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German Pages 232 Year 2010
Veröffentlichungen des Walther-Schücking-Instituts für Internationales Recht an der Universität Kiel
Band 176
Krisenherde im Fokus des Völkerrechts – Trouble Spots in the Focus of International Law Herausgegeben von
Thomas Giegerich und Alexander Proelß unter Mitwirkung von:
Ursula E. Heinz
Duncker & Humblot · Berlin
Thomas Giegerich / Alexander Proelß (Hrsg.)
Krisenherde im Fokus des Völkerrechts – Trouble Spots in the Focus of International Law
Veröffentlichungen des Walther-Schücking-Instituts für Internationales Recht an der Universität Kiel In der Nachfolge von Jost Delbrück herausgegeben von T h o m a s G i e g e r i c h und A l e x a n d e r P r o e l ß Walther-Schücking-Institut für Internationales Recht
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Völkerrechtlicher Beirat des Instituts: Christine Chinkin London School of Economics
Eibe H. Riedel Universität Mannheim
James Crawford University of Cambridge
Allan Rosas Court of Justice of the European Communities, Luxemburg
Lori F. Damrosch Columbia University, New York Vera Gowlland-Debbas Graduate Institute of International Studies, Geneva Rainer Hofmann Johann Wolfgang GoetheUniversität, Frankfurt a.M. Fred L. Morrison University of Minnesota, Minneapolis
Bruno Simma International Court of Justice, The Hague Daniel Thürer Universität Zürich Christian Tomuschat Humboldt-Universität, Berlin Rüdiger Wolfrum Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Heidelberg
Krisenherde im Fokus des Völkerrechts – Trouble Spots in the Focus of International Law Herausgegeben von
Thomas Giegerich und Alexander Proelß unter Mitwirkung von:
Ursula E. Heinz
Duncker & Humblot · Berlin
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Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung, für sämtliche Beiträge vorbehalten © 2010 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 1435-0491 ISBN 978-3-428-13420-5 (Print) ISBN 978-3-428-53420-3 (E-Book) ISBN 978-3-428-83420-4 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706
Internet: http://www.duncker-humblot.de
Inhaltsverzeichnis Thomas Giegerich Einführung: Weltfrieden durchVölkerrecht? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Roger O’Keefe Israel/Palestine Sixty Years On . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Frank Hoffmeister The Cyprus Problem in 2009: Which Role for International and European Law?
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Peter Hilpold Die Kurden zwischen dem Irak und der Türkei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
73
Robert Heuser Die unruhigen Ränder Chinas: Tibet und Taiwan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Joseph Marko „In den Schluchten des Balkan“: Bosnien-Herzegowina und Kosovo . . . . . . . . . . 123 Andrea Gattini Somalia: Purposes and Limits of State Fiction in International Law . . . . . . . . . . . 151 Vera Gowlland-Debbas The Conflict in the Democratic Republic of the Congo and the Role of Courts . . 167 Matthias Hartwig Territorialkonflikte im Kaukasus – die Fälle Georgien und Aserbeidschan . . . . . . 201 Autorenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231
Einführung: Weltfrieden durch Völkerrecht? Von Thomas Giegerich In der Präambel der UN-Charta kommt die Entschlossenheit der Völker der Vereinten Nationen zum Ausdruck „to save succeeding generations from the scourge of war, which twice in our lifetime has brought untold sorrow to mankind“. Zu diesem Zweck sollte durch materielle und prozedurale Regeln sichergestellt werden „that armed force shall not be used, save in the common interest“. Die angesprochenen Regeln verbieten es den souveränen Staaten, militärische Gewalt in ihren internationalen Beziehungen anzuwenden (Art. 2 Ziff. 4), abgesehen vom Fall der Selbstverteidigung auf einen bewaffneten Angriff (Art. 51). Sie übertragen dem Sicherheitsrat die Hauptverantwortung für die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit (Art. 24 Abs. 1) und stellen ihm Durchsetzungsmittel zur Verfügung (Art. 39 ff.). Diese Regeln und Mittel sind jedoch unterentwickelt geblieben: Wie uns die Erfahrung mit der Staatsbildung in Europa lehrt, können Menschen anscheinend nur durch eine als legitim anerkannte überlegene Macht dauerhaft dazu gebracht werden, friedlich zusammenzuleben. Eine souveräne, demokratisch-rechtsstaatlich strukturierte Weltrepublik zu errichten, die dies gewährleisten könnte, ist aber nach wie vor unrealistisch. Die „kopernikanische Wende“ im Völkerrecht nach 1945 erschöpft sich indessen nicht in einer Umkehrung des klassischen jus ad bellum der souveränen Staaten in ein jus contra bellum. Vielmehr führt die UN-Charta mit den Menschenrechten und dem Selbstbestimmungsrecht der Völker (Art. 1 Ziff. 2 und 3) zudem Prinzipien ein, die das staatszentrierte Weltbild der klassischen Völkerrechtsordnung überwinden. Regelmäßig verursacht nun gerade eine Missachtung dieser Prinzipien Bedrohungen oder gar Brüche des Weltfriedens, wie es die dritte Erwägung der Präambel der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 klar ausspricht: Es sei notwendig, die Menschenrechte (d.h. die grundlegenden bürgerlichen, politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte der Menschen und Völker) durch die Herrschaft des Rechts zu schützen, damit der Mensch nicht in die Rebellion gegen Tyrannei und Unterdrückung getrieben werde. Eine Missachtung dieser Erkenntnis, die übrigens Art. 1 Abs. 2 GG rezipiert hat, steht regelmäßig im Hintergrund der zahlreichen politischen und humanitären Krisen in der Welt. Da die menschenrechtlichen Ideale infolge der Durchsetzungs-
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Thomas Giegerich
schwäche der UN-Organe in vielen Weltgegenden noch heute unerreicht sind, wie die UN-Generalversammlung am 10.12.2008 zum 60. Jahrestag der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte unumwunden eingestand,1 gerät das Friedensgebot der UN-Charta immer wieder in Bedrängnis: Ist es nicht widersprüchlich, wenn die UNO und ihre Mitgliedstaaten allen Menschen ein Leben in Würde, Freiheit und Gleichheit sowie allen Völkern die Selbstbestimmung in Aussicht stellen (Art. 55 Buchst. c, Art. 56 UN-Charta), dann aber ihre Versprechungen brechen und zugleich den Kampf gegen die Tyrannei und Unterdrückung verbieten? Ist dieser Kampf nicht als letztes Mittel der Selbsthilfe „in the common interest“? Der Weltfrieden gilt zwar – gerade um der Menschenrechte willen – als höchstes aller Güter, doch lässt er sich auf Dauer nicht durch die Hinnahme von Menschenrechtsverletzungen oder durch die Vorenthaltung des Selbstbestimmungsrechts erkaufen. Da die Völkerrechtsordnung auf der Stabilität der sie tragenden souveränen Staaten beruht, von denen viele einen multiethnischen, multikulturellen und/ oder multireligiösen Hintergrund haben, nimmt sie gegenüber dem Selbstbestimmungsrecht der Völker eine zwiespältige Haltung ein: Einerseits stilisiert sie es im gemeinsamen Art. 1 der beiden UN-Menschenrechtspakte vom 16.12.19662 zum Angelpunkt der Menschenrechte insgesamt und erkennt ihm jus-cogens-Charakter zu, andererseits versucht sie, seine Sprengkraft für das gegenwärtige Staatensystem zu entschärfen. So soll das Selbstbestimmungsrecht die territoriale Unversehrtheit und politische Einheit der souveränen und unabhängigen Staaten nicht beeinträchtigen. Insbesondere soll es nicht als Grundlage für Sezessionsbestrebungen herangezogen werden können, sofern der betreffende Staat eine die gesamte ggf. multiethnische/multikulturelle/multireligiöse Bevölkerung repräsentierende Regierung besitzt.3 Während Staaten ihren territorialen Besitzstand regelmäßig mit Waffengewalt gegenüber Sezessionsbewegungen verteidigen, greifen unterdrückte Völker nicht weniger bereitwillig zu den Waffen, um ihre Selbstständigkeit zu erkämpfen. Damit droht Blutvergießen bei „zu viel“ Selbstbestimmung ebenso wie bei „zu wenig“. Dies führt die Völkerrechtsordnung in ein schwer aufzulösendes Dilemma. Um ihrem Friedensauftrag gerecht zu werden und zugleich ihren Idealen treu zu bleiben, muss sie einen Mittelweg finden, der durch zwei rote Linien begrenzt wird: Sie kann nicht mehr an Selbstbestimmung verlangen, als ohne Blutvergießen möglich ist; sie muss aber zumindest so viel an Selbstbestimmung fordern, wie zur 1
Resolution 63/116. Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte; Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte. 3 Prinzip 5 der Prinzipiendeklaration der UN-Generalversammlung betreffende freundschaftliche Beziehungen vom 24.10.1970 (Resolution Nr. 2625 [XXV]). 2
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Verhinderung von Blutvergießen nötig ist. Damit hängt das zulässige und gebotene Maß an interner oder externer Selbstbestimmung von einer Vielzahl historischer, geographischer, wirtschaftlicher, sozialer, psychologischer und anderer Umstände ab, die in jeder konkreten Situation höchst unterschiedlich sind. In Bezug auf die allerschlimmsten Greuel hat der Weltgipfel von 2005 immerhin eine Schutzverantwortung der internationalen Gemeinschaft, verkörpert durch die UNO, anerkannt – eine „responsibility to protect populations from genocide, war crimes, ethnic cleansing and crimes against humanity“. Die Staats- und Regierungschefs erklärten sogar ihre Bereitschaft „to take collective action, in a timely and decisive manner, through the Security Council, in accordance with the Charter, including Chapter VII, on a case-by-case basis and in cooperation with relevant regional organizations as appropriate, should peaceful means be inadequate and national authorities are manifestly failing to protect their populations from genocide, war crimes, ethnic cleansing and crimes against humanity“.4 Entschlossen durchgegriffen hat der Sicherheitsrat dennoch bisher nirgendwo. Dementsprechend groß bleibt der moralisch-politische Druck auf einzelne Staaten oder Regionalorganisationen, in den vorgenannten Extremfällen auch ohne Sicherheitsratsmandat auf eigene Faust mit Waffengewalt zu intervenieren. Die NATO-Staaten sind ihm 1999 im Kosovo-Konflikt erlegen, der leider erst 2008 – lange nach dem Waffengang – und zudem nur auf der Grundlage eines sehr eingeschränkten Gutachtenauftrags der UN-Generalversammlung (Art. 96 Abs. 1 UN-Charta) zum Internationalen Gerichtshof gelangt ist. Die vom IGH zu beantwortende Frage lautet: „Is the unilateral declaration of independence by the Provisional Institutions of Self-Government of Kosovo in accordance with international law“? Man darf gespannt sein, ob sich der Gerichtshof oder zumindest einzelne Richter zu den fast interessanteren Fragen äußern werden, die der eigentlichen Gutachtenfrage vor- bzw. nachgelagert sind: Ob die „humanitäre Intervention“ der NATO-Staaten – welche die Unabhängigkeitserklärung erst ermöglicht hat – gegen das zum zwingenden Völkerrecht zählende Gewaltverbot verstieß (Art. 2 Ziff. 4 UN-Charta)? Ob allein schon deshalb die Anerkennung des Kosovo als unabhängiger Staat durch eine Vielzahl anderer Staaten ihrerseits völkerrechtswidrig war?5
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§§ 138 ff. der Resolution 60/1 der UN Generalversammlung, die in der Zusammensetzung der Staats- und Regierungschefs der UN-Mitgliedstaaten zusammentrat, vom 16.9.2005. 5 Vgl. Art. 40, 41 Ziff. 2 der Articles on Responsibility of States for Internationally Wrongful Acts (Annex zur Resolution 56/83 der UN-Generalversammlung vom 12.12.2001).
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Nach Art. 4 (h) des Constitutive Act of the African Union (AUCA) vom 11. Juli 20006 gehört zu den Prinzipien der Afrikanischen Union sogar „the right of the Union to intervene in a Member State pursuant to a decision of the Assembly in respect of grave circumstances, namely: war crimes, genocide and crimes against humanity“. Die Versammlung trifft ihre Entscheidungen mit Zweidrittelmehrheit (Art. 7 AUCA). Dies wirft die Frage auf, ob sich die Mitglieder einer Regionalorganisation in dieser Weise freiwillig einem Regime notfalls bewaffneter Interventionen unterwerfen können. Denn die UN-Charta schreibt ausdrücklich (und nach Art. 103 mit Vorranganspruch) vor, dass Zwangsmaßnahmen auf Grund regionaler Abmachungen oder seitens regionaler Einrichtungen nicht ohne Ermächtigung des Sicherheitsrats ergriffen werden dürfen (Art. 53 Abs. 1 Satz 2). Einerseits ist fraglich, ob Verstöße gegen zwingende Normen des allgemeinen Völkerrechts durch Einverständnis der betroffenen Staaten gerechtfertigt werden können.7 Andererseits stellen die „grave circumstances“, welche Art. 4 (h) AUCA zur Voraussetzung einer Intervention macht, ihrerseits jus-cogens-Verstöße dar.8 So weit wie die Afrikanische Union, die sich freilich auch mit besonders zahlreichen, langandauernden und schwerwiegenden Konflikten konfrontiert sieht, sind andere Regionalorganisationen nicht gegangen. Die Charta der Organisation Amerikanischer Staaten betont zwar, dass die repräsentative Demokratie, zu der auch die Beachtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten gehöre, eine unerlässliche Voraussetzung der Stabilität, des Friedens und der Entwicklung der Region sei. Andererseits unterstreicht sie mehrfach, dass die Förderung und Konsolidierung der repräsentativen Demokratie in den Mitgliedstaaten nur unter gebührender Beachtung des Prinzips der Nichtintervention zulässig sei (Art. 2 Buchst. b, Art. 3 Buchst. d und e). Demzufolge sieht die OAS-Charta beim gewaltsamen Sturz einer demokratischen Regierung lediglich die Möglichkeit vor, die Mitgliedschaftsrechte des betreffenden Staates zu suspendieren (Art. 9).9 Vergleichbares gilt für den Europarat (Art. 8 der Europaratssatzung – hier ist sogar eine Ausschlussmöglichkeit vorgesehen) und die EU (Art. 7 EUV: Aussetzung von Mitgliedsrechten). Die ASEAN Charter vom 20.11.2007 zählt ebenfalls die Stärkung von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit sowie Menschenrechten und Grundfreiheiten zu den Zwecken der Organisation und verpflichtet ihre Mitgliedstaaten 6
Abrufbar unter http://www.africa-union.org/root/au/AboutAu/Constitutive_Act_ en.htm. 7 Vgl. Art. 20, 26 der o.g. Articles on Responsibility of States for Internationally Wrongful Acts (Anm. 5). 8 Vgl. Dan Kuwali, Protect Responsibly: The African Union’s Implementation of Article 4 (H) Intervention, Yearbook of International Humanitarian Law, vol. 11 (2008), 51 ff. 9 Siehe auch Art. 17 ff. der Inter-Amerikanischen Demokratischen Charta vom 11.9.2001 (http://www.oas.org/charter/docs/resolution1_en_p4.htm).
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auf die Einhaltung dieser Prinzipien, sieht jedoch keine konkreten Mechanismen für den Verletzungsfall vor (Art. 1 Ziff. 7; 2 [2] Buchst. h und i; Art. 5 [3]; Art. 20 [4]).10 Jedenfalls hat die rechtliche Unvollkommenheit der UN-Charta – gepaart mit menschlicher Torheit und Schwäche – nach 1945 leider zur Entstehung und Eskalation unzähliger bewaffneter Konflikte beigetragen, zwischenstaatlicher wie innerstaatlicher. Die letztgenannten sind durch Beteiligung eines oder mehrerer ausländischer Staaten häufig internationalisiert worden. Alle fünf ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats waren im Laufe der Jahrzehnte direkt und indirekt mehrfach und auf unterschiedlichen Seiten an derartigen Konflikten beteiligt, obwohl die UN-Charta gerade in ihre Friedenserhaltungskraft besonderes Vertrauen setzt (Art. 106). In allen diesen Fällen ist der Sicherheitsrat angesichts ihrer Vetomacht blockiert. So wütet die Geißel des Krieges auch 65 Jahre nach der Gründung der UNO noch fort. Dass unserer durch den Kalten Krieg geprägten Generation ein dritter Weltkrieg erspart geblieben ist, obwohl es genügend Konflikte mit Eskalationspotential gab, liegt eher am Gleichgewicht des Schreckens („mutually assured destruction“) zwischen den Atommächten als an der friedensstiftenden Kraft der Völkerrechtsordnung. Beide Sicherungsmechanismen versagen freilich gegenüber den zunehmenden Bedrohungen des Weltfriedens durch einen internationalen Terrorismus, der sich sogar Massenvernichtungswaffen zu verschaffen sucht: Selbstmordangriffe kann man weder wirksam abschrecken noch ihre Hintermänner durch Völkerrecht zivilisieren. Da gerade Krisenherde einen idealen Nährboden für internationalen Terrorismus abgeben, zumal wenn die betroffenen Staaten (wie z.B. Somalia) in anarchische Zustände verfallen, muss das Völkerrecht alles daran setzen, solche Konflikte frühzeitig zu entschärfen, schwache Staaten zu stabilisieren und zerfallene (wieder) aufzubauen. Dazu gehört auch die in Art. 28 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verheißene gerechte – und als gerecht empfundene – soziale und internationale Ordnung. Nicht zu Unrecht unterstreicht die UN-Generalversammlung in ihrer o.g. Deklaration zum 60. Jahrestag der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, dass die Entwicklung der unterentwickelten Teile der Welt wesentlich dafür sei, dass die Menschenrechte überall und für alle verwirklicht werden könnten. Die vorstehend angesprochenen und zahlreiche weitere völkerrechtliche Fragen treten im Brennglas einzelner Konflikte in variierenden Schattierungen hervor. Mit einer aktuellen Auswahl von oft über Jahrzehnte schwelenden Auseinandersetzungen in Afrika, Asien und Europa, die den Weltfrieden weiterhin bedrohen, befassen sich die nachfolgenden acht Beiträge. Sie sind aus einer im Wintersemester 2008/09 und 10
Abrufbar unter http://www.asean.org/publications/ASEAN-Charter.pdf.
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im Sommersemester 2009 an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel veranstalteten Ringvorlesung hervorgegangen. Zwar gibt es noch viele vergleichbar virulente Konflikte auf der Welt: in Afghanistan, in der Darfur-Region Sudans, am Horn von Afrika, im Irak, in Kaschmir – um nur einige in alphabetischer Reihenfolge zu nennen. Unsere Auswahl genügt aber sicherlich, um Folgendes deutlich zu machen: Einerseits besitzt das Völkerrecht nur begrenzte Kraft zur Wahrung oder Wiederherstellung des Friedens; andererseits sind völkerrechtsgemäße Verhältnisse eine notwendige Bedingung aller gerechten und damit dauerhaften Befriedungen. Nur dort, wo man sich auf den „Rechtsweg“ eingelassen hat, sind Krisen erfolgreich überwunden worden, z.B. in Nordirland. Es gibt keinen Weltfrieden allein durch Völkerrecht, aber sicherlich keinen Weltfrieden ohne Völkerrecht. Je mehr dieses „herrscht“, desto besser für die Menschheit. Unsere Aufgabe als Völkerrechtler besteht darin, den vorgenannten Zusammenhang im allgemeinen Bewusstsein zu verankern und für die Fortentwicklung des Völkerrechts zu einem echten Weltrecht im Sinne einer Weltbürger und Staaten umspannenden legitimen und effektiven Rechts- und Friedensordnung einzutreten.
Israel/Palestine Sixty Years On By Roger O’Keefe*
A. Prologue The Palestinians have suffered a grave historical injustice. Enormous numbers of them formerly living in what is now the state of Israel have been parted from their homeland and deprived of their property for the six decades since 1947– 1949. Further numbers have been displaced since 1967 from the West Bank and Gaza Strip, where many of them had been living as refugees in the first place. Those fortunate enough to remain residents of East Jerusalem are daily subject to municipal administrative and legal measures constituting barely disguised expropriation. Those in the rest of the West Bank continue to be victims of a flagrant campaign to annex the rump of territory to which they, as a people, are entitled. All of this has been at the hands of what was, in 1947, by and large an alien population and which, in the case of many of the illegal settlers, is so today. The Palestinians have also been miserably failed by the so-called international community of states and by individual states – as regards the latter, first by the United Kingdom, the former Mandatory power;1 secondly by the United States of America, with its refusal to play honest broker between the Israeli and Palestinian sides; and lastly by neighboring Arab states, who have treated the Palestinians, be they refugees or original inhabitants of the occupied territories, as pawns in a geostrategic game, in some cases denying them the most elementary human dignity or worse.
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The following is a fuller, written version of a public lecture given at ChristianAlbrechts-Universität zu Kiel on 12 November 2008. 1 It should in fairness be acknowledged that the UK government was placed in a nearimpossible position by the unutterable existential crime committed against the Jewish people by Nazi Germany, by the consequent understandable refusal of certain states to assist the Mandatory Power in preventing unrestricted Jewish immigration into Mandate Palestine, and by the anti-British and anti-Arab terrorism of the Irgun Zvai Leumi, of LEHI (the Stern Gang) and of elements of the official Zionist militia, the Haganah.
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Roger O’Keefe
None of this is to say that the idea of a Jewish homeland in Palestine was wrong. Such a homeland could legitimately have been created as part of a bi-communal state of Palestine by means of the recognition and protection of a Jewish minority pursuant to an internationally-guaranteed treaty akin to those concluded as part of the Versailles settlement, perhaps in combination with a federal or cantonal constitutional arrangement. Equally and alternatively, an independent Jewish state need not have been based on an inequitable division of the territory of former Mandate Palestine. Even less is any of this to say that the state of Israel has no right to exist. It exists, and thus, like every other state, it gains through the legal fact of its existence the right to its continued existence. The Israeli people equally have a right to self-determination. Furthermore, whatever view one takes of the foundation and conduct of the state of Israel, acts of terrorist violence against Israelis cannot never be condoned or excused. The Palestinian turn to terrorism in the late 1960s was a moral abdication, not to mention a strategic disaster. The modern manifestation of Palestinian terrorism and its ideological inspiration in a virulent and abhorrent form of antisemitism is repellent. Finally, none can deny the very real efforts made by people of good will on both sides – or, perhaps more accurately, on all sides. It is these people of good will who have staved off surrender to depravity and nihilism and kept alive, if only just, hopes for a just resolution to this tragedy. All this said, the sad fact remains that the Palestinians have been sorely wronged. The legal positivist, however, cleaves to the distinction between “is” and “ought,” believing that law and justice do not necessarily coincide and that what we would like to be the case is not the same as obdurate, often unpalatable legal fact. While complete disinvestment of the jurist’s ego is impossible, the positivist – of which the present author counts himself one – is convinced, perhaps quaintly, that we should strive for an account of international law that is as objective as humanly possible. And there are two key legal considerations for any international legal positivist casting a scholarly eye over sixty years of the Israel/Palestine question. The first is the doctrine of intertemporal law. In the famous words of Max Huber, “a juridical fact must be appreciated in the light of the law contemporary with it.”2 2
Island of Palmas (Netherlands/United States of America), Award of 4 April 1928, Reports of International Arbitral Awards (RIAA), vol. 2, 829, 845. See also, to the same effect, Articles on Responsibility of States for Internationally Wrongful Acts (Articles on Responsibility of States), annexed to GA Res. 56/83 of 12 December 2001, Art. 13.
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We cannot read past events through today’s international law. The second is that, in international law, the law is often as much a question of subtle processes of acquiescence and recognition as it is of a priori legal principle – and in few cases is this more true than with respect to Israel/Palestine, where the situation of the unilateral end of a League of Nations Mandate in the United Nations era without its substitution by a geographically coextensive independent state was an event for which there was no precedent and for which there was no clear, let alone conclusive juridical doctrine. Answers to questions over, inter alia, title to territory in the lands of former Mandate Palestine3 and the return of Palestinian refugees, while doubtless capable of being based on legal principle, are a function as much of discerning how other states have adjudged these matters legally as they are of abstract juridical reasoning. They are dependent on the empirical observation that, in a juridical order lacking a compulsory centralized mechanism for the authoritative legal characterization of fact, is a necessary element of positivist legal methodology.
B. Introduction It is perhaps banal to say that the Israel/Palestine conflict is, at root, a dispute over land and people – land, insofar as it is about the present and future extent and contours of the territory of the state of Israel and conversely of any future Palestinian state; people, insofar as it relates to the ultimate fate of the survivors of the estimated 750,000 Palestinian Arabs4 who departed for neighboring Arab states, as well as the West Bank and Gaza Strip, in 1947–1949, of the roughly 350,000 who left in 1967, and of the millions of their descendants. There are, in addition, numerous subsidiary but crucial side-issues, among them the future of the internationally unlawful5 Israeli settlements in the Occupied Palestinian Territory,6 possible limitations on the sovereign rights of any future Palestinian state, the access of this state and the state of Israel to fresh water, the present discontiguity 3 The term as used here refers to Mandate Palestine after the hiving off in November 1922 from the original, more extensive Mandate of the territorial entity to the west of the river Jordan then known as Transjordan. 4 In this article, the term “Palestinian Arab” is generally used in relation to the period 1947–1949, since the distinction drawn at this time was between the Jewish and Arab inhabitants of former Mandate Palestine, rather than between Israeli and Palestinian. The term “Palestinian” is generally used in relation to the period since then. 5 See Legal Consequences of the Construction of a Wall in the Occupied Palestinian Territory, Advisory Opinion, ICJ Reports 2004, 136, 184, para. 120. 6 The designation refers to the West Bank, including East Jerusalem, and the Gaza Strip, both under belligerent occupation by Israel since the Six Day War of 1967.
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of the West Bank and Gaza Strip, and the Holy Places. For want of space and time, these subsidiary issues will not be discussed here. The analysis will focus exclusively on the key issues of territory and the rights of those Palestinian Arabs who quit the territory of what is now the state of Israel in the period 1947–1949.7
C. The Key Issues I. Territory Armed violence broke out between the Jewish and Arab populations of the then-British “A” class Mandate of Palestine in 1947. In November 1947, the United Nations General Assembly adopted a plan for the partition of the territory on the termination of the Mandate,8 but the plan was understandably rejected by the Palestinian Arabs,9 who, despite forming approximately 67 % of the population of Mandate Palestine, would have ended up with only 43 % of its territory, a deal which would also have seen 400,000 of them living in the proposed Jewish state, while only 10,000 Jews would have resided in the Arab state. Both the United Kingdom, the Mandatory power, and the United Nations Security Council refused to enforce the non-binding10 plan, which promptly collapsed. The UK uni7
The distinct issue of the future of the displaced persons who chose to flee the West Bank and Gaza Strip in 1967, and of their descendants, will not be examined here, since the possible repatriation of these people to any future Palestinian state established on the territory of what is now the Occupied Palestinian Territory is, in the final analysis, a purely humanitarian and technical issue. 8 GA Res. 181 (II) of 29 November 1947, Annex. The resolution was adopted by 33 votes to 13, with 10 abstentions. It followed, with minor alterations to the boundaries proposed, the recommendation of the UN Special Committee on Palestine, which had adopted the plan by 7 votes to 3, with 1 abstention. 9 The nascent Arab League also rejected the plan. 10 See also James Crawford, The Creation of States in International Law, 2nd ed. 2006, 431–432. See, too, the cablegram dated 15 May 1948 addressed to the UN SecretaryGeneral by the Secretary-General of the League of Arab States, UN doc. S/745 of 16 May 1948, 3, para. 9. As it is, it is very difficult to see how any resolution of the General Assembly on the matter could have been binding on UN Member states, other relevant states or the Security Council. In accordance with Arts. 10–14 of the Charter of the United Nations, the General Assembly has the power to make only recommendations; and while Art. 16 of the Charter specifies, seemingly by way of lex specialis, that the Assembly shall perform such functions with respect to the international trusteeship system as are assigned to it under Chapters XII and XIII, these functions do not expressly include the unilateral disposition of Trust or erstwhile Mandate territories.
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laterally terminated the Mandate, as announced in advance, on 15 May 1948. On 14 May 1948, the leaders of the Zionist community in Palestine declared an independent state of Israel. Almost immediately, the armies of the four surrounding Arab states (Egypt, Jordan, Lebanon and Syria) invaded the territory of the defunct Mandate. Sometime between11 14 May 1948 and the conclusion on 24 February 1949 of the first of its general armistice agreements with the belligerent Arab states,12 Israel achieved the degree of governmental control over its territory necessary to satisfy the objective legal criteria of statehood, and became in law a state. At the time of conclusion of the armistice agreements, the state of Israel had not only occupied and annexed the great majority of the territory slated in the UN partition plan for the envisaged Jewish state but had achieved the same with more than half the territory foreseen by the plan as passing to the projected Arab state, as well as with the western part of Jerusalem, the whole of which city the partition plan had proposed as a corpus separatum under an international regime administered by the UN. The eastern part of Jerusalem, including the Old City, as well as the rest of the West Bank of the river Jordan, which the plan foresaw as part of the proposed independent Arab state, was occupied and subsequently annexed on 24 April 1950 by Jordan. The Gaza Strip, which the plan had allotted to the Arab state, came under the belligerent occupation of Egypt, which desisted from annexing it. Israel ousted Jordan from the West Bank, including East Jerusalem, and Egypt from the Gaza Strip in the Six Day War of 1967. It immediately extended its laws to East Jerusalem,13 thereby in effect annexing it, an annexation rendered more formal in 1980 by the passage of a basic law declaring Jerusalem, “complete and unified,” to be its capital.14 Israel accepted that it was no more than a belligerent occupant in the remainder of what would become known as the Occupied Palestinian Territory. In 1988, Jordan renounced its claim to the West Bank, including East Jerusalem, in favor of the Palestine Liberation Organization (PLO) as “the sole legitimate representative of the Palestinian people.”15
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See Crawford (note 10), 434. See Egypt-Israel General Armistice Agreement, Rhodes, 24 February 1949, United Nations Treaty Series (UNTS), vol. 42, 251. See also Israel-Lebanon General Armistice Agreement, Ras En Naqoura, 23 March 1949, UNTS, vol. 42, 287; Israel-Jordan General Armistice Agreement, Rhodes, 3 April 1949, UNTS, vol. 42, 303; Israel-Syria General Armistice Agreement, Hill 232, near Mahanayim, 20 July 1949, UNTS, vol. 42, 327. 13 See Law and Administration (No. 1) Order 1967, 28 June 1967, issued pursuant to the Law and Administration Ordinance (Amendment No. 11) 1967, 27 June 1967. 14 See Basic Law: Jerusalem, Capital of Israel, 30 July 1980. 15 See Address by His Majesty King Hussein to the Nation, 31 July 1988, International Legal Materials (ILM) 28 (1988), 1638. 12
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There are essentially three questions relevant to the present lawful extent and delimitation of the territory of the state of Israel and, conversely, of the territory to which the Palestinian people are entitled as the basis of a future Palestinian state. The first is whether Israel enjoys lawful title to the lands of former Mandate Palestine, excluding West Jerusalem, seized by force of Zionist and subsequently Israeli arms in the conflict of 1947–1949. The second is the question of sovereignty over West Jerusalem. The last relates to the territories occupied in 1967. As regards all three questions, it should be emphasized that the parties to any final status agreement are free, of course, to agree on whatever territorial division they wish. The land currently allotted to Israel by international law and, conversely, the land to which the Palestinian people are currently entitled as a function of their right to self-determination is subject to variation by mutual agreement. The present territorial dispensation indicated by international law is merely the starting point. The lawful contours of this dispensation are relatively unproblematic. The real challenge remains reaching mutual agreement on their possible variation. Starting with the lands captured in 1947–1949 but excluding West Jerusalem, it is difficult to resist the conclusion that, on the failure of the UN partition plan (which was not binding on the inhabitants of Palestine anyway16) and the subsequent unilateral end of the British Mandate (which, as it was, imposed no international legal obligations on either the Jewish or Arab communities), the Jewish population of the territory of the defunct Mandate was not prohibited by international law from seizing as much land as it could within its borders, in the same way that the Palestinian Arabs were at liberty to do.17 Neither the Jewish nor Arab commu16
The fifth unnumbered operative paragraph of GA Res. 181 A (II) of 29 November 1947 merely “[c]alls upon the inhabitants of Palestine to take such steps as may be necessary on their part to put this plan into effect.” This accords with the contemporaneous view (a view for the most part unchanged) that sub-state groups were incapable of being bound by international law. It also accords with the strictly recommendatory nature of General Assembly resolutions and the fact that such recommendations may be directed only at UN Member states, certain other states and the Security Council. 17 See, nonetheless, GA Res. 107 (S-1) of 15 May 1947, adopted prior to the adoption of the partition plan and the end of the Mandate, which “[c]alls upon all Governments and peoples, and particularly upon the inhabitants of Palestine, to refrain, pending action by the General Assembly on the report of the Special Committee on Palestine, from the threat or use of force or any other action which might create an atmosphere prejudicial to an early settlement of the question of Palestine.” But despite the Assembly’s choice of words, the resolution cannot – insofar as the call relates to the inhabitants of Palestine – have been referring to threat or use of force within the meaning of Art. 2 (4) of the UN Charter, for the simple reason that the internal situation in Palestine could not conceivably have been characterized as one involving state-to-state conduct, let alone conduct between two Members of the United Nations. It is certainly telling that the Security Council later
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nity was constrained – nor, at the time, was a sub-state group considered even capable of being constrained – by any rule of international law. Nor, once the state of Israel could be said to have come into existence sometime between 14 May 1948 and February 1949, did any relevant rule of international law apply to prevent it from claiming territory within the confines of the former Mandate. It is not that the territory was terra nullius: the presence of communities whose rights were explicitly recognized in the provisions of the Mandate18 and in Security Council resolutions of 194819 almost certainly prevented reversion of the territory covered by the Mandate to the international legal state of nature on the Mandate’s termination.20 The point, rather, is that any territory within the frontiers of the former Mandate that had not been incorporated into the state of Israel was not protected by the prohibition on the use of interstate force, whether under Art. 2 (4) of the UN Charter (such territory not belonging to a Member of the United Nations) or, optimistically, under customary international law (such territory not belonging to a state).21 Nor does the declined the request from the Assembly contained in subparagraph (c) of the fourth unnumbered operative paragraph of GA Res. 181 A (II) to “determine as a threat to the peace, breach of the peace or act of aggression, in accordance with Art. 39 of the Charter, any attempt to alter by force the settlement envisaged” by the partition plan annexed to that resolution. 18 See British Mandate for Palestine, League of Nations Official Journal, vol. 3, No. 8 (August 1922), 1007. 19 See SC Res. 46 (1948) of 17 April 1948, para. 1; SC Res. 49 (1948) of 22 May 1948, para. 1; SC Res. 50 (1948) of 29 May 1948, preamble. 20 See, generally, Western Sahara, Advisory Opinion, ICJ Reports 1975, 12, 39, para. 80. See also, as specifically regards the territory of former Mandate Palestine, Crawford (note 10), 277 and 432. 21 For similar, although not identical reasons, it is difficult to see how the surrounding Arab states could be said to have committed any international wrong when they intervened militarily in support of the Palestinian Arabs on 15 May 1948. The “state” of Israel declared on the eve of the end of the British Mandate did not become a state until it had satisfied the objective criteria of statehood, and one of these criteria, effective governmental control over a sufficient area of the territory claimed by it, was not met until some way into the war of 1948–1949: see Crawford (note 10), 434. When it was, Israel was still not protected by Art. 2 (4) of the United Nations Charter until it was admitted to the Organization by means of GA Res. 273 (III) of 11 May 1949, after three of the four armistice agreements had been concluded. Nor is it likely that the prohibition on the use of interstate force not in accordance with the Charter had yet achieved the status of customary international law so as to protect Israel in the interim. For what they are worth, the relevant Security Council resolutions do not condemn the Arab invasion as a breach of international peace and security. Paragraph 1 of SC Res. 49 (1948) of 22 May 1948 merely “[c]alls upon all Governments and authorities, without prejudice to the rights, claims and positions of the parties concerned, to abstain from any hostile military action in Palestine and to that end to
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now-recognized right of the Palestinian people to self-determination22 make any difference to the analysis, most fundamentally for the reason that this right did not exist in 1947–1949 as a rule of positive general international law,23 subsidiarily because the corollary right to a state within the borders of former Mandate Palestine enjoyed by the Palestinian people today is not prescriptive of the territorial extent and contours of that state. Highly relevant in this context is the absence at the time – at least within the organs of the United Nations, and leaving aside the question of West Jerusalem – of protest by third states, with the notable exception of the Arab bloc, at the incorporation into the state of Israel of the territories within the borders of the former Mandate seized in the struggle of 1947–1949. The expansion of what became during the course of the war the state of Israel beyond the boundaries envisaged for the Jewish state by the General Assembly’s partition plan was never the object of opprobrium in subsequent resolutions of either the Assembly itself24 or of the Security Council. Indeed, the relevant resolutions never referred to it.25 At the same time, states generally refrained from explicitly recognizing Israel’s asserted title to these lands. While formal recognition of Israel’s title to the territory claimed by it in 1949 remains rare, there nonetheless appears today to be general acquiescence in Israel’s assertion. The position of most states is that the extent and delimitation of the territory of the state of Israel is a matter for resolution in final status negotiations
issue a cease-fire order to their military and paramilitary forces …” See, similarly, SC Res. 50 (1948) of 29 May 1948; SC Res. 54 (1948) of 15 July 1948 (para. 1 determining that the situation in Palestine constitutes a threat to, rather than a breach of, international peace and security); SC Res. 61 (1948) of 4 November 1948; SC Res. 73 (1949) of 11 August 1949; SC Res. 89 (1950) of 17 November 1950. 22 See Legal Consequences of the Construction of a Wall (note 5), 182–183, para. 118. 23 See also Crawford (note 10), 434. 24 That said, the General Assembly was seemingly still determined to implement at least unspecified aspects of the partition plan when it admitted Israel to the UN in 1949, after three of the four armistice agreements were concluded: see GA Res. 273 (III) of 11 May 1949, preamble (fifth recital). 25 The same goes, leaving aside Jerusalem once more, in relation to Jordan’s annexation of the West Bank in 1950 pursuant to a resolution of the Jordanian parliament, in which West Bank Palestinians were represented after a general election in which they were eligible to vote. That said, the UK was the only state explicitly to recognize Jordanian sovereignty over the West Bank, and, even then, all it recognized in relation to East Jerusalem was “de facto authority.”
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between Israel and the representatives of the Palestinian people,26 and the acknowledged representatives of the Palestinian people, viz the PLO,27 no longer claim as of right any land within the pre-1967 borders of the state of Israel, accepting effectively since 1988 and formally since 1993 Israel’s right to exist within the socalled “Green Line” traced by the armistice demarcations of 1949.28 For example, in its 2004 written statement to the International Court of Justice in Legal Consequences of the Construction of a Wall in the Occupied Palestinian Territory, Palestine29 referred to the Green Line as “the well-known line separating Israel from the Occupied Palestinian Territory.”30 Implicit recognition of Israel’s title over all territory behind the Green Line is manifest in the General Assembly’s annual reference since 1988 to the necessity, in the context of a comprehensive peace in the Middle East and the peaceful settlement of the question of Palestine, for “[t]he withdrawal of Israel from the Palestinian territory occupied since 1967, including Jerusalem”31 (the reference 26
This position was articulated early on. See SC Res. 61 (1948) of 4 November 1948, preamble (first and fifth recitals) (“peaceful adjustment of the future situation in Palestine”); SC Res. 73 (1949) of 11 August 1949, para. 1 (expressing hope for the early achievement of “agreement on the final settlement of all questions outstanding between [‘the Governments and authorities concerned’]”) and para. 3 (speaking of a future “final peace settlement”); SC Res. 89 (1950) of 17 November 1950, preamble. 27 See GA Res. 3210 (XXIX) of 14 October 1974. See also Letter, Prime Minister Rabin to PLO Chairman Arafat, 9 September 1993, Palestine Yearbook of International Law (PYBIL) 7 (1992–1994), 231. 28 See below note 36. 29 In GA Res. 43/177 of 15 December 1988, para. 3, the General Assembly substituted the designation “Palestine” for “Palestine Liberation Organization” in the United Nations system. 30 Written Statement submitted by Palestine, 29 January 2004, to Legal Consequences of the Construction of a Wall (cf. note 5), 4, para. 11, available at: www.icj-cij.org/docket/ files/131/1555.pdf. 31 GA Res. 43/176 of 15 December 1988, para. 3 (a); GA Res. 44/42 of 7 December 1989, para. 3 (a); GA Res. 45/68 of 6 December 1990, para. 3 (a); GA Res. 46/75 of 11 December 1991, para. 3 (a); GA Res. 47/64 of 11 December 1992, para. 5 (a); GA Res. 48/ 158 D of 20 December 1993, para. 5 (a); GA Res. 49/62 D of 14 December 1994, para. 4 (b); GA Res. 50/84 D of 15 December 1995, para. 4 (b); GA Res. 51/26 of 4 December 1996, para. 5 (b), and subsequent annual resolutions entitled “Peaceful settlement of the question of Palestine,” most recently GA Res. 63/29 of 26 November 2008, para. 16 (a) (reference to Jerusalem is omitted from some of these resolutions). The General Assembly had in fact emphasized in a plethora of resolutions since 1970, as an element of a comprehensive Middle East peace and settlement of the question of Palestine, the necessity of Israeli withdrawal from the Palestinian territory occupied since 1967. The implication a contrario from this was already relatively clear, but it was with the PLO’s acceptance of
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obviously being to East Jerusalem, occupied by Israel only since 1967). Similarly, in 1988 the Assembly affirmed “the need to enable the Palestinian people to exercise their sovereignty over their territory occupied since 1967.”32 Since 1996, the Assembly has affirmed annually the “[p]ermanent sovereignty of the Palestinian people in the Occupied Palestinian Territory, including East Jerusalem, … over their natural resources,” the reference being to the Palestinian territory occupied since 1967, viz the West Bank, including East Jerusalem, and the Gaza Strip.33 For its part, the Security Council has referred repeatedly since 200034 to the need for a comprehensive peace in the Middle East based on, inter alia, Security Council Res. 242 (1967), the seminal resolution, consistently recalled over the decades, which states that a just and lasting peace in the Middle East should encompass, inter alia, Israel’s withdrawal from territories occupied in the 1967 conflict.35 Although the implication a contrario from these resolutions that Israel may keep all other territory presently under its control is not a necessary one, it is universally understood that this is what is meant, especially given the PLO’s acceptance, since 1988 and more clearly since 1993, of Security Council Res. 242 (1967) as the basis for final status negotiations.36 The informal recognition of Israel’s title to all territory within the Green Line has become more explicit in recent years. In 2003, the General Assembly demanded that “Israel stop and reverse the construction of the wall in the Occupied Palestinian Territory, including in and around East Jerusalem, which is in deparIsrael’s right to exist within its pre-1967 borders, and the near-universal support for this on the part of other states, that it became irresistible. 32 GA Res. 43/177 of 15 December 1988, para. 2. 33 See GA Res. 51/190 of 16 December 1996, and subsequent annual resolutions entitled “Permanent sovereignty of the Palestinian people in the Occupied Palestinian Territory, including East Jerusalem, and of the Arab population in the occupied Syrian Golan over their natural resources,” most recently GA Res. 63/201 of 19 December 2008. 34 SC Res. 1310 (2000) of 27 July 2000, para. 14; SC Res. 1337 (2001) of 30 January 2001, para. 15; SC Res. 1365 (2001) of 31 July 2001, para. 15, and subsequent biannual, later annual resolutions, most recently SC Res. 1884 (2009) of 27 August 2009, para. 8. See also, previously, SC Res. 672 (1990) of 12 October 1990, preamble (second recital). 35 SC Res. 242 (1967) of 22 November 1967, para. 1 (i). Again, the implication a contrario was already more or less evident, but the PLO’s renunciation of territorial claims beyond the pre-1967 borders of the state of Israel, and other states’ support for this, put it beyond doubt. 36 This acceptance, signalled by the PLO and its Chairman Yasser Arafat as early as 1988, was subsequently formalized in Letter (note 27), 230; in Israel-Palestine Liberation Organization Declaration of Principles on Interim Self-Government Arrangements, Washington, DC, 13 September 1993, ILM 32 (1993), 1527, para. 1; and in Sharm el-Sheikh Memorandum, 4 September 1999, ILM 38 (1999), 1465, para. 1 (b).
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ture of the Armistice Line of 1949.”37 Later the same year, it affirmed “the necessity of ending the conflict on the basis of the two-State solution of Israel and Palestine living side by side in peace and security based on the Armistice Line of 1949, in accordance with relevant Security Council and General Assembly resolutions.”38 The following year, the Assembly reaffirmed “the commitment to the two-State solution of Israel and Palestine, living side by side in peace and security within recognized borders, based on the pre-1967 borders.”39 For its part, the so-called “Middle East Quartet,” comprising (together with the UN Secretariat) the United States of America, the European Union and the Russian Federation, also envisages a final and comprehensive permanent status agreement based on, inter alia, Security Council Res. 242 (1967), as made clear in its 2003 “road map to a permanent two-State solution to the Israeli-Palestinian conflict,”40 a document agreed to by both Israel and the Palestinians as the basis for the peace process and endorsed by the Security Council.41 Similarly, the Arab League calls in its peace initiative of 200242 for Israeli acceptance of the establishment of a Palestinian state “on the Palestinian territories occupied since the 4th of June 1967 in the West Bank and Gaza Strip, with East Jerusalem as its capital.”43 37
GA Res. ES-10/13 of 21 October 2003, para. 1. See also GA Res. ES-10/14 of 8 December 2003, preamble (fifteenth recital). 38 GA Res. ES-10/14 of 8 December 2003, preamble (eighteenth recital). 39 GA Res. ES-10/15 of 20 July 2004, preamble (thirteenth recital). 40 For the “road map,” see UN doc. S/2003/529, Annex, 7 May 2003, 2 and 8. 41 See SC Res. 1515 (2003) of 19 November 2003. See also SC Res. 1544 (2004) of 19 May 2004, preamble (seventh and ninth recitals) and para. 4; SC Res. 1850 (2008) of 16 December 2008, preamble (third recital) and para. 3. See, too, GA Res. ES-10/15 of 20 July 2004, para. 6. 42 The Security Council noted the importance of this initiative in SC Res. 1850 (2008) of 16 December 2008, preamble (fifth recital), and SC Res. 1860 (2009) of 8 January 2009, para. 8. 43 Council of the League of Arab States, Beirut Declaration, 28 March 2002, ILM 41 (2002), 1000, paras. 2 (a) and 2 (c) respectively. Egypt and Jordan, when respectively making peace with Israel, expressly accepted Security Council Res. 242 (1967) as the basis for resolution of the Palestine question: see Framework for Peace in the Middle East, Camp David, 17 September 1978, ILM 17 (1978), 1466, repeatedly, and Treaty of Peace between the Arab Republic of Egypt and the State of Israel, Washington, DC, 26 March 1979, ILM 18 (1979), 362, preamble (first recital); Israel-Jordan Common Agenda, 14 September 1993, ILM 32 (1993), 1522, para. B (1), and Treaty of Peace between the State of Israel and the Hashemite Kingdom of Jordan, Arava/Araba Crossing Point, 26 October 1994, ILM 34 (1995), 46, preamble (second recital). Indeed, the Camp David Framework for Peace in the Middle East, ibid., section A, explicitly envisaged a “final status” resolution of the question of Palestine only in relation to the West Bank and Gaza. (Egypt took the
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The acceptance by the PLO of Israel’s right to exist within its pre-1967 borders is crucial in its own right, and is probably the most critical piece of evidence, in that – after Jordan’s renunciation of its claim to the West Bank – the Palestinian people was the only entity with a claim to the Occupied Palestinian Territory that could legitimately have sounded in international law. In the final analysis, then, leaving aside the question of West Jerusalem, there is no doubt that Israel enjoys title to the territory currently claimed by it within the Green Line.44 The current territorial status of West Jerusalem is a slightly more complicated matter. Under the failed partition plan put forward by the UN General Assembly in 1947, the city of Jerusalem and certain surrounding municipalities, including Bethlehem, were to constitute a corpus separatum under an international regime administered by the UN. In the conflict that followed the collapse of the plan and the subsequent unilateral end of the British Mandate, while title to the territories formerly slated for the proposed Jewish and Arab states respectively was never specifically referred to by the General Assembly, the status of Jerusalem was highlighted and treated as a distinct issue,45 and an issue going as much to Jordan’s occupation and annexation of East Jerusalem as to Israel’s of the west of the city. In Res. 194 (III) of 11 December 1948, the Assembly resolved that, “in view of its association with three world religions, the Jerusalem area … should be accorded special and separate treatment from the rest of Palestine …,” and reasserted that it should be placed under an international regime administered by the UN.46 Again, in Res. 303 (IV), adopted on 9 December 1949, months after the conclusion of the general armistice agreements, the General Assembly restated its intention that Jerusalem should be a corpus separatum under a UN-administered international regime, and called upon “the states concerned” to make formal undertakings that they would approach “these matters” with good will and would be guided by the terms of the resolution.47 After this, however, the question of Jerusalem, like the view that reference to the West Bank included East Jerusalem, while Israel maintained the contrary: see Letter, President Sadat to President Carter, 17 September 1978, and Letter, Prime Minister Begin to President Carter, 17 September 1978, ILM 17 (1978), 1473). 44 Note that the International Court of Justice was not called upon to rule on the question in Legal Consequences of the Construction of a Wall (note 5); and while recognizing the right of the Palestinian people to self-determination, the Court was careful not to prejudice final status negotiations by stating or implying that the territory within which the Palestinian people are entitled to a state of their own is coextensive with the Occupied Palestinian Territory. 45 In addition to the resolutions cited below, see GA Res. 185 (S-2) of 26 April 1948 and GA Res. 187 (S-2) of 6 May 1948. 46 GA Res. 194 (III) of 11 December 1948, para. 8. 47 GA Res. 303 (IV) of 9 December 1949, paras. I (1) and II respectively.
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question of the territorial dispensation in Israel/Palestine more generally, slipped off the General Assembly’s agenda until 1967.48 Outside the UN, the overwhelming majority of states refrained from recognizing Israel’s claim to West Jerusalem, expressing regret, for example, when Israel moved its Foreign Office there from Tel Aviv in 195349 and themselves maintaining only consulates in the city.50 But since 1967, while numerous resolutions of the General Assembly and the Security Council have condemned Israeli attempts to change the status of Jerusalem, affirmed the applicability of the law of belligerent occupation to it or called for Israeli withdrawal from it, they have focused explicitly51 or implicitly52 on that part of Jerusalem occupied by Israel in 1967, namely East Jerusalem, including the Old City. Again, moreover, the acceptance by the PLO of Israel’s right to exist within its pre-1967 borders is crucial, both in its own right and in helping one to conclude that third states, which generally take the view that the status of Jerusalem is an issue to be resolved in final status negotiations between Israel and the Palestinians, 48
For its part, the Security Council touched on the matter once during this period. In the preamble to SC Res. 127 (1958) of 22 January 1958, referring to “the zone between the armistice demarcation lines in the area of Government House at Jerusalem,” the Council noted that “neither Israel nor Jordan enjoys sovereignty over any part of the zone (the zone being beyond the respective demarcation lines).” The phrase in parentheses could, on one reading, be taken to suggest a contrario that Israel and Jordan enjoyed sovereignty over the territory behind the respective demarcation lines. But it is probably more accurately construed as being without prejudice to the question of title to territory behind the lines. 49 See e.g. Removal of the Israeli Foreign Office from Tel Aviv to Jerusalem, Statement by the Secretary of State, 28 July 1953, Department of State Bulletin, 10 August 1953, 177–178. 50 See, in this light, Retention of the American Embassy at Tel Aviv, Statement by the Department of State, 3 November 1954, Department of State Bulletin, 22 November 1954, 776. 51 See e.g. SC Res. 476 (1980) of 30 June 1980, para. 1; GA Res. ES-7/2 of 29 July 1980, para. 7; SC Res. 478 (1980) of 20 August 1980, para. 2; GA Res. ES-7/4 of 28 April 1982, preamble (seventh recital) and para. 3; GA Res. ES-7/6 of 19 August 1982, para. 4; SC Res. 592 (1986) of 8 December 1986, preamble (third recital) and para. 1; GA Res. ES10/2 of 25 April 1997, preamble (first recital) and paras. 1 and 9; GA Res. ES-10/3 of 15 July 1997, paras. 3 and 4; GA Res. ES-10/4 of 13 November 1997, preamble (fifth and tenth recitals) and para. 1; GA Res. ES-10/5 of 20 March 1998, preamble (third recital); et plurima alia. 52 See e.g. SC Res. 252 (1968) of 21 May 1968; SC Res. 267 (1969) of 3 July 1969; GA Res. 2253 (ES-V) of 4 July 1967; GA Res. 2254 (ES-V) of 14 July 1967; GA Res. ES-7/2 of 29 July 1980, paras. 2 and 9; GA Res. ES-10/2 of 25 April 1997, paras. 2, 4 and 7; GA Res. ES-10/3 of 15 July 1997, paras. 6, 7 and 10; GA Res. ES-10/4 of 13 November 1997, preamble (fourth recital) and paras. 2 to 4; GA Res. ES-10/5 of 20 March 1998, para. 3; et plurima alia.
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now seemingly acquiescence in Israel’s claim to all the territory within the Green Line, which includes West Jerusalem. This acquiescence is manifest in the wide variety of statements and acts outlined above. In the end, then, it seems relatively clear that Israel has as good a title to West Jerusalem as it does to the rest of the land to the west of the armistice demarcations of 1949. The question of title to the territories of former Mandate Palestine captured by Israel in 1967 is even more straightforward, at least since the International Court of Justice’s 2004 advisory opinion in Legal Consequences of the Construction of a Wall in the Occupied Palestinian Territory. Israel does not actually claim title to the West Bank beyond East Jerusalem or to the Gaza Strip, acknowledging – at least until recently, in the latter case – that since 1967 it has been a mere belligerent occupant of these territories. It does, on the other hand, lay claim to East Jerusalem. But in the Wall advisory opinion, the Court concluded that the part of the Occupied Palestinian Territory at issue in the case, namely the West Bank including East Jerusalem, remained occupied territory.53 (By implication, so did the Gaza Strip, and whether this remains the case after Israel’s “disengagement” from it is irrelevant to the question of title.) In short, Israel’s annexation of East Jerusalem was null and void. The ICJ’s view accords with the position consistently adopted by third states, which have rejected almost unanimously Israel’s claim to East Jerusalem. As to what the underlying status of these occupied territories could presently be, one can – in the light of Jordan’s renunciation in 1988 of its former claim to the West Bank, including East Jerusalem, in favor of the PLO – view the entire Occupied Palestinian Territory as a sui generis54 non-colonial non-selfgoverning territory. More precisely, as effectively acknowledged by third states, it is a self-determination unit comprising the minimum of the territory of the future independent state to which the Palestinian people, in the exercise of their recognized right to self-determination, are entitled. In conclusion, Israel would seem to enjoy sovereign title to all territory within the Green Line – that is, within the lines traced by the armistice agreements of 1949. It has no title whatsoever to East Jerusalem, its annexation of which was and remains a flagrant international wrong. Thirdly, as Israel itself acknowledges, it enjoys no sovereignty over the remaining West Bank and the Gaza Strip. Any potential deal with the Palestinians involving annexation to the state of Israel of the territory on which the illegal Israeli settlements in East Jerusalem and the rest of the West Bank are built must be premised on the understanding that Israel has no right to such territory. Its cession to Israel would represent a major concession on the part of the Palestinians. 53 54
Legal Consequences of the Construction of a Wall (note 5), 167, para. 78. But not necessarily unique: Western Sahara is the other example.
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II. Refugees It is estimated that, during the conflict of 1947–1949, around 750,00055 Palestinian Arabs fled across the borders of former Mandate Palestine into neighboring Arab states, into the Jordanian-occupied West Bank and into the Egyptian-occupied Gaza Strip. Modern Israeli historians56 have shown that many of these people were driven from their homes and lands by highly effective instances of what today we would call “ethnic cleansing” by Zionist terrorist groups, by the Haganah (the mainstream Zionist militia) and eventually by the Israel Defence Forces. Others, fearing for their lives, left of their own accord, although the expression hardly does justice to the necessity of circumstance. Others still were instructed or encouraged to evacuate the territory by the Arab side. Where not systematically razed, the refugees’ homes were expropriated and handed over to Jewish immigrants, as were their lands.57 Prior to the termination of the British Mandate, all inhabitants of Palestine enjoyed a Palestinian citizenship by virtue of British subordinate legislation. They were entitled to a passport designated “British passport-Palestine.” With the termination of the Mandate, Palestinian citizenship ceased to exist. By a nationality law passed by the state of Israel on 1 April 1952, only those Palestinian Arabs resident in the territory of the state of Israel between 14 May 1948 (when independence was declared) and 1952 were entitled to Israeli citizenship. Those resident abroad were not and have not been permitted to return. No compensation has ever been paid to them. They and their descendants now number 4.6 million.58 The questions posed by the Palestinian refugee problem are whether Israel is under an international legal obligation to repatriate those Palestinian Arabs who fled abroad in 1947–1949,59 along with their descendants, and to restore to them their property, and/or whether it is obliged by international law to compensate them. Again it should be emphasized that whatever international law may say on the question of the 1947–1949 refugees, the parties to final status negotiations are not fated to follow it. The international legal position is merely the starting point for negotiations. 55
See the website of the United Nations Relief and Works Agency for Palestine Refugees in the Near East (UNRWA), www.un.org/unrwa/refugees/whois.html. 56 See especially Benny Morris, The Birth of the Palestinian Refugee Problem, 1947– 1949, 1987, and id., The Birth of the Palestinian Refugee Problem Revisited, 2004. 57 See Emergency Regulations (Absentees’ Property), 5709-1948, 12 December 1948, as replaced by Absentees’ Property Law, 5710-1950, 14 March 1950. 58 See UNRWA website (note 55). 59 Recall that the distinct issue of the future of the displaced persons who chose to flee the West Bank and Gaza Strip in 1967, and of their descendants, will not be examined here.
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Arguments to the effect that the Palestinian Arabs who fled abroad in 1947– 1949 are entitled to be repatriated along with their descendants and to have their property restored to them and/or to receive compensation are by and large based on the customary rule of the international law of state responsibility stated in Factory at Chorzów that an internationally wrongful act gives rise to a secondary obligation on the part of the responsible state to make full reparation, viz to restore, as far as possible, the situation that would have prevailed had the international wrong not been committed.60 (In the case of repatriation and restoration of property, the relevant mode of reparation is restitution, viz the re-establishment of the status quo ante.61 In the alternative or additional case of compensation, the mode of reparation is, of course, compensation.62) Based as they are on the secondary obligation of reparation, these arguments are predicated on the international wrongfulness of Israel’s conduct. When it comes to repatriation, there are two possible contentions based on the secondary obligation of reparation by means of restitution: first, that a proportion of the Palestinian Arabs were unlawfully constructively expelled63 in 1947–1949, so that restitution demands their repatriation with their descendants; secondly, that even where the Palestinian Arabs left of what might unsatisfactorily be called their own free will, Israel’s failure to extend to them its nationality in 1952 was unlawful, so that restitution demands the grant of Israeli nationality to them and their descendants, and Israel may not deny entry to its territory to Israeli nationals. There is also a third possible argument in relation to repatriation which, while premised on the international unlawfulness of Israel’s conduct, is based as much on the secondary obligation of cessation of the internationally wrongful act64 and on the duty of continued performance of the primary obligation65 as it is on the secondary obligation of reparation via restitution, the contention being that, even where the Palestinian Arabs left in 1947–1949 of their own free will, Israel’s continuing refusal to repatriate them is nonetheless 60 Factory at Chorzów (Claim for Indemnity) (Merits), PCIJ Series A, No. 17, 47. See also Articles on Responsibility of States (note 2), Art. 31. 61 See Articles on Responsibility of States (note 2), Art. 35. 62 See ibid., Art. 36. 63 The terms “expel”/“expulsion” and “deport”/“deportation” are used interchangeably to refer to a state’s removal of individuals beyond its frontiers: see Robert Jennings/Arthur Watts (eds.), Oppenheim’s International Law. Volume I, Peace, 9th ed. 1992, 940, para. 413, note 1; Prosecutor v. Krnojelac, IT-97-25-T, Trial Chamber, Judgment, 15 March 2002, para. 476, note 1437. “The word ‘expulsion’ is commonly used to describe that exercise of State power which secures the removal, either ‘voluntarily,’ under threat of forcible removal, or forcibly, of an [individual] from the territory of a State”: Guy S. Goodwin-Gill, International Law and the Movement of Persons between States, 1978, 201. 64 See Articles on Responsibility of States (note 2), Art. 30 (a). 65 See ibid., Art. 29.
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illegal in its own right, and restitution demands that they be allowed back with their descendants. When it comes to the restoration of property, the claim is obviously that Israel’s dispossession of those Arabs of former Mandate Palestine who fled abroad in 1947–1949 was internationally wrongful, so that restitution means giving them back their property. Let us turn first to the argument for repatriation of a proportion of the Palestinian refugees based on Israel’s alleged international wrong in, it is said, constructively expelling them in 1947–1949. It will be assumed, purely for the sake of argument, that what happened to many of the Palestinian Arabs in this period can indeed be legally characterized as constructive expulsion.66 The claim that such expulsion was internationally wrongful faces two elementary hurdles.67 The first hurdle is in establishing attribution. For a start, much of the impugned conduct took place before the state of Israel could be said to have come into existence as a matter of international law, and it is by no means clear that the rule posited today whereby the conduct of a movement which succeeds in establishing a new state in a territory under the administration of a pre-existing state is attributable to that new state68 represented customary international law in the period 1947–1949.69 Moreover, some of this conduct was performed by ostensibly private terrorist groups, and it is by no means a foregone conclusion that the links between these groups and the future or by-then existing state of Israel were sufficient to render their acts imputable in all or indeed any instances.70 These things said, 66
See, in this regard, International Technical Products Corporation v. Islamic Republic of Iran, Partial Award of 19 August 1985, Iran-U.S. Claims Tribunal Reports, vol. 9, 10, 18: “Although it is clear that not every inconvenience which may cause an [individual] that the constituent elements of expulsion … can be fulfilled in exceptional cases even where the [individual] leaves the country without being directly and immediately forced or officially ordered to do so. Such cases would seem to presuppose at least (1) that the circumstances in the country of residence are such that the [individual] cannot reasonably be regarded as having any real choice, and (2) that behind the events or acts leading to the departure there is an intention of having the [individual] ejected and these acts, moreover, are attributable to the State in accordance with principles of state responsibility.” 67 Note, in this regard, Articles on Responsibility of States (note 2), Art. 2, which provides that “[t]here is an internationally wrongful act of a State when conduct consisting of an action or omission: (a) is attributable to the State under international law; and (b) constitutes a breach of an international obligation of the State.” 68 See ibid., Art. 10 (2). 69 Even if it did, the question remains whether it applied to the emergence of the state of Israel on what was, by that point, no longer British mandated territory. 70 Consider, in this light, Articles on Responsibility of States (note 2), Art. 8, as elaborated on in Military and Paramilitary Activities in and Against Nicaragua (Nicaragua v. United States of America), Merits, Judgment, ICJ Reports 1986, 14, 65, para. 115, and
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however, there are very many instances in which the attribution of acts of constructive expulsion to the state of Israel would be straightforward, in that these acts were performed by state organs71 after the state of Israel had indisputably come into existence. In other cases, arguments could be made as to the adoption by the state of Israel of the relevant pre-establishment and private conduct.72 The second and more difficult hurdle lies in establishing that the impugned conduct was not in conformity with an international obligation binding on Israel at the relevant time. It is a challenge which calls for detailed analysis. It is often said, to begin with, that the putative constructive expulsion of Palestinian Arabs by Zionist and later Israeli forces was internationally unlawful on account of a rule, presumably rooted in customary international human rights law,73 prohibiting a state from expelling its own nationals. The contention comes up hard against the fact that the Palestinian Arabs who were arguably expelled had not been granted, and in 1952 were not granted, Israeli nationality. The point, however, is that it is claimed that the Palestinian Arabs in question had automatically become nationals of the state of Israel on its emergence into statehood, at least for the purposes of international law, the contention being that the law of state succession provides that nationals of a predecessor state habitually resident in a territory which becomes part of a given successor state acquire the nationality of that successor state on the date of succession without the need for municipal legal intervention to this effect.74 But there are two75 weaknesses to this argument, Application of the Genocide Convention (Bosnia and Herzegovina v. Serbia and Montenegro), Judgment, International Court of Justice, 26 February 2007, paras. 399–401. 71 See Articles on Responsibility of States (note 2), Art. 4. 72 See ibid., Art. 11. 73 Consider Universal Declaration of Human Rights, GA Res. 217 A (III) of 10 December 1948, Art. 9 (“No one shall be subjected to arbitrary … exile”) and Art. 13 (“No one shall be subjected to arbitrary interference with his … home …”). 74 For an assertion of this rule, see Ian Brownlie, The Relations of Nationality in Public International Law, The British Year Book of International Law 39 (1963), 284, 320. Brownlie continues that “it would be illegal for the successor to take any steps which involved attempts to deny responsibility for conditions on the territory, for example, by treating the population as de facto stateless …”: ibid., 325. Elsewhere he states, without specific reference to Israel/Palestine, that “[i]f a new State, relying on the absence of a municipal law [on nationality], tried to deport a part of its permanent population, it would be acting in clear breach of its legal duties …”: ibid., 318. 75 There is, in fact, a third weakness, namely the thorny question – posed by the fact that, as a matter of international law, the state of Israel did not come into being immediately upon the termination of the British Mandate in Palestine – whether the alleged customary international rule of state succession would have applied to a sui generis transition from the status of Mandate territory via that of a non-sovereign former Mandate
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one of them fatal in at least certain instances and the other in all. There is the factual “catch 22” – given that, as a matter of international law, the state of Israel did not come into being immediately upon the termination of the British Mandate in Palestine – that the displaced Palestinians could not have been considered habitually resident within the territory of the state of Israel until Israel had expanded its control over and annexed de facto76 the territory in which they habitually resided, by which time a considerable proportion of them had already been constructively expelled. Just as elementarily and more generally, it is overwhelmingly unlikely that the alleged rule existed as a matter of customary international law when Israel achieved statehood in the period between 14 May 1948 and the first armistice agreement in February 1949.77 Reliance is often had for support on provisions found in various twentieth-century post-war treaties predating or contemporaneous with the creation of the state of Israel, by which the different successor states conferred their nationality on those nationals of the predecessor state ordinarily resident in what was now their territory.78 But it is trite law that territory (that is, one not immediately converted into a co-extensive independent state or states) to that of an independent state on part of the territory of the former Mandate. For what they are worth, Art. 2 (1) (b) of the Vienna Convention on Succession of States in respect of Treaties, Vienna, 23 August 1978, UNTS, vol. 1946, 3, Art. 2 (1) (a) of the Vienna Convention on Succession of States in respect of State Property, Archives and Debts, Vienna, 8 April 1983, ILM 22 (1983), 298 (not yet in force) and Art. 2 (a) of the ILC’s Articles on Nationality of Natural Persons in relation to the Succession of States, annexed to GA Res. 55/153 of 12 December 2000, all define “succession of states” to mean “the replacement of one State by another in the responsibility for the international relations of territory.” 76 Land was incorporated into the state of Israel by informal means of the extension of Israeli law to it. 77 In his survey of the relevant law, Manley O. Hudson, the ILC’s Special Rapporteur on Nationality, including Statelessness, makes no mention in 1952 of such a rule; rather, he observes that, “[w]here … the predecessor State is extinguished, nationals of that State who fail to acquire the nationality of the successor State [under the law of that State] become stateless”: see Report on Nationality, including Statelessness by Mr Manley O. Hudson, Special Rapporteur, UN doc. A/CN.4/50, reproduced in Yearbook of the International Law Commission 1952-II, 3, 9. 78 See Treaty of Peace between the Principal Allied and Associated Powers and Germany, Versailles, 28 June 1919, United Kingdom Treaty Series (UKTS) No. 4 (1919), Cmd. 153, Arts. 36, 84, 91, 105 and 112; Treaty between the Principal Allied and Associated Powers and Poland, Versailles, 28 June 1919, UKTS No. 8 (1919), Cmd. 223, Arts. 3 and 4; Treaty of Peace between the Principal Allied and Associated Powers and Austria, St Germain-en-Laye, 10 September 1919, UKTS No. 11 (1919), Cmd. 400, Art. 70; Treaty between the Principal Allied and Associated Powers and Czechoslovakia, St Germain-enLaye, 10 September 1919, UKTS No. 20 (1919), Cmd. 479, Arts. 3 and 4; Treaty between
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even the repeated appearance of a given rule in treaty form is not necessarily indicative of its customary status,79 and there is no indication that the provisions pointed to were in conscious application of an existing customary international rule. Indeed, it is just as if not more likely that they were premised on the nonexistence of such a rule.80 The same goes for Art. 18 (b) of the Draft Convention on Nationality prepared in 1929 by the Harvard Law School Research in International Law project.81 As for the few examples of pre-1948 national legislation to which reference is sometimes had,82 all these show is that some states extended their nationality to persons habitually resident in territory over which they assumed sovereignty. They do not show that international law itself conferred the successor state’s nationality on the relevant persons.83 The reality at the time was the Principal Allied and Associated Powers and the Serb-Croat-Slovene State, St Germainen-Laye, 10 September 1919, UKTS No. 17 (1919), Cmd. 461, Arts. 3 and 4; Treaty of Peace between the Principal Allied and Associated Powers and Bulgaria, Neuilly-surSeine, 27 November 1919, UKTS No. 5 (1920), Cmd. 522, Art. 51; Treaty between the Principal Allied and Associated Powers and Roumania, Paris, 9 December 1919, UKTS No. 6 (1919), Cmd. 558, Arts. 3 and 4; Peace Treaty between Estonia and the Russian Socialist Federal Republic, Tartu, 2 February 1920, League of Nations Treaty Series (LNTS), vol. 11, 29, Art. IV; Treaty of Peace between the Principal Allied and Associated Powers and Hungary, Trianon, 4 June 1920, UKTS No. 10 (1920), Cmd. 896, Art. 61; Peace Treaty between Lithuania and the Russian Socialist Federal Republic, Moscow, 12 July 1920, LNTS, vol. 3, 105, Art. 6; Treaty between the Principal Allied and Associated Powers and Greece, Sèvres, 10 August 1920, UKTS No. 13 (1920), Cmd. 960, Arts. 3 and 4; Peace Treaty between Latvia and the Russian Socialist Federal Republic, Riga, 11 August 1920, LNTS, vol. 2, 122, Art. VIII; Peace Treaty between the Republic of Finland and the Russian Socialist Federal Soviet Republic, Dorpat (Tartu), 14 October 1920, LNTS, vol. 3, 65, Art. 9; Treaty of Peace between Poland, Russia and the Ukraine, Riga, 18 March 1921, LNTS, vol. 6, 123, Art. 6 (1), second sentence; Treaty of Peace with Turkey, Lausanne, 24 July 1923, UKTS No. 16 (1923), Cmd. 1929, Art. 30; Treaty of Peace with Italy, Paris, 10 February 1947, UNTS, vol. 49, 3, Annex VI (Permanent Statute of the Free City of Trieste), Art. 6 (1). 79 See e.g. Ahmadou Sadio Diallo (Republic of Guinea v. Democratic Republic of the Congo), Preliminary Objections, ICJ, 24 May 2007, at para. 90. 80 See e.g. ibid. 81 AJIL 23 (1929), Spec. Suppl. 13. Art. 18 (b) reads: “When a part of the territory of a state … becomes the territory of a new state, the nationals of the first state who continue their habitual residence in such territory … become nationals of the successor state …” 82 See e.g. Brownlie (note 74), 321–323. 83 The same goes for Art. 19 of the Treaty of Peace with Italy (note 78), on which reliance is often had: while this provided that persons domiciled in territory transferred by Italy would become citizens of the state to which the territory was transferred, it explicitly provided that this was to be “in accordance with legislation to that effect to be introduced by that State within three months from the coming into force of the … Treaty.”
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that, in the absence of express treaty provision to the contrary, whether a person enjoyed the nationality of a particular state was to be determined in accordance with the law of that state.84 And the view adopted by the Israeli courts, at least after the passage of the Nationality Law 1952,85 as regards the position under Israeli law – a view which rejected the submission that the Palestine Citizenship Order in Council promulgated under the British Mandate served on the establishment of the state of Israel to confer Israeli nationality on persons resident in what became its territory – was as follows: Many of the absentee Palestinian Arabs were born in Palestine and many of them enjoyed Palestinian citizenship. It will not cross anyone’s mind to say that persons such as these are citizens of the State of Israel … Reasons such as these persuaded the Knesset to repeal the Palestine Citizenship Order in Council in section 18 of the Nationality Law, 1952, with effect from the date of the establishment of the State. Consequently the defendant remained stateless … [I]n the period between the establishment of the State and the entry into force of the Nationality Law, the inhabitants of Israel were not Israel nationals within the legal meaning of the term national.86
As for relevant third-state practice, which is more or less determinative in such situations of factual and legal appreciation, the simple fact is that the Palestinian Arabs who departed the territory of former Mandate Palestine in 1947–1949 have never been considered Israeli nationals by other states.87 84 See e.g. Convention on Certain Questions relating to the Conflict of Nationality Laws, The Hague, 12 April 1930, LNTS, vol. 179, 89, Arts. 1 and 2; Nottebohm (Liechtenstein v. Guatemala), Second Phase, Judgment, ICJ Reports 1955, 4, 20. 85 Before the passage of the law, the Tel Aviv District Court came to differing conclusions in two different cases. In Re Goods of Shiphris (1950), the court held that citizens of the former Mandate who became resident in the state of Israel on its creation were, in the absence of a municipal nationality law, stateless: see International Law Reports (ILR), vol. 17, 110. By way of contrast, in AB v. MB (1951), the court held that, absent municipal legislation to the contrary, public international law required that “the inhabitants of part of a State which is transformed into an independent State” were “ipso facto transformed into the nationals of that State,” ibid., 110, 111. 86 Oseri v. Oseri (1952), ibid., 111, 112. 87 For what it is worth, Manley O. Hudson (note 77), 17, in his capacity as ILC Special Rapporteur for Nationality, including Statelessness, concluded that the Arab refugees from Palestine who had not assumed the nationality of a third state “must be considered as stateless.” Note that in December 1949, Jordan, then in belligerent occupation of the West Bank, granted West Bank Palestinians the right to claim Jordanian nationality. The following year it annexed the West Bank and granted all its non-Jewish inhabitants Jordanian citizenship, while the subsequent Jordanian Nationality Law of 1954 conferred Jordanian citizenship on all non-Jews who were Palestinian citizens before 15 May 1948 and resided in Jordan between 20 December 1949 and 16 February 1954. Jordanian nationality was withdrawn from Palestinians resident in the West Bank when Jordan renounced its claim to the territory in 1988.
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As it is, even if the Palestinian Arabs were somehow to be considered nationals of the state of Israel at the date of their constructive expulsion, there would remain the further challenge of establishing that a prohibition on the expulsion per se88 of nationals existed at the relevant time under a putatively nascent customary international law of human rights. The assertion is seriously undermined by state practice.89 In 1923, pursuant to an agreement between Greece and Turkey90 incorporated into the Treaty of Lausanne by way of Art. 142 of the latter, and encouraged and facilitated by the League of Nations’ High Commissioner for Refugees, Greece expelled around 500,000 of its Muslims to Turkey and Turkey expelled about 1.5 million of its Orthodox Christians to Greece. Pursuant to an agreement of July 1945 made with a view to the alteration of the border between Poland and the Ukrainian SSR by the Polish-Soviet Treaty of August 1945, Poland and the USSR conducted population exchanges whereby over 2 million ethnic Poles holding Soviet nationality and residing in the USSR were deported to Poland91 and around 450,000 ethnic Ukrainians of Polish nationality and resident in Poland were deported to the Ukrainian SSR,92 with around 200,000 Ukrainians 88
See below for the distinct argument that a state was prohibited from expelling nationals en masse where the exodus prejudiced the rights of other states. 89 In addition to the examples given below, it is worth noting the Convention respecting the Reciprocal Emigration of their Racial Minorities concluded between Greece and Bulgaria at Neuilly-sur-Seine on 27 November 1919, LNTS, vol. 1, 67, pursuant to which approximately 46,000 ethnic Greeks of Bulgarian nationality (practically the entire ethnic minority) left Bulgaria for Greece, while 92,000 ethnic Bulgarians of Greek nationality (66 % of them) quit Greece for Bulgaria. This arrangement differed significantly from the others cited below in that emigration was not rendered compulsory, even if Art. 2 obliged the contracting states “to facilitate by all means at their disposal the exercise of the right” to migrate recognized in Art. 1. In practice, true to the spirit of the Convention, the population transfer provided for took place by and large on a voluntary basis and in a humane fashion. As made clear in the preamble, the Convention was entered into pursuant to Art. 56 (2) of the Treaty of Peace between the Principal Allied and Associated Powers and Bulgaria (note 78) (“Bulgaria undertakes to recognise such provisions as the Principal Allied and Associated Powers may consider opportune with respect to the reciprocal and voluntary emigration of persons belonging to racial minorities”) and to a decision of the Principal Allied and Associated Powers of 27 November 1919, i.e. the day of the Convention’s conclusion, which itself coincided with the conclusion of the Treaty of Peace with Bulgaria. 90 Convention concerning the Exchange of Greek and Turkish Populations, Lausanne, 30 January 1923, LNTS, vol. 32, 75, Arts. 1 to 4. 91 Technically they were “authorized to renounce Soviet nationality and to move to Poland”: Manley O. Hudson (note 77), 9. 92 More precisely, they were “authorized to renounce Polish nationality and move to Soviet territory”: ibid.
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and Lemkos following the latter without direct compulsion. It is, of course, possible that these agreed reciprocal expulsions were in conscious derogation from the otherwise applicable customary rule. But large-scale expulsions of nationals deemed inimical to the national interest, or large-scale denationalizations followed by expulsions, were not limited to exchanges agreed between states. The 1923 population exchange agreement between Greece and Turkey came only after the latter had unilaterally and forcibly expelled hundreds of thousands of ethnic Greeks. At the end of the Second World War, Czechoslovakia and Hungary unilaterally denationalized and expelled their ethnic German citizens, who numbered in their millions, to Germany and Austria, a move that the UK, the USA and the USSR recognized in Art. XIII of the “Potsdam Agreement” of 194593 “ha[d] to be undertaken.”94 Bulgaria, Romania and the USSR engaged in similar mass unilateral deportations around the same time, and there was no suggestion from other states that these constituted international wrongs. An alternative contention might be that a state was prohibited at the time by customary international law from expelling non-nationals who found themselves, purely as a result of a change of sovereignty over the territory in question, resident within that state. But the claim that such a rule – which would sit uncomfortably, although not impossibly, with a state’s traditional sovereign right to expel aliens – existed in 1947–1949 is also seemingly belied by state practice. The minorities treaties concluded after the First World War between the principal Allied and Associated Powers, on the one hand, and Poland, Czechoslovakia, the Serb-CroatSlovene State, Romania and Greece respectively, on the other, all of which gave persons habitually resident in territory granted in the peace settlement to these new states the choice between the nationality of the successor state and the nationality of the predecessor, obliged persons who chose the latter to move within twelve months to the state of their chosen nationality.95 In accordance with Art. IV of the 93
Report of Tripartite Conference of Berlin, AJIL 39 (1945), Suppl., 245, 256. Art. XIII of the Potsdam Agreement (ibid.) sought merely “that any transfers that take place should be effected in an orderly and humane manner.” 95 See Treaty between the Principal Allied and Associated Powers and Poland (note 78), Art. 3; Treaty between the Principal Allied and Associated Powers Czechoslovakia (note 78), Art. 3; Treaty between the Principal Allied and Associated Powers and the Serb-CroatSlovene State (note 78), Art. 3; Treaty between the Principal Allied and Associated Powers and Roumania (note 78), Art. 3; Treaty between the Principal Allied and Associated Powers and Greece concerning the Protection of Minorities in Greece (note 78), Art. 3. Under Art. 7 (2) of the subsequent Treaty between the Kingdom of Italy and the Kingdom of the Serbs, Croats and Slovenes, Rapallo, 12 November 1920 (Treaty of Rapallo ) LNTS, vol. 18, 397, persons of Italian ethnicity resident in the territory of the former AustroHungarian Monarchy to which the Kingdom of the Serbs, Croats and Slovenes succeeded were not only entitled to opt for Italian nationality but were exempted from “the obligation 94
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Treaty of Tartu of 1920 between Estonia and Russia,96 those persons of nonEstonian origin living in the newly-independent Estonia who exercised the right to opt for Russian nationality recognized in the provision were obliged, within a year of their option, to leave Estonian territory; and persons of Estonian nationality living in Russia who opted for Estonian nationality were obliged to leave Russia. The same went, mutatis mutandis, under Art. 6 of the Peace Treaty of 1920 between Lithuania and Russia97 and Art. VIII of the Peace Treaty of the same year between Latvia and Russia.98 Under Art. 6(7) of the Treaty of Riga of 1921 between Poland, Russia and the Ukraine,99 those nationals of the former Russian Empire resident in the territory of the renascent Poland who opted for or were assigned Russian nationality under Art. 6 (1) could be compelled to make use of the right of departure granted to them; and the same went for persons in Russian territory who opted for Polish nationality under Art. 6 (2). After the cession of the region of southern Dobruja by Romania to Bulgaria via the Treaty of Craiova in 1940,100 80,000 Romanians were forcibly transferred from what had become Bulgarian territory.101 Art. 6 (3) of the Permanent Statute of the Free City of Trieste, annexed to the Treaty of Peace with Italy of 1947,102 gave the Free City the authority to require residents of the territory who opted to retain their Italian nationality on the establishment of the Free City to move to Italy within a year from the date the option was exercised. The same went, mutatis mutandis, in respect of Italians domiciled in territory ceded by Italy under the Peace Treaty to France, Greece and Yugoslavia.103 These were all, again, agreed expulsions, and may well to transfer their homes outside the territory of the Serb-Croat-Slovene Kingdom” provided for in Art. 3 of the Treaty between the Principal Allied and Associated Powers and the Serb-Croat-Slovene State (note 78). On the abolition by the subsequent Treaty of Rome of 1924 of the Free State of Fiume (Rijeka) created by the Treaty of Rapallo, and the incorporation of its territory into Italy, equivalent rights were granted to the resident Yugoslav population: see Art. 9 of the Agreement concerning Fiume annexed to the Treaty between the Kingdom of Italy and the Kingdom of the Serbs, Croats and Slovenes, Rome, 27 January 1924. 96 Note 78. 97 Note 78. 98 Note 78. 99 Note 78. 100 Treaty between Romania and Bulgaria, Craiova, 7 September 1940, Monitorul Oficial (Partea I), No. 212 (12 September 1940). 101 65,000 ethnic Bulgarians were sent the other way by Romania. 102 Treaty of Peace with Italy (note 78). 103 See ibid., Art. 19 (3). In return, Italy was authorized by Art. 20 (3) of the Treaty to require those persons resident in Italian territory who opted for Yugoslav nationality under Art. 20 (1) to move to Yugoslavia.
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have been in avowed derogation from the otherwise applicable customary rule. But mass deportations of non-nationals deemed hostile to the new sovereign on change of territorial title were not restricted to exchanges between consenting states. Pursuant to Art. XIII of the Potsdam Agreement, Art. IX (B) of which established the Oder-Neisse line as the provisional border between Poland and Germany, the governments of the UK, the USA and the USSR recognized “that the transfer to Germany of German populations, or elements thereof, remaining in Poland,” adding up to several million persons, would “have to be undertaken” – such transfer already having started by way of expulsions of German nationals by the Polish Provisional Government. Moreover, it could plausibly be argued that the UN’s 1947 partition plan for Palestine itself implicitly envisaged an element of population transfer between the proposed Jewish state and the proposed Arab state, in that 400,000 Arabs, close to parity with the Jewish population, would have found themselves in the Jewish state, while 10,000 Jews would have ended up in the Arab state. All this said, one could perhaps argue that there is a qualitative difference between the sort of official, theoretically organized transfer of nationals or nonnationals to a designated recipient state reflected in most previous state practice and the ethnic cleansing by force of arms of the Arab population of former Mandate Palestine to who knows where – that is, between the more or less formal and at least supposedly civilized expulsions of most preceding practice and the irregular, violent driving out of the Palestinian Arabs. Certainly Ottoman Turkey’s brutal campaigns during and immediately after the First World War to force Armenian and Assyrian populations out of its territory were not greeted with equanimity by other states. The same state’s violent expulsion of ethnic Greeks in 1922, featuring the devastation of Smyrna, triggered intervention by the League of Nations’ High Commissioner for Refugees, who brokered the population exchange agreement with Greece of 1923;104 and the chaotic expulsions of Germans from Czechoslovakia, Hungary and Poland after the Second World War led the Allies to step in to render them “orderly and humane.”105 The weakness of the argument, however, is 104 Art. 11 of the Convention concerning the Exchange of Greek and Turkish Populations (note 90) established a Mixed Commission whose duties, in accordance with Art. 12, included the supervision and facilitation of the emigration provided for in the Convention. 105 Potsdam Agreement (note 93), Art. XIII. The provision continues: “Since the influx of a large number of Germans into Germany would increase the burden already resting on the occupying authorities, they consider that the Control Council in Germany should in the first instance examine the problem, with special regard to the question of the equitable distribution of these Germans among the several zones of occupation. They are accordingly instructing their respective representatives on the Control Council to report to their Governments as soon as possible the extent to which such persons have already entered Germany
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that there is no indication that the concern expressed at these events – which involved considerable, and in the case of the Armenians enormous, loss of life and untold suffering – was other than purely humanitarian. An alternative, more general argument, based on the law on the treatment of aliens, to the effect that a state was prohibited in 1947–1949 from expelling foreign nationals arbitrarily and/or forcibly and/or without due process run up first – even without considering the distinct unlikelihood that such a rule existed in 1947–1949106 – against the harsh juridical reality that the Palestinian Arabs were not nationals of a foreign state. It is true that Art. 8 (1) of the International Law Commission’s Articles on Diplomatic Protection107 suggests that a state in which a stateless person is lawfully and habitually resident may espouse that person’s claim; but, even leaving aside again questions of intertemporal law, the rule applies on the condition that the stateless person was lawfully and habitually resident in the espousing state at the date of injury, which was obviously not the case with the Arabs expelled from their homes in Israel/Palestine. It might be countered in the alternative that, in Legal Consequences of the Construction of a Wall in the Occupied Palestinian Territory, the ICJ, in declaring Israel’s obligation to make reparation directly to the individuals affected108 for violations of international humanitarian law, circumvented the formal obstacle presented by the non-existence of a Palestinian state. But the riposte would be that the relevant primary rules of international law at issue in this aspect of the Wall opinion, namely the provisions of 1949 Geneva Convention IV109 and the customary rules of international humanitarian law reflected in the 1907 Hague Rules,110 were applicable regardless of the nationality of the affected individuals, since they applied to territory occupied in the course of an armed conflict between High Contracting Parties111 (in the case of the former) or to territory occupied in the course of any international armed conflict (in the case of the latter) – the relevant conflict in that case being between Israel and Jordan in 1967. The Court’s obviafrom Poland, Czechoslovakia and Hungary, to submit an estimate of the time and rate at which further transfers could be carried out having regard to the present situation in Germany.” 106 Consider, inter alia, the mass expulsions outlined above. 107 Articles on Diplomatic Protection, annexed to GA Res. 62/67 of 6 December 2007. 108 Legal Consequences of the Construction of a Wall (note 5), 198, paras. 152–153. 109 Convention Relative to the Protection of Civilian Persons in Time of War, Geneva, 12 August 1949, UNTS, vol. 75, 287. 110 Regulations concerning the Laws and Customs of War on Land (Hague Rules), annexed to Convention concerning the Laws and Customs of War on Land, The Hague, 18 October 1907, UKTS No. 9 (1910), Cd. 5030. 111 Legal Consequences of the Construction of a Wall (note 5), 177, para. 101.
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tion of the non-existence of a state of Palestine in the Wall opinion was simply at the level of the secondary rules relating to remedies. In contrast, no international wrong can be done in the first place – that is, no primary rule is breached – when no state exists the wrong to whose nationals constitutes a wrong to that state. In sum, then, the statelessness of the Palestinian Arabs and their residency in the territory of former Mandate Palestine at the date of injury defeat arguments based on the law of diplomatic protection. It cannot be maintained either that, even where attributable to the state of Israel, the conduct of Zionist, later Israeli forces in ethnically cleansing what became Israeli territory during the period 1947–1949 was in violation of positive rules of international humanitarian law, for the simple reason that no such rules of either a conventional or customary nature were applicable at the time to this conduct. To the extent that fighting between Jews and Arabs prior to the involvement of the Arab states can even be considered armed conflict, it was armed conflict of a noninternational character, and in 1947–1949, in the absence of recognition of belligerency, the international laws of war did not apply to non-international armed conflict. Insofar as the invasion of the Arab states and the eventual emergence of the state of Israel turned the situation into an international armed conflict, no applicable rules governed the treatment by Israeli forces of the Palestinian Arabs, since the potentially relevant rules of the applicable customary laws of war, as reflected in the 1907 Hague Rules, applied only in relation to the nationals of the Arab states,112 in the case of the rules applicable to active hostilities, and to any territory of, or previously administered by, the Arab states into the belligerent occupation of which Israel might come.113 It is true that the Nuremberg Charter, the Tokyo Charter and Control Council Law No. 10 defined deportation of any civilian population as a crime against humanity.114 In this light, it is distinctly arguable that crimes against humanity 112
See Hague Rules (note 110), Section II, Chapter I, where the consistent reference is to “the enemy.” As it is, none of these rules prohibits the expulsion of the enemy population, although Art. 23 (g) prohibits the destruction or seizure of enemy property unless this be imperatively demanded by the necessities of war. 113 See ibid., Section III, governing “Military Authority over the Territory of the Hostile State.” 114 See Charter of the International Military Tribunal, annexed to Agreement by the Government of the United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland, the Government of the United States of America, the Provisional Government of the French Republic and the Government of the Union of Soviet Socialist Republics for the Prosecution and Punishment of the Major War Criminals of the European Axis, London, 8 August 1945, UNTS, vol. 82, 279, Art. 6 (c); Charter of the International Military Tribunal for the Far East, Tokyo, 19 January 1946, Treaties and Other International Acts Series 1589, Art. 5 (c);
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were committed by individuals on the Zionist, later Israeli side. But individual criminal responsibility is without prejudice to state responsibility.115 The fact that an individual whose acts are attributable to the state commits a crime under international law does not mean that the state can be held delictually responsible for it. Putting it another way, an international prohibition binding on individuals is not ipso facto binding on states, whatever the capacity in which those individuals may act. The reason why states can be responsible for war crimes is that the relevant laws of war are binding on states as much as they are binding on individuals.116 The twofold reason why states can be held responsible for genocide is that, as a matter of conventional international law, the obligation to prevent genocide undertaken by Contracting States in Art. 1 of the Genocide Convention has been held to carry within it an obligation not to commit genocide117 and that, as a matter of customary international law, state responsibility for genocide has been recognized in a variety of ways.118 Control Council Law No. 10, Punishment of Persons Guilty of War Crimes, Crimes Against Peace and Against Humanity, 20 December 1945, Official Gazette of the Control Council for Germany No. 3 (1946), 50, Art. II.1 (c). At Nuremberg, the defendant von Schirach was convicted of the crime against humanity of deportation for his role in deporting Jews from Vienna to the ghettos of the East: see Judgment of the International Military Tribunal for the Trial of German Major War Criminals, Nuremberg, 30 September and 1 October 1946, Misc. No. 12 (1946), Cmd. 6964, reprinted in AJIL 41 (1947), 172, 310–311. 115 See e.g. Application of the Genocide Convention (note 70), para. 173; Art. 4 and commentary of the ILC’s Draft Code of Crimes against the Peace and Security of Mankind, Report of the International Law Commission on the Work of its forty-eighth session, 6 May to 26 July 1996, UN doc. A/51/10, 15–120, para. 50; Rome Statute of the International Criminal Court, 17 July 1998, Rome, 17 July 1998, UNTS, vol. 2187, 3, Art. 25 (4). 116 See e.g. Hans Kelsen, Will the Judgment in the Nuremberg Trial Constitute a Precedent in International Law?, International Law Quarterly 1 (1947), 153, 162. 117 See Application of the Genocide Convention (note 70), paras. 166–167 and 179. 118 In Armed Activities on the Territory of the Congo (New Application: 2002) (Democratic Republic of the Congo v. Rwanda), Jurisdiction and Admissibility, 3 February 2006, para. 64, the ICJ remarked that it was “assuredly the case” that the prohibition on genocide enjoyed the status of jus cogens. See, similarly, the European Court of Human Rights in Jorgiü v. Germany (Application No. 74613/01), Judgment, 12 July 2007, para. 68. Since the essence of jus cogens is that rules of general international law of this character may not be derogated from – that is, they may not be set aside as inapplicable, either at all or for a specified period – and only states have the capacity to derogate from rules of international law, jus cogens is necessarily a concept relevant to rules binding on states. The same conclusion, mutatis mutandis, can be derived from the ICJ’s recognition of the prohibition on genocide as an obligation erga omnes: see Barcelona Traction, Light and Power Company, Limited (New Application: 1962) (Belgium v. Spain), Second Phase, ICJ Reports 1970, 3, 32, para. 34. That states are prohibited as a matter of customary international law
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It has been contended by some that a rule of customary international law existed in 1947–1949 which prohibited a state from expelling anyone present in its territory, regardless of nationality, if the consequence of that expulsion would be injurious to another state. The argument would seem to be premised on the obligation on each state, recognized by the ICJ in 1949 in Corfu Channel, “not to allow knowingly its territory to be used for acts contrary to the rights of other states.”119 In this light, it is said that Israel’s putative constructive expulsion of Palestinian Arabs to neighboring states (or its failure to prevent and/or put a stop to the equivalent by non-state groups) in such large numbers, thereby placing on those states a destabilizing logistical, financial and political burden, was internationally wrongful. The claim draws a degree of support from the fact that most of the population transfers undertaken in the twentieth century were as a matter of consent between neighboring states and that, even in cases where they were not, third states sought provision for their conduct in an orderly manner.120 That said, it is not clear whether chaotic mass expulsions of the sort seen in 1947–1949 were actually considered to fall within the rule identified by the Court in Corfu Channel.121 If the argument were to hold good, the consequence would be Israel’s obligation to afford reparation to those neighboring Arab states into which the Palestinian Arabs were driven and eventually settled, and the foremost form of reparation would be restitution, which would comprise in part the return of the departed Palestinians to the territory of what is now the state of Israel. It is worth underlining that any claim for from committing genocide can also be deduced from the recognition by the ICJ that the Genocide Convention – whose obligation on states to prevent genocide has been held by the Court to prohibit, a fortiori, the commission of genocide by a state (see note 117) – enunciates “principles which are recognized by civilized nations as binding on States, even without any conventional obligation”: see Reservations to the Convention on Genocide, Advisory Opinion, ICJ Reports 1951, 15, 23. States have arguably acquiesced in the idea that they, as much as individuals, are prohibited from committing genocide through their acceptance, in the Sixth Committee of the General Assembly, of the ILC’s characterization of the prohibition on genocide as a norm of jus cogens. See commentaries to Articles on Responsibility of States for Internationally Wrongful Acts, in: International Law Commission, Report on the work of its fifty-third session (23 April–1 June and 2 July–10 August 2001), UN doc. A/56/10, Commentary to Art. 40, para. (4), 283. 119 Corfu Channel (United Kingdom v. Albania), Merits, Judgment, ICJ Reports 1949, 4, 22. See, similarly, Trail Smelter Arbitration (USA/Canada), Award of 16 April 1938 and 11 March 1941, RIAA, vol. 3, 1905, 1963. 120 See above notes 104 and 105. 121 The argument is noted, but neither endorsed nor rejected, by Manley O. Hudson (note 77), 10. As observed by the arbitral tribunal in Trail Smelter (note 119), 1963, stating the basic rule is one thing, but “the real difficulty often arises … when it comes to determine what, pro subjecta materie [sic], is deemed to constitute an injurious act.”
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repatriation on this basis would vest in the states where the Palestinian refugees of 1947–1949 currently live, rather than in the Palestinian refugees themselves. A corollary is that such a claim would be of no help to those refugees of 1947–1949 who fled to and settled in the West Bank and Gaza Strip. When it comes to the argument for repatriation based not on the constructive expulsion of the Palestinian Arabs in 1947–1949 but, even where they were not expelled or even if this were lawful, on Israel’s failure to extend its nationality to the Palestinian refugees in 1952,122 the chain of reasoning is that this failure was unlawful, that the appropriate form of reparation for the international wrong would be restitution in the form of the grant of Israeli nationality to the Palestinians who fled in 1947–1949, and that, upon this grant, Israel would today be prohibited by international human rights law from denying entry into its territory to its own nationals.123 The root contention, taken from the law of state succession, is that those nationals of a predecessor state – or, in this case, of a predecessor Mandate – who find themselves, on change of sovereignty, resident in the successor state in question have the right under international law to be granted the nationality of that successor state. Reliance is had for support on the provisions of the various twentieth-century post-bellum treaties which, in one case, obliged the successor state to confer its nationality on those nationals of the predecessor state habitually resident in what was by then its territory124 or which, in other cases, conferred that nationality directly.125 But, as before, the existence of treaty provisions does not necessarily indicate a customary rule to the same effect, and may well signal the opposite. Moreover, the fact that states did, in general, accord their nationality to habitual residents of territories newly acquired by them is not in itself – and again this is trite law – any indication of a belief on the part of these that states that they were bound by customary international law to do so. It could just as much reflect the plain practical sense of such naturalization, there being little point and much inconvenience in administering as one’s own territory inhabited by an alien population. As for third-state practice, there was no suggestion by other states in 1952 that Israel was obliged to confer Israeli nationality on the Palestinian Arabs who quit the territory in 1947–1949. In the final analysis, then, it is safe to conclude that, in 1952, when Israel did not include the Palestinian refugees within the definition of an
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Note that this failure on the part of the legislature was clearly attributable to the state of Israel. 123 See e.g. Universal Declaration of Human Rights (note 73), Art. 13 (2); International Covenant on Civil and Political Rights, New York, 16 December 1966, UNTS, vol. 999, 171, Art. 12 (4), Israel being a party to the Covenant. 124 Treaty of Peace with Italy (note 78), Art. 19. 125 See the provisions cited at note 78.
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Israeli citizen laid down in its Nationality Law, no rule of customary international law existed to the effect that it was obliged to confer its nationality on them.126 As for the related claim that Israel was bound to extend its nationality to the Palestinian Arabs in 1952 so as to prevent them from becoming stateless, again there are several counterarguments. For starters, it is distinctly arguable on the facts that it was the United Kingdom which rendered the Palestinian Arabs, and indeed the Jewish inhabitants of Palestine, stateless when it unilaterally terminated the Mandate, and with it Palestinian citizenship, before provision had been made for the territory’s orderly transition to statehood, as either one or two states. Secondly, “one cannot consider each particular State concerned to be responsible for all cases of statelessness resulting from the succession.”127 Putting it another way, the statelessness of the Palestinian refugees was not the only possible outcome of Israel’s Nationality Law of 1952. Some Palestinians had already acquired the nationality of a third state; indeed, in 1950, on its annexation of the territory, Jordan granted all Palestinians resident in the West Bank, including East Jerusalem, Jordanian citizenship. There was nothing to stop the other Arab states in which Palestinian refugees had settled from conferring their nationality on these people as well. Nor was it to be ruled out that the Palestinian refugees would become nationals of a future Arab state to be established somewhere on the territory of the former Mandate. In this light, it is drawing a rather long bow to suggest that any putative obligation on Israel to avoid statelessness on the part of the Palestinian refugees necessarily amounted to an obligation to extend to them its nationality. Finally, and most basically, it is highly doubtful that any obligation on a successor state to prevent inhabitants of the territory in question from becoming stateless featured as part of customary international law in 1952. Again, states at the time did not consider Israel bound by any such rule.128 Let us turn thirdly to the argument for repatriation based not on the constructive expulsion of the Palestinian Arabs or on the denial to them of Israeli nationality but on Israel’s past and continuing refusal to repatriate them as an alleged international wrong in its own right.129 As noted already, the contention is based as much on the secondary obligation of cessation of the internationally wrongful act and on the duty of continued performance of the primary obligation as it is on the obliga126
Manley O. Hudson (note 77), 9, concluded in 1952 that there was no such rule. Paragraph (6) of the Commentary to Art. 4 of the Articles on Nationality of Natural Persons in relation to the Succession of States (note 75). 128 The necessary implication from Manley O. Hudson (note 77), 21, is that Hudson found no such rule to exist in 1952. 129 The claim again faces no problem as regards attribution: the refusal to repatriate has obviously come from organs of the state of Israel. 127
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tion to make reparation by way of restitution, the latter in this case obviously demanding that the displaced Palestinians be allowed back. The contention that Israel’s refusal to repatriate the Palestinians who left in 1947–1949 constitutes an international wrong in that a state, whether by virtue of a customary international human rights guarantee130 or some other rule of customary international law, may not bar its nationals entry into its territory is defeated once more by the straightforward legal fact that the Palestinians in question have never been nationals of the state of Israel. Any alternative contention which acknowledges this crucial juridical obstacle must founder on the reality that no primary rule131 of customary international law has ever required a state to admit non-nationals into its territory. This would seem to be so even where those non-nationals were formerly ordinarily resident in the territory. For example, when – on the creation of the neighboring British Mandate in Iraq, into what became the territory of which many of them had fled – Turkey refused to repatriate the Assyrians it had driven out a decade or so earlier,132 there was no suggestion by other states that this was internationally unlawful.133 If this was the case as regards former nationals, which the Assyrians were, it is a fortiori the case as regards the Palestinian Arabs who left in 1947– 1949, who were at no point nationals of the state of Israel. In short, Israel is under no independent primary obligation to readmit these Palestinians to its territory. To sum up provisionally, there is only a single legal basis on which the repatriation of the Palestinian Arabs who fled in 1947–1949 might realistically be demanded (and even this is uncertain), namely by way of restitution as the required form of reparation for the interference with the rights of neighboring Arab states occasioned by the Palestinians’ constructive expulsion in 1947–1949. In cases where it cannot be said that the Palestinian Arabs were constructively expelled, there can be no obligation of repatriation.134 Moreover, even in bona fide cases of constructive expulsion, the argument for repatriation based on the infringement of the rights of the surrounding Arab states is of no assistance to those of the Palestinian exodus of 1947–1949 currently resident in the West Bank and Gaza Strip. In the unlikely event that Israel were to be obliged to repatriate any Palestinians living abroad since 1947–1949, a further question is whether it would also be 130
See above note 123. By this is meant no rule not premised on the international unlawfulness of some other act by the state in question. 132 This act of actual or constructive expulsion would not seem itself to have violated customary international law as it then stood. 133 That said, nor was there any desire on the part of the Assyrian refugees to return, so that Turkey’s refusal was not a contentious issue. 134 A fortiori there can be no obligation of compensation in lieu. 131
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bound to receive their descendants – the children, grandchildren and perhaps even great-grandchildren born to them in exile, as it were. Should, as is the most likely (albeit still unlikely) scenario, an obligation of repatriation be considered a function of the infringement of the rights of the neighboring Arab states, it is indeed conceivable that Israel would be obliged to admit the descendants of those who fled. A responsible state is under an obligation to make full reparation for the injury caused by its internationally wrongful act. The burden on the host states constituted by the presence of the fleeing Palestinians’ descendants would not have arisen but for Israel’s putatively internationally wrongful act in constructively expelling the Palestinians themselves, and it is difficult to characterize this injury as too remote a consequence of the wrong.135 Restitution involves re-establishing the situation which existed before the wrongful act was committed,136 and before the wrongful act was committed the surrounding Arab states were host to neither the Palestinians who left in 1947–1949 nor their descendants. As regards all the Palestinian refugees,137 however, it is open to serious doubt whether under the circumstances restitution, in the form of repatriation, would, as the argument has it, be the required form of reparation. Restitution is obligatory only if it does not involve a burden out of all proportion to the benefit deriving from restitution instead of compensation,138 and it is distinctly arguable that the resettlement within the territory of the state of Israel of a disproportionately large non-Jewish population hostile to it would threaten not only its character as a Jewish state but also its existence – by any reckoning, a disproportionate burden. If the argument were to hold good, Israel would not be obliged to repatriate the Palestinian refugees, but would instead be bound to compensate for the damage caused by the constructive expulsions of 1947–1949.139 Such compensation would be owed not to the Palestinian refugees themselves but to the surrounding Arab states whose rights have been infringed. A similar outcome might transpire were Israel to invoke necessity as a circumstance precluding the wrongfulness of any refusal to abide by its secondary obligation to repatriate the Palestinian refugees.140 Israel could with some justice contend that refusing to readmit the refugees is the only way for it to safeguard an essential 135 See, in this regard, commentaries to Articles on Responsibility of States (note 118), Commentary to Art. 31, para. (10), 227–228 and cases cited therein. 136 Articles on Responsibility of States (note 2), Art. 35. 137 The term is used here to refer to both those who left in 1947–1949 and their descendants. 138 Articles on Responsibility of States (note 2), Art. 35 (b). 139 Ibid., Art. 36 (1). 140 See ibid., Art. 25.
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interest against a grave and imminent peril,141 in that, as previously argued, the resettlement within its territory of a very sizeable non-Jewish population inimical to it would threaten its character as a Jewish state and indeed its existence. The problem with such an argument is that necessity may not be invoked as a circumstance precluding wrongfulness if the act not in conformity with the state’s international obligation seriously impairs an essential interest of the state or states towards which the obligation is owed.142 But it might be countered that the presence of large Palestinian refugee populations in neighboring Arab states, while a financial and political liability for the states concerned, does not impair their essential interests. In the final analysis, the chances of successfully invoking necessity are never strong, but the argument could by no means be rejected out of hand. Should it succeed, it would be without prejudice to the question of compensation for any material loss caused by Israel’s wrongful act.143 The last major question regarding the Palestinian refugees relates to the property of those who fled in 1947–1949, which, where not completely destroyed, was handed over to others without the payment of compensation to the former owners. To begin with, this faces the sorts of challenges in relation to attribution faced in connection with the claim for repatriation based on constructive expulsion. As with the latter, however, these challenges are not insurmountable, or at least not in their entirety. But as to whether Israel (or persons whose acts can be attributed to the subsequent state of Israel) committed any international wrong with respect to Palestinian Arab property in 1947–1949 and beyond, any argument for the restitution of this property or, where this is materially impossible,144 the payment of compensation in lieu on the basis of Israel’s violation of the Palestinians’ customary international human rights is likely to fail for the simple reason that no relevant human right145 existed as a matter of customary international law at the time. It is true that most of the twentieth-century post-war treaties which provided for the compulsory or, in two cases, voluntary emigration of those opting for alien nationality stipulated that émigrés retained their rights to immovable property situated in the state of former residence146 or, at the very least, were entitled to the 141
See ibid., Art. 25 (1) (a). Ibid., Art. 25 (1) (b). 143 Ibid., Art. 27 (b). 144 See ibid., Arts. 35 (b) and 36 (1). 145 Consider Universal Declaration of Human Rights (note 73), Art. 13 (“No one shall be subjected to arbitrary interference with his … home …”) and Art. 17 (2) (“No one shall be arbitrarily deprived of his property”). 146 See Treaty between the Principal Allied and Associated Powers and Poland (note 78), Art. 3; Treaty between the Principal Allied and Associated Powers and Czechoslovakia (note 78), Art. 3; Treaty between the Principal Allied and Associated Powers and the 142
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proceeds of its compulsory liquidation.147 But, once more, these treaty provisions are not necessarily indicative of a rule of customary international law to the same effect, and could well indicate the contrary. Moreover, the various unilateral mass expulsions of nationals and non-nationals prior to 1947 were not accompanied by guarantees in respect of rights in immovable property in the expelling state – quite the opposite, the Beneš decrees148 in Czechoslovakia being merely the most famous examples of dispossession. As for the alternative argument based on the classical law on the treatment of aliens to the effect that a state was prohibited in 1947–1949 from expropriating the property of foreign nationals without the payment of prompt, adequate and effective compensation, this founders on the familiar fact that the dispossessed Palestinian Arabs were not nationals of a foreign state. It would seem, then, that the legal arguments for the repatriation and repossession, or alternatively compensation, of the Palestinian refugees of 1947–1949 are far from compelling. Given, however, that the issues involved implicate difficult questions of legal and factual appreciation the answers to which are not necessarily clear cut, the responses of states other than Israel to the Palestinian refugee problem – the most conclusive determinant of the issue’s legal complexion – call for examination. In General Assembly Res. 194 (III) of 11 December 1948, the Assembly resolved in paragraph 11 “that the refugees wishing to return to their homes and live at peace with their neighbors should be permitted to do so at the earliest practicable date, and that compensation should be paid for the property of those choosing not Serb-Croat-Slovene State (note 78), Art. 3; Treaty between the Principal Allied and Associated Powers and Roumania (note 78), Art. 3; Treaty between the Principal Allied and Associated Powers and Greece (note 78), Art. 3; Peace Treaty between Estonia and the Russian Socialist Federal Republic (note 78), Art. IV; Peace Treaty between Lithuania and the Russian Socialist Federal Republic (note 78), Art. 6; Peace Treaty between Latvia and the Russian Socialist Federal Republic (note 78), Art. VIII (although, as regards refugees, with conditions attached); Peace Treaty between the Republic of Finland and the Russian Socialist Federal Soviet Republic (note 78), Art. 9; Treaty of Peace between Poland, Russia and the Ukraine (note 78), Art. 6(7); Treaty of Peace with Italy (note 78), Annex 10 (Economic and Financial Provisions relating to the Free City of Trieste), Art. 9 (for a threeyear period). 147 See Convention respecting the Reciprocal Emigration of their Racial Minorities concluded between Greece and Bulgaria (note 89), Arts. 6 and 10; Convention concerning the Exchange of Greek and Turkish Populations (note 90), Arts. 5, 9, 10 and 14. 148 See, as regards property, Decree 5/1945 Sb of 19 May 1945; Decree 12/1945 Sb of 21 June 1945; Decree 28/1945 Sb of 20 July 1945; Decree 108/1945 Sb of 25 October 1945. All these decrees were retroactively ratified by constitutional Act 57/1946 Sb of 5 March 1946.
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to return and for the loss of or damage to property which, under principles of international law or in equity, should be made good by the Governments or authorities responsible.”149 This resolution was recalled in General Assembly Res. 273 (III) of 11 May 1949,150 by which Israel was admitted to membership of the United Nations, and has been recalled on many, many occasions since.151 Relief action by the United Nations Relief and Works Agency for Palestine Refugees in the Near East (UNRWA) has, since the agency’s inception in 1949, consistently been declared to be without prejudice to paragraph 11 of General Assembly Res. 194 (III).152 The United Nations Conciliation Commission for Palestine established under General Assembly Res. 194 (III) was directed in General Assembly Res. 394 (V) of 14 December 1950 to establish an office for the making of “such arrangements as it may consider necessary for the assessment and payment of compensation in pursuance of paragraph 11 of General Assembly Res. 194 (III)” and to work out “such arrangements as may be practicable for the implementation of the other objectives of paragraph 11 of the said resolution.”153 More recently, since 1992, the General Assembly has stressed annually “the need for resolving the problem of the Palestine refugees in conformity with its Res. 194 (III) of 11 December 1948.”154 149
GA Res. 194 (III) of 11 December 1948, para. 11. GA Res. 273 (III) of 11 May 1949, preamble (fifth recital). 151 See e.g. GA Res. 302 (IV) of 8 December 1949, preamble (first recital), and many subsequent resolutions entitled “Assistance to Palestine refugees,” most recently GA Res. 63/91 of 5 December 1998, preamble (first recital), para. 1 and para. 2; GA Res. 1614 (VII) of 6 November 1952, preamble (first recital) and subsequent resolutions entitled “Report of the Director of the United Nations Relief and Works Agency for Palestine Refugees in the Near East,” “United Nations Relief and Works Agency for Palestine Refugees in the Near East,” “Operations of the United Nations Relief and Works Agency for Palestine” or the like, most recently GA Res. 63/93 of 5 December 2008, preamble (first recital); GA Res. ES-7/9 (1982) of 24 September 1982, preamble (third recital); GA Res. 52/62 of 10 December 1997, preamble (first recital), and subsequent annual resolutions entitled “Palestine refugees’ properties and their revenue,” most recently GA Res. 63/94 of 5 December 2008, preamble (first recital). 152 See GA Res. 302 (IV) of 8 December 1949, para. 5, and subsequent relevant resolutions. 153 GA Res. 394 (V) of 14 December 1950, para. 2 (a) and (b). 154 GA Res. 49/62 D of 14 December 1994, para. 5; GA Res. 50/84 D of 15 December 1995, para. 5; GA Res. 51/26 of 4 December 1996, para. 6, and subsequent annual resolutions entitled “Peaceful settlement of the question of Palestine,” most recently GA Res. 63/29 of 26 November 2008, para. 17. See also, almost identically, GA Res. 43/176 of 15 December 1988, para. 3 (c); GA Res. 44/42 of 7 December 1989, para. 3 (c); GA Res. 45/68 of 6 December 1990, para. 3 (c); GA Res. 46/75 of 11 December 1991, para. 3 (c); GA Res. 47/64 of 11 December 1992, para. 5 (c); GA Res. 48/158 D of 20 December 1993, para. 5 (d). 150
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Insofar, however, as the repatriation of refugees is couched in paragraph 11 of Res. 194 (III) in merely hortatory language (“should,” as opposed to “shall”)155 and, in contrast to the treatment of the question of compensation, makes no reference to principles of international law, it cannot be said that it and consistent subsequent affirmation of it evidence a belief on the part of states generally156 in the existence of a binding international legal obligation on Israel to permit the refugees to return. The second limb of paragraph 11, with its reference to principles of international law, is somewhat more difficult; but, again, the use of the word “should” and the reference in the alternative to principles of equity – the latter seeming to reflect uncertainty or divergence of opinion over whether compensation is required by international law or agreement to paper over the recognized lack of any legal basis for recommending compensation – strongly suggest the absence of a sufficiently unambiguous and general belief in the existence of a binding legal obligation to this effect. Further to the last, it is telling that, in a series of annual resolutions since 1997 in which the General Assembly recalls Res. 194 (III), it reaffirms “that the Palestine Arab refugees are entitled to their property and to the income derived therefrom, in conformity with the principles of justice and equity,”157 reference to international law being conspicuous by its absence. For what it is worth, given the influence of the threat of the veto in such matters, Security Council Res. 93 (1951) of 18 May 1951,158 as prefigured by Security Council Res. 89 (1950) of 17 November 1950,159 held that no Israeli action “involving the transfer of persons across international frontiers [or] across armistice lines … should be undertaken without prior decision of the Chairman of the Mixed Armistice Commission.” This could be taken to suggest a contrario that expulsion was not in principle objectionable but was to be conducted in an agreed and orderly fashion. Security Council Res. 93 (1951) also decided that “Arab civilians who 155
Consider also GA Res. ES-7/9 (1982) of 24 September 1982, para. 6, “in conformity with” GA Res. 194 (III). 156 In talks held with the UN Conciliation Commission for Palestine in early 1949, however, the Arab states referred to paragraph 11 of GA Res. 194 (III) as embodying “the right of the refugees to return to their homes, and the payment of compensation”: see General Progress Report and Supplementary Report of the United Nations Conciliation Commission for Palestine covering the period from 11 December 1949 to 23 October 1950, UN doc. A/1367/Rev.1, 23 October 1950, chap. III, para. 45. See also ibid., chap. I, para. 3. For its part, Israel, ibid., chap. I, para. 4, referred only to “the injunction contained in paragraph 11.” 157 GA Res. 52/62 of 10 December 1997 (“Palestine refugees’ properties and their revenue”), para. 1, and subsequent annual resolutions, most recently GA Res. 63/94 of 5 December 2008, para. 1. 158 SC Res. 93 (1951) of 18 May 1951, eighth unnumbered para., subpara. (b). 159 SC Res. 89 (1950) of 17 November 1950, para. 6.
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ha[d] been removed from the demilitarized zone [between Israel and Syria] by the Government of Israel should be permitted to return forthwith to their homes,”160 again the implication a contrario arguably being telling. In Res. 394 (V) of 14 December 1950, on the work of the United Nations Conciliation Commission for Palestine, the General Assembly made reference to “the rights, property and interests of the Palestine Arab refugees.”161 The reference is recalled in a series of annual resolutions entitled “Palestinian refugees’ properties and their revenues” dating from 1996, the year of the completion by the Conciliation Commission of its programme of identification and evaluation of Arab property in Israel.162 But these later resolutions strongly suggest in a common operative paragraph that the reference to rights is to “property rights in Israel”163 – that is, to rights under municipal, rather than international law. For its part, the 2001 Durban Declaration of the World Conference Against Racism, Racial Discrimination, Xenophobia and Related Intolerance recognizes in general terms “the right of refugees to return voluntarily to their homes and properties in dignity and safety,”164 a right which – if posited as a legal, rather than moral one, a point on which there is simply no indication either way – is logically suggestive of a right under international law. But no specific reference is made in this regard to the Palestinian refugees, and such a broad-brush statement, in a paragraph separate from the Declaration’s highlighting of the Palestinian question,165 cannot be taken as a legal assessment of the situation of the Palestinian refugees of 1947–1949. Somewhat more strikingly, between 1974 and 1983, the period of peak influence of the Non-Aligned Movement in the General Assembly, the Assembly referred annually to the “right of return” – by which was meant “the inalienable right of the 160
SC Res. 93 (1951) of 18 May 1951, eighth unnumbered para., subpara. (a). GA Res. 394 (V) of 14 December 1950, para. 2 (c). See also General Progress Report and Supplementary Report of the United Nations Conciliation Commission for Palestine (note 156), paras. 16, 30 and 31, and the Protocol of 12 May 1949 between the Conciliation Commission, Israel and the Arab states, reproduced ibid., chap. I, para. 12. 162 See GA Res. 52/62 of 10 December 1997, preamble (sixth recital). 163 GA Res. 52/62 of 10 December 1997, para. 4, and subsequent resolutions, most recently GA Res. 63/94 of 5 December 2008, para. 4. The implication can also be drawn from the paragraphs cited above (note 156) of the General Progress Report and Supplementary Report of the United Nations Conciliation Commission for Palestine. GA Res. 394 (V) of 14 December 1950 was adopted in response to this report. 164 Declaration of the World Conference Against Racism, Racial Discrimination, Xenophobia and Related Intolerance, Durban, 8 September 2001, UN doc. A/CONF.189/ 12, chap. I, para. 66. 165 See ibid., para. 64, where the Conference, again not mentioning the Palestinian refugees, expresses concern “at the plight of the Palestinian people under foreign occupation” and recognizes their inalienable right to self-determination. 161
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Palestinians to return to their homes and property in Palestine, from which they have been displaced and uprooted”166 – as one of the “inalienable rights of the Palestinian people.”167 This right of return formed one of the subjects of a set of recommendations adopted by the General Assembly’s Committee on the Exercise of the Inalienable Rights of the Palestinian People and endorsed by the Assembly in plenary,168 which spoke of the “natural and inalienable right of Palestinians to return to their homes [as] recognized in Res. 194 (III).”169 In fleshing out this right, however, the recommendations were merely hortatory in tenor, stating, for example, that those Palestinians displaced between 1948 and 1967 who chose not to return to their homes “should be paid just and equitable compensation as provided for in Res. 194 (III).”170 The purely rhetorical character of the right of return was arguably also evident in a 1982 resolution of the seventh emergency special session of the General Assembly in which the Assembly resolved, “in conformity with its Res. 194 (III)” and in language borrowed from the standard formulation of the right of return, that “the Palestinian refugees should be enabled to return to their homes and property from which they have been uprooted and displaced,”171 the avoidance of the mandatory word “shall” being particularly significant in a resolution which elsewhere “[d]emands” certain action of UN Member states and other parties.172 Either way, it is certainly telling that, in a series of resolutions adopted annually since 1996 and entitled “Persons displaced as a result of the June 1967 and subsequent hostilities,” the General Assembly has reaffirmed “the right of all persons displaced as a result of the June 1967 and subsequent hostilities to return to their homes or former places of residence in the territories occupied by
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GA Res. 35/169 A of 15 December 1980, para. 5. See also GA Res. 3236 (XXIX) of 22 November 1974, para. 2; GA Res. 3376 (XXX) of 10 November 1975, para. 2 (b); GA Res. ES-7/2 of 29 July 1980, para. 3. 167 GA Res. 31/20 of 24 November 1976, preamble (fourth recital); GA Res. 32/40 A of 2 December 1977, preamble (fifth recital); GA Res. 33/28 A of 7 December 1978, para. 2; GA Res. 34/65 A of 29 November 1979, para. 2; GA Res. 34/65 B of 29 November 1979, preamble (first recital) and para. 2; GA Res. 35/169 A of 15 December 1980, para. 2; GA Res. 35/169 B of 15 December 1980, para. 1; GA Res. 36/120 D of 10 December 1981, para. 1; GA Res. 36/120 F of 10 December 1981, para. 1; GA Res. 38/58 C, 13 December 1983, para. 3 (a). 168 See GA Res. 31/20 of 24 November 1976, para. 2, and UN doc. A/31/35, part two; GA Res. 35/169 of 15 December 1980, para. 7, and Annex. 169 Ibid., Annex, para. 66. See also ibid., para. 60, referring to “the legitimate and inalienable rights of the Palestinian people to return to their homes and property.” 170 Ibid., Annex, para. 69 (b). 171 GA Res. ES-7/9 (1982) of 24 September 1982, para. 6. 172 See ibid., para. 4.
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Israel since 1967.”173 The implication a contrario for persons displaced as a result of the 1947–1949 hostilities needs no elucidation. While the Israel-Jordan Common Agenda of 14 September 1993 speaks of a “just solution to the bilateral aspects of the problem of refugees and displaced persons in accordance with international law,”174 the eventual Israel-Jordan Treaty of Peace175 of the following year makes no mention of international law in Art. 8, entitled “Refugees and displaced persons.” Even less does it speak of a right of return. Similarly, the Arab League’s peace initiative of 2002 calls merely for the “[a]chievement of a just solution to the Palestinian Refugee problem to be agreed upon in accordance with UN General Assembly Res. 194.”176 Finally, the Middle East Quartet’s “road map” of 2003, agreed to by Israel and the Palestinians as the basis for the peace process and endorsed by the Security Council,177 speaks simply of a “final and comprehensive permanent status agreement that … includes an agreed, just, fair, and realistic solution to the refugee issue.”178 In light of all the relevant state practice, it is sufficiently clear that states generally do not consider Israel bound as a matter of international law to repatriate the Palestinians who fled the territory of former Mandate Palestine in 1947–1949, let alone their descendants, or to offer compensation in lieu. It is equally apparent that states do not in general consider Israel bound by international law to pay compensation to those who lost their homes and other property during that period and immediately after. The few indications to the contrary are ambivalent at best, and, as it is, they no longer represent the respective positions of the relevant parties and third states. The Palestinian refugee issue engages more complicated questions of international law than does the issue of the present territorial dispensation in Israel/Palestine. A deliberate ambiguity as to whether positive international law grants the displaced Palestinians of 1947–1949 a right to repatriation, along with their descendants, and to compensation for their expropriated or destroyed property seems to have been maintained on nearly all sides. In the final analysis, however, there is too little convincing argument or empirical evidence to suggest that Israel is under an international legal obligation to permit the return of the refugees, and the descendants 173 GA Res. 51/126 of 13 December 1996, para. 1, and subsequent annual resolutions, most recently GA Res. 63/92 of 5 December 2008, para. 1. 174 Israel-Jordan Common Agenda (note 43), section B (4). 175 Treaty of Peace between the State of Israel and the Hashemite Kingdom of Jordan (note 43). 176 Beirut Declaration (note 43), para. 2 (b). 177 See SC Res. 1515 (2003) of 19 November 2003. 178 “Road map” (note 40), 8.
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of the refugees, who for whatever reason quit the territory of former Mandate Palestine in the period 1947–1949, or to offer compensation in lieu, and to compensate them for their dispossession. Any potential final-status settlement that involves even partial return and/or compensation will amount to a legal concession by Israel. The problem, however, is that any deal which does not deliver even a modicum of restorative justice for the Nakba diaspora will amount to an enormous political concession by the Palestinian side, and perhaps an unsellable one.
D. Conclusion Throughout its sixty-year history, the Israel/Palestine conflict has thrown up myriad questions of international law in addition to the ones canvassed here, for example in relation to statehood and recognition,179 and non-state international legal personality and capacities;180 in relation to the use of force;181 in relation to the 179
Questions have included the date of the establishment, as a matter of international law, of the state of Israel and the related question of the latter’s premature recognition by states such as the US and USSR. Additionally, whether Palestine is already a state has been in the past, and is again today, a live issue. Consider, as regards the latter, Palestine National Council, Political Communiqué and Declaration of Independence, 18 November 1988, ILM 27 (1988), 1668, the subsequent recognition of a state of Palestine by more than half the states of the UN General Assembly, and the use since GA Res. 43/177 of 15 December 1988 of the designation “Palestine” in the UN system. Consider also the declaration lodged on 22 January 2009 with the Registrar of the International Criminal Court by the Palestinian National Authority, ostensibly pursuant to Art. 12 (3) of the Rome Statute (note 115), in respect of acts committed on the territory of Palestine since 1 July 2002. 180 It was the 1948 assassination by Zionist terrorists of the United Nations Mediator in Palestine, the Swede Count Folke Bernadotte, that posed the question of the international legal personality and capacities of the UN addressed by the International Court of Justice in Reparations for Injuries Suffered in the Service of the United Nations, Advisory Opinion, ICJ Reports 1949, 174. The status of the Palestine Liberation Organization, manifest in its conclusion of what are generally considered to be treaties between it, as the “sole legitimate representative of the Palestinian people,” and the state of Israel, has over the years highlighted the apparent recognition of the international legal personality and international capacities of sui generis non-state actors, particularly those liberation movements, among them POLISARIO in the Western Sahara and previously SWAPO in Namibia, recognized as the legitimate representatives of a people entitled to exercise their right to self-determination. 181 Examples include the following: (i) Israel’s attempted justification of its prima facie violation of Art. 2 (4) of the UN Charter, manifest in its sending armed units into the territory of Uganda in the Entebbe raid of 1976, by the assertion of a right on the part of states to rescue nationals in mortal peril in foreign territory; (ii) the determination in SC
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applicability182 and content183 of international humanitarian law; in relation to the applicability184 and content185 of international human rights law; in relation to the relationship between international humanitarian law and international human rights
Res. 573 (1985) of 4 October 1985 that Israel’s air-strike on the PLO headquarters in Tunis constituted an act of aggression, one of only two such determinations under Art. 39 of the Charter in the Security Council’s history; (iii) the ICJ’s finding in Legal Consequences of the Construction of a Wall (note 5), 194, para. 139, that Israel could not claim to be acting in self-defense against attacks not claimed to be imputable to a foreign state. 182 See e.g. Legal Consequences of the Construction of a Wall (note 5), 177, para. 101, where the Court put to rest arguments since 1967 over the application of the Fourth Geneva Convention to the Occupied Palestinian Territory. Consider also the debate over whether the Gaza Strip remains occupied territory after Israel’s purported withdrawal in 2005: see, in this regard, Human Rights Council Res. S-9/1 of 12 January 2009 and HRC Res. S-12/1 B of 16 October 2009, preamble (fifth recital) and para. 1; GA Res. ES-10/18 of 23 January 2009, preamble (second recital), and GA Res. 64/10 of 5 November 2009, preamble (second recital); Report of the United Nations Fact Finding Mission on the Gaza Conflict, UN doc. A/HRC/12/48, 25 September 2009 (welcomed in HRC Res. S-12/1 B of 16 October 2009, para. 2, and GA Res. 64/10 of 5 November 2009, para. 1), 73–74, paras. 276–279. Consider, too, the difficult line to be drawn between internal disturbances and tensions, such as sporadic acts of violence, and armed conflict: see e.g. Public Committee against Torture in Israel v. Government of Israel, High Court of Justice 769/02, Judgment of 13 December 2006, ILDC 597 (IL 2006), para. 16 and cases cited therein. 183 Consider, for example, the problematic dividing line between combatancy and civilian status under Art. 51 (3) of Protocol Additional to the Geneva Conventions of 12 August 1949, and Relating to the Protection of Victims of International Armed Conflicts, Geneva, 8 June 1977, UNTS, vol. 1125, 3, as considered in Public Committee against Torture in Israel (note 182), paras. 33–40, and in the International Committee of the Red Cross’s Interpretative Guidance on the Notion of Direct Participation in Hostilities under International Humanitarian Law, 2009. Consider also the question of the obligation imposed on High Contracting Parties by Art. 1 common to the four Geneva Conventions of 1949, as settled in Legal Consequences of the Construction of a Wall (note 5), 199–200, para. 158. 184 As regards the extraterritorial application of the various international human rights treaties, see Legal Consequences of the Construction of a Wall (note 5), 178–181, paras. 107–113; Report of the United Nations Fact Finding Mission on the Gaza Conflict (note 182), 78–79, paras. 297–303. As regards the human rights obligations of the Palestinian Authority in the West Bank and the Hamas administration in Gaza, see ibid., 79–80, paras. 304–307. 185 For an affirmation of the absolute nature of the international prohibition on torture, see Public Committee against Torture in Israel v. State of Israel (1999), ILR, vol. 133, 283, 299–300.
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law;186 in relation to the law of state responsibility;187 and in relation to the powers of the United Nations General Assembly,188 to name just a few. Many of these, however, are of a secondary order of importance, at least in the context of the ultimate resolution of the situation. The fundamental questions remain those of land and people, of rights to the territory of the former British Mandate of Palestine and the rights of the Palestinian refugees. The answers suggested here do not foreclose negotiation over these fraught issues – issues as much political as legal, or perhaps more political than legal. In disputes as complex as Israel/Palestine, international law is by no means the ultimate determinant of the outcome. But an understanding of the international legal complexion is crucial to an appreciation of who holds what cards, of what is being conceded when and what is being gained.
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See Legal Consequences of the Construction of a Wall (note 5), 177–178, paras. 104–106; Report of the United Nations Fact Finding Mission on the Gaza Conflict (note 182), 78, paras. 295–296. 187 See Legal Consequences of the Construction of a Wall (note 5), 194–199 and 200, paras. 138–157 and 159. 188 Questions include whether the General Assembly may dispose of territory, an issue raised by the partition plan annexed to GA Res. 181 (II) of 29 November 1947, and the practice of “rolling” Emergency Special Sessions, as discussed in Legal Consequences of the Construction of a Wall (note 5), 151–152, para. 33.
The Cyprus Problem in 2009: Which Role for International and European Law? By Frank Hoffmeister
A. Introduction On 3 September 2008 full-fledged negotiations were resumed in Cyprus between the leader of the Greek Cypriot community, Christofias, and the leader of the Turkish Cypriot Community, Talat. A statement of the President of the UN Security Council confirmed the Council’s readiness to support the process and welcomed the appointment of Alexander Downer as the Secretary-General’s Special Advisor on 11 July that year.1 Since then the leaders met regularly to discuss issues such as power-sharing, security, and property. The hopes are high that the leaders will agree on a comprehensive settlement and that Turkey and Greece will lend their assistance. The UNSG’s Special Advisor is closely involved in the process, and the European Union is expected to provide technical advice to the parties on matters of EU law. Against that backdrop, the interesting question on the legal framework of the Cyprus problem arises. In the present contribution, three issues will be looked at. First, the status quo under international law will be briefly recalled (B.). Second, European law including recent case law will be reviewed in so far as it relates to the Cyprus problem (C.). Third, the significance of international law and European law for the negotiations will be assessed (D.) before concluding (E.).
1 Security Council Special Research Report No. 3 of 4 September 2008 , Cyprus: New Hope After 45 Years on the Security Council Agenda, available at: www.securitycouncil report.org.
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B. The Status Quo under International Law2 I. The UN Peacekeeping Force in Cyprus 1. The Establishment of UNFICYP Cyprus became a member of the United Nations on 21 September 1960. As of 21 December 1963, intercommunal strife emerged with Turkish Cypriot and Greek Cypriot paramilitary troops attacking civilian quarters of Nicosia where members of the opposite community were living. When the Turkish contingent moved out of its barracks to the Kyrenia road, north of Nicosia, and Turkish jets flew a “warning flight” on Christmas day, the Cyprus Government raised a complaint against Turkey before the Security Council on 26 December 1963.3 On the same day, the three Guarantor powers (Greece, Turkey and the United Kingdom) agreed to station a joint truce force. The British Commander drew a “green line” between the quarters of Nicosia, including a neutral zone on 30 December 1963. 2,700 British troops and the Greek and Turkish contingents on the island were to maintain public order and security, but fighting continued. After the breakdown of an international conference to find a diplomatic solution, the Security Council was again seized by Cyprus together with the United Kingdom on 14 February 1964. With Resolution 186 (1964) of 4 March 1964, the Council established a United Nations Peacekeeping Force in Cyprus (UNFICYP) with the consent of Cyprus. By the end of March, approximately 6,000 UN soldiers from Western countries under the command of General Gyani (India) were deployed to the island. They could not prevent further fighting until August, when the UN Security Council, in its Resolution 193 (1964), called on both sides for the immediate ending of Turkish bombing and Greek Cypriot attacks on the ground.4 The total number of casualties over the period 21 December 1963 to 9 August 1964 is disputed, but a possible figure is about 193 Turkish Cypriots and 133 Greek Cypriots killed, with many missing. During this period, between 20,000 and 25,000 Turkish Cypriots were forced to flee to enclaves.5
2 The present section “B” is reproduced from F. Hoffmeister, Cyprus (not yet published), in: R. Wolfrum (ed.), The Max Planck Encyclopedia of Public International Law, online ed., available at: www.mpepil.com. 3 UN Doc. S/5488. 4 For more details see www.unficyp.org, History. 5 Security Council Research Report (note 1), 4.
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2. The Mandate of UNFICYP Under UNSC Resolution 186 (1964) UNFICYP originally received the mandate to – prevent a recurrence of fighting; – contribute to the maintenance and restoration of law and order; – contribute to a return to normal conditions. Details of these three tasks were laid down in a circular from the SecretaryGeneral of 11 April 1964,6 in particular clarifying that troops would not take any initiative in using arms except in situations of self-defence. In November 1967, new intercommunal fighting broke out. When Makarios resisted demands form the Greek military dictatorship which had assumed power in April 1967 to declare enosis, armed units of the national guard under the command of General Grivas attacked Turkish Cypriot enclaves in Kokkina. UNFICYP being unable to offer protection due to the lack of a Chapter VII mandate to engage during conflict between the communities, the Turkish aircraft bombed Greek Cypriot forces and Ankara prepared a military intervention. Following international pressure, Greece recalled General Grivas from the island and reduced its forces. UN Security Council Resolution 244 (1967) of 22 December 1967 expanded UNFICYP’s mandate to include the supervision of disarmament and arrangements to safeguard internal security. After the hostilities of 1974, the Security Council adopted a number of Resolutions expanding UNFICYP’s mandate. The changes included supervising the de facto ceasefire that came into effect on 16 August 1974, and maintaining a buffer zone between the lines of the Cyprus National Guard and of the Turkish and Turkish Cypriot forces. Following reports every June and December of the Secretary-General to the Security Council about the status of the Cyprus conflict and UNFICYP, the Security Council regularly renews the mandate for six-month terms.7 Currently, UNFICYP has a force level of 860 military personnel.
3. The Significance of UN Security Council Resolution 186 (1964) In parallel to the military confrontation, the constitutional landscape of Cyprus changed drastically in 1964. In November 1963, President Makarios had made 13 6
UN Doc. S/5653. The latest decision was taken pursuant to para. 6 of UNSC Resolution 1893 (2009) of 29 May 2009. 7
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proposals for constitutional amendments, which would have decreased Turkish Cypriot participation in the state institutions. Ever since the last week of December 1963, the Turkish Cypriot Vice-President and the Turkish members of the Council of Ministers did not assume office anymore. Rather, these executives started to administer life in the Turkish Cypriot controlled areas, and the Turkish Cypriot Members of Parliament met separately. Many Turkish Cypriot civil servants quit their functions in the Ministries, reportedly upon instructions from the Turkish Cypriot leadership.8 Moreover, the Turkish Cypriot leaders and Turkey contested the legitimacy of the Makarios Government to speak for Cyprus. Against that background, it was significant that the UN Security Council, in Resolution 186 (1964) of 4 March 1964, continued to regard the Cyprus Government as the sole representative of the Republic of Cyprus. When referring to the “Government of Cyprus” in para. 2, it implicitly recognized the Government under President Makarios as the legitimate government as distinct from the “communities and their leaders,” mentioned in para. 3. Moreover, for the stationing of UNFICYP on the island, the Security Council only sought the consent of Cyprus under para. 4, which meant in practice an agreement with the Government of Cyprus. The Security Council thereby regarded the international legitimacy of the Cyprus Government as being not affected by the absence of the Turkish Cypriot executives. With the international status of the Republic being secured, the Makarios Government took a series of domestic measures to take account of absence of Turkish Cypriots in the state institutions. A new Supreme Court was created in July 1964, the separate lists of the election of Turkish Cypriot Members of Parliament and the Turkish Cypriot Vice President were abolished and Greek Cypriots took over the posts in the Council of Ministers in July 1965. Already in October 1964, the Supreme Court found in The Attorney-General v. Ibrahim9 that passing such measures without following the text of the Constitution had been necessary in order to preserve the constitutional order (doctrine of necessity). The existence of the doctrine and its proper application has since then given rise to controversy.10 However, even if certain measures of hellenization could be regarded as unconsti-
8
Ö. Özgür, Cyprus in My Life – Testimony of a Turkish Cypriot Diplomat, 2001, 34. Supreme Court of Cyprus, Cyprus Law Reports [1964], 195, available at: http://www. uniset.ca/other/cs2/1964CLR195.html. 10 K. Chrysostomides, The Republic of Cyprus, A Study in International Law, 2000, 110; K. Özersay, The Excuse of State Necessity and Its Implications on Cyprus Conflict, Perceptions, vol. IX, No. 4, 2004–2005, 31–71; F. Hoffmeister, Legal Aspects of the Cyprus Problem – Annan Plan and EU Accession, 2006, 23–31. 9
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tutional under domestic law, they did not affect the legitimacy of the Cyprus Government or the Republic of Cyprus under international law. Subsequent judicial practice is unanimous in this regard.11
II. The Turkish Intervention 1. The Coup D’etat against President Makarios and the Turkish Reaction On 15 July 1974, the governing military junta of Greece sponsored a coup d’état against Cyprus’ President Makarios. After the Cyprus National Guard, led by Greek officers, had occupied the Presidential Palace, the former Greek Orthodox Bishop from Paphos, Gennadios, appointed Nicos Sampson as the new President. Sampson was known as a brutal paramilitary leader in the intercommunal strife of 1963/1964 and a fierce supporter of “enosis,” the movement of Greek Cypriots to incorporate the island of Cyprus into Greece. Upon instruction from the Turkish Prime Minister Ecevit, the Turkish army landed on Cyprus on 20 July 1974, quickly seizing Kyrenia and around 5 percent of Cypriot territory. The Greek Junta broke down on 23 July and was replaced by civilian administration. In Cyprus, the speaker of the House, Clerides, assumed office when Sampson resigned as President on the same day. Clerides then represented Cyprus in the international conference of Geneva with Turkey, Greece and the United Kingdom (25–30 July 1974) and the Greek Cypriot community in intercommunal talks with the Turkish Cypriot leader Denktash. On 14 August, those talks broke down and the Turkish army advanced within three days to the “Attila-line.” Turkey thereby gained control of nearly 37 percent of the island’s territory. Moreover, most Greek Cypriots living in the northern parts of the island (numbering according to estimates around 140,000–160,000) had to flee their towns and villages. In the course of the intervention, severe violations of human rights were committed by the Turkish army against Greek Cypriot civilians.12
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Anastasiou I, European Court of Justice (ECJ), Case C-432/92, Judgment of 5 July 1994, European Court reports I-3087, para. 47; Cyprus v. Turkey, European Court of Human Rights (ECtHR), Judgment (Merits) of 10 May 2001, Reports and Decisions (RD) 2001-IV, paras. 61–62. 12 Cyprus v. Turkey, European Commission of Human Rights, Report of 10 July 1976.
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2. The Illegality of the Turkish Intervention Turkey employed military force against Cyprus in both phases of the intervention.13 In order to justify its breach of Article 2 (4) of the UN Charter, the Turkish Government invoked Article IV of the Treaty of Guarantee,14 reading: In the event of a breach of the provisions of the present treaty, Greece, Turkey and the United Kingdom undertake to consult together with respect to the representations or measures necessary to ensure observance of those provisions. In so far as common or concerted action may not prove possible, each of the three guaranteeing Powers reserves the right to take action with the sole aim of re-establishing the State of affairs created by the present Treaty.
Both the UN Legal Counsel, Kelsen (unpublished opinion of 12 May 1959), as well as an important number of writers hold that “the right to take action,” mentioned in the second sentence of Article IV, must be construed narrowly so as to exclude military action. Otherwise, the provision would either fall foul of Article 103 of the UN Charter, which gives precedence to the prohibition of the use of force in Article 2 (4) UN Charter,15 or be invalid in view of the latter’s ius cogens character.16 Another view is that the second sentence of Article IV constitutes a sufficiently precise ex ante invitation of the Cyprus Government to any Guarantor power to intervene for the purposes set out in that Treaty.17 The consent of Cyprus expressed in the Treaty of Guarantee could thus theoretically justify the use of force by a Guarantor power when the strict requirements are fulfilled. However, given that at the very least the second phase of the Turkish intervention did not pursue the aim of re-establishing the status quo ante, almost all authors come to the conclusion that the Turkish intervention was illegal under international law.18
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Cf. UNSC Resolutions 353 (1974), para. 2, and 360 (1974), para.1. Treaty of Guarantee of 1960, United Nations Treaty Series, vol. 382, 3. 15 R. Bernhard, Article 103, in: B. Simma et al. (ed.), The Charter of the United Nations: A Commentary, 2nd ed. 2002, MN 14. 16 C. Palley, An International Relations Debacle – The UN Secretary’s Mission of Good Offices in Cyprus 1994–2004, 2005, 149 with further references. 17 A. Epiney/B. Hofstötter, Zur Stellung von Nordzypern und Nordzypern im europäischen Gemeinschaftsrecht, in: A. Epiney et al. (ed.), Zypern in der Europäischen Union – Ausgewählte völker- und europarechtliche Aspekte, 2008, 67–194, 80; D. Wippman, International Law and Ethnic Conflict in Cyprus, Texas International Law Journal 31 (1996), 141, 156; Hoffmeister (note 10), 44. 18 Dissenting Z. M. Necatigil, The Cyprus Question and the Turkish Position in International Law, 2nd ed. 1996, 132. 14
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III. The Turkish Republic of Northern Cyprus 1. The Proclamation of the TRNC On 13 February 1975, the Turkish Cypriot administration reorganized itself by proclaiming a “Turkish Federated State of Cyprus” (TFSC). This entity saw itself as a federated State within the Republic of Cyprus although the latter was not organized as a federation. The TFSC was firmly ruled by the Turkish Cypriot leader, Denktash. He also reached an agreement (the Vienna III agreement) with his Greek Cypriot counterpart that most of the Turkish Cypriots who had still lived in the southern part of Cyprus were allowed to resettle in the northern part. Moreover, Turkey and the TFSC encouraged a significant number of Turkish settlers to move to northern Cyprus, thereby affecting the demographic composition of the island. Having been re-elected as President of the TFSC twice (in 1975 and 1981), Denktash received support from the Turkish army under General Kenan Evren (governing in Ankara since the coup d’état in September 1980) to upgrade the Turkish Cypriot entity. On 15 November 1983 the “Turkish Republic of Northern Cyprus” (TRNC) was proclaimed. The constitution of May 1985 closely resembles the Turkish (military) constitution of 1982, but also includes some elements of the 1960 Cyprus Constitution.19 Turkey recognized the TRNC as an independent state. This move caused sharp international resistance. The UN Security Council, in Resolution 541 (1983) of 18 November 1983, declared that the proclamation of the TRNC should be considered “null and void” and called upon all states not to recognize it. Moreover, when Turkey established diplomatic relations with the TRNC, the UN Security Council called on states not to “facilitate or in any way assist the secessionist entity” in Resolution 550 (1984) of 11 May 1984.
2. The Legal Status of the TRNC According to today’s prevailing view, “an entity is not a State because it is recognized; it is recognized because it is a State.”20 In the case of the TRNC, the fulfilment of at least two of the objective criteria of Statehood (territory, population)
19 Ch. Rumpf, Die staats- und völkerrechtliche Lage Zyperns, Europäische Grundrechte Zeitschrift 1997, 533, 539. 20 J. Crawford, The Creation of States in International Law, 2nd ed. 2006, 93.
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cannot be denied. Whether there is an independent government in view of the close ties with Turkey is subject to debate.21 In any case, even if statehood of the TRNC were to be assumed, account must be taken of the UN Security Council’s call for collective non-recognition. The practice, followed by all UN Member States, is not to enter into relations with the TRNC which presuppose attributes of sovereignty. Accordingly, the TRNC is neither admitted to international organizations, nor does it conclude international treaties with other states except Turkey. Moreover, the TRNC government cannot avail itself of any sovereign rights under the law of the sea. TRNC citizenship is internationally invalid for immigration purposes, but may be relevant for personnel matters under international private law.22 On the other hand, not all legal acts of the TRNC are internationally irrelevant. In line with the finding of the ICJ in the Namibia opinion,23 such legal arrangements and transactions should be deemed valid “the effects of which can be ignored only to the detriment of the inhabitants of the Territory.” This means that at least documents and acts relating to personal status have to be generally accepted. Other administrative or judicial decisions may be regarded as valid provided that they do not interfere with vested human rights of other persons, in particular Greek Cypriot refugees.24 Finally, the use of seaports in the northern part of Cyprus might be in violation of domestic law of the Republic of Cyprus, as the Government closed them for international traffic in 1974. However, under international law third states are not obliged to comply with Cyprus’ law, and there is no prohibition in general international law to use ports which are not under the effective control of the Government. Rather, state practice has been to make use of seaports of states which were under the control of local insurgents against the will of the legitimate government.25 The question whether the same reasoning can be transposed to airports or whether state parties under the Chicago Convention are obliged under Articles 5 and 6 thereof to respect the decision of the 21 Against: Chrysostomides (note 10), 259–279; Hoffmeister (note 10), 51–52; in favor: S. Talmon, Die kollektive Nichtanerkennung von Staaten, 2006, 37; Necatigil (note 18), 320 with further references. 22 Talmon (note 21), 491–495. 23 Legal Consequences for States of the Continued Presence of South Africa in Namibia (South West Africa) notwithstanding Security Council Resolution 276 (1970), International Court of Justice, Advisory Opinion of 21 June 1971, ICJ Reports 1971, para. 125. 24 Loizidou v. Turkey, ECtHR, Judgment (Merits) of 19 December 1996, RD 1996-VI, 2216. For a critical analysis T. Tezcan, Der Zypern-Konflikt vor dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof, 2006, 122–208. 25 Talmon (note 21), 766–772 with further references; EU Commissioner Rehn, Response of 18 January 2008 to Parliamentary Question E-4901/07.
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Republic of Cyprus to close airports in the northern part of the island for international traffic, is currently pending before the British Courts.26 In sum, the legal status of the TRNC (both if regarded as a non-state or an illegal, collectively unrecognized state) today resembles the one of a local de-facto government.27 Other states are free to engage with this secessionist entity as long as this does not imply recognition, facilitation or assistance, the exact meaning of which falls within the discretion of states.
C. The Status Quo under European Law I. The EU Decision to Accept Cyprus as an EU Member State In May 2004, the Republic of Cyprus became an EU member state. There has been much debate on the Annan Plan, which was rejected by a 3/4 majority of Greek Cypriot voters in the separate referenda of 24 April 2004, and on the question whether the EU should have accepted the divided island or not.28 In that respect, it may be sufficient to note that the signature of the Accession Treaty had occurred in April 2003 at a time where the Turkish Cypriot leader, Denktash, had categorically rejected a previous version of the plan in his meeting with UNSG Annan in the Hague (March 2003). At that time the EU had concluded that Cyprus should become an EU Member State even without a prior settlement. Only thereafter did the Turkish and Turkish Cypriot side show more flexibility and did support the Annan plan, whereas the Greek Cypriot side under Papadopoulos hardened its position. In other words, the real decision on EU accession of Cyprus had been 26
In the first instance, the England and Wales High Court of Justice, Queen’s Bench Division, decided in its judgment of 28 July 2009 that Articles 5 and 6 of the Chicago Convention direct the British administration not to grant traffic an operating permit that would allow the operation of flights from the United Kingdom directly to Ercan, an airport situated in the northern part of Cyprus, because the Convention protects the sovereignty of the Republic of Cyprus, as reflected in customary international law. The Republic of Cyprus was therefore entitled, in the Courts’s view, not to give permit to landing rights for charter or scheduled flights for any airport situated on the entire island, a decision that the UK was bound to respect by virtue of the Chicago Convention, R. (Yollari) v. Secretary of State for Transport [2009] EWHC 1918 (Admin), available at: www.bailii.org/ew/cases/ EWHC/Admin/2009/1918.html. The case is pending on appeal. 27 Talmon (note 21), 265; Epiney/Hofstötter (note 17), 97. 28 From the abundant literature on the impact of EU accession on the Cyprus problem see only T. Giegerich (ed.), The EU Accession of Cyprus – Key to the Political and Legal Solution of an “Insoluble” Ethnic Conflict?, 2006.
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taken in April 2003 in legal terms and could not be modified in view of the outcome of the separate and simultaneous referenda of April 2004 anymore. The European Union did, however, take account of the de-facto division by inserting Protocol 10 into the Accession Treaty.29 According to its Article 1 the acquis communautaire is suspended in the areas in which the Cyprus Government does not exercise effective control. However, that does not mean that the EU is indifferent vis-à-vis the development of the northern part of the island. Rather, it has adopted a number of Cyprus-specific legislation.
II. Cyprus-Specific EU Legislation Council Regulation (EC) No. 866 of 29 April 2004 established a regime for the “green line.”30 The EU thereby regulates the crossing of goods and persons between the two parts of the island. The Green Line Regulation makes sure that the introduction of goods into the Government-controlled areas complies with the acquis, whereas the Cyprus Government keeps control over non-EU citizens that may cross the line from the northern into the southern part.31 Moreover, Council Regulation (EC) No. 389/2006 of 27 February 2006 established an instrument of financial support for encouraging the economic development of the Turkish Cypriot community.32 This instrument enables the European Commission to support projects with a number of objectives, ranging from infrastructure development to contacts between the two communities or the alignment of Turkish Cypriot legislation to the acquis in view of reunification. The overall size of the financial aid package amounts to € 259 Million. Finally, in line with an invitation of the EU Foreign Affairs Council of 26 April 2004,33 the Commission proposed a Council regulation on special conditions for trade with the non-Government-controlled areas.34 To date, the Council did not adopt this regulation, fueling dissatisfaction that the European Union did not overcome the economic isolation of the Turkish Cypriots, as recommended by UNSG
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Official Journal of the EU (OJ) 2003, L 236, 955. OJ 2004, L 161, 128. 31 For details N. Skoutaris, The application of the acquis communautaire in the areas not under the effective control of the Republic of Cyprus: the Green Line Regulation, Common Market Law Review 45 (2008), 727–755. 32 OJ 2006, L 65, 5. 33 Bulletin EU 4-2004, 1.5.5. 34 COM 2004 (466) final of 7 July 2004. 30
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Annan.35 In return, making a political junction with the non-adoption of the direct trade regulation Turkey does not allow vessels and airplanes from Cyprus to enter its ports and airports.36 This practice, however, is in violation of the Ankara Protocol extending the Customs Union between Turkey and the European Union to the new member states signed on 29 July 2005. Eight relevant chapters in the accession negotiations between the EU and Turkey have therefore been suspended from the EU side in December 2006 as long as Turkey does not comply with its obligations.37
III. Recent Case Law The current status quo under European law has given rise to a number of interpretative questions, some of which touch upon the core of the Cyprus problem. It therefore seems appropriate to briefly recall two recent cases in this regard.
1. Apostolides v. Orams The leading case on the suspension clause under Article 1 of Protocol 10 is Apostolides v. Orams.38 In that case, the District Court of Nicosia (sitting in the Government-controlled areas) had issued a judgment according to which the defendant, a British couple residing in the northern part of the island, should demolish a villa that they had built on land which belonged to the claimant. The defendant’s argument, that they had bought a valid title under the laws of the TRNC, was not accepted by the District Court. The claimant then sought execution of the judgment in the United Kingdom by virtue of Council Regulation (EC) 44/2001 on jurisdiction and the recognition and enforcement of judgments in civil and commercial matters. At first instance, the High Court refused recognition and enforcement of the original judgment on the ground that Protocol 10 had suspended the acquis. The Court of Appeal then referred five questions to the European Court of Justice on the interpretation of the suspension clause and the Regulation. In its judgment of 28 April 2009, the European Court of Justice clarified that Article 1 of Protocol 10 must be construed narrowly. Suspension “in” the areas means the non-application of European law there. In contrast, it does not mean that 35 M. Brus et al., A Promise to Keep: Time to End the International Isolation of the Turkish Cypriots, 2008, 53–57. 36 Declaration of the Turkish Minister for Foreign Affairs of 24 January 2006. 37 Council Conclusions of 11 December 2006, Doc. 16289/06, 9. 38 Apostolides v. Orams, ECJ, C-420/07, Judgment of 28 April 2009.
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the application of Regulation No 44/2001 is precluded to a judgment which is given by a Cypriot court sitting in the Government-controlled area, but “concerns” land situated in the northern area. The Court therefore concluded that the Regulation is in principle applicable.39 It then scrutinized whether the case fell into the Regulation’s scope as a “civil or commercial matter.” It responded to this question (which had not been raised by the referring Court) in the affirmative since the case was brought between two private persons on the basis of civil law.40 The Court cautioned, however, that the situation may be different if the case is brought against conduct or procedures which involve the exercise of public powers by one of the parties to the dispute.41 Finally, the Court also briefly touched upon the question whether the English Court could invoke a reason of public policy to deny recognition and enforcement. Noting that the referring Court had not identified any such reason of British public policy, it did not address the argument made by the European Commission that also reasons of international public policy could in principle fall under that exception.42 Accordingly, the Court held that a judgment from the Nicosia Court sitting in the Government-controlled areas must be executed in the United Kingdom on the basis of Regulation 44/2001 (EC), even if the plaintiff (a Greek Cypriot refugee) brought a case against a defendant (a British couple) with respect to property lying in the northern part of the island.
2. The Public Procurement Notice Cases In 2008, the Cyprus Government seized the Court of First Instance with respect to several public procurement notices that the European Commission had issued under the financial support Regulation No. 389/2006. The notices contained a phrase, according to which the granting authority is the “European Community, represented by the European Commission, in the name and on behalf of the Turkish Cypriot Community.” The notices further made clear that no financing convention exists between the Commission and the Turkish Cypriot Community. Nevertheless, the beneficiary would accept certain tariff and tax exemptions and privileges for the import of materials. The Cyprus Government attacked the notices on the ground that they would infringe the financial support Regulation No. 389/2006, Protocol 10, Article 299 39 40 41 42
Ibid., paras. 32–39. Ibid., paras. 40–45. Ibid., para. 45, second sentence. Ibid., paras. 60–61.
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EC and obligations binding on the Community under UNSC Resolutions 541 (1983) and 550 (1984). The Commission was said to have treated the Turkish Cypriot Community as if it had been a third state, thereby providing for implied recognition of the TRNC.43 Moreover, UNSC Resolution 550 (1984) would exclude all forms of cooperation with the authorities in northern Cyprus.44 Finally, by providing that the tenderer should take into account the Green Line Regulation for the movement of goods, the Commission would have implied that goods could enter directly to the northern part of Cyprus. Such implication would, however, violate the sovereignty of Cyprus which has closed all ports and airports in the northern part of Cyprus.45 Acting upon a request to suspend the procurement procedures, the President of the Court examined whether a grave violation of European or international law existed which would necessitate to order an interim order to that effect. He accepted the arguments of the Government that the formulation in the procurement notice could be seen as furnishing some support for the TRNC. Although only the Turkish Cypriot Community was envisaged, one could imply from the notice that the Community would exercise sovereign rights and that the zones would not belong to the territory of the Republic of Cyprus.46 However, any such violation would not be sufficiently manifest and grave to oblige the Court to issue an interim order.47 In particular, the notices were of a technical character with no political vocation as to recognition, as confirmed in other parts of the notice.48 Moreover, the financial support Regulation No. 389/2006 itself used the wording “Turkish Cypriot community” and was adopted by unanimity.49 Finally, as no direct contact between the Commission and the authorities of the TRNC occurs, a possible prohibition of all sorts of administrative cooperation with the TRNC derived from the Anastasiou judgment would not come into play.50 Not having found a serious illegality and prejudice of the sovereignty of Cyprus, the President of the Court therefore rejected the application.
43 Cyprus v. Commission, Court of First Instance, T-54/08 R, T-87/08 R, T-88/08 R, T-91/08 R, Order of 8 April 2008, Position of the Republic of Cyprus, summarized by the President of the Court, paras. 28–31. 44 Ibid., para. 34. 45 Ibid., para. 36. 46 Order, ibid., paras. 67–68. 47 Ibid., para. 69. 48 Ibid., paras. 70–72. 49 Ibid., para. 74. 50 Ibid., para. 75.
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In the aftermath of this interim order, the European Commission revised the standard text of the procurement notices. It clarified that the European Community is the contracting authority “in order to support” the Turkish Cypriot Community; moreover, the notice described the practicalities in the areas not under the effective control of the Government of Cyprus in a more cautious way. Finally, the entire notice does not use anymore the term “beneficiary.” The case carries at least two messages. On the one hand, implementing financial aid projects for the benefit of the Turkish Cypriot Community is legitimate under European law and does not pose a problem of “implied recognition” under international law. On the other hand, the European institutions are under a constant observation from the Republic of Cyprus that their technical action cannot be seen as upgrading the status of the TRNC, with a consequence that even public procurement notices are in need of legal vetting.
D. The Significance of International Law and European Law for the Negotiations As can be drawn from the previous chapters, international and European law set a number of parameters for the status quo. Both the relevant UN Security Council Resolutions and Protocol 10 to the EU Accession Treaty make clear that the only recognized state on the island is the Republic of Cyprus. Naturally, this rules out to reach a settlement on the basis of a confederation, but strives for finding a solution within one federal state with two federated entities. Much more room for manoeuver exists, however, on the institutional design of the federated states, as long as the united Cyprus will be able to speak with one voice in the European Union and be able to effectively implement European Union law. With respect to property, international and European law support the position that former owners have not lost their property, but are only “dispossessed.” Hence, any solution must start from the premise of returning the property, unless proportionate restrictions or alternative remedies such as compensation can be laid down in the public interest. In that respect, the practice of the Turkish Cypriot Property Commission with respect to applications from Greek Cypriots and of the Minister of Interior of the Republic as “guardian” of Turkish Cypriot property lying in the southern part needs to be revisited. Certainly, any settlement that would not enact specific rules for claiming property rights would doom to fail, as otherwise the civil courts of Cyprus (and eventually of other member states if execution is sought there) risk to be overloaded with individual cases following the Orams precedent.
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On security issues, the presence of the Turkish army in the northern part of the island needs a consensual basis, which is currently lacking (for the considerable number of Turkish soldiers exceeding the Turkish contingent under the 1960 Treaty of Alliance). Here, the details of withdrawal and the possible tasks of the remaining Turkish troops need to be clearly defined. Moreover, thought must be given to the proposition that the EU guarantee for upholding the basic principles of democracy, human rights and the rule of law under Articles 6 and 7 EU might precede any (renewed) security guarantee. Finally, there is a recurrent theme whether a settlement could possibly contain restrictions on free movement of persons, the right to establishment or the free movement of capitals. Although these freedoms are the cornerstone of the internal market, they are not untouchable. Indeed, several accession treaties have incorporated certain limited exceptions thereto. Under Article 4 of Protocol 10 necessary adjustments can be brought about also in the European legal order through a simplified procedure of modifying the Accession Treaty.
E. Conclusion In 2010, the current negotiations between Christofias and Talat are likely to enter into their decisive stage. Membership of the Republic of Cyprus in the United Nations and the European Union means that the two organizations lend their full diplomatic support to the efforts. Moreover, they also provide for a number of legal parameters in which the settlement must be reached. Those parameters have been shaped by international practice and important Court judgments related to the status quo. However, this does not mean that there is no room for meaningful negotiations left. Rather to the contrary: because international and European law accept the public interest in finding a lasting and comprehensive settlement, any contention that a specific solution would be contrary to international or European law should be generally regarded with caution, unless it clearly contravenes the fundamental principles of sovereignty, democracy, the rule of law or human rights.
Die Kurden zwischen dem Irak und der Türkei Von Peter Hilpold
A. Einführung Seit nahezu einem Jahrhundert zieht die Kurdenproblematik das Interesse von Politik und Wissenschaft gleichermaßen auf sich. Was den Bereich der Wissenschaft anbelangt, so gibt es viele Zugänge zu dieser Thematik: den historischen, den politikwissenschaftlichen, den ethnologischen und den völkerrechtlichen, um nur einige zu nennen. Während einer interdisziplinären Betrachtungsweise nicht uneingeschränkt das Wort geredet werden kann, so wird jeder der genannten Zugänge auch eine disziplinübergreifende Gesamtschau erfordern, wenn man der zu behandelnden Frage gerecht werden will. Dies gilt auch für die hier im Mittelpunkt stehende völkerrechtliche Analyse: Die vielfältigen völkerrechtlichen Fragestellungen, die die Kurdenproblematik aufwirft, verlangen für eine sachgerechte Behandlung eine umfassende Bezugnahme auf die Erkenntnisse anderer Wissenschaftszweige. Angesichts der Dimension der Problematik und der Antinomie der widerstreitenden Interessen sind definitive Antworten nicht zu erwarten. Dennoch erscheint eine intensivere Auseinandersetzung damit – insbesondere in vergleichender Perspektive – lohnend, und zwar nicht nur für ein besseres Verständnis dieser unmittelbaren Thematik, sondern im Reflexwege auch für eine Neuausleuchtung der involvierten völkerrechtlichen Institute.
B. Die Genese der Kurdenfrage und die aktuelle zahlenmäßige Konsistenz dieses Volkes Die Kurden gelten als „Volk ohne Staat“.1 Beide Kategorien, der soziologische des Volkes und der rechtliche des Staates, sind bekanntlich eng miteinander verbunden und dennoch nicht deckungsgleich, sondern in ihrer Inkongruenz Ursprung
1 Vgl. auch D. McDowall, The Kurds – A Nation Denied, Minority Rights Publications, 1992.
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zahlreicher völkerrechtlicher Konflikte. Für die Kurdenfrage gilt dies in ganz besonderem Maße. Obwohl immer wieder versucht wird, die Kurdenfrage durch die Leugnung der Existenz der betreffenden soziologischen Kategorie zu „lösen“, muss dieses Vorhaben daran scheitern, dass – über alle internen Trennlinien hinweg – eine entsprechende Selbstperzeption gegeben ist, die über das Element der gemeinsamen Sprache und Kultur eine entsprechende Untermauerung erfährt.2 Sprache und Kultur einerseits und nationales Bewusstsein andererseits stehen dabei in einem Verhältnis wechselseitiger Abstützung und Selbstverstärkung. So war die Sprache ein ausschlaggebendes Element für die Herausbildung einer entsprechenden kurdischen nationalen Identität und die Assimilationsbemühungen in vielen Ländern der Region haben deshalb gerade an diesem Punkt angesetzt. Zwischenzeitlich war aber das nationale Bewusstsein bereits derart weit gediehen, dass es auch ohne sprachlichen Bezugspunkt fortbestand. Sich zwischenzeitlich eröffnende Freiräume wie etwa in der irakischen autonomen Kurdenregion werden dann zur Wiederbelebung und Festigung des sprachlichen Bandes zur Gesamtnation genutzt. In Anbetracht des Widerstandes, den die nach Anerkennung strebende kurdische Nation erfährt und der bis zur völligen Leugnung einer solchen Identität reicht, darf es nicht verwundern, wenn verlässliche Zahlen über die zahlenmäßige Konsistenz dieser Gruppe fehlen. Dennoch gibt es Schätzwerte, die zumindest in einem Näherungsverfahren ein einigermaßen objektives Bild über die Größe dieses Volkes ergeben. So wird – je nach Quelle – von einer Gesamtzahl von 25–30 Millionen Angehörigen dieses Volkes ausgegangen; nach kurdischen Quellen wird die Gesamtzahl sogar mit 40 Millionen beziffert. Für die Türkei wird die Größe dieser Volksgruppe mit 10–15 Millionen beziffert, für den Irak mit 4,5–5 Millionen, für den Iran mit 4,5 Millionen und für Syrien mit ca. 1,5 Millionen. Ca. 1 Million Kurden lebt in Europa. Kurden leben des Weiteren in Afghanistan, Kuwait, den USA und 2
Bekanntlich sind die in der Vergangenheit – besonders auch in der deutschen Völkerrechtsliteratur – unternommenen Versuche, den Begriff des Volkes primär nach objektiven Gesichtspunkten zu definieren und daraus rechtliche Schlussfolgerungen zu ziehen, von vornherein zum Scheitern verurteilt. Letztlich ist die Eigenqualifikation entscheidend. Der Begriff des Volkes ist eine subjektive, intellektuelle Kategorie und gewinnt daraus erschöpfend seine Realität, vgl. dazu B. Anderson, Imagined communities, 2006. Erheblich erleichtert wird die Herausbildung einer solchen intellektuellen Festlegung freilich durch das Vorhandensein objektiv greifbarer Umstände, wie etwa einer gemeinsamen Sprache. Dabei ist es unerheblich, ob diese historisch gewachsen ist oder nur ein Kunstprodukt darstellt, vgl. zum letztgenannten Fall den geradezu emblematischen Fall der Herausbildung einer makedonischen Identität. Dazu P. Hilpold, Die Makedonienfrage, Europa Ethnica 3 (1993), 113–120.
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Australien.3 Ihr Siedlungsgebiet erstreckt sich über 500.000 bis 600.000 Quadratkilometer. Von allen Völkern der Erde, die einen Anspruch auf Eigenstaatlichkeit erheben, sind die Kurden das größte. Die Tatsache, dass die Kurden noch in keinem ihrer Siedlungsgebiete die Eigenstaatlichkeit erreicht haben, erschwert ihren Behauptungskampf in ganz erheblichem Maße. Es gibt somit keinen Staat, der im weiteren Sinne eine Schutzfunktion für dieses Volk wahrnehmen könnte.4 Wenngleich dazu weder eine enge historische Schicksalsgemeinschaft noch eine unmittelbare Verwandtschaft erforderlich ist, so steht zwischen den Völkern dieser Region das historisch-ethnisch Verbindende, das zweifelsohne gegeben ist, doch im Schatten des Antagonismus um Siedlungsräume sowie um wirtschaftliche und politische Interessen und Einflusssphären. Wer völkerrechtliche Kategorien und völkerrechtsgeschichtliche Erfahrungswerte auf dieses Problemfeld übertragen möchte, der darf nicht übersehen, dass dies nur begrenzt möglich ist, und zwar aus Gründen, die mit Genese und fortbestehenden Spezifika des Kurdenproblems unmittelbar zusammenhängen. Während sich nämlich eine kurdische Identität sehr weit in die Geschichte zurückverfolgen lässt, ist das Denken in der Kategorie einer kurdischen Nation Ergebnis eines im späten 19. Jahrhundert aus Europa übergreifenden Nationalismus, der im Übrigen nur in bruchstückhafter, modifizierter Form erfolgte. Spätestens mit der Islamisierung dieser Region im 7. Jahrhundert n. Chr. ist das Bewusstsein über die Existenz indoeuropäischer, kurdischer Stämme greifbar geworden, wobei hier, wie häufig in Zusammenhang mit der Herausbildung von Identitäten, die Fremdidentifikation der subjektiven Identitätsbildung vorausging. Der Begriff „Kurdistan“ wurde dagegen erstmals von den türkischstämmigen seldschukischen Herrschern (11.–13. Jahrhundert n. Chr.) verwendet, die damit auf eine Provinz im persischen Reich, und zwar im Zagrosgebirge, verwiesen.5 Zur Ethnogenese der Kurden gibt es unterschiedlichste Spekulationen.6 Der Versuch
3 Entsprechende Zahlen können dem CIA World Factbook entnommen werden, http:// www.cia.gov/libary/publications/the-world-factbook/geos/. Zahlreiche weitere Quellen verweisen auf eine vergleichbare Spannbreite, vgl. nur H. Karabulut, Nation ohne Staat – Die Kurden, Wiener Blätter zur Friedensforschung 109/4 (2001), 30–41. 4 Zum Thema der Schutzfunktion des Mutterlandes gegenüber „seinen“ Minderheiten im Ausland vgl. P. Hilpold/Ch. Perathoner, Die Schutzfunktion des Mutterstaates im Minderheitenrecht, 2006. 5 Vgl. F. Ibrahim, Die Kurden – ein Volk ohne Staat, Friedenswarte 73/1 (1998), 83– 95. 6 Vgl. dazu im Detail das Stichwort „Kurden“, http://de.www.wikipedia.org/wiki/ Kurden (1.2.2009); Z. Al-Dahoodi, Die Kurden – Geschichte, Kultur und Überlebenskampf, 1987; M. Strohmeier/L. Yalcin-Heckmann, Die Kurden – Geschichte, Politik,
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aber, eine direkte, andere Abstammungszweige weitgehend ausschließende Verbindungslinie zu einem sagenumwobenen Volk des Altertums (beispielsweise den Hurritern, den Medern oder den Skythen) herzustellen, steht in klarem Widerspruch zu der Tatsache kontinuierlicher Wanderbewegungen in dieser Region sowie zum Umstand, dass diese im Laufe der Jahrhunderte fortwährend Schauplatz von kriegerischen Auseinandersetzungen bzw. von Eroberungsfeldzügen mit den damit verbundenen Völkerverschiebungen und -vermengungen war. Realistischer erscheint somit die Annahme, dass das Volk der Kurden Produkt dieser vielfältigen historischen und ethnografischen Veränderungen ist, deren Niederschlag auf die Ethnostruktur der Region im Detail noch nicht erforscht ist. Die über viele Jahrhunderte währende hegemoniale Dominanz des osmanischen Reiches (des „ewigen Reiches“) in diesem Raum sowie seine eine gewisse kulturelle Toleranz gebietende Natur als Vielvölkerstaat führten dazu, dass die Kurdenfrage primär als interne Frage, als Verhältnis zwischen Fürstentümern, Stämmen und Dynastien anzusehen war, wobei dieses Verhältnis wechselseitig als auch bezogen auf das Reich insgesamt fortlaufenden Veränderungen unterworfen war. Einen internationalen Charakter erlangte die Kurdenfrage primär im Verhältnis des Osmanischen Reiches zum persischen Reich. So schloss das Osmanische Reich im Jahr 1639 eine Grenzübereinkunft mit den Persern, die das kurdische Siedlungsgebiet durchtrennte.7
C. Der aufkommende Nationalismus und seine Eskalation Mit dem Aufkommen des Nationalismus im 19. Jahrhundert änderte sich die Natur des Kurdenproblems ganz grundlegend, und zwar in mehrerlei Hinsicht. Vom nationalistischen Geist wurde das Osmanische Reich zuerst in der Peripherie, insbesondere auf dem Balkan, erfasst. Dass der Nationalismus diesen Staat in seinen Grundfesten erschüttern konnte, hing paradoxerweise auch mit den Bemühungen des „Kranken Manns am Bosporus“ zusammen, über eine Öffnung und Modernisierung des Staatswesens seinen Fortbestand zu sichern. Damit strömte nämlich auch nationalistisches Gedankengut ins Land.8 Dies führte einerseits zu Zentralisierungstendenzen und zu steigender, in dieser Form zuvor unbekannter Intoleranz gegenüber Minderheiten, andererseits aber auch zu einem nationalen Erwachen gerade dieser Gruppierungen. In beiden Fällen handelte es sich durchKultur, 2000; S.-H. Günther/B. Brentjes, Die Kurden – Ein Abriß zur Geschichte und Erfahrungsberichte zur aktuellen humanitären Situation, 2001, 8 ff. 7 Vgl. Karabulut (Anm. 3), 30. 8 Getragen wurde diese nationalistische Bewegung in erster Linie von der sog. „Jungtürken“-Bewegung.
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aus um Phänomene mit begrenzter Reichweite; dennoch aber blieben sie nicht ohne Konsequenzen. Was das Entstehen eines kurdischen Nationalismus anbelangt, so ging dieser primär von der kurdischen Elite, insbesondere der städtischen Intelligenzija und Offizieren der kurdischen Regimenter aus,9 ohne dass diese Bewegung imstande gewesen wäre, breitere Bevölkerungsschichten zu erfassen. Der erste Weltkrieg zerrüttete völlig das Staatsgefüge des Osmanischen Reiches. Ähnlich wie das Habsburgerreich musste das Osmanische Reich als Vielvölkerstaat am Nationalismus zerbrechen, der letztlich auch entscheidend war für den Ausbruch des „Großen Krieges“. Der Übergang vom Vielvölkerstaat zu einer Vielzahl von Nationalstaaten vollzog sich auf dem Territorium des Osmanischen Reiches jedoch in einer weit zerstörerischen, grundlegende Prinzipien der Menschlichkeit verachtenden Art und Weise, als dies in Bezug auf das Habsburgerreich der Fall gewesen ist.10
D. Der Friedensvertrag von Sèvres 1920 und der Friedensvertrag von Lausanne 1923 Der Friedensvertrag von Sèvres vom 10. August 1920 stand durchwegs im Geiste der übrigen Pariser Vorortverträge: Mit harschen Bedingungen sollten die Verlierer des Ersten Weltkrieges die volle Bürde der Kriegsschuld auf sich nehmen und zugleich außerstande gesetzt werden, nochmals einen Aggressionskrieg zu führen. Zudem sollte – zumindest partiell – der Wilsonsche Selbstbestimmungsgedanke11 eine Umsetzung erfahren und auch Sühne für die Kriegsschuld geleistet 9
Vgl. Ibrahim (Anm. 5), 83. Diesbezüglich sei insbesondere auf die Deportation und Ermordung von bis 1.500.000 Armeniern hingewiesen – ein Ereignis, dessen Tabuisierung in der türkischen gesellschaftlichen Realität sich nach wie vor als eine schwere Hypothek für die türkische Republik darstellt. Die unzureichende Aufarbeitung und die praktisch völlig fehlende Verfolgung der Täter hat Folgen gezeitigt, die weit über die Türkei hinaus reichen. Bekannt ist der zynische Ausspruch Adolf Hitlers am 22. August 1939 vor den Oberkommandierenden auf dem Obersalzberg am 22. August 1939: „Wer redet heute noch von der Vernichtung der Armenier?“. Dieser Ausspruch ist allerdings in ungewollter Hinsicht verräterisch. Er bestätigt in sachlicher Hinsicht das Gegenteil. Allen Vertuschungs- und Unterdrückungsversuchen zum Trotz war dieses Ereignis eben doch allen bekannt (ansonsten wäre nicht Zustimmung, sondern Unverständnis die Reaktion der Zuhörer gewesen). Er ist vielmehr als Ausdruck der Hoffnung zu werten, dass ein verbrecherischer Plan derselben Kategorie ebenfalls ungesühnt bleiben würde, was immer die Weltöffentlichkeit auch davon erfahren und sagen würde. 11 Vgl. dazu M. Pomerance, The United States and Self-Determination: Perspectives on the Wilsonian Conception, American Journal of International Law (AJIL)70 (1976), 1–27; 10
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werden. Angesichts der begangenen Gräueltaten sollte dieser Friedensvertrag die übrigen aber an Härte noch übertreffen. Die Abschreckungswirkung sollte unmissverständlich sein, ähnliche Vorkommnisse auf dem Territorium des Osmanischen Reiches ausgeschlossen werden. So meinte der französische Außenminister schon am 10. Januar 1917: „Die hohen Kriegsziele schließen die Befreiung der Völker ein, die gegenwärtig der mörderischen Tyrannei der Türken unterworfen sind, und die Verdrängung des Osmanischen Reiches, das der westlichen Zivilisation so vollständig fremd ist, aus Europa“.12 Geplant war eine weitgehende Zerstückelung des Osmanischen Reiches, wobei erstmals auch eine Eigenstaatlichkeit Kurdistans in Reichweite war. So sah Art. 62 des Vertrages von Sèvres eine Autonomie für Kurdistan vor. Art. 64 stellte sogar die völlige Unabhängigkeit dieses Gebietes ein Jahr nach In-Kraft-Treten der Autonomieregelung in Aussicht.13 Der Vertrag von Sèvres trat aber bekanntlich nie in Kraft: Die Türkei war der einzige Verliererstaat des Ersten Weltkrieges, dem es gelang, sich dem Diktat der Siegermächte zu entziehen und nachträglich die Bedingungen für einen Friedensschluss weitgehend zu eigenen Gunsten abzuändern. Was waren die Gründe dafür? Primär waren diese in Interessensgegensätzen der Alliierten, begleitet von einem unerwarteten Erstarken des türkischen Nationalismus zu finden. Die Härte und Unnachgiebigkeit der Alliierten gegenüber der Türkei hat mit Sicherheit diesen nationalistischen Gegenschlag wesentlich herausgefordert. Die scheinbare Schwäche der Türkei in der unmittelbaren Nachkriegszeit verleitete Griechenland dazu, im Einvernehmen mit dem britischen Premierminister A. Lynch, Woodrow Wilson and the principle of ‚national self-determination‘: a reconsideration, Review of International Studies 28 (2002), 419–436; P. Hilpold, Self-Determination in the 21th Century – Modern Perspective for an Old Concept, Israel Yearbook on Human Rights (IYHR) 36 (2006), 247–288 (248 f.). 12 Vgl. D. Lloyd George, The Truth about the Peace Treaties, 1938, Bd. 2, 64, zitiert nach http:/de.wikipedia.org/wiki/Vertrag_vonS%C%A8vres_(Osmanisches Reich), derselben, zuletzt genannten Quelle ist auch folgende, wiederum D. Lloyd George zugeschriebene Aussage entnommen: „Wenn die Friedensbedingungen verkündet werden, wird man sehen, zu welch harten Strafen die Türken wegen ihrer Verrücktheit, ihrer Blindheit und ihrer Morde verurteilt werden […]. Die Strafen werden so fürchterlich sein, dass selbst ihre ärgsten Feinde zufriedengestellt sein werden“. 13 „If within one year from the coming into force of the present Treaty the Kurdish peoples within the area defined in Article 62 shall address themselves to the Council of the League of Nations in such a manner as to show that a majority of the population of these areas desires independence from Turkey, and if the Council then considers that these peoples are capable of such independence and recommends that it should be granted to them, Turkey hereby agrees to execute such a recommendation, and to renounce all rights and title over these areas“.
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Lloyd George, ein militärisches Abenteuer zu wagen und mit einer Armee in Anatolien zu landen. In Griechenland träumte man den Traum einer Wiederbelebung des hellenistischen Imperiums und die griechische Armee erzielte anfänglich auch Erfolge, wenngleich diese begleitet waren von Massakern an der türkischen Bevölkerung. Die Gegenreaktion ließ aber nicht lange auf sich warten. Kemal Atatürk gelang die Reorganisation der türkischen Armee, die Vernichtung der griechischen Angreifer und der Sturz des Sultans. Einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet hatten die italienische und die französische Regierung, die General Mustafa Kemal Kredite gewährten und Waffen lieferten.14 Die folgenden Ereignisse gingen als „kleinasiatische Katastrophe“ in die griechische Geschichtsschreibung ein. Massaker an der griechischen Bevölkerung in Anatolien waren die Folge. Die griechisch-byzantinische Volksgruppe, die seit Jahrtausenden in Anatolien siedelte, wurde vernichtet bzw. vertrieben. Kulturgut unvorstellbaren Wertes ging verloren. Dem Massaker von Smirna (dem heutigen Izmir) und dem anschließenden Brand der griechischen Teile dieser Stadt sahen die Alliierten tatenlos zu. Ein wesentlicher Faktor, der Frankreich und England nach 1920 zu einem Umdenken in der Türkeifrage bewog, war schließlich auch der definitive Sieg der Bolschewisten in Russland und die Gründung der UdSSR. Eine starke Türkei konnte eher ein Bollwerk gegenüber der kommunistischen Gefahr bilden, als eine Vielzahl miteinander möglicherweise konkurrierender Kleinstaaten.15 Der Vertrag von Lausanne des Jahres 1923 besiegelte das definitive Ende dieser unheilvollen Periode mit einem Bevölkerungstausch zwischen Griechenland und der Türkei betreffend die jeweiligen türkisch-moslemischen bzw. griechisch-christlichen Minderheiten. Von einer Autonomie für die kurdische Region – oder gar von ihrer Unabhängigkeit – war im Vertrag von Lausanne nun keine Rede mehr. Die Kurden wurde nicht einmal mehr erwähnt. Schwach ausgeprägte Minderheitenschutzbestimmungen waren in den Art. 37 ff. des Vertrages nur mehr für die nicht-moslemischen Volksgruppen vorgesehen. Im Kampf gegen die Besatzungsmächte hatten die Kurden mehrheitlich noch General Mustafa Kemal unterstützt, insbesondere da es diesem gelang, den Krieg als Kampf gegen ausländische Invasoren und als Reli14
Vgl. V. Sanguinetti, Il trattato di Lausanne (1923) e le due insolute „Questioni d’Oriente“, in: Relazioni internazionali, Scritti in onore di Giuseppe Vedovato, Bd. III, Contributi, 1997, 487 ff. Die Gründe für diesen Positionswechsel waren vielfältig. Nicht zuletzt war dieser gegen Großbritannien gerichtet. Italien entwickelte eigene imperialistische Pläne in dieser Region, Frankreich sah seine eigenen Interessen zu stark durch Großbritannien gefährdet, vgl. J. S. Koliopoulos/T. M. Veremis, The Modern Sequel, From 1821 to the Present, 2002, 286. 15 Vgl. K. Ludwig, Bedrohte Völker, 1990, 125.
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gionskrieg darzustellen.16 Erst nach dem Krieg wurde deutlich, dass sich die staatspolitischen Vorstellungen Kemals, der einen modernen, laizistischen und national einheitlichen Staat anstrebte, nicht mit jenen der kurdischen Stammesfürsten deckte, die bestrebt waren, ihre Traditionen zu wahren und – in Einklang mit ihrer Bevölkerung – einem streng religiösen Weltbild anhingen. Die Zentralregierung behielt dabei die Oberhand. In der Folge wurde jede Autonomiebestrebung gewaltsam unterdrückt.17 Kurdische Aufstände in den Jahren 1925, 1926–1930 und 1938 wurden von der türkischen Armee niedergeschlagen. General Mustafa Kemal antwortete auf diese Aufstände mit einer Zwangsumsiedlung von 1,5 Millionen Kurden und einer breitgefächerten Assimilationspolitik, die u.a. das Verbot der kurdischen Sprache,18 die Türkisierung der Nachnamen und den Ersatz der kurdischen Ortsbezeichnungen durch türkische beinhaltete.19
E. Die Kurden im Irak Großbritannien war zwar mit seinen menschen-/humanitätsrechtlichen Vorhaben in Anatolien gescheitert und nicht imstande gewesen, den Volksgruppen Anatoliens interne bzw. externe Selbstbestimmung zu ermöglichen. Die Sicherung essentieller wirtschaftlicher Interessen gelang jedoch, in dem in Mesopotamien der Staat „Irak“ als britisches Mandat eingerichtet werden konnte. Entscheidend für das weitere Schicksal der Kurden sollte die Grenzziehung zwischen dem Irak und der Türkei sein. Der Vertrag von Sèvres hatte noch vorgesehen, dass sich die Kurden im heutigen Irak einem selbstständigen kurdischen Staat hätten anschließen können. Dieser Vertrag trat aber, wie erwähnt, nie in Kraft. Gemäß dem Vertrag von Lausanne sollte die Grenze durch ein Schiedsverfahren vor dem Völkerbund festgelegt werden. Eine Untersuchungskommission des Völkerbundes empfahl nach Anhörung der lokalen Bevölkerung, dieses Gebiet dem Irak zuzuschlagen und gleichzeitig Großbritannien für 25 Jahre ein Mandat über dieses Territorium zu gewähren, um den Schutz der kurdischen Bevölkerung zu garantieren. Der Völkerbundrat folgte dieser Empfehlung mit einer Entscheidung vom 16. Dezember 1925. Bestätigt wurde diese Entscheidung durch den Ständigen Internationalen Gerichts16
Vgl. B. Park, Turkey’s Policy Towards Northern Iraq: Problems and Perspectives, Adelphi Papers 374 (2005), 14. 17 Im Hintergrund stand, wie es Bill Park (Anm. 16), 13 ff., formulierte, der „SèvresKomplex“. 18 Diese Regelung widersprach eindeutig dem Vertrag von Lausanne, der in Art. 39 Abs. 4 vorsah, dass der Gebrauch der Muttersprache nicht eingeschränkt werden dürfe. 19 Vgl. Karabulut (Anm. 3), 33 sowie http://www.kurdistan.de/kurden_geschichtliches. htm.
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hof im Jahr 1926 und schließlich wurde diese Grenzziehung im selben Jahr durch einen Vertrag zwischen Großbritannien, der Türkei und dem Irak besiegelt. Damit wurden also die Ölfelder um Mosul und Kirkuk dem Irak zugesprochen wurden. Da es sich dabei aber um einen Kernbereich des kurdischen Siedlungsgebietes handelte, hatte der Irak nun eine große kurdische Minderheit, die aktiv und passiv für das weitere Schicksal dieses Staates bestimmend sein sollte.
F. Iran und Syrien Wie bereits erwähnt, leben auch im Iran und in Syrien größere kurdische Minderheiten. Auch diese versuchten, ihre Identität gegenüber dem Assimilierungsdruck durch die Mehrheit zu verteidigen und erneut stellte sich das Wechselspiel zwischen Forderung nach besonderem Schutz bzw. Autonomie und Repression durch die Zentralgewalt ein. Eine Reihe von Aufständen wurde durch die jeweilige Zentralgewalt stets problemlos bezwungen. Die jeweiligen diktatorischen Systeme, eingebunden in ein stabilitätsorientiertes internationales Blocksystem, konnten dabei unabhängig von jeglicher externer Kontrolle agieren. Im Jahr 1946 entstand auf iranischem Territorium zum erstenmal ein eigenständiger kurdischer Staat – die „Republik von Mahabad“. Hinter der Unterstützung durch Stalin stand ein machtpolitisches Kalkül auch in Hinblick auf die reichen Ölreserven Irans. Die Verständigung zwischen der UdSSR und dem Iran führte aber zum Entzug der russischen Unterstützung und in der Folge noch im Jahr 1947 zum Zusammenbruch des ersten Kurdenstaates. Die Kurden waren daraufhin wiederum schärfsten Repressionen ausgesetzt.20 Hoffnungen verbanden die Kurden im Iran mit dem Regimewechsel nach dem Sturz von Schah Reza Pahlewi. Khomeini hielt jedoch sein Versprechen einer kulturellen Autonomie nicht ein und verkündete im August 1979 sogar einen Heiligen Krieg gegen die Kurden.21 Zum Spielball machtpolitischer Interessen wurden die Kurden auch in Syrien, wo sie mit ca. einer Millionen Angehörigen ungefähr 10 Prozent der Bevölkerung ausmachen. Während der französischen Verwaltung Syriens (bis 1945) konnten sich die Kurden in Syrien kulturell relativ frei entfalten. Auch nach der Entlassung in die Unabhängigkeit blieben diese Freiräume vorerst bestehen. Die Machtergreifung durch die nationalistische und panarabisch orientierte Baath-Partei führte jedoch zu einem Richtungswechsel und zu einer gezielten Assimilierungspolitik. Dies hinderte die syrische Regierung – und insbesondere den von 1971 bis 20 21
Ibid. Ibid.
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2000 regierenden Präsidenten Hafiz al-Assad – nicht daran, Kurdengruppierungen und ihren Führern Schutz und Unterstützung zu gewähren, wenn dies in den regionalen Machtkämpfen mit den Nachbarstaaten gerade opportun erschien.
G. Die jüngeren Entwicklungen I. Türkei Meilensteine der türkischen Außenpolitik der Nachkriegszeit war der Beitritt zur NATO 1952, der Abschluss eines Assoziierungsabkommens mit der EWG 1963, die Militärintervention auf Zypern 1974 und die nachfolgende Besetzung Nordzyperns sowie die Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen im Jahr 2005. All diese Ereignisse zeitigten unmittelbare innenpolitische Konsequenzen und hatten Rückwirkungen nicht zuletzt auch auf die Kurdenfrage. Der Beitritt zur NATO bedeutete eine eindeutige Positionierung im Ost-West-Konflikt. Die geostrategische Bedeutung dieses Landes tat ein übriges, dass die Türkei auch in der Kurdenfrage mit weitgehender Rücksichtnahme durch die übrigen NATO-Partner, insbesondere aber durch die USA rechnen konnte. Innenpolitische Kontroversen und selbst die Kurdenfrage wurden fortan in das ideologische Ost-West-Raster gezwängt. Die schlagkräftigste kurdische Widerstandsgruppe, die PKK, die seit 1984 militärisch operiert, wurde dementsprechend als linksextrem qualifiziert. Die Annäherung an die Europäische Gemeinschaft hat hingegen zu Bemühungen der türkischen Regierung, die Menschenrechtssituation in der Türkei zu verbessern, geführt, was in intermittierenden Abständen auch immer wieder kurdischen Gruppierungen die Möglichkeit eröffnete, sich politisch zu artikulieren. Die Zypern-Intervention verdeutlichte wiederum die Schlagkraft der türkischen Armee und die Bereitschaft, wesentliche außenpolitische Interessen auch nachhaltig zu vertreten. Das Selbstverständnis der türkischen Armee als staatstragendes Element mit der impliziten verfassungsrechtlichen Funktion, den Kemalismus,22 die Laizität, Modernität und territoriale Integrität des türkischen Staates zu schützen, hatte auch klare Rückwirkungen auf die Situation der Kurden. Die Machtergreifung durch das Militär in den Jahren 1960, 1971 und 1980 war stets mit politischen Repressionen verbunden, worunter die kurdische Bevölkerung besonders zu leiden hatte. Der Versuch der Kurden, sich politisch zu organisieren, wurde durch die Antisepa22 Christian Rumpf unterscheidet folgende Elemente des Kemalismus: Nationalismus, Revolutionärer Reformismus, Populismus, Etatismus und Republikanismus, Ch. Rumpf, Einführung in das türkische Recht, 2004, 33 ff.
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ratismus- und Antiterrorismusgesetzung erheblich erschwert. Die betreffenden Parteien waren immer wieder Adressaten von Verbotsbestimmungen und mussten sich umbenennen (Demokratische Partei Kurdistans, Arbeitspartei des Volkes, Demokratische Partei), wenn eine Nähebeziehung zur PKK ruchbar wurde. Ihre Vertreter wurden regelmäßig mit hohen Gefängnisstrafen belegt.23 Mit der Verhaftung des Kurdenführers Abdullah Öcalan im Jahr 1998 erklärte die PKK einen einseitigen Waffenstillstand in einem Kampf, der seit 1984 ca. 35.000 Opfer gefordert hatte. Im Jahr 2004 wurde der bewaffnete Kampf aber wieder aufgenommen. Im Zuge der Maßnahmen gegen den kurdischen Separatismus wurden 1,5 Millionen Kurden nach Westanatolien umgesiedelt. Zahlreiche befestigte Wehrdörfer wurden errichtet und Dorfwächter angestellt, wodurch auch ein tiefer Einschnitt in die Lebensrealität der kurdischen Bevölkerung erfolgte. Zahlreiche auf dem Land lebende Kurden sind in die Städte geflohen, um dem Krieg und der Repression zu entkommen. In den Städten ist wiederum ein erheblicher Assimilierungsdruck gegeben. In der Verfassung aus 1982 wird die Türkei u.a. als ein „die Menschenrechte achtender, dem Nationalismus Atatürks verbundener demokratischer, laizistischer und sozialer Rechtsstaat“ definiert.24Als Sprache der Türkei wird in Art. 3 Türkisch erwähnt. Gemäß Art. 66 Abs. 1 ist jeder Staatsangehörige der Türkei Türke. Die Verfassung verwendet also einen staatsnationalen Begriff des „Türken“.25 Ethnische und sprachliche Minderheiten kann es auf dieser Grundlage in der Türkei – zumindest als Rechtskategorien – nicht geben.26 Einen entsprechenden Vorbehalt hat die Türkei auch gegenüber Art. 27 des UN-Paktes über bürgerliche und politische Rechte abgegeben.27 Gemäß Art. 42 Abs. 9 der Verfassung darf den türkischen Staatsbürgern in den Erziehungs- und Lehranstalten keine andere Muttersprache beigebracht und gelehrt werden als Türkisch. Der Gebrauch der kurdischen Sprache ist aber nicht mehr – wie in der Vergangenheit – verboten und mit Strafsanktionen belegt. Auch der Unterricht der kurdischen Sprache ist erlaubt und einzelne Radio- und Fernsehkanäle senden auf Kurdisch.28 Problematisch ist aber nach wie vor, dass diese Rechte nicht explizit 23
Siehe zum Ganzen Ibrahim (Anm. 5), 91 f. Vgl. Art. 2 der Verfassung. 25 Vgl. Ch. Rumpf, Die rechtliche Stellung der Minderheiten in der Türkei, in: J. A. Frowein et al. (Hrsg.), Das Minderheitenrecht europäischer Staaten, Bd. I, 1993, 448–500 (467). 26 Ibid., 468. 27 Ibid. 28 Bis zur Verfassungsreform des Jahres 2001 konnte der Gesetzgeber gemäß Art. 26 III 1 und Art. 28 II die Freiheiten der Meinungsäußerung und der Presse durch das Verbot der Verwendung bestimmter Sprachen beschränken, was auch tatsächlich geschehen ist, vgl. Rumpf (Anm. 22), 33 f. 24
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verfassungsrechtlich verankert sind. Sie beruhen auf einer wohlwollenden Interpretation der verfassungsrechtlichen Spielräume und sind damit nicht geeignet, einen Rechtssicherheit schaffenden Rechtsrahmen zu garantieren, der hingegen gerade im Minderheitenschutz von großer Wichtigkeit wäre. Über fortbestehende Repressionen auf der faktischen Ebene wird berichtet.29
II. Irak Unter gänzlich anderen Voraussetzungen als in der Türkei führten die Kurden im Irak ihren Kampf um Minderheiten- und Autonomierechte. Seit dem Sturz des sich eng an Großbritannien anlehnenden Königs Faisal II. (Regentschaft von 1935 bis 1958) im Jahr 1958, sah sich der Westen der Gefahr ausgesetzt, die Kontrolle über dieses, aufgrund seines Ölreichtums äußerst wichtigen Landes zu verlieren. Auch für den Iran wurde der Irak aufgrund der zunehmend militanteren, nationalistischen Rhethorik immer bedrohlicher. Damit konnten die Kurden auf die Unterstützung durch wichtige Bündnispartner hoffen. In den ständig wechselnden Bündnissen wurden sie aber auch sehr häufig Opfer des sich dauernd verändernden politischen Kalküls. Die kurdische Bevölkerung geriet regelmäßig zwischen die Fronten. Dabei hatte die kurze liberale Periode nach dem Sturz des Königs sehr viel versprechend begonnen. Laut Art. 3 der provisorischen Verfassung sollten Araber und Kurden auf dieselbe Ebene gestellt werden und staatstragende Völker sein: „Araber und Kurden sind Partner“. Nachdem diese Zusage nicht eingehalten worden war, nahmen die Kurden den Kampf unter der Führung des aus der UdSSR zurückgekehrten Mustafa Barzani im Jahr 1961 wieder auf. Saddam Hussein unterschrieb zwei Friedensverträge mit großzügigen Autonomiezusagen, und zwar 1970 und 1974. Nachdem es aber auf dem Gipfel von Algier 1975 überraschend zu einer Annäherung zwischen Saddam Hussein und Reza Pahlewi gekommen war, blieb die weitere Unterstützung für die Kurden aus, was zu ihrer militärischen Niederlage und zur Rücknahme aller Zusagen von Seiten der irakischen Regierung führte.30 Die irakischen Kurden organisierten sich im Jahr 1975 unter Jalal Talabani in der „Patriotischen Union Kurdistans“ (PUK) bzw. Massoud Barzani in der „Demokratischen Partei Kurdistans“ (DPK). Während die PUK engere Beziehungen zu arabischen politischen Kräften im Irak unterhält, ist die DPK eher kurdisch29 Vgl. „Ankara gibt Europäern falsche Informationen“, Interview mit Aysel Tugiuk, einer Abgeordneten der türkischen Kurdenpartei DTP, Die Presse vom 23.1.2009, 7. 30 Vgl. Karabulut (Anm. 3), 33 f.
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nationalistisch orientiert.31 Beide Parteien kamen wiederholt miteinander in Konflikt, wobei die Nachbarstaaten diese Konflikte auch geschickt schürten. Nachdem Saddam Hussein im Jahr 1979 die Macht völlig an sich gerissen hatte, überfiel er im Jahr 1980 den Iran, dem er den Schatt-el-Arab entreißen wollte. Dieser Krieg währte bis 1988 und brachte das Land an den Rand des Ruins. Die Kurden gerieten zwischen die Fronten, wurden von beiden Seiten angegriffen und bekämpften sich wechselseitig. Im Irak gelang aber im Jahr 1987 ein Schulterschluss zwischen der PUK und DPK zur Irakischen Kurdischen Front. Diese verlangte eine Beendigung des Krieges mit dem Iran, die Absetzung von Saddam Hussein und eine volle Anerkennung der Rechte der kurdischen Bevölkerung. Die PUK kooperierte fortan mit dem Iran. Dies wurde wiederum von der irakischen Führung als Hochverrat ausgelegt, die mit Zwangsumsiedlungen und dem Einsatz von chemischen Waffen begann. Nachdem der Iran militärisch erschöpft war und sich zu einem Friedensschluss unter Anerkennung der internationalen Grenzen bereit erklärt hatte, trat der Waffenstillstand am 20. August 1988 in Kraft.32 Unmittelbar danach verlegte Saddam Hussein seine Truppen nach Norden und ordnete systematische Massaker an der kurdischen Bevölkerung, auch unter Einsatz von chemischen Waffen, an. Der Giftgasangriff auf die kurdische Stadt Halabaja, der zu 5.000 Toten führte, schockierte die Weltöffentlichkeit. Gleichzeitig kam es zu Massenfluchtbewegungen, ohne dass irgendeine internationale Hilfestellung erfolgt wäre. Die völlige Auslöschung der kurdischen Bevölkerung im Irak drohte. Am 2. August 1990 überfielen 100.000 irakische Soldaten Kuwait. Nun reagierte die Staatengemeinschaft rasch. Der Sicherheitsrat verurteilte in der Resolution 660 vom selben Tage diesen Überfall und verlangte den Rückzug der irakischen Truppen, verhängte mit der Resolution 661 vom 6. August Wirtschaftssanktionen und erklärte mit der Resolution 662 vom 9. August die Annexion Kuwaits für null und nichtig. Mit der Resolution 678 vom 29. November 1990 wurden die UNMitgliedstaaten ermächtigt, ab dem 15. Januar 1991 zur Befreiung Kuwaits vom Irak Militärgewalt einzusetzen. Diese Operation verlief unter Federführung der USA äußerst erfolgreich, was die Kurden im Nordirak, aber auch die ebenfalls unterdrückte schiitische Bevölkerung im Süden des Landes nach alliierten Unterstützungszusagen zu einem Aufstand veranlasste. Die allierte Unterstützung blieb dann aber aus, während die irakische Armee härteste Repressionsmaßnahmen einleitete. In der Waffenstillstandsresolution 686 vom 2. März 1991 wurde auf die 31 Vgl. G. Steinberg, Der Irak zwischen Föderalismus und Staatszerfall, SWP-Studie, 2007, 9. 32 Vgl. zum Ganzen D. McDowall, The Kurds – A Nation Denied, Minority Rights Group, 1992, 107 ff.
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Kurdenfrage nicht Bezug genommen. Der Sicherheitsrat fand sich aber zumindest bereit, mit Resolution 688 vom 5. April 1991 die Repressionsmaßnahmen der irakischen Regierung gegenüber der Zivilbevölkerung, und insbesondere gegenüber den Kurden zu verurteilen. Hinter dieser Resolution standen auch der Iran und die Türkei, die eine Eskalation der Flüchtlingsproblematik fürchteten. Der Irak wurde aufgefordert, zur Beendigung der Bedrohung des internationalen Frieden und der Sicherheit in der Region die Repressionsmaßnahmen zu beenden und in einen offenen Dialog einzutreten, um sicherzustellen, dass die Menschenrechte und die politischen Rechte der irakischen Bürger Beachtung finden. Die Natur dieser Forderungen und die Tatsache, dass hier primär auf einen innerstaatlichen Sachverhalt abgestellt wird (wenngleich die Massenfluchtbewegungen natürlich auch unmittelbare internationale Auswirkungen zeitigten), werden als Meilensteine in der Entwicklung des Völkerrechts gefeiert.33 Ein primär interner Sachverhalt wird als Anlassfall für Vorgaben durch die Staatengemeinschaft gemacht. Es ist umgekehrt aber auch bezeichnend für die dramatische Lage der Kurden, dass gerade ihr Schicksal zum Anlass genommen wurde, das Konzept der staatlichen Souveränität neu zu interpretieren und zu relativieren. Schon einen Tag nach Verabschiedung der Resolution 688 starteten die USA, Frankreich und Großbritannien die Operation „Provide Comfort“, die die Sicherheit von hundertausenden von kurdischen Flüchtlingen garantieren und ihnen eine unmittelbare humanitäre Hilfestellung leisten sollte. Zur militärischen Sicherung dieser Operation wurde nördlich des 36. Breitengrades eine Flugverbotszone eingerichtet. Am 24. Juli 1991 erfolgte die Verlängerung dieser – nunmehr rein militärischen – Maßnahme mit der Operation „Provide Comfort II“, an deren Stelle am 1. Januar 1997 die Operation „Northern Watch“ trat (nunmehr ohne französische Beteiligung).34 Für den Südirak wurde eine analoge Operation mit der Bezeichnung „Desert Strike“ gestartet. Vergleicht man Resolution 688/1991 mit Resolution 1244/1999, mit welcher bekanntlich eine umfassende Zivilverwaltung für den Kosovo eingerichtet worden ist, in Hinblick auf eine nicht näher spezifizierte endgültige Statusregelung für dieses Gebiet,35 so liegen Welten dazwischen. Wie gezeigt, war die Resolution 688 allein darauf ausgerichtet, unmittelbare Sicherheitsgarantien für die kurdische 33
Vgl. H.-J. Heintze, Die Kurden im Irakkonflikt, Blätter für deutsche und internationale Politik 4/2003, 446–455 (448). 34 Ausschlaggebend für den Rückzug Frankreichs war das Fehlen einer Rechtsgrundlage. Implizit ergibt sich daraus, dass Frankreich keinen Präzedenzfall für vergleichbare Vorkommnisse in der Zukunft schaffen wollte. 35 Vgl. P. Hilpold, Das Kosovo-Problem – ein Testfall für das Völkerrecht, Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht 68 (2008), 779–801.
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Bevölkerung zu schaffen und – in einer ersten Phase – auch humanitäre Hilfe zu leisten, während über die Resolution 1244/1999 eine staatsähnliche Verwaltung eingerichtet werden konnte. Ähnliche Maßnahmen für den Nordirak wären mit Sicherheit auf massiven Widerstand durch die Türkei gestoßen.36 Was die faktischen Konsequenzen anbelangt, waren diese freilich durchaus vergleichbar. Während beide Resolutionen mit Sicherheit rechtlich nicht dahingehend ausgelegt werden können, dass damit eine Abspaltung und eine Staatenneugründung bewirkt oder abgesegnet werden sollte, so haben sie doch Freiräume geschaffen, in denen sich im Irak starke autonomistische Kräfte, im Kosovo hingegen sezessionstische Tendenzen behaupten konnten.37 Was die weitere Entwicklung der kurdischen Autonomie im Nordirak anbelangt, sind zwei Perioden zu unterscheiden: jene von 1988 bis 2003 und die nachfolgende Zeit. In der ersten Periode wurde – unter äußerst schwierigen Umständen – die Aufbauarbeit geleistet, in deren Rahmen staatsähnliche Strukturen mit einer eigenen Zivilverwaltung, einem eigenes Heer, einer eigenen Währung und einem autonomen Schulwesen mit kurdischer Unterrichtssprache geschaffen wurden. Finanziert wurde dieses System durch Zolleinnahmen, Transitgebühren für die Öldurchleitung, Steuern aus einer sich langsam entwickelnden lokalen Wirtschaft und schließlich – ab 1996 – aus dem Oil-for-Food-Programm der Vereinten Nationen, in dessen Rahmen 13 % der irakischen Erdöleinnahmen den Kurdengebieten zugeleitet wurden. Der Streit um die kargen Zolleinnahmen zwischen PUK und DPK führte zwischen 1994 und 1997 sogar zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen diesen beiden Gruppierungen mit 3.000 Toten. Erst auf Druck der USA konnte ein Friedensschluss erreicht werden, auf dessen Grundlage die PUK an den betreffenden Einnahmen beteiligt und der Nordirak weiter segmentiert wurde. Auf der anderen Seite bewiesen die Kurden im Nordirak wiederum demokratiepolitischen Geist und einen ausgeprägten Realitätssinn: Am 19. Mai 1992 wurden erstmals freie Wahlen für ein (von der irakischen Regierung nicht anerkanntes) kurdisches Parlament organisiert und am 4. Oktober wurde ein Bekenntnis für einen föderativ organisierten Staat Irak abgegeben, in welchem die Kurdenregion einen Gliedstaat darstellen sollte.38 Mit dem dritten Golfkrieg im Jahr 2003 änderte sich die Situation der Kurden schlagartig. Die Weigerung der Türkei, ihr Territorium für diese Militäroperation zur Verfügung zu stellen und die gleichzeitige militärische Unterstützung dieser Operation durch die kurdischen Peschmerga stärkte die Position der kurdischen Lokalverwaltung im Nordirak ganz erheblich. Der in dieser Form von den Interve36 37 38
Vgl. Heintze (Anm. 33), 447 f. Ibid., 449. Vgl. Karabulut (Anm. 3), 40.
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nienten nicht vorhergesehene Staatszerfall des Irak ließ den kurdischen Nordirak als Insel der Stabilität erscheinen, die die USA mit allen Mitteln verteidigen wollte. In der Folge war sich der Nordirak sowohl finanzieller Zuwendungen als auch politischer Unterstützung durch die USA sicher. Insbesondere gegenüber der Türkei war diese Unterstützung von großer Bedeutung.
H. Aktuelle Situation Die faktische Herausbildung und die stetige Stabilisierung eines kurdischen Autonomiegebietes im Nordirak wurde von der Türkei mit großem Argwohn beobachtet. Dies war umso mehr der Fall, als gleichzeitig (insbesondere seit 2004) die militärischen Operationen der PKK, ausgehend vom Nordirak, wieder zunahmen. Die irakische Regierung willigte zwar in ein Kooperationsabkommen zur Bekämpfung der PKK ein,39 wollte aber keine grenzüberschreitenden militärischen Operationen durch die Türkei akzeptieren.40 Dennoch starteten die türkischen Streitkräfte am 24. Oktober 2007 eine größere Militäroperation im Nordirak, die begleitet war von zahlreichen antikurdischen Demonstrationen in der Westtürkei.41 Eine Großoffensive begann schließlich am 21. Februar 2008, die nach acht Tagen auf Druck der USA beendet wurde.42 Insgesamt steht die irakische Regierung unter starkem Druck sowohl von Seiten des Militärs und der kemalistischen Staatsverwaltung als auch von großen Teilen der Bevölkerung, wirksamer gegen die PKK vorzugehen, die als Sezessionisten und Terroristen eingestuft werden. Repressionsmaßnahmen und die augenscheinliche wirtschaftliche Unterentwicklung Ostanatoliens fördern aber wiederum den Zulauf zur PKK. Der Unterhalt der zweitgrößten Armee der NATO und die kostspieligen Militäroperationen in Ostanatolien und im Nordirak zerrütten die türkischen Staatsfinanzen, die bereits vor der großen Finanzkrise in einem prekären Zustand waren. Neue Perspektiven für eine Beilegung des Kurdenkonflikts haben sich durch die veränderte gesamtnationale politische Situation ergeben. Die regierende Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung AKP hat gezielt auch um kurdische Wählerstimmen geworben, im kulturpolitischen Bereich minderheitenfreundliche Maßnahmen in die Wege geleitet (beispielsweise durch die Einführung eines Kurdischunterrichts in den Schulen und die Zulassung von kurdischsprachigen Sendungen in Radio und 39 40 41 42
Abkommen vom 28.9.2007. Vgl. Fischer Weltalmanach 2009, 481. Ibid. Ibid.
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Fernsehen) und wirtschaftliche Entwicklungsprogramme in Ostanatolien gestartet. Als sensationell und bahnbrechend wurde die Erklärung des jetzigen Premiers Erdogan am 12. August 2005 gewertet, wonach die Probleme im Osten ein „kurdisches Problem“ seien.43 Damit wird bestätigt, dass die Türkei ein (gravierendes) Minderheitenproblem hat, was auch impliziert, dass dieses nach Maßgabe internationaler Standards zu lösen ist. Von kurdischer Seite und von Menschenrechtsorganisationen wird aber weiter von Repressionen gegenüber der kurdischen Bevölkerung berichtet.44 Teile des Staatsapparats und der lokalen Verwaltung halten sich offenkundig nicht an die geänderten gesetzlichen Vorgaben. Die religiöse Prägung der AKP eröffnet neue Wege für einen Ausgleich zwischen Türken und Kurden, da die Gemeinschaft im Glauben hervorgehoben wird. Die Konsequenzen dieser Politik sind aber weitreichend. Sie führt zu einer Islamisierung der zuvor betont laizistischen Gesamtgesellschaft und sie muss in Konflikt treten mit der kemalistischen Grundstruktur der türkischen Verfassung.45 Wesentliche Teile der Spitzen in der Zivilverwaltung, in der Gerichtsbarkeit und in der Armee verfolgen diese Entwicklung deshalb sehr argwöhnisch. Der Streit um das Kopftuchverbot für Studentinnen und die (nur knapp gescheiterten) Bemühungen, ein Verbot der AKP zu erreichen (die als „Zentrum für Aktivitäten gegen die laizistische Ordnung“ qualifiziert worden ist) sind ein beredtes Beispiel dafür. Gegenüber der Autonomen Region Kurdistan im Nordirak verfolgt die türkische Regierung eine differenzierte Politik. Extreme Forderungen haben sich als unrealistisch erwiesen, insbesondere auch, da die Türkei seit dem dritten Golfkrieg an Einfluss im Irak verloren hat. Die Föderalisierung des Irak mit der Präsenz einer starken Kurdenregion muss die Türkei akzeptieren. Andererseits besteht sie darauf, dass dieser Desintegrationsprozess nicht weiter gedeiht. Insbesondere ist sie unter keinen Umständen gewillt, einen unabhängigen kurdischen Staat zu akzeptieren, der in der Folge eine Schutzfunktion gegenüber der kurdischen Minderheit in der Türkei ausüben könnte. Die Türkei hat erkannt, dass ein föderal organisierter Irak für sie von Vorteil sein kann. Ein solcher Staat kann die kurdische Region an den Gesamtstaat binden und gleichzeitig die Beständigkeit dieses Staates – auch als Stabilitätsfaktor in der Region und als Bollwerk gegenüber dem Iran – sicherstellen.46 Politische Stabilität ist auch in wirtschaftlicher Hinsicht für die Türkei 43
Vgl. „Türkei“, http://de.wikipedia.org/wiki/T%C3%BCrkei (3.2.2009). Vgl. beispielsweise „Amnesty International 2008 Report: Turkey“, http://www. kurdishrights.org/2008/05/28/amnesty-international-2008-report-turkey/ (9. März 2009). 45 Vgl. „Flags, veils and sharia“, The Economist vom 17.7.2008. 46 Vgl. Turkey and Iraqi Kurds: Conflict or Cooperation?, Middle East Report No. 81, 13 November 2008. 44
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wünschenswert, zumal sie auf die Erdöllieferungen aus dem Irak angewiesen ist und am Warentransit aus dem Irak und den Öldurchleitungsrechten verdient. Des Weiteren ist der türkischen Regierung auch klar geworden, dass die PKK eher über die Kooperation mit dem Irak bzw. der Autonomen Region Kurdistan als mit militärischen Mitteln unter Kontrolle zu bekommen ist. Gleichzeitig versucht die Türkei mit gezielten Maßnahmen zu verhindern, dass die Kurdenregion im Nordirak auch im föderativen Verband zu sehr erstarkt. So versucht sie ihren Einfluss dahingehend geltend zu machen, dass die umkämpfte, sehr erdölreiche Stadt Kirkuk samt Umgebung nicht in das Kurdengebiet eingegliedert wird. Zu diesem Zweck beruft sie sich u.a. auf ihre Schutzfunktion gegenüber der kleinen, in der Vergangenheit ignorierten turkmenischen Minderheit in diesem Gebiet.47 Im Irak hingegen hat sich die Einrichtung der Autonomen Region Kurdistan als besonderer Stabilitätsfaktor erwiesen, ohne welche die ohnehin schwierige Mission der alliierten Streitkräfte wohl von vornherein zum Scheitern verurteilt gewesen wäre. Diese Region ist auch Zufluchtsort für unterschiedlichste Minderheiten aus dem gesamten irakischen Staatsgebiet geworden.48 Insgesamt wird im Irak deutlich, dass dieser Staat nur fortbestehen kann, wenn das Föderalismusprojekt, so wie es der Verfassung aus 2005 zugrunde gelegt worden ist, gelingt. Schon die provisorische Verfassung aus 2004 hat den drei kurdischen Provinzen im Norden (Arbil, as-Sulaimaniyya und Dahuk) weitgehende Autonomie zuerkannt. Auf dieser Grundlage hat sich die Autonome Region Kurdistan in einem hohen Maße verselbstständigt. Dieser Föderalismus ist asymmetrischer Natur. Er ist primär darauf ausgerichtet, den zuvor diskriminierten Gruppen der Kurden und der Schiiten eine politische und wirtschaftliche Autonomie zu gewähren, führt aber damit zu einer faktischen Dreiteilung des Landes (Kurdenregion, schiitischer und sunnitischer Landesteil). Die zuvor herrschenden Sunniten sehen sich nun als Verlierer dieses Föderalisierungsprozesses. Nachdem sie im Jahr 2005 versucht hatten, diesen Prozess durch einen Wahlboykott zu stoppen, wodurch sie sich letztlich um die Möglichkeit gebracht haben, Einfluss auf die weiteren politischen Entwicklungen zu nehmen, haben sie an den Wahlen vom Januar 2009 aktiv teilgenommen. Der weitere Verfassungsprozess, dessen bisherige Entwicklung maßgeblich von den Kurden und den Schiiten bestimmt worden ist, wird jetzt voraussichtlich eine Schwerpunktverlagerung erfahren. 47
Ibid., 16. Über das Schicksal von Kirkuk soll eine Volksbefragung entscheiden. Dementsprechend gibt es auch unterschiedlichste Versuche, auf die ethnische Zusammensetzung dieses Gebietes Einfluss zu nehmen, wodurch auch der Ausgang des Referendums prädeterminiert werden soll. 48 Vgl. Fischer Weltalmanach 2009, 226.
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Einen großen Streitpunkt stellt auch die Frage der Verteilung der Öleinnahmen dar. Die Verfassung regelt diese Frage nur unscharf. Einerseits stehen diese Einnahmen gemäß Art. 111 den Regionen und Provinzen zu, andererseits besteht laut Art. 112 eine Solidaritätsverpflichtung, wobei gleichzeitig die in der Vergangenheit diskriminierten Gebiete (die kurdischen und schiitischen Territorien) auf eine nicht näher bestimmte Zeit hin über einen privilegierten Anspruch auf diese Einnahmen verfügen.49
I. Völkerrechtliche Grundfragen I. Grundsätzliches Die vorstehenden Ausführungen haben verdeutlicht, dass die Kurdenfrage primär ein politisches Problem darstellt, das demzufolge auch mit politischen Instrumenten zu lösen ist. Hinweise auf Berührungspunkte mit dem Völkerrecht können aber u.U. Hilfestellung bei der Suche nach Lösungskonzepten bieten. Sie zeigen auf jeden Fall auch Grenzen auf und verdeutlichen Handlungsbedarf.
II. Die türkischen Angriffe auf den Nordirak Die türkischen Angriffe auf den Nordirak zur Bekämpfung der PKK sind völkerrechtlich bedenklich, zumal auch eine Zustimmung der irakischen Regierung fehlt. Mit der Autonomen Region Kurdistan wurde 2007 zwar ein Kooperationsabkommen geschlossen, doch erstreckt sich dieses – wie erwähnt – nicht auf militärische Maßnahmen. Das Mandat der multinationalen Streitkräfte, zuletzt verlängert mit der Sicherheitsratsresolution 1790 vom 18. Dezember 2007, ist am 31. Dezember 2008 ausgelaufen, wodurch der Irak seine volle Souveränität wiedererlangt hat. Bewaffnete Angriffe auf das Territorium des Irak waren bereits vor dem 1. Januar 2009 als Verletzung des Gewaltverbots und der territorialen Souveränität und Integrität des Irak zu werten, da die beschränkte Handlungsfähigkeit des Irak diese Ansprüche nicht schmälert.50 Grundsätzlich könnte dagegen das Argument der Selbstverteidigung vorgebracht werden, doch können die terroristischen Angriffe der PKK schwerlich als „bewaffneter Angriff“ qualifiziert werden; sog. „private Gewalt“ 49
Vgl. Steinberg (Anm. 31), 19. Vgl. M. Bothe, in: W. Graf Vitzthum (Hrsg.), Völkerrecht, 2007, 650. Das Gewaltverbot gilt auch für sog. „befriedete de facto-Regime“, vgl. J. A. Frowein, Das de factoRegime im Völkerrecht, 1968, 51 ff. 50
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reicht nicht aus, um das Recht auf Selbstverteidigung zu aktivieren.51 Es wird diskutiert, ob bei einem „failed state“, von dessen Staatsgebiet bewaffnete Gewalt ausgeht, die Schwellen für einen Rückgriff auf das Selbstverteidigungsrecht niedriger anzusetzen sind.52 Selbst wenn man dies bejahen würde, so wäre auf der Sachverhaltsebene immer noch zu prüfen, inwieweit der Nordirak tatsächlich Ausgangspunkt der Angriffe oder vielmehr allein Rückzugsgebiet darstellt. Auf jeden Fall ist strikte Verhältnismäßigkeit zu wahren und unabdingbar ist weiter die Einhaltung der Regeln des humanitären Völkerrechts.
III. Anspruch auf Selbstbestimmung Wie gezeigt, erheben die Kurden im Nordirak gegenwärtig nicht unmittelbar einen Anspruch auf Eigenstaatlichkeit, wenngleich diese Forderung bei Verhandlungen mit der Zentralregierung regelmäßig als Drohung im Raum steht und ein informell im Kurdengebiet durchgeführtes Referendum ein überwältigendes Votum für die Eigenstaatlichkeit ergeben hat. Verfügen die Kurden – im Nordirak oder möglicherweise über ihr gesamtes Siedlungsgebiet – über ein Selbstbestimmungsrecht im Sinne eines Sezessionsrechts? Verschiedentlich wird dies behauptet,53 doch eine genauere Betrachtung dieser Materie muss diesbezüglich skeptisch stimmen.54 Schon bei der ersten Frage, wer denn das entscheidungsbefugte Volk sei, würde man auf schier unüberwindbare Hindernisse stoßen. Zwar lässt sich durchaus in ethnographischer Hinsicht ein kurdisches Volk ausmachen, das durch eine gemeinsame Sprache und Kultur verbunden ist, doch darf dabei auch nicht übersehen werden, dass es innerhalb dieses Volkes unter beiden Gesichtspunkten zahlreiche Differenzierungen gibt und z.T. auch die ethnische und sprachliche 51
Vgl. P. Hilpold, Gewaltverbot und Selbstverteidigung – Zwei Eckpfeiler des Völkerrechts auf dem Prüfstand, Juristische Arbeitsblätter 3/2006, 234–239 (236 ff.). Dies gilt – trotz der missverständlichen Formulierung in Res. 1368 (2001) vom 12.9.2001 – auch in Bezug auf terroristische Angriffe. 52 Vgl. Bothe (Anm. 50), 650. 53 Vgl. G. J. Ewald, The Kurds’ Right to Secede Under International Law: Self-Determination Prevails Over Political Manipulation, Denver Journal of International Law and Policy 22 (1994), 375–407. 54 Vgl. zur gegenwärtigen Deutung des Selbstbestimmungsrechts im Völkerrecht M. G. Kohen (Hrsg.), Secession, 2006; P. Hilpold, Die Sezession – zum Versuch der Verrechtlichung eines faktischen Phänomens, Zeitschrift für öffentliches Recht 63 (2008), 117–141; D. Thürer/Th. Burri, Self-Determination, in: R. Wolfrum (Hrsg.), Max Planck Encyclopedia of Public International Law (EPIL), online edition, www.mpepil.com; P. Hilpold (Hrsg.), Das Selbstbestimmungsrecht der Völker – Vom umstrittenen Prinzip zum vieldeutigen Recht?, 2009.
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Zuordnung nicht mehr übereinstimmt. Ein ganz großes Problem wäre schließlich auch die Bestimmung des in Frage kommenden Abstimmungsgebietes, und zwar aufgrund der schon historisch bestehenden Gemengelage der Völker und nunmehr auch aufgrund des gezielten Bevölkerungstransfers durch die türkische Regierung sowie aufgrund der Flucht- und Wanderbewegungen sowohl auf türkischem Territorium als auch im Irak. Wenn Sir Ivor Jennings schon im Jahr 1956 spöttisch meinte, „the people cannot decide until someone decides who are the people“,55 so erscheint dieser Satz für den vorliegenden Fall wie maßgeschneidert. Selbst wenn sich dieses Problem lösen ließe, so wäre es trotzdem kaum möglich, eine Rechtsgrundlage für einen solchen Anspruch zu finden. Dieser steht nämlich – neben den Staaten, für welche er synonym als Recht auf Verteidigung ihrer äußeren Souveränität verstanden werden kann – nur Völkern in kolonialer Abhängigkeit und in besetzten Gebieten zu. Beide Bedingungen sind in Bezug auf das kurdische Volk nicht gegeben. Wie immer man das Verhältnis zwischen türkischem und kurdischem Volk (im ethnischen Sinne) qualifizieren mag – kolonialer Natur ist es – zumindest in rechtlicher Hinsicht – nicht, da hierunter die überseeische Landnahme durch europäische Mächte zu verstehen ist. Auch die Vorgänge kurz nach dem Ersten Weltkrieg können nicht herangezogen werden, um einen solchen Anspruch zu begründen. Der Vertrag von Sèvres aus dem Jahr 1920 ist – wie gezeigt – nie in Kraft getreten und die Republik Kurdistan ist ein Papierkonstrukt geblieben. Selbst die 1946 gegründete „Republik von Mahabad“ war mit einer Überlebensdauer von wenigen Monaten wohl nicht behauptungsfähig genug, um einen Anspruch auf Wiederherstellung zu begründen. Vielfach wird freilich auch von einem Selbstbestimmungsanspruch als Notwehrrecht („remedial secession“) ausgegangen. Auch hierfür ist – bei näherem Hinsehen – wohl kaum eine Rechtsgrundlage im Völkerrecht zu finden, selbst wenn man den Promotoren eines solchen Anspruches durchwegs zugute halten muss, dass sie aus lauteren Motiven handeln und insgesamt auch zur „Humanisierung des Völkerrechts“56 beitragen. Eine Berichterstatterkommission, die nach dem Ersten Weltkrieg im Auftrag des Völkerbundes die Rechtslage der ÅlandInseln prüfen sollte, hat folgende, häufig zitierte Stellungnahme abgegeben: The separation of a minority from the State of which it forms a part and its incorporation in another State can only be considered as an altogether exceptional solution, a last
55
Vgl. I. Jennings, The Approach to Self-Government, 1956, 56 f. Vgl. zu diesem Konzept Th. Meron, The Humanization of International Law, 2006. Für die Begründung des Konzepts eines Sezessionsrechts als Notwehrrecht war die Arbeit von L. C. Buchheit, Secession: the legitimacy of self-determination, 1978, grundlegend. 56
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Ob die Berichterstatterkommission von der Existenz eines diesbezüglichen Rechts ausgegangen ist oder nur auf ein naturrechtliches Prinzip bzw. auf politische Überlegungen verweist, erschließt sich aus diesen Ausführungen nicht. Auch die Versuche, aus der Friendly Relations Declaration des Jahres 1970 bzw. aus der Wiener Menschenrechtserklärung des Jahres 1993 ein Sezessionsrecht abzuleiten, überzeugen letztlich nicht.58 Die Sezession ist nicht mehr als ein Faktum, das von der Völkerrechtsordnung als solches nicht verboten wird und nicht verboten werden kann. Es wird aber sicherlich auch nicht gefördert, denn die Staatengemeinschaft ist – wie häufig gesagt wird – kein Selbstmörderclub.
IV. Interne Selbstbestimmung Immer wichtiger wird freilich der sog. interne Aspekt der Selbstbestimmung, das Recht auf effektive Partizipation, das auch in Zusammenhang gebracht worden ist mit einem sich herausbildenden Recht auf Demokratie.59 Dieser Ansatz wurde anfänglich kritisiert, doch haben sich in den letzten siebzehn Jahren seit seiner Vorstellung doch immer deutlichere Anzeichen ergeben, dass der betreffende Trend richtig vorausgesehen worden ist.60 57
Vgl. den Report of the International Committee of Jurists Entrusted by the Council of the League of Nations with the Task of Giving an Advisory Opinion upon the Legal Aspects of the Aaland Islands Question, Official Journal of the League of Nations, Special Supplement No. 3, October 1920, 5. 58 Vgl. dazu ausführlich Hilpold (Anm. 54), 129 ff. 59 Grundlegend Th. Franck, The Emerging Right to Democratic Governance, AJIL 86 (1992), 46–91. 60 Vgl. P. Hilpold, Self-Determination in the 21th Century – Modern Perspectives for an Old Concept, IYHR 36 (2006), 247–288 (272 ff.), wo u.a. auf Res. 2002/72 der Menschenrechtskommission vom 25. April 2002 verwiesen wird. In diesem Dokument findet sich folgende Bestätigung: „that democracy, development and respect for human rights and fundamental freedoms are interdependent and mutually reinforcing, and that democracy is based on the freely expressed will of the people to determine their own political, economic, social and cultural systems and their full participation in all aspects of their lives; that democracy, respect for all human rights, including the right to development, transparent and accountable governance and administration in all sectors of society, and effective participation by civil society are an essential part of the necessary foundations for the realization of social and people-centred sustainable development; that a democratic and equitable international order foster [also] the full realization of all human rights for all.“
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Auch in dem vielbeachteten – wenngleich aufgrund seiner Zurückhaltung auch vielkritisierten – Ergebnisdokument des UN-Weltgipfels 2005,61 wird betont, dass alle Menschenrechte, die Herrschaft des Rechts und die Demokratie miteinander verknüpft sind, sich gegenseitig verstärken und zu den universellen und unteilbaren grundlegenden Werten und Prinzipien der Vereinten Nationen gehören.62 In Abs. 135 des Ergebnisdokuments findet sich folgende Feststellung: Wir bekräftigen, dass die Demokratie ein universaler Wert ist, der auf dem frei bekundeten Willen der Menschen, ihr politisches, wirtschaftliches, soziales und kulturelles System selbst zu bestimmen, sowie auf ihrer uneingeschränkten Teilhabe in allen Aspekten ihres Lebens beruht. Wir bekräftigen außerdem, dass Demokratien zwar gemeinsame Merkmale aufweisen, es jedoch kein einheitliches Demokratiemodell gibt und dass Demokratie nicht einem Land oder einer Region gehört, und bekräftigen die Notwendigkeit, die Souveränität und das Recht auf Selbstbestimmung gebührend zu achten. Wir betonen, dass Demokratie, Entwicklung und die Achtung vor den Menschenrechten und Grundfreiheiten einander bedingen und sich gegenseitig stärken.
Trotz aller Einschränkungen, die diese Formulierung aufweist, ist das Bekenntnis zum universellen Charakter der Demokratie sowie – was ihren Gehalt anbelangt – zu einem für alle Staaten geltenden Kernbereich des Demokratieprinzips unmissverständlich.
V. Menschenrechte und Minderheitenrechte Ist nun von einer weltweiten Tendenz zur Festigung und Präzisierung der gebotenen menschenrechtlichen Schutzstandards auszugehen, so wird diese Tendenz im europäischen Raum durch den EU-Annäherungsprozess noch weiter verstärkt. Die Fortschrittsberichte der Europäischen Kommission über den Annäherungsprozess der Türkei an die von der EU vorgegebenen Kriterien und Standards geben ein gutes Bild von der aktuellen Lage und der Dynamik, die dieser Prozess ausgelöst hat. Insgesamt kann dabei sehr klar von einer positiven Entwicklung ausgegangen werden, wenngleich noch viele Aufgaben unerledigt bleiben.63 Dies gilt ins61
UN Doc. A/60/L.1. Ibid., Abs. 119. 63 Vgl. dazu beispielsweise auch die Ausführungen von N. Tocci, Comparing the EU’s Role in Neighbourhood Conflict, in: M. Cremona (Hrsg.), Developments in EU External Relations Law, 2008, 224: „[…] the enlargement process induced a fundamental process of political reform in Turkey, that granted greater rights and freedoms to all citizens, including the Kurds. […] the EU’s positive influence has not matched its potential, however. The accession process has not triggered meaningful reforms in the area of collective rights or Kurdish specific issues. […] neither did the accession process usher the way to an active EU involvement in solving the Kurdish question, nor did it trigger effective Kurdish political participation in Turkey’s democratic institutions“. 62
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besondere für die Erfüllung der sich aus der EMRK ergebenden Verpflichtungen (beispielsweise hinsichtlich der Umsetzung der Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte). Was die Einhaltung von Minderheitenrechten anbelangt, wird auch noch im letzten vorliegenden Dokument64 beanstandet, dass sich die Türkei nach wie vor weigert, ethnische und sprachliche Minderheiten auf ihrem Territorium anzuerkennen.65 Minderheitenschutzverpflichtungen entstehen aber nicht erst aus einer spezifischen Anerkennungserklärung, sondern ergeben sich ipso facto aus der Präsenz von Minderheiten, da andernfalls Minderheitenschutz von der Willkür des Heimatstaates abhängen würde.66 Der Vorbehalt gegenüber Art. 27 des UN Paktes über bürgerliche und politische Rechte 1966 dürfte gegen Ziel und Zweck des Vertrages verstoßen und damit nichtig sein.67 Die Türkei hat die Rahmenkonvention zum Schutz nationaler Minderheiten nicht unterzeichnet. Das Urteil in dem Arbeitspapier der Kommission vom 5.11.2008 fällt in Bezug auf minderheitenschutzrechtliche Vorkehrungen sehr kritisch aus: „Overall, Turkey has made no progress on ensuring cultural diversity and promoting respect for and protection of minorities in accordance with European standards“.68 64 Vgl. Commission Staff Working Document, Turkey 2008 Progress Report, SEC (2008) 2699 final, 5.11.2008. 65 Ibid., 25. 66 Vgl. F. Capotorti, Study on the Rights of Persons belonging to Ethnic, Religious and Linguistic Minorities, 1991, sowie V. Grammatikas, The definition of minorities in International Law: A problem still looking for a solution, Revue Hellénique de Droit International 52 (1999), 321–364 (340). 67 Vgl. zur Thematik des Vorbehalts gegenüber menschenrechtlichen Verträgen allgemein P. Hilpold, Das Vorbehaltsregime der Wiener Vertragsrechtskonvention: Notwendigkeit und Ansatzpunkt möglicher Reformen unter besonderer Berücksichtigung der Vorbehaltsproblematik bei menschenrechtlichen Verträgen, Archiv des Völkerrechts 4 (1996), 376–425, und T. Giegerich, Reservations to Multilateral Treaties, Max Planck Encyclopedia of Public International Law, www.mpepil.com. Zutreffend ist allerdings, dass Frankreich eine ähnliche Erklärung abgegeben hat, die auf den Ausschluss der Anwendbarkeit von Art. 27 auf diesen Vertragsstaat abzielt. In den sog. „bretonischen Fällen“ hat der Menschenrechtsausschuss diesen de-facto Vorbehalt akzeptiert, ohne jedoch explizit auf die Vereinbarkeit dieser Erklärung mit Ziel und Zweck des Vertrages einzugehen. Im Lichte der Ausführungen im Allgemeinen Kommentar (des Menschenrechtsausschusses) Nr. 24 vom 2. November 1994 ist aber wohl davon auszugehen, dass eine solche Inkompatibilität gegeben ist. Vgl. zu dieser Thematik A. Spiliopoulou Akermark, Justifications of Minority Protection in International Law, 1997, 164. Die erwähnte Inkompatibilität dürfte in Bezug auf die Türkei, wo die faktische Existenz von Minderheiten noch deutlicher ins Auge sticht, noch schwerer in Abrede gestellt werden. 68 Commission Staff Working Document (Anm. 64), 25.
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J. Schlussfolgerungen Das Kurdenproblem ist der Türkei und dem Irak gemeinsam. Bislang waren kaum Bemühungen festzustellen, aus dieser gemeinsamen Problemstellung einen übergreifenden Ansatz zu entwickeln. Die Kurdenfrage ist vielmehr zu einem wechselseitigen Streitthema geworden. Dennoch zeichnet sich klar ab, dass in beiden Ländern Lösungen für diese Frage gesucht werden und solche – mit unterschiedlichen Ansätzen – auch bereits auf dem Tisch liegen. In der Türkei scheint sich eine Lösung gegebenenfalls über einen strikt menschenrechtlichen Ansatz abzuzeichnen, wobei aber immer deutlicher wird, dass Minderheitenschutz ein unverzichtbarer Teil des Menschenrechtsschutzes ist.69 Gerade wenn die Türkei dem europäischen Menschenrechtsschutzstandard gerecht werden will – und dies ist eine Vorbedingung für einen EU-Beitritt – wird sie schließlich die Notwendigkeit eines Minderheitenschutzes anerkennen müssen. Im Irak wird dagegen ein ganz anderer Weg beschritten, nämlich der des ethnischen Föderalismus.70 Dies ist ein gewagtes Experiment. Eine ethnische definierte Autonomie birgt auch erhebliche Gefahren für den Individualrechtsschutz in sich,71 insbesondere auch was die „Minderheit in der Minderheit“ anbelangt.72 Dennoch ist dieser Lösungsansatz gegenwärtig wohl der einzig praktikable, insbesondere wenn man sich die Geschichte der Kurden im Irak ansieht und sich auch die aktuellen Gefahren vor Augen hält, denen diese Volksgruppe ausgesetzt ist. Die Kurden sind Zeugen eines beispiellosen Behauptungskampfes und physischen und kulturellen Überlebenswillens. Die Vitalität der kurdischen Sprache und Kultur im 21. Jahrhundert deutet darauf hin, dass hier – anders in den meisten Minderheitensituationen – die Zeit auf der Seite des kurdischen Volkes steht.
69
Vgl. umfassend P. Hilpold, Modernes Minderheitenrecht, 2001. Vgl. N. B. Herther-Spiro, Can Ethnic Federalism Prevent „Recourse to Rebellion?“ – A Comparative Analysis of the Ethiopian and Iraqi Constitutional Structures, Emory International Law Review 2007, 321–371. 71 Vgl. R. Lapidoth, Autonomy – Flexible Solutions to Etnic Conflicts, United States Institute of Peace Press, 2007, die aber dem Autonomiemodell dennoch grundsätzlich positiv gegenübersteht. 72 Vgl. P. Hilpold, Der Schutz der Minderheit in der Minderheit im Völkerrecht, in: P. Hilpold/Ch. Perathoner (Hrsg.), Die Ladiner – Eine Minderheit in der Minderheit, 2005, 9–30. 70
Die unruhigen Ränder Chinas: Tibet und Taiwan Von Robert Heuser
A. Einleitung Im vergangenen Jahr (2009) sind es 50 Jahre her, dass Tibet und Taiwan in das Bewusstsein einer größeren Weltöffentlichkeit getreten sind: 1959 erhoben sich die Tibeter gegen die chinesische Besatzung, und der Dalai Lama nahm Exil in Indien; ein Jahr zuvor und eins danach (1958 und 1960) scheiterten chinesische Truppen mit dem Versuch, zwei dem Festland vorgelagerte, unter der Herrschaft Taiwans stehende Inseln zu erobern. Seither sind beide Konflikte einer Lösung keinen Schritt nähergekommen und haben im Laufe der Jahrzehnte mal weniger, mal mehr die Aufmerksamkeit eines über den Kreis der unmittelbar Beteiligten hinausgehenden Publikums gefunden, besonders intensiv im vergangenen Jahr mit den Unruhen in Tibet im Zeichen der Peking-Olympiade und dem Wechsel des politischen Machtzentrums von der „Unabhängigkeitspartei“ hin zur „Wiedervereinigungspartei“ in Taiwan. Diese Koinzidenz der aktuellen Ereignisse ist dem Zufall geschuldet; sie verdeutlicht jedoch, dass China auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts mit Ungewissheiten bezüglich der Art und Weise der Zugehörigkeit von Tibet und Taiwan zu seinem Territorium zu rechnen hat. Versetzen wir uns für einen Augenblick in das Ende des 18. Jahrhunderts, sagen wir: ins Jahr 1793.1 In Peking regiert der Qianlong-Kaiser im 57. Jahr (bis 1796). Das chinesische Reich befindet sich in seiner größten Ausdehnung. Die Insel Taiwan vor der Küste im Südosten ist eine unbedeutende, der festländischen Provinz Fujian zugehörige Präfektur. Im Norden wölbt sich das Reich tief in den mittelasiatischen Kontinent, denn die Mongolei ist ungeteilt innerhalb der chinesischen Grenzen, die knapp südlich des Baikalsees verlaufen. Im Nordosten reicht das Territorium bis zu 500 km über den Amur/Heilongjiang gen Norden in den östlichsten Teil Sibiriens. Im Westen ist die nördliche Hälfte, früher Xiyu („Westliche Gebiete“), jetzt Xinjiang („Neues Grenzland“) genannt, erst kürzlich wieder
1 Zu Folgendem insbesondere Jürgen Osterhammel, China und die Weltgesellschaft. Vom 18. Jahrhundert bis in unsere Zeit, 1989.
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unter chinesische Kontrolle geraten und steht unter Militärverwaltung, und auch Tibet im Südwesten hat im Laufe der regierenden Dynastie an Autonomie immer mehr eingebüßt und wird inzwischen wie eine chinesische Provinz verwaltet. Das Reich steht auch in seinem Selbstbewusstsein auf einer hohen Stufe: Nirgendwo ist eine als gleichrangig empfundene Macht erkennbar, mit den Nachbarländern pflegt man Kontakte im Wege sog. Tributbeziehungen, d.h. im Sinne eines hierarchischen Verhältnisses. Diese Methode sucht der Kaiser wie selbstverständlich auch auf den Kontakt mit Großbritannien anzuwenden, dessen Gesandtschaft er 1793 empfängt. Den Engländern ist an der Gestaltung fester Handelsbeziehungen gelegen, während der Kaiser ständige Beziehungen ablehnt. In einem Brief an George III. zeigt sich Qianlong lediglich bereit, die Ausländer als Tributbringer in gewohnter Weise zu empfangen und sie an der chinesischen Kultur teilhaben zu lassen.2 Soweit der Blick auf chinesische Verhältnisse im Jahre 1793. Am Ende des darauf folgenden Jahrhunderts und nur wenige Jahre später am Ende der Dynastie sieht sich China in seiner territorialen Größe und Selbstsicherheit stark reduziert. 1842 war nach dem Opiumkrieg die Insel Hongkong an Großbritannien abgetreten worden; Russland hatte, als die chinesischen Kräfte im Taiping-Aufstand gebunden waren, weite Gebiete nördlich von Amur und Ussuri besetzt und sich 1858/ 1860 vertraglich zusichern lassen. Moslemunruhen in Xinjiang ausnutzend annektierte Russland einen Teil des Ili-Gebiets und konsolidierte damit seinen Vorstoß nach Zentralasien. In der Befürchtung, Russland könnte auch Tibet annektieren, entsandten die Briten 1904 von Indien aus eine Militärexpedition nach Tibet, die sich aber zurückzog, nachdem die Tibeter der Öffnung von Handelsposten zugestimmt hatten. Japan schließlich hatte bald nach dem Systemwandel von 1868 Anschluss an die imperialistischen Bestrebungen des Westens gefunden und neben anderen hegemonistischen Maßnahmen im Jahre 1895 Taiwan annektiert. Es ist diese imperialistische Szenerie, die den Hintergrund, wenn auch nicht die ausreichende Erklärung, für die Entstehung der aktuellen Territorialprobleme bildet, die man die „Tibet-Frage“ und die „Taiwan-Frage“ nennen kann. Im Folgenden werde ich zunächst die historisch-politische Entstehung der jeweiligen „Frage“ skizzieren, dann die staats- und völkerrechtlichen Implikationen erörtern, wobei ich nicht unbezweifelbare „Resultate“, sondern nur eine Diskussionsgrundlage anbieten kann.
2 Text des Schreibens in: Harley F. MacNair, Modern Chinese History. Selected Readings, Bd. 1, 1927, 2 ff.
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B. Tibet I. Historisch-politischer Hintergrund Tibet ist im 7. Jahrhundert als ein durch die Übernahme des Buddhismus (über Indien, Nepal und China) geeinter zentral-asiatischer Großstaat in die Geschichte eingetreten, der mit seinem Nachbarn China nach einer kurzen, von Tibet ausgehenden feindlichen Auseinandersetzung während der Tang-Dynastie (Friedensvertrag von 821) jahrhundertelang mehr oder weniger gleichgültig koexistierte.3 Dies wurde auch dadurch gefördert, dass Tibet bald nach der Tang-Dynastie in einzelne Fürstentümer zerfiel (lediglich West-Tibet, was in etwa das Territorium des heute innerhalb Chinas bestehenden Tibets mit den Zentren Lhasa und Shigatse umfasst, blieb relativ stabil) und deshalb für China keine militärische Bedrohung darstellte. Unter der Herrschaft Kublai Khans, des ersten Herrschers der chinesischen Mongolen-(Yuan-)Dynastie wurde Tibet ein Vasallenstaat des Yuan-Reiches (1280– 1368). Kublai Khan nahm den Lamaismus an und setzte einen hohen Lama zum Oberpriester und Herrscher von Tibet ein. Die Yuan-Periode stellt einen ersten Wendepunkt in Tibets politischem Status dar. Das bis Mitte des 13. Jahrhunderts unabhängige Land geriet in den Bereich der Herrschaft der Mongolen mit dem Schwerpunkt in Peking, wodurch es in den folgenden Jahrhunderten üblich (nicht nur für China selbst) wurde, Tibet als einen administrativen Teil Chinas zu betrachten. Unter der Ming-Dynastie (1368–1644) wurde die Praxis fortgesetzt, führende tibetische Lamas an den kaiserlichen Hof zu laden, um ihre Ernennung zu erneuern und ihnen neue Titel zu verleihen. Anfang des 15. Jahrhunderts wurde in Tibet die Sekte der Gelbmützen (Gelugpa-Schule) gegründet, jene buddhistische Richtung, die auch heute das tibetische Religionsleben prägt. Die beiden nächsten Schüler des Gründers wurden erster Dalai Lama und erster Panchen Lama, die beiden Lamas also, die – stets in zum Zeitpunkt ihres Todes Geborenen reinkarniert – die spirituelle und später auch weltliche Herrschaft innehatten. Während die Ming-Kaiser weder Macht noch Einfluss auf diese Herrscher ausübten, ging die Entwicklung unter der Qing- oder Mandschu-Dynastie (1644– 1911) dahin, dass Tibet als ein organischer Teil Chinas betrachtet wurde. Nachdem die Tibeter 1717–1720 chinesische Truppen zur Hilfe gerufen hatten, um eine Invasion der westmongolischen Dsungaren rückgängig zu machen, wurden zwei 3
Zu Folgendem insbesondere die auf einer breiten Quellenbasis beruhende Studie von Josef Kolmaš, Tibet and Imperial China. A Survey of Sino-Tibetan Relations up to the End of the Manchu-Dynasty in 1912. Occasional Paper No. 7, Australian National University, Centre of Oriental Studies, Canberra 1967. Einen umfassenden historischen Überblick bietet Warren W. Smith Jr., Tibetan Nation. A History of Tibetan Nationalism and SinoTibetan Relations, 1996.
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kaiserliche Statthalter (Ambane, chin.: zhu zang ban shi dachen) ernannt mit der Aufgabe, über Ereignisse in Lhasa nach Peking zu berichten. Sie mischten sich zunehmend in innertibetische Angelegenheiten und ihre Befugnisse wurden kontinuierlich erweitert. Erstmals wurde auch chinesisches Militär in Lhasa stationiert. Nachdem 1788 und 1792 Invasionen von Nepal (Gurkha) auf tibetisches Gebiet von chinesischen Truppen zurückgeschlagen worden waren, ordnete Kaiser Qianlong politische Reformen an, wonach die chinesische Zentralregierung die gesamte Verantwortung für die militärische, politische, wirtschaftliche und administrative Kontrolle über Tibet erhielt.4 Die Ambane fungierten dabei als Verbindungsmänner, Dalai Lama und Panchen Lama büßten ihr Recht ein, dem Kaiser Memoranden vorzulegen, sie konnten nur noch mit dem Ambanat kommunizieren und dessen Befehle entgegennehmen. Seit 1793 ist das tibetisch-chinesische Verhältnis als Souveränität Chinas über Tibet gekennzeichnet, d.h. dass auch ein Rest innerer Autonomie nicht mehr gegeben war. Durch diese Reformen wurde die politische Lage in Tibet für fast ein Jahrhundert gefestigt. Die Invasion des indischen Staates Jammu 1841 wurde durch einen Vertrag, an dem neben dem Raja von Jammu die tibetische und die chinesische Regierung beteiligt waren, beigelegt. Bei einer weiteren Invasion durch Nepal 1854 fand keine chinesische Hilfe statt: Tibet wurde geschlagen, und die Nepalesen verließen das Land zwei Jahre später, nachdem ein bilateraler Vertrag zwischen Nepal und Tibet geschlossen worden war,5 wobei Nepal aber „never opposed or even questioned the suzerainty of China over Tibet“.6 Ende des 19. Jahrhunderts geriet Tibet in die Sphäre der Expansionsstrategien europäischer Mächte.7 So unterzeichneten Großbritannien und China 1890 eine Tibet betreffende Konvention und 1893 ein Tibet betreffendes Handelsabkommen, ohne die tibetische Regierung hinzuzuziehen.8 1903/1904 unternahm die britisch-indische Regierung eine Militärexpedition (unter Oberst Younghusband), besiegte die tibetische Armee, stieß bis Lhasa vor und zwang die tibetische Regierung zur Unterzeichnung eines Abkommens zwischen Großbritannien und Tibet.9 Diese sog. Lhasa Convention von 1904 ist der erste und einzige internationale Vertrag, der unmittelbar mit Tibet ohne Vermittlung Chinas 4
Vgl. Tieh-Tseng Li, The Legal Position of Tibet, American Journal of International Law (AJIL) 50 (1956), 394 ff., 396. 5 Text in Hengtse Tu, A Study of the Treaties and Agreements Relating to Tibet. A Documentary History of the International Relations of Tibet, 1971, 25 ff. 6 Vgl. Tirtha Prasad Mishra, A Critical Assessment of the Nepal-Tibet Treaty 1856, in: Alex Mckay (Hrsg.), Tibet and Her Neighbours. A History, 2003, 137 ff., 145. 7 Einen guten Überblick gibt Hollis S. Liao, Origins of the Tibetan Independence Movement, in: Issues and Studies 1989, No. 4, 97 ff. 8 Text in Tu (Anm. 5), 30 ff. 9 Text ibid., 39 ff.
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ausgehandelt und abgeschlossen wurde. 1906 aber unterzeichnete Großbritannien ein Abkommen mit China, 1907 eines mit Russland, in denen beide Mächte die chinesische „Oberherrschaft“ oder „Suzeränität“ in Tibet anerkannten und übereinkamen, mit Tibet nur durch die chinesische Regierung zu verhandeln. Nach dem Zusammenbruch der Mandschu-Dynastie 1911 erklärte der 13. Dalai Lama (Tubten Gyatso, 1876–1933) 1913 die Unabhängigkeit Tibets von China. Aus Äußerungen des Dalai Lama scheint hervorzugehen, dass diese Erklärung (nur) auf einen Anspruch der Wahrnehmung innerer Autonomie gerichtet war.10 Jedenfalls wurde sie international nicht zur Kenntnis genommen. Auf der Simla-Konferenz 1913/1914 (Grenzziehung zwischen Indien und China/Tibet) anerkannte der britische Vertreter in Aufrechterhaltung der seit Jahrzehnten eingenommenen Position die tibetische Autonomie unter chinesischer „Suzeränität“.11 Tibet selbst, das mit den Gepflogenheiten von West- und Weltdiplomatie und Völkerrecht nicht vertraut war, bemühte sich nicht oder nur zögerlich um ein eigenstaatliches Agieren, das seine Eigenschaft als Völkerrechtssubjekt hätte belegen können – sofern es eine solche Absicht überhaupt gehabt hat –, sondern zog sich – wohl auch, weil innere Gegensätze nichts anderes erlaubten – in die Isolation zurück. Im Gegensatz zu Korea, das seit Jahrhunderten und bis in die letzten Jahre des 19. Jahrhunderts zu China in einem ähnlichen Abhängigkeitsverhältnis stand wie Tibet, hat es Tibet nicht verstanden, dem Ausland die Unabhängigkeit von China zu demonstrieren. So hat es, anders als dies Korea im Jahre 1899 getan hatte, keine Verfassung verkündet, um die eigene Staatswerdung und Souveränität zum Ausdruck zu bringen.12 Von einem angeblich 1913 mit der Mongolei geschlossenen Vertrag zur 10
So Li (Anm. 4), 402, mit Nachweisen. Text in Tu (Anm. 5), 70. 12 Der Zweck der im August 1899 verkündeten „Staatsverfassung des Großen Koreanischen Kaiserreichs“ lag ausschließlich darin, die Unabhängigkeit gegenüber China zu demonstrieren, wie überhaupt der koreanische König zwei Jahre zuvor eben aus diesem Grunde sein Königreich zum Kaiserreich erhoben hatte. Vgl. Seo-Taek Kim, Die Interpretation der Grundrechte nach dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland und nach der Verfassung der Republik Korea, Kölner juristische Dissertation, 1994, 18 f. Hatte der koreanische Vertreter bei der Unterzeichnung des koreanisch-japanischen „Vertrags über Friede und Freundschaft“ (1876), wodurch Koreas langwährende Abgeschiedenheit beendet worden war, an den japanischen Gesandten noch die Frage gestellt, „Was ist das eigentlich, ein Abkommen?“, so spiegelt der Verfassungstext von 1899 Kenntnisse des damals relevanten Staats- und Völkerrechts wider, so wie es in Korea vor allem durch die 1880 erfolgte chinesische Übersetzung von Johann C. Bluntschli, Das moderne Völkerrecht der civilisierten Staaten als Rechtsbuch dargestellt, 1876, bekannt geworden war. Dazu Hyo-Jeo Kim, Hundert Jahre Verfassungsrecht in Korea und Deutschland. Ein Beitrag zur Rezeptionsgeschichte deutschen Rechts in Korea, Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart 35 (1986), 575 ff. 11
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gegenseitigen Anerkennung der Unabhängigkeit von China ist ein offizieller Text nicht bekannt geworden.13 Wie die chinesischen Regierungen zwischen 1912 und 1949,14 so hielt auch die darauf folgende kommunistische Regierung den Anspruch Chinas auf Tibet aufrecht. Im Herbst 1950 drangen chinesische Truppen in Tibet ein und besetzten im September 1951 Lhasa. Ein zuvor von Indien vermitteltes tibetisch-chinesisches Abkommen, die sog. „17 Punkte“ vom 23.5.195115 (der erste Vertrag zwischen China und Tibet seit 821),16 bezeichnet die tibetische Regierung als „Lokalregierung“ in der „Völkerfamilie des Mutterlandes“ und spricht davon, dass „das tibetische Volk das Recht hat, ethnische Gebietsautonomie (minzu quyu zizhi) unter der einheitlichen Führung der Chinesischen Volksregierung auszuüben“ (3. Punkt) und dass „die Zentralbehörden das bestehende politische System in Tibet nicht verändern, die Befugnisse des Dalai Lama und des Panchen Lama nicht antasten werden“ (4. und 5. Punkt). Religion, Sitten, Gebräuche und Produktionsweisen des tibetischen Volkes sollten respektiert und die Lamaklöster geschützt, die tibetische Sprache in Wort und Schrift sowie das Schulwesen entwickelt werden (Punkte 7, 9, 10) und insbesondere: „Es bleibt der lokalen Regierung in Tibet überlassen, Reformen selbständig durchzuführen“ (11. Punkt). Die auswärtigen Angelegenheiten sollten durch die Zentralregierung gehandhabt werden (14. Punkt). Damit schien das historische Bild der Suzeränität (inneren Autonomie) erneuert, was sich aber angesichts des neuartigen Konzepts der „ethnischen Gebietsautonomie“ (minzu quyu zizhi)17 (3. Punkt) und dann auch in der Praxis nicht bewahrheiten sollte: China betätigte sich sofort als Agent von Modernisierung nach eigenen Vorstellungen (Straßenbau, Schulen, Krankenhäu-
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Zu diesem „Vertrag“ vgl. Alfred P. Rubin, The Position of Tibet in International Law, in: China Quarterly, No. 35 (July–September 1969), 110 ff., 123. Die Äußere Mongolei hatte im Dezember 1911 ihre Unabhängigkeit proklamiert. 14 Nach Art. 3 der vorläufigen Verfassung von 1912 „umfaßt das Staatsgebiet der Republik China 22 Provinzen sowie die innere und äußere Mongolei, Tibet und Qinghai“. Die meisten der folgenden Verfassungen bis hin zur Verfassung von 1946 enthielten ähnliche Artikel. Die Investitur des derzeitigen Dalai Lama am 21.2.1940 in Lhasa wurde in Anwesenheit des Vorsitzenden der Kommission für mongolische und tibetische Angelegenheiten der Chinesischen Nationalregierung durchgeführt, vgl. Li (Anm. 4), 397. Auch 1997, als der Dalai Lama Taiwan einen Besuch abstattete, wurde er dort als Bürger der „Republik China“ und nicht als Staatsgast behandelt, vgl. Neue Zürcher Zeitung (NZZ) vom 25.3.1997, 3. 15 Text in Tu (Anm. 5), 104 ff. 16 Die sich allerdings darin unterscheiden, dass der erste als internationalrechtlicher, der zweite als „verfassungsrechtlicher“ Vertrag anzusehen ist. 17 Dazu unten bei II. 2.
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ser, Agrartechnik u.a.)18 und betrieb eine extrem repressive Religionspolitik,19 womit sich die Chinesen in den Augen der Tibeter als Eroberer zu erkennen gaben. Das führte 1959 zum Aufstand in ganz Tibet, wobei (nach chinesischen Quellen)20 85.000 Tibeter zu Tode kamen. China sah sich nun (auch offiziell) nicht mehr an das 1951er Abkommen gebunden, und Tibet wurde in den gesamtchinesischen Entwicklungsprozess einbezogen.21 Auf dem Teil des tibetischen Siedlungsgebiets, der zwischen 1912 und 1951 von Lhasa kontrolliert worden war (sog. „Äußeres Tibet“, d.h. Zentral- und Westtibet, bestehend aus den Provinzen Tsang und Ü sowie dem zur Provinz Kham gehörenden Chamdo-Gebiet im Osten), wurde (nachdem 1956 unter dem Vorsitz des Dalai Lama ein Vorbereitungskomitee gebildet worden war) im September 1965 (als letzte der sog. Autonomen Regionen)22 die gut 1,2 Millionen km2 umfassende sog. „Autonome Region Tibet“ (xizang zizhiqu) errichtet, in der heute etwa die Hälfte der gut 5 Millionen Tibeter lebt, während die andere Hälfte in den Gebieten (Provinzen Amdo und Kham) angesiedelt ist, die als von Lhasa unabhängige Fürstentümer spätestens seit dem frühen 18. Jahrhundert den Nachbarprovinzen bzw. -territorien Qinghai,23 Sichuan und Yunnan angegliedert worden waren, in denen sie heute sog. „autonome Bezirke“ (zizhi zhou) oder „autonome Kreise“ (zizhi xian) bilden. Nachdem 18
Vgl. etwa Karl Grobe-Hagel, Hinter der Großen Mauer. Religionen und Nationalitäten in China, 1991, 95 f., 102. Besonders schädlich wirkte sich die chinesische Anordnung aus, den traditionellen Anbau von Gerste durch den Anbau der in Nordchina üblichen Getreidearten zu ersetzen. 19 Dazu bietet der Bericht der Internationalen Juristenkommission einiges Material: International Commission of Jurists, The Question of Tibet and the Rule of Law, 1959, 35 ff. 20 So Grobe-Hagel (Anm. 18), 99, der aber keinen Nachweis anführt. 21 Nach chinesischer Sprechweise erfolgten die bislang aufgeschobenen „demokratischen Reformen“, d.h. „die Leibeigenen, die auch noch nach 1951 als ‚sprechendes Vieh‘ galten, wurden zum ersten Mal freie Menschen und Herren ihres Landes und ihrer Weiden …“, Beijing Rundschau 1991, Nr. 21, 23. 22 Nachdem schon 1947 die Autonome Region der Inneren Mongolei errichtet worden war, entstanden seit Mitte der 1950er Jahre vier weitere derartige Gebiete (Xinjiang Uigur, Guangxi Zhuang, Ningxia Hui und Tibet). Regionale Autonomie soll ferner in 30 „autonomen Bezirken“ und 120 „autonomen Kreisen“ ausgeübt werden. Diese Gründungen dienten dem mit Selbstverwaltungsmodellen stets einhergehenden doppelten und nicht widerspruchsfreien Zweck, 1. zu erreichen, dass sich die ethnischen Minderheiten mit dem (neuen) Gesamtstaat identifizieren und 2. die Kontrolle über die (Grenz-)Gebiete sicherzustellen. Vgl. etwa Edgar Tomson, Die Minderheiten in der Volksrepublik China, in: Boris Meissner (Hrsg.), Das Selbstbestimmungsrecht der Völker in Osteuropa und China, 1968, 204 ff. 23 Kulturell und demographisch tibetisch geprägt, wurde das über 720.000 km2 große Qinghai seit der Mongolen-Zeit als Militärgebiet und wird erst seit 1929 als eine Provinz Chinas verwaltet.
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bereits bis 1966 ein Großteil der knapp 3000 bis beinahe 6000 Lamaklöster und Tempel24 zerstört worden war, erfolgte die fast vollständige Zerstörung des verbliebenen Rests während der chinesischen sog. Kulturrevolution (1966–1976). Tausende Tibeter starben in Arbeitslagern, durch Verfolgung oder Hungersnöte.25 Mit der vorsichtigen Öffnung Tibets seit den 1979 in China einsetzenden Reformen geht nicht nur eine Wiederbelebung der einheimischen religiösen und kulturellen Traditionen, eine Förderung des wirtschaftlichen Aufbaus und eine gewisse Privilegierung bei den Geburtenplanungsprogrammen einher, sondern auch eine Stationierung großer Militärkontingente, eine Ausbeutung der natürlichen Ressourcen und eine Zuwanderung ethnischer Chinesen, die in den (nicht zahlreichen) größeren Städten bereits die Mehrheit bilden.26 Von Klöstern ausgehend kam es seit 1987 wiederholt zu schweren Unruhen, was 1989/1990 zur Verhängung des Kriegsrechts führte. Die Auseinandersetzung um die Nachfolge des Panchen Lama (seit 1995) mit der chinesischen Regierung27 und die 1996 in den Klöstern einge24
Die Angaben schwanken. Hier ist es allerdings schwierig, interessengeleitete von realitätsnahen Zahlen und Angaben zu scheiden. Barry Sautman, Is Tibet China’s Colony?: The Claim of Demographic Catastrophe, Columbia Journal of Asian Law 15 (2001), 81 ff., stellt fest, dass „far from being decimated by a demographic catastrophe, the Tibetan population of the PRC has likely doubled in a half-century“. Ebenso mit umfangreichem empirischem Nachweis ders., ‚Demographic Annihilation‘ and Tibet, in: Barry Sautman/June Teufel Dreyer (Hrsg.), Contemporary Tibet. Politics, Development, and Society in a Disputed Region, 2006, 230 ff. Vgl. auch die diesbezüglichen Anmerkungen von Erwin Wickert, Tibet – Zweifel und Hoffnungen, in: Petra Kelly/Gert Bastian (Hrsg.), Tibet klagt an. Zur Lage in einem besetzten Land, 1990, 42 ff. 26 Allerdings leben 85 % der Tibeter meist als Nomaden, Halbnomaden oder Bauern in ländlichen Gebieten. Der Anteil der Han an der Gesamtbevölkerung belief sich 1990 auf knapp 11 %, vgl. Thomas Hoppe, Tibet heute. Aspekte einer komplexen Situation, 1997, 64. 27 Nachdem der 10. Panchen Lama (er war nach 1959 in Tibet/China geblieben) im Januar 1989 in Shigatse (West-Tibet) verstorben war, wurde dessen Reinkarnation im Mai 1995 durch eine vom Dalai Lama autorisierte Kommission gefunden. Da die chinesischen Regierung dieses Ergebnis nicht anerkannte, setzte sie eine eigene Findungskommission ein, die im November desselben Jahres ein anderes Kind als 11. Reinkarnation des Panchen Lama identifizierte, dem in Peking eine „patriotische“ Erziehung zuteil wurde. Dass diese auf Spaltung der Tibeter angelegte „Reinkarnationspolitik“ auch bei der Nachfolge des derzeitigen Dalai Lama angewandt werden wird, zeigen die 2007 vom Staatlichen Büro für Religionsangelegenheiten erlassenen „Verwaltungsmaßnahmen für die ‚Reinkarnation Lebender Buddhas des tibetischen Buddhismus“, wonach das Verfahren zur Identifizierung von Reinkarnationen und das Findungsergebnis staatlicher Genehmigung bedürfe und eine Einmischung von außerhalb des chinesischen Staatsgebiets nicht toleriert werde. Der Dalai Lama hat seinerseits schon früher erklärt, dass er eine Inkarnation in einem von China kontrollierten Tibet ausschließe. 25
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leitete Kampagne „patriotischer Umerziehung“28 verschärften die Widerstandshaltung, die sich im Frühjahr 2008 einmal mehr in Aufständen in Lhasa und anderen Orten manifestierte. Zur Beilegung des Konflikts wird von Auslandstibetern, aber auch von demonstrierenden Mönchen und Nonnen in Tibet die (Wieder-)Herstellung einer tibetischen Eigenstaatlichkeit gefordert, die derzeitige chinesische Herrschaft gilt ihnen als illegal. Der Dalai Lama betont demgegenüber Tibets Zugehörigkeit zum chinesischen Staatsverband und verlangt – allerdings für den ganzen tibetischen Siedlungsraum (das ethnographische Tibet) – „echte Autonomie“ auf der Grundlage eines rein tibetischen Rechtssystems (sog. „Mittelweg“).29 Wie sind solche Forderungen rechtlich zu beurteilen?
II. Rechtliche Würdigung 1. Eigenstaatlichkeit Ein Anspruch auf Eigenstaatlichkeit wäre dann begründet, wenn die chinesischen Truppen 1950 einen souveränen Staat überfallen und ihn in der Folge annektiert hätten. Da das Völkerrecht der UN-Charta durch Gewaltverbot gekennzeichnet ist, wäre eine Annexion als rechtswidrige Aneignung von Territorium zu qualifizieren und China hätte einen wirksamen Gebietstitel nicht erworben. War Tibet also zwischen 1913 (Unabhängigkeitserklärung) und 1950 ein souveräner Staat? Voraussetzung dafür wäre, dass die Unabhängigkeitserklärung rechtswirksam erfolgte. Wie dargelegt, wurde während des ganzen 19. Jahrhunderts die Oberhoheit Chinas über Tibet von den involvierten Staaten anerkannt, obwohl sich seit Ende des Jahrhunderts die in Tibet ausgeübte chinesische Autorität als zunehmend ineffektiv erwies. Noch 1907 kam es zu Verträgen zwischen Russland und Großbritannien „betreffend Persien, Afghanistan und Tibet“, in denen es hieß „reconnaissant les droits suzerains de la Chine sur le Tibet“. Die Unabhängigkeitserklärung nur sechs Jahre später würde also eine Sezession bedeuten, die weder von China noch international anerkannt wurde. Im Übrigen ist es zweifelhaft, ob überhaupt die Loslösung von China „erklärt“ worden ist oder ob nicht eher davon auszugehen ist, dass lediglich einem Verlangen nach innerer Autonomie Ausdruck
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Die etwa das Verbot umfasst, Bilder des Dalai Lama in den Klöstern anzubringen. Zu dem 1987 im US Senat, 1988 vor dem Europäischen Parlament vorgeschlagenen Autonomiekonzept vgl. He Baogang, The Dalai Lama’s Autonomy Proposal, in: Barry Sautman/June Teufel Dreyer (Anm. 25), 61 ff. 29
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verliehen wurde.30 Wenn die International Commission of Jurists in ihrem Bericht von 1959 zu dem Ergebnis kam: „It is therefore submitted that the events of 1911– 1912 mark the re-emergence of Tibet as a fully souvereign state, independent in fact and in law of Chinese control“,31 so ist dies nicht überzeugend. Als ein erstarktes China 1950 seinen nie aufgegebenen Souveränitätsanspruch realisierte, lag darin keine Annexion eines fremden Staates, was auch darin eine Bestätigung findet, dass Chinas Vorgehen von Indien und anderen Staaten Verständnis entgegen gebracht wurde, Großbritannien zusammen mit Indien bei den Vereinten Nationen durchsetzte, die Angelegenheit dort nicht weiter zu behandeln32 und die in der UNO organisierten Staaten durchweg Tibet als Bestandteil Chinas betrachten.33 Ein Anspruch auf Eigenstaatlichkeit kann also nicht darauf gestützt werden, dass China Tibet 1950 annektiert und somit einen gültigen Territorialtitel nicht erlangt habe.34 Zu bedenken ist aber ein Zweites: Selbst wenn man annimmt, dass der Einmarsch chinesischer Truppen 1950 nicht völkerrechtswidrig war,35 so bleibt zu klären, ob das auf den Abschluss der Vereinbarung von 1951 folgende Verhalten der chinesischen Behörden für Tibet ein solches Maß an Menschenrechtsverletzung mit sich gebracht hat, dass ein Verbleiben im chinesischen Staatsverband unzumutbar, eine Sezession gerechtfertigt erscheint. Hier ist an die Missachtung der im Vertrag von 1951 zugesagten Autonomierechte zu denken, dann an die blutige Niederschlagung des aus dieser Missachtung resultierenden Aufstands von 30 Es scheint insofern intertibetisch keine Eindeutigkeit geherrscht zu haben. Die Haltung gegenüber China war auch schon vorher gespalten: Während eine Gruppe, repräsentiert durch den Dalai Lama, eine reservierte Haltung einnahm, war eine andere, durch den Panchen Lama (der sich häufig in Peking aufhielt) repräsentierte Gruppe chinafreundlicher eingestellt, vgl. Hoppe (Anm. 26), 119. 31 International Commission of Jurists (Anm. 19), 85. 32 Rubin (Anm. 13), 138 f. 33 Das im April 1954 geschlossene indisch-chinesische Abkommen über Tibet – Indien folgte dem britischen Beispiel von 1890 und 1907, die Zuziehung eines tibetischen Vertreters nicht zu erwägen – enthielt bereits in der Präambel den Begriff der „tibetischen Region Chinas“, was eine Anerkennung der Zugehörigkeit Tibets zu China impliziert. Als es 1959 zum Aufstand in Tibet kam, äußerte sich der indische Premierminister Nehru so: „Tibet berührt unser Herz auf das tiefste; Tibet ist kulturell ein Geschöpf Indiens oder jedenfalls des Buddhismus, und Buddha war der größte Inder aller Zeiten; wir sind an der Autonomie Tibets stark interessiert“, NZZ vom 6.4.1959, 2. 34 Auch in der Resolution, die die UN-Generalversammlung im Oktober 1959 nach dem Aufstand der Tibeter annahm, wurde die Zugehörigkeit Tibets zu China nicht in Frage gestellt, Rubin (Anm. 13), 153. 35 Rubin (Anm. 13), 142, gelangt zu dem Ergebnis, dass Chinas Einmarsch von 1950 „may tentatively be classified as a breach of international law“.
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1959 und die sich anschließenden durch Technisierung immer intensiver werdenden Sinisierungs-Maßnahmen (Besiedlung, Modernisierung nach chinesischem Muster), schließlich an die Exzesse der sog. Kulturrevolution zwischen 1966 und 1976, eine Serie chinesischer Maßnahmen, Eingriffe und Übergriffe, die dazu geführt hat, die tibetische Bevölkerung politisch, wirtschaftlich und kulturell zu marginalisieren36 und ihre religiöse Kultur zu zersetzen.37 Dies könnte zur Entstehung eines Anspruchs dergestalt geführt haben, dass das den Tibetern gemäß der UN-Charta und den UN-Menschenrechtspakten zustehende Selbstbestimmungsrecht – im Sinne einer „absolutely exceptional solution“38 – nur durch Sezession adäquat ausübbar erscheint, wohinter der Anspruch Chinas auf territoriale Integrität zurückzutreten hätte.39 Denn, so könnte man im Hinblick auf eine junge „Fallstudie“ ergänzen, was die internationale Gemeinschaft den Kosovaren zugesteht, kann den Tibetern keineswegs verwehrt werden.40
2. „Echte“ Autonomie Wie immer eine solche weitgehende Ausübung des Selbstbestimmungsrechts begründet werden mag – die Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatsachen läge bei den Tibetern –, eine Aussicht auf Verwirklichung ist nicht ersichtlich, kaum vorstellbar und wegen eines die Stabilität Chinas im Ganzen gefährdenden Präzedenzfalles weltpolitisch auch nicht wünschbar, ganz abgesehen davon, dass 36
So wird dargelegt, dass ausweislich der Volkszählungen von 1982 und 1990 die Analphabetenrate mit 45 % in Tibet die höchste in China ist (Landesdurchschnitt unter 20 %) und die in Tibet vermarkteten Waren 1985 zu 96 % aus den Provinzen des chinesischen Kernlandes stammen, Grobe-Hagel (Anm. 18), 106 f. Es ist jedoch nicht deutlich, inwieweit hier auch, oder gar vornehmlich, eigen-tibetische Gegebenheiten, insbesondere der sozio-kulturelle Hintergrund und wirtschaftliche Entwicklungsstand ursächlich sind. 37 Wobei der von der tibetischen Exilregierung in Dharamsala häufig benutzte Begriff eines „kulturellen Genozids“ aber unangebracht, da vornehmlich polemisch ist. Vgl. dazu die gründliche Studie von Barry Sautman, „Cultural Genocide“ and Tibet, Texas International Law Journal 38 (2003), 173 ff., wo es auf Seite 177 heißt, dass „much of the emigré discourse on cultural genocide is a systematic misreading of the effects of the cultural transformation that attends social and economic change in Tibet“. 38 Vgl. Daniel Thürer, Self-Determination, in: R. Bernhard (Hrsg.), Encyclopedia of Public International Law, vol. 4, 2000, 364 ff., 367, wonach diese Situation vorliegt, „when a state brutally violates or lacks the will or the power to protect human dignity and the most basic human rights“. Es ist schwer zu bestreiten, dass eben dies in der Folge von „1959“ und bis zum Ende der Mao-Epoche stattgefunden hat. 39 Dieser Ansicht ist z.B. Hoppe (Anm. 26), 39. 40 So etwa auch Paul Harris, Tibet’s Legal Right to Autonomy, Far Eastern Economic Review, May 2008, 17 ff., 20.
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„Unabhängigkeit“ vom derzeitigen Dalai Lama gar nicht (mehr) gefordert wird.41 Schon 1973 hatte er sich mit einer von China „wirklich garantierten Autonomie einverstanden erklärt, würdigte die Verdienste Mao Zedongs für China uneingeschränkt und wusste Erstaunliches über die Verträglichkeit des Buddhismus mit dem Marxismus sowie über eigene ideologische Studien zu berichten“.42 Da nach dem Völkerrecht „alle Volksgruppen das Recht auf eine soziale, wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung ohne Diskriminierung im Rahmen eines Staates haben“,43 bleibt zu prüfen, wie der (auch von China nicht bestrittene) Selbstbestimmungsanspruch der Tibeter durch Herstellung einer bestimmten Rechtslage innerhalb des chinesischen Staatsverbands, also durch ein bestimmtes AutonomieStatut ausgeübt werden könnte. Diese sog. „innere Selbstbestimmung“ ist Teil der völkerrechtlich geschützten Menschenrechte nach den UN-Weltpakten von 1966, von denen China den Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte ratifiziert und den Pakt über bürgerliche und politische Rechte unterzeichnet hat und die Ratifizierung derzeit vorbereitet. Die gleichlautenden Art. 1 beider Pakte weisen das Konzept der Selbstbestimmung nicht als ein Menschenrecht unter anderen aus, sondern sehen in diesem kollektiven Menschenrecht die Voraussetzung dafür, dass individuelle Menschenrechte überhaupt zu Entstehung gelangen, besessen und ausgeübt werden können. Das bedeutet, dass das betreffende innerstaatliche Autonomie-Statut eine Qualität aufweisen muss, durch die die Angehörigen der Minderheit in die Lage versetzt werden, „ihr eigenes kulturelles Leben zu pflegen, ihre eigene Religion zu bekennen und auszuüben (und) sich ihrer eigenen Sprache zu bedienen“ (Art. 27 Pakt über bürgerliche und politische Rechte).44 Während das (allerdings nicht durchgeführte) Abkommen von 1951 („17 Punkte“) ein solches Statut relativ substanzhaft definierte,45 so ist dies auf der 41
Was den im Ausland tätigen Tibetischen Jugendkongress allerdings nicht daran hindert, eben diese Forderung zu stellen. Demgegenüber erklärte der Dalai Lama mehrfach, so auch in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung vom 8.5.1995: „Unabhängigkeit wäre kaum zu erreichen und auch nicht unbedingt das Beste für Tibet. Tibet ist ein riesiges Land und noch sehr rückständig. Wir brauchen Hilfe. Vom friedlichen Zusammenleben mit einer Milliarde chinesischer Brüder und Schwestern könnten wir profitieren“. 42 Nach Helmut Martin, Tibet ist nicht Chinas Vietnam, Indo-Asia 1974, Nr. 3, 1 ff., 10. 43 Alfred Verdross/Bruno Simma, Universelles Völkerrecht. Theorie und Praxis, 3. Aufl. 1984, 320. 44 Auch Thürer (Anm. 38), 373, sieht Art. 27 „in the light of the principle of selfdetermination (Art. 1)“. 45 Es ist allerdings zu beachten, dass diesem Abkommen bereits das neuartige Konzept „ethnischer Gebietsautonomie“ (minzu quyu zizhi) zugrunde lag (vgl. Art. 3), das durch Art. 51 des „Gemeinsamen Programms“ vom September 1949, einer Art ersten Verfassung der wenige Tage darauf auszurufenden Volksrepublik, zum Ausdruck gebracht worden war. Dieses Konzept seinerseits steht im Zusammenhang mit dem Prinzip des „demokrati-
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Grundlage des chinesischen Gesetzes über ethnische Gebietsautonomie (minzu quyu zizhi fa) von 1984 (in der Fassung von 2001)46 nicht nur in empirisch-praktischer, sondern auch in normativ-theoretischer Hinsicht zweifelhaft. Einerseits räumt es (ähnlich dem 1951er Abkommen) religiöse, kulturelle (Sprache, Bildungswesen, Literatur, Kunst, Presse- und Verlagwesen, Film- und Fernsehen etc.), wirtschaftliche (Naturressourcen), administrative (örtliche Ordnungskräfte) und auch legislative Minderheitenrechte ein,47 deren Maß an praktischer Umsetzung je nach der Herkunft der betreffenden Quellen sehr unterschiedlich beurteilt wird. So stehen den durchweg pessimistischen Einschätzungen der tibetischen Emigranten48 idealisierende Darstellungen der Art gegenüber, wie sie zuletzt im Weißbuch des Informationsbüros des Chinesischen Staatsrats von September 2008 über „Protection and Development of Tibetan Culture“49 ihren Niederschlag fanden.50 Letztlich kann jedoch dahingestellt bleiben, wie die praktische Umsetzung beurteilt werden mag, denn die Minderheitenrechte stehen andererseits (und schen Zentralismus“, den Art. 15 des Gemeinsamen Programms so bestimmt, dass „die Organe der Staatsmacht der niedrigen Stufen den Organen der Staatsmacht der höheren Stufen und alle lokalen Organe der Staatsmacht der Zentralen Volksregierung unterstehen“. 46 Deutsche Übersetzung der Ursprungsfassung (die Revision von 2001 ändert nichts an der Grundstruktur und zielt auf stärkeres Engagement des Staates bei der Entwicklung von Wirtschaft, Bildung und Kultur), Osteuroparecht 1985, 94 ff. 47 Nach § 19 des Gesetzes können die Volkskongresse dieser Gebiete sog. Autonomiebestimmungen (zizhi tiaoli) und Einzelbestimmungen (danxing tiaoli) entsprechend den lokalen Gegebenheiten ausarbeiten. Zur Frage, wie weitgehend traditionelle Gewohnheiten, auch wenn sie mit dem staatlichen Gesetzesrecht in Widerspruch stehen, geduldet werden, Robert Heuser, Einheitlichkeit oder Pluralismus des Rechts? Zur „Wiederentdeckung“ des Gewohnheitsrechts in der VR China, China aktuell 2008, Nr. 4, 165 ff., 174 f. 48 Nach Hoppe (Anm. 26), 13, malen diese Einschätzungen „das Bild eines sterbenden Tibet (und) vernichten das eigene Land – mit verbalen Mitteln – noch einmal. Das gemalte Bild entspricht nicht oder nur unvollständig der Realität“. 49 Englisch in: China Daily vom 26.9.2008. Vgl. auch Luo Qun, Selbstbestimmungsrecht in Tibet, Beijing Rundschau 1991, Nr. 21, 25 ff., wo ein Bild umfassender Praktizierung der Minderheitenrechte und der Bewahrung der tibetischen Kultur (bis hin zur Förderung der Tibetologie) entworfen wird. So auch der am 31.3.2009 publizierte „Bericht über die Entwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft in Tibet“ eines „Chinesischen Forschungszentrums für Tibetstudien“ (Renmin-ribao/haiwaiban). 50 Sautman, Is Tibet China’s Colony? (Anm. 25), 207 ff., misst letzteren eine größere Realitätsnähe bei als ersteren. Was die allgemeine Menschenrechtslage in Tibet betrifft, so kommen Felix Ermacora und Wolfgang Benedek zu dem Ergebnis, dass sie sich nicht wesentlich von der Situation in China allgemein unterscheidet, jedoch wegen der als Staatsfeind Nr. 1 betrachteten Unabhängigkeitsbewegung größere Härte gezeigt wird“, Bericht der österreichischen Rechtsexpertendelegation über ihren Besuch in China/Tibet im Juli 1992, Verfassung und Recht in Übersee 1993, 22 ff., 46.
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anders als nach dem Abkommen von 1951) unter dem Vorbehalt der Wahrung des sozialistischen Systems (und des Marxismus-Leninismus – Präambel), des Weiteren unter dem Vorbehalt, dass die „Selbstverwaltungsorgane den Interessen des Staats als Ganzem Priorität einräumen“ (§ 7). Ein der Versöhnung dienendes Autonomiestatut – als Orientierungspunkt könnte immer noch das 17-PunkteAbkommen von 1951 dienen51 –, müsste auf den pauschalen Vorrang sog. Interessen des Gesamtstaates verzichten, den in einem demokratischen Verfahren geklärten Willen der Tibeter widerspiegeln und Institutionen zur Sicherung der auf Erhaltung und selbstbestimmten Wandel der kulturellen Identität des tibetischen Volkes (mit den Kernelementen Religion, Sprache, Schutz von Naturressourcen52 und Kontrolle von Han-Einwanderung) zielende Autonomie-Substanz – eine Art Verfassungsgericht – vorsehen. Dies macht deutlich, dass eine nachhaltige Klärung des Status sog. Gebiete mit ethnischer Autonomie (von denen Tibet nur eines ist) ein neues Verfassungskonzept erfordert, insbesondere den Verzicht auf das leninistische Organisations- und Leitungsprinzip des „demokratischen Zentralismus“53 und des Weiteren ein neues Menschenrechts-Verständnis, das sich darum bemüht, Individual- und Kollektivinteressen, Interessen ethnischer Minderheiten und Gesamtstaatsinteressen in einer institutionalisierten Weise zum Ausgleich zu bringen. Da es zahlreiche ethnische Minderheiten in China gibt,54 von denen die Tibeter nach der Bevölkerungszahl nur eine mittelgroße sind, bedeutet die Her51
Dessen 40. und 50. Jahrestage in China intensiv gefeiert wurden, im Mai 2008 sogar der 57. Die Schlagzeile in der Parteipresse lautete: „Eine großartige Wende der tibetischen Geschichte“ (xizang lishi de weida zhuanzhe), was als Zitat aus einem Interview gekennzeichnet ist, das der damalige tibetische Chefdelegierte und Unterzeichner des Abkommens, der heutige 98-jährige Vizepräsident der Chinesischen Konsultativkonferenz Ngapoi Ngawang-Jigme mit der chinesischen Nachrichtenagentur geführt hat, Renmin ribao vom 22.5.2008. In dieser wie in früheren ähnlichen Stellungnahmen ist das Bemühen deutlich, das rechtmäßige Zustandekommen des Abkommens klarzustellen. Zu diesbezüglichen tibetischen Vorbringungen vgl. Rubin (Anm. 13), 143 f. 52 Ressourcenschutzgesetze enthalten Absichtserklärungen wie die folgende: „Fördert der Staat mineralische Ressourcen in Autonomen Regionen ethnischer Minderheiten, so hat er die Interessen dieser Regionen zu berücksichtigen, Vorkehrungen für den Wirtschaftsaufbau dieser Regionen zu treffen sowie die Produktion und das Leben der ethnischen Minderheiten in diesen Regionen in Betracht zu ziehen“, § 10 des Gesetzes über mineralische Ressourcen von 1996. 53 Nach § 3 des Gesetzes über ethnische Gebietsautonomie „führen die Selbstverwaltungsorgane das Prinzip des demokratischen Zentralismus durch“, was eine Unterordnung dieser Organe unter die Beschlüsse höherer Organe von Staat und Partei bedeutet, die „Selbstverwaltung“ also durchkreuzt. 54 Dazu Grobe-Hagel (Anm. 18); Thomas Heberer, Nationale Minderheiten, in: Brunhild Staiger/Stefan Friedrich/Hans-Wilm Schütte (Hrsg.), Das Große China-Lexikon, 2003, 526 ff.
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stellung einer die Minderheitenvölker zufriedenstellende und die Integrität des Gesamtstaats wahrende Autonomie ein hochkomplexes und risikoreiches Unterfangen. Dem wird sich eine teils verunsicherte, teils ihrer – angesichts eines Gegners mit nur geringer bargaining power – Verhandlungsstärke bewusste chinesische Regierung, die sich hier mit der öffentlichen Meinung innerhalb KernChinas in Einklang weiß, allenfalls im Sinne einer Fortentwicklung der im Gesetz von 1984 niedergelegten Grundsätze annähern.55
C. Taiwan I. Historisch-politischer Hintergrund Nachdem die Insel Taiwan, die im dynastischen Übergang von Ming zu Qing (Mitte des 17. Jh.) eine gewisse Rolle gespielt hatte, Ende des 17. Jahrhunderts als eine Präfektur (Taiwan-fu) der festländischen Provinz Fujian einverleibt worden war,56 wurde sie 1887 zu einer eigenständigen chinesischen Provinz und nur acht Jahre später als Folge des chinesisch-japanischen Kriegs von 1894/1895 und des Vertrags von Shimonoseki an Japan abgetreten. Während des Zweiten Weltkriegs erklärten Großbritannien, China und die USA 1943 in Kairo die Absicht, alle Gebiete, „die Japan von China gestohlen hat“, darunter Taiwan, „an die Republik China zurückzugeben“, was 1945 auf der Konferenz von Potsdam bestätigt wurde. Am Ende des Krieges bevollmächtigte der Oberste Befehlshaber der Alliierten Streitkräfte im Pazifik die chinesischen Behörden, die von den Japanern aufgegebene Insel zu okkupieren. Die chinesischen Truppen und Beamten, zunächst von der taiwanischen Bevölkerung freudig begrüßt, erwiesen sich bald mehr als Eroberer denn als Befreier. Korruption, Menschenrechtsverletzungen und eine allgemeine Misswirtschaft führten im zweiten Jahr der chinesischen Präsenz zu dem „Vorfall vom 28.2.“ (1947). Die taiwanische Bevölkerung lehnte sich gegen die Besatzer auf und wurde im Verlauf des Niederschlagens des Aufstands um etwa
55 Nach Baogang (Anm. 29), 72, konzeptualisiert man in Peking „several models of autonomy to meet the needs of different circumstances. While Hong Kong enjoys a higher form of autonomy, Tibet should enjoy much less autonomous power than Hong Kong but greater autonomous power than that for Xinjiang and Inner Mongolia“. Dem konzeptionellen Denken ist natürlich auch der große Wurf einer „Lösungsmöglichkeit durch Schaffung eines föderativen Staates“ nicht verborgen geblieben, vgl. etwa Thomas Heberer, Autoritäre Kontrolle. Tibet ist kein Einzelfall, Handelsblatt vom 1.4.2008, 9. 56 Zu diesen frühen Vorgängen John R. Shepherd, Statecraft and Political Economy on the Taiwan Frontier, 1600–1800, 1993.
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20.000 ihrer führenden Mitglieder dezimiert. Im Mai 1947 wurde Taiwan von der festlandchinesischen Regierung zu einer der 35 Provinzen der Republik China erklärt. Zwei Jahre später setzte der sich im Bürgerkrieg unterlegene Jiang Jieshi (d.i. Chiang Kaishek) auf die Insel ab, wo das von ihm mitgeführte Regime der „Republik China“ zunächst in der Erwartung einer „Rückeroberung des Festlands“ als an die Person Jiangs geknüpfte Autokratie („martial law“ bis 1987) und seit Mitte der 1980er Jahre als allmählich konsolidierte rechtsstaatliche Demokratie fortexistiert. Wurde während des Jiang-Regimes ein sich auf ganz China erstreckender Vertretungsanspruch behauptet, der auch nach dem Ende 1971 vollzogenen Repräsentationswechsel in der UNO aufrechterhalten wurde, so wurde Mitte der 1990er Jahre dieser Anspruch jedenfalls im Rahmen der internationalen Beziehungen zurückgenommen und die Jurisdiktion der taiwanischen Regierung auf Taiwan beschränkt, wobei über den staats- und völkerrechtlichen Status der Insel zwischen den im Wesentlichen zwei politischen Gruppierungen kein Konsens besteht: Die 1986 gegründete Demokratische Fortschrittspartei (Minjindang) bestreitet die Zugehörigkeit Taiwans zu China und betont die Existenz eines Staates Taiwan; die Ansicht der alten Staatspartei Guomindang unterliegt einem Wandel dergestalt, dass sie zum einen von der Existenz des einen Staates China ausgeht, dem Taiwan angehört, in dem es zur Zeit zwei gleichrangige Regierungen gibt („ein Land, zwei Regierungen“/yi guo liang fu), die über eine gemeinsame Zukunft durch Verhandlungen gleichberechtigter Partner zu entscheiden hätten, zum anderen aber Ende der 1990er Jahre unter dem Präsidenten Li Denghui im Zeichen einer sog. „flexiblen Diplomatie“ eine in der eigenen Partei umstrittene „Zwei-Staaten-Theorie“ (liang guo lun) aufstellte, wonach die Beziehungen Taiwans zur VR China als „zwischenstaatliche besonderer Art“ zu gelten hätten; dabei obliege es beiden Seiten (man spricht auch von zwei „politischen Entitäten“/zhengzhi shiti), die staatliche Zukunft der einen chinesischen Nation zu ordnen. Demgegenüber sieht die Regierung der 1949 etablierten VR China in Taiwan gleichbleibend eine abtrünnige Provinz, die sich – wie großzügig die Reintegrationsverhältnisse auch gestaltet sein mögen57 – der zentralchinesischen Regierung wieder unterwerfen müsse.58 Wie sind solche Rechtsbehauptungen zu beurteilen?
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Etwa durch zeitlich nicht fixierte Autonomie (und nicht, wie im Falle Hongkongs, begrenzt auf 50 Jahre), Verzicht auf Präsenz festländischen Militärs, aber Beibehaltung der eignen taiwanischen Streitkräfte. 58 Vgl. Amt für Taiwan-Angelegenheiten und Presseamt beim Staatsrat der VR China, Die Taiwan-Frage und die Wiedervereinigung Chinas, Beijing, August 1993, BeijingRundschau 1993, Nr. 36.
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II. Rechtliche Würdigung Zunächst ist die Frage zu klären, ob Taiwan als ein Teil Chinas anzusehen ist. 1895 war Taiwan in nach damaligem Völkerrecht unanfechtbarer Weise „in perpetuity and full sovereignty“ (Art. 2 des Vertrags von Shimonoseki) abgetreten worden.59 Durch die Absichtserklärungen von Kairo und Potsdam („all the territories Japan has stolen from the Chinese … shall be restored to the Republic of China“) und die am 2.9.1945 von Japan unterzeichneten Kapitulationsurkunde, in der die Erklärung von Potsdam inkorporiert wurde,60 fand nach allgemeiner Auffassung ein Souveränitätsübergang nicht statt. Der 1951 in San Francisco unterzeichnete multilaterale Friedensvertrag mit Japan, an dem eine chinesische Regierung nicht teilnahm,61 bestimmte zwar (Art. 2b), dass „Japan renounces all rights, title and claim“ bezüglich Taiwans, ohne jedoch klarzustellen, welcher Staat Japan in diesen Rechten nachfolgt. Ebenso stipulierte der bilaterale Friedensvertrag zwischen der Republik China und Japan, der 1952 in Taibei unterzeichnet wurde, nur den Verzicht Japans, ohne die Frage des Zessionars zu klären. Zunächst war unbestritten, dass ein Souveränitätsübergang durch die von allen Beteiligten gewollte und dann tatsächlich 1945 erfolgte Inbesitznahme Taiwans durch chinesische Truppen stattgefunden hat. Alle Bewohner Taiwans erhielten die chinesische Staatsbürgerschaft, chinesische Gesetze wurden angewandt und die chinesische Souveränität über die Insel wurde weder von den Alliierten noch von Japan angefochten. Hinter allem stand das Bestreben, die Erklärung von Kairo durchzuführen. Noch Anfang Januar 1950 erklärte der amerikanische Präsident: „Formosa was surrendered to Generalissimo Chiang Kai-Shek, and for the past four years, the United States and the other Allied Powers have accepted the exercise of Chinese authority over the island …“62 Damit ist festzustellen, dass Taiwan in der 2. Hälfte der 1940er Jahre durch Annexion wieder zu chinesischem Territorium geworden ist. Bezüglich der Rechtmäßigkeit der Annexion bestehen keine Bedenken, da der Wille des früheren Souveränitätsinhabers nicht entgegenstand.63 Daran konnte auch die im Zuge des 59
Text in John MacMurray (Hrsg.), Treaties and Agreements with and Concerning China 1894–1919, vol. 1, 1921, 18 ff. 60 Vgl. AJIL 39 (1945), Suppl., 264. 61 Die USA, Großbritannien und die UdSSR konnten sich nicht einigen, welche Regierung China bei den Vertragsverhandlungen vertreten sollte. 62 American Foreign Policy, 1950–1955, Basic Documents, vol. 2, 1957, 2448 f. 63 Andere sind der Ansicht, dass die 1945 erfolgte chinesische Annexion zunächst rechtswidrig war, allerdings durch In-Kraft-Treten des Friedensvertrags von San Francisco am 28.4.1952 geheilt wurde, vgl. Mathias Neukirchen, Die Vertretung Chinas und der Status Taiwans im Völkerrecht, 2004, 253 ff., 263.
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Koreakriegs erfolgte Einmischung Amerikas in den innerchinesischen Konflikt nichts ändern. Am 27. Juni 1950 erklärte Präsident Truman, dass er die 7. Flotte angewiesen habe, einen festländischen Angriff auf Taiwan zu verhindern und dass „the determination of the future status of Formosa must await the restoration of security in the Pacific, a peace settlement with Japan, or consideration by the United Nations“.64 Da die Friedensverträge mit Japan nur einen einseitigen adressatlosen Verzicht Japans auf Taiwan und keinen Zessionar benannten, entstand nun die Lehre von der Unbestimmtheit von Taiwans völkerrechtlichem Status. Dies veranlasste die Regierung der VR China, als seit Beginn der 1970er Jahre diplomatische Beziehungen mit einer Reihe westlicher und sonstiger Staaten aufgenommen wurden, sich in den dabei zustande gekommenen „gemeinsamen Kommuniqués“ seinen Souveränitätsanspruch bezüglich Taiwans bestätigen zu lassen. Dabei wurde Chinas Rechtsposition von dem jeweiligen Staat „zur Kenntnis genommen“ (taking note)65, „anerkannt“ (acknowledging)66 oder „vollumfänglich verstanden und respektiert“.67 Außerdem wurde China dort zugesichert, dass diese Länder die „von allen Chinesen auf beide Seiten der Taiwan-Straße“ eingenommene EinChina-Position nicht in Frage stellen und daran „ein Interesse haben, dass die Taiwan-Frage auf friedliche Weise beigelegt wird“. Eine Anerkennung Taiwans als eigener Staat wird daher von der überwiegenden Mehrheit der Staaten abgelehnt. Selbst die Staaten, die die „Republik China“ noch anerkennen, sehen diese als für Gesamtchina vertretungsbefugt, nicht aber Taiwan als neuen Staat.68 Auch kann eine stillschweigende Anerkennung etwa aufgrund wirtschaftlicher, kultureller und sonstiger im Rahmen von Taiwans „pragmatischer Außenpolitik“ oder „flexibler Diplomatie“ unterhaltener inoffizieller Beziehungen nicht angenommen werden.69 Zwar wurde Taiwan in der Staatenpraxis nicht als neuer Staat anerkannt, angesichts fortdauernder faktischer Eigenexistenz stellt sich aber die Frage, ob Taiwan weiterhin als Teil Chinas anzusehen ist oder ob es – ungeachtet drittstaatlicher Anerkennung70 – als ein von China unabhängiger, eigenständiger, neuer Staat im 64
American Foreign Policy (Anm. 62), 2428. So das Kommuniqué mit Kanada vom 13.10.1970. 66 So die Kommuniqués mit den USA vom 28.2.1972, 15.12.1978 und 17.8.1982. 67 So das Kommuniqué mit Japan vom 29.9.1972. 68 Neukirchen (Anm. 63), 219 mit weiteren Nachweisen. 69 Ibid., 219 ff. 70 Die Ansicht, dass Anerkennung durch andere Staaten für die Entstehung eines neuen Staates nicht konstitutiv ist, hat sich in der Völkerrechtslehre seit langem durchgesetzt, vgl. etwa Verdross/Simma (Anm. 43), 602 f. 65
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Sinne des Völkerrechts entstanden ist. Das wäre der Fall, wenn auf der Insel alle drei Staatselemente gegeben wären. Dies ist in objektiver Hinsicht nicht zu bezweifeln: Taiwan weist ein klar fixierbares Territorium (als Staatsgebiet), eine dort zu einem verfassungsrechtlichen Verband zusammengeschlossene Bevölkerung (als Staatsvolk) und eine Staatsgewalt auf, die auf dem Territorium effektive Herrschaft ausübt. Obwohl also die drei Staatselemente vorliegen, werden in der völkerrechtlichen Literatur an der Staatlichkeit Taiwans deswegen Zweifel geäußert, weil die dortigen Regierungen an dem Ein-China-Konzept festhielten, und „ein eigenes, von China unabhängiges Staatsverständnis Taiwans nicht klar erkennbar ist“,71 der Wille zur Separation von China nicht eindeutig zum Ausdruck komme. Zwar artikuliere sich in verschiedenen Kreisen der Gesellschaft ein Unabhängigkeitsgefühl und ein „Taiwan-Bewusstsein“,72 dies habe sich jedoch nicht in der offiziellen Regierungspolitik niedergeschlagen. So habe keine Unabhängigkeitserklärung stattgefunden, kein diesbezügliches Plebiszit, keine Umbenennung des Territoriums in „Republik Taiwan“ und keine auf Separation hindeutende Revision der 1946 für ganz China konzipierten Verfassung.73 Auch habe der der Demokratischen Fortschrittspartei angehörende zwischen 2000 und 2008 amtierende Präsident Chen Shuibian wiederholt erklärt, dass er als Präsident nicht die Unabhängigkeit Taiwans ausrufen werde.74 Einem Regime jedoch, so wird geschlussfolgert, „das sich selbst nicht als eigenen neuen Staat begreift, darf nicht die Staatseigenschaft oktroyiert werden“.75 Mangels eines eigenen Selbstverständnisses als Staat und angesichts der von Taibei vertretenen „Ein-China-Politik“ sei Taiwan also nicht im Wege der Separation von China als neuer Staat entstanden. Diese Argumentation wird der aktuellen Sach- und Rechtslage nicht gerecht. Zum einen ist zu berücksichtigen, dass die Regierung Taiwans durch die Drohung 71
So Neukirchen (Anm. 63), 271. Zu dem diesbezüglich bunten Bild vgl. Axel Schneider/Gunter Schubert, Sind wir Chinesen oder Taiwanesen? Taiwan im Konflikt konkurrierender nationaler und kultureller Identitäten, Asien, Januar 1997, 46 ff. Nach der Far Eastern Economic Review vom 4.3.2004, 24, zeigen Umfragen „that the percentage of people on the island who identify themselves as Taiwanese now far exceeds that of people who say they are Chinese“. Eine wachsende Zahl der Bevölkerung habe ein Selbstverständnis dahingehend, dass Taiwan „is a separate country from China and deserves to be seen as such“. Die spontane und umfangreiche Hilfsbereitschaft während des Sichuan-Erdbebens im Frühsommer 2008 lassen aber auch eine fortexistierende „China-Identität“ der Taiwaner erkennen. In einem Leserbrief heißt es, dass die in Taiwan gestarteten Hilfsaktionen „die felsenfeste Überzeugung zum Ausdruck bringen, als ob man selbst betroffen wäre“, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 28.5.2008. 73 Ausführlich dazu Neukirchen (Anm. 63), 275 ff. 74 Z.B. in einem Interview mit dem „Spiegel“, 2000, Nr. 42, 265 f. 75 Neukirchen (Anm. 63), 272 mit Nachweisen. 72
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der VR China, im Falle einer Unabhängigkeitserklärung gegen Taiwan militärische, jedenfalls „nichtfriedliche“ Mittel anzuwenden, wozu sie sich 2005 in einem „Antisezessionsgesetz“ (fan fenlie guojia fa) ausdrücklich „ermächtigen“ ließ,76 und durch den Druck der USA, an der traditionellen Ein-China-Politik festzuhalten,77 gehindert wird. Zum anderen ist ein jedenfalls temporärer Eigenstaats-Wille durch Anfang der 1990er Jahre angenommene Verfassungszusätze zum Ausdruck gelangt. Danach beschränkt sich der territoriale Geltungsanspruch der Verfassung auf Taiwan, die Legitimität der Herrschaft der VR China über das chinesische Festland wird anerkannt, und Staatspräsident sowie Vizepräsident werden direkt vom Volk Taiwans („freie Gebiete“) gewählt, womit deutlich wird, dass sie nur die Bevölkerung Taiwans vertreten.78 Entscheidungen des taiwanischen Verfassungsgerichts (Versammlung der Hohen Richter beim Justizamt) bestätigen und konkretisieren diesen Übergang zur „Taiwanisierung“ des politischen Systems. So erklärte es 1999 (Interpretation Nr. 479) einige Bestimmungen der auf der Grundlage des Versammlungsgesetzes vom Innenministerium erlassenen Rechtsverordnung über die Registrierung von Vereinen, wonach sich auf die ganze Nation beziehende Vereine in ihrem Namen nicht Bezeichnungen wie „Taiwan“ oder „taiwanisch“ benutzen dürfen, als unvereinbar mit der in Art. 14 der Verfassung garantierten Vereinsfreiheit, so dass z.B. die bisher so genannte „China Law Society“ sich seither „Taiwan Law Society“ nennt.79 1999 interpretierte Präsident 76
Nach Art. 8 dieses Gesetzes „darf der Staat in dem Falle, dass Abspaltungskräfte in irgendeiner Weise die Tatsache der Abspaltung Taiwans von China verursachen, gravierende die Abspaltung Taiwans beinhaltende Ereignisse stattfinden oder die Möglichkeit einer friedlichen Vereinigung vollständig abhanden kommt, nichtfriedliche Mittel und andere notwendige Maßnahmen zum Schutz der staatlichen Souveränität und territorialen Integrität ergreifen“. 77 Die USA haben im Taiwan Relation Act von 1979 erklärt, dass die Entscheidung der USA, diplomatische Beziehungen mit der VR China aufzunehmen, auf der Erwartung beruht, dass die Zukunft Taiwans durch friedliche Mittel bestimmt wird, und dass jede unfriedliche Handlung einschließlich Embargos und Boykott Anlass zu „grave concerns“ der USA ist. 78 Zum Text der Zusatzartikel vgl. Anhang von Robert Heuser, Verfassungsreform in Taiwan, Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart 41 (1993), 659 ff., 667 ff. Vgl. auch Axel Schneider, Die Verfassungsreform in der Republik China auf Taiwan, 1990– 1995, in: Gunter Schubert/Axel Schneider (Hrsg.), Taiwan an der Schwelle zum 21. Jahrhundert, 1996, 7 ff., 32 ff. 79 Yueh-Sheng Weng (leit. Hrsg.), The Republic of China Constitutional Court (Grand Justices Council) Reporter, Interpretations Nos. 393–498 (1996–1999), 2007, 726 ff. 1998 hatte es die Vorschrift des Versammlungsgesetzes, wonach die Genehmigung einer unter freiem Himmel durchzuführenden Versammlung dann zu verweigern ist, wenn dort „Kommunismus oder Aufspaltung des Staatsgebiets propagiert werden“, als unvereinbar mit der von der Verfassung garantierten Rede- und Versammlungsfreiheit erklärt, ibid. Inter-
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Li Denghui den eingetretenen Rechtszustand dahingehend, dass sich seit der Verfassungsänderung die Beziehungen zwischen Peking und Taibei „auf einer zwischenstaatlichen Ebene“ befänden, es sich um „ein zwischenstaatliches Verhältnis besonderer Art“ handele.80 Damit begreift sich Taiwan nicht mehr als Teil Chinas, sondern geht von einer „de facto-Sezession“ aus, die aber nicht auf Dauer gerichtet, sondern als Ausgangspunkt erscheint für eine in der Zukunft gleichrangig zu gestaltende Vereinigung,81 so dass die „Ein-China-Formel“ nicht mehr einen gegenwärtigen Zustand (etwa im Sinne von Pekings „Ein Land zwei Systeme“-Modells) bezeichnet, sondern eine Perspektive und einen Handlungsauftrag benennt.82 Taiwan versteht sich damit, wie es Carsten Stahn ausdrückt, „als gleichrangigen Teilverband einer geteilten Nation, die vor der Wiedervereinigung steht“.83 Anders als im klassischen Sezessions-Fall (wie kürzlich Kosovo) ist hier der Wille zur Eigenstaatlichkeit nicht auf eine endgültige Abkehr vom „Mutterstaat“ gerichtet, sondern gleichzeitig mit dem Streben nach Wiedervereinigung gekoppelt. Schon nach den im Frühjahr 1991 verkündeten „Richtlinien für die nationale Vereinigung“ (guojia tongyi gangling) wurde das Ziel (mubiao) zum Ausdruck gebracht, „ein demokratisches, freies und gleichmäßig wohlhabendes China zu errichten“.84 Es ist deshalb Stahns Ansicht zu folgen, wonach „Gesamtchina durch die schleichende Sezession Taiwans in der Nachkriegsentwicklung
pretation Nr. 445, 423 ff. In solchen und anderen Entscheidungen ist es vor allem seit der 6. Amtsperiode der Hohen Richter (1994–2003) üblich geworden, ausländische Verfassungsrechtsprechung (US Supreme Court, japanischer Oberster Gerichtshof, deutsches Bundesverfassungsgericht u.a.) zu zitieren, um so die normative Basis der 1946 erlassenen Verfassung durch Einbezug von Rechtsvergleichung und Rekurs auf allgemeine Rechtsstaatsprinzipien zu erweitern. Dies wurde wie folgt kommentiert: „Holding up the ROC system to the rhetorical standard of international practice may be the most important contribution the Council of Grand Justices has made in a country denied a ‚normal‘ national identity“, Tom Ginsburg, Confucian Constitutionalism? The Emergence of Constitutional Review in Korea and Taiwan, Law and Social Inquiry 27 (2002), 778. 80 Interview mit der Deutschen Welle vom 9.7.1999. 81 So auch die Auffassung von Carsten Stahn, Die Volksrepublik China und Taiwan: Zwei Staaten, eine Nation?, Der Staat 2001, 73 ff., 88. 82 In der Stellungnahme des Anfang 1991 gegründeten taiwanischen Ausschusses für Festlandangelegenheiten/Mainland Affairs Council (dalu weiyuanhui) vom 1.8.1999 heißt es: „We have always maintained that the ‚one China‘ concept refers to the future rather than the present. The two sides are not yet unified, but are equals, ruled separately. We both exist concurrently. Therefore, the two sides can be defined as sharing a ‚special stateto-state relationship‘ prior to unification“, zitiert in Stahn (Anm. 81), 89 (Anm. 76). 83 Stahn (Anm. 81), 90. 84 Nach Zhongyang ribao (Taibei) vom 7.3.1991.
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zumindest vorläufig auf das staats- und völkerrechtliche Substrat der VR China zusammengeschrumpft (ist)“.85 Doch selbst wenn, wie es in der Literatur immer noch meist angenommen und von der Staatenpraxis geteilt wird, nicht von einer Eigenstaatlichkeit Taiwans, sondern nur von der Existenz eines stabilisierten de facto-Regimes auszugehen ist, würde dies nicht bedeuten, die „Taiwan-Frage“ als eine rein „innerchinesische Angelegenheit“, wie es die Regierung in Peking fortlaufend betont, zu betrachten, sondern dass bestimmte Grundregeln des Völkerrechts, wie insbesondere das Gewaltverbot, beachtlich bleiben.86 Die Beibehaltung des Status quo faktischer Unabhängigkeit, wie sie von einer Mehrheit der taiwanischen Bevölkerung derzeit gewünscht und auch von der Staatengemeinschaft favorisiert wird, wird wohl noch lange andauern, wobei angesichts der intensiven wirtschaftlichen Verflechtung beider Akteure eine Wiedervereinigung unter einem umfassenden, von der Selbstbestimmung der taiwanischen Bevölkerung getragenen Autonomie-Statut noch die wahrscheinlichste und wohl auch vernünftigste Lösung wäre. Allerdings ist nicht auszuschließen, dass die Wahrung des Status quo auf Grund der Ereignisse von einer der beiden Seiten als nicht mehr hinnehmbar angesehen wird und es dann zu rechtswidrigen Aktionen (Gewaltanwendung von seiten Chinas, eine Erklärung Taiwans, endgültig aus dem gesamtchinesischen Herrschaftsverband auszuscheiden) kommt. Einer solchen – keineswegs „undenkbaren“87 – Katastrophe kann nur dadurch vorgebeugt werden, dass beide Seiten sich um vertrauensbildende Maßnahmen bemühen (Verzicht auf Gewalt von Seiten Pekings, Verzicht auf Unabhängigkeitserklärung von Seiten Taibeis)88 und in Verhandlungen mit dem Ziel
85 Stahn (Anm. 81), 95. Ähnlich Hans Kuijper, Is Taiwan a Part of China?, in: JeanMarie Henckaerts (Hrsg.), The International Status of Taiwan in the New World Order, 1996, 9 ff. 86 Vgl. Verdross/Simma (Anm. 43), 240 ff. Ein Angriff Chinas würde einen Friedensbruch konstituieren (Art. 2 IV UN-Satzung) und unter die Zuständigkeit des UN-Sicherheitsrats nach Kapitel VII der UN-Satzung fallen. Völkerrechtlich unhaltbar ist daher Art. 3 des chinesischen Antisezessionsgesetzes, wonach „die Taiwan-Frage eine vom chinesischen Bürgerkrieg hinterlassene Frage ist“, die zu lösen „eine innerchinesische Angelegenheit ist“. 87 Der amerikanische China- und Politikwissenschaftler Kenneth Lieberthal hat seiner diesbezüglichen Sorge nachhaltig Ausdruck verliehen, aber auch Wege für die Vermeidung eines militärischen Konflikts aufgewiesen, siehe id., Preventing a War over Taiwan, Foreign Affairs 84/2 (Mar/Apr 2005), 53 ff., auf deutsch unter dem Titel „Wer zieht die Notbremse?“, Rheinischer Merkur vom 21.4.2005. 88 So hat sich Taiwans neuer Präsident Ma Ying-jeou bereits mehrfach gegen eine Unabhängigkeitserklärung ausgesprochen, am 4. Jahrestag des Erlasses des Antisezesssionsgesetzes Peking aber auch aufgefordert, diese „outdated legislation“ zurückzunehmen. „The law is unfeasible, as the peaceful development of cross-strait ties requires a reciprocal
Die unruhigen Ränder Chinas: Tibet und Taiwan
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eintreten, in kreativer Weise ein Arrangement zu erarbeiten, das nur jenseits traditioneller Souveränitäts- und Unabhängigkeitskategorien gefunden werden kann.89 Denn: „What should be clear is that simplistic conceptions of the international legal system of the past, in which a territory either was under the complete sovereignty of a state or was not, are not valid today“.90 Zusammenfassend ist festzustellen: – China hat Ende der 1940er, Anfang der 1950er Jahre über beide Territorien wieder Souveränität erlangt. – Ob es nach der völkerrechtlichen Norm vertretbar ist, Tibet (sei es „nur“ dem politischen oder gar dem ethnographischen) ein aus dem völkerrechtlichen Selbstbestimmungsrecht resultierenden Anspruch auf Sezession zuzusprechen, wobei die Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatsachen bei der tibetischen Seite läge, kann dahingestellt bleiben, da ein solcher Anspruch von dem höchsten Repräsentanten Tibets nicht erhoben wird. Somit bleibt der gemäßigtere Anspruch, das Selbstbestimmungsrecht im Sinne innerstaatlicher Autonomie auszuüben. Da dieser Anspruch durch Norm und Praxis der „ethnischen Gebietsautonomie“ nicht als verwirklicht gelten kann, ist die chinesische Regierung völkerrechtlich verpflichtet, das bestehende Minderheitenrecht konsequent durchzuführen und längerfristig Maßnahmen für ein substanzielleres und wirksameres Autonomiestatut zu ergreifen. Dies wird sich nur im Zusammenhang mit tiefgreifenden, Demokratie und Rechtsstaat umfassenden, politischen Reformen verwirklichen lassen. – Taiwan hat entweder eine Eigenstaatlichkeit durch die seit Beginn der 1990er Jahre stattfindende Taiwanisierungspolitik erlangt, wobei Wiedervereinigung als Ziel bestehen bleibt, oder – wie meist angenommen – jedenfalls den Status eines sog. stabilisierten de facto-Regimes erlangt, womit eine partielle Völkerrechtssubjektivität einhergeht und damit auch das völkerrechtliche Gewaltverbot beachtlich bleibt.
process with good will from both sides, rather than being decided unilaterally or nonpeacefully by the Chinese mainland“, Taiwan Journal vom 20.3.2009. 89 Diesbezüglich neue Konzepte entwickelt z.B. der Taibeier Politikwissenschaftler Yung Wei, From „Multi-System Nations“ to „Linkage Communities“: A New Conceptual Scheme for the Integration of Divided Nations, Occasional Papers/Reprints Series in Contemporary Asian Studies 1998, No. 1. 90 Jonathan Charney/J. R. V. Prescott, Resolving Cross-Strait Relations Between China and Taiwan, AJIL 94 (2000), 453 ff., 475.
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– Die Position der chinesischen Regierung, wonach die Tibet- und TaiwanFragen rein innerchinesische Angelegenheiten sind, ist daher aus völkerrechtlicher Sicht unhaltbar. Eine Lösung beider Konflikte – und hier wird sich China immer an deren Wurzel im Zeitalter des Imperialismus erinnern – wird sich nur innerhalb des chinesischen Staatsverbands verwirklichen lassen.
„In den Schluchten des Balkan“: Bosnien-Herzegowina und Kosovo Von Joseph Marko
A. Einleitung Jede Auseinandersetzung mit der jüngsten Vergangenheit am Balkan, d.h. den vier Kriegen in den 1990er Jahren und dem folgenden staatlichen Wiederaufbau mit Unterstützung der so genannten internationalen Gemeinschaft, bedarf eingangs einiger theoretischer Klarstellungen und Differenzierungen. Der Zehn-Tage Krieg Ende Juni 1991 in Slowenien mit dem Ziel, den Abzug der Jugoslawischen Volksarmee und damit die staatliche Unabhängigkeit durchzusetzen, der Krieg in Kroatien im Sommer 1991 sowie die Militäroperationen im Sommer und Herbst 1995 zur gewaltsamen Rückeroberung des bis dahin von aufständischen Serben besetzten Gebietes unter dem Namen „Srpska Krajina“, der Krieg in BosnienHerzegowina von April 1992 bis November 1995 sowie schließlich der bewaffnete Aufstand einer kosovarischen Befreiungsarmee unter dem (albanisch-sprachigen) Akronym UÇK und die NATO-Intervention 1999 in der Bundesrepublik Jugoslawien hängen ereignisgeschichtlich zwar alle miteinander zusammen, bei der Suche nach den Ursachen und der damit einhergehenden (rechtlichen) „Schuld“zuweisung ist jedoch zu differenzieren. Zu oft wird auch heute noch rückwärts gewandt das Bild verbreitet, der Balkan sei immer schon von einer orientalischen Rückständigkeit geprägt gewesen, in der sich vor-moderne Stämme gegenseitig den Schädel einschlagen, sodass eine militärische Intervention nach den Worten Bismarcks am Reichstag 1876 „nicht die gesunden Knochen eines einzigen pommerschen Musketiers“ wert sei. Und 1993 hat selbst eine Richterin am amerikanischen Supreme Court im Fall Shaw v. Reno sich bemüßigt gefühlt zu argumentieren, dass eine bizarre Wahlkreiseinteilung, um so einen zweiten Kongresssitz für einen afro-amerikanischen Abgeordneten aus demselben Bundesstaat zu garantieren, die Gefahr der „Balkanisierung“ Amerikas bedeute. An diesem Bild des Balkans ist jedoch zweierlei falsch. Erstens, kulturelle, und damit auch ethnische Vielfalt muss nicht automatisch zu Konflikt führen. Gerade die Geschichte des osmanischen Reiches mit seinem Millet-System, in dem vom
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Islam verschiedene Religionsgruppen eine kollektive, personale Autonomie, wenn auch nicht Gleichheit, genossen,1 zeigt im Vergleich zur west- und mitteleuropäischen Geschichte der Religionskriege der frühen Neuzeit, die mit der Formel des cuius regio, eius religio und damit mit der Vertreibung der andersgläubigen Christen endete, um wie viel friedlicher die neuzeitliche Geschichte Südosteuropas gewesen ist. Zweitens, sowohl der französische Staatsnationsbegriff wie auch der deutsche Kulturnationsbegriff2 sind im Zuge der Schwäche des osmanischen Reiches und der Unabhängigkeitsbestrebungen der Griechen und Serben im 19. Jahrhundert auch in diesem Raum historisch wirksam geworden und haben daher im Zuge der Staats- und Nationsbildung bei den uns hier interessierenden südslawischen und albanischen Bevölkerungen zu regional sehr unterschiedlichen Entwicklungen geführt. Dies zeigt sich sehr deutlich gerade im Vergleich der Geschichte des Kosovo und Bosnien-Herzegowinas.3 Seit dem zweiten serbischen Aufstand 1815 war die Politik der Identitäts-, Nations- und Staatsbildung aller serbischen Eliten auf ethno-nationaler Homogenisierung durch Unterdrückung und Vertreibung der „Anderen“ gebaut. Diese Politik wurde nach der militärischen Eroberung des Kosovo 1912 im ersten Balkankrieg, nachdem dieses Gebiet ja bis dahin jahrhundertelang Teil des osmanischen Reiches gewesen war, und nach dem Ersten Weltkrieg durch ethnische Säuberungen und ein Programm der Ansiedlung serbischer Siedler fortgesetzt und wiederholte sich auch nach dem Zweiten Weltkrieg trotz formalrechtlicher Stellung des Kosovo als autonomes Gebiet innerhalb der Republik Serbien des nunmehr kommunistischen Jugoslawien (SFRJ). Nach dem Bruch zwischen Tito und Stalin waren alle Albaner suspekt, da das benachbarte Albanien unter Enver Hoxha sich loyal zu Stalin verhielt. 1953 schloss Jugoslawien sogar ein Abkommen mit der Türkei zur Aussiedlung von Albanern aus dem Kosovo und Mazedonien.4 1956 wurde wiederum ein Kolonialisierungsprogamm durchgeführt, sodass 50 % aller Mitglieder der KP und 68 % der Posten in der Verwaltung und der Führung in den staatlichen Betrieben von Serben 1
Vgl. Donald Quataert, The Ottoman Empire 1700–1922, 2. Aufl. 2005. Vgl. ausführlich zu den gegensätzlichen politischen Konsequenzen des französischen Staatsnations- und deutschem Kulturnationsmodells Joseph Marko, The Law and Politics of Diversity Management: A Neo-institutional Approach, European Yearbook for Minority Issues 6 (2006/07), 256 ff. 3 Vgl. dazu jüngst Edith Marko-Stöckl, Identity Formation, State- und Nation-building in Bosnia-Herzegovina and Kosovo: On Historical Continuities and Discontinuities, in: Emma Lantschner et al. (eds.), European Integration and its Effects on Minority Protection in South Eastern Europe, 2008, 11–51. 4 Noel Malcolm, Kosovo: A Short History, 1998, 323, schätzt, dass rund 100.000 Albaner zwischen 1945 und 1966 in die Türkei „emigrierten“. 2
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besetzt waren.5 Es ist daher kein Wunder, dass Kosovo-Albaner, wenn sie in der Vergangenheit die Gelegenheit dazu hatten, sich auch mit gewaltsamen Mitteln zur Wehr setzten oder Vergeltung übten. Beim Ausbau der Territorialautonomie nach den Verfassungsreformen seit 1968 und nach der Annahme der neuen SFRJBundesverfassung 19746 stützten sich die albanischen, kommunistischen Eliten auf dieselbe Ideologie zur ethnisch-nationalen Homogenisierung, indem die – für im Kosovo sozialisierte Albaner an sich nicht verständliche – offizielle Staatssprache Albaniens und seine Staatsflagge als offizielle Sprache und Flagge des Kosovo übernommen wurden. Mit der seit 1981 vehement erhobenen Forderung, Kosovo den verfassungsrechtlichen Status einer siebenten Republik – und damit politische Eigenständigkeit von Serbien – zu geben, beginnt bereits die Vorgeschichte des Zerfalls der SFRJ. Zusammenfassend muss hier festgehalten werden, dass der albanisch-serbische Konflikt um Kosovo eine historische Kontinuität aufweist: Seit dem 19. Jahrhundert haben alle serbischen politischen Eliten die Macht im Staat und die territoriale Expansion dieses Staates, verbunden mit Unterdrückung und Vertreibung anderssprachiger und -religiöser Bevölkerungsteile, auf die Ideologie des Ethno-Nationalismus gestützt. Auch die albanischen politischen Eliten haben daher schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts ihre Identitäts- und Nationsbildungsprozesse an dieselbe Ideologie und damit „nationale Ethnisierung“ als Mittel der Nationsbildung angelehnt. Nicht Multiethnizität und kulturelle Vielfalt, sondern ethnonationales divide et impera bilden daher die historische Kontinuität und den politischen Kontext im Kosovo. Eine andere Geschichte lässt sich hingegen in Bosnien-Herzegowina (BiH) verfolgen. Toleranz und multiethnisches Zusammenleben auf der lokalen Ebene haben dessen Geschichte geprägt, sodass bis zum Krieg 1992 das „Leopardenfell“ als Synonym für diese Kultur der Multiethnizität galt. Noch nach den Ergebnissen der Volkszählung 1991 gab es keine Gemeinde, in der nicht Angehörige der drei großen Volksgruppen, der Serben, Kroaten und Muslime, beheimatet waren. Identitäts- und Nationsbildung liefen hier anders. Hier bildete nicht die Sprache, sondern die Religion das objektive Anknüpfungsmerkmal. Bewaffnete Aufstände gegen Steuereintreibungen in den 1870er Jahren wurden gerade nicht ethnisch umgedeutet und Serben und Muslime kämpften gemeinsam gegen die österreichische Okkupation 1878.
5
Miranda Vickers, Between Serb and Albanian: A History of Kosovo, 1998, 74. Vgl. dazu und zum folgenden Joseph Marko, Die staatsrechtliche Entwicklung des Kosovo/a von 1913–1995, in: id. (ed.), Gordischer Knoten Kosovo/a: Durchschlagen oder entwirren?, 1999, 15–25. 6
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Dennoch war sich der für die Verwaltung Bosnien-Herzegowinas zuständige österreichisch-ungarische Finanzminister Graf Kallay der Gefahr, die vom erwachenden serbischen, aber auch kroatischen Nationalismus ausging, bewusst. Sowohl unter orthodoxen wie auch katholischen Priestern und Lehrern sowie dem entstehenden liberalen Bildungsbürgertum, das in neu gegründeten Lesevereinen und Zeitungen seine organisatorische Basis hatte, konnte die Ideologie des entweder kroatischen oder serbischen ethnischen Nationalismus rasch Anhängerschaft gewinnen. Für die Muslime hingegen waren Staat und Nation bis 1878 identisch gewesen, sodass sie sich nun weigerten, ihre Religion auch zur ethnisch-nationalen Identitätsbildung einzusetzen. Graf Kallay versuchte daher, die drohende Spaltung der bosnisch-herzegowinischen Gesellschaft in drei ethnisch-nationale Gruppen aufzuhalten, indem er die Gründung ethno-nationaler Parteien und Vereine verbot und – nach dem Muster des französischen Staatsnationsmodells – mit dem Konzept des Bošnjaštvo ein übernationales Identitäts- und Loyalitätsangebot zur kollektiven Identitätsbildung für alle Bosnier, egal ob muslimisch, orthodox oder katholisch, konstruierte. Kallay konnte aber nur einen Teil der muslimischen Elite für dieses Konzept gewinnen und schon sein Nachfolger Burian gab es nach dem Tode Kallays 1903 wieder auf und erlaubte die Gründung serbischer und kroatischer politischer Parteien. Nach dem Ersten Weltkrieg, mit der Gründung des Königreiches der Serben, Kroaten und Slowenen unter der Führung der serbischen Dynastie Karadjordjeviü, geriet Bosnien-Herzegowina völlig in den Sog des ethnisch-national definierten kroatisch-serbischen Gegensatzes. Zwar wurde 1919 eine Jugoslawisch-Muslimische Organisation zur Repräsentation aller Muslime gegründet, doch war die Vorstellung einer eigenen bosnisch-muslimischen Nation nicht nur für die kroatischen und serbischen politischen Eliten, sondern auch für die Muslime selbst nicht akzeptabel, die die strikt religiöse Ausrichtung als notwendige Antwort auf die Diskriminierungen von Seiten der Zentralregierung verteidigten. Erst mit dem zweiten, kommunistischen Jugoslawien kam es auch unter den Muslimen zu einem Nachholprozess in Bezug auf ethno-nationale Identitätsbildung und ihre Anerkennung als Nation. So wurde mit der SFRJ-Bundesverfassung von 1946 BiH als eine der sechs Teilrepubliken staatsrechtlich wiederhergestellt und schließlich mit der Volkszählung 1961 auch die Kategorie „muslimisch im ethnischen Sinne“ zugelassen. In der Verfassung von 1963 wurden schließlich die Muslime als Nation anerkannt. Mit der im Zuge der Industrialisierung einhergehenden Urbanisierung und Säkularisierung in den sechziger und siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts verlor allerdings die ethnisch-nationale Zugehörigkeit vor allem in den Städten fast völlig an Bedeutung, sodass BiH die höchste Zahl von ethnisch gemischten Ehen aufwies. Auf dem Lande hingegen blieben in den ethnisch gemischten Gemeinden die drei Gruppen zwar – meist auch räumlich getrennt –
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unter sich, aber die Berichte von Anthropologen und Ergebnisse der Meinungsforschung aus den achtziger Jahren zeigen, dass die zwischenethnische Kooperation der Eliten funktionierte und die zwischenethnischen Beziehungen allgemein sehr gut waren.7 Zusammenfassend lässt sich daher die These aufstellen, dass der Balkan nicht einfach schon seit alters her eine konfliktäre Region ist, in der bei jeder sich bietenden Gelegenheit die Menschen sich einfach gegenseitig die Köpfe einschlagen, und dass ethnische Vielfalt nicht automatisch zu Gewalt führt. Ethnizität ist nach der hier vertretenen Auffassung nicht einfach eine natürliche Eigenschaft von Menschen oder Territorien, die automatisch zur Einteilung in Freunde und Feinde und damit zu Kooperation oder Konflikt führt, sondern eine politische und rechtliche Kategorie, die auf der Basis von durchaus gegenseitig nicht immer korrespondierenden Eigen- und Fremdzuschreibungen im Prozess kollektiver Identitätsbildung sozial konstruiert und damit weder auf Konflikt noch Kooperation fixiert ist, sondern des „diversity management“ bedarf.8 Die oben kurz angerissenen historischen Kontinuitäten und Diskontinuitäten der bosnisch-herzegowinischen und kosovarischen Geschichte haben schon gezeigt, dass es daher zur Erklärung von Konflikt oder Kooperation immer konkreter Menschen, politischer Programme und des Einsatzes friedlicher Mittel oder der bewussten Gewaltanwendung bedarf. Gewaltsame Konflikte auf die „Ur“-sache ethnische Vielfalt zurückzuführen ist daher ein naturalistischer Fehl- und Kurzschluss. Diese theoretischen und methodischen Vorbemerkungen treffen natürlich auch auf den Untergang der SFRJ als Staat und die eingangs aufgezählten Kriege zu. Je nachdem, ob die Unabhängigkeitserklärungen Sloweniens und Kroatiens und die beiden folgenden Kriege quasi a priori völkerrechtlich als Sezession oder Dissolution beurteilt werden, scheint auch schon die Ursache und damit die „Schuld“frage geklärt zu sein. Nur ein kontextueller analytischer Ansatz, der – entgegen den Vorgaben einer reinen, rechtspositivistischen Lehre – auch auf die politische Vorgeschichte dieser Unabhängigkeitserklärungen eingeht und damit die Beurteilung ihrer Legalität nicht völlig von der Legitimitätsfrage trennt, kann daher einem solchen Vorurteil entgehen, wie ich an anderer Stelle breiter ausgeführt habe.9 7
Vgl. P. V. Gagnon, The Myth of Ethnic War. Serbia and Croatia in the 1990ies, 2004,
32 f. 8
Ausführlich dazu Marko (Anm. 2), 251–280. Vgl. Joseph Marko, Sezession oder Auflösung? – Verfassungs- und völkerrechtliche Probleme des kommunistischen Jugoslawien 1988–1992, in: Arbeitsgemeinschaft Truppendienst, Bundesministerium für Landesverteidigung (Hrsg.), Militäroperationen und Partisanenkampf in Südosteuropa. Vom Berliner Kongress zum Ende Jugoslawiens, 2009, 324–343. 9
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Bereits 1981 war es in Prishtinë, der Hauptstadt der autonomen Provinz Kosovo, zu Massendemonstrationen mit der Forderung, Kosovo aus Serbien herauszulösen und zu einer gleichberechtigten siebenten Republik innerhalb des jugoslawischen Bundesstaates zu machen, gekommen.10 Diese Demonstrationen wurden von der Polizei aufgelöst, die Demonstranten in Polizeihaft misshandelt und zu langjährigen Gefängnisstrafen verurteilt. Um weiteren Protesten vorzubeugen, wurden auch Einheiten der Bundespolizei aus allen Republiken im Kosovo stationiert, aber bereits 1985 zog die damalige kommunistische Parteiführung Sloweniens unter dem Einfluss einer sich in Slowenien öffentlich ausbreitenden liberalen Jugendund NGO-Szene ihre Polizeieinheiten mit der Begründung ab, dass Slowenien nicht weiter bereit sei, an den schweren Menschenrechtsverletzungen, die an der kosovoalbanischen Bevölkerung begangen wurden, mitzumachen. Nachdem 1987 Slobodan Miloševiü innerhalb der serbischen kommunistischen Partei durch Ausschaltung seiner Gegner und seines früheren Mentors Stambuliü, der einige Jahre später unter bis heute ungeklärten Umständen ermordet wurde, an die Macht kam, muss ihm schnell klar geworden sein, dass er aufgrund der sich zuspitzenden Konflikte im Kosovo die Chance hatte, durch ethno-politische Mobilisierung die Macht in Jugoslawien zu ergreifen. Wie aus dem berüchtigten Memorandum der Serbischen Akademie der Wissenschaften 1986 hervorgeht, waren große Teile der kommunistischen Elite in Serbien der Auffassung, die Serben seien im kommunistischen Jugoslawien systematisch diskriminiert. Dies wurde einerseits damit begründet, dass den Serben verfassungsrechtlich in den Nachbarrepubliken Kroatien und Bosnien-Herzegowina keine Autonomie zugestanden worden war; andererseits sei aber mit der Schaffung der autonomen Gebiete Vojvodina und Kosovo für Ungarn und Albaner und deren institutionell-organisatorischer Privilegierung bei der Repräsentation in den jugoslawischen Bundesorganen durch die Bundesverfassung 1974 die Republik Serbien dreigeteilt und somit ihrer Souveränität beraubt worden. Der Versuch Miloševiüs, durch eine Verfassungsreform 1988 zu einer umfassenden Rezentralisierung inklusive Abschaffung des Autonomiestatus für Kosovo und Vojvodina zu kommen, scheiterte im ersten Anlauf. Im Zuge der Bemühungen, auch kleinere Rezentralisierungsschritte bei der Novellierung der Republiks- und Autonomieverfassungen 1989 durchzusetzen, wurden von Miloševiü staatsstreichartig die jeweiligen Republiks- und Autonomieführungen von Montenegro, Vojvodina und Kosovo zum Rücktritt gezwungen. Miloševiü ersetzte sie durch seine 10
Zum Folgenden vgl. mein Rechtsgutachten für die Staatsanwaltschaft des ICTY, The Revocation of the Autonomy of the Socialist Autonomous Province of Kosovo. ICTY Expert Witness Report On Constitutional and Legal Issues in the MOS case, April 2005, abrufbar unter: uni-graz.at/suedosteuropa.
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eigenen Anhänger, sodass es bei den Sitzungen der Bundesregierung – bestehend aus den Republiks- und Autonomievorsitzenden – zu einer politischen Pattsituation kam, insofern dem Miloševiü-Block nur noch die Führungen Sloweniens, Kroatiens, Bosnien-Herzegowinas und Mazedoniens entgegenstanden. Als Miloševiü schließlich auch noch versuchte, die Führung Sloweniens durch ein inszeniertes „Meeting der Wahrheit“ in Ljubljana zu stürzen, kam es zum Eklat, indem die slowenische Polizei die Autobusse mit den Demonstranten an der Republiksgrenze stoppte und zurückschickte, woraufhin Serbien offiziell einen Boykott slowenischer Waren beschloss. Endgültig ab diesem Zeitpunkt wurden die Streitfragen in Bezug auf Menschenrechte und Reform des Bundesstaates von allen Parteien als ethnischer Konflikt perzipiert. Mit der Verfassungsänderung im März 1989 in einer tumultartigen Sitzung des Parlaments in Prishtinë – nachdem dieses bereits von Sonderpolizei- und Armeeeinheiten umstellt war –, dem darauf folgenden Hungerstreik der Bergarbeiter, der sich schnell zu einem Generalstreik ausweitete und einem von der serbischen Regierung und Parlament beschlossenen Kolonialisierungsplan sowie einer Reihe von Maßnahmengesetzen bis Mitte 1990 kam es de jure und de facto zu einer Aufhebung der Territorialautonomie des Kosovo, indem Parlament, Regierung, oberster Gerichtshof und Verfassungsgericht aufgelöst und schließlich auch der Großteil der Albaner im öffentlichen Dienst inklusive Medien und Gesundheitswesen sowie den Selbstverwaltungs-, de facto also Staatsbetrieben entlassen wurden. Nachdem die slowenische und kroatische Delegation den 14. Parteitag des Bundes der Kommunisten im Januar 1990 im Streit verlassen hatten, war die bisherige staatliche Klammer jedes kommunistischen Regierungssystems auch in Jugoslawien weggefallen und noch im April/Mai 1990 führten die ersten freien Wahlen in Slowenien und Kroatien zum Sieg nichtkommunistischer Parteien, die damit die Regierung bildeten. Aufgrund der Zuspitzung des politischen Konflikts in den Bundesorganen wie auch des Gegensatzes zwischen demokratisch legitimierten Regierungen und dem national-kommunistischen Miloševiü-Regime verabschiedete das slowenische Parlament schließlich am 2. Juli eine Unabhängigkeitsresolution, in der auf dem in der Bundesverfassung vorgesehenen Selbstbestimmungsrecht inklusive Sezession beharrt und auch das Recht auf ein ius nullificandi jugoslawischer Gesetze, die der slowenischen Verfassung widersprechen, proklamiert wurde.11 Wohl auch als Reaktion auf die oben beschriebene 11
Entgegen der Behauptung von Monika Beckmann-Petey, Der jugoslawische Föderalismus, München 1990, 125 ff., die davon ausgeht, dass die gesamte Unabhängigkeitsresolution für verfassungswidrig erklärt worden sei, wurde das Recht auf Selbstbestimmung inklusive Sezession vom jugoslawischen Verfassungsgericht bestätigt und nur das ius nullificandi für verfassungswidrig erklärt. Das Urteil ist im Gesetzblatt der SFRJ, Nr. 10/ 1990 publiziert. Vgl. auch schon meine Kritik in Joseph Marko, Die neuen Verfassungen:
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verfassungswidrige Beseitigung der Autonomie des Kosovo und die Verabschiedung einer völlig neuen serbischen Verfassung im September 1990, die verfassungsrechtlich und -politisch als Austritt aus dem jugoslawischen Staatsverband zu bewerten ist,12 wurde schließlich am 12. Oktober ein von Experten der slowenischen und kroatischen Regierung ausgearbeiteter Konföderationsentwurf nach dem Muster des EWG-Vertrags veröffentlicht,13 auf den Miloševiü jedoch in keiner Weise einging, sodass in Slowenien schließlich noch am 23. Dezember 1990 ein Referendum über die staatliche Unabhängigkeit durchgeführt wurde. Dabei stimmten 88 % aller Wahlberechtigten (!) für die staatliche Unabhängigkeit. Wie aus den Aussagen des vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag verurteilten Milan Babiü hervorgeht, ist die in Kroatien bereits im Sommer 1990 unter der Leitung der Serbisch-Demokratischen Partei (SDS) begonnene „Baumstammrevolution“14 und die folgende Gewalteskalation auf die massive Propaganda und Agententätigkeit aus Belgrad zurückzuführen, mit der die lokale serbische Bevölkerung in der Region um Knin, dessen Bürgermeister Babiü war, mit der Behauptung eines unmittelbar bevorstehenden Genozids an den Serben in Kroatien aufgewiegelt wurde. Freilich hatte die Kroatische Demokratische Gemeinschaft (HDZ) unter Führung von Franjo Tudjman, die bei den Wahlen im April einen Slowenien-Kroatien-Serbien. Ein Vergleich, in: ders./Tomislav Boriü (Hrsg.), SlowenienKroatien-Serbien. Die neuen Verfassungen, 1991, 23 ff. 12 Artikel 135 der Verfassung enthielt zwar eine deklamatorische Klausel, „dass die Republik Serbien sich im Verband der SFRJ“ befindet, organisatorisch-institutionell waren aber alle Verbindungen zwischen Republiks- und Föderationsebene abgeschafft und dem Präsidenten der Republik Serbien durch eine Notstandsklausel die Möglichkeit gegeben, sich zum Diktator zu erklären. Die Absicht Miloševiüs, Serbien als unabhängigen Staat unter Einschluss serbischer Siedlungsgebiete in Kroatien und Bosnien-Herzegowina – wie dies im Memorandum der Akademie der Wissenschaften 1986 gefordert worden war – zu generieren, geht schon aus einer im Juni 1990 veröffentlichten Stellungnahme in der Parteizeitung Politika, 26. Juni 1990, deutlich hervor: „Wir nehmen diese Verfassung zu einer Zeit an, in der Jugoslawien begonnen hat, sich im Rahmen der bestehenden inter-republikanischen Grenzen zu konföderalisieren. … In Bezug auf diese starken konföderativen Tendenzen der Disintegration wäre es gegenüber Serbien und seinen Bürgern unverantwortlich, wenn wir nur ein Konzept für die Lösung der jugoslawischen Krise hätten: das föderative Jugoslawien. Daher erlaubt dieser Verfassungsentwurf auch eine andere Möglichkeit: Serbien als unabhängiger Staat“. 13 In deutscher Übersetzung in: Marko/Boriü (Hrsg.), Slowenien-Kroatien-Serbien (Anm. 11), 366 ff. 14 Dabei wurden mit Baumstämmen an der adriatischen Küstenstraße Straßensperren errichtet, um das südliche Dalmatien verkehrsmäßig vom Rest Kroatiens zu trennen. Vgl. zum folgenden Edith Marko-Stöckl, The Making of Ethnic Insecurity: A Case Study of the Krajina Serbs, Human Security Perspectives 1/2 (2004), 24–33.
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erdrutschartigen Wahlsieg errungen hatte, durch die ethno-nationalistische kroatische Propaganda vor und nach den Wahlen, die Verwendung von Symbolen und die Umbenennung von Straßennamen, die an Funktionäre des faschistischen Ustascha-Regimes während des Zweiten Weltkrieges anknüpften, sowie die Verfassungsreformdiskussion und -entwürfe, nach denen die serbische Bevölkerung, die nach der Volkszählung 1991 immerhin 12 % der Gesamtbevölkerung betrug, mit den anderen, zahlenmäßig weit kleineren Minderheiten denselben rechtlichen Status bekommen sollte, das ihre dazu beigetragen, bei der serbischen Bevölkerung ein Gefühl der Unsicherheit um ihren bisher privilegierten Status im Staats- und Wirtschaftsapparat15 des kommunistischen Kroatien zu erzeugen.16 Schon im Sommer 1990 verhinderte die jugoslawische Armee den Einsatz kroatischer Polizeihubschrauber, um die Straßensperren zu beseitigen, und im Oktober wurde schließlich ein Serbischer Nationalrat, eine von der Verfassung nicht vorgesehene serbische Parallelinstitution, gegründet, der im Februar 1991 eine unabhängige Republika Srpska Krajina proklamierte. Damit war die Konflikteskalation in Folge politischer Radikalisierung durch die Ausschaltung moderater Personen sowohl innerhalb der Regierungspartei wie auch der SDS, die Zurückdrängung und den Ausschluss von Serben im Staatsapparat und die Gründung von illegalen serbischen Parallelinstitutionen soweit fortgeschritten, dass auch ein letzter Vermittlungsversuch durch die beiden mazedonischen und bosnischherzegowinischen Präsidenten Kiro Gligorov und Alija Izetbegovic zwischen dem serbischen Block einerseits und Slowenien und Kroatien andererseits im April 1991 zum Scheitern verurteilt war. Im Mai 1991 wurde dann im Dorf Borovo Selo eine kroatische Polizeipatrouille in einen Hinterhalt gelockt und zwölf Polizisten erschossen. Das am 19. Mai nach diesen Ereignissen auch in Kroatien durchgeführte Unabhängigkeitsreferendum fand also schon in einer hoch emotionalisier-
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So waren 1990 50 % der Mitglieder der kommunistischen Partei, 60 % der Direktoren der Selbstverwaltungsbetriebe und 80 % der Offiziere in Kroatien nach ethnischer Zugehörigkeit Serben. 16 Er hat sich schuldig bekannt „to persecutions on political, racial, and religious grounds, a crime against humanity …“, indem er „ethnically based inflammatory speeches during public events and in the media“ machte und „by his speeches and media exposure prepared the ground for the Serb population to accept that their goals could be achieved through acts of persecution …“, wobei selbst die Staatsanwaltschaft ihm zugestand, dass er „became radicalised through moves of the political leaderships both in Belgrade and Zagreb and a large-scale and sophisticated Serbian media campaign to revive peoples’ old fears and insecurities, leading to separation of communities along ehtnic lines and resulting in violence of the dominant ethnic group against others“, siehe ICTY, Prosecutor v. Milan Babiü, IT-03-72-S, Judgment of 29 June 2004, paras. 10, 24 g), 61, 90.
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ten Atmosphäre statt. Bei einer Wahlbeteiligung von 82 %, allerdings ohne Beteiligung der Krajina Serben, stimmten 93 % für die Unabhängigkeit.17 Erst vor diesem Hintergrund wird verständlich, dass die Unabhängigkeitserklärungen Sloweniens und Kroatiens am 25. Juni 1991 nicht aus dem Nichts kamen und dass die auch in völkerrechtlichen Disputen erhobenen Vorwürfe, nationalistische slowenische und kroatische Regierungen hätten nichts als eine Sezession betrieben und sich geweigert, über den Fortbestand Jugoslawiens überhaupt zu verhandeln, so nicht haltbar sind. Zwar gelang es der EG-Troika, nach dem unmittelbar folgenden Zehn-Tage Krieg in Slowenien im sog. Brioni-Moratorium sogar noch einen dreimonatigen Aufschub der Umsetzung der Unabhängigkeitserklärungen zu erreichen, was den friedlichen Abzug der jugoslawischen Armee nach Kroatien und insbesondere nach Bosnien ermöglichte. Nach dem Ablauf des Moratoriums entbrannte allerdings der Krieg in Kroatien umso heftiger, insofern die bereits bewaffneten, aufständischen serbischen paramilitärischen Verbände in der Srpska Krajina binnen Wochen mit aktiver Unterstützung der jugoslawischen Armee ein Drittel des kroatischen Territoriums eroberten und dabei die dort ansässige kroatische Bevölkerung, aber auch die vor allem in Ostslawonien beheimateten Minderheiten der Ungarn und Ruthenen vertrieb. Noch Ende August erkärte eine Ministerkonferenz des damaligen Europäischen Politischen Koordinationsmechanismus, dem Vorläufer der Gemeinsamen Außenund Sicherheitspolitik der EU, dass die „EG niemals die gewaltsame Änderung von Grenzen anerkennen“ werde und forderte des jugoslawische Rumpfpräsidium auf, die „illegale Gewaltanwendung durch serbische paramilitärische Verbände und deren Unterstützung durch die Jugoslawische Volksarmee“ zu unterbinden. Diese rechtliche wie politische Einschätzung wurde schließlich auch vom UNSicherheitsrat in Resolution 731 vom 25. September 1991 geteilt, allerdings verbunden mit einem Waffenembargo für alle ehemaligen jugoslawischen Republiken, mit dem Effekt, dass Miloševiü und die jugoslawische Armee, die als einzige Kriegspartei über schwere Waffen, Artillerie und Flugzeuge verfügte, militärisch völlig einseitig bevorzugt war. Anfang September war unter dem Vorsitz Lord Carringtons auch eine Jugoslawienkonferenz als Mediationsinstrument eingesetzt worden, aber weder die Appelle der EG noch der UN-Sicherheitsrat konnten die Gewaltexzesse durch die ethnischen Säuberungen bis hin zur völligen Zerstörung der Stadt Vukovar in Ostslawonien verhindern.
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Vgl. Laura Silber/Allan Little, Yugoslavia. Death of a Nation, 1997, 147 ff.
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In diesem Kontext18 kam es im Oktober 1991 auch zu einer Sitzung des bosnisch-herzegowinischen Parlaments, in deren Verlauf Radovan Karadžiü als Vorsitzender der bosnischen Serbisch-Demokratischen Partei (SDS) offen mit der Anwendung von Gewalt und Krieg drohte, sollte die muslimische SDA und die bosnisch-kroatische HDZ durch parlamentarischen Mehrheitsbeschluss entgegen seinem Willen die Unabhängigkeit vom nunmehrigen Rumpfjugoslawien unter Miloševiü anstreben. Schon ein Jahr vorher war nach dem Vorbild Kroatiens ebenfalls ein Serbischer Nationalrat in Banja Luka gegründet worden und noch vor den ersten demokratischen Wahlen erklärte diese illegale Parallelinstitution, die von niemandem gewählt worden war, alle Beschlüsse eines zukünftigen möglichen demokratischen Parlaments für nichtig, die für eine Unabhängigkeit votieren sollten. Noch im September 1991 wurden schließlich nach dem Muster Kroatiens territorial nicht zusammenhängende serbische „autonome Regionen“ deklariert.19 Wie der Abschlussbericht einer Expertenkommission, die durch Resolution 780 (1992) des UN-Sicherheitsrats eingerichtet worden war, am exemplarischen Fall der Gemeinde Prijedor nachwies, wurden in diesen Regionen zuerst Waffen an serbische Zivilisten verteilt und die Polizeistationen besetzt. Als Nächstes wurden dann die Gemeindeversammlungen, die die jeweilige lokale ethnische Zusammensetzung widerspiegelten, aufgelöst und neue rein serbische Polizeikräfte formiert, die zusammen mit paramilitärischen Verbänden nicht nur die Transport- und Kommunikationsmittel kontrollierten. Berichte über angebliche Verbrechen des jeweiligen ethnisch definierten „Feindes“ dienten dann dazu, die nach wie vor ethnisch gemischten Gemeinden in Angst zu versetzen und Gewaltanwendung durch Vertreibungen als Verteidigung der nationalen Interessen zu legitimieren.20 Aufgrund der cross-pressure Situation, entweder in einem von Miloševiü dominierten Rumpfjugoslawien zu verbleiben oder der offenen Gewaltdrohung Karadžiüs nachzugeben, beschloss das bosnisch-herzegowinische Parlament mit der Mehrheit der muslimischen und kroatischen Abgeordneten am 15. Oktober 18
Vgl. dazu und zum folgenden schon Joseph Marko, The Ethno-national Effects of Territorial Delimitation in Bosnia and Herzegovina, in: Swiss Institute for Comparative Law/European Commission for Democracy through Law (eds.), Local Self-Government, Territorial Integrity and Protection of Minorities, 1996, 121–143. 19 Nämlich die sog. „Bosanska krajina“ mit der „Hauptstadt“ Banja Luka, die Romanija in der Nähe von Sarajevo, der östliche Teil der Herzegowina mit serbischer Mehrheitsbevölkerung, Semberija im Nordosten Bosniens und explizit „alle Territorien, in denen Serben aufgrund des Genozids im Zweiten Weltkrieg zur Minderheit wurden“. Vgl. entsprechende Texte in den Belgrader Tageszeitungen Borba vom 14., 18. und 19. September 1991 sowie Politika vom 20. September 1991. 20 Vgl. UN Doc. S/1994/674, 27 May 1994, 48–50, und Hannes Tretter et al., Ethnische Säuberungen in der nordostbosnischen Stadt Zvornik von April bis Juni 1992, 1994.
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1991 ein Memorandum, in dem es den Verfassungsartikel LX, der bereits im Juli 1990 unter Beteiligung aller serbischen Abgeordneten beschlossen worden war, nämlich dass Bosnien-Herzegowina ein souveräner Staat ist, wiederholte und sich für den Fortbestand Jugoslawiens, aber unter neuen Bedingungen und als Mediator im Kroatienkonflikt bzw. für die Neutralität aussprach. Daraufhin organisierte die SDS mit je nach ethnischer Zugehörigkeit unterschiedlichen Fragen und in unterschiedlichen Farben gehaltenen Stimmzetteln am 10. November 1991 ein Referendum, das den „Willen des Volkes“ mit mehr als 100 % für den Verbleib in Rumpfjugoslawien erbrachte. Nachdem schließlich der Außenminister mit Brief vom 20. November die Mitgliedsstaaten der EG ersuchte, die staatliche Unabhängigkeit Bosnien-Herzegowinas anzuerkennen, proklamierte der Serbische Nationalrat am 21. Dezember 1991 die Existenz einer Republika Srpska, bestehend aus den oben genannten autonomen Regionen.21 Diesen Ereignissen war vorausgegangen, dass die Jugoslawienkonferenz in der Zwischenzeit eine Schiedskommission, benannt nach dem Präsidenten des französischen Conseil Constitutionnel, Robert Badinter, eingerichtet hatte und Lord Carringtion diese Kommission bat, zu folgenden Fragen Stellung zu nehmen: Erstens, ob die SFRJ sich in einem Prozess der völkerrechtlichen dissolutio befinde, zweitens, ob der serbischen Bevölkerung in Kroatien und Bosnien-Herzegowina das Recht auf Selbstbestimmung zustehe und drittens, ob die internen Grenzen zwischen Kroatien und Serbien sowie zwischen Serbien und Bosnien-Herzegowina als internationale Grenzen nach dem Völkerrecht zu behandeln seien. In ihrer 1. Stellungnahme vom 29. November erklärte die Badinter-Kommission,22 dass die SFRJ sich in einem Prozess der völkerrechtlichen dissolutio befinde, da die Bundesorgane nicht mehr länger den für Bundesstaaten üblichen Kriterien der Repräsentativität und Partizipation entsprächen, sodass am 16. Dezember 1991 der EG-Außenministerrat die Richtlinien für die Anerkennung neuer Staaten in Osteuropa und der Sowjetunion23 beschloss und alle jugoslawischen Republiken aufforderte, bis zum 23. Dezember zu erklären, ob sie die staatliche Unabhängigkeit anstrebten. In ihrer 2. Stellungnahme vom 11. Januar 1992 wiederholte die Badinter-Kommission in Beantwortung der zweiten Frage die beiden grundsätzlichen völkerrechtlichen Prinzipien, dass das Recht auf Selbstbestimmung zur Zeit der Unabhängigkeit keine bestehenden Grenzen involvieren dürfe (uti possidetis juris), außer wenn die beteiligten Staaten zustimmen, und dass für den Fall, dass 21
Der Text dieser Deklaration unter dem Titel „Deklaracija o proglašenju Republike Srpskog Naroda Bosne i Hercegovine“ wurde in der Belgrader Tageszeitung Borba am 10. Januar 2002 veröffentlicht. 22 Diese sind abgedruckt bei Bertrand G. Randaran (ed.), The International Conference on the Former Yugoslavia. Official Papers, vol. 2, 1997, 1259–1302. 23 Vgl. International Legal Materials (ILM) 31 (1992), 1247 ff.
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in einem Staat mehrere ethnische Gruppen leben, diese nach Völkerrecht das Recht auf Anerkennung ihrer Identität haben. In Anwendung auf die Situation in Kroatien und Bosnien-Herzegowina entschied die Kommission daher, dass den Serben in den genannten Republiken alle völkerrechtlich garantierten Minderheitenrechte eingeräumt werden müssen. In der 3. Stellungnahme vom selben Tag führte die Kommission des Weiteren aus, dass das Prinzip uti possidetis juris ein generelles völkerrechtliches Prinzip sei und dass im Zusammenhang mit den Bestimmungen der jugoslawischen Bundesverfassung 1974 über Grenzänderungen dieses Prinzip auf die internen Republiksgrenzen anzuwenden sei. In der 4. Stellungnahme entschied die Kommission schließlich trotz aller verfassungswidrigen und undemokratischen Aktivitäten der bosnischen SDS, dass der Wille des Volkes, Bosnien-Herzegowina als unabhängigen Staat zu konstituieren, noch nicht ausreichend nachgewiesen sei und empfahl die Durchführung eines Referendums. Dieses fand schließlich am 1. März 1992 statt und brachte trotz des Boykotts eines Großteils der serbischen Bevölkerung fast eine Zweidrittelmehrheit für die Unabhängigkeit. Nach erfolglosen Verhandlungen zwischen den Parteien unter Mediation der EG verabschiedete am 27. März 1992 das selbsternannte serbische Parlament eine Verfassung der Republika Srpska und erklärte dieses Gebilde als Teil Großserbiens. Am 1. April 1992 überschritten paramilitärische Verbände unter der Leitung ihres Anführers Arkan die Grenze von Serbien nach Bosnien-Herzegowina und richteten unter der muslimischen Bevölkerung der Stadt Bijeljina ein Massaker an, bei dem 3000 Personen getötet wurden. Innerhalb von sechs Wochen eroberten die Truppenteile der jugoslawischen Volksarmee, die sich zur Armee der RS umdeklarierten, zusammen mit paramilitärischen serbischen Verbänden zwei Drittel des bosnisch-herzegowinischen Territoriums. Noch am 12. März hatte die EG einen Plan vorgelegt, nach dem Bosnien-Herzegowina in drei ethno-national definierte Entitäten aufgeteilt worden wäre. Unmittelbar nach Unterzeichnung durch alle Parteien wurde der Plan aber von Karadžiü wieder zurückgewiesen. Eine Kommission arbeitete jedoch weiter, um interne Grenzen von Kantonen festzulegen. Nachdem der Krieg in Bosnien-Herzegowina ausgebrochen war, wurde es zwar von den EG-Mitgliedsstaaten am 6. April als unabhängiger Staat anerkannt, aber das Konzept der Kantonisierung nach ethnischen Kriterien erwies sich als fatal. Alle Kämpfe und ethnischen Säuberungen – auch durch eine kroatische Streitmacht (HVO) in der Herzegowina, wo am 3. Juli 1992 schließlich ein kroatisches politisches Gebilde mit dem Namen Herceg-Bosna ausgerufen wurde – erwiesen sich in diesem Licht durchaus als rational, um so viel wie möglich an Territorium zu erobern und damit ein fait accompli für Friedensverhandlungen zu schaffen, sodass der frühere polnische Ministerpräsident Mazowiecki als UN-Rapporteur bereits am 27. Oktober 1992 in einem Bericht unmissverständlich erklärte: „… the
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principle objective of the military conflict in Bosnia-Herzegovina is the establishment of ethnically homogenous regions. Ethnic cleansing does not appear to be a consequence of the war, but rather its goal“.24 Nach der Veröffentlichung des Vance/Owen-Friedensplans am 2. Januar 1993, der letztendlich ebenfalls eine Aufteilung nach ethnisch homogenen Regionen vorsah, zerfiel die Kriegskoalition zwischen Kroaten und Muslimen und es kam zu einem „Krieg im Krieg“ auch zwischen diesen beiden Parteien und ihren militärischen Formationen und damit letztendlich zu einem Bürgerkrieg aller gegen alle. Diese langen, faktischen Ausführungen über die Vorgeschichte der Balkankriege sollten zweierlei zeigen: Erstens ist die Behauptung, dass es sich bei den Kriegen in Kroatien und Bosnien-Herzegowina von Anfang an um Bürgerkriege auf der Basis der multikulturellen bzw. -religiösen Vielfalt und einem darauf aufbauenden jahrhundertealten Hasses zwischen den Völkern gehandelt hat, offensichtlich falsch. Zweitens ist auch die Behauptung, dass die Unabhängigkeitserklärungen Sloweniens und Kroatiens im Juni 1991 sowie die vorzeitige Anerkennung Sloweniens und Kroatiens durch die Bundesrepublik Deutschland noch am 23. Dezember 1991 die „Ur-“sache(n) für die folgenden Kriege gewesen seien, falsch. Vielmehr kann hier zusammenfassend festgehalten werden, dass ein Ursachenbündel ausschlaggebend für die Eskalation in die Gewalt war: – die gleichzeitige ethnische Mobilisierung und politische Demobilisierung der demokratischen Opposition in Serbien sowie den serbisch besiedelten Gebieten in Kroatien und Bosnien-Herzegowina durch das Miloševiü-Regime sowie der maßlose kroatisch-nationale Überschwang der Tudjman-Regierung nach dem Wahlerfolg in der öffentlichen Inszenierung und Innenpolitik, die zu einer ethno-nationalen Perzeption der bundesstaatlichen, wirtschaftlichen, menschenrechtlichen und letztlich auch demokratiepolitischen Interessengegensätze bei allen Konfliktparteien führte; – die völlige Ahnungslosigkeit und Fehleinschätzung des jugoslawischen Konfliktes durch die USA und die EG, die bis September 1991 an der Aufrechterhaltung des jugoslawischen Bundesstaates festhielten und – wie die anschließenden Mediationsvorschläge zeigen – zwischen dem Festhalten an einem politischen Konzept für ein multikulturelles Bosnien-Herzegowina und der Aufteilung nach ethno-nationalen Kriterien hin- und herschwankte. Gerade die Nichtanerkennung Kroatiens bis zum 23. Dezember 1991 und das UN-Waffenembargo mussten bei Miloševiü den Eindruck erzeugen, dass er nur gleichzeitig verhandeln und militärisch ein fait accompli schaffen muss, um zum erwünschten Ziel zu gelangen, sodass alle Appelle der EG und des UN-Sicherheitsrates zur sofortigen Einstellung der militärischen 24
Vgl. UN Doc. E/CN.4/1992/S-1/10, para. 6.
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Eroberungen durch serbische Truppen fruchtlos blieben, bis er nach der Anerkennung Kroatiens zu einem Waffenstillstand bereit war und sich die militärischen Eroberungen durch eine UN-Friedenstruppe (UNPROFOR) auch noch absichern lassen konnte. Auch die Nichtanerkennung BosnienHerzegowinas entsprechend der 4. Stellungnahme der Badinter-Kommission konnte ja den Ausbruch des Krieges in Bosnien-Herzegowina nicht verhindern, da Miloševiü wohl gehofft hatte, dass ihm angesichts der fehlenden politischen Konzeption der internationalen Akteure und ihrer mangelnden Bereitschaft zur militärischen Intervention dasselbe diplomatische und militärische Kunststück wie in Kroatien gelingen würde. Erst der weitere Verlauf des Krieges in Bosnien-Herzegowina ließ den Krieg auch zu einem Bürgerkrieg werden.
B. Dayton und die Folgen Auf der Grundlage einer durch den Krieg, die ethnischen Säuberungen und den Genozid in Srebrenica25 in BiH in höchstem Maße ethnisch gespaltenen Gesellschaft war das Dayton-Friedensabkommen26 ein territorialer und politischer Kompromiss mit einem organisatorisch-institutionellen Überbau über den Waffenstillstand, der durch die NATO-Luftintervention und den Zangenangriff kroatischer und bosnischer Regierungstruppen am Boden erzwungen worden war. Dieser Kompromiss besteht darin, dass einerseits die völkerrechtliche Kontinuität des ja noch im April 1992 von den EG-Mitgliedsstaaten anerkannten Staates Republik Bosnien und Herzegowina ausdrücklich in Artikel I Ziffer 1 der sogenannten Dayton-Verfassung als Annex 4 des Abkommens auch verfassungsrechtlich proklamiert und damit die ebenfalls 1992 erfolgte Sezession der RS nicht anerkannt wird. Andererseits wird die RS neben der Föderation Bosnien-Herzegowina, die durch das Washingtoner Friedensabkommen 199427 als binationales politisches Gebilde geschaffen worden war, um den Krieg zwischen Muslimen und Kroaten zu beenden, nunmehr als Entität gemäß Artikel I Z. 3 und damit die durch Gewalt geschaffene territoriale Aufteilung und Grenze zwischen diesen beiden Entitäten als „inter-entity boundary line“ verfassungsrechtlich zementiert. 25
So die autoritative Feststellung des IGH, Application of the Convention on the Prevention and Punishment of the Crime of Genocide (Bosnia-Herzegovina v. Serbia and Montenegro), Judgment of 26 February 2007. 26 General Framework Agreement for Peace in Bosnia and Herzegovina, 14 December 1995, ILM 35 (1996), 75, 89. 27 Abrufbar unter: www.usip.org/files/file/resources/collections/peace_agreements/ washagree_03011994.pdf.
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Zweitens wird die Funktionslogik eines multinationalen Staates, die schon beim Washingtoner Abkommen als Vorbild gedient hatte, auch auf die Ausgestaltung der organisatorisch-institutionellen Strukturen des Gesamtstaates durch die verfassungsrechtliche Einführung eines ethnischen Proporzes angewandt: So gibt es ein dreiköpfiges Staatspräsidium, das gemäß Artikel VI aus je einem Bosniaken, Serben und Kroaten zu bestehen hat, wobei es durch diese Vorschrift in Verbindung mit der Regel, dass das serbische Mitglied vom Territorium der RS als Wahlkreis direkt zu wählen ist, während das bosniakische und kroatische Mitglied vom Territorium der Föderation BiH zu wählen sind, auch verfassungsrechtlich zu einer Verknüpfung von kollektiver ethnischer Identität und Territorium kommt. Dieselbe ethnische Parität ist gemäß Artikel IV auch für die zweite Parlamentskammer, das Haus der Völker (dom naroda), eingeführt: Diese hat aus je 5 Bosniaken, Serben und Kroaten zu bestehen, die durch indirekte Wahl von den beiden Entitätsparlamenten bestellt werden. Zusätzlich werden durch Artikel IV zwei verschiedene Vetomechanismen im parlamentarischen Gesetzgebungsprozess vorgesehen. Einmal das sogenannte „vital national interest“-Veto, das von der Mehrheit des jeweiligen ethnischen Klubs im „dom naroda“ gegen eine Gesetzesvorlage eingebracht werden kann, im Effekt aber nur ein suspensives Veto ist, da bei politischer Nichteinigung in letzter Konsequenz der Verfassungsgerichtshof über die Rechtmäßigkeit der Anwendung dieses Vetos entscheidet. Das zweite, sogenannte Entitätsveto kann von einer bestimmten Anzahl von Abgeordneten in der ersten Parlamentskammer, dem Repräsentantenhaus (predstavniþki dom), die in den Wahlkreisen einer der beiden Entitäten gewählt wurden, eingebracht werden und ist absolut. Kommt es zu keiner politischen Einigung, so bleibt die Gesetzesvorlage somit abgelehnt. Das führt dazu, dass in der Praxis 9 Abgeordnete aus der RS und 18 Abgeordnete aus der Föderation BiH jede Gesetzesvorlage blockieren können. Drittens hat Bosnien-Herzegowina nach der Dayton-Verfassung im Vergleich mit anderen föderalen Systemen bei weitem die schwächsten gesamtstaatlichen Kompetenzen. Selbst Verteidigung, Polizei oder die Fiskalpolitik als wesentliche Elemente der inneren Souveränität eines Staates stehen nicht den gesamtstaatlichen Institutionen zu, sondern fallen in die ausschließliche Kompetenz der beiden Entitäten. Die territoriale und institutionelle Struktur Bosnien-Herzegowinas nach diesem Kompromiss entsprach daher in fast idealtypischer Weise Arend Lijpharts Modell einer ethno-föderalen, korporativen Konkordanzdemokratie28 mit der von 28
Als korporatives konkordanzdemokratisches System wird die bereits vorab rechtlich festgelegte Aufteilung von Staatsfunktionen nach ethnischen Kriterien bezeichnet, sodass Kandidaten bei Wahlen zu diesen Organen sich bereits vorab ethnisch-national deklarieren müssen. Vgl. Arend Lijphart, Democracy in Plural Societies. A Comparative Exploration, 1977.
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den (amerikanischen) Verfassungsvätern in Dayton ursprünglich wohl intendierten Funktionslogik, durch die territoriale Aufteilung und den ethnischen Proporz die gemeinsame Ausübung der Macht zu ermöglichen und damit letztendlich auch ein Gefühl der Sicherheit und Vertrauen in den Staat zu schaffen. Als die beiden wichtigsten Einrichtungen für den Zusammenhalt des Staates gegen alle zentrifugalen Kräfte erwiesen sich daher in der unmittelbaren Nachkriegsperiode bis 2000 der Verfassungsgerichtshof und das Amt des Hohen Repräsentanten als von der internationalen Gemeinschaft eingesetzter Aufseher, um – wie es in Annex 10 des Dayton-Abkommens heißt – alle zivilen Angelegenheiten der Umsetzung des Abkommens zu koordinieren. Bei den ersten freien Wahlen nach dem Krieg 1996 wurden wieder dieselben drei ethno-nationalen Parteien wie 1990 gewählt, nämlich die SDA, SDS und HDZ.29 Nur Radovan Karadžiü als Person konnte durch Bestimmungen des Dayton-Abkommens, die die Ausübung eines staatlichen Amtes für angeklagte Kriegsverbrecher ausschloss, nicht mehr selbst öffentlich in Erscheinung treten, aber mit Ausnahme der Polizei gab es keine Lustration politischer Parteien oder des Staatsapparates.30 Nach den Wahlen machten diese Parteien im gesamtstaatlichen Parlament von ihren in der Verfassung vorgesehenen Vetomöglichkeiten Gebrauch und blockierten für das Funktionieren des Gesamtstaates wichtige Gesetze. Um gegen diese Obstruktionspolitik vorgehen zu können, wurde auf der Bonner „Peace Implementation Conference“ 1997 das Mandat des Hohen Repräsentanten schließlich um die sogenannten „Bonn Powers“ entscheidend erweitert: Er erhielt die Kompetenz, anstelle des Parlaments Gesetze zu erlassen sowie gewählte Amtsträger, die die Umsetzung des Dayton-Abkommens obstruieren, zu entlassen. Davon machten dann die beiden Hohen Repräsentanten Carlos Westendorp und Wolfgang Petritsch immer stärker Gebrauch, da das konkordanzdemokratische Verfassungssystem gerade nicht so funktionierte, wie dies von Lijphart theoretisch angenommen worden war. Entgegen der von Lijphart getroffenen Annahme, dass politische Eliten aufgrund der Möglichkeit, Macht gemeinsam auszuüben, auch tatsächlich bereit sind, in den Staatsorganen, insbesondere der Legislative und Exekutive, zu kooperieren, bestand in Bosnien-Herzegowina von Anfang an ein negativer Elitenkonsens. Statt inter-ethnischer Kooperation kam es bei allen drei ethno-nationalen Parteien zur Einstellung „Teile und herrsche!“ auf der Grundlage fortgesetzter ethno-nationalistischer Mobilisierung der Wählerschaft und mangelnder politischer Unterstüt29
Vgl. zum folgenden Joseph Marko, Politics and Constitutional Reform in BosniaHerzegovina, in: Sabrina Ramet (ed.), Civic and Uncivic Values in Bosnia-Herzegovina, 2010 (im Druck). 30 Hier war es nach Annex 11 des Dayton-Abkommens Aufgabe der unter UN-Leitung stehenden IPTF, die bosnische Polizei zu „dezertifizieren“.
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zung für die gesamtstaatlichen Institutionen. Wie schon oben angesprochen, wurden von Anfang an für den Gesamtstaat und die Staatsbürger wichtige Gesetze blockiert, wie etwa die für die Flüchtlingsrückkehr und die allgemeine Bewegungsfreiheit über die Entitätsgrenze hinweg wichtige Änderung der Autokennzeichen, sodass nicht mehr auf den ersten Blick erkennbar ist, woher jemand kommt und damit sofort auf Grund der möglichen ethnischen Zugehörigkeit attackiert werden kann. Bis zum Jahr 2000 wurden daher von den Hohen Repräsentanten insgesamt 53 Gesetze oktroyiert und 117 gewählte Funktionäre entlassen. Wie das Verfassungsgericht in seiner Entscheidung U 5/98 vom 1. Juli 200031 zu den konstitutiven Völkern feststellte, war es während und unmittelbar nach dem Krieg zu massiven ethnischen Vertreibungen gekommen, sodass der Anteil der Serben in der RS von 54 % auf 96 % angestiegen und gleichzeitig in der Föderation BiH von 17 % auf 2 % zurückgegangen war. Verbunden mit diesen Säuberungen war aber auch die fast völlige ethnische Homogenisierung der Staatsorgane. Alle 21 Minister der RS waren von ihrer ethnischen Zuschreibung her Serben wie auch 97 % der Richter und Staatsanwälte und 93 % der Polizisten. Fast identische Zahlen lagen auch für die Föderation BiH vor, insofern nur mehr 5 % Serben der Justiz angehörten und gar nur mehr 1 % der Polizei. Nachdem nicht der Gesamtstaat, sondern die Entitäten und in der Föderation BiH sogar die Kantone für das gesamte Bildungssystem zuständig waren, blieb dieses auch nach Abschluss des Dayton-Abkommens weiter institutionell segregiert. So waren und sind die Universitäten Banja Luka und Sarajevo serbisch bzw. bosniakisch orientiert, während die Universität Mostar bis heute in eine kroatische und bosniakische Universität aufgespalten geblieben ist. Die Landkarte auf dem Umschlag eines Geographielehrbuches für die 8. Klasse in der RS zeigte noch 2004 zwei serbische Staaten, nämlich die RS und die Republik Serbien, den Nachbarstaat Kroatien und einen weißen Fleck, ohne dass ersichtlich gewesen wäre, dass Bosnien-Herzegowina als Gesamtstaat existiert oder dass der weiße Fleck die Föderation BiH darstellt. Erste Versuche der OSZE, im Rahmen der Schulbuchreform Textstellen mit ethnischen Vorurteilen zu schwärzen, hatten genau den gegenteiligen Effekt, insofern die Schüler erst recht für die ethno-nationalistische Propaganda interessiert wurden. Die ethnische Segregation betraf aber auch das gesamte Medienwesen und selbst NGOs.32 Wie die zahlreichen Berichte der Ombudsfrau, die Urteile der Menschenrechtskammer und des Verfassungsgerichtshofes sowie die Berichte des OHR an den UN-Sicherheitsrat zeigten, waren daher die ethnischen Säuberungen während und 31
Abrufbar unter: www.ustavnisud.ba. Vgl. Wolfgang Benedek (ed.), Civil Society and Good Governance in Societies in Transition, 2006. 32
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unmittelbar nach dem Krieg, die ethnische Homogenität der Staatsorgane und die institutionelle Segregation des Erziehungswesens und der Medien auch unter demokratischen Vorzeichen die Basis für die fortgesetzte ethno-nationale Mobilisierung der Bevölkerung und Diskriminierung der im jeweiligen Landesteil gerade nicht der ethnischen Mehrheit Angehörenden. Das System des divide et impera, das die drei ethno-nationalen Parteien auf der Grundlage des verfassungsrechtlichen Proporzsystems errichteten, war und blieb für sie als Elitenkartell daher völlig rational. Unter Berufung auf ihre durch demokratische Wahlen gewonnene Legitimität, nur die „vitalen nationalen Interessen“ ihrer jeweiligen Ethnie verteidigen zu müssen, blockieren sie daher Gesetze und führen dabei einen permanenten Wahlkampf, in den die Medien miteinbezogen werden und daher unter ihrer Kontrolle gehalten werden müssen. Im Ergebnis haben daher der ethnische Proporz in der Verfassung und die demokratischen Wahlen, die alle zwei Jahre von der OSZE organisiert wurden, sowie die damit verbundene weitergehende ethnonationale Mobilisierung der Wählerschaft die ethno-nationalen Parteien legitimiert und die ethnische Spaltung der Gesellschaft zementiert. Darüber hinaus hatten die ethno-nationalen Parteien auch sehr schnell einen negativen demokratiepolitischen Lerneffekt: Anstatt die für das Funktionieren des Gesamtstaates notwendigen Kompromisse im Parlament schließen und dies vor ihrer Wählerschaft bei Wahlen rechtfertigen zu müssen, konnten sie alle „Schuld“ an einschneidenden Maßnahmen auf die Oktroys der Hohen Repräsentanten wälzen und ihre Obstruktionspolitik noch dazu als Verteidigung der nationalen Interessen verkaufen. Dennoch kam es aufgrund der Aktivitäten der Hohen Repräsentanten und der Urteile des Verfassungsgerichts ab 2000 zu institutionellen Reformen mit dem Ziel, die Kompetenzen des Gesamtstaates und damit dessen Funktionalität zu stärken. So diente das Urteil des Verfassungsgerichts über die konstitutiven Völker unter anderem auch dem Zweck, die fortgesetzte ethnische Homogenisierung der Staatsorgane auf Entitätsebene aufzubrechen und eine stärker multi-ethnische Zusammensetzung aller Staatsorgane auf allen Ebenen zu erreichen,33 was dann auch durch die Entitätsverfassungsreformen im Jahre 2002 – allerdings wieder erst durch ein Oktroy des Hohen Repräsentanten Petritsch – erreicht wurde. Noch im Jahre 2000 wurde die Zahl der gesamtstaatlichen Ministerien von drei auf acht erhöht und neben dem Verfassungsgericht auch ein Staatsgerichtshof mit einer Abteilung für die Verfolgung von Kriegsverbrechen geschaffen. 2001 wurde auch die Grenzkontrolle von den Entitäten auf einen neu geschaffenen gesamtstaatlichen Grenzschutz übertragen und 2003 wurden die bis dahin strikt ethnisch getrennten drei Armeen durch Schaffung eines gemeinsamen Oberkommandos 33 Eine umfassende Analyse dieses Urteils findet sich in Joseph Marko, „United in Diversity“?: Problems of State- and Nation-Building in Post-Conflict Situations: The Case of Bosnia-Herzegovina, Vermont Law Review 30/3 (2006), 503–550.
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integriert. 2005 schließlich wurde auch die völlige Abhängigkeit der gesamtstaatlichen Institutionen von den Finanzzuweisungen der Entitäten gemildert, indem eine gesamtstaatliche Mehrwertsteuer eingeführt und auch eigene gesamtstaatliche Finanzbehörden geschaffen wurden. Noch im Jahre 2005 wurde aufgrund des Widerstandes der serbischen Parteien gegen eine umfassende Polizeireform aber auch klar, dass diese schleichenden Verfassungsänderungen so nicht mehr weiter fortgeführt werden konnten, sodass immer mehr Stimmen in der internationalen Gemeinschaft, aber auch in BosnienHerzegowina selbst laut wurden, die eine Reform der Dayton-Verfassung forderten. Wiederum war es die amerikanische Administration, die die Initiative ergriff und mit den Führern der sechs größten Parlamentsparteien ein Paket von Verfassungsnovellen ausarbeitete. So sollte das Amendment I die bisher auf den Gesamtstaat übertragenen Kompetenzen wie auch die Kategorie von gemeinsamen Kompetenzen verfassungsrechtlich absichern. Amendment II sah eine Reihe von Änderungen in der Zusammensetzung und den Verfahren im Parlament vor und Amendment III sollte das dreiköpfige Staatspräsidium novellieren, in dem nunmehr einem Staatspräsidenten zwei Vizepräsidenten beigegeben, sich aber am ethnischen Rotationsprinzip nichts ändern sollte. Trotz dieser eher als kosmetisch zu bezeichnenden Reformen34 scheiterte dieses Paket im April 2006 an der notwendigen Zweidrittelmehrheit, da zwei Abgeordnete der Regierungskoalition die Übereinkunft der Parteiführer unterliefen. Im Wahlkampf für die Parlamentswahlen im Oktober 2006 kam es daraufhin zu massiven gegenseitigen Schuldzuweisungen, sodass die beiden Parteiführer mit geradezu entgegengesetzten Vorstellungen für die zukünftige politische Entwicklung Bosnien-Herzegowinas, Haris Silajdžiü von der bosniakischen „Partei für BosnienHerzegowina“ (SBiH) und Milorad Dodik, der Premierminister der RS und Führer der „Serbischen Unabhängigen sozial-demokratischen Partei“ (SNSDS), zu den beiden großen Wahlgewinnern wurden. Während Silajdžiü für einen stark zentralisierten Staat eintritt, möchte Dodik sogar die Kompetenzübertragungen in den Jahren 2000 bis 2005 rückgängig machen und drohte schon im Wahlkampf mit einem Unabhängigkeitsreferendum in der RS. Als der damalige Hohe Repräsentant Christian Schwarz-Schilling ihm daraufhin die Amtsentlassung androhte, stiegen seine Sympathiewerte in Meinungsumfragen gleich um 10 %. Nach den Wahlen verfügten Dodik und seine SNSDS fast über die absolute Mehrheit im Parlament der RS, über acht Stimmen im Abgeordnetenhaus des gesamtstaatlichen Parlaments – sodass ihnen nur eine Stimme für das absolute Veto fehlt – sowie über ein Mitglied im Staatspräsidium. Jede Drohung mit der Amtsentlassung wäre daher eine leere 34 Vgl. meine konkrete Analyse in Joseph Marko, Constitutional Reform in Bosnia and Herzegovina 2005–2006, European Yearbook of Minority Issues 5 (2005/2006), 207–218.
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Drohung gewesen, da Dodik durch einen Rückzug aller seiner Parteifunktionäre aus allen Ämtern eine umfassende Verfassungskrise hätte auslösen können. Und der große Gewinner bei Neuwahlen, um diese Verfassungskrise zu lösen, wäre erst recht wieder Dodik gewesen. Trotzdem wurde Schwarz-Schilling von Stimmen der internationalen Gemeinschaft beschuldigt, zu passiv zu sein, während in Wirklichkeit auch ein zusätzlicher Konflikt zwischen den USA und der EU und innerhalb der EU zwischen Rat und Kommission seine Bemühungen, eine Verfassungsreformkommission zu etablieren, hintertrieb.35 Weder er noch seine beiden Nachfolger Miroslav Lajüak und Valentin Inzko waren daher in der Lage, diese doppelte politische Blockade zu überwinden. Zwar konnte Lajüak im April 2008 Verhandlungen über die Polizeireform mit einer Absichtserklärung vorläufig so weit deblockieren, dass die EU das lange geforderte Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit BiH abschloss, doch weitere Verhandlungen zur Verfassungsreform, zuletzt im November 2009 auf der NATO-Basis in Butmir, scheiterten trotz massiven politischen Drucks der USA und der EU.
C. Kosovo: staatliche Unabhängigkeit macht noch keinen Staat Nach der – im Gegensatz zu BiH 1995 – nicht durch eine Sicherheitsratsresolution legitimierten NATO-Intervention in der Bundesrepublik Jugoslawien (BRJ) 1999, die von dieser als humanitäre Intervention gegen die massiven ethnischen Vertreibungen der Kosovo-Albaner seit dem Sommer 1998 angesehen wurde, kam es mit Resolution 1244 des Sicherheitsrats wiederum zu einer politischen Kompromissformel, die der BRJ die territoriale Integrität und dem Kosovo eine „substantial autonomy and meaningful self-administration“ auf der Basis des vor der Intervention ausgehandelten, aber von Miloševiü abgelehnten RambouilletAbkommens36 bis zur Erreichung eines „final settlement“ zusicherte. Von Anfang an stand daher die von der UNO errichtete internationale Verwaltung (UNMIK) in einer cross-pressure Situation: Alle serbischen Regierungen, auch nach der Abwahl Miloševiüs bei den Wahlen 2000, gingen davon aus, dass Kosovo damit ein integraler Bestandteil Serbiens geblieben sei und die serbische Regierung daher weiter Regierungsgewalt im Kosovo ausüben dürfe, während alle kosovo-alba35
Vgl. dazu Tomislav Maršiü/Joseph Marko, The Constitutional Reform Process in Bosnia and Herzegovina. Briefing for the Foreign Affairs Committee of the European Parliament, 2007, abrufbar unter: www.swp-berlin.org/common/get_document.php?asset_ id=4676. 36 Abrufbar unter: www.state.gov/www/regions/eur/ksvo_rambouillet_text.html.
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nischen Parteien die Resolution als ersten Schritt auf dem Weg in die ihnen damit zugesicherte endgültige Unabhängigkeit deuteten. Vor diesem Hintergrund ist auch die 2001 vom damaligen „Special Representative of the Secretary General“ der UN (SRSG) und Leiter der UNMIK-Verwaltung, Michael Steiner, erlassene UNMIK-Verordnung „Constitutional Framework for Provisional Self-Government in Kosovo“ zu sehen.37 Im Gegensatz zum Rambouillet-Abkommen, das noch weitgehend dem stark korporativen DaytonAbkommen gefolgt war, folgt zwar auch dieser Verfassungsrahmen dem Modell der Konkordanzdemokratie, aber in weitaus liberalerer Ausgestaltung: So waren im 120 Mitglieder umfassenden Parlament, das allerdings aufgrund serbischer Einwände nur Versammlung genannt werden durfte, zwanzig Sitze für die ethnischen Gemeinschaften reserviert, davon zehn Sitze für die serbische Gemeinschaft, was de facto einer Überrepräsentation gleichkam. Darüber hinaus war auch wie in Bosnien-Herzegowina ein „vital national interest veto“ vorgesehen. Kam es jedoch zu keiner politischen Einigung, so genügte in der zweiten Abstimmung die einfache Mehrheit, um eine Gesetzesvorlage anzunehmen. Auch für die Regierung waren mindestens zwei nicht-albanische Minister vorgeschrieben, davon wieder einer garantiert für die serbische Gemeinschaft. Für den öffentlichen Dienst war eine „fair representation“ aller ethnischen Gemeinschaften vorgesehen. Kapitel 4 des Verfassungsrahmens regelte darüber hinaus noch eine Reihe von individuellen Rechten und kulturellen Rechten für die ethnischen Gemeinschaften, wobei jedoch das Anti-diskriminierungsgesetz von 200438 zwar Maßnahmen der positiven Diskriminierung erlaubte, aber nicht explizit vorschrieb. Gleich nach der Verabschiedung des Verfassungsrahmens 2001 gab SRSG Steiner angesichts der faktischen Situation im Kosovo auch die politische Formel „standards before status“ aus, um gegenüber den Unabhängigkeitsbestrebungen der kosovo-albanischen Eliten Zeit zu gewinnen und zuerst einmal demokratische und rechtsstaatliche Standards für das Funktionieren des kosovarischen Regierungssystems zu schaffen. Die NATO-Intervention und das erste Jahr der UNMIK-Verwaltung hatten die Machtverhältnisse zwischen Kosovo-Serben und Kosovo-Albanern im Wesentlichen nur auf den Kopf gestellt. Territorium, Institutionen und Gesellschaft blieben – wie unter der Herrschaft Miloševiüs – im wesentlichen ethnisch geteilt. Das gesamte Gebiet nördlich des Flusses Ibar und der nördliche Teil der geteilten Stadt Mitrovica blieben unter direkter Kontrolle der Regierung in Belgrad, aber auch die Dörfer und Gemeinden im restlichen 37 UNMIK Regulation No. 2001/9. Vgl. dazu und zum Folgenden Joseph Marko, Independence without Standards? Kosovo’s Interethnic Relations Since 1999, European Yearbook for Minority Issues 5 (2005/2006), 219–241. 38 UNMIK Regulation No. 2004/3.
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Gebiet des Kosovo mit – nach den ethnischen Säuberungen – ausschließlich serbischer Bevölkerung bildeten Enklaven unter direktem Einfluss Belgrads und durch Stacheldrahtverhaue von KFOR-Soldaten „geschützt“. Unter dem Einfluss der Belgrader Eliten, für die Kosovo weiterhin das beste Instrument zur politischen Mobilisierung ihrer Wählerschaft in Serbien blieb, weigerten sich die kosovo-serbischen Parteien schließlich auch zunehmend, an der kosovarischen Regierung durch die sogenannten „provisional institutions of self-government“ (PISG) teilzunehmen und die so genannten illegalen Parallelstrukturen im Norden Kosovos aufzugeben. Andererseits erwies sich das im Verfassungsrahmen vorgegebene Modell der politischen Mitbestimmung ebenfalls als ineffektiv. So wurden die serbischen Abgeordneten vor 2004 bei mehr als 40 Anträgen von der kosovo-albanischen Mehrheit einfach überstimmt, da bei allen Unterschieden zwischen den albanischen Parteien diese dann doch immer gemeinsam stimmten, wenn es gegen serbische Anträge ging. Aber auch die Bestimmung der „fair representation“, die in einer UNMIK-Verordnung als „nahezu proportionale Repräsentation“ konkretisiert worden war,39 wurde – mit Ausnahme der Kosovo-Polizei – nicht umgesetzt. Trotz zahlreicher Institutionen, die von der UNMIK geschaffen worden waren, um die Repräsentation und Partizipation von Minderheiten zu fördern, blieben diese mangels Koordination zwischen den verschiedenen internationalen Organisationen und den PISG-Organen völlig ineffektiv. Der Beratende Ausschuss nach der Rahmenkonvention zum Schutz der nationalen Minderheiten des Europarates, der aufgrund eines Vertrages mit UNMIK die Lage der Minderheiten in Kosovo im Jahre 2005 überprüfen konnte, kritisierte in seinem Bericht aber auch die west- und mitteleuropäischen Staaten, die dazu übergegangen waren, KosovoAlbaner und Minderheitenangehörige im Kosovo, vor allem Roma und Ashkali, zwangsweise zu repatriieren: „… Return requires not only security, but employment opportunities as well. … Neither UNMIK nor the PISG have introduced systematic assistance or other measures to facilitate the integration of individuals that have been forceably returned“.40 An der wirtschaftlichen Misere des Kosovo, das trotz seiner Bodenschätze und seines Wasserreichtums eine der ärmsten Regionen der SFRJ und wahrscheinlich Europas war, hat sich unter der UNMIK-Verwaltung auch nichts geändert. Die Arbeitslosenrate blieb immer über 50 % und erreichte in einigen Regionen, bei 39
UNMIK Regulation 2001/19. Vgl. Advisory Committe opinion on the Implementation of the Framework Convention for the Protection of National Minorities in Kosovo, ACFC/OP/I(2005)004, paras. 43–44, abrufbar unter: www.coe.int/t/dghl/monitoring/minorities/3_FCNMdocs/PDF_1st_ OP_Kosovo_en.pdf. 40
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Frauen oder Jugendlichen 70 % und mehr. Allein um diese Arbeitslosenrate konstant zu halten, hätten jährlich zusätzliche 30.000 Arbeitsplätze für die Schulabgänger geschaffen werden müssen, da aufgrund der hohen Geburtenrate 60 % der Gesamtbevölkerung unter 24 Jahre alt sind. Zu guter Letzt gelang es der UNMIK-Verwaltung aber auch nicht, ein Justizsystem unter Beachtung grundlegender rechtsstaatlicher Standards zu entwickeln. Internationale Richter und Staatsanwälte erhielten von der UNMIK-Verwaltung Verträge nur für sechs Monate und wurden – kaum hatten sie sich eingearbeitet – wieder abgelöst. Sie konnten auch jederzeit Fälle, die bei kosovarischen Richtern anhängig waren, gegen deren Willen an sich ziehen. Die strikte organisatorische Trennung von Justiz und Verwaltung sowie eine geregelte Geschäftsverteilung, die die willkürliche Zuweisung von Fällen verhindert, wurden also gerade von der UNMIK selbst verletzt, was nicht gerade zur Vertrauensbildung im Justizsektor beitrug. Das Mantra „standards before status“ war daher Anfang 2004 brüchig geworden und im März kam es zu dreitägigen gewaltsamen Unruhen, bei denen – nach dem offiziellen Bericht des UN Generalsekretärs – 19 Personen getötet, 954 verwundet und mehr als 4000 Personen, nicht nur Serben, sondern auch von der Minderheit der Ashkali, vertrieben sowie 27 serbisch-orthodoxe Kirchen und Klöster vom Mob angezündet wurden. Nach diesen Unruhen zogen sich die kosovo-serbischen Parteien völlig aus den PISG-Institutionen zurück, boykottierten mit Unterstützung aus Belgrad die folgenden Wahlen und bauten die illegalen Parallelstrukturen sogar noch weiter aus. Nachdem schließlich Botschafter Kai Eide an den UN-Generalsekretär im Oktober 2005 einen „Comprehensive Review of the Situation in Kosovo“41 abgeliefert hatte, ernannte dieser den früheren finnischen Präsidenten Ahtisaari, um politische Verhandlungen über den „final status“ des Kosovo zu führen. Während zu Beginn der Verhandlungen der Schwerpunkt auf technische Aspekte wie den Schutz serbischer Kulturgüter gelegt wurde, um Vertrauen zwischen den Verhandlungsdelegationen zu schaffen, erwies sich anhand des Kapitels Dezentralisierung und Gemeindeselbstverwaltung42 sehr schnell, dass jede scheinbar auch noch so technische Lösung schnell zu einem politischen Problem wird. Fast unmittelbar nach den Unruhen im März 2004 hatte die Regierung in Belgrad einen Plan vorgelegt, der der offensichtlichen ethno-nationalen Logik folgte, die Grundlagen für eine territoriale Autonomie der Serben innerhalb des Kosovo als Gegengewicht zur „substantial autonomy“ für den Kosovo innerhalb Serbiens oder eine spätere 41 UN Doc. S/2005/635, Annex, abrufbar unter: www.unosek.org/docref/KaiEide report.pdf. 42 Eine detaillierte Analyse findet sich bei Gresa Caka, Decentralization in Kosovo: A Key to Status Settlement, MEIR Master Thesis, Universität Graz, 2006.
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Teilung des Kosovo zu schaffen. Demgegenüber legte eine Arbeitsgruppe der PISG ein „Framework Document for the Reform of Local Self-Government“ vor. Dieser Reformvorschlag zielte – im Gegensatz zur von Belgrad angestrebten territorialen Aufteilung – auf eine funktionale Reform der Gemeindeselbstverwaltung durch Übertragung weiterer Kompetenzen auf die Gemeindeebene. Nachdem allerdings schon der Bericht von Botschafter Eide den territorialen Ansatz des Belgrader Planes akzeptiert hatte, wurde in den Statusverhandlungen das kosovarische Ministerium für lokale Selbstverwaltung gezwungen, diesen Ansatz zu übernehmen. Während die Belgrader Regierung ursprünglich gefordert hatte, zwanzig neue Gemeinden mit serbischer Mehrheitsbevölkerung zu schaffen, akzeptierte die kosovarische Delegation letztendlich die Schaffung von sechs solchen Gemeinden, was aber wiederum für die serbische Delegation nicht akzeptabel war, sodass schließlich nicht nur dieses Verhandlungskapitel unter dem euphemistischen Titel „Dezentralisierung“ scheiterte. Im März 2007 kam es daher zu einem dejà vu: Der sog. Ahtisaari-Plan, der unter dem Titel „Comprehensive Proposal for the Kosovo Status Settlement“ dem UNGeneralsekretär und Sicherheitsrat zugeleitet worden war, wurde – wie schon in Rambouillet – nicht von der serbischen Regierung akzeptiert und Russland drohte daher, die Annahme dieses Plans im Sicherheitsrat durch sein Veto zu blockieren. Nachdem auch mehr als sechsmonatige Nachverhandlungen zu keinem Ergebnis führten, erklärte schließlich das kosovarische Parlament im Februar 2008 mit stiller Unterstützung der amerikanischen Administration die Unabhängigkeit und schon im Juni 2008 wurde auch eine neue kosovarische Verfassung beschlossen.43 Mittlerweile haben zwar mehr als 50 Länder Kosovo als unabhängigen Staat anerkannt, aber darunter sind nicht einmal alle EU-Mitgliedsstaaten. Griechenland, Spanien und die Slowakei geben vor, dass die „Sezession“ des Kosovo auch für ihre Minderheiten einen gefährlichen Präzedenzfall darstelle. Andererseits stellt sich aber auch die Frage, ob Kosovo nach völkerrechtlichen Standards überhaupt ein souveräner Staat ist, da nach den Übergangsbestimmungen der neuen Verfassung ein „International Civilian Representative“ (ICO) – nach dem Vorbild des OHR in Bosnien-Herzegowina – die Kompetenz hat, die Einhaltung der Bestimmungen des Ahtisaari-Plans als höchstem im Kosovo geltenden Rechtsakt, der auch über der Verfassung steht, zu überwachen. Während ursprünglich daran gedacht war, die UNMIK-Verwaltung durch diesen ICO und eine EU-Rechtsstaatsmission (EULEX) abzulösen, sind nun aufgrund der unklaren rechtlichen 43
Vgl. dazu Robert Muharremi, Kosovo’s Declaration of Independence: SelfDetermination and Sovereignty Revisited, Review of Central and East European Law 33 (2008), 401–435, und Joseph Marko, The New Kosovo Constitution in a Regional Comparative Perspective, ibid., 437–450.
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Lage – insbesondere der Frage, wer eigentlich Kosovo bei Staaten vertreten kann, die es nicht als unabhängigen Staat anerkannt haben und wie die Aufnahme in internationale Organisationen vorangetrieben werden kann – sowohl das ICO wie UNMIK weiter tätig, ohne dass deren Aktivitäten koordiniert werden. Darüber hinaus wurde aufgrund des Drucks Russlands auch die EULEX-Mission auf „statusneutrale“ Aktivitäten eingeschränkt. Vorläufig zusammenfassend kann daher die Schlussfolgerung in bezug auf Kosovo gezogen werden, dass eine Unabhängigkeitserklärung noch keinen funktionierenden Staat macht und dass von einer „Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik“ der EU noch lange keine Rede sein kann.
D. Schlussfolgerungen: Europa quo vadis? Ein Vergleich der Wiederaufbau- und Versöhnungsmaßnahmen in beiden behandelten Ländern zeigt neben Unterschieden auch einige strukturelle Gemeinsamkeiten. In Bosnien-Herzegowina hat das strikt korporative System der Machtteilung nicht zu einem positiven Elitenkonsens und entsprechender inter-ethnischer Kooperation geführt. Im Gegenteil, nach 15 Jahren Dayton steht Bosnien-Herzegowina mit den Drohungen Milorad Dodiks, die RS von BiH abspalten zu wollen, und der völligen Blockade der Verfassungsreformen wieder am Beginn eines möglichen neuerlichen Konflikts. Dazu haben nicht nur die Politik der monoethnischen Parteien mit permanenter ethnischer Mobilisierung der Wähler und ihr gleichzeitiges Einverständnis, sich als oligarchische Elite den finanziellen Kuchen aus den Privatisierungsgewinnen aufzuteilen, geführt, sondern auch die Fehler und Versäumnisse der beteiligten internationalen Organisationen und der EU. So haben die auf Betreiben der OSZE alle zwei Jahre stattfindenden Wahlen gerade nicht zu mehr qualitativer Demokratie geführt, sondern das ethno-nationale Parteiensystem und ihr Kartell der Macht erst recht demokratisch legitimiert. Außerdem wurden erst sehr spät Maßnahmen ergriffen, um der fortgesetzten ethnischen Segregation und ethno-nationalen Mobilisierung im gesamten Bildungssektor entgegenzutreten, allerdings bisher ohne nennenswerten Erfolg und mit dem paradoxen Ergebnis, dass die heutigen politischen Parteien trotz aller Wahlerfolge keineswegs als repräsentativ angesehen werden können. Demgegenüber war das institutionelle System, das mit dem Verfassungsrahmen in Kosovo geschaffen wurde, zwar liberaler, indem in Parlament und Regierung nur eine Mindestrepräsentation nicht-albanischer ethnischer Gemeinschaften und auch nur ein suspensives Veto vorgesehen waren, aber auch mit diesem institutionellen Arrangement gelang es nicht, das Misstrauen und schließlich den Boykott
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der PISG durch die serbische Gemeinschaft zu überwinden. Auch im Kosovo hat es die UNMIK-Verwaltung nicht geschafft, die Probleme der Spaltung in jeweils mono-ethnische Parteien und der vollständigen institutionellen Segregation im Bildungssektor zu bewältigen, sodass die Unabhängigkeitserklärung und die Anerkennung des Kosovo durch mehr als 50 Staaten weder eine funktionierende, rechtsstaatliche Demokratie in Kosovo geschaffen noch die regionalen Implikationen der weiterschwelenden Kosovo-Krise gelöst haben. Zu einem nicht unerheblichen Teil sind an diesem Zustand als strukturelle Gemeinsamkeit aber auch externe Faktoren, nämlich der außenpolitische Gegensatz zwischen den USA und der EU und die strategischen Mängel der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) der EU mitverantwortlich. Bei beiden behandelten Ländern hat sich gezeigt, dass die USA und EU, trotz aller Lippenbekenntnisse zu einem transatlantischen Bündnis, nicht an einem Strang ziehen und auch die nationalen Interessen der EU-Mitgliedsstaaten und die internen Rivalitäten zwischen Rat und Kommission im Hinblick auf den Stabilisierungs- und Assoziierungsprozess kontraproduktiv sind. Das beginnt schon mit dem Zick-Zack-Kurs hinsichtlich der außenpolitischen Strategie, die sich wie ein roter Faden durch die jüngste Geschichte am Balkan zieht. Soll den ethnonationalistischen Ideologien und den realistischen Ansätzen in den internationalen Beziehungen nachgegeben und der Spaltung und Aufteilung in ethnisch homogene Klein- und Kleinststaaten zugestimmt werden? Oder müssen nicht nur aus moralischen, sondern auch aus völker- und menschenrechtlichen Gründen multiethnische Staaten auf der Grundlage kultureller Vielfalt auf allen territorialen Ebenen verteidigt und geschützt werden, indem zuerst einmal allen weiteren Forderungen nach Abspaltung der RS und des Nord-Kosovo entschieden entgegengetreten und zweitens sich die EU auch in Prozessen der Staats- und Nationsbildung engagiert? Die „securitization“ der GASP am Westbalkan, insofern die EU in BosnienHerzegowina sowohl die Militär- wie Polizeimission von der UNO übernommen hat, verdeckt, dass die EU gerade im Bereich der ersten supranationalen Säule viel zu wenig an finanzieller Unterstützung für die schwierigen Transformationsprozesse in allen Westbalkan-Ländern leistet. Darüber hinaus ist auch das Regattaprinzip, d.h. mit allen Ländern bilateral zu verhandeln, angesichts der regionalen Interdependenz dieser Länder falsch. Die von der bisherigen Osterweiterung übernommene Verhandlungsphilosophie, dass einfach nur der acquis communitaire übernommen zu werden brauche, damit wie durch Zauberhand Frieden und Wohlstand am Balkan herrschen, hat sich – wie die obigen Schilderungen gezeigt haben – wohl ebenfalls als falsch erwiesen. Es wäre daher höchste Zeit, dass die EU das Konditionalitätskriterium „regionale Zusammenarbeit“ auch für sich selbst
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ernst nimmt, allen Westbalkanländern Kandidatenstatus verleiht und sich aktiv im Prozess der notwendigen Verfassungsreformen, des Institutionenaufbaus und der Transformation des Parteien-, Medien- und Bildungssystems in den Westbalkanländern engagiert, da diese ja wohl nicht der Hinterhof der USA sind.
Somalia: Purposes and Limits of State Fiction in International Law By Andrea Gattini
A. Historical Background Like most African countries, Somalia is (or was) a multiethnic state. There are five main ethnical groups: the Hawiye (the most populous one, and the main clan in Mogadishu), the Darod (mostly settled in the northeast), the Dir, the Isaaq (mostly settled in the northwest) and the Rahanweyn, each subdivided into at least a half dozen clans and sub-clans. The main connecting factor, beside Sunnite Islam, which is the religion of the entirety of the population, is the common Somali language, part of the Afro-Asian Cushitic idioms. In most groups there is a strong tradition of respect of the Xeer, an indigenous customary legal system deposited in elders’ wisdom and modeled on a nomadic pastoral society based on clan allegiance. At the end of the 19th century the United Kingdom established its control over Berberia, the northern part of the peninsula facing the Gulf of Aden, even if it took more than twenty years to subdue the Dervishi’s resistance, whereas Italy, as part of its strategy to encircle Ethiopia, progressively extended its penetration in the central and southern part. In 1905 Italy affirmed the direct rule on the coastal towns of the southern region of Benadir, including Mogadishu, and progressively extended its occupation of the hinterland. In 1925 Italy and the United Kingdom defined their respective zones of influences and in 1926, under the fascism, the Italian territories were baptized Somalia Italiana. In 1940 the Italian colony was occupied by the British and put under military administration. In 1949 the former Italian colony was put under the UN trusteeship system and Italy was appointed as trustee, with effect from January 1950. Somalia gained independence in 1960, by merging the former British colony of Somaliland with the territories under the UN trusteeship. In 1969 General Siad Barre took the power in a military coup and imposed a radical form of socialism in the country. In 1974 he concluded a formal alliance with the USSR, but the alliance broke down during the Ogaden War with Ethiopia
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in 1977–1978, when the Soviets revised their options and decided to support a military coup in Ethiopia led by Menghistu. The leadership of Barre weakened irresistibly in the years 1986–1990, amid governmental mismanagement, diffuse corruption, recurrent famine and rebellions by clans. In January 1991 Siad Barre was ousted by Ali Mahdi Mohammed and flew from Mogadishu, which soon became a battlefield between the armed clan of Ali Mahdi and that of Mohammed Forah Aydid, leader of the main opposition party, the United Somali Congress. During 1991 the state’s institutions collapsed and the entire country fell into anarchy.
B. The Twenty Years Civil War As requested by the government of Ali Mahdi, the UN Security Council adopted on 23 January 1992 Resolution 733, deciding a total arms embargo on the country. Concerned by the grave situation, the Security Council adopted on 24 April 1992 Resolution 751, establishing a peacekeeping mission, UNOSOM I, with the immediate deployment of 50 military observers to monitor the ceasefire between the opposing clans in Mogadishu. The total force of UNOSOM I was later increased to 3,000 military personnel by Resolution 775 of 28 August 1992, but that goal was far from being attained and the operation remained quite ineffective in face of the ever increasing chaos and inter-clans fights. The mobilization of Western public opinion, shocked by the dire humanitarian emergency, pushed the US Government to press the Security Council to adopt on 3 December 1992 Resolution 794, which authorized willing states to intervene in Somalia in order to secure the flow of humanitarian relief to the civilian population. The UNTAF (United Nations Task Force) operation, led by the US and labeled “Restore Hope,” enjoyed huge media coverage, but was not as effective as its proponents’ propaganda made out. Not all armed groups were disarmed and some of them were simply paid off. In any case, in 1993 the Security Council decided to reshuffle its peacekeeping mission, UNOSOM II, to which 37 states agreed to participate with the deployment of 22,000 troops and 8,000 civil personnel. For the first time ever also US troops participated in a peacekeeping mission, but under the condition that the US 1,200 troops of a Quick Reaction Force would remain under US operational control and would only respond to emergency threats to UNOSOM II with the approval of US Central Command in Florida. However, notwithstanding the UN’s impressive effort, the situation on the ground grew more and more confused, not least because of the double and partly contradictory chain of command of the troops and the political choice to exclusively support Ali Mahdi, with the result of a rising hostility towards UNOSOM by Mohammed Aydid’s clan. After some casualties in Moga-
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dishu in August 1993, the US Government hurriedly withdrew its contingent, leaving the UNOSOM in a dangerous and politically untenable position. The lack of minimum security conditions for the UN personnel, made the target of continuing attacks from all parties, led the Security Council in November 1994 to wind up UNISOM II in three months time and to concentrate its efforts on the re-establishment of minimal political conditions for a meaningful dialogue between the opposing factions in Somalia. In the ensuing decade, whereas the central and southern parts of Somalia remained torn in civil war, the northern part, i.e. the Somaliland, and the Puntland regions enjoyed a situation of relative peace and stability. Somaliland had already declared independence on 18 May 1991, but its attempt to secession has not been so far supported by any state, even if it entertains relations with the Commonwealth and with the EU. Puntland, on the contrary, proclaimed autonomy in 1998 but does not intend to secede. In 2000 a Transitional National Government (TNG) under the presidency of Salad Hassan, who was minister of the interior in Siad Barre’s last government, was formed, but it became readily apparent that the TNG was just one of the contending parties, barely controlling parts of the capital. The UN diplomatic efforts nevertheless succeeded in brokering in November 2004 in Nairobi an agreement between the TNG and the Somalia Reconciliation and Restoration Council and in grouping some of the more moderate clans. The deal caused the formation of a more representative Transitional Federal Government (TFG) under the presidency of Yusuf Ahmed, former president of Puntland. However, after some initial success, which encouraged the Government to bring its seat back to Mogadishu, the TFG could not stabilize. The situation again precipitated in June 2006, when the Islamic Courts Union (ICU), a fundamentalist Islamic movement, raised against the Alliance for the Restoration of Peace and Counter-Terrorism (ARPCT), a CIA-funded group participating in the TFG, and took hold of Mogadishu. It was only after six months that the TFG, with the intervention of Ethiopia and the covert help of Western states, was able to dislodge the ICU from Mogadishu. The fight caused a new exodus from Mogadishu with at least 870,000 civilians who fled from Mogadishu and left 1.1 million Somalis displaced in central-south Somalia. After the defeat, some of the more radical ICU members formed other militant Islamist groups, such as Harakat al-Shabaab and Hizbul Islam, while the more moderate members went into exile in Djibouti, where, in September 2007, they formed the Alliance for the Re-Liberation of Somalia (ARS). A significant step forward towards national reconciliation was made on 19 August 2008 in Djibouti between the TFG and the ARS, with the mediation of the UN Special Envoy to Somalia, the Algerian diplomat Ahmedou Oulda Abdallah.
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The 11 points agreement foresaw the withdrawal of the Ethiopian forces protecting the TFG from Somalia within 120 days and the deployment of an international stabilization force. That was achieved by the AMISOM, a peacekeeping mission decided upon by the African Union, whose mandate was approved by the Security Council on 21 February 2007 with Resolution 1744. The national reconciliation brokered at Djibouti was sealed some months later by the election of Sheik Sharif Ahmed, the former leader of the ICU and then of the ARS, as new President of the TFG. From the beginning, however, the Djibouti Peace Agreement was opposed by the Eritrea based faction of the ARS, and the TFG is now confronted with a grave danger, the move to terrorism made by the Harakat al-Shabaab, which the USA suspect having a close connection to al-Qaeda. In January 2009, shortly after the presidential election of Sharif Ahmed, al-Shabaab was able to capture Baidoa, the base of the Transitional Federal Parliament, and in May 2009 the armed supporters of the group tried to capture Mogadishu and are still in control of large sections of the city. Al-Shabaab’s aim is to overthrow the TFG and for that reason it also targets international personnel. On 17 September 2009 a suicide bomber at the African Union’s basis in Mogadishu killed 17 AMISOM soldiers, among them the deputy head of the mission, forcing the AU to relocate the headquarters of the mission back to Kenya, and on 3 December 2009 another suicide bomb attack killed three members of the Government. Another worrying phenomenon caused by the state disruption is the upsurge in instances of piracy off the coasts of Somalia. In five years the number of attacks increased from 3 in 2005 to 74 in 2009. At the time of writing (February 2010), there are still 17 vessels and some 250 crew being held to ransom. The international community is still in search of an adequate answer to this problem. Besides the thorny legal issues that the fight against piracy involves in general – which will be touched upon later – it seems that part of the problem also lies in the different approaches taken by the main actors. First, there are the resolutions of the Security Council from 2008, authorizing the states to use “all necessary means” (i.e. force) in order “to repress acts of piracy and armed robbery.”1 As we will see, their language is not devoid of some ambiguity and their application gives rise to some uncertainties. Secondly, from October 2002 on there is a naval military presence in the context of the Operation Enduring Freedom, led by the US as a part of their global action against the threat of international terrorism (Combined Task Force CFT-150). Parallel to that, in January 2009 the US Naval Forces Central Command established a new CFT-151, 1
SC Res. 1816 of 2 June 2008, para. 7(b).
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to which 20 countries contribute, with the sole mission of conducting anti-piracy operations in the Gulf of Aden and off the Somali coast in the Indian ocean. Thirdly, in October 2008 NATO launched its own anti-piracy operations in the Horn of Africa. The first operation, labeled “Allied Provider,” which lasted three months, served as a temporary protection force for World Food Program assistance. The second operation, labeled “Allied Protector,” now replaced by a third operation labeled “Ocean Shield,” comprised five military ships and had the more ambitious goal to deter and disrupt pirate activities in the region. Fourthly, in December 2008 an EU operation, labeled Atalanta,2 in which six member states participate, took over from NATO the task of providing protection for World Food Program shipments and merchant vessels. The operational coordination between the various actors, i.e. EUNAVFOR, CFT-151, NATO and other states involved in patrolling the zone, such as the Russian Federation, India, China and Japan, is (or should be) guaranteed through the Shared Awareness and Deconfliction (SHADE) meetings held on a regular basis in Bahrain. The commendable effort at coordination between politically so divergent states and organizations should not, however, blur the sight to the practical problems which naval forces of some countries encounter in participating in different operations with partially different purposes and under different rules of engagement.
C. The International Community’s Perplexity In the last twenty years Somalia has become an epitome for a failed state. Even that concept seems to belittle the reality of facts, which is better captured by the more drastic one of “phantom State.”3 In particularly vivid language Kreijen has appropriately compared the situation of Somalia to that of clinical death. As the vital organs of the patient are artificially kept alive by a sophisticated medical machinery, so is the existence of Somalia as a state only assured by the continuing recognition of the international community, in particular through the United Nations. The case of Somalia provides an apt if extreme example of the powerful
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See Council Joint Action 2008/851/CFSP (10 November 2008) on an European Union military operation to contribute to the deterrence, prevention and repression of acts of piracy and armed robbery off the Somali coast, Official Journal of the European Union (OJEU) 12 November 2008, L 301/33; Council Decision 2008/918/CFSP (8 December 2008) on the launch of a European Union military operation to contribute to the deterrence, prevention and repression of acts of piracy and armed robbery off the Somali coast (Atalanta), OJEU 9 December 2008, L 330/19. 3 Gerard Kreijen, State Failure, Sovereignty and Effectiveness, 2004, at 361.
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reach of present day international law theory of “juridical” statehood brought about in the wake of decolonization by the abandonment of the requisite of effectiveness and its replacement with the right of self-determination of peoples and the “neo-constitutive” recognition practice by the UN.4 The reasons for the maintenance of the state fiction are manifold, legal as well as political. As for the legal ones, we have just pointed to the principle of selfdetermination. It seems that a corollary of that principle is that, as long as the people vested with that right have not had the chance to freely express their view on the prospect of renewing the state covenant, the international community can not break the simulacrum of the state. Of course, it is legitimate to ask the question as to how long the moment of decision can be postponed without risking the violation of others rights. This could be at some point the case of the people of Somaliland, who have already manifested their will to secede and which by now have enjoyed already twenty years of de facto independence. The reasons for the reluctance of the international community to recognize, let alone encourage, Somaliland’s secession are readily understandable and are related to the fear of creating a dangerous precedent for the stability of the African continent, where the majority of states are multiethnic and bound to the strict observance of the uti possidetis principle. This is of course a political argument, but the longer the fiction of Somalia statehood is held, the shakier the legal grounds for the respect of the status quo become. Furthermore, some authors have critically observed how the reliance on the principle of self-determination, i.e. the political independence of the people, as the reason to preserve the fiction of continuation of a phantom state leads to a paradox. The more intrusive the international involvement in reconstructing the state and its civil infrastructure is, the more constrained the chances of the people to really freely express their will become.5 The situation in Somalia constitutes a major challenge, probably the most radical one, to the present international order, still dependant as it is on a more or less reliable functioning of state machinery. The challenge concerns the political as well as the economic order. It is not perchance that the situation in Somalia has
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For the concept of juridical statehood or “negative” sovereignty see ibid., 105 et seq. See Matthew Saul, From Haiti to Somalia: The Assistance Model and the Paradox of State Reconstruction in International Law, International Community Law Review 11 (2009), 119, at 120. For the manifold theoretical pitfalls of the current debate on international territorial administrations, from an ideology critique approach see Ralph Wilde, International Territorial Administration – How Trusteeship and the Civilizing Mission Never Went Away, 2008, esp. 441 et seq. 5
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created the conditions for the resurgence on a vast scale of criminal phenomena, like banditry and piracy, which bear a striking resemblance with historical experiences of the late 18th century, an evidence per se of a fundamental questioning of modern capitalistic economic structures. The recent trend towards terrorism by the most radical groups adds a further complexity to the preoccupations of the international community with regard to Somalia, but one should actually wonder why it did not appear earlier, being just another inevitable consequence of the situation of general outlawry and statelessness. The fact is that Somalia confronts states and the United Nations with a totally novel situation, that of a people entrenched in archaic clan loyalties, hijacked by bandit warlords and apparently unable to find the necessary political and moral strength to make a new start.6 It is understandable that, faced with such a situation, which utterly denies all the presuppositions on which the modern concept of the state relies, the international community is at its wits’ end. On the one hand, Somali people prove to be particularly resilient to every attempted “state-building enterprise” scheme, currently privileged by the international machinery, made up by the seemingly effective tools of “hasty constitutionalisation, recreation of historical class systems, non-critical power-knowledge system […], and rushed electoral democracy.”7 On the other hand, the proposal advanced in some academic quarters – be it as a well-meant attempt to help or as a cynical neo-colonialist design – to establish a sort of international trusteeship on Somalia,8 has been poorly received. This is not so much because of legal technicalities9 or ideological objections,10 but simply because of the unwillingness of the international commu6
See the hardly encouraging analysis of an authoritative Somali jurist, currently judge of the International Court of Justice, Abdulqawi Ahmed Yusuf, Government Collapse and State Continuity: The Case of Somalia, Italian Yearbook of International Law 13 (2005), 11. 7 See Outi Korhonen, The ‘state-building enterprise’: Legal doctrine, progress narratives and managerial governance, in: Brett Bowden/Hilary Charlesworth/Jeremy Farrall (eds.), The Role of International Law in Rebuilding Societies after Conflict, 2009, 15, at 16. 8 See the seminal article by Gerald B. Helman/Steven R. Ratner, Saving Failed States, Foreign Policy No. 89 (1992), 3. 9 Article 78 UN Charter rules out the possibility to establish a trusteeship on a UN member state. As Kreijen (note 3), 329, points out, the precondition for any trusteeship solution for Somalia would require the withdrawal of the recognition of Somalia as a state by the UN, an unprecedented step of dubious legality. 10 See Ruth Gordon, Some Legal Problems with Trusteeship, Cornell International Law Journal vol. 28, 1995, 301; id., Saving Failed States: Sometimes a Neocolonialist Notion, American University Journal of International Law and Policy 12 (1997), 903.
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nity to directly involve itself in the administration of a hopelessly war-torn territory of limited strategic importance and without significant natural resources. Beyond the initial dismay following the failure of UNOSOM II,11 the response of the international community so far has been two-fold. On the one side, there are the multifaceted UN activities, which range from the Sanctions Committee pursuant to Resolution 733 (1992) and Resolution 1425 (2002), the aim of which is to oversee the arms embargo and targeted sanctions decided upon by the SC, to the massive humanitarian aid channeled through several UN agencies, to various diplomatic efforts, undertaken together with other actors such as the Organization of the Islamic Conference (OIC), of which Somalia is a founding member, and the International Contact Group on Somalia,12 to weave the indispensable political fabric for the reconstitution in some form of the state. Recently the Security Council tried to instil more coherence and purpose in the different UN activities with Resolution 1772 of 20 August 2007, in which it envisaged an incremental approach in order to recreate the conditions under which the UN could re-establish its presence, a “light footprint,” on the ground. Progress is modest and partially hampered by the belated and partial fulfilment of the pledges made by contributing donor countries. As of 30 November 2009 outstanding pledges stand at $ 121 million, out of $ 198.7 million in confirmed pledges.13 On the other side, there is the strategy of containment by states and regional organizations. This strategy assumes various shapes, from the low-intensity fight against piracy14 to covert or less covert operations against terrorist groups,15 from
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For a critical appraisal of the UNOSOM see Maria Pontecorvo, Somalia e Nazioni Unite, in: Paolo Picone (ed.), Interventi delle Nazioni Unite e diritto internazionale, 1995, 201; Jarat Chopra, Achilles Heel in Somalia: Learning from a Conceptual Failure, Texas International Law Journal 31 (1996), 495; Amy Eckert, United Nations Peacekeeping in Collapsed States, Journal of International Law and Practice 5 (1996), 280; Christiane Philipp, Somalia: A Very Special Case, Max Planck Yearbook of United Nations Law (Max Planck UNYB) 9 (2005), 517. 12 The ICGS is an informal group of mainly Western UN ambassadors, joined by the EU Commission, established at the UN headquarter in 2006 at the initiative of the United States with the goal to coordinate their respective policies regarding reconciliation in Somalia. 13 Figures in Report of the Secretary-General on the situation in Somalia, 8 January 2010, UN Doc. S/2009/684, para. 37. 14 See supra chapter B. 15 On 9 January 2007, the United States openly intervened in Somalia by sending gunships to attack Islamic Court Union’s positions in the southern part of Somalia at the border with Kenya. On 15 September 2009 a helicopter raid in southern Somalia conducted by the
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an extremely restrictive policy on asylum to an indirect involvement through purposeful support of operational NGOs, from diplomatic pressure on bellicose regional neighbors such as Ethiopia and Eritrea16 to the cooperation with and economic support of neighbors most likely to be affected by the plague of piracy, like Djibouti and Kenya. It is difficult to judge the effectiveness of this strategy. Covert operations against terrorist cells might have averted some real risks of terrorist attacks, but have increased the readiness of radical Islamic groups to have recourse to violence17 and have not impeded the creeping penetration of al-Qaeda. The fight against piracy has mobilized the navy of more than 20 countries and involved the disbursement of enormous sums, but the roots of the problem, which lie primarily in the extreme impoverishment of a large part of the male coastal population, whose living was traditionally dependent on fishing trade, have not yet been
US military killed a key member of Al-Shabaab, Saleh Ali Saleh Nabhan, considered the major link to Al-Qaeda. 16 In the Djibouti agreement of June 2008, Ethiopia agreed to withdraw its troops from Somalia, but its pledge not to interfere in domestic policy is dependent on an equal pledge from Eritrea, which is still lacking. After many unsuccessful attempts to convince Eritrea to stop backing the most radical Somali Islamic armed groups, on 23 December 2009 the UN Security Council finally decided to impose sanctions on Eritrea, both because of its role in Somalia undermining the process of peace and reconciliation, and because of its refusal to withdraw troops from Djibouti following clashes in June 2008. Res. 1907 (2009) establishes an arms embargo, travel restrictions and the freeze on the assets of “individual and entities, including but not limited to Eritrean political and military leadership.” 17 For instance, the terrorist attack of 17 September 2009 in Mogadishu, in which 17 military personnel of the AMISOM have been killed (see supra chapter B.), was considered by the authors a retaliation of the killing three days earlier of Saleh Ali Saleh Nabhan. For a particularly critical assessment of US counter-terrorism tactic in Somalia see Kirsti Samuels, Constitution-Building During the War on Terror: The Challenge of Somalia, New York University Journal of International Law and Politics 40 (2008), 597. The author, who worked in 2006 for the United Nations Development Programme as lead legal advisor to a constitution-building process for Somalia, argues that the ICU’s threat and the recrudescence of the civil war in Somalia are to a great extent the result of a US “particularly misguided strategy.” In particular, the rise of Al-Shabaab is seen as the consequence of “a perception among Somalis that the United States and the United Nations would never accept even a moderate Muslim government and would only support a secular-western government” (at 614). The international support of Sheik Sharif Ahmed as the new President of Somalia might be the sign of a changing attitude by powerful international actors.
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touched,18 and the success score of the military display of force is far from conclusive. Some further doubts are reasonable, especially with regard to the issues of human rights. As is well known, both the European Court of Human Rights in 199619 and the UN Committee Against Torture (CAT) in 199820 had held that an individual could not be deported to Somalia due to the situation prevailing in that country and the real risk of being subjected to torture and other inhuman treatment. However, after the establishment of the Transitional National Government, the CAT changed its view, and while recognizing “the ongoing widespread violations of human rights in Somalia,” it agreed with the state party’s submissions that the petitioners’ allegations of real and personal risks of being tortured in the event of return to Somalia were not substantiated because of the existence and the 18
At the closure of the first meeting of the Contact Group on Piracy off the Coast of Somalia, an ad hoc international forum was created by a group of governments pursuant to SC Res. 1851 (2008), in which by now 45 governments and 7 regional and international organizations (among them AU, EU, IMO) participate. In the communiqué issued in New York on 14 January 2009 it was clearly stated that “piracy is symptomatic of the overall situation in Somalia including the prevalence of illegal fishing and toxic waste dumping off the coast of Somalia, which adversely affects the Somali economy and marine environment. As such, piracy issues must be kept in mind as one element of a larger challenge,” available at: www.state.gov/t/pm/rls/fs/130610.htm. 19 Ahmed v. Austria, European Court of Human Rights, Judgment of 17 December, Reports 1996-VI. Mr. Ahmed had left Somalia in October 1990 and was granted refugee status by the Austrian minister of the interior on appeal in 1992. The minister considered that Mr. Ahmed “regard being had to his activities in an opposition group and the general situation in the country” would fear persecution in the event of his return to Somalia. In July 1994 the Federal Refugee Office had ordered the forfeiture of the applicant’s refugee status because of criminal offences committed by him. In the appeal against the expulsion, Mr. Ahmed asserted that the situation in Somalia had deteriorated since 1990. His clan had withdrawn its support to General Aydid and since then was on the run from his group as well. The ECtHR, basing its assessment on the findings of the Commission, found that “the situation in Somalia had changed hardly at all since 1992” and that “there was no indication that the dangers to which the applicant would have been exposed in 1992 had ceased to exist or that any public authority would be able to protect him” (para. 44). It unanimously concluded that “for as long as the applicant faces a real risk of being subjected in Somalia to treatment contrary to Article 3 of the Convention there would be a breach of that provision in the event of the decision to deport him there being implemented.” 20 Sadiq Shek Elmi v. Australia, CAT, View of 14 May 1999, UN Doc. A/54/44, 109 et seq., in which the Committee affirmed that members of the warring factions exercised prerogatives comparable to those normally exercised by legitimate governments and that therefore could fall within the phrase “public officials or other persons acting in an official capacity” of Article 1.
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composition along strict clan lines of the TNG.21 The artificiality of such argument, which flies in the face of reality and ignores all reports to the contrary of NGOs, such as Amnesty International and Human Rights Watch,22 is further evidence of the desperate readiness of the international community in general to recognize even the faintest state authority in order to dispose of worrying and complex problems. Beyond the technicalities of each individual case, the decisions of Western domestic courts whether to recognize asylum rights to Somali seem obviously motivated by the fear of being submerged by thousands of similar applications, so that the reasons given to dismiss asylum claims seem often far-fetched on the (lastly subjective if not arbitrary) assessment of volatile factors, such as clan loyalties and level of armed conflict.23 Even if the TFG has made noticeable strides, it is far from guaranteeing acceptable standards of democracy and representation. Despite the efforts of Western governments and UNDP in respectively training military and police forces,24 TFG security forces – which are not paid regularly, have a weak sense of discipline and scarce superiors’ control – still commit all sorts of abuses which go undeterred or unpunished and often switch roles with the clan militias to which they formerly belonged to. The dimension of the problem is such that the UNDP recently had to suspend the distribution of uniforms to the Somali Police Force, in the absence of international police monitors in Mogadishu to ensure that the uniforms would be distributed to authorized recipients.25 The commendable goal to enhance the effectiveness of the TFG cannot justify an unfettered support and a policy of unaccountability. As was already the case with the TNG, the hasty recognition of the TFG as the legitimate government exposes another paradox of the current international model of state reconstruction: “international recognition creates the notional author21
Y.H.A. v. Australia, CAT, View of 23 November 2001, UN Doc. A/57/44, 137 et seq.; H.M.H.I. v. Australia, CAT, View of 1 May 2002, UN Doc. A/57/44, 166 et seq. 22 See Human Rights Watch Report on Somalia of 8 December 2008 “So Much to Fear” with an accurate account of the widespread human rights abuses by insurgent forces as well as by TFG forces, available at: http://www.hrw.org/en/reports/2008/12/08/so-much-fear. 23 See for instance, despite all efforts to strike a fair balance between assumptions and facts, AM & AM (Armed Conflict: Risk Categories) Somalia v. Secretary of State for the Home Department, CG [2008] United Kingdom Asylum and Immigration Tribunal 00091, reprinted in International Journal of Refugee Law 21 (2009), 81. 24 The development of national security sector institutions (National Security Force and Somali Force) to an anticipated strength of some 15.000 personnel is a priority for the UN, see SC Res. 1772 of 20 August 2007, para. 11(b); SC Res. 1863 of 16 January 2009, para. 22; SC Res. 1872 of 26 May 2009, para. 14. See also Report of the Secretary-General (note 13), paras. 58 et seq. 25 See Report of the Secretary-General (note 13), para. 66.
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ity that permits an ineffective government to authorise the international involvement that makes the notional authority a reality.”26
D. The New Challenge of Piracy The need for statehood is also reflected in the way in which the UN have tried to tackle the question of piracy off the Somalia coast. Paragraph 7 of SC Resolution 1816 of 2 June 2008, as well as paragraph 10 of Resolution 1846 of 2 December 2008 and paragraph 6 of Resolution 1851 of 16 December 2008 make clear that the authorization to use force is addressed only to those states “cooperating with the TFG in the fight against piracy and armed robbery at sea off the coast of Somalia, for which advance notification has been provided by the TFG to the Secretary-General.”27 One may wonder what the precise meaning of the authorization is, which could appear superfluous, given the fact that the operations presuppose the previous consent of the TFG. Treves has outlined at least four arguments to explain the apparent oddity of the importance given to the TFG’s consent in a SC resolution authorizing force under Chapter VII of the UN Charter.28 The first two of them, i.e. the SC’s intent to “pay homage to state sovereignty” and its interest “to strengthen the TFG” are particularly relevant in our analysis. Treves rightly observed that unanimity would not have been achieved, lest the SC was able to dispel the impression of giving rise to new customary law permitting use of force against piracy in territorial waters.29 The care taken in putting forward the TFG’s consent is a further evidence of the preferred solution for the international community to maintain legal fictions in order to avoid complicated and divisive options. To the reasons explained above, one may add the uneasiness by some states, for political or constitutional reasons, to commit military forces, relying exclusively 26
Saul (note 5), 121. The authorization has been renewed for another 12 months by Res. 1897 of 30 November 2009. 28 See Tullio Treves, Piracy, Law of the Sea, and Use of Force: Developments off the Coast of Somalia, European Journal of International Law (EJIL) 20 (2009), 399, at 407– 408. 29 As is well known, Art. 105 of UNCLOS permits the seizure of a pirate ship or aircraft by any state “on the high seas, or in any place outside the jurisdiction of any State.” For a cautious proposal (with some ambiguity on its character de lege lata or de lege ferenda) to extend coercive powers in the territorial waters of the (incapable or unwilling) coastal state see Francesco Munari, La nuova pirateria e il diritto internazionale. Spunti per una riflessione, Rivista di diritto internazionale 92 (2009), 325, at 360. 27
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on the consent of a dubious sovereign or at any rate of a sovereign deprived of any effective power.30 However, once the screen of TFG’s consent is seen for what it actually is, a mere pretence, the meaning and the novelty of the SC’s authorization becomes more apparent. The starting point is the absence of international responsibility of Somalia for not being able to guarantee security in its territorial waters, either because of lack of attribution31 or because of force majeure.32 It follows that the threat to peace, triggering the SC’s authorization to use force, is not dependent on any previous illicit act of Somalia. That was also the situation at the time of Resolution 794 of 1992, which authorized the UNTAF humanitarian intervention. However, the reasons of the SC’s novel authorization are completely different from those underlying Resolution 794 of 1992. The only purpose of Resolution 1816 is to authorize states to substitute themselves to Somalia in the exercise of sovereign powers, which Somalia is evidently not capable to exercise for itself, and what is particularly remarkable in that authorization is that the substitution does not occur in the pursuance of the respect of erga omnes obligations but for the protection of states’ own interests.33
30 See Douglas Guilfoyle, Counter-Piracy Law Enforcement and Human Rights, International and Comparative Law Quarterly 59 (2010), 141, at 147. 31 Compare Riikka Koskenmäki, Legal Implications Resulting from State Failure in Light of the Case of Somalia, Nordic Journal of International Law 73 (2004), 1, at 32, for the argument that Art. 9 of the ILC Articles on International State Responsibility (“Conduct carried out in the absence or default of the official authorities”) does not apply to a failed state with the more nuanced position of Daniel Thürer, Der Wegfall effektiver Staatsgewalt: “The Failed State,” Berichte der deutschen Gesellschaft für Völkerrecht, Bd. 34, 1995, 9, at 32 on the whole issue of (the lack of) responsibility of the failed state see Robin Geiss, Failed States – Legal Aspects and Security Implications, German Yearbook of International Law 47 (2004), 457, 480 et seq. 32 Compare Koskenmäki (note 31), 33, with the more nuanced position of Matthias Herdegen, Der Wegfall effektiver Staatsgewalt: “The Failed State,” Berichte der deutschen Gesellschaft für Völkerrecht, Bd. 34, 1995, 49, at 78. 33 See Antonello Tancredi, Di pirati e Stati “falliti”: il Consiglio di sicurezza autorizza il ricorso alla forza nelle acque territoriali della Somalia, Rivista di diritto internazionale 91 (2008), 937, at 962. It is remarkable that it was only in the Preamble of Res. 1851 (2008) that the Security Council mentioned “the role piracy may play in financing embargo violations by armed groups,” giving a wider basis for Chapter VII action than the mere determination that “the incidents of piracy and armed robbery against vessels in the territorial waters of Somalia and the high seas off the coast of Somalia exacerbate the situation in Somalia […].” For the discussion whether an failed state constitutes per se a threat to the peace see, however, Geiss (note 31), 497 et seq.
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The Resolution’s purpose should serve as a guideline for settling the disputed question of the amount of force which states are allowed to use in their operations against pirates. It must be noticed that it is only in para. 6 of Resolution 1851, authorizing actions on the Somali mainland, that the Security Council mentioned “applicable international humanitarian law.” From the absence of such an indication in the previous resolutions, some commentators have drawn the incorrect conclusion that the Security Council had permitted only a use of force in terms of immediate self-defense.34 Equally incorrect would be, however, the consequence that by “all necessary means” the Security Council might have intended the use of force which is inherent in military actions. As the seizure of a pirate vessel is a police action, it seems that the permissible force must be the same which is permitted by international law on the high seas for similar activities of law enforcement.35 Another difficult question that the Security Council had to tackle, in view of the lack of capacity of Somalia, was that of the custody of pirates and their prosecution. To this end the IMO Rome Convention for the Suppression of Unlawful Acts against the Safety of Maritime Navigation of 10 March 1988 (SUA Convention)36 would provide the necessary answers, since its Article 6 makes compulsory also for the flag state of the attacked vessel to “take such measures as may be necessary to establish jurisdiction” over the wrongdoers. The problem, however, is that most of the states participating in the operations against Somali pirates are extremely reluctant to take such measures, since they fear that that would paradoxically spur the pirates to increase their attacks, counting on the chance, once brought before a court in a Western country, to claim asylum rights. That seems to be the main reason which deterred the Security Council from mentioning the SUA Convention in Resolution 1816. The omission was mended in the subsequent resolutions, but by now Western states, with the endorsement of the Security Council, have found the practical solution to host on their war ships law enforcement officials, socalled shipriders, from countries in the region willing to take custody of pirates, or to enter bilateral agreements with such countries in order to transfer the detained pirates for prosecution. After two bilateral agreements concluded respectively by the US and the UK with Kenya in 2008, the EU also concluded such an agreement with Kenya on 6 March 2009,37 and another exchange of letters with the Seychelles was reached at in October 2009.38 These arrangements raise various human rights’ concerns, especially with regard to fair trial guarantees and conditions of 34 So Eugene Kontorovich, International Legal Responses to Piracy off the Coast of Somalia, ASIL Insights 13/2 (6 February 2009), at 4. 35 See Treves (note 28). 36 United Nations Treaty Series, vol. 1678, 221. 37 OJEU 2009, L 79/49. 38 OJEU 2009, L 315/37.
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detention, which could entail the joint international responsibility of the capturing warship’s flag state and of the EU.39
E. Conclusion On the whole, it seems that the Security Council is trying a new version of the trust model with regard to Somalia, which prioritizes the security aspect over all other considerations. This could be seen as a consequence of the lesson learnt by the Security Council from Haiti. As will be recalled, under strong pressure from the US Government, the Security Council had approved in December 1994 Resolution 940, which authorized a (US) military presence, linking it to the need “to assist and support the economic, social and institutional development of Haiti.”40 A decade later, amidst anarchical conditions, President Aristide was convinced to step down by the same international actors that had returned him to power ten years earlier, and the UN had to start again the search for available ways and means to pursue political cooperation and social and economic development in a country which was worse off than ten years earlier.41 The approach taken by the Security Council and the international community as a whole with regard to Somalia from 1995 on has been marked by extreme prudence and realism, even if this has led to a general sense of frustration and immobility. The recent SC’s authorization to resort to force could either be seen as a cynical, short-sighted blueprint for states to pursue their exclusive security interests or as a necessary, albeit inevitably risky attempt to help the TFG to re-establish minimal conditions of authority. Be that as it may, the UN and the international community are far from having found the right way to deal with the Horn of Africa’s powder-keg.
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See Guilfoyle (note 30), 158. For a critical appraisal of Res. 940 and its implications see Richard Falk, The Haiti Intervention: A Dangerous World Order Precedent for the United Nations, Harvard International Law Journal 36 (1995), 341; Olivier Corten, La résolution 940 du Conseil de sécurité autorisant une intervention militaire en Haïti: l’émergence d’un principe de légitimité démocratique en droit international?, EJIL 6 (1995), 116. 41 See Julia Leininger, Democracy and UN Peace-Keeping – Conflict Resolution through State Building and Democracy Promotion in Haiti, Max Planck UNYB 10 (2006), 465, at 521. 40
The Conflict in the Democratic Republic of the Congo and the Role of Courts By Vera Gowlland-Debbas
A. Introduction: The Conflict in the DRC The Congo which has been plagued by violence for most of its history has fascinated and stirred the imagination. “The horror, the horror” are the dying words of Mistah Kurtz, the powerful and enigmatic figure in Conrad’s epic “Heart of Darkness” written in 1898, which also inspired T. S. Eliot’s poem “The Hollow Men” and Frances Ford Coppola’s “Apocalypse Now” as an analogy for the Vietnam War. Chronic instability, incessant violence and a general pattern of gross violations of human rights and grave breaches of humanitarian law by both governments and warring factions, all leading to immense human suffering, have plagued this country on an even larger scale than in most other African countries at war. More than ideological warfare, the fight over the Congo’s rich natural resources, such as diamonds, copper, cobalt, zinc, coltan, gold and timber, fueled by greed from various domestic and foreign sources, including that of private multinational corporations, has punctuated the ongoing series of conflicts in the Congo. But this situation stretches back to Belgium’s exploitative and inept rule of the Congo, first as King Leopold’s personal fief from 1885 and then as a colony in 1908, which resulted in the deaths of millions in the Congo Free State, partly from forced labor policies verging on genocide, for the extraction of rubber and the culling of ivory.1 The Belgians having left precipitously in June 1960 leaving no workable form of government behind, the Congo succumbed to chaos, plagued by a struggle for power over the central government, a secession and cold war intrusion. Katanga’s post-independence attempt to separate from the Congo, backed by Belgian intervention opened another bloody episode in which the United Nations mandated its largest peacekeeping operation up to then to fight its first war, ending 1 This was well documented by the British Consul Roger Casement (a human rights crusader, later hung for treason by the British for his involvement in the Irish rebellion) in his 1903 report on the administration of the Congo Free State.
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in January 1963, to preserve Congolese territorial integrity. The effects of the violence there spilled over to the UN itself, triggering a controversy over peacekeeping2 which also literally brought the General Assembly to a halt in 1965, and resulted in a fierce attack by the Soviet Union on the UN Secretariat with proposals for a Troika.3 The contemporary history of the Congo is just as complex and will only be summarily referred to here, namely events marked by Joseph Désiré Mobutu Ssese Seko’s seizure of power in 1965, which he held until May 1997 when he was ousted during the 1996–1997 civil war by Laurent-Désiré Kabila acting then with the support of Rwanda, Uganda and Congolese rebel movements. Kabila himself was subsequently assassinated in January 2001 and replaced by his son Joseph Kabila.4 The continuous violence in the Congo has also been fomented by the fact that some of the nine states bordering it have extended their own internal conflicts to its territory which in turn has also been used as a base of operations against them. Early on, for example, Mobutu, as an ally of the United States, had allowed the Congo to be used for interventions in the Angolan civil war. In particular, the recent conflicts also have their origin in the 1994 war and genocide in Rwanda which spilt over to the Congo, with the influx of refugees into Zaire, controlled by the Hutu Interahamwe and supported by Mobutu. The focus of this contribution is on the contemporary international law issues raised before international bodies by the internal and international armed conflict (known as the second war in the Congo or the Great War of Africa), which erupted in August 1998 in the northern, western and eastern parts of the Democratic Republic of the Congo, following on a failed coup against President Kabila, and which lasted to July 2003 when a transitional government assumed power. The civil war which ensued was between a non-functioning government structure which had lost effective control over a sizeable part of the Congo and a multiplicity of parties – over 21 armed rebel movements which acted in some regions as de facto administrative authorities. Uganda and Rwanda accused successive Congolese 2
Which landed before the ICJ, see Certain Expenses of the United Nations (Article 17, paragraph 2, of the Charter), Advisory Opinion, ICJ Reports 1962, 151. 3 It will be recalled that the UN Secretary General Dag Hammarskjöld – accused of furthering Western interests in the Congo – died mysteriously in a plane crash in 1961 when flying to negotiate with Tshombe, the leader of the secessionist movement. 4 The various power changes were reflected in the change of name of the Congo: From Belgian Congo to Republic of the Congo on independence, Democratic Republic of the Congo in 1964, Zaire in 1971, then back again to the Democratic Republic of the Congo in 1997.
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governments of supporting the Allied Democratic Forces (ADF) and the Lords Resistance Army, rebel groups operating against Uganda from Congolese territory, and of giving shelter to the Hutu “genocidaires” who used Hutu refugee camps in eastern Zaire to launch their incursions against Rwanda, in addition to launching attacks against Congolese ethnic Tutsis in Eastern Congo, while Burundian armed groups were also accused of launching attacks against their government also from the territory of the DRC. The conflict became an international one when Rwandan and Ugandan troops backed the Movement for the Liberation of Congo (MLC), which attacked Kabila’s government. The interventions by Uganda, Rwanda and Burundi gave rise to the DRC claims, while Angola, Zimbabwe, Namibia, Sudan and Chad were also involved on the side of the DRC. It is in particular the Congo’s Eastern border area which, with its numerous insurgent movements and their shifting alliances, has been at the core of the crisis.5 The conflict resulted, since 1998, in the deaths of some 3.5 million people, including from disease and starvation, the internal displacement of some 3.4 million (one million of which are children) and the exodus of hundreds of thousands of refugees into neighboring countries.6 Other actors in the drama were the UN and a variety of regional organizations involved in the diplomatic and peace process. The UN’s first involvement, as stated, was between July 1960 and June 1964 when, at the request of the Congolese government asking for help in resisting Belgian re-entry into the Congo, a major peacekeeping force and civil administration was sent to the Congo. UN concerns with the Congo were re-triggered in 1999. The Security Council acting under Chapter VII adopted a series of resolutions condemning the violation of Congolese sovereignty and territorial integrity and the exploitation of its natural resources by outside forces.7 Measures under Article 41, such as an arms embargo, and targeted financial and travel sanctions, were instituted.8 The UNSC also established a
5 Competition for control of resources also resulted in fighting between the anti-Kabila forces themselves, e.g. in Kisangani in 1999 and 2002. See generally, Phoebe N. Okowa, Congo’s War: The Legal Dimension of a Protracted Conflict, British Yearbook of International Law 77 (2006), 203–253, at 205–208; Auguste Mampuya, Responsabilité et réparations dans le conflit des Grands-Lacs au Congo-Zaire, Revue Générale de Droit International Public (RGDIP) 108 (2004), 679–707; see also en.wikipedia.org/wiki/Second_Congo_War; www.globalsecurity.org/military/world/war/congo.htm. 6 United Nations, Why the DRC Matters, available at: http://www.un.org/en/peace keeping/missions/monuc/documents/drc.pdf. 7 See, e.g. SC Res. 1304 (2000), explicitly referring to Uganda and Rwanda. 8 E.g. SC Res. 1493 (2003) on an arms embargo; SC Res.1807 and 1857 (2008) on other targeted sanctions.
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peacekeeping force (MONUC), its largest, in April 2001, with evolving tasks,9 and authorized a multinational force in the Bunia region with a mandate to take “all necessary means” to restore order.10 African regional organizations – South African Development Community (SADC), the former OAU and the African Commission on Human Rights – have also been involved in dispute settlement and mediation. The international and regional diplomatic efforts deployed resulted in the conclusion of several agreements over the years under the auspices of the UN and regional organizations, relating to the instauration of peace, the withdrawal of foreign troops and the governance of the Congo. The UN is currently supervising the fragile peace installed at the end of the war in July 2003, although violence and human rights abuses continue in the Eastern Congo, particular in the provinces of North and South Kivu and Ituri district.11
B. The Seizure by the DRC of Multiple Jurisdictions The DRC did not only rely on the diplomatic efforts of the numerous international organizations, including the Security Council, but also availed itself of judicial remedies. In seizing the International Court of Justice, the International Criminal Court and the African Commission of Human Rights, the DRC produced an important series of case-law emanating from the war. I. The International Court of Justice To begin with, the Arrest Warrant Case filed by the DRC against Belgium on 17 October 2000 should be briefly mentioned in this context. The DRC claimed that Belgium, by issuing an international arrest warrant against the incumbent Minister for Foreign Affairs of the Congo for alleged grave breaches of the Geneva Conventions and crimes against humanity, had violated the customary law rule of absolute inviolability and immunity from criminal process of incumbent foreign ministers. In its judgment of 14 February 200212 the ICJ found against Belgium and ordered it to cancel the arrest warrant. 9
SC Res. 1291 (2000), 24 February 2000. SC Res. 1484 (2003), 30 May 2003. 11 See SC Res. 1906 (2009), expressing great concern at the human rights abuses and atrocities that continue to be perpetrated there. 12 Arrest Warrant of 11 April 2000 (Democratic Republic of the Congo v. Belgium), Judgment of 14 February 2002, ICJ Reports 2002, 3. 10
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Of the three cases arising from the armed conflict brought by the DRC against the neighboring states of Burundi, Rwanda and Uganda, only one succeeded in producing a final judgment on the merits. The case against Burundi was removed from the Court’s docket at the request of the DRC in the absence of jurisdiction.13 The case against Rwanda went through several stages. First, like that against Burundi, it was discontinued upon Congolese request, on 30 January 2001. But the massacres in Kisangani in Eastern Congo led the DRC on 28 May 2002 to file a new application instituting proceedings against Rwanda in respect of a dispute concerning “massive, serious and flagrant violations of human rights and of international humanitarian law” alleged to have been committed “in breach of the ‘International Bill of Human Rights,’ other relevant international instruments and mandatory resolutions of the United Nations Security Council,” resulting from the acts of armed aggression perpetrated by Rwanda on the territory of the DRC in flagrant breach of its sovereignty and territorial integrity as guaranteed by the UN and OAU Charters. Immediately after filing its application, the DRC also submitted a request for the indication of provisional measures. It will be noted that the DRC’s application preceded the Security Council Resolution reacting to the events in Kisangani, which was only adopted on 14 June 2002. The DRC invoked several bases of jurisdiction. By Order of 10 July 2002 the Court, after hearing the parties, found that it lacked prima facie jurisdiction to indicate the provisional measures requested by the DRC. However, the Court also rejected Rwanda’s request that the case be removed from the list. It therefore moved on to the jurisdictional phase in order to deal with Rwanda’s objections to jurisdiction and to admissibility, handing down its judgment on 3 February 2006 which found that it had no jurisdiction to entertain the case.14 The final case filed before the Court on 23 June 1999 (in fact the DRC’s first application) instituted proceedings against Uganda in respect of a dispute concerning its “acts of armed aggression” perpetrated on the territory of the DRC. The application sought to found the Court’s jurisdiction on the declarations made by the two parties under Article 36, paragraph 2, of the Court’s Statute. On 19 June 2000, the DRC submitted to the Court a request for the indication of provisional 13 Armed Activities on the Territory of the Congo (Democratic Republic of the Congo v. Burundi), Order of 30 January 2001, ICJ Reports 2001, 3. 14 Armed Activities on the Territory of the Congo (New Application: 2002) (Democratic Republic of the Congo v. Rwanda), Jurisdiction and Admissibility, Judgment of 3 February 2006, ICJ Reports 2006, 5; see Alexander Orakhelashvili, Case Concerning Armed Activities on the Territory of the Congo (Democratic Republic of the Congo v. Rwanda), International and Comparative Law Quarterly 55 (2006), 753–763; Philippe Weckel, Affaire des Activités armées sur le territoire du Congo (Nouvelle Requête: 2002) (RDC v. Rwanda), RGDIP 106 (2002), 955–982.
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measures pursuant to Article 41 of the Court’s Statute, which the Court granted by an Order dated 1 July 2000. I will focus in particular on the Court’s final judgment of 19 December 2005 in this case in which the Court found against Uganda.15
II. The International Criminal Court Although the International Criminal Court had already begun its first investigation into the grave crimes allegedly committed by all parties on the territory of the DRC since July 2002 (the date of entry into force of its Statute), the DRC officially referred the situation to the Court in March 2004. It was one of three state parties to the Rome Statute to make such a referral under 13(a) of the Rome Statute. This has led to three cases currently pending before the ICC and to the ICC’s first trial – that of Thomas Lubanga Dyilo, the founder and leader of the Union des patriots Congolais (UPC) and its armed wing, the Forces patriotiques pour la libération du Congo (FPLC), who was surrendered by the DRC in March 2006. Charged with the enlistment and conscription of children under 15 years, his trial commenced on 26 January 2009. The two other persons to be charged were Germain Katanga and Mathieu Ngudjolo Chui for war crimes and crimes against humanity. In addition an arrest warrant was issued by the Pre-Trial Chamber on 22 August 2006 against Bosco Ntaganda accused also of enlistment and conscription of children. Ntaganda is still at large in the Congo.16
III. The African Commission on Human and Peoples Rights The DRC also presented a communication on 8 March 1999 to the African Commission on Human and Peoples Rights on the basis of Article 49 of the African Charter17 filed against the Republics of Burundi, Rwanda and Uganda, alleging grave and massive violations of human and peoples’ rights committed by their armed forces in the Congolese provinces. This is the first interstate communication brought before the African Commission. The DRC pointed out that the 15
Armed Activities on the Territory of the Congo (Democratic Republic of the Congo v. Uganda), Judgment of 19 December 2005, ICJ Reports 2005, 168. 16 See The Prosecutor v. Thomas Lubanga Dyilo ( ICC-01/04-01/06); The Prosecutor v. Bosco Ntaganda (ICC-01/04-02/06; The Prosecutor v. Germain Katanga and Mathieu Ngudjolo Chui (ICC-01/04-01/07), available at: www.icc-cpi.int. 17 African [Banjul] Charter on Human and Peoples’ Rights, OAU Doc. CAB/LEG/67/3 rev. 5, 27 June 1981, reproduced in ILM 21 (1982), 58 et seq.
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Ugandan and Rwandan governments had acknowledged their presence on its territory on the basis of “safeguarding their interests,” while it had “sufficient and overwhelming evidence of Burundi’s involvement.” The DRC detailed a series of massacres involving thousands of members of the Congolese forces and of civilians, women and children, rapes, spread of HIV-aids, mutilations, mass transfers of populations and systematic looting of natural and other resources, in violation of human and peoples’ rights under the African Charter, the International Covenant on Civil and Political Rights and the Geneva Protocols. It also claimed it was the victim of an armed aggression as of August 1998, in violation of the non-use of force and the principle of non-intervention. The Commission finally took a decision on the merits of the communication during its 33rd Ordinary Session in May 2003.18 The following will focus in particular on the DRC v. Uganda Case, the most comprehensive of the case-law covering a wide gamut of legal issues arising from the armed conflict in the DRC.
C. The Legal Issues Raised by the DRC v. Uganda Case I. Regulation of the Use of Force in International Relations The DRC v. Uganda Case, covering the period between August 1998 and June 2003, began with what the DRC qualified as an act of aggression against the territory of the Congo by Uganda immediately after the aborted coup against President Kabila, with a major airborne operation on 4 August at Kitona in the west of the DRC, then rapidly extending with the capture of towns in the east and north-west. The Congo contended that this military action was undertaken not only by Ugandan forces (UPDF) but also in conjunction with anti-government rebels and with Rwanda, and that Uganda was soon in occupation of a third of the DRC. The DRC claimed also that the three states of Uganda, Rwanda and Burundi had given extensive armed financial and logistical support to Congolese rebels.19 Uganda did not deny the presence of its troops in the DRC, although it contested their location in particular areas. Its arguments were three-fold. In the period between May 1997 and 11 September 1998, its military operations in the DRC were based on consent; it had maintained its presence in the DRC in order to repel potential attacks by anti-Ugandan and Rwandan insurgents operating from Congo18 African Commission on Human Rights, Communication 227/99 – D. R. Congo v. Burundi, Rwanda and Uganda, 33rd Ordinary Session, May 2003. 19 DRC v. Uganda (note 15), paras. 30–34 and 107.
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lese territory. From 11 September 1998 to 10 July 1999, it justified its military operations on the grounds of a right of self-defense against the DRC. Finally, from 10 July onwards, Uganda maintained that the DRC’s consent had been renewed under the Lusaka agreement. It claimed to have withdrawn all its troops by July 2003.20 The Court rejected Uganda’s arguments on the following grounds.
1. The Question of Consent The Court agreed that in an initial phase – from mid 1997 and during the first part of 1998 – Uganda had cooperated with the DRC and had been allowed to engage in restrictive military action against anti-Ugandan rebels in the eastern part of the Congo on the basis of a bilateral agreement between the two countries, the Protocol on Security along the Common Border of 27 April 1998. However, the Court pointed out that the Protocol itself was restrictive in terms of geographic location and objectives, and moreover, the legal basis of the consent claimed by Uganda antedated the Protocol and was based on unilateral consent by the DRC. As such it could be unilaterally withdrawn at any time without any formalities.21 Uganda further argued that an official statement by the DRC on 28 July 1998 terminating the presence of all foreign forces in the DRC only referred to Rwanda’s presence, even though the statement called at the end for the termination of the presence of all foreign forces in the DRC. Although that statement was ambiguous, the Court pointed out that subsequent statements at the Victoria Falls Summit on 7–8 August by the DRC alleging aggression against it by the three states undoubtedly signified the withdrawal of the DRC’s consent at this point.22 The Court also concluded that the Lusaka Ceasefire Agreement of 10 July 199923 was purely operational and did not signify a renewed consent to the presence of Ugandan troops, but merely set the framework for a phased or orderly 20
Ibid., para. 43. Ibid., paras. 52 and 47. The Court omitted to state that that consent had illegal origins, having been given following on the extensive military interventions of Ugandan and Rwandan forces on the side of Kabila to overthrow the government of Mobuto, probably because of the general consensus of the illegitimacy of that rule. See Okowa (note 5), 234. 22 Ibid., paras. 51, 53. 23 The Lusaka Agreement was signed between the DRC and five of the warring countries: Angola, Namibia, Zimbabwe, Rwanda and Uganda, and one of the rebel groups, providing for the disarmament of all armed groups in the Congo. It was preceded by the Sirte Peace Agreement between the DRC and Uganda concluded on 18 April 1999 under which Uganda had agreed to withdraw its troops. 21
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withdrawal of all foreign forces, with the objective of ensuring a stable and secure environment. The Court pointed out that Security Council Resolution 1234 (1999) of 9 April calling for a cease-fire continued to identify Uganda and Rwanda as having violated the sovereignty and territorial integrity of the DRC in calling for their withdrawal without delay. Nor did the subsequent disengagement plans legalize the presence of Uganda.24 In short, the various treaties directed to achieving and maintaining a cease-fire, the withdrawal of foreign forces and stabilization of relations – the 1999 Lusaka agreement, the 2000 Harare and Kampala disengagement plans and the 2002 Luanda25 agreements (the latter formalizing peace between the DRC and Uganda) – did not constitute consent after July 1999.
2. The Question of Self-Defense Having found that Uganda could not rely on consent from the DRC after August 1998, the Court then turned to examine whether Uganda’s military activities could be justified as actions in self-defense under Article 51 of the Charter. This justification was rejected by the Court, including on a procedural level, namely the fact that Uganda had not reported to the Security Council which it was obliged to do under Article 51 of the Charter.26 In doing so, the ICJ was led to pronounce on some highly debated issues relating to the regulation of the use of force in contemporary affairs.
a) Security Concerns and Preventative Self-Defense The Court began by characterizing the legal nature of Uganda’s military presence in August 1998 not as engaging in military operations against rebels but as military assaults taking over towns and airports several thousand kilometers away from the Ugandan border and therefore beyond the scope of the 1998 Protocol of Security; there was therefore no relation between Uganda’s military operations and the threats 24
Ibid., paras. 95–97, 100, 105. See however Separate Opinion of Judge Parra-Aranguren, paras. 8–9, pointing out the contradictions inherent in the Court’s interpretation of that agreement. 25 Agreement between the Governments of the Democratic Republic of the Congo and the Republic of Uganda on withdrawal of Ugandan Troops from the Democratic Republic of the Congo, Cooperation and Normalisation of Relations between the two Countries, signed in Luanda on 6 September 2002. 26 DRC v. Uganda (note 15), paras. 111–112 and 145.
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on its border.27 Moreover, the objectives of operation “Safe Haven,” as stated in a document of the Ugandan High Command, were not consonant with the concept of self-defense as understood in international law. While Uganda did not claim selfdefense against an anticipatory or imminent attack, and therefore the Court, echoing its Nicaragua judgment, expressed no view on the legality of this, the military operation was based on a claimed entitlement “to secure Uganda’s legitimate security interests.”28 These security needs were essentially preventative. The Court pointed out that only one of the five listed objectives referred to a response to acts that had already taken place, namely the neutralization of “Uganda dissident groups which have been receiving assistance from the Government of the DRC and the Sudan,”29 thereby implicitly rejecting preventative self-defense.
b) Invitation by a Government The Court dismissed Uganda’s claim, in support of its right to self-defense, that the DRC was acting with the Sudan in support of military action against Uganda. First, the invitation by the DRC to the Sudan to train and transport its troops could not justify Uganda’s use of force in self-defense. The Court noted that a state may invite another state to assist it in using force in self-defense and that the Ugandan invasion had coincided with the start of a rebellion. Second, there was no evidence which could be used in a court of law that the DRC was using Sudan to participate in attacks against Uganda.30
c) Self-Defense and Non-State Actors Uganda, along with Rwanda and Burundi, argued that even in the absence of direct complicity, the DRC had tolerated and acquiesced in the presence of rebel groups fighting against their territories, and therefore had incurred state responsibility on the grounds of failure of due diligence, thus justifying self-defense.31 Uganda accused the DRC in collaboration with the Sudan, of giving armed support and sanctuary to anti-Ugandan and Rwandan rebels, principally the Allied Democratic Forces (ADF) and Lords Resistance Army (LRA), and the Hutu militia, the
27 28 29 30 31
Ibid., para. 116. Ibid., para. 113. Ibid., para. 143. Ibid., paras. 126–130. Ibid., paras. 276–278.
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Interamhamwe “genocidaires,” including by incorporating elements of the rebels into DRC armed forces.32 The Court pointed out that Uganda while claiming that it had been subjected to an armed attack by the ADF rebels, not the armed forces of the DRC, nevertheless never argued that it had a right of self-defense against armed attacks by rebels. Its contention was that in situations where rebel groups act as de facto authorities and where the government tolerates and acquiesces in their activities, there is a failure on the part of the state in its duty of due diligence.33 The Court found that in the light of the evidence before it, it could not conclude that the failure to control the activities of rebels during Mobutu’s reign was tantamount to “tolerating” or “acquiescing” in their activities during that period. The Court also concluded that as of May 1997, far from being involved in these attacks, the government of the DRC had acted against the rebels. It could not be said therefore that it was responsible for the sending of armed bands or irregulars within the sense of Article 3 (g) of the 1974 General Assembly Resolution 3314 (XXIX) on the definition of aggression. Even if these attacks were to be seen as cumulative in character, they still remained non-attributable to the DRC.34 The Court thus concluded:35 For all these reasons, the Court finds that the legal and factual circumstances for the exercise of a right of self-defence by Uganda against the DRC were not present. Accordingly, the Court has no need to respond to the contentions of the Parties as to whether and under what conditions contemporary international law provides for a right of self-defence against large-scale attacks by irregular forces.
This statement by the Court rejecting attribution to the DRC of the acts of the rebels purportedly acting against Uganda has been either misinterpreted as having left the question of non-state actors open, thus not addressing the issue, or severely criticized for its so-called conservative position rejecting the extension of selfdefense to include armed attacks by non-state actors. While the statement is ambiguous, the word “accordingly” indicates that, because of the lack of attribution, the Court had no need to respond; in other words, the Court here was not addressing the question of self-defense against non-state actors per se, but that of whether and on the basis of what conditions the sending of armed bands or irregular forces by a state triggered a right of self-defense. Had the Court considered that an argument could be made in relation to non-state actors, it would, once having concluded that the actions were not attributable to the DRC, then have gone on to explore the status of such entities in international law. 32 DRC v. Uganda, Counter-Memorial submitted by the Republic of Uganda, vol. 1, 21 April 2001, paras. 41–42, available at: www.icj-cij.org/docket/files/116/8320.pdf. 33 DRC v. Uganda (note 15), paras. 108–141. 34 Ibid., paras. 301, 304, 121–146. 35 Ibid., para. 147.
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As Judge Kooijmans points out in his Separate Opinion, the Court in that paragraph was presumably referring to an exchange of arguments between the parties as to the threshold required for a state’s support of irregular bands to be deemed an armed attack.36 Uganda had widened that support to include mere tolerance by the territorial sovereign of the existence of such armed bands; failure to take action to prevent their activities generated legal responsibility and therefore constituted an armed attack for the purpose of Article 51. This is, of course, amalgamating the regime of state responsibility with that of self-defense. As Kooijmans points out, the Court implicitly rejected Uganda’s argument that mere tolerance of irregulars “creates a susceptibility to action in self-defence by neighboring States.”37 By refusing to accept Uganda’s plea of self-defense, [t]he Court seems to take the view that Uganda would have only been entitled to selfdefence against the DRC since the right of self-defence is conditional on an attack being attributable, either directly or indirectly, to a State.38
Judge Koroma stated that if a State is powerless to put an end to the armed activities of rebel groups despite the fact that it opposes them, that is not tantamount to use of armed force by that State, but a threat to the peace which calls for action by the Security Council. In my opinion, this interpretation is consistent with Article 51 of the Charter and represents the existing law.39
The Court’s position on this question was criticized on the grounds that Article 51 is silent on the question of the source of the armed attack, as well as on the basis of Security Council Resolutions 1368 and 1373. In addition, it was pointed out that international law had to take into account the contemporary phenomenon of a so-called failed state – where there is the almost complete absence of government authority in the whole or part of the territory of a state. Thus Judge Kooijmans was of the view that the series of attacks on Uganda could be said to have amounted to an armed attack in the sense of Article 51.40 Judge Simma was also of the view that if the rebel attacks were of sufficient gravity to qualify as armed attacks, then Uganda was entitled to take self-defense measures even in the absence of any evidence of complicity.41 Curiously, however, in light of Kooijmans
36
Ibid., Separate Opinion of Judge Kooijmans, para. 21. Ibid., para. 22. 38 Ibid., paras. 27–28. 39 Ibid., Declaration of Judge Koroma, para. 9. 40 Ibid., Separate Opinion of Judge Kooijmans, paras. 28–30. 41 Ibid., Separate Opinion of Judge Simma, paras. 10–12. “[Th]e Court could well have afforded to approach the question of the use of armed force on a large scale by non-State actors in a realistic vein, instead of avoiding it altogether by a sleight of hand, and still arrive at the same convincing result” (para.15). 37
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statement that “[w]hether such reaction by the attacked State should be called selfdefence or an act under the state of necessity, or be given a separate name, for example ‘extra-territorial law enforcement,’ as suggested by Dinstein himself, is a matter which is not relevant for the present purpose,”42 both judges agreed that the conditions relating to self-defense should apply also in this situation (But surely the framework within which the reaction of the victim state is situated is important, since each legal regime contains its own conditions and limitations). In short, on the question of non-state actors, the Court, it was pointed out, had foregone a precious opportunity “to clarify the state of the law on a highly controversial matter which is marked by great controversy and confusion.”43 In finding that Uganda had also violated the principle of non-intervention including by the training and military support it had given to armed internal opposition groups,44 the Court did not retain Uganda’s justification based on the existence of a political vacuum in the DRC which by end August 1998 had lost control over almost half of the territory.45 The Court’s omission to address the question of failed states is in keeping with UN practice which has never accepted the view that the disappearance of effective control by a state over its territory entitled other states to intervene. Indeed, the numerous resolutions of the Security Council on the DRC, recalled by the Court, consistently reaffirmed the sovereignty of the DRC and called for the withdrawal of all foreign forces.46 It has also been pointed out that the Court’s judgment fails to address the question of how to move on beyond the rules on belligerency and national liberation movements in dealing with non-state entities acting as de facto administrative authorities in the areas under their control. The rules on state responsibility cover only retroactive responsibility for the acts of rebel entities who take over governmental power, whereas the situation in the DRC raises a different sort of question, that of the responsibility of rebel leaders who were incorporated into the DRC’s government of national unity and even made vice-presidents.47 Nevertheless, this did not form part of Uganda’s formal submissions, since it limited its claims to an alleged right to self-defense against the DRC.
42
Ibid., Separate Opinion of Judge Kooijmans, paras. 31–32. Ibid., Separate Opinion of Judge Simma, para. 8. 44 DRC v. Uganda (note 15), paras. 161–164. 45 See Okowa (note 5), 212 et seq. 46 DRC v. Uganda (note 15), paras. 150–151 (see for example SC Res.1234 (1999) cited by the Court); see also Okowa (note 5), 219–220. 47 Okowa (note 5), 211 et seq. 43
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d) Proportionality While contending that, since the preconditions of self-defense had not been met, it had no need to enquire whether the operation had been in conformity with the requirements of necessity and proportionality, the Court nevertheless does state: The Court cannot fail to observe, however, that the taking of airports and towns many hundreds of kilometers from Uganda’s border would not seem proportionate to the series of transborder attacks it claimed had given rise to the right of self-defence, nor to be necessary to that end.48
3. Violation of the Principle of Non-Use of Force In its findings, the Court determined that the Republic of Uganda, by engaging in military activities against the Democratic Republic of the Congo on the latter’s territory, by occupying Ituri and by actively extending military, logistic, economic and financial support to irregular forces having operated on the territory of the DRC, violated the principle of non-use of force in international relations and the principle of non-intervention.49
But despite considering that this unlawful military intervention “was of such a magnitude and duration that the Court considers it to be a grave violation of the prohibition of the use of force expressed in Article 2, paragraph 4, of the Charter,”50 it stopped short of calling it an act of aggression. That the Court appears to exercise “inappropriate self-restraint” when supplied with the opportunity to play its role was criticized by certain judges. Thus Judge Simma declares: So why not call a spade a spade? If there ever was a military activity before the Court that deserves to be qualified as an act of aggression, it is the Ugandan invasion of the DRC. Compared to its scale and impact, the military adventures the Court had to deal with in earlier cases … border on the insignificant.51
While the Security Council, presumably for political reasons, had never qualified the Ugandan invasion as an act of aggression, the Court as the principal judicial organ of the United Nations, does not have to follow that course. Its very raison d’être is to arrive at decisions based on law and nothing but the
48 49 50 51
DRC v. Uganda (note 15), paras. 147–149. Ibid., dispositif para. 345(1). Ibid., para. 165. Ibid., Separate Opinion of Judge Simma, para. 3.
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law, keeping the political context of the cases before it in mind, of course, but not desisting from stating what is manifest out of regard for such non-legal considerations.52
In a Separate Opinion in the Oil Platforms case, Judge Simma had also found it regrettable that the Court has not mustered the courage of restating, and thus reconfirming, more fully fundamental principles of the law of the United Nations … on the prohibition of armed force, in a context and at a time when such a reconfirmation is called for with the greatest urgency.
In his view, in this current crisis in the United Nations system of maintenance of peace and security, the Court ought to take every opportunity to secure that the voice of the law of the Charter rise above the current cacophony. After all, the International Court of Justice is not an isolated arbitral tribunal or some regional institution but the principal judicial organ of the United Nations.53
4. Belligerent Occupation The dispute between the Parties did not revolve on the actual localities where Ugandan troops were present in the relevant period, but on the question of whether these were actually under the authority of Uganda. Uganda denied its responsibility under the law of occupation firstly on the ground that its troops were too thinly spread to be able to exercise authority and secondly, that actual authority was vested in the Congolese rebel movements, which carried out virtually all administrative functions.54 The Court concluded that there was sufficient evidence to support the DRC’s allegation that the Ugandan forces (UPDF) had failed to protect the civilian population and that a party to an armed conflict is responsible for all acts and omissions of members of its armed forces in all circumstances.55 It found further that Uganda had responsibilities as an occupying power, though only in the district of Ituri. The Court looked to the actual exercise of authority by the Ugandan armed forces “to satisfy itself that the Ugandan armed forces in the DRC were not only stationed in particular locations but also that they had substituted their own authority for that of the Congolese Government,” considering the establishment of a structured military administration of the territory occupied not to be a necessary require-
52
Ibid.; see also Separate Opinion of Judge El-Araby. Oil Platforms (Islamic Republic of Iran v. United States of America), Judgment of 6 November 2003, ICJ Reports 2003, 161 et seq., Separate Opinion of Judge Simma, at 327, para. 6. 54 DRC v. Uganda (note 15), para. 170. 55 Ibid., paras. 214, 345(3). 53
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ment.56 As an occupying power in Ituri, Uganda’s responsibility was not only engaged for all violations of international humanitarian law (IHL) committed by its armed forces as in the rest of the DRC, but also for its failure to exercise due diligence to prevent other actors from violating human rights and humanitarian law.57 However, it concluded that in the other areas in which Uganda had a presence, authority was exercised by the rebel movements which cannot be considered to have been controlled by Uganda.58 Judge Kooijmans, however, considered that the Court had unwarrantedly narrowed the criteria of belligerent occupation, pointing out that by occupying the nerve centers of governmental authority – which in the specific geographical circumstances were the airports and military bases – the UPDF had effectively barred the DRC from exercising its own authority over the territories concerned. “As the decisive factor in the elimination of the DRC’s authority in the invaded area, Uganda actually replaced it with its own authority.” Hence it was irrelevant from a legal point of view whether it exercised this authority directly or left much of it to local forces or local authorities.59
5. Conclusion on Use of Force The Court’s statement in paragraph 147 in regard to the question of “irregular forces” is of great significance in the contemporary scene. Under the aegis of the institutionalization of international society, we had seen the gradual outlawry of unilateral resort to military force short of self-defense, the placing of limits and conditions on non-forcible reprisals or what are euphemistically called countermeasures, and efforts to centralize the use of force within a collective security system (even though we have only succeeded in blending unilateral and collective measures 56
Ibid., paras. 172–173. The Court pointed out that the commander of the UPDF had created the new province of Kibali-Ituri in July 1999 and appointed a Governor. The Court determined that this conduct was “clear evidence of the fact that Uganda established and exercised authority in Ituri as an occupying power,” para.176. 57 Ibid., para. 179. 58 Ibid., para. 177. 59 Ibid., Separate Opinion of Judge Kooijmans, paras. 44–49. On the controversy over the laws of occupation see Eyal Benvenisti, The International Law of Occupation, 1993, 5. On the restrictive nature of the Court’s criterion for occupation, see Tom Ruys/Sten Verhoeven, DRC v. Uganda: The Applicability of International Humanitarian Law and Human Rights Law in Occupied Territories, in: Roberta Arnold/Noëlle Quénivet (eds.), International Humanitarian Law and Human Rights Law: Towards a New Merger in International Law, 2008, 155–195, at 164–168.
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through Security Council authorizations) and to institutionalize non-military sanctions within international organizations. However, military operations such as those carried out by the United States in Afghanistan, or by Israel in Lebanon in 2006 and Gaza in 2008/2009 have been justified by widening the concept of self-defense to include armed attacks by non-state actors, with reliance placed on Security Council resolutions 1368 and 1373.60 But while claiming to be a progressive adaptation of the rules to the new realities of international relations, there has been a notably regressive attempt to unravel the UN Charter system which has only succeeded in taking us back to a pre-1945 world of international relations with its ultimatums, fabricated evidence and operations “shock and awe,” in the form of massive bombardment of undefended towns and villages and large tolls of civilian deaths brushed aside as collateral damage. These operations have all resulted in large casualties, large-scale destruction of infrastructures, lethal remnants of war, and shattered economies. The DRC is yet another illustration of such developments. The Court has attempted to prevent this unraveling. In its case-law, it included amongst obligations erga omnes the outlawing of acts of aggression.61 In Nicaragua, it opted for a narrow construction of the meaning of armed attack, and hence of selfdefense.62 It also considered that the furnishing of arms and assistance to armed bands could not be assimilated to aggression.63 The Court has also rejected a right of intervention in order to coerce a state in regard to its “freedom of choice of the political, social, economic and cultural system,” or the use of force to ensure respect for human rights in another state, carefully distinguishing unlawful intervention from the provision of strictly humanitarian assistance.64 The Court also concluded in its Advisory Opinion of 9 July 2004: “Article 51 of the Charter thus recognizes the existence of an
60 For a discussion, see Enzo Cannizaro, Entités non-étatiques et regime international de l’emploi de la force. Une étude sur le cas de la réaction israélienne au Liban, RGDIP 111 (2007), 333–354; François Dubuisson, La guerre du Liban de l’été 2006 et le droit de la légitime défense, Revue belge de droit international 39 (2006/2), 529–564; and Andreas Zimmermann, The Second Lebanon War: Jus ad bellum, jus in bello and the Issue of Proportionality , Max Planck Yearbook of United Nations Law 11 (2007), 99–141. 61 Barcelona Traction, Light and Power Company, Limited (New Application: 1962) (Belgium v. Spain), Judgment of 5 February 1970, ICJ Reports 1970, 3, at 32. 62 Military and Paramilitary Activities in and Against Nicaragua (Nicaragua v. United States of America), Merits, ICJ Reports 1986, 14, at 110–111, 124–127. 63 Ibid., at 126 et seq., para. 247. 64 Ibid., at 108; see also Corfu Channel (United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland v. Albania), Merits, ICJ Reports 1949, 4, at 35.
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inherent right of self-defence in the case of an armed attack by one State against another State.”65 Far from criticizing the Court for its conservative position, one has to view its judgment in regard to the use of force has being in line with Security Council resolutions on the conflict in the DRC, thus giving effect to its decisions. For example, para. 2 of Security Council Resolution 1234 (1999), which reaffirms the sovereignty and territorial integrity of the DRC, “[d]eplores the continuing fighting and the presence of forces of foreign States in the Democratic Republic of the Congo in a manner inconsistent with the principles of the Charter of the United Nations,” and para. 4(a) of Resolution 1304 (2000), which expresses the Council’s outrage at renewed fighting between Ugandan and Rwandan forces in Kisangani, further demands “that Uganda and Rwanda, which have violated the sovereignty and territorial integrity of the Democratic Republic of the Congo, withdraw all their forces from the territory …” Security Council resolutions therefore by implication reject arguments of a right to self-defense in response to attacks by militias operating out of the DRC.66 Nowhere do they, or Resolutions 1373 and 1368 (2001), authorize the use of force against the terrorist acts of non-state entities. Efforts to interpret the latter resolutions as going in that direction are in my view erroneous, since their adoption followed on a long line of resolutions targeting the Taliban as the de facto government of Afghanistan. The DRC v. Uganda judgment is also in line with the African Commission’s conclusions on the use of force. It, too, considered that the respondent states – i.e. Rwanda, Uganda and Burundi – had contravened the principle of peaceful settlement of disputes, the principle of non-intervention, Article 23 of the African Charter which is unique in guaranteeing all peoples the right to national and international peace and security and the right to self-determination under Article 20 of the African Charter. “Indeed, there cannot be both national and international peace and security guaranteed by the African Charter under the conditions created by the Respondent States in the eastern provinces of the Complainant State.” In short “[t]he Commission therefore disapproves of the occupation of the complainant’s territory by the armed forces of the Respondent forces and finds it impermissible, even in the face of their argument of being in the Complainant’s territory in order to safeguard their national interests … The Commission is of the strong belief that such interests would better be protected within the confines of the territories of the Respondent States.”67 65
Legal Consequences of the Construction of a Wall in the Occupied Palestinian Territory, Advisory Opinion of 9 July 2004, ICJ Reports 2004, 136, para. 139 (emphasis added). 66 See also SC Res. 1332 (2000); SC Res. 1341 and 1355 (2001). 67 African Commission (note 18), paras. 68, 75–76. It is interesting that the African Charter is the only human rights instrument which expressly consecrates a right to peace.
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II. The Relationship between Human Rights and Humanitarian Law The Court found, on the basis of the coincidence of several UN reports, that the Republic of Uganda, by the conduct of its armed forces which committed acts of killing, torture and other forms of inhumane treatment of the Congolese civilian population, and destroyed villages and civilian buildings, had failed to distinguish between civilian and military targets and to protect the civilian population, trained child soldiers, and incited ethnic conflict; additionally, by its failure, as an occupying power, to take measures to respect and ensure respect for human rights and humanitarian law in Ituri district, it had engaged its responsibility for the massive violations of its obligations under international human rights law and international humanitarian law.68 The Court’s assumption of the continuing application of international human rights law in international armed conflict is particularly important in confirming recent developments in its jurisprudence. First, while not a human rights court, the ICJ has been solicited in a growing number of cases involving inter alia serious violations of human rights in parallel with humanitarian law. Recent cases include not only that brought by the DRC against Belgium – the Arrest Warrant Case – but also the Wall Advisory Opinion, the case concerning Application of the Genocide Convention (Bosnia-Herzegovina v. Serbia and Montenegro) and the pending cases which Georgia has brought against the Russian Federation, Germany against Italy and Belgium against the Senegal. Second, the ICJ has been among the first to insist on the application of human rights in armed conflict. In the Nuclear Weapons Advisory Opinion, while recognizing the continued existence of the International Covenant on Civil and Political Rights in time of armed conflict, in particular the right to life, the Court had regrettably dismissed the relevance of human rights law in favor of the lex specialis of international humanitarian law.69 However, in the Wall Case, the ICJ, in further examining the relationship between humanitarian and human rights law,70 clearly implied that the complementarity principle continued to operate alongside the lex specialis test and that sometimes human rights law trumped humanitarian law. The Court further concluded that international human rights instruments are applicable “in respect of acts done by a State in
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DRC v. Uganda (note 15), paras. 205 et seq., dispositif para. 345(3). Legality of the Threat or Use of Nuclear Weapons, Advisory Opinion of 8 July 1996, ICJ Reports 1996, 226, at 243, para. 34. See Vera Gowlland-Debbas, The Right to Life and Genocide: the Court and an International Public Policy, in: Philippe Sands/Laurence Boisson de Chazournes (eds.), International Law, the International Court of Justice and Nuclear Weapons, 1999, 315–337. 70 Legal Consequences of the Construction of a Wall (note 65), para. 106. 69
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the exercise of its jurisdiction outside its own territory,” particularly in occupied territories.71 In the DRC v. Uganda Case, the Court cited the relevant paragraph 106 of the Wall opinion, in expressly affirming the application in time of armed conflict not only of the International Covenant on Civil and Political Rights but of all human rights instruments, including the Convention on the Rights of the Child and its additional protocol, and the African Charter on People and Human Rights, alongside the 1907 Hague Regulations, the Fourth Geneva Convention and Additional Protocol I.72 In the dispositif of its judgment, the Court also concluded that Uganda had not complied with its Order of 1 July 2000 on provisional measures, in which it had indicated that both parties should take all measures necessary to ensure full respect within the zone of conflict for fundamental human rights and for the applicable provisions of humanitarian law.73 The Court’s pronouncement on the continuing applicability of international human rights law instruments is in line with the case-law of both the Inter-American Commission on Human Rights and the European Court of Human Rights which have alternated between using IHL as an interpretation of their respective human rights instrument or resorting to human rights exclusively in time of armed conflict in the absence of express derogations by the parties in conflict.74 As for the African Commission in regard to the communication by the DRC, it confirmed its decision in other cases that violations committed during armed conflict fell within the jurisdiction of the Commission since the African Charter does not allow for derogations: “Thus, even a situation of … war … cannot be cited as justification by the State violating or permitting violations of the African Charter.”75 On the basis of the combined effect of Articles 60 and 61 of the African Charter, the Commission stated that it was able to take into consideration both other human rights law instruments and customary law rules, including the Four Geneva Conventions and the two Additional Protocols which “constitute part of the general principles of law recognized
71
Ibid., paras. 107–113. DRC v. Uganda (note 15), paras. 216–217; though not the UN Convention Against Torture, despite allegations by the DRC of torture by the Ugandan troops. 73 Ibid., para. 345(7). 74 See Vera Gowlland-Debbas, The Relationship between IHL and Human Rights Law: the Right to Life, in: Christian Tomuschat/Evelyne Lagrange/Stefan Oeter (eds.), The Right to Life, 2009, 123–150. 75 African Commission (note 18), paras. 64–65, relying on Communication 74/92 – Commission Nationale des Droits de l’Homme et des Libertés/Chad, and Communication 159/96 – UIDH & Others v. Angola. 72
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by African States.”76 It therefore found additional violations under the African Charter by all three states – Rwanda, Burundi and Uganda: self-determination (Article 20(1)), discrimination (under the Convention against Racial Discrimination – CERD), right to life (Article 4), deportations in violation of right to family unity (Article 18(1)), freedom of movement and right to leave and to return to one’s country (Article 12(1) and (2)), rape (Articles 60–61) and dumping of bodies considered an affront to the Congolese peoples’ rights to cultural development (Article 22) and African traditions and values (the preamble). In addition, it concluded on grave abuses under the Fourth Geneva Convention and Protocol I and destruction of enemy property in the absence of military necessity under the Hague Regulations (Article 23) (including destruction of a hydroelectric dam). It should be pointed out that the permeability between human rights and humanitarian law is not confined solely to their interaction, but is affected also by the fact that they both now form part of the peace maintenance function itself within the UN system. As such, human rights bodies do not provide the only input into IHL, for the links between IHL, international peace and security and international criminal law have also led to new input. Moreover, the Security Council has, in “legislative” mode, contributed in its resolutions to the development of substantive issues relating to protection of individuals in armed conflicts.77
III. Sovereignty over Natural Resources The DRC raised the question of Uganda’s responsibility for the acts of its armed forces in illegally exploiting the Congo’s natural resources, including protected species, in violation of its sovereignty. Such acts, it argued, contravened the right to self-determination, in particular to permanent sovereignty over natural resources, and the principle of non-intervention, as well as the law of belligerent occupation.78 The ICJ found that there was no credible evidence of a governmental policy on the part of Uganda; on the other hand individual soldiers of the UPDF, including highranking officers, were involved, which meant that Uganda was nevertheless responsible for their acts, as well as being responsible as an occupying power in Ituri district for not taking the appropriate measures to prevent the looting, plundering and exploitation of natural resources by private persons.79 76
Ibid., para. 70. See e.g. SC Res.1820 (2008) on violence against women and children in armed conflict. 78 DRC v. Uganda (note 15), paras. 222–229. 79 Ibid., paras. 246–250. 77
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Although the Court had reaffirmed the right to self-determination80, upholding also its erga omnes character,81 it refused to consider that its derivative, the principle of permanent sovereignty over natural resources, was applicable to pillaging in time of armed conflict, nor to occupied territory, preferring to remain within the confines of the jus in bello. It found therefore that the violations by Uganda fell under Article 47 of the Hague Regulations and 33 of the Fourth Geneva Convention on pillaging, as well as Article 21(2) of the African Charter relating to the right of dispossessed people to restitution and compensation for damage in case of spoliation.82 Although in its Wall opinion, the Court had pointed out, with reference to IHL and the right to self-determination, that the construction of a wall in the Occupied Palestinian Territory had seriously affected agricultural production and annexed most of the western aquifer system supplying half of the water resources of the West Bank,83 it had also failed to invoke the principle of permanent sovereignty over natural resources. Yet the General Assembly in Resolution 58/229 (2003), had reaffirmed “the principle of the permanent sovereignty of peoples under foreign occupation over their natural resources,” including land and water, calling on Israel as the occupying power, “not to exploit, cause loss or depletion of or endanger the natural resources in the Occupied Palestinian Territory, including East Jerusalem, and in the occupied Syrian Golan” and recognized “the right of the Palestinian people to claim restitution as a result of any exploitation, loss or depletion of, or danger to, their natural resources.” The pronouncements of the Court on the question of natural resources are of great importance since these were largely responsible for fueling the war in the DRC. In its reports, the Panel of Experts on the Illegal Exploitation of the Natural Resources and other Forms of Wealth of the Democratic Republic of the Congo had accused Rwanda, Uganda and Zimbabwe of systematically exploiting Congolese resources and recommended that the Security Council impose sanctions.84 80
Legal Consequences for States of the Continued Presence of South Africa in Namibia (South West Africa) notwithstanding Security Council Resolution 276 (1970), Advisory Opinion of 21 June 1971, ICJ Reports 1971, 16, at para. 53; Western Sahara, Advisory Opinion of 16 October 1975, ICJ Reports 1975, 12 , at para. 56. 81 East Timor (Portugal v. Australia), Judgment of 30 June 1995, ICJ Reports 1995, 90, at para. 29. 82 DRC v. Uganda (note 15), paras. 244–245. But see Ruys/Verhoeven (note 59), 159 and 192, pointing out that the Court did not look into all the Hague rules governing the matter, for example the right of an occupying power to exploit state-owned property, nor did it address the question of the establishment of a system of exploitation of natural resources by an invading power, which is not the same as pillage. 83 Legal Consequences of the Construction of a Wall (note 65), para. 133. 84 See Reports of the Panel of Experts on the Illegal Exploitation of Natural Resources and Other Forms of Wealth of the Democratic Republic of Congo (established by a Secu-
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This shift from ideological warfare during the cold war era to wars in which one of the, if not the, main objective has been the control of natural resources, as in Sierra Leone, Angola and the Democratic Republic of the Congo, has underlined the ineffectiveness of traditional measures of diplomacy aiming at the reaching of peace agreements, for these particular types of wars involve self-perpetuating and self-financing conflicts. Moreover, the increasing role played by private and non-state actors in such armed conflicts has become a major problem.85 While the Court avoided reference to the human rights context in connection with the exploitation of natural resources, the African Commission remedied the situation by introducing the right to self-determination (also referred to in Article 1(4) of Additional Protocol I). Citing the reports of the Panel of Experts, the Commission found that the illegal exploitation/looting of the natural resources of DRC was in contravention of Article 21 of the African Charter, which provides: “(1) All peoples shall freely dispose of their wealth and natural resources. This right shall be exercised in the exclusive interest of the people. In no case shall a people be deprived of it.” The Commission added that such acts also violated the right of the people of the DRC to their economic, social and cultural development and recalled the general duty of states to individually or collectively ensure the exercise of the right to development, guaranteed under Article 22 of the African Charter.86
rity Council Presidential statement of 2 June 2000, UN Doc. S/PRST/2000/20), inter alia, UN Docs. S/2001/357, 12 April 2001; S/2002/1146, 16 October 2002; and S/2003/1027, 23 October 2003. The Panel thoroughly documented this exploitation of Congolese wealth, naming individuals and companies implicated in illegal activities, and pointing to the devastating effects of this plunder on the DRC, including policies akin to slavery. Western governments lobbied to have their companies’ names cleared, so that the cases were shelved. See also Report of the Special Rapporteur Roberto Garretón on the Situation of Human Rights in the Democratic Republic of Congo, UN Doc. A/56/327, 31 August 2001. 85 This has also led to an international initiative – the Kimberley process (www.kimber leyprocess.com) – endorsed by the UN, to set internationally agreed minimum standards for national certification schemes designed to prevent the sale of “conflict diamonds.” See The role of diamonds in fuelling conflict: breaking the link between the illicit transaction of rough diamonds and armed conflict as a contribution to prevention and settlement of conflicts, UN Doc. A/RES/55/56, 29 January 2001, and SC Res. 1459 (2003). The High Level Panel Report has also recommended that “[t]he United Nations should work with national authorities, international financial institutions, civil society organizations and the private sector to develop norms governing the management of natural resources for countries emerging from or at risk of conflict,” Report of the High Level Panel on Threats, Challenges and Change, A More Secure World, Our Shared Responsibility, UN Doc. A/ 59/565, para. 92. 86 African Commission (note 18), paras. 94–95.
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In its conclusions, the ICJ also departed from the findings of the Security Council which in Resolution 1493 (2003) pointed to the grave violation of both human rights and humanitarian law in relation to the illegal plundering of the natural resources of the Congo, and adopted an arms embargo on all “foreign and Congolese armed groups and militias operating in the territory of North and South Kivu and of Ituri, and to groups not party to the Global and All-inclusive agreement, in the Democratic Republic of the Congo.”
IV. Diplomatic Immunities, Diplomatic Protection and Human Rights In its second counter-claim, Uganda accused the Congolese armed forces of three separate attacks on the Ugandan Embassy in Kinshasa in 1998, of confiscation of property and maltreatment of diplomats and other Ugandan nationals. Uganda also alleged that by maltreating certain other individuals attempting to leave the country following the outbreak of the armed conflict, the DRC had violated its obligations under the international minimal standard relating to the treatment of foreign nationals, as well as “universally recognized standards of human rights concerning the security of the human person …”87 The Court found that the DRC had indeed violated its obligations under the 1961 Vienna Convention on Diplomatic Relations by breaching the rules regarding immunities and that Uganda was entitled to claim in its own right. However, concerning Uganda’s claim of violations of the international minimum standard in the treatment of individuals outside the embassy, the Court, remaining within the confines of diplomatic protection, considered that Uganda would need to meet the conditions necessary for its exercise under international law, namely the link of nationality and the prior exhaustion of local remedies.88 While Uganda’s request had indeed been framed in the context of diplomatic protection, the Court’s dismissal of the treatment accorded to the evacuees on these grounds has been criticized, notably by Judge Simma, who argued that the Court should have turned to the direct protection accorded to these individuals by IHL and human rights law.89 The Court had also missed the opportunity to explore the relationship between diplomatic protection in the framework of the international minimum
87 DRC v. Uganda, Counter-Memorial of Uganda, paras. 405–407, available at: http:// www.icj-cij.org/docket/files/116/8320.pdf. 88 DRC v. Uganda (note 15), para. 333; dispositif paras. 345(11) and (12). 89 DRC v. Uganda (note 15), Separate Opinion of Judge Simma, paras. 16 et seq.
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standard and human rights law, as well as the distinction between direct action by a state when claiming violations of erga omnes obligations and diplomatic protection.90
V. Reparations The Court found no evidence of violations of international law on the part of Uganda after withdrawal of its troops in June 2003 and therefore no need to call for cessation.91 As for guarantees of non-repetition requested by the DRC, these had already been given in the 2004 Tripartite Agreement on Regional Security in the Great Lakes, which had been signed by Uganda along with the DRC and Rwanda, one of the objectives of which was to “[e]nsure respect for the sovereignty and territorial integrity of the countries in the region and cessation of any support for armed groups or militias.”92 The DRC had also claimed reparations for the “massive war damage” caused by “years of invasion, occupation, fundamental human rights violations and plundering of natural resources,” hence arising from violations of both human rights and IHL, calling on the Court at this stage of the proceedings to make a general declaration, with the determination of the precise nature, form and amount being deferred to another stage failing agreement between the parties. The Court endorsed this claim, observing that it is well established in general international law that a state which bears responsibility for an internationally wrongful act is under an obligation to make full reparation for the injury caused and that Uganda was therefore under such an obligation.93 At the same time it found that the DRC was under obligation to make reparation to Uganda for its attacks on the Ugandan Embassy in Kinshasa.94 Reparations remained however within an interstate context, despite the ICJ’s Wall opinion, in which, having demonstrated that Israel had engaged its responsibility through breaches of a number of fundamental obligations concerning human rights law, IHL, use of force and self-determination, it had declared that in the event of the impossibility of restitution, Israel was under an obligation to make reparation to all natural or legal persons having suffered any form of material damage as a result of the wall’s construction in the Occupied Palestinian Territory, including in and around East 90 See Serena Forlati, Protection diplomatique, droits de l’homme et réclamations “directes” devant la Cour internationale de justice. Quelques réflexions en marge de l’arrêt Congo/Ouganda, RGDIP 111 (2007), 89–116, at 92–93 and 104 et seq. 91 DRC v. Uganda (note 15), para. 254. 92 Ibid., paras. 256–257. 93 Ibid., paras. 258–261, dispositif para. 345(5). 94 Ibid., dispositif para. 345(13).
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Jerusalem.95 This was a landmark decision for the ICJ in acknowledging the duty of a state to make such reparations to individuals, outside the traditional right of diplomatic protection where the state had a right of reparation for breach of its own interests. But the UN and human rights bodies have dealt with this right of the individual to reparation, including for injury arising from both human rights and IHL violations.96 In the case of the DRC’s communication, the African Commission likewise recommended “that adequate reparations be paid, according to the appropriate ways to the Complainant State for and on behalf of the victims of the human rights (sic) by the armed forces of the Respondent States while the armed forces of the Respondent States were in effective control of the provinces of the Complainant State, which suffered these violations.” The DRC v. Uganda Case raises the question also of the relationship between the jus ad bellum and the jus in bello for purposes of compensation arising from armed conflict. The Eritrea-Ethiopia Claims Commission’s Partial Award of 19th December 2005,97 illustrates how responsibility arising for breaches under either set of rules could relate, overlap or converge under certain circumstances. There is no question but that violations of international humanitarian law result in the requirement to make full reparation.98 However, whether an illegal use of force results in the duty to make full reparation in the form of monetary compensation for the moral or material loss or injury caused, even if resulting from the normal lawful conduct of military operations, is less documented outside of the United Nations Compensation Commission. To require full reparations for general war damages may be in certain situations to impose a crippling burden on the people of a state. Tomuschat has pointed out that reparations for massive violations of human rights or the jus ad bellum are usually imposed on a country when the leaders who caused the violation in the first place have 95
Legal Consequences of the Construction of a Wall (note 65), paras. 151–153 and dispositif para. 163(3C). 96 See GA Res A/Res/60/147 of 16 December 2005 annexing the Basic Principles and Guidelines on the Right to a Remedy and Reparation for Victims of Gross Violations of International Human Rights Law and Serious Violations of International Humanitarian Law. See Gentian Zyberi, The Development and Interpretation of International Human Rights and Humanitarian Law Rules and Principles Through the Case-Law of the International Court of Justice, Netherlands Human Rights Law Quarterly 25 (2007), 119–138, at 130. 97 Eritrea-Ethiopia Claims Commission, Partial Award, Jus Ad Bellum, Ethiopia’s Claims 1–8, 19th December 2005, available at: www.pca-cpa.org/upload/files/FINAL ETJAB.pdf. 98 Article 3 of the 1907 Hague Convention IV and Article 91 of the 1977 Geneva Additional Protocol I. This is possibly a rule which has entered customary international law.
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long since disappeared, so that ultimately it may be the population which, as in South Africa, may in fact be the very victims, who have to shoulder the burden.99 Responsibility for violations of the jus ad bellum is set in a purely interstate context. But the move towards criminal responsibility of individuals rather than crimes of states, illustrated by the DRC’s referral to the ICC, underlines the need to move cautiously where it concerns massive reparations for such jus ad bellum violations.
D. Assessing the Role of the International Court of Justice in Armed Conflict Situations An important issue raised by the Congo-related cases is whether Courts are equipped to deal with complex situations of armed conflict; and more particularly, the role of the International Court of Justice in peace maintenance. The incorporation of the ICJ, and its statute, into the United Nations as a principal judicial organ means that even in its contentious jurisdiction, the Court has the task of promoting the Charter’s purposes and principles, and at the same time as it is servicing states in the settlement of their disputes, it is at one and the same time servicing the United Nations and through it the international community as a whole. It also means that the Court occupies an important place in the Charter’s scheme for maintenance of international peace and security, as illustrated by the provision of Article 36(3), which is placed in Chapter VI dealing with those disputes which are likely to endanger the maintenance 99
Christian Tomuschat, Individual Reparation Claims in Instances of Grave Human Rights Violations: The Position under General International Law, in: Albrecht Randelzhofer/ Christian Tomuschat (eds.), State Responsibility and the Individual Reparation in Instances of Grave Violations of Human Rights, 1999, 1–25, at 19. But see Andrea Gattini, Breach of the Obligation to Prevent and Reparation Thereof in the ICJ’s Genocide Judgment, European Journal of International Law 18 (2007), 695–711, at 711, who, criticizing the Court’s decision to grant satisfaction to Bosnia in the form of a declaration in the judgment rather than financial compensation, suggests a more imaginative approach consisting in awarding some kind of reparation in the form of financing of some programs for the benefit of the survivors or relatives of the victims or of various measures to honor their memory. There is the further problem of the criterion for legal causation which remains controversial. In an effort to define the scope of liability, the Eritrea-Ethiopia Commission examined various standards of legal causation opting finally for that of proximate cause, in other words “whether particular damage reasonably should have been foreseeable to an actor committing the international delict in question.” Eritrea-Ethiopia Claims Commission (note 97), para. 13. See generally, Vera Gowlland-Debbas, Some Remarks on Compensation for War Damages under Jus Ad Bellum, in: Andrea de Guttry/Harry Post/Gabriella Venturini (eds.), The 1998–2000 War between Eritrea and Ethiopia. An International Legal Perspective, 2009, 435–448.
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of international peace and security, but which also may lead to an actual threat to or breach of the peace falling under Chapter VII. 100 The DRC Case is certainly not the first time the Court has had to deal with armed force, beginning with the Corfu Channel Case and even with on-going large-scale armed conflicts, such as the cases of Nicaragua or Legality of Use of Force. Judge Koroma had underlined that … [T]he Court, as the principal judicial organ of the United Nations, whose primary raison d’être remains the preservation of international peace and security, is under a positive obligation to contribute to the maintenance of international peace and security and to provide a judicial framework for the resolution of a legal dispute, especially one which not only threatens international peace and security but also involves enormous human suffering and continuing loss of life as well as the disintegration of normal society.101
In the DRC Cases, the Court confirmed its view that there can be no hierarchy between it and the Council, that it can act on the basis of “functional parallelism,” and that neither need defer to the other, even when the Security Council is exercising its functions under Chapter VII.102 In its Memorial, the DRC stressed that the ICJ had a right to pronounce on the legal issues even if it arrived at a contrary conclusion to that reached by the Security Council.103 On the contrary, the Court’s judgment in this case bolstered the resolutions of the Council which had condemned Uganda and Rwanda’s military operations.104 Despite finding, as in the DRC v. Rwanda: New Application Case, that it had no jurisdiction to order provisional measures or to entertain an Application, the Court has deemed it necessary to exercise its duty as principal organ of the United Nations by exhorting the parties appearing before it to act in conformity, inter alia, with their obligations under the United Nations Charter, including the resolutions of its organs, in particular the obligation to settle their disputes by peaceful means, for “whether or not States accept the jurisdiction of the Court, they remain in any event responsible for 100 See Vera Gowlland-Debbas, Article 7 UN Charter, in: Andreas Zimmermann/ Christian Tomuschat/Karin Oellers-Frahm (eds.), Commentary on the Statute of the International Court of Justice, 2006, 79–105. 101 Legality of Use of Force (Yugoslavia v. Belgium), Order on Provisional Measures of 2 June 1999, Declaration of Judge Koroma, ICJ Reports 1999, 143. 102 See e.g. Military and Paramilitary Activities in and against Nicaragua (Nicaragua v. the United States of America), Provisional Measures, ICJ Reports 1984, 169; Questions of Interpretation and Application of the 1971 Montreal Convention Arising from the Aerial Incident at Lockerbie (Libya v. UK, Libya v. US), Provisional Measures, Orders of 14 April 1992, ICJ Reports 1992, 1, 114. 103 DRC v. Uganda, Memorial of the Democratic Republic of the Congo, 6 July 2000, 18, para. 0.36, available at: www.icj-cij.org/docket/files/116/8321.pdf. 104 See for example, DRC v. Uganda (note 15), paras. 100 or 151.
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acts attributable to them that violate international law.”105 Its judgments have thus served to strengthen the general peace-making activities of the United Nations and given effect to the resolutions of its organs. Remains the question of whether the Court was adapted to deal with the complexity of the conflict in the DRC.
I. Assessment of Evidence One issue is whether and how the Court could assess the evidence which it had to sift through in the vast amount of material placed before it in order to determine which of them had probative value. UN documents, as well as outside sources such as the Porter Commission report – an independent tribunal of inquiry established by Uganda in 2001 – provided the necessary factual information for substantiating the Court’s findings.106 The Court rejected evidence that it considered partial and unreliable, even passages of the Secretary-General’s reports which it considered to be uncorroborated. It also rejected evidence in the form of internal documents having no authenticating features, with unsigned and illegible witness statements. For example, in connection with certain controversies relating to Uganda’s military operation, the ICJ, on the basis of the facts before it, considered that Uganda had not participated in the attack on Kitona in August 1998.107 However, it is understandable that with the confusing and contradictory evidence, “the results are likely to be tentative, partial and complex, and therefore less than totally satisfying. One is more likely to end with a ‘thick description’ of a complex episode than a ‘scientific’ explanation of a discrete social event.”108 At the same time, Judge Kateka pointed out that the Court was not even-handed in its treatment of the materials submitted by the two Parties, rejecting evidence submitted by Uganda as “a bundle of news reports of variable reliability.”109
105 Armed Activities on the Territory of the Congo (New Application: 2002) (Democratic Republic of Congo v. Rwanda), Provisional Measures, Order of 10 July 2002, ICJ Reports 2002, 219, para. 93, and Declaration of Judge Koroma, paras. 12–16; Armed Activities on the Territory of the Congo, Jurisdiction and Admissibility (note 14), para. 127. See also, for example, Legality of Use of Force (note 101), paras. 48–50. 106 For evidence of human rights and IHL violations, see DRC v. Uganda (note 15), paras. 205–210. 107 Ibid., para. 71. 108 Ibid., Separate Opinion of Judge Kooijmans, para. 2, citing John P. Clark, Explaining Ugandan Intervention in Congo: Evidence and Interpretations, The Journal of Modern African Studies 39 (2001), 262. 109 Ibid., Dissenting Opinion of Judge Kateka.
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II. The Bilateral Nature of State Dispute Resolution Another problem is the bilateral nature of state dispute resolution. The Court did not consider in this case – as it had done in its East Timor judgment – that the Monetary Gold principle applied, in other words, the interests of Rwanda clearly do not constitute “the very subject-matter” of the decision to be rendered by the Court on the DRC’s claims against Uganda, nor is the determination of Rwanda’s responsibility a prerequisite for such a decision. The fact that some alleged violations of international human rights law and international humanitarian law by Uganda occurred in the course of hostilities between Uganda and Rwanda does not impinge on this finding. Thus it is not necessary for Rwanda to be a party to this case for the Court to be able to determine whether Uganda’s conduct was a violation of these rules of international law.110
But as Judge Kooijmans asks: Is it possible to extract from this tangled web one element, to isolate it, to subject it to legal analysis and to arrive at a legal assessment as to its consequences for the relations between only two of the parties involved? … The system of international judicial dispute settlement is premised on the existence of a series of bilateral inter-State disputes … It inadequately reflects the structural instability and insecurity in the region, the overall pattern of lawlessness and disorder and the reprehensible behavior of all parties involved. A reading of the Judgment cannot fail to leave the impression that the dispute is first and foremost a dispute between two neighboring States about the use of force and the ensuing excesses, perpetrated by one of them. A two-dimensional picture may correctly depict the object shown but it lacks depth and therefore does not reflect reality in full.111
Moreover, the Court could only apply bilateral dispute settlement techniques to what were in reality breaches of norms considered to be fundamental to the international community as a whole. This raises the question of the Court’s role in the shaping of an international public policy.
III. The Court and the Shaping of an International Public Policy As was seen, the series of cases brought by the DRC before international judicial and quasi-judicial instances concern breaches of norms which are of a fundamental nature: use of force, human rights in armed conflict situations, grave breaches of the Geneva Conventions, permanent sovereignty over natural resources, to cite only some. They invoke both peremptory norms and obligations erga omnes. Moreover, they relate to both state and individual responsibility for the atrocities committed during the war. The ICJ has not remained on the periphery of developments and is being enlisted in the process of shaping a constitutional law of the international community, as is 110 111
DRC v. Uganda (note 15), para. 204. Ibid., Separate Opinion of Judge Kooijmans, paras. 11 and 14.
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evident from both the quantity and quality of the Court’s current docket. The DRC cases illustrate the ICJ’s contribution to the affirmation and development of the content of fundamental norms of international law. While it is only in its 2006 judgment in the DRC v. Rwanda Case that the Court for the first time refers to jus cogens in finding that the prohibition of genocide “assuredly” was a peremptory norm,112 over the years it has enriched the vocabulary reflecting the hierarchization of international law with its references to such concepts as erga omnes obligations, intransgressible norms of customary international law, or elementary considerations of humanity; it has contributed to shaping and clarifying the content and source of such norms, from self-determination and basic rights of the human person, to the prohibition of the use of force; it has discoursed on both the rights and obligations of the international community; and it has insisted on the duty of all states to react to violations of such fundamental norms, while stopping short of enunciating a veritable actio popularis. In DRC v. Rwanda, however, the ICJ fails to draw consequences from that in the matter of the Court’s jurisdiction. One of the bases of jurisdiction put forward by the DRC was the Genocide Convention to which Rwanda had appended a reservation to Article IX, the dispute settlement clause. The DRC sought to show, inter alia, that the reservation was invalid inasmuch as the Genocide Convention contained norms of jus cogens and because it seeks to “prevent the … Court from fulfilling its noble mission of safeguarding peremptory norms.” Moreover, it argued that Rwanda’s reservation is incompatible with the object and purpose of the Convention, since “its effect is to exclude Rwanda from any mechanism for the monitoring and prosecution of genocide, whereas the object and purpose of the Convention are precisely the elimination of impunity for this serious violation of international law.” Finally, it sought to rely on the dispute settlement provisions of the Vienna Convention of the Law of Treaties, Article 66 of which establishes the jurisdiction of the Court to settle disputes arising from the violation of peremptory norms (jus cogens).113 Rwanda had allegedly also withdrawn its reservation following on a decret loi of 15 February 1995 and a statement of Rwanda’s Minister of justice before the UN Human Rights Commission. The Court rejected Rwanda’s argument that it could not be legally bound by a statement of its Minister of Justice made before the UN Human Rights Commission, noting “that with increasing frequency in modern international relations other persons representing a State in specific fields may be authorized by that State to bind it,” while accepting that this particular statement had not been “made in clear and specific terms.”114 However, confirming its position in the Legality of Use of Force 112
DRC v. Rwanda (note 14), para. 64. Ibid., paras. 56–57, 120. 114 Ibid., paras. 46–53. The statement of the Rwandan Minister of Justice also raises the question of unilateral acts of states which will not be revisited (see e.g. Nuclear Tests 113
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Cases,115 the Court rejected the view that a reservation which bore on the Court’s jurisdiction was not in conformity with the object and purpose of the Genocide Convention,116 in contrast with the views adopted by both the Human Rights Committee and the European Court of Human Rights (the latter expressly pointing this out) that a reservation rejecting their competence was contrary to the object and purpose of the treaty.117 It also rejected the application of the 1969 Vienna Convention to the Genocide Convention on grounds of non-retroactivity. However, as some of the judges pointed out, the procedural nature of a treaty clause did not preclude it from being a part of the treaty’s object and purpose.118 Moreover, as Judge Koroma underlined, Article IX of the Genocide Convention was indeed part of the object and purpose of the treaty, its very raison d’être, which is the prevention and punishment of the crime of genocide, because “it is the only avenue for adjudicating the responsibility of states.”119 In short, this shows how the Court, which remains an interstate court, is hampered by the fact that its structure and processes have been embedded in an older era; this (Australia v. France, New Zealand v. France), ICJ Reports 1974, 253 and 457, paras. 51 and 53); see also the handling of the topic “Unilateral Acts of States” by the International Law Commission which reveals all the confusions surrounding this source of law, Report of the ILC on the work of its 58th session, UN Doc. A/61/10, Chapter IX, 362 et seq., paras. 160–177, especially “Guiding Principles applicable to unilateral declarations of States capable of creating legal obligations,” paras. 173–177. 115 See e.g. Legality of Use of Force (Yugoslavia v. Spain), Order on Provisional Measures of 2 June 1999, ICJ Reports 1999, 761, paras. 32–33; Legality of Use of Force (Yugoslavia v. United States of America), Provisional Measures, Order of 2 June 1999, ICJ Reports 1999, 916, paras. 24–25. 116 DRC v. Rwanda (note 14), paras. 64–70. The Court also stated: “The fact that a dispute relates to compliance with a norm having such a [jus cogens] character, which is assuredly the case with regard to the prohibition of genocide, cannot of itself provide a basis for the jurisdiction of the Court to entertain that dispute. Under the Court’s Statute that jurisdiction is always based on the consent of the parties,” para. 64. 117 See Reservations to human rights treaties: final working paper, Report by Françoise Hampson, Human Rights Commission, UN Doc. E/CN.4/Sub.2/2004/42, 19 July 2004, para. 55. See e.g. Loizidou v. Turkey, European Court of Human Rights, Preliminary Objections, Judgment of 23 March 1995, Ser. A, No. 310; Human Rights Committee, Rawle Kennedy v. Trinidad and Tobago, Communication No. 845/1999, views adopted on 26 March 2002, UN Doc. CCPR/C/67/D/845/1999. 118 DRC v. Rwanda (note 14), Joint Separate Opinion of Judges Higgins, Kooijmans, Elaraby, Owada and Simma. 119 Ibid., Dissenting Opinion of Judge Koroma, paras. 11–13. See also International Law Commission, Alain Pellet, Special Rapporteur, Tenth Report on Reservations to Treaties, UN Doc. A/CN.4/558/Add.1, 1 June 2005, 18; Orakhelashvili (note 14), 759.
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makes it clear that in the absence of jurisdictional links, claims relating to obligations erga omnes or peremptory norms can with difficulty be accommodated within the Court’s institutional structures which are still largely based on the traditional bilateralism of international law. It had demonstrated this in the East Timor Case, in which on the one hand it pronounced on the erga omnes nature of self-determination, and on the other dismissed it on traditional Monetary Gold principles because it would be pronouncing on the lawfulness of Indonesia’s conduct in its absence.120
E. Conclusion As has been seen, the DRC made full use of available dispute settlement bodies in its conflict with neighboring states, including the UN, the OAU, the ICJ, the African Commission on Human Rights and the International Criminal Court. This led Uganda to claim that the DRC had created “a dilemma to the conduct of international affairs … and adjudication,” undermining the credibility of these institutions as divergent opinions may be reached. While the recent so-called proliferation of tribunals has resulted in forum shopping, however, the fear of conflicting decisions has not materialized. In fact, in the case of the DRC, the tribunals appeared to rely on each other’s judgements, and a different conclusion reached on at least one matter by the African Commission on the question of sovereignty over natural resources has enriched rather than eroded the debate. The DRC Cases have raised an extraordinary number of issues at the forefront of contemporary international law and the shaping of an international public policy: the role that courts and dispute settlement generally should play in armed conflict situations; the intricate relationship between state and individual responsibility, raising the problem of responsibility of non-state actors – rebels and multinationals – for their actions; and whether the use of military force having such extensive humanitarian and social consequences is the best means of tackling such issues. In short, it has to do with the kind of world we wish to live in. Seeking to preserve the unravelling of the Charter system on the use of force as the ICJ has done in this and preceding cases may appear to be a conservative position, but in fact its alternative has already presaged the devastating effects that unrestrained use of force in the name of a spurious claim to a widened notion of self-defense has brought. Finally, while not a human rights Court, it has, in this case, also contributed to bolstering the international regime of protection of the individual, in insisting on a more holistic approach to the relationship between human rights and IHL in armed conflicts which it had presaged in the Wall Case. The
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East Timor (note 81), para. 29.
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African Commission’s conclusions in the communication brought by the DRC has in turn complemented this approach on the basis of the African Charter which, having incorporated a right to peace, is able to deal with the use of force and the principle of non-intervention within a human rights context.
Territorialkonflikte im Kaukasus – die Fälle Georgien und Aserbeidschan Von Matthias Hartwig
A. Die geopolitische Bedeutung und die kulturelle Vielfalt der Region Der Kaukasus bildet ähnlich wie die Levante ein Durchgangsgebiet zwischen den Kontinenten, nach Süden hin in die Türkei bzw. Kleinasien sowie nach Südosten in das Zweistromtal und in den Iran. Im Westen grenzt es an das Schwarze Meer, das nach Europa führt, im Osten an das Kaspische Meer, über das man nach Zentralasien gelangt, und im Norden schließt sich Russland an. Die Funktion des Kaukasus als Durchzugsgebiet wird heute durch die Planungen von Gas- und Ölpipelines unterstrichen, die vom Kaspischen Meer heute durch den Kaukasus laufen sollen, der damit erneut zum Bindeglied zwischen Ost und West wird.1 Wegen seiner Bedeutung inkorporierten im Laufe der Geschichte verschiedene Reiche den Kaukasus, das Alexanderreich, das Römerreich, Ostrom, Persien, das Osmanische Reich und ganz zum Schluss Russland. So kommt es auch nicht von ungefähr, dass die USA seit geraumer Zeit versuchen, in Georgien militärische Wurzeln zu schlagen.2 Sie leisten Georgien umfangreiche militärische Aufbauhilfe durch Überlassung von Kriegsmaterial wie durch die Schulung seiner Truppen. Um die Westbindung Georgiens zu stärken, stellen sie ihm die Mitgliedschaft in der NATO in Aussicht, was bislang von einigen europäischen Staaten, darunter auch Deutschland konterkariert worden ist.3 Die Russische Föderation kann diesem westlichen Treiben im Kaukasus gar nichts abgewinnen, hat sie sich doch
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Besonders bemerkenswert ist das Projekt der Nabucco-Erdgas-Pipeline. 1999 wurde der Silk Road Strategy Act als Gesetzesprojekt in das Repräsentantenhaus eingebracht; es sah den Ausbau der Beziehungen zwischen den USA und dem Südkaukasus vor. Der Senat hat allerdings diesem Vorhaben nie zugestimmt. 3 Auf dem NATO-Gipfel in Bukarest scheiterte 2008 der Versuch der USA, Georgien zum Mitglied der NATO zu machen. 2
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noch nicht von der aus dem Zarenreich entstammenden und durch die UdSSR tradierten Idee vom Recht auf russischen Einfluss in diesen Gebieten verabschiedet. Der Kaukasus gehört zu den Regionen der Welt, in denen auf engstem Raum eine größte Zahl unterschiedlicher Sprachen gesprochen wird. Das Russische bildete die lingua franca nur der letzten 200 Jahre, viel längere Wurzeln in der Region besitzen das Armenische, eine indoeuropäische Sprache, das Aserische, eine Turksprache, das Tschetschenische, das der eigenen Sprachgruppe der nordkaukasischen Sprachen angehört, das Ossetische, welches im weiteren Sinne der iranischen Sprachgruppe zuzuordnen ist, das Abchasische, das zur nordkaukasischen Sprachfamilie zählt, oder das Georgische, das wiederum einer eigenen Sprachgruppe angehört, zu der bislang keine weitere Verwandtschaft hat aufgedeckt werden können. Die Armenier und Georgier benutzen je eigene Schriften, das Aserische wird in lateinischen Buchstaben geschrieben, Ossetisch in Kyrillisch. Die sprachliche Vielfalt wird überlagert von religiöser Pluralität. Die Osseten, Alanen persischen Ursprungs, sind orthodoxe Christen, die Georgier haben eine autokephale, d.h. vom Moskauer Patriarchen unabhängige orthodoxe Kirche, die armenische Kirche ist wiederum eine völlig eigenständige Einheit und blickt auf eine lange Geschichte zurück, Armenien führte 304 als erster Staat das Christentum als Staatsreligion ein, noch vor Rom. Die Aseris hängen dem muslimischen Glauben an. Die Abchasen sind ethnisch den Georgiern verwandt, konvertierten allerdings in der Zeit des Osmanischen Reiches in großer Zahl zum Islam. Die Bewertung der Situation in den Konfliktgebieten bedarf auch einer quantitativen Einordnung. Im Vergleich lässt sich sagen, dass in den umstrittenen Territorien – von Tschetschenien abgesehen – zusammen weniger Menschen leben als im Kosovo oder Palästina. So wohnen in Südossetien, knapp 4000 qm groß, heute ca. 60.000–70.000 Osseten, allerdings sind ungefähr 75.000 Osseten während des bewaffneten Konflikte Anfang der neunziger Jahre in den zu Russland gehörenden Teil Ossetiens, nämlich Nordossetien geflohen.4 Die in jener Zeit in Südossetien verbliebenen ethnischen Georgier – ca. 30.000 – wurden zum größten Teil während und nach dem Krieg im Jahre 2008 vertrieben und leben heute in Lagern in der Nähe von Tiflis. In Abchasien, knapp 9.000 qm groß, gehörten vor den militärischen Auseinandersetzungen Anfang der neunziger Jahre nur 30 % der Titularnation an. In Gefolge der Kämpfe – bei denen es auf beiden Seiten der Konfliktparteien zu erheblichen Ausschreitungen gegen die Zivilbevölkerung kam – wurden
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Inga Kocieva/Alexej Margiev, Grusia – Etnicescie cistku v otnoshenii Osetii, 2005,
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ca. 250.000 ethnische Georgier vertrieben.5 Heute leben knapp 200.000 Abchasen und ca. 50.000 Georgier in Abchasien, der größte Teil der einstmals in Abchasien lebenden georgischstämmigen Bevölkerung bilden Flüchtlinge in Georgien. In Nagorny Karabach, ca. 8.000 qm groß, wohnen heute ungefähr 140.000 Personen, ganz überwiegend armenischer Nationalität. Dies ist aber erst das Ergebnis der Auseinandersetzungen zwischen Armeniern und Aseris seit dem Zerfall der Sowjetunion. Im Gefolge der Konflikte wurden Anfang der neunziger Jahre ungefähr 30.000 Aseris aus Nagorny Karabach vertrieben, denen im Rahmen einer Gesamtlösung des Konfliktes ein Rückkehrrecht eingeräumt werden soll.6
B. Territoriale Zugehörigkeit Abchasiens, Südossetiens und Nagorny Karabachs I. Die Periode bis zum Zerfall der Sowjetunion Wiewohl der Westen sich daran gewöhnt hat, den Kaukasus als Teil des russischen Reiches, der weißen oder roten Zaren zu sehen, wurde er tatsächlich erst Anfang des 19. Jahrhunderts an Russland im Gefolge der Ausdehnung des Zarenreichs gegenüber der Türkei angeschlossen. Bezeichnenderweise erfolgte dies zu dem Zeitpunkt, als westeuropäische Staaten sich ihre überseeischen Kolonialgebiete aufbauten, und es gibt durchaus Gründe, die Ausdehnung des Zarenreiches auch unter dieser Perspektive zu bewerten.7 Doch wie auch immer man die Entwicklung im 19. Jahrhundert bewertet, man kommt nicht an der Tatsache vorbei, dass sich in Russland eine Tradition herausbildete, nach welcher auf historisch vorgegebene territoriale Gliederungen nicht viel Rücksicht genommen wurde. Diese Tradition wurde von der Sowjetunion fortgesetzt.
5 Report der International Fact Finding Mission on the Conflict in Georgia unter Vorsitz der Schweizer Diplomatin Heidi Tagliavini, 2009, 87; der Report war von der Europäischen Union in Auftrag gegeben worden (künftig Georgien-Report), abrufbar unter: http:// www.ceiig.ch/Report.html. 6 Michael P. Croissant, The Armenia-Azerbaijan Conflict, Causes and Implications, 1999, 121 f. 7 Christiane Simmler, Das uti possidetis-Prinzip – Zur Grenzziehung zwischen neu entstandenen Staaten, 1999, 218, ist gegenüber einer solchen Qualifikation skeptisch, weil zumindest in sowjetischer Zeit die asiatischen Gebiete, auf welche in erster Linie der Begriff der Kolonie anwendbar wäre, als gleichberechtigte Republiken organisiert waren.
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1. Ossetien Ossetien wurde 1774 Teil des russischen Zarenreichs, allerdings bereits zu diesem Zeitpunkt zwischen dem Gebiet Vladikavkas im Norden und dem Gouvernement Tiflis im Süden geteilt.8 Bemühungen, die Trennung dieses von einer ethnisch einheitlichen Bevölkerung besiedelten Gebietes nach dem Zusammenbruch des Zarenreiches aufzuheben, war nur kurzzeitiger Erfolg beschert. 1922 wurde es zwischen der RSFSR und Georgien ungeachtet der ethnisch einheitlichen Besiedlung entsprechend den geographischen Gegebenheiten geteilt.9 Südossetien bildete innerhalb der Georgischen Sozialistischen Sowjetrepublik ein autonomes Gebiet.10 Als Russland, die Ukraine, Weißrussland und die Transkaukasische Republik am 30. Dezember 1922 den Unionsvertrag zur Gründung der Sowjetunion schlossen, wurde Südossetien Bestandteil von Georgien. Der südossetische Gebietssowjet stimmte am 10. November 1989 für die Umwandlung in eine Autonome Republik innerhalb des georgischen Staatsverbandes, die nach der sowjetischen Verfassung ein höheres Maß an Autonomie genoss als ein Autonomes Gebiet. Dies führte zu bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen zwischen Osseten und Georgiern. Am 20. September 1990 beschloss der südossetische Gebietssowjet die Transformation in die Südossetische Demokratische Sowjetrepublik im Verband der UdSSR und damit die Sezession von Georgien. Georgien hob daraufhin mit Gesetz vom 11. Dezember 1990 den Status von Südossetien als eines Autonomen Gebietes auf.11 Südossetien erklärte am 21. Dezember 1991 seine Unabhängigkeit; dieser Schritt wurde am 19. Januar 1992 durch ein Referendum gestützt, in dem sich die ossetische Bevölkerung zu einem ganz überwiegenden Teil für die Trennung von Georgien aussprach.12 Die Verwaltungsorgane Südossetiens wurden mit Südosseten, teilweise auch mit russischen Staatsbürgern aus der Russischen Föderation besetzt.
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Otto Luchterhandt, Völkerrechtliche Aspekte des Georgien-Krieges, Archiv des Völkerrechts (AVR) 46 (2008), 437. 9 Süd- und Nordossetien waren lange nur über den Rokipass verbunden, der fast 3.000 m hoch liegt; erst 1985 wurde der Roki-Tunnel gebaut, welcher immer noch 2000 m hoch liegt. 10 Dies wurde bis zum Ende der UdSSR fortgeschrieben, Art. 87 Abs. 2 der Verfassung der UdSSR aus dem Jahr 1978. 11 Izvestija vom 8. Januar 1991; Theodor Schweisfurth, Vom Einheitsstaat (UdSSR) zum Staatenbund, Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht (ZaöRV) 52 (1992), 541, 606. 12 Luchterhandt (Anm. 8), 443.
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2. Abchasien Abchasien blickt auf eine wechselhafte Geschichte im Verhältnis zu Georgien zurück. Nach Zeiten der Trennung und der Verbindung mit Georgien wurde Abchasien im 19. Jahrhundert zunächst ein autonomes Fürstentum innerhalb des Russischen Reichs und anschließend eine Militärprovinz, später ein Bezirk innerhalb des Gouvernements Kutais. Zu dieser Zeit soll ein nicht geringer Anteil der islamischen Bevölkerung in die Türkei übergesiedelt sein. Bei der Gründung eines unabhängigen georgischen Staates im Gefolge der russischen Revolution wurde Abchasien, zunächst eine Sozialistische Sowjetrepublik, Bestandteil dieses Staates, und zwar in einer Union als gleichberechtigter Partner, seit 1931 als eine Autonome Sozialistische Sowjetrepublik innerhalb Georgiens.13 In dieser Zeit förderte die Sowjetregierung, insbesondere Berija die Einwanderung ethnischer Georgier nach Abchasien, die in noch stärkerem Masse zur Minderheit wurden.
3. Nagorny Karabach Im Laufe der Geschichte gehörte Nagorny-Karabach nur in kurzen Phasen zum Armenischen Reich. Zumeist befand es sich unter dem Einfluss der nacheinander folgenden persischen Reiche, behielt aber über all die Zeit die kulturelle Eigenheit bei.14 Im 1805 gelangte es mit der Expansion des Zarenreiches unter russische Herrschaft, noch vor der Einverleibung Armeniens 1828. Nagorny Karabach blieb ein vom Gouvernement Jerewan getrenntes Gebiet. Im Verlauf der Oktoberrevolution beanspruchte Nagorny Karabach Eigenständigkeit. Es ist nicht ohne Ironie, dass sowohl Großbritannien, das Anfang der zwanziger Jahre die antirevolutionären Kräfte der Weißen auch im Kaukasus unterstützte, wie später die Bolschewiken die Eingliederung Nagorny Karabachs nach Aserbeidschan befürworteten. Ähnlich wie Südossetien erhielt Nagorny Karabach den Status eines autonomen Gebietes, nachdem Stalin 1921 einseitig entschieden hatte, dass das Gebiet Aserbeidschan zugeschlagen werden soll. 1923 wurde Nagorny Karabach offiziell zum Autonomen Gebiet Nagorny Karabach gemacht. Dieser Zustand wurde auch in der StalinVerfassung des Jahres 193615 und in der Verfassung des Jahres 1978 fortgeschrieben.16 Auch die aserischen Verfassungen definierten Nagorny Karabach als ein 13 Als solche wurde Abchasien auch in der Sowjetverfassung aus dem Jahr 1978 aufgeführt, Art. 85 Abs. 3. 14 Zur Geschichte von Nagorny Karabach siehe Otto Luchterhandt, Das Recht Berg-Karabaghs auf staatliche Unabhängigkeit aus völkerrechtlicher Sicht, AVR 31 (1993), 30 ff. 15 Art. 24 der Verfassung der UdSSR des Jahres 1936. 16 Art. 87 der Verfassung der Sowjetunion aus dem Jahr 1977.
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autonomes Gebiet innerhalb von Aserbeidschan.17 Allerdings setzte sich auch der Widerstand der armenischen Bewohner des Gebietes gegen die aserische Herrschaft fort. Nagorny Karabach war eines der ersten Gebiete in der Sowjetunion, in dem Ende der achtziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts offene Nationalitätenkonflikte ausbrachen. Nach den gegen Armenier gerichteten Massakern von Sumgait in Aserbeidschan im Jahr 1988 nahm die Entwicklung Geschwindigkeit auf. Sowohl in Armenien wie auch in Berg-Karabach wurde die Loslösung dieses Gebietes von Aserbeidschan gefordert. Dies wurde vom aserischen Parlament und auch vom Präsidium des Obersten Sowjet der UdSSR abgelehnt, allerdings wurde Nagorny Karabach 1989 das ganze Jahr über unter eine Sonderverwaltung unmittelbar durch die Sowjetunion gestellt. 1990 verhängte die Sowjetunion den Ausnahmezustand über das gesamte Gebiet.
II. Die Entwicklung nach Auflösung der Sowjetunion 1. Südossetien Mit der Unabhängigkeitserklärung Georgiens am 9. April 1991 flammten die Konflikte mit den Osseten wieder auf. Sie uferten zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen aus und kamen erst durch ein Waffenstillstandsabkommen vom 24. Juni 1992 zu einem Ende,18 das von Russland und Georgien abgeschlossen und in weiteren auch von Süd- und Nordossetien sowie der OSZE unterzeichneten Dokumenten aus den Jahren 199419 und 1996 bekräftigt wurde.20 Darin verpflichteten sich die am Konflikt beteiligten Parteien, ihre Streitkräfte aus Georgien zurückzuziehen, eine demilitarisierte Zone einzurichten und nur noch eine aus den Konfliktparteien bestehende gemeinsame Streitkraft in Südossetien zu stationieren. Eine OSZE-Beobachtermission, die seit den 90iger Jahren auch in Südossetien tätig war, wurde nach dem Krieg im Jahr 2008 nicht verlängert.
2. Abchasien Mit dem Zerfall der Sowjetunion brachen auch Spannungen zwischen Abchasien und Georgien aus. So wie Georgien zunächst zur Begründung seiner 17
Vgl. etwa Art. 57–74 der aserbeidschanischen Verfassung aus dem Jahr 1937. Postanovlenie Verchonogo Soveta Abchasii vom 23. Juli 1992, Regionalnye Konflikty v Grusii-jugo-osetinskaja avtonomnaja oblast’, Abchazskaja ASSR (1989–2001), Sbornik politiko-pravovych aktov, Tiflis 2002 (künftig: Dokumente), 278. 19 Ebd., 318. 20 Ebd., 337. 18
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Legitimität sich auf die Verfassung aus dem Jahr 1921 stützte, erklärte Abchasien seine Verfassung aus dem Jahr 1925 für wieder anwendbar.21 Ab 1992 herrschte ein Bürgerkrieg, der mit einer Niederlage Georgiens und einer Vertreibung des größten Teils der ethnischen Georgier aus Abchasien endete. Die Russische Föderation vermittelte 1992 einen Waffenstillstand, den die Russische Föderation, Georgien und die nordkaukasischen Staaten unterschrieben,22 und nach dessen Bruch 199423 einen weiteren, in dessen Gefolge in Abchasien eine 1600 Mann starke Friedenstruppe der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten, die allerdings hauptsächlich aus russischen Soldaten bestand, sowie 120 Militärbeobachter der UNO im Rahmen der UNOMIG stationiert wurden. Die UNOMIG kam mangels einer Einigung über die Bedingungen ihrer künftigen Aktivitäten am 15. Juni 2009 zu einem Ende.24
3. Nagorny Karabach Am 2. September 1991 rief der Nationale Rat von Nagorny Karabach die Republik Arzach aus, für deren Unabhängigkeit sich die dort lebende armenische Bevölkerung in einem Referendum vom 10. Dezember 1991 mit großer Mehrheit ausgesprochen hatte. Nagorny Karabach wurde allerdings zu keinem Zeitpunkt von einem anderen Staat, noch nicht einmal von Armenien selbst anerkannt. Aserbeidschan, das weiterhin an der Zugehörigkeit von Nagorny Karabach zu seinem Territorium festhält, hob am 27. November 1991 den Status Nagorny Karabachs als einer Autonomen Sozialistischen Republik auf.25 Nach der jeweiligen Unabhängigkeitserklärung begannen Armenien und Aserbeidschan militärische Auseinandersetzungen mit hohen Opfern; der bewaffnete Konflikt zog sich bis 1994 hin. Große Bevölkerungsteile wurden vertrieben oder mussten fliehen. Am 5. Mai 1994 schloss Aserbeidschan mit Nagorny Karabach ein Waffenstillstandsabkommen, ohne allerdings dieses Gebiet als ein eigenständiges Gebilde anzuerkennen.26 Am Ende der militärischen Auseinandersetzung war Nagorny Karabach ganz in der Hand von lokalen armenischen Truppen. Zu Armenien wurde eine Landverbindung in Form eines Korridors über aserisches Territorium hergestellt. Die Regierungsgewalt in Nagorny Karabach wird de facto von örtlichen armenischen Organen ausgeübt, die sich nicht als solche des arme21 22 23 24 25 26
Ebd., 279. Itogovoi dokument moskovskoj vstreci, ebd., 285. Abrufbar unter: http://www.un.org/Depts/dpko/missions/unomig/. Ebd. Croissant (Anm. 6), 46. Croissant (Anm. 6), 108.
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nischen Staates verstehen. Aserbeidschan besitzt derzeit in Nagorny Karabach keine effektive Staatsgewalt.
C. Die Gebietsregelungen beim Zerfall der Sowjetunion I. Die Anwendung des uti possidetis-Prinzips Seit 1988 machten sich zunehmend Stimmen vernehmbar, welche den Austritt bestimmter Regionen aus dem sowjetischen Herrschaftsverband forderten. Dabei konnten sie sich auf Art. 72 der sowjetischen Verfassung des Jahres 1977 berufen, wonach die Republiken die Möglichkeit zum Austritt haben sollten. Dieser Bestimmung mangelte es allerdings zu diesem Zeitpunkt an einer gesetzlichen Implementierung. Ein späteres Gesetz über den Austritt aus der Sowjetunion vom 9. April 1990 wurde niemals angewandt. Die Sowjetunion löste sich endgültig mit dem Abkommen von Minsk vom 8. Dezember 1991, das von allen ehemaligen Republiken27 unterzeichnete Protokoll von Alma-Ata vom 21. Dezember 1991, und schließlich durch die Erklärung Gorbatschow vom 25. Dezember 1991 auf. Mit dem Zerfall der Sowjetunion entstanden Staaten (wieder), die den fünfzehn Republiken der Sowjetunion entsprachen. Das gilt insbesondere auch im Hinblick auf ihr Territorium und ihre Grenzen. Alle Veränderungen, welche im Lauf der sowjetischen Geschichte vorgenommen worden waren, wurden beibehalten – auch in den baltischen Staaten, wo etwa Litauen das Memelgebiet behalten durfte, obwohl es ihm erst nach der Annexion durch die Sowjetunion zugewiesen worden war;28 Lettland verlor das Gebiet um Abrene, das nach der Annexion der Russischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik zufiel,29 Estland verzichtete auf
27
Nicht unterzeichnet haben dieses Protokoll die drei baltischen Staaten, die bereits am 6. September 1991 als unabhängige Staaten von der UdSSR anerkannt worden waren, sowie Georgien. 28 Zur Geschichte des Memellandes siehe Gilbert Gornig, Das Memelland, 1991; allerdings war das Memelland 1923 bis 1939 unter litauischer Verwaltung, wobei allerdings der völkerrechtliche Status umstritten war; das Memelland wurde 1946 durch die Sowjetunion erneut Litauen zugewiesen, das seinerzeit eine Republik der UdSSR bildete. 29 Dies wurde endgültig durch einen Vertrag zwischen Lettland und der Russischen Föderation besiegelt, der von der lettischen Regierung als eine rechtliche Absicherung der territorialen Verhältnisse verstanden wurde, vgl. Randnr. 35.3 ff. des Urteils des lettischen Verfassungsgerichts vom 29. November 2007. Allerdings stellte das lettische Verfassungsgericht in seinem Urteil fest, dass die Grenzziehung zwischen der Russischen Föderation und Lettland nur faktisch den alten Verwaltungsgrenzen zwischen der Lettischen Sozialisti-
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Ansprüche auf ein Territorium, das nach der Annexion 1944 der Russischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik zugeschlagen worden war,30 und die Krim, uraltes russisches Territorium mit einer überwiegend russischen Bevölkerung, verblieb bekanntermaßen bei der Ukraine.31 Dieser Sachverhalt legt nahe, dass bei der Auflösung der Sowjetunion das uti possidetis-Prinzip zugrundegelegt worden ist, demzufolge bei der Herausbildung neuer Staaten die zuvor bestehenden Verwaltungsgrenzen in Außengrenzen transformiert werden.32 Dieses Konzept entstand zwar in einem kolonialen Kontext zunächst in Südamerika zur Bestimmung der Grenzen zwischen den dort entstandenen Staaten und es war in diesem Zusammenhang als Übergangslösung gedacht;33 später wurde es auch auf die neu gebildeten Staaten in Afrika ausgedehnt.34 Aber die Anwendung blieb schließlich nicht auf diese beiden Kontinente beschränkt. Die Badinter-Kommission hat bei der Entscheidung über die Grenzziehung zwischen den aus dem Zerfall Jugoslawiens hervorgehenden Staaten in mehreren Gutachten ausdrücklich auf das uti possidetis-Prinzip Bezug genommen und es als einen Grundsatz des Völkerrechts bezeichnet.35 Allerdings fand das uti possidetis-Prinzip soweit ersichtlich bei der Regelung des Zerfalls der Sowjetunion keine Erwähnung.36 Doch ist dies für die Beurteilung seiner Anwendung irrelevant. Denn ob eine Norm angewendet wird, hängt nicht davon ab, ob sie auch benannt ist. Abgesehen von der tatsächlichen Staatenbildung innerhalb der vorherigen Verwaltungsgrenzen sind für die Bewertung der Staatenwerdung auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion vor allem die völkerrechtlichen Verträge von Bedeutung, welche die neuen Staaten geschlossen haben. Schon auf bilateraler Ebene wurde sorgfältig darauf geachtet, dass die alten Ver-
schen Republik und der Russischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik folgten; im Übrigen wurden sie durch einen bilateralen Grenzvertrag zwischen Lettland und der Russischen Föderation de iure festgeschrieben, Randnr. 36.1 ff. des Urteils. 30 Simmler (Anm. 7), 239. 31 Die Krim war 1954 anlässlich der 300-Jahres-Feier der (Wieder-)Vereinigung der Ukraine mit Russland der Ukraine zugewiesen worden, siehe Romain Yakemtchouk, Les conflits de territoires et de frontières dans les Etats de l’èx-U.R.S.S., Annuaire français de droit international 39 (1993), 393, 399. 32 Simmler (Anm. 7), 275 ff. 33 Zur Entwicklung der uti possidetis-Regel im Völkerrecht siehe Simmler (Anm. 7), 46. 34 Vgl. dazu auch die Entscheidung des IGH, Frontier Dispute (Burkina Faso/Republic of Mali), Judgment of 22 December 1986, ICJ Reports 1986, 554. 35 Vgl. Gutachten Nr. 2 und Nr. 3 der Badinter-Kommission vom 11. Januar 1992, ILM 31 (1992), 1499. 36 Simmler (Anm. 7), 280.
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waltungsgrenzen vertraglich als unantastbar abgesichert wurden.37 Das Abkommen von Minsk vom 8. Dezember 1991, das mit der Gründung der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten die Endphase der Sowjetunion einleitete, schreibt in Art. 5 die Grenzen zwischen den Mitgliedstaaten fest: „Die hohen vertragschließenden Parteien anerkennen und achten die territoriale Integrität und die Unantastbarkeit der zwischen ihnen bestehenden Grenzen innerhalb der Gemeinschaft“.38 Diese Regelung wird in dem Protokoll von Alma-Ata vom 21. Dezember 1991 wiederholt. Da aber als Grenzen zwischen den vormaligen Sowjetrepubliken nur die innerstaatlichen Verwaltungsgrenzen dienen konnten, wird hier implizit das uti possidetis-Prinzip angewendet.39 Die internationale Gemeinschaft erkannte die aus der ehemaligen Sowjetunion hervorgehenden Staaten in den territorialen Grenzen an, wie sie durch die vormals innerstaatlichen Grenzen vorgezeichnet waren. Dies zeigte sich vor allem in den Situationen, in denen die bestehenden Grenzen durch Sezessionsbestrebungen in Frage gestellt worden sind, wie insbesondere auch den Fällen von Nagorny Karabach und Abchasien. In beiden Fällen erließ der UN-Sicherheitsrat eine Reihe von Resolutionen, in denen auf das Prinzip der territorialen Integrität hingewiesen wurde. In dem Konflikt um Nagorny Karabach betonte der Sicherheitsrat ausdrücklich: „Reaffirming the sovereignty and territorial integrity of the Azerbaijani Republic and of all other States in the region, Reaffirming also the inviolability of international borders and the inadmissibility of the use of force for the acquisition of territory“.40 Entsprechend stellte der UN-Sicherheitsrat in seinen Resolutionen zum Abchasien-Konflikt fest: „Reaffirms the commitment of all Member States to 37 So bereits Art. 6 des Vertrags zwischen der Russischen Föderation und der Ukraine, der noch zu Zeiten des Bestehens der Sowjetunion am 19. November 1990 unterzeichnet worden war. 38 Das Abkommen von Minsk wurde ursprünglich von der Russischen Föderation, der Ukraine und Weißrussland unterzeichnet; durch das Protokoll von Alma-Ata vom 21. Dezember 1991 traten mit Ausnahme der baltischen Staaten und Georgiens alle anderen ehemaligen Sowjetrepubliken bei; Georgien schloss sich dem Abkommen 1993 an, trat allerdings 2008 nach dem Georgienkrieg wieder aus, und zwar nicht wegen der Grenzklausel, sondern umgekehrt wegen der Vorgänge, in denen die Grenzklausel verletzt wurde. 39 Dies ist auch die vorherrschende Interpretation der Vorgänge in der Literatur, vgl. Simmler (Anm. 7), 280 ff.; Malcolm N. Shaw, Peoples, Territorialism and Boundaries, European Journal of International Law 8 (1997), 478, 498; ders., The Heritage of States: The Principle of Uti Possidetis Juris Today, British Yearbook of International Law (BYIL) LXVII (1996), 75, 110, 132. 40 So in den UN-Sicherheitsratsresolutionen 822 (1993), 853 (1993), 874 (1993) und 884 (1993), wobei in der UN-Sicherheitsratsresolution 822 noch der ausdrückliche Hinweis auf Aserbeidschan fehlte.
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the sovereignty, independence and territorial integrity of Georgia within its internationally recognized borders and supports all efforts by the United Nations and the Group of Friends of the Secretary-General, which are guided by their determination to promote a settlement of the Georgian-Abkhaz conflict only by peaceful means and within the framework of the Security Council resolutions“.41 Da weder Abchasien noch Nagorny Karabach bislang als unabhängige Staaten in die Vereinten Nationen aufgenommen worden sind, kann der Hinweis auf die territoriale Integrität nichts anderes bedeuten als den Hinweis auf die Gültigkeit der Grenzen von Aserbeidschan bzw. Georgien. Die Bemühungen der OSZE zur Lösung des Konfliktes um Nagorny Karabach durch die Minsk-Gruppe42 orientieren sich an denselben Maßstäben. Eine der leitenden Maximen ist die territoriale Integrität, wie sich z.B. aus der Erklärung auf dem OSZE-Gipfel von Lissabon im Jahr 1996 ergibt: „Three principles which should form part of the settlement of the Nagorno-Karabakh conflict were recommended by the Co-Chairmen of the Minsk Group. These principles are supported by all member States of the Minsk Group. They are: – Territorial integrity of the Republic of Armenia and of the Azerbaijan Republic; – Legal status of Nagorno-Karabakh defined in an agreement based on selfdetermination which confers on Nagorno-Karabakh the highest degree of self-rule within Azerbaijan; – Guaranteed security for Nagorno-Karabakh and its whole population, including mutual obligations to ensure compliance by all the Parties with the provisions of the settlement“.43 Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass sowohl nach Auffassung der Nachfolgestaaten der UdSSR wie auch nach Meinung der internationalen Gemeinschaft die alten Verwaltungsgrenzen der Sowjetrepubliken die Außengrenzen der neu entstandenen Staaten bilden sollten. Damit wurden auch die Gebiete als Teil der neu entstandenen Staaten gewertet, welche in der Sowjetzeit zum Gebiet der
41
UN-Sicherheitsratsresolution 876 (1993), zuletzt UN-Sicherheitsratsresolution 1808 (2008). 42 Dieser Gruppe sitzen die USA, die Russische Föderation und Frankreich vor, abrufbar unter: http://www.osce.org/item/21979.html. 43 Allerdings widersprach Armenien diesen Ausführungen unter Hinweis darauf, dass damit das Mandat der Minsk Gruppe überschritten worden sei, das nämlich nicht erlaube, das endgültige Ergebnis vorwegzunehmen, das vielmehr Verhandlungen vorbehalten sei; Dokument abgedruckt bei Croissant (Anm. 6), 159.
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jeweiligen Republik gehörten. In diesem Sinn wird Nagorny Karabach als aserisches Territorium, Südossetien und Abchasien als georgisches Territorium behandelt.
II. Das uti possidetis-Prinzip: eine Methode der Grenzbestimmung, nicht ein Kriterium für die Legitimität von Sezessionsbestrebungen Auch wenn die involvierten Staaten und die Völkerrechtsgemeinschaft das Prinzip der Respektierung der bestehenden Verwaltungsgrenzen hochhalten, dürfen doch nicht dessen Grenzen verkannt werden. Das uti possidetis-Prinzip ist allein eine Methode einer Grenzbestimmung, noch nicht einmal eine zwingende, denn die aus einem sich auflösenden Staat hervorgehenden neuen Staaten können sich jederzeit darauf verständigen, eine andere Methode zu wählen. Das uti possidetis-Prinzip ist nur die einfachste Art der Grenzfestlegung, weil sie an vorher bestehende Grenzen anknüpft und damit feste Grenzen schon im Augenblick der Staatsentstehung bietet. Die Berechtigung der Fortschreibung ehemaliger Verwaltungsgrenzen mag allerdings insbesondere dann ungeeignet erscheinen, wenn diese auf willkürlichen Festlegungen – wie zumal in totalitären Regimen wie der Sowjetunion – beruhten, welchen den Interessen der davon betroffenen Völker entgegenliefen. Da es sich um ein Verfahren der Grenzziehung handelt, lässt sich aus ihm nicht herleiten, welches Gebiet einen unabhängigen Staat formen soll. Die Entscheidung über die Staatswerdung geht also der Anwendung des uti possidetisPrinzips voran. In diesem Sinn lässt sich aus dem uti possidetis-Prinzip wohl die Grenzziehung etwa zwischen der Russischen Föderation und Georgien begründen, nicht hingegen gibt es irgendein Kriterium dafür an die Hand, ob eine administrative Untereinheit eines neuen Staates – wie etwa Abchasien oder Südossetien – ihrerseits unabhängig werden kann. Damit kann aber unter Hinweis auf das uti possidetis-Prinzip einem Territorium, das selbständig werden will, nicht die Selbständigkeit verweigert werden.
D. Das Selbstbestimmungsrecht der Völker als Titel für eine Sezession I. Der Ausschluss des Sezessionsrechts als Regelfall Es stellt sich nun die Frage, ob durch Vorgänge in neuerlicher Zeit für die in den strittigen Territorien lebenden Völker ein Selbstbestimmungsrecht entstanden sein könnte, welches zur Sezession berechtigt. Während im Völkerrecht das Selbstbe-
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stimmungsrecht als solches inzwischen fest etabliert ist, gehen über seinen Inhalt die Meinungen auseinander. Die überwiegende Mehrheit ist allerdings der Auffassung, dass sich aus dem Selbstbestimmungsrecht regelmäßig kein Anspruch auf Sezession ableiten lässt.44 Denn dem Selbstbestimmungsrecht steht das Recht eines jeden Staates auf seine territoriale Integrität gegenüber. Das Selbstbestimmungsrecht könne sich also nur im Rahmen des jeweiligen Staates entfalten, beschränkt sich also auf ein Recht auf innere Autonomie. Dementsprechend wurde in der Friendly Relations Resolution der UN-Generalversammlung aus dem Jahr 1970 auch im Hinblick auf das Selbstbestimmungsrecht festgehalten, dass das Prinzip der territorialen Integrität davon unberührt bleibe.45 Die Staatengemeinschaft hat auf Sezessionsbestrebungen dementsprechend immer sehr zurückhaltend reagiert. So wurde etwa Biafra Ende der sechziger Jahre von nur sehr wenigen Staaten anerkannt, obwohl die Massaker an der dortigen Bevölkerung der Ibos bekannt waren.46 Selbst im Fall von Bangladesh wurden nach Ende des Kriegs 1971 nur die Realitäten zur Kenntnis genommen, nämlich dass sich Bangladesh von Pakistan getrennt hatte, indem der neue Staat anerkannt wurde; dieser Vorgang wurde nicht auf das Selbstbestimmungsrecht gestützt. Ein allgemeines Sezessionsrecht wird im Völkerrecht aus dem Selbstbestimmungsrecht bis zum heutigen Tag nicht abgeleitet.47
44
James Crawford, State Practice and International Law in Relation to Secession, BYIL LXIX (1998), 85 ff., 116, stellte nach einer eingehenden Analyse der Neubildung von Staaten nach dem zweiten Weltkrieg fest, dass eine allgemeine Staatenpraxis einer völkerrechtlich zulässigen einseitigen Sezession sich nicht feststellen lasse; in diesem Sinne auch Donald L. Horowitz, A Right to Secede?, in: Stephen Macedo/Allen Buchanan (Hrsg.), Secession and Self-Determination, 2003, 50, 59 ff. 45 „Nothing in the foregoing paragraphs shall be construed as authorizing or encouraging any action which would dismember or impair, totally or in part, the territorial integrity or political unity of sovereign and independent States conducting themselves in compliance with the principle of equal rights and self-determination of peoples as described above and thus possessed of a government representing the whole people belonging to the territory without distinction as to race, creed or colour …“, Das Selbstbestimmungsrecht der Völker, das vorgehend beschrieben worden ist, bezieht sich aber allein auf die Dekolonialisierung, nicht auf sonstige Formen der Sezession oder Neubildung von Staaten, vgl. Horowitz (Anm. 44), 64. 46 Keines der ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates hat Biafra anerkannt. 47 Antonello Tancredi, La secessione nel diritto internazionale, 2001, 528; Horowitz (Anm. 44), 59 ff.; Antonio Cassese, Self-Determination of People, in: Louis Henkin (Hrsg.), The International Bill of Rights, 1981, 120.
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II. Sezessionsrecht bei besonders schweren Verletzungen gegen Minderheitenrechte Allerdings erkennt eine im Vordringen befindliche Meinung ein Sezessionsrecht dann zu, wenn der Staat, welchem der Träger des Selbstbestimmungsrechts angehört, jede Form des Selbstbestimmungsrechts unterdrückt, insbesondere wenn er aktiv gegen die entsprechenden Bevölkerungsteile vorgeht.48 Anknüpfungspunkt für diese Auffassung bildet ebenso die schwer zu interpretierende Friendly Relations Declaration der UN-Generalversammlung.49 Ein Teil der Lehre liest aus dem Text nur einen Ausschluss eines aus der Selbstbestimmung abgeleiteten Sezessionsrechts heraus. Auch die Wendung, dass dies nur gelte, wenn der Staat eine Regierung besitze, die das Volk insgesamt vertrete, wird nicht als Einschränkung eines Sezessionsverbotes ausgelegt, weil eben nur von dem Volk insgesamt, nicht aber von einzelnen Nationalitäten oder Minderheiten die Rede ist. Die Gegenauffassung sieht hingegen in der Bedingung, dass das Selbstbestimmungsrecht der Völker geachtet werden müsse, den Beleg dafür, dass anderenfalls ein Sezessionsrecht doch bestehe.50 Der Streit blieb bislang auf die Dogmatik beschränkt. So hat der UN-Sicherheitsrat ein solches Sezessionsrecht auch nicht im Falle des Kosovo nach dem Krieg im Jahr 1999 angenommen. Denn obwohl die Serben seit 1989 in erheblichem Maße die für die Entfaltung kultureller Identität notwendigen Freiheiten der albanischen Bevölkerungsteile im Kosovo beschränkten und schließlich auch mit bewaffneten Einheiten gegen sie vorgingen, hat der UN-Sicherheitsrat in seiner Resolution 1244 dem Kosovo kein Sezessionsrecht zugesprochen, sondern die territoriale Integrität der früheren Republik von Jugoslawien (Serbien) betont und weitere Regelungen einem Abkommen vorbehalten. In der Staatenpraxis finden sich bislang keine Beispiele, in welchen eine einseitige Sezession eines Staates wegen der Unterdrückung von Minderheiten anerkannt worden ist.51
48 Stephanie Baer, Der Zerfall Jugoslawiens im Lichte des Völkerrechts, 1995, 216; Diane F. Orentlicher, International Responses to Separatist Claims, in: Macedo/Buchanan (Anm. 44), 19, 25. 49 Siehe oben Anm. 45. 50 Tancredi (Anm. 47), 259. 51 Die Auflösung der Sowjetunion und der Tschechoslowakei erfolgten einvernehmlich. Jugoslawien wurde zwar nicht einvernehmlich aufgelöst, wohl aber, wie die Tschechoslowakei, vollständig; insofern kann nicht von einer Sezession gesprochen werden. Eritrea spaltete sich von Äthiopien unter den Auspizien der Vereinten Nationen nach Anerkennung eines Selbstbestimmungsrechts durch Äthiopien, James Crawford, The Creation of States in International Law, 2. Aufl. 2006, 402.
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Selbst wenn man sich der Auffassung anschließt, dass eine massive Unterdrückung des Selbstbestimmungsrechts einem entsprechenden Bevölkerungsteil ein Sezessionsrecht vermittelt, bleibt zu untersuchen, ob derartige Verletzungen in Abchasien, Südossetien oder Nagorny Karabach stattgefunden haben. In allen drei Territorien sah eine Bevölkerungsgruppe sich in ihrem Selbstbestimmungsrecht eingeschränkt, und in allen Fällen führte dies zu kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen ethnischen Gruppen.
1. Bedeutung der Diskriminierungen zur Zeit der Sowjetunion Auch wenn man mit guten Gründen davon ausgeht, dass das Selbstbestimmungsrecht der Völker in der Sowjetunion trotz der Einräumung eines Status als autonome Republik bzw. als autonomes Gebiet durchweg verletzt worden ist, kann sich daraus doch kein Sezessionsrecht der hier in Frage stehenden Bevölkerungsgruppen und Territorien ableiten lassen. Diese Verletzungen können nämlich nur in sehr eingeschränkter Weise Aserbeidschan bzw. Georgien völkerrechtlich zugerechnet werden, weil es sich seinerzeit nicht um selbständige Staaten, sondern nur um Gebietskörperschaften innerhalb der Sowjetunion handelte, die ihrerseits – auch aufgrund der politischen Strukturen der Sowjetunion – nur über eine sehr begrenzte Handlungsautonomie verfügten. Die völkerrechtliche Verantwortlichkeit für die Verletzung des Selbstbestimmungsrechts lag bei der Sowjetunion als dem eigentlichen Völkerrechtssubjekt. Dass Aserbeidschan und Georgien als Teilgebiete der Sowjetunion mitgewirkt haben, tritt dahinter zurück. Völkerrechtlich kann eine Zurechnung von Vorgängen an Territorialeinheiten nicht erfolgen, bevor sie überhaupt entstanden sind. Davon abgesehen kann auch innerstaatlich die Unterdrückung des Selbstbestimmungsrechts nationaler Minderheiten in der Sowjetunion eher auf das dort herrschende, durch die Sowjetunion oktroyierte politische System als auf das Verhalten der Teilrepubliken zurückgeführt werden.52
2. Situation nach der Unabhängigkeit Nach der Unabhängigerklärung der Republiken aber fand sich noch keine Gelegenheit für eine aktive Unterdrückung von Autonomierechten, weil Georgien und Aserbeidschan in den fraglichen Territorien faktisch keine Herrschaftsgewalt ausgeübt haben. Die Kriege Anfang der neunziger Jahre können nicht als Ausdruck einer ethnischen Unterdrückung gedeutet werden, sondern als ein Versuch einer militärischen Lösung des Konfliktes zwischen Sezession und Wahrung der 52
Insofern a.A. Luchterhandt (Anm. 8), 68 ff.
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territorialen Integrität; ethnische Säuberungen und Vertreibungen fanden, wie oben beschrieben, in einer allgemein aufgeheizten Stimmung auf allen Seiten statt. Einseitige Schuldzuweisungen können in einer solchen Lage nicht getroffen werden. Bezeichnenderweise haben diese Auseinandersetzungen die Positionen der jeweiligen nationalen Minderheiten erheblich gestärkt. Nicht nur üben sie in den Territorien faktische Herrschaftsgewalt aus, sondern die Personen, welche der Mehrheitsethnie angehören, wurden jeweils fast vollständig vertrieben. Das gilt sowohl für Nagorny Karabach wie für Südossetien und Abchasien. Insofern könnte mit einigen Gründen von einer umgekehrten Diskriminierung gesprochen werden. Da dieser Zustand nunmehr seit Anfang der neunziger Jahre fortdauert, kann von einer nachhaltigen Unterdrückung der in den fraglichen Territorien lebenden Bevölkerung durch den Staat, dem diese Territorien zugerechnet werden, nicht gesprochen werden. Ob künftig eine solche Unterdrückung stattfinden wird, lässt sich derzeit nicht absehen und ist für die Begründung eines gegenwärtigen Sezessionsrechts irrelevant. Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass jedenfalls die Verfassung von Georgien grundsätzlich die Möglichkeit eines Sonderstatus für die Minderheiten vorsieht.53 Ob der Minderheitenschutz in den jeweiligen Staaten ausreichend sein wird, kann erst beurteilt werden, wenn er sich konkretisiert hat. Eine vorweggenommene Kritik wegen der möglichen Mangelhaftigkeit eines solchen Schutzes als Begründung für ein Sezessionsrecht ist jedenfalls nicht zulässig. Abgesehen davon würde auch der Umstand, dass der Minderheitenschutz mangelhaft ist, nur eine Nachbesserungspflicht begründen.
3. Besonderheit der Situation in Abchasien Von allem anderen abgesehen würde die Ausübung eines Sezessionsrechts zumindest in Abchasien daran scheitern, dass die Titularnation in diesem Gebiet – jedenfalls bis zu den Vertreibungen im Zusammenhang mit dem Krieg im Jahr 1992 – die Minderheit darstellte. Ein Sezessionsrecht im Sinne des Selbstbestimmungsrechts der Völker kann aber nur von der Mehrheit der in dem fraglichen Gebiet lebenden Bevölkerung ausgeübt werden. Zu der Bevölkerung Abchasiens gehören aber nicht nur die ethnischen Abchasen, sondern auch die dort ansässigen Georgier. Ihre Vertreibung im Jahre 1992 hat nichts an ihrer Zugehörigkeit zur 53
Art. 2 Abs. 3 der georgischen Verfassung, demzufolge die Ausformung des Status der jeweiligen Gebiete durch Verfassungsgesetz erfolgen soll, wenn die staatliche Hoheitsgewalt in den entsprechenden Gebieten effektiv ausgeübt wird. Die aserische Verfassung sieht in Abschnitt IX derzeit nur für Natchichevan einen Autonomiestatus vor, nicht für Nagorny Karabach, doch könnte ein solcher eingeführt werden.
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Territorialbevölkerung geändert, welcher das Selbstbestimmungsrecht insgesamt zusteht.54
E. Die Ablehnung des Sezessionsrechts in den Fällen von Südossetien, Abchasien und Nagorny Karabach – ein Widerspruch zur Unabhängigwerdung von Aserbeidschan und Georgien? Natürlich stellt sich die Frage, ob nicht ein Widerspruch darin gesehen werden kann, dass die Staaten, welche Anfang der neunziger Jahre auch unter Berufung auf das Selbstbestimmungsrechts entstanden sind – nämlich Georgien und Aserbeidschan – nun eben ein solches Recht den von ihnen wegstrebenden Völkerschaften verweigern. Dies ist aber nur ein ethisches, kein juristisches, d.h. völkerrechtliches Argument. Denn darauf, ob sie völkerrechtlich einen Anspruch hatten, kam es schließlich bei ihrer Selbständigwerdung nicht an. Das Ende der Sowjetunion bei gleichzeitiger Fortsetzung ihrer Existenz durch die Russische Föderation beruhte nicht auf der Durchsetzung völkerrechtlicher Titel, sondern auf einer politischen Entscheidung, die von der Zentralmacht hingenommen worden ist. Die Entstehung von Georgien und Aserbeidschan ist als ein faktischer Vorgang zu verstehen,55 während Abchasien, Südossetien und Nagorny Karabach zu keinem Zeitpunkt eine eigene Staatlichkeit gewonnen haben. Man könnte mit guten Gründen argumentieren, dass die rechtliche Situation eine andere wäre, wenn es den Territorien gelungen wäre, im Rahmen der Auflösung der Sowjetunion ihrerseits die Unabhängigkeit zu erlangen. Denn in der logischen Sekunde, in welcher die Sowjetunion nicht mehr und die Nachfolgestaaten noch nicht bestanden, wäre auch die Umwandlung besagter Territorien in unabhängige Staaten möglich gewesen. Denn zu diesem Zeitpunkt bestand kein Staat, dessen territoriale Integrität durch eine Selbständigwerdung dieser Territorien hätte verletzt werden können. Insofern waren zu diesem Zeitpunkt alle Völkerschaften gleichgestellt. Jedoch haben es faktisch nur Georgien und Aserbeidschan geschafft, eine eigene Staatlichkeit aufzubauen, während die besagten Territorien von jenen Staaten selbst, aber wie aufgezeigt auch von der Völkerrechtsgemeinschaft als integraler Teil von Georgien bzw. Aserbeidschan seit fast zwanzig Jahren angesehen worden sind. Dass es weder Aserbeidschan im Hinblick auf Nagorny Karabach noch Georgien im Hinblick auf Abchasien und Südossetien gelungen ist, eine effektive Herrschafts54 In Nagorny Karabach besaßen die Armenier schon vor der Flucht bzw. Vertreibung der dort ansässigen Aseris die deutliche Mehrheit, ähnlich stellt sich die Situation in Südossetien dar. 55 Vgl. Crawford (Anm. 51), 395.
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gewalt aufzubauen, tritt dahinter zurück. De jure gehörten die Territorien seit dem Zerfall der Sowjetunion zu Aserbeidschan bzw. Georgien.
F. Die Anerkennung von Südossetien und Abchasien als unabhängige Staaten im Gefolge des Georgienkrieges 2008 Nach dem Georgienkrieg im Jahr 2008 wurden Südossetien und Abchasien von der Russischen Föderation, später auch von Venezuela, Nicaragua und Nauru als unabhängige Staaten anerkannt. Wieweit die Anerkennung eines Staates durch andere Staaten überhaupt eine Bedeutung im Völkerrecht hat, ist durchaus umstritten. Bis heute herrscht die Auffassung vor, dass die Anerkennung allein deklaratorisch, nicht konstitutiv wirkt.56 Danach entsteht ein Staat durch die Ausübung einer effektiven Herrschaftsgewalt über ein Staatsvolk in einem Staatsgebiet. Der Staat entsteht aus sich heraus, nicht durch seine Wahrnehmung in der Völkerrechtsgemeinschaft. Folgte man dieser Auffassung, käme einer Anerkennung keine Bedeutung zu, da sie an einem ohnehin eingetretenen Rechtszustand nichts änderte. Allerdings gibt es Fälle, in denen eine Anerkennung völkerrechtswidrig sein kann. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Staatsbildung auf einem schweren Völkerrechtsverstoß, insbesondere unter Verletzung von ius cogens, z.B. unter Verletzung des Gewaltverbots, zustande kommt.57 Das Verbot einer Anerkennung kann sich auch aus einem entsprechenden Verbot durch die Vereinten Nationen ergeben, wie etwa die Fälle von Rhodesien58 und Nordzypern59 zeigen, in denen der UN-Sicherheitsrat eine Anerkennung der entstandenen Gebilde untersagt hatte. Aber auch eine vorzeitige Anerkennung eines Staates, der aus einer Sezession hervorgeht, kann als ein Verstoß gegen das Völkerrecht gewertet werden, wenn dem Gebilde die Elemente der Staatlichkeit fehlen, insbesondere die Ausübung einer effektiven Herrschaftsgewalt.60 Dann verletzt die Anerkennung durch einen 56
Crawford (Anm. 51), 27; Jochen A. Frowein, Recognition, in: Rudolf Bernhardt (Hrsg.), Encyclopedia of Public International Law (EPIL), Bd. IV, 2000, 55. 57 So bereits die Stimson-Doktrin, angelegt auch in Art. 41 Ziff. 2 der Articles on Responsibility of States for Internationally Wrongful Acts (Annex zur Resolution 56/83 der UN-Generalversammlung vom 12. Dezember 2001). 58 UN-Sicherheitsratsresolution 216 (1965) vom 12. November 1965. 59 UN-Sicherheitsratsresolution 541 (1983) vom 18. November 1983. 60 Crawford (Anm 51), 433, der dort, in seiner Anm. 235, auch die „legal opinion“ des Rechtsberaters von Präsident Truman im Hinblick auf die Anerkennung von Israel durch die USA 1948 zitiert, in der eine vorzeitige Anerkennung als eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten gewertet wurde.
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anderen Staat die Souveränität und territoriale Integrität des Staates, von dem sich das betreffende Gebiet lossagen will. Ein Indiz für die Vorzeitigkeit können immer auch Beschlüsse der Vereinten Nationen, insbesondere Beschlüsse des UN-Sicherheitsrates sein, in welchen dieser die Zugehörigkeit des entsprechenden Gebietes zu dem Staat feststellt, von dem es sich lossagen will. Im Fall von Abchasien hat der UN-Sicherheitsrat, wie dargestellt, mehrfach die Zugehörigkeit dieses Gebietes zu Georgien festgestellt. Nicht nur nach Auffassung Georgiens, sondern nach dem Verständnis der Völkerrechtsgemeinschaft, das in den entsprechenden Resolutionen seinen Ausdruck findet, bildet Abchasien einen Bestandteil Georgiens. Eine Anerkennung Abchasiens als eigenständiger Staat im Gegensatz zu der Feststellung des UN-Sicherheitsrates muss als eine Verletzung der territorialen Integrität und der Souveränität Georgiens gewertet werden. Zu Südossetien wurden zwar keine entsprechenden UN-Resolutionen erlassen, doch hat auch hier die internationale Gemeinschaft zum Ausdruck gebracht, dass Südossetien ein Bestandteil von Georgien bleiben soll. Bis zum Jahr 2008 war dies allgemeiner Konsens. Die genannten Abkommen aus den Jahren 1992 und 1994 dienten der Stabilisierung der Lage in der Region, nicht der Vorbereitung der Loslösung von Georgien. Zudem muss der Staatscharakter von Südossetien schon deshalb bezweifelt werden, weil viele Staatsämter von Russen aus der Russischen Föderation bekleidet wurden, es also an der Ausübung einer effektiven Herrschaftsgewalt durch eigene südossetische Organe fehlte.61 Vor diesem Hintergrund muss die Anerkennung von Abchasien und Südossetien durch die Russische Föderation, Venezuela, Nicaragua und Nauru als eine Verletzung der territorialen Integrität von Georgien und damit als ein Verstoß gegen das Völkerrecht gewertet werden. Entsprechend würde auch eine Anerkennung von Nagorny Karabach als unabhängiger Staat gegen das Völkerrecht verstoßen; auch dieses Gebiet wird, wie dargestellt, durch verschiedene UN-Sicherheitsratsresolutionen als integraler Bestandteil Aserbeidschans verstanden, eine Anerkennung würde dessen Integrität also verletzen. Tatsächlich hat bislang auch noch kein Staat Nagorny Karabach anerkannt.
G. Die Rechtfertigung des Einsatzes von Waffengewalt I. Keine Geltung des Gewaltverbotes bei inneren Angelegenheiten Wenn nun feststeht, dass bei der Auflösung der Sowjetunion die Nachfolgestaaten in dem territorialen Bestand der ehemaligen Republiken ihre Unabhängigkeit 61
Luchterhandt (Anm. 8), 458; Georgien-Report (Anm. 5), 132.
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erlangten, territoriale Untergliederungen also unter völkerrechtlicher Perspektive weder ihrerseits einen Anspruch auf eine unabhängige Staatlichkeit besaßen noch einen Anspruch darauf, sich einem anderen Staat anzuschließen, stellt sich die Frage, ob die Staaten, zu deren Bestand die nach Unabhängigkeit strebenden Territorien gehörten, mit Waffengewalt ihre staatliche Herrschaftsgewalt in diesen Gebieten durchsetzen dürfen. Exemplarisch kann dies im Fall von Georgien analysiert werden, das im Sommer 2008 den Versuch unternahm, seine staatliche Herrschaft auch de facto wieder auf das Gebiet von Südossetien zu erstrecken. Grundsätzlich hat jeder Staat das Recht, Aufständen, auch wenn sie unter Berufung auf das Selbstbestimmungsrecht auf eine Sezession gerichtet sind, unter Anwendung von Waffengewalt entgegenzutreten. Dies ist Teil der ihm zukommenden Herrschaftsgewalt. Die Bekämpfung von Sezessionen wird als Ausfluss der sich auf das gesamte Staatsgebiet erstreckenden Souveränität gesehen.62 Das Völkerrecht erkennt jedem Staat die territoriale Integrität zu. Dies bedeutet, dass er nicht nur gegen Eingriffe von außen geschützt ist, sondern dass er sich auch gegen ein Aufbrechen des Staates von innen wehren kann, ohne dass dies als eine Verletzung des Völkerrechts gesehen wird. Die innere Ordnung eines Staates, und dazu zählt auch der territoriale Bestand, wird als eine innere Angelegenheit verstanden, auf die insofern das Völkerrecht keine Anwendung findet. Demgemäß ist es nach wie vor herrschende Meinung unter den Völkerrechtlern und gängige Staatenpraxis, das Gewaltverbot nicht auf innere Vorgänge anzuwenden, auch soweit Gewalt zum Erhalt des territorialen Bestandes angewendet wird. Ein solches Recht wird auch nicht dadurch beeinträchtigt, dass ein Staat die Aufständischen als kriegführende Partei anerkennt, die damit einen völkerrechtlichen Status erlangt.63 Denn dieser ist nur im Rahmen des humanitären Völkerrechts von Bedeutung .
II. Die Anwendbarkeit des Gewaltverbotes im Falle von befriedeten De-facto-Regimen Allerdings wird die Situation vielfach anders bei so genannten befriedeten Defacto-Regimes beurteilt. Dabei handelt es sich um nicht anerkannte politische Gebilde, bei denen die tatsächliche Herrschaftsausübung und die rechtlich zustehende Herrschaft nicht zusammenfallen, die Situation sich aber über einen langen Zeitraum stabilisiert hat. Eine solche Lage wurde früher etwa vor dem Grundlagenvertrag für die DDR angenommen, auch für Vietnam – Nord- und Südvietnam, China – Volksrepublik China und Taiwan – und heute noch für Korea – Nord- und 62 63
Georg Nolte, Eingreifen auf Einladung, 1999, 252 ff.; Tancredi (Anm. 47), 649. Jochen Abr. Frowein, Das de facto-Regime im Völkerrecht, 1968, 68.
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Südkorea.64 Schwierig wird allerdings die Unterscheidung zwischen einem innerstaatlichen Aufstand und einem befriedeten Regime. Allein die Vereinbarung eines kurzen Waffenstillstands verschafft einem aufständischen Gebiet noch nicht den Statuts eines befriedeten De-facto-Regimes. Umgekehrt ist eine auf Dauer angelegte Lage auch dann als stabilisiertes Regime zu bezeichnen, wenn es zwischenzeitlich immer wieder zu militärischen Auseinandersetzungen kommt. Von besonderer Bedeutung ist eine solche Situation, wenn sie auf völkervertraglichen Vereinbarungen beruht. Dies gilt etwa im Fall von Waffenstillstandsabkommen, die nicht nur eine vorübergehende Waffenruhe bezwecken, sondern einen Status quo jedenfalls bis zu einer Verhandlungslösung festschreiben wollen. In diese Linie fügt sich ein, dass nach den völkerrechtlichen Regeln ein Staat auch Trennlinien zu beachten hat, welche nicht als etablierte Staatsgrenzen qualifiziert werden können, sondern anderen Zwecken dienen, wie etwa der Fixierung des Status quo nach einem bewaffneten Konflikt. Auch im Hinblick auf solche Linien gilt das Gewaltverbot. In diesem Sinn stellt die Friendly Relations Resolution des Jahres 1970 ausdrücklich fest: „Every State likewise has the duty to refrain from the threat or use of force to violate international lines of demarcation, such as armistice lines, established by or pursuant to an international agreement to which it is a party or which it is otherwise bound to respect“. Die hier bezeichneten „Demarcation Lines“ schließen Grenzen von De-facto-Régimen ein.65 Sowohl Südossetien wie auch Abchasien sind seit Anfang der neunziger Jahre Territorialeinheiten, die sich de facto selbst verwalten und in denen Georgien keine effektive Herrschaftsgewalt ausübt. Vor diesem Hintergrund und in Anbetracht des langen Zeitraums sprechen gute Gründe dafür, beide Gebiete als befriedete De-facto-Regimes zu verstehen, denen gegenüber daher die Gewaltanwendung völkerrechtlich verboten ist.66
64
Ebd., 7, 35. Siehe auch Jochen Abr. Frowein De Facto Régime, in: Bernhardt (Hrsg.), EPIL, Bd. I, 1997, 966. 66 Für Abchasien wird dies ausdrücklich in dem Georgien-Report (Anm. 5) angenommen, 134, 291; für Südossetien wird eine solche Qualifikation wegen der starken russischen Präsenz in der Verwaltung abgelehnt, Georgien-Report, 133. Allerdings ist es im Hinblick auf das Gewaltverbot irrelevant, ob die Herrschaftsgewalt in einem De-facto-Regime von Organen des Territoriums selbst oder von einem anderen Staat ausgeübt wird; entscheidend ist allein, dass der Staat, zu dem das Territorium gehört, keine effektive Staatsgewalt ausübt und die tatsächlich – von wem auch immer – ausgeübte Staatsgewalt effektiv ist. 65
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III. Die Bedeutung des Abschlusses von Verträgen zur Beilegung des Konfliktes Hinzu tritt, dass Georgien sich durch die oben genannten Verträge aus den Jahren 1992, 1994 und 1996 verpflichtet hat, auf die Anwendung von Gewalt zur Regelung der Verhältnisse in Südossetien zu verzichten. Dies ergibt sich aus der Bezugnahme auf die Prinzipien der UN-Charta in dem Abkommen vom 23. Juli 1992, auf das wiederum in dem Abkommen vom 31. Oktober 1994 Bezug genommen wird.67 Zwar wird das Gewaltverbot nicht ausdrücklich genannt, doch ergibt sich die Inbezugnahme implizit daraus, dass das Abkommen der Beendigung des bewaffneten Konfliktes und der Stabilisierung der Situation dient. Nun folgt allein aus der Bezugnahme auf das Gewaltverbot in dem besagten Abkommen noch nicht, dass Georgien insofern völkerrechtlich gebunden ist, wie dies aber im Georgien-Bericht angenommen wird.68 Denn wenn das völkerrechtliche Gewaltverbot eigentlich auf das Verhältnis zwischen Georgien und Südossetien bzw. Abchasien nicht anwendbar wäre – weil es sich nicht um ein völkerrechtliches, sondern um ein innerstaatliches Verhältnis handelte –, so läge in den Abkommen bloß eine vertragliche Verpflichtung. Der Bruch einer solchen vertraglichen Verpflichtung für sich genommen ist aber nicht dem Bruch des Gewaltverbotes selbst gleichzustellen, welches nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Art. 2 Ziff. 4 der UN-Charta nur im Rahmen von internationalen Beziehungen gilt; und auch das völkergewohnheitsrechtliche Gewaltverbot, welches neben dem Verbot aus der Charta besteht, hat keine darüber hinausgehende Bedeutung.69 Allein der Bezug auf die UN-Charta gibt einer übernommenen Verpflichtung noch nicht den Rang der in der Charta niedergelegten Pflicht, die nach verbreiteter richtiger Auffassung als ius cogens zu qualifizieren ist. Dies zeigt sich schon daran, dass der Vertrag, in dem der Bezug auf die UN-Charta enthalten ist, ihn nicht nur nicht enthalten muss, sondern theoretisch auch einen anders lautenden Wortlaut haben könnte, etwa dergestalt, dass Gewalt angedroht wird, wenn nicht binnen einer bestimmten Zeit eine Unterordnung unter den Staat erfolgt. Eine solche Klausel wäre nichts anderes als die Vereinbarung einer möglicherweise ohnehin bestehenden und – auch unter völkerrechtlicher Perspektive – durchaus zulässigen Gewaltanwendung etwa im Sinne der Bundesexekution. Wenn aber in einem Vertrag eine derartige Vereinbarung getroffen werden könnte, kann es sich bei dem hier in Frage stehenden vertraglich vereinbarten Gewaltverbot nicht um das völkerrechtliche Gewaltverbot 67
Dokumente (Anm. 18), 318. Georgien-Report (Anm. 5), 239 ff. 69 IGH, Military and Paramilitary Activities in and against Nicaragua (Nicaragua v. United States of America), Judgment of 27 June 1986, ICJ Reports 1986, 14, 147, para. 297. 68
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handeln, dem ius cogens Charakter zukommt und von dem vertraglich nicht abgewichen werden dürfte. Allein aus einer vertraglichen Absprache mit Bezug auf das Völkerrecht kann nicht auf den völkerrechtlichen Charakter der Absprache geschlossen werden.70 Vielmehr bedarf es dazu einer Feststellung, dass es sich bei den Parteien um Völkerrechtssubjekte handelt. Nicht die Bezugnahme auf völkerrechtliche Normen gibt den Ausschlag, sondern der völkerrechtliche Charakter des Abkommens. Dieser folgt aus den daran beteiligten Parteien. Vertragsparteien des genannten Abkommens waren Georgien und die Russische Föderation. Das Abkommen hatte damit einen völkerrechtlichen Charakter. Damit müssen auch die sich aus dem Abkommen ergebenden Bindungen als solche mit völkerrechtlicher Wirkung gesehen werden, auch wenn sie in erster Linie Georgiens Verhältnis zu Südossetien betrafen. Georgien hat sich völkerrechtlich verpflichtet, das Gewaltverbot gegenüber Südossetien zu achten. Der Konflikt mit Südossetien konnte damit nicht mehr als eine bloß innerstaatliche Angelegenheit verstanden werden. Zugleich haben Georgien und die Russische Föderation in Südossetien eine demilitarisierte Zone vertraglich vereinbart, welche als eine Demarcation Line im Sinne der Friendly Relation Declaration verstanden werden kann.71 Dies impliziert aber die Pflicht auch Georgiens, diese Linie nicht gewaltsam zu überschreiten. Das Waffenstillstandsabkommen mit Abchasien aus dem Jahr 1994, in welchem die Einstellung der Gewaltanwendung festgelegt worden ist, wurde zwar nur von Abchasien und Georgien unterzeichnet worden, so dass an der völkerrechtlichen Bindungskraft im Hinblick auf das Gewaltverbot gezweifelt werden könnte, zumal hier auch ein ausdrücklicher Bezug auf die UN-Charta fehlt. Allerdings wurde der vereinbarte Waffenstillstand unter eine internationale Aufsicht gestellt, und zwar durch friedensschaffende Truppen der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten und der Beobachtergruppe der Vereinten Nationen.72 Damit kann auch dieses Abkommen nicht als ein Dokument gedeutet werden, das nur innerstaatliche Verpflichtungen begründet. Dass der Abchasienkonflikt sich in einem internationalen Rahmen abspielt, ergibt sich nicht zuletzt aus den zahlreichen UN-Sicherheitsratsresolutionen zu diesem Gegenstand, die alle auf eine friedliche Streitbeilegung zielen. Dies führt 70
Durch einen solchen Vertrag wäre dann auf innerstaatlicher Ebene ein Gewaltverzicht vereinbart worden, der aber völkerrechtlich keine Bedeutung hätte. Völkerrechtlich wäre der Staat, dem das abtrünnige Gebiet zugeordnet wird, nicht gehindert, auch unter Gewaltanwendung seine Gebietshoheit wieder herzustellen. 71 Art. 1 des Abkommens vom 24. Juni 1992, Dokumente (Anm. 18), 277. 72 Punkt 2 des Abkommens vom 14. Mai 1994, Dokumente (Anm. 18), 311.
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zu einer völkerrechtlichen Bindung Georgiens – und auch Abchasiens, soweit es als De-facto-Regime verstanden wird – an das Gewaltverbot. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass ungeachtet des Umstandes, dass sowohl Südossetien wie auch Abchasien weiterhin als Bestandteile Georgiens anzusehen sind, dieses doch völkerrechtlich gehindert ist, Gewalt anzuwenden, um seine effektive Herrschaftsgewalt in den besagten Gebieten wieder herzustellen. Das Gleiche gilt für Aserbeidschan im Hinblick auf Nagorny Karabach, das ebenfalls als ein De-facto-Regime zu bezeichnen ist, dem gegenüber keine Gewalt ausgeübt werden darf, zumal auch hier ähnlich wie im Fall von Abchasien zahlreiche UN-Sicherheitsratsresolutionen zum Ausdruck bringen, dass es sich bei dem Konflikt nicht um eine innere Angelegenheit Aserbeidschans handelt.
H. Die Staatsangehörigkeitsfragen Jenseits der Territorialfragen stellen sich im Kaukasus auch Fragen der Staatsangehörigkeit. Nach sowjetischem Staatsangehörigkeitsrecht wurde im Regelfall die sowjetische Staatsangehörigkeit durch die Staatsangehörigkeit der Republiken der Sowjetunion vermittelt.73 Das bedeutete zweierlei: Zum einen leitete sich – im Regelfall – die sowjetische Staatsangehörigkeit aus der Republikstaatsangehörigkeit ab. Zum anderen besaßen die Bürger immer zwei Staatsangehörigkeiten, nämlich die Republikangehörigkeit und die sowjetische Staatsangehörigkeit. Die Republikangehörigkeit wurde nach dem ius sanguinis übertragen. Die Personen behielten die Republikangehörigkeit auch bei, wenn sie auf dem Territorium einer anderen Unionsrepublik lebten. Von Bedeutung für die Sowjetbürger war die sowjetische Staatsbürgerschaft, welche ihnen die Freizügigkeit innerhalb der Sowjetunion sicherte. Mit der Auflösung der Sowjetunion entfiel auch die sowjetische Staatsangehörigkeit. Die aus den Republiken neu entstandenen Staaten schufen neue Staatsangehörigkeitsgesetze. Dabei wurde vielfach den ehemaligen Bürgern der Sowjetunion ein Optionsrecht gegeben, welche Staatsangehörigkeit sie annehmen wollten.74 Aber auch Staaten, die ein ausdrückliches Optionsrecht nicht vorsahen, stellten den Willen der betroffenen Personen in Rechnung. Das georgische Staatsangehörigkeitsgesetz aus dem Jahr 1993 ist bezeichnend. Es verleiht die georgische Staatsangehörigkeit an Personen, die fünf Jahre auf georgischem Territorium gelebt haben und noch zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Gesetzes dort leben, die 73
Art. 33 der sowjetischen Verfassung des Jahres 1977. So in der Russischen Föderation, der Ukraine, Usbekistan, Turkmenistan und Moldavien. 74
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georgische Staatsangehörigkeit nicht binnen drei Monaten zurückweisen und die Staatsangehörigkeitsurkunden erhalten haben. Mit der Eröffnung der Möglichkeit, die georgische Staatsangehörigkeit auszuschlagen, wurde dem subjektiven Element beim Staatsangehörigkeitserwerb im Fall einer Staatensukzession Rechnung getragen. Spätestens seit Ende der neunziger Jahre erhielten in zunehmendem Maße Bürger abchasischer Abstammung und Bürger südossetischer Abstammung die russisches Staatsangehörigkeit und damit auch russische Pässe.75 Über die Art, wie dieser Staatsangehörigkeitserwerb erfolgte, gibt es unterschiedliche Versionen. Während Georgien darlegt, dass die Personen in Form von Masseneinbürgerungen auf Druck Russlands und unter Zugrundelegung ethnischer Kriterien76 erfolgten, hält Russland dem entgegen, dass sie alle auf freiwilliger Basis durch Antragstellung durchgeführt worden sind. Es sollen nun nicht die genauen Umstände der konkreten Einbürgerungen untersucht werden. Vielmehr soll geprüft werden, ob die Russische Föderation unabhängig von den Umständen der Einbürgerung gegen Völkerrecht verstoßen hat. Grundsätzlich sind Staaten bei der Regelung ihrer Staatsangehörigkeitsfrage frei. Sie können aus völkerrechtlicher Sicht im Wesentlichen nach eigenem Gutdünken darüber entscheiden, wem sie in ihre Staatsangehörigkeit verleihen.77Allerdings wird verlangt, dass die Personen, denen die Staatsangehörigkeit zuerkannt wird, in irgendeiner Form dem Staat verbunden sind, in den sie eingebürgert werden.78 Eine solche Verbindung kann über die Abstammung von einem Angehörigen dieses Staates oder durch Geburt bzw. Aufenthalt in diesem Staat begründet werden. Als nicht zulässig wird die willkürliche Einbürgerung von Personen, die in dem Staat ihrer Staatsangehörigkeit leben, mit anderer Staatsangehörigkeit angesehen.79 Allerdings stellt sich die Situation im Fall einer Staatennachfolge anders dar. Dies zeigt sich nicht zuletzt am Staatsangehörigkeitsrecht der Bundesrepublik Deutschland, welches nach bundesdeutscher Auffassung auf die Bürger der Deutschen Demokratischen Republik, immerhin auch ein Mitgliedstaat der Vereinten Nationen, Anwendung fand; diese waren also insofern auch in staatsangehörig75
Georgien-Report (Anm. 5), 147. Es sollen Personen abchasischer und südossetischer Nationalität bevorzugt worden sein, ebd., 175. 77 Albrecht Randelzhofer, Nationality, in: Bernhardt (Hrsg.), EPIL, Bd. III, 1997, 502. 78 Vgl. den Second Report of the International Law Commission on State Succession and Its Impact on the Nationality of Natural and Legal Persons des Sonderberichterstatters Václav Mikulka, VN-Dok. A/CN.4/474, 127. 79 Randelzhofer (Anm. 77), 502. 76
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keitsrechtlicher Hinsicht Deutsche im Sinne des Grundgesetzes.80 Zwar sollte durch die Beibehaltung des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes aus dem Jahr 1913 die Kontinuität der deutschen Staatsangehörigkeit festgestellt werden, doch erstreckte sich die deutsche Staatsangehörigkeit nach dem (bundes)deutschen Staatsangehörigkeitsrecht auch auf Personen, die erst durch Einbürgerung durch die Behörden der DDR die deutsche Staatsangehörigkeit erlangten. Begründet wird dies mit den historischen Gegebenheiten, insbesondere dem Gebot der Wiedervereinigung. Im Gefolge des Zerfalls von Staaten in Mittel- und Osteuropa wurde in vielen neuen Staatsangehörigkeitsgesetzen festgeschrieben, dass die Personen, welche eine Republiksangehörigkeit eines der Mitgliedstaates besessen hatte, zu Staatsangehörigen des Nachfolgestaates wurden, und zwar unabhängig von ihrem ständigen Wohnsitz.81 Damit erhielten auch viele im Ausland lebende Personen, die möglicherweise bereits die Staatsangehörigkeit des Wohnsitzstaates besaßen, die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates. Im Fall der Staatensukzession spielt also nicht nur der Wohnsitz eine Rolle, sondern auch die historische Vorprägung. In anderen Staaten wurde den Bürgern des untergegangenen Staates ein Optionsrecht eingeräumt.82 Damit wurde die seit dem ersten Weltkrieg zu beobachtende zunehmende Einbeziehung des Bürgers bei der Bestimmung der Staatsangehörigkeit im Fall der Staatennachfolge fortgesetzt. Ein Bürger soll nicht durch den Zufall der Geschichte Mitglied eines Staates werden, dem er sich nicht verbunden fühlt. Auch dies kann im Ergebnis dazu führen, dass eine Person in einem Staat lebt, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besitzt. Allerdings bestanden solche Optionsmöglichkeiten in der Regel nur für einen vorübergehenden Zeitraum, der zumeist unter zwei Jahren lag. Vor diesem Hintergrund lässt sich die Verleihung der russischen Staatsangehörigkeit an Personen auf georgischem Territorium nicht mehr so leicht als ein Verstoß gegen das Völkerrecht verurteilen. Denn es ging hier nicht um eine Masseneinbürgerung, ohne dass ein Bezug zwischen dem einbürgernden Staat und dem Eingebürgerten bestand. Vielmehr war dieser dadurch gegeben, dass die Russische Föderation faktisch, aber eben auch rechtlich mit dem Staat als iden80
Vgl. Teso-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts, BVerfGE 77, 137; siehe dazu Rainer Hofmann, Staatsangehörigkeit im geteilten Deutschland, ZaöRV 49 (1989), 257. 81 In diesem Sinn z.B. das kroatische Staatsangehörigkeitsgesetz; Art. 1 Abs. 1 des tschechischen Staatsangehörigkeitsgesetzes; § 2 des slowakischen Staatsangehörigkeitsgesetzes. 82 In diesem Sinn etwa § 3 Abs. 2 u. 3 des slowakischen Staatsangehörigkeitsgesetzes; § 18 des tschechischen Staatsangehörigkeitsgesetzes; vgl. auch Opinion Nr. 2 der BadinterKommission (Anm. 35).
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tisch angesehen wird, von dem sich Georgien losgesagt hatte. Dass nicht mehr an die sowjetische Staatsangehörigkeit angeknüpft werden kann, sondern an die russische, ist im Hinblick auf die Identität der Russischen Föderation mit der Sowjetunion irrelevant. Auch spielt keine wesentliche Rolle, dass die Russische Föderation ein neues Staatsangehörigkeitsgesetz erlassen hat, da das hier besprochene Problem die Staatsangehörigkeit als solche betrifft, nicht ihre positivrechtliche Grundlage. Damit ist aber genau jene Konstellation gegeben, in welcher den von einer Staatensukzession betroffenen Personen ein Optionsrecht zwischen der Staatsangehörigkeit des neuen Staates und dem ursprünglichen Staat unabhängig vom Wohnort eingeräumt wird, weil eben eine Beziehung des Bürgers auch zu dem Staat besteht, von welchem der neu gebildete Staat sich getrennt hat. Georgien hat dem zwar nicht durch ein ausdrückliches Optionsrecht im Staatsangehörigkeitsgesetz Rechnung getragen. Es hat aber den in seinem Gebiet wohnenden Bürgern die Möglichkeit eingeräumt, die georgische Staatsangehörigkeit abzulehnen. Dass sie eine andere Staatsangehörigkeit annehmen dürfen, ergibt sich schon daraus, dass das georgische Staatsangehörigkeitsrecht ausdrücklich den Verlust der georgischen Staatsangehörigkeit bei Annahme einer ausländischen vorsieht.83 Problematisch an dem russischen Vorgehen könnte höchstens sein, dass die Einbürgerungen der entsprechenden Personen erst über zehn Jahre nach der Unabhängigkeit Georgiens erfolgten. Doch muss in Rechnung gestellt werden, dass bisher die rechtliche Lage in Südossetien und Abchasien von großen rechtlichen Unsicherheiten geprägt war, was soweit geht, dass noch nicht einmal klar ist, ob die in diesen Gebieten lebenden Personen überhaupt die georgische Staatsangehörigkeit erlangt haben.84 Zudem hat Georgien, wie beschrieben, bislang noch keine effektive Staatsgewalt in den Territorien ausgeübt. Wenn die Russische Föderation die Einbürgerung in diskriminierender Weise vorgenommen haben sollte, wie von georgischer Seite behauptet, führt das nicht zwangsläufig zur Unwirksamkeit der 83
Art. 12 Abs. 2 der georgischen Verfassung. Es ist fraglich, ob ein großer Teil der etwa in Abchasien lebenden Personen schon deshalb nicht die georgische Staatsangehörigkeit erhalten hat, weil ihm niemals eine entsprechende Urkunde, wie ursprünglich im Gesetz vorgeschrieben, ausgehändigt worden war; dieses Erfordernis wurde allerdings zu einem späteren Zeitpunkt wieder abgeschafft. Auch erschien die vom Gesetz eingeräumte Ausübung des Zurückverweisungsrechts angesichts des Umstandes, dass die georgischen Behörden in den fraglichen Territorien keine effektive Herrschaftsgewalt ausübten, eher illusorisch, so dass zwei der im georgischen Gesetz vorgeschriebenen Verfahrensschritte nicht eingehalten werden konnten. Doch soll hier nicht der Frage nachgegangen werden, ob die in Abchasien oder Südossetien lebenden Personen die georgische Staatsangehörigkeit erhalten haben. Vgl. dazu GeorgienReport (Anm. 5), 150 ff. 84
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gewährten Einbürgerung, sondern gibt den diskriminierten Personen ebenfalls einen Anspruch auf Einbürgerung. Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass eine durch die Russische Föderation vorgenommene Einbürgerung, die auf Antrag bzw. mit Zustimmung der betroffenen Personen erfolgt, die auf georgischem Territorium leben, keinen Verstoß gegen das Völkerrecht darstellt.85
I. Ausblick Die aufgezeigte komplizierte kulturelle, religiöse, ethnische und historische Konstellation auf dem Kaukasus zog unweigerlich ebenso schwierige rechtliche Fragen nach sich. Viele Probleme sind bis zum heutigen Tag ungelöst geblieben. Stabilität wurde durch die Ausübung von Gewalt gesucht, nicht durch den Respekt des Rechts. Dies ist eine schlechte Voraussetzung für die Begründung eines friedlichen Miteinanders. Denn das gegenseitig zugefügte Leid hat das Misstrauen vertieft und damit die Absonderungstendenzen nur noch weiter gestärkt. Das Recht, auch das Völkerrecht, verfügt über ein Instrumentarium, welches den Staaten ein Instrument zur friedlichen Konfliktlösung an die Hand gibt. Bedauerlicherweise liefert aber auch Europa kein Beispiel dafür, wie Auseinandersetzungen durch konsequente Rechtsanwendung beigelegt werden können. Im Gegenteil haben gerade die Konflikte auf dem Balkan einen negativen Präzedenzfall gesetzt, der später von anderen als Rechtfertigung für völkerrechtswidriges Handeln herangezogen worden ist. Insbesondere die Behandlung des Kosovo spielt eine verhängnisvolle Rolle. Der Westen, d.h. die USA und der größte Teil der EU-Mitgliedstaaten haben im Frühjahr 2008 das Kosovo als einen unabhängigen Staat anerkannt, obwohl es zu diesem Zeitpunkt auch im Rahmen der Vereinten Nationen als ein Bestandteil von Serbien bezeichnet worden ist, wie sich unmissverständlich aus der UN-Sicherheitsratsresolution 1244 ergibt. Die Russen haben diesen Schritt seinerseits heftig kritisiert und auf die Gefahren für noch offene Territorialfragen auf dem ehemaligen Gebiet der Sowjetunion hingewiesen; ausdrücklich wurden Nagornyi Karabach, Transnistríen, Südossetien und Abchasien genannt. Die Argumentation der Russen mag scheinheilig gewesen sein, und sie mögen nur auf die erste Gelegen85
Insofern a.A. Georgien-Report (Anm. 5), der allerdings das Phänomen der Staatsangehörigkeit im Falle der Staatennachfolge nicht hinreichend würdigt, 155 ff. Dass bei der Einbürgerung möglicherweise gegen das russische Staatsangehörigkeitsrecht verstoßen worden ist, weil dieses einen territorialen Bezug der einzubürgernden Person mit der Russischen Föderation voraussetzt, ist aus völkerrechtlicher Sicht irrelevant.
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heit gewartet haben, die genannten Konflikte in ihrem Sinne zu entscheiden, ihren Machtbereich zu arrondieren und vielleicht auch für manche Schmach – nicht zuletzt in Serbien und in Georgien – Revanche zu nehmen. Der Westen war aber so naiv oder besaß jedenfalls die Chuzpe zu behaupten, dass das Kosovo ein Fall sui generis sei und nicht als Präzedenz dienen könne.86 Daraus spricht eine völlige Verkennung der Bedeutung der Staatenpraxis für das Völkerrecht. Der Fall bot geradezu eine Steilvorlage für die Anerkennung der genannten Territorien, und Medvedev hat sich denn auch auf den Vorgang ausdrücklich berufen: „Western countries rushed to recognise Kosovo’s illegal declaration of independence from Serbia. We argued consistently that it would be impossible, after that, to tell the Abkhazians and Ossetians (and dozens of other groups around the world) that what was good for the Kosovo Albanians was not good for them. In international relations, you cannot have one rule for some and another rule for others“.87 Man muss die Rechtfertigung eigener Fehler mit den Fehlern der anderen bedauern. Wenn man dieser Entwicklung eine positive Seite abgewinnen will, dann kann man sie darin sehen, dass sich auch hier – also in seiner Negation – die Anerkennung der Einheit des Völkerrechts zeigt, das eben für alle gleich ist, jederzeit gilt und nicht unter Berufung auf die angebliche Besonderheit eines Falles beiseite geschoben werden kann. Daraus zieht es einen wesentlichen Teil seiner Legitimität und damit auch die Kraft zur gerechten Lösung der Konflikte.
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Vgl. VN-Dok. S/2007/168; Christian Schaller, Die Sezession des Kosovo und der völkerrechtliche Status der internationalen Präsenz, AVR 46 (2008), 131, 167; Angelika Nußberger, Völkerrecht im Kaukasus – Postsowjetische Konflikte in Russland und in Georgien, Europäische Grundrechte Zeitschrift 2008, 457, 462. 87 Financial Times vom 26. August 2008.
Autorenverzeichnis Prof. Andrea Gattini, Rechtswissenschaftliche Fakultät, Universität Padua Prof. Dr. Thomas Giegerich, Walther-Schücking-Institut für Internationales Recht, Universität Kiel Prof. Vera Gowlland-Debbas, Honorary Professor of International Law, Graduate Institute of International and Development Studies, Genf Dr. Matthias Hartwig, Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Heidelberg Prof. Dr. Robert Heuser, Universität Köln Prof. Dr. Peter Hilpold, Universität Innsbruck Prof. Dr. Frank Hoffmeister, Europäische Kommission, Juristischer Dienst Prof. Dr. Joseph Marko, Universität Graz Dr. Roger O’Keefe, Lauterpacht Centre for International Law, University of Cambridge