denkens für den Geist, d. h. daß beydes auf seine Weise jeweils nach seiner Natur für das andre ist und das ist dasselbe was jene dritte Ansicht. Indem jedes von demselben Einen her ist, will es dieses ganz und sucht also das andre. Betrachten wir so auch einmahl das einzelne Leben zugleich wie es begründet ist im Materiellen. Hier wie auf der andern Seite können wir nicht unbedingt von dem Geist an sich und vom Seyn an sich reden, sondern sind gleich gewiesen an das was eben für uns nur ist, das ist das irdische Seyn, unser Weltkörper und sonst was und insofern es sich auf ihn bezieht, also von andrem nur diese Relation. Nun wollen wir die Anschauung vom Leben der Erde entwickeln, d. h. von ihren Thätigkeiten als in ihrem Wesen gegründet. Was sich als einzelnes Seyn sondert ist ein Product von der Einheit des Lebens im Zusammenseyn mit dem cosmischen Leben. Das niedrigste Gebieth ist das vegetabilische Leben, da alles Niedrige um die Erdmasse selbst ist. Die Organisation des Animalischen ist auch ein Erzeugnis von [der] Lebensrichtung der Erde, wie sie relativ selbstständig ist. Beyde Gebiethe sind ein abgeschlossnes Ganzes, worin sich das Vermögen der Erde ausspricht. Die Einzelheiten selbst finden wir da in verschiednen Abstuffungen und erst auf der höhren Stuffe son-

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dern sich beyde Gebiethe auf bestimmte Weise, und da scheinen die Producte aus beyden zusammengesetzt. In diesem Aufstreben finden wir [die] Tendenz das Bewußtseyn hervorzubringen im Gebiethe des Irdischen, nur daß das Animalische diese Form viel bestimmter entwickelt, und hervortretend im Menschen. Als Product des Lebens der Erde ist er der Gipfel in dieser aufsteigenden Reihe, die sich nun vollendet, da Bewußtseyn ist. In diesem Geiste entwickelt sich dann das ganze Seyn der Erde wieder in Form des Bewußtseyns und dieses ist der Cyclus ihres Lebens und Daseyns. Von da aus wollen wir auf jene verschiednen Ansichten sehen | nicht sagend, der Geist selbst sey Product der Erde, sondern nur diese Bestimmtheit desselben, d. h. daß das Bewußtseyn schon ursprünglich so ist, daß es dem adäquat ist, was die Erde entwickelt, sonst wäre der Mensch nicht für die Erde, und das Leben der Erde für ihn nicht vollendet. Auf den Gegensatz zurückgehend wie wir ihn gaben sagen wir: Den Menschen auf der Erde betrachtend machen wir die Theilung, er sey von der Erde her, was seine den übrigen Producten analoge Seite betrifft, aber als Geist und Bewußtseyn sey er vom Geiste her; er ist also das Seyn des Geistes für die Erde und das Seyn der Erde für den Geist und beydes ist in ihm ausgesprochen und gleicht sich in ihm aus. In den ersten Lebensacten erscheint das Geistige im Menschen untergeordnet, das nächste ist das sich selbst Erkennen des ihm einwohnenden Geistes in der menschlichen Gestalt und der Einwirkung Andrer auf ihn; so wird in ihm die Entwicklung des Gattungsbewußtseyns und das ist das Specifische im Seyn der Menschen als Gattung verglichen mit andren, daß dieses beydes, das allgemeine Bewußtseyn von sich als Mensch und von seinem einzelnen Leben, sich als Eines setzt, jenes nur habend im Zusammenseyn mit andren Menschen. Was wir nun Wahrheit nannten, entwickelt sich in ihm auf sehr allmählige Weise und jenes reine Abspiegeln des Seyns in seinem Geist ist erst ein spätres Product, später erst tritt das Bewußtseyn von diesem Gegensatz klar hervor. Denken wir den Menschen im Zusammenseyn mit dem Außerihm, das ihn afficirt, und sein einzelnes Leben als Entwicklung das Bewußtseyn des Seyns zu haben, so ist darin der Geist selbstthätig und das Alles seine Freyheit, wenn wir auf den Anfang zurückgehen, aber in jedem Resultat findet er sich gebunden, durch die Einwirkung von Außen afficirt. Also kommt er so nicht zum Bewußtseyn seiner Selbstthätigkeit und des ihm ursprünglich einwohnenden Seyns[,] sondern er scheint in all seinen Thätigkeiten von Außen bestimmt. Nun kommen wir auf die Entwicklung des Geistes selbst zum Bewußtseyn auf der andern Seite, als hier nicht gebunden 1 und da] in unter

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vom äußren Seyn und das ist das Selbstbewußtseyn, das aber nicht Ergänzung des andern wäre, sondern fremdes, wenn es nicht dieselben Gesetze des Bewußtseyns hätte und weil so das productive Selbstbewußtseyn nach denselben Gesetzen producirt wie das Bewußtseyn so entsteht der Schein, daß der Mensch nur producirt was er durch äußre Einwirkung habe. Das Innerliche (Ideen, Urbilder) ins Einzelne hineinzubringen ist die eigentliche Thätigkeit des Geistes, aber in den wahrnehmenden Momenten binden ihn die Affectionen und er erhält das in das Bewußtseyn was die Sinne bestimmt. Ohne dieses Binden erscheint sein Bilden auch rein innerlich und frey; es sind immer dieselben Schemata, daher man sie der Natur abgewonnen glaubt, womit nicht erklärt wäre, wie man mit bloßer Nachahmung seine Zeit ausfüllen kann. Das Gebundne als Bewußtseyn des Außer uns, oder das bestimmte Selbstbewußtseyn abgerechnet, ist die ganze freye Thätigkeit eins. Ein großes Gebieth haben wir abgesondert, das Heraustreten nehmlich der Geisteskräfte und so versieren wir rein im innerlichen Leben; da erscheint Alles, was nicht jenes gebundne Bewußtseyn wird, eins und dasselbe, anfangend im Traum und sich durchziehend neben den Momenten des bestimmten Bewußtseyns aber immer nur als innerliches Spiel, hernach Anfangspunkt werdend zu einem äußerlichen Heraustreten. Das Gebundne und Freye ist in der bildenden Thätigkeit schon von Kindheit an neben einander, obwohl natürlich da noch weniger hervorhebend, wie Subject und Object noch nicht auseinander treten. Dieses Auseinandertreten ist Bedingung, daß jenes sich auch sondere. Dieses gibt nun den Übergang zur Aufgabe, die beyden entgegengesetzten Ansichten unsrer Untersuchung, ob sie überwiegend auf das Pathematische oder die Kunstthätigkeit selbst gerichtet seyn solle, mit einander zu vereinigen. So gefaßt wie bisher ist diese Thätigkeit eine allgemein menschliche und jeder muß sie haben; der Geist erscheint uns auch als Seele innerlich thätig. Von einer Beschaffenheit der so sich erzeugenden Bilder ist nun nicht die Rede; zwischen den einzelnen Menschen ist da der Unterschied groß, da sie festgehalten werden von den äußren Eindrücken; und nur wenige sich der freyen Thätigkeit freuen. | Eindrücke von Außen fordern ihn stets zum Einwirken nach Außen und in diesem stetigen Wechsel hört die freye Thätigkeit auf, ihr bleibt nur Entwicklung im Traum und in ganz dunklen Vorstellungen. Ist aber etwas dem Wesen des Geistes in seinem Daseyn als Seele angehörig, so muß es ununterbrochen in Bewegung seyn, nur freylich daß es ein minimum seyn kann, das sich der Wahrnehmung entzieht. Was ist das minimum, das bald mit Null verwechselt wird, bald als 12 womit] wo

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minimum erkannt? Das ist das Ve r l ang en dessen man sich als Richtung bewußt ist, ohne daß es Resultat wird; nicht ein Wollen, was innrer Anfang der That ist, sondern Wünschen, Sehnen, daß diese Thätigkeit frey werde. Den Geist als menschlichen in seiner Erscheinung als menschliche Seele können wir nicht denken ohne das zweifache Bewußtseyn, daß er in Einzelheit ein andrer ist als die Übrigen, und zugleich Bewußtseyn der Identität, Gattungsbewußtseyn. Nur darin, daß vermöge der Identität was in einem ist, kann in den Andern übertragen werden, liegt nun auch, daß wo in Richtung der eine nur beym Verlangen bleibt, der Andre Thaten [folgen] läßt, jener sich diese That aneignet und so sein Verlangen befriedigt; als Erhebung des Gattungsbewußtseyns über das einzelne; Wohlg ef a llen daß ein Andrer erreicht, was er selbst nicht. Dieß ist das Wohlgefallen an der Kunstthätigkeit bey denen, die sie selbst nicht üben. Durch das Befriedigtwerden kommt jeder zum Bewußtseyn, daß er jenes Verlangen in sich gehabt hat; und durch das Aneignen anerkennen sie, daß diese Thätigkeit in ihnen eigentlich auch seyn sollte. Dieses kann auch in den verschiedensten Abstuffungen seyn. Hat einer Wohlgefallen, wo er die Kunstthätigkeit findet, so hat er G eschma ck (guten oder schlechten), was die Steigerung des bloßen Verlangens ist und erfordert, daß der Mensch von Noth und Bedürfniß doch so viel Ruhe hat, zu solcher Betrachtung zu kommen; und dann daß das Verlangen eine gewisse Stärke haben muß. Dieses thut dem Grundverhältniß keinen Eintrag, denn dieselben Allen wesentlichen Functionen sind in jedem in andrem Verhältniß, aber alle nothwendigen Functionen müssen da seyn, sonst wäre es nicht dasselbe geistige Leben. S tumpfsinn ist wo das minimum gleich Null zu setzen ist, von da an steigert es sich, bis zum Geschmack, d. h. wo das Verlangen, die Richtung so gesetzt ist, daß man das Vorhandenseyn derselben in Werken mit Wohlgefallen wahrnimmt. Steigern wir also dieses, so werden Einzelne, so weit sie von Bedürfnissen und Noth frey sind, dieses Bedürfniß realisiren und sich der P r o d u c t i o n hingeben. Aber nicht alle von diesen werden nun auch äußerlich Kunstwerke hervorbringen, denn dazu gehören noch zwei Bedingungen, einmahl mehr Zeit, PwasS innerlich als Eins da ist, in einer Reihe von Momenten äußerlich hinzustellen, was auch von der Dichtkunst gilt, da im Insichtragen die technische Vollkommenheit noch nicht ist, ja nicht einmahl das Ganze in Worten, aber der lebendige Keim des Ganzen; also muß man Herr einer größern Muße seyn und zweytens gehören dazu gewisse organische Bedingungen, die nicht mehr in derselben geistigen Richtung ihren Grund haben, sondern vom Leiblichen und Psychischen abhängt, das sich nicht im Maaße wie jenes entwickelt. Mancher würde gerne Andern seine innerlichen Bilder geben zur Ausführung, aber dieses Übertragen ist

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nicht statthaft und so bleibt die Thätigkeit rein innerlich. Erst wo diese zwei Bedingungen noch sind, wird der Mensch in der Entwicklung der innren Thätigkeit ein wirklicher Künstler. Es ist dasselbe, was beym einen das Wohlgefallen erzeugt, aber nichts weiter, und beym andern wirklich künstlerische Thätigkeit; nur in verschiedner Entwicklung und Freyheit von Hemmungen. — Nun haben wir ein allgemeines Schema für die Kunst gefunden, können auch von diesen Betrachtungen aus diese geistige Richtung von den andern bestimmt unterscheiden, haben sie zwar nur betrachtet in ihrer Differenz von der gebundnen Thätigkeit, die das Bewußtseyn der Außenwelt constituirt; aber es wird leicht seyn, auch die übrigen geistigen Thätigkeiten noch aufzustellen, was von zwei verschiednen Gesichtspunkten aus geschieht. In der Kunst ist die Thätigkeit | nach Außen ein Zweites und andren Bedingungen unterworfen, so daß wir das Wesen der Kunst fassen, ohne auf ihr Äußerlichwerden Rücksicht zu nehmen. Wie verhält sich nun das ganze Gebieth der Thätigkeiten die sich aufs gemeinsame Leben beziehen, also das eigentlich Pra kt ische, [zu] jenem Schillerschen Ernst im Gegensatz gegen das Spiel? Da ist das reine Gegentheil der Kunstthätigkeit; denn hier hat man gar nichts ohne das äußere Werk; die innre Vorbildung der Handlung gibt nicht den Werth des Menschen, macht er es nicht äußerlich, so ist er da gleich Null, das Wesen der Thätigkeit ist also hier das nach Außen treten. Je mehr nun diese praktische Richtung immer nur bestimmt wird durch ein gebundnes Bewußtseyn um desto untergeordneter ist es, weil es nur versirt in dem Gebieth, wo am meisten das Einzelleben von der äußren Natur [abhängig] ist. Ist diese praktische Thätigkeit aber bestimmt durch die Idee vom gemeinsamen Leben, die er hat, so ist diese Idee auch eine solche Productivität ähnlich der Kunstthätigkeit, aber ihr Werth ist nur, daß sie sich beständig äußerlich realisirt. So sondern sich diese beyden Gebiethe. Denken wir uns nun in der Gesamtheit des menschlichen Lebens die Masse derer, die nicht auf so drückende Weise unter dem Bedürfniß stehen, daß sie nicht zu freyer geistiger Thätigkeit kommen, so nehmen doch Viele eine ganz andre Richtung als zum Kunstgebieth. Unsre Kunstthätigkeit gleicht darin dem gebundnen Bewußtseyn, daß was durch sie wird, Einzelnes ist und in diesem Sinn ist die Kunst Nachahmung der Natur, denn diese gibt uns das Einzelne eher. Nun gibt es eine entgegengesetzte Richtung, daß dasselbe im Bewußtseyn wirklich wird unter [der] Form des Allgemeinen, und überall aus dem Einzelnen das Allgemeine gebildet wird. Dieß ist sowohl unsrer als jener praktischen Richtung entgegengesetzt und beyden auf dieselbe 17–18 Vgl. oben Stunde 15

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Weise, da das Praktische auch immer auf Einzelnes geht. Die Richtung aufs Allgemeine ist überall das, was wir S pecula t ion nennen. Gehen wir vom gebundnen Bewußtseyn aus, das durch äußre Eindrücke wird, so sucht jenes dieser Naturthätigkeit Gesetze; gehen wir auf das gebundne Selbstbewußtseyn, so sucht diese Richtung aber Gesetze des Geistes in all seinen Functionen. So sind wir im Stande ein allgemeines Schema für die Kunstthätigkeit zu finden und ihr wesentliches Verhältniß zu allen andern menschlichen Thätigkeiten; und zugleich die Identität des Selbstständigen auf diesem Gebieth und dessen, was bloß als Receptivität erscheint, klar zu machen. Erst müssen wir aber die Verschiedenheit der Kunstgebiethe aus diesem unserm Schema ermitteln und uns bewußt werden, daß sie auch das Schema ganz ausfüllen. Da scheint noch viel zu fehlen, daß wir dieses Mannigfaltige als nothwendig so sich gestaltende Totalität auffassen, so daß sie einzeln nicht zufällig erscheinen und es eben so gut noch andre geben oder diese oder jene fehlen könnten. Wir stellen, was bisher davon vorkam zusammen und sehen, wie weit wir sind. Als wir das gemeinschaftliche Element der Kunst vom Kunstlosen unterschieden, faßten wir zuerst als allgemeines Beyspiel das M i m i s c h e [als] freye Bewegung im Leiblichen und besonders der Stimmorgane als Musik. Diese dachten wir von den Zuständen des Menschen bewegt und das war die Natur des Kunstlosen. Wir unterschieden das davon, was ehe es äußerlich wird, innerlich vorgebildet ist; wo äußerliches und innerliches zusammen finden, war das Kunstlose. Das Wesentliche der Kunst war das innerliche Vorbilden; das Heraustretenlassen ist dann secundär. So bilden Mimik und Musik zwei Kunstgebiethe, als Ausdruck innrer Zustände. Dann kamen wir zu den r e d e n d e n u n d bild enden Künsten . Von denen konnten wir nicht sagen, sie hätten einen Naturausdruck individueller innrer Zustände. Da war Duplicität, zu der wir keine Auffassung fanden. Anderswo sahen wir die Kunst mit der Sinnesthätigkeit in Zusammenhang und mußten doch einige ausschließen, indem wir sagten Kunstthätigkeit sei was von freyer Selbstthätigkeit ausgeht, und unterschieden die Kunst als die ungebundne von der gebundnen Thätigkeit. Folgt nun aus dem Bisherigen der Begriff, aus dem die Künste entstehen, da Selbstthätigkeit zu Grunde liegen müsse, die gebunden und ungebunden wirken kann? Das kam noch nicht vor und man müßte sagen, | So viel verschiedne Arten von Selbstthätigkeit als gebunden und ungebunden [es] gibt, so viele Arten von Kunst [gibt es]. Also wäre es aus der Anthropologie zu entnehmen. Im Bisherigen ist nicht zu übersehen, daß wir immer von einem bestimmten Punkt aus einzelne Künste zusammenstellten, und andre von einem andern 11 Schema] folgt ))zu**

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aus. Das scheint darauf zu deuten, daß es nur Partialverwandtschafen gibt in den Künsten und der allgemeine Begriff Kunst wäre eigentlich kein realer Gehalt, sondern eine aus lauter Negation sich ergebende Abstraction. Hingegen ein Gattungsbegriff muß aus sich die Arten von selbst und nothwendig entwickeln. Unsre Abstraction soll also Gattungsbegriff werden. Die letze Auseinandersetzung enthält nun allerdings dieses in sich, daß wir ihn so gestalten, aber das Verhältniß zum Einzelnen fehlt noch. Gehört es zur Natur des Geistes als einzelne menschliche Seele, daß wir die Thätigkeit in der wir durch äußre Affection gebunden sind, von der Gebundenheit zu befreyen suchen und zu selbstständiger Darstellung des Äußren zu erheben und das ist dann Kunst? Das ging schon nicht von bloßer Negation aus, sondern von einer idealen Thätigkeit; und die befreyen wir von der Gebundenheit, die den Zusammenhang mit dem Äußren mit sich führt; und diese Thätigkeit als selbstständige Werke erzeugend setzend. Werke nach Außen haben wir aber abgesondert, aber nicht so, daß es Künste geben könnte, die nicht äußres Werk würden; die Richtung nach Außen zu treten liegt ursprünglich im innern Begriff. Jetzt fehlt uns nur dieses, daß wir vom allgemeinen Begriff ausgehend nun die verschiednen einzelnen Künste als jenen allgemeinen Begriff erschöpfend nothwendig aus demselben hervorgehend anschauen können. Auf diesem Punkt will ich jetzt stehen bleiben und nur noch geschichtliche Betrachtungen voranschicken, die fast unentbehrlich sind uns auf die Punkte zu weisen, worauf es für diese Untersuchung ankommt. Wenn wir die einzelnen Künste wie sie sich unter verschiednen Völkern gebildet haben [betrachten], so ist auffallend, daß verschiedne Völker, die abgeschlossen sind und nicht mehr existiren sich sehr in der Kunst unterscheiden, einige sehr einseitig nur bestimmte Gebiethe üben, andre vielseitig, so daß sie fast auf allen Gebiethen einige Vollkommenheit erlangten. Unter diesen stehen die Griechen oben an, und wenn sie gleich nicht in allen Künsten Vollkommenheit erlangten, so doch in allen einen gewissen Entwicklungspunkt und in jeder ist etwas, wenn auch nur eine einseitige Richtung zur Virtuosität gebracht worden. In ihrer Mahlerey ist das Vollkommenste, was der Sculptur am nächsten ist i. e. die Zeichnung und zwar der menschlichen Gestalt. In allem Andern brachten sie sie gar nicht so weit. Diese beyden bildenden Künste haben also da ein eigentlich gemeinschaftliches Gebieth; was hinzukommt [ist,] beyde selbstständig von einander zu machen, das brachten sie nicht so zur Virtuosität. Bey den Egyptern finden wir, daß was sie anstreben, das Normale zu seyn scheint, gar nicht sich so hoch wie das Griechische erhoben. Doch davon abstrahi12 ?] .

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ren wir noch lange, was für die Künste das Vollkommne ist. In einigen Künsten leisteten sie hingegen Bedeutendes, von andern ist kaum eine Spur. Große architectonische Werke und solche der Sculptur sind überwiegend; von Poesie und Musik ist wenig die Rede bey ihnen, eine Poesie wenig wahrscheinlich deswegen, weil sie für die Sprache ein solches Zeichensystem hatten. Daß die Musik ebenso in Vergessenheit kam und man schließen könnte, keine Werke der Musik sind geschichtlich geworden, so scheint beydes von einem gemeinschaftlichen Mangel herzurühren; und sie erscheinen einseitig im Kunstgebieth überhaupt; ihre Architectur und Sculptur hat ebenfalls eine einseitige Richtung in das Colossale; und man möchte für diese gemeinschaftliche Einseitigkeit und jenen Mangel einen gemeinschaftlichen Grund suchen, obgleich beyde Paare zu einander eher im Gegensatz sind als verwandt; aber die einseitige Virtuosität in einem Paar und das Zurückbleiben im andern deutet doch auf Zusammenhang. Schon das zeigt, daß wenn es auch Gruppenverwandtschaften gibt, doch auch Gründe sind, für die gerade getrennt erscheinenden Verwandtschaften zu suchen. | Betrachten wir die verschiednen Kunstgebiethe in ihren Äußerungen, so finden wir, daß einige nicht ohne die andern erscheinen, und daß einige über das Naturgemäße hinauszuwollen scheinen. Solche Künste die nicht von einander lassen, kann man nachweisen. Die Mim i k hat ein gewisses Servitut gegen die Poesie. Versetzen wir uns in eine Zeit, wo man die Rede nicht mit dem Auge aufnahm wie nun beym Lesen, sondern ein unmittelbares Auffassen, so finden wir den Vortrag mit der Mimik verbunden, der Rhapsode war zugleich Mimiker, Tragödie war lebendige Darstellung vor großer Menge und Rede da von Mimik unzertrennt. Ein andrer Zweig der Mimik, der Ta nz, scheint damit nicht zusammenzuhängen und sondert sich auch bey andern Völkern. Er ist der künstlerische Ausdruck zum Kunstlosen des Wohlbehagens und der Freude. Dieser Zweig unterscheidet sich oft so von der übrigen Mimik, daß man sie nicht als Eins ansieht und dieser Zweig hat ebenso Verwandtschaft zur Musik wie jene zur Poesie. Doch ging der Tanz wegen der Verwandtschaft auch in die dramatische Darstellung ein, als Bewegung der Chöre, wenn schon auf strengen Styl beschränkt. Finden wir dann, daß die eigentlich darstellende Mimik sich von Poesie löst und selbstständig seyn will z. B. in Pantomime, so scheint das über die Natur hinausgehend und man fragt gleich, ob das allgemein oder nur bedingt zuzugeben sey. So geht man 3 sind] ist 13–14 Gemeint sind offenbar die Paare: Skulptur und Architektur, Musik und Poesie.

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von einer Ansicht aus, die Mimik als etwas abhängiges zu fassen. Mimik scheint der Poesie zu dienen; beym Tanz scheint umgekehrt die Musik eher das Abhängige und Dienende; aber wenn wir nun bey den Chören und lyrischer Poesie alle drei zusammen betrachten, denn lyrische Poesie ward immer gesungen und mit mimischer Bewegung verbunden, so erscheint Mimik doch überhaupt abhängig und untergeordnet. — Betrachten wir nun das streitige Gebieth der A rchit ect u r, das daher besondres Interesse hat und einen besondern Schlüssel für [die] richtige Ansicht des Ganzen zu enthalten scheint, weil es so streitig ist, so scheint sie ganz vereinzelt zu seyn. Ein ästhetisches Wizwort sagt zwar, Architectur sey gefrorne Musik, was mehr willkürlich aufgefundene Ähnlichkeit zu seyn scheint, als wesentlich. In der Architectur ist das Wohlgefallen abhängig von Verhältnissen die sich auf Zahlen bringen lassen. Das wollte man nun in der Musik auch behaupten und zwar nicht etwa die Intervalle, sondern die Töne selbst in ihren unendlich kleinen Elementen, d. h. in ihren Schwingungen. Da scheint also eine Ähnlichkeit, daß wir in fast unbewusster Reduction auf Zahlverhältnisse begriffen wären, und so wäre Musik dasselbe im allerflüssigsten Zustande, und Architectur im Starren, aber gefroren läßt sich nicht brauchen. Aber sey das nur ein bloßes Wizwort so ist es doch eine Andeutung auf Verwandtschaft und das [ist] immer zu beachten. Warum hat man nicht durch ähnliches Wizwort Architectur mit Mimik in Verbindung gebracht, da diese ja mit der Musik so verwandt ist? Die Mimik hat es ja mit den willkürlichen Bewegungen des menschlichen Leibes zu thun und das architectonische Werk kann auch nur durch solche werden; und wenn Musik auf dieselbe Art in [die] Luft hinein, wie Architectur in feste Masse, so könnte man auch sagen, Mimik arbeite auf dieselbe Art in die Luft, wie Architectur in die feste Masse. Aber beydes ist ganz andrer Gesichtspunkt; jene zwei sind auf Zahlen reducirbar, die Mimik gar nicht, sondern nur Darstellung des Individuellen in einer gewissen Bestimmtheit durch eine Reihenfolge von Bewegungen. Die Architectur ist eigentlich etwas Nationales also ebenfalls Darstellung des Individuellen nur im Großen; und so verschwindet der Schein des ganz Isolirten, und es scheint ein Zusammenhang zu seyn. Aber alles, was wir als Ausdruck des Individuellen gefaßt haben, [es] scheint daraus noch kein allgemeiner Begriff der Kunst hervorzugehen, wie wohl mancherley Andeutungen darin liegen. | 24 ?] . 10–11 Vgl. die Sachanmerkung zu S. 23,14–1

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Unser Gebieth fällt also in die w illk ürlichen Bew eg un g en, als der F r e yh e i t und [dem] Wi l l e n unterworfen und zugleich von der Art, daß äu ß r e D ar s t e l l u ng m ö g lich ist. Ebenfalls ist gesagt, da es T h ä ti gk e i t e n d e s e i n z e l n e n Lebens seyen, so seyen es zugleich solche, die ein g e me i ns ame s I nnres ins Einzelne hineinb i l d e n , also die entgegengesetzte Richtung nach oben und den Gedanken ausgeschlossen. Ein Gesetz war auch ursprünglich innre Thätigkeit und ward ein Äußres[,] hat aber die der unsrigen entgegengesetzte Richtung, es wird ein Allgemeines. Was für Thätigkeiten bleiben uns nun noch übrig? Das zeigt die menschliche Natur wie sie in unsrem Bewußtseyn und [unsrer] Erfahrung gegeben ist. Es fragt sich, auf wie vielerley Weise eine innre Thätigkeit ein Einzelnes äußern werden kann. Dieses geschieht immer als Wahrnehmung sinnlicher Gegenstände, wo der Mensch aus dem verlorenen Zustand zum Bewußtseyn übergeht, d. h. bestimmte Gegenstände sondert aus dem früher Chaotischen. Diese Eindrücke werden durch den Gesichtssinn und sind in ihm. Wir setzten aber voraus, daß die Formen des Seyns die zu unsrem Weltkörper gehören, auch dem Geiste, insofern er zu unsrem Weltkörper gehört, einwohnen, er also aus sich schon in der Richtung ist im Gebieth dieses Sinnes Gestalten zu bilden. Dieß ist das erste, als natürliche Folge unsrer ursprünglichen Voraussetzung. Nun sind wir aber auf Einmahl zu weit gegangen, und hätten erst eine allgemeine Eintheilung unsrer ursprünglichen Formel suchen sollen, denn vom Einzelnen aus ist keine Gewähr der Vollständigkeit. Indem wir aber auf dem Gebieth des Bewußtseyns bleibend sagen, jede willkürliche Bewegung die Kunst seyn will, muß vorher Bewußtseyn seyn; also ist gleich das Bewußtseyn einer Theilung unterworfen, und da ist gleich gegeben die des ge ge n s t än d li c h e n B ew ußt sey ns und des unmitt e l b a r e n S e l b s t be w u ß t s e yn s . Stelle ich diese einander gegenüber, so erscheint es ungenau, da gegenständliches Bewußtseyn und Selbstbewußtseyn schon reiner Gegensatz [zu sein] scheint, und wenn man unmittelbares Selbstbewußtseyn sagt, scheint es gleich noch ein andres Selbstbewußtseyn zu geben, das nicht unmittelbar ist. Ein solches gibt es, sehen wir uns im Spiegel, so bekommen wir Bewußtseyn von der eignen Gestalt. Das ist nicht das unmittelbare Selbstbewußtseyn, denn es wird von Außen; ist es unmittelbares Selbstbewußtseyn, aber nicht unmittelbar, und doch kein gegenständliches Bewußtseyn, so ist es schon ein Fall aus einem dritten Gebieth. So wenn wir an Erinnerung denken frührer eigner Lebensmomente, ist es auch ein Selbstbewußtseyn, aber nicht unmittelbar; denn Erinnerung ist immer vermittelt durch etwas was sie aufregt, und vergegenwärtigt wird die ganze Sce6 die] das

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nerie, von der wir nur ein Theil sind und sehen uns gleichsam außer uns. Das Selbstbewußtseyn hat also da die Form des Gegenständlichen nicht des unmittelbaren. Jenes erste Beyspiel auch. Also ist es eigentlich gegenständliches Bewußtseyn nur daß wir selbst der Gegenstand sind; hingegen das unmittelbare Selbstbewußtseyn ist das völlige Aufgehen in einem Moment. Diese Theilung festhaltend fragen wir, ob die g e s a m t e Ku n s t au f Se i t e n d e s ge ge nstä ndl ichen Bew ußts e y n s liege, oder o b e i n T h e i l auf der Seite des unmit t elba ren S e l b s t b e w u ß t s e yn s . Da fragt sich erst, wie es in dieser Beziehung mit den willkürlichen Bewegungen stehe und da ist das unmittelbare Selbstbewußtseyn keine solche, denn in unsrer Gewalt haben wir es nicht, es so oder so zu haben; d. h. daß es so ist, hat freylich seinen Grund in der Reihe vorheriger Momente, aber der Act ist nicht in unsrer Gewalt. Dennoch gehört zum Wesen des eignen Lebens, daß das unmittelbare Selbstbewußtseyn freye Thätigkeiten hervorruft und diese gehören nicht demselben Gebieth an, worauf sich die freyen Thätigkeiten des gegenständlichen Bewußtseyns beziehen als ein Gestalt bildendes, sondern es ist immer nur der Zusammenhang des einzelnen Lebens mit dem Ganzen, wodurch es bestimmt wird, daher die davon ausgehenden Thätigkeiten nur den Werth haben, das unmittelbare Selbstbewußtseyn zu manifestiren, die einzelnen Momente nach der Verschiedenheit des unmittelbaren Selbstbewußtseyns zu sondern. Das führt dahin zurück, daß es zum Wesen des menschlichen Lebens gehört, sich seiner als Gattung bewußt zu seyn, i. e. Bewußtseyn von seiner Einzelheit nicht zu haben ohne zugleich Bewußtseyn von andren Menschen, d. h. der Einzelne ist nicht, ohne Menschen zu setzen. | Von da aus können wir sagen: So wie daraus, daß die Formen des Seyns dem einzelnen Leben einwohnen die Thätigkeit folgt, diese Formen im Einzelnen zum Bewußtseyn zu bringen, und dieses da wir in die Welt gestellt sind, auf gebundne Weise geschieht in der Wahrnehmung; so setzt jener Satz, daß das einzelne Leben nur ist mit Bewußtseyn der Gattung, ebenso voraus, daß die Formen des geistigen Seyns uns auch eingeboren seyen und wir von Anfang an im Bestreben begriffen sind, diese Formen im Einzelnen zu haben, d. h. im Menschen suchen, und im Erkennen des Menschen uns befriedigt finden. Dieß ist [die] Thätigkeit einzelne menschliche Leben gestalten zu wollen außer dem eignen, in Beziehung und aus dem Gattungsbewußtseyn. Als Correlation folgt, daß das einzelne Leben ebenfalls als solches will erkannt seyn von dem, der es als Gleiche setzt, nun ist es nur im Wechsel des unmittelbaren Selbstbewußtseyns; also liegt im Gattungsbewußtseyn auch dieß, die Verschiedenheit der Momente des 39 der] das

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eignen Lebens den Andern darzustellen und das geschieht in jenen pathematischen Bewegungen, die das noch Kunstlose aber der Kunst vorausgehend sind. So ist Zusammenhang zwischen [den] Thätigkeiten, die das einzelne menschliche Seyn in Form des unmittelbaren Selbstbewußtseyns wollen einzeln gestalten und denen[,] die die uns eingebornen Formen des Seyns wollen gestalten. Für beyde gilt also der Gegensatz zwischen der gebundnen und freyen Thätigkeit. Andre freye Thätigkeiten des unmittelbaren Selbstbewußtseyns gibt es nicht als durch die leibliche Bewegung und da ist nun das Mimische vom Musikalischen zu sondern, was auf Duplicität des Sinnes beruht, der allein das menschliche Seyn bestimmt wahrnimmt, die Bewegungen an [der] Oberfläche des Leibes sind für das Gesicht, die Bewegungen der Stimme für das Gehör. Die gebundne Thätigkeit darin ist, das allgemeine Bewußtseyn das wir alle davon haben, aber das Bewußtseyn soll bestimmt das seyn, daß wir uns den Umgebenden kund machen wollen. Die freye Thätigkeit will diese Gebundenheit überwinden und die Gesamtheit alles dessen, wodurch sich innre Zustände kund thun können, selbstständig im Einzelnen darstellen. Fragen wir nun, wie sich denn M i m i k u n d M usik in ihrem ganzen Umfang verhalten als Kunstthätigkeit[,] d. h. was dadurch deutlich wird, so wird dadurch keine andre Form deutlich als menschliche und zwar innre menschliche Zustände, d. h. Modificationen des unmittelbaren Selbstbewußtseyns. Hier haben wir das Kunstgebieth, das vom unm i t t e l b a r e n S e l b s tb e w u ß t s e yn au sg eht, insofern es seiner ganzen Natur nach durch seine freye Thätigkeit will zur einzelnen Erscheinung gebracht werden; denn sobald von Kunstthätigkeit die Rede ist, ist nicht mehr die Rede von innern Modificationen in der sich der Handelnde befand, denn so lange er in innerlicher Bewegung ist, ist nicht an Kunstthätigkeit zu denken, weil da nichts der Willkür unterworfen ist, Ausdruck so wenig, wie die Bestimmtheit des Selbstbewußtseyns selbst. Vorausgesetzt, dieß sey Alles, was von [der] Kunstthätigkeit sich aus dem unmittelbaren Selbstbewußtseyn ergibt, was ergibt sich, wenn wir vom ge ge n s t än d l i c h e n Bew ußt sey n ausgehen, i. e. vom Bestreben die Formen des Seyns gebunden in Einzelnes zu bringen als B i l d und Vo r s t e l l u ng , nun für [eine] freye Thätigkeit, wenn wir hier das Gebundne aufheben? Offenbar erhalten wir da die bild e n d e K u n s t als freye Thätigkeit im Gebieth des Bildes, und die r e d e n d e K u n s t als freye Thätigkeit im Gebieth der Vorstellung. Andre Formen sind hier nicht möglich; die innre Thätigkeit ist also eine des Sinnes, durch den uns Gestalten werden, oder des Gedankens aber nur als Richtung nach dem Einzelnen hin. Wie nähme sich diese Eintheilung aus, wenn wir zusammenstellen? Unmittelbares Selbstbe-

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wußtseyn will alle seine möglichen Modificationen darstellen die zugleich in der Wirklichkeit das Selbstbewußtseyn äußerlich machen, und gibt so die bedeutsamen Bewegungen der Oberfläche des Leibes und bedeutsame Bewegungen der Stimmorgane; von der andern Seite erscheint die T h e i l u ng u n e n d li c h r e i cher, also ungleich, denn vom gegenständlichen Bewußtseyn aus haben wir es ja mit allen Formen des Seyns zu thun und nicht mehr bloß im Gebieth des menschlichen Einzellebens. Die bildende und redende Kunst haben weit größren Umfang, denn von der bildenden Kunst dürfte nichts irgend Wahrnehmbares ausgeschlossen werden, alles Natürliche also und alles, was die menschliche Thätigkeit selbst gestaltet; so auch von der redenden Kunst soll die ganze freye Thätigkeit im Erzeugen von einzelnen Vorstellungen das Kunstgebieth seyn. Hier wissen wir nun noch gar nichts | von Poesie ihrer äußren Form nach, sondern allgemein [von] redender Kunst, aber jene muß sich auch über Alles erstrecken können, was natürlich oder menschlich ist. So scheinen die zwei Künste des einen Gliedes höchst beschränkt gegen diejenigen des zweiten Gliedes. Dieß ist nicht zu läugnen. Sehen wir von dem ab, was die eigentliche Kunst in der Thätigkeit ist, so ist der Gehalt im Allgemeinen betrachtet auf beyden Seiten derselbe; denn die Bewegungen vom Selbstbewußtseyn aus entstehen aus dem Gesetztseyn des Menschen in der Welt, und so bildet sich doch das gesamte Seyn ab, aber freylich nur in seinem Verhältniß zum Menschen, aber vom Bewußtseyn aus wird auch nur das Seyn gegeben, insofern es dem Menschen wahrnehmbar ist. So sind beyde Glieder in Rücksicht auf den innren Gehalt ganz gleich, hingegen in der äußren Erscheinung das eine viel mehr als das andre. Wie sich nun die Theile der Glieder selbst verhalten, ob gleicher, oder auch so ungleich, und aus welchen Theilen jedes bestehe, ist noch zu betrachten. Ist unsre ursprüngliche Eintheilung erschöpft, sc. was wir in der Ethik zur Darstellung bringen ist doch auch Thätigkeit aber gebunden nicht von dem was gegeben ist, sondern [durch das] was man thun soll. Gibt es nun so einen Gegensatz gebundner Thätigkeit und freyer, welche Kunst seyn soll? Es scheint so, das Bilden des einzelnen Daseyns im Verhältniß zu dem in der Erfahrung gefaßten, ist ebenso einem Gesetz folgend wie in der e t h i s c h e n T h ä tig keit überall; und es läßt sich nicht einsehen warum hier nicht überall Übergehen einer gebundnen zu einer freyen Thätigkeit wäre. Da entsteht ein großes Gebieth von menschlichen Thätigkeiten ganz analog dem Traum als kunstloser Bildung. Betrachten wir die sittliche Thätigkeit entweder als Ar b e i t a n d e r N at u r oder als T hät i gkeit im g em ein sa men 29 jedes] jeder

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L e b e n , so finden wir, wenn wir von einem bestimmten Entschluß rükwärts gehen zu seiner Entstehung, so finden wir in der vorausgehenden Überlegung ebenso mannigfaltige, aber nie vollständige innre Bildung; es schweben verschiedne Möglichkeiten von Handlungen vor, die im täglichen Leben versierend schon eine Art innres Drama seyn können. Aus dieser M an n i gf al t i g keit fixirt sich dann das, was als E n t s c h l u ß ausgeht, als das am wahrsten die Gesamtheit der Verhältnisse in sich schließend und diese Wahrheit ist die des gebundnen Handelns. Es ist also eine kunstlose Gestaltung von Handlungen hier[,] wie dort von Formen. Ebenso ist es auf dem Gebieth der Arb e i t a n d e r N at u r. Je weniger eine Handlung schon durch das Gegebne vollkommen bestimmt ist, desto mehr Spiel von Bildern, aus dem sich hernach eine Gestalt fixirt. Einer, der zuerst ein Stück Land urbar macht, muß ihm Gestaltung geben nach innern mathematischen Formen aber auch nach Beziehung auf die äußre Beschaffenheit des Bodens und seiner Organe; dazu kommt das Dritte, daß sich ihm ein Wohlgefallen daraus ergebe. Je nachdem das eine oder andre überwiegt, kommt die Handlung verschieden heraus, entweder überwiegt [die] Schwierigkeit, der die regelmäßige Gestaltung da unterläge, oder diese Eine von diesen wird in ihm fest und Urbild der dann eintretenden Handlung. Das ist das Kunstlose, wozu es eine Kunst geben muß. Ist dieses nun eine neure P S In Handlungen im g esellig en Leben kann zweierley werden, b i l de n d e K u n st oder Poesie, je nach dem ich es als Bild oder Vorstellung fasse. Thätigkeit an der Natur gibt Bilder, die als solche heraustreten und ganz der bildenden Kunst anheim fallen; sie können aber auch heraustreten nicht als bloße Abbilder, sondern als wirkliche Gegenstände. Da gibt es zweierley, A rchit e c t u r und G ar t e n k u n s t ; die letztre ist Arbeit an der Natur aber nicht als gebundne Thätigkeit, sonst ist sie nicht Kunst und fällt der Oekonomie anheim; als Kunst stellt sie dar die Art wie der Mensch sich denkt, daß die Natur um ihn seyn soll; so stellt sich das Bild als Gegenstand dar. So bey Architectur ein Bergwerk, so viel Kenntniß es fordert, sieht man nicht als Kunst an, so wenig als einem bestimmten Zweck dienende Gebäude; denn das sind gebundne Thätigkeiten abhängig nur von den äußren Beziehungen. Aber wenn sich diese Gestaltung davon | frey macht wie z. B. beym Monument, da ist es Kunst. Als wesentliche Bedingung geht nun hervor, und das ist zugleich Entscheidung zwischen dem streitigen Gebieth, daß die bürgerliche Baukunst nicht Kunst ist, weil sie ganz gebundne Thätigkeit. Aber alle andren Werke dieser Analogie haben irgend eine Beziehung auf das öffentliche Leben, politisch oder religiös, aber auch da muß das 19 der die] die der

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Kunstwerk nicht gebunden seyn, nicht bestimmt durch die Tüchtigkeit zu einem bestimmten Geschäft, sondern als freyes Product des Menschen in der Masse; also in anorganischer Natur was Gartenkunst in organischer. – Diese Betrachtung kam uns nun aber zu einer schon abgeschloßnen Eintheilung hinzu und scheint Verwirrung; denn auf der einen Seite bekamen wir eine Production, die doch unter die Poesie subsumiert werden mußte; denn da es Poesie gibt, die aus der innern Vorstellungsbildung wird, die mit der ethischen Thätigkeit zusammenhängt, so ist das eine andre, als wenn das objective Bewußtseyn vom gegebnen Äußrem frey wird und Vorstellungen bildet. Ebenso kann freye Darstellung der Gestaltung des Menschen in der Natur Kunst werden, Mahlerey, so haben wir diese auch schon von einer andern Seite gefunden. Auch die Unterordnung [der] Thätigkeit im geselligen Leben, was als Vorstellung Poesie wird oder auch Bild; und die auf Natur könnte auch Bild werden, oder selbst ein Gegenstand. Es scheint also nicht befriedigend. Es mag seyn, daß wir alle Künste von unsrer Eintheilung aus zur Darstellung gebracht haben, und überall das unwillkürlich Kunstlose und das was gebundne Thätigkeit wird, ausgeschieden. Hätten wir von Anfang getheilt so: Weil alle Kunst Bewußtseyn voraussetzt, so müssen wir das Bewußtseyn theilen, so wäre unsre Theilung geblieben, das gegenständliche Bewußtseyn theilt sich in das mehr aufnehmende, d. h. das die ihm einwohnenden Schemata durch Eindrücke von Außen erfüllt erwartet, das andre, das selbstthätig durch eigne That diese Schemata erfüllt; nun wäre auf der einen Seite bloß das Mimische und Musikalische, auf der andern unendlich mehr. Dann wäre nicht dieselbe Kunst an verschiednen Orten zum Vorschein gekommen. Also ist es entweder nur Schein, daß das an verschiednen Orten entstehende Eine Kunst sey, dieser Schein kann entstehen aus der Gleichheit der Art des Hervortretens, was jenseits unsrer Aufgabe liegt, z. B. bey der ersten Theilung könnte uns ein einzelnes Bild werden, das zu keiner gegebnen Gestalt gehört, aber auch eine Handlung. Das ginge bey der bildenden Kunst, das erste wäre Sculptur die wesentlich in der einzelnen Gestalt versiert; Mahlerey wäre dann das Ethische. Als Bild gäbe Arbeit an [der] Natur die Landschaftsmahlerey. In der Poesie ginge solche Sonderung nicht. Es bleibt nun übrig zu sagen, die Wirklichkeit der Kunst wodurch eine Kunst Eins wird, hängt auch von etwas andrem ab als der Verschiedenheit des zum Grunde liegenden Bewußtseyns. Das wäre nun zu suchen, und da müssen wir uns auf den Gesichtspunkt stellen, das ganze Gebieth als freye Thätigkeit zu betrachten. Wir haben schon gesagt, die Anfänge der Kunst als das wo Kunstloses und Künstlerisches unterschieden ist, die hat jeder Mensch[,] aber nicht jedem ent-

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steht daraus eine Thätigkeit, die Kunstausübung ist. Viele sehen jenes Spiel als Ballast an, den sie gerne loswürden; aber sie können es nicht, dieß ist größte Einseitigkeit. Etwas höher steht das Wohlgefallen an der Kunst. Diese Kunstthätigkeit nun in einem Einzelnen überwiegend ist das maximum, aber dieß ist nun die überwiegende Richtung auf freye Thätigkeit bey Hintansetzung der gebundnen. Was für ein Künstler man werde, das ist uns gleich, es fehlt uns die Bedingung wodurch diese Richtung eine besondre wird. Ungeachtet der scheinbaren Negativität haben wir da etwas aufgestellt, was allen Künstlern gemeinsam ist, ein Zurückstoßen des Bindenden; ich meine nicht, daß dieselben nach allen Seiten für Libertins seyen, sondern ohne Nachtheil des Ethischen suchen sie das Bindende zurückzuweisen, nur als die innre Freyheit bindend. Überall ist in | der äußern Sitte viel Willkürliches; und ein Künstler ist der nicht, der sich in Allem an diese bindet, sondern das Gegentheil, wo freye Gestaltung möglich ist, das bindende zurückzuweisen, ohne ihr Gewissen über den Haufen zu rennen, obwohl sie gerne sceptische Tendenz haben, ob auch alle Sitte innren Grund habe. Sceptische Richtung gegen alles Bindende können wir voraussetzen, aber das läßt das künstlerische Leben nicht in seiner Bestimmtheit in einzelnen Zweigen begreifen. Das E i n z e l n e ist zu bestimmen. Man sagt oft, was Kunst hervorbringe, sey kein Einzelnes sondern allgemeingültig, und wirklich es ist nicht in dem Sinn Einzelnes, wie was Sinne und Erfahrung uns geben, sondern wenn das Bildnis eines Menschen nichts andres ist als eine Copie der Art wie er erscheint, so ist es kein Kunstwerk. Das Kunstwerk will etwas andres als das Einzelne seyn. So auch Poesie darf nicht Zusammenschreibung des Geschichtlichen seyn. Darin liegt nichts andres, als daß die wirklich auf das Einzelne gehende Richtung nicht gehemmt wird durch das, woraus nur die Erscheinung in der Wirklichkeit wird, sondern wir wollen die Richtung selbst sehen, wie sie auf das Einzelne geht und dieses ist ein ganz allgemeines. Eine andre Bemerkung ist: Eine Statue ist allerdings ein Einzelnes, aber ein historisches Gemählde ist eben so gut ein Einzelnes, ein einzelner Act der Production des innren Auges. Der Begriff des Einzelnen ist daher im wahren Sinn auf alle Kunstwerke anwendbar. Dieses ist das Gemeinsame aller Kunst und wir sind darin übereingekommen, daß ein Künstler nur werde, wo diese in das Einzelne bildende Richtung großes Übergewicht hat. Weitere Bestimmungen können wir von hier nicht ableiten. Darum gehen wir zurück und fragen, woraus die ungebundne Richtung entsteht und bedingt ist, da sahen wir sie gehe von zwei 16 bindende] bildende

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Punkten aus[: der] Geist in seiner Einheit als Intelligenz und der Organismus in dessen Verbindung die Intelligenz im einzelnen Leben wird. Auf welchem Kunstgebiethe eines jeden [das] maximum von Kunstthätigkeit sey, und auf welchem das minimum, das muß vom Organismus aus betrachtet werden. Freylich nicht so, daß wir beym Gebiethe der eigentlichen Sinne bleiben, sondern diesen Organismus in der Gesamtheit verschiedenartiger Functionen [betrachten]. Was ist denn die organische Function, welche der M i m i k e r macht? Nichts andres als Beweglichkeit der menschlichen Gestalt, um Ausdruck von den Affectionen des unmittelbaren Selbstbewußtseyns zu seyn. Was gehört dazu hier vom minimum zum mimischen Künstler zu werden? Da ist keiner, dessen menschliche Gestalt, wenn er träumt, sich nicht sollte mimisch bewegen wie im Wachen. Je weniger einer beweglich ist, desto weniger fähig, mimischer Künstler zu werden, desto weniger wird auch dieses Kunstwerk für ihn Bedeutung haben. In dem Maaße als der Einzelne weniger beweglich ist, wird er weniger Geschmack haben. Diese Verhältnisse sind besondre Naturgaben, nur solche vorausgesetzt, kann einer ein Künstler werden. Ist nun noch etwas andres das Ta lent, das den Künstler bildet, und das, was wir Begeisterung nennen? Offenbar kann man beydes wohl unterscheiden z. B. ein Einzelner kann große Beweglichkeit haben und seine ganze Erscheinung sich eignen, daß seine Bewegungen als Kunst könnten angesehen werden, und doch in ihm keine Lust seyn zu dieser Thätigkeit. Im Allgemeinen gebe ich diesen Unterschied nicht zu, daß Talent sey ohne Trieb es auszuüben. Aber ganz etwas andres ist es in diesem bestimmten Sinn, wo das Talent sich zeigen soll auf dem Gebieth der ganz freyen Darstellung. Wer solches Talent der Bewegung hat, wird gewiß etwas damit machen, aber fehlt ihm Richtung auf freye Production, so wird er nicht als Künstler auftreten, er wird Einzelne die ihm auffallen nachahmen, und so bleibt er beym bloßen Copiren stehen, aber müßig läßt er sein Talent nicht. Talent kann also seyn ohne Begeisterung. Beg eister u n g ist die allgemeine | Richtung auf freye Productivität, wird aber eine bestimmte durch Verbindung mit einem bestimmten Talent. In unsrer vorigen Betrachtung fanden wir noch ungesondert Bildhauer und Mahler. Worin liegt der Unterschied? Beydes ist ein Gestaltbilden. Auffallend ist nun zwar der Unterschied, daß der Mahler eine Einzelheit hervorbringen kann, die aus vielen zusammengesetzt ist, der Bilderhauer hingegen ist auf besondre Weise an die einzelne Gestalt gewiesen, nur sehr beschränkt ist die Ausdehnung zu Gruppen. So könnte man denken, beyder Talent sey dasselbe, aber beym Mahler von größrem Umfang. Das kann man aber nicht bejahen, sondern der 35 ?] .

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Grund muß in der Sache liegen. Wir haben bey unsrer Ableitung diesen Unterschied nicht gefunden, freylich als sie an einem andren Ort entstand, fanden wir nun etwas, aber als wir das gegenständliche Bewußtseyn betrachteten[,] dachten wir nicht bloß an den Bildhauer; und die ethische Thätigkeit kann auch bilden, aber nicht bloß Gemählde, sondern auch Sculptur. Also können wir nicht sagen, dieser hat es mehr mit den Gestalten als Lebenseinheiten zu thun, und [der] Mahler mit dem Ethischen. Wir müssen eine andre Unterscheidung suchen. Wir sagen, der Bildhauer hat es allein mit den Gestalten zu thun, der Mahler außer den Gestalten noch mit dem Licht. Wie kann man dieses als eine besondre Richtung der Thätigkeit denken? Denken wir, wie Wahrnehmung wird unter [der] Form des Bildes aber als gebundne Thätigkeit, so ist offenbar, daß wenn wir die einzelnen Gestalten nur als solche wahrnehmen, wir unsre Wahrnehmung auf eine bestimmte Form des Seyns zurückführen, wovon dieses ein Exemplar ist. Also ist auch das Selbstthätige was dabey in einem wirkt und sich vom Gebundnen losmachen will, nichts als auch der Typus des Seyns der uns als ideales Seyn einwohnt, und nur dieses ideale Seyn jener Naturthätigkeit in mir, macht mich der Wahrnehmung fähig und der Befreyung vom Gebundnen. Wäre in unsern geistigen Functionen nichts andres als alle diese Formen des Seyns jede für sich, so fragt sich, ob dieses dem Realen adäquat sey; dann trügen wir ideal in uns die reale Kraft der Erde. Nun hat aber die Erde kein selbstständiges Seyn, sondern ist in wesentlichem Z u sa m m enha ng mit einem bes t i m m t e n c o s m i s c h e n Sys t e m und die Art, wie sie zusammenhängt, ist eben das Licht. Wäre in uns nicht dieser Zusammenhang zum Bewußtseyn zu bringen, so wäre kein Entsprechen zwischen Geist und Natur, denn der Natur ist dieses wesentlich. Der Mahler hat es nun wesentlich mit dem Licht und dessen Wirken auf die Gestalten zu thun und dieses bringt er zur unmittelbaren Darstellung, während der Bildhauer die Selbstständigkeit des Erdkörpers repräsentirt, so ist dieses der wahrhaft speculative Grund der Differenz zwischen beyden. Wollten sich aber diese zwei Künste nicht trennen, so hatte es den Grund, daß wir nicht die ganze geistige Thätigkeit des Bewußtseyns darstellten? Dort wollten beyde Eine bildende Kunst seyn, und es gibt verschiedne Stuffen in beyden Künsten, wodurch sie sich nähern. Sobald der Bildner Gruppen gibt, so treten unvermeidlich die einzelnen Figuren in ein Verhältniß der Beleuchtung, doch ist es nicht das, was er will. Gibt er ein Relief, so schaut er sich die Möglichkeit uns Beleuchtungsverhältnisse zu geben, denn da kann er Vordergrund und Hintergrund geben, was Lichtverhältniß ist. Aber in dieser Thätigkeit ist er im Übergang zur Mahlerey. Umgekehrt wenn ich beym Mahler die Farben wegdenke, bleibt zwar das Beleuchtungsverhältniß, aber

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es fehlt uns schon das wesentliche Element der Einwirkung des Lichts in die sichtbaren Formen. Denkt man gar die bloße Zeichnung und gar die einzelne Figur, so weiß man nicht, ob es Zeichnung werden will für den Bildhauer oder Bild für den Mahler. So ist ein Übergang in diesen Künsten, aber der Gegenstand der einen ist die reine G es t a l t , der der andern d e r e n Z u s am m e nsey n mit dem cosm isc h e n S y s t e m , woher das Licht ist. So ist [die] Verschiedenheit des Talents begreiflich. | Es ist in beyden dieselbe Function des Gesichtssinns und der Gestaltbildung. Der Organismus ist die Vermittlung zwischen dem Geist im einzelnen Leben und der Gesamtheit des Seyns und es kommt darauf an, das Seyn im Geist aufzunehmen und den Geist im Seyn darzustellen. Sculptur[,] die mit der Gestaltung in ihrer Selbstheit und Mahlerey[, die] im Zusammenseyn mit dem cosmischen Leben sich beschäftigt, findet also die Differenz im Organismus. Die Arbeiten der Sculptur die sich wesentlich auf [die] menschliche Gestalt beschränken, ruhen durchaus auf der Anatomie, dem Scelett, und werfen Vernachlässigung desselben den Mahlern vor. Diese geht es aber nichts an, wenn sie nur die Oberfläche in der vollkommen wahren Beleuchtung darstellen, die freylich von dem Scelett abhängt, aber hierauf braucht der Mahler nicht zurück. Die Kunstthätigkeit ist nun immer im Zusammenhang mit der gebundnen Thätigkeit zu betrachten, über welche sie hinausgeht. Fassen wir eine Gegend auf in ihrer Beleuchtung, so ist die Thätigkeit nicht auf das Einzelne in Selbstständigkeit gerichtet, sondern auf das Ganze. Betrachten wir hingegen eine einzelne Gestalt, so wollen wir die Selbstständigkeit der Art und Weise eines individuellen Lebens und so sind wir da im Gebieth des Individuellen. Der Sinn, der auffaßt ist derselbe, aber die geistige Richtung eine andre. — Wir sagten, die innre Thätigkeit die das Einzelne zum Bewußtseyn bringen will, ist zweifach, sie kann es als B i ld und als Vorst ellung . Beydes ist an sich keine andre Auffassung des Seyns sondern es ist dasselbige und b e yd e s m u ß e i n an d e r e rg ä nzen. Wir fixiren nie ein Bild, ohne daß das innre Sprechen dabey eintritt, d. h. die Vorstellung; und umgekehrt, wenn wir durch die Rede ein Einzelnes von einem andern als Vorstellung erhalten, so fehlt nie die Richtung, es als Bild zu produciren. Nur ist das Verhältniß beyder sehr verschieden in Verschiednem. Das eine wird uns r e d e n d e Kunst , das andre bilde n d e , allein auf diesem Standpunkt kann man sie nicht trennen, da Bild und Vorstellung nicht können getrennt werden, weder in der freyen noch gebundnen Thätigkeit. Achten wir auf jenes, daß auch die e t h i s c h e T hät i gk e i t über das Gebundne hinauswolle und wie uns auch von da aus redende und bildende Künste entstehen, da Fixi-

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ren eines ethischen Moments Hi s t o r ienma hlerey und G edicht wird; so wären wieder zwei ganz verschiedne Künste Eine geworden, und doch können wir sie nur als zwei ansehen. Wie steht es dabey um die organische Thätigkeit? Beydes, ein Gegebnes Seyn auffassen und eines produciren wollen, ist von Seiten des Organismus angesehen, vollkommen dasselbe; d. h. die Poesie wie sie am einen und am andren Ort entstanden war[,] ist uns wieder Eins, und so in der bildenden Kunst. Die Differenz scheint nur zu seyn, daß das eine Bild wird, das andre Vorstellung. — Man bedient sich fast in allen Künsten des Ausdrucks „p o e t i s c h “ indem man vom bildenden Künstler sagt uns sey ein poetisches Element in seinem Kunstwerk oder nicht. Worauf beruht dieß? Das Umgekehrte findet auch statt, daß man von einem Gedicht sagt, es sei p i t t o r e s k oder p l a stisch, was auf Unbestimmtheit der Vorstellung zu beruhen scheint. Den Unterschied zwischen dem Pittoresken und Plastischen haben wir festgestellt und fragen nun, was können die, wenn ein Sinn dabey seyn soll, in der Poesie seyn und was dieß Poetische in der Sculptur oder Mahlerey? Die Verwirrung scheint im Gebrauch des Wortes poetisch zu liegen; denn das andre gibt sich gleich. Eine pittoreske Stelle in einem Gedicht beruht auf der Erfahrung, daß die Mahler Momente aus einem Gedicht zu einem Gemählde machen. [Die] Stelle in einem Gedicht, die sich dazu eignet, ist pittoresk. Ginge aber die Richtung einer Stelle weniger auf Zusammenfassen der einzelnen Gestalt, als vielmehr auf das Fassen jeder Gestalt für sich, so wäre das plastisch. Das Poetische in der bildenden Kunst ist viel schwieriger; etwas ist damit gemeint, aber [eine] bestimmte Fassung und Rechtfertigung ist schwierig. Wollen wir ebenso fragen wie dort, was das Poetische in einem Gemählde sey, so wäre es daß die Gesamtheit der Gestalten sich in eine Reihe von Momenten aus|einanderziehen lasse. Sind aber Gestalten zur Einheit zusammengestellt durch rechte Gruppierung und Beleuchtung, so ist es in seiner Kunst vollkommen, sehe ich aber in der einzelnen Gestalt nichts Bestimmtes für sich, sondern nur das Zusammenseyn mit den andren, so kann man kein Gedicht daraus machen; da es zu wenig Vorstellung zuläßt. Das was fehlt, ist das Ethische. Man kann nicht verlangen, daß der Mahler soll auf einen Zusammenhang von Vorstellungen Rücksicht nehmen, aber wenn er eine Anzahl menschlicher Gestalten zu einer Einheit des Bildes zusammenstellt, so sollen sie auch vermöge eines Moments im Leben zusammengekommen seyn können; dann ist das Ethische darin, und nun muß es der Dichter gebrauchen können. Dieß ist das Verbindende zwischen den Künsten, die es mit dem menschlichen Seyn zu thun haben. Aber das ist jenes Plastische und Pittoreske, daß einer seine Vorstellung auch als Bild haben will. Ob aber im Verlauf eines Ge-

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dichtes einzelne solcher Punkte vorkommen, oder ob ich aus einem Gemählde soll eine bestimmte Reihe von Vorstellungen entwickeln können, ist ganz different. Jenes kann man vom Dichter fordern, dieses vom Mahler nicht. Was man fordern kann, ist nur jenes Ethische und hat er es nicht, ist es dann ein Mangel des Künstlers oder des Menschen? Fehlt dem Dichter die Anschaulichkeit seiner Gestalten, so ist es ein Fehler des Dichters, bey dem die Vorstellung vom Bilde soll begleitet seyn. Daß die Gestalten des bildenden Künstlers das Ethische haben, kann im Gebieth der Kunst liegen oder außerhalb. Wenn wir die geistige Seite der organischen Thätigkeit betrachten, so ist das Auffassenwollen der Gestalten und Producirenwollen derselben als geistige organische Function dasselbe. Also wenn dem Mahler in seinem Bilde das Poetische fehlt, so ist seine organische Thätigkeit unvollkommen, da man sie nicht eben so gut als vom Ethischen ausgegangen ansehen kann, wie von der bloßen Receptivität, und dieß ist eine künstlerische Unvollkommenheit. Statt die Künste zu trennen, betrachten wir sie ja in einer ve r e i n i ge n d e n Beziehung, als einander begleitend. Ist es nun gleichgültig, ob der Mahler seinen Gegenstand aus einem Gedicht nimmt, oder aus der Geschichte oder ob er ihn willkürlich hervorbringt? Es scheint, daß wenn der Mangel des Poetischen ein künstlerischer ist, so scheint die Vollkommenheit nur möglich, wenn der Mahler seinen Gegenstand selbst erfindet, dann erst ist man sicher, daß das Ethische in ihm lebt. Fragen wir die Erfahrung, so erscheint es umgekehrt. Die bedeutendsten Kunstwerke in der bildenden Kunst (bey Sculptur wäre es [die] menschliche Gestalt in all ihren Bewegungen darstellen zu können) sind nicht selbst erfunden, sondern schließen sich an Geschichte oder Poesie, und den entschieden historischen Bildern geben wir den ersten Rang (wirkliche Geschichte oder Poesie, denn ein bloßes Abschreiben des Geschichtlichen ist nur Copie). Daß der Gegenstand auf irgend eine Weise gegeben sey, thut dem Kunstwerk keinen Eintrag, und wir stellen es ganz so hoch wie [ein] selbst erfundnes; also fordern wir dieses poetische Produciren nicht vom bildenden Künstler, sondern nur das Ethische, daß seine Einheit von Gestalt und Licht ihm als Lebensmoment vorschweben könne. Der Künstler wäre sonst zwar in einer freyen Productivität, aber diese hat nicht denselben Gehalt, welche die Thätigkeit des Menschen für einen Lebensmoment hat. Das meint der Ausdruck, in einem Bild sey keine Poesie. Diese Zusammenstellung gewisser Künste kann die eigentliche Unterscheidung geben, doch muß die Zusammenstellung erst maximum werden. 6 ?] .

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Wir wollen indeß da fortschreiten, wo uns dieses entstanden war, daß man in Poesie etwas Mahlerisches suche, in bildender Kunst etwas Poetisches. Gedicht ist ein beständig Forschreitendes, Gemählde ein Moment. Wäre ein solches reines Abschreiben eines poetischen Moments, so wäre das Dichterische im Dichter zu suchen, allein als Bild existirte es doch unvollständig in ihm und er ist sich nicht bewußt, in diesem Moment sich ein Bild so innerlich gestaltet zu haben, wie der Mahler, | sonst hätte er divinatorisch construirt, was der Mahler thäte. Denkt man aber, im Dichter sey das Bild gar nicht vollendet, sondern Tendenz geblieben, der Mahler aber gibt die wirkliche Darstellung des Moments, so schreiben wir das Poetische dem Mahler zu, obgleich er die Elemente dort gefunden hat; denn der Mahler ist zwar auf das Gestalten gewiesen, hat aber die Vorstellung des Dichters in die Gestalt hineingelegt, also was beym Dichter dominirt, sich untergeordnet, und was jenem untergeordnet war, zum dominirenden [gemacht]. Das ist aber noch nicht das Poetische, sondern das hängt wesentlich zugleich an der Sprache, ehe wir es in dieser haben, hat man kein Poetisches. Das muthet man dem Mahler doch nie zu, sondern jenes, was ein ganz allgemeines Element ist. Schon einmahl sahen wir, daß Kunstthätigkeit als Act eines einzelnen Lebens zugleich das Gattungsbewußtseyn, i. e. Bewußtseyn vom menschlichen Geist an sich, wie er da ist in unendlicher Mannigfaltigkeit von einzelnen Gestalten, in sich habe. Davon hängt nun das Ethische ab, aber auch das Mahlerische und Plastische, wenn wir auf menschliche Gestalten sehen; denn das einzelne geistige Leben ist nicht zu trennen vom Leiblichen und im Gattungsbewußtseyn ist beydes gesetzt als zusammen. Producirt man aus sich eine menschliche Gestalt, die aber keine Beziehung hätte auf das Verhältniß des einzelnen Lebens zum Gattungsbewußtseyn, so ist sie N ullit ä t , oder etwas Un w a h r e s ; jenes, wenn wir gar nicht auf dieses Höhre getrieben werden, dieses, wenn es demselben widerspricht. Z. B. im Alterthum gab es ein Bild menschlicher Gestalt, das man Kanon nannte, als dieselbe am besten gebend, wonach alle andren sollen beurtheilt werden. Da ist das Poetische nicht darin, sondern es ist völlig physiologisch als Verhältniß des Festen zum Flüssigen u. s. w. Darin kann sie vollkommen gewesen seyn, hat sie aber nicht als Geist eine innerliche Wahrheit gehabt, so fehlt ihr das Poetische. Dasselbe gilt, wenn nicht von einzelner Gestalt, sondern von einem sittlichen Moment die Rede ist. Da ist jeder Moment ein Zusammenseyn von einzelnen menschli32 das] die

33 wonach] folgt ))man**

31–32 Vgl. die Sachanmerkung zu S. 72,14–15

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chen Seelen, die jede für sich ihre Wahrheit haben müssen im Gattungsbewußtseyn und [in der] Volksthümlichkeit. Das Ganze muß Wahrheit haben in der Entwicklung der menschlichen Verhältnisse, sonst ist das poetische Element Null oder Unwahrheit. Das heißt wir verlangen auch auf [dem] Gebieth der bildenden Kunst daß der Künstler seiner Gestaltbildung die Richtung auf Vorstellung so weit zum Grunde lege und sie begleite, daß die Production [sich] auf jenes höhre Bewußtseyn zurückführen lasse. Das fordert man auch vom Dichter, aber das macht noch nicht den Dichter, dennoch nennt man es das Poetische, weil es in Poesie unmittelbarer dargestellt wird. — Wir gehen noch einmahl zurück auf das M i m i s c h e, was wir als Beweglichkeit der menschlichen Gestalt als Ausdruck des Geistes fanden, das die frey werdende Productivität des Lebendigen sey; wenn er Talent habe, diese Beweglichkeit überall zu schauen und in sich zu realisiren, so kann PerS dieses Gebieth bereichern. Gesetzt man könnte diese Bewegungen so auf Regeln bringen wie die Verhältnisse der menschlichen Gestalt in jenem Kanon, so wäre [es] doch, wenn nicht jenes Ethische darin ist, d. h. ein einzelner Moment dargestellt ist, der seine Realität hat im Verhältniß zum Gattungsbegriff, kein eigentliches Kunstwerk. So haben wir ein neues, gemeinsames Element gefunden, von dem man im Voraus behaupten kann, es müsse in allen Kunstgebiethen seyn; nehmlich die freye Productivität m u ß übera ll zurück g ehen a u f d a s h ö h r e A l l ge m e i n e unter welchem das Einzelne seinen Ort hat, sonst ist der Künstler kein wahrhafter. | Auch das physische Leben des Ethischen ist darunter gemeint, jeder Baum muß eine Naturwahrheit haben, i. e. angeschaut werden als Einzelnes einer bestimmten Gattung, aber eben so muß das ganze Zusammenseyn des Naturlebens und des Individuellen wirkliche Naturwahrheit haben, so zusammen seyn können. Da kommen wir schon auf die hohe Stellung der Kunst als freyes Realisiren von dem, worin alle Auffassung ihren Werth hat, im Princip, daß al l e F ormen des S ey ns dem m e n s c h l i c h e n G e i s t e e i n w o h n e n . Fehlt dieses Princip, so ist keine Wahrheit möglich, sondern Scepsis. — Sehen wir von hier auf jenes Verhältniß der Künste zurück, daß sie aus einander seyn wollen und auch zusammen und daß uns jede nach den Nahmen als Eine erscheint und doch ihre verschiednen Theile von verschiednen Punkten ausgehen: so wird uns nun die Übersicht. So wie wir von diesem höhren speculativen Satze aus die ganze Mannigfaltigkeit im Kunstgebieth betrachten, so kommen wir auf das zurück, daß empirisch die Arten, wie wir das Einzelne haben können in [der] Vorst ell ung oder [im] B i l d , immer zusammen sind, wenn auch auf ungleiche Weise. Das sind nun, von hier aus betrachtet, die beyden Arten, wie jene

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ursprünglichen Formen des Seyns im Menschen Einzelnes werden wollen, bald dominirend als Bild, bald als Vorstellung. Wenn in ursprünglicher Agilität des Geistes eins und dasselbe ist, so ist der Grund der Differenz schon in der Mannigfaltigkeit der Lebensformen, die man Organismus nennt. Das Ganze zu übersehen, müssen wir nun jenes erste Element, daß die Richtung auf das Einzelne eine freye wird, verbunden damit, daß jene Richtung immer darstellen soll jenes ursprünglich ihr Einwohnende, das dann dem äußren Sinn entspricht, auf der andern Seite aber rein als Ausdruck der geistigen Productivität erscheint: so stellen sich diese zwei Ansichten schon nicht mehr als gegenüber, daß Kunst nichts andres sey als N a cha hm ung der N a t u r. Gestalten muß man freylich gesehen haben, ehe man solche producirt, und insofern das Auffassen das erste ist, kann man die Kunstproduction secundär denken. Nimmt man Kunst als Nachahmung des Natürlichen, so ist es einseitiger als der Natur, denn diese bringt eben so aus innrer Kraft das Einzelne hervor, hingegen das Natürliche ist das einzelne Gegebne. Ist nun gesagt, Kunst sey nicht Nachahmung, sondern Kanon der Natur, so ist das auch wahr, weil wir die Natur nur beurtheilen können auf unsre geistige Weise nach dem, was der Geist producirt. — Die Aufgabe ist also nun, [die] relative Differenz zu suchen. Bild und Vorstellung fassen ist immer zusammen. Die strenge Entgegensetzung hört hier auf; aber in jedem einzelnen Leben ist die Productivität bedingt durch das eigenthümliche Verhältniß dieser Elemente. Wir fanden auch eine andre Entgegensetzung, es gebe Künste versirend mehr in Darstellungen der bestimmten Formen in ihrer Selbstständigkeit und andre mehr in Darstellungen dieser bestimmten Formen mit dem allgemeinen Leben, wie in Sculptur und Mahlerey es sich bestimmt sonderte, in Poesie gar nicht so. Wäre also diese Differenz des Talents nur in der Richtung auf das Bild, und nicht auf Vorstellung, so wäre diese Ungleichheit freylich erklärt, aber ein Schein von Mißverhältniß ist dieses, daß wenn sich in der redenden Kunst [eine] Differenz finde, die in bildender Kunst nicht [ist], so wäre das Gleichgewicht da; aber doch eine Art Mißverhältniß. Kunst gibt ideal was Natur, was diese gäbe, wenn nicht andre Coefficienten mitwirkten. Kunst fanden wir im Gebieth des unmittelbaren Selbstbewußtseyns; nun sind aber diese Typen des Seyns in Allen dieselben; und nimmt man noch die Naturgegenstände als solche, so scheinen wir ganz im objectiven Bewußtseyn | und nur eine n T heil v om unm itt e l b a r e n S e l b s t be w u ß t s e yn , Mimik und Musik, und andre vom e t h i s c h e n Se l b s t b ew u ß t s e yn aus. Dem einen wird sie Bild, dem andren Vo r s t e l lu n g , dem einen E i n z e lheit , beym andern Zusa mm e n s e y n . So geht hervor, daß [die] Kunstthätigkeit eines jeden in

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ihrer bestimmten Art doch davon ausgehe, wie er als unmittelbares Selbstbewußtseyn als einzelnes, besondres Leben sich verhält. Also die Art und Weise des unmittelbaren Selbstbewußtseyns ist doch die Quelle der Bestimmung der Kunstthätigkeit. Nun haben wir uns doch von den Künsten die unmittelbar am Selbstbewußtseyn sind, sogar gesagt, Kunstwerke gingen nicht hervor aus einem unmittelbar afficirten Moment, und so kommt man auf untergeordnete Weise doch wieder auf das objective Bewußtseyn zurück. Aus dem Bestreben nun, die einzelnen Künste zu finden vom Organismus überwiegend als geistige Functionen aus, [sind wir] nicht zum Ziel gekommen, da dieselben Functionen uns thätig erschienen in verschiednen Künsten. Die Kunst also in ihrer wirklichen Verzweigung muß als E i n e u n d Vi e l e noch von etwas andrem abhängen, aber innerhalb der Linie die wir von Anfang [an] zogen, von innerster Bewegung an bis zur Vollendung nach Außen. Die wirklich äußre Darstellung mußten wir freylich als secundär ansehen und zum PFindenS des Begriffs bey Seite stellen. Aber dennoch würden die innren Elemente keine Kunst werden, wenn [ihnen] nicht die Richtung auf das Heraustreten von Anfang an innewohnt. Also die D if ferenz in de r Ar t , w i e d i e Ku n s t w e r k e e i n Ä u ß res w erden, müssen wir mit in Anschlag bringen und so weit dieses Eins, so weit auch die Kunst als Eine, wenn gleich die Differenz bliebe. So gäbe es verschiedne Arten, wie man die Künste theilen könne. Geschichtliches im Gegenstand muß die Eintheilung dominiren, die sich auf die Art des gegenständlichen Werdens bezieht. Dieß ist im Zusammenhang mit der von uns aufgestellten Differenz. Wir sagten die zwei Formen Einzelnes zu werden, B i l d u n d Vo r s t e l l u n g , seyen immer zusammen, weil die sinnliche Anschauung doch nicht zu der Constanz eines menschlichen Bewußtseyns gelangt, wenn sie nicht von Vorstellungen begleitet wird und die Richtung von den einwohnenden Ideen ausgeht. Einzelnes als Vorstellung zu produciren ist zugleich immer Production des Bildes. Sagten wir der eine wird Dichter, weil diese Richtung in ihm dominirt, und das Bild nie so vollendet in ihm wird, wie die Vorstellung, und der Andre wird Bild-Künstler, weil das Bild zu größrer Vollendung bey ihm gelange als die Vorstellung, so sind wir nahe daran zu sagen, sie sind verschieden auch durch [die] Art des äußerlichen Werdens. Der Dichter kann seine Vorstellung nur heraustreten lassen durch d i e Sp r ac h e und der bildende Künstler sein Bild nur a n e i n em g e ge b n e n St o f f . Da gehen freylich Differenzen an. Sagt man der bildende Künstler wird ein solcher, weil das Bild dominirt, so ist [die] Differenz zwischen Mahler und Bildhauer nicht gefunden. 30 ausgeht] aus

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Daß dieser es überwiegend mit e i n zelnen G est a lten und [der] Mahler [es] mit Z u sam m e ns t e l l u ng en zu thun habe, war uns doch selbst relativ. Nun ist mehr Differenz. Der Bildhauer bringt sein Bild hervor als ein k ö r p e r li c h U n d u r c h dring l iche s, [als] körperliche Gestalt, der Mahler auf d e r F l äc h e , weil jeder jenes Relative im Sinn hat; denn daraus entsteht, daß der eine nur kann in der Fläche, der Andre nothwendig muß in körperlicher Masse darstellen. Die Selbstständigkeit der productiven Kraft erschiene nicht auf der Fläche, und die Verhältnisse der Beleuchtung können nicht in Körpern dargestellt werden, weil da die Beleuchtung wie sie äußerlich schon ist wechselt, der Mahler aber sein Licht selbst machen muß als eines, das immer dasselbe bleibt. So wird das Verfahren ganz ein andres, doch haben wir es damit nicht zu thun, was die Technik ist, noch mit der Art des Materials, sondern der eine gibt selbstständige Gestalt, der andre Gestalt in Beziehung auf das allgemeine Leben. Was P o e s i e betrifft, so entsteht da die entgegengesetzte Schwierigkeit, sie ergab sich als in sich different und doch ist sie Eine. | Durch [den] Vergleich mit [der] Differenz der Mahlerey und Bildhauerey blieb sie immer Eine. Jetzt sagen wir, sie muß auch nur Eine seyn, weil sie es mit der Art, wie [eine] Vo r s t ellung ä ußerl ich w ird, zu thun hat, mit d e r S p rac h e nehmlich. In [der] Sprache ist nun Gegensatz zwischen gebundner und ungebundner Rede und da könnte man denken sey ein Grund zur Theilung; aber daß nun die freye Productivität als Vorstellung Vers werden will, dazu haben wir noch keinen bestimmten Punkt gefunden, und wissen nicht ob dieses ein innerliches Motiv hat; vielmehr zeigt die Geschichte der Kunst dieses als nichtig, da fast alle Zweige in Versen und Prosa sich finden. Roman und Epos ist uns in Beziehung auf alles schon Betrachtete völlig darstellbar, eben so im Drama hält sich beydes neben einander. Hier kann dieses nicht erörtert werden, aber das stellen wir fest, daß die Poesie deswegen Eine ist, weil sie es nur mit der Sprache zu thun hat und zwar nicht erst bey der äußren Darstellung, sondern schon das Vorstellen in seinen ersten Elementen war innre Rede, also geht es in die innre Thätigkeit zurück. Die Kunst in ihrer Wirklichkeit theilt sich also nach der Art, wie sie erscheinen kann; das haben wir freylich erst am Gegensatz der bildenden und redenden Kunst gezeigt, aber fragt man nach dem Unterschied der Sc u l p t ur und A rchit ect ur, so können wir freylich wieder aufnehmen, daß jene es mit org a nischen Formen, diese mit m at h e m ati s c h e n zu thun habe; und dazu sagen wir, die eine arbeitet ebenso ein Solidum hervor wie die andre. Aber die Art des Verfahrens ist schon im äußerlichen Werden ein andres. Wo ist in [der] Sculptur [die] Grenze zwischen [dem] eigentlichen Verfahren des Künstlers und dem Hervortreten des Kunstwerks? Ja wenn

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er sein Kunstwerk hervorbringen will, so muß er sich an das Solidum machen, er muß das M o d e l l als Solidum machen, und damit erst ist sein Innerliches fertig. Da geht dann das Handwerkmäßige an. Der Architect steht von seinen technischen Arbeiten weiter ab. Jener macht die letzte Arbeit am Marmor doch wieder selbst; hingegen der Architect nimmt nichts Handwerkmäßiges an die Hand, sondern er gibt seinen Handwerkern nur den Grundriß und Durchschnitte, eben weil es mathematisch ist; das Solidum macht er gar nicht. Der Grund dieser Differenz ist aber daß der eine es mit Lebendigem zu thun hat, was im Audrucksvollsten sich nicht auf mathematisches Maaß zurückführen läßt, der andre ganz mit solchem [mathematischen]. Dasselbe sehen wir auf der entgegengesetzten Seite Mimik und Musik nehmlich. Der Mimiker ist dem Architect darin am meisten entgegengesetzt, daß er das ganze Kunstwerk an sich selbst vollbringen muß, ohne alle Arbeiter, und der eigentliche Ursprung, das Interesse für Beweglichkeit der menschlichen Gestalt als Ausdruck der geistigen Bewegung, ist nur in dem Maaße da, als er Trieb zu solcher Bewegung hat. Die Art zur Erscheinung zu kommen knüpft sich auch an die Art der innren Erregung. Wollen wir die Kunst aber als Einheit erkennen, so kann der mimische Künstler auch die Gestalt als Selbstständiges Einzelnes darstellen, aber auch einen ethischen Moment von verschiednen Personen, dann kann er es aber nicht an sich vollbringen. So wäre doch Möglichkeit zu solch relativem Unterschied; wer ein Ganzes entwirft und andern Rollen darin vorschreibt, so sind diese doch seine Handwerker, nur PweihenS sie sich einander gegenseitig dazu; ist aber ein Ganzes aus Einem hervorgegangen, so wird PesS auch mehr mitwirken, dennoch ist [die] Kunst dieselbe, weil [die] Art und Weise, wie sie äußerlich werden kann, dieselbe ist. Wie steht es mit der Musik? Das Ursprüngliche ist der Gesang, gemeßne Bewegung der eignen Stimmwerkzeuge. Da gilt alles was von der Mimik, nur daß die Bewegung nicht zum Vorschein komme, sondern die Wirkung derselben in der Luft. Musik in ihrer Erweiterung scheint andres zu seyn, aber doch Eine, weil innre Thätigkeit und wesentlich die Art äußerlich zu werden dieselbe ist. – Von demselben Punkte einstweilen abgesehen fragen wir, ob es etwas andres sey, als die möglichste Mannigfaltigkeit, innre Erregtheit durch Töne kund zu thun; denn etwas | objectives kann Instrumentalmusik nicht seyn. Aber nun tritt etwas andres ein, ob [die Töne] in Manifestation durch körperliche Bewegung und Stimme uns werden ohne andre Hilfsmittel, lassen wir und sagen nur, daß sie auch durch die Rede kund werden, und so entstünde P o e s i e . Diese wird uns genaugenommen von allen Punkten 29 ?] .

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aus entstehen. Diese Kundgebung von hier aus durch die Rede ist keine unmittelbare, sondern etwas ist schon dazwischen getreten, freylich bey den Bewegungen und Tönen muß auch etwas zwischen sie und [die] innre Erregung eintreten, damit es Kunst wird; denn kunstlos sind die Bewegungen der Stimme und Töne als eigentlich ursprünglicher und unmittelbarer Ausdruck, rein identisch mit der innern Erregung selbst. Würden es Worte, so ist selbst das Kunstlose eine Übersetzung in den Gedanken, und nicht unmittelbar. Freylich gibt es Übergänge von Tönen zu Worten, man nennt sie Interjection e n , und die bezeichnen den Weg vom einen zum andren. Vom Ton aus erscheint uns die Interjection unbestimmt, in der Sprache wird es etwas bestimmtes, aber kein Gedanke, sondern nur der Ausdruck des bestimmten Selbstbewußtseyns. An dieses erste Element knüpfen wir den ganzen Proceß und sagen, es gebe eine Gattung von Poesie, welche dieselbe Bestimmung hat wie Mimik und Musik, aber doch eine Stuffe weiter von den unmittelbar innern Bewegungen, da eine Reflexion darüber vorausgegangen ist. Hieraus sehen wir das Verhältniß zwischen [der] ersten Unternehmung, die Kunst in ihrer Mannigfaltigkeit zu suchen, und zwischen dieser. In jenem gingen wir von einem einzelnen Punkt aus, die Bestrebungen des unmittelbaren Selbstbewußtseyns zu fassen, wie es Kunst wird. Hier nun entstehen uns aus demselben Punkt d r e i ve r s c h i e d n e Künst e, freylich, die eine nur als Theil einer andern. Ob nicht die Mimik noch andre Theile hat als Kundgebung innrer Bewegungen, ist also nicht sicher von empirischer Seite, es könnte auch eine geben, die in das Objective ginge. Was also von einem Standpunkt Eins ist, ist vom andern Vieles, und das geht in alle Kunstzweige hinein, nur nicht mit derselben Ursprünglichkeit und [demselben] Verwandtschaftsgrad. Wenn wir aus Mimik und Musik als den unmittelbaren einen Übergang fanden in Poesie, wie steht es mit der b i l de n d e n K u n s t? Sobald diese den Menschen darstellen will in einer bestimmten Gemüthserregung, so nimmt sie offenbar die M i m i k in sich auf, und hat dieselbe Tendenz wenngleich nur in einem einzelnen Element. In einem historischen Gemählde ist der Ausdruck des Verhältnisses in dem jede Einzelheit zur Totalität das Moment [der Gemüthserregung] mit darstellt, i. e. das Bild bekommt zugleich einen mimischen Werth. Gehen wir auf die entgegengesetzte Seite hinüber, auf diejenige Thätigkeit, die unser s i t t li c h e s L e b en constituirt, [so] hat [auch diese die] Tendenz freye Productivität i. e. Kunst zu werden. Insofern diese Thätigkeit in den geselligen Verhältnissen versiert, ist Poesie das ursprüngliche Produciren dieser Art. — Epische und dramatische 5 Töne] Ton

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Poesie ist eine Reihe von Bewegungen. Was ist das Innre, das sich hier zur freyen Productivität durcharbeitet? Offenbar die sittl iche G e s i n n u n g vermöge der jeder Einzelne das ganze Gesamtleben constituiren möchte; aber im Leben selbst wird jeder durch die Thätigkeiten andrer bestimmt und kann seine sittlichen Thätigkeiten nur gebunden manifestiren, und wird nur verstanden, wenn das ihn Bindende verstanden ist. Da ist Anfang freyer Productivität und das geschieht nur, wenn w a s i n d e r Wi r k li chk eit den Menschen bi n d e t , sein ei gn e s P r o d u c t wird. Da ist [es] nicht nöthig, daß Eine seiner Personen eigentlich der Dichter sey, sondern alle zusammen sind sein Ausdruck. Will einer im wirklichen Leben nach ungebundner Darstellung streben, so sagt man er trage seine Poesie auf das Leben über, und das läßt man nicht gelten, entweder zerschellt er, oder wird doch gebunden, es ist Mißverständnis der Richtung. Geht das nun nicht in wirklicher That, so bleibt nur Poesie als Ausweg auf unmittelbare Weise. Doch kann ja in einem Einzelnen die ethische Richtung auf das Gesamtleben stark sein, und er doch nicht zur Poesie kommt, weil ihm das überwiegende Talent in der Sprache fehlt; so bleibt ihm dann nur eine mittelbare, i. e. es bleibt ihm der Weg zu den bi l d e n d e n K ü n s t e n , die aber dann nie vollständig sind, sondern Anlehnung haben müssen entweder in Geschichte oder einem gegebnen Dichtwerk. | Wenn nicht, so muß der Künstler sein Bild mit Worten erklären, was nicht seyn sollte. Nimmt es Bezug auf bekannte historische oder poetische Personen, dann kann es Ausdruck der ethischen freyen Thätigkeit werden. In den bildenden Künsten entsteht überall mehr oder minder, was man Sym b olik nennt i. e. eine Art und Weise, die aber nur durch Überlieferung sich fixirt, die bildende Kunst zur Darstellung des Ethischen zu gebrauchen, ohne daß sie aber auf Geschichte, noch epische Poesie Bezug nähmen. Ähnlichen Ursprung legt man oft der Mythologie bey. Denkt man eine symbolische Figur, z. B. Caritas, so erkennt jeder was es seyn soll, aber nur darum weil die Bedeutung durch eine Tradition sich festgestellt hat. So ist Übergang von Poesie zur bildenden Kunst als Ausdruck des Ethischen. Doch ist so große Beziehung zwischen dem Ethischen im gemeinsamen Leben der Menschen und zwischen der Sprache, die ja alle gemeinsam Handelnden vermittelt, so ist doch das natürlichste, daß der diese Richtung besonders hat, in der Kunst ein Dichter werde und ist 17 sein] ist 25–26 Schleiermacher spielt hier möglicherweise auf Creuzers Begriff der Symbolik an. Vgl. Friedrich Creuzer: Symbolik und Mythologie der alten Völker, besonders der Griechen, Leipzig 1810–12.

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in einem bildenden Künstler [das] Streben ethische Momente darzustellen, nur als Surrogat der Poesie, die ihm nicht gegeben ist, so wird er nie ein Meister seyn, da er nicht ursprünglich bildende Tendenz hat, sondern ein zu einem Mahler verunglückter Dichter. Nun auf unsern letzten Punkt kommend, auf die freylich auch ethische Thätigkeit des M e n s c h e n a uf die N a t ur, wie sie zur f r e y e n Production durchdringen wird, ist hier gerade die Seite, wo eine gewisse Auffassung von der Kunst sich am meisten einschleicht, daß es nur Zweckmäßigkeit ohne Zweck sey. Der Mensch hat bey seiner Thätigkeit an [der] Natur immer zunächst einen Zweck der Selbsterhaltung und Eroberung der Natur. Aber die unmittelbaren Thätigkeiten dazu sind immer rein mechanische. Wenn der Mensch die Erde in Beziehung auf Vegetation erobert, so ist es freylich eine Thätigkeit in organischen Kräften, aber diese organischen Kräfte in [der] Natur läßt er nur wirken und seine unmittelbare Thätigkeit ist rein mechanisch, Bearbeitungen des Bodens und Aussäung. Ebenso wenn der Mensch baut, über der Erde, um sich zu schüzen, unter der Erde, um etwas auszubeuten, so sind es mechanische Thätigkeiten, und wie der Zweck erreicht ist, bleibt schwerlich ein Überschuß von Neigung zu freyer Production. Und doch finden wir es so, ja gerade in den ersten Culturstufen bey Völkern und Zeiten, wo von Paradisen schon die Rede, i. e. künstlichen Gärten, und großen architectonischen Monumenten, Pyramiden, in denen ist noch wenig von andern Künsten, sondern das sind die Anfänge und da ist durchaus zweckmäßige Thätigkeit aber der Zweck ist verschieden, also ist es nur Product einer Richtung auf vollkommen freye Productivität. Ohne einen solchen Überschuß wäre sie leer; w a s i c h nur als Mittel w ill, will ich eigentlich gar nicht, also auch diese Arbeit nicht, wenn sie einen bestimmten Zweck außer ihr hat, und dann will man auch keine freye Production ohne Zweck. Wie entsteht dann eine freye Production? Nur wenn in der Thätigkeit selbst, die einem Zweck dient, noch etwas darin ist, das sich durcharbeitet zur freyen Thätigkeit. Der zuerst ein Stück Land bearbeitet, theilt es in regelmäßige Formen, wo nicht, so ist es Ausnahme, die von Hindernissen herrührt. Das sehen wir so sehr voraus, daß wir nicht regelmäßige Acker für [ein] Spiel des Zufalls hielten. So steht die Form in keiner nachweislichen Verbindung mit dem Zweck, denn der Acker trüge gleichviel. Da ist eine innre Richtung auf regelmäßige Gestaltung. Ein Grad von Symmetrie ist bey aller Agricultur vorausgesetzt. Das ist also der Punkt, an dem 28 sie] er 7–9 Vgl. die Sachanmerkung zu S. 57,28–29

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sich die freye Productivität in dieser Richtung anschließt, nur dieses Element, abgesehen von allem Zweck, zur Darstellung zu bringen, ist eine Kunstthätigkeit. Hieran schließt sich A rchit ect ur und G a rtenk u n s t , wie Sculptur und Mahlerey, jene einzelne Werke hinstellend, diese hingegen Gruppierungen und ist wesentlich auf das Zusammenseyn der vegetativen Organisation mit dem Lichte und | [den] Gesamteindruck des Lichts, der Färbung berechnet, wie die Mahlerey. Da man das Künsterlische daran nicht so fixirte, so zweifelte man oft. Dieß führt zu der Betrachtung, die den Aufschluß gibt: Die Architectur gehört durchaus dem öffentlichen Leben an und will immer zugleich als Ausdruck der Gesamtheit der Gesellschaft erscheinen in Beziehung auf anorganische Natur aber nur für das öffentliche Leben. Im ersten Anfang herrscht Neigung zum Colossalen und Monströsen, weil man auf einer gewissen Stuffe kein andres Maaß hatte, die Thätigkeit des Menschen zu schätzen, als das Massenverhältniß. Das mindert sich dann und wird mehr ein übersichtliches, doch immer für das gemeinsame Leben. Wäre uns nun jedes Werk der Archtitectur, das in das Gebieth der Zweckmäßigkeit, des Geschäfts gehört, kein Kunstwerk, sondern nur eine gewisse Kunstmäßigkeit an der Zweckmäßigkeit als Nebensache, so fragen wir, was ist die Bestimmung der großen architectonischen Kunstwerke? Es sind immer Werke die einen Zweck des öffentlichen Lebens haben, Gebäude, in denen man sich sammelt zum öffentlichen, bürgerlichen, religiösen oder Kunstleben. So entsteht bloß die Kunst aus der Richtung auf regelmäßige Gestalt, und die regelmäßige Thätigkeit im Öffentlichen darzustellen, das gibt ihr die Kunstbedeutung, indem das Ethische, der Moment hinein kommt. Ist hier das E t h i s c h e ü b e r w i e ge n d , so wollen wir auf den Anfangspunkt, auf die Momente des unmittelbaren Selbstbewußtseyns zurück, wie sie das Kunstlose hervorbringen, woran Mimik und Musik sich anschließt. Da dachten wir immer nur an die Momente im einzelnen Leben, aber diejenigen Erregungen des Selbstbewußtseyns, die mit dem gemeinsamen Leben zusammenhängen, würden doch würdigere Gegenstände auch dieser Künste. Würden wir nun nicht auschauen, wie die allgemeine Kunsttendenz sich in der Erscheinung vermannigfaltigt als wo das Innerliche heraustreten will, so geht die Richtung von Anfang an doch immer schon auf Mittheilung und wäre nicht, wenn das einzelne Bewußtseyn nicht zugleich Gattungsbewußtseyn und organischer Bestandtheil eines ganzen Lebens wäre. Daher ordnet sich von selbst alles, was nur könnte aufs besondre einzelne Leben bezogen werden, unter. Wenn also alle Künste einen solchen Ausgangspunkt vom einzelnen Bewußtseyn haben, so streben sie doch alle 6 Lichte] folgt ))berechnet**

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nach dem gemeinsamen und öffentlichen hin und in jeder selbst werden wir eine solche steigende Reihe anerkennen müssen, daß die es mit dem einzelnen Leben bloß zu thun haben, die untergeordnete Gattung sind, hingegen die größten werden die seyn, die auf einen ethischen Moment zurückgehen und ihre gegenständliche Richtung im Öffentlichen und Gemeinsamen haben. — Dieses führt auf eine schon angeregte Betrachtung die aber damahls nur zufällig entstand und nicht weiter zu bringen war. Als wir Übersicht suchten von der Art, wie sich die allgemeine Richtung auf freye Productivität vermannigfaltigt, bemerkten wir Verbindungen der einzelnen Künste unter einander. Übersehen wir dieß nun von diesem Punkte aus, so verstehen wir es vollkommen. In den untergeordneten Gattungen wo das einzelne Leben mehr für sich hervortritt sondern sich die Künste mehr, je mehr wir zu der geistigen Production aufsteigen, desto mehr nähern sie sich, und das letzte ist die Umschließung derjenigen Kunstproduction und ihrer Darstellung die am meisten vom öffentlichen Leben ausgehen, in die architectonischen Räume und diese sind dazu bestimmt, die Künste in ihrer Vereinigung zusammenzufassen auch im Charakter der freyen Productivität. — Dieses fordert eine andre Betrachtung. Lassen wir jetzt das bewegte unmittelbare Selbstbewußtseyn als das Einzelne, und begeben uns ganz in das gemein sa me Leben, so erscheint dieses aber so als ein durch eine bestimmte Eig enthüml ichk e i t besondres, wie das Einzelleben selbst, und dieses ist die Volkst h ü m l i c hk e i t in ihren Abstuffungen je nachdem die Menschen in kleinre Ganze zertheilt, oder diese kleinern schon vereinigt sind. Da sind dieselben Elemente wie im einzelnen Bewußtseyn die in freye Productivität ausgehende Kunstthätigkeit werden. In einer solchen Masse von Menschen gibt es ebenso leidenschaftlich bewegte Elemente, wie die im Einzelleben, wo das Kunstlose der Mimik und Musik entsteht. Was ist denn für eine solche Masse die gesamte Production dieser beyden Künste in ihrer Mitte? Das, worin sich alle wieder erkennen nach ihrer eigen|thümlichen Organisation, Sprache und Sitte, und nur das so sich selbst auf dieselbe Weise bewegende und sich manifestirende Wiedererkennen sichert das Bestehen und ist der Erfolg der Kunst. Sehr entfernte Menschen sind sich darin fremd. Die innren Bewegungen von Völkern andrer Zonen und außer unsrem Verkehr sind uns fremd und unverständlich, erscheinen uns ganz willkürlich, und die unsrigen ihnen. Dasselbe gilt von der Musik. So hat jede Kunst ihre eigenthümliche Gestaltung für jede Volksbesonderheit. Hieraus folgt, daß auch solche mimischen und musikalischen Darstellungen, die es nur mit Darstellung der Bewegung des einzelnen Lebens zu thun haben, doch weil derselbe Typus zum Grunde liegt, für alle die denselben Kreisen angehören verständlich sind und KunstWerth

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haben, mehr noch haben es diejenigen Werke, worin sich ein Moment des Gesamtlebens manifestirt. Aber diese Künste für sich allein reichen nicht hin, eine solche Leistung in ihrer höhren Dignität zu geben, sondern das ist die eigenthümliche Aufgabe der Poesie und daß Mimik und Musik einzeln oder verbunden sich nun an die Poesie anschließen. Denkt man solche Werke in kleinren Kreisen dargestellt, so wird es das öffentliche Leben in seinen verschiednen Momenten zum Bewußtseyn bringen, aber dieß ist nicht von solchem KunstWerth, als analoge Werke die für einen Moment des öffentlichen Lebens und nicht bloß für kleinre Kreise, aber dann auch in größrem Maaßstabe sich darstellen. Dieß vollendet gedacht, gibt das Höchste eine Verein i g u n g a l l e r K ü n s te zu einer gemeinschaftlichen Leistung. Halten wir dieses fest und betrachten nun das gemeinsame Leben von der andren Seite. Jetzt sehen wir erst, daß es auch ein bewegliches Selbstbewußtseyn für die Volkseigenthümlichkeit gebe, das [in] allen Gliedern derselben identisch ist. Dieses in Bewegung gesetzt bringt unwillkürliche Äußerungen hervor, tritt Kunst hinzu so entsteht jene Sonderung die dann Anfang ist. Nun betrachten wir den andern Anfang und sagen, das ge ge n s t än d l i c h e Bew ußt sey n ist auch in jeder größren oder kleinren Nationalität ein eigenthümliches von den andern Verschiednes, aber es kommt ursprünglich nur zum Vorschein in einer gebundnen Thätigkeit, sc. der menschliche Geist in einer Nationalität an eine eigentliche Organisation gebunden, ist durch diese in natürlich naher Relation getreten mit einer eigenthümlichen Modification aller der Erde angehörigen Kräfte, und so entspricht sich ein Eigenthümliches im Seyn und eins im Bewußtseyn und dieses ist besonders für jenes prädeterminirt. Diese Eigenthümlichkeit des gegenständlichen Bewußtseyns drükt sich aus in der Sprache, und jede Sprache repräsentirt eine eigenthümliche Modification unsres Denkens und Vorstellens. Dasselbe gilt von den auf das Seyn gerichteten Sinnen (auch von denen die gar nicht in Kunstthätigkeit eingehen) besonders von denen, die Kunstthätigkeit üben. Nun haben die weit entfernten Theile der Erde von Natur [aus ein] andres Farbensystem und [andre] Beleuchtung und der Sinn der menschlichen Organisation entspricht diesen, so daß für uns das Farbensystem der Tropenländer nur einen fremden Eindruck macht. Daher entsteht etwas Eigenthümliches in den Künsten und dazu kommt noch die verschiedne Constitution des menschlichen Körpers selbst, denn, je größer die Racendifferenz ist, um desto verschiedner [der] Typus menschlicher Gestalt i. e. verschiednes Ideal menschlicher Schönheit in sich hat, was wir so denken, wie es die Natur üben würde, wenn sie nicht durch andre Coeffi36 macht] machen

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cienten gebunden wäre, sondern frey. Das entspricht dem Freyen und Gebundnen in menschlicher Thätigkeit. So wird sich auch die bildende Kunst nationalisiren und diese wird in jeder solchen Gesellschaft nichts andres seyn, als das Heraustreten ihrer Thätigkeit im Gebieth des gegenständlichen Bewußtseyns in [die] freye Production. Je mehr sie noch mit den gesamten Kräften an gebundne Thätigkeit gewiesen ist, desto weniger wird die ganze Gesellschaft zu freyer Production kommen, und nur allmählig entwickelt es sich. Wenn es sich entwickelt, so will es auch zum Gesamtbewußtseyn gelangen und dieses ist in jeder Kunst [die] Richtung auf das öffentliche Leben und diese wird das größte in der Kunst seyn. Könnte man | einwenden, in den modernen Völkern gebe es schon lange bildende Kunst und doch sey sie nicht in das öffentliche Leben übergegangen: so ist es erstens nicht wahr und zweitens steht was daran wahr ist in natürlichem aus unsren Sätzen folgendem Verhältniß. Nicht wahr ist es, insofern die Kunst von Anfang [an] in das öffentliche religiöse Leben überging und da ihren Ort fand, was freylich von Mahlerey mehr als Sculptur gilt, was in [der] Natur der christlichen Religion seinen Grund hat; denn die hat es nicht mit einzelnen symbolischen Personen zu thun, sondern ist ganz und gar ethisch und hat es mit dem Zusammenleben zu thun und diesem ist die Mahlerey am günstigsten. Wahr daran ist nur dieses, daß insofern die Kunst einen solchen Ort im Gesamtleben hat, man doch in vielen Völkern die Masse wenig Theil daran nehmen sieht und viele Künste nur auf einen kleinen Theil wirken; das hat seinen Grund in den geschichtlichen Verhältnissen; denn je mehr der Mensch in der gebundnen Thätigkeit aufgeht, desto weniger entsteht die freye Thätigkeit, sogar auch nur als Empfänglichkeit gedacht. Nun war in den Völkern solcher Gegensatz zwischen der Masse und den dominirenden Einzelnen, daß nur in diesen freye Thätigkeit erscheinen konnte; je mehr dieser Zustand aufhört, desto mehr erwacht jenen der Kunstsinn, zusammenhängend mit Auflösen der Leibeigenschaft und Knechtschaft. Eben dieses, daß die Kunst erst im öffentlichen Leben ihre größte Wirkung hervorbringt, zeigt wie die Wirkung aller andren Künste sich immer anschließt an die Wirkung der Poesie und wie diese eigentlich das öffentliche Centrum bildet. Wo wir das öffentliche Leben in poetischen Werken sich aussprechen sehen, und diese in der unmittelbaren Darstellung von Mimik und Musik begleitet und die selbstständigen Werke von Mahlerey und Sculptur auf diesen Kreis bezogen und in architectonischen Räumen aufgestellt, die dem öffentlichen Leben angemessen sind, da erst ist die Ku n s t al s G e s am t b e wu ß ts e yn . Auf diesem Punkt ist die Stel9–10 dieses] diese

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lung der Kunst als Vollendung des menschlichen Geistes in seiner Thätigkeit vollkommen der Sache entsprechend, und das Erheben zur freyen Thätigkeit von allen diesen wesentlichen Punkten und vermannigfaltigt in den Darstellungsmitteln und wieder zusammengefasst, gibt den Maaßstab für die Entwicklung des Geistes. Wir fanden also, um Übersicht zu nehmen, daß Kunstthätigkeit die Richtung ist, die geistige Thätigkeit völlig frey von Innen heraus im Einzelnen darzustellen; indem aber hier nur von dem menschlichen Geist die Rede ist und das einzelne Leben in Wechselwirkung mit dem gesammten steht, so nahmen wir die eigentliche Abstuffung an, das minimum ist diejenige [Thätigkeit], die PsoS nur Reaction ist auf die Impreßionen von Außen; dann die [Thätigkeit] des Bewußtseyns worin der dem Geist inwohnende Typus des Seyns sich vereinzelt, galt uns als freye Thätigkeit, Gestaltung und Vorstellung. Zuletzt stellten wir auf die nach Außen hin auch im gebundnen Zustand producirende Thätigkeit, die die Ethik ist und sich zur vorigen analog verhält. Von dort bis hier war Abstuffung, und von jedem Punkt aus konnten wir die Richtung nachweisen, daß die Thätigkeit sich von allen Schranken befreyen und rein von Innen heraus manifestiren will. Daraus folgt, daß das einzelne Leben zugleich Bewußtseyn der Gattung in sich trägt, und nichts andres ist als der Geist an sich in Verbindung mit den Bedingungen des einzelnen Lebens. Hier ist eine Verschiedenheit im Zusammenseyn der beyden Coefficienten, je nachdem in den Lebensmomenten hervortritt, daß der Geist Einzelnes geworden, oder das Einzelne Geist und sich in einer Gesamtheit manifestirt. Beydes so zusammengenommen liegt in der Natur der Sache. Was aber von anderm Wege aus dargestellt war, daß unser erster Gesichtspunkt, der das Auseinander der verschiednen Künste erklärend ist, dieses das Ineinander begründet. Das Auseinander hängt zusammen mit der Differenz der Einzelnen als Besondrer, denn denken wir bey Einzelnen die verschiednen Kunstrichtungen einander gleich, so würde das Auseinanderseyn in der Production zufällig seyn, weil sie wesentlich ineinander und Eins wären. In jenem Zweiten liegt die Vereinigung der Künste, sc. es gibt keine Wirksamkeit des Einzelnen für sich, sondern das Gattungsbewußtseyn ist immer darin, also | auch die Richtung auf Aufhebung des Seyns des Einzelnen in der Gesamtheit. Daher wollen die Künste in einer Organisation Eins werden. — Drittens sahen wir die Wirklichkeit der Kunst als äußerliche Erscheinung bedingt durch die im psychischen und leiblichen Organismus bedingte Art und Weise, wie überhaupt Innres äußerlich werden kann, so war Äußerlichwerden in der Bewegung, Gestaltung und Rede. Mimik und Musik; Sculptur und Mahlerey, und redende Kunst, die noch in Zweyheit aufzulösen ist. Das Gemeinsame in diesen Zweyheiten war nicht das

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Äußerliche, sondern da war das Trennende im Bilden als Selbstständigkeit oder als Zusammenseyn mit cosmischem Seyn. So ist der Cyclus geschloßen; und auch die zwei Zweige der Massengestaltung aufstellbar. Dann fanden wir auch, daß jede Kunst im Anfang wesentlich vereinzelt ist und sich auf das einzelne Leben bezieht und abstuffend hinauf bis zur Darstellung des Gesamtlebens und Zusammenfassen, jenes sind die mindern Gattungen, dieses die höhern, wo alle Künste zusammenwirken. Wollen wir nun auf der andern Seite die Hauptmomente welche die Kunstthätigkeit als solche constituiren zusammenstellen, so verlangen wir 1) Kunstthätigkeit ist überhaupt nur unter der Bedingung, daß im einzelnen Leben diese Richtung auf vollkommen freye, ungebundne Thätigkeit nach Außen hin hervortreten kann; 2) Tritt dieß ein, so kommen wir auf die eine Abstuffung, die vereinzelt [die] ganz andre Ansicht constituirt, sc. daß dieses heraustritt als bloße Receptivität, d. h. wo solche Thätigkeit anderswoher entsteht, aufzufassen in ihrer Freyheit, i. e. Kunstsinn, Geschmack. Wo die Richtung freye seyn kann, wird sie productiv. Dieses ist der gemeinsame Ursprung. Aber auf diese Weise wird keine wirkliche Kunst, sondern es ist der gemeinsame Keim zu Allem, der eine bestimmte Richtung erhalten muß, um etwas wirkliches zu werden. Dieß knüpft sich an die organischen Functionen der geistigen und mehr äußren Organisation an zum Heraustreten. Das besondre Element der beyden Künste findet sich, wenn man beyde zusammennimmt, z. B. das gemeinsame Element der bildenden Kunst ist, wenn jene allgemeine Richtung auf freye Production sich bestimmt als Bild oder Gestaltung; da ist in der äußern Organisation Unterschied zwischen Darstellung im Soliden oder Fläche, in dem geistigen Darstellen eines Bildes als Repräsentation einer substanciellen Form, oder Repräsentation des Zusammenseyns. Beydes gesellte sich zusammen, und erschien uns als Eines seiner Natur nach; in der Wirklichkeit aber trennen sie sich von selbst und es ist zufällig, ob der Mahler zugleich Bildhauer ist und umgekehrt. Weil es aber von Innen Eins ist, so fanden wir Übergänge vom einen zum andren, beym Mahler das Zurüktreten der Färbung; von Sculptur aus die Gruppierung und das Relief. Nehmen wir A r c hit ectur und G a rt enkunst in demselben Verhältniß, so muß dieselbe Analogie seyn. Ihr Verhalten wie Sculptur zur Mahlerey ist erklärt, nur noch, daß es Überg ä n g e zwischen ihnen gibt. Das scheint sich nicht auf dieselbe Weise zu zeigen. Aber in was für verschiednen Formen auch die Gartenkunst sich zeigt, hat sie doch immer [danach] gestrebt, Architectur mit aufzunehmen und wir postuliren, daß sie architectonische Räume auf5 ist] sind

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nehme. Umgekehrt postulieren wir zu einem architectonischen Werk einen umgebenden Raum, der durch jene gestaltet ist. Das sind freylich nicht Übergänge, sondern Ve r e i n i gu n g, also doch etwas andres; aber das Analoge hierzu finden wir in einer gewissen Vermisch un g d e r P r i n c i p i e n , die freylich gewöhnlich etwas Ma nnig fa ltig es in sich schließt. Das sagen wir in gewissem Sinn auch von der bloß umrissartigen Zeichnung, sie sey mangelhaftes, aber nicht fehlerhaft. Gartenkunst nun in der Form, daß sie es auf eine mathematische Gestaltung in der freyen Production anlegt, wie im Gebundnen, also mehr das Mathematische das Organ darstellt, so ist das so ein Übergang. So wenn Architectur die | mathematische Gestaltung so umhüllt durch andre Linien des Organischen, so ist es ebenfalls ein Übergang, aber eine fehlerhafte Vermischung. Aber gerade aus ihrem Verhältniß, wenn es nicht klar bewußt geworden ist, entstehen diese fehlerhaften Übergänge. Hier entsteht nun eine Frage, die beantwortet werden muß, obgleich sie von einem Terminus abhängt, der erst zu bestimmen ist. Das allgemeine Element ist eine bestimmte Thätigkeitsrichtung des Geistes, also indem wir es nur finden in seiner Wirksamkeit auf den psychischen und leiblichen Organismus, fassen wir es als eine bestimmte Art der B e ge i s t u ng o d e r B e ge i s ter un g desselben. Dieser Ausdruck spielt eine große Rolle, ehe wir also uns trennen von der Kunst in ihrer Genesis im Organismus wollen wir dieses erklären. Diese Thätigkeit als Richtung auf freye Productivität unterscheiden wir von denselben Formen der Thätigkeit, inwiefern sie gebunden sind durch die gegebnen Verhältnisse des Menschen zur Außenwelt und [zum] menschlichen Gesamtleben. Denke ich mir das objective Bewußtseyn als ein im menschlichen Organismus entstehendes, so entschlugen wir uns dessen, es als Product der Außenwelt in uns anzusehen, vielmehr nahmen wir auch eine innre Geistesthätigkeit an. Indem so dem Menschen das entsteht, was man seine Erfahrungskenntnisse nennt, so werden diese auch nur durch eine Begeisterung, [er] ist aber gebunden, ergriffen von den afficirenden Gegenständen und befriedigt sich darin, diese in Bewußtseyn zu verwandeln. Darum ist sie aber nicht weniger Begeisterung als das andre; denn der Geist zeigt sich als Quantum, da zwei Verschiedne in demselben Verhältniß, der eine weit mehr in das Bewußtseyn aufnimmt als der andre, und dieß, weil des einen Organismus weniger begeistet ist. Dieses mehr oder minder hängt vom Zustand der Begeisterung ab. Dieser Ausdruck ist also nicht etwas, das dem Kunstgebieth eigenthümlich wäre, also gibt es keine Fragen für [das] Kunstgebieth; denn für das Dritte, das ethische 6–7 umrissartigen] umrißlichen

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Gebieth[,] verhält [es] sich auch so, der eine zeigt sich in einer gebundnen Zeit viel wirksamer als der andre in denselben Umständen; immer wie das eine negative Trägheit, so ist das andre positive Begeisterung, sc. für seine ethische Thätigkeit. Das hat dieselbe Wahrheit wie für die freye Productivität. Wollen wir diesen Wortstreit lassend, uns daran halten, daß dieser Terminus für das Kunstgebieth allein gebraucht ward, so sagen wir weiter: Diese allgemeine Begeisterung ist etwas ganz unbestimmtes, soll eine wirkliche Kunstthätigkeit entstehen, so muß sie sich für eine der besondern Arten bestimmen, wie freye Productivität äußerlich werden kann. Aufgabe ist: Worin besteht die bestimmte Begeisterung, die den einzelnen Künstler in verschiedenen Zweigen macht? Da sind zwei verschiedne Aufgaben ja nicht zu verwechseln. Wir sahen im Allgemeinen wie es in jedem Kunstgebieth verschiedne Gattungen von Kunstwerken gibt, von geringrem und größrem geistigen Werth nach Maaßgabe der Richtung auf das organische Gesamtbewußtseyn. Hiervon müßen wir jetzt abstrahieren und nur auf die verschiednen Kunstgebiethe sehen. Macht das den Mimiker, daß sich seine freye Thätigkeit zeigt, durch Bewegung der Gestalt die Beweglichkeit des Geistes zur Anschauung zu bringen (unentschieden ob nur solche des einzelnen Lebens, oder die sich auf das Gesamtleben beziehen), so prädeterminirt ihn diese Richtung zum Mimiker. Das wirkliche Hervortreten war uns secundär, also ist hier noch abzusondern der verschiedne Grad, in welchem diesem seine Thätigkeit durch die Wahrheit in der Erscheinung verständlich wird i. e. Virtuosität, nach der wir jetzt auch nicht fragen; sie ist nicht so, daß die Stärke der innern Begeisterung für einen bestimmten Zweig das Maaß der Virtuosität werde. Davon abstrahiren wir auch und so werden wir die specielle Begeisterung für jeden Kunstzweig finden, aber immer nur auf das sehend, wodurch die innre Richtung auf freye Productivität auch wirklich äußerlich werden kann und auf alles, was hier bestimmte Differenz constituirt, wobey die Verwandtschaftsgrade der Künste freylich Einfluß haben. Die Frage ist: | Ob sich das Gemeinsame so theilt, daß es eine absolut besondre Richtung ergibt, oder ob das Verhältniß so [ist], daß wo eine Kunst gesetzt ist, alle andern irgend wie mit sind? Sie verläuft vom minimum zum maximum, dieses im Gebieth des Gesamtbewußtseyns. Da ist einerseits das gemeinsame Erkennen, auf der andren die gemeinsame Thätigkeit. Muß es in diesem Gebieth in jedem Menschen eine Richt un g a uf fr ey e Prod uct i v i t ä t [geben], die sich realisirt, aber rein innerlich, ohne Heraustreten, also einer Vorstellung gleich, ob sie wahr sey oder nicht, so kann man das rein innerliche zwar nicht nachweisen, aber [darauf] schlie35 ?] .

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ßen, z. B. Ein Centaur hat gar keine Wahrheit. Ist diese Gestalt nun doch in die Kunst aufgenommen, so muß sie in der sie darstellenden Vorstellung seyn, und den sie aufnehmenden Anklang finden. Nun finden wir sie nicht bloß als Gestalt, sondern auch als Vorstellung, was daher kommt, daß diese sich jener überall anhaftet. Es ist nicht daß der Auffassende es innerlich selbst producirt, sondern nur daß sie ihm entspricht. – Im Gebieth der e t hi s c hen T hä t ig keit ist dieß sehr ausgebreitet, aber immer mit der gebundnen Thätigkeit verbunden, nehmlich, daß wir die ethische Aufgabe allzu gern idea lisiren, da sie doch an das Vorhandene anknüpft. Dazu gehört freylich speculative Darstellung der ethischen Idee, aber dieses ist ein Alles umfassendes. Hingegen als Kunstthätigkeit sollte es in das Einzelne gehen, und das Idealisiren im Einzelnen ist das freye Spiel, wenn jeder seine Eigenthümlichkeit in das Einzelne darstellt und dieses kann wenigstens äußerlich werden. Daran knüpft sich eine beyläufige Untersuchung. Wo die ethische Thätigkeit nicht bloß so geübt werden soll, sondern als aus dem Gesamtbewußtseyn der ethischen Thätigkeit [die Menschen] zu leiten, wie verhält sich dieses zu den andren menschlichen Functionen? Die einen sagen, es müsse mit speculativer Thätigkeit verbunden seyn, d. h. Regiren und Philosophiren zusammen, und wirklich soll das Anknüpfen der Gesamtheit entsprechen, so muß man es an die ethische Gesamtaufgabe schließen. Andre sagen, nur keine Philosophen zum Regiren, sondern solche die an Alles sorgfältig anknüpfen. Da sieht man wie da jene speculative Entwicklung der ethischen Idee vermischt wird mit dem Idealisiren im Einzelnen. Was ist nun das Verhältniß dieser leitenden Thätigkeit zu dem was Fundament aller Kunstbegeisterung ist? Da ist nun dieses Idealisiren und denkt man es als freyes Spiel des Einzelnen, und er wolle dieses realisiren an einem Gebieth menschlicher Gesamtthätigkeit, so wäre das eine Willkür und Übergreifen des bloß Individuellen ins Gemeinsame.

3 und] folgt ))in** 19–24 Schleiermacher spielt hier offenbar auf die Konzeption einer politischen Herrschaft der Philosophen(-könige) an, die erstmals Platon in seinem Dialog „Politeia" aufgestellt hat (vgl. Politeia V 473c–e). Kritisiert wurde diese Konzeption insbesondere von Aristoteles, der dem Philosophen keine exekutive, sondern nur eine beratende Rolle beim Regieren zuschrieb; auch Platon selbst modifizierte seine Ansicht in seinem Spätwerk „Nomoi“ (713c–e, 875a–d). Hierzu auch: Otfried Höffe: „Vier Kapitel einer Wirkungsgeschichte der Politeia“, in: ders. (Hg.): Platon: Politeia, Berlin 1997, S. 333– 361, hier: 340–341.

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Jenes Idealisiren aber wo als innres Spiel hat freylich auch die Nationalität an sich, und also wenn ein Einzelner seine Natur nach Repräsentant eines bestimmten Gesamtbewußtseyns ist, so muß sein freyes idealisirendes Spiel nothwendig auch Darstellung des Gesamtbewußtseyns seyn können; und dann entsteht kein Widersetzen der Andern, sondern bloß wenn das freye Spiel bloß vom Einzelleben ausgeht und nicht vom Impuls des Gesamtlebens im Einzelnen. In jenem Fall kann das Spiel unmittelbar zum Zweckbegriff der Handlung übergehen. So wird oft der Begriff Kunst scheinbar als übergreifend auf das sittlich thätige Leben selbst angesehen, ist aber das Gesamtbewußtseyn dabey, so ist diese Leitung eines Gesamtlebens ein Kunstwerk, wenn das Spiel äußerlich fixirt wird, wenn die Andern sich wie Material verhalten. Hingegen wenn diese Leitenden sich mit Kunstdarstellungen abgeben, die vom Einzelleben überwiegend ausgehen, so machen sie sich lächerlich und verächtlich, wie Nero. Wir könnten diese Abschweifung auch auf das andre Gebieth fortführend sagen, wenn die freye innre Production von Gestaltungen statt jener Unwahrheit wie Centauren durchaus das Wahre träfe, ohne aber jenes gegeben gehabt zu haben, also etwas als Ahndung träfe im Gebieth der substanciellen Formen und des cosmischen Zusammenseyns, und tragen wir dieses auf das Gebieth der Vorstellung über, und die sittliche Gestaltung und Entwicklung des Gesamtlebens entstünde auch so, | so leitet das zur Ansicht die Welt sey [ein] Kunstwerk Gottes, weil diese das Wahre treffende menschliche Thätigkeit ein Abbild wäre von der Realität des Seyns wie sie aus dem Absoluten hervorging. Und doch können wir das an den allgemeinen Typus der innren Formen des Geistes anknüpfen, nur denkt man diese darauf höchste Stufe, die Typen des Seyns so stark habend, daß er sie wirklich hervorruft. — Was muß also zur al l g e me i n e n Beg eist erung hinzu kommen und selbst eine Begeisterung seyend, [um] jene zu e ine r best im m t e n T h ä t i g k e i t z u r e al i s i r e n ? Einig sind wir schon, daß wenn wir meinen die geschichtlich gegebnen Künste, so müssen wir uns an die organischen Functionen halten, durch die sie heraustreten, aber so daß wir an Alles Technische nicht denken. Hier können wir auf alle Gebiethe keine andre Formel anwenden, als jene einfache. Fragt man unter welchen Bedingungen wird derjenige der Richtung auf freye Productivität hat, ein M u s i k e r ? Wenn sich diese Richtung auf das Tönen wirft, wenn es ihm innerlich tönt, und sich alles auf dieses Organ wirft; also wenn dieses Organ in ihm vorzüglich begeistet ist, so daß er selbst ein vorzügliches Organ dieser menschlichen Function ist. Wodurch wird denn der[, der eine] allgemeine Richtung hat, ein 10 angesehen] übergeht

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Bi l d h a u e r ? Wenn sich ihm immer menschliche Gestalten erzeugen. In wie fern diese nun vollkommen oder unvollkommen, ethisch bedeutend sind oder nicht, das liegt in einem andern Gebieth, aber nur durch das Übergewicht dieser Form innrer Thätigkeit wird er Bildhauer. Was sagen wir vom D i c h t e r ? Da haben wir dieselbe Thätigkeit die dort Bild war, als Vorstellung gefaßt, dieses ist durch Sprache vermittelt und selbst ein innres Sprechen. Also der, dem diese Richtung auf freye Productivität ein bestimmtes innres Sprechen wird, der wird Dichter. Da scheint großer Widerspruch, alles innre Sprechen das sich auf das Geschäft bezieht ist ausgeschloßen, sondern es muß ein schöpferisches seyn; der Widerspruch ist der, daß wir beym Dichter gleich die gebundne Rede denken und in sofern ist es ein PWiderspruchS. Diese Erörterung wird noch kommen, jetzt ist uns [der] Dichter noch nicht in diesem Sinn, sondern nur allgemein [als] R e d e k ü n s t l e r, dem [die] Rede ist, was dem bildenden Künstler die Gestaltung. Es ist freylich möglich, daß man sehr untergeordnet ein Dichter sey. — Nun noch ein schwieriges Gebieth, das der A rchit ect u r u n d G a r t e n ku n s t , jene hat äußre Verwandtschaft mit Sculptur diese mit Mahlerey und zwar Landschaftsmahlerey. PWennS dieses beydes dasselbige, so daß [sich] Mahler zum Gartenkünstler verhalte, wie Zeichner zum Bildhauer, so wäre unsre Darstellung falsch, denn wir bestimmten diese Künste auf die Thätigkeit des Menschen in der Natur, hingegen die bildenden Künste auf das Auffassen der Natur. Also ist die freye Productivität in beyden Künsten eine andre, und ohne ein solches zu Grunde liegendes Bewußtseyn der menschlichen Thätigkeit auf die Natur wird einer nicht Künstler auf diesem Gebieth. Der Mahler, der sich ganz auf architectonische Arbeit verlegt, ist so wenig ein Architect, als der Landschaftsmahler ein Gartenkünstler; sondern Architect und Gartenkünstler müssen dieses innre Spiel haben als Richtung auf menschliche Thätigkeit in der Natur. Darin liegt, daß diese zwei Künste wesentlich zusammenhängen mit dem Gesamtbewußtseyn, welches bey den bildenden Künsten auf dieselbe Weise nicht der Fall ist. Der Architect ist nur einer, wenn er etwas für das Gesamtleben hervorbringt, [das] Privatgebäude ist kein Kunstwerk. Es kann Kunst daran seyn, aber das Ganze ist keines. Es gibt freylich Übergänge und darum ist dieses Gebieth als Kunst betrachtet streitig. Wesentlich gehört es zum Künstler, daß er eine Menge von Kräften in Bewegung setzen will, an denen er nicht selbst Theil nimmt, also dieses Bewußtseyn von menschlicher Thätigkeit durch die das Werk werden kann, ist wesentlich in diesen zwei Künstlern, und bloß durch die Gestaltung würde einer ein bloßer Mahler solcher Werke. 5 ?] .

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Zum Künstler selbst gehört also wesentlich die eigentliche Anschauung der menschlichen Kräfte die er bewegen | will, ist die in ihm nicht oder nicht wahr, so ist er kein Künstler. Die Gartenkunst hat es freylich mit einem Gesamtleben von geringrem Umfange zu thun, aber doch als freye Productivität. Ein Landhaus ist gebundne Thätigkeit, der Park nicht, jenes ist gerichtet auf das gebundne Zusammenleben, dieser gar nicht. Also nur die Arten zu produciren sind möglich, die unsre Kunstzweige bilden; dann ist eine Grenze zu ziehen, von wo an dann die Kunst a n e i n e m an d r e n bloß ist. Das sahen wir an der gebundnen Architektur; aber es ist überall. Alle Rede, die einen bestimmten Zweck erreichen soll, also gebunden und doch von einem ausgehend, [in] dem freye Productivität überwiegt, wird überwiegend Kunst an sich haben, und es wird Wohlredenheit, und die sich daran hängende Kunstthätigkeit sondern wir ab. Wie es einen musikalischen Vortrag in der mündlichen Rede gibt, zusammenfallend mit der freyen Productivität auf dieser Seite hin, und die welche Richtung auf Mimik haben, doch in der leidenschaftlichen Bewegung selbst in der Grenze der Anmuth und Gracie bleiben, das ist wieder Kunst die an einem Andern ist. Dieses überall findend schließt sich uns das Gebieth der Kunst vollkommen ab. Die Kunstthätigkeit in Genesis darzustellen, ist noch nicht zu Ende. Ausgehend von allgemeiner Richtung auf freye Productivität haben wir es allgemein specialisirt. Betrachten wir es im letzten innerlichen Moment, unmittelbar wo dann das Äußre anfängt, so ist dieses die Vo r b i ld u ng . Sehen wir dieses als Resultat der freyen Productivität an, so scheint darin die Forderung zu liegen, daß dieses innerliche Kunstwerk, sey es Reihenfolge mimischer Bewegungen oder musikalischer, oder Gestalt der Vorstellung bildend, müßte ein Neues seyn, wenn auch nur für den Künstler. Denn wäre dasselbe ihm schon bekannt gewesen, so wäre es mehr Resultat seines Auffassens als seiner freyen Thätigkeit. Diese Vorbildung und Richtung darauf ist Erfind u n g . Zeigt sich das in der Wirklichkeit der Kunst auch so als ein natürlich sich ergebendes Resultat, daß jedes Kunstwerk als eine Erfindung erscheinen müsse. Wir müßten alles umwerfen, wenn wir es leugnen wollen, und doch scheint die Geschichte der Kunst dem zu widersprechen. In der Mahlerey wie oft wiederholen sich nicht bey den größten Meistern dieselben Gestaltungen, z. B. die Menge von heiligen Familien, an denen also nichts mehr zu erfinden ist, und thut er es zu viel, so tadelt man ihn. In dramatischer Dichtkunst bey den Alten wie oft wurden dieselben Gegenstände wiederholt, ja die ganze Kunst versierte in gewissen mythologischen und geschichtlichen Kreisen. Dennoch hat man nie das Spätre für [einen] geringren Grad von

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Kunstwerk erklärt, wie die erste Bearbeitung. So in der Sculptur wo die porträtierte Natur εἰκών als untergeordnet galt, und die höhren Kunstwerke die ἀγάλματα der Götter waren, also die ganze Kunst in diesem Cyclus, dessen Gegenstand aus der Poesie her war. Da gab es auch fixe Bestimmungen, von denen der Künstler sich nicht entfernen durfte, um Neues zu erfinden. Vergleichen wir die neure dramatische Poesie, das sogenannte bürgerliche Schauspiel, wo man nicht so in einen Cyclus eingeschlossen ist, sondern immer eine neue Erfindung postulirt, so wird ein richtiges Urtheil doch dahin ausfallen, dieses als eine sehr untergeordnete Gattung anzusehen, und vom höhren Drama verlangt man, daß es im geschichtlichen Gebieth versiere, also den Gegenstand nicht erfinde. Bey den Alten erst später zu finden ist z. B. der Roman. Da sieht man zwar überall die Erfindungsgabe, aber es hat eigentlich den Untergang der Gattung bewirkt; da jeder erfinden wollte, ging die Gattung unter in einer Fluth von Seichtigkeit. So scheint also, als ob die Erfindung etwas Falsches sey. Der Schlüssel zur Verständigung liegt zum Theil in etwas schon Aufgezeigtem. Es zeigt sich aus der letzten Darstellung, daß es nur geringre Gattungen seyn können, Romane und bürgerliches Schauspiel, denn sie gehen nur aus vom einzelnen Leben, sind freye Productivität des Einzelnen in Beziehung auf das Einzelleben. Jenes höhre Princip, die Repräsentation des Gesamtbewußtseyns ist darin nicht zu finden. Sehen wir in der Mahlerey auf das Gebieth, worin die heilige Familie i. e. [die] Urgeschichte des Christenthums beständig behandelt war, so sieht man daß das Princip das religiöse Gesamtbewußtseyn ist, und die Kunstwerke sich beziehen auf das in dieser Hinsicht Allen Identische und gehen also von einem Gemeingut aus. | Darum aber sind sie eine höhre Gattung. Aber nothwendig muß sich die Erfindung nun in etwas Andrem zeigen als in den unveränderlichen Typen. Man kann aber sagen, nur solange die Darstellung in der heiligen Schrift versiert, so gilt dieses. Etwas weiter geht das Gebieth der Legende an und auch da ist Erfindung untergeordnet, und nur eine Auswahl aus einem 30 nur] folgt ))jene** 1–3 Schleiermacher bezieht sich hier wohl auf die Unterscheidung von „eikon“ (ε&κ ν, altgr.) und „agalmata“ ('γάλματα, altgr.) in der antiken griechischen Kunst. Dabei steht „eikon“ für die naturgetreue Nachbildung insbesondere der menschlichen Gestalt, während in Bezug auf Götterdarstellungen der Begriff „agalmata/agalma“ vorgezogen wurde. Von Heraklit ist der Satz überliefert: „Und sie beten auch zu diesen Götterbildern [algamasi], wie wenn einer mit Gebäuden Zwiesprache pflegen wollte.“ Vgl. Walther Kranz (Hg.): Die Fragmente der Vorsokratiker, Griechisch und Deutsch von Hermann Diels, Bd. 1, Berlin 1906 (2. Auflage), S. 62, B 5. Siehe auch: die Sachanmerkung zu S. 474,32–5.

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gegebnen Gesamtbewußtseyn aber dieses hat jetzt nicht mehr dieselbe Allgemeingültigkeit, und für einen Protestanten ist etwas aus diesem Gebieth ganz anders als aus jenem. Die Darstellung aus der Legende ist uns keineswegs werthvoller, weil die Erfindung freyres Spiel hat; sondern es kommt weniger aus dem Gesamtbewußtseyn und ist daher untergeordnet. Die alte dramatische Poesie war ganz und gar national und konnte sich nicht aus diesem Kreise entfernen. Freylich in der Comödie war Erfindung frey, aber diese ist schon ganz etwas andres; in der Comödie konnte sich gar nicht ein solcher Cyclus bilden, sondern die mußte immer frisch aus dem Leben den Stoff nehmen. So ist Gegensatz im dramatischen Gebieth: hier ist Erfindung als man postulirt, dort in sehr bestimmte enge Grenzen eingeschlossen. Worauf das beruhe, ist [eine] schwierige Frage und scheint nicht lösbar auf eine für alle Künste identische Art, sondern dieser Gegensatz stellt sich nicht in allen Künsten [auf] dieselbe [Weise], daher kann das Genauere nur in Betrachtung der einzelnen Künste hineingehen. Etwas Andres aber gehört noch hierher. Gibt es große Kunstgebiethe, wo Erfindung eigentlich gleich Null, so muß man dieses doch beschränken. Die Erfindung hat dann nur eine gemeinsame Basis, aber in diesen Grenzen freyen Spielraum. Bearbeiteten zwei Dichter dieselbe Fabel für die Tragödie, so wären es doch zwei differente Werke, und das soll man schon aus wenigen Buchstaben erkennen, obgleich nicht nur Identität des Gegenstands, sondern auch der Form als Wechsel zwischen Dialog und Chor und was daran sich schließt. Die Differenz ist aber abgesehn von allem Sprachlichen, und ist auf Erfindung beruhend. Die Handlung und Personen sind gegeben, aber wie es darauf ankommt, durch Behandlung die Personen in wirklich lebendige zu verwandeln, daß sie einen bestimmten eigenthümlichen Eindruck machen, so ist das Differenz aus dem Identischen. Electra und Antigone sind von Anfang [an] different, aber bey jedem Dichter wird jede anders lebendig. Es gibt also gewisse Kunstgebiethe und zwar gerade die der höhern Gattung, in denen eine Gebundenheit statt findet an das, was im Gesamtbewußtseyn auf solche Weise gegeben ist, daß es für Alle schon dasselbige ist. Darin liegt [die] Sicherheit des allgemeinen Eindrucks und allgemeine Gültigkeit. Dennoch ist die Erfindung hier nicht Null, sondern findet sich überall, und derselbe Gegenstand ist jedem Künstler ein andrer. Ja sogar wenn sich Gegenstände so wiederholen wie die heilige Familie in der Mahlerey, so soll die eine Maria darstellender Mahlerey nicht dieselbe seyn, wie die andre. Man kann 1000 Figuren aufstellen, die nicht können diese Maria seyn, aber für den allgemeinen Charakter derselben sind unzählige Vorstellungen 40 können] folgt ))und**

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möglich. Dieses specielle Element, das die bestimmte Kunstthätigkeit hervorruft, das m u ß Erfindung seyn. — Einen Schritt weiter gehend fragen wir: Worin ist der Grund, daß bey Identität des gegebnen Gegenstandes, doch die Production im Einen eine andre wird als im Andren? Dieß führt darauf, daß wir von Anfang [an] den richtigen Punkt trafen, da wir sagten, die Kunstthätigkeit geht aus von der eigenthümlichen Besonderheit des einzelnen Lebens und ist eine Darstellung derselben. Bleiben wir bey der christlichen religiösen Mahlerey. Wollte da einer die gutmüthige Behauptung aufstellen, daß wenn ein Mahler eine Menge heiliger Familien darstelle, er von diesem Gegenstand durchdrungen gewesen sey und in diesem Sinn und Verkehr fromm war, so wird die Geschichte davon nicht viel zu sagen wissen, und Beyspiele des Gegentheils angeben. Auf keine Weise geht diese Kunstthätigkeit aus der Frömmigkeit des Mahlers hervor, hingegen allemahl aus der Frömmigkeit des Zeit|alters, und dieses Gesamtbewußtseyn seiner freyen Thätigkeit diese Richtung gegeben hat auf sympathetische Weise, ohne daß seine Freiheit darunter leidet. Was nun im Kunstwerk Erfindung ist, das muß der Ausdruck seiner Eigenthümlichkeit seyn. Wollte man dagegen Zweifel erheben und sagen: nehme ich eine Anzahl Madonnen von Raphael und eine Menge von Rubens, so ist da [ein] Unterschied; aber will man nicht sagen, daß dieser Unterschied auf ihrer persönlichen Differenz beruhe, sondern das sey der Unterschied der Zeit und Localität, so ist das wahr, aber keine Einwendung, denn die individuelle Besonderheit des Einzelnen ist ebenfalls durch Zeit und Localität bedingt, und wäre nicht so geworden in andrer Zeit und Localität. Aber außer diesen wird man doch noch die Grenzen der individuellen Persönlichkeiten finden, denn aus jenen zwei Anzahlen von Madonnen finde ich nicht nur einen Unterschied so fern beyde, jede für sich, einander ähnlich sind, sondern auch [eine] gemeinsame Differenz zwischen beyden Complexen. Nehmen wir einmahl jenes an, daß es Kunstgebiethe gibt, wo ihrer Natur nach die Erfindung an gewisse Cyclen gewiesen ist, und andre, wo sie 19–21 Von Raffael dürfte Schleiermacher vor allem die „Sixtinische Madonna“ (1512/ 13, Gemäldegalerie Alte Meister, Dresden) vor Augen gehabt haben, die er von seiner Besichtigung Dresdens 1810 gekannt haben dürfte. Rubens ist weniger bekannt für Madonnendarstellungen; eine Ausnahme ist die „Madonna mit dem Papagei“ (1615– 1625, Koninklijk Museum voor Schone Kunsten, Antwerpen), die Schleiermacher aber wohl nicht gekannt hat. In einem Brief an seine Frau Henriette vom 4. September 1828 aus London berichtet Schleiermacher, dass er in Rotterdam eine „Bildergalerie“ besucht habe, in der er „manche Rubens, van Dycks, Potters, de Steens, Ruisdaels, Sachtlevens und dergl. mehr“ gesehen habe, erwähnt aber keine Werke. Vgl. Brief von F. Schleiermacher an seine Frau Henriette vom 4. September 1828, in: Heinrich Meisner (Hg.): Schleiermacher als Mensch. Sein Werden und Wirken. Familien- und Freundesbriefe 1804–1834, Stuttgart/Gotha 1923, S. 351–354, hier: 351.

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vollkommen frey ist, so hat die Erfindung auch in jener ihr bestimmtes Gebieth, ja sie muß nur um so reicher seyn, aber gewissermaßen microscopisch. Die heilige Familie ist durch Geschlechts- und Altersdifferenz für die Zusammenstellung schon bestimmt, und doch soll Erfindung seyn in jedem Werke. Das würde bey den fixen Charakteren nicht möglich seyn, wenn nicht die specielle Begeisterung des Mahlers gerade nicht bloß auf die Gestaltung, sondern auf die Zusammenstellung und Beleuchtung gehe, und da ist unendliches Gebieth für Erfindung im festesten Cyclus. Das Specielle der Richtung des Künstlers auf einem speciellen Gebieth muß sich als Erfindung zeigen. Es gibt gewisse Methoden, gemeinsamer Typus oder Cyclus von Figuren oder Vorstellungen, von denen die Erfindung nur Modification. Die Entstehung derselben ist schwer zu finden, es ist keine Antwort, daß es in vorhistorische Zeit falle, denn das paßt ja von der christlichen Mahlerey nicht; sondern es ist so, daß dieses Gemeinsame zwar früher vorhanden ist für die Kunstthätigkeit des Einzelnen, aber daß sie früher nur in der Gestalt des Kunstlosen da waren, weil sie ihren Grund nicht im Bewußtseyn des Einzelnen haben, sondern [in] der Masse, die den Typus auf kunstlose Weise producirt hat. Dieses alles zugegeben entsteht eine neue E i n wendung . Nehmlich, wenn wir sagen, diese Richtung auf freye Productivität, wenn sie in ihren Productionen das ist, daß die innre Gestaltung erfolgt, abgesehn von allen Bedingungen, die ihre reale Erzeugung in der Natur modificirt, so wird dabey sich zeigen, daß alle Kunstproductionen müssen das I d e al anstreben, i. e. die einzelne Production die ein vollständiger Representant ist vom innen einwohnenden Typus, ohne durch etwas gehemmt zu seyn. Dieß der Sinn vom Ausdruck, das Kunstwerk stelle im Einzelnen das Allgemeine dar. Die Sache ist die. Uns wohnen die verschiednen Formen des Seyns ein, wie sie auch in der Natur erscheinen, in dieser sind sie selbstständige Kräfte, in uns selbstständige Formen, in jener sind sie immer durch andre ebenfalls wirksame Kräfte gehemmt und modificirt; aber so wie dieselbe Idee in der menschlichen Auffassung das Gegebne ergreift, so hemmt ihn nichts, da er aus dem Organismus rein heraus bestimmt. Die Vollkommenheit ist also in Allen, und sollte die Erfindung sehr unvollkommen seyn, so muß doch ihr Charakter seyn, diese reine Idee anzustreben. Nun gibt es eine ganze Seite der Kunst, die gerade das An t i i d e a le anzustreben scheint, das heißen wir im Allgemeinen das Ko m i s c h e , das finden wir in Mimik, Musik, Mahlerey, Poesie; in der 18 haben] hat

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letzten erkennen wir es am besten. Immer hat es große Schwierigkeit gemacht für jede allgemeine Theorie, die man aufstellte; daher Manche diese Seite von der Kunst ausschließen wollten, weil sie sich unter das Princip nicht bringen läßt. Entweder, wenn sie in unsrer Formel nicht aufgeht, müssen wir sagen, eben als nicht in Richtung auf das Ideale ist sie keine Kunst; oder unsre Formel ist nur partiell. Aber dann | ist die Einheit des Begriffs Kunst aufgehoben. Was ist denn der Sinn dieses ganzen Gebieths im Verhältniß zum andren. Erstens ist doch zuzugeben: Die ganze Form und Verschiedenheit der Entstehungsart ist doch ganz dieselbe, so die technische Fertigkeit; so sind dieselben Gesetze für die comische Versification, Beleuchtung wie für die ideale, wenigstens sind es nur Modificationen von dieser Idealität[,] ist also nicht zu leugnen. Wie ist dann jene Differenz zu erklären? Ist diese Thätigkeit von der andern etwa ganz zu sondern? Wollten wir das zugeben, so entsteht immer die Aufgabe, dieses Außerhalbseyn genauer zu bestimmen, also das Verhältniß zur andern Seite. Da kommen wir auf einen Punkt, der schon da gewesen, aber hier besonders herauszuheben ist, sc. das Verhältniß zwischen dem Resultat der freyen Production als Kunstwerk und zwischen dem, was [als] Resultat derselben gebundnen Kraft erscheint. Wir sagten so: Die selbe Kraft ist, wenn es auf Realität ankommt, in Wechselwirkung mit andern, und die freye Thätigkeit als Kunstthätigkeit muß sich eben deswegen vom reellen Leben entfernt halten, wie wir das im Idealisiren der sittlichen Verhältnisse entfernten aus dem sittlichen Leben selbst; jenes ist freye Erzeugung derselben von Innen heraus. Diese Differenz ließen wir gelten. Betrachten wir nun den Gehalt des Comischen näher, so versirt er wesentlich im Gebieth der menschlichen Dinge; im Gebieth der Naturformen verschwindet es gleichsam zu einem minimum; und so schwach hervortretend, daß man es kaum erkennt. Wir bleiben also bey ihrem wesentlichen Gebieth, nehmen Poesie als PSchemaS, ohne zu vergessen, daß es in allen Kunstzweigen in dem Maaße auch ist, als sie sich auf menschliche Verhältnisse erstrecken. Es verhält sich so, diejenigen Kräfte, aus denen das Wirkliche entsteht, sind dieselben, aus denen die freyen Productionen in der Kunst erscheinen. Worin hat die Differenz zwischen beyden Resultaten ihren Grund? In etwas, was außerhalb der menschlichen Natur läge nicht, also nicht in fremden mitwirkenden Kräften, die etwa die selbstständige Äußerung derselben störten. Betrachten wir die Abweichungen im Naturreich, so ist es ganz was andres. Pflanzen sind so oft verkrüpelt und Thiere so oft nicht ideal entwickelt, weil da Kräfte von andrer Art die organische Kraft hemmen, was also in atmosphäri41–1 atmosphärischen] athmospährischen

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schen Hemmungen liegt usw. Diese Unvollkommenheit in der Wirklichkeit habe also ihren Grund in der Mitwirkung von Kräften, die in relativem Gegensatz stehen zu derjenigen, die sich äußern soll; die atmosphärischen Kräfte in relativem Gegensatz zu den organischen, und diese zu den vegetabilischen, also Mitwirkung eines Entgegengesetzten. Woher kommt dieses aber in das menschliche Gebieth, es ist ja da eigentlich gar nicht nachzuweisen. Fragt man: Warum sind die Handlungen der Einzelnen so wenig als Wirkung des Gemeinbewußtseyns wenn sie sich doch auf das gemeinsame Leben beziehen, so kommen wir doch nur auf Kräfte, die im einzelnen Menschen selbst sind. Gehen aber doch alle Differenzen auf einen Gegensatz zurück, und repräsentirt eine Äußerung die selbstständige Kraft nicht, so muß das PminimumS seinen Grund haben in einem Entgegengesetzten zur selbstständigen Kraft. Dieses auf die Wirklichkeit des Lebens angewandt, so ist es Richtung des Mißverhältnisses zwischen dem Wirklichen und den innern Postulaten aufzufassen, aber in dieser gebundnen Thätigkeit finden wir uns auch ebenso gehemmt, daß wir in Beziehung auf das Wirkliche zu einer klaren Anschauung selten gelangen. Diese Unangemessenheit der Wirklichkeit an die innern Formen des geistigen Lebens erscheinen uns aber nicht als Ausnahmen, sondern überall, und also sollten wir sie auch unter einer Regel auf allgemeine Weise anschauen und hier finden wir das Wesen des Komischen seinem Orte nach. Es bezieht sich überall auf den Gegensatz zwischen dem wirklichen Leben und allem was wir als seine geistige Wurzel betrachten; die komische Darstellung verhält sich zum wirklichen Leben so wie überall die freye zur gebundnen Thätigkeit [und] bringt diesen Gegensatz an sich zur Anschauung, so daß wenn der Gegensatz im wirklichen Leben uns so klar wäre | wie in der Komödie, so wäre seine Irrationalität aufgehoben. Dazu gehört, daß wir diese gebundne Thätigkeit als eine nothwendige betrachten, denn dann nur kann es eine freye dazu geben. Das verstehen wir ja aber, daß wir beständig in dieser Vergleichung der wirklichen Erscheinungen in allem was zum gemeinsamen Leben gehört, mit den Forderungen die sich da eigentlich realisiren sollen, begriffen sind: sie constituirt unser Bewußtseyn des Historischen; das Erscheinende müssen wir in seiner Differenz vom ursprünglichen Typus auffassen. Im geschichtlichen Gebieth, welches des Komischen eigentliche Heimath ist, ist dieses eigentlich die Function des Gewissens, das überall diese Differenz zwischen dem Erscheinenden und innrem Typus aufsucht. Den Grund der Differenz können wir nur anschaulich machen unter [der] Form des Gegensatzes. Wie eine Handlung keine reine Repräsentation des Gemeingeistes 4 atmosphärischen] athmosphärischen

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ist, so suchen wir den Grund der Differenz entweder in [der] Übereilung des Urtheils (logischer Gegensatz) oder in der Selbstsucht, die der Action des Gemeingeistes entgegen wirkt. Je mehr dieser als Motiv klar wird, desto befriedigter wird das Bewußtseyn. Indem aber diese vergleichende Thätigkeit eine wesentliche Function ist im geistigen Leben selbst, weil wir ohne sie nie unsre eigne Thätigkeit [verbunden] mit dem was geschieht finden können, so muß es dazu eine freye Thätigkeit geben, die ihr Wesen, das sich immer verbergen will, klar zu machen [sucht]. Das Wesen des Komischen ist, den Gegensatz zwischen dem Wirklichen und dem was eigentlich representirt werden soll, im Innern des menschlichen Lebens selbst zur Anschauung zu bringen. So erscheint es als eine ethische Function, aber in die freye Productivität umgesetzt, und diese freye läßt sich nicht denken, ohne daß das, wovon die Abweichung im Wirklichen bemerklich gemacht werden soll, in dem so Thätigen in einer gewissen Klarheit ist. Wenn wir daher die komische Kunst ihrem Wesen nach betrachten, so erscheint sie, was ihre Dignität anbelangt, der idealen Kunst vollkommen gleich, und koordiniert, nur daß sie ganz in der Beziehung auf das Wirkliche versiert. Dagegen scheint freylich zu streiten, was Platon gesagt hat. Bey den Griechen war strenge Gränze zwischen Tragödie und Komödie, und keiner übte beydes. Platon aber stellt auf, es sey dasselbige, das eine müsse auch das andre seyn können, weil beyde Künste wesentlich dasselbe. Stößt nun die eine das Wirkliche zurück, da sie die Thätigkeit vollkommen frey machen will, und hat hingegen die andre ihre Richtung immer auf das Wirkliche, d. h. auf den Ort der Entgegen wirkt, so scheint [sich] das zu widersprechen. Aber es fragt sich, auf welchem Punkt der Gegensatz eigentlich angehe. Das Comische ist in verschiednen Kunstzweigen verschieden ausgebildet, am meisten in der P o e s i e zum dramatischen und epischen Gedicht; in [der] M a h l e r e y überwiegend [die] untre Form der Carricatur, doch auch in weitrem Sinn, da es auch comische Fictionen gibt, sowohl von ganzen Gestalten, wo die Forderung des Geistigen ein 22 das] der

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19–23 Nach Platons Einteilung der Künste in nachahmende und herstellende, gehören sowohl die Tragödie als auch die Komödie zu den nachahmenden, da sie nicht die ursprünglichen Ideen repräsentieren, sondern nur deren Erscheinungen nachahmen. In der „Politeia“ werden beide Künste in diesem Sinn als Nachahmung (mimesis) des Dichters betrachtet, deren Aufnahme in den idealen Staat problematisch sei (vgl. Politeia III 393–394). Bei Aristoteles findet sich hingegen eine Unterscheidung von Komödie und Tragödie, die die normative Richtung der Nachahmung betrifft: „[D]ie Komödie sucht schlechtere, die Tragödie bessere Menschen nachzuahmen, als sie in der Wirklichkeit vorkommen“. (Poetik 1448a, vgl. 1449a–1450a)

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Haupttypus ist und die Wirkung eines Ungeistigen im Charakteristischen. Auf diesem Gebieth sind es immer untergeordnete Gattungen. Das Gesamtgebieth der Architectur läßt gar keinen Raum ist also Endpunkt; daß es auf der andern Seite ist, in Mimik und Musik, zeigt sich schon aus ihrer Beziehung auf dramatische Poesie. Die A rchit e c t u r ist zu ernst und nahe verwandt dem geschäftlichen Leben, als daß das Comische da seyn könnte, weil ganze und bleibende Kunstwerke da seyn müßten auf einem Gebieth, das durchaus dem Gemeinbewußtseyn angehört, das man ja nicht in unterdrükten Zuständen darstellen kann. Da verliert sich ein solcher Gegensatz, denn er würde die Kunst selbst zerstören. Um die Aufgabe der Erfind un g vollständig zu lösen, ist weiter zu gehen, der Übergang zur Erfindung als Kunstthätigkeit ist nun anschaulich, wie steht es nun um den Übergang von der Erfindung zur wirklichen Ausführung? Da stehen wir an unsrer Grenze, da wir das äußre Hinstellen der Kunstwerke als secundär zur Seite lassen, weil dabey überall organisirende Thätigkeiten sind, die einen mehr mechanischen Charakter haben, | freylich mechanisch hier in weiterm Sinn, z. B. Behandlung der Sprache zum Vers. Doch wollen wir die Frage so beantworten, daß wir die aufgestellte Grenze halten. Das Verhältniß dessen, was Vollendung des innern Kunstwerks ist zur äußern Darstellung muß vorher näher bestimmt werden. Freylich ist das einfachste so darzustellen, daß die Erfindung, gleichsam auf Einem Schlag die Vollendung des innern Kunstwerks ist, z. B. Hat ein Mahler sein Bild erfunden, so denken wir er habe es ganz so, wie er es einst in der Darstellung für vollendet erklärt. Offenbar kann das aber nicht Act eines einzelnen Moments seyn, so wenig als [die] Erfindung eines größern Werks beym Poeten. Wir können es also der Wahrheit gemäß nur vorstellen als ein allmählig werdendes. Wodurch unterscheidet sich eine solche innre Gestaltung die dann Kunstwerk wird, von den vorübergehenden innern Bildern? Eben dadurch, daß sie sich von diesem Punkt an ankündigt, als einer solchen Vollendung fähig i. e. das Bewußtseyn von S icherheit bey einer solchen Conception. Dieß ist ein Zeichen davon, daß sie das bestimmte Resultat seiner gesamten Lebenskraft ist, das nur noch in der Zeit seine Vollendung finden soll, was auch eine innre Operation ist, aber nur vorstellbar, wenn wir auf die äußre mit Bezug nehmen. Gehen wir auf das Wesen der Mahlerey zurück, so hat doch der Mahler nicht ein Bild in sich empfangen, wenn es bloß die Umrisse sind, sondern es muß zugleich der Charakter der Färbung und Beleuchtung seyn, die ja mit jenen in bestimmter Harmonie steht. So lange er nur jenes hat, aber dieses nicht, ist seine Conception nicht vollendet; so wenig als wenn er umgekehrt zuerst einen gewissen Licht- und Farbenton hätte, und hernach erst die Gestaltungen suchte, an denen jene

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am besten hervortreten würden. Das liegt darin, wenn man sagt, diese Landschaft ist ein schöner Abend, oder Morgen. Da ist diese periodische Färbung das, was zuerst gewollt ward. So ist das eine ohne das andre noch nicht einmahl die erste Conception. Ganz ähnlich in der Poesie, nur daß da die umgekehrte Ordnung nicht so leicht denkbar; d. h. denken wir, ein Dichter habe eine Fabel erfunden, oder auf eigenthümliche Weise gesehen, so ist das keine Conception, wenn er nicht das metrische Verhältniß mit bestimmt hat. Nicht so leicht denkbar ist, daß er zuerst das Metrum sehe und dann den Gegenstand dazu. Aber jene Behauptung ist darum nicht geschwächt. In seiner Vollendung gedacht ist die Conception des Mahlers erst vollkommen, wenn das innre Bild so vollständig ist und bestimmt, daß nun auch das äußre von selbst jenem entsprechend hervorgeht, ohne daß er zu ändern braucht (organische Versehen ausgenommen). Das wird aber schwerlich je der Fall seyn oder ein Künstler zu behaupten wagen; sondern indem er in der Ausführung Manches ändert, schließt man rückwärts, daß sein innres Bild doch nicht die Vollständigkeit gehabt hat; was auf dem Verhältniß des innern Sehens zum äußern beruht. Die Bildungen des Traums und träumenden Wachens laboriren an einem bestimmten Schwanken und Wechsel, und daran streift oft das künstlerische Sehen. Daher kommt das äußre Sehen dem innern immer zu Hülfe, aber jeder Punkt ist doch in diesem früher als in jenem. So ist ein fortschreitendes Werden der Erfindung, und sie scheint unter der Bedingung der äußern Ausführung zu stehen. Das ist wahr, PevoziertS aber die Stellung der äußern Ausführung nicht. Überließe der Künstler die Ausführung ganz einem Andern, so wird dasselbe Verhältniß seyn. Fängt jener an nach seiner Beschreibung zu machen, so wird dadurch das innre Bild des Künstlers immer mehr zur Vollendung kommen, natürlich in dem Grad mehr, als der Arbeitende wirklich nur sein Werkzeug, sein Pinsel ist. Es wäre wohl schwer möglich, daß die Wahrheit des Verhältnisses zwischen innrer Thätigkeit des Sinnes und seiner Receptivität für Äußres nicht so sich verhielte, daß nur durch Hülfe dieses, das Bild jener vollkommen wird. Offenbar ist derselbe Fall in der Poesie. Denken wir das Verhältniß zwischen der metrischen Bearbeitung der Sprache | und dem Inhalt des Gedichtes so in Harmonie, so kann dieser als Vorstellung nicht völlig gegeben seyn, ehe die Sprachbehandlung für das Ohr mit gegeben ist, und diese erhält erst durch äußre Darstellung Vollendung. Also gibt es eine Rückwirkung von der äußern Darstellung auf die Erfindung selbst, doch nicht das innre Vorbild alterirend, sondern nur näher bestimmend; sonst ist die erste Ankündigung [in] gewissem Maaße falsch 31 daß] folgt ))wir**

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geworden und die Sicherheit auch. Daß aber das innre Bild sich erst vollendet durch Mitwirkung der Ausführung wird in allen Künsten dasselbe seyn. Je mehr dieses geschehen kann, ohne daß das Kunstwerk selbst darunter leidet, desto leichter erreicht es die Vollkommenheit, z. B. Der Dichter hat es leicht, auszustreichen und zu ändern. Beym Mahler kommt es schon sehr auf das Material an, ob er Correctionen machen kann ohne Nachtheil des Bildes. Da gehört Beobachtung einer Menge technischer Cautelen dazu. Der Bildhauer realisirt sein Urbild zunächst an einem leicht beweglichen und veränderlichen Material, wenn er sein Modell in Thon macht. Dieses soll aber so vollkommen werden, daß der Marmor nur der Abdruck von diesem zu seyn braucht. Da ist große Leichtigkeit. Denke ich den Mimiker in einem Kunstwerk wo er mit mehrern zusammen wirkt, so ist die Aufgabe, daß er seine Darstellung für sich allein erfinden soll, nicht aufzulösen. Bis auf einen gewissen Grad kann er es, ist aber dann genöthigt, manches anders zu machen, als er gewollt hat, weil die Bewegungen der Andern es postuliren. Vollendung ist daher nur möglich durch eine mannigfaltige, sich wiederholende Ausführung, die noch nicht fest steht. Auf der einen Seite bleibt unsre Gränze; die eigentliche Kunstthätigkeit in der sich allein die Wahrheit unsrer Untersuchung bewähren muß, ist die rein innerliche, aber in ihrer Ausführung doch bedingt durch das äußre Hervortreten, freylich desto weniger, je vollkommner der Künstler ist. Zu dieser Vollkommenheit gelangt aber die innre Thätigkeit nur durch große Übung in der äußren Auffassung; nur dieses macht dem Künstler möglich, sein innres Bild äußerlich zu sehen; dann ist [es] möglich, daß die äußre Ausführung erst anfängt, nachdem die innre Erfindung bis in das Kleinste vollendet ist. Betrachten wir diese verschiednen Momente der Kunstthätigkeit zu einander, so sehen wir darin zugleich alle Abweichungen in [der] Erscheinung der Kunst und die Geschichte derselben insofern sie immer zugleich etwas Negatives in sich schließt. Gehen wir darauf zurück, daß die Kunst als Mittheilung PgeltendS, auf gesellschaftlichem Leben ruht, also ein nationales ist. Unter den verschiednen Völkern ist diese Richtung in verschiednem Grad; das eine Volk im Ganzen kunstnäher als ein andres, und die einzelnen Künste in verschiednen Verhältnissen. Nun werden auch diese verschiednen Momente nicht im Umfang einer solchen Nation und Zeitalter auf eine gleiche Weise vertheilt seyn, sondern danach werden sich verschiedne Perioden in der Nationalexistenz unterscheiden lassen. Beym ersten Anfang, i. e. Richtung auf freye Productivität, so ist die durchaus nicht bey allen Völkern dieselbe. Je mehr in einem Gesamtleben das Individuum entwickelt ist, desto größer ist sie, weil dann der Einzelne selbst gleichsam ein Product von dieser ist; denn der menschliche Geist in seiner

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Seelen erzeugenden Thätigkeit ist freyer, wenn der größte Spielraum möglich ist. Unter solchen Massen kann diese Function nur ungleich vertheilt seyn, und das eigentlich Schöpferische nur bey Wenigen, bei Vielen nicht einmahl Empfänglichkeit. Dieselbe gedeiht aber nicht, wenn nicht die mechanischen Fertigkeiten vorhanden sind. Je mehr die zur Darstellung gehörigen Thätigkeiten mechanisch sind, desto leichter werden sie in gehörigem Maaße vorhanden seyn; das ist nun in der Architectur, daher diese eine der ersten Künste ist, an die sich dann Sculptur anreiht, doch vorzüglich in colossalen Verhältnissen, wo es fast nur mechanische Thätigkeit braucht. Diese colossalen Bilder in Egypten und Indien mit colossaler Architectur sind von der Art, daß mechanische Thätigkeiten sie darstellen. | Die letzte Hand des Meisters ist unnöthig, weil man sie aus solcher Entfernung ansehen muß, daß kleine Unebenheiten verschwinden. So haben wir freye Productivität zusammen mit [dem] Complex von mechanischer Thätigkeit. Je mehr jene mathematisch ist, wo [ein] minimum von eigenthümlicher Bildung, desto niedriger steht noch die Entwicklung. Jene Riesenarbeiten erforderten eine solche Masse von Menschen, daß in diesen nicht irgend etwas vom Princip der Kunst auch nicht die Empfänglichkeit da seyn mußte, und solche Werke fallen immer in eine Zeit, wo die Massen als lebendige Werkzeuge behandelt wurden. Ja dieses stellt einen Punkt dar, wo das P r i n cip der Kunst sich v om et h i s c h e n d e s G e s am t l e b e n s i n d e r g ebundnen T hä t ig keit n o c h n i c h t v o l l s tän d i g ge t r e n n t hat. Wir unterscheiden zwar mehr politische und mehr religiöse Beziehungen in solchen Werken, aber auch dieses war nicht recht geschieden, daher das Princip sich nur thätig zeigen konnte in Gebiethen, die rein vom Gesamtbewußtseyn ausgehen; denn auch die colossalen Bildnisse waren Erweckungen für das religiöse Gemeinbewußtseyn wie es sich eben im Volk gestaltet hatte. Denken wir das Princip in weitrer Entwicklung und größrer Vertheilung, so ist besonders Rücksicht zu nehmen auf die verschiednen Verhältnisse, die so entstehen. Kommt Kunstthätigkeit in allen wesentlichen Formen wirklich zum Erwachen in Einigen, aber ist die Empfänglichkeit auch erst noch in Einigen, aber vielseitiger ausgebildet, so hat die Kunst nur Existenz f ür die höhren Kreise der Gesellschaft. Das gibt ein Merkzeichen in Beziehung auf den Gesamtzustand, insofern die Empfänglichkeit für freye Productivität zusammenhängt mit Interesse an den geistigen Functionen an sich. Daher ist jenes ein sichres Zeichen, daß die Masse überhaupt noch nicht zu rechtem Interesse zu den geistigen Functionen an und für sich erwacht ist. Entsteht die E m p fän gl i c h ke i t in der Ma sse, a ber nur 23 Thätigkeit] folgt ))sich**

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e i n s e i t i g , so stellt der Zustand ein Übergewicht einer einzelnen Function dar. Im Anfang [des] 16. Jahrhunderts war Empfänglichkeit für Kunst in unsrem Volke im Allgemeinen nicht groß, und selbst die nationale Poesie lebte nicht in der Masse; nun entstand die Reformation. Es war eine Reaction des Nationalbewußtseyns in seinem eigenthümlichen Charakter gegen die Unterdrükung und Mißleitung des religiösen Princips und mit diesem erwachte nun [der] Sinn für den religiösen Gebrauch der Poesie und Musik, so daß gerade dieses zur Ausbreitung der Reformation wesentlich beytrug. Das war [eine] einseitige Kunstrichtung, gegeben durch [ein] Übergewicht des religiösen Bewußtseyns. Unterdessen war Empfänglichkeit für antike Kunst erwacht, aber nur für die Poesie und nur in einer Klasse. Von Nationalverbreitung war damahls nicht die Rede. Berücksichtigen wir einen Zustand einer mehr a llg em einen Ve r b r e i t u ng des Sinns der Kunst mit Productionen, was eine größre Ausgleichung des geistigen Lebens nach allen Seiten hin in den Massen voraussetzt, so kann sich da die Kunst in den verschiednen Zweigen, wenn schon in verschiednem Grad nach der Verwandtschaft mit [der] Nationaleigenthümlichkeit entwickeln, in allen ihren wesentlichen Zweigen. Wesentlich ist der Unterschied zwischen Kunstleistungen, die nur vom e i n z e l n e n Se l b s tbew ußt sey n ausgehen und nur dieses frey darstellen, und zwischen solchen, die durchaus auf dem G e s am t b e w u ß ts e yn fußen. Dieser Unterschied, wenn er bedeutend hervortritt, bedingt verschiedne Gestaltungen der ganzen Kunstthätigkeit. Wenn das Gesamtbewußtseyn zurücktritt, wird sich die Kunst auf die andre Seite werfen, und so werden nur die geringren Formen überwiegend sich entwickeln; wenn hingegen das Gesamtbewußtseyn überwiegend hervortritt, die persönliche Eigenthümlichkeit aber nicht in demselben Maaße entwickelt ist, so schließt sich die Kunstthätigkeit an an das öffentliche Leben und tritt nur hervor, insofern dieses sie hervorruft und unterhält. In der modernen Kunst ist eine Erscheinung merkwürdig, die dieses sehr bestätigt. Man kann einen Zeitraum füglich den der französischen Kunst nennen, wo die Franzosen am meisten im Gebieth der Kunst thätig waren, eine Zeit, wo die Monarchie erst im beständigen Fortschreiten gegen die Aristokratie begriffen war. Beyde Theile rissen die | Massen an sich, und diese folgten nach dunklem Bewußtseyn bald dieser bald jener Seite. Die französische Poesie brachte eine Menge kleiner Formen hervor, nur geeignet zu Darstellungen des kleinern Lebens (Madrigal, Triolet). Die großen Formen bestanden freylich auch, aber die französische Tragödie hat 4–9 Zu Schleiermachers Auffassung der Reformation vgl. Simon Gerber: Schleiermachers Kirchengeschichte, Tübingen 2015, S. 354–385.

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sich fast nur an den antiken Stoff gehalten, das eigne Gesamtleben ist dabey nicht zum Vorschein gekommen. So war die Sculptur reich in kleinern Producten zur Verzierung von Palästen und Gärten, aber die Darstellung fast so ganz willkürlich fingirt, daß sie kein Gesamtbewußtseyn waren, oder antike Mythologien in modernen Bearbeitungen. Da sieht man ein Unvermögen der Kunst in großen Formen, Reichthum in denen vom einzelnen Leben aus. Ein solches Mißverhältniß kann nicht einen bleibenden Kunstzustand bilden. Vergleichen wir den analogen Zustand der Engländer zu Schakespeares Zeit, da ist rein das umgekehrte Verhältniß, auch nach großen bürgerlichen Unruhen. Die persönliche Eigenthümlichkeit war bey weitem weniger entwickelt und der öffentliche Sinn bey weitem vorherrschend; da entstanden Productionen in den größten Formen, unmittelbar im Nationalleben wurzelnd, in den kleinren Formen war bey weitem nicht derselbe Reichthum. Sehen wir auf das Maaß, das in den verschiednen Perioden der Kunst das Verhältniß zwischen den größren und kleinren Formen enthält, so finden wir darin zugleich das Maaß, in dem die Nationalität und das einzelne Bewußtseyn entwickelt sind, und nur hiernach kann sich die Kunst gestalten, was zeigt, wie tief sie in der Entwicklung des Lebens gegründet ist. Nun wollen wir die möglichen verschiednen Verhältnisse zwischen den Momenten berücksichtigen auf denen die Kunstthätigkeit beruht. Im Zeitalter der colossalen Architectur und Sculptur sahen wir das Princip der Kunst noch nicht geschieden vom ethischen Bewußtseyn des Gesamtlebens, und in Verbindung mit einer Masse von mechanischen Thätigkeiten. Nun haben wir das zweite Moment, sc. die E r f i n du n g , innre Vorbildung der besondren Kunstwerke zu betrachten. Diese wird nicht in einem innern sich gleich bleibenden Verhältniß bestehen, weder mit der Kunstrichtung überhaupt noch mit dem Vorhandenseyn einer organischen Masse, welche die Ausführung bedingt. Denke ich einen Einzelnen, in dem das Princip der Kunst in gewissem Grad vorwaltet, so ist doch nicht die Erfindung das Maaß für das Vorwalten jener Thätigkeit; denn jenes Vorwalten können wir finden in ganz untergeordneten Gestalten, so daß nie es bis zu jener Sicherheit kommt, daß es Anfang sey oder darstellbares Kunstwerk. Wo die Richtung hohen Grad von Intension hat, aber es dazu nicht kommt, kann die Richtung auf freye Thätigkeit so stark seyn, daß sie der auf gebundne Thätigkeit Eintrag thut. Das ist die Richtung, was die Italiener dolce far niente bezeichnen, ein Mißverhältniß, wo der Impuls zur gebundnen Thätigkeit zu schwach ist, und der auf freye Productivität nicht Intensität genug hat, daß Kunstthätigkeit entstände; so entsteht ein mehr oder minder verträumtes Leben. Denken wir, es komme zu solcher Intensität, doch nicht als maximum, son-

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dern nur [als] Richtung auf freye Productivität überhaupt als vorherrschendes. Nun sahen wir, daß das innre Werden des Kunstwerks nicht augenblicklich, sondern allmählig zu Stande kommt. Also gehört noch eine andre Richtung dazu, wenn ein solcher Keim eines Kunstwerks soll zur wirklichen Vollendung kommen, denn in der Fortsetzung von [der] Gestaltung desselben tritt doch eine Analogie von gebundner Thätigkeit ein, da es durch die ursprüngliche Conception dominirt wird. Da muß eine Vorliebe für das, was innerlich einmahl ein gewisses Daseyn bekommen hat, vorwalten, um es innerlich zur Vollendung zu bringen; und dieses fällt schon unter den Begriff der A nst reng u n g ; wo es der Richtung an dieser Energie fehlt, sich zur Anstrengung zu erheben, da verfolgt man jene Keime nicht und sie werden nicht Kunstwerk. Denken wir dieses zweite Moment das allmählig fortschreitend nicht unterstüzt durch dieses dritte, | so werden nach und nach immer mehr unvollständige Kunstwerke zu Stande kommen. Verfolgen zur Vollendung ist nicht da, und kein Einzelnes wird fertig. Dieß ist das P r i n c i p d e s Sc i z z irens das überwiegt, wo die innern Elemente in diesem Verhältniß stehen. So bewundert man an Vielen Reichthum der Erfindung, aber fertig machen sie nichts aus Mangel an gehöriger Intensität. Finden sich anderwärts in der Masse die mechanischen Fertigkeiten aber ohne Erfindung, doch mit vorwaltender Empfänglichkeit, so werden diese fremde Erfindungen ausführen, und so erscheint, was Eins seyn sollte, zerfällt, weil in den Einzelnen überall Ein Element zu sehr zurücksteht. Man muß unterscheiden die K u n stth ä t ig keit in ihrer v ollk o m m n e n Se l b s t t h ät i gk e i t und die Kunst thä tig keit a n ein e m An d e r n . Diese letztre ist dann verbunden mit [der] Ausübung von mechanischen Geschiklichkeiten, durch die dasjenige hervorgebracht wird, wovon die Kunst ist. Der Punkt, wo sich beydes am besten bindet, ist in der Architectur. Betrachten wir einen bedeutenden Theil der Deutschen Kunstgeschichte, so sind erst die großen architectonischen Werke der sogenannten Gothischen Baukunst, die zwar mit religiösem verbunden anzusehen [sind,] aber den Zweck weit überwiegen als Kunst; dann ist große Geschiklichkeit in [der] Production von trefflichen kleinen Kunstwerken, während in derselben Zeit die Mahlerey sich größtentheils nur äußerte in [der] Verschönerung der Handschriften und seltne Ausnahmen und Anfänge nur selbstständige Mahlerey versuchten. Diese Differenz im großen geschichtlich übersehend als gegründet in den verschiednen Verhältnissen der nothwendigen Elemente in der Kunstthätigkeit; und dabey berücksichtigend die verschiednen Verhältnisse der obern und untern Gattungen, i. e. von Gemein- und einzelnem Bewußtseyn: so erblicken wir die Entwick-

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lung der Kunst in genauem Zusammenhang mit der ganzen übrigen geistigen Entwicklung. Von hier aus komme ich zurück auf die v erschiednen ethisc h e n Schätzungen der Kunst. Es ist nicht zu leugnen, daß von verschiednen Interessen aus oft gesagt ward, Kunst sey nur ein besondrer Zweig des Luxus, ein Zeichen, daß der menschliche Geist die eigentliche Bahn seiner Bestimmung verlassen habe. Dieses Urtheil fußt auf zwei entgegengesetzten Elementen, einmahl auf demjenigen welches die mannigfaltige Entwicklung des menschlichen Geistes für Corruption hält und den wahren Typus desselben in der einfachsten Form des Lebens sucht, was sich in R o u s s e au am meisten fixirt hat, zusammenhängend damit, daß ihm auch der Staat als Sache der Noth in Folge von Corruption erschien. Da wollte man zurück und von vorne die wahre Darstellung des menschlichen Geistes anfangen. Das andre Fundament ist das des Nutzens, die Ansicht, daß die geistigen Kräfte des Menschen ganz und gar verwandelt werden sollten auf das Gebieth, das als relativer Gegensatz zum Kunstgebieth von uns das der gebundnen Thätigkeit genannt ward, das der Zwecke. Wir fanden hingegen ein rein selbstthätiges Element das seine vollständige Darstellung nirgends findet und in der Kunst sucht. Jene Herabwürdigung der Kunst ist offenbar eine einseitige, auf welches von beyden Elementen man zurückgehe, und weder auf ein speculatives noch ethisches Gebieth zurückgeführt worden. Oft vertheidigte man sich gegen diese beschränkte Ansicht auf beschränkte Weise durch Nachweisung bestimmter ethischer Wirkungen, die von der Kunst ausgingen. Dieß ist etwas sehr Altes, daß ihre Tendenz sey, die Leidenschaften zu mäßigen, i. e. die Richtung des Geistes zu einem Extrem von pathematischer Art aufzuhalten und zu hemmen. Ob man mäßigen oder reinigen sagt, ist [eine] sehr geringe Differenz. Geht man davon aus daß Kunstthätigkeit vom Gebieth der Zweckmäßigkeit ganz geschieden sey, so kann man nicht von Wirkungen derselben reden, es sind ihr keine zuzumuthen, als ihre eigne Circulation, der Umlauf ihres eignen Lebens. Dieß gibt freylich eine große Vorstellung von ihrer Gesamtwirkung, aber rein in ihr selbst bleibend und auf nichts nach Außen. | Ist es Richtung die Thätigkeit zu befreyen von aller Gebundenheit und Hemmung, so gehört diese zur Vollendung des Selbst bew ußt se y n s . Je weniger es sich in einer abgeschloßnen Masse entwickelt, 23 worden] folgt ))ist** 11–13 Schleiermacher spielt hier möglicherweise auf Jean Jacques Rousseaus kritische Staatsauffassung an, die dieser zunächst in seinem „Discours sur les Sciences et les Arts“ (Genf 1750) entwickelte und dann im „Du contrat social ou Principes du droit politique“ (Amsterdam 1762) ausführte.

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desto mehr sey der Mensch zurückgehalten in einem Zustand des Dienstes für seine Selbsterhaltung oder die des Gesamtlebens. — Sehen wir auf [die] Entwicklung des E r k ennt niß v ermög ens, so ist da die bestimmte Analogie, daß das eigentlich Speculative hier dasselbe ist, was freye Production auf der andern Seite; denn da ist Selbstthätigkeit des Geistes auch von allen Beziehungen auf Zweckmäßiges gesondert und hat auch nur Wirkung auf ihrem eignen Gebieth bloß in der Circulation des Wissens, wirkend, daß das Wissen in einer Masse in gehörigem Maße vorhanden sey. Bestimmte Wirkungen des Wissens sind reine Nebensache, um die es nicht zu thun seyn kann, gerade wie bey der Kunst. Müssen wir nun allerdings zugeben, daß die rein wissenschaftlichen Bestrebungen nie unterlassen einen großen Einfluß auf das Leben auszuüben, also auf die Zweckmäßigkeit, so ist es mit der Kunst auch so, aber das hängt immer nur ab vom Zusammenseyn derselben mit einem Andern. Ihr Leben an sich verläuft rein im eignen Umkreis, und alles Andre sind zufällige Ausstrahlungen; bezieht man sie auf das Wesen der Kunst so verdirbt man sich die reine Ansicht. – Wenn sich Kunstthätigkeit in einer Masse entwickelt erst in Einzelnen, so wird dadurch die Empfänglichkeit in Allen entwickelt. Diese wird im unmittelbaren Selbstbewußtseyn des Einzelnen ein Wohlgefallen an der freyen Productivität. Wird dieses Wohlgefallen ein Lebenselement, so muß es je länger je mehr einen Raum einnehmen über dem pathematischen Zustand der befriedigten Sinnlichkeit; und weil im menschlichen Leben immer nur ein bestimmter Theil dieser Function des Selbstbewußtseyns auf Einmal da seyn kann, so treten freylich wo Kunstgenuß eintritt, die grob sinnlichen Genüsse zurück, und das ist freylich eine Veredelung der menschlichen Natur die von der Kunst ausgeht. Aber in ihrem eignen Gewissen erscheint das nur als ihr eignes wachsendes Leben, daß sie immer mehr die Masse durchdringt, wenn auch nur als Empfänglichkeit. Je mehr dieses sich entwickelt, was wir G eschma ck nennen, da Productivität aber nur Antheil Weniger ist, so liegt im Geschmack eine Ausgleichung der Ungleichheit zwischen der Masse und den Ausgezeichneten bis auf einen gewissen Punkt. Dasselbe gilt im Gebieth des Wissens und der Ethik nur in andern Verhältnissen, und das eine bleibt nicht ohne Einfluß auf das andre, und so wird [die] Entwicklung der Kunstthätigkeit das allmählige Verschwinden der zu großen Ungleichheit im Leben überhaupt befördern, und da zur ethischen Entwicklung gehört, daß jeder sich allen Andern gleich setzt und weiß, so ist das eine ethische Wirkung der Kunst; aber in ihrem eignen Gebieth ist es nur eine Wechselwirkung zwischen den überwiegend 38 befördern] befördert

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productiven Punkten und den überwiegend receptiven. Was außerhalb von ihr für Nutzen ausgeht, erscheint also nur als Entwicklung ihres innern Lebens, wie diese von Außen her erscheine, ist aber für das Interesse dieses Lebens selbst gleichgültig und zufällig. — Ob es sich geschichtlich mehr herausstellt als andre Gebiethe begünstigend, oder mehr als von diesen begünstigt, ist für die Sache eine zufällige Differenz und stellt nicht den wahren Werth dar. Soll dieses der Maaßstab seyn, so ist das eigentliche Wesen schon verfehlt bey dieser Betrachtung, da nur eine Construction von Außen her übrig bleibt, die nie das Wesen offenbaren kann. Sagt man, dieses zu vermeiden, es komme bey der Kunst gar nicht darauf an, ob sie solche ethischen Wirkungen habe, oder nicht, sie müsse ihren Werth in sich selbst haben, so ist das vollkommen richtig, wenn es die wahre Behandlung sicher stellen will, unrichtig hingegen, wenn es den natürlichen Zusammenhang zwischen den verschiednen Functionen ableugnen will. Denn dieser existirt, ist aber das, was man das Zufällige nennt. | Eine analoge Betrachtung gibt die Vollständigkeit. Ich fing dieses an, man habe oft die Kunst geschätzt nach einer solchen ethischen Wirkung besonders in Beziehung auf d i e pa them a t ischen Zus t ä n d e . Das hat zweifache Potenz, kann gesagt werden in Beziehung auf das G e s a m t - u n d E i n z e l l e b e n . In beyden Hinsichten stößt man auf geschichtswidrige Behauptungen, wenn man diese Wirkung für das Wesen der Kunst hält und diese nach denselben mißt. Fragt man, wo und wann die antike Kunst in höchster Blüthe war, und wie es da im öffentlichen Leben um diese leidenschaftlichen Zustände stand, so war die höchste hellenische Kunstentwicklung zusammen mit den allerleidenschaftlichsten Zuständen im öffentlichen Leben, und die Kunst insofern sie an einem Andern war gerade diesen pathematischen Zuständen gedient hat; denn das Kunstmäßige in der Rhetorik brauchte man durchaus, um die momentanen pathematischen Wirkungen zu unterstüzen, welche die Redner auf die Masse üben wollten. Da war die Kunst also völlig unwirksam zur Milderung der Leidenschaften. Sehen wir auf die moderne Kunst, die ihre größten Leistungen in gewissen Gebiethen wenigstens immer in Beziehung auf das Religiöse gehabt hat: so ist offenbar für das religiöse Leben die Superstition der Ausdruck eines pathematischen Zustands. Wie hat denn die Kunst sich dazu gestellt? Da gibt es dasselbe Resultat, wie in der antiken Kunst auf dem politischen Gebieth. Die höchsten Leistungen der Mahlerey auf dem religiösen Gebieth sind in derselben Zeit, wo jenes den höchsten Gipfel erreicht hatte, und die Kunstleistung hat keineswegs die Befreyung von Superstition im religiösen Leben vorbereitet, sondern vielmehr das Gegentheil, als Kunst in Reformation überging, konnte sie sich nicht losmachen von dem Cyclus

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von Bildern, die eben eine Folge waren von jenem pathematischen Zustand. Daher nahm die eine ReformationsRichtung diese Kunstproducte ganz aus dem öffentlich religösen Leben, da ein richtiges Gefühl war, die Kunst wird immer wieder jene pathematischen Zustände erwecken und die Reinigung der Religion aufhalten. — Betrachten wir die Frage in Beziehung auf das Einzelleben und stellen sie so: Ist ein natürlicher und verhältnißmäßiger Zusammenhang zwischen der ethischen Entwicklung des Einzelnen und seinem Verhältniß zur Kunstthätigkeit? So kann man das gar nicht behaupten. Die Virtuosen der Mahlerey in [der] Zeit der höchsten Blüthe, wo die Kunst fast nur religiöse Gegenstände darstellte, sind keineswegs vom religiösen Princip in dem Maaß durchdrungen, als sie Künstler waren. Sondern das kommt gar nicht heraus, daß sie vorzüglich vom religiösen Princip ergriffen waren, sondern das war die Wirkung des Gesamtlebens auf sie, es war der Ort, den das Gesamtleben den Künstlern festgestellt hatte, und sie hätten für Niemand gearbeitet, wenn sie nicht auf dieses Gebieth eingingen. Nicht daß sie gebildet hätten, was sie verachteten, sondern das war Wirkung vom Gesamtleben auf sie unbewußt. So wenig die bestimmten ethischen Wirkungen das Maaß für [die] Entwicklung der Kunst im Großen sind, ebenso wenig ist eine ethische Virtuosität das Maaß der Entwicklung der Kunstthätigkeit im Einzelleben, sondern beydes kann völlig von einander gesondert seyn. Dieß führt auf einen allgemeinen Satz, der genau mit unsrer ersten Position zusammenhängt und hier entscheidet, daß die Kunst überhaupt gar n i c h t ge e i gn e t i s t , i r ge n d eine Willensbew eg un g h e r v o r z u r u f e n , und daß sie nur Kunst ist, insofern sie dieses nicht ist, da alle solche Elemente derselben fremd sind. Dieß hängt mit unsrer allgemeinsten Construction der Kunstthätigkeit zusammen, indem wir sie zurückführten sowohl bey [der] Aufnahme des Gegebnen als [auch] den Verhältnissen des Lebens vorkommende Thätigkeit, die Kunst ohne einen solchen Coefficienten hervortreten [lasse], i. e. frey; das Material worin es erfolgt, ist freylich unentbehrlich, kommt aber nie beym Kunstwerk an sich zur Sprache. Freylich durch diese Verschiedenheit des Gegenstandes entstehen verschiedne Affectionen aber nur als Modification des Wohlgefallens an dieser freyen Productivität. Mit gebundner Thätigkeit hängt dieses gar nicht zusammen, alle Willensbewegung aber hat es eben mit gebundner Thätigkeit zu thun, i. e. ist in Beziehung auf die Verhältnisse. | Erregt ein Kunstwerk [eine] Willensbewegung, so liegt dieß in etwas andrem. Daß die Beredsamkeit als Kunst in den griechischen Staaten die leidenschaftlichen Zu3 Leben] folgt ))zu werfen**

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stände immer unterhalten habe, ist außer der Grenze, denn Beredsamkeit ist keine Kunst, sondern Kunst an etwas andrem. Der Redner will [die] Bewegung der Menge hervorbringen, diesen Zweck erreicht er durch Gründe oder Anregungen des Pathematischen, die gar nicht auf Kunst gegründet sind, die Wirkung liegt daher nicht in der Kunst. Daß sie aber in gewisser Anwendungsweise seinen Zweck befördert ist, daß die Zuhörer sich um so leichter bewegen lassen, insofern er der Urheber jenes Wohlgefallens ist. Dieses Wohlgefallen gehörte sehr oft zur Corruption der Kunst wie sie schon die Theoretiker als eine Schmeicheley der Sinne tadelten. Wenden wir den allgemeinen Satz an auf die zwei wesentlichen Zweige, zunächst solche Gattungen die wesentlich vom Gesamtbewußtseyn und dann solche die wesentlich vom Einzelleben ausgehen, so sind die letztern allerdings häufig von der Art, daß der Gegenstand nachtheilige Wirkung auf den Willlen hervorbringen kann; so die Gattung des erotischen, die wesentlich vom Einzelleben ausgeht. Von dieser gibt es eine lascive Behandlung, aber die gehört gar nicht in den Kunstwerth hinein, sondern ist nur vermittelt durch die Sinnesart des Künstlers, und er kann dasselbe Übel auf ganz kunstlose Weise hervorbringen. Je mehr ein Kunstwerk Kunstwerth hat und sich daran hält, desto weniger wirkt es auf den Willen, weil es an der Kunstvollkommenheit festhält, die ja vom wirklichen Leben ablenkt. Also Willenserregung entsteht nur in dem Maaß, als im Kunstwerk etwas Andres ist als Kunst, und im Aufnehmenden etwas andres als Kunstsinn. Dasselbe gilt von der Production des Gesamtbewußtseyns. Denke ich ein religiöses Kunstwerk von größter Vortrefflichkeit, und es wäre eine bestimmte Handlung daraus hervorgegangen, so ist das gar nicht Wirkung des Kunstwerks. Beschenkt einer ein wunderthätiges Bild, so ist das keine Wirkung des Kunstwerks das dabey steht oder das wunderthätige Bild selbst ist; es wäre dieß vielmehr der Glaube an die Thatsache, die man erziehlt, nicht der Kunstwerth. Etwas anders ist es, wenn man sagt, ein solches Kunstwerk errege das religiöse Gefühl. Das ist wahr, wiewohl es nicht unmittelbare Wirkung des Kunstwerks ist, sondern des Reflexes des Gegenstandes auf das Kunstwerk; ein religiöses Gefühl ist aber keine Willenserregung. Also in beyden Gattungen sind heilsame und schädliche Wirkungen in ethischer Beziehung dem Kunstwerk als solchem fremd. Dieß führt auf den Satz, daß es keinen andren Unterschied des Werthes gibt zwischen verschiednen Kunstwerken als den der Voll8–10 Bereits in Platons „Gorgias“ wird die Redekunst als eine Praxis vorgestellt, die die Zuhörenden teilweise durch „Schmeichelei“ zu überzeugen sucht, indem der Redner bei ihnen ein Wohlgefallen erzeugt (vgl. Gorgias 463a). Zu Kants Kritik der Rhetorik vgl. die Sachanmerkung zu S. 282,5–6.

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k o m m e n h e i t in der Kunst selbst. Ist ein Kunstwerk vollkommen in seiner Art, so hat es einen absoluten Werth, der durch nichts, was damit zusammenhängen kann, erhöht oder erniedrigt wird. Wäre wirkliche Willensbewegung [eine] Folge von Kunstwerken so hätten diese noch einen andren Maaßstab; sc. nicht alle Gegenstände die der Künstler bearbeiten kann, sind gleich geeignet Willenserregungen zu veranlassen, und so gibt es eine Schätzung die mit der Kunstvollkommenheit keinen Zusammenhang hat. Mythologische Gegenstände können auf uns diesen Einfluß gar nicht haben, so vollkommen sie wären, hätten sie diesen Werth nicht. Da ein solcher Anspruch auf Kunstwerke nicht gemacht werden kann, bleibt nur die Vollkommenheit als Maaßstab. Wollte man unterscheiden zwischen Kunstwerken, die durch ihren Gegenstand größren Eindruck machen und solchen, die vermöge des Gegenstandes dazu nicht im Stande sind, so ist es wahr, thut aber dem Kunstwerk keinen Eintrag, weil es nur vom Gegenstand ausgeht, den Reflex, der vom Gegenstand auf das Kunstwerk fällt, nicht dieses selbst. Größte Gemählde und kleinste Arabesken sind in dieser Hinsicht vollkommen gleich, und größtes und kleinstes Gedicht auch, da der Kunstwerth in jedem nur von der Kunstvollkommenheit abhängt, und dem Grade als das Äußre dem innren Kunstwerk entspricht und dieses selbst ein Resultat der freyen Productivität ist. Diesen Satz muß man unbedingt festhalten, wenn man nicht fremdartige Elemente in die Betrachtung einmischen will. Allerdings z. B. ein Dichter, der nichts hervorgebracht hat, als Epigramme, und einen der tragische Kunst bereichert hat, | werden verschieden geschätzt, aber dieses ist [eine] Beurtheilung der Person, nicht des Kunstwerks. Jedes Epigramm kann vollkommen seyn, beurtheile ich den Dichter, so kann da ein Mangel zugegeben werden, daß er nie an größre Compositionen kommt; hat ein Drama nicht die Vollkommenheit in sich, wie ein Epigramm, so steht es der Kunst nach unter diesem, obwohl die Person des Künstlers einem lieber seyn kann als die des andren. Für das Kunstwerk an sich gibt es nur den aufgestellten Maßstab; ist die Conception innerlich vollendet gewesen, aber [die] äußre Darstellung entspricht ihr nicht ganz, und Mangel an Sicherheit es vollkommen zu erreichen findet die Verbesserung, so fehlen technische Fertigkeiten, aber das innre Kunstwerk ist vollendet; wir müssen beym innersten bleiben, und das äußre ist schon aus dem Maaßstab zu verweisen; da bleibt uns nur die freye Productivität selbst, so daß diese Thätigkeit nothwendig Erfindung wird. — Dieß führt auf einen andren Unterschied, der eine Differenz zu setzen scheint zwischen den Kunstwerken, die eine Ausnahme wären von jenem absoluten Satze eines jeden in seiner Art vollkommnen Kunstwerks. Speculativ [ist] die Theilung zwischen Kunstgattungen,

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in denen der Künstler sich in Beziehung auf das Material seines Kunstwerks sich verhält als Organ eines Gesamtbewußtseyns, und in solche, wo er nur von seinem einzelnen Leben ausgehend bildet zwei verschiedne Gattungen, ja Style in jeder Kunst. Eine analoge Differenz ist nun: Alle Kunst auch in den größten Compositionen vom Gesamtbewußtseyn aus, kann doch immer nur durch Einzelnes heraustreten, ob es Eine Einzelheit oder [eine] Zusammenstellung von Einzelheiten ist nach der Natur des Kunstzweiges. Diese haben nun beyde sehr verschiednen Werth in andrer Beziehung. Das Einzelne hat einen symbolischen Werth, insofern ein Allgemeines in ihm zur Darstellung kommt, und das Einzelne von diesem Zusammenhang ganz abgesondert, ist eigentlich Null. Wir mögen das Einzelne nehmen aus [dem] Gebieth der Natur oder des menschlichen Seyns so ist doch alles Einzelne, das in Kunst darstellbar ist, ein Moment von Thätigkeit einer bildenden Kraft, so ist der einzelne Mensch allemahl das Resultat dieser Function des Geistes an sich, wodurch er einzelnes Leben wird; jede Pflanze ist ebenso Resultat einer bestimmten Naturthätigkeit die eben diese Form beständig reproducirt; jede Einzelheit also, die dieses zur Darstellung bringt und den Anschauenden mit einer gewissen Nothwendigkeit hierauf zurückführt hat diesen sy mbolischen We r t h . Da kann man fragen: Kann es ein Einzelnes geben, welches diesen Werth nicht hätte? Was uns die Natur wirklich gibt in der einzelnen Erscheinung sowohl die organische als die mit ihr verbundene Geistige Natur, das ist immer noch etwas andres, als das Hervorgegangenseyn des Einzelnen aus der plastischen Kraft, denn diese ist afficirt worden durch andre Bedingungen und insofern ist dieses die Unvollkommenheit des Einzelnen. Wenn sich der Künstler von jenen Bedingungen und Gebundenheiten frey macht, sind seine Productionen etwas andres als dieses; und jene Mitwirkungen sollen da nicht seyn. Z. B. in der menschlichen Gestalt sind gewisse Typen festgestellt, doch mit einem gewissen Spielraum; über diesen hinaus zu gehen ist eine Krankhaftigkeit die dem einzelnen Leben inhäriert. Da der Künstler keinen Grund hat, dieses darzustellen, so kann seine Darstellung nie eine solche seyn, und so könnte es nichts geben als Symbolisches in der Kunst, aber was auch fast durch alle einzelnen Künste durchgeht und [eine] bedeutende Gattung ist, das Comische, das erscheint gerade als Gegensatz zu diesem Symbolischen. Der Werth dieses Comischen ist, daß der Künstler ein Einzelnes darstellt als Gegensatz zu diesem Symbolischen; daher beschränkt es sich auf das Gebieth des menschlichen Seyns und außerhalb desselben hätten solche Darstel3–4 Gemeint ist wohl der relative Gegensatz von religiösem und geselligem Stil; vgl. dazu Schleiermachers Kollegheft Ästhetik 1819, S. 59,22–26.

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lungen keinen Sinn, weil nur im Gebieth der Freyheit dieses als Thätigkeit vorkommen kann. Daß das Einzelne abgesondert von diesem Symbolischen | Null sey, bestimmt sich so, daß wenn in einem Einzelnen nichts wäre als die Wirkungen jener Hemmung, so ist es durchaus Null; was in allem Comischen ist, aber dadurch wird dieses Einzelne gerade doch eine symbolische Darstellung und zwar von diesem positiven Nullwerth des Einzelnen, also ist es nicht geringer, da es nothwendig symbolisch wird. Unmittelbare Darstellung des bildenden Typus selbst (Ideal) ist kein Einzelnes mehr, sondern nur wenn es eine Modification des Menschseyns ist, hat es diesen symbolischen Werth, jenes wäre der Typus selbst, nicht dessen Symbol und wäre aus der Wirklichkeit herausgenommen. Von jener Nullität ist auch [ein] Symbol möglich, und so steht das Comische parallel [zu] allen andern Kunstarten. Daß [der] Gegenstand den Werth nicht different machte führt nun auf eine ganze andre Seite, w a s d e n n in der K unst da s Vollk o m m n e s e y, was sehr streitig ist und erst ist Verständnis nöthig, wie weit allgemeines fixirt werden konnte. Könnte man den Begriff auch allgemein aufstellen, so würde doch große Differenz eintreten in den Geschmacksurtheilen; i. e. bey demselben Begriff der Vollkommenheit können zweie different ein Kunstwerk beurtheilen. Wie kommen wir zu einem solchen Begriff, der dann doch den Maaßstab für [die] Beurtheilung der Kunstwerke in sich schlöße? Es fragt sich: Gibt es einen gemeinsamen solchen Begriff für alle Künste, oder muß man für jede einen besondren aufstellen? Dieß ist schwierig zu beantworten. Wollten wir davon ausgehen, jede Kunst müsse ihre eigne Vollkommenheit haben, die der bildenden und der redenden Kunst können nicht dieselben seyn, so fragt sich, wie weit unter dieser Voraussetzung dennoch der allgemeine Begriff der Kunst bestehen kann. Wir gingen von einem gemeinsamen Punkt aus, ehe wir auch die verschiednen Künste fanden. Läßt sich von da aus ein Begriff der Vollkommenheit construiren, so muß er für alle Künste gelten als gemeinsames Element, wenn dann auch noch in jeder Kunst besondre Elemente dazu kommen. Ein solches gemeinsames Element suchen wir zuerst, fänden wir es nicht, wie könnte dann der Begriff Kunst als gemeinsame Einheit reell bestehen? Besteht er vor den Formen, so muß er auch sein Maaß haben, i. e. seine Vollkommenheit. Wollten wir dieses leugnen, so müßten wir erst prüfen, in wiefern man doch den allgemeinen Begriff setze. Nun fanden wir dieses Gemeinschaftliche, die Richtung einer Productivität auf freye Thätigkeit wobey wir den Gegensatz des Kunstlosen und Kunstmäßigen einschließend aufstellten. So scheint, was Kunst wird aber sich nur wenig vom verwandten Kunstlosen unterscheidet, als Kunst unvollkommen, das,

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worin der Gegensatz als maximum erscheint, als Kunstvollkommenheit. Fassen wir jenes gemeinsame Element und diesen Gegensatz des Kunstlosen und Kunstmäßigen, so muß der Begriff der Vollkommenheit als allgemeiner können aufgestellt werden, der dann nur verschieden angewandt wird auf die einzelne Kunst. Jenes gemeinsame Element wiesen wir in allen Künsten nach, wo es überall freye Thätigkeit gab in der Productivität des Geistes als eines Einzelnen; ebenso fanden wir den Gegensatz zwischen Kunstlosem und dem was Kunst werden kann, rein hieraus. Gehen wir auf die erste Aufgabe zurück, so ist jeder geistige Lebensmoment ein Product zweier entgegengesetzter Coefficienten, Selbstthätigkeit und Empfänglichkeit, Spontaneität und Receptivität. Die Kunst betrachteten wir zunächst auf dem Gebieth der Spontaneität und [haben] gesagt, insofern wir uns denken einen Moment der überwiegend der Selbstthätigkeit angehört, aber doch bestimmt ist durch das Gesamtafficirtseyn in einem bestimmten Moment, so hat er seine Beziehung auf diese Gesamtrelation des Einzelnen und das war die gebundne Thätigkeit. Ist nun jeder Moment aus diesen zwei Momenten zu construiren, und besteht doch die Kunst in Richtung auf freye Productivität die nicht gebunden wäre, so scheint dieß [ein] Widerspruch. Die Sache ist aber die, wenn wir einen Moment von Kunstthätigkeit in seiner Wirklichkeit uns denken, dann finden wir auch diese zwei Coefficienten darin, denn daß des Einzelnen Kunstthätigkeit diese und jene Richtung nimmt ist immer bedingt von seinen Gesamtrelationen, also Kunstthätigkeit in Erscheinung tretend macht keine Ausnahme von jenem Satz, daß jeder Lebensmoment von beyden Coefficienten gebildet sey. | Innerlich hingegen nicht. Wie steht es nun mit dem Gegensatz zwischen Kunstlosem und dem, was nun Kunst wird? Diese Richtung auf freye Productivität faßten wir gänzlich gesondert von der Wirklichkeit des Lebens, und so fanden wir sie im Traum und verfolgten dann die Analogien. Das so oder so träumen wird auch seinen Grund haben in der Gesamtheit seiner Lebensbedingungen, aber die Traumbilder selbst sind doch die freye Productivität. Was ist dann das Kunstlose davon? Man muß als möglich denken, daß im Traum eine Conception zu Stande komme, welche im wachenden Zustand ergriffen wird, um den Weg eines Kunstwerks zu machen, dann ist ein wahres Kunstelement im Traum zu Stande gekommen, ja eine Menge Tradition hätte sich nicht erzeugen können, wenn nicht eine Wahrheit in ihm wäre. Der Traum hat sein Wesen nur darin, daß in ihm selbst eine solche Beschaffenheit der 28 ?] . 29–30 Vgl. oben Stunde 12

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Bilder rein zufällig ist. Wollen wir den Traum als Grundtypus des Kunstlosen in der Richtung auf freye Productivität aufstellen, so ist sein Wesen das durchaus Chaotische ganz in demselben Sinn wie im Physischen und Metaphysischen, es ist das Unbestimmte im Gegensatz von Einheit und Vielheit, was im geordneten Seyn auf bestimmte Weise auseinander ist, ist dort auf unbestimmte Weise ineinander; eine unbestimmte Mannigfaltigkeit ist das Wesen des Begriffs, eine Verworrenheit aus der sich erst der Gegensatz von Einheit und Vielheit herausbildet. Dem Traum am meisten analog setzen wir im wachenden Zustand die sich zwischen den Thätigkeiten auf das Geschäft hin durchziehenden dunkeln Bilder. Den Gegensatz finden wir in der Aufgehobenheit jenes Unbestimmtseyns, also in der Analogie dieser Productivität mit der Wirklichkeit selbst, Analogie sc. im Auseinanderstreben von Einheit und Vielheit. Wollten wir es durch einen allgemeinen Ausdruck bezeichnen, so ist es, daß jedes ein Gemeßnes sey, bestimmt gegen das Andre und bestimmt in sich selbst, gegen das Andre durch Differenzen, die sich auf Gegensätze reduciren lassen, in sich als Einheit. Diese Bestimmtheit ist der Charakter einer Wirklichkeit, wodurch das Seyn uns Welt wird, denn in dieser Bestimmtheit liegen Verhältnisse der Subordination und Coordination. Indem wir in der kunstlosen Production diese Unbestimmtheit dem Einzelnen beylegen, und von ihm sagen, daß es sich nicht fixiren lasse, so ist das die Richtung der Betrachtung auf das Elementarische, und das Merkmahl der Gemeßenheit ist das Wesen der elementa ren Vollk o m m e n he i t im Gebieth der Kunst. Dieses läßt sich leicht durch alle Kunstgebiethe durchführen, aber es ist damit wenig gesagt. Im strengsten Sinn elementarisch ist z. B. [die] Differenz zwischen Ton und Laut, jenes, ein schlechthin gemeßnes, dieses ein relativ Unbestimmtes. Will man die Betonung im Reden auf musikalische Differenz bringen, so ist, weil jedes Einzelne schon nicht ein in sich Gemeßnes ist, Irrationalität des einen gegen das andre aufgestellt, und das rein Gemeßenseyn ist das eigenthümliche Merkmahl der Kunst. Dasselbe gilt von der m i mi s c h e n B e w e g un g. Was rein und ursprünglich aus bewegtem Gemüthszustand tritt, ohne daß Kunst dazwischen kommt, das kann nur ein Ungemeßnes seyn; finden wir bestimmte Gemessenheit so denken wir gleich eine künstlerische Tendenz, sey es Mimik bey der Rede, oder im Tanze. Dieses trifft aber, so gefaßt, nur die allerersten Elemente. Gehen wir weiter und fragen, was ist der Umfang in dem dieses Merkmahl gilt in der bildenden Kunst so sind wir verlegen, weil sich da das rein Elementarische nicht auf solche Weise sondert. Denkt man eine einzelne Linie, so kann man gar nicht fragen, ob sie ein Kunstelement seyn könne oder nicht; sondern jede kann es seyn, wenngleich auf

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eine andre Weise. So wie sich etwas Architectonisches findet, so kann die gerade Linie vorkommen, und im Kleinsten hört der Gegensatz zwischen gerade und rund auf. Der Begriff des Elementarischen steigert sich daher wesentlich. So in der r e d enden Kunst ; wenn das Wort Element seyn soll, kann man nicht im Allgemeinen sagen, ob ein solches nun ein poetisches Element sey oder nicht; zwar gibt es ein gewisses Gebieth, was die Poesie vindicirt, und ein andres, was sie ausschließt, aber von einzelnen Elementen kann man es nicht sagen, da das | am meisten Unpoetische im Comischen vorkommen kann und das am meisten Poetische in einem prosaischen Abschnitt. Diese eigentlichen Elemente gehen nicht gleichmäßig durch alle Künste, das ist, was wir sagten, unser Satz wird in jeder Kunst eine eigenthümliche Anwendung finden. — Halten wir hier inne und fragen: Gibt es noch einen andren gemeinsamen Begriff der Vollkommenheit als jenen elem e n t a r i s c h e n , insofern ja das Kunstwerk ein Ganzes ist? Da fragt sich, ob aus [dem] Gegensatz zwischen Kunstlosem und Kunstmäßigem [sich] einer entwickeln lasse. Den Zustand des Traumes und seine Fortsetzung im Wachen als zwischen der bestimmten Thätigkeit sich durchziehend, betrachtend, finden wir immer ein Zusammenseyn von vielen Elementen, und es fragt sich, wie denn diese sich a bschließen. Der Traum zeigt sich bisweilen in Form eines abgeschlossnen Ganzen, wo das Verworrne untergeordnet scheint und [ein] gewisses Maaß verdeckt oder weggenommen werden kann. Da bliebe dann ein Dramatisches; da aber im Traum ein Element, woraus Kunst wird, nur zufällig ist, so ist diese Abgeschlossenheit im Traum auch nur zufällig und in den analogen wachenden Zuständen kommt es gar nicht vor; setzen wir beydes als Eins, so verschwindet diese Ausnahme völlig, und wir sagen, daß eben dieses Kunstlose seinem Wesen nach ein Unbegränztes bleibt. — So geringfügig diese Resultate, so lassen sich doch Einwendungen machen. In [einer] Landschaft gehört ja mit zur Wahrheit, daß Gestalten im Hintergrund sich in einander verlaufen und das bestimmt Unterschiedenseyn ist ja nicht in Elementen, die zum Kunstwerk gehören. Die organische Vollkommenheit betreffend, hat man verschiedne Vorstellunngen von epischer Dichtkunst der Alten; geltend machte sich eine Ansicht, daß ein episches Dichtwerk nie vollendet sey, so hat Göthe die Ilias fortgeführt bis zum Tode Achilles, dann kann man die νόστοι u. s. w. anfügen und so wird es ein unübersehbares. Eine andre Vorstellung machte sich auch geltend, daß es 15 ?] . 33–38 Vgl. die Sachanmerkung zu S. 379,3–5 38–5 Vgl. die Sachanmerkung zu S. 145,21

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zweifelhaft sey, inwiefern dieses homerische Gedicht von Anfang [an] ein Ganzes sey, sondern nur die einzelnen Gesänge seyen ein Ganzes und der Faden der Zusammenstellung habe im Dichter gelegen, ohne daß es als Ganzes in ihm war, die Art des Vortragens der Gedichte habe ihr Maaß gehabt in einzelnen Gesängen. Beydes hat etwas für sich, aber ist die Iliade so ein Typus, so ist doch jeder Gesang für sich nicht auf gleiche Weise ein Ganzes in Beziehung auf Anfang und Ende. So bliebe für diese Gattung die organische Vollkommenheit problematisch. Beyde Resultate sind offenbar ungenügend und entsprechen dem Begriff der Vollkommenheit eines Kunstwerks gar nicht. Denkt man in jenem Gemählde alle einzelnen Gestalten bestimmt geschieden, ist dann das die ganze Vollkommenheit der Elemente? Offenbar nicht, denn gegen alle einzelnen Theile lassen sich oft eine Menge Einwendungen machen und zwar nicht bloß solche, die unsre übrigen Positionen fordern, es könnte reine Nachbildung eines Gegebnen seyn und wäre keine freye Productivität. Aber wie viele Landschaften sind nicht durchaus Portrait, Nachbildung; ja gibt sich eine für eine reine Composition, so machen wir ganz andre Anforderungen an sie, und Viele haben schwächres Interesse an solchen. Soll man Portraits ausschließen, da doch die größten Künstler solche gemacht haben und wie viele historische Gemählde rechnen sich zum Verdienst an, eine Menge Personen mit der Treue des Portraits darzustellen. So scheint das Gesagte sich nicht auf die einzelnen wirklichen Künste zu erstrecken, welche nachbildend sind; und als selbstständiges Kunstwerk scheinen solche im Range zu verlieren nach unsren Voraussetzungen. So scheinen wir die Vollkommenheit noch gar nicht zu haben. Wir mußten auf das eigentliche Wesen der Kunstthätigkeit, und so stellten wir jene Principien auf; und sollen wir Vollkommenheit und Unvollkommenheit aufstellen, aber das eine reicht nicht zu, das andre schließt etwas aus, was wir immer in der Kunst finden. Es in Übereinstimmung zu bringen wollen wir den umgekehrten Weg einschlagen und zuerst die elementare Vollkommenheit gehen lassend nach der Vo l l k o m me n he i t d e s G an z e n eines Kunstwerks fragen. | Wir forderten, das Kunstwerk müsse ein vollständig Begrenztes seyn. Das kann eine Landschaft seyn, aber sie soll zugleich eine freye Production seyn. In der Wirklichkeit ist offenbar die Landschaft keine begrenzte, sondern die Begrenzung ist die freye Production des Künstlers. Denken wir den Künstler, der aus mehrern in der Natur unbegränzten und gesonderten, eins begränzt, so macht er sie zur Einheit; in einem Falle kann er dem Gegebnen mehr treu bleiben, im andern muß er mehr ändern, damit es Kunstwerk sey. Das Gegebne verhält sich also zum Kunstwerk nicht so, daß dieses weil es kein Gegebnes abbildet, Werk der freyen Productivität sey, sondern das Ganze ist ein Werk der

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freyen Productivität und als solches gar nicht gegeben; und ob der Künstler das Einzelne mehr oder weniger aufnimmt, ist auch Sache der freyen Productivität; das Einzelne gibt er nie, wie er es gibt, weil es in der Wirklichkeit so gegeben ist; sondern diese Übereinstimmung ist mehr zufällig, und das Äußre dem Innern subordinirt. So ist es ganz die freye Productivität, denn in dieser ist er doch an die Natur gebunden, da sie aber diesen organischen Naturtypus zum ursprünglichen Stoff hat, wie er ihr als Ideal einwohnt; producirt er etwas in der Natur gar nicht aufzuweisendes, so wird man ihn tadeln; ein phantasierter Baum ist fehlerhaft, weil er zu keiner Gattung gehört und nicht der Naturtypus im Künstler gewesen ist. So löst sich der Widerspruch. Wie in Beziehung auf das Rä uml iche , so ist es nun auch auf das Ze i t l i c h e . Der historische Moment für den bildenden Künstler ist gar nicht als Ganzes gegeben, sondern er ist ein geschichtlicher Fluß, und es ist die freye Productivität des Künstlers, die ihn fixiert. Beym Portrait stellt sich die Sache so: Denke ich den einzelnen Menschen in gemeinsamer Handlung mit Andern, so daß der Künstler einen Moment daraus fixiren kann, so ist der Moment in dieser Abgrenzung das Werk seiner freyen Productivität; nun kann er die einzelnen Personen, wenn sie ihm gegeben sind, nicht phantastisch produciren. Denken wir aber das Portrait als Einzelheit, so kann in einem wirklich gegebnen Moment die Gestalt nicht dargestellt werden, in der Wirklichkeit ist sie aber immer in einem gegebnen Moment. Es ist freye Productivität des Künstlers, davon zu abstrahiren und das Bild so zu geben, wie daraus alle seine Lebensmomente zu begreifen sind; denn als solches Ideal seiner selbst ist der Moment nie gegeben, daß daraus alle seine Lebensmomente zu begreifen sind. Nur ein solches Portrait ist Kunstwerk. Das Verhältniß der freyen Productivität zum Wirklichen ist auch in dieser Gattung, etwas auch auf besondre Weise modificirtes, im Wesentlichen dasselbe. Sieht mich der Künstler in einem bestimmten Moment, so muß er mich aus dem Ideal meiner selbst für diesen Moment begreifen. So begränzt der Künstler, was in der Wirklichkeit dem allgemeinen Fluß angehört; damit kann man auch einigen was über das Schwanken der alten epischen Dichtkunst gesagt ward. Denken wir eine Reihe solcher zusammengehöriger Ganzer wie jene einzelnen Gesänge, so ist jeder für sich ein Begränztes geworden durch den Dichter, und PwovonS die Iliade, oder die einzelnen Gesänge Eins seyen, so ruhen die letztern darauf, daß die Thatsache im Ganzen als bekannt vorausgesetzt werden kann und daraus Momente fixiert werden können als ein Ganzes. In andrem Verhältniß ist der Dichter, wenn er erst einen Gegenstand in das Volk bringen will, dann müssen die einzelnen Theile als Ganze weit bestimmter abgegrenzt seyn durch Anfang und Ende. Die Gesänge der Iliade sind

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nur Kunstwerke unter [der] Voraussetzung, daß der Gesamtstoff den Hörenden gegenwärtig war, und jeder sich orientierte, der PGesangS mochte anfangen, wo er wolle. So ist es kein Widerspruch gegen die organische Vollkommenheit. Begrenzung ist dann, daß der Dichter nicht hinausgeht über das in den Hörern schon so Vorbereitete, und da begrenzt er sich ein Ganzes durch freye Productivität aus Gegebnem; und ob etwas Ganzes sey oder nur organisches Theil, ist davon abhängig, in wiefern es auf dem schon gegebnen Gebieth ein solches Begrenztes gewesen ist. — Sagen wir die org a n ische Vollk om m e n h e i t eines Kunstwerks ist, d a ß es ein v ollk om m en in sich Ab g e s c h l o ß n e s sey, so liegt darin zweierley, 1.) daß das G a nze, w e n n e s d a i s t , n i c h t s | ve r m i s s e n lä ßt, und der es auffassende nicht darüber hinaus getrieben wird, sondern in seiner Totalität sich beruhigt und verharrt. Die organische Vollkommenheit kann daher nicht bloß von den einzelnen Theilen aus bestimmt werden, sondern auch vom Ganzen aus; was wir bloß vom Bestandtheil aus aufstellen, genügt nicht, denn dadurch daß dieser ein Gemeßner ist, liegt seine Beziehung zum Ganzen noch gar nicht, und ist mehr nur die conditio sine qua non, als die erschöpfende Vollkommenheit des einzelnen Theils. 2.) Ebenso wenn das Kunstwerk ein durch sich selbst vollkommen Begrenztes seyn soll, so muß darin nichts seyn, was nicht wesentlich hineingehört; denn fremdartiges darin findend sagen wir, es ist nicht durch sich begrenzt. Ein in sich noch so vollkommnes Element oder organischer Theil ist verwerflich, wenn er nicht im Ganzen nothwendig ist und durch dasselbe bestimmt. Hier finden wir den Übergang von einer unzureichenden Bestimmung zu dem was wir begehren, wenn Kunstvollkommenheit bestimmt werden soll. Doch wollen wir erst von dem vorhin Gefundnen eine weitre Anwendung machen. So wie man von den Elementen, Bestandtheilen eines Ganzen redet, so ist das völlig unbestimmt, wenn man sich nicht verständigt hat über das Verhältniß von G a nzem und T h e i l . Die Einwendung, daß es Kunstwerke gebe, in denen nothwendig Elemente sind, die nicht in sich gemessen und von andern unterschieden sind, ist so zu widerlegen, daß die einzelne Gestalt gar nicht für sich ein Bestandtheil des Gemähldes ist, sondern nur die Gestalt mit ihren Lichtverhältnissen, die Gestalt im Hintergrund als solche ist kein organischer Bestandtheil, sondern nur die Masse, die in dieser Beleuchtung steht; würde die einzelne Gestalt so bestimmt vom Ganzen unterschieden, so wird sie falsch, der ganze Hintergrund ist da organischer Bestandtheil. Hauptfiguren haben freylich jede ihre eigne Beleuchtung und sind organische Bestandtheile; die sich aber in der Masse verlieren, sind es nicht. So muß man sich in jedem Kunstzweige die organischen Bestandtheile PaufhebenS, welche als selbstständige

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meine Kunstbetrachtung, sondern erst hin, wo wir von den verschiednen Künsten reden. — Dieses Gemeinsame ist aber nun in jeder Kunst auf eigenthümliche Weise: In [der] Mahlerey ist nicht die Form an sich der Bestandtheil, sondern nur die Form in ihrem Verhältniß des Zusammenseyns mit andren durch das Medium des Lichts. Das aber ist ja [die] Differenz zwischen Mahler und Bildhauer. Wir setzen die Betrachtung weiter fort. Wo das Einzelne in einem Kunstwerk in einem gewissen Zusammenhang mit der Wirklichkeit steht, da scheint nun doch der Ort der Anwendung unsres Merkmahls im andern. Wenn das Ganze etwas Historisches ist, so kommt Alles darauf an, wieviel davon wirklich gegeben ist. Die mythologischen Cyclen, welche die alte Tragödie behandelt, waren eigentlich nicht historisch, aber doch als Sagen schon auf gewisse Weise bestimmt; ein gewisser Charakter war da, aus dem ihre Helden nicht herausfallen durften, obwohl jeder bey jedem Dichter ein andrer war. Im historischen ist oft noch mehr fixirt; wenn von solchen Personen bekannte Abbildungen existieren, so muß man sich daran halten und doch muß darin freye Productivität möglich seyn. Der Einzelne ist doch Resultat der freyen Production, da der Künstler ihn nicht in wirklichen Momenten darstellt, sondern so, daß alle wirklichen Elemente sich aus dem dargestellten begreifen lassen. Das findet in Beziehung auf das Gegebenseyn keine Schwierigkeit, weil nie die Person in wirklichem Moment kunstmäßig erscheint. PImmerS ist Unterordnung des Wirklichen, z. B. von Raphael ist ein Freund als Violinspieler dargestellt; ist denn das kein wirklicher Moment? Das Wirkliche ist dem Idealen untergeordnet, ist gewählt zwar in Beziehung auf [eine] Persönlichkeit, aber nicht dargestellt als ein bestimmter Moment musikalischer Darstellung, sondern er ist dargestellt, so daß ich sie in allen Momenten PwiederS daraus construiren kann, dieß ist das Idea le, das Zusammenseyn alles Einzelnen. Bringt der Künstler eine Gestalt hervor, so muß sie eine in der gesamten Entwicklung des menschlichen Geistes gegebne seyn, und zwar eine, die eine Reihe von Momenten aus sich 27 ein] in 24 „Der Violinenspieler“ (Sammlung Rothschild, Paris) ist ein Renaissancegemälde, das heute Sebastian del Piombo zugeschrieben wird und zu Schleiermachers Zeit für ein Gemälde Raffaels gehalten wurde. Überliefert ist, dass Christian Daniel Rauch das Gemälde sah, als es 1811 aus der Sammlung Barberini in den Palazzo Sciarra überführt wurde und seiner Tochter begeistert über das „Bildniß eines jungen 20-jährigen Freundes Raphaels[,] ein Violinspieler von Raphael gemahlt“, berichtete. Offenbar sind auch von Caroline von Humboldt in einem Brief an Friederike Brun vom 24. Dezember 1817 ähnlich begeisterte Schilderungen von diesem vermeintlichen Gemälde Raffaels überliefert. Vgl. Jutta von Simson (Hg.): Caroline von Humboldt und Christian Daniel Rauch. Ein Briefwechsel 1811–1828, Berlin 1999, S. 362, Anm. 7.

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producirt, i. e. sie ist bestimmt gemessen in der Gesamtheit des menschlichen Seyns, und als bestimmt von allen andren unterschieden. Das ist auch das Ideale, denn in dieser einzelnen Gestalt erscheint der lebendige Typus selbst und zwar so, daß alle andern gewissermaßen daraus erkannt werden können; jede einzelne Gestalt muß sy mb o l i s c h seyn, und auch w ah r, i. e. [einen] Ort haben im PGeistS. Das zusammen ist das I d e al e . Alles was aus Elementarer Vollkommenheit war, kann man auf dieses zurückführen, so verschieden es oft ausgedrückt ward, weil man nicht auf den tiefsten Grund zurückging. Dieß führt auf den Begriff des Sc h ö n e n zurück, der von Vielen allgemein gebraucht wird als Bezeichnung dieser Kunstvollkommenheit des Einzelnen, daß alles Dargestellte diesem Begriff entsprechen müsse. Den Ausdruck zu erklären, war schwierig: was er subjectiv sagt, sieht man leicht; ich nenne schön, was auf mich den Eindruck macht eines reinen, i. e. vom Verhältniß zu gebundner Thätigkeit geschiednen Wohlgefallens. Worauf aber dieses Wohlgefallen beruhe, wird gar differencirt angegeben aber nicht befriedigend, z. B. Es sey die Einheit in der Mannigfaltigkeit usw. paßt auf ganz andre Gebiethe und Dinge ebenso gut. Dazu kommt noch, daß dem Ausdruck als auch [im] gemeinen Leben entstanden eine Beschränkung beiwohnt; er ist einerseits zu speciell, um alle Kunstgebiethe gleichmäßig zu umfassen, z. B. schöner Vers, schönes musikalisches Thema geht gänzlich aus der eigentlichen Bedeutung, da diese gänzlich an der sichtbaren Form haftet und anders wo nicht mehr dieselbe Klarheit herrscht. Der Mensch als Vorstellung kann nicht so anschaulich | schön heißen, wie als Bild. Dann gibt es auch für das Subjective so viele andre Ausdrücke, die doch auch von [einer] Einzelheit im Kunstwerk gebraucht werden wollen; z. B. Gestalt oder Darstellung in einem Kunstwerk sey rührend, bezogen auf einen subjectiven Eindruck, aber nicht so: Weil es rührend ist, gehöre es nicht in das Kunstwerk, sondern man meint eine Modification jenes reinen Wohlgefallens. Der Ausdruck Idea l hingegen kann eine Menge Modificationen enthalten, die sich nicht gleich stehen; hingegen schön und rührend wird man coordiniren und so sind viele Verwirrungen entstanden. So sagte man, es gebe zwei verschiedne Arten der Kunstvollkommenheit im Einzelnen des Kunstwerks, das Schöne und das Erhabne; das stellt man so als coordinirt und als zusammen den Begriff der Kunst erschöpfend. Das ist aber doch nicht der Fall; denn fragt man, wie sie sich gegen einander verhalten, so schließen sie sich auf gewisse Weise aus, aber doch so, daß sie beyde als Elemente im Kunstwerk bestehen, das Schöne ist nicht erhaben und umgekehrt. Soll aber dieses Ausschließen näher bestimmt 24 herrscht] hat

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werden, so geht die Noth an, und statt Erklärungen kommen große Schilderungen, die immer zeigen, daß ein eigentlicher Begriff nicht gefaßt ward. Warum sollten diese zwei Ausdrücke zusammen etwas erschöpfen? Man kann ja andre Ausdrücke dazwischen werfen, z. B. das Rührende, was man gleich als Drittes müßte gelten lassen, bis man das Schöne und Erhabne als eins und dasselbe darstellt. Wenn ein Philosoph wie Kant da muß rhetorische Schilderungen geben, so hat es gewiß mit der Sache keine Richtigkeit. S c h ö n hat engren Sinn in der gebildeten Welt, einen Begriff, der nur ein gewisses Kunstgebieth umfaßt, brauchen wir hier nicht. Schelling in einer Abhandlung, die [eine] bedeutende Stelle einnimmt aber als academische Vorlesung mehr rhetorischen Charakter hat, sagt, das Schöne sey das mangellose Daseyn, da aber die Abhandlung sich auf bildende Kunst bezieht, so beschränkt er den Begriff gleich auf diese. Es wäre sehr wünschenswert, sagt er, diese Principien mehr aus der Natur abzuleiten suchen als psychologisch, was nur eine andre Einseitigkeit wäre, da wir ja von Identität der Natur und des Geistes ausgehen, also im absoluten Gleichgewicht dieser Einseitigkeiten. Dieses mangellose Daseyn ist allerdings ein Theil, aber nicht das Ganze unsres Idealen, sc. wenn die Form des Seyns nicht stark genug ist, sich im Stoff als Einzelnes darzustellen, so daß dieses jene representirt, so ist das ein Mangel, weil irgend eine Function zurückblieb, und dann ist das Schöne aufgehoben; so auch, wenn ein Bild die Verhältnisse zu andrem nicht erfüllt. Diese beyden Elemente haben bey verschiednen Nationen verschiedne Dignität; uns ist eine Frau schön, auch wenn sie klein ist, den Franzosen ist sie nicht belle, sondern jolie; beydes zusammen erst ist das mangellose Daseyn. Das ist aber nur die eine Seite unsres Idealen. Das Einzelne kann rein an sich zwar das Ideal representiren, aber wenn es in Verhältnissen dargestellt wird, wo es sich nicht geltend machen kann, so ist das Mangellose nicht aufgehoben, aber unsrer Forderung entspricht es nicht. So kann eine Gestalt eine nothwendige Modification des Tpyus [seyn], [dann] hat man es das Charakteristische genannt und gestritten, ob das Schöne im Charakteristischen versinke. Dieß ist [ein] Mißverständnis und drückt die Sache nicht rein aus; denn versteht man unter Charakter [die] Bezie10–11 Schelling] Schiller 6–8 Vgl. Schleiermachers Kollegheft Ästhetik 1819, S. 73,3–4 11–14 Vgl. Schelling: Über das Verhältnis der bildenden Künste zu der Natur (Schelling KN, S. 355; Schelling PhB, S. 14): „Wie sollte aber irgend etwas ausser dem Wahren wirklich seyn können, und was ist Schönheit, wenn sie nicht das volle mangellose Seyn ist?“ Siehe auch: Schleiermachers Exzerpte in seinen Notizen zur Ästhetik I, S. 7,1. 31–34 Vgl. die Sachanmerkung zu S. 128,18

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hung auf gegebne Züge, auf Historisches, so ist das Charakteristische dem Schönen nicht wesentlich. Versteht man aber das, daß ein bestimmtes Verhältniß anschaulich wird zwischen der Einzelheit und den andren Einzelheiten, wie sie zusammen den Begriff erschöpfen, so ist das freylich wesentlich, braucht aber doch nicht dem Schönen zu entsprechen. Sehen wir nun auf das E r h ab n e, so schließt sich beydes von subjectiver Seite betrachtet gewißermaßen aus; macht etwas den Eindruck des Erhabnen auf mich, so ist gemeint, ich soll nicht noch fragen, ob es schön sey, wogegen freylich etwas dem Schönen positiv Widersprechendes nicht den Eindruck des Erhabnen machen wird. | Man kommt darin überein, das Erhabne müsse etwas Überwältigendes haben, das Bewußtseyn dominiren, so daß man in Erhabenheit versinkt, nach Schönheit gar nicht fragen kann. Wie stellt sich das gegen unsre Auseinandersetzung und besonders gegen das Ideale? Wir sagten, die verschiednen Formen des Daseyns wohnen dem Geiste ein, und machen sich als freye Productivität in der Kunstthätigkeit geltend. Aus diesen vorstellenden und bildenden Kräften geht das Einzelne hervor, und in diesem Act erscheinen diese Formen als geistige Ideen selbstständig. Aber doch wissen wir auch, daß sie zusammengenommen Ein Ganzes bilden und nur im Verhältniß zu einander eine Bedeutung haben; also ist immer [ein] Verhältniß zwischen den einzelnen Formen des Seyns mit allen andern in uns, mit denen sie in Wechselwirkung [stehen]. Denken wir eine solche Form, die überwiegend receptiv von andern bestimmt wäre, so könnte die freye Productivität nicht auf sie bezogen werden. Denken wir, daß diese Lebensform in ihrer Productivität in solchem Verhältniß zu den andern steht, daß das einzelne Seyn ohne alle Störung auf das Princip derselben bezogen werden kann, so stört keines das andre, und Kunst entsteht. Geschieht das so, daß z. B. eine Kraft das Zusammenseyn andrer mit ihr nicht gestattet, i. e. eine zerstörende, so würden diese wie die entgegengesetzten aus der Kunst herausfallen. Nun gibt es Erscheinungen, wo die Selbstständigkeit des innren Princips, der bestimmten Lebensform sich so darstellt, daß das Daseyn der Erscheinung gedacht wird zugleich mit der Unmöglichkeit, daß sie durch etwas Andres überwältigt oder beschränkt werde, so fällt sie nicht aus der Kunst. Dieses positiv nicht überwältigt werden können macht den Eindruck des Erhabnen, der also seinen Ort hat zwischen der einzelnen Form, die Gestalten hervorbringt, und den übrigen. Also ist dieses Verhältniß gar nicht dem Kunstgebieth eigenthümlich, sondern ebenso gut im Gegebnen. Schroffer Felsen in das Meer und Brandung ist eine solche Entgegenwirkung von Kräften, von denen die eine noch eine ruhende ist; das 38 und] zu

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gibt Eindruck des Erhabnen, wenn ich denke, der Fels bleibe in aller Brandung. Gehe ich hingegen davon ab und denke, am Ende werde doch der Fels zerstört, so bekommt der Eindruck des Erhabnen, wenn er nicht verschwindet, einen andren Ort; nicht mehr daß der Fels fest steht, sondern daß unerachtet dieser zerstörenden Kräfte doch das allgemeine Verhältniß dasselbe bleibt; denke ich das Feste werde rein zerstört, ja so bleibt kein Eindruck des Erhabnen mehr. Der entgegengesetzte Punkt wäre: Wir denken eine Form des Seyns in Hervorbringung des ihr entsprechenden Einzelnen, zu diesem rein Idealen denken wir nun mit, daß dieses Daseyn um sich zu erhalten, einer besondren Begünstigung bedürfe von den es umgebenden Kräften, so wäre dieses eigentlich Eindruck der Sc h w äc h e ; überwiegt aber das, daß sich die bestimmte Lebenskraft im Einzelnen in gewisser Vollkommenheit äußert, so wird der Eindruck der Schwäche überwunden und es entsteht der des Zar t e n , Ni e d l i c h e n , was dem Erhabnen entgegengesetzt ist. Beydes sind Modificationen eines bestimmten Verhältnisses der productiven Kraft zu den andren. Diese Modificationen sind nun äußerlich in der Natur gegeben, denn da kommen beyde Seiten vor. Auf den geistigen Gebiethen gebe ich zwei Beyspiele die oft als normal für das Erhabne angeführt wurden: Stelle in Genesis: [„]Gott sprach es werde Licht und es ward[“]. Was ist denn das Wesen desselben? Da ist die Gottheit das agens und erscheint in ihrer Productivität. Worin liegt denn der Eindruck des Erhabnen, im Zusammenseyn von Sprechen und Geschehen oder gar in dem Licht, das das Resultat ist? Es muß der Zusammenhang zwischen Sprechen und Geschehen seyn, denn es erscheint die Kraft in Productivität als durch gar nichts hemmbar. Hernach aber in demselben Zusammenhang sind eine Menge Stellen, die dieses mit jener gemein haben; z. B. Hervorbringen von PKräuternS usw. Das würde nicht das Erhabne? Liegt die Differenz darin, daß das eine Licht, das andre individuelles Leben hervorbringt? Nein, sondern bloß die Kürze des einen Aussprechens und [die] nothwendige Ausführlichkeit des Andern macht die Differenz. Der Eindruck verschwindet aber doch nicht bloß durch die Ausführlichkeit und wird nicht an Brachylogie gebunden seyn. Etwas | davon ist wahr, weil was die Gliederung nöthig hat, in seinen Theilen gegensätzlich bedingt und abhängig ist, das ist der eigentliche Grund. Ein an22 ihrer] seiner 20–21 Vgl. Gen 1,3; siehe auch die Sachanmerkung zu S. 147,13–14 36–2 Schleiermacher verwechselt hier wohl den Fall Jean Calas, den Voltaire in seinem „Traité sur la tolérance“ (1763) literarisch behandelt hat, mit der Stelle aus Racines „Athalie“ (Paris 1691, 1. Akt, 1. Szene), wo der zitierte Vers vom Hohepriester Joad wiedergegeben wird. Vgl. dazu Schleiermachers Marginalien 1832/33, S. 147,14 und die entsprechende Sachanmerkung.

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dres ebenso oft angeführtes [Beyspiel] ist aus Calas von Voltaire: [„]Je crains Dieu et je nai point d’autre crainte[“]. Das ist erhaben, denn daß jenes eine Furcht ist, verschwindet ganz, weil Gott nicht äußerlich gegeben ist, sondern die Idee unser eignes Product ist, Gott fürchten ist eine in sich selbst abgeschloßne Bethätigung der geistigen Lebenskraft. Daß sie jede andre Furcht ausschließt, drückt aber das Unwiderstehliche aus, daß sie sich überall geltend macht. Ein andrer Punkt soll es deutlich machen. Wir schieden von Anfang [an] bestimmt die freye Productivität als Wurzel aller Kunstthätigkeit und die gebundne Thätigkeit derselben Function. Wenn wir nun den Eindruck des Erhabnen untersuchen und fragen, warum das Erhabne dann keiner Prüfung mehr auf das Schöne unterliegt, so ist es nicht, weil es ebenso erhaben ist, wenn es dem Schönen widerspräche; sondern theils weil es sich versteht, daß das Schöne darin ist, theils weil der Eindruck mich so afficirt, daß ich außer Thätigkeit gesetzt werde. Da ist die äußerste Thätigkeit für [die] Kunstthätigkeit, und nur etwas mehr würde in die gebundne Thätigkeit fallen, da dieses Überwältigtseyn ein Zustand ist, der sich auf das wirkliche Leben mit bezieht. Träte dieses Verhältniß wirklich hervor, so wäre es kein Kunstwerk mehr; das Erhabne in Natur und Geschichte bliebe zwar, weil es hier seinen Ort hat, aber das der Kunst nicht. Dieß ist also ein Grenzpunkt. So auf dem andren Ende, wenn das Zarte und Niedliche den Eindruck macht einer Begünstigung zu bedürfen von seiner Umgebung, um als schön fortzubestehen. Werde ich von diesem Eindruck so berührt, daß ich selbst ihm zu Hülfe kommen möchte, so geht dieß in die gebundne Thätigkeit [über]. Es gibt nun in aller Kunst etwas, was dem reinen Princip widerstrebt, daß der Künstler auf einen Effect arbeite, d. h. in die Wirklichkeit in gebundne Thätigkeit herüberzieht. So ist das Rührende auch oft Kunsteindruck schlägt aber auch leicht auf diese Seite hinüber. — E l e m e n t ar e K u n s tvo l l kom m enheit wird also dieses seyn: Das einzelne (lebendige) Element ist insofern vollkommen, als das Ergebnis der freyen Productivität als eines einzelnen zugleich Representant seiner Lebensform ist und diese nicht nur in mangellosem Daseyn, sondern als eine wesentliche und bedeutende Modification desselben. Was dann das Einzelne [im] Zusammenhang mit dem Andern betrifft, so wird sich hier das Einzelne in gewissen Grenzen bewegen[,] als das maximum dieses Zusammenseyns, wenn das Einzelne bestimmendes Moment desselben ist, ist das Erhabne, als minimum in dieser Beziehung das Zarte oder Niedliche (je nachdem man mehr auf das ethische oder physische sieht). Jenseits der Kunst liegt auch jene Seite des Rohen und Wilden, auf der andren das 26 was] folgt ))man als**

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Schwache und Unbedeutende als ausgeschlossen von Kunst. Immer ist zu unterscheiden der Gegenstand als der Natur angehörend und der in der Kunst; jener geht uns hier nichts an. Wenn Jemand schlösse, es könne ein reißendes Thier oder [ein diesem] ähnelnder Mensch gar nicht Gegenstand eines Kunstwerks seyn, so wäre das [ein] Schluß aus Natursache auf Kunstvollkommenheit. Das ist falscher Schluß; in gewissem Maaß zerstörend zu seyn, ist die Natur des reißenden Thieres, dennoch kann es Gegenstand der Kunst seyn, wenn nur das Maaß der Natur darin enthalten ist; so kann auch der Sturm und Schiffbruch dargestellt werden; denn das Zerstörende ist die Natur des Gegenstandes, nur wenn das Zerstörende in der Kunst als solcher läge, dann ist es nicht mehr Kunst; so wie wenn sie PgeradeS ein Einzelnes in leidenschaftlicher Ungemessenheit nähme. Kunstdarstellung ist nicht an das einzelne Wirkliche gebunden, sondern an die innwohnenden Formen des Seyns bloß und stellt dieses kunstgemäß dar. Vergleichen wir, wie man sonst gewöhnlich das Schöne und Erhabne zusammenstellt, so entspricht es unsren Sätzen nicht, denn diese würden das Schöne immer als die Annäherung an die Mitte zwischen diesem Erhabnen und [dem] Zarten darstellen; nicht aber beyde als die beyden Brennpunkte, sondern das Schöne ist einem Mittelpunkt zu vergleichen, das Erhabne einem Endpunkt, dem dann ein andrer, das Zarte, entsteht. Nun erst werden wir die Vollk om m enheit des Kunst w e r k s a l s e i n e s G an z e n weiter bringen, aber nur wie sie für alle Kunstzweige dieselbe ist. Insofern wir das Kunstmäßige dem Kunstlosen in freyer Productivität gegenüberstellen, ist davon auszugehen, daß die Kunstlose Production den Charakter des Unbegrenzten hat, das Kunstmäßige aber e i n vo l l ko mm en Beg renzt es ist. Dagegen sahen wir | eine Einwendung von dem alten Epos her. Man kann auch andre Einwendungen machen. Z. B. In musikalischer Production gibt es viele mit Ruhepunkten, wo das Ganze zu Ende seyn könnte und doch nur ein organisches Theil endet. Gibt es da nun auch Beschränkungen? [Denken wir an eine] Composition die drei Sätze habe, so ist da eine Beschränkung. Phantasirende Composition hat aber auch solche Ruhepunkte, wo es dann wieder anfängt, und am wirklichen Ende scheint es, man hätte auch fortfahren können. So scheint es unbegränzt, ähnlich ein Wandgemählde von solcher Größe, daß es successiv betrachtet seyn will. Es gibt nun solche, die doch durch [die] Einheit des Gegenstandes begränzt sind; es gibt aber auch solche, die man ebenso gut weiter hätte fortsetzen können. In unsrem Satze war aber nicht überwiegend das äußre Begränztseyn gemeint, sondern 24–25 das … Productivität] lies: das Kunstmäßige in freyer Productivität dem Kunstlosen 32 ?] ,

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überwiegend das i n n r e , d. h. daß ein bestimmtes Verhältniß besteht zwischen jedem selbstständigen Theil des Ganzen und allen übrigen und daß alles durch diese Gegenseitigkeit der Beziehungen vollkommen bestimmt ist. Da kann man die Anzahl der Bestandtheile unendlich denken, aber sobald einer hinzu kommt, er in diese Beziehungen tritt und dadurch die andren etwas andres werden als eine neue Beziehung enthaltend. Diese äußre Unendlichkeit findet aber ihre Begränzung dann doch, wie wir später sehen. Es gibt einen vollständigen Gegensatz gegen das Kunstlose freyer Productivität wie es vom Traum beginnt und sich durch das Wachen fortzieht mehr oder weniger dunkel, bis es Conception wird. Denn dieses ist ebenso lose verknüpft und unbestimmt, nur vom Verhältniß der ganzen freyen Thätigkeit zur gebundnen überhaupt bestimmt. Die innre Bestimmtheit in allseitiger Gegenseitigkeit bildet den vollkommensten Gegensatz. Dieses in voller Schärfe genommen, scheint nun zu viel zu sagen, mehr als die Kunstwerke als ihren Ausdruck verlangen; denn genau genommen fordert ja der Satz, daß in einem Kunstwerk nichts andres sein kann, als es wirklich ist, ohne an Vollkommenheit zu verlieren, also das Merkmahl einer Nothwendigkeit unter Bedingung des Übrigen, i. e. wenn das Übrige so seyn soll, so kann das Einzelne nicht anders seyn als es ist. Dieser Maßstab scheint für das in der Kunst wirklich Gegebne nicht angemessen; man denke sich in [die] Entstehung eines Kunstwerks. In der Verfertigung, wo einige Theile schon da sind, überlegt der Künstler ja noch über andre Theile; aber die Beendigung der Überlegung ist doch nichts vollkommen Kategorisches, sondern man hätte sie fortsetzen und dann ein andres Resultat erhalten können. So wie wir vor einem Kunstwerk stehen, muß es freylich, je vollkommner es ist, den Eindruck der Zusammengehörigkeit der Theile auf uns machen, aber gehen wir auf das Einzelne so gewinnen wir oft gar nicht ein bestimmtes Gefühl, daß das Kunstwerk verlieren würde, wenn dieser oder jener Theil anders wären. Das Merkmahl erscheint also als zwar fundamental, aber in gewissem Maaße verschiebbar in ein mehr oder weniger. Allein beydes verschwindet. Das erste betrachtend sagten wir ja, daß allerdings das innre Urbild nicht im ersten Moment der Conception schon ganz vollendet werde, sondern allmählig sich vollende und der Anfang der Darstellung noch Einfluß übe auf die weitre Fortbildung. Nur insofern als diese allmählige Fortbildung nun wirklich die vollkommne Darstellung ist von dem was im Moment des Anfangs der Empfängnis prädeterminirt war, ist das Kunstwerk vollkommen, und dann ist diese innre Fortbildung in Form der Überlegung nicht auf diesen Punkt gekommen oder darüber hinaus, so ist das Werk ein unvollkommnes, wenn auch die Unvollkommenheit ein minimum seyn kann, so daß man nicht immer be-

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stimmt nachweisen kann wo es fehlt, da das Urbild nicht da ist. Das andre betrachtend, wie weit sich der Eindruck von Vollkommenheit des Ganzen ungestört in das Einzelne fortsetzen lasse, ist ja Maßstab für die Kennerschaft des Beschauers, und der minder Kunstverständige wird immer Manches sich vorstellen, als anders seyn könnend, hingegen der Kenner weit weniger und wo er denkt es hätte etwas anders seyn können, wird das eine oder andre das Vollkommne seyn. Nun tragen nicht alle Theile des Kunstwerks dieses Verhältniß im gleichen Grade in sich. Dieses führt auf einen andren | Unterschied in freyer Production, den des Werthes der einzelnen Theile für das Ganze. Einmahl kann man unterscheiden zwischen Wesentl ichem und Un w e s e n t li c h e m und in jenem wieder zwischen Ha uptsa che und N e b e n s ac h e . Was wir unwesentlich nennen können im Kunstwerk ist das, was man B e yw e r k nennt, als durch diese Bezeichnung vom eigentlichen Hauptwerk gesondert. Ein historisches Bild z. B. hat die Personen in ihrem Zusammenseyn zum Hauptwerk, ist etwa ein Hund dabey, so ist der Beywerk, das auch hätte fehlen können; ist er aber nun da in gewisser Begränzung seiner Ansprüche, so stört er nichts und diese für [die] Hauptsache indifferenten Füllungen sind Beywerk. So im epischen Gedicht sind [eine] bedeutende Anzahl mehr oder minder ausgeführter Bilder, Gleichnisse usw. Je weniger sie Hauptpunkte betreffen, desto mehr sind sie nur Beywerk, und die könnten oft fehlen unbeschadet der Kunst; aber eben weil der Charakter der Dichtung eine gewisse Breite verlangt, wie das Gemählde das einen gewissen Raum fordert, auch ein Erfülltseyn verlangt, so ist das Beywerk. Doch auch in den wirklichen Elementen des Ganzen ist different, daß die einen mehr beytragen zur Vollständigkeit des Ganzen als die andern, doch ist dieß ein geringer Unterschied, da es sich mehr um ein mehr oder minder handelt. Aber doch bezeichnet er einen wirklichen Gegensatz, in den einen [Elementen] ist weit mehr das Bestehen den Forderungen der technischen Vollkommenheit übergeordnet, ist die Bestimmung durch die Aufgabe selbst [gesetzt], und [in den] andern wo die Bestimmungen durch [die] Forderungen der technischen Aufgabe überwiegen. So sind Ha upt theile und N ebent h e i l e , und diese zusammen wieder verschieden vom Beywerk. Dennoch schließt unser Merkmahl das Beywerk gar nicht aus. So sind offenbar in jedem Kunstgebieth Gattungen, welche weniger Beywerk zulassen, andre, die mehr postuliren, so daß in diesen wenn es sparsam ist, sie dürftig erscheinen, jene wenn viel ist, überladen, oder aus dem Charakter ihrer Gattung herausgehen. Daraus folgt, daß diese Elemente als solche in den Begriff des Kunstwerks hineingehören und 17 das] der

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diesem etwas fehlt, wenn sie nicht in dem Maße, welches die Gattung fordert, vorhanden wären. Dieses scheint insofern willkürlich als ich mich auf ein vorausgesetztes Urtheil berufe. Die Begründung ist aber nicht schwer zu geben. So wenn wir denken, das Kunstwerk ist mit [der] Tendenz auf das Heraustreten von Anfang an concipirt und entwickelt worden, so muß das Auffassen des Kunstwerks sich verhalten in dem der davor steht, nicht wie eine freye Productivität, sondern wie eine gebundne Thätigkeit. Vor jedem zieht sich ein Spiel der freyen Productivität hindurch, und je mehr nun der Beschauende in dieser gebundnen Thätigkeit begriffen ist, wird dieses freye Spiel, dessen er sich nicht erwehren kann, auch in der Analogie mit dem seyn, was ihn eben beschäftigt; kann es außerhalb Pdesselben S versieren, so übte das Kunstwerk nicht seine Kraft, oder der Beschauende hätte noch nicht die Entwicklung es aufzufassen. Das Beywerk hat nun gerade die Bestimmung, diese freye Productivität zu binden und nun etwas außerhalb des Hauptwerks hinzustellen, das aber immer wieder auf das Hauptwerk zurückführt, und das ist es, was das Beywerk leistet, wenn es verständig und kunstmäßig sich zum Ganzen verhält. Stellen wir dieses fest und geben uns dann noch zu, daß es in der Kunstproduction selbst verschiedne Grade gibt, die dem Werthe des Kunstwerks nicht Abbruch thun, aber doch eine Abstuffung, so läßt sich damit die Vorstellung vereinigen, daß eine Differenz dabey sey, daß das eine eine vollkommne Gebundenheit des Ganzen durch die Theile darstellt, und [das] andre, wo dieß in minderem Grade vorkommt, ohne daß der Werth einer jeden Art verliere. Die Vollkommenheit des Kunstwerks im Ganzen besteht also aus begränzt verbundnen Einzelheiten. In den verschiednen Künsten verhält sich dieses verschieden. In Sculptur hat die Gestalt keine abtrennbaren Theile und so fällt die Vollkommenheit des Einzelnen und Ganzen so weit zusammen. Dehnt man sie zur Gruppe aus, so ist jede Einzelheit durch alle andren bedingt und das ist die innre Begrenzung. Da stießen wir auf das Beywerk. Auch dieses hat in den verschiednen Gattungen verschiednes Verhältniß. Ein s t r eng rer S t y l verträgt weniger, ein l a x e r e r fordert es mehr. Untergeordnet gilt dasselbe von [der] Differenz der Gattungen. | Im strengen Styl prägt sich dieser Gegensatz am stärksten aus; der mehr reiche, üppige Styl hat dessen mehr, und so kann sich der Gegensatz verlaufen bis er fast sich ausgleicht und schon zu sagen ist, was wesentlich und was Beywerk ist. Da scheint der Begriff sich wieder aufzulösen. Das rührt daher, weil 37 so] folgt ))mehr**

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jenes gegensätzliche Bestimmtseyn durch einander, nicht überall gleich zu verstehen ist. Der Begriff Vollkommenheit in einem Kunstwerk wo beydes in einander zerfließt, gestaltet sich daher negativ, daß wir bey dieser latitudo nichts als ein fremdartiges uns störendes zulassen. Je zusammengesetzter der Charakter einer Kunst desto schwerer ist die Vollkommenheit als Ganze zu bestimmen; und daher rührt die große Verschiedenheit der Kunstwerke und [die] Verschiedenheit des G e s c h m a c k s . Rechtfertigt sich also die Beschaffenheit des Begriffs so, so schwinden die Einwendungen, z. B. In unsren Untersuchungen über den Begriff Kunst in Anwendung auf die Zweige und bildende Kunst in Sculptur und Mahlerey durch den Begriff der Kunst unterschieden, da hatte es Sculptur allein mit Darstellung der Gestalten zu thun, Mahlerey mit [der] Differenz des Lichts an den Gestalten; so ist das ein solch zusammengesetzter Begriff; daher in diesem Gebieth die Vollkommenheit des Ganzen, daß die einzelnen Theile durch das Ganze bestimmt seyn, different gefaßt wird. Der eine verlangt es mehr von der Gestalt, der andre von den Beleuchtungsverhältnissen; jener sucht die Vollkommenheit in [der] Gruppierung, dieser im Colorit und Beleuchtung. Da gehen beyde von verschiednem Maßstabe aus, und das gilt nicht nur von Beschauenden, sondern auch von Künstlern, da der eine mehr diese, der andre die andre Vollkommenheit erreicht. So in der Poesie, wo auch solche Duplicität ist. Was in Mahlerey die Gestalten sind, sind da die Gedanken, Manifestation der freyen Productivität, dort im Bild, hier in Vorstellung; was dort Lichtverhältniß , ist hier Verhältniß des Gedankens auf die Sprache. Da ist nun dieselbe Verschiedenheit; es ist eine Construction aus zwei Mittelpunkten wie eine Ellipse, wo [die] Entfernung von jedem Punkt das Verhältniß bestimmt. Die Bedingtheit der einzelnen Gestalten durcheinander ist different, wenn der Dichter überwiegend auf Vorstellungen geht, oder überwiegend auf Darstellungen der Sprache. Sagt man dieser ist ja kein Dichter, sondern ein Sprachkünstler, so ist dieses bloß wahr, wenn dieses so überwiegt, daß die Gedanken nur da sind um der Verse willen, wie Figuren um der Lichteffecte willen. Ist hingegen noch lebendiges Verhältniß zwischen beyden, so kann die Differenz sehr groß seyn und doch das Kunstwerk nicht untergeordnet. Verfolgen wir den Begriff des B e yw erks noch weiter, so ist zu sagen: Was in jeder Kunst Beywerk ist, muß doch in das Gebieth der Kunst selbst gehören, sonst dürfte es nicht da seyn, also ist kein wesentlicher charakteristischer Unterschied zwischen dem was wesentlich und dem was Beywerk seyn kann; denn so wie etwas in die Kunst selbst gehört, muß es auch können an und für sich heraustreten. Sagen wir z. B. Es gibt in der Mahlerey gewisse Gattungen, wo das Architectonische mit zu dem Bilde gehört und andre, wo es als Beywerk er-

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scheint; so die thierischen Gestalten; so finden wir gleich eine Gattung, wo architectonisches Hauptsache ist und Figuren Beywerk, und Gattungen, wo thierische Gestalten Hauptsache und menschliche nur Beywerk. Der Begriff hing also gar nicht am Gegenstand, sondern bezieht sich bloß auf die Form. An Architectur gibt es Verzierungen, die man Arabeske nennt und die sind da Beywerk, ist also Architectonisches in einem Gemählde selbst nur Beywerk, so hat es in sich wieder Beywerk. Darum muß aber die Arabeske auch als selbstständiges Kunstwerk erscheinen können. In Poesie ist ein Gleichnis oft bloßes Beywerk und wenn auch PalsS Nebengedanke, so muß es auch als ein besondres Kunstwerk heraustreten können, und viele kleine Arten der lyrischen Poesie sind gerade das Selbstständige dessen, was in größrer Poesie nur Beywerk. — Ja wenn wir auch im Allgemeinen unterscheiden zwischen dem eigentlichen Kunstgebieth und dem uneigentlichen, wo Kunst nur an einem andren. | So sind Elemente aus der schönen Kunst in einer Geschäftsrede nur Beywerk, da der Zweck auch ohne dieses erreicht würde. So kommen wir wieder auf jenes oben Verworfne, das sich hier erst bestimmt: die schöne Kunst sey nichts andres als ein für sich heraustretendes Beywerk. Sondern wie in diesem Beyspiel das Musikalische in Sprache und [das] Mimische im Vortrag, so ist jedes ein Beywerk, und daher muß es auch selbstständig hervortreten können. Dieses entsteht nun daraus, daß die freye Productivität nicht an sich, sondern nur im Verhältniß zur gebundnen Thätigkeit beym Einzelnen gedacht werden kann; wo die gebundne Thätigkeit überwiegt, da sieht man die Kunst als ein für sich heraustretendes Beywerk zur gebundnen Thätigkeit an. Bestimmt die Metaphysik das Wahre und Gute als Element welches durch das Wissen und Sittlichkeit bestimmt ist und das Schöne als freye Productivität, so hält sie nur jene für wesentlich und das Schöne für Beywerk, das dann für sich heraustrete. In der Folge finden wir noch eine andre Anwendung zwischen Beywerk und Wesentlichem, wo die verschiednen Künste gegen einander zu bestimmen sind. — Jetzt führt es mich auf eine andre allgemeine Betrachtung. Wenn wir uns nun denken, daß was in einem Kunstwerk von größrer Bedeutung nur Beywerk ist, als Kunstwerk unabhängig für sich heraustritt, kann das in demselben Sinn Kunstwerk heißen wie jenes? Das ist nicht möglich sie gleichzustellen, wenn man das Verhältniß so erkannt hat; denn bestände die Kunst ganz und gar nur aus für sich herausgetretnem Beywerk, so wäre sie nicht dasselbe und gleichsam nur dazu da, um an einem Andern zu seyn. Aber in welchem Verhältniß stehen sie, das Beywerk in einem größren Werk und 9 können] könnte

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das selbstständig heraustretende Beywerk? Offenbar ist das letztre doch nur um des erstren Willen. Wenn wir vom Begriff der freyen Productivität ausgehen, als freyem Hervortreten dessen, was auch in gebundner Thätigkeit wie wohl unter [der] Form der Receptivität wahrhaft innre Thätigkeit ist, also ihre eigentliche Bedeutung im geistigen Leben hat, so kann, so wie einmahl das Merkmahl anhaftet, etwas nur als an einem andern zu denken, es eigentlich nicht mehr gefaßt werden als ein zum unabhängigen Hervortreten bestimmtes? Die Bedeutung für sich herausgetretnen Beywerks, obgleich es nur Kunstwerk wird, ja und wenn es auch in sich einen absoluten Werth hat, ist doch nicht gleich wie das der ursprünglich freyen Production; denn jenes ist im Ganzen der Kunst nicht um seiner selbst, sondern um eines Andren willen. Das meint man wenn man ein Kunstwerk ein S t u d i u m nennt; und das führt auf [die] Differenz zwischen eigentlichen Kunstwerken und zwischen Studien. Die letztren können allerdings einzeln als Kunstwerke an sich betrachtet werden[,] wollen wir sie aber in der GesamtKunstthätigkeit des Künstlers betrachten und als sein eigentliches Werk ansehen, so stellen wir ihn bedeutend herab, unerachtet wir dem Werk an sich absoluten Werth zuschreiben. Ein Künstler der nichts gemahlt als noch so vollkommne Arabesken, ja so ist nicht der eigentliche Kunstgeist in ihm, da dieses darauf deutet, daß es nur an einem Andern seyn will. So läßt sich ein Landschaftsmahler oft die Figuren von einem Andren machen, und wäre dieser ein solcher, der sich nur dazu gebrauchen ließe, Landschaften zu füllen, so würden wir ihn auch so taxiren. Vom Künst le r fordern wir, daß seine freye Productivität in einem solchen Gebieth sich zeige, wo nun gegenüber derselben Function in der gebundnen Thätigkeit doch ein wesentlicher Inhalt ist, so daß aber Kunst Ergänzung und Vervielfältigung der Natur ist und eine wesentliche Modification der Formen des Seyns. Das kann man von Kunstwerken nicht sagen, die nur herausgetretne Beywerke sind. Als Kunstwerk können sie vollkommen seyn, als Thätigkeit des Künstlers aber dürfen sie untergeordnet nur seyn. Die Dürersche Arabeske als Ränder zu Kunstwerken sind absolut vollkommne Kunstwerke. Hätte Dürer nichts andres gemacht, so wäre er doch kein vollkommner Künstler. Hier machen wir eine bestimmte Differenz. Ein ganz verschiednes ist der absolute Werth eines Kunstwerks als solchem und der Werth desselben als Thätigkeit des Künstlers. Es ist nothwendig, daß die Thätigkeit des Künstlers sich so differencirt, daß einige Studium sind, andre Kunst. Ohne 8 bestimmtes] bestimmter

30 Seyns] folgt ))ist**

33–35 Vgl. die Sachanmerkung zu S. 66,13

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jene Vorübung wird er es nicht zur Kunst bringen. Nun gibt es aber Werke, die man als beydes ansehen kann und der Gegensatz verschwindet. | Solche Werke sind also um eines Andren in der Kunst selbst willen, d. h. Studien, und in jeder Kunst wird es solche geben, die einen bedeutenden Theil der Masse ihrer Producte ausmachen. In der Musik ist ein Canon nichts andres als ein contrapunctisches Studium. Jeder der Künstler werden will, muß es als Übung hervorbringen, weil die Regeln des Verfahrens sich daran am besten zeigen und beurtheilen lassen. In der Poesie ist das Epigramm eine solche Gattung. Es kann für sich Kunstwerth haben; bringt einer nur Epigramme hervor, so stellen wir ihn als Dichter auf niedrige Stufe, denn für den wahren ist das Epigramm nur ein Studium nicht bloß für Versification, sondern für Combination. In einem größren Gedicht soll zwar nie ein Epigramm sich herausschmücken, dennoch wird sich zeigen an gewissen Punkten, welchen Einfluß dieses Studium hatte, an Stellen, wo solche Spitzen sind, wie im Epigramm. Auch in der Mahlerey gibt es neben den allgemeinen auch noch Studien zum Behuf eines bestimmten Werkes, die auch ihre Vollkommenheit haben können, so daß man ohne die Geschichte des Entstehens zu kennen, es nicht als bloßes Studium erkennen könnte, z. B. von historischen Gemählden mahlt der Künstler oft bedeutende Köpfe besonders, die sich als Portrait darstellen, bis man historisch weiß, es ist ein Studium auf dieses und jenes Bild. In der Architectur nun ist ein bestimmter Zusammenhang mit dem gemeinsamen Leben, [sie] hat also eine Bestimmung; und da kann man gewisse Aufgaben zwar als Studium behandeln, aber doch so, daß sie als eigentliche Werke da sind, und mehr nur für ihr Studium. Auf diesem Gebieth ist das Minimum dieses Unterschieds, der die Selbstständigkeit des Werks betrifft. — Nun gibt es noch einen andren, nicht in allen Gebiethen gleich, den Unterschied zwischen Sk i z z e und K unst werk . Man könnte denken, das gehöre nicht in [die] allgemeine Betrachtung, sondern in die bildende Kunst und zunächst in Mahlerey, aber das Analogon findet sich in allen Künsten. Es beruht darauf, daß das innre Urbild von dem Moment an, wo es eine Conception ist, also auch [die] Entscheidung es darzustellen, doch noch ein innres Werk ist und allmählig nur zur Vollkommenheit gelangt. Dieses sahen wir jedoch geschehen im Zusammenhang mit der äußren Ausführung selbst. Das innre Urbild des Künstlers läßt sich also auf verschiednen Punkten fixiren. Fixirt es der Künstler nur auf einem Punkt, wo weder das innre Urbild, noch [die] Ausführung ihre Vollständigkeit in allen Theilen hat, so nennt 24 ein] in

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man das eine Skizze. Diese sind oft auf solchen Punkten der Ausführung, daß nur der Kenner es vom Kunstwerk unterscheidet, besonders in der Mahlerey. In andren Künsten hat es hier und da Schwierigkeit, und [Skizzen] kommen nicht in allen Zweigen so zur Wirklichkeit wie in der Mahlerey. Der Punkt ist aber überall da, und überall von gewisser Bedeutung. Dieses allmählige Werden des innren Urbilds ist wie in der Natur überall nicht eine gleichmäßige Bewegung, sondern eine mit bestimmten Differenzpunkten, i. e. Entwicklungsknoten, wo eine neue Stuffe der Entwicklung angeht. Das sind nun Punkte, wo sich das Werk skizzieren läßt, während andre Punkte noch unvollständig sind. Je mehr dieses dem Anfang zu liegt, desto unvollkommner die Skizze, gegen das Ende hin kann sie so vollkommen seyn, daß nur noch die letzte Hand fehlt. In der Poesie sind die meisten Schwierigkeiten. Das innre Werden des Urbildes kann wohl gedacht werden, aber sollte es versificirt sich äußern, so scheint dann nichts mehr veränderlich; denn soll die letzte Hand noch an die Versification kommen, so ist diese eben als noch nicht fertig erklärt. Dennoch gibt es viele Darstellungen in [der] Poesie, die man nur für Skizzen halten kann, ob sich die Dichter desselben bewußt sind, ist eine andre Frage und | fällt in die specielle Betrachtung. — Wir berücksichtigen noch die Differenz zwischen einem gan z f r ey en Werk und einem g eleg e n t l i c h e n ; ein sehr bedeutender Unterschied. Wie vom eigenthümlichen Wesen der Mahlerey die Rede war, war aber diese Richtung auf die Gestalt und Lichtverhältnisse als freye Productivität das, was der Mahler macht und beständig in ihm thätig sey, bis er Punkte als Urbilder fixiert. Diese innre Thätigkeit ist ganz unabhängig vom Gegenstand. Fragt man, woher diese komme, so gibt es viele Fälle, wo dem Künstler der Gegenstand gegeben wird, und andre, wo derselbe nie das Product seiner innren Thätigkeit ist. Gingen alle Werke so frey hervor und beschränkten sich überwiegend auf Gegenstände einer bestimmten Art, so müßte man eine bestimmte Richtung des Künstlers zu diesen Gegenständen hin voraussetzen; während doch oft dieselben gegeben sind, z. B. die christliche Mahlerey hat Gegenstände der heiligen Geschichte. Da könnte man leicht schließen, die Bestimmung dieser Gegenstände entstehe im Künstler aus besondrer religiöser Gesinnung; sieht man sie aber auch heidnische religiöse Gegenstände behandeln, so verschwindet der Schluß. Vom persönlichen Verhältniß des Künstlers zu seinen Gegenständen muß man unterscheiden, wo diese aus ihm selbst hervorgehen und wo sie ihm gegeben sind. Das letztre ist ein ge l e ge n t l i c h e s We r k . Das ist dem Künstler nicht als Ganzes aus Einem innren Moment hervorgegangen, obgleich man einen innren Moment abwartet, wo derselbe mit seiner innren Thätigkeit Eins wird, aber gelingt ihm auch dieses, so ist doch das Werk

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nicht rein aus seinem innren Moment hervorgegangen. Betrachten wir die Kunstthätigkeit in ihrer geschichtlichen Entwicklung und finden Perioden, wo gewisse Gegenstände dominiren und andre, wo andre, so hängt das schwerlich so zusammen, daß dieses Differenzen seyen nur in den Künstlern selbst, sondern im Gesamtleben, das den Künstlern zu verschiednen Zeiten verschiedne Gegenstände gibt. Nimmt man in [der] Mahlerey die relgiöse Periode[,] dann die des französischen Geschmacks, so liegt die Differenz in der herrschenden Richtung im Gesamtleben, das zeigt sich besonders in allen Kunstwerken, die den Künstlern gegeben wurden, was man freylich nicht allen ansieht. Es gibt in allen Künsten Werke vom größten Charakter, die doch nur solche gelegentlichen sind, aber ebenso eine Masse von kleinen Productionen, die nur solche Gelegenheitswerke sind. Die Dignität des Kunstwerks hat also mit diesem Unterschiede gar nichts zu schaffen. Ein heiliges Gemählde, ob dem Künstler aufgegeben, oder rein aus ihm, darf sich gar nicht unterscheiden. Das alte Drama war an festliche Zeiten gebunden und [durch] Concurrenz eröffnet, also ist Gelegenheitswerk; [die] Vorstellung dieser bestimmten Zeit und dieses Concurrenzverhältniß hat es hervorgerufen. In spätren Zeiten gaben die Accademien Kunstwerke auf, also Gegenstand und Gattung und da fordert man, daß es ein vollständiges Kunstwerk seyn soll. Daraus folgt nun schon, daß wenn man denselben Unterschied in kleinen Productionen sieht, man nicht deswegen sagen kann: Das ist Gelegenheitswerk oder Gedicht, da muß man nicht viele Ansprüche machen, sondern sie sind derselben Vollkommenheit fähig und sollen sie auch haben. Betrachten wir ihre Genesis, so schließt dieß das Verhältniß auf, in dem der Künstler steht zum ganzen gemeinsamen Leben in dem seine Kunstthätigkeit versiert. Wir müssen verschiedne Fälle unterscheiden. Am entferntesten vom Hervorgehen des Kunstwerks aus rein innrem Moment des Künstlers ist der Fall, wo ihm der Gegenstand von einem Andren aufgegeben wird in irgend einer bestimmten Beziehung. Da muß er sich hineinversetzen und in einer bestimmten Zeit vollbringen; da kommen äußre Impulse vom ersten Anfang an bis zum letzten Ende. Fragen wir, erscheint nicht dadurch der Künstler auf untergeordneter Stellung, | macht er sich nicht zum Werkzeug eines Andern der doch hier weniger versteht und producirt eigentlich diesen[,] nicht sich selbst? Auf diese Spitze kann man es treiben, daß der Besteller den Entschluß eigentlich zu machen scheint, der Künstler nur die Ausführung, z. B. ein Componist muß oft die Kräfte der Aufführenden berücksichtigen. Dadurch erniedrigt sich der Künstler aber nicht; hingegen wenn in dem, was ihm gegeben wird, etwas im Wider22 man] wir

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spruch ist mit seiner eignen Kunstthätigkeit und er läßt sich es gefallen, dann steigt er von seiner Würde herunter; wenn er aber nur eine Ahndung hat, daß es so seyn könne, erniedrigt er sich nicht, und da der Bestellende nie die Vorstellung so fix hat, so hat der Künstler noch Spielraum. Grenzpunkt ist, daß der Künstler seine Freiheit nie aufopfere, sonst übt er nur das für ihn betrachtet eigentlich Mechanische. Selbst wo der Künstler Organ eines Andern ist, ist noch zu unterscheiden. Elemente aus verschiednen Zeiten zusammenzustellen, würde man geschmacklos nennen; früher aber fand das keinen Anstoß. Vergleichen wir die Künstler jener Zeit mit den unsrigen, warum gibt jetzt Anstoß, was damahls nicht? Das liegt im Einfluß des Gesamtlebens auf die künstlerische Praxis selbst. Ein Gemeinwesen verlangt ein solches Kunstwerk für ihre Frömmigkeit, die darin zugleich dargestellt seyn sollte. Dieses ging durch das ganze religiöse christliche Leben hindurch, hatte also Einfluß; wäre jenes jetzt noch, so hätte es jetzt noch Einfluß. Die Veränderung ging nun nicht bloß etwa von Veränderungen des Geschmacks aus, sondern von geänderten Überzeugungen überhaupt. Dennoch würde der Künstler nicht rein aus sich zusammenstellen, was nicht zusammen da seyn könnte, z. B. Personen des Neuen Testaments und spätre Heilige; nur wenn eines allgemein anerkannt war, braucht es der Künstler als gegeben, und fällt doch in [das] Gelegenheitswerk. Gelegenheitswerk ist, was dem Künstler von Außen her gegeben wird; aber wie wenn das eigne Lebensverhältniß des Künstlers selbst der Gegenstand ist? So ist es doch vom Einfluß der gebundnen Thätigkeit her; und dieß fällt zusammen, ob von des Künstlers oder einer andren Subjectivität aus. Gibt sich der Künstler einem solchen Impuls hin, so wird er von der Composition ergriffen und so steigert sich die Forderung, die wir an jedes Gelegenheitswerk in Beziehung auf ursprüngliche Composition machen. Von der entgegengesetzten Seite aus sagen wir: Wie dort die Darstellung des Künstlers vom Gesamtleben aus auf eine Art bestimmt wird, wie sie vom Künstler selbst aus es nicht würde, fragen wir: Wie ist es, wenn der Künstler Compositionen macht, die mit dem, was im gemeinsamen Leben gilt, nicht in Zusammenhang stehen? Das zerfällt in zweierlei, er kann componiren auf eine Art, daß man keine Veranlassung in dem was im öffentlichen Leben gilt, irgend finden kann, aber auch so, daß eine Composition im Widerspruch steht mit dem was im öffentlichen Leben gilt. Wie verhalten sich beyde unter sich und beyde zusammen zur Kunst? Es findet überall zweifaches Verhältniß statt zwischen dem Einzelnen und seinem Gesamtleben 1.) der Einzelne ist unter dem Gesamtleben befaßt und in allen seinen Bewegungen vom modus des Gesamtlebens gehalten. Je mehr dieß ist, desto 42 gehalten] folgt ))wird**

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weniger persönliche Eigenthümlichkeit ist in seinen Bewegungen, i. e. desto mehr gehört er der Masse an; und sind sie nicht nur dem Gehalt nach bestimmt durch die allgemeinen Lebensbewegungen um ihn, sondern werden sie von diesen hervorgerufen, er von diesen dazu hingerissen, so gehört er zur Masse. 2.) Der Einzelne übt einen Impuls auf sein Gesamtleben [aus], sonst könnte keine Veränderung in diesem entstehen. Eine Veränderung im Gesamtleben muß irgendwo anfangen und zwar nicht gleichmäßig überall, sondern zuerst von einzelnen Punkten aus, die also den Einfluß auf das Ganze geübt hatten. Wenn wir einen Künstler durch seine ganze Production verfolgen und als Resultat finden, daß | alle seine Werke gelegentlich sind, insofern sie ihren Impuls vom Gesamtleben aus haben, so hängt [damit] zusammen, daß er immer von besondren Umständen aus bestimmt ward. Da ist ein Künstler aber doch in seinem Lebenscharakter der Masse angehörend, was seiner Künstthätigkeit wie seinen übrigen Handlungen anhaftet. Denken wir den Künstler aus sich selbst heraus producirend, so daß man darin seine persönliche Eigenthümlichkeit findet aber immer im Einklang mit der des Gesamtlebens i. e. mit dem herrschenden Geschmack, so ist sein politischer Einfluß auf die Gesamtheit gleich Null, von ihm aus entsteht nichts Neues im Gesamtleben, wenn auch alle seine Productionen rein in ihm selbst entstanden sind, er steht unter dem Einfluß des Gemeingeltenden. Nun die Fälle, [in] denen [die] Productivität sich nicht aus dem Gemeingeltenden erklären läßt; sind diese immer Zeichen einer neuen Richtung, die die Kunst nimmt? Offenbar nur, insofern sie sich geltend macht, also eine solche unter den ersten einer Reihe ist, die ihm nachfolgen. Je mehr sich anschließen, desto mehr hört das bisher Herrschende auf und ein Neues macht sich geltend. Da sind viele Fälle. Es kann in Vielen Abweichung vom Herrschenden seyn, aber sie sind nicht in Einheit. Das entsteht, wenn das Verhältniß zum Gesamtleben gleich Null, denn wenn dieses keine Gewalt hat über zersplitterte Erscheinungen, so hat es überhaupt keine Gewalt, und die Beziehung der Kunst auf das Gesamtleben hört auf, i. e. sie verliert ihren öffentlichen Charakter, z. B. Die erste Periode der modernen Mahlerey war überwiegend religiös; daneben existirten auch Kunstwerke, die ihre Gegenstände im Alterthum hatten, was mit einer allgemeinen Weltrichtung zusammenhing[,] mit [der] Wiederherstellung der Wissenschaften des Alterthums. Das Religiöse war das populäre, dieses nur für die Classen, für welche die innre Richtung entstand. Nun verfiel das Religiöse, weil es meistens in den Ständen verschwand, die eine Empfänglichkeit für Kunst hatten. Das als Kunstwerk ganz verwerfliche Produciren dieses Gebiethes[,] Legenden cet.[,] hat nie aufgehört. Dafür entstand ein Andres, was sich nur bey Einzelnen und im Privatleben geltend

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machen konnte. Das der Charakter der französischen Kunst die sich nun neue Gegenstände machte, sc. ein willkürliches allegorisches Gebieth in Beziehung auf Begebenheiten die nur für gewisse Kreise Interesse hatten, und eine Anwendung des Mythologischen ganz aus der des Alterthums herausgehend. Das war nur ein Zeichen vom Verfall der Öffentlichkeit der Kunst ohne daß je ein neues Kunstleben daraus entstanden wäre, weil es nie in das öffentliche Leben überging, sondern Decoration für die Vornehmen war, was mit [dem] Verfall des Gesamtlebens überhaupt zusammenhing im Zeitalter Louis XIV. — Ein andrer Fall ist, wo das vom Herrschenden Abweichende Zusammenhang hat und Geltung gewinnt, aber eher ein Verfall ist als eine Verbesserung in [der] Gestaltung der Kunst. Im Großen betrachtet läßt sich das nicht als etwas eignes darstellen, ein solcher Verfall kann nicht als einzelne Periode gelten, sondern einerseits hängt er zusammen mit Unvollkommenheiten in der Kunst, die früher leichter übersehen wurden, weil durch andres überwogen. Tritt dann [ein] Verfall des Gesamtlebens ein und Kunst ist nicht mehr in Zusammenhang mit demselben, so bleibt nur, was früher die an den bessren haftende Unvollkommenheit war, aber nur insofern ein Interesse an der Kunst fortdauert. Das finden wir in der Poesie, wenn wir die Zeit der Meistersänger mit der der Minnesänger vergleichen. Das Unvollkommne was dieser anhaftete consolidirte sich unter jener, sc. die Art wie der Inhalt unter [der] Gewalt der äußren Form stand, als Mangel von Herrschaft über die Sprache. Wäre nicht ein äußres Interesse gewesen, ein Verlangen die Sprache in poetischer Form fortdauern | zu sehen, so hättte die Poesie eher aufgehört, als sich lange so erhalten. Auch hier gingen Einzelne voran und übten also Einfluß um einen Verfall hervorzubringen. Nun das Entgegengesetzte. Die Anfänge einer wirklich neuen Richtung eines neuen Lebens in einem Kunstgebieth. Ist dergleichen möglich in einer Zeit, wo es noch eine lebendige Kunstproduction gibt unter Potenz des herrschenden Typus im Gesamtleben? Dieß hat große Unwahrscheinlichkeit. Wer es behauptet, verkennt gewöhnlich den vorhergehenden Zustand. Das Vorherrschende in der Kunstgeschichte ist doch, daß der frühre Charakter irgendwie Null wird oder dem nahe, ehe sich ein neurer entwickeln kann. Das Entgegengesetzte ist kaum möglich ohne einen so bestimmten Gegensatz, durch welchen das Alte als nicht mehr herrschend und das Neue als noch nicht herrschend [sich] zeigen könnte; und so kann ehe das Frühre seine Kraft verlor, das Neue nicht aufkommen als herrschend. Unsrer Poesie in [der] Mitte des vorigen Jahrhunderts z. B. gedacht, da war eine Zwischenperiode zwischen ihr und zwischen [der] Zeit der Meistersänger. In dieser gab es Poesie, hin und wieder trefflich, wenn gleich an Sprachunbeholfenheit leidend, sowohl religiös als poli-

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tisch. Aber der nationale Zustand war so, daß dieses nicht zu eigentlicher Geltung kam. So folgte dieser Zustand des vorigen Jahrhunderts eigentlich auf einen Verfall, wo Kunstthätigkeit vereinzelt war. Diese neure Periode war nur Nachbildung des Französischen, was überhaupt statt fand im Leben, auch als Corruption der Sprache schon herrschend, wie im vornehmen und gemeinen Leben. Diese Nachahmung kann [man] doch eigentlich nicht eine Periode des Deutschen Kunstlebens nennen, aber es war die Art, wie sich ein allgemeiner Verfall im Gesamtleben zeigte auch in der dichterischen Production. Entstand dann eine neue Richtung, so trat dieselbe nicht eigentlich als Gegensatz auf, da diese Nachbildung eher Null oder minus als etwas Positives war, das Verhältniß der Künstler zum Gesamtleben war eigentlich Null und in das Volk gingen ihre Productionen eigentlich gar nicht ein. Die Vorangehenden finden ihre Nachfolger, ohne daß diese nun ihre Nachfolger wären, d. h. kein klares Bewußtseyn hatten zwischen der Differenz dieser neuen Richtung und [der] alten; sondern die Richtung ist in diesen wie [in] jenen und jene gehen nur der Zeit nach voran. Verfolgen wir dieses Verhältniß noch weiter in das Specielle, die Rücksicht auf Succession fahren lassend, und denken einen erst entstandnen Kunsttypus, so kann es gleichzeitig oder nach einander wieder untergeordnete Mannigfaltigkeiten geben, und von diesen auch irgendwo der Anfang seyn. Dieses untergeordnete Verhältniß ist der Begriff von Sc h u l e [,] untergeordnet jenem großen allgemeinen vom alten sich unterscheidenden Typus. Z. B. Bey [der] Wiederentstehung der Mahlerey wollen wir die Italienische herausnehmen. Dieß ist eine solche neue Periode und da finden wir zugleich mannigfaltige Modificationen, die man verschiedne Schulen nennt, unter sich gar nicht so different, wie die Italienische Mahlerey Ende [des] 15. und 16. Jahrhunderts z. B. von der byzantinischen different. Die Erneuerung der Poesie in Deutschland betrachtend finden wir auch einen 29–5 Die sog. Sächsische Schule formierte sich um Johann Christoph Gottsched im Rahmen der von ihm entwickelten Regelpoetik und Empfindsamkeit in Leipzig. Die sog. Schweizerische Schule, die sich um die beiden Zürcher Philologen Johann Jakob Bodmer und Johann Jakob Breitlinger formierte, wendete sich gegen die formelle, am Kanon der aristotelischen Poetik und dem französischen Klassizismus orientierte Ansicht Gottscheds und rekurrierte vielmehr auf den englischen Sensualismus und die mittelalterliche Literatur, was für die frühromantische Bewegung in einigen Hinsichten bedeutsam war. Die Diskussion wird gelegentlich auch als eine deutsche Variante der „Querelle des Anciens et des Modernes“ bezeichnet. Vgl. Annabel Falkenhagen: „Sinnesempfindung und Gemütsbewegung. Zum Konzept der ,empfindlichen Lust‘ in der Poetik Bodmers und Breitingers mit Blick auf ihr Verhältnis zur Empfindsamkeit“, in: Elisabeth Décultot, Gerhard Lauer (Hg.): Kunst und Empfindung. Zur Genealogie einer kunsttheoretischen Fragestellung in Deutschland und Frankreich im 18. Jahrhundert, Heidelberg 2012, S. 37–66.

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gemeinsamen Typus, der anfing unter [der] Form der Nachbildung des Antiken und Französischen, aber immer mehr sich zur Eigenthümlichkeit bildend, da unterschied man die Schweizerische und Sächsische Schule, beyde eine Modification desselben Typus, wie er vom frühren different. In der Sächsischen warf sich einer mehr auf das Französische, ein andrer auf das Antike. Wie etwas nicht bloß Nachzuahmendes hervortrat[,] Noachide und Messiade, desto mehr amalgamiren sie sich. Auch in den Schulen gibt es Vorgänger und Nachfolger; nicht nothwendig ist aber der Erste der vorzüglichste, sondern es ist natürlich und meistens nachweislich, daß die Vollkommenheit nicht am Anfang war, sondern die Spätren über den der die | Bahn gebrochen hat, hinausgehen. Sehen wir nun das Verhältniß sich so gestalten, daß nur eine Reihe bloßer Nachfolger folgt, so ist dieß ein Zeichen, daß die Lebenskraft einer Kunst sich anfängt zu erschöpfen, was die periodische Natur ist aller untergeordneten Kunstarten. Halten wir diesen Begriff der Schule in der Kunst fest, so ist er bedeutend different von demjenigen im Wissen. In der alten philosophischen Schule ist gewöhnlich der Urheber der eigentliche Meister, und sein eigenthümlicher Typus dominirt über die persönlichen Eigenthümlichkeiten der Nachfolger, oder sogar die Schüler geben nicht mehr lebendige Productivität, sondern behandeln nur das Gegebne vom Meister. So ging es bald mit der Platonischen und Aristotelischen Schule. In der Kunst finden wir hingegen eben so oft den entgegengesetzten Fall, einen sich entwickelnden Typus, aber da ist auch die Einheit einer Schule weit schwerer zu bestimmen, weil man ihn oft nach einer gewissen Localität mehr bestimmt, als daß der Typus sich durch alle Künstler hindurch zöge. Schon wenn wir zurückkommen auf den relativen Gegensatz zwischen ursprünglichen und gelegentlichen Werken und [die] Art wie derselbe sich ausgleicht, müssen wir sagen: Wenn die freye Productivität des Einzelnen wie sie in seiner persönlichen Eigenthümlichkeit den Grund ihrer Bestimmtheit hat und diese ausspricht, etwas werden soll, was sich fixirt, geschichtliche Bedeutung bekommt, so muß der nationale Typus ebenso so darin seyn. Denn dadurch ist bedingt die Empfänglichkeit der Masse, und die Möglichkeit, daß der Einzelne Andre zur analogen Kunstthätigkeit begeistre, was er vermöge der persönlichen Eigenthümlichkeit nicht kann, da sie unübertragbar ist, sondern nur vermöge des mit Andren gemeinsamen Eigenthümlichen, i. e. nationalen. So muß alle historisch bedeutende Kunstthätigkeit eine na t i o n a l e seyn. In wiefern ist nun dieses wirklich ein Allgemeines, und 7–8 Vgl. Johann Jakob Bodmer: Der Noah. In zwölf Gesängen, Zürich 1752. Friedrich Gottlieb Klopstock: Messias, Halle 1751–73

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kann man gegenüberstellen, wenn ein Kunstwerk nicht zugleich Ausdruck des allgemeinen Lebens ist, so kann es auch keinen historischen Werth haben, z. B. in der neuern deutschen Poesie hat sich nicht von Anfang [an] der nationale Typus gezeigt, vielmehr waren die Anfänge eine Nachahmung; und doch sind Anfänge und Folgen in so genauem Zusammenhang, daß man keine Grenze ziehen könnte. Aus einem allgemeinen Gesichtspunkt: Betrachten wir die ganze moderne Sculptur so finden wir sie auf die Cultur der classischen Völker auf tiefe Weise gebaut, [sie] hat ihre Wurzel da, und sie wäre ohne dieses nicht so wie sie ist, obwohl wir sie jetzt für ein Eigenthümliches anerkennen und sogar zwischen antiker und moderner Kunst unterscheiden. Soll nun alle Kunst national seyn, so war das doch nicht in erster Zeit der bloßen Nachahmung, und doch kann man keine Grenze machen. Ungeachtet nun die PSprachwanderungS z. B. corrupt ist, so wird man der Sprache doch nicht alle fremden Federn ausrupfen wolllen, sonst reicht sie nicht hin. Man sagt freylich ja das Griechische und Latein ist doch so ähnlich, daß keine Differenz im Bewußtseyn da ist, wo man von ihnen PbraucheS. Diese ursprünglich gemeinsame Abstammung der Deutschen, Griechischen und Lateinischen Sprache z. B. aus Sanscrit oder weiß Gott was, ist kein Bewußtseyn in uns, sondern nur daß jene zwei uns fremd seyen. Was deutsche Kunst wäre ohne jene Griechische und Lateinische, könnte man gar nicht angeben, so tief sind sie in unsre Entwicklung eingedrungen. Fassen wir es noch anders: Wenn jetzt unter uns poetische Werke entständen, die sich in dem Maaße anschlössen an das Älteste, was wir für deutsche Poesie halten, so würde es uns ebenso als Nachbildung und uns Fremdes erscheinen, wie jene Kunstwerke, die sich an das Antike anschlossen. Offenbar hat jenes Princip seine Wahrheit aber nun in den gehörigen Schranken. Noch aus einem größren Gesichtspunkt werden | wir wieder in jedem Volk zwei Perioden finden, eine der A bg eschloss enh e i t in sich und eine der G e m e i ns c h a f t mit dem F remden; die letzte nun ist die Zeit der Vollkommenheit in der Kunst. Im Antiken hat [die] Berührung mit den asiatischen Völkern und egyptischer Cultur entscheidenden Einfluß auf [die] hellenistische Entwicklung gehabt und die größten Productionen fangen erst an, wo der Sinn für andre Eigenthümlichkeiten des menschlichen Lebens sich in einem gewissen Umfange entwickelt hatte. Es läßt sich nicht denken, daß dieses Element gegenseitiger Berührung bloß ein theoretisches wäre, i. e. das Fremde einginge bloß in Form der Vorstellung und Beobachtung, sondern auch in Form des Wohlgefallens. Dieses rührt her von [der] Identität des menschlichen Geistes, der sich selbst in einer andren Pro11 unterscheiden] unterscheidet

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ductivität erkennend Wohlgefallen hat, weil es Bewußtseyn einer Lebenserhöhung wird. Kenntniß und Wohlgefallen am Fremden ist also in jeder natürlichen Entwicklung wohlthätig; das kann aber nicht abgehen ohne eine wenn auch nur scheinbare Verringerung des Nationalen als eines Ausschließlichen; scheinbar, weil das Ausschließliche nicht das Wesen des Nationalen ist. Wird es von einem Fremden berührt, ohne daß dieses Wohlgefallen zu erregen vermag, so wird das Ausschließliche positiv bewußt, aber es entstehen Corruptionen, die Eigenthümlichkeit dieser Nation wurde nicht befruchtet durch andre. Aufnahme eines Fremden ist wesentliche Bedingung der Fortentwicklung. Auf [dem] Gebieth der Kunst gilt das nun überwiegend, daß das Wohlgefallen die analoge Thätigkeit hervorruft, weil die Productivität frey ist. In andren Gebiethen gar nicht so, das wäre da ein krankhafter Zustand, z. B. Wenn die Juden unsre classische Welt kennen, so haben sie Wohlgefallen an politischen Formen des classischen Alterthums, aber in Thätigkeit geht es nicht über, weil sie in einer Lebensgemeinde sind, die sie noch nicht dazu beruft, Wohlgefallen am Fremden und Thätigkeit im Vaterländischen besteht dann neben einander und erst, wenn dieses Corruptionen hat, gewinnt jenes [an] Einfluß. Dieß darum, weil [die] Thätigkeit eine gebundne ist. Hingegen in freyer Productivität ist kein Wohlgefallen denkbar, ohne daß dadurch eine Analogie in der freyen Production selbst entstände. In dieser Hinsicht sind freylich die neuern Völker bedeutend different. Die Deutschen sagt man, haben am meisten Empfänglichkeit für das Fremde, weil sie weniger Einheit der Lebenskraft in sich selbst hätten. Dieses ist eine Unvollkommenheit, aber Irrthum ist es, jenes allein aus dieser Unvollkommenheit abzuleiten. In der neuesten Zeit hat sich nun bedeutend später freylich in den Nachbarvölkern Empfänglichkeit für das Deutsche entwickelt, die schon anfängt bedeutenden Einfluß zu üben, so daß das neue Element bey ihnen auch eintritt, nur später. Ihre Productivität in der frühen Zeit hat auch eine Erstarkung in den Formen des nationalen Typus entwikelt, das nun durch das Hinzustellen dieses Fremden verschwindet. In [der] Kunst kann man dieses Aneignen des Fremden gar nicht zu niedrig stellen; als bloße Nachahmung hat es freylich keinen Werth, aber bloß das wird es nie seyn, sondern immer sind neue Elemente darin, und aus diesen entwickeln sich dann neue Lebenszweige. Die Romanische und englische Kunstthätigkeit haben so Einfluß auf uns gehabt, aber von dem so in uns Gewordnen gingen neue Triebe auf jene selbst aus. Dieß gibt also den Maßstab des Nationellen in der Kunst. Das Gesamtbewußtseyn ist nichts andres als Moment des nationalen Lebens, erst aus diesem entsteht höhre Kunstthätigkeit. Die auf das Einzelleben gerichtete Productivität ist untergeordnet. Wie verhält sich das rein Nationale zu dem von fremdem

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Einfluß modificirten? Das abstoßende Nationale ist nur mit Ausgeschlossenheit des Gattungsbewußtseyns; da es nicht Vollkommenheit des menschlichen Seyns überhaupt [ist], so [ist] auch der Ausdruck davon nicht die Kunst. Zwischenstuffe wäre Beharrlichkeit des nationalen Typus bleibend wie vom Anfang, und zugleich | ein Anerkennen der fremden Nationalität, doch ohne Einfluß auf freye Thätigkeit. Aber die Geschichte zeigt, daß diese Mittelstufe nur eine Zwischenstufe, kein bleibender Zustand sey. Völker die einen kurzen Lebenslauf haben, sind zu betrachten, zertheilt in kleine Massen und dem großen organischen Ganzen des Lebens unfähig. Auf der andren Seite solche, die diese Fähigkeit haben, aber undenkbar ist, daß das vorher Abgeschloßne nicht durch Berührung mit dem Fremden umgestaltet werde. Es läßt sich auch nicht denken, daß eine stetige Gemeinschaft unter den Völkern bliebe auf der Zwischenstuffe, ohne Aneignung und Umbildung. Ein solch geschichtlicher Punkt findet sich sobald es organische Zustände gibt, die ihrer Natur nach über den Umfang der Volksthümlichkeit herausgehen. Das sind die religiösen und die wissenschaftlichen Zustände. Bey den wissenschaftlichen finden wir es in der Periode der Bildung der jezigen Völker, wo lange die lateinische Sprache die der Gebildeten war, die Volkssprache aber noch auf den kleinren Umkreisen des frühren Daseyns basiert war. Durch jene Sprache bildete das westliche Europa wissenschaftlich ein Ganzes; was mit der Kirche zwar zusammenhing, aber dennoch sind beyde zu unterscheiden. Als die Sprache die Stufe höhrer Bildung annahm und das wissenschaftliche Denken in die Muttersprache zurückkehrte, da blieb doch die Einheit der religiösen Zustände und da dieses in das Gesamtgebieth gehört, wo die höhren Kunstgattungen wurzeln, so müssen sie einen gemeinsamen Charakter haben, wodurch das Nationale zurückgedrängt wird, also das Nationale gar nicht nur mit Anerkennung des Andern, sondern das Andre in ihm ein wesentlicher Coefficient. Gilt dieses von den bürgerlichen Zuständen, so noch mehr von den freyen geselligen Zuständen, von denen die mindren Gattungen ausgehen, weil da das persönliche Individuum dominirt. Aber die Gemeinschaft da bringt auch auf diesem Gebieth einen gewissen gemeinschaftlichen Typus hervor. Da ist Stufenfolge von Erweiterungen, was vorher ein Ganzes war in der Abgeschlossenheit wird hernach nur einen untergeordneten Charakter in einer Einheit von größrem Umfange [haben]. Seit geraumer Zeit ist ziemlich allgemein in der Kunsttheorie, daß man den Gegensatz aufstellt zwischen dem A ntiken und Modern e n , als Bezeichnung brauchen wir es auch, aber um einen bestimmten Gegensatz aufzustellen, fanden wir keinen Ort. Wie steht es jetzt um ihn? Ursprünglich bezeichnet er einen Unterschied von Zeiten,

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aber keineswegs repräsentiren jene Ausdrücke eine ganze Zeit; denn jenseits der Völkerwanderung gab es eine Menge von Kunstthätigkeit, total verschieden von der classischen Kunst die wir doch allein damit meinen. Also ist unter Antike nur eine bestimmte Volksthümlichkeit anzusehen, da die Römer den Griechen sich anschlossen, und das Moderne bezeichnet eine Mannigfaltigkeit von verwandten Volksthümlichkeiten. Aber da ist der Gegensatz zu ungleich, es sey denn man nehme die Differenz der jezigen Völker völlig [als] Null gegen die im Alterthum; allein [die] Differenz zwischen englischer und französischer Tragödie ist nicht geringer als die zwischen einer von beyden und der antiken. So verschwindet dieses Zusammengehören des Modernen als gegenüber dem Antiken ganz und gar. Diese Theilung verwirrt daher, da die Differenzen des Modernen unter sich dadurch in der Verkürzung erscheinen. Man muß vielmehr nationale Differenzen aufsuchen und sich | um die Zeit dabey nicht bekümmern. Jene Voraussetzung ist zu annulliren, nur als Resultat erst könnte es eintreten, wenn man es findet. In [der] Behandlung der Philosophie teile ich zwar mit die Entstehung des Christenthums als Hauptwendepunkt anzunehmen und es dem Antiken gegenüber zu stellen. Hier aber schlage ich ein ganz andres Verfahren ein. Rechtfertigt sich dieß aus der Differenz der beyden Gegenstände? Ein Punkt ist nicht zu übersehen, daß die moderne Philosophie angefangen hat sich auszubilden und ihre Differenzen zu entwickeln noch anfing in jener Zeit, wo die Lateinische Sprache noch war, also die Differenz der Sprachen nicht mitwirkte und so das Nationale nicht eintrat. Hingegen die moderne Kunst hat mit jener Spracheinheit nichts zu schaffen und moderne Poesie ist nicht die lateinische, sondern die in den getrennten Sprachen entstand. So verhält sich hier die Speculation und Kunst verschieden und da er in jener entscheidnen Werth hat, nahm man ihn auch in diese auf, ohne die Differenz zu bemerken. Deswegen, weil wir ihn nicht als Gegensatz aufstellen, der hier könnte aufgestellt werden, wo wir noch in der Einführung der Kunst sind, verwerfen wir ihn nicht, sondern er ist auf specielle Weise zu behandeln, da er in jeder Kunst verschiednen Werth hat. Da wir zur ethischen Betrachtung der Kunstthätigkeit zurük sind, so wäre die allgemeine Ästhetik vollendet, aber haben wir nun ein P r i n c i p , d as d i e Or d nu n g aufstellte, in der wir die einzelnen Kün17 teile] stelle

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17–19 Schleiermacher hat seine Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie periodisiert in eine Geschichte der antiken (alten) und eine Geschichte der christlichen (modernen) Philosophie (vgl. SW III/4,1). 29 Gemeint ist offenbar der Unterschied zwischen Antike und Moderne.

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ste betrachten? Ich bin eine Betrachtung schuldig geblieben, die ich andeutete beym Begriff des Beywerks. Wenn wir [den] Gegensatz fanden in den selbstständigen Elementen der Kunst in allen Gebiethen, der aber fließend ist, in verschiednen Gebiethen fort sich verlierend, so daß wo Beywerk ist, oft für wesentliches Element gilt, und alles Beywerk auch selbst Kunst seyn kann. Dann sahen wir den Gegensatz eigentlicher Kunst und Kunst an einem andren sich auflösen in dem, daß Kunst wesentlich sey und daß Kunst Beywerk sey. Nun gibt es etwas Analoges im Verhältniß der Künste gegen einander. Wir haben die einzelnen Kunstgebiethe getrennt, indem die freye Productivität entweder auf Seiten des subjectiven oder objectiven Bewußtseyns ist; aus jenem kann sie nun heraustreten, indem sie objectiv wird aber nur als Reaction; im objectiven Bewußtseyn stellt sie die Selbstthätigkeit der gebundnen Thätigkeit dar als frey. Haupttheilung war also[:] Kunstzweige die ein 1.) b e w e gt e s S e l b s t b ew ußt sey n v ora ussetze n d a s r e a g i r t u n t e r [d e r ] F o r m e i n es O bjectiv en, 2.) Küns t e , d e r e n E l e me n t e d e m Ob j e c t i ve n angehören als Bild oder Vorstellung; bildende und redende Künste; jene zwei die es mit organischen und eine die es mit Zusammenseyn von Gestalten zu thun hat. Nun gibt es nicht nur vereinzeltes Daseyn von Kunstwerken dieser verschiednen Art, sondern es gibt ein Zusammenseyn bald so, daß [das] Beywerk als wesentlich erscheint, bald so daß mehrere Künste zusammen sind und Gegensatz zwischen Beywerk und Wesentlichem verwischt, z. B. Mimische Darstellung ohne Musik erscheint mangelhaft, man postulirt ein Zusammenseyn von diesen; was dabey Hauptsache oder Beywerk ist, kann man nicht immer sagen, bald scheint das, bald dieses Hauptsache, aber eine bestimmte Unterordnung ist nicht immer. Nun die dramatische Poesie. Da sind beyde in der Darstellung und das Drama hat | in körperlicher Darstellung seinen Unterschied und doch ist Poesie [die] Hauptsache. So ist Mimik und Musik wesentlich, wenn [das] Drama soll dargestellt werden. Sonst erscheinen beyde als Beywerk. Hat nun in dramatischer Darstellung die Mahlerey auch dieses Recht, so gibt es eine Kunstdarstellung, wo selbst die Mahlerey Beywerk ist, da das dramatische Gedicht seinem Wesen nach ohne sie da ist; hingegen wird die Darstellung mangelhaft seyn, wenn die Mahlerey fehlt; indem sie die Stelle vertritt sowohl einer bestimmten Naturumgebung als einer architectonischen. Das Gemählde soll da nicht als solches, sondern als schöner Gegenstand angesehen werden. Architectur und Sculptur sind hierbey auch vorhanden aber nur in einem Abbilde. Umgekehrtes Verhältniß gibt es auch. Auch die Poesie kann Beywerk seyn. Ein öffentliches Gebäude 8 daß] das

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mit poetischer Inschrift; ein Gemählde, das erst vollkommen verständlich wird durch eine geschichtliche Beziehung und Poesie gibt sie an als eine Art Epigramm, so ist Poesie Beywerk. Da ist aber [ein] großer Unterschied. Die mimische Darstellung wird erst vollkommen und klar, wenn sie Beywerk ist, wenn sie der Poesie dient in Verbindung mit der Musik. Die Musik als Gesang ist von selbst schon an der Poesie und das ist das ursprüngliche, daß sie bey ihr begleitend ist, und wenn auch reine Instrumentalsmusik wie Pantomime darüber hinausgeht, so ist dieses ganz ein andres Verhältniß, als wenn wir in Poesie sagen, das Epigramm sey Wesen und das Andre gehe darüber hinaus. So sind gewisse Künste ursprünglich Begleiter andrer Künste und das sind die, welche auf das erregte Selbstbewußtseyn zurückgehen und dessen Reaction unter Form der freyen Productivität darstellen. Die sind ursprünglich begleitend. Die bildenden Künste sind auch zugleich begleitend aber nicht in demselben Grade. In der Poesie ist das Begleiten minimum, nur ihre kleinsten Arten. Die Betrachtung fängt am besten damit an, worin man das Elementarische am deutlichsten sieht. 1. Kü n s te , d i e ü b e r wieg end a ls beg leitend ers c h e i n e n u n d s i c h au f n at ü r l i c h e Rea ct ion des bew eg t en S e l b s tb e w u ß ts e yn s t ü z e n 2.) b i l d ende Künst e 3.) Poesie.

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2. Theor ie der einze lnen Künste Die Ordnung ist schon im Allgemeinen bestimmt. Künste sind oft zusammen, die einen Beywerk, und es gibt Künste, die überwiegend so erscheinen, andre so entgegengesetzt, daß wo sie Beywerk sind, ihr Wesen fast verloren ist.

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I. Von den ihrer N at ur nach urspr ünglich b e g l e iten den K üns t e n, i. e. Mimik und Musik.

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Zwey Merkmale gehören zusammen, daß sie überwiegend begleitend sind, und die freye Productivität überwiegend in dem versiert, was in der gebundnen Thätigkeit überwiegend als Reaction vorkommt. Denn die darstellende Bewegung ist Reaction der freyen Productivität auf eine im Subject vorgegangne Veränderung, wenn Lust oder Schmerz erregt wird. Diese Reaction wird in der Mimik freye Productivität, i. e. unabhängig von irgend einem bestimmten Lebensmoment im

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Künstler, aber doch immer in Beziehung auf solche. So ist es mit der Musik in ihrer ursprünglichen Gestalt, i. e. als Gesang, da alle Instrumente hier nur als Erhöhung des ursprünglichen Organs erscheinen also als ein nur anders erregter Gesang. Der Ton im Gegensatz zum Laut ist nur unwillkürlich entstehend auch eine Reaction aus erregtem Gemüthszustand. | Beyde sind da zusammen, aber in verschiednem Verhältniß. Bey dem einen Volk sind im gleich erregten Gemüthszustande mehr mimische Bewegungen als bey andern, und ebenso der Gesang; denn es gibt Völker, deren Sprache schon eine Art halber Gesang ist; und ebenso gibt es Gattungen der Sprache wie das Recitativ, wo es zwischen Laut und Ton schwankt, andre wo der Unterschied sehr bestimmt ist. Je mehr die Rede das Wiedergeben eines Vorstellungsactes ist (objectives Bewußtseyn), desto mehr ist der Laut verschieden vom Ton und je mehr erregtes Selbstbewußtseyn dabey, desto mehr hat der Laut [ein] Analogon mit [dem] Ton, als das Deklamatorische. Der Gesang kann ursprünglich hervortreten ohne alles Wort, als Darstellung eines innren Zustands. Geht ein Mensch plötzlich aus [einer] Vorstellung in erregten Gemüthszustand über, so wäre es widernatürlich, in derselben Modification fortzureden, entwickelt setzt sich der Äußerungszustand fort und wird Ton, oder er wird unterbrochen. Denkt man den Einzelnen in absoluter Ruhe, was nicht vorkommt, und dann in einen positiven Zustand übergehend, ohne von Außen irgend wie erregt zu seyn, so ist es nichts andres, als daß er sich selbst sammelt und von innen erregt wird, erreicht dieß eine gewisse Höhe, so tritt die regelmäßige, melodische Stimme hervor, um freudiges oder betrübtes Bewußtseyn auszudrücken. Dieß ist nun so, daß das andre, mimische nicht irgendwie dabey wäre. Als freye Productivität bilden diese Tendenzen die zwei Künste. Der verschiedne Grad ihres Zusammenseyns gehört zur Individualität der verschiednen Nationen und es gibt zweifache Abwandlung, gleichmäßige Abnahme von maximum zu minimum, und ungleichmäßg ein Überwiegendwerden der Mimik über [den] Ton oder umgekehrt. Soll das Unwillkürliche nun Kunst werden, so müssen wir diese beyden erst trennen, die im Kunstlosen immer irgendwie verbunden sind; denn nun ist noch eine dritte Abwandlung, denke ich dieses Übergehen des Kunstlosen in Kunst so läßt sich nie voraussetzen, daß derselbe Einzelne ebenso gut werde Mimiker werden, wie Musiker oder umgekehrt, sondern das Talent, die unwillkürlich überwiegende Richtung zur Kunst zu steigern, kann nicht in den verschiednen organischen Systemen zweier Einzelwesen dasselbe seyn; wenn auch im Kunstlosen beyde zusammen in jedem sind. Sobald beyde Element [der] Kunst werden, treten sie in den verschiednen Subjecten getrennt hervor, daher setzen wir es von vorn herein als zwei verschiedne Künste.

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Sie ist die freye Productivität unabhängig sowohl von einem zu erreichenden Zweck, was nach dem Mechanischen hin läge, als auch unabhängig von vorangegangner innrer Bewegung, wovon die unwillkürliche Bewegung der Ausdruck ist. Wir haben es zunächst mit einem o r g a n i s c h e n E l e me n t zu thun. Wo willkürliche Bewegung ist, da kann auch ein mimisches Element seyn, aber die willkürliche Bewegung muß erst erscheinen können, und das kann sie nur durch Heraustreten auf die Oberfläche; denn diese allein kann als Bewegung erscheinen. Es gibt Bewegungen die ganz innerlich sind und vor sich gehen in von der Ob e r f l äc h e ganz gesondertem Organ; z. B. Bewegungen in [der] Respiration im erregten Zustande, sind sc. in der Lunge, und nur indirect können sie wahrgenommen werden, da die Brustmuskeln damit in Bewegung sind. Will man einen Gemüthszustand darstellen, der natürlich mit starker Respiration verbunden ist, so stellt er jenes indirect mit dar. Das ist der phy sische Umf a ng d e s M a t e r i al s , womit wir es hier zu thun haben. Da tritt der Umstand ein, daß durch die freye Handlung in den Menschen eine Differenz gesetzt wird, die in der Natur nicht vorhanden ist, der Mensch entzieht einen Theil seiner Oberfläche dem Anblick durch Bekleid u n g . | Da kommen wir auf ein beschränkendes Element. Diese Theile verhalten sich wie jene von Natur verborgnen Theile, z. B. die Lunge. Ist etwas bewegt, so ist auch Alles bewegt; jeder Versuch, einen Theil zu bewegen bey absoluter Ruhe aller Andern ist nie erreichbar, und höchstens ein mechanisches Kunstwerk. So viel also auch verdeckt ist, bleibt das Bewußtseyn, daß alles bewegt sey, wenn auch nur auf sympathetische Weise. Eigentlich soll kein Theil der menschlichen Gestalt gänzlich ausgeschlossen seyn von der Mitwirkung im mimischen Kunstwerk, aber man kann nicht die einzelnen Theile isoliren wollen und die einzelnen Theile als eigenthümlich bewegt denken, sondern Wahrheit hat es nur wenn man die ganze Gestalt, wie sie bewegt erscheint, als Eins faßt. Wie ist die Kunst gestellt durch dieses beschränkende Element? Dieses beschränkende Element selbst wird nicht durch die Kunst bestimmt, sondern die Bekleidung geht ursprünglich vom Bedürfniß aus, der Abhaltung atmosphärischer Einwirkungen, oder Zusammenhaltung des organischen Zustandes gegen die äußren Einwirkungen. Da ist etwas, nicht unmittelbar unter der Kunst Stehendes als Beschränkung gesetzt, denn Bekleidung kann so seyn, daß mimische Bewegung darunter fast ganz verschwindet, und die Mimik in hohem Grade beschränkt ist. Aber diese Beschränkung 12 sind] ist

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beschränkt sich selbst wieder; denn ganz abgesehen von [der] Richtung auf das Menschliche ist doch immer in der ganz gewöhnlichen Bekleidung noch ein andres Motiv als das Bedürfniß, jenes erste die eigentliche Umhüllung geht aus [dem] Bedürfniß hervor, sie ist aber auch Drappierung auch im gebundnen Leben, und dieses Motiv unterliegt dem Geschmack i. e. dem Kunstsinn in negativer Form und so schleicht sich die Kunst selbst in das beschränkte Element hinein. Dieses ist nun im bestimmtesten Zusammenhang mit dieser bestimmten Kunst. Die Regel für Drappierung ist, daß die Gestalt in ihren Formen und [ihrer] Beweglichkeit doch sich manifestieren kann unter der Bedekung, und je weniger hiervon in der Bekleidung ist, desto weniger Geschmack finden wir darin, und da kann man ein gewisses Naturgesetz nicht verkennen. Diejenigen Völker, die das meiste mimische Interesse haben, haben eine Bekleidung die in hohem Grade Drappierung ist, diejenigen, die das wenigste mimische Interesse haben, haben eine Bekleidung die mehr Verhüllung ist. Wäre das mit der Natur im Widerspruch, so [wäre das] ein Unglük, da Kälten des Klima warme Bekleidung fordern und mimisches Interesse eine leichte fordern könnte. Aber da ist eine natürliche Prädestination des Zusammenstimmens, die Polarvölker sind nicht in so hohem Grad in mimischer Richtung; die in gemäßigten Zonen und nach [den] Tropen hin, sind die beweglichsten und haben auch das wenigste Naturbedürfniß einer zusammengesetzten Verhüllung. Wir müssen also diesen Gegensatz annehmen in diesem physischen Element. Nehmlich, die Bekleidung ist nie eine totale und das müssen wir auch auf diese Zusammenstimmung von Natur und Kunst zurückführen. Schwer entschließt man sich dazu, das Gesicht zu verhüllen und tritt Nothwendigkeit ein, so fühlt sich jeder unbequem weil [die] Darstellung gewisser innrer Bewegungen ganz abgeschnitten ist, ehe man sich dazu versteht, sind schon die Extremitäten in Bekleidung, die Verhüllung ist. Gewisse Theile der menschlichen Gestalt sind also in der Regel dem Anblick am freysten gestellt, und andre bekleidet, und da sind die Grenzen verschieden nach Maaßgabe des Naturbedürfnisses und mimischen Interesses, welche beyden Motive die Sitte constituiren, da sie ethisch tadelnswert ist, sobald ein andres Motiv sie mit constituirt. Je mehr das mimische | Interesse verhüllt ist, desto mehr concentrirt sich die Darstellung in den unverhüllten Theilen, Gesicht und Arme und Beine, die doch so bekleidet sind, daß ihre Bewegungen durchscheinen. Je mehr das mimische Interesse selbst Motiv ist für die Bekleidung, so wird es ein Gebieth der Mimik nach eigenthümlichen Licenzen geben, so daß jeder Künstler während der mimischen Darstellung 41 geben] gibt

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sich eigenthümlich bekleiden darf, also die Mimik als Kunst noch diese eigenthümliche Einheit hat. Je weniger ihr dieses gestattet ist, desto mehr leidet die Mimik; so wie wenn die Gestalt aus andren Motiven enthüllt ist, um Lüsternheit zu reizen, einen ethischen Einspruch thut. Die Mimik greift also in ihre Beschränkung ein und gestaltet die Bekleidung zur Drappierung i. e. daß sie ihr dienen kann statt zu widerstreben. Das innre Afficirtseyn ist allerdings auch Bewegung, aber von Außen veranlaßt, daher Reaction werdend und in das Leibliche hinüberpflanzend. Der B e w e g u ng entgegen ist der Begriff der Ruhe, beide wesentlich einander bedingend. Soll beides aus einander hervorgehen, so scheint es als die alte Anomalie daß Übergang von Bewegung in Ruhe ein Verschwinden in Null sey, und Übergang von Ruhe in Bewegung ein Ausgehen aus Null. Daher wird Ruhe als ein unendlich Kleines gesetzt, und nicht als nichts, und so entsteht [das] Resultat, daß das Lebendige nie absolute Ruhe ist, sondern nur relativ verglichen mit dem was als Bewegung erscheint. Das ist ein Nacheinander was ich gestern vom Nebeneinander sagte, daß nicht ein Theil in Bewegung seyn kann und die andern in absoluter Ruhe. Das physische Element der Mimik stellen wir also nicht dar als beständigen Wechsel von Übergang der Null in Bewegung und umgekehrt, sondern als ein Auf- und Absteigen der Bewegung. Daraus entsteht, daß wir in diesem Gebieth ebenfalls [in] der Ruhe müssen die Analogie der Bewegung finden, also kann Ruhe nur als R e s t und Keim der Bewegung zugleich gefaßt werden, sonst hört die Continuität, also auch [die] Einheit des Kunstwerks auf. Wenn wir also die menschliche Gestalt als das Material aufstellen, worin das Kunstwerk ist, so fragt sich, was ist da die Ruhe als Rest und Keim der Bewegung? Es scheint, als ob wir den Gegenstand gleich wieder theilen müssen, weil unsrem Sprachgebrauch zufolge sie sich nicht ganz einfach beantworten läßt; denn wir pflegen zu unterscheiden und entgegenzusetzen die Bewegungen der Gestalt im Ganzen und die Bewegungen des Gesichts. Worin dieser Unterschied gegründet ist, gehört nicht unmittelbar zu der gegenwärtigen Frage, aber anticipirend sagen wir soviel, die Bewe12–14 Schleiermacher spielt wohl auf das bereits in Platons „Sophistes“ (250a–251b) untersuchte Verhältnis von Bewegung und Ruhe an, das schon in den Paradoxien der Bewegung des Zenon von Elea oder dem Seinsverständnis des Parmenides thematisch war. Kant differenzierte dieses Verhältnis dann in seinem „Versuch den Begriff der negativen Größen in die Weltweisheit einzuführen“ (Königsberg 1763) wie folgt (Kant AA 1/II, S. 178): „Ruhe ist in einem Körper entweder bloß ein Mangel, d. i. eine Verneinung der Bewegung, insofern keine Bewegkraft da ist; oder eine Beraubung [privatio], insofern wohl Bewegkraft anzutreffen, aber die Folge, nämlich die Bewegung durch eine entgegengesetzte Kraft aufgehoben wird“.

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gungen des Gesichts sind gleichsam was der Nonius am Thermometer oder Barometer, bezeichnet die kleinsten Veränderungen die die Scala nicht angibt. So geben die Bewegungen des Gesichts die kleinsten Affectionen wieder, während nur die größten als Bewegungen der ganzen Gestalt erscheinen. Denken wir den Menschen in bewegtem Gemüthszustand, aber noch mit Maaß also nicht aus der Analogie der Kunst herausgehend, so gäben die Bewegungen des Gesichts eine viel größre Zahl in derselben Reihe von Momenten, als die Bewegungen der ganzen Gestalt; und fangen diese an zu überwiegen und das Gesicht fängt an sich zu versteinern, so ist es Übergang in das absolut Maaßlose, Leidenschaftliche wo keine Herrschaft mehr ist. Zu unsrer Frage zurückgehend sagen wir, das was wir Ruhe der ganzen Gestalt nennen, doch noch mit einem Ausdruck z. B. nennen wir S t ellun g, Attitüde[,] und in den Bewegungen des Antlitzes ist die Ruhe in der doch Spuren von Bewegung [sind] das, was wir den A u s d r u c k nennen. Jene Bewegungen der Gestalt wollen wir Bewegung schlechthin nennen, und die Stellung; die Bewegungen des Gesichts, Minenspiel, die Ruhe Ausdruck des GesichtsAusdrucks. In fortlaufender Reihe muß dieses mit einander wechseln B e w e gu ng u n d St e l l u ng und so Minenspiel und A usdr u c k . So bleibt Continuität, und Einheit. Dieses ist der ganze physische Umfang des Kunstwerks, und darin | muß die elementare Vollkommenheit des Kunstwerks können angeschaut werden. Gehen wir nun auf das Genaure ein, wovon wir nur anticipirten in dieser Frage, und stellen auf die Bewegung des Gesichts hat im Erscheinen jenes Minimum von Wechsel innrer Erregungen; am Wechsel der Gestalt aber nur ein Mittel für größre innre VerhältnißDifferenzen, so daß das Minenspiel gleichsam nur die Töne wären von kleinem Zeitmaß, die Bewegung der Gestalt aber die großen, den Tact aushaltenden Töne, Grundtöne. Da liegt der Grund zu einer großen Theilung, daß das Kunstwerk ein ganz andres sey, und das eine ganz andre Gattung, wo das Hauptgewicht auf dem Minenspiel beruht, und eine ganz andre das, wobey dieses zurücktritt und das Kunstwerk verläuft in den Bewegungen der Gestalt. Machen wir uns dieses im eigentlichen Werthe anschaulich, so hat das Kunstwerk dessen Wesentliches im Minenspiel besteht, ausschließend das Individuum im Auge; denn je mehr ich auf Minenspiel geeicht bin, das ein großes Aufmerken erfordert, desto mehr muß ich mich gegen Andres verschließen, und diese Bewegungen des Antlitzes sind immer zugleich etwas Solitäres. Hingegen bey einem Kunstwerk das in Bewegungen der Gestalt verläuft, bin ich nicht so an das Einzelwesen gewiesen, dazu ist aber das Positive zu finden, und das ist das, daß der Einzelne hierbey nicht das Ganze seyn kann, sondern daß diese Kunstwerke

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gesellige sind, und das Einzelwesen dabey nur ein Theil, der gegen die Totalität zurück tritt. Hingegen läßt sich sogleich eine Instanz einwenden aus dem, was unmittelbar in unsrem Kunstkreise gegeben ist. Sagt man die Bewegungen der Gestalt erscheinen uns an und für sich betrachtet im Tanz, wo je reiner er ist, desto mehr das Minenspiel verschwindet. Nun müßte also der Tanz gesellig sein, wenn nur nicht unser treffliches Soloballett wäre; allein in dramatischen Darstellungen ist doch das Minenspiel dominirend, und zugleich ist doch das Kunstwerk ein Geselliges. Das scheint also unsre Behauptung völlig aufzuheben. Aber dabei ist nun das nicht zu übersehen, einerseits, daß jenes mimische Zusammenwirken mehrerer Personen zu einem solchen Ganzen, worin das Minenspiel das Capital ist, nicht möglich wäre als durch das Zusammenseyn mit der Poesie. Will man als Instanz auch hierzu die Pantomime anführen, so sind da die Kunstwerke, die dem Tanz angehören, so wesentlich, wie die dem Minenspiel angehören, und andrerseits, daß Pantomime auch nicht verständlich ist als durch Poesie; indem sie einen Gegenstand darstellt, der poetisch bekannt ist; ist Pantomime aber Erfindung, so muß das Subject gegeben werden, was freylich auf rohe, scizzirte Weise geschieht. Poetische Grundlage bedingt ihre Möglichkeit. — Diese Theilung ist nun die größte in diesem Gebieth, und es zerfällt die Mimik in die zwei Hauptzweige O r c h e s t i k (Kunst des Tanzes) und eig ent l i c h e M i m i k (Kunst des Gebehrdenspiels); um es recht zu sondern, ist noch eine physische Betrachtung nachzuholen, die erst hier deutlich wird: Nämlich wenn wir Bewegungen der Gestalt betrachten, wie sie in [der] Stellung vorkommen und sich aus der Stellung entwickeln, so unterscheiden wir darin Bewegungen, die zugleich Bewegungen in Beziehung auf die andren Gegenstände im Raum sind, i. e. Ortsveränderungen und solche, die dieses nicht sind, also die ganze Gestalt dasselbe Verhältniß zu den Gegenständen des Raumes behält. Diese Bewegungen bloß gewisser Theile der Gestalt, wobei Ortsveränderungen Null oder nicht dazu gehörend [sind], sind bestimmter dem Minenspiel verwandt und gehören demselbigen an, so daß das Gebieth der eigentlichen Mimik aus beiden besteht, wie der Tanz auch aus diesem Mittelglied [besteht], i. e. Bewegungen der ganzen Gestalt mit Ortsveränderung und Bewegungen der einzelnen Theile, wobey Ortsveränderung zufällig. | Ohne dieses gäbe es keinen Übergang aus orchestischer Bewegung in die Stellung; denn bloß aus den ortsverändernden Bewegungen entsteht keine Stellung. Dieses ist also beiden das gemeinsame Mittelglied. Nun haben wir sie erst in Beziehung auf das physische Element unterschieden, was aber nur die Möglichkeit zeigt, 13 durch das] mit dem

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noch nicht die Begründung aus dem Begriff der Kunst selbst. Ehe wir aber an diese Betrachtung gehen, müssen wir doch erst, um zum Schluß für das Physische zu kommen, noch ehe wir in die Theilung der Mimik gehen, fragen, worin denn die elem enta re Vollk om m e n h e i t in diesem Gebieth bestehe. Nämlich wenn wir einen mimischen Künstler loben und den andern tadeln, so haben wir dabei zum großen Theil einzelne Momente im Sinn, die wir loben und andre die wir tadeln; da die Bewegung nun das Element ist, wie sie durch die Momente verläuft, so ist dieses ein Urtheil über die elementarische Vollkommenheit. Dieses ist hier nur bestimmbar, wenn wir zurückgehen auf das, daß die Einheit des Kunstwerks wesentlich auf der Continuität beruhe, i. e. was ich als Einzelne unterscheide, miteinander verknüpft und auseinander abgeleitet sind; träte absolute Ruhe dazwischen, so wäre jeder Moment der Bewegung vereinzelt und es gäbe kein mimisches Kunstwerk. Daraus folgt, daß eben jenes nicht ganz Aufhören der Bewegung in der Ruhe und offenbar auch ein analoges nicht ganz Aufhören der Ruhe in der Bewegung und also diese innre Begrenzung, vermöge derer keins ohne das andre Glied des Gegensatzes ist, das wird das Gebieth der elementarischen Vollkommenheit im physischen Element seyn. Wenn in der Ruhe immer noch die Beweglichkeit mit erscheint, ist das die Vollkommenheit desjenigen Elements, das die Ruhe darstellt; erscheint in der Bewegung immer noch die Ruhe, so ist das die Vollkommenheit desjenigen Elements, das die Bewegung darstellt. Die Ruhe erscheint aber in der Bewegung einerseits insofern die Ruhe Stellung ist, und insofern sie Ausdruck ist andrerseits. In der Ruhe als Minenspiel kann nie todte Ruhe erscheinen, aber in der Bewegung kann ich das Constante, i. e. den eigenthümlichen Ausdruck des Gesichts erkennen, sonst ist das Minenspiel zu tadeln. So wenn einer so extravagante Bewegungen macht, die nicht Stellung sein können, ist es auch ein Vernichten des Maaßes, das die elementarische Vollkommenheit aufhebt, und ebenso wenn ich nicht in der Ruhe i. e. im Ausdruck die Keime der Bewegung sehe, so ist es nicht Ausdruck, sondern todte Ruhe und das Daseyn eines Kunstelements ist aufgehoben; ebenso wenn in [die] Gestalt statt Stellung eine Verfassung eintritt, daß erst ein Stoß, i. e. im Vorigen nicht begründeter Impuls neu erscheinen müßte, ist die Continuität aufgehoben. Wird dieses auf die verschiednen Fälle richtig angewandt, so ist es die allgemein hinreichende Formel für die elementarische Vollkommenheit dieses Kunstgebieths. fehlt nichts! | 40 fehlt nichts!] der Rest der Seite ist leer; keine Überlieferungslücke

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Die Bewegungen des Gesichts sind individuell, die der Gestalt sind gesellig; beiden gemein ist das, was wir Stellung nannten; jene von Poesie unterstützt wird auch gesellig. Wenn wir diese beiden Elemente, das dem physischen angehörende, und das ethisch ihm correspondirende betrachten, so treffen beide nicht genau zusammen; aber das ist überall und zugleich der Grund, warum die Künste nicht so rein einer Begriffseintheilung entsprechen, sondern sie individualisiren sich, und das ist das Positive, und eben Wahre, daß in praxi die verschiednen Künste an verschiednen Orten verschiedne Erscheinungen motiviren. Die Seite, wo Minenspiele Hauptsache sind und Alles andre ihnen subsumirt, nennen wir d r a ma t isch, und die andre wo locomotive Bewegungen dominiren, dem Tanz zuschreibend, so gab das eine Theilung, die aber in der Geschichte der Kunst auf so verschiedne Weise erscheint, daß man sie ganz verschieden ansah, oft als zwei ganz verschiedne Künste, die nichts Gemeinsames haben; ich ziehe das Entgegengesetzte vor, weil, sobald wir sie als zwei verschiedne Künste betrachten und nicht als zwei Unterarten, wir verlegen wären mit vielen Erscheinungen, in welche von beiden wir sie bringen; diese Verlegenheit ist nicht von solcher Bedeutung, wenn man bloß zwischen zwei Unterarten schwankt, die noch dazu der Theorie nicht genau entsprechen. Wir kehren zu einer allgemeinen Betrachtung zurück. Wir sahen, was die schöne Kunst (unsre Kunst) zu Einer macht, ist die hervorragende Richtung auf die freye Productivität, in den Theilen, die sonst der gebundnen Thätigkeit angehören, traten sie mehr receptiv, oder spontan hervor. Wenn wir dann theilen, so muß jede einzelne Kunst ebenfalls nur Eine sein, indem im ganzen Gebieth auf dieselbe Weise jener allgemeine Impuls modificirt ist. Mimik ist Eins, dadurch daß die freye Thätigkeit die willkürlichen leiblichen Bewegungen zum Stoff hat, so daß die specifische Begeisterung des Mimikers in allen Erscheinungen hierauf muß reducirt werden können. Das ist nun in beiden Unterarten gleichmäßig der Fall, im volksthümlichen Tanz schon ist diese Richtung auf freye Productivität in leiblichen Bewegungen und das Wesentliche ist, daß sich diese Bewegung von jeder Unterordnung unter einen bestimmten Zweck befreit weiß. Der Mimiker der uns nun weit Größres, eine Reihe von Gemüthszuständen durch Minenspiel und was sich ihm unterordnet darstellt, hat eben jenen Charakter freyer Productivität in leiblicher Bewegung, aber nur in denjenigen Arten, die am meisten geistig bedeutend sind. Beides läßt sich sondern, nicht jeder zu einem Tanz mit33 daß] folgt ))man** 12–15 Vgl. die Sachanmerkung zu S. 92,9–13

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wirkende ist im Stande als dramatischer Mimiker aufzutreten, und dieser nicht nothwendig an jenem Spiel, [sagt] man hingegen [die] Begeisterung des Mimikers müsse die für eine bestimmte Persönlichkeit sein, die einer darstellt, so ist dieses ganz falsch z. B. Will man sagen, der mimische Künstler als Greis solle ebenso darstellen können die Bewegung eines jugendlichen, so ist das [ein] Widerspruch, da er sich in Beziehung auf das Unveränderliche des Körpers nicht auf dieselbe Weise verwandeln kann; sagt man dann, nicht nur von persönlichen Lebenszuständen sind die mimischen Künstler beschränkt, sondern jeder kann auch nur gewisse Gemüthszustände darstellen, so ist das falsch, und wollen die Assoziationen von mimischen Künstlern so theilen die Personen in bestimmte Rollen, wie das meistens geschieht, so ist das falsch; es soll der mimische Künstler sich für jeden Gemüthszustand begeistern können zu dessen natürlichem Ausdruck in leiblichen Bewegungen; sonst fehlen ihm die Bedingungen seiner Kunst. | Alles, was sich durch sein Leibliches zur Darstellung bringen läßt, muß dem mimischen Künstler indifferent sein, ethisch ganz indifferent, Narren und lächerliche Personen muß der Ernsteste darstellen können. Freilich gehört dazu ungleich viel mehr als zur vollkommensten Virtuosität in der Orchestik, wo locomotive Bewegungen und Bewegungen der Gliedmaßen dominiren, weil diese weniger Bedingungen erfordert als jenes. Darum können beide doch vollkommen coordinirt sein. Wollten wir dieser Differenz wegen lieber zwei besondre Künste daraus machen, so wollen wir sehen, wie man auskäme. Was soll man dann von den Schauspielern der Alten sagen, waren sie Mimiker oder nicht? Das läßt sich gar nicht sagen, denn Mimiker in unsrem Sinn waren sie nicht, da sie Masken trugen und nur die Augenbewegungen darstellen konnten. Da scheinen sie in die andre Kunst zu fallen, als orchestrische Künstler. Aber da kommen wir mit dem ethischen Element ins Gedränge, da sie wirkliche Individuen darstellen. Hingegen bloße Unterarten müssen sich so verhalten, daß bald das Ethische, bald das Physische entscheidend ist. — Um das Gebieth vollständig zu übersehen ist noch eine Betrachtung nöthig. Wir haben die Einheit der Mimik nun am physischen Element und am Impuls, i. e. Richtung der Kunstbegeisterung überhaupt auf dieses bestimmte physische Element. In diesen ward uns Theilung. Hervortreten locomotiver Bewegungen und Stellungen mit Zurücktreten der Bewegung der Gesichtszüge und das Umgekehrte. Das ward uns vom physischen Element aus als Classification von der Erscheinung aus. Nun hatten diese Bewegungen auch verschiednen Character 7 Körpers] folgt ))sich** nirt

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in geistiger Hinsicht, die eine mehr die kleine n innern Veränderungen darstellend, die zuerst in Gesichtszügen sich zeigen, dann Gebehrdenspiel und erst, wenn sie noch größer werden sind sie locomotiv. Das Verhältniß in dieser Abstuffung ist bei verschiednen Völkern verschieden, beim Südeuropäer sind sie sich viel näher als beim Nordländer, der viel größre innre Erregung bedarf, bis er zu locomotiven Bewegungen kommt. In Südeuropa braucht sogar der Prediger eine Kanzel zum Herumspringen; aber immer zuerst gehen die psychischen Veränderungen in die Gesichtszüge. Diese beiden Classen haben also eine solche innre Differenz, die eine das Individuelle darstellend und die einzelnen Momente im psychischen Leben, die andre nicht. Sehen wir einen Menschen in bestimmtem Minenspiel, so können wir leicht seine Gemüthszustände sehen, man sieht, wann er nachdenkt, wann Entschlüsse faßt, wann leidenschaftlich ist und wie. Im Tanz sieht man solchen Wechsel nicht. Da ist also noch eine ethische Differenz mit jener, daß die eine mehr individuell, die andre mehr gesellig ist. Allerdings zusammenhängend, aber doch auch verschieden. Die mimische Kunst wird nur gesellig durch Unterstüzung der Rede, die andre Classe hingegen setzt das Gesellige schon voraus, tanzt einer allein, so denkt jeder es sei fatal, daß derselbe nicht noch jemand bei sich habe. Der Tanz kann also nichts andres sein als der A usdruck eine r g e m e i ns am e n St i m mu ng . So ist uns der Tanz überall gegeben in allen Zuständen der menschlichen Gesellschaft als allgemeines Lebenselement überall in verschiednem Maaß und [verschiednen] Formen. Das eigentlich Mimische aber erscheint als Kunst überall nicht selbstständig, sondern an einem Andern, an der dramatischen Darstellung. Nun gibt es noch ein Drittes, in dramatischer Darstellung ist es an [die] Rede gebunden. | Ein Drittes ist das, was man P an t omime nennt, daß wo Mimik der Unterstüzung der Rede entbehrt, wo doch das eigentlich mimische Element, wo Minenspiel dominirt, ein Geselliges wird und also ein größres Ganzes, das ist das selbstständig werden wollen PdiesesS Zweiges der Kunst der eigentlich nicht dazu gemacht ist, selbstständig zu sein. Das finden wir auch überall, aber freilich überall verschieden modificirt. Wie unterscheidet es sich vom bloßen Tanz, und unter welchen Bedingungen wird es selbstständig und kann Rede entbehren? Vom Tanz unterscheidet es sich dadurch, daß die Einzelnen als Einzelne unter der Bedingung der Bedeutsamkeit in den Gesichtszügen erscheinen, also das eigentlich Mimische immer dem Charakter nach dominirt, wenngleich eng verbunden mit orchestischem, also Combination von beidem. Wie wird es denn ein wirklich Auffaßbares, da 39 erscheinen] erscheint

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uns die Verhältnisse so räthselhaft waren, daß man sie erst ermittelt, wenn das Ganze zu Ende ist? Es muß etwas voran gehen, wodurch das Verhältniß bekannt werden [kann]. Können es also immer nur bekannte Geschichten sein, die so dargestellt werden, und ist [die] Darstellung nur verständlich, wenn der Inhalt schon bekannt ist, so sieht man die Möglichkeit. Entweder muß das Geschichtliche für sich bekannt sein oder vorher bekannt gemacht werden, jenes herrscht in antiken, dieses in modernen Pantomimen. Insofern dieses Combination ist der zwei Hauptzweige, so ist dieses ein Drittes und das ganze Gebieth zerfällt dreifach. 1.) O r c h e s t i k , 2.) eigen tl iche Mimik, 3.) P a n t o m i m e . Diese drei erscheinen uns dadurch, daß die zwei ersten auf einem bestimmten Gegensatz beruhen und das dritte beider Combination ist, als das Ganze erschöpfend; aber inwiefern wir sie nun als Theile eines und desselben Ganzen behandeln können, ist eine andre Frage, da die eigentliche Mimik Kunst an etwas andrem ist, sc. an dramatischer Poesie, und so scheint es kann man erst nach dieser von jener sprechen, und sie aufschieben, bis die dramatische Poesie behandelt ist, was schlimm wäre. Auf solche Schwierigkeit stößt man überall, setzt dann nur voraus, was als allgemein bekannt vorausgesetzt werden kann von dramatischer Poesie, ohne die Theorie derselben schon in Ordnung gebracht zu haben. Ein Zweig setzt Kenntniß voraus, wie [die] innre Erregung sich in leiblichen Bewegungen manifestirt, ein andrer bloß leibliche Beweglichkeit. Da kann dieses viel einfacher entwickelt sein lange vor jenem, besonders wenn das Geistesleben sehr verwickelt und mannigfaltig gedacht wird. Die einfachsten Motionen des geistigen Lebens verlieren sich aber auch in denjenigen, welche sich im andern Gebieth auch kund geben, so daß der Impuls doch der gleiche ist. Dieses führt auf jenen Punkt, es gebe überall in den Künsten Arten von Productionen, die mehr vom Einzelleben ausgehen und solche, die mehr vom gemeinsamen Leben. Damit stand in Verbindung, wie das eine und andre, doch das eine mehr eine überwiegend sinnliche Seite hat auf der einen, eine überwiegend geistige auf der andern Seite, welches letztre am meisten representirt wird durch das unmittelbare Selbstbewußtseyn, i. e. [das] Religiöse, so daß es einen doppelten Styl gebe, einen r e l i g i ö s e n von strengerem Charakter und einen g esellig en von leichterem. Ist dieses auch der Fall in der Mimik und ihren wesentlichen Theilen? Da müssen wir uns auf einen Gesichtspunkt stellen, der nicht ausschließlich in unsrem gegenwärtigen Leben steht. In diesem ist das Religiöse und Politische auf bestimmte Weise gesondert, | aber das letztre hat im modernen Leben nur an wenigen Orten den Character, daß die Kunst darin wäre, was mit dem Grad zusammen hängt, in welchem das Politische ein Öffentliches ist. Bei uns fehlt

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dieses Mittelglied, und es steht strenger gegenüber das Religiöse in seinem strengen Charakter und das Gesellige im leichten, welches letztre nicht politisches Zusammensein repräsentirt, sondern die Gemeinschaft abgesehen vom Politischen. Wenn wir aber diesen Standpunkt verlassen und die mit unsrer Cultur zusammenhängende Geschichte, alte und neue in Eins faßen, so sehen wir auch Zeiten, wo das Religiöse und Politische wesentlich zusammenhängen, und die Kunst im strengen Styl des Gemeinsamen nicht bloß im religiösen, sondern auch in der politischen Form zu suchen ist. Wie steht es von da aus mit der Mimik in ihrer Totalität? Wenn wir die O rchest ik überwiegend dem leichten geselligen Gebieth und Spiel angehören sehen; aber auch unter allen Völkern, wo Kunst war, es religiöse Zusammenkünfte gab, denen zusammenstimmende Massen und Bewegungen wesentlich waren, die nichts andres waren als Ausdruck des religiösen Motivs in diesem Zusammensein wie bei festlichen Aufzügen von religiösem Charakter; so finden wir da dasselbe was wir als physisches Element unsrer Kunst aufstellten. In diesem Theil sind also die beiden Formen vereint. Wenn wir bey eigentlicher M i m ik überwiegend das Zusammensein mit dramatischer Poesie denken, so erscheint diese überwiegend politisch, aber das Politische schließt bei den Alten das Religiöse in sich als im Innern des Motivs mitgesetzt. Auch da zeigen sich beide Formen und in diesen zwei wesentlichen Zweigen geht die Mimik in diesen Gegensatz mit ein. Wenn wir nun noch die Pa nt omime als ein Zusammensein von beiden aufgestellt haben, als eine ein Neues constituirende Aufhebung des relativen Gegensatzes zwischen ihnen, so sind dergleichen immer das Schwierigste, weil man die Punkte dabei verliert, an die man sich in den einfachen Gattungen zunächst hält. Ihrer Natur nach aber kann sie so gut in einem als [im] andern Styl gedacht werden; denken wir in einem religiösen Aufzug Gesang und Rede weg, aber mit der Bewegung den physiognomischen Ausdruck, so haben wir da beides, das Mimische hat mehr Spielraum als wo das Orchestische sehr rasch wäre. So geht der Gegensatz durch das ganze Gebieth, das wir nun in den einzelnen Zweigen betrachten.

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Einzelne Zweige der Mimik. a. O r c h e s tik Wir steigen von unten herauf. Die Richtung auf freie Productivität ist da am meisten in das Leibliche versenkt, und das umso mehr, je mehr 35 a.] 1.)

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die feinen Bewegungen die die feinen geistigen Nuancen ausdrücken zurüktreten, so daß M as s e n b e w e gu n g das eigentliche Element [ist]. Dieser Kunstzweig dringt auch fast überall am meisten in die Masse des Volks, nicht leicht gibt es eine Ausnahme, daß das Volk nicht tanze. Die Masse des Volkes hat überall am meisten auch in ihrer gebundnen Thätigkeit es mit leiblichen Bewegungen zu thun, ihr Geschäftsleben hat großentheils keinen andren Gegenstand, auch nur als Masse auf Natur zu wirken, Ackerbau und unmittelbare productive Gewerbe. Da ist, wenn das menschliche Selbstbewußtseyn zu seiner wirklichen Vollständigkeit gelangen soll, in demselben Gebieth ein Ersatz aufgegeben. Diese Anstrengung der körperlichen Kräfte, die in ihren Erfolgen sich so sehr verbreitet [haben], daß das Wenigste vom Resultat den Thätigen selbst zu gute kommt, gewinnt gar zu leicht den Charakter eines Nothzustandes, einer Lebensbedrängnis. Denken wir [die] Zeit der Arbeit mit Muße | wechseln, wie wird diese sich ausfüllen? Da gehörten ganz andre Bedingungen dazu, wenn das Volk das leibliche Bewegen ganz einstellte und sich geistig beschäftigen sollte, was nur bei der religiösen Zusammenkunft ist. Aber diese kann natürlich nicht die Zeit ausfüllen, welche der Abspannung und Sammlung zufällt. Da ist das natürlichste und am leichtesten zum Bewußtseyn der Freiheit führende, wenn die Masse in das Gebieth der leiblichen Bewegungen zurükgeht, aber nicht solche, die einen Zweck haben, sondern als freie Productivität, da sie nun durch nichts von Außen gedrängt sind, so kommt ihnen dann auch die gebundne Thätigkeit als ein Gewolltes zum Bewußtseyn, da sie die Bewegung überhaupt wollen. So aufgefaßt, entsteht dadurch eine wahre Lebenseinheit und wir begreifen, wie beides sich immer gegenseitig erregt, wie hernach die gebundne Thätigkeit eben so entsteht, wie aus dieser eine freie Thätigkeit die materialiter denselben Typus hat. Ein geschichtliches Beispiel liegt vor wenigstens aus der modernen Zeit, das den Naturgegensatz am besten erklären läßt. In [der] Zeit der puritanischen und independentistischen Schwärmerei in England unter Cromwell, war alles, was Erholung und Ruhe war, verpönt, und sogar der Ruhetag nicht nur lauter ascetischen Übungen gewidmet, sondern diese auch noch einen Theil der andren Tage einnahmen. Da ist [dem] Charakter der Überspannung nicht angemessen daß die Masse eine solche Zeit mit geistigen Beschäftigungen zubringe. Da mußte Reaction hieraus entstehen, sonst wäre es vielleicht nie zur Institution Carls gekommen. Die Unbehaglichkeit wußte man dunkel im Politischen gegründet, und das brachte die Reaction mit verhältnißmäßig 38–39 Gemeint ist Karl II. (1630–1685), König von England; vgl. Schleiermachers Marginalien 1832/33, S. 151,18–19.

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sehr geringen Mitteln. Fragen wir, was der eigentliche Charakter der orchestischen Kunst sei von diesem Gesichtspunkt aus betrachtet, so müssen wir sagen, zunächst ist es nichts andres, als durch freie Productivität in leiblichen Bewegungen die Einheit des Psychischen und Leiblichen zum Bewußtseyn bringen; denn so wie nun die körperlichen Anstrengungen in der Arbeit mehr oder weniger als Sache der Noth erscheinen, als erzwungen, so erscheint diese Identität aufgehoben, da es nur im Dienst des Leibes wäre, seine Bedürfnisse zu schaffen; da erscheint es nicht als Sache des Willens (außer es diene auch der Lust, wo dann keine Noth ist) und die Identität wird erst wieder hergestellt in freier Bewegung. So wundern wir uns nicht, wenn in demselben Maaße als körperliche Anstrengungen im Volk groß sind, [die tänzerischen Bewegungen] einen für Andre rohen Charakter bekommen und im Volkstanz nicht das leichte und graziöse ist, wie in den höhren Ständen, weil das Bewußtseyn bleibt, daß auch in diesen freien Bewegungen ein Charakter der Anstrengung ist; und PfreiheitlichesS Bewußtseyn bekommt das Volk davon in dem Maaße, als die freien Bewegungen wenigstens an die Anstrengungen gränzen. Denken wir Abstuffungen aufwärts, wo [der] Geschäftsmann auch dem Bedürfniß dient, wenn schon mehr einem Allgemeinen, so daß die Arbeit nicht in demselben Maaße Anstrengung ist, so kann freie Bewegung da etwas höhres manifestiren; dennoch ist kein wesentlicher Unterschied zwischen Tanz des Volkes und höhren Ständen, wenn schon nach Maaßgabe der Differenz ihrer Arbeit, die Formen darin differiren. Die Größe der Differenz hängt da ab von der Größe der Differenz zwischen den verschiednen Ständen. Überall aber ist der Tanz wesentlich gesellig aber drückt nur das religiöse Zusammensein der Individuen wesentlich aus, und von diesem Punkt aus, wo wir jetzt ausgingen, entsteht nicht der religiöse Styl in der Orchestik. In die Zeit der Muße fällt nun auch eine Zeit der geistigen Beschäftigung, wo sich der religiöse Styl dann anknüpft, jetzt haben wir den geselligen Styl constituirt. Nehmen wir | dazu, daß [die] Richtung auf geistige Beschäftigung bei dem ganz leiblich beschäftigten Volk, nicht selbst entsteht, sondern unter Leitung der davon freien Stände, so sieht man wie von [der] Masse aus zunächst der gesellige Styl entsteht. Denken wir höhre Stände, aber climatische Verhältnisse so ungünstig daß Geselligkeit gering und nur da in dem Maaße als Vereinigung der Kräfte zur Arbeit nöthig ist, so verschwindet dieses Kunstgebieth beinahe, und das ist die niedrigste Stufe des menschlichen Daseins, der Mensch am wenigsten herausgetreten; wo diese Kunstübung dazu kommt, wenn auch nur in den rohsten Formen, so erscheint uns der 14 graziöse] gratiöse

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Mensch erhoben. Ein richtiger Instinct lag also darin, wenn man der Kunst im Allgemeinen einen so hohen Werth beilegt. Zurückgehend auf den Punkt, von dem ich aus bin, ist da schon [die] Richtung zum Auseinandergehen in die verschiednen Style; das eine will eine freye Thätigkeit haben von derselben Art wie die gebundne; das andre will nach der körperlichen Anstrengung auch geistige Beschäftigung haben. Das eine geht nun in das Orchestische aus, dieses zweite aber das religiöse nimmt auch die orchestischen Bewegungen auf. Dieses bisherige erstreckt sich dem Ausgangspunkt gemäß nur auf den eigentlichen Volkstanz; von höhren Ständen, wenn sie diese Kunst üben, gilt es nicht, da ihre gebundne Thätigkeit keine leibliche Bewegung ist. In den gegenwärtigen Verhältnissen ist eben darum die ursprüngliche Nationalgestalt so gut als verschwunden; ist ein Volk einmahl in allgemeinem Weltverkehr, so verliert sich das eigenthümlich Nationale gegen ein Gemeinschaftliches unter denen, die daran Theil nehmen, und das verbreitet sich dann in die niedern Classen. So ist jetzt in Europa meistens der Volkstanz verschwunden, in dem Maaß als ein Volk am Weltverkehr theil nimmt und die Stände verschieden sind. Der gesellschaftliche Tanz der höhren Stände hat aber darum doch denselben Ursprung, er ist aus dem Volkstanze her und hinübergegangen als die Verhältnisse sich schon geändert. Betrachten wir, wie der Tanz als eigentliche Kunst behandelt wird auf unsren Schaubühnen, so ist es, wie er gewöhnlich ist, eine Ausartung, aber das ist nie das Wesentliche, sondern allemahl an einem andern, natürlich also guten, daher auch die Rede davon sein kann. Der erste Anfang der Ausartung ist, wenn dieser Tanz reiner Tanz wird, er hat eigentlich seinen Ort in der Pantomime, wird er aus dieser herausgerissen, so wird er unverständlich, als Fürsichhervortreten der orchestischen Virtuosität in der Pantomime, also als epideictische Ausartung. Erst in [der] Pantomime kommen wir darauf. Wodurch ist nun die Begränzung und [die] positive Beschaffenheit der Bewegungen im Tanze bestimmt; es ist freilich freie Productivität in willkürlichen Bewegungen der ganzen Gestalt, aber eine nähre Bestimmung gehört zum Verständniß. Da ist das erst aus unsrem allgemeinen Princip, daß die Bewegungen rhy thmisch sein müssen. Als wir überhaupt den Unterschied zwischen Kunstlosem und Kunstmäßigem im Gleichartigen suchten, ward das Kunstmäßige ein gemeßnes, und davon ist die Anwendung auf leibliche Bewegungen der Begriff des Rhythmus. Was ist der Grund dieses Wohlgefallens am Rhythmus und warum müssen diese Bewegungen durchaus rhythmisch sein? Das ist [eine] physiologische Frage und führt auf etwas in der Natur gegebnes. Das Rhythmische im Tanz und [in] Musik ist 3 bin,] sind

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wesentlich dasselbe, also liegt die Frage über unsrem Standpunkt; aber in der allgemeinen Betrachtung konnte es nicht kommen und in der allgemeinen Betrachtung des ersten Theils kamen wir nicht | weit. Darum sondern wir das musikalische und rhythmische, jenes in Bewegungen der Stimmwerkzeuge, dieses [in die] des übrigen Leibes. Bewegung hat zwei Elemente, Zeit und Raum, Veränderung durch beide. Denken wir uns eine Reihe, so ist auch eine Gliederung, die Reihe der Bewegung zerfällt in Glieder, die in nicht eben gleichen, aber erkennbaren Verhältnissen sein müssen, damit der Charakter des Gemeßnen bleibe, i. e. Rhythmus. Dazu ist in der Bewegung [der] Gegensatz des s c h n e l l e n u n d l an gs ame n . Jenes hat in demselben Zeitmaß mehr Bewegungen als dieses; aber dieses Fließende Mehr und Minder muß, um gemessen zu werden, auf ein Bestimmbares gebracht werden. So muß in [der] Eintheilung die Gliederung und im Ganzen der Wechsel zwischen lang und kurz entstehen. Dazu gehört noch der Gegensatz zwischen A r s i s u n d T h e s i s , i. e. dem Accentuirten und Tonlosen, ohne den die Meßbarkeit nicht wirklich gegeben wäre; mehr gleiche Bewegungen ohne Unterschied des Tons ließen nicht erkennen, wo eine Unterabtheilung anfängt, wo das erste Glied einer neuen Gliederung. Dieß ist Übergang einer unwillkürlichen Bewegung in die willkürliche. Die Bewegung des Pulses und der Lunge tragen die Arsis und Thesis als wesentlichen Charakter, die stärkre Bewegung ist Arsis, die schwächre die Thesis. Dieser Unterschied ist nachweislich, obgleich er bald stärker bald schwächer hervortritt. Denken wir diese das ganze zeitliche Leben regulirenden Bewegungen in dieser Form, und nun sollten die willkürlichen Bewegungen hiermit im Widerspruch sein, also unregelmäßig, während jene immer regelmäßig [sind], so geht das sehr gut an in der gebundnen Thätigkeit, die um eines Andern willen ist, wo wir also die Befriedigung nicht in ihr selbst suchen, z. B. das Gehen und Sprechen in Geschäften hat keinen Theil an jenen Grundformen des Lebens, sondern Vernachläßigung desselben um des Zwecks willen; so wie aber die Bewegung als freie Productivität um ihrer selbst willen sein soll, so wird nichts wahrgenommen als der Widerspruch und das wäre das absolut Kunstlose. Da finden wir sehr natürlich eine Steigerung; je nachdem der Sinn für diese Regelmäßigkeit entwickelter ist, desto weniger stark braucht das Gegentheil aufzutreten, um doch gefunden zu werden. Im rohen Volkstanz ist der Gegensatz zwischen Arsis und Thesis so stark, daß [es] einen Gebildeten stört, während die darin Begriffnen [sich] nur dadurch der freien Thätigkeit bewußt werden. Im Verschwinden fast begriffen, ist es nur als Ausnahme, z. B. in Musik, wo der Tact aufhört und der

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Spieler pro lubitu spielen soll. Im Tanz als Geselligem darf die Arsis und Thesis, die den Tact bildet, nie verloren gehen, weil sonst die rhythmische Gliederung mit verloren ginge. Aber es gehört zur freien Entwicklung des Sinns, wenn der Gegensatz nicht so schroff hervortritt. Nun aber, wenn das M at e r i e l l e der Bewegungen, i. e. ihre Gestalt und die Art der Veränderung hervortreten, so erscheint hier alles vollkommen willkürlich und schwer Rechenschaft zu geben; je einfacher sie sind, desto verständlicher und Analogien in der Natur führen dazu, die Bewegungen im Tanz bis auf einen gewissen Punkt wenigstens als Classification zu construiren, z. B. Der Gegensatz zwischen g e r a d l i n i g e n und k r u m m l i ni ge n Bewegungen wird in fast jedem Tanz sein, aber das Verhältniß derselben ist sehr verschieden, bald ist das eine, bald das andre maximum, bald wechselt es in demselben Tanz. Das eigentlich C h ar ac t e r i s t i s c h e ist, daß die Bewegungen zu g l e i c h l o c o m o t i v sind und d o c h r u h en; locomotiv für den Einzelnen aber im Ganzen ruhend für die Masse. Die ganze Masse bleibt in der Regel in demselben Raum, aber die Einzelnen bewegen sich in diesem Raum. Denkt man die ganze Gesellschaft sich aus dem Raum heraus bewegend, so entsteht der Schein eines Zwecks, oder von etwas, das außerhalb des Tanzes läge. Diese Beschaffenheit | des in demselben Raum Bleibenden ist nichts andres als die positive Verneinung jedes Zwecks. Von selbst entsteht nun, daß die Bewegungen als Reihe etwas c y c l i s c h e s haben müssen, i. e. eine Folge von Bewegungen, die sich in sich selbst auf bestimmte Weise abschließt. Also das Rhythmische im Großen und Einzelnen[,] die Zusammensetzung von gerad- und krummlinigen Bewegungen, und dieses zugleich locomotiv und in demselben Raume bleibend sein geben alle Eigenschaften des Tanzes, und alles weitre gehört nicht mehr in die Theorie und hängt schon an andern Bedingungen, denn diese verschiednen Mischungen aller dieser Elemente sollen in einem Nationalen gegründet sein, das ein verschiednes Verhältniß dieser elementaren Gegensätze bildet. Noch eines habe ich zu erwähnen, das aus der Betrachtung der Kunst nicht hervorgeht, aber im Leben, sc. die A usa rtung des Ta nze s n a c h d e r S e i t e d e r G e s c h l e c h t s l u s t. Das ist eine Verunreinigung der Kunst und da ist [es] nicht nöthig, es von ethischer Seite zu betrachten, um, wo sich dieses findet den Tanz als ausgeartet zu erklären. Diese Ausartung ist keineswegs ganz darin gegründet, daß tanzende Gesellschaften aus beiden Geschlechtern zusammengesetzt sind, denn die Orientalen, die nur vor sich tanzen lassen, haben oft [die] 1 Wenn an besonderen Stellen einer Partitur die Formel „pro lubitu“ (gängig ist auch „ad libitum“) erscheint, wird den Aufführenden damit Raum für freies Spiel oder Improvisation gewährt.

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Tendenz durch Tanz Geschlechtslust zu erregen. Offenbar ist das Wo h l g e f al l e n in [der] Entwicklung der Bewegungen PunzertrennlichS von der Kunst selbst als gerade das Maaß der Vollkommenheit. Zuerst liegt darin, daß das leibliche Leben in seiner ursprünglichen Bewegung n i c h t al t e r i r t ist durch gebundne Thätigkeit, alle körperliche Arbeit ist nur partielle Bewegung und hat Richtung eine Alteration hervorzurbringen, indem die Beweglichkeit in den nicht geübten Theilen zurüktritt; also entsteht immer eine Schwerfälligkeit in den Bewegungen und Ungleichmäßigkeit in der Beweglichkeit durch die Arbeit. Im Tanze ist die freie Productivität in solchem Wechsel der Formen, PdieS jenen Gegensatz in sich tragen, vollkommen ungehindert fortschreitend, und da ist diese natürliche Beweglichkeit nicht alterirt. Das ist bloß die negative Seite des Wohlgefallens, die positive ist die S y m p at h i e mit dem Reichthum der Bewegungen, die in der menschlichen Gestalt möglich sind, dieses kommt nun zum Bewußtseyn in einer Mannigfaltigkeit von gemeßnen Bewegungen, also kann es nur an diesem Ort zur Anschauung kommen. Offenbar ist nun hier eine Differenz durch das Geschlechtliche bestimmt, die Beweglichkeit des männlichen und weiblichen Körpers ist different, also ist jene Vollkommenheit nicht wahrnehmbar, ohne daß die Geschlechtsdifferenz mit wahrgenommen wird. Aber es ist Mangel an Kunstsinn, wenn dieses Wohlgefallen in Geschlechtslust übergeht, denn Wohlgefallen ist von allen Begierden frei; aber so wie in der Art der Bewegungen Tendenz dazu ist, so ist Ausartung in dem Ausüben, wie in jenem Falle im Beschauen. Und hat sich so etwas eingeschlichen, so steigert es sich natürlich von beiden Seiten. Das ist also die Aufgabe des Tanzes sich in solchen Grenzen zu halten, daß diese Ausartung nicht entsteht. Dieß führt auf einen andren Punkt zurük, auf die Verhältnisse, die in der Gestalt entstehen durch B e k leid un g . Diese kann günstig und ungünstig sein für [die] freie Entwicklung der Bewegung; wo diese Kunst ein besondres Gebieth und Ort hat, hat sie auch eine besondre Bekleidung. Jene Ausartung hat in diesen Verhältnissen ihren ursprünglich ersten Sitz. So wie eine Tendenz ist, die Gestalt [für andres] hervortreten zu lassen als nur für die Bewegungen die in der Kunst selbst vorkommen, so ist dieses der Anfang der Ausartung, da sich alles auf die Darstellung selbst beziehen soll; was sich auf Fremdes bezieht, verunreinigt. Das zweite ist die Ausartung ins epideictische, was eine Ausartung in die mechanische Virtuosität ist, für die Kunst ebenso fremd. Wenn beide vermieden sind, hat der Tanz erst seine reine Entwicklung. In 11 tragen] traben

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Ableitung der Orchestik schien sie noch gewissermaßen in der Mitte zwischen Kunstlosem und Kunst. Das innre Motiv der Kunst war überall[,] | [daß] das erregte Selbstbewußtseyn durch die freie Productivität sich unterscheide von dem unmittelbaren Ausdruck desselben, der mimischer und musikalischer Natur war, und da die Kunstübung analoger Natur ist wie die gebundne Thätigkeit so schloß sie sich an den bewegten Zustand an. Die unmittelbaren Äußerungen sind aber unbesonnen und ungemessen, die Kunst hingegen besonnen und gemessen. An dieses Kunstlose lehnten wir uns an, indem es durch gemessne und vorausgedachte PStimmungS Kunst wird, also ein Übergang aus kunstlosem in Kunst wäre diese Gattung, aber noch nicht die eigentliche Kunst. Daß es aber solche Übergänge gibt, leidet keinen Zweifel. Nun schließt sich die künstlerische Production in den ersten Anfängen doch gleich an an das f e stl iche Leben, absolute Befreiunng einer zusammengehörenden Gesellschaft von der gebundnen Thätigkeit, erscheine es nun in Form der freien Geselligkeit, oder mehr des Religiösen und Speculativen. In diesen äußren Raume allein lassen sich alle großen Kunstleistungen einreihen. Da der Volkstanz gesellig war und Gegensatz zur gebundnen Thätigkeit bildet, so fällt er von selbst in Periode der Muße, was dann dasselbe ist mit den Elementen des festlichen Lebens. Da ist die Stimmung, die eigentlich das ursprüngliche Motiv ist, nicht das Product des Augenblicks, wie alle dem Tanz und [der] Musik analogen Bewegungen entstehen, sondern sie ist bedingt durch die Lebensordnung, gleichsam PaufgesammeltS in der Zeit der gebundnen Thätigkeit, so daß es sich in den Zwischenräumen entwickelt. Also ist sie vom Bewußtseyn einer geordneten Lebensweise her. Daher ist da kein bestimmtes Element des Kunstlosen, sondern ist gleich in die Besonnenheit umgewandelt und ursprünglich schon an das Maaß des Wechsels zwischen Arbeit und Muße geknüpft, also ein Gemeßnes. Dennoch liegt ein bedeutender Unterschied zum Grunde zwischen der abendländischen und nordländischen Art und Weise und der südländischen und orientalischen. Bei uns ist Volkstanz die dem Begriff der Kunst angehörende Erhebung in der Zeit der Muße, um da derselben Kräfte als freie Thätigkeit bewußt zu werden. In den Morgenländern aber sind theils Sclavinnen, theils freie Weiber, die den Tanz üben und den in Muße seienden sich darstellen zur Anschauung, denn für die Tänzerinnen ist Kunstübung nicht frei, sondern Gewerbe oder Pflicht, und der Zustand der zu Bewußtsein kommen soll, ist in denen, die sich vortanzen lassen, also in den Tanzenden selbst ist das Motiv nicht. Was bestimmt sie denn, wenn sie freie Personen sind, zu diesem Geschäft, wie einem Berufe? 41 ?] .

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Das wäre zufällig, wenn man sagen wollte, Sclavinnen seien aber gezwungen und von freien, z. B.indischen Bajaden, seien es nur die dem Geschlechtsgenuß sich dargebnen; allein wir müssen den Impuls im Künstlerischen suchen, s p e c i f i s c h e Beg eist erung für [die ] Entw i c k l u n g d e r m e n s c h l i c h e n G e s t a lt in fr eien Bew eg ung en. So haben wir da die Kunst in vollständiger Sonderung. Wir finden bei uns das Analogon im Tanz der höhren Stände, die in gebundner Thätigkeit auch nicht leiblich thätig sind, daher der Tanz nur als einzelnes Element erscheint, abgeleitet aus dem Volkstanze. Wenn der Tanz noch in seiner Kraft besteht und nicht bloß formelle Sitte ist, so muß dasselbe Motiv [da] sein, specielle Begeisterung für schöne Beweglichkeit der Gestalt. Verliert nun der Tanz in höhren Classen allmählig das Nationelle, je größer [der] Weltverkehr ist, und je näher die Masse jenem steht, desto mehr Theil erhalten sie auch an diesem Verlust des charakteristischen; aber doch eignet sich der Tanz der höhren Stände doch eigentlich am besten, die eigentlichen Kunstformen auszubilden, und daß dieser Tanz das Normale ist, an welchem der Volkstanz sich hält, daß er nicht in das Wilde und Kunstlose ausarte. Da ist aber kein fremdes Element, sondern der Tanz hält sich wie wir ihn construierten. Allein ein Zusammenhang ist da mit der epideictischen Ausartung die wir auf der Schaubühne | finden, wo in Ballets Vieles dem Tanz nicht angehört, sondern in das Seiltänzerische übergeht, und nicht Freude an den körperlichen Bewegungen, sondern der überwundne Schmerz. Da ist, was in das Mechanische fällt. Die Beweglichkeit der Glieder auf das Höchste zu treiben ist allgemeine menschliche Aufgabe, da von jeder naturgemäßen Function irgendwo das maximum hervortreten soll, also auch beim Willkürlichen. Ausarbeitung des Körpers in dieser Beziehung ist also aufgegeben, ob das aber ein Beruf sein soll, den sich einzelne Menschen wählen, ist eine andre Frage, die nicht hier zu beantworten ist. Die Sache selbst ist aber unbestritten eine, die sein soll, aber in das Gebieth der schönen Kunst nicht eigentlich gehörig. Es gibt allerdings nirgends eine Epideixis in dieser Beziehung, sofern sie nicht athletisch ist, sondern Seiltänzerisch als überwundne Schwierigkeit aller Bewegungen, wo schon der nicht PhinreichendeS Raum nur Epideixis ist. Dieß gehört ganz zur Kunst an einem andern, wie die Verzierungen, das Wesen ist mechanische Epideixis. Wenn nun solche Bewegungen in den eigentlichen Tanz aufgenommen werden, so ist das Vermischung. Tanz kann als 1–3 Schleiermacher spielt offenbar auf die sog. Bajaderen an, eine Bezeichnung für orientalische Tänzerinennen, die in der Romantik im Ruf standen, „Musik, Tanz und erotische Kunst als Gewerbe“ zu treiben, „um die Sinne der Männer zu fesseln“. Vgl. Johann Samuel Ersch und Johann Gottfried Gruber (Hg.): Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste, 7. Teil, Leipzig 1821, S. 187.

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Verschönerung an der mechanischen Epideixis sein, diese als solche aber hat im Tanz nichts zu thun. Dieses ist nun jener Ausartung auf Geschlechtslust hin an die Seite [zu] stellen als Ausartung, da beides von der Idee der schönen Kunst abweicht. Wie steht es nun um die andre Hauptform der Orchestik, diejenige im strengen, e r n s t e n St yl mit den Affectionen des höhern Selbstbewußtseyns verbunden? Den Übergang finden wir in der Art, wie wir die periodische Muße von [der] Naturordnung herleiteten. In Beziehung auf das Volk sie darstellend trat ein zweifacher Gegensatz heraus, Richtung auf das Geistige die gehemmt ist, wo gebundne Thätigkeit überwiegend leiblich ist, und dann Richtung auf freie Bewegungen analog dem leiblichen Gebieth. Dieses gab die Geselligkeit, jenes gibt nun das höhre Gebieth. Beides ist also insofern ursprünglich gesondert. Wo die Sonderung recht streng ist, wie bei den Engländern, da ist auch beides der Zeit nach völlig geschieden. Wo das nicht ist, sind die Zwischenräume der Muße theils zur geistigen Erhebung, theils zur Erhebung in freie leibliche Bewegung bestimmt, beides der Sache nach gesondert. Denken wir zurük an eine uns fremde Gestaltung der Religion, so gibt es (auch im Christenthum) Arten, wo sy mb o l i s c h e H a n d l u n ge n ein bedeutendes Element bilden. Den religiösen Charakter lassen wir dahingestellt und verstehen darunter Thätigkeiten, die Element der religiösen Darstellung sind durch eine gewisse Bedeutsamkeit, und wo sie constituiert sind, sie auch verständlich sind, also der Rede nicht bedürfen. Sie werden also körperliche Bewegungen sein und da sind wir im mimischen Gebieth. Zum Theil sind das solche, womit außerdem eine eigentliche Handlung verbunden ist, z. B. bei einem Opfer ist [die] Handlung, daß das Thier geschlachtet wird, was eine Allen verständliche Bedeutung hat. Zugleich ist die Bedeutsamkeit in der Art, wie die Handlung verrichtet wird und das ist körperliche Bewegung. Denken wir eine Messe, so ist da freilich viel Rede, aber diese als solche unwesentlich, daher in fremder Sprache für das Volk, das freilich deutsch nachlesen kann, was aber gänzlich Nebensache ist. Der Act, der Messe beizuwohnen, ist gleich kräftig, ob einer die Rede vernehme oder nicht, wenn er nur die Bedeutung [der] Handlung versteht, i. e. die Transsubstantiation verbunden mit [der] Erhebung der Monstranz, was Signal ist zu einer körperlichen Bewegung die durch die ganze Versammlung durchgeht. Weiter finden wir das Umstellen der heiligen Schrift auf dem Altar, erst auf die eine und dann auf die andre Seite; aber das ist schon keine Handlung mehr, obgleich in Verbindung mit Rede, sondern nur Bewegung, ohne auf Erfahrung zu zielen. Da sind Theile die in unsre 4 von] aus

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Kunst gehören und der religiösen | Gemüthserregung angehören. Verlezend wäre es, wenn diese Bewegungen in Zeitmaß und Form des geselligen Tanzes vorkämen, das indicirt schon einen andern Styl. Sieht man auf das, was nun weniger die Einzelnen thun als die Masse, Niederfallen, Processionen, so ist [es], wenn diese absolut kunstlos erscheinen, ungeordnet und ungemessen, ein widriger Eindruck, also haben sie natürliche Richtung in das Kunstgebieth aufgenommen zu werden. Denken wir noch dazu die Musik, so ist Aufforderung zum bestimmt Gemeßnen noch größer. Wir haben also wesentlich ein Zusammensein von Mimik im engren Sinn und von Orchestik; also würde es der Pantomime angehören, wenn wir die Rede ganz wegdenken. Daß eigentliche Mimik hier vorkomme, ging noch nicht hervor, aber jeder dachte es hinzu, insofern wir die Masse in religiöser Stimmung denken, die sich also in den Gesichtszügen ausdrückt und nicht bloß als Ruhe, da das Ganze in [einen] Wechsel von Momenten zerfällt, sondern als Bewegungen der Gesichtszüge. So scheinen wir in einem vermischten Gebieth zu sein; die Orchestik nicht selbstständig, sondern mit dem eigentlich Mimischen zusammen, was wir aber schon als ein zusammengesetztes fanden als wir von den physischen Elementen ausgingen; und im geselligen Tanz war Minenspiel nicht wesentlich. Hier scheint es anders, aber recht betrachtet ist es doch ebenso und Minenspiel gehört nirgends zur Darstellung, wenn es sich um Bewegungen der Masse handelt, sondern höchstens da, wo Einzelne sich in relativem Gegensatz zu ihr befinden. Das rein Orchestische im höhren Styl tritt bei uns nur hervor als ein Mimisches, und kann selbstständig nur sein, wo überhaupt das Religiöse noch sinnliche Kräfte hat, sich zu äußern. In rohern Völkern sind beide Style nicht geschieden; erst wenn die religiöse Erhebung sich reinigt, nimmt es mimische Elemente an. b. D i e e i ge n t l i c he Mimik. Sie unterscheidet sich durch [das] Hervortreten der Gesichtszüge, dem die Bewegung der Gliedmaßen subsumirt ist und es ist zu unterscheiden was mehr Stellung ist und in den Bewegungen die locomotiven und die der Gebehrden i. e. freie Bewegungen der Extremitäten ohne Ortsveränderung. Letztere stehen in nährem Verhältniß zum Mienenspiel. Die Erregung kündigt sich zuerst in Gesichtszügen an, dann als Gebehrdenspiel. Die Stärke der Veränderung im Einzelnen und Ganzen bestimmt die Nationalität. 18 wir] uns

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Der Unterschied zwischen Kunstlosem und Künstlerischem ging in der Orchestik davon aus, daß die Stimmungen, an die sich die Äußerungen anschlossen, in den Kunstübenden selbst vorhanden waren, wenngleich nicht als Momentanes. Die eigentliche Mimik nun soll gerade das Momentane ausdrücken. Als Naturausdruck ist der Einzelne selbst in der innren Bewegung der das Minenspiel angehört; dann ist die Äußerung keine vorher bedachte, kein innres Bild, das der Erscheinung vorausgeht, also nicht Kunst. In dem was Sache der Natur ist gibt es hier [eine] große Differenz. Hat diese im Gebieth der Kunst selbst Einfluß oder nicht? Betrachten wir verschiedne Menschen in ihrem Erregtsein, so sind uns Einige in ihren mimischen Äußerungen wohlgefällig, andre nicht. Dieser Eindruck ist gleich dem Kunsteindruck, geht aber doch von der Natur aus. Dieß ist jedoch völlig zu trennen von den Gemüthszuständen selbst, die in das Epische gehen. Der Ausdruck des Gebehrden- und Minenspiels ist uns oft wohlgefällig, oft nicht. Worauf beruht dieß an und für sich? Gehen wir zurück auf das vom physischen Element Gesagte von Bewegung und Ruhe. Ist keine Ruhe absolut, sondern jede Stellung ein minimum von Bewegung und doch die Bewegungen von einander getrennt, und relativ | entgegengesetzt, so muß es einen Übergang geben von einem minimum zu einem ihm entgegengesetzten ohne daß es durch Null geht. Ein solches Verhältniß setzt Null voraus, und die PConsistentialverhältnisseS gestatten doch keine. Dieß ist ein innrer Widerspruch. Derselbe findet sich nicht schroff wenn wir einen allmähligen Übergang denken und daher ist Vermittlung zwischen dem einen und andren. Allerdings kommt viel auf den Gemüthszustand selbst an, da eine größre Beweglichkeit und eine freiere dazugehört, wenn das Erregtsein sich auf jene Weise zu Tag geben soll; während das Pathematische mehr eine schroffe Umwandlung darbiethet. Dieß geht zwar auf die Gemüthsverfaßung zurück, ist aber Wohl- oder Mißfallen an der Art wie ein Individuum in Beziehung auf Gemüthszustände beweglich ist. Wo das Minimum Kunst sein soll, müssen wir ein maximum von Freiheit denken und das Pathematische selbst zurüktretend und dadurch kommen wir auf die ursprüngliche Position zurück, daß Künstlerisches nur da ist, wo die Verbindung zwischen dem erregten Selbstbewußtseyn und der Äußerung aufgehoben ist. Mimisch heißt eigentlich nachahmerisch, dasjenige soll nachgeahmt werden, was in seinem natürlichen Vorkommen Ausdruck einer bestimmten Gemüthserregung ist, ohne daß diese Gemüthsbewegung ursprünglich vorhanden sei. Von der Orchestik konnten wir nicht dasselbe sagen denn die Bewegenden sollten das Bewußtseyn von der Mühe nicht 16–18 Vgl. oben Stunde 46

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verlieren. Hier hingegen verleugnen wir es; der Mimiker soll nicht im Gemüthszustand selbst sein, weil er sonst die Äußerung desselben nicht so in seiner Gewalt haben kann. Das maximum [ist], wenn er der natürlichen Veränderungen, die er darstellt selbst nicht fähig wäre, nicht selbst innerlich so erregt werden könnte. Dabei ist vorauszusetzen die eigenthümliche Begeisterung welche das Motiv seiner künstlerischen Thätigkeit ist. Er kann selbst über Gemüthszustände hinaus sein, aber von dem Bande zwischen dem Innern und Äußern begeistert und seine freie Productivität auf dieses Gebieth richten. Zu dieser speciellen mimischen Begeisterung gehört, daß einer im Auffassen dieses Ausdrucks begriffen ist also in beständiger mimischer Beobachtung. Der geschikteste wäre, wer den Ausdruck jeder innren Erregung, den er aus Beobachtungen gefunden, wiedergeben kann, indem er sich auf den Punkt stellt, wo das Innre in das Äußre tritt. Von diesem Extrem hinabgehend braucht ein Einzelner nicht in allen Beziehungen gleich beweglich zu sein, aber doch specifisch begeistert. Was hat diese Differenz für [einen] Einfluß? Ist einer geschikt zur Nachbildung derjenigen Bewegungen denen er wenig oder denen er sehr empfänglich ist? Nach dem Bisherigen ist Ersteres zu bejahen und dieß ist das Gegentheil von dem allgemein beobachteten Verfahren. Der Rohe ist dem Mißfallen am meisten ausgesetzt in Bewegungen die aus seinem Naturzustand hervorgehen. Dieß kann dem Mimiker oft entschlüpfen beim Nachbilden von Bewegungen die der Ausdruck seiner eignen Gemüthsbewegung ist. Man denkt, wie einer selbst verfährt kann er am besten mimisch darstellen und das zeigt sich auch in Praxis in [der] Vertheilung der Rollen nach Lebhaftigkeit der Gemüthsart, oft darin gegründet, daß man nicht genug Rücksicht nimmt auf die mimische Begeisterung und mehr auf die Wirkung eines nachgebildeten innren Zustands rechnet. Aber die mimsche Bewegung soll nicht im Innern selbst | gebildet sein. Also fehlt die Begeisterung denen, die sich Rollen suchen. Vom physischen Element aus und jenem obigen Gegensatz kommen wir auf drei Punkte 1.) die eigentliche G esichtsmim ik , Mienenspiel, 2.) G e b e h r d e n m i m i k , die immer erst bei größrer Intensität der innren Bewegungen eintritt. Nehmen wir dazu, daß Mimik meist verbunden ist mit der Rede an der dramatischen Kunst und dieß für natürlich muß gehalten werden, daß dieselben Zustände einen mimischen Ausdruck und auch Gedanken hervorrufen, so haben wir ein drittes Element, auch rein mimisch, aber auf Bewegung organischer Theile beruhend 3.) Sp r ac h m i m i k , Wirkung auf die Erscheinung der Rede, wie sie aus den Bewegungen der Sprachwerkzeuge hervorgeht; Höhe und Tiefe, Schnelligkeit und Langsamkeit. Diese in ihrem Zusammentreffen und Wechsel bedingen die Mimik der Sprache. Die

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drei Elemente können wir nicht von einander getrennt denken, wenn nicht absichtlich die Rede zurückgedrängt wird, was Pantomime ist. Folgerung: Wo diese drei zusammen sind und die eigentliche Mimik sich ganz geltend macht, da ist auch die Sprachmimik das eigentliche Centrum, sonst wäre kein Grund sie zurücktreten zu lassen um als Pantomime die andern hervorzuheben. Eine Leistung erregt Wohloder Mißfallen auf diesem Gebieth, je nachdem die Sprachmimik nicht verfehlt ist. Das Wohlgefallen an ihr übergeht das an den andren Elementen und bestimmt den eigentlichen Totaleindruck, also Centrum des Ganzen der Sprachmimik ist in der bloßen Rede ein andres als im Gesang, letztres gehört der Musik an, daher scheint es, als hätten wir nicht Höhe und Tiefe zur Sprache rechnen sollen, aber der Laut in Rede und Ton im Gesang sind irrational gegen einander. Auch in Beziehung auf Höhe und Tiefe läßt sich beides nicht in ein identisches auflösen, sondern ein minimum von Differenz bleibt immer. Diesem widersprachen Theoretiker mit Unrecht. Ton im Gesang und [auf einem] Instrument sind rational, aber nicht Laut der Sprache und Ton auf Instrument. Differenz als minimum wenigstens ist immer da; als größte Differenzen fand man[,] sie dürften nicht über eine Terze hinaufgehen, aber die Gränzen selbst musikalisch sind unbestimmbar. Laut und Ton sind verschieden, aber auch für jenen reinen Wechsel der Höhe und Tiefe in der Sprache, Mißfallen oder Wohlgefallen erregend, dem Naturausdruck entsprechend oder nicht. Im Drama ist auch locomotive Bewegung aber von orchestischer so verschieden, daß wir sie mit unter [das] Gebehrdenspiel begreifen können. Im Volkstanz war die Stimmung selbst das, wovon die Kunst ausging; hingegen Mimik im wirklichen Leben ist das Kunst lose, Naturausdruck dessen, was vorgeht, [sie] kann zwar kunstmäßig sein, insofern die unwillkürlichen Bewegungen den wirklich künstlerischen ähnlich sind, aber nie sind sie künstlerisch. Mimik a ls Kunst fordert daß der Künstler nicht selbst in wirklichen Lebensmomenten sei, wie im Volkstanz die Masse. Mimik ist nur Kunst wo der auszudrückende Zustand nicht des Künstlers Zustand ist, also er eine fremde Rolle spielt. Denke ich einen Redner, so ist ihm Sprachmimik nothwendig und ebenso Gebehrdenspiel, aber immer als Naturausdruck; sind die Bewegungen hingegen vorausgedacht und geordnet nach den Regeln der Kunst so geht er in den andern Zustand über, daß der darstellende und productive Moment verschieden sind. | So nur kann seine Mimik künstlerisch sein, sonst bloß kunstgemäß. Gehen wir auf das, wie wir die freie Productivität als künstlerisch von ihrem Kunstlosen gesondert [hatten], so stellt jene nur dar, was in den gegebnen Zuständen 32 Masse] Muße

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von selbst geschehe, aber so nur, daß nichts Störendes, das Maaß übersteigendes dazwischen trete. Also ist es in gewisser Hinsicht Nachahmung der Natur; denn wäre es nicht in der Natur, daß die geistige Veränderung sich so abspiegele, aber sie ist zugleich Vorbild der Natur, weil sie alles was in der Wirklichkeit dieses alterirt, vermeidet. Des Redners Mimik ist nur kunstgemäß, insofern sie analog ist der künstlerischen Mimik, und diese ist nur vermöge eines Zurükgehens auf die Natur. Dieß hängt mit jenem zusammen daß die specielle Begeisterung des Mimikers mit ihren Wirkungen zusammengedacht durchaus nicht abhängig ist von seiner persönlichen Beschaffenheit, sondern er alles muß darstellen können, wozu nur die leiblich nothwendigen Bedingungen da sind. Wir gehen auf die Natur zurück, und haben da zweierley wesentlich verschiedne mimische Elemente. Der Monolog und D ia log (Gespräch)[,] jenes gibt das Inidividuum in bewegtem Gemüthszustand aber für sich allein, das zweite denselben im Gemüthszustand bestimmt durch das Zusammenleben mit andren. Welches davon ist die Grundform? Das in leiblicher Bewegung hervortretende hat seinen Grund in der menschlichen Natur insofern sie Gattung ist, d. h. andre Individuen voraussetzt und in Beziehung auf diese [ist]. Daher der Monolog nur untergeordnet als Zwischenraum von einem Moment des Zusammenlebens zum andren, bedingt durch diese beiden. Mimische Vo l l ko mm e n h e i t ist also im Zustand des Gesprächs den innren Zustand zum Bewußtseyn zu bringen und zwar mit einer solchen Klarheit, daß alle Bewegungen in diesem Zustand verständlich sind, also nichts in dieselben komme, was nicht durch ihn bedingt sei. — Wie verhalten sich die verschiednen p h y sischen Elem ente in dieser Beziehung? Wenn wir das Zusammensein mehrerer denken und innre Bewegung[,] so denken wir von selbst die Rede mit, also Mimik durch die Rede bedingt und in der Beziehung auf sie. Von selbst ist klar, daß die S p r a c h m i mi k mithin das C e n t r um bildet, i. e. das wesentlichste Element ist, und zugleich das, was allen andern die Regel gibt. Nehmen wir die zwei andren Elemente, Gesichts- und Gebehrdenmimik, so muß jene auch vorhanden sein, wenn derjenige, der Hauptperson ist, nicht selbst der redende ist, denn in einem Dialog wird die Rede des einen immer einen bestimmten Eindruck machen auf den andern, d. h. Gesichtsmimik wo der eine noch schweigt (als empfangend). Ist Dialog also abwechselndes Reden und wir betrachten nur den einen Sprechenden, so muß er schon in der Pause dieses Element hervortreten lassen und das constituirt schon das, was man das stumme Spiel nennt, Gesichtsmimik die sich bezieht auf die Thätigkeit 26 .] ?

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der Andern, ehe noch die eigne Rede hervortritt. Nun bilden sich die kunstlosen innren Bewegungen zuerst in Gesichtszügen ab, also wird Minenspiel das erste sein; und Gebehrdenmimik in der Regel erst die Rede begleitend. Fälle sind möglich, daß sie der Rede vorangeht, aber dann ist die Bewegung schon eine sehr starke. In der Regel geht Gesichtsmimik voraus, und Gebehrdenmimik [ist] das nachfolgende, die Rede begleitend. Fragen wir, was in Sprachmimik eigentlich das Künstlerische sei, so tritt ein ganz eigner Umstand ein; wenn wir fragen: Ist es möglich, daß Jemand seine eigne Rede falsch vortragen kann i. e. daß das Resultat der Sprachmimik die relative Differenz für das Gehör in den einzelnen Elementen der Rede dem Inhalt nicht gemäß ist, so wird das jeder verneinen. Wer selbst spricht trägt es nicht falsch vor, denn da ist der Naturzusammenhang der innre Wahrheit ist. Etwas andres ist es, wenn einer eine eigne Rede darstellt, die aber in frühren Momenten schon producirt war. Ist dieser Moment ihm fremd geworden, so kann er auch die eigne Rede falsch vortragen. Vo l l ko m m n e R i c h t i gk e i t i s t d as s c h lecht hin N a türliche . | Tadeln wir natürliche Sprachmimik so tadeln wir nur verkehrte Bewegungen die aber auf dem künstlerischen Gebieth entstanden sind. Es kann einer beim Vorlesen falsch accentuiren und intoniren, wenn er nicht von der Rede durchdrungen ist und das kann in die eigne Rede dann übergehen, aber rein von Natur aus kann das Unrichtige nicht entstehen. Daraus folgt, daß der Künstler keinem Irrthum unterlegen ist, wenn er von der vorzutragenden Rede recht durchdrungen ist, sie so in sich trägt, wie der, der sie producirt hat, ausgenommen es müßte von der Schule aus i. e. von seiner Kunstübung her etwas Verkehrtes hineinkommen. Nun finden wir in [der] Sprachmimik sehr große Differenzen unter ve r s c h i e d n e n V ö l k e r n , andre Zeitmaaße, Accentuation; ebenso läßt Intonation große Verschiedenheit zu und mit dieser natürlich auch die Modulation. Diese Differenzen sind nichts andres als das natürlich Richtige, abhängend von der Individualisierung der menschlichen Natur in verschiednen Völkern. Ist von Darstellung eines Fremden die Rede, so muß dieses mit aufgenommen werden. Dadurch entsteht aber eine so complicirte Aufgabe, daß man sie fast nicht lösen kann, da aus verschiednen Gesichtspunkten ganz verschiedne Methoden aufgestellt werden können. Aber das hängt sehr zusammen mit unsrem modernen Standpunkt, daß wir sc. unsren Gegenstand auf freiste Weise aus allen Regionen nehmen. Denken wir aber, die Kunst als eine nationale, so entstehen diese Schwierigkeiten nicht, oder nur sehr untergeordnet. Soll aber Fremdes dargestellt werden aus fremden Sprachen, so entstehen sie, und [sind] nie vollkommen lösbar. So z. B. deutsches Drama, das [einen] Griechischen Gegenstand hat. Sollte die Person vollkommen dargestellt werden, so

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muß es in den natürlichen PKreisenS sein; da es aber in einer ihnen fremden Sprache geschieht, so ist schon Widerspruch. Diese Unauflöslichkeit ist in der Komik ein eigenthümliches und häufiges Motiv. Wenn in einer Handlung [ein] Fremder dargestellt wird und der Zwiespalt derselben gegen die Sprache mit, so ist das ein lebhaftes Motiv. Aber im Tragischen soll das ganze verschwinden und da entsteht [die] Unauflöslichkeit der Aufgabe. Schon dieses führt auf eine allgemeine Betrachtung, daß es sc. hier keine Vollk om m en heit in der Kunst geben kann außer einer r e i n N at i o n alen. Sehen wir von Sprachmimik nun erst ab und denken an Gebehrdenmimik so finden wir bei allen Völkern sehr viel P o s i t i ve s i. e. mehr aus Sollen als aus Natur entwickeltes. Jedes Volk hat Gebehrden, die ein andres nicht hat, obwohl es keine Zustände hat, die das andre nicht auch hätte und [der] leibliche Ausdruck damit. Das hat noch den besondren Grund: Es mischt sich in die Gebehrde als mimischem Ausdruck immer noch etwas andres, was seine Z e i c h e n s p r a che sein will, i. e. nicht Ausdruck des Gemüthszustands, sondern Begriffsausdruck und das ist so positiv wie die Sprache. Zwischen zwei Sprachen gibt es immer gewisse Approximationen im Werth der Ausdrücke, aber die Töne selbst sind ganz verschieden und diese Differenz ist eben das Positive. Ganz so geht es in der Zeichensprache und da sich hievon immer [etwas] in die Gebehrden einmischt, so entsteht daraus der eigenthümliche Charakter jedes Volks in dieser Beziehung, den man erst auffassen muß. Vollkommne Auffaßung und Darstellung gibt es daher nur innerhalb derselben Nationalität. So wie man darüber hinausgeht, muß man entweder [eine] positive Grenze annehmen, die auch nur durch Sitte bestimmt wird, oder man ist immer in Gefahr, daß das Comische sich einschleicht; denn so wie eine Differenz eintritt, daß ein Theilnehmer als Fremder erscheint im Gebieth des Gesprächs und [der] Handlung und der Contrast tritt hervor als nicht überwunden, so ist da ein comisches Element. Da findet die große Differenz statt zwischen der antiken und modernen Kunst. Das letztre weit hinaufgerückt, sogar die Römer umfassend, die ja auch Griechen darstellten. Bei den Griechen war das Drama wesentlich national außer im comischen Gebiethe. Von da ist vollkommne Auflösung. Darüber hinaus schwankt die Aufgabe. | [Der] Dialog verläuft in Abwechslung von Gesichtsmimik in aufnehmenden Momenten, und Gebehrden- und Sprachmimik mit der Rede als dem Willensausdruck. Dieß der beständige Antagonismus. Ein gewisses Verhältniß ist immer gegeben, ist das Maaß der Bewegung zu klein für eine Rede, so tritt die Kunst zurück und es ist ein Mangel (erscheint als t o d t ); ebenso gibt es ein Zuviel im Verhältniß der Bewegung zur Handlung, i. e. das Ü berla dne. Hierin kann aber

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nie ein Volk Richter des andren sein, da jedes ein eignes Maaß hat. Dieses in der Relativität festhaltend, kann man es auf den ursprünglichen Begriff reduciren, [ein] Zuwenig beweist, daß der Leib als Organ die innre Erregungen zur Darstellung zu bringen nicht genug ausgebildet ist, Mangel organischer Ausbildung; andrerseits ist das Zuviel eine überwiegende Leiblichkeit, die deßwegen in das Thierische übergeht, wo die Erregung immer völlig aufgeht in der leiblichen Bewegung; indem das Bewußtseyn der Existenz gewissermaßen da ist, aber nicht fähig das Leibliche zu regieren. Dieses Überladne, wenn es ein künstlich Gemachtes ist, hat dann seinen Grund in Mangel an Einsicht über das Verhältniß zwischen dem kunstlosen und künstlerischen. So wie man glaubt, dieses müsse sich von jenem durchaus entfernen, um nicht [als] Nachahmung der Natur zu scheinen, so fällt man in das Todte oder Überladne. Beides hat also zweifachen Grund, der eine ein geistiger, Mangel an Erkenntniß der Aufgabe selbst, der andre ein leiblicher, der doch auf Ethik zurückzuführen ist, da der Leib nie allein. Ist ein Künstler so todt, so ist [die] specifische Begeisterung für leibliche Bewegung nicht da, er also mit seiner ganzen Existenz nicht auf dem rechten Wege. Geht einer auf das Überladne, so muß in seinem eignen Sein das Leibliche jenes Übergewicht haben, wenn es nicht von falscher Auffaßung der Kunst her affectiert ist. Weil wir aber die beiden Momente immer verbinden, wie sich künstlerisches und kunstloses immer unterscheidet und jenes doch nur das natürliche ist, so ist auch ihr Gegensatz zweifache Unvollkommenheit. Entweder wird vernachläßigt, daß die Natur die Norm geben soll, so geht die Kunst ganz in Nachbilden des Natürlichen als Kunstlosem auf. Der Fehler ist da Mangel an specifischer Begeisterung; denn es wird mit aufgenommen, was in der Wirklichkeit nur aus Hemmung eines ursprünglichen mimischen Impulses her ist, sei es durch Gewöhnung oder Nichtausbildung. Auf der andern Seite steht das Extrem des Gekünstelten als absichtliches Entfernenwollen von der Natur. In Gebehrdenmimik ist also überall mehr oder weniger etwas positives, da sich immer etwas von Zeichensprache einmischt, die durchaus conventionell ist, d. h. sich so oder so als Sitte gebildet, daß Kopfschütteln so Bejahung ist und so Verneigung ist conventionell und könnte ebenso gut umgekehrt sein. Das führt alles mehr auf ein Logisches zurük, als unmittelbar auf erregten Gemüthszustand. Verbinden wir damit daß [das] Verhältniß des natürlichen und kunstmäßigen nicht richtig aufgefaßt ist, so entsteht, daß man rein Willkürliches in den Ausdruck bringen will, und merkt das der Zuschauer, so hat er von selbst Tendenz, es auf die Zeichensprache zurükzuführen und liegt das nicht im Cyclus des Gewöhnlichen, so verwirrt es ihn und das Ganze wird ihm unverständlich. In Beziehung auf diesen Gegensatz können

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wir die Formel uns so sagen: Der Typus der Bewegung muß rein derselbe sein, wie derjenige der in der natürlichen Bewegung in demselben Lebenskreise vorwaltet, und daß diese Naturbewegung ungebildet erscheine, ohne daß wir die Identität aufheben; das eine vermeidet Zurüksinken in Natürlichkeit und das andre das Erkünsteln. In Beziehung auf den Quantitativen Gegensatz des todten und überladnen | sagen wir, die künstlerische Bewegung müsse den Gemüthsimpuls zur Darstellung bringen und zugleich ganz aus diesem verständlich sein. Über das Verhältniß dieser drei Elemente in den verschiednen Formen der mimischen Ausübung ist noch darzustellen. Neulich habe ich aufmerksam gemacht, daß es auf diesem Gebieth Differenz gibt zwischen der gegenwärtigen Zeit und [dem] Alterthum, die zum Vortheil des Alterthums erschien, weil da die mimischen Darstellungen ganz in den Grenzen des Nationellen liegen und das Maaß dadurch rein gehalten war. Stellt man dar aus fremden Kreisen, so wird das Maaß unsicher und wenn Vermischung von Einheimischem und Fremdem eintritt entsteht Gefahr, daß der Gegensatz in das Comische ausarte. Gerade diesen Umstand von seiner Unvermeidlichkeit her betrachtend, i. e. wo die Völker sich so berühren, daß eine solche Neigung entstehen mußte in das Tragische auch das Comische einzumischen, und das [der] Triumph der Kunst ist, das Unvermeidliche mit in ihre Tendenz zu nehmen, weil sie so es besiegt: Da treffen wir noch auf eine Differenz zwischen antiken und modernen, daß in dramatischen Darstellungen der Al t e n d i e G e s i c h t s m i mi k z u r ü ckt ritt überall wo die Maske vorherrscht. Diese erscheint uns willkürlich gemacht, hat aber seinen hinreichenden Grund in der ganzen dem alterthümlichen Leben angemeßnen Art der Kunstausübung. Allerdings ist das Mienenspiel etwas natürliches und jedem bewegten Gemüthszustand unvermeidlich im wirklichen Leben. Aber bei genauer Beobachtung zeigt sich, daß von selbst der Mensch sich [in] diesem nur gehen läßt in dem Maaße als es auch aufgefaßt werden kann und uns bei großer innrer Bewegung diese Gewalt des Bewußtseyns verloren geht. In einem kleinern Kreise, wo man in begrenztem Raume auf jeden aufmerken kann, wird im Hervortreten der innern Bewegung in Gesichtszügen keine absichtliche Hemmung statt finden, unbewußt werden sie erfolgen. In einem größrem Kreise aber, wo der Einzelne verschwindet ist das Verhältniß etwas anders, und darin ist nicht ein im Augenblick bestimmt Gewolltes, sondern das persönliche Selbstbewußtseyn bekommt ein andres Maaß, der Einzelne fühlt sich als geringer Theil des Ganzen und Aus18 her] folgt ))ihn** 10–12 Vgl. oben Stunde 44

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druck des persönlichen Selbstbewußtseyns tritt zurük. Freilich wenn hoher Grad von Gemüthserregung vorhanden ist, so gehen diese äußren Bewegungen doch vor sich, aber immer wird das Maaß verschieden sein. Vergleichen wir so das alte und neue Drama, so hat dieses den Charakter sich in engerm Kreise und Raum zu bewegen, jenes hingegen überwiegend das öffentliche Leben, was nicht von [der] Tragödie allein, sondern auch von der alten Comödie gilt, indem was hernach ins häusliche Leben gezogen ward, schon Zeichen vom Verfall des öffentlichen Lebens war. Dem war die Räumlichkeit angemeßen, und das alte Theater nur in Zusammenhang mit großen Volksfesten und ungleich größrer Zuhörerzahl, daher von selbst größres Zurücktreten des Einzelnen und damahls kannte man das bewaffnete Auge nicht, so daß alles Mienenspiel für weit die meisten Zuschauer verlorengegangen wäre, daher trat es zurük. Dazu kommt, daß bei den Alten wegen [der] Darstellung des öffentlichen Lebens [ein] Gegensatz zwischen Chor und Einzelnem bestand, jener so wenig Nebensache, daß die Einzelnen nur in geringem Zahlenverhältniß dagegen sein durften; so ist Übergewicht einer Masse, wo der Einzelne selbst verschwindet. Wollte ein Chor seine Darstellung wesentlich in das Mienenspiel legen, so würde das lächerlich, weil in diesem persönliche Eigenthümlichkeit hervortritt, im Chor aber nur der gemeinsame Charakter sich zeigen soll. | Wenn der Einzelne in Thätigkeit übergeht, sehen wir das Minenspiel von selbst zurücktretend und dem Gebehrdenspiel weichend; und doch sollen die Gesichtszüge den Charakter darstellen, d. h. in Momenten der Rede selbstständig geworden sein als Stellung nicht als Ruhe, und nur Sprach- und Gebehrdenmimik dabei hervortreten. So ist Möglichkeit, wenn das Gesicht nur kann den Charakter darstellen wollen und das kann die Maske auch. Dazu kommt, daß sich die Momente, wo der Einzelne aufnimmt und nicht selbst redet, sich theilten, entweder hatte er es mit dem Chor zu thun oder einem andren Einzelnen, in jenem Falle hat er zu hören, was ihn nicht kann in lebendige Bewegung setzen, da des Chors Charakter ist einen dem leidenschaftlichen entgegengesetzten ruhigen Charakter zu haben und die lyrische Einheit darzustellen; ist er aber mit einem Einzelnen zusammen, so ist es da der kurze Dialog, wo die Pausen des einen und andren fast verschwinden und der Schweigende schon in Replic begriffen ist. Im neuern Drama verhält es sich anders und es ist eine gewisse Nothwendigkeit, daß die Gesichtsmimik hervortrete, da der Einzelne und der Raum in ganz andrem Verhältniß zur Handlung steht[,] unter der Maske ist alle Gesichtsmimik auf die Augen beschränkt und auf geringe Entfernung genügt das nicht und Masken 7 gilt] ging

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kämen als ungenügend zum Bewußtseyn. Die Aufgabe wird schwieriger, weil jener Antagonismus des Wechsels zwischen Hervor- und Zurücktreten des Minenspiels und [der] Sprache mit Gebehrdenmimik besonders hervortritt, und daher befriedigen unsre Mimiker so selten, da sie das Maaß zwischen todt und überladen und zwischen gemein natürlichem und erkünsteltem halten müssen. Die Mimik der Alten ist also beschränkter, da nur Bewegung der Augen möglich, und die des Kopfes schon zur Gebehrdenmimik gehört. Das Drama ist immer eine Handlung und darstellen kann man nur die Wirkung der Handlung in ihren verschiednen Momenten. Dieselben Momente sind aber in und für jeden verschieden und bringen verschiednes hervor. Ist nun dramatische Poesie hinreichend um das handelnde Individuum so zu beschreiben, daß das Princip darin anschaulich wird? Das ist nicht der Fall, und je mehr die Bewegungen im Kleinen zur Darstellung kommen sollen, also im Minenspiel[,] desto mehr fällt Poesie und Mimik auseinander. Der Director setzt nicht auseinander wie die Einzelnen sich gruppiren und wie der Einzelne sein soll. Verschiedne mimische Künstler stellen dieselbe Rolle verschieden dar, weil sie jene Direction anders ergänzen und sich das Innre des Darzustellenden anders construiren. Der mimische Künstler soll daher zugleich Dichter werden, um den dramatischen Dichter zu ergänzen. Aufgabe ist, daß der Zuschauer durch mimische Darstellung die vollständige Anschauung vom Drama sei; also muß jener Zuschauer der dritte Künstler noch sein und das Verhältniß zwischen Mimiker und Dichter ergänzen. Denkt man Minenspiel weg, so beschränkt sich die Darstellung auf das, was der Dichter gegeben hat, und es bleiben nur die Gesichtszüge. Dann ist die Aufgabe in größrer Vollständigkeit lösbar. Damit hängt die Form des antiken Drama zusammen, wo [der] Dialog in kurzen Sätzen [dargestellt wird]. Die antike Darstellung scheint sich also zu rechtfertigen und die Aufgabe zu einer eigentlichern Kunstaufgabe zu machen als die moderne. Gehen wir von dieser verringerten Aufgabe, wo Minenspiel wegfällt, noch weiter hinab, so kommen wir zur Re c i t a t i o n , wo Sprachmimik das einzige Element. Sprachmimik kann in unmittelbarem Vortrag eigner Rede nie falsch sein als durch falsche Gewöhnung in der Schule oder unvollkommne Ausbildung des Sprachorgans. [Der] Künstler wird seine Rede, wenn er nie oratorische Vorübung hatte, unrichtig vortragen, ausgenommen wenn er früher aufgeschriebne Gedanken später vorträgt. | Ganz anders ist es mit dem Vortragen fremder Gedanken. Da dominirt Sprachmimik und richtig Recitiren als Sprachmimiker ist die erste Basis. Denken wir dieses im Vorlesen, so erscheint da die Sprachmimik meistens ganz 11 bringen] bringt

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isoliert, der Vorleser hat mit Mimik und Gebehrdenspiel gar nichts zu thun. Wo nun die Rede rein objectiv ist, vermißt auch niemand etwas; wo aber der Einzelne mit einer Art Öffentlichkeit ein ganzes Drama oder Dialog recitirt, so wird die Aufgabe schwankend. Soll einer bloß den Autor recitiren oder die Verschiedenheit der redenden Personen, wo sich dann gleich fragt, in wiefern er Minen- und Gebehrdenspiel einmischen und durchführen [soll]. Da sieht man wie wesentlich diese Elemente zusammengehören, und wie schwierig sogar das, was Hauptsache ist, zu isoliren; weil sobald die Objectivität des Gedankens nicht dominirt, sondern er sich das Reden einer Person denkt, so fordert er, daß diese sich vergegenwärtige. Fällt scenische Umgebung weg, so auch die locomotiven Bewegungen und es bleibt nur Natürlichkeit der Recitation im Wechsel der Personen, die in Sprachmimik hervortritt. Geschieht dieses mit Interesse, so ist Reiz zum Gebehrdenspiel fast unüberwindlich und schon ist da eine Grenze zu bestimmen; wenn nur der Eindruck so ist, daß man sich an der Zusammenstimmung dessen, was einer geben kann, erfreut. — Dieses führt auf einen andren Punkt freilich ganz an der Grenze unsrer Untersuchung. Wenn wir zur Totalität der Aufgabe zurückgehen und sie in moderner und antiker Gestalt vergleichen, so ist noch ein Punkt zu überlegen. Bei der antiken Darstellung des Drama war es eigentlich nicht nothwendig, daß die m i mi s c h e K unst ein a bg eschloßner Be r u f war, sondern das konnte man von jedem voraussetzen, der nur die allgemeine bürgerliche Bildung hatte. Der Dichter setzte sich in Relation mit den Darstellenden und konnte nur so sicher sein, daß sein Bild, welches das Gedicht begleitet, nach Maaßgabe des bestehenden Typus dargestellt wurde. Da durfte der mimische Künstler von Allem dispensiert werden, was die richtige Beobachtung voraussetzt, wenigstens die Bewegungen des täglichen Lebens; und was in ihnen unvollkommen war, wurde ergänzt durch den Dichter. Dieser war das lebendige Princip der mimischen Darstellung und er mußte beides zusammensein. Desto weniger mußte der mimisch Darstellende sein wenn er nur die Sprache in seiner Gewalt hatte und den Sinn für Beweglichkeit da bei ihnen Gymnastik zur allgemeinen Bildung gehörte. In dieser Ausübung war er nur das Organ des Dichters und die Principien waren alle in diesem, daher die mimische Darstellung so gut wie die Worte sein Werk. In der modernen Ausübung ist das ganz anders, M i m i s c h e D ar s t e l l u n g [ d as ] Werk der D a rst ellende n , woran [der] Dichter nur da Theil hat, daß er eine Art scenische Direction beischreiben kann, und nun noch, daß das Minenspiel jede kleine Bewegung darstellen soll; das sind die Ursachen, daß der Mimiker in dramatischer Darstellung als ein eigner Künstler hervortritt, und dramatische Darstellung vereinigtes Werk des Dichters und der

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Schauspieler ist, so daß es in verschiednen mimischen Societäten ein Verschiednes wird. Daher man oft wenn man den Dichter haben will, vom mimischen Darsteller abstrahiren und ihn recitiren [muss]. Vollkommne Einheit zwischen Dichter und mimischem Künstler ist nie zu erreichen, daß man sagte nur so und so kann dieses dargestellt werden. Aus dieser Irrationalität entsteht, daß dramatische Poesie von scenischer Darstellung ganz gesondert wird und Dichter [ein] Drama componiren ohne an mimische Darstellung zu denken, daher dann Modificationen nöthig sind. | Für die Poesie ist dieses eine vollkommne Entwicklung, da so die d r am a tische Poesie erst selbst s t ä n d i g wird durch Loswinden von diesem Körperlichen, was nur in unsrem Leben möglich. Damit hängt zusammen, daß die mimische Kunst ganz was andres ist auf diesem Gebieth, bei den Alten war sie Organ des Dichters, also nicht selbstständig (als nur in Pantomime). Damit steht in Verbindung, daß wenn die mimische Kunst selbstständig zur Darstellung kommen will, sie möglichst vom Dichten befreit sein muß. Da ergeben sich Formen, die im modernen Leben vorhanden waren und noch sind sc. dramatische Erfind un g en rein f ür d e n m i m i s c h e n K ü n s tl e r der aber Dichter werden muß, wenn er nicht Pantomime bleiben will. Im Trauerspiel nicht, aber im Lustspiel und das wurde besonders bei [den] Italienern ausgebaut die am meisten mimische Beweglichkeit haben, daß der Dichter gleichsam nur den Plan eines Stücks gibt, freilich mit schon feststehenden Personen, also dem Publikum und Mimiker schon näher gerükt. Für diesen erfindet der Dichter einen Stoff, als Geripp von den einzelnen Scenen, und die Schauspieler führen es aus. Das ist [die] höchste Stufe von selbstständiger Entwicklung der mimischen Kunst, aber nicht möglich ohne zugleich in Poesie überzugehen. Sollten wir diese italienischen Stüke bloß als Pantomime denken, so ginge viel vom Genuß verloren. Aufgabe ist, daß der Dichter solche Situationen stellt, die die mimischen Künstler durch Rede ausfüllen können, ohne in dieser den Rang von Künstlern zu haben, was das Verhältniß zwischen Rede und Mimik umkehrt und zum Theil seinen Grund im Eigenthümlichen des Comischen hat. Den Begriff des C o m i s c h e n haben wir im Allgemeinen bestimmt. Was für eine specifische Wirkung muß nun das Comische in der Mimik hervorbringen? Das Comische ist insofern ein Gegensatz in der allgemeinen Tendenz der Kunst als das einzelne künstlerische Sein nicht aufgestellt wird als Norm für das Sein sondern im Gegentheil die Nullität des Einzelnen wie es sich isoliren will, [wird] hervorgehoben. Hierin liegt eine andre Form, in der die zwei Elemente der 19 er] es

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Kunst in dieser Beziehung beisammen sein müssen. Das Verhältniß unsrer Kunst zur Natur haben wir so bestimmt, daß [es] gleich sei, ob wir sagen Kunst sei Nachahmung oder Norm der Natur denn jedes gilt nur insofern das andre mit ist. Im Comischen heißt das, die Kunst soll die einzelne Wirklichkeit so darstellen, daß diese Darstellung eine Norm ist für die Erscheinung der Nullität des Einzelnen in der Wirklichkeit. Man ist an der Wirklichkeit festgehalten, aber in jedem Augenblick erscheint sie im Widerspruch gegen das, dessen Erscheinung sie sein soll, gegen die Idee. Also ist hier ein stärkres Halten an [der] Wirklichkeit durchaus nothwendig. Die Darstellung soll die Erinnerung aus diesem Gebieth des Wirklichen erwecken. Das Comische das den Eindruck des Neuen macht, wäre verfehlt. Der mimische Künstler muß nun um hier [Entsprechendes] zu leisten, specifische mimische Begeisterung haben und die ist unter den Italienern ein Nationalzug, dann braucht er nichts weiter als lebendige Beobachtung der gewöhnlichen Kreise, da muß er das finden, was jene Erinnerungen wecken soll, und in diesen Kreisen muß die Darstellung versieren. Darin liegt [die] Möglichkeit zu diesem selbstständigen Hervortreten, und großen Talents der Rede bedarf es nicht, da die Sprache in diesem Kreise ja nicht in Vollkommenheit erscheint, und die scenische Direction des Componisten muß das übrige thun. Wo diese Seite relativ mehr zurüktritt wie im Norden, da ist auf ein solches selbstständiges Hervortreten der Mimik nicht zu rechnen; doch war unser Harlekin-Theater, dasselbe konnte sich aber eben nicht halten, da wir zugleich geringre Richtung auf das Comische haben als die Italiener. | Da ist nun natürlich, daß das Minenspiel größre Gewalt hat, ja es liegt in der Natur des darzustellenden niedrigen Gebieths, daß kein fester Unterschied ist zwischen Spontaneität und Receptivität, Willen und Begehren. Im dramatischen Dialog sahen wir das Minenspiel zur Ruhe kommen, sobald einer in eine Thätigkeit geht, die durch Rede sich äußerte, weil [das] Minenspiel überhaupt nicht geeignet ist, Willensthätigkeit zu begleiten. Hier ist aber vom Willen in höhrem Sinn nicht die Rede, sondern die spielenden Personen werden ganz von Lust geleitet und sinnlichem Begehren. Lust und Begierde ist das Beharrliche und wechselt in [der] Erscheinung und diese sind immer im Minenspiel ausgedrückt, daher Maske zufällig, und eher hemmend als fördernd. Erst wo Maske wegfällt ist da die vollkommne Selbstständigkeit der Mimik möglich. Hat sie hier ihre Selbstständigkeit hingegen auf der entgegengesetzten Seite kann sie die nicht haben, so kann sie selbststän10 Wirklichkeit] folgt ))hier**

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dig nur sein von der Rede gesondert i. e. in Pantomime. Dann ist aber eine falsche Tendenz in [der] Vorherrschaft des Minenspiels in dramatischer Darstellung; das neure Drama aber unvermeidlich dahin führt, weil eben das Drama nicht mehr national ist, sondern aus dem Volk nicht zugänglichen Kreisen. Im M e l o d r am a trägt nur Einer monologisch die Momente seiner Handlung und seines Zustandes mit musikalischer Begleitung vor, ohne daß seine Rede poetisch wird. Die poetische Behandlung versiert dann bloß in mindrer Region, in der Recitation, wo die Musik durch unbestimmtern Rhythmus sich der prosaischen Rede nähert. Auch dieses Beispiel zeigt, wie unsre drei Elemente sich beständig suchen und mannigfaltig verbinden.

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i. e. D a r s te l l u n g e i n er H an d l u n g ohne Rede v ermit telst orc h e s t i s c h e r B e w e gu n ge n , die aber auch von Gebehrden und Minenspiel begleitet sind. Es scheint eine Verringerung der dramatischen Mimik, weil ohne Rede; hingegen von Orchestik aus scheint sie eine Erhöhung dieser weil die Bewegungen im Tanz bloß die Stimmung und das Bewußtseyn ausdrücken, in Pantomime aber ethische Bedeutung gewinnen. Dadurch wird man zweifelhaft, von welchen Seiten sie zu betrachten sey. Sieht man sie als ein um die Rede verkürztes Drama an, so ist die genetische Erklärung schwer, wie man der dramatischen Darstellung die Hauptsache, die Sprachmimik wegnehmen konnte. Leichter knüpft sie sich an die Orchestik. Der Volkstanz kann einer solchen Erhöhung nicht bedürfen, denn die Befriedigung entsteht aus einem Zusammenwirken freier Productivität in leiblicher Beweglichkeit und da hier die Virtuosität durch die volksthümliche Lebensweise bestimmt ist, so ist auch ein hinreichender Gegensatz zwischen freier Productivität und gebundner Thätigkeit ausgesprochen; und es kann die Forderung nicht entstehen für einen erhöhten Charakter der Bewegungen. Aber im höhren Ta nz gehen die Tanzenden weniger von Einer Stimmung aus, entwickeln in [der] Darstellung von Fremden mehr Virtuosität und darin liegt der Übergang zu einer solchen erhöhten Kunstübung, da im höhren Tanz Darstellende und Zuschauende sich gegenüber stehen, im Volkstanz dieser Gegensatz Null ist und Zuschauer bei diesem nur ein gelegentliches, während beim höhren Tanz dieser Gegensatz fixirt ist und daher Tendenz entsteht, den Werth des Gesehenen für die Betrachtenden zu erhöhen. 37 Tanz] folgt ))beim höhren Tanz**

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Innre freie Productivität aus Selbstbewußtseyn hervorgehend gibt bloß für die Ausübenden Befriedigung. | Daher gibt man nun auch dem Cyclus von Bewegungen eine größre Bedeutung. Dieß ist Übergang zur P a n t o m i m e . Sie setzt voraus n atürl ichen Ta nz v or e in em P u b l i k u m und s t e l l t e i n e Han d l ung dar. Den Bewegungen des Volkstanzes ist Bedeutung nicht abzusprechen. In jedem geselligen Tanz ist ein Wechsel von sich Trennen und Wiederfinden und dieß ist das Bedeutsame neben dem bloß Rhythmischen. Soll dieß ohne Rede verständlich sein, so muß die Handlung so bekannt sein und die Ausführung dafür erkannt werden, daß jeder die Beziehung macht. Wo nicht, so kommt eine scenische Umgebung zu Hülfe wie in unsren Ballets. Im Alterthum waren die natürlichen Gegenstände der Pantomime[,] die mythologischen[,] allgemein bekannte Verhältnisse, da die mythologischen Personen schon in [der] bildenden Kunst ihre bestimmte Beziehung hatten und durch Poesie die Begebenheiten bekannt waren. Entwickelt sie sich heutzutage ohne diese Stütze mit dem Tanz in seiner epideictischen Ausartung in den Ballets zusammen, so ist dieß eine Zwittergattung ohne wahre Kunsteinheit; denn die Darstellung soll in den fingierten Personen aufgehen, diese können nicht als Tänzer fingiert sein, sollen aber doch die Tanzübung machen, erscheinen also als zwei Personen[,] als darstellender und als epideictischer Tänzer. Diese heutige Kunstgattung ist daher verwerflich. Aber es gab eine a l t e i t al i än i s c h e Sc h u l e für diesen höhren Tanz, die sich frei hielt von diesen mechanischen epideictischen Ausartungen und Kunst einzig in Gracie der Bewegung suchte. Da war Pantomime reine Kunst; aber auf die französische heutige Pantomime gepfropft ist sie bloß Zwittergattung. Al l geme i n e B e t r ac h t u nge n ü ber die Mimik

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Wenn wir davon ausgehen, wie wir uns für das Gebieth der Mimik im weitren Sinn den Gegensatz von Bewegung und Ruhe gestellt haben, sc. beides als absolut, und nun überall hier von der Geselligkeit i. e. Erscheinung der Kunst in einem Zusammenwirken Mehrerer ausgehen mußten, so gibt es eine specielle Aufgabe durch alle drei Formen: die G r u p p i e r u ng i. e. Raumverhältniß der Zusammenwirkenden in den Momenten der Ruhe, denn nur in diesen können die einzelnen Wirkenden als Eines angeschaut werden als zusammengehörig. Es gilt hier dieselbe Regel wie für den Gegensatz von Ruhe und Bewegung überhaupt. Wenn sich nur schwer aus einer Ruhe eine Zerstreuung der Mitwirkenden entwickelt, oder der Zuschauer eine Zerstreuung nicht als Einheit fassen kann, so ist beides fehlerhaft in

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diesem Gegensatz; jenes geschieht in zu großem Getheiltsein des Zusammenseins, dieses in zu großem Vereinzeltsein des Zusammenseins. In der dramatischen Mimik ist es natürlich, daß eine solche gemeinschaftliche Ruhe nur an einer Pause der Handlung, also an einem Ende einer solch partialen Reihe i. e. einer Scene Statt hat. Daher muß die Handlung in einzelne Reihen so getheilt sein, daß an jedem Ende derselben eine solche Zusammenstellung möglich ist, und die mimischen Darsteller müssen ihre Beweglichkeit so zügeln, daß sie jene Tendenz des Dichters nicht verfehlen, dann entsteht aus dieser Gruppierung ein Bild, obgleich kein feststehendes, sondern nur einen Moment dauerndes, und doch muß die Ruhe eines jeden die Spuren der frühren Elemente der Handlung in sich tragen und zugleich die Möglichkeit, daß sich die nächste daraus entwickeln kann. Dieser Gegensatz geht durch alle | drei Formen, sc. der die Theilnehmenden mehr vereinzelt oder in Ruhe zusammenfaßt. Beide sind gleich wesentlich für das Kunstwerk. Denn auch im Beschauer muß sich dieser Gegensatz erzeugen von Bewegung und Ruhe, da die Forderung, daß der Zuschauer den vereinzelten Bewegungen folgen soll, eine anstrengende [Aufgabe ist], aber das Zusammenfassen in Eines ist ein Erlaubtes für den Zuschauer. Daher soll Rücksicht genommen sein, dem Zuschauer die Verfolgung zu erleichtern und das Zusammenfassen leicht darzubieten. Daraus bildet sich von selbst auch in der heutigen Gestaltung ein Gegensatz der A n al o gi e mit dem für uns untergegangnen G e g e n s a t z vo n E i n z e l n e m u n d C hor. In der höhren Orchestik hat sich dieser Gegensatz auf eine bestimmtre Weise erhalten als Gegensatz zwischen den höhren Virtuosen und einer Masse, die mehr den Volkstanz repräsentirt. Im modernen Drama ist dieser Gegensatz verschwunden, weil es nicht mehr auf der Basis eines öffentlichen volksmäßigen Lebens beruht. Im Drama selbst werden wir sehen, wiefern er noch existiren soll. Aber sobald für die wirkliche Darstellung gearbeitet wird, muß etwas sein, das jenen Gegensatz ersetzt, und in einem größren Gebieth bildet sich auch etwas dem Chor Analoges sc. s t u m m e P e r s o n e n , d i e al s M as s e erscheinen und weil stumm, nicht an der Handlung Theil nehmen. Hier wächst die Pantomime in das wirkliche Drama hinein, denn die nicht Sprechenden wirken pantomimisch, aber diese Pantomime ist nicht isoliert, sondern in das Drama verflochten. Wo dieß nicht ist, tritt der untergeordnete Gegensatz zwischen H aup t - u n d N e b e n p e rsonen ein; jene sind als dramatische Künstler von dem Zuschauer zu verfolgen, diese obgleich auch vereinzelt, doch subordinirt. In den Momenten der Ruhe, Gruppierung, werden beide auf solche Weise zusammen sein müssen, daß der Gegensatz zwischen Haupt- und Nebenpersonen mit erscheint sowohl als Erinnerung an vorhergehende und als Keim zu folgender

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Handlung. Der Dichter hat darauf in den Momenten der Handlung hinzuarbeiten, daß am Schluß jeder Person eine solche Gruppierung möglich wird. Dieser Gegensatz ist auch in der Pantomime, wo aber nicht ein Zusammenwirken des dramatischen Dichters und der mimischen Künstler, sondern des Componisten und der mimischen Künstler ist. Der Componist gibt die Situationen und Hauptsätze an, wenn nicht, so liegt die ganze Aufgabe auf dem mimischen Künstler. Zusammenfassen und Zerstreuen darf auch hier nicht fehlen, und dieses Gesondertsein der gemeinschaftlichen Bewegung durch die Momente der gemeinschaftlichen Ruhe ist das Höchste der Mimik; dieser Ruhe gleichsam die Thesis folgt dann wieder [eine] neue Handlung gleichsam Arsis. Die Gruppierung geht also durch alle drei Hauptgattungen aber in verschiednen Verhältnissen. In der Orchestik[,] der Quantität der Theilnehmer und dem Wechsel ihres Zusammenseins und [ihrer] Zerstreuung nach[,] ist sie das die Formen bestimmende Element; in der Mimik aber tritt die Gruppierung bloß hervor, um die Grenzpunkte zu bezeichnen, ist also gleichsam der Tact des Ganzen wie die ganze Darstellung in größre oder kleinre, mehr oder weniger Abschnitte zerfällt, hierbei hat die Gruppierung am wenigsten mit den verschiednen Gegenständen des Drama’s zu thun. E i n e a n d r e B e t r ac h t u ng . Wir sahen im Allgemeinen den Unterschied zwischen Kunst in ihrer Selbstständigkeit und Kunst gleichsam als accessorium an einem Andren. Unser eigentlicher Gegenstand ist allerdings bloß Kunst in ihrer Selbstständigkeit; | aber wenn wir ein Gebieth zur Anschauung gebracht haben, so möchten wir auch übersehen, wie in der ganzen geschichtlichen Entwicklung sich die Kunst in ihrer Selbstständigkeit zu der an einem Andern verhält. Dieß ist hier, wie die Kunst in das eigentliche Leben übergegangen ist. Dieß [ist] der Grenzpunkt, wie sie sich aus dem Leben entwickelt und wie sie sich dahin zurückzieht und ihr Maximum und Minimum bestimmt wird. Die Mimik kann nur in sofern an einem Andern sein, als von menschlichen Handlungen die Rede ist, da die Bewegungen aus freier Productivität bloß am Handeln der Menschen zum Vorschein kommen kann. Dieß führt uns in die Ethik zurück und theilt sich 1.) in d i e b e s ti m m t e T hät i gk e i t , G e s c h äf t u nd Beruf und 2.) in die a l l ge m e i n e d e s Z u s am m e nl e b e n s . Im ersten fällt uns auf, wie 34 Handeln] Handelnden 35–37 Der hier betrachtete Gegensatz von individueller und identischer organisierender Tätigkeit geht zurück auf Schleiermachers Vierteilung der ethsichen Tätigkeitsformen; vgl. dazu die Sachanmerkung zu S. 45,14–16.

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der Einzelne im Beruf besonders als R edender hervortritt. Die Mimik des Redners ist allemahl Kunst an einem Andern; er ist nicht da, um sich darzustellen wie der Mimiker sondern der politische Redner hat eine politische Aufgabe zu lösen; der religiöse Redner ist zwar mehr in der Selbstdarstellung begriffen, aber diese ist eine rein geistige, und mit Ausnahme der Sprachmimik ist alles andre zufällig, und es ist bloß Sache des Geschmacks wie viel sogar von dieser der Sache zur Hülfe kommen solle. Denn da der unmittelbare Vortrag einer eignen Rede nie unrichtig sein kann, so steht alles, was sich an die Sprachmimik anschließt an dem Grenzpunkt, daß es nicht künstlerisch hervortreten darf, sondern Naturausdruck sein muß, und da die Darstellung des religiösen Redners nicht Production in demselben Moment sondern eine aus einem vergangnen Moment her ist, so will sich dieses doch verbergen und alles Mimische muß wenigstens den S c h e i n des Unwillkürlichen haben, also des Naturausdrucks. Da der Vortrag unrichtige Gewöhnungen von der Übung her haben kann, so nie von Natur [aus]. Je mehr der Moment der Entstehung zugleich derjenige der Darstellung ist, je mehr wird die Sprachmimik unter die Potenz des Naturausdrucks gestellt werden können, und je mehr einer selbst erregt ist, desto weniger tritt die falsche Gewöhnung hervor. Dieses gilt nicht bloß von bestimmten Berufsthätigkeiten, sondern vom ganzen Leben. Alles Mimische in der Geselligkeit ist da anders, wo ein Zusammenhang mit der Kunstübung ist und wo dieser fehlt. Man kann nie behaupten, daß es eine angeborne Differenz unter den Menschen gebe in Beziehung auf den Zusammenhang des geistigen und leiblichen; die geistige Lebendigkeit zweier manifestiere sich in den Bewegungen; aber sind sie außer allem Zusammenhang mit Kunstdarstellungen gesetzt, so erkennt man, daß dem einen eine natürliche Grazie, dem Andern eine natürliche Schwerfälligkeit anhaftet. Der Einfluß der Kunst ob man mit ihr zusammengelebt hat, oder nicht, zeigt sich daher im Leben. — Wir können daher die se Kunst v o n An f a n g b i s z u E n d e übersehen. Der Anfang ihrer Entwicklung lag im Princip der speciellen mimischen Begeisterung i. e. im Durchdrungensein von der Einheit des Geistigen und Leiblichen, wo jenes den Impuls zur Äußerung dieses gibt und in Zusammenhang mit freier Productivität steht. Das erste allgemeinste war die Entwicklung dieser Productivität in Orchestik wo alle Theil nehmen können, den Ausdruck des Lebensgefühls darstellend. Hierzu gehört keine besondre geistige Entwicklung und das Geistige gibt bloß den Impuls, aber manifestirt nichts von seiner höhren Richtung. Daß hiervon alles Minenspiel und [alle] Sprachmimik ausgeschlossen sei, heißt eben, daß das innre Princip noch nicht durch den Zustand des geistigen

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Lebens bedingt sei, der sich auf diese Art | manifestiere: es ist die ursprünglich geistige Lebensthätigkeit in Beziehung auf das Leibliche, beide als Leben gesetzt. Das Minenspiel aber ist bedingt durch die Receptivität des Einzelnen durch das außer ihm, und Sprachmimik bedingt durch die geistige Thätigkeit im Denken in dessen Modulation; hier treten Principien ein, welche höhere Entwicklung voraussetzen, also ein höheres Stadium. O r c h e s t i k ist in diesem Gebieth das g rößte G emeing ut , aber sie ist auf eigne Art b e d i n gt d u r c h ei n en Zust a nd, w elcher der f r e i e n P r o d u c t i vi t ät R au m gi b t , erfordert also einen gewissen Grad der Freiheit. Z. B. [Zustand der Sclaven, wie er noch jetzt auf den westindischen Inseln stattfindet,] die Sclaven haben aus ihrem Vaterland ihre Orchestik mit gebracht und es ist Klugheit ihrer Eigenthümer, ihnen diese Freiheit zu lassen, Gebrauch davon zu machen. Sie gewinnen dadurch Bewußtseyn von dem Besiz ihrer ersten Freiheit und diese Lebensentwicklung vermehrt und belebt ihre ganze Thätigkeit. Der ursprüngliche Naturtanz setzt die Beschäftigung des Menschen in der gebundnen Thätigkeit voraus und da ihr die mechanische Beschäftigung zur Basis dient, so ist dieß der entsprechende Zustand aller Menschen vor differentiirender Entwicklung. In diesem hat die Orchestik ihre Wurzeln. Aber die Or c h e s t ik ist zug l eich a uf e ine b e s t i m m t e L e b e n s p e r i o d e b e s c h r än kt. Kinder tanzen bloß aus Nachahmung und Ankünstelung, das Alter tanzt nicht also bloß freie Leichtigkeit des Menschen in seiner Blüte, daher leicht Geschlechtslust sich hineinverirren kann. Worin hat diese Begrenzung ihren Grund? In der Kindheit ist das Bewußtseyn des Rhythmischen noch nicht entwickelt, die Basis des Rhythmischen Blutumlauf und Respiration sind noch nicht zum Bewußtseyn gekommen und sind überhaupt bei ihnen zu schnell, um auf bestimmte Weise gefaßt und gemessen zu werden. Von der andren Seite, wenn das Berufsleben Herrschaft gewonnen hat, so ist ein Kreis von Bewegungen eingetreten, der nicht Freiheit und Geschick zu den orchestischen Bewegungen zuläßt und dazu gesellt sich das Bewußtseyn daß sie in bestimmte Bewegungen gebannt nicht mehr Eindruck machen können, die Bewegungen werden dann nicht mehr aus dem Gesichtspunkt der Schönheit und Leichtigkeit hervorgehen. So haben wir für das persönliche Dasein den Kreislauf der Orchestik in sehr enge Grenzen eingeschlossen, und am allgemeinsten stellt sich also in der Orchestik dar: die erfrischende Kraft des Lebensgefühls auf das Gesamtleben, sc. im Volkstanz. In der e i g en t l i c h e n M i mi k ist dasselbe zu betrachten. Sie entwickelt sich im eigentlichen Leben erst dann, wenn die Orchestik 1 manifestiere] manifestieren

11–12 Zustand … stattfindet,] ergänzt nach ÄLo

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57. Stunde 21. Januar

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schon aufhört; denn zur speciellen Begeisterung gehört vor ihrer künstlerischen Äußerung daß das Individuum die größte Mannigfaltigkeit von Gemüthszuständen mit seinem Bewußtsein durchgemacht und durch Beobachtung gewonnen habe aus der Differenz der Andern. Dieß kann nicht in der Lebensperiode geschehen sein, wo die Orchestik ihr Werk erst noch vollendet, denn nur indem man schon eine gewisse geistige Richtung gefaßt hat, geht erst ein Kreis von Beobachtungen Andrer an. Aber sie dauert so lange als der Mensch im geselligen Leben versiert und erstreckt sich auf jedes Alter. Denken wir uns einen Kunstsinn und Gemeinschaft in Einem, so hört dieser nie auf und hat seinen Einfluß für die ganze Existenz. Betrachten wir aber die Erscheinungen der Kunst selbst, abgesehen vom einzelnen Dasein der Übenden, so hat diese Kunst in ihrer Selbstständigkeit einen kurzen Kreislauf gegen andre Künste wovon der Grund darin liegt, daß sie begleitend ist und ihre Tendenz ist, an einem Andern zu sein. | Die Dauer der Orchestik in der Lebensperiode der Einzelnen hat außer obigem physischen Grund noch den ethischen, daß der Mensch noch wenig über sich hinausgegangen ist, weil je mehr sich das geistige Leben entwickelt, je mehr die Tendenz hervortreten muß, die freie Productivität mit einer geistigen in Zusammenhang zu bringen. Aber doch ist die Orchestik das Fundament der Mimik; denn dächten wir jene aus dem Gesamtleben weg, so fiele die Richtung in den geistigen Thätigkeiten weg, wo dieser Zusammenhang geistig angeschaut wird. Früher ward im Mittelstand in Deutschland alle leibliche Erziehung vernachläßigt und es existirte bloß Leben im Schatten, Stubenleben, daher alle leiblichen Bewegungen unbeholfen und schwerfällig waren. Die Mimik selbst ohne Zusammenhang mit Poesie läßt bloß den Tanz und diesen zur Pantomime gesteigert übrig, und diese letztre [ist] nur möglich unter Voraussetzung der Poesie, also [ist] die Mimik in ihrer Selbstständigkeit sehr beschränkt. Also dieses an einem Andern sein wollen, diese natürliche Richtung der leiblichen Bewegungen sich mehr dem Geistigen einzuzwingen und mit ihm zu verbinden, macht, daß die Mimik sich nicht in solche Mannigfaltigkeit verzweigt, wie die andren Künste, sondern kürzren Kreislauf hat. Noch ist das Ve r häl t n i ß d e r M imik zu den a nd ren Küns t e n zuzufügen, so weit diese als bekannt vorausgesetzt sind. Unter der Rubrik begleitende Künste setzten wir sie besonders in Verwandtschaft mit M u s i k , als beide die redenden Künste, und besonders Poesie begleitend. Dagegen erschienen die bildenden Künste außer allem organischen Zusammenhang ausgenommen insofern sie ebenfalls in gewissem Sinn begleitende werden. Doch gibt es noch ein specielles Verhältniß zwischen Mimik und b i l d ender Kunst . Die Plastik im

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eigentlichen Sinn stellt überwiegend einzelne Gestalten dar, nicht Gruppierung, sondern dieses fällt der Mahlerei zu, die das Zusammensein der Gestalten in ihren Lichtverhältnissen gibt. Woher nimmt die Plastik ihre Gesetze? Da tritt überall Gegensatz von Bewegung und Ruhe hervor. Das plastische Werk kann nun bloß ruhend sein, ohne darum nothwendig eine absolute Ruhe darzustellen, so wie freilich eine Bewegung die nur momentan sein kann, sich nicht eignet, ein plastisches Werk zu sein. Die Mimik ist also gesetzgebend für [die] Plastik in Beziehung auf die Gränze, innerhalb welcher sie Bewegung und Ruhe darzustellen hat. In [der] mimischen Reihe fanden wir relative Ruhe als Übergang, die vergangne und folgende Bewegung in sich tragend. In bildender Kunst auf ihrer plastischen Seite ist also auf Mimik zurückzugehen. Stellt Mimik nun auch Gruppierung dar, so ist sie ebenso gesetzgebend für die Mahlerei, da in einem gesetzten mimischen Werk immer Momente des Zusammenseins sein sollen, die mahlerisch dargestellt werden können, wenngleich es vorübergehend ist. Wenn nun jede Zusammenstellung der Mahlerei momentan zu denken und hier doch eine bleibende ist, so verhält es sich wie dort in Sculptur, es müssen vergangne und künftige Bewegungen im Übergang darin angeschaut werden; also hier ist es die zur Kunst gewordne Natur welche der bildenden Kunst in dieser Beziehung die Regel gibt. Wollen wir genauer noch die Mimik zur P o esie feststellen, insofern sie diese begleitet, so erscheint dieses zufällig, da wir gewohnt sind auch die Dichtung mehr durch das Auge, als durch lebendige Stimme aufzufassen. Aber das ist nicht der eigentliche Zustand, sondern wie Schrift nur Vergegenwärtigung der Rede ist in Zeit und Raum, so ist jenes Lesen nur Abkürzen und Poesie muß verlieren, wenn sie nicht gehört wird. Wird sie gehört, so bezieht sich das nur auf diese Kunst und von Sprachmimik fragt sich, ob sie da Kunst sei oder nur Kunst an einem Andern. Diese Zweideutigkeit sagt nur ein mögliches Mehr oder Minder, das sie hier leistet. Ist [ein] Vortrag mehr Vorlesen, so tritt Sprachmimik zurük. | In [der] Declamation tritt sie mehr hervor und dann erst wird das Gedicht vollständig genossen. Poesie kommt also zu kurz, wenn sie nicht wenigstens die Sprachmimik zu ihrer Begleitung hat. Soll sie allein begleiten, oder auch die Gebehrdenmimik? Je weniger in [der] Dichtung eine Persönlichkeit hervortritt, desto weniger ist Begleitung der Gebehrdenmimik nöthig; denn wer so vorträgt, stellt nicht den Dichter dar, sondern den vom Dichter in Bewegung Geschilderten. Wo diese Persönlichkeit hervortritt, tritt auch Gebehrdenmimik ein. Die epische Poesie verlangt eigentlich nur Sprachmimik. Die alten Rhapsoden thaten freilich mehr, berechneten aber für die Masse, die einer Anregung bedarf, um völlig empfänglich zu sein. Bei uns wird die Poesie alterirt, wenn mehr als Sprachmimik

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dabei wäre, es erschiene als Zustand eigner Bewegung also Übergang ins Lyrische, was das Epos alterirt. Die lyrische Poesie hingegen verlangt die Gebehrdenmimik, ausgenommen wenn der Vortrag musikalisch ist, und zwar wenn die Poesie gesungen und zugleich durch ein Instrument begleitet wird. Da sind die Gliedmaßen schon beschäftigt und es bliebe nur das Minenspiel frei. Durch das Bewegen der Sprachwerkzeuge und Stimme wird dieses auch zurükgedrängt und es bleibt nur übrig was unter der Maske auch [ist,] sc. in den Augen und den Theilen des Gesichts, die mit Sprachwerkzeugen nicht unmittelbar zusammenhängen. In der dramatischen Poesie begleitet die ganze Mimik, nicht nur Stimme und Gebehrdenspiel, sondern auch Orchestik, aber natürlich auf vertheilte Weise, da diese nicht gleichzeitig sein können. Von unsrem Gebieth ist also Übergang in alle andern.

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faßten wir mit Mimik als b e gl e i t e n d e Künst e. — Voran eine Bemerkung. Wenn wir den gegenwärtigen Zustand der Musik betrachten so ist ein sehr großes Gebieth, worin sie gar nicht als begleitende Kunst erscheint, sc. überall wo reine I nst rument a lmusik ist es eine Kunstleistung r e i n f ü r s i c h , nichts tritt dazu, und man setzt nichts voraus, da etwas andres nur die Einheit stört. Das ist also ein Hinausgehen über das, daß die Musik begleitende Kunst sei. Analog stellte es sich bei der Mimik, wo Pantomime auch Kunstwerk für sich ist, sei es nun als aus dem Tanze zu einer Handlung gesteigert, oder [als] eine dramatische Composition, die sich der Rede entschlägt. Wesentlich ist Mimik und Orchestik vereinigt; und Musik begleitet. Also ist bei der Musik auch Rüksicht zu nehmen auf dieses Streben für sich allein zu sein, da es in Musik bei weitem etwas größres ist als dort die Pantomime, indem die Musik weit größren Kreislauf hat als die Mimik. Der Begriff der begleitenden Künste wird darum doch nicht aufgehoben und geht ursprünglich darauf zurück, daß durch diese Künste der Ausdruck dargestellt wird von geistigen Zuständen, die noch auf eine andre Weise für sich darstellbar sind, aber dieses Ausdruckes nicht entbehren können, da sie mit diesem in nothwendiger natürlicher Verbindung sind. Schwierig wäre, die Musik verständlich zu machen, wenn man nicht von dieser ihr ursprünglichen Gestaltung ausgeht. Wir gehen also auf eine p s ychol og ische G rundt ha ts a c h e zurük, daß sich das bewegte Selbstbewußtseyn in seiner Veränderung kundgibt durch den To n ebenso wie durch die Gebehrde. Wir 14 2.] II.

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verstehen den Ton hier nicht als Sprachmimik sondern als eigentlich g e m e ß n e n To n , wenn gleich ursprünglich ebenso wohl bloß für sich heraustretend als auch mit der Rede verbunden. Der reine, nicht mit Rede verbundne Ton schließt sich an gewisse N a turbew eg un g en an in denselben Organen, die aber auch sprachlos hervortreten; S eufze n , We i n e n (insofern es in Respirationsorganen und nicht in Gesichtsausdrücken liegt) sind reine Naturbewegung [und] nicht gemeßner Ton, aber doch [ein] Laut, doch ohne alle Objectivität, nicht in Sprache gehörend. Übergänge in die Objectivität sind Int erjection e n insofern sie einfache Laute (i. e. Eine Sylbe) sind; sie sind Mittelding zwischen materiellen und formellen Sprachelementen. Man kann sagen, daß jede Interjection ein modulierendes Ausrufungszeichen ist, also rein formelles Element, eine gewisse | Beschaffenheit des Tons, die an den Worten und auch für sich hervortreten kann. Hieran schließt sich der eigentliche, i. e. ge s u n gn e Ton, insofern er ebenfalls frei ist von der Sprache. Was in Mimik ein Zurükgehen der Kunst ins Leben war als Anmuth, das nehmen wir hier in diesem ersten Element wahr, diese reinen Naturlaute werden etwas andres, wenn sie durch das musikalische Element durchgehen, als wenn sie völlig von der Kunst abgelöst als der ursprüngliche Naturlaut hervortreten. Wie ist es nun mit dem To n i n Ve r bi n d u n g m i t S pr a che? Das schließt sich an die Sprachmimik, und die Übergänge des Gesprochnen und Gesungnen kann man in [einer] Reihe von Abstuffungen verfolgen. Als freie Naturproduktion gibt es ein Si ng en im S prechen, das schon innerhalb derselben Volksthümlichkeit einen eigenthümlichen Eindruck macht, getadelt, weil es nicht mehr das reine Sprechen ist, gelobt, weil es mehr Ausdruck hat. Es gibt Formen der Rede, wo man diese Analogie mit dem Gesang fast nicht vertilgen kann. Stark fra g e n hat etwas s i n ge n d e s . Jene Duplicität des Urtheils darüber liegt also nur an den Enden und muß sich an gewissen Punkten ausgleichen. Hier ist ein Ü b e r g an g vo n d e r Sp r a che a us; ebenso ist einer v o m G e s a n g a u s in die Rede, sc. das R e cita t iv, das in sich selbst große Abstuffung von mehr oder minder Gesungnem einschließt. Das musikalische Element finden wir also in der Natur hervorgehend aus einem Andern. Weder das Lautwerden der Empfindung, noch das Singende in Sprache ist Musik, aber Übergang dazu. Ist nun schon jedes bestimmte Hervortreten davon Kunst oder nicht? Das führt auf unsre erste Frage. Es ist nur Ku n s t insofern zwischen die innre Bewegung und äußre Erscheinung reiner Laute etwas andres dazwischen tritt. Denke ich zwei solche bestimmte Übergangspunkte, die dem gemeßnen Tone ganz nahe, und ich denke im einen Fall, hier ist das Wollen des gemeßnen Tons, tritt aber nicht rein heraus, so sage ich: Der singt, aber nicht ordentlich; ist kein solcher Wi l le dabei, sondern bringen

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nur die Sprachwerkzeuge selbst es hervor, so sage ich: Dem fehlt nichts als der Wille, um zu singen, aber der Wille, i. e. freie Prod uct i v i t ä t muß dazwischen treten. Heben wir dieses Minimum der Differenz auf, so bleibt dieselbe Sache: Kunst fängt erst an, wo ein Ton von freier Spontaneität her ist. Wollen wir uns dieses Dazwischentreten des Bewußtseyns anschaulich machen, so ist das aber das Element der s p e c i e l l e n m u s i kal i s c h e n B e geist erun g. Wo das nicht ist, kann im physischen Element die größte Annäherung an gemeßnen Ton sein, es wird doch kein Kunstelement. Wo Begeisterung ist, kann freilich [die] Beschaffenheit der Organe das Heraustreten hindern, aber seinem Wesen nach ist das Kunstelement da. Dieses Hineintreten des Bewußtseyns[,] dieses frei Werden der Production geht nothwendig auf das rein Gemeßne aus und manifestirt sich in diesem. Der r e i n e To n aber ist also ursprüngliches Kunst elem ent . Darin liegt gleich eine solche Zunahme der Productivität im Umfang, deren eine andre Kunst nicht fähig ist, der Umfang der menschlichen Stimme wird von [der] Sprache nie erschöpft. In Mimik kommen auch große Mengen von Bewegungen der Glieder nicht zu Stande, wo die Kunst nicht ist, aber diese Bewegung in gemeßnem Ton ist so ungleich wichtiger, daß ich diese Betrachtung hierher versparte. Das p h ys i s c h e E l e me n t beruht also im gemeßnen Ton; und in allem musikalischen Kunstwerk gibt es nichts andres als ein Zug l e i c h s e i n u n d [e i n e ] Su c c e s s i o n solcher g emeßnen T öne. Denken wir an die Übergänge zwischen Gesang und Sprache, so weist das auf das Kunstlose zurück, woran sich die Kunst knüpft. An diesen Übergängen sehen wir die physiologische Neigung der Organe zum gemeßnen Ton hin. So gibt es innre Zustände, die von selbst in [die] Production gemeßner Töne übergehen. Der erst e A nfa ng der Mus i k als Kunst liegt immer j e n s e i t s der G esch icht e , und in der Gegenwart können wir nichts so auffassen, daß es von allem Einfluß der Kunst frei sei. Will man ein isolirtes Kunstloses denken vor der Kunst, so ist es also Fiction, aber eine natürliche, die unfehlbar Wahrheit ausdrückt. In Mimik waren die | Lebensbewegungen selbst viel geeigneter, das Kunstlose nachzuweisen. Hier muß sich die Kunst auch an diese Naturproduction anschließen, ist aber erst da, wo das Bewußtseyn dazwischen tritt, und das Bewußtseyn als musikalische Kunstproduction bestimmend, ist dem vorigen analog, reine Beg eis t e r u n g vo m Z u samm e n h an g d es G eistig en mit dieser F u n c ti o n d e s O r g an i s m u s. Gehen wir davon streng auf dieselbe Weise aus, so müssen wir dabei stehen bleiben, den Gesang insofern er Natur ist, als Ausdruck des bewegten Selbstbewußtseyns aufzufassen, i. e. unabhängig von Gedanken und ohne Wort. Das streitet anscheinend damit, daß wir die Musik unter die begleitenden Künste

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gestellt haben; die Musik zunächst rein der menschlichen Stimme wird uns aber eine eigne Kunst ohne daß wir das Wort beigesellten. Diese Vollendung finden wir, aber erst nachdem eine große Masse von Compositionen dazwischen getreten ist. Betrachten wir die ganze Mannigfaltigkeit musikalischer Instrumente, wie sie unter allen Völkern selbstständig und eigenthümlich erfunden wurden, und das Zusammenwirken dieser Instrumente: so haben wir da eine selbstständige Kunst und so könnte man dieses für das Capitale halten, [die] Verbindung des Gesangs mit Rede aber für zufällig halten. Bleiben wir unsren allgemeinen Betrachtungen treu, so fängt die Musik allerdings an, indem sie sich an jenen ersten Naturgesang anschließt und freilich als Ausdruck des bewegten Selbstbewußtseyns; aber so wie dieses mannigfaltig wird und nuancirt, so kann es sich nicht manifestiren, ohne den Gedanken zu Hülfe zu nehmen, und so wird Musik erst verständlich durch das Wort. So wie die M u si k n un a nf ä ng t , Kunst zu w e r d e n , so ist schon die R i c h tu n g auf Verb indung mit der R e d e gegeben, und diese ist überall älter als die Geschichte. Umgekehrt erscheint uns die Instrumentalmusik nun so wie Pantomime in Mimik als Hinausgehen über den eigentlichen Beruf der Kunst im Versuch selbstständig zu sein, da die Musik sonst begleitend ist, daher die Verbindung mit Rede zu verlassen ist. Man kann sehr wohl der einen oder andren Ansicht folgen, ohne daß bedeutende Differenz der Betrachtung im Einzelnen entsteht, aber für [die] Entwicklung des Ganzen und die Aufgabe so viel [wie] möglich [von] dieser Kunstproduction zu verstehen, halte ich unsren Weg für besser, daß wir von Anfang [an] die Richtung der Musik auf ihre Verbindung mit der gemeßnen Rede festhalten. Wenn wir auf den Punkt kommen werden, wo dieses Hinausgehen uns entgegen tritt, da werden wir beide Betrachtungsarten im Verhältniß zur Entwicklung vergleichen. Zunächst schreiten wir fort in [der] Entwicklung des phy sis c h e n E l e me n t s , weiter entwickelnd, daß jede musikalische Production nichts andres ist als eine Reihe von gemeßnen Tönen und ein Zugleichsein von solchen; das letztre scheint schon eine Zusammensetzung und nicht mehr das Einfache. Der gemeßne Ton, wie [die] Bewegung des Leibes geht vom einzelnen Leben aus und muß ursprünglich also im Einzelnen angeschaut werden und da ist immer nur Ein Ton zugleich. Verbergen können wir uns aber nicht daß hierin immer schon Richtung auf Zusammensein liegt, die dem Ton physiologisch schon eingeboren ist. Klingt ein Ton, so klingen immer andre Töne zugleich mit, besonders wahrnehmbar ist es an Saiteninstrumenten, aber überall vorhanden, wenn schon nicht überall die Töne sich 29 vergleichen] verhalten

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gleichzeitig unabhängig von einander darstellen lassen. Das ist ein Element des gemeßnen Tons und will daher zur Erscheinung kommen. Bleiben wir bei der menschlichen Stimme, so ist alle musikalische Production auf den Umfang der menschlichen Stimme beschränkt, und Aufgabe ist, diesen Umfang wirklich zu erschöpfen. Der kann aber nie von einem Einzelnen erschöpft werden, da keiner den ganzen Umfang hat, sondern dieser nur vertheilt gegeben ist, zweifach getheilt in G e s c h l e c h t s h äl f t e n männlicher und weiblicher Stimmen und A lt e r s h ä l f t e n (was sich freilich nicht bestimmt an ein Alter knüpfen läßt). So ist Aufgabe diese Vertheilung zu realisiren und diese verschiednen Stimmen zu vereinen | damit der Umfang der menschlichen Stimme in Einer Composition erschöpft werde. So ist Richtung auf das Zusammensein physiologisch im Ton selbst bestimmt. Aber zwischen unsrem Anfang vom gemeßnen Ton und dieser Aufeinanderfolge mehr zugleichseiender liegen noch andre physische Elemente. Ich gehe davon aus, daß wir den Ton zuerst fassen in seiner qua lit a t i v e n E i g e n t h ü m li c h k e i t und da unterscheidet er sich in jedem Gegebensein qualitativ von dem gesprochenen Laut. Damit ist offenbar verbunden [die] Tendenz, nun auch in der Zeit ein G emeßnes zu sein. Wir setzen also den Ton als einen bestimmten und gehaltenen, der also wahrnehmbar, eine Dauer hat, i. e. Zeitausfüllung. Denken wir einen Ton fortdauernd auf ganz gleichmäßige Weise von einem Organ aus, und denselben von einem andern, so ist da eine Differenz im Q u a n t i tat i ve n i. e. St är k e , und Q ua lit a t iven, i. e. Reinh eit des Organs. Nur in gehöriger Stärke (um im Zugleichsein mit Andren nicht Null zu sein) und gehöriger Reinheit (damit das Gemeßne des Tons in jedem Moment dasselbe sei) werden wir das Kunstelement finden. Diese Dauer des Tons muß selbst wieder gemeßen werden, sich in bestimmte Zeitabschnitte unterscheiden. Soll nun der Ton derselbe bleiben, aber sich doch unterscheiden in bestimmte Zeitabschnitte so müssen diese getrennt sein, können es aber nur dadurch daß der Ton aufhört und wieder anfängt. Soll der Ton derselbe bleiben, so ist das nur möglich durch Übergang in Null, vermöge einer Verringerung und dann Steigen, i. e. der Ton ist nicht meßbar seiner Dauer nach, als nur insofern er ein Anschwellen und Verringern in sich trägt. Das ist seine organische Gestaltung um ein als Dauerndes Meßbares zu sein. Differenz zwischen Mitte Anfang und Ende muß überall sein, wo der gemeßne Ton soll in seiner Vollkommenheit erscheinen. Ein solcher Ton, der durch Anschwellen und Abnehmen ein gemeßnes ist, bringt schon an sich eine Kunstwirkung hervor und erscheint als Kunstproduct; und wo wir das finden, schließen wir gleich, daß schon die Besinnung hineingetreten ist in die organische Thätigkeit. Denken wir dieses wieder in sich getheilt, längre und kürzre Einheiten des Tons, meßbar

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durch gemeßne Einheiten eines bestimmten Verhältnisses, so haben wir den Ta c t und damit das R h yt h m i s c he in [der] Erzeugung des Tons, ohne noch an Differenz von Höhe und Tiefe zu denken. Denken wir hier an die Naturlaute zurück, woraus der Gesang sich entwickelt und betrachten nun den Ton hier ebenso, so kehren diese Naturlaute vom Weinen und Lachen, und diese zusammen in ihrer Differenz vom articulirten Laut in der Rede uns gleichsam wieder im Gesang, in welchem sich überall Analogien dazu finden; daher Übergang in den PGesangS. Gehen wir über zum U m fan g der menschlichen Stimme, so ist Differenz der Hö h e u n d Ti e f e in einem bestimmten Maaß, und wie wir jene Zeiteinheiten denken als nicht mehr denselben Ton durchführend, sondern [als] Wechsel von Höhe und Tiefe, so haben wir das, was M e l o d i e heißt. Ein melodischer Satz von ganz einfacher Art ist nun, ebenso wie der einzelne Ton ein Kunstelement ist, schon ein Kunstganzes und macht auch einen bestimmten Eindruck. Hier sind wir gleich zur Frage geneigt: Wenn wir überall auf Kunst als freie Productivität zurückgehen und zwar Productivität derselben Functionen die auch in der gebundnen Thätigkeit des Menschen vorkommen, und nun sagen, so wie wir den Menschen betrachten im Wechsel seines Selbstbewußtseyns wo er durch seine ganze Umgebung bestimmt, also gebunden erscheint: so erkennen wir im Naturlaut allemahl ein bestimmtes Verhältniß. Weinen und Lachen deuten auf entgegengesetzte Lebenszustände hin, sind also für sich bedeutsam und verständlich. Nur beim einfachen Kunstganzen fragt sich: Hat es wesentlich dieselbe Bedeutsamkeit und | Verständlichkeit, und ist diese in der Analogie mit jenen Naturlauten zu suchen, oder ist sie etwas andres, das ebenso verständlich wie jene die verschiedensten Zustände darstellt? So fragen wir leicht hier schon, aber in [der] Beantwortung könnten wir hier nur von jenen Naturlauten selbst ausgehen und sagen: Insofern in einem melodischen Satz eine Ähnlichkeit ist mit jenen, kann man seine Bedeutsamkeit und Verständlichkeit auf jene reduciren; und die Differenz wäre, daß diese innre Bewegtheit hier in freier Producitivität erscheint, daher Wohlgefallen erregt. Aber jene Analogie verbirgt sich immer in denselben Verhältnissen als die Mannigfaltigkeit der Töne zunimmt und sie nur zum Vorschein kommen kann als ein Totaleindruck, nachdem man das Ganze aufgenommen hat, und dann nur in dem Maaß als dieses verschiedne Theile hatte, i. e. das ursprüngliche kommt erst wieder, nachdem es einen bedeutenden Theil der Kunst durchlaufen hat. So wird das Bedeutsame und Verständliche schon hier verschieden und es stellt sich die Aufgabe. Der 32 seine] ihre

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Eindruck wird überall zugestanden, aber worauf er beruht und inwiefern die Kunst ihre Idee realisirt, dazu gehört eine Auffassung die wir hier noch nicht haben können, obgleich die Aufgabe sich hier schon stellt, aber nur als etwas, worauf wir fortwirkend unsre Aufmerksamkeit zu richten haben. Mimik und Musik vergleichend in Bezug darauf, wie sich das K u n s t l o s e z u r K u n s t verhalte aus dem unmittelbaren Selbstbewußtseyn hervor. In Mimik wenn wir das natürliche Gebehrdenspiel als Ausdruck der Freude oder [des] Schmerzes betrachten in Vergleich mit Pantomime oder Drama, so ist hier der Übende gar nicht selbst in der Stimmung, sondern stellt einen Andern dar. Im unmittelbar Kunstlosen fanden wir Annäherung an das Künstlerische und die hänge zusammen mit der Kunst entweder so, derjenige dessen Bewegungen von Natur dem Künstlerischen analog sind, wird am leichtesten Künstler, oder es ist [eine] Rückwirkung dessen was die Kunst schon geleistet hat auf den unmittelbaren Zustand. Die Musik nun verhält sich ursprünglich analog. Die Gemüthszustände gehen in Töne über, die sich dem Gemeßnen immer mehr nähern; aber auch nicht das kleinste Ganze werden wir als Naturproduct erklären ohne [die] Voraussetzung der Kunst mit welcher in Zusammenhang jenes entsteht, als der Wirkung auf das Leben. Es muß im Ursprünglichen etwas Andres dazwischen getreten sein, dieses etwas erleidet aber verschiednes Maaß; es tritt nicht ein bis [eine] Reflexion über den Zustand eintritt, dann ist es keine unmittelbare Äußerung mehr, oder der Zustand selbst wirkt noch fort, und in demselben ist nun der darin Befindliche musikalisch productiv aber nur mehr auf bewußtlose, unmittelbare Weise. Da könnte die musikalische Production ebensogut von einem Andern sein, der ihn in dieser Stimmung sah; denn es ist Losreißen von diesem ursprünglichen Zusammenhang. Dieses Losr e i ß e n u n d d an n f re i e P r o du c i e r en ist Anknüpfung für Kunst. Das Talent hängt dann gar nicht mehr zusammen mit der Erregbarkeit des Einzelnen für innre Zustände, die sich in Tönen äußern. Dieses führt nun auf die Grundfrage, die die schwierigste ist. Verhä lt sich d e n n n u n d i e m u si k al i s c h e C o m position zur Versch iedenh e i t d e r G e m ü t h s z u s tän d e e b e n s o w ie sich die N a turla ut e z u d e n s e l b e n ve r h al t e n ? Das führt erst noch auf einen Vergleich mit der Mimik. Von Mimischem konnten wir nicht läugnen, es enthalte auch in seiner Ursprünglichkeit immer auch ein Element, das man von [der] eigentlichen Mimik als positives, conventionelles unterscheide. Das ist nur von und für die Gesellschaft, aber da der Einzelne in dieser aufwächst, so entsteht es mit dem Natürlichen zugleich, aber als ein der Ausbildung und Sitte nach hier und dort Verschiednes. Aller unmittelbare Ausdruck der Freude oder [des] Schmerzes in Be-

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wegung der Gestalt wird allerdings leicht von einem jeden erkannt. | Aber doch sind sie verschieden in verschiednen Völkern. Von Einer Seite mögen sie zusammenhängen mit [dem] unmittelbaren Ausdruck, aber die Ableitung liegt uns zu fern. Mehr oder minder [starke] Beweglichkeit der Völker schreiben wir von phlegmatischer oder sanguinischer i. e. aus psychischer Differenz her; sie erscheinen dann als willkürlich. Ebenso sind Gründe in den verschiednen Bildungsstufen, indem wir einige als roh, oder fein oder anmuthig bezeichnen. Vergleichen wir nun das Musikalische so finden wir dasselbe und können wohl nicht läugnen[,] diese Differenzen in Beziehung auf die Naturlaute enthalten zugleich den Grund zu Differenzen in [der] Behandlung der Kunst. Aber wenn sie in Kunst übergehen, verhält sich diese noch ebenso zum ursprünglichen Zustand, wie der Naturlaut selbst. In Mimik war kein Grund zu einer solchen Differenz. Es waren dieselben Bewegungen und ebenso zu ganzen zusammenhängenden Reihen ausgebildet wie z. B. in Orchestik, auch sind sie der Ausdruck derselben Stimmung aus [dem] Gegensatz der Muße und Anstrengung sich entwickelnd in freie Productivität. Aber ist nun ein musikalischer Satz ebenso verständlich in seiner Beziehung auf diejenigen innren Zustände, aus denen die Naturlaute hervorgehen, so ist das schwerlich auf dieselbe Weise zu bejahen; und je größer die musikalische Composition sich entwickelt, um desto geringer kann man bestimmt angeben, auf was für einen innren Zustand sie zu beziehen sei, aber der Eindruck ist darum nicht geringer. Ist die musikalische Composition in dieser Entwicklung je zu reduciren auf einen bewegten Gemüthszustand des Componisten? Nein, denn dieser müßte längst erschöpft sein in der Äußerung, ehe er nur innerlich die Composition zu Ende hätte, geschweige äußerlich producirt. Hat er aber einen bestimmten bewegten Gemühtszustand im Sinn, den er ausdrücken will, wie verhalten sich dann die verschiednen Momente die hier zusammenwirken zu den Differenzen im bewegten Gemühtszustand? Anknüpfend an den einfachen Gegensatz zwischen Freud und Schmerz, der sich in Naturlauten zeigt, könnte man sagen, hier wirkt das Anschwellen, Höhe und Tiefe, Rhythmus mit; aber dieses ist alles viel zu zusammengesetzt für jenes Innre, das in seiner Einfachheit die Naturlaute hervorbringt. So scheint die Brücke vom Unwillkürlichen zur Kunst abgebrochen und nicht nachzuweisen, wie sich das eine aus dem andern entwickelt. Ja es entsteht ein Irrthum sehr natürlich auf einem andern Wege. Im Bisherigen ist nun Rüksicht genommen auf den gemeßnen Ton an sich. Nun knüpft er sich aber ursprünglich an das Wort ebensogut als an den Naturlaut. Das Wort nun ist das eigentliche Organ für die Vorstellung und [das] Denken und jeder geschloßnen Rede als Darstellung eines Gedankens. Wenn nun die musikalische Composi-

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tion sich so an Rede knüpft, so entstand [die] Meinung, sie drüke stärker als das lebendige Wort die Gedanken aus, und das setzte sich so fest, daß die Componisten ein musikalisches Thema einen Gedanken nennen, was die sonderbarste Sache von der Welt ist, da wenn derselbe in Worte übersetzt werden sollte, dieses in unzähligen logisch differenten Sätzen mit ganz demselben Rechte geschehen könnte. Man muß hier einen Hauptunterschied feststellen. Überwiegend wird gleich zugegeben, daß musikalische Composition sich nicht der prosaischen Rede anschließt, so nd e r n d e r P o e s i e und diese nur die Musik postulirt und Musik nur das Poetische in der Rede voraussetzt. In Poesie hat der Gedanke selbst keine Unmittelbarkeit[,] er ist nicht Erkennen, sondern die Poesie hat es mit dem Einzelnen als solchem zu thun, und Alles muß in ihr und für sie Bild werden, aber dieses nur insofern als es in der Aufeinanderfolge oder [der] Art der Auffaßung einen innren Zustand zu erkennen gibt. Offenbar setzt nun nicht einmahl die Poesie im Allgemeinen die Musik voraus, sondern das Epische postulirt keine Musik zur Begleitung, sondern die epische Recitation der Rhapsoden hat folglich Annäherung an musikalische Laute aber nur als Anstreifen an das Recitative des Vortrags und eigentlicher Gesang würde verlezen. Nur in Lyrik ist | das eigentliche Band und da ist Alles, was objective Darstellung scheint, doch eigentlich Ausdruck eines innerlich bewegten Zustands. So geht Musik auch wo sie an Rede sich anschließt auf diese zurük und ist in beiden Fällen dasselbe, nie zusammenhängend mit [der] Darstellung eines Gedankens, sondern eines bewegten Zustands. — Betrachten wir den Naturlaut als das ursprüngliche Darstellungsmittel in dieser Beziehung mit allem, was er Conventionelles an sich trägt, so hat er eine allgemeine Verständlichkeit aber je mehr das Musikalische sich entwickelt, desto mehr hört diese Verständlichkeit auf, die nur im ursprünglich Einfachen ist. Worin liegt nun die Ähnlichkeit zwischen den Differenzen in musikalischer Composition und den Differenzen in den Naturlauten? Da kann man etwas anführen, aber nur das einfache, und es nie in Zusammensetzung nachweisen. Es gibt gewisse Gemüthszustände, deren musikalischer Naturausdruck mehr in die Höhe geht, andre in die Tiefe; es gibt solche, [wo] der Naturausdruck schnelle Bewegung des Tons hat, andre, wo diese langsam [sind]. Ein Largo wirkt also auf andre Gemüthsstimmung als ein Presto. Aber wenn wir nun das auch festhalten und sehen Compositionen von in dieser Beziehung entgegengesetztem Charakter doch zu Einem Ganzen verbunden, so scheint das eine das andre zu zerstören, oder einen Übergang von einem ins andre anzudeuten. Aber was trägt denn nun die unendliche Mannigfaltigkeit von Tönen und [die] Länge der musikalischen Sätze dazu bei, um diesen Gemüthszustand herauszufinden und in denselben versetzt zu werden;

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ja so steht da das Maaß in gar keinem Verhältniß zum Effect. Darin scheint eine bestimmte Ahndung zu liegen, daß es mit der Musik noch eine andre Bewandtniß haben muß. Vorbauend will ich gleich etwas abschneiden, sc. es gibt in Musik wie in allen Künsten[,] aber vielleicht in größrem Maaß ein eigenthümliches Verkehren zwischen denjenigen welche die Kunst treiben und daher in den Kunstwerken [versiren,] was nur gefaßt werden kann von denen, die auch die Kunst treiben; und wollte man denken, was in Musik nicht unmittelbar analog ist, wie Naturlaute hervorgehen, das sei nur für diese, für Componisten und Künstler, so wäre das ein Irrthum; denn alle diese musikalischen Regeln und Ausnahmen und Erweiterungen derselben hätten keinen Sinn, wenn nicht doch in den Tonarten und ihren Verhältnissen selbst die eigentliche Idee und Tendenz der Kunst läge; denn wie alle technische Vorschrift sind sie nur entstanden aus [der] Beobachtung dessen, was die Kunst durch die bedeutendsten Meister wird. Allerdings hört ein Künstler genauer heraus, wie sich ein Componist zum gegenwärtigen Stande der Theorie verhält, aber wenn einer nur componirt für die Künstler, [um] ihnen etwas Neues zu geben, wäre [dieß] ganz anders, als Compositionen wirklich sind. Die eigentliche Bedeutung ist nicht für diesen Kreis. Nicht leicht gibt es ein Gebieth, auf dem wiewohl es reines Naturgebieth ist, der Mensch so ungeheure Productivität ausgeübt hätte, als das musikalische. Wie wenig analoges mit gemeßnem Ton ist in lebloser Natur. Alles ist eigentlich nur Geräusch. Wenn wir die in der lebendigen Natur vorhandnen Töne zusammennehmen, so beschränkt sich das auf die Vögel, deren Stimme eine gewisse Analogie mit dem gemeßnen Ton hat, obgleich diejenigen Gattungen, denen wir gleichsam Virtuosität beilegen, doch nicht in [der] Reinheit mit der menschlichen Stimme zu vergleichen sind. Die menschliche Stimme ist [die] Spitze der Naturproduction, aber [nur] sehr geringes, ehe die Kunst sie in Besiz nimmt. Vergleicht man nun, was sie durch Kunst geworden ist und die ungeheure Mannigfaltigkeit von Tönen durch Instrumente so ist hier eine unendliche Schöpfung des Menschen, die hat er rein gemacht als Erweiterung seiner Stimme und wozu? in welchem Zusammenhang mit dem von Natur Gegebnem? und mit der allgemeinen Kunstrichtung? Ja so erkennen wir die Effecte, aber [auch die] Analogie mit dem Allgemeinen der Kunst? Reduction auf | bestimmtes Innres läßt sich fast nicht machen, wogegen die innerliche Wirkung feststeht, die sich aber nicht in Gedanken auflösen läßt. Daher das Geheimnisvolle in Musik. Wir fragen nicht wo ist Musik her, sondern was bewirkt sie eigentlich, und wie ist aus der Richtung auf diesen Effect diese ungeheure Schöpfung 39 läßt] lassen

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entstanden. Jene Naturlaute sind verständlich in hohem Grad, Musik je complicirter, desto weniger verständlich. Der Umfang zwischen tiefsten und höchsten Tönen ist freilich in gewissen Gattungen bestimmt z. B. im Choral soll so der Umfang einer Melodie eine Octave nicht überschreiten, und selten geht man mehr als eine Terze weiter; aber vergleichen wir, was innerhalb desselben Umfangs vorgeht in Choral und was in demselben in Kammermusik, so ist da die größte Differenz; und überall lassen sich die Differenzen im Einzelnen immer auf etwas die Bedeutsamkeit machendes zurückführen. So nimmt selbst ein einfaches Thema, so wie man es in irgend einem Umfang differenciirt, keine Differenz der Bedeutsamkeit an, z. B. in Händels Oratorien gibt es Stücke die in dem einen einen triumphirenden, im andern einen trauernden Charakter haben, obgleich das Thema wesentlich dasselbe ist. Also liegt die Bedeutsamkeit in etwas andrem. Die meiste Anwartschaft scheint das Te m p o zu haben, und da finden wir in Übergängen, [in der] genauen Verbindung von Stücken in ganz verschiednem Tempo ein Verfahren, das sich nicht darauf zurükführen lässt. — Ist wirklich Musik als freie Productivität angeknüpft an die natürlichen Bewegungen der menschlichen Stimme in Verbindung mit [dem] bewegten Selbstbewußtseyn? Wollte man das letztre annehmen, so fiele sie aus allen Analogien von den übrigen Künsten. Das erste betrachtend, sage ich behuthsam nur Analogien mit den Bewegungen der Stimme, also Rede und Naturlaute. Im Gesang der Vögel finden wir reine Naturproduction von der wir aber auch nicht behaupten, ihre Variationen gingen auf solche im innern Leben zurück. Singt der Mensch von Natur auch so? Offenbar nein, sondern der wirkliche Gesang hat gleich die Zeichen der Besonnenheit des Vorgedachten, wenngleich in großer Analogie mit innren Lebensbewegungen. Beides zu trennen, ist also unmöglich, aber ebenso wenig findet dasselbe Verhältniß statt wie in der Mimik, sondern wir müssen auf etwas andres gehen. Es ist kein Mittel, a l s vo n e ntg e g eng esetzten Punkten auszugehen und nach den ge ge b n e n Wirkun gen der Musik zu fragen. Unmöglich können diese in Differenz bleiben von demjenigen was Tendenz ist und der Künstler will; sondern sobald eine solche Differenz erscheint, würde die Kunst einen andren Gang einschlagen, um nicht zu wirken, was sie nicht will und umgekehrt. Daß der Ton setzende Künstler nicht in bestimmten Bewegungen des Selbstbewußtseyns zu sein braucht in der Compositionsthätigkeit, ist offenbar aus unsren ursprünglichen Positionen, weil Besinnung, Vorbedachtes, 20 ?] .

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11–14 Vgl. die Sachanmerkung zu S. 434,19

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[ein] auf freie Productivität gerichteter Impuls dazwischen tritt. In der Mimik versetzt sich der Künstler in einen Andern, seine Bewegungen manifestiren aber immer innre Zustände. Gilt dasselbe von Musik so müßten wir das eben Gesagte aufheben; denn trägt sie nicht eine solche Verständlichkeit in sich, die zugleich die der Differenz ist, so würde sie jenes nicht erreichen, ohne eine andre zu werden. Da sie nun sich nie auf ihrem Gange umgewandt hat, so kann nicht so ihre Tendenz sein, daß der Künstler die Töne wollte angesehen wissen als aus bestimmter Gemüthsbewegung. Das umgekehrte Ende, wo wir anknüpfen, ist also die Wirkung. Daß die Hörenden den Gemüthszustand anschauen, der dargestellt ist, ist es also nicht. Was ist dann die eigentliche Wirkung? Denn eine solche bringt sie offenbar hervor. Aus [dem] Alterthum sind Aussagen, die zu unsrer Erfahrung nicht zu stimmen PscheinenS, | [die] Erzählung sc. daß Massen von Zuhörern durch die Musik in bestimmte Affecte versetzt worden. Eine bestimmte, auch jetzt wiederkehrende Erfahrung ist es nicht; ist aber auch kein Grund, die Tendenz der Kunst anders zu modificiren. Ist von Gemüthsbewegungen die Rede, die Willensbewegung werden, wie Erweckung des Muthes durch kriegerische Musik, dann wäre die Kunst nicht eine reine, sondern an einem andern[,] einem Gebieth der gebundnen Thätigkeit angehörend, und fiele nach unsrer Ansicht außerhalb der eigentlichen Kunstbetrachtung. Wirkungen der Musik die in Willensbewegungen ausgehen, sind uns also nicht die künstlerische Tendenz; und die künstlerische Vollkommenheit ist uns nicht das, was diese Willenserregung bewirkt, sondern im bewegten Selbstbewußtseyn als solchem stehen bleibend. Setzen wir uns in dieselbe Position, so haben wir auch kriegerische Musik aber in [der] eigentlichen Schlacht wird wenig darauf gerechnet bei Art des jezigen Krieges und den Massen dabei; sondern da sind musikalische Productionen weit mehr Signale, und das ist viel zu untergeordnet im Gesamtzustand als daß man ihnen eine solche Wirkung zuschreiben könnte. Allerdings wenn wir einen Marsch hören, nehmen wir einen solchen Eindruck wahr. Fragen wir aber, worauf er beruht, und vergleichen zwei solche Compositionen, die ganz verschieden und doch dieselbe Wirkung haben können, so sieht man wie die Wirkung mit der Differenz in den Elementen nicht zusammenhängt. Da stoßen wie also auf ebenso viele Schwierigkeiten. Wenn wir nun das Mannigfaltige noch erweitern wollten, so vermehren wir noch die Schwierigkeiten für diese Grundfrage, daher wollen wir uns zurückziehen und beim einfachen stehen bleiben. Wir unterscheiden das M e l o d i s c he als Differenz in Höhe und Tiefe und das R h yt h m i s c h e [als] Differenz in [der] Zeitbewe25 bewirkt] wirkt

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gung. Fragen wir nun einfach so: Welches erscheint als die verständlichre Wirksamkeit so glaube ich, wird man sagen müssen, es sei die des Rhythmus, und das ist gerade dasjenige wodurch die Musik mit dem ursprünglichsten Gebieth der Mimik sc. mit der Orchestik zusammenhängt, die auch nicht durch Melodie, sondern Tact dominirt wird. Erweitern wir die Frage so: Sind wir nur einer Veränderung bewußt in der Wirkung des Tempo, jenachdem darin Differencirung der Töne in Höhe und Tiefe größer ist oder geringer? Da müssen wir sagen: in einer Abwechslung von langen und kurzen Zeittheilen aber immer in demselben Ton, ist der Eindruck des Rhythmus an sich derselbe aber die Wirksamkeit desselben unfehlbar geschwächt. Worauf das beruht, ist schwerlich anders zu sagen, als es sei die Identität des Tons die die Wirkung hemmt; indem Mannigfaltigkeit in Zeit und Gleichheit im organischen Eindruck in gewissem Widerspruch mit einander stehen. Fragen wir: Wird die Wirkung des Rhythmischen in demselben Grad erhöht als die Differenz der Töne in demselben zunimmt; so kann man das auch nicht sagen, da es ebenso ein zuviel, als ein zu wenig gibt, also für Stärke der Wirkung ein gewisses Verhältniß des einen zum andren postuliert wird, das von einem gewissen Extrem an sich alterirt. Hier ist gleich ein bedeutender Unterschied. Denken wir denselben Ton in Menge kleiner Zeitabschnitte also in einer Reihe kurzer Tacttheile sich wiederholend, so muß er auf das bestimmteste abgesetzt werden, weil sonst die Tacttheile nicht zum Vorschein kommen. Denke ich dieselben Tacttheile mit melodisch differenten Tönen ausgefüllt, so kann man diese gebunden und gestoßen vortragen, im ersten Falle treten die Tacttheile nicht so bestimmt aus einander sind aber wegen Differenz der Töne selbstverständlich aber beides gibt verschiedne Wirkung. Also bei gleicher Differencirung ist eine Wirksamkeit die in der Differencirung selbst auf den | Rhythmus zurückgeht, und für [die] unmittelbare Wirksamkeit der Musik ist nur das rhythmische Element dominirend und das melodische untergeordnet. Was ist dann das in der Naturäußerung woran sich das Rhythmische anschließt? Da kommen wir auf [die] Identität des Musikalischen und Mimischen. Was im Leben selbst als Tact und Rhythmus erscheint der Wechsel in den bestimmten Naturbewegungen. Wo gleichmäßige Bewegung ist zugleich mit Arsis und Thesis, da ist ein Rhythmus, also im B l u t u m l au f u n d [ i n d e r] R e s p i ra t ion. Auf diese geht ebenso gut die Operation der Naturlaute wie die leiblichen Bewegungen zurük. Im Anschließen an diese Naturäußerungen ist die ursprüngliche musikalische Wirkung gegründet und das Melodische erscheint secundär. Aber so wie wir darauf zugleich achten, daß dieses doch auch wieder verschiedne Wirkung hervorbringt, und sagen, diese Differenz

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des Umfangs kommt zum unmittelbaren Bewußtseyn auf ganz verschiedne Weise in geringren und größren Intervallen und hier auch solche Cautelen sind für bestimmte musikalische Gebiethe wie für den Umfang: so muß hier auch ein Element sein, das sich an ein natürliches anschließt, und da verfolgen wir wieder [die] Analogie mit [der] Mimik. Wie wir da Bewegungen der Extremitäten, Gesichtszüge und Sprachwerkzeuge unterschieden, so sind wir hier ursprünglich auf die letzten allein gewiesen, aber in diesen sind alle verschiednen Differenzen die erst im gemeßnen Ton auseinander treten. Da ist also eine Erweiterung dieses Elements aber nur möglich im gemeßnen Ton, da unterscheidet sich die Differencirung des Tacts und der Höhe und Tiefe. Wie jene Elemente in Mimik ihren verschiednen Ort hatten, so haben dieselben in [der] Bewegung der Sprachwerkzeuge verschiednen Elemente auch ihren verschiednen Ort in Musik. Ist es nun, um einen bestimmten Zustand als den eines andern aufzufassen, so kommen wir in unsre alten Schwierigkeiten. Also müssen wir stehen bleiben zu fragen: Was wird im Hören durch diese verschiednen Elemente hervorgebracht? Wie wir hier auf [die] Analogie mit den natürlichen Lebensbewegungen zurükkommen, und achten auf das Verhältniß zwischen G e h ö r u n d Sp r ac h w e r k z e u g , so wird darin der Schlüssel liegen, denn auf das unmittelbare Auffassen von veränderten innren Lebenszuständen, welche durch die Töne dargestellt werden sollten, können wir nicht zurükgehen, weil wir dabei immer auf Widersprüche stoßen. Alles Bisherige zusammengefasst: ist die Parallele zwischen Musik und Mimik so zu theilen, wie die Mimik selbst; wir sagen nicht, daß der Componist die Gemüthsbewegungen eines Andern darstellt; dieß thut aber der Mimiker[;] aber insofern beide ein dramatisches Gedicht begleiten, haben beide Beziehung auf Poesie, besonders Lyrik als Reihe von Gemüthsbewegungen darstellend. In dieser Begleitung gibt es Verständlichkeit durch [die] Verbindung der einzelnen Elemente in [der] Musik selbst. Betrachten wir [die] Mimik für sich allein, so ist es Orchestik oder Pantomime. Bei jener knüpften wir unmittelbar an die gegebne NaturRichtung, indem freie Thätigkeit sich in den Zwischenräumen der PselbartigenS gebundnen hineinstellt. Hätten wir da gleich gefragt, was der Sinn sei dieser verschiednen Bewegungen, so wären wir in Verlegenheit gewesen. Hätte einer gesagt, um das Geheimnis zu merken, müsse man alles in Gleichzeitigkeit verwandeln und die Schönheit der Linien sei das, worauf es gehe, und solche Bücher hat man, die Tänze in solche Figuren auflösen, aber schön wird Niemand diese 26 Mimik] Musik

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festen Linien finden, nicht die Linien, die die Füsse am Boden beschreiben, sondern [die] Bewegung des Leibes macht es aus. So wenn einer sagt, das Schöne der Musik beruht auf a rit hmet ischen Verh ä l t n i s s e n . Das enthält auch keinen wahren Schlüssel. Allerdings kann man den Ton auf solche Zahlenverhältnisse reduciren aber das Geheimniß der Wirkung der Musik liegt nicht darin, kein Mensch hat ein Bewußtseyn von solchem Auffassen, und arithmetische Capacität ist sehr verschieden in den Menschen; sagt man also Consonanzen und Dissonanzen cet. hängen ab davon wie leicht oder schwer das Zahlenverhältniß gefaßt werde. Aber die Seelen haben verschiedne Capacität, Mancher merkt das Verhältniß von 10:13 so schnell, wie ein gewöhnlicher das von 3:4. Gleichzeitigkeit von Verhältnissen die eine Unendlichkeit darstellen ist nicht durch|zuführen. Noch ein musikalisches Element ist zuzunehmen, die Ha rmonie, von der noch nicht die Rede war, sondern wir bestimmten erst die Töne als Rhythmus, ihre Differenz in Höhe und Tiefe i. e. Melodie, aber vom Z u gle i c h s e i n ve r s c h i edne r T öne in v ersch iedner H ö h e haben wir noch nichts gesagt. Diese Thatsache können wir nicht entbehren, denn eine Composition in unisono für viele Organe würde bald keine musikalische Wirkung haben. Dennoch hat sich dieses Element erst spät in [der] Geschichte der Musik recht geltend gemacht und schwierig zu entscheiden ist, wie weit es die Alten darin brachten, doch fände sich gewiss eine ungeheure Differenz mit uns. Unsre ganze harmonische Theorie beruht auf [der] Theilung der Tonleitern in Octaven, in solche Distanzen, wo die schwingende Saite im einen Falle halb so groß ist als im andern, und in Differenzen die dazwischen liegen. Zwischen jedem von unsren Intervallen auch zwischen halben Tönen liegt [die] Möglichkeit einer unendlichen Theilung, die wir aber nicht annehmen. Warum? Weiß niemand. Zwei etwas differente Instrumente leiden wir nicht, hören wir eins allein von beiden, so merkt Niemand etwas. Auf arithmetische Differenzen lassen sich diese Differenzen zurükführen, aber daraus nicht begreifen. Die Differenz, daß der Ton in seinem Unterschied von den dazwischen liegenden, auf der Faßlichkeit seiner Verhältnisse beruhte, die Reinheit des Tons müßte ja abhängig sein von dieser arithmetischen Operation. So das Zusammenfassen von zwei aufeinander folgenden Tönen in einem Intervall, wäre abhängig vom Auffassen der arithmetischen Differenz; und so der Accord auch. Ist es denn sonst etwas irgendwo Gegebnes, daß Zahlenverhältnisse im Aufeinanderfolgen ein Gegenstand des Wohlgefallens sind? Niemand wird sich leicht eine Reihe von arithmetischen Formeln für ein Concert geben lassen; man hat also das P h ys i o l o gische verwechselt mit dem k ü n s t l er i s c h e n Z u s amm e n han g[, der] ist zwischen beiden aber

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nur so, daß man sehr behuthsam sagt: Die Strucktur unsrer Organe schließt den Grund in sich, warum unter den verschiednen möglichen musikalischen Combinationen die einen mißfällig sind[,] die andren wohlgefällig. Aber behuthsam denn es gibt Differenzen zwischen verschiednen Völkern, einige finden unsre Musik so abscheulich als wir die ihrige. Auf diesem Wege lösen wir die Frage unmöglich. Kommen wir auf unsre ursprünglichen Positionen zurük und gehen vom Charakter der Kunst aus und wie wir nach Maaßgabe der verschiednen Functionen in menschlichen Lebensthätigkeiten die verschiednen Künste als freie Productivität betrachtet haben und eine solche Richtung als specifisches Princip einer Kunst ansahen, so ist [das] P r i n c i p d e r M u s i k d i e B e ge i s t e r u ng der f reien T hä t ig k e i t i m To n . Gehen wir hiervon aus, so stellt sich die Frage im Allgemeinen so: Wie hat sich diese Richtung auf freie Productivität im Ton in einer solchen Unendlichkeit über das in [der] Natur gegebne erweitern können, und welches Interesse hat dazu geführt? Wir wollen vergleichen die Poesie als freie Productivität in Sprache[, den] Zusammenhang zwischen Sprache und Vorstellung setzen wir voraus und eine bestimmte Richtung des Vorstellungsvermögens und gemeßne Sprache, so daß das Princip Begeisterung der freien Productivität in diesem Gebieth ist. Sehen wir nun was musikalische Instrumente aus der Stimme machten, als Erweiterungen der menschlichen Stimme, also das Elementare machten und fragen, ob Poesie dasselbe gethan habe an [der] Sprache; so ist offenbar die Productivität der Poesie in Beziehung auf ihr Element unendlich kleiner; auch der Wohllaut in Sprache ist sehr geringe Productivität sofern sie von Poesie her ist, es sind nur gewisse poetische Licenzen. Die elementare Productivität der Musik die nur durch Richtung der Kunst entsteht, ist ein unendliches im Vergleich mit den andern Künsten. Also muß ein sehr starkes Interesse sein an dieser freien Productivität und das ist sc. das Wesentliche der Frage, die falsch gestellt ist, wenn man dem Grund des Wohlgefallens und Mißfallens nachfragt, und ebenso wenn dem, was eigentlich die Wirkung ist. Erste Frage ist: Was ist der Grund der so starken und verhältnißmäßig ungeheuren Richtung auf diese Productivität[?] | Freilich zeigt sich [das] sehr verschieden in verschiednen Zeiten und Völkern; aber nicht leicht ist ein Volk, das nicht seine musikalischen Instrumente hat; freilich unentwickelt wo auch das gesamte Dasein unentwickelt. Diese Differenz tritt also zurück. Irgend ein Zusa m m e n h a n g z wi s c h e n m u si k al i s c h e r P rod uct ion und Bew eg l i c h k e i t d e s S e l b s t b e w u ß ts e yn s ist natürlich da, wo diese noch gering, da auch jene und ebenso wo die Intensität und Extension der 1 man] folgt ))und**

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ganzen Entwicklung bedeutend ist, da ist dasselbe auch auf diesem wie auf jedem andern Gebieth von Thätigkeit. Das Gemeinsame ist das, worauf es hier ankommt, nicht die Differenz. Die Analogie zwischen Musik und Mimik können wir nicht fallen lassen, aber mimische Production ist eine unendlich kleine in Beziehung auf das Elementare, wenn wir sie mit der musikalischen vergleichen. Aber eine gewisse Ähnlichkeit ist unverkennbar. Die gemeßnen Bewegungen kommen so wenig außerhalb dieses Gebieths vor wie die gemeßnen Töne. Hier ist [dieß] also auch durch die Richtung erst hervorgebracht aber der Grund zum Wesentlichen darin sc. dem bestimmt Gemeßnen, ist in beiden dasselbe, der physiologische Grund des Rhythmus, das Rhythmische in den Lebensbewegungen selbst. Der Zu s a m m e n han g d e r k ü n s t le r i s c h en Prod uct ion mit den Bew e g u n g e n d e s Se l b s t be w u ß t s e yn s die in Lebensbewegungen so sehr zusammenhängen, ist in musikalischer Production also die Hauptsache. — Wenn wir nun die l o g ische Bedeutung der Stimme mit betrachten, als ursprüngliche Art, wie die Vorstellung hervortritt für andre Individuen so ist es eigentlich ein fremdes Gebieth, wenn wir auf die reine Selbstständigkeit der Musik sehen; aber so wie die Unendlichkeit der Combinationen [der] Töne dazu gehört, damit das Vorstellen in Sprache erscheine, so ist die Mannigfaltigkeit des gemeßnen Tons die Repräsentation der gesamten Mannigfaltigkeit der Bewegungen des Selbstbewußtseyns. Wenn sie nicht Vorstellungen sind, sondern Lebenszustände, also auch nicht Bilder, denn will Musik das hervorrufen, so geht sie aus ihrer Bestimmung; und dieses Mahlerische in Musik ist streitig, in wiefern in gewissen Fällen erlaubt oder nicht. Was ist der Grund dieses Interesses an musikalischer Production? Die Richtung auf unendliche Mannigfaltigkeit der Combinationen im Gebieth des gemeßnen Tons ist die äußre Repräsentation der Unendlichkeit in den Bewegungen des Selbstbewußtseyns aber nicht als ob da eine bestimmte Correspondenz zwischen dem Einzelnen im einen und [im] andren wäre. Fassen wir es geschichtlich und vergleichen die Musik verschiedner Völker auf untergeordneter Stufe der Entwicklung: so ist eine Analogie zwischen der besondren Art ihrer musikalischen Production und der besondren Richtung ihres Selbstbewußtseyns, i. e. ihrer n a t i o n al e n ge i s t i ge n Te m p e ra t ur. Die Völker von einer kriegerischen Neigung haben andre Musik als diejenigen von dissoluter Neigung und das ist vom Clima weit weniger abhängig als von innrer Lebensrichtung. Auch der verschiedne Grad der Beweglichkeit ist in Übereinstimmung mit [der] Art der musikalischen Composition. Die Wirkung der M u s i k i n i h r e m s e lbst stä ndig en Erscheinen 39 der] die

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k a n n n u r w o l l e n , di e s e s Be w u ß t s e yn w ov on sie selbst a usg e h t , a l l g e m e i n m ac h e n , e s e r r e ge n . — Das führt wieder auf jene arithmetische Theorie. Wir können eine musikalische Composition denken vollkommen tadellos alle jene Regeln die mit den arithmetischen PRegelnS zusammenhängen [einhaltend]: Consonanzen und Dissonanzen und Auflösungen cet.[, diese] macht aber gar keinen Eindruck, und eine andre, die in jener Beziehung nicht rein ist, sondern von jener Theorie aus viel auszusetzen wäre, macht ungeheuren Eindruck. Jene ist als solches Kunststück gemacht, aber es lag nicht zu Grunde was beim andern sc. die w ah r e R ichtung a uf d iese Prod u c t i v i t ä t, daß wir uns der Beweglichkeit des menschlichen Selbstbewußtseyns bewußt werden. Aber der Wechsel, wie sich dieses zeigt, kann bei jedem ein andrer sein, allerdings so, daß ein gewisser Charakter immer da ist, aber nicht daß Einzelnes sich bestimmen ließe. Je vollkommner die Beweglichkeit des ganzen menschlichen Lebens erscheint in Mannigfaltigkeit und Aufeinanderfolge der Töne, desto mehr ist [die] Idee erreicht. Richtung auf freie Productivität im Organ der Stimme mit allen möglichen Erweiterungen, mit [der] Beziehung der Bewegung des Selbstbewußtseyns auf das individuelle Leben; aber nicht in [der] Beziehung des Einzelnen auf das Einzelne sondern des Ganzen auf das Ganze, [d. h. einer] Reihe von Tönen auf die Beweglichkeit, nicht [auf] einzelne Bewegungen. Sowie man nun gleichsam den Ton einer bestimmten Reihe von innren Bewegungen in musikalischer Composition wieder|finden will, muß man vom Rhythmus ausgehen und die Wechsel der Töne unter diesen Gesichtspunkt stellen. Folge ich in einer Melodie der uniformen Bewegung i. e. der uns als sangbar gegebnen Töne fortschreitend, oder aber in Sprüngen vom Höchsten zum Tiefsten cet. so ist das der Rhythmus des Tonwechsels, denn die Intervalle sind ein Wechsel der Bewegung. Das angewandt auf M u s i k w i e s i e d i e R e d e b e gl e i t e t , und wie [sie] selbstständig [ist], da ist jenes so, daß ein Objectives da ist, das sich für sich fassen läßt, und darauf die Musik bezogen. Behandeln verschiedne Musiker dasselbe Gedicht, so ist immer einige Ähnlichkeit im Rhythmus und [den] Bewegungen; aber Ähnlichkeit im Thema findet sich nur als zufälliges. Denke ich eine Musik deren Gegenstand im Kirchenstyl liegt, so können da äußerst schnelle Töne vorkommen, wie wohl Langsamkeit der Charakter ist, aber ist die Musik rein, so enthalten diese schnellen Töne nicht große Intervalle, sondern nahe stehende Töne, so daß sie sich als Ein langsamer Ton ansehen lassen. So wird uns genaue Analogie zwischen Musik und Mimik, daß wir bestimmt unterscheiden die Differenz auf Verständlichkeit, auf Bestimmtheit dessen was hervorgebracht wird, in der begleitenden und für sich bestehenden Musik. Das Princip aber ist rein in beiden dasselbe; denn

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so wie man in b e gl e i t e n de r M u si k etwas andres darstellen will als den G a n g d e r i n nr e n B e w e gu n ge n im A llg em einen so entsteht Mahlerei in Musik was Ausnahme ist. Wie nun die Musik überhaupt ungleich größren Kreislauf hat, ehe sie von da an, wo sie Kunst wird, ins Leben zurüktritt, lassen sich bestimmtre Verzweigungen auffinden und Verschiedenheit tritt in bestimmtre Gruppierungen auseinander. Das Ganze in allgemeiner Übersicht. Die begleitende Musik als Kunst wie sie vom Kunstlosen ausgeht schließt sich an die Neigung zum gemeßnen Ton die schon in der Sprache ist. Anknüpfungspunkt für selbstständige Musik aber ist nur in denjenigen Naturlauten, die nicht mit Sprache zusammenhängen. So finden wir schon, wenn wir nur alles was eigenthümlicher Zweig sein soll, eine allgemeine in Allen vorkommende Function sein muß, wenn auch in der Masse nur in Form der Receptivität, welcher Gegensatz zum Componiren erst in größrer Entwicklung derselben entsteht; daß jede Rede, die nicht reines Wissen will, i. e. Vorstellungen als solche darstellt, sondern nur Vorstellungen als Zeichen des innren Zustands, schon an sich Neigung zum gemeßnen Ton hat, das ist der Übergang zum Gesang, sei die Neigung mehr passiv i. e. Empfindung, oder activ i. e. Richtung auf eine Thätigkeit rein als innre Empfindung betrachtet. Dasselbe wird in dem Gebieth der Rede die Neigung zum Versmaaß [in der] Poesie, was eben dem gemeßnen Ton entspricht. Ebenso enthält jeder von den Naturlauten, die innre Zustände ausdrücken, schon eine Richtung auf den gemeßnen Ton und zugleich auf Modulation i. e. [die] Differenz von Höhe und Tiefe. Wenn ich dieses hier heraushebe, und beim vorigen Punkt nicht, so habe [ich] die Meinung daß hier, wo keine Beziehung auf das Wort ist, der Ton selbst die ganze Aufmerksamkeit auf sich zieht, während dort das Wort dominirt und der Ton nicht so bestimmt bemerkt wird. Aber beides ist freilich immer verbunden Rhythmus und Modulation aber in verschiednen Verhältnissen. Nun tritt die Erfahrung ein, daß der Umfang der Stimme sich mit der Richtung auf den gemeßnen Ton erweitert. Vergleichen wie unsre gewöhnliche, ja selbst PehrbareS Sprache mit dem Bewegtern, das unmittelbar aus momentanen innren Bewegungen her ist, so ist Differenz des Umfangs. Dieser erweitert sich immer zugleich mit der Richtung auf den gemeßnen Ton. Nehmen wir dazu jenes über die qualitative Differenz in der Natur im gemeßnen Ton, wie in keiner einzelnen Stimme der ganze Umfang ist, sondern nur in den Organen beider Geschlechtshälften und der verschiednen Alter, und wie auch außerdem eine qualitative Differenz in den Stimmen liege, wie Diskant, Alt, Tenor, Baß. Die qualitative Differenz ist so daß derselbe Ton von verschiednen Stimmen nicht dasselbe ist z. B. in Alt und in Tenorstimme. | Das ist die gegebne Differenz für die in den Instru-

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menten. Wäre in diesen nicht auch qualitative Differenz so wären sie unnütz, und würden die Stimme nur in Höhe und Tiefe erweitern, wozu Ein Instrument genügen könnte. Diese Differenz classificirt sich am bestimmtesten in die der Sai t e n - u n d Bla s-Inst rument e, die fast unter allen Völkern sich findet. Fragt man worauf die Differenz beruht, da der Ton doch immer dasselbe ist sc. die schwingende Bewegung der Luft[,] so muß es im Verhältniß des Organs zu dieser Bewegung liegen, ein Blasinstrument setzt ursprünglich den Menschen in Bewegung aber nicht vermittelst der Stimme sondern durch [den] Hauch; das Instrument ist da der schwingende Körper, bewegt sich aber nicht selbst, sondern durch den Hauch des Menschen und dann bewegt es wieder die äußre Luft und aus diesem Zusammensein entsteht der Ton. Im Saiteninstrument bewegt der Künstler den schwingenden Körper unmittelbar; und diese Bewegung setzt sich in die Luft fort. Nun setzt sich ebenfalls, woraus nur folgt, daß man überall ursprünglich von [der] menschlichen Stimme ausging, die Differenz der vier Stimmen in den einfachen Instrumenten fort; mit verschiedner Richtung auch Höhe und Tiefe und verschiednen Qualitäten des Tons z. B. die einfachen Saiteninstrumente, Violine ... [Bratsche, Cello und] Baß, so hat man die vier Stimmen. Alle diese Organe sind die reine Schöpfung des Menschen, und nichts darin hat einen ähnlichen Ursprung wie die Erfindung der gebundnen Thätigkeit, denn es wird daraus nichts als rein diese Production im Ton. Daraus sehen wir die natürliche Stärke dieser eigenthümlichen Richtung die sich in [eine] Mannigfaltigkeit von wahrer Schöpfung ergossen hat. — Betrachten wir noch einmahl, wenn man einseitig so leicht voraussetzt, daß die Richtung des Individuums auf Mittheilung überhaupt eine logische sei, und gestehen nun, daß alle musikalische Darstellung an sich nur ein m i n i m u m vo n l o gi s c h e m G e h al t hat, so liegt in dieser Thatsache eigentlich [eine] gewaltige Widerlegung jener Thatsache, es muß ungeheure Intensität in dieser Richtung des menschlichen Geistes sein, sich rein in seiner Beweglichkeit darzustellen, abgesehen von allem Logischen. Nun ist das auch eine allgemeine Erfahrung, allgemeiner als man sie findet, da nicht Wahrheit PgenugS im Menschen ist, wenn diejenigen die sich exclusiv mit den bildenden Künsten beschäftigen und diejenigen welche in der eigentlich logischen Theorie sind, i. e. die reflectirenden und speculativen Menschen, wenig Empfänglichkeit für Musik haben; und wenn nun bildende Kunst Richtung auf das Bild [hat] i. e. einzelne Objectivität, und das andre auf Objectivität des Gedankens: so geht also auseinander diese Richtung auf das Vorstellen im Allgemeinen und [das] Bilden ins Einzelne und beide diffe4 die] in

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riren von Richtung auf innre Beweglichkeit. Darin liegt der Keim für unsre Rechenschaft vom ganzen Gang der Musik. Was ergreift sie und womit hat sie es überwiegend zu thun? Immer die innren Zustände als solche, i. e. das geistige Einzelleben in seinem Wechsel im ganzen Umfang seiner Beweglichkeit. Da unterscheiden wir ebenso zweierlei Hauptrichtungen; sc. das B e w e gt s e i n v on eine m g eistig en Imp u l s aus und das von einem s i n n li c h en und das ist [die] Haupteintheilung der ganzen musikalischen Richtung. Wenn man die erste überwiegend die religiöse Musik nennt oder Kirchenstyl, so schließt man das ja nicht in zu enge Grenzen, sondern denkt dabei an die theokratische Form des Religiösen; wie sc. das Politische ebenso ein geistiger Impuls ist und daher auch gewisse Stuffen mit jenem genau verbunden. Daher ist es ein Instinct, daß die größten Musiker überwiegend sich an jene Vereinigung des Religiösen und Politischen halten; und andrerseits wenn wir unsre Zeit denken, wo [deren] Trennung sich der Vollendung nähert, und die Musiker behandeln ein rein Politisches, so wird das Religiöse immer als begleitend erscheinen. So wie wir vom Gemeinsamen absehen und | rein das Einzelleben suchen, so können wir es nur, wo Einzelnes gegen Einzelnes tritt, und da ist Musik die es mit der sinnlichen Beweglichkeit zu thun hat. Die Beweglichkeit des Einzellebens durch die geistigen Impulse stellen wir freilich höher, aber in Musik vorsichtig nur als dem Werthe nach größer, dem Gegenstand nach, nicht als ob sie als Musik i. e. Darstellung der Beweglichkeit der menschlichen Seele durch gemeßne Töne: Tanz der Töne, in der einen vollkommner wäre als in der andern. Aber die Differenz ist sehr bestimmt, nur daß man sie gewöhnlich ungeschikt Ki r c h e n s t yl und K am m e r s t yl nennt. Dieß ist die größte Differenz auch in Beziehung auf alle Gesetze der musikalischen Production. Eins fällt gleich auf als Differenz zwischen beiden; eine Neigung PhierS den Kirchenstyl mit Elementen des andern zu vermischen, wogegen das umgekehrte nicht vorkommt. Achten wir auf den Grund, so ist darin zugleich der eigenthümliche Keim zu dem, was in Musik ebenso Ausartung ist, wie im mimischen Gebieth. Die Musik theilt sich also in s e l b s tst ä ndig e und a n da s Wort g e b u n d n e , dann in jene z w e i St yl e . In beiden [ist] ein Fortschreiten vom einfachen bis zum größten, nicht nur so, daß dieser Gegensatz immer gehalten war, sondern wie es einerseits Übergänge gibt zwischen Kirchen- und Kammerstyl, so andrerseits gibt es Zusammensetzungen von der an das Wort gebundnen mit der selbstständigen Musik. Was wir von diesen vier Punkten aus betrachten können, gehört hierher, im Speciellen geht es in das Positive, sich beziehend auf den 26 sie] ihn

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Naturcharakter und das ursprünglich physiologische Element i. e. unsre gegenwärtige Tonleiter, die ein positives Element in sich trägt, weil wir unter allen möglichen Tönen nur gewisse als musikalisches Element annehmen und was dazwischen ist, ausschließen. Unser Ohr ist nur an diese Tonleiter gewohnt. Das meiste hat nationalen Ursprung. Wir sind aber noch nicht auf einem solchen Punkt der allgemeinen Anschauung dieser Kunst daß das genügend geschehen könnte. A l s h ö c h s t e n G e ge n sat z s t e l l t ma n g ew öhnlich den zw i s c h e n a n t i k e r u n d m o d e r ne r M u s ik der wirklich sehr stark hervortritt. Wie diese aus jener entstanden ist, ist historische Aufgabe. In der alten trat die Harmonie weit mehr zurück. Sie hatte auch andre Fortschreitungssysteme, i. e. Tonarten, und die Entwicklung des harmonischen Elements brachte eine Verringerung in diesen hervor; die Alten hatten eine größre Mannigfaltigkeit von Tonarten, denen sie jeder einen bestimmten Charakter zuschrieben. Bleiben wir nun bei dem, was wir im Plato finden, und lassen die, die er als weichlich sinnlich und zu rauh verwirft, so sieht man diese Mannigfaltigkeit. Bei uns ist es nun die Differenz zwischen Dur und Moll; denn unsre verschiednen Scalen in denselben haben nicht diese Bedeutungen. Das harmonische Element ist [der] Grund, warum die Schlüssel der alten Tonarten uns nicht befriedigen. Darum tritt aber diese Differenz bei uns nicht ein, keineswegs ein Zusammentreffen des Tons in den geistigen Bewegungen und diesem musikalischen Gegensatz. Das Einheitliche eines Ganzen ist nicht an die Glieder dieses Gegensatzes gebunden. Wir b l e i b e n b e i d e r m o d e r n e n M usik, da auch die, welche am meisten die alte Musik kennen, nichts darin componiren könnten, was die Wirkung hervorbringt, welche die Alten von ihrer Musik rühmen. Die moderne Musik hat sich erst höher ausgebildet zu einer Zeit, wo auch schon die nationalen Differenzen anfingen zu verlöschen. Da sie unter Herrschaft des Christenthums entstand, so kann die Kirchenmusik viel weniger von nationaler Differenz an sich tragen, und es ist nur der Gegensatz zwischen orientalischer und occidentaler Kirche, aber jene blieb erstaunend zurük in der Musik und hat dafür noch manches von [der] Musik der Alten, ohne daß dieß unsre Kenntniß 30 sie] es 15–17 Schleiermacher spielt hier offenbar auf die ethische Betrachtung der Tonleitern an, die sich in Platons „Politeia“ etwa wie folgt findet: „Welche Tonarten sind also weiche und bei Gastmahlen üblich? – Ionische, sprach er, und lydische werden schlaff genannt. – Wirst du also diese, Lieber, für kriegerische Männer wohl irgend brauchen können? – Keineswegs, sagte er, und also scheint dir nur dorisch und phrygisch übrigzubleiben.“ (Politeia III 398c–399a)

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von dieser bis zur Praxis fördern könnte, da die Musik der orientalischen Kirche sich in den einfachsten Formen hält. Anders im ge s e l l i ge n St yl , wo die Ta nzmusik das | ursprüngliche ist, und in dieser das Nationale ausgeprägt, als größter Gegensatz die s l avi s c h e und ge r m an i s c h e , die sich in das eigentlich germanische (nördliche) und romanische (südliche) theilt, von der das Italienische und Spanische das Bedeutendste ist. — Wir müssen die b e i d e n S t y l e e r s t vo n e i n an d e r s o ndern. Der natürlichste Gang fängt da an, wo wir am unmittelbarsten die Musik mit Mimik zusammen finden und das ist bei der Musik die der O rchestik angehört, die im geselligen Styl liegt. Da herrscht das Rhythmische vor als die Bewegung regirend, das Melodische ist demselben untergeordnet; und gewißermaßen auf das Rhythmische zurückgeführt. Melodisches Herabsteigen in der rhythmischen Arsis, und melodisches Hinaufsteigen in der Thesis würde Verwirrung bringen, da Musik die Bewegung regire, und die Differenz der Theile die verschiednen orchestischen Reihen sondert, so dient das Melodische dem Rhythmus. Das Harmonische tritt so zurück, daß nur das einfachste statt finden darf, ohne die Aufmerksamkeit von Rhythmus und Melodie ab auf sich zu ziehen. In diesem strengen Gebundensein an das Orchestische sind also diese ersten Anfänge, die Musik der Volkstänze sich zum strengen Styl neigend, wegen der Einfachheit und der Regeln, die unmittelbar aus den Bewegungen her sind. Darin zeigt sich aber ein gewisser Mangel an Selbstständigkeit der Kunst; und diese Geltung steht in der Mitte zwischen der freien Musik (i. e. wo Ton das Ganze leitet) und gewißermaßen in Form einer gebundnen Thätigkeit, weil Zweck ist, die Bewegungen des Tanzes sicher zu stellen. Je mehr sie sich davon löst, desto freier tritt sie hervor. Ein Beispiel dient als eine Art Kanon, i. e. es wiederholt sich dasselbe an verschiednen Orten. Das Musikalische im Volkstanze besteht aus Sätzen, die den verschiednen Reihen des Tanzes entsprechen, ein solcher Satz muß melodisch einfach, leicht faßlich sein. So wie man ihn als Thema behandelt und variirt, so ist es dadurch losgerissen von [der] Verbindung mit dem Orchestischen, bringt aber die Verständlichkeit darin in das selbstständige Auftreten der Musik hinüber. Dieses ist [der] Schlüssel zu einem bedeutenden Theile der musikalischen Entwicklung. In Musik an sich dürfen wir nicht [eine] Beziehung auf Vorstellung suchen, doch ist da Gegensatz zwischen selbstständiger Musik und der mit Worten verbundnen. Denkt man musikalische Empfänglichkeit sich erst entwickelnd in einem Volk, so kann noch nichts sein als Musik oder Werke von Musik, welche die mimischen Bewegungen begleitet. Daran aber knüpft sich 40 oder] welche die

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freie Entwicklung der Musik an sich. [Ein] Thema aus [dem] Tanz oder volksmäßigen Lied hat Verständlichkeit auch für das minder geübte Ohr, und da man dieses zur Basis macht, die in den Grundelementen immer da ist, so erhält die freie Musik einen Wiederschein von der Verständlichkeit, welche die an das Wort oder Bewegung gebundne enthält. Dieses ist die Regel für die ganze selbstständige Composition in reiner Instrumentalmusik: man will, daß ein Ganzes in seinen Haupttheilen sich auf einfache Sätze zurükführen lasse, freilich nur vom geübten Ohr faßbar. Das versteht sich aus den ersten Anfängen. Die specifische Begeisterung für Musik ist in der Masse immer zuerst in Zusammenhang mit orchestischer Bewegung. Aber je nachdem die Verständlichkeit im Volk groß ist oder geringer, entwickelt sich von da die Kunst in größren oder kleinern Cyclen. Denkt man das orchestische Thema vom Tanz sich lösend in freier Musik so hört die Strenge der Regeln auf, die für Tanzmusik [gültig] sind, und so entwickelt sich die Freiheit in Composition des geselligen Styls. Betrachtet man die verschiednen Formen, was aber in das Positive hineinführt und dieses [ist] nur verständlich, wenn man in das Technische geht, daher wir es nicht behandeln; so muß man sich an die Fortschreitung halten, wie sich in den entwikelten Formen der Zusammenhang mit dem einfachen Thema der orchestischen Musik | fassen läßt. Je näher sie diesem sind, desto verständlicher. Gehen wir auf einen andern analogen Anfangsgrund so ist Musik auch Begleitung des Vo l k s l i e des, dieses aber theils in ursprünglicher Verbindung mit dem Tanz. Alte lyrische Gedichte, die man B a l l a d e n nennt, sind eigentlich solche, die mit Tanz zusammen sein sollen, zu denen getanzt, oder die zum Tanz gesungen werden sollen. Darin ist schon das Analogon zur größten musikalischen Entwicklung, sc. der O p e r, die auch Verbindung von Gesang, Tanz und Musik ist, und ihr Element also schon in diesen ersten Entwicklungen hat. Wenn [man] diese Gattung als unnatürlich ansieht, so zeigt das Zurückführen auf diese Elemente, wie musikalisch dieser Anfang ist. Hier entwikelt sich schon [die] Differenz zwischen beiden musikalischen Tonarten. Hat ein Lied überwiegend schwermüthigen Charakter, so [ist] die musikalische Begleitung [in] Moll, und überwiegend heitren Charakter in D u r. Da unterscheiden sich die beiden Tonarten in den meisten Bewegungen die sich in Musik darstellen. Die musikalische Begleitung des Gesangs soll sich nicht anschließen an das was in der Poesie Bild oder Vorstellung ist, sonst artet sie in das Ma hleris c h e aus, verständlich zwar im einzelnen Moment, aber nicht musikalisch und was die musikalische Verständlichkeit des Ganzen nothwendig zerstören müßte. — Von hier aus ist Übergang in die S e l b s t s tä n d i gk e i t d e r m u si k al i s c h e n Compos it ione n. Es

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ließe sich nachweisen geschichtlich, wie eine Beziehung statt findet, zwischen den Formen der lyrischen Poesie und den ersten Formen der selbstständigen Musik in einem Volke. Das verschwindet, je weiter sich die letztren vervollkommnen. In dieser ursprünglichen Verbindung der Musik mit Gesang, ist die Musik ebenso dienend, wie [bei] den orchestischen Bewegungen; aber weil hier schon eine größre Differenz ist zwischen dem einzelnen Objectiven und dem worauf die Musik geht, Beweglichkeit des Selbstbewußtseyns so ist hier schon größre Freiheit als dort und Musik als Begleitung des Gesangs nicht so strengen Formen unterworfen, wie die als Begleitung des Tanzes. In Poesie hat das Einzelne als Wort eine objective Bedeutung, an diese darf sich die Musik nicht lehnen, ist also nicht an das Einzelne gebunden, daher schon hier die größre Freiheit und Mannigfaltigkeit. In Tanzmusik gibt es auch zahllose z. B. Walzer, aber die Differenzen sind da in viel engren Grenzen. Von einem Volkslied kann es auch verschiedne Compositionen geben, aber nicht so große Differenzen im Ton wie [bei] Tanzmusik da als Lied einfacher; im Ganzen aber läßt es mehr Spielraum. Von Lied und Tanzmusik aus als den ersten Anfängen steigt es auf bis zur Op e r, m axi m u m d e s gesellig en S t y ls; das größte hingegen der s e l b s t s t än d i ge n M u s ik ist die S y mphonie? Was können dazwischen [für] bestimmte Stufen sein? In der an Poesie gebundnen Musik sind aber zuerst zu unterscheiden die beiden Style und so was im geselligen Styl die Oper ist, ist im relig iösen das O r a t o r i u m . Beide analogisirend finden wir in ihnen zugleich die Repräsentation von kleinern dazwischen liegenden Gattungen. Das Lied ist ein Amphibolisches, kann beiden Stylen angehören. In der eigentlichen Ausbildung der modernen Musik ist da bedeutender Unterschied, da das K i r c h e n l i e d , C hora l[,] wesentlich [eine] gemeinschaftliche Production ist, das Lied hingegen als Lyr ische Co m p o s i t i o n wesentlich das Einzelne ausdrückt, daher in der Regel nur von einfachen Stimmen vorgetragen. Der Vortrag des Gesangs [ist] e i n s t i m mi g wenngleich von der ganzen Gemeinde, und Harmonie dann von Instrumenten ersetzt; und umgekehrt Ha rmonie vom Gesang aus und Instrumentalsmusik zurückgetreten oder ganz Null. Geschichtlich füge ich bei, daß in den ersten Anfängen des Liedes beide Style sehr wenig auseinandergehen, sondern erst in weitrer Ausbildung. Mehrere unsrer bekannten Choralmelodien waren nothwen22 können] kann

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dig ursprünglich auf gesellige, ja erotische Lieder componirt z. B. [die] Melodie „o Haupt voll | Blut und Wunden“ ursprünglich „Mein Geist will sich verlieren, daß du die Jungfrau zart.“ So die [Melodie von] Schönheit und Morgenstern ursprünglich: „Wie leuchten doch die Äuglein der allerliebsten Jungfrau mein?“ Dieses Ineinander beider Style ist unvollkommner Zustand; wo Gegensätze sind, da müssen sie aus einander gehen bis auf einen gewissen Grad. Wie verhält sich die M u s i k z u r P o e s i e , kann man da nicht sagen, ohne gleich auf [die] Differenz von Vo c al - u n d I n s t r u me n t al mus ik Rücksicht zu nehmen. Von Anfang [an] war Lyrische Poesie nie ohne Musik und schon beide Formen des einzelnen Vortrags und Chors vereinzelt oder zusammen. Ist die Poesie des Liedes wesentlich individuell, und nur von E i n e m v o r z u t r age n , so ist die Vervollständigung außerhalb des Gesangs in [der] I n s t r u me n t al b e gl e i t u n g. Ist hingegen [die] Poesie eine solche, daß sie kann von einer M as se v org et ra g en werden, so kann die m u s i k al i s c h e Vo l l s t än d i gkeit im G esa ng e selbst sein; aber soll sich da die instrumentale Begleitung fortsetzen; schwerlich kann man denken, die Vollständigkeit soll von Masse ausgehen, und die Instrumente etwa Eine Stimme vorstellen. Beide Formen [sind] möglich, Gesang einstimmig und harmonische Vollständigkeit durch Instrumente; trägt der Gesang die harmonische Vollständigkeit selbst in sich, so muß die I n s t ru m e n t alm u s i k verschw inden, weil dann die Poesie die vollkommne musikalische Begleitung hat. – Im religiös e n S t y l finden wie beide Formen, Compositionen nur für den Gesang, und Compositionen für Gesang und Instrumentalmusik zusammen, so daß die musikalische Vollständigkeit in beiden; nur eine Eigenthümlichkeit des Chorals ist in Deutschland überwiegend daß der Gesang nur einstimmung von [der] Gemeinde, und Instrumental1–3 Schleiermacher rekurriert hier offenbar auf das Kirchenlied „O Haupt voll Blut und Wunden“ (1656), das von Paul Gerhardt aus dem Lateinischen übersetzt wurde, dessen Melodie eine Vereinfachung des Liebesliedes „Mein G’müt ist mir verwirret, das macht ein Jungfrau zart“ (1601) von Hans Leo Haßler ist. Schleiermacher kennt das Lied offenbar seit seiner Zeit im herrnhutischen Pädagogium Niesky, in einem Brief an seine Schwester Charlotte vom 30. August 1783 heißt es über den dortigen Tagesablauf: „In der Woche um halb neun Kinderstunde, um 7 Abendstunde, um 9 Singstunde. Freitags ist um 9 Uhr Abends Liturgie ,O Haupt voll‘ usw. Sonnabends ist keine AbendStunde sondern um 8 Uhr Singstunde.“ (KGA V/1, S. 9) 3–5 Schleiermacher bezieht sich hier wohl zunächst auf das geistliche Choral „Wie schön leuchtet der Morgenstern“ (1597) von Philipp Nicolai, das im 17. Jh. parodistisch-weltliche Umschreibungen erfuhr, von denen eine „Wie schön leuchten die Äugelein“ heißt, die wohl eine Variante des von Schleiermacher als Ursprung des ersteren erwogenen „Wie leuchten doch die Äuglein der allerliebsten Jungfrau mein“ ist. Vgl. Hugo Hayn (Hg.): Tugendhaffter Jungfrauen und Jungengesellen Zeit-Vertreiber. Ein weltliches Lieder-Büchlein des XVII. Jahrhunderts, mit Nachweisungen der Quellen von Karl Hartwig Gregor Freiherr von Meusebach, Köln 1890, S. 22.

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musik in [den] vier Stimmregistern die Vervollständigung [ist]. Aber da scheint ja die Vierfachheit der Stimmen schon in der Gemeinde. Der Einstimmigkeit des Alters liegt zu Grunde, daß a lle D iff erenz e n d e s Ge s c h l e c h t s u n d A l t e r s i n der religiösen S timm un g s o l l e n u n te r ge h e n , dann kann nur Instrumentalmusik vervollständigen. In Vielstimmigkeit des Gesangs ist hingegen das Bew ußt sey n d e r D i f f e r e n z i m Z u s amm e nk l an g repräsentiert. Sehen wir aber auf die Praxis und berücksichtigen daß in unsrem Kirchenchoral dieselbe Melodie für sehr verschiedne Gedichte gehört [wird], die nicht denselben Ton haben, so ist eine größre Freiheit im unisono der Gemeinde, da die Orgel die Melodie variiren kann. Das kann man von [der] Gemeinde, die vielstimmig singt, nicht verlangen. Compositionen die ursprünglich nur für vielstimmigen Gesang gemacht sind ohne Instrumentalbegleitung[,] das nennt man Motett e; hingegen was wir in religiöser Musik C h o r nennen, da ist Vielstimmigkeit des Gesangs und Mannigfaltigkeit der Instrumentalbegleitung zugleich. — Sehen wir auf den ge s e l li ge n St yl so knüpft sich [dieser] zuerst an das Lied, wo Vortrag durch den Einzelnen ursprünglich und dominirend ist, in Form der Ballade mit Begleitung zum Tanz beides, G esa ng durch Einzelne und R e f r ai n durch den Chor. Da schon ist die Zusammensetzung. Nun ist auch eine dialogische Form des Lyrischen denkbar, auch schon in der alten Tragödie gegeben. Dann ist Zusammenwirken von einzelnen Stimmen in den verschiednen Stimmregistern entweder vollständig oder zu Zweien und Dreien, und dann in Instrumentalbegleitung die harmonische Vollständigkeit, wo dann im Gesang bald die eine Stimme gegeben ist, bald die andre, daher größre Richtung in [der] Art des Zusammenseins von Vocal- und Instrumentalmusik. Da ist schon Übergang zum Dramatischen. Ein lyrischer Dialog muß auf Voraussetzung ruhen, und diese bekannt sein oder sich gleich im Anfang der Ausführung selbst geben. Also Beziehung auf eine Handlung und Übergang in das D ra ma tische . In diesem nun kommen dann alle diese PElementeS zusammen und es ist die kunstgerechte Zusammenstellung dieser Aller zu einem Ganzen. Dasselbe ist im r e l i gi ö s e n Styl das O ra torium, und ganz ähnliche Elemente liegen darin; es kann Wechselgesang darin sein, was in Kirchengesang von kleinem Umfang vorkommt, also einzelne Stimmen und der Wechsel und gemeinsamer Gesang. Davon unterscheidet sich der Ch o r in Vollständigkeit der Stimmen, und zugleich [im] Reichthum | der Instrumentalmusik in Begleitung. Für den Choral, wo Instrumentalbegleitung besteht, hat sich die O rg el die Herrschaft erworben, die sich dem religiösen Styl besonders eignet. Aller Vortrag 7 repräsentiert] folgt ))wird**

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auf der Orgel von Musik aus geselligem Styl, ist Ausartung weil schnelle Bewegung und Wechsel diesem Instrument nicht natürlich ist, dessen Töne nur in PzureichenderS Zeit ihren richtigen und vollständigen Verlauf [haben]. Dennoch ist in [der] Orgel eine gewisse Einseitigkeit, weil sie allerdings eine große Mannigfaltigkeit von qualitativ verschiednen Tönen in den verschiednen Registern hat, doch nur Blasinstrument ist, das ist eine Einseitigkeit. Auf der andern Seite waren lange Zeit in Compositionen der religiösen Musik die Blasinstrumente ganz verworfen, so daß im Choral Alles mit Orgel war, [im] Oratorium hingegen wo kein Gesang, allein Saiteninstrumente, noch bis [in die] erste Hälfte des vorigen Jahrhunderts. Im Oratorium auch Blasinstrumente zu verbinden ist ein Fortschritt. Gehen wir auf das Gebieth der s e l b s tst ä ndig en Mus ik, wie sie von Poesie völlig entbunden ist, so war der natürlichste Anfangspunkt die M u s i k d i e d e n Tan z begleitet, die gebunden ist aber nicht an das Wort, sondern an orchestische Bewegung, der sie dient und die sie zugleich dominirt. Aber da es hier überwiegend Massen sind, die in Bewegung gesetzt werden, so ist die Mannigfaltigkeit der Instrumentalmusik etwas natürliches, und doch nicht das ursprüngliche. Will man fragen, ob nicht auch hier der Anfang muß ganz einfach gewesen sein, i. e. Vortrag auf einem einzelnen Instrument, so ist das nicht leicht denkbar, sondern wo sich das findet, ist es immer nur aus dem andern heraus genommen. Hören wir ein einzelnes Instrument, so erscheint es uns als Vorbereitung, Übung oder als einzelner Theil eines größren Ganzen und für das Ganze fordern wir gleich die musikalische Vollständigkeit. Da nur wenig Instrumente die Vollständigkeit der Harmonie in sich tragen, wie die dem Clavier analogen diese haben, so postuliren wir den Gesang; hört man das einzelne Instrument allein, so vermißt man gleich die Vollständigkeit. Daraus geht hervor, daß die Instrumentalmusik durchaus auf Vollständigkeit ausgeht, und das Vereinzelte darin nie als Kunst angesehen wird. Also Be g l e i tu n g e i n er vo l l s t än d i ge n I n s t rum enta l mus ik zu g es e l li g e m Ta n z ist uns das ursprüngliche erste. Da sind wir von Poesie gelöst, aber unmittelbar im geselligen Styl. Wie verhält sich denn die I n s t r u m e n t al m u si k f ü r s i c h al l e in zu dieser D uplic it ä t d e s S t y l s ? Man könnte sagen, sie habe diesen Gegensatz nicht, aber wenn wir uns an das erinnern was bei Mimik vorkam, daß auch symbolische Handlungen und Bewegungen in das Gebieth der Orchestik gehören, weil Besinnung dazwischen eintreten muß, und das nur im Cultus ist: so gibt es eine reine Instrumentalmusik die dem religiösen Styl angehört und sich ursprünglich ganz analog an mimische Bewe9 verworfen] folgt ))war**

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gungen anheftet. Dergleichen gab es in allen Religionen die eine Mannigfaltigkeit von symbolischen Handlungen hatten, Opfer, Umgänge. In beiden Stylen entsteht Instrumentalmusik in Verbindung mit orchestischer Bewegung. Im Gebieth des Christenthums haben wir dieses[,] auch im römischen Gottesdienst konnte die stille Messe so gut musikalisch begleitet sein, wie die wirklich gesprochne. Bedenken wir, wie in der Praxis der römischen Kirche das Wort in seiner Einzelheit und als solches verloren ist durch die Gemeinde, so hat die Begleitung des Wortes hier für die Gemeinde schon den reinen Charakter der Instrumentalmusik. — Es gibt nun mehrere andre Übergänge von der die Poesie begleitenden Musik zur reinen Instrumentalmusik was sich in diesem Styl zeigen läßt, sc. die m u sika lische Beg leit un g pros a i s c h e r We r k e . Die Prosa postulirt nicht den bestimmten Rhythmus, Musik aber kann sich dessen nicht enthalten. Gesang kann in Übergängen schwanken wie in Recitativ, aber die musikalische Begleitung desselben sucht diese Übergänge nachzuahmen, was sie nur künstlerisch kann, nicht ursprünglich; denn die einzelnen Instrumente sind an Rhythmen gebunden und der Schein daß diese verschwimmen besteht nur im Zusammensein der Instrumente. Wort ohne Rhythmus sondert sich so von Musik die Rhythmus haben muß, und die ist beides zusammen und auseinander. Die Worte werden recitirt, | aber dann folgt eine Instrumentalmusik die ihre Verständlichkeit hat in der Beziehung auf die Worte, wenngleich herausgesetzt aus der Unmittelbarkeit dieser Beziehung. — Je nach dem Saiten- oder Blasinstrumente dominiren, hat die Composition andren Charakter. Sind mehrere gleichtönende Instrumente einander gleichgeltend oder dominirt eines. Jenes ist im Qu ar t e t t , Zusammenwirken von Instrumenten aus den vier Stimmregistern; vollständig in Sym phonie, wo alle Saiten- und Blasinstrumente concurrieren können. Das Quartett muß mehr den Charakter der Verständlichkeit haben, die Symphonie aber in [der] Mannigfaltigkeit der Töne die Unendlichkeit der Beweglichkeit darstellen. In ursprünglicher Verbindung mit Tanz ist das Thema dominirend, i. e. [ein] bestimmter einfacher Satz. Daran schließt sich in Instrumentalmusik das Variirende, wo immer noch Abhängigkeit der Instrumentalmusik von etwas anderm, weil diese Themata gewiss aus orchestischer oder lyrischer Musik sind. Aus Wiederkehr eines solchen Satzes kann man dieses Thema herausfinden, je mannigfaltiger aber die Instrumente desto schwerer ist dieses kenntlich, nur dem Kenner, der Melodie und Harmonie zusammenfassen kann. Kehrt das Thema so wieder, so hat es den Charakter des S trophischen, wie in Lyrischer Poesie von Lied und Ode bis [zur] Dithyrambe, die das 12 zeigen läßt] lassen zeigt

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Strophische dann auch nicht mehr hat. Diese verschiednen Hauptgattungen von Gleichheit der Instrumente und der Unterordnung unter eins theilen sich weiter, aber das geht in das Positive. Nur das sage ich, daß in allen Compositionen der reinen Instrumentalmusik nach einem Zusammenhang der verschiednen rhythmischen Hauptformen gestrebt wird, was auf differenten Charakter der innren Bewegung zurückkehrt, das eine Tempo mehr repräsentirt das Heitre, Leichte, das andre die Gravität; und diese Hauptformen haben eine Analogie mit den verschiednen Temperamenten, also das Selbstbewußtseyn dadurch modificirt. Dieß ist das Gebieth des zufälligen Wechsels, dem alle Darstellungsformen unterworfen sind. Wir können dieses auf einen Begriff reduciren der freilich außerhalb der eigentlichen Kunst liegt, aber großen Einfluß hat. Wir sahen die Drappierung gewissermaßen in [die] Mimik gehörend. Da ist nun auch Differenz von Formen, die auf etwas bestimmtem ruht, aber in diesen [liegt] ein bestimmter Wechsel, der bei einigen Völkern schnell vorgeht, bei andern fast gar nicht. Wo jenes herrscht, ist die M o de. Das erstrekt sich auch in andren Kunstgebiethen auf Alles, was man nur als positiv auffassen kann. Auf die wesentliche Differenz kann man aber doch dieses Zufällige immer zurückführen. Die Au s a r t u n g in der Musik ist noch zu betrachten und dazu noch eine Differenz. Die specifische Begeisterung für Musik ist Richtung der freien Productivität auf den Ton. Im musikalischen Künstler soll Alles Ton werden, was ihn bedeutend bewegt, es tönt immer in ihm. Dieses innre Tönen ist zugleich ein innres Hören, es producirt sich nicht äußerlich durch [die] Stimme und wird nicht äußerlich durch das Ohr aufgenommen. Es ist das organische nur in seinen innren PEndenS Bewegliche. Doch müssen da die Gesetze des Tons walten und Übereinstimmung mit dem was überhaupt die organischen Lebensbedingungen im Menschen leitet. Fragen wir, was in dieser rein innren Productivität der Hauptpunkt ist, ob die Stimme oder das Ohr? Das scheint hier eine unnütze Spitzfindigkeit, hat aber bedeutenden Einfluß. Denn man fragt dann: Wer ist der musikalische Künstler[,] der welcher äußerlich hervorbringt durch Stimme oder Instrument oder der, welcher nur die Töne schafft für das Ohr i. e. der Componist. Er kann seine Schöpfung für das Auge sichtbar machen wie Redner und Dichter, ohne daß er sie dadurch lautbar macht, aber damit es da sei bedarf es solcher, die sie lautbar machen. Ist der Künstler der Tonsetzer, oder [der] Sänger und Spieler, oder beide? Offenbar 3 theilen] theilt

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ist der To n s e t z e r der eigentliche Künstler denn die Virtuosität des Sängers und Spielers hat ein überwiegend mechanisches Princip; es kann einer sehr trefflich darstellen, aber nur mittelmäßig componiren, das ist kein eigentlich musikalischer Künstler. | Wäre in jenem innren Dasein die Stimme Hauptsache, so gäbe es ein andres Resultat; es dominirt aber vielmehr das Ohr, und der welcher für das Ohr schafft ist der eigentliche Künstler und kann das Hörbarmachen andren überlassen. Der bloße Virtuos ist nur das Organ des Componisten. Nun entsteht der Begriff einer A u s ar t u n g der musikalischen Kunst sc. wenn sich das Verhältniß umkehrt und der Componist da s O rg a n d e s Vi r t u o s e n wird. Das Verhältniß zwischen beiden ist freilich nicht einfach, sondern sehr zusammengesetzt z. B. Ein musikalischer Künstler der eine Oper componirt soll sie nicht ins Blaue componiren, sonst könnte sie zwar trefflich sein, aber nie zum Vorschein kommen. Oft sagt man diese Rolle ist für diesen Sänger gesetzt i. e. der Componist hat nicht auf das Ungewisse hin componirt, sondern eine gegebne Gesellschaft von Virtuosen im Auge gehabt, in der er es könnte wirklich machen; da benutzte er die organischen Mittel derselben, daß jede Stimme und [jedes] Instrument sich kann in einer Vollkommenheit zeigen. Das ist keine Ausartung sondern das wahrhaft Praktische. Nur Einen Schritt weiter stoßen wir auf die Ausartung die Oper und Oratorium haben. [Die] Einleitung von reiner Instrumentalmusik bei [der] Oper [wird] Ouvertüre genannt. Diese gehört in das Gebieth der Symphonie, da alle Instrumente zusammenwirken sollen. Als Ausnahme können Stellen vorkommen, wo ein Instrument dominirt. Überschreiten aber solche Stellen das Maaß und ist Tendenz da, die mechanische Gewandtheit des einzelnen Instrumentalisten in mehr sich lösenden Schwierigkeiten zur Darstellung zu bringen, so ist das Ausartung umso mehr, da es symphonische Musik ist, wo das Einzelne nur untergeordnet hervortreten darf. Wollen wir das Wesen dieser Ausartung [betrachten], so kommen wir auf Differenz der musikalischen Instrumente. Der Anfang dieser Differenz ist in der Verschiedenheit der Register der menschlichen Stimme, also Differenz des Hohen und Tiefen und [des] Umfangs. Schon in der Stimme ist oft größrer Umfang. Ist nun Absicht, diesen größren Umfang einer Stimme darzustellen so daß die natürliche Differenz der Stimmen gestört wird, so ist das epideictisch, ähnlich dem Seiltänzerischen in der Mimik. Tragen wir es auf die Instrumente über, so gewinnt es noch einen andren Charakter. Bei der menschlichen Stimme geht es nur auf quantitative Differenz, weil die qualitative einmahl gegeben ist und unveränderlich. Die Instrumente nun haben allerdings auch ihre qualitative Differenz des Tons abhängend von der Art, wie die Schwingungen der Luft hervorgebracht werden. Jedes Instrument soll sich in diesem seinem eigen-

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thümlichen Charakter halten. Wird es aber statt dessen so gebraucht, daß es ein andres darstellt, so ist es epideictische Ausartung. Tiek hat das einmahl anschaulich dargestellt, indem er eine Violine einführt, die ihren Handhaber kneifenden Satan nennt, indem das Piccicato der Violine nicht eigenthümlich ist, sondern der Bogen; jenes ist dann der Harfe oder Guitare verwandt; im Kleinen und Einzelnen kann das gehen, wenn eines nicht lohnt, deßwegen ein besondres Instrument hineinzubringen und doch die Composition es fordert. Nimmt man dazu, daß ein Instrument über sein natürliches Stimmregister hinausgetrieben wird, so daß man mit [dem] Cello z. B. fast die Violine imitirt, aus tiefrem Tenor in Diskant gehend, so ist das gegen die Natur des Instruments. Diese Ausartung findet sich fast überall, ganz besonders in den Gattungen, wo ein einzelnes Instrument dominirt. Da ist freilich Tendenz, daß dieses Instrument in seiner Wirkung zu möglichst befriedigender Anschauung komme. Da könnte man es allein spielen, allein da Instrumentalmusik Vollständigkeit will, so ist auch ein solches Stük umso vollkommner, je vollständiger [die] Begleitung der andren Instrumente. Eins dominirt, die andren treten zurük, wird das dominirende Instrument seiner Natur nach behandelt, so kann es seinen Charakter entwickeln und der Virtuose seine Fertigkeiten. Aber wenn das Instrument aus seiner Natur heraus getrieben wird zur Imitation eines andern Instruments oder über den natürlichen Umfang, so ist epideictische Ausartung. | Offenbar ist der Kammerstyl diesem am meisten unterworfen, der gebundne oder Kirchenstyl weit weniger, schon darum, weil im Kirchenstyl die eigentliche Instrumentalmusik nie das Dominirende ist obwohl sie an größrer Stelle so hervortreten kann. Im Oratorium ist Einleitung reine Instrumentalmusik und in einer Messe sind Stellen, wo keine Stimme des fungirenden Priesters vorkommt, aber da begleiten Instrumente die symbolische Handlung. Weil im Ganzen die Instrumente da untergeordnet sind, ist weniger Ausartung von dieser Art. In unsrer Zeit fehlt es daran, daß der Styl dieser Messe nicht rein ist und man oft tanzen möchte. Im Opernstyl 10 Cello] Sello

11 Diskant] Kant

2–5 Schleiermacher spielt offenbar auf den Auftritt der „Geige“ in Ludwig Tiecks Lustspiel „Prinz Zerbino“ (1799) an, wo eine Geige gegen den sie zupfenden Spieler aufbegehrt: „Er reißt mir noch die melodische Zunge aus / Lange werd’ ich liegen müssen und mich besinnen / Eh’ ich diesen Schrecken verwinden kann. / Ei so kneif, du kneifender Satan! / Es wird ihm selber sauer, / Es neigt zu Ende mit der verfluchten Sonate, / Ach weh! o weh’ o welche Gefühle! / Die Ribben, die Seiten, der Rücken, / Alles wie zerschlagen!“ Vgl. Ludwig Tieck: Prinz Zerbino oder die Reise nach dem guten Geschmack, gewissermaßen eine Fortsetzung des gestiefelten Katers. Ein Spiel in sechs Aufzügen, in: ders., Schriften, 10. Bd., Berlin 1828, S. 289 (ders.: Schriften in zwölf Bänden: Gedichte (Bd. 7), Frankfurt am Main 1995, S. 395).

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aber ist die Gefahr groß. Die Verbindung zwischen Componist und Virtuosen ist eine nothwendige und wenn auch dieser nie Organ von jenem ist, so kommt es doch auf seinen guten Willen an, daher der Componist ihm etwas zu Gefallen thut, ist er eitel, so verführen sie ihn zu epideictischen Ausartungen oder zu Compositionen wo der Componist dem Virtuosen an Stellen eine gewisse Freiheit läßt pro lubitu. Das darf nur vorübergehend sein, sonst geht die Ausartung vom Virtuosen aus; oft vom Componisten, der dann sündigt den Virtuosen zu lieben. — Auf der andren Seite im strengen und g ebundn e n S t y l ist hingegen Gefahr, i n d a s Trockene hinein auszuarten und alle harmonischen K ü n s t l i c h k e i ten geltend zu machen über das hinaus, was dem Ohr gefällt, Spielereien des Contrapunkts und der Harmonie, wo das zu Grunde liegende Mathematische das Verführende ist. Da Geschmack und Productivität in einer Kunst dasselbe ist nur in differenter Quantität, so ist jener Receptivität, diese Spontaneität; beide in derselben Totalität. Über den Sinn hinaus macht eine gewisse specielle Übung den Virtuosen. Das kann einer sein, ohne darum die Productivität zu haben. Gehen wir auf unsre Eintheilung der Instrumentalmusik in die symphonische (wo Gleichheit der Instrumente) und der wo ein einzelnes Instrument dominirt, der Concertmusik, so scheint es, als gehöre zur Productivität der letztren, als ob sie Kenntniß des Instruments voraussetze, so daß der Componist zugleich der Virtuose sei. Das ist in gewissem Sinn richtig; aber wird der Virtuose Co m p o n i s t , so fällt er leicht in jene A usa rtun g , über die Tota lit ä t d e r I n s t r u me n t e h i n au s z u ge hen; wogegen der Setzer, der nicht virtuos ist, auch selten das Instrument erschöpfen kann, da er nicht auf dieselbe Weise dessen Grenzen anschaut. Da ist bedeutender Unterschied zwischen menschlicher Stimme und Instrumentalmusik; man findet weit mehr Sänger, die gar nicht Componisten sind, als man Virtuosen auf einem Instrument findet, die sich nicht zum Geschäft machten, Stücke zu setzen; und doch hätte man erwartet von der Stimme aus sei der Übergang leichter. Betrachten wir aber die qualitative Differenz in [den] Instrumenten, so ist es viel schwieriger, ohne eigne Übung die Instrumente anschaulich zu haben. Man denkt es so, am natürlichsten stehen die Ausübenden auf Seite der Receptivität, so im Gesang; aber das Schwierige und Mannigfaltige in Instrumentalmusik machen nöthig, daß die Ausübenden zugleich in Composition übergehen. Das zeigt sich in einzelnen Passagen, die der Componist dem Ausführenden überläßt. Dem bloßen Componisten tritt Differenz zwischen symphonischer und Concertmusik nicht völlig heraus, und 13 Mathematische] folgt ))nicht**

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Ausübender als Componist artet aus von der Kunst weg. Sehen wir auf die Stuffen vom Künstler bis zum musikalischen Publikum, und so auf das Dasein der Musik in der Totalität des menschlichen Daseins; so müssen wir [fragen] was die musikalischen Productionen in Beziehung auf das ganze Leben sind. Da ist merkwürdige Abstuffung. In [der] eigentlichen Masse, Volk, finden wir keine musikalische Wirksamkeit getrennt von der mimischen Ausübung. An eigentlicher Instrumentalmusik hat es kein Interesse, als insofern sie den Tanz leitet. Die Musik rein zu genießen erfordert schon eine höhre Bildungsstuffe, also ist eine Verwandtschaft der Kunst in ihrem unabhängigen Heraustreten mit gewissen Verhältnissen und Zuständen des menschlichen Lebens. Offenbar wenn wir die Wirkung der Musik betrachten in Verbindung mit dem Tanz, so ist ein augenblickliches, oder immer mögliches Übergehen aus dem musikalischen Auffassen in die orchestische Productivität; und darum sehen wir den unmittelbaren Zusammenhang des Rhythmischen in Musik mit den unmittelbaren Lebensbewegungen. Wo Musik völlig für sich auftritt, ist also ein längres und ruhigres Verharren in bloßer Auffaßung | und das setzt eine gewisse Richtung auf Reflexion voraus sc. auf [die] Gesamtheit alles dessen, was als Bewegung des Selbstbewußtseyns im Leben des Einzelnen vorkommt. Dieses sich zu vergegenwärtigen ist der eigentliche musikalische Eindruck, nicht möglich ohne ein Insichselbstzurückgehen. Betrachten wir den Übergang vom bloß auffaßenden Publikum zur Teilnahme an musikalischer Thätigkeit, so ist häufig diese in großer Mittelmäßigkeit; und dabei bei einem großen Theil des musikalischen Publikums einen ungeschwächten Eindruck [hervorbringend]. Es ist also Differenz zwischen dem eig ent lich ursprüng lich e n m u s i k a l i s c h e n E i n d ru c k i n s e i n e r g eistig en Bezieh un g und demjenigen der schon durch größre Ü b ung des S inns f ür die m u s i k a l i s c h en P I n s t r u m e n t eS vermittelt sein muß. Viel in Instrumentalmusik geht daher für das größre Publikum verloren, ohne daß dabei falscher Geschmack oder Mangel an Sinn für die Kunst zu Grunde läge. Sondern es ist nur das, daß die Bildung des Sinns für die Kunst sich nur allmählig in verschiednen Graden entwickelt. Sagt man es gibt Völker, die weit musicalischer sind als andre so kann das zweifachen Sinn haben, entweder es sei in einem Volk nicht diejenige Richtung auf Reflexion die die Wirkung der Musik bedingt, oder das specifische Organ i. e. Ohr für [das] Aufassen der Musik ist nicht auf eine so feine Art gebildet und bildungsfähig in einem Volk wie im andern. Da die musikalischen Anfänge ursprünglich ein innres Hören sind mehr als ein ursprüngliches Produciren mit Stimme, so ist dieses das Maaß, in dem sich in einem Volk die Kunst entwickeln kann; hingegen jenes erste, die Differenz in Richtung der Reflexion trägt

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dieses Maaß nicht in sich. Also bei verschiednem Werth der Völker für Musik hat man bloß dieses physiologische zu beachten; und dann ist das Maaß nicht wie viel Componisten und Virtuosen es gibt, sondern wie weit die musikalische Production in den Massen verbreitet ist, wenn auch in geringem Grade. Nun betrachten wir den R ü c k g an g der Kunst in da s Leben selbst, worin der e t h i s c h e We r t h , die allgemeine Bedeutung derselben mit liegen muß. In dem Maße, als man die Musik an das Volk bringt, in demselben Maaße wird eine gewisse Richtung auf die Reflexion, als eine gewisse Neigung zur Besinnung im Volke vorausgesetzt werden müssen, aber ebenso offenbar wird das Eintreten der Musik in das Leben selbst diese Richtung auf Besinnung vermehren. Dieß von einem Punkt; vom andern aber: Denken wir in einem Volk weit verbreitet diese Bildung des innren Ohrs für die Kunst also eine Productivität in den Einzelnen, wenn sie auch nicht gerade hervortritt für alle, sondern als ein einzelnes Lebensmoment, und wieder verschwindet: so läßt sich das nicht denken, ohne jenes vorauszusetzen, welches also die allgemeine Basis bleibt. Es ist schon ein Moment der Zurükziehung in sich und Freiwerden von gebundner Thätigkeit; und zugleich ein Eintreten der Gesinnung in einen Zustand der innern Bewegtheit. In diesem Zusammentreffen liegt, daß auch in der Masse die innre Bewegtheit zusammentrifft mit Richtung auf Reflexion und äußrem Heraustreten von künstlerischer Art. Ein Hervortreten, ohne daß eine Besinnung dazwischen tritt, ist das Pathematische, je mehr also die Musik in beiden Richtungen in das Volksleben tritt, desto mehr muß sie die Leidenschaftlichkeit mäßigen, also die innre Bewegung voraussetzend, ihr aber eine künstlerische Richtung gebend. Diese reine Theorie mit der Erfahrung verglichen will nicht gänzlich damit zusammentreffen, sondern diese zeigt eine PmerkwürdigeS Duplicität, einerseits hervorragende musikalische Anlagen in einem großen Theile der Slavischen Völker, die auf der einen Seite freilich nicht so leidenschaftlich sind, wie die Romanischen, im Ganzen aber doch nicht gemäßigte Roheit; und dann ausgezeichnete musikalische Anlagen in Romanischen Völkern mit der größten Leidenschaftlichkeit verbunden. Wie ist diese Duplicität aufzufassen? Die Reinheit dessen, was uns natürliche psychische Wirkung dieser Kunst war erscheint different in beiden, im einen bleibt ungeachtet dieser Anlage die Roheit, da doch eine solche Richtung auf Reflexion diese bezwingen sollte, andrerseits bleibt die Leidenschaftlichkeit[,] wiewohl das Eintreten eines künstlerischen Moments die Leidenschaftlichkeit aufhebt. Sehen wir auf das erste, so kann es an ganz andren Verhältnissen 35 ?] .

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liegen, die die Besiegung der Roheit hindern; und diese Völker sind ja in Unfreiheit, und dieß ist ein hinreichender Grund die Wirkung der Musik auf Roheit zurückzuhalten. | Im zweiten Fall sieht man, es kann eine Differenz sein zwischen der besondren Bildsamkeit des Gehörs und dem allgemeinen Element der Richtung auf die Besinnung so daß das eine in hohem Grad vorhanden sein kann, während das andre fehlt. — Sehen wir auf den Werth, den die Alten auf die Musik setzten, so ist das nicht mit unsren jezigen Untersuchungen zu parallelisiren, denn wo sie von Musik und Gymnastik sprechen als Bildung des freien Mannes, da verstehen sie unter Musik viel mehr als wir, nehmlich alle Künste, die unmittelbar mit Bewegung des Selbstbewußtseyns zusammenhängen, die redenden und musikalischen Künste in ihrer zusammengehörenden Wirkung; und Musik als Theil des Volkslebens ist ja nur im Zusammenhang mit Volksgesang. Das ist bedeutende Differenz. Die musikalische Anlage in den Slavischen Völkern hat weit mehr Richtung auf Virtuosität in Instrumentalmusik und volksthümlicher Gesang ist zwar auch da, aber bei weitem nicht in dem Grad, wie in romanischen Völkern. Bei uns fängt Gesang und Musik erst an, ein allgemeines Bildungselement zu werden. Denken wir die germanischen Völker in der Mitte zwischen jenen beiden, so ist der erste allgemeine Anstoß für die Musik da gegeben durch Verbreitung des Kirchengesangs, und da ist größtentheils noch ungeheure Unvollkommenheit in Bildung des Volks, so daß die Stimme im Volk nicht durch das Ohr geleitet wird, sondern der Vormundschaft bedarf und zwar nicht bloß des Vorsängers, sondern der Orgel. So lange dieß nöthig ist, ist mindrer Grad der musikalischen Bildsamkeit. Dagegen ist Wirkung des Gesangs von Anfang [an] eine bedeutende und die Ausländer die in [der] Reformationszeit das Leben in Deutschland beobachteten, viele Emissäre der Römischen Kurie erkannten, daß der Kirchengesang erstaunlich beitrage zur Verbreitung der Reformation. Diese war zugleich bedeutende Anregung der Reflexion und daher ist beides zusammen. Von solchem Moment ausgehend müssen wir doch sagen, verhältnißmäßig ist doch die Musik wenig in das Volk [eingegangen], so muß das seinen Grund haben in einem Mangel der realen Seite, dem physiologischen Organ. So wie aber jetzt anfängt Gesang als allgemeines Bildungselement eingeführt zu werden, muß das bedeutenden Einfluß auf Bildung des Organs üben, und Gleichgewicht 9–13 Vgl. Platon: Politeia III 401d–401e: „Beruht nun nicht eben deshalb, o Glaukon, sagte ich, das Wichtigste in der Erziehung auf der Musik, weil Zeitmaß und Wohlklang am meisten in das Innere der Seele eindringen und sich ihr auf das kräftigste einprägen, indem sie Wohlanständigkeit mit sich führen und also auch wohlanständig machen, wenn einer richtig erzogen wird, wenn aber nicht, dann das Gegenteil?“

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allmählig sich herstellen[,] und jene Einseitigkeit der Slaven einerseits und Romanischen Völker andrerseits bei uns nicht sein wird, wir aber dafür langsamer fortschreiten werden.

II Die bildenden K ünste.

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Als das gemeinsame Princip fanden wir die Richtung auf fr eie Prod u c t i v i t ä t i n s i n n li c h e r A n s c h au un g , Bild, G esta lt un g ; so haben wir dieses schon näher bestimmt für Sculptur, Mahlerei, Architectur. Und an das erinnern wir uns wieder und suchen Bestimmung für die Ordnung. Bei allem was Auffassen eines äußren Gegenstands ist, ist eine Richtung des geistigen Subjects das die Normen desselben in sich trägt. In sinnlicher Wahrnehmung ist alle eigentliche Umgrenzung der Gestalten als Sonderung nicht ohne Thätigkeit. Das nannte man nun üblich, daß die Gestalten in der menschlichen Seele präexistierten. Diese Richtung ist an [die] Veranlaßung des äußren Sinnenreizes [gewiesen], erscheint also überwiegend unter Form der Receptivität, und die Selbstthätigkeit erscheint als bloßes Aufnehmen. Da der Geist nur Selbstthätigkeit ist, so will diese Function auch sich ihrer Selbstthätigkeit bewußt werden, und das geschieht in freier Gestaltung unter Form des Einzelnen als Bild. Das ist die eine Seite von dem was specifisch die bildenden Künste constituiert. Gehen wir von da zur Sculptur, Mahlerei, Architectur und schönen Gartenkunst so stellt sich dieses im Wesentlichen so, daß die S culpt ur überwiegend es nur mit der menschlichen Gestalt zu thun hat, Ma hlerey hat viel weitres Gebieth und ihr Gegenstand sind die Gestalten nicht an sich, sondern in ihrem Verhältniß zum Licht. A r c h it ectur ist Gegenstand des Streits, ob einfach unter die schönen Künste [gehörend] oder nicht. Das eine Extrem ist eine gänzliche Anerkennung, das andre Extrem, daß Viele [meinen,] nur was an der Architectur Verzierung sei, in die schöne Kunst gehöre, das Aufführen der Räume an sich aber sei Bedürfnißsache, gebundne | Gewerbsthätigkeit. Die schön e G a rtenk u n s t bringt nicht nur das Bild, sondern den Gegenstand selbst hervor, sonst ist sie der Mahlerei correspondirend aber nur der Landschaftsmahlerei, dabei ist auch auf die Lichtverhältnisse gesehen, auf 4 II] III. 12–14 Schleiermacher spielt hier wohl auf die Leibniz-Wolffsche Metaphysik der Seele an, d. h. die rationale Psychologie der „metaphysica specialis“. Exemplarisch für eine bereits resümierende Ansicht dieser Psychologie ist Moses Mendelssohns „Phädon oder Über die Unsterblichkeit der Seele“ (Berlin 1767). 25–30 Vgl. Schleiermachers Kollegheft Ästhetik 1819, S. 117,3–4 und die entsprechende Sachanmerkung

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die verschiednen Färbungen der Gewächse. Die Gestaltung und Lichtverhältnisse sind also da wie in Mahlerei, aber nicht als Bild, sondern als Masse. Dieses zusammenfassend finden wie auf einer Seite in Sculptur und überwiegend in Mahlerei, und so in schöner Gartenkunst alle Gestaltungen o r gan i s c h . Allerdings ist eine Gartenanlage im Grundriß betrachtet, so ist das die architectonische Ansicht, wenn vertical, so ist es die landschaftliche; und in jener Beziehung theilt sie sich in geradlinige also der Architectur analoge, und in solche die das Geradlinige meidet. Da aber die Kunst nicht architectonisch will angeschaut werden, so gehen wir von der andern Betrachtung aus und da ist auch Production organischer Gestalten. In Architectur hingegen sind es a n o r g an i s c h e Gestalten, das Princip aber hat eben so seinen verwandten Typus in der Natur, die gewisse anorganische Gestalten mit gewisser Regelmäßigkeit hervorbringt; Crystallisation und Zerklüftungen in den Gebirgsmassen; eine Crystallisation ist nach derselben Weise zu betrachten, wie ein Gebäude und umgekehrt, also dasselbe was die in der menschlichen Seele prädeterminirte Form ist, die hier als freie Productivität hervortritt. Noch eine Theilung ist reine Richtung auf G e s t al t und hinzukommend auf das Lichtv erhä lt n i ß . Die letztre haben wir auf dieselbe Weise zu betrachten. Licht ist allgemeines Medium für Wahrnehmung der Gestalten durch das Auge; sonst wären wir auf den unmittelbaren Tastsinn beschränkt. Das Licht ist aber zugleich ein allgemeines cosmisches Princip, die Vermittlung des Zusammenhangs der zusammengehörigen Weltkörper, und wenn wir es einerseits überwiegend ansehen als bedingt nicht durch Sonne und andre Gestirne, sondern durch deren Wirkung auf unsre Atmosphäre: so ist auch ausgemacht, daß es auch eine Lichtausströmung aus der Erde selbst gibt. Wie nun alle Farbe aus dem Licht abzuleiten ist als dessen Modification so sehen wir dasselbe im innern der Erde, denn an allen Metallen und Gestirnen sehen wir die Wirksamkeit des Lichts; ebenso am menschlichen Körper, nahmentlich ist das Auge selbst ein vollkommen durch das Licht durchgebildetes Organ, indem sich alle Lichtverhältnisse und Farben in demselben gestalten, daher die alte Theorie, daß das Licht aus dem Auge herausstrahlt wie hinein, i. e. die Gegenseitigkeit zwischen der lebendigen Organisation und dem Weltkörper, wie zwischen den Weltkörpern selbst. Im Wahrnehmen des Lichts sind wir freilich negativ, aber die Lichtverhältnisse haben im Kreise unsrer Wahrnehmung ebenso eine Beziehung auf den Ton der innren Lebensbewegungen wie die musikalischen Elemente, z. B. anhaltende Beraubung des Sonnenlichts hat Einwirkung auf die Stimmung des Menschen, ändert Ton, Tempo der 27 Atmosphäre] Athmosphäre

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innren Lebensbewegungen; und wenn freie Wirkung des Lichts zurükkehrt, hebt sich die Stimmung des menschlichen Lebens wieder. Hier ist also schon Übergang aus dem allgemeinen Princip, dahin wie eine freie Productivität in Beziehung auf die Lichtverhältnisse aus demselben Grunde existirt, wie im Gebieth der Töne, nur daß das Gebundensein an ein andres noch weit bestimmter ist und unbeschränkter als dort, wo Musik auch ursprünglich an das Mimische und Poetische gebunden war, dann aber frei ward, was Lichtproduction nie werden kann, sondern immer an den Gestalten. Der freien Instrumentalmusik analog kann man anführen, was aber jetzt noch nicht Kunst ist, die Production von Gestalten durch das bloße Licht, Lichtgestalten, wie in der schönen Feuerwerkekunst, Hervorbringungen von Gestalten durch das bloße Licht oder den Schein daß es so sei. Dieses Überschreiten aber der gebundnen Thätigkeit wird sich nie so geltend machen wie das frei werden in Musik, wenn wir auch die Vervollkommnung zugeben und Eintreten in das Gebieth der schönen Kunst. Die Mahlerei und schöne Gartenkunst sind zusammengesetzt aus beiden Motiven, Richtung auf freie Productivität in Lichtverhältnissen immer in Beziehung eine innre Stimmung anzuregen durch Vermittlung mit der Analogie der Lichtverhältnisse welche eine gehobne Stimmung hervorbringen. Dieses ist das hinzukommende, begleitende Element; denn es gibt Landschaftsmahlerei, die nur Zeichnung und Skizze ist, aber das Element der Färbung ist nicht da oder nur unvollkommen. Eben so ist eine gewisse Abstraction, wenn die Lichtverhältnisse | nur im Gegensatz von Licht und Schatten, ohne Brechung der Lichtstrahlen i. e. Färbung dargestellt werden. Sculptur und Architectur haben es nur mit Gestaltung zu thun, jene im Typus der organischen, diese der anorganischen Gestaltung. Indem aber so diese Künste ein Ganzes bilden aber nach doppeltem Theilungsprincip, so ist verschiedne Ordnung sie zu behandeln möglich. Am besten werden wir so zu Werke gehen, daß wir anfangen von demjenigen, wovon wir sagten, daß es als schöne Kunst eine gewisse Zweideutigkeit an sich trägt, i. e. Architectur, die darin liegt zugleich, daß sie ein Grenzglied ist. Von da aus ist doppelter Weg, entweder die ihr in Art der Production verwandte zuerst sc. die Sculptur, die auch rein auf die Gestaltung geht. Aber das andre Element hat auch eine andre Verwandtschaft sc. die schöne Gartenkunst steht doch in bestimmtem Verhältniß zum Ackerbau, also auch eine gewisse Zusammengehörigkeit mit der gebundnen Thätigkeit, wie [bei] Mahlerei und Sculptur nicht, also ist sie auch ein Grenzglied und erscheint oft als Verzierung an der Agricultur selbst. Alsdann aber haben wir schon den Anfang gemacht mit einer Betrach26 dargestellt] folgt ))zu**

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tung in der das begleitende Element der Production in Lichtverhältnissen zu berüksichtigen war, daher wir die Mahlerei anschließen und mit Sculptur schließen, wo sich das erste anreiht, daß wir [es] mit Gestaltung allein zu thun haben. 1.) D i e A r c h i t e c t ur.

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Nehmen wir sie ganz oder nur einiges, was unter diesem Nahmen befaßt wird, als schöne Kunst. Die beiden Extreme habe ich bemerkt. Es muß nun deutlich sein, daß ich es nicht für richtig halte, nur dasjenige was in Architectur Verzierung ist als schöne Kunst anzusehen; wie kämen da auch zwei verschiedne Elemente, die nicht zusammenhängend zu betrachten wären: Verzierungen, die unmittelbar solchen Flächen anhaften, die zu dem Nothwendigen des Gebäudes gehören, diese gehören einer untergeordneten Gattung der Sculptur an, dem Re l i e f , das zur Mahlerei überleitet. Auf der andren Seite aber wenn wir die Säulen betrachten, so erscheinen sie überall als Gegenstand der schönen Kunst mit dem es jene Bewandtniß nicht hat; also wäre da eine Zweiheit ohne allen Zusammenhang, dieses sonderbare Ansehen haben alle solche Theorien der Architectur, daß nur die Säulenordnungen in schöne Kunst aufgenommen werden, da doch gerade diese Distanzen am meisten auf zufälligen Verhältnissen beruhen. Es ist ja als Gesetz anerkannt, daß die Säulen nie dürfen bloße Verzierung sein, sondern sie sollen etwas tragen und Stüzen sind also wesentliche Theile des Gebäudes von seiner Zweckbeziehung, und da würde nur, welche hiervon unabhängig wäre, in schöne Kunst gehören, und so alles zerfahren und die Architectur als schöne Kunst ganz verschwinden. Sehen wir, wie sie als freie Productivität und Ausdruck der Eigenthümlichkeit des großen gemeinsamen Lebens erscheint, indem jedes Volk seinen eignen Typus hat, und da in so hohem Grade [bei] Gegenständen der Architectur jenes Wohlgefallen entsteht, wie von allen andren Künsten aus, und wie es specifischer Begeisterung für diese Kunst bedarf: so müssen wir sie in viel größrem Umfang als schöne Kunst ansehen. Was ist aber ihr U m fan g ? Sagen wir G ebä ude, so ist die Sache zweideutig. Fangen wir bei [dem] äußersten Ende an, das Zelt ist dem Wesentlichen nach ein Gebäude, und doch keine Architectur darin; andrerseits die Höhle, die sich der Eskimo in die Erde gräbt, ist Gebäude, aber keine Richtung von schöner Kunst dabei. Eine Vorrathskammer ist ein Gebäude, ob Keller oder Scheune, hängt der Impuls es hervorzubringen nicht zusammen mit dem, von 19 werden] wird

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dem schöne Kunst ausgeht, sondern reiner Impuls des Bedürfnisses. Da ist Verlegenheit, eine Begrenzung zu finden; doch wollen wir bestimmt abgränzen, was ist schöne Kunst an sich, was bloße Kunst an einem andern, das wir uns abschließen. Diese Thätigkeit an sich ist Sache des Bedürfnißes. Jeder producirt seine Lebensbedürfnisse, ist ihr Anfang und allein erst auf hoher Cultur, wo feste Wohnsitze anfangen, geht es in Vertheilung der Arbeiten als Geschäft einer besondren Klasse. Von da aus kommen wir auf nichts andres, als daß an diesem etwas Kunst sein kann, was nicht unsre Betrachtung sein soll, bis wir die Principien haben. Ob da etwas sei, was nicht der Sculptur angehörte, ist hier überflüssige | Frage. Wir müssen von einem andren Motiv ausgehen. Betrachten wir die ältesten Werke der Baukunst so haben sie mit irgend einem Bedürfniß gar nichts zu schaffen, z. B. Egyptische Pyramide, wo das, was darin geschah in keinem Verhältniß ist zum Werk, und nicht Motiv sein kann; die Grabstätten und Gemächer dazu, wenn sie Motiv wären, hätten nicht so ungeheure Werke veranlaßt. Dasselbe gilt von allen großen religiösen Gebäuden, Tempel in Jerusalem und Indien, wo dasselbe Mißverhältniß ist zwischen den Werken und einem bestimmten Zweck. Um Altäre zu stellen und Bildsäulen zu PplazirenS kann das Gebäude selbst nicht begriffen werden. Also ein andres Motiv, ob aber eins, das nach unsrem Princip Anfang einer Kunst sein kann, ist eine andre Frage. Wir suchen gleich eine Analogie mit dem, was wir schon haben. Wir fanden ein Kunstloses und Natürliches in Bewegungen des menschlichen Körpers als momentaner Ausdruck der immer auch momentanen Veränderung, aber weil es an Willen fehlt, sei es nicht in dem Sinn freie Productivität, wie hernach in der Kunst, aber wenn der Wille dazwischen tritt, entsteht Kunstübung in Analogie mit dem natürlichen. Große Werke leiten wir ab aus großem Gemeinwesen, also von Einzelnen, nur insofern sie eine große Masse dominirten. Sehen wir das Ma terielle dieser Thätigkeit an, so ist sie eine U m ge s t alt ung des unorg a n ischen S t o f f s , des Starren. Alles andre ginge schon über die rein materielle Frage hinaus. Dasselbe Thun ist nun überall die Basis des menschlichen Lebens, freilich Minimum ja Null, wo in nomadischem Zustand der Mensch nur das Organische verbraucht und zum Starren sich rein passiv verhält. Sobald Agricultur anfängt i. e. bestimmtre Ordnung in einem Gemeinleben, so hat der Mensch es mit dem Starren zu thun, Bearbeitung des Bodens, und daran knüpft sich [das] Bauen fester Wohnungen und Wälle cet. Dieses gehört allerdings in die gebundne Thätigkeit aber diese ist, so wie sie Product e iner Vereinig ung ist, auch der A u s d r u c k d avo n ; und diese bestimmte eigenthümliche 6 Wohnsitze] Sitze

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Art der Zusammengehörigkeit, den Boden auf bestimmte Art zu bearbeiten, ist ein Gesamtbewußtseyn. Ursprünglich getrennte [Gesellschaften], die zusammengewachsen haben Bewußtseyn der Differenz und Verschiedenheit des Ackerbauens zusammen. Hier ist also ein Ausdruck durch eine bestimmte Wi l l e n s thä t ig keit , nicht wie in künstlerischer Mimik, ein unwillkürlicher. Dieses Darstellen ist sc. ein Accessorium, nicht Zweck, wird aber ein Bewußtseyn; so wie es dann nicht bloß mit entsteht, sondern in seiner besondren Qualität betrachtet wird, so kann gleich eine Richtung auf freie Productivität entstehen, i. e. diese u m ge s t al t e n d e T hät i gk eit des M enschen a m S t a r r e n z u ei n e m A u s d r u c k d e s G e s a mtlebens zu ma chen. Das ist die eigentliche Wurzel der Agricultur als schöner Kunst. So wie wir Werke abgesehen vom Gesamtleben betrachten, gehen wir aus der schönen Kunst heraus wieder in das Gebieth des Gewerbes. Eine vorläufige Betrachtung erörtere dieß. Das Gesagte führt auf Differenz zwischen ö f f e nt l i c h e n u n d P r i va tg ebä uden, nur die ersten können unter die Formel gebracht werden, die letztern nicht, dennoch finden wir auch in diesen immer etwas der Architectur als schöner Kunst angehöriges. Denken wie an die Art zu wohnen der alten classischen Völker, so lag darin weit weniger Aufforderung den Privatgebäuden etwas von schöner Kunst zu geben; die Wohngebäude standen vereinzelter, in der Regel dem Anblick mehr entzogen durch seine Umgebungen; vergleichen wir die gegenwärtige Art unsre Städte zu bewohnen, wo ganze Reihen von Gebäuden beständig im öffentlichen Anblick sind und alle Geschäftsführung an diese Art gebunden ist: da ist eine bestimmte Aufforderung. Das Wohngebäude hat etwas, so Façade, wodurch es zugleich ein öffentliches wird, ein Theil des Gesamtlebens. Daher in der neuern Zeit ein viel bestimmtres Bestreben, diese Außenseiten den Gesetzen der Kunst zu unterwerfen. Ja 2–3 [Gesellschaften]] ergänzt nach ÄLo 29–3 Möglicherweise rekurriert Schleiermacher hier auf Erinnerungen an seine Londonreise vom September 1828, wo er u. a. seinen Übersetzer Connop Thirlwall traf. Laut seinem Tageskalender 1828 besichtigte Schleiermacher in London u. a. die St. Pauls Kathedrale, Vauxhall, die Kensington-Gardens, die St. Johns Kirche (in der er am 7. September eine Predigt hielt), den Regent’s Park, Hampstead, die Westminster Abbey, Parlamentshäuser, Greenwich, Southwark und Windsor. In dem Brief an seine Frau Henriette vom 4. September 1828 berichtet Schleiermacher: „Wir wohnen nahe an großen Plätzen und auch nahe an Westend, der vornehmsten Stadtgegend, also sehr gut gelegen. Wenn ich aber nun denke, was für ein ungeheures Laufen wir anstellen müssen, und wie ungeheuer theuer das Fahren ist [...], so verzweifle ich doch an der Möglichkeit, bei unsern Mitteln Euch jemals diesen Anblick zu verschaffen“. Welche Fassaden von Londoner Wohngebäuden Schleiermacher an dieser Stelle genau gemeint haben könnte, konnte nicht nachgewiesen werden. Vgl. Schleiermacher: Tageskalender 1828, SN 447 und SN 448, S. 72 ff. (vgl. schleiermacher digital / Schleiermachers Tageskalender 1808–1834, hg. v. Elisabeth Blumrich, Christiane Hackel, Wolfgang Vir-

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denken wir, was das jetzt z. B. in London für Fortschritte macht, so waltet [in] der Façade noch der Begriff eines öffentlichen Gebäudes vor; viele Wohngebäude bilden Eine Façade vermöge der Symmetrie, aber das Innre richtet sich nach dieser Façade; nicht wenig Material Säulen cet. ist aus dieser Kunstrüksicht allein abgeleitet, und wäre gleich Null für [den] Gebrauch der Privatgebäude. Da ist also ein | entscheidender Unterschied, Gebäude zu einem bestimmten Zweck, sind nicht Kunstwerk, da alles dem Zweck angepaßt und die Kunstrichtung ihm untergeordnet wird. Da dominirt Nutzen und Bequemlichkeit unbedingt. Der Gesichtspunkt hingegen, daß solche Werke Ausdruck des Gesamtlebens sind, postulirt nun die Kunst. Ist in einem Volk Richtung durch Gestaltung des starren Stoffes die Art und Weise seines Daseins zu manifestiren, so ist dieß ein Kunstprincip, kann sich also nur zeigen in Werken, die jeder bloß auf das Gesamtleben beziehen muß; daher in solchen Werken überall das Kunstprincip vorwaltet, wenngleich auf verschiednen Stufen der Kunst. [Ein] Monument wie [eine] Pyramide muß man für [ein] Kunstwerk ansehen, wenngleich bei lauter geradlinigen mathematischen Linien [als] ein untergeordnetes. So alle öffentlichen r e l i g i ö sen und polit ischen G eb ä u d e . Eine Vorrathskammer aber vom Keller etwas aufwärts, es ist Umschließung zur Aufbewahrung bestimmter Gegenstände, unser Museum könnte einer als hübsche Vorrathskammer ansehen, aber es gehört dem öffentlichen Leben an. Ein Privatmann kann sehr schöne Kunstwerke haben, stellt sie im Innern seines Hauses auf, was mit öffentlichem Leben nichts zu schaffen hat, daher die Räume, wo er sie für sich aufstellt, nicht architectonisch sind, sondern durch seine Bequemlichkeit eingerichtet. Ist aber ein Gebäude mit diesem Zweck zugleich Darstellung des öffentlichen Lebens, so ist es Kunstwerk vermöge des letztern. Nun ist das eigentlich die specif ische Beg eist er u n g daß nur diese T h ät i gk e i t d e s Menschen a m sta rren S t o f f , die ursprünglich nur dem Bedürfniß dient, sich in e ine f reie T h ä t i g k e i t ve r w an d e l t , die nichts andres sein soll, als Ausdruck des Gesamtlebens. Also müssen diese Werke Beziehung haben auf das G e s a m t l e b e n , auf eine F u n c t i o n desselben. Dieses ist immer nothwendig, und ein absolut zweckloses Gebäude wäre eine Überladung. mond, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin, URL: https:// schleiermacher-digital.de/tageskalender/index.xql). Brief von F. Schleiermacher an seine Frau Henriette vom 4. September 1828, in: Heinrich Meisner (Hg.): Schleiermacher als Mensch. Sein Werden und Wirken. Familien- und Freundesbriefe 1804–1834, Stuttgart/ Gotha 1923, S. 351–354, hier: 353. 21–22 Das klassizistische Alte Museum auf der Spreeinsel in Berlin Mitte wurde im Auftrag von Friedrich Wilhelm III. von Karl Friedrich Schinkel entworfen, zwischen 1825–1828 erbaut und 1830 eröffnet.

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Von da aus können wir die Architectur als schöne Kunst vollkommen b e g r ä n z e n , sowohl von dem, wo das Bedürfniß dominirt, als vom uneigentlichen Kunstgebieth trennen. Vollkommen gültig bleibt dabei, das in [der] allgemeinen Betrachtung Gesagte, sie ist dasjenige Kunstgebieth das an d e r G r e n z e l i e gt na ch der g ebundnen T h ä t i g k e i t hin und mit dieser in einem Zusammenhang; und am entferntesten von der Mimik und Musik weil diese Lebensbewegungen nicht der Receptivität angehören und als Spontaneität nur Reaction sind, sondern von bestimmten Willensbewegungen ausgehen und nur durch sie denkbar sind. Also kann es kein architectonisches Kunstwerk geben, wo Beziehung auf einen Zweck schlechthin gleich Null, es könnte nicht Ausdruck des Gesamtlebens sein, weil keine Beziehung darauf habend; da dieses nur ist in einer Mannigfaltigkeit von gemeinsamen Thätigkeiten, so muß es auf eine solche sich beziehen. Je mehr es sich eignet ein reines Kunstwerk zu sein, um desto mehr darf die Beziehung auf den Zweck ein Minimum sein. — Dabei kommt noch eine andre Betrachtung hinzu. Sollen die architectonischen Kunstwerke so vom Gesamtbewußtseyn ausgehen und eine Darstellung der Thätigkeiten des Gesamtlebens sein, so müssen sie auch eine Beziehung haben auf die zu einem Gesamtleben vereinigte Masse, [es] sind immer zugleich Räume für Bewegung oder [das] Zusammensein einer Menge von menschlichen Gestalten, eine Umg es t a l tu n g d e s s t ar r e n St o f f s f ü r d i e Bew eg ung des Lebens. Daher wird ihre Größe bestimmt nicht durch den bestimmten Zweck an sich, sondern durch eine Beziehung auf die Gesamtmasse, deren Leben sie darstellen soll. Das ist z. B. der specifische Unterschied zwischen einem Gebäude wo Kunstwerke die dem Gesamtleben angehören PzurS öffentlichen Betrachtung aufgestellt sind, von Vorrathskammer und Privatsammlung. Das Gebäude muß zugleich Raum bieten, daß eine Masse sich darin entwickeln kann, die im Verhältniß zur Gesamtmasse ist. — Allein dieses an und für sich setzt uns noch lange nicht in Stand, die eigentlichen Gesetze aus der specifischen Begeisterung zu entwickeln. Fügen wir aber noch eine Betrachtung hinzu, so bahnt die den Weg. Nemlich es ist k e i n G esa mt leben mög l ich oh n e O r d n u n g und das ist eine wesentliche Bedingung, was Ausdruck des Gesamtlebens sein soll, muß zugleich diesen Beg riff der O r d n u n g darstellen, als Bedingung des Gesamtlebens. Ebenso wenn wir denken, das Kunstwerk kann nur entstehen | durch zusammenwirkende Thätigkeit vieler, so muß die Ordnung dabei sich auch darstellen. Daraus entwickeln sich die drei Hauptgesetze der architectonischen Kunst 1.) Die Sym m e t r i e 2.) E u r y t hmie 3.) Richtig keit 9 sind] ist

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d e r M a s s e n ve r h äl t n i s s e . Wie das erste und dritte mit den zwei hier entwickelten Punkten zusammenhängt, sieht man leicht, aber wie das zweite i. e. Verhältniß in Beziehung auf wohlgefallenden Anblik, ergibt sich nicht so leicht. Die zweite soll sich auf die erste beziehen. Es ist [eine] Differenz die specifische Begeisterung zu bestimmen und hingegen die Vollkommenheit der Kunstwerke. In compendiarischen Verfahren aber müssen wir beides verbinden. S y mmetrie hat seine ganze Beziehung auf die Raumverhältnisse der Gestalt, daß es für jede Fläche eine Linie geben muß, von welcher aus sie zu beiden Seiten gleich ist. Diese finden wir in allen Productionen, auch den gewöhnlichsten, aus festem Stoff, sobald eine gewisse Freiheit die Form zu bestimmen eintritt, jedes Geschirr, Geräth, Instrument hat symmetrische Gestalt sobald sie nur neben der Bestimmung möglich ist; nicht nur ebne Flächen betreffend, sondern auch krumme. Dieses findet sich in allerkleinsten, beweglichen festen Dingen, auch in den ersten architectonischen Anfängen, im Zelt. Diese Regel scheint also der Architectur als schöner Kunst nicht eigenthümlich, sondern sie findet sich auch in derjenigen die dem Bedürfniß dient, so daß die Bestimmung sich immer mit einer gewissen Symmetrie vertrage. Fordert der Eigenthümer innre Einrichtungen, bei denen der Baumeister äußre Symmetrie nicht herausbringt, so fehlt es diesem an Geschik, oder der Eigenthümer dominirt mit seinem Eigensinn. Das ist doch nur das uneigentliche Kunstgebiet, durch Zwecke bestimmt. Worauf beruht diese Symmetrie? Da ist nicht die Rede von einem Ausdruck irgend eines individuellen Lebens, sondern die architectonischen Formen mögen so differiren als sie wollen, überall ist Richtung auf Symmetrie. Also ist etwas viel allgemeinres zu suchen, das so sich stellen muß, daß das Individuelle immer darauf ruhen kann. Soll in Beziehung auf das Kunstwerk das innre Bild im Künstler das ursprüngliche und eigentliche Kunstwerk sein, so steht dieß in genauster Analogie mit [der] Auffaßung gegebner Gestalten durch das Gesicht, indem es dasselbe ist, nur als freie Selbstthätigkeit heraustretend. A lle org a n is c h e n u n d an o r gan i s c h e n G e s t a lten, die die Na tur im Üb e r g a n g au s s t ar r e m i n f l ü ßi gen Zust a nd herv orbring t, z e i g e n d i e s e Sym m e t r i e . Dieses Reale in der Natur ist im Geist ein Ideales und nur vermittelst dieser Identität sind wir fähig aufzufassen. Also ist das der allgemeine irdische Typus von Gestaltung, und wird auch das Princip von dieser Gestaltung. Daher ist es von so absoluter Einheit. Wollen wir dieses weiter verfolgen und denken also eine solche Ebene wie die eine Seite eines großen architectonischen Werks, 34 Es muss sinngemäß wohl umgekehrt heißen: „Übergang aus dem flüssigen in den starren Zustand“.

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so fordre ich Symmetrie darin, aber wie? Zuerst so, daß die Theilung nicht könnte realisirt gedacht werden, ohne etwas in dem Ganzen zu zerstören. Z. B. [die] Façade eines Privatgebäudes liefe mitten durch eine verticale Line zu, die nichts theilte als das Gemäuer, und doch wäre zu beiden Seiten alles gleich, Fenster und Eingänge, so würde das unsrer allgemeinen Forderung nicht widersprechen und doch jeder es tadeln, dem es zum Bewußtseyn käme; wenn hingegen die Linie auch wirklich bestimmte Theile theilt, in Mitte von Fenster und Thüre fällt, so tadelt man [es] nicht. Worauf beruht das? Es ist die Identität, das Ineinander von Einheit und Duplicität, was sich in den organischen Gestalten überall zeigt. Im menschlichen Körper weisen die zweifach vorhandnen Theile gleich die Theilungslinen an, aber in diesen liegen nur die bloß einfach vorhandnen. So im vierfüßigen Thier ist die Theilungsfläche auch nur so, die wesentlichsten, das Leben constituirenden Theile werden mitgetheilt. Jenes Gebäude war tadelnswerth, weil es dahinter ebenso gut zwei ganz getrennte Gebäude sein kann, da der positive sinnliche Eindruck der Einheit fehlt. Die Methode ist nun die Construction der Einheit. So geht dieses allgemeine Gesetz auf unser allgemeinstes Princip zurük, als allgemeinster Typus jeder Gestaltung, welcher die Natur producirt durch alle lebendigen Wesen durch, nur freilich mannigfaltig modificirt, auch in allen crystallinen | Gestalten, wo es nicht ist, setzen wir gleich voraus, der Bildungsproceß der Natur sei gehemmt worden. Das Princip der Gestaltung in [der] Natur ist [der] Typus der vom Geist aufzunehmenden Gestalten und Princip derjenigen die er hervorbringt. Dieses Gesetz hängt eigentlich nirgends mit dem Bedürfniß unmittelbar zusammen, sondern es ist innre Kunstrichtung die ihm zugleich anhängt bis ins unbedeutendste. Hat ein Acker gar keine Symmetrie, so sehe ich [den] Grund in Naturhinderniß, sonst müßte es sich dem Gesetz der Symmetrie fügen, wie überall, wo Gestaltung sich selbst begrenzt und nicht von außen begränzt wird. Das Gesetz ist also auch in der Agricultur, insofern das Ganze übersehen werden kann. — Diese erste Forderung ist g e m e i n s c h af t l i c h f ü r d as eig en t liche Kunstg eb i e t h d e r Ar c h i t e c t u r u n d f ü r d as u neig ent liche , und wir setzen voraus, es müsse in jedem das Bewußtseyn daß er für sich etwas diesem Gesetz zuwider gestaltet habe, ein störendes sein und Tendenz überall sein eine Gestaltung mit Zweck und Symmetrie in Übereinstimmung zu bringen. Wir gehen gleich zum dritten[,] A ng emeßenh e i t d e r M a s s e n ve r h äl tn i s s e. Das ist etwas vom Vorigen durchaus unabhängiges, da Masse der Gestaltung entgegengesetzt wird. Wenn wir an [einem] architectonischen Werk alles abrechnen, was 16 es] sie

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Gestaltung ist, so bleibt übrig, was wir Masse nennen, Stoff in Beziehung auf seine Größe und sein Gewicht, wiewohl das letztre steht nur als Ausdruck für das Starre, Compacte. Die Angemeßenheit der Massenverhältnisse kann nur liegen in [der] Bezieh un g a uf da s öff e n t li c h e L e b e n dessen Ausdruck das Gebäude sein soll. Ein Gebäude von bedeutender Größe, das bedeckt sein soll, erfordert bestimmte Anstalten, um als solches zu bestehen. Kirche von gothischer Form von sehr großer Breite, wird mehr Reihen von Gewölben neben einander erfordern, und unmöglich sein es in Einem auszuführen; denke ich aber, es sollte eine Capelle für kleine Gesellschaften in derselben Form gebaut werden, und ungeachtet der Kleinheit wollte man ihr so viel Schiffe neben einander geben, wie etwa dem Antwerpener Dom, so wäre das lächerlich, weil da der G rund der S t ructur nicht in den Massenverhältnissen, n i c h t i n der G röße lä g e, also beides nicht angemessen. Ebenso wäre es, wenn um diese Strucktur nachbilden zu können, eine kleine Gesellschaft für sich ein ebenso großes Gebäude aufführen wollte; da wäre Unangemeßenheit des Gebäudes z u m G e sa m t l e b e n . Aus diesen beiden Momenten besteht die Angemessenheit der Massenverhältnisse. Denke ich noch ein Beispiel[,] ein öffentliches Gebäude, worin sich eine große Masse von Menschen entwikeln soll, so müssen da Theile sein, die eigentlich nur Zugänge und Ausgänge sind, und ein innrer Raum für das Zusammensein; beydes muß in einem gewissen Verhältniß sein, ist [der] eigentliche Versammlungsraum klein, und die Zu- und Ausgänge einer weit größren Menge angemessen, so ist [das eine] Unangemessenheit der Massenverhältnisse in sich. Die Ein- und Ausgänge drüken [die] Idee aus, daß sich da eine Menge Menschen entwikeln kann, dem widerstreitet dann der innre Theil. Man wollte es bei unsrem Theater finden und man könnte [die] Inschrift machen: Hier ist auch [ein] Theater, weil Zugänge PgränzenlosS, Theater selbst klein. Das hat seinen besondren Grund, dem der Künstler etwa unterworfen, und vom Unternehmen herrührend; auch sind neben dem Theater noch andre Versammlungssäle, also immer solche Mißverhältnisse. Da stehen wir auf dem entgegengesetzten Punkte; denn das geht hervor aus [der] Beziehung auf das öffentliche Leben und [die ist] auschließliches Kunstprincip; denn dieses Gesetz hat in Privatgebäuden, die dem Zweck dienen gar kei12–13 Gemeint ist offenbar die Liebfrauenkathedrale von Antwerpen, ein siebenschiffiger Kirchenbau mit Querhaus und Umgangschor, dessen Bauteile im Stil der Gotik und der Spätgotik gestaltet wurden. 28 Schleiermacher spielt offenbar auf das Konzerthaus am Gendarmenmarkt in Berlin an, das 1821 als „Königliches Schauspielhaus“ eröffnet wurde. Dieses ist ein klassizistischer Bau mit weitläufigem Eingangsportal, der von Schinkel entworfen und auf den Grundmauern des abgebrannten Vorgängerbaus, dem „Königlichen Nationaltheater“, errichtet wurde.

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nen Werth, weil jeder nicht mehr Mittel aufwendet, als sein Zweck erfordert. Wollte ein Privatmann sich Wohnung errichten über seinen bürgerlichen Zustand, so wäre da Lächerlichkeit, aber nicht architectonische sondern moralische; im öffentlichen Gebäude hingegen ist dieses eines der ersten Punkte. So ist dieses das specielle Princip f ü r e i ge n t l i c h s c hö n e A r c h i t e c t u r, wie hingegen Symmetrie das allgemeine für das eigentliche und uneigentliche. Diese beiden Gesetze verhalten sich also so, wie die beiden Gebiete, und sie erklären diese, und umgekehrt. — Desto schwieriger ist es nun mit | 2.) der Eurh y t h m i e , die uns auf das mimische Gebiet weist, wo etwas analoges. Eine Reihe von Bewegungen die in verschiedne Glieder getheilt ist; da sollen diese in einem gewissen Verhältniß zu einander stehen. Geht Theilung so weit, daß das einzelne Glied zu klein wird, um als Einheit gefaßt zu werden, so ist es Mißverhältniß; ist hingegen das Ganze groß und lang der Zeit nach, hat aber keine Theilung, so ist man auch verletzt, es fehlt die Richtigkeit im Verhältniß der Theile zum Ganzen, was etwas andres ist als das der Theile unter sich. Dieses letztre ist wieder Gleichheit oder Ungleichheit. Ein Ganzes von mannigfaltigen Bewegungen, wenn alle unter sich völlig gleich sind, aber in großer Anzahl macht auch unangenehmen Eindruck, weil die Ungleichheit wo eine gewisse Regel darin ist, wieder die Stelle einer Theilung vertritt, und das Ganze leichter übersehen wird. Beides wäre die Eurhythmie in Orchestik. Da nun diese die Musik zur Begleitung hat, und diese ihre Gliederungen theilen muß, so tragen wir dasselbe auf die Musik überhaupt über als Verhältniß zwischen Hauptsatz, Thema und Variationen. Hier ist es nun auf Raumgestaltungen anzuwenden, wie dort in Zeitverhältnissen. Sie ist aber in beiden dasselbe, und es liegt eine Regel zu Grunde für die sinnliche Anschauung in ihren beiden wesentlichen Formen, Raum und Zeit. Eury t hm ie sind die L i n e a r v e r hä l t n i s s e i n ei n em G e b äude, insofern sie den Ei n d r u c k d e s Wo h l ge f al l e n s m ac h e n. Es liegen da Zahlenverhältnisse zum Grunde. Da [sich] hier Alles auf quantitative Verhältnisse zurükführen läßt, so ist darin eine sehr entscheidende Ähnlichkeit mit dem, was über die Harmonie gilt, wo es auch ein Zugleichsein von Tönen ist. In diesen Z ah l e n ve r h äl t n issen kann man innren In d i c a t o r sehen, aber n i c h t e i n e n E r k lä rung sg rund; so daß es auf der D e u t li c h k e i t b e r u h t , m i t w e l c her die S eele die Zä hl u n g durchmacht. Hier ist es ganz dasselbe. Man wird selten ein Gebäude finden, dessen Grundfläche ein reines Quadrat wäre, außer wenn es einen Hof einschließt, wo dann jede Seite zu einem Oblongum gehört, da das Ganze nicht Eine Masse ist. So wie man keine 9 2] 3

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Gleichheit der differenten Linien bildet, so will man auch nicht gewisse Arten der Ungleichheit. Dieses beides ist auf das arithmetische zurückgeführt, etwas Entgegengesetztes, und doch ist beides nicht wohlgefällig; dieses unmittelbare Einleuchten der Gleichheit oder Ungleichheit ist also nicht der Grund. Dasselbe erstrekt sich über alle architectonischen Linien, ja auch auf die, die nicht in der Oberfläche etwas sind: Vernachläßigung dieses Verhältnisses der Dimensionen ist ungebildeter Zustand. Ward Symmetrie zurückgeführt auf ein sowohl reales als ideales Verhältniß, so wird das hier nicht möglich sein; die Sache ist noch so unergründet wie in Musik. Man kann leicht sagen: Das wird wohlgefallen, das nicht, aber den Grund davon kann man nicht angeben. In Musik ist viel verändert; jetzt erlaubt man sich Verhältnisse die früher nicht [verwendet wurden]. Hätte die Architectur eben solche Masse von Productionen so würde sich vielleicht das Auge auch in Verhältnisse einüben, die es früher nicht auffaßte. Gegen solche Veränderung hat die Architectur freilich größre widerstrebende Kraft, weil diese Werke etwas Bleibendes sind, und [zur] Zerstörung fast so viel Kraftaufwand gehört als zum Aufrichten. Daher nicht diese Kühnheit zu Veränderungen wie in Musik deren Werke vorübergehend sind. Das Verhältniß dieser drei Punkte in Architectur betreffend ist die S y m m e t r i e gl e i c h s am d i e c o n d i t i o sine qua non, ohne welche keine Beziehung der Gestalten auf freie Productivität ist, sondern nur auf einen bestimmten Zweck und Bedürfniß. Wie sehr das zusammenhängt mit der Differenz zwischen Gebäuden für Privat- und für das öffentliche Leben, sieht man besonders im Alterthum und Mittelalter. Im Alterthum hatten Wohnhäuser wenig von Kunst als einzelne Theile bloß, also Kunst an einem Andern. | Im Mittelalter dasselbe; während die Kirchen im gothischen Styl gebaut wurden, waren die Burgen im Ganzen dem Zweck dienend gebaut; in schönen Verzierungen zeigt sich Kunst; aber im Grundriß nicht einmahl die Symmetrie. So die Wohnhäuser in den Städten. Wiewohl da zusammenhängende Straßen, dem öffentlichen Anblick frei, so dominirte doch Zweck; hingegen öffentliche Gebäude Rathhäuser cet. Kunstwerke sein wollten. — Die M a s s e n ve r h äl tn i s s e bestimmen zunächst den Cha ra kter ein e s G e b ä u d e s . Zwei Extreme muß man am meisten im Auge haben. Das P r i n c i p d e r F e s t i gk e i t , das in den Massenverhältnissen ausgedrückt ist; und im Gegensatz das P ri n cip der S chla nkheit. Jenes macht den Eindruck, daß das Gebäude eine n g roßen Widerst a nd leiste, was eine bestimmtre Beziehung ist auf Zweck und Bedürfniß: 20 sind] ist

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So rühmte man unser Gießhaus, und ein Gebäude das so viele Erschütterungen aushalten soll, muß diesen Eindruck machen und hat den Grund im Zweck, der auf das öffentliche Leben Bezug hat. Da solche Unternehmungen allmählig privat wurden, so traten sie aus dem öffentlichen Charakter. Das Princip der Schlankheit hat entgegengesetzte Neigung sc. zum Epideictischen, zu zeigen, wieviel man in dieser Hinsicht wagen kann. Wenn eine solche Masse im Verhältniß zu [den] übrigen Dimensionen überwiegend in Höhe geht, erscheint es kühn, weil es größren Widerstand zu leisten hat und die Mittel dazu nicht im Eindruck liegen. Geht es in das Epideictische über, so ist es eine Ausartung. Beides bildet bestimmten Gegensatz. Parenthetisch schiebe ich hier ein, was selbstständig in das Technische fiele[,] das C ap i t e l vo n d e n Säu l e n ordnun g en, was man oft als Schlüssel und Wesen der Architectur ansah, so ist Gegensatz zwischen dem D o r i s c h e n u n d I o n i s c h e n die Hauptsache, was auf Massenverhältnissen beruht, denn Verhältnisse der Höhe zum Durchmesser, ist nicht Eurhythmie, aus Linien der Oberfläche bestehend, sondern zeigt die Massenverhältnisse. Alle andren Säulen sind nur Abwandlungen dieser beiden, das To s k an i sche ist Abwandlung des Dorischen in stärkrem Gegensatz zum Ionischen, und das Corinth is c h e umgekehrt. [Das] Dorische repräsentirt F est ig keit, weil Charakter der Höhe geringer gegen Durchmesser, das Ionische hingegen bezeichnet das Princip der Sc h l an k h e i t . Dasselbe ist der HauptGegensatz bei den Alten in der Musik, und auch dorische und ionische Musik so entgegengesetzt; so ist wieder eine unmittelbare Ähnlichkeit zwischen Architectur und Musik so daß das Witzwort paßt, Architectur sei gefrorne Musik, wobei man an den Gegensatz des Stoffes denkt, Musik im Bewegten und Flüßigen in der Luft, Architectur im Starren, in gemeinschaftlicher Beziehung auf Zahlenverhältnisse. Dieses Entstehen beider Künste ist unleugbar, und eins wird in den weitern Forschungen das andre gegenseitig erläutern. Stellen wir beides so[,] Symmetrie und Massenverhältnisse, jene als dasjenige, was in jeder Gestaltbildung aus dem Starren ist, und die Beziehung zugleich der Architectur auf bestimmte Zwecke ausdrückt, zugleich die conditio sine qua non aller Ansprüche auf Kunst; andrerseits Massenverhältnisse dasjenige was rein bestimmt wird durch Beziehung der Kunstwerke auf das öffentliche Leben und zugleich als das Charakte1 Vgl. die Sachanmerkung zu S. 453,29 13–14 Wohl in Anlehnung an griechische Autoren beschreibt und klassifiziert Vitruv in seinem Werk „De architectura libri decem“ erstmals und für die spätere Architekturtheorie maßgeblich die grundlegenden Säulenordnungen der antiken Tempel. Vgl. Marcus Vitruvius Pollio: Zehn Bücher über Architektur, hg. v. Curt Fensterbusch, Darmstadt 2013. 23–25 Vgl. die Sachanmerkung oben S. 755,15–17 26–27 Vgl. oben S. 601,10–11

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ristische, so ist das Erläuterung der Art, wie wir die Architectur in die Kunst überhaupt stellen. Die E u rhy thm ie ist das, wovon die E i g e n t hü m l i c h k e i t d e r C o n s t r u c tion ausgeht. An Symmetrie ist jedes Gebäude gebunden, Massenverhältnisse geben sich aus Beziehung des Gebäudes als eines Einzelnen auf das öffentliche Leben, aber alle freie Ausführung ist an Eurhythmie gewiesen, wie Freiheit des Tonsetzers an die Verhältnisse von Harmonie und Melodie. An den architectonischen Kunstwerken gibt es noch etwas, was gleichsam außerhalb der Construction des Ganzen liegt, die Verzier u n g e n . Wollen wir diese aber zurükführen auf eins der drei Hauptpunkte, so müssen sie sich bestimmen nach den Massenverhältnissen | in Beziehung auf ihre Quantität; in Beziehung auf ihre Qualität sind sie an die Verhältnisse der Eurhythmie gebunden. Dorisches Gebäude kann man nicht [überladen,] wenn auch mit den schönsten Verzierungen versehen, sondern zu diesem Charakter gehört Sparsamkeit der Verzierung; ein Ionisches Gebäude das Schlankheit ausdrückt erscheint hingegen dürftig, wenn Verzierungen sparsam. Jenes erste will Concentration auf das Wesentliche; dieses hingegen verlangt die Mannigfaltigkeit und es gehört mit zu dem Charakter, daß auch das Einzelne will für sich sein, und dieses Fürsichseinwollen des Einzelnen ist aber die Verzierung, die im Princip des Ganzen nicht ihren Grund hat. Wenn wir diese zwei Glieder, auf den Massenverhältnissen beruhend, als Hauptcharakter der Gebäude ansehen, was dominirt bei denen, die die Gebäude auf den Charakter der Säulen zurükführen, so scheint unser Unterschied zwischen r e l i gi ö s e m und g esellig em S ty l völlig dasselbe; allein da kommen wir in Widerspruch mit dem Wirklichen. Es sind eine Menge religiöser Gebäude, die nichts in sich tragen was den Eindruck stört, in denen dennoch die Schlankheit dominirt; so in der Gothischen Baukunst überwiegend. Ja die Schlankheit tritt in religiösen Gebäuden noch mehr hervor als in andern öffentlichen weil sie mehr freie Räume darstellen. Also ist uns dieses nur ein untergeordneter Gegensatz[,] nicht der höchste. Dasselbe ist, man kann nie das Politische und Religiöse in Gegensatz stellen, sondern nur das Religiöse und das G e s e l l i ge , insofern das letztre, wenn auch große Massen darstellend, doch a l s A ggr e ga t v on Einzelnen erscheint, während das Politische dem Religiösen hier gleich steht. Also haben wir einen höhren Gegensatz zu suchen, der zugleich die Ordnung mit veranlaßt, in der ich die bildenden Künste behandle. Wenn wir Alles Bisherige dem gebundnen und höhren Styl zuschreiben müssen, i. e. alle architectonischen Kunstwerke, die eigentlich vom öffentlichen Leben ausgehen, so entsteht noch ein ganz andres Gebieth, sc. A rchi15 versehen] überladen

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t e c t o n i s c h e K u n s t w e r k e d i e au c h R i c ht ung a uf da s öff entl i c h e L e b e n h ab e n , ab e r n i c h t v o n d emselben a usg ehen, so daß ihre Bestimmung den Charakter hat, daß indem sie für Viele sind, sie nur Aggregat von Einzelnen sind. In einem religiösen Gebäude ist die Menschenmasse die Gemeine, in einem politischen Versammlungshaus ist immer der Staat; denken wir aber architectonische Kunstwerke als unabhängig von einem bestimmten Zweck und Bedürfniß, also ebenfalls [als] rein freie Production und als Kunst w erk für die Ö f f e n t li c h k e i t au s ge s t e l l t aber im r e i n g esellig en S inn, so ist das erst das andre Glied des Gegensatzes, was aber immer auf den Ü b e r g a n g f ü h r t v o n A r c h i te c t u r z u r schönen G a rtenkunst , denn diese verschmelzen sich mehr oder weniger, wo von Bestimmung für das Gesellige die Rede ist. Dem alten Staatsmann war die Villa ein Kunstwerk, das städtische Wohnhaus nicht; dieses in die schöne Natur gestellt, eignete sich diese an, und diese das Gebäude, so daß beides wesentlich zusammen ist, und die eigentliche Richtung ist auf die Geselligkeit. Das Kunstwerk will nicht für den Besitze aller sein; aber es bezieht sich nicht auf das gebundne öffentliche Leben, weder religiös noch politisch, sondern [auf] freie Geselligkeit, und das ist eigentlich der feine Styl, der l e i c h t e St yl i n [ d er] A rchit ectur, wo das Princip der Schlankheit mehr dominiren wird, aber nicht ausschließlich herrschen, so wenig als das Umgekehrte im öffentlichen gebundnen Styl dominirt; aber die Dorischen Gebäude haben doch andren Charakter, wenn sie dem geselligen als wenn dem gebundnen öffentlichen Styl angehörend. Das bildet den höchsten Gegensatz, aber soll Kunst als Kunst verstanden werden, so muß man sich jetzt noch an jenen höhren, strengen Styl halten, weil im andern die Freiheit so groß ist, daß die Mannigfaltigkeit unübersehbar ist, und bei der Schwierigkeit dieser Kunst heißt das die Aufgabe verkehrt anfassen. | Gehen wir in das Alterthum in dieser Beziehung, so finden wir bei den Römern den Gegensatz zwischen Wohnungen in der Stadt und ihren Landsitzen. Jene haben eine Außenseite, die sich nicht auf das öffentliche Leben bezog, weil ihre Städte so waren, daß die Gebäude einzeln nicht vor das Auge traten, aber Landsitze waren Gegenstand der Kunst und Ort für Privatleben und Geselligkeit. Hier sind mannigfaltige Formen je mehr sich die schöne Gartenkunst entwickelte. Die freie Geselligkeit ist vom öffentlichen Leben nicht getrennt. Auch in der neuren Zeit, seit Cultur des Bodens die schöne Gartenkunst möglich macht, finden wir ihre Werke f reie G esellig keit gestaltend, und ve r b u n d e n m i t G e b äu d en, die so mit dem öffentlichen Leben nichts zu thun haben, und nicht eigentlich aus dem stren14 dieses] jenes

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gen Princip abzuleiten sind. Die freie Geselligkeit der gebildeten Klassen ist aber der Ort, wo das öffentliche Leben vorbereitet wird, und von wo es sich wieder in das häusliche Leben ableitet. Alle bedeutenden Veränderungen im öffentlichen Leben ändern immer auch Ton und Charakter der freien Geselligkeit, so daß in dieser der Typus eines öffentlichen Lebens sich wieder findet und vermittelst dessen das Princip. Ob in einer bürgerlichen Gesellschaft Sclaverei besteht, oder nicht, gibt allen Geschäften der Herrschaft über die Natur einen ganz andren Charakter, und so auch der Art zu wohnen und ihre Umgebungen einzurichten der Vornehmen. Dasselbe gilt von der Art, wie sich die Stände in der Gesellschaft theilen und im Verhältniß zu einander sind. Das ist ebenfalls auch für die Architectur in Anwendung zu bringen. So wie die schöne Gartenkunst als nicht gebundne Thätigkeit Gebäude an sich hat, so müssen diese den Charakter von Kunstwerken tragen und werden immer den Typus des öffentlichen Lebens an sich haben und des Besitzers Verhältniß zu demselben repräsentiren. Da nun aber die Beziehung auf bestimmte öffentliche Functionen wegfällt, so tritt mehr Freiheit ein, und so gehören alle Ziergebäude in öffentlichen Anlagen rein dem ungebundnen Styl. Oft erscheinen sie nur als Nachbildungen von bestimmten öffentlichen Gebäuden, die ihre bestimmte Bestimmung im öffentlichen Leben haben, z. B. antike Tempel, gothische religiöse Gebäude im Kleinen. Das ist aber nicht im Wesen der Sache gegründet, also kann man es nicht aus [dem] Gesichtspunkt der schönen Kunst tadeln, wenn solche Imitationen so zusammen sind. Manche Kritiker wollen, daß alle Gebäude in einer Gartenanlage entweder antik oder gothisch seien, wozu kein Grund ist, denn da etwas nicht mehr existirendes i. e. historisches nachgeahmt ist, so kann man so gut zusammenstellen als isoliren. Etwas andres wäre die Forderung der Übereinstimmung zwischen den verschiednen Stylen der Architectur und schöner Gartenkunst aber dieses ist nicht durchzuführen. — So würden wir die ga nze A rchit ectur e b e n s o g u t h i e r au s c o n s t ru i r e n können, wie wir sie aus dem andern ableiteten und erst jetzt auf dieses kommen sc. Es gibt keinen Anbau im starren Stoff als in Verbindung mit dem Ackerbau. Denkbar wäre, wenn eine oder mehrere nomadische Gesellschaften innerhalb eines Bezirks ihren Aufenthalt wechseln, so könnten sie feste Punkte haben für ihr politisches und religiöses Leben; aber da der Gegensatz zwischen öffentlichem Leben im freien und im geschloßnen für [das] öffentliche nicht gewollt ist, so findet man es nicht. Eine a llg em e i n e B a s i s i s t al s o d as je n i ge w a s sich zur sch önen G a rt e n k u n s t s o ve r h äl t , w i e d i e A r c hitectur zu den Wohn un12 Das] Da

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g e n ; also [ist] Ackerbau Basis; er nöthigt zu festen Wohnungen, weil die kurze Circulation des Ernährungsprocesses aufhört, die im nomadischen Zustand war, wo die tägliche Ernährung täglich gewonnen wird. Daher ergeben sich Vorrathsgebäude und Wohngebäude. Daran knüpft sich dann die Architectur, wie an Feldbau die schöne Gartenkunst. Da scheint also die schöne Gartenkunst die erste [Kunst] von dieser Basis aus. Allein denken wir diese vor den Gebäuden, die sich auf das öffentliche Leben beziehen, so sind diese Gebäude nicht mehr im Stande solche nachzuahmen, sondern da schließen sie sich mehr an die Wohngebäude an, und es wird das erste, was vorher das letzte war. Ist Ackerbau nicht mehr gebundne Thätigkeit, sondern frei, so ist sie schöne Kunst aber für sich. Denken wir ein System des Ackerbaus in mannigfaltiger Natur aber gleichsam als Oase, rund herum nichts von menschlicher Thätigkeit, so bildet sie gegen die Wüste einen ähnlichen Ge|gensatz wie die schöne Gartenkunst zum gebundnen Ackerbau. Je höher die Cultur des Bodens steigt, desto mehr gewinnt eine ganze Gegend das Ansehen des Gartens i. e. der freien Anordnung. Dann lassen sich die einzelnen Wohngebäude als architectonische Masse ansehen, die in dieser Natur hineingestellt sind. Gewinnt das politische Leben [an] Umfang, und erfordert seine großen Gebäude, so ist dieses der Gipfel von jenem Princip aus. So ist bei dieser Behandlung das letzte, was oben das erste; überall das Streben aus der gebundnen Thätigkeit in die freie Construction, wo sich dieses gelöst hat und in ganz unabhängigen Werken erscheint, da ist Vollendung. Bei einem Volke ohne schöne Architectur fragen wir vergeblich nach einem hohen Grad von geistiger Bildung und Freiheit. Dieses führt auf unsren ersten Punkt zurük, sc. die ä lt est en We r k e d e r A r c h i te c t u r s i n d u n s t r i ttig Prod uctionen des D e s p o t i s m ; d i e e gyp ti s c h e u n d o r i ent a lische, aber was ist auch ihr Character? Das überwiegende der Massenverhältnisse, i. e. dasjenige was am meisten mechanisch ist, die menschliche Thätigkeit will sich darstellen als den Widerstand der Masse überwältigend, indem sie in ungeheurem Maaßstabe, colossal arbeitet, und in dem Colossalen ist aber das untergeordnete Bestreben, nur die mechanische Gewalt zur Anschauung zu bringen. Da tritt häufig die Symmetrie zurük und die Eurhythmie ist eigentlich auch ganz vergraben, weiß sich wenigstens noch gar nicht zu irgend einer Mannigfaltigkeit zu gestalten. Dieses hängt damit zusammen, daß die große Masse der Menschen in dieser Thätigkeit aufgeht und das öffentliche Leben überhaupt so ist, daß von einzelnen Punkten aus der Impuls zu solcher Arbeit in die Masse ausgeht. So spiegelt sich der Charakter des öffent26 nach] nicht

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lichen Lebens im Typus der Gebäude. Wenn man was mehr dem relig i ö s e n angehört, unter denselben Verhältnissen betrachtet, so sind da wunderbare Mißgestalten, abentheuerliche Idole wie in Asien und America, gewöhnlich in colossalem Maaßstab. Das zeigt untergeordnete Stuffe des religiösen, daß es die Richtung auf das Ewige nur manifestirt in Form des Gegensatzes gegen die Wirklichen, dem Endlichen angehörenden Formen. Das ist das Princip dieser Mythologie und auch dieser Werke, die sonderbares Mittelding sind zwischen Sculptur und Architectur, sc. weil Gestalten darstellend, [als] Sculptur[,] aber sie sind nur auf die Weise der Architectur zu construiren gewesen. Diese untergeordnete Entwicklung und der schroffe Gegensatz zwischen Einzelnen, von denen allein der Impuls ausgeht und einer ganz in mechanischer Thätigkeit versunknen Masse. — Versetzen wir uns in das c l as si s c h e A l t e r thum , wo die Formen des öffentlichen Lebens freilich öfter wechselten, aber der Charakter aller Formen überwiegend derjenige der Gleichheit war, und Verhältnisse zwischen Freien und Sclaven so war, daß nur jene den Staat bilden, diese außerhalb desselben sind, während [dieß] im orientalischen Despotism ganz anders war[:] immer despotisch, wenn auch eine Dynastie die andre stürzte; da bekamen die Gebäude des öffentlichen Lebens mehr den Charakter einer größren Entwicklung von sich frei bewegenden Massen. Dieser Typus tritt hervor in öffentlichen religiösen Gebäuden, wo Gegensatz ist zwischen dem eigentlichen ναος und dem zur freien Entwicklung der Massen bestimmten Gebäude nach dem Gegensatz von Priester und Laie. — Sehen wir uns historisch auf den G e g e n s a t z z w i s c h e n an t i k e r u n d g ot hischer Ba ukunst getrieben, so kann ich mich hier nicht ins Geschichtliche dieser letztern einlassen, aber von hier aus schon erscheint er als untergeordnet. In den großen Gebäuden trägt dieser [Stil] den Typus abgestuffter Unterordnungen, wie das im öffentlichen Leben der Germanen war. Dabei tritt auf eine andre Weise als im antiken Styl, aber beide mit dem orientalischen verglichen, in beiden die Eurhythmie in demselben Grade hervor, nur daß die gothische Baukunst hierin zu solcher Mannigfaltigkeit im Vergleich mit der antiken entwickelt ist, wie die moderne Musik zur antiken, und das gilt nicht bloß von dem was Verzierung ist, sondern in den eigentlich architectonischen Gliedern, [in] den Verhältnissen gegen einander aber die Eurhythmie ist. Dabei ist nicht 24 Gebäude] Gebäudes

30 Unterordnungen] folgt ))da**

23 „Naos“ (ναος, altgr.) bezeichnet den Kernbau eines Tempels insb. beim antiken Peripteros. Der Naos besteht in der Regel aus einer Halle (Cella), einer Vorhalle (Pronaos) und einem den Priestern vorbehaltenen Raum (Adyton).

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zu leugnen, daß in gothischer Baukunst die Richtung auf das Schlanke überwiegt und die Ähnlichkeit mit der Richtung der Crystallisation; im Gegensatz damit in der Verzierung Neigung zu vegetabilen Formen, nicht an gewissen bestimmten Stellen gerade wie in antiker Architectur, sondern durchgehend. | Die Ma nnig f a lt ig keit im f r e i e n S t y l betrachtend, wie er immer verbunden ist mit dem Charakter der freien Geselligkeit und schöner Gartenkunst, kann hier eigentlich viel weniger ein bestimmter Typus herrschen; schon da die architectonischen Werke hier gerne Nachahmung sind, zeigt sich, daß die geschichtliche Richtung sich geltend machen will, und die ganze Vergangenheit im Gebiet der freien Geselligkeit zusammen sein kann; und nie die Mannigfaltigkeit, sondern nur die Überladung tadelhaft ist; wenn Gebäude sich häufen und durch zu große Nähe mit einander streiten, i. e. so daß man immer mehr die Differenz zwischen ihnen als sie selbst auffaßt. Das Centrum ist die eigentliche Villa und soll zu den vegetativen Gruppen in ebenmäßigem Verhältniß sein, i. e. Ma ss e n v e r h ä l t n i s s e u n d E u r h yt h m i e z u sa mm en w irken. In wiefern da Symmetrie sein soll oder nicht bildet den HauptGegensatz im Geschmack, was sich aber mehr auf die schöne Gartenkunst bezieht. So sehr wir alles Technische übergehen, kommen wir doch überall auf einen Punkt, wo der Kü ns t l e r u n d B e st eller in Verkehr sind. Dieser besteht in zwei Stüken, sc. das Werk muß eine g ew isse Vers t ä n d li c h k e i t haben und einen E i n d ru c k des reinen Wohlg ef a l l e n s machen. Bei Mimik und Musik suchten wir diese Frage zu beantworten, ward aber nicht so herausgehoben, weil sie dort geringre Schwierigkeit hat, weil das Künstlerische dort mit dem Kunstlosen zusammenhängt für die Verständlichkeit besonders in Mimik, und in Musik auch, da die einfache Musik auch an sich verständlich ist als Darstellung eines innren Zustands; freilich [ein] größres Stück von Instrumentalmusik ist weit schwerer zu verstehen, weil der Sinn sich schon mehr entwickelt hat; hingegen alles Positive legten wir als zum Technischen gehörig bei Seite. Die Architectur nun schließt sich nicht an an ein schlechthin allgemeines. Die gebundne Thätigkeit in Gestaltung des starren Stoffs zu verschiednen Zwecken ist freilich allgemein, bezieht sich aber ausschließlich auf diesen Zweck, und da ist alles verständlich. Diese Thätigkeiten sind in verschiedensten Völkern und Zeiten dieselben. Ein Gefäß zeigt durch seine Gestalt seine Bestimmung. Dasselbe gilt von den Gebäuden, die den unmittelbaren Lebenszwecken dienen. Aber im eigentlichen Kunstgebiet beruht Verständlichkeit einerseits auf dem, wodurch es noch an gebundner Thätigkeit hängt, i. e. an derjenigen Function des öffentlichen Lebens, 40 auf] an

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auf die es sich bezieht. Die eigentliche Kunstgestalt wird aber dadurch nicht verständlich. Wir sahen daß die Architectur, als das Starre sich aneignend, es nur zu thun hat mit den Anorganischen Formen, und organische nur als Verzierung; und daß der Geist seine Formen darstellen will, die die Natur real gibt. Diese zwei Principien sind von einander unabhängig. Wir fragen nach der Bestimmung des Gebäudes, was die der gebundnen Thätigkeit zugewendete Seite ist. Je mehr sich diese Bestimmung gleich kund gibt aus dem Gebäude, desto richtiger ist es hierin construirt. Da der Künstler aber seine Zeitgenossen voraussetzt, so muß man dieses Gesamtleben erst kennen, um die Bestimmung des Gebäudes zu finden. Da bedient sich die Kunst einer Hülfe, sc. die Künstler setzen oft Überschriften außen an die Gebäude, die gleich die Bestimmung kund geben, oder Verzierungen, die dieses thun z. B. Themis mit der Waage zeigt Gerichtsgebäude [an], kriegerische Verzierungen ein Zeughaus. Vergleichen wir diese zwei Mittel, so ist eine Differenz; sc. steht einmahl fest, daß die Werke der Architectur solcher Verzierungen fähig sind, so sind sie mit in den Gedanken des Werks gezogen und da gehen sie aus der Kunst selbst hervor. Eine Inschrift aber ist ganz Fremdes, wenn sie daher nicht noch einen andern Zweck hat, so ist sie unrichtig, da das Kunstwerk aus Mitteln innerhalb der Kunst selbst klar sein sollte. Die Inschriften haben aber oft einen andren Zweck sc. bestimmte historische Data anzugeben. Ein Mausoleum erkenne ich gleich als Grabstätte aus dem Ort und [der] Strucktur. Da ist eine Inschrift überflüssig um die Bestimmung anzugeben, sondern diese gibt die historische Notiz, was außerhalb des Kunstwerks ist; der Künstler kann Erlaubnis dazu geben, sagt aber sich davon los. Soll die Inschrift aber die Bestimmung eines Werks kund thun, so ist sie nicht ein so gutes Hülfsmittel als ein Emblem. Unser Museum zeigt nicht bestimmt den Zweck. Würde die Innschrift nur das geben, so wäre es unvollkommen, sie | enthält aber das historische Datum, wozu von selbst gehört, daß die Bestimmung mit gegeben ist. Kann man verlangen, daß an der Außenseite des Gebäudes seine Bestimmung erkannt werde? Versetzen wir uns in die Lage des Künstlers, der für seine Zeitgenossen arbeitet; da weiß jeder schon was es sein soll. Kommt aber ein Fremder hin, so hat der Künstler für 14–15 Schleiermacher kannte von seinen Spaziergängen das Berliner Zeughaus am Boulevard Unter den Linden, das als Waffenlager erbaut und 1729 zur Nutzung freigegeben wurde und vielfältige Verzierungen aufweist, die auf den Zweck des Gebäudes hinweisen, wie etwa Prunkhelme, Köpfe von sterbenden Kriegern oder zahlreiche Schlusssteine und Skulpturen (Löwen, Adler u. a.) etc. 29 Die am Fries der Frontseite des Alten Museums in Berlin (vgl. dazu die Sachanmerkung oben S. 776,21–22) deutlich sichtbar angebrachte Inschrift lautet: „Fridericus Guilhelmus III. Studio Antiquitatis Omnigenae Et Artium Liberalium Museum Constituit MDCCCXXVIII“.

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diesen nicht gearbeitet, sondern der Cicerone soll ihn in die Stellung eines Einheimischen bringen. Denken wir sehr verschiedne öffentliche Functionen so wird freilich im Äußern des Gebäudes gesehen, zu welcher es gehöre. Kirche und politisches Gebäude wird man immer unterscheiden, hingegen Gerichtshaus und Rathhaus zu unterscheiden, sieht man keinen Grund. Das ist nur die eine Frage, die Verstä ndl i c h k e i t d e s G e b äu d e s i n B e zi e h u n g a uf seine n Zw eck. Wir wollen aber unter der großen Mannigfaltigkeit wissen: Wie ist der Künstler gerade auf diese b e s t i mm t e C o nst ruction gekommen, wovon ausgegangen? Das hängt mit einer andren Frage zusammen, d. h. aus diesen beiden entsteht eine dritte. Wenn das Gebäude einen Eindruck des Wo h l ge f al l e n s auf mich macht, worauf beruht er? Das ist eine ursprüngliche Frage wie die auch, wie die Construction im Künstler entsteht. Können wir die letzte Frage anders beantworten als: Der Künstler hat einen bestimmten Eindruck hervorbringen wollen, und kann man die erste anders beantworten als: Weil der Gegenstand eine bestimmte Verständlichkeit hervorbringt? So wären die Fragen nur zusammen zu beantworten im Kreise herum, i. e. eins ist durch das andre bedingt[,] Ve r s t än d l i c h k eit des Gebäudes in seiner Individualität und Wo h l ge f al l e n , jenes ist nur so viel als dieses der Fall ist und umgekehrt. — Wir müssen die Hauptpunkte uns wieder vorhalten. Was trägt zur Verständlichkeit bei? Symmetrie, Eurhythmie und Massenverhältnisse. Worauf beruht die Differenz des größren oder geringren Wohlgefallens, wobei das letztre in der Verlgeichung ein Mißfallen ist? Lassen sich diese Fragen unabhängig von einander beantworten, dann auch das Ganze, sonst nicht. In dieser Beziehung die einzelnen Punkte betreffend, ist die S y mmet rie das schlechthin gemeinsame aller Gestaltung aus dem starren Stoff, also ein wesentlicher Typus. Von einer gewissen Seite schließt dieser das Geheimniß der Geometrie in sich, die immer auf dieses zurükgeht; die einfachsten Demonstrationen sind immer nichts andres als Anwendungen des SymmetrieGesetzes, auf Bewegung einer senkrechten Linie auf horizontaler beruht die ganze Lehre vom Dreieck. So Alles was auf Ordinate und Abscisse geht beim PConstruirenS ist Anwendung der Symmetrie. Ein Gebäude, dem die Symmetrie fehlt, schließen wir aus der Kunstbetrachtung aus. Die Künstler machen freilich mannigfaltige Ausflüchte, um auch solches in das Kunstgebiet zu ziehen, indem sie sagen, wenn das Symmetrische nicht auf der Oberfläche ist, so kann man es nicht bemerken, und doch sey es Kunst. Da die Symmetrie so allgemein ist, so kann sie nicht für sich die Besonderheit des Gebäudes mit bestimmen, ausgenommen, daß sie mit der gewöhnli10 ?] .

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chen Schärfe des Sinns will aufgefaßt werden, i. e. die sy mmet rische E i n t h e i lu n g m ü s s e i n ge w i s s e m Verhä lt niß zur G röße des G e b ä u d e s stehen. Hätte unser Schloß nur in der Mitte einen gewöhnlichen Eingang und weiter keine Abtheilungen zu beiden Seiten, so ist Symmetrie nicht verständlich, weil sie nicht übersehbar ist, sondern da müssen auch andre symmetrische Abtheilungen, z. B. noch andre Eingänge helfen. Eine Regel für die Verständlichkeit ist also, d a ß d e r A u s d r u c k d e r Sym m e t r ie muß den D imensionen a n g e m e s s e n s e i n f ü r e i n ge w ö h nliches A ug e. Da ist der Durchschnitt der Zeitgenossen für die gearbeitet wird, der Maaßstab. Ist diese Verständlichkeit zugleich die Bedingung des Wohlgefallens oder ist dieses ein andres? Mangelt die Symmetrie, so ist ein Mißfallen da für ein Kunstwerk, verstehe ich die Symmetrie nicht, so ist sie mir so gut als nicht da und ich kann das Wohlgefallen nicht haben. Die Verständlichkeit ist also hier Bedingung des Wohlgefallens, aber zugleich sage ich, wenn die Symmtrie nicht nothwendig von Natur [aus der] Grund des Wohlgefallens wäre, so gäbe es aus ihr keinen Grund für Verständlichkeit. — Die E u r h yt hmie ist hier das Schwierigste wie in den musikalischen Verhältnissen. Quantitative Verhältnisse sind dabei, aber so aus Zahlenverhältnissen kann man das Wohlgefallen nicht erklären. Bei der Architectur haben wir es hier mit Linearverhältnissen auf der Ebene zu thun. Was kann in diesen Grund des Wohlgefallens sein und in wiefern ist Verständlichkeit damit zusammenhängend[?] | Wenn architectonische Werke nie ganz zu lösen sind von Beziehung auf ein bestimmtes Geschäft, so bezieht sich das auch auf die Principien; und wenn andrerseits sich manifestiren soll der im Wesen des Geistes und [der] Natur liegende Typus von Gestaltung, so muß auch dieses Elementare in der zu suchenden Regel zu finden sein. Wenn wir das Gestaltungsprincip als Hauptsache voranstellen, so finden wir in Natur zweifachen Gestalttyp 1.) durch welchen die Weltkörper werden, von Einem Punkt aus nach allen Seiten hin i. e. Kug e l g e s t a l t u n g 2.) Die Gestaltung in der Art, wie sich das Starre über die Oberfläche erhebt i. e. verticale, g era dlinig e G est a ltung in mannigfachen Formen. Offenbar ist die Architectur auf das letzte gebaut ähnlich der Crystallisation; und das scheint unmittelbar auf die gothischen als antiken Werke zu passen, welche Differenz wir vor3 Das Berliner Schloss war zunächst das Residenzschloss der Hohenzollern. Es wurde 1442 im Auftrag der Markgrafen und Kurfürsten von Brandenburg auf der Spreeinsel in Berlin Mitte (damals Alt-Cölln) aufgebaut und nach barocken Erweiterungen ab 1702 zur königlich-preußischen Residenz. Die Kuppel wurde erst in den Jahren 1845 bis 1853 ergänzt, nach einem durch Friedrich Schinkel bearbeiteten Entwurf von Friedrich Wilhelm IV. (1795–1861).

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läufig ruhen lassen. Die Gestalt im Naturverhältniß betrachtet, wenn eine Masse entsteht, so haben die ve r s c h ie dnen D imensionen ei n e v e r s c hi ed n e B e d e u t u ng . Im Großen ist selten in Natur der Würfel, sondern e i n e R i c h t u ng h at i m m er die O berha nd, aber jede hat eine eigne Bedeutung in Beziehung auf das Gewordenseyn, z. B. Höhe eines vulkanischen Erzeugnisses ist Maaß der vulkanischen Kraft, Länge ist das Maaß der Masse in ihrer Freiheit, die Breite hingegen ist die Begränzung von andren Gegenständen her darstellend. Wären diese Dimensionen gleich, so wäre nichts verständlich, auch wäre es zufällig. Die U n gl e i c h he i t i s t al so v ora uszus etzen weil sie das verständliche ist. So in Architectur verlangt man die Ungleichheit. Die Gleichheit ist ein Extrem, das nicht darf erreicht werden, weil es unverständlich ist. Daraus folgt nicht, daß zur Verständlichkeit gehöre, den Grund der Differenz zu finden, sondern nur ihr Vorhandensein. Das entgegengesetzte Extrem ist auch zu suchen. Jede Seite in architectonischen Werken gehört einer Dimension an, repräsentirt aber zugleich eine andre, ist also das Zusammen zweier Dimensionen. Wäre eine Vorderseite Quadrat, so ist das die unverständliche Gleichheit. Wesentlich aufgegeben ist die Ungleichheit zwischen horizontaler Länge und verticaler [Höhe, die] Kraft des Aufstiegs repräsentirend, und ich denke Linien auf dieser Ebene, so sind sie Theilungen von jener und haben Tendenz, daß das Ganze bestimmt als getheilt gefaßt werde. Würde diese Linie die Gleichheit repräsentiren so würde sie gerade das vorstellen, was im Ganzen vermieden ist, daher in [einer] selbst oblongen Vorderseite quadratische Theile ein Verstoß sind. Als Repräsentation beider Dimensionen soll nun die Façade sein. Denke ich aber L ä n ge z u H ö h e i n s o l c he m Verh ä ltniß da ß nicht be i d e s ü b e r s c h au t w e r d e n k an n vo n dems elben S t a ndpu n k t , sondern jedes von einer besondren Entfernung, so ist das ebenfalls das unverständliche. Gehen wir in Analogie mit Naturtypus, so läßt sich das leicht erklären, daß eine solche Masse, wenn sie mit so geringer Kraft aufstiege von so großer Länge und so geringer Höhe, so finden wir das unnatürlich. So trifft das unverständliche und nicht wohlgefällige zusammen. Man könnte dagegen eine Instanz machen und den Thurm anführen, wo Mißverhältniß zwischen Länge und Höhe ist. Im Thurm entsteht mir nun nicht jener fatale Eindruck, wie wenn es ein Gebäude wäre. Der Thurm ist ein strittiger Gegenstand und diejenigen die alles von Antike aus betrachten, verwerfen ihn, die vom Gothischen nicht; wir sind indifferent hierin, und fragen woher [kommt] dieser Naturtypus? Das kommt in der Natur vor, daß Masse von kleinrer Grundfläche zu unverhältnißmäßiger Höhe sich erhebt, also nicht daß es Nachahmung wäre, aber Identität des Idealen und Realen. In diesem Fall ist ein noch so großes Übergewicht der Vertica-

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len über die Grundfläche nicht im Widerspruch mit Naturverhältniß wie das umgekehrte. So haben wir [das] Extrem. Was ein G ebä ude i n s e i n en D i m e n s i o n e n ve r s t än dl ich ma cht und zug l eich Wo h l g e f a l l e n b e w i r k t , d as i s t d i e Ung leichheit , die a ls solc h e a u f g ef aß t w e r d e n k an n . Wollten wir nun die bestimmten unendlichen Arten dieser Ungleichheit classificiren in solche die einen größren oder schwächren Eindruck machen, so kommen wir in das P o s i t i v e , | wie in Musik, wo das Harmonische im Anfang einfach ist, und Vieles nicht zuließ, das verwirrt hätte aber nur weil der musikalische Sinn nicht entwickelt war, je entwickelter dieser, desto kühner die Componisten. So in Architectur. Auf diesem engen Gebiet kann man also nicht irgend ein Bestimmtes als immer Feststehendes als immerwährende Regel ansehen. Sondern die Erfahrung stellt sie hier analog mit der Musik. Die Architectur hat freilich eine andre geschichtliche Form wegen ihrem Zusammenhang mit [dem] öffentlichen Leben. In diesem gibt es natürlich nur gewisse Perioden, die die Architectur in hohem Grad begünstigen, nachher erscheint sie nur auf sporadische Weise, und macht nicht neue Fortschritte, bis das öffentliche Leben einen neuen Stoß erhält. Alle Bewegungen im öffentlichen Leben haben einen gewaltsamen Charakter. Die erste Bewegung kann nicht die Architectur begünstigen, sondern das Aufhören der Aufregung und Übergehen in festen Zustand. Dieser Moment bringt die architectonischen Werke in größren Massen hervor und dann entstehen neue Formen, aber immer unter Bedingungen. So ist das Wesen gleich wie in Musik, nur die Veränderung viel langsamer. Von großer Bedeutung scheint nun folgender Punkt. Wenn wir dieses Verhältniß betrachten: Architectur, im Gestaltungssystem der Typus, der auch in Natur ist zu Grunde legend und doch in ihren We r k e n i n b e s ti m m t er B e z i e h u n g a uf da s öff entliche Leben i . e . E t h i s c h e . Da entsteht noch ein ganz andrer Grund des Wohlgefallens. Ein architectonisches Werk kann besonders in Rücksicht der Eurhythmie sehr unvollkommen sein und bringt doch diesen Haupteindruck hervor und in diesem verschwindet dieses Unvollkommne in gewissem Grad. Zwar das geübte Auge wird dieses immer mitsehen, aber nie so, daß es jenes verdunkelt. Das ist nun aber dieses Aufeinanderbezogensein des P h ys i s c h e n u n d Et hischen und zwar gerade in den größten Momenten der Existenz; denn der Ty pus v on G es t a l t i s t e i ge n t l i c h d e r, d u r c h d e n die O berflä che der Erde w a r d , d a s E t h i s c h e abe r i s t d i e A r t, w ie die Entw icklun g en d e s m e n s c h l i c h e n G e i s t e s w e r d e n . Indem nun beides aufeinander bezogen und Eins ist, so ist, indem der menschliche Geist für sich gestaltet, dieses der s t är k s t e A u s d ruck f ür [die ] Herrsch a ft d e s G e i s t e s ü b e r d i e M as s e . Das findet sich schon in den ersten

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architectonischen Werken, obwohl unvollkommen, weil das Massenverhältniß dominirt. Je mehr das mit hervortritt, was ein feineres Wohlgefallen erregt, desto vollkommner, und das ist wie das Hinzukommen des Harmonischen zum Melodischen in der Musik. Nun läßt die Architectur zufällige Theile zu, die zugleich an der Gränze ihres Gebiets liegen und einen andren Typus haben, welcher den antiken und gothischen Werken gemeinsam ist, d a s Veg et a t iv e a ls La ubw e r k u n d Ro s e t t e n in antiken, und die vielen blumenartigen Verzierungen in [der] Art wie die Säulen mit dem Gebäude zusammenhängen in der gothischen Architectur. Durch das Hinzukommen von diesem ist der ganze Gestaltentypus in dieser Kunst zusammengebunden, woraus eine gewisse Richtung auf Totalität entsteht. Wir finden auch die a n i m al i s c h e G e s t al t u ng im Relief der antiken Verzierungen und ebenso häufig in gothischen Werken, so daß die Verzierungen den ganzen Gegensatz von der andern Seite hervortreten lassen, dem organischen zum anorganischen. Also ist das ganze Gestaltungsprincip da. Nur der eigentlich cosmische Typus, das Kug elförm ig e hat in Architectur eigentlich keinen Raum. Analogien finden wir aber immer nur als Theile, ein gewölbtes Dach ist ein Fragment einer Kugel, so das Gewölbe im Innern und so kommen in manchen architectonischen Systemen Verzierungen, welche kugelförmig sind. Aber es ist hier genau zu unterscheiden, was als Verzierung und was als dem Ganzen wesentlich erscheint. Das letztre gehört immer dem Haupttypus an und ist nur aus diesem verständlich. Dem Gewölbe entspricht in Natur die Höhle und es hat nichts zu schaffen mit der cosmischen Gestaltung, die ja das Solide, nicht den leeren Raum hervorbringt. Wenn wir nun finden, wie das Cylindrische und Kugelfragment einen bedeutenden Raum einnimmt in architectonischer Gestaltung des einen Systems, im andern aber nur crystalline | Gestaltung vorwaltet, so sehen wir nun zwei Arten, auf den Typus zurükzugehen. In der letztren kann geradlinig und rundes zusammenseyn, übertragen wir es aber auf die E u r h yt h m i e , s o w i d e r s t rebt die se je der Zusa m m e n s e t z u ng au s d e m G e r ad l i ni ge n und Krummen. Eine Zeit gab es zwar, wo dieses herrschte, aber es konnte sich nicht lange halten. Das hat den Grund, daß das Geradlinige und Krumme gegeneinander unmeßbar ist, und daß diese Zusammensetzung dem Naturtypus widerstrebt, der der Architectur zu Grund liegt. Niemand wird mehr eine Façade wollen wie unsre königliche Bibliothek, denn es 15 hervortreten lassen] hervortritt 38 Die Königliche Bibliothek am Bebelplatz in Berlin wurde von 1775 bis 1780 im Auftrag von Friedrich Wilhelm II. (1744–1797) durch Michael Philipp Boumann und Georg Christian Unger im Stil des Barock entworfen und erbaut.

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ist u n m e ß b ar und unverständlich. Anders verhält es sich mit den Ve r z i e ru n ge n , denn da waltet eben das Hauptgesetz nicht, was den Unterschied statuirt zwischen dem Wesentlichen und Zufälligen; im letztren muß nicht der Naturtypus der Architectur walten, sondern ein andrer, und in dieser Unterordnung erscheint es eben als zufällig. Überall sind Ve r s t än d l i c hk e i t u n d Wohlg efa llen hier durcheinander bedingt, aber es ist nur Verständlichkeit des sinnlichen Auges, je mehr dieses geübt wird, desto schwierigre Verhältnisse werden doch allmählig können aufgefaßt werden, dann wird das Mannigfaltige desto mehr erlaubt sein und die beschränkenden Regeln in dieser Hinsicht sind vorübergehend. Sonderbar ist es daher, wie die Einen nur das antike, die Andern nur das Gothische, und noch Andre beide zusammen als das Ganze der Kunst erschöpfend erklären. Vielmehr werden Entwicklungen des öffentlichen Lebens, die nicht unmittelbar mit dem, woraus das eine oder andre System der Architectur sich gebildet hat, zusammenhängen, auch neue Formen hervorrufen, aber immer auf dieses Gesetz gewiesen. — Sehen wir noch auf die Werke des l e i c h t e n S t yl s , i. e. die nicht unmittelbar mit dem öffentlichen Leben zusammenhängen, aber wiewohl aus Privatvermögen entstehend für freie Geselligkeit sind und zusammen sein wollen mit schöner Gartenkunst, so ist, weil das gebildete Leben überhaupt immer das geschichtliche, da ein Z u s am me n s e i n von F ormen a us v ersch iedn e n Ze i t e n u n d Z u s t än d e n d e nkba r. Aber dabei muß der Ch a r a k t e r d e r L e i c h t i gk e i t vorwalten, daß keine Versuchung ist, sie auf das öffentliche Leben zu beziehen, sondern im Zusammensein mit [der] schönen Natur analogem, oder als ein sich mehr in Kunst Hineinwagen des Privatlebens nun für ein großes Gebieth der Geselligkeit da zu seyn. Da ist große Mannigfaltigkeit möglich, und neue Formen, die nicht bedingt sind durch wesentliche Änderungen im öffenlichen Leben, indem der Künstler in den verschiednen Formen spielt, um ein Gefälliges und für diesen Kreis bedeutsames zu produciren.

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2 . D i e s c h ö n e G a rt enkunst Von Geschäftsseite der A gr i c u l t u r verwandt, von der andern der M a h l e r e y wegen [der] Lichtverhältnisse und Färbung, da ohne die mannigfaltigen Farben der Gewächse schwerlich eine Kunst würde. Die Agricultur ist die reale Bedingung; und die Kunst schließt sich wie die Architectur an dieses Geschäft als accidens an, ehe sie selbstständig hervortritt. R i c h t u ng au f r e ge l m ä ßig e G est a ltung ist von selbst in Agricultur und hier ist etwas Ähnliches wie die Symmetrie,

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die sich am starren Stoff in Architectur überall findet; vermissen wir diese regelmäßige Gestaltung, so suchen wir ein Hinderniß auf, weil wir die Richtung darauf voraussetzen. Natürlich ist die Regelmäßigkeit eine geradlinige am Boden, weil das die Richtung ist, in der sich da alle Thätigkeit bewegt. Aber es wird Gleichheit und Regelmäßigkeit dafür gesucht. Bietet das Terrain Hindernisse, so opfert man die regelmäßige Gestaltung oder opfert ihr zu liebe ein Stük des Bodens auf. Nehmen wir die Agricultur im eigentlichen F eldba u, so kommt sie schwerlich weiter als zur e i n f ac h s t e n Reg elmä ßig keit . Denken wir dabei die B au m z u c h t , so entsteht schon, weil das Einzelne sich mehr hervorhebt, eine T h e i lu ng d e s G a nzen durch da s Einze l n e was der Eurhythmie ähnlich ist, und gleich sieht man die Regel, nach welcher die Bäume gepflanzt sind. Die | geschäftliche Aufgabe schon will jedem Baum so viel Raum geben als zu seiner Entwicklung nöthig ist, und dabei doch so wenig Raum als möglich zu verlieren. Daher hatten die Alten die Gestalt P S. Aber darauf kommt es uns hier nicht an, sondern auf R e ge l m äß i gkeit dieser T heile z um G a n z en ; und das reducirt sich auf eine Ebene, die auf verschiedne Art durchschnitten werden kann. Sobald man aber die Baumcultur denkt in Form der F o r s t k u l t u r, so ist da ein ganz andres Princip, da sind in freier Natur zusammenstehende Gewächse verschiedner Art unter einander gemischt; für das Geschäftliche ist dieß eine Aufgabe ob es erträglicher sey, die M i s c h u ng zu erhalten, oder die verschiednen Arten zu sondern. In jenem nur kann die Abwechslung des Lichts und [der] Farbe hervortreten und nur durch das Hinzukommen dieses Moments kann die Kunst selbstständig werden. Es sind Verschiedenheit der gebrochnen Farben und zugleich verschiedne vegetative Formen, beides ist der Eurhythmie fähig, für verschiedne Entwicklung des Sinns verschiedne, wie in Architectur, Musik. Bedenken wir wie die rein geschäftliche Thätigkeit, an welcher Elemente der Kunst sind, f r e i e P r o d u c t i vi t ät w i r d : s o ge s c h i e ht da s nur da durch da ß da s r e a l e , o b je c t i ve I n t e r e s s e d e s G eschä f ts zurükt ritt, hi n g e g e n d a s B e w u ß t s e yn d e r m e n schlichen Kra ft und Th ä t i g k e i t a n d e r E n t w i c k l u n g d e r v eg eta bil en G esta lten u n d d e r e n Wi r k u nge n h e r vo r t r i t t . Es ist die Wirkung des Menschen in der Natur aber nicht insofern sie starrer Stoff ist, sondern das vegetative Leben entwickelnd, also Gew a lt des Men schen üb e r d i e s e F u n c ti o n d e r Nat u r d i e au s Interesse der S elbst 16 die … P

S] bricht ab

16 Zusatz ÄLo: „dies ist die Ursache, warum die Alten schon bei ihren Baumpflanzungen überall die Form des Quincunx vorgezogen haben“.

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e r h a l t u n g n u n i n f r e i e P r o d u c t i vitä t überg eht . Anschaulich soll werden die Vollkommenheit der vegetativen Formen und das Zusammengeschautwerden ihrer Mannigfaltigkeit als Wirkung der menschlichen Thätigkeit. Falsch ist Vorstellung, es sey auf die Täuschung abgesehen, als ob das reines Product der Natur wäre, vielmehr soll die menschliche Thätigkeit daran angeschaut werden, als die Hindernisse des vegetativen Lebens entfernend, liegen sie im Mißverhältniß des Bodens zu dem was er tragen soll, oder [in] der Umgebung zur Entwicklung des einzelnen Gewächses. Andrerseits ist das Harmonische in der Mischung von Gestalten und Färbung nur durch menschliche Thätigkeit hier so geworden, veranlaßt freilich durch das, was die Natur hierin wild läßt, aber nicht daran gebunden. — Verwandt mit Architectur und Mahlerey; dabei denkt jeder von selbst an die L an d s c h af t s m ah le r e i und man denkt, was diese auf der Fläche darbietet, bietet die schöne Gartenkunst auf eine objective Weise dar, so wie man sagte Sculptur zu Mahlerey sei wie Wirklichkeit zum Schein, welches letztre freilich offenbar falsch ist, da Wirklichkeit im Zusammenhang des Innern mit dem Äußern besteht. Anders hier, die Gewächse und ihre Gruppen sind Wirkliches und da kann man jenes sagen. Fragt man weiter: Was ist das Gesetz, wonach man zusammenstellt? Was in einer Landschaft schön ist, das ist auch in der Gartenkunst schön, und was in dieser auch in jener. Da ist eine Parallele, Identität der Behandlung aber nur in dieser bestimmten Beziehung. Die zwei Ve r h äl t n i s s e z u r A r chit ectur und zur Ma hler e y will ich erläutern durch zwei extreme Beispiele, wenn das Analoge übertrieben wird. Diejenige sch öne G a rt enk unst sc. w e l c h e d i e Ve ge t at i o n i n w i r k li c he a rchitect onische F orm e n u m b i l d e t , i s t ei n e Ve r k e n nun g des Verhä ltnisses . Wände, Gewölbe, Säulengänge von Bäumen ist diese Mißgestaltung der Vegetation, aus falscher Auffaßung der Verwandtschaft mit Architectur. Allerdings ist da gar sehr die Gewalt des Menschen sichtbar an der Gestaltung der Vegetation aber nicht um sie zu befreien, sondern in eine ihr widernatürliche dem Leben widerstreitende Gestalt hineinzuzwingen. Indeß hätte sich dieses nicht so lange halten können, wenn es nicht ein Wohlgefallen bewirkt, nur konnte dieses nicht ausgehen von Freude am vegetativen Leben, sondern nur an der Gewalt des Menschen über dieses, aber in willkürlich naturwidrigen Formen. Denken wir an jenes, in wiefern die Kunst Nachahmung der Natur sey, wo wir sahen es sei nicht Nachahmung, sondern was so erschien gehe von Identität aus dessen, was im Geist und in der Natur formbildend ist. Hier erscheint es umgekehrt | die Natur wird zu Nachah38–41 Vgl. oben Stunden 4, 5, 24 und 37

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mung der Kunst gezwungen, die selbst eine Nachahmung der Natur wäre. So soll Architectur die starren Formen in der Natur nachahmen; da man alles in starres und lebendes theilt, da ließe man die Natur Rückschritt machen, indem das Lebendige in Form des Todten erscheinen soll. Dazu ist freilich viel Kraft des vegetativen Lebens nöthig, und kommt zur Anschauung, aber als Wand oder Hirsch oder Schwan wie in Holländischen Gärten ist das ganz unnatürlich. Daher ist diese Auswucherung beseitigt. Das an d re Extrem, w enn ma n v o n Ve r wa n d t s c h af t d e r G ar t e n ku nst mit La ndsch a ftsm a h l e r e i ausgeht, so ist in dieser aufgegeben eine Mannigfaltigkeit des Terrains; denkt man es sey eine reine Ebene, so darf sie nur einen kleinen Umfang darstellen, sonst ist ein Mangel; hat sie nur etwas Umfang, so erscheint es dürftig; wenn kein Wechsel ist von Höhe und Tiefe. Sagt man was so die Landschaftsmahlerei auf [der] Fläche gibt, soll die Gartenkunst objectiv geben, so fordert man Abwechslung des Terrains, die man also hervorbringen müsse, wo sie nicht gegeben ist. So entstehen künstliche Berge und künstliche Felsen, die man epigrammatisch lächerlich machte. Dennoch dominirte auch diese Auswucherung eine Zeitlang obgleich man es doch als Kleinliches erkennen muß, da es das Naturverhältniß gar nicht darstellen kann, denn findet man in der Natur etwas wie einen gemachten Berg im Garten, oder finden sich einige Geschiebe, so achtet Niemand darauf; und weiter bringt es doch die Kunst nicht ist also lächerlich. A nders f r e y li c h v e r h äl t e s s i c h m i t d e r A bw echslung z wischen L a n d u n d Wa s s e r, denn da hat die Kunst ihren Rückgang an dem Geschäftsinteresse, denn das Wasser zweckmäßig zu verbreiten über einen angebauten Raum ist für Agricultur sehr wichtig, findet sich also schon in dem was die Basis ist für die Kunst. Also: „Es dürfen keine Hunde laufen, damit sie nicht die Seen aussaufen“ ist zu weitgehende Satyre. Schwerlich kann man eine schöne Gartenanlage denken, ohne das Wasser zu sehen, weil das Ganze sonst scheint auf einem Ungefähren zu beruhen; eine durch menschliche Thätigkeit außerordentlich gehäufte und gesteigerte Vegetation begnügt sich nicht mit atmosphärischer Befeuchtung, sondern erfordert mehr. Unsre schöne Gartenanlage auf der Pfaueninsel ist als Insel von Wasser umgeben und ist doch erst vollkommen mit künstlicher Bewäßerung zur 34 atmosphärischer] athmosphärischer 35–1 Die Pfaueninsel befindet sich in der Havel zwischen Berlin und Potsdam und wurde zunächst von Friedrich Wilhelm II. kultiviert, der die Insel 1793 erwarb. Friedrich Wilhem III. (1770–1840) baute die Pfaueninsel aus, veranlasste die Umgestaltung der Parkanlagen durch Peter Joseph Lenné 1821 und ließ eine Menagerie einrichten, die den Grundstock für den 1844 eröffneten Zoologischen Garten von Berlin bildete.

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Anschauung gebracht, und die rechte Sufficienz erst bewirkt hier Erhaltung des vegetativen Lebens, wie es da gesteigert ist. Wo die Möglichkeit ganz fehlt, ist es vergeblich mit solchen Anlagen so fortzuschreiten, es fehlt das Gefühl der Sicherheit ihres Fortbestehens, und eine Gartenanlage die die Folgen irgend einer Trockenheit wie die wilde Natur in sich spielen läßt, ist ein schlechtes Kunstwerk, und nur das Mitaufgenommensein des Wassers in das Ganze kann diese Sicherheit geben. Dieses Sachverhältniß hat Analogien mit der Architectur, wo von allen Dingen das Gefühl der Sicherheit gewollt ist als Maaß der Kühnheit. Was da Princip des Schlanken ist, worin immer Kühnheit verticaler Erhebung vorwaltet bei geringer Basis, das ist hier das Hervorrufen einer starken Vegetation auf unfruchtbarem Terrain. Die Sicherheit muß dabei sein. Sicherheit muß die Gewalt des vegetativen Lebens verbürgen. Weit entfernt also, daß Täuschung seyn solle, als ob was menschliches Werk ist von Natur producirt sey, kann vielmehr das Kunstwerk keinen Eindruck machen, wenn man nicht überall menschliche Thätigkeit zur Anschauung bekommt. Je mehr also die Naturbedingungen so sind, daß das Fortbestehen scheint ohne Zuthun des Menschen zu erfolgen, desto mehr sind Elemente nöthig, die immer wieder auf menschliche Thätigkeit hinweisen. Denke ich zwei Gartenanlagen eine in ungünstigem Terrain, eine in höchst fruchtbarem, so begnüge ich [mich], wenn jene nur Mannigfaltigkeit darstellt von Vegetationen die unsrem Clima verwandt sind, hingegen in begünstigtem Boden genügt das nicht, sondern man verlangt, daß da der Natur durch menschliche Thätigkeit mehr hätte | abgelockt werden können, exotische Gewächse, die noch den Charakter des Fremden an sich haben. Da die schöne Gartenkunst es mit Gestaltung des Lebendigen in seinen L i c h t ve r h äl t n i s s e n zu thun hat, so ist dieses von atmosphärischen Einflüssen abhängig, und man muß in gegenseitiger Beziehung der Vegetation und des Atmosphärischen sein. Da der Mensch mit dem ganzen Erdboden bekannt, so hat diese Kunst einen exot ischen T h e i l , das Zusammenbringen von Gestaltungen aus verschiednen Gegenden. Das Zusammenbringen der Naturproducte aus verschiednen Gegenden und damit das Übertragen von Naturkräften in verschiednen Gegenden, schließt sich ganz an die gebundne Thätigkeit; man will, was von dieser Pflanze für [menschliche] Bedürfnisse ist; nun haben sie auch ihre Gestaltung, und deren Vollkommenheit ist noch mehr als bei einheimischen, Werk der menschlichen Pflege und PKunstS also freie Thätigkeit. Die freie Productivität richtet sich also 1 gebracht] folgt ))ist** 29–30 atmosphärischen] athmosphärischen sphärischen] Athmosphärischen

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auf Thätigkeiten des Menschen an der Vegetation. Ist es aber bloß die epideictische Seite, die dominirt, so wäre es eher eine Ausartung der gebundnen Thätigkeit als eine Kunst. Da begründet sich, wie in Architectur die Eurhythmie, Linearverhältnisse in Beziehung auf Höhe und Tiefe, hier das Verhältniß der verschiednen Abstuffungen der Vegetation, zusammen mit dem Verhältniß der Differenz zwischen Boden und der Atmosphäre. Da ist A b s t u f f u n g v on Rosen, Blumen, S t a u d e n , B ä u m e n und sie sind beständig zusammenwirkend. Im richtigen Verhältniß dieses Zusammenwirkens ist die Vollk om m enh e i t d e r Ku n s t . Nach Beschaffenheit des Terrains muß das eine oder andre an gewissen Stellen überwiegen aber immer mit den andren in relativem Gegensatz eine gewisse Harmonie des Ganzen [bilden]. Soll die Kunst mit Musik verwandt sein, so auch der Eindruck. Durch die selbstständige Musik kam zur Anschauung die Beweglichkeit der subjectiven Seite des Bewußtseyns durch den Ton wie dieser in innrer Verwandtschaft steht mit den Äußerungen des Bewußtseyns selbst. Nun ist hier die Vegetation nicht so ein Product des Menschen wie der Ton. Aber der Mensch ist von der einen Seite ein Glied im Gesamtleben der Erde und steht in Wechselwirkung mit seinem Einzelleben zum Gemeinleben. Die Atmosphäre im Wechsel und [der] climatische Ton üben Einfluß auf das innre Leben, und die höchste individuelle Freiheit sogar kann sich davon nur befreien durch möglichste Abschließung. Sofern der Mensch sich receptiv verhält, ist also ein ähnliches Verhältniß wie beim Ton, auch das vegetative Leben in seinem atmosphärischen Zusammenhang betrachtet, afficirt uns und ein Typus läßt sich festhalten. Aber die Ve r s t än d l ichk eit ist nicht größer als das Musikalische. Finden wir nun hier ein bestimmtes Mittel, die Sache auf Bestimmtres zurückzuführen. Die Instrumentalmusik stellte innre Verwandtschaft dar mit einfachen Sätzen aus der Poesie oder Mimik, begleitende Musik, die daher bekannt sind. In unsrem Gebiet ist da kein Mittel als der Z u samm e n han g mit dem A rchitectoni s c h e n , was seine größte Bestimmtheit hat. Eine Anlage, die nicht als Centrum ein architectonisches Werk hat, ist freilich dann unbestimmter. Zwischen Anlage und Wohngebäude ist eine Beziehung, und das Gebäude muß seine Verständlichkeit der Anlage mittheilen, und jedes Gebäude hat ja seinen Styl der Beziehung zum öffentlichen Leben, wenn auch Privatgebäude. Dieser Styl muß sich in der Anlage wiederholen und so entsteht eine Bestimmtheit. Anlage ohne architectonischen Mittelpunkt muß auf ganz andre Weise gefaßt werden, ohne eine Beziehung auf Architectonisches läßt sich aber nichts so denken. 7 Atmosphäre.] Athmosphäre 20 Atmosphäre] Athmosphäre 25 atmosphärischen] athmosphärischen

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Denken wir [an] unsren Thiergarten, den Prater, so ist der Schlüssel zur Anlage ihre Beziehung zum Architectonischen der Stadt, und so wird der Charakter ein andrer. Bezöge sich der Thiergarten auf das Schloß Bellevue, so müßte die Analge einen ganz andren Charakter haben. Indem so die Art und Weise des menschlichen Lebens sich bestimmt, für welches die Anlage gemacht ist, so gebe sie, mit jenem übereinstimmend, einen bestimmten Eindruck. Ist es, wiewohl ein zugleich seiendes, doch für jeden immer nur ein Aufeinanderfolgendes und bildet dieses solche Wechsel der Verhältnisse wie die musikalischen Abschnitte, so macht dieser Wechsel ebenso den allgemeinen Eindruck | von der B e w e gl i c h ke i t des Bew ußt sey ns durch d i es e N a tu r ve r h äl t n i s s e . Die Werke sind zugleich da, aber im Kunsteindruck wirken sie nur successiv, was parenthetisch hier eine allgemeine Betrachtung erfordert. Ma n stellte sc. d ie ses a ls H a u p t G e g e n s at z : Kü n s te , d e r e n Werke zug leich da sind, u n d s o l c h e , d e r e n We r k e n u r s u ccessiv da sind. Aber dieser Gegensatz ist s e h r u n t e r ge o r dn e t , weil er sich gar nicht recht fixieren läßt. Stellen wir uns einem Kunstwerk gegenüber, so gibt es sehr wenig, was daran von ihm als ein zugleich ganz daseiendes kann gefaßt werden. Oberflächlich betrachtet ist Mimik und Musik nur in Werken der Succession, Architectur und Gartenkunst solche, wo das Werk zugleich ist, und so scheint es von bildenden Künsten überhaupt, Poesie nur in der Succession. Aber genauer betrachtet, verschwinden diese Differenzen. Ein architectonisches Werk von einem gewissen Umfang, was ja wesentlich ist, so kann man es nicht als Eins gleichzeitig übersehen, sonst müßte man sich in solche Entfernung stellen, wo das Einzelne und seine Verhältnisse uns entgeht, stellt man sich vor das Einzelne nahe genug, so sieht man das Ganze nicht. Gebäude dann von verschiednen Façaden muß man ja ohnehin successiv betrachten. So ist ein Garten freilich zugleich da, aber als Kunstwerk auf mich Bezug habend ist er nie auf einmahl da, sondern entweder ein Überblick, wo das Einzelne mir entgeht, oder den Grundriß, aber 28 vor] für

31 er] sie

1 Der „Große Tiergarten“ in Berlin wurde in der Regierungszeit von Friedrich I. (1657–1713) in seiner grundlegenden Struktur angelegt. Zunächst als Jagdgebiet verwendet, wurde der Tiergarten 1742 unter Friedrich II. (1712–1786) als Lustpark für die Bevölkerung geöffnet. 4 Nördlich an den Großen Tiergarten angrenzend und am südlichen Ufer der Spree gelegen, wurde das Berliner Schloss Bellevue vom jüngsten Bruder von Friedrich II., August Ferdinand von Preußen, in Auftrag gegeben. Das in drei Flügeln angelegte Gebäude wurde nach einem Entwurf von Michael Philipp Boumann im Stil des Frühklassizissmus von 1785 bis 1786 erbaut. 14–18 Vgl. Schleiermachers Kollegheft Ästhetik 1819, S. 82,23–5 und die entsprechende Sachanmerkung

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da gibt sich die Sache selbst nicht. Denn auf der andren Seite nehmen wir die Mimik, so ist das Kunstwerk doch nicht nur im Ganzen, sondern auch in einzelnen Momenten seinen Schluß habend in der Gruppierung die die vorangegangne Bewegung repräsentirt; und wenn man auch das Ganze in Succession betrachtet, so müssen wir doch immer das schon Vorüberseiende vergegenwärtigen und in jedem Moment ist der Kunstgenuß nur da, insofern er die frühren in sich schließt. Aufgabe ist also, sich das Successive in ein Zugleichseiendes zu verwandeln. Der Unterschied ist von beiden Seiten angesehen doch nur ein fließender, und der Gegensatz bedeutet nichts weiter, als daß alles Auffassen, wie alle Productivität immer successiv ist, und ein Kunstwerk ist immer das Zugleichsein i. e. wahre Einheit sein und das Successiv sein i. e. in Reihe von Momenten nur hervorzubringende und aufzufassende. Dieses gilt auch von den bildenden Künsten. Schon die Alten machten auf einen Punkt aufmerksam der am liebsten mich von dieser Kunst auf die bildende hinüberleitet. In Beziehung auf Architectur sahen wir, es sei der Charakter der Kindheit der Kunst zusammenhängend mit einer gewissen Stuffe der Entwicklung, auf der manche Völker stehen bleiben, wenn die architectonischen Kunstwerke nur colossal sind, wenn das Verhältniß der Masse da zur unendlichen Kraft des Menschen als das alles dominirende hervortritt. Das ist noch eine Roheit der Kunst. In den G ar t e n an l agen findet sich große Ab s t u f f u n g in Be z i e h u n g au f d as q u an tit a t iv e Verh ä lt niß, aber gewißermaßen umgekehrt. Sehen wir große Anlagen an [ein] Privatgebäude geknüpft, also auf das einzelne Leben bezogen, so daß es doch auch eine bedeutende Quantität hätte, wenn man es auf das ganze Land bezieht, so entsteht Bewußtseyn von großem Übergewicht des Einzellebens in der Gesamtheit. Denken wir umgekehrt die nationale Thätigkeit selbst überall als das uneigentliche Gebiet dieser Kunst hervortretend und nur im Einzelnen die Kunst rein für sich hervortretend, so ist dann in beiden Fällen Charakter des Colossalen aber im umgekehrten Eindruck. Alte Karten von England, die alle Parks der PGroßenS mit angeben. Die bilden eine sehr bedeutende Masse, so daß der aristokratische Charakter sehr bestimmt hervortritt. Sagt man hingegen eine ganze Gegend ist ein Garten, so erscheint die gebundne Thätigkeit als Eins geworden mit der freien Kunst was so deren maximum ist, und die Kunst an ihr zugleich. Wo sind dann die Punkte, wo dann die schöne Gartenkunst selbstständig erscheint? Diejenigen wo gleich das öffentliche Leben centralisiert [ist], in monarchischen Staaten die Sitze des Regenten, aber indem der Gegensatz hier aufgehoben ist, so ist auch der Eindruck nicht mehr derselbe. Im | republikanischen Staate [gibt es] Punkte, wo sich das Volksleben centralisiert i. e. Städte. Also wo Städte in Gegenden die ganz Garten sind, und in

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Anlagen um sie herum frei werden, da kann man das Ganze nirgends übersehen. — Also in Beziehung auf die bildenden Künste sagten schon die A l t e n , d aß We r k e , d i e n i cht könnt en a uf Einma hl ü b e r s e h e n w e r d e n , n i c h t e i ge nt l ich Kunst w erke seien, weil ihnen die innre Einheit fehlt. Dadurch stekten sie diesen Künsten eine sehr bestimmte Gränze der Quantität nach. Das scheint sehr wahr, aber es gibt auch eine entgegengesetzte Betrachtung davon. Das führt auf die schwierigen Fragen [nach] der G renze der bildenden Kunst. Colossale Statue wie Coloß zu Rhodos muß natürlich in obren Theilen verlängert sein, weil es sich beim Anblick verbirgt; würde man es mit verändertem Maaßstab kleiner wiedergeben, so wäre es Mißgestalt und man sagte: Was durch Änderung des Maaßstabs seinen Kunstwerth verliert, ist kein Kunstwerk. So sagte man die Gothische Baukunst mache nur im Großen Eindruk, im Kleinen aber nicht, wohl aber die Verzierungen. Das ist nun kein allgemeines Urtheil, bestätigt aber die Regel. Oft hat man kleine Gebäude im Gothischen Styl in Gartenanlagen gemacht, und sie haben denselben Eindruck gemacht, wie die des Griechischen Styls. Also ist es nur ein Geschmacksurtheil, aber die Regel erleidet dadurch keinen Abbruch. Wollte nun einer in schöner Gartenkunst in kleinem Raum einen großen Park nachahmen, so ist es lächerlich; aber daraus folgt nicht daß die schöne Gartenkunst nicht mehr Kunst sei, und der fatale Eindruck ist nicht der verkleinerte Maaßstab an sich, sondern der aufgehobne, i. e. daß nicht alle Theile gleichmäßig sich verändern lassen. Also was allein von der Größe abhängt, ist freilich kein Kunstwerk. Auch in Architectur ist keine absolute Größe, sondern eine verhältnißmäßige zum öffentlichen Leben das nöthige. Nicht nur das Colossale in Sculptur, sondern auch in Mahlerei will man so ausschließen.

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[3. Malerei] Ein Gemählde in sehr großem Maaßstab wird auch nöthigen den Maaßstab aufzuheben, wenn man ihn verkleinert, das trifft dann alle Dimensionen, und so könnte ein Gemählde nur richtig angeschaut werden aus einem gewissen Standpunkt. Was ist das hier eigentlich, was den Begriff der Kunst aufhebt? Nicht bloß der Maaßstab, oder daß dasselbe [Kunstwerk] in andrem Maaßstab nicht denselben Eindruck mache, denn so etwas zu thun ist gar keine Aufgabe in der Kunst; allein es ist dieses, daß das so construirte Kunstwerk eigentlich nur besteht im Verhältniß seiner einzelnen Theile zu einander, es will 1 da] so

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nun aber für ein andres gehalten sein [als es] ist; denn es ist nur das, was es in jeder Größe gleich hätte; hat [es] diese Mißform so an sich und ich fasse dann nicht dieses, was es ist, sondern ein andres, i. e. es ist eine T ä u s c h u ng im Spiel und das eben schließt solche Werke von der Kunst aus, daß sie auf einer Täuschung beruhen. Dieses verlangt eine allgemeine Erörterung und hängt mit einem früher ganz allgemeinen Irrthum zusammen, sc. als ob es gewisse Künste gebe, deren Werth auf Täuschung beruht. So sieht man oft die dramatische Mimik an, als sei das der Maaßstab, daß man so hingerissen wird, die Schauspieler für die Personen selbst zu halten. Das ging sogar in die Theorie über und daher verwarf man die Masken der Alten und ihre unvollkommne Decorationsweise, weil das alles die Täuschung aufhebe. Aber klar besteht der Kunstwerth darin eigentlich nicht, sondern das ist ein fremdartiger Effect, welcher zeigt, daß wer dem ausgesetzt ist, sich nicht auf den Standpunkt der Kunst erhält. Die Alten hielten sich nicht auf dem Standpunkt der Täuschung, auch wir jetzt legen es nicht auf Täuschung an. Die mimische Wahrheit, daß die Bewegungen dieselben sind, die unter den vorausgesetzten Bedingungen erfolgen würden, ist von der Täuschung, als sei der Schauspieler der Held ganz verschieden, ja geht darin verloren, weil mir dann der kunstlose Naturausdruck erscheint, da mir doch das Kunstwerk erscheinen soll. Daher wenn die Täuschung sich laut macht, so wäre es schlecht, wenn keiner vom Publikum thut, als ob er | mit in die Sache hineingerissen würde. Geht das so weit, daß ke i n We r k, w obei es a uf T ä us c h u n g abgesehen ist, ein Kunstwerk wäre? Wie ist es mit der D ecor a t i o n s m a h l e r e i ; ist es da nicht offenbar auf Täuschung abgesehen? Das Verhältniß ist nicht dasselbe wie bei den mimischen Personen; denn wollten wir uns etwas von der Person entfernen und auf die Drapperie, Kleidung sehen, z. B. Held geharnischt, ist nur Absicht, glauben zu machen, das sei wirklich Eisen; oder läßt man ihn frei zu wissen, daß es Papier ist. Dieses kommt gar nicht in Betracht, wenn es einer weiß, oder nicht weiß, ist der Eindruck doch derselbe, aber nur darum, weil in den differenten Veränderungen kein Kunstwerth leidet; man sagt, die Bewegung würde schwer sein, aber das ist nicht; der Schauspieler würde schwerfällig in wirklichem Harnisch sein, der Held aber nicht und beide sollen freie Bewegung haben. Unwesentlich ist eine gewisse Genauigkeit in Drapperie. In vielen Theatern studirt man darauf, daß die Personen im Costüm ihrer Zeit und [ihres] Standes erscheinen. Oft gehört es gar nicht zur Sache, daß die Zeit bestimmt werde, obgleich man wüßte, das Stük ist in der Zeit geschrieben und bei den ersten Aufführungen sind sie so erschienen; 25 ein] kein

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ob jetzt so oder so, ist ganz unwesentlich, ja uns kommt dadurch ein fremder Eindruck, weil das uns auffällt, da doch im Wesen der Poesie diesem Auffallenden nichts entspricht. Die Decorationsmahlerei nun scheint die [für die] Beschaffenheit des Theaters nothwendige Täuschung zu wollen. Denkt man Scenen in einem Zimmer, so kann die Hinterwand sich naturgemäß darstellen, aber die Seitenwände dürfen das nicht, die Bauart des Theaters PbildetS sie nicht aus einem Stük, und doch soll sich die Localität darstellen. Erreicht nur die Mahlerey, daß diese Stüke in nicht ebnen Linien, doch eine ebne Seite darstellen, so ist das allerdings ein Vorzug, denn die Localität erscheint nun wie sie ist. Aber nun sagt man, das ist eine Täuschung und die Decorationsmahlerei fällt nicht mehr in das Kunstgebieth als Mahlerey, es ist nicht schöne, sondern mechanische Kunst. Gehört das wesentlich zu dem Kunstwerk als Einem in der Vereinigung der Poesie und Mimik dargestellten, daß diese Täuschung erreicht werde? Offenbar nicht, man könnte das sehr gut wissen und sehen, das soll eine Seitenwand vorstellen, aber es sind übereinander gestellte Stücke zum Ein- und Ausgehen; und dadurch würde dem Wesen des Ganzen kein Abbruch geschehen. Ist es nun richtig oder unrichtig auf die Täuschung auszugehen? In sofern ist es unrichtig als man sie doch nicht für alle Punkte erreichen kann, Seitenplätze sehen sehr gut, wie es damit sich verhält, stört ihn[, den Zuschauer,] das, so ist es seine Schuld. Warum sollte man denen die zufällig in der Mitte sitzen etwas besondres geben. Also Zweck der Kunst ist das nicht. PEinzigS wie steht es dann mit unsrem D i o r am a, Erfindung der neuesten Zeit. Da ist es ausdrücklich auf Täuschung abgesehen, daß, was Eine Fläche ist, nicht Eine Fläche sei, und wird oft zum Verwundern errichtet. Vor kurzem wollte man einen Mahler in [der] Accademie der Künste aufnehmen, wenn er kein Diorama mehr machte. Da ist also der Satz anerkannt, was Täuschung will, ist mechanisches Kunststück. An den einzelnen Theilen kann dennoch wahre Kunst sein, aber das Ganze mit seiner Tendenz gehört wirklich in mechanische Kunst weil nur Täuschung beabsichtigend. Das führt auf eine sehr schwierige Grenze. Denken wir ein großes historisches Gemählde eine Menge Menschen umfassend, so ist es doch Darstellung auf Einer Fläche PabbildendS, was wirklich nicht auf Einer Fläche ist, da eine solche Masse eine Tiefe einnimmt; 4 die] bis 27–29 Variante ÄLo: „In England trat der Fall ein, daß ein Künstler in die Academie der Künste sollte aufgenommen werden, aber nur unter der Bedingung, daß er nicht mehr ein Diorama verfertigte, so sehr war man davon durchdrungen, daß dies nicht in das Gebiet der Kunst gehöre“. Vermutlich ist hier die Royal Academy of Arts in London gemeint, die 1768 von George III. (1738–1820) gegründet wurde.

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und so stellt man sie nach den Regeln der Perspectiv e dar, daß sie die Tiefe einzunehmen scheinen. Soll man von unsrem Punkt aus so weit gehen, die Perspective als Täuschung auch aus der Kunst verbannen? Da blieb der Mahlerey nichts andres als die unvollkommne Form, daß die Figuren so gezeichnet sind, wie sie auf Einer Linie neben einander sind, wie in antiken frühen Stücken; in neurer | Zeit gibt man in einer Gruppe Heiliger lieber jedem seine eigne Einfaßung und läßt jeden für sich betrachten. Aber die Perspective kann man nicht verbannen aus der Kunst. Folgt daraus, es sei also kein Grund, Werke auszuschließen, die der mechanischen Kunst angehören? Auch dagegen spricht eine Ansicht. Aber wie soll die Grenze bestimmt werden, so daß Perspective nicht aus der schönen Kunst fällt, aber jene mechanische Kunst auf Täuschung hin auschließend? Wir müssen in die Naturbedingung tiefer hinein. In einem freien Raume sehen, aber zwischen sich und den Gegenständen eine durchsichtige Ebene, also ich sehe durch ein Glas, das so groß ist, daß es Alles umfaßt, was ich sehe, so ändert das nichts in meinem Sehen, ob das Glas da ist, oder nicht; sondern Differenz entsteht erst, wenn es nicht vollkommne Durchsichtigkeit wäre. Nun kann man ebenso gut sagen, ich sehe die Gegenstände auf dem Glase, als ich sehe sie hinter dem Glase. Von da aus angesehen legt es die Perspective nicht auf Täuschung an, sondern sie bewirkt das Sehen der Gegenstände auf dieselbe Weise, wie es ist. Also ist dieses perspectivische Sehen auch ein wirkliches Sehen, und geht nicht auf Täuschung aus, sondern ist die wirkliche Wahrheit des Sehens selbst, die auf dem Bilde repräsentirt wird. Worin besteht dann das Unkünstlerische in jenem? Das Gesicht faßt die uns umgebenden Gestalten auf, würde aber das nicht können, wenn nicht ideal die Typen der Gestalten in ihm als das die Spontaneität vertretende Element, und das geht dann in Production über. Da sie es mit den Gestalten in ihren Lichtverhältnissen zu thun hat, so kommt dieses von demselben Grund, das Auge faßt nur vermöge des Lichts. Nun sehen wir immer nur die Ebene, nie eine Tiefe, nicht verschiedne Flächen hinter einander, sondern auf Einer Ebene. Daß sich das Sehen nicht in Widerspruch setzt mit den andren Mitteln, wodurch wir Dimensionen fassen, kommt vom Zusammenwirken der Sinne her. Wenn das Auge sich zuerst öffnet, erscheint vor ihm nichts als ein Planum, auf dem die Bilder sind. Daraus folgt, daß die perspectivische Behandlung in der Mahlerei nicht zu verwechseln ist mit jenem Ausgehen auf Täuschung durch unterbrochne Flächen nur Eine sehen zu lassen; sondern sie gibt was das Auge [sieht]. Daher die alten Gemählde, wo Perspective fehlt und damit natürlich die ganze Beleuchtung, Luftperspective, 10 ?] .

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wo Reihe von Figuren neben einander sind, wie sie gesehen werden, wenn sie auf einer Linie stehen, erscheinen als Übergang und Abrisse von Sculptur, und verhalten sich gar nicht als wahrer zur perspectivischen Mahlerei, sondern das wahre Sehen ist noch nicht erreicht. Die Grenze der schönen Kunst ist also nicht so schwierig hier zu ziehen. Da, wo eine Täuschung beabsichtigt ist, die etwas andres leistet als die Wahrheit des Sehens, ist nur ein mechanisches Kunststück, und hat darum doch seinen Werth, Mahlerei nur mechanisches Mittel. Alles hingegen was die vo l l k o mm ne Wahrheit des Sehens hervorbringt ist zugleich die Vollkommenheit der Kunst. Nun entsteht eine an d r e F r age hier, die auch nicht leicht ist. Die schöne Kunst hat ihr Wesen darin, daß gebundne Thätigkeit [in] freie Productivität bestimmter geistiger Functionen ausgeht. In Architectur sahen wir die Thätigkeit ursprünglich vom Bedürfniß ausgehen, aber auch wo sie frei wird, ist sie nie ganz zu lösen von Beziehung auf das Leben. Da wir dann sagten, dieses sei nothwendig, weil die Werke sonst keine Verständlichkeit hätten: so finden wir nun eine ganz andre Beziehung der Mahlerei auf gebundne Thätigkeit, wobei dieses letzte uns nicht zu Statten kommt. Die Mahlerei will Gestaltungen darstellen für das Auge. Da treffen wir zuerst auf etwas, das im Gebiet der Wissenschaft liegt, die ge o m e t r i s c h e n F ig uren; die gehen ja auch aus freier Productivität hervor und sind Gestaltung, haben aber ihren Zweck in Wissenschaft. Zur Mahlerei hat sie noch Niemand gerechnet, aber wir müssen uns ganz genau der Grenze bewußt werden. Dieses Gebiet scheidet sich gleich, da man 1.) nichts andres sehen will als bloße Abstractionen. Körper, die rein durchsichtig gezogen werden, haben schon eine perspectivische Darstellung, also ein Mittelding. Bei den rein geometrischen Figuren 2.) fehlt das | Lichtverhältniß gänzlich, also nur das Mechanische der Operation ist dasselbe, nicht die Thätigkeit. Wie ist es nun mit a rchitectonischen G rundr i s s e n , P län e n v o n Te r r ai n s ? Das ist schon zusammengesetzter und der wirklichen Zeichnung näher. Aber dennoch sind sie im Gebiet der rein geometrischen Figuren. Wie das Zeichnen, wodurch man Gras, und das wodurch man Wald andeutet, so ist es ganz willkürlich, wenn Zeichen und Sache selbst Ähnlichkeit hat, also ein Bild von etwas Wirklichem, das nur ein abstractes Zeichen sein will. So in geologischen Karten, wo die verschiednen Gesteine durch verschiedne Zeichen dargestellt, die so weit sich es thun läßt, auch ähnlich gegeben werden z. B. Crystallisation. Aber als Zeichen ist es willkürlich. Dieses würde also rein der gebundnen Thätigkeit zufallen, so streng, daß jede mahlerische Zuthat etwas Fremdes wäre z. B. wenn die Bäume Schatten werfen auf einem Plan, so verwirrt das eher; also auch nicht einmahl ein uneigentliches Kunstgebiet. Etwas weiter finden wir A bbil-

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d u n g e n v o n s i c h t bar e n G e ge n s t än d en als Erläuterungen der Beschreibung derselben. Gehört das nun in die Kunst oder nicht? Freie Productivität ist nicht dabei, sondern reine Abschriften von dem, was einer gesehen hat. Der Beschauer soll den Gegenstand sich gerade so vorstellen können, wie der Beschreiber es gesehen. Das wird oft als bloße Linearzeichnung gegeben, wo Beleuchtung [ein] minimum ist; da fehlt also schon das reine Element, also ist nicht eine eigentliche Richtung auf Kunst dabei, und da es nicht Kunstwerk sein will, ist es nicht als solches anzusehen. Wo ist nun die G renze zw ischen dies e m u n d d e r L an d s c h af t s m ah l e r e y? Etwa daß jede Landschaft erfunden sein soll? Das wäre falsch, schon deswegen weil man das nie unterscheiden kann. Es ist eine Reihe von Übergängen denkbar, daher schwierig zu begrenzen. Wir fangen an mit bloßer Linea rzeichn u n g zu einer Beschreibung, daß nun jeder sich eine Landschaft freilich sehr unbestimmt vorstellen kann. Thut man etwas hinzu und col o r i r t das Bild, so hilft man der Einbildungskraft nach. Aber eine Landschaft kann es nicht sein; es gibt schätzbare Sammlungen von Schweizergegenden, aber Umrisse waren für sich und Colorirung für sich und colorirte Umrisse sind keine Landschaft. Der zu Grunde liegende Linearumriß drükt den Stempel einer Abschrift aus; ein Umriß ist freilich Perspectivisches. Der Zweck ist auch ein ganz andrer, einen in die Stelle dessen zu versetzen, der in der Gegend gewesen ist, ein geographisches Interesse. Nun ist aber als sehr verwandt möglich z. B. Flachmannsche Umrisse zum Homer; finde ich sie im Buch eingebunden, so scheinen sie erläuternde Bilder; aber die Abschrift verschwindet. Der Dichter beschreibt zwar hier und da die Gestalten und daran muß sich der Mahler halten, aber innerhalb dieser Grenzen hat seine freie Productivität Spielraum. Da ist nicht Charakter der Abschrift, daher gehört es in Kunst, weil es dem ganzen S inn na ch f r eie Prod u c t i vi t ä t ist. Denke ich dasselbe beim Geschichtswerk, so sieht man daß auf die Wirklichkeit der Gegenstände nichts ankommt. So wird uns von dieser Seite die Grenze der Kunst. Die beiden Fälle haben große Ähnlichkeit, weil beides Accessorium zu einem andern Werk. Aber das eine ist Copie von etwas Wirklichem, das andre ein freies Kunstwerk für sich, wenn schon bloße Linearzeichnung. — Aber wenn nun jener Charakter verschwindet, daß Linearumriß und Colorit etwas besondres für sich ist, und die wirkliche Gegend abgezeichnet wird gerade mit Beseitigung jener Duplicität: worauf beruht 24 John Flaxman: Umrisse zu Homers Iliade, nach dem englischen Originale gezeichnet und gestochen von Schnorr, Leipzig 1804. Vgl. Homer: Ilias und Odyssee, mit Zeichnungen von John Flaxman und einer kunsthistorischen Einleitung hg. von Anja Grebe, Darmstadt 2013.

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nun das, daß man sagt: Es muß eine wirkliche Gegend sein? Durch die Unterschrift freilich, aber die ist gleichgültig und kann weg sein, und das Gemählde ist doch dasselbe und kann erkannt werden, ob es Darstellung zu bestimmtem Behuf sei und nicht eigentliches Kunstwerk. Den Unterschied da nun anzugeben, ist schwierig, die Wirklichkeit macht es nicht aus, da auch ihre Darstellung Kunstwerk sein kann. Wenn der Zweck die Abbildung eines Wirklichen ist von einem bestimmten Umfang so erfordert dieser Zweck solche Dimensionen, wobei das Verhältniß der Gestalt- und Lichtverhältnisse nothwendig al|teriert wird, i. e. was sich auf Beleuchtung bezieht, wird in solchen Abbildungen zurüktreten, und so, daß man sieht, es ist nicht als ein Kunstwerk gewollt, wie es auf dieser Stufe sein müßte. Noch schwieriger ist der folgende Punkt. Denke ich Zeichn un g en zu e ine m G es c h i c h t s w e r k , so ist es allemahl ein Kunstwerk, da der Geschichtsschreiber nie einen Moment so beschreiben kann, daß er ein Regulativ für ein Gemählde wird. Finde ich aber statt solcher Zeichnungen einzelne Männer dargestellt, die in der Geschichte vorkamen: da wird streitig sein: Ist das eine Gestalt, die sich der Künstler so gedacht hat, oder soll es eine Abbildung sein vom wirklichen Aussehen des Manns; also ob es soll Kunstwerk oder erläuternde Abbildung sein. Entscheiden müssen wir uns, nur die Kunst in ihren Grenzen zu construiren, das alles führt auf die große Frage, o b das Port ra it Kunst w erk s e i o d e r n i c h t. Wir müssen auf das Allgemeine zurück. Immer gehen wir aus von Identität derjenigen geistigen Functionen, die sich als freie Productivität in Kunst zeigen, und derjenigen die sich als Receptivität zeigen in [der] sinnlichen Auffaßung der Gestalten. Dieß ist ein das Einzelne unter das Allgemeine fassen. In der Natur ist das Allgemeine als die Gattung gegeben, die sich im Einzelnen reproducirende Gestaltung. Betrachten wir die Thätigkeit des Auffassens und die des innren freien Bildens, so kommen wir darauf zurück, daß die Kunst in Hervorbringungen der einzelnen Gestaltungen Ergänzung der Natur sei, denn wie wir auch das Einzelne nacheinander auffassen, erschöpft es nie den allgemeinen Begriff; immer ist noch übrig, was der Möglichkeit nach im Allgemeinen liegt, aber in Wirklichkeit nicht erscheint. Da ist Kunstproduction Complement der Auffaßung, producirend, was noch nicht ist, und reproducirend was schon gewesen war. Dieses angewandt im Allgemeinen auf alle dem menschlichen Geist ideal einwohnenden und in irdischer Natur als lebendige Kräfte 22–23 Diese Frage beschäftigte bereits A. W. Schlegel in seinen Berliner Vorlesungen über die Kunstlehre von 1801/02 (KAV 1, S. 346): „Manche haben es [das Portrait] gar vom Gebiete der Kunst ausschließen wollen, weil es ja eine bestimmte Wirklichkeit nachahme. Das ist gerade so, als ob man die Sonette und Canzonen des Petrarca nicht für Poesie wollte gelten lassen“.

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gegebnen Formen des Lebens, erscheint die ganze freie Productivität als eben jene Ergänzung, und das geistige Leben zusammenfassend in einem Moment, so ist es nur vollendet in beiden Functionen des Geistes, und in Natur gehört die ganze Zeitreihe dazu, daß die ganze Kraft sich im Einzelnen verwirklicht. Also im Geistigen ist die Gesamtheit repräsentirt als Auffassen des Wirklichen und freie Productivität. Übersehen wir geschichtlich das Gebiet der bildenden Kunst in dieser Beziehung, so sind mannigfaltige Verhältnisse dieser freien Gestaltung zur Auffaßung des Wirklichen; z. B. eine phantastische Gestaltbildung, der PsoS nichts entspricht im Wirklichen; z. B. die Centauren, ohne daß je das Analogon in der Natur erscheinen kann. Auch jetzt wird man ähnliche Erfindungen wohl machen z. B. die Arabesken von Dürer (als Einfaßungen von Blättern) haben allerlei Gestaltungen, Vögel cet., die gar nicht dem Wirklichen entsprechen. Jenes aber correspondirt der Production des Mythus in Poesie, und da wir nicht mehr Mythen produciren so auch nicht solche Gestaltungen. Was ist der gemeinsame Ursprung des Mythus in Poesie und dieser Gestaltbildung in bildender Kunst? So wie der Mythus einerseits Ergänzung der Geschichte ist, als das Vorgeschehen in historischen Formen aussprechend, so auch ist eine Ergänzung der Natur, ausgehend vom Bewußtseyn, daß was uns umgibt, nicht die Totalität des Lebendigen Irdischen erschöpft; daher producirt die Phantasie Neues, was wohl angeht, wo noch wenig Raum der Erde entdeckt war, also das nicht erfüllte Bedürfniß, das Wirkliche zusammen zu besitzen, was aber nicht stimmen kann, weil die Naturbedingungen nicht gegeben sind. Daher jetzt schwerlich noch phantastische Gestaltungen als in Arabesken, die nicht mehr dieselbe Bedeutung haben, sondern nur ein freies Spiel sind gleichsam vom zufälligen Zusammentreffen von an sich bedeutungslosen Linien. Noch eine andre phantastische Gestaltbildung ist in den Höllenstücken, wo Teufel in mannigfaltigen Gestaltungen sind, rein animalisch aber fern von Wirklichkeit. Da ist es Belebung eines als allgemeine Vorstellung ausgesprochnen mit traditionellen Formen in der Phantasie, | Ergänzung des uns unbekannten Princips des Bösen. Ebenso kann es phantastische Gestaltungen des Himmelreichs geben, wo dann auch Abhängigkeit vom Mythus. Die freie Gestaltung kann um so mehr über das Wirkliche hinausgehen, als eine 12–14 Vgl. oben S. 676,33–34 und die entsprechende Sachanmerkung 29–31 In der dritten Akademieabhandlung „Über den Umfang des Begriffs der Kunst in Bezug auf die Theorie derselben“ (1833) bezieht sich Schleiermacher ausdrücklich auf den sog. „Höllen-Breughel“ (KGA I/11, S. 791). Der flämische Maler Pieter Brueghel der Jüngere erhielt den Beinamen „Höllen-Breughel“ aufgrund einiger phantastischer Höllenszenen, die inzwischen allerdings dem Werk seines jüngeren Bruders Jan Brueghel dem Älteren zugerechnet werden.

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Aufgabe besteht, sich außer dem Wirklichen noch ein Gebiet von Vorstellungen zu gestalten, angeregt durch das Bewußtseyn daß früher Vieles vom Wirklichen unbekannt war, und als Ergänzung der Totalität. Da wir freie Productivität und Gestaltung der Natur für identisch erklären, so gibt es also ein Hinausgreifen darüber und erklären es auf gesagte Art. Sonst ist i n b i l de n d er Kunst nur fr eie G esta lt u n g i n E i n ze l ne m al s E r gän z u n g des in der N a t ur w irkl ic h e n E i n z e l ne n ; di e s e s d as P r i n c ip der Beg eist erung. Im so begeisterten Künstler ist freie Gestaltung eine fortgehende innre Thätigkeit und was zu gewisser Lebendigkeit kommt in ihm, tritt dann heraus. Dieses Princip theilt sich wieder und ist selten zusammen[,] f ü r d i e S c u l p tu r i s t d i e me ns c h l i c he G esta lt der eig en tliche Ke r n , Alles andre nur Zuthat; i n M a hlerei lä ßt sich die ga nze G e s t a l t b i l du n g au f n e h m e n , und da haben Einzelne überwiegend Richtung auf die m e n s c h l i c h e G e s ta lt , andre auf a nima l ische Natur, andre auf ve ge t ab i l i s c h e (es ist nur von der einzelnen Gestaltbildung hier die Rede). Hier ist die Reg ion, w o die f r eie Prod u c t i o n d e r G e s t al t b i l d u ng w i e sie Erg ä nz un g der Na t ur i s t d e r Q u an t i t ät , s o au c h E r f ü l l un g der N a tur der Q ua lit ä t n a c h , i . e . I d e al . Der Künstler producirt aus dem allgemeinen Schema, abstrahirend von Allem, was im Zusammenhang des Wirklichen hemmend einwirkt; das ist das Ideal. Das ist das eigentliche Kunstgebiet, wo unsre Formel nicht überschritten ist, aber auch keine Begrenzung darin. Nun aber wenn der Künstler wirklich Gegebnes bildet, sei es einzelnes menschliches oder sei es Landschaftsporträt, so ist das ein Zurükziehen der Freiheit um sich anzuschließen an die Wirklichkeit. Wie kommt der Künstler aus sich selbst dazu? Gehen wir auf den Anfang so ist zuerst auffassende Thätigkeit. Der Künstler sieht eine einzelne Gestalt und es entsteht Verlangen, sie abzubilden. Denken wir uns ihn in einem Wettkampf mit der Realität, Tendenz die qualitative Ergänzung der Natur zu sein, i. e. Gestalten zu bilden, wie sie sein würden in der Realität, wenn nichts hemmend einwirkte. Davon nun entfernt sich mehr oder minder die Natur. Nähert sie sich in Einzelnem der Vollkommenheit, so findet sich der Künstler gleichsam überwunden, da er auch nur Annäherungen produciren kann. So geht beides in einander und natürlich strebt der Künstler dieses Bild zu fixieren, so wie er von seinen innren Gestaltungen auch nur diejenigen äußerlich fixirt, die ihm diese Bedeutung haben. Nun soll seine freie Gestaltung auch quantitative Ergänzung der Realität sein. Z. B. die menschliche Gestalt individualisirt sich in das Unendliche. Die verschiednen Racen sind stehende, sich wiederholende Typen, als Modification derselben allgemeinen menschlichen Gestalt; in jeder sind wieder mehrere Volkstypen, eins im allgemeinen Racentypus aber unter

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sich verschieden. So die einzelnen Gestalten unter diesen. Da ist Unendlichkeit von individuellen Bildungen möglich, jene innerlich postuliert, nach der wir immer gewissermaßen unbesonnen thätig sind. Die Gestaltungen, die sich der Künstler innerlich bildet sind also in demselben Werth, das Erscheinende ergänzen aber auch Modificationen einer bestimmten Constitution der menschlichen Gestalt. Mahlt einer einen, dessen Race und Volk niemand erkennen kann, so hebt das die Idee auf. Wollen wir die verschiednen Modificationen auf etwas Allgemeines zurükführen, so sind es nur Verschiedenheiten der Verhältnisse, in gewissen Grenzen, in denen die einzelnen Theile des Menschen unter sich stehen können, ohne eine Mißgestalt zu sein. Eine solche bestimmte Modification kann dem Künstler vor Augen kommen, dem räumt er Werth ein und bildet es als Kunst. Auffaßung und Gestaltbildung schlagen also hier in einander hinüber, ja, wird im Künstler productiv. Wird sich eine solche Darstellung des Künstlers verhalten wie eine Copie? Offenbar nicht, es | muß die ganze freie Productivität des Künstlers doch darin erscheinen. Die Grenze findet sich also. Ein bloßes Abschreiben als Copie hat die Umrisse als das allein eigentlich Gewollte, und die Lichtverhältnisse treten zurück. Und es kann nicht die Rede davon sein, daß die Gestalt da in einem bestimmten Moment gefaßt wird, sondern man will sie so, wie sie immer dieselbe ist. Wogegen der Künstler die Gestalt in irgend einem bestimmten Moment bildet und zwar in einem solchen, worin die Eigenthümlichkeiten der Verhältnisse am klarsten hervortreten, die ihm das Moment der Kunstgestalt war. Landschaft bildet er in bestimmtem Beleuchtungsmoment, ist es nicht gegeben, so schafft er sie. So ist freie Productivität des Künstlers immer mit darin. So ha ben w ir un s d i e G r e n z e n ac h di e s e r Se i t e h i n beg rä nzt, von Mitte a u s d i e g ä n z li c h e A b w e i c h u ng vo m Wirklichen und da s Zu r ü c k k e h r e n au f d as Wi r k li c h e best immend, w ie w eit b e i d e s Ku n s t s e i . U m f an g d e r M ah l erei

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Wa s Al l e s i n di e s e r B e z i e h u n g u m f aß t denn die Ma hlerey ? Daß rein phantastische Gestaltbildung auch nur bezeichnen das Nichterkennen des vollständigen Typus, die Differenz zwischen dem wirklich Aufgenommnen und dem innren Bewußtseyn einer Totalität der Gestaltung, und daß einzelnes Gegebnes kann dargestellt werden aber nicht um seiner Wirklichkeit willen: haben wir gesehen. Erstrekt 16 es] folgt ))es**

32 ] 3.

32 Umfang … Mahlerei] am rechten Rand

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sich die Mahlerey weiter als über die l e bend ig e Gestaltung? (im wesentlichen Sinn, vegetativ mit) Es bleibt noch übrig die Nat urg est a lt u n g des nicht lebendigen was einen frühren Proceß darstellt, und d i e v o m Me n s c he n au s ge h e n d e G est a ltun g. Das erste erscheint als wesentliches Element der Landschaftsmahlerey, als Gestaltung der Oberfläche. Das zweite finden wir zunächst im Großen in architectonischen Werken, die auch Kunstgegenstände der Mahlerei sind. Also das ganze Gebiet der Gestaltbildung gehört der Mahlerei an und sie kann sich Alles aneignen. Darf nun Alles, was sie sich aneignen kann, Kunstwerk für sich sein, oder einiges nur an einem Andern? Da ist D i f f e r e n z z wi s c h e n einf a cher G esta lt un g und Co m p o s i ti o n . Eine einzelne Gestalt kann so gut die Mahlerei geben als Sculptur aber ist sie nicht so gestellt, daß die Totalität der Beleuchtung dabei ist, so ist ein Element zu wenig. So kann die einzelne menschliche Gestalt doch das Hauptwerk sein, aber dieses [Beleuchtungselement] mit. Ein einzelnes Gefäß ist kein Gegenstand für die Kunst und in dem Maaße weniger, als es sich, als Fläche geschaut, der geometrischen Figur nähert. Freilich wenn ein Gefäß ein Kunstwerk ist, so bleibt auch die Abbildung ein Kunstwerk. Sonst nicht. Die architectonische Gestaltung ist sehr stark in der Mahlerei, so daß architectonische Mahlerey eigentlich einen besondren Zweig bildet, aber freilich nur in sofern als dabei Zeichnung und Lichtverhältnisse in voller Geltung erscheinen können. Je mehr man nur Umrisse sieht, was geometrischen Charakter hat, desto weniger ist es Kunstwerk. Abbildungen von Städten geben nicht das Einzelne sondern die Composition, wobei Lichtverhältnisse, Reflexionen aufgenommen sein können. Vergleicht man das mit Darstellungen, wo das Innre von großen Gebäuden Gegenstand ist, so erscheinen die letztern als vollkommnes Kunstwerk, weil da die beiden Verhältnisse viel mannigfaltiger erscheinen. — Gehen wir vom andren Endpunkt sc. der menschlichen Gestalt aufwärts, so ist eine einzelne Gestalt immer unvollkommen und muß erst einen Apparat bekommen. Wo aber menschliche Gestalten in bestimmten Momenten erscheinen als Mehrheit und in gehörigen Umgebungen: da ist dann das, worin alles andre zusammengefaßt werden kann; da können alle andren untergeordneten Gestaltungen als Theile oder Beiwerk mit erscheinen. Solche Werke sind also die C u l m i n at i o n der Kunst. — Dieses führt noch eine andre Betrachtung herbei. Namentlich wenn wir bei diesem Gebiet stehen bleiben, so ist es die eigentliche Beschreibung der Hist or i e n m a h l e r e i , wo gewisse Personen in dem Moment angehörenden Umgebungen sind. Sind sie im Freien, so ist ein Hintergrund nöthig, 11 ?] .

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ein Theil der Umgebung kann auch architectonische Mahlerei sein, und Darstellungen des Terrains und Vegetation im Einzelnen als Vorder|grund, und das Animalische flicht sich von selbst ein. Von dieser Culmination aus erscheint alles andre als partielle Vereinzelung, i. e. alles andre hat Tendenz Theil davon zu sein. Deßwegen sieht man die Historienmahlerei als das Höchste an. Gewöhnlich glaubt man ihr Vorzug sei vielmehr der ethische Gehalt, was unten untersucht wird. Zunächst nur das: Es ist doch denkbar, daß eine Menge von Kunstwerken doch als solche sehr verschiedne Tendenz haben z. B. in den zwei Hauptformen, menschliche Gestalten und Landschaftliches. Ein Gemählde wo die Handlungen der menschlichen Gestalten Hauptgegenstand sind und Landschaft als nothwendige Andeutung bei Seite geschoben, so ist Haupttendenz am Tage. Andre gibt es, wo auch menschliche Gestalten handelnd dargestellt sind, aber das Landschaftliche oder Architectonische tritt schon weit mehr hervor, und da erscheint es also nicht mehr subordinirt, sondern ein Gleichgewicht, woraus folgt, daß die dargestellte Handlung nur ein Theil sei der eigentlichen Idee des Gemähldes. Tritt nun vollends das Landschaftliche hervor, und menschliche Gestalten als handelnd seien zwar da, aber in solchen Dimensionsverhältnissen daß vegetative Formen überwiegend das Auge leiten, und menschliche Gestalt zurücktritt: so ist das Bild eine Landschaft. Die Tendenz, welches der Künstler überwiegend gewollt, muß sich zeigen. Fingire ich ein Gemählde von letztrer Art, die Handlung der menschlichen Gestalten aber kann eine sein, die als Gegenstand eines historischen Bildes gedacht werden kann, ja häufig vorkommt, etwa eine Flucht nach Egypten, wo das Landschaftliche zurük tritt, aber auch Bilder desselben Gegenstands, wo dieses hervortritt und jene Figuren mit ihrer Handlung zufälliges Beiwerk sind. Umgekehrt könnte bei historischen Figuren das Landschaftliche ganz anders sein. Also was der Gattung nach das Höhre ist kann unter das zurücktreten, was der Gattung nach geringer ist. So taxirt man noch den ethischen Gehalt, und ist versucht zu sagen, der Künstler hätte lieber andre Figuren nehmen sollen, weil die bekannte Geschichte nicht in ihrer Dignität erscheine. Der Künstler will das nicht und will aber diesen ethischen Gehalt nicht so hervorheben. Diese ethische Ansicht führt also zu andren Urtheilen als das, welches in der Kunst selbst dominirt. Also ist das ethische Urtheil nicht das wahre. Man kann dieses Urtheil noch weiter schrauben, bis man von ihm aus das Gebiet der Kunst gar nicht mehr ins Auge faßt. Dieser ethische Rigorismus könnte sagen: Weil der Künstler unbeschadet seines eigentlichen Kunstwerks ganz andre Figuren auch hätte hinstellen können, so hätte er diese heiligen Personen nicht wählen sollen, um als untergeordnete sie darzustellen. Der Künstler achtet gar nicht auf solches

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Urtheil. Damit hängt zusammen daß man als Wesen der Historienmahlerei eben diesen ethischen Gehalt ansieht und die Art, wie der Künstler ihn gefaßt hat. Gehe ich davon aus, so habe ich schon das eigenthümliche Gebiet der Mahlerei verlassen, die Gestalt und [das] Licht erscheinen dann nur als das nothwendige Mittel um einen ethischen Moment zu fixiren, und dieses scheint dann der eigentliche Gegenstand. Vollends falsch glaubt man, die Mahler müßten eigentlich b e g e i s te r t s e i n vo m G e ge n s t an d e . Wie falsch dieses ist, zeigt die That. Es kann einer doch nicht zugleich begeistert sein für das Christliche und [das] Heidnische. Ein Mahler nun wie Garophalo, der auf eigenthümliche Weise die Scenen der heiligen Geschichte mahlte, und dann seinen Bacchus zugleich, da müßte wie jenes aus Begeisterung für das Christliche, so dieses aus Begeisterung für das Heidnische sein. Beides kann aber nicht zusammen sein und ist also nicht Erklärungsgrund. Ja umgekehrt, wenn ein Künstler sich so beschränkt in Beziehung auf die Gegenstände, so erklärt man es eben für Beschränkung, die in Dürftigkeit des Talents ihren Grund hat. Denn wirft man sich auf eine solche Seite, so ist man in einem gewissen Cyclus von Gestalten beschränkt und es wird nicht die Totalität erscheinen können, sondern das Manirirte wird in seine Darstellungen hineinkommen. Also im Gegentheil[,] der Gegenstand als solcher muß dem Künstler gleichgültig sein, und jeder [hat] recht, an dem die zwei Elemente der Kunst | an einem eigenthümlichen Ganzen erscheinen können. Dasselbe zeigt sich im Großen, daß dasjenige was für sich Mittelpunkt der größten mahlerischen Composition ist, kann zum Untergeordneten gehören. Eine Landschaft ohne alle menschlichen Figuren fällt als mangelhaft auf, obgleich der Landschaft objectiv genommen nichts entgeht. Aber man will, d a ß i n ei n e m Kunst werk die w es en tl ic h s t e n o b je c t i ve n G e ge n s ät z e zusa mm en sein sollen. Daher eine historische Composition ohne alles Landschaftliche und Architectonische ebenso mangelhaft erscheint. Auf unsrer letzten Ausstel5 erscheinen] erscheint 12 Das Gemälde „Der Triumph des Bacchus“ (1545–50, Gemäldegalerie Alte Meister, Dresden) führte dieser wohl auf Grundlage einer Zeichnung von Raffael aus. 31– 1 Gemeint ist wohl das Gemälde „Simson, die Säulen einreißend“ des deutschen Malers Rudolf Julius Benno Hübner, das dieser 1832 wohl für den Berliner Kunstverein hergestellt hat. Hübner wurde 1823 ein Schüler von Friedrich Wilhelm von Schadow, dem er 1826 nach Düsseldorf folgte. Mit „unsrer letzten Ausstellung“ spielt Schleiermacher offenbar auf die XXVII. Kunstausstellung der Königlichen Akademie der Künste in Berlin an, die am 16. September 1832 eröffnete und auf die er auch an anderer Stelle anspielt (vgl. unten S. 828,4–5 und S. 832,1–2). In seinem Tageskalender 1832 finden sich folgende Einträge, die sich wahrscheinlich auf diese Ausstellung beziehen: 18. September: „Ausstellung“, 29. September: „Kunstausstellung mit den Kindern“, 17. Oktober: „Ausstellung mit Luise Willich“, 30. Oktober: „Ausstellung mit Jette“ u. a. Im Ausstellungskatalog findet sich der Eintrag: „Rudolph Julius Benno Hübner, in Berlin,

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lung fand man diesen Mangel im Samson von Hübner und wünschte mehr Hintergrund, das Innre des Tempels und die Menschen darin; das Architectonische ist nun hier aber freilich fragmentarisch und durch den Gegenstand gefordert. Aber die Figur hätte nicht diesen heroischen Charakter, wenn noch der ganze Tempel erscheinen soll. Da vermißt man sowohl die Mannigfaltigkeit im Ganzen, als [auch] eine gewisse Vollständigkeit. Die Begrenzung ist aber durch den Gegenstand aufgegeben. Fehlt aber einer der Gegensätze ohne ein solches Verbot des Gegenstandes, so ist das Bild unvollkommen. Die Frage, ob man einen dieses verbietenden Gegenstand wählen soll, ist anderswo zu beantworten. Die menschliche Gestalt soll also mit erscheinen in Landschaft oder architectonischem Raum, und dann auch in einem ethischen Moment; haben die Figuren kein Centrum, so sind sie völligstes Beiwerk, vereinigt sie irgend ein ethisches Moment, so ist das Beiwerk historisch zusammengefaßt. Gegensatz zwischen Vor- und Hintergrund muß schon sein um der Beleuchtung willen. Von Culmination des Zusammenseins der Totalität geht eine Reihe bis zur Vereinzelung; richtiger faßt man die Reihe umgekehrt. Betrachten wir so diese Reihe, so ist in den zwei äußren Gliedern, in denen jedem das andre Beiwerk ist, der besondre Charakter beider [zu] erkennen. Ebenso wird noch eine andre und dritte Reihe nöthig. Wir sahen, wiefern die Abbildung eines Wirklichen Kunst sein kann; das bezog sich gar nicht allein auf einzelne Gestalten, sondern auch auf Zusammensetzungen, L an d s c h af t e n und histor ische Bilder. Dieses ist die zweite Reihe vom Einzelnen an bis zu einer den ganzen Umfang der Kunst in sich schließenden Composition. Hier fangen wir von allen Gegenständen gleichzeitig an. Die einzelne wirkliche Gestalt, Portraitfigur, die Kniestük, Brustbild oder eigentliches Portrait sein kann. Kann wohl ebenso eine einzelne Gestalt, die nicht Porträt ist, als Kunstwerk gegeben werden? Niemand macht jetzt ein Brustbild von Alexander dem Großen. Ja wenn ihn jemand als ganze Figur darstellen wollte, aber abgesehen von einer Handlung und deren Um6 man] folgt ))nicht**

7 als] folgt ))wünsche**

21 der] den

Mitglied der Academie. Kl. Wallstr. 11“, „Simson“. Vgl. XXVII. Kunstausstellung der Königlichen Academie der Künste, Berlin 1832, in: Die Kataloge der Berliner Akademie-Ausstellungen 1786–1850, Bd. 2, bearbeitet von Helmut Börsch-Supan, Berlin 1971, Nr. 289. Schleiermacher: Tageskalender 1832, erarbeitet von Elisabeth Blumrich, in: schleiermacher digital / Schleiermachers Tageskalender 1808–1834, hg. v. Elisabeth Blumrich, Christiane Hackel, Wolfgang Virmond, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin, URL: https://schleiermacher-digital.de/tageskalender/index.xql (abgerufen 23.06.2020).

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gebungen; so kommt das auch nicht vor; vereinzelt erscheint nichts in der Kunst was nicht Abbild ist. Das entgegengesetzte. Mahlt Jemand einen einzelnen Baum, so kann das ein Kunstwerk sein, aber derselbe muß in seiner natürlichen Umgebung sein, in seinem Terrain und Atmosphäre, wenn auch weiter nichts. Da fragt man aber nicht so bestimmt, ob der Baum existire, oder ob es die Idee des Baums sey. Erkennt man nun eine bestimmte Gattung daran, so genügt das, und ganz gleichgültig ist, ob es Abbildung oder Erfindung ist. Da legt man also ein andres Maaß an als bei der menschlichen Gestalt und das kann seinen Grund nur haben im Verhältniß beider zu ihrem Gattungsbegriff. Vom Menschen verlangen wir, weil es höchste Lebensform ist, auch die völligste Individualisirung. Unterscheiden wir z. B. verschiedne Völker so, daß beim einen mir leicht sei, die einzelnen Personen zu unterscheiden, beim andern aber die Einzelnen nicht mit dem allgemeinen Charakter Unterschiede haben: so sehen wir es als sehr bestimmten Unterschied in der Entwicklungsstuffe der beiden Völker, und höher ist das Volk, wo sich die Form des Lebens individualisirt. In untergeordneten Lebensgebieten fordern wir das nicht, und suchen den Grund der Differenz vielmehr in äußren Bedingungen als in innrer Entwicklung. Da fällt dieser Unterschied weg. Bei einem Alexander frage ich: Woher weißt du, daß er so aussah? Erst wenn er in einem Lebensact dargestellt ist, kann ich die Motive des Mahlers mit der That selbst beurtheilen. | So begrenzt sich die Darstellung des Einzelnen auf verschiedne Weise. Das Einzelne als Wirkliches kann im Gebiet des menschlichen Lebens sogar ein Theil sein, hingegen die ideale Darstellung kann nicht einmahl im ganzen Einzelnen sich geltend machen, sondern im historischen Bild. Auf entgegengesetztem Gebiet fällt die Darstellung zwischen Wirklichem und Idealem völlig weg. Sehen wir aber Blätter an wie für Zeichnungsschulen [gemalt], wo Zweige von verschiednen Baumarten neben einander stehen. Das gilt nie für ein Kunstwerk, sondern kann nur einem bestimmten Zweck dienen, als Studium. So eine Landschaft worin verschiedne Baumgruppen; da soll jeder einen bestimmten Typus darstellen; will ich aber den einzelnen Baum herausnehmen, so kann ich es nicht, weil es eben Charakter der Gruppe ist, daß das Einzelne sich nicht isolire. Würde nun einer aus der Gruppe heraus Einen Baum isoliren, so ist das kein Kunstwerk es wäre innerlich unvollständig, so wie ein bloßer Zweig äußerlich unvollständig. Wo Unterschied zwischen Wirklichkeit und freier Bildung verschwindet, tritt D if ferenz zw ischen 4–5 Atmosphäre] Athmosphäre 20–21 Lies: Alexanderbildnis

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Vo l l s tä n d i g k e i t u n d U n vo l l s tän d i gk eit desto stärker auf. Dasselbe gilt auf Gebiet der Architectur. — Wir stellen also das Einzelne als äußerstes Glied auf verschiedne Weise und daraus entstehen die größten Compositionen bis zu jener Vollständigkeit. Da fragt sich: Die einzelne Abbildung der menschlichen Gestalt kann z. B. ein Brustbild sein; ist es aber zuläßig ein historisches Bild zu machen, wo alle Figuren nur Brustbilder sind? Das geht nur an unter Voraussetzung, daß es Portraits sind. Da kann es Kunstwerk sein, wenn der Moment diese Darstellung zuläßt. So ein Familienbild wo kaum ein Paar ganze Gestalten drinnen wären und doch vollkommne Einheit einer Handlung. Könnte das auch sein, wenn es nicht Porträts wären? Z. B. Scene des Abendmahls läßt sich auch so denken, daß keine ganze Figur darin wäre. Da die Handlung eine solche ist, daß sie nicht zuläßt, daß die Gestalten alle ganz erscheinen, so kann die Differenz von mehr oder weniger nichts dabei machen. Da erweitern sich auch die unvollständigen Darstellungen der menschlichen Gestalt doch zum Kunstwerk in der Zusammensetzung, für das Ideale wie für das Wirkliche. Vom Einzelnen aus ist denkbar eine einzelne Handlung die aus zwei Personen besteht, und aus mehrern, aber wo ist die Grenze? Eine Masse in als Einheit übersehbarem Raum, so daß das Einzelne noch unterschieden wird, bleibt Kunstwerk. Soll aber eine Handlung dargestellt werden, die gleichsam eine unendliche Menge Menschen erfordert, Volksversammlung oder Gefecht, so muß der Raum so getheilt werden, daß die Einzelnen so wenig unterscheidbar sind, wie in Landschaft die einzelnen Bäume in Gruppen, ja das Zusammenwirken ist natürlich noch näher. Ein Gemählde das ganz so erfüllt ist, ist schlecht befriedigend, man verlangt eine Haupthandlung dabei, die aus wenigen Personen besteht und diese sollen ganz heraustreten, die Andren nur als zur Handlung mitgehörig den Raum erfüllend. Das fordert man, das Gemählde mag sich zur Wirklichkeit verhalten, wie es will. Aber doch auf verschiedne Art z. B. große Darstellungen von einer militärischen Friedensscene, wo König mit militärischem Gefolge und Masse Soldaten; die Hauptpersonen wären Portraits, sonst wäre es nicht Kunstwerk gewesen. Hätte einer die Soldatenköpfe auch als Portraits ausgegeben, so hätte man ihn ausgelacht, weil da nur die Gruppe gelten soll, in Hauptpersonen aber das Einzelne. Menschliche Gestalten, die auf einem Bild nur als Gruppe gelten, sind Beiwerk, nur daß sie zur Vollständigkeit der Handlung mit gehören, was bei Baumgruppen nicht so der Fall ist. Nun haben wir vom Einzelnen aus die Gliederung einer solchen Zusammensetzung, Einfache Handlung von wenigen Personen, zu12 ?] .

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sammengesetzte Handlungen von größrer [Masse von] Personen, Handlungen, die einen Gegensatz zwischen den die Handlung vollbringenden und den bloß als Gruppe dazu gehörenden [aufweisen]. Wie entsteht nun hier das Beiwerk? In Porträtfiguren ist fast gleichgültig ob der Künstler ihre Umgebung gibt, oder nicht, denn sie ist doch zufällig, weil die Figur in keiner Handlung dargestellt ist, und gibt er ihr eine Umgebung, so ist es nur um bestimmte Lichtverhältnisse hervorzubringen. Je genauer der Zusammenhang der Umgebung mit der Figur, desto zusammengesetzter können die Beleuchtungsverhältnisse sein. Das Kunstwerk wird also ein vollständiges, obgleich die Umgebung nicht zur Figur gehört, sondern nur als Vermittlung | für bestimmte Beleuchtungsverhältnisse. Ein Theil der Erfindung will also das Ganze nicht nur als Darstellung der Figur sondern auch der Bel e u c h tu n g zum Kunstwerk machen. Je weniger die Umgebungen dieses leisten, z. B. eine Ferne hinter der Figur, desto mehr erscheint sie zufällig für die Figur. Dieses zweite Element der Composition ist wesentlich bedingt durch ein Zusammensein von mehrern Gegenständen. Soll also das Kunstwerk vollkommen sein, so müssen diese darauf erscheinen, und wenn die Figur eine einzelne ist, so müssen die Umgebungen, um Mannigfaltigkeit von Beleuchtungsverhältnissen realisiren zu können, gemacht werden. Handlung aus mehrern Personen [ist] so[,] daß diese unter einander schon eine solche Mannigfaltigkeit hervorbringen, und die Nothwendigkeit von andren Umgebungen verschwindet, ausgenommen insofern noch ein Raum zu erfüllen ist; denn immer muß die ganze Fläche des Bildes wenigstens mit Pigment erfüllt werden, ist noch großer Raum, so eine Aufgabe und da kann nothwendig werden, was unmittelbar für die Hauptfigur es nicht wäre, und so erscheint Landschaftliches oder Architectonisches als Beiwerk für den Gegenstand, für [das] Kunstwerk aber sind sie da, um die Gesamtaufgabe der Mahlerei besser zu erfüllen. Die Localität der Handlung ist darzustellen, weil die Beleuchtungsverhältnisse dadurch different werden; das soll mit der Ursache erkannt werden können, und so viel von Gegenständen außerhalb des eigentlichen Gegenstandes wird immer da sein müssen. Gehen wir von hier wieder zurük auf D iff erenz zwischen A bb i l d u n g u n d f r e i e r P r o du c t i o n, wie wir sie stellten als in gleicher Dignität. Hat es nun der Künstler mit bloßer Gestalt zu thun und ist sie Kunstwerk wenn die Beleuchtung mehr oder weniger vernachläßigt ist? Je mehr diese vernachläßigt ist, desto mehr scheint alles was im Werk Kunst ist, nur uneigentliche Kunst und der Zweck des Werks außer der Kunst. Also auch das Portrait ist der zweiten Forderung 4 ?] .

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unterworfen, die Lichtverhältnisse als bestimmte Wahrheit i. e. Mannigfaltigkeit zur Anschauung zu bringen. Nun ist schon die Construction des menschlichen Antlitzes, daß die einzelnen Theile aufeinander Schatten und Farben werfen, und so liegt die Aufgabe schon im Gegenstand, muß aber noch auf andre Weise bestimmt werden sc. durch den Grund, auf welchen gemahlt wird, der das Princip der Lichtverhältnisse in sich trägt und die Mannigfaltigkeit der Gegenstände in dieser Beziehung ersetzt. Je mehr PvomS Raum da ist, desto leichter kann man Gegenstände als Beiwerk aufnehmen, was einen größren Theil der menschlichen Gestalt voraussetzt; da hat schon das Porträt Beiwerk, so wie es sich der vollständigen Gestalt nähert und da kann es schon die ganze Mannigfaltigkeit von Gegenständen in sich aufnehmen. So wie dieses auch so verschwinden kann, daß nur bleibt anzudeuten die Localität, sofern sie Princip der Beleuchtung ist. Das zeigt den Anspruch den ein Werk haben kann, als Kunstwerk behandelt zu werden. So wie auch die theilweise Darstellung sich die ganze Aufgabe der Kunst stellt, so haben wir auch [ein] Kunstwerk. Eine andre Reihe ist die D i f f e r e n z i n der Vollst ä ndi g keit . Anfangs herrscht nur Gestalt vor und Beleuchtung tritt erst allmählig hinzu, doch ist, wo sie nicht als minimum da ist, keine Production der Mahlerei. Das einfachste ist Darstellung der Gestalt in ihren Umrissen, Zeichnung. Denke ich hier einen einzelnen Gegenstand, Figur, so kann ich sie vollständig darstellen ohne daß etwas von Lichtverhältnissen da ist. Aber eine menschliche Gestalt so abgebildet erscheint dann nur als eine Vorzeichnung, Studium für das Vorkommen der Figur im zusammengesetzten Bilde oder als Statue. Man erkennt es PnichtS als Kunstwerk. Denke ich aber diese Figur auf einem Terrain, so daß die Wahrheit des Sehens, die Tiefe in der Fläche schon mit angedacht ist, so sind auch schon Beleuchtungsverhältnisse da, die Umrisse für das Terrain treten nicht so hervor wie die der Figur, und es ist schon Perspectivisches. Mit diesem minimum sind beide Elemente der Kunst da, also Anspruch als Kunstwerk zu gelten, obgleich nur als unvollkommnes und Anfang. Darin versiert jeder im Anfang und die Kunst selbst wird zuerst in diesem versiert haben. Das nächste wird nun sein, wenn zu den Umrissen noch die verschiednen Theile der Figuren heller oder dunkler erscheinen je nach dem sie dem Licht zu- oder abgewandt sind, das gibt Licht und Schatten an. Da ist die Wahrheit des Sehens schon in großem Umfang nicht nur im Gegensatz | der Figur und ihres Hintergrundes, sondern [in] ihren Theilen selbst. Aber es ist nicht vollständig, nicht nur weil keine Färbung da ist, sondern weil die Umrisse nicht erscheinen als Theile der Fläche, sondern als für sich, während in der Wahrheit des Sehens die Umrisse nichts sind als diejenigen Theile der Oberfläche die von Umgebung

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trennen. Bilden sie besondre Linien, so sind sie dargestellt als etwas für sich. Natürliche Täuschung als Wahrheit des Sehens ist different vom Ausgehen auf Täuschung, und jene Bezeichnung der Umrisse durch Linien ist mehr symbolisch als [eine] Wahrheit des Sehens. Doch ist es nicht eine Täuschung auf die man ausgeht, sondern der Beschauer soll gerade von dem abstrahiren, was nicht Wahrheit des Sehens ist. Die nächste höhre Aufgabe von der schattierten Zeichnung aufwärts, wo Schatten und Licht auch durch Striche dargestellt sind, ist, daß diese zwei Willkürlichkeiten aufgehoben werden, i. e. daß die Umrisse nicht als selbstständige Linien, sondern als Theile der Oberfläche erscheinen, und dem gemäß der Gegensatz zwischen hell und dunkel, d. h. die Linie soll ganz verschwinden und nur die sich selbst beschränkende Fläche dargestellt werden, ohne bestimmte Linien. Das ist nun was durch Zeichnung in Sepia, Tusche usw. erreicht wird, durch ein zusammenhängendes flüssiges Pigment, so daß Umrisse nur die Grenze dieser bestimmten Färbung sind, und hell und dunkel durch schwächre und stärkre Wirkung des Pigments. Auch das ist noch nicht Wahrheit des Sehens, denn die Färbung ist völlig willkürlich, man könnte jede beliebige Farbe anwenden, nimmt aber nur solche, die im stärkren Auftrag mehr die bloße Dunkelheit des Schattens darstellt, und keine bestimmte Färbung. Aber Willkür ist immer hier, also Unvollkommenheit in [der] Darstellung. Also fehlt nur noch das letzte, die der Natur angemeßne Färbung, die sich verschieden denken läßt. Denken wir ein Gemählde aus verschiednen Farben, jede für sich wenn auch bei Einer Beleuchtung, so ist es unvollkommen, denn die Gegenstände wirken aufeinander in Färbung und Lichtverhältniß, i. e. Reflexe, und diese im Verschmelzen aller Farben bildet das Helldunkel. Ist jede Farbe für sich, so merkt der gebildete Sinn die Unvollkommenheit. Das sind die verschiednen Stufen vom ersten Anfang bis [zur] vollendeten Nachbildung der Wahrheit des Sehens in freier Productivität. Nachbildung nenne ich es, um die Vollkommenheit in der Darstellung zu bezeichnen; aber es scheint dadurch für dieses Gebiet geltend zu werden, Kunst sei Nachbildung der Natur; aber es ist nicht von Nachbildung die Rede, sondern von vollkommner Gleichheit des innren Sehens mit dem nach Außen, was nicht Nachahmung von Gegenständen ist, sondern Darstellung des Sinns. Vielmehr wäre die Nachbildung der Natur da, wo man von diesem Verhältniß des wahren Sehens abstrahirt. Die Zusammenstellung[,] was rein Werk des Auges ist, mit darzustellen, ist erst Kunst. — Ist nun alles dieses von den ersten Anfängen an doch wirklich Kunst oder liegt das eine Ende noch außerhalb der Kunst? Das gab ich zu, wo in Zeichnung die Be-

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leuchtungsverhältnisse völlig Null sind, aber sie fangen schon an in der Perspective. Stellt man aber die Frage so: Wird wohl, wenn die ganze Kunst vollkommen da ist, ein Künstler noch Zeichnungen auf jener Stufe produciren? Wenn er es thut, thut er es nicht als Kunstwerk, sondern entweder als Lehrmittel oder als Vorarbeit; aber die Selbstständigkeit [der Zeichnung] wird aufhören, Kunstwerk sein zu wollen, aber die wird schon sein, sobald die Willkür entfernt wird, Umrisse durch Linien darzustellen und jede Aufhebung einer Willkürlichkeit führt dahin, daß man frühre Formen dann nicht mehr als Vollkommenheit der Kunst ansieht. Anfangen kann ein Mahler mit Linearumrissen, aber nicht außer der Kunst selbst, Scizze entfernt schon die Willkür der Linearumrisse, und Umrisse welche nur Grenze der Fläche seien und schon alle Beleuchtungsverhältnisse [angegeben], wenn auch nur in einfacher Färbung. Er kann auch Farbscizzen entwerfen. Doch ist das Alles nicht das Kunstwerk selbst. Alle diese Stufen stellen nicht nur verschiedne Perioden der Kunst dar, sondern auch die Stufen durch die sich jedes Kunstwerk von innen heraus entwickelt; ob es an demselben Stoff geschieht, oder in verschiednen Wiederholungen, ist dasselbe. Das Resultat ist nun: Da es das Eigenthümliche der Mahlerei im allgemeinen Begriff der bildenden Kunst war, daß die innerlich gebildete Gestalt sich nun entwickelt zugleich mit ihren Beleuchtungsverhältnissen und wir so diese Kunst als die ganze freie Thätigkeit des Gesichtssinns aufgestellt haben, die nur äußerlich wird durch ein Nachbilden des innerlich Gesehnen: so ist das eigentliche Motiv der Kunst i. e. das wodurch einer künstlerischer Natur ist, als besondres | Motiv, warum er Mahler wird, nur diese wechselseitige Beziehung der Gestalten und des Lichts. — Nun wird ein früher angedeutetes Element, daß sc. das P r i n ci p d e r M ah le r ei durchaus nicht in einem Ethos liege i. e. man nicht sagen kann, es wird einer ein Mahler, um gewisse Gegenstände, die das Gemüt auf eine bestimmte Weise bewegen sollen, zur Darstellung zu bringen. Das werde ich, wie hier, auch für alle einzelnen Künste negiren, aber nur um es für alle ins Gesamt geltend zu machen. Aber nie erkläre man daraus das Specifische, daher der Maaßstab für die richtige Schätzung des Künstlers gar nicht darin. Ob der Mahler sehr ernste Gegenstände behandelt, oder solche, die für uns keine Wahrheit haben, wie Mythologie, das hat gar keinen Einfluß auf den Werth des Kunstwerks. Ja wäre ein Kunstwerk auf einen bestimmten Effect dieser Art gearbeitet, so ist sein Werth untergeordnet sei der Effect ein lasciver oder religiöser. Sondern das Wesen 1 sind] ist

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ist Darstellung der Gestalt in Lichtverhältnissen, und dadurch nur soll die Erfindung bestimmt werden. Dieses führt auf einen andren Gegenstand, der zwar auf eine bestimmte Gattung der Mahlerei zu gehen scheint, aber die Wahrheit ist eine allgemeine, daher hier zu behandeln. Es finden sich häufig Fälle, ja es überwiegt, daß die Erfindung des Künstlers nicht ganz frei ist, man bestellt bei ihm die Gemählde z. B. eine heilige Familie, oder bestimmte historische Scenen. Erkennt der Künstler den Gegenstand als künstlerische Einheit, so macht er keine Einwendung. Dieser so Bestellende beabsichtigt allerdings eine Wirkung des Gegenstands, die ist aber eben nicht des Künstlers Sache, sondern nur die Kunst an diesem Gegenstand darzustellen, so daß die Einheit und Vollständigkeit der Kunstelemente in Zusammenstellung der Gestalten und Lichtverhältnisse erscheinen. Da ist es gleich, ob er den Gegenstand erfindet, oder bekommt. Die Künstler nun sehen nie den ethischen Gegenstand als das Motiv des Künstlers an, i. e. als den Punkt, worin sich die Einheit des Gemähldes bestimmt, sondern dafür sehen sie solche an, die ein bestimmtes Princip für [das] Zusammensein der Figur und Beleuchtung enthalten. Das ist die eigentlich mahlerische Erfindung, nicht der Gegenstand, daher es gleichgültig ist, ob dieser sein oder eines Andern Werk ist. Von den großen Meistern gibt es Werke, die dem Gegenstand nach keine Einheit enthalten, aber wenn nur Einheit im Zusammensein der zwei Hauptmomente der Mahlerei da ist, so machen sie sich nichts daraus. Bei einer heiligen Familie können die das Gemählde Bestellenden mit abgebildet werden, und dann ist keine Einheit im Gegenstand. So viele Meister behandeln Gegenstände aus dem gemeinen Leben, die keinen moralischen Werth haben. Was ich für jede einzelne Kunst abweise, will ich für die Kunst überhaupt. Die Richtung auf freie Productivität selbst als Thatsache im einzelnen Menschen soll zusammenhängen mit der Einheit des menschlichen Wesens und Lebens und wenn einer lauter geringfügige Gegenstände behandelt, so gibt er seiner freien Productivität eine Richtung, daß man eine andre wünschen möchte. Das ist aber die moralische Würdigung der Person[,] nicht der Werke in ihrem Kunstwerth. Wollen wir diese Reihe zusammen in Gruppen sondern, so ist 1.) H i s t o r i e n m ah le r e i , 2.) L an d s cha ftsm a hlerei 3.) A rchit e c t o n i s c h e M ah l e r e y. Charakterisiren kann man sie dem Gegenstand und auch dem Kunstcharakter nach. In historischer Mahlerei dominiren menschliche Gestalten, in Landschaftsmahlerei Naturge40 In] Ist

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staltungen, in architectonischer Mahlerei die größren menschlichen Werke. Dem Kunstcharakter nach kann man sie unterscheiden und dann tritt da ihr Verhältniß zu den andren Künsten am meisten vor Augen. Die a r c h i t e c t o n i s c h e M ah l e r e i ha t g roße A nnä heru n g z u m M e c h an i s c h e n , weil überwiegend in geometrischen Linien und von geometrischen Regeln dominirter Perspective versirend. Landschaftsmahlerei setzt beim Künstler voraus überwiegende Richtung auf die Natur insofern sie in dem, was sich dem Auge darbietet, einen Eindruck hervorbringt. Fragen wir nach dem Eindruck der wirklichen L a n d s c haf t s o i s t A n al o gie mit musika lischem Ei n d r u c k . Es sind Bewegungen des Selbstbewußtseyns nach Ton und Character, die durch diesen Natureindruck hervorgerufen werden. Das ist nicht Widerspruch gegen unsre Behauptung, das Ethische kann nicht Motiv sein, denn der Werth der Landschaft als Kunstwerk bestimmt sich nicht darnach, wie stark und allgemein dieser Eindruck sei, sondern er ist minimal bey ausgezeichneten Werken; und bedeutend ist er, wo Gegensätze in Natur bedeutender hervortreten. | Das eigentlich den Eindruck hervorruft als analoge Bewegung des Selbstbewußtseyns wie in Musik[,] das sind die Lichtv erhä lt nisse . Es muß daher ein bestimmter Charakter durch eine best im m t e Ta g esze i t dargestellt werden, da des Morgens Beleuchtung anders als Nachmittag, was sich besonders an der Erde heraushebt. Das ist der eigentliche musikalische Charakter der Landschaft. Das Bestimmtre, was aus den Naturgegenständen hervorgeht, ist hingegen jenes Zufällige was häufig als minimum verschwinden kann. Die Differenz des Gegenstandes hat mit Kunstwerk nichts zu thun, wenngleich Künstler sich oft mehr diese oft andre wählen, was mehr ihr Charakter ist, und auf das Selbstbewußtseyn ganz verschieden wirkt; in der Subjectivität des Künstlers ist die Neigung zu diesem oder jenem[,] der Kunstwerth aber ist nur im Grade, in dem die zwei Elemente der Kunst in ihrem Zusammensein zugleich die vollkommne Richtigkeit darstellen. Die h i s t o r i s c h e M ah l e r e i in ihren größten Werken betrachtet, hat gewisse Ve r w an d t s c h af t m i t d e m Mimischen. Man verlangt die Richtigkeit des Mimikers, gegeben ist nichts als die Gestalten selbst, freilich sind solche darunter, die durch traditionelle Charaktere oder willkürliche Attribute sich zu erkennen geben, aber theils ist es dieses[,] nicht beides, theils reicht es nicht hin, um den Moment zu erklären. Das Bild darf eigentlich keine Überschrift haben, sonst ist es mangelhaft, seines Publikums nicht sicher. Es soll aus sich erkannt werden, daher muß in der Bewegung eine solche Beziehung unter den Figuren sein, daß das Wesentliche der Handlung daraus erkannt wird. Ist der bildende Künstler überhaupt immer in Gestaltbildung, so ist der Historienmahler in Erzeugung menschlicher Gestalten, um den

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Typus des Menschen in allen verschiednen Modificationen zu realisiren; aber indem das durch Zusammenstellung geschehen soll, so muß [sich] in ihm auch die Beweglichkeit der menschlichen Gestalt im Verhältniß zu den geistigen Impulsen ausbilden. Das kann nur ausgehen von Beobachtung. So müssen sich ihm die Gestalten erzeugen in Beziehung auf die ethischen Verschiedenheiten. Das ist nun nicht so, daß nur große oder würdige ethische Momente sich so in ihm gestalten sollen, das ist gleich, sondern vielmehr soll das Menschliche in seiner Totalität sich in ihm entwickeln. Und es kann nicht fehlen, daß wenn eine Einseitigkeit des Künstlers in dieser Beziehung ist, sich dasselbe durch eine Trockenheit manifestirt. — In den Künstlern selbst finden wir zweifache Richtung[,] in einigen Richt un g na ch der Univ ers a l i tä t , in Andern R i c h t u ng n ac h dem S pecia lisiren. Es gibt sc. Mahler, die in allen Gattungen arbeiten successiv oder zugleich, Andre halten sich nur an Eine Gattung und dann gewöhnlich nur in einem besondren Gebiet derselben. Vergleichen wir diese, so sind wir geneigt zu urtheilen, daß die Richtung auf das Specialisiren mit größrer technischer Virtuosität verbunden sein soll, wenn sie sich rechtfertigen soll, und daß Richtung auf Universalität sich nur rechtfertigt durch Reichthum an geistreicher Erfindung in allen diesen Gebieten. Denkte man sich es so, daß das eine das andre begrenzt, i. e. das Erfinden ist nichts andres, als dieselbe innre Production in Gestaltbildung[,] innres Sehen von innerlich erzeugten Gestalten, von denen die der Idee der Kunst gemäßen so beharrlich werden, daß sie heraustreten wollen; und das Bewußtseyn dieser Überzeugung, wenn es sich fixirt, ist der eigentliche Conceptionspunkt. Je mannigfaltiger nun die Arbeiten sind, desto mehr setzen sie eine solche innre Production voraus, aber die äußre Thätigkeit in Ausführung wenn sie Virtuosität werden soll, setzt allerdings sehr große Übung, und diese sehr großen Zeitaufwand voraus; aber die Beschäftigung des Künstlers mit äußren Darstellungen ist eine ihn so dominirende, daß während derselben schwerlich innre Productionen entstehen, die zu Lebendigkeit kommen, wenngleich freilich diese lange Beschäftigung diese wiederum befruchten; aber je mehr Zeit auf die äußre Darstellung, den secundären Act verwendet [wird] und Thätigkeit, desto mehr muß die Erfindungskraft zurüktreten und beides begrenzt sich. Je mehr nun einer in verschiednen Gattungen erfindet: desto mehr ist in allen diesen eine mannigfaltige Production vorangegangen als natürliche Vorübung, aber desto weniger Zeit fand sich für äußre Darstellung. Darum machen wir uns gleich gefaßt, einem so in verschiednen Gattungen arbeitenden Künstler etwas nachzusehen in der | Virtuosität; aber das nur, wenn die Erfindung geistvoll ist. — Gehen wir hiervon aus und betrachten die äußre Darstellung als bloßen secundären Act: so sagt man

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leicht auch, es wäre wünschenswerth, daß der Künstler um recht im Erfinden zu bleiben, jenen secundären Act Andren überlassen könne. Das sahen wir in Sculptur und postulirten es in Architectur. Wie steht es da um die Mahlerei? Etwas Ähnliches kann man zugeben. Der Künstler entwirft die Umrisse, i. e. Gestalten und von Lichtverhältnissen was Perspective ist, aber als Andeutung, dann scizzire er die Farbe und Beleuchtungsverhältnisse und gibt die Stärke davon an, überlasse die Ausführung einem Andern; zuletzt aber macht er die Vollendung als Harmonie. Zu diesem letztren gehört die Virtuosität ebenfalls, denn zu Ende sieht man die Hülfsarbeiter nicht, sondern den letzten Pinsel und den muß die Hand des Meisters führen. Die Virtuosität muß er also haben, braucht aber nicht die ganze Zeit auf die Succession der Arbeit zu wenden. Das finden wir in der Geschichte der Mahlerei; nun ist von Sculptur die Differenz, daß in dieser die Hülfsarbeit mechanisch ist, in Mahlerei aber immer schon eine künstlerische, daher es da die Schüler sind, die so sich übend dem Meister Zeit sparen. Daher die große Production vieler Meister, daß [es] unmöglich wäre, daß alles, was als das ihrige geschichtlich beurkundet ist, ihr Werk wäre, wenn nicht durch solches Zusammenwirken entstanden. Die historische Mahlerei im ganzen Umfang betrachtet umfaßt auch das P o r t r ai t und was man heutzutage die G enrema hl erei nennt. Diese in Differenz von historischer Mahlerei ist etwas willkürlich. Man denkt, ein historisches Bild ist ein bestimmter Moment, geschichtlich oder poetisch, aber als bestimmter Moment seinen Ort habend. Genremahlerei ist Darstellung einer allgemeinen Handlung in unbestimmtem Fall. Z. B. Bilder von der Schlacht des Constantins, das ist ein Moment, Thatsache. Ebenso kann [eine] Schlacht aus einem Gedicht dargestellt werden, und hat ihren Moment dann in diesem. Nun aber kann ein Bild nur überhaupt ein Gefecht sein wollen, nicht ein bestimmtes, stellt nur im Allgemeinen diese Verhältnisse dar. Ist das eine bestimmte Unterscheidung? Nein, denn die bestimmte Thatsache ist nie so bestimmt beschrieben, daß nicht der Mahler sie auf sehr verschiedne Art darstellen könnte, also Darstellung zum Dargestellten doch wie das Einzelne zu einem Allgemeinen. Die Aufgabe ist freilich eine etwas bestimmtre[,] aber beim Genrebild doch auch; denn wie kann man ein Gefecht darstellen, ohne zugleich [zu bestimmen,] welchem Zeitalter und [welcher] Nation [es angehört]. Der Unterschied erscheint also nur als gradueller. Dennoch gibt es wenig 26 Die für Constantin siegreiche Schlacht an der Milvischen Brücke im Jahr 312 wurde zum Motiv zahlreicher Gemälde, Reliefs und Fresken. Berühmt ist etwa das Fresko in der Sala di Costantino (1517–1524) im apostolischen Palast des Vatikan, das der Werkstatt von Raffael zugeschrieben wird.

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Fälle, wo man nicht gleich unterscheidet, ob es historisches Bild sein soll oder Genrebild, aber doch gibt es solche Fälle. Darstellungen poetischer Momente können so gehalten sein, daß der Eine darin den bestimmten poetischen Moment sieht, der andre ein allgemeines. Das Lessingsche Bild von Bürgers Leonore ist poetisch bestimmter Moment. Wer das wußte, sah es darin, wer es nicht wußte, konnte es für [ein] Genrebild halten. Auf Seiten der Landschaftsmahlerei ist noch weniger möglich bestimmte geographische Momente von bloßer allgemeiner Landschaft zu trennen, derselbe Punkt kann auf verschiedne Arten gefaßt werden und frei erdachte Landschaft wäre ja allgemeiner geographischer Punkt an unbestimmtem Beispiel. Diese Differenz macht Niemand, da sich der Gegensatz nur auf der einen Seite geltend macht, so ist er nicht wesentlich. Ein andres ist zu betrachten, eine Frage, die nicht sehr erheblich scheint und schon fand sich Gelegenheit zum Gegentheil. Die Dimensionen sc. die bei Architectur zur Sprache kamen, wo Einige das Gothische verwarfen, weil es nur durch Dimensionen wirke. Hier aber ist allgemeine Bemerkung, daß n i e e i n G enrebild sich zu solchen D i m e n s i o n e n e r h e b t , w i e e i n h i s torisches Bild. Darin will ich nicht ihr Wesen setzen, aber fragt man empirisch, ob sie, seit sie bestehen je die großen Dimensionen an sich hatten, so muß man es verneinen. Dahinter liegt: Die Bestimmtheit eines Gemähldes hängt mit seinen Dimensionen zusammen: [ein] Gemählde das im öffentlichen Leben | bestimmt ist, muß große Dimensionen haben, weil es von Vielen zugleich, d. h. aus Entfernung soll aufgefaßt werden. Für diese Bestimmtheit ist der historische Moment das einzig Postulierte, Alles andre wäre von untergeordneter Bedeutsamkeit, Vergangenheit in Ge-

5 Das vom Maler Carl Friedrich Lessing entworfene Ölgemälde „Lenore“ (1832) ist durch die Ballade „Lenore“ (1774) des Dichters Gottfried August Bürger inspiriert. König Friedrich Wilhelm IV. (1795–1861) erwarb es und ließ es im Berliner Schloss ausstellen; heute wird es als Kriegsverlust geführt. Wahrscheinlich hat Schleiermacher das Gemälde bei der Ausstellung der Berliner Akademie der Künste von 1832 gesehen, oder darüber gelesen (vgl. oben S. 816,31–1 und unten S. 832,1–2 und die entsprechenden Sachanmerkungen). Im Ausstellungskatalog heißt es: „Carl Friedrich Lessing, aus Wartenberg, jetzt in Düsseldorf, Mitgl. d. Akad.“, „Leonore nach Bürger, eigene Composition. Gehört dem Düsseldorfer Kunstverein.“ Vgl. XXVII. Kunstausstellung der Königlichen Academie der Künste, Berlin 1832, in: Die Kataloge der Berliner Akademie-Ausstellungen 1786–1850, Bd. 2, bearbeitet von Helmut Börsch-Supan, Berlin 1971, Nr. 407. Zerstört, entführt, verschollen. Die Verluste der preußischen Schlösser im Zweiten Weltkrieg, hg. von der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten BerlinBrandenburg, Potsdam 2004, S. 297.

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genwart hineintragend. Das Genrebild kann nie eine Bestimmtheit für das öffentliche Leben haben, weil nicht Darstellung eines bestimmten Moments: Dieser Unterschied hat auf die Dimensionen Einfluß nur nach Einer Seite hin. Im religiösen Leben kann man nicht unterscheiden zwischen öffentlichem und häuslichem Gottesdienst in Beziehung auf Kunst, aber die Räume sind different, und im Verhältniß des Gebäudes müssen auch die Gemählde sein. Ja auch der Einzelne kann solche Kunstwerke auf sich beziehen als Glied der Gesellschaft, aber dann sollen sie im Verhältniß sein zu den Räumen, über die er gebietet. Also historische Gemählde sind in allen Dimensionen möglich. Hingegen ein Genrebild von großen Dimensionen in öffentlichen Räumen wäre unpassend, diese sollen mit Bestimmtrem erfüllt sein. Beides zusammenfassend haben wir Charakteristisches, Genrebild ist Darstellung einer menschlichen Handlung ohne bestimmten Moment. Damit hängt eben so wesentlich zusammen: Ein historisches Gemählde kann nur bestehen aus den wenigen Figuren, die die Handlung bilden. Nun gibt es Handlungen, die noch eine Menge Andrer zulassen, doch als Hintergrund. Im ersten Fall müssen die Hauptfiguren das Gemählde ausfüllen bis auf das, was für es Beiwerk ist; höbe sich dieses heraus, so träte das Geschichtliche zurük. Im zweiten Fall muß das Gemählde weit größren Umfang haben, und es entsteht bestimmter Gegensatz zwischen Hauptfiguren und der Masse. Nie ist eine Menge Menschen in historischem Gemählde, ohne daß sie in diesem Gegensatz wären. Die darzustellenden Motive sind immer nur in Wenigen und die Masse durch diese in Bewegung versetzt, also die Stärke des Motivs bezeichnend. Denke ich ein Genrebild z. B. das ein Gefecht darstellt, so kann das in Form eines allgemeinen Genres, aus lauter einzelnen Gruppen [bestehen,] wenn der Gegensatz zwischen Vor-, Mittel- und Hintergrund nothwendig wird. Einige können bestimmter hervortreten, aber das ist nur Scheidung des Vor- und Hintergrunds. Treten hingegen einige Figuren zu einer bestimmten Handlung heraus vor den Andren, so ist man gleich versucht es für einen bestimmten Moment zu halten und [zu] fragen: Wer sollen jene sein? Dasselbe ist in allen Fällen und es gehört zum Charakter dieser Gattung, daß der Gegensatz zwischen Haupt- und Nebenpersonen da mehr zurüktritt, weil er sonst den Beschauer nur mißleiten würde. Weil sie nur bloße Beziehung auf das Privatleben haben, so tragen sie auch nicht die großen Dimensionen an sich. Das Genrebild ist von Anfang [an] auf das Privatleben berechnet, versiert wesentlich in Darstellungen menschlicher Gestalten; und nun sehen wir, warum dieser Gegensatz nicht ist in Landschaftsmahlerei, weil diese sc. ihre Beziehung nicht 33 ?] .

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hat auf das öffentliche Leben, da sie nicht Handlungen darstellt, und Differenz der Behandlung gar nicht solchen Gegensatz hervorbringt. Materiell angesehen kann man eine ähnliche Differenz finden, aber nie so hervorgehoben, weil der Gegenstand keine Beziehung auf den Gegensatz öffentliches und privates Leben hat. Das leitet zu noch zwei verschiednen Betrachtungen über die Mahlerei überhaupt 1.) F rage ü b e r [da s ] Verhä lt niß der D im e n s i o n e n z u m e i ge n t li c h e n G e biet der K unst, 2.) [die F r a g e ] n a c h d e m Ve r häl t n i ß d e r b eiden S ty le, dem gebundnen und strengen und dem mehr leichten und geselligen welche wir in andren Künsten fanden, für die Mahlerei. Das e r s t e betreffend sahen wir gleich beim Übergang von Architectur zur bildenden Kunst kam vor, daß das Colossale in der bildenden Kunst die natürlichen Verhältnisse der Dimensionen verschiebt, also mit geändertem Maaßstab das Werk nicht mehr dasselbe wäre. Diese Dimensionen schlossen wir von der Kunst aus. So ist es mit dem entgegengesetzten im grünen Gewölbe in Dresden[, ein] Kirschkern mit weiß Gott wie vielen menschlichen Gesichtern. Das ist bloß ein Kunststück, kein Kunstwerk; ist Epideixis einer mechanischen Vollkommenheit, dieselben Bewegungen mit der Hand, die es größer bilden würden, in demselben Verhältniß im kleinen durchzuführen, menschliche Hand ist wie ein accurater Storchenschnabel. Das ist ein entgegengesetzter Punkt. | Wie wir d as Colossa le ausschließen, wo Verschiebung der Verhältnisse der Schwäche des Sinns zu Hülfe kommt, s o s c h l i e ß e n w i r di e s e s u nendl ich kleine a us. Gesetzt ein so unendlich kleines sei etwas eignes auch als Werk, z. B. jene Gesichter nicht etwa Copien, sondern ordentlich ausgeführt sehr gute Kunstwerke wären, so ändert das unser Urtheil nicht, sondern es ist Thorheit, daß der Verfertiger die Richtung der Kunst unterordnete einer mechanischen Epideixis. Wie weit geht aber dieses? Die Grenze scheint sich zu verwaschen. Wo das eigentliche Kunstgebieth von beiden Extremen aus angehe, scheint unbestimmbar und somit auch die Endpunkte selbst. Es gibt nun eine Minia turma hlerei, allerdings eine eigne technische Form, aber ist wesentlich an ein gewisses Minimum von Dimensionen gebunden. Aus der Kunst ausschließen kann man sie nicht, aber es ist ein Grenzgebiet, und Werke derselben Gattung können als Kunstwerk, andre aber nicht anerkannt werden. So wie sc. Totaleindruck mechanische Epideixis ist, ist es kein Kunstwerk, wohl aber wo es Eindruck der Kunst ist. In der Sculptur ist ein Gebiet, das man sich nicht scheut in [das Gebiet der] Kunst zu stellen, 17–18 Vgl. die Sachanmerkung zu S. 452,17–18

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sc. die g e s c h n i t t n e n St e i n e , durch Bestimmung an kleinen Umfang gebunden, dem Werk, [das] vergrößert gedacht doch durchaus KunstWerth hätte, daher man sagt, bloße Verkleinerung thut dem Werth keinen Eintrag. Dasselbe ist von der Mahlerei zu sagen, aber die Kleinheit des Maaßstabs muß auch aufgegeben sein von einem bestimmten Grund. Die Scheidung geht also durch ein Grenzgebiet, und wird individuell. Gehen wir vom Colossalen aus, so ist nicht Alles, was den natürlichen Maaßstab überschreitet außerhalb der Kunst, aber auch Vieles was sogar hinter dem natürlichen Maaßstab bleibt, kann außer der Kunst fallen. Denkt man Giganten gemahlt, so müssen sie weit über den natürlichen Maaßstab hinaus, wenn die Alteration der Verhältnisse eintreten müßte, was nicht der Fall ist, wo das Werk sich auf Einmahl übersehen läßt. Das Landschaftliche in Decoration aber geht auf Täuschung aus oder vermeidet sie doch nicht und fällt deswegen außerhalb [der] Kunst. Von dieser Grenze abstrahirend finden wir bedeutenden Einfluß der Dimensionen auf den Eindruk eines Kunstwerks. Ist er vollkommen erklärt dadurch, daß was auf das öffentliche Leben berechnet ist, Dimension haben muß, die von Vielen und aus Ferne betrachtet werden kann; und hier wieder daß Alles, was kleinre Dimension hat, schon deswegen, weil es nicht auf das öffentliche Leben geht, andren Eindruck macht. Heben wir in Gedanken alle andren Differenzen auf und denken nur diese eine z. B. Gemählde der heiligen Geschichte, wie es Altarbild sein kann, und dasselbe im kleinen Maaßstab als Cabinetsstück. Das letztre ist gar nicht weniger ein Kunstwerk. Dennoch ist verschiedner Eindruck; aber ist diese Differenz im Kunsteindruck oder in etwas andrem? Offenbar von etwas Hinzugekommnen her, gerade vom Bewußtseyn der verschiednen Bestimmung; da ich mit dem großen Bild nun zugleich die Wirksamkeit denke, so daß mein Eindruck andre Dimension bekommt, was den eigentlichen Kunsteindruck nichts angeht. Denken wir die Kunstdimension in einer gewissen Mitte, oder den Gegenstand so, daß er seiner Natur nach nicht Stelle im öffentlichen Leben haben kann, so verschwindet gleich der Gegensatz[,] wir sind nicht aufgefordert das eine oder andre zu denken, aber der Kunsteindruck bleibt derselbe und von da aus sieht man wie auf beiden Seiten hier die andren Elemente erst dazukommen, je nachdem ihre Bestimmung hervortritt. [Denke ich ein] Heiliges Gemählde von solch mittiger Dimension, so abstrahire ich vom Gegensatz und es ist bloß der Kunsteindruck. Jedes Hinzukommende gehört also nicht zum unmittelbaren 8 Kunst] folgt ))ist**

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Kunsteindruck. Denke ich Darstellungen der Juden in babylonischer Gefangenschaft (auf Ausstellung), so ist es historisches Bild, obgleich [es] nur einen bestimmten historischen Zustand nicht Moment und bestimmten Fall vorstellt, sondern Zustand an einem einzelnen Beispiel. Der Gegenstand ist ein solcher, daß er nicht in öffentlichen religiösen Gebäuden sein will in christlichen Kirchen. Da tritt also kein Gegensatz der Bestimmung mit ins Urtheil, es ist unabhängig vom Einfluß der Dimensionen. Die Dimensionen[,] abgesehen von zwei Endpunkten die außer die Kunst fallen, machen allerdings einen Eindruck aber nicht den Kunsteindruck. | Die Differenz der Dimensionen hängt mit der Bestimmung zusammen, und wenn das Kunstwerk wesentlich verändert wird durch Veränderung der Dimensionen: so [ist es] außer der Kunst, [wie] das Colossale und unendlich Kleine. Aber auch wenn man gewisse Stücke der Niederländischen Mahlerei betrachtet, so sind sie oft so, daß das unendlich kleine z. B. Haare so genau dargestellt sind, daß man es nur durch eine Lupe ganz faßt, aber dann sieht man das Ganze nicht. Auch das liegt außer den Grenzen der Kunst. Solche Werke behalten im Übrigen KunstWerth, aber diese Bestandtheile sind als Kunstwerk verloren. Es ist also in Mahlerei allerdings eine mecha nische Virt u o s i t ä t , Führung des Pinsels, Farben, alles technische ist zum Theil mechanische Virtuosität. Diese gehört also zur äußren Darstellung also dem secundären Act nothwendig. Ist sie mangelhaft, so tadelt man das Kunstwerk, wenn auch alles sonst trefflich wäre. Also muß sie da sein, aber sich ganz und gar der Kunstbetrachtung unterordnen; wie sie für sich hervortreten will, artet es in Epideixis aus und das ist nicht aus dem reinen Kunstprincip. — Zweitens ist festzuhalten, daß der Eindruck den Gemählde machen vermöge verschiedner Dimensionen allerdings verschieden ist, dieses aber nicht der eigentliche Kunsteindruck ist. Gemählde die ursprünglich durch [ihre] Dimension für Privatleben sind, heißt man C ab i n e t s st ücke, von größrer Dimension sind die, welche Bestimmung für öffentliche Gebäude haben, Galeriestücke nennt man sie nicht richtig, da kein Gemählde auf eine 1–5 Schleiermacher spielt hier wohl auf das Gemälde „Trauernde Juden im Exil“ des Düsseldorfer Malers Eduard Bendemann an, der wie Julius Hübner ein Schüler von Friedrich Wilhelm von Schadow an der Düsseldorfer Kunstakademie war. Bendemann feierte mit diesem Gemälde auf der Kunstausstellung der Berliner Akademie der Künste 1832 sein Debüt als Maler, wo Schleiermacher es wohl gesehen hat (vgl. dazu oben S. 816,31–1 und S. 828,4–5 und die entsprechenden Sachanmerkungen). Im Ausstellungskatalog ist vermerkt: „Eduard Bendemann, aus Berlin, in Düsseldorf“, „Gefangene Juden in Babylon nach dem 137sten Psalm, eigne Erfindung. Im Besitz des Düsseldorfer Kunstvereins“. Vgl. XXVII. Kunstausstellung der Königlichen Academie der Künste, Berlin 1832, in: Die Kataloge der Berliner Akademie-Ausstellungen 1786– 1850, Bd. 2, bearbeitet von Helmut Börsch-Supan, Berlin 1971, Nr. 41.

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Sammlung hin gemacht ist. Man kann nicht sagen, es sei einer daher ein größrer Meister, weil er nur im größren Maaßstab gearbeitet, sondern davon ist der KunstWerth unabhängig, und [es] ist immer die Vollkommenheit mit welcher die zwei Elemente der Mahlerei zu einem Ganzen vereinigt sind. Sehen wir wie gewöhnlich bei uns noch über solche Kunstwerke geurtheilt wird, so ist zu unterscheiden Historienmahlerei, und Landschaftsmahlerei. Bei jener läßt man sich überwiegend durch den Gegenstand bestimmen, also die Richtung der Auswahl aus der innren Gestaltbildung für äußre Darstellung, wobei man ein ethisches Motiv unterlegt. Dieses ist dem Künstler eigentlich fremd. Das zweite ist dann dieses, daß man den Ausdruck der Gestalten vorzüglich als Gegenstand der Beurtheilung ansieht. Das ist wieder nicht das eigentlich Mahlerische, sondern das Mimische, das dem Künstler nothwendig ist, insofern er Historienmahler ist. Das erste verirrt sich also in ein ethisches, das zweite in das mimische Gebiet. Es kann ein Künstler den Ausdruck auf gewisse Weise verfehlt haben, und der Tadel gerecht sein, aber er trifft den Mimiker in dem Mahler, einer construirt sich nicht richtig, wie die Gemüthszustände sich in Stellung und Bewegung ausdrücken. Verfehlt er es bis auf einen gewissen Grad, so kann er freilich nicht Historienmahler sein, aber in hohem Grade Mahler, der sich in der Gattung vergriff. Das erste betreffend ist zu bedenken, daß der Mahler, besonders Historienmahler in Wa h l s e i n er G e ge n s t än d e s e l t e n f r e i ist , sie selten ganz sein eignes Werk sind. Wäre das der Fall, so hätten diese Kunstwerke gar keinen andren Zusammenhang als innerhalb der Kunst also für Gallerien bestimmt. In einem gewissen Sinn ist Göthes Wort wahr (aber nicht allgemein leitend), „daß jedes Kunstwerk (in bildender Kunst) immer die Verzierung eines bestimmten Raumes sein müsse.“ Wahr ist etwas daran. Ein Bildhauer wird mit seiner Statue nicht ganz gleich verfahren, wenn er weiß, sie soll frei stehen, oder in einer Nische; und wer ein Kunstwerk sich verschafft bestimmt dann, wie es besser sei es aufzustellen. So ist auch jedes Gemählde in einem gewissen Verhältniß zu denken zu einem bestimmten Raum. Aber das liegt nicht unmittelbar im Gebiet der Kunst sondern PwieS möglicher Weise die Kunstwerke entstehen. — Der Künstler, der Mahler sein will, soll beständig ein begleitendes Bewußtseyn der innren Gestaltbildung sein in Beziehung auf Beleuchtungsverhältnisse. Diese innre Thätigkeit hat sehr verschiedne Grade, und nur wenn es zu einer gewissen Klarheit und Bestimmtheit kommt, entsteht Reiz es darzustellen. Ist der Künstler 24 sind] ist 26–28 Vgl. die Sachanmerkung zu S. 34,19

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in günstiger Lage, so | entstehen ihm so viele Momente, daß er nicht alle ausführen kann, aber doch scizziren, und so entsteht Sammlung innrer Productionen zu künstlerischer Bearbeitung. Sind ihm alle gleich Werth, so kann er nicht alle gleich sehr ausführen. Er findet daher einen B e s t i m m u n gs gru n d z u seine r Wa hl a us A nreiz u n g e n , die ihm kommen aus dem öffentlichen Leben und Privatgeselligkeit, das Urtheil seiner Freunde z. B. Die Kunst ist zum öffentlichen Leben in verschiednen Zeiten in verschiednen Verhältnissen. Es gibt Übergewicht der Impulse von der einen oder andern Seite. Weitre, wo im öffentlichen Leben Drang ist nach Kunst, und sie sehr begehrt, ganz, oder einzelne Zweige. So haben alle Künste ihre Periode, wo sie das öffentliche Leben dominiren. Aus dieser allgemeinen Richtung auf die Kunst entstehen dem Künstler Impulse zur Wahl, aber in jenem sind die Gegenstände schon auf gewisse Weise bestimmt, und im öffentlichen Leben ist die Kunst nie so rein wie im Künstler, sondern immer in Verbindung mit den vorherrschenden ethischen Momenten. In den Zeiten des Wiedererstehens dieser Kunst in Italien und Deutschland, herrschte das religiöse Element sehr vor. Also entstanden religiöse Forderungen an die Kunst. Ist es natürlich daß die Künstler in denselben Verhältnissen religiös waren, als sie religiöse Gegenstände bearbeiteten? Offenbar nicht, sondern diese innre Productivität wurde mit bestimmt durch das Gesamtleben, und die Impulse kamen auch von Außen zu solchen Werken. Werden überwiegend religiöse Gegenstände verlangt, so wirft sich von selbst der Künstler in seiner freien Productivität auf dieses Gebiet, in dem er sonst nichts wirkte und nichts war für das öffentliche Leben. Das ethische Moment liegt also nicht im Künstler sondern in der Zeit und [im] öffentlichen Leben und ist eben deßwegen ganz etwas andres als das KunstUrtheil. Das ginge auf entgegengesetzter Seite ebenso; daher das Urtheil über Gegenstände und das Urtheil über das Mimische vom eigentlichen Kunsturtheile gesondert werden muß. Sehen wir auf die andre Seite, die La ndsch a f tsma hlerei , so ist da die Kunst viel freier von andren mitwirkenden Motiven; denn da ist kein unmittelbarer Zusammenhang mit dem Ethischen, Geschichtlichen. Aber eben deßwegen steht die Landschaftsmahlerei gar nicht in demselben Verhältniß zum öffentlichen Leben, sondern ist da nur Nebensache, und von da aus betrachtet ist Landschaftsmahlerei nur Studium für Geschichtsmahlerei; aber das ist einseitiges Urtheil, da die Kunst so sehr mit Natur als [mit] dem Ethischen zusammenhängt. Betrachten wir Landschaftsmahlerei auch im Verhältniß zur Natur so ist da auch eine große Abstuffung auch in Beziehung auf einen ethischen Eindruck der aber nichts mit dem öffentlichen Leben zu thun hat. D.h. die Landschaftsmahlerei hat quasi einen musicalischen Cha-

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rakter. Indem sie die Natur vergegenwärtigt regt sie die Beziehung des Menschen auf die Natur in ihm auf, und setzt ihn in die Stimmung wie er sie in solcher Naturumgebung hätte. Das Zusammensein des Menschen mit der Natur wenn es von gebundner Thätigkeit befreit ist, ist immer eine gewisse Einladung zum freien innren Spiel seines Bewußtseyns indem er einerseits sich dem Eindruck hingibt und auffaßt, und andrerseits dieses solche innren Veränderungen in ihm erregen die dem Eindruck angemessen sind. Dieses ist bestimmt durch das Verhältniß der Naturgegenstände unter sich, und derselben zu dem Menschen. Komme ich von ruhigem Orte der Natur aus in sehr angebaute Gegend, so bekomme ich Eindruck der Herrschaft des Menschen, und Verschönerung der Natur durch Abspiegelung des Geistes darin. Bin ich umgeben von Gegenständen über die die Gewalt des Menschen noch so gut als Null ist: so ist das Eindruck von der Gewalt der Natur über den Menschen. Beides gibt einen entgegengesetzten Ton für die freien innren Bewegungen die von solchen Zuständen ausgehen. Ebenso im Verhältniß der verschiednen Theile der Natur unter sich ist Zusammenstimmung oder Streit und beides bringt entgegengesetzten Ton hervor; Sturm oder heitrer Himmel und diese im Aufleben oder Sich zur Ruhe legen der Natur. Das sind die ethischen Differenzen, aber nicht der eigentliche Kunstwerth. Gemählde von diesem oder jenem Ton können ganz denselben Werth haben. Wohl kann ein Künstler sich mehr zum einen wenden, aber nicht ganz rein als seine That, wiewohl er hier freier ist, da diese Verhältnisse nicht so durch das öffentliche Leben bestimmt | werden; sondern für Gemählde jeder Art wird er seine Liebhaber finden. Viel natürlicher ist es, daß dem Künstler bestimmtre Aufgaben entstehen in Historienmahlerei als in Landschaftsmahlerei, wo freie Wahl mehr bloß dem Künstler zufällt. Der eigentliche KunstWerth hängt also nur ab von der Wahrheit, mit der der Künstler die Naturgestaltung auffaßt und darstellt, und von Richtigkeit der Beleuchtungsverhältnisse; aber seine individuelle Richtung geht mehr auf diese als jene Seite, was rein qualitative Differenz ist. Wenn wir von diesen zwei Hauptpunkten aus die Nebenzweige in dieser Beziehung betrachten so ist das Schwierigste die richtige Auffaßung des P o r t r ät s . Die freie Productivität soll den reinen Typus der Gestalt darstellen, wie er in Natur erscheinen kann, insofern keine Hemmungen da sind. Das ist unendliche Mannigfaltigkeit; da jeder Mensch z. B. eine Eigenthümlichkeit der Gestalt sein soll, aber seine Wirklichkeit ist immer in einer Mitte zwischen seinem Ideal und seiner Carricatur, aber auch abgesehen von der Verbildung kommt das Ideal selbst nicht ganz zur Wirklichkeit. So kann der Künstler doch das

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Wirkliche gestalten, insofern es seinem Ideal in gewissem Grad zu entsprechen scheint. Nun entstehen die wenigsten Portraits aus Impuls des Künstlers selbst, sondern dieser wird ihm gegeben, und sehr bedeutender Theil der größten Künstler haben in dieser Gattung gearbeitet. Wir müssen zu jenem Allgemeinen noch ein Besondres fügen, um klar zu sehen, wie dieses Kunst sein kann. Da ist nun das eine: die Aufgabe des Künstlers [in Beziehung] auf wirkliche menschliche Gestalten ist, das Ideale in ihnen herauszufinden, und andrerseits alles was Verbildung ist, mit der Kraft des innren Auges wegzusehen. Das ist die Aufgabe desjenigen ganz im Allgemeinen der wirkliche menschliche Gestalten darstellt. Nun aber wenn ein Künstler vorzüglich sich auf das Portrait legt, ist Aufgabe: diese Aufgabe so zu lösen, daß doch das Wirkliche bleibt, i. e. Bild e i n e r seit s ä hnl ich, a ndrers eit s i d e a l i s i r t ist. D a s i s t d e r Ku n s tWe rth des Portra it s, aber nur die eine Seite. Die andre Seite bezieht sich auf die Lichtverhältnisse. Das Portrait ist hier eine sehr beschränkte Gattung, weil es die Figuren isolirt. Das einfachste ist, daß die Gestalt nur mit ihrem Hintergrund zusammen ist; mannigfaltiger, wo die Umgebung mannigfaltig ist. Es gibt da Annäherung an [die] Grenze der Kunst. Es gibt eine geringre Gattung wo das Interesse an den persönlichen Verhältnissen überwiegt, wo dann eine Masse von Producten entsteht, die an Grenze ist, weil Viele nur abschreiben, und weil es nur im Interesse der Erinnerung ist, für die die Ähnlichkeit genügt. Solche Grenzen finden sich in allen andren Gebieten auch. Die Landschaft nähert sich den Umrissen, die bloß abschreiben. So gibt es eine untergeordnete Gattung, das sogenannte St i l l l e b e n , Darstellungen lebloser Gegenstände, theils herabsteigend von architectonischen, theils mit Thiermahlerei als Darstellung vegetabilisch. Da findet eine Dimension nicht statt, die das öffentliche Leben in sich schlöße; und es dominirt mechanische Virtuosität. So finden wir die Kunst umgeben von einem großen Gebiet zweideutiger Art. In allen diesen Productionen sind einerseits Richtung nach Gelegenheitswerk, andrerseits immer ein Studium enthalten, weil in mechanischer Virtuosität immer Aufgaben liegen für Richtigkeit der Zeichnung und Lichtverhältnisse und richtige Handhabung der Instrumente und des Materials. So findet man natürlich, wie sich die Virtuosit ä t in das Gebiet der Kunst theile, und beim einen dieses, beim andren das andre Element überwiegt. Ist ein Mahler überwiegend Virtuos im Colorit, aber in Zeichnung auszusetzen, ein andrer in diesem Meister, aber weniger in jenem, so sind das die verschiednen Richtungen nach den beiden Hauptmomenten. Das Colorit gehört nicht bloß zur Beleuchtung son1 Grad] folgt ))ihm**

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dern ist im Lebendigen das Product des Lebens selbst im Gebiet des Lichtes. Da ist Differenz zwischen dem, was dem Gegenstand eigen ist, sei es ganz oder in bestimmten Momenten, und dem, was der Zusammenstellung angehört. Dasselbe findet für die Zeichnung statt, wo es etwas gibt, das dem Zusammensein angehört, was gar nicht gleich ist der Darstellung eines einzelnen. Auch da ist dieselbe Differenz begründet. So sieht man verschiedne Richtungen und natürlich getheilte Meisterschaft, | weil so verschiedne Beziehungen zusammentreffen. Von der Kunst selbst aus ist noch ein großes Gebiet zu betrachten, d i e d e r M a h l e r e i ve r w an d t e n K u n s tg ebiete, die es mit Verv i e l f ä l t ig u n g der Kunstwerke zu thun haben; jetzt kann man schon sagen, Kunstgebiete, weil die Methoden sich schon auseinander gelegt haben. Seit langer Zeit ist Streit, ob das K upferstechen eine eigenthümliche Kunst sei oder nicht. Von einer Seite kann man es bejahen. Wenn man von unten aufsteigt von kleinen Umrissen zur Ausführung, die Licht und Schatten geben, so stellt uns der Kupferstich eine solche Zeichnung dar, fähig verschiedner Ausführungen. Es können kleine Umrisse sein, oder Flächen, wo Licht und Schatten einfache Gegensätze bilden; oder das wo jedes ein andres ist, oder ein hoher Grad, daß Licht und Schatten ohne Linien sich als gleichmäßige Verhältnisse verhalten, und die Umrisse dadurch als die Grenzen erscheinen, oder Licht und Schatten durch Linien, die zugleich die Grenzen sind. So erscheint es als einzelne Zeichnung auf einer Stufe. Kupferstich hat aber immer Tendenz zur Vervielfältigung. Auch Gemählde gibt er wider. Nun ist der Kupferstich auch üblich außer der eigentlichen Kunst, als erläuternde Darstellungen zu Kunstwerken, aber offenbar ist es ein Grenzgebiet; und nicht immer repräsentirt der Stich ein Gemählde, sondern oft ist von vornherein ein Werk so ausgeführt. Dieses gilt oft auch von wirklichen Kunstwerken, jetzt besonders, seitdem wir die Li t h o g r a p h i e haben, wo bloßes Zeichnen auf den Stein statt findet; da kann dieses für Vervielfältigung Bestimmte das Primitive sein. Die Lithographie bleibt nicht bei Licht und Schatten, sondern kann auch Färbung hineinbringen, also ist Möglichkeit, daß [das] vollständige Kunstwerk schon ursprünglich so für die Vervielfältigung kann producirt werden. Da verliert sich beides in einander, aber natürlich ist es nur für Kunstwerke von geringerm Umfang; für große Werke wird es immer nur Vervielfältigung auf frührem Wege geben und meistens in verkleinertem Maaßstabe. Dieses ist auch ein solches Grenzgebiet. Denken wir an den Werth der Dimensionen überhaupt, wie es solche gibt, die außerhalb der Kunst liegen, innerlich der Kunst aber diese 6 dieselbe] dieß eine

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Differenz einen differenten Eindruck macht, der nicht der Kunsteindruck ist. Dennoch geschieht immer eine Veränderung an einem Kunstwerk, wenn es auf einen andren Maaßstab gebracht wird. Sieht man große Gemählde in Almanachformat, so muß es ganz differenten Eindruck machen. Der Nebeneindruck der ursprünglichen Dimensionen geht nicht nur verloren, sondern es kommt der entgegengesetzte hinzu, und da muthet man dem Beschauer zu, vom Eindruck der Kleinheit zu abstrahiren und sich den entgegengesetzten innerlich [zu] schaffen, um die Copie zu ihrem Original gleichsam zu erweitern. Das kann man nur Wenigen zumuthen, daher die Künstler für solche Vervielfältigung ihrer Werke in [einem] Maaßstab der den ganzen Charakter ändert nicht sehr dankbar sein werden, es sei denn daß sie voraussetzen dürften, die Beschauer vermöchten alle sich es innerlich zum Original zu erweitern. Der Künstler hat die Umrisse und Lichtverhältnisse auf das Colorit berechnet, fällt das im Stich weg, so fällt das Motiv weg, warum die Gestalten so gestellt sind. Daher ist diese Vervielfältigung der Kunst nie ohne allen Nachtheil ausgenommen wo Veränderungen der Dimension nicht nothwendig sind, und kein Element verloren geht. Als eignes Kunstgebiet läßt sich dieses auf Vervielfältigung unmittelbar gehende Werk nur unter der Bedingung aufstellen, daß man es nur für Kunstwerke anwendet, die ihren Charakter in mäßigen Dimensionen beibehalten können. Unleugbar haben diese Erfindungen den großen Werth, den Sinn für die Kunst zu wecken und verbreiten. — Es gibt außerdem noch einen Ma a ßst a b f ür den K u n s t c h ar ac t e r eines Zeitraums, auf was für Gegenstände sich diese vervielfältigenden Gebiete werfen. Da Vervielfältigung ihr Zweck, so gehört dazu, den Geschmack des Publikums zu kennen, und nur zu nehmen, was allgemeinen Beifall hat. Freilich ist zu berüksichtigen, daß manche Gattungen mehr, manche weniger vom Kunstgehalt verlieren, man also die | vorzieht, die am wenigsten verlieren. Dennoch bleibt jener Schluß. Dieses führt zur zweiten Frage, wie es in Mahlerei steht um den a l l ge m e i n e n G e ge n s at z z w i s c h e n eine m streng en und höh e r n u n d e i n e m l e i c h t e r n u n d f r e i ern S t y l. Fassen wir ihn, wie in Musik so läßt sich das nicht unmittelbar übertragen. Wir müssen von einem andren Punkt ausgehen. Das nächste, was sich übertragen ließe, wäre, daß in Musik der strenge Styl am meisten dargestellt wird durch Kirchenmusik, und dem könnten die Gemählde heiliger Gegenstände entsprechen. Von da aus müssen wir aber unterscheiden Compositionen die für das öffentliche religiöse Leben sind, und solche, die als Cabinettsstücke sind; dem Gegenstand nach werden beide ganz 19 dieses] diese

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gleich sein, als Kunstwerke aber bedeutend different. Ist das die Differenz des Styls in demselben Gegenstand? Offenbar nein. Daher suchen wir sie auch innerhalb einer dieser zwei Classen. Da sind freilich wirklich sehr große Differenzen des Styls. Heilige Gemählde aus spätrer Schule sind überwiegend Lichteffecte, und die haben einen bestimmten Charakter von grellen Gegensätzen, was bei den heiligen Gemählden der ältren Schulen gar nicht vorkommt. Auch diese Differenz ist dem nicht analog, sondern das ist eine Differenz, wo das eine an eine Ausartung grenzt, das andre es auch kann; diese Lichteffekte beherrschen den Betrachter so, daß man die Gestalten für sich nicht unabhängig sieht. Das könnte höchste Vortrefflichkeit sein, wenn es deßwegen, weil alles vollkommen durch Lichtverhältnisse gebunden ist, nicht möglich wäre, sich die Lichtverhältnisse zu isoliren. Anders ist es, wenn die Lichtverhältnisse nur so auffallen, daß man auf die Gestalten nicht kommt. Die rechte Einheit geht dann verloren. Eine Menge Einzelheiten kommen dann nicht in rechte Beachtung und sind vernachläßigt. Das andre kann auch eine Ausartung sein. So wie die Gestalten sc. so auseinander streben, daß ihre Beleuchtung nicht gegensätzlich bestimmt ist[,] was sich dem nähert, daß sie auf einer Fläche neben einander erscheinen. Aber das ist nicht dasselbe wie wir Ausartung finden für den strengen und andre für den leichten Styl, sondern wir sind hier in einer andren Region. — Erweitern wir die Sache und sagen, nicht die heilige Mahlerei allein ist es, sondern die politische oder historische dazu, also alle Kunstwerke für [das] öffentliche Leben bilden den strengen Styl, und alle zu Cabinettstücken bestimmten bilden den leichten Styl. Aber die Differenz der Dimensionen bringt freilich manche Differenz in Behandlung aber nicht diese. Oder so, daß in der Cabinettmahlerei dieser Gegensatz aufgehoben ist, hingegen in Mahlerei für das öffentliche Leben tritt er hervor. Ja das erscheint doch nur als ein mehr oder weniger, daß sie dort nicht so stark hervorträte wie hier. Aber den Grund des Gegensatzes hätten wir dadurch doch nicht. Am gewöhnlichsten sucht man ihn in den Gegenständen aber das ist auch unrichtig, da Gegenstände der verschiednsten Art beiderlei Behandlung zulassen. Es gibt auch einzelne große Meister, die etwas eigenthümliches haben, man hat aber bei demselben Künstler zu verschiednen Zeiten v erschiedne Ma nier o d e r S t y l besonders in der Zeit des ersten Wiederaufblühens der Kunst. Wenn man Raphaels und Correggios Werke aus der ersten Zeit mit ihren spätesten vergleicht, so haben die frühern eine einfache Strenge, die spätern mehr die Fülle und Pracht in Zeichnung und Colorit. Das hängt zusammen mit weitren Entwicklungen der Kunst 7 vorkommt] sind

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selbst; und in jedem Künstler ist ein solches Fortschreiten; hier freilich ist Differenz größer da Anfangs Unkenntniß der Mittel u. s. w. Dasselbe ist in der Kunst überhaupt, Anfangs eine gewisse Unvollkommenheit, nicht das rechte Bewußtseyn vom ganzen Verhältniß der Gestalten zu ihren Lichtverhältnissen. Eine Entartung ist die frühste starke Unvollkommenheit, und eine Entartung später das Spiel mit Effecten und PLichtreflexenS. Aber dieses alles bildet eine Reihe und ist nicht was wir suchen. Gibt es jene Theilung in Mahlerei oder nicht? Wenn wir die ganze Kunst in die Historienmahlerei und Landschaftsmahlerei theilen im weitesten Sinn, so fragt sich, läßt sich ein solcher Gegensatz denken in Beziehung auf beide gleichmäßig oder nicht? | Landschaftsmahlerei hat es zu thun zuerst mit vegetabiler Gestaltung und Differenz der Erdoberfläche. Je mehr dieses hervortritt, desto mehr jenes zurück. Je kleiner das Terrain, desto mehr tritt vegetabile Gestaltung hervor. Von einzelner Gestalt ausgehend, wie sie hier auch ein Lebendes ist, gibt es da zweierlei Darstellungsweisen[,] eine mehr v o n I n n e n h e r au s und eine m e h r von A ußen her. Jene faßt mehr den eigentlichen Typus auf, geht mehr von dem aus, was man in weiterm Sinne als gewöhnlich den Canon nennt, i. e. vom Grundverhältniß der Gestalten in ihren wesentlichen Theilen. Dieses im vegetabilen und animalischen zusammenfassend, wird hingegen das letztre sein mehr diejenige Gestaltung die sich auf die Oberfläche bezieht und ihre Darstellung nur in einer gewissen Fülle hat. Im Winter tritt an der Eiche der wesentliche Typus stark hervor, hingegen seine wesentliche Oberfläche, die Belaubung fehlt. Schreitet diese fort, so entsteht am Ende eine Darstellung, die den Baum zwar auch in seiner Eigenthümlichkeit zeigt, aber doch mehr in dem, was nur seine Oberfläche ist. Je reicher belaubt, desto weniger sieht man vom Geripp. Da ist entgegengesetzte Richtung[,] die auf das innre Einheitsprincip und die auf die äußre Fülle. Hingegen ist es noch ganz abgesehen von Beleuchtungsverhältnissen; wir reden bloß von Gestaltung bei dieser Duplicität; denkt man eins im Extrem, so hört der Zusammenhang mit dem andern auf. Denken wir Darstellungen rein von der Oberfläche aus, so ist sie eigentlich nichts andres als Wirkung der Beleuchtungsverhältnisse und es kommt darauf an, ob der Künstler den wahren Typus aufgestellt hat oder nicht, wie die Bildhauer den Mahlern vorwerfen, das unter der Oberfläche nicht recht zu denken. Das annehmend würden wir über die entgegengesetzte Grenze hinausgehen, weil sie dann nicht mehr ideale Darstellung der Naturgestaltung wäre. Der eine Styl ist der, welcher die Warhheit von innen herausarbeitet, und der andre Styl ist der, welcher die Richtigkeit mehr von der Oberfläche heraus11 ? ] .

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arbeitet. Beides isolirt, ist das außerhalb der Grenzen hinausfallende. Nun erstrekt sich dasselbe auf die Composition des Zusa m m ens e i n s ei n e r M an n i gfal t i gk e i t von Gestaltung in einer Einheit. Ich knüpfe an Frühres an, daß in Gemählden von großer Composition Gegensatz sei zwischen einzeln hervortretenden Gestalten und Masse auch in Landschaftsmahlerei, und in dieser so gut das Terrain als die vegetabile Gestaltung betreffend. Dieses betrachten wir in Beziehung auf die hervortretenden Figuren, abstrahirend von den Massen. Es gibt ein Streben nach E i n f ac h h e i t , welches die Kla rh eit des Eindrucks begünstigt; einfacher sind auch Beleuchtungsverhältnisse. Also das Ganze von dieser Seite ist überwiegend klar, wogegen die Richtung auf F ü l l e beschränkt wird. Denke ich umgekehrt die Hauptfiguren in bedeutend größrer Zahl, so entstehen verwickelte Verhältnisse. Diese bringen manche Kunstelemente in großer Virtuosität hervor, je mannigfaltiger die Figuren und Beziehungen desto mannigfaltiger Licht[,] Farbe, Reflexe. Da kann auch eine eigenthümliche Wahrheit heraustreten, die aber nur für das geübtre Auge da ist. Was aber ohne Unterschied da ist, macht die größre Fülle. Dieser überwiegende Eindruck d e r F ü ll e gibt ganz verschiednen Charakter von jenem der Einfachheit. Wie verhält sich diese Differenz zu der obigen in der einzelnen Gestaltung für sich? Es ist Harmonie zwischen beiden, sc. wird einzelne Gestalt von Oberfläche aus dargestellt, so ist mehr Fülle postulirt, ist die Gestalt von innen heraus gesehen, so muß der Typus weniger verdeckt sein, das wird er aber durch jene Fülle. Beides gehört zusammen, und die Art des Zusammenseins ist der eigenthümliche Charakter des Styls[,] gebundne Darstellung der einzelnen Gestalt von innen und größre Complicirung der Composition ist der S t reng re S ty l ; Darstellung des Einzelnen von Außen und Einfachheit der Composition ist der R e i c h e St yl ; kreuzen sich diese Verhältnisse, so entsteht ein gemischtes. Im strengen Styl muß also Zeichnung mehr dominiren, im reichen Styl mehr die Beleuchtung. Aber dieses ist nur Folge, nicht Princip, sonst kommen wir auf ein ganz andres Gebiet. So kann in Composition Gestaltung oder Licht dominiren. Der Charakter dieser zwei differenten Style nun ist so: der reiche | ist mehr g e s e l l i g e r und äußerlicher Natur, weil alles durch das Zusammensein bestimmt ist; im strengen Styl ist mehr die Richtung auf inn re Wa h r h e i t d e s Si n n s an sich und das Zusammensein gleichsam nur als das Mittel gilt und untergeordnet. Das ist nun Alles unabhängig vom Gegenstand, derselbe Gegenstand kann in beiden Stylen behandelt werden, obgleich allerdings einige sich mehr für diesen andre für den andren eignen und ein Vergreifen möglich ist. Profane Gegenstände kann man im strengen Styl darstellen, und religiöse im reichen. Hier ist überhaupt keine Abschätzung denkbar, so daß das eine an

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sich das beste wäre, und das andre unvollkommen; denn nur die Extreme schließen eine Unvollkommenheit wesentlich in sich. Daß man etwa nachweisen kann, es sei innerlicher Bau falsch gedacht, so ist es ein Fehler, denn die Oberfläche selbst und Beleuchtung muß dann unvollkommen sein. Auch geht nicht das eine unmittelbarer aus dem eigenthümlichen Motiv der Kunst [hervor] als das andre. Der strenge Styl liegt nicht näher, weil das Motiv da nicht das Specifische der Mahlerei ist, sondern der Sculptur mit; und das andre ist nicht eigentliche Mahlerey, weil es etwa noch vom Specifischen der Mahlerey ausgeht, denn Beleuchtung ist nur unter der Bedingung der Gestalten. Nun ergeben sich Folgerungen. Denke ich einfache Composition mit dem andren Element verbunden und dabei Gegensatz zwischen Hauptfiguren und Masse, so scheint zu folgen, je einfacher jene, desto schärfer ihr Gegensatz zur Masse, und je mannigfaltiger die Hauptfiguren, desto mehr müssen sie sich mit den Massen gegen einander vermitteln, da die Hauptfiguren selbst eine Masse bilden. Allein dieses ist nicht etwas nothwendiges, sondern wo es außer den Hauptfiguren keine Masse gibt, tritt Beiwerk ein und in demselben Verhältniß. Im strengen Styl tritt es mehr zurück, im reichen muß es sich mehr herandrängen; und es ist natürlich, daß nicht nur von Innen, sondern auch von Außen her eine größre Mannigfaltigkeit gesetzt wird. Dieses ist also unmittelbare Folgerung, und läßt als Merkmahl auf die zwei Style zurückschließen. Noch ein Paar Bemerkungen[:] 1.) Wie es sich in Mahlerei verhält in Beziehung auf den Gegensatz zwischen dem Ernst en und Comis c h e n . Das Comische ist allerdings auch in Mahlerei, Darstellungen des Einzelnen in der Umkehrung seiner Verhältnisse zum Allgemeinen als Gemeinheit. Diese Darstellung des Gemeinen als Comischen ist weit verbreitete Gattung in Mahlerei, freilich mehr in gewissen Gegenden der Kunst, in Italien Mahlerei nicht so stark wie in Deutschland und besonders Niederlanden. So Differenzen des Styls. In französischer Mahlerei findet man nicht leicht ein Werk, das ganz dem strengen Styl angehört, und im ältren Deutschland Mahlerei fast nichts als im strengen Styl. Dieses Comische nimmt also seinen Ort in Mahlerei mit demselben Recht ein wie überall, aber allerdings kann es doch nur auf die eine Seite fallen; das Comische kann nie eigentlicher Gegenstand sein in der Mahlerei sofern sie vom öffentlichen Leben ausgeht und für dieses ist, sondern in Mahlerei des Privatlebens: denn das öffentliche Leben ist schon für sich Unterordnung des Einzelnen, und da würde der Widerspruch auf das grellste hervortreten. Dagegen kann man es nicht für unerlaubt halten, wenn das Comische in Gemählden von großen Compositionen als Nebenwerk auftritt, um Contrast zu bilden, aber es soll auf das natürlichste mit dem Ganzen zu-

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sammenhängen und immer zum Beiwerk gehören. So ist in religiöser Mahlerei das Comische in einzelnen Nebenfiguren ohne kunstwidrig zu sein, da es das andre nur um so stärker zum Bewußtseyn bringt. 2.) Die freilich sehr interessanten, aber zu sehr im Technischen liegende Frage dessen, was man in Mahlerei die S chulen nennt. Es gibt eine gewisse Vermischung im Sprachgebrauch die diese Gegenstände im Unklaren läßt. Man nennt die Schulen sc. nach Localität, nur ist in dieser gar nicht Nothwendigkeit eines bleibenden eigenthümlichen Charakters; indeß haben wir Ähnliches in Geschichte der Philosophie, die alten Schulen. Da sind also zwei Beziehungen vermischt, eine rein historische, in einer Localität zusammenhängende Reihe, das andre ist ein eigenthümliches Verfahren und das aber fällt bei weitem überwiegend in das technische Gebiet. Eigentlich sollte man nicht nur bei den Mahlenden | der Europäischen Kunst seit ihrer Wiederherstellung, sondern auch die der Alten und der nichteuropäischen Völker so betrachten, um Continuität zu finden, z. B. chinesische Mahlerei, ob sie Kunst sei oder Mechanik. Noch schwieriger ist, den Verfasser zu erkennen, was große Kenntniß der Technik erfordert, und schwere und kritische Aufgabe ist. Man muß von historisch bewiesenen Kunstwerken ausgehen und durch sie ein Urtheil bilden. Nehmen wir diejenigen Productionen hinzu, die nicht eigentlich Kunst sind aber so viel [wie] möglich davon sich aneignen, so ist die Productivität unendlich reich. Die ganze lebendige Schöpfung der Erde kann dem Gesicht vergegenwärtigt werden im Einzelnen, und in Typen der Existenz in allen Modificationen darstellen. Betrachten wir die menschliche Gestalt als Eines und die Welt als Eines, so ist die innerste Operation, das Auffassen der Welt am meisten bewährt durch die Productionen der Mahlerei und der Sinn, welcher ursprünglich auffaßt durch das medium des Lichtes, setzt sich durch das mitproduciren dieses medium das größte Denkmahl. Es umfaßt auch das ganze Gebiet des geschichtlichen Lebens, damit das Bestimmte sich in einer Einheit des Moments wiedergeben kann. Denkt man wie Ma hlerei m i t M i m i k zusammenhängt und dieses mit dra ma tischer Poes ie, so hat die letztre allerdings eine Einheit, die eine Reihe mahlerischer Momente in sich schließen kann, aber die Mahlerei kann Vieles darstellen, was nicht auf dramatische Weise kann behandelt werden. — Die Mahlerei ist nicht wie Poesie an Eigenthümlichkeit der Sprache gebunden sondern an den Allen gemeinsamen Sinn des Gesichts, das Christenthum ist das gemeinsame Band des Europäischen Völkerkreises, daher überwiegend dieses Gebiet bearbeitet wurde, weil es für Alle dasselbe Interesse hat. Da nun die Productivität nicht in dem 12 das] die

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Grad allein vom Künstler abhängt, so sehen wir, daß beides immer zusammenwirkt, Productivität der Künstler und Receptivität derer, die den Sinn für die Kunst haben. Sehen wir auch auf Landschaftsmahlerei noch zurück, so hat diese es weniger mit Darstellungen einzelner Formen in gewisser Gleichförmigkeit zu thun. Sondern das sind hier nur untergeordnete Gattungen, auch weniger Richtung den Typus der Gestaltung von innen heraus zur Darstellung zu bringen. Der eigenthümliche Charakter dieser Seite ist eben das Zusammensein des Menschen mit der Natur auf musikalische Weise aufzufassen, während Historienmahlerei in dieser Beziehung dem Plastischen näher steht. Alle Natureindrücke aus entferntester Gegend und [mit] fremdem Character kann sie zur Darstellung bringen und vervielfältigen. Denken wir Zeiten, wo diese Kunst noch gleichsam ruhte, so ist schwierig das geistige Leben sich zu vergegenwärtigen, so wie es schwierig ist, Zeiten zu denken, wo die gegenseitige Vermittlung ihrer physischen Lebensbedürfnisse noch nicht so war. Die letzte R ü c k w i r k u ng di e s e r K unst a uf da s Leben muß bis auf gewissen Grad allgemein werden. Die eigentliche Productivität von der sie ausgeht, ist eine allgemeine Function des Geistes; in jedem geht eine eigenthümliche Gestaltbildung vor sich im Traum und Wachen, wo nicht sowohl Bilder aus der Erinnerung immer auftauchen, sondern neu bildend. Zweierlei gehört hierzu. Das erste Resultat, daß die Werke der Kunst immer zugänglicher werden, erhöht das Gesicht für diese Kunst durch das genauere Eingehen desselben durch das Verhältniß der Gestalt zum Licht. Der Charakter des Mahlers ist, daß die innre Gestaltenbildung in ihm immer zugleich die Genesis der Beleuchtungsverhältnisse in der Wahrheit ist. Anschauen der Kunstwerke schärft aber den Sinn für die Wahrheit. Also Erhöhung der Kraft des Sinns wird nur so erreicht und beides muß sich steigern, da der richtig gewordne Sinn immer strengre Forderungen an Kunst macht. Das ist die Geschichte der Kunst von Anfang an, wo das Perspectivische noch fehlte, also der Sinn noch in bloßen Linearverhältnissen feststeckte. | Dieses geht dann auch in das Auffassen der natürlichen Umgebungen über und das Sehen selbst wird immer mehr ein Mahlerisches. Soll die Kunst allgemein werden, so nicht nur Virtuosität des Sinns, sondern auch die Hand soll immer mehr künstlerisch werden. Etwas ist in dieser Beziehung schon aufgestellt, aber noch außerhalb der Kunst. Es ist allgemeine Forderung des Unterrichts, in jedem das Vermögen zu üben bis auf gewissen Grad, Gestalten richtig nachzubilden, was natürlich sich nur auf Zeichnung, und in dieser mehr auf das Einzelne als [auf] Zusammenstellung erstreckt. Erst

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wenn dieses allgemeiner geworden ist, stellt man eine höhre Forderung ebenso allgemein auf. Es ist nicht möglich daß diese Kunst Vollkommenheit erreiche, wenn es nicht eine Continuität gibt von Einzelnen, die diese Kunst zu ihrem eigentlichen Geschäft machen, Continuität der Schulen. Daß die Kunst Gemeingut werden soll, strebt diesem scheinbar entgegen, da in dem Maße als sie Gemeingut geworden, dieses nicht nöthig wäre, aber dieses Resultat ist in unendlicher Form. Immer wird es in der Kunst Geheimnisse geben, i. e. Fertigkeiten der Werkzeuge und Materialien die nur erworben werden durch eine solche beständige Übung. Dieses bringt nun mit sich, entweder, daß die diese Continuität der Schule bilden über das Bedürfniß erhaben sind, oder die Ausübung der Kunst zugleich das Bedürfniß befriedigen muß. Der Künstler der sich nach Geschmack seines Publikums richtet, ist freilich Motiv zu Ausartungen, denn die Vervollkommnung geht von Künstlern aus. So wie aber die Kunst in das öffentliche Leben tritt, so entsteht daß die Kunst auf das Publikum wirkt, und dadurch muß jenes aufgehoben werden. Das gibt zusammen den Maaßstab für den Zustand, in dem sich die Kunst in jeder Region eines öffentlichen Lebens befindet: Wo die Kunst eine Öffentlichkeit hat und Künstler nicht es benutzen den Geschmack zu läutern, da ist ein ethischer Mangel, denn jene Bedingung genügt zu immer weitrer Vervollkommnung. Das kann nur statt finden in gewissen Centralpunkten des öffentlichen Lebens. Diese Bedingung ist nun in höhrem Grade da, als je seit [dem] Wiederaufleben der Kunst in Europa, also ist zu erwarten, eine immer größre Vervollkommnung der Kunst, wenn nicht große politische Umstürze es hemmen.

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Zunächst betrachten wir sie vom Gesichtspunkt der Mahlerei aus. Zwischen beiden gibt es eine Vermittlung, das Relief , nicht Mahlerei, weil nicht auf Ebene, und nicht Sculptur, weil die Gestalten nicht von allen Seiten darstellend. Das Relief verflacht sich zum Gemählde, oder löst sich in Sculptur auf, Gemählde ist sc. Minimum vom Relief, da stärkres Auftragen des Pigmentes eine Erhöhung ist. Daher ist es möglich das Gemählde von seinem Grunde abzulösen und auf einen andren überzutragen. Das Relief hat aber schon verschiedne Abstuffung, Figuren mehr oder weniger hervortretend, kann perspectivisch sein, was durch geringres Hervortreten bewirkt wird. Diese Differenz kann 28 4.] 3.)

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in einem Relief schon das Maximum sein, eine Figur fast ganz frei hervortretend, und andre fast auf Fläche sich verlierend. Vom KunstWerth des Reliefs wird jetzt abstrahirt. Denke ich dieses Maximum von Differenz so verliert dadurch die Einheit des Werks, je stärker einzelne Theile hervortreten und andre zur Ebene werden, ist die Differenz zu groß, um Einheit zuzulassen. Nur große Abstuffung würde das gewähren und diese eine sehr große Zusammensetzung erfordern. Nun sind aber diese Werke immer auf sehr geringen Raum eingeschränkt. Könnte man eine Figur im Relief wirklich lösen vom Grund, so würde sie vollständig isolirt, erschiene aber ursprünglich schon isolirt; so ist Mahlerei immer das Zusammensein der Gestalten suchend, weil nur in dieser Mannigfaltigkeit der Beleuchtung, und Sculptur die einzelne Gestalt, weil sie nur so vollständig aufgefaßt werden kann. | Dieß ist jedoch eine bloße Vergleichung, aus der das Wesen und [die] Differenz von Sculptur und Mahlerei nicht hervorgeht. Die Gestalt trägt immer eine Amphibolie, ob sie Gemählde oder Natur sein soll. Die Mahlerei stellt das reine Sehen auf Einer Ebene dar, die Sculptur gestaltet hingegen im freien Raum. Dieses und daß jene Zusammenstellung diese isolirte Gestalt hat, hängt zusammen; denn die Gestalt existirt nur im freien Raum, wenn ich kein Hinderniß habe, sie von allen Seiten zu besehen. Sie arbeitet nicht ursprünglich für das Gesicht, sondern setzt schon voraus, daß wir in verschiednen Ebenen d. h. in die Tiefe sehen. Das haben wir aber erst durch das Sehen verbunden mit der Bewegung oder mit Tastsinn, der eben sein Werk nur in der Bewegung verrichtet. Daher muß sich die Gestalt isoliren. Von da aus geht die Sculptur[,] daß sie die Gestalt in ihrer Einzelheit und Ungebundenheit in Beziehung auf den Sinn i. e. daß sie für die Auffaßung mit nichts andrem verflochten ist, darstellt. Knüpfen wir aber dieses an den Punkt, von wo die Mahlerei ausgeht, so entsteht die Präsumtion, daß so wie der Standpunkt der Mahlerei ein frührer sei als der der Sculptur[,] so die Mahlerei früher als die Sculptur; was man nicht nachweisen kann. Freilich gehen die geschichtlichen Notizen nirgends auf den ersten Ursprung zurück, so daß man nur nach Wahrscheinlichkeit mit psychologischen Principien schließen könnte. Die Mahlerei ist nun ein sehr allmählig entstehendes, denn daß sie vollkommen da sei, dazu gehört Besiz von Färbungsmitteln, die, entdeckt oder erfunden, nur allmählig erworben werden, und die Zeichnung ging voran, die ursprünglich indifferent ist gegen Sculptur und Mahlerei. Wenn nun die Frage nach dem Standpunkt ein andrer ist als nach dem Motiv, wir aber beide als bildende Kunst zusammenfaßten, so daß sie ein Gemeinschaftliches haben müssen, so haben wir jetzt in besondrer Beziehung auf Sculptur dasselbe zu thun nach Verhältniß der gemeinsamen zu der besondren Frage, wie in Mahlerei.

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Für beide gingen wir von der geistigen Function aus, die wir überwiegend unter Form der Receptivität üben, ein ursprünglich als Thätigkeit im Geist einwohnendes enthaltend, das nun frei für sich nach außen tritt. Für das Auffassen haben wir zweifachen Gesichtspunkt. Gehen wir mehr aus von den einzelnen Formen, wie sie zwar im Zusammensein aber jede ein s e l b s t s t än d i ge s G lied des Lebens a uf d e r E r d e ü b e r h au p t darstellt, so ist das die eine Richtung, aber betrachten wir nun das I r d i s c h e s e l b s t in seine m G ebundense i n d u r c h d i e al l ge me i n e n c o s m i s c h en Verhä ltnisse , so entsteht jene Beziehung auf das Licht als das das Zusammensein in cosmischer Beziehung vermittelnde, nicht bloß als Vermittlung für den Sinn, sondern auch für das Leben auf der Erde überhaupt, insofern sie nur in diesem cosmischen Verhältniß ist. Das ist die specif ische Ri c h t u n g der Mahlerei, das erstre die der Sculptur. — So müssen wir ihr aber größren Umfang zuschreiben als sie hat; sie hätte es mit allen einzelnen bestimmten Lebensformen zu thun, unabhängig von dem, was von Außen ihre Erscheinung begränzt. Das ist nicht der Fall, sondern alle untergeordneten Lebensformen verschmäht sie. Das ist freilich ein fließender Gegensatz. Finden wir eine Grenze, die ihn in einen bestimmten verwandelt? Hat je die Sculptur einzelne vegetabile Gestalten hervorgebracht? Nein, aber absolut kann dieses nein nicht sein, wir sehen ja solide Nachbildungen von vegetabilen Gestalten in allerlei Masse, die sich so bearbeiten lassen. Aber das stellt niemand in die gleiche Reihe mit der eigentlichen Sculptur. Auf Seite der Mahlerei da ist die Blumenmahlerei ein Untergeordnetes der Landschaftsmahlerei, und kann auch einzelne Gestalten darstellen, als Portrait ebensogut wie als Idee, aber sie erscheint immer nur als ein Studium, obgleich man sie in einen eignen Kunstzweig isolirt; doch immer bezogen auf Landschaftsmahlerei. Betrachten wir aber Nachbildungen von Blumen in gewebten Stoffen oder Wachs, so nimmt man das nicht in eigentliche Kunst wogegen der Blumenmahler ein Künstler ist, insofern er die zwei wesentlichen Elemente der Kunst aufnimmt. Man möchte zweifeln, ob man zu dieser Differenz einen Grund habe, vom allgemeinen Gesichtspunkt der Theorie aus. Fragt man aber, wie werden diese Productionen behandelt, so werden sie viel mehr vernachläßigt als in Mahlerei. Der Grund liegt darin, daß sie für die solide Darstellung nicht dieselbe Haltung haben, wie in Mahlerei. Diese kann das ganze Gebiet ausfüllen, den einzelnen Baum wie die Blume darstellen, | die Sculptur nur auf begrenztem Gebiet. Einen Baum auf dieselbe Weise im natürlichen Maaßstab wie die Blumen nachzubilden und in einem Material, das solide Darstellung zuließe, liegt außer al6 ein] als

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len Grenzen und so ist dieses ein ganz abgerißnes Gebiet, das also nicht dasselbe Motiv hat, sondern mechanischer Kunst angehört; wogegen in Mahlerei der Zusammenhang zu verfolgen ist. Die a n i m ali s c h e n G e s t al t e n . I n Sc ulptur f inden sich nur d i e h ö h e r n u n d gr ö ße r n F o r m e n d es thier ischen Lebens, die untergeordneten nicht. Allerdings Insecten in Steinschneiderei, aber schwerlich für sich, sondern insofern sie eine symbolische Beziehung haben; und diese Gattung selbst ist eigentlich ein von der Sculptur ganz abgerißnes, eben weil sie im Maaßstab der Wirklichkeit nur die klarsten Formen behandeln kann, andre nur in sehr verjüngtem Maaßstab, und dann weil sie nicht eigentlich solide Darstellungen enthält, sondern sich immer mehr dem Relief nähert. Worauf beruht, daß die e i g e nt l i c h e Sc u l p t u r au ße r d e n menschl iche n nur noch d i e h ö h r e n an i m al i s c h e n F o r m e n a uf nimmt, und alles andre von ihr abgerissen ist und nicht aus demselben Motiv zu erklären. Aber für Differenz des Motivs fehlt der Grund, es könnte ja dasselbe Motiv sein und die Lücke zwischen beiden wäre nur aus Mangel an den Bedingungen das Ganze in einer aufsteigenden Linie hervorzurufen. Die höhren animalischen Formen in Sculptur kommen vor 1.) i n Ve r b i n du n g m i t d e r m e n s c h lichen G est a lt; nicht etwa das Phantastische, wie Centauren, meine ich, sondern wo die menschlichen und thierischen Gestalten in einer Handlung Eins sind, also im Moment Ein Ganzes bilden; 2.) n ur in den unterg eord net en G a t t u n g en , wo Sculptur entweder in das Relief übergeht, oder solide Verzierung ist also im Gebäude der Architectur; denn da findet man in alten und neuern Kunstwerken dieser Art auch animalische Formen, die nicht leicht in Zusammensein mit der menschlichen Gestalt vorkommen. So wenn wir dieses beides in seinem relativen Gegensatz betrachten, so könnten wir uns für das letzte Gebiet einen weit größren Umfang vorbehalten, ja für das Relief brauchten wir eigentlich gar nichts auszuscheiden, sondern da könnten alle untergeordneten Lebensformen vorkommen, wie in Mahlerei als Beiwerk, und für [das] Gebiet s o l i d e r Ve r z i e r ung, wie Vasenbildung, würden wir uns vorbehalten, daß alle Formen, die dazu dienen, aufgenommen werden. Nun ist dieses letztre aber eine untergeordnete Gattung. Sagen wir: solche Gefäße sind oft zu keinem Gebrauch, also reine Kunstwerke, insofern sie sich nicht auf eine gebundne Thätigkeit beziehen, aber doch nur entstanden, insofern die Form in der gebundnen Thätigkeit ihren Ort hat. Hier ist also Übergang vom uneigentlichen Kunstgebiet, wo die Kunst an einem Andren ist, zum eigentlichen, und daher ist dieses zu sondern. Das eigent liche K u n s t g e bi e t aber werden wir nun suchen im Zusa m m ens ein der m e n s c h l i c h e n G e s t al t m i t d e n h öhren t hierischen insofern

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s i e m i t d e n sel b e n z u r E i n he i t d e r H an dlun g verbunden werden können, also wo der Mensch im Kampf ist mit thierischer Natur oder sie sich angeeignet hat. Das ist ein Constantes in gewisser Beschränkung: oft an bestimmten mythologischen Fall gebunden, z. B. Arion auf Delphin, Adler der den Ganymed aufhebt. Das eigentliche Gebiet der Sculptur ist also nur die menschliche Gestalt, und nur was von andren lebendigen Gestalten mit ihr zur Einheit der Handlung verbunden sein kann in Ein Ganzes, darf damit verbunden sein. Alles andre werden wir als ein besondres Gebiet ansehen, das schon den Übergang zum uneigentlichen Kunstgebiet bildet, weil die Grundgestalt der gebundnen Thätigkeit angehört. So z. B. haben wir PschöneS Cantelaber, sc. Geräthe aber nur für Kunstdarstellung. Die Grundgestalt des Geräths ist nur die Bedingung für die Art, wie die Kunst erscheinen kann, obgleich diese die Hauptsache ist, und jenes nur um dieser willen existirt. — Beides zusammen gibt den Umfang der Sculptur; und jene soliden Nachbildungen von vegetabilen und untergeordneten Formen sind nur abgerißne Glieder, wiewohl ihnen das eigentliche Kunstmotiv möglicher Weise zu Grunde liegen kann, aber das ganze Gebiet läßt sich nicht ausfüllen daher sie abgerissen sind. So theilt sich uns das Ganze in zwei Gebiete; die mit den zwei Hauptgebiethen der Mahlerei eine gewisse Analogie haben, nur daß die Landschaftsmahlerei nicht | auf ein uneigentliches Kunstgebiet hinführt; aber analog, i n s o fe r n d i e me n s c h l i c h e G esta lt im einen dom i n i r t , i m a n d e r n f e h l e n k an n oder nur als Beiwerk erscheinen. Dieses letztre Gebiet würden wir uns wesentlich von der Architectur aus construiren, da alle diese Kunstwerke einen architectonischen Charakter haben und überwiegend in Beziehung auf architectonische Räume sind. Das Hauptgebiet aber würden wir uns nur aus der Beschränkung der freien Gestaltbildung auf die menschliche Gestalt und ihrem unmittelbaren Verhältniß erklären. Nehmen wir es nun aber geschichtlich, so findet dieses letztre große Schwierigkeit und es entsteht [die] Aufgabe die Kunst noch auf andre Weise zu begrenzen. Nemlich wenn wir auf G riech ische S c u l p t u r gehen, so finden wir da die Haupteintheilung in ἀγάλματα und εἰκόνες, Götterbilder und menschliche Gestalten als Portraits, d. h. wirkliche Gestalten darstellend. Noch weiter zurük fragen wir: Was sind die ältesten ἀγάλματα gewesen? Die alte Kunstgeschichte 5 Gemeint ist wohl der antike Sänger Arion von Lesbos (6. Jh. v. Chr.). Die Legende, nach der Arion von einem Delphin gerettet wurde, nachdem er auf hoher See von Seeleuten bedroht ein letztes Lied mit seiner Leier spielte, verarbeitete A. W. Schlegel in seiner Romanze „Arion“. Vgl. A. W. Schlegel: Arion, in: Musenalmanach für das Jahr 1798, hg. v. Friedrich Schiller, Tübingen 1798, S. 278–286. 34–35 Vgl. die Sachanmerkung oben S. 635,1–3 37–1 Vgl. Sachanmerkung zu S. 635,1-3

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antwortet ξόανα, ungebildete, nicht bestimmt gegliederte, rohe, unausgeführte hölzerne Figuren, in denen eine Richtung auf menschliche Gestalt war aber oft nur angedeutet; das Wesentliche war, daß diesem ξόανον die Vorstellung übermenschlichen Ursprungs und Kraft zugeschrieben war; also etwas, was unsrem Princip ganz fremd. Ist denn das Anfang von Kunst oder nicht und wie kommt dieses Element hinein und nachher wieder heraus, so daß die reine Kunst übrig bleibt? Also ist eine Grenze zu stellen, oder noch ein Motiv in dieses Kunstgebiet aufzunehmen. Die mangelhaften Beschreibungen bei Pausanias etc. von solchen unvollkommnen Werken, auf welche hernach die Götterbilder gepfropft worden sind, sind so daß man sieht, Gestaltung war Nebensache und das Wesentliche war das Verkörpern einer höhern Macht im einzelnen Dinge. Sie gehen in eine Zeit, wo die Götterlehre noch nicht ausgebildet, sondern Fetischismus war, d. h. das Ding und die höhre Macht die es darstellte, wurden nicht unterschieden. Das ging dann allerdings in Gestaltung über und jene ursprüngliche Tendenz hat sich nicht ganz verloren. So sind eine Menge Kunstwerke entstanden, die unsrem Princip zu widersprechen scheinen, gar nicht die Formen des Geistes wie der Natur zur freien Erscheinung bringen zu wollen, sondern etwas, dem nichts in Natur entspricht, und das in sich selbst verschwimmt und unbestimmt ist. Dasselbe ging auch in Mahlerei über, aber ich versparte es hierher, wo es ursprünglich ist, so daß man nun etwa fragen kann, ob die Poesie (in weiter Beziehung auch historisch) oder Sculptur darin voranging. Wenn wir dieses S y m b o l betrachten[,] in Sculptur ist es wesentlich darin und wie verhält es sich zur allgemeinen Formel, die aller Kunst das gemeinsame ist? Einen Verbindungspunkt zwischen dieser allgemeinen Formel und dieser Erscheinung könnte man ungefähr so finden. Wir gingen davon aus, daß was in der Auffaßung der Welt, wie sie den Einzelwesen gemein besteht[,] Receptivität ist, soll in Kunst Productivität werden und also die äußre Erscheinung, die sonst zuerst da ist, soll nun vermöge der Kunst das zweite werden, da das Bewußtseyn derselben als innres Urbild auch als Einzelnes das erste gewesen. Dieses ist die ur7 ?] .

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9–10 Der griechische Autor und Geograph Pausanias (auch „Pausanias Periegetes“) erzählt in den Beschreibungen seiner Reisen durch Griechenland die folgende Legende über das antike Attika: „Denn als Seleukos mit Alexandros aus Makedonien aufbrach und in Pella dem Zeus opferte, setzte sich das auf dem Altar liegende Holz von selbst gegen das Gottesbild in Bewegung und entzündete sich ohne Feuer.“ (Paus. 1, 16, 1) Vgl. Pausanias: De situ Graeciae libri X, hg. v. Immanuel Bekker, Bd. 1, Berlin 1826 (ders.: Reisen in Griechenland, Gesamtausgabe in drei Bänden auf Grund der kommentierten Übersetzung v. Ernst Meyer, hg. v. Felix Eckstein, Zürich-München 1986).

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sprüngliche Umkehrung wodurch wir Verhältniß der auffassenden Thätigkeit und der Kunstproduction erklären. Wie stellt es sich, wenn wir uns denken diese Richtung, ein Sein, das uns nirgends gegeben ist, z. B. als Ahndung zuerst entstehend, [als] eine bestimmte Gestaltung heraustreten zu lassen. Wie verhält sich diese zu jenem? Ob der äußre Gegenstand hervorgebracht sei oder nur bestimmt ist gleich viel; das letztre ist im rohsten Fetischismus, wo der Gegenstand, ohne daß man ihn gestaltet mit einer gewissen Idee verbunden gedacht wird; hervorgebracht, wenn wie es auch sei dem Gegenstand etwas als Zeichen dieser Verbindung angeheftet wird. Ist hier ein ähnliches Verhältniß, wie das Kunstverhältniß? sc. die ganze Erscheinung ruht auf der Voraussetzung, daß jener Idee einer höhren Macht eine Wahrheit einwohnt. Das genügt aber, daß es eine Wahrheit im Bewußtseyn ist, derer es sich nicht enthalten kann und die dasselbe wesentlich mit constituirt. Wie steht es um diese erste Voraussetzung zu der Zeit, wo die Kunst auf diesem Gebiet ihre höchste Vollkommenheit erreicht hat? Da erscheint es als sehr problematisch; von jenen rohen Anfängen aus, die überall local waren und locale Differenzen darstellen, oft ein, wenn auch dunkles, geschichtliches Verhältniß in sich schließend, hatte sich allmählig die Griechische Mythologie gebildet, lange Zeit als volksthümliche Wahrheit, wo die mythologischen poetischen Darstellungen als das Auseinandergetretensein einzelner Gedanken, und Kunstwerke als das Realisiren dieser Vereinzelung [erschienen]. In spätrer Zeit aber | zweifelt man, ob es noch eine Wahrheit gewesen, wenigstens für die Gebildeten. Das ganze mythologische System war schon auf eine Weise angefochten, daß die Gestalten als wirkliche gedacht schon in das Gebiet der Scepsis fielen; aber was jenseits dieser Vereinzelung lag, als ihr Motiv, war doch noch eine Wahrheit, sc. die Voraussetzung eines Seins als Macht, welches nicht auf dieselbe Weise in der Vereinzelung erscheint, aber sie auf irgend eine Weise beherrscht. Dieses den Typen der Gestalt zu Grund liegende blieb immer eine Wahrheit. Können wir nun ein Verhältniß aufstellen zwischen dieser Richtung auf Darstellung in einem vom Wirklichen abweichenden System und dem was wir das eigentliche Kunstgebiet nennen? Können wir beide als Eines ansehen? Die Eintheilung der Sculptur in ἀγάλματα und εἰκόνες ist nun eben diese Duplicität selbst, und wenn auch jene vollkommen menschliche Gestalten geworden waren, so lag doch die Aufgabe darin, sich darin nicht das Menschliche, sondern dieses als eine rückwirkend liegende Analogie als Darstellung dieser höhren innren Wahrheit [zu erklären]; nicht das Menschliche, sondern das Θειον wolle dargestellt sein im Menschen. Da sind zwei differente 5 ?] .

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Operationen zu unterscheiden[:] 1.) Eben diese Voraussetzung eines höhern, nicht selbst in einzelner Leiblichkeit erscheinenden Seins, in einem Complex von doch wieder vereinzelten Gestalten darzustellen, also ein innres System von Gestalten producirend und 2.) Das Hervorgehen der Kunst aus diesem. Setzen wir einmahl ein solches System von innern Bildern zur Darstellung des höhern Seins voraus, so verhält sich Kunst gerade wie das einzelne Werk zu seinem Urbild, das ja auch ein solches Innerliches ist. Aber wenn wir uns nun erinnern, daß das innerliche Urbild das eigentliche Kunstwerk ist und das Heraustreten äußerlich nur das secundäre, daher man die Kunst aus jenem begreifen müsse, so kommen wir auf etwas oben verworfnes zurück, wovon der eigentliche Grund uns hier erst deutlich wird, sc. Was wir als die eigentliche Thätigkeit der Kunst erklärt, ist das Entstehen eines innren Bildes, das hernach sich äußerlich verwirklicht, jenes innre Entstehen geht aber nur hervor aus dem dem Geiste einwohnenden System von Gestaltungen, die ihm einwohnen vermöge seines Zusammenseins mit dem irdischen Leben. Diese Bilder nun, die nicht ein dem irdischen Leben gehörendes Einzelnes darstellen, sondern das über allem vereinzelten Stehende, gehen nun nicht auf jene Zusammengehörigkeit zurück und diese Richtung scheint also eine andre. Ist denn dieses ein Gebiet das der Sculptur besonders eigen ist auf irgend eine Weise? Wir finden dasselbe auch in der Mahlerei, wenn es auch da ein spätres ist, so doch nicht bloßes Abbild das in Sculptur schon gegeben; auch in der Pantomime, denn mythologische Scenen und Personen versuchte man auch mimisch darzustellen. Dasselbe ist noch in Poesie, aus der wir freilich hier bloß anticipiren können, sowohl in epischer, dramatischer als lyrischer Poesie kann man jenes beides verbinden und auch sondern. — Nun müssen wir einen großen Abschnitt machen, wenn wir das ganze Kunstgebiet der Zeit noch verfolgen: denn wenn jetzt noch mythologische Gegenstände durch eine Kunst dargestellt werden, sind sie nun in demselben Sinn ursprüngliches, oder beziehen sie sich nur als Nachbildung auf das frühre? Es ist ein großer Unterschied zwischen der Zeit, wo die griechische Kunst in höchster Vollkommenheit war aber der Glaube an jenes mythologische System schon wankte, und zwischen der modernen Zeit. Da ist ein schneidender Unterschied, und jenes ist eine Tendenz, die ganz und gar aufgehört hat und nur einer gewissen Periode des menschlichen Geistes eigen sein konnte. Es kann uns nicht mehr einfallen, die allgemeine Voraussetzung des Göttlichen als allem Sein zu Grunde liegend, in einzelnen Gestaltungen darzustellen. Wie verwandelt man es denn jetzt in ein bestimmtes Bewußtseyn? Es geschieht durch das Wort, in Sätzen. Wie verhält sich denn das, was in diesen Sätzen von jener Grundvoraussetzung ausge-

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sagt wird seiner Wahrheit nach zu dem, was in jenen Gestalten ausgesagt wurde? Genau genommen haben die Sätze ebensowenig Wahrheit als Darstellung dieser Grundvoraussetzung, als jene Gestalten hatten, denn sie können nicht anders als zurükgehen auf den menschlichen Geist in Zusammensein mit dem äußren Sein, und es nur nach dieser Analogie ausdrücken. Das aber ist ebenso wenig die Wahrheit selbst als jener Complex von mythologischen Wesen die Wahrheit des griechischen Wesens waren. Aber die Richtung dieser Darstellung des griechischen Wesens für das zeitliche Bewußtseyn ist vom Bild in die Vorstellung übergegangen und verzeinzelt nun in Sätzen was gar nicht in der Vereinzelung ist, wie es früher die Bilder thaten. Nun werden wir jenen Punkt, wo zuerst | die Richtung, das Göttliche als Bild darzustellen in die menschliche Gestaltung überging, und den Punkt, wo dieses System von menschlichen Gestaltungen nicht mehr als der Grundvoraussetzung gleich angesehen wurde, herausheben als Übergang zur Vereinzelung des Göttlichen durch das Wort. Das bildet also eine Reihe. Wie verhält sich also dieses zu unsrer ursprünglichen Kunstformel? Es geht nun nur einen Schritt weiter zurük, denn das Haben der Gestalttypen im Geist und Bewußtseyn und das Darstellen und Wahrnehmenwollen ruht selbst auf jener Grundvoraussetzung. Der Mensch will im wirklichen Bewußtseyn das ganze Leben darstellen, jenes versirt aber nicht mehr im Gebiet des Irdischen wie dieses, und deßwegen ist es in seinem ersten Versuch ein durchaus willkürliches[,] willkürlich an eine Gestalt gebunden, als flüchtiges Fixiren dieser innren Richtung. Wo dieses in freie Production übergeht, ist natürlich daß sich die Gestaltung anknüpft, aber dem ersten Ursprung nach schon als symbolisch, weil sie diesen innersten Grund darin will wahrgenommen haben. Dieses Symbolische verhält sich also zu die se m Grund des Bewußtseyns gerade wie die Darstellung die sich an Naturtypen hält, sich verhält zum i r d i s c h e n Grund des Bewußtseyns. Daher geht es auf gleiche Weise in allen Künsten über, aber nicht in demselben Grad und Constanz. Vergleichen wir das Mimische und die bildende Kunst, nahmentlich Sculptur, so müßte [es] wohl noch viel eher dem einzelnen Menschen widerstreben, das Göttliche darstellen zu wollen in seinen eignen Bewegungen als in der Verkörperung eines in ihm gewordnen Bildes. Aber Sculptur und Mahlerei und mythologische Poesie stehen in dieser Beziehung einander ganz gleich. Nun kann jedes Volk sein eignes System von solchen symbolischen Gestalten haben, aber jedes, wenn es die ganze Reihe der geistigen Entwicklung selbstständig bleibend durchmacht, wird auch davon wieder abkommen und die sinnliche Gestaltung des Bildes wieder zurükziehen auf das Gebiet des irdischen Bewußtseyns ausgehend im Bestreben, das Höhre sich nur zu vergegenwärtigen im Wort. Auch

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da sind zwei Perioden[:] 1.) Wo die einzelnen Sätze als die reine Wahrheit des Göttlichen darstellend [angesehen wurden] und 2.) eine solche wo sie auch wieder nur als symbolisch erkannt wurden. — Denken wir in bildender Kunst ein mythologisches System von phantastischen Gestaltungen so liegt das näher an jenem ersten Punkte, als wo es ganz in die menschliche Gestaltung übergegangen ist. In hellenischer Gestaltung findet sich ein solcher umkehrender Proceß. Anfangs war alles Fetisch, dann blieben die höhren Darstellungen des Göttlichen noch phantastisch, während die untren (Heroen cet.) schon menschlich waren; und endlich das höhre in das menschliche übergehend und dann das untergeordnete als phantastisch erscheinend, wo die allegorischen und eigentlich symbolischen Darstellungen mannigfaltig in einander übergehen. Eine νίκη ist phantastische Gestaltung, da menschliche Gestalt keine Flügel hat, aber eigentlich mehr allegorische Darstellung, als eine mythologische oder symbolische Person, da das Persönliche eigentlich verflüchtigt ist, und ein Verhältniß dargestellt wird unter Form der Persönlichkeit. Dieses führt zurück auf jenes, daß bei Mahlerei die große Production religiöser Gemählde gar nicht auf überwiegend religiöse Begeisterung der Mahler beruhe, da diese Kunst vom Gegenstand unabhängig. Was wir nun vom Symbol und Mythologischen in Sculptur sagten, könnte wieder so angesehen werden. Woher sind eigentlich diese Ideen? Allerdings gingen wir auf etwas ganz allgemein Menschliches zurück, aber die Art und Weise, wie sich dieses ausspricht, ist zunächst etwas Nationales; aus diesem entspringt also erst das andre; ob man nun historisch entscheiden kann, oder nicht, ob die Bildwerke oder die Poesie das ursprüngliche ist, so muß immer etwas allgemeines vorangegangen sein, dem erst die bestimmte Kunstproduction im einen oder andren gefolgt ist. Die ältesten ἀγάλματα, die schon auf diese Vorstellung zurückgehen, sind ja noch etwas kunstloses gewesen. Freilich hingen sie schon mit etwas öffentlichem zusammen, und fragen wir, wie es zum ganzen System stehe, so müssen wir sagen, wenn wir in der christlichen religiösen Darstellung finden, wie solche Bilder entstehen konnten, daß die eine Maria auf die andre eifersüchtig sei, wie ein König von Frankreich sich bei einer Maria entschuldigen ließ, daß er immer die andre bei sich trage; so sieht man wie die Ansicht, die Götter auf historische Personen zurückzuführen erst später ist. In Mythologie scheint es umgekehrt, die verschiednen | Zeus, Apollons cet. wurden erst allmählig Einer aus verschiednen und an verschiednen Orten entstandnen Mythen. Das ist das Nationale, das an verschiednen Orten kunstlos entstand, dessen sich dann die Kunst bemächtigte. Weder die Bildhauer noch Dichter haben in sich eine Begeisterung für symbolische Darstellungen des Ewigen überwiegen-

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der; sondern das war in einem Gesamtbewußtseyn. Gab es einen Nahmen allgemein, so das Bild dazu, zuerst innerlich, dann bemächtigt sich die Kunst desselben. Ihr Interesse liegt nicht in der Vorstellung, sondern darin, das, was in dieser gegeben ist, auf die vollkommenste Weise in der sinnlichen Gestalt darzustellen. Möglich ist, daß diese Richtung bei einem Volke bloß poetisch werde, und bei einem andren bloß gestaltbildend, wiewohl es sich nicht nachweisen läßt, so doch daß das eine da, das andre dort überwiegt. Da folgt nicht daß in einem Volk diese religiöse Begeisterung besonders in den Bildhauern, im andren unter den Dichtern gewesen; sondern welche Kunst in einer Zeit dominirt, in der prägen sich die Gegenstände aus. In Griechischer Kunst gingen die Hauptgestalten sehr bald überwiegend in das Menschliche und die Götter wurden menschlich gestaltet. Wie diese verschiednen Charaktere sich gebildet, liegt außerhalb des Gebiets der Kunst weil es in jener allgemeinen Productivität liegt, die nicht mehr Kunst ist, sondern vom religiösen Motiv aus. Was diese Vorstellungen ausbildete, war nicht von Kunst aus entstanden, sondern aus religiösen Vorstellungen; und die Kunst verhält sich dann zu dem außer ihr fixirten, gerade wie zu historischen Gegenständen, daß sc. die Gestaltbildung und das Mimische zusammentreffen. In der Sculptur nimmt es einen andren Charakter an als in der Mahlerei. Allerdings hat sie auch in der Darstellung als Bewegendes doch ruhend ihre Grenze, in Sculptur aber sind diese Grenzen noch enger. Mahlerei hat größre Lincenz in Darstellung mannigfaltiger Bewegungen wie die Sculptur. Die Zurückführung auf das Gebiet der Sculptur ist viel unmittelbarer, als für Mahlerei; es fragt sich, ist die Bewegung eine solche, daß sie kann gedauert haben um aufgefaßt zu werden. — Noch ein andrer Punkt kommt hier in Betracht. Von vorn hinein sagte ich, daß aus demselben Grund, durch den die Mahlerei die Gestalten in Lichtverhältnissen darstellt, die Sculptur von diesen abstrahire, aus demselben Grunde die letztre m e h r au f e i n z e ln e G e sta lt un gen gehe als auf Zusammensein. Hieraus folgt auch, daß die Sculptur in ihren Gestalten e i n e g r ö ß r e R u h e fordert, weil in der Bewegung immer eine Beziehung auf ein andres ist. Finden wir geschichtlich daß die Sculptur früher die Gestalt nicht gehörig auseinander gelegt darstellte, i. e. ohne daß die Glieder sich von einander lösten, sondern in ununterbrochner Masse, so kommt das von zweierlei. Zuerst zeigt dieses den Übergang aus dem Kunstlosen in die Kunst. Die Gestalten aus dieser Periode sind überwiegend nicht historisch, sondern symbolisch; schließen sich zunächst an jene gestaltlosen Heiligthümer an, und sind Übergänge von diesen in die Gestaltung. Das andre Moment ist, daß die Sculptur ursprünglich von der Gestalt an und für sich ausgeht, und daß erst ein stärkres Bewußtseyn von der Art, wie sich die Gestalt in der Bewe-

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gung manifestirt gegeben sein mußte, um nun in die Kunstdarstellung überzugehen. — Häufig setzen die Bildhauer an den Mahlern aus, daß sie die innre Wahrheit der menschlichen Gestalt nicht gehörig studirten, ihre Beleuchtung oft so sei, daß keine wahre Vorstellung vom Innern der menschlichen Gestaltung (Knochenbau) zu Grunde liege, sondern sie würde durch Spiel des Lichts auf der weichen Oberfläche zu [einer] Darstellung geführt, die mit dem innren Bau im Widerspruch stände. Man kann nun dieses umkehren, und von Mahlerei aus der Sculptur vorwerfen, daß diese Kunst deßwegen länger in jener unnatürlichen Darstellung blieb, weil sie in der Gestalt, wenn sie in Bewegung ist, das, wovon sie ausgehe sc. das Princip der soliden Gestaltung, das in den festen Theilen liegt, darin nicht so anschauen könnte, wie in der ruhigen Gestalt. So ist allmählige Fortschreitung aus dem gedoppelten Motiv. Die Gestalten in Masse immer bestimmter sich ausbildend, die einzelnen Theile sondernd bis zur Darstellung der Gestalt in der Bewegung. — So wie wir die Sculptur überwiegend von einzelner Gestalt ableiten und sagen die Bewegung setzt eigentlich immer ein Verhältniß einer Gestalt zur andren voraus, weil Bewegung eine Richtung und diese einen Zweck hat; so fragt sich: Wie weit ist die Sculptur hierdurch beschränkt und welche Beschränkungen liegen ihr vermöge des eigentlichen Charakters der Kunst auf, so daß was darüber hinausgeht nicht mehr den eigentlichen Charakter der Kunst ausdrückt? Wir gehen vom Vergleich der Mahlerei aus, vom ursprünglichen Sehen, wie die Mahlerei es nachbildet. | Wäre es möglich daß die Sculptur ein solches Zusammensein der Gestalten darstellen kann wie die Mahlerei, i. e. einen historischen Moment, woran verschiedne Personen theilnehmen? Auf der Bühne stellen ihn lebende menschliche Gestalten dar. Könnte die Sculptur nun einen solchen Moment fixiren wollen? Die Aufgabe läßt sich stellen und Realisirung läßt sich denken. Warum geschah es denn nie? oder ist es geschehen? Denkt man es ausgeführt analog der mimischen Darstellung, so ist diese in einem beschränkten Raum, der wesentlich dazu gehört; die Decoration mag noch so flüchtig und bloß angedeutet sein, so gehört sie wesentlich zur mimischen Darstellung, wie der Rahmen zum Gemählde, wodurch erst dieses wahre Einheit wird. Dächte ich diese Gestalt in Sculptur dargestellt in demselben Moment aus der mimischen Darstellung, so würden es immer nur mehrere neben einander stehende Kunstwerke sein, weil überwiegende Richtung jedes für sich zu betrachten; und erst durch bestimmte Umgebung müssen sie Einheit haben. Diese kann aber die Sculptur nicht hervorrufen, und dächte man 23 ?] .

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es sich, so würde man sich auf einem fremden Gebiet denken. Wie weit kann also die Sculptur gehen über die einzelne Gestalt hinaus? An welchen Grenzen hört ihr Gebiet auf? Eins ergibt sich von selbst als Erweiterung. Denkt man sich Gruppen wie Amor und Psyche als sich umschlingend, oder die zwei Dioscuren, oder sonst zwei Gestalten so, daß sie auf demselben Postament stehen können, so daß Einheit der Basis ist, was der Einheit des Grundes im Gemählde entspricht: so ist das eine wahre Einheit umso mehr als die Glieder in einander verschlungen sind, daß man sie auch abgesehen von der Basis nicht voneinander trennen kann. Kann das nicht noch weiter gehen? Wir haben ja Darstellungen wo drei zusammen gehören, Horen und Grazien in verschlungner Bewegung als Eins auf derselben Basis, und theilweise aufeinander ruhend. Denken wir uns diese nehmlichen aber nicht mehr auf Einer Basis, ist dann noch Einheit des Kunstwerks? Also in demselben Raum an verschiednen Orten drei Figuren, jede mit Charakter einer Hore oder Grazie oder Parze; dann ist zwar eine gewisse Beziehung unter ihnen, aber doch will jede für sich sein; zusammengestellt sind sie nur durch ihre Zusammengehörigkeit außer dem Kunstwerk. Ständen sie auf Einer Basis und doch völlig gesondert, so ist das unvollkommen, weil weniger Leben dargestellt ist als unter diesen Bedingungen möglich wäre; stände sie so isolirt, aber doch jede in der Stellung wie wenn sie nur aus der Umschlingung gelöst wären, so ist es auch unvollkommen, und nur das innre Auge kann die Verschlingung sich wieder denken, aber nicht unmittelbar in Beziehung auf das Kunstwerk. Also zweierlei ist zu unterscheiden[, die] Einheit als Kunstwerk wie sie bestehen kann noch bei Mehrheit von Gestalten; und Zusammenstellung mehrerer Kunstwerke durch eine gewisse Beziehung unter einander, wo dann eine Einheit des Raums sein muß, in dem diese zusammengehörigen Kunstwerke ausschließlich vorhanden sind. In unsrer Kunstsammlung ist ein merkwürdiges Beispiel wie dieses zu falschen Urtheilen verführt; eine Anzahl alter Sculpturwerke, die man früher die Gruppe des Lycomedes, 10 .] ?

12 Grazien] Gratien

30–1 Friedrich II. (1712–1786) übernahm 1742 die Skulpturen der sog. LykomedesGruppe aus dem Nachlass des französischen Kardinals Melchior de Polignac. Von dieser Gruppe hieß es, dass sich Achilles unter ihren Figuren befände und sie eine Szene aus Homers Odyssee darstellen würde, was sich bereits zu Schleiermachers Zeit als eine falsche Deutung herausstellte. Denn obwohl die Fundsituation nahe der Hadriansvilla bei Rom die Zusammengehörigkeit der Figuren nahe legte, handelte es sich um eine einzelne Apollon-Statue und mehrere einzelne Frauenstatuen, offenbar Musen. Später überließ Friedrich Wilhelm III. (1770–1840) die Skulpturen der Antikensammlung des Alten Museums in Berlin, wo Schleiermacher sie gesehen haben könnte.

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wo Achill gefunden wird hieß. Das sind einzelne Gestalten, die sich auf den mythologischen Moment zurükführen ließen; man setzte voraus, es sei zusammengehörig gemacht worden eine bedeutende Zahl einzelner Gestalten, die zusammen den dramatischen Moment darstellen. Das war eine falsche Auslegung und die Gestalten gehörten nicht zusammen. Ich glaube nicht daß je in der alten Kunst so etwas aufgegeben und ausgeführt wurde, weil das nicht in der Natur dieser Kunst liegt; sondern erst durch Einheit des Raums so entstanden. Was auf Einem Postament steht in Sculptur ist ein Ganzes. Daraus folgt, daß das Mimische sich beim Bildhauer mehr auf die Stellung beschränkt als auf eigentliche Bewegung. — Betrachten wir die Aufgabe von Griechischer Kunst aus in der Theilung von Götterbildern und Portraits: so erscheint hier für den Bildhauer der Charakter der einzelnen mythologischen Figuren als ein gegebner, fixirt im Gesamtbewußtseyn. Hieraus folgt, daß so wie die einzelne Gestaltbildung von diesem Gegebnen ausgeht, ein gewisser Typus sich feststellte, also die einzelnen Darstellungen nur innerhalb eines solchen Typus variiren können. Dieses geht auch auf die zweite Classe der mythologischen Figuren, auf die mehr heroischen über. Wie stand es wohl bei den Alten mit der geschichtlichen Gestaltung wie sie mehr der Historienmahlerei und [dem] Portrait gegenübersteht? Nicht zu bezweifeln ist, daß insofern die einzelnen historischen Personen gleichzeitig oder aus frührem Andenken | dargestellt wurden, die Persönlichkeit wollte dargestellt werden. Hierauf ist Alles anzuwenden, was in Mahlerei vom Portrait gesagt ist, nur daß hier dem Portrait nicht eine solche Masse von zusammengehörigen Kunstwerken gegenübersteht, wie in Mahlerei. — Da entsteht eine vergleichende Betrachtung, in wiefern diese Aufgabe in beiden Künsten dasselbe ist, und welche von beiden Künsten dafür mehr leisten kann. Für unrichtig erklärte ich, daß Mahlerei den Schein darstelle, die Bildhauer aber die Wahrheit, denn insofern sie nur das Äußre darstellen, ist es auch nur Schein, und andrerseits hat die Mahlerei eine Wahrheit (die Färbung), welche die Sculptur nicht hat. In wiefern steht der Sculptur frei, i h r e n We r k e n au c h di es e Wah r h eit der F ä rbun g zu geben, oder ganz ohne dieselbe? Bei den Alten gab es gemahlte Statuen, selbst in großen Kunstwerken gab es etwas wenigstens, in die Statuen eingelegte Augen von einem den Glanz und [die] Durchsichtigkeit nachahmenden Stoff. Jetzt würde beides auf uns widrigen Eindruck machen. Warum? Man meinte, weil das eine zu genaue Nachahmung des Lebens sei; aber das kann man doch nicht tadeln, insofern die Kunst einmahl Nachbildung sein soll. Daher die Büsten aus späterm Alter23 dargestellt wurden] darstellten

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thum wo man wie bei geschnittnen Steinen zweifarbigen Stoff sucht, dem Gewand einen andren als das Gesicht, und je näher es der Natur kommt, desto weniger PstörendS, obgleich es nicht Aufgabe ist, sondern ein glücklicher Fund. Andre wollten es tadeln deßwegen, weil es auf Täuschung ausgehe, aber darauf ist gänzlich zu erwidern, was ich über das Perspectivische der Mahlerei gesagt, daß es eben das wirkliche Sehen darstelle. Dennoch hat man dieses ganz verworfen. Wie stellt es sich von unsrem Begriff aus gegen die Aufgabe der Kunst? Das Färben der Natur war immer etwas beschränkt, und ich weiß nicht ob eigentliche Färbung sich in Portraitstatuen findet. Bedenkt man, daß die erste Periode die von colossalen Statuen ist, so ist dieß vielleicht ein Anknüpfungspunkt zu dem ich noch dieses zweite nehme, daß eine Büste von zweifarbigem Stoff schwerlich denselben Eindruck macht, wie eine gefärbte Statue. Das Resultat von beidem wird dieses sein. Die Sculptur indem sie solide Gestalten darbietet, will dieselben auch eigentlich von allen Seiten her betrachtet haben, aber indem sie zugleich die solide Oberfläche darstellt, so sind auch alle die feinen Erhebungen der Form dargestellt nicht durch Beleuchtungsverhältnisse sondern in der Oberfläche selbst. Da fragt sich: Ist nicht noch ein andrer Sinn, durch den die Vollkommenheit der Form gefaßt werden kann als nur das Gesicht? Geht man davon aus, daß das Gesicht uns ursprünglich nicht die Tiefe gibt, die man erst durch Tastsinn erlangt, so könnte man meinen, die Sculptur arbeite auch für den Tastsinn; und nicht ganz zu leugnen ist, daß die Kunst wirklich darauf ausgeht, daß die Kunst auf den Tastsinn dieselben Differenzen vom Eindruck machen soll, wie die menschliche Gestalt selbst. Freilich liebt niemand die Betastung von Statuen, aber nur weil dieses das Werk leicht alterirt; ahmt sie aber auch für die Fingerspitzen die menschliche Gestalt nach, so ist das eigentlich eine Vollkommenheit die eigentlich das Höchste ist, nur daß man sie nicht unmittelbar so gefaßt haben will, da Berührung eine chemische Schädigung bringen kann, sondern auch durch das Auge. Wir sagten uns vom Verhältniß des innren Kunstwerks zur äußren Darstellung, daß der Mahler sein Bild innerlich sieht, was sein eigentliches Urbild ist, das immer der äußren Darstellung voran sich entwickelt. So kann nicht der Bildhauer seine Statue innerlich sehen, wenigstens nicht in einer Einheit, weil sie nicht zugleich vom Auge gefaßt werden kann. Sein Urbild also ist das Modell, das schon äußerlich hervortreten muß, und da stellt sich das Ve r h ä l t n i ß d e r m e c h an i s c h e n H ü l f e ganz anders als in Mahlerei. Da war wenig rein Mechanisches, sondern Kunstsinn und Kunstfertigkeit mußten dieselben sein. Der Bildhauer hingegen stellt das Modell hin und das ist dasselbe, sei es bestimmt in Marmor oder Erz ausgeführt zu werden. Nun treten die mechanischen Arbeiten ein,

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aber das letzte ist offenbar wieder die Arbeit des Künstlers, daher die Oberfläche diese letzte Vollkommenheit erhält, wo in Marmor dargestellt wird. Nicht so, wo in Erz gegossen wird, denn Künstler werden auf Bearbeiten des Marmors mehr eingeübt, der Ciseleur hat sein Geschick mehr in mechanischer Arbeit in Erz und kommt von daher die letzte Vollendung zu geben. Die Gelegenheit Statuen in Erz zu gießen ist nicht genug gegeben, um die Künstler selbst hier vollkommen zu | machen, aber jene Ciseleure haben doch Richtung auf die Kunst und werden oft producirende Künstler. Wie steht es nun mit allem was Oberfläche ist, Muscelbau, Kleidung cet. wenn man sich gefärbte Statuen denkt? Alle Stellen könnten dann nicht gleich viel Farbe haben und bestimmte Differenz für Tastsinn wäre die reine Oberfläche und die gefärbte, welche dem Tastsinn schaden würde; also das eigenthümliche der Sculptur, die reine Oberfläche würde aufgeopfert einem der Sculptur nicht eigenthümlichen Element. Nun haben die Statuen eine gewisse Größe, oft über das Leben (nur nicht colossal, d. h. alterirt in den Dimensionsverhältnissen), so ist das Werk für einen fernen Standpunkt und die Berührung abgeschnitten, also kann dieses nur durch die Oberfläche geleistet werden. Da hört der Nachtheil auf, der die Färbung hervorbringt, und das Kunstwerk ist mehr analog dem der Mahlerei. — Es gibt nun Verschiedenheiten in verschiednen Zeiten, die U n w ah r he i t enthalten. Unsre Statuen markiren oft die Augäpfel durch einen Einschnitt, das ist eine Unwahrheit, durch die dargestellt werden will, etwas, das eigentlich nur die Färbung darstellen würde; dieser Einschnitt ist eine Unwahrheit. Ja man markirt auch im Auge den Lichtpunkt, was noch größre Unwahrheit ist, denn der ist nur ein beweglicher Schein und stellt die Büste unter ganz andre Bedingungen, da er, so wie das Licht anders fällt, anders spielen würde, also sich nicht durch ein Feststehendes markiren läßt. Die alten Statuen zeigen gar keine solche Unterscheidung, sondern geben bloß die Rundung des Auges in seinem Abschnitt von den Augenlidern, ohne die gefärbten Theile irgend zu unterscheiden. Diese Enthaltsamkeit hat die neure Kunst aufgegeben. Worin liegt der Grund? Doch wohl darin, daß wir in Betrachtung der menschlichen Gestalt das Antliz in ein ganz andres Verhältniß stellen als die Alten, unsre ganze Betrachtung der menschlichen Gestalt ist weit mehr physiognomisch; das bewegliche Antliz imprimiren wir uns mehr als die ganze Gestalt. Das hängt mit der ganzen Lebensweise zusammen und zeigt sich so in der ganzen Geschichte der Kunst. Betrachten wir die älteste Mahlerei, so ist gleich eine große Tendenz auf physiognomische Auffaßung, wo die Gestaltverhältnisse viel mehr vernachläßigt 12 viel] sehr

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sind. Das zeigt ein Übergewicht nach dieser Seite, wie es bei den Alten nicht war. Das hängt z. B. auch mit ihrer dramatischen Darstellung durch Masken zusammen, und mit der größren Gewöhnung, große Massen zu sehen, wo physiognomische Differenz sich mehr verknüpft; und mit größrer Gewöhnung die Gestalt selbst zu sehen, was in Differenz der Bekleidung und des ganzen Lebens gegründet ist. Da kann man nicht unbedingt das eine vorziehen; offenbar drückt sich das Ethische überwiegend im Gesicht aus, also nahmen die Alten Vieles nicht so wahr, wie wir, und Vieles Ethische war bei ihnen im Einzelnen gar nicht so ausgebildet wie bei uns, daher die Richtung auf die Betrachtung eine andre sein mußte. Daher glaube ich, es sei der neuren Sculptur angemessen und zu Gute zu halten, obgleich es über die strengen Gesetze der Kunst hinausgeht. Jeder entbehrt etwas, wenn in Büsten das Auge ganz antik dargestellt würde, wir verlieren einen Punkt für die Betrachtung der uns zu wichtig ist. Läßt sich denn der Eindruck der das Auge auf uns macht durch die moderne Darstellung in Sculptur erreichen? Beschränkt bleibt dieses Mittel, aber doch kommt dieser Theil gleich mehr in das Verhältniß, das wir ihm einräumen; wenn also auch die Richtigkeit der Betrachtung nicht auf den höchsten Gipfel kommt, so wird doch die Vollständigkeit erleichtert. Halten wir hieran jene Formel, daß Sculptur die Wahrheit mehr darstelle als die Mahlerei, so ist es hier ganz verkehrt, da sie hier etwas ganz falsches darstellt. Dennoch gewinnt dadurch für uns die Wahrheit und auf Täuschung ist es nicht abgesehen; sondern es sind zwei verschiedne Methoden der Kunst von verschiednen Gesichtspunkten aus. Mit Zerfall des alten öffentlichen Lebens trat das Persönliche und Individuelle mehr hervor und bedurfte mehr der Darstellung. Es entsteht nun die wichtige Frage über die Bekleid ung der Gestalten. Je mehr die Auffassung auf die Gestalt geht und weniger auf das Antliz, desto mehr ist die Kleidung ein Hinderniß; je mehr das Antliz dominirt, desto mehr läßt man sich eine der Wahrheit entgegenstrebende Verhüllung gefallen. | Wie wir in Mimik die Drapperie nicht zur mimischen Darstellung rechneten, so ist in Sculptur Behandlung des Gewandes bedeutend. Gibt es nun etwas Constantes in der Kunst, was die Verhältnisse dieser zwei Momente fixirt, oder ist es ein veränderliches? Daß es in gewissem Sinn v erä nderlich geht schon aus Differenz zwischen Antik und Modern in Beziehung auf den mimischen Gehalt in Sculptur hervor. Aber als indifferent gegen die Vollkommenheit der Kunst wäre es erst bewiesen, wenn das Antike und Moderne gleich ständen. Aus den tiefsten Gründen Entscheidung suchend gehen wir bis auf den ersten Punkt, sc. die innre Ge18 das] dem

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staltbildung im Künstler selbst. Kann man eigentlich voraussetzen, daß diese innre Gestaltbildung ursprünglich immer auf das Nackte gerichtet sey, und die Verhüllung ein erst für äußre Darstellung Hinzukommendes? Bejaht man das, so hat die Verhüllung ihre Grenze in diesem ersten Acte, indem sie nur so seyn dürfte, daß der erste Act dadurch nicht verloren gehe i. e. die Gestalt in allen ihren Verhältnissen gleichsam vollkommen hindurchschaue. Fixirt man diesen Punkt, so ist die Sache entschieden. Aber ist dieses die richtige, und einzig richtige Entscheidung? Sehen wir auf das Verhältniß zwischen Auffaßung und Bildung der Gestalten, so ist allerdings in unsrem gegenwärtigen Zustand nicht zu behaupten, die innre Kunstbildung gehe in das Nackte, ohne daß wir den Zusammenhang zwischen dem wirklichen Leben und freier Productivität aufheben. Die Auffaßung ist immer nur von verhüllter Gestalt. Will der Künstler von dieser Auffaßung ausgehen und von dieser her immer seine freie Production erfrischen, so muß er sich jenes Nakte erst machen in nacktem Zustande. Das geschieht in Schulen der Bildhauer als Studium nach dem Modell. Das An t i k e u n d M o de r n e aber sind da bedeutend different wegen ganz andrer Art der Bekleidung. Dieses hat hernach auf die Ausführung einen bedeutenden Einfluß. Die neure Sculptur war eine Zeit lang theils in allen P(Nicolovischen)S Figuren auf oft willkürliche Weise das Nakte mit willkürlicher Phantasie [darstellend], die es mit nichts historisch gegründetem in Verbindung bringt. So die französischen Künstler. Auf der andren Seite stellte man die Gestalt in dem Costüme der Zeit dar, wobei dem Beschauer unmöglich wurde aus demselben zurück die Gestalt zu erfassen. Geht man davon aus, was die Bildhauer immer aufstellen, daß sie die Gestalt von innen aufbauen, also vom Knochenbau aus, und Studium des Knochenbaus und der Musculatur, jenes als Gerüst und dieses als nächste Verhüllung immer das erste ist; so ist die nackte Haut das nächste was dem Künstler erscheint. So wäre es gefährlich für den Bildhauer, wenn er nicht immer vorher die Gestalt in ihrer Nacktheit dächte und erst auf dieser die Bekleidung legte. Denken wir, wie der Bildhauer in weichem Stoff arbeitet, so ist dieses leicht möglich. Da hat er dann viel größre Sicherheit, daß die Wahrheit in seinem Kunstwerke ist auch bei der Verhüllung. Aber keineswegs kann man dieses als nothwendig fordern; sondern wer schon einen höhren Grad von Sicherheit hat, bedarf der äußren Ausführung dieser Operation nicht, sondern ergänzt das Nakte von Innen. Aber verfahre der Künstler wie er will, thut er das Seinige, wenn er dem Beschauer die Bekleidung [der] Gestalt so darstellt, ohne Rücksicht darauf zu nehmen, ob dieser die Gestalt selbst 12 dem] der

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darin auffaßt oder nicht? Dieses dem Beschauer so leicht als möglich zu machen ist das maximum der modernen Behandlung, was als Entartung kann angesehen werden. Wie steht es in Beziehung auf die z w e i H a upt g a ttun g en dieser Kunst; kann der Künstler in Beziehung auf nicht histor ische F ig ur e n (mythologische oder symbolische); kann er da die Umhüllung ganz frei einflechten, und hingegen h i s t o r i schen F ig uren die wirkliche Bekleidungsweise der Zeit und Localität geben? Sobald wir das letztre in allen Fällen als Nachtheil ansehen, wo die historische Verhüllung so ist, daß das Auffassen der Gestalt nicht möglich ist, und stellen doch diese Trennung auf, so ist Differenz so groß, daß die Portraitstatue eigentlich aus dem Kunstgebiet herausgerückt, und nur Kunst an einem andern ist, so weit es der eigentliche Zweck erlaubt. Will die Kunst die Typen der Natur darstellen, so muß man die Gestalt in ihrer Wahrheit darstellen; also muß möglich seyn, daß die Kunst nur Bedingungen anerkenne, die sich damit vertragen. Auf der andren Seite ist aber Bekleidung dem Menschen wesentlich, die Sculptur kann sich also nicht ganz davon losmachen. Wie weit ist er dabei an das Gegebne gebunden? So wie die Alten Götterbilder darstellen, waren sie in dieser Beziehung in absoluter Freiheit, denn den Göttern gab man die Wahrheit der menschlichen Gestalt, aber nicht unter der Bedingung, woraus Bekleidung Bedürfniß | wäre; also stand frei, sie nackt oder bekleidet darzustellen. Einen Übergang von diesen zum Historischen hatten sie an den Heroen, wo wir dasselbe sehen. Es gab immer etwas neben der Gestalt, wodurch die Heroen bestimmt wurden. Nun finden wir daß die Künstler sobald sie aus symbolischem Gebiet herabsteigen und im menschlichen Leben versiren, die Bekleidung hatten, aber mit dem Vortheil einer solchen Bekleidung die in der Lebensweise begründet das Durchscheinen der Gestalt begünstigte. Es gehört schon eine Entwicklung des Sinns [dazu], wenn Kunst sich in Anordnung der Bekleidung geltend macht; also ist sie ein Gegenstand schon in der Wirklichkeit des Lebens, an welchem Kunst seyn kann. Es verbindet sich das Bedürfniß und das Schmücken mit der menschlichen Gestalt. Dieses hat der Künstler darzustellen. Kann er nun gebunden sein, eine Darstellung zu geben, die der Kunst widerstrebt? Dann verliert er sich aus dem Gebiet der Kunst heraus und sein Kunstwerk ist nicht mehr ein reines, sondern steht unter andren Bedingungen, ist untrennbar. Das ist also ein Nothstand, wenn die Künstler um in Kunst thätig seyn zu können, sich unter solche Bedingungen stellen müssen. Dann sind sie auch von da aus zu beurtheilen und nicht rein von Kunst aus; und man sieht nun, wie der Künstler 8 geben] folgt ))müßte**

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diese Duplicität löst von Kunst und einem andren Princip. Offenbar soll der Künstler möglichst gegen solche Bedingungen ankämpfen, was man auch bei allen wahren Künstlern finden [kann, jedoch] nicht in allen Zeiten gleich. Wo am wenigsten, da muß das reine Kunstinteresse am wenigsten dominirt haben. Da ist die Periode selbst, wo die Künstler sich solcher Drapperie anschlossen, die die Gestalten nicht durchschimmern läßt, eine Periode der Entartung und alle Virtuosität darin ist auf untergeordneter Stuffe. Daraus folgt aber gar nicht, daß der Künstler überall auf das Nackte ausgehe und das eigentlich das Motiv seines Widerstrebens gegen jene Bedingungen sei; sondern dadurch würde einer seinem Kunstwerk die mimische Wahrheit rauben; und die ist in geschichtlicher Arbeit viel wesentlicher als in mythologischer. In dieser ist der Moment immer rein zufällig, nur der Typus des Charakters der mythologischen Gestalt in menschlicher soll zur Anschauung kommen; daher ist ein geschichtlicher Moment dabei zufällig; also hat man es bloß mit der Stellung zu thun, und da die Figuren von allen Bedürfnissen frei gedacht werden, so steht frei, sie bekleidet darzustellen oder nackt; und daher kann der Künstler hierin leicht den Forderungen eines Andern entsprechen, da beides für die Kunst indifferent ist. Nun gibt es für historische Sculptur zwei differente Methoden, die beide anzugeben sind als gleichstehend[:] 1.) Im Geschichtlichen muß der Künstler für Bekleidung von der Wirklichkeit ausgehen, sich aber eine solche Freiheit dabei vorbehalten, daß er so viel [wie] möglich der Aufgabe seiner Kunst genügt. 2.) Der Künstler muß ausgehen davon, daß seine eigentliche Aufgabe ist die Gestalt in ihrer realen Totalität. Davon darf er nur so viel abweichen als Annäherung zur Wirklichkeit, als die Aufgabe der Kunst selbst nicht gefährdet wird. — Da ist differente Schätzung; man kann sagen, die zweite stellt mehr die Kunst rein auf, die erste die Bedingungen mit, welche die Kunst finden kann. Aber beide treffen auf einem Punkt zusammen. Durch die erste Methode setzt sich der Künstler am meisten in Fall auf das Kunstlose oder Kunstwidrige in Bekleidung normal einzuwirken und die Kunst auf einem andren Gebiet geltend zu machen, wodurch der Nachtheil sich hebt, wogegen die zweite Methode leicht stehen bleibt bei einem Punkte, von dem aus noch keine Verbesserung der Wirklichkeit ausgehen kann. So wie die Sculptur wirkliche Personen darstellt, ist sie genöthigt, sie in ihrer geschichtlichen Position darzustellen und darin liegt schon eine gewisse Nothwendigkeit. Wenn ein Feldherr dargestellt wird, muß man ihm das ansehen, i. e. der kriegerische Charakter in der Bekleidung da seyn als wesentlicher Theil des Kunstwerks. Aber dennoch strebt der Künstler dieses so zu modificiren, daß dieser Zweck erreicht wird aber auf eine Weise, die dem allgemeinen

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Kunstzweck am wenigsten schadet. So ist es schwierig, die Frage auf allgemeine Weise zu entscheiden und verschiedne Zeiten können sich auf verschiedne Seiten neigen, da hier immer eine Art Conflict ist zwischen der ursprünglichen Richtung die bloß die Gestalt will und dem Specifischen in den einzelnen Aufgaben der Kunst. Ich abstrahire hierbei [davon], inwiefern der Künstler da unter Gebot eines Andern steht, da dieses Specifische schon nothwendig in das Gebiet der Wirklichkeit führt. Dieselbe Frage kam im Mimischen vor für dramatische Darstellung, wenn [von] Personen aus geschmack- und kunstlosen Zeitaltern die Rede [war]. In Mahlerei tritt die Frage weniger stark hervor, und wird besser in Sculptur betrachtet, an der einzelnen Gestalt. Wir sehen, wie die Kunst so auf das Leben zurückwirkt, insofern sie Personen aus demselben Sittenkreise darstellt. | In unsren allgemeinen Erörterungen haben wir abgewiesen als ob Ästhetik die Theorie des Schönen sey, um die mehr selbstthätige Seite in [der] Production hervorzuheben. Alles an sich Darstellbare will dargestellt sein. Schön aber hat man in neurer Zeit über das Gebiet der Gestalt aus erweitert, wovon man wieder zurückkommen sollte; hier sind wir in seinem eigentlichen Gebiete und betrachten den Begriff des Schönen als Grenze dessen, was und was nicht dargestellt werden soll. Die freie Productivität soll also ergänzen, was der Natur abgeht, die durch andre Bedingungen in ihrem Gestaltbilden beschränkt ist. Schön wäre also nur, was die menschliche Gestalt so darstellt, daß nichts sich denken lasse, was von außen her durch Beschränkung der bildenden Kraft entstanden wäre. In Natur ist dem Kind der Zusammenhang mit der Mutter schon etwas Äußres, und was von [der] Mutter aus die Bildung der Gestalt des Kindes nachtheilig influencirt, ist uns auch ein Äußres. Wie sollen wir nun stehen bleiben bei Anwendung dieser Formel? Es gibt ausschließliche Verehrer des G riech isc h e n I d e a l s , voraussetzend, die Griechische Gestaltung sei der wahre Naturtypus; da sie die Natur am wenigsten beschränkt, daher alles sich diesem Typus annähern solle. Also würden sie sagen: Die plastische Kraft der Natur denken wir als Eins, aber in verschiednen Zonen vertheilt, ist sie verschiednen Einflüssen ausgesetzt, nimmt also verschiedne Modificationen an in den verschiednen Racen und Volksthümlichkeiten, das sind nicht Wirkungen von der plastischen Kraft aus, sondern der climatischen Einflüsse auf jene; also sind sie alle unvollkommen, i. e. ein partielles Unschönes. Daher solle sich die Gestaltbildung hinwenden zu dem, was von diesen Modificationen nichts an sich trage. Das wäre die Rechtfertigung der Ansicht nach unsrem Princip. Es geht tief zurük, darauf, daß alle menschliche Ge29 ?] .

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staltung Ein Typus sei, und alle Modificationen von Außen. Wer hingegen behauptet, die menschliche Natur ist nicht ein einfacher Typus, sondern ist in sich schon ein andrer in allen verschiednen Racen cet. Die Kunst müsse dann das vollkommne von diesem Typus darstellen und nur entfernen, was diesen hemmt. Also gäbe es so viele schöne Typen als es menschliche Constitutionen der menschlichen Gestalt gibt, in jeder Race und sich heraushebender Volksthümlichkeit ein eignes. Der Streit, bis hierher verfolgt, liegt außer unsrem Gebiet; es sind zwei Hypothesen, zwischen denen nur die NaturWissenschaft entscheiden kann, nach welchen Forschungen, können wir nicht angeben. Was ist also von unsrem Standpunkt zu thun? Wir können es nur geschichtlich behandeln. Allerdings unter den Griechen ist die Sculptur als einzelne menschliche Gestalt darstellend, zu einer Vollkommenheit gediehen, von der wir vorher kein Beispiel haben. Das ist eher ein Beweis gegen als für die Theorie; denn es ist ein geschichtlicher Vorsprung, vermöge dem es eine Präsumption hat für die allgemeine Anerkennung, in diesen Typen finde sich die vollkommne menschliche Gestalt. Dieses Urtheil ist also eher bestochen von der hohen Entwicklung die die Kunst dieser Nation erlangt hat. Andre Forschungen scheinen es wieder aufzuheben. Vergleicht man die menschliche Gestalt mit der ihr nächsten animalischen, so hat man immer die vierhändigen Thiere der menschlichen Gestalt am nächsten gerechnet. Da die moderne Ansicht überwiegend vom Antliz und Kopf ausgeht, richtete man die Vergleiche auf diese, und hat einerseits die Affenschädel und andrerseits die Menschenschädel gegenübergestellt nach ihrer Differenz. Daraus ergab sich, daß es gewisse Menschen gibt, die den Schädeln der vierhändigen Thiere am nächsten liegen und von da an eine Abstuffung weg; und sagten, die vollkommenste menschliche Schädelbildung muß diejenige sein, die sich am meisten von jenem entfernt und das fällt mit der kaukasischen Race zusammen, wozu alle jetzt geschichtlichen Völker gehören. Dieß scheint die Ansicht zu stüzen, daß die verschiednen Typen der menschlichen Gestalt sich nicht verhalten wie gleiche Modificationen, sondern wie verschiedne Grade der Vollkommenheit. Aber da die moderne Ansicht, bloß den Kopf zu untersuchen einseitig ist, so gut als die antike die bloß die Gestalt betrachtet, so müßte man wie den Schädel, so das ganze Knochenscelett vergleichen, um zu entscheiden. Aber dann glaube ich nicht daß sich eine solche Abstuffung ergeben würde. Da würden die menschlichen Formen im Abstand von animalischen viel näher zusammentreten. So ist die Entscheidung auch nicht gegeben. Daher fragen wir, | was denn diese Theorien für Einfluß haben auf die bildende Kunst. Die Anfänge der Kunst liegen in einer Zeit, wo die Völker für sich isolirt waren. Da war keine andre Richtung möglich, als den

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einheimischen Typus aufzufassen und an diesem die Kunst darzustellen. Da würde die eine Theorie gar nicht existiren, also die andre allein würde die Kunst bestimmen. Woher konnte denn jene Theorie doch entstehen? Nur in dem Maaß als die Kunst eines Volkes rein auf die hellenische gepfropft wäre, da könnte es sein, daß der einheimische Typus gleich sich diesem unterordnete. Das hellenische Ideal kann nur das sein, von dem die freie Kunstentwicklung ausgeht. Gesetzt die Kunst hätte sich in allen Racen bis auf einen gewissen Punkt entwickelt, so würde erst aus dem allgemeinen Verkehr aller so entstandnen KunstWelten jene Anerkennung als ein comparatives Urtheil entstehen. Nun ist aber unter allen andren Racen die Kunstbildung zurück, und offenbar nicht etwa daher, weil ihr Typus nicht so vollkommen wäre, sie zur Kunst zu reizen, denn Kunstrichtung ist eine Function für sich und tritt doch heraus, auch wo keine vollkommne Gestaltung von außen reizen würde. — So dürfen wir jenes nicht als allgemeines Gesetz aufstellen, sondern die Kunst ist anzuerkennen, auch wo sie sich an den zunächst gegebnen Typus hält. Die Frage käme auf das: Würde wohl bei allgemeiner Kunstentwicklung das Urtheil, daß dieser bestimmte Typus allein die freie Thätigkeit der plastischen Natur bezeichnen könnte, so festwerden, daß es hier wieder der naturwissenschaftlichen Forschung die Regel geben könnte? Das liegt so weit ab, daß Entscheidung noch lange nicht möglich ist. — Gegenwärtig ist alle bildende Kunst beschränkt auf Völker, die derselben Race, also derselben wesentlichen Modification der menschlichen Gestalt angehören; und wir wollen die Frage auf diesem Gebiet betrachten. Sollte es einem Bildhauer nun einfallen, einen Neger darzustellen, oder läge das außer der Kunst, weil er sich nicht das Schöne zum Gegenstand mache? Das kann man nicht sagen, sondern nur, es sei eine wunderliche Laune, weil man sich keine bestimmte Veranlaßung denken kann; das Werk selbst kann man deßwegen nicht verwerfen, sondern im Gegentheil könnte eine Richtung entstehen, in diesem Typus die innre Kunstthätigkeit darzustellen. So könnte es an allen Racen geschehen; nur liegt die Aufgabe nicht vor, und es ist kein Motiv dazu da. Kann man nun sagen, daß es auch in der Bekleid un g ein an und für sich schönes und unschönes gebe? Manche glaubten, daß moderne Kleidung erniedrige die Kunst, weil sie absolut unschön sei. So weit treiben es die einseitigen Vertheidiger des Hellenischen. Daraus würde folgen, daß die ganze historische Seite der Sculptur disharmonisch würde, sc. Statuen von Männern unsrer Zeit als geschichtliche Personen dargestellt, aber in einer Bekleidung die ihrer geschichtlichen Existenz fremd ist, so wäre das eine Disharmonie: die 27 er] es

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Gestalt der Wirklichkeit angemessen, die Bekleidung aber gar nicht. Gar nicht als ob das Wirkliche absolut wiederzugeben sei, sondern nur daß Gestalt selbst und Verhüllung in Harmonie seien. Nun kann geschichtliche Person nicht dargestellt werden ohne geschichtliche Stellung, ein Feldherr also in kriegerischer Kleidung, nicht im Schlafrock, wie Männer, deren Thätigkeit und Ruhm in das Zimmer fällt; wollte man nun einen Blücher in Römischer Kriegskleidung denken, so wäre die Unwahrheit noch auffallender, und es entstände eine Unvollkommenheit, die weit größer wäre, als die welche man vermeiden wollte. Es gibt nun solche Bekleidungen, die die Richtung der Kunst absolut aufheben; freilich weniger in den höhern Ständen, die überhaupt für die ganze äußre Existenz der Kunstrichtung schon verschuldet sind, und Menschen aus mindern Ständen werden nicht Gegenstand der Kunst in einzelner Gestaltung. So scheint die Gefahr nicht so groß. Aber der Künstler, der immer die Gestalt durchscheinen lassen will, wird immer eine Abstuffung finden. So ist weibliche Gestaltung unten wie Tonne, enge Gestalt und darauf ein umgekehrter Kegel, völlig der Kunst zuwider. Hingegen ist unbedingt Griechische Drapperie ebenso unzweckmäßig. Da ist etwas Mittlres nöthig. Bei historischen Personen entfernt man sich nicht ganz von historischer Bekleidung, behält aber Freiheit, es künstlerisch zu modificiren. Wollte man nun so weit gehen, die Sculptur solle moderne historische Gestalten gar nicht darstellen, weil die Bekleidung ihr nicht gemäß ist: ja | dann bliebe ihr so viel als nichts übrig. Wenn mythologische Personen als wirkliche Personen sollten gebildet werden, so ist das unstatthaft, als nur als Studium. Die Poesie hat diesen Weg nicht behaupten können und Mahlerei und Sculptur auch nicht. Je mehr sich das Moderne in die Kunst hineingebildet hat, desto unpraktikabler sind Gestalten, die für uns keine Wahrheit haben. Also bleiben bloße symbolische Gestalten, d. h. eine Productivität, bei der Mahler und Bildhauer immer erst die Poesie in Anspruch nehmen, denn Erfindung des Symbolischen fällt der Poesie anheim, sind sie mimisch auch in das Leben übergehend, dann kann bildende Kunst sie darstellen; aber der Künstler fußt nur auf ein Gesamtbewußtseyn nie auf individuellen Einfall eines Dichters. Für uns gibt es eigentlich gar keine ἀγάλματα, auch die religiöse Darstellung liegt rein im geschichtlich Menschlichen. So hat diese Eintheilung der alten Kunst in der neuern keine Wahrheit, sondern alte Sculptur muß in ihr den Charakter des Historischen haben. — Die ganze Gattung von Götterbildern ist uns nur 5 kriegerischer] griechischer

25 Personen] Kunstwerke

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noch Studium, außer dem Portrait bleibt noch übrig die sy mbolis c h e D a r s t e l l u n g häufig genug in moderner Kunst geübt, Tugenden, Gemüthszustände als Personen vorgestellt, was eine etwas zweideutige Gattung ist, da das Ganze überwiegend conventionellen Charakter hat. Wenn dieses das Ethische ist in Beziehung auf den einzelnen, so haben wir auch ein politisches Gebiet, wo das Vaterland z. B. als Statue, ebenso politische Tugenden und Zustände, Tapferkeit, Sieg, Frieden cet. Da ist ein bloß Conventionelles, das ebenso gut ein ganz andres seyn könnte. Ähnliche Personificationen sind allerdings auch in Poesie, aber das sind so wenig Parallelen, als man das in Sculptur von dem Poetischen abzuleiten versucht ist. Was sollten dann als öffentliche Denkmähler an die Stelle dieses Symbolischen treten? Etwas Historisches; also statt von einem Verstorbnen z. B. gewisse Tugenden darzustellen, oder die Trauer um ihn als symbolische Figur: so müssen Momente dargestellt werden, in denen sich dieses manifestirt, und es würde keine vollkommne Selbstständigkeit in einem solchen Kunstwerk sein, weil sie in dem Maaß als sie mehr dem Privatleben angehören, nicht verständlich wären. Müßte da Differenz sein zwischen Darstellung und Bezeichnung (Unterschrift) so ist doch da eine so große Einheit wie in symbolischer Darstellung, das Symbolische mit der Sache. Wie steht es dabei mit der innren Wahrheit? Es liegt ein aus dem modernen Leben genommnes Motiv zu Grunde, analog dem, woraus sich das Mythologische bei den Alten [entwickelte]. Der Sinn der Figuren wäre verständlich, wenn ohne Unterschrift und ohne Conventionelle Bezeichung. Woran dann? Am physiognomischen Ausdruck. Eine Borussia und Germania zu unterscheiden ohne Unterschrift fiele schwer, weil das Symbolische in das Historische hineingedrungen ist; hingegen verschiedne Religionen lassen sich immer erkennen auch ohne Kelch und Kreuz; ebenso Trauer cet., denn hier ist es durch das Physiognomische klar; und was hinzu kommt, ist nur eine Unterstüzung theils durch die verschiednen Grenzen dieses Gebiets, theils durch Unvollkommenheit des Künstlers oder der Beschauer gebothen. Dieß der Maaßstab, die Vollkommenheit solcher Werke zu beurtheilen. — Nun hat sich freilich etwas in sie eingeschlichen, worüber sich fragt, in wiefern es ein Kunsturtheil gibt oder nicht, sc. es ist nicht so selten, daß man disparate Elemente vermischt, z. B. symbolische Darstellungen mit Christlichem und Heidnischem, Modernem und Antikem vermischt. Ist das zuläßig oder nicht? Diese Frage ist jener analog, von welcher Wichtigkeit die Genauigkeit im Costüm sei bei theatralischen und mahlerischen Darstellungen. Das Costüm freilich ist ein rein materielles, hier aber haben wir ein Geisti1 Studium] Studien

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ges, aber beide haben für die Darstellung denselben Werth sc. einer Erläuterung der darzustellenden Verhältnisse. Diese Vermischung scheint eine Täuschung, denn als aufgehobne Einheit kann man es nicht erklären; hier müßte man sagen, der Künstler muß gewiß sein, daß beides zusammen verständlich ist. Müßte er voraussetzen, daß ein solches Antikes denen unverständlich wäre, denen das Christliche verständlich ist, so würde er die Einheit des Kunstwerks zerstören[,] kann er aber ähnliche Verständlichkeit voraussetzen so kann | es nicht stören. Freilich ist in diesem Gebiet immer schwer, eine allgemeine Befriedigung zu erreichen. Woran liegt das? Daran, daß man etwas andres als das reine Kunsturtheil hineinmischt. — Zw ischen d ie ser G a t t u n g die die Götterbilder cet. vertritt und der eigentlich historischen Sculptur haben wir in der Mitte ein Gebiet das dem G enrebild der Mahlerei parallel steht. Werke der Sculptur die es mit dem Wirklichen zu thun haben, aber nicht mit dem bestimmten Einzelnen, also nur allgemeine Verhältnisse der Gestaltungen darstellen, z. B. Gruppen wie die Pferdebändiger auf dem Museum, ein Moment, der sich in der Wirklichkeit repetirt, aber die Darstellung ist eine allgemeine, und hat nicht historischen Charakter. Diese Gattung wird jetzt immer häufiger und bietet ein immer größres Feld dar, sowohl in menschlicher Gestaltung, wo sie sich an symbolische Darstellungen anschließt, als auch im Zusammensein von menschlichen und thierischen Gestalten. Da sieht man das rechte Studium der Gestalten in seinem Resultat, sc. solche Momente künstlerisch darzustellen, worin die Entwicklung der Gestalt in gegensätzlichen Verhältnissen eine normale Dignität hat; denn die gibt es im animalischen wie im menschlichen Gebiet; die größren und edlern Thiere sind auch einer idealen Darstellung fähig, und ein solches gibt es auch im Zusammensein der Gestalten, Thierkämpfe, Jagdmomente, die nicht mehr Figuren erfordern, als die Sculptur in Einem Kunstwerk darstellen kann. Solche Darstellungen werden in der Regel im verkleinerten Maaßstab ausgeführt; weil sie allgemein sind so liegt in jeder schon die Forderung einer großen Menge, um die Möglichkeit, die in jedem liegt, zu erschöpfen, die daher dargestellt sein muß; also nicht bloß um zu großen Aufwand einer Kraft zu ersparen, nimmt man den verkleinerten Maaßstab, wie ja der KunstWerth nie auf der Größe beruht, sondern solche Werke könnten nicht in solcher Mannigfaltigkeit darstellen, wie die Natur der Sache es erfordert. Historische und symbolische Darstellungen, 16–17 Die Pferdebändiger auf den Dachecken der Rotunden des Alten Museums in Berlin wurden von dessen Architekt, Friedrich Schinkel, entworfen und vom Bildhauer Christian Friedrich Tieck vor der Eröffnung des Museums 1830 ausgeführt. Es handelt sich um gußeiserne überlebensgroße Darstellungen der Dioskuren.

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die an bestimmte Momente gebunden sind, fordern das nicht, weil nur ein Ausgezeichnetes dargestellt sein kann, das eben das Seltene ist und nicht häufig vorkommend. In der allgemeinen Darstellung liegt mit der Möglichkeit die Forderung einer Mannigfaltigkeit der Entwicklung. Sieht man einen Moment dargestellt, so denkt man gleich, das könnte auf mannigfaltige Art dargestellt sein, und dem würde der große Maaßstab widersprechen. Aber das innre Gestaltbilden kann sich in diesem Gebiet in sehr großem Reichthum entwickeln. So wie diese Werke also kleinen Maaßstab wollen, eignen sie sich vorzüglich zur Darstellung im Relief, wovon hernach. Nun die h i s t o r i s c h e Sc u l p t u r. Sobald ein Bildwerk, weil es eine unmittelbare Beziehung auf eine große Masse hat, zugleich soll von großer Masse angeschaut werden, so erfordert es einen vergrößerten Maaßstab, und es kann sogar das eigentlich Colossale in dem Sinn daß Alteration der Theile nöthig ist, von der Natur der Sache gefordert sein. Diese Forderung ist oft mehr motivirt durch die Localität, wo die Bildwerke aufgestellt werden sollen. Jedes Bildwerk in großem freiem Raum und nahe bei großen Gebäuden erscheint dem Auge wenn es nur den natürlichen Maaßstab hat, unter demselben; aber das eigentlich Colossale wird dadurch noch nicht gerechtfertigt, sondern durch die Bestimmung zu gleichzeitiger Beschauung einer großen Masse. Da kann nur der colossale Maaßstab genügen; und wiewohl eine gewisse Alteration der Kunstgesetze da ist, da dasselbe Bild in kleinem Maaßstab kunstlos würde, so muß doch eine gewisse Licenz da sein. Überschreitung der Lebensgröße aber in geringem Grade wird schon für alle Bildwerke nöthig, die im freien und nahe bei öffentlichen Gebäuden aufgestellt sind; nur in geschloßnen Räumen sind die natürlichen Maaßstäbe von Wirkung. Göthe will, jedes Kunstwerk solle Verzierung eines bestimmtes Raums sein, das ist nur darin wahr, daß der Maaßstab eines Kunstwerks bestimmt wird durch die Localität, es also nicht willkürlich in einer andren Localität von andrem Maaßstab umgestellt werden kann. Nun können wir von da in historische Sculptur herabsteigen bis zu jeder beliebigen Verkleinerung je nach Forderung des Raumes. Bildwerke als Verzierung großer Säle wollen andren Maaßstab als für ein Cabinet, andren, wenn sie unmittelbar im Raum stehen | oder erst etwas andres in dem Raum zieren sollen. So liegt das Kleinste nicht außer der Kunst sobald es sich durch seine Localbeziehung rechtfertigt. Nur so kleiner Maaßstab, daß die Richtigkeit durch bloßes Auge 15 daß] das

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29–30 Vgl. die Sachanmerkung zu S. 34,19

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95. Stunde 18. März

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nicht mehr bestimmt wird, müssen wir ausschließen; und kein Werk, zu dessen allgemeinen Überblick eine andre Operation nöthig ist, als dessen Theile zu fassen. Aber sollen die Figuren von gebranntem Thon (Porcelan) auch in schöne Kunst gehören? Ja, wenn sie noch so sind, daß alle wesentlichen Theile der Figur noch bestimmt erkennbar sind; nun freilich liegen sie an derjenigen Grenze, wo die Kunst an einem andern ist. Aber urgieren kann man das nicht, sonst könnte man weit zurükgehen und sagen, alle Bilder, die zu einem Gebäude gehören, seien Kunst an einem andern. Sobald das Bild seinen Kunstwerth nicht verliert, wenn man es aus der Beziehung mit dem, woran es ist, herausbringt, in ein nicht zu Disparates, so ist es selbstständig auch ein Kunstwerk. Den kleinsten Bildern räumt man das nicht ein, und das liegt in ihrer Genesis, sobald sie einer Gattung angehören, die wir zu mechanischen Geschäften rechnen, so wurzeln sie außer der Kunst, wenn sie auch in diese übergreifen; ist aber das Modell für die mechanischen Arbeiten doch von eigentlichen Künstlern gemacht, so war jenes Urtheil voreilig, denn die Hauptsache ist dann Kunst. Die Sculptur wo sie ve ge t ab i l e Darstellungen solid geben will, erscheint nicht mehr selbst, sondern das findet sich nur in Stoffen, die nicht mehr der soliden Kunst angehören, und in diesen tendiert solche Darstellung bloß zu Verzierungen, als architectonische und Verzierungen von Geräthen, insofern sie Kunstwerke sind, d. h. [ihre] Bestimmung zu einem bestimmten Zweck mehr Schein als Wahrheit ist. Da kommen wir an eine Grenze und in diesem niedern Gebiet stößt das Phantastische an die Realität, und dieses niedre Gebiet vegetabilischer Verzierungen verliert sich in das Phantastische; z. B. Akanthus als Capitäl gewisser Säulen. So geht es allmählig in das über, was der Arabeske in Mahlerei entspricht, aber nur als Relief, nie in wirklich solider Darstellung. Insofern das Relief die Landschaft zuläßt, findet man auch dieses. Man stritt, ob Relief ächtes Kunstwerk, weil Mittelding zwischen Sculptur und Mahlerei. Eigentlich läßt es keine Beleuchtung zu, nimmt aber die Perspective auf, und so kann man es als zurükgetretne Sculptur, oder hervorgetretne Mahlerei ansehen. Es leidet aber keinen Zweifel wegen Analogien des Stoffs und Mangel der Färbung, daß es wesentlich der Sculptur angehört, also zu erklären aus einem 20 tendiert] ist 30–31 In der Besprechung des Basreliefs als einem Mittelglied zwischen Malerei und Skulptur stellt A. W. Schlegel in seinen Berliner Vorlesungen über die Kunstlehre von 1801/02 die Frage: „Wenn die Darstellung des Basreliefs nun auf so mancherley Weise unvollständig und eingeengt ist, könnte man fragen, warum soll man es denn überhaupt cultiviren?“ Daraufhin spricht Schlegel vor allem dem antiken Relief zu, aufgrund seiner symbolischen Kraft zur hohen Kunst zu gehören. Vgl. KAV 1, S. 299–300.

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Gesichtspunkt der zwischen Sculptur und Mahlerei genommen ist. Im Großen wandte man es an für Zusammenstellungen menschlicher und thierischer Gestalten, z. B. Kampf der Centauren an den alten Gebäuden. An diesen gab es Flächen, die füglich so konnten benutzt werden. — Es gibt noch andre der Sculptur verwandte Kunstzweige. Der bedeutendste wäre St e i n s c h n e i d e k u n s t , bei den Alten schon in zwei Formen, der der Camäen und der der Gemmen Die letztern besonders führen noch auf einen andren Punkt. Bei Mahlerei fanden wir Kupferstiche und Lithographien. Kunst auf Vervielfältigung zwar ursprünglich gerichtet, aber doch auch eine eigenthümliche Kunst da das Kunstwerk ursprünglich auf diesem Stoff dargestellt werden kann. Etwas Analoges sind die Gemmen. Das ursprüngliche Kunstwerk ist freilich nicht das, was eigentlich gesehen werden will; nur insofern der Stoff fast durchsichtig ist, läßt sich an ihm das Kunstwerk erkennen; eigentlich aber ist es zu Abdrucken bestimmt, an denen erst das Kunstwerk erscheint, wie es eigentlich gesehen werden soll. Dieses Abdrucken ist aber ein mechanisches; und nicht dasselbe Verhältniß wie Kupferstecherkunst zur Mahlerei. Von allem also, was bloß auf Vervielfältigung geht, abstrahiren wir. Betrachten wir aber diese kleinen Producte, geschnittne Steine, gehört das noch in das Gebiet der Kunst? Aus der alten Zeit haben wir noch bedeutende Mengen solcher Steine, die den ganzen Charakter der Kunst in ihrer ganzen Geschichte an sich tragen, parallel der Entwicklung der Kunst. In neurer Zeit gab man sich viel damit ab, solche Kunstwerke als antike zu unterschieben; allein betrachtet man es genauer, so ist in jedem Fall diese ganze Kunst größtentheils Charakter des Mechanischen. | Hier ist nicht wie in Sculptur Unterschied zwischen Künstler und seinen mechanischen Organen, noch zwischen dem was er und was diese machen. Also muß er großen Theil seiner Zeit verwenden, sich diese Virtuosität zu erwerben. Fragt man nach der eigentlich künstlerischen Productivität dabei, so ist ebenso möglich, Nachbildungen von Kunstwerken, die im Großen existiren, als möglichst frei zu erfinden. Aber denkt man sich das Ganze als ein zusammengehöriges von großer Sculptur an durch das Relief bis zu diesen kleinern Werken so ist doch bei dem großen Verhältniß das die mechanische Production hier nimmt, die künstlerische Productivität doch da immer erscheinend als Nachbildung, da auch Erfindungen mehr aus Reminiszenzen aus der eigentlichen Kunst entstehen. Gehen wir von hier zum Nebenzweig der Sculptur welche v e g e t ab i l e F o r m e n darstellt, als reliefartige Verzierung im Innern der Gebäude, oder an Geräthen, so findet man da eine analoge Mischung von künstlerischer Production und mechanischer 8–9 Vgl. oben Stunde 85

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Virtuosität und dieses zeigt das Übergehen der Kunst in das Gebiet der mechanischen Gewerbe. Die Kunst in der neuern Zeit ist eigentlich erst da einheimisch, wo dieser Übergang mit ist; erst da ist die Kunst in einem gewissen Grade volksthümlich geworden. In den Werken der Griechen finden wir überall den Einfluß der künstlerischen Production auf mechanische Gewerbe. Alle Gefäße haben eine Form, die mit künstlerischen analog sind. Was wir Geschmack nennen ist Resultat der künstlerischen Production die sich über ihr Gebiet hinaus erweitert. Das ist überall nur im Zusammenhang mit einem in die größre Masse übergegangnen Kunstsinn. Sie besteht also in einem Grade von Ungleichheit, findet aber durch diesen Übergang eine Grundlage im gewöhnlichen Leben und Sinn für Kunst ist in das Gebiet des Mechanischen eingedrungen, was erst das allgemeine Leben des Kunstsinns in dem Volk ist. Allerdings läßt sich dieß in zwei verschiednen Formen denken. Im Griechischen Alterthum findet man eher die Spuren eines umgekehrten Ganges, den allgemeinen Kunstsinn als etwas ursprüngliches, i. e. das Unterscheidungsvermögen desjenigen in gegebnen Formen, was rein Resultat einer natürlichen bildenden Kraft zeigt, von dem was durch andre Einflüsse alterirt ist. Die eigentliche Kunst hebt sich aus diesem allmählig als eine gleichsam persönliche Verkörperung dieser allgemeinen Richtung in Einzelnen. In moderner Kunst eher der entgegengesetzte Weg, ursprünglich KunstAntheil von Wenigen, die sich erst geltend machen können zunächst bei den in andren Beziehungen Gebildeten, und erst allmählig geht dieses in das Allgemeine über. Doch finden wir sehr zeitig im mechanischen Gewerbe eine Richtung auf das Künstlerische, und immer muß man beides zusammenschauen, wo man die Anschauung von einem eigentlichen Kunstleben haben will. Wo nun die Richtung, das Künstlerische den mechanischen Thätigkeiten anzueignen schon in der mechanischen Thätigkeit ist, da ist Kunstsinn allgemein; wo dieser Einfluß erst geweckt wird durch beabsichtigte Impulse von der Kunst aus, da soll das allgemeine Kunstleben erst begründet werden. — |

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III Die Poesie

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Wenn wir vom Begriff der freien Productivität ausgehen, so ist es hier rein in der Sprache, aber dieses ist ein so weiter Ausdruck, daß es noch nährer Beschränkung bedarf. Bisher haben wir es zu thun gehabt mit dem was außerhalb des Menschen ohne ihn vorhanden ist, und freie Productivität schloß sich an an das, was ursprünglich als Recep-

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tivität existirt. Aber dieses Auffassen des Gegebnen in der Natur war nur möglich, weil dieselben Formen uns innerlich gegeben sind, die mit dem sinnlichen Eindruck im Bewußtseyn zusammentreffen und Eins werden. Der Geist in der menschlichen Seele ist ebenso Gestaltbildner in denselben Formen wie die Natur. Aber er kann sie nur produciren als Bilder, faßt die äußren Gegenstände im Zusammentreffen mit diesen auf. Auf das Auffassen wirkt also Äußres ein und die künstlerische Thätigkeit ist da gebunden, in der Kunst stellt sich die ganze Freiheit her. Das war die Grundlage der bildenden Kunst. In Poesie nun scheint das ganz zu fehlen, daß sich die künstlerische Production anschließt an etwas außer uns Gegebnem. Bei weitem die größten Productionen, ja die bedeutendsten Gattungen der Poesie, haben es gar nicht mit etwas Gegebnem zu thun, sondern mit dem, was durch den Menschen entsteht. Was mehr mit äußerlich Gegebnem sich abgibt, i. e. die beschreibende Poesie erscheint als Nebengattung. Für diese fänden wir leicht Anknüpfungspunkte an bildende Kunst. Wir sahen, daß die bildende Kunst ihre Gegenstände auch aus den Werken der Poesie nehmen kann, insofern diese darstellen, was in dem Menschen vor sich geht und durch ihn geschieht. Das galt auch von der Mimik. Insofern also die Poesie diese Beziehung hat auf jene beiden, könnten wir leicht ihren Ort auf umgekehrte Weise angeben, d. h. wie es Gemählde und mimische Darstellungen gibt, die sich auf poetische Darstellungen beziehen, so gäbe es dann auch poetische Productionen die sich auf Werke der bildenden Kunst oder mimische Darstellungen beziehen. Die Poesie kann sie ergreifen und weiter ausbilden. In Werken bildender Kunst ist ja sehr gewöhnlich sie andren zu beschreiben und das kann in künstlerische Production durch Sprache übergehen, i. e. Poesie werden. So läßt sich denken, daß dieses Gebiet der Poesie in einer Abhängigkeit von Mimik und bildender Kunst entsteht. Aber wollte man von da aus die ganze Poesie construiren, wie wäre das möglich? Es ließe sich geben, sobald man jene zwei Gebiete als schlechthin ursprünglich ansieht und die Poesie nur durch diese geweckt. Denke ich ein Drama als poetisches Kunstwerk gehe ich von Voraussetzung aus, der Dichter sehe zuerst die Gestalten in ihren Bewegungen, die er dann reden und handeln läßt, so ist dieser erste Act eine mimische Conception oder Reihe von solchen. Der Künstler aber modificirt sie nicht, sondern thut dann gleich das zweite. So läßt es sich erklären, aber dann ist der Künstler ursprünglich mimisch erregt, und wird nur Dichter, indem er die mimische Ausführung überspringt. Denke ich, er sehe die Gestalten erst in ihrer Reihe in verschiednen Momenten; da wäre sein Ausgangspunkt die Sculptur insofern diese rein die Gestalten sieht, er überspringe aber die Ausführung, die freilich keine Einheit haben würde, da Sculptur ein Drama nur in einzel-

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nen Theilen und Momenten darstellen könnte. So wäre der Dichter in erster Conception bildender Künstler überspränge die Ausführung, und stellte die Einheit dann dar in der Poesie. So kann man es in gewissem Sinn sagen, erklärt auch etwas damit, aber nicht die Kunst, weil man so die Einheit nicht findet, da der Dichter wenn er ursprünglich von Sculptur ausginge oder von mimischer Production[,] ginge von ganz andrer Einheit aus, als die Poesie dann darstellt. So entstehen nur untergeordnete Arten. Im Größern haben wir eine schon anerkannte Verwandtschaft zwischen Poesie und Mimik aufgestellt und dasselbe ist noch zur Musik zu sagen. Poetische Darstellungen von Werken der bildenden Kunst und Mimik angenommen, so kann man auch Werke der Musik poetisch darstellen, so daß eine Gegenseitigkeit dieser Künste statt findet. Das scheint eine gewöhnliche Classification der Poesie zu rechtfertigen. Die dramatische Poesie scheint die in Verbindung | mit Mimik; epische Poesie dann in Verbindung mit der bildenden Kunst; Lyrische Poesie dann in Verbindung mit der Musik. Wäre also diese Eintheilung der Poesie der Grundtypus ihrer Verzweigung, so wäre [dieß] wahrscheinlich der Schlüssel des Specifischen in dieser Beziehung zu den andren Künsten. Freilich ist [es] mißlich über Classification zu reden, ehe das Wesen bestimmt ist, aber die Praxis geht der Theorie voraus, wir gruppieren uns die gegebnen Werke selbst und suchen die dazu gehörige Thätigkeit. Jene Classification geht durch das classische Alterthum durch als Hauptgattungen der Poesie, und alles andre erscheint als gar sehr untergeordnet und doch so, daß es immer auf die eine oder andre Weise unter eine dieser Gattungen subsumirt wird. Aber wir gründen unsre Betrachtung nicht ausschließlich auf das classische Alterthum, sonst könnten wir ein Nationelles für das Allgemeine aufstellen. Hat denn jene Theilung ihren Werth in der modernen Poesie? (die orientalische einstweilen beseitigt) Offenbar hat sie da nicht denselben Werth wie im Alterthum. Bei uns ist dramatische Poesie nicht so an mimische Darstellung gebunden, wie bei den Alten, wo dramatische Gedichte nur für die mimische Darstellung gedichtet wurden, die der Dichter zugleich leitete. In der modernen Poesie kommen hingegen viele Drama’s, die gar nicht einmahl für mimische Darstellung berechnet sind, sondern für diese erst müssen modificirt werden. Die Lyrische Poesie war bei den Alten auch so, daß Dichtung und Composition zusammen gehörten, in moderner Kunst ganz anfangs auch, so lange es reine Nachahmung der Alten war; jetzt ist beides so getrennt, daß die Musiker oft klagen, daß die Dichter gar nicht die Bedingungen der musikalischen Composition im 29 Gemeint ist das vorübergehende Ausklammern der orientalischen Poesie, insofern in ihr keine Abspaltung von der Philosophie stattgefunden hat.

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Auge hätten. Die epische Poesie ist in moderner Kunst gewißermaßen auseinandergegangen, ist nicht so bestimmt Eins und nicht so bestimmt von den andern Gattungen gesondert, wie in antiker Kunst. Das zeigen die Übergänge, die es in der modernen Kunst gibt zwischen diesen beiden. Einmahl hat die moderne epische Poesie schon ganz andre Art von Einheit, die viel größre Verwandtschaft mit der dramatischen hat. Ebenso hat die dramatische Poesie in moderner Kunst starke Hinneigung zum Epischen, z. B. die historischen Dramen Schakespeares, die noch unter sich eine Reihe bilden; da wäre die Differenz zwischen dieser und der epischen Poesie nur in der äußren Form, die leicht in erzählende zu verwandeln wäre. Dazu kommt, daß wir schwer die Grenze ziehen können zwischen Gedichten, die wir zur epischen Poesie rechnen und die das äußre Sylbenmaß haben, und zwischen solchen, die ohne das letztre auftreten. Denn im Metrischen ist Differenz zwischen epischer und lyrischer Poesie gar nicht so fest wie bei den Alten; die Italienischen Stanzen sind in beiden; und auf alle Weise wollen diese zwei Arten sich vermischen. So werden wir wieder irre an der eigenthümlichen Beschaffenheit, die die alte Poesie gibt. Die poetische Production muß eine ganz andre Einheit haben als jede der andren Künste. Also ist hier etwas in Betrachtung zu ziehen, aber nicht so, daß man sich daran halten kann, um das eigenthümliche Wesen der Poesie daraus zu constituiren. Was ist denn die eig e n t h ü m li c h e P r o d u c t i vi t ät d e r P o e s ie? Wir recapituliren wie wir in den andern Gebieten zu Werke gingen. Freie Productivität die aus dem Zusammenhang mit dem gebundnen Charakter der Auffaßung sich löst, ist das Allgemeine. Die Production in mimischer und musikalischer Kunst war die Bewegung die sich als das Äußre zu innren Zuständen zeigte, die als Reaction von äußerlichen Einflüssen im täglichen Leben ausgehen, in der Kunst aber davon entbunden werden, also diese Function durch Bewegung und Ton das Innre zu manifestiren sollen sie in Vollkommenheit darstellen. In bildender Kunst haben wir es zu thun mit der sinnlichen Vorstellung, wir sie als Bild ist. Die Auffassung ist hier bedingt durch die dem Geist einwohnenden Gestaltsysteme als Formen seiner Thätigkeit. Die Auffassung im Einzelnen ist bedingt durch die Gegenstände, die nicht reine Productionen der bildenden Kraft sind. Das soll die freie Darstellung rein darstellen. Da haben wir einerseits den durch einen innren Zustand des Selbstbewußtseyns bewegten Willen, der die freien Bewegungen hervorruft. In der bildenden Kunst war es die Thätigkeit wodurch der Geist hineingeht in das, was die Natur ihm für seine Sinne bietet. Womit hat es dann die Poesie zu thun, an und für sich betrachtet? Wir müssen zunächst | sagen: Alle poetische Kunstthätigkeit ist Th ä t i g k e i t i n d e r Sp r ac h e , die aber hier ein eigenthümliches Gebiet

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haben muß. Die Sprache führt auf Identität zwischen Denken und Rede, Denken in weiterm Sinn, doch so, daß das sinnliche Bild nicht mit begriffen ist, sondern nur alles was in das Gebiet der Vorstellung hineinfällt. Wir versuchen die bildende Kunst als freie Thätigkeit auf etwas zu beziehen, was ursprünglich als gebunden, als Auffaßung da ist. Auffaßung eines Gegebnen hat es mit der Wahrheit zu thun, wenn es Vorstellung betrifft, und da sind wir im Gebiet der Wissens c h a f t , denn Vorstellung und Auffassen in Form der Vorstellung muss auf einer bestimmten Stuffe der Allgemeinheit oder Besonderheit stehen und diese alle gehören wesentlich zusammen, und jede Vorstellung ist von diesem Zusammenhang abhängig, der nichts andres ist als die Wissenschaft dessen was ist. Hier können wir Analoges aufstellen wie in bildender Kunst. Wir beziehen die verschiednen Abstuffungen des Allgemeinen und Besondren auf die Naturgegenstände die wir auffassen (das menschliche Leben mit), sehen es also als dasselbe an, wie es in der Wirklichkeit gegeben ist, und wie es uns auf geistige Weise einwohnt, und an etwas zum Bewußtseyn gebracht werden will. Aber wollte man nun fort fahrend sagen, hier gilt es auch, die Vorstellung zu befreien, von dem was ihr Fremdes anhaftet, so kommen wir nicht in Kunst sondern bleiben in Wissenschaft. Davon ist die Poesie vollständig zu lösen, denn ihre Forderung ist eine ganz andre als diese Läuterung der ursprünglichen Auffassung im Bewußtseyn zur wissenschaftlichen Wahrheit. Sollen wir diese Analogie ganz aufgeben, weil sie nicht in Kunst führt, so ist zu sagen, die Poesie hat es mit der Sprache allerdings zu thun, aber nicht mit der Sprache insofern sie die äußre Hinstellung ist derjenigen geistigen Functionen die sich auf das wirkliche Sein beziehen. So trennen wir Thätigkeit der Poesie von der wissenschaftlichen, aber wir haben nur etwas Negatives aufgestellt. Ist denn die Sprache überall noch etwas andres als nur dieses, was wir nun einmahl ihren logischen Gehalt nennen wollen, im weitesten Umfang; denn das Alles ist Sache der Wissenschaft, und da gibt es eine analoge Ergänzung derjenigen Auffassung die durch eigentliche Erfahrung bedingt ist, durch eine freie Production des Geistes, die die Form des Seins an sich hinstellt, aber das ist nicht die Ergänzung der Kunst sondern eine andre Production. Was bleibt denn in der Sprache übrig, worin die Poesie ihr Wesen haben könnte? — Die Sprache wird ursprünglich eben so ein innerliches, wie in andren Künsten die ursprüngliche Production auch; äußerlich wird sie durch den Ton. Dieser hat ein Analogon mit dem musikalischen Element, und im Gebrauch der Sprache bekommen wir immer auch einen Eindruck von diesem musikalischen Element derselben. Allerdings ist uns da vieles indifferent, in Sprache des Geschäfts abstrahirt jeder von diesem musikalischen Element, das wir Wo h l k l an g nennen wollen. Aber es gibt

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Andres, wo wir eine Berücksichtigung dieses Elements wollen. Hier leuchtet schon eine Analogie entgegen mit der Kunst insofern sie sich auf den Ton als Element der Musik bezieht. Dieses musikalische Element der Sprache producirt sich immer mit, indem wir uns der Sprache zu irgend einem Behuf bedienen, tritt aber nicht in ihrem ganzen Wesen in der Sprache auf, weil diese Seite zurükgedrängt ist. Sehen wir die Sprache an sich als eine geistige Function an, so ist das der Anknüpfungspunkt. P o e s i e i s t d i e f re i g ew ordne Prod uctiv it ät i n B e zu g au f d as m u si k al i s c h e Elem ent der S pra che . Sprache soll in Poesie heraustreten, als eine Totalität von Wohlklang. Aber da wird gleich eingewandt: Ist denn der Innhalt etwas völlig gleichgültiges? Und das traut sich Niemand zu bejahen; dann aber haben wir mit dem jetzt Aufgestellten auch nicht das eigentliche Wesen der Poesie getroffen, sondern nur etwas, nicht Alles. Doch hält niemand ein Werk für poetisch, wo die Sprache keine Richtung hat auf den Wohlklang (worin das metrische noch gar nicht liegt). Wie steht es aber mit dem Innhalt? Gegenüber der Behandlung des Innhalts in der Wissenschaft ist in einem gewissen Sinn die Wahrheit des Innhalts für die Poesie gleichgültig, in einem andren Sinn nicht. Wenn wir diese Differenz finden, dann werden wir uns wohl zurechtfinden in Beziehung auf das Wesen der Poesie. Betrachten wir es einmahl an Beispielen von allgemeiner Art. Denke ich ein episches Gedicht und frage: Ist hier die Wahrheit des Innhalts als ein einmahl geschichtlich vorhanden und gefaßt gewesnes von Belang? Nein, wenn wir bei dem Einzelnen stehen bleiben, ist | die Wahrheit uns gleich, die Personen könnten völlig erdichtet sein; aber nur die Wahrheit des Einzelnen, denn so wie der Dichter nur Menschen aufführt, wie ich mir keine denken kann, so ist im Einzelnen nicht nur nicht die Wahrheit eines bestimmten Gegebnen (woraus ich mir nichts mache) aber auch nicht die Wahrheit der menschlichen Natur wenigstens nicht in der bestimmten Beziehung, in der er sie hinstellt. Vermisse ich diese Wahrheit, so hilft mir aller Wohlklang nichts, das eine hebt das andre auf. Ist die Wahrheit nun die Vollkommenheit des Gedichts als solche? Genau genommen ist sie nur Conditio sine qua non für die Gemeinschaft zwischen Dichter und dem der sein Werk sich aneignen soll, und deßwegen weil sie das Musikalische an der Sprache nicht auffassen können anders als an dem Innhalt, und kann man diesen nicht fassen, so wird man an jenem gestört. Weiter aber befaßt sie nichts, als daß die logische Wahrheit nothwendige Bedingung ist in einem weitern Sinn, sonst hätte man nur eine Art Musik[,] nicht eine Darstellung der Sprache. Wie ein Werk nicht poetisch ist, wo keine Richtung auf Wohlklang, so nicht, wo keine Richtung auf diese Wahrheit

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ist. Poesie ist nicht bloße Kunst des Wohlklangs, wo dann ein Innhalt bloß da wäre damit jener erscheine, auch ist nicht jede Richtung auf Wohlklang in der Sprache Poesie; sondern ich wollte nur die Poesie ganz lösen, insofern sie nur in der Sprache arbeitet, von der logischen Richtung, die dann vollkommen empirisch sein kann oder speculativ. Von beiden ist das poetische Element völlig zu lösen. Andrerseits wollte ich dadurch nur feststellen das eigentlich S pecif ische in p o e t i s c h er B e ge i s t e r u n g. Im Dichter muß best ä ndig die S pr a c h e l e b e n u n d z w ar i n i h r e r R i c h tun g a uf den Wohlkla ng . Nun aber gelöst von jener logischen Richtung, ist der Innhalt für die Poesie gleichgültig? Das sagt Niemand, aber jener logische Werth kann nicht der poetische sein des Innhalts, sondern dieser muß ein andrer sein. Wo kann er denn liegen im Gebiet der Sprache? In der Sprache kann man sondern jene logische und diese musikalische Richtung. Ist das eine ohne alles andre, so verletzt es; aber beides sind zwei differente Elemente, und die Sprachen selbst unterscheiden sich darin daß in der einen mehr dieses Element, in der andren das andre hervortritt. Die logische Seite betrachtend sagen wir: Es gibt kein Denken ohne Sprache, sobald es von sinnlichen Bildern gelöst auch nur die niedrigste Stufe des Denkens erreicht. So scheint, als ob dieses beides, die Sprache abstrahirt vom musikalischen und das Denken eins- und dasselbe sei. Richtig ist es, wenn wir es als Forderung aufstellen. Wenn man aber diese geistige Function in ihrer wirklichen Erscheinung betrachtet, so gibt es eine gewisse D if ferenz zw ischen G e da n k e n u n d A u s d ru c k , die noch etwas andres ist als die zwischen Denken und Musik. Dieser Ausdruck kann den Gedanken identisch in den Andern hinübertragen und das ist seine Vollkommenheit. Aber die meisten wirklichen Thätigkeiten in der Sprache nähern sich diesem nur. Liegt da eine Unvollkommenheit im Denken zu Grunde, oder bloß in der Sprache? Da werden Viele zweifelhaft sein, der Eine sagt, es kann vielleicht bloß im Mangel an Übung der Sprache liegen; der andre der von beider Identität ausgeht, sagt, wo Unvollkommenheit des Ausdrucks, da des Denkens. Diese Differenz beruht darauf, daß der eine die Identität voraussetzt, der Andre aber, es gebe in der Sprache eine Thätigkeit, die nicht zugleich Thätigkeit im Denken sei, also eine Übung in der Sprache, die bei derselben Vollkommenheit des Denkens größer oder geringer sein kann. Dieses söhnt die beiden verschiednen Meinungen aus. Worin liegt diese Übung? Da kommen wir auf das, was ich als specifische Begeisterung des Dichters dargestellt. Je mehr es in einem innerlich spricht, desto mehr wird er Meister der Sprache, und das [hat] mit seiner zunehmenden Thätigkeit im Denken nichts unmittelbar zu thun. Dieses was uns vorläufig als x erscheint, hat aber doch eine Beziehung auf das Denken; dann ist der

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der Sprache so Meister, daß er seine Gedanken unmittelbar in mich hinübertragen kann, während der Andre so wenig, daß ich sein Sprechen immer ergänzen muß. Das ist weder das musikalische noch das logische, letztres nicht, weil es sonst die größre oder geringre Unvollkommenheit im Denken sein müsste. Was ist denn dieses uns unbekannte Element, das wir aber in seinen Folgen erkennen? Jede Sprache ist Darlegung eines eigenthümlichen Complexes von Begriffen. Wie verhält sich denn die Sprache ihren Elementen nach zu dem Complex von Begriffen? Wir finden in allen Sprachen mehr oder weniger so zusammengehörende Ausdrücke, daß wir sie nicht | mehr auf einfache Weise an den Begriff heften, sondern die Differenz ihres logischen Innhalts erst erklärt werden muß. Es gibt nicht zwei Wörter in einer Sprache die völlig identischen Innhalt haben, aber im Begriff leuchtet diese Differenz nicht unmittelbar ein, sondern fordert Erklärung. So ist eine Differenz zwischen Denken und Sprechen, die rein in der Sprache selbst geworden ist. Hier ist der Gegenstand für eine Übung wodurch eine M e i s t e r s c h af t i n d e r Sp r a che entsteht, die größer oder geringer sein kann bei derselben Vollkommenheit im Denken. Doch habe ich x noch nicht zu einer bekannten Größe gemacht, sondern nur einen Ort aufgestellt wo sie sichtbar ist. Wenn wir diese, insofern sie in specifische poetische Begeisterung ausgehen soll, näher bestimmen wollen, so dürfen wir nicht beim abstrakten Begriff stehen bleiben, sondern die Function in ihren Verschiedenheiten anschauen, und sie anderwärts suchen. Da kommen wir auf die vorläufige Betrachtung zurük, mit der ich anfing; aber wir wollen es nun umgekehrt machen und fragen: Zugegeben das musikalische in Sprache sei dem Poetischen wesentlich, erschöpfe aber nicht die poetische Function, und die ganze logische Richtung an sich liege außerhalb der poetischen Thätigkeit: Was i s t e s , w as u n s die Poesie g ibt, a ußer de m Wo h l k l an g i n Sp rac h e ? Das vergegenwärtigen wir uns an einzelnen verschiednen Fällen. Denke ich ein Element eines epischen Gedichts, wo einzelne Personen in bestimmter Thätigkeit dargestellt werden; die eine erscheint mir vollkommner als die andre. Worin liegt die Differenz? Je mehr der Dichter mich nöthigt und in Stand setzt, mir von der Person ein vollständiges Bild zu machen, desto vollkommner ist mir seine Darstellung. Je weniger mir das gelingt, daß ich zwar genöthigt bin aber er setzt mich nicht in Stand, so ist seine Darstellung unvollkommen. Der Dichter hat nichts in seiner Gewalt als Wörter, die immer im Gegensatz des Allgemeinen und Besondren sind, aber es soll ein vollkommen einzeln Bestimmtes geben, d. h. etwas, das sich durch die Sprache so nicht geben läßt, weil sie immer im Allgemeinen 13 haben] hat

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versirt, aber durch die Art, wie er dieses in einander flicht, soll er es erreichen. Dem sehr nah kommt etwas von entgegengesetzter Natur, z. B. Beschreibung einer Pflanze in einem botanischen Handbuch. Da soll nicht ein bestimmtes Einzelnes gegeben werden sondern die Species, und freilich soll auch ein Bild hervorgerufen werden, aber nur ein so veränderliches Schema einer Gattung, das ich dann in unendlichen Exemplaren denken kann. Die Sprache, die Allgemeinheit ist, setzt mich in Stand, mir diesen Typus zu entwerfen, dann ist die Beschreibung vollkommen. Doch ist dieses rein das Gegentheil vom Poetischen. Weil die Beschreibung aus einem Aggregat von allgemeinen Ausdrücken besteht und nichts andres als ein Allgemeines beschrieben werden soll. Eine einzelne bestimmtre Pflanze kann so gar nicht beschrieben werden. Der Dichter nun soll nicht einen allgemeinen Typus geben, sondern die Wahrheit und völlige Bestimmtheit des Einzelnen und das hat er durch die Sprache zu leisten. Das ist nicht der logische Gehalt, auch nicht von seiner empirischen Seite, denn da kommt es auf Entsprechen eines Wirklichen an und würde Beschreibung. Der Dichter soll mich in Stand setzen, das Bild selbst innerlich zu construiren in seiner bestimmten Einzelheit. Was haben wir hier für ein Resultat? Eins von den verworfnen, eine Zurückführung der Poesie auf die bildende Kunst. Denn da bringt der Dichter mir ein Bild zur A ns c h a u u n g , i. e. eine B e s t i m m t he i t des Einz eln en. Dieses wird mehr p l a s ti s c h sein, wenn er die Gestalt im Einzelnen darstellt, mehr p i t t o r e s k , wenn es in Zusammensein besteht. Läßt sich das ganze Geschäft der Poesie unter diese eine Forderung aufstellen und ist ihr Wesen, daß sie überall durch M e i s t e r sch a ft in der S pra che Bild e r h e r v o r b r i n ge n w i l l ? Das ist nur die eine Seite. Was ist die andre? Da kommen wir ebenso auf Combination der Poesie mit der Musik, wie hier mit der bildenden Kunst. Die andre wesentliche Seite der Poesie ist die, daß sie bestimmte Momente als Gemüthsbewegungen oder Stimmungen hervorrufen soll, und das kann auch unmittelbar durch die Sprache gar nicht geleistet werden. Die Gemüthsbewegungen haben ihren natürlichen Ausdruck in Mimik und Musik aber dasselbe, was diese uns vergegenwärtigen soll nun durch die Sprache gegeben werden. Wo finden wir dazu einen Übergang? Er ist zweifach. Wir haben schon bei jenen Künsten gesehen, wie natürlich sie sich an die Poesie anhängen, weil sie an und für sich etwas unbestimmtes sind, das durch Heften an die Sprache an ein Bestimmtes kommt und von diesem einen Reflex anzieht, der das unbestimmte verschwinden macht. Auf der andern Seite aber wenn wir mehr auf die Gem ü t h s s t i m mu n g e n sehen, so manifestiren sie sich in der Art und 20 ?] .

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Weise der Combination der geistigen Functionen in ihren Momenten. | In der einen Stimmung nimmt das innre Vorstellen einen ganz andern Ton an, als in einer andren. Dieses innre Vorstellen ist schon ein innres Sprechen und das soll der Dichter zu seiner vollkommnen Klarheit und Bestimmtheit bringen, so daß indem ich diesen innren Proceß in seinem Werk anschaue, ich mir die Gemüthsstimmung so klar vergegenwärtige wie in einer Reihe von mimischen Bewegungen. Hier ist also ebenfalls etwas durch die Sprache auf indirecte Weise zu leisten, was sie geradezu gar nicht leisten kann; denn die Elemente der Sprache sind feststehend, das Wort bleibt sich immer gleich, so der einfache Satz. Also durch und an diesem Festen will hier das Wechselnde, Schwebende der Gemüthsstimmung dargestellt sein, dem sich die Sprache sc. widersetzt. Fassen wir beides zusammen, so sehen wir wie beides parallel liegt. Die Sprache ist nicht gemacht, das Einzelne zu geben, den D i c h t e r z w i n gt s i e d az u und da s ist s eine Meis t e r s c h a f t . Die Sprache kann das in sich wechselnde nicht darstellen, da sie fix ist, der Dichter zwingt sie dazu auf indirecte Weise und das ist seine Meisterschaft. Dieses hat seine Beziehung auf die innre Veränderlichkeit des Seins, jenes auf die bestimmte Vereinzelung; was beides außerhalb der Aufgabe der Sprache liegt. Beides durch die Sprache hervorzubringen, ist die Aufgabe des Dichters. Vom logischen Gehalt ist also nicht die Rede, auf den die Sprache ursprünglich eingerichtet ist. — Wenn nun Poesie wesentlich Richtung auf das Musikalische in der Sprache ist, so ist es nicht einerlei, woran dieser Wohlklang ist, sondern so wie er an logischem Gehalt ist, so ist es zwar dieselbe Kunst aber an einem andern, es ist nicht ihr eigenthümliches Gebiet. So die Beredsamkeit hat es mit logischem Gehalt zu thun; da aber Richtung auf das Musikalische ist, so ist das poetische Element daran, aber die Beredsamkeit [ist] nicht Poesie, sondern die Poesie ist hier an einem andern und zwar von der Poesie nur das, was an dem Andern sein kann sc. jene abgetrennte musikalische Richtung. Sind nun das zwei differente Elemente, Richtung auf Wohlklang und etwas zu leisten was die Sprache ursprünglich nicht kann in zweifacher Beziehung? Das ist nicht etwas zweifaches, sondern nothwendig zusammen, dieses die nothwendige Vermittlung für jenes. Das Musikalische ist derselben unendlich verwickelten vorschwebenden Mannigfaltigkeit fähig, weil es in lauter Übergängen besteht, und vermöge dieses Elements ist die Sprache fähig gebraucht zu werden als unmittelbare Darstellung jenes Veränderlichen im geistigen Sein, und so von der andern Seite. Also entsteht uns hier mit der Einheit der specifischen poetischen Begeisterung, daß das innre Sprechen des Dichters nur in dieser Duplicität ist; und mit der Sprache in logischer Beziehung hat er nichts zu thun, sondern sein innres Sprechen ist in dieser Duplicität

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wodurch entweder die reine Objectivität oder die reine Subjectivität vergegenwärtigt wird. Das ist das Gebiet seines innren Sprechens und in dieser Duplicität gehen alle poetischen Zweige auf, und mit der Einheit der specifischen Begeisterung wird uns diese Duplicität, O bj e c t i v i tä t, i. e. p l as t i s c h e P o e s i e und S ubjectiv it ä t , i. e. music a li s c h e P o e si e . Vor dieser treten alle andern Theilungen zurück, jenes epische und dramatische, dieses die lyrische. Also [ist] Dichtkunst freie Productivität der Sprache nicht nur als Wohlklang sondern auch als Ausdruck nach den zwei Enden hin, die sich am meisten vom logischen Gehalt entfernen, nach Darstellung der Gemüthsstimmung und Bewegung und der Bestimmtheit des Einzelnen. Die Sprache constituirt das Eigenthümliche des Menschen in Zusammenhang mit den geistigen Functionen nicht nur auf Seite des Denkens, sondern auch der Willensthätigkeit, die in ihren größten Erweisungen nur vermittelt ist durch die Sprache (Impuls den ein Einzelner einer Menge geben kann). Betrachten wir die Grenze, von der wir ausgingen, daß uns sc. die Sprache im logischen Gebiet nie das Einzelne gibt, sondern gegen dieses schlechthin irrational ist, also auch nicht das Innre geben kann, insofern es sich in der Bestimmtheit eines einzelnen Moments darstellt. Die Poesie wäre also eine Erweiterung, neue Schöpfung in der Sprache, da sie über das logische Gebiet hinausgeht; so verhält es sich aber nicht, sondern die Möglichkeit dazu wohnt der Sprache ursprünglich ein, zeigt sich aber nur am Poetischen, sei dieses rein oder an einem Andern. Denke ich, was ich erfahre bei einem Dichtwerk, das ausschließend auf der einen Seite ist, so erscheint es um so vollkommner als Kunstwerk einerseits auf objectiver Seite, je mehr die Gestalten ein wirkliches, einzelnes Leben gewinnen als Bild, und andrerseits auf subjectiver Seite durch musicalische Poesie ebenso lebhaft innerlich erregt werde zu einem solchen innren Zustand, aus dem ich das was der Dichter sagt hervorgegangen denke, nur um so viel verständlicher als in Musik, als Wort über diese. So ist die Poesie die Vollendung und Culmination des eigenthümlichen Lebens, wie es an der Sprache hängt. Nur Ein Bedenken entsteht. | Ich stellte Gegensatz zwischen logischen und poetischen Gehalt der Sprache. Verstehen wir unter jenem logischen den weitesten Sinn, nicht nur die Abstraction, so wird die Wissenschaft, auch die der Principien[,] durch den logischen Gehalt der Sprache. Ist dieser nun ein Gegensatz zur poetischen Richtung: so müßte ebenso ein Gegensatz sein zwischen Wissenschaft und Poesie. Nehmen wir die einzelnen Wissenschaften, so gab es von jenen her poetische Product ionen, L e h r g e d i c h t genannt, die den Gegensatz aufzuheben scheinen, da sie wissenschaftliche Gegenstände poetisch behandeln. Das ist das eine Bedenken. Aber betrachten wir die Wissenschaft der Principien,

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die Philosophie, so zeigt die Geschichte, daß die ersten philosophischen Productionen im ganzen Gebiet, auf dem unsre Bildung ruht, poetisch war in Form und Gehalt. Auch das scheint den Gegensatz aufzuheben, aber das ist nur noch ein Weniges. Gehen wir über unser Gebiet hinaus, so sehen wir in orientalischer Entwicklung den G eg e n s a t z z wi s c h e n P o e s i e u n d P h i l o so phie g a r nicht : es gibt keine Poesie die nicht philosophisch wäre, und keine Philosophie, die nicht poetisch. Poesie hat symbolischen Charakter, und die Philosophie stellt sich nur in dieser Form heraus. Es könnte also scheinen, als wäre der relative Gegensatz nur an den äußersten Enden. Wie haben wir das Verhältniß jener Entwicklung zu dieser anzusehen? Die abendländische Entwicklung ist diejenige die eigentlich allein eine Geschichte hat, und da erscheint uns jene Vermischung nur als der Anfang. Wo ist beider Vollendung? Nur da, wo sich der relative Gegensatz zwischen beiden vollkommen entwickelt hat. Dieses gegen jenes stellend, erkennen wir darin, daß dort beides ineinander blieb, nur die orientalische Stabilität, Mangel an geschichtlicher Bewegung; daher eine Reihe Generationen immer an frühren Productionen zehren muß und keine eigne hat. Von jenem Bedenken bleibt also nur übrig, daß wir nur daran ein Hinderniß haben, uns den Gegensatz nicht als absolut zu denken, was auch gar nicht in unsrer Anlage war; sondern wir kommen nur dazu, um f ür die specul a t iv e und p o e t i s c h e S p r ac h e e i n e ge m e i ns am e F ormel aufzustellen. Jede sp e c u l a t i v e T h ät i gk e i t ist offenbar auch nichts andres als freie P r o d u c t i v i t ä t i n d e r Sp rac h e . Entsteht in einem Einzelwesen ein philosophisches System, so ist es nur ein Entstehendes Eigenthümliches, als es freie Productivität ist im Einzelwesen, also so gut wie das Poetische freie Productivität in der Sprache. Aber nun ist gleich zu sagen, die speculative hält den logischen Gehalt fest, die poetische aber hält das in der Sprache fest, was Ausdruck ist, i. e. Darstellung der einzelnen Bestimmtheit. Wollen wir dieses auf eine noch bestimmtre Terminologie reduciren so müssen wir uns halten an etwas außerhalb der Sprache, nur die Endpunkte als Annäherungen zu erkennen. Die Richtung auf das Poetische führte auf das Bild, und wollen wir Poesie von Philosophie unterscheiden so müssen wir uns zunächst an die objective Seite der Poesie halten. Dieses ist die sinnl iche Vors t e l l u n g außerhalb der Sprache, wogegen diese irrational ist. Auf der andern Seite ist etwas Ähnliches in dem was sinnlicher Ausdruck der einzelnen Anschauung ist der reinen Identität des Einzelwesens mit der Totalität, d. i. das M at h e m at i s c he, denke ich es als Formel oder Figur, i. e. discrete oder concrete Größe. Auch dagegen ist die 11 ?] .

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Sprache irrational, da sie was dort Eins ist nur wiedergeben kann auf zusammengesetzte Weise. D a s Sp e c u l a t iv e ist a lso die A nnä h er u n g d e r Sp r ac h e an d i e m at h e m a tische F ormel, da s Poet is c h e d i e A n n äh e ru n g d e r Sp r ac he a n da s Bild. Die vollkommne Ausbildung der einen Richtung ist die Philosophie insofern sie zugleich Allem, was Wissenschaft ist, den Typus gibt, und die andre vollkommne Ausbildung ist die Poesie in beständiger Formung von Productionen. Die Poesie will immer neu sein, und neu bleiben, und besteht nur in immer variirender Productivität; die Philosophie aber will sich geltend machen und fixiren. — Was noch mangelhaft ist, ergänzt uns die Frage, ob in dieser Duplicität der mus ika lis c h e n u n d b i l de n d e n P o e s i e w i r kl ich da s g a nze G ebiet der poetischen Functionen gegeben ist: Wenn wir diese Duplicität zuerst auf eine allgemeine Weise, i. e. wie wir jetzt in Theorien sind in wissenschaftlicher Richtung nach der Formel hin betrachten in ihrem eigentlichen Innhalt: so ist das eine, wenn wir dabei stehen bleiben, daß wir es überall mit dem Einzelnen zu thun haben, die Gemüthsbewegung oder Stimmung ein schlechthin Einzelnes, ein momentaner Ausdruck einer Stimmung eines ganzen einzelnen Lebens im bestimmten Fall; und so ist auch das Bild ein schlechthin einzelnes Bestimmtes. Wa s d i e P o e s i e d ar z u s t e l l e n h at , ist a lso seine r F orm na ch d a s E i n z el n e . Die beiden Seiten verhalten sich also wie die Richtung auf die Außenwelt, die im Moment nur das Einzelne suchen und finden kann, i. e. Wahrnehmung; das andre ist die Richtung nach Innen, also auf das S e l b s t b e w u ß ts e yn aber ebenso in der Einzelheit des Moments. Ist dieses Einzelne der Ausdruck des Ganzen Lebens, so des ganzen menschlichen Geistes, wie er sich | im Individuum abspiegelt und zugleich die Totalität in sich trägt. Ebenso da die Richtung nach Außen ein Einzelnes geben will oder eine Zusammenstellung von Einzelnen, die aber wieder ein Einzelnes werden muß (als den einzelnen Moment darstellend). Aber indem auch unsre auffassende Thätigkeit nur deßwegen ist, weil die Gesamtheit der Formen des Geistes dem Menschen auf geistige Weise einwohnt, und es ist nichts andres als die constante Production dieses inwohnenden Geistigen im bestimmten Bewußtseyn im Zusammentreffen mit dem äußerlich Gegebnen. Setzen wir dieses als eine Totalität, so trägt das Einzelne, so wie es durch freie bildende Thätigkeit entsteht die Totalität in sich. Das eine ist die To t a l i t ä t d e s G e i s t i ge n f ü r s i c h im Einzelnen a uf g ef a sst , das andre die To t al i t ät d e r B e z i e h ung en des G eistig en a uf d a s L e i b li c h e e b e n f al l s i m E i n ze lnen aufgefaßt. So scheiden wir beide Seiten auf das bestimmteste, und jede vollkommne poetische Production auf der einen oder andren Seite ist gleich der Totalität in der Wissenschaft, weil sie in dem Einzelnen die Totalität in sich

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schließt. Kann die Poesie in der Sprache nur in Form des Einzelnen produciren und nicht unter Form des Gegensatzes zwischen Allgemeinheit und Besonderheit wie die Wissenschaft, so ist nichts außerhalb jener zwei Richtungen denkbar, was die Poesie produciren könnte, und sowohl was am meisten der Wirklichkeit nahe ist, oder was ihr am fernsten (als phantastisch) muß doch unter diese zwei subsumirt werden können. Aber hält sich diese Duplicität in der wirklichen Erscheinung der Poesie wirklich so auseinander? Da kann man nichts andres verlangen als was überall ist, daß sc. die Erscheinung immer irrational bleibt gegen die Construction, weil sie, was diese als Gegensatz aufstellt, immer durch Übergänge vermittelt. Also werden wir hier wie überall verfahren müssen, wo wir das Gegebne subsumiren. Das Einzelne subsumirt sich unter eine Theorie immer nur unter einer zwischen beiden Richtungen liegenden Form, sc. der G ruppir u n g des Verwandten und [der] relativen Trennung desselben von andrem, aber so daß solche Gruppen immer durch Übergänge vermittelt bleiben. Fassen wir diese Vermittlung gleich an ein paar bestimmten Punkten ins Auge. Halten wir an unsrer Duplicität die alte Triplicität, so füllt das lyrische allein unsre musikalische Seite, das epische und dramatische aber zusammen die bildliche Poesie. Vergegenwärtigen wir uns Pindars Poesie, etwa die griechische Pythische Ode des Argonautenzuges. Das ist ein Gegenstand der ganz episch erscheint, hier ist er lyrisch behandelt. Da haben wir also einen Übergang, Form ist von der einen, Stoff von der andern Seite. Nehmen wir aus der modernen Poesie die verschiednen benannten Gattungen Romanze, Ballade, wohin gehört das? Es ist ein erzählender Stoff, [es] treten Gestalten auf in bestimmten Handlungen. Das gehört also nach der bildlichen Poesie hin. Aber einmahl hat jedes solches Gedicht Richtung auf musikalische Begleitung und will also auf die musikalische Seite, was sich auch in der strophischen Form kund gibt. Auch da ist also ein Übergang. Wie beurtheilen wir es? In beiden Fällen ist der Stoff der Form ganz und gar untergeordnet; diese Pindarsche Ode ist vollkommen lyrisch, so unsre Romanzen und Balladen. Wie weit geht diese Unterscheidung? Kann man sie bloß im Ganzen festhalten? Vielmehr findet man sie in jedem Element. Wäre in einer Ode ein einziger Satz, der geradezu in einem epischen Argonautenzug stehen könnte, so wäre es völlig verfehlt, aber der Charakter der musikalischen Poesie geht eben durch alles Einzelne hindurch, was jeder wahrnimmt, wenn man es analysirt. Also auch nicht in einem einzelnen Satze darf in Ode eine Ähnlichkeit sein mit dem Epischen. Umgekehrt ist doch im Epos auch etwa Stimmung und Gemüthsbewegung dargestellt, 21–22 Vgl. die Sachanmerkung zu S. 514,14–15

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dem Stoff nach also lyrisch; aber die Darstellung darf durch es nicht Ähnlichkeit haben mit einem Lyrischen Satz, sondern das Epische muß rein durchgehen. Der Unterschied besteht nur darin, daß die bestimmten Charaktere bis in die einzelnen Elemente hinein vollkommen durchgebildet sind. Unvollkommen wäre, wenn einer im Epischen die Figuren vergäße und in Identität der Gemüthsbewegung versetzt würde, bis in ihr Innres soll er sie durchschauen. Im Lyrischen aber ist auch nie Absicht, daß die einzelnen Figuren so gesehen werden, sondern nur die Thatsache in der Richtung die sie auf das innre Wesen der Lyrik haben kann (was bei unsrer lyrischen Poesie weniger einleuchtet). Die äußre Sprachbehandlung in gebundner und freier Thätigkeit im Verhältniß zu der poetischen und andren ist zu betrachten. Factisch stellt sich der Gebrauch der gebundnen Rede oder des S y lbenma ßes auch nicht selten außerhalb der poetischen Thätigkeit. Viele alte Epigramme sind wirklich nur Innschriften und gar nichts von freier Productivität und doch in bestimmtem Sylbenmaß. | Bei andren Gegenständen ist das Sylbenmaß nur als Erleicht erung f ür da s G e d ä c h t n i ß . Von der andern Seite finden wir Werke von poetischer Thätigkeit und doch nicht in gebundner Rede. Das ist im Alterthum freilich selten; die prosaischen Mythologen sind keineswegs in Einer Reihe mit Hesiod, sie sammeln Notizen auf gelehrte Weise; und ungeachtet der Gegenstand ein poetisches Product ist, so doch diese Schriften nicht. Aber die sogenannten Milesischen Fabeln sind Erzählungen von poetischer Tendenz aber in Prosa. In neurer Litteratur ist das Gebiet der Gedichte ohne Sylbenmaß groß. Viele dramatischen 4 bis in] durch 21–24 Im Gegensatz etwa zur „Theogonie“ von Hesiod folgen die verschiedenen, meist in kompendiarischen Sammlungen überlieferten, nordischen Mythologien (etwa der „Edda“) nur selten metrischen Regeln und sind meist in Prosa verfasst. Eine Ausnahme bilden die metrisch gestalteten Lieder und Gedichte des Codex Regius der „Lieder-Edda“ (um 1270), die jedoch weitaus kürzere Versmaße aufweisen als die griechischen Hexameter. 24–25 Gottsched nennt die „milesische Fabel“ in seinem „Versuch einer kritischen Dichtkunst“ (1730) auch „verliebte Fabel“, in der es dem Verfasser primär um die Liebe und das Lesevergnügen gehe. Er führt sie auf die erotischen Geschichten des hellenistischen Schriftstellers Aristeides von Milet (um 100 v. Chr.) zurück. Ferner erwähnt er die mitunter als eine Frühform des Romans angesehenen „Metamorphosen“ des antiken Schriftstellers Apuleius, die in prosaischer Form verfasst sind. Vgl. Johann Christoph Gottsched: Versuch einer critischen Dichtkunst vor die Deutschen, Leipzig 1751, 4. sehr vermehrte Auflage, S. 505–529 (ders.: Ausgewählte Werke, hg. v. Joachim Birke und P. M. Mitchell, 12 Bde. (Bd. 6,2), Berlin New York, 1968–1987, S. 452–476).

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Werke, die sogenannte Romanlitteratur, die moderne Idylle sind offenbar poetische Thätigkeit aber in ungebundner Rede, wenn sie gleich als solche einen eigenthümlichen Charakter hat. Also ein Hinüberschweifen des Sylbenmaßes in ein andres Gebiet, und andrerseits ein Hinüberschweifen der Prosa in ein andres Gebiet. Also ist die Verbindung nicht eine nothwendige zwischen poetischer Thätigkeit und Sylbenmaaß. Ja es läßt sich, von Sachkennern freilich nicht zugegeben, noch etwas sagen: Wenn wir Sylbenmaß denken, so nicht bloß bestimmten Gegensatz zwischen Länge und Kürze in bestimmten Verhältnissen, sondern auch eine frühre oder späthre Wiederkehr derselben Verhältnisse. Im Epos geht der Hexameter fort, in Lyrik Strophen; doch auch Gattungen, wo das Sylbenmaß nicht wiederkehrt wie die dithyrambische Poesie. Weil wir es zu verbinden pflegen, so erscheint es schon als Annäherung an Prosa, weil die Wiederkehr fehlt. Aber von höhrem Standpunkt sieht man nur auf den Gegensatz der gebundnen und ungebundnen Rede und sieht dithyrambischen Rhythmus so gut für poetisches Versmaß an. Also ist die Vorstellung von dem Gegensatz nicht dieselbe. In moderner Litteratur gibt es auch Verse ohne strophische Wiederkehr selbst bei Göthe, Schiller, Klopstock; aber immer suchen wir die Strophe doch und finden sie nicht. Bei den Alten trat dieses Element nicht auf so bestimmte Weise hervor. Wie steht es also um Verbindung der innren Poesie und des Sylbenmaßes? Geraume Zeit wußte unser Drama gar nichts vom Sylbenmaß und fand es vielmehr unnatürlich; erst später kehrte man zurück zu dem, was freilich ursprünglich auch gewesen. Also eine Poesie wo man nicht Sylbenmaß wollte; während es keine prosaische Gattung gibt, die das Sylbenmaß fordert. So erscheint der Einfluß der ungebundnen Rede größer als der der gebundnen. Im Alterthum gab es eine bedeutende Periode, wo Alles was f ü r d a s Ö f fe n t l i c he bestimmt war durchaus des Sylbenmaaßes nicht entbehren konnte. Worauf kann das beruht haben? Es schlöße sich leicht an jene Hülfe für das G edä cht niß an. Wenn längre Gedankenverbände ohne schriftliche Vervielfältigung 16 sieht] hält

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1 Zusatz ÄLo: „[W]enn wir die modernen Idyllen betrachten, wie sie Geßner und andere behandelt haben.“ Schleiermacher könnte hierbei somit an den Schweizer Idyllendichter Gessner gedacht haben. Vgl. Salomon Gessner: Idyllen, Zürich 1756. Er könnte aber auch Friedrich Schlegels „Idylle über den Müßiggang“ aus „Lucinde“ (1799) im Auge gehabt haben, die er 1800 in „Vertraute Briefe über Friedrich Schlegels Lucinde“ rezensiert hatte (vgl. KGA I/3, S. 139–216). 18–19 Bei Klopstock könnte Schleiermacher an die „Oden“ (1771) gedacht haben, bei denen dieser sich reimloser Strophenformen bediente; auch Goethes „Prometheus“ (1774) kommt ohne ein streng metrisches Reim- und Strophenschema aus.

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sollten verbreitet und erhalten werden, so geschah es viel leichter im Sylbenmaaß in ursprünglicher Reinheit zu bleiben, als in leichter variirender Prosa. Aber der Ursprung des Sylbenmaßes ist das nicht; sonst wären die Schauspieler und das dramatische Gebiet vollkommner, wenn es einmahl dieser Hülfe des Sylbenmaßes nicht mehr bedürfte. Das ist also nicht der eigentliche Ursprung. Wir nehmen ein andres Element dazu. Wenn wir von m u s i k al ischer Poesie ausgehen, wo die größte Entwicklung des Sylbenmaßes ist, so war hier das ursprüngliche immer die Verbindung der Poesie mit der Musik; die Musik kann nicht existiren ohne bestimmten Tact (nur als Ausnahme von bestimmtrer Bedeutung kann das sein, [ein Verschwimmen der Musik in einer tactlosen Tonfolge kann nur etwas einzelnes und Ausnahme sein.]). Der besteht im bestimmten Gegensatz der Länge und Kürze, oder [in] von einander als aliquote Theile aufnehmenden Zeittheilen. Soll Gesang für die Rede aufgenommen werden, so tritt für diesen das Sylbenmaß ein. Da hätten wir den Ursprung, und dieser schließt die strophische Wiederkehr nicht ein. Aber denken wir an epische Poesie und die Dialoge im Drama, so ist da Poesie nicht mit Musik verbunden. Im alten Drama sind nur die Chöre unentbehrlich und gehören wesentlich der Poesie an und konnten nur so vorgetragen werden. Wäre der Dialog reine Prosa, so wären diese zwei Theile zu schroff entgegengesetzt in demselben Werke, und daher habe sich das Sylbenmaß in den Dialog hinübergepflanzt. Dieses scheint um so angemeßner, als wir von einer Gattung sc. den Mimen Notizen haben, eine andre Art Drama, wo Gesang und Chor fehlt und auch für den Dialog das Sylbenmaß nicht eintrat. Wie erklären wir das Sylbenmaß für die epische Poesie? Wollte man sagen: Auch der mündliche Vortrag erreicht leichter eine sichre Bestimmtheit und wird leichter für eine Masse und große Entfernung vernehmlich durch das Sylbenmaaß, so daß es nicht nur für Gedächtniß sondern auch für das Gehör Erleichterung ist, so wäre auch das ein bloß äußrer Grund; und warum zeigt sich nichts so beim öffentlichen Redner, der einer noch größren Masse sich verständlich machte? Da ist freilich der wesentliche Unterschied, daß man voraussetzte, der Redner producire seine Rede augenbliklich, wenigstens der Form nach. Müssen wir da für das | einen andren als jenen äußren Grund für das Sylbenmaaß im Epos suchen, so wohl für Sylbenmaß überhaupt, und die Verbindung der Poesie mit der Musik kann wenigstens nicht der einzige Grund sein für das Sylbenmaaß. Gibt es einen innren Zusammenhang vermöge dessen alle diejenigen Thätigkeiten in der Sprache die nicht von freier Production wie die Poesie ausgehen, also die wissenschaftliche 4 wären] hätten

11–13 ein … sein.] ergänzt nach ÄLo

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und gesellige in Form der ungebundnen Rede verlaufen und warum die freie Productivität die gebundne Rede sucht? Wollen wir uns auf den rechten Standpunkt stellen, so müßen wir uns über den Gegensatz stellen. Gibt es denn in der Sprache etwas was über dem Gegensatz zwischen Poesie und Prosa steht? Das führt auf die Aufgabe diesen Gegensatz durch Übergänge zu vermitteln, so daß wir eine Reihe mit bestimmten äußersten Endpunkten erhalten. Diese Reihe würde über dem Gegensatz stehen, aber ihn in sich schließen, so wie wir bestimmte entfernte Punkte vergleichen. Das Gemeinschaftliche ist, daß die Sprache aus articulirten Tönen besteht, Selbstlauten und Mitlauten, woraus die Zusammensetzung der Sylben entsteht. Betrachten wir wie es für das Ohr heraustritt, so kann man als Äußerstes denken eine solche Tonlosigkeit, vermöge der eine Sylbe von der andren gar nicht different ist. Die gän z l i c h e A c c e n t l o s i gk eit und G leichheit a lle r S y l b e n a l s Q u an t u m w är e e i n E x trem und da kommen wir auf eine Unangemeßenheit der Sprache sowohl für logischen als geschäftlichen Gehalt. Denn in Gedankenverbindung gibt es immer einen Gegensatz zwischen Haupt- und Nebenpunkten. Berücksichtigt der Vortrag der Rede dieses nicht so ist Disharmonie zwischen dem Innern i. e. Gedanken und dem Äußern i. e. Ton. Dieses kann keiner einzigen Thätigkeit in der Sprache angemessen sein, da verschwindet also jeder Gegensatz von Prosa und Poesie. Denke ich in dieses Chaos irgend eine Sonderung und Gliederung hineintreten, so tritt die Sprache in G e g e n s at z vo n A c c e n t u n d A ccentlosig keit , also von Arsis und Thesis, und das finde ich im einzelnen Wort als Unterschied zwischen dem Kern und dem Zufälligen am Wort, und auch im Satz. Diese Differenz schließt sich unmittelbar an die logische Construction der Sprache[,] an diejenige die sich auf den Satz bezieht: Das ist keineswegs bloß die ungebundne Rede, sondern ich sage nur, daß sie nichts in sich trägt als die Beziehung auf die Natur des Satzes. Betrachte ich das Sylbenmaß so finde ich im G eg ensa t z zwischen Lä n g e u n d Kü r z e und der Art wie die Füße hervortreten eine Opposition gegen jene rein logisch bestimmte Differenz; denn wo das Sylbenmaß vollständig entwickelt hervortritt, nimmt es gar keine Notiz vom logischen Innhalt. [Eine] Sylbe die bloße Endung oder Vorsatzsylbe ist, kann so gut Länge sein als ein Stamm, und der Stamm kann so gut eine Kürze sein wie die Endungen. Da waltet also ein andres Princip ob. Wie kommt dieses in die Rede? Ist es zu erklären als eine Steigerung von gänzlicher Tonlosigkeit durch den Accent hindurch zum eigentlichen Sylbenmaß? Genaure Betrachtung wird dieses verneinen und sagen da ein Gegensatz zwischen beiden ist, so läßt es 1 verlaufen] verläuft

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sich nicht so als Gegensatz erklären. Verhält sich in dieser Beziehung das Sylbenmaß überall gleich, ist das vollkommen allgemein, daß Entwicklung des Sylbenmaßes einen Gegensatz bildet zur Entwicklung des Accents und Rhythmus als eines logischen und grammatischen? So wie wir eine Differenz zugeben und sagen, es ist möglich, daß in verschiednen Sprachen dieses Verhältniß nicht dasselbe ist, so wird dieses auf das Gebiet der gebundnen und ungebundnen Rede einen Einfluß haben. Wo das Sylbenmaß in seiner vollkommnen Entwicklung einen solchen Gegensatz bildet gegen logische und grammatische Gliederung, da ist, insofern der ursprüngliche Ort das Sylbenmaß des poetisch Thätigen ist, ein viel geringres Hinübergreifen der Prosa in die Poesie; wo aber das Sylbenmaß eine gewisse Schonung hat gegen die logische Differenz: da ist mehr dieses Hinübergreifen. Unsre germanischen Sprachen treten in dieses Verhältniß zu der antiken; bei uns kann sich das Sylbenmaß nicht in diesen Gegensatz zum logischen Gehalt stellen; daher uns das Lesen antiker Verse genirt, weil wir durch Betonung immer die Sylben zu verlängern befürchten. Das erklärt diesen Umstand, vorausgesetzt daß der eigentliche Ort des Sylbenmaßes in der Poesie ist. Kann man das sagen bloß von musikalischer Poesie oder von der Poesie überhaupt? In der Theorie der Poesie war von jeher viel Präsumtion. Von unsrem Standpunkt aus der Kunst als freier Productivität kann man nicht sagen, die Theorie gehe voran, sondern folgt erst aus der Praxis. Davon war Aristoteles ganz durchdrungen; er hat nie der Kunst Gesetze geben wollen, sondern aus den Werken der Meister ihre Methode construirt um allgemeine Festsetzungen zu machen. Nie wäre ihm eingefallen es über die Griechische Sprache auszudehnen, und will man seine Theorie allgemein machen, so mißkennt man ihren Sinn. Die Poesie ist überall | auf eigenthümliche Weise. Die Lateinische Poesie war freilich Nachahmung der Griechischen, da bei den Römern diese Functionen zurüktraten bei ihrem ganzen [öffentlichen] Leben. Im Orientalischen aber finden wir überall die Ursprünglichkeit und Eigenthümlichkeit. Sehen wir auf die moderne Poesie so hat freilich Kenntniß der alten Poesie nicht gefehlt, als sich die neue entwickelte, aber jenes übte auf die Eigenthümlichkeit der freien Productivität keinen Einfluß. Allgemeines kann es also da wenig geben, sondern differencirte Eigenthümlichkeit für jede Sprache und [jedes] Volk. Ob der Reim sei oder nicht, ist Thorheit zu fragen, da einmahl eine Menge Völker sich seiner bedienen. Was haben wir nun von unsrem Element aus noch weiter zu thun, was können wir noch über die Entwicklung der Poesie sagen? Es kommt darauf an, den Gang, den 4 ?] .

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sie in einem Volke genommen durch ihre verschiednen Momente zu verstehen und das Schwierigste ist, wenn eine Poesie nicht rein eigenthümlich ist, sondern auch in Imitationen des Fremden hinüberschweift. Das erschwert die Behandlung der modernen Poesie aber nicht überall gleich. Die Franzosen haben hier und da die antiken Sylbenmaße nachgeahmt, aber das verschwand sogleich. Am schwierigsten ist die Deutsche Poesie. Wir haben eine alte Poesie die so gut als verschollen war, und es entsteht eine neue, die einerseits Imitation des Französischen später Englischen war und andrerseits Imitation des Antiken. Da ist es schwer den eigentlichen Gang zu zeichnen. Es hat seinen tiefen Grund in der Natur der Sprache und der ganzen volksthümlichen Anlage. Wir wollen von unsren festgestellten Elementen ausgehen. Den letzten Punkt haben wir schon in diesen nur auf Unbestimmtes bringen können, da wir das Verhältniß des Sylbenmaßes zur Poesie nicht absolut fixiren konnten, sondern f an d e n Sy lben ma ß ohne poet isc h e P r o d u c t i o n u n d u m ge ke h r t , was freilich nur Grenzgebiete sind, von denen aus man eine Reihe ziehen könnte für das Verhältniß des Sylbenmaßes zur Poesie. Wir würden diejenige poetische Production suchen, die als solche ein minimum ist und sich zunächst anschließt an einen Gebrauch des Sylbenmaßes außer der Poesie. Das andre Glied wäre diejenige poetische Production die sich des Sylbenmaßes nicht bedient. Zwischen diesen zwei Endpunkten fiele uns das Ganze. Was ist die Gattung von der das erste gilt? Das ist das Epig r a m m ; denn es enthält schon dem Nahmen nach ursprünglich und wesentlich nur eine Notiz, die aber in Sylbenmaß gebracht ist. Unser Erstes, Richtung auf Wohlklang ist dabei und auch das andre Element das wir angaben in Beziehung auf die Sprache. Aber es ist sc. kein Gegenstand da, und wir sehen gleichsam isolirt das was die Poesie an der Sprache thut, ohne daß der Gegenstand eine freie Production wäre. Der Gegenstand ist ein durchaus gegebnes, aber in Art der Darstellung kann sich doch der poetische Charakter manifestiren. Und gleich tritt die Hauptdifferenz auf: es gibt schon hier eine mehr musikalische Auffaßungsweise, i. e. wo die Empfindung vorwaltet; andrerseits eine Richtung auf das Epische, wo die Notiz in ihrer Objectivität gefaßt wird und zwar wo Veranlaßung wäre, die Empfindung vorwalten zu lassen. — Verfolgen wir die Sache weiter von Seite des Sylbenmaßes aus, so haben wir einen HauptGegensatz, der als fließend erscheint dem Ausdruck nach, aber in der That sich sehr bestimmt absetzt. PLyrische StropheS[,] d i e e p i s c hen S y lben ma ße a ls 5–6 Vgl. etwa Pierre Corneille: Médée (1635). Jean Racine: Phèdre (1677) oder ders.: Andromache (1667)

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k u r z e , meistens ein- und zweizeilige, und die S y lbenma ße na ch d e r m u s i k al i s c h e n Se i t e h i n gr ö ß er, zusammengesetzte Strophe. Worin liegt der Grund? Diese Aufstellung bisher ist auch nicht allgemein; denn betrachten wir die Italienische Poesie, den Ariost und Tasso, so finden wir Gedichte, die gar nicht von [der] Antike ausgingen, auf der objectiven Seite, aber doch ist ja die achtzeilige Stanze schon ein sehr zusammengesetztes Sylbenmaß und hat nicht die Natur des Epos. Auch kann man nicht sagen, die Stanze verhalte sich zum Umfang der Gedichte wie der Hexameter zum Umfang der alten Gedichte. Also ist in moderner Poesie die reine Objectivität nicht so gehalten, wie in der alten, sondern sie haben eine Richtung zugleich auf das Musicalische und diese hat das Sylbenmaß mitbestimmt. Wendet man Klopstocks Messiade ein, die ebenso starke Richtung auf das musicalische habe wie Tasso und doch den Hexameter, so muß man sagen, er ist in Nachahmung der antiken Sylbenmaße, sonst würde er vielleicht diesen Gegenstand in einer mehr dem Italienischen sich nähernden Form behandelt haben. So kann die Theorie sich zusammensetzen von verschiednen Standpunkten aus, aber mit dem Gesetzgebrauch steht es übel. Soll man das beschuldigen, wenn ein Dichter so aus zwei Gesichtspunkten arbeitet? Ich sehe es nicht ein, sondern über dem Zusammenhang zwischen der freien Productivität und Behandlung der Sprache gibt es keine andre Einheit als das innre Leben des Dichters selbst, und jenes beides kann in ihm Eins geworden sein. Ein andres freilich ist, ob das Gedicht nicht viel volksthümlicher wäre, wenn nicht diese Nachahmung darin wäre? Aber es war damahls keine bildende Periode in dieser Beziehung, sondern es würde nur eine | andre Nachahmung geworden sein, wahrscheinlich des Französischen. Diese zwei Massen wollen wir vorläufig sondern und sagen, die objective Poesie hat überwiegend Richtung auf sich kurz wiederholende Sylbenmaße[,] nur insofern die musikalische Richtung doch eine gewisse Bedeutung gewinnt, finden wir größre Sylbenmaße. Die musikalische Poesie die in Gedankenreihen innre Zustände darzustellen hat, hat im Ganzen genommen größres Sylbenmaß. Wie existiren denn diese zwei Hauptarten? Bei den Alten war die epische Poesie zu einer Zeit geworden, wo die Schrift noch selten und schwierig war, also für die mündliche Überlieferung und mußte sehr große Rücksicht nehmen auf die Behandlung des Gedächtnisses. Die musikalische Poe2 .] ? 4–5 Als ein Hauptwerk von Ludovico Ariost ist das Versepos „Der rasende Roland“ (Original: „Orlando furioso“, 1516) bekannt, als eines von Torquato Tasso das Epos „Das befreite Jerusalem“ (Original: „La Gerusalemme liberata“, 1574); zu letzterem vgl. Nachschrift Bindemann 1825, S. 505,29–30.

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sie wurde überwiegend im Zusammensein mit großen Volksfesten, also eben deßwegen schon im ursprünglichen Zusammensein mit musikalischer Begleitung; ja oft zugleich auch mit einer orchestischen. Die moderne Poesie hat eigentlich nur Eine Gattung die sich damit parallelisiren ließe und diese nur auf beschränktem Raum und von spätrem Ursprung sc. das Kirchenlied, sonst geht die lyrische Poesie vom Einzelnen aus, nicht vom öffentlichen Leben und das Zusammensein mit musikalischer Begleitung ist zufällig. Im Kirchenlied findet man Ähnliches wie bei den Alten, daß der Dichter zugleich die Begleitung macht. Die große Masse unsrer lyrischen Poesie aber ist vom musikalischen getrennt und findet nur zufällige Verbindung, weil die Künste selbst getrennt sind. Die objective Poesie stand nicht mehr unter jener Bedingung: konnte also einen andren Charakter nehmen. Bei Homer wiederholt sich so Vieles wörtlich, und das gehört mit zu dem, was zur Behandlung des Gedächtnisses gehört. Wunderlich ist es zu meinen, das sei der epischen Poesie wesentlich, indem man das alles für allgemeine Regel hielt. Betrachten wir, was die Differenz in musikalischer Seite für Einfluß hat, so ist da eine Analogie: Eine große metrische Masse ist offenbar viel leichter zu fassen in Zusammenhang mit Musik und orchestischer Bewegung (wie beim Chor) als für sich allein. Bilden wir diese Strophe nach, so ist es nur für solche, die von der Griechischen Poesie her daran gewöhnt sind, in unsrer einheimischen lyrischen Poesie in ihrer Nacktheit wäre es verkehrt, nicht als ob unser Ohr weniger gebildet wäre, sondern wir haben jene Erleichterungsmittel nicht. — Ebenso steht es mit dem zweiten, sc. dem Verhältniß in dem das rein Metrische steht mit denjenigen Differenzen in der Sprache die logisch und grammatisch sind. Es ist ebenfalls ein differenter Charakter der Sprache der dabei zu berüksichtigen ist, und die Abstuffung läßt sich nämlich verfolgen. Bei den Alten war die reine Quantität in der Poesie das durchaus bestimmende und überwiegende, ohne daß das andre dabei ganz verloren war; aber indem die Sprache selbst beweglicher war, daher dem Gesang näher, so war eine Differenz mehr darin, die wir nicht hineinbringen können. Bei uns müssen sich doch beide Elemente auf bestimmte Art ausgleichen, während dort das eine ganz entwickelt sein konnte, oder das andre. Daher wir andre Regeln haben als die Alten. Dieses sah Voß nicht ein, und 36–2 Schleiermachers kritische Invektive gründet wohl nicht zuletzt auf seiner eigenen Theorie „Über die verschiedenen Methoden des Übersetzens“, die er am 24. Juni 1813 vor der Philosophischen Klasse der Preußischen Akademie der Wissenschaften vortrug. Darin wird der „Vossische Homer“ als ein für die Jugendbildung überaus förderliches Werk angesprochen, wenngleich für die meisten Erwachsenen eine „metrische Übersetzung“ angebrachter sei, „wie wir sie freilich vielleicht noch nicht besitzen.“ Vgl. Schleiermacher: Über die verschiedenen Methoden des Übersetzens, KGA I/11, S. 65–93, hier: 76–78.

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vieles seiner Übersetzungen hat darum doch diese Alten nicht zugänglich gemacht. — Wie steht es nun um diejenigen Gattungen der Poesie die das Sylbenmaß wieder verlassen? Bei den Alten sind das durchaus untergeordnete Productionen, die schon in der Region des Verfalls liegen. Bei uns kann man das nicht sagen. Worin hat aber diese Differenz ihren Grund? Wir müssen gleich hinzunehmen, daß es bei uns Compositionen gibt, wo Prosa und Poesie gemischt sind, wovon die Alten nichts wußten. Darum aber ist es noch nicht etwas verkehrtes: Denken wir uns eine solche Einheit wie eine dramatische, so finden wir da im Ganzen genommen immer sehr erregte Momente dargestellt; in jeder Katastrophe ein maximum von Erregung und alles frühre in Richtung darauf. Da erscheint das Sylbenmaß von selbst. Denken wir ein ganzes menschliches Leben zum größten Theil dargestellt, wie im Roman, so ist nothwendig eine große Mannigfaltigkeit darin. Muß sich diese auch in der Sprache herausheben, so erscheint jene Mischung von Poesie und Prosa natürlich. Finden wir auch in unsrem Drama diese Mischung, so ist das analog, wie bei den Alten solche Sylbenmaße die dem Charakter der mehr objectiven Poesie eigen sind, vermischt sind mit mehr musicalischen Sylbenmaaßen. Ein Fortschritt ist es aber, wenn das Drama wieder Sylbenmaße will. Resultat: Es gibt in dieser Beziehung eine Entwicklung in jeder einzelnen Sprache für sich im Verhältniß des logischen und musikalischen und des eigentlich Rhythmischen in Beziehung zur Quantität. Einen allgemeinen Kunstverkehr gibt es in dem Maße, als [das] Bestreben sich andre Sprachformen zu assimilieren, worin die Sprachen ein maximum von Capacität haben, bis der Unterschied zwischen eignen und fremden Kunstformen aufhört. Ist dieß verbunden mit Zurücktreten der natürlichen Entwicklung | selbst, so leidet die Eigenthümlichkeit. So konstituirt sich eine Reihe. Zweitens fanden wir daß vom minimum von poetischer Production aus, wo die Poesie noch mehr nur an einem Andern ist zur Erreichung eines besondern Zwecks wie im Epigramm, schon eine Duplicität der Neigung zum epischen oder lyrischen. Von da aus entwickeln sich zwei verschiedne Reihen metrischer Production. Wollten wir dieses aus der metrischen Form des Epigramms selbst ableiten, so möchte sich das nicht durchführen lassen, aus dem Distychon will ich nicht den Hexameter und die lyrischen Stanzen entwickeln, sondern so wie wir ein Wiederholbares haben in gewissen Distanzen, so erkennen wir das Element des Strophischen. Das entwickelt sich zusammenziehend noch epigrammatischer, sich erweiternd nach lyrischer Seite hin. Vor26 ein] folgt ))bis**

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züglich in der Deutschen Sprache ist der Reim als Fundament das ursprüngliche Nationale, aber neben dem hat sich ein System von Nachbildungen des Fremden in Metrik entwickelt nach Seiten der antiken und der modernen Sprachen. In der ersten Beziehung sind wir begränzt theils durch das Verhältniß des rein grammatischen zum musikalischen das im Griechischen und bei uns different, und dann dadurch, daß das Lyrische bei uns nicht mit musikalischer Begleitung auftritt. Näher betrachten wollen wir das Verhältniß zwischen Sylbenmaß der antiken objectiven Poesie und dem der modernen Romanischen, so steht damit in Verbindung, daß in der letzten eine gewisse Neigung der Poesie zum Musikalischen ist, die in der ersten nicht obwaltet, daher ihr eine Annäherung der ursprünglichen lyrischen Formen gestattet sind. Da führt das Sylbenmaß selbst darauf, den HauptGegensatz nur als fließendes, als den [Gegensatz] überwiegender Richtungen aufzustellen. Betrachtet man die Strucktur der so vielfältigen lyrischen Sylbenmaße, so ist es kaum möglich sie auf ein System zurükzuführen, sondern man muß sie so ansehen, daß ihnen das Positive als Willkürliches anhaftet, eine bestimmte Irrationalität des einzelnen Bestimmten auch zum nächsten was man als Regel aufstellen kann. Betrachte ich das Sonnet, so ist darin eine sehr bestimmte Verbindung des Mannigfaltigen zu einer Einheit, eine zweifache Duplicität geht durch, die ein eigenthümliches Ganzes constituirt. Betrachtet man das als ein wesentlich construirbares, so gäbe es Gegenstände, wo Handlungen an dieses Sylbenmaß gebunden wären, und es müßte eine Übereinstimmung zwischen dem Innern und dieser Form statt finden. Das ist aber nicht[,] es gibt nichts Lyrisches von kleinerm Umfang das sich nicht in diese Form bringen läßt; ja es kam sogar vor, einen großen Gegenstand in einer Reihe von Sonnetten darzustellen. Beim Madrigal und Triolet fällt das Willkürliche gleich auf. Sagen kann man nur, daß es gewisse kleinre lyrische Formen gibt, die gleichsam Rükgänge bilden vom Lyrischen in das epigrammatische, aber auch das läßt sich nicht auf bestimmte Weise construiren. — Man könnte noch eine Frage aufwerfen. Diese verschiednen metrischen Typen sc. gehen fast immer über die geschichtliche Zeit der Poesie hinaus, und da in modernen Sprachen die Entstehung der Poesie ganz in geschichtlicher Zeit liegt, so hat man dieselbe doch nicht geschichtlich aufgefaßt bis sie eine gewisse Bildung hatte. Also diese metrischen Typen erscheinen vielmehr als geworden, denn als gemacht, da ihre erste Genesis nicht

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nachweislich ist. In weitrer Entwicklung der Poesie werden aber mehr oder weniger metrische Typen gemacht: Gibt es hierüber ein allgemeines Gesetz für alle Sprachen? Denken wir in der Sprache schon eine Mannigfaltigkeit von metrischen Typen und die poetische Production an sie gewiesen, woher kann dann ein Reiz entstehen, etwas Neues willkürlich zu machen? In unsrer Sprache haben wir diesen Fall sehr häufig nach beiden Seiten hin. In Klopstocks Oden herrscht Nachahmung antiker Sylbenmaße aber auch eine Menge eigenthümlicher Strophen hat er gemacht allerdings im Sinne derselben wie er sie auffaßte, aber ohne bestimmte Vorgänger. Ähnliches ist in Beziehung auf Nachbildung der Romanischen Sylbenmaße, daß auch in unsrer Sprache eigenthümliche Formen, die den Charakter jener tragen aber doch darin ohne Vorgänger sind. Die selbsterfundnen Strophen nach antikem Sylbenmaß haben sich in der Sprache wieder verloren; Strophen die mehr den modernen Charakter haben, sind hingegen im Zunehmen. Der Grund ist doch, daß die Romanischen Sylbenmaße sich mehr an unsre ursprünglichen nationalen Formen anschließen als die antiken, daher sie sich länger erhalten haben als die ersten. So erscheint uns das als Eins, was man von einem andren Gesichtspunkt unterscheiden kann. Denken wir in der Sprache so lange sie lebt, auch das Metrische in bestimmter Entwicklung so erfolgt diese wie bei allem Leben nie gleichmäßig, sondern es gibt gewisse Entwicklungsknoten, Punkte schneller Bewegung und dann mehr Ruhe. | Das geht bis auf einen gewissen Punkt und jeder lebendige Körper hört auf zu wachsen ehe er seine eigentliche ἀκμή erreicht hat. Diejenigen Formen, die wir nun als ursprünglich national ansehen, sind die Resultate der ersten Entwicklung. Auf diese folgen andre und so lange das der Fall ist im isolirten Zustande der Sprache, so nennen wir diese Formeln nationale. Nun dauert die Beweglichkeit der Sprache fort. Tritt ein allgemeiner Kunstverkehr ein, so wirkt er auf jene als ein eigenthümliches Incitament und bringt Formen hervor, die wir als Nachbildungen von fremden Typen erkennen, aber nicht als wären sie Wirkung einer fremden Kraft in unsrer Sprache sondern gehen aus der Beweglichkeit unsrer Sprache selbst hervor, tragen aber den fremden Coefficienten in sich. So scheinen sich diese wieder zu verlieren bei einer allgemeinen Zusammenfassung. Ein fremdes Sylbenmaß wird in einer Sprache aufgenommen, doch immer etwas anders als in seiner ursprünglichen Heimath, und erscheint nur in dieser Differenz als ein wahres Product. Als man anfing in unsrer Sprache fremde Sylbenmaße 6 ?] .

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nachzuahmen, z. B. Klopstocks Nachbearbeitung des Hexameter in [der] Messiade, und Kleistens in seinem Frühling. Ein spätrer Kritiker versucht in einer neuen Ausgabe den Kleistischen Hexameter in zwei Hälften aufzulösen, wodurch er aufhört Hexameter zu sein. Ein reiner war er nicht, da man einen Vorschlag hatte, der ihn der metrischen Form nähert, die schon einheimisch war. Dann fand man Klopstock habe auch keinen rechten Hexameter, also hatten sie etwas Eigenthümliches von unsrer Sprache angenommen. Der Voßische Hexameter nun gibt die größte Assimilation an das Griechische; in den Andern aber Tendenz es mehr mit unsren Formen in Analogie zu bringen. Aber in diesem Bestreben, den Hexameter in seiner vollkommnen griechischen Reinheit in das Deutsche zu übertragen ist so viel am Grundcharakter dieser Sprache modificirt worden, daß die Popularität desselben in unsrer Sprache gering ist. Göthes Hexameter erreicht den Vossischen nicht an klassischer Form, aber da er viel weniger von Eigenthümlichkeit unsrer Sprache preisgibt, so hat er große Popularität. Also einerseits ist der Göthische Hexameter viel unvollkommner als der Vossische, andrerseits doch weit geeigneter, diese Nachbildung 13 worden] geworden 1–4 In Sulzers „Allgemeiner Theorie der schönen Künste“ heißt es unter der Rubrik „Hexameter“: „Man muß Klopstok und Kleist, die zu gleicher Zeit, und ohne daß einer von den Versuchen des andern etwas gewußt, versucht haben deutsche Hexameter zu machen, als die Erfinder derselben ansehen“. Mit dem späteren Kritiker spielt Schleiermacher möglicherweise auf Karl Wilhelm Ramler an, der mit Kleist befreundet war und dessen „Frühling“ von 1749 (teilweise im Einverständnis mit Kleist) stilistisch überarbeitet hat. Ramler war auch der erste Herausgeber einer Kleist-Werkausgabe nach dessen Tod, die eine umgearbeitete Version des „Frühling“ enthält. Vgl. Karl Wilhelm Ramler (Hg.): Des Herrn Christian Ewald von Kleist sämtliche Werke, 2 Bde., Berlin 1760. August Sauer: Ueber die Ramlersche Bearbeitung der Gedichte E. C. v. Kleists. Eine textkritische Untersuchung, in: ders.: Ewald von Kleist’s Werke, 1. Teil, Berlin 1881, S. 819–837. Johann Georg Sulzer: Allgemeine Theorie der schönen Künste, Leipzig (1771–74), Bd. 2, 1792 (2. Auflage), S. 578–579. 6–7 Klopstock hatte selbst eine Abhandlung über die Verwendung des Hexameter in der deutschen Sprache verfasst: „Von der Nachahmung des griechischen Sylbenmasses im Deutschen“, die 1755 als Vorrede des zweiten Bandes des „Messias“ erschien. Darauf rekurriert dann Herder in seiner Abhandlung: „Über die neuere Deutsche Literatur. Eine Beilage zu den Briefen, die neueste Literatur betreffend“ (1767), wo er die freiere Verwendung des Hexameter gegenüber einer mechanischen hervorhebt, letztlich jedoch von seiner Verwendung im Deutschen abrät. Hierzu auch: Daniela Kohler: Eschatologie und Soteriologie in der Dichtung. Johann Caspar Lavater im Wettstreit mit Klopstock und Herder, Berlin 2015. 14–15 Goethe verwendete Hexameter etwa in „Reineke Fuchs“ (1794) oder „Hermann und Dorothea“ (1797); er hatte in Jena den als Experten des antiken Versmaßes geltenden A. W. Schlegel kennengelernt, dem er einige seiner Hexameter zur Korrektur gab. Vgl. Anm. d. Hg., in: Johann Wolfgang von Goethe: Metamorphose der Tiere, in: ders.: Werke, Kommentare und Register (Hamburger Ausgabe), Bd. 1, Gedichte und Epen 1, S. 568–571.

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einheimisch zu erhalten. — Fragt man nun: Was für Werth die Erfindung von neuen Sylbenmaßen hat? Die Nachbildung von Fremdem war auch eine Erfindung; und will man das Erfinden verbieten, so muß man dieses auch verbieten, und man wüßte nicht wo stehen bleiben, da am Ende jedes Sylbenmaß einmahl erfunden ist. Also die Beweglichkeit der Sprache in metrischen Productionen repräsentirt sehr wesentlich ihr Leben. Tritt hier völlige Stabilität ein, so hat damit ihr Erstarrungsproceß begonnen. Bewegt sich eine Sprache lange Zeit nur in gewissen Formen, so ist es nur ein Nachlaß, aber es kann doch wieder ein neuer Entwicklungsknoten entstehen. Ein schlagendes Beispiel ist die französische Sprache. Die war lange bei uns was die Poesie betrifft, proscribirt und nicht mit Unrecht, man zweifelte, ob ihre Poesie nicht vielmehr bloße Rhetorik sei; zudem war sie völlig erstarrt in ihren Sylbenmaßen und die frühre Mannigfaltigkeit größtentheils verloren. Nun geht ein neuer Entwicklungsknoten in ihr an, da sie sich seit kurzem mehr als sonst die englische und deutsche Sprache angeeignet hat und die antike mehr in ihrer ursprünglichen Natur als in französischer Maske. Daher tritt mehr Mannigfaltigkeit der Formen hervor. Es geht freilich von Einzelnen aus, aber was so sich erhalten soll, muß das vortreffliche sein, auf derselben Kraft ruhend, auf der die ganze Entwicklung [ruht]; aber auch manches jung wieder stirbt wie in Natur. Ähnliches Verfahren werden wir nun in Beziehung auf das Innre d e r P o e s i e einschlagen. Auszugehen haben wir von zwei scheinbar sehr weit von einander gelegnen Punkten. In den allgemeinen Erörterungen, worin die erste Anwendung des Princips der Kunst auf das Gebiet der Poesie gemacht wurde, hielten wir fest daran, daß sie sich auch unter der Form des Einzelnen für sich und im Zusammensein manifestiere, und wesentlich war das menschliche Sein der Gegenstand der Kunst. Hier sind wir nun insoweit stehen geblieben und haben vom minimum zum maximum ein Unendliches. Ein Minimum von poetischer Production ist, wo die Kunst noch an einem Andern. Der Gegenstand ist dann doch immer eine Thatsache aus dem Gebiet des menschlichen Lebens, auch ein Gebäude, das eine Innschrift hat, da drückt diese nur die menschliche Handlung aus, durch die es geworden. Das wäre ein Minimum in Beziehung auf den Innhalt. Der entgegengesetzte Punkt ist: So wie hier die Poesie anfängt mit einer Angehörigkeit an das praktische Leben, so hat sie einen andren Anfang, ihr vermischt sein mit der | speculativen Richtung. Es gibt Völker, die Speculation und Poesie nie gesondert haben, da ist dann Poesie auch an einem Andern. Diese philosophische Richtung ist eine andre als die eigentlich poetische Production, denn sie hat das Allgemeine zum Gegenstand, die Gesetze des Seins und Denkens. Wie steht

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es mit dieser Form der menschlichen Entwicklung wo diese Scheidung nie vollzogen worden, wie in der Indischen? Für uns sind die Resultate davon nicht befriedigend, wir können uns fast nicht in jene Existenz versetzen, sondern wir sagen lieber, die Poesie hat solche Gewalt gehabt, daß sie die Speculation in sich hineinzog, so sind es uns Figuren, in denen [sich] die ganze Wahrheit des Seins als in Einzelnem abbilden soll. Wo sich beides sonderte, erreichte jedes größre Vollkommenheit; wo wir Prosa in Speculation finden, da geht das Fürsichsein der Philosophie an. Die poetische Production verläßt dann auch die speculativen Gegenstände immer mehr in das Gebiet des Einzelnen. So ist die Scheidung vollzogen. Wenn ich dieses nun darstelle als unsre Art, diese Dinge anzusehen, so sage ich nicht daß sie unrichtig sei, sondern nur daß die orientalische Menschheit diese Ansicht nicht aufnehmen kann. In dem Gebiet, wo die Scheidung beginnt, unterscheiden wir gleich zwei verschiedne Formen. In der homerischen Poesie ist das Speculative auch gesetzt, denn die homerischen Götter sind in dieser Hinsicht Amphibien, als ihr Leben in der PWirklichkeitS Einzelheit zu sein [scheint] und dann doch auch gewisse Principien, Methoden des Daseins und Wirkens darstellend. Die physiologischen Poeten der Alten, wovon uns freilich nicht viel übrig blieb, aber bleiben wir z. B. bei den Fragmenten des Empedocles, so werden da Principien dargestellt, aber das Verhältniß derselben wird rein geschichtlich dargestellt, also mit rein speculativem Gehalt die epische Form. Diese Duplicität ist gleich Anfangs. Denken wir aus der homerischen Form verschwinde diese Vermischung des Menschlichen mit dem Göttlichen so wäre der eigentlich speculative Gehalt ausgeschieden und bliebe das rein Epische. Da ließen sich Abstuffungen denken, z. B. zwischen Iliade und Odyssee ist darin schon Unterschied, das Principienartige der Götter ist in Odyssee viel zurücktretender und das Menschliche hervortretend. In Hesiod tritt das Principienartige für sich seiend hervor und hat sich vom eigentlich epischen Gebiet gesondert. Denke ich in Darlegung der Principien die poetische Form weg, ob der Dichter das Historische als solches gedacht, oder bloß als nöthige Form ist freilich schwierig [zu] entscheiden, so hat man das Speculative auch seiner Form nach isolirt, aber dann bildet sich die Prosa. — Das sind also relativ entgegengesetzte Punkte als die eigentlichen Anfangspunkte, P o e si e an e i n em A n d e r n an Einzelnem des pra kt isc h e n L e b e n s und an der s p e c u l at i ve n Richt un g. Aus diesen beiden entsteht hernach erst ihre Selbstständigkeit; denn auch von jener philosophischen Poesie existirt eigentlich überwiegend nur die poetische Form, die PWirkzusammengehörigkeitS der speculativen und poetischen Form muß erst entdeckt werden. – Betrachten wir dieses Werden der Selbstständigkeit der Poesie so finden wir daß es sich in

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der ganzen alten Entwicklungsperiode eigentlich nie hat halten können, die Poesie ist eigentlich nie da isolirt hervorgetreten, sondern so wie sie von der einen Seite die Selbstständigkeit gewann, trat sie auf der andren nothwendig in Verbindung mit andren Künsten; und ist also aus einer Hand in die andre gegangen und ihr reines selbstständiges Dasein ist ein Minimum das man kaum festhalten kann. Die homerischen Gedichte haben sich ursprünglich erhalten durch die Recitation. Das ist eine Verbindung der Poesie mit der Mimik, wenngleich nur die Sprachmimik; nimmt man zu, was im Platon Ion über die Rhapsoden steht, so sieht man auch die Gebehrdenmimik hinzukommen, also hat sich diese Poesie die sogar von Speculation noch gar nicht ausgeschieden war, nur in Verbindung mit einem andern erhalten. Erst in Periode der Alexandriner ist diese Poesie rein für sich, denn die ist für Leser und nicht für Vortragende, aber da sind wir eben schon im Verfall der eigenthümlichen antiken Weise in einem Übergang zum modernen. Die alte philosophische Poesie ist zwar allerdings nie recitirt worden, sondern für Leser, und war also nicht mit einer andren Kunst verbunden, war aber innerlich noch nicht selbstständig, sondern an speculative Richtung [geknüpft]. Nun wieder vom andren Anfangspunkt, vom Epigramm ausgehend, ist die Poesie im Dienst des praktischen Lebens, aber ganz frei von jeder Verbindung mit einer andren Kunst. Wenn wir nun die Duplicität [ansehen,] daß sie überwiegend Richtung zum Epischen oder Lyrischen hat, so denken | wir, so wie die Richtung auf das Lyrische die Oberhand gewinnt, so bleibt auch die Form, wenn sie dieselbe bleibt, in sehr enge Grenzen eingeschlossen. Sobald sie jene Form verläßt, gehen die eigentlich lyrischen Metren an und die Verbindung mit der Musik und die epigrammatischen Formen, die doch Verbindung mit Musik haben, gehören wie Meleager schon einer spätern Zeit an. Also entwickelt sich die Poesie fortschreitend in der Verbindung mit der Musik als Lyrik, mit der Mimik als Epik, das erste aber können wir nur für die ursprüngliche Periode festhalten. – Nun tritt eine andre 12–13 erhalten] enthalten

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9–11 Im „Ion“ wird über die Dichtung und ihre schöpferische Quelle reflektiert. Der Gesprächspartner von Sokrates ist der Rhapsode Ion von Ephesos, zu dem er an einer Stelle sagt: „Denn nicht durch Kunst oder Wissenschaft sagst du, was du vom Homeros sagst, sondern durch göttliche Schickung und Besitzung, so wie die Korybanten nur auf jenen Gesang recht hören, der von dem Gotte herrührt, welcher sie besitzt, und auf dessen Weise einen Reichtum an Gebärden und Worten haben, um andere sich aber gar nicht bekümmern, so hast auch du, Ion, wenn jemand des Homeros erwähnt, großen Vorrat, bei andern aber gar keinen.“ (Platon: Ion 536) 29 Meleagros von Gadara (lat. Meleager) lebte im Übergang vom 2. zum 1. Jh. v. Chr. und verfasste neben Epigrammen auch einige Satiren.

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Möglichkeit auf, denke ich wie der Mahler kann Stoff nehmen aus Poesie, so muß ein solches E p o s eine ganze Reihe von Aufgaben für die Mahler darbieten, denke ich diese Reihe von Gemälden gegeben und nun das epische Gedicht, wie es recitirt wird, so entsteht eine noch lebendigre Auffaßung wenn sich zur Recitation noch das Gemählde gesellt. Dergleichen findet sich sehr viel wenn gleich häufig nur in sehr niedren Regionen der Kunst, wenn Gedichte durch Gemählde demonstrirt werden; so ist das schon Übergang des Epischen in das Dramatische, und es fehlt nur noch das rein Lyrische Element. Denke ich im Epos doch immer ein großes öffentliches Leben dargestellt, also Gegensatz zwischen Einzelnen und den Massen, so leidet das keine rein dramatische Darstellung, weil die Masse in ihrer Wahrheit nicht kann gegeben werden, aber nun gewinne ich die Idee des Griechischen Drama, wenn ich sage, aber deßwegen sollen sich die Massen zurückziehen in einen kleinern Umfang und in diesem in eine andre Art von Gegensatz treten gegen die Einzelnen, so daß es nicht eine Handlung des Einzelnen auf die Masse ist, wie im Epos sondern unter den Einzelnen versirt. Das ist schon das Wesen des Griechischen Drama im Gegensatz der Einzelnen und des Chor, aber da bleibt die Poesie durch das in Verbindung mit der Mimik. So wie ich die Gemählde, die im Epos das Zusammen zu vergegenwärtigen halfen, nicht aufheben will, sondern bloß behalte um [sie] als leblose Umgebungen der Handlungen mit zu haben, so habe ich Decoration, und vollkommne dramatische Darstellung, i.e Verbindung der Poesie mit Musik Mimik Mahlerei. Betrachten wir die moderne Poesie so bietet sie dasselbe dar aber in ganz andrer Form, die nicht auf dieselbe Weise begriffen ist. Dieses drückt den Gegensatz aus zwischen der antiken Poesie und [der] modernen; [uns] erscheint es ursprünglich als dem öffentlichen Leben angehörig, also auch an einem andern, das in gewissem Sinn ein Kunstwerk war, in gewissem aber ein Moment des praktischen Lebens. So an allgemeine Volksfeste, und früh (Pindar) erreichte es hohen Grad der Vollkommenheit. Lassen wir den geschichtlichen Zusammenhang fahren, so ist uns rein parallel die lyrische Poesie als Element des religiösen Volkslebens, des Gottesdienstes. Jede festliche Versammlung ist in gewissem Sinn ein Kunstwerk, das ethische Princip des Zusammenlebens erscheint im Einzelnen, das wodurch das Ganze construirt ist wird freie Productivität einzelner Momente. Da ist also schon eine Subsumtion unter die Kunst und Forderung das Ganze als Kunstwerk zu betrachten. Je besser es organisiert ist, desto besser entspricht es der Forderung; und alle wesentlichen Theile der Handlung sollen unter Kunst subsumirt werden, Gesang, Poesie, orchestische Bewegung; und bildende Künste, die sich da freilich mehr

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zurükziehen, in dramatischer Kunst aber vortreten. Also hier überall die Poesie nur in Verbindung mit andren Künsten, und ein isolirtes Dasein verschwindet. In der m o de r n e n Poesie zeigt es sich umgekehrt. Jede Verbindung der Poesie mit andren Künsten ist zufällig, mit Ausnahme der eigentlich dramatischen Darstellung. Das Princip dieses Unterschieds müssen wir finden als den Schlüssel zum ganzen Verhältniß der antiken und modernen Poesie. – Was dann als beiden gemeinschaftlich erscheint, wird sich wohl als dem Wesen der Kunst selbst angehörig entwickeln lassen. Da ist auf zwei Differenzen zurückzugehen, sc. weil nicht nur die Poesie überhaupt in all ihren Gattungen rein selbstständig ist, sondern sogar die dramatische Poesie Bearbeitung findet ohne Beziehung auf die dramatische Darstellung. Von zwei Punkten ist auszugehen. D i e Entw icklung der P oesie i n d e r n e u e r n Z e i t i s t e i n m ah l m ehr a usg eg a ng en von der Vo r a u s s e tz u n g d e s L e s e n s , al s o einzelnen G ebra uch; und h e r v o r g e g an ge n m e h r vo m E i n ze ln en, a ls dem öff entlichen L e b e n a u s . Aus diesen zwei Punkten lassen sich alle Differenzen zwischen antiker und moderner Poesie erklären. Schon in der Römischen Poesie, die sich an die Alexandrinische anschließt ist dieses; da auch die letztre erst nach dem Verfall des öffentlichen hellenischen Lebens entstand, PwolS als in neurer Zeit das Hofleben schon anfing unter Alexanders Nachfolgern. | Poesie kann nicht untergehen, wo sie einmahl in der Sprache ist, aber nun war der Zusammenhang mit den Gegenständen und die Form des Lebens nicht mehr, also mußten entweder ganz neue Gattungen entstehen oder eine Nachbildung der Alten[,] aber mit diesem bedeutende Abweichungen. Das finden wir beides. Die I d yl l e ist Übergang des Epischen in Drama der Form nach, aber ohne auf Darstellung zu rechnen. Die Nachbildungen waren in epischer und in dramatischer Form, doch nicht mehr im Gegensatz der Tragödie und Comödie, sondern der sogenannten neuern Co m ö d i e , die wie die Idylle in den Verhältnissen des Privatlebens versirt. Auch in moderner Poesie war zuerst Vermischung des Geschichtlichen und Mythologischen; von Edda an bis auf die Nibelungen, was in die Tradition zurückging der später zusammengemischten Völker, die sich erst im Mittelalter sonderten. Analog wurde es in Prosa als Chronik bearbeitet; eine Vermischung von bestimmten Per30–31 Die antike griechische Komödie wird gewöhnlich in alte (insb. Aristophanes), mittlere und neuere unterschieden – zu letzterer wird insb. der Dichter Menander gezählt, dessen Komödien noch in römischer Zeit adaptiert wurden. 33–34 Die beiden im 13. Jh. in Altisländisch verfassten Edda (Snorra- und Lieder-Edda) enthalten skandinavische Götter- und Heldensagen. Die ältere (Lieder-)Edda umfasst nordische Bearbeitungen der germanischen Nibelungensage, deren bekannteste Fassung das mittelhochdeutsche Nibelungenlied ist.

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sonen und Thatsachen in verschiednen Zeiten, also in fingirter Verbindung – analog der homerischen Poesie. Gehen wir weiter, so finden wir eine PmehrS allgemeine Weltbegebenheit, die die in der Sonderung begriffnen Völker wieder in die mannigfaltigste Berührung brachte, in den Kr e u z z ü g e n und in diesen ein poetischer Stoff. Gleichzeitig war das Ri t t e r t hu m ausgeprägt, das auch eine Art öffentlichen Lebens bildete aber zugleich in Form des Privatlebens, eine Existenz, die über das eigenthümliche Volksleben hinausging, einen bestimmten Typus darstellte, der menschliches Leben in sich schloß, das sich sehr hergab in freier Productivität in einer Reinheit dargestellt zu werden, wie es sich in der Wirklichkeit nicht fand. Hieraus folgte jene Spaltung zwischen der frühern Welt, an Fürstenhöfe geknüpft, und der Masse, und nun war die Poesie überwiegend an die erste gewiesen als lebendigem Dasein. Hier entstand nun jenes Dichten für das Auge, für den Gebrauch kleiner gesellschaftlicher Kreise. Gegenüber wäre freilich ein Ort gegeben für das wahrhaftige öffentliche Leben, sc. das religiöse; wäre da eine freie poetische Entwicklung möglich gewesen, so hätten wir eine von Lyrik ausgehende Volkspoesie bekommen, aber die Uniformität die von Römischer Kirche ausging und sehr natürlich war bei der Art, wie das Christenthum sich über diese Völker verbreitete, erstarrte durch den Gregorianischen Kanon. Reste von Volkspoesie blieben aber, die sich an jenes zwischen Mythologie und Historie schwebende anschlossen. So sehr wie aus der Veränderung der ganzen Lebensweise und stärkern Abstuffung der Bildung die Poesie mehr an höhre Kreise gewiesen wurde, also an ein bloßes wiewohl erhöhtes Privatleben. Da hörte die Richtung auf Vereinigung mit andren Künsten auf, und [poetische Produktivität] hing nun an an jenen Resten der Volkspoesie, woraus der Kirchengesang und die mannigfaltigen Formen, kleine lyrische Poesie, die zugleich dem Tanz diente, wie die B a l l a d e , entstanden. Das blieb in diesem kleinern Umfang. Auf der andren Seite gab es auch dramatische Darstellungen überwiegend comisch, ernsthaft nur in festlichen Darstellungen besonders der Passionszeit aber in sehr roher Form. Sehen wir, wie sich dieses verzweigt hat unter den verschiednen Völkern, so zeichneten sich die I t al i e n e r besonders durch eine epische in das musikalische hinüberspringende Poesie [aus], die besonders Kreuzzüge und Ritterthum besingt; in genauer Verbindung steht die S p a n i s c h e . Bei den E n glän d e r n hebt sich später die dramati23 wie] folgt ))wir** 21 Gregor I. (um 540–604) war von 590 bis 604 Papst, hinterließ wirkungsvolle exegetische Schriften und gilt als ein Kirchenvater.

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sche Poesie und ergreift in der That die Geschichte des Volks, freilich erst in dem Punkt, wo die Form des Ritterthums, der Aristokratie hervortritt. Da ist Epos und Drama gemischt; wie Schakespeares historische Dramen, die eine Reihe bilden, alle in einander greifend, also dramatische Darstellungen der Geschichte von viel größrem Zeitraum als Odyssee und Iliade zusammen. Die Darstellung war ursprünglich nur von den Großen aus; aus dem Volksleben würde sie in dieser Weise nicht entstanden sein. In dem aber waren die rohen Stoffe der Comödie gegeben und da sehen wir das Zusammenfließen von beiden, wovon Schakespeare Gipfel ist in seinen Comödien, die meistens auf Novellen, früher episch bearbeiteten traditionellen Gegenständen beruhen, und die comischen Elemente hineingemischt. Er warf gewißermaßen eine Weissagung auf die nachherige geschichtliche Entwicklung, durch die sich das democratische Element in das Gebiet der Aristokratie hineindrängte. — In F r an kreich kommen wir am bestimmtesten auf den Punkt, wo die Poesie ganz und gar am Hofleben sich entwickelte. Betrachtet man diese sogenannte classische Poesie der Franzosen, so finden wir im Wesentlichen die Nachahmung der antiken Tragödie, die auf uns häufig einen comischen Eindruck macht, weil wir jene in der ursprünglichen Gestalt inne haben, hier aber die Gegenstände in modernem Geist und Formen erscheinen. Aber diese Nachbildung hing sich sehr überwiegend an | das, was dem damahligen Monarchischen am nächsten kam. Die lyrische Poesie ist in sehr enge Grenzen geschichtlich durch die dürftige Quantitätsdifferenz der Sprache, da sie mehr eigentlich Sylben zählen als messen kann, so daß der Rhythmus fast nur am Anfang und Ende der Zeilen bemerkt ist, was als Imitation in das Deutsche überging. In dieser Beschränkung ist eine Mannigfaltigkeit von lyrischen Formen, aber Alles nur vom Einzelleben aus, und ohne alle bestimmte Richtung auf Vereinigung mit andern Künsten. Auch in der Italienischen Poesie ist ein solches Gebiet weit verbreitet, die erot ische P oesie sc. die in der modernen Entwicklung einen so überwiegenden Raum in der musikalischen Poesie einnimmt, die sich ganz und gar in das Re l i gi ö s e u n d E r o t i s c h e spaltet, ein Drittes nur als Ausnahme, vereinzelt. In der alten Poesie findet sich auch solches, aber in ganz andrem Verhältniß und erstaunlich zurücktretend. Wenn es nicht im ursprünglichen Keim der Poesie läge, so hätte es nirgends einen so weiten Umfang erhalten. In demselben Maaß als die Poesie vom öffentlichen Leben ausgeht, tritt diese Poesie zurück, da sie entweder nur endigt in bloßem Scherz oder Begründung des Privatlebens. Daher es erst in der spätren Griechischen Poesie und in der Römischen stärker auftritt und so hernach in der modernen. Die Richtung der musikalischen Poesie auf das öffentliche Leben ist hier fast ganz auf das

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religiöse Gebiet beschränkt, weil im Politischen das Volksmäßige fast ganz zurücktrat; und nur die vom Privatleben ausgehende Poesie überwiegend erotisch. Sehr eigenthümlich ist, daß diese zwei scheinbar widerstreitenden Richtungen doch sich wieder in einander verflochten haben, das Erotische gesteigert ward bis zu einer religiösen Heiligung; und das Religiöse in christlicher Form bis zu einer erotischen Darstellung des Verhältnisses zwischen den Einzelnen und demjenigen den man als Quelle der religiösen Gemüthszustände ansah; Verhältniß zu Christo und den Heiligen. Wollten wir nicht hierin erklären die Richtung jener zwei sich spaltenden Richtungen zu verbinden, so würden wir die Thatsache nicht fassen; denn fragt man[,] ist das eigentliche Original ursprünglich die erotische Bewegung oder poetische Erfindung, so war es offenbar das letztre, die aber hernach wirklich Wahrheit wurde. Dieses spielt nun an eine Aufgabe die uns noch übrig ist, sc. wie sich denn die poetische Darstellung: das ursp rüng liche U r b i l d d e s D i c h t e r s ve r h äl t , insofern es doch nur Productivität unter Form des Einzelnen ist, z u d e r Wi rkl ich keit , i. e. was wir überwiegend als äußren Eindruck fassen, oder zu dem was man gewöhnlich Ideal nennt, wo man die Gleichstellung des Einzelnen mit dem Maximum des ethischen Werths darzustellen geneigt ist. Diese Streitfrage ist immer noch in der Theorie, die aber zugleich den Geschmack theilt in zwei streitende Regionen; so daß dieser Gegensatz nicht ganz identisch sein kann mit dem zwischen Tragischem und Comischem, denn es ist nicht das Einzelne, insofern es sich in der Nichtigkeit darstellt, sondern die Frage [ist]: Ist das Einzelne in seiner Wirklichkeit oder so wie es rein das Allgemeine darstellt, daher nie ein Wirkliches sein wird? Auch da ist von entgegengesetzten Endpunkten eine Reihe zu bilden. Alles Übrige schließen wir in diese Frage ein, da alles technische ausgeschlossen ist. Wir gehen von dem aus, was das S pecifische sei i n d e r d i c h te r i s c h e n B e ge i s t e r u n g , innre freie Productivität aber in Form der Vorstellung also in der wesentlichsten und ursprünglichsten Verbindung mit der Sprache. Fragen wir was sich als G eg enst a n d dieser Production qualificirt, so ist das geistige Leben das hervorragende in der ganzen Geschichte. Das Verhältniß zwischen der Sprache die sich mit den menschlichen Dingen abgibt und die mit den natürlichen, ist weit geringer als die Differenz von Historien- und Landschaftsmahlerei, daher die Natur mehr durch musikalische Poesie dargestellt wird also als Factum im menschlichen Leben, nicht die Gegenstände in ihrer Objectivität. Wir concentriren uns also überw i e g e n d a u f d as M e n s c h li c h e und da gehen gleich die zwei Hauptzweige auseinander, die l y ri s c h e Po esie hat es mit dem Mom e n t zu thun, die e p i s c h e mit einem z u sa m m enhä ng en den Le-

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b e n . Nehmen wir die d r am at i s c h e als ein Mittleres, oder aus beiden Zusammengesetztes, so ist es die Darstellung eines Moments wie er hervorgeht unter dem Zusammenwirken einer Anzahl von Menschen, dieser definitive Moment ist in der Ka t a strophe. Betrachten wir sie vom Standpunkt des Epischen so will sie die Unmittelbarkeit des Gegenstandes, daß der Dichter ganz zurücktritt. Die dramatische Poesie kann mehr musikalisch oder mehr episch sein. Ist also alles, was Moment sein kann im menschlichen Leben ein Gegenstand für musikalische Poesie, und jede menschliche Figur Gegenstand für die epische Poesie, so geht die Dramatische in diesen beiden auf. | Auf diese Frage geht Alles zurück. Im Allgemeinen sagten wir die freie Productivität in der Kunst überhaupt solle die Form, die dem menschlichen Geist auf ideale Weise einwohnt und zugleich in der Natur als real im Einzelnen, so darstellen, daß sie dieses innre Princip rein ausdrücke frei von den Einwirkungen fremder Principien. Welches sind nun die verschiednen Anwendungen, die man hiervon auf die Poesie gemacht hat? Die einen sagen, alle Unvollkommenheit im einzelnen menschlichen Dasein, auch die ethische, wenn das einzelne Dasein erscheint nicht rein und vollständig vom geistigen Princip durchdrungen, sondern irgendwie in der Gewalt des Leiblichen: alle diese Einwirkungen seien Einfluß fremder Principien auf diese geistig bildende Kraft der Natur. Also wenn der Dichter diesen Typus der kein andrer ist als der menschliche Geist in der Mannigfaltigkeit des einzelnen Daseins darstellen soll frei von jenen Einflüssen, so hat er nur darzustellen, völlig geistig durchgebildete Individuen, also jeden a ls s e i n e i g n e s I d e al . Umgekehrt sagen die Andern, diese Vollkommenheit sei nichts andres als die unerreichte und für die endliche Erscheinung unerreichbare Aufgabe. Der Dichter soll den Menschen darstellen in seiner Wahrheit, und jenes, was jene als störende Einwirkung erklären wollen, gehört mit zur Wa hrh eit des einz elnen L e b e n s , jenes Ideal wäre also die Unwahrheit, nun soll aber die Wahrheit dargestellt werden, i. e. auch mit den ethischen Unv ollk o m m e n h e i t e n , die eine vollständige Darstellung nicht finden. Die erste Forderung rein läßt schon das Comische gar nicht zu und würde nicht zulassen die dichterische Darstellung der gemeinen Natur, wie sich der Mensch in der Masse darstellt; denn eine so untergeordnete Masse würde dann nicht sein, wenn alles drückend und störend auf die Gesellschaft Wirkende wegfiele. Der andre Anfang würde Alles aufnehmen, sobald nur der Dichter was er darstellt als wahr erkennbar macht objectiv oder subjectiv in musikalischer Poesie. Das sind gar keine reinen Gegensätze, sondern beide Behauptungen gehen von 17 ?] .

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einem andren Punkt aus, von denen keiner zu vernachlässigen. Vom Dichter gilt allerdings was vom bildenden Künstler, da s ursp rüng lich e K u n s t w e r k i s t e i n r e i n i n n e r l i c hes in ihm und das Hera u s s t e l l e n i n d i e E r s c he i n u ng i s t s c h o n e in zw ei t er A ct , aber eben in der Poesie läßt sich dieses beides gar nicht so unterscheiden, die Differenz besteht nur in der organischen Bewegung. Beides muß aber berücksichtigt werden. Sobald der Künstler sein Innres heraustreten läßt, so will er se i ne i n nr e T h ät i gk eit in die A nd ren hinei n p f l a n z e n ; daraus sondern sich zweierlei Aufgaben. Hat der Dichter es überwiegend mit den Erscheinungen der menschlichen Natur zu thun also dem Geist in Form des Menschen und sagen wir, daß verschiedne Momente sich in ihm bilden, so ist, je mehr der Einzelne in seinem Bewußtseyn beschränkt ist, je weniger einer den andern auffassen kann, desto weniger kann er ein Dichter sein. Im bildenden Künstler müssen sich immer Gestalten bilden; so müssen im Dicht er u n a u f h ö r l i c h au s ge z e i c h n e t e M o me n te m enschl ichen D a s e i n s u n d G e s t al t u nge n d e s me n s c h l ichen G eistes sich bilden, was sich aber von der C o n t i n u i tät des A uf fa ssens nicht trennen läßt; sondern der Dichter muß ein bestimmter Beobachter des menschlichen Geistes sein. Beides muß immer in ihm leben, je mehr, desto mehr ist er ein Dichter. Das muß zusammen sein mit jener Productivität und absoluter G e w al t i n d e r S pra che. Wenn dieses das erste Moment ist, wie stellt es sich zur ersten Ansicht; kommen nun lauter idealisirte Figuren zur Darstellung? Das wird Niemand behaupten, sondern soll ein Zusammenhang sein zwischen dem wahrhaftigen Auffassen und innrem produciren, so muß der Typus von dem er ausgeht, nothwendig im geschichtlichen Gegebensein der Menschen vorhanden sein; aber in dem ist nie eine solche reine geistige Durchbildung sondern nur ein Streben darnach. Jene rein idealistische Forderung scheint aufs Größte auszugehen, ist aber vielmehr dürftig; da kann ja die Objectivität nie zum Vorschein kommen, sondern das Subjective überwiegt, daher diese Theorie immer überwiegend sich an die musikalische Seite hält, weil da die Subjectivität hervortritt. Sehen wir nun auf den zweiten Moment, so sagen wir, wenn der Dichter viel mehr als jeder andre Künstler Richtung auf das Heraustreten hat, da sie ihm in diesem nur werde (in der Sprache), so ist seine wesentlichste Forderung, daß was er herausstellt so von den andern aufgefasst werden kann, wie er es gibt. Also er muß auch produciren in ihrem Auffassen, sonst ist seine Tendenz eine leere geblieben. Sehen wir die antike | Poesie überwiegend von und für das öffentliche Leben, die moderne für das einzelne Leben, so hat dieses letztre seine Grenze darin, daß nur was auffaßbar ist, kann darstellbar sein, also die Poesie doch immer vom Gesamtbewußtseyn der Mitwelt

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ausgehen soll i. e. s i e m u ß i n d e m Umkreis der Wa hrheit des B e w u ß t s ei n s d e r j e n i ge n [ ,] f ü r w elche sie da rstellt, lieg en. Keiner kann dafür stehen, daß sein Ideal auch das der Andern ist für alle Individualisationen. Diese Forderung geht also ins Leere und völlig Unsichre hinaus. — Nur die zweite Voraussetzung wollte sich überwiegend an die Wah r h e i t halten i. e. so wie die Leser ein Kunstwerk zurückführen können auf ihre eigne Erfahrung, so sei es gut; da ist überwiegendes Zurückführen der ganzen Aufgabe auf den zweiten Moment. Dieses wollten wir in seinem ganzen Umfang verfolgen. Denke ich einen, in dem sich nur gemeine Naturen construiren wollen, aber er faßt sie in ihrer Wahrheit und stellt sie so dar; also er wolle ein Epos oder Drama aus lauter gemeinen Naturen durchführen, das würde niemand aushalten, und so wahr die einzelnen Figuren wären, nicht für Poesie halten. In einer geschichtlich größren Begebenheit müssen auch ausgezeichnete Naturen sein, daher wenn eine Darstellung lauter gemeine Naturen haben will, muß sie etwas Geringfügiges sein, also eine untergeordnete Gattung. Aber die ausgezeichnete menschliche Natur darf auch nur in ihrer Wahrheit dargestellt werden, und nur so wie sie im geschichtlichen Leben ist. Finden wir eine Richtung die Einzelnen so zu idealisiren, so finden wir uns aus der reinen Objectivität herausgesetzt in das Gefühl, es sei nicht ein wirklich Seiendes dargestellt, sondern die Richtung die der Darstellende der menschlichen Natur erst geben will und das ist nicht Poesie sondern geht über sie hinaus. Was von dieser Art ist, verweisen wir in musikalische Seite, weil es da als des Dichters Betrachtung erscheint; will er es objectiv darstellen, so wird es eine Unwahrheit. — Der Gegensatz jener zweiten Forderung entsteht also daraus, daß man je mehr man sich zur einen befreit, die andre vernachläßigt. Wenn der Dichter Ideale darstellt so stellt er nicht die Wahrheit des menschlichen Seins dar, sondern eine Richtung die er ihr geben will und das ist nicht Poesie. Was ist es dann? Es ist ein andrer aber unrichtiger Rükweg in das Philosophische, denn es ist das Ethische, die Ethik soll die Richtung aussprechen, die dem menschlichen Sein zu geben ist, aber sie kann nicht ausgesprochen werden in Form des einzelnen Seins sondern der Maxime, Regel, Allgemeinheit; und die Vermischung dieses in der Form von jenem darzustellen[,] das ist das Protonpseudos der sogenannten idealistischen Richtung. Daraus entsteht in den Figuren ein Schillern zwischen Wahrheit und Unwahrheit, Mangel an fester Begrenzung, das Nebulistische, wie Göthens PneuerlichS. Hingegen in musikalischer Poesie ist dagegen nichts einzuwenden, auch da erscheint es in doppelter Form, einerseits als Sehnsucht aus dem Wirklichen nach einem Höhren, andrerseits das Zurückstoßen des Wirklichen in seiner Unvollkommenheit. Dieses ist das Wesen der S a ty re,

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sofern es sc. ein poetisches ist. In der objectiven Seite der Poesie aber müssen immer die Grundverhältnisse der Erscheinung des menschlichen Geistes in seinen verschiednen Abstuffungen vorwalten, gebaut auf die Principien der Welt, in und für welche der Dichter darstellt. Nicht als ob er sich beschränken müsste auf das unmittelbar Vorliegende, sondern er kann die ganze Vergangenheit mit aufnehmen, dichtet aber dann nur für die im geschichtlichen Bewußtseyn Lebenden. Für die Masse aber kann er sich nur an das halten, was in ihrem Bewußtseyn liegt. Da entsteht eine Sonderung in dem Grad als daß Stände sich trennen. Dürftig war die Poesie als sie nur f ür die Höf e dichtete; auf der andren Seite sahen wir das ungeschlachte Niederschlagen f ü r d i e M as s e , wie in Bürger und noch mehr seinen Nachahmern. Je mehr die Differenz aufhört, und das geschichtliche Bewußtseyn sich verbreitet, desto mehr kann sich die Dichtung veredeln. Erst wenn ein Volk vollkommen durchgebildet ist, so daß Alles sich in unmerklichen Übergängen verliert, so daß es Einen gemeinschaftlichen Boden für das Ganze gibt, erst dann wird jener Streit sich ganz und gar aus sich selbst erledigen. Ins Einzelne könnte man nur gehen, wenn man eine eigne Vorlesung über Poesie hielte, die nun hier als das letzte am schlimmsten weggekommen ist. —

9 daß] das

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Musik.

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Der wahre QuintSextAccord (i. e. der dessen 3 und 5 und 6 in der Durscala der Prime liegen wie e, g, a zu c) wird durch den DurAccord seiner großen 2 gelöst. Da nun die 4 und 5 die einzigen Töne der Scala sind[, wo] der HauptAccord vorkomen kann: so liegt der wahre 6/5 Accord in jeder DurScala immer auf der 4 des Grundtons. Der verminderte 6/5 Accord aber (i. e. dessen sämtliche Glieder um ein PSecundumS vermindert sind) wird durch den HauptAccord der kleinen 2 gelöst und liegt in jedem Durton auf der Septime.

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Der 4/2 Accord ist der verminderte 6/5 Accord dessen Quinte im Baß liegt und wird durch den nemlichen Accord wie jener gelöst nur daß die Terz im Baß liegt; er liegt also in jedem Durton ebenfalls auf der Quarte (denn verminderte 5 der großen 7 ist = 4.) Kann aber der wahre 6/5 Accord der bei der Verwandlung in 4/2 nur eine gewöhnliche 4 giebt gar nicht so vorkommen?| Unsere Skala besteht aus 12 Intervallen so eingetheilt[:] GrundAkkord Major 4. 3. 5. Minor 3. 4. 5. QuartSext Major 5. 4. 3. Minor 5. 3. 4. SextAccord Major 4. 5. 3. Minor 3. 5. 4. Man sieht deutlich die Hauptintervalle und ihr Gesez haben die größte Analogie mit den Cäsuren der Metrik. Die Octave ist eine Einheit die nicht in gleiche Theile darf zerschnitten werden. Daraus folgt daß neben 4 welches die Analogie zu einer Dreitheilung ist das Intervall 8 (gis) nicht vorkommen darf, sondern nur 7 und 9. Daß neben 3 nicht 9 vorkommen darf, sondern nur 7 und 8. Daß das Intervall 6 (fis.) absolut nirgends vorkommen darf (man sich mit demselben gleich in einer anderen Tonart befindet) dagegen fis und PcS allerdings 18 Die Zahlen bezeichnen die Halbtonschritte, z. B. hier im Ausgang von C-Dur (Major): 4 (von c bis e), 3 (von e bis g), 5 (von g bis c).

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vorkommen darf aber nur PwoS PesS aus aufsteigend und mit zwischengelegtem a und dies ist aber der Grund des SextAccords. Die herrschenden Intervalle sind also 3, 4, 5, 7, 8, 9, 12. Von den zwischenliegenden sind nur 2, 10, 11 durchgehende Noten, 6 ist unerlaubt und 1 ebenfalls weil es mit Quinte 1/2 mit Terz 1/3 mit Sext 2/3 Octave macht.

2 SextAccords.] folgt ))Alle**

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[Notiz zu einem Trauerlied]

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Man kann aus dem Grundton in die Quinte übergehn indem man vorher die große Septime der Quinte mit dem PGS-Accord des Grundtons sezt. Vorher geht in dem Beispiel welches ich vor mir habe die große Septime der Quinte oder die Quarte des Grundtons mit ihrer Sexte. Der Rückgang wird gemacht durch die große Septime des Grundtons und ihrer kleinen Sexte. Es wird übergegangen in den Durton der dem zum Grundton gehörigen Mollton gleichnamig ist indem auf die Quinte des Grundtons (welche von der Septime und Quinte und dann von der Quarte und Sexte begleitet) die große Septime dieses Durtons folgt mit ihrer Secunde und Quarte begleitet, die aber durch den Nachschlag des Unisono aufgelöst wird. Dann komt der Durton selbst (welcher die Sexte des Grundtons ist mit seinem Accord[).] Aus: Wie sie so sanft ruhn.

4 Wie aus der Quellenangabe am Ende der Notiz hervorgeht, handelt es sich um das Grab- bzw. Trauerlied „Wie sie so sanft ruhn“ (1787). Das Lied wurde von Friedrich Burchard Beneken komponiert, die Textvorlage existiert in verschiedenen Varianten verschiedener Autoren; zur Zeit Schleiermachers war die Version von Cornelius August Stockmann verbreitet.

[Notiz zur Ästhetik von Bouterwek] 326

Aesthetik von Bouterwek Göttingen Vandenhoeck 1815 2 Bände. Der Kunstsinn ist auch ein Naturschönes, denn der Typus des Kunstwerks ist ein natürlich gewordener. Alles ist schön nur insofern es die Vollkommenheit der Idee in der Erscheinung darstellt Das Erhabene tritt nicht dem Schönen gegenüber, sondern nur dem niedlichen. Beides sind Grenzpunkte, Approximationen zu Zwerg und Riese in den Grenzen des Schönen. Das Interessante ist deswegen nicht schön weil es den Gegenstand in äußerer Beziehung betrachtet und also aus dem Wesen desselben herausgeht. Das Edle ästhetisch hat nichts mit der Größe gemein. Das Niedliche kann auch edel sein. Das Edle ist immer in dem richtigen Verhältnis der jeder Erscheinung unentbehrlichen Zufälligkeiten zum wesentlichen. Kann das komische getheilt werden, wie Recensent thut in das Aesthetisch Lächerliche und das ästhetisch scherzhafte. Laune, Humor, Spott, Scherz, Lächerliches pp sind nur Gegenstände welche schön sein können. Ihre Definition gehört nicht mehr als die aller Naturerscheinungen und Gegenstände in die Aesthetik; nur sofern sie nothwendig sind um das PMaaßS für das aesthetische darin zu finden.

2 Hierbei handelt es sich um die zweite umgearbeitete Auflage von Friedrich Bouterweks „Aesthetik“ (die erste erschien 1806). Laut Auskunft seines Tageskalenders 1825 besorgte sich Schleiermacher diese Ausgabe über seinen Freund und Verleger Georg Reimer: „Bei Reimer den 9ten April bestellt Bouterweck Aesthetik.“ Vgl. Friedrich Bouterwek: Ästhetik, 2. Auflage, 2 Bde., Göttingen 1815. Schleiermacher: Tageskalender 1825, erarbeitet von Elisabeth Blumrich, in: schleiermacher digital / Schleiermachers Tageskalender 1808–1834, hg. v. Elisabeth Blumrich, Christiane Hackel, Wolfgang Virmond, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin, URL: https://schleiermacher-digital.de/tageskalender/index.xql (abgerufen 23.06.2020). 17–18 Da Schleiermacher in seiner Ästhetik diese Einteilung des Komischen nicht dezidiert trifft (obwohl das Scherzhafte und Lächerliche darin vorkommen), dürfte mit „Recensent“ eine Person gemeint sein, deren Rezension Schleiermacher hier exzerpiert und kommentiert haben dürfte. Da die fragliche Einteilung des Komischen etwa bereits bei Gottfried August Bürger vorkommt und in der Poetologie dieser Zeit häufig vorzufinden ist, konnte eine entsprechende Rezension nicht nachgewiesen werden. Vgl. etwa G. A. Bürger: Lehrbuch der Ästhetik, hg. v. Karl v. Reinhard, 2. Bd., Berlin 1825, S. 206.

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[Notizen zur dritten Akademieabhandlung „Über den Umfang des Begriffs der Kunst in Bezug auf die Theorie derselben“] 5

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Revision des bisherigen. Die Zurückführung auf das kunstlose unmittelbar aus der Erregung entstehende ist also nicht die abduction der Kunst aus der Begeisterung sondern das kunstlose ist nur ein der Kunst vorher gegebenes. Hernach wird auch gewissermaßen die Begeisterung mit der vorbildenden Besinnung identificirt. Was wäre nun aber auch das kunstlose zur Poesie? Die festlichen Zeiten werden auf angesammelte Erregungsmomente reducirt; dasselbe läßt sich dann auch wol von der Poesie sagen und motivirt dann den Inhalt der Erfindungen. Diese Triplicität von Erregung Vorbildung und Ausführung wäre also allerdings ein gemeinsames für alle Künste. Die erste Abhandlung schließt mit der Aufgabe den Ursprung der KunstSpecialität zwischen der Erregung und der Vorbildung aufzusuchen. Die zweite fängt an mit der Zurückführung auf Selbstdarstellung, wonach auch das ganze Leben als Kunstwerk aufgefaßt ist. Die eigentliche Kunst steht zwischen diesem und dem kunstlosen Ausdruck. Nun aber ist Selbstdarstellung in allen Künsten und Erschöpfung derselben durch alle Künste nachzuweisen. Ton fällt weder als eine Species in B e w e g u ng hinein, das eigenthümliche Sein giebt sich aber kund auch in der G e s t al t P S Gestaltbildung nach außen hin in dieser Tendenz. Auch die Wahl der Umgebung gehört da hin. Endlich kommt das Ueberschlagen von To n und Bew eg un g in der R e d e (nachdem schon die Bewegung auch als die Selbstthätigkeit begleitend nicht bloß auf die Affection reagirend) Der Gehalt der Rede ist aber hiebei nur Erschöpfung der innren Aufregung gänzliche Sonderung vom Wissen und Geschäft. Aber auch die Gestaltbildung schlägt in Rede um PnichtsS logisches. Aber der Ausdrukk daß die Poesie ganz der musikalischen Seite der Sprache angehöre ist doch mißverständlich 19 aufgefaßt] korr. aus anzusehen

27 auch] korr. aus noch

15–17 Vgl. Schleiermachers erste Akademieabhandlung „Über den Umfang des Begriffs der Kunst in Bezug auf die Theorie derselben“ (gehalten am 11. August 1831), KGA I/11, S. 725–742 (SW III/3, S. 181–198) 18–19 Vgl. Schleiermachers zweite Akademieabhandlung „Über den Umfang des Begriffs der Kunst in Bezug auf die Theorie derselben“ (gehalten am 2. August 1832), KGA I/11, S. 769–786 (SW III/3, S. 199–218)

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(Die Deduction der Gesamtheit der Kunstgebiete daraus daß es nicht mehr unmittelbare Aeußerungen gebe, scheint falsch nachdem gesagt worden, daß wenn die unmittelbare Aeußerung in Kunst übergehe die Kunstthätigkeit dann in dem bewegten Subject schon sein müsse. Als gemeinsam bleibt also nur der Aeußerungstrieb, aber welches PimmerS durch die Kunst geäußert wird, das fehlt noch) Aufhebung des Gegensazes zwischen Künstler und Nichtkünstler. Das Publicum gehört auch zu den Künstlern. Daß die besondere Begeisterung der Künstler nicht die Begeisterung für den ethischen Werth der Gegenstände ist (Das Gestaltbilden kann doch nicht als unmittelbarer Ausdruck des Individuums angesehen werden, am wenigsten abgesehn vom Gegenstand) Zuerst wird bei der Poesie noch von einem pittoresken und plastischen in der Sprache neben dem musikalischen gesprochen. | In den [einzelnen Künsten] angefangen von der Kunst welche den wenigsten Apparat bedarf und am menschlichen Leibe selbst vollbracht wird, da wo es leicht Verwandschaften mit kunstlosem zu finden und zugleich die Unterscheidung beider zu fixiren An dem was sonst regellos von selbst geschieht bringt es Maaß hervor und Regel, und damit war ein allgemeines Merkmal gefunden und zugleich die Kunst an einen Zustand gebunden mit dem sie sich immer zusammenfindet. Denn wo eine höhere Aufregung mangelt da bringt das Streben nach Maaß nur Mechanismus hervor. 2 Aber dieses gab zugleich das Mittel die Production von dem Moment der Erregung zu lösen und sonst würde keine Art die Kunst zu üben sich hiernach erklären lassen. 3 Die drei Momente aber, das Erregtsein nach einer gewissen Seite hin als künstlerische Grundstimmung alsdann die innere Vorbildung welche zugleich das materiale und das Maaß enthält, Thema und Takt, Umriß und Beleuchtungscharakter, Fabel und Eintheilung im allgemeinen enthält zulezt die Ausführung sind etwas aller Kunst gemeinsames 4 Die lezten beiden gehören schon zu dem nach außen treten das erste ist ein rein inneres und alle Kunst wurde somit auf Selbstmanifestation zurükgeführt. 5 Und wenn nun die durch die tiefere Erregung bedingte starke Richtung bereits das gemeinsame aller Künstler war: so war der Cyclus aller Künste dadurch bestimmt daß es keine andern Manifestationsarten gebe als Ton und Bewegung und an beides anknüpfend Gestaltbildung und Rede. Was aber nicht gehörig heraustreten konnte 16–24 In … hervor.] Erledigungsvermerk

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das war wie diese beiden lezten als Selbstmanifestationen können angesehen werden in demselben Sinne wie Ton und Bewegung, und wie beide ihren hohen Rang behaupten können wenn die Production nur bestimmt sein soll durch die Begeisterung des einen von der lebendigen Gestalt und des andern von der Sprache ohne daß der ethische Werth des dargestellten mit in Anschlag komme. 6 Das Vorurtheil welches über den lezten Punkt geherrscht hat ist zwar schon lange beseitigt und wir haben | gelernt der Meisterschaft des Künstlers zu huldigen auch wo das dargestellte selbst uns kein sittliches Wohlgefallen ablockt. Allein dies mußte hier doch gesagt werden. Daß aber nun leicht geglaubt werden kann was die Rede behandelt und worin die gestaltbildende Richtung sich ergehe sei ganz gleichgültig für das Wesen der Kunst und bedinge höchstens eine größere oder geringere Vollkommenheit derselben, wiewol auch das nicht einmal bestimt ausgesprochen war, dies beides bedarf noch einer Erörterung. Es ist aber natürlich, da niemand die Mimik der Poesie gleichstellen wird als welche der Gipfel aller Kunst ist, daß diese nicht ganz ans Licht komen konte wo von jener ausgegangen war, und wir werden nicht besser thun als nun das Verfahren umzukehren und von den Künsten welche es mit Gestaltbildung und Rede zu thun haben ausgehen, und wenn wir dann die Ergebnisse beider Wege in einander bauen wird sich das ganze vollenden. Damit hängt zusammen daß wir nicht mit dem Epigramm sondern der Tragödie nicht mit der Arabeske sondern mit dem historischen Gemälde anfangen werden Es sind beinahe soviel Menschen auf diesem Wege gemacht worden als Töne durch die Musik poetische Personen Statuen und Bilder abgesehen noch alle die Stücke wo die Begebenheiten hervortreten und die Figuren zurück. Was ist hier das sich manifestirende innere. Gestaltbildung ist auch dieses in Wechselwirkung gesezt wie in der Malerei und wie die Lichtreflexe so sind die Reflexe des Gesamtlebens auf den Personen Wollten wir sagen eben das innere Gestaltbilden sei das sich manifestirende: so gehn wir im Kreise herum. Wollten wir aber die Manifestation auf solche Momente der Persönlichkeit beziehn wie wodurch das kunstlose in Mimik und Musik bedingt ist: so würden wir ins leere fechten. Nur das unbedeutendste, Epigramm poetische Epistel p 5 daß] das

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ließe sich darauf zurükführen Aber woher das andere

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Anhang

moderne Elegie lyrisches allenfalls.

Da sich nun dieses auch auf Gestaltbildung reduciren läßt so ist beides auf gleiche Weise zu erklären, als gesehenes und vorgestelltes | als Erzeugung und als Correctur. Was hier das sich manifestirende innere ist das ist die Richtung auf die Subsumtion unter die allgemeinen Formen Die einzelnen Dinge oder Personen sollen diese erschöpfen aber auch aus ihnen rein begriffen werden können. Aber massenweise finden Einseitigkeiten statt, welche die Seele zu erzeugen strebt. Daher auch Dichtungen wie Centauren Elfen Pygmäen welche Wahrheit haben in diesem Sinne bis man entdeckt daß die Stellen anders ausgefüllt sind Aber eben so selten kommen die einzelnen Erscheinungen richtig heraus sondern durch nachtheilige äußere Einflüsse alterirt was giebt der Personbildung des Dichters und der Gestaltbildung des Malers die Regel Freilich gilt dies nur für die Elemente aber die Composition treibt von diesen in ein (wegen Maaß und Regel abgeschlossenes) Ganze des gemeinsamen Lebens hinein Auch die Mimik hat dieselbe Tendenz der Künstler möchte eigentlich für jeden die Gebehrden machen in jedem

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Das Verhältniß des antiken dramatischen Dichters zum Mimiker ist dasselbe wie des lyrischen zum Musiker im Vergleich mit dem modernen Mithin läßt sich alles auf Rede und Bewegung zurükführen. Gesang und Mimik durchdringen einander

Poesie

4–5 als … Correctur.] Der Text der Manuskriptseite 17 ist auf den umgefalzten rechten Rand geschrieben, der linke Teil der Seite ist unbeschrieben. 22 dramatischen] über der Zeile 22 ist] korr. aus P S

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Notizen zur dritten Akademieabhandlung

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Die Mahlerei ist alles dieses stumm. Statt der Musik hat sie die Farben und Lichttöne

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Es fragt sich ob der Aufschrift gemäß sei das was wir im engern Sinn Kunst nennen von einem andern getrennt und in sich zusammenhängend als ein Ganzes dargestellt sei so daß auch nichts außengelassen ist was in denselben Kreis gehört. Dies ist nicht nach Art eines compendia|rischen Aufsazes geschehen es liegt aber in den beiden Säzen daß alle Kunst Selbstmanifestation des Künstlers ist. Denn dadurch ist alles mechanische p ausgeschlossen. Der Raum bleibt freilich für das nicht durch den Zweck bestimmte aber hierauf mit einzugehen hätte mehr Raum erfordert. Und wie anderwärts der Ausdruck Kunst als Lebenskunst p noch gebraucht wird das ist durch die Nebenbestimmungen jenes Sazes ebenfalls ausgeschlossen mithin die Kunst im eigentlichen Sinn in sich selbst abgegrenzt. Der andere Saz daß es keine andere Art der SelbstManifestation giebt als durch Bewegung und Ton Gestaltbildung und Rede zeigt nun zugleich daß es keine andern Künste geben kann als die angeführten. Denn wenn unter der Gestaltbildung nur Bildnerei und Malerei aufgeführt sind so ist doch die Architectur wenigstens angedeutet und von der Gartenkunst sagt sich jeder selbst daß sie im einen Styl lebendige Landschaft ist und im andern Architectur aus P S. Hat aber einer Lust an PPossenS so muß er sie unter die Mimik subsumiren. Dasselbe gilt von dem was in wissenschaftlichen Werken Kunst ist, wiewol hier die Selbstmanifestation schon stärker hervorbricht Nur das scheint noch zu fehlen ob auch das Verhältniß der Hervorbringung zu dem ursprünglichen Impuls in allen diesen Künsten dasselbe sei. Denn es kann sich PsonderbarS ausnehmen wenn das Sprechen wie das Tönen sein soll und wo einer auf dieselbe Weise vom Sprechen begeistert sei ein Dichtwerk entstehe Als ob dieses aus Phrasendrehen werden könne und der Inhalt ganz gleichgültig sei confer 5

4 getrennt] folgt )ist* 7–23 Dies … subsumiren.] Absatz durchgestrichen (Erledigungsvermerk) 23 subsumiren] korr. aus subsumirt 24–25 Dasselbe … hervorbricht] am linken Rand 30 entstehe] korr. aus aus 1 Wohl Anspielung auf die antike Analogie, die Malerei sei wie eine stumme Dichtkunst; vgl. dazu Schleiermachers Notizen zur Ästhetik I, S. 5,2. 32 Vgl. oben den 5. Absatz, S. 920,37–6

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Anhang

Der Saz der Unabhängigkeit des Kunstwerthes vom intellectuellen Werth des Gegenstandes ist nothwendig um den kleinen Gattungen ihren Plaz zu sichern; aber scheint freilich so gelassen daß auch der Unterschied zwischen beiden aufgehoben wird. Es giebt ein pittoreskes in der Mimik, nemlich das stumme Spiel, der Reflex von den Affectionen und Bewegungen der Andern Die Mimik geht nicht von der eignen Bewegung aus wie es die Poesie PnunmahlS kann, weshalb auch nicht nöthig ist ein eben solches Kunstloses nachzuweisen welches als Ausdruck eines momentanen Zustandes unter Maaß gebracht dann Poesie würde Der Mimiker möchte immer für Alle die Gebehrden machen, andren geht es ganz vorbei, ein Volk mehr eins weniger. Die Erregung ist also die Selbstthätigkeit des Ausdruks

1–4 Der … wird.] am linken Rand, Absatz durchgestrichen (Erledigungsvermerk) 3 ihren] folgt )PMaßS*

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Abkürzungen ABBAW ÄLo ÄOd cet GW Kant AA KAV KdU KFSA KGA KpV KrV p SB sc Schelling AA Schelling KN Schelling PhB SN SW WA

Archiv der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften F. Schleiermacher: Vorlesungen über die Ästhetik, hg. v. Carl Lommatzsch, Berlin 1842 (SW III/7) Friedrich Schleiermachers Ästhetik, hg. v. Rudolf Odebrecht, Berlin und Leipzig 1931 et cetera Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Gesammelte Werke Akademieausgabe von Kants Gesammelten Schriften August Wilhelm Schlegel: Kritische Ausgabe der Vorlesungen Immanuel Kant: Kritik der Urteilskraft Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe F. Schleiermacher: Kritische Gesamtausgabe Immanuel Kant: Kritik der praktischen Vernunft Immanuel Kant: Kritik der reinen Vernunft perge Schleiermachers Bibliothek nach den Angaben des Rauchschen Auktionskatalogs scilicet Akademieausgabe von Schellings Werken Friedrich Wilhelm Joseph Schelling: Über das Verhältnis der bildenden Künste zu der Natur, in: ders.: Philosophische Schriften, Bd. 1 (1809) Friedrich Wilhelm Joseph Schelling: Über das Verhältnis der bildenden Künste zu der Natur (Ausgabe von 1983) Schleiermacher-Nachlass F. Schleiermacher: Sämmtliche Werke Weimarer Ausgabe von Johann Wolfgang von Goethes Werken

Editorische Zeichen QR [] [] [...] )* )) ** | ] Kursivschrift Sperrdruck

unsichere Lesart Ergänzung der Herausgeber im Text: Überlieferungsverlust im Text: Auslassung früherer Herausgeber oder Abschreiber Streichung versehentliche nicht durchgeführte Streichung Seitenwechsel Lemmazeichen Herausgeberrede Hervorhebung im Original

Chiffren in den Manuskripten und ihre Auflösung = 0 1, 2 usw. 1te, 2te usw. e (lateinisch) f einfach durchstrichen J100 ll einfach durchstrichen ô s (langes) einfach durchstrichen s (langes) doppelt durchstrichen s (Schluss-) einfach durchstrichen ss (langes) einfach durchstrichen ß einfach durchstrichen t einfach durchstrichen x Xth

gleich Null ein, zwei usw. erste, zweite usw. und auf Jahrhundert will nicht sich selbst aus müssen muß mit christ, Christ Christenthum

Literatur Das Literaturverzeichnis enthält die in den Texten sowie in den Apparaten und der Einleitung des Bandherausgebers genannten Schriften. Schriften klassischer Autoren (z. B. Platon, Aristoteles usw.) sind nur aufgenommen, wenn dort auf eine bestimmte Ausgabe Bezug genommen wird. Folgende Grundsätze sind zudem zu beachten: 1. Die Verfasser- und Ortsnamen werden in der heute gebräuchlichen Schreibweise angegeben. 2. Ausführliche Titel werden in einer sinnvollen Kurzfassung wiedergegeben, die nicht als solche gekennzeichnet wird. 3. Werden zu einem Verfasser mehrere Titel genannt, so bestimmt sich deren Abfolge nach Gesamtausgaben, Teilausgaben und Einzeltiteln. Gesamtausgaben und Teilausgaben werden chronologisch, Einzeltitel alphabetisch angeordnet; bei letzteren ist das erste Wort unter Übergehung des Artikels maßgebend. 4. Bei anonym erschienenen Werken wird der Verfasser in eckige Klammern gesetzt. 5. Für die Ordnung der Sachtitel ist die gegebene Wortfolge unter Übergehung eines am Anfang stehenden Artikels maßgebend. 6. Bei denjenigen Werken, die im Verzeichnis der Bibliothek Schleiermachers zu finden sind, wird nach den bibliographischen Angaben in eckigen Klammern die Ausgabe „SB“ (siehe: Günter Meckenstock: Schleiermachers Bibliothek nach den Angaben des Rauchschen Auktionskatalogs und der Hauptbücher des Verlages G. Reimer, 2. Auflage in: KGA I/15, S. 651–912) mit den jeweiligen Katalognummern ergänzt.

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Abaelard, Petrus: Briefwechsel zwischen Abaelard und Heloise mit der Leidensgeschichte Abaelards, aus dem Lateinischen übersetzt und eingeleitet von Dr. P. Baumgärtner, Leipzig 1893 Adelung, Johann Christoph: Ueber den Deutschen Styl, Berlin 1785 Allgemeine Enzyklopädie der Wissenschaften und Künste, hg. v. Johann Samuel Ersch und Johann Gottfried Gruber, 7. Teil, Leipzig 1821

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Verzeichnisse

Ariosto, Ludovico: Der rasende Roland (orig.: Orlando furioso), Ferrera 1516 Arndt, Andreas und Wolfgang Virmond: „Rez. Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher: Ästhetik (1819/25). Über den Begriff der Kunst (1831/32), hg. v. Thomas Lehnerer, Hamburg 1984“, in: New Athenaeum / Neues Athenaeum 2, 1991, S. 190–196 —: Schleiermachers Briefwechsel (Verzeichnis). Nebst einer Liste seiner Vorlesungen, Berlin / New York 1992 (Schleiermacher-Archiv, Bd. 11) Arndt, Andreas: „Eine literarische Ehe. Schleiermachers Wohngemeinschaft mit Friedrich Schlegel“, in: ders.: Schleiermacher als Philosoph, Berlin / Boston 2013, S. 31–41 Ast, Friedrich: Grundlinien der Aesthetik, Landshut 1813 [SB 96] Athenaeum. Eine Zeitschrift von August Wilhelm Schlegel und Friedrich Schlegel, Bd. 1–3, Berlin 1798–1800 Batteux, Charles: Einschränkung der schönen Künste auf einen einzigen Grundsatz, übersetzt und erläutert von J. A. Schlegel, Leipzig 1770 (orig.: Les beaux-arts réduits à un même principe, Paris 1746) Baumgarten, Alexander Gottlieb: Aesthetica, Frankfurt (Oder) 1750/58 —: Metaphysik, übers. v. Georg Friedrich Meier, hg. v. Johann August Eberhard. Neue vermehrte Auflage, Halle 1783 Behler, Ernst: „Schellings Ästhetik in der Überlieferung von Henry Crabb Robinson“, in: Philosophisches Jahrbuch 63, München 1976, S. 133–176 Birkner, Hans-Joachim: „Die Kritische Schleiermacher-Ausgabe zusammen mit ihren Vorläufern vorgestellt“, in: ders.: Schleiermacher-Studien, eingeleitet u. hg. v. Hermann Fischer, Berlin / New York 1996 Bodmer, Johann Jakob: Der Noah. In zwölf Gesängen, Zürich 1752 Börsch-Supan, Helmut (Bearb.): Die Kataloge der Berliner AkademieAusstellungen 1786–1850, Bd. 2: XXVII. Kunstausstellung der Königlichen Akademie der Künste Berlin 1832, Berlin 1971 Bouterwek, Friedrich Ludwig: Aesthetik, Göttingen 1815 [SB 331] Bratuscheck, Ernst: Adolf Trendelenburg, Berlin 1873 Bürger, Gottfried August: Lehrbuch der Ästhetik, 2. Bd., hg. v. Karl von Reinhard, Berlin 1825 Burke, Edmund: A philosophical enquiry into the origin of our ideas of the sublime and beautiful, London 1757

Literatur

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Calderon de la Barca, Pedro: Schauspiele, übersetzt von Johann Diederich Gries, Bd. 1–8, Berlin 1815(–1842) [SB 2283] —: Spanisches Theater, hg. und übersetzt von August Wilhelm Schlegel, Bd. 1, Berlin 1803 (Bd. 2, Berlin 1809) Cicero, Marcus Tullius: De legibus. Paradoxa Stoicorum. Lateinisch – Deutsch, hg. und übersetzt von Rainer Nickel, München / Zürich 1994 Creuzer, Friedrich: Symbolik und Mythologie der alten Völker, besonders der Griechen, Leipzig 1810–1812 [SB 482] Croce, Benedetto: Aesthetik als Wissenschaft des Ausdrucks und allgemeine Linguistik. Theorie und Geschichte, nach der zweiten durchgesehenen Auflage aus dem Italienischen übersetzt von Karl Federn, Leipzig 1905 —: „L’esthétique de Schleiermacher“, in: Revue de métaphysique et de morale, Nr. 41, Paris 1934, S. 327–341 Dahlhaus, Carl (Hg.): Studien zur Musikgeschichte Berlins im frühen 19. Jahrhundert, Regensburg 1980 Danzel, Wilhelm: „Rez. Vorlesungen über die Ästhetik. Aus Schleiermachers handschriftlichem Nachlasse und aus nachgeschriebenen Heften, hg. v. Karl Lommatzsch, Berlin 1842“, in: Neue Jenaische Allgemeine Literatur-Zeitung, 3. Jg., Nr. 40, 15. Februar 1844 sowie Nr. 41, 16. Februar 1844 Dierken, Jörg: „Darstellung – Ausdruck – Spiel. Zweckfreies Handeln und seine sittlichen Formen bei Schleiermacher“, in: Ch. Polke, M. Firchow und Ch. Seibert (Hg.): Kultur als Spiel. Philosophisch-theologische Variationen, Leipzig 2019, S. 85–99 Dilthey, Wilhelm: Leben Schleiermachers, 2. Bd.: Schleiermachers System als Philosophie und Theologie, aus dem Nachlass von W. Dilthey, hg. v. Martin Redeker, Göttingen 1966 Eberhard, Johann August: Theorie der schönen Wissenschaften, Halle 1786 (2. Auflage) —: Theorie der schönen Künste und Wissenschaften, Halle 1790 (3. Auflage) —: Handbuch der Aesthetik, für gebildete Leser aus allen Ständen. In Briefen, 4 Bde., Halle 1803–1805 Engel, Johann Jakob: Ideen zu einer Mimik (2 Teile), Berlin 1785–86 Europa: eine Zeitschrift, hg. v. Friedrich Schlegel, Frankfurt am Main 1803–1805 [SB 635] Falkenhagen, Annabel: „Sinnesempfindung und Gemütsbewegung. Zum Konzept der ‚empfindlichen Lust‘ in der Poetik Bodmers

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Verzeichnisse

und Breitingers mit Blick auf ihr Verhältnis zur Empfindsamkeit“, in: Elisabeth Décultot und Gerhard Lauer (Hg.): Kunst und Empfindung. Zur Genealogie einer kunsttheoretischen Fragestellung in Deutschland und Frankreich im 18. Jahrhundert, Heidelberg 2012, S. 37–66 Fichte, Johann Gottlieb: Gesamtausgabe der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, hg. v. Erich Fuchs, Hans Gliwitzky, Reinhard Lauth und Peter K. Schneider, Stuttgart-Bad Canstatt 1962–2011 —: Das System der Sittenlehre nach den Principien der Wissenschaftslehre, Jena und Leipzig 1798 [SB 672] —: Grundlage der gesammten Wissenschaftslehre als Handschrift für seine Zuhörer, Jena und Leipzig 1794/95 [SB 666] Flaxman, John: Umrisse zu Homers Iliade, nach dem englischen Originale gezeichnet und gestochen von Schnorr, Leipzig 1804 [SB 684] Fülleborn, Georg Gustav: Beyträge zur Geschichte der Philosophie, Jena 1791 [SB 161] Die Fragmente der Vorsokratiker. Griechisch und Deutsch von Hermann Diels, hg. v. Walther Kranz, 3 Bde., Berlin 1906 Fuhrmann, Manfred: „Nachwort“, in: Aristoteles: Poetik, übersetzt und hg. v. Manfred Fuhrmann, Stuttgart 1982, S. 144–178 Gebetbuch Kaiser Maximilians I., Augsburg 1513 Gerber, Simon: Schleiermachers Kirchengeschichte, Tübingen 2015 [Gessner, Salomon]: Idyllen, Zürich 1756 Goethe, Johann Wolfgang: Werke, Bd. 1–13, Tübingen 1806–1810 [SB 2353] —: Werke, hg. im Auftrage der Großherzogin Sophie von Sachsen, Weimar 1887–1919 —: Werke, Kommentare und Register, Bd. 1, Gedichte und Epen 1, Hamburg 1982, S. 144–178 —: Achilleis, Tübingen 1808 —: Diderots Versuch über die Mahlerey, übersetzt und mit Anmerkungen begleitet, in: ders. (Hg.): Propyläen. Eine periodische Schrift, Tübingen 1999, 1. Bd., 2. St., S. 1–44 und 2. Bd., 1. St., S. 4–47 —: Hermann und Dorothea, Berlin 1798 —: Die Leiden des jungen Werthers, Leipzig 1774 —: Propyläen. Eine periodische Schrift, 1. Bd., 1. St., Tübingen 1798, S. III–XLV —: Reineke Fuchs, Berlin 1794 —: Torquarto Tasso, Leipzig 1790

Literatur

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—: Ueber Kunst und Alterthum in den Rhein- und Mayn Gegenden, Bd. 1, Stuttgart 1816 [SB 2358] —: Venezianische Epigramme, 1790, in: Friedrich Schiller (Hg.): Musen-Almanach für das Jahr 1796, Neustrelitz 1796, S. 205–260 —: Von Arabesken, in: Christoph Martin Wieland (Hg.): Der Teutsche Merkur, Weimar 1789, 1. Bd., Februar, S. 120–126 [—]: Von deutscher Baukunst, Frankfurt am Main 1772 —: Wahlverwandtschaften, Tübingen 1809 —: Zur Morphologie, Bd. 1, in: ders: Werke, Stuttgart / Tübingen 1817 [SB 2360] Gottsched, Johann Christoph: Ausgewählte Werke, hg. v. Joachim Birke und P. M. Mitchell, 12 Bde., Berlin / New York, 1968– 1987 (AW) —: Versuch einer Critischen Dichtkunst vor die Deutschen, Leipzig 1730 —: Versuch einer Critischen Dichtkunst vor die Deutschen, 4. sehr vermehrte Auflage, Leipzig 1751 (AW 6,2) Grove, Peter: Deutungen des Subjekts: Schleiermachers Philosophie der Religion, Berlin / New York 2004 —: „Der Grundton aller unserer Gefühle. Schleiermachers Begriff der Stimmung“, in: Der Mensch und seine Seele. Bildung – Frömmigkeit – Ästhetik, Akten des Internationalen Kongresses der Schleiermacher-Gesellschaft in Münster, September 2015, hg. v. Arnulf von Scheliha und Jörg Dierken, Berlin / Boston 2017, S. 533–552 Hahn, Oliver: „Röntgenfluoreszenzanalyse der Schreibmaterialien Friedrich Schleiermachers“, in: KGA II/12, hg. v. Jens Beljan, Christiane Ehrhardt, Dorothea Meier, Wolfgang Virmond, und Michael Winkler, Berlin / Boston 2017, Anhang, S. 889–894 Hartmann, Eduard von: Die deutsche Aesthetik seit Kant. Erster historisch-kritischer Teil, in: Eduard von Hartmanns Ausgewählte Werke, zweite Ausgabe, Bd. III: Aesthetik, Leipzig 1886 Höffe, Otfried: „Vier Kapitel einer Wirkungsgeschichte der Politeia“, in: ders. (Hg.): Platon: Politeia, Berlin 1997, S. 333–361 Homer: Werke, übersetzt von Johann Heinrich Voß, Bd. 1–4, Altona 1793 —: Ilias (gr.), hg. v. Friedrich August Wolf, Halle 1785 [SB 932] —: Ilias und Odyssee, mit Zeichnungen von John Flaxman und einer kunsthistorischen Einleitung von Anja Grebe, Darmstadt 2013 Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Gesammelte Werke, in Verbindung mit der Deutschen Forschungsgemeinschaft herausgegeben von

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Verzeichnisse

der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste, Hamburg 1968 ff. (GW) —: Encyclopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse. Zum Gebrauch seiner Vorlesungen, Heidelberg 1817 [SB 855] —: Encyclopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse. Zum Gebrauch seiner Vorlesungen. Zweite Ausgabe, Heidelberg 1827 [SB 856] —: Encyclopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse. Zum Gebrauch seiner Vorlesungen. Dritte Ausgabe, Heidelberg 1830 —: Glauben und Wissen, in: Kritisches Journal der Philosophie 2, hg. v. G. W. F. Hegel und F. W. J. Schelling, Tübingen 1802, 1. Stück, S. 134–137 —: Vorlesungen über die Philosophie der Kunst. Nachschriften zum Kolleg der Jahre 1820/21 und 1823, hg. v. Niklas Hebing, Hamburg 2015 (GW 28,1) —: Vorlesungen über die Philosophie der Kunst. Nachschriften zum Kolleg des Jahres 1826, hg. v. Walter Jaeschke und Niklas Hebing, Hamburg 2018 (GW 28,2) Heidelbergische Jahrbücher (der Literatur), Heidelberg 1808–1872 Heinrici, Carl Friedrich Georg (Hg.): D. August Twesten nach Tagebüchern und Briefen, Berlin 1889 Heinroth, Johann Christian August: Lehrbuch der Störungen des Seelenlebens oder der Seelenstörungen und ihrer Behandlung, Leipzig 1818 Herder, Johann Gottfried: Plastik. Einige Wahrnehmungen über Form und Gehalt aus Pygmalions bildendem Traume, Riga 1778 —: Kalligone. Vom Angenehmen und Schönen, Leipzig 1800 Hirt, Aloys: Versuch über das Kunstschöne, in: Die Horen, 7. Stück, hg. v. Friedrich Schiller, Tübingen 1797, S. 1–37 Jaeschke, Walter und Andreas Arndt: Die Klassische Deutsche Philosophie nach Kant. Systeme der reinen Vernunft und ihre Kritik (1785–1845), München 2012 Jaeschke, Walter: Hegel-Handbuch. Leben – Werk – Schule, Stuttgart 2016 (3. Auflage) Jenaische Allgemeine Literatur-Zeitung (JALZ), Jena 1804–1841 Käfer, Anne: „Die wahre Ausübung der Kunst ist religiös“. Schleiermachers Ästhetik im Kontext der zeitgenössischen Entwürfe Kants, Schillers und Friedrich Schlegels, Tübingen 2006 Kant, Immanuel: Gesammelte Werke, hg. von der (Königlich) Preußischen Akademie der Wissenschaften u. a., Berlin 1900 ff.

Literatur

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—: Anthropologie in pragmatischer Absicht abgefaßt, Königsberg 1798 —: Beobachtungen über das Gefühl des Schönen und Erhabenen, Riga 1771 [SB 1016] —: Critik der praktischen Vernunft, Riga 1788 [SB 1017] —: Critik der reinen Vernunft, Riga 1781 —: Kritik der reinen Vernunft. Zweyte hin und wieder verbesserte Auflage, Riga 1787 —: Critik der reinen Vernunft, Leipzig 1799 (5. Auflage) [SB 1018] —: Critik der Urtheilskraft, Berlin und Libau 1790 —: Critik der Urtheilskraft. Zweyte Auflage, Berlin 1793 [SB 1021] —: Die Metaphysik der Sitten, Königsberg 1797 [SB 1023] —: Versuch den Begriff der negativen Größen in die Weltweisheit einzuführen, Königsberg 1763 Kasper, Norman: „Ontologischer Sensualismus als Restitution der sinnlichen Erkenntnis und dessen Kritik. Zweierlei Begründung der seelischen Empfindung durch die Sichtbarkeit (Eberhard und A. W. Schlegel)“, in: Hans-Joachim Kertscher und Ernst Stöckmann (Hg.): Ein Antipode Kants? Johann August Eberhard im Spannungsfeld von spätaufklärerischer Philosophie und Theologie, Berlin / New York 2012, S. 225–250 Kelm, Holden: „Schleiermachers Vorlesungseditionen im historischen Vergleich“, in: Jörn Bohr (Hg.): Kolleghefte, Kollegnachschriften und Protokolle. Probleme und Aufgaben der philosophischen Edition. Beihefte zu „editio“, Bd. 44, Berlin / Boston 2019, S. 37–53 —: „Zu den Hörern von Friedrich Schleiermachers Vorlesungen und ihren Nachschriften“, in: Zeitschrift für Neuere Theologiegeschichte, hg. v. Mark D. Chapman, Theodore M. Vial, Jr. und Friedrich Wilhelm Graf, Bd. 25, Heft 1–2, Berlin 2018, S. 156– 234 Kirchhof, Tobias: Der Tod Schleiermachers. Prozess und Motive, Nachfolge und Gedächtnis, Leipzig 2007 Klopstock, Friedrich Gottlieb: Werke und Briefe. Historisch-kritische Ausgabe, Berlin / Boston 1974 ff. (Hamburger Klopstock-Ausgabe) —: Der Messias, Bd. 1–4, Halle 1751–1773 —: Oden, Hamburg 1771 Knödler, Stefan: „August Wilhelm Schlegels Vorlesungen. Analoge und digitale Edition“, in: Literaturkritik, Nr. 9, September 2014. URL: http://literaturkritik.de/id/1967 (abgerufen 23.06.2020) Köhnke, Christian: Entstehung und Aufstieg des Neukantianismus, Frankfurt am Main 1996

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Verzeichnisse

Kohler, Daniela: Eschatologie und Soteriologie in der Dichtung. Johann Caspar Lavater im Wettstreit mit Klopstock und Herder, Berlin 2015 Lehnerer, Thomas: Die Kunsttheorie Friedrich Schleiermachers, Stuttgart 1987 Leipziger Literaturzeitung, Leipzig 1800–1834 Lessing, Gotthold Ephraim: Sämtliche Schriften, hg. v. Karl Lachmann, 3. durchgesehene und vermehrte Auflage, besorgt durch Franz Muncker, Bd. 1–23, Stuttgart, Leipzig, Berlin und Leipzig 1886–1924 (SäS) —: Laokoon: oder über die Grenzen der Mahlerey und Poesie. Erster Theil, Berlin 1766 —: Laokoon: oder über die Grenzen der Mahlerey und Poesie, hg. v. Karl Lachmann, Stuttgart 1893 (SäS 9) —: Minna von Barnhelm, oder Das Soldatenglück. Ein Lustspiel, Berlin 1767 Lichtenberg, Georg Christian: G. C. Lichtenbergs ausführliche Erklärung der Hogarthischen Kupferstiche mit verkleinerten aber vollständigen Copien derselben von E. Riepenhausen, Göttingen 1794–1835 Litteratur-Zeitung, hg. v. Gottlieb Ernst August Mehmel, 7 Bde., Erlangen 1799–1802 Lotze, Hermann: Geschichte der Aesthetik in Deutschland, in: Historische Commission bei der Königlichen Academie der Wissenschaften (Hg.): Geschichte der Wissenschaften in Deutschland. Neuere Zeit, 7. Bd., München 1868 Meckenstock, Günter: Deterministische Ethik und kritische Theologie. Die Auseinandersetzung des frühen Schleiermacher mit Kant und Spinoza 1789–1794, Berlin / New York 1988 Meier, Albert, Alessandro Costazza und Gérard Laudin (Hg.): Kunstreligion (Bd. 1). Der Ursprung des Konzepts um 1800, Berlin 2011 —: Kunstreligion (Bd. 2). Die Radikalisierung des Konzepts nach 1850, Berlin 2012 —: Kunstreligion (Bd. 3). Diversifizierung des Konzepts um 2000, Berlin 2014 Meisner, Heinrich: Schleiermacher als Mensch. Sein Werden und Wirken. Familien- und Freundesbriefe 1804–1834, Stuttgart / Gotha 1923 Mendelssohn, Moses: Philosophische Schriften, Berlin 1761 [SB 1267]

Literatur

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—: Phädon oder über die Unsterblichkeit der Seele, in drey Gesprächen, Berlin und Stettin 1767 —: Über das Erhabene und Naive in den schönen Wissenschaften, in: ders.: Philosophische Schriften, Berlin 1771 (2. Auflage, 2. Theil), S. 153–240 Meusbach, Karl Hartwig Gregor von: Tugendhaffter Jungfrauen und Jungengesellen Zeit-Vertreiber. Ein weltliches Lieder-Büchlein des XVII. Jahrhunderts, hg. v. Hugo Hayn, Köln 1890 Milton, John: Paradise Lost, London 1667 —: Paradise regain’d. A poem. To which is added Samson agonistes and poems upon several occasions. With a tractate of education, London 1713 (5. Auflage) [SB 1287] Moritz, Karl Philip: Ueber die bildende Nachahmung des Schönen, Braunschweig 1788 Müller, Ernst: Ästhetische Religiosität und Kunstreligion in den Philosophien von der Aufklärung bis zum Ausgang des deutschen Idealismus, Berlin 2004 Nösselt, Johann August: Anweisung zur Kenntniß der besten allgemeineren Bücher in allen Theilen der Theologie, Leipzig 1790 (3. Auflage) [SB 1384] Novalis (Friedrich von Hardenberg): Schriften. Herausgegeben von Friedrich Schlegel und Ludwig Tieck, 2 Bde., Berlin 1802 —: Schriften. Die Werke Friedrich von Hardenbergs. Historisch-kritische Ausgabe, hg. v. Richard Samuel in Zusammenarbeit mit Hans-Joachim Mähl und Gerhard Schulz, Stuttgart u. a. 1960 ff. (HKA) —: Wo bleibst du, Trost der ganzen Welt (1802), in: Schriften, hg. v. Friedrich Schlegel und Ludwig Tieck, Berlin 1802, S. 150–153 —: Die Christenheit oder Europa. Ein Fragment (geschrieben 1799), vollständig abgedruckt, in: ders.: Schriften, hg. v. Ludwig Tieck und Friedrich Schlegel, Teil 1, Berlin 1826 (4. vermehrte Auflage), S. 187–208 —: „Studien zur Bildenden Kunst“ (um 1798), in: Das philosophische Werk I, hg. v. Richard Samuel, Stuttgart 1965, S. 648–651 (HKA 2) Nowak, Kurt: Schleiermacher. Leben, Werk und Wirkung, Göttingen 2001 Odebrecht, Rudolf: Schleiermachers System der Ästhetik. Grundlegung und problemgeschichtliche Behandlung, Berlin 1932

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Verzeichnisse

Patsch, Hermann: Alle Menschen sind Künstler. Friedrich Schleiermachers poetische Versuche (Schleiermacher-Archiv 2), Berlin / New York 1986 Pausanias: Reisen in Griechenland, Gesamtausgabe in drei Bänden auf Grund der kommentierten Übersetzung v. Ernst Meyer, hg. v. Felix Eckstein, Zürich / München 1986 Platon: Werke, [übersetzt] von F. Schleiermacher, Berlin 1804–1828 [SB 2484] Propyläen: eine periodische Zeitschrift, hg. v. Johann Wolfgang von Goethe, Tübingen 1798–1800 Racine, Jean: Oeuvres, Bd. 1–5, Paris 1831 [SB 2490] —: Athalie, Paris 1691 Ramler, Karl Wilhelm (Hg.): Des Herrn Christian Ewald von Kleist sämtliche Werke, 2 Bde., Berlin 1760 Rousseau, Jean Jacques: Discours sur les Sciences et les Arts, Genf 1750 —: Du contrat social ou Principes du droit politique, Amsterdam 1762 Rymer, Thomas: The tragedies of the last age consider’d and examin’d by the practice of the ancients and by the common sense of all ages in a letter to Fleetwood Shepheard, London 1678 Sauer, August: Ueber die Ramlersche Bearbeitung der Gedichte E. C. v. Kleists. Eine textkritische Untersuchung, in: ders.: Ewald von Kleist’s Werke, 1. Teil, Berlin 1881, S. 819–837 Schasler, Max: Kritische Geschichte der Aesthetik, Berlin 1872 Scheliha, Arnulf von und Jörg Dierken (Hg.): Der Mensch und seine Seele. Bildung – Frömmigkeit – Ästhetik, Akten des Internationalen Kongresses der Schleiermacher-Gesellschaft in Münster, September 2015, Berlin / Boston 2017 Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph: Sämmtliche Werke, hg. v. Karl Friedrich August Schelling, Stuttgart und Augsburg 1856–1861 (SSW) —: Historisch-kritische Ausgabe der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Stuttgart-Bad Canstatt 1976 ff. (Schelling AA) —: Ideen zu einer Philosophie der Natur, Leipzig 1797 [SB 1686] —: Philosophie der Kunst und weitere Schriften (1795–1805), hg. v. Christoph Binkelmann und Daniel Unger, Stuttgart 2018 (Schelling AA, II/6,1–2) —: Rezension von Schleiermachers „Weihnachtsfeier“, in: Jenaische Allgemeine Literatur-Zeitung 1807, Bd. 1, Nr. 58–59, Sp. 457– 467, vom 9.–10. März

Literatur

937

—: System des transzendentalen Idealismus, Tübingen 1800 [SB 1689] —: Über das Verhältnis der bildenden Künste zu der Natur, hg. v. Lucia Sziborsky, Hamburg 1983 (Philosophische Bibliothek 344) —: Über das Verhältnis der bildenden Künste zu der Natur, Rede zum Anlass des Namensfestes des Bayrischen Königs am 12.10.1807, in: Philosophische Schriften, Bd. 1, Landshut 1809, S. 341–396 [SB 1688] —: Vorlesungen über die Philosophie der Kunst, Stuttgart und Augsburg 1859 (SSW I/5) Schiller, Friedrich: Sämmtliche Werke. Vollständige Ausgabe in Einem Band, München / Stuttgart / Tübingen 1830 [SB 2514] —: Schillers Werke. Nationalausgabe, im Auftrag des Goethe- und Schiller-Archivs, des Schiller-Nationalmuseums und der Deutschen Akademie, Weimar 1943 ff. (seit 1992 hg. im Auftrag der Stiftung Weimarer Klassik und des Schiller-Nationalmuseums Marbach) (SchN) —: Briefwechsel. Schillers Briefe 1.11.1796–31.10.1798, hg. v. Norbert Oellers und Frithjof Stock, Weimar 1977 (SchN 29) —: Ueber Anmuth und Würde, Leipzig 1793 —: Ueber die ästhetische Erziehung des Menschen in einer Reyhe von Briefen, in: ders. (Hg.): Die Horen, Tübingen 1795, Bd. 1, 1. St., S. 7–48 und 2. St., S. 51–94, Bd. 2, 6. St., S. 45–124 —: Ueber naive und sentimentalische Dichtung [3 Teile]: 1. Ueber das Naive, in: ders. (Hg.): Die Horen, 11. St., T. VIII, Tübingen 1795, S. 43–76. 2. Die sentimentalischen Dichter, in: ders. (Hg.): Die Horen, 12 St., T. I, Tübingen 1796, S. 1–55. 3. Beschluß, in: ders. (Hg.): Die Horen, 1. St., T. VII, Tübingen 1796, S. 75–122 Schlegel, August Wilhelm: Kritische Ausgabe der Vorlesungen, hg. v. Georg Braungart, begründet von Ernst Behler, in Zusammenarbeit mit Frank Jolles, Paderborn 1989 ff. (KAV) —: „Arion“, in: Friedrich Schiller (Hg.): Musen-Almanach für das Jahr 1798, Tübingen 1798, S. 278–286 —: „Der Bund der Kirche mit den Künsten“, in: Gedichte von August Wilhelm Schlegel, Tübingen 1800, S. 143–156 —: Ueber dramatische Kunst und Literatur. Vorlesungen, Bd. 1–2 in 3, Heidelberg 1809–1811 [SB 1699] —: „Ueber Literatur, Kunst und Geist des Zeitalters. Einige Vorlesungen in Berlin, zu Ende des Jahres 1802, gehalten“, in: Europa. Eine Zeitschrift, hg. v. Friedrich Schlegel, 1. Bd., Heft 2, Frankfurt am Main 1803, S. 3–95 [SB 635] —: Vorlesungen über die Kunstlehre (1802–03), in: Vorlesungen über Ästhetik I (1798–1803), hg. v. Ernst Behler, Paderborn 1989 (KAV 1)

938

Verzeichnisse

Schlegel, Friedrich: Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe, hg. v. Ernst Behler, Paderborn 1958 ff. (KFSA) —: Athenaeum-Fragmente, in: Athenaeum. Eine Zeitschrift, 1. Bd., 2. Stück, Berlin 1798 —: Briefe auf einer Reise durch die Niederlande, Rheingegenden, die Schweiz und einen Theil von Frankreich, in: Poetisches Tagebuch für das Jahr 1806, Berlin 1806 —: „Gespräch über die Poesie“ (1800), in: Athenaeum. Eine Zeitschrift, 3. Bd., Stück 1, S. 58–128, Stück 2, S. 169–187 —: Charakteristiken und Kritiken, Bd. 1–2, Königsberg 1801 [SB 1700] —: Lessings Gedanken und Meinungen, aus dessen Schriften zusammengestellt und erläutert von Friedrich Schlegel, 3 Teile, Leipzig 1804 —: Lucinde, Berlin 1799 —: Philosophische Lehrjahre 1796–1806, hg. v. Ernst Behler, Paderborn 1963 (KFSA XVIII) —: Vom Wert des Studiums der Griechen und der Römer (1795– 96), in: Studien des Klassischen Altertums, hg. v. Ernst Behler, Paderborn 1979 (KFSA I) —: Vorlesungen über die Geschichte der europäischen Literatur (1803/04), in: Wissenschaft der europäischen Literatur, hg. v. Ernst Behler 1958 (KFSA XI) Schleiermacher, Friedrich Daniel Ernst: Sämmtliche Werke, Berlin 1834–1868 (SW) —: Kritische Gesamtausgabe, hg. v. Lutz Käppel und Andreas Arndt, Jörg Dierken, André Munziger, Notger Slenczka, Berlin / Boston 1980 ff. (KGA) —: Aus Schleiermachers Leben. In Briefen, Bd. 4, hg. v. Wilhelm Dilthey, Berlin 1863 —: Ästhetik (1819/25). Über den Begriff der Kunst (1831/32), hg. v. Thomas Lehnerer, Hamburg 1984 —: Ästhetik (1832/33). Über den Begriff der Kunst (1831–33), hg. v. Holden Kelm, Hamburg 2018 (Philosophische Bibliothek 696) —: Briefwechsel mit August Boeckh und Immanuel Bekker. 1806– 1820, für die Litteraturarchiv-Gesellschaft in Berlin, hg. v. Heinrich Meisner, Berlin 1916 —: Briefwechsel mit J. Chr. Gaß, mit einer biographischen Vorrede hg. von Wilhelm Friedrich Gaß, Berlin 1852 —: Brouillon zur Ethik 1805/06, hg. v. Hans-Joachim Birkner, auf Grundlage der Werke-Ausgabe v. Otto Braun, Hamburg 1981 —: Der christliche Glaube nach den Grundsätzen der evangelischen Kirche im Zusammenhange dargestellt, 2 Bde., Berlin 1821/22 [SB 2522]

Literatur

939

—: Die christliche Sitte nach den Grundsätzen der evangelischen Kirche im Zusammenhange dargestellt, hg. v. Ludwig Jonas, Berlin 1843 (SW I/12) —: Esthétique. Tous les hommes sont des artistes, édité par Denis Thouard, traduction de l’allemand par Christian Berner, Élisabeth Décultot, Marc de Launay et Denis Thouard, introduction par Christian Berner et Denis Thouard, postface de Paolo d’Angelo, Paris 2004 —: Ethik (1812/13), hg. v. Hans-Joachim Birkner, auf Grundlage der Werke-Ausgabe v. Otto Braun, Hamburg 1990 —: Friedrich Schleiermachers Ästhetik, im Auftrage der Preußischen Akademie der Wissenschaften und der Literatur-Archiv-Gesellschaft zu Berlin nach den bisher unveröffentlichten Urschriften, hg. v. Rudolf Odebrecht, Berlin 1931 —: Geschichte der Philosophie, hg. v. Karl Ritter, Berlin 1839 (SW III/4,1) —: „Rezension von Friedrich Wilhelm Joseph Schelling: Vorlesungen über die Methode des akademischen Studiums“, in: Jenaische Allgemeine Literatur-Zeitung 1, 1804, Bd. 2, Nr. 96–97, Sp. 137– 151 [SB 986] [—]: „Rezension von Immanuel Kant: Anthropologie“, in: Athenaeum, hg. v. A.W. und F. Schlegel, 2. Bd., 2. St., 1799, S. 300–306 —: „Rezension von William Shakespeare: MacBeth. Ein Trauerspiel, zur Vorstellung auf dem Hoftheater zu Weimar eingerichtet von Friedrich Schiller“, in: Litteratur-Zeitung 6, 1801, Nr. 148–149, Sp. 1177–119 —: Tageskalender 1808–1834, in: schleiermacher digital / Schleiermachers Tageskalender 1808–1834, hg. v. Elisabeth Blumrich, Christiane Hackel, Wolfgang Virmond, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin, URL: https://schleiermacher-digital.de/tageskalender/index.xql (abgerufen 23.06.2020) —: Über das Naive (1789), in: Jugendschriften 1787–1796, hg. v. Günter Meckenstock, Berlin / New York 1984, S. 177–187 (KGA I/1) —: Ueber den Styl (1790/91), in: Jugendschriften 1787–1796, hg. v. Günter Meckenstock, Berlin / New York 1984, S. 365–390 (KGA I/1) —: Ueber den Umfang des Begriffs der Kunst in Bezug auf die Theorie derselben (1–3) (11.08.1831, 02.08.1832 und nach dem 09.11.1833), hg. v. Ludwig Jonas, Berlin 1835, S. 179–224 (SW III/3)

940

Verzeichnisse

—: Über den Wert des Lebens (1793), in: Jugendschriften 1787– 1796, hg. v. Günter Meckenstock, Berlin / New York 1984, S. 391–471 (KGA I/1) —: Über die Freiheit (um 1790), in: Jugendschriften 1787–1796, hg. v. Günter Meckenstock, Berlin / New York 1984, S. 217–356 (KGA I/1) [—]: Über die Religion. Reden an die Gebildeten unter ihren Verächtern, Berlin 1799 [—]: Vertraute Briefe über Friedrich Schlegels Lucinde, Lübeck / Leipzig 1800 —: Vorlesungen über die Aesthetik. Aus Schleiermachers handschriftlichem Nachlasse und aus nachgeschriebenen Heften, hg. v. Carl Lommatzsch, Berlin 1842 (SW III/7) —: Die Weihnachtsfeier. Ein Gespräch, Halle 1806 Scholtz, Gunter: „Schleiermacher und die Kunstreligion“, in: 200 Jahre „Reden über die Religion“. Akten des 1. Internationalen Kongresses der Schleiermacher-Gesellschaft. Halle 14.– 17. März 1999, hg. v. Ulrich Barth u. Claus-Dieter Osthövener, Berlin / New York 2000, S. 515–533 —: Schleiermachers Musikphilosophie, Göttingen 1981 Shakespeare, William: The dramatic works, hg. v. Karl Franz Christian Wagner, Braunschweig 1797–1801 [SB 1830] —: Dramatische Werke, übersetzt von August Wilhelm Schlegel, Bd. 1–9, Berlin 1797–1810 —: Macbeth. Ein Trauerspiel, übersetzt von Friedrich Schiller, Tübingen 1801 Simson, Jutta von: Caroline von Humboldt und Christian Daniel Rauch. Ein Briefwechsel 1811–1828, Berlin 1999 Solger, Karl Wilhelm Ferdinand: Des Sophokles Tragödien [Übersetzung], 2 Bde., Berlin 1808 —: Erwin. Vier Gespräche über das Schöne und die Kunst, 2 Bde., Berlin 1815 [SB 1860] —: Vorlesungen über Ästhetik, hg. v. Giovanna Pinna, Hamburg 2017 (Philosophische Bibliothek 698) —: Vorlesungen über Aesthetik, hg. v. Karl Wilhelm Ludwig Heyse, Leipzig 1829 Steffens, Henrich: Grundzüge der philosophischen Naturwissenschaft: zum Behuf seiner Vorlesungen, Berlin 1806 [SB 1890] —: Beyträge zur innern Naturgeschichte der Erde, 1. Theil, Freiberg 1801 [SB 1889] Stern, Lawrence: A Sentimental Journey Through France and Italy, London 1768

Literatur

941

Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (Hg.): Zerstört, entführt, verschollen. Die Verluste der preußischen Schlösser im Zweiten Weltkrieg, Potsdam 2004 Stolberg, Christian: Sophokles [Übersetzung], 2 Bde., Leipzig 1787 Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste in einzeln, nach alphabetischer Ordnung der Kunstwörter aufeinander folgenden Artikeln abgehandelt, Bd. 1–2, Leipzig 1773–1775 (2. Auflage) [SB 1943] Tatarkiewicz, Wladyslaw: Geschichte der Ästhetik, 1. Bd.: Die Ästhetik der Antike, aus dem Polnischen übersetzt v. Alfred Loepfe, Basel / Stuttgart 1979 Tasso, Torquato: Das befreite Jerusalem (orig.: La Gerusalemme liberata), Venetia 1574 Thouard, Denis: „Schleiermacher et Kant: les modalités de l’assentiment“, in: Claude Piché (Hg.): Années 1781–1801. Kant, Critique de la raison pure. Vingt ans de réception, Paris 2002, S. 183–193 Tieck, Ludwig: Prinz Zerbino oder die Reise nach dem guten Geschmack, gewissermaßen eine Fortsetzung des gestiefelten Katers. Ein Spiel in sechs Aufzügen, in: ders.: Schriften, 10. Bd., Berlin 1828 [SB 2594] Traulsen, Hans-Friedrich: „Aus Schleiermachers letzten Tagen (25. Januar bis 12. Februar 1834)“, in: Zeitschrift für Kirchengeschichte 102 (1991), S. 372–385 Venturini, Carl (Hg.): Chronik des neunzehnten Jahrhunderts, Jahrgang 1821, Altona 1824 Virmond, Wolfgang: Schleiermacher und die Musik nach Auskunft seiner Tagebücher (unveröffentlichtes Manuskript) —: „Schleiermachers Lektüre nach Auskunft seiner Tagesbücher“, in: Günter Meckenstock (Hg.) in Verb. mit Joachim Ringleben: Schleiermacher und die wissenschaftliche Kultur des Christentums, Berlin 1991, S. 71–99 —: „Schleiermachers Schlobittener Vorträge ‚Über den Stil‘ von 1791 in unbekannten Nachschriften“, in: Synthesis Philosophica, Nr. 23, Bd. 12, H. 1, Zagreb 1997, S. 7–38 — (Hg.): Die Vorlesungen der Berliner Universität 1810–1834, nach dem deutschen und lateinischen Lektionskatalog sowie den Ministerialakten, Berlin 2011 Vitruv (Marcus Vitruvius Pollio): Zehn Bücher über Architektur, übersetzt und mit Anmerkungen versehen von Curt Fensterbusch, Darmstadt 2013

942

Verzeichnisse

Voltaire (François-Marie Arouet): Traité sur la tolérance, Genf 1763 Voß, Johann Heinrich: Oden und Lieder, in: ders.: Sämmtliche Werke, 6. Teil, VII. Buch, Vermischte Gedichte, Fabeln und Epigramme, Königsberg 1802 Weiß, Christian: Untersuchungen über das Wesen und Wirken der menschlichen Seele. Als Grundlage zu einer wissenschaftlichen Naturlehre derselben, Leipzig 1811 Winckelmann, Johann Joachim: Gedanken ueber die Nachahmung der griechischen Werke in der Malerey und Bildhauerkunst, Dresden und Leipzig 1756 —: Geschichte der Kunst des Alterthums, 2 Theile, Dresden 1764 Wind, Edgar: „Warburgs Begriff der Kulturwissenschaft und seine Bedeutung für die Ästhetik“, in: Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft 25 (Beiheft), Stuttgart 1931, S. 163– 179 Wolf, Friedrich August: Prolegomena ad Homerum, Halle 1795 Zimmermann, Robert: Aesthetik. Erster, historisch-kritischer Teil. Geschichte der Aesthetik als philosophischer Wissenschaft, Wien 1858

Register

Register der Personen, Werke und Orte Das Register verzeichnet die Namen der Personen, Werke und Orte, die im vorliegenden Band genannt sind; es enthält auch mythologische und biblische Personen sowie Kunstwerke, sofern sie einzeln (z. B. Sixtinische Madonna von Raffael) oder allgemein angesprochen werden (z. B. Apollon als Skulptur). Sämtliche Namen werden in der heute gebräuchlichen Schreibweise angegeben. Nicht aufgeführt werden die Namen von Herausgebern und Übersetzern die nur in bibliographischen Angaben vorkommen, sowie die Namen der an der vorliegenden Ausgabe Beteiligten. Recte gesetzte Seitenzahlen (und Zeilenangaben) beziehen sich auf Textstellen, an denen die Namen in den Texten bzw. sowohl im Text als auch im Apparat des Bandherausgebers vorkommen, kursiv gesetzte Seitenzahlen auf Stellen, an denen die Namen nur in der Einleitung oder im Apparat des Bandherausgebers genannt sind. Abaelardus, Petrus (1079–1142) – Philosoph der Frühscholastik 49917–19 Achilles – Sohn des Peleus und der Thetis, Held im trojanischen Krieg 3793–5 65936 Achilles (Skulptur) 8581 Adelung, Johann Christoph (1732– 1806) – Lexikograph und Germanist – Über den deutschen Stil (1785) XXI Agamemnon – Herrscher von Mykene in der griechischen Mythologie 28525 Albertini, Johann Baptist von (1769– 1831) – enger Freund Schleiermachers in Niesky und Barby XXIII Alexander III. von Makedonien (Alexander der Große) (356–323 v. Chr.) – König von Makedonien 81731–2

Alexandria 50140–2 Amor (Malerei) 12927 Amor und Psyche (Skulptur) 2420 8574 Antigone (Tragödie) 14230–31 Antwerpen – Dom (Liebfrauenkathedrale) 7807–15 Apollon – Gott der griechischen Mythologie mit verschiedenen Beinamen 23130,34 23616 85439 Apollon (Skulptur) 12723–24 46827–3 46925–26 47230–32 85730–1 Apollon vom Belvedere (350–325 v. Chr.) 4682–7 Apuleius (123–ca. 170) – griechischer Schriftsteller 88824–25 Archimedes (um 287–212 v. Chr.) 33411–13

946

Register

Arion von Lesbos (6. Jh. v. Chr.) – griechischer Lyriker und Sänger 8495 Ariost (Ariosto), Ludovico (1474– 1533) – italienischer Dichter 8944 – Der rasende Roland (1516) 8944–5 Aristeides von Milet (um 100 v. Chr.) – griechischer Schriftsteller 88824–25 Aristophanes (ca. 448–380 v. Chr.) – griechischer Komödiendichter 6140–1 90430–31 – Die Wolken (423 v. Chr.) 51230 – Die Vögel (414 v. Chr.) 621 51230 Aristoteles (384–322 v. Chr.) – griechischer Philosoph 3916 5017–18 28124–27 32117–27 53719–6 5389–29 5393–6,25–26 54516–18 54721–6 56413–14 63119–24 68422 89221–29 XLIII – Nikomachische Ethik 28911–12 XXI – Poetik 3916 5017–19 14412–13 28124–25 53721–22 53821–22 54729,36 5486–8 64122–23 – Politik 54729 – Rhetorik 28124–25 53720–21 54729,36,38 – Über die sophistischen Widerlegungen 54728–29 Arndt, Andreas – Schleiermacher als Philosoph (2013) XXIV Arndt, Andreas und Virmond, Wolfgang – Rez. Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher: Ästhetik (1819/25). Über den Begriff der Kunst (1831/32),

hg. v. Thomas Lehnerer, Hamburg 1984 (1991) XLVI – Schleiermachers Briefwechsel (Verzeichnis). Nebst einer Liste seiner Vorlesungen (1992) XXVIII Artus – Herrscherfigur in der Mythologie Britanniens 52218–21 Ast, Georg Anton Friedrich (1778– 1841) – Philosoph und Philologe, ab 1827 Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 357–8 8431–36 24425–15 XXXIV LVII – Grundlinien der Aesthetik (1813) 357–8 8431–36 929–13 1277 Athen 5618 621 51317 Athene (Skulptur) 46824 August Ferdinand (1730–1813) – Bruder Friedrichs II. 8024 Bacchus (Skulptur) 46820–21 Bach, Johann Sebastian (1685– 1750) – Komponist 43427–2 4383–4 – Matthäus-Passion (1727) 4383–4 XLI Barby – 1754 bis 1789 Sitz des Seminariums der Brüdergemeine XIX Basel LXXII Batteux, Charles (1713–1780) – französischer Ästhetiker – Einschränkung der schönen Künste auf einen einzigen Grundsatz (1770) 4016–17 Baumgarten, Alexander Gottlieb (1714–1762) – Philosoph und Pro-

Register der Personen, Werke und Orte fessor an der Universität Frankfurt (Oder) 2818 XLIII – Metaphysik (1739) XXI – Aesthetica (1750/58) 393–4 5421–3 XXII Beethoven, Ludwig van (1770– 1827) – Komponist 32015–17 43427–2 4367 43810–16 XX Behler, Ernst (1928–1997) – Philosoph, Herausgeber der „Kritischen Friedrich-Schlegel-Ausgabe“ L – Schellings Ästhetik in der Überlieferung von Henry Crabb Robinson (1976) XXV Bekker (Becker), August Immanuel (1785–1871) – Altphilologe, Schleiermacherhörer, Professor in Berlin ab 1810 XXXI XXXIII Bendemann, Eduard (1811–1889) – Maler der Düsseldorfer Schule – Trauernde Juden im Exil (1832) 8321–5 Beneke, Friedrich Eduard (1798– 1854) – Philosoph und Psychologe, lehrte an der Berliner Universität LXXIII Beneken, Friedrich Burchard (1760– 1818) – Pastor, Komponist und Autor – Wie sie so sanft ruhn (Trauerlied) (1787) 9172–15 LXXV Berlin 1031 1123 XX XXIV XXV XXVII LXIX – Akademie der Künste 81631–1 8285 8321–5 XLI LXI

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– Akademie der Wissenschaften (Königlich-Preußische Akademie) 89536–2 XXVIII XLI – Altes Museum 77620–29 79029–33 85730–1 87016–17 XLI – Dreifaltigkeitskirche XXVIII – Friedrich-Wilhelm-Gymnasium XXXIV – Gießhaus 45328–35 78237–5 – Königliche Bibliothek 79535–1 – Pfaueninsel 79930–2 – Pichelsberg XXXIV – Schauspielhaus 78026–33 – Schloss 79139–7 8285 – Schloss Bellevue 8024 – Singakademie 4383–4 XX XXXVIII XLI LXXV LXXVI – Tiergarten 80138–7 – Universität 30037–6 XIX XXVIII XXIX XXXI XXXII XXXVII XL XLI LXII LXV LXVIII LXXII – Zeughaus 79014–15 Beyersdorf – seit 2009 Ortsteil von Glebitzsch LXVIII Biblia, Altes Testament – Gen 1,3 14714 66820 Biblia, Neues Testament 68019–20 Biel – Ort in der Schweiz LXXII Bindemann, Ernst Moritz Heinrich (1803–1858) – Rektor in Pasewalk,

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Register

Schleiermacherhörer in Berlin, dort Theologiestudium 1824–1827 XIX XXXIX XLV XLVII LXIV LXVIII Birkner, Hans-Joachim (1931–1991) – Die Kritische Schleiermacher-Ausgabe zusammen mit ihren Vorläufern vorgestellt (1996) XLIV Blücher, Gebhard Leberecht von (Fürst von Wahlstatt) (1742– 1819) – preußischer Generalfeldmarschall, Beiname „Marschall Vorwärts“ 8687 Bluhme, Friedrich (1797–1874) – seit 1843 Professor für Kirchenrecht an der Universität Bonn, Schleiermacherhörer in Berlin, dort an der juristischen Fakultät immatrikuliert 1818–1819 XIX XXXV XLVI LXIV LXV Boccaccio, Giovanni (1313–1375) – italienischer Schriftsteller – Decamerone (1349–1353) 5232–6,23–30 Bode, Johann Joachim Christoph (1731–1793) – Übersetzer, Militäroboist, Musiklehrer, Journalist und Verleger in Hamburg 49834 Bodmer, Johann Jakob (1698–1783) – Schweizer Philologe und Autor – Der Noah (1752) 6846–7 Boeckh, August (1785–1867) – (Alt-)Philologe, Schüler F. A. Wolfs, Schleiermacherhörer in Halle, 1807 Professor in Heidelberg, seit 1810 in Berlin und seit 1814 Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften XXVII XXXI XL LIII LXX LXXIII Bonn LXV Bopp, Franz (1791–1867) – Sprachwissenschaftler und Sanskritfor-

scher, lehrte ab 1821 an der Berliner Universität LXXIII Boumann, Michael Philipp (1747– 1803) – preußischer Architekt und Baumeister 79538 8024 Bouterwek, Friedrich (1766–1828) – Professor der Philosophie in Göttingen – Ästhetik (1815) 9182–23 XXXVIII LV LXXVI Bratuschek, Ernst (1837–1883) – klassischer Philologe und Philosoph – Adolf Trendelenburg (1873) XL Braune, Heinrich Wilhelm Julius (1805–1871) – Superintendent und Probst in Mittenwalde (Zossen) seit 1844, vorher Prediger in Wietstock (Zossen), Schleiermacherhörer in Berlin, dort Theologiestudium von 1824–1828 XXXIX XLV LXIV LXXI Breitlinger, Johann Jakob (1701– 1776) – Schweizer Philologe 68329–5 Brinckmann (schwed. Brinkman), Carl Gustav von (1764–1847) – Dichter und schwedischer Diplomat, enger Freund Schleiermachers XXVI XXVII LIV – Elegien (1799) XXXI Brueghel (der Ältere), Jan (1568– 1625) – flämischer Maler 81129–31 Brueghel (der Jüngere), Pieter (1564– 1638) – flämischer Maler 81129–31 Brun, Friederike (1765–1835) – geb. Münter, Schriftstellerin 66424 Bürger, Gottfried August (1747– 1794) – Dichter, seit 1789 a.o. Professor der Ästhetik und Philosophie in Göttingen 91110–13 91817–18

Register der Personen, Werke und Orte – Lenore (1774) 8285 Burke, Edmund (1729–1797) – englischer politischer Schriftsteller – A philosophical enquiry into the origin of our ideas of the sublime and beautiful (1757) 7233–4 Calas, Jean (1698–1762) – französischer Protestant, Opfer eines Justizmordes, den Voltaire im „Traité de tolérance“ (1763) aufgeklärt hat 14713–14 66836–2 Calderon de la Barca, Pedro (1600– 1681) – spanischer Dichter, A. W. Schlegel übersetzte einige seiner Werke 1715 50424 Caravaggio, Michelangelo Merisi da (1571–1610) – Maler des Frühbarock 49314–16 Cervantes Saavedra, Miguel de (1547–1616) – spanischer Dichter – Don Quixote (1605, 1615) 52428–35 Chodowiecki, Daniel Nikolaus (1726–1801) – Kupferstecher, Grafiker und Illustrator – Les Adieux de Calas a sa famille (1768) 14713–14 Christus (bildende Künste) 3210 804 24923 48718 Christus (Poesie) 90642–14 Cicero, Marcus Tullius (106–43 v. Chr.) – römischer Politiker und Philosoph – Paradoxa Stoicorum (46 v. Chr.) 21539–2 Constantin, Flavius Valerius Constantinus (zwischen 270 und 288– 337) – späterer Gründer Konstantinopels, wurde auch Konstantin I. genannt, von 306 bis 337 römischer Kaiser 82725–30

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Corneille, Pierre (1606–1684) – französischer Dramatiker 8935–6 Correggio, Antonio (1494–1534) – italienischer Maler 83938 Creuzer, Georg Friedrich (1771– 1858) – Philologe und Orientalist – Symbolik und Mythologie der alten Völker, besonders der Griechen (1810–12) 21121–22 62125–26 Croce, Benedetto (1866–1952) – italienischer Philosoph, Kunsthistoriker und Politiker – Ästhetik als Wissenschaft vom Ausdruck und allgemeine Sprachwissenschaft (1905) XLIX – L’esthétique de Schleiermacher (1934) XLIX Cromwell, Oliver (1599–1658) – Anführer der independentistischen Bewegung in England 15118–19 70331–35 Cummerow, Charlotte – geb. Israel, Freundin Schleiermachers, wohnhaft in Stralsund XX Dädalus – Handwerker und Erfinder in der griechischen Mythologie 3412–6 4744–6 Dahlhaus, Carl (1928–1989) – Musikwissenschaftler und -historiker – Studien zur Musikgeschichte Berlins im frühen 19. Jahrhundert (1980) XXXVIII Danzel, Theodor Wilhelm (1818– 1850) – Ästhetiker und Literaturhistoriker – Rez. Vorlesungen über die Aesthetik. hg. v. Karl Lommatzsch, Berlin 1842 (1844) XLVIII Danzig XXIII

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Register

Dareios I. (549–486 v. Chr) – ab 521 v. Chr. Großkönig des persischen Achämenidenreichs 24930 Demosthenes (384–322 v. Chr.) – attischer Rhetor 4963–5 Diana (Skulptur) 4682–7 46925–26 Diderot, Denis (1713–1784) – französischer Schriftsteller, Philosoph und Aufklärer 3213–14 LVII – Essai sur la peinture (1795) 3118–19 321–2,7–9,13–14 Dierken, Jörg – Darstellung – Ausdruck – Spiel. Zweckfreies Handeln und seine sittlichen Formen bei Schleiermacher (2019) XXIX Dilthey, Wilhelm (1833–1911) – Philosoph und Theologe LII – Leben Schleiermachers (1870) XLIX Dioskuren (Skulptur) / Tieck, Christian Friedrich 8575 Doryphoros (Skulptur) 7214–15 46827–3 Dresden 1031 – Gemäldegalerie Alte Meister 21631–3 63719–21 81612 – Grünes Gewölbe 45217–18 83016–18 Dürer, Albrecht (1471–1528) – Maler, Graphiker, Mathematiker und Kunsttheoretiker 6613 32711–14 67630–38 81111–14 Düsseldorf 81631–1 8321–5 Duisburg, Friedrich Carl Gottlieb (um 1765–1822) – Studienfreund Schleiermachers in Halle, Lehrer an der reformierten Schule in Danzig, Schriftsteller XXIII

Eberhard, Johann August (1739– 1809) – Professor der Philosophie in Halle 393–4 XX – Theorie der schönen Wissenschaften (1786) XXI XXII – Handbuch der Ästhetik für gebildete Leser aus allen Ständen (1803–1805) XXI XXII Edda (13. Jh.) – Gedichtsammlung nordischer Mythologie 88821–24 90432–2 Ehrenbreitstein – Festung bei Koblenz 4542–9 Elisabeth – Mutter von Johannes dem Täufer (Malerei) 48924 Empedokles (um 495–435 v. Chr.) – griechischer Philosoph, Politiker, Redner und Dichter 90119–24 Engel, Johann Jakob (1741–1802) – Philosoph und Aufklärer in Berlin 25530–31 – Ideen zu einer Mimik (1785–86) 41236–38 Erbkam, Wilhelm Heinrich (1810– 1884) – seit 1855 Prof. für Kirchengeschichte in Königsberg, ebendort Konsistorialrat, Schleiermacherhörer in Berlin, dort Theologiestudium von 1829–1831 XLII XLIV LXV Euripides (480–406 v. Chr.) – griechischer Dramatiker 1123 Feßler, Ignaz Aurelius (1756–1839) – Schriftsteller und Begründer der Berliner „Mittwochsgesellschaft“ XXIV Fichte, Johann Gottlieb (1762– 1814) – Philosoph 5312–13 1336–7 54315–17 54414–29 5453,6,11–14 58937–4 XXVI XXIX XXXI XLIII LXII

Register der Personen, Werke und Orte – Grundlage der gesamten Wissenschaftslehre (1794/95) 5312–13 – System der Sittenlehre (1798) 1336–7 54318–7 Flaxman, John (1755–1826) – britischer Bildhauer und Medailleur – Illustrationen zu Homers Odyssee und Ilias (1793) 80923–30 Fox, Charles James (1749–1806) – britischer Staatsmann und Redner 4964 Friedrich I. (1657–1713) – König von Preußen seit 1701 8021 Friedrich I. Barbarossa (1121– 1190) – seit 1152 deutscher Kaiser 52221–23 Friedrich II. (1712–1786) – König von Preußen seit 1740 8021,4 85730–1 Friedrich Wilhelm II. (1744–1797) – Neffe von Friedrich II., ab 1786 König von Preußen und Markgraf von Brandenburg 79538 79935–1 Friedrich Wilhelm III. (1770–1840) – Sohn Friedrich Wilhelms II., seit 1797 König von Preußen 77621–22 79029 79935–1 85730–1 Friedrich Wilhelm IV. (1795–1861) – Sohn Friedrich Wilhelms III., Kronprinz, ab 1840 König von Preußen 7923 8285 Friedrich Wilhelm von Brandenburg (1620–1688) – ab 1640 Markgraf von Brandenburg 45329 Fülleborn, Georg Gustav (1769– 1803) – Philosoph der Spätaufklärung – Beiträge zur Geschichte der Philosophie (1791) XXIII

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Gadamer, Hans-Georg (1900–2002) – Philosoph L Ganymed – in der griechischen Mythologie Sohn des trojanischen Königs Tros und Kallirrhoe 8495 Garofalo, Benvenuto Tisi (1481– 1559) – italienischer Maler der Renaissance 8167–15 – Der Triumph des Bacchus (1545– 50) 81611–12 Gaß, Joachim Christian (1766– 1831) – ab 1808 dritter Diakon an St. Marien in Berlin, 1810 Regierungsrat in Breslau, ab 1811 Professor der Theologie ebendort XXX XXXIII LIV LX Gebetbuch Kaiser Maximilians I. (1513) 6613–14 Georg III. Wilhelm Friedrich (1738– 1820) – von 1760 bis 1801 König von Großbritannien und Irland 80627–29 George, Johann Friedrich Leopold (1811–1873) – Professor für Philosophie an der Universität Greifswald, Mitherausgeber der „Sämmtlichen Werke“ Schleiermachers, Schleiermacherhörer in Berlin, dort Theologiestudium 1829–1832 XLII XLIV LXV Gerhardt, Paul (1607–1676) – evangelisch-lutherischer Theologe, Kirchenlieddichter – O Haupt voll Blut und Wunden (1656) 75837–3 Gessner, Salomon (1730–1788) – Schweizer Idyllendichter und Maler – Idyllen (1756) 8891 Giebichenstein – Sitz der Familie Reichardt bei Halle 4383–4 XX

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Register

Gluck, Christoph Willibald (1714– 1787) – (Opern-)Komponist 43312–13 – Iphigenie in Aulis (1779) XXXVIII Goethe, Johann Wolfgang (von) (1749–1832) – Schriftsteller 3118–19 4425–26 6614 12310–13 12818 46034–38 47526–27 5075–9 53131–35 65935–38 83326–35 87129–33 88919 89914–1 91037–39 XXXIV LVII – Von deutscher Baukunst (1772) 45614–20 – Goetz von Berlichingen (1773) 53018–19 – Die Leiden des jungen Werthers (1774) XIX – Prometheus (1774) 88918–19 – Iphigenie (1787) 53126 – Torquato Tasso (1790) 53018,20–24 – Venezianische Epigramme (1790) 6613–14 – Reineke Fuchs (1794) 89914–15 – Wilhelm Meisters Lehrjahre (1795/96) 52620–23 – Hermann und Dorothea (1798) 52835 89914–15 – Propyläen (1798–1800) 4425–26 – Diderots Versuch über die Mahlerei (kommentierte Übersetzung) (1799) 3118–19 321–2,7–9,13–14 – Achilleis (Epenfragment) (1808) 3793–5 5077 53134 – Wahlverwandtschaften (1809) 52615–20 XX – Über Kunst und Altertum in den Rhein- und Main Gegenden (1816– 1817) 3419

– Zur Morphologie (1817) 3118–19 Göttingen 9182 Gottsched, Johann Christoph (1700– 1766) – deutscher Schriftsteller, Dramaturg, Sprachforscher und Literaturtheoretiker 68329–5 – Versuch einer Critischen Dichtkunst (1730) 5486–8 88824–25 Graun, Carl Heinrich (1704–1759) – (Opern-)Komponist und Sänger 4326–9 43419 – Der Tod Jesu (1755) XXXVIII Gregor I. der Große (um 540–604) – Papst in Rom 590–604 90521 Greifswald XLII Gries, Johann Diederich (1775– 1842) – Übersetzer 1713–15 Grove, Peter – Deutungen des Subjekts: Schleiermachers Philosophie der Religion (2004) XXIII – Der Grundton aller unserer Gefühle. Schleiermachers Begriff der Stimmung (2017) XXXVI Händel, Georg Friedrich (1685– 1759) – Komponist 4326–9 43419 7449–14 Hagesandros (um 100 v. Chr.) – griechischer Bildhauer – Laokoon-Gruppe (1. Jh. v. Chr.) – als Mitwirkende gelten Athanadoros und Polydoros 2419–20 4749–13 Hahn, Oliver – Röntgenfluoreszenzanalyse der Schreibmaterialien Friedrich Schleiermachers (2017) LII

Register der Personen, Werke und Orte Halle an der Saale 393–4 XXVII – Universität 30037–6 XX XXVII Hamburg 1031 LXV Hanstein, Gottfried August Ludwig (1761–1821) – Superintendent und Oberdomprediger in Brandenburg, seit 1805 Propst an St. Petri in Berlin LXXV Hartmann, Eduard von (1842– 1906) – Philosoph – Geschichte der deutschen Ästhetik seit Kant (1886) XLVIII Hasse, Johann Adolf (1699–1783) – deutscher Komponist des Spätbarock, schrieb Opern im italienischen Stil 4326–9 Haßler, Hans Leo (1564–1612) – deutscher Komponist, Organist, Uhrenmacher und Hersteller von Musikautomaten 7591–3 Hegel, Georg Wilhelm Friedrich (1770–1831) – Philosoph, seit 1818 Professor für Philosophie an der Berliner Universität 1341–3 54630–16 XXV XXVI XXXI XXXIV XLIII XLVIII XLIX LXII – Glauben und Wissen (1802) XXVI – Phänomenologie des Geistes (1807) XLIX – Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse (1817) 1641–4

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– Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse (1827) 1341–3 5471–3 LXII – Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse (1830) 5610–11 – Vorlesungen über die Philosophie der Kunst (allgemein) – gehalten an der Berliner Universität 1820/21, 1823, 1826, 1828/29 XLVI XLVIII LXII – Vorlesungen über die Philosophie der Kunst (1823) 1641–4 – Vorlesungen über die Philosophie der Kunst (1826) 4016–17 Heinrich VIII. (1491–1547) – König von England 1509–1547 14335–36 Heinroth, Johann Christian August (1773–1843) – Mediziner und Psychologe – Lehrbuch der Störungen des Seelenlebens oder der Seelenstörungen und ihrer Behandlung (1818) 22229–1 Heloisa (1095–1164) – Ehefrau des Petrus Abaelardus 49917–19 Henke, Ernst Ludwig Theodor (1804–1872) – ab 1828 Prof. der Theologie am Braunschweiger Carolinum, Schleiermacherhörer in Berlin 1832/33 XLII LXIV LXXIII Heraklit (ca. 520–ca. 460 v. Chr.) – griechischer Philosoph 5821–2 6351–3 Herder, Johann Gottfried (1744– 1803) – Theologe, Philosoph und Schriftsteller 8221–22 2415–9 – Über die neuere Deutsche Literatur (1767) 8996–7

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Register

– Plastik (1778) 19825–26 – Kalligone (1800) 8221–22 Herodot (485–425 v. Chr.) – griechischer Historiker 24930 51827–31 Hesiod (vor 700 v. Chr.) – griechischer Dichter 50621–25 5084–13 88819–24 90130–35 XIX – Theogonie (um 700 v. Chr.) 50715–19 5084–9 88821–24 – Werke und Tage (um 700 v. Chr.) 50714 Heyne, Christian Gottlob (1729– 1812) – Professor der Philologie in Göttingen 2728–10 Heyse, Karl Wilhelm Ludwig (1797– 1855) – ab 1829 a.o. Professor für Philosophie an der Berliner Universität, Schüler von K.W.F. Solger 821 Hirt, Aloys (1759–1837) – Archäologe, Professor für Archäologie, seit 1810 an der Berliner Universität, Mitbegründer der Berliner Museen – Versuch über das Kunstschöne (1797) 12818 Hogarth, William (1697–1764) – englischer Kupferstecher, Zeichner und Maler 48521–22 – A Rake’s Progress (1733–35) 48521–22 Holbein (der Jüngere), Hans (1498– 1543) – Maler der Renaissance – Madonna des Bürgermeisters Meyer (1526) 21629–5 Homer (8./7. Jh. v. Chr.) 2615 9031 15730–31,34–35 37041–2 37832 4146 4682–5 5035–12 50429–15 50621–50723 51416–22 51926–28 52110–17 80924 89512–17 90124–27 9026–13 XIX XX

– Ilias 2614–15 14521–22,35 37833 3794 50319–24 50530 5064–50723 65936,38–7 66132–3 90127–30 9066 – Odyssee 192 2614–15 14521–22 3793 5061–50723 85730–1 90127–30 9066 Horaz, Quintus Horatius Flaccus (65–8 v. Chr.) – römischer Dichter 5286 – Satiren (ca. 40–30 v. Chr.) 12423 – De arte poetica (um 20 v. Chr.) 52–3 Hübner, Rudolf Julius Benno (1806– 1882) – Maler der Düsseldorfer Schule 8321–5 – Simson, die Säulen einreißend (1832) 81628–8 Humboldt, Caroline (1766–1829) – geb. von Dacheröden, Frau Wilhelm von Humboldts 66424 Humboldt, Wilhelm von (1767– 1835) – Schriftsteller, Sprachphilosoph und preußischer Bildungsreformer, Bruder des Alexander von Humboldt XXVIII Jacobi, Friedrich Heinrich (1743– 1819) – Philosoph und Schriftsteller XXVI Jaeschke, Walter – Hegel-Handbuch. Leben – Werk – Schule (2016) XXVI XXXII Jena 89914–15 Jonas, Ludwig (1797–1859) – Schüler, Freund und Nachlassverwalter Schleiermachers; Prediger, Kirchenpolitiker und Politiker in Berlin, Schleiermacherhörer in Berlin, dort Theologiestudium 1815–1819 XXXV XLV LXXVIII

Register der Personen, Werke und Orte Josef – im Alten Testament zweitjüngster Sohn von Jakob 6220 Jupiter – oberster Gott der römischen Mythologie 23130 36634 Jupiter (bildende Künste) 36716 Käfer, Anne – „Die wahre Ausübung der Kunst ist religiös.“ Schleiermachers Ästhetik im Kontext der zeitgenössischen Entwürfe Kants, Schillers und Friedrich Schlegels (2006) XXVIII L Kant, Immanuel (1724–1804) – Philosoph in Königsberg 5312–13 1332 13712–14 14614–17 54130–2 54316–17 5445,7–14 5452,6 55621–26 6666–8 XXI XXV XLIII XLVIII LXII – Versuch den Begriff der negativen Größen in die Weltweisheit einzuführen (1763) 69412–14 – Beobachtungen über das Gefühl des Schönen und Erhabenen (1764) XXIII – Kritik der reinen Vernunft (1781, 2. veränd. Aufl. 1787) 5312–13 5421–3 – Kritik der praktischen Vernunft (1788) 5448 55621–23 XXIII – Kritik der Urteilskraft (1790, 2. veränd. Auflage 1793) 395–6,12–13 5230–31 5610–11 5728–29 7233–4 1173–4 1334–5 14614–19–17 16329 16417–25 2825–6 5422–29 5448 XXIII – Metaphysik der Sitten (1797) 5448 – Anthropologie in pragmatischer Hinsicht (1798) 5821–2 XXIV

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Karl der Große (748–814) – König des Fränkischen Reichs, König der Langobarden, Kaiser 52220 Karl II. (1630–1685) – König von England 15118–19 70335–1 Kasper, Norman – Ontologischer Sensualismus als Restitution der sinnlichen Erkenntnis und dessen Kritik (2012) XXII Kirschkern mit 185 Gesichtern – Exponat im Grünen Gewölbe (16. Jh.) 45217–18 54915–16 83017–22 Kleist, Ewald Christian von (1715– 1759) – Dichter und preußischer Offizier – Der Frühling (1749) 8992–6 Klopstock, Friedrich Gottlieb (1724– 1803) – Dichter 1710 51334–35 5292–10 88919 8996 – Messias (1749–1773) 1710–11 20634–36 5047–14 52117–24 6847–8 89412–17 89836–2 – Von der Nachahmung des griechischen Sylbenmasses im Deutschen (1755) 8996–7 – Oden (1771) 5321–6 88918–19 8987–10 Knödler, Stefan – „August Wilhelm Schlegels Vorlesungen. Analoge und digitale Edition“ (2014) XXV Koblenz 4544 Köhnke, Klaus Christian (1953– 2013) – Kulturphilosoph und -theoretiker – Entstehung und Aufstieg des Neukantianismus (1996) XL Köln – Dom 45230 45316–17

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Register

Königsberg – Universität XLII Koloss von Rhodos (ca. 292 v. Chr.) 8049 Kreon – in griechischer Mythologie König von Theben, bekannt aus Sophokles’ „Antigone“ 51019 Laokoon – in griechischer und römischer Mythologie ein trojanischer Priester des Apollon Thymbraios oder des Poseidon 15726–27 Laokoon (Skulptur) / Hagesandros 2419–20 15726 4749 Lehnerer, Thomas (1955–1995) – Künstler und Philosoph – Die Kunsttheorie Friedrich Schleiermachers (1987) XXX L Leibniz, Gottfried Wilhelm Freiherr von (1646–1716) – Philosoph, Mathematiker und Universalgelehrter 393–4 53924 XXI Lenné, Peter Joseph (1789–1866) – preußischer Landschaftsgärtner 79935–1 Leo III. (680–741) – byzantinischer Kaiser von 717 bis 741 5620 Lessing, Carl Friedrich (1808–1880) – Maler der Romantik – Lenore (1832) 8282–7 Lessing, Gotthold Ephraim (1729– 1781) – Schrifsteller, Kritiker und Philosoph 64–5 8223–5 12818 49834 – Minna von Barnhelm (1763– 1767) XX – Laokoon: oder über die Grenzen der Malerei und Poesie (1766) 8223–5 19825–26 Leuchs, Johann Carl (1797–1877) – Kaufmann und Verleger 4717–8

Lichtenberg, Georg Christoph (1742– 1799) – seit 1770 Professor der Physik in Göttingen, Schriftsteller 48522 – Erklärung der Hogarthischen Kupferstiche (1794–1835) 3467 48521–22 Lindenberg, Bernhard – Student XXXIV Livius, Titus (um 59 v. Chr. – 17 n. Chr.) – römischer Geschichtsschreiber 49817–20 – Ab urbe condita (ca. 27 v. Chr. – ca. 17 n. Chr.) 49817–18 Lommatzsch, Carl Bernhard (1788– 1865) – Professor am Berliner Gymnasium zum Grauen Kloster, erster Herausgeber der Ästhetik Schleiermachers, heiratete dessen Tochter Gertrud XXXIV XLIV XLV passim London 15718 63719–21 7761 – Royal Academy of Arts 80627–29 Longinos, Pseudo-Longinos – unbekannter griechischer Schriftsteller 7319–20 Lotze, Hermann (1817–1881) – Mediziner und Philosoph – Geschichte der Ästhetik in Deutschland (1868) XLVIII Ludwig XIV. (1638–1715) – französischer König 1643–1715 14333 6821–9 Lukrez (Lucretius Carus) (1. Jh. v. Chr.) – lateinischer Dichter 50820–21 Lully, Jean-Baptiste (1632–1687) – italienischer Komponist, Geiger und Tänzer – Armide (Tragédie en musique) (1686) 26511–14

Register der Personen, Werke und Orte Marathon – antiker Ort nordöstlich von Athen 24930 Maria (Madonna) (bildende Künste) 14230 48718 48924,28 63638,40 85434–36 Mars – Gottheit der römischen Mythologie 24810 Marx, Karl (1818–1883) – Philosoph, Ökonom, Gesellschaftstheoretiker XLIX Maximilian Joseph IV. (1756–1825) – seit 1799 Kurfürst von Bayern, seit 1806 als Maximilian I. König von Bayern 52–3 Meckenstock, Günter (1948–2020) – evangelischer Theologe, Herausgeber der „Kritischen SchleiermacherGesamtausgabe“ – Deterministische Ethik und kritische Theologie (1988) XXIII – Schleiermachers Bibliothek nach den Angaben des Rauchschen Auktionskatalogs und der Hauptbücher des Verlages G. Reimer (2005) XX Mehmel, Gottlieb Ernst August (1761–1840) – Professor der Philosophie an der Universität Erlangen, Mitredakteur (seit 1800) bzw. alleiniger Redakteur (Februar bis Ende 1801) der Erlanger Literaturzeitung XXVI Meleagros von Gadara (130–60 v. Chr.) – griechischer Dichter 90226–29 Menander (ca. 341–ca. 291 v. Chr.) – griechischer Dichter 90430–31 Mendelssohn, Moses (1729–1786) – Kaufmann, Gelehrter und Philosoph 7233–4 – Phädon (1767) 77012–14

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– Über das Erhabene und Naive in den schönen Wissenschaften (1771) XXI Mendelssohn-Bartholdy, Felix (1809– 1847) – Komponist und Pianist, Neffe der Dorothea Schlegel, geb. Mendelssohn 4383–4 XLI Miltiades (der Jüngere) (um 550–489 v. Chr.) – aus Athen stammender Feldherr und Politiker aus der Familie der Philaiden 24930 Milton, John (1608–1674) – englischer Dichter und politischer Denker 1710 – Paradise lost (1667) 1710–11 5047 52117–24 – Paradise regained (1671) 1710–11 Moritz, Karl Philip (1756–1793) – Schriftsteller, Philosoph und Kunsttheoretiker – Über die bildende Nachahmung des Schönen (1788) 4016–17 Müller, Ernst – Ästhetische Religiosität und Kunstreligion (2004) XXV München 1123 – Akademie der Wissenschaften 52–3 Murten – Kanton Freiberg (Schweiz) LXXII Myron (ca. 500–ca. 440 v. Chr.) – griechischer Bildhauer 12427 Neander, August Johann Wilhelm (1789–1850) – evangelischer Theologe, Professor für Kirchengeschichte an der Berliner Universität ab 1813 LXX

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Register

Nero Claudius Caesar Augustus Germanicus (37–68) – römischer Kaiser 63213–15 Nibelungenlied (Anfang des 13. Jh.) 50515–18 52230–33 90432–2 Nicolai, Philipp (1556–1608) – lutherischer Hofprediger und Liederdichter – Wie schön leuchtet der Morgenstern (1597) 7593–7 Niesky (Nisky) – Kolonie der Brüdergemeine nordöstlich von Görlitz 7591–3 XIX Niobe (Skulptur) 12721 Nösselt, Johann August (1734– 1807) – evangelischer Theologe – Anweisung zur Kenntnis der Bücher in allen Teilen der Theologie (1779) XXIII Novalis (Friedrich von Hardenberg) (1772–1801) – Dichter 5312–13 – Studien zur Bildenden Kunst (um 1798) 5312–13 – Die Christenheit oder Europa (geschrieben 1799) XXVII – Wo bleibst du Trost der ganzen Welt (1802) XXVII Nowak, Kurt (1942–2001) – evangelischer Theologe und Kirchenhistoriker – Schleiermacher. Leben, Werk und Wirkung (2001) XIX XXVII XXVIII XXXII XXXIII XXXIV XLV Odebrecht, Rudolf (1883–1945) – Herausgeber von Schleiermachers Dialektik (1942) und Ästhetik (1931) im Auftrag der Preußischen Akademie der Wissenschaften XIX XLV passim

– Schleiermachers System der Ästhetik (1932) LI LXXVII Ovid (Publius Ovidius Naso) – (43 v. Chr.–17 n. Chr.) – römischer Dichter XX – Metamorphosen (um 1–8 n. Chr.) 8920–22 Paris – Oper 26514 – Sammlung Rothschild 66424 Parmenides (um 540–480 v. Chr.) – vorsokratischer Philosoph 5084–9,24–27 69412–14 Parthey, Gustav (1798–1872) – Hofrat im Generalfinanzdirektorium in Berlin, übernahm die Buchhandlung von seinem Großvater Friedrich Nicolai, Mitglied der Berliner Akademie der Wissenschaften seit 1857, Schleiermacherhörer in Berlin XXXV Pasewalk – Landkreis VorpommernGreifswald LXVIII Patsch, Hermann – Alle Menschen sind Künstler (1986) XXIV Pausanias (Pausanias Periegetes) (ca. 115–ca. 180) – griechischer Reiseschriftsteller und Geograph 8509–13 – Reisen in Griechenland (Mitte 2. Jh. n. Chr.) 8509–10 Perikles (499–429 v. Chr.) – athenischer Staatsmann 5618 621 Petrarca, Francesco (1304–1374) – italienischer Dichter 81022–23

Register der Personen, Werke und Orte Pindar (um 518–442 v. Chr.) – griechischer Dichter 182 301 51414–17 90332–33 XIX – Epinikia (Oden) (um 500–445 v. Chr.) 50125–29 52811–13 – 4. Pythsiche Ode (Argonautenzug) (461 v. Chr.) 301 51414–15 88718–11 Piombo, Sebastian del (1485–1547) – italienischer Maler der Renaissance – Der Violinenspieler (1518) 66424 Pitt, William (der Jüngere) (1759– 1806) – englischer Staatsmann 4964 Pius VI. (1717–1799) – Papst in Rom von 1775–1799 12723–24 Platon (427–347 v. Chr.) – griechischer Philosoph 171–3 6214–18,21–25 21221–26 23236–3 53714–19 5386–9 5392–3 64115–26 68422 75511–17 XXIV XLIII – Gorgias 6538–10 – Ion 6214–17 53714–15 9026–13 – Lysis 23240–2 – Nomoi 21539–2 53714–15 63119–24 – Phaidros 53714–15 – Politeia 171–3 5610–11 6214–17 53714–15 63119–24 64122–23 75515–17 7699–13 – Sophistes 69412–14 – Symposion 53714–15 – Timaios 53714–15 Plutarch (um 45–125) – griechischer Schriftsteller – Moralia 52–3

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Poißl, Johann Nepomuk von (1783– 1865) – (Opern-)Komponist und Intendant in München – Athalia (1814) 1123 26425–28 Polignac, Melchior de (1661–1741) – französischer Kardinal, Diplomat und Dichter 85730–1 Polyklet (um 480–400 v. Chr) – griechischer Bildhauer 7214–15 46826–11 47216–21 Pygmalion – Gestalt der griechischen Mythologie 8921–22 Quintilianus, Markus Fabius (ca. 35– 100) – römischer Lehrer der Rhetorik 53834–1 – Institutio oratoria (95) 5391 Racine, Jean Baptiste (1639–1699) – französischer Dichter 8935–6 – Athalie (1691) 742–3 1123 14713–14 66836–2 Raffael (Raffael Sanzio) (1483– 1520) – italienischer Maler der Renaissance 6613 32711–14 49319–2 63720 66424–25 81612 82726 83938 – Vermählung Mariä (Sposalizio) (1504) 49319–22 – Sixtinische Madonna (1512/13) 63719–21 – Transfiguration (1520) 49010–12 49319–22 Ramler, Karl Wilhelm (1725–1798) – Philosoph, Schriftsteller und Übersetzer – (Hg.) Des Herrn Christian Ewald von Kleist Sämtliche Werke (1760) 8991–4

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Register

Rauch, Christian Daniel (1777– 1857) – Bildhauer, Freund von Friedrich Tieck 66424 Reichardt, Johann Friedrich (1752– 1814) – Komponist, seit 1775 Hofkapellmeister in Potsdam und Berlin, seit 1794 Salineninspektor in Halle, 1808 Theaterdirektor in Kassel 4383–4 XX – Die Weihnachtskantilene (nach Mattias Claudius) (1786) XXVII Reichardt, Luise (1779–1826) – Komponistin und Chorleiterin, Tochter des Johann Friedrich Reichardt aus erster Ehe 4383–4 XX Reimer, Georg Andreas (1776– 1842) – Verleger und enger Freund Schleiermachers in Berlin 9182 XXXVIII LXII Ritter, Carl (1779–1859) – ab 1820 an der Berliner Universität Professor für Erd- Länder-, Völker-, und Staatenkunde, Mitbegründer der „Gesellschaft für Erdkunde“ LXX Roland – Hauptfigur in Ariosts Versepos „Orlando furioso“ 52220 Rom 85730–1 – Petersdom 1218 – Vatikanische Museen 12723–24 Rotterdam 63719–21 Rousseau, Jean-Jacques (1712– 1778) – französischsprachiger Philosoph, Schriftsteller, Pädagoge und Botaniker 6497–14

– Discours sur les sciences et les arts (1750) 64911–13 – Du contrat social ou Principes du droit politique (1762) 64911–13 Rubens, Peter Paul (1577–1640) – niederländischer Maler und Diplomat 63720 Rymer, Thomas (1643–1713) – englischer Historiker – The tragedies of the last age consider’d and examin’d (1678) 5106–7 Sauer, August (1855–1926) – österreichischer Literaturhistoriker – Ewald von Kleist’s Werke (1. Teil) (1881) 8991–4 Schadow, Friedrich Wilhelm von (1788–1862) – Maler, Mitbegründer der Düsseldorfer Schule 1031 81631–1 8321–5 Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph (1775–1854) – Philosoph 58–87 820–21 231–3–3,14 261–2,4–6,14–17 275–7 423–4 5519 7138 721–2 8512–33 929–13 1338–9 14622–23,35–5 1641–4 19825–26 24517–33 5451–2,20–8 56215–28 XXVI XXXIV XLIII XLVIII XLIX LVI LVII LXII – Ideen zu einer Philosophie der Natur (1797) 423–4 – Epikureisch Glaubensbekenntnis Heinz Widerporstens (1799) XXVII – System des transzendentalen Idealismus (1800) 820–21 5610–11 7831–35 – Rezension von Schleiermachers „Weihnachtsfeier“ (JALZ, 1807) XXVII

Register der Personen, Werke und Orte – Über das Verhältnis der bildenden Künste zu der Natur (1807) 52–3,8–87 7137–2 1338–9 14635–5 54522–25 6669–24 XXVII LI LIII – Vorlesungen über die Philosophie der Kunst (allgemein) 3413–14 1338–9 XXV XLVIII LV LVI – Vorlesungen über die Philosophie der Kunst (WS 1802/03) 231–3–3 2314–1 248–9 261–2,4–6 4021–22 4425–26 8512–13 – Vorlesungen über die Philosophie der Kunst (1859) – Edition von Schellings Sohn Karl Friedrich August Schelling im Rahmen der „Sämtlichen Werke“ (I,5) 2614–15 275–7 Schiller, Friedrich (1759–1805) – Schriftsteller, Dramatiker und Historiker 1332–5 1378–9 34927–33 52937–38 54230–15 5453,8–9 58929–32 59124–29 59716–23 88919 LXII – Über Anmuth und Würde (1793) 84–7 – Über die ästhetische Erziehung des Menschen (1795) 5230–31 54231 – Über naive und sentimentalische Dichtung (1795) 1332–4 5437–11 – Briefwechsel (1796–1798) 12818 – Übersetzung und Bearbeitung von Shakespeares Macbeth (1801) 1713–15 XXVI Schinkel, Karl Friedrich (1781– 1841) – preußischer Architekt, Stadtplaner und Maler 1123 77621–22 78028 7923 87016–17 XLI Schlegel, August Wilhelm (1767– 1845) – Schriftsteller, Übersetzer

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und Philologe, Bruder von Friedrich Schlegel 1713–15 5312–13 53023 89914–15 XLIX – Shakespeare-Übersetzung (1797– 1810) 1713–15 – Arion (1798) 8495 – Der Bund der Kirche mit den Künsten (1800) XXVII – Charakteristiken und Kritiken (mit Friedrich Schlegel) (1801) XXVI – Ion (1803) 41021–22 53018–24 – Spanisches Theater (Calderon-Übersetzung, Bd. 1) (1803) 1713–15 – Vorlesungen über die Kunstlehre (1801/02) 929–13 2632–3 45614–20 81022–23 87230–31 XXV – Vorlesungen über schöne Literatur (1802/03) 5312–13 – Vorlesungen über dramatische Kunst und Literatur (1809–1811) 1123 29815–17 Schlegel, Dorothea (Brendel) (1764– 1839) – geb. Mendelssohn, geschiedene Veit, seit 1804 verheiratet mit Friedrich Schlegel, Tochter Moses Mendelssohns LVII Schlegel, Friedrich (1772–1829) – Philosoph, Philologe und Dichter, Bruder des August Wilhelm Schlegel XXIV LVII – Vom Wert des Studiums der Griechen und der Römer (1795–96) 879–13 – Philosophische Lehrjahre (1796– 1806) 23240–2 – Athenaeum-Fragmente (1798) 12818

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Register

– Lucinde (1799) 8891 XXIV – Gespräch über die Poesie (1800) 6329–2 – Geschichte der europäischen Literatur (1803/04) 2728–10 – Probe einer metrischen Übersetzung des Racine (1803) 1123 – Lessings Gedanken und Meinungen (1804) 64–5 – Briefe auf einer Reise durch die Niederlande, Rheingegenden, die Schweiz und einen Teil von Frankreich (1806) 45614–20 Schleiermacher, Friederike Charlotte (Lotte) (1765–1831) – Erzieherin und Lehrerin in Gnadenfrei und Habendorf, Friedrich Schleiermachers Schwester 7591–3 Schleiermacher, Friedrich Daniel Ernst (1768–1834) [1. Schriften und Editionen] – Über das Naive (1789) 7233–4 XXI – Über den Stil (1790/91) XXI – Über die Freiheit (1790–1792) XXI – Über den Wert des Lebens (1793) XXIII – Über die Religion (1799) XXV XXVII – Vertraute Briefe über Friedrich Schlegels Lucinde (1800) 8891 XXIV – Grundlinien einer Kritik der bisherigen Sittenlehre (1803) XXIX – Rezension von Schelling: Vorlesungen über die Methode des akademischen Studiums (JALZ, 1804) LVII

– Die Weihnachtsfeier (1806) XX XXVII – Über die verschiedenen Methoden des Übersetzens (1813) 89536–2 – Der christliche Glaube: Nach den Grundsätzen der evangelischen Kirche im Zusammenhange dargestellt (1821/22) 21539–2 56537–5682 XXXI XXXII XXXIII XXXVII LX – Der christliche Glaube: Nach den Grundsätzen der evangelischen Kirche im Zusammenhange dargestellt (2. Auflage, 1830/31) XXXVIII – Über den Umfang des Begriffs der Kunst in Bezug auf die Theorie derselben (allgemein) XLI XLIII XLVII – Über den Umfang des Begriffs der Kunst (1) (1831) 53134 9182 – Über den Umfang des Begriffs der Kunst (2) (1832) 91817–18 – Über den Umfang des Begriffs der Kunst (3) (1833) 81112–14 XIX LI LXXVII–LXXVIII – Vorlesungen über die Ästhetik (hg. v. Lommatzsch) (1842) XXXIV XXXIX XLII XLIV LI LVII LXV LXVIII LXXII LXXIII – Friedrich Schleiermachers Ästhetik (hg. v. Odebrecht) (1931) XXXV XXXIX XLV XLIX LI LIV LV LVII LX LXV LXVIII LXX LXXV – Ästhetik (1819/25). Begriff der Kunst (1831/32) (hg. v. Lehnerer) (1984) XLVI LXX LXXIII LXXVIII – Esthétique. Tous les hommes sont des artistes (hg. v. Thouard) (2004) XLVII

Register der Personen, Werke und Orte – Ethik (Projekt) XXXIII XXXVIII XLIII LIX – Tageskalender 1808–1834 (allgemein) 1713–15 43419 – Tageskalender 1809 XX – Tageskalender 1825 4712–7 9182 XXXVIII LXXVI – Tageskalender 1828 77529–3 – Tageskalender 1829 4383–4 – Tageskalender 1832 81631–1 XLI LXII – Tageskalender 1833 XLII LXII [2. Vorlesungen] – Briefe an die Hebräer (1819) XXXII – Christliche Sittenlehre (1809/10) 6329–3 XXIX – Christliche Sittenlehre (1824/25) 6329–3 – Dialektik (allgemein) XXXI – Dialektik (1811) 5823–28 XXIX – Dogmatik (1825) XXXVII – Geschichte der Philosophie (allgemein) 68817–19 – Geschichte der alten Philosophie (1807) 6023–33 – Geschichte der Philosophie unter den Christen (1810) 6023–33 19825–26 – Hermeneutik (1819) XXXII LIX – Hermeneutik (1832/33) XLI LXXIII – Lehre vom Staat (allgemein) XXXI

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– Matthäus-Evangelium (1832/33) XLI – Philosophische Ethik (allgemein) 4511ff. 13415–5 30037–6 XXXIII LIV LXXII – Philosophische Ethik (1805/06) XXVII – Philosophische Ethik (1812/13) 4511ff. 5922–26 3024–5 56537–3 XXIX – Psychologie (allgemein) 30037–6 XXX XXXI XLII – Psychologie (1818) 4721–24 6914–15 22229–1 – Psychologie (1821) 6914–15 [3. Platon-Übersetzungen] – Platon-Übersetzung (allgemein) 23240–2 XXIV – Phaidros 6214–17 XXV – Politeia XXV – Symposion XXV Schleiermacher, Hanna Gertrud (1812–1839) – Tochter von Friedrich und Henriette Schleiermacher XLV Schleiermacher, Henriette (1788– 1840) – geb. von Mühlenfels, verw. von Willich, seit dem 18.5.1809 mit Friedrich Schleiermacher verheiratet 63719–21 77529–3 Schlobitten (Ostpreußen) – Sitz der Grafen zu Dohna-Schlobitten XXIII Scholtz, Gunter – Schleiermachers Musikphilosophie (1981) XXVII L – Schleiermacher und die Kunstreligion (2000) XXV

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Register

Schopenhauer, Arthur (1788–1860) – Schleiermacherhörer in Berlin, Philosoph, ab 1820 zeitweise an der Berliner Universität als Privatdozent tätig XLIX Schwedt – Stadt an der Oder LXVIII Schweizer, Alexander (1808–1888) – Professor für praktische Theologie in Zürich ab 1840, Schleiermacherhörer in Berlin, dort Theologiestudium 1832–1833, Mitherausgeber der „Sämmtlichen Werke“ Schleiermachers XIX XLII XLIV LXIV LXXII Scylla – Meeresungeheuer in der griechischen Mythologie 52221–23 Shakespeare, William (1564–1616) – englischer Dichter 1714 6220–21 14333–36 34930–33 50330–34 50424 5317–15 6478–15 8777–11 9063–15 XXVI – Der Kaufmann von Venedig (1596) 1713–15 – Hamlet (1603) 1713–15 – Macbeth (um 1608, gedruckt 1623) 1713–15 Simonides von Keos (557/556–468/ 467 v. Chr.) – griechischer Dichter 52–3 Sokrates (um 470–399 v. Chr.) 9029–11 Solger, Karl Wilhelm Ferdinand (1780–1819) – Philosoph, seit 1809 Professor an der Viadrina (Frankfurt an der Oder), seit 1811 an der Berliner Universität 52733–3 XXXI XLIX LVII – Des Sophokles Tragödien (Übersetzung) (1808) 52734–35

– Erwin. Vier Gespräche über das Schöne und die Kunst (1815) 821 – Vorlesungen über Ästhetik (1819) 821 Sophokles (5. Jh. v. Chr.) – griechischer Tragödiendichter 1123 52734 5286–7 – Antigone 63629 – Elektra 63629 – König Ödipus 51014–17 Spinoza, Baruch (1632–1677) – niederländischer Philosoph 13712–14 Steffens, Henrich (1773–1845) – norwegischer Naturphilosoph, seit 1804 Professor in Halle, ab 1811 in Breslau, ab 1832 in Berlin XL LXXIII – Grundzüge der philosophischen Naturwissenschaft (1806) 423–4 Stern, Sigismund (1812–1867) – Mitbegründer der „Genossenschaft für Reform im Judentum“ und der „Jüdischen Reformgemeinde“ in Berlin, Schleiermacherhörer in Berlin, dort Philosophiestudium 1831– 1834 XLII LXV LXXIII Sterne, Laurence (1713–1768) – englisch-irischer Schriftsteller – A Sentimental Journey Through France and Italy (1768) – von Johann Joachim Christoph Bode als „Yoriks empfindsame Reise“ 1768 ins Deutsche übersetzt 49833–6 Stettin LXVIII Stockmann, Cornelius August (1751– 1821) – Jurist und Dichter 9174 Stolberg (Stolberg-Stolberg), Christian Graf zu (1748–1821) – Dichter und Übersetzer 52937–38

Register der Personen, Werke und Orte – Sophokles (Übersetzung) (1787) 52734–35 Stolp (Stolpe) – Stadt in Pommern XXIV Sulzer, Johann Georg (1720–1779) – Schweizer Theologe und Philosoph der Aufklärung und Empfindsamkeit XLIII – Allgemeine Theorie der schönen Künste (1771–1774) 14713–14 45614–20 8991–4 Tasso, Torquato (1544–1595) – italienischer Dichter 8945,14 – Das befreite Jerusalem (1574) 26514 50530 8944–5 Themis (bildende Künste) 79013–14 Thirlwall, Connop (1797–1875) – englischer Historiker und Geistlicher, übersetzte Schleiermachers Buch „Über die Schriften des Lukas“ 77529–3 Thouard, Denis – Schleiermacher et Kant: les modalités de l’assentiment (2002) XXIII Thukydides (5. Jh. v. Chr.) – griechischer Historiker 51827–31 Tieck, Christian Friedrich (1776– 1851) – Bildhauer, Bruder des Dichters Ludwig Tieck – Dioskurenskulptur auf dem Alten Museum (ca. 1830) – nach einem Entwurf von Karl Friedrich Schinkel 87014–23 Tieck, Ludwig (1773–1853) – Dichter der Romantik 76443–8 – Prinz Zerbino (1799) 7652–5 Toelken, Ernst Heinrich (1785– 1864) – klassischer Archäologe und Kunsthistoriker an der Berliner Uni-

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versität, Direktor des Berliner Antiquariums XXXI Trapassi, Pietro Antonio Domenico Bonaventura (1698–1782) – Pseudonym: Pietro Metastasio, italienischer Dichter und Librettist 24717–18 Traulsen, Hans-Friedrich – Aus Schleiermachers letzten Tagen (25. Januar bis 12. Februar 1834) (1991) XLV Trendelenburg, Friedrich Adolf (1802–1872) – Philosoph an der Berliner Universität, Schleiermacherhörer in Berlin XXXIX XL LXIV LXIX Troschel, Ferdinand – Verlagsbuchhändler in Danzig XXIII Twesten, August Detlev Christian (1789–1876) – Professor für systematische Theologie in Kiel ab 1814, Nachfolger von Schleiermacher an der Universität Berlin ab 1834/35, Schleiermacherhörer in Berlin, dort Philosophie- und Theologiestudium 1810 XXXII XXXIII XXXVIII LIV Unger, Georg Christian (1743– 1799) – preußischer Architekt und Baumeister 79538 Vatikanstadt 82726 Venedig 1031 Venturini, Carl (1768–1849) – deutscher Theologe – Chronik des neunzehnten Jahrhunderts. 1821 LXXV Venus – Gottheit der römischen Mythologie 24811

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Register

Venus (Skulptur) 46825 Vergil (Publius Vergilius Maro) (70– 19 v. Chr.) – lateinischer Dichter und Epiker 2615 50610–13 XX – Aeneis 2615–16 5564–6 Viganó, Maria (1769–1821) – geborene Mayer, Tänzerin, Tanzpartnerin ihres Ehemanns Salvatore Viganó 1031 Viganó, Salvatore (1769–1821) – italienischer Tänzer, Choreograph und Komponist, Tanzpartner seiner Ehefrau Maria Viganó 1031 Vitruv (Marcus Vitruvius Pollio) (1. Jh. v. Chr.) – römischer Architekt und Architekturhistoriker – De architectura libri decem (33–22 v. Chr.) 78313–14 Voltaire (François Marie Arouet) (1694–1778) – französischer Philosoph und Schriftsteller 6691 – Traité sur la tolérance (1763) 14713–14 66836–2 Voß, Johann Heinrich (1751–1826) – Dichter und Übersetzer 3793–5 38127–30 89533–2 8998,14–1 – Homer: Odyssee (Übersetzung) (1781) 192 – Luise (1795) 52834 – Vermischte Gedichte, Fabeln und Epigramme (1802) 38127–28 Warburg, Aby (1866–1929) – Kunsthistoriker XLIX Weber, Carl Maria von (1786– 1826) – Komponist, Dirigent und Pianist der Romantik

– Der Freischütz (1821) XXXVIII Weiß, Christian (1774–1853) – Philosoph und Pädagoge – Untersuchungen über das Wesen und Wirken der menschlichen Seele (1811) 22229–1 Wette, Wilhelm Martin Leberecht de (1780–1849) – Theologe, seit 1807 Professor in Heidelberg, seit 1810 in Berlin (1819 abgesetzt), ab 1822 in Basel XXXIII XXXIV Wieland, Christoph Martin (1733– 1813) – Schriftsteller und Pädagoge XIX – Oberon (1780) 49913–17 5054–11 52835 Wien 1031 1123 29815–17 Wigand, Eugen Anton (1795–1843) – Schleiermacherhörer in Berlin, Professor am Friedrich-WilhelmGymnasium in Berlin ab 1821 XXXIV XLV LXIV LXVII Winckelmann, Johann Joachim (1717–1768) – Archäologe, Kunstschriftsteller und Altertumsforscher 61 8223–5 12818 – Gedanken über die Nachahmung der griechischen Werke in der Malerei und Bildhauerkunst (1755) 1273–5 – Geschichte der Kunst des Altertums (1764) 2728–10 Wittstock XXXIX Wolf, Christian Wilhelm Friedrich August (1759–1824) – Altphilologe, seit 1810 an der Berliner Universität, ab 1807 Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften 192 2614–15

Register der Personen, Werke und Orte – Prolegomena ad Homerum (1795) 2614–15 14521–22 37832–33 Wolff, Christian August Freiherr von (1679–1754) – Philosoph 393–4 2818–9 53924 XXI Xenophanes (570–474 v. Chr.) – griechischer Philosoph 5086–8 Zacharias – Vater von Johannes dem Täufer (Malerei) 48925 Zelter, Karl Friedrich (1758–1832) – Komponist, Musiker, Leiter der Berliner Singakademie XX LXXV

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Zenon von Elea (um 490–430 v. Chr.) – vorsokratischer Philosoph 69412–14 Zeus – oberste Gottheit der griechischen Mythologie 23616 24810 36541 37041 8509–10 85438 Zeus (bildende Künste) 37038 47230–32 Zimmermann, Robert (1824–1898) – Ästhetiker und Schriftsteller – Ästhetik (1868) XLVIII Zossen – Stadt in der Mittelmark XXXIX Zürich LXXII