Kalter Krieg oder Entspannung?: Die Außenpolitik der Sowjetunion im Kampf um die kollektive Sicherung des Friedens in Europa 1954/55 [Reprint 2022 ed.] 9783112649527


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Inhalt
Einleitung
1. Kapitel Die Berliner Außenministerkonferenz 1954 Beginn einer qualitativ neuen Phase des Kampfes der Sowjetunion um europäische Sicherheit
2. Kapitel Die Sowjetunion im Kampf um die Sicherung des Sozialismus und des Friedens in Europa, gegen die „EVG" und die Pariser Verträge, gegen die erneute Zunahme der Spannungen (März 1954—Mitte 1955)
3. Kapitel Die Genfer Konferenzen der Regierungschefs und der Außenminister 1955
Schlußbemerkungen
Anmerkungen
Quellen und Literatur
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Kalter Krieg oder Entspannung?: Die Außenpolitik der Sowjetunion im Kampf um die kollektive Sicherung des Friedens in Europa 1954/55 [Reprint 2022 ed.]
 9783112649527

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AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN DER DDR Schriften des Zentralinstituts für Geschichte Band 68

Ernst Laboor

Kalter Krieg oder Entspannung? Die Außenpolitik der Sowjetunion im Kampf um die kollektive Sicherung des Friedens in Europa 1954/55

Akademie-Verlag • Berlin 1983

Dieser Titel wurde vom Originalmanuskript des Autors reproduziert

Erschienen im Akademie-Verlag, DDR-1086 Berlin, Leipziger Str. 3—4 Lektor: Bernd Feldmann © Akademie-Verlag Berlin 1983 Lizenznummer:. 202'- 100/92/83 Offsetdruck und buchbinderische Weiterverarbeitung: VEB Kongreß- und Werbedruck, 9273 Oberlungwitz Einbandgestaltung: Karl Salzbrunn Bestellnummer: 753 656 6(2083/68) • LSV0235 Printed in the GDR DDR 29 - M

Inhalt

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Einleitung 1. Kapitel Die Berliner Außenministerkonferenz 1954 - Beginn einer qualitat iv neuen Phase des Kampfes der Sowjetunion um europäische Sicherheit - Europa in den Zukunftsvorstellungen des Sozialimus und d'es Imperialismus - Die deutsche Frage auf der Berliner Außenministerkonferenz - Die Grundsätze eines gesamteuropäischen

Vertrages

über die kollektive Sicherheit - Die Verhandlungen über den österreichischen Staatsvertrag - Zur Bedeutung der Berliner Außenministerkonferenz für den weiteren Kampf um Frieden und Sicherheit in Europa

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2. Kapitel Die Sowjetunion im Kampf um die Sicherung des Sozialismus und des Friedens in Europa, gegen die "EVG" und die Pariser Verträge, gegen die erneute Zunahme der Spannungen (März 1954 - Mitte 1955) - Zwei entgegengesetzte Schlußfolgerungen aus der Berliner Außenministerkonferenz - zwei Konzeptionen der europäischen Politik - Die Erklärung der Sowjetregierung vom 25. März 1954 über die Beziehungen der UdSSR zur Deutschen Demokratischen Republik - Der Vorschlag des Beitritts der Sowjetunion zur NATO ein neues Element im Kampf für die europäische Sicherheit - Für die Schaffung eines materiellen Fundaments der friedlichen Koexistenz - Das sowjetische Programm der gesamteuropäischen ökonomischen Zusammenarbeit, bürgerliche Gegner der Embargopolitik und erste Breschen im Embargo

47 47 57 61 66 72

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- Das sowjetische Programm der europäischen Sicherheit und die Massenbewegung gegen die "EVG" - Das Scheitern der "EVG!' - Neue sowjetische Priedensinitiativen - Die Pariser Verträge - Die Moskauer Konferenz europäischer Länder zur Gewährleistung des Friedens und der Sicherheit - Erneute sowjetische Initiativen zur Verhinderung der Remilitarisierung der BRD und die Auseinandersetzungen in den kapitalistischen Ländern - Rechte sozialdemokratische Führer - Helfershelfer der aggressivsten imperialistischen Kräfte bei der Ratifizierung der Pariser Verträge - Der Platz der Pariser Verträge im imperialistischen "roll back"-Konzept - Die Rolle der Pariser Verträge in der Nachkriegsgeschichte - Die Schlußfolgerungen der Sowjetunion aus den Pariser Verträgen - Der Warschauer Vertrag - D e r österreichische Staatsvertrag - Die Sowjetunion für gutnachbarliche Beziehungen mit den nordeuropäischen Staaten - Die Normalisierung der sowjetisch-jugoslawischen Beziehungen - Die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen der UdSSR und der BRD - Der Staatsvertrag vom 20. September 1955 zwischen der UdSSR und der DDR

76 83 89 92 101 107 115 117 120 128 135 143 155 156 159 163

3. Kapitel Die Genfer Konferenzen der Regierungschefs und der Außenminister 1955 . - Der Kampf der Sowjetunion für eine neue Viermächtekonferenz - Die Konzeption der Westmächte für die Verhandlungen mit der UdSSR - Die Sowjetunion über die Aufgaben der Genfer Viermächtekonferenzen - Die Eröffnung der Gipfelkonferenz und der Kampf um die Tagesordnung

1

67

167 177 183 186

- Die Verhandlungen über Deutschland

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- Die Verhandlungen über die europäische Sicherheit. Die Weiterentwicklung der Konzeption der kollektiven Sicherheit durch die Sowjetunion

191

- Der Kampf um die Direktive an die Außenminister - Das Problem der Abrüstung auf der Gipfelkonferenz

199 201

- Die Sowjetunion für entwickelten Handel, für Kontakte und kulturelle Verbindungen im Dienste des Friedens

20

®

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- Die Ergebnisse der Gipfelkonferenz - Die Sowjetunion nach der Gipfelkonferenz - Die imperialistischen Regierungen nach der Gipfelkonferenz - Das Problem der kollektiven Sicherheit auf der Genfer Außenministerkonferenz - Die deutsche Frage auf der Außenministerkonferenz - Der Kampf der Sowjetunion um erste Schritte auf dem V/ege zur europäischen Sicherheit - Die Abrüstungsverhandlungen der Außenminister - Die Ergebnisse der Genfer Verhandlungen Schlußbemerkungen Anmerkungen Quellen und Literatur

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Einleitung

A n der Wende v o n den siebziger zu den achtziger Jahren ist ein h e f tiger Kampf um die Frage entbrannt, ob die in den siebziger Jahren i n Europa errungene Entspannung fortgesetzt w e r d e n k a n n oder ob es den aggressivsten und reaktionärsten Kräften des Imperialismus

gelingt,

Europa u n d die Welt i n eine neue Phase der Konfrontation zu stürzen. Sichtbaren Ausdruck fand die Entspannung in den sowjetisch-amerikanischen Vereinbarungen über die Begrenzung strategischer R ü s t u n g e n u n d zur Verminderung der Gefahr eines Kernwaffenkrieges sowie in dem v o n 197o bis 1973 abgeschlossenen europäischen Vertragswerk, in dem die imperialistischen Staaten die Realitäten anerkannten, die im Ergebnis des zweiten Weltkrieges u n d der Nachkriegsentwicklung

entstan-

d e n waren, sowie in der Schlußakte der Konferenz über Sicherheit Zusammenarbeit in Europa vom 1. August

und

1975.

I n den Kämpfen unserer Zeit r i n g e n die sozialistischen Staaten u n d alle progressiven u n d friedliebenden Kräfte um die Minderung der Gefahr eines Atomkrieges, die Gewährleistung der Sicherheit u n d die Erhaltung u n d Portsetzung des Entspannungsprozesses. Die mit dem m i l i tärisch-industriellen Komplex der imperialistischen Hauptmächte v e r b u n d e n e n aggressivsten u n d reaktionärsten Kräfte t u n hingegen alles, u m die internationale Situation zu verschärfen u n d die b i s h e r i g e n Ergebnisse der Entspannungspolitik

einschließlich des europäischen

Vertragswerkes u n d der Schlußakte v o n Helsinki zu zerstören. Es gehört daher zu den Aufgaben des marxistisch-leninistischen H i storikers, die geschichtlichen Wurzeln u n d die Triebkräfte

dieser

bedeutsamen Erscheinung der Gegenwart aufzudecken. Das Wissen um die Kräfte, die die Entspannung durchgesetzt haben, die Kenntnis des W e ges nach Helsinki u n d die Darstellung jener Kräfte, die ihn v e r b a u e n wollten, hilft, Gegenwart.sfragen des Kampfes um die Sicherung des Friedens und die Minderung der Kriegsgefahr zu lösen. Tieferes W i s s e n um die Erfolge des Weges nach Helsinki, die Probleme und Auseinandersetzungen, die auf ihm ausgefochten w e r d e n mußten, schärft den Blick

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Einleitung

für die noch ungelösten Aufgaben des nächsten Kampfabschnitts. In ihm muß die auf die Veränderung des sozialökonomischen und militärischstrategischen Kräfteverhältnisses zugunsten des Imperialismus gerichtete Hochrüstungs- und Konfrontationspolitik der USA und NATO durchkreuzt, eine Wende zur militärischen Entspannung und Abrüstung herbeigeführt und damit dem Ziel der endgültig und dauerhaft gesicherten friedlichen Koexistenz auf unserem Kontinent nähergerückt werden. Die sozialistische Außenpolitik läßt sich stets von dem Leninschen Grundsatz leiten, an alle Fragen "vom Standpunkt der besten Bedingungen für die Entwicklung und Stärkung der sozialistischen Revolution"'' heranzugehen. Ihm entnimmt sie den Klassenauftrag, der das Wesen des Sozialismus und seine Ziele zum Ausdruck bringt und der für die Außenpolitik der sozialistischen Staaten bedeutet, die günstigsten äußeren Bedingungen für die Errichtung der sozialistischen und kornmunisti2 sehen Gesellschaft schaffen zu helfen. Neben den ständigen Bemühungen um das allseitige Erstarken des Sozialismus - in unserer Zeit vor allem um die Festigung und Stärkung der sozialistischen Staatengemein3

schaft - ist das Ringen um die Gewährleistung des Friedens, um die Durchsetzung der friedlichen Koexistenz von Staaten verschiedener Gesellschaftsordnung die wichtigste Richtung zur Lösung dieser Aufgabe. Das Ziel der Sowjetunion und der anderen sozialistischen Staaten ist es, die friedliche Koexistenz im Weltmaßstab durchzusetzen und den Krieg aus dem Leben der Menschheit zu verbannen. Unser Kontinent hat in dieser weltweit auf die Sicherung friedlicher Existenzbedingungen des Sozialismus orientierten sozialistischen Außenpolitik stets einen besonderen Platz eingenommen.''' Europa kam und kommt für die Gestaltung der außenpolitischen Situation des Sozialismus die Hauptbedeutung zu. In Europa hat zum erstenmal in der Geschichte der Menschheit die sozialistische Revolution gesiegt und die sozialistische Gesellschaft im ersten sozialistischen Staat Gestalt angenommen. Seit dem zweiten Weltkrieg beschreiten die Völker weiterer acht Länder^ die Bahnen des Sozialismus. In Europa waren zuerst die objektiven und die subjektiven Bedingungen für die sozialistische Erneuerung der Gesellschaft entstanden, und hier hat der Sozialismus bisher seine bedeutendsten Kräfte entwickelt. Von Europa aus hat jedoch auch der Weltimperialismus seine Hauptschläge gegen die Sowjetunion geführt, und hier konzentrierte er nach dem zweiten Weltkrieg sein größtes Potential für einen neuen Schlag gegen den Sozialismus. Auf unserem Kontinent führte die Politik der NATO zur gefahrenträchtigsten militärischen Konfrontation der Weltgeschichte. Von der Gestaltung der Beziehungen zwischen den Staaten Europas hing wesentlich ab, ob sich der Sozialismus nach dem zweiten Weltkrieg unter den Bedingungen gesicherten Friedens ent-

Einleitung

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wickeln konnte oder ob er erneut einer imperialistischen Aggression ausgesetzt sein würde. Von den Beziehungen zwischen sozialistischen und kapitalistischen Staaten in Europa hing und hängt in hohem Maße ab, ob die Menschheit einem dritten Weltkrieg, der ein Raketen-Kernwaffenkrieg würde, ausgesetzt wird. Eine militärische Auseinandersetzung zwischen Imperialismus und Sozialismus ließe sich nicht in Europa und nicht auf Europa lokalisieren. Nach dem zweiten Weltkrieg beschwor der Imperialismus in Europa einerseits die schwersten Gefahren für den Weltfrieden herauf, andererseits entstanden hier infolge des unablässigen Erstarkens des Sozialismus und aller für den Frieden wirkenden Kräfte zuerst die Möglichkeiten für eine dauerhafte Durchsetzung der friedlichen Koexistenz sozialistischer und kapitalistischer Staaten. Welche Rolle friedliche Regelungen in Europa für die Durchsetzung der friedlichen Koexistenz im Weltmaßstab spielen könnten, mag die Tatsache erhellen, daß die europäischen Staaten fast die Hälfte des Welt-Nationaleinkommens produzieren und ca. 55 % der Welt-Industrieproduktion auf sich vereinen. Über die Hälfte der europäischen Industrieproduktion und des Nationaleinkommens wiederum entfällt auf die sozialisti5 sehen Länder. Berücksichtigt man, daß in den europäischen Entspannungsprozeß auch die USA und Kanada einbezogen sind und daß die auf der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa vertretenen Staaten 3/4 der gesamten Weltproduktion und 85 % der Ausgaben aller Staaten der Welt für militärische Zwecke repräsentierten, so wird die internationale Bedeutung der kollektiven Sicherheit in Europa noch deutlicher.^ Die KPdSU und der Sowjetstaat haben deshalb dem Kampf für die Verhinderung eines Krieges und der Sicherung des Friedens in Europa stets besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Die auf Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa gerichteten Anstrengungen waren immer eine der wichtigsten Linien der sowjetischen Außenpolitik. In der Geschichte des Kampfes zwischen Sozialismus und Imperialismus um die Entscheidung der Frage, ob die unvermeidliche Auseinandersetzung zwischen den Gesellschaftsordnungen mit militärischen oder mit friedlichen Mitteln ausgetragen werden soll, nehmen die Ereignisse Mitte der fünfziger Jahre einen besonderen Platz ein. In Nachkriegseuropa war ein Kräfteverhältnis entstanden, das dem Imperialismus nicht mehr gestattete, seine auf die Vernichtung des Sozialismus gerichteten Maximalziele zu erreichen. Die Kräfte des Sozialismus und des Friedens waren so weit erstarkt, daß sie den Imperialismus hindern konnten, seine antisozialistischen Ziele mit den Mitteln des Krieges oder seiner Androhung durchzusetzen. Die Kräfte des Sozialismus und des Friedens

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Einleitung

reichten noch nicht, den Imperialismus zu veranlassen, die Probleme Europas, die der zweite Weltkrieg hinterlassen hatte, auf der Grundlage des Potsdamer Abkommens mit friedlichen Übereinkünften zu lösen. Über längere Fristen bildete sich seit der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre ein annäherndes Gleichgewicht der Kräfte im Weltmaßstab und in Europa insbesondere im militärischen Bereich heraus, mit der Perspektive, über einen langen Zeitraum zu existieren. Damit waren solche Bedingungen herangereift, die bewirkten, daß Entscheidungen, die am Beginn dieses Prozesses getroffen wurden, die Geschicke unseres Kontinents langfristig beeinflussen mußten. Obwohl es dem Imperialismus nicht gelang, den Sozialismus in den volksdemokratischen Staaten odei^ gar in der Sowjetunion auszulöschen, hat er doch Tatbestände geschaffen, die das leben der europäischen Völker bis in die Gegenwart in hohem Maße belasten. Dazu gehören die Schaffung des NATO-Militärblocks und die endgültige Ausprägung des NATO-Systems mit der Eingliederung- der remilitarisierten BRD, die unmittelbare militärische Konfrontation der NATO mit den sozialistischen Staaten, die endgültige Spaltung Deutschlands und die Spaltung Europas in Militärblöcke. Im Zentrum Europas, in der BRD, entstand ein Herd, von dem lange Zeit unmittelbare Kriegsgefahr ausging. Die BRD wurde zur strategischen Hauptbasis der NATO in Europa. Aber auch der Sozialismus hat Tatbestände geschaffen. Sie wirken bis in die Gegenwart zum Wohle der Völker der sozialistischen Staaten und aller Völker unseres Kontinents. In der Sowjetunion entfaltete sich die sozialistische Gesellschaftsordnung weiter, und in den volksdemokratischen Staaten wurde erfolgreich an den Grundlagen des Sozialismus gebaut. Der Sozialismus schuf Mitte der fünfziger Jahre mit dem Zusammenschluß der damals zur sozialistischen Staatengemeinschaft gehörenden europäischen Staaten im Warschauer Vertrag die Kraft, die allen sozialistischen Staaten Europas die Möglichkeit gab, den Aufbau des Sozialismus in Frieden fortzuführen. Das war zugleich die Kraft, die den Völkern Europas friedliche Existenzbedingungen gewährleistete, unseren Kontinent aus allen von den imperialistischen Staaten hervorgerufenen Situationen akuter Kriegsgefahr herausführte und ihm die längste Friedensperiode der neueren Geschichte ermöglichte. In jenen Jahren leistete die Sowjetunion mit der Weiterentwicklung der Politik der kollektiven Sicherheit einen entscheidenden Beitrag zur Gewährleistung des Friedens. Entstanden war sie im Kampf gegen die faschistischen Aggressoren. Mit dem Machtantritt des Faschismus in Deutschland und der Entstehung eines neuen Kriegsherdes in Europa, der die Gefahr eines imperialistischen Klaesenkrieges gegen die Sowjetunion und eines neuen Weltkrieges

Einleitung

11

in sich barg, entstand akute Gefahr für die Existenz des ersten sozialistischen Staates und für das friedliche Leben der Völker. Diese Lage drängte zu einer Weiterentwicklung der Politik der friedlichen Koexistenz in Theorie und Praxis. In dieser Situation leistete das Führungskollektiv der Kommunistischen Partei der Sowjetunion und des Sowjetstaates einen Beitrag zur weiteren Ausarbeitung der Politik der friedlichen Koexistenz, der nicht hoch genug geschätzt werden kann und der den Kampf um Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa bis in die Gegenwart bestimmend beeinflußt. Im Dezember 1933 beschloß das ZK der KPdSU ein Programm, das vorsah, die friedliche Koexistenz in der Form der kollektiven Sicherheit, der gemeinsamen Sicherung des Friedens durch alle oder die Mehrzahl der europäischen Staaten zu verwirklichen.' Diese Idee hat bis zur Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa eine vierzigjährige Entwicklung entsprechend den objektiven Bedingungen des Kampfes um den Frieden durchgemacht. Unter den Voraussetzungen des internationalen Kräfteverhältnisses der Vorkriegszeit, als die aus dem Imperialismus hervorwachsenden Kriege noch nicht generell vermeidbar waren, war sie auf die Verhinderung eines heranreifenden konkreten Krie0 ges in Europa gerichtet. In Gestalt der UN-Charta existierten nun bereits seit einem Jahrzehnt allgemeinverbindliche Grundsätze des demokratischen Völkerrechts. Die generelle Verhinderung eines Krieges - besonders eines weltweiten - wurde mehr und mehr zu einem realistischen Ziel. Diese langfristig wirkenden Bedingungen, die die Nachkriegszeit von den dreißiger Jahren grundlegend unterscheiden, haben den Inhalt der von der Sowjetunion erarbeiteten Prinzipien der kollektiven Sicherheit nachhaltig geprägt. Die sowjetischen Vorschläge über die kollektive Sicherheit aus den Jahren 1954/1955 haben den objektiven Bedingungen entsprochen, die den Kampf um Frieden und Sicherheit in Europa für einen langen Zeitraum bestimmen. Ihre Grundelemente finden sich deshalb auch in dem detailliert ausgearbeiteten System voneinander abhängiger Grundsätze der Beziehungen zwischen den Staaten verschiedener Gesellschaftsordnung in Europa in der Schlußakte von Helsinki wieder. Das Verstehen der historischen Vorgänge in der Mitte der fünfziger Jahre ist in vieler Hinsicht der Schlüssel zum Verständnis des jahrzehntelangen Kampfes um Frieden und Sicherheit in Europa und seiner bisherigen Resultate, Darin findet die Wahl des verhältnismäßig kurzen Zeitraums der Jahre 1954/1955 für eine detaillierte Untersuchung ihre Begründung. Die Arbeit will von den Vorgängen dieser Jahre aus den Blick auf eine ganze Etappe des Kampfes um kollektive Sicherheit in Europa lenken. In diesem Kampfabschnitt besteht, wie L.I. Breznev auf der Internationalen Beratung der kommunistischen und Arbeiterparteien

Einleitung

12

1969 i n Moskau hervorhob, die Aufgabe der "Schaffung eines Systems der k o l l e k t i v e n S i c h e r h e i t i n den T e i l e n der Erde, i n denen s i c h d i e Gefahr der Entfesselung e i n e s neuen W e l t k r i e g e s , der Entfesselung b e w a f f n e t e r K o n f l i k t e zusammenballt. Ein solches System wäre der beste Ersatz f ü r die bestehenden m i l i t ä r i s c h - p o l i t i s c h e n Gruppie9 rungen.

Dabei hatte L . I . Breznev vor allem Europa und dann auch

Asien im Auge. Die m a r x i s t i s c h - l e n i n i s t i s c h e

Geschichtsschreibung der Sowjetunion

hat im Rahmen der Gesamtdarstellung der Geschichte der s o w j e t i schen Außenpolitik den Fragen des Kampfes um Frieden und S i c h e r h e i t i n Europa und darunter den E r e i g n i s s e n M i t t e der f ü n f z i g e r Jahre s t e t s d i e entsprechende Aufmerksamkeit geschenkt.^® Im Zusammenhang mit der Vorbereitung und Durchführung der Konferenz über S i c h e r h e i t und Zusammenarbeit i n Europa und im Zusammenhang mit dem Kampf um d i e Verwirklichung i h r e r Schlußakte hat s i c h die m a r x i s t i s c h - l e n i n i s t i s c h e Geschichtsschreibung der Sowjetunion und der DDR v e r s t ä r k t den Problemen der Geschichte des Kampfes um Frieden und S i c h e r h e i t i n Europa zugewandt. Dabei haben auch die h i s t o r i s c h e n Wurzeln der Konferenz über S i c h e r h e i t und Zusammenarbeit i n Europa i n der M i t t e der f ü n f z i g e r Jahre d i e entsprechende Beachtung g e f u n d e n . ^ Eine d e t a i l l i e r t e Untersuchung der Bemühungen der Außenpolitik

der

Sowjetunion um die k o l l e k t i v e Gewährleistung des Friedens i n Europa 1954/1955 indessen s t e h t noch aus. Zu i h r s o l l die v o r l i e g e n d e b e i t einen B e i t r a g

Ar-

leisten.

Sie w i l l vor allem d i e von der Sowjetunion 1954/1955 w i e d e r b e l e b t e und w e i t e r e n t w i c k e l t e I d e e der k o l l e k t i v e n S i c h e r h e i t i n i h r e n e i n zelnen B e s t a n d t e i l e n und Zügen und den Kampf um i h r e Durchsetzung untersuchen und von der Warte der Ergebnisse von H e l s i n k i aus e i n schätzen. Das heißt z u g l e i c h , das h i s t o r i s c h Bleibende der s o w j e t i s c h e n Vorschläge aus der M i t t e der f ü n f z i g e r Jahre zu e r s c h l i e ß e n . Die A r b e i t w i l l damit das Verdienst der Sowjetunion k o n k r e t - h i s t o r i s c h nachweisen, r e c h t z e i t i g der a g g r e s s i v e n P o l i t i k des I m p e r i a l i s mus i n Europa e n t g e g e n g e t r e t e n zu s e i n und eine r e a l i s t i s c h e

Alter-

n a t i v e zur P o l i t i k der K r i e g s b l ö c k e und der K r i e g s v o r b e r e i t u n g w i c k e l t zu haben. Sie v e r s t e h t

ent-

sich a l s e i n B e i t r a g des k o n k r e t - h i -

s t o r i s c h e n Nachweises der Kontinuität der s o w j e t i s c h e n A u ß e n p o l i t i k , d i e w e l t w e i t auf die Sicherung des Friedens, auf die

friedliche

Koexistenz von Staaten u n t e r s c h i e d l i c h e r Gesellschaftsordnung tet

gerich-

ist.

Die A r b e i t w i l l z u g l e i c h einen B e i t r a g zu dem Nachweis l e i s t e n , daß die Volksmassen schon i n den f ü n f z i g e r Jahren begonnen haben,

sich

die Idee der k o l l e k t i v e n S i c h e r h e i t zu e i g e n zu machen. Sie w i l l

da-

Einleitung

13

mit e i n weiteres Element sichtbar machen - den Kampf der Volksmassen an der S e i t e der Sowjetunion und der s o z i a l i s t i s c h e n Staatengemeinschaft - , der im Zusammenhang mit a l l e n anderen Elementen der Veränderung des internationalen K r ä f t e v e r h ä l t n i s s e s s c h l i e ß l i c h zu e i n e r solchen p o l i t i s c h e n Atmosphäre in Europa beigetragen hat, i n der sich die Regierungen der k a p i t a l i s t i s c h e n Staaten Vereinbarungen im Sinne der f r i e d l i c h e n Koexistenz f ü r Europa nicht mehr entziehen konnten. Die Arbeit s t e l l t sich auch die Aufgabe, der Wirkung der s o w j e t i schen P o l i t i k der k o l l e k t i v e n Sicherheit auf bürgerliche P o l i t i k e r nachzugehen, die Mitte der f ü n f z i g e r Jahre jene zweite L i n i e bürgerl i c h e r P o l i t i k gegenüber der Sowjetunion r e p r ä s e n t i e r t e n , die weniger aggressiv war und zu bestimmten Übereinkünften n e i g t e . Das heißt zug l e i c h , Wurzeln aufdecken h e l f e n f ü r die Entwicklung dieser L i n i e b ü r g e r l i c h e r P o l i t i k , die unter dem Einfluß der sowjetischen Außenp o l i t i k i n den s i e b z i g e r Jahren endlich zum Eingehen auf die P o l i t i k der f r i e d l i c h e n Koexistenz geführt hat. S c h l i e ß l i c h i s t es Aufgabe d i e s e r A r b e i t , die Gegenkräfte zu z e i g e n . Sie w i l l die Handlungen jener Kräfte i n der Mitte der f ü n f z i g e r Jahre und ihre Motive aufdecken h e l f e n , die Europa und der Welt Jahre des kalten Krieges aufgezwungen haben und deren P o r t s e t z e r auch i n der Gegenwart aktiv gegen den Entspannungsprozeß operieren. Diese S e i t e der Arbeit s o l l einen Beitrag zu dem Nachweis l i e f e r n , daß die Entspannung i n Europa kein Geschenk des Himmels, auch kein Geschenk e i n s i c h t s v o l l gewordener b ü r g e r l i c h e r P o l i t i k e r , sondern das Ergebnis des internationalen Klassenkampfes, des Kampfes der Sowjetunion, der s o z i a l i s t i s c h e n Staatengemeinschaft und a l l e r am Frieden i n t e r e s s i e r t e r K r ä f t e gegen den Imperialismus auf der Grundlage der sich o b j e k t i v vollziehenden Veränderungen des internationalen K r ä f t e v e r h ä l t nisses i s t . T e i l e der Forschungen, die dieser Arbeit zugrundeliegen und vor allem die Ereignisse im Zusammenhang mit der B e r l i n e r Außenministerkonferenz 1954 b e t r e f f e n , sind der wissenschaftlichen Ö f f e n t l i c h k e i t be12

r e i t s zugänglich gemacht worden. Sie sind in zusammengefaßter Form auch Bestandteil des ersten Kapitels der vorliegenden A r b e i t .

'

I. Kapitel

Die Berliner Außenministerkonferenz 1954 Beginn einer qualitativ neuen Phase des Kampfes der Sowjetunion um europäische Sicherheit Europa i n den Zukunftsvorstellungen des Sozialismus und des Imperialismus Die Mitte der f ü n f z i g e r Jahre markiert eine bedeutende Zäsur i n der Hachkriegsgeschichte Europas. Die Veränderungen im i n t e r n a t i o n a l e n K r ä f t e v e r h ä l t n i s während des ersten NachkriegsJahrzehnts hatten Ergebnisse hervorgebracht, die eine q u a l i t a t i v neue Lage schufen. In einem angespannten Ringen und unter Abwehr e r b i t t e r t e r Gegenangriffe des Imperialismus war der Sozialismus besonders in Europa erheblich e r s t a r k t . Das Sowjetvolk hatte unter•Aufbietung a l l e r seiner Kräfte und unter bewußter Zurückstellung v i e l e r persönlicher Bedürfnisse a l l e n Prognosen b ü r g e r l i c h e r Ökonomen und P o l i t i k e r und all£n Berechnungen imperial i s t i s c h e r Strategen zum Trotz die ökonomischen K r i e g s f o l g e n überwunden. Es schickte sich an, das h i s t o r i s c h e Werk des Aufbaus der soz i a l i s t i s c h e n Gesellschaft zu vollenden. Mit der Brechung des Atombombenmonopols hatte es den USA ein g e f ä h r l i c h e s M i t t e l der m i l i t ä r i schen Erpressung aus der Hand geschlagen.^ Diese e r f o l g r e i c h e Meisterung der wissenschaftlich-technischen Revolution auf einem e n t scheidenden Gebiet des Militärwesens war von großer Bedeutung nicht nur f ü r das m i l i t ä r i s c h e K r ä f t e v e r h ä l t n i s zwischen der Sowjetunion und den USA, sondern f ü r das i n t e r n a t i o n a l e K r ä f t e v e r h ä l t n i s überhaupt. In den anderen europäischen s o z i a l i s t i s c h e n Staaten f e s t i g t e n sich d i e noch junge s o z i a l i s t i s c h e Staatsmacht und die s o z i a l i s t i s c h e n Produktionsverhältnisse in der ersten H ä l f t e der f ü n f z i g e r Jahre zusehends. Die Grundlagen des Sozialismus wurden g e l e g t . Die s i e g r e i c h e Arbeiterklasse d i e s e r s o z i a l i s t i s c h e n Länder und ihre Staatsmacht hatten ein unzerstörbares i n t e r n a t i o n a l e s Bündnis mit der Arbeiterklasse des ersten s o z i a l i s t i s c h e n Landes und ihrem Sowjetstaat geschmiedet, das seinen v ö l k e r r e c h t l i c h e n Ausdruck i n den zweis e i t i g e n Preundschafts- und Beistandsverträgen fand. Dieser i n t e r n a t i o n a l e Bund hat sich a l s eine bedeutende J(raft der Entwicklung des Sozialismus und seiner Verteidigung gegen den Weltimperialismus und gegen d i e innere Reaktion erwiesen. Der Sozialismus begann, a l s Gesellschaftsordnung über die Grenzen eines Staates hinauszutreten und zu einem Weltsystem zu werden. Es

16

Eine qualitativ neue Phase

reiften die Bedingungen für das internationale multilaterale Bündnis der sozialistischen Staaten zur allseitigen Festigung des Weltsozialismus, zur' Abwehr der Anschläge des Imperialismus und zur Entwicklung einer gemeinsamen Außenpolitik heran, das dann im Warschauer Vertrag Gestalt angenommen hat. Es vereinte gleichberechtigte Staaten auf der Grundlage der ihnen gemeinsamen Macht der Arbeiterklasse und der gleichen sozialistischen Gesellschaftsordnung, der gemeinsamen Interessen am Aufbau des Sozialismus und später des Kommunismus, an der Sicherung friedlicher äußerer Bedingungen für dieses historische Werk, auf der Grundlage der gemeinsamen Ideologie des Marxismus-Leninismus. Dieses Bündnis war eine vollkommen neue Erscheinung in der Geschichte, die gegen Ende der ersten Hälfte der fünfziger Jahre dem Sozialismus ein qualitativ neues Gewicht im internationalen Kräfteverhältnis verlieh. Die nationale Befreiungsbewegung der kolonial unterdrückten Völker, die das imperialistische Kolonialsystem in Asien bereits weitgehend zerbrochen hatte, versetzte dem Imperialismus in der ersten Hälfte der fünfziger Jahre vor allem im arabischen Raum neue Schläge. Die bis dahin selbständig gewordenen Staaten Asiens und des arabischen Ostens begannen, sich zu einer aktiven antiimperialistischen und Friedenskraft zu organisieren (Bandung-Konferenz), die für die friedliche Koexistenz von Staaten unterschiedlicher Gesellschaftsordnung eintrat. Sie stellten sich in der Frage Krieg oder Frieden an die Seite des Weltsozialismus. Auch das war eine in der Geschichte völlig neuartige Erscheinung, die sich im internationalen Kräfteverhältnis zuungunsten der Kräfte des Imperialismus und des Krieges auswirkte. Die revolutionäre Arbeiterbewegung, die demokratische und Weltfriedensbewegung, die in den kapitalistischen Ländern noch immer unter den Bedingungen antikommunistischer Hysterie kämpfen mußten, hatten ihre Position nach den imperialistischen Attacken der vierziger Jahre stabilisiert und organisierten die Millionenbewegung der Friedensanhänger. In der BRD zeichnete sich wachsender Einfluß der KPD auf die Bewegung der friedliebenden Massen ab. Daraufhin strengten die Regierenden den Verbotsprozeß gegen die Partei der Kommunisten an. Die mächtig anwachsende antiimperialistische und Antikriegsbewegung in den kapitalistischen Ländern gehört ebenfalls zu den neuen Gegebenheiten des internationalen Kräfteverhältnisses. Diese qualitativen Veränderungen im internationalen Kräfteverhältnis schufen Bedingungen, die dem Kampf um die friedliche Koexistenz von Staaten mit unterschiedlicher Gesellschaftsordnung zum ersten Male die Perspektive des dauerhaften Erfolgs eröffneten. Die Hauptkräfte des Imperialismus, allen voran die Regierenden der USA, versuchten alles, diesen Prozeß der ständigen Umgruppierung der

Zukunf t svorst eilungen

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internationalen Klassenkräfte zu ihren Ungunsten aufzuhalten und wieder in die historische Initiative zu gelangen. Sie gingen daran, die gewaltigen Ressourcen, über die sie verfügten, neu zu organisieren und zu konzentrieren. Die Strategie der "Eindämmung" hatte ihnen im eigenen Machtbereich die Verdrängung der revolutionären Arbeiterbewegung aus Regierungspositionen und die Vertiefung der Spaltung der Arbeiterbewegung mit Hilfe des Antikommunismus ermöglicht. Auf diese Weise und mit Hilfe der ökonomischen Integration und der militärischen Blockbildung war es gelungen, den Imperialismus in Westeuropa zu stabilisieren. Das antisozialistische Ziel der Politik der "Eindämmung", nämlich die Entstehung und Entwicklung des Sozialismus in den volksdemokratischen Staaten rückgängig zu machen, konnte indessen nicht erreicht werden. Die in Asien gegen den Sozialismus und die nationale Befreiungsbewegung entfesselten Kriege verliefen nicht nach den Plänen ihrer Urheber. Aus diesen Gründen gingen die imperialistischen Mächte zu der noch aggressiveren und noch abenteuerlicheren Strategie des "Zurückrollens" des Sozialismus über, die demagogisch auch Strategie der "Befreiung" genannt wurde: Sie sollte ihnen vor allem in Europa, aber auch in den anderen Regionen der Welt neuen Spielraum schaffen. Die "roll back"-Strategie verfolgte das Ziel, dem Sozialismus die historische Initiative in den Weltangelegenheiten zu entreißen, dem Sozialismus unter Androhung oder Anwendung von Waffengewalt - das heißt unter bewußter Einkalkulierung eines dritten Weltkrieges - eine entscheidende Niederlage zuzufügen, ihn in den volksdemokratischen Staaten zu liquidieren und den Einfluß der Sowjetunion in der Welt weit zurückzudrängen. Die abenteurlichsten Kräfte träumten von der Vernichtung des Sozialismus in der Sowjetunion selbst und von der Weltherrschaft des USA-Imperialismus. Die entscheidenden Kräfte des Imperialismus gingen in ihrer EuropaPolitik von einer Linie, die vor allem darauf gerichtet war, die Verwirklichung des Potsdamer Abkommens in der BRD zu verhindern, zu einer Linie über, in der die Revision der Ergebnisse des Krieges und der Nachkriegsentwicklung in den Vordergrund rückte. Diese Linie beschwor akute Gefahr für die friedliche Existenz der Völker herauf. In Europa war das Kernstück dieser Politik der endgültige Bruch des Potsdamer Abkommens - die Remilitarisierung der BRD und ihre Eingliederung-in die NATO. Dieses strategische Konzept der imperialistischen Hauptmächte und der herrschenden Kreise der BRD bot Europa eine Perspektive, die man zusammengefaßt so kennzeichnen könnte: Die endgültige Spaltung Deutschlands und die Spaltung Europas in feindliche Militärblöcke sollte erhoffte Vorstufe der Vernichtung des Sozialismus in der DDR und der DDR als selbständiger Staat sein. Der Anschluß der

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DDR an die BRD und die Einbeziehung eines auf diese Weise r e k a p i t a l i s i e r t e n und unter i m p e r i a l i s t i s c h e r Herrschaft zusammengefaßten Deutschland i n die NATO s o l l t e n Bedingungen i n Europa s c h a f f e n , unter denen das A u f r o l l e n der jungen s o z i a l i s t i s c h e n Gemeinschaft auf die Tagesordnung g e s e t z t werden könnte. Die Urheber dieser S t r a t e g i e k a l k u l i e r t e n , so eine entscheidende Wende im internationalen K r ä f t e v e r h ä l t n i s zu ihren Gunsten erreichen und das Rad der Geschichte zurückdrehen zu können. Immanenter Bestandteil dieses i m p e r i a l i s t i s c h e n Kon2

zepts f ü r Europa war ein europäischer und W e l t k r i e g . Ihn zu führen oder die a l s sein Ergebnis erträumten Resultate mit der Drohung seiner Auslösung zu erzwingen, s o l l t e die NATO a l l e Potenzen des westeuropäischen und amerikanischen Imperialismus unter Einschluß der BRD zu einer •j g e b a l l t e n a n t i s o z i a l i s t i s c h e n Kraft zusammenfassen. Dieses Z i e l s o l l t e mit der sogenannten "Europäischen Verteidigungsgemeinschaft" e r r e i c h t werden. Aus d i e s e r Konzeption, die auf die Schaffung von P o s i t i onen vermeintlicher "Stärke" baute, ergab sich die Ablehnung j e g l i cher Verhandlungen über eine f r i e d l i c h e Regelung der Probleme Deutschlands und Europas durch die Westmächte i n der ersten H ä l f t e der f ü n f N z i g e r Jahre. Der Sozialismus bot Europa eine p r i n z i p i e l l andere P e r s p e k t i v e . Die Sowjetunion entwickelte s i e im Zusammenhang mit ihrem Friedensvertragsvorschlag vom 10. März 1952. Mit diesem "Entwurf über die Grundlagen eines Friedensvertrages mit Deutschland" l e i t e t e die Sowjetunion eine neue Phase des Kampfes um Viermächteverhandlungen zur Verhinderung der Remilitarisierung der BRD mit ihren Folgen f ü r Deutschland und Europa, zur Herstellung eines f r i e d l i e b e n d e n und demokratischen Deutschland und zur Lösung der Fragen der Sicherheit in Europa e i n . In einem zweijährigen diplomatischen Kampf durchkreuzte die Sowjetunion die verhandlungsfeindlichen Positionen der Westmächte und zwang s i e an den Verhandlungstisch, ehe mit der "EVG" f e r t i g e Tatsachen der " S t ä r ke" geschaffen waren. Verdienst der i n i t i a t i v r e i c h e n Außenpolitik der Sowjetunion war es, daß zum Zeitpunkt der B e r l i n e r Außenministerkonf e r e n z die Frage der Wiederhersteilung der Einheit Deutschlands auf demokratischer Grundlage noch Verhandlungsgegenstand sein konnte. In i h r e r F r i e d e n s p o l i t i k e r h i e l t die Sowjetunion die zunehmende Unterstützung einer i n einigen Ländern wachsenden Bewegung gegen die "EVG", die dem sowjetischen Friedensvertragsentwurf zustimmte, und solcher Staaten wie Indien und Ceylon, die das K o l o n i a l j o c h abgeschüttelt hatten und zur Lösung der Fragen Koreas und zur Beendigung des Krieges i n Iridochina Großmächteverhandlungen f o r d e r t e n . I n ihrem Entwurf s t e l l t e die Sowjetregierung folgende Grundsätze auf: Wiederherstellung der s t a a t l i c h e n Einheit Deutschlands,

Zukunftsvorsteilungen

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Abzug der Streitkraft e der Besatzungsmächte spätestens ein Jahr nach Inkrafttreten des Friedensvertrages, Gewährleistung der demokratischen Rechte des deutschen Volkes, Bestimmung der deut sehen Grenzen entsprechend den Potsdamer Beschlüssen, Entwicklung einer deutschen Friedenswirtschaft ohne irgendwelche Beschränkungen, Nichtteilnahme an Militärbündnissen, die gegen einen Staat der Antihitlerkoalition gerichtet sind, Gewährung des Rechts der Aufstellung nationaler Streitkräfte zur Verteidigung des Landes. Die Sowjetregierung ging bei ihrem Vorschlag davon aus, daß dem deutschen Volke Gelegenheit gegeben werden muß, über die ökonomische und • soziale Struktur des wiedervereinten Deutschland selbst zu entscheiden. Sie drängte auf den beschleunigten Abschluß des Friedensvertrages, weil er das Kernproblem der Hinterlassenschaft des zweiten Weltkrieges das Problem der Sicherheit für alle europäischen Völker - gelöst hätte, das infolge des Wiederauflebens des Militarismus in der BRD bereits erneut akut geworden war. Die Regierung der UdSSR vertrat die Ansicht, daß der Friedensvertrag unter deutscher Teilnahme ausgearbeitet werden c 4 sollte. "Die DDR, die volksdemokratischen Staaten und die demokratischen Kräfte in zahlreichen kapitalistischen Ländern unterstützten den Vorschlag der UdSSR. Sie sahen in seiner Verwirklichung eine Chance, den Frieden zu festigen und den Imperialismus zurückzudrängen, in der BRD eine antiimperialistische Entwicklung einzuleiten und in absehbarer Zeit die staatliche Spaltung Deutschlands zu überwinden." Die Sowjetunion wollte den Auftrag von Jalta und Potsdam zu Ende führen und dauerhafte friedliche Verhältnisse im Zentrum des Kontinents schaffen, die Sicherheit aller Nachbarn Deutschlands garantieren, das Wiedererstehen des deutschen Militarismus in der BRD verhindern und dem deutschen Volk zur staatlichen Einheit auf der Grundlage von Frieden und Demokratie bei voller Souveränität verhelfen. "Die Vorschläge der UdSSR wiesen den Weg zur Sicherung des Friedens in Europa, insbesondere zur Zügelung der aggressiven Kräfte des Imperialismus in der BRD. Sie waren darauf gerichtet, eine Aufrüstung der BRD und deren Eingliederung in die NATO zu verhindern. Das sowjetische Friedensprogramm berücksichtigte auch die noch vorhandenen geringen Möglichkeiten zur demokratischen Wiedervereinigung Deutschlands auf der Grundlage der Potsdamer Beschlüsse."^ . Um diesen Zielen näherzukommen, hatte die Sowjetunion ihre Politik in der deutschen Frage weiterentwickelt. Die in den ersten Nachkriegsjähren verfolgte Linie der Entmilitarisierung entsprach nicht mehr den

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Eine qualitativ neue Phase

veränderten Bedingungen. Die NATO war als aggressiver Militärpakt der westlichen imperialistischen Mächte entstanden. Deutschland war gespalten worden. Die beiden deutschen Staaten entwickelten sich von Jahr zu Jahr auseinander. In der BRD war der deutsche Imperialismus wiedererstanden, und die Remilitarisierung dieses Staates schritt voran. Die Integration der BRD in das System imperialistischer multilateraler ökonomischer, politischer und militärischer Pakte wurde betrieben. In der DDR dagegen faßte zum ersten Male der Sozialismus auf deutschem Boden Fuß. Der sozialistische deutsche Staat war durch zahlreiche Bande mit den anderen sozialistischen Bruderstaaten verbunden und entwickelte sich als Teil der sich formierenden neuen Gemeinschaft sozialistischer Staaten. Er konnte der Bedrohung durch die Remilitarisierung der BRD nicht tatenlos zuschauen und begann, zu seinem Schutz bewaffnete Polizeiformationen zu bilden. In dieser läge stellte die Sowjetregierung die Forderung nach militärischer Neutralität des angestrebten einheitlichen deutschen Staates auf und formulierte sie in ihrem Friedensvertragsentwurf vom März 1952. Die Forderung der militärischen Neutralität entsprach unter den gegebenen Bedingungen den Prinzipien von Potsdam am besten. Sie war ver3 bunden mit dem Kampf um die Einheit Deutschlands auf friedlicher und demokratischer Grundlage und für den Abschluß eines Friedensvertrages. Militärische Neutralität bedeutete die Nichtteilnahme an irgendwelchen Militärpakten, die Unzulässigkeit fremder Militärstützpunkte auf deutschem Boden und den Abzug aller ausländischen Truppen. Sie schloß indessen die Unterhaltung begrenzter, für die Verteidigung des Landes erforderlicher deutscher Truppen nicht aus. Die Politik der militärischen Neutralität für Deutschland war eine mutige, wahrhaft revolutionäre Politik. Sie hatte nichts gemein mit der ihr bisweilen unterstellten Preisgabe des Sozialismus in der DDR, sondern im Gegenteil, sie war geeignet, auch für die BRD Möglichkeiten des sozialen Fortschritts zu eröffnen, indem sie die reaktionärsten, kriegslüsternsten Kräfte des Imperialismus zurückdrängte. Der unvermeidliche Kampf zwischen Fortschritt und Reaktion auf deutschem Boden um die Herstellung der Einheit Deutschlands als friedliebender und demokratischer Staat und die Entscheidung des deutschen Volkes über seine soziale Zukunft sollte frei vom Druck des Militarismus und des internationalen Imperialismus erfolgen können. Die Politik der militärischen Neutralität im Zentrum Europas eröffnete unserem Kontinent neue friedliche Perspektiven. Mit ihr verbanden sich Zukunftsvorstellungen von einem Europa, aus dem die politischen und militärischen Spannungen verbannt sind, das keine militärische Konfrontation der Staaten unterschiedlicher Gesellschaftsordnung kennt.

Die deutsche Frago

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Die militärische Neutralität der BRD und der DDR sowie eines künftigen vereinten Deutschlands hätte die Ausnutzung der gewaltigen ökonomischen Ressourcen, der Menschen, der zentralen und an der Grenze des sozialistischen Weltsystems befindlichen Lage im Dienste der Weltreaktion gegen die sozialistischen Staaten zuverlässig verhindert und sie in einen Aktivposten bei der Gewährleistung des Friedens in Europa verwandelt. Oder anders ausgedrückt: Die Politik der militärischen Neutralität war darauf gerichtet, das Potential der BRD den zum Kriege rüstenden Kräften des Imperialismus, der NATO, zu entziehen, die Entstehung eines Kriegsherdes im Zentrum Europas zu verhindern, die NATO von den Grenzen des Sozialismus fernzuhalten. Auch für Österreich strebte die Sowjetunion den Status eines militärisch neutralen Staates an. Seit 1953 setzte sie sich beharrlich dafür ein, daß die Fragen Österreichs auf der bevorstehenden Außenministerkonferenz ebenfalls und mit diesem Ziel verhandelt werden. Europa hätte die Verwirklichung einer Politik der militärischen Neutralität in seinem Zentrum die Entstehung einer breiten militärisch neutralen Zone aus Staaten verschiedener Gesellschaftsordnung von Finnland und Schweden über die DDR und die BRD bis nach Österreich und der Schweiz und schließlich bis nach Jugoslawien gebracht, d.h. die unmittelbare militärische Konfrontation zwischen Sozialismus und Imperialismus beseitigt und so eine entscheidende Bedingung friedlicher Koexistenz sozialistischer und kapitalistischer Staaten in Europa geschaffen. Die deutsche Frage auf der Berliner Außenministerkonferenz Die Berliner Außenministerkonferenz tagte vom 25. Januar bis zum 18. Februar 1954. An ihren Beratungen nahmen Delegationen der UdSSR, der USA, Großbritanniens und Frankreichs unter der Leitung der jeweiligen Außenminister V.M. Molotov, John Foster Dulles, Anthony Eden und Georges Bidault teil. Die von der Sowjetunion seit langem vorgeschlagene Tagesordnung sah folgende Verhandlungspunkte vor: 1. Maßnahmen zur Minderung der Spännungen in den internationalen Beziehungen und die Einberufung einer Konferenz der Außenminister Frankreichs, Großbritanniens, der USA, der Sowjetunion und der Volksrepublik China zur Erörterung der Fragen Koreas und Indochinas. 2. Die deutsche Frage und die Aufgaben der Gewährleistung der europäischen Sicherheit. 3. Der österreichische Staatsvertrag. Entsprechend ihrer Generallinie der Sicherung des Friedens auf dem ganzen Erdball strebte die Sowjetunion auf der Berliner Außenministerkonferenz generell nach Übereinkünften, die diesem Ziel dienen konnten.

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Die Konferenz sollte genutzt werden, die gewisse Entspannung in der Weltlage zu festigen. Zu den Zielen der Sowjetunion gehörte es, sowohl Wege zur Abrüstung zu bahnen als auch die Kriegsherde in Asien dauerhaft zu beseitigen. Weiter sollten die imperialistischen Regierungen zur Anerkennung der Realitäten des entstehenden Sozialismus in der Volksrepublik China, in der Koreanischen Demokratischen Volksrepublik 7 und in der Demokratischen Republik Vietnam veranlaßt werden. Die Ziele, die die Sowjetunion auf dieser Konferenz hinsichtlich unseres Kontinents verfolgte, hatte sie im Verlaufe des zweijährigen Notenaustausches bereits ausführlich entwickelt: Die Konferenz sollte genutzt werden, der wachsenden Gefahr eines Krieges vorzubeugen und im Sinne der Sicherung des Friedens in Europa und im Weltmaßstab und im Sinne der Gestaltung friedlicher äußerer Bedingungen für den weiteren sozialistischen Aufbau zu wirken. Die Konferenz sollte im Kampf gegen die von den Westmächten betriebene Spaltung Europas in einander feindliche Militärblöcke, die auch die Vertiefung der Spaltung Deutschlands bedingte, genutzt werden. Sie sollte dem Kampf gegen die Wiedergeburt des deutschen Militarismus' dienen, die Ausweitung der imperialistischen Blockbildung durch Einbeziehung der BRD in die NATO verhindern, die noch bestehenden Möglichkeiten zur Lösung der deutschen Frage auf der Grundlage des Potsdamer Abkommens ausschöpfen und helfen, dem Abschluß eines Friedensvertrages mit Deutschland näherzukommen. In der Frage der Anerkennung der seit dem zweiten Weltkrieg in Europa entstandenen Realitäten durch die imperialistischen Mächte sollten Fortschritte erreicht und dabei insbesondere die Existenz des sozialistischen deutschen Staates, der DDR, zur Geltung gebracht werden. Diese Zielstellung schloß die Aufgabe ein, jegliche dem Maximalziel der Westmächte entsprechenden Anschläge auf die DDR abzuwehren und im Geiste des sozialistischen Internationalismus die Positionen des Sozialismus in der DDR und die Einheit der jungen Gemeinschaft sozialistischer Staaten zu verteidigen und zu festigen. Die Sowjetunion wollte die Konferenz nutzen, um vor den Völkern Europas und vor der Weltöffentlichkeit die Alternative zur imperialistischen Europa-Politik umfassend darzulegen, konstruktive, realistische Vorstellungen für die Lösung der Hauptprobleme Europas, der friedlichen Koexistenz der Staaten unterschiedlicher Gesellschaftsordnung, der deutschen Frage und der noch ungelösten Probleme in bezug auf Österreich zu entwickeln. Das bedeutete, dem Kampf aller interessierten Kräfte für Frieden und Sicherheit ein Programm zu geben. Es schloß ein, die aggressiven Pläne des Imperialismus zu enthüllen, um auch auf diese Weise ihrer Verwirklichung entgegenzuwirken. Dementsprechend erteilte die Regierung der UdSSR ihrer nach Berlin entsandten Delegation den Auftrag zu erreichen, daß die Konferenz

Die deutsche Frage

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"die aggressiven Bestrebungen des imperialistischen Lagers zügelt und damit den Interessen der Festigung des Friedens entspricht".8 Die Westmächte planten dagegen, nun die Verhandlungen im Sinne ihrer globalen "roll-back"-Strategie zu nutzen, da ihre Absicht., Verhandlungen vor der Bildung der "EVG" auszuschließen, durchkreuzt worden war. Sie kombinierten den erpresserischen Druck der Politik der "Stärke" mit den Verlockungen angeblicher Sicherheitsgarantien und der auf die Verwirrung der Volksmassen berechneten Demagogie um angeblich freie Wahlen in Deutachland. Der Konferenz war bei dem Versuch, eine weitere Entspannung der Weltlage zu verhindern, ein wichtiger Platz zugedacht. Deshalb wollten die Westmächte auf.der Konferenz einer Erörterung über eine allgemeine Verbesserung der internationalen Beziehungen aus dem Wege gehen. Was Europa anging, so war der Kernpunkt des westlichen Konzepts das unbedingte Festhalten an der "Europäischen Verteidigungsgemeinschaft", obwohl ihre Bildung wegen des Volkswiderstandes schon in ernste Schwierigkeiten geraten war. Im Gepäck der drei westlichen Außenminister befanden sich also keinerlei konstruktive Vorschläge zur Lösung der europäischen Probleme. Die Sowjetunion "vertrat die Auffassung, daß die Aufnahme der Arbeit an dem Friedensvertragsentwurf dazu beitragen würde, beide deutsche Staaten einander anzunähern, die Meinungsverschiedenheiten zwischen ihnen zu überviinden und die die deutschen Angelegenheiten betreffenden Fragen einschließlich der Bildung einer gesamtdeutschen Regierung und der Durchführung gesamtdeutscher Wahlen zu lösen. In diesem Sinne unterbreitete die sowjetische Delegation am 1. Februar 1954 einen ergänzten Fntwurf der Grundlagen für einen Friedensvertrag sowie einen Entwurf 'über die Vorbereitung des Friedensvertrags mit Deutschland und die Einberufung einer Friedenskonferenz für den deutschen FriedensQ vertrag'. nJ Die Ergänzungen ergaben sich aus der Unterzeichnung der Abkommen über die "EVG". Der Entwurf sah unverändert die Entwicklung Deutschlands als einheitlicher, unabhängiger, demokratischer und friedliebender Staat vor. Besonders in den Leitsätzen 2, 7 und 8 schlug sich die Idee der militärischen Neutralität nieder. Die Besatzungstruppen sollten spätestens ein Jahr nach Abschluß des Friedensvertrage vom deutschen Territorium abgezogen und alle ausländischen Militärstützpunkte beseitigt werden. Deutschland sollte sich verpflichten, sich keinerlei Koalitionen oder Militärbündnissen gegen irgendeinen .Staat anzuschließen, der mit seinen Streitkräften am Krieg gegen Deutschland teilgenommen hatte. Als Alternative zur "EVG" war vorgesehen, Deutschland keinerlei Verpflichtungen politischen und militärischen Charakters aus Verträgen oder

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Abkommen aufzuerlegen, die von den Regierungen der BRD und der DDR vor Abschluß des Friedensvertrages und der Wiedervereinigung Deutschlands abgeschlossen worden waren. Die wirtschaftlichen Leitsätze gestatteten nach wie vor eine unbeschränkte Entwicklung der Friedenswirtschaft. In den militärischen Leitsätzen sah die Sowjetregierung wie auch schon 1952 die Bildung nationaler Streitkräfte in solchem Rahmen vor, wie sie zur Verteidigung des Landes notwendig wären."'® Dieser Friedensvertragsentwurf fand überall in der DDR, in der BRD und in vielen anderen Ländern die Zustimmung der friedliebenden Kräfte. Er entsprach den friedlichen Interessen aller Völker, das deutsche eingeschlossen. Die Regierung der Deutschen Demokratischen Republik, von den Westmächten der Möglichkeit beraubt, vor der Außenministerkonferenz ihren Standpunkt darzulegen, entwickelte in dem der Konferenz übermittelten Memorandum ihre Auffassungen zum Inhalt des Friedensvertrags, die in allen wesentlichen Punkten mit denen der Sowjetunion übereinstimmten.11 Die Außenminister der Westmächte indessen wandten sich schroff gegen das sowjetische Projekt. Sie lehnten den Gedanken der militärischen Neutralität ab und beharrten auf der Wiedererrichtung des deutschen Militarismus, auf der "EVG". Sie, die die BRD und mit ihrer Hilfe ganz Deutschland in der "EVG" als militärischen Stoßkeil gegen die sozialistischen Staaten ausbauen, aber zugleich auch unter Kontrolle halten wollten, spielten sich als die Hüter der außenpolitischen Handlungsfreiheit der künftigen deutschen Regierung auf. Mit "Freihe'it" 12 meinten sie die des Beitritts zur "EVG". Die Westmächte legten keinen eigenen Entwurf eines Friedensvertrages vor. Sie stellten dem sowjetischen Vorschlag den sogenannten Eden-Plan gegenüber. Dieser Plan setzte die von den Westmächten nach der Spaltung Deutschlands betriebene Linie fort, mit den Mitteln manipulierter Wahlen die DDR zu rekapitalisieren und - der BRD einverleibt - in einen Hort der Aggression gegen die sozialistischen Nachbarn zu verwandeln. Vor der Spaltung, als demokratische Wahlen frei vom Druck großer imperialistischer Monopole und reaktionärer Machtorgane in den Westzonen noch möglich waren und ihre Ergebnisse sich direkt gegen das Wiedererstehen des deutschen Imperialismus und Militarismus kehren konnten, waren die Westmächte stets als Gegner gesamtdeutscher Wahlen aufgetreten und hatten alle entsprechenden Vorschläge der Sowjetunion abgelehnt. 13 Die Autoren des Eden-Plans hatten dessen reaktionäres, friedensgefährdendes, aggressives Wesen hinter wohlklingenden Formulierungen und einem formalen Konstitutionalismus versteckt. Der Plan enthielt

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fünf aufeinanderfolgende Stadien, die auf ein langes Hinauszögern des Friedensvertrages berechnet waren. Als dessen entscheidender Punkt ist das erste Stadium, die sogenannten freien Wahlen, anzusehen. Er war so angelegt, daß den reaktionären imperialistischen Kräften ein Übergewicht zugespielt werden konnte. Schon das Wahlgesetz sollte unter Ausschaltung deutscher Mitwirkung, d.h. der Mitwirkung demokratischer Kräfte, allein von den Besatzungsmächten ausgearbeitet und verkündet werden. Die Wahlen sollten unter dem Druck des Besatzungsregimes stattfinden. Der Abschnitt "Garantien für freie Wahlen" enthielt solche normalen Bestimmungen wie Geheimnis der Stimmabgabe, Sicherheit der Wahllokale, Schutz vor willkürlicher Verhaftung und Immunität der Kandidaten. Gleichzeitig aber sah er keinerlei Schutz der Wahlen vor ihrer Manipulierung durch die übermächtigen Monopole vor. Er . beinhaltete keinerlei Maßnahmen gegen faschistische und militärische Organisationen, sondern bestimmte ausdrücklich "Freiheit der Meinungsäußerung für alle".^ Besondere Beachtung verdient der Abschnitt über die sogenannte Wahlaufsicht. Diese sollte von einer Kommission "aus Vertretern der Vier Mächte mit oder ohne Teilnahme Neutraler" ausgeübt werden. "Die Kommission sollte auf Ausschußbasis arbeiten. Sie sollte mit Stimmen15 mehrheit entscheiden." J Das bedeutete aber nichts anderes, als daß die Stimmenmehrheit der drei Westmächte nicht nur in der BRD, sondern auch in der DDR Eingriffe in die Wahlen im Dienste des Imperialismus, der Politik der Einbeziehung ganz Deutschlands in die NATO und gegen die sozialistische Ordnung in der DDR ermöglichen und noch mit einem Schein der Legalität versehen sollte. Aber damit noch nicht genug. Für den Fall, daß aus den Wahlen doch ein Parlament hervorginge, das im Sinne des Friedens und der Demokratie, gegen den Militarismus und gegen die "EVG" entschiede, hatten die Verfasser noch eine Falle eingebaut. In den Ausführungen über das vierte Stadium hieß es: "Für Beschlüsse der Nationalversammlung und der gesamtdeutschen Regierung bei der Ausführung dieses Planes wird die Genehmigung der Vier Mächte nicht erforderlich sein. Solche Beschlüsse dürfen nicht abgelehnt werden ..." Diese Bestimmung erscheint normal - aber sie hat einen Nachsatz: "..., es sei denn durch Stimmenmehrheit der Vier Mächte." Die Westmächte wollten sich also noch nach der Wiedervereinigung alle Möglichkeiten sichern, die Sowjetunion zu majorisieren und sich in die inneren Angelegenheiten Deutschlands einzumischen. Hinter dem formal-demokratischen Schleier des Eden-Plans verbarg sich also das strategische Ziel der imperialistischen Mächte, den Sozialismus in der DDR zu liquidieren und ganz Deutschland zum In-



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strument der P o l i t i k des Z u r ü c k r o l l e n s des S o z i a l i s m u s i n Europa zu machen. Während der gesamten Konferenz b e t o n t e n d i e s o w j e t i s c h e n V e r t r e t e r gegen a l l e w e s t l i c h e n V e r s u c h e , andere Fragen i n den M i t t e l p u n k t zu r ü c k e n , immer wieder d i e Hauptsache und v e r t r a t e n den Standpunkt, "daß d i e Aufgabe, den F r i e d e n und die S i c h e r h e i t i n Europa zu gewährl e i s t e n , v o r allem mit der N i c h t z u l a s s u n g e i n e s Wiedererstehens des 17 deutschen M i l i t a r i s m u s verbunden i s t " . ' Dazu waren s i e zu a l l e n der Sache d i e n l i c h e n Kompromissen b e r e i t und wurden n i c h t müde, immer w i e d e r entsprechende V o r s c h l ä g e zu u n t e r b r e i t e n . Aber da d i e Westmächte i n Übereinstimmung mit den r e g i e r e n d e n K r e i s e n der BRD gerade i n der Hauptsache - i n der Frage des Wiedererstehens des d e u t s c h e n M i l i t a r i s m u s und s e i n e r Ausnutzung zum Kampf gegen den S o z i a l i s m u s i n der DDR und den anderen s o z i a l i s t i s c h e n S t a a t e n - auf e n t g e g e n g e s e t z t e n Standpunkten standen, und da s i e es demzufolge a b l e h n t e n , d i e L e g i t i m i t ä t der DDR überhaupt anzuerkennen, war e i n e Ü b e r e i n k u n f t unmöglich. Dem Wirken der Sowjetunion war es zu danken, daß a l l e Anschläge auf d i e DDR v e r e i t e l t wurden. In s e i n e r R e g i e r u n g s e r k l ä r u n g v o r der V o l k s kammer am 24. Februar 1954 r e s ü m i e r t e Otto Grotewohl d i e s e s bedeutende E r g e b n i s der Konferenz und s t e l l t e f e s t , " a l l e d i e j e n i g e n , d i e darauf s p e k u l i e r e n , d i e S o w j e t u n i o n sähe i n der Deutschen Demokratischen Rep u b l i k nur e i n S c h a c h e r o b j e k t , das s i e im g e e i g n e t e n Augenblick o p f e r n werde, sehen s i c h nach dem Abschluß d i e s e r V i e r e18 r k o n f e r e n z nun gründl i e h e i n e s anderen und e i n e s B e s s e r e n b e l e h r t " . Für d i e i m p e r i a l i s t i s c h e n Regierungen h i e ß d a s , I l l u s i o n e n darüber zu begraben, s i e könnten mit der Sowjetunion über das S c h i c k s a l e i n e s s o z i a l i s t i s c h e n B r u d e r s t a a t e s handeln. Sowohl D u l l e s a l s auch Adenauer b e s t ä t i g e n , daß den Versuchen, d i e s o w j e t i s c h e D e l e g a t i o n i n d i e s e r Richtung abzu-1Q t a s t e n , auf der Konferenz e i n e e i n d e u t i g e Antwort e r t e i l t worden i s t . Die Verhandlungen auf d e r B e r l i n e r Außenministerkonferenz über d i e deutsche Frage b e w i e s e n , "daß die deutschen A n g e l e g e n h e i t e n nur auf dem Wege von Verhandlungen g e r e g e l t werden konnten und daß d i e P o l i t i k der S t ä r k e und der Erpressung weder gegenüber der UdSSR noch gegenüber der DDR anwendbar w a r " . 20 Die Grundsätze e i n e s gesamteuropäischen V e r t r a g e s über d i e

kollektive

Sicherheit Der V e r l a u f der B e r l i n e r Außenministerkonferenz h a t t e den Beweis e r b r a c h t , daß s i c h die Bedingungen f ü r d i e H e r s t e l l u n g e i n e s e i n h e i t l i c h e n deutschen S t a a t e s auf der Grundlage der Potsdamer B e s c h l ü s s e zunehmend v e r s c h l e c h t e r t e n . Die Entwicklung der DDR und der BRD i n

Grundsätze kollektiver Sicherheit

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grundsätzlich entgegengesetzter Richtung hielt nicht nur an, sondern es entstand die akute Gefahr, daß mit der Bindung der BRD an die NATO die Spaltung Deutschlands besiegelt würde. Die Entstehung eines neuen Kriegsherdes in der BRD zeichnete sich bereits ab. In dieser Lage begann sich, in gewisser Weise das Verhältnis von deutscher Präge und europäischer Sicherheit zu ändern. Bis zur Mitte der fünfziger Jahre wäre es möglich gewesen, die Sicherheit der Völker und Staaten Europas vor allem durch die Regelung der deutschen Präge in Gestalt der Herstellung eines einheitlichen demokratischen und friedliebenden Staates zu erreichen. Dabei war die Lösung der deutschen Frage in erster Linie Sache der Siegermächte - und dann natürlich der. Deutschen in der DDR und in der BRD. Nun aber, da drei der Teilnehmer des Potsdamer Abkommens und die Regierung der Bundesrepublik mit der Remilitarisierung der BRD und ihrer Integration in die NATO vollendete Tatsachen zu schaffen begannen, entstand unmittelbare Gefahr für die Sicherheit der Staaten Europas. Die imperialistischen Teilnehmer der Antihitlerkoalition wollten ihr Bündnis mit dem Aggressor von gestern, mit dem in der BRD restaurierten Imperialismus und Militarismus bis zu einer gemeinsamen, gegen Sozialismus und Frieden gerichteten Militärkoalition treiben. Nun konnte die Sicherung des Friedens in Europa nur gewährleistet werden, wenn alle am Frieden interessierten Kräfte sich um ein gemeinsames Programm d'er Sicherheit zusammenschlössen, um ein Übergewicht über die zum Kriege treibenden mächtigen Kräfte zu erlangen und die potentiellen Aggressoren in die Schranken zu weisen. Dazu konnten und mußten alle Staaten und jegliche gesellschaftlichen Kräfte, die am Frieden interessiert waren, ihren Beitrag leisten. Die europäische Sicherheit konnte nun zu einer begünstigenden Bedingung dafür werden, die deutsche Frage doch noch auf der Grundlage der Prinzipien von Potsdam zu lösen. Die beiden deutschen Staaten konnten nicht mehr "ohne weiteres" zu einem Ganzen zusammengefügt werden. Es mußten erst Bedingungen durch die Deutschen selbst geschaffen, vor allem der Militarismus in der BRD zurückgedrängt werden, ehe die Wiedervereinigung zu einem friedliebenden, demokratischen Staat möglich werden konnte. Die Schaffung von Voraussetzungen einer Wiedervereinigung wurde damit vor allem eine Angelegenheit der Deutschen. Die progressiven Kräfte hatten sich dabei auf lange Fristen des Nebeneinanderbestehens zweier gegensätzlicher deutscher Staaten einzustellen. Als neue Aufgabe erschienen 'die Probleme der Normalisierung der Beziehungen zwischen der DDR und der BRD und der Annäherung der beiden deutschen Staaten auf der Tagesordnung der Geschichte. "Normalisierung" bedeutete die Anwendung des Völkerrechts und der Prinzipien der friedlichen Koexistenz auf die Beziehungen zwi-

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sehen den beiden deutschen Staaten und f o r d e r t e von der BRD sowie den Westmächten den Verzicht auf i l l u s i o n ä r e , dem Völkerrecht widersprechende außenpolitische, aggressive Z i e l e . "Annäherung" b e i n h a l t e t e mehr: Sie betraf die Zurückdrängung des Militarismus i n der BRD. Es ging um die Herrschaft der am meisten reaktionären und aggressiven Kräfte des Monopolkapitals, die die sozialökonomischen und p o l i t i s c h e n Wurzeln des Militarismus bedeutete und deren Vernichtung das Potsdamer Abkommen bestimmt h a t t e . Bedingungen f ü r die Annäherung i n der BRD zu s c h a f f e n , e r f o r d e r t e nach den damaligen Erkenntnissen einen l a n g w i e r i gen Prozeß des Klassenkampfes. Inzwischen hat die Geschichte diese Frage gegenstandslos gemacht. Es i s t das h i s t o r i s c h e Verdienst der Sowjetunion, das Heranreifen der neuen Lage nicht nur r e c h t z e i t i g erkannt, sondern auch die notwendigen Schlußfolgerungen gezogen zu haben. Am 10. Februar 1954 s c h r i t t die Regierung der UdSSR zu einer historischen I n i t i a t i v e : ihre Delegation u n t e r b r e i t e t e den Entwurf der Hauptprinzipien eines "Gesamteuropäischen Vertrags über die k o l l e k t i v e Sicherheit i n Europa". Die Geschichte der seitdem verflossenen zweieinhalb Jahrzehnte hat die R i c h t i g k e i t , den Realismus und die Weitsicht der Generalorientierung der Sicherheitspol i t i k der Sowjetunion in Europa bewiesen. Wohl haben die Grundsätze von 1954 manche Präzisierung erfahren; die der damaligen Situation entsprechende Form, in der ihre Durchsetzung vorgeschlagen wurde, mußte neuen Bedingungen der internationalen Klassenauseinandersetzung zwischen Sozialismus und Imperialismus angepaßt werden. Der Katalog, der P r i n z i p i e n i s t s e i t h e r w e i t e r vervollkommnet worden. Manche i n dem sow j e t i s c h e n Vorschlag von 1954 i n der Präambel formulierten oder in die vorgeschlagenen P r i n z i p i e n eingebetteten Grundsätze des in der UN-Charta niedergelegten Völkerrechts sind in der von der Bukarester Deklarat i o n der Teilnehmerstaaten des Warschauer Vertrages von 1966 e i n g e l e i t e t e n neuen Etappe des Kampfes um die europäische Sicherheit w e i t e r ausg e a r b e i t e t und als selbständige P r i n z i p i e n f o r m u l i e r t worden. In der Phase der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa sind s i e im Ergebnis der Erfahrungen aus einer zwanzigjährigen i n t e r n a t i o n a l e n Diskussion und aus zwei Jahrzehnten internationalen Klassenkampfes in Gestalt der zehn P r i n z i p i e n der Schlußakte der KSZE a l s eigenständige Größen aufgenommen und d e t a i l l i e r t ausgearbeitet worden. Zwanzig Jahre Kampf um die europäische Sicherheit haben zu einer Weiterentwicklung der 1954 von der Sowjetunion ausgearbeiteten Grundsätze g e f ü h r t . Dabei konnte aber die ihnen zugrundeliegende Richtung unverändert b e i behalten werden. Nie i s t die Sowjetunion in die Lage geraten, die auf der B e r l i n e r Außenministerkonferenz a u f g e s t e l l t e n Grundsätze der europäischen Sicherheit r e v i d i e r e n zu müssen. Sie haben die Prüfungen der

Grundsätze k o l l e k t i v e r

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Sicherheit

Geschichte bestanden, sind i n das Aktionsprogramm der Völker Europas f ü r die f r i e d l i c h e Koexistenz auf unserem Kontinent eingegangen und spiegeln sich im Abschlußdokument der gesamteuropäischen Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit vom 1. August 1975 wider. Der Kampf um ein System der k o l l e k t i v e n Sicherheit i n Europa bedeutete keineswegs, daß die Sowjetunion b e a b s i c h t i g t e , der lösung der deutschen Frage künftig weniger Aufmerksamkeit zu schenken. Das wurde von Anfang an k l a r g e s t e l l t , waren doch zu dieser Z e i t europäische Sicherheit und deutsche Präge noch ganz unmittelbar verbunden. Die Vorschläge der Sowjetdelegation e n t h i e l t e n ausdrücklich eine entsprechende V e r p f l i c h 21

tung über die Portsetzung der Bemühungen in dieser Richtung. Das von der Sowjetunion der Konferenz v o r g e l e g t e Dokument bestand aus den Entwürfen einer Viermächteerklärung "Über die Gewährleistung der Sicherheit i n Europa" und der Grundsätze des Vertrages. In der gemeinsamen Erklärung wurden die Bemühungen um die europäische Sicherheit auf die Basis des Potsdamer Abkommens g e s t e l l t ; und die v i e r Mächte s o l l t e n sich v e r p f l i c h t e n , sich weiter um die Lösung der deutschen Präge zu bemühen. Ihre Besatzungstruppen s o l l t e n s i e innerhalb von 6 Monaten - mit Ausnahme beschränkter Kontingente f ü r Überwachungsfunktionen - von den T e r r i t o r i e n der DDR und der BRD abziehen, die Stärke von P o l i z e i e i n h e i t e n in der DDR und der BRD vereinbaren und überwachen. S c h l i e ß l i c h s o l l t e n s i e i n Übereinstimmung mit diesen auf die m i l i t ä rische Neutralisierung Deutschlands g e r i c h t e t e n Bestimmungen einen Vertrag Uber k o l l e k t i v e Sicherheit abschließen. Der Vertragsentwurf selbst ging im Gegensatz zu den Bonner und P a r i s e r Verträgen davon aus, daß seine Verwirklichung der "Gewährleistung des Friedens und der S i c h e r h e i t " und der "Verhütung einer Aggression gegen irgendeinen Staat i n Europa", der "Festigung der internationalen Zusammenarbeit im Einklang mit den P r i n z i p i e n der Respektierung der Unabhängigkeit und der Souveränität der Staaten wie auch der N i c h t e i n mischung i n deren innere Angeigenheiten" dienen s o l l t e . Die "Bildung von Gruppierungen der einen europäischen Staaten gegen die anderen op europäischen Staaten" s o l l t e verhindert werden. Der e r s t e Grundsatz f o r m u l i e r t e die Anwendung des v ö l k e r r e c h t l i c h e n P r i n z i p s der souveränen Gleichheit der Staaten. Wie die Geschichte g e z e i g t hat, g i b t es ohne Anerkennung dieses P r i n z i p s keine Aussicht auf erfolgversprechende Verhandlungen über die Sicherheit in Europa. Der Grundsatz beruhte auf der Erkenntnis, daß zur Gewährleistung von F r i e den und Sicherheit ausnahmslos a l l e europäischen Staaten beizutragen haben, daß s i e nur bei k o l l e k t i v e n Anstrengungen a l l e r Staaten möglich i s t und daß kein Staat davon ausgeschlossen werden d a r f . Deshalb lud der Entwurf grundsätzlich a l l e europäischen Staaten zum B e i t r i t t e i n :

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Eine qualitativ neue Phase

"Vertragsteilnehmer können, unabhängig von ihrer Gesellschaftso^rdnung, alle europäischen Staaten sein, die die im Vertrag vorgesehenen Ziele anerkennen und die daraus erwachsenden Verpflichtungen übernehmen."2-^ Die Sowjetunion beachtete die in Europa entstandenen Realitäten und schlug vor, bis zur Bildung eines einheitlichen, friedliebenden, demokratischen deutschen Staates sollten sowohl die DDR als auch die BRD am Vertrag teilnehmen. Bei der Formulierung dieses Grundsatzes berücksichtigten die Staatsmänner der Sowjetunion die historischen Erfahrungen mit der imperialistischen Politik der "Teilung des Friedens", die immer darauf berechnet war, den Weg zum Krieg zu bahnen. Auch den "Sicherheitsgarantien" gegenüber der Sowjetunion,, von denen Churchill in seiner Unterhausrede vom 11. Mai 1953 gesprochen hatte und Uber die sich die westlichen Außenminister auf der Berliner Konferenz ausließen -, lag die Absicht zugrunde, die sozialistischen Staaten untereinander und vor allem die DDR von der Sowjetunion zu isolieren. Man versprach sie zu gewähren, nachdem der Sozialismus aus der DDR "zurückgerollt" wäre. Dem begegnete der Grundsatz der Teilnahme aller europäischen Staaten zu gleichen Bedingungen. Auf diesem Grundsatz hat die Sowjetunion stets bestanden. Sie hat es nur dann für möglich gehalten,' auf die Frage eines kleineren Teilnehmerkreises einzugehen, wenn es sich um Vorschläge für Maßnahmen handelte, die den Weg zu einem System der kollektiven Sicherheit in Europa zu bahnen geeignet waren. In Übereinstimmung mit dem Grundsatz der gleichberechtigten Teilnahme aller betroffenen Staaten unterbreitete die Sowjetunion im Entwurf der Viermächteerklärung zum erstenmal in der Geschichte den Vorschlag, alle europäischen Staaten zur Beratung des Vertrages über kollektive Sicherheit einzuladen und eine gesamteuropäische Konferenz einzuberufen. 2 4 Einen besonderen Platz beansprucht der Grundsatz des Gewaltverzichts und der friedlichen Streitbeilegung. Im sowjetischen Entwurf war er in der Bestimmung niedergelegt: "Die Vertragspartner übernehmen die Verpflichtung, sich jeglichen Überfalls aufeinander zu enthalten, sich ferner in ihren internationalen Beziehungen der Gewaltandrohung oder anwendung zu enthalten und alle Streitigkeiten, die zwischen ihnen entstehen können, im Einklang mit der UN-Satzung mit friedlichen Mitteln so beizulegen, daß der internationale Frieden und die Sicherheit 25 in Europa nicht gefährdet werden." Unter den Prinzipien der europäischen Sicherheit nimmt der Grundsatz des Gewaltverzichts - verbunden mit dem in den sechziger Jahren als selbständiges Prinzip formulierten Grundsatz der Unverletzlichkeit der in Europa bestehenden Grenzen - eine Schlüsselstellung ein. In ihm - und in dem Prinzip der

Grundsätze k o l l e k t i v e r

Sicherheit

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U n v e r l e t z l i c h k e i t der Grenzen - f i n d e t die P o l i t i k der f r i e d l i c h e n Koexistenz von Staaten entgegengesetzter Gesellschaftsordnung ihren allgemeinsten und umfassendsten Ausdruck. Während andere i n h a l t l i c h e Grundsätze unter konkreten Umständen wesentlich m o d i f i z i e r t werden können oder ihre Verwirklichung z e i t w e i l i g zurückbleiben kann, i s t der oc Grundsatz des Gewaltverzichts o b l i g a t o r i s c h . Der folgende Grundsatz betonte die P f l i c h t des k o l l e k t i v e n Zusammenwirkens der europäischen Staaten bei der Wahrung der Sicherheit und der Überwindung von Gefahren, die diese bedrohen. Die Prägen des F r i e dens und f r i e d l i c h e r Zusammenarbeit berühren die Interessen a l l e r europäischen Staaten, und ihre ( Lösung e r f o r d e r t i h r umfassendes Zusammenwirken. Die Zahl der Fragen, die sich aus dem Nebeneinanderexistieren von über d r e i ß i g Staaten unterschiedlicher Gesellschaftsordnung auf unserem Kontinent ergeben und deren Lösung ohne Mitwirkung a l l e r nicht zu erreichen i s t , nimmt ständig zu. Deshalb entspricht der Grundsatz des k o l l e k t i v e n Zusammenwirkens den Interessen a l l e r europäischen Staaten und e r g i b t sich aus dem Sinn des vorgeschlagenen Vertrags. Zu seiner Verwirklichung regte die Sowjetunion "periodische und n ö t i g e n f a l l s besondere Konferenzen" der europäischen Staaten und die " B i l dung eines ständigen p o l i t i s c h e n Konsultativausschusses" und eines " m i l i t ä r i s c h e n Konsultativorgsns" an. Die USA und die Volksrepublik China s o l l t e n entsprechend i h r e r hohen Verantwortung, die s i e a l s ständige M i t g l i e d e r des UN-Sicherheitsrats (die Volksrepublik China wurde damals durch eine von den i m p e r i a l i s t i s c h e n Brächten manipuliert e Mehrheit i n der UNO des Rechts beraubt, den ihr zustehenden P l a t z im Sicherheitsrat einzunehmen) f ü r die Erhaltung des Friedens trugen, a l s Beobachter zur Teilnahme an der Arbeit der ständigen Organe e i n 27 geladen werden. Der Vorschlag, zur Förderung der Zusammenarbeit der b e t e i l i g t e n - Staaten ständige Gremien zu schaffen, war Ausdruck des Strebens der Sowjetunion, dem.einzuleitenden Entspannungsprozeß in Europa höchstmögliche S t a b i l i t ä t und Kontinuität zu v e r l e i h e n . Die Westmächte haben den von der Sowjetunion vorgeschlagenen Beobacht e r s t a t u s f ü r die USA a l s einen der Vorwände benutzt, das ganze P r o j e k t eines Vertrages über die k o l l e k t i v e Sicherheit zu verleumden und abzulehnen. Daraufhin hat die Sowjetunion unter Berücksichtigung des tatsächlichen Einflusses der USA auf die Angelegenheiten Europas und um den Gegnern der europäischen Sicherheit keine Möglichkeit zu lassen, ihre wahren Z i e l e h i n t e r Vorwänden zu verbergen, e i n e r Teilnahme der USA a l s d i r e k t e r Vertragspartner an einem System der k o l l e k t i v e n Sicherh e i t i n Furopa zugestimmt. Obwohl die Sowjetunion noch e i n i g e Z e i t

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Eine q u a l i t a t i v neue Phase

den Vorschlag, der Volksrepublik China einen Beobachterstatus einzuräumen, aufrechterhalten hat, v e r l o r d i e s e r Vorschlag mit der veränderten Stellung der USA an Bedeutung. Er i s t später nicht mehr unterb r e i t e t worden, zumal sich die Westmächte, besonders die USA,strikt weigert en, mit der Volksrepublik China über europäische Fragen zu v e r handeln. Sie konnten damals nicht wissen, daß sich die maoistische Führung später - nach der Abkehr vom Marxismus-Leninismus und der g e meinsamen G e n e r a l l i n i e der kommunistischen und A r b e i t e r p a r t e i e n - f ü r die Stärkung der NATO aussprechen und scharf gegen die europäische Sicherheit wenden würde. Dem m i l i t ä r i s c h e n Beistand der europäischen Staaten gegen eine Aggression war e i n w e i t e r e r Grundsatz des sowjetischen Vertragsprojektes gewidmet. Eine charakteristische Besonderheit bestand darin, daß die Sicherheit eines jeden Teilnehmerstaates k o l l e k t i v v e r t e i d i g t werden s o l l t e . "Ein bewaffneter Ü b e r f a l l i n Europa auf einen oder mehrere Vertragspartner, verübt von irgendeinem Staat oder einer Staatengruppe, • 28 wird a l s U b e r f a l l auf a l l e Vertragspartner betrachtet werden." Es war vorgesehen, dem oder den Überfallenen mit a l l e n M i t t e l n e i n s c h l i e ß l i c h Waffengewalt H i l f e zu l e i s t e n . Die Formulierung dieses Grundsatzes ergab sich aus der konkreten S i t u a t i o n des Heranreifens einer akuten Gefährdung des Friedens i n f o l g e der R e m i l i t a r i s i e r u n g der BRD und i h r e r beabsichtigten E i n g l i e derung in die NATO. Der m i l i t ä r i s c h e Schutz der Sicherheit indessen i s t eine fortwährende Aufgabe, die solange besteht, bis die allgemeine und v o l l s t ä n d i g e Abrüstung - ein e r k l ä r t e s Z i e l der sowjetischen Außenpolitik von Anfang an - durchgesetzt i s t . Für die s o z i a l i s t i s c h e n Staaten gewährleistet diese Aufgabe der r e i c h l i c h ein Jahr nach der B e r l i n e r Außenministerkonferenz abgeschlossene Warschauer Vertrag. S c h l i e ß l i c h bestimmte der von der Sowjetunion der B e r l i n e r Außenministerkonferenz v o r g e l e g t e Vertragsentwurf - mit besonderer Richtung gegen die "EVG" - den Grundsatz, " s i c h an k e i n e r l e i Koalitionen oder Bündnissen zu b e t e i l i g e n und k e i n e r l e i Abkommen zu schließen, deren Z i e l e denen des Vertrages über die k o l l e k t i v e Sicherheit i n Europa 29 widersprechen." Der sowjetische Entwurf der P r i n z i p i e n der europäischen Sicherheit s e t z t e der verwirrenden V i e l f a l t von (Bonner) Generalvertrag, ( P a r i s e r ) EVG-Vertrag und Zusatzprotokollen, die darauf berechnet war, das aggressive Wesen des Vertragskomplexes zu verbergen, seine k l a r e n , jedem verständlichen Grundsätze entgegen. Er e r s t r e b t e die v e r e i n t e n Anstrengungen a l l e r europäischen Staaten zur Gewährleistung von F r i e den und Sicherheit bei Anerkennung der Tatsache, daß in Europa Staaten des Sozialismus und des Kapitalismus nebeneinander bestehen. Der sowjetische Plan der europäischen Sicherheit war das konkrete Programm

Grundsätze kollektiver Sicherheit

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für die Durchsetzung der friedlichen Koexistenz von Staaten entgegengesetzter Gesellschaftsordnung in Buropa vor der Ratifizierung der Bonner und Pariser Verträge. In seinen hauptsächlichen Grundsätzen formulierte er scho n das Programm des Kampfes um die friedliche Koexi** Stenz in Europa für einen langen Zeitraum - als die Elemente eines internationalen Kräfteverhältnisses gerade erst sichtbar wurden, die die spätere Schlußfolgerung ermöglichten, daß Kriege nicht mehr schicksalhaft unvermeidlich sind. Dieses Programm ist einerseits Ausdruck der Kontinuität in der Politik der Sowjetunion für die kollektive Sicherheit in Europa, andererseits trug es den veränderten Kampfbedingungen des Sozialismus für die friedliche Koexistenz Rechnung. In den dreißiger Jahren führte sie den Kampf um kollektive Sicherheit als Teil des Kampfes für eine möglichst lange Priedensperiode und als Teil des Kampfes für die Verhinderung eines heranreifenden konkreten Krieges. Das Programm der kollektiven Sicherheit von 1954 indessen wurde am Beginn eines langen historischen Zeitabschnitts aufgestellt, in dem das Kräfteverhältnis zwischen Sozialismus und Imperialismus eine solche Qualität erreicht hat, daß Kriege und insbesondere ein neuer Weltkrieg nicht mehr unvermeidlich sind. Die Sowjetunion wollte Garantien dafür, daß eine Aggression schon im Keim erstickt wird, ehe sie sich zum Weltkrieg ausweiten konnte.' Sie konnte der Unterstützung aller friedliebenden Kräfte in Europa und außerhalb des Kontinents gewiß sein: Es war der komprimierte Ausdruck der historischen Erfahrungen der Völker Europas. Offenbar begriffen die Außenminister der Westmächte von ihren entgegengesetzten Klassenpositionen aus die Bedeutung des sowjetischen Vorschlags. Es schien ihnen klar zu sein, daß dieses realistische Friedensprogramm die Zustimmung der Massen in allen Ländern und wohl auch bei manchem Politiker im eigenen Lager finden würde und daß seine Verwirklichung das Ende der Politik des kalten Krieges, des "roll back" bedeutete. Deshalb beeilten sie sich, seine Behandlung noch am Tage seiner Vorlage zu beenden. Ohne ihn geprüft zu haben, lehnten 'sie ab. Aber sie hatten nicht mit der initiativreichen Diplomatie der sowjetischen Delegation gerechnet, die nicht zuließ, daß ihr Vorschlag 'von der Tagesordnung verschwand. Nachdem den drei westlichen Außenministern der Versuch, den sowjetischen Vorschlag kurz abzutun, mißlungen war, inszenierten die aggressiven Kräfte - die westlichen Außenminister am Konferenztisch in Berlin und die reaktionäre Presse in den kapitalistischen Ländern^0 - eine Verleumdungskampagne großen Stils, ohne auf das Wesen des sowjetischen Vertragsentwurfs einzugehen und ohne den Text zu publizieren. Rundweg lehnte Außenminister Dulles den Abzug der Besatzungstruppen von den Territorien der BRD und der DDR ab - das hätte die Westmäch-

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Eine qualitativ neue Phase

der Möglichkeit der direkten und unmittelbaren Einmischung in die deutschen Angelegenheiten beraubt. Er strapazierte dabei die alte antisowjetische lüge von der Bedrohung Westeuropas durch die Sowjetunion.-^1 Molotovs Frage nach dem Beweis für diese verleumderische Behauptung blieb unbeantwortet. Bekanntlich hat die Sowjetunion Realitäten in ihrer Politik stets berücksichtigt. Obwohl die BRD unter Bruch des Potsdamer Abkommens gebildet worden war und ihre Remilitarisierung im direkten Widerspruch zu Potsdam erfolgte, betrachtete die Sowjetunion die einmal existierende BRD als Verhandlungspartner sowohl über einen Friedensvertrag als auch Uber das System kollektiver Sicherheit in Europa. Im krassen Gegensatz dazu weigerten sich die Westmächte hartnäckig, ihnen nicht genehme Realitäten anzuerkennen und mit der DDR zu verhandeln. Daß die Sowjetunion in ihren Grundsätzen eines Vertrages Uber die europäische Sicherheit von der Realität zweier deutscher Staaten ausging, eines sozialistischen und eines imperialistischen, wurde von Bidault in die Legalisierung der Spaltung Deutschlands und den Versuch 32 ihrer Verewigung umgefälscht. Mit dieser nach der Methode 'Haltet den Dieb1 fabrizierten demagogischen These haben die Regierungen der '.Vestmächte und der BRD, die einzig Schuldigen an der Spaltung Deutschlands, in der Zeit des kalten Krieges versucht, sich selbst als die Hüter der Einheit Deutschlands auszugeben und den Realismus der Außenpolitik der UdSSR und auch den der Politik der DDR und der anderen sozialistischen Staaten gegenüber der'BRD zu verunglimpfen. Die reaktionäre bürgerliche Geschichtsschreibung hat sich die von der Politik der herrschenden Kreise gegebene Linie zu eigen gemacht. Die Verfälschung der Politik aller Staaten der sozialistischen Gemeinschaft, die auf die Anerkennung der Existenz eines sozialistischen deutschen Staates gerichtet war, in eine Politik der Spaltung Deutschlands gehört zu den Standardthesen der bürgerlichen Historiographie. Eden versuchte auf der Konferenz der Außerminister sogar, dem sowjetischen Vertragsvorschlag mit einem Vorstoß gegen die zweiseitigen Freundschaftsverträge der Sowjetunion mit den anderen sozialistischen 33 Staaten zu begegnen. Diese Verträge seien es, die Europa angeblich spalteten. Aber dabei verschwieg er, daß Verträge, die sich gegen eine mögliche künftige deutsche Aggression richteten, auch zwischen der Sowjetunion und Großbritannien und zwischen der Sowjetunion und Frankreich existierten. Bidault, der als Außenminister de Gaulies am 1o. Dezember 194-4 gemeinsam mit diesem den sowjetisch-französischen Bündnis- und Beistandsvertrag unterzeichnet hatte, trat während der Berliner Außenministerkonferenz mehrfach scharf gegen die sowjetischen Friedens-

Grundsätze kollektiver Sicherheit

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plane auf. Angesichts der ablehnenden Haltung großer Teile des französischen Volkes sollte er offensichtlich seine Autorität aus der Zeit des antifaschistischen Kampfes für die "EVG" einsetzen. In der Diskussion über die Fragen der kollektiven Sicherheit unterstellte er der . Sowjetunion aggressive Absichten; sie wolle einschätzen, ob nach ihrer Meinung ein Staat einen Angriff beabsichtigt, und dann den Mechanismus des Vertrags in ihrem angeblich aggressiven Interesse gegen einen friedliebenden Staat in Gang setzen. Dieses Bild von der Sowjetunion brauchten die herrschenden Kreise in den imperialistischen Ländern zur Irreführung der Massen. Es war Molotov ein leichtes, seinen Verhandlungsgegner der Lüge zu überführen, denn der Vertragstext sah ausdrücklich Maßnahmen für den Fall vor, daß ein bewaffneter Überfall stattgefunden hat.-^ Eden behauptete, der Plan der Sowjetunion sehe es darauf ab,' "die Vereinigten Staaten aus Europa auszuschalten" - obwohl sie nach dem Text des Vertragsentwurfs zur Mitwirkung eingeladen waren. Danach forderte Eden auch die Teilnahme Kanadas, womit allen NATO-Staaten Einfluß auf die Geschichte Europas eingeräumt werden sollte. Die Sowjetunion, der es auf Fortschritte in der Sache ankam, zeigte weitgehende Kompromißbereitschaft. In einer späteren Note erklärte sie sich mit der Teilnahme der USA als Mitgliedstaat eines Systems der europäischen Sicherheit einverstanden. Aber schon in seiner Rede vom 15. Februar betonte Molotov die Bereitschaft der Sowjetregierung, den entsprechenden Punkt des Vertrags anders zu formulieren oder gar zu streichen. Er forderte nicht allgemeine Kritik, sondern konstruktive Vorschläge. Hinsichtlich Kanadas sagte er, daß man bereit sei, auch diesen Vorschlag zu erörtern. ^ In seiner Schlußrede ging der sowjetische Außenminister noch einmal auf diese Frage ein: "Zur Schaffung eines Systems kollektiver Sicherheit in Europa können auch nichteuropäische Staaten beitragen. a

.Eines der Hauptargumente aller drei westlichen Außenminister gegen den Vertrag über kollektive Sicherheit in Europa, das sie immer wiederholten und das auch in ihrer gemeinsamen Erklärung nach Abschluß der Konferenz wiederkehrt, bestand darin, daß er gegen die NATO gerichtet sei. Eden z.B. erklärte, er sei "bestimmt, die NATO zu zerbrechen."38 Damit gestand er ein, was die Urheber der "EVG" stets leugneten, nämlich daß die "EVG", d.h. die Remilitarisierung der BRD, gewissermaßen den Schlußstein des NATO-Systems bildete und der ohnehin vorhandenen Aggressivität dieses imperialistischen Militärpaktes die besondere Zuspitzung verleihen sollte. Aber gerade dagegen richtete sich der Stoß der Sowjetunion, und der sowjetische Außenminister hatte das schon in seiner Rede zur Begründung des Entwurfs hervorgehoben: "Man fragt uns, welche Alternative im Fall der 'Europäischen Verteidigungs-

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Eine qualitativ neue Phase

gerneinsohaft' gegeben sei? Was könne an die Stelle der 'Europäischen Verteidigungsgemeinschaft* gesetzt werden, wenn man auf die Pläne zu ihrer Bildung verzichten würde? Besonders interessiert man sich für diese Präge in Prankreich. Und wir halten das für ganz natürlich. Auf diese Präge antworten wir: statt Pläne zur Bildung einer 'Europäischen Verteidigungsgemeinschaft' zu schmieden, muß man die Idee der kollektiven Sicherheit für alle Völker Europas in die Tat umsetzen. Sicherheit muß in Europa allen Ländern gewährleistet sein, unabhängig von den Unterschieden in ihrer Gesellschaftsordnung.'"^ Im Verlaufe der Konferenz hat er noch mehrfach - auch gegen die Verleumdungen einer gewissen britischen Presse gerichtet - betont: die kollektive Sicherheit war die Alternative zur "EVG".^1® Die NATO wurde von ihre n Verteidigern als nicht im Widerspruch zur europäischen Sicherheit stehend, unter dem Eindruck der Wirkung der sowjetischen Idee der^ikollektiven Sicherheit sogar als Garantie der Sicherheit ausgegeben. Diese fortwährend vor der Weltöffentlichkeit abgegebenen Erklärungen und noch mehr die Tatsache, daß der Aufbau des NATO-Systems noch nicht abgeschlossen war und gewisse - wenn auch geringe - Möglichkeiten bestanden, gegebenenfalls den Charakter dieses Paktes zu verändern, gedachte die Sowjetregierung, im Kampf um den Frieden zu nutzen. Der Leiter der sowjetischen Delegation sagte deshalb zu, seine Regierung werde diese Frage studieren.''''' In der Tat ist die Sowjetunion darauf nach der Konferenz zurückgekommen. Bidault und Eden haben während der Konferenz wiederholt erklärt, daß sie gewillt seien, die Sicherheitsinteressen der Sowjetunion zu berücksichtigen, und Bidault unterstützte die Idee der Bildung gesamteuropäischer konsultativer Organe. Das war von gewisser Bedeutung für den künftigen Kampf der Sowjetunion um die europäische Sicherheit. Insgesamt aber wollten die Außenminister der drei westlichen Großmächte nicht die friedliche Koexistenz (Bidault lehnte sie auch wörtlich a b ) , ^ nicht die europäische Sicherheit, sondern sie setzten auf die militärischen Mittel zur Liquidierung der sozialistischen Ordnung. Deshalb gelangte die Berliner Außenministerkonferenz nicht nur über den deutschen Friedensvertrag, sondern auch in bezug auf die europäische Sicherheit zu keiner Übereinkunft.^ Die Verhandlungen über den österreichischen Staatsvertrag Während der letzten Konferenztage wurde auch über den Staatsvertrag betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen und demokratischen Österreich verhandelt, dessen Abschluß auf vielfältige Weise mit der deutschen Präge und mit den Problemen der kollektiven Sicherheit in Europa verknüpft war. Der Sowjetunion war es zu danken, daß die Verhandlungen über den österreichischen Staatsvertrag auf hoher

Für einen österreichischen Staatsvertrag

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Ebene wieder aufgenommen w e r d e n konnten, u n d sie hatte auch durchgesetzt, daß an den Verhandlungen der Außenminister Österreichs teil44 nahm.

Wie i n allen anderen Fragen Europas stießen auch i n bezug auf

d e n österreichischen Staatsvertrag zwei unvereinbare Konzeptionen aufeinander. Der Sowjetunion ging es darum zu verhindern, daß Österreich für Kriegsvorbereitungen der imperialistischen Mächte g e g e n die sozialistischen Staaten ausgenutzt werden konnte. Statt dessen strebte sie danach, Österreich die Möglichkeit einer positiven Rolle bei der G e währleistung des Friedens i n Europa zu eröffnen. Dabei war zu berücksichtigen, daß die BRD remilitarisiert wurde, daß ihre

Eingliederung

i n das imperialistische Militärpaktsystem zu einer realen Gefahr gew o r d e n war u n d daß in der B R D der Gedanke des Anschlusses bereits w i e der propagiert wurde. U n t e r diesen Bedingungen konnte der Staatsvertrag nur zu einem Element der Friedenssicherung in Europa werden, w e n n er Österreichs Souveränität in jeder Hinsicht sicherte. Er mußte zuverlässige Garantien g e g e n e i n e n erneuten Anschluß schaffen u n d für Österreich d e n Status eines militärisch neutralen Staates festlegen, der international zu garantieren war u n d der Österreich imperialistischen M i l i t ä r p a k t e n entzog. Zu diesem Zwecke schlug die sowjetische Delegation vor, die neu entstandenen Bedingungen zu beachten u n d den seit langem im wesentlichen fertiggestellten Text des Staatsvertrages, d e s s e n Annahme die Westmächte bisher immer wieder verhindert

hatten,

i n zwei wesentlichen P u n k t e n zu ergänzen. Der erste Punkt betraf die Neutralität Österreichs. Die Sowjetunion schlug vor, in d e n Vertrag e i n e n Artikel aufzunehmen, nach dem sich Österreich verpflichtete f "keinerlei Koalitionen oder Militärbündnisse einzugehen, die sich g e g e n irgendeine. Macht richten, die mit i h r e n Streitkräften am Kriege u n d an der Befreiung Österreichs beteiligt war". Ferner sollte Österr e i c h die Verpflichtung eingehen, "die Errichtung ausländischer M i l i tärstützpunkte auf seinem Territorium sowie die Heranziehung discher Militärberater o d e r -Spezialisten in Österreich nicht

auslänzuzu-

lassen".^^ Bei diesem Vorschlag berücksichtigte die Sowjetregierung

die

Meinung der österreichischen Öffentlichkeit u n d der regierenden Kreise der österreichischen B o u r g e o i s i e . ^ Die Kommunistische Partei Österreichs u n d die mit ihr in der Volksopposition verbündeten Organisation e n hatten seit 1952 die Forderung nach Neutralität Österreichs in den Mittelpunkt ihrer politischen Tätigkeit g e r ü c k t . 4 7 Bei den Parlamentsw a h l e n im Februar 1953 gab die Mehrheit der Österreicher jenen Vertret e r n der Bourgeoisie ihre Stimme, die im Gegensatz zu d e n bisher v o l l ständig auf die Westmächte orientierten Regierenden andeuteten, daß sie einen unabhängigen außenpolitischen Kurs steuern wollten. Die neue Regierung Raab repräsentierte die Kräfte der Bourgeoisie, die sich so

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Eine qualitativ neue Phase

viel Realismus bewahrt hatten zu verstehen, daß eine tatsächlich u n abhängige Außenpolitik nicht g e g e n die Sowjetunion, sondern nur i n Übereinstimmung mit ihr betrieben werden kann. Deshalb verabschiedete sie am 30. Juni 1953 ein Memorandum, in dem sie den Vorschlägen der Sowjetunion zur Aufnahme direkter Verhandlungen über den Staatsvertrag auf diplomatischem Wege zustimmte u n d sich für die Herstellung vertrauensvoller und fruchtbarer Beziehungen aussprach. I n der Frage der k ü n f t i g e n Neutralität w a r e n sich die Standpunkte der Sowjetunion u n d Österreichs bei Verhandlungsbeginn in B e r l i n nahe. Ganz anders verhielten sich die Westmächte zu diesem Punkt. Sie w a r e n Feinde der Neutralität u n d in ihren P l ä n e n war Österreich ein Platz i n der Militärkoalition g e g e n d e n Sozialismus zugedacht. Im Zusammenhang damit tauchte i n der westlichen Welt die faschistische Idee der Alpenfestung wieder auf. Der Oberkommandierende der U S - T r u p p e n i n Ö s t e r r e i c h Clark sagte, Österreich sei "für die USA eine B a s t i o n auf 4.R dem Wege nach dem Nahen O s t e n und Osteuropa". Die "New York Times" vom 29. September 1952 spekulierte darauf, daß die Westmächte den A b schluß eines Staatsvertrages auf die Dauer verhindern k ö n n e n u n d frohlockte voreilig, aber i n bezug auf die Absichten der U S A recht aufschlußreich, dann "wird es ebenso unvermeidlich sein, Westösterreich i n die Verteidigungsvorbereitungen des Westens einzubeziehn, wie das bei Westdeutschland unvermeidlich gewesen ist". Solchen Absichten lief die Idee der militärischen Neutralität, die v o n der Sowjetunion v e r treten wurde und über die in der Zeit der Vorbereitung der Berliner Außenministerkonferenz in der österreichischen Öffentlichkeit heftige Diskussion entbrannt war, zuwider. Der damalige

eine

Staatssekre-

49 tär im Außenministerium Bruno Kreisky hat später mehrfach berichtet, ^ daß Dulles i h n und Außenminister Figl in der Zeit der Berliner Außen-

ministerkonferenz zur Aufgabe der Position der Neutralität u n d zum Anschluß an das westliche Paktsystem habe bewegen wollen; die Bündnisfreiheit berge zu viele Risiken in sich u n d ein kleiner Staat sei im Bündnis mit m ä c h t i g e n Staaten am sichersten. Im Kreis der Außenminister und vor der Öffentlichkeit operierten die Westmächte ä h n l i c h wie g e g e n die deutsche Neutralität - sie schränke die Souveränität

ein,

u n d das müsse m a n ablehnen. Die österreichische Regierung nahm zur Frage der nationalen Einheit e i n e n grundlegend anderen Standpunkt als die herrschenden Kreise der BRD ein. Sie trat prinzipiell für die Erhaltung der nationalen Einheit ein und wandte sich g e g e n alles, was d e n Bestand des einheitlichen österreichischen Staates u n d seiner für ganz Österreich zuständigen Regierung hätte gefährden können. Sie lehnte den Anschluß der v o n d e n Westmächten besetzten Teile Österreichs an das imperialisti-

Für einen österreichischen

Staatsvertrag

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sehe Militärpakts.ystem ab, w e i l das die Spaltung des Landes bedeutet h ä t t e . Vor der Außenministerkonferenz e r k l ä r t e die ö s t e r r e i c h i s c h e Del e g a t i o n , daß s i e b e r e i t s e i , f ü r Österreich den Status der N e u t r a l i t ä t anzuerkennen. Sie hatte aber den Wunsch, die N e u t r a l i t ä t nicht i n einem A r t i k e l des Staatsvertrags f e s t z u l e g e n , der mit den Siegermächten abzuschließen war, sondern aus f r e i e n Stücken eine gesonderte, mit dem Vertrag verbundene Neutralitätserklärung der österreichischen Volksvertretung abzugeben. Die Sowjetunion, der es um die Sache ging und nicht um eine bestimmte Form, war s o f o r t mit dem von Österreich vorgeschlagenen Weg e i n v e r standen. Sie z e i g t e auch gegenüber einem anderen Wunsch der ö s t e r r e i chischen Regierung, der eine ökonomische Frage b e t r a f , großes Entgegenkommen. Sie war b e r e i t , auf die bisher vorgesehene Bezahlung i n Dollar f ü r die ehemaligen deutschen Vermögenswerte, die mit dem Staatsvertrag aus sowjetischem i n ö s t e r r e i c h i s c h e s Eigentum übergeben werden s o l l t e n , zu v e r z i c h t e n und s t a t t dessen Erzeugnisse der laufenden österreichischen Produktion anzunehmen. Ihre Delegation l e g t e in B e r l i n einen entsprechend neugefaßten A r t i k e l f ü r den Staats•50

vertrag vor. So erbrachte die Berliner Außenministerkonferenz die Übereinstimmung der Standpunkte Österreichs und der Sowjetunion i n ganz wesentlichen Fragen des S t a a t s v e r t r a g s . Das war die Grundlage dafür, r e i c h l i c h ein Jahr später die Westmächte zum Einlenken und zur Aufgabe i h r e r f ü r Österreich und den europäischen Frieden f e i n d l i c h e n Pläne zu zwingen und überraschend schnell am 15. Mai 1955 den Staatsv e r t r a g abzuschließen. Die zweite. Ergänzung des Staatsvertrags, die die Sowjetunion in Berl i n . vorschlug, betraf den Abzug der ausländischen Truppen. Eingedenk der Gefahren, die sich aus der Remilitarisierung der BRD f ü r Österreich und den Frieden in Europa ergaben, schlug die UdSSR v o r , "den Abzug der Truppen der v i e r Mächte, die sich auf dem Territorium der entsprechenden Zonen Österreichs befinden, b i s zum Abschluß eines F r i e densvertrages mit Deutschland aufzuschieben". Der Vorschlag l e g t e ausdrücklich f e s t , daß diese z e i t w e i l i g in Österreich verbleibenden • Truppen "nicht mehr a l s Besatzungstruppen g e l t e n " und " s i c h nicht i n die Angelegenheiten der österreichischen Verwaltungsbehörden und i n 51 das ö f f e n t l i c h e und p o l i t i s c h e Leben des Landes einmischen" s o l l t e n . Dieser Vorschlag, der die Österreich-Pläne der Westmächte durchk r e u z t e , stieß auf die s t r i k t e Ablehnung i h r e r Außenminister, und auch die ö s t e r r e i c h i s c h e Regierung war mit ihm nicht einverstanden. Die Sowjetregierung hat ihre Forderung später nicht mehr a u f r e c h t e r halten. Die Frage i s t zu s t e l l e n , ob der Vorschlag r i c h t i g war. Daß i n der

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Eine qualitativ neue Phase

internationalen Klassenauseinandersetzung zwischen Sozialismus und Imperialismus eine konkrete Forderung des. diplomatischen Kampfes nicht verwirklicht werden kann und später - wenn sich Bedingungen, die sie hervorgerufen hatten, geändert haben - nicht mehr vertreten wird, sagt noch nichts über die Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Forderung selbst aus. Das wichtigste Element für die zuverlässige Sicherung einer unabhängigen Entwicklung des österreichischen Staates und der friedlichen Existenz des österreichischen Volkes wie des Friedens in Europa war damals der Abschluß eines deutschen Friedensvertrages. Er hätte den friedlichen österreichischen Interessen am besten gedient. Wenn die Berliner Außenministerkonferenz auch gezeigt hatte, daß die Westmächte einen Friedensvertrag nicht wollten, der Weg zu ihm war noch nicht endgültig verbaut. Es gab noch - wenn auch geringe - Möglichkeiten, einen gerechten, demokratischen Frieden zu erreichen, und die Sowjetunion nutzte alle Möglichkeiten in dieser Richtung aus. Die Verknüpfung des österreichischen Staatsvertrags mit dem Kampf um einen deutschen Friedensvertrag zur Zeit der Außenministerkonferenz war deshalb vollauf gerechtfertigt. Sie sollte helfen, in bezug auf den Frieden das Wichtigste für alle Völker Europas zu erreichen. Um völlig klar zu machen, daß die Sowjetunion es nicht auf eine Verewigung der Stationierung von Truppen in Österreich und eine Beeinträchtigung der Souveränität Österreichs auf Dauer abgesehen hatte, ergänzte die sowjetische Delegation im Verlaufe der Verhandlungen ihren Vorschlag durch die Bestimmung, "spätestens 1955 die Frage über die Frist des Abzuges der Truppen der vier Mächte vom Territo52 rium Österreichs erneut zu behandeln". Die .Westmächte lehnten dennoch ab. Später, nach der Einbeziehung der BRD in die NATO, als ein deutscher Friedensvertrag in weite Ferne gerückt war und die Verbindung des österreichischen Staatsvertrages mit dem Ringen um ihn die entstandene Lage nicht mehr zu beeinflussen vermochte, andererseits mit dem Warschauer Vertrag aber ganz neue Möglichkeiten der Friedenssicherung in Europa entstanden, verlor die Forderung, Truppen vorübergehend in Österreich zu belassen, ihre Bedeutung - und ymrde folgerichtig nicht mehr erhoben. In ihrem Kampf gegen einen Staatsvertrag, der ein Baustein des Friedens in Europa hätte werden können, schlugen die Westmächte eine bereits erwähnte demagogische Taktik ein. Sie gaben plötzlich ihren jahrelangen Widerstand gegen einige der seit langem von der Sowjetunion vorgeschlagenen Artikel auf, mit dem sie in den früheren Verhandlungen bis zur Berliner Außenministerkonferenz den Abschluß des Vertrages verhindert hatten, und forderten dafür den Verzicht der Sowjetunion auf ihre neuen Vorschläge, die die Unterzeichnung des

Die Bedeutung der Berliner Außenministerkonferenz

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"EVG"-Vertrages notwendig gemacht hatte. Das versetzte sie in die Lage, sich als Verteidiger des Vertragsabschlusses (in einer Fassung, die den inzwischen entstandenen Bedingungen nicht mehr entsprach) auszugeben und die Sowjetunion als diejenige Seite hinzustellen, die immer neue Schwierigkeiten bereitete. Der Erfolg, den sie damit vor allem in der österreichischen Öffentlichkeit erzielen konnten, war nur von kurzer Dauer. Im folgenden Jahr mußten sie einem Staatsvertrag zustimmen, der im Verein mit der österreichischen Neutralitätserklärung ihr aggressives Konzept verdarb. Zur Bedeutung der Berliner Außenministerkonferenz für den weiteren Kampf um Frieden und Sicherheit in Europa Im Zusammenhang mit der Konferenz - und auch später - ist es nicht gelungen, der Remilitarisierung der BRD Einhalt zu gebieten, einem Friedensvertrag näher zu kommen, das Potential der BRD den zum Kriege treibenden Kräften zu entziehen und die Entstehung eines Kriegsherdes im Zentrum Europas zu verhindern. Dazu reichten die Kräfte des Friedens und des Sozialismus noch nicht aus. Stellt man die Konferenz indessen in einen größeren historischen Zusammenhang, so ist ihr hervorragender Platz im Kampf um Frieden und Sicherheit in Europa nicht zu übersehen. Auf ihr hat die Sowjetunion den Kampf um eine Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa eröffnet. Als die Regierung der UdSSR auf der Berliner Außenministerkonferenz ihr konstruktives Friedensprogramm entwickelte, berücksichtigte sie den Hinweis Lenins, daß der Kampf um den Frieden ein schwieriger und langwieriger Kampf ist, daß es nicht genügt, nur gute und richtige Worte über den Frieden zu verlieren und daß ihn die Bourgeoisie keinesfalls auf dem Teller präsentieren wird. Der Kampf um die Einberufung der Konferenz und das Auftreten der sowjetischen Delegation in Berlin waren Bestandteil eines langfristig angelegten Ringens, Voraussetzungen zu schaffen, damit der historisch gesetzmäßige Klassenkampf zwischen Sozialismus und Imperialismus weltweit und in Europa in Bahnen verlaufen kann, die nicht zu kriegerischen Konflikten führen. Mit diesem Ziel verband und verbindet die Leninsche außenpolitische Linie des Sowjetstaates die entschiedene Abfuhr der imperialistischen Kriegsvorbereitungen und Kriegsprovokationen mit konstruktivem Herangehen an die internationalen Probleme. Getreu dieser unwandelbaren außenpolitischen Orientierung bekämpfte die Sowjetunion auf der Berliner Außenministerkonferenz prinzipiell die aggressive Politik imperialistischer Mächte und ihre konkreten Erscheinungsformen: Verschärfung der Spannungen, Wettrüsten, Aggression gegen Völker Ostasiens und Schaffung des aggressiven Militärblocks "EVG"

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Eine qualitativ neue Phase

unter Einbeziehung der remilitarisierten BRD. Sie unterbreitete in allen behandelten Fragen konstruktive Lösungsvorschläge im Sinne der friedlichen Interessen der beteiligten Völker. Während des jahrelangen diplomatischen Kampfes um die Vorbereitung der Konferenz und auf der Konferenz selbst hat die Sowjetunion einen entscheidenden Beitrag geleistet, die Aggressivität der imperialistischen Deutschland- und Europapläne zu enthüllen. Das hat großen Einfluß auf die Bewegung des Kampfes gegen Imperialismus und Militarismus in Westeuropa ausgeübt. Die Konferenz hat einen wichtigen Beitrag zum Kampf gegen die entstehende Haupt quelle von Kriegsgefahr in Europa, gegen den deutschen Imperialismus und Militarismus in der BRD geleistet. Bereits im Verlaufe der Konferenzvorbereitungen wies die Sowjetregierung in ihrer Note an die Westmächte vom 15. August 1953 warnend darauf hin, daß die Einbeziehung der BRD in die NATO die Wiedervereinigung Deutschlands unmög54 lieh machen wird. Die nachfolgende Geschichte hat die Warnung der Sowjetunion und die historische Schuld des deutschen -und des Weltimperialismus an der endgültigen Spaltung Deutschlands vollauf bestätigt. Die Sowjetunion hat ebenfalls warnend darauf aufmerksam gemacht, daß die Spaltung Europas in feindliche Militärblöcke den Völkern des Kontinents Leid, materielle und ideelle Lasten, ein Leben in ständiger Spannung und Kriegsgefahr bringen werde. Die Geschichte hat auch diese Warnung der Sowjetunion und die historische Schuld des Imperialismus vor den Völkern Europas bestätigt. Obwohl die sozialistische Sowjetunion auf der Berliner Konferenz ein realistisches Programm der Lösung der europäischen Hauptprobleme vorgelegt hat, stürzte der Imperialismus Europa noch fast zwei Jahrzehnte in die Strudel des kalten Krieges mit allen seinen negativen Auswirkungen auf das Leben der Menschen. Mehrere Mal'e drohte der kalte Krieg in Furopa in einen Kriegsbrand umzuschlagen. Diese schwere Last vermochte der Imperialismus den Völkern noch aufzubürden. Das eigentliche Ziel indessen, eine grundlegende Zurückverwandlung des europäischen und des internationalen Kräfteverhältnisses zugunsten des Imperialismus, konnten die Westmächte weder im Zusammenhang mit der Berliner Außenministerkonfer'enz noch später erreichen. Damit existierten Bedingungen fort, die den sich zwar lange hinziehenden, aber letztlich erfolgreichen Kampf um die europäische Sicherheit ermöglichten. Von überragender und weit in die Zukunft weisender Bedeutung für Europa ist die Tatsache, daß die Sowjetunion auf der Konferenz eine neue Etappe des Kampfes für Frieden und Sicherheit auf unserem Kontinent eingeleitet und mit dem Projekt der Hauptgrundsätze eines Vertrages die Idee und einen konkreten Plan der kollektiven Sicherheit in Euro-

Die Bedeutung der Berliner Außenministerkonferena

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pa ausgearbeitet hat. Sie hat damit die theoretischen Grundlagen für die Verwirklichung der friedlichen Koexistenz von Staaten entgegengesetzter Gesellschafts- und Staatsordnung in der den europäischen Bedingungen am besten entsprechenden Form der kollektiven Sicherheit gelegt und zugleich den praktischen Kampf um seine Durchsetzung begonnen. Sie hat für mehrere der zehn später in der Schlußakte von Helsinki in detailliert ausgearbeiteter Form vereinbarten Prinzipien der Staatenbeziehungen entweder in der Präambel oder im Text ihres Vorschlages der Hauptprinzipien eines gesamteuropäischen Vertrages vom 10. Februar 1954 erste Formulierungen gefunden, die - vergleicht man beide Dokumente - vor der Geschichte bestanden haben. Der Gedanke der kollektiven Sicherheit in Europa hat seither den Kampf aller am Frieden interessierten Kräfte bis in die Gegenwart beflügelt; denn "die Idee der kollektiven Sicherheit in Europa war nicht mehr aus der Welt zu schaffen. Ausdruck der Leninschen Prinzipien der friedlichen Koexistenz von Staaten entgegengesetzter Gesellschaftssysteme, wichtiges Glied der in der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung verwurzelten Friedenspolitik, bestimmte èie fortan in zunehmendem Maße die internationale Auseinandersetzung zwischen Sozialismus und •55 Imperialismus". Sie hat auch nachhaltigen Einfluß auf die Auseinandersetzungen der progressiven Kräfte mit dem Imperialismus in Westeuropa und in der BRD ausgeübt. Das fand besonders seinen Niederschlag in der französischen Anti-"EVG"-Bewegung, die sich die Idee der kollektiven Sicherheit zunehmend als Alternative zur "EVG" aneignete, in der Bewegung in der BRD gegen die Remilitarisierung und den damit zusammenhängenden Auseinandersetzungen in der SPD und im Austragen grundlegender politischer Differenzen zwischen den verschiedenen Strömungen in der britischen Labour Party, die ebenfalls die Remilitarisierung betrafen. Die kommunistischen und Arbeiterparteien taten alles ihnen mögliche, diese realistische Idee als Alternative in der gegen die "EVG" gerichteten Bewegung zu verbreiten. Gleichzeitig aber betonten sie die große Zukunftsbedeutung dieser'Idee und die Gewißheit, daß sie von den sozialistischen Staaten und von den friedliebenden Völkern Europas schließlich durchgesetzt werden wird. Boleslaw Bierut erklärte im Rechenschaftsbericht des ZK an den II. Parteitag der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei: "Alles läßt darauf schließen, daß die Idee der kollektiven Sicherheit früher oder später Uber die unheilschwangeren Pläne der Wiedergeburt des deutschen Militarismus den Sieg davontragen wird."-^ Und auch Jacques Duclos betonte in seinem Referat auf der Plenartagung des ZK der Französischen Kommunistischen Partei am 5. März 1954 ähnlich wie Bierut das Zukunftsweisende des sowjeti-

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Eine qulitativ neue Phase

sehen Friedensplanes, wenn er ausführte: "Welche Hindernisse der Annahme dieses Vorschlags auch in den Weg gelegt werden mögen,-er wird in das Bewußtsein der europäischen Völker eindringen, die sich über die Gewährleistung ihrer Sicherheit einigen wollen, wobei ihre Unabhängigkeit aufrecht erhalten werden muß."-^ In der bürgerlichen Presse, die wie in der ganzen Zeit des kalten Krieges so auch in der Phase der Berliner Außenministerkonferenz in ihrer erdrückenden Mehrheit vom Antikommunismus und Antisowjetimus beherrscht war, begannen Stimmen laut zu werden, die vor jenen warnten, die "EVG" und Remilitarisierung der BRD mit der angeblichen Bedrohung durch eine sowjetische Aggression zu rechtfertigen suchten.''® Viele Zeitungen mahnten, die neu geknüpften Kontakte zwischen den Großmächten auf hoher Ebene nicht wieder abreißen zu lassen, sprachen sich für die Portführung von Verhandlungen über die Fragen des Frie59 dens und der Sicherheit aus, und manche erkannten an, daß nur die Sowjetunion zu den anstehenden Fragen realistische Verhandlungsgrundlagen unterbreitet hatte. Eine der bürgerlichen Zeitungen, die "Frankfurter Allgemeine" vom 12. Februar 1954, erfaßte die Zukunftsbedeutung der sowjetischen Vorschläge über die kollektive Sicherheit, wenn sie schrieb: "Das Sicherheitssystem, das Molotov vorgeschlagen hat, ist sofort auf kompromißlose Ablehnung gestoßen. Das wird kaum verhindern, daß Teile dieses Planes fortwirkend die europäische Politik beschäftigen werden." Im Zusammenhang mit der Berliner Außenministerkonf erenz haben sich einzelne bürgerliche und sozialdemokratische Politiker vor allem in Frankreich, der BRD, Großbritannien und Italien für Verhandlungen mit der Sowjetunion ausgesprochen, bevor mit der Aufnahme der BRD in die NATO irreparabler Schaden für die europäische Sicherheit eingetreten war. Sie bekundeten Interesse für die Idee der kollektiven Sicherheit. Damit deutete sich an, daß in der Bourgeoisie Westeuropas und der BRD Kräfte vorhanden waren, die in weiterer Zukunft bereit sein könnten, auf die Politik der friedlichen Koexistenz von Staaten unterscheidlicher Gesellschaftsordnung einzugehen. Die Berliner Außenministerkonferenz war Ausdruck sich wandelnder Bedingungen des Kampfes zwischen Sozialismus und Imperialismus im Weltmaßstab. Nach Jahren ununterbrochener Spannung, die in Asien sogar zur militärischen Auseinandersetzung zwischen den beiden Weltsystemen geführt hatte, war es den Kräften des Friedens und des Sozialismus gelungen, erstmals nach der Eröffnung des kalten Krieges eine kurze Periode gewisser Entspannung zu erreichen. Die Berliner Außenministerkonferenz ist einer der Markierungspunkte zwischen jener Phase der Nachkriegszeit, die von ununterbrochener Spannung gekennzeichnet war,

Die Bedeutung der Berliner Außenministerkonferenz

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und jener Phase, in der die vorherrschende Tendenz der Spannung und die Tendenz der Entspannung so gegeneinander wirkten, daß Spannungssituationen teils mit dramatischer Zuspitzung und zeitweilige Entspannungen einander ablösten. Die Sowjetunion, die anderen sozialistischen Staaten, die kommunistischen und Arbeiterparteien der Länder Europas und auch die sich immer mehr verbreiternden Reihen der Kämpfer für den Frieden erklärten nach der Berliner Außenministerkonferenz, daß sie den Kampf für die Sicherheit des Lebens unvermindert fortsetzen werden.

2. K a p i t e l

Die Sowjetunion im Kampf um die Sicherung des Sozialismus und des Friedens in Europa, gegen die „EVG" und die Pariser Verträge, gegen die erneute Zunahme der Spannungen (März 1954—Mitte 1955) Zwei entgegengesetzte Schlußfolgerungen aus der B e r l i n e r Außenministerkonferenz - zwei Konzeptionen der europäischen P o l i t i k Die B e r l i n e r Außenministerkonferenz war Ausdruck dafür, daß i n f o l g e des veränderten internationalen K r ä f t e v e r h ä l t n i s s e s und des aktiven Friedenskampfes der Sowjetunion und a l l e r , die an i h r e r S e i t e f ü r Frieden und Sicherheit f o c h t e n , die Tendenz der Entspannung erstmals nennenswert hervorgetreten war. Es konnte der die Weltlage bestimmenden Tendenz der Spannung - v/enn auch g e r i n g f ü g i g und nur vorübergehend - etwas Bo.den abgerungen werden. Die Konferenz selbst war ein Element der Entspannung. Sie hatte ganz im Gegensatz zu den Absichten, mit denen die Außenminister der Westmächte nach B e r l i n gekommen waren - die Tür f ü r weitere Ost-WestVerhandlungen nicht etwa zugestoßen, sondern weit o f f e n gelassen. Die Untersuchung der sowjetischen Außenpolitik e r g i b t , daß die Sowjetunion s e i t der Vorbereitung der B e r l i n e r Außenministerkonferenz darauf o r i e n t i e r t war, diese neuen Möglichkeiten zum Wohle des S o z i a lismus und des Friedens zu nutzen. Zum erstenmal s e i t dem Beginn des kalten Krieges zeichnete sich diese r e a l e Perspektive ab, Entspannung im Kampf der beiden Weltsysteme zu erreichen - und die sowjetische Außenpolitik widmete sich dieser Aufgabe. Nach der B e r l i n e r Außenministerkonferenz s t e l l t e n sich die grundlegenden Aufgaben der s o z i a l i s t i s c h e n Außenpolitik i n neuer Weise. Die Entwicklung des Sozialismus in den europäischen s o z i a l i s t i s c h e n Ländern drängte gesetzmäßig zu einem höheren Niveau der Einheit und des Zusammenschlusses. Angesichts der Bestrebungen zum Ausbau des imperial i s t i s c h e n M i l i t ä r p a k t e s v e r s t ä r k t e sich die Notwendigkeit, der Einh e i t und Geschlossenheit der s o z i a l i s t i s c h e n Staaten und ihrem m i l i tärischen Schutz ein neues, höheres Niveau zu v e r l e i h e n . Zugleich erhöhte sich aber auch die Notwendigkeit, den a n t i i m p e r i a l i s t i s c h e n Kampf zu verstärken und gegen die drohende Spaltung des europäischen Kontinents in M i l i t ä r p a k t e und die damit wachsende Gefahr eines K r i e ges vorzugehen. Es g a l t deshalb, v e r s t ä r k t um die f r i e d l i c h e Koexistenz von Staaten unterschiedlicher Gesellschaftsordnung zu ringen, auf g e -

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Um die Sicherung von Sozialismus und Frieden

samteuropäischer Ebene in Gestalt der kollektiven Sicherheit, auf bilateraler Ebene in Gestalt normaler und gutnachbarlicher Beziehungen. Ähnlich entwickelten sich die Aufgaben der sozialistischen Außenpolitik in der deutschen Frage. Die Entwicklung des Sozialismus in der DDR drängte gesetzmäßig zur weiteren Annäherung an die Sowjetunion und die anderen sozialistischen Staaten. Gleichzeitig hatte die Außenpolitik zu berücksichtigen, daß sich nicht nur ihr spezifisches Gewicht in bezug auf die europäische Sicherheit, sondern auch ihr Inhalt veränderten. Die sozialistische Außenpolitik hatte sich darauf einzustellen, daß die Restauration des Imperialismus und Militarismus in der BRD voranschritt, daß sie unabwendbar werden und die Integration der remilitarisierten BRD in die NATO Tatsache werden konnte. Die imperialistischen Kräfte orientierten sich darauf, Realitäten der Nachkriegsentwicklung, die sich in Übereinstimmung mit dem Potsdamer Abkommen entwickelt hatten, darunter die sozialistische DDR, zu liquidieren. Deshalb rückte der Kampf um die Anerkennung dieser Realitäten immer mehr in den Mittelpunkt der sozialistischen Außenpolitik. Solange in der deutschen Frage noch keine endgültigen Entscheidungen gefallen waren, ging es in der sozialistischen Außenpolitik um die Durchsetzung der Potsdamer Beschlüsse, d.h. um die Veränderung und Überwindung von Entwicklungen, die im Widerspruch zum Potsdamer Abkommen standen - wie die Wiedergeburt des deutschen Militarismus in der BRD und seiner sozialökonomischen Grundlagen. Der Kampf um die demokratische Einheit Deutschlands bedeutete, die Staatsgrenze zwischen der DDR und der BRD als eine zeitweilige Grenze anzusehen. Das alles begann sich Mitte der fünfziger Jahre zu ändern, als die Gefahr der endgültigen- Restauration des Imperialismus und Militarismus in der BRD Realität zu werden drohte. Auf die Beziehungen der sozialistischen Staaten zur BRD hatten deshalb immer mehr die Prinzipien der friedlichen Koexistenz zwischen souveränen Staaten unterschiedlicher Gesellschaftsordnung Anwendung zu finden. Zugleich aber war die Politik so zu führen, daß alle noch vorhandenen Möglichkeiten der Verhinderung der Restauration von Imperialismus und Militarismus in der BRD, d«E Normalisierung der Beziehungen zur DDR, der Annäherung und schließlich der Einheit Deutschlands auf friedlicher und demokratischer Grundlage offengehalten wurden.Das erforderte hohe diplomatische Kunst, Prinzipienfestigkeit und zugleich Flexibilität und Kompromißbereitschaft der sozialistischen Außenpolitik und feinfühliges unverzügliches Reagieren auf alle neuen Erscheinungen und Veränderungen in der außenpolitischen Situation. Nach der Berliner Außenministerkonferenz setzte die Sowjetunion alles daran, die in bezug auf die Beziehungen zwischen sozialistischen und

Zwei Lager

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imperialistischen Staaten in Europa entstandenen neuen B e d i n g u n g e n zur Erreichung konkreter Schritte hin zu gesichertem Frieden zu n u t zen. Sie berücksichtigte dabei ein Ergebnis der Berliner V e r h a n d l u n gen, nämlich, daß die Westmächte, w e n n überhaupt, so dann nur auf Teilgebieten oder bei vorbereitenden M a ß n a h m e n der allgemeinen Sicherheit bereit waren, auf Übereinkünfte einzugehen. Das war eine Erkenntnis v o n grundlegender Bedeutung für die einzuschlagende Taktik der sowjetischen Friedenspolitik, die i n den folgenden Jahren immer w i e der n e b e n der Bekräftigung ihrer prinzipiellen Haltung zum G e s a m t problem des Friedens u n d der Sicherheit konstruktive Vorschläge

zu

Teilfragen unterbreitete. Die sowjetische Außenpolitik hatte in diesem Zusammenhang eine B e m e r k u n g Lenins v o n grundsätzlicher Bedeutung im Auge, die er i n einer vergleichbaren Situation im Oktober 1922 ausgesprochen hat. Damals wie Mitte der fünfziger Jahre erklangen aus der imperialistischen Welt alle m ö g l i c h e n Friedensbeteuerungen, während ihre Herrschenden alles andere als bereit waren, auf den Krieg g e g e n den Sozialismus zu verzichten. Ihre Reden über d e n Frieden b o t e n aber gewisse

An-

satzpunkte für konkrete Übereinkünfte i n Einzelfragen. "Man m u ß b e denken", sagte Lenin, "daß pazifistische Phrasen, Redensarten und Beteuerungen, manchmal sogar Schwüre g e g e n d e n Krieg und für d e n Frieden i n der ganzen Welt außergewöhnlich oft zu hören sind, w ä h rend w i r der Bereitschaft, wirkliche Schritte, seien es auch nur die allereinfachsten, zur Sicherung des Friedens zu tun, in den m e i s t e n Staaten, besonders i n den modernen zivilisierten Staaten außergewöhnlich selten begegnen. Aber wir m ö c h t e n sowohl in dieser, w i e auch in ähnlichen F r a g e n möglichst wenig allgemeine

Erklärungen,

feierliche Versprechungen und pompöse Formeln h ö r e n und dafür m ö g lichst viele ganz einfache, ganz klare Beschlüsse und M a ß n a h m e n sehen, die tatsächlich zum Frieden führen, v o n der völligen B e s e i t i gung der Kriegsgefahr gar nicht zu sprechen." 1

L e n i n hat eine nur

revolutionär scheinende, in Wirklichkeit den Feinden des Sozialismus i n die Hände arbeitende ultralinke Politik des

Alles-oder-nichts

stets abgelehnt, u n d der Sowjetstaat hat a n diesem Leninschen Grundsatz unbeirrt festgehalten, der revolutionär ist, weil er realistisch auf die Ausnutzung aller unter einem gegebenen Kräfteverhältnis v o r h a n d e n e n Möglichkeiten zugunsten des Sozialismus u n d des Friedens gerichtet

ist.

Die Orientierung der sowjetischen Außenpolitik, dem aus dem Imperialismus hervorwachsenden Streben nach Aggression einen Wall friedenssichernder M a ß n a h m e n entgegenzusetzen u n d bei seinem Bau auch das kleinste Steinchen zu schätzen, w a r weltweit. I n Europa war sie i n

5o

Um die Sicherung von Sozialismus und Frieden

der Mitte der fünfziger Jahre nach wie vor darauf gerichtet, "die Teilung Europas in einander entgegengesetzte militärische Gruppierun2 gen zu verhüten". Die Untersuchung der sowjetischen Außenpolitik ergibt, daß die Sowjetregierung eine weitgefächerte, ständig aktiv agierende Friedenspolitik mit dem Ziel geführt hat, in der deutschen Frage voranzukommen, die Probleme Österreichs zu lösen, normale und gute Beziehungen mit den kapitalistischen Staaten herzustellen, Alternativen zur "EVG" und zu den Pariser Verträgen zu entwickeln, ja selbst das Verhältnis von NATO und. sozialistischen Staaten grundlegend umzugestalten, die Vorstellungen über die kollektive Sicherheit in Europa weiter auszuarbeiten und natürlich die brüderlichen Beziehungen zwischen den sozialistischen Staaten zu festigen und alles erforderliche für ihren militärischen Schutz zu unternehmen. Gipfeln sollten die konkreten Friedensschritte schließlich in grundlegenden Vereinbarungen zwischen den sozialistischen und den kapitalistischen Staaten Europas über die kollektive Sicherheit, wozu sich die Sowjetunion für eine neue Beratung der vier Großmächte auf hoher oder höchster Ebene einsetzte. Ungezählte Stellungnahmen der Weltpresse, nationaler und internationaler Organisationen und der Weltfriedensbewegung, die sich dafür aussprachen, daß die in Berlin einmal geknüpften Kontakte zwischen den Großmächten nicht mehr abreißen dürften, zeugen davon, daß die Bestrebungen der Sowjetunion auf die Unterstützung der öffentlichen Meinung stießen. Schon in seiner Schlußrede auf der Berliner Außenministerkonferenz hatte der sowjetische Außenminister angekündigt, daß die Sowjetunion weiter um die Minderung der Spannungen kämpfen werde. Konzentrierten Ausdruck fand die sowjetische Konzeption im Leitartikel der "Pravda" vom 20. Februar 1954 ("Die noch ungeklärten Fragen werden nicht von der Tagesordnung abgesetzt"), in dem das Zentralorgan der KPdSU energischen Kampf der Partei und der Sowjetregierung "für die weitere Minderung der internationalen Spannung und für die Lösung der akuten internationalen Probleme" ankündigte und betonte, daß diese Haltung zu den Grundfragen der internationalen Politik vom ganzen Sowjetvolk einmütig unterstützt wird. Weder die Sowjetunion noch die anderen sozialistischen Staaten, weder die kommunistischen und Arbeiterparteien Europas noch die sich immer mehr verbreiternde Friedensbewegung haben den Kampf für die Sicherheit des Lebens, für die friedliche Regelung der Angelegenheiten Europas jemals von der Tagesordnung gestrichen. Das Zentralorgan der SED betitelte am 19» Februar einen redaktionellen Artikel zum Abschluß der Berliner Außenministerkonferenz "Jetzt geht der Kampf erst richtig los!" In diesem Artikel hieß es: "Die

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Konferenz ist abgeschlossen, nicht aber der Kampf der friedliebenden Völker um die Minderung der internationalen Spannungen, um die friedliche Lösung der deutschen Frage und um die Gewährleistung der Sicherheit in Europa. Dieser Kampf wird erst jetzt sich voll entfalten, weil er - nicht zuletzt dank der Berliner Konferenz - immer mehr zu einer Sache der Völker wird." Solange noch Möglichkeiten bestanden - und wenn sie auch noch so gering waren die Zerreißung Deutschlands zu verhindern, konzentrierte die SED alle Kräfte darauf, diese Möglichkeiten zu erhalten und auszubauen, den Volkskampf gegen den Militarismus zu entfalten, die Eingliederung der BRD in die NATO und die Remilitarisierung zu verhindern und Wege für die Annäherung der beiden deutschen Staaten offenzuhalten. Diese Orientierung schlug sich in dem vom XV. Parteitag der SED beschlossenen Dokument "Der Weg zur Lösung der Lebensfrage der deutschen Nation" nieder.^ Die SED ordnete ihr Ringen um die Lösung der deutschen Frage als ihren Anteil in den Kampf aller progressiven Kräfte für die Festigung des Friedens ein. Dazu hieß es in dem von Walter Ulbricht erstatteten Bericht des Zentralkomitees an den Parteitag: " Die friedliche Lösung der deutschen Frage ist ein Teil der großen Aufgabe der Milderung der internationalen Spannun5 gen," Gleichzeitig berücksichtigte die Partei auch die Möglichkeit, daß es den Kräften des Imperialismus gelingen könnte, die BRD an die NATO zu ketten und ihre Entwicklung in zunehmend reaktionärere und aggressivere Bahnen zu lenken. Dieses mußte die Existenz eines imperialistischen deutschen Staates neben der sozialistischen Deutschen Demokratischen Republik für eine lange Frist nach sich ziehen. Sie unterstützte den von der Sowjetunion vorgebrachten Gedanken des gleichzeitigen und gleichberechtigten Beitritts zweier deutscher Staaten zu einem Vertrag über die kollektive Sicherheit in Europa, solange die Einheit Deutschlands auf der Grundlage von Demokratie und Frieden nicht hergestellt war. Dieser Ansatzpunkt für eine weiterentwickelte Strategie und Taktik der SED ist später - unter den neuen Bedingungen der Realität der Pariser Verträge - ausgebaut und weitergeführt worden.^ Diametral entgegengesetzte Schlußfolgerungen ergibt die Analyse der Politik der Herrschenden der USA, Großbritanniens und Frankreichs und auch der BRD. Sie hatten in Berlin die Illusion begraben müssen, , man könne die Sowjetunion mit massivem Druck oder mit trügerischen Lockungen veranlassen, die DDR zu verraten was von ihnen nur als Beginn für das Aufrollen der jungen Gemeinschaft sozialistischer Staaten betrachtet wurde. Aber sie schlußfolgerten daraus keineswegs, daß ihr außenpolitischer Kurs überhaupt perspektivlos und zum

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Scheitern verurteilt war, sondern im Gegenteil, daß sie größere Anstrengungen unternehmen müßten, um die entsprechende Überlegenheit zu erlangen, auf die gestützt, sie ihrem abenteuerlichen Kurs doch noch zum Erfolg verhelfen könnten. Da sie trotz aller Illusionen, die sie hegten, doch etwas von der in dem unerschütterlichen Bündnis mit der Sowjetunion liegenden Festigkeit der Positionen der DDR gespürt hatten, richteten sie ihre Blicke auf der Suche nach Ansatzpunkten für konterrevolutionäre Entwicklungen verstärkt auch auf andere sozialistische Staaten. Um ihren Wünschen näherzukommen, forcierten sie das atomare Wettrüsten, die völlige Restauration des Militarismus in der BRD, das Zimmern von Militärblocks nicht nur in Europa, sondern auch in Asien und die Propagierung der Strategie der "Befreiung". Sie schürten eine zügellose Kampagne des Antikommunismus. Ziel war, die Phase gewisser Entspannung schnell zu beenden, nach den Genfer Verhandlungen über die Probleme Ostasiens keine weiteren friedlichen Verhandlungen mehr zuzulassen, einen Weg zum Beginn für das "Zurückrollen" des Sozialismus zu finden und an den "Verhandlungs"-tisch erst zurückzukehren, wenn man stark genug war, der Sowjetunion und den verbündeten sozialistischen Staaten die Bedingungen zu diktieren. Diese auf die aggressiven Militärpakte gestützte Linie kündigten die drei Westmächte in ihrer Erklärung über die Berliner Außenministerkonferenz vom 20. Februar 1954 schon an: "Die drei Regierungen haben nicht die Absicht, sich in ihren Anstrengungen zur Entwicklung des 7 Verteidigungssystems irremachen zu lassen ..." Die USA-Regierung hat auch nach der Berliner Konferenz allen Ernstes das Ziel verfolgt, zunächst den Sozialismus in allen mit der Sowjetunion verbündeten Ländern auf die eine oder andere Weise zu liquidieren und ihre Völker wieder unter die Herrschaft des Kapitals zu zwingen. Der amerikanische Außenminister verbarg den Aggressionskurs nur notdürftig hinter ein paar Phrasen von Unabhängigkeit und Befreiung, als er wenige Tage nach der Berliner Konferenz in einem sogenannten Rechenschaftsbericht ausdrücklich betonte: "Die fremden Völker, die unter sowjetischer Herrschaft leben, dürfen wissen, daß die Vereinigung Deutschlands oder die Befreiung Österreichs, ja sogar die Wiederherstellung der Unabhängigkeit Polens, der Tschechoslowakei und der übrigen Sa- • tellitenländer durch nichts, was sich in Berlin ereignete, in weitere Ferne gerückt worden ist. Ich habe in Berlin mitQ meinen Ansichten über diese Fragen nicht hinter dem Berg gehalten." Damit übereinstimmende Gedanken hat Dulles am 18. Februar 1954 vor seinem Rückflug in die USA mit Adenauer besprochen - wobei in den damals nicht für die Öffentlichkeit bestimmten Ausführungen eine wichtige Akzentver-

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lagerung zu beobachten ist. Nach dem Bericht Adenauers stand in Dulles' Überlegungen nicht mehr der Angriff auf den Sozialismus in der DDR an erster Stelle, sondern er erscheint im Gefolge grundlegender konterrevolutionärer Veränderungen in den volksdemokratischen Bruderstaaten. Offenbar orientierten sich die reaktionärsten Kräfte des Imperialismus schon auf die Entfachung der Konterrevolution, die sie dann 1956 in Uijgarn ausgelöst und in Polen versucht haben. Dulles habe in dem erwähnten Gespräch ausgeführt: "Zwischen dem Gebiet der Sowjetunion und einem starken Westen müsse es eine Reihe weitgehend unabhängiger S'taaten wie zum Beispiel Polen, die Tschechoslowakei, Ungarn und Bulgarien geben, die als Pufferstaaten zwischen einem geeinten und starken Europa und der Sowjetunion eingebettet wären. Wenn dieser Tag erst einmal gekommen sei, bestehe auch die Möglichkeit, Ostdeutschland und Westdeutschland wieder zusammenzubringen, weil dann der Unterschied nicht mehr so stark sei wie heute ... Bevor die Satellitenstaaten keine größere Unabhängigkeit erlangt hätten, könne die Frage der deutschen Wiedervereinigung nicht gelöst werden,"^ Dulles hat sich auch über das Mittel zur Erreichung dieser Ziele der US-Außenpolitik geäußert. In der für Imperialisten typischen Unterschätzung der dem Sozialismus innewohnenden Möglichkeiten, seine Potenzen auch zum militärischen Schutz und zur Festigung der Einheit und Geschlossenheit des Bruderbundes der sozialistischen Staaten auszunutzen, erklärte er, die auf den Schutz des Sozialismus und die Sicherung des Friedens gerichtete Außenpolitik der Sowjetunion werde "sich erst ändern, wenn die Stärke Westeuropas erhöht würde".''® Die USA wiegten sich zu dieser Zeit noch in der illusionären, aber die friedliche Existenz der Völker auf das schwerste bedrohenden Hoffnung, das quantitative Übergewicht bei Kernwaffen ausbauen und ihren Vorsprung in der Entwicklung der Luftwaffe als des damals einzigen Trägermittels für strategische Kernwaffen, erweitern zu können. Im Verein mit der Ausschöpfung aller in den anderen kapitalistischen und abhängigen Entwicklungsländern verfügbaren Kräfte mittels der NATO und der "EVG", später der Pariser Verträge, mit der im Herbst 1954 gebildeten SEATO und dem Anfang 1955 ins Leben gerufenen BagdadPakt glaubten sie sich auf dem Wege zu absoluter Überlegenheit.1'1 G.A. Arbatov schreibt in diesem Zusammenhang, daß diese imperialistischen Zielsetzungen "die militärische Stärke zum Hauptinstrument (wenn nicht zum Ersatz) der Außenpolitik überhaupt gemacht hatten". Unter diesen Bedingungen erschien die "Spekulation auf militärische Stärke als wichtigstes, ja im Grunde nahezu einziges Instrument der Außenpolitik".12 Was Eisenhower und Dulles am Vorabend der Berliner Außenminister-

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konferenz mit ihren erpresserischen Reden Uber die sogenannte "massive Vergeltung" mit massierten Kern-waffenschlägeri gegen die Sowjetunion und die anderen sozialistischen Staaten angedeutet hatten und was man als den "New Look" der US-Militärpolitik bezeichnete, führte der USA-Verteidigungsminister kurz nach der Berliner Konferenz am 15. März 1954 vor dem Kongreß detaillierter aus. Er legte einen Plan der beschleunigten Kernwaffen-Rüstung und der Entwicklung ferngelenkter Raketen, des vorrangigen Ausbaus der strategischen Luftflotte und der Modernisierung der Kriegsmarine bis zum 1. Juni 1957 vor, der im Zusammenhang mit den qualitativen Veränderungen in den USStreitkräften auch eine Verringerung des Mannschaftsbestandes vor13 sah. Das war der Plan, dessen Verwirklichung dem amerikanischen Imperialismus die Überlegenheit über die Sowjetunion auf dem Gebiet der Rüstung bringen sollte. Schon am 10. März hatte General Gruenther,1 der NATO-Oberbefehlshaber, in Philadelphia die mit dem gewaltigen Rüstungsprogramm verbundenen Wunschvorstellungen der reaktionärsten und aggressivsten Kräfte des USA-Imperialismus verkündet, als er erklärte: "In den nächsten drei oder vier Jahren werden wir imstande sein, mittels Plugzeugen von weitem und nahem Aktionsradius, ferngelenkter Geschosse und Artillerie einen Angriff zu unternehmen. Ich habe die Atomwaffe im 1A Auge. Von uns hängt es ab, ob es zu einem dritten Weltkrieg kommt." ' Zwei Tage vor dem Kriegsminister hatte Vizepräsident Richard Nixon eine Erklärung abgegeben, die ebenfalls die Haltung der entscheidenden Kräfte des USA-Imperialismus zu den Weltangelegenheiten widerspiegelte. Er beklagte, daß der Sozialismus zu Zeiten der Regierung Truman in weiteren Ländern Fuß fassen konnte, "ohne'daß auch nur ein einziger russischer Soldat dabei getötet worden wäre". Darauf verkündete er die Schlußfolgerung der Herrschenden der USA, »die auf eine Atomkriegsdrohung gegen die Sowjetunion und die anderen sozialistischen Staaten und auch gegen jegliche nationale und soziale Befreiungsbewegung hinauslief: "Darum entwarfen wir einen neuen Plan,ider zusammengefaßt folgenden Inhalt hat: um uns nicht von den Kommunisten überall in der Welt in kleinen Kriegen ausbluten zu lassen, werden wir uns in Zukunft vornehmlich auf unsere massive und bewegliche Vergeltungsmacht verlassen, die wir nach eigenem Ermessen gegen die eigentlichen Aggressionsherde zu Zeiten und an Orten eigener 15 Wahl einsetzen können." Solche Auslassungen erhellen die Gefahr eines Atomkrieges, mit der der Imperialismus die Völker unseres Erdballs bedrohte. Diese Zielvorstellungen der Führungskräfte des Imperialismus, mißt man sie an den historischen Tatsachen der folgenden Jahre, lassen aber auch

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die ganze Größe der Niederlage erkennen, die ihnen die Sowjetunion und die v e r e i n t e Macht der Staaten des Warschauer Vertrags b e i g e bracht haben. Noch vor Ablauf der vom NATO-Oberkommandierenden genannten F r i s t und zu eben dem Zeitpunkt, den der Kriegsminister genannt h a t t e , v e r f ü g t e die Sowjetunion über interkontinentale b a l l i s t i s c h e Raketen. Dank der Anstrengungen des Sowjetvolkes unter Führung der Kommunistischen P a r t e i der Sowjetunion und des Sowjetstaates befand sich genau in der Z e i t , in der die p o t e n t i e l l e n W e l t k r i e g s b r a n d s t i f t e r über die entscheidenden m a t e r i e l l e n M i t t e l verfügen w o l l t e n , um den S o z i a l i s mus im Kriege bezwingen zu können, eine mächtige Waffe in den Händen der s o z i a l i s t i s c h e n Hauptmacht. Der aggressive außenpolitische Kurs der USA, der Kurs der P o l i t i k der "Stärke" e r l i t t eine empfindliche Niederlage. Der l a n g j ä h r i g e außenpolitische Berater d r e i e r Präsidenten der USA ( R o o s e v e l t , Truman und Eisenhower), Louis J. H a l l e , g i b t rückblickend zu, daß es die Kräfte des m i l i t ä r i s c h - i n d u s t r i e l l e n Komplexes waren, die von der sowjetischen Entspannungsoffensive s e i t der Note von 1952' über den deutschen Friedensvertrag bis zu den in Berlin vorgebrachten zahlreichen Friedensvorschlägen aus dem Konzept gebracht worden waren und a l l e s t a t e n , die sowjetischen I n i t i a t i v e n a l s unglaubwürdig h i n z u s t e l l e n . "Noch genauer g e s a g t " , so schreibt e r , "unternahmen die V e r e i n i g t e n Staaten damals jede Anstrengung, ihre europäischen A l l i i e r t e n davon zu überzeugen, die sowjetische Drohung sei so groß, daß die Beiträge an Militärkontingenten, £ie man gerade in der NATO aufbaute, bedeutend erhöht werden m ü ß t e n . Die Gefahr s e i so g r a v i e r e n d , daß die Schaffung einer europäischen Verteidigungsgemeinschaft geradezu zwingend s e i . Dies war eben der Zeitpunkt, a l s die V e r e i n i g t e n Staaten Frankreich unter Druck s e t z t e n , den EVG-Vertrag zu r a t i f i z i e ren. A l l e diese Anstrengungen wären umsonst gewesen, wenn die Europäer j e t z t l e i c h t f e r t i g geglaubt hätten, die Gefahr s e i vorüber, nur 16 w e i l die Russen l ä c h e l t e n . " Halle k r i t i s i e r t e die Haltung der USA-Regierung in der ersten H ä l f t e der f ü n f z i g e r Jahre, w e i l s i e nicht auf die Entspannungsvorschläge der Sowjetunion eingegangen i s t . Dabei l ü f t e t er etwas den Schleier von den Kräften, die den Kurs der USA auf Liquidierung der vorübergehenden Entspannung steuerten. Nach seiner Darstellung v e r e i n t e n die höchsten M i l i t ä r s , die bei Anhalten der Entspannung um die hohen Rüstungsetats bangten, ein weiter Komplex von Rüstungsmagnaten, die ihre P r o f i t e gefährdet sahen, und der Geheimdienst ihre Bestrebungen. 1 ''' Er b e s t ä t i g t damit nur, was die Marxisten-Leninisten s e i t eh und j e über die Klassengrundlagen der i m p e r i a l i s t i s c h e n Außenpolitik

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Um die Sicherung von Sozialismus und Frieden

feststellen und konkret nachweisen, und daß z.B. "das RockefellerImperium der größte Nutznießer des kalten Krieges" war und "die entscheidenden Kontrollpunkte des kalten Krieges in jeder Bundesregierung" beherrschte. Der Außenminister der Regierung Eisenhower und der Geheimdienstchef wie auch die amerikanischen Hohen Kommissare in der BRD gehörten zu dieser übermächtigen Monopolgruppe oder waren 1R mit ihr verbunden. Die Regierungen Großbritanniens und Prankreichs betrieben die gleiche "Politik der Stärke" mit der militärischen Blockbildung gegen den Sozialismus, gegen die nationale Befreiungsbewegung und gegen die revolutionäre Bewegung in den eigenen Ländern. Im Rahmen dieser allseitig reaktionären Politik trachteten sie gleichzeitig danach, die Widersprüche, die zwischen den imperialistischen Mächten bestanden, auszutragen und jeweils die eigenen Interessen durchzusetzen. Großbritannien und Prankreich rangen um die Vormachtstellung in Westeuropa und suchten zugleich, sich dem übermächtigen Einfluß der USA zu entziehen. Gleichzeitig kämpfte Großbritannien aber gegen die BRD um die Bewahrung des ersten Platzes im Bündnis mit den USA, von dem der in der Bundesrepublik restaurierte Imperialismus und Militarismus das Inselreich zu verdrängen sich anschickte. Prankreich war bestrebt, die BRD im Zaum zu halten, damit es nicht eines Tages die Hegemonie über das kontinentale Westeuropa an den imperialistischen Rivalen abtreten müsse. Diese und andere imperialistische Widersprüche brachen bisweilen offen auf und führten zu scharfen Auseinandersetzungen zwischen den imperialistischen Staaten. Jedesmal aber gelang es den USA in den fünfziger Jaiiren bei differenzierter Anwendung von "Zuckerbrot und Peitsche", die widerstreitenden Parteien auf der Grundlage der gemeinsamen Klassenpositionen und der gemeinsamen antisozialistischen Strategie zu einen und zugleich sich botmäßig zu machen. Das Konzept der Regierung der BRD nach der Berliner Außenministerkonferenz stimmte mit dem der USA überein. Das Streben nach Stärke beherrschte die gesamte Politik. Da eine solche Position nur im Bunde mit den USA zu erreichen war, ging die "Politik der Stärke" mit weitgehender Unterordnung unter die USA einher. In der Erklärung, die die BRD-Regierung am 22. Februar zur Außenministerkonferenz abgab, bekräftigte sie, daß sie "ihr Ziel der Wiedervereinigung Deutschlands" in der Form der Rekapitalisierung der DDR und ihrer Liquidierung als Staat ("in Frieden und Freiheit" hieß das dafür geschaffene demagogische Synonym) weiter verfolgen werde. In ihrer betont antisowjetischen Manier behauptete sie, die Außenministerkonferenz hätte bewiesen, daß sich "die Sowjetunion zur allein

Die UdSSR zu den Beziehungen zur DDR

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herrschenden Macht auf dem Kontinent" aufschwingen w o l l e . S i e spek u l i e r t e darauf, mit der Angst vor der " S o w j e t i s i e r u n g " der BRD und ganz Westeuropas den Volkskampf gegen die R e m i l i t a r i s i e r u n g der Bundesrepublik p a r a l y s i e r e n zu können. Ein b ü r g e r l i c h e r K r i t i k e r der P o l i t i k des kalten Krieges, H.W. Kahn, hat diese A r t , P o l i t i k zu betreiben, t r e f f e n d c h a r a k t e r i s i e r t : "Nur eine v e r ä n g s t i g t e Bevölkerung läßt sich l e i c h t manipulieren, gängeln und r e g i e r e n . Nur einer solchen Bevölkerung lassen sich s o z i a l e Verbesserungen und ü b e r f ä l l i g e Reformen v o r e n t h a l t e n . " Man darf hinzufügen, daß nur einer so manipulierten Bevölkerung die R e m i l i t a r i s i e rung aufgezwungen werden konnte. Mit seiner Feststellung von der 20

"Angst, die sich in ' r e c h t e n ' Wählerstimmen niederschlägt" bes t ä t i g t Kahn die R i c h t i g k e i t der Forderungen der Sowjetunion auf der Konferenz der Außenminister, die F r e i h e i t der Wahlen zu sichern, i n dem man den großen Monopolen die Möglichkeit nimmt, die Meinung des Volkes zu manipulieren und die Wahlen zugunsten des Militarismus zu beeinflussen. Zur selben Z e i t , als die Herrschenden der BRD die Ö f f e n t l i c h k e i t g l a u ben machen w o l l t e n , die Sowjetunion kämpfe um die S t a b i l i s i e r u n g der Lage in Europa, um in Ruhe21 K r ä f t e f ü r den späteren Sprung nach Westeuropa sammeln zu können, b e r e i t e t e n s i e d e t a i l l i e r t e Pläne f ü r den Export der Konterrevolution in die DDR v o r : "Die Bundesregierung hat laut UP in Zusammenarbeit mit dem 'Forschungsbeirat f ü r Fragen der Wiedervereinigung Deutschlands' Pläne f ü r den Tag der deutschen 22Einh e i t v o r b e r e i t e t , die ständig verbessert und e r w e i t e r t werden." Da war mit i m p e r i a l i s t i s c h - "Deutscher Gründlichkeit" an a l l e s gedacht, was zur Liquidierung der Errungenschaften des Sozialismus und zur sof o r t i g e n Wiedererrichtung des Systems der k a p i t a l i s t i s c h e n Ausbeutung genannt " f r e i e Marktwirtschaft" - und der Vorherrschaft der großen Monopole nötig erschien. Nur eines hatten diese Buchhalter der Aggression nicht bedacht, nämlich, daß keine K r a f t stark genug sein würde, d e « Bruderbund der UdSSR und der DDR zu zerbrechen, der den S o z i a l i s mus i n der DDR vor a l l e n - auch noch so g e f ä h r l i c h e n - Anschlägen schützte. Die Erklärung der Sowjetregierung vom 25. März 1954 über die Beziehungen der UdSSR zur Deutschen Demokratischen Republik Die Sowjetunion hat kurz nach der B e r l i n e r Außenministerkonferenz e r neut die I n i t i a t i v e i n der deutschen Frage und in der Frage der Sicherh e i t in Europa e r g r i f f e n . Ende März unternahm s i e i n beiden aufs engste verknüpften Fragen wichtige S c h r i t t e . Die B e r l i n e r Konferenz hatte bewiesen, daß die Westmächte die Wiederherstellung der Einheit Deutsch-

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Um die Sicherung v o n Sozialismus und Frieden

lands auf der Grundlage v o n Demokratie u n d Frieden und den Abschluß eines demokratischen Friedensvertrages weiter hintertreiben würden. Die Existenz zweier selbständiger deutscher Staaten war inzwischen zu einer unumstößlichen Tatsache geworden. Deshalb unternahm die Sowjetregierung nach Verhandlungen mit der Regierung der DDR etwas, was u n ter anderen Umständen Aufgabe eines Friedensvertrages gewesen wäre: In einer Erklärung vom

25. März 1954 vollzog sie den völkerrechtli-

chen Akt, i n dem die Souveränität der Deutschen Demokratischen R e p u blik hergestellt wurde, und leitete den Prozeß der vollen Ausbildung der uneingeschränkten Souveränität der DDR und vollkommen gleichberechtigter Beziehungen zwischen der UdSSR und der DDR ein, der im Staatsvertrag zwischen beiden Staaten Vom September 1955 seine B e 23 kräftigung fand. Im einzelnen erklärte die Sowjetregierung: "Die Sowjetunion nimmt mit der Deutschen Demokratischen Republik die gleichen Beziehungen auf wie mit anderen souveränen Staaten. Die Deutsche Demokratische Republik wird die Freiheit besitzen, nach eigenem Ermessen über ihre inneren und äußeren Angelegenheiten einschließlich der Frage der Beziehungen zu Westdeutschland zu entscheiden."24 Die Überwachung der Tätigkeit der Staatsorgane der DDR wurde

aufge-

h o b e n und die Funktion des Hohen Kommissars der UdSSR auf die Fragen beschränkt, die mit der Gewährleistung der Sicherheit, mit dem V i e r m ä c h t e a b k o m m e n über Deutschland und den entsprechenden V e r b i n d u n g e n zu d e n Besatzungsbehörden der Westmächte

zusammenhingen.

Zwei Tage später bestätigte die Regierung der DDR ihrerseits

"ihre

Frklärung, die sie im Verlaufe der Verhandlungen mit der Regierung der UdSSR abgegeben hat, w o n a c h sie die Verpflichtungen einhalten wird, die sich für die Deutsche Demokratische Republik aus dem Potsdamer Abkommen über die Entwicklung Deutschlands als eines demokratischen und friedliebenden Staates ergeben, sowie die V e r p f l i c h t u n gen, die mit dem zeitweiligen Aufenthalt sowjetischer Truppen auf dem Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik im Zusammenhang

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stehen".

Sie stellte "mit Genugtuung fest, daß ihre unbeirrbare Politik des Friedens u n d der Demokratie, die dem Potsdamer Abkommen entspricht, zur Verkündungp c der Souveränität der Deutschen Demokratischen Republik geführt hat". Dem Schritt der Sowjetunion, die Souveränität der DDR herzustellen, kam hohe Bedeutung zu. Er schuf die Voraussetzungen, daß die DDR u n gehindert die noch verbliebenen Möglichkeiten zur Lösung der deutschen Probleme, für Verhandlungen mit der BRD nutzen konnte, während der sogenannte Generalvertrag der Regierung der BRD gerade in den Fragen,

Die UdSSR zu den Beziehungen zur DDR

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die die Wiedervereinigung betrafen, jegliche Entscheidungsbefugnis absprach. Der brüderliche Bund zwischen der Sowjetunion und der DDR erfuhr eine weitere Festigung. Die internationale Stellung des sozialistischen deutschen Staates wurde entscheidend gestärkt. Werner Hänisch bemerkt dazu: "Die Stärkung der internationalen Stellung der DDR als souveräner Staat machte den Westmächten und der Bonner Regierung unmißverständlich deutlich, daß jeder Versuch, ohne oder gar auf Ko- . sten der DDR die 'deutsche Frage' lösen zu wollen, unter allen Umständen scheitern wird. Die Unterstreichung und rechtliche Fixierung dieses Standpunktes hatte vor allem deshalb besondere Bedeutung in der damaligen historischen Situation, da die Westmächte auf der Berliner Konferenz jede Vereinbarung mit der Sowjetunion deshalb abgelehnt hatten, weil sie hofften, vermittels der Fortsetzung der 'Politik der Stärke' die Sowjetunion unter Druck setzen und so eine 'Preisgabe' der DDR erzwingen zu können. Diese Spekulationen wurden erneut 27 ins Reich der Illusionen verwiesen." Die sowjetische Souveränitätserklärung für die DDR bedeutete einen schweren Schlag gegen die Positionen der Adenauerregierung, die die Einheit Deutschlands verraten hatte und zur Tarnung daratif beharrte, Fragen der Herstellung der Einheit Deutschlands gehörten in den Kompetenzbereich der Besatzungsmächte. Die sowjetische Erklärung war aber auch ein Stoß gegen die Demagogie rechter sozialdemokratischer Führer, die in Worten gegen die Remilitarisierung und gegen die "EVG" auftraten, jedoch jeden aktiven Kampf dagegen ablehnten, ja sabotierten und von der Bonner Regierung nur forderten, sie solle sich bei den Westmächten dafür einsetzen, daß über die deutsche Frage verhandelt werde. Die Maßnahmen der Sowjetunion und der DDR, die der DDR in den Beziehungen zur BRD volle Handlungsfreiheit gaben, "enthielten die völkerrechtlichen Konsequenzen für die Gestaltung des Verhältnisses zwischen der DDR und der BRD, nachdem im Ergebnis der imperialistischen Remilitarisierungs- und Spaltungspolitik die Möglichkeiten zur Herstellung eines friedliebenden Einheitsstaates immer stärker verbaut worden waren", und erbrachten "neue Möglichkeiten und Voraussetzungen für die Außenpolitik der DDR vor allem in Hinsicht auf die Durchsetzung der Gleichberechtigung der DDR im System der internationalen BeZiehungen". 28 Die unzweideutige Haltung der Sowjetunion brüderlich an der Seite der DDR hat das politische Geschehen in Europa nachhaltig beeinflußt. Das gesteht sogar Waldemar Besson ein, der die Position der Adenauer-Regierung, die DDR nicht anzuerkennen, unterstützte. "Wenn man die Interessen der Großmacht UdSSR in Deutschland ernst nimmt", so kommentiert er die Souveränitätserklärung für die DDR, "muß man vom Frühjahr

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1954 an für die sowjetische Besatzungszone die Bezeichnung DDR wählen, denn von nun an war die Existenz des zweiten deutschen Staates durch eine verläßliche sowjetische Garantie gesichert."2^ In diesem Punkte scheint der bürgerliche Historiker zu tieferen und realistischeren Einsichten gekommen zu sein als das zur gleichen Zeit (Ende der sechziger/Anfang der siebziger Jahre) dem Bonner Auswärtigen Amt in einer Darstellung seiner Geschichte möglich war. Die Bundesregierung, die drei Westmächte und die NATO reagierten mit höchster Gereiztheit auf die Souveränität der DDR, womit sie nur bestätigten, wie sehr ihr aggressives Konzept gestört war. Adenauer lehnte am 7. April vor dem Bundestag in einer von Beleidigungen strotzenden Regierungserklärung die Souveränität der DDR ab und wiederholte die Alleinvertretungsanmaßung des Bonner Staates. Der Bundestag nahm eine entsprechend gehaltene Entschließung an.-'® Hänisch wertet das als ein "neues Element" in der "aggressiven Politik der herrschenden Kreise der BRD gegenüber der DDR" und der weiteren "Verschärfung des kalten Krieges" gegen die DDR. "Sie blieben nicht mehr dabei stehen, die Alleinvertretungsanmaßung dem Verhältnis der BRD zur DDR zugrunde zu legen, sondern gingen dazu über, offen auf andere Staaten Druck auszuüben, um von ihnen die Unterstützung und Praktizierung oder zumindest die Duldung der Bonner Anmaßung in ihren Beziehungen zur DDR zu fordern und notwendigenfalls zu erzwingen. Damit waren die Grundlagen für die spätere 'Hallsteindoktrin', des diplomatischen Instruments 31 zur Durchsetzung der Alleinvertretungsanmaßung, gelegt." Man muß hinzufügen, daß das nicht nur ein neues Element in der Politik der herrschenden Kreise der BRD zur Verschärfung der Spannungen, sondern in der gemeinsamen politischen Linie der Westmächte gegen die DDR war. Am folgenden Tage gaben nämlich die westlichen Hohen Kömmissare ähnliche Erklärungen ab. Sie sprachen sich scharf gegen die Anerkennung der Souveränität der DDR aus und unterstützten die Alleinvertretungs32 anmaßung der BRD. Diese Erklärungen gingen noch einen Schritt weiter. Sie forderten auch alle übrigen Staaten auf, diesen Standpunkt zu teilen. Auch der NATO-Rat schloß sich im Kommunique seiner Pariser Tagung vom 22. April 1954 dieser Politik der Diskriminierung der DDR an: "Nach der vor kurzer Zeit erfolgten Erklärung der Sowjetregierung über ihre Besatzungszone in Deutschland nimmt der Rat mit Genugtuung davon Kenntnis, daß die Regierungen der Mitgliedsstaaten der Organisation nicht die Absicht haben, die Souveränität der angeblichen Deutschen Demokratischen Republik anzuerkennen und die deutschen Behörden dieser Zone als Regierung zu behandeln."33 Diese unrealistischen und aggressiven Positionen mußten schließlich

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aufgegeben und mit dem bekannten Vertragswerk der frühen siebziger Jahre die politisch-territorialen Realitäten in Europa anerkannt werden. Aber selbst in der Zeit des Abschlusses dieser Verträge fiel es dem Bonner Außenministerium schwer, die Souveränitätserklärung der Sowjetunion für die DDR von 1954 sachlich zu beurteilen. In einer offiziellen Publikation des Auswärtigen Amtes, die sein damaliger Chef Walter Scheel in einem Vorwort als Selbstdarstellung seines Wirkens bezeichnet hat, wird die Alleinvertretungsanmaßung ausdrücklich gebilligt und werden die aus dem kalten Krieg geborenen "Begründungen" kolportiert. Auch das Vokabular des kalten Krieges wird benutzt, wenn neben der exakten Bezeichnung unseres Staates die DDR im Tone des Revanchismus als "Mitteldeutschland" bezeichnet wird. Neu an der Selbstdarstellung der Bonner Außenpolitik ist indessen, daß sie zur "Begründung" einer Anmaßung der Alleinvertretung aller Deutschen die Souveränitätserklärung der Sowjetunion heranziehen. Sie sei es gewesen, die "letztlich die Präge aufgeworfen" hätte, "welche Seite den legitimen Anspruch besaß, Deutschland als Ganzes und damit auch die gesamtdeutschen Traditionen mit ihren entsprechenden Perspektiven zugleich zu repräsentieren". Diese Frage war keineswegs aufgeworfen. Nach der Zerreißung Deutschlands und nachdem sich zwei deutsche Staaten in immer mehr entgegengesetzter Richtung entwickelten, konnte jeder deutsche Staat eben nur noch für sich selbst sprechen. Die sowjetische Souveränitätserklärung für die DDR war eine Konsequenz aus diesem Standpunkt. Der Vorschlag des Beitritts der Sowjetunion zur NATO - ein neues Element im Kampf für die Europäische Sicherheit Schon wenige Tage später, am 31. März 1954, gab die Sowjetunion der • internationalen Diskussion über die kollektive Sicherheit in Europa einen neuen schöpferischen Impuls. In gleichlautenden Noten an die drei Westmächte betonte sie, daß Abrüstung und Verbot der Massenvernichtungswaffen zu den dringendsten und umfassendsten Aufgaben gehören, die vor allen Völkern stehen, und daß sie auch künftig alle Anstrengungen unternehmen werde, auf diesem Gebiet zum Nutzen des Friedens zu Lösungen zu gelangen. Die Sowjetunion erinnerte daran, "daß noch andere bisher ungenutzte Möglichkeiten zur Festigung des Friedens vorhanden sind". Zu diesen zählte sie in erster Linie die Möglichkeiten für die Festigung der Sicherheit in Europa. Sie warnte in diesem Zusammenhang erneut vor der Politik der Schaffung eines imperialistischen Militärblocks in Westeuropa in Gestalt der "EVG", was "unvermeidlich dazu führt, daß die anderen Staaten im Interesse der Gewährleistung ihrer Sicherheit entsprechende Maßnahmen ergrei-

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der Gewährleistung ihrer Sicherheit entsprechende Maßnahmen ergreifen" und schlug den Westmächten vor, einen anderen Weg für Europa zu suchen und die Erörterung ihres Berliner Projekts für die kollektive Sicherheit in Europa fortzusetzen. Zum wiederholten Male erklärte die Regierung der UdSSR ihr Einverständnis mit der Teilnahme der USA als Vollmitglied an einem Vertrag über die kollektive Sicherheit in Europa, wobei sie die Teilnahme der USA am Kampf gegen die Hi.tleraggression und ihre Verantwortung für die Nachkriegsregelungen in Europa berücksichtigte. Da bis dahin die Erwägung der Sowjetunion, den USA und der Volksrepublik China eine Beobachterfunktion anzutragen, als Begründung für die Ablehnung des sowjetischen Vorschlags gedient hatte, drückte die Sowjetregierung ihre Hoffnung aus, daß nunmehr "die Schwierigkeit, von der man bisher sagte, sie sei der Erzielung einer Verständigung über die Schaffung eines Systems kollektiver Sicherheit 35 in Europa im Wege, fortfallen" müßte.J Sodann unterbreitete die UdSSR überraschend einen Vorschlag, der überall als Sensation empfunden wurde und dessen Verwirklichung schön damals eine grundlegende Veränderung der sowjetisch-amerikanischen Beziehungen und des politischen Klimas in Europa hätte bewirken können. Sie knüpfte an die vielen Erklärungen an, die die Politiker imperialistischer Staaten während und nach der Berliner Konferenz über den angeblichen Verteidigungscharakter der NATO und auch der "EVG" abgegeben hatten, und auch an Bemerkungen, wie die des französischen Außenministers Bidault, der in Berlin beteuert hatte: "Aber diese Bündnisse schließen niemanden aus und sind voll und ganz mit den Bindüngen vereinbar, die uns wiederum an die UdSSR binden." Nun erklärte die Regierung der Sowjetunion ihre Bereitschaft, "mit den interessierten Regierungen die Frage einer Teilnahme der UdSSR am Nordatlantikvertrag zu erörtern". Die Sowjetunion äußerte auch den Gedanken, daß die NATO nach ihrem Beitritt auch "den anderen europäischen 37 Staaten offenstehen" würde. Welche Absichten verfolgte die Sowjetunion mit dieser Note? War das, wie in der antikommunistischen literatur meist erklärt wird, nur das zugegebenermaßen geschickte - diplomatische Manöver zur Diskreditierung des westlichen Militärbündnisses? Dem vielbeachteten sowjetischen Schritt kommt mehrfache Bedeutung zu. Zu keiner Zeit hat die Sowjetunion irgendwelche Zweifel gelassen, wie sie die NATO einschätzt. Das hat sie auch in der erwähnten Note gebührend hervorgehoben. Bereits in der Erklärung des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten der UdSSR über den Nordatlantikpakt vom 29. Januar 1949 hatte die Regierung der Sowjetunion eine umfassende Einschätzung der gegen die Sowjetunion und die volksdemokratischen

Beitritt zur NATO?

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Staaten gerichteten Linie der Außenpolitik der USA und der anderen imperialistischen Mächte vorgenommen, die mit der Vorbereitung dieses Militärpaktes verbunden war. Schon 1949 hatte die Sowjetunion erklärt, daß dieser Pakt, der die UdSSR und die. Staaten der Volksdemokratie ausschließt, ausgesprochen aggressiven und antisowjetischen Charakter trägt und "klar das Weltherrschaftsstreben des britisch-amerikanischen Blocks" offenbart, ja, daß dieser Pakt "die Hauptwaffe der von den regierenden Kreisen der USA und Großbritanniens betriebenen aggressioo ven Politik" wird. Die Sowjetunion und die anderen sozialistischen Staaten sowie alle progressiven Kräfte haben bisher keine Veranlassung gehabt, ihre Einschätzung über das aggressive Wesen dieses Paktes zu revidieren. Der NATO sind seitdem neue Mitglieder beigetreten, ohne daß sich am Charakter des Paktes das geringste geändert hätte. Im Gegenteil: 1952 schlössen sich Griechenland und die Türkei an; aber Walter Lippmann hatte schon am 1. April 1947 in der "New York Herald Tribüne" aus Anlaß der Truman-Doktrin geschrieben, daß die USA "Griechenland und die Türkei nicht deshalb ausersehen haben,' weil sie wirklich der Hilfe bedurften, sondern nur, weil sie für die USA ein strategisches Tor zum Schwarzen Meer und zum Herzen der Sowjetunion bildeten". Der Eintritt dieser neuen Mitglieder konnte daher- das aggressive Wesen des Paktes nur verstärken. Nun stand die Einbeziehung der BRD bevor. Das bedeutete den Abschluß der Herausbildung des NATO-Systems in Europa und in Verbindung mit den besonders aggressiven Zügen des Militarismus und Revanchismus in der BRD und den Plänen, die die Westmächte mit der Integrierung der BRD in die NATO verfolgten, noch eine besondere Akzentuierung der Aggressivität der NATO. Was aber hätte ein Beitritt, der Sowjetunion zur NATO bedeuten können? Er wäre nicht einfach der Beitritt eines neuen Mitglieds gewesen, sondern der Beitritt der sozialistischen Großmacht, die bisher ausgeschlossen war und gegen die sich der Pakt richtete. Damit hätte die NATO den Charakter einer exklusiven Staatengruppierung verloren, und der Pakt hätte einen Charakterwandel erlebt. Der Beitritt der Sowjetunion und anderer sozialistischer Staaten zur NATO wäre gleichbedeutend gewesen mit der Verhinderung der militärischen Konfrontation des Sozialismus und des Imperialismus im Zentrum Europas, mit der Verringerung der Kriegsgefahr, mit neuen Aussichten für die Sicherheit in Europa. Damit wären auch die Remilitarisierung der BRD unterbunden und für die Lösung der deutschen Frage begünstigende Momente geschaffen worden. A.I. Mikojan erklärte dazu auf dem IV. Parteitag der SED: "Die Annahme der sowjetischen Vorschläge zu diesen Fragen würde die internationale Lage in entscheidendem Maße entspannen, hätte eine un-

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schätzbare Bedeutung für die Sache der Festigung des Friedens und der Gewährleistung der Sicherheit der Völker. Die Annahme dieser Vorschläge würde zweifellos auch zur raschen Lösung der Deutschlandfrage beitragen."-39 Schließlich hätte der Beitritt der Sowjetunion auch den krassen Widerspruch der NATO zur Charta der Vereinten Nationen beseitigt. 40 Unter all sn di6s6n Unistandsn und. tosi B 6 r i i c k s i c h " t d ö s Faktes, daß das NATO-System noch nicht endgültig herausgebildet war, sah die Sowjetunion die Möglichkeit, daß die NATO "ihren aggressiven Charakter ablegen könnte, nämlich dann, wenn alle Großmächte teilnähmen, die zur Antihitlerkoalition gehört haben".4'' Dafür, daß der Vorschlag der Sowjetunion realistisch war und daß eine Charakterveränderung der NATO tatsächlich möglich war, sprach das Kräfteverhältnis zwischen Sozialismus und Imperialismus. Es hätte einen Angriff auf die Sowjetunion und die mit ihr verbündeten sozialistischen Staaten in Europa ohnehin zum Selbstmord für den Aggressor gemacht. Für den Realismus der sowjetischen Idee sprachen aber auch die historischen Erfahrungen, die der Sowjetstaat mit dem BriandKellogg-Pakt gesammelt hatte. Dieser Vertrag hatte sein antisowjetisches Element eingebüßt, nachdem sich die Sowjetunion den Beitritt 42 zu ihm erkämpft hatte. In ihrer Note vom 7. Mai 1954 lehnten die Westmächte die Vorschläge der Sowjetunion rundweg ab; sie waren nicht einmal bereit, sie überhaupt zur Grundlage von Verhandlungen zu machen. Zur Begründung fiel ihnen, deren NATO-Pakt die Charta der UNO vielfach verletzte, nichts besseres ein, als zu behaupten, die Vorschläge der Sowjetunion für kollektive Sicherheit in Europa wären darauf gerichtet, "die Autorität der Vereinten Nationen zu zerstören". Der Beitritt der Sowjetunion zur NATO würde ihr westliches System der angeblichen kollektiven Sicherheit zerschlagen und "der nach Westen gerichteten Expansion" der Sowjetunion die Türen öffnen. Die bürgerliche Geschichtsschreibung zollt dieser lügnerischen antisowjetischen Begründung bis in die Gegenwart Tribut. In dem von Bernhard Schalhorn verfaßten Abschnitt über die sowjetische Westeuropapolitik des Handbuches der sowjetischen Außenpolitik wird diese NATOVersion kolportiert, wenn es heißt: "Moskau ignorierte das Bedrohungsgefühl der westlichen Länder..." 44 Das Ziel seiner Politik der kollektiven Sicherheit sei nicht etwa die Gewährleistung des europäischen Friedens gewesen, sondern, "den Gang der Ereignisse auch jenseits der Grenzen des sozialistischen Lagers mitzubestimmen".4^ Wieder einmal mußte die Lüge von der Bedrohung Westeuropas zur Bemäntelung einer friedensfeindlichen Haltung der imperialistischen Mächte herhalten. Mit ihrer Ablehnung "gaben sie (die Westmächte - E.L.) zu, daß der

Beitritt zur NATO?

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Nordatlantikpakt eine antisowjetische Orientierung hatte und einen geschlossenen Militärblock darstellte. Sie demonstrierten erneut ihre Absicht, keine Maßnahmen zur Gewährleistung der europäischen Sicher4.6 heit zu ergreifen." Nun, nach der Ablehnung der Westmächte, trat die andere Seite der Bedeutung der sowjetischen Note mehr in den Vordergrund. Getreu der Leninschen Erkenntnis, daß der "Betrug an den Volksmassen ... in bezug auf die 'Angelegenheiten' der Außenpolitik meisterhaft ausgearbeitet" ist, daß man, will man die Unterstützung der werktätigen Massen der kapitalistischen Länder für einen prinzipiellen Kampf gegen den Krieg gewinnen, vor ihnen die zum Kriege führende imperialistische Politik enthüllen muß, und das "Geheimnis" lüften muß, "in dem der Krieg geboren wird",^ hat sich die Außenpolitik der Sowjetunion stets auch an die Völker gewandt. Die Note vom 31« März 1954 stellte einen Schritt zur weiteren Enthüllung der wirklichen Absichten der imperialistischen Gegner in der internationalen und der europäischen Politik dar» Sie war eine Maßnahme der sowjetischen Diplomatie, vor den Völkern und Staaten Europas und der Welt das aggressive Wesen der NATO und der imperialistischen Politik der Militärpakte überhaupt weiter aufzudecken. Daß das gelungen ist, muß sogar Wilhelm Cornides zugeben, wenn er in seiner Übersicht über die Entspannungsoffensive der Sowjetunion schreibt: "Dieser Vorschlag ... war vom sowjetischen Standpunkt aus klug berechnet. Er zwang die Westmächte zuzugeben ..., daß die NATO nicht dem klassischen Modell der kollektiven Sicherheit entsprach." Nach antisowjetischen Auslassungen über angebliche kollektive Selbstverteidigung der NATO, die - wie könnte es anders sein - infolge sowjetischer Bedrohung notwendig wäre, fährt er fort: "Die Fiktion der mehrfachen Rückversicherung gegen Deutschland war dadurch öffentlich ad absurdum geführt und eine für die französische Ratifizierung der EVG wichtige Position zerstört."^8 Die Note der Sowjetunion wirkte als einer der ungezählten Schritte sozialistischer Außenpolitik zur Verhütung eines Krieges, indem sie den Mechanismus seiner Vorbereitung der Verkleidungen beraubte und den Massen friedliebender Menschen einen Einblick in die Kriegsvorbereitungen der imperialistischen Staaten ermöglichte. Wenn Verbesserungen des Verhältnisses USA - Sowjetunion und der politischen Atmosphäre in Europa auch nicht erreicht werden konnten, so hatte der Schritt doch zweierlei zuwege gebracht: Erstens leistete er in dem eben erwähnten Sinne einen wichtigen Beitrag zum Kampf gegen die NATO und die "EVG", und zweitens hielt er die internationale Diskussion über die kollektive Sicherheit in Europa in Fluß, AÖ indem er ihr mit neuen Gedanken einen kräftigen Impuls verlieh.

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Um die Sicherung von Sozialismus und Frieden

Für die Schaffung eines materiellen Fundaments der friedlichen Koexistenz Die ablehnende Note der Westmächte vom 7. Mai konnte die Sowjetunion keinesweg abhalten, den Kampf um die kollektive Sicherheit in Europa und gegen die imperialistische Kriegspaktpolitik fortzusetzen und die internationale Diskussion weiterhin mit schöpferischen Gedanken zu fördern. In einer Note vom 24. Juli 1954 antwortete die Regierung der Sowjetunion auf die Erklärungen der Westmächte vom 7. Mai. Sie nahm die Ablehnung ihrer konstruktiven Vorschläge zum Anlaß, erneut vor aller Öffentlichkeit die Politik der Remilitarisierung der BRD, des Zimmerns von Militärpakten und des Schürens einer Atmosphäre des Hasses, der Feindschaft und der Kriegspsychose anzuprangern und das aggressive, gegen den Sozialismus und den Frieden gerichtete Wesen dieser Politik zu enthüllen. Wie immer, so beschränkte sich die Sowjetregierung aber auch diesmal nicht aufs Enthüllen - so wichtig auch der Nachweis der imperialistischen Kriegsvorbereitungen für die Mobilisierung der Massen war. Sie verband das mit konstruktivem Herangehen an die zu lösenden Fragen, mit der erneuten Erläuterung ihrer bisherigen Vorschläge zur kollektiven Sicherheit in Europa und mit der Darlegung neuer Gedanken und Vorschläge. Die Sowjetunion bekräftigte, daß sie unbeirrt von der Möglichkeit der friedlichen Koexistenz von Staaten mit verschiedener Gesellschaftsordnung ausginge und diese aktiv anstrebe. Noch einmal wies sie darauf hin, daß ihre Vorschläge Voraussetzungen der Sicherheit für ganz Europa schaffen und zugleich begünstigend auf die Lösung der deutschen Frage und der Probleme Österreichs wirken könnten. 50 Im Gegensatz zu den reaktionären Kreisen der Westmächte, die nach der Genfer Ostasienkonferenz keinerlei weitere Verhandlungen, sondern die erneute Verschärfung der Spannungen wollten, wertete die Regierung der Sowjetunion in ihrer Note das in Genf am 21. Juli erzielte Abkommen über Indochina als einen neuen "Beweis dafür, daß die Anstrengungen zur Normalisierung der internationalen Beziehungen und zur Regelung der wichtigsten internationalen Probleme nicht nur in Asien, sondern auch in Europa fruchtbar sein können". Nach der Berliner Konferenz hatte die Öffentlichkeit gefordert, die Kontakte zwischen den Großmächten nicht wieder abreißen zu lassen. Nun hatte Genf in bezug auf Indochina bewiesen, daß in schwierigen internationalen Fragen Übereinkünfte zwischen sozialistischen und imperialistischen Staaten möglich waren, die dem Frieden dienen. Es war nach diesen Erfahrungen schwer einzusehen, warum Abkommen, die die Lebensinteressen der Völker Europas betrafen, nicht möglich sein soll-

Programmatische

Orientierung

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ten. Deshalb schlug "die Sowjetregierung vor, zum Zwecke des M e i nungsaustausches über die Frage der Schaffung eines Systems der kollektiven Sicherheit i n Europa in den nächsten M o n a t e n eine

Konferenz

aller europäischen Staaten, die a n ihr teilzunehmen wünschten, sowie C1 der Vereinigten Staaten v o n Amerika einzuberufen". Die Teilnahme der Volksrepublik China als Beobachter wurde für wünschenswert

ge-

halten. Die Sowjetregierung legte Wert darauf zu betonen, daß auf der K o n ferenz nicht nur Gelegenheit sein sollte, zu d e n Vorschlägen der Sowjetunion Stellung zu nehmen, sondern daß jeder Teilnehmer das Recht h a b e n müßte, seine eigenen Vorschläge für die Schaffung eines Systems der kollektiven Sicherheit in Europa zur Diskussion zu stellen. Um die Vorbereitung einer gesamteuropäischen Konferenz in Gang zu bringen, schlug die Regierung der UdSSR i n einer Erklärung vom 4. August 1954 den Westmächten vor, ihre Außenminister noch im August oder September zusammentreten zu lassen. Die Außenminister

sollten

"gemeinsam über die Einberufung einer solchen Konferenz und die M a ß n a h m e n beraten ..., die zu ihrem Erfolg beitragen könnten". Die Sowjetregierung regte dabei auch an, über die Fragen Deutschlands weiterzuv e r h a n d e l n und sich besonders über die Einzelfragen zu verständigen, 52 über die für alle annehmbare Lösungen gefunden werden könnten. Bis zum Zusammentritt der Konferenz über Sicherheit und .Zusammenarbeit i n Europa vergingen noch fast zwei Jahrzehnte. Ihre prinzipielle Auffassung zum demokratischen Geist einer solchen Konferenz, auf der alle Teilnehmer in souveräner Gleichheit verhandeln und auf der alle Gedanken erwünscht sein sollten, die der Sache der europäischen Sicherheit dienlich sein können, hat die Sowjetunion aber bereits 1954 f o r muliert. Mit ihrer Note vom 24. Juli 1954 hat die Sowjetunion zugleich e i n e n bedeutenden Beitrag zur weiteren Ausgestaltung des Inhalts eines Systems der Sicherheit u n d Zusammenarbeit in Europa geleistet. Sie entwickelte den Vorschlag .des Zusammenwirkens der Staaten i n Europa weiter, indem sie ihn auf die ökonomische Zusammenarbeit

ausdehnte:

"In Übereinstimmung mit zahlreichen Äußerungen, die in letzter Zeit gemacht wurden, hält es die Sowjetregierung für zweckmäßig, den Entwurf eines gesamteuropäischen Vertrages über die kollektive

Sicherheit

i n Furopä durch einen neuen Leitsatz über' Zusammenarbeit auf w i r t schaftlichem Gebiet zu ergänzen. Es ist dabei -vorgesehen, daß die am Vertrag beteiligten Staaten die Verpflichtung übernehmen, M a ß n a h m e n zur Entwicklung des Handels und anderer Wirtschaftsbeziehungen

zwischen

d e n Staaten zu ergreifen, was den Lebensinteressen der Völker ent-

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Um die Sicherung von Sozialismus und Frieden

spricht und der Festigung des Friedens und der internationalen Zusammenarbeit dient." Der Wirtschaftskrieg de s Imperialismus gegen den Sozialismus und die internationale Diskussion über die Fragen der kollektiven Sicherheit haben gelehrt, daß Wirtschaftsbeziehungen zwischen den beiden Gesellschaftssystemen in Europa, die den Erfordernissen der gegenwärtigen Entwicklung der Produktivkräfte entsprechen und nicht nur Handel, sondern Kooperation und Arbeitsteilung in Forschung, Entwicklung und Produktion einschließen, nur möglich sind, wenn für alle verbindliche Normen der Zusammenarbeit ausgearbeitet und vereinbart sind. In ihren Vorschlägen für ein gesamteuropäisches Wirtschaftsabkommen hat die Sowjetunion zwei Jahre später begonnen, diese Prinzipien zu formulieren. Mit der im Rahmen der abgestimmten Außenpolitik der Staaten der sozialistischen Gemeinschaft von der Deutschen Demokratischen Republik und der Ungarischen Volksrepublik entworfenen "Gemeinsamen Erklärung über die Entwicklung der Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Wirtschaft, des Handels, der Wissenschaft und Technik sowie im Bereich des Umweltschutzes", haben die sozialistischen Staaten ihre präzise ausgearbeiteten Vorstellungen von solcher Zusammenarbeit der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa vorgelegt.^ Dem politischen Grundsatz europäischer Sicherheit, der die Forderung der ökonomischen Zusammenarbeit der europäischen Staaten zum Inhalt hat, liegen objektive Gesetzmäßigkeiten der Entwicklung der Produktivkräfte, der zunehmenden Internationalisierung ihrer Entwicklung, der sich immer mehr vertiefenden weltweiten Arbeitsteilung und der daraus entspringenden Notwendigkeiten weltwirtschaftlicher Zusammenarbeit auch zwischen Staaten verschiedener Gesellschaftsordnung zugrunde. Darauf hatte Lenin die Außenpolitiker schon in den ersten Jahren der Existenz der Sowjetmacht mit Nachdruck aufmerksam gemacht. Nach der Vertreibung der imperialistischen Interventen und nach der Beendigung des Bürgerkrieges hatte er die objektiv wirkenden Faktoren aufgedeckt, die die imperialistischen Regierungen mit der Kraft zur Aufnahme wirtschaftlicher--und politischer Beziehungen mit dem Sowjetlande zwingen werden, die,¡den objektiven Gesetzmäßigkeiten gesellschaftlicher Entwicklung innewohnt. Weiter hatte Lenin die subjektiven Paktoren ausfindig gemacht, die im Lager der Bourgeoisie am ehesten in der Lage waren, .den objektiven ökonomischen Erfordernissen Rechnung zu tragen. In seinem Bericht an den IX. Gesamtrussischen Sowjetkongreß vom 23. Dezember 1921 ging Lenin auch auf die feindlichen Absichten ein, die -die imperialistischen Regierungen mit einer internationalen Wirtschaftskonferenz (der späteren Konferenz von Genua) gegenüber der Sowjetmacht verfolgten, um dann auszuführen:

Programmatische Orientierung

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"Aber wir wissen, daß die wirtschaftliche Lage derer, die uns blockiert haben, verwundbar ist. Es gibt eine größere Kraft als den Wunsch, den Willen und den Beschluß beliebiger feindlicher Regierungen oder Klassen; diese Kraft sind die allgemeinen Verhältnisse der Weltwirtschaft, die sie zwingen, mit uns Beziehungen aufzunehmen."-'-' Ein Jahr später, nachdem bereits die ersten Erfolge in der Anbahnung von Handelsbeziehungen vor allem mit Großbritannien und Deutschland vorlagen, verwies Lenin auf einen weiteren objektiven Umstand. Die Wirkung der gesetzmäßig auftretenden innerimperialistischen Widersprüche, des internationalen Konkurrenzkampfes treiben die Bourgeoisie der verschiedenen Länder zur Aufnahme wirtschaftlicher und diplomatischer Beziehungen zum sozialistischen Staat. In seiner Rede in der Plenarsitzung des Moskauer Sowjets am 20. November 1922 mahnte er, sich nicht von den scharfmacherischen Erklärungen zahlreicher bürgerlicher Regierungen irritieren zu lassen. Auch wenn diese Regierungen lauthals verkündeten, daß sie sich nicht mit Vertretern der Sowjetmacht an einen Tisch setzen würden, so äußerte Lenin seine wissenschaftlich begründete Zuversicht, daß die ökonomischen Beziehungen und in ihrem Gefolge auch die politischen Beziehungen auf Grund objektiver Notwendigkeiten in Gang kommen Vierden. "Jeder Staat, der dem entgegenwirkt, läuft Gefahr, zu spät zu kommen und vielleicht in bezug auf manchen, 56 ziemlich wesentlichen, Punkt in eine nachteilige Lage zu geraten."^ In seinem berühmten Werk "Der 'linke Radikalismus', die Kinderkrankheit im Kommunismus" hat sich Lenin der subjektiven Seite der Angelegenheit zugewandt. Er lehrte die Kommunisten, im internationalen Klassenkampf zwischen Sozialismus und Imperialismus die Interessengegensätze "zwischen der Bourgeoisie der verschiedenen Länder, zwischen den verschiedenen Gruppen oder Schichten der Bourgeoisie innerhalb der einzelnen Länder" aufzudecken und im Interesse des Sozialismus zu nutzen, sowie sich in der Außenpolitik stets darum zu bemühen, "einen Verbündeten unter den Massen zu gewinnen, mag das auch ein zeitweiliger, schwankender, unsicherer, unzuverlässiger, bedingter Verbündeter sein".-^ Während der unmittelbaren Vorbereitungen auf die Konferenz von Genua, als vor der Sowjetdiplomatie die eminent praktische Aufgabe stand, diese Leninschen außenpolitischen taktischen Grundsätze in die Tat umzusetzen und die Front der wirtschaftlichen und diplomatischen Isolierung zu durchbrechen, gab Lenin selbst ein Beispiel ihrer Verwirklichung, des Aufdeckens der Interessengegensätze zwischen den Fraktionen der Bourgeoisie und des Nachweises der Existenz dieser verschiedenen Fraktionen. Dabei war von höchster bleibender Bedeutung auch die Bemerkung über eine Fraktion der Bourgeoisie, die er die pazifistische nannte, die am Krieg nicht unmittelbar in-

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Um die Sicherung von Sozialismus und Frieden

teressiert war, wie die grob-aggressiven Kräfte, und die zu Abkommen C o

mit dem Sowjetstaat bereit sein könnte. Die zwanziger und dreißiger Jahre haben die wissenschaftliche Voraussicht Lenins glänzend bestätigt. Den Handelsabkommen mit Großbritannien und Deutschland und dem Rapallo-Vertrag folgten weitere wirtschaftliche Vereinbarungen mit anderen Staaten und als zwangsläufige Folge davon schließlich im Jahre 1924 die diplomatische Anerkennung der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken durch die Mehrzahl der wichtigen kapitalistischen Staaten. Wie gefragt der sowjetische Markt während der Weltwirtschaftskrise Anfang der dreißiger Jahre war, ist hinreichend bekannt. In dieser Zeit mußten sogar die USA ihre wirklichkeitsfremde Position der Nichtanerkennung des ersten sozialistischen Staates aufgeben. Lenins Bemerkungen haben an Aktualität nichts eingebüßt. In der ersten Phase des kalten Krieges gelang es den USA und den mit ihnen verbündeten reaktionärsten und. aggressivsten Kräften in anderen imperialistischen Staaten, in der kapitalistischen Welt ein Embargo für die Ausfuhr beinahe aller nennenswerten Rohstoffe und Industrieprodukte in die sozialistischen Länder durchzusetzen. Das Ziel dieser Politik bestand darin, einen ökonomischen Aufschwung der Sowjetunion nach Überwindung der Kriegsschäden aufzuhalten und die Sowjetunion und die volksdemokratischen Staaten im Verhältnis zur kapitalistischen Welt in eine ökonomisch zurückgebliebene Lage zu versetzen. Die Sowjetunion sollte gehindert werden; ihre Streitkräfte ausreichend mit modernen Waffen zum Schutze des Sozialismus und des Friedens auszurüsten. Auf dieser Grundlage wollten die USA das militärische Kräfteverhältnis in einem solchen Ausmaß zu ihren Gunsten gestalten, daß sie der Sowjetunion und ihren Verbündeten unter Androhung militäri59 scher Gewalt die Bedingungen diktieren könnten. Die Embargopolitik war die ökonomische Seite des kalten Krieges. Der Imperialismus hat also alles ihm mögliche unternommen, um dem Sozialismus auch auf ökonomischem Gebiet Schaden zuzufügen. Und doch ist diese Politik gescheitert. Sie mußte schließlich einer Politik weichen, in der feste, vertraglich geregelte ökonomische Beziehungen zwischen sozialistischen und kapitalistischen Staaten zur Norm werden. Die von Lenin genannten "allgemeinen Verhältnisse der Weltwirtschaft" haben letztlich zum Zerbröckeln der ursprünglich einheitlichen ökonomischen Front des, Imperialismus gegen die sozialistischen Staaten und zum Fiasko der Embargopolitik geführt. Der Embargopolitik hat der Schwede Gunnar Adler-Karlsson vom Standpunkt eines bürgerlichen Wirtschaftswissenschaftlers ein ausführliches kritisches Werk gewidmet. Er glaubt, effektivere Mittel des Kampfes

Programmatische Orientierung

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gegen den Sozialismus zu kennen und lehnt die Embargopolitik ab, weil sie sich als untauglich erwiesen hat. Indem er sie schonungslos kritisiert, trägt er zugleich dazu bei, wesentliches der imperialistischen

Politik des kalten Krieges zu enthüllen. Unzweideutig stellt er fest: "Kennzeichnend für den Ost-West-Handel nach dem Zweiten Weltkrieg ist die Tatsache, daß nicht die Sowjetunion, sondern die Vereinigten Staaten den Außenhandel als politische Waffe im Kalten Krieg verwendet h a b e n . D i e USA, die sich selbst gern in der Pose des großzügigen Helfers darstellen, haben, von den Marshallplan-Gesetzen angefangen, bis in die jüngste Zeit ihre ökonomische Hilfe an andere Staaten zu unverhüllter Erpressung benutzt und die Empfänger von Hilfeleistungen gezwungen, sich am Embargo gegen die sozialistischen Staaten zu beteiligen. Nach Adler-Karlsson sind es über 50 Staaten gewesen (d.h. faktisch alle nichtsözialistischen Staaten mit einer exportfähigen Industrie), die auf diese Weise am Wirtschaftskrieg gegen die Sowjetunion und die anderen sozialistischen Staaten teilgev. v. 61 nommen haben. Dieser bürgerliche Autor hat mit seinen Untersuchungen auch einen eigenständigen Beitrag zu einer das wirkliche, das aggressive Wesen der NATO enthüllenden Einschätzung dieses imperialistischen Militärpaktes geleistet. Von seinem Buch sagt der Verfasser selbst: "Es zeigt, wie die NATO-Staaten die kommunistischen Länder in der Präge langfristiger Kredite zu diskriminieren suchten. Selbst heute noch, entscheidende richtungweisende Forum im Jahre 1970, ist die NATO das 62 der Kreditpolitik des Westens." Zur Führung des Wirtschaftskrieges hatten die USA eine internationale Organisation, das Koordinierende Komitee (Cocom) ins Leben gerufen, in der sie argwöhnisch darüber wachten, daß die westeuropäischen Staaten und auch Japan das Embargo einhielten. Die USA nannten das "strategische Kontrolle", und die Embargolisten mit den sogenannten Waren von strategischer Bedeutung umfaßten auf dem Gipfelpunkt des Wirtschaftskrieges faktisch alles, was an industriellen Produkten auch nur einigermaßen Bedeutung hatte. 1953/1954 wurde aber offensichtlich, daß der Wirtschaftskrieg gegen die sozialistischen Staaten sein Ziel nicht erreicht hatte und keinerlei andere Perspektive als die des schmählichen Scheiterns besaß. Vom militärischen Standpunkt aus erwies sich die Embargopolitik als ein glatter Fehlschlag. Trotz Embargo hatte die Sowjetunion unter erschwerten Bedingungen, und indem das Sowjetvolk wieder einmal Opfer für die Sicherung des Friedens auf sich nahm, die Waffen entwickelt, die zum Schutz der sozialistischen Staaten und des Friedens erforderlich waren. Die Inter-

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Um die Sicherung von Sozialismus und Frieden

essen zahlreicher erpreßter Verbündeter der USA indessen hatten infolge der drastischen Einschränkungen des Handels mit der sozialistischen Welt ernstlich Schaden genommen. Das sowjetische Programm der gesamteuropäischen ökonomischen Zusammenarbeit, bürgerliche Gegner der Embargopolitik und erste Breschen im Embargo Seit 1953 erhoben sich in Westeuropa immer zahlreicher die Stimmen der Opposition gegen das US-Embargo. Dabei ist zu berücksichtigen, daß der sogenannte Korea-Boom 1952 zu Ende ging. Es kommt schon einem historischen Gesetz gleich, daß immer dann, wenn in der kapitalistischen Weltwirtschaft Krisenzeichen auftreten, sich die Blicke bestimmter bourgeoiser Kreise verstärkt den sicheren Märkten des Sozialismus zuwenden. Das gehört auch zu den objektiven Zwängen, von denen Lenin gesprochen hat und die die imperialistischen Regierungen nötigen, Handel mit den sozialistischen Staaten zu treiben. So war es auch 1953/1954. Zudem lief der Marshallplan 1953 aus. Das aber bedeutete, daß die USA ein wichtiges Mittel der Erpressung ihrer Verbündeten einbüßten. Die Sowjetunion förderte im Leninschen Geiste die Einsichten jener bürgerlichen Kreise, die wirtschaftlichen Vereinbarungen geneigt sein konnten. Sie lud im April 1953 zu einer Konferenz nach Moskau ein, an der sich Parlamentarier und Geschäftsleute kapitalistischer Staaten beteiligten und auf der die Sowjetunion umfangreiche Käufe anbot, falls man bereit sei, auch Waren der Embargolisten einzubeziehen. Daraufhin reisten Ende 1953 und Anfang 1954 offizielle Handelsdelegationen aus mehreren kapitalistischen Staaten in die Sowjetunion, und es kam zu Vereinbarungen, u.a. mit einer britischen Delegation, die in Kollision mit den Embargolisten gerieten. Im April 1953 und 1954 fanden in der Europäischen Wirtschaftskommission der UNO (ECE) OstWest-Handelskonferenzen statt, auf denen alle beteiligten Staaten offiziell mit den sowjetischen Kaufangeboten bekannt gemacht wurden. Die Sowjetunion und Großbritannien traten dabei wiederholt als Initiatoren von Gesprächen über die Belebung des Handels zwischen kapico talistischen und sozialistischen Ländern auf. Das alles wirkte stimulierend auf die westeuropäische Opposition gegen die US-Politik im Handel mit den sozialistischen Staaten. Die Handelsinteressen der herrschenden Kreise Großbritanniens gerieten in Widerspruch zu der von den USA betriebenen absoluten Embargopolitik. Das war eine der Ursachen, die dazu geführt hatten, daß Churchill 1953 als erster Regierungschef der Westmächte einer Außenministerkonferenz zustimmte. Und nun wurde Churchill zum prominentesten Sprecher gegen die von den

Erste Breschen im Embargo

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USA besonders zugespitzte ökonomische Seite des kalten Krieges, den er selbst mit initiiert hatte. Am 25. Februar 1954 hielt er eine Rede im Unterhaus, in der er in aller Öffentlichkeit forderte, das System der sogenannten "strategischen Kontrolle" zu überprüfen. Er verlangte eine Revision der 'Embargolisten. Am 19. März wandte sich die britische Regierung an alle im "Cocom" vertretenen Staaten mit entsprechenden Vorschlägen. Vom 27. April bis 17. Juni tagte das Koordinierende Komitee in Paris. Nach erbitterten Diskussionen mit den USA wurde eine Überprüfung der Listen der strategischen Waren festgelegt. Am 16. August schließlich traten um etwa ein Drittel verringerte Listen in 64 Kraft.

Das war die erste Erschütterung des Embargos und das Einge-

ständnis seines Fehlschlages. An diese Zusammenhänge knüpfte die sowjetische Note vom 24. Juli 1954. Die sowjetische Politik in der Frage der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen sozialistischen und kapitalistischen Staaten, die im Sinne der friedlichen Koexistenz zwischen Staaten gegensätzlicher Gesellschaftsordnung betrieben wird, konnte 1954 einen ersten, wenn auch noch bescheidenen Erfolg verbuchen - die erste Bresche war geschlagen. Das Ergebnis der sowjetischen Außenwirtschaftspolitik wird von AdlerKarlsson mit dem aufschlußreichen Kommentar versehen: "Die bessere Kenntnis der Möglichkeiten großer Aufträge -und fetter Profite mag die westeuropäischen Regierungen bewogen haben, die Vereinigten Staaten 65 stärker zu drängen..." Die USA verharrten auch später noch lange unverändert auf ihrer starren Embargopolitik. Und trotz aller Fortschritte gibt es bis in die Gegenwart immer wieder Rückfälle. Aber auch die anderen imperialistischen Mächte waren damals bei weitem noch nicht bereit, den Wirtschaftskrieg gegen die sozialistischen Staaten ganz einzustellen. Sie setzen ihn - mit unterschiedlicher Intensität, auch unter zeitweiliger ernster Verschärfung und bei differenzierter Anwendung gegenüber einzelnen sozialistischen Staaten - bis zum heutigen Tag fort. "In der Periode des kalten Krieges erfolgte die Klassenauseinandersetzung weitgehend unter Ausschluß der Zusammenarbeit zwischen sozialistischen und kapitalistischen Staaten." Auch in der BRD meldeten sich Kritiker der Embargopolitik zu Wort. Der Leiter der Außenwirtschaftsabteilung des Deutschen Industrie- und Handelstages, der Gesandte a.D. Dr. Altenburg, kam zu einer recht realistischen Einschätzung. Nach der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vom 24. März 1954 äußerte er in einer Rede: "Die Embargopolitik hat durch Vorenthaltung strategischer Güter die Ostblockstaaten nicht geschwächt, sondern diese vielmehr zum Aufbau eigener Industrie angeregt. Man könne heute geradezu von einem Scheitern der Embargopolitik

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Um die Sicherung von Sozialismus und Frieden

sprechen." Und der Frankfurter "Volkswirt" fügte am 17. April hinzu, daß "diese Bestimmungen insoweit ihren Sinn verloren" haben, "als sie 'strategische' Güter betreffen, die heute der Ostblock selbst dem Westen anbietet". Im Zusammenhang mit der Genfer Ost-West-Handelskonferenz der ECE im April 1954 trafen auch andere Presseorgane der BRD ähnliche Peststellungen und drückten ihre Hoffnung auf Änderungen in der Außenhandelspolitik der imperialistischen Mächte aus. Namhafte Großindustrielle, die sich im sogenannten "Ostausschuß der deutschen Industrie" zusammengeschlossen hatten, bereiteten sich im Frühjahr 1954 auf eine Reise zu Handelsbesprechungen nach Moskau und Peking vor. Diese bourgeoisen Kreise hatten bestimmenden Einfluß auf die Freie Demokratische Partei. Der Plan des FDPtAbgeordneten Dr. Pfleiderer, neben der Normalisierung der Wirtschaftsbeziehungen auch diplomatische Beziehungen zur Sowjetunion herzustellen und, um dem näher zu kommen, mit einer Parlamentarierdelegation in die Sowjetunion zu reisen, verschärfte die Auseinandersetzung der beiden Linien in der Bundesrepublik.67 Pfleiderer und der Vorstand der FDP grenzten sich selbst von jenen Kräften ab, die ihren positiven Schritt der direkten Kontaktaufnähme zur Sowjetunion hätten unterstützen können, von der Gesamtdeutschen Volkspartei Heinemanns und natürlich erst recht von der Kommunistischen Partei Deutschlands. Dennoch hat sich die KPD, die von jeher die Normalisierung der Beziehungen zur Sowjetunion gefordert hat, für die Unterstützung solcher bürgerlichen Kräfte ausgesprochen, die wie Pfleiderer den starren antisowjetischen Kurs der Regierung Ade68 nauer verändern wollten. Die Führung der Sozialdemokratischen Partei, die unter dem Eindruck der öffentlichen Meinung nach der Berliner Außenministerkonferenz manches vernünftige Wort über kollektive Sicherheit in Europa, gegen die "EVG" und die Remilitarisierung und für die Kontaktaufnähme zur Sowjetunion - aber nur durch die Regierung äußerte, lehnte selbst jeden eigenen Schritt in dieser Richtung, jedes Gespräch mit der Sowjetregierung und auch jedes Gespräch mit der Regierung der DDR und der SED ab. Sie versagte Pfleiderer und der FDP-Führung nicht nur jede Unterstützung, sondern fiel mit scharfer Kritik über sie her. Ludmila Thomas stellte dazu fest, daß es vor allem die Haltung der SPD-Führung war, die es der CDU ermöglicht hat, die FDP zu erpressen. An der Spitze des Feldzuges der reaktionärsten Kräfte des Imperialismus der BRD gegen die Initiative Pfleiderers CQ, standen Abs und Adenauer und die Parteiführung der CDU.

7

So blieb

sich die Adenauer-Regierung auch in diesem Falle treu: Sie verfolgte die Linie der USA-Regierung und vereitelte die Reise. Wenn es jenen von der Regierung Adenauer repräsentierten reaktionä-

Erste Breschen im Embargo

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ren Kräften des Imperialismus der BRD auch gelang, die Aktivitäten der ganz unterschiedlich zusammengesetzten Bewegung für die Normalisierung der Beziehungen ziir Sowjetunion zu unterbinden, so war es doch für die Sowjetregierung wichtig zu wissen, daß die Kräfte aktiver wurden, die sich in der BRD dafür einsetzten und welchen Einfluß sie auf die Regierung ausüben konnten. Entsprechende diplomatische Schritte der Sowjetunion sollten nicht lange auf sich warten lassen. Jene Kreise der westeuropäischen Bourgeoisia, die sich für eine Normalisierung des Handels mit der Sowjetunion und anderen sozialistischen Staaten einsetzten und die Mitte der fünfziger Jahre noch nicht die Hauptrichtung der imperialistischen Politik gegenüber der sozialistischen Welt bestimmten, verloren mit ihrer Gegnerschaft zur Embargopolitik und ihrem Übergang zu realistischeren Positionen keinesfalls ihre Klassennatur. Sie verfochten eine andere Orientierung des Kampfes gegen den Sozialismus als die damals ausschlaggebenden Kräfte der herrschenden Klassen. In ihrer Konzeption sollte der weltweite Klassenkampf auch in Formen ökonomischer Zusammenarbeit geführt werden. "Nun, nachdem die amerikanischen Methoden mehrere Jahre lang ergebnislos ausprobiert worden waren", sehreibt Adler-Karlsson, "wollten die Westeuropäer die Beziehungen und Kontakte mit dem Osten neu beleben, um damit die Evolution des kommunistischen Systems zu beeinflussen."70 Der im Jahre 1954 einsetzende langwierige und widerspruchsvolle Prozeß der Überwindung der wirtschaftlichen Seite des kalten Krieges mündete schließlich zu Beginn der siebziger Jahre in die Anbahnung sich immer mehr normalisierender ökonomischer Beziehungen zwischen sozialistischen und kapitalistischen Staaten. Die dabei erzielten Portschritte in der wirtschaftlichen Ost-West-Zusammenarbeit sind gegenwärtig erneut schweren Belastungen ausgesetzt. Eine wirklich gegenseitig vorteilhafte ökonomische Zusammenarbeit zwischen sozialistischen und kapitalistischen Staaten wird erst dann möglich sein, wenn c&e Regierungen der USA und anderer imperialistischer Staaten von der Politik des Embargos und der Diskriminierung, endgültig Abschied genommen haben und die Vereinbarungen der gesamteuropäischen Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit über die Prinzipien dieser Beziehungen in Gestalt bilateraler oder multilateraler Verträge mit materiellem Gehalt erfüllt sind. Mit ihren Noten vom 10. September - nachdem das Scheitern der "EVG" eine neue Lage geschaffen hatte - lehnten die Westmächte jegliche Verhandlungen der europäischen Sicherheit und Zusammenarbeit ab und demonstrierten ihr unverändertes Pesthalten an ihrem auf die Remilitarisierung der BRD

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Cm die Sicherung von Sozialismus und Frieden

und auf die Fertigstellung des NATO-Kriegsblocks gerichteten Kurses. Dennoch kommt der sowjetischen Initiative vom Juli und August 1954 hohe Bedeutung zu. Berücksichtigt man die Lage in der kapitalistischen Welt und das Aufbrechen widerstreitender Interessen verschiedener Gruppierungen der Bourgeoisie, so ergibt sich: Der Kampf um kollektive Sicherheit wurde mit dem Kampf um wirtschaftliche Zusammenarbeit der Staaten verbunden. Der Zeitpunkt konnte kaum günstiger gewählt werden. Die marxistisch-leninistische Analyse der Weltlage und ihrer Besonderheiten hatte es der Sowjetregierung ermöglicht, diesen bedeutenden Beitrag zur Sache der friedlichen Koexistenz zu leisten. Mit der Ausarbeitung von Vorstellungen über die gesamteuropäische ökonomische Zusammenarbeit hat die Sowjetunion die internationale Diskussion über die kollektive Sicherheit weitergetrieben. Sie hat das Kampfprogramm aller Friedenskräfte bereichert. In der Bourgeoisie hat sie in Verbindung mit ihrer praktischen Politik in den Fragen des Außenhandels jene Kräfte weiter angeregt, die realistischen Überlegungen und in der Perspektive einer Politik der friedlichen Koexistenz zugänglich sein konnten. Das sowjetische Programm der europäischen Sicherheit und die Massenbewegung gegen die "EVG" Die unausgesetzte Aktivität der Sowjetunion in den Fragen der europäischen Sicherheit nach der Berliner Außenministerkonferenz ist nicht ohne Einfluß auf die Massenbewegung in Westeuropa gegen die "Europäische Verteidigungsgemeinschaft" geblieben, die umsomehr anschwoll, als die Entscheidung in der französischen Nationalversammlung im Sommer 1954 näherrückte. Nach der Berliner Konferenz nahm die gegen die "EVG" gerichtete Bewegung auch den Gedanken der Alternative zu diesem aggressiven Pakt unter dem Einfluß der sowjetischen Vorschläge des Frühjahrs und Sommers auf, die in normalisierten Beziehungen zur Sowjetunion und in einem System der kollektiven Sicherheit für Europa bestand. Vorher hatte sich diese Bewegung noch weitgehend auf die Ablehnung der sogenannten "Europaarmee" und der Remilitarisierung der BRD beschränkt. In Frankreich förderte die Französische Kommunistische Partei diesen Erkenntnisprozeß in der Volksbewegung nach Kräften. Maurice Thorez würdigte auf dem XIII. Parteitag der FKP das sowjetische Projekt in seiner Bedeutung für die Volksbewegung gegen die "EVG": "Die Sowjetunion schlug einen präzisen Plan für einen allgemeinen europäischen Vertrag über die Kollektive Sicherheit vor und zeigte damit, daß die Annahme der sogenannten Europäischen Verteidigungsgemeinschaft keineswegs ein unvermeidliches Übel ist. Das Inkrafttreten des französisch-

Massenbewegung gegen die "EVG"

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sowjetischen Vertrages würde Prankreich wirksam h e l f e n , seine Handlungsf r e i h e i t i n der Außenpolitik zurückzugewinnen."^ 1 Während die revolutionäre Arbeiterbewegung ihren Kampf von den P o s i t i o nen des p r o l e t a r i s c h e n Internationalismus und -der t i e f e n Freundschaft zur Sowjetunion aus f ü h r t e , r e i f t e bei kleinbürgerlichen und bürgerl i c h e n Teilnehmern der Anti-"EVG"-Bewegung d i e Einsicht, daß f r i e d l i c h e Lösungen nur im Einvernehmen mit der Sowjetunion zu e r z i e l e n waren und daß der Gedanke, die Sicherheit der europäischen Staaten k o l l e k t i v zu garantieren, v e r n ü n f t i g war. Die Teilnehmer der Bewegung l i e ß e n sich i n i h r e r Gegnerschaft zur "EVG" v i e l f a c h von n a t i o n a l i s t i schen Standpunkten l e i t e n . Ihnen schwebte eine besondere R o l l e Frankr e i c h s im Rahmen der k a p i t a l i s t i s c h e n Staaten Westeuropas v o r , und s i e lehnten deshalb jede Einschränkung der nationalen Souveränität Frankr e i c h s ab. Die E i n s i c h t s v o l l s t e n unter ihnen gingen b e r e i t s von der Möglichkeit der f r i e d l i c h e n Koexistenz s o z i a l i s t i s c h e n und k a p i t a l i s t i s c h e r Staaten in Europa aus oder näherten sich unter dem Einfluß der sowjetischen Außenpolitik und der Massenbewegung solchen P o s i t i o nen. Einer von ihnen war der ehemalige Staatspräsident Vincent A u r i o l . Er hatte sich in die Front der Gegner der "EVG" eingereiht und unters t ü t z t e die Idee der k o l l e k t i v e n S i c h e r h e i t . In einem P r e s s e a r t i k e l v e r u r t e i l t e er die von Dulles r e p r ä s e n t i e r t e " P o l i t i k der Stärke", sich erst mit der Sowjetunion wieder an den Verhandlungstisch setzen zu wollen, wenn diese ihre p o l i t i s c h e n Z i e l e geändert habe. Er unters t ü t z t e die p r i n z i p i e l l e Ablehnung der R e m i l i t a r i s i e r u n g der BRD und die f r i e d l i c h e Lösung der Probleme Deutschlands im Rahmen eines Systems der europäischen S i c h e r h e i t : "Man wird die f r e i e und f r i e d l i c h e Vereinigung Deutschlands nur i n einem allgemeinen System k o l l e k t i v e r Sicherheit Europas e r h a l t e n . " Auriols Ansichten über die A l t e r n a t i v e k o l l e k t i v e Sicherheit oder Kriegsvorbereitung und Krieg kamen denen der Sowjetunion sehr nahe, wenn er am Schluß seines A r t i k e l s bemerkte: "Möge man also diese Organisation (der k o l l e k t i v e n Sicherheit - E . L . ) , die auf einer progressiven und k o n t r o l l i e r t e n Abrüstung beruht, v o r 72 b e r e i t e n oder endgültig auf den Frieden v e r z i c h t e n . " ' In der kurzen, aber scharfen Debatte, die der Abstimmung i n der französischen Nationalversammlung voranging, g r i f f i h r Ehrenpräsident, der g r e i s e H e r i o t , den gleichen Gedanken auf. Er erinnerte an seine R o l l e bei der Aufnahme diplomatischer Beziehungen Frankreichs zur Sowjetunion im Jahre 1924, um dann auszurufen: "Wir wollen den Frieden durch den Frieden s e l b s t , nicht durch die Aufrüstung gewisser Länder. Und wenn man mir sagt: Man kennt S i e , Sie wollen ein Bündnis mit Rußland, so werde ich antworten, daß ich nichts w i l l a l s mein Vaterland auf einen Weg führen, der es zu einem r e l a t i v e n Glück führt und von dem ich

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nicht weiß, warum wir ihn nicht durch eine Befriedung und durch die Hilfe jener suchen, die uns bereits in tragischen Stunden geholfen haben und die wir bloß bitten müssen, ihre Ansichten besser darzutun (Rußland),"73 Im Auftrage der Bonner Regierung hat der Geschäftsträger der BRD in Paris die Kräfte analysiert, die in Prankreich gegen die "EVG" kämpften. Die Einschätzung ist durch und durch antikommunistisch und verdient im ganzen wenig Aufmerksamkeit. Pestgehalten werden soll aber die Tatsache, daß der Verfasser diejenigen als eine Gruppe der Gegner der "EVG" bezeichnete, die nicht Kommunisten waren und "die glaubten, mit der UdSSR trotz aller Schwierigkeiten und Enttäuschungen auf dem Weg friedlicher Verhandlungen zu einer Regelung der Differenzen zwischen Ost und West zu gelangen"."^ Und Adenauer selbst gibt - verborgen unter zahlreichen antisowjetischen Verleumdungen - zu, daß die französische Anti-"EVG"-Bewegung Von den realistischen Ideen, die die Außenpolitik der Sowjetunion zur Lösung der Probleme Europas vorgebracht hat, "stark beeinfluß" worden ist."^ Auch in Italien hatte sich eine breite Bewegung gegen die "EVG" entfaltet. Ihr Kern war die Aktionseinheit der Italienischen Kommunistischen Partei und der Sozialistischen Partei. Die Bewegung entwickelte solche Kraft, daß sich unter ihrem Einfluß über 100 bürgerliche Abgeordnete gegen den Militärpakt aussprachen und daß sie die Regierung gehindert hat, die Ratifizierung im Parlament zu betreiben. Charakteristisch für die Bewegung in Italien war ähnlich wie in Frankreich, daß sie 1954 nicht mehr vorwiegend nur ihre Ablehnung der "Europaarmee" und der Remilitarisierung der BRD zum Ausdruck brachte, sondern sich einhellig für einen deutschen Friedensvertrag und für ein 76 System der kollektiven Sicherheit in Europa einsetzte. In Großbritannien schlugen sich die Ergebnisse der Berliner Außenministerkonferenz in einem neuen Aufschwung der Massenbewegung gegen die "EVG" und die Remilitarisierung der BRD nieder, die zugleich den Charakter einer scharfen Auseinandersetzung in der Labour Party zwischen den Mitgliedermassen und den rechten Führern annahm. Sie fand im Zusammenhang mit den Jahreskonferenzen der Gewerkschafts- und Genossenschaftsbewegung im Frühjahr und Sommer 1954 in der für die opportunistisch geführte britische Arbeiterbewegung traditionellen Form von Versammlungen und der Annahme von Resolutionen und Petitionen statt. In Einzelfällen äußerte sie sich in der kämpferischen Form der Straßendemonstration. Diese "Massenbewegung gegen die Wiederaufrüstung Westdeutschlands", so schätzt Hella Winkler die Ergebnisse ihrer detaillierten Untersuchungen ein, habe "alle ähnlichen 77 Aktionen seit Beendigung des Krieges in den Schatten" gestellt.

Massenbewegung gegen die "EVG"

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Weitgehende Einheit der gegen die Remilitarisierung der BRD gerichteten Auffassungen spiegelten die in großer Zahl angenommenen Entschließungen örtlicher und regionaler Organisationen wider. Ungenügende Klarheit herrschte indessen über die positive Alternative zur "EVG", wie sie von der sowjetischen Delegation in Berlin dargelegt worden war. Deshalb betonte Harry Pollitt in seinem Bericht an den 23. Parteitag der Kommunistischen Partei Großbritanniens die Notwendigkeit besonders, den Kampf gegen die Wiederaufrüstung der BRD mit dem Kampf um einen gesamteuropäischen Vertrag über die kollektive Sicherheit zu verbin70 den. Neben den Kommunisten und anderen progressiven Kräften, die sich vorwiegend um das britische Friedenskomitee vereinten, näherten sich der Idee der kollektiven Sicherheit auch einige nicht zu den Rechten gehörenden Führungskräfte der Labour Party. Der Labour-Politi- .. ker Benjamin Parkin wandte sich im Unterhaus nachdrücklich gegen die Einbeziehung der beiden deutschen Staaten in Militärblöcke und schlug in Übereinstimmung mit den Vorschlägen, die die Sowjetunion in Berlin unterbreitet hatte, vor, das Problem der Vereinigung Deutschlands 70 "im Rahmen eines gesamteuropäischen Systems der Sicherheit" zu lösen. In der BRD beflügelte das Auftreten der Delegation der Sowjetunion auf der Berliner Außenministerkonferenz vor allem den Kampf der fortgeschrittensten Teile der Arbeiterklasse und der anderen Werktätigen gegen die Remilitarisierung. Der Einfluß der sowjetischen Außenpolitik und die Zustimmung, die ihr Millionen entgegenbrachten, spiegelte sich auch während der Vorbereitungen und des Verlaufs des Parteitages der SPD wider, der im Juli in Westberlin abgehalten wurde, und der nicht zuletzt aus diesem Grunde "zum Höhepunkt der innerparteilichen AusRO einandersetzungen werden sollte", die in der SPD aus Anlaß der Remilitarisierung der BRD geführt wurden. Der Parteitag lehnte daraufhin in Referat, Diskussion und Entschließung die "EVG" ab und sprach sich für kollektive Sicherheit aus. Den Worten nach wandte sich -Erich Ollenhauer im Hauptreferat gegen eine Angliederung der DDR an die BRD und gegen die Liquidierung sozialistischer Errungenschaften in der DDR, während "Führer der SPD zur gleichen Zeit im Forschungsbeirat für Fragen der Wiedervereinigung Deutschlands gemeinsam mit reaktionärsten Vertretern des Monopolkapitals und des Großgrundbesitzes Pläne zur Beseitigung der sozialistischen Ordnung in der DDR ausarbeiteten".81 Wenn der Parteitag gegen die "HVG" und für kollektive Sicherheit sprach, so bedeutete das nicht, daß er die Partei und die Massen auf den Kampf für diese Ziele orientierte, sondern er bezog eine Position des Abwartens und damit der Schwächung der nicht geringen antlmiiitaristischen Kräfte in der BRD. Dementsprechend hieß es in der Parteitagsentschließung: "Die Sozialdemokratie fordert energische

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Um die Sicherung von Sozialismus und Frieden

Anstrengungen der westlichen Welt, mit dem d e r z e i t i g e n Machtbereich der Sowjets zu Verhandlungen über die Errichtung r e g i o n a l e r Sicher-

QO heitssysteme im Rahmen der Satzung der Vereinten Nationen zu kommen." Das hieß aber, man s o l l e selbst nichts unternehmen und abwarten, bis die Großmächte die k o l l e k t i v e Sicherheit bescherten. Die Führung der Sozialdemokratischen P a r t e i lehnte jahrelang Gespräche mit der Regierung der Sowjetunion rundweg ab. Desgleichen v e r f i e l e n a l l e Angebote der SED und der Regierung der DDR, Uber Lösungsmöglichkeiten f ü r die anstehenden Fragen zu beraten oder gemeinsame S c h r i t t e zu e r wägen, der Ablehnung. Auf diese Weise wurden a l l e an sich r i c h t i g e n Erklärungen abgewertet und e r h i e l t e n o b j e k t i v die Funktion eines Vent i l s , über das angestauter Kampfeswille der auf die SPD o r i e n t i e r t e n Massen abgelassen - und unwirksam gemacht werden konnte. Verschiedene bürgerliche Persönlichkeiten in der BRD waren aus ganz unterschiedlichen Motiven gegen die R e m i l i t a r i s i e r u n g e i n g e s t e l l t , so die drei ehemaligen Reichskanzler der Weimarer Republik Brüning, Luther und vor allem Wirth, der a l l e an Konsequenz der Ansichten über die Notwendigkeit der Zusammenarbeit mit der Sowjetunion zum Nutzen des Friedens überragte, aber auch der ehemalige Botschafter i n der UdSSR, Nadolny, sowie Pastor Martin Niemöller, Dr. Gustav Heinemann und Dr. Helene Wessel. Ihnen v e r m i t t e l t e n die r e a l i s t i s c h e n Vorschläge der Sowjetunion neue Impulse ihres f r i e d l i c h e n Interessen dienenR4. den Wirkens. Diese K r ä f t e vermochten a l l e r d i n g s nicht, ihre Zers p l i t t e r u n g zu überwinden und sich zu gemeinsamen Aktionen zusammenzuf i n d e n . Mit Ausnahme des von Joseph Wirth geführten Bundes der Deutschen standen s i e zumeist auf Positionen des Antikommunismus und lehnten jede Zusammenarbeit mit der konsequentesten a n t i i m p e r i a l i s t i s c h e n und a n t i m i l i t a r i s t i s c h e n K r a f t , der Kommunistischen P a r t e i Deutschlands ab. Infolgedessen haben s i e auf qc das Geschehen in der BRD keinen nachhaltigen Einfluß nehmen können. An der S e i t e der Sowjetunion l e i s t e t e n auch die anderen s o z i a l i s t i schen Staaten wichtige Beiträge zum Kampf gegen die "EVG", darunter die DDR und die Volksrepublik Polen. Auf dem IV. P a r t e i t a g der SED hatte Walter Ulbricht im Bericht.des Zentralkomitees das besondere I n t e r e s s e "an einer Verständigung zwischen dem französischen Volk, dem deutschen Volk und den Völkern der Sowjetunion" hervorgehoben, " d i e eine gute Grundlage f ü r die Sicherung des f r i e d l i c h e n Zusammenlebens der europäischen Völker wäre". 8 ^ Die v e r e i n t e K r a f t d i e s e r Völker hätte t r o t z der Unterstützung durch den USA-Imperialismus zur I s o l i e r u n g des Militarismus i n der BRD führen können. Im Sinne dieser Orientierung nutzte der Ministerpräsident der DDR, Otto Grotewohl, am 29. A p r i l 1954 die Spalten der i t a l i e n i s c h e n s o z i a -

Massenbewegung gegen die "EVG"

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listischen Zeitung "Avanti" und am 16. August die der bürgerlichen französischen Zeitung "Le Monde" dazu, dem italienischen und dem französischen Volk die Positionen der DDR zu den Lebensfragen der Völker Europas in ausführlichen Interviews zu erklären. Einen besonderen Platz nahm in diesen Interviews der Nachweis der tatsächlichen Gefahr ein, die von den Militärpaktplänen für das friedliche Leben der europäischen Völker ausging, und der Nachweis, daß es in Gestalt eines demokratischen Friedensvertrages in Verbindung mit einem System der kollektiven Sicherheit eine für alle annehmbare Alternative gab. Otto Grotewhl widmete auch der Sorge vieler Westeuropäer Aufmerksamkeit, die sich ein einheitliches Deutschland nicht anders als militaristisch und für die Lebensinteressen der Nachbarvölker gefährlich vorstellen konnten. Ihnen legte er dar, daß es gerade darum ging, mit Hilfe eines demokratischen Friedensvertrages und eines Systems der kollektiven Sicherheit die aggressiven Kräfte des deutschen Imperialismus und Militarismus zu zügeln, den demokratischen, friedliebenden Kräften zu einem Übergewicht zu verhelfen und aus dem Zusammenwirken der Völker Europas Bedingungen für Frieden und Sicherheit erwachsen zu lassen. In dem gleichen Sinne richtete der Präsident der DDR Wilhelm Pieck am 23. August 1954, wenige Tage vor der Abstimmung in der französischen Nationalversammlung ein Schreiben an den Präsidenten Frankreichs, René Coty. Darin verwies er unter Berufung auf die Volksabstimmung in der DDR und die Rolle Frankreichs bei der Lösung der Fragen Indochinas auf der Genfer Konferenz auf die große Verantwortung beider Völker und auf die reichen Möglichkeiten, mit der Ablehnung der "EVG" und einem demokratischen Friedensvertrag Voraussetzungen für das friedliche Zusammenleben der Deutschen und 88

der Franzosen und aller europäischen Völker zu schaffen. Die Regierung der Volksrepublik Polen tat ein übriges, klar zu machen, daß nicht imperialistische Militärpakte und die Remilitarisierung der BRD die Sicherheit Frankreichs gewährleisten konnten, sondern die friedliche'Zusammenarbeit der Völker und ihr gegenseitiger Beistand gegen einen eventuellen Aggressor. Am 25. August übergab der Botschafter Polens der französischen Regierung eine Note, in der zur Festigung der Sicherheit Frankreichs und Polens sowie der allgemeinen Sicherheit in Europa ein Vertrag über Bündnis und gegenseitige Hilfe ange89 boten wurde. Eine besonders eindrucksvolle Demonstration ihrer Haltung zu den Lebensfragen der Völker Europas gab die Bevölkerung der Deutschen Demokratischen Republik in der Volksabstimmung vom 27. bis 29. Juni 1954 über die Frage "Für Friedensvertrag und Abzug der Besatzungstruppen oder für EVG, Generalvertrag und Belassung der Besatzungstruppen auf

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50 Jahre". Sie war zugleich die überzeugendste Antwort auf die Frage, die v i e l e Westeuropäer nach der Haltung der Deutschen s t e l l t e n . Sie h a l f ihnen, zwischen den herrschenden I m p e r i a l i s t e n und M i l i t a r i s t e n des ehemaligen Deutschen Reiches und der BRD e i n e r s e i t s und den f r i e d liebenden Massen des Volkes in der BRD und in der DDR und der s o z i a l i s t i s c h e n Staatsmacht i n der DDR andererseits besser zu unterscheiden. 98,6 % a l l e r Berechtigten b e t e i l i g t e n sich an dieser Entscheidung, und mit 93,6 % a l l e r g ü l t i g e n Stimmen sprach sich die erdrückende Mehrheit der Bevölkerung der DDR eindeutig gegen die "EVG" und f ü r 90

einen Friedensvertrag aus. Diese Meinungsäußerung l i e ß Rückschlüsse darauf zu, wie eine Befragung der Völker Westeuropas ausgefallen wäre, hätte man ihnen die Möglichk e i t f r e i e r Meinungsäußerung gegeben. Sie l i e ß auch ahnen, wie sich die Mehrheit der Bevölkerung der BRD entschieden hätte, hätte s i e sich f r e i äußern dürfen. Nicht nur die Kommunistische P a r t e i Deutschlands, der Bund der Deutschen öder die Gesamtdeutsche Volkspartei schätzten die Meinung der Westdeutschen entsprechend e i n . Die Einstellung der Mehrheit der Westdeutschen zur Remilitarisierung s p i e g e l t sich i n den Beschlüssen der Gewerkschaftstage und i n den zahlreichen Anträgen wider, die meist ö r t l i c h e oder regionale Parteiorganisationen an die P a r t e i t a g e der SPD r i c h t e t e n . Aber auch bürgerliche Beobachter des Auslandes l e g t e n Zeugnis von der a n t i m i l i t a r i s t i s c h e n Grundhaltung der Bevölkerung der BRD ab. Ganz im Gegensatz zu den reaktionären Kräften, die die Regierung Adenauer r e p r ä s e n t i e r t e und die s t e t s behaupteten, s i e hätten das Mandat des Volkes f ü r ihre R e m i l i t a r i s i e r u n g s und Spaltungspolitik, die aber g l e i c h z e i t i g eine Volksbefragung mit einem lückenlosen Verbotsterror unterdrückten, hatte b e i s p i e l s w e i s e der amerikanische Bankier und P u b l i z i s t James Warburg schon 1953 aus der Untersuchung der Meinungen vorwiegend der Bewohner der BRD g e s c h l u ß f o l g e r t : "Das deutsche Volk war entschieden gegen die Wieder91

aufrüstung e i n g e s t e l l t . " Die Bewegung gegen die "EVG" g r i f f auch über die nationalen Grenzen hinaus und versuchte, ihre Kräfte i n t e r n a t i o n a l zusammenzufassen, 'um der Stimme der Völker mehr Gehör zu v e r s c h a f f e n . Am 20. und 21. März 1954 fanden sich etwa 200 bekannte Repräsentanten der verschiedenen Richtungen der "EVG"-Gegner aus den von dem Pakt-Projekt b e t r o f f e n e n Ländern zu einer Internationalen Konferenz von Vertretern der westeuropäischen Ö f f e n t l i c h k e i t gegen die "EVG" i n P a r i s zusammen. Einer Delegation aus der DDR hatte die französische Regierung die Einreise v e r w e i g e r t . Bei a l l e r Unterschiedlichkeit der p o l i t i s c h e n Auffassungen drückten die Teilnehmer i n einer Grundfrage der europäischen P o l i t i k ihren gemeinsamen Standpunkt aus. Sie r i e f e n in einer Resolu-

Däs Scheitern der "EVG"

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tion zu verstärktem Kampf gegen die "EVG" und mahnten, dieser friedensgefährdende Militärpakt "würde den Weg für Verhandlungen zwischen Ost und West versperren und ein unüberwindliches Hindernis für die friedliche Wiedervereinigung Deutschlands schaffen".92 Vom 19. bis 23. Juni 1954 trat auf Initiative französischer Gegner der "EVG" in Stockholm eine internationale Konferenz zur Minderung der Spannung in den internationalen Beziehungen zusammen, an der Vertreter aus 30 Ländern teilnahmen. Die Konferenz nahm zu den wichtigsten internationalen und europäischen Prägen Stellung. Sie bekräftigte die Auffassung ihrer Teilnehmer, daß Beziehungen der friedlichen Koexistenz zwischen sozialistischen und kapitalistischen Staaten möglich sind und daß die UNO gefestigt werden muß. Weiter befürwortete sie einen allgemeinen Gewaltverzicht, neue Verhandlungen zur friedlichen Lösung der deutschen Frage und den Verzicht auf jede Aufrüstung der deutschen Staaten bis dahin und auf ihre Eingliederung in irgendwelche Militärpakte und sprach sich für vielfältige Abrüstungsmaßnahmen aus. Gleichzeitig stellte die Konferenz die Aufgabe, künftig breitere Kreise in die Be03 wegung der demokratischen Öffentlichkeit Europas einzübeziehen. Die Bewegung gegen die "EVG" hat von der sozialistischen Außenpolitik wichtige Impulse empfangen; vor allem ist ihr die realistische Alternative zu dem Militärpakt gezeigt worden. Das muß selbst Paul Noack eingestehen, der die Aktionen der sowjetischen Diplomatie zwar aus seinen Untersuchungen ausklammert, aber immerhin darauf verweist, daß "ihre Wirkung sowohl auf die französische Öffentliche Meinung als auch auf die Entscheidung der Nationalversammlung stets mitbedacht werden" sollte. 94 Das Scheitern der fEVG" Am 30. August 1954 kam die "EVG" in der französischen Nationalversammlung zu Fall. Sie scheiterte an einer Bewegung, die alle Klassen und Schichten Frankreichs erfaßt hatte. 1952 fürchteten die Initiatoren der Remilitarisierung der BRD so heftigen Widerstand, daß sie nach einem geeigneten Mittel der Täuschung der friedliebenden Völker suchten und in der Form der "EVG" glaubten gefunden zu haben. Bei der Wahl dieser Form mag auch die Vorstellung eine Rolle gespielt haben, der wiedererstehende Imperialismus und Militarismus der BRD könne mit ihrer Hilfe unter Kontrolle gehalten werden. Die sogenannte Europaarmee der "EVG" sollte keine nationalen Streitkräfte, sondern nur noch gemischte Verbände kennen, und damit sei die Gefahr, daß der deutsche Militarismus wiedererstehen könnte, gebannt. Um diese Argumentation entbrannte ein heftiger Streit. Viele sahen zu recht in dieser Form der Remilitarisierung der BRD gerade

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eine reale Gefahr, daß sich der Militarismus der BRD bald zu beherrschenden Positionen in den gemischten Streitkräften und damit in Westeuropa aufschwingen konnte. Das war der Standpunkt der sozialistischen Staaten. Die kommunistischen und Arbeiterparteien nahmen ihn ebenfalls ein. Die Massenbewegung der Werktätigen in Prankreich hatte sich diese Position zu eigen gemacht. Sie wandte sich prinzipiell gegen die Remilitarisierung der BRD und trat zunehmend für die von der Sowjetunion gewiesene Alternative in Gestalt der kollektiven Sicher^ heit ein. Der Plan, die nationalen Streitkräfte in einer Europaarmee aufgehen zu lassen und die nationale Souveränität einzuschränken, traf aber auch auf den hartnäckigen Widerstand solcher nationalistischer Kräfte, wie die Gaullisten, die nicht prinzipiell gegen die Remilitarisierung der BRD mit antisozialistischer Stoßrichtung eingestellt waren. Deshalb reichte die Bewegung gegen die "EVG" bis in bürgerliche, sogar bürgerlich-konservative Kreise hinein, die vor allem die supranationale Form des Militärpakts ablehnten, in der sie Gefahr für die nationale Souveränität Frankreichs und in der sie eine Begünstigung der'Hegeimonieansprüche der BRD sahen. Der Wucht dieser breiten Bewegung konnte sich das französische Parlament nicht entziehen. Nachdem alle parlamentarischen Ausschüsse negative Empfehlungen vorgelegt hatten, lehnte die Nationalversammlung mit Mehrheit eine weitere Debatte über den Militärpakt ab. Damit war er selbst der Ablehnung verfallen. Infolgedessen konnte auch der sogenannte Bonner Vertrag über die Beziehungen zwischen den Westmächten und der BRD nicht in Kraft gesetzt werden. Das fortschrittliche Europa feierte einen bedeutenden Sieg über die Kräfte des Imperialismus, der Reaktion und des Militarismus. Die von der Außenpolitik der Sowjetunion und der verbündeten sozialistischen Staaten so kräftig inspirierte und von den kommunistischen Parteien so umsichtig geführte Bewegung der Volksmassen für Frieden und Sicherheit, die' ein Bündnis von der Arbeiterklasse bis weit hinein in bürgerliche Kreise erreichen konnte, siegte zum erstenmal in der Geschichte in so offensichtlicher Weise über die stärkste reaktionäre Kraft der Welt, über den USA-Imperialismus und die mit ihm verbündete europäische Reaktion. Das war eine neue Erscheinung in der Geschichte des internationalen Klassenkampfes. Der Fall der "EVG" deutete an, daß sich das internationale Kräfteverhältnis infolge der gewachsenen Rolle der Volksmassen weiter zugunsten der Kräfte des Friedens, der Demokratie und des Sozialismus veränderte und die Verwirklichung der imperialistischen Militärpaktpläne ernstlich behinderte. Was war erreicht worden? Als seine Schöpfer im Mai 1952 ihre Unter»

Das Scheitern der "EVG"

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schrift unter den Kriegspakt mit dem harmlosen Namen setzten, waren sie davon ausgegangen, daß er innerhalb von sechs Monaten ratifiziert würde. Infolge der Massenproteste, die sich im Zusammenhang mit der Zustimmung zu dem sowjetischen Friedensvertragsentwurf von 1952 entwickelten, wagte es keine Regierung, "EVG"-Vertrag und Generalvertrag in der vorgesehenen Frist zur Ratifizierung im Parlament vorzulegen. In Italien und Frankreich war der Druck schließlich so groß, daß die Regierungen über zwei Jahre zögerten, die Ratifizierung im Parlament zu betreiben. Zum Zeitpunkt des endgültigen Scheiterns waren die Verträge bereits zwei Jahre und drei Monate alt. Nimmt man die Zeit bis zum Inkrafttreten der Pariser Verträge hinzu, ergibt sich ein Zeitverlust von rund drei Jahren.^ Weniger offensichtlich, aber möglicherweise in perspektivischer Sicht von noch größerer Tragweite für die reaktionären Bestrebungen der imperialistischen Mächte war eine Folgewirkung des Scheiterns der "EVG". Nach den Vereinbarungen über die ökonomische Integration sollte die Zusammenfassung der militärischen Kräfte mit Hilfe der "EVG" den Auftakt zur politischen Integration Westeuropas bilden. "Auf der Strecke blieb die politische Union (West - E.L.) Europas, als deren 96 Vorläufer die militärische Union, die EVG, gedacht war." Die Integration der BRD in die NATO gelang bekanntlich innerhalb weniger Monate nach dem 30. August 1954. Die politische Integration kam indessen seitdem nur im Schneckentempo voran. In der Geschichte der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands heißt es zu den Ergebnissen des antiimperialistischen Kampfes dieser Zeit: "Der entschlossene Kampf der KPdSU, der SED und anderer marxistisch-leninistischer Parteien sowie der Volkswiderstand in vielen Ländern gegen die Remilitarisierung der BRD durchkreuzte manche der von der imperialistischen Reaktion, vor allem von den herrschenden Kreisen der NATO-Staaten geplanten Manöver. Wesentliche Ziele konnte der Imperialismus nicht 97 so realisieren, wie er es ursprünglich beabsichtigt hatte. Die gewachsene Stärke der sozialistischen Staaten und besonders der sozialistischen Hauptmacht, der Sowjetunion, und ihre initiativreiche, realistische Außenpolitik waren das Entscheidende in diesem Prozeß neuer Machtentfaltung der Friedenskräfte. Die Massenbewegung bezog daraus die bedeutendsten Impulse, vor allem neben der Gewißheit der militärischen Unbesiegbarkeit der Sowjetunion das Wissen um den Realismus der von der sowjetischen Außenpolitik gezeigten Alternative. In der Bewegung wirkte im Sinne der Verstärkung ihrer Kräfte und der Gewinnung neuer Teilnehmer das Bewußtsein der furchtbaren Gefahr, die sich aus der Existenz der Kernwaffen in den Händen der imperialistischen Hauptmächte ergab. In Frankreich und auch in anderen Län-

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Um die Sicherung v o n Sozialismus und F r i e d e n

dern schlössen sich dieser Bewegung a u c h bourgeoise Kräfte an, die aus unterschiedlichen Gründen für die Wahrung der nationalen Souveränität eintraten. Die v o n der Remilitarisierung der BRD heraufbeschworene

Erinnerung

an die lebensbedrohende Gefahr des deutschen Paschismus u n d M i l i t a rismus weckte bedeutende antimilitaristische Kräfte. Der Antifaschism u s , die Kraft der Tradition des antifaschistischen Widerstandskampfes', nahm in der Antikriegsbewegung einen bedeutenden Platz ein. In d e n fünfziger Jahren trugen die friedliebenden Kräfte in den kapitalistischen Ländern bereits i n hohem Maße dazu bei, die Pläne der Kriegsvorbereitung erheblich zu stören u n d ihre Verwirklichung

spür-

b a r zu verzögern. Ihr weiteres Erstarken ließ die Schlußfolgerung zu, daß sie einst mächtig genug sein werden, gemeinsam mit den sozialistischen Staaten die Entfesselung eines neuen Weltkrieges d u r c h den Imperialismus u n m ö g l i c h zu machen. Einen neuen Weltkrieg zu v e r h i n dern, nicht nur hinauszuschieben, konnte unter neuen Bedingungen zu einer realen Aufgabe werden. Die zeitgenössischen Politiker des kalten Krieges quittierten das Pariser Ereignis mit Kommentaren, die die Größe ihrer Niederlage w i derspiegeln. Für sie bedeutete das Scheitern der "EVG" ein "ernstes 98 U n g l ü c k " (Eisenhower) oder ein "trauriges Ereignis" (Dulles). Adenauer überschrieb sogar in der v o n den Klassikern des M a r x i s m u s Leninismus so oft verspotteten

Manier der historisch zum Abtreten

verurteilten Klassen, die den eigenen Untergang für den U n t e r g a n g der g a n z e n Gesellschaft ausgeben, einen Abschnitt seiner M e m o i r e n qq "30. August 1954 - Schwarzer Tag für Europa". J Die bürgerliche Geschichtsschreibung beurteilt die Rolle des Falls der "EVG" i n der Geschichte unterschiedlich. Die Einschätzungen r e i chen v o n der im g a n z e n realistischen Bemerkung der geschichteschreib e n d e n Bonner Außenpolitiker aus dem Jahre 1972, nach der die Ablehnung i n der französischen Nationalversammlung "die schwierigste Krise" ausgelöst habe, die die Politik der imperialistischen Staaten i n der Nachkriegszeit bis dahin erlebt hatte, 1 ®® bis zu der 1973 v o n Hans H e r z f e l d ganz im Stile des kalten Krieges aufgestellten Verunglimpfung der historischen Entscheidung des 101 französischen Parlaments als einer "berühmt-berüchtigten Sitzung". Wie unterschiedlich bürgerliche Historiker aber auch das Ende der "EVG" beurteilen mögen, in einem gibt es weitgehende

Übereinstimmung:

i n ihrem Geschichtsbild fehlen die für die Wahrung ihrer friedlichen Interessen kämpfenden u n d erfolgreichen Volksmassen. Und es f e h l e n auch ihre Gegenspieler, die Herren der Rüstungsmonopole, deren p o l i tische Repräsentanten in den imperialistischen Regierungen eine den

Das Scheitern der "EVG"

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Frieden aufs schwerste bedrohende Militärpaktpolitik betrieben haben. Hans-Adolf Jacobsen wendet sich in jüngster Zeit direkt gegen Darstellungen, in denen der Massenbewegung gegen die "EVG" eine entscheidende Rolle beigemessen wird. Ihnen hält er entgegen: "Sehr wahrscheinlich hat sie allerdings kaum ... die Remilitarisierung um

'Jahre'

verzögert." Nach Jacobsens Meinung, die er mit deutlich kritischem Unterton vorträgt, gerichtet an jene Regierungskreise, die damals die innerimperialistischen Interessengegensätze nicht überbrückt haben, war dafür "in erster Linie die Auseinandersetzung unter den westlichen 102 Verbündeten maßgebend". Bei Paul Noack glaubt man, nachdem er die parlamentarischen Debatten ausführlich dargelegt hat, auf neue Erkenntnisse zu stoßen, wenn es heißt: "Auf der anderen Seite war auch die außerparlamentarische Front der Gegner so breit geworden, daß die EVG-Befürworter dem nicht mehr gewachsen waren." Aber Noack identifiziert die außerparlamentarische Front nicht etwa mit der Massenbewegung. Diese existiert in seinem Geschichtsbild nicht. Die außerparlamentarische Front erscheint bei Noack ausschließlich in Gestalt solcher Politiker, die im Kampf gegen die "EVG" eine tatsächlich beachtliche Rolle gespielt haben, wie des Grafen von Paris, des frü103

heren Staatspräsidenten Vincent Auriol und General de Gaulles. Bei seinem Versuch, die Rolle der Volksmassen herabzumindern und die Ursache für das Fiasko der "EVG" nur dort zu suchen, wo das bürgerliche Diplomatiegeschichte traditionell tut, in der Kabinettspolitik, hat Noack eine Entdeckung gemacht: "Es war deshalb die Abstinenz Großbritanniens, nicht die nationalen Empfindlichkeiten Frankreichs, die im letzten den Todeskeim in die EVG hineintrug."""^ Wenn auch andere bürgerliche Autoren mehr auf Mendls-France zielen, sofern sie • einen Schuldigen suchen, das von Noack und das von Jacobsen entworfene Geschichtsbild kommen sich hier nahe. Beide leugnen die Rolle der friedliebenden Volksmassen, klammern die von der Sowjetunion gebotene Alternative zu dem Militärpakt weitgehend aus und kritisieren statt dessen mit dem Blick auf die Gegenwart die im Regierungslager der Westmächte ausgetragenen Differenzen. Waldemar Besson, in dessen Geschichtsschreibung sich kalter Krieg und flexible Poltik der Anpassung an neue Kräfteverhältnisse zu einer eigenartigen Mischung vereinen, würdigt das bedeutende Ergebnis des Massenkampfes gar zu einem "asiatisch-europäischen Tauschgeschäft" herab, das die Sowjetunion wie ein kapitalistischer Händler der französischen Regierung angeboten habe. In dieser Geschichtsklitterung wird ausgerechnet Mend&s-France, der bei der Aufgabe unhaltbar gewordener kolonialistischer Positionen des französischen Imperialismus in

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Indochina Realismus bewies, in Europa aber - wenn auch mit anderen Mitteln, als das die Schöpfer des "EVG"-Vertrags vorgesehen hatten und unter stärkerer Betonung der besonderen Interessen des französischen Imperialismus - die Politik der Remilitarisierung der BRD und ihrer Integration in die NATO betrieb, zu dem gemacht, der der "EVG" 105 eigentlich ihr Ende bereitet habe. J Dieses Geschichtsbild hat seine ideologische Grundlage im Antisowjetismus. Die sowjetische Außenpolitik wird so verfälscht, als bedeuteten der Sowjetunion die Interessen der Völker nicht mehr als Objekte in einem politischen Kuhhandel der Großmächte. Die Sowjetunion habe die Demokratische Republik Vietnam veranlaßt, in Genf einem ungünstigen Frieden zuzustimmen und habe gegen dieses Zugeständnis an den französischen Imperialismus zuungunsten des vietnamesischen Volkes die Ablehnung der "EVG" von der französischen Regierung eingehandelt. Antisowjetismus und leugnung der historischen Rolle der Volksmassen erweisen sich als zwei Seiten derselben fragwürdigen Medaille bürgerlicher Geschichtsschreibung. Die marxistisch-leninistische Historiographie hat der sich im Sieg über die "EVG" manifestierenden Rolle der Volksmassen eine hohe wissenschaftliche Einschätzung gegeben. Das von einer Redaktion unter der Leitung von N.K. Inozemcev herausgegebene Werk "Die internationalen Beziehungen nach dem zweiten Weltkrieg" untersucht den Kampf der Volksmassen gegen die "EVG" in verschiedenen Zusammenhängen und würdigt ihn wissenschaftlich tiefgründig. Es wird gezeigt, daß die Bewegung gegen die "EVG" unter dem Einfluß der Berliner Außenministerkonferenz weiter anwuchs. Infolge der Politik der französischen Regierung in den Fragen der "Europaarmee" und des Kolonialkrieges in Indochina entstand eine tiefe Krise im Land, und der Widerspruch zwischen der Politik der Regierung und den Stimmungen breiter Kreise der Öffentlichkeit war nach dem zweiten Weltkrieg noch nie so groß gewesen.''^ Das Werk untersucht die Aktivitäten der Weltfriedensbewegung und die organisierende Rolle des Weltfriedensrates und kommt zu dem Schluß: "Die entschiedenen Proteste des französischen Volkes und der Völker der anderen Länder Europas gegen die Versuche der Schaffung der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft stellen eine 107 der wichtigsten Ursachen ihres Fiaskos dar." Untersuchungen über den Zusammenhang mit dem Kampf gegen die Remilitarisierung der BRD 108 gipfeln in einer ähnlichen Einschätzung. Schließlich enthält dieses bisher umfassendste Werk über die Nachkriegsgeschichte der internationalen Beziehungen einen ganzen Abschnitt, der dem "Fiasko des Vertrages über die Europäische Verteidigungsgemeinschaft" gewidmet ist und den Massenkampf im Zusammenhang mit den 109 Widersprüchen zwischen den imperialistischen Gruppierungen untersucht. Die "Geschichte

Neue sowjetische Initiativen

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der sowjetischen Außenpolitik" weist auf den tiefen Widerspruch zwischen der Politik der Remilitarisierung der BRD und ihrer Einbeziehung in die NATO und den Interessen der Völker hin, der in der Ablehnung der "EVG" in der französischen Nationalversammlung seinen Ausdruck gefunden h a t . ^ ^ Auch die "Geschichte der Diplomatie" weist auf den Massenkampf hin und betont die Erschütterung der imperialistischen 111 Strategie in Europa. Desgleichen hebt V.N. Beleckij das Zusammenwirken von Massenkampf und sozialistischer Außenpolitik hervor und zeigt, daß im Ergebnis den Anfängen der Geschichte des deutschen Volkes bis zur Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft in der Deutschen Demokratischen Republik. Klassenkampf - Tradition - Sozialismus, Berlin 1979 Istorija diplomatii, tom V (v dvuch knigach), Kniga pervaja, Moskau 1974, kniga vtoraja, Moskau 1979 Istorija mezdunarodnych otnosenij i vnesnej politiki SSSR, pod redakcii V.G. Truchanovskogo, tom III 1945 - 1963 gg., Moskau 1964 Istorija vnesnej politiki SSSR v dvuch tomach. Isdanie Cet certoe, pererabotannoe i dopolnennoe. Pod redakciej A.A. Gromyko, B.N. Ponomareva, tom vtoroj: 1945 - 1980 gg., Moskau 1981 Kratkaja istorija SSSR v dvuch castjach. Cast' vtoraja: Ot Velikoj Oktjabr'skoj Socialisticeskoj Revolucii do nasich dnej, Izdanie vtoroe, dopolnennoe i pererabotannoe, Moskau 1972 50 Jahre deutsch-sowjetische Beziehungen 1917 - 1967, "Deutsche Außenpolitik", Sonderheft 1967 50 Jahre Leninsche Außenpolitik, "Deutsche Außenpolitik", 1. Sonderheft 1968 Drei Jahrzehnte Außenpolitik der DDR. Bestimmungsfaktoren, Instrumente, Aktionsfelder. Hrg. v. Hans-Adolf Jacobsen, Gert Leptin, Ulrich Scheuner, Eberhard Schulz, München/Wien 1979 Zwei Jahrzehnte deutsch-sowjetische Beziehungen 1945 - 1965, Berlin 1965 Der Kampf der Sowjetunion für Abrüstung in den Jahren 1946 bis 1960 mit einer Ergänzung für die deutsche Ausgabe bis 1962. Gesamtredaktion W.A. Sorin, Berlin 1963 Friedliche Koexistenz in Europa. Entwicklungstendenzen der Auseinandersetzung zwischen Sozialismus und Imperialismus. Hg. v. Institut für Internationale Politik und Wirtschaft der DDR, Gesamtredaktion: Peter Klein, Stefan Doernberg, Berlin 1977 Friedliche Koexistenz - ideologischer Kampf. Überarbeitete Materialien des wissenschaftlichen Kolloquiums vom 14. und 15. Februar 1973 in Berlin, IPW-Forschungshefte 2/1973 Mezdunarodnye konflikty, Moskau 1972 Kritika zapadnogermanskogo "ostforsunga", Moskau 1966 V.l. Lenin i sovetskaja vnesnjaja politika, Moskau 1969 V.l. Lenin und der revolutionäre Weltprozeß, "Deutsche Außenpolitik", Sonderheft 1970 60 let bor'by SSSR za mir i bezopasnost', Moskau 1979 Letopis' vnesnej politiki SSSR 1917 - 1978, Moskau 1979 Mißtrauische Nachbarn. Deutsche Ostpolitik 1919/1970. Dokumentation und Analyse. Hrsg. v. Hans-Adolf Jacobsen unter Mitwirkung v. Wilfried von Bredow, Düsseldorf 1970 NATO - CENTO - SEATO - OAS. Imperialistische Paktsysteme, Berlin 1964 Nordeuropa in der Gegenwart, Berlin 1972 Nordeuropa - Positionen zur Entspannung, Berlin 1979 Österreich. Die Zweite Republik. Hg. v. Erika Weinzierl und Kurt Skalnik, Bd. 1, Graz/Wien/Köln 1972

Quellen und Literatur

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Quellen und L i t e r a t u r

Warschauer Vertrag. Schutz des Sozialismus - Sicherung des F r i e d e n s . B e r l i n 1980 '