Kriege in Alexandrien, Afrika und Spanien 3534252586, 9783534252589

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German Pages [144] Year 2012

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Inhalt
Einleitung
Der Alexandrinische Krieg
Übersetzung
Anmerkungen
Index Nominum
Der Afrikanische Krieg
Übersetzung
Anmerkungen
Index Nominum
Der Spanische Krieg
Übersetzung
Anmerkungen
Index Nominum
Bibliographie
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Kriege in Alexandrien, Afrika und Spanien
 3534252586, 9783534252589

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GAIUS IULIUS CAESAR

KRIEGE IN ALEXANDRIEN, AFRIKA UND SPANIEN

Nach der Übersetzung von Anton Baumstark überarbeitet und mit Anmerkungen versehen von Carolin Jahn

Zuerst zweisprachig erschienen in der Reihe EDITION ANTIKE Herausgegeben von Thomas Baier, Kai Brodersen und Martin Hose

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung in und Verarbeitung durch elektronische Systeme. © 2012 by WBG (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt Die Herausgabe des Werkes wurde durch die Vereinsmitglieder der WBG ermöglicht. Satz: COMPUTUS Druck Satz & Verlag, 55595 Gutenberg Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Papier Printed in Germany

Besuchen Sie uns im Internet: www.wbg-wissenverbindet.de ISBN 978-3-534-25258-9 Elektronisch sind folgende Ausgaben erhältlich: eBook (PDF): 978-3-534-73069-8 eBook (epub): 978-3-534-73070-4

Inhalt Einleitung

.................................................................................................

DER ALEXANDRINISCHE KRIEG .................................................... Übersetzung ........................................................................................... Anmerkungen ......................................................................................... Index Nominum .....................................................................................

7 11 13 51 58

DER AFRIKANISCHE KRIEG ............................................................ 61 Übersetzung ........................................................................................... 63 Anmerkungen ...................................................................................... 107 Index Nominum ................................................................................... 112 DER SPANISCHE KRIEG .................................................................. Übersetzung ......................................................................................... Anmerkungen ..................................................................................... Index Nominum ...................................................................................

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Bibliographie

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Einleitung Gaius Iulius Caesar wurde 100 v. Chr. als Spross einer alten patrizischen Familie geboren. Er durchlief den üblichen Elementar- und Grammatikunterricht. Sein Hauslehrer war der in Alexandria ausgebildete Antonius Gnipho. 84 wurde er, ein Neffe des Marius, mit Cornelia, der Tochter Cinnas, vermählt. Aus dieser Ehe ging seine einzige Tochter, Iulia, hervor, die spätere Gattin des Pompeius. Seit 80 nahm Caesar als Offizier verschiedene militärische Aufgaben wahr, in Kleinasien und sowie im Kampf gegen die Piraten. 75 wurde er selbst von Seeräubern gefangen. Sein mutiges Auftreten und seine Souveränität gegenüber den Geiselnehmern, die in zahlreichen Anekdoten berichtet werden, prägten sein Bild maßgeblich. Er kam schließlich gegen Lösegeld frei, stellte die Piraten und ließ sie aus eigener Machtvollkommenheit kreuzigen. Caesars politischer Aufstieg begann 69, 67 war er zum Curator der via Appia gewählt worden, 65 wurde er curulischer Aedil. 63 erklomm er die nächste Stufe auf der politischen Leiter und wurde Praetor. In den Wirren der Catilinarischen Verschwörung desselben Jahres trat er im Senat gegen die Hinrichtung der Catilinarier auf, unterlag jedoch in einer Redeschlacht dem jüngeren Cato, der die gegnerische Partei anführte. Im im Jahre 60 gebildeten geheimen Zusammenschluss mit Cn. Pompeius und M. Lucinius Crassus konnte Caesar seine Machtstellung ausdehnen. Der Dreierbund, später bekannt als das so genannte Erste Triumvirat, versprach sich gegenseitige Unterstützung und spielte sich im Senat die Bälle zu. Caesar zog sich dabei jedoch zahlreiche Gegner zu. Das erste Konsulat im Jahre 59 leitete seinen politischen Höhenflug ein. Er erhielt im Anschluss ein Kommando in Gallien und eroberte die Provinz in den Jahren von 58 bis 52. Als jedoch das Triumvirat durch Crassus’ Tod zerbrach und nun Caesar ebenso wie Pompeius an die Spitze drängte, brach 49 der Bürgerkrieg aus, der weit über den Tod des Pompeius in Ägypten (48) hinausgriff und Caesar noch weitere Jahre beschäftigen sollte. In die Folgejahre des unmittelbaren Konflikts fielen der Alexandrinische (48–47), der Afrikanische (47–46) und der Spanische (46–45) Krieg. Im ersten klärte Caesar dynastische Streitigkeiten im alexandrinischen Herrscherhaus und besiegte Pharnakes von Pontos, der das Reich seines Vaters wiederherzustellen versuchte. Die beiden nächsten Kriege umfassten Konflikte mit

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Einleitung

den Anhängern des Pompeius. Die Schlacht bei Munda (45) in Spanien schloss den Bürgerkrieg und Caesar ging aus dem Konflikt als der alleinige Sieger und Herrscher hervor. Er wurde 44 zum Diktator auf Lebenszeit ernannt – eine Besonderheit, die Sueton später mit der Aufnahme von Caesars Leben in die Kaiserviten würdigte. Im gleichen Jahr wurde er von Anhängern der Republik ermordet. Sein Tod stürzte Rom erneut in Bürgerkriege. Die Einschätzung Caesars durch die Nachwelt schwankt, je nachdem ob der Zeitgeist eher republikanisch oder eher monarchisch ist. Caesars Begabung als Schriftsteller steht derjenigen als Feldherr in nichts nach. Neben Reden und Briefen, sowie einigen dichterischen Werken stechen besonders die Commentarii Caesars über seine Kriege hervor, namentlich die über den Gallischen Krieg, worin die Geschehnisse während der Unterwerfung Galliens von 58 bis 50 behandelt werden, als auch die über den Bürgerkrieg von 49 bis 48. Die verbleibenden Werke, die hier vorgelegten Bücher des Alexandrinischen, Afrikanischen und Spanischen Krieges, sind zwar ebenfalls in das Corpus der Commentarii miteinzurechnen, ihre Urheberschaft wird Caesar jedoch nicht zuerkannt. Der Begriff Commentarius leitet sich ab vom lateinischen comminisci („sich etwas ins Gedächtnis zurückrufen“), was wiederum als Lehnübersetzung des griechischen ὑπόμνημα („Denkschrift“), einer Darstellung von Feldherren oder Herrschern, anzusehen ist. Im römischen Kulturbereich ursprünglich als Entwurf zur Gedächtnisstütze gedacht, entwickelt sich bei Caesar daraus ein eigenständiges literarisches genus, das die Idee der bloßen Aufzeichnung stilisiert. Der heutige Begriff Autobiographie – früher Memoiren – trifft die Absicht des Autors im Formalen. Kennzeichnend bei Caesar ist allerdings der Wunsch nach gelenkter Selbstdarstellung. Zu den Charakteristika des literarischen Hypomnema gehören scheinbare Objektivität und eine apologetische Haltung. Die durchgängige Verwendung der dritten Person erlaubt es ebenso, einerseits Eigenlob einzuflechten und andererseits von eigenem Fehlverhalten abzulenken. Wie Cicero im Brutus (42) festhält, ist es Rednern durchaus gestattet, ementiri in historiis, ut aliquid dicere possint argutius. Es wird hierbei also der Standpunkt der Anschaulichkeit und ästhetischen Ausschmückung vertreten, der auch in Caesars Stil Niederschlag findet. Caesar schrieb seine Commentarii in erster Linie als Bericht für den römischen Senat, der seine Unternehmungen nicht nur billigen, sondern darüber hinaus Caesar als unentbehrlichen Vertreter der römischen Interessen erkennen sollte. Die ethnographischen Exkurse und Vergleiche nähern die Darstellung jedoch historischen Werken an.

Einleitung

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Der Stil ist überwiegend sachlich, einheitlich und knapp, was dem Autor den Ruf der elegantia einbrachte. Die Wortwahl Caesars ist militärisch knapp und präzise. Die Motive der Handelnden kommen in indirekter und bisweilen direkter Rede zum Ausdruck. Einen großen Umfang nehmen schließlich die Reflexionen des Feldherren ein, die seine militärischen und auch persönlichen Fähigkeiten herausstellen sollen. Letztere zeigen sich vor allem in dem psychologischen Gespür, das es ihm erlaubte, Feinde zu späteren Verbündeten zu machen. Geradezu sprichwörtlich ist seine Milde, gepaart mit Entschlossenheit. Wie oben bemerkt gehören die hier behandelten drei Bücher nicht zu den genuinen Werken Caesars. Schon das achte Buch des Gallischen Krieges hat Caesars Offizier Aulus Hirtius verfasst und auch der Alexandrinische Krieg, der nahtlos an den Bürgerkrieg anschließt, wird diesem bisweilen zugeschrieben. Die Verfasser der beiden übrigen Bücher sind unbekannt. Sicher ist jedoch, dass die Autoren während dieser Kampagnen als Offiziere unter Caesar gedient haben müssen: Dafür sprechen genaue Ortskenntnis und bemerkenswerte Liebe zum Detail. Die Unterschiede in Stil und Darstellung zwischen den drei Büchern sind augenscheinlich. Schwerpunkte im Wortschatz und in der formalen Gestaltung (Wörtliche Rede, Dichterzitate, literarische Anspielungen) werden anders gesetzt. Ebenso ändert sich die Gewichtung in der Schilderung der Geschehnisse selbst. Der Autor des Alexandrinischen Krieges teilt sein Werk grob in zwei Teile. Sein Stil stellt die gelungenste Nachahmung von Caesars Werken dar. Der Gedanke der Rechtfertigung von Caesars Handeln durchdringt immer noch leise die Darstellung. Die Zeichnung der Alexandriner beziehungsweise des jungen Königs Ptolemaios XIII. und des Pharnakes erinnern an Gegner im Gallischen Krieg. In den beiden letzten Werken tritt indes die Darstellung des Heeres allmählich in den Vordergrund und verdrängt die der Person Caesars. Die Ergänzungen zu Caesars Werk durch seine Offiziere dürften kurz nach dessen Tod ausgeführt worden sein. Unzweifelhaft tragen diese drei posthum vollendeten Bücher zu seinem Ruhm bei. Caesars großen Talenten als Redner und Schriftsteller sowie als Soldat und Feldherr steht in der Gesamtwertung die Tragik der unabwendbaren Entwicklung gegenüber, die sein Leben letztlich bestimmen sollte. Die Verhältnisse der untergehenden Republik begünstigten seinen Aufstieg, doch brachte ihn seine überragende Stellung zu Fall. Das Gemeinwesen brauchte einerseits kraftvolle Einzelpersonen, ging aber andererseits an deren Machtfülle zugrunde. Zu augusteischer Zeit hat Livius das Dilemma der späten Republik in die Worte gefasst: nec vitia nostra nec remedia pati possumus (praef. 9) – „Wir können weder unsere Laster noch unsere Heilmittel ertragen.“

DER ALEXANDRINISCHE KRIEG

Der Alexandrinische Krieg 1 (1) Nach dem Ausbruch der Feindseligkeiten in Alexandria1 berief Caesar aus Rhodos, Syrien und Kilikien2 die gesamte Flotte; aus Kreta forderte er Bogenschützen und Reiter von Malchus, dem König der Nabatäer3. Von überall her musste auf seinen Befehl schweres Geschütz herangezogen, Getreide geschickt und Hilfstruppen herbeigeführt werden. (2) Inzwischen wuchs Tag für Tag die Zahl seiner Schanzwerke und alle Teile der Stadt, die nicht stark genug schienen, wurden mit Schilddächern und Schutzblenden versehen4. Aus den Gebäuden stieß man mit dem Mauerbrecher durch Öffnungen in die angrenzenden Häuser und über den ganzen Raum, den man durch Einsturz oder gewaltsame Eroberung gewann, wurden die Schanzen vorgeschoben. (3) Alexandria ist nämlich im Allgemeinen gegen Brandgefahr gut gesichert, weil die Häuser, ohne Gebälk und Holz, aus festem Gemäuer und Gewölbe bestehen und mit Mörtel oder fest gemauerten Böden bedeckt sind. (4) Caesars Hauptbestreben war darauf gerichtet, den Teil der Stadt, der auf der Südseite durch einen Sumpf5 am stärksten eingeengt wurde durch den Einsatz von Schanzen und Schutzdächern, von dem übrigen Teil Alexandrias abzuschneiden. (5) Caesar verfolgte dabei erstens die Absicht, dass seine Truppen, da diese auf zwei Stadtbezirke verteilt waren, nach einem Plan und nach einem Befehl gelenkt werden konnten, zweitens, dass man den bedrängten Truppen helfen und aus dem anderen Teil der Stadt Unterstützung zuführen konnte. Vor allem aber wollte er damit für reichlich Wasser und Nahrung sorgen, denn von dem einen hatte er nur wenig, von dem anderen überhaupt nichts, während der See ihm beides in reichem Maße verschaffen konnte. 2 (1) Doch auch die Alexandriner vermieden bei der Ausführung ihrer Vorhaben jede Verzögerung und jeden Aufschub. Denn nach allen Seiten, soweit sich das Gebiet Ägyptens und das Königreich erstreckt, schickte man zur Aushebung von Truppen Bevollmächtigte und Rekrutierer und man hatte in der Stadt eine große Anzahl von Geschossen und Wurfmaschinen zusammengezogen und eine unglaublich große Menschenmasse hergebracht. (2) Ebenso errichtete man in Alexandria selbst die größten Waffenschmieden. Die wehrfähigen Sklaven hatte man bewaffnet und deren Herren kamen, soweit sie reich genug waren, aus eigenen Mitteln für ihren täglichen Lebensunterhalt und die Zahlung des Soldes auf. (3) Durch diese Menschenmasse, die man überall aufgestellt hatte, wurden die festen Schanzwerke selbst in den entfernteren Abschnit-

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ten geschützt, während man in den am dichtesten bewohnten Teilen der Stadt die Veteranenkohorten, frei von bestimmten Aufgaben, zurückhielt, um sie bei frischen Kräften stets als Unterstützung bei der Hand zu haben, mochte dann der Kampf stattfinden, wo immer er wollte. (4) Alle Straßen und Gassen waren durch einen dreifachen Wall verbaut, der, aus Quadersteinen gebaut, mindestens 40 Fuß6 hoch war. Die niedriger gelegenen Stadtviertel hatte man mit äußerst hohen Türmen, von je zehn Stockwerken, befestigt. (5) Außerdem hatte man noch andere, bewegliche Türme von ebenso vielen Stockwerken gebaut; mit untergeschobenen Rädern, mit Seilen und Lasttieren, die man vorspannte, konnte man diese in den geraden Straßen dorthin bewegen, wo es notwendig schien. 3 (1) Die Stadt lieferte bei ihrem großen Reichtum und Vorrat Kriegsmaterial aller Art. Die Einwohner, sehr erfindungsreiche und scharfsinnige Leute, machten, was sie unsere Leute anfertigen sahen, mit solcher Geschicklichkeit nach, dass es scheinen konnte, unsere Leute ahmten deren Bauwerke nach. Vieles erfanden sie auch selbst. Sie griffen zudem zu ein und derselben Zeit unsere Befestigungen an und verteidigten dabei zugleich die ihrigen. (2) Ihre Anführer besprachen bei Beratungen und allgemeinen Versammlungen dies: Das römische Volk gewöhne sich allmählich daran, in diesem Königreich festen Fuß zu fassen: (3) Vor wenigen Jahren sei A. Gabinius7 mit einem Heer in Ägypten gewesen; Pompeius habe sich eben dahin geflüchtet; Caesar sei bewaffnet erschienen und Pompeius’ Tod habe Caesar keineswegs zum Abzug aus ihrem Land veranlasst. (4) Würden sie ihn nicht vertreiben, dann werde aus ihrem Reich eine römische Provinz werden. Man müsse nun rasch handeln, da Caesar, wegen der Jahreszeit durch Stürme von aller Verbindung abgeschnitten, keine Hilfe über das Meer empfangen könne. 4 (1) Wie früher erwähnt wurde8, brach mittlerweile zwischen Achillas, dem Anführer des Veteranenheeres und der jüngeren Tochter des Königs Ptolemaios, Arsinoë, Streit aus9. Da beide einander Hinterhalte stellten und jeder den Oberbefehl an sich reißen wollte, kam Arsinoë Achillas durch den Eunuchen Ganymedes, ihren Erzieher, zuvor und ließ ihn töten. (2) Nach seinem Tod war sie, ohne jeglichen Mitregenten und ohne jeglichen Vormund, im Besitz der ganzen Macht. Das Heer wurde Ganymedes übertragen. Dieser vermehrte nach der Amtsübernahme die Zahl der Schenkungen an die Soldaten, alles Übrige besorgte er mit gleicher Achtsamkeit. 5 (1) Fast ganz Alexandria wird von unterirdischen Wasserläufen durchzogen, die vom Nil abzweigen und so das Wasser in die Privathäuser leiten, welches dann nach und nach klar wird und sich durch Niederschlag reinigt. (2) Die Herrschaften in den Häusern und ihr Gesinde sind an den Genuss dieses Wassers gewöhnt, denn das Wasser, wie es gerade im Nil fließt, ist so schlam-

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mig und trüb, dass es viele und verschiedenartige Krankheiten erzeugt: Das gemeine Volk und die Masse sind aber notgedrungen damit zufrieden, weil es in der ganzen Stadt keine Quelle gibt. Dieser Kanal war nun aber in dem Teil der Stadt, den die Alexandriner innehatten. (3) Durch diese Tatsache wurde Ganymedes gewahr, dass unseren Soldaten das Wasser entzogen werden konnte, da diese, zum Schutz der Befestigungen verteilt, ihr Trinkwasser von Straße zu Straße aus den Privatgebäuden, Leitungen und Zisternen holten. 6 (1) Sein Plan fand Beifall und man ging das große und schwere Werk an. Die unterirdischen Kanäle wurden verstopft10 und in allen Stadtvierteln, die Ganymedes verwaltete, abgeschnitten; dann strengte man alle Kräfte an und zog mit Hilfe von Rädern und maschinellen Vorrichtungen eine große Menge Wasser aus dem Meer. Dieses Seewasser ließ man daraufhin ununterbrochen von den höher gelegenen Stadtteilen in den von Caesar besetzten Teil fließen, (2) so dass man nun dort Wasser aus den nächsten Häusern zog, das etwas salziger war als gewöhnlich11, und die Leute sich über die Ursache dieser Erscheinung sehr wunderten. Sie trauten bald ihrem eigenen Gaumen nicht, als die noch weiter unten Wohnenden erklärten, ihr Wasser habe den gewohnten Geschmack und sei ebenso wie früher. Man verglich nun überall das Wasser gegenseitig und suchte den Unterschied durch Geschmacksproben zu ermessen. (3) Bald darauf konnte das Wasser in den näher gelegenen Teilen überhaupt nicht mehr getrunken werden, während das andere weiter unten schon verdorbener und salziger war. 7 (1) Da also jeder Zweifel darüber verschwand, trat eine solche Furcht ein, dass sich alle in der höchsten Gefahr zu befinden glaubten. Einige sagten, Caesar lasse sich zuviel Zeit mit dem Befehl, die Schiffe zu besteigen12, andere ergriff eine noch schwerere Furcht vor ihrem Schicksal, weil man vor den Alexandrinern, die nur so wenig von ihnen entfernt seien, die Vorbereitungen zur Flucht nicht verheimlichen könne und ein Rückzug auf die Schiffe unmöglich werde, sobald jene nachdrängten und sie verfolgten. (2) Es befanden sich aber in Caesars Stadtteil viele Einwohner, die er nicht aus ihren Wohnungen gedrängt hatte, weil sie sich seiner Sache öffentlich geneigt zeigten und von den ihrigen abtrünnig zu sein schienen. Doch es würden umsonst viele Worte vergeudet, wenn ich die Alexandriner gegen den Vorwurf der Treulosigkeit und frevlerischer Verwegenheit verteidigen sollte. (3) Sobald man einmal wirklich durchschaut hat, welcher Abstammung und welchen Wesens die Ägypter sind, wird niemand mehr daran zweifeln, dass dieses Geschlecht zum Verrat wie geschaffen ist. 8 (1) Caesar versuchte die Furcht seiner Leute durch Trostworte und Vernunftgründe zu mindern. Er erklärte: Wenn man Brunnen grabe, könne man süßes Wasser finden, da von Natur aus alle Küsten Adern süßen Wassers hät-

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ten. (2) Wäre auch das Ufer in Ägypten anderer Natur als alle übrigen Ufer, so seien sie ja im Besitz des Meeres, während der Feind keine Flotte habe13: Man könne sie also nicht daran hindern, tagtäglich Wasser auf den Schiffen zu holen, entweder links von Paraetonium14 oder rechts von der Insel15. Durch ungünstige Winde könnten sie wohl niemals an beiden Fahrten zugleich gehindert werden, da diese nach der entgegengesetzten Richtung gingen. (3) An Flucht solle niemand denken, nicht nur jene nicht, die den ersten Rang einnähmen, sondern auch nicht die, welche um nichts als die Erhaltung ihres Lebens besorgt wären. (4) Man habe jetzt schon Mühe, die stürmischen Angriffe des Feindes in den Schanzen auszuhalten; würde man diese verlassen, wäre man den Feinden weder an Zahl noch an taktischem Vorteil gewachsen. (5) Ein Rückzug auf die Schiffe sei mit großer Verzögerung und Schwierigkeit verbunden, besonders von den Kähnen aus, wohingegen die Alexandriner größte Behendigkeit und genaueste Kenntnis der Örtlichkeiten und der Gebäude besäßen. (6) Wenn sie im Falle eines Sieges besonders übermütig seien, würden sie vorstürmen, Höhen und Gebäude besetzen und unseren Leuten Schiffe und Flucht verwehren. Deshalb sollten sie nun nicht mehr an diesen Plan denken, sondern daran, dass man in jedem Fall siegen müsse. 9 (1) Durch diese Rede rüttelte Caesar wieder den Mut seiner Soldaten auf und gab nun den Zenturionen den Auftrag, von den übrigen Arbeiten abzulassen, ihre Aufmerksamkeit nur auf die Grabung der Brunnen zu richten und selbst in der Nacht diese Arbeiten nicht zu unterbrechen. (2) Man ging sogleich ans Werk, alle strengten sich bei der Arbeit mit aller Kraft an und innerhalb einer einzigen Nacht stieß man schon auf große Mengen von Süßwasser. Alle mühevollen mechanischen Vorrichtungen der Alexandriner und ihre größten Anstrengungen waren nun durch eine so schnell zu bewältigende Anstrengung vereitelt. (3) In diesen zwei Tagen langte dann auch etwas oberhalb von Alexandria an der Küste Afrikas16 die 37. Legion an, die aus übergetretenen Soldaten des Pompeius bestand und samt Getreide, Waffen, Geschossen und Wurfmaschinen unter der Leitung des Domitius Calvinus17 eingeschifft worden war. (4) Es wehte aber gerade der Ostwind viele Tage hindurch ohne Unterbrechung und so konnten diese Schiffe den Hafen nicht erreichen; doch sind in dieser Gegend die Gewässer eigentlich sehr gut geeignet, um vor Anker zu liegen. Als sie aber zu lange zurückgehalten wurden und an Wassermangel litten, machte man Caesar durch einen Schnellsegler18 Meldung. 10 (1) Caesar, der in eigener Person entscheiden wollte, was zu tun sei, bestieg ein Schiff und der ganze Flottenverband musste ihm folgen, seine Soldaten nahm er jedoch nicht mit; denn da er sich etwas weiter entfernen musste, wollte er seine Schanzen nicht unbewacht lassen. (2) Als sie schließlich in die Gegend gekommen waren, die man Chersonesos19 nennt, und die Ruder-

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knechte an Land gesetzt hatten, um Wasser zu holen, wurden einige von ihnen, die sich, um zu Beute machen, zu weit von der Flotte entfernt hatten, von den Reitern der Feinde gefangen genommen. (3) Von diesen hörte man nun, Caesar sei in eigener Person mit seiner Flotte da, habe aber keine Mannschaft auf den Schiffen. Jetzt glaubte der Feind, vom Schicksal eine gute Gelegenheit erhalten zu haben, das Kriegsglück auf seine Seite zu bringen; (4) man versah alle segelfertigen Schiffe mit Soldaten und trat Caesars Flotte auf dem Rückweg in den Weg. (5) Er aber wollte an diesem Tage nicht kämpfen und zwar aus zwei Gründen: Zum einen, weil er auf seinen Schiffen keine Kriegsmannschaft hatte und das Zusammentreffen nach der zehnten Stunde des Tages stattfand, wobei die Nacht den Feinden, die auf ihre Ortskenntnis bauen konnten, mehr Selbstvertrauen zu verleihen schien; dann aber auch deshalb, weil ihm die Hilfe fehlen würde, die eine mahnende Ansprache an seine Leute bedeutete, weil nach seiner Meinung eine Mahnrede nicht sehr sinnvoll war, die weder Tapferkeit noch Feigheit gebührend erwähnen konnte. (6) Deshalb ließ er so viele Schiffe wie möglich ans Land ziehen, da er glaubte, dorthin werde ihn der Feind nicht verfolgen. 11 (1) Auf Caesars rechtem Flügel war ein rhodisches Schiff, weit entfernt von den übrigen. Kaum hatte der Feind dieses erblickt, als er sich nicht mehr zurückhalten konnte. Vier gedeckte Schiffe und mehrere unbedeckte20 stürmten mit großer Heftigkeit darauf los. (2) Jetzt war Caesar genötigt, diesem Schiff zu Hilfe zu kommen, um sich nicht vor den Augen der Feinde Schande einzuhandeln, obgleich er davon überzeugt war, dass sie (die Rhodier), wenn ihnen etwas Schlimmeres zugestoßen wäre, es verdient hätten. (3) Bei dem darauf folgenden Gefecht strengten jedoch die Rhodier alle Kräfte an. Waren sie früher bei allen Gefechten an Kenntnis und Tapferkeit die Ersten gewesen, so wollten sie ganz besonders jetzt alle Last auf sich nehmen, damit nicht der Eindruck entstand, dass durch ihre Schuld für ihre Leute ein Schaden entstanden sei. (4) So kam es, dass das Gefecht äußerst glücklich verlief; ein Vierruderer des Feindes wurde geentert, ein anderer versenkt, zwei wurden ihrer ganzen Mannschaft beraubt und auf den übrigen Schiffen kam eine große Menge Soldaten ums Leben. (5) Hätte also die Nacht den Kampf nicht beendet, hätte sich Caesar der ganzen feindlichen Flotte bemächtigt. (6) Diese Niederlage hatte die Feinde in Angst und Schrecken versetzt und Caesar führte unter leichtem Gegenwind die Lastschiffe im Schlepptau mit seiner siegreichen Flotte nach Alexandria. 12 (1) In Folge dieser Niederlage waren die Alexandriner, die sich jetzt nicht durch die Tapferkeit der Kämpfer, sondern durch die Geschicklichkeit der Seeleute besiegt sahen, so sehr erschüttert, dass sie …21 und alles vorrätige Holzwerk als Schutzmauer vorschoben, weil sie auch zu Lande einen

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Angriff der römischen Flotte fürchteten. (2) Doch nachdem Ganymedes in der allgemeinen Versammlung erklärt hatte, er werde nicht nur die verlorenen Schiffe wieder ersetzen, sondern ihre frühere Zahl noch vergrößern, begannen die Alexandriner voll Hoffnung und Zuversicht die alten Schiffe auszubessern und dieser ganzen Angelegenheit ihre größte Sorgfalt und Hingabe zu widmen. (3) Obgleich sie aus ihrem Hafen und Arsenal mehr als 110 Schiffe22 verloren hatten, gaben sie jetzt dennoch den Gedanken, die Flotte wiederherzustellen, nicht auf, (4) weil sie überzeugt waren, Caesar werde keine Unterstützung, weder an Mannschaft noch an Lebensmitteln, erhalten können, wenn ihre Flotte wieder mächtig genug sei. Darüber hinaus wünschten sie sich als Seefahrervolk aus einer Stadt und einem Landstrich am Meer, von Kindesbeinen an geübt durch tägliche Erfahrung, dorthin Zuflucht zu nehmen, wo sie einen natürlichen und heimischen Vorteil besaßen, besonders da ihnen bewusst war, wie viel sie schon mit ganz kleinen Schiffen erreicht hatten. So verlegten sie daher ihren ganzen Eifer darauf, die Flotte wiederherzustellen. 13 (1) An allen Mündungen des Nils waren Wachen verteilt, um den Zoll einzutreiben; alte Schiffe lagen in einem privaten Dock beim königlichen Palast, die man schon viele Jahre nicht mehr zur Schifffahrt benützt hatte. Diese besserte man nun aus und die Zollschiffe berief man nach Alexandria zurück. (2) Es fehlte an Rudern: Hallen, Gymnasien und öffentliche Gebäude wurden abgedeckt und Bretter dienten als Ruder; bald half die natürliche Geschicklichkeit, ein anderes Mal halfen die Vorräte der Stadt. (3) Letztlich statteten sie die Schiffe nicht für eine lange Seefahrt aus, sondern nur auf die Not des Augenblicks bedacht, glaubten sie, in ihrem Hafen den Kampf bestehen zu müssen. (4) So wurden gegen alle Erwartung in wenigen Tagen 22 Vierruderer und fünf Fünfruderer23 fertig gestellt. Zu diesen hatten sie eine Anzahl kleiner und unbedeckter Schiffe gefügt, machten im Hafen einen Ruderversuch, um zu sehen, was jedes Schiff zu leisten imstande wäre, versahen sie mit tüchtiger Mannschaft und rüsteten sich auf jegliche Weise zum Kampf. (5) Caesar hatte neun rhodische Schiffe, da von den zehn, die man ihm schickte, eines auf der Fahrt an der ägyptischen Küste verloren gegangen war, ferner acht aus Pontus24, fünf aus Lykien25 und zwölf aus Asien26. Zehn von diesen waren Fünfruderer und Vierruderer; die Übrigen waren unter dieser Größe und meist offen. (6) Doch im Vertrauen auf die Tapferkeit seiner Soldaten und in Kenntnis der feindlichen Truppen rüstete auch er sich zum Kampf. 14 (1) Nachdem die Ausgangslage nun die war, dass jede der beiden Seiten auf ihre Sache vertraute, fuhr Caesar um die Insel Pharos und stellte seine Flotte dem Feind entgegen27: Auf seinem rechten Flügel stellte er die rhodischen Schiffe auf, auf seinem linken die pontischen und zwischen beiden Abteilun-

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gen ließ er einen Zwischenraum von 400 Schritten, seiner Ansicht nach groß genug, dass sich die Schiffe ausrichten konnten. (2) Hinter dieser ersten Linie folgten die übrigen Schiffe als Reserve; er bestimmte und befahl, an welches Schiff der ersten Linie sich jedes halten und wem es beistehen sollte. (3) Zielstrebig führten auch die Alexandriner ihre Flotte in Schlachtordnung vor und richteten sie aus. In der ersten Reihe wurden 22 Schiffe aufgestellt, in der zweiten Linie alle Übrigen als Reserve. (4) Überdies kamen sie auch mit einer beträchtlichen Zahl kleinerer Fahrzeuge und Kähne voll mit Brandpfeilen und brennbarem Material, um die Römer so, wenn möglich, durch ihre Masse, ihr Geschrei und das Feuer selbst in Schrecken zu versetzen. (5) Zwischen beiden Flotten befanden sich Untiefen, die nur eine schmale Fahrrinne offen ließen. Diese Untiefen gehören zu Afrika, denn es heißt seit alters her, Alexandria gehöre zur Hälfte noch zu Afrika. Beide Seiten warteten sehr lange darauf, wer als erster die Durchfahrt wagte, denn es schien, dass diejenigen, die sich dort hineinbegaben, die ungünstigere Ausgangslage hätten, ihre Flotte auszurichten und zurückzuziehen, falls ein Unglück eintrete. 15 (1) Die rhodischen Schiffe befehligte Euphranor, an Mut und Tapferkeit mehr mit den Römern vergleichbar als mit den Griechen. (2) Dieser war wegen seiner äußerst bewährten Fachkenntnis und wegen seines mutigen Sinns von seinen Landsleuten zum Admiral der Flotte ernannt worden. (3) Als dieser Caesars Bedenken bemerkte, sprach er: „Es scheint mir, Caesar, du fürchtest, dass du, wenn du dich in diese Untiefen wagst, gezwungen bist, früher zu kämpfen, als es möglich ist, die ganze übrige Flotte zu entfalten. (4) Überlass dies uns! Wir wollen den Ansturm aushalten, ohne dass es dich reuen wird, solange bis die übrigen Schiffe nachfolgen. Dass diese Alexandriner noch länger vor unseren Augen prahlen, das bringt uns große Schande und großen Schmerz ein.“ (5) Caesar, der ihm zusprach und ihn mit Lob überhäufte, gab nun das Zeichen zur Schlacht. Kaum waren vier rhodische Schiffe durch die Fahrrinne, als die Alexandriner sie umzingelten und zu einem Ansturm auf sie übergingen. (6) Die Angegriffenen leisteten Widerstand und breiteten sich geschickt und wendig aus. Ihre Kunstfertigkeit vermochte so viel, dass bei der ungleichen Zahl dennoch kein Schiff dem Feind die Flanke bot, keines an den Rudern beschädigt wurde, sondern alle den Angreifern stets mit dem Bug entgegenliefen. Mittlerweile folgten auch die übrigen Schiffe. (7) Jetzt musste man notwendigerweise, weil der Raum zu eng war, vom kunstfertigen Manövrieren Abstand nehmen und die Entscheidung ausschließlich in der Tapferkeit suchen. (8) In Alexandria aber war niemand, weder unter unseren Leuten noch unter den Städtern, mochten sie auch bei Befestigungsarbeiten oder bei der Verteidigung beschäftigt sein, der nicht auf die höchsten Dächer stieg, sich im ganzen Umkreis einen Platz suchte, um das Schauspiel zu sehen und

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mit Gebeten und Gelübden von den unsterblichen Göttern den Sieg für die seinen erflehte. 16 (1) Keineswegs aber wurde unter gleichen Voraussetzungen gekämpft. Wurden unsere Leute zurückgetrieben, so war für die Besiegten jedes Entkommen unmöglich, sowohl zu Wasser als zu Lande; siegten sie, so lag für sie dennoch alles Künftige im Ungewissen – ganz im Gegensatz zu den Alexandrinern, da sie, würden sie Sieger in der Seeschlacht, völlig die Oberhand gewännen. Würden sie aber besiegt, könnten sie ihr Glück doch noch weiter versuchen. (2) Bedrückend und unheilvoll erschien es auch, dass nur ganz wenige Römer in den entscheidenden Kampf um ihr letztes Schicksal und die Rettung aller zogen. Wenn sie der Mut und die Tapferkeit verlassen hätte, hätten sich auch alle Übrigen fürchten müssen, die nicht die Möglichkeit hatten, am Kampf teilzunehmen. (3) Caesar hatte dies seinen Leuten in den letzten Tagen häufig selbst gesagt, damit sie im Gedanken daran, dass ihnen allein die Rettung aller anvertraut war, noch beherzter kämpften. (4) Jeder andere hatte im Bezug auf diese Sache seinen Zeltgenossen, Freund und Bekannten beim Geleit beschworen, weder ihre Erwartung zu enttäuschen noch die aller anderen, durch deren Urteil für tüchtig erkannt sie jetzt in die Schlacht zögen. (5) Und so kämpfte man in dieser Gesinnung, so dass für die Feinde, obgleich mit Meer und Seefahrt bestens vertraut, weder ihre Geschicklichkeit und Kunstfertigkeit Schutz bot noch in der größeren Zahl ihrer Schiffe ein Vorteil bestand und so dass selbst die wegen ihrer Tapferkeit aus einer solchen Menge ausgewählten Männer der Tapferkeit der Römer nicht gleichkamen. (6) Man nahm in diesem Treffen einen Fünfruderer und einen Zweiruderer samt Mannschaft und Matrosen ein; drei Schiffe wurden versenkt, alle unsere Leute blieben unversehrt. (7) Die übrige Flotte des Feindes ergriff auf dem nächsten Weg die Flucht zur Stadt, wo sie unter den Dämmen und den daran grenzenden Gebäuden Schutz fanden, da man die Römer von dort aus hinderte, näher zu kommen. 17 (1) Um sich dem nicht öfter ausgesetzt zu sehen, glaubte Caesar, alles aufbieten zu müssen, um die Insel Pharos und den zur Insel führenden Damm in seine Gewalt zu bringen28. (2) Da nämlich die Schanzen in der Festung zum großen Teil fertig waren, vertraute er darauf, sowohl auf die Insel als auch auf die Stadt selbst zu ein und derselben Zeit einen Angriff wagen zu können. (3) Diesem Plan zufolge ließ er zehn Kohorten und ausgewählte Leichtbewaffnete nebst gallischen Reitern, die er für tauglich hielt, kleinere Schiffe und Kähne besteigen. Um dann die Mannschaft des Feindes zu zersplittern, griff er die andere Seite der Insel mit bedeckten Schiffen an und setzte für den, der zuerst die Insel betrete, eine hohe Belohnung aus. (4) Anfangs hielten die Feinde dem Angriff unserer Leute ebenbürtig stand: Zu ein und dersel-

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ben Zeit kämpften Bewaffnete von den Dächern der Gebäude herab und verteidigten das Ufer, zu dem für unsere Soldaten wegen seiner rauhen, felsigen Natur kein leichter Zugang bestand. Man behauptete also behende und mit Geschicklichkeit mittels Kähnen und fünf Kriegsschiffen den schwer beschiffbaren Raum. (5) Bald aber erfassten die Römer die örtliche Beschaffenheit und wussten durch die unbeschiffbaren Stellen hinüberzukommen. Kaum hatten darauf einige von ihnen das Ufer betreten, so folgten ihnen sogleich die anderen; es wurde ein nachdrücklicher Angriff gegen den auf ebenem Ufer stehenden Feind unternommen und die Bewohner der Insel Pharos ergriffen die Flucht. (6) Nachdem die Feinde zurückgeworfen waren, ließen sie auch den Hafen ohne Wache, liefen auf das Gestade und die Ortschaft zu und stürzten eiligst aus den Schiffen an Land, um ihre Gebäude zu verteidigen. 18 (1) Doch konnten sie sich auch in dieser Verschanzung nicht lange halten, auch wenn ihre Häuser, um Kleines mit Großem zu vergleichen, eine ähnliche Bauart wie die in Alexandria hatten und hohe, untereinander verbundene Türme eine Art Mauer bildeten; noch waren unsere Soldaten mit Sturmleitern, Flechtwerk und anderen Werkzeugen, die man zu einer Bestürmung benötigt, erschienen. (2) Aber allein der Schrecken raubt den Menschen Besinnung und Einsicht und schwächt ihre Glieder, so wie es nun der Fall war. (3) Denn dieselben Leute, die auf ebenem und offenem Feld dem Feind gewachsen zu sein glaubten, hatten durch die Flucht ihrer eigenen Leute und den Tod einiger weniger so sehr den Mut verloren, dass sie nicht einmal auf 30 Fuß hohen Gebäuden standhalten konnten, sondern sich über den Damm ins Meer stürzten und 800 Schritte29 weit bis zur Stadt schwammen. (4) Gleichwohl kamen dabei viele von ihnen ums Leben oder gerieten in Gefangenschaft; aber die Zahl der Gefangenen betrug alles in allem 6 000. 19 (1) Caesar hatte den Soldaten Beute zugesprochen und ließ sie die Häuser plündern. Dann verschanzte er das Kastell an der Brücke auf der Seite der Insel Pharos und stellte dort Wachposten auf. (2) Diese Brücke hatten nämlich die fliehenden Bewohner der Insel im Stich gelassen und die Alexandriner verteidigten nur noch die schmalere Brücke nahe der Stadt. Aber Caesar ließ am folgenden Tag auch diese zweite Brücke nach derselben Taktik angreifen, weil er hoffte, im Besitz beider Brücken jedes Auslaufen der alexandrinischen Schiffe und plötzliche räuberische Ausfälle unmöglich zu machen. (3) Bald hatte er die, die als Wachmannschaft diese Stellung hielten, von seinen Schiffen aus mit schwerem Geschütz und Pfeilen vertrieben und in die Stadt zurückgedrängt. Er hatte zudem eine Mannschaft von etwa drei Kohorten an Land gesetzt – mehr hatten nämlich wegen der Enge des Raums nicht Platz30 – und die übrigen Truppen standen auf den Schiffen in Bereitschaft. (4) Nachdem dies geschehen war, gab er Befehl, die Brücke gegen den Feind hin durch eine

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Verschanzung zu sichern und sie mit Steinen anzufüllen und zu verbauen, da sie, in einem Bogen gebaut, durch den die Brücke getragen wurde, eine Durchfahrtsöffnung für die Schiffe darstellte. (5) Als letzteres dieser Werke bereits vollendet war, so dass auch kein Kahn mehr hindurchkommen konnte, ersteres hingegen begonnen wurde, machte die gesamte Streitmacht der Alexandriner einen Ausfall aus der Stadt und ging auf einem breiteren Gelände gegenüber der Brückenbefestigung in Stellung. Zu gleicher Zeit erschienen an dem Damm jene Fahrzeuge, welche man durch die Brückenöffnungen als Brandsetzer gegen die römischen Lastschiffe zu schicken pflegte. (6) Unsere Soldaten kämpften von der Brücke und vom Damm aus, die Alexandriner von dem freien Platz, der der Brücke gegenüber lag und von den Schiffen vor dem Damm aus. 20 (1) Während Caesar damit beschäftigt war und seine Leute aufmunterte, sprang eine große Anzahl Ruderknechte und Schiffssoldaten von unseren Kriegsschiffen auf den Damm: (2) Zum Teil trieb sie die Schaulust, zum Teil auch Kampfbegierde. Anfangs drängten diese Leute mit Steinen und Schleudern die feindlichen Schiffe vom Damm weg und es schien, die Menge ihrer Wurfgeschosse richte viel aus. (3) Doch nachdem es einige wenige Alexandriner jenseits dieser Stelle gewagt hatten, in deren offener Flanke auf den Damm zu steigen, begannen sie ebenso ungeordnet auf ihre Schiffe zurück zu fliehen, wie sie ohne Feldzeichen, ohne feste Ordnung und ohne einen Plan vorgedrungen waren. (4) Durch ihre Flucht ermutigt, stiegen die Alexandriner in größerer Zahl von ihren Schiffen auf den Damm und setzten den immer stärker verschreckten Römern nach. Zugleich beeilten sich die, die auf Caesars Kriegsschiffen geblieben waren, die Leitern einzuziehen und die Schiffe vom Land weg zu stoßen, damit sie nicht den Feinden in die Hände fielen. (5) Durch dies alles gerieten auch jene Soldaten der drei Kohorten in Bestürzung, die auf der Brücke und am Anfang des Dammes standen. Als sie hinter sich Geschrei vernahmen, die Flucht der ihrigen erblickten und eine Masse von Geschossen auszuhalten hatten, die frontal vom gegenüberstehenden Feind kamen, fürchteten sie, im Rücken angefallen und durch die Flucht der Schiffe von der Möglichkeit der Rückkehr gänzlich abgeschnitten zu werden. Sie gaben also die auf der Brücke begonnene Schanze auf und stürmten in eiligstem Lauf zu den Schiffen: (6) Ein Teil von ihnen erreichte zwar auch die nächsten Fahrzeuge, versank aber mit ihnen unter Last der Menschenmenge, ein anderer wurde, zaudernd und unschlüssig, was man tun sollte, von den Alexandrinern niedergemacht; ein paar hatten mehr Glück und entkamen unverletzt, da sie segelfertige Schiffe, die vor Anker lagen, erreichten; ganz wenige schließlich schwammen, mit erhobenen Schilden31 und allen Mut für den Versuch einsetzend, bis zu den nächsten Schiffen.

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21 (1) Solange Caesar seine Soldaten durch anfeuernde Zurufe bei der Brücke und den Schanzen halten konnte, schwebte er in derselben Gefahr. Nachdem er seine Leute allesamt zurückweichen sah, zog er sich auf sein Schiff zurück. (2) Durch die Menge Menschen, die ihm nachfolgte und hineinstürmte, konnte man das Schiff aber weder lenken noch von Land stoßen. Caesar, der vorausgesehen hatte, dass dies so kommen werde, sprang nun selbst vom Schiff ins Meer und schwamm zu den weiter entfernten Schiffen. (3) Von dort aus schickte er seinen notleidenden Soldaten Kähne und rettete dadurch noch einige; sein Schiff aber versank unter der großen Last der Soldaten zusammen mit allen Personen. (4) In diesem Gefecht verlor er etwa 400 Legionssoldaten und noch etwas mehr an Matrosen und Ruderern. (5) Die Alexandriner aber befestigten das Kastell an dieser Stelle mit großen Schanzen und viel Geschützwerk und räumten die Steine wieder aus dem Meer, so dass es ihnen von nun an möglich war, die Durchfahrt für ihre Schiffe zu nutzen. 22 (1) Doch waren Caesars Leute weit davon entfernt, sich durch diese Niederlage entmutigen zu lassen; vielmehr kämpften sie bei Angriffen auf die Befestigungen des Feindes, die es wieder zu erobern galt, mit brennendem Eifer. (2) Dies geschah in täglichen Gefechten und sooft der Zufall bei Ausfällen der Alexandriner die Gelegenheit bot, einen Kampf mit großem Einsatz und mit brennender Kampfeslust der Soldaten anzufachen32. Caesars gewöhnliche Aufmunterung konnte deshalb mit der Einsatzbereitschaft und der Kampfeslust seiner Legionen nicht mithalten, so dass er sie eher von den gefährlichsten Angriffen abschrecken und zurückhalten musste, statt sie zum Kampf anzufeuern. 23 (1) Als die Alexandriner sahen, dass die Römer im Glück ermuntert, im Unglück aber nur noch mehr angespornt wurden, konnten sie sich keinen dritten Kriegsfall denken, in dem sie die Stärkeren sein könnten, wie wir vermuten dürfen. Sie schickten dann, entweder aufgefordert von den Günstlingen des Königs, die sich in Caesars Gewahrsam befanden, oder aufgrund eines eigenen früheren Plans, den der König durch geheime Nachrichten gebilligt haben mochte, Gesandte an Caesar mit der Bitte, den König33 freizulassen und ihm die Rückkehr zu den seinen zu gestatten: (2) Die Bevölkerung sei nun, da sie des Mädchens, der auf Treu und Glauben anvertrauten Königsherrschaft und des grausamen Regiments, das Ganymedes ausübte, überdrüssig sei, bereit, allen Befehlen des Königs zu gehorchen. Erlange man auf Veranlassung des Königs den Schutz und die Freundschaft Caesars, werde die Bevölkerung, da eine Furcht vor Gefahr dann keinerlei Hindernis mehr darstelle, sich Caesar ergeben.

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24 (1) Obgleich Caesar dieses falsche Volk hinlänglich kannte, das stets das eine denkt und wohl überlegt etwas anderes zu tun vorgibt, hielt er es dennoch für sinnvoll, ihren Bitten nachzugeben. Denn wenn sie etwa wirklich so dächten, wie sie baten, würde ihm der König auch nach der Freilassung treu bleiben; wollten sie aber, was mit ihrem ganzen Wesen mehr übereinstimmte, den König als Anführer im Krieg haben, so werde er doch einen würdigeren und anständigeren Krieg mit einem König führen als mit einer zusammengelaufenen Flüchtlingsschar. (2) Er forderte also den jungen Ptolemaios auf, für das vom Vater ererbte Reich Sorge zu tragen und sein hochberühmtes Vaterland zu schonen, das durch schreckliche Brände und Einstürze entstellt sei; er solle zuerst seine Untertanen zur Besinnung bringen und sie dann retten, er solle ferner dem römischen Volk und ihm (Caesar) treu bleiben, da er selbst ihm ein solches Zutrauen entgegenbringe, dass er ihn zu den bewaffneten Feinden hinüberschicke. Dann nahm er mit seiner rechten Hand die Rechte des Ptolemaios und wollte den Jungen, der das Mannesalter schon erreicht hatte, entlassen. (3) Doch dessen königlicher Verstand war wohl bewandert in den Künsten der trügerischen Raffinesse und so, womit er in keinster Weise aus der Art seines Volkes schlug, begann der junge König, an Caesar gewandt, unter Tränen zu bitten, ihn nicht von sich zu lassen, denn selbst sein Thron sei ihm nicht so lieb wie Caesars Anblick. (4) Berührt verscheuchte Caesar die Tränen des Jungen und entließ ihn zu seinen Landsleuten, wobei er bekräftigte, wenn er wirklich so denke, könne er schnell wieder um ihn sein. (5) Doch, wie aus Schranken auf die freie Bahn entlassen, begann der junge König einen so heftigen Krieg gegen Caesar, dass seine Tränen bei diesem Gespräch nur Freudentränen gewesen zu sein schienen. (6) Viele von Caesars Legaten, Freunden, Zenturionen und Soldaten aber freuten sich über diese Wendung, weil offensichtlich seine übergroße Güte durch die Täuschungen eines Knaben zum Narren gehalten worden war – als ob Caesar nur aus Gutmütigkeit und nicht vielmehr aus genauer Berechnung so gehandelt hätte. 25 (1) Obwohl die Alexandriner nun einen Führer hatten, fühlten sie sich dadurch dennoch nicht stärker, so wenig wie sie die Römer schwächer sahen und es schmerzte sie, dass die Römer über die Jugend und Schwäche des Königs nur spotteten. Überzeugt von der Erfolglosigkeit ihres Unternehmens und infolge aufkommender Gerüchte, dass Caesar bedeutende Hilfstruppen auf dem Landweg aus Syrien und Kilikien zugeführt würden – wovon Caesar selbst noch nichts vernommen hatte –, fassten sie den Plan, die Zufuhr, die unsere Leute von der See her versorgte, abzuschneiden. (2) Sie machten also ihre Flotte segelfertig, stellten an passenden Punkten in der Gegend von Kanobos34 Schiffe auf Wacht und lauerten dort unseren Nachschubsendungen auf. (3) Sobald er davon wusste, versetzte Caesar seine gesamte Flotte

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in Kampfbereitschaft: Den Oberbefehl gab er Tiberius Nero35. In dieser Flotte segelten auch die rhodischen Schiffe unter Euphranor mit, der an allen bisherigen Seegefechten teilgenommen hatte und von denen auch jedes erfolgreich ausgegangen war. (4) Doch das Schicksal, das meist die Menschen, die es mit besonderen Gaben bedenkt, für härtere Schläge aufbewahrt, wandelte sein Gesicht gegenüber früheren Zeiten und verfolgte nun Euphranor. (5) Als man nämlich nach Kanobos gekommen und beiderseits die Flotte zur Schlacht aufgestellt war, trat Euphranor, als man angriff, seiner Gewohnheit gemäß als erster in die Schlacht ein, durchbohrte36 auf der Stelle einen feindlichen Vierruderer und versenkte ihn. Daraufhin verfolgte er das nächste Schiff zu weit, während ihm die Übrigen nicht schnell genug folgten, und wurde so von den Alexandrinern umzingelt. (6) Niemand half ihm, sei es, weil man glaubte, er selbst sei sich angesichts seiner Tapferkeit und seines Glücks Schutz genug, sei es, weil man um das eigene Leben bangte. Und so kam es, dass derjenige, der in diesem Gefecht als einziger von allen seine Sache gut machte, alleine mit seinem siegreichen Vierruderer unterging. 26 (1) Zur gleichen Zeit erschien Mithridates aus Pergamon37, der in seiner Heimat zum vornehmsten Adel gehörte, ein im Kriegswesen sehr einsichtiger und zugleich tapferer Mann, der in seiner Freundschaft mit Caesar Vertrauen und einen besonderen Platz genoss, vor Pelusion38. Zu Beginn des Alexandrinischen Krieges war er nach Syrien und Kilikien geschickt worden, um von dort Unterstützung zu holen; nun gelangte er mit einer bedeutenden Streitmacht, die er dank der überaus großen Bereitwilligkeit der Gemeinden und dank seiner Umsicht rasch zusammengebracht hatte, auf dem Landweg, der Ägypten mit Syrien verbindet, nach Pelusion. (2) In dieser Stadt war von Achillas gerade wegen ihrer günstigen Lage eine starke Schutztruppe stationiert worden, denn man glaubte, dass ganz Ägypten wie durch Tore gegen feindliches Eindringen über den Seeweg durch die Insel Pharos in gleicher Weise geschützt würde wie durch Pelusium über den Landweg. Mithridates nahm den Ort ein, nachdem er ihn plötzlich mit seiner bedeutenden Streitmacht umschlossen hatte, die ungeachtet der starken Besatzung hartnäckig kämpfte. Weiterhin brachte er ihn durch die große Zahl seiner Truppen noch am Tag des Angriffs in seine Gewalt, indem er die Verwundeten und Ermüdeten stets durch frische Kämpfer ablöste, sowie durch deren Ausdauer und Standfestigkeit bei der Bestürmung. Dann ließ er dort eigene Besatzungstruppen zurück (3) und brach, nachdem er dieses Hindernis glücklich überwunden hatte, zu Caesar nach Alexandria auf, wobei er alle Gegenden, durch die er kam, aufgrund des Ansehens, das den Sieger meistens begleitet, befriedete und in Caesars Freundschaft aufnahm.

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27 (1) Nicht weit von Alexandria liegt ein Ort, der das Delta genannt wird, der wohl berühmteste Landstrich in der ganzen Gegend. Seinen Namen hat er von seiner Ähnlichkeit mit dem Buchstaben, denn ein abgezweigter Teil des Nilstromes bildet zwei Arme, die allmählich einen Zwischenraum zwischen sich frei lassen und an der Küste, wo sie ins Meer einmünden, den größten Abstand voneinander haben. (2) Als der König erfuhr, dass Mithridates sich diesem Landstrich nähere, und da er wusste, dass dieser über den Fluss setzen musste, ließ er eine bedeutende Streitmacht gegen ihn ausziehen, die, wie er glaubte, imstande wäre, Mithridates entweder zu besiegen und zu vernichten oder zweifellos zurückzuhalten. (3) So sehr er aber wünschte, dass Mithridates besiegt werde, war er doch zufrieden, wenn es ihm nur gelänge, ihn von Caesar abzuschneiden und aufzuhalten. (4) Was also nur immer von seinen Truppen im ersten Augenblick aus dem Delta über den Fluss setzen und Mithridates entgegenziehen konnte, das begann sofort den Kampf, um sich zu beeilen, den Nachfolgenden die Teilhabe am Sieg zu entreißen. (5) Doch Mithridates, der nach unserer Sitte sein Lager verschanzte, hielt ihrem Sturm durch seine Klugheit [, die unumstößliche Tapferkeit seiner Männer und die Unüberlegtheit der Alexandriner] stand. Als er freilich bemerkte, dass sie unvorsichtig und im Übermut gegen die Schanzen des Lagers andrangen, machte er auf allen Seiten einen Ausfall, wodurch er eine große Zahl von ihnen tötete. (6) Hätte die Übrigen nicht ihre Ortskenntnis geschützt und wären sie nicht zum Teil wieder in ihre Schiffe geflüchtet, mit denen sie den Fluss überquert hatten, so wären alle bis auf den letzten Mann vernichtet worden. (7) Kaum hatten sie sich jedoch ein wenig von jenem Schrecken erholt, als sie zusammen mit den später Hinzugekommenen von neuem einen Sturm gegen Mithridates wagten. 28 (1) Mithridates schickte indessen einen Boten zu Caesar, um ihn von dem Ereignis in Kenntnis zu setzen. Ebenso erhielt der König von seinen Leuten Kunde darüber, was sich ereignet hatte. Fast zu derselben Zeit brach also der König auf, um Mithridates zu vernichten und Caesar, um sich mit ihm zu vereinen. (2) Der König bediente sich dabei der schnelleren Fahrt auf dem Nilstrom, auf dem er eine große und kampfbereite Flotte stehen hatte. Caesar wollte nicht denselben Weg nehmen, um nicht auf dem Fluss selbst mit Schiffen kämpfen zu müssen, sondern fuhr außen herum auf dem Teil des Meeres, der, wie oben bemerkt, zu Afrika gehören soll. Er begegnete der Armee des Königs dennoch früher, als dieser Mithridates angreifen konnte, und führte den Siegreichen mit völlig unversehrten Truppen wieder seinem Heer zu. (3) Der König hatte mit seinem Heer auf einem von Natur aus befestigten Terrain Stellung bezogen; der Ort lag höher als die gesamte Ebene ringsum und wurde auf drei Seiten durch Schutzwerke unterschiedlicher Beschaffenheit gedeckt: Eine Seite lag am Nil, die andere verlief

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entlang einer gewaltigen Erhebung und bildete einen Teil des Lagers, die dritte war von Sumpf umgeben. 29 (1) Zwischen dem Lager des Königs und der Route Caesars lag ein schmaler Fluss mit äußerst schroffen Ufern, der dem Nil zufloss, vom Lager des Königs etwa sieben Meilen39 weit entfernt. (2) Als der König hörte, dass Caesar auf diesem Weg komme, schickte er seine ganze Reiterei und ausgewählte leichtbewaffnete Fußsoldaten an diesen Fluss, die Caesar vom Übergang abhalten und aus der Ferne am Ufer einen ungleichen Kampf beginnen sollten: Denn die Tapferkeit (unserer Leute) brachte keinen Erfolg, die Feigheit (der königlichen Truppen) dagegen keine Gefahr. (3) Diese Lage versetzte Caesars Reitern und seinem Fußvolk einen rasenden Schmerz, weil so lange mit den Alexandrinern ohne Entscheidung gekämpft werden würde. (4) Deshalb suchten die ausgeschwärmten germanischen Reiter seichte Stellen auf und schwammen, wo das Ufer weniger steil war, zum Teil über den Fluss; die Legionäre fällten große Bäume, die mit ihrer Länge beide Ufer berühren konnten, legten sie aus, warfen (auf den Stämmen) einen provisorischen Sicherungswall auf und überquerten ebenfalls den Fluss. (5) Der hierauf erfolgte Sturm brachte dem Feind bald solchen Schrecken bei, dass er sein Heil in der Flucht suchte; aber vergeblich: Denn nur wenige konnten sich bis zum König flüchten und fast die ganze übrige Menge wurde niedergemetzelt. 30 (1) Nach dieser glänzenden Tat rückte Caesar, da er hoffte, durch sein unerwartetes Erscheinen die Alexandriner in Angst und Schrecken zu versetzen, siegreich geradewegs auf das königliche Lager zu. (2) Als er aber sah, dass es stark verschanzt und durch seine natürliche Lage geschützt war und dass auf dem Wall dicht gedrängt eine Menge Kriegsvolk stand, wollte er seine von dem Marsch und dem Kampf ermüdeten Soldaten keinen Angriff wagen lassen und schlug sein eigenes Lager in nicht allzu großer Entfernung vom Feind auf. (3) Am folgenden Tage griff er mit seiner gesamten Streitmacht an und nahm ein Kastell ein, das der König bei einer nahen Ortschaft, die er sich sichern wollte, unweit von seinem Lager hatte verschanzen und durch Seitenwerke mit der Befestigung des Lagers verbinden lassen. Der Angriff war mit der gesamten Streitmacht erfolgt, nicht weil er glaubte, dass er sein Vorhaben mit einer geringen Zahl Soldaten nur schwer verwirklichen könne, sondern um gleich nach diesem Sieg, während die Alexandriner noch verängstigt waren, das Lager des Königs selbst anzugreifen. (4) Deshalb rückte man in dem gleichen Sturmlauf, in welchem die Soldaten die aus dem Kastell ins Lager fliehenden Alexandriner verfolgten, nun gegen die Befestigungen vor und begann ein erbittertes Gefecht aus der Ferne. (5) Für unsere Leute bot sich von zwei Seiten eine Möglichkeit der Besetzung: erstens dort, wo, wie ich oben bemerkte, ein offener Zugang war und zweitens an der Stelle, wo

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ein mäßiger Zwischenraum zwischen dem Lager und dem Nil lag. (6) Der größte und zugleich erlesenste Teil der Alexandriner verteidigte jene Seite, wo der Zugang am leichtesten war; im Zurückschlagen und Verwunden unserer Leute bewirkten aber diejenigen am meisten, die auf der Seite zum Nilstrom hin das Lager schützten: Denn dort wurden unsere Leute aus zwei Richtungen beschossen, erstens vorn vom Wall des Lagers und zweitens im Rücken von der Seite des Stromes, auf dem viele Schiffe, mit Schleuderern und Bogenschützen gut bestückt, unsere Truppen angriffen. 31 (1) Caesar sah, dass die Soldaten nicht heftiger kämpfen konnten und dass dennoch wegen des schwierigen Terrains nicht viel bewirkt werden konnte. Da er zugleich sah, dass der höchste Punkt im Lager des Feindes verlassen war, weil dieser von Natur aus fest genug scheinen mochte und die Alexandriner, teils um zu kämpfen, teils aus Schaulust auf den Kampfplatz heruntergelaufen waren, ließ er einige Kohorten unter Führung des Carfulenus40, eines äußerst mutigen und kriegskundigen Mannes, das Lager nach jener Richtung hin umgehen und einen Angriff auf jenen höchsten Punkt vortragen. (2) Als diese dort erschienen und gegen die geringe Verteidigungsmannschaft einen überaus heftigen Kampf begannen, liefen die Alexandriner, die durch das Geschrei und den Angriff von zwei verschiedenen Seiten her bis ins Mark erschreckt waren, überall im Lager ängstlich auseinander. (3) Durch diese Verwirrung des Feindes wuchs der Mut unserer Leute so sehr, dass sie fast in demselben Augenblick auf allen Seiten die Oberhand gewannen, die ersten Soldaten jedoch den höchsten Punkt der Verschanzungen einnahmen, von wo aus die Kohorten herunterstürmten und eine Menge Feinde im Lager selbst niedermachten. (4) Um dieser Gefahr zu entrinnen, stürzten sich die meisten Alexandriner scharenweise von dem Wall in das an den Fluss grenzende Gebiet. (5) Die ersten von ihnen wurden im Graben des Walls von den in großer Zahl Nachstürzenden erdrückt; den Übrigen gelang eine leichtere Flucht. (6) Bekannt ist, dass der junge König ebenfalls aus dem Lager floh und sich auf ein Schiff zurückzog, dort aber den Tod fand, als dieses unter der Menge derer, die die nächsten Schiffe schwimmend zu erreichen suchten, unterging. 32 (1) Nach diesem ungemein glücklichen und schnellen Erfolg zog Caesar, durch den großen Sieg voller Zuversicht, mit seinen Reitern auf dem schnellsten Weg zu Land nach Alexandria und hielt seinen siegreichen Einzug durch den Teil der Stadt, den der Feind besetzt hatte. (2) Er täuschte sich auch keineswegs in seiner Annahme, dass die Feinde, nachdem sie von diesem Gefecht gehört hatten, nicht mehr an Feindseligkeiten denken würden. (3) So erntete er denn bei seinem Erscheinen die verdienten Früchte der Tapferkeit und des Mutes: Die gesamte Bevölkerung der Stadt warf die Waffen weg, verließ die Schanzen, hüllte sich in das Gewand, in welchem Bittsteller Herr-

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scher anzuflehen pflegen, zog mit all den Heiligtümern, durch deren Ehrwürdigkeit man gewöhnlich die Gnade von erzürnten und gekränkten Königen zu erbitten suchte, Caesar bei seiner Ankunft entgegen und unterwarf sich seiner Macht. (4) Caesar nahm sie wieder in seine Gunst auf, hieß sie Mut fassen und gelangte dann durch die Festungswerke des Feindes in den von ihm bisher behaupteten Stadtteil. Dies geschah unter dem großen Jubel seiner Leute, die sich nicht nur über den glücklichen Ausgang des Krieges und des Kampfes selbst freuten, sondern auch über seine derart triumphale Rückkehr. 33 (1) Als Caesar nun Ägypten und Alexandria in seine Gewalt gebracht hatte, setzte er jene auf den Thron, die Ptolemaios in seinem Testament bezeichnet hatte und zu deren Gunsten er das römische Volk beschworen hatte, damit die Namen seiner Erben nicht geändert würden. (2) Denn nachdem der ältere der beiden Knaben, der König, umgekommen war, übergab Caesar die Herrschaft dem jüngeren Bruder und Kleopatra, der älteren der beiden Töchter des Königs, die ihm stets die Treue gehalten hatte und in seiner Obhut geblieben war. Die jüngere Tochter, Arsinoë, unter deren Namen bekanntlich Ganymedes seine zügellose Herrschaft ausgeübt hatte, wollte er aus den königlichen Machtpositionen entfernen, damit nicht wieder durch aufrührerische Menschen neuer Zwist entstehe, bevor sich die Herrschaft der Könige durch eine längere Dauer gefestigt habe. (3) Er ließ deshalb auch alle seine Legionen, mit Ausnahme der sechsten Veteranenlegion, in Alexandria zurück, um die Regierung zu unterstützen, deren Inhaber, die Caesars Freundschaft treu ergeben geblieben waren, die Liebe ihrer Untertanen unmöglich besitzen konnten und auch kein durch Alter gestütztes Ansehen genossen, da sie erst vor wenigen Tagen als Herrscher ausgerufen worden waren. (4) Zugleich schien es ihm mit der Würde der römischen Oberherrschaft und mit dem Nutzen des römischen Staates eng verbunden, dass treue Könige anderer Länder durch unseren Schutz gesichert werden sollten, während sie für den Fall, dass sie sich als undankbar erwiesen, von derselben Schutzmacht in die Schranken gewiesen werden könnten. (5) Nachdem hierauf alles abgetan und fest bestimmt war, brach er selbst [auf dem Landweg] nach Syrien auf. 34 (1) Während dieser Ereignisse in Ägypten war König Deiotarus41 zu Domitius Calvinus gekommen, dem Caesar die Verwaltung Asiens und der benachbarten Provinzen übertragen hatte. Deiotarus bat ihn, nicht zu dulden, dass Kleinarmenien, sein Königreich und Kappadokien, das Reich des Ariobarzanes42, von Pharnakes43 besetzt und verwüstet würden; wenn man ihn von dieser Plage nicht befreie, könne er nicht leisten, was man von ihm verlangt habe, noch das Geld, das er Caesar versprochen hatte, auszahlen. (2) Domitius hielt dieses Geld nicht nur für durchaus notwendig, um die Ausgaben, die der Krieg verursachte, zu bestreiten, zugleich hielt er es für schimpflich für das

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römische Volk und den siegreichen C. Caesar und sah darin auch eine Schande für seine eigene Person, dass die Königreiche von Verbündeten und Freunden von einem fremden König in Besitz genommen würden. Er schickte deshalb sofort Gesandte zu Pharnakes und ließ ihm befehlen, Armenien und Kappadokien zu räumen und aufgrund der Vereinnahmung des römischen Volkes durch den Bürgerkrieg nicht zu versuchen, sich an dessen Recht und Hoheit zu vergehen. (3) In der Überzeugung, diese Erklärung werde von besserer Wirkung sein, wenn er sich mit seiner Streitmacht jenen Ländern nähere, begab er sich zu den Legionen und führte eine von den dreien, die 36., mit sich, während die beiden anderen nach Ägypten zu Caesar zogen, der dies schriftlich verlangt hatte. Von ihnen konnte die eine nicht mehr in den Alexandrinischen Krieg eingreifen, weil sie ihren Marsch auf dem Landweg durch Syrien machte. (4) Mit seiner 36. Legion vereinigte dann Cn. Domitius noch zwei Legionen des Deiotarus, die dieser schon vor mehreren Jahren aufgestellt und nach unserem Vorbild ausgebildet und bewaffnet hatte und nahm noch 100 Reiter und ebenso viele von Ariobarzanes mit. (5) Auch schickte er P. Sestius44 zu dem Quaestor C. Plaetorius mit der Anweisung, ihm die Legion zuzuführen, die in Pontus aus hastig zusammengesuchten Soldaten aufgestellt worden war. Q. Patisius sollte nach Kilikien gehen, um von dort Hilfstruppen zu holen. Alle diese Streitkräfte sammelten sich nach dem Befehl des Domitius rasch in Komana45. 35 (1) Mittlerweile brachten Gesandte des Pharnakes folgende Erklärung: Er habe Kappadokien geräumt, Kleinarmenien hingegen, auf das ihm von seines Vaters Seite ein Recht zustehe, wieder in seinen Besitz aufgenommen. Es solle schließlich die Angelegenheit betreffs dieses Reiches bis zu Caesars Entscheidung auf ihrem jetzigen Stand bewahrt werden: Er sei nämlich bereit, Caesars Beschluss zu akzeptieren. (2) Cn. Domitius hatte aber bemerkt, dass Pharnakes Kappadokien nicht aus freien Stücken, sondern notgedrungen verlassen hatte, weil er glaubte, Armenien, das zu seinem Reich unmittelbar benachbart lag, leichter verteidigen zu können als das weiter entfernt gelegene Kappadokien. Zudem hatte Pharnakes wohl geglaubt, Domitius werde alle drei Legionen herführen. Nachdem er aber gehört hatte, dass zwei von diesen Legionen zu Caesar geschickt worden seien, habe er sich nur umso ungenierter in Armenien festgesetzt. Deshalb begann Domitius darauf zu beharren, der König müsse auch Armenien räumen. Denn die Rechtslage sei in Armenien nicht anders als in Kappadokien; somit sei die Forderung des Pharnakes, dass die Sache bis zu Caesars Ankunft unverändert bleibe, nicht rechtens, denn unverändert sei nur das, was so sei, wie es früher gewesen ist. (3) Nach dieser Antwort zog er mit den oben erwähnten Truppen nach Armenien und beschloss, seine Marschroute durch eine hochgelegene Gegend zu legen: Aus Pontus bei

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Komana läuft nämlich ein waldiger Bergrücken bis nach Kleinarmenien, durch den Kappadokien von Armenien getrennt wird. Domitius begriff, dass dieser Marsch gewisse Vorteile für ihn hatte, erstens weil sich auf diesen Höhen kein plötzlicher Überfall des Feindes ereignen konnte und weil das sich unmittelbar unterhalb der Bergkette anschließende Kappadokien ein Gros der notwendigen Versorgungsgüter liefern würde. 36 (1) Unterdessen schickte Pharnakes mehrere Gesandtschaften mit königlichen Geschenken zu Domitius, um über einen Frieden zu verhandeln. (2) Dieser aber wies standhaft alles zurück und erklärte den Legaten, dass es für ihn nichts gebe, was ihm mehr am Herzen liege, als die Würde des römischen Volkes und die Herrschaft der mit Rom verbündeten Könige wiederherzustellen. (3) Nach einem langen, ununterbrochenen Marsch kam er endlich in der Gegend von Nikopolis46 in Kleinarmenien an. Die Stadt selbst liegt zwar auf einer Ebene, doch gibt es hohe Berge, die der Stadt von zwei Seiten vorgelagert sind und in ausreichend großem Abstand zu ihr liegen. Domitius schlug etwas weiter weg von Nikopolis, in etwa sieben Meilen Entfernung, sein Lager auf. (4) Da vor diesem Lager ein enges und schwer zugängliches Gelände lag, das erst durchquert werden müsste, legte Pharnakes ausgesuchtes Fußvolk und fast die ganze Reiterei dort in einen Hinterhalt und ließ innerhalb dieser Engpässe eine Menge Viehherden verteilen. Zugleich mussten sich Bewohner des Landes und der Stadt zeigen, (5) damit Domitius beim Durchzug, wenn er als Freund komme, an keinen Hinterhalt denke, weil er Menschen und Tiere auf dem Lande so frei herumgehen sähe, ganz wie bei der Ankunft von Freunden; sollte er aber als Feind wie in Feindesland eindringen, so würden sich die Soldaten auf der Jagd nach Beute zerstreuen und so versprengt getötet werden. 37 (1) Während er diese Vorbereitungen traf, hielt Pharnakes dennoch nicht damit ein, Gesandte zu Domitius zu schicken, die über Frieden und Freundschaft verhandeln sollten, denn er glaubte dadurch seinen Feind leichter täuschen zu können. (2) Doch gerade die Hoffnung eines friedlichen Ausgangs gab Domitius im Gegenteil einen Grund, im Lager zu bleiben. So hatte Pharnakes die gerade günstigste Gelegenheit verpasst und fürchtete nun, dass sein Hinterhalt aufgedeckt werden könnte. Deshalb zog er seine Soldaten wieder ins eigene Lager zurück. (3) Gleich am folgenden Tag rückte Domitius näher an Nikopolis heran und schlug sein Lager in nächster Nähe der Stadt auf. Während man das Lager befestigte, stellte Pharnakes nach seiner Sitte und Gewohnheit seine Soldaten in Gefechtsformation auf. (4) Nachdem nämlich zuerst vorn eine einfache gerade Linie gebildet war, wurden die beiden Heeresflügel mit dreifacher Reserve verstärkt; auf gleiche Weise wurde der mittlere Gefechtsteil gebildet, wobei sich links und rechts zwei Zwischenräume befanden, wo die Linie nur einfach besetzt war. (5) Domitius ließ das begon-

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nene Lager fertig stellen, nachdem er einen Teil seiner Truppen vor dem Wall in Schlachtordnung aufgestellt hatte. 38 (1) In der folgenden Nacht fing Pharnakes Boten ab, die mit Briefen über die Ereignisse in Alexandria auf dem Weg zu Domitius waren. Von ihnen erfuhr er, in welch großer Gefahr Caesar47 schwebte und dass er von Domitius dringend verlangte, baldmöglichst Hilfe zu schicken und persönlich über Syrien näher an Alexandria heranzurücken. (2) Jetzt betrachtete es Pharnakes als einen wirklichen Sieg, wenn er Zeit gewänne, da er glaubte, dass Domitius schnell abziehen müsse. (3) Von der Stadt bis an den Punkt, über den er seine Schlachtordnung nicht hinauszuführen gedachte, dort wo, wie er sah, unsere Soldaten am leichtesten anrücken und am günstigsten kämpfen würden, zog Pharnakes in nicht allzu großem Abstand voneinander zwei geradlinig verlaufende, vier Fuß tiefe Gräben. (4) Zwischen beiden Gräben stellte er dann jeweils seine Leute in Schlachtordnung auf; die Reiterei musste auf den Flügeln außerhalb der Gräben stehen, denn sie war der unseren an Zahl überlegen und konnte nur auf diese Weise nützlich sein. 39 (1) Domitius aber, den Caesars Gefahr mehr beunruhigte als seine eigene, glaubte nicht sicher abziehen zu können, wenn er die früher ausgeschlagenen Friedensbedingungen nun selber suchte oder ohne ersichtlichen Grund abzöge. Er rückte also mit seinen Truppen aus dem nahe gelegenen Lager aus und stellte sie in Schlachtordnung auf. (2) Die 36. Legion postierte er auf dem rechten Flügel, die pontische auf dem linken, in die Mitte kamen die Legionen des Deiotarus, denen er jedoch nur einen ganz schmalen Abschnitt der Front überließ, während er die übrigen Kohorten in die Reserve stellte. Nachdem so auf beiden Seiten die Schlachtlinien aufmarschiert waren, rückte man zum Kampf gegeneinander vor. 40 (1) Beide Seiten erhielten zur gleichen Zeit das Zeichen zum Angriff und stürmten los. Der Kampf war heftig und das Kriegsglück wechselte. Denn die 36. Legion, die die Reiterei außerhalb der Gräben angriff, war dabei so erfolgreich, dass sie bis zu den Mauern der Stadt vordrang, den Graben überquerte und den Feind im Rücken anfiel. (2) Die pontische Legion dagegen, die auf der anderen Seite etwas vor dem Feind gewichen war und dann in einem zweiten Versuch den Graben umgehen wollte, um dem Feind in die offene Flanke zu fallen, wurde noch beim Überschreiten des Grabens gestoppt und niedergemacht. Die Legionen des Deiotarus hielten den Angriff kaum aus. (3) So waren Pharnakes’ Truppen auf dem rechten Flügel und im Zentrum die Sieger und wandten sich nun gegen die 36. Legion. Diese jedoch hielt den Sturm der Siegenden tapfer aus und zog sich, obgleich von einer Masse von Feinden umzingelt, mit höchster Geistesgegenwart im Kreis kämpfend, bis an den Fuß des Gebirges zurück; bis dorthin wollte sie aber Pharnakes wegen des

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ungünstigen Geländes nicht verfolgen. (4) Die pontische Legion war also fast ganz aufgerieben, von den Soldaten des Deiotarus war ein Großteil tot; nur die 36. Legion zog sich, ohne mehr als 250 Mann verloren zu haben, auf die Anhöhen zurück. (5) In diesem Gefecht fielen zudem auch einige vornehme und angesehene Männer aus der römischen Ritterschaft. Trotz dieses erlittenen Verlustes sammelte Domitius die Reste seines zerstreuten Heeres ein und zog sich über Kappadokien auf sicheren Wegen in die Provinz Asien zurück. 41 (1) Pharnakes dagegen war durch seinen Erfolg übermütig geworden, da er hoffte, dass Caesar nun in einer solchen Lage steckte, wie er sie sich wünschte und drang mit all seinen Truppen in Pontus ein, wo er als Sieger und grausamer Tyrann – denn er erhoffte sich das väterliche Vermögen bei glücklicherem Ausgang48 – viele Städte eroberte. Er plünderte das Eigentum römischer und pontischer Bürger (2) und verhängte gegen alle, die sich durch ihre Schönheit und Jugend auszeichneten, Strafen, die schlimmer noch als der Tod selbst49 waren. Niemand stellte sich ihm entgegen, um das Land zu verteidigen, und so wurde er Herr von Pontus und rühmte sich, den Thron seines Vaters wieder bestiegen zu haben. 42 (1) Ungefähr zur selben Zeit kam es auch zu einer Niederlage in Illyrien50. In den vorangegangenen Monaten hatte man diese Provinz nicht bloß ohne Beanstandung, sondern sogar löblich behauptet. (2) Denn Caesar hatte seinen Quaestor Q. Cornificius51 an Stelle eines Praetors im Sommer mit zwei Legionen dorthin geschickt, obwohl die Provinz, durch innere Unruhen ausgelaugt und durch den in der Nähe geführten Krieg verwüstet, keineswegs Vorräte genug hatte, um Heere zu ernähren. Doch Cornificius zeichnete sich durch Klugheit und Sorgfalt aus, da er gewissenhaft im Voraus plante und nie unvorsichtig vorrückte und erlangte so das Land zurück und verteidigte es. (3) Denn er nahm mehrere auf Höhen gelegene Kastelle ein, deren günstige Lage die dortigen Bewohner zu Überfällen und Kriegszügen verleitete und überließ sie seinen Soldaten als Beute, die, wenn auch gering angesichts des verzweifelten Zustands der Provinz, als Ertrag ihrer Tapferkeit dennoch sehr willkommen war. Als ferner Octavius52 sich nach der Schlacht von Pharsalos mit einer bedeutenden Flotte in jene buchtenreiche Küste53 geflüchtet hatte, eroberte Cornificius mit Hilfe weniger Schiffe der Bewohner von Iader54, deren Dienst am römischen Vaterland stets einzigartig gewesen war, so viele Schiffe des Octavius, dass er mit denen seiner Verbündeten aus Iader und denen, die er erbeutet hatte, einen Flottenkampf wagen konnte. (4) Caesar verfolgte in einem ganz anderen Teil der Welt Cn. Pompeius, denn er war als Sieger aus ihrem Konflikt hervorgegangen55. Als er erfuhr, dass sich mehrere seiner Feinde, nachdem sie sich auf der Flucht miteinander vereint hatten, wegen der Nähe zu Makedonien nach Illyrien begeben hätten, schickte er

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eine Nachricht an Gabinius56 mit dem Befehl, mit den jüngst gebildeten Rekrutenlegionen nach Illyrien zu marschieren, zu Q. Cornificius zu stoßen und die Provinz vor etwaiger Gefahr zu schützen. Für den Fall, dass man das Land auch mit einem schwächeren Aufgebot behaupten könne, solle er seine Legionen nach Makedonien führen. (5) Caesar glaubte nämlich, dass, solange Cn. Pompeius noch am Leben sei, in jener ganzen Gegend der Krieg erneut ausbrechen werde. 43 (1) Gabinius kam zu beschwerlicher Winterzeit nach Illyrien. Es mag sein, dass er entweder die Provinz für reicher gehalten, zu viel auf das Glück des siegreichen Caesar gegeben oder auch auf seine eigene Tüchtigkeit und Kenntnis vertraut hatte, aufgrund deren er, in Kriegen oft von Gefahren umgeben, durch seine Führung und seinen Wagemut bedeutende und erfolgreiche Taten vollbracht hatte. Jetzt aber wurde er von dieser zum Teil ausgelaugten, zum Teil untreuen Provinz weder unterstützt noch konnten ihm auf Schiffen Versorgungsgüter zugeführt werden, da die stürmische Jahreszeit den Seeweg ausschloss. Von diesen großen Schwierigkeiten in eine Zwangslage versetzt, führte er also den Krieg nicht, wie er wünschte, sondern wie er musste. (2) Als er daher in schlechtester Witterung aus Not Kastelle und Festungen bestürmen musste, erlitt er häufig Verluste und wurde von den Landesbewohnern derart verachtet, dass sie ihn beim Rückzug in die Seestadt Salona57, wo sehr tapfere und treue römische Bürger wohnten, selbst während des Marsches zum Kampf zwangen. (3) Er verlor in dieser Schlacht mehr als 2000 Soldaten, 38 Zenturionen und vier Tribunen. Mit dem Rest seiner Truppen zog er sich er nach Salona zurück, wo er, erdrückt durch die unüberwindbar scheinenden Schwierigkeiten der gesamten Lage, nach einigen Monaten einer Krankheit erlag. (4) Dessen Unglück im Leben und unerwarteter Tod weckten bei Octavius die größten Hoffnungen, sich der Provinz zu bemächtigen. Allein das Glück, auf das es im Krieg am meisten ankommt, die Umsicht des Cornificius und die Tapferkeit des Vatinius58 verhinderten, dass er sich allzu lange in dieser günstigen Lage befand. 44 (1) Vatinius nämlich, der damals in Brundisium59 stand, erfuhr von den Ereignissen in Illyrien und wurde durch Cornificius wiederholt schriftlich aufgefordert, seiner Provinz Unterstützung zukommen zu lassen. Er erfuhr außerdem, dass M. Octavius mit den Landesbewohnern Bündnisse geschlossen habe und die Besatzungen unserer Soldaten an mehreren Orten teils zur See selbst angreife, teils zu Lande durch seine Bundesgenossen angreifen lasse. Obwohl seine Gesundheit stark angegriffen war und seine Kräfte seinem Geist kaum noch gehorchten, überwand er doch mit seiner Willensstärke die Schwäche des Körpers und die Schwierigkeiten, die der Winter und die plötzlichen Marschvorbereitungen verursachten. (2) Da er nämlich selbst nur einige Kriegs-

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schiffe im Hafen hatte, schrieb er an Q. Calenus60 nach Achaia61, er solle ihm eine Flotte schicken. (3) Als dies aber im Vergleich zu der Gefahr, die unsere Soldaten in arge Bedrängnis brachte, welche die Angriffe des Octavius nicht aushalten konnten, allzu langsam vonstatten ging, ließ er an seine Schnellsegler, die zwar an Zahl ausreichend vorhanden, aber für einen Kampf nicht groß genug waren, Schnäbel62 ansetzen. (4) Diese Schiffe vereinigte er dann mit seinen Kriegsschiffen zu einer akzeptablen Flotte, bemannte sie mit gedienten Soldaten, die er aus allen Legionen in großer Zahl zur Verfügung hatte – sie waren nämlich bei der Überfahrt des gesamten Heeres nach Griechenland in Brundisium wegen Krankheit zurückgelassen worden – und segelte nach Illyrien. Dort bemächtigte er sich teils einiger Seestädte, die vom römischen Reich abgefallen waren und sich Octavius ergeben hatten, fuhr aber an anderen, die bei ihrem Beschluss verharrten, vorbei und ließ sich durch keine Verzögerung oder Notwendigkeit davon abhalten, so schnell wie möglich Octavius selbst zu verfolgen. (5) Dieser belagerte gerade zu Wasser und zu Lande die Stadt Epidauros63, wo eine Besatzung unserer Soldaten lag. Vatinius zwang ihn mit seiner Ankunft, die Belagerung aufzuheben, und nahm unsere Besatzungstruppe unter seine Führung. 45 (1) Als Octavius jedoch erfuhr, dass die Flotte des Vatinius zum großen Teil aus leichten Schnellseglern bestand, ging er, im Vertrauen auf seine eigene Flotte, bei der Insel Tauris64 in Stellung. In dieser Gegend kreuzte bei seiner Verfolgung auch Vatinius mit seinen Schiffen, nicht weil er wusste, dass Octavius dort stand, sondern weil er ihm, da er weiter vorgerückt war, auf den Fersen bleiben wollte. (2) Als sich dann beim Ansteuern von Tauris infolge des stürmischen Wetters und aufgrund der Tatsache, dass man keinen Feindkontakt vermutete, seine Schiffe zerstreut hatten, bemerkte man plötzlich ein bemanntes Kriegsschiff, das mit halb heruntergelassenen Segeln auf Vatinius zukam. (3) Sofort gab dieser auf seinem Schiff den Befehl, ebenfalls die Segel und Segelstangen zu senken und zu den Waffen zu greifen; dann wurde die Standarte, mit der man das Zeichen zum Angriff gibt, aufgesteckt, damit auch den unmittelbar nachfolgenden Schiffen signalisiert werde, dasselbe zu tun. (4) Während sich aber die unvermutet überraschten Leute des Vatinius zum Kampf anschickten, liefen die längst in Bereitschaft gehaltenen Schiffe des Octavius der Reihe nach bereits aus dem Hafen. Auf beiden Seiten formierte man sich zur Schlacht: In den Reihen des Octavius herrschte mehr Ordnung, in den Reihen von Vatinius’ Soldaten mehr Kampfeslust. 46 (1) Als jedoch Vatinius realisierte, dass er dem Feind weder an Größe noch an Zahl der Schiffe für einen durch Zufall veranlassten Kampf gewachsen war, wollte er die Sache lieber dem Schicksal überlassen. Daher führte er selbst mit seinem Fünfruderer den ersten Angriff und zwar unmittelbar auf den Vierrude-

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rer des Octavius. (2) Als dieser ihm mit größtmöglicher Geschwindigkeit und Tapferkeit entgegensteuerte, prallten beide Schiffe frontal mit solcher Wucht aufeinander, dass der Schnabel des octavianischen Schiffes zerbrach und sich im Holzwerk verhakte. (3) Auch auf den übrigen Kampfschauplätzen lieferte man sich eine erbitterte Schlacht und drängte sich besonders bei den Anführern zusammen: Denn da jeder seinem Flottenführer zu Hilfe kam, entwickelte sich in der Meerenge ein gewaltiger Nahkampf, (4) wobei die Leute des Vatinius umso überlegener waren, je näher die Schiffe einander kamen und sich die Gelegenheit zum Kampf bot. Mit bewundernswerter Tapferkeit sprangen sie ohne Zögern auf die feindlichen Schiffe und siegten glücklich, an Tapferkeit im gleichwertigen Kampf weit überlegen. (5) Der Vierruderer des Octavius wurde versenkt, außerdem wurden noch viele Schiffe entweder genommen oder gingen, ebenfalls von Schnäbeln durchbohrt, unter. Die Schiffssoldaten des Octavius wurden teils auf den Schiffen getötet, teils ins Meer gestürzt. (6) Octavius selbst rettete sich in ein Beiboot, das jedoch sank, als sich noch mehr Menschen darauf flüchteten. Verwundet schwamm der er dennoch zu seinem Kaperschiff, (7) das ihn aufnahm. Als hierauf die Nacht der Schlacht ein Ende machte, entfloh er in einem großen Sturm unter vollen Segeln. Ihm folgten einige seiner Schiffe, die der Zufall aus dieser Gefahr gerettet hatte. 47 (1) Daraufhin ließ Vatinius zum Rückzug blasen und lief siegreich, ohne einen Mann verloren zu haben, in ebenjenen Hafen ein, aus dem die Flotte des Octavius kurz vorher zum Kampf ausgelaufen war. (2) Ein Fünfruderer, zwei Dreiruderer, acht Zweiruderer und einige Matrosen des Octavius waren die Beute dieses Gefechts. Den folgenden Tag brachte man noch dort zu, bis die eigenen und erbeuteten Schiffe ausgebessert waren; am dritten Tag fuhr man zur Insel Issa65, weil man glaubte, Octavius habe sich dorthin geflüchtet. (3) Auf dieser Insel66 lag nämlich die ansehnlichste Stadt in jener ganzen Gegend, die Octavius sehr verbunden war. (4) Als Vatinius dort eintraf, ergaben sich die Bewohner ihm ganz demütig und meldeten ihm, Octavius habe bei günstigem Wind mit wenigen und kleinen Schiffen den Kurs Richtung Griechenland aufgenommen, um von da nach Sizilien und Afrika zu segeln. (5) So hatte Vatinius innerhalb kurzer Zeit hervorragende und glänzende Taten vollbracht, die Provinz Illyrien wieder gewonnen, sie dem Cornificius von neuem übergeben, die Flotte der Gegner aus jenem gesamten Teil des Meeres vertrieben und kehrte nun siegreich, ohne jeden Verlust an Mensch und Schiff, nach Brundisium zurück. 48 (1) Zur selben Zeit, da Caesar bei Dyrrhachium67 Pompeius belagerte, bei Palaipharsalos68 seine Sache glücklich führte und in Alexandria unter schwerer Gefahr, die sogar im Ruf stand, größer zu sein, als sie war, kämpfte, zog sich

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Q. Cassius Longinus69, den er in Spanien als Propraetor zur Verwaltung der jenseitigen Provinz70 zurückgelassen hatte, dort, sei es aufgrund einer Wesensveranlagung oder aus größter Abneigung gegen jene Provinz, in der er als Quaestor bei einem Hinterhalt verwundet worden war, immer mehr Hass zu. Davon konnte er sich entweder aus eigener Anschauung überzeugen – denn er glaubte, dass die Meinung der Provinzbewohner über ihn auf Gegenseitigkeit beruhe – oder aus vielen Anzeichen und Zeugnissen solcher Einwohner, die ihren Hass nur schwer verheimlichen konnten. Diese Missstimmung in der Provinz wollte er nun durch die Zuneigung seines Heeres aufwiegen. (2) Deshalb versprach er, sobald er alle seine Truppen an einem Ort versammelt hatte, jedem Soldaten 100 Sesterzen und beschenkte sie bald darauf nach der Einnahme der Stadt Medobrega71 in Lusitanien und des Herminischen Gebirges, in das sich die Bewohner von Medobrega geflüchtet hatten, tatsächlich mit je 100 Sesterzen. Dort wurde er zum Imperator akklamiert. (3) Außerdem wies er einzelnen Soldaten noch hohe Belohnungen zu, was ihm für den Augenblick scheinbar große Zuneigung seitens des Heeres verschaffte, aber schleichend und unmerklich die militärische Zucht und Disziplin untergrub. 49 (1) Nachdem seine Legionen das Winterquartier bezogen hatten, begab sich Cassius nach Corduba72, um dort Gerichtstage abzuhalten und beschloss, seine Schulden, die sich dort angehäuft hatten, unter schwersten Lasten für die Provinz wieder abzutragen; und wie es die Sitte solcher Schenkungen erfordert, wurde vom Schenkenden unter dem Vorwand der Freigebigkeit immer noch mehr Geld verlangt. (2) Den Reichen wurden so stets neue Geldsummen auferlegt, die Longinus sich nicht bloß gerne ausbezahlen ließ, sondern geradezu erzwang. Der Schar der Reichen wurden, um Unfrieden zu stiften, auch ärmere Leute hinzugesellt und keine Art von Gewinn, ob groß und auffallend oder ganz gering und schäbig, wurde ausgelassen (und es gab keine Art von Gewinn), an dem das Haus und der Amtssitz des Imperators nicht beteiligt waren. (3) Jeder wurde, sofern er etwas zu verlieren hatte, entweder als Bürge herangezogen oder unter die Angeklagten gereiht. So kam zu diesen Opfern und Verlusten des Vermögens auch noch die große Angst vor möglichen Gefahren. 50 (1) Weil also Longinus als Imperator ebenso handelte wie früher als Quaestor, schmiedeten die Landesbewohner wiederum ähnliche Pläne gegen sein Leben. (2) Den Hass dieser Leute verstärkten dann noch einige seiner Vertrauten, die, auch wenn sie an den Raubzügen teilhatten, dennoch denjenigen hassten, in dessen Namen sie sich vergingen, und das Geraubte als empfangen bestätigten, das hingegen, was fällig gewesen oder von den Gläubigern zurückgefordert worden war, dem Cassius zuschrieben. Er hob auch eine neue Legion aus, die fünfte. (3) Der Hass mehrte sich sowohl wegen der Aus-

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hebung selbst als auch wegen des Geldaufwandes für diese neu hinzugekommene Legion. Außerdem wurde die Reiterei auf 3 000 Mann verstärkt und unter sehr hohen Kosten ausgerüstet: Der Provinz wurde keine Ruhe gegönnt. 51 (1) Unterdessen erhielt er von Caesar den schriftlichen Befehl, das Heer nach Afrika überzusetzen und durch Mauretanien73 an die Grenzen Numidiens vorzudringen. König Iuba74 nämlich hatte Pompeius bereits bedeutende Unterstützung gesandt und werde, wie man glaubte, noch mehr schicken. (2) Cassius freute sich unmäßig über dieses Schreiben, weil ihm jetzt eine Tür zu neuen Provinzen und einem so überaus fruchtbaren Königreich geöffnet wurde. (3) Er begab sich deshalb in eigener Person nach Lusitanien, um die Legionen herbeizuholen und die Hilfstruppen zusammenzuziehen. Männern seines Vertrauens gab er den Auftrag, Getreide und 100 Schiffe zu beschaffen sowie Geldforderungen festzusetzen und diese einzuziehen, damit er sich bei seiner Rückkehr nicht damit aufhalten müsse. (4) Seine Rückkehr aber kam schneller, als alle gedacht hatten: Denn Cassius mangelte es weder an Anstrengung noch an Wachsamkeit, besonders wenn er etwas begehrte. 52 (1) Nachdem er das Heer an einem Ort zusammengezogen und sein Lager in der Nähe von Corduba aufgeschlagen hatte, setzte er seinen Soldaten in einer Versammlung auseinander, welchen Auftrag er von Caesar erhalten habe, und er versprach jedem von ihnen 100 Sesterzen, sobald er sie nach Mauretanien übergesetzt hätte; die fünfte Legion aber werde in Spanien bleiben. (2) Nach der Versammlung begab er sich nach Corduba. Als er am Nachmittag desselben Tages in eine Basilika ging, übergab ihm ein gewisser Minucius Silo, ein Klient des L. Racilius, der sich als Soldat ausgab, ein Schriftstück, gleichsam als wollte er ihn um etwas bitten; dann drängte er sich, gleich als ob er auf eine Antwort warte, hinter Racilius, der Cassius zur Seite ging und schnell Platz machte, hinein, ergriff Cassius mit der Linken, als dieser sich umwandte, und versetzte ihm mit der Rechten zwei Dolchstiche. (3) Unter lautem Geschrei griffen nun alle Verschwörer an. Munatius Flaccus streckte den nächsten Lictor mit seinem Schwert nieder. Als dieser tot war, verwundete er den Legaten Q. Cassius. (4) Dann unterstützten auch schon T. Vasius und L. Mercello in ähnlichem Selbstvertrauen ihren Mitbürger Flaccus; sie stammten nämlich alle aus Italica75. Auf Longinus selbst stürzte sich L. Licinius Squillus und brachte ihm, als er auf der Erde lag, einige leichte Wunden bei. 53 (1) Alles lief herbei, um Cassius zu schützen, denn er hatte gewöhnlich Beroner76 und etliche Veteranen mit Speeren um sich. (2) Diese drängten nun die Übrigen, die zu dessen Ermordung herbeieilen wollten, ab: Unter ihnen waren Calpurnius Salvianus und Manilius Tusculus. (3) Minucius ergriff man, als er zwischen den auf dem Wege liegenden Felsen fliehen wollte, und führte ihn vor Cassius, den man unterdessen nach Hause gebracht hatte. Raci-

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lius begab sich in das nächstgelegene Haus eines Bekannten, bis er sicher wüsste, ob Cassius tot sei. (4) L. Laterensis, der nicht daran zweifelte, lief jubelnd ins Lager und beglückwünschte die Einheimischen Soldaten und die der zweiten Legion, denen, wie er wusste, Cassius besonders verhasst war. Die Masse hob ihn gleich auf den Richterstuhl und begrüßte ihn als Praetor; (5) denn niemand, weder ein in der Provinz Beheimateter, wie die Soldaten der einheimischen Legion, noch wer sonst durch langen Aufenthalt bereits zum Provinzialen geworden war, wie zum Beispiel die zweite Legion, stimmte nicht mit der ganzen Provinz im Hass auf Cassius überein: Denn die 30. und 21. Legion, die vor wenigen Monaten in Italien ausgehoben worden waren, hatte Caesar Longinus übergeben, die fünfte Legion war erst jüngst in Spanien selbst gebildet worden. 54 (1) Mittlerweile erhielt Laterensis die Nachricht, dass Cassius noch am Leben sei, was ihn mehr betrübte als erschreckte. Er war deshalb schnell gefasst und machte sich auf den Weg, um Cassius sehen. (2) Die 30. Legion rückte, nachdem ihr Meldung gemacht worden war, in Corduba ein, um ihrem Imperator beizustehen; (3) das Gleiche tat auch die 21. Legion und beiden folgte die fünfte. Nun standen nur noch zwei Legionen im Lager: Die Soldaten der zweiten Legion fürchteten, dass man daraus auf ihre Haltung schließen könne, und folgten so dem Beispiel der anderen Legionen. Die Legion der Einheimischen dagegen blieb fest bei ihrem Vorsatz und ließ sich durch keine Furcht von ihrem Standpunkt abbringen. 55 (1) Nun ließ Cassius alle, die man ihm als Mitwisser des Mordkomplotts nannte, ergreifen, schickte die fünf Legionen ins Lager zurück und behielt 30 Kohorten bei sich77. (2) Von Minucius erfuhr er, dass L. Racilius, L. Laterensis und Annius Scapula zu derselben Verschwörung gehörten. Scapula war ein höchst angesehener und einflussreicher Mann der Provinz und mit ihm so eng vertraut wie Laterensis und Racilius. Cassius hielt daher seine Erbitterung nicht lange zurück, sondern gab den Befehl, sie hinzurichten. (3) Minucius übergab er Freigelassenen zur Folterung; ebenso Calpurnius Salvianus, der geständig war und die Zahl der Verschwörer durch seine Angabe noch mehrte, nach Meinung der einen wahrheitsgemäß, wie manche hingegen beklagten, unter Zwang. (4) Auch L. Mercello wurde denselben Folterqualen unterzogen … Squillus nannte weitere und Cassius ließ sie alle töten, mit Ausnahme derer, die sich mit Geld loskauften. (5) So einigte er sich nämlich in aller Öffentlichkeit mit Calpurnius auf 6 Millionen Sesterzen und mit Q. Sestius auf 5 Millionen Sesterzen. Wenn aber die Hauptschuldigen lediglich mit einer Geldstrafe belegt wurden, so bewies die Tatsache, dass er die Gefahr für sein Leben und den durch die Verwundung erlittenen Schmerz gegen Geld ver-

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zieh, wie sehr (bei Cassius) Grausamkeit und Habgier miteinander in Wettstreit lagen. 56 (1) Einige Tage später meldete ihm ein Brief von Caesar, dass Pompeius in der Schlacht besiegt worden und nach dem Verlust seiner Truppen geflohen sei. (2) Cassius nahm diese Botschaft mit einem gemischten Gefühl von Schmerz und Vergnügen auf. Die Nachricht vom Sieg zwang ihn zum Jubel, das Ende des Krieges aber beendete die gegenwärtige Zügellosigkeit. Er wusste also wirklich nicht, was er vorzöge: nichts zu fürchten oder alles tun zu dürfen. (3) Als seine Wunden verheilt waren, berief er alle, die ihm Darlehen gegeben hatten, zu sich und befahl ihnen, sie als zurückerstattet zu verbuchen; schien es ihm, als habe er jemandem zu wenig Abgaben auferlegt, forderte er noch größere Summen. (4) Ferner betrieb er unter den römischen Rittern eine Truppenaushebung; die Leute, die aus allen Bürgergemeinden und Kolonien zusammengezogen worden waren und sich vor dem Kriegsdienst jenseits des Meeres (in Afrika) ungemein fürchteten, verpflichtete er dazu, sich von ihrem Treueid loszukaufen. Groß waren diese Einkünfte und er zog sich immer größeren Hass zu. (5) Nach Beendigung dieser Geschäfte hielt er eine Musterung des ganzen Heeres ab und schickte die für Afrika bestimmten Legionen und Hilfstruppen zur Überfahrt ab. (6) Er selbst begab sich nach Hispalis78, um die Flottenbereitschaft zu inspizieren, und verweilte dort, weil er in der ganzen Provinz den Befehl hatte ergehen lassen, dass dort diejenigen vor ihm erscheinen sollten, welche die von ihm geforderten Gelder noch nicht entrichtet hätten. Dieser Aufruf versetzte alle in helle Aufregung. 57 (1) Inzwischen brachte L. Titius79, der damals Militärtribun in der einheimischen Legion war, die Nachricht, dass eben diese sich von der 30. Legion, die ebenfalls unter der Leitung des Legaten Q. Cassius stand, als sie das Lager vor der Stadt Ilipa80 aufgeschlagen hatten, getrennt habe. Es habe einen Aufstand gegeben, bei dem einige Zenturionen, die sich dem Aufbruch widersetzt hätten, umgebracht worden seien und die Legion sei dann zur zweiten Legion gezogen, die auf einem anderen Weg zum Meer geführt wurde. (2) Nach dieser Meldung rückte er in der Nacht mit fünf Kohorten der 21. Legion aus und kam in den frühen Morgenstunden an. Dort blieb er dann einen Tag, um sich über den Stand der Dinge zu informieren, und zog hierauf nach Carmona. (3) Als sich hier die 30. und die 21. Legion, vier Kohorten aus der fünften Legion und die ganze Reiterei eingefunden hatten, erfuhr er, dass die einheimischen Soldaten bei Obucula81 vier Kohorten abgefangen hätten und zusammen mit ihnen zur zweiten Legion gestoßen seien und dass sich diese schließlich alle miteinander verbunden und T. Thorius aus Italica zu ihrem Anführer gewählt hätten. (4) Schnell hielt nun Cassius einen Kriegsrat ab und schickte dann den Quaestor M. Marcellus nach Corduba, um es besetzt zu hal-

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ten, den Legaten Q. Cassius aber nach Hispalis. (5) Einige Tage später lief jedoch die Nachricht ein, der Bürgerverband von Corduba sei von ihm abgefallen und Marcellus mache mit den Bewohnern gemeinsame Sache, ob freiwillig oder gezwungen, war ungewiss, denn er erhielt widersprüchliche Meldungen. Dasselbe täten die zwei Kohorten der fünften Legion, die in Corduba als Besatzung lagen. (6) Wütend darüber brach Cassius sein Lager ab und gelangte am nächsten Tag nach Segovia82 am Fluss Singilis. In einer allgemeinen Versammlung wollte er die Haltung der Soldaten erforschen, doch er erkannte, dass sie nicht seinetwegen, sondern um des abwesenden Caesars willen die Treue um jeden Preis hielten und keine Gefahr scheuten, solange nur die Provinz für Caesar wiederhergestellt würde. 58 (1) Unterdessen führte Thorius die langgedienten Legionen an Corduba heran. Damit es nicht aussah, als sei nur die meuterische Natur seiner Soldaten und seiner selbst der Grund des Aufstandes, und um zugleich Q. Cassius, der in Caesars Namen über die größeren Streitkräfte zu verfügen schien, eine ebenso machtvolle Autorität entgegenzusetzen, erklärte er öffentlich, Spanien für Cn. Pompeius wiedergewinnen zu wollen. (2) Und vielleicht tat er dies auch wirklich aus Hass gegen Caesar und aus Zuneigung gegenüber Pompeius. Denn dessen Name galt viel bei diesen ehemaligen Legionen des M. Varro83. Was jedoch seine eigentliche Absicht dabei war, konnte man im Allgemeinen nur vermuten. Thorius wenigstens gab dies vor (3) und seine Soldaten bekannten sich so offen dazu, dass sie selbst den Namen des Pompeius als Inschrift auf ihre Schilde setzten. (4) Zahlreich kam ihnen die Bevölkerung entgegen, Männer, aber auch Frauen und die adelige Jugend; alle baten, sie sollten nicht in feindlicher Absicht kommen und Corduba plündern, denn sie seien gegen Cassius alle einer Meinung, doch würden sie bitten, nichts gegen Caesar unternehmen zu müssen. 59 (1) Durch die Bitten und Tränen einer so großen Menschenmenge gerührt, sahen die Truppen, dass man, um Cassius zu verfolgen, keineswegs den Namen des und die Erinnerung an Pompeius nötig hatte, da Longinus allen Caesareanern und Pompeianern gleichermaßen verhasst war. Auch überzeugte man sich, dass es nicht möglich sei, entweder den Bürgerverband (von Corduba) oder M. Marcellus von der Sache Caesars abzubringen. Sie entfernten also den Namen des Pompeius von ihren Schilden, ernannten Marcellus, der erklärte, Caesars Sache verteidigen zu wollen, zu ihrem Anführer und neuen Praetor, schlossen sich mit dem Bürgerverband zusammen und schlugen ihr Lager bei Corduba auf. (2) In diesen zwei Tagen schlug auch Cassius etwa vier Meilen weit von Corduba, diesseits des Flusses Baetis84, in Sichtweite der Stadt auf einer Anhöhe sein Lager auf. Zugleich forderte er in Briefen den König Bogus85 in Mauretanien und den Prokonsul des diesseitigen Spaniens86,

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M. Lepidus87, auf, in Caesars Interesse ihm und seiner Provinz baldmöglichst zu Hilfe zu kommen. Er selbst verwüstete indessen wie ein angreifender Feind die Umgegend von Corduba und steckte Häuser in Brand. 60 (1) Dieses schändliche und niederträchtige Betragen empörte die Legionen, die sich Marcellus zum Führer genommen hatten. Sie bestürmten ihn deshalb mit der Bitte, er möge sie in die Schlacht führen und ihnen die Möglichkeit zu einem Kampf geben, bevor die äußerst edlen und wertvollen Besitztümer der Bewohner von Corduba vor ihren Augen auf so schmähliche Weise durch Plünderung, mit Feuer und Schwert zugrunde gerichtet würden. (2) Marcellus, der an einen gänzlich unglücklichen Ausgang eines Kampfes glaubte, da der Schaden immer schwer auf Caesars Seite liegen musste, mochte er Sieger oder Besiegter sein, sah zugleich ein, dass die Entscheidung darüber nicht in seiner Macht liege. Er führte also die Legionen über den Baetis und stellte sie in Schlachtordnung auf. (3) Als er hierauf bemerkte, dass Cassius ebenfalls eine Schlachtlinie bildete und zwar gerade vor seinem Lager auf einer Anhöhe, benutzte er den Vorwand, der Feind wolle nicht in die Ebene herabkommen und überredete seine Leute zum Rückzug in das Lager. Deshalb begann er seine Truppen zurückzuführen. (4) Cassius, der durch diese günstige Lage im Vorteil war und wusste, dass Marcellus gerade verwundbar war, griff die Legionen mit seiner Reiterei an und tötete einige der sich zurückziehenden Soldaten aus den letzten Reihen an den Ufern des Flusses. (5) Da man durch diesen Verlust die Nachteile und Schwierigkeiten erkannte, die mit dem Flussübergang verbunden waren, verlegte Marcellus sein Lager über den Baetis und beide führten wiederholt ihre Legionen in Schlachtordnung heraus. Doch das schwierige Gelände verhinderte, dass wirklich gekämpft wurde. 61 (1) An Infanterie war Marcellus bei weitem der Stärkere; denn seine Legionen hatten lang gedient und waren in vielen Schlachten erprobt. Cassius verließ sich mehr auf die Treue als auf die Tüchtigkeit seiner Leute. (2) Als nun beide Lager einander gegenüberlagen und Marcellus einen für ein Kastell günstigen Platz besetzt hatte, von wo aus es möglich war, den Soldaten des Cassius das Wasser abzuschneiden, fürchtete dieser eine Art Belagerung in fremder und ihm feindselig gestimmter Gegend. Still brach Longinus deshalb in der Nacht auf und marschierte in aller Eile nach Ulia88, einer Stadt, die er sich ergeben glaubte. (3) Dort schloss er sein Lager so eng an die Mauern der Stadt, dass er durch die Natur der Örtlichkeit – denn Ulia liegt auf einem hohen Berg – und durch die Festungswerke der Stadt von allen Seiten gegen eine Belagerung sicher war. (4) Marcellus folgte ihm aber unmittelbar nach und schlug sein Lager so nahe wie möglich bei Ulia ganz dicht am feindlichen Lager auf. Kaum hatte er den Ort und die Gegend in Augenschein genommen, als er sich zu den Maßnahmen genötigt sah, die er selbst am meisten wünschte:

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Ein Treffen war nämlich nicht möglich – denn wäre es möglich gewesen, so hätte er seinen kampflustigen Soldaten nicht widerstehen können – und dennoch konnte er Cassius jedes Umherstreifen untersagen, damit nicht noch mehr Bürgerschaften das Schicksal der Bewohner von Corduba erleiden mussten. (5) An geeigneten Punkten legte er Kastelle an, führte eine ununterbrochene Schanzenlinie um die Stadt und schloss Cassius samt Ulia ein. (6) Longinus schickte aber, noch ehe das Ganze vollendet war, seine ganze Reiterei aus; er versprach sich von ihr großen Nutzen, wenn sie Marcellus vom Futterholen und von der Getreidebeschaffung abhalte, hielt sie aber für hinderlich, wenn sie, infolge einer Belagerung nutzlos geworden, nur noch seine Vorräte aufzehren würde. 62 (1) Wenige Tage später langte König Bogus, der das Schreiben des Cassius erhalten hatte, mit seinen Truppen an und vereinigte mit der Legion, die er mit sich geführt hatte, mehrere Kohorten spanischer Hilfstruppen. (2) Wie es nämlich bei bürgerlichen Uneinigkeiten üblicherweise geschieht, ergriffen damals nur manche Städte in Spanien Partei für die Sache des Cassius, mehrere dagegen hielten zu Marcellus. (3) Bogus erschien nun mit seinen Truppen vor den äußeren Schanzen des Marcellus. Von beiden Seiten kämpfte man hitzig und zwar zu wiederholten Malen, wobei der Zufall oft den Sieg hierhin und dorthin wendete; niemals jedoch wurde Marcellus aus seinen Schanzen vertrieben. 63 (1) Mittlerweise kam Lepidus aus dem diesseitigen Spanien mit 35 Legionskohorten, zahlreichen Reitern und anderen Hilfstruppen nach Ulia, um ohne jede Parteinahme die Streitereien zwischen Cassius und Marcellus schlichten. (2) Ohne jegliches Zögern vertraute sich ihm Marcellus an und stellte sich ihm zur Verfügung; Cassius dagegen blieb in seinem Lager, sei es, dass er glaubte, ihm gebührten mehr Rechte als Marcellus, oder weil er fürchtete, dass die Meinung des Lepidus bereits aufgrund der Unterwürfigkeit seines Gegners vorgefertigt sei. (3) Lepidus schlug sein Lager vor Ulia auf und hielt von Marcellus keinerlei Abstand. Er verbot jeden Kampf, lud Cassius ein, zu ihm zu kommen, und gab ihm zum Beweis der Sicherheit in dieser Sache sein Ehrenwort. (4) Cassius war lange unschlüssig, was zu tun sei und ob er Lepidus trauen dürfe. Als er jedoch nicht sah, wie dies enden werde, wenn er in seiner Meinung verharre, verlangte er die Zerstörung der Schanzen und dass ihm freier Abzug gewährt werde. (5) Nachdem nicht nur ein Waffenstillstand, sondern auch fast schon ein Friedensabkommen beschlossen worden war und man mit der Einebnung und dem Abzug der Besatzung aus den Befestigungen begonnen hatte, machten die Hilfstruppen des Königs Bogus einen Angriff auf das Kastell des Marcellus, das dem Lager des Königs am nächsten lag, und zwar zu aller Überraschung – sofern Cassius sich überhaupt unter diesen allen

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befand; denn es wurde bezweifelt, ob er nicht darüber Bescheid wusste – und machten dort etliche Soldaten nieder. (6) Wenn nicht die Empörung und das Eingreifen des Lepidus den Kampf rasch beendet hätten, wäre das Unglück noch größer geworden. 64 (1) Sobald man Cassius den Weg geräumt hatte, legten Marcellus und Lepidus ihr Lager zusammen. (2) Zur selben Zeit zogen Lepidus und Marcellus mit ihren Truppen nach Corduba, Cassius dagegen nach Carmona89. Um die gleiche Zeit traf auch der neue Prokonsul Trebonius zur Übernahme der Provinz ein90. Sowie Cassius von dessen Ankunft erfuhr, verteilte er die Legionen, die er mit sich führte, und die Reiterei auf die Winterlager; er selbst reiste dann mit all seiner schnell zusammengerafften Habe nach Malaca91, wo er ein Schiff bestieg, ungeachtet der Jahreszeit die für die Schifffahrt sehr schlecht war. Wie er selbst erklärte, tat er dies, um sich Lepidus, Trebonius und Marcellus nicht anvertrauen zu müssen; wie seine Freunde behaupteten, um nicht mit vermindertem Ansehen durch eine Provinz zu reisen, die größtenteils von ihm abgefallen war; die Übrigen schätzten, er habe bloß verhindern wollen, dass sein aus zahllosen Raubzügen angehäuftes Vermögen in fremde Hände fiel. (3) Bei einem Wetter, wie es im Winter günstig genannt werden muss, fuhr er ab und lief dann, um über Nacht sicher zu sein, in den Fluss Hiberus92 ein. Obgleich hierauf das Wetter stürmischer wurde, glaubte er dennoch die Schiffahrt ohne größere Gefahr fortsetzen zu können, geriet aber an der Mündung des Flusses in stürmischen Seegang, so dass er das Schiff wegen der gewaltigen Strömung weder wenden noch gegen so große Wogen geradeaus fahren konnte. Mitten in der Mündung des Stromes versank also sein Schiff und er kam ums Leben. 65 (1) Als Caesar aus Ägypten nach Syrien gekommen war, erhielt er teils von Leuten, die aus Rom zu ihm gekommen waren, teils durch Briefe, die ihm aus der Stadt zugingen, die Nachricht, dass in Rom vieles in der Verwaltung schlecht und verkehrt gehandhabt und kein Bereich der Staatsführung angemessen genug besorgt werde. Durch die Streitereien der Volkstribunen komme es immer wieder zu gefährlichen Unruhen und die Militärtribunen und Führer der Legionen ließen aus Ehrgeiz wie auch Nachsichtigkeit vieles zu, was gegen Sitte und Gewohnheit des Soldatenlebens ging, wodurch Zucht und Strenge sich allmählich in Luft auflösten. Obgleich er sah, dass all dies seine Anwesenheit in Rom dringend erforderte, zog er es doch vor, zuerst die Gebiete und Provinzen, durch welche er komme, so geordnet zu verlassen, dass sie von inneren Unruhen befreit würden, Recht und Gesetz anerkannten und auch die Furcht vor dem äußeren Feind ablegten. (2) In Syrien, Kilikien und Asien glaubte er dies schnell bewerkstelligen zu können, weil diese Provinzen von keinem Krieg heimgesucht wurden. In Bithynien und Pontus

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hingegen sah er größere Schwierigkeiten vor sich. (3) Wie er nämlich hörte, hatte Pharnakes Pontus noch nicht verlassen und es war keineswegs anzunehmen, dass er dies jetzt tun werde, da ihn der jüngst errungene Sieg über Domitius Calvinus übermütig gemacht hatte. (4) Caesar hielt sich deshalb in allen bedeutenderen, ehrwürdigen Städten auf, belohnte einzelne verdiente Männer und Gemeinden, untersuchte und entschied alte Streitigkeiten, versicherte alle Könige, Herrscher und Dynasten, die als Nachbarn der Provinz bei ihm erschienen waren, seiner Gnade und entließ sie, nachdem ihnen die Bedingungen für den Schutz und die Verteidigung der Provinz zur Pflicht gemacht worden waren, im Bewusstsein ihrer freundschaftlichsten Gesinnung ihm und dem römischen Volk gegenüber. 66 (1) Nachdem er wenige Tage in dieser Provinz zugebracht hatte, stellte er seinen Freund und Verwandten Sextus Caesar an die Spitze der Legionen und Syriens; er selbst reiste mit derselben Flotte, mit der er angekommen war, nach Kilikien. (2) Alle Städte dieser Provinz mussten Stellvertreter nach Tarsos93 schicken, der wohl berühmtesten und am besten geschützten Stadt von ganz Kilikien. (3) Nachdem er dort die Angelegenheiten der Provinz und der benachbarten Städte geordnet hatte, verweilte er nicht länger, da ihn der Wunsch, Krieg zu führen, zum Aufbruch drängte. Er reiste in Eilmärschen durch Kappadokien, blieb zwei Tage in Mazaca94 und kam nach Komana, wo sich die älteste und heiligste Kultstätte der Bellona95 in ganz Kappadokien befindet; dieser Tempel genießt solche Verehrung, dass der Priester dieser Gottheit in den Augen dieses Volkes, was Hoheit, Macht und Befugnis anlangt, unmittelbar auf den König folgt. (4) Dieses Priesteramt sprach er dem Lykomedes, einem Bithynier aus dem Hochadel, zu, der aus der königlichen Familie der Kappadokier stammte und nun seine begründeten Ansprüche geltend machte, da im Laufe der Zeit bloß das Unglück seiner Vorfahren und der Wechsel der herrschenden Familie bisher die Traditionslinie unterbrochen hätten. (5) Ariarathes96 aber, dem Bruder des Ariobarzanes, überließ er einen Teil Kleinarmeniens, da beide sich um den Staat wohl verdient gemacht hatten und er verhindern wollte, dass Ariarathes Erbansprüche auf das Reich erhebe oder Ariobarzanes ihn als Erben fürchten müsse; deshalb stellte er ihn unter den Befehl und die Herrschaft des Ariobarzanes97. Caesar setzte dann seine angefangene Reise mit gleicher Geschwindigkeit fort. 67 (1) Als er näher an Pontus und die Grenzen von Gallograecien98 herangerückt war, kam ihm Deiotarus entgegen, damals Tetrarch von fast ganz Gallograecien, was er sich jedoch, wie die übrigen Tetrarchen behaupteten, gegen Gesetz und alten Brauch angemaßt hatte; unzweifelhaft aber war er König von Kleinarmenien, wozu ihn der (römische) Senat ernannt hatte. Jetzt aber erschien er nicht nur ohne die Zeichen seiner königlichen Würde und wie ein

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Privatmann gekleidet, sondern sogar im Gewand eines Angeklagten und bat Caesar demütig um Verzeihung: Weil er sich nun einmal in jenem Teil der Welt befunden habe, der nicht den besonderen Schutz Caesars genoss, habe er sich aufgrund der massierten Streitkräfte und Befehle gezwungenermaßen auf die Seite des Pompeius begeben; (2) es sei nämlich nicht seine Sache gewesen, über die im römischen Volk aufgebrochenen Gegensätze zu entscheiden, sondern er habe den gegenwärtigen Gewalten gehorchen müssen. 68 (1) Caesar erinnerte ihn dagegen an die zahlreichen Begünstigungen, die er ihm als Konsul durch Staatsbeschlüsse erwiesen habe, und bewies ihm, dass seine Verteidigung sich unmöglich auf das Vorschützen von Unwissenheit gründen könne, da ein so einsichtsvoller und kluger Mann wie er wohl hätte wissen können, wer in Rom und Italien die Herrschaft in Händen halte, auf wessen Seite der Senat und das römische Volk, auf wessen Seite der Staat stand und wer nach L. Lentulus und C. Marcellus Konsul war. Dennoch, so sagte er, wolle er ihm diesen Schritt aufgrund der früher erwiesenen Gefälligkeiten nachsehen, der alten Gastfreundschaft und des Freundschaftsbundes, seiner großen Würde und seines Alters wegen und aufgrund der Bitten derer, die als Gastfreunde und Vertraute des Deiotarus in großer Zahl zusammengekommen seien, um für ihn zu bitten; über die Meinungsverschiedenheiten der Tetrarchen99, sagte er, wolle er später entscheiden, den königlichen Ornat gab er ihm zurück. (2) Die Legion aber, die Deiotarus aus seinen Bürgern mit unserer Bewaffnung und nach unserer Disziplin aufgestellt hatte, und die gesamte Reiterei befahl er zur Teilnahme am Kriegszug herbeizuführen. 69 (1) Daraufhin kam Caesar nach Pontus und zog seine Streitkräfte an einem Ort zusammen. Doch waren diese an Zahl und Kriegserfahrung mittelmäßig. Denn außer der sechsten Legion, die er aus Alexandria mit sich hergeführt hatte und die aus Veteranen bestand, die viele Strapazen und Gefahren hinter sich hatten und infolge der schwierigen Land und Seereisen, aber auch aufgrund der häufigen Kriege so sehr reduziert war, dass sie kaum noch 1000 Mann umfasste, hatte er noch drei weitere Legionen: eine von Deiotarus und die beiden Legionen, die an der Schlacht teilgenommen hatten, die zwischen Cn. Domitius und Pharnakes, wie wir geschrieben haben, ausgetragen wurde. (2) Hier nun kamen Gesandte von Pharnakes zu Caesar, die ihn inständig baten, er möge nicht in feindlicher Absicht kommen: Pharnakes werde nämlich alles tun, was man ihm befehle. (3) Vor allem aber erinnerten sie daran, dass Pharnakes sich stets geweigert habe, Pompeius Unterstützung zu senden100, während Deiotarus, der sie ihm gewährt habe, ihm dennoch seinen Dienst erwiesen habe. 70 (1) Caesar antwortete, dass er Pharnakes gewiss am gerechtesten würde, wenn dieser sofort sein Versprechen erfülle. (2) Er ermahnte die Gesandten

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aber mit milden Worten, wie es seine Art war, sie sollten ihm nicht den Deiotarus vorhalten und auch keinen allzu großen Nachdruck auf die gute Tat zu legen, dass man Pompeius keine Hilfe geschickt habe. (3) Denn er tue nichts lieber, als den reuig Bittenden zu verzeihen, könne aber denen, die im Hinblick auf seine Person [nicht] ergeben gewesen seien, offensichtliches Unrecht gegen die Provinzen nicht nachsehen. (4) Sie sollten sich vielmehr daran erinnern, dass der erwähnte Dienst Pharnakes mehr genützt hätte – denn er habe dadurch verhindert, dass er selbst besiegt würde – als ihm, dem die unsterblichen Götter den Sieg zugesprochen hätten. (5) Weil er aber nun das große und schwere Unglück der römischen Bürger, die in Pontus ihre Geschäfte betrieben hätten, nicht ungeschehen machen könne, wolle er dem Pharnakes verzeihen. (6) Denn weder könne man den Ermordeten das Leben wiedergeben noch den Verstümmelten ihre Männlichkeit; freilich hätten die römischen Bürger diese Strafe schwerer noch als den Tod empfunden. (7) Aus Pontus aber müsse er unverzüglich abziehen, die Bande der Steuerpächter zurücksenden und im Übrigen den Bundesgenossen und römischen Bürgern zurückerstatten, was sich in seinem Besitz befinde. (8) Erst wenn er dies getan habe, könne er (Pharnakes) ihm (Caesar) die Ehrengaben senden, welche siegreiche Feldherren von ihren Freunden zu empfangen pflegten. Pharnakes hatte [ihm] nämlich einen goldenen Siegeskranz geschickt. Mit dieser Entgegnung entließ Caesar die Gesandten. 71 (1) Pharnakes aber hatte nur deshalb alles so freigebig versprochen, weil er hoffte, dass Caesar, der in Eilmärschen unterwegs war, seinen Versprechungen mehr Glauben schenkte, als die Sache es zuließ, damit er umso rascher und ehrenvoller zu dringlicheren Dingen aufbrechen könne – denn jedermann wusste, dass etliche Gründe Caesar in die Stadt zurückriefen. Er begann also saumselig zu werden, verlangte eine Verlängerung der Räumungsfrist, wollte Verhandlungen dazwischenschieben, mit einem Wort, er versuchte, ihn zu hintergehen. (2) Caesar aber hatte die Verschlagenheit dieses Menschen erkannt und tat, was er sonst nur aus eigenem Antrieb heraus zu tun gewohnt war: Diesmal aber griff er, dem Zwang gehorchend und schneller, als alle erwartet hatten, zu den Waffen. 72 (1) In Pontus gibt es eine Stadt namens Zela101, die, obgleich in einer Ebene gelegen, dennoch ausreichend befestigt ist: Ein natürlicher Hügel, der fast wie von Hand aufgeschüttet wirkt, trägt auf seinem Kamm, der die ganze Umgebung überragt, die Stadtmauer. (2) Rings um die Stadt liegen überdies noch viele große, durch Täler zerschnittene Hügel. Der größte davon ist in dieser Gegend durch den Sieg des Mithridates, das Unglück des Triarius102 und die Niederlage unseres Heeres berühmt geworden; über seine Höhen und den Lauf der Straßen ist er fast mit der Stadt verbunden und liegt von Zela nicht

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viel mehr als drei Meilen entfernt. (3) Diesen Hügel besetzte Pharnakes mit all seinen Truppen und stellte die alten Schanzen jenes Lagers wieder her, das für seinen Vater so vorteilhaft gewesen war. 73 (1) Caesar, dessen Lager fünf Meilen vom Feind entfernt lag, bemerkte, dass die Täler, die das Lager des Königs schützten, ihm bei gleicher Entfernung ebenfalls als Deckung dienen könnten, wenn nur nicht die Feinde, die näher zum königlichen Lager lagen, zuvor diese Stellungen besetzten. Er ließ deshalb Materialien für einen Schutzdamm in sein Lager schaffen. (2) Nachdem dies in aller Schnelle geschehen war, brach er um die vierte Wache der folgenden Nacht mit allen Legionen ohne Gepäck auf, ließ den Tross im Lager zurück und besetzte bei Tagesanbruch, entgegen der Erwartung des Feindes, gerade den Ort, wo Mithridates die glückliche Schlacht gegen Triarius geschlagen hatte. (3) Dann ließ er die Knechte, damit sich alle Soldaten nur den Schanzarbeiten widmen konnten, alles gesammelte Material für den Dammbau aus dem Lager herbeischaffen103, da zwischen seinem Lager, das er befestigten wollte, und dem feindlichen Lager ein Tal von nicht mehr als tausend Schritten lag. 74 (1) Als Pharnakes plötzlich bei Tagesanbruch der neuen Lage gewahr wurde, stellte er all seine Truppen vor dem Lager in Schlachtordnung auf. Caesar hielt diese Aufstellung in Anbetracht des überaus ungünstigen Geländes eher für einen üblichen militärischen Brauch, entweder um seine Schanzarbeiten hinauszuzögern, weil so mehr Leute unter Waffen gestellt werden müssten oder um seine königliche Zuversicht zur Schau zu stellen, um nicht den Anschein zu erwecken, Pharnakes wolle den Ort eher durch Befestigungen als mit seinen Soldaten verteidigen. (2) Deshalb ließ er sich davon nicht abschrecken; während er die erste Schlachtreihe vor dem Wall Stellung beziehen ließ, setzte der übrige Teil des Heeres die Schanzarbeiten fort. (3) Pharnakes aber wurde entweder durch die Gunst des Ortes oder durch Wahrsagungen und göttliche Eingebungen verleitet, denen er, wie man später hörte, gefolgt war; oder aber weil er die geringe Zahl unserer Leute, die unter Waffen standen, in Erfahrung gebracht hatte, weil er jene große Menge Sklaven, die die Materialien (für den Dammbau) herbeischleppten, aufgrund der üblichen Praxis beim Schanzen für wirkliche Soldaten hielt; vielleicht trieb ihn auch das Selbstvertrauen auf sein altbewährtes Heer dazu, das sich, wie sich seine Legaten rühmten, schon zweiundzwanzigmal geschlagen und jedesmal gesiegt habe, während er zugleich unser Heer verachtete, das er, wie er wusste, bereits einmal geschlagen hatte, als Domitius es anführte. Kurz, er hatte nun einmal den Entschluss gefasst, es zum Kampf kommen zu lassen, und schickte sich an, von der Höhe ins Tal hinabzusteigen. (4) Caesar lachte eine Weile über dessen sinnlose Prahlerei und darüber, dass er seine Leute in einer Stellung zusammendrängte,

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die kein vernünftiger Feind jemals bezogen hätte. Pharnakes indessen begann in demselben Anlauf, in dem er in das schroff abfallende Tal hinabgestiegen war, mit seinen kampfbereiten Truppen die gegenüberliegende steile Anhöhe hinaufzusteigen. 75 (1) Caesar geriet über dessen unglaubliche Verwegenheit oder Selbstvertrauen in Staunen und war auf einen so unerwarteten Angriff nicht vorbereitet. In ein und demselben Augenblick berief er also die Soldaten von der Schanzarbeit ab, ließ sie zu den Waffen greifen und stellte die Legionen gegen den Feind in Schlachtordnung auf. Die dadurch hervorgerufene Panik versetzte unsere Leute in große Bestürzung. (2) Die Reihen waren nämlich noch nicht fest geordnet und die königlichen Sichelwagen brachten die unformierten Soldaten in Verwirrung; die Wagen wurden jedoch durch die Menge der Geschosse schnell außer Gefecht gesetzt. (3) Nun aber folgte ihnen die feindliche Angriffsformation selbst und mit gewaltigem Geschrei traf man aufeinander, wobei die Beschaffenheit des Ortes (unsere Truppen) sehr begünstigte, am meisten aber die Gunst der unsterblichen Götter: Diese haben überhaupt an allen Kriegsfällen teil, vor allem aber an jenen, bei denen es schon immer so gewesen ist, dass Vernunft unmöglich helfen kann. 76 (1) Der Kampf war gewaltig und heftig und Mann stand gegen Mann, als sich der Sieg zuerst auf dem rechten Flügel, wo die sechste Veteranenlegion stand, abzuzeichnen begann. Während nämlich von dort die Feinde den Hügel hinab gedrängt wurden, wurden jetzt, zwar viel langsamer, aber doch mit Hilfe derselben Götter, auf dem linken Flügel und in der Mitte sämtliche Truppen des Königs geschlagen: (2) So leicht sie auch vorher mit dem ungünstigen Terrain fertig geworden waren, so schnell gerieten sie nun, einmal aus dem Tritt gebracht, durch das schwierige Gelände in Bedrängnis. In großer Zahl wurden Soldaten teils niedergemacht, teils durch das Nachstürzen der eigenen Kameraden erdrückt; diejenigen aber, denen aufgrund ihrer Schnelligkeit die Flucht gelang, warfen die Waffen weg und stiegen über den Wall, konnten jedoch, waffenlos, wie sie waren, wenn auch jetzt auf der Anhöhe, nichts ausrichten. (3) Unsere Leute dagegen waren durch den Sieg so sehr in Hochstimmung, dass sie trotz des ungünstigen Geländes nicht zögerten, die feindlichen Befestigungen anzugreifen. Obwohl das Lager durch die Kohorten, die Pharnakes zu dessen Schutz zurückgelassen hatte, verteidigt wurde, bekamen sie das Lager der Feinde rasch in ihre Gewalt. (4) Das Gros von Pharnakes’ Streitkräften waren entweder gefallen oder gefangen genommen worden und er selbst entkam mit wenigen Reitern. Er wäre lebendig in Caesars Hände übergeben worden, hätte ihm nicht die Bestürmung des Lagers die Gelegenheit einer allzu leichten Flucht gegeben.

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77 (1) Caesar, der schon so oft als Sieger aus einem Konflikt hervorgegangen war, erfüllte diese Art des Siegens mit unglaublicher Freude, weil er einen Krieg von solch überaus großer Bedeutung derart schnell zu Ende gebracht hatte. Die Erinnerung an die plötzliche Gefahr stimmte ihn umso glücklicher104, als sich ein leichter Sieg aus einer höchst brisanten Lage entwickelt hatte. (2) Pontus war nun wiedergewonnen, die gesamte königliche Beute wurde den Soldaten überlassen und Caesar selbst brach am folgenden Tag mit leichter Kavallerie auf. Die sechste Legion ließ er nach Italien zurückkehren, um dort Belohnungen und Auszeichnungen zu erhalten, die Hilfsvölker des Deiotarus schickte er in ihre Heimat zurück und zwei Legionen ließ er zusammen mit Caelius Vinicianus in Pontus zurück. 78 (1) Durch Gallograecien und Bithynien zog er dann nach Asien, untersuchte die Streitfragen all dieser Provinzen und klärte sie; Tetrarchen, Königen und Städten wies er ihre Rechte zu. (2) Mithridates aus Pergamon, von dessen glücklichen und schnellen Erfolgen in Ägypten wir oben schon geschrieben haben, war von königlichem Geblüt und hatte auch eine königliche Erziehung genossen. Mithridates nämlich, der König von ganz Asien, hatte ihn wegen seiner adligen Abkunft schon als kleinen Knaben aus Pergamon mit in sein Lager genommen und ihn viele Jahre hindurch bei sich behalten; ihn machte Caesar zum König des Bosporanischen Reiches, das unter der Herrschaft des Pharnakes gestanden hatte, und so schützte er die Provinzen des römischen Volkes vor Übergriffen der barbarischen und feindseligen Könige, indem er einen ihm überaus freundlich gesinnten König dazwischensetzte105. (3) Ebenso sprach er ihm kraft des Rechtes seiner Abstammung und seiner Verwandtschaft die Tetrarchie der Gallograecier zu, die wenige Jahre zuvor Deiotarus besetzt und in seine Gewalt gebracht hatte. (4) Doch blieb Caesar nirgends länger, als es die drängenden Unruhen in der Stadt (Rom) zu erlauben schienen. (5) Nachdem er alle Angelegenheiten äußerst glücklich und schnell zu Ende gebracht hatte, kam er schneller als erwartet nach Italien.

Anmerkungen 1

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Im Vorfeld des Alexandrinischen Krieges war Gnaeus Pompeius Magnus, ein ehemaliger Triumvir und Verbündeter Caesars, mit diesem in Konflikt geraten und hatte sich nach der Schlacht bei Pharsalos nach Ägypten geflüchtet. Dort war er auf Befehl von König Ptolemaios XIII. (51–47 v.Chr.) getötet worden, der nicht in den römischen Bürgerkrieg hineingezogen werden wollte. Caesar erfuhr erst bei seiner Ankunft in Alexandria vom Tod des Pompeius. Aufgrund ungünstiger Winde von der Abfahrt abgehalten, wandte er sich daraufhin den Thronstreitigkeiten im ägyptischen Herrscherhaus zu. Denn der verstorbene König Ptolemaios XII. Auletes war ein Verbündeter Roms gewesen und hatte sogar eine Abschrift seines Testaments in Rom hinterlegt. Demnach sollten sich die beiden ältesten seiner vier Kinder, Ptolemaios XIII. und Kleopatra VII., zusammen die Herrschaft teilen. Diese aber hatten sich verfeindet und führten Krieg gegeneinander. Die Königskinder waren zu diesem Zeitpunkt noch so jung, dass Reichsverwalter die hauptsächliche Regierungsarbeit übernahmen. Der Reichsverwalter des jungen Königs Ptolemaios XIII., Pothinus (Potheinos), hatte, nachdem Caesar entschlossen war, bei diesem Zwist als Schiedsrichter aufzutreten, die Armee des Ptolemaios, die sich gerade in Pelusium, dem derzeitigen Kriegsschauplatz, befand, nach Alexandria holen lassen. Caesar fühlte sich durch die näherrückende ägyptische Armee verständlicherweise bedroht. Da sich der Heerführer Achillas trotz aller Erklärungsversuche nicht umstimmen ließ, setzte Caesar den jungen König gefangen. Da er nur einen kleinen Teil seines Heeres mit nach Alexandria geführt hatte (4000 Mann, darunter 800 Reiter), hielt Caesar es für das Beste, sich in der Stadt zu verschanzen und Hilfe anzufordern. Er hatte einen Teil des königlichen Palastes (der ihm als Quartier gestellt worden war) in den östlichen Stadtbezirken und das angrenzende Theater, über das er Zugang zum Hafen und einem Teil der königlichen Werften hatte, besetzt (vgl. BC III, 103–112). Kilikien ist eine Küstenlandschaft zwischen Pamphylien und Syrien im südlichen Kleinasien. Die Nabatäer sind das Hauptvolk Arabiens um das Zentrum Petra, sie waren einst ein Nomadenvolk, später ein wohlhabendes Handelsvolk. König Mal-

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Anmerkungen

chus wird eine feindliche Gesinnung Pompeius nachgesagt, denn dieser soll dem Vorgänger des Malchus, König Aretas, geschadet haben. Textverderbnis. Der Nilkanal im Süden Alexandrias durchfließt sumpfiges Gelände. Dieser ist hier mit palus gemeint. Am Ende von Kap. 1 kann palus dagegen nur den MareotisSee bezeichnen. Ein Fuß beläuft sich auf etwa 30 cm. Der Pompeianer Aulus Gabinus hatte 55 v. Chr. als Statthalter von Syrien den vertriebenen König Ptolemaios XII. Auletes wieder eingesetzt. Seitdem befand sich römisches Militär in Alexandria. „Früher“ meint das Bellum civile civile,, an welches sich das Bellum Alexandrinum anschließt (vgl. BC III, 112). Arsinoë war die jüngere Tochter des verstorbenen Ptolemaios XII. Nach seinem Testament war sie nicht die Erbin seines Reiches. Ganymedes verstopft die Seitenkanäle, die in die von ihm kontrollierten Stadtteile führten, damit nur Caesars Stadtteil betroffen wird. Scheinbar waren die Alexandriner, da ihre Stadt direkt ans Meer grenzte, an Wasser gewöhnt, das etwas salzig roch oder schmeckte. Der Übersetzung liegt die Lesart iuberet zugrunde. Caesar hatte große Teile der ägyptischen Flotte gleich zu Beginn der Feindlichkeiten zerstört. Paraitonion ist eine befestigte Grenzstadt im ägyptischen Libyen etwa 250 km westlich von Alexandria. Die Insel Pharos ist eine kleine, Alexandria vorgelagerte Insel, mit dem berühmten gleichnamigen Leuchtturm. Sie war durch einen Damm mit dem Festland verbunden, wodurch links und rechts davon zwei Häfen entstanden, der Hafen Eunostos auf der westlichen Seite und der Große Hafen auf der östlichen Seite. Caesar nennt Pharos schon in BC III, 112. „Oberhalb von Alexandria“ bezeichnet also den Küstenstreifen westlich von Alexandria, da Ostwinde die Schiffe aufhielten. Gnaeus Domitius Calvinus hatte schon bei Pharsalos, Caesars großem Sieg über Pompeius, den mittleren (und somit wichtigsten) Flügel des caesareanischen Heeres angeführt. Er war ein ehemaliger Gegner, später Anhänger Caesars. Nach der Niederlage gegen Pharnakes bleib er in der Provinz Asia. Navis actuaria bezeichnet ein schnelles Schiff, das gerudert oder gesegelt werden konnte. Gemeint ist wahrscheinlich die Chersonesus Parva, ca. 12 km westlich gegenüber Alexandria auf der Landzunge, die den MareotisSee mit dem Mittelmeer verband.

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„Unbedecktes Schiff“ bezeichnet ein Schiff mit offenem Deck und Blick auf die Ruderer. Textverderbnis. Diese große Zahl an Schiffen lässt sich erklären, wenn man in Betracht zieht, dass Caesar, wie er im BC berichtet, zu Anfang seiner Besetzung eines Stadtteils in Alexandria alle ägyptischen Schiffe im Hafen (nach Caesar 72) und in den Werften verbrennen ließ. Dass die Alexandriner noch Schiffe hatten bzw. schon vorher versuchten, sich wieder eine Flotte herzustellen, beweist Kapitel 10. Benannt nach der Anzahl der übereinander liegenden Riemenreihen. Pontus ist eigentlich das Schwarze Meer, insbesondere die Landschaft an der Südküste des Schwarzen Meeres zwischen Bithynien und Armenien (das Reich des Mithridates). Lykien ist eine Landschaft im Südwesten Kleinasiens, nordöstlich von Rhodos. Die Stelle ist verderbt. Seit 133 v. Chr. bildete die westliche Hälfte Kleinasiens die Provinz Asien. Der Kampf findet also im Hafen Eunostos statt. Pharos ist ein wichtiger Posten, was die Sicherheit des Hafens von Caesars Flottenverband sowie des Nachschubs angeht. Zudem hätte Caesar von hier die Möglichkeit, von einer weiteren Seite Angriffe auf den restlichen Teil Alexandrias vorzutragen. Ein Schritt entspricht ca. 1,50 m. Gemeint ist hier wahrscheinlich der Damm, der Pharos mit dem Festland verband. Um sich vor Geschossen zu schützen. Textverderbnis, daher sinngemäße Übersetzung. König Ptolemaios XIII., Bruder der Kleopatra und der Arsinoë; er befand sich in Caesars Gewahrsam. Kanobos liegt ca. 25 km östlich von Alexandria nahe einer Nilmündung. Claudius Tiberius Nero war Flottenkommandant Caesars und Vater des späteren Kaisers Tiberius. Am Bug der römischen Kriegsschiffe waren Rammböcke angebracht, die dazu gedacht waren, große Löcher in ein feindliches Schiff zu stoßen. Viele Schiffe besaßen zwei dieser Rammböcke. Der obere und größere sollte die tiefen Löcher ins feindliche Schiff schlagen, der untere, kleinere sollte verhindern, dass sich das eigene Schiff in den feindlichen Planken verhakte. Mithridates aus Pergamon gilt als ein Sohn des Mithridates V. Euergetes, dem Vater von Mithridates VI. Eupator Dionysos (Vater des Pharnakes). Er bekleidete in der Stadt Pergamon in Kleinasien Priesterämter und sollte am Ende dieses Krieges für seine Dienste von Caesar den Königstitel für den

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Anmerkungen

Bosporanische Reich erhalten, wo er allerdings bei Regierungsantritt getötet wurde. Pelusion liegt an der äußersten nördlichen Spitze des Nildeltas. Schon seit dem 3. Jhdt. v. Chr. war es als Grenzfestung bekannt. Eine römische Meile beläuft sich auf etwa 1,5 km. Domitius Carfulenus fiel später in der Schlacht von Mutina, nachdem er zuvor von Antonius vertrieben worden war. Deiotarus war ein Teil des Reiches des Mithridates zugefallen. Er war ein teilweise hellenisierter Klientelfürst der Römer. Um ca. 86 v. Chr. entkam er den Mordversuchen des Mithridates und schlug sich auf die Seite des Römer. Da er den pontischen General Eumachos aus Phrygien vertrieben hatte, ernannte ihn Pompeius 63/62 v. Chr. zum alleinigen König der Tolistobogier und verlieh ihm den größeren Teil des pontischen Reiches sowie Kleinarmenien, was Caesar 59 v. Chr. als Konsul durch den Senat bestätigen ließ. Ariobarzanes III. Eusebes Philoromaios überstand die Parteinahme für Pompeius unbeschadet; Caesar überließ ihm sogar einen Teil Kleinarmeniens. Pharnakes war ein Sohn des Mithridates VI. (und wahrscheinlich der Neffe des Mithridates aus Pergamon). Nach dessen Verrat an Pompeius setzte dieser Pharnakes als König des Regnum Bosporanum und der Chersonesos ein. Pharnakes erwies sich als nicht allzu treuer Verbündeter des Pompeius und nach der Schlacht bei Pharsalos begann er, das Reich seines Vaters zurückzuerobern. Auf seinem Feldzug gelangte er von Kolchis nach Kappadokien, Kleinarmenien und Pontus. Doch Caesar schlug ihn 47 v. Chr. bei Zela. Nach seiner Rückkehr wurde er von seinem Stellvertreter im Kampf getötet. Publius Sestius ist bekannt aus Ciceros Rede Pro Sestio Sestio.. Komana liegt im Süden von Kappadokien, nahe der Grenze zu Kilikien. Nikopolis liegt nordöstlich von Komana in Kleinarmenien. Diese Ereignisse finden vor dem Kampf in Alexandria statt, da Caesar, wie in Kapitel 42 beschrieben, immer noch Pompeius verfolgt. Generell wird hier ein zeitlicher Bogen gespannt, der die Ereignisse vor und während des Bellum Alexandrinum zusammenfasst. Der Westteil von Pontus war unter Pompeius 63 v. Chr. als Provinz Bithynia dem römischen Reich eingegliedert worden. Die restlichen Teile waren an verschiedene Dynasten gefallen (Archelaos, Deiotarus). Pharnakes versuchte, das Reich seines Vaters wiederherzustellen. Daraus erklärt sich auch sein Motiv, gegen die Römer zu kämpfen. Vgl. Kap. 70: Pharnakes hatte sie entmannen lassen.

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Caesar selbst war wohl der erste, der Illyrien (etwa das heutige Albanien) einem Unterstatthalter als Provinz übergab. Seit 58 v. Chr. leitete er selbst die Provinzen Gallien und Illyrien. Quintus Cornificius erhielt später die Statthalterschaft von Syrien und Afrika, wo er fiel. Marcus Octavius hatte im Bügerkrieg erfolgreich die Schiffe der Pompeianer gegen Publius Cornelius Dolabella geführt. Nach der Schlacht bei Pharsalos drohte er den Anhängern Caesars ganz Dalmatien abzunehmen. Er wurde aber schließlich durch Publius Vatinius nach Afrika vertrieben. Die Küste Illyriens gliedert sich in viele kleinere Meeresbuchten. Die Idee des Octavius liegt also auf der Hand: Er vertraut auf das schwierigere Manövrieren der Verfolgerschiffe sowie auf die Möglichkeit, sich dort verborgen halten zu können. Iader in Dalmatien wurde unter Caesar römische Kolonie. Der gemeinte Konflikt ist die Schlacht bei Pharsalos. Es ist zu beachten, dass Gabinius ein ehemaliger Pompeianer war. Er war am Anfang des Bürgerkrieges von Caesar aus der Verbannung zurückgerufen worden und stand seitdem unter seiner Flagge. Caesar hatte ihn aber vorher noch nie eingesetzt. Salona war einer der wichtigsten Häfen an der illyrischen Adriaküste. Die Figur des Publius Vatinius ist besonders im Hinblick auf sein Verhältnis zu Cicero in den politischen Wirren bemerkenswert. Unter Caesar gelang ihm der politische Aufstieg, er war Cicero verhasst und dessen erklärter Feind. Er wurde durch Cicero in mehrere Prozesse verwickelt und doch verteidigte ihn eben dieser später auf Drängen der Triumvirn, als seine Prätur von dritter Seite her verhindert werden sollte. Vatinius hielt im Bürgerkrieg erfolgreich den Hafen von Brundisium gegen die Pompeianer und gewährte Cicero dort Aufnahme. Im Alexandrinischen Krieg gewann er für Caesar die Adria zurück und wurde sogar Konsul und Prokonsul in Illyricum. Er blieb sein Leben lang ein treuer Caesareaner. Brundisium (h. Brindisi) ist eine Hafenstadt in Kalabrien. Quintus Fufius Calenus hatte bereits im Bürgerkrieg unter Caesar gedient. Achaia ist eine Landschaft an der Nordküste der Peloponnes. Mit Schnäbeln sind also die Rammböcke der Kriegsschiffe gemeint (vgl. Anm. 32). Epidauros ist das heutige Ragusa. Tauris liegt vor der dalmatischen Küste. Marcus Octavius hatte im Bürgerkrieg die Insel Issa für Pompeius gewonnen. Textverderbnis.

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Anmerkungen

Dyrrhachium ist eine Küstenstadt in Illyrien. Palaipharsalos: Gemeint ist die Schlacht bei Pharsalos. Quintus Cassius Longinus war unter Pompeius Quaestor in Hispania ulterior.. Wegen seiner Raubsucht und Härte wurde auf ihn ein Attentat verrior übt, auf das an dieser Stelle angespielt wird. Später stand er auf Caesars Seite und wurde auch im Bürgerkrieg von Caesar als Propraetor in Spanien zurückgelassen. Longinus’ Verhalten soll den Pompeianern den Boden für ihre letzte Erhebung geebnet haben. Hispania teilt sich in Hispania citerior und Hispania ulterior ulterior.. Quintus Cassius Longinus hatte kurzzeitig letztere Provint inne und dort spielen sich auch die folgenden Ereignisse ab. Medobrega ist das heutige Armenna in Lusitanien, das Herminische Gebirge wird heute Sierra del Estrêla genannt. Corduba (heute Cordoba) liegt im Süden Spaniens in Hispania citerior am Fluss Baetis. Bei Tingis (heute Tanger) in Mauretanien besteht eine Meerenge, die ein leichtes Übersetzen von Spanien (Gibraltar) ermöglicht. Numidien liegt östlich von Mauretanien. Iuba war der König von Numidien. Er stand schon länger in Kontakt mit den Römern, besonders mit Pompeius. Italica ist das heutige Sevilla la Vieja. Die Beroner waren ein keltischer Stamm. Sertorius besetzte ihr Stammesgebiet 76 v. Chr. Diese können aber hier kaum gemeint sein. Nach einer weiteren Theorie waren die Beroner ein keltiberischer Volksstamm. Textverderbnis. Hispalis (heute Sevilla) liegt im Süden Spaniens, südwestlich vonCorduba. Lucius Titius stammt aus einer in Spanien ansässigen Familie, die von Caesar gefördert wurde. Ilipa ist das heutige Alcalá del Río. Die Stadt liegt am rechen Ufer des Flusses Baetis. Obucula oder Obulucula liegt vermutlich nordwestlich des heutigen Granada. Segovia ist eine nicht genau lokalisierte Stadt in der Hispania Baetica (um den Fluss Baetis) am Singilis (heute Jenil). Marcus Terentius Varro bekleidete hohe Ämter in Rom. 67 v. Chr. war er Pompeius’ Legat im Seeräuberkrieg. Von Caesar bei der Schlacht bei Ilerda besiegt, schloss er sich trotzdem wieder den Pompeianern an. Nach der Schlacht von Pharsalos musste er sich Caesar ergeben, wurde allerdings von ihm begnadigt. Er war der bedeutendste römische Antiquar. Corduba und Hispalis liegen beide am Fluss Baetis.

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König Bogus oder Bogud beherrschte einen Teil Mauretaniens. Gemeint ist hier Hispania citerior, citerior, östlich von Hispania ulterior. ulterior. Marcus Aemilius Lepidus war seit 50 v. Chr. Prokonsul in Spanien. Er hatte den Volksbeschluss, der die Diktatur Caesars bewilligte, zu wesentlichen Teilen herbeigeführt. Später schloss er mit Antonius und Octavian das sog. zweite Triumvirat. Ulia (heute Montemayer) ist eine Bergstadt in der Nähe von Corduba. Carmona liegt in der Nähe von Hispalis. Cassius hatte die Provinz nur stellvertretend übergeben bekommen, war aber nicht der Propraetor von Hispania ulterior. ulterior. Malaca (heute Malaga) liegt an der Südostküste von Hispania citerior. citerior. Der Hiberus fließt durch Nordspanien. Tarsos (heute Tarsus), eine Stadt mit Flusshafen, liegt am Unterlauf des Kydnos in Kilikien. Bei der Neuordnung des Ostens wurde es 66 v. Chr. Hauptstadt der römischen Großprovinz Cilicia (mit Cyprus und Pamphylia). Zu Ehren Caesars wurde sie später Iulopolis genannt. In der Kaiserzeit wurde sie Zentrum des Kaiserkults und besaß mehrere Lehranstalten. Mazaca, das spätere Caesarea, liegt in Kappadokien. Bellona war die römische Göttin des Krieges und galt als Schwester des Mars. Ariarathes regierte Kappadokien von 43–34 v. Chr. Textverderbnis, daher sinngemäße Übersetzung. Gallograecien ist gleichbedeutend mit Galatien. Die Galater waren schon seit ca. 250 v. Chr. in Kleinasien eingewanderte Kelten. Caesar meint die Feldzüge des Pharnakes, die Deiotarus betrafen. Siehe Anm. 44 zu Pharnakes: Dieser hatte, als Pompeius im Bürgerkrieg nach Hilfstruppen verlangte, sehr zurückhaltend reagiert. Es ist wahrscheinlich, dass er die römische Besatzungsmacht im Allgemeinen ablehnte, da es Pompeius gewesen war, der seinen Vater abgesetzt und sein Königreich aufgeteilt hatte. Die so unvorteilhaft begonnene und doch so erfolgreich abgeschlossene Schlacht bei Zela gilt als Anlass für Caesars am häufigsten bemühte dictum ‘veni, vidi, vici’ vici’ (vgl. Suet. Iul. 37,2). Zela selbst liegt im nordwestlichen Teil von Pontus. Lucius Valerius Triarius kämpfte als Legat des Lucullus gegen Mithridates und wurde von diesem besiegt. Textverderbnis. Textverderbnis, daher sinngemäße Übersetzung. Mithridates sollte allerdings nicht mehr lange leben. Er wurde bei seinem Regierungsantritt von Asander, dem Schwiegersohn des Pharnakes, getötet.

Index Nominum Achaia 44 Achillas 4, 26 Aegyptium litus 8, 13 Aegyptus 2–3, 26, 33–34, 65, 78 (Aemilius,) M. Lepidus 59, 63–64 Africa 9, 14, 28, 47, 51, 56 Alexandrea 1, 5, 9, 11, 13–15, 18, 26–27, 32–33, 38, 48, 69 Alexandrini 2, 5–31 Alexandrinum bellum 1, 26, 34, 38 Annius Scapula 55 Ariarathes 66 Ariobarzanes 34, 66 Armenia minor 34–36, 67 Arsinoe 4, 33 Asia 13, 34, 40, 65, 78 Baetis 59–60 Bellona 66 Berones 53 Bithynia 65, 78 Bithynus 66 Bogus 59, 62 Bosphorus 78 Brundisium 44, 47 Caelius Vinicianus 77 Caesar v. Iulius Caesariani 59 Calenus v. Fufius Calpurnius Salvianus 53, 55 Calvinus v. Domitius Canopus 25 Cappadoces 66 Cappadocia 34–35, 40, 66

Carfulenus 31 Carmo (Carmona) 57, 64 Cassiani 61 Cassius: a) Q. Longinus 48, 64 b) Q 52, 57 Chersonensus 10 [Ciliciae naves 13] Cilicia 1, 25–26, 34, 65–66 Claudius: a) C. Marcellus 68 b) M. Marcellus (Aeserninus) 57–64 c) Tiberius Nero 25 Cleopatra 33 Comana: a) Cappadociae 66 b) Ponti 34–35 Corduba 49, 52, 54, 57–59, 64 Cordubenses 57, 59–61 (Cornelius,) L. Lentulus (Crus) 68 Cornificius, Q. 42–44, 47 Creta 1 Deiotarus 34, 39–40, 67–70, 77–78 Delta 27 Domitius, Cn. Calvinus 9, 34–40, 65, 69, 74 Dyrrachium 48 Epidaurus 44 Euphranor 15, 25 Eurus 9 Flaccus v. Munatius Fretum 57

Der Alexandrinische Krieg

(Fufius) Q. Calenus 44 Gabinius, A. 3, 42–43 Galli 17 Gallograeci 78 Gallograecia 67, 78 Ganymedes 4–5, 12, 23, 33 Germani 29 Graeci 15 Graecia 44, 47 Herminius mons 48 Hiberum flumen 64 Hispalis 56–57 Hispani 62 Hispania 48, 52, 62 Hispania sive provincia citerior 59, 63 Hispania sive provincia ulterior 48–50, 53, 56–58, 64 Iadertini 42 Ilipa 57 Illyricum 42–44 Issa 47 Italia 53, 68, 77–78 Italicensis 52, 57 Iuba 51 Iulius a) C. Caesar passim b) Sex. Caesar 66 (Iuventius,) L. Laterensis 53–55 Laterensis v. Iuventius Legio II. 53–54, 57 V. 50, 52–55, 57 VI. 33, 69, 76–77 XXI. 53–54, 57 XXX. 53–54, 57 XXXVI. 34, 39–40

XXXVII. 9 Deiotari 34, 39–40, 68–69 Pontica 34, 39–40 tironum 42 vernacula 53–54, 57 Lentulus v. Cornelius Lepidus v. Aemilius Licinius, L. Squillus 52, 55 Longinus v. Cassius Lusitania 48 [Lyciae naves 13] Lycomedes 66 Macedonia 42 Malaca 64 Malchus 1 Manilius Tusculus 53 Marcellus v. Claudius Mauretania 51–52, 59 Mazaca 66 Medobrega 48 Medobregenses 48 Mercello, L. 52, 55 Minucius Silo 52–53, 55 Mithridates 72–73, 78 Mithridates Pergamenus 26–28, 78 Munatius Flaccus 52 Nabataei 1 [Naeva 57] Nero v. Claudius Nicopolis 36–37 Nilus 5, 13, 27–30 Numidia 51 Obucula 57 Octaviana acies 45 Octaviana navis 42, 46 Octaviani 45–47 Octavius, M. 42–47

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Index Nominum

Palaepharsalus 48 Paraetonium 8 Patisius, Q. 34 Pergamenus v. Mithridates Pergamum 78 Pharitae 17, 19 Pharnaces 34–41, 65, 69–78 Pharsalicum proelium 42 Pharus 14, 19, 26 Plaetorius, C. 34 Pompeiani 9, 59 Pompeius, Cn. (Magnus) 3, 42, 48, 51, 56, 58–59, 67, 69–70 Pontica legio 34, 39–40 Ponticae naves 13–14 Pontici cives 41 Pontus 34–35, 41, 65, 67, 69–70, 72, 77 Ptolomaeus a) (Auletes) pater 4, 33 b) (Dionysus) filius 23, 33 Racilius, L. 52–53, 55 [Ratineum 47] Rhodius, -i 11, 13–15, 25 Rhodus 1 Roma sive urbs 65, 68, 71 Romani cives 41, 43, 70 Romani equites 40, 56 Romanus populus 3, 24, 33–34, 36, 65, 67–68, 78 Salona 43 Salvianus v. Calpurnius

Scapula v. Annius Segovia 57 Sestius a) P. 34 b) Q. 55 Sicilia 47 Silo v. Minucius Singiliense flumen 57 Squillus v. Licinius Syria 1, 25–26, 33–34, 38, 65–66 [Syriae naves 13] Tarsus 66 Tauris 45 (Terentius,) M. Varro 58 Thorius, T. 57–58 Tiberius v. Claudius Titius, L. 57 Torius v. Thorius Trebonius, C. 64 Triarius v. Valerius Tusculus v. Manilius Ulia 61, 63 (C. Valerius) Triarius 72–73 Varro v. Terentius Vasius T. 52 Vatinianus, -i, 45–46 Vatinius, P. 43, 47 Vinicianus v. Caelius Zela 72

DER AFRIKANISCHE KRIEG

Der Afrikanische Krieg 1 (1) Caesar gelangte in regelmäßigen Märschen, die er keinen Tag aussetzte, am 14. vor den Kalenden des Januar1 nach Lilybaeum2 und gab sofort zu verstehen, dass er in See stechen wolle, obwohl er dort nur über eine Rekrutenlegion und kaum 600 Reiter verfügte. Sein Zelt hatte er dicht am Ufer aufgeschlagen, so dass fast die Wellen daranschlugen, (2) in der Absicht, dass sich niemand Hoffnung auf längeres Bleiben mache, sondern alle jeden Tag und jede Stunde zur Abfahrt bereit seien. (3) Zufällig bekam er jedoch in diesen Tagen keinen günstigen Wind; trotzdem mussten Matrosen und Soldaten auf den Schiffen bleiben, damit keine Gelegenheit zur Abfahrt verpasst werde, (4) besonders da die Einwohner dieser Provinz als Truppen der Feinde3 eine unermesslich große Reiterei, vier königliche Legionen, eine große Menge Leichtbewaffneter, zehn Legionen Scipios4, 120 Elefanten und mehrere Flottenverbände nannten. Doch er kannte keine Furcht, hatte Vertrauen und verlor nicht die Hoffnung. (5) Inzwischen mehrte sich bei Caesar von Tag zu Tag die Zahl der Kriegsschiffe, mehrere Frachtschiffe liefen dort ein und vier Rekrutenlegionen, die fünfte Veteranenlegion sowie etwa 2000 Reiter kamen dort zusammen. 2 (1) Schließlich waren sechs Legionen und 2000 Reiter zusammengebracht. Sowie eine Legion ankam, musste sie sogleich die Kriegsschiffe besteigen, die Reiter brachte man auf Lastschiffe. (2) Auf seinen Befehl musste nun der größere Teil der Schiffe voraussegeln und Kurs auf die Insel Aponiana5 nehmen, (3) die von Lilybaeum … entfernt liegt; er selbst verweilte noch einige Tage dort, verkaufte von Staats wegen die Güter einiger Einwohner und erteilte dem Praetor Alienus6, der Sizilien verwaltete, für alle Fälle die nötigen Anweisungen, wobei er ihm besonders die rasche Einschiffung der restlichen Truppen ans Herz legte. (4) Nachdem der die Aufträge erteilt hatte, begab er sich selbst am sechsten vor den Kalenden des Januar7 an Bord seines Schiffes und erreichte bald die übrigen Schiffe. (5) So kam er bei günstigem Wind und auf einem schnellen Segler nach vier Tagen zusammen mit einigen wenigen Kriegsschiffen in Sichtweite Afrikas; denn die übrigen Lastschiffe wurden bis auf wenige vom Wind abgetrieben und zerstreut und kamen auf ihren Irrwegen an verschiedenen Punkten an. (6) Caesar fuhr mit seiner Flotte an Clupea8 vorbei, dann an Neapel9; außerdem ließ er auch mehrere ans Meer gebaute Kastelle und Städte hinter sich zurück.

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3 (1) Nachdem er sich Hadrumetum10 genähert hatte, wo eine feindliche Besatzung lag, die C. Considius11 befehligte und Cn. Piso, der von Clupea aus mit seiner Reiterei der Küste entlang nach Hadrumetum eilte, mit ungefähr 3000 maurischen Soldaten dort erschien, blieb Caesar gegenüber dem Hafen eine Weile vor Anker, bis die übrigen Schiffe zu ihm gestoßen waren und setzte dann seine Truppen an Land, die sich zu diesem Zeitpunkt auf 3000 Fußsoldaten und 150 Reiter beliefen. Dann schlug er vor der Stadt ein Lager auf und bezog dort Stellung, ohne irgendjemand ein Unrecht zuzufügen und verbot allen seinen Leuten die Jagd auf Beute. (2) Inzwischen besetzten die Einwohner der Stadt die Mauern mit Bewaffneten und stellten sich in großer Zahl vor dem Tor zur Verteidigung auf; ihre Stärke umfasste zwei Legionen. (3) Caesar ritt um die Stadt, vergegenwärtigte sich die Lage des Ortes und kehrte wieder ins Lager zurück. (4) Mancher hat es ihm übrigens als Nachlässigkeit und Sorglosigkeit anrechnen wollen, dass er den Steuermännern und Kapitänen keine genauen Anweisungen gegeben hatte, welche Orte sie in der Umgebung anlaufen sollten und ihnen auch, wie er es nach allgemeinem Brauch in früheren Zeiten gerade zu seiner eigenen Gewohnheit gemacht hatte, keine versiegelten Briefe übergeben hatte, damit, wenn sie diese zu gegebener Zeit gelesen hätten, sie allesamt einen bestimmten Ort ansteuerten. (5) Caesar aber hatte keineswegs unbedacht so gehandelt; denn er vermutete, dass jetzt kein Hafen auf afrikanischem Boden, in den eine Flotte einlaufen könnte, vor einer feindlichen Besatzung sicher sein werde, sondern wollte lieber eine zufällig sich bietende Gelegenheit zur Landung ergreifen. 4 (1) Inzwischen bat der Legat L. Plancus12 bei Caesar um die Erlaubnis, mit Considius zu verhandeln: Vielleicht könne er ihn auf irgendeine Weise zur Vernunft bringen. (2) Nachdem er die Erlaubnis erhalten hatte, schrieb Plancus deshalb einen Brief und gab ihn einem Gefangenen, damit er ihn zu Considius in die Stadt bringe. (3) Sobald der Bote bei Considius angekommen war und dem Auftrag gemäß das Schreiben überreichen wollte, fragte dieser, bevor er es auch nur in Empfang nahm: „Von wem kommt der Brief?“ Der Gefangene antwortete: „Von Caesar, dem Imperator!“ (4) Darauf rief Considius: „Es gibt jetzt nur noch einen Imperator des römischen Volkes, das ist Scipio!“ und ließ den Gefangenen vor seinen Augen hinrichten. Ohne den Brief gelesen zu haben, gab er ihn ungeöffnet einem zuverlässigen Mann, um ihn zu Scipio zu bringen. 5 Man hatte in Caesars Lager eine Nacht und einen Tag vor Hadrumetum zugebracht und noch immer stand eine Antwort von Considius aus; zudem trafen weder die restlichen Truppen zur Verstärkung bei ihm ein, noch hatte er Reiter in ausreichendem Maße. Außerdem verfügte er nicht über genügend Truppen – sie bestanden aus Rekruten –, um die Stadt zu erstürmen und wollte auch nicht

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sein Heer schon gleich nach der Ankunft schweren Verlusten aussetzen, zumal die Stadt gut befestigt und ein Hochrücken für den Belagerer sehr schwierig war. Darüber hinaus befanden sich, wie man berichtete, große berittene Hilfstruppen für die Einwohner auf dem Anmarsch. Insofern hielt er es für ein Gebot seiner Vernunft, für die Belagerung der Stadt nicht noch länger hier zu bleiben. Er wollte damit verhindern, dass ihn die feindliche Reiterei von hinten her bedränge, während er in der Belagerung begriffen sei. 6 (1) Als er aus diesem Grund sein Lager abbrechen wollte, machte eine ganze Menschenmasse plötzlich einen Ausfall aus der Stadt. Zufällig traf im selben Augenblick zu ihrer Unterstützung die Reiterei ein, die König Iuba geschickt hatte, um den Sold in Empfang zu nehmen. Sie besetzten das Lager, von dem Caesar gerade aufgebrochen war und begannen die Nachhut zu verfolgen. (2) Kaum hatte man sie bemerkt, als die Soldaten plötzlich Halt machten und die Reiter, waren sie auch wenige, mit kühnster Entschlossenheit dieser großen Menge entgegenstürmten. (3) Nun geschah das Unglaubliche, dass weniger als 30 gallische Reiter 2000 maurische Reiter vertrieben und in die Stadt jagten. (4) Nachdem der Feind geschlagen und in seine Befestigungen zurückgeworfen war, beeilte sich Caesar, seinen festgelegten Marsch fortzusetzen. (5) Als sich dies wiederholte und die Feinde bald die Verfolgung aufnahmen, bald wieder von den Reitern in die Stadt zurückgetrieben wurden, mussten einige Veteranenkohorten, die Caesar mit sich führte, zusammen mit einem Teil der Reiterei die Nachhut bilden, so dass man mit den übrigen Truppen nur langsam vorankam. (6) Je weiter man sich dann von der Stadt entfernte, desto zögerlicher wurde die Verfolgung durch die Numider. (7) Inzwischen kamen auf seinem Marsch auch Gesandtschaften von den Städten und Kastellen zu Caesar, die ihm Getreide versprachen und sich bereit erklärten, seinen Befehlen zu gehorchen. Deshalb schlug er an diesem Tag, den Kalenden des Januar13, sein Lager bei der Stadt Ruspina14 auf. 7 (1) Von dort brach er wieder auf und gelangte nach Leptis, einer freien und nicht tributpflichtigen Stadt, aus der ihm sogleich Gesandte entgegenkamen, die bereitwillig versprachen, alles zu tun, was er wolle. (2) Deshalb schlug Caesar, nachdem an den Toren der Stadt Zenturionen und Wachen aufgestellt worden waren, damit kein Soldat die Stadt betrete und irgendeinem Bewohner Unrecht zufüge, sein Lager nicht weit davon dicht am Strand auf. (3) Durch Zufall gelangten dorthin auch einige Last und Kriegsschiffe; die Übrigen waren, wie ihm berichtet wurde, gesehen worden, wie sie ohne Kenntnis der Gegenden ihren Kurs auf Utica nahmen. (4) Caesar entfernte sich unterdessen nicht vom Meer und unternahm wegen der Irrfahrten seiner Schiffe keine Vorstöße ins Landesinnere; alle seine Reiter mussten an Bord der Schiffe bleiben, um, wie ich glaube, zu verhindern, dass die Felder verwüstet würden. Er

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ließ sogar den Soldaten das Wasser auf die Schiffe bringen. (5) Inzwischen wurden Ruderer, die die Schiffe verlassen hatten, um Wasser zu holen, völlig unvermutet von maurischen Reitern überrascht, wobei viele von den Wurfgeschossen verwundet, einige aber auch getötet wurden. (6) Diese pflegen nämlich zwischen den Tälern mit ihren Pferden versteckt in Hinterhalten zu lauern und dann plötzlich hervorzubrechen, um nicht auf dem offenen Feld Mann gegen Mann kämpfen zu müssen15. 8 (1) Unterdessen erließ Caesar nach Sardinien und in die übrigen benachbarten Provinzen durch Boten den Befehl, ihm sofort nach dem Empfang seiner Briefe Hilfstruppen und Proviant und Getreide zu schicken. Rabirius Postumus16 musste auf seinen Befehl hin mit einem Teil der Kriegsschiffe, die entladen worden waren, nach Sizilien segeln, um ihm von dort eine zweite Nachschubsendung herüberzuführen. (2) Zehn Kriegsschiffe schickte er inzwischen aus, um die übrigen Lastschiffe, die sich verirrt hatten, ausfindig zu machen und zugleich das Meer gegen die Feinde zu sichern. (3) Ebenso befahl er dem Praetor C. Sallustius Crispus17, mit einem Teil der Schiffe zu der Insel Kerkina18 zu fahren, die in der Hand der Feinde war, weil er hörte, dass sich dort eine große Menge Getreide befände. (4) Diese Befehle und Anweisungen erteilte er jedem einzelnen so, dass sie ohne Entschuldigung, ohne Aufschub und ohne Verzögerung ausgeführt werden konnten. (5) Er selbst erfuhr in der Zwischenzeit von Überläufern und Landesbewohnern die Bedingungen Scipios und derjenigen, die mit ihm zusammen Krieg gegen Caesar führten und beklagte sich über die Torheit der Menschen – Scipio versorgte nämlich die königliche Reiterei auf Kosten der Provinz Afrika –, die lieber Steuerpflichtige des Königs sein wollten, als sich unbeschadet unter ihren Mitbürgern im Vaterland an den Genüssen ihres Vermögens zu erfreuen. 9 (1) Am dritten vor den Nonen des Januar19 brach Caesar auf, ließ sechs Kohorten unter Saserna in Leptis zurück, richtete seinen Marsch mit den übrigen Truppen nach Ruspina, von wo er tags zuvor gekommen war, ließ dort das Gepäck des Heeres zurück und brach dann selbst mit einer Abteilung marschbereiter Soldaten zur Getreidebeschaffung zu den Gutshöfen der Umgebung auf und befahl den Städtern, ihm mit sämtlichen Frachtwagen und Lasttieren zu folgen. (2) Und so kehrte er mit einem großen Vorrat an Getreide nach Ruspina zurück. Hierher zog er sich meiner Meinung nach deshalb zurück, um die Seestädte in seinem Rücken nicht ungedeckt zu lassen und sie durch Besatzungen zu sichern und als Schlupfwinkel für die Flotte zu befestigen. 10 (1) Er ließ also P. Saserna, den Bruder des in dem benachbarten Leptis stehenden Befehlshabers, mit einer Legion in Ruspina zurück mit dem Befehl, so viel Holz wie nur möglich in die Stadt bringen zu lassen. Er selbst verließ mit sieben Kohorten, die zu der Veteranenlegion gehörten und unter Sulpicius20

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und Vatinius zur See gewesen waren, die Festung Ruspina, zog zu dem zwei Meilen entfernten Hafen und bestieg dort mit dieser Mannschaft gegen Abend die Schiffe. (2) Weil niemand im Heer wusste, was dies bedeuten sollte und sich alle nach den Plänen des Feldherrn erkundigten, wurden sie von großer Furcht und Traurigkeit bewegt. (3) Denn mit einer kleinen Schar, die zudem nur aus Rekruten bestand und nicht einmal vollständig ausgeschifft war, sahen sie sich nun in Afrika bedeutenden Streitkräften eines hinterhältigen Volkes und einer unzählbaren Reiterei ausgeliefert; sie fanden keinen Trost in ihrer Lage und keine Hilfe im Austausch mit ihren Kameraden, außer in der Miene ihres Feldherrn, in seiner Tatkraft und in seiner bewundernswerten Heiterkeit; denn er zeigte stets einen hohen und aufrechten Sinn. (4) Darin fanden seine Leute ihre Ruhe wieder und alle hofften, dass ihnen dank seiner Klugheit und Einsicht alles leicht gelingen werde. 11 (1) Gerade als Caesar, der eine Nacht auf den Schiffen zugebracht hatte, bei Morgengrauen absegeln wollte, fand sich plötzlich jener Teil der Schiffe, um die er sich Sorgen gemacht hatte, von seiner Irrfahrt bei ihm ein. (2) Rasch ließ er auf diese Nachricht hin seine Soldaten aus den Schiffen an Land steigen und am Strand bewaffnet die Ankunft der übrigen Soldaten abwarten. (3) Als daher die Schiffe ohne Verzögerung in den Hafen einliefen und ihm neue Truppen, Fußvolk und Reiter zusteuern konnten, kehrte er wieder zur Festung Ruspina zurück, schlug dort ein Lager auf und brach mit 30 kampfgerüsteten Kohorten zur Getreidebeschaffung auf. (4) Daraus konnte man Caesars Absicht erkennen: Er wollte den umherirrenden Lastschiffen mit seinem Flottenverband unbemerkt von den Feinden zu Hilfe kommen, damit seine Schiffe nicht zufällig aus Unwissenheit auf die feindliche Flotte träfen; zugleich wollte er dies auch den Soldaten, die er als Besatzungen zurückgelassen hatte, verheimlichen, damit diese in Anbetracht ihrer eigenen geringen Zahl und der großen Truppenstärke der Feinde nicht den Mut verlören. 12 (1) Als Caesar mittlerweile etwa drei Meilen von seinem Lager vorgerückt war, erhielt er durch Kundschafter und einzeln vorausziehende Reiter die Nachricht, dass nicht weit von ihm die Truppen der Feinde gesichtet worden seien. Und, beim Hercules, zugleich mit der Meldung erblickten die ersten auch schon eine ungeheure Staubwolke. (2) Daraufhin gab Caesar sogleich Befehl, die gesamte Reiterei, die zu diesem Zeitpunkt nicht sehr groß war und die Bogenschützen, deren Zahl auch nur klein war, aus dem Lager zu holen; den einzelnen Abteilungen befahl er, ihm langsam und in geordneter Weise zu folgen. Er selbst zog mit wenigen Bewaffneten voraus. (3) Als man den Feind schon von ferne erblicken konnte, ließ er seine Soldaten auf offenem Feld ihre Helme aufsetzen und sich zum Kampf bereit machen; ihre Zahl belief sich insgesamt auf 30 Kohorten mit 400 Reitern und 150 Bogenschützen.

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13 (1) Die Feinde, an deren Spitze Labienus21 und die beiden Pacidei standen, entwickelten nun eine dichtgedrängte Schlachtreihe von staunenswerter Länge, die nicht aus Fußsoldaten, sondern aus Reitern bestand; zwischen diese hatten sie leichtbewaffnete Numider und Bogenschützen zu Fuß gestellt und sie standen so dicht beieinander, dass Caesars Leute von fern meinten, dass es sich nur um Fußvolk handle; den rechten und den linken Flügel hatten sie mit einer starken Reiterei gesichert. (2) Caesar stellte indessen auf seiner Seite eine einfache Linie auf, so gut es eben seine geringe Truppenstärke erlaubte; vor diese postierte er seine Bogenschützen, während er seine Reiter als Gegengewicht auf den rechten und linken Flügel stellte und schärfte ihnen ein, sich vorzusehen, dass die feindliche Reiterei aufgrund ihrer Überzahl sie nicht umgehe: Er glaubte nämlich, dass er mit einer aus Fußtruppen bestehenden Schlachtordnung kämpfen werde22. 14 (1) Während man nun auf beiden Seiten abwartete und Caesar sich nicht von der Stelle bewegte, weil er sah, dass er mit seiner geringen Mannschaft gegen die massierte Gewalt der Feinde die Entscheidung mehr durch Taktik als durch bloße Kampfkraft erzwingen müsse, begann sich plötzlich die Reiterei der Gegner auszudehnen, rückte in der ganzen Breite vor und versuchte, die Hügel zu umspannen, Caesars Reiterei auseinanderzuziehen und diese zu umgehen. (2) Die caesareanischen Reiter konnten der Masse an Gegnern nur mit Mühe standhalten. Als sich inzwischen auch noch in der Mitte die Schlachtreihen anschickten, ein Gefecht einzugehen, rückten plötzlich aus den dichtgestaffelten Heeresgruppen die leichtbewaffneten numidischen Fußsoldaten zusammen mit den Reitern vor und schleuderten ihre Wurfspeere unter die zu Fuß kämpfenden Legionssoldaten. (3) Sobald die Caesareaner den Angriff erwidert hatten, zog sich die feindliche Reiterei zurück, das Fußvolk aber hielt solange stand, bis die Reiter wieder heransprengten und ihm zu Hilfe eilten. 15 (1) Caesar, der sich hier mit einer neuen Kampfweise konfrontiert sah, bemerkte, dass seine Abteilungen beim Vorstürmen in Unordnung gerieten – denn jedesmal, wenn die Fußsoldaten sich bei der Verfolgung der Reiter zu weit von ihren Fahnen entfernten, waren sie vollkommen ungedeckt und wurden durch die Wurfspieße der sehr nahe stehenden Numider verwundet, während die gegnerischen Reiter der Wurflanze eines Fußsoldaten im Galopp leicht ausweichen konnten; er ließ daher den Befehl durch die Reihen laufen, dass kein Soldat sich weiter als vier Schritte von seinen Feldzeichen entfernen dürfe23. (2) In der Zwischenzeit machte die Reiterei des Labienus im Vertrauen auf ihre Überzahl nicht den Versuch, Caesars kleine Truppe zu umgehen: Die wenigen iulianischen Reiter, erschöpft durch die Menge ihrer Gegner, mit verwundeten Pferden, wichen Schritt um Schritt zurück: Der Feind drängte mehr und mehr nach. (3) So wurden zum selben Zeitpunkt, als sämtliche Legions-

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soldaten von der feindlichen Reiterei eingeschlossen und Caesars Truppen in einem Kreis zusammengedrängt worden waren, alle, die innerhalb dieses Kessels zusammengescheucht worden waren, zum Kämpfen gezwungen. 16 (1) Labienus ritt mit entblößtem Haupt in der ersten Schlachtreihe; zwischen anfeuernden Appellen an seine Leute richtete er bisweilen seine Rufe auch an die Soldaten Caesars: „Was ist mit dir, kleiner Rekrut?“, rief er, „So ein Wildfang? Hat er euch auch mit seinen Reden die Sinne vernebelt? Beim Hercules, er hat euch mächtig in Gefahr gebracht. Ihr tut mir leid!“ (2) Darauf der Soldat: „Ich bin kein kleiner Rekrut, Labienus, sondern Veteran der 10. Legion.“ Darauf wieder Labienus: „Ich sehe aber keine Fahnen von Zehnern.“ (3) Daraufhin riss sich der Soldat mit den Worten: „Gleich wirst du sehen, wer ich bin!“ die Sturmhaube vom Kopf, um sich ihm zu erkennen zu geben und schleuderte aus allen Leibeskräften seine Lanze. Doch während er versuchte sie auf Labienus zu werfen, traf er stattdessen dessen Pferd, das er schwer an der Brust verwundete und rief: „Labienus, merk dir, ein Soldat der Zehnten war es, der auf dich gezielt hat.“ (4) Dennoch saß allen die Angst in den Gliedern, vor allem den Rekruten: Jeder sah sich nach Caesar um und tat nichts anderes mehr, als den Geschossen der Feinde auszuweichen. 17 (1) Inzwischen hatte Caesar den Plan der Feinde durchschaut und befahl, die Schlachtreihe möglichst weit in die Breite zu ziehen; außerdem solle jede zweite Kohorte eine Kehrtwendung machen, so dass jeweils die eine hinter den Feldzeichen und die andere mit dem Gesicht zu den Feldzeichen kämpfte. Auf diese Weise teilte er mit seinem rechten und linken Flügel den Ring der Feinde in der Mitte und griff den einen Teil, den er durch seine Reiter von dem anderen abgeschnitten hatte, von innen her mit seinem Fußvolk an und trieb ihn mit einem Hagel von Wurfgeschossen in die Flucht; aus Furcht vor einem Hinterhalt rückte er aber nicht weiter vor, sondern zog sich zu seinen Leuten zurück. Dasselbe tat der andere Teil von Caesars Reiterei und Fußvolk. (2) Als nach dieser gelungenen Tat die Feinde weit zurückgeschlagen und schwer verwundet waren, begann er sich genauso, wie er aufgestellt war, in seine Stellungen zurückzuziehen. 18 (1) Inzwischen erschienen M. Petreius24 und Cn. Piso mit 110025 ausgewählten numidischen Reitern und einer ziemlich großen Menge numidischen Fußvolks von ebensolcher Art und eilten ihren Leuten geradewegs von ihrem Marsch aus zu Hilfe. (2) Nun begannen die Feinde, die sich von ihrem Schrecken erholt und wieder neuen Mut gefasst hatten, zusammen mit den zurückgekehrten Reitern die Nachhut anzugreifen und an ihrem Rückzug ins Lager zu hindern. (3) Als Caesar dies bemerkte, ließ er die Abteilungen kehrtmachen und mitten auf dem Feld den Kampf wieder aufnehmen. (4) Die Feinde kämpften wieder nach der gleichen Taktik und gingen nicht auf Nahkampf

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über; Caesars Reiter aber befanden sich insofern im Nachteil, als sie und ihre Tiere durch die jüngst erst überstandene Seekrankheit, durch Durst, Müdigkeit, zahlenmäßige Unterlegenheit und durch die Verwundungen erschöpft waren; sie waren daher zu langsam, um den Feind beharrlich und ausdauernd verfolgen zu können; auch ging der Tag bereits zur Neige. Da ritt Caesar bei seinen Kohorten und Reitern herum, feuerte sie an, noch einmal zu einem großen Schlag gegen die Feinde auszuholen und dabei nicht nachzulassen, bis sie sie über den letzten Hügel getrieben und sich dieser Anhöhen bemächtigt hätten. (5) Die Feinde warfen ihre Geschosse schon mit mehr Mühe und Nachlässigkeit und da schickte er plötzlich seine Kohorten und Reitertrupps auf ein Zeichen hin mitten in sie hinein; innerhalb eines Augenblicks waren die Feinde mühelos aus der Ebene vertrieben und von der letzten Anhöhe gejagt und Caesars Soldaten nahmen diese Stellung ein, verweilten kurze Zeit und zogen sich dann wie sie aufgestellt waren langsam wieder in ihre Befestigungen zurück. Desgleichen begaben sich auch die Feinde, die einen schweren Schlag erlitten hatten, wieder in ihre Stellungen. 19 (1) Nachdem die Schlacht geschlagen und der Kampf beendet war, fanden sich bei Caesar mehrere Überläufer der Feinde verschiedenster Herkunft ein, außerdem wurde eine Reihe von Reitern und Fußsoldaten aufgegriffen. (2) Von ihnen erfuhr man, dass die Feinde in der Absicht und zu dem Versuch gekommen seien, durch diese neue und bisher völlig ungebräuchliche Kampfweise die jungen, unerfahrenen Soldaten und die wenigen altgedienten Legionäre zu verwirren und sie wie im Falle Curios’26 mit der Reiterei zu umzingeln und in die Enge zu treiben. (3) So habe sich Labienus vor einer Versammlung geäußert, er werde den Gegnern Caesars so viele Hilfstruppen zuführen, damit sie, durch das viele Töten erschöpft, selbst in ihrem Sieg noch besiegt und von seinen Truppen überwunden würden. Freilich habe er auch für sich allein genommen27 genug Vertrauen: Erstens habe er nämlich gehört, dass in Rom die Veteranenlegionen meuterten und nichts von einer Überfahrt nach Afrika wissen wollten; zweitens habe er sich in den drei Jahren ihres Aufenthaltes in Afrika seine Soldaten durch den langen Umgang ergeben gemacht; die größte Hilfe aber gewährten ihm die Reiter und Leichtbewaffneten der Numider und außerdem die germanischen und gallischen Reiter, die Labienus auf der Flucht aus der Schlacht des Pompeius von Brundisium28 mit sich herübergebracht hatte, dazu diejenigen, die er später dort aus den Reihen der Mischlinge, Freigelassenen und Sklaven ausgehoben, bewaffnet und im Umgang mit gezäumten Pferden unterrichtet hatte; außerdem noch die königlichen Hilfstruppen mit ihren 120 Elefanten und die unzählige Menge von Reitern29 und schließlich die aus allen möglichen Völkern ausgehobenen Legionen mit mehr als 12 000 Soldaten. (4) Voll Hoffnung und Wagemut angesichts

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einer solch starken Macht griff Labienus Caesar mit 1600 gallischen und germanischen Reitern, mit 8000 numidischen Reitern ohne Sattel, außerdem mit den Hilfstruppen des Petreius, 1600 Reitern und viermal so viel Fußsoldaten und Leichtbewaffneten, mit Bogenschützen und Schleuderern sowie mehreren berittenen Bogenschützen am Vortag der Nonen des Januar30 an, sechs Tage, nachdem Caesar die afrikanische Küste erreicht hatte; es wurde auf völlig ebenem und freiem Feld gekämpft und zwar von der fünften Stunde des Tages bis zum Sonnenuntergang. In diesem Gefecht wurde Petreius schwer verwundet und zog sich aus dem Kampf zurück. 20 (1) Inzwischen ließ Caesar sein Lager sorgfältiger befestigen, verstärkte seine Stellungen durch zahlreichere Besatzung, zog einen Wall von der Stadt Ruspina bis ans Meer und einen zweiten vom Lager eben dorthin, damit noch sicherer und ohne Gefahr von diesseits und jenseits Verpflegungsnachschub herbeigeschafft werden und ihm Truppen zu Hilfe kommen könnten. Waffen und Geschütze ließ er von den Schiffen ins Lager bringen, einen Teil der Ruderer aus der Flotte, der Gallier und Rhodier, sowie einen Teil der Seesoldaten bewaffnen und ins Lager rufen, um sie, wenn möglich, nach Art des Feindes als Leichtbewaffnete zwischen die Reiter zu stellen. Außerdem vermehrte er auch seine Truppen durch Bogenschützen, die er in großer Zahl von allen Schiffen, den ityreischen31, syrischen und solchen anderer Nationen ins Lager geführt hatte. (2) Er hatte nämlich gehört, dass Scipio zwei Tage nach der Schlacht angekommen sei und seine Truppen mit Labienus und Petreius vereinigt habe; dessen Truppen umfassten, wie es hieß, acht Legionen und 3000 Reiter. (3) Caesar ließ also auch Schmieden einrichten, Pfeile und Wurfspieße in großer Zahl herstellen, Kugeln gießen und Palisaden aufrichten. Zugleich erging durch Briefe und Boten nach Sizilien der Befehl, ihm Flechtwerk und Holz für Mauerbrecher, an denen in Afrika Mangel herrschte, zu sammeln und Eisen und Blei zu schicken. (4) Auch sah er, dass er sich in Afrika nur von importiertem Getreide würde ernähren können: Im Jahr zuvor nämlich war wegen der Truppenaushebungen der Feinde und weil man die Pachtbauern zu Soldaten gemacht hatte, keine Ernte eingebracht worden. Außerdem hatten die Feinde aus ganz Afrika das Getreide in wenige und gut befestigte Städte schaffen lassen und so war ganz Afrika wie leergefegt von Getreide. Alle Städte bis auf die, die sich mit ihren Besatzungen selbst zu schützen wussten, waren zerstört und verlassen und die Feinde hatten ihre Bewohner dazu gezwungen, sich unter ihren Schutz zu begeben; die Äcker lagen verwüstet und verlassen da. 21 (1) Unter diesen schwierigen Umständen war Caesar gezwungen, sich durch Bitten und freundliches Zureden bei Privatleuten eine gewisse Menge Getreide zu verschaffen und in seine Stützpunkte zu bringen; er musste allerdings sehr sparsam damit umgehen. In der Zwischenzeit besichtigte er selbst

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jeden Tag die Schanzarbeiten und wegen der Menge der Feinde ließ er die Kohorten im Wechsel auf Posten stehen. (2) Labienus, der sehr viele Verwundete hatte, ließ diese auf Wagen festgebunden nach Hadrumetum bringen. (3) Von Caesars verirrten Lastschiffen streiften währenddessen immer noch einige zu ihrem Unglück umher, da sie die Gegend nicht kannten und nicht wussten, wo sich sein Lager befand; so wurden sie einzeln von mehreren feindlichen Booten angegriffen, in Brand gesteckt und erobert. (4) Als Caesar dies gemeldet wurde, verteilte er seine Flottenverbände in der Nähe der Inseln und Häfen, um die Nachschub und Verbindungswege sicherer zu machen. 22 (1) M. Cato32, der damals in Utica33 Befehlshaber war, erging sich unterdessen wortreich in unablässigen Vorwürfen gegen den jungen Cn. Pompeius34. (2) „Als dein Vater“, so sagte er, „in deinem Alter erkannt hatte, dass der Staat von ruchlosen und verbrecherischen Bürgern unterdrückt wurde und die guten, ehrbaren Bürger entweder getötet waren oder aber als Verbannte mit dem Verlust des Vaterlandes und der Bürgerrechte bestraft wurden, da zeichnete er sich bereits durch Ruhm und innere Größe aus und brachte es fertig, als Privatmann und Jüngling mit den versammelten Resten des väterlichen Heeres, dem schon fast völlig am Boden liegenden und zerstörten Italien und der Stadt Rom die Freiheit wiederzugeben. Ebenso gelang es ihm mit bewundernswerter Schnelligkeit Sizilien, Afrika, Numidien und Mauretanien mit Waffengewalt zurückzugewinnen. (3) Durch diese Taten erwarb er sich jenes Ansehen, das unter allen Völkern das leuchtendste und bekannteste ist und feierte bereits als junger Mann und römischer Ritter einen Triumph. (4) Er hatte außerdem keinen Vater, der so glänzende Taten vollbracht hatte und keine Vorfahren, die schon ein so herausragendes Ansehen erworben hatten und noch nicht eine so große Klientel und einen so berühmten Namen, als er sich den Staatsgeschäften zuwandte. (5) Du dagegen, der du den Ruhm und das hohe Ansehen deines Vaters für dich sprechen lassen kannst, dabei auch noch selbst hinlänglich mit charakterlicher Größe und einem umsichtigen Geist gesegnet bist, solltest du dich etwa nicht durchsetzen und nicht zu den Klienten deines Vaters aufbrechen wollen, um sie als Hilfe aufzubieten für dich, für den Staat und für jeden Optimaten?“ 23 (1) Durch diese Worte eines überaus bedeutenden Mannes angespornt, brach der junge Mann mit 30 Schiffen verschiedenster Bauart, darunter auch einige mit Schiffsschnäbeln, von Utica nach Mauretanien auf, fiel in das Königreich des Bogus ein und begann mit einem leichtbewaffneten Heer von 2000 Sklaven und Freien, von denen ein Teil bewaffnet, der andere unbewaffnet war, gegen die Stadt Ascurum35 vorzurücken. In dieser Stadt lag eine königliche Schutztruppe. (2) Als sich Pompeius näherte, ließen ihn die Städter weiter vorrücken und bis an die Tore und Stadtmauern herankommen, dann

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machten sie plötzlich einen Ausfall und trieben die geschlagenen und völlig in Panik geratenen Pompeianer allenthalben ans Meer und auf die Schiffe zurück. (3) Nach diesem Debakel fuhr der junge Pompeius mit seinen Schiffen von dort ab und nahm Kurs auf die Balearischen Inseln36, ohne je wieder die afrikanische Küste anzulaufen. 24 (1) Unterdessen brach Scipio mit den kurz zuvor erwähnten Streitkräften von Utica auf, wo er eine starke Besatzung zurückließ und schlug sein Lager zuerst bei Hadrumetum auf. Nach einem Aufenthalt von wenigen Tagen marschierte er in der Nacht zu Petreius und Labienus, mit denen er sich zusammenschloss; vereint standen sie nun mit sämtlichen Truppen in einem einzigen Lager drei Meilen entfernt. (2) Inzwischen streifte ihre Reiterei um Caesars Schanzen herum und nahm einige von den Leuten, die zum Futter und Wasserholen den Lagerwall verlassen hatten, gefangen. Dadurch hielten sie alle ihre Gegner in ihren Verschanzungen (3) und die Caesareaner hatten deshalb mit ihrem noch vorrätigen Getreide hart zu kämpfen. Caesar hatte nämlich bisher weder aus Sizilien noch aus Sardinien Nachschub erhalten und die Schiffe konnten sich wegen der Jahreszeit noch nicht ohne Gefahr auf das Meer wagen. Von afrikanischem Boden hielten sie nicht mehr als sechs Meilen in jeder Richtung besetzt und der Mangel an Nahrungsmitteln setzte ihnen zu. (4) In dieser Not sammelten seine erfahrenen Fußsoldaten und Reiter, die schon viele Land und Seekriege mitgemacht und schon häufig solche Gefahren und solchen Mangel durchlitten hatten, die Algen am Strand, wuschen sie mit Süßwasser rein und hielten mit diesem Futter die hungrigen Tiere am Leben. 25 (1) Als König Iuba unterdessen von dieser schwierigen Lage Caesars und der geringen Stärke seiner Truppen Kenntnis erhielt, wollte er ihm keine Zeit zur Verstärkung und Vermehrung seiner Befestigungswerke lassen; deshalb bot er große Truppen an Reiterei und Fußvolk auf und verließ in aller Eile sein Königreich, um seinen Leuten zu Hilfe zu kommen. (2) Inzwischen hatte P. Sittius37 seine Truppen mit denen des Königs Bochus38 vereinigt und führte sie, als er von Iubas Abmarsch erfuhr, näher an dessen Reich heran; im Anschluss daran griff er Cirta39, die reichste Stadt dieses Königreiches, an, eroberte sie auch in wenigen Tagen und nahm außerdem noch zwei weitere Städte der Gaetuler40 ein. (3) Als er danach den Bewohnern die Bedingung stellte, den Ort zu verlassen und ihm leer zu übergeben, diese sich jedoch weigerten, wurden sie alle später von ihm gefangengenommen und getötet. Von da aus rückte Sittius weiter vor und hörte nicht auf, die Felder und Städte zu verwüsten. (4) Iuba war schon gar nicht mehr weit von Scipio und dessen Unterführern entfernt, als er von diesen Vorfällen Kenntnis erhielt; er hielt es deshalb für ratsamer, sich und seinem Reich zu helfen, als Gefahr zu laufen, während er zur Unterstützung anderer aufbreche, selbst aus seinem Königreich

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vertrieben zu werden und vielleicht in beiden Fällen zu scheitern. (5) Deshalb kehrte er wieder um und zog sogar seine Hilfstruppen von Scipio ab, weil er um sich und seine Belange fürchtete; dreißig Elefanten ließ er für ihn zurück und brach dann auf, um seinem Land und seinen Städten Hilfe zu bringen. 26 (1) Weil man in der Provinz Afrika immer noch an der wirklichen Ankunft Caesars zweifelte und niemand glaubte, er selbst sei gekommen, sondern bloß ein Legat mit einer Truppenabteilung, schickte der Diktator inzwischen überall in die Provinz Briefe, in denen er den Städten sein Kommen ankündigte. (2) Mittlerweile flüchteten sich angesehene Leute aus ihren Städten zu ihm ins Lager und begannen, über die Grausamkeit und Härte seiner Feinde zu berichten. (3) Durch ihre Tränen und Klagen berührt, beschloss Caesar, obwohl er zunächst entschlossen gewesen war, erst zu Beginn des Sommers seine Truppen und Hilfsvölker aus den Standlagern zu rufen und dann erst den Krieg mit seinen Feinden zu führen, … Schnell schickte er daher an Alienus und Rabirius Postumus in Sizilien durch ein Spähschiff den schriftlichen Befehl, ihm ohne alle Verzögerung und Entschuldigung wegen des Winters oder der Stürme so schnell wie möglich das Heer zu schicken: [Die Provinz] Afrika gehe zugrunde, werde von seinen Feinden völlig vernichtet; wenn den Verbündeten nicht schnell geholfen werde, werde ihr Frevel und ihre Hinterlist nichts übriglassen als nur den Boden des Landes, nicht einmal ein Dach, unter dem sie sich schützen könnten. (4) Dabei ergriff ihn eine solche Ungeduld und gespannte Erwartung, dass er schon am folgenden Tag, nachdem die Briefe und der Bote nach Sizilien abgegangen waren, klagte, die Flotte und das Heer ließen auf sich warten und Tag und Nacht hindurch die Gedanken und Augen gebannt nur auf das Meer gerichtet hielt. (5) Das war auch kein Wunder: Denn er sah, dass die Landhäuser niedergebrannt, die Felder verwüstet, die Herden geplündert und geschlachtet, die Städte und Kastelle niedergerissen und verlassen, die Häupter der Gemeinden entweder ermordet oder in Fesseln gelegt und ihre Kinder als Geiseln in die Sklaverei geschleppt wurden. Wegen der geringen Zahl seiner Truppen konnte er aber diesem Elend kein Ende machen, so sehr man ihn auch um seinen Schutz anflehte. (6) Caesars Soldaten arbeiteten indessen unentwegt an den Schanzen und an der Befestigung des Lagers, bauten Türme und Kastelle und warfen Dämme ans Meer hin auf. 27 (1) Scipio dagegen suchte mittlerweile seine Elefanten auf folgende Weise abzurichten: Er stellte zwei Linien seiner Leute auf; die eine gegenüber den Elefanten, die aus Schleuderern bestand, nahm sozusagen den Platz des Feindes ein und schoss kleine Steinchen gegen die Stirn der Elefanten; dann stellte er die Elefanten in einer Reihe auf und hinter diese seine eigentliche Schlachtreihe, welche die Elefanten, sobald diese in ihrem Schrecken über den Stein-

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regen des Feindes auf die eigenen Leute kehrtmachten, ebenfalls mit Steinen beschießen und wieder gegen den Feind treiben sollten. (2) Die Sache ging jedoch nur mühsam und langsam voran; denn wilde Elefanten, selbst wenn sie über viele Jahre hinweg dressiert und abgerichtet worden sind, sind dann doch nicht ausgebildet genug, um in der Schlacht nicht für beide Seiten gleichermaßen eine Gefahr darzustellen. 28 (1) Während beide Feldherren auf diese Weise bei Ruspina beschäftigt waren, bemerkte der ehemalige Praetor C. Vergilius41, Befehlshaber in der Seestadt Thapsus42, dass einzelne mit Caesars Truppen beladene Schiffe in Unkenntnis der Gegend und seines Lagers auf dem Meer umherirrten. Diese Gelegenheit wollte er nutzen, bemannte einen Schnellsegler, den er gerade zur Verfügung hatte, mit Soldaten, namentlich mit Bogenschützen, fügte auch noch einige Beiboote dazu und begann, auf die allein umherfahrenden Schiffe Caesars Jagd zu machen. (2) Er wurde jedoch bei wiederholten Angriffen vertrieben und in die Flucht geschlagen. Trotzdem setzte er seine Störmanöver fort und stieß dabei zufällig auf ein Schiff, auf dem sich zwei junge Spanier, die Brüder Titius43, befanden, Tribunen aus der fünften Legion, deren Vater Caesar zum Mitglied im Senat ernannt hatte. Bei ihnen war auch ein Zenturio aus derselben Legion, namens Titus Salienus, der den Legaten Marcus Messala44 in Messana45 belagert und nicht bloß aufrührerische Reden bei ihm gehalten hatte, sondern auch die für Caesars Triumph bestimmten Gelder und Kostbarkeiten zurückbehalten und in Verwahrung genommen hatte. Deswegen fürchtete er um sein Leben. (3) Im Bewusstsein seiner Vergehen sprach er deshalb den beiden jungen Männern zu, keinen Widerstand zu leisten, sondern sich Vergilius zu übergeben. So wurden sie dann von Vergilius zu Scipio geführt, den Wachen übergeben und drei Tage später hingerichtet. (4) Vor der Hinrichtung soll der ältere Titius die Zenturionen gebeten haben, ihn vor seinem Bruder zu töten, was ihm auch gerne von ihnen gewährt wurde und so seien sie dann beide hingerichtet worden. 29 (1) Inzwischen lieferten sich die Reiterabteilungen, die für gewöhnlich [von beiden Führern] jeweils auf ihrer Seite vor dem Wall postiert waren, tagtäglich kleine Gefechte. Manchmal führten auch die germanischen und gallischen Reiter des Labienus mit Caesars Reitern Gespräche, nachdem sie sich gegenseitig eine Gefechtspause versprochen hatten. (2) Labienus selbst unternahm in der Zwischenzeit mit einem Teil der Reiterei den Versuch, die Stadt Leptis, der Saserna mit sechs Kohorten als Besatzung vorstand, zu erstürmen und mit Gewalt einzudringen; wegen der hervorragenden Befestigung der Stadt und der großen Menge an schweren Geschützen konnte sie jedoch von den Verteidigern leicht und gefahrlos behauptet werden. (3) Als aber seine Reiterei immer häufiger Angriffe unternahm und einmal eine Abteilung zufäl-

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lig dichtgedrängt an einem Tor stand, durchbohrte ein genau gezielter Pfeil von einem Skorpion46 ihren Dekurio und nagelte ihn auf seinem Pferd fest; die anderen flohen in heller Panik in ihr Lager zurück. Dieses Erlebnis schreckte sie vor weiteren Angriffen auf die Stadt ab. 30 (1) Scipio stellte inzwischen fast jeden Tag sein Heer etwa 300 Schritte von seinem Lager entfernt in Schlachtordnung auf und zog sich, wenn der größere Teil des Tages vorüber war, wieder in sein Lager zurück. (2) Sooft es auch geschah, aus Caesars Lager kam niemand heraus und näherte sich dessen Truppen. Da er nur noch Verachtung für Caesars Geduld und die seines Heeres übrig hatte, führte [Iuba] nun seine ganzen Truppen heraus, stellte seine 30 mit Türmen versehenen Elefanten vor die Schlachtlinie, zog das Fußvolk und die Reiterei möglichst weit auseinander, rückte in ein und demselben Augenblick vor und stellte sich nicht weit von Caesars Lager entfernt auf freiem Feld auf47. 31 (1) Kaum hatte Caesar dies gesehen, als er den Befehl erteilte, dass alle Soldaten, die das Lager verlassen hatten und die zum Wall hin geeilt waren, um Futter oder Holz zu holen48 oder an der Befestigung zu arbeiten, sowie was sonst an Leuten zu solchen Arbeiten notwendig war, alle nach und nach ganz ruhig und ohne Aufregung und Panik hinter die Befestigungen zurückgehen und in den Schanzen Stellung beziehen sollten. (2) Den Reitern aber, die auf Wache standen, befahl er, ihren Standort, den sie kurz zuvor bezogen hatten, solange zu behaupten, bis der Feind auf Schussweite herangekommen wäre; könne er noch näher herankommen, sollten sie sich so ehrenvoll wie möglich hinter die Befestigungen zurückziehen. (3) Auch den übrigen Teil der Reiterei wies er dazu an, dass jeder auf seinem Platz bereitstehe und sich bewaffnet zur Verfügung halte. (4) Diese Anordnungen erteilte er nicht etwa persönlich, indem er vom Wall herab die Lage überblickte, sondern dank seiner bewundernswerten Kriegserfahrenheit und Kenntnis befahl er, in seinem Feldherrenzelt sitzend, über Späher und Boten, was zu geschehen habe. (5) Er wusste nämlich wohl, dass er seine Feinde, sie mochten sich noch so sehr auf ihre Truppenstärke verlassen, dennoch öfters in die Flucht getrieben, geschlagen, in Angst und Schrecken versetzt und ihnen dann dennoch ihr Leben geschenkt und ihnen ihr Vergehen verziehen hatte; deshalb und wegen ihrer Unfähigkeit und ihres schlechten Gewissens würden sie niemals ein so großes Vertrauen auf ihren Sieg hegen, dass sie einen Angriff auf sein Lager wagten. (6) Außerdem minderte schon sein Name und sein Ansehen zum großen Teil die Kühnheit des feindlichen Heeres, (7) während zugleich die hervorragende Verschanzung seines Lagers, die Höhe des Walls, die Tiefe der Gräben und die außerhalb des Walls in bewundernswerter Weise eingerammten und verdeckten Pfähle auch ohne Verteidiger dem Feind den Zugang verwehrten: Geschosse für Skorpione, Schleudern sowie andere Wurfwaffen, wie man sie gewöhn-

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lich zur Verteidigung bereithält, hatte er in großer Menge. (8) Diese Vorbereitungen hatte er wegen der augenblicklich geringen Zahl und der Unerfahrenheit seines Heeres getroffen. Er wurde von der geballten Macht seiner Feinde in keinster Weise durch Angst aus der Fassung gebracht, sondern zeigte sich geduldig und, wie die Feinde meinten, furchtsam. (9) Er führte seine Truppen keinesfalls deshalb nicht vor den Feind, weil er etwa an ihrem Sieg zweifelte, obgleich sie zahlenmäßig gering und noch unerfahren waren, sondern weil er die Art des Sieges für ausschlaggebend erachtete. Er betrachtete es nämlich als einen Makel, wenn sich die Meinung bilden sollte, als habe er nach so großen Taten, nach der Überwindung so großer Heere und nach so vielen glanzvoll errungenen Siegen über die von der Flucht gesammelten Reste der feindlichen Armee ausgerechnet einen blutigen Sieg davongetragen. (10) Deshalb hatte er beschlossen, ihr Prahlen und ihre Überheblichkeit geduldig zu ertragen, bis mit der nächsten Nachschubsendung ein weiterer Teil der Veteranenlegionen zu ihm stoßen würde. 32 (1) Scipio verharrte übrigens einige Zeit in der erwähnten Stellung, um dadurch seine Verachtung für Caesar an den Tag zu legen; dann führte er seine Truppen allmählich ins Lager zurück, wo er in einer Versammlung über den Schrecken, den er verbreitete und über die Verzweiflung von Caesars Heer einige Reden schwang und seine Leute anfeuerte, indem er ihnen versprach, dass er ihnen in Kürze den Sieg schenken werde. (2) Caesar dagegen ließ seine Soldaten wieder an die Arbeit gehen und sorgte unter dem Vorwand von Befestigungsarbeiten unablässig dafür, dass seine Rekruten bis zur Erschöpfung tätig waren. (3) Inzwischen flohen täglich Numider und Gaetuler aus Scipios Lager, die teils in ihr angestammtes Königreich zurückkehrten, vielfach aber und in unaufhörlichen Scharen in Caesars Lager überliefen, weil sie und ihre Eltern von C. Marius49, der, wie sie hörten, ein Verwandter von Caesar war, viel Gutes genossen hatten. (4) Caesar wählte daher aus diesen die vornehmsten [Gaetuler] aus und gab ihnen einen Brief an ihre Mitbürger mit, in dem er sie aufforderte, sich und die Ihren mit der Waffe in der Hand zu verteidigen, um nicht ihren persönlichen Widersachern und Feinden gehorsam sein zu müssen. 33 (1) Während dies bei Ruspina geschah, kamen aus der Stadt Acylla50, einer freien und nicht tributpflichtigen Stadt, Gesandte zu Caesar mit der Erklärung, sie seien bereit, seinen Befehlen willig zu gehorchen, sie erflehten und erbaten von ihm lediglich, dass er ihnen eine Besatzung gebe, um seine Befehle sicherer und ohne Gefahr ausführen zu können; darüber hinaus wollten sie ihm, um ihres gemeinsamen Wohlergehens willen, Getreide und alles, was er sonst noch von ihnen verlangte, liefern. (2) Caesar willigte gerne ein, stellte die Besatzungstruppe zur Verfügung und ließ C. Messius, der die Aedilität51

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verwaltet hatte, nach Acylla aufbrechen. (3) Kaum hatte Considius Longus davon erfahren – er lag mit zwei Legionen und 700 Reitern in Hadrumetum –, als er in aller Eile mit acht Kohorten nach Acylla zu gelangen versuchte; die übrige Mannschaft ließ er dort als Besatzung zurück. (4) Messius jedoch verkürzte die Reise und kam früher mit seinen Kohorten in Acylla an. (5) Als Considius sich inzwischen mit seinen Truppen der Stadt näherte und bemerkte, dass Caesars Besatzung bereits in der Festung lag, wagte er nicht, seine Leute in Gefahr zu bringen, sondern zog sich trotz der Stärke seiner Truppen unverrichteter Dinge wieder nach Hadrumetum zurück. Als jedoch wenige Tage später Reitertruppen von Labienus zu ihm stießen, bezog er schließlich von neuem ein Lager vor Acylla und begann es einzuschließen. 34 (1) Während dieser Zeit gelangte C. Sallustius Crispus, der, wie berichtet, wenige Tage zuvor von Caesar mit der Flotte geschickt worden war, nach Kerkina. (2) Bei dessen Ankunft bestieg der ehemalige Quaestor C. Decimius, der dort mit einer Menge seiner eigenen Leute für den Schutz des Getreidenachschubs sorgte, ein kleines Schiff, das er gerade in seine Hand bekommen konnte und ergriff die Flucht. (3) Der Praetor Sallustius wurde daraufhin von den Bewohnern Kerkinas aufgenommen, wo er einen großen Vorrat an Getreide fand und Lastschiffe, die sich dort in großer Zahl befanden, damit belud und zu Caesar ins Lager schickte. (4) Inzwischen ließ auch der Prokonsul Alienus in Lilybaeum die 13. und 14. Legion zusammen mit 800 gallischen Reitern, 1000 Schleuderern und Bogenschützen an Bord der Transportschiffe gehen und schickte sie nebst einer zweiten Nachschublieferung ebenfalls zu Caesar nach Afrika. (5) Da der Wind günstig war, gelangten sie am vierten Tag unbeschadet im Hafen bei Ruspina an, wo Caesar ein Lager errichtet hatte. (6) So hatte Caesar innerhalb eines Augenblicks einen doppelten Grund zur Freude: Er sah sich mit Lebensmitteln versorgt und durch Hilfstruppen verstärkt; nun waren seine Leute wieder heiter, die Sorgen um das Getreide waren vertrieben und so legte er seine Sorge ab. Er ließ die Legionen und Reiter aus den Schiffen steigen, gönnte ihnen Erholung von Strapazen und Seekrankheit und verlegte sie in die verschiedenen Kastelle und Festungswerke. 35 (1) Scipio und seine Begleiter wunderten sich daher über Caesars Verhalten und stellten Erkundigungen an; sie vermuteten, dass er, der sonst immer gewohnt war, von sich aus anzugreifen und den Kampf herauszufordern sein Verhalten, nicht ohne einen großen Plan so plötzlich änderte. (2) Seine Geduld flößte ihnen nun doch große Furcht ein; deshalb schickten sie zwei Gaetuler, an deren unbedingte Ergebenheit sie keinen Zweifel hatten und denen sie bedeutende Belohnungen und Versprechungen in Aussicht stellten, in Caesars Lager; sie sollten sich als Überläufer ausgeben und dabei die Lage auskund-

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schaften. (3) Gleich nachdem sie Caesar vorgeführt wurden, baten sie um die Erlaubnis, sich frei und ohne Gefahr vor ihm erklären zu dürfen; (4) als ihnen dies gestattet wurde, sprachen sie: „Oft schon, Imperator, haben viele Gaetuler, die wir ja alle Schutzbefohlene des C. Marius sind und beinahe alle römischen Bürger in der vierten und sechsten Legion, die Absicht gehabt, zu dir und unter deinen Schutz zu fliehen; nur die numidischen Reiterwachen hinderten uns daran, dies gefahrlos tun zu können. Nun aber wurde uns dazu Gelegenheit gegeben; da Scipio uns als Späher schickte, sind wir nur allzu gern zu dir gekommen. Wir sollen nämlich herausfinden, ob etwa Gräben oder Fallen gegen die Elefanten vor dem Lager und den Toren des Walls angelegt worden seien; außerdem sollen wir eure weiteren Pläne und Maßnahmen gegen diese Tiere und eure Vorbereitungen zum Kampf in Erfahrung bringen und Scipio melden.“ (5) Caesar lobte beide und gab ihnen Belohnungen; dann führte man sie zu den anderen Überläufern. (6) Schnell schon bestätigte die Wahrheit ihre Worte: Denn gleich am folgenden Tag liefen aus jenen Legionen, die von den Gaetulern genannt wurden, mehrere Legionssoldaten von Scipio in Caesars Lager über. 36 (1) Während dieser Vorgänge vor Ruspina veranstaltete M. Cato, der in Utica die Leitung innehatte, täglich Aushebungen unter den Freigelassenen, Afrikanern, schließlich unter den Sklaven und Leuten jeder Art, wenn sie nur das Alter hatten, Waffen tragen zu können; er schickte sie dann jedes Mal, wenn er sie bei der Hand hatte, zu Scipio in das Lager. (2) Inzwischen kamen Gesandte aus der Stadt Thysdra52 zu Caesar, wo die italischen Kaufleute und Landbesitzer einen Vorrat von 300 000 Scheffel Weizen angehäuft hatten; sie machten ihm davon Meldung und baten gleichzeitig, dass er ihnen eine Schutztruppe schicke und das Getreide und ihr eigener Besitz bewahrt werde. (3) Caesar dankte ihnen für den Augenblick und schickte sie mit der ermutigenden Versicherung, er werde ihnen in Kürze eine Besatzung senden, zu ihren Mitbürgern zurück. (4) Währenddessen war P. Sittius mit seinen Truppen in Numidien eingefallen, wo er gewaltsam ein Kastell eroberte und in seine Gewalt brachte, das auf einem Berg befestigt lag und wohin Iuba für seine Kriegsführung Getreide und anderes Kriegsmaterial hatte bringen lassen. 37 (1) Als Caesar durch die zweite Nachschublieferung sein Heer um zwei Veteranenlegionen, Reiterei und Leichtbewaffnete verstärkt sah, ließ er sofort die entladenen Schiffe nach Lilybaeum auslaufen, um das restliche Heer zu holen. Er selbst aber befahl am sechsten vor den Kalenden des Februar53 ungefähr um die erste Nachtwache, dass sich alle seine Kundschafter und persönlichen Diener zu seiner Verfügung halten sollten. (2) Und so befahl er um die dritte Nachtwache zur Überraschung aller, sämtliche Legionen aus dem Lager herauszuführen und ihm in Richtung auf die Stadt Ruspina zu folgen,

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wo er selbst eine Besatzung liegen hatte, nachdem diese Stadt als erste auf seine Seite getreten war. (3) Von dort stieg er einen kleinen Abhang hinunter und führte das Heer auf der linken Seite einer Ebene in die Nähe des Meeres. (4) Diese Ebene erstreckt sich in überwältigender Weite über zwölf Meilen hinweg; vom Meer her wird sie von einem Höhenrücken umschlossen, der nicht sehr hoch ist und den Eindruck eines Theaters vermittelt. (5) Auf diesem Bergrücken erheben sich einige wenige bedeutende Anhöhen, auf denen einzelne Türme und sehr alte Aussichtsposten erbaut worden waren. Bei dem letzten davon stand eine befestigte Stellung und ein Wachtposten Scipios. 38 (1) Sobald Caesar den besagten Bergrücken erstiegen hatte, begann er, zu jedem Hügel, einem Turm und den Kastellen zu gehen; dafür benötigte er weniger als eine halbe Stunde. (2) Als er dann schon nicht mehr weit von dem letzten Hügel und dem Turm entfernt war, der dem feindlichen Lager am nächsten lag und auf dem sich, wie gesagt, eine befestigte Stellung und eine numidische Wachmannschaft befand, machte er eine Weile halt und verschaffte sich ein Bild von der Beschaffenheit des Geländes. Daraufhin stellte er Reiterposten auf und teilte den Legionen ihre Aufgabe zu: Er befahl, auf halber Höhe von dem Ort aus, den er zuletzt erreicht hatte, einen Damm bis zu dem Ort zu ziehen, von dem sie aufgebrochen waren und diese zu befestigen. (3) Kaum hatten dies Scipio und Labienus wahrgenommen, als sie mit der gesamten Reiterei aus dem Lager zogen, sie in Schlachtordnung aufstellten, etwa 1000 Schritte von ihren Schanzen vorrückten und ihre Fußtruppen in einer zweiten Schlachtlinie weniger als 400 Schritte vom eigenen Lager entfernt aufstellten. 39 (1) Caesar trieb seine Leute bei der Arbeit an und ließ sich durch die feindlichen Truppen nicht stören. (2) Als er aber den Feind nur noch 1500 Schritt von seinen eigenen Schanzen entfernt sah und bemerkte, dass dieser immer näher rückte, um seine Leute an der Arbeit zu hindern und sie davonzujagen, hielt er es für notwendig, die Legionen von den Befestigungen abzuziehen; er befahl seiner spanischen Reiterabteilung, schleunigst gegen den nächstgelegenen Hügel zu rücken, die dortigen Besatzungen zu vertreiben und die Stellung einzunehmen; als Unterstützung musste eine Schar Leichtbewaffneter dorthin mitziehen. (3) Schnell griffen sie nun die Numider an, nahmen sie teils gefangen, teils wurden sie auf der Flucht von den Reitern verwundet; so fiel das Gelände in ihre Hand. (4) Als Labienus dies bemerkte, ließ er, um seinen Leuten schneller Hilfe bringen zu können, fast den gesamten rechten Flügel seiner Reiterei aus der Aufstellung kehrtmachen und bemühte sich, seinen fliehenden Soldaten zu Hilfe zu eilen. (5) Sobald Caesar sah, dass sich Labienus schon ziemlich weit von seinen Truppen entfernt hatte, schickte er den linken Flügel seiner Reiterei vor, um die Feinde voneinander abzuschneiden.

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40 (1) Auf der Ebene, wo sich diese Geschehnisse abspielten, befand sich ein sehr großes Landgut mit vier Türmen. Dieses versperrte Labienus die Sicht, so dass er nicht bemerken konnte, wie er durch Caesars Reiterei abgeschnitten wurde. (2) Deshalb sah er die iulianischen Reitereiabteilungen nicht eher, als bis er gewahr wurde, wie seine Leute von hinten her niedergeschlagen wurden. Dadurch geriet seine numidische Reiterei plötzlich in eine solche Panik, dass sie, so schnell sie nur konnte, auf direktem Weg zurück ins Lager floh. (3) Seine Gallier und Germanen, die standhielten, wurden von der Höhe herab und von ihrem Rücken her eingekreist und, obwohl sie tapfer Widerstand leisteten, bis auf den letzten Mann erschlagen. (4) Kaum sahen dies die Legionen des Scipio, die vor dem Lager in Stellung gegangen waren, als sie vor Furcht und Schrecken die Besinnung verloren und durch alle Tore ins Lager stürzten. (5) Caesar hatte somit Scipio und dessen ganze Streitmacht aus der Ebene und von den Hügeln gejagt und in ihr Lager zurückgetrieben; nun ließ er zum Rückzug blasen und nahm die gesamte Reiterei hinter die Befestigungen zurück. Als man das Feld klärte, fand man die beeindruckenden Leiber jener Gallier und Germanen, die dem Labienus teils wegen seines Ansehens aus Gallien gefolgt waren, teils auch durch Belohnungen und Versprechungen dazu verleitet worden waren, sich ihm anzuschließen; manche, denen er nach der Schlacht gegen Curio als Gefangene das Leben geschenkt hatte, hatten ihm ihre entsprechende Dankbarkeit durch treue Gefolgschaft erweisen wollen. (6) Nun aber lagen die erstaunlichen und herrlich anzuschauenden Körper dieser Menschen erschlagen und über das ganze Schlachtfeld verstreut umher. 41 (1) Nach dieser Schlacht führte Caesar am darauffolgenden Tag die Kohorten aus allen befestigten Stellungen heraus und stellte seine ganze Streitmacht auf der Ebene in Schlachtordnung auf. Scipio dagegen begann nun seinerseits angesichts des schlechten Zustands seiner Truppen, wegen der Toten und Verletzten innerhalb seiner Verschanzungen zu bleiben. (2) Caesar formierte seine Schlachtordnung und rückte entlang der Ausläufer des Gebirges langsam näher an die feindlichen Schanzen heran. Schon waren auch die iulianischen Legionen nur noch 1000 Schritt von der Stadt Uzitta54, die Scipio hielt, entfernt, als Scipio aufgrund der Befürchtung, die Stadt zu verlieren, die sein Heer mit Wasser und allen übrigen Dingen versorgte, all seine Truppen herausführte und in vierfacher Schlachtordnung aufstellte; dabei ließ er entsprechend seiner Gewohnheit die abteilungsweise in gerader Linie ausgerichteten Reiter zusammen mit den dazwischen verteilten Turmelefanten und Bewaffneten die erste Reihe bilden und eilte so der Stadt zu Hilfe. (3) Als Caesar das bemerkte, glaubte er, Scipio sei zum Kampf bereit und rücke entschlossen auf ihn zu. [Dieser] aber machte an jenem Punkt, den ich kurz zuvor erwähnt habe,

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vor der Stadt halt und stellte sich so, dass seine mittlere Schlachtreihe von der Stadt gedeckt war, den rechten und linken Flügel, wo die Elefanten standen, stellte er offen in Sicht der Feinde auf. 42 (1) Caesar hatte in seiner Stellung beinahe bis Sonnenuntergang gewartet, hatte sich aber überzeugt, dass Scipio nicht näher an ihn heranrücke und sich eher auf seinem Platz verteidigen wolle, wenn es die Situation erfordere, als zu riskieren, sich auf offenem Feld in ein Handgemenge einzulassen. Er hielt es deshalb nicht für ratsam, noch am selben Tag weiter gegen die Stadt anzurücken, weil er wusste, dass eine bedeutende Besatzung von Numidern darin lag; die mittlere Schlachtlinie des Feindes sah er ohnehin durch die Stadt gedeckt und er durchschaute auch die Schwierigkeit, gleichzeitig die Stadt anzugreifen und mit dem rechten und linken Flügel in einer ungünstigen Stellung eine Schlacht zu wagen, besonders da seine Soldaten bereits seit dem frühen Morgen, ohne etwas gegessen zu haben, unter Waffen standen und deshalb müde waren. (2) Er zog daher sein Heer ins Lager zurück und begann am folgenden Tag mit der Ausdehnung seiner Befestigungslinie auf die Stellung des Feindes zu. 43 Considius, der in der Zwischenzeit mit acht Söldnerkohorten55 aus Numidien und Gaetulien die Stadt Acylla belagerte, wo C. Messius dem Besatzungstrupp vorstand, hatte mittlerweile lange Zeit viel unternommen und mächtige Belagerungsmaschinen herbeigeschafft, konnte jedoch nichts ausrichten, da die Bewohner sie jedesmal in Brand setzten. Als ihn plötzlich auch noch die Nachricht von dem unglücklichen Reitergefecht erreichte, zündete er seinen gesamten Getreidevorrat an, den er im Lager hatte, machte Wein, Öl und andere Lebensmittel ungenießbar, hob die Belagerung von Acylla auf, zog durch Iubas Königreich zu Scipio und trat diesem einen Teil seiner Truppen ab; er selbst zog sich nach Hadrumetum zurück. 44 (1) Von der zweiten Sendung des Alienus aus Sizilien war inzwischen ein Schiff, auf dem sich Q. Cominius56 und der römische Ritter L. Ticida57 befanden, vom übrigen Verband abgekommen und durch den Wind nach Thapsus verschlagen worden: Dort griff es Vergilius mit Kähnen und kleinen Schnellseglern auf und führte es mit sich. (2) Ebenso wurde noch ein anderes Schiff, ein Dreiruderer, das zur selben Flotte gehörte, sich verirrte und vom Sturm verschlagen wurde, bei Aegimurus58 von den Flotten des Varus59 und M. Octavius aufgestöbert. Die Veteranen nebst einem Zenturio und einigen Rekruten, die sich darauf befanden, ließ Varus, ohne ihnen eine Misshandlung zuzufügen, in Gewahrsam nehmen und zu Scipio bringen. (3) Als sie dann zu diesem kamen und vor seinem Tribunal standen, sprach er: „Ich weiß bestimmt, dass ihr nicht aus eigenem Antrieb eure Mitbürger und jeden herausragenden Mann in so frevlerischer Weise verfolgt, sondern weil euer verbrecherischer

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Feldherr euch dazu getrieben und dies befohlen hat. (4) Das Schicksal hat euch nun in meine Gewalt gebracht. Wenn ihr aber künftig, wie es eure Pflicht ist, das Vaterland und seine wahren Freunde verteidigen wollt, so ist es mein fester Vorsatz, euch das Leben zu schenken und überdies noch Geld. Sagt also, wie ihr darüber denkt.“ 45 (1) Scipio wollte sie nur deshalb sprechen lassen, weil er dachte, sie würden ihm sicherlich für seine Gnade danken. (2) Doch der Zenturio der 13. Legion erwiderte: „Für deine große Gnade, Scipio – denn Imperator nenne ich dich nicht –, danke ich dir, weil du mir, einem Kriegsgefangenen, Leben und Schonung versprichst; ich würde vielleicht Gebrauch davon machen, wenn du mir nicht eben dadurch den größten Frevel zumutetest. (3) Soll ich etwa gegen Caesar, meinen Imperator, bei dem ich Führer einer Zenturie war und gegen das Heer desjenigen, für dessen Ehre und Siegesruhm ich mehr als 36 Jahre60 hindurch gekämpft habe, als bewaffneter Feind antreten? (4) Das werde ich niemals tun. Dir aber rate ich nachdrücklich, nimm Abstand von deinem Vorhaben! Wenn du bisher nicht erfahren hast, gegen wessen Leute du antrittst, so erfahre es jetzt. (5) Wähle aus deinen Kohorten die stärkste aus und lass sie gegen mich antreten; ich will aus meinen Kameraden, die nun in deiner Gewalt sind, nicht mehr als zehn Männer aussuchen: Du sollst aus unserer Tapferkeit ermessen, was du von deinen Leuten zu erhoffen hast.“ 46 (1) Kaum hatte der Zenturio so mutig und kraftvoll gesprochen, als Scipio, in seiner Erwartung getäuscht, zornentbrannt und zutiefst erbittert, seinen Hauptmännern durch ein Kopfnicken bedeutete, was sie nach seinem Willen tun sollten: Der Zenturio wurde vor Scipios Füßen getötet, die übrigen Veteranen trennte man von den Rekruten. (2) „Führt sie ab!“, rief Scipio, „Sie sind befleckt von abscheulichem Frevel und gemästet mit dem Blut ihrer Mitbürger.“ Man führte sie so vor den Schanzwall, wo sie auf qualvolle Weise getötet wurden. (3) Die Rekruten wurden auf die Legionen verteilt, Cominius und Ticida aber durften ihm auf keinen Fall vorgeführt werden. (4) Dieser Vorfall brachte Caesar so sehr auf, dass er diejenigen, die auf seinen Befehl hin bei Thapsus mit Kriegsschiffen Seewache hielten, um seine Transport und Kriegsschiffe zu schützen, ihrer Nachlässigkeit wegen mit Schimpf uns Schande aus dem Heer entließ. Er sorgte auch dafür, dass ein Erlass, in dem schwerste Vorwürfe erhoben wurden, dies öffentlich bekanntmachte. 47 (1) Etwa um diese Zeit ereignete sich in Caesars Heer etwas Unglaubliches und noch nie Gehörtes. Denn obwohl das Siebengestirn bereits untergegangen war, erhob sich ungefähr um die zweite Nachtwache plötzlich ein ungeheurer Sturm mit steingroßen Hagelkörnern. (2) Dies war umso gefährlicher, als Caesar nicht, wie sonst üblich, ein Winterquartier bezog, sondern fast jeden dritten oder vierten Tag vorrückte und sich dem Feind näherte, wobei er

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jedesmal ein neues Lager befestigte. Die Soldaten, die ununterbrochen Schanzen errichten mussten, hatten also keine Möglichkeit, an sich selbst zu denken. (3) Hinzu kam, dass es Caesar bei der Überfahrt des Heeres aus Sizilien nicht möglich gewesen war, außer den Soldaten selbst und den Waffen auch noch das Gepäck oder Sklaven oder sonst irgendetwas, was Soldaten für gewöhnlich brauchen, auf die Schiffe zu verladen. (4) In Afrika selbst hatten sie sich nicht nur nichts erworben und angeschafft, sondern auch das wenige, was sie mitgebracht hatten, der großen Lebensmittelknappheit wegen bereits verzehrt und aufgebraucht. (5) Unter diesen dürftigen Umständen schliefen nur ganz wenige unter Zelten oder Tierhäuten: die anderen hielten sich in kleinen, aus Kleidern gefertigten und mit Schilfrohren und Schilden bedeckten Zelten auf. (6) Durch den plötzlich einsetzenden Hagel und Regensturm wurden diese Zelte von dem Gewicht und der Gewalt der Wassermassen erdrückt und weggerissen, die Lagerfeuer in dieser stürmischen Nacht gelöscht und sämtliche Lebensmittel verdorben, so dass die Soldaten durcheinander im Lager umherliefen und mit ihren Schilden ihre Köpfe schützten. In der gleichen Nacht leuchteten die Spitzen auf den Wurfspießen der fünften Legion von selbst61. 48 (1) Unterdessen hatte König Iuba von Scipios Verlust im letzten Reitergefecht Nachricht erhalten und war von diesem schriftlich aufgefordert worden, zu ihm zu stoßen. Der König ließ also seinen General namens Saburra mit einem Teil seiner Streitmacht gegen Sittius zurück, verließ sein Königreich und brach zu Scipio auf, um ihm durch seine Gegenwart ein gewichtigeres Auftreten zu verleihen und Caesars Heer Furcht einzuflößen. Ihn begleiteten drei Legionen, 800 Reiter mit Zaumzeug, eine große Menge Numider ohne Zaumzeug und leichtes Fußvolk sowie 30 Elefanten. (2) Gleich bei seiner Ankunft bezog er mit den eben erwähnten Truppen nicht weit von Scipio ein eigenes, getrenntes Lager. (3) In Caesars Lager hatte vorher große Unruhe geherrscht und durch die Erwartung der königlichen Truppen wurde sein Heer vor der Ankunft Iubas immer unsicherer. Nachdem der König aber sein Lager ganz dicht neben ihrem aufgeschlagen hatte, machte sich unter Caesars Truppen nur Geringschätzung breit und die Furcht legte sich. Er hatte durch seine Gegenwart die Bedeutung verloren, welche er in der Abwesenheit genoss. (4) Übrigens zeigte es sich alsbald klar, dass Scipio durch Iubas Erscheinen mehr Mut und Zuversicht bekommen hatte; (5) denn gleich am folgenden Tag stellte er sein und des Königs gesamtes Heer nebst 60 Elefanten möglichst eindrucksvoll in Schlachtordnung auf, rückte von seinen Befestigungen etwas vorwärts, zog sich jedoch bald daraufhin wieder in sein Lager zurück. 49 (1) Als Caesar sah, dass nun fast alle Hilfstruppen, die Scipio erwartet hatte, bei ihm eingetroffen waren und die Schlacht unmittelbar bevorstand, begann er mit seinen Truppen über den Kamm des Gebirges vorzurücken,

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verlängerte seine Linien, befestigte Kastelle und versuchte, indem er immer näher an Scipio heranrückte, die Höhen zu nehmen und zu besetzen. Er tat dies, damit die Feinde nicht im Vertrauen auf ihre Truppenstärke den nächsten Hügel einnahmen und ihm so die Möglichkeit verwehrten, selbst weiter vorzugehen. (2) Labienus hatte nämlich ebenfalls den Plan gefasst, diesen Hügel zu besetzen und, da er näher stand, ihn auch schneller erreicht. 50 (1) Es gab ein ziemlich breites und stark abschüssiges Tal, das an vielen Stellen höhlenartig ausgewaschen war, das Caesar, um zu dem Hügel zu kommen, den er im Auge hatte, durchqueren musste. Jenseits dieses Tales erstreckte sich ein alter Olivenhain mit dichtem Baumbestand. (2) Als Labienus erkannt hatte, dass Caesar, um seine Absicht zu erreichen, notgedrungen durch das Tal und den Olivenhain marschieren musste, legte er sich, mit der ganzen örtlichen Beschaffenheit wohl vertraut, an der Spitze eines Teils der Reiterei und des leichten Fußvolkes in einen Hinterhalt. Außerdem hatte er noch hinter dem Berg und den Hügeln62 Reiter verborgen, die dann von der Anhöhe her zum Vorschein kommen sollten, wenn er selbst die Legionäre Caesars unvermutet überfiele; denn so würden er und dessen Heer, durch zweifachen Angriff in Bestürzung gebracht, weder rückwärts noch vorwärts kommen können, sondern von allen Seiten umzingelt und geschlagen werden. (3) Als Caesar, der seine Reiterei vorausgeschickt hatte, ohne Ahnung von dem Hinterhalt an dem Ort erschien, kamen die Soldaten des Labienus, die ihm nicht Folge leisteten, weil sie seine Anweisungen vergessen hatten, oder aus Furcht, in dem Talgraben von Reitern übermannt zu werden, hier und da vereinzelt hinter dem Felsen hervor und versuchten, die Spitze des Hügels zu erreichen. (4) Caesars Reiter, die ihnen folgten, machten sie teils nieder, teils ergriffen sie sie lebend. Daraufhin stürmten sie den Hügel hinauf und besetzten ihn in aller Eile, nachdem die Besatzung des Labienus hinuntergetrieben worden war. Dieser rettete sich mit einem Teil seiner Reiterei in knapper Not, indem er floh. 51 (1) Nach dieser glücklichen Tat seiner Reiter wies Caesar den Legionen Schanzarbeit zu und befestigte auf dem soeben errungenen Hügel ein Lager. (2) Dann aber ließ er von seinem Hauptlager mitten durch die Ebene, der Stadt Uzitta gegenüber, die in der Mitte zwischen seinem und Scipios Lager lag und von letzterem besetzt war, zwei Dämme aufwerfen und so ausrichten, dass sie sich an den rechten und linken Winkel der Stadt anlehnten. (3) Er hatte bei dieser Sache im Sinn, beim Anrücken gegen die Stadt und bei etwaigen Angriffen von den Flanken her durch seine Schanzwerke geschützt zu sein, um nicht von einer Masse an feindlicher Reiterei umzingelt und von der Belagerung abgehalten zu werden; außerdem wollte er dadurch auch mögliche Gesprächskontakte erleichtern und es etwaigen Überläufern ermöglichen, das, was sie vorher oft nur unter großer Gefahr ausführen konnten, nun leicht

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und gefahrlos zu tun. (4) Er wollte auch in Erfahrung bringen, ob die Feinde im Sinn hätten, zu kämpfen, wenn er erst einmal näher gerückt wäre. (5) Als weiterer Grund kam dazu, dass dieses Gelände eine Senke aufwies und dort die Möglichkeit zur Grabung mehrerer Brunnen bestand; seine Wasserquellen lagen nämlich weit entfernt und flossen spärlich. (6) Während die eben erwähnten Aufträge durch die Legionen ausgeführt wurden, stand ein Teil der Truppen vor der Befestigung gegen den Feind in Formation, die Reiter der Einheimischen und die Leichtbewaffnenten ließen es immer wieder zu kleinen Scharmützeln und Handgemengen kommen. 52 (1) Als dann gegen Abend Caesar seine Truppen von der Arbeit ins Lager zurückführte, unternahmen Iuba, Scipio und Labienus mit ihrer gesamten Reiterei und leichtbewaffneten Mannschaft in einem großen Sturm einen Angriff auf die Legionssoldaten. (2) Caesars Reiter wurden von der Gewalt der plötzlich vorstürmenden Menge der Feinde zunächst zurückgeschlagen und mussten für kurze Zeit weichen; (3) doch die Sache entwickelte sich für die Feinde anders als gedacht: Denn Caesar ließ mitten auf dem Weg seine Truppen kehrtmachen und eilte seinen Reitern zu Hilfe. Durch die Ankunft der Legionen fassten die Reiter freilich neuen Mut, wendeten ihre Pferde und griffen die hartnäckig verfolgenden, aber zersprengten Numider an, brachten ihnen Verwundungen bei, trieben sie ins königliche Lager und töteten viele von ihnen. (4) Wäre das Treffen nicht gerade in die Nacht gefallen und hätte nicht eine durch den Wind entstandene Staubwolke die Sicht aller behindert, wären Iuba und Labienus gefangen in Caesars Hände gefallen und ihre ganze Reiterei samt den Leichtbewaffneten vernichtend geschlagen worden. (5) Mittlerweile entliefen erstaunlicherweise ganze Scharen aus Scipios vierter und sechster Legion, teils in Caesars Lager, teils wohin jeder gelangen konnte; ebenso mehrere Reiter des Curio, die zu Scipio und dessen Kriegsmacht alles Zutrauen verloren hatten. 53 Diese Kämpfe ereigneten sich beiderseits um Uzitta. Da erblickten zwei Legionen, die zehnte und die neunte, die mit Lastschiffen von Sizilien aufgebrochen waren, als sie dem Hafen von Ruspina nicht mehr fern waren, Caesars bei Thapsus stationierte Schiffe und fürchteten, es handle sich um die Flotte der Feinde, die dort lauerte. Um also nicht in die Hände des Feindes zu fallen, segelten sie wieder auf die hohe See hinaus, wo sie lange hin und her geworfen wurden, bis sie endlich, von Hunger und Durst erschöpft, viele Tage später zu Caesar gelangten. 54 (1) Als diese Legionen an Land gegangen waren, griff Caesar, im Hinblick auf die soldatische Zügellosigkeit, wie sie sich früher schon in Italien gezeigt hatte, sowie die Raubsucht gewisser Menschen, einen ganz geringfügigen Vorfall auf: Weil nämlich der Militärtribun der zehnten Legion, C. Avie-

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nus, bei der letzten Sendung ein ganzes Schiff nur mit seinem Gesinde und seinen Tieren beladen hatte und nicht einen einzigen Soldaten aus Sizilien mitgenommen hatte, berief er am folgenden Tag die Tribunen und Zenturionen aller Legionen zu sich und sprach zu ihnen vom Tribunal herab: (2) „Ich hätte mir sehr gewünscht, gewisse Leute hätten ihrer Frechheit und übertriebenen Freiheit selbst irgendwann ein Ende gemacht und meine Sanftmut, Zurückhaltung und Geduld nicht missbraucht. (3) Weil sie jedoch selbst für sich kein Maß und kein Ziel kennen, will ich, damit die übrigen sich anders verhalten, nach Kriegssitte ein warnendes Beispiel geben. (4) C. Avienus, weil du in Italien die Soldaten des römischen Volkes gegen das Vaterland aufgehetzt und in den Landstädten geplündert hast; weil du mir und dem Staate unnütz warst und statt Soldaten nur dein Gesinde und deine Tiere an Bord genommen hast; weil durch deine Schuld der Staat nun in der Not eine Menge Krieger entbehrt: Deshalb verweise ich dich hiermit dieser Schande wegen meines Heeres und befehle dir, noch heute Afrika zu verlassen und dich baldmöglichst zu entfernen. Ebenso entlasse ich auch dich, A. Fonteius, aus meinem Heer, denn du warst ein aufrührerischer Tribun und ein schlechter Bürger. (5) Da auch ihr, T. Salienus, M. Tiro und C. Clusinas, durch meine Gnade, nicht durch eure Tapferkeit Zenturionen geworden seid und euch so betragen habt, dass ihr weder tapfer im Krieg noch rechtschaffen und brauchbar im Frieden gewesen seid und weil ihr lieber darauf bedacht wart, einen Aufstand anzuzetteln und die Soldaten gegen ihren Imperator aufzuhetzen, als auf Ehre und Mäßigung, erkläre ich euch hiermit für unwürdig, meine Zenturionen zu sein; ich entlasse euch und befehle euch, so schnell wie möglich Afrika zu verlassen.“ (6) Hierauf übergab er sie den Zenturionen, gestattete jedem nicht mehr als einen Sklaven und sorgte dafür, dass sie jeweils getrennt auf ein Schiff gebracht wurden. 55 (1) Unterdessen kamen die zu Caesar übergelaufenen Gaetuler, denen Caesar bekanntlich Briefe und Aufträge mitgegeben hatte, in ihre Heimat. Ihre Landsleute schenkten ihnen dank ihres Ansehens Gehör, ließen sich durch Caesars Namen bekehren, fielen von Iuba ab, griffen ohne Ausnahme rasch zu den Waffen und begannen, ohne zu zögern, Maßnahmen gegen den König zu ergreifen. (2) Bei der ersten Nachricht davon schickte Iuba, der in einen dreifachen Krieg verwickelt und schwer in die Enge gedrängt worden war, sechs Kohorten der Truppen, mit denen er gegen Caesar gezogen war, zum Schutz gegen die Gaetuler in sein Reich zurück. 56 (1) Caesar hatte seine Dämme fertiggestellt und sie fast bis auf Reichweite der Geschosse aus der Stadt vorgeschoben. Jetzt schlug er eben dort ein Lager auf, stellte vor dem Lager gegen die Stadt viele Schleudermaschinen und Skorpione auf und versuchte ununterbrochen, die Verteidiger von der Mauer zu verjagen. In dieses neue Lager führte er fünf Legionen aus dem frü-

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heren. (2) Diese Gelegenheit nutzten einigermaßen angesehene und überall bekannte Männer, um nach ihren Freunden und Verwandten zu verlangen und sich mit ihnen zu unterhalten. (3) Caesar wusste wohl, wie nützlich ihm dies sein werde. In der Tat nämlich liefen mit Einbruch der Nacht, als schon die Lampen angezündet waren, etwa 1000 recht vornehme Gaetuler aus der königlichen Reiterei mitsamt ihren Pferden und Trossknechten in Caesars Lager über, das in der Ebene, ganz in der Nähe bei Uzitta, aufgeschlagen worden war. Es waren darunter sogar Anführer dieser Reiterei, deren Väter unter Marius gedient und von diesem Ländereien und Herrschaften erhalten hatten, aber nach Sullas Sieg in den Machtbereich des Königs Hiempsal63 gefallen waren. 57 (1) Als dies Scipio und dessen Umgebung bemerkten, beunruhigte sie ein solcher Rückschlag sehr. Ungefähr zu dieser Zeit sahen sie zufällig M. Aquinus64 mit C. Saserna in einer Unterredung. (2) Scipio ließ jenem ausrichten, es gehöre sich nicht, mit den Feinden zu sprechen. Trotzdem gab Aquinus dem Boten die Antwort an Scipio mit65, er habe noch einiges abzumachen. Daraufhin schickte Iuba einen Diener, der in Gegenwart des Saserna sagen sollte: „Der König verbietet dir diese Unterredung!“ (3) Auf diese Botschaft hin entfernte sich Aquinus bestürzt und leistete Iubas Befehl auf der Stelle Folge. So weit war es nun also für einen römischen Bürger gekommen! Er, dem das Volk Ehren verliehen hatte, wollte trotz der Unversehrtheit seines Vaterlandes und allen Eigentums lieber einem ausländischen König gehorsam sein, als dass er dem Boten des Scipio Gehör geschenkt oder sich entschlossen hätte, straflos heimzukehren, nachdem doch schon so viele Bürger seiner Partei den Tod gefunden hatten! (4) Übrigens benahm sich Iuba gegenüber M. Aquinus, einem Emporkömmling und unbedeutenden Senator, keineswegs hochmütiger als gegenüber Scipio, der sich durch seine Familie, sein Ansehen und seine Ämter auszeichnete. (5) Scipio hatte nämlich vor der Ankunft des Königs für gewöhnlich einen Purpurmantel getragen; Iuba aber soll ihm zu verstehen gegeben haben, es schicke sich nicht, dass jener dieselbe Kleidung trage wie er selbst. (6) So geschah es, dass Scipio sein Gewand gegen ein weißes eintauschte und Iuba, diesem überaus hochmütigen und abgeschmackten Menschen, gehorchte. 58 (1) Am folgenden Tag führten sie sämtliche Truppen aus allen ihren Lagern, erreichten eine Anhöhe nicht weit von Caesars Lager und stellten sich in Schlachtordnung auf. (2) Auch Caesar führte seine Streitmacht hervor, bildete rasch eine Schlachtlinie und stellte sich vor seinen Schanzen in der Ebene auf. Ohne Zweifel erwartete er, dass die Gegner, die über so zahlreiche Truppen und dazu noch über die Hilfsvölker des Königs verfügten und ziemlich rasch vorgerückt waren, deshalb nun auch vor ihm den Kampf beginnen und früher angreifen würden. (3) Er ritt deshalb die ganze Linie ab, ermu-

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tigte seine Legionen, gab die Parole aus und wartete nur angespannt auf den feindlichen Angriff. (4) Denn er hatte gute Gründe, sich von seinen Schanzen nicht weiter zu entfernen: Weil in der Festung Uzitta bewaffnete Kohorten Scipios lagen und einer von seinen Flügeln zur Rechten an die Stadt stieß, so dass Caesar befürchten musste, wenn er an der Stadt vorbeiziehen würde, die Feinde könnten von der Stadt her einen Ausfall machen und ihn auf seiner Flanke angreifen und ihn damit in starke Bedrängnis bringen. (5) Überdies hielt ihn auch noch der Umstand zurück, dass vor Scipios Schlachtlinie ein sehr schwieriges Terrain lag, von dem er für einen Angriff von seiner Seite Nachteile erwartete. 59 (1) Ich glaube, nicht auslassen zu dürfen, wie die Heere auf beiden Seiten aufgestellt waren. Scipio hatte seine Schlachtlinie folgendermaßen gebildet: (2) In der ersten Linie standen seine und Iubas Legionen; die Numider aber stellte er in die Reserve und zwar in solch dünner und ausgedehnter Linie, dass die Mitte der Schlachtordnung aus der Ferne von den Legionssoldaten nur für einfach angesehen wurde; [die Flügel dagegen schienen verdoppelt zu sein.] (3) Die Elefanten hatte er in gleichen Abständen auf dem rechten und linken Flügel mit aufgestellt; hinter die Elefanten die Leichtbewaffneten und numidischen Hilfsvölker. (4) Die ganze bezäumte Reiterei stellte er auf seinen rechten Flügel; denn der linke Flügel wurde durch die Stadt Uzitta eingeschlossen und es befand sich dort kein Raum, wo sich die Reiterei hätte ausbreiten können. (5) Außerdem hatte er noch eine unglaublich große Menge Numider und Leichtbewaffnete auf der rechten Seite seiner Schlachtordnung aufgestellt und zwar in einer Entfernung von nicht viel weniger als 1000 Schritt und hatte sie weiter an den Fuß des Höhenrückens heranrücken lassen und über die feindlichen und seine eigenen Truppen hinaus weiter vorgeschoben. Er verfolgte dabei die Absicht, beim Zusammenstoß der beiden Heere zu Beginn des Kampfes seine Reiterei etwas weiter ausholen zu lassen, das Kriegsheer Caesars unvermutet durch seine Truppenmenge einzuschließen, es in Panik zu versetzen und mit Wurfspießen niederzumachen. Dies waren Scipios Absichten für diesen Tag und diese Schlacht. 60 (1) Caesar hatte seine Schlachtordnung folgendermaßen eingerichtet, wenn ich beim linken Flügel beginne und dann zum rechten übergehe: Auf dem linken Flügel stand die zehnte und neunte Legion, in der Mitte die 25., 29., 13., 14., 28. und 26. (2) Den rechten Flügel hatte er als zweite Schlachtlinie einem Teil66 der Kohorten zugewiesen, zu ihnen kamen außerdem einige Rekrutenkohorten. (3) Die dritte Schlachtreihe aber hatte er auf seinem linken Flügel in Stellung gebracht, die sich bis zu der die Mitte bildenden Legion seiner Schlachtordnung hinzog; er hatte sie so aufgestellt, dass sein linker Flügel eine dreifache Tiefe hatte. (4) Dies hatte er aus der Überlegung heraus

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getan, dass seine rechte Flanke durch die Befestigungen unterstützt wurde, bei der linken Flanke aber war er in Sorge, dass man hier der Masse der feindlichen Reiterei nicht standhalten konnte. Dorthin hatte er auch seine ganze Reiterei gelegt und, weil er ihr eben nicht sehr vertraute, ihr zur Deckung die fünfte Legion mitgegeben und Leichtbewaffnete zwischen den Reitern aufgestellt. (5) Die Bogenschützen endlich standen hier und dort an bestimmten Punkten, besonders aber auf den Flügeln. 61 (1) In dieser Aufstellung blieben beide Heere von frühmorgens bis zur zehnten Tagesstunde stehen, ohne dass es zum Kampf kam, obgleich sie nicht mehr als 300 Schritt voneinander entfernt waren, ein Fall, der wohl früher nie vorgekommen war. (2) Schon wollte Caesar mit dem Rückzug hinter seine Linien beginnen, als sich plötzlich zur Rechten die gesamte, etwas weiter entfernte Reiterei der Numider und Gaetuler, die ohne Zaumzeug ritten, in Bewegung setzte und zu jenem Lager Caesars, das auf der Höhe lag, vorzudringen versuchte; die bezäumte Reiterei des Labienus blieb aber an ihrem Ort ruhig stehen, um Caesars Legionen zu beschäftigen. (3) Da rückte plötzlich ein Teil von Caesars Reiterei zusammen mit den Leichtbewaffneten blindlings und ohne Befehl gegen die Gaetuler zu weit vor und überquerte dabei einen Sumpf. Da sie zu wenige waren, konnten sie der Übermacht der Feinde nicht standhalten, ließen die Leichtbewaffneten im Stich und flohen geschlagen und verwundet zu ihren Linien zurück; die Pferde wurden ebenfalls in großer Zahl verwundet und außer einem Reiter fanden noch 27 Leichtbewaffnete den Tod. (4) Über dieses zweite Reitergefecht hocherfreut, führte Scipio bei Einbruch der Nacht sein Heer ins Lager. (5) Fortuna aber hat den Kämpfenden keine dauernde Freude gewährt: Denn als Caesar am folgenden Tag eine Abteilung seiner Reiterei nach Leptis geschickt hatte, um dort Lebensmittel zu holen, traf diese unterwegs auf nach Beute ausgezogener numidische und gaetulische Reiter und griff diese unvermutet an, wobei von ihnen etwa 100 niedergemacht, die übrigen aber gefangen wurden. (6) Inzwischen fuhr Caesar von Tag zu Tag fort, seine Legionen auf die Ebene zu führen und mit Schanzarbeit zu beschäftigen; mitten durch die Ebene wurde ein Wall nebst Graben gebildet und so den feindlichen Ausfällen der Weg abgeschnitten. (7) In gleicher Weise legte auch Scipio Befestigungen an und beeilte sich damit, um nicht durch Caesar vom Höhenzug abgeschnitten zu werden. (8) So waren beide Feldherren zugleich mit ihrer Verschanzung beschäftigt, während nichtsdestoweniger jeden Tag kleine Reitergefechte ausgetragen wurden. 62 (1) Nachdem Varus von der Ankunft der siebten und achten67 Legion aus Sizilien erfahren hatte, führte er in der Zwischenzeit rasch seine in Utica liegende Flotte aus dem Winteraufenthalt, bemannte sie mit gaetulischen Ruderern und Schiffssoldaten, brach von Utica zu einem Überraschungsangriff auf

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und gelangte mit 55 Schiffen nach Hadrumetum. (2) Caesar, der davon nichts wusste, schickte damals gerade L. Cispius68 mit einer Flotte von 27 Schiffen in Richtung Thapsus in Stellung, um dort den Nachschub zu decken; ebenso musste Q. Aquila69 in der selben Absicht mit 13 Kriegsschiffen nach Hadrumetum segeln. (3) Cispius kam auch schnell an den Ort seiner Bestimmung. Aquila dagegen hatte mit Sturm zu kämpfen und konnte deshalb das Vorgebirge nicht umfahren, erreichte aber eine gegen den Sturm geschützte Bucht, wo er sich mit seinen Schiffen zu verbergen versuchte. (4) Die übrige Flotte Caesars lag bei Leptis vor Anker und die Ruderknechte liefen nach ihrer Ausschiffung überall am Ufer umher; teils waren sie auch in die Stadt gegangen, um Nahrungsmittel zu kaufen. So war die Flotte ohne Verteidiger. (5) Dies erfuhr Varus durch Überläufer. Er nutzte die Gelegenheit, verließ um die zweite Nachtwache den Hafen von Hadrumetum, erschien frühmorgens mit seiner gesamten Flotte vor Leptis und steckte alle Frachtschiffe, die etwas weiter vom Hafen vor Anker lagen und, in Brand; zwei Fünfruderer ohne Verteidiger, führte er mit sich fort. 63 (1) Caesar, dessen Lager nur sechs Meilen von diesem Hafen entfernt war, erhielt unterdessen schnell durch Boten davon Nachricht, als er eben seine Verschanzungen in Augenschein nahm. Er ließ alles andere stehen und liegen und ritt in vollem Galopp nach Leptis, wo er alle Männer zur Verfolgung der Schiffe antrieb. Er selbst bestieg ein ganz kleines Boot, stieß während der Fahrt auf Aquila, dem die große Zahl der feindlichen Schiffe einen gehörigen Schrecken einjagte und nahm die Verfolgung der feindlichen Flotte auf. (2) Varus, durch Caesars Schnelligkeit und Kühnheit beunruhigt, änderte nun seinen Kurs und versuchte mit der gesamten Flotte nach Hadrumetum zu fliehen. (3) Doch Caesar fing ihn nach vier Meilen ab, eroberte einen Fünfruderer mitsamt allen Schiffssoldaten und 130 Mann feindlicher Bewachung zurück und enterte außerdem noch den nächstgelegenen Dreiruderer mit der gesamten Besatzung an Ruderern und Schiffssoldaten, der bei dem Versuch, Widerstand zu leisten, zurückgeblieben war. (4) Alle übrigen feindlichen Schiffe umsegelten das Vorgebirge und retteten sich in den Hafen von Hadrumetum. (5) Caesar konnte bei diesem Wind das Vorgebirge nicht umfahren, sondern musste während der Nacht auf See vor Anker gehen und gelangte erst mit Tagesanbruch nach Hadrumetum. Dort setzte er alle Transportschiffe, die sich außerhalb des Hafenbeckens befanden, in Brand. Nachdem er eine Weile gewartet hatte, ob alle übrigen entweder ans Land oder in den Hafen gezogenen Schiffe sich vielleicht auf ein Gefecht einlassen wollten, zog er sich wieder in sein Lager zurück. 64 (1) Auf dem Schiff, das Caesar den Feinden abgenommen hatte, befanden sich der römische Ritter P. Vestrius70 und P. Ligarius71, ein Anhänger des

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Afranius72. Ligarius war in Spanien mit den Übrigen seiner Partei durch Caesar begnadigt worden und später wieder zu Pompeius gestoßen, dann aber nach der Schlacht bei Pharsalos zu Varus nach Afrika geflohen; ihn ließ Caesar seiner meineidigen Treulosigkeit wegen hinrichten. (2) P. Vestrius verzieh er; denn sein Bruder hatte in Rom die ihm auferlegte Summe entrichtet und Vestrius selbst konnte den Beweis erbringen, dass er, von der Flotte des Nasidius73 gefangengenommen worden war und durch Varus in dem Augenblick, als er hingerichtet werden sollte, gerettet, später nie mehr die Möglichkeit gehabt hatte, überzulaufen. 65 (1) In Afrika herrscht die Sitte vor, dass die Einwohner sowohl auf dem Feld als in fast allen Gehöften zur heimlichen Aufbewahrung ihres Getreides Höhlen unter der Erde haben, was besonders für Kriegsfälle und unerwartete feindliche Angriffe berechnet ist. (2) Dies erfuhr Caesar durch einen Verräter und schickte um die dritte Nachtwache zwei Legionen samt der Reiterei in eine zehn Meilen vom Lager entfernt gelegene Gegend; mit einer großen Menge Getreide beladen, kehrten sie von dort ins Lager zurück. (3) Kaum hatte Labienus davon erfahren, als er sieben Meilen von seinem Lager entfernt über den Bergrücken und die Anhöhe vorrückte, über die tags zuvor Caesar gegangen war; dort bezog er mit zwei Legionen ein Lager und legte sich täglich mit zahlreicher Reiterei und den Leichtbewaffneten an günstigen Punkten in den Hinterhalt, weil er erwartete, Caesar werde wiederholt auf diesem Weg nach Proviant ausziehen. 66 (1) Dieser aber hatte unterdessen durch Überläufer von Labienus’ Hinterhalt Nachricht bekommen und verhielt sich einige Tage ruhig, damit die Feinde, die alle Tage hindurch immer wieder das gleiche tun mussten, nachlässig wurden. Plötzlich brach er dann einmal frühmorgens durch das hintere Lagertor74 mit acht Veteranenlegionen75 und einem Teil der Reiter aus dem Lager auf, schickte die Reiter voraus, überfiel ganz unerwartet den sich hinterhältig in einem Tal versteckt haltenden Feind, der nichts vermutete, und hieb etwa 500 Leichtbewaffnete nieder; die übrigen flohen schmählich. (2) Labienus kam indessen den Fliehenden mit seiner ganzen Reiterei zu Hilfe (3) und Caesar, dessen schwache Reiterei der zahlreichen feindlichen nicht Widerstand leisten konnte, zeigte den feindlichen Truppen nun seine schlagkräftigen Legionen. (4) Dieser Anblick schüchterte Labienus ein und ließ ihn zögern, so dass Caesar seine Reiter ohne Verluste zurückziehen konnte. Der König Iuba aber ließ tags darauf all jene Numider ans Kreuz schlagen, die ihre Stellung verlassen und sich ins Lager geflüchtet hatten. 67 (1) Da Caesar unter Getreidemangel litt, zog er inzwischen seine gesamten Truppen in seinem Lager zusammen. Nachdem er in Leptis, Ruspina und Acylla Besatzungen zurückgelassen hatte, übergab er Cispius und Aquila die

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Flotte, von denen der eine Hadrumetum, der andere Thapsus vom Meer her blockieren sollte; er selbst ließ sein Lager in Brand stecken und verließ um die vierte Nachtwache mit festgeschlossener Schlachtlinie (das Gepäck war auf dem linken Flügel) seine bisherige Stellung. Er gelangte zur Festung Aggar76, die sich bisher durch ihre eigenen Kräfte mit höchster Anstrengung gegen wiederholte Bestürmungen der Gaetuler verteidigt hatte. (2) Dort bezog man auf der Ebene ein gemeinsames Lager; er selbst brach mit einer Truppenabteilung auf, um von den Gehöften der Umgebung Getreide zu beschaffen, wo er zwar wenig Weizen, aber umso mehr Gerste, Öl, Wein und Feigen vorfand. Nachdem er seine Mannschaft sich hatte stärken lassen, kehrte er wieder ins Lager zurück. (3) Kaum hatte jedoch unterdessen Scipio von Caesars Aufbruch erfahren, als er ihm mit seinem ganzen Heer über das Gebirge folgte und sechs Meilen weit von ihm entfernt drei Lager bezog. 68 (1) Zehn Meilen von Scipios Lager entfernt, aber in dessen Richtung und im Einflussbereich seines Lagers, lag die Stadt Zeta77; von Caesars Lager war sie 14 Meilen entfernt und somit abgelegen und außer Reichweite. Zu diesem Ort schickte Scipio zwei Legionen auf Proviantsuche. (2) Caesar erfuhr dies durch Überläufer und verlegte sein Lager von der Ebene auf die gesicherte Anhöhe. Dort ließ er eine Besatzung zurück, brach um die vierte Nachtwache mit seinen übrigen Truppen auf, zog am feindlichen Lager vorbei und bemächtigte sich der Stadt. (3) Als er dann die Legionen Scipios, die, um Getreide zu holen, weiter ins Land gezogen waren, aufstöbern wollte, bemerkte er, dass ihnen das ganze feindliche Heer zu Hilfe kam. Dies hielt ihn von einem Angriff ab. (4) In Zeta hatte er den damaligen Befehlshaber der Festung, C. Minucius Reginus, einen römischen Ritter und engen Vertrauten von Scipio, sowie P. Atrius78, einen römischen Ritter aus der Bürgergemeinde von Utica, in seine Hand bekommen; er ließ dort den Legaten Oppius79 mit einer Besatzung zurück und trat seinen Rückzug ins Lager an, wobei er 22 Kamele des Königs mit sich führte. 69 (1) Schon war er nahe beim Lager Scipios, an dem er unbedingt vorbeiziehen musste, als ihn Labienus und Afranius80 mit der ganzen Reiterei und den Leichtbewaffneten aus einem Hinterhalt bei den nächsten Hügeln angriffen und sich auf seine Nachhut stürzten. (2) Sobald Caesar dies sah, stellte er seine Reiter dem feindlichen Ansturm entgegen, ließ seine Legionäre das Gepäck auf einem Haufen zusammentragen und befahl ihnen, mit fliegenden Fahnen gegen die Feinde vorzustürmen. (3) Dies war kaum begonnen worden, als die feindliche Reiterei mitsamt den Leichtbewaffneten schon beim ersten Angriff mühelos geschlagen und von der Anhöhe vertrieben wurde. (4) Als Caesar schon glaubte, von dem geschlagenen und verschreckten Feind keine weiteren Angriffe mehr erwarten zu müssen und ruhig weiterzog, geschah plötz-

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lich von den nächsten Hügeln her ein neuer Angriff seitens der Numider und Leichtbewaffneten, die es verstanden, mit einer erstaunlichen Schnelligkeit zwischen den Reitern zu kämpfen und entsprechend ihrer oben beschriebenen Gewohnheit zusammen mit ihnen die Legionäre Caesars anzugreifen und zu fliehen. (5) Sie wiederholten ihre Angriffe öfter und verfolgten die Iulianer auf dem Marsch, flohen aber sofort, wenn diese haltmachten, wagten auch nicht, ihnen näher zu kommen und bedienten sich einer ganz eigentümlichen Kampfweise und begnügten sich damit, die Pferde durch Geschosse zu verwunden. Aus alldem schloss Caesar, dass es offensichtlich ihre einzige Absicht war, ihn zu zwingen, sein Lager an diesem Ort aufzuschlagen, an dem es überhaupt kein Wasser gab, so dass sein Heer, das nüchtern war, da es von der vierten Nachtwache bis zur zehnten Tagesstunde noch nichts zu sich genommen hatte, mitsamt den Tieren vor Durst zugrunde gehen musste. 70 (1) Weil es nun schon gegen Abend ging und er in vier Stunden kaum hundert Schritt weitergekommen war, zog er die Reiterei wegen des Verlustes an Pferden von der Nachhut ab und ließ die Legionen ihre Stelle einnehmen. (2) Diese wussten die Angriffe des Feindes besser abzuwehren und der Marsch ging ruhig und langsam weiter. (3) Unterdessen sprengten die numidischen Reiter rechts und links über die Anhöhen voraus und schlossen aufgrund ihrer großen Zahl eine Art Ring um Caesars Truppen, während ein Teil von ihnen die Nachhut angriff. (4) So oft sich aber nur drei oder vier von Caesars Veteranen nach ihnen umwandten und ihre Wurfspieße mit aller Kraft gegen die angreifenden Numider schleuderten, ergriffen mehr als 2000 von ihnen wie ein Mann die Flucht, griffen dann aber wieder von neuem an einzelnen Punkten mit ihren Pferden an, sammelten sich, folgten in einigem Abstand und warfen ihre Speere gegen die Soldaten. (5) So ging es bald vorwärts, bald wurde haltgemacht; der Zug bewegte sich nur langsam: Dennoch führte Caesar, der nur zehn Verwundete hatte, um die erste Stunde der Nacht alle seine Truppen unversehrt ins Lager zurück. (6) Labienus, der etwa 300 Mann verloren und viele Verwundete hatte, zog sich ebenfalls zur Hauptarmee zurück; seine Leute waren durch das unablässige Verfolgen alle ganz erschöpft. (7) Scipio hatte in der Zwischenzeit mit den Legionen und Elefanten vor dem Lager in Schlachtordnung gestanden, um Caesars Leuten durch diesen Anblick Schrecken einzuflößen; auch er zog sich nun ins Lager zurück. 71 (1) Unter diesen Umständen musste Caesar seine Leute nicht wie ein Feldherr ein bewährtes, siegreiches Heer, sondern wie ein Fechtmeister seine jungen Gladiatoren lehren, auf wieviel Schritte sie sich vom Gegner zurückziehen, wie sie sich dem Feind entgegenstellen und mit welch geringem Abstand sie ihm Widerstand leisten sollten: Bald sollten sie vorstürmen, bald weichen und nur mit einem Angriff drohen; ja, fast lehrte er sie, in welcher Stellung und

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auf welche Weise geschossen werden müsste. (2) Die feindlichen Leichtbewaffneten versetzten sein Heer nämlich in eine erstaunliche Angst und Aufregung: Denn die Reiter wurden wegen des möglichen Verlustes ihrer Pferde, die ihre Gegner mit ihren Speeren töteten, vom Kampf abgeschreckt und den Legionssoldaten81 ermüdete die Schnelligkeit des Feindes, der ganz leichtfüßig und rasch der Gefahr entging, sobald sich ein Schwerbewaffneter, der von ihnen verfolgt wurde und haltmachte, zur Wehr setzte. 72 (1) Dies bereitete Caesar große Sorge, denn noch in keinem Treffen war er der feindlichen Reiterei und dem leichten Fußvolk bloß mit seiner Reiterei, ohne die Legionen, gewachsen gewesen. (2) Mit den feindlichen Legionen, auch das beunruhigte ihn, war er noch gar nicht bekannt geworden und er wusste nicht, wie er sich gegen die Reiterei und das leichte Fußvolk des Feindes, die sich bewundernswert schlugen, werde verteidigen können, wenn dessen Legionen noch dazukämen. (3) Überdies machten die Größe der Elefanten und die große Masse feindlicher Soldaten einen furchterregenden Eindruck auf seine Leute. (4) Für eines zumindest hatte er Abhilfe gefunden: Er ließ Elefanten aus Italien kommen, damit unsere Soldaten mit der Gestalt und den Eigenschaften dieses Tieres bekannt würden und die Stellen des Körpers kennenlernten, wo das Tier überhaupt mit einer Waffe verwundet werden konnte und wo ein zum Kampf ausgerüsteter und gepanzerter Elefant ohne Schutz bleibe. Außerdem sollten auch die Pferde an den Geruch, das Geschrei und die Gestalt des Elefanten gewöhnt werden, damit sie nicht scheuten. (5) Seine Bemühungen wurden auch reichlich belohnt: Die Soldaten berührten die Tiere mit der Hand, lernten ihre Langsamkeit kennen und die Reiter warfen mit stumpfen Speeren auf sie; auch die Pferde hatten sich an das geduldige Tier gewöhnt. 73 (1) Wegen der erwähnten Ursachen wurde Caesar besorgt, handelte langsamer und überlegter und war von der früher bei ihm gewohnten Schnelligkeit in der Kriegsführung abgekommen. (2) Das war auch ganz natürlich. In Gallien waren seine Leute an den Kampf auf offenem Feld und gegen offen handelnde, keineswegs heimtückische Leute gewöhnt, die den Kampf mit Tapferkeit und nicht mit Hinterlist zu führen pflegten; jetzt hatte er sich nur darum zu bemühen, wie er seine Soldaten daran gewöhnte, die Listen, Fallen und Kniffe der Feinde zu durchschauen und zu lernen, welchem Verhalten sie folgen und welches sie meiden müssten. (3) Um ihnen noch schneller zu dieser Einsicht zu verhelfen, hielt er die Legionen nicht immer vereint beieinander, sondern schwenkte unter dem Vorwand der Proviantaufnahme bald hierhin, bald dorthin; denn er war überzeugt, der Feind werde seiner Spur nachgehen. (4) Nach drei Tagen führte er jedoch sein ganzes Heer in besonders straffer Schlachtordnung, wie er es angewiesen hatte, am feindlichen Lager vorbei und bot

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auf günstigem Terrain einen Kampf an. Caesar sah seine Feinde vor diesem Zusammentreffen zurückweichen und er führte seine Soldaten gegen Abend wieder ins Lager zurück. 74 (1) Mittlerweile kamen Gesandte aus der Festung Vaga82, die unweit von Zeta liegt, das Caesar bekanntlich eingenommen hatte. Die Leute baten dringend um eine Schutztruppe und versprachen dafür, ihm eine größere Menge Kriegsmaterial zukommen zu lassen. (2) Zu dieser Zeit erwies sich auch wieder einmal von neuem die Gnade und das Wohlwollen der Götter gegen Caesar. Ein Überläufer meldete nämlich seinen Mitbürgern83, dass König Iuba mit seinen Truppen vor die Stadt gezogen sei, ehe noch Caesars Besatzung dorthin hätte gelangen können und sie sofort mit seiner Streitmacht eingeschlossen und erobert habe; alle Einwohner seien bis auf den letzten Mann getötet worden und die Stadt selbst sei den Soldaten zur Plünderung und Zerstörung überlassen worden. 75 (1) Caesar, der inzwischen am zwölften vor den Kalenden des April84 Heerschau hielt, rückte tags darauf mit seiner ganzen Armee fünf Meilen vorwärts und stellte sich etwa zwei Meilen von Scipio in Schlachtordnung auf. (2) Als er auch jetzt dem Feind lange genug den Kampf angeboten hatte, dieser sich aber auf keinen Kampf einlassen wollte, führte er seine Streitmacht zurück. Am folgenden Tag brach man das Lager ab und zog in schnellem Marsch auf die Fes tung Sarsura85 zu, wo Scipio eine numidische Besatzung und Getreide hatte. (3) Sobald Labienus dies bemerkte, begann er mit seiner Reiterei und den Leichtbewaffneten die Nachhut Caesars zu stören. Er stahl die Ladung der Köche und Kaufleute86, die ihre Waren auf Wagen führten und wagte sich, da ihm dadurch der Mut gewachsen war, in der Annahme näher an die Legionen heran, Caesars Leute könnten, unter der Last der Waffen und des Gepäckes müde geworden, keinen rechten Kampf bestehen. (4) Caesar war dies nicht entgangen: Denn er hatte von jeder Legion 300 Mann ohne Gepäck marschieren lassen. Diese schickte er nun gegen die feindliche Reiterei seinen eigenen Reitern zu Hilfe. (5) Da ließ Labienus, dem der Anblick der Feldzeichen einen Schrecken einjagte, seine Pferde kehrtmachen und ergriff in schmählichster Weise die Flucht. (6) Viele seiner Leute wurden getötet, einige verwundet; die Legionssoldaten zogen sich wieder zu ihren Feldzeichen zurück und begannen, den eingeschlagenen Weg fortzusetzen. Labienus aber hörte nicht auf, sie aus der Ferne über den Kamm der Hügelkette auf der rechten Seite zu verfolgen. 76 (1) So kam Caesar zur Festung Sarsura. Vor den Augen des Feindes, der seinen eigenen Leuten nicht zu Hilfe zu kommen wagte, wurde die Besatzungstruppe Scipios niedergemacht. Das gleiche Schicksal erlitt der Befehlshaber P. Cornelius, den Scipio ausdrücklich zur Übernahme dieses Postens

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aufgefordert hatte. Cornelius setzte sich tapfer zur Wehr, wurde aber von den Soldaten, die ihn zahlreich umzingelten, niedergehauen. Die Soldaten nahmen daraufhin die Stadt ein. Man versorgte sich dort mit Getreide und gelangte am folgenden Tag vor die Festung Thysdra87, wo damals Considius mit einer starken Besatzungstruppe und einer Schar von Gladiatoren lag, die ihm selbst gehörte. (2) Caesar nahm die Lage der Festung in Augenschein, wollte sich aber aufgrund des Wassermangels auf keine Belagerung einlassen und marschierte, ohne haltzumachen, etwa vier Meilen weiter. Dort schlug er sein Lager bei einer Wasserstelle auf, verließ es aber zur vierten Nachtwache wieder und kehrte dann zum Lager bei Aggar zurück. Ebenso begab sich auch Scipio in sein altes Lager. 77 (1) Die Bewohner von Thabena, Untertanen des Königs Iuba, die an der äußersten Seegegend von dessen Reich lebten, hatten in der Zwischenzeit die Besatzung des Königs erschlagen und Gesandte zu Caesar geschickt. Mit der Bekanntgabe ihrer Tat verbanden sie das Gesuch und die Bitte um Unterstützung von Seiten des römischen Volkes, in dessen Interesse sie gehandelt hätten. (2) Caesar lobte ihre Absicht und schickte den Tribunen Marcius Crispus mit einer Kohorte und Bogenschützen nebst einem Kontingent schweren Geschützes zum Schutz nach Thabena. (3) Zur selben Zeit gelangten bei Caesar Soldaten aus allen Legionen an. Diese waren früher durch Krankheit oder Urlaub gehindert gewesen, unmittelbar mit ihren Legionen nach Afrika überzusetzen. In einer einzigen Sendung stießen etwa 4000 Soldaten, 400 Reiter samt 1000 Schleuderern und Bogenschützen zu Caesar. (4) Er führte daher diese Truppen und alle Legionen, wie er sie geordnet hatte, aus dem Lager und stellte sie in der Ebene, fünf Meilen vom eigenen Lager, aber nur zwei Meilen von dem Scipios entfernt, auf. 78 (1) Unterhalb von Scipios Lager lag die Stadt Tegea88, wo er in der Regel eine Besatzung von 2000 Reitern hatte. (2) Diese Reiterei dehnte er nun rechts und links von den Seiten der Festung aus, führte seine Legionen aus dem Lager, rückte etwa 1000 Schritt von seinen Verschanzungen nach vorn und stellte sich am unteren Teil eines Hügels in Schlachtordnung auf. (3) Als Scipio jedoch allzu lange in seiner Stellung verweilte und so der Tag unnütz verstrich, ließ Caesar seine Reiterabteilungen89 einen Angriff gegen dessen Reiterei machen, die bei der Stadt stand. Zur Unterstützung schickte er noch Leichtbewaffnete, Bogenschützen und Schleuderer dorthin. (4) Kaum hatten die Iulianer begonnen, seinen Befehl auszuführen und in vollem Galopp den Angriff gestartet, als Pacideius90 auch schon anfing, die Front seiner Reiter in die Länge zu ziehen, um die iulianischen Reiterabteilungen nicht bloß zu umringen, sondern auch, um aufs tapferste und schärfste zu kämpfen. (5) Caesar bemerkte dies und ließ die 300 schlagfertigen Soldaten aus der in der Schlachtlinie die-

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ses Gefechts nächststehenden Legion – er hatte gewöhnlich bei jeder Legion eine solche Abteilung – der Reiterei zu Hilfe kommen. (6) Labienus schickte unterdessen seinen Reitern berittene Unterstützung und ließ die Verwundeten und Erschöpften durch frische und unverbrauchte Reiter ablösen. (7) Nachdem die 400 Reiter Caesars dem Sturm der etwa 4000 feindlichen Reiter nicht standhalten konnten und als sie durch die leichtbewaffneten Numider Verluste erlitten und Schritt für Schritt zurückwichen, schickte Caesar den Bedrängten schnell eine weitere Reitereinheit91 zu Hilfe. (8) Dadurch wuchs ihr Mut, man wagte einen gemeinsamen Sturm auf den Feind und schlug ihn in die Flucht, wobei viele umkamen und viele verwundet wurden. Erst nachdem sie daraufhin den Feind drei Meilen weit bis auf die Hügel verfolgt hatten, begannen sie den Rückzug zu den eigenen Leuten. (9) Caesar blieb bis zur zehnten Stunde des Tages so, wie er sie aufgestellt hatte, stehen und zog sich dann ohne jeglichen Verlust in sein Lager zurück. (10) Pacideius selbst wurde in diesem Gefecht von einem Wurfspieß durch den Helm schwer am Kopf verwundet; außerdem wurden mehrere feindliche Offiziere und gerade die tapfersten Soldaten des Feindes entweder getötet oder verwundet. 79 (1) Der Feind ließ sich später durch nichts dazu bewegen, in die Ebene herabzuziehen und sich auf einen Kampf zwischen den Legionen einzulassen. Caesar konnte aus Mangel an Wasserstellen nicht näher an das feindliche Lager heranrücken. Er begriff, dass die Gegner sich dabei nicht so sehr auf ihre Tapferkeit verließen, als ihn vielmehr im Vertrauen auf seinen Wassermangel mit Geringschätzung bedachten. Insofern brach Caesar am zweiten Tag vor den Nonen des April92 um die dritte Nachtwache von Aggar auf, zog noch in der Nacht 16 Meilen weiter und machte vor Thapsus halt, wo Vergilius mit einer starken Besatzung lag. Nachdem das Lager aufgeschlagen war, begann er noch am selben Tag die Festung einzuschließen und vorteilhafte Punkte zu besetzen, damit der Feind nicht eindringen und im Inneren von Caesars Stellung festen Fuß fassen konnte. (2) Scipio, dem Caesars Absichten inzwischen klar geworden waren, sah sich nun zur Schlacht genötigt, wenn er nicht die äußerste Schande auf sich nehmen wollte, Vergilius samt den Bewohnern von Thapsus, die ihm doch so treu ergeben waren, preiszugeben. Er machte sich also sofort daran, Caesar über die Anhöhen hinweg zu verfolgen und bezog acht Meilen von Thapsus entfernt in zwei Lagern Stellung. 80 (1) Es gab einen Salzsee. Zwischen ihm und dem Meer befand sich eine Landenge von höchstens 1500 Schritt Breite. Diese Enge versuchte Scipio zu nutzen, um Thapsus zu Hilfe zu kommen; (2) Caesar hatte bereits damit gerechnet und hatte deshalb tags zuvor an diesem Punkt ein kleines Lager mit dreifacher Besatzung … errichtet, während er selbst mit der ganzen übrigen Streitmacht in seinem halbmondförmigen Lager vor Thapsus blieb, das er

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immer fester einschloss. (3) Scipio, dem der beabsichtigte Weg inzwischen abgeschnitten war, unternahm nun innerhalb eines Tages und einer Nacht den Marsch um den Salzsee herum und kam mit der Morgendämmerung in der Nähe des eben erwähnten kleinen Lagers von Caesar an. 1500 Schritt davon zum Meer hin entfernt, schlug er sein Lager auf und befestigte es. (4) Kaum hatte Caesar Nachricht davon erhalten, als er seine Leute von der Schanzarbeit abzog, den Prokonsul Asprenas93 mit zwei Legionen im Lager ließ und mit seiner übrigen kampfbereiten Streitmacht rasch an diese Stelle vorrückte. (5) Ein Teil seiner Flotte war ebenfalls vor Thapsus zurückgelassen worden, den übrigen Schiffen gab er Befehl, möglichst im Rücken des Feindes ans Land zu stoßen und auf sein Zeichen zu achten. Sobald er das Zeichen gegeben hatte, sollten sie plötzlich unter heftigem Geschrei den Feinden vom Rücken her einen unvermuteten Schrecken einjagen, so dass sie, verwirrt und erschreckt, gezwungen würden, ihre Aufmerksamkeit auf das, was hinter ihnen geschah, zu lenken. 81 (1) Bei seiner Ankunft bemerkte Caesar vor Scipios Wall die bereits gebildete Schlachtlinie des Feindes mit den Elefanten auf dem rechten und linken Flügel, während inzwischen nichtsdestoweniger die übrigen Soldaten ganz emsig an den Schanzen des Lagers arbeiteten. Caesar selbst bildete nun eine dreifache Schlachtordnung: Die zehnte und zweite Legion stellte er auf den rechten Flügel, die achte und neunte auf den linken; in einer vierten Schlachtreihe stellte er je fünf Kohorten aus der fünften Legion94 genau den Elefanten gegenüber auf; Bogenschützen und Schleuderer verteilte er auf beide Flügel, die Leichtbewaffneten schob er zwischen den Reitern ein. Er selbst ging zu Fuß bei seinen Soldaten herum, erinnerte die Veteranen an ihre Tapferkeit und an die früher bestandenen Schlachten, fand genau die richtigen Worte, mit denen er ihre Kampfeslust entfachte. (2) Die unerfahrenen Rekruten aber, die noch niemals an der Front gekämpft hatten, ermahnte er, der Tapferkeit der Veteranen nachzueifern und nur danach zu streben, durch einen Sieg den Ruhm, Rang und Namen dieser alterprobten Krieger auch für sich zu erwerben. 82 (1) Caesar bemerkte bei der Inspektion seines Heeres am feindlichen Wall eine große Unruhe, da die Feinde verschreckt bald hierhin, bald dorthin liefen und sich bald durch die Tore ins Lager zurückzogen, bald ohne Ordnung und Ruhe wieder herauskamen. (2) Dies bemerkten außer ihm auch noch andere. Die Legaten und Veteranan beschworen ihn deshalb, ohne Zögern das Zeichen zur Schlacht zu geben: Es werde ihnen von den unsterblichen Göttern der sichere Sieg prophezeit. (3) Caesar aber zögerte. Er widersetzte sich ihrem Übereifer und ihrer Kampfgier und rief laut, ihm gefalle es nicht, wie ein Belagerter zu kämpfen, der einen Ausbruch macht. Während er also die Schlachtreihe noch zurückhielt, fing plötzlich ohne seinen Befehl auf dem rechten Flü-

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gel ein Trompeter, von den Soldaten genötigt, zu blasen an. (4) Nun begannen alle Kohorten gegen die Feinde vorzurücken, obgleich sich die Zenturionen mit der Brust entgegenstemmten und die Soldaten mit aller Gewalt von einem Angriff gegen den Willen des Feldherrn abhielten; es fruchtete nichts. 83 (1) Caesar, der nun sah, dass jeder Widerstand gegen die angestachelten Gemüter der Soldaten vergeblich war, gab die Parole „Felicitas!“ aus und sprengte selbst in gestrecktem Galopp gegen die ersten Reihen der Feinde. (2) Inzwischen warfen auf dem rechten Flügel die dichtgestaffelten Bogenschützen und Schleuderer einen Geschosshagel gegen die Elefanten, die daraufhin durch das Schwirren der Schleudern und durch die Steinwürfe und Bleigeschosse in solche Panik gerieten, dass sie kehrtmachten, die dichtgedrängten Soldaten hinter ihnen niedertrampelten und durch die kaum halb fertigen Tore in das Lager einbrachen. (3) Die maurischen Reiter, die auf demselben Flügel bei den Elefanten aufgestellt waren, ergriffen, von ihrem Schutz verlassen, zuerst die Flucht. (4) Schnell kam man nun um die Tiere herum, die Legionen bemächtigten sich des feindlichen Lagerwalles, während die Feinde gehetzt in das Lager flohen, aus dem sie tags zuvor aufgebrochen waren; nur ganz wenige leisteten Widerstand und fielen. 84 (1) Hier darf besonders die Tapferkeit eines Veteranen der fünften Legion nicht unerwähnt bleiben. Auf dem linken Flügel war ein verwundeter, vor Schmerz wilder Elefant über einen unbewaffneten Trossknecht hergefallen, nahm ihn unter seine Füße, ließ sich dann mit dem Knie auf ihm nieder und drückte mit seiner Last den Unglücklichen zu Tode, während er den Rüssel unter großem Gebrüll in die Höhe hob und heftig hin und her schwenkte. Dies konnte jener Soldat nicht länger mit ansehen und stürzte sich mit seinen Waffen auf das Tier. (2) Kaum hatte der Elefant ihn mit gezücktem Speer kommen sehen, als er von dem Toten abließ, den Soldaten mit seinem Rüssel umschlang und ihn in die Höhe hob. (3) Der Bewaffnete verlor in dieser Gefahr seine Geistesgegenwart nicht, sondern hieb aus Leibeskräften ununterbrochen mit seinem Schwert auf den Rüssel ein, der ihn umschlang. (4) Vor Schmerz ließ der Elefant den Soldaten fallen, machte unter lautem Trompeten schleunigst kehrt und zog sich zu den übrigen Tieren zurück. 85 (1) Die Besatzung von Thapsus machte indessen einen Ausfall durch das Tor, das sich zur See hin öffnete, entweder um ihren Leuten Hilfe zu bringen oder um sich selbst durch Preisgabe der Festung zu retten. Bis an den Nabel im Meer watend, versuchten sie ans Land zu kommen, (2) wurden jedoch von den Sklaven und Trossknechten aus dem (iulianischen) Lager mit Steinen und Speeren vom Land zurückgetrieben und wieder zum Rückzug in die Stadt gezwungen. (3) Da Scipios geschlagenes Heer inzwischen über die ganze Ebene hinweg floh, nahmen Caesars Legionen unverzüglich die Verfolgung

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auf und gaben dem Feind keinen Augenblick Zeit, sich zu sammeln. (4) Diese waren auf der Flucht zu dem Lager gelangt, das sie hatten erreichen wollen, um sich in dem wiederhergestellten Lager von neuem zu verteidigen und einen Anführer zu suchen, dem sie vertrauen und unter dessen Autorität und Befehl sie kämpfen könnten. Doch als sie nun sahen, dass sich im Lager keine Spur von einer Besatzung fand, warfen sie die Waffen weg und flohen geradewegs in das Lager von König Iuba. (5) Als sie dort eintrafen, fanden sie aber auch dieses schon von Caesars Leuten besetzt. Ohne Hoffnung auf Rettung stellten sie sich nun auf eine Anhöhe, senkten ihre Waffen und entboten auf militärische Weise ihren Gruß. Doch dies half den Elenden wenig. (6) Denn in ihrem Zorn und Schmerz waren die Veteranen nicht nur nicht dazu zu bewegen, den Feind zu schonen, sondern töteten oder verwundeten sogar mehrere vornehme Männer aus Rom aus ihrem eigenen Heer, die sie als Urheber des Krieges bezeichneten. (7) Darunter befanden sich namentlich zwei: der ehemalige Quaestor Tullius Rufus, den ein Soldat ganz absichtlich durch einen Stoß mit seinem Wurfspieß tötete und Pompeius Rufus, der, am Arm von einem Schwert verwundet, nur dadurch sein Leben rettete, dass er schnell zu Caesar floh. (8) Dadurch verschreckt, entfernten sich viele römische Ritter und Senatoren vom Kampfplatz, um nicht ihr Leben durch diese Soldaten zu verlieren, die sich infolge dieses glänzenden Sieges die Freiheit erlaubten, maßlos in der Hoffnung zu wüten, wegen ihrer großartigen Taten ungestraft handeln zu dürfen. (9) Scipios Leute, so sehr sie auch um Caesars Schutz flehten, wurden deshalb alle ohne Ausnahme vor dessen Augen niedergemetzelt, obwohl er noch eindringlich um Schonung für sie bat. 86 (1) Caesar hatte die drei Lager des Feindes eingenommen, auf dessen Seite 50 000 Mann gefallen und eine Anzahl geflohen waren. Er selbst hatte nur 50 Soldaten verloren, einige wenige waren verwundet worden. Er brach nun zu seinem eigenen Lager auf, hielt aber sofort auf seinem Marsch bei Thapsus an und erbeutete 64 Elefanten, die ausgerüstet und bewaffnet sowie mit Türmen und Zaumzeug versehen waren; diese ließ er vor der Stadt in Schlachtordnung aufstellen. Sein Plan war es, Vergilius samt allen Belagerten durch dieses offenbare Zeichen des Unglücks, das Scipio getroffen hatte, von seiner Halsstarrigkeit abzubringen. (2) Daraufhin wandte er sich selbst an Vergilius und bot ihm die Möglichkeit zur Kapitulation an, wobei er an seine Nachsicht und Milde erinnerte. Vergilius aber gab ihm keine Antwort und Caesar zog sich daraufhin von der Stadt zurück. (3) Er brachte am folgenden Tag ein Opfer dar, berief seine Soldaten in eine allgemeine Versammlung, verteilte vor den Augen der Belagerten an seine Veteranen ohne Ausnahme Geschenke und verlieh dann noch vom Tribunal herab den Tapfersten und Verdientesten besondere Auszeichnungen. Dann ließ er den Prokonsul Rebilus95 mit drei

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Legionen bei Thapsus und Cn. Domitius mit zweien bei Thysdra zurück, wo Considius den Oberbefehl hatte, um die Belagerung fortzusetzen. Er selbst zog sofort darauf nach Utica, wohin er M. Messalla mit der Reiterei vorausgeschickt hatte. 87 (1) Die Reiter Scipios, die vom Schlachtfeld geflüchtet waren, waren auf ihrem Weg in Richtung Utica zu der Stadt Parada96 gelangt. (2) Als sie dort von den Bewohnern nicht eingelassen wurden, weil ihnen die Kunde von Caesars Sieg vorausgeeilt war, nahmen sie die Stadt mit Gewalt ein, schichteten auf der Mitte des Marktplatzes Holz und alle möglichen Habseligkeiten der Einwohner zusammen, zündeten das Ganze an, warfen alle Leute, ohne Unterschied des Geschlechts und des Alters, lebendig und in Fesseln in die Flammen und brachten sie so auf die denkbar schrecklichste Weise ums Leben. Danach gelangten sie auf direktem Weg nach Utica. (3) Vor einiger Zeit schon hatte M. Cato, der geglaubt hatte, bei den Bewohnern von Utica wegen der Vorteile, die ihnen die lex Iulia97 gewährte, keine große Unterstützung für seine Parteifreunde zu finden, das einfache Volk ohne Waffen aus der Stadt verjagt und hatte ihm als Aufenthaltsort vor der so genannten Porta Bellica ein Lager mit lediglich kleinem Graben aufgezwungen, das er mit Wachen umstellen ließ; die Ratsmitglieder der Stadt hielt er unter Beobachtung. (4) Scipios Reiter versuchten nun eben dieses Lager, dessen Bevölkerung sie auf Caesars Seite wussten, zu erobern, um sich durch deren Tod und Verderben für ihren eigenen Schmerz zu rächen. (5) Die Leute, denen Caesars Sieg Mut gemacht hatte, trieben jedoch den Feind mit Steinen und Prügeln weg. (6) Ohne also dieses Lager eingenommen zu haben, drangen die Reiter in die Festung Utica selbst ein, wo sie viele Einwohner töteten, ihre Häuser erstürmten und plünderten. (7) Cato, der sie auf keine Weise dazu bringen konnte, mit ihm zusammen die Stadt zu verteidigen und von Mord und Raub abzulassen, wusste wohl, was sie wollten und gab, um ihre Rücksichtslosigkeit zu bremsen, jedem einzelnen 100 Sesterzen. (8) Dasselbe tat aus eigenen Mitteln auch Sulla Faustus, verließ an ihrer Spitze Utica und eilte in das Reich Iubas. 88 (1) Inzwischen waren zahlreiche Flüchtlinge in Utica angekommen. Sie alle berief Cato zu sich, dazu die 300, die für Scipio Geld für seine Kriegsführung aufgebracht hatten und forderte sie auf, ihre Sklaven freizulassen und die Stadt zu verteidigen. (2) Als er jedoch nur einige von ihnen einverstanden gesehen hatte, die übrigen ihr Denken und Fühlen voll Furcht nur auf die Flucht richteten, ließ er von weiterem Zureden ab und wies ihnen sogar Schiffe an, damit sie fliehen könnten, wohin sie wollten. (3) Er selbst ordnete seine eigenen Sachen mit der größten Sorgfalt, empfahl seine Kinder L. Caesar an, der damals bei ihm Proquaestor war, begab sich, ohne dass ein Verdacht entstand, mit derselben Miene und denselben Worten, die man von frü-

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her her von ihm gewohnt war, zur Ruhe, nahm jedoch heimlich ein Schwert mit in sein Schlafgemach und stürzte sich hinein. (4) Er brach aber zusammen, noch ehe er seinen Geist ausgehaucht hatte. Als man Verdacht schöpfte und ins Zimmer eindrang, verschlossen und verbanden ein Arzt und die Angehörigen die Wunde, er aber riss sie unbarmherzig mit eigenen Händen wieder auf und starb so in voller Geistesgegenwart. (5) Obwohl die Bewohner von Utica diesen Mann um seiner Zugehörigkeit willen hassten, achteten sie dennoch seine besondere Uneigennützigkeit und bestatteten ihn feierlich: Denn er hatte sich ganz anders benommen als die übrigen Führer derselben Seite und hatte Utica erstaunlich gut mit Schanzen und Türmen befestigt. (6) Nach seinem Tod versuchte L. Caesar einen Vorteil aus diesem Vorfall zu schlagen, versammelte die Bewohner und sprach ihnen allen eindringlich zu, C. Caesar die Tore zu öffnen, zu dessen Milde er das größte Zutrauen habe. (7) Man öffnete daher die Tore und er ging dem Imperator Caesar aus Utica entgegen. Messalla, der wie befohlen Utica erreichte, ließ alle Tore mit Wachleuten besetzen. 89 (1) Caesar kam indessen auf seinem Marsch von Thapsus aus nach Usseta, wo Scipio einen großen Vorrat von Getreide, Waffen, Geschossen und anderen Sachen nebst einer schwachen Besatzung liegen hatte. (2) Er eroberte den Ort auf der Stelle und gelangte darauf nach Hadrumetum. Dort wurde er unverzüglich eingelassen, inspizierte die Waffen, das Getreide und die Kassen und schenkte Q. Ligarius98 und dem jungen C. Considius, die an Ort und Stelle waren, das Leben. (3) Noch am selben Tag verließ er Hadrumetum, wo Livineius Regulus99 mit einer Legion zurückblieb und zog nach Utica. (4) L. Caesar, der ihm entgegenkam, fiel auf dem Weg auf seine Knie und bat um nichts anderes als um sein Leben, (5) was ihm Caesar nach seiner Gemütsart und seinem Grundsatz gerne gewährte. Ebenso behandelte er nach seiner gewohnten Weise den Caecina, C. Ateius, P. Atrius, L. Cella, Vater und Sohn, M. Eppius, M. Aquinus, den Sohn Catos und die Kinder des Damasippus. Nach Utica kam er ungefähr, als die Lichter für die Nacht angesteckt wurden, und blieb die Nacht über vor der Stadt. 90 (1) Am Morgen des folgenden Tages zog er in die Stadt hinein, sprach in einer Versammlung, die er berief, Uticas Bewohnern aufmunternd zu und dankte ihnen für ihre Loyalität. Den römischen Bürgern und Handelsleuten aber sowie jenen von den 300, die für Varus und Scipio die Gelder besorgt hatten, machte er viele Vorwürfe, hielt über ihre Verbrechen eine längere Rede und hieß sie am Ende ohne Furcht vortreten: Nur das Leben solle ihnen geschenkt sein; ihre Güter wolle er verkaufen; wenn jedoch einer seine eigenen Güter selbst wieder kaufe, so wolle er den Güterverkauf aufheben und das Geld dafür als Strafe in Anrechnung bringen; so jemand könne seinen Besitz ungeschmälert behalten. (2) Als ihnen, denen vor Furcht alles Blut aus den Adern gewi-

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chen war und die ihrer schlechten Dienste wegen bereits an ihrem Leben verzweifelten, plötzlich eine Rettung angeboten wurde, nahmen sie freudig und begierig diese Bedingung an und baten Caesar, er solle allen 300 gemeinsam die Geldsumme in einem Betrag abfordern. (3) So befahl er ihnen die Zahlung von 200 Millionen Sesterzen, die dem römischen Volke innerhalb von drei Jahren in sechs Raten bezahlt werden mussten. Niemand von ihnen widersprach, vielmehr priesen sie ihn, ihnen sei durch ihn an diesem Tag erst erneut das Leben geschenkt worden und dankten ihm voller Freude. 91 (1) Sobald König Iuba aus der Schlacht geflohen war, gelangte er in der Zwischenzeit in Gesellschaft des Petreius in sein Reich. Bei Tag hielt er sich in Gehöften verborgen, während der Nacht setzte er seine Reise fort. Er gelangte nach Zama, wo er seine Residenz, seine Frauen und Kinder hatte; dorthin waren auch aus dem ganzen Reich seine Geldsummen und was ihm sehr lieb und teuer war gebracht worden. Die Stadt selbst war zu Beginn des Krieges noch stärker befestigt worden. (2) Die Bewohner, die Caesars Sieg durch das erhoffte Gerücht bereits vernommen hatten, ließen ihn aus folgendem Grund nicht in die Stadt: Iuba hatte, als er gegen das römische Volk die Waffen ergriff, in Zama Holzmassen angehäuft und auf dem Markt den größten Holzstoß errichtet; er wollte, wenn er unterläge, alle Besitztümer dort aufhäufen, alle Bürger ermorden und darauf werfen, das Ganze anzünden, schließlich sich selbst darüber ermorden und sich samt Frauen, Kindern, Bürgern und allen königlichen Schätzen verbrennen. (3) Jetzt stand er vor den Toren dieser Stadt und verhandelte lange und viel mit den Bewohnern zuerst unter Drohungen und mit dem Hinweis auf sein Herrschaftsrecht; als dies jedoch nichts fruchtete, verlegte er sich auf Bitten und Flehen, ihm in seine Wohnung Einlass zu gewähren; als sie sich noch immer halsstarrig zeigten und weder Bitten noch Drohungen dazu führten, dass sie ihn aufnahmen, bat er zum dritten Mal, ihm Frauen und Kinder zu übergeben, damit er sie mit sich nehme. (4) Die Einwohner aber gaben ihm gar keine Antwort und er musste sich unverrichteter Dinge von Zama entfernen. Von Petreius und einigen Reitern begleitet, begab er sich auf eines seiner Landgüter. 92 (1) Die Bewohner von Zama schickten unterdessen in dieser Angelegenheit Gesandte zu Caesar nach Utica und baten ihn um Hilfe, bevor Iuba sich eine Truppe zusammenstellen und sie angreifen könne: Sie seien im Gegenzug bereit, sich und die Stadt, solange sie lebten, nur ihm treu zu erhalten. (2) Caesar lobte die Gesandten und befahl ihnen, in ihre Heimat zurückzukehren und seine Ankunft zu verkünden. Gleich am folgenden Tag verließ er Utica und trat mit seiner Reiterei den Marsch in das Königreich Mauretanien an. (3) Auf dem Weg schon kamen ihm viele Führer von Iubas Heer entgegen und baten ihn um seine Verzeihung. (4) Er gewährte sie den Bittenden und sie gelang-

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ten nach Zama. Bald verbreitete sich das Gerücht von seiner Milde und Gnade und fast alle königlichen Reiter stellten sich dort bei ihm ein und er befreite sie von aller Furcht und Gefahr. 93 (1) Während dieser Entwicklung auf beiden Seiten hatte Considius, der mit seinem Gesinde, Gladiatoren und Gaetulern in Thysdra lag, von der Niederlage Scipios erfahren und verließ, in Angst vor Domitius und dem Anrücken seiner Legionen, die Festung ohne Hoffnung auf Rettung: Von wenigen Gaetulern begleitet und schwer mit Geld beladen floh er heimlich und wollte nach Mauretanien. (2) Allein die Gaetuler, seine Begleiter, bekamen selbst Lust nach dem Gold, schlugen ihn nieder und zerstreuten sich mit der Beute so weit wie möglich. (3) Inzwischen hatte C. Vergilius eingesehen, dass er, zu Wasser und zu Lande eingeschlossen, nichts ausrichten konnte: Seine Leute waren tot oder geflohen, M. Cato hatte in Utica selbst Hand an sich gelegt, der König, heimatlos und von seinen Leuten im Stich gelassen, wurde von allen verschmäht, Saburra und seine Truppen waren von Sittius vernichtet worden, in Utica hatte Caesar sofort Aufnahme gefunden und von dem ganzen gewaltigen Heer war nichts mehr übriggeblieben; so nahm er für sich und seine Kinder von dem Prokonsul Caninius, der ihn belagerte, freies Geleit an und übergab sich, seine ganze Habe und die Stadt dem Prokonsul. 94 (1) Der König, der von allen Gemeinden ausgeschlossen wurde, gab inzwischen jede Hoffnung auf eine Rettung auf. Nachdem beide gespeist hatten, kämpften er und Petreius mit dem Schwert gegeneinander, damit es den Eindruck erwecke, als seien sie tapfer ums Leben gekommen und der stärkere Iuba tötete leicht den schwächeren Petreius. (2) Als er im Anschluss versuchte, mit eigener Hand seine Brust mit dem Schwert zu durchstoßen, es aber nicht fertigbrachte, erhörte ein Sklave seine drängende Bitte und nahm ihm das Leben. 95 (1) P. Sittius, der Iubas General Saburra geschlagen und getötet hatte, stieß unterdessen auf seinem Marsch, als er mit wenigen Begleitern durch Mauretanien zu Caesar gelangen wollte, zufällig auf Faustus und Afranius, die an der Spitze jener Mannschaft standen, mit der sie Utica geplündert hatten und nun nach Spanien wollten: Im ganzen waren es etwa 1000 Mann. (2) Deshalb stellte er noch in der Nacht auf die Schnelle einen Hinterhalt. Bei dem Angriff, der frühmorgens geschah, fielen außer wenigen flüchtig gewordenen Reitern der Vorhut, alle übrigen oder wurden gefangengenommen. Afranius und Faustus fielen lebendig mit Frau und Kind in die Hände des Sittius. (3) Beide fanden nach einigen Tagen bei einer Unruhe unter den Soldaten ihren Tod; Pompeia und den Kindern des Faustus schenkte Caesar ihr Leben und alle ihre Güter.

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96 (1) Scipio, in Begleitung des Damasippus, Torquatus und Plaetorius Rustianus, wollte nach Spanien, irrte aber mit seinen Kriegsschiffen lange und viel umher, bis sie endlich nach Hippo Regius verschlagen wurden, wo gerade die Flotte des P. Sittius lag. (2) Ihre wenigen Schiffe wurden von der größeren Zahl feindlicher Fahrzeuge versenkt und Scipio nebst seinen eben genannten Begleitern fand hier den Tod. 97 (1) Caesar aber versteigerte indessen in Zama die Güter des Königs und derjenigen Einwohner, die, obgleich römische Bürger, dennoch gegen das römische Volk die Waffen erhoben hatten; den übrigen, die zuerst den Plan gefasst hatten, den König abzuweisen, erteilte er Belohnungen, die königlichen Auflagen und Zölle wurden abgeschafft. Das Königreich wurde in eine römische Provinz umgestaltet, deren Kriegsverwaltung der Prokonsul L. Crispus Sallustius erhielt. Nach all diesem begab er sich dann wieder von Zama nach Utica, (2) wo er ebenfalls die Güter derjenigen einzog, die unter Iuba und Petreius als Offiziere gedient hatten. Die Bewohner von Thapsus mussten zur Strafe zwei Millionen Sesterzen zahlen, ihr ganzer Bezirk drei Millionen, die Bürger von Hadrumetum ebenfalls drei Millionen, ihr ganzer Bezirk dagegen fünf Millionen; ihre Städte und ihr Eigentum schützte er dafür vor jeder Gewalt und Räuberei. (3) Die Bürger von Leptis, die Iuba in den letzten Jahren ausgeplündert hatte, so dass der römische Senat, bei dem sie durch Gesandte Klagen führten, nach der Schätzung von Schiedsrichtern Entschädigung leistete, strafte er mit der jährlichen Auflage von drei Millionen Pfund Öl und zwar deshalb, weil sie gleich zu Anfang bei einer Auseinandersetzung unter ihren vornehmen Bürgern ein Bündnis mit Iuba geschlossen und ihn mit Waffen, Soldaten und Geld unterstützt hatten. (4) Die Bewohner von Thysdra strafte er wegen der Bedeutungslosigkeit ihrer Stadt nur mit einer bestimmten Menge Getreide. 98 (1) Nach diesen Maßnahmen ging er an den Iden des Iuni100 in Utica an Bord seiner Flotte und kam nach dem dritten Tag in Caralis auf Sardinien an. (2) Die Bewohner von Sulci, die den Nasidius und seine Flotte aufgenommen und seine Truppen unterstützt hatten, strafte er mit zehn Millionen Sesterzen, befahl, dass sie statt des zehnten den achten Teil der Landeserzeugnisse entrichten sollten, zog die Güter einiger Personen ein und ging am vierten Tag vor den Kalenden des Quintilis101 wieder an Bord. Von Caralis schließlich fuhr er der Küste entlang und gelangte endlich am 28. Tag102 in die Gegend von Rom, nachdem er bis dahin von Stürmen vielfach in den Häfen zurückgehalten worden war.

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Am 19. Dezember. Lilybaeum ist eine Stadt im Südwesten Siziliens. Nach dem Tod von Pompeius hatten sich seine Anhänger in Afrika zusammengefunden, um Caesar weiterhin Widerstand zu leisten. Quintus Caecilius Metellus Pius Cornelianus Scipio Nasica war ein Mitglied des römischen Senats und der Schwiegervater des Gnaeus Pompeius Magnus. Nach dessen Tod übernahm er den Oberbefehl über die pompeianischen Truppen. In der Schlacht bei Thapsus von 46 v. Chr. wurde er getötet. Aponiana ist eine kleine Sizilien vorgelagerte Insel. Aulus Alienus war früher Legat in Asien. Später erhielt er das Prokonsulat in Sizilien. Am 27. Dezember. Clupea liegt südlich von Karthago an der nordafrikanischen Küste. Dieses Neapel liegt ca. 70 km südlich von Clupea an der nordafrikanischen Küste. Hadrumetum ist eine Stadt an der Nordostküste Numidiens. Gaius Considius Longus war früher ein General des Pompeius. Lucius Munatius Plancus war ein treuer Gefolgsmann und Freund Caesars. Er war 54 v. Chr. Legat in Gallien und Spanien. Er wurde ferner von Caesar als Statthalter über Raetien eingesetzt. Am 1. Januar. Ruspina ist südlich von Hadrumetum gelegen. Textverderbnis. Rabirius Postumus war ein römischer Ritter. Cicero verteidigte ihn gegen den Vorwurf, die Provinz Ägypten zu seinem eigenen Vorteil erpresst haben. Gaius Sallustius Crispus war im Afrikanischen Krieg Propraetor und wurde von Caesar 49 v. Chr. zum Quaestor ernannt. Kerkina ist eine Insel in der heutigen kleinen Syrte, südlich des antiken Karthago. Am 5. Januar. Publius Sulpicius Rufus war schon Legat in Gallien (55 v. Chr.).

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Anmerkungen

Titus Labienus war lange Zeit Legat bei Caesar gewesen. Im Gallischen Krieg hatte er oft Caesar in Abwesenheit vertreten. Diese Vorgehensweise war typisch für die römische Taktik. Die Hauptschlagkraft trugen die Fußsoldaten in der Mitte. Caesar wandelte das leicht ab und versuchte, den Nachteil ihrer geringen Anzahl durch vorgestellte Bogenschützen aufzuwiegen. Die Reiterei schützte üblicherweise in kleineren Gruppen die Flanken und sollte verhindern, dass der Feind diese umging. Ein großer Vorteil der römischen Armee bestand in der Disziplin der Soldaten, die den Zurufen ihres Kommandanten sofort Folge leisteten. Die hier beschriebene Schlacht ist ein Musterbeispiel für Überlegenheit von Disziplin und Ausdauer vor der Masse und großen Schlagkraft. Marcus Petreius war einer derjenigen, die zu Pompeius übergelaufen waren. Ihn hatte Pompeius als Verwalter für Lusitanien eingesetzt. Textverderbnis. Die Nennung von Scribonius Curio spielt auf die Episode BC II, 40–43 an. Textverderbnis. Textverderbnis. Textverderbnis. Am 4. Januar. Die Ityreer sind Araber, die jenseits des Jordan leben. Marcus Porcius Cato, der Jüngere (sein Großvater war Cato der Ältere) war ein früherer Gegner des sog. Ersten Triumvirats. Utica liegt nordwestlich von Karthago. Gnaeus Pompeius war der älteste Sohn des Caesargegners Gnaeus Pompeius Magnus. Ascurum liegt in Mauretania Tingitana; seine genaue Lage ist nicht bekannt. Die Balearischen Inseln liegen östlich von Spanien. Publius Sittius war ein Abenteurer, der in Mauretanien Truppen zusammengezogen hatte und mit König Bocchus von Mauretanien zusammenarbeitete. Er unterstützte Caesar sehr erfolgreich und bekam dafür nach dem Krieg von Caesar einen Teil Numidiens zugesprochen. Bocchus ist ein Bruder des König Bogus. Er beherrschte einen Teil Mauretaniens. Cirta liegt im Nordosten von Numidien. Die Gaetuler waren ein Berbervolk im Nordwesten Afrikas. Sie bewohnten das Atlasgebirge. Der Praetor Gaius Vergilius verwaltete seit 62 v. Chr. die Provinz Sizilien. Im Bürgerkrieg trat er auf die Seite der Pompeianer. Thapsus liegt südlich von Hadrumetum und Ruspina.

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Die Brüder Titus sind die Söhne des Lucius Titius. Marcus Messala war 53 Konsul. Messana (heute Messina) ist eine Stadt auf Sizilien. Ein Skorpion ist eine Wurfmaschine für Pfeilgeschosse. Nachdem erfolglos versucht worden war, Caesar zum Kampf herauszufordern, versuchte König Iuba auf die Taktik zurückzugreifen, den Feind mit einem großen Aufmarsch zu beschämen und ihn durch das Näherrücken zum Kämpfen zu bringen. Textverderbnis. Gaius Marius war ein angeheirateter Onkel von Caesar. Er war mit Iulia, der Schwester von Caesars Vater, vermählt. Acylla liegt südlich von Thapsus. Einem Aedil (es gab zwei plebeische und zwei curulische Aedilen) oblag die Sorge um die öffentlichen Gebäude und Straßen, die Marktaufsicht und die Getreideversorgung der Stadt Rom sowie die Ausrichtung der öffentlichen Spiele. Thysdra liegt im Südwesten von Thapsus. Am 27. Januar. Uzitta liegt südwestlich von Thapsus. Textverderbnis. Quintus Cominius war ein römischer Ritter. Auch Lucius Ticida entstammte der römischen Ritterschaft. Aegimurus ist eine kleine Insel an der afrikanischen Küste vor Karthago. Publius Attius Varus, der zunächst Propraetor in Afrika war, bemächtigte sich dieser Provinz, um gegen Caesar zu kämpfen. Nach der Schlacht bei Pharsalos übernahm er das Kommando der Flotte. Textverderbnis. Es handelt sich hier um Elmsfeuer, eine elektrische Entladung. Textverderbnis. Hiempsal II. war der Vater von König Iuba. Als König von Numidien war er ein Freund von Pompeius. Marcus Aquinus trat als homo novus in die Politik ein und wurde später Legat der Pompeianer. Textverderbnis. Textverderbnis. Textverderbnis. Lucius Cispius war schon unter Lucius Munatius Plancus 43 v. Chr. Legat in Gallien. Quintus Aquila ist nur aus dem Bellum Africum bekannt. Publius Vestrius ist nicht weiter bekannt.

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Anmerkungen

Publius Ligarius Afranius ist ein treuer Pompeianer. Zusammen mit Marcus Petreius verwaltete er 56 v. Chr. Spanien, das Pompeius als Provinz zugesprochen bekommen hatte. Die Pompeianer bei Ilerda heissen auch bei Caesar BC 1,78,1 Afraniani. Lucius Nasidius war schon im Bürgerkrieg Flottenkommandant. Sein Sohn wird unter Sextus Pompeius Magnus dienen. Ein römisches Lager wurde stets nach derselben Art und Weise errichtet. So gab es neben dem Haupttor, der porta praetoria, praetoria, das feindwärts gerichtet war, das ihm gegenüberliegende Tor, die porta decumana, decumana, sowie links und rechts an den Lagerseiten die porta principalis dextra und sinistra sinistra.. Textverderbnis. Aggar ist wahrscheinlich ein Ort in der Nähe von Leptis. Bezüglich Zeta vermutet man, dass es südlich von Hadrumetum gelegen war. Publius Atrius ist mit Ausnahme des Bellum Africum nicht bekannt. Oppius ist ein römischer Ritter, der im Bürgerkrieg auf der Seite der Pompeianer focht. Zu unterscheiden ist er von Gaius Oppius, der zu dieser Zeit in Rom war. Lucius Afranius war im Jahr 60 v. Chr. Konsul. Schon beim Bürgerkrieg hatte er nach der Schlacht bei Pharsalos mit Labienus zusammen Flüchtlinge um sich gesammelt. Ebenfalls mit Labienus war er nach Afrika gekommen. Ein normaler Legionär trug ein Marschgepäck von 25–30 kg. Er war also viel unbeweglicher und schwerfälliger als die Angreifer, die beim Angriff wahrscheinlich nur ihre Waffen mit sich führten. Vaga oder Vacca ist eine bedeutende Handelsstadt in der Nähe von Zeta gelegen. Textverderbnis. Am 21. März. Sarsura liegt vermutlich ca. 30 km in südwestlicher Richtung von Thapsus entfernt. Im Prinzipat kam vor allem die Gewohnheit auf, dass Kaufleute und Köche mit dem Heer zogen. Denn die Kaufkraft römischer Soldaten wurde damals schon als Einnahmequelle geschätzt. Thysdra liegt ca. 30 km von Acylla in westlicher Richtung entfernt. Tegea liegt ca. 20 km von Thapsus in westlicher Richtung entfernt. Turma ist die kleinste Einheit der Kavallerie und beläuft sich auf ca. 300 Mann. Titus Pacideius ist ein pompeianischer Reiterführer.

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Ala ist die Bezeichnung für die oberste Einheit der Auxiliarkavallerie. Eine ala zählte nominell 500 Mann. 92 Am 4. April. 93 Lucius (?) Nonnius Aprenas tritt noch einmal im Bellum Hispaniense auf. Er ist ein Anhänger Caesars im Bürgerkrieg. 49 v. Chr. wurde er Propraetor in Gallien, 46 v. Chr. Prokonsul in Afrika, 45 v. Chr. diente er als Reiterführer in Spanien. Später unterstützte er Octavian. 94 Textverderbnis. 95 Gaius Caninius Reblius war schon in Gallien und im Bürgerkrieg Caesars Legat. 96 Die Lage von Parada ist unbekannt. 97 Gemeint ist die lex Iulia de provinciis 46 v. Chr.: ne praetoriae provinciae plus quam annum, neve plus quam bienium consulares obtineantur obtineantur.. Vgl. Cic. Phil. 1,19. 98 Quintus Ligarius kam 50 v. Chr. als Legat nach Afrika. Bekannt ist er aus Ciceros Rede Pro Ligario. Ligario. 99 Lucius Livineius Regulus ist ein Freund Ciceros. 100 Am 13. Juni. 101 Am 27. Juni. 102 Am 25. Juni. 91

Index Nominum Acylla (Achulla) 33, 43, 67 Acyllitani 33 Aegimurus 44 Afranius, L. 69, 95 Afri 36 Africa 2–3, 8, 10, 19–26, 34, 47, 54, 64–65, 77 Aggar 67, 76, 79 Alienus 2, 26, 34, 44 Aponiana insula 2 Aprilis 75, 79 Aquila, Q. 62–63, 67 Aquinus, M. 57, 89 Ascurum 23 Asprenas v. Nonius Ateius, C. 89 (Atius, T.) Labienus 13, 15–16, 19–21, 24, 29, 33, 38–40, 49–52, 61, 65–66, 69–70, 75, 78 Atrius, P. 68, 89 (Attius, P.) Varus 44, 62–64, 90 Avienus, C. 54 Baleares insulae 23 Bochus 25 Bogus 23 [Brundisium 19] (Buthrotum 19) (Caecilius, Q. Metellus Pius) Scipio 1, 4, 8, 20, 24–32, 35–52, 57, 61, 67–70, 75–81, 85–90, 96 Caecina 89 Caesar v. Iulius Caesarianae naves 28, 53

Caesariani 7, 13–14, 24, 52, 66 (Calpurnius,) Cn. Piso 3, 18 Calvinus v. Domitius Caninius, (C.) Rebilus 86, 93 Carales 98 Cato v. Porcius Catonis filius 89 Cella, L. 89 Cercina insula 8, 34 Cercinitani 34 Cirta 25 Cispius, L. 62, 67 Clupea 2–3 Clusinas, C. 54 Cominius, Q. 44, 46 Considius: a) C. Longus pater 3–5, 33, 43, 76, 86, 93 b) C. (Longus) filius 89 Cornelius: a) (L.) Sulla (Felix) 56 b) (L.) Sulla Faustus 87, 95; eius liberi 95 c) P. 76 Crispius v. Marcius et Sallustius Curioniani 52 Curio v. Scribonius Damasippus v. Licinius Decimius, C. 34 Domitius, Cn. (Calvinus) 86, 93 Eppius, M. 89 Faustus v. Cornelius Februarius 37

Der Alexandrinische Krieg

Felicitas 83 Fonteius, A. 54 Gaetuli 25, 32, 35, 43, 55–56, 61–62, 67, 93 Galli 6, 19–20, 29, 34, 40, 73 Gallia 40, 73 Germani 19, 29, 40 Hadrumetini 97 Hadrumetum 3, 21, 24, 33, 43, 62–63, 67, 89 Hiempsal 56 Hippo regius 96 Hispani 28, 39 Hispania 64, 95–96 Ianuarius 1–2, 6–7, 9, 19 Italia 22, 54, 72 Italicus 36 Ityreus 20 Iuba 6, 25, [30], 36, 43, 48, 52, 55, 57–59, 66, 74, 77, 91–97 Iulia lex 87 Iuliani 15, 40–41, 69, 78, 85 Iulius a) C. Caesar passim b) L. Caesar 88–89 Iunius 98 Labieniani 29 Legio a) Caesaris: [II. 81] V. 1, 28, 47, 60, [81], 84 [VII. 62] [VIII. 60, 62, 81] VIIII. 53, 60, [62, 81] X. 16, 53–54, 60, [62], 81 XIII. 34, 60, [62, 81]

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XIIII. 34, 45, 60, [62, 81] XXV. 60 XXVI. 60 XXVIII. 60 XXVIIII. 60 b) Scipionis: IIII. 35, 52 VI. 35, 52 Leptis 7, 9–10, 29, 61–63, 67 Leptitani 97 (Licinius) Damasippus 96; eius liberi 89 Ligarius a) P. 64 b) Q. 89 Lilybaeum 1–2, 34, 37 Livineius Regulus 89 Longus v. Considius Manlius (, L. Torquatus) 96 Marcius Crispus 77 Marius, C. 32, 35, 56 Mauretania 22–23, 95 Mauri 3, 6–7, 83 Messalla v. Valerius Messana 28 Messius, C. 33, 43 Minucius, C. Reginus 68 (Munatius,) L. Plancus 4 Nasidius, L. 64, 98 Neapolis 2 (Nonius) Asprenas 80 Numidae 6, 13–15, 18–19, 32, 35, 38–40, 42–43, 48, 52, 59, 61, 66, 69–70, 75, 78 Numidia 22, 36 Octavius, M. 44 Oppius 68

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Index Nominum

Pacidei 13 Pacideius alter 78 Parada 87 Petreianum auxilium 19 Petreius, M. 18–20, 24, 91, 94, 97 Plaetorius Rustianus 96 Plancus v. Munatius Pompeia 95 Pompeiani (Pompeius b) 23 Pompeianum (Pompeius a) proelium 19 Pompeius a) (Cn.) pater 64 b) Cn. filius 22–23 c) Rufus 85 (Porcius,) M. Cato (Uticensis) 22, 36, 87–88, 93; eius filius 89 Postumus v. Rabirius Quintilis 98 Rabirius Postumus 8, 26 Rebilus v. Caninius Reginus v. Minucius Regulus v. Livineius Rhodii 20 Roma 19, 64, 98 Romana urbs 22 Romani cives 35, 57, 90, 97 Romani equites 22, 44, 64, 68, 85 Romanus populus 4, 54, 57, 77, 90–91, 97 Rufus v. Pompeius, Sulpicius, Tullius Ruspina 6, 9–11, 20, 28, 33–37, 53, 67 Rustianus v. Plaetorius Saburra 48, 93, 95 Salienus, T. 28, 54 Sallustius, C. Crispus 8, 34, 97 Sardinia 8, 24, 98 Sarsura 75–76 Saserna a) C. 9, 29, 57

b) P. 10 Scipio v. Caecilius (Scribonius, C.) Curio 19, 40 Sicilia 2, 8, 20, 22, 24, 26, 44, 47, 53–54, 62 Sittius, P. 25, 36, 48, 93, 95–96 Sulcitani 98 Sulla v. Cornelius Sulpicius (, P. Rufus) 10 Syrus 20 Tegea 78 Thabena 77 Thabenenses 77 Thapsitani 79–80, 97 Thapsus 28, 44, 46, 53, 62, 67, 79–80, 85–86, 89 Thysdra 36, 76, 86, 93 Thysdritani 97 Ticida, L. 44, 46 Tiro, M. 54 Titius, -i 28 Torquatus v. Manlius Tullius Rufus 85 Usseta 89 Utica 7, 22–24, 36, 62, 86–98 Uticenses 68, 87–88, 90 Uzitta 41, 51–59, [89] Vaga 74 (Valerius,) M. Messalla 28, 86, 88 Varus v. Attius Vatinius (, P.) 10 Vergilius, C. 28, 44, 79, 86, 93 Vestrius, P. 64 Zama 91–92, 97 Zamenses 91–92, 97 Zeta 68, 74

DER SPANISCHE KRIEG

Der Spanische Krieg 1 (1) Pharnakes war besiegt, Afrika zurückerobert und die, die sich mit dem jungen Pompeius aus den Kämpfen geflüchtet hatten, als … und den jenseitigen Teil von Spanien hatte Pompeius in seine Hände bekommen, während Caesar durch Spiele, die er abhielt, in Italien zurückgehalten wurde … Um sich Kräfte zum Widerstand zu verschaffen, begann Pompeius sich darauf zu verlegen, mit jeder erdenklichen Stadt Abkommen zu schließen. (2) So brachte er teils durch Bitten, teils mit Gewalt ein ansehnliches Heer zusammen und verwüstete die Provinz. (3) Unter diesen Umständen stellten manche Städte aus freien Stücken Hilfstruppen, andere aber verschlossen ihm ihre Tore. (4) Kam er dann mit Gewalt in den Besitz eines solchen Ortes, legte man selbst einem Bürger dieser Stadt, der sich um Cn. Pompeius (den älteren) aufs beste verdient gemacht hatte, aufgrund seines Reichtums, irgendetwas anderes zur Last, um ihn auf diese Weise aus dem Weg zu räumen und um mit seinem Geld den Räubern1 eine Schenkung zu machen. Der Feind wurde auf diese Weise zu den Vorteilen des Friedens ermuntert2 und sein Heer nahm immer mehr zu. (5) Die spanischen Städte, die nicht zu Pompeius hielten, meldeten dies wiederholt nach Italien und forderten eindringlich Hilfe für sich. 2 (1) C. Caesar, der bereits dreimal Diktator und nun zum vierten Mal designierter Diktator war, hatte vor seiner Reise erneut bestimmte Belange geregelt3, bevor er in größter Eile nach Spanien gekommen war, um dem Krieg ein Ende zu machen. Da waren ihm Gesandte aus Corduba entgegengekommen, die von Cn. Pompeius abgefallen waren. Von ihnen erfuhr er, er könne die Stadt zur Nachtzeit einnehmen, weil Pompeius sich nur deshalb ihrer Provinz habe bemächtigen können, weil er seine Feinde völlig unvermutet überrascht habe; zugleich auch, weil die Boten, die Cn. Pompeius überallhin ausgeschickt hatte, um ihm Caesars Anrücken zu melden … überdies brachten sie noch vieles vor, was durchaus glaubhaft klang. (2) Caesar gab also seinen Legaten Q. Pedius4 und Q. Fabius Maximus5, die er vorher schon an die Spitze des Heeres gestellt hatte, Nachricht von seiner Ankunft und befahl, dass ihm die Reiterei, die in der Provinz ausgehoben worden war, zu seinem Schutz bereitgestellt werde. (3) Er stieß jedoch schneller zu ihnen, als sie vermutet hatten und fand seinen Wunsch, Reiterei zu seinem Schutz bereit zu finden, unerfüllt vor. 3 (1) Zur selben Zeit hatte Sex. Pompeius, der Bruder, in Corduba das Regiment mit einer Besatzung inne, denn die Stadt galt als Zentrum der gesam-

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ten Provinz. Der junge Cn. Pompeius dagegen belagerte die Festung Ulia und wurde dadurch schon fast einige Monate lang dort festgehalten. (2) Kaum hatte man von Caesars Ankunft gehört, als – unbemerkt von den Wachtposten des Cn. Pompeius – Gesandte aus der Stadt zu ihm kamen und baten, dass er ihnen so schnell wie möglich zu Hilfe komme. (3) Da diese Stadt sich stets in bester Weise um das römische Volk verdient gemacht hatte, ließ Caesar um die zweite Nachtwache schnell sechs Kohorten mit ebenso vielen Reitern aufbrechen. (4) Ihnen stellte er L. Vibius Paciaecus voran, einen in dieser Provinz wohlbekannten und gut unterrichteten Mann. (5) Gerade als er bei den Posten von Cn. Pompeius, angekommen war, traf es sich, dass er von einem schlimmen Unwetter und einem heftigen Sturm überrascht wurde. Das starke Unwetter verdunkelte den Weg derart, dass man kaum seinen Nebenmann erkennen konnte. (6) Doch erwies sich der durch diesen Sturm verursachte Nachteil für sie als nur vorteilhaft. Denn bei ihrer Ankunft ließ er je zwei Reiter aufsitzen und sie ritten geradenwegs durch die feindlichen Stützpunkte hindurch auf die Stadt zu. (7) Als sie nun mitten unter den Belagerern waren, antwortete einer von ihnen auf die Frage, wer sie seinen, er solle still sein, denn sie versuchten gerade einen Angriff auf die Mauer, um die Stadt einzunehmen. Einerseits waren die Wachen durch den starken Sturm behindert und konnten nicht sorgfältig genug achtgeben, andererseits wurden sie durch diese Antwort auch eingeschüchtert. (8) Beim Tor angekommen, wurden dann die Caesareaner von den Belagerten auf ein bestimmtes Zeichen hin eingelassen. Die Fußsoldaten wurden verteilt und bezogen dort teilweise Stellung, während die Reiter unter Kriegsgeschrei einen Ausfall auf das Lager der Feinde zu machten. (9) So hielt sich bei diesem Ereignis, weil es die Pompeianer völlig überraschend getroffen hatte, ein großer Teil von denen, die im Lager waren, schon fast für gefangen. 4 (1) Nachdem Caesar diese Truppe nach Ulia geschickt hatte, um die Belagerung des Pompeius aufzuheben, eilte er selbst nach Corduba. Von diesem Marsch aus schickte er schwer gepanzerte tapfere Männer mit der Reiterei voraus. (2) Sobald sie in Sichtweite der Stadt kamen, schwangen sie sich auf ihre Pferde, was die Leute in Corduba unmöglich bemerken konnten. Als hierauf, je näher sie kamen, eine große Schar von Bürgern aus der Festung geströmt war, um die Reiterei niederzuschlagen, stiegen die oben erwähnten Panzerreiter ab und veranstalteten eine gewaltige Schlacht, dass aus dieser unzähligen Menschenmenge nur wenige nach Corduba zurückkamen. (3) Sex. Pompeius schickte daraufhin sehr bestürzt seinem Bruder einen Brief, worin er um dessen schleunige Hilfe bat, damit Caesar nicht noch Corduba einnehme, bevor die Unterstützung von ihm gekommen sei. (4) Obwohl Cn. Pompeius Ulia

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nun fast erobert hatte, wurde er durch den Brief seines Bruders so beunruhigt, dass er mit seinen Truppen nach Corduba aufbrach. 5 (1) Als Caesar an den Fluss Baetis kam und wegen dessen Tiefe nicht hinüber setzen konnte, versenkte er mit Steinen gefüllte Schanzkörbe; darauf legte er Balken. Auf der so errichteten Brücke führte er seine Truppen in drei Abteilungen hinüber zu dem Lager. (2) Dieses erstreckte sich, wie gesagt, gegenüber der Brücke zu der Stadt hin in drei Abschnitten. Als auch Pompeius mit seinen Truppen dort ankam, schlug er sein Lager auf die gleiche Weise Caesar gegenüber auf. (3) Um ihn von der Stadt und der Zufuhr abzuschneiden, begann Caesar deshalb damit, einen Damm gegen die Brücke hin aufzuwerfen – mit der gleichen Maßgabe ebenso Pompeius. (4) Nun entstand zwischen beiden Führern ein Wettkampf, wer zuerst Herr über die Brücke würde; aufgrund dieses Wettkampfes kam es täglich zu kleinen Gefechten, so dass bald diese, bald jene Seite die Oberhand behielt. (5) Nachdem die Schlacht immer größere Ausmaße angenommen hatte, gingen beide Seiten zum Nahkampf über; während sie allzu bemüht waren, ihren Platz zu behaupten, verknäulten sie sich dabei immer mehr in der Nähe der Brücke, wobei diejenigen, die dem Ufer zu nahe kamen, in dem dichten Gedränge in den Fluss gestürzt wurden. (6) Hier häufte man von beiden Seiten nicht nur Tod auf Tod, sondern glich den einen Leichenhaufen die anderen an. (7) Nachdem auf diese Weise mehrere Tage verstrichen waren, versuchte Caesar zu erreichen, die Feinde, wenn möglich, an einen günstigen Ort zu locken und bei erstbester Gelegenheit den Krieg zu entscheiden. 6 (1) Er bemerkte die Abneigung der Feinde dagegen, die er aus dem unwegsamen Gelände gezogen hatte, um sie in die Ebene zu führen und befahl, nachdem die Truppen über den Fluss gesetzt worden waren, dass in der nacht große Feuer angezündet würden: So zog er auf Ategua6 zu, die stärkste Stellung des Pompeius. (2) Nachdem dieser von Überläufern davon unterrichtet worden war, die Gelegenheit noch am gleichen Tag … und Engpässe, nahm mehrere Wagen und viele Aufwiegler7 mit sich und zog sich nach Corduba zurück. (3) Caesar dagegen begann eine Belagerung Ateguas und führte Schanzlinien um diese Festung. Als ihm über Pompeius gemeldet wurde, dass er an diesem Tag aufbreche, hatte Caesar in Erwartung seiner Ankunft und um sich zu schützen, mehrere Kastelle besetzt, wo teils die Reiterei, teils das Fußvolk durch Vorposten und Wachen sein Lager decken konnte. Zufällig entstand auf diesem Gelände während der frühen Morgenstunden, als Pompeius anrückte, der dichteste Nebel. (4) Im Schutz dieser Sichtbehinderung umzingelten einige Kohorten und Reiterabteilungen Caesars Reiter und hieben derartig auf sie ein, dass in diesem Gemetzel nur wenige fliehen konnten.

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7 (1) In der folgenden Nacht zündete Pompeius sein Lager an und schlug auf einem Berg auf der anderen Seite des Flusses Salsum, der durch eine Talgegend fließt, zwischen den Städten Ategua und Ucubis8 ein neues Lager auf. (2) Indessen fuhr Caesar mit dem Bau von Befestigungsanlagen und allen Maßnahmen9 fort, die zu einer Belagerung nötig waren – der Errichtung eines Walles und von Sturmdächern. (3) Die Gegend ist gebirgig und eben dadurch für Kriegsoperationen ungeeignet; diese wird in der Weise in er Ebene durch den Fluss Salsum geteilt, dass er Ategua doch in einer Entfernung von etwa zwei Meilen sehr nahe kommt. Pompeius hatte in den Bergen gegenüber der Stadt sein Lager in Sichtweite beider Städte aufgeschlagen, wagte aber nicht, seinen Leuten zu Hilfe zu kommen. (4) Er verfügte über Adler und Feldzeichen von 13 Legionen; unter denen aber, die er für eine echte Stütze hielt, waren nur die beiden einheimischen Legionen, die von Trebonius übergelaufen waren, weiterhin verfügte er über eine aus Kolonisten dieser Gegend, eine vierte, die früher unter Afranius gedient und die er aus Afrika mitgebracht hatte; (5) alle übrigen bestanden aus entlaufenen Sklaven und Hilfsvölkern10. Denn was die Leichtbewaffneten und Reiter betraf, so waren Caesars Soldaten, was Zahl und Tüchtigkeit anlangte, weit überlegen. 8 (1) Es kam hinzu, dass Pompeius den Krieg in die Länge zog, weil die Gegend gebirgig ist und Verschanzungen sehr entgegenkommt. (2) Denn das Gebiet der jenseitigen Provinz Spanien ist fast zur Gänze wegen der Fruchtbarkeit des Bodens und nicht weniger wegen des ausreichenden Wasservorkommens für Belagerungen ungeeignet. (3) Auch werden hier wegen der häufigen Raubzüge der Barbaren alle von den Städten entfernter gelegenen Plätze durch Türme und Befestigungsanlagen behauptet; jedoch sind sie, wie in Afrika, nicht mit Ziegeln, sondern mit Mörtel gedeckt. Diese Anlagen nutzen sie zugleich als Wachtürme, von denen sie aus wegen ihrer Höhe das Land weit und breit überschauen können. (4) Ebenso ist ein großer Teil der Städte in dieser Provinz durch die Berge fast vollkommen gesichert und auf Plätzen erbaut, die durch ihre natürliche Lage alle anderen überragen: So erweist sich das Näherrücken an die Türme oder sogar der Aufstieg zu ihnen als sehr schwierig. (5) Eine Belagerung solcher spanischen Städte wird also durch das Terrain sehr erschwert und daher werden sie nicht leicht vom Feind eingenommen. Auch dieser Krieg bewies es. (6) Als Pompeius nämlich sein Lager zwischen den obenerwähnten Städten Ategua und Ucubis in deren Sichtweite aufgeschlagen hatte, befand sich ungefähr vier Meilen von seinem Lager entfernt eine natürliche Erhebung, die Castra Postumiana genannt wird; dort hatte Caesar zum Schutz ein Kastell errichtet. 9 (1) Dieses Kastell geriet Pompeius in den Blick, weil es durch die natürliche Lage von demselben Gebirge gedeckt wurde und fern von Caesars Lager

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war und er ging davon aus, dass Caesar, der durch den Salsum getrennt war, es nicht wagen würde, aufgrund der enormen Geländeschwierigkeit seinen Leuten Hilfe zu schicken. Fest auf seine Meinung vertrauend, brach er zur Zeit der dritten Nachtwache auf und unternahm einen Angriff auf das Kastell. (2) Kaum war er aber in seine Nähe gekommen, als sie (die Caesareaner) unter plötzlichem Geschrei und einer solchen Flut von Wurfspießen den Beschuss eröffneten, dass ein großer Teil der Angreifenden verwundet wurde. (3) Daraufhin begann die Verteidigung aus dem Kastell und Caesar erhielt Nachricht von der Sache im größeren Lager. Sofort brach er mit drei Legionen auf, um den bedrängten Soldaten zu helfen. Sobald er sich aber den Feinden genähert hatte, ergriffen diese in ihrer Panik die Flucht, wobei viele getötet und mehrere gefangengenommen wurden, unter ihnen auch zwei … ; viele flohen außerdem, nachdem sie ihre Waffen weggeworfen hatten, 80 ihrer Schilde wurden eingesammelt. 10 (1) Am folgenden Morgen traf Arguetius aus Italien mit Reiterei ein und brachte fünf Feldzeichen mit, die er den Bewohnern von Sagunt abgenommen hatte. (2) Weiter oben wurde nicht erwähnt, dass zu Caesar noch andere Reiter aus Italien unter Asprenas gekommen waren. In der Nacht steckte Pompeius sein Lager in Brand und zog auf Corduba zu. (3) Ein König namens Indus11, der mit seiner Reiterei seine Truppen hergeführt hatte, wurde von einheimischen Legionssoldaten gefangengenommen und getötet, als er den Heerzug der Feinde allzu eifrig verfolgte. 11 (1) Tags darauf dehnten unsere Reiter Richtung Corduba die Verfolgung derjenigen aus, die aus der Stadt Lebensmittel in das Lager des Pompeius brachten. Fünfzig dieser Leute wurden abgefangen und samt ihren Tieren in unser Lager gebracht. (2) Am selben Tag lief ein Militärtribun des Pompeius, Q. Marcius, zu uns über und um die dritte Nachtwache kam es in der Stadt zu einem heftigen Kampf; viele Feuergeschosse wurden geworfen [wie überhaupt alle Arten von Geschossen verwendet wurden, die man zum Werfen von Feuerbällen zu benutzen pflegt]. (3) Gleich darauf lief der römische Ritter C. Fundanius aus dem Lager des Feindes ebenfalls zu uns über. 12 (1) Am folgenden Tag nahmen unsere Reiter zwei Soldaten gefangen, die zur Legion der Einheimischen gehörten und sich für Sklaven ausgaben. (2) Als sie kamen, wurden sie aber gleich von jenen Soldaten erkannt, die früher Fabius und Pedius unterstanden hatten und von Trebonius abgefallen waren12. Ihnen wurde keine Möglichkeit eingeräumt, Verzeihung zu erwirken und sie wurden von unseren Soldaten getötet. (3) Um diese Zeit fing man auch Briefboten ab, die von Corduba an Pompeius geschickt worden waren und sich in unser Lager verirrt hatten: Man entließ sie mit abgehauenen Händen. (4) Um die zweite Nachtwache fing man wie gewohnt wie-

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der damit an, aus der Stadt Feuerbälle und eine große Menge von Geschossen zu werfen; dies dauerte sehr lange und mehrere Menschen wurden verwundet. (5) Als die Nacht vorüber war, machten die Feinde einen Ausfall auf die sechste Legion, während sie durch die Schanzarbeiten beschäftigt war, worauf ein erbitterter Kampf entbrannte; unsere Soldaten konnten den Angriff abwehren, obwohl die Städter von oben her verteidigt wurden. (6) Als die Feinde den Ausfall begonnen hatten, wurden sie doch durch die Tapferkeit unserer Soldaten zurückgeschlagen, obwohl sie durch ihre tiefer gelegene Stellung in Bedrängnis gerieten13; die Feinde trugen sehr viele Wunden davon und zogen sich wieder in die Stadt zurück. 13 (1) Am folgenden Tag begann Pompeius einen Wall von seinem Lager zum Fluss Salsum zu ziehen; wenige unserer Reiter, von einer größeren Anzahl Feinde überrascht, wurden von ihrem Posten verjagt und drei verloren ihr Leben. (2) Am selben Tag ließ A. Valgius, der Sohn eines Senators, dessen Bruder im Lager des Pompeius gewesen war, all seine Habe zurück, bestieg ein Pferd und floh. (3) Ein Späher aus Pompeius’ zweiter Legion wurde von Soldaten aufgegriffen und umgebracht. Zu derselben Zeit kam eine Kugel mit der Inschrift aus der Stadt geflogen: Man werde an dem Tag einen Schild als Zeichen aufstellen, an dem sie die Stadt angreifen sollten. (4) In dieser Erwartung und in der Hoffnung, ohne Gefahr die Mauer ersteigen und die Stadt einnehmen zu können, machten sich am darauffolgenden Tag einige Soldaten daran, das Belagerungswerk zur Mauer vorzutreiben und nachdem ein guter Teil der vorderen Mauer eingerissen worden war … (5) Danach schenkten ihnen die Städter das Leben, als ob sie ihrer eigenen Seite angehörten … Sie baten, sie sollten die gepanzerten Soldaten, die von Pompeius mit dem Schutz der Stadt betraut worden waren, freilassen. Ihnen antwortete Caesar, er sei gewöhnt, Bedingungen zu stellen und nicht anzunehmen. (6) Kaum hatten sie, in die Stadt zurückgekehrt, diese Antwort erhalten, als sie unter heftigem Geschrei mit allen nur erdenklichen Geschossen den Kampf zum Schutz der ganzen Mauer eröffneten. Ein großer Teil der Mannschaft in unserem Lager erwartete deshalb ganz sicher einen Ausfall an diesem Tag. (7) Man bildete also einen Ring um die Stadt und daraufhin wurde eine Zeit lang äußerst heftig gekämpft; zugleich brachte auch ein Geschoss einer Wurfmaschine unserer Leute einen Turm zum Einsturz, wobei fünf Feinde, die sich auf dem Turm befunden hatten sowie der Sklave, der die Wurfmaschine zu bewachen pflegte, hinunter geworfen wurden. 14 (1) Hierauf14 errichtete Pompeius jenseits des Flusses Salsum ein Kastell, wobei ihm unsere Leute nicht in den Weg traten und er sich so in falschem Glauben rühmte, fast schon auf unserem Boden Fuß gefasst zu haben. (2) Am folgenden Tag machte er einen wiederholten Versuch und drang bis dahin

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vor, wo einige unserer Reiter auf dem Posten standen. Einige leichtbewaffnete Abteilungen wurden beim ersten Sturm vertrieben und unsere Reiter ihrer geringeren Zahl wegen, zumal nur leicht gepanzert, zwischen den Abteilungen der feindlichen Reiterei aufgerieben. (3) Dies ging in Sichtweite beider Lager vor sich und die Pompeianer jubelten um so mehr, weil unsere Leute immer weiter zurückwichen, sie aber nachsetzten. (4) Als sie an irgendeiner Stelle von unseren Truppen abgefangen worden waren und obwohl sie wie gewohnt ihr Kriegsgeschrei erhoben15, wichen sie einem Kampf aus. 15 (1) Man kann in fast allen Heeren bei Reiterkämpfen immer wieder die Erfahrung machen, dass ein Reiter, der vom Pferd steigt und einen Kampf mit einem Fußsoldaten beginnt, als diesem nicht gewachsen gilt. Das zeigte sich auch in diesem Kampf. (2) Als leicht bewaffnete, ausgewählte Fußsoldaten, ohne dass dies unsere Reiter ahnten, in den Kampf mit eingegriffen hatten und dies erst während des Gefechtes erkannt worden war, stiegen einige Reiter von ihren Pferden. (3) So stand also nach kurzer Zeit der Reiter im Gefecht zu Fuß [der Fußsoldat aber im Reitertreffen], bis das Morden schließlich den Wall erreichte. (4) Auf Seiten des Feindes fielen dabei 123 Mann, mehrere wurden ohne Waffen und viele verwundet ins Lager zurückgetrieben. (5) Bei uns fielen drei Leute; zwölf Fußsoldaten und fünf Reiter wurden verwundet. Während des übrigen Tages begann dann wieder der übliche Kampf um die Mauer. (6) Nachdem sie eine Flut von Feuerbällen und Geschossen auf unsere sich verteidigenden Soldaten geschleudert hatten, die sich tapfer dagegen wehrten, begingen sie eine ganz unerhörte und grausame Tat, indem sie vor unseren Augen ihre eigenen Gastgeber in der Stadt erwürgten und über die Mauer warfen, wie bei Unmenschen; etwas, das man seit Menschengedenken nicht erlebt hat. 16 (1) Am Ende dieses Tages schickten die Pompeianer unbemerkt von unseren Leuten einen Botschafter mit der Nachricht, sie sollten in dieser Nacht Türme und Wall anzünden und um die dritte Nachtwache einen Ausfall machen. (2) Es wurde ein guter Teil der Nacht damit zugebracht, wieder eine Menge von Feuerbällen und Geschossen zu schleudern: Dann öffneten sie das Tor, das in Richtung und Sichtweite vom Lager des Pompeius lag und die gesamten Truppen machten einen Ausfall. Dabei brachten sie Zweige und Flechtwerk, um die Gräben anzufüllen und Haken mit, um die Strohhütten niederzureißen und in Brand zu stecken, die sich unsere Leute gegen den Winter gebaut hatten. Ferner brachten sie Silber und Gewänder mit, damit sie sich, während der Feind durch die Beute abgelenkt wurde, nach dem Morden den Rückzug in das Lager des Pompeius ermöglichen konnten: Denn dieser stand, in Erwartung, dass der Plan gelingen werde, die ganze Nacht in Formation jenseits des Flusses. (3) Mag es auch so gewesen sein, dass unsere

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Leute von der ganzen Sache nichts wussten, sie trieben sie (die Feinde) dennoch im Vertrauen auf ihre Tapferkeit zurück, verwundeten viele und drängten sie wieder der Stadt zu. Sie machten weiterhin Beute und bemächtigten sich deren Waffen und nahmen einige lebend gefangen, die tags darauf umgebracht wurden. (4) Zur selben Zeit meldete ein Überläufer aus der Stadt, ein gewisser Iunius, der sich in einem unterirdischen Gang befunden hatte, habe bei der Ermordung der Stadtbewohner gerufen, man habe eine unerhörte Schandtat begangen: Denn diese Menschen hätten niemals eine solche Bestrafung verdient, da sie ihm bei ihren Altären und Herden freundlich Aufnahme gewährt hätten, und dass man nun die Heiligkeit der Gastfreundschaft durch ein Verbrechen besudelt habe; er habe außerdem noch vieles mehr gesagt: Diese Worte hätten sie so erschüttert, dass sie von weiteren Morden abließen. 17 (1) Am folgenden Tag erschien ein Gesandter, Tullius, mit einem Lusitanier namens Cato vor Caesar und sagte: „Ach hätten doch die unsterblichen Götter mich lieber zu deinem Soldaten als zu dem des Pompeius gemacht und könnte ich meine durch nichts zu erschütternde Tapferkeit in deinem Sieg statt bei dessen elendem Treiben beweisen. (2) Seine verhängnisvollen Verdienste haben sein Ansehen so tief sinken lassen, dass wir – römische Bürger! – nun ausgerechnet Schutz brauchen … und wegen des beklagenswerten Verderbens unseres Vaterlandes zu den Staatsfeinden gerechnet werden; dabei galten wir bei seinen Siegen nicht als Sieger, bei seinen Niederlagen als Verlierer16. Schon so vielen Angriffen deiner Legionen haben wir widerstanden, schon so oft waren wir bei täglichen und nächtlichen Aufgaben beständig einem Schwertstößen und geschleuderten Geschossen ausgesetzt, wir aber fühlen uns nun von Pompeius übergangen und im Stich gelassen. Von deiner Tapferkeit überwältigt, fordern wir nun von deiner Milde unser Heil und bitten dich, … “ (3) „Wie ich mich gegenüber fremden Völkern gezeigt habe, ebenso will ich mich bei der Kapitulation meiner Mitbürger erweisen.“ 18 (1) Die Gesandten wurden entlassen und als sie zum Tor gekommen waren, Ti. Tullius … und als C. Antonius17 dem Eintretenden nicht folgte, ging er zum Tor zurück und packte den Menschen. (2) Als Tiberius merkte, was da geschah, zog er sofort seinen Dolch und verwundete ihn an der Hand. So flohen sie zu Caesar zurück. (3) Zur gleichen Zeit lief auch ein Fahnenträger der ersten Legion über und erzählte, am Tage des Reitertreffens hätten 35 Soldaten seines Feldzeichens den Tod gefunden, es sei aber verboten, dies im Lager des Pompeius zu sagen oder überhaupt nur davon zu sprechen, dass jemand gefallen sei. (4) Ein Sklave, dessen Herr sich in Caesars Lager befunden hatte – seine Frau und seine Kinder hatte er in der Stadt zurückgelassen – ermordete seine Herrin; so floh er heimlich aus Caesars Stellungen in das Lager des Pompeius und schickte eine auf ein Schleuderblei geschriebene Nach-

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richt, wodurch Caesar erfuhr, welche Verteidigungsvorbereitungen in der Stadt unternommen wurden. (5) Als Caesar den Brief erhalten hatte und der Mann, der das beschriebene Schleuderblei zu schicken pflegte, in die Stadt zurückgekehrt war … (6) In der darauffolgenden Zeit liefen zwei lusitanische Brüder über und berichteten von der Versammlung, die Pompeius abgehalten habe: Da er ja der Stadt nun nicht zu Hilfe kommen könne, sollten sie sich bei Nacht aus dem Blickfeld der Feinde schleichen und sich zum Meer hin zurückziehen. Da habe einer geantwortet, er wolle es doch lieber zum Kampf kommen lassen, als Anzeichen von Flucht zu zeigen; dem, der das gesagt habe, sei aber die Kehle durchgeschnitten worden. (7) Zur selben Zeit wurden Boten von Pompeius aufgegriffen, die auf dem Weg zur Stadt waren; Caesar warf den Städtern ihre Briefe vor die Füße und befahl, dass der, der für sein Leben bitten wolle, den hölzernen Turm der Belagerten anzünden müsse; dem, der dies gemacht habe, wolle er, wie er versprach, jede Bitte gewähren. Es war nämlich schwer auszuführen, dass jemand ohne Gefahr den Turm anzündete. (8) So wurde einer, der mit einem Strick und einem Holzbein18 näher herantrat, von den Stadtbewohnern getötet. (9) In derselben Nacht meldete ein Überläufer weiterhin, dass Pompeius und Labienus über die Ermordung der Stadtbewohner sehr entrüstet gewesen seien. 19 (1) Um die zweite Nachtwache wurde einer von unseren hölzernen Türmen wegen der vielen Geschosse von unten bis zum zweiten und dritten Stockwerk beschädigt. (2) Zur selben Zeit fand ein äußerst schwerer Kampf um die Mauer statt, wobei ein anderer Turm Caesars, wie der vorige, durch die Belagerten in Brand gesteckt wurde, weil die Städter günstigen Wind hatten. (3) Am folgenden Morgen ließ sich eine vornehme Mutter an der Mauer hinab, eilte zu unseren Leuten und meldete, sie habe mit ihrer ganzen Familie den Beschluss gefasst, zu Caesar zu flüchten, diese aber sei ergriffen und ermordet worden. (4) Überdies wurde in dieser Zeit auch ein Schreiben von der Mauer herabgeworfen, in welchem es hieß: „L. Munatius an Caesar. Wenn Du mir das Leben schenkst, wo ich nun schon von Pompeius im Stich gelassen worden bin, will ich mich Dir künftig mit gleicher Tapferkeit und gleicher Standfestigkeit erweisen, wie ich mich jenem erwiesen habe.“ (5) Zur selben Zeit erschienen bei Caesar Gesandte der Einwohner, die schon vorher aus der Stadt gekommen waren und erklärten, man werde ihm beim nächsten Tagesanbruch die Stadt übergeben, wenn er ihnen das Leben schenke. (6) Er gab ihnen zur Antwort, er sei Caesar und halte sein Wort. Also bemächtigte er sich am elften Tag vor den Kalenden des März19 der Stadt und wurde zum Imperator akklamiert. 20 (1) Als Pompeius durch Flüchtlinge von der Kapitulation der Stadt erfahren hatte, brach er gegen Ucubis auf, wo er an verschiedenen Punkten der

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Umgebung Kastelle errichtete und begann damit, innerhalb seiner Schanzen zu bleiben … Auch Caesar rückte vor und schlug sein Lager ganz in dessen Nähe auf. (2) Zur selben Zeit lief am Morgen ein gepanzerter Soldat aus der Legion der Einheimischen zu uns über und brachte die Nachricht, Pompeius habe die Einwohner von Ucubis versammelt und ihnen befohlen, sorgfältig nachzuforschen, wer in der Stadt zu ihm halte und wer desgleichen den Sieg der Gegner wünsche. (3) Später fand man in der eroberten Stadt in einem unterirdischen Stollen jenen Sklaven, der, wie oben berichtet, seine Herrin ermordet hatte; er wurde lebendig verbrannt. (4) Zur gleichen Zeit liefen auch acht schwer gepanzerte Zenturionen aus der Legion der Einheimischen zu Caesar über; bei einem Reitergefecht, das sich ereignete, erlagen einige Leichtbewaffnete ihren Verwundungen. (5) In dieser Nacht ertappte man drei Sklaven und einen Soldaten aus der einheimischen Legion, die spionieren wollten; die Sklaven wurden gekreuzigt, der Soldat enthauptet. 21 (1) Am nächsten Tag flüchteten sich leichtbewaffnete Reiter aus dem feindlichen Lager zu uns. (2) Zu dieser Zeit griffen ungefähr 40 Reiter unsere Soldaten an, die auf Wassersuche waren, sie töteten einige und nahmen die anderen lebendig gefangen; acht dieser Reiter wurden ergriffen. (3) Am folgenden Tag ließ Pompeius 74 Leute mit dem Beil hinrichten, die als Anhänger von Caesars Sieg galten; die übrigen ließ er wieder in die Stadt führen; 120 von ihnen flohen aber und kamen zu Caesar. 22 (1) Danach brachen Gesandte aus Ursao20, die in der Stadt Ategua gefangengenommen worden waren, mit unseren Leuten auf, um den Bewohnern von Ursao von dem zu berichten, was geschehen war und um ihnen zu zeigen, was sie von Cn. Pompeius zu hoffen hätten, wenn sie sähen, dass die Gastfreunde ermordet und außerdem noch viele andere Frevel von denen verübt würden, die von ihnen zum Schutz aufgenommen worden seien. (2) Als man nun bei der Stadt angekommen war, wagten es unsere Leute, römische Ritter und Senatoren, nicht, die Stadt zu betreten, mit Ausnahme der Bürger dieser Gemeinde. (3) Als sie sich nach dem Austausch von Botschaften von beiden Seiten dann wieder zu Caesars Leuten begaben, die vor der Festung stehengeblieben waren, setzte man ihnen mit einer Besatzungstruppe nach und ermordete die Gesandten, kaum dass man sie gesehen hatte. Nur zwei entkamen und brachten Caesar die Nachricht von diesem Vorfall … und sie schickten Kundschafter zu der Stadt Ategua. (4) Als die Bewohner mit Gewissheit erfahren hatten, dass die von den Gesandten berichteten Vorfälle genauso stattgefunden hatten wie berichtet, stürmten die Stadtbewohner auf den los, der der Urheber des Mordes an den Gesandten war; sie begannen ihn zu steinigen und auf ihn loszugehen: Denn durch seine Taten habe er sie ins Verderben gestürzt. (5) Kaum der drohenden Gefahr entronnen, erbat er von ihnen die

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Erlaubnis, als Gesandter zu Caesar zu gehen: Vor jenem wolle er sich rechtfertigen. (6) Man gab ihm die Erlaubnis; er aber ging weg, stellte sich eine Truppe zusammen und verschaffte sich, als er eine ausreichend große Schar beisammen hatte, zu nächtlicher Zeit durch eine List Zugang zur Stadt. Dort richtete er ein großes Blutbad an, er ermordete die Vornehmen, die ihm feindlich gesinnt waren und brachte dann die Stadt in seine Gewalt. (7) Bald darauf meldeten übergelaufene Sklaven, dass er die Güter der Einwohner verkauft würden und niemand die Schanzen verlassen dürfe, außer er sei ungegürtet, weil seit der Einnahme von Ategua die Furcht viele so ergriffen hatte, dass mehrere Leute nach Baeturien21 fliehen würden; sie sagten auch, dass sie keine Hoffnung auf einen Sieg mehr sähen und dass, wenn einer aus unserem Heer übergehe22, er unter die Leichtbewaffneten gereiht werde und nicht mehr als 17 Denare erhalte. 23 (1) In der folgenden Zeit näherte Caesar sein Lager dem feindlichen an und begann, einen Damm zum Fluss Salsum zu ziehen. (2) Unsere Leute waren gerade mitten in der Arbeit, als mehrere Feinde von der Höhe herab angriffen und eine Menge unserer Leuten, die ihre Arbeit dennoch nicht unterbrachen, mit ihren zahlreichen Geschossen verwundeten. (3) Indessen trat hier ein, was Ennius23 sagt: Unsere Leute „wichen nur eine kurze Zeit.“ Als man in Caesars Heer bemerkte, dass man entgegen der Gewohnheit zurückwich, setzten zwei Zenturionen der fünften Legion über den Fluss und stellten die Formation wieder her. Als sie zu mehreren verbissen und außerordentlich tapfer kämpften, brach der eine der beiden Zenturionen unter der Menge der von oben herabgeworfenen Geschosse zusammen. (4) Als sein Kamerad in den Kampf eingetreten war, sich aber von allen Seiten abgeschnitten sah, zog er sich zurück und verletzte sich den Fuß. (5) Gerade als mehrere der Feinde über die Auszeichnungen dieses tapferen Mannes in Wetteifer gerieten24, kamen Caesars Reiter herüber und begannen die Feinde von unten her gegen den Wall zu drängen. (6) Als sie im Innern des Lagers in allzu großem Eifer ein Blutbad anrichten wollten, schnitt ihnen die pompeianische Reiterei samt den Leichtbewaffneten den Weg ab. (7) Wäre ihre Tapferkeit nicht so ungemein groß gewesen, wären sie lebendig gefangen worden; denn durch die Schanzen der Besatzung waren sie so beengt, dass sich ein Reiter durch den begrenzten Raum kaum hätte verteidigen können. (8) Beide Angriffe hatten eine Anzahl Verwundete zur Folge, unter ihnen auch Clodius Arquitius; der Einzelkampf wurde unter ihnen so geführt, dass auf unserer Seite niemand vermisst wurde, mit Ausnahme der zwei Zenturionen, die sich aus Ruhmbegierde allzu weit vorgewagt hatten. 24 (1) Am folgenden Tag stießen beide Heere bei Soricaria25 aufeinander. (2) Unsere Leute ließen befestigte Dämme ziehen. Als aber Pompeius

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sah, dass er vom Kastell Aspavia abgeschnitten wurde, das fünf Meilen von Ucubis liegt, nötigte ihn dieser Umstand zum Kampf von seiner Anhöhe herunter zu steigen. Dennoch fand er keine Gelegenheit dazu auf ebenen Gelände, sondern von einem Hügel aus … Sie besetzten eine größere Erhebung, um ihn dadurch ohne Alternative zu zwingen, sich auf ungünstiges Terrain zu begeben. (3) Als deshalb beide Heere zugleich den stattlichen Hügel zu gewinnen suchten, wurden die Pompeianer daran gehindert und in die Ebene zurückgeworfen. Dieser Umstand war für unsere Soldaten sehr vorteilhaft; (4) denn in dem nun folgenden Kampf wich der Feind überall und sie richteten ein großes Blutbad an. (5) Nicht ihre Tapferkeit rettete sie, sondern die Berghöhe: Ohne diesen Vorteil wären sie, wäre es nicht dunkel geworden, durch die geringere Zahl unserer Leute jeglicher Hilfe beraubt worden. (6) An Leichtbewaffneten verloren sie 323 Mann und überdies noch 138 Legionssoldaten, ohne die dazuzurechnen, deren Waffen und Rüstungen erbeutet wurden. Der Tod jener zwei Zenturionen am vorigen Tage wurde also durch diese Bestrafung des Feindes gesühnt. 25 (1) Am folgenden Tag kam die Schutztruppe des Pompeius, wie sie es gewohnt war, zu demselben Platz und pflegten wieder ihre frühere Gewohnheit; denn mit Ausnahme der Reiter wagten sie es nicht sich auf einen Kampf einzulassen. (2) Als dann unsere Leute wieder mit der Arbeit an den Schanzen beschäftigt waren, startete die feindliche Reiterei einen Angriff und auch die Fußsoldaten der Legionen erhoben zugleich ein Geschrei, als ob sie sich eine Gelegenheit und einen Ort wünschten, wie gewohnt folgen zu können – man hätte glauben können sie seien mehr als bereit zum Kampf. Unsere Truppen rückten also aus einem niedrigen Tal ein ziemliches Stück weit hervor und stellten sich auf der Ebene an einem etwas ungünstigen Ort auf. (3) Offenbar zögerten aber jene von fern, zum Kampf auf die Ebene herabzukommen, ausgenommen den Antistius Turpio. Dieser verließ sich zu sehr auf seine Kräfte und glaubte, keiner von den Gegnern sei ihm gewachsen. (4) Wie es heißt, dass Achilles und Memnon26 aufeinander trafen, so trat aus unserer Reihe ein römischer Ritter aus Italien, Q. Pompeius Niger, zum Kampf vor. (5) Da die Wildheit des Antistius alle Aufmerksamkeit von dem, was gerade getan wurde, zum Zuschauen auf sich zog, wurden die Formationen beider Heere wieder getrennt gebildet. Denn der Sieg schwebte unbestimmt zwischen den beiden besten Kriegern und fast schien es, als entscheide dieser Einzelkampf der beiden den Ausgang des Krieges. (6) So eiferte jeder seiner Seite nach, der Wunsch der Männer und Anhänger wurde mitgetragen. (7) Als die Kämpfer nun aufgestachelt durch die Entschlossenheit dieser (Soldaten) die Ebene zum Kampf betreten hatten und das glanzvolle, gemeißelte Bildwerk ihrer Schilde, die Auszeichnungen des Ruhmes …, so wäre der Kampf in der Tat beinahe

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entschieden worden, wenn er nicht wegen des obenerwähnten Reitereiangriffs … die leichten Truppen zur Unterstützung nicht weit von den Befestigungslinien … stellte das Lager auf27. (8) Während unsere Reiter auf dem Rückzug in das Lager zurückkehrten, verfolgten die Feinde sie mit allzu großem Eifer und sobald dies geschah, erhoben alle auf einmal das Kriegsgeschrei und unternahmen einen Angriff. (9) Zutiefst erschreckt und bestürzt zogen sich da die Pompeianer, nachdem auf der Flucht viele verloren gegangen waren, in ihr Lager zurück. 26 (1) Caesar belohnte die Abteilungen des Cassius wegen ihrer Tapferkeit mit 13 000 Denaren, ihren Anführer mit fünf goldenen Halsketten und die Leichtbewaffneten mit 12 000 Denaren. (2) Noch an demselben Tag liefen die römischen Ritter A. Baebius, C. Flavius und A. Trebellius aus Hasta28 beinahe vollständig mit Silber bedeckt zu Caesar über und brachten die Nachricht, alle im Lager des Pompeius stehenden römischen Ritter hätten sich in einer Verschwörung zusammengetan, um überzulaufen; auf die Anzeige eines Sklaven hin seien sie jedoch alle in Gewahrsam genommen worden; sie allein hätten als Teil dieser Verschwörung Gelegenheit gefunden zu entrinnen. (3) Auch einen Brief fing man an diesem Tage ab, den Pompeius nach Ursao schickte. Der Brief lautete: „Wenn es Euch gut geht, freue ich mich, ich befinde mich wohl29. Zwar haben wir, so wollte es unser Glück, bisher noch immer den Feind zurückgeschlagen, so wie wir es uns wünschen; doch ich hätte den Krieg schon schneller beendet, als Ihr denkt, wenn sie sich auf günstigem Gelände auf ein Gefecht eingelassen hätten. (4) Aber sie haben nicht den Mut, ihr junges, unerfahrenes Heer in die Ebene hinabzuführen; vielmehr ziehen sie den Krieg in die Länge, sich dabei auf die festen Plätze stützend, die bis vor kurzem uns gehörten. Denn einzelne Städte haben sie bereits umzingelt: Von dort versorgen sie sich mit Nachschub. (5) Deshalb werde ich die Städte, die auf unserer Seite stehen, retten und den Krieg zum erstmöglichen Zeitpunkt beenden. (6) Ich habe im Sinn, Euch … Kohorten zu schicken. Sind die Feinde durch unser Vordringen erst einmal des Vorteils der Versorgungsquellen beraubt30, werden sie notgedrungen zum Kampf herunter kommen müssen.“ 27 (1) In der nächsten Zeit wurden, da unsere Soldaten mit den Arbeiten an den Schanzen beschäftigt waren, einige Reiter in einem Olivenwald, wo sie Holz holten, getötet. (2) Es liefen auch Sklaven über, die meldeten, dass seit dem dritten Tag vor den Nonen des März31, dem Tag des Gefechts bei Soricaria32 den Feind eine große Furcht befallen habe und Attius Varus in der Umgebung der Kastelle den Oberbefehl innehabe. (3) Noch am selben Tag brach Pompeius auf und bezog, Spalis33 gegenüber, in einem Olivenwald Stellung. Ehe Caesar selbst dorthin aufbrach, konnte man um die sechste Stunde den Mond sehen. (4) Pompeius hatte bei seinem Aufbruch einer Truppenabtei-

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lung, die er zurückließ, den Befehl gegeben, Ucubis in Brand zu stecken und sich in das Hauptlager zurückzuziehen, wenn die Stadt vollständig niedergebrannt sei. (5) In der folgenden Zeit begann Caesar die Belagerung der Stadt Ventipo34 und marschierte nach ihrer Übergabe in Richtung auf Carruca, wo er Pompeius gegenüber ein Lager aufschlug. (6) Pompeius ließ die Stadt anzünden, weil sie vor seinen Truppen ihre Tore verschlossen hatte; ein Soldat, der seinem Bruder im Lager die Kehle durchgeschnitten hatte, wurde von den unseren Leuten ergriffen und mit Stöcken erschlagen. Von diesem Standort aus brach man wieder auf, kam in die Ebene von Munda und Caesar ließ sich Pompeius gegenüber nieder. 28 (1) Am folgenden Tag, als Caesar schon wieder mit seinem Heer weiterziehen wollte, wurde von Kundschaftern gemeldet, Pompeius stehe seit der dritten Nachtwache in Schlachtordnung. (2) Kaum war diese Nachricht überbracht, da ließ er die Standarte aufstecken. Pompeius hatte seine Truppen deshalb heraus geführt, weil er der Stadt, die ihm günstig gesonnen war, vorher schon einen Brief geschickt hatte, worin er mitteilte, Caesar wolle nicht ins Tal herabsteigen, weil sein Heeres größtenteils aus Neulingen bestehe. (3) Dieser Brief festigte die Einwohner stark in ihrer Gesinnung. Im Vertrauen darauf glaubte er, alles tun zu können: Dort, wo er sein Lager errichtet hatte, wurde er nämlich sowohl durch die natürliche Lage des Ortes als auch durch die Festungsanlage der Stadt selbst geschützt. (4) Wie wir nämlich schon weiter oben bemerkten, wurde dieses Hochland von Hügeln eingefasst35; gerade so war es auch damals. 29 (1) Zwischen beiden Lagern dehnte sich eine Ebene von etwa fünf Meilen aus, so dass die Truppen des Pompeius durch zweierlei Dinge geschützt wurden, durch die Stadt und durch die erhabene Lage des Ortes. (2) Von dort aus erstreckte sich unmittelbar die Ebene, bis sie an der Stelle, wo sie abfiel, auf einen Bach stieß, der für deren Näherrücken die größten Geländeprobleme aufwarf, denn zur Rechten verlief er in sumpfigem und morastigem Boden. (3) Caesar, der die Linie des Feindes gerade in Aufstellung erblickte, zweifelte deshalb nicht, dass dieser mitten auf die Ebene vorrücken würde, um dort zu kämpfen. Der Ort lag frei vor aller Augen. (4) Dazu kam noch, dass das Terrain in dieser Ebene für die Reiterei sehr günstig und die Witterung so hell und klar war36, dass selbst die Götter diesen wundervollen und wünschenswerten Tag zu einer Schlacht bestimmt zu haben schienen. (5) Die meisten Soldaten in Caesars Heer waren hoch erfreut, einige aber auch voll Furcht, dass nun die Entscheidung über die Belange und das Schicksal aller an einem Ort ausgetragen wurde, so dass es zweifelhaft blieb, was der Zufall nach einer Stunde bescheren würde. (6) Und so rückten unsere Leute in der Überzeugung zur Schlacht vor, die Feinde würden das tun, was wir ihnen unterstell-

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ten. Diese wagten jedoch nicht, sich weiter von den Befestigungen oder der Stadt zu entfernen, vielmehr blieben sie in der Nähe der Stadtmauer stehen37. Aus diesem Grund rückten nun Caesars Truppen vor. (7) Bisweilen forderte die ebene Beschaffenheit des Geländes die Feinde gerade dazu auf, unter solch günstigen Bedingungen dem Sieg entgegenzueilen. Sie aber bleiben dabei und entfernten sich weder von der Anhöhe noch von der Festung. (8) Als Caesars Leute sich Schritt für Schritt dem Bach näherten, gaben die Feinde immer noch nicht den Schutz durch das ungünstige Gelände auf. 30 (1) Es war eine Schlachtlinie von 13 Adlern gebildet worden, die auf den Flügeln von der Reiterei und den leichten Truppen von 6000 Mann gedeckt wurden und dazu kamen noch fast eben so viel Hilfstruppen. Unsere Streitmacht betrug 80 Kohorten Fußvolk und 8000 Reiter. (2) Als sich unsere Soldaten am äußersten Ende der Ebene jenem ungünstigen Punkt genähert hatten, zeigte sich weiter oben der Feind kampfbereit, so dass man nur mit großer Gefahr hätte weiter bergauf rücken können. (3) Als Caesar dies bemerkte, begann er das Gelände genau abzustecken, um jede leichtsinnige Nachlässigkeit auszuschließen. (4) Kaum war es seinen Leuten zu Ohren gekommen, als sie es missgelaunt und verdrießlich aufnahmen, weil man sie nun von der entscheidenden Schlacht zurückhielt. (5) Diese Verzögerung ließ die Feinde hingegen nur noch kampfeslustiger werden; sie glaubten nämlich, dass es Furcht sei, die Caesars Truppen davon abhalte, sich auf die Schlacht einzulassen. (6) So ließen sie sich hinreißen und sie boten den Kampf auf ungünstigem Gelände an, doch so, dass eine Annäherung an sie zugleich mit großer Gefahr verbunden sein musste. (7) Auf dieser Seite standen die Soldaten der zehnten Legion auf ihrem gewohnten Platz, nämlich auf dem rechten Flügel, auf dem linken die dritte und fünfte Legion nebst der Reiterei und den Hilfstruppen. Die Schlacht wurde mit Kriegsgeschrei eröffnet. 31 (1) Obwohl unsere Truppen an Tapferkeit überlegen waren, verteidigte sich der Feind von der Höhe herab auf erbittertste Weise; auf beiden Seiten erhob sich ein solches Kriegsgeschrei und es ging ein solcher Hagel von Geschossen nieder, dass unsere Leute fast am Sieg verzweifelten. (2) Der Ansturm und das Geschrei, wodurch vor allem die Bestürzung des Feindes bewirkt zu werden pflegt, waren beim Zusammenprall auf beiden Seiten fast gleich stark. (3) Nachdem sich aber beide Truppengattungen, Fußvolk und Reiterei, mit gleichem Mut in die Schlacht gestürzt hatten, wurde die Schar der Feinde in großer Zahl von den Wurfwaffen durchbohrt und in Haufen zu Boden gestreckt. (4) Wie schon bemerkt wurde, stand die zehnte Legion auf dem rechten Flügel. Ihre Zahl war zwar nicht groß, durch ihre Tapferkeit aber versetzten sie den Feind doch in großen Schrecken und griffen seine Schanzwerke an. Denn von ihrem Standort aus bedrängten sie die Gegner mit sol-

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cher Macht, dass diese, um sich gegen einen Angriff unsererseits von der Flanke zu sichern, eine Legion als Unterstützung zum rechten Flügel schickten. (5) Kaum hatte sich diese jedoch in Bewegung gesetzt, als Caesars Reiterei den linken Flügel in einer solchen Art und Weise zu bestürmen begann, dass sie sich mit hervorragender Tapferkeit schlagen konnten und so wurde dem Feind in der Schlachtreihe kein Raum für Unterstützung gelassen. (6) Als so das Geschrei, vermischt mit dem Stöhnen und dem Klirren der Schwerter, an ihre Ohren drang, lähmte die Furcht die Gemüter der unerfahrenen Soldaten. (7) Wie Ennius sagt, „drängte Fuß hier den Fuß, rieb Waffe die Waffe“ und unsere Leute begannen, die verzweifelt kämpfenden Feinde zurückzutreiben; allein die Stadt gewährte ihnen Schutz. (8) So wäre schon am Fest des Liber38 niemand von den geschlagenen und fliehenden Pompeianern am Leben geblieben, hätten sie sich nicht an eben den Ort geflüchtet, von dem sie gekommen waren. (9) In dieser Schlacht fielen etwa 30 000 Menschen, wenn nicht mehr, daneben auch Labienus, Attius Varus – die beiden Toten wurden ehrenvoll bestattet – nebst etwa 3000 römischen Rittern, die teils aus Rom, teils aus der Provinz selbst stammten. (10) In Caesars Heer vermisste man an die 1 000 Mann, teils Fußvolk, teils Reiterei; ungefähr 500 waren verwundet. (11) Dreizehn feindliche Adler und andere Feldzeichen sowie Fascen wurden erbeutet, außerdem behandelte er diese … 32 (1) … die, die auf dieser Flucht in die Stadt Munda Schutz gesucht hatten und sich unsere Leute gezwungen sahen, sie dort einzuschließen. (2) Von den Waffen der Feinde nutzten sie die Leichen anstelle der Rasenstücke und anstelle des Walles häuften sie die Schilde und Speere auf; darauf steckten sie die Leichen der mit Schwert oder Dolch Getöteten39 und stellten die Köpfe der Menschen in einer Reihe in Richtung der Stadt hin auf, die Furcht der Feinde … die Feinde diese Zeichen der Tapferkeit erblickten und zur gleichen Zeit durch einem Wall eingeschlossen wurden. (3) So begannen die Gallier die Stadt aus lauter Leichen von Feinden einzuschließen und mit Wurfspießen und Speeren anzugreifen. (4) Aus diesem Gefecht floh der junge Valerius mit einigen Reitern nach Corduba und berichtete die ganze Sache Sex. Pompeius, der in Corduba gewesen war. (5) Bei dieser Nachricht verteilte dieser all sein Geld an die Reiter, die er bei sich hatte und teilte den Einwohnern mit, er wolle um des Friedens willen zu Caesar aufbrechen und verließ um die zweite Nachtwache die Stadt. (6) Cn. Pompeius dagegen flüchtete von anderer Seite mit etwas Reiterei und Fußvolk zu einem Flottenstützpunkt in Carteia, das von Corduba 170 Meilen entfernt liegt. (7) Als er sich bis zum achten Meilenstein genähert hatte, schickte ihm P. Caucilius, der im Lager des Pompeius früher Vorsteher gewesen war, in dessen Namen einen Boten in die Stadt, der melden sollte, dass dieser sich nicht wohl befände: Sie sollten eine Sänfte zu schicken,

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worin er zur Stadt gebracht werden könne. (8) Träger wurden ausgeschickt und Pompeius in die Stadt gebracht. Seine Anhänger fanden sich sogleich alle in dem Haus ein, in das man ihn gebracht hatte – sie glaubten nämlich, seine Ankunft sei geheim – und wollten ihm ihre Fragen bezüglich des Krieges stellen. Als eine Menge Volk zusammenlief, flüchtete er sich aus der Sänfte in ihren Schutz. 33 (1) Nachdem Caesar nach der Schlacht die Stadt Munda mit einer Befestigungsanlage umgeben hatte, kam er nach Corduba. Die Leute, die sich aus dem Blutbad dorthin geflüchtet hatten, besetzten die Brücke. (2) Als sie dort angekommen waren, begannen sie zu fluchen: So wenige von ihnen seien aus der Schlacht übrig geblieben; wohin sollten sie nun fliehen? So begannen sie von der Brücke herab zu kämpfen. Caesar überquerte den Fluss und schlug dort sein Lager auf. (3) Scapula, das Haupt dieses ganzen Aufstandes und Anführer der Sklaven und Freigelassenen, war kaum von diesem Kampf nach Corduba gekommen, als er all seine Angehörigen und Freigelassenen zusammenrief, sich einen Scheiterhaufen errichtete, das prächtigste Mahl bereiten und auf den Polstern die kostbarsten Gewänder ausbreiten ließ. Geld und Silber verteilte er in Gegenwart seiner Familie. (4) Er speiste zur üblichen Zeit und salbte sich zu wiederholten Malen mit Harz und Nardenöl. Nach beendigtem Mahl befahl er einem Sklaven, ihn zu töten, einem Freigelassenen ferner, der bei ihm zu schlafen pflegte, den Scheiterhaufen anzuzünden. 34 (1) Sobald Caesar sein Lager der Stadt gegenüber aufgeschlagen hatte, brach unter den Einwohnern eine solche Zwietracht aus, dass das Geschrei zwischen den Anhängern des Pompeius und des Caesar bis ins Lager hinausdrang. (2) Hier standen zwei Legionen, die aus Überläufen gebildet worden waren, zum Teil auch die Sklaven der Einwohner, denen Sex. Pompeius die Freiheit geschenkt hatte. Diese begannen bei Caesars Ankunft herunter zu marschieren. (3) Die 13. Legion begann ihrerseits, die Stadt zu verteidigen; als sie noch nicht mit voller Härte kämpften40, besetzten sie (ihre Gegner) einen Teil der Türme und die Mauer. (4) Man schickte also von neuem Gesandte mit der Bitte an Caesar, er möge ihnen Legionen in die Stadt zu Hilfe schicken. Als die fliehenden Menschen dies bemerkten, machten sie sich gerade daran, die Stadt in Brand zu setzen; (5) sie wurden von unseren Leuten überwältigt, 22 000 Menschen wurden getötet, mit Ausnahme derer, die außerhalb der Stadtmauer umkamen. So brachte Caesar die Stadt in seine Hand. (6) Während er aber hier zurückgehalten wurde, machten die, die wie oben beschrieben seit der Schlacht eingeschlossen waren, einen Ausfall, wurden jedoch unter großem Verlust zurückgetrieben. 35 (1) Als Caesar gegen Hispalis gezogen war, kamen ihm Gesandte entgegen, um um Verzeihung zu bitten. Als er bei der Stadt angekommen war,

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schickte er eine Besatzung unter Caninius in die Stadt; er selbst schlug sein Lager vor der Stadt auf. (2) Es befand sich dort ein großer Teil41 des pompeianischen Anhangs, der sich sehr darüber empörte, weil man Caesars Besatzung eingelassen hatte, ohne dass ein gewisser Philo etwas davon wusste, jener heftigste Verteidiger der Sache des Pompeius, der in ganz Lusitanien landauf, landab sehr bekannt war. (3) Dieser reiste nun, ohne dass die Besatzung etwas davon erfuhr, nach Lusitanien, wo er bei Lennium mit Caecilius Niger, einem Einheimischen, zusammentraf, da er eine recht große Schar von Lusitaniern hatte. (4) Er kehrte nach Hispalis zurück, wo man ihn nachts wieder über die Mauer einließ: Sie ermordeten die Besatzung und die Wachen, schlossen die Tore und nahmen von neuem den Kampf auf. 36 (1) Unterdessen berichteten Gesandte aus Carteia, dass sie Pompeius in ihrer Gewalt hätten. Weil sie früher vor Caesar ihre Tore geschlossen hatten, glaubten sie, aus dieser Gefälligkeit für ihr Fehlverhalten Nutzen zu ziehen. In Hispalis kämpften die Lusitanier ohne Unterbrechung. (2) Caesar sah dies wohl, fürchtete aber, dass die Menschen in ihrer Verzweiflung die Stadt anzünden und die Mauern niederreißen würden, wenn er sie mit Gewalt einnehmen wollte. Er hielt einen Kriegsrat ab, aufgrund dessen er einen nächtlichen Ausfall der Lusitanier gestattete; diese glaubten nicht, dass dies mit einer bestimmten Absicht geschehe. (3) So unternahmen sie einen Ausfall und setzten die Schiffe in Brand, die am Ufer des Baetis lagen. Während Caesars Leute durch das Feuer abgehalten wurden, flohen jene und wurden von den Reitern erschlagen. (4) Nachdem Caesar so die Stadt wiedererobert hatte, machte er sich auf den Weg nach Hasta; von dieser Gemeinde kamen Gesandte zu ihm, um die Stadt an ihn zu übergeben. Die Bewohner von Munda, die aus der Schlacht in die Stadt geflüchtet waren, erklärten sich recht zahlreich zur Übergabe bereit, nachdem sich ihre Belagerung immer länger hinzog. Als sie dann auf die Legionen verteilt worden waren, verschworen sie sich dahingehend untereinander, dass diejenigen, die in der Stadt lagen, auf ein nächtliches Zeichen hin einen Ausfall machen, sie selbst im Lager ein Blutbad anrichten sollten. (5) Die Verschwörung wurde jedoch entdeckt und in der folgenden Nacht um die dritte Nachtwache wurden die Meuterer auf ein bestimmtes Kommando hin außerhalb des Walles hingerichtet. 37 (1) Während Caesar auf seinem Zug die übrigen Städte einnahm, entstand unter den Bewohnern von Carteia im Bezug auf Pompeius Zwietracht. Ein Teil hatte jene Gesandte an Caesar geschickt, ein anderer Teil hielt zu Pompeius. (2) Es kam zu einem Aufstand und sie besetzten die Stadtteile42; das Blutvergießen war groß; Pompeius selbst wurde verwundet, brachte aber 20 Kriegsschiffe in seine Hand und floh. Didius, der Befehlshaber der Flotte zu Gades, nahm bei der ersten Nachricht sofort die Verfolgung auf; desgleichen

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machte sich teilweise zu Lande43 auch die Reiterei rasch auf den Weg, um sich sofort an der Verfolgung zu beteiligen. (3) Am vierten Tag ihrer Fahrt mussten die Pompeianer an Land gehen, weil sie ohne Vorräte von Carteia aufgebrochen waren und so kein Wasser hatten. In der Zwischenzeit, als man Wasser aufnehmen wollte, erschien Didius mit seinem Flottenverband, setzte Schiffe in Brand und einige enterte er. 38 (1) Pompeius selbst entkam mit einigen wenigen und besetzte einen von Natur aus befestigten Platz. Die Reiter und Kohorten, die zur Verfolgung ausgeschickt waren, wurden darüber von vorausgesandten Spähern in Kenntnis gesetzt: Sie marschierten Tag und Nacht. (2) Pompeius hatte sich an der Schulter und am linken Unterschenkel schwer verwundet. Hinzu kam noch, dass er sich den Knöchel verrenkt hatte, was ihn ganz besonders behinderte. (3) So wurde er von einer Sänfte aufgenommen und zu einem Wachturm gebracht. Denn als ein Lusitanier gemäß militärischer Sitte von Caesars Posten entdeckt worden war, wurde er rasch von der Reiterei und den Kohorten umzingelt44. (4) Der Angriff gegen die Stellung des Feindes erwies sich allerdings als schwer. Denn Pompeius hatte deshalb, [weil seine Truppe schnell ins Blickfeld geraten war], auf einem von Natur festen Punkt Stellung bezogen, den eine kleine Anzahl Leute von oben herab leicht verteidigen konnten, obgleich aus einer großen Menge herabgeführt. (5) Unsere Leute wollten gleich bei ihrem Erscheinen heranrücken, wurden aber von den feindlichen Geschossen zurückgedrängt. Da sie wichen, setzten ihnen die Feinde noch eifriger nach und verhinderten einen sofortigen neuen Angriff. Als dies öfter geschehen war, wurde klar, dass diese Taktik für unsere Leute sehr gefährlich wurde. (6) Sie begannen, rundherum Schanzen zu errichten. Mit dem gleichen Eifer und großer Schnelligkeit wurden aber auch gegen die Höhe Schanzen aufgerichtet, um mit dem Feind auf gleicher Höhe kämpfen zu können. Kaum wurde dies den Pompeianern gewahr, als sie die Flucht ergriffen und sich in eine sichere Stellung zurückzogen. 39 (1) Wie wir oben gezeigt haben, war Pompeius durch seine Verwundung und seinen verrenkten Knöchel bei der Flucht behindert; auch konnte er sich wegen der Schwierigkeit des Geländes weder zu Pferde noch auf einem Wagen in Sicherheit bringen. Überall richteten unsere Leute Blutbäder an. (2) Nachdem die Verschanzung zunichte gemacht worden war45 und die Truppen verloren waren, versuchte Pompeius sich in einer Höhle zu verstecken, die in einem Tal und an einer zerklüfteten Stelle lag, um nicht leicht entdeckt zu werden, wenn ihn nicht Gefangene verraten hätten. Dort wurde er getötet. (3) Sein Kopf wurde, als Caesar in Gades46 war, am Vortag der Iden des April47 nach Hispalis gebracht und dem Volk zur Schau gestellt.

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40 (1) Nach dem Tod des jungen Cn. Pompeius zog sich der früher erwähnte Didius hocherfreut in das nächste Kastell zurück und führte einige Schiffe an Land, die ausgebessert werden wollten und … 48 (2) Die aus dem Zusammenstoß entkommenen Lusitanier sammelten sich aber von neuem bei ihren Feldzeichen, brachten eine ziemlich große Truppe zusammen und rückten wieder gegen Didius vor. (3) Er hatte zwar für die Bewachung der Schiffe noch besonders gesorgt, wurde aber durch deren häufig stattfindende Streifzüge dennoch manchmal aus seinem Kastell herausgelockt; und so legten sie im Verlauf der fast täglichen Kämpfe einen Hinterhalt und teilten sich in drei Gruppen auf. (4) Einige waren bereit, die Schiffe anzuzünden, andere hatten die Aufgabe, die, die den Schiffen zu Hilfe eilen wollten, nachdem die Schiffe angezündet worden waren, zurückzutreiben: Sie waren so verteilt, dass sie von niemandem … eilten vor aller Augen offen zum Kampf. (5) Als Didius so einmal mit seinen Truppen aus dem Kastell vorrückte, um sie zu verjagen, wurde von den Lusitanern das verabredete Zeichen gegeben und die Schiffe in Brand gesetzt. Während zugleich diese, die zum Kampf auf ein bestimmtes Zeichen hin aus dem Kastell vorgerückt waren, die flüchtenden Räuber verfolgten, umgaben die Truppen im Hinterhalt diese mit Geschrei von hinten her. (6) Tapfer kämpfend fand Didius da mit mehreren seiner Leute den Tod; einige nahmen die Kähne am Ufer in Besitz, ebenso retteten sich mehrere schwimmend auf Schiffe, die weiter draußen im Meer vor Anker lagen. Man versuchte mit gelichteten Ankern durch Rudern das offene Meer zu erreichen; das rettete ihnen das Leben. (7) Die Lusitanier bemächtigten sich der Beute. Caesar eilte von Gades wieder nach Hispalis zurück. 41 (1) Fabius Maximus, den Caesar bei Munda zurückgelassen hatte, um die Besatzung in die Enge zu treiben, ununterbrochen mit Arbeiten bei Tag und Nacht49, … (2) Unsere Leute nützten diese Gelegenheit, um die Stadt zurückzugewinnen, nahmen die ganze übrige Bevölkerung, etwa 1400 Menschen, gefangen, (3) dann zogen sie gegen Ursao; Diese Stadt wurde sowohl von einer so großen Befestigung umschlossen, dass dieser Ort nicht nur durch das Schanzwerk, sondern auch durch die Natur des Zugangs50 den Feind zur Belagerung einlüde51. (4) Dazu kam noch, dass man mit Ausnahme des Wassers in der Stadt, in der ganzen Umgebung auf acht Meilen im Umkreis kein Wasser fand, ein Umstand, der den Belagerten sehr entgegen kam. (5) Dann kam außerdem dazu, dass einen Wall … und sich Materialien, aus denen Türme für gewöhnlich hochgezogen werden, nicht näher als in sechs Meilen Entfernung fanden. Um die Festung auf dieser Seite vor der Belagerung besser schützen zu können, hatte Pompeius alle Bäume in der Gegend fällen und in die Festung zusammenbringen lassen. (6) Unsere Leute sahen sich also genötigt, von der eben erst eingenommenen Stadt Munda Holz dorthin herbringen zu lassen.

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42 (1) Während dieser Vorgänge bei Munda und Ursao hatte sich Caesar selbst von Gades nach Hispalis begeben und hielt tags darauf eine Versammlung ab, in der er erklärte: Gleich zu Beginn seiner Quästur habe er sein vorzügliches Augenmerk vor allen übrigen Provinzen auf dieses Land gerichtet und ihm zu dieser Zeit so viele Wohltaten erwiesen, als es nur immer möglich gewesen sei. (2) In der darauffolgenden Prätur, nun im Besitz eines höheren Staatsamtes, habe er vom Senat die Abgaben gefordert, die Metellus eingeführt hatte und habe die Provinz von diesen Geldzahlungen befreit. Zugleich habe er als Vertreter Spaniens viele Gesandtschaften in den Senat eingeführt und durch das Führen öffentlicher und privater Prozesse zahlreiche Feindschaften auf sich gezogen. (3) Desgleichen habe er auch während seines Konsulates, in seiner Abwesenheit den Vorteil der Provinz nach besten Kräften gefördert. Dass die Bevölkerung an all das nicht mehr denke und gegen ihn, wie gegen das römische Volk, undankbar sei, das habe er in diesem Krieg und in der letzten Zeit erkannt. (4) „Obwohl ihr das Völkerrecht und die Einrichtungen der römischen Bürger kanntet, habt ihr nach Art der Barbaren einmal und öfter Hand an die unverletzlichen Beamten des römischen Volkes gelegt und wolltet am helllichten Tag Cassius mitten auf dem Forum auf ruchlose Weise töten. (5) Ihr habt den Frieden immer so gehasst, dass das römische Volk zu keiner Zeit darauf verzichten konnte, in dieser Provinz Legionen zu unterhalten. Bei euch werden Wohltaten für Unrecht und Unrecht für Wohltaten gehalten. So konntet ihr weder jemals im Frieden eure Eintracht, noch im Krieg eure Tapferkeit beweisen. (6) Der junge Cn. Pompeius, den ihr auf seiner Flucht als Privatmann aufgenommen habt, hat hier die Fascen und den Oberbefehl an sich gerissen, hat nach der Ermordung von vielen Bürgern Truppen gegen das römische Volk gesammelt und hat auf eure Veranlassung viele Landstriche, ja die ganze Provinz verwüstet. (7) Auf welchem Punkte wolltet ihr denn als Sieger stehen? Habt ihr denn nicht bedacht, dass auch nach meiner Vernichtung das römische Volk [zehn] Legionen haben würde, die nicht bloß euch widerstehen, sondern den Himmel selbst einreißen können? Durch ihren Ruhm und ihre Tapferkeit …

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Der Verfasser äußert sich mit dieser Umschreibung vermutlich abschätzig über die Truppen des Gnaeus Pompeius. Textverderbnis. Die Übersetzung folgt der Konjektur von Hoffmann: multis ante iter rebus confectis.. confectis Die Pedii waren eine angesehene Familie und mit Caesar verwandt. Schon bei Ausbruch des Bürgerkrieges war Quintus Pedius Caesars Vertreter in Kampanien. 47 v. Chr. erhielt er die Statthalterschaft in Hispania citerior. citerior. Auf ihn geht die lex Pedia zur Verfolgung der Caesarmörder zurück. Quintus Fabius Maximus war bereits ein wenig geschätzter curulischer Aedil gewesen, als er 46 v. Chr. als Praetor nach Spanien kam und zusammen mit Quintus Pedius das dortige Heer befehligte. Die Lage von Ategua ist unbekannt. Textverderbnis. Ucubis liegt südlich von Corduba. Textverderbnis. Die Übersetzung folgt der Konjektur von Klotz: auxiliaribusque auxiliaribusque.. Indus muss der Anführer eines Stammes in Hispania citerior gewesen sein. Textverderbnis. Textverderbnis. Textverderbnis. Ex simili virtute ist verderbt. Textverderbnis. Textverderbnis. Textverderbnis. Am 19. Februar. Ursao liegt in Hispania citerior. citerior. Baeturien ist der nordwestliche Teil von Hispania Baetica. Baetica. Textverderbnis. Quintus Ennius (239–169 v. Chr.) dichtete als erster in Rom in Hexametern; er schuf ein Epos (Annales (Annales), ), Dramen und Satiren. Textverderbnis. Soricaria muss in der Umgebung von Ucubis und Munda gelegen haben.

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Die Nennung von Achilles und Memnon spielt auf den trojanischen Sagenkreis an. In der angesprochenen Episode hilft Memnon, ein äthiopischer Fürst, den Trojanern. Er tritt in einer Rüstung, die der Gott Hephaistos geschmiedet hat, an und kämpft äußerst tapfer, bis ihn Achilles, der beste Kämpfer der Griechen, tötet. Textverderbnis. Hasta lag an der Strasse von Hispalis nach Gades. In Auflösung: s(i) v(aletis) g(audeo) e(go) v(aleo). v(aleo). Die Stelle wird nach der Konjektur von Mommsen profectu übersetzt. Am 5. März. Vgl. Kap. 24. Spalis muss in der Ebene von Munda gelegen haben. Die Stelle ist verderbt. Auch Ventipo liegt in der Nähe von Hispalis, Munda und Spalis. Textverderbnis. Textverderbnis. Textverderbnis. Das Fest des Liber (altital. Gott der Fruchtbarkeit) findet am 17. März statt. Textverderbnis. Textverderbnis. Textverderbnis. Textverderbnis. Textverderbnis. Der überlieferte Text ist inhaltlich unklar. Möglicherweise ist statt Lusitanus Lusitanis (Dativus auctoris) im Sinne von a Lusitanis zu lesen. Textverderbnis. Gades liegt an der Südwestküste von Spanien. Am 12. April. Textverderbnis. Der überlieferte Text ist nicht übersetzbar. Der Text ist nicht übersetzbar. Textverderbnis. Textverderbnis.

Index Nominum Achilles 25 Afraniana legio 7 Africa 1, 7–8 Antistius Turpio 25 [Antonius, C. 18] Aprilis 39 Arguetius 10 Arquitius v. Clodius Aspavia 24 Asprenas v. Nonius Asta 36 Astenses 26 Ategua 6-8, 22 (Atius, T.) Labienus 18, 31 Attius, (P.) Varus 27, 31 Baebius, A. 26 Baetis 5, 36 Baeturia 22 Caecilius a) (Q.) Metellus (Pius) 42 b) Niger 35 Caesar v. Iulius Caesariani 34 Caninius, (C. Rebilus) 35 Carruca 27 Carteia 32, 37 Carteienses 36–37 Cassiana turma 26 Cassius, (Q. Longinus) 42 Castra Postumiana 8 Cato Lusitanus 17, [18] Caucilius, P. 32 Clodius Arquitius 23

Corduba 2–4, 6, 10–12, 32–33 Cordubenses 2, 4 Didius, (C.) 37, 40 Ennius 5 ?, 23, 31 Fabius, Q. Maximus 2, 12, 41 Flavius, C. 26 Fundanius, C. 11 Gades 37, 39–40, 42 Hispalis 35–36, 39–40, 42 Hispania 2, 8 Hispania sive provincia ulterior 1–3, 8, 31, 42 Indo 10 Italia 1, 10 Italicensis 25 Iulius, C. Caesar passim Iunius 16 Legio a) Caesaris: III. 30 V. 23, 30 VI. 12 X. 30–31 b) Pompeianae: v. 7 I. 18 II. 13 (VIIII. 34?) XIII. 34

Der Spanische Krieg

Legio Afraniana 7 ex coloniis 7 ex transfugis duae 7 Pompeiana 13 vernaculae 7, 10, 12, 20 Lennium 35 Liberalia 31 Longinus v. Cassius Lusitani 18, 35–36, 38, 40 Lusitania 35 Lusitanus v. Cato Marcius, Q. 11 Martius 19, 27 Maximus v. Fabius Memnon 25 Metellus v. Caecilius Munatius, L. 19 Munda 32–33, 41–42 Mundenses 36 Mundensis campus 27 Niger v. Caecilius et Pompeius (Nonius) Asprenas 10 Paciaecus v. Vibius Pedius, Q. 2, 12 Pharnaces 1 Philo 35 Pompeianus, -i, 13–14, 16, 34, 35, 37 Pompeius a) Cn. filius, passim b) Sex. 3–4, 32, 34

c) Q. Niger 25 Postumiana Castra 8 (Quinctius) Scapula 33 Rebilus v. Caninius (Roma) urbs 31 Romani cives 17, 42 Romani equites 11, 22, 25–26, 31 Romanus populus 3, 42 Saguntini 10 Salsum flumen 7, 9, 13–14, 16, 23 Scapula v. Quinctius Soricaria 24, 27 [Spalim 27] Tiberius v. Tullius Trebellius, A. 26 Trebonius, (C.) 7, 12 Tullius, Tib. 17–18 Turpio v. Antistius Ucubenses 20 Ucubi 7–8, 20, 24, 27 Ulia 3–4, [6] Ursao [22], 26, 41–42 Ursaonenses 22, 28 Valerius 32 Valgius, A. 13 Varus v. Attius Ventipo 27 Vibius, L. Paciaecus 3

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Bibliographie Weiterführende Literatur Canfora, L., Caesar, der demokratische Diktator. Eine Biographie, München 2001. Christ, K., Caesar. Annäherungen an einen Diktator, München 1994. Gelzer, M., Caesar, Wiesbaden 61960. Jehne, M., Der Staat des Dictators Caesar, München 1997. Meier, Chr., Caesar, Berlin 21982. Meyer, E., Caesars Monarchie und das Prinzipat des Pompeius, Darmstadt 1922. Mutschler, F.-H., Erzählstil und Propaganda in Caesars Kommentarien, Heidelberg 1975. Richter, W., Caesar als Darsteller seiner Taten, Heidelberg 1977. Rüpke, J., Wer las Caesars bella als commentarii?, Gymnasium 99, 1992, 201– 226. Will, W., Julius Caesar. Eine Bilanz, Stuttgart 1992.