John Wesleys Lehre von der Heiligung, verglichen mit einem lutherisch-pietistischen Beispiel [Reprint 2021 ed.] 9783112434604, 9783112434598

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John Wesleys Lehre von der Heiligung, verglichen mit einem lutherisch-pietistischen Beispiel [Reprint 2021 ed.]
 9783112434604, 9783112434598

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John Wesleys Lehre

von der Heiligung verglichen mit einem lutherisch-pietistischen Beispiel

Von

Lic. Percy Scott, B. D. Mit einem Geleitwort von

Prof. D. Dr. Heinrich Frick, D. D.

Verlag Alfred Töpelmann

Studien zur Geschichte des neueren Protestantismus herausgegeben von

D. Dr. Heinrich Hoffmann und D. Leopold Zscharnack ord. Prof. a. d. Universität Bonn

ord. Prof. a. d. Universität Königsberg

17. Heft

Alle Rechte Vorbehalten Druck von Walter de Gruyter & Co., Berlin W 35

Printed in Germany

Meinen lieben Eltern

Inhaltsverzeichnis

Seite

Geleitwort von H. Frick....................................................... vn

Vorwort des Verfassers....................................................

ix

Literaturverzeichnis.......................................................... Einleitung: Die Fragestellung........................................ I. Teil: Das Thema: „Heiligung".

xi 1

1. Die Grundlage der christlichen Religion: die Gnade Gottes............................................................................................. Prädestination und Gnade — Wesleys Arminianismus — Jmputierte Gerechtigkeit — Sola fide — Der Begriff Rechtfertigung 2. Was ist Heiligung?...................................................................... Das Wesen der Heiligung — Der Anfang der Heiligung — Wesleys Auffassung — Die übliche Auffassung in der Kirche von England — Heiligung und Rechtfertigung — Heiligung als Wachstum — Das Ziel der Heiligung, Vollkommene Liebe — Glaube und Liebe

4

7

II. Teil: Die Verwirklichung der Heiligung 1. Das neue Leben.......................................................................... „Kindlein" und „Väter" als Darstellung zweier Stufen des christlichen Lebens. Kennzeichen des neuen Lebens: Gerechtigkeit, a) äußere, b) innere — Friede und Freude

17

2. Die Lehre von der Gewißheit............................................... Ihre Bedeutung im Methodismus — Die Bedeutung der Sohn­ schaft — Das Zeugnis des Heiligen Geistes und unseres eigenen Geistes — Der Unterschied zwischen beiden — Beide aber sind not­ wendig — Die Bedeutung der Gewißheit

24

3. Sünde bei den Gläubigen.......................................................... Die Tatsache — Zwei Gefahren — Sünde und Wollen — Vier Gründe für die Verwerfung des Glaubens, daß in einem Gläubigen keine Sünde sei — Ein Wort der Warnung — Sünde und das Zeugnis des Heiligen Geistes Mittel zur Reinigung von Sünden: a) Werke der Frömmigkeit: Beten, Bibelstudium, das Sakra­ ment des hl. Abendmahls b) Werke der Barmherzigkeit: Das zweifache Amt an Leib und Seele

31

Die Vollkommenen.................................................................... Bedeutung der Lehre von christlicher Vollkommenheit für Wesley a) Die negative Seite: Ein Wort der Warnung — Sünde und der „Vollkommene" — Sünden und Mängel

45

4.

VI

Inhaltsverzeichnis Seite

b) Die positive Seite: Vollkommene Liebe — Der Grund der Vollkommenheit: Der Glaube — Wann ist die Gabe zu erwar­ ten? — 6 Warnungen an den Vollkommenen — Kurzer Über­ blick 5. Die Gemeinschaft Wesley als Organisator — Mitgliedschaftsbedingung — Die Be­ deutung des Leiters (leaders) — Arbeitsmethode — Zucht — Die Klassen und die Kirche — Der Wert der Klassen — Einige Gefahren — Abschluß

53

6. Zwei mit dem Thema zusammenhängende Lehrstücke . . a) Die Lehre vom Gesetz. Gesetz als Diener Gottes — Unent­ behrlichkeit desselben zur Heiligung — Das Gesetz in der Pre­ digt — Das richtige Verständnis des Gesetzes b) Die Lehre von der Sünde. Erbsünde — Innere und äußere Sünde — Angeborene Sünde — Wesleys Definition der Sünde — Abschluß

59

III. Teil: Vergleich mit einem lutherisch-pietistischen Beispiel 1. Das neue Leben Köberles Forderung einer Lehre vom neuen Leben — Die „Ver­ borgenheit" und die „Osfenbartheit" des neuen Lebens — Das Ver­ hältnis des Glaubens zum neuen Leben — Synergismus? — Ver­ dienst oder Belohnung? — Das Verhältnis des neuen Lebens zum Glauben

71

2. Die Lehre von der Sünde Erbsünde — Schuld, Vergebung und Sieg über die Sünde, Römer VII und VIII — Sünde und Sünden — Die Folge des Sündigens — Die „prädestinatianische" und die „arminianische" Theologie

77

3. Der Begriff Wachstum Der Unterschied zwischen Wesleys und Köberles Auffassung — Die Notwendigkeit für Köberles Warnung vor der Unvermeidbarkeit des Wachstums — Sünde und Wachstum — Köberles Kritik an Wesley verbessert — Das Ausmaß des Sieges über die Sünde, die Betonung der vollkommenen Liebe behauptet

84

4. Die Gemeinschaft Köberles unangemessene Behandlung — Die Wichtigkeit der Ge­ meinschaft im Methodismus — Luthers Stelle in der „Deutschen Messe" — Prinzip oder Politik? — Communio Sanctorum (Prof. Althaus) — Ihre Nähe zur methodistischen Lehre

92

Schlußfolgerungen: Thesen

96

Geleitwort

Am 24. Mai 1738 abends 3/49 Uhr hat John Wesley in der Aldersgate Street zu London jenes Erlebnis gehabt, das für den Methodis­ mus grundlegend geworden ist: er wurde von der Gewißheit des in Christo erworbenen und angebotenen Heils überwältigt, und zwar ge­ schah das beim Anhören der Vorrede Martin Luthers zum Römerbrief. Wo immer in der Welt am 24. Mai dieses Jahres Methodisten jener eigentlichen Geburtsstunde ihrer Konfession gedachten, — und der Methodismus ist als weltweites Kirchentum in allen fünf Erdteilen ausgebreitet! — da hat das Bild Wesley's im Schatten des großen Re­ formators gestanden. Luthers Gestalt ist notwendigerweise mit dabei gewesen. Im deutschen Luthertum hat man den Tag auch nicht ver­ gessen. Die freundlichen, ja warmen Gedenkworte für John Wesley in deutschen evangelischen Zeitschriften beweifen, daß guter Wille zum Verständnis der anderskonfessionellen Art auch bei uns da ist. Trotzdem bleibt es wahr, was der Verfasser dieser Arbeit an den An­ fang seiner Erörterung stellt. In der Regel hat das Luthertum für John Wesley keine Sympathien bekundet, oft ihn abgelehnt und bekämpft. Da nun aber in der englisch sprechenden Welt der Methodismus auf das romfreie Christentum ungefähr dieselbe breite und tiefe Wirkung ausgeübt hat und dieselbe typisierende Bedeutung besitzt, wie sie dem Luthertum innerhalb des Volksdeutschtums zukommt, so kann die Tat­ sache gar nicht hoch genug geschätzt werden, daß in der entscheidenden Erlebnisstunde am Anbeginn des „Methodismus" der Geist unseres Reformators Pate gestanden hat. Welch eine weise Fügung der Ge­ schichte und welch eine dauernde Mahnung an uns! Besinnen sich Me­ thodisten auf ihr Eigenstes, so müssen sie an ein Urerlebnis denken, das ohne Luther keinen Gehalt hätte.. Und lauschen lutherische Christen auf das Echo, das die deutsche Reformation in der weiten Welt geweckt hat, so gibt es kaum einen stärkeren und reineren Ton des Widerhalls, als wir ihn an John Wesley vernehmen. Dem theologischen Studenten-Austausch zwischen dem Rich­ mond College in Richmond/Surrey und der Philippsuniversität zu Marburg verdanken wir bereits eine gelehrte Abhandlung aus deutscher Feder. (In dieser Reihe Bd. 16 Martin Dietrich: „Theologische Onto­ logie im modernen Anglikanismus" 1936.) Nunmehr legt ein englischer, methodistischer Theologe die Frucht seines deutschen Studienaufent­ haltes vor. Es dürfte sich erübrigen, über die Schwierigkeiten und Grenzen, mit denen jede solche Arbeit rechnen muß, Erörterungen an­ zustellen. Jedem, der auch nur oberflächlich die beiden Konfessionen

VIII

Geleitwort von H. Frick

kennt, leuchtet es ein, daß das Thema „Heiligung" das strittige Thema zwischen Luthertum und Methodismus bilden muß. Der Verfasser hat, angeregt durch die Behandlung Wesley's in Köberles Werk über „Recht­ fertigung und Heiligung", seine Aufgabe darin gesehen, die Eigenart von Wesley's Heiligungsgedanken aus den Quellen zu entwickeln, die dagegen vorgebrachten Argumente zu prüfen und den Nachweis zu führen, daß die Unterscheidungsmerkmale zwischen Wesley und dem Luthertum besser verständlich werden, sobald man mit Wesley zwar an der Rechtfertigungslehre der Reformation festhält, aber in der Heili­ gungslehre entschiedener als die Lutheraner zum Neuen Testament zurückkehrt. Das wohlabgewogene Ergebnis, zu dem der Verfasser kommt, sowie der die ganze Arbeit durchziehende Geist der Bereitschaft, über Zäune hinweg das theologische Gespräch zu führen, berechtigen dazu, diese von der Marburger Theologischen Fakultät als Dissertation anerkannte Schrift in einer Reihe erscheinen zu lassen, die sich das Studium des neueren Protestantismus zur Aufgabe gesetzt hat. Möge ihr Erscheinen dem tieferen gegenseitigen Verstehen zwischen methodistischer und lutherischer Theologie zugute kommen! Möge sie darüber hinaus den geistigen und geistlichen Kontakt zwischen dem deutschen und dem eng­ lischen Protestantismus fördern!

Marburg/Lahn, am I. Weihnachtstag 1938 Frick

Vorwort des Verfassers

Diese Schrift ist eines der Ergebnisse eines zweijährigen Studiums an der Philipps-Universität zu Marburg/Lahn. Das Thema, das auf einen Vorschlag von Herrn Professor D. Frick zurückgeht, ergab sich mir aus vielen Erörterungen über Wert und Bedeutung der ökumeni­ schen Konferenzen von Stockholm und Lausanne. Die Überzeugung, die hinter der Arbeit steht, ist sehr einfach, aber folgenschwer: nämlich die, daß keine christliche Kirche oder Gruppe die ganze Wahrheit besitzt, so daß es höchst wichtig ist, vergleichende Betrachtungen zwischen den verschiedenen christlichen Körperschaften anzustellen, um besseres gegenseitiges Verständnis und Zusammen­ arbeit untereinander zu erzielen. Die Arbeit ist von der Theologischen Fakultät zu Marburg im S.-S. 1937 als Dissertation zur Erlangung der Würde eines Lizentiaten an­ genommen worden. Inzwischen hat die Methodistische Verlagszentrale (Methodist Preß) anläßlich der Zweihundertjahrfeier von John Wesley's Bekehrung neue Literatur herausgebracht. Das für unser Thema wichtigste Buch unter diesen Jubiläumsschriften ist das von Dr. Henry Bett (Handsworth College, Birmingham), The Spirit of Methodism, London 1937. Es bestätigt in erfreulichem Maße unsere in der Arbeit entwickelte Auffassung von der Lehre Wesley's. Auf dreierlei verweisen wir. Zu­ nächst auf das Kapitel „The religious Contribution of Methodism", worin Bett die persönliche Aneignung des Heils als zentral hervorhebt. Sodann erkennt auch er an, welche große Bedeutung der Gemeinschaft im Methodismus zukommt: „Wahrscheinlich gibt es in der ganzen christlichen Kirchengeschichte keine Bewegung, in der die religiöse Ge­ meinschaft fo echt und so tief gewesen ist, wie im Methodismus" (S. 125). Schließlich betont auch Bett die drei Gesichtspunkte: Erfahrung als Kriterium, allumfassende Gnade und die „Heiligung". Da heißt es: „Das wertvollste Element an Wesley's Lehre von der völligen Heiligung besteht darin, daß er es abgelehnt hat, die Wirkungslosigkeit der Gnade Gottes [int praktischen Lebens für einen normalen oder gar normativen Vorgang zu halten" (S. 167). Es schien mir angebracht zu sein, diese Hinweise auf wesentliche Über­ einstimmung im Verständnis Wesley's zu bringen, obwohl Bett's Schrift, wie es in der Natur von Jubiläumspublikationen liegt, vielleicht zu ausschließlich den methodistischen Blickpunkt vorherrschen läßt. Nicht versäumen möchte ich, meinen englischen und deutschen Leh­ rern herzlich zu danken: den Professoren des Richmond College in b Scott, Wesleys Lehre

X

Vorwort des Verfassers

Richmond/Surrey Principal Dr. Ryder Smith, Dr. Eric S. Waterhouse, Dr. Leslie F. Church und Rev. I. Bertram Clogg, den Marburger Pro­ fessoren D. D. E. Balla, R. Bultmann, H. Freiherr von Soden, A. Uckeley, G. Wünsch und vor allem Prof. Heinrich Frick, dem ich mich anläß­ lich dieser Arbeit und auch sonst besonders verbunden weiß. Dankbar gedenke ich der so wertvollen Einrichtung des regelmäßigen Studentenaustauschs zwischen Richmond und Marburg und weiß mich dem Dr. William's Trust zu London dafür besonders verpflichtet, daß er es mir ermöglichte, den Aufenthalt in Marburg auf zwei Jahre auszudehnen. Meine Frau, meine Schwägerin Frau von Eicken und mein Freund Pfarrer R. Weckerling-Gießen sowie Herr cand. theol. W. Motz haben mir beim übersetzen und beim Korrekturlesen geholfen, wofür ich ihnen auch an dieser Stelle danken möchte. Exeter/England, im Dezember 1938 Percy Scott

Literaturverzeichnis

Quellen: The Works of the Rev. John Wesley A. M. 14 Bände, III. Aufl. London 1831 (Zit. W. W.) Explanatory Notes upon The New Testament. The Rev. John Wesley A. M. 1754. Neue Auflage 1929. (Zit. Notes on the N. T.) The Methodist Hymn Book. London 1933. (Zit. M. H. B.) A. Englische Literatur: 1. H. Carter, The Methodist: A Study in Discipleship. London 1914. (Zit. Carter.) 2. S. I. Dimond, The Psychology of the Methodist Revival, Oxford 1926. (Zit. Dimond.) 3. Encyclopaedia of Religion and Ethics. (Zit. Enc. of Rel. and Ethics.) 4. Episcopacy Ancient and Modem. Herausgegeben von C. Jenkins und K. D. Mackinsie. London 1930. 5. Faith and Order. World Conference, New Dorf 1927. 6. G. G. Findlay, The Church of Christ as set forth in the New Testament, London 1893. 7. R. N. Flew, The Idea of Perfection, Oxford 1934. 8. A. C. Mc. Giffert, A History of Christian Thought, 2 Bände, New Dorf 1932. 9. H. R. Mackintosh, The Christian Doctrine of Forgiveness, London 1927. 10. Methodism: Its Present Responsibilities, Addresses at the Bristol Congress, London 1930. (Zit. Bristol Congress.) 11. W. B. Pope, Compendium of Theology 3 Bände, London 1879. 12. I. E. Rattenbury, Wesley's Legacy to the World, London 1928. (Zit. Rattenbury.) 13. C. A. A. Scott, Christianity according to St. Paul, Cambridge 1932. 14. I. S. Simon, John Wesley and the Religious Societies, London 1921. (Zit. Simon I.) 15. I. S. Simon, John Wesley and the Methodist Societies, London 1923. (Zit. Simon II.) 16. I. S. Simon, John Wesley and the Advance of Methodism, London 1925. (Zit. Simon III.) 17. I. S. Simon, John Wesley the Master Builder, London 1927. (Zit. Simon IV.) 18. I. S. Simon, John Wesley, The Last Phase, London 1934. (Zit. Simon V.) 19. C. Ryder Smith, The Christian Experience, London 1926. 20. C. Ryder Smith, The Sacramental Society, London 1927. 21. W. I. Sparrow Simpson, John Wesley and the Church of England, London 1934. 22. E. H. Sugden, The Standard Sermons of John Wesley, Annotated, 2. Bd. 2. Aufl., London 1935 (Zit. Sugden.) 23. Townsend, Workman and Eayrs, A new History of Methodism, London 1909. (Zit. N. H. M.) 24. Workman, Evolution of the Monastic Ideal, 2. Aufl., London 1927. 25. C. I. Warner, The Wesleyan Movement in the Industrial Revolution, London 1930. (Zit. Warner.) 26. E. S. Walerhouse, The Philosophical Approach to Religion, London 1933. 27. E. S. Waterhouse, What is Salvation? London 1932.

XII

Literaturverzeichnis B. Deutsche Literatur:

28. P. Althaus, Communio Sanctorum, München 1929. 29. E. Brunner, Die Kirchen, die Gruppenbewegung und die Kirche Jesu Christi, Berlin 1936. 30. G. Buchwald, Predigten Luthers, 2 Bände, Gütersloh 1925. 31. Bell und Deißmann (Herausgeber), Mysterium Christi, Berlin 1931. 32. E. von Eicken, Rechtfertigung und Heiligung bei Wesley, verglichen mit Luther und Luthertum, Heidelberg 1934. 33. E. von Eicken, Ausweg aus der kirchlichen Erstarrung, Dresden 1937. 34. H. Frick, Was verbindet uns Protestanten mit der Heiligen Elisabeth? 2. Aus­ gabe, Tübingen 1931. 35. A. Hauck, Deutschland und England in ihren kirchlichen Beziehungen, Leipzig 1917. 36. A. Köberle, Rechtfertigung und Heiligung, Leipzig 1929; 3. Auflage Leipzig 1930; 4. Auflage Leipzig 1938. (Zit. Köberle.) 37. Luthers Werke, Weimarer Ausgabe. (Zit. W. A.) 38. I. L. Nuelsen, Die Ordination im Methodismus, Bremen 1935. 39. I. L. Nuelsen, Die Geschichte des Methodismus, Bremen 1920. 40. E. Troeltsch, Die Soziallehren der christlichen Kirchen und Gruppen, 3. Auf­ lage, Tübingen 1923.

(Wo nicht anders angegeben, wird nach Verfassernamen, evtl, gemäß der vor­ anstehenden Nummer zitiert.)

Wegen der Wichtigkeit der Stelle bringen wir hier den lateinischen Wort­ laut, dessen deutsche Übersetzung genau gegenüber auf S. 1 steht. Die Stelle findet sich in Luthers In epistolam 8. Pauli ad Galatas Commentarius 1635 zu Gal. 1, 6:

Sic hodie sectarii, quando nos manifeste damnare non posaunt, dicunt: Lutherani habent spiritum timoris, non audent libere fateri veritatem et perrumpere. Nos perrumpere oportet. Ipsi quidem iecerunt primum fundamentum, hoc est fidem in Christum. Sed principium, medium et finis coniungenda sunt. Hoc ut efficiant, non est illis a Deo datum, sed nobis. Sic perversi et Satanici homines glorificant suas impias praedicationes et vocant verbum Dei, ut sub nomine Dei noceant. . .

Die Fragestellung

Von den Zeiten Wesleys bis zum heutigen Tage hat der Methodis­ mus sein protestantisches Erbe stets stark betont. Luther wurde als der Mann geehrt und verehrt, der das reine Wort erneut ans Licht gebracht hat und der die Autorität des Wortes Gottes, wie es uns in der Bibel bezeugt ist, neu betonte. Die Tatsache, daß das Luthertum in der Regel wenig Zuneigung zum Methodismus zeigt, wirft die Frage auf, inwieweit die Verehrung Luthers von feiten der Methodisten gerechtfertigt erscheint. Wir wollen mit der Frage beginnen, ob es möglich ist, eine Klärung aus den Schriften Wesleys und Luthers zu bekommen. Eine eingehendere Darlegung der Antwort Wesleys ist auf den fol­ genden Seiten enthalten. Zunächst beginnen wir mit der Feststellung, daß Wesley, nachdem er Luthers Kommentar zum Galaterbrief, der von vielen als eine der besten Schriften Luthers angesehen toirb*1), ge­ lesen hatte, in sein Tagebuch schrieb: „Ich war tief bestürzt."3) Am fol­ genden Tag predigte er über die Worte: „Denn in Christo Jesu gilt weder Beschneidung noch Unbeschnittensein etwas, sondern eine neue Kreatur" (Gal. 6,15), nachdem er Luthers „erbärmlichen Kommentar zu dem Text" gelesen hatte, und erachtete es für eine gebotene Pflicht, „die Gemeinde öffentlich vor dieser gefährlichen Abhandlung Luthers zu warnen!" Die Fragestellung, wie Luthers Auffassung von Wesleys Lehre ge­ wesen wäre, ist aus geschichtlichen Gründen unmöglich. Immerhin kann uns grundsätzlich eine Stelle in seinem Kommentar zum Galater­ brief darüber Aufschluß geben, welch schwerwiegende Kritik er wahr­ scheinlich geübt hätte. Dort heißt es, daß viele kommen und sagen wer­ den: „Die Lutheraner haben den Geist der Furcht, sie wagen nicht, die Wahrheit frei zu bekennen und hindurchzudringen. Für uns ist not­ wendig hindurchzudringen: Sie haben zwar selbst das erste Fundament gelegt, nämlich den Glauben an Christus. Aber Anfang, Mitt' und Ende müssen vereinigt werden. Dies zu Wege zu bringen, ist nicht jenen, sondern uns von Gott gegeben. So verherrlichen verkehrte und satanische Menschen ihre gottlosen Verkündigungen.......... "3) Wie wir noch sehen werden, lagen gerade diese Gedanken der Kritik zugrunde, die Wesley an Luther übte: Luther habe einen ausgezeich­ neten Anfang gemacht, aber versäumt, die Sache bis zum Ende durch>)Vgl.KöberleS.123,Anm. 1

Scott, Wesleys Lehre

2) SEB. $8.1.315.

3) W.A. XI>. Band I. Abt. 109.

2

Einleitung: Die Fragestellung

zuführen — es ist genau diejenige Kritik, die Luther so heftig zu­ rückweist. Der Punkt, an dem Luther und Wesley aufeinander­ stoßen, tritt klar zutage: es ist ihr verschiedenes Verständnis von der Heiligung. Wenn diese Darlegungen den ganzen Luther und den ganzen Wesley ausmachten, hätte der Versuch, ihre Lehren zu vergleichen, wenig Zweck. Aber die Lage ist nicht so aussichtslos, wie sie scheinen möchte. Denn in der Geschichte des Luthertums gab es niemals Zeiten, in denen man keine „pietistischen" Bestrebungen hätte finden können, und die Theo­ logen, die diesen Bestrebungen gerecht zu werden versuchten, fanden stets Aussagen in Luthers Schriften, die eher eine pietistische Auslegung zulassen als irgendeine andere. Die bedeutendste Arbeit, die zu dieser Frage in den letzten Jahren geschrieben wurde, ist die von Köberle*). Da es uns unmöglich ist, autoritativ über die Auffassung Luthers selbst zu sprechen, so werden wir den von Köberle vertretenen Standpunkt heranziehen, um die Ansichten Wesleys damit zu vergleichen. In seinem Vorwort zur zweiten Auflage stellt Köberle fest, daß eines der wichtigsten Probleme, dem das Luthertum heute gegenübersteht, „die Würdigung und Verwendung des altschwäbischen Biblizismus und Pietismus" sei (IX). Ähnliche Feststellungen erscheinen im Hauptteil seines Werkes. Wir werden deshalb keine Schwierigkeiten zu erwarten haben, Stellen herauszufinden, an denen wir seine Ansichten über Lu­ ther mit denen Wesleys vergleichen können. Einer der Gründe, die uns diesen Weg der Untersuchung einschlagen ließen, ist das tiefe Verlangen, daß diese beiden großen protestantischen Gemeinschaften, Luthertum und Methodismus, in gegenseitigen Be­ mühungen dahin kommen möchten, sich künftig ein gut Teil besser zu verstehen, als das in der Vergangenheit der Fall war. Die zahlenmäßige Stärke des Methodismus und seine ungeheuere missionarische Tätig­ keit sollten die lutherischen Theologen zu etwas mehr Geduld mit den Methodisten ermutigen, die sich, obwohl sie sich des protestantischen „sola ticke" freuen, ganz und gar nicht unter den dialektischen Feststel­ lungen, deren sich der lutherische Theologe herzlich erfreut, zurecht­ finden können. Gewiß hat der Methodismus viel vom Luthertum zu lernen, vielleicht aber kann sich auch das Luthertum ein wenig vom Methodismus sagen lassen. Die Abweichungen sind in einigen Punkten groß, sie wurden aber auch oft übertrieben. Es ließe sich mit Leichtigkeit eine eindrucksvolle Liste der Überein­ stimmungen zwischen Wesley und Luther aufstellen. Die Erinnerung an den 24. Mai 1738, Wesleys Erlebnis in der Aldersgate-Street in London, genüge als Symptom. Wer so wie John Wesley von Luthers Vorrede zum Römerbrief gepackt worden ist, weiß um die fundamen­ talen Wahrheiten des reformatorischen Evangeliums von Gnade und Glaube. Um so beachtlicher bleibt es, daß in einem wichtigen Thema, *) Köberle 3. Ausl. Leipzig 1930.

Einleitung: Die Fragestellung

3

dem der Heiligung, die Meinungen weit auseinandergingen und noch auseinandergehen. Köberle hat in seinem sonst vortrefflichen Buch mit erstaunlicher Raschheit das Thema Wesley erledigen zu können geglaubt. Bei der Bedeutung des Gegenstandes und seiner Tragweite für die Theologie wie Kirche schien es uns geboten zu sein, der „Heiligung" im Sinne Wesleys sorgfältig, d. h. an Hand der Quellen nachzugehen und von dort aus zu prüfen, ob Köberles Beurteilung Wesleys zu Recht bestehe oder nicht.

I. Teil

Das Thema: „Heiligung"

i. Die Grundlage der christlichen Religion: die Gnade Gottes Bevor wir uns Wesleys Lehre von der Aneignung des Heils zuwen­ den, müssen wir in Kürze seine Lehre von der objektiven Grundlage des Christentums darlegen. Wir stellen auch hierbei sowohl Gleichheiten als Verschiedenheiten zwischen ihm und Luther fest. Luther betonte die objektive Seite, um das Heil unversehrt zu erhalten. Der Grund für seine starke Schätzung der Taufe ist in der Tatsache zu finden, daß sie ein Werk Gottes ist, ein wahres Geschenk, ganz unabhängig von irgend­ einer Mitwirkung des Menschen. Seine Lehre von der Prädestination bewegt sich in derselben Sphäre. Wie Köberle (S. 92) sagt, betonte Luther die Prädestination, um die Ehre Gottes zu wahren und um das Heilswerk vollständig in seine Hände zu legen. In seiner Lehre stellt er klar und eindeutig heraus, daß es für den Menschen unmöglich ist, dem Willen Gottes entgegenzuarbeiten. Wesley dagegen hielt eine derartige Ehrenrettung nicht für notwen­ dig. Selbst wenn er sie für notwendig gehalten hätte, dann hätte er jedenfalls das Heilmittel nicht in der Prädestination gesehen. Sie ist ihm „eine Lehre voller Gotteslästerung: sie ist eine solche Gottesläste­ rung, wie ich sie kaum zu erwähnen wage. Aber die Ehre unseres gütigen Gottes und die Sache seiner Wahrheit lassen mich nicht dazu schweigen"*). „Diese Lehre stellt den allerheiligsten Gott schlim­ mer, grausamer, falscher und ungerechter dar als den Teufel"2). Man darf auch nicht meinen, daß er die Lehre nicht verstand oder daß er in irgendeiner Weise davor zurückschreckte, mit denen zu verhandeln, die sie vertraten. Er sah klar genug, daß sie von frommen Leuten als eine Garantie für die Souveränität Gottes verstanden werden konnte. Aber die Schärfe seiner Logik würde es ihm nicht erlaubt haben, eine un­ bedingte Prädestination zum ewigen Heil zu vertreten, ohne die Kon­ sequenz einer ebenso unbedingten Prädestination zur ewigen Verdamm­ nis zu ziehen. Diese Lehren waren zu Wesleys Zeit sehr umstritten. Sie übten ihren beunruhigenden Einfluß in den von ihm gesammelten Kreisen t) W. W. VII. 381.

2) W. W. VII. 382.

Die Grundlage der christlichen Religion: die Gnade Gottes

5

(societies) aus, sogar bei seinen besten Freunden. Deshalb hat er seine Ansichten des öfteren eingehend dargelegt, besonders in seinen Abhandlungen „Die Prädestination ruhig betrachtet" („Predestination calmly considered")1). Seine eigene Anschauung findet sich in der Lehre, daß Gott vorher­ sieht, wer gerettet und wer nicht gerettet werden soll. Aber Gottes Vor­ sehung ist ebensowenig verantwortlich für die Tatsache, daß die Men­ schen sündigen, wie unsere Freude über die Wärme der Sonne der Grund für ihr Scheinen ist. Man kann leicht sehen, wie in Wesleys Lehre die Ehre Gottes ge­ wahrt wird, und zwar in der Lehre von der Gnade. Durch Gottes gnä­ diges Anerbieten des Heils für alle sind seine Gerechtigkeit, Barmherzig­ keit und Wahrheit am besten gewahrt. Das heißt, Wesley versucht nicht, über den Charakter und die Eigenschaften Gottes nachzusinnen; er be­ geht nicht die Torheit zu versuchen, Gott in seinem transzendenten Sein zu begreifen; er kann von Gott nur sprechen in seiner Beziehung zu den Menschen, wie er sich selbst uns offenbart hat in Christus, d. h. als der gnädige @ott2). Merkwürdigerweise kommt das Wort Gnade nur wenig in seinen Schriften vor, aber die Tatsache der Gnade zieht sich durch alle hindurch. Der Gegenstand, von dem er am meisten spricht, ist, wie es auch bei Luther der Fall ist, der Glaube. Aber die einzige Grundlage des Glaubens ist die Gnade Gottes, die sich in der Fleischwerdung Christi und in seinem Kreuz offenbart hat. Hauptsächlich im Kreuz findet Wesley den Grund des Glaubens. Durch sein Leiden und seinen Tod hat Christus die Wiederherstellung der Gemeinschaft zwischen Mensch und Gott mög­ lich gemacht. Deshalb kann Wesley sagen: „Allen Gläubigen ist ver­ geben, und sie sind angenommen, nicht um dessentwillen, was in ihnen ist oder es jemals war, was von ihnen getan ist oder getan werden kann, sondern einzig und allein um dessentwillen, was Christus für sie getan und gelitten hat."2) Aber der klarste und tiefste Ausdruck für das Erfassen der Bedeutung des Kreuzes bei den Brüdern Wesley findet sich in den Kirchenliedern von Charles Wesley. Welche Bewunderung! Welche Überzeugung! Welche Freude!

„O göttliche Liebe! Was hast Du getan? Der unsterbliche Gott ist für mich gestorben!"2)

In einem anderen Lied2) erfaßt er deutlich die höchste Offenbarung von Gottes Gnade, indem er sprachlos vor „dem Unerforschlichen steht, den die Engel kaum sehen", und dann weiterschreitet zu der wunderbaren Herablassung und Freundlichkeit Gottes, wie sie in der Fleischwerdung offenbart wird, und fragt: „Was bedeutete der leidende Menschensohn, Das fließende göttliche Blut?" x) W. W. X. 204—259. seine Wohltaten erkennen. 6) M. H. B. 172.

2) cf. Melanchthon: Christum erkennen, heißt 3) W. W. V. 239.