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German Pages 480 Year 2013
Johann Rist Neue Himmlische Lieder
Johann Rist
Neue Himmlische Lieder (1651) Kritisch herausgegeben und kommentiert von Johann Anselm Steiger Musik von Andreas Hammerschmidt, Michael Jacobi, Jacob Kortkamp, Petrus Meier, Hinrich Pape, Jacob Praetorius, Heinrich Scheidemann und Sigmund Theophil Staden Kritische Edition der Notentexte von Konrad Küster
Akademie Verlag
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Inhalt Neue Himmlische Lieder Widmungsvorrede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorbericht an den Leser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Briefe und Ehrengedichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Teil 1: Klage- und Bußlieder . . . . Teil 2: Lob- und Danklieder . . . . Teil 3: Besondere Lieder . . . . . . Teil 4: Sterbens- und Gerichtslieder Teil 5: Höllen- und Himmelslieder
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Inhaltsverzeichnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Anhang I Die neuen Vorreden zur Ausgabe 1658 . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Anhang II Die der Edition zugrunde gelegten Drucke und deren Siglen Liste der Emendationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einführung und editorischer Bericht zur Textedition (von Johann Anselm Steiger) . . . . . . . . . . . . . . . . . Kritischer Bericht zur Notenedition (von Konrad Küster) .
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401 403 407
. . . . . . . . . . . . . .
413 427
Quellen- und Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
459
Register der Liedanfänge
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
468
Register der Bibelstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
470
Personenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
475
Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
479
Dank
480
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Neüer Himlischer Lieder
Sonderbahres
1
Buch/
Jn sich begreiffend 5
I. Klaag= und Buhsslieder. II. Lob= und Danklieder. 2 III. Sonderbahre Lieder.
IV. Sterbens und Gerichts= lieder. V. Höllen= und Himmelslieder.
Welche so wol auf bekante/ und in un= 10
seren Evangelischen Kirchen gebräuch= liche Weisen/
Alß auf gantz Neüe/ und von etlichen für= treflichen und hochberühmten Meistern der
15
Singekunst wolgesetzte Melodeien können ge= sungen und gespielet werden/ Mit zweien nützlichen beigefügten Registern. Außgefertiget und hervorgegeben von
Johann Rist. Lüneburg/
20
Bei Johann und Heinrich/ die Sternea, 3. ANNO M. D C. LI. | a / die Sterne] B statt dessen: Sternen 1 Sonderbahres] besonderes. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1577. 2 Vgl. Anm. 1. 3 Johann Stern (1582–1656) war seit 1611 im Verlag seines Vaters Hans Stern tätig und übernahm nach dessen Tod (1614) die Leitung des Betriebes, die er seit 1616 mit seinem Bruder Heinrich Stern (1592–1665) teilte. Benzing, S. 304. Reske, S. 570.
fol. )( 1r
Dem Hochgebohrnen Grafen und Herren/
Herren Anthon Günther1/
Grafen zu Oldenburg und Delmen= 5
horst/ Herren zu Jevern und Kniphausen/ Meinem gnädigen Grafen und Herren. Alß auch:
Der Durchläuchtigen2/ Hochgebohr= 10
nen Fürstin und Frauen/
Frauen
Sophien Katharinen3/ Gebohrnen Hertzogin zu Schleßwig/ 15
Holstein/ vermähleten Gräfin zu Oldenburg und Delmenhorst/ Frauen zu Jevern und Kniphausen/ Meiner gnädigsten Fürstinnen und Frauen. |
1 Anton Günther (1583–1667), Graf von Oldenburg und Delmenhorst. 1601–1603 ritterliche Ausbildung am Collegium Mauritianum (Kassel), 1603 Regierungsantritt. Anton Günther hielt sein Land während des Dreißigjährigen Krieges neutral, so daß es von Verwüstungen verschont blieb und sowohl wirtschaftlich als auch kulturell blühte. 1623 Erhalt der Herrlichkeit Kniphausen (Friesland), 1635 Verheiratung mit Sophie Katharine (vgl. u. Anm. 3), seit 1640 Mitglied der Fruchtbringenden Gesellschaft (Gesellschaftsname: Der Unbetriegliche), 1647 Erbschaft der Grafschaft Delmenhorst. Anton Günther war Liebhaber von Musik, Gartenkunst und Pferden, Mäzen von Handwerk und Kunst. Anton Günthers Ehe blieb kinderlos, so daß die Linie der Oldenburger Dynastie mit ihm endete. Vgl. Lübbing, in: NDB 1 (1953), S. 317 und Conermann, S. 402–404. 2 Durchläuchtigen] edlen. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1639. 3 Sophie Katharine (1617–1696), Tochter Herzog Alexanders von Schleswig-Holstein-Sonderburg und Dorotheas von Schwarzburg, seit dem 30.5.1635 mit Anton Günther verheiratet. Vgl. Lübbing, in: NDB 1 (1953), S. 317 sowie ders., Graf Anton Günther von Oldenburg, S. 177.
fol. )( 1v
Hochgebohrner Graff/
fol. )( 2r
Gnädiger Herr/ Durchleüchtige Hochgebohrne Hertzo= gin/ Gnädigste Fürstin und Fraua.
D
Aß die Wissenschaft und Erkäntnisse vielerhand1 Sprachen und Künste
fol. )( 2v
eine sonderliche2/ ja recht unschätzbahre Gabe deß Allerhöhesten sei/ solches kan und wird kein Verständiger leügnen. Die grosse Nutzbarkeit3/ welche auß denselben/ allen und jeden Ständen4 Menschlichen Lebens häuffig zufliesset5/ bezeüget solches klährlich6/ und würde das allgemeine Weltwesen ohne dieselbe gahr nicht bestehen können. Hievon etwas außführliches auf dises mahl zu schreiben/ ist zwahr meine Meinung gantz und gahr nicht/ es leidet7 solches weder die Beschaffenheit gegenwertigen Büchleins/ noch auch die kürtze der Zeit. Dises allein habe Jch nicht unberühret wollen lassen/ daß unter vielen fürtrefflichen/ nützlichen und anmuhtigen Künsten/ womit der allerweiseste GOtt uns arme Menschen in diser Sterbligkeit hat beseliget8/ die Dichtkunst von den Griechen poíhsivb, Poësis genant/ nicht die geringste sei/ in Betrachtung9 sie den Men= | schen Kindernc nicht allein anmuhtig/ lieblich und erfreülich/ sondern auch sehr nutz= und zuträglich ist. Es finden sich gleichwol viele Künste und Wissenschaften/ welche zwahr Jhren feinen Nutzen/ aber an statt der Ergetzligkeit/ nur Mühe und Arbeit haben/ wie sich im Gegentheil andere lustige und anmuhtige Künste hervor thun/ welche aber nur etwan10 einen geringen/ ja wol gahr keinen Nutzen Jhren Schülern mittheilen11.
a Kolumnentitel fol. )( 2r–)()( 2v: Zuschrift. b poíhsiv] Emendiert aus: póihsiv. B statt dessen: poiäsiv (Erratum) c Menschen Kindern] B statt dessen: MenschenKinderen
1 vielerhand] vielerlei. Vgl. Grimm, DWb 26, Sp. 219. 2 sonderliche] vorzügliche. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1581. 3 Nutzbarkeit] Nutzen. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1021. 4 Ständen] Zuständen. Vgl. Grimm, DWb 17, Sp. 698. 5 zufliesset] zuteil wird. Vgl. Grimm, DWb 32, Sp. 359. 6 klährlich] klar. Vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 1004. 7 leidet] erlaubt. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 662. 8 beseliget] beglückt. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1613. 9 in Betrachtung] angesichts der Tatsache, daß. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1707. 10 etwan] etwa. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1182. 11 mittheilen] bringen. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 2422.
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Widmungsvorrede
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Die Edle Dichtkunst aber hat beides: Sie nutzet sehr viel/ und ergetzet12 dabenebenst13 das Menschliche Gemühte durch Jhre sonderbahre14 Liebligkeit nicht ein geringes/ fürnehmlich wenn Sie zur Ehre Gottes und Fortpflantzung des wahren Christenthums von Jhren rechtmässigen Liebhabern wird angewendet. Gleich aber/ wie der abgesagte15 Feind Menschliches Geschlechtes/ unter allen nützlichen Saamen sein verderbliches Unkraut zustreüen16/ niemahlen17 müssig ist: Also hat er auch in dise herliche/ ja heilige Kunst einen solchen verdamlichen Mißbrauch leider gebrachtd/ daß solches von Gottliebenden Hertzen nicht genugsahm kan beklaget/ und doch schwehrlich verbessert werden. Man sehe nur/ wie viele Weltliebende diser edlen Wissenschaft zu Verübung allerhand leichtfertigen Händel18 gantz Unverantwortlicher Weise sich gebrauchen19. Andere/ damit Sie den Namen eines scharfsinnigen Dichters mügene,20 erlangen/ schreiben nichts/ als Schmähelieder/ höhnische Reimen und der= | gleichen verdamliche21 Sachen. Andere bedienen sich diser edlen Kunst nur zum Fuchßschwäntzen22/ Liebkosen23 und Heüchlen/ Sie rühmen oft das Allerscheltenswürdigste/ und mit Jhren Lügenhaften Versen erheben24 Sie vielmahls die allerlästerhafteste nichtswürdigste Seelen/ nur daß Sie deroselben guhte Gunst und Gewogenheit mügenf,25 überkommen26 und erhalten. Noch andere machen auß diser hochbelobten27 Kunst ein rechtes gewinsüchtiges Bettelwerk/ in dem Sie sich mit Jhrer Poeterei aller Ohrten gantz vermessentlich angeben28: Da wünschen sie bald disem/ bald Jennem Glük zu seinem Vorhaben/ ja sie besingen alle Hochzeiten/ beklagen alle Todten/ beschreiben alles was sich zuträgt/ zu keinem anderem Ende29/ als daß Sie von den Gelobten/ Gepriesenen/ Gerühmten/ Getrösteten und Gevexirten30 ein Stükke Geldes31 erbettelen/ und sich dadurch mögen bereichern.
d gebracht] Gemäß B emendiert aus: gebraucht e mügen] B statt dessen: mögen f mügen] B statt dessen: mögen 12 Vgl. Horaz, De arte poetica, 333: „aut prodesse volunt aut delectare poetae.“ 13 dabenebenst] darüber hinaus. Zu ‚dabeneben‘ vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 660. 14 sonderbahre] besondere. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1577. 15 abgesagte] erklärte. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 47. 16 Mt 13,25 17 niemahlen] niemals. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 823. 18 Händel] Sachen. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 368. 19 sich gebrauchen] sich bedienen. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 1833. 20 mügen] mögen. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 2449. 21 verdamliche] verdammenswerte. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 194. 22 Fuchßschwäntzen] Nach dem Munde Reden. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 354. 23 Liebkosen] Schmeicheln. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 965. 24 erheben] preisen. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 843. 25 mügen] mögen. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 2449. 26 überkommen] erlangen. Vgl. Grimm, DWb 23, Sp. 345. 27 hochbelobten] hochgelobten. Zu ‚beloben‘ vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1453. 28 angeben] anbieten. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 337. 29 zu keinem anderem Ende] mit keiner anderen Absicht. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 457. 30 Gevexirten] Geplagten. Vgl. Grimm, DWb 26, Sp. 38. 31 Stükke Geldes] Geldsumme. Vgl. Grimm, DWb 20, Sp. 204.
fol. )( 3r
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Widmungsvorrede
Ob nun wol der Mißbrauch diser hochrühmlichen Kunst heütiges Tages so groß und scheltens würdig/ dz er schwehrlich noch grösser und verdamlicher kan werden; So hebet er doch derselben rechtmässigen und nützlichen Gebrauch gantz und gar nicht auf32/ alß welcher fürnehmlich bestehet in Geistlichen und Himlischen Sachen/ ob wol wir nicht läugnen wollen/ daß die Dichtkunst bißweilen auch in Weltlichen Geschäften rühmlich/ nützlich und ergetzlich könneg angewendet und wol gebrauchet werden: Denn/ wer würde hinführo33 Lust und Liebe haben in vielerhand34 herlichen Tugenden sich zu | üben/ und Lobwürdige Thaten zuverrichten/ wen dieselbe in öffentlichen Schriften von Kunstreichen Dichtern und gelehrten Persohnen nicht hochgerühmet/ und solche gewaltige Thaten (wie dem Helden Achilles35 von dem Homerus36 und vielen andern vortreflichen Dichtern ist wiederfahren) in derselben wolverfasseten Büchern/ nicht nur der gegenwertigen/ sondern auch der noch künftigen Welt solten fürgestellet werden? Unterdessen behält gleichwol das Jenige/ was von hochbegabten Dichtern in geistlichen und Himlischen Sachen wird geschrieben/ gesungen und gespielet/ für disem und allen andern seinen billichen37 Preiß/ GOtt gebe/ was auch die rasende Welthummeln38 dagegen schnurren und murren39. Disem nach/ wil sichs ja für allen Dingen gebühren/ daß wir die Gedichte/ Reimen und Lobgesänge der heiligen Männer Gottes/ welche nicht etwan40 von einem irrdischen oder Weltlichen/ sondern von dem ewigen himlischen und Heiligen Geiste kräftig sind angeblasen41/ alß das edle Wohrt des Lebens42/ hoch/ herlich/ theür und wehrt halten/ mahssen43 ein jedwedes Christliches Hertz muß bekennen/ daß des Geistreichen Königs und Weissagers Davids überauß schöne Lieder mit keinen irrdischen Schätzen zuvergleichen/ noch zubezahlen sind.
g könne] Gemäß B emendiert aus: können 32 Vgl. den römischen Rechtsgrundsatz „abusus non tollit usum“, der vermutlich auf Cicero, Topica, 17, 4 zurückgeht: „Usus enim, non abusus, legatus est .“ 33 hinführo] fernerhin. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1435. 34 vielerhand] vielerlei. Vgl. Grimm, DWb 26, Sp. 219. 35 Achilles] Achilles, Sohn des Peleus, stellte seinen unvergleichlichen Heldenmut im Trojanischen Kriege unter Beweis, in dem er jedoch schließlich, getroffen von einem Pfeil des Paris, fiel. 36 Homerus] Homer, griechisch-antiker Dichter (wohl 8.Jahrhundert v.Chr.), Autor der beiden ältesten epischen Dichtungen des Abendlandes (Ilias und Odyssee). 37 billichen] gerechtfertigten. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 28. 38 Welthummeln] faulen, räuberischen Leute. Nicht bei Grimm, DWb. Zu ‚Hummel‘ vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1903. 39 schnurren und murren] ‚Schnurren‘ und ‚murren‘ können sowohl die Laute bezeichnen, die fliegende Insekten von sich geben, als auch die menschliche Äußerung übler Laune. Zu ‚schnurren‘ vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 1417 f.; zu ‚murren‘ vgl. DWb 12, Sp. 2427 f. 40 etwan] etwa. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1182. 41 Vgl. 2Petr 1,20 f.; 2Tim 3,16 42 Vgl. Joh 6,68 43 mahssen] wie denn. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 1737.
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Jch wil hier nicht sagen vom Moses44/ Jeremias45/ Assaph46/ und anderen Gottesmännern/ welche so herliche Lehr= Trost= und Vermahnungsreiche Lieder der Kirchen Gottes haben | hinterlassen/ daß Sie allen Ruhm der Menschlichen Zungen weit weit übertreffen. Nur des allerweisesten Königs Salomons muß Jch hie noch gedenken/ von welchem im 1. Buche der Könige am 4. stehet geschrieben/ daß Er tausend und fünff Lieder habe gemachet47/ fürwahr ein herliches/ ja recht Königliches Werk/ welches/ daß wir es noch biß auff dise gegenwertige Stunde in Händen möchten haben/ zwahr hertzlich/ aber leider vergeblich wird gewünschet und begehret. Wen nun/ Hochgebohrner Graff/ Gnädiger Herr/ Durchläuchtige Hertzogin/ Gnädigste Fürstin und Frau/ Jch dises alles in meinem Stande und beruffe jederzeit fleissig habe erwogen und betrachtet/ so bin Jch (demnach unter vielen anderen nutzbahren Wissenschaften und Künsten auch die edle Dichtkunst mir von meiner zahrten Jugend her sonderlich wolgefallen/ also/ daß/ wenn mir von meiner schwehren und mehr angelegenen48 Arbeit ein mühssiges Stündlein übrig geblieben/ Jch mich nicht ungern darin geübet) durch solche und derogleichen grosser und heiliger Leüte Exempel veranlasset worden/ etliche Geistliche Lieder zu Gottes Ehren/ und meines NebensChristens Erbauung aufzusetzen/ und für etlichen Jahren auff anhalten49 meiner liebsten Freünd an das öffentliche Tageslicht kommen zu lassen. Alß nun der grundgühtige GOtt (von deme alle guhte und vollenkommene Gaben zu | uns herab kommen50) seine Gnade und Segen mildiglich51 hat verliehen/ daß vor erwähnete52 meine zwahr schlechte53/ jedoch Heilige Lieder/ von vielen Gottseligen Christen hin und wieder in Teütschland/ sonderlich auch in E. Hoch=Gräfflichen Gnaden Landen und Herrschaften54 sehr sind beliebet/ und manchesmahl mit feüriger Andacht/ buhßfertigem Hertzen und freüdigem Gemühte gesungen worden; Alß55 bin Jch von vielen vornehmen und hohen Standes Personen/ wie auch von berühmten Theologen/ wolverdienten56 Predigern und anderen/ GOtt und sein Wohrt liebenden Christen/ zum öftern ermahnet/ daß Jch dergleichen Arbeit mehr auf mich nehmen/ und noch andere neüe Geistliche Lieder/ wodurch die Betrübte könten getröstet/ die Schwache gestärket/ die Jrrende gelehret/ die Ruchlose gewarnet/ und sonst jedermänniglich57 erbauet werden/ zu Papier setzen/ und auf eine solche Ahrt möchte verfertigen/ daß dieselbe so wol von einfältigen und ungelahrten Layen/ auf die in unsern Evangelischen Kir-
44 Vgl. Ex 15,1–19 45 Vgl. Thren 1–5 46 Vgl. 1Chr 16,7–36 47 Vgl. 1Kön 5,12 48 mehr angelegenen] wichtigeren. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 345. 49 anhalten] Drängen. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 366. 50 Jak 1,17 51 mildiglich] freigebig. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 2215. 52 vor erwähnete] zuvor erwähnte. Vgl. Grimm, DWb 26, Sp. 806. 53 schlechte] einfache. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 523. 54 Herrschaften] Herrschaftsgebieten. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1153. 55 Alß] so. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 259. 56 wolverdienten] hochverdienten. Vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 1193. 57 jedermänniglich] jedermann. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2292.
fol. )( 4r
fol. )( 4v
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fol. )( 5r
fol. )( 5v
Widmungsvorrede
chen gebräuchliche Weisen/ alß hochverständigen/ und in der Singe Kunst erfahrnen Leüten auf fremde wolgesetzte Melodeien täglich könten gesungen/ und zum nützlichen Gebrauche wohl und fleissig angewendet werden. Disem Christlichem Begehren/ Bitten und Ermahnen/ zu gehorsamer Folge/ habe Jch | durch GOttes des Heiligen Geistes Gnade/ Hülffe und Beistand/ dise gegenwertige Klag= Buhss= Lob= Dank= Sonderbahre= Sterbens= Gerichts= Höllen= und Himmelslieder zu Papier gebracht/ und in dises Büchlein wolmeinentlich58 verfasset/ der guhten Zuversicht gelebend59/ es werde der getreüer GOtt (dessen Werk und Vorhaben dises gantz und gahr ist und bleibet/ deme auch allein deßwegen Ehre/ Dank und Preiß gebühret) abermahl seineh Göttliche Gnade verleihen/ daß dise neüe Himlische Lieder von vielen Christlichen Hertzen/ also mügeni,60 angenommen/ gelesen/ gesungen und genutzet werden/ daß dadurch sein herlicher Name geheiliget61/ sein Reich erweitert/ die Schwachgläubige gestärket/ die Sünder bekehret/ viele zum Christlichen Leben und Wandel angeführet62/ und der ewigen Seligkeit mügenj theilhaftig gemachet werden. Daß aber/ Hochgebohrner Graff/ Gnädiger Herr/ Wie auch Durchläuchtige Hertzogin/ Gnädigste Fürstin und Frau/ Jch der Weinigstek,63 unter den Dienern Gottes/ mich erkühnen darff/ dises/ dem äusserlichen Ansehende64 nach/ geringschätziges65 Büchlein E. E. Hochgräfflichen und Fürstlichen Gnadenl in Unterthänigkeit zu zueignen/ dasselbe wird mir kein recht Verständiger (im fall66 Jhme nur belieben wird/ meine vielgültige Ursachen67 zuvernehmen) verargen/ noch solch mein verfahren übel gethan heissen. | Denn/ anfänglich muß mir ein jedweder vernünftiger Mensch dises gestehen68/ daß man in übereignung solcher/ dem Wesen nach unschätzbahrer Schriften und Bücher sich nach solchen Personen solle ümmethun69/ welche auß einem recht Christlichem Gemühte nach Göttlichen und Himlischen Dingen gantz eiferig trachten/ ja sonderbahre70 Lust/ Liebe und Gefallen daran
h seine] Gemäß B emendiert aus: se ine i mügen] B statt dessen: mögen j mügen] B statt dessen: mögen k Weinigste] B statt dessen: Wenigste l Gnaden] Emendiert aus: Gnaden/ Gnaden/ (Erratum auch in B) 58 wolmeinentlich] in guter Absicht. Vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 1170. 59 der guhten Zuversicht gelebend] und bin zuversichtlich. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 402. 60 mügen] mögen. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 2449. 61 Mt 6,9 62 angeführet] angeleitet. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 334. 63 Weinigste] geringste. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 1. 64 Ansehende] Anschein. Vgl. zu ‚Ansehen‘ Grimm, DWb 1, Sp. 457. Zum Gebrauch von ‚Ansehende‘ vgl. z.B. Rist, Himmlische Lieder (2012), S. 12, Z. 80 f. und Rist, Sämtliche Werke 7, S. 239. 65 geringschätziges] gering zu schätzendes. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3706. 66 im fall] wenn. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1275. 67 Ursachen] Gründe. Vgl. Grimm, DWb 24, Sp. 2505. 68 gestehen] zugestehen, einräumen. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 4216. 69 ümmethun] umsehen. Vgl. Grimm, DWb 23, Sp. 1236. 70 sonderbahre] besondere. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1577.
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haben und tragen/ dabenebenst71 auch von geistlich=geschriebenen und Jhnen Unterthänigst übergebenen Büchern hochvernünftig wissen zu urtheilen: Wie/ wenn jemandll ein schönes/ wol außgearbeitetesm/ und mit vielen kostbahren Diemanten72 versetzetes73 Kleinoht einen Viehehirten/ schlechten74 Handwerker oder sonst gemeinen Menschen entweder zu schätzen oder auch zu kauffen würde darbiethen/ was könte man von einem solchen Kauffmann anders urtheilen/ alß daß Er seiner Sinne were beraubet? Grosse Herren und Frauen/ Königliche/ Fürstliche/ Gräffliche Personen/ und nicht gemeine75 Leüte wissen von dergleichen köstlichen Sachen/ Halßketten/ Armbänden76/ Ringen/ güldenen und silbernen Geschirren77 zu urtheilen/ ja Sie verstehen auch beiläuffig/ wie hoch oder theür ein wohlgemachtes Kleinoht zu schätzen. Was kan man aber wahrhafters von E. E. hochGräfflichen und Fürstlichen G. G. bei Jedermänniglichenn,78 rühmen und nachsagen/ alß daß Jhrer beiderseits79 allerhöhester Schatz/ nicht etwan80 irdische oder vergängliche Gühter/ sondern die wahre Gottes Furcht jederzeit ge= | wesen/ annoch81 sei und vermittelst des Allerhöhesten Beistandes/ biß an Jhr seliges Ende beständig werde verbleiben? Wen nun aber auch gegenwertige Meine Lieder fürnehmlich/ ja fast eintzig und allein dahin zielen/ daß GOTT das allerheiligste Wesen/ von welchem wir so viele unschätzbahre Gutthaten täglich zugeniessen haben/ von uns armen Menscheno hertzlich möge geliebet/ gefürchtet/ gelobet/ geehret und gepriesen werden; So thue Jch ja/ aller Verständigen Urtheil zu folge/ gahr recht und wol daran/ daß Jch eine solche theüre Waare nicht etwan82 Ruchlosen Spöttern und Weltkindern (derer es leider auch wol unter hohen Standes Personen nicht wenig pfleget zugeben) übereigne/ sondern dieselbe E. E. höchGrafflichenp und Fürstlichen G. G. alß Hertzfrommen/ GOTT und sein Heiliges Wohrt Treüliebenden/ ja mit denpp allerherlichsten Tugenden und Eigenschaften hochbegabten Fürsten in tieffester Unterthänigkeit übergebe/ guhter Hoffnung gelebend83/ E. E. G. G. dises Büchlein/ daß Jch seines überirdischen Jnhalts halll jemand] Gemäß B emendiert aus: je mand m außgearbeitetes] B statt dessen: außgearbeites (Erratum) n Jedermänniglichen] Gemäß B emendiert aus: Jedermänn iglichen o Menschen] Gemäß B emendiert aus: Menscheu p höchGrafflichen] B statt dessen: hochGräfflichen pp den] Gemäß B emendiert aus: dem 71 dabenebenst] darüber hinaus. Zu ‚dabeneben‘ vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 660. 72 Diemanten] Diamanten. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 916. 73 versetzetes] besetztes. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 1286 f. 74 schlechten] einfachen. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 523. 75 nicht gemeine] außergewöhnliche. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3213. 76 Armbänden] Armbänder. Zu ‚Band‘ vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1098. 77 Geschirren] Gefäßen. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3888. 78 Jedermänniglichen] jedermann. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2292. 79 beiderseits] beider. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1366. 80 etwan] etwa. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1182. 81 annoch] immer noch. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 418. 82 etwan] etwa. Vgl. o. Anm. 80. 83 guhter Hoffnung gelebend] in der guten Hoffnung. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 402.
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ber ohne einige Ehrsucht oder Ruhmrähtigkeit84 gahr recht kan Himlisch nennen/ mit gnädigen Augen und Händen auff und annehmen werden. Und zwahr eben dises Büchlein/ Hochgebohrnerq Graff/ Gnädiger Herr/ ist das Erste von unterschiedlichen Anderen/ welche durch des Allerhöhesten Gnade/ Hülffe und Beistand | itzo85 bei mir verfertiget ligen/ daß Jch nach dem/ Unseren so lange Zeit hero86 elendiglich geplageten Teütschlande von dem grossen GOtt gnädigst verliehenem und nunmehr bestätigtem Friede87/ an das öffentliche Tageslicht bringe. Wo find Jch aber nur einen eintzigen Fürsten in der gantzen Christenheit/ dem Jch erwähnetes Buch in geziemender Unterthänigkeit füglicher88 könte zuschreiben/ alß eben Eürer hochGräffliche Gnade? Hat Teütschland noch einigen89 Fürsten zu disen trübseligen und erbärmlichen Kriegeszeiten übrig gehabt/ der seine Länder und Herrschaften90 in guhtem Friede/ Ruhe und Wolstand erhalten/ ja der sein RegimentsSchifflein unter so grausahmen Wellen/ Sturmwinden/ und Kriegsungewittern/ für dem gäntzlichen Untergange wider allen Menschlichen Glauben und Hoffnung hat bewahret/ so ist es wahrlich Eüer hoch Gräffliche Gnade gewesen/ von welcher Jch so viele grosse/ hocherfahrne und Weltkluge Leüte zu deroselben unsterblichem Lobe sehr oft habe gehöret dises urtheilen: Daß nemlich hochgedachte91 Eüerr Gräffliche Gnade bei so jammerigen92 und trübseligen Zeiten Jhr Regiment vermittelsts Göttlichen Beistandes so wol/ so klüglich/ so vorsichtig/ so rühmlich/ ja Jhrer hochGräfflichen Gnaden | selbst/ und deroselben sämtlichen Landen und Unterthanen so ersprießlich geführet/ daß nicht allein alle Welt sich zum höchsten93 darüber müssen verwundern/ sondern auch die Römische Käiserliche Majestät/ alle außländische Könige und Krohnen/ wie denn auch alle ChurFürsten und Stände des heiligen Römischen Reiches Jhre allergnädigste/ gnädigste/ freündliche/ beliebliche94 und Nachtbarlichet,95 Lust und Gefallen daran gesehen96 und getragen. q Hochgebohrner] Gemäß B emendiert aus: Hochbohrner r Eüer] B statt dessen: E. s vermittelst] Emendiert aus: vermittelsts (Erratum auch in B) t Nachtbarliche] B statt dessen: Nachbarliche 84 Ruhmrähtigkeit] Prahlerei. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 1454. 85 itzo] jetzt. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2317. 86 so lange Zeit hero] seit so langer Zeit. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1121. 87 Rist hat den Friedensschluß von Münster/Osnabrück (1648) und den Friedensexekutionsvertrag von Nürnberg (1650) im Blick. Vgl. Lahrkamp, S. 239–261 und Bußmann / Schilling, S. 415–423. 88 füglicher] angemessener. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 396. 89 einigen] einen einzigen. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 207. 90 Herrschaften] Herrschaftsgebiete. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1153. 91 hochgedachte] schon rühmlich erwähnte. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1616. 92 jammerigen] elenden. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2255. 93 zum höchsten] sehr. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1601. 94 beliebliche] angenehme. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1449. 95 Nachtbarliche] freundliche. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 26. 96 Lust daran gesehen] Lust daran empfunden. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 137.
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Und eben hierin/ Gnädigster Graff und Herr/ bestehet die wahre Tapfferkeit eines Fürstlichen Gemühtes/ welches Sich selber in widerwertigen Fällen97 zu mässigen/ und dabenebenst98 im Unglükke fein Christlich und vernünftig weis zuschikken/ wie denn solches Eüre hochGräffliche Gnaden zu deroselben ewigen Nachruhm mit gewünscheter99 Erhaltung Jhrer Länder und Unterthanen klüglich haben in acht genommen100. Jch wil hier nichtes sagen von Eürer hochGräffl: Gnaden mässigem101 Leben/ von derselbigen Mildigkeit102 gegen wolverdiente Leüte103/ als auch Freigebigkeit gegen viele Nohtleidende/ Elende und Arme. Jch wil zu disem mahle nicht gedenken derselben Großmühtigkeit in beiderlei Glük104/ Jhrer sonderbahren105 Leütseligkeit106 gegen jedermänniglich107/ Gerechtigkeit so wol Fremden als Jn= | heimischen zu ertheilen/ Klugheit in Stadtsachen/ und vielen anderen grossen HeldenTugenden/ welche nunmehr aller welt bekant seyn; Nur dises muß Jch noch der gegenwertigen und zukünftigen Welt zu Gemühte führen108/ daß E. hochGräfflichen Gnaden hoher und übertreflicher109 Verstand unter vielen anderen auch darauß erhellet110/ daß dieselbe zu Jhren Dienernu/ Rähten und Ambtleüten/ nicht gemeine111/ unverständige/ Lasterhafte/ geitzige/ heüchlerische und unbarmhertzige Leüte bestellet/ sondern Jhr Regiment und Hoffhaltung mit so tapfren/ hochgelehrten/ verständigen/ Tugendliebenden112 und fürtreflichen Männern (derer etliche zu kennen Jch selber die Ehre habe) hat versehen/ daß Oldenburg unter vielen Höfen in Teütschland nunmehr gläntzet/ wie die grosse Sonnenkugel für andern Planeten herlich leüchtet/ welches alles doch von der Gottesfurcht/ der Mutter aller Klugheit und Fürsichtigkeit113/ durch welcher Antrieb Eüre hochGräffliche Gnade/ das reine unverfälschte Wohrt Gottes von deroselben sehr berühmten/ hochgelahrten und eiferigen Theologen/ Hoff= Statt= und Landpredigernv/
u Dienern] B statt dessen: Dieneren
v Landpredigern] Gemäß B emendiert aus: Landpredigten
97 Fällen] Ereignissen. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1273 f. 98 dabenebenst] darüber hinaus. Zu ‚dabeneben‘ vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 660. 99 gewünscheter] erwünschter. Vgl. Grimm, DWb 7, Sp. 6802. 100 solches haben in acht genommen] dafür haben Sorge getragen. Zu ‚Acht‘ vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 165. 101 mässigem] maßvollem. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 1743. 102 Mildigkeit] Freigebigkeit. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 2213. 103 wolverdiente Leüte] Personen, die große Verdienste erworben haben. Vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 1193. 104 beiderlei Glük] Glück und Unglück. Vgl. Grimm, DWb 8, Sp. 231. 105 sonderbahren] besonderen. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1577. 106 Leütseligkeit] Freundlichkeit. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 851. 107 jedermänniglich] jedermann. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2292. 108 zu Gemühte führen] nachdrücklich mitteilen. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3313. 109 übertreflicher] vortrefflicher. Vgl. Grimm, DWb 23, Sp. 606. 110 erhellet] sich ergibt. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 848. 111 gemeine] gewöhnliche. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3169. 112 Vgl. Horaz, Epistulae 1, 16, 52: „oderunt peccare boni virtutis amore.“ 113 Vgl. Prv 1,7
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Jhren Unterthanen treülichst fürtragen/ und Jhnen die Hochwürdigew Sakramenten nach CHristi Ordnung und Jnsetzung lässet außtheilen114/ weit weit wird übertroffen. Und obwol über dises itz115 erwähnte schier116 alle Welt muß bekennen/ daß es Eürer hochGräfflichen Gnaden ein ewigwehrender und durch die gantze Christenheit längst er= | schollener Ruhm/ daß Eüer hochGräfliches Hauß der allerberühmtesten und ältesten Eines in gantz Europa/ alß daß von den uhralten Sächsischen Königen/ sonderlich dem grossen Wedekinden117/ und vielen andern fürtreflichen Helden entsprossen/ daß auch in disem Hause so viele grosse/ kluge/ Mannhafte und Jhrer gewaltigen Thaten halber/ weit bekante Fürsten und Graffen gelebet; Ja/ daß die itzige118 Großmächtigste und Durchläuchtigste Königin in Dennemark auß dem hochGräflichen Hause Oldenburg entsprossenx,119/ von welchem biß auff disen Tag die Hochlöblichste Königliche Majestät Friederich der Dritte120/ in der Ordnung aber auß der alten Oldenburgischen Linien der Achte König121/ Eüer hochGräfflichen Gnaden gnädigster Herr Vetter/ (welchen theüren Fürsten und diser Unserer Nordländer hocherwünschten Salomon/ die Göttliche Allmacht samt dero gantzem Königlichen Hause/ viele liebe Jahre/ bei guhter Gesundheit/ glüklicher Regierung/ Friede und Einigkeit gnädigst erhalten wolle) Krohn und Scepter führety/ daß also fast keine/ oder jedoch gahr weinigez,122 Fürstliche Häusera in Teütschland mit dem Oldenburgischen zu vergleichen. So bleibet doch endlich dises wahr und unwiderruflichb/ daß Eüer hochGräfflichen Gnaden Weltbekante Gottesfurcht/ und die Erhaltung/ Befordew Hochwürdige] B statt dessen: Hochwürdigen x entsprossen] Gemäß B emendiert aus: entsprosstn y führet] Gemäß B emendiert aus: führen z weinige] Gemäß B emendiert aus: wei nige a Fürstliche Häuser] Gemäß B emendiert aus: FürstlicheHäuser b unwiderruflich] Gemäß B emendiert aus: unwideruflich 114 Vgl. Artikel 7 der Confessio Augustana (BSLK, S. 61, Z. 1–6): „Item docent, quod una sancta ecclesia perpetuo mansura sit. Est autem ecclesia congregatio sanctorum, in qua evangelium pure docetur et recte administrantur sacramenta.“ 115 itz] jetzt. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2318. 116 schier] bald. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 20. 117 Widukind war Ende des achten, Anfang des neunten Jahrhunderts Führer der sächsischen Widerstandsbewegung gegen die Eroberungsbemühungen Karls des Großen. Schon im 9. Jahrhundert beginnt die Legendenbildung um seine Person, die ihn als sächsischen König und Urbild des sächsisch-germanischen Helden stilisiert. Vgl. Schneidmüller. 118 itzige] gegenwärtige. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2314. 119 Sophie Amalie von Braunschweig-Lüneburg (1628–1685), seit 1643 verheiratet mit Herzog Friedrich II., dem nachmaligen dänischen König. S. u. Anm. 120. Vgl. Kellenbenz. 120 Friedrich II. (1609–1670) von Schleswig-Holstein-Gottorf. 1634 Erzbischof von Bremen, 1635 auch von Verden. 1647 Statthalter der Herzogtümer Schleswig und Holstein, 1648 als Friedrich III. König von Dänemark. Friedrich III. setzte 1665 in Dänemark den Absolutismus durch. Vgl. Kellenbenz. 121 Die Dynastie der Oldenburger begann mit Christian I. (1426–1481, reg. 1448–1481). Es folgten Johann I. (1455–1513, reg. 1481–1513), Christian II. (1481–1559, reg. 1513–1523), Friedrich I. (1471–1533, reg. 1523–1533), Christian III. (1503–1559, reg. 1534–1559), Friedrich II. (1534–1588, reg. 1559–1588) und Christian IV. (1577–1648, reg. 1588–1648). 122 weinige] wenige. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 1.
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rung und Fortpflantzung123 des wahren Christlichen Glaubens in derselben von GOtt wolgesegneten Landen/ Graff= und Herrschaften/ das alleredelste Kleinoht/ der un= | vergleichlichste Schatz/ und ewigwehrender Ruhm sein und bleiben werde/ wodurch auch Jch (wiewol der Geringste unter den Dienern Gottes124) bin angereitzet/ gegenwertiges Büchlein/ als ein wolgemeintes Friedengeschenke Eüer hochGräfflichen Gnaden in disem von GOtt verliehenen Neüen FriedensJahre/ Unterthänigst aufzuopffern.
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Was nun Durchläuchtige/ Hochgebohrne Hertzogin/ Gnädigste Fürstin und Frau/ von E. Fürstl. Gnaden Hertz hochgeliebten Ehegemahls/
meines gnädigen Graffen und Herren/ höchstrühmlichen Gottesfurcht/ Klugheit/ Friedfärtigkeit/ Mässigkeit125/ Gerechtigkeit/ Barmhertzigkeit/ Mildigkeit126 und vielen andern Fürstlichen/ GOtt und Menschen wolgefälligen Tugenden/ alhie mit beständiger Warheit ist fürgebracht/ eben dasselbe kan auch von Eüer Fürstlichen Gnaden ohn eintzigec Heüchelei oder Liebkosen127 geredet/ geschrieben und wahr gemachet werdend,128. Die Gottesfurcht/ als die HauptTugend aller anderen129/ ist E. Fürstl. Gnaden dermahssen fest in Jhr Fürstliches Hertz und Seele gepflantzet/ ja gleichsahm so tief darinn gegraben130/ daß selbige weder durch guhtes noch böses Glük131/ weder durch Furcht noch Hoffnung/ weder durch Dreüen132 noch Schmeicheln kan herauß gerissen werden/ denn eben dise HauptTugend die Gottesfurcht ist E. Fürstl. Gnaden gleich angebohren/ Demnach Jhr Königlichese und | hoch Fürstliches Hauß/ worauß Eüer Fürstl. Gnade zu deroselben unsterblichen Ruhm ist entsprossen und herkommen/ dise edle Tugend (welche eine hertzliche Liebe zu dem Seligmachenden Wohrte133/ und Fortpflantzung134 des wahren Gottesdienstes unnachlässig gebieret135) über alle Schätze/ ja höher/ als alle Jhre Königreich und Fürstenthümer iederzeit haben geachtet. Und was darf136 Jch dessen noch weit137 Zeügnisse suchen? haben nicht E. Fürstl. Gnaden auß hertzlicher Liebe zu GOtt/ und desselben seligmachendem Wohrte negst138 der heiligen Bibel/ und vielen andern fürtrefflichen Theologischen Schriften/ auch Meine/ vor disem herauß gegebenen Himlische Liec eintzige] Gemäß B emendiert aus: eintziges d gemachet werden] Gemäß B emendiert aus: gemachetwerden e Königliches] Gemäß B emendiert aus: Königlichen 123 Fortpflantzung] Ausbreitung. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 25. 124 Vgl. 1Kor 15,9 125 Mässigkeit] Mäßigung. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 1745. 126 Mildigkeit] Freigebigkeit. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 2213. 127 Liebkosen] Schmeichelei. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 965. 128 wahr gemachet werden] bewiesen werden. Vgl. Grimm, DWb 27, Sp. 691. 129 Vgl. Prv 9,10; Sir 1,16 130 gegraben] eingegraben. Vgl. Grimm, DWb 8, Sp. 1565. 131 weder durch guhtes noch böses Glük] weder durch Glück noch durch Unglück. Vgl. Grimm, DWb 8, Sp. 231. 132 Dreüen] Drohen. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1343. 133 Vgl. Röm 1,16 134 Fortpflantzung] Ausbreitung. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 25. 135 gebieret] hervorbringt. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 1641. 136 darf] muß. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1725. 137 weit] lang. Vgl. Grimm, DWb 28, Sp. 1255. 138 negst] neben. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 133.
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der139/ ob Sie gleich von noch so schlechter140 Hand geschrieben/ Jhr so bekant
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gemacht/ daß Sie dieselbe nicht allein gahr gerne gelesen und gesungen/ sondern/ demnach E. Fürstl. Gnade auch der edlen Musik trefflich wol erfahren/ oft gantz freüdig auf Jnstrumenten gespielet/ und durch solche hochrühmliche übung Jhrem löblichen Frawenzimmer141 Anlaß gegeben/ Jhnen dise geistliche Lieder zur Ehre Gottes/ und Erbauung Jhres Christenthums/ auch gemein unnd bekant zumachen142/ mahssen143 Jch solches von der/ so wol an Tugend alß von Geblühte hoch Edlen Frauen Drostinnen von Oertzen/ Gebohrnen von Knesebeken144 (welche/ demnach145 Sie Eüer Fürstl. Gnaden in deroselben Fürstl.f Kammer eine geraume Zeit Unterthänigst aufgewahrtet146/ ne= | benst147 Jhrem hertzlieben Ehejunkern148/ dem hoch Edlen und Gestrengen149 Herren Jaspar von Oertzen150/ Königlicher Majestät zu Dennemark wolbestalf in deroselben Fürstl.] Fehlt B (Erratum) 139 Rist bezieht sich auf seine 1641 f. in fünf Teilen im Verlag von Johann und Heinrich Stern publizierten Himmlischen Lieder. Vgl. Rist, Himmlische Lieder (2012). 140 schlechter] einfacher. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 523. 141 Frawenzimmer] Frau. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 86. 142 gemein zumachen] bekannt zu machen. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3178. 143 mahssen] wie. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 1738. 144 Anna Maria von dem Knesebek (gest. nach 1679), Tochter des Landvogts von Verden, Jasper von dem Knesebek. Am 2.2.1649 Hochzeit mit Jaspar von Oertzen. Die Ehe blieb kinderlos. Vgl. Lisch, S. 191. 145 demnach] nachdem. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 919. 146 aufgewahrtet] gedient. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 770. 147 nebenst] mit. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 513. 148 Ehejunkern] adligen Ehemann. Zu ‚Junker‘ vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2400. 149 Gestrengen] tapferen. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 4252. 150 Jaspar von Oertzen (1616–1657), seit 1632 Studium in Rostock, später in Oxford und Frankreich. Aufgrund der Verwüstung der elterlichen Güter trat von Oertzen 1639 als Hofrat in die Dienste des Grafen von Oldenburg. Von 1641 an war er Rat und später Hofmarschall des Erzbischofs Friedrich von Bremen. Als Friedrich 1648 König von Dänemark wurde, bekleidete er dieselben Ämter am königlichen Hof und wurde 1649 Drost der Grafschaft Pinneberg. Wegen des dänisch-schwedischen Kriegs war von Oertzen gezwungen, 1657 nach Hamburg zu fliehen, wo er erkrankte und in Johann Balthasar Schupp einen Sterbeseelsorger fand. Von Oertzen starb am 25.12.1657 und wurde am 17.3.1658 in Satow (Mecklenburg) bestattet. Die Leichenpredigt hielt der mecklenburgisch-ratzeburgische Superintendent und nachmalige Rostocker Theologieprofessor Johann Friedrich König. Vgl. Lisch, S. 188– 196. Von dem zu diesem Anlaß von Rist verfaßten und offenbar selbständig publizierten Trostgedicht, das sich an die Witwe richtet, konnte bislang kein Exemplar ermittelt werden. Den Wortlaut des Gedichtes teilt allerdings Lisch, S. 194 mit: Hoch=Adeliche Frau, verzeiht es dieses mahl Mir schlechten, daß auch ich bin in derselben Zahl, Welch Euren Zustand itz mit Trähnen hoch beklagen, Jch weis van Beider Lib’, ich darff nicht Frembde fragen, Jch hab es tausendmahl mit Augen angesehen, Wie lieb= und löblich Jhr Euch pflaget zu begehen, Da war ein Hertz, ein Sinn, ein Geist in zweien Leibern. Man singt und sagt zwar viel von hochbegabten Weibern, Jch stell es auch dahinn, doch solch ein Weib als Jhr, Frau Drostin, ist mir noch gar selten kommen für.
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tem151 Raht und Drosten152 der Graffschaft Pinnenberg/ Meinen hochgeneigten Günner153/ so wol Eüerg Fürstl. Gnaden/ alß auch deroselben hertzgeliebten Ehegemahl154 Jhrer hochGräfflichen Gnaden unvergleichliche Tugenden/ bei allen füglichen155 Begebenheiten inh gebührender Unterthänigkeit hoch zurühmen/ niemahlen156 unterlässet) wie auch vom Herren Tankmaro157 und andern vielfältig habe erzehlen gehöret. Wen den die wahre Gottesfurcht eine ernstliche Vorgängerin aller anderen Tugenden nicht nur heisset158/ sondern auch warhafftig ist/ wie solches durch Eüer Fürstlichen Gnaden lebendiges Exempel augenscheinlich wird bekräfftiget/ alß welcher schöner/ und mit schier159 unzehlichen Annehmligkeiten von GOtt und der Natur herlich gezierter Fürstlicher Leib eine so edle Seele/ und in derselben so viel kostbahrer Tugenden/ alß da ist/ hertzliche und stets wachsende Liebe gegen Jhren höchstgeehrten Gräfflicheni Ehegemahl/ beständige Keüschheit/ verwunderliche160 Leütseligkeit161/ Freigebigkeit und unzehliche andere recht Fürstliche Eigenschaften beherberget; Alß162 habe Jch dafür gehalten163/ Mir wolle für allen Dingen gebühren/ gegenwertige meine Neüe Himlische Lieder/ so wol E. Fürstl. Gnaden/ alß Jhrer hochGräffl. | Gnaden/ Jhrem hertzinniglich geliebtem Eheherren164 (demnach in Jhnen beeden gleichsahm nur ein Hertz/ ein Gemühte/ eine Seele/ ja nur ein Leben wohnet) in unterthänigster Demuht zu überreichen. Gelanget demnach schließlich an E. E. hochGräffliche und Fürstliche j G.G. meine unterthänigste Bitte/ dieselbe wollen gnädigst geruhen/ diß für der Welt zwahr unansehnliches/ in den Augen aber eines rechtschaffenen Christen schätzbahres165 Büchlein/ mit Hochgräfflichen und Fürstlichen Gnaden auff= und anzunehmen/ dasselbe durch Jhr hohes Ansehen für allen Widerwärtigen g Eüer] B statt dessen: E. h Begebenheiten in] B statt dessen: begebenheitenin (Erratum) i höchstgeehrten Gräfflichen] Emendiert aus: höchstgeehrtenGräfflichen (Erratum auch in B) j Fürstliche] Gemäß B emendiert aus: Fürstlich 151 wolbestaltem] angesehenem, mit einer guten (amtlichen) Bestallung versehenem. Vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 1100. 152 Drosten] Landvogt. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1437 f. 153 Günner] Gönner. Vgl. Grimm, DWb 8, Sp. 938. 154 Ehegemahl] Gemahlin, Ehefrau. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3151. 155 füglichen] angemessenen. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 396. 156 niemahlen] niemals. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 823. 157 Zu Johannes Tancmar konnten genauere biographische Daten bislang nicht ermittelt werden. In Rists ‚Neüem Teütschen Parnass‘, S. 680–687 findet sich ein an Tancmar gerichtetes (erstmals im Jahre 1645 selbständig gedrucktes) Glückwunschgedicht, das den Adressaten als ‚Gräfflichen Oldenburgischen Bedienten‘ bezeichnet. 158 Vgl. Prv 9,10; Sir 1,16 159 schier] Hier „mit beziehung auf eine anzahl, eine menge, einen grad, eine gröszenbezeichnung überhaupt“ (Grimm, DWb 15, Sp. 24), nicht im Sinne von ‚beinahe‘. 160 verwunderliche] bewunderungswürdige. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 2365. 161 Leütseligkeit] Freundlichkeit. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 851. 162 Alß] so. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 259. 163 dafür gehalten] gemeint. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 298. 164 Eheherren] Ehemann. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 44. 165 schätzbahres] kostbares. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 2279.
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kräfftiglich zu schützen/ und den ferner mit Hochgräfflichen und Fürstlichen Gnaden/ Gunst und Gewogenheit/ Mir und den lieben Meinigen/ iederzeit beigethan166 zu sein und verbleiben. Jch wil Meiner unterthänigen Ambts Schuldigkeit zu folge den grossen GOtt vom Himmel/ der die Hertzen der Fürsten in seinen allwaltenden167 Händen hat/ mit einem feürigen und unabläßigem Gebehte ersuchen/ daß Er E. E. Hochgräffliche und Fürstliche G. G. bei disem antretendem168 Neüen FriedensJahre/ und ferner die gantze Zeit Jhres Lebens/ mit seinem Heiligen Geist erleüchten und regieren/ Jhnen beiderseits langes Leben/ beständige LeibesGesundheit/ Glük/ Heil und Segen/ zu allem deroselben Hochgräfflichen und Fürstlichen Vornehmen/ eine friedliche Regierung/ | und alle gedeiliche169 Wolfahrt reichlich verleihen/ und Sie nach wolbeschlossenem Lebenslauff mit der unverwelklichen HimmelsKrone der Freüdenreichen Ewigkeit170/ in Gesellschaft aller heiligen Engel und Außerwehlten herlich wolle schmükken/ gestalt171 den solches alles/ bei Beschliessung diser Unterthänigsten Ubereignungsschriftk/ aus dem innersten Grunde seines Hertzens/ von dem Könige aller Könige172/ in festem Vertrauen demühtiglich wünschet/ bittet und begehret Geschrieben zu Wedel an der Elbe/ am 20 Ta= ge des Christ= monahts173/ des zum Ende lauf= fenden 1650 Jahres.
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Eüer hochGräfflichen Gnaden und
Eüer Fürstlichen Gnaden
Unterthänigster Gehorsahm= ster Diener
Johannes Rist. |
k Ubereignungsschrift] Emendiert aus: Ubereignusschrift (Erratum auch in B) 166 beigethan] zugetan. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1373. 167 allwaltenden] allmächtigen. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 241 und Sp. 235. 168 antretendem] beginnenden. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 506. 169 gedeiliche] förderliche. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 1992. 170 Vgl. 1Kor 9,25; Apk 2,10 171 gestalt] wie. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 4183. 172 1Tim 6,15 173 Christmonahts] Dezembers. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 626.
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Nohtwendiger und nützlicher
Vorbericht An den
Christlichen Teutschen und Auff= richtigen Leser.
C
HRistlicher Teutscher und Auffrichtiger Leser. Daß die Dicht= Kunst/
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gleich wie fast alle andere löbliche Künste und Wissenschafften ihre Neider/ Verächter und Spötter habe/ solches begläubeta,1 die Erfahrung mehr denn überflüssig2. Unter vielen vermeyneten3 Gründen und Uhrsachen/ vermittelst welcher man/ daß die Poeten oder Dichter nirgendswo zu dulden/ wil erweisen/ pfleget man auch diese vorzubringen/ daß nemlich der Klügeste unter allen Weißheitliebenden/ der Plato4/ in seinen Büchern von Verwaltung des Regiments5 oder gemeinen Bestens/ außdrücklich geschrieben/ man solle die Poeten aus der Stadt hinweg schaffen/ und an keinem Ohrte leiden6, 7. Fürwar ein gar hartes Urtheil/ wenn dem also/ und dieses grossen Mannes Wohrte nach der gifftigen Erklärung der Dichter Feinde solten verstanden werden. Von den Sophisten oder Weißheit=verfälschern lehret zwar Plato/ daß/ demnach dieselbe gantz muhtwilliger weise die rechte Erkäntnißb nützlicher Dinge/ unter dem Schein der Warheit verfälschten/ gar nicht solten geduldet werden/ die Poeten aber betreffend/ so ist seine Meynung von denselben diese/ daß man a begläubet] B statt dessen: beglaubet
b Erkäntniß] B statt dessen: Erkäntnisse
1 begläubet] bestätigt. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1298. 2 mehr denn überflüssig] mehr als reichlich. Zu ‚überflüssig‘ vgl. Grimm, DWb 23, Sp. 222. 3 vermeyneten] vermeintlichen. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 854 f. 4 Platon (ca. 428–347 v.Chr.), einer der bedeutendsten Philosophen der griechischen Antike. Vgl. Szlezák. 5 Regiments] Staates. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 536. 6 leiden] dulden. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 662. 7 Vgl. Platon, Politeia 10, 605b–c: „Kaì ouçtwv h¢dh a£n e¬n díkhı ou¬ paradecoímeqa ei¬v méllousan eu¬nomeîsqai pólin, oçti toûto e¬geírei tñv yucñv kaì tréfei kaì i¬scuròn poiøn a¬póllusi tò logistikón, wç sper e¬n pólei oçtan tiv mocqhroùv e¬gkrateîv poiøn paradidøı tæn pólin, toùv dè cariestérouv fqeírhı· taûtòn kaì tòn mimhtikòn poihtæn fäsomen kakæn politeían i¬díaı e¬kástou tñı yucñı e¬mpoieîn, tøı ànoätwı au¬tñv carizómenon kaì ou¢te tà meízw ou¢te tà e¬láttw diagignåskonti, a¬ llà tà au¬tà totè mèn megála h™gouménwı, totè dè smikrá, ei d¢ wla ei¬dwlopoioûnta, toû dè a¬lhqoûv pórrw pánu a¬feståta.“
fol. A 1r
24 fol. A 1v
Vorbericht an den Leser
nur die jenige/ welche von gött= | lichen und Himmlischen Sachen allerhand Gottlose/ ja schändliche Reden auff die Bahn bringen8/ Benebenst9 auch die Gemühter der Menschen betrüben und verwirren/ solle hinweg jagen: Die Jenige aber/ welche Göttliche Lieder richtenc,10/ und grosser Leute rühmliche Thaten besingen/ dieselben solle man nicht allein gerne dulden/ sondern auch höchlich lieben und ehren11/ demnach er gäntzlich dafür gehalten12/ „daß durch die fürtreffliche Dicht=kunst die Leiber gleichsam auß einem harten Schlaffe zu frölicher Aufmunterung der Gemühter erwekket/ auß den dikken13 Finsternissen der Unwissenheit an das Liecht eines grossen Verstandes/ aus ewiger Vergessenheit zu Wiedererinnerung göttlicher Dingen/ ja so gahr aus dem Tode in das Leben wieder gebracht würden/“14 wie solches alles in vorgedachten15 seinen Büchern mit mehrerem16 befindlich und gahr wol zu lesen. Worauß denn klärlich erhället17/ daß die jenigen/ welche aus des hochweisen Platonis Schrifften wollen erweisen/ daß die Dichter mit ihrer Kunst gäntzlich abzuschaffen und zuvertreiben/ gröblich irren/ den Plato nur den Schaum18 der Poeten/ als die muhtwillige Verächter Gottes/ und aller löblichen Tugenden in seinen Schrifften wil verstanden und außgejaget19 haben. Unläugbahr20 ist es ja/ d daß die Dichterkunste anfänglich nicht zu Weltlichen und üppigen21 Sachen/ sondern zum Dienste/ Ehre und Lobe Gottes ist erfunden/ welches auch die Heiden haben andeuten wollen/ wenn sie den GOTT 22 23 24 Apollo und seine neun Töchter zu Uhrhebern/ Fortpflantzeren und Schutzc richten] B statt dessen: dichten d ja/] B statt dessen: / ja (Erratum) e Dichterkunst] B statt dessen: Dichtkunst 8 auff die Bahn bringen] vorbringen. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1077 f. 9 Benebenst] außerdem. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1467. 10 richten] machen. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 879. 11 Vgl. Platon, Politeia 10, 606e–607a: „Ou¬koûn, ei®pon, w® Glaúkwn, oçtan ¿Omärou e¬painétaiv e¬ntúchıv légousin w™ v tæn ¿Elláda pepaídeuken ou©tov o™ poihtæv kaì pròv dioíkhsín te kaì paideían tøn a¬nqrwpínwn pragmátwn a¢xiov a¬nalabónti manqánein te kaì katà toûton tòn poihtæn pánta tòn au™toû bíon kataskeuasámenon zñn, fileîn mèn cræ kaì a¬spázestai w™ v o¢ntav beltístouv ei¬v oçson dúnantai, kaì sugcwreîn √Omhron poihtikåtaton ei®nai kaì prøton tøn tragwı dopoiøn, ei¬dénai dé oçti oçson mónon uçmnouv qeoîv kaì e¬gkåmia toîv agaqoîv poiäsewv paradektéon ei¬v pólin·“ 12 dafür gehalten] der Meinung war. Nicht bei Grimm, DWb, vgl. aber zu ‚Dafürhalten‘ DWb 2, Sp. 676. 13 dikken] dichten. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1075. 14 Die Herkunft des Zitats konnte bislang nicht ermittelt werden. Von Platon stammt es nicht. 15 vorgedachten] zuvor erwähnten. Vgl. Grimm, DWb 26, Sp. 947. 16 mit mehrerem] mehrfach. Zum Komparativ von ‚mehr‘ vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 1884 f. 17 Worauß denn klärlich erhället] woraus sich denn eindeutig ergibt. Zu ‚erhellen‘ vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 848; zu ‚klärlich‘ vgl. DWb 11, Sp. 1004. 18 Schaum] Abschaum. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 2358. 19 außgejaget] vertrieben. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 890. 20 Unläugbahr] nicht zu leugnen. Vgl. Grimm, DWb 24, Sp. 1121. 21 üppigen] unnützen. Vgl. Grimm, DWb 24, Sp. 2339 f. 22 Apollo] Apoll ist der griechische Gott der Künste, insbesondere der Musik, der Dichtkunst und des Gesangs. 23 neun Töchter] Gemeint sind die Musen, neun Göttinnen, die nach Ansicht der griechischen Mythologie für die Inspiration der Künstler sorgen. 24 Fortpflantzeren] Verbreitern. Zu ‚Fortpflanzung‘ vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 25.
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göttinnen dieser edlen Wissenschafft haben ernennet/ dadurch zu lehren/ daß die Dichtkunst auß dem Himmel komme/ wie denn der Ennius25 die Poeten heilig nennet/ als welche von oben herab mit hoher und himlischer Weißheit werden begabet26. Der alte Lehrer Augustin27 schreibet/ daß die Poeten | vorzeiten darümb Theologen oder Gottesgelehrte sind genennet/ dieweil28 sie gemeiniglich29 von geistlichen und himlischen Sachen haben geschrieben30. Von dem Orfeuß31 wird gemeldet/ daß er der erste sey gewesen/ der den Göttern zu Lob und Ehren schöne Lieder gemacht und gesungen. Nach ihme sol der Museus32/ welcher für einen Sohn des Apollons33 wird gehalten/ sich fleissig in Erfindungen solcher geistlicher Gedichte haben geübet/ wie auch der Linus34/ der ein Sohn des Mercurius35 gewesen/ und wird endlich für den Alten der Hesiodus36 hochgerühmet/ als der in dieser Kunst und Wissenschafft sonderliche37/ ja fast übertrefliche38 Gaben sol gehabt haben. Daß wir aber nur etwas weinigesf,39 von Liedern oder Gesängen reden/ (denn von der edlen Dicht=kunst ins gemein40/ welche gleichsam ein Begrieff41 ist aller irrdischen und himmlischen Wissenschafften außführlich zu schreiben/ ist diesesmahl mein Vorhaben nicht/) so wird ein Gesangg von den Griechen
f weiniges] B statt dessen: weniges g ein Gesang] Gemäß B emendiert aus: einGesang 25 Ennius] Q. Ennius (239–169 v.Chr.) war einer der einflußreichsten lateinischen Dichter und Schriftsteller der vorklassischen Zeit. Seine Werke sind jedoch nur in Fragmenten erhalten. 26 Vgl. Cicero, Pro Archia Poeta Oratio, S. 8, Z. 5–7: „Qua re suo iure noster ille Ennius ,sanctos‘ appellat poetas, quod quasi deorum aliquo dono atque munere commendati nobis esse videantur.“ 27 Augustin] Aurelius Augustinus (354–430), der bedeutendste lateinische Kirchenvater. 28 dieweil] weil. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1146. 29 gemeiniglich] gewöhnlich. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3257. 30 Vgl. Augustinus, De civitate Dei, lib. 18, cap. 14, CCSL 48, S. 605, Z. 1–11: „Per idem temporis interuallum extiterunt poetae, qui etiam theologi dicerentur, queniam de diis carmina faciebant, sed talibus diis, qui licet magni homines, tamen homines fuerunt aut mundi huius, quem uerus Deus fecit, elementa sunt aut in principatibus et potestatibus pro uoluntate Creatoris et suis meritis ordinati, et si quid de uno uero Deo inter multa uana et falsa cecinerint, colendo cum illo alios, qui dii non sunt, eisque exhibendo famulatum, qui uni tantum debetur Deo, non ei utique rite seruierunt nec a fabuloso deorum suorum dedecore etiam ipsi se abstinere potuerunt – Orpheus, Musaeus, Linus.“ 31 Orfeuß] Orpheus wird in der griechischen Mythologie als der erste Sänger und Dichter überhaupt angesehen. 32 Museus] Der Dichter Musaios gilt in der griechischen Mythologie als Sohn der Musen sowie als Schüler des Orpheus und des Linos. 33 S. o. S. 24, Anm. 22. 34 Linus] Linus ist eine Figur der griechischen Mythologie. Als Sohn des Apollo und einer Muse ist er bekannt für sein musikalisches Talent. Nach anderen Überlieferungen ist er der Sohn Merkurs und einer Muse. 35 Mercurius] Mercur ist der lateinische Name des griechischen Gottes und Götterboten Hermes. 36 Hesiodus] Hesiod war ein griechisch-antiker Dichter des 8. Jahrhunderts v.Chr. und gilt als Begründer des didaktischen Epos. 37 sonderliche] vorzügliche. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1581. 38 übertrefliche] vortreffliche. Vgl. Grimm, DWb 23, Sp. 606. 39 weiniges] weniges. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 1. 40 ins gemein] insgesamt. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2142. 41 Begrieff] Inbegriff. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1311.
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Vorbericht an den Leser
w¬ı dæ welches von a¢d ı ein herkommet/ und zu Teutsch Singen heisset/ genennet/ bißweilen gebrauchen sie auch das Wöhrtlein mélov, welches ein Glied/ sonsten
fol. A 2v
auch ein Gedicht bedeutet/ und werden mit diesem Wohrte die Lieder des Anacreons42/ wie auch der Sappho43 absonderlich44 benahmset45/ und dasselbige darüm/ dieweil46 die Alte gemeiniglich47 ihre Lieder in die Leire pflagen zu singen48/ ja sie hetten es für gahr spöttlich49 gehalten/ wenn man die Götter gelobet/ oder fürtreflicher Helden Ruhm in beweglichen50 Liedern abgesungen51/ und nicht mit der Leir oder andern dergleichen Jnstrumenten dazu gespielet hette. Und wahrlich/ man muß bekennen/ daß der Gesang/ wenn derselbe von reiner menschlicher Stimme/ da benebenst52 auchh wolklingendei Jnstrumenten erschallet/ noch biß auff den heutigen Tag den Liedern ein rechtes Leben/ und | erwünschete Anmuhtigkeit gibt/ wie denn auch David seine geistliche j Lieder auff eine solche liebliche Art hat erklingen lassen/ wie wol wir heut zu Tage wegen Vielfältigkeit neuer wolklingender Jnstrumenten/ wie auch der sonderbahren53 Singe=Ahrt den Alten hierin weit vorgehen54. Betreffend aber die Verfassung allerhand Lieder an sich selber/ so kan man nicht läugnen/ daß bey dieser närrischen Ehrgeitzigen Welt/ da so gar viele sich lassen bedüncken55/ daß sie fürtreffliche Dichter und Poeten sind/ auch fast ein jedweder wil Lieder machen/ gestalt56 denn derselben innerhalb wenig Jahren ein solcher Hauffe ist an den Tag kommen/ daß man schier57 eine kleine Statt davon bauen solte/ welche gleichwol/ demnach die Materi58 hie zu so gahr faul und untüchtig/ nur eine sehr kurtze Zeit würde bestehen können. Man gläube es aber nur sicherlich/ daß nicht also bald ein jedweder/ wenn er gleich in Griechischer/ Lateinischer/ Teutscher und andern Sprachen einen Verß weiß auffzusetzen/ darüm auch flugs ein guhtes untadeliches Lied machen h benebenst auch] Gemäß B emendiert aus: benebenstauch i wolklingende] B statt dessen: wolklingenden (Erratum) j geistliche] B statt dessen: geistreiche 42 Anacreons] Anakreon (6. Jahrhundert v. Chr.) war ein Lyriker aus der ionischen Stadt Teos und wirkte u. a. auf Samos und in Athen. 43 Sappho] Griechische Dichterin um 600 v. Chr. 44 absonderlich] insbesondere. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 121. 45 benahmset] benannt. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1465. 46 dieweil] weil. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1146. 47 gemeiniglich] gewöhnlich. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3257. 48 in die Leire pflagen zu singen] zur Leier zu singen pflegten. Zu ‚singen‘ vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1074; zu ‚pflegen‘ vgl. DWb 13, Sp. 1736. 49 spöttlich] schimpflich. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 2709. 50 beweglichen] bewegenden. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1774. 51 abgesungen] singend vorgetragen. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 120. 52 da benebenst] darüber hinaus. Zu ‚dabeneben‘ vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 660. 53 sonderbahren] besonderen. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1577. 54 den Alten hierin weit vorgehen] die Alten hierin weit übertreffen. Zu ‚vorgehen‘ vgl. Grimm, DWb 26, Sp. 1088. 55 da so gar viele sich lassen bedüncken] da so viele meinen. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1238. 56 gestalt] wie. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 4183. 57 schier] fast. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 23. 58 Materi] Materie. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 1751.
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könne. Es gehöret hiezu eine sonderbahre59/ lebhaffte/ frische/ geschmückte/ völlige60 und mit anmuhtigen Figuren durch und durch gezierte/ ja gleichsam verblühmte61 Ahrt/ welche einen hohen Verstand/ treffliche Scharffsinnigkeit/ grosse Geschickligkeit/ langwirige Ubung/ und eine färtig Faust62 erfodert63/ wie solches der grosse Skaliger64 in seinem sechsten Buche von der Dichtkunst65 mit mehrerem66 erweiset. Sonderlich aber müssen guhte Lieder von füglichen67 und wolzustimmenden68 Epithetis69 reich seyn/ gestalt70 solches die beyde fürnehmste unter den Lyrischen Dichtern der Pindarus71 und Horatius72 sehr fleissig haben beachtet/ und ihr rechtes Meisterstükke eben darin bewiesen/ daß sie den selbständigen Nennwöhrternk (Nominibus Substantivis) die allergeschiklichste Beiständige | (Adjectiva) haben angefüget/ und klinget es über die masse lieblich/ wenn das eine des andern Wesen und Beschaffenheit in rechter Ordnung fein klärlich73 und verständlich außdrükket/ als wenn ich singe: Du grosser Gott/ du
starker GOtt/ du gerechter/ weiser/ barmhertziger GOtt/ Wir arme Maden/ Ein liebliches Blühmlein/ Die höchste Noht/ Mein süsser Bräutigam/ O frecher Muht/ Die wolverdiente Straffen/ der starke Menschenfresser74/ Die Lasterreiche Welt/ Die Flügelschnelle75 Zeit/ Die lange Ewigkeit/ und mehr desselben Schlages76.
Jm Gegentheil kan kein elender Geschmier unter der Sonnen werden gefunden/ als wenn unsere Reimenzimmerer77 so gar ungeschikte beiständige78 Wöhrter an die Selbständige flikken: Da muß es offt ihrer tieffen79 Kunst nach heissen: Der herbe/ kalte Bräutigam brent itz in dikker Liebe: Er stund in einem schwartzen Wahn/ bald kriegt er einen Fetten Sieg: O Eisen schöner k Nennwöhrtern] B statt dessen: Nennwöhrteren
59 sonderbahre] besondere. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1577. 60 völlige] vollkommene. Vgl. Grimm, DWb 26, Sp. 669. 61 verblühmte] mit Redefiguren geschmückte. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 146. 62 färtig Faust] geschickte Hand. Zu ‚fertig‘ vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1551; zu ‚Faust‘ vgl. DWb 3, Sp. 1380. 63 erfodert] erfordert. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 802. 64 Julius Caesar Scaliger (ca. 1480/90–1558), späthumanistischer Gelehrter, Arzt und Poet. Vgl. Jaumann, Handbuch, S. 586–588. 65 Vgl. Julius Caesar Scaliger, Poetices libri septem, lib. 6. 66 mit mehrerem] mehrfach. Zum Komparativ von ‚mehr‘ vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 1884 f. 67 füglichen] angemessenen. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 396. 68 wolzustimmenden] harmonischen. Vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 1184. 69 Epithetis] Ein Epitheton ist ein für den Satz nicht notwendiges schmückendes Beiwort. 70 gestalt] wie. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 4183. 71 Pindarus] Pindaros (522/518–nach 446 v. Chr.), griechisch-antiker Dichter. 72 Horatius] Horaz (65–8 v. Chr.), römischer Dichter. 73 klärlich] klar, eindeutig. Vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 1004. 74 Menschenfresser] Tod. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 2046. 75 Flügelschnelle] hinwegeilende. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1845. 76 desselben Schlages] von derselben Art. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 328. 77 Reimenzimmerer] unfähigen Dichter. Nicht bei Grimm, DWb. Vgl. aber ‚Reimdrechsler‘, DWb 14, Sp. 668 und ‚Reimschmied‘, DWb 14, Sp. 677. 78 beiständige] adjektivische. S. o. Z. 93 f. 79 tieffen] tiefsinnigen. Vgl. Grimm, DWb 21, Sp. 481.
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Leib/ (sol ein schönes/ aber dabenebenst80 gantz verstoktes Weibesbild bedeuten) Ein wolgebauter Wald im aufgeschweltenl,81 Grase. Es plaget mich mein schwangers Glük. Sie gab mir einen rohten Kuß/ warumb aber? darumb vieleicht/ daß sie blaue Leftzen82 hatte. Da komt der schwartze lumpen Tod/ O Goldverbrämte83 Wunderlust84. Ein schön gespiktes85 Ehrenlied. Ein hochvernünftigs Tummelpferd86. Mein Hertzerfreülichs Klaggedicht hat Phillis87 doch erweichet nicht. Die Feuranstekkend Winterzeit. Er sitzt in starker Einsamkeit/ macht einen wolgeputzten88 Brieff an seine Hertzformierte Braut/ und tausend andere Narrenpossen/ mahssen89 ich den90
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noch etliche/ viel gröbere/ welche ich Ehrenhalben anhero zu setzen diesesmahl unterlasse/ bei derogleichen selbstgewachsenen91 Dichtern gefunden/ | welches uns denn leichtlich alle Verwunderung sol benehmen92/ wann wir sehen/ daß die Welt mit so vielen LumpenLiedern93 ist angefüllet: Wir wollen aber ein mehrers hievon nicht gedenken94/ spahren es95 biß in die nechste Vorrede/ sondern nur mit weinigenm,96 anhero setzen97/ wie mancherley Ahrten der Lieder/ so viel gleichwol nur die Materi98 betrifft/ (denn von ihren unterschiedlichen Reimahrtenn handlen wir itzund99 nicht/) bei den Teutschen werden gefunden/ und welche doch wol unter denselben für die allerbeste/ nützlichste und zuträglichste zu halten. Anfänglich nun befindeno sich unter den also genanten Dichtern etliche/ welche zwahr zimlich guhten Verstandes sind/ und dannenhero100 bißweilen gahr feine Jnfälle haben/ Sie mißbrauchenp aber selbige zum allerschändlichsten/ in deme sie von göttlichen und heiligen Sachen so liederlich/ so weltlich/
l aufgeschwelten] B statt dessen: außgeschwelten (Erratum) m weinigen] B statt dessen: wenigen n unterschiedlichen Reimahrten] Gemäß B emendiert aus: unterschiedlichenReimahrten o befinden] B statt dessen: finden p mißbrauchen] B statt dessen: Mißbrauchen 80 dabenebenst] darüber hinaus. Zu ‚dabeneben‘ vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 660. 81 aufgeschwelten] aufgeschwollenen. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 733. 82 Leftzen] Lippen. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 515. 83 Goldverbrämte] mit Gold verzierte. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 154. 84 Wunderlust] wundervolle Lust. Vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 1831. 85 schön gespiktes] schönes, angenehmes. Zu ‚gespickt‘ vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 4151. 86 Tummelpferd] Turnierpferd. Vgl. Grimm, DWb 22, Sp. 1741. 87 Phillis] Phillis ist eine Frauengestalt aus der antiken Bukolik. 88 wolgeputzten] reich gezierten. Vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 1142. 89 mahssen] wie denn. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 1737. 90 anhero zu setzen] hier herzusetzen. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 375. 91 selbstgewachsenen] selbsternannten. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 475. 92 benehmen] nehmen. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1468. 93 LumpenLiedern] stümperhaften Liedern. Nicht bei Grimm, DWb. Vgl. jedoch zu ‚Lumpenwort‘ DWb 12, Sp. 1300. 94 ein mehrers nicht gedenken] nicht weiter davon sprechen. Zu ‚mehrers‘ vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 1886. 95 spahren es] behalten es uns auf. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1930. 96 weinigen] wenigen. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 1. 97 anhero setzen] hier hersetzen. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 375. 98 Materi] Materie. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 1751. 99 itzund] jetzt. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2322. 100 dannenhero] deshalb. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 748.
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ja vielmahls so spöttischq schreiben/ singen und dichten/ daß ein Gewissenhaffter Christ billich101 einen Abscheü träget102/ derogleichen Lästerschrifften zu lesen oder zu hören/ denn freylich erinnern wir uns der ernstenr Dreüworte103 des gerechten Gottes/ daß er nemlich die jenige nicht wolle ungestraffet lassen/ die seinen heiligen Namen mißbrauchen104. Und diese Gotteslästerer und Schmähevögel105 sind eben die rechte Schandflekken der edlen Dichtkunst/ welche üm dessen willen/ daß sie die guhte Gaben ihres Verstandes so gar übel haben angeleget/ dem schweren Urtheil Gottes nicht werden entfliehen. Andere wenden allen ihren Fleiß auff solche Lieder/ welche von der Liebe/ Heirahtssachen/ anmuhtigen Gesprächen/ lustigen Geschichten und dergleichen Dingen handlen/ und dieser etliche sind gantz und gahr verwerflich/ etliche aber können wol geduldet werden. Verwerflich sind alle die jenige/ welche mit ungebührlichen/ leichtfertigen/ schändlichen und ärgerlichen | Reden und Sprüchen ihre Lieder oder Gesänge anfüllen/ und dadurch gleichsam ein Feuer anblasens/ welches jungen und unerfahrnen Leuten (die gleich den kleinen Butter=Vögelein106 bei Nacht mit grosser Lust üm dasselbe herfliegen/) endlich die Flügel gar verbrennet107/ das ist/ ihnen an Leib und Seele einen unwiederbringlichen Schaden zufüget. Die jenige Lieder und Gesänge aber/ welche auff ehrliche Liebeshändel108/ und keusche Zuneigunge sind gerichtet/ auch sonst keinen Menschen Aergerniß geben/ als nur den jenigen/ die sich aus selbst ingebildeter Heiligkeit auch an guhten und nützlichen Dingen leicht können ärgeren/ die/ sage ich/ sind wol zu dulden/ wenn sie nur die Schranken der Ehrbarkeit (welches denn mit höchstem Fleißt muß beachtet/ und zum Uberflusse von mir hiebei abermahls erinnert109 werden) nicht überschreiten. Solcher wolgesetzeten Lieder/ finden wir eine guhte Anzahl bei unserem in Gott seligruhendem Gekrönten/ den weiland110 edlen Herren Opitzen111/ wie q spöttisch] B statt dessen: spöttlich r ernsten] Gemäß B emendiert aus: ersten s anblasen] B statt dessen: aufblasen t höchstem Fleiß] B statt dessen: höhestem Fleisse 101 billich] mit Recht. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 27. 102 einen Abscheü träget] Abscheu empfindet. Vgl. Grimm, DWb 21, Sp. 1096. 103 Dreüworte] Drohworte. Zu ‚dräuen‘ vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1343. 104 Ex 20,7 105 Schmähevögel] Verleumder. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 909. 106 Butter=Vögelein] Schmetterlingen. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 586. 107 Sprichwörtlich. Vgl. Wander 1, Sp. 1082. 108 Liebeshändel] Liebesangelegenheiten. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 369. 109 erinnert] erwähnt. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 859. 110 weiland] vormals. Vgl. Grimm, DWb 28, Sp. 783. 111 Martin Opitz (1597–1639), Reformator der deutschsprachigen Dichtkunst, Diplomat, 1619 Studium in Heidelberg, 1620 in Leiden, 1621 Rückkehr nach Schlesien, 1622 Aufenthalt in Siebenbürgen, sodann in Wien, dort Dichterkrönung, 1626 Sekretär und Leiter der geheimen Kanzlei Karl Hannibal von Dohnas, 1627 Nobilitierung, 1629 Aufnahme in die Fruchtbringende Gesellschaft (Gesellschaftsname: Der Gekrönte), 1630 Reise nach Paris, seit 1635 in Thorn. Opitz starb in Danzig an der Pest. Vgl. Garber, in: Killy 2 8 (2010), S. 715–722 sowie Kühlmann, Opitz.
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auch bei anderen/ als dem Herren Suchenden112/ bei Herren Tscherning113/ und Doktor Flemming114 seligen/ bei Herren Bremen115/ Herren Simon Dach116/ M. Zesius117/ und etlichen anderen/ welche mehrentheils118 ohne Aergernisse wol können gelesen oder gesungen werden/ und muß man hierinneu der frischen Jugend ein weinigv,119 nachsehen/ in Betrachtung120 dieselbe so reiffen Verstandes annoch121 nicht ist/ daß sie ihre guhte Gaben jedesmahls nützlicher könte anlegen/ sonderlich122 aber sind sie deßwegen nicht zu schel-
u hierinne] B statt dessen: hierin v weinig] B statt dessen: wenig 112 Justus Georg Schottelius (1612–1676), Dichter, Sprachforscher, Jurist, Philosoph, Studium in Helmstedt (1628), Hamburg (1631), Leiden (1635) und Wittenberg (1636), 1638 Erzieher der Kinder Herzog Augusts am Hof in Braunschweig, seit 1642 Mitglied der Fruchtbringenden Gesellschaft (Gesellschaftsname: Der Suchende) und Hofgerichtsassessor, 1645 Aufnahme in den Pegnesischen Blumenorden, 1646 Konsistorialrat, im selben Jahr Promotion zum Doktor der Rechte in Helmstedt, 1653 Hof- und Kammerrat. Vgl. Fonsén und Conermann, S. 466–468. 113 Andreas Tscherning (1611–1659), 1635 Studium in Rostock, 1636 Hauslehrer in Breslau, 1642 Fortsetzung des Studiums in Rostock, dort 1644 Promotion zum Magister und Berufung zum Professor der Poesie. Insbesondere Tschernings weltliche und geistliche Texte umfassende Sammlung ‚Deutscher Getichte Früling‘ (1642) stieß auf hohe Wertschätzung. Vgl. Prätorius / Doms sowie Bogner. 114 Paul Fleming (1609–1640), 1628–1633 Studium der Philosophie und Medizin in Leipzig, 1633 Promotion zum Magister ebd., 1633–1639 als Hofjunker und Reisedichter Teilnahme an einer schleswig-holsteinischen Gesandtschaft nach Rußland und Persien, währenddessen 1635/36 längerer Aufenthalt in Reval, 1639 Studium der Medizin in Leiden, 1640 Promotion zum Doktor der Medizin ebd. Auf der Rückreise nach Reval starb Fleming nach kurzer Krankheit in Hamburg. Fleming verfaßte geistliche und weltliche Gedichte in deutscher und lateinischer Sprache und gilt als ein bedeutender Vertreter der deutschen Kunstdichtung des 17. Jahrhunderts. Vgl. Meid / Czapla sowie Arend / Sittig. 115 Christian Brehme (1613–1667), seit 1630 Studium der Rechtswissenschaften zuerst in Wittenberg, dann in Leipzig, 1639 Geheimer Kammerdiener in Dresden, 1640–1654 Hofbibliothekar an der Bibliothek des sächsischen Kurfürsten. Brehme war mehrfach Bürgermeister Dresdens, wurde 1660 kurfürstlicher Rat und ist als Erbauungsliterat sowie als Verfasser geistlicher und weltlicher Gedichte in Erscheinung getreten. Vgl. Prätorius / Garber, S. 165 f. 116 Simon Dach (1605–1659), seit 1626 (nicht abgeschlossenes) Studium der Theologie in Königsberg, Tätigkeit als Hauslehrer, seit 1633 Lehrer an der Domschule zu Königsberg, 1636 deren Konrektor, 1639 Professor für Poesie ebd., 1640 Promotion zum Magister. Dach trat als Verfasser zahlreicher Kasualgedichte und geistlicher Lieder hervor. Vgl. Maché / Walter sowie Walter. 117 Philipp von Zesen (1619–1689), Dichter, Sprachreformer, seit 1639 Studium in Wittenberg, dort 1641 Promotion zum Magister. Zesen reiste 1641 nach Hamburg und trat dort in Kontakt mit Rist, hielt sich 1642–1648 in den Niederlanden auf, traf 1643 in Paris u.a. mit Hugo Grotius zusammen, 1648 Aufnahme in die Fruchtbringende Gesellschaft, 1649 Rückkehr in die Niederlande, 1652 bei Hofe in Dessau, 1653 auf dem Reichstag in Regensburg Erhebung in den Adelsstand. Danach hielt sich Zesen wieder in Dessau auf sowie in Amsterdam und Hamburg oder in den Niederlanden (bzw. 1674 in Wolfenbüttel und 1675 in Jena). Zesen starb am 13.11.1689 in Hamburg. Vgl. Blume. 118 mehrentheils] größerenteils. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 1893. 119 weinig] wenig. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 1. 120 in Betrachtung] angesichts der Tatsache, daß. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1707. 121 annoch] noch. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 418. 122 sonderlich] insbesondere. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1582.
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ten/ sondern vielmehr zuloben/ wenn ihr vornehmstes Absehen123 dahin ist gerichtet/ daß sie sich gerne fremde Sprachen dadurch wollen bekant machen124/ welches denn auch mich in meinen jungen Jahren vornehmlich hat angereitzet/ unterschiedliche/ in Lateinischer/ Welscher125/ Frantzösischer und anderen Sprachen gesetzte Lieder und Gedichte in die Teutsche | überzubringen126/ denn solche Schriften sind gleichsahm der Wetzstein/ an welchenw junger Leute Verstand und Ubung viehlmals mit ihrem sehr merklichenx,127 Nutzen und Ersprießligkeit wird geschliffen oder geschärffet128. Noch andere Dichter haben ihre sonderbahre129 Belustigung an mancherlei Schertzliedern/ Stachelgedichten130 und kurtzweiligen Aufzügen131/ und diese sind in ihrem rechten Gebrauch auch nicht zu verwerffen. Allein der Mißbrauch ist hiebei abermahlen so groß/ daß in Betrachtung132 der schändlichen Unflätereien/ welche hierunter werden vermischet/ mancher ehrlicher gelehrter Mann sich fast scheuen muß/ unter die Zahl der Dichter gerechnet y werden. Da machet einer ein hauffen Schmäkarten133/ Paßquillen134/ Schandlieder135/ in welchen zu zeiten grosse Leute auff das schimpflichste werden durchgezogen136/ und dürffen solche boßhaffte Verleumder/ die ihnen vom Teufel eingeblasene Läster=Schriffte noch wol verthäidigen/ und für höfliche Schertz= Lieder außgeben. Ja feiner Schertz/ der nicht nur des zeitlichen/ sondern auch des ewigen Feuers würdig. Ein ander sitzet und dichtet neüe Saufflieder/ derer sich die nassen Brüder137 bei Außlährung der Becher/ Kannen und Gläser mit solcher Lust gebrauchen/ daß sie darüber aller anderer Ergetzligkeit vergessen/ und kommen der neüen Saufflieder bei diesen Zeiten so viel auff die Bahn138/ daß ein ehrlicher Mann/ der etwan139 unversehens in die Geselschafft solcher Schwärmer geräht/ oft nicht weiß/ was er aus diesem Liedergeplär sol machen: Jch halte aber davor140/ w welchen] B statt dessen: welch en (Erratum) x merklichen] B statt dessen: merklichem y ] Emendierend ergänzt. Erratum auch in B 123 Absehen] Absicht. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 114. 124 sich wollen bekant machen] lernen wollen. Nicht bei Grimm, DWb. 125 Welscher] italienischer. Vgl. Grimm, DWb 27, Sp. 1327. 126 überzubringen] zu übersetzen. Vgl. Grimm, DWb 23, Sp. 149. 127 merklichen] bemerkenswerten. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 2103. 128 Vgl. Horaz, De arte poetica, 306–308: „munus et officium, nil scribens ipse, docebo, unde parentur opes, quid alat formetque poetam, quid deceat, quid non, quo virtus, quo ferat error.“ 129 sonderbahre] besondere. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1577. 130 Stachelgedichten] Satiren. Vgl. Grimm, DWb 17, Sp. 393. 131 Aufzügen] Akten eines Schauspiels. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 786. 132 in Betrachtung] angesichts. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1707. 133 Schmäkarten] Schmähschriften. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 906. 134 Paßquillen] Spottschriften. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1482. 135 Schandlieder] Spottlieder. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 2153. 136 durchgezogen] verspottet. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1718. 137 nassen Brüder] Trunkenbolde. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 422 f. 138 kommen auff die Bahn] kommen heraus. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1077. 139 etwan] etwa. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1182. 140 halte aber davor] meine aber. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 298.
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daß unsere Teutsche bei diesem langwirigen Kriegeswesen von den Frantzosen diese nasse Poeterey141 guten Teils142 haben erlernet/ denn in derselben weltlichen Gesangbücheren143/ sonderlich denen/ welche neülichst heraus kommen/ allerhand gahr närrische und doch (wie sie sagen) a la mode Saufflieder hinden und forne stehen/ und muß sich das dedans le cabaret, dedans le cabaretz rechtschaffen darinnen leiden. | Diese rasende Schwärmer/ Wein= und Bier=Musikanten hat für wenig Jahren aus einem recht Christlichen Eifer gahr ahrtig verspottet und durchgehechelt144 unser Scharffsinniger Traumender145/ sonsten der Welt bekanter Philander von Sittewald:146 Man besehe nur hievon das ander Theil seiner hochnützlichen Straffschriften147/ und in denselben das andera Gesichte/ welchem er den Titul Hanßhinüber/ Ganßherüber hat gegeben/ da wird denn Monsieur Laelius mit seinen jungen Studenten und etlichen Schweitzern trefliche schöne Trinklieder in der Teutschen/ von den Frantzosen aber/ in ihrer Muttersprach hören singen und schreyen148/ und sind derer auch im sechsten Gesichte/ Soldaten Leben genant/ etliche nicht übelgesetzte zu finden.149 Gleich wie nun dieser Ahrt Gesänge und ärgerliche150 Lieder/ einenb Christen zu singen nicht geziemen/ wie denn auch die Dichter derselben/ wenn sie
z dedans le cabaret, dedans le cabaret] Emendiert aus: de dans le labaret, de dans le labaret (Erratum auch in B) a ander] B statt dessen: andere b einen] B statt dessen: einem 141 nasse Poeterey] Sauflyrik. Nicht bei Grimm, DWb. Vgl. aber zu ‚naß‘ DWb 13, Sp. 422. 142 guten Teils] zu einem guten Teil. Vgl. Grimm, DWb 21, Sp. 351. 143 weltlichen Gesangbücheren] Gemeint sind die Airs à boire. Sammlungen von Liedern dieser Gattung (Sologesang mit Lautenbegleitung) erfreuten sich im Frankreich des 17. Jahrhunderts außerordentlich großer Popularität. 144 durchgehechelt] stark verhöhnt. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1626. 145 ‚Der Träumende‘ war der Gesellschaftsname Johann Michael Moscheroschs in der Fruchtbringenden Gesellschaft. Vgl. Harms, S. 168 und Conermann, S. 523. 146 Philander von Sittewald, eigentlich Johann Michael Moscherosch (1601–1669), von 1621 an Studium an der Universität Straßburg, 1624 Promotion zum Magister ebd., 1626 Beginn des Studiums der Rechtswissenschaften ebd., im selben Jahr Hofmeister des Grafen von Leiningen-Dagsburg, 1630 Hof- und Rentmeister in Kriechingen, 1636 Amtmann in Finstingen, seit 1645 Fiskal in Straßburg, 1656–1660 zunächst Rat, dann Präsident der Kanzlei in Hanau, 1663 Oberamtmann im Hunsrück. In den häufig wiederaufgelegten Prosasatiren ‚Gesichte Philanders von Sittewald‘ (1640/42) kritisiert Moscherosch, der Mitglied sowohl der Fruchtbringenden Gesellschaft als auch der Straßburger Tannengesellschaft war, den moralischen Verfall und den Verlust der nationalen Identität der Deutschen während des Dreißigjährigen Krieges. Vgl. Schäfer, in: Killy 2 8 (2010), S. 343–346 sowie Muncker und Kühlmann, Moscherosch. 147 Vgl. die zehnte Auflage des 1640/42 erstmals gedruckten Werkes: Johann Michael Moscherosch: Gesichte Philanders von Sittewald/ Das ist Straff=Schrifften Ander Theil (1650). 148 Vgl. Hanß hienůber Ganß herůber. Anderes Gesichte Philanders von Sittewalt. In: Gesichte Philanders von Sittewald (wie Anm. 147), S. 177–264. 149 Soldaten=Leben. Sechstes Gesichte Philanders von Sittewalt. In: Gesichte Philanders von Sittewald (wie Anm. 146), S. 537– 862. 150 ärgerliche] anstößige. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 548.
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solche nur zu Mißbrauche außgesonnen/ billich151 werden verachtet/ ja höchlich deßwegen gescholten und verdammet: Also sind die jenige Poeten ihres wolverdienten Lobs nicht zu berauben/ welche allerhand feine anmuhtige und erbauliche Tugend=Lieder auffsetzen/ in welchen sie bald die Nutzbarkeit152 des edlen Friedens hoch erheben/ und denselbenc nachzujagen alle Welt anmahnen/ bald die Süssigkeit des/ auff Gottesfurcht und Keuschheit gegründetem Ehestandes rühmen/ bald die getreuste/ durch den Tod getrennete Freunde traurig besingen/ bald vom rechtmässigem Gebrauch vieler herrlichsten Künste und Wissenschaften/ von Erhaltung wahrer undd ungefärbeter153 Freundschafft/ von mancherlei Eitelkeiten der Welt/ vom Triumf der Keuschheit/ auff die vier Zeiten des Jahres/ auff dem Sieg der Gedult/ auf die Beharligkeit/ wider den Neid/ Saufferei/ Wollust/ Unzucht/ und vielerlei andere Begebenheiten zu Papyr setzen/ und dadurch jedermänniglich154/ | zufoderst155 aber die neügierige Jugend fruchtbarlich erbauen/ und zu schönen Tugenden anführen/ mahssen156 sich denn durch solche löbliche Tugend=Lieder viele wakkere Leüte/ als Herr Opitz157 seliger/ unser Edler Spilender158/ der in GOtt ruhender Doctor Flemming159/ Doctor Schottel/ in der hochlöblichen Fruchtbringenden Geselschafft der Suchende160/ der Traumende161/ Herr Olearius162/ in vorgedachtere Helden=Geselschafft der Fremde genant163/ Herr Tscherning164/ Herr Bremen165/ Herr Johann Wilhelm Simc denselben] B statt dessen: demselben d und] Gemäß B emendiert aus: und und ter] B statt dessen: vorwolgedachter
e vorgedach-
151 billich] mit Recht. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 27. 152 Nutzbarkeit] Nutzen. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1021. 153 ungefärbeter] aufrichtiger. Vgl. Grimm, DWb 24, Sp. 670 f. 154 jedermänniglich] jedermann. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2292. 155 zufoderst] zuerst. Vgl. Grimm, DWb 32, Sp. 887 f. 156 mahssen] wie. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 1737. 157 S. o. S. 29, Anm. 111. 158 Georg Philipp Harsdörffer (1607–1658), von 1623 an Studium der Rechtswissenschaften in Altdorf, seit 1626 in Straßburg. 1627–1631 Studienreisen in die Schweiz, nach England und Frankreich, in die Niederlande und nach Italien, dort Studium in Siena. 1634–1655 Tätigkeit als Jurist am Unter- und Stadtgericht Nürnbergs, von 1655 an Mitglied des Inneren Rats. Seit 1642 war Harsdörffer Mitglied der Fruchtbringenden Gesellschaft (Gesellschaftsname: Der Spielende). 1644 Begründer und Präsident des Pegnesischen Blumenordens. Harsdörffer betätigte sich u.a. als geistlicher Dichter sowie als Übersetzer vor allem französischer und italienischer Werke und vermittelte so die romanische Literatur an die deutsche Kultur. Vgl. Zeller, Keppler-Tasaki / Kocher sowie Conermann, S. 426–429. 159 S. o. S. 30, Anm. 114. 160 S. o. S. 30, Anm. 112. 161 S. o. S. 32, Anm. 145. 162 Adam Olearius (1603–1671), eigentlich Oehlschlegel, von 1620 an Studium der Theologie in Leipzig, 1627 Promotion zum Magister ebd., 1630 Konrektor der Nikolaischule ebd., 1632 Assessor der Philosophischen Fakultät ebd., 1639 Hofmathematiker Friedrichs III. von Schleswig-Holstein-Gottorf und Sekretär der Gesandtschaft, die im Auftrage des Herzogs nach Rußland und Persien reiste, 1649 auch Hofbibliothekar. Olearius war ein bedeutender Naturforscher, Historiker, Dichter und Philologe. Seit 1651 gehörte Olearius der Fruchtbringenden Gesellschaft an. Vgl. Lohmeier. 163 Hier liegt eine Verwechselung vor, denn Adam Olearius’ Mitgliedsname in der Fruchtbringenden Gesellschaft war ‚der Vielbemühete‘. Vgl. Lohmeier. 164 S. o. S. 30, Anm. 113. 165 S. o. S. 30, Anm. 115.
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ler166/ ein Schweitzer/ Herr Betulius167/ Herr Schneuber168/ Herr Rumpler169/ und Herr Simon Dach170/ (der mir in dieser Ahrt sonderlich wolgefält/)
bei allen Kunstliebenden sehr berühmt gemachet haben/ und wird man auch in meinen schlechten171 Schrifften hin und wieder solcher Tugendlieder etliche finden/ mahssen172 noch unterschiedliche derselben auff meinen neüen Teutschen Parnas173/ (welcher geliebt esf GOTT/ innerhalb kurtzer Zeit wird eröffnet174 werden) unter vielen anderen Gedichten sich werden sehen und hören lassen. Schließlich aber kan kein Rechtverständiger läugnen/ daß obwol diese Dichter ihren Verstand/ Fleiß und Zeit nicht unnützlich anwenden/ so sind doch ihnen allen die jenige vorzuziehen/ welche geistliche/ himmlische und heilige Gesänge zu Gottes Ehren/ ihres Neben=Christen nützlicher Erbawung/ und ihrem selbst eigenem Unterricht/ Besserung und Trost/ durch Hülffe und Beistand des wehrten heiligen Geistes ersinnen/ in die Feder fassen175/ mit anmuhtigen Melodeien lassen außzieren176/ und folgends177 der Teutschen Christenheit durch offnen Druk178 willig mittheilen.
f geliebt es] Gemäß B emendiert aus: geliebtes
166 Johann Wilhelm Simler (1605–1672), Studium der Theologie in Genf, 1627 Promotion zum Doktor der Theologie ebd., 1629–1631 Pfarrer in verschiedenen Schweizer Gemeinden, 1638 Zuchtherr und Inspektor am Collegium Alumnorum in Zürich. Simler war als erster bestrebt, das poetologische Programm Opitz’ in der Schweiz zu etablieren. Vgl. Bangerter-Schmid. 167 Sigmund von Birken (1626–1681), auch Betulius, 1643 Studium der Rechtswissenschaften, der Philosophie und der Theologie in Jena, 1645 Mitglied des Pegnesischen Blumenordens (ab 1662 dessen Präsident), 1646 Prinzenerzieher am Wolfenbütteler Hof und Krönung zum poeta laureatus, 1652–1655 Hauslehrer in Nürnberg, 1655 Nobilitierung und Erhebung zum Pfalzgrafen. Birken gilt als einer der bedeutendsten Dichter der Barockzeit. Vgl. Garber, in: Killy 2 1 (2008), S. 558–564 sowie Laufhütte. 168 Johann Matthias Schneuber (1614–1665), seit 1634 Studium in Straßburg, 1635 Promotion zum Magister ebd., im selben Jahr Krönung zum poeta laureatus, von 1637 an Professor am Straßburger Gymnasium, seit 1642 Professor für Poetik an der Universität ebd., seit 1649 Rektor des Gymnasiums ebd. Schneuber war seit 1648 Mitglied der Fruchtbringenden Gesellschaft. Vgl. Kühlmann, in: Killy 2 10 (2011), S. 505 und Conermann, S. 623 f. 169 Jesaias Rompler von Löwenhalt (1605–1674), seit 1626 Studium in Altdorf, 1628 in Tübingen, im selben Jahr Promotion zum Magister ebd. und Beginn des Studiums der Rechtswissenschaften in Straßburg, 1633 Mitbegründer der Straßburger Tannengesellschaft, 1642–1644 Aufenthalt in Frankreich, danach in Basel und Durlach, 1662 Hofmeister am Hof Georgs II. von Württemberg-Mömpelgard. Rompler gilt als Vertreter eines lutherisch geprägten Patriotismus. Vgl. Kühlmann, in: NDB 22 (2005), S. 25 f. sowie ders., Rompler. 170 S. o. S. 30, Anm. 116. 171 schlechten] einfachen. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 523. 172 mahssen] wie denn. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 1737. 173 Rists ‚Neüer Teütscher Parnass‘ ist 1652 in Lüneburg erschienen. 174 eröffnet] veröffentlicht. Nicht bei Grimm, DWb. 175 in die Feder fassen] verfassen. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1343. 176 außzieren] ausschmücken. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1040 f. 177 folgends] sodann. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1880. 178 offnen Druk] öffentlichen Druck, Veröffentlichung. Zu ‚offen‘ vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1169.
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Was nun für trefliche und hochberühmte Leute wir von undenklichen Jahren her179 gehabt haben/ welche sich dieser Arbeit unterwunden180/ in deme sie viele Geistreiche Lieder und Gesänge in unterschiedlichen Sprachen auß= | gefertiget/ davon könte man einen gahr weitläufftigen181 Bericht thun: Demnach es aber zu diesem mahle182 unser Vorhaben nicht ist/ so werden wir solches vieleicht biß auff die Verfertigung der außführlicheng Rede für unsere Sabbahtische Seelenlust183/ oder Lehr= Trost= und Warnungsreiche Gesänge über alle Sontägliche Evangelien des gantzen Jahres/ (welche numehrh/ Gott lob/ völlig gesetzet/ und nicht anders erwartet/ als daß sie mit neüen Melodeien außgezieret184/ ins rein gebracht/ und der Kirchen Gottes nach vollendetem Abdrukke nützlich zu gebrauchen/ übergeben werde/) spahren185/ und als denn etwan186 ein mehreres187 hievon wolmeinentlich188 erinneren. Jmmittelst189 haben sich auch zu dieser Zeit mitten unter dem Rasen der Kriegerischen Waffeni unterschiedliche mit gahr Christlichen und Geistreichen/ in Teutscher Sprache gesetzten Gesängen frommerj Hertzen sehr beliebt gemacht: Denn was der weiland190 hochberühmter gekrönter der Herr Opitz191 für eine herrliche Arbeit gethan/ in Ubersetzung der Psalmen Davids192/ und wie gahr weit dieselbe desk Seligen Lobwassers193 seiner vieleicht auch wol anderer bevorgehn194/ solches ist den Gelehrten nicht unwissend195. Der Herr M. Andreas Buchholtz196 hat eben in diser Bemühung beides seine Wisseng der außführlichen] B statt dessen: deraußführlichen (Erratum) h numehr/] B statt dessen: nunmehr i Kriegerischen Waffen] Gemäß B emendiert aus: KriegerischenWaffen j frommer] B statt dessen: frommen k des] Gemäß B emendiert aus: de s 179 von undenklichen Jahren her] seit unerdenklicher Zeit. Vgl. Grimm, DWb 24, Sp. 435. 180 unterwunden] angenommen. Vgl. Grimm, DWb 24, Sp. 1908. 181 weitläufftigen] ausführlichen. Vgl. Grimm, DWb 28, Sp. 1302. 182 zu diesem mahle] dieses Mal. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 1498. 183 Rists ‚Sabbahtische Seelenlust/ Daß ist: Lehr= Trost= Vermahnung= und Warnungsreiche Lieder über alle Sontägliche Evangelien deß gantzen Jahres‘ erschien 1651 in Lüneburg. 184 außgezieret] ausgeschmückt. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1040 f. 185 spahren] aufschieben. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1930. 186 etwan] etwa. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1182. 187 ein mehreres] mehr. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 1886. 188 wolmeinentlich] in guter Absicht. Vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 1170. 189 Jmmittelst] inzwischen. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2079. 190 weiland] vormals. Vgl. Grimm, DWb 28, Sp. 783. 191 S. o. S. 29, Anm. 111. 192 Vgl. Martin Opitz: Die Psalmen Davids Nach den Frantzösischen Weisen gesetzt (1637). 193 Ambrosius Lobwasser (1515–1585) war lutherischer Dichter. Seit 1531 Studium in Leipzig, 1535 Promotion zum Magister ebd., 1538 Professor an der Artistenfakultät ebd., 1549 Hofmeister in Frankreich, Studium der Rechte in Löwen und Paris, 1562 Promotion zum Dr. iur. in Bologna, 1553 Professor für Rechtswissenschaften in Königsberg, seit 1566 auch herzoglicher Rat und Beisitzer im Hofgericht. Lobwassers ‚Psalter des Königlichen Propheten Davids‘ (erstmals 1573 gedruckt) erzielte zahlreiche Auflagen und prägte die reformierte und lutherische Kirchenlieddichtung bis in das frühe 19. Jahrhundert. Vgl. Fechner. 194 seiner bevorgehn] übertreffen. Nicht bei Grimm, DWb. 195 unwissend] unbekannt. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 2238. 196 Andreas Heinrich Bucholtz (1607–1671), seit 1628 Studium in Wittenberg, 1630 Promotion zum Magister ebd., 1632 Konrektor der Stadtschule
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Vorbericht an den Leser
schafft in der Kunst/ als auch seinen unnachlässigen Fleiß getreulich erwiesen197. Der edle Spielende198/ hat Hertzbewegliche Sontags=Andachten über die Sontägliche Evangelia in schöne Lieder verfasset199/ scheinetl aber/ daß dieselbe der boßhafften Welt/ (als welche allen gottseligen Ubungen gleichsahm Spinnenfeind ist) nicht so wol/ als etwan200 andere Schertz= Sauff= Buhlen/ und dergleichen LumpenLieder201 oder Narrenpossen wollen gefallen/ wiewol sie immittelst202 ihren nicht gemeinen203 Ruhm bei allen andächtigen Seelen behalten204. Wie gahr anmuhtig und beweglich205 Herr Simon Dach206 etliche geistliche Lieder (unter welchen mir un= | längst ein/ von steter Erinnerung unser Sterblichkeit handelndesm recht Hertzbrechendes/ und mir sehr liebes Lied/ dessen Anfang ist: HErr/ ich gedenckn an jene Zeit207/ ist zuhanden208 kommen) hat gesetzet/ das zeuget209 die Erfahrung/ ist auch Herr Klajus210 in dieser Ahrt nicht der Geringsten einer/ des Herren Brehmen211/ Simlers212/ und noch anderer redlichen Leute/ derer hohen Ruhm meine schwache Feder der Ewigkeit innerhalb weniger Zeit dürffte inverleiben213/ in diesem kurtzen Vorbericht gantz und gahr zugeschweigen214.
l scheinet] Gemäß B emendiert aus: scheine t m handelndes] Emendiert aus: handelends (Erratum auch in B) n gedenck] B statt dessen: denck Hameln, seit 1634 Studium der Theologie in Rostock, 1636 Rektor des Gymnasiums in Lemgo, 1641 Professor der Poesie und Moralphilosophie in Rinteln, 1645 Professor der Theologie ebd., 1647 Koadjutor in Braunschweig, 1663 Superintendent ebd. Bekannt wurde Bucholtz durch seine geistlichen Lieder und die beiden Heldenromane ‚Christlicher teutscher Herkules‘ und ‚Herkuliskus‘. Vgl. Maché. 197 Vgl. Andreas Heinrich Bucholtz: Teutscher Poetischer Psalter Davids (1640). 198 S. o. S. 33, Anm. 158. 199 Vgl. Georg Philipp Harsdörffer: Hertzbewegliche Sonntagsandachten. Rist hat deren ersten, 1649 publizierten Teil im Blick. Der zweite Teil erschien erst 1652. 200 etwan] etwa. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1182. 201 LumpenLieder] stümperhafte Lieder. Nicht bei Grimm, DWb. Vgl. jedoch zu ‚Lumpenwort‘ DWb 12, Sp. 1300. 202 immittelst] inzwischen. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2079. 203 nicht gemeinen] außergewöhnlichen. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3213. 204 behalten] erhalten. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1322. 205 beweglich] bewegend. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1774. 206 S. o. S. 30, Anm. 116. 207 Das Lied, auf das sich Rist bezieht, beginnt mit den Worten ‚Herr, ich denck’ an jene Zeit‘. Der Text stammt freilich nicht von Simon Dach, sondern von Georg Mylius (1613–1640). Vgl. Fischer / Tümpel 3, S. 21 f. 208 zuhanden] in die Hände. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 334. 209 zeuget] zeigt. Vgl. Grimm, DWb 31, Sp. 853. 210 Johann Klaj (1616–1656), seit 1634 Studium in Wittenberg, von 1643 an Hauslehrer in Nürnberg, 1644 Krönung zum poeta laureatus, 1647 Lehrer an der Nürnberger Lateinschule, 1651 Pfarrer in Kitzingen. Klaj war Mitbegründer des Pegnesischen Blumenordens und gilt als hervorragender Vertreter der deutschen Barockliteratur. Vgl. van Ingen / Jaumann. 211 S. o. S. 30, Anm. 115. 212 S. o. S. 34, Anm. 166. 213 inverleiben] einverleiben. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 335. 214 anderer redlichen Leute zugeschweigen] von anderen redlichen Leuten ganz zu schweigen. Zu ‚geschweigen‘ vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3987.
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Jch/ der Geringste unter den hochgelahrten und begabten Dichtern/ habe schon für etlichen Jahren allerhand geistliche Lieder215/ folgends216 meine himmlische217 in fünff Theile unterschieden: Etliche Zeit hernach andere meine Gesänge über den/ zu seinem bitteren Leiden hingeführten und gecreutzigten Jesum/ GOtt zu Ehren und seiner Kirchen zu wolgemeinter nützlicher Erbauung herauß gegeben218/ und als ich von Gottseligen frommen Hertzen vielfältig ermahnet worden/ Jch solte meino von dem lieben GOTT anvertrautes Pfündlein nicht vergraben219/ habe ich ferner Hand angeleget/ und vermittelst göttlicher gnädiger Hülffe zwei gantz unterschiedliche neüe geistliche Werke verfertiget/ unter welchen ich das Erste Neüer Himlischer Lieder sonderbahres220 Buch: Das ander aber Sabbahtische Seelenlust oder Lehr= Trost= und Warnungs=reiche Lieder über alle Sontägliche Evangelien des gantzes Jahres221 habe benahmenp,222/ und so bald mir nur immer müglich/ der Christenheit übergeben wollen. Das Erste nun/ Christlicher und treugeliebter Leser/ hast du gegenwertig223 zu empfangen/ und dieses zwar224 habe ich nach Gelegenheit itziger trübseligen Zeiten und Beschaffenheit unsers heutigen gantz und gahr erkalteten Christenthums in fünff Theil abgetheilet/ da dir denn | im Ersten/ lauter Klag= und Buhß=Lieder: Jm Andern225/ Lob= und Dank=Lieder: Jm Dritten/ Sonderbahre226 Lieder: Jm Vierdten/ Sterbens= und Gerichts=Lieder/ und im Letsten/ Höllen= und Himmels=Lieder werden vorgestellet. Nu urtheile du selber/ Gott und Warheitliebender Leser/ ob uns armen Madensäcken227 das Bühssen und Klagen nicht täglich/ ja stündlich hoch vonnöhten sey? Zumahlen228 das vielfältige Elend/ welches unser armes Teutschland so grausahmlich plaget/ bey weitem sich noch nicht geendiget229/ sondern nur ein wenig auffgehöret.
o mein] Emendiert aus: meine (Erratum auch in B) (Erratum)
p benahmen] B statt dessen: benohmen
215 Eine selbständige Sammlung von geistlichen Liedern aus Rists Feder ist vor den ‚Himmlischen Liedern‘ nicht erschienen. Neben geistlichen Kasualgedichten, so zum Tode Martin Opitz’ (1640), enthalten Rists ‚Musa Teutonica‘ (1634) und der ‚Poetische Lust=Garte‘ (1638) Gedichte geistlichen Inhalts. 216 folgends] sodann. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1880. 217 S. o. S. 20, Anm. 139. 218 Vgl. Rist, Der zu seinem allerheiligsten Leiden und Sterben hingeführter und an das Kreütz geheffteter Christus Jesus (1648). 219 Vgl. Mt 25,14–30 220 sonderbahres] besonderes. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1577. 221 S. o. S. 35, Anm. 183. 222 benahmen] nennen. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1465. 223 gegenwertig] jetzt. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 2297. 224 zwar] hier nicht konzessiv, sondern im Sinne einer Bekräftigung zu verstehen. Vgl. Grimm, DWb 32, Sp. 950. 225 Andern] zweiten. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 307. 226 Sonderbahre] besondere. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1577. 227 Madensäcken] Abfälliger Ausdruck für den menschlichen Leib, hier als pars pro toto für ‚Menschen‘. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 1427. 228 Zumahlen] weil. Vgl. Grimm, DWb 32, Sp. 533. 229 sich geendiget] zum Ende gekommen ist. Zu ‚endigen‘ vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 461.
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Solten wir auch ferner hierauff unsern getreuen GOtt nicht so wol in Trübsahl und Widerwertigkeit/ als imq Glük und Freuden hertzlich loben/ rühmen und preisen? Ja sind nicht alle Menschen/ ein jedweder in seinem Stande schüldig und verpflichtet/ die hohe Majestät Gottes mit einem andächtigem Gebehte/ und aus dem innersten Hertzengrunde geschiktemr Stoßliedlein anzuflehen? Denn/ wie kan ein Prediger seine Gemeine oder Schäflein recht weiden/ und ihnen den schmahlen Weg zur Seligkeit230 zeigen? Wie kan ein Obrigkeit ihre Unterthanen nützlich und rühmlich regieren/ wenn sie nicht allerseits den rechten Hohenpriester231/ und König aller Könige232 üm seine Gnade ersuchen? Mit was für einem Hertzen und Gewissen kan ein Feldobersters/ Hauptmann oder anderer Soldat/ die Waffen gegen seinen Feind ergreiffen und führen/ wenn er den grossen Zebaoht233 oder gewaltigen HErren der Herren234 nicht erstlich zum Freunde hat? Was wil ein Schiffmann auff der wilden See/ ein Wandersmann in der Frembde/ und ein Kauff= und Handwercksmann in seinem Wandel ersprießliches außrichten/ wenn sie den Schutz/ Hülffe und Beistand des Allerhöchsten durch ein Hertzinnigliches Gebeht nicht erstlich haben erworben und zu wege bracht? Ja/ wie können Christliche | Eheleute/ züchtige Jungfrauen/ verlassene Wittwen und Wäisen/ ein erwünschtes Wolergehen ihres Leibes und der Seelen erhalten/ wenn sie nicht deßwegen ernstlich und andächtig gen Himmel schreien/ und dadurch Gnade/ Hülffe und Beistand vom HErren erlangen? Ja fragstu/ was nützen mir denn endlich die Sterbens= und Gerichts= die Höllen und Himmels Lieder? O lieber Mensch/ über alle Mahsse viel: Bedenke nur offt und vielmahls dise vier allerletste Dinge235/ (wie denn ich für meine Person/ Gott weiß es; fast alle Augenblikke mit Sterbens=Gedanken ümme gehe236) so wirstu dich in Wahrheit für mancher Sünde und Ubertretung zu deinem selbst eigenen/ und zwar höhesten Nutzen hüten und vorsehen. Der ist gewißlich gahr ein grosser Narr/ der nichtt oft und fleissig an den Tod gedenket237/ welches Stunde ihm so gar ungewiß/ als gewisse und unzweifentlich238 ihme desselben Ankunfft ist239. Ja solte ein solcher Mensch wol Lust q im] B statt dessen: in r geschiktem] B statt dessen: geschüttetem s Feldoberster] B statt dessen: FeldObrister t nicht] B statt dessen: nit 230 Mt 7,14 231 Hebr 2,17 232 1Tim 6,15 233 Ps 24,10 234 Ps 136,3 235 vier allerletste Dinge] Vgl. zu den quattuor novissima (Tod, Jüngstes Gericht, Hölle, ewiges Leben) als Lehrstücke der zeitgenössischen Dogmatik z.B. Hütter, Compendium locorum theologicorum, S. 578–626. Hütter handelt die vier letzten Dinge freilich in sechs Unterkapiteln ab: De morte, De resurrectione, De fine saeculi, De iudicio, De inferno, De vita aeterna. 236 ümme gehe] mich befasse. Vgl. Grimm, DWb 23, Sp. 914 f. 237 Vgl. Ps 90,12 238 unzweifentlich] gewiß. Vgl. Grimm, DWb 24, Sp. 2336 f. 239 Vgl. Cicero, De senectute 74: „Moriendum enim certe est, et incertum an hoc ipso die.“ Die Gewißheit des Todes und die Ungewißheit des Todeszeitpunkts werden in der barocken ars moriendi und der dogmatischen Abhandlung des locus ‚de morte‘ oft behandelt. Zur
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und Liebe haben unrecht zu thun/ in dessen Ohren die erschrekliche Stimme Gottesu: Stehet auff ihr Todten/ komt fürs Gerichte240/ zu Tage und Nacht erschallet? Solte auch der noch wol muhtwillig begehren zu sündigen/ und seinen frommen GOTT zu beleidigen/ der die allergrimmigste Straffen und erschrekliche Höllen=Quahl der Verdamten ernstlich bei sich erweget? Jm Gegentheil/ was kan uns zur Ubung wahrer Gottseligkeit und hertzlichem Verlangen/ nach einem seligen Ende kräfftiger reitzen und treiben/ als die stetige Betrachtung der unaußsprechlichen Freude241 und Herrligkeit der außerwehlten Kinder GOttes im andern und ewigen Leben? Dieses nun/ Hertzvielgeliebter Leser/ kanst und wirst du in diesen/ zur Ehre GOttes und Beforderungv deiner Seelen ewigen Heils und Seligkeit/ von mir gesetzeten Himmlischen Liedern klährlich242 finden/ welche du auff be= | kante/ und in unseren Evangelischen Kirchen gebräuchliche Melodeien leichtlich singen/ dich auch dabenebenst243 (im falle244 du sonst der edlen Singekunst bist erfahren) der neüen von unterschiedlichen vortrefflichen Künstlern oder Komponisten/ (derer gleichen in Teutschland vieleicht wenig mehr zufinden) wolgesetzten Weisen kanst bedienen. Es haben diese redliche und fürnehme Leute/ unangesehen245 sie sonst mit vielen Geschäfftenw überhäuffet/ etliche auch (als sonderlich Herr Stade246 und Herr Hammerschmid247 weit abgelegen248) sich in schleunigster Verfertigung u Stimme Gottes] Gemäß B emendiert aus: StimmeGottes v Beforderung] B statt dessen: Befoderung w vielen Geschäfften] Gemäß B emendiert aus: vielenGeschäfften Lebendigkeit dieses Topos im 16. und 17. Jahrhundert vgl. z.B. Luther, WA 6, S. 109, Z. 25–27 (Tessaradecas consolatoria pro laborantibus et oneratis, 1520): „Verum esto, nullum eorum sit venturum, forte sic deo volente, saltem illud quod omnium terribilium maximum dicitur, scilicet mors certissime futura est et nihil incertius hora eius.“ Ähnlich Gerhard, Loci theologici 8, S. 13b: „Mors certa est, mortis nihil est incertius hora. Quod moreris, certum est, incertum, ubi, quomodo, quando.“ Vgl. auch Matthias Hoë von Hoënegg, Fest=Postill (1614), S. 400 (3. Passionspredigt): „Mors equidem certa est, incerta at funeris hora.“ 240 Vgl. Joh 5,28 f. 241 1Petr 1,8 242 klährlich] klar. Vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 1004. 243 dabenebenst] darüber hinaus. Zu ‚dabeneben‘ vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 660. 244 im falle] wenn. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1275. 245 unangesehen] abgesehen davon, daß. Vgl. Grimm, DWb 24, Sp. 143. 246 Sigmund Theophil Staden (1607–1655), 1621 Ausbildung durch den Augsburger Stadtmusiker Jakob Baumann, 1627 Aufenthalt in Berlin bei Walter Rowe d.Ä. zur Erlernung des Spiels der Viola bastarda, seit 1627 Nürnberger Stadtmusiker, seit 1634 zudem Organist an St. Lorenz in Nürnberg. Bei den Nürnberger Friedensfeierlichkeiten leitete Staden, der eng mit Johann Michael Dilherr, Johann Klaj und Georg Philipp Harsdörffer kooperierte, im Jahre 1649 das Friedenskonzert. Vgl. Röder. Staden komponierte die Vertonungen des ersten Teils von Rists ‚Neuen Himmlischen Liedern‘. S. u. S. 71. 247 Andreas Hammerschmidt (1611/12–1675), 1633–1634 Organist auf Schloß Wesenstein bei Graf Rudolf von Bünau, 1634 Organist an St. Petri in Freiberg, 1639 an St. Johannis in Zittau. Hammerschmidt trat u.a. als Komponist von an biblischen Vorlagen orientierten geistlichen Liedern in Erscheinung. Vgl. Haberkamp und Rothaug. Hammerschmidt komponierte die Vertonungen des zweiten Teils von Rists ‚Neuen Himmlischen Liedern‘. S. u. S. 135. 248 abgelegen] in der
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der Melodeien über die mahssen wilfärtig249 erwiesen/ mahssen250 auch solches ihre gar höffliche Schreiben/ worin sie sich zu derogleichen Diensten auff daß allerfreundlichste noch ferner erbiehten/ genugsam an den Tag geben/ und solte ich billich251 dieser grossen Künstler angewendeten Fleiß/ Erfahrenheit und Treüe für aller Welt höchlich rühmen/ halte es aber für gantz unnöhtig/ zumahlen252 ihre herrliche Werke und Musikalische Stükke/ welche schon längst in vieler Kunstliebenden Händen/ und negst253 solchen auch diese/ so wol und sonderlich/ beides anderer Hochverständiger/ als auch254 nach meinem Kopffe255 getroffenenx Melodeien/ ihre fürtreffliche Kunst und Wissenschafft sattsahm erweisen. Zu deme/ wer ist in Teutschland so gahr fremd/ daß er den Nürenberger Apollo256/ Herren Staden257/ den Sittovier258 Amphion259/ oder sonst Weltberühmten Herren Hammerschmid260/ den alten wolgeübten Hamburgischen Jubal261/ Herren Jakob Schultzen262/ und eben dieser hochlöblichen Statt/ fürtrefflichen Arion263/ Herren Hinrich Scheidemann264/ beide hieselbst hocherfahrne Kunstreiche Organisten/ wie auch unsere Holsteinische Sing= und Orgelmeister/ Herr M. Jacobi265/ und Herr Kort Kamp266/ (Meinen x getroffenen] Emendiert aus: getroffen (Erratum auch in B) Ferne lebend. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 47. 249 wilfärtig] willfährig, kooperativ. Vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 179. 250 mahssen] wie denn. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 1737. 251 billich] zu Recht. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 27. 252 zumahlen] weil. Vgl. Grimm, DWb 32, Sp. 533. 253 negst] neben. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 133. 254 beides als auch] sowohl als auch. In dieser Bedeutung nicht bei Grimm, DWb. 255 nach meinem Kopffe] nach meinem Sinn bzw. Geschmack. Vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 1762. 256 Apollo ist der griechische Gott der Künste, insbesondere der Musik, der Dichtkunst und des Gesangs. 257 S. o. S. 39, Anm. 246. 258 Sittovier] Zittauer. Vgl. Blaschke 2, S. 841. 259 Amphion ist Sohn des Zeus und der Antiope. Dem Mythos zufolge verzauberte er durch sein Leierspiel die Steine, so daß sie sich selbst zur Stadtmauer von Theben zusammensetzten. 260 S. o. S. 39, Anm. 247. 261 Jubal gilt nach biblischer Überlieferung als der Stammvater aller Zither- und Flötenspieler. Vgl. Gen 4,21. 262 Jacob Praetorius (Schultz) (1586–1651), Komponist, schon vor 1604 Organist an St. Petri in Hamburg. Vgl. Eitner. Er komponierte die Vertonungen für den vierten Teil der ‚Neuen Himmlischen Lieder‘ Rists. S. u. S. 259. 263 Arion war ein griechischer Dichter des 7. Jahrhunderts v. Chr. aus Methymna auf Lesbos. Er gilt als Begründer des Chorliedes (Dithyrambos). Vgl. Robbins. 264 Heinrich Scheidemann (ca. 1596–1663), 1611–1614 musikalische Ausbildung bei Jan Pieterszon Sweelinck in Amsterdam, seit 1629 als Organist und Kirchenschreiber an St. Katharinen in Hamburg nachweisbar. Er gilt als einer der bedeutendsten Organisten des 17. Jahrhunderts. Scheidemann komponierte die Vertonungen für den fünften Teil der ‚Neuen Himmlischen Lieder‘ Rists. S. u. S. 317. Vgl. Edler, Diecks und Küster, S. 80. 118. 120 f. 265 Michael Jacobi (1618–1663), 1641 Beginn eines rechtswissenschaftlichen Studiums in Straßburg; nach Aufenthalt bei Detlev von Ahlefeldt in der Haseldorfer Marsch wurde Jacobi auf Vermittlung Rists hin 1648 Stadtkantor in Kiel und 1651, wiederum gefördert durch Rist, Kantor an St. Johannis in Lüneburg. Jacobi komponierte die Vertonungen für die Lieder Nr. 7 und 8 des dritten Teils der ‚Neuen Himmlischen Lieder‘ Rists. Jacobi war als Komponist u.a. auch für Rists ‚Das Friedewünschende Teutschland‘ (1647) und ‚Das Friedejauchzende Teutschland‘ (1653) tätig. Vgl. Ruhnke und Schnoor. Die beiden Ristschen Werke sind kritisch ediert in Rist, Sämtliche Werke, Bd. 2. 266 Jacob Kortkamp (ca. 1620–ca. 1666), Organist
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sehr lieben Herren und grossen Freund/ Herren Johan | Schopen267/ habe ich auff dieses mahl nicht wollen bemühen) nicht solte kennen268? Jch meines Theils als ein gar grosser Liebhaber ihrer edlen und recht himlischen Kunst/ werde diese hocherfahrne Leute/ und ihre herrliche Gaben zu preisen nicht unterlassen/ so lange ein lebendiger Odem in mir ist/ dessen biehte ich ihn meine Treue/ ja mein Hertz zum sichern und gewissen Pfande. Fahr wol/ Christlicher/ Teutscher und auffrichtiger Leser/ fahre wol/ und gebrauche dieser unserer Arbeit269 zu deinem Nutzen und Ergetzligkeit/ lasse dir unsern guhten Willen/ die Zeit dieses Lebens treulich zu dienen/ günstig gefallen/ und bleibe versichert/ daß ich dir alle Leibesy und der Seelenz Gedeiligkeit von Hertzen wünschen und gönnen wil/ so lange ich bin und heisse
Der Rüstige. |
y alle Leibes] Gemäß B emendiert aus: alleLeibes z der Seelen] Gemäß B emendiert aus: derSeelen in Kiel. Er komponierte die Vertonungen für die Lieder Nr. 5, 6, 9 und 10 des dritten Teils der ‚Neuen Himmlischen Lieder‘ Rists. Vgl. Bertheau und Pomsel, S. 50 f. 267 Johann Schop (ca. 1590–1667), 1615 Mitglied der Hofkapelle zu Wolfenbüttel, im selben Jahr Aufnahme in die Hofkapelle des dänischen Königs Christian IV. in Kopenhagen, seit 1621 Leiter der Ratsmusik in Hamburg, daneben 1630–1642 Kantor am Dom zu Hamburg. Mit Rist verband Schop eine enge Freundschaft. Vgl. Grapenthin. 268 Außerdem sorgte der Organist an der Hauptkirche in Altona (und Rists Schwager) Hinrich Pape (1609–1663) für die Vertonung von Nr. 1 des dritten Teils der ‚Neuen Himmlischen Lieder‘, während der Hamburger Ratsmusiker Petrus Meier für Nr. 2–4 die Kompositionen lieferte. S. u. S. 201. 207. 213. 219. 269 gebrauche dieser unserer Arbeit] Zu ‚gebrauchen‘ mit Genitiv vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 1827.
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Folgen
fol. B 1r 1
Unterschiedliche Urtheil und Bedenken Hochgelahrter und weitberühmter Theo= logen von diesen Liedern. Wie auch
Fürnehmer Herren und vertrauter Freünde wolgemeinte Ehren=Gedichte über dieselbe. I.
E
Hrwürdiger/ Edler und Hochgelahrter/ sonders2 geehrter sehr wehrter Herr/ in CHristo vielgeliebter Freünd.
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Sein Geliebtes/ welches den 24. des Schlachtmonatsa,3 geschrieben/ ist mir in etwas4 späht zu handen5 kommen/ hat mich aber mit dem Beischluß6 der Geistlichen/ auff sonderbahre7 Personen gerichtete Lieder/ gahr hoch und sonderlich ergetzet/ zumahl Jch diese und dergleichen Gottselige Gesänge und Lieder/ zu Erbauungb und Fortpflantzung8 des erkalteten Christenthums in diesen verruchten Zeiten sehr diensahm9 zu seyn erachte/ und derowegen Eüer Ehrwürde sich durch keine fremde und ungleiche10 Urtheil/ die auch bey der allerheiligsten Arbeit/ unsers Seligmachers/ nicht nachbleiben11 mügenc,12/ davon soll abschrekken/ sondern dazu desto mehr auffmuntern und antreiben lassen.
a Schlachtmonats] B statt dessen: Schlachmonahts (Erratum) b zu Erbauung] B statt dessen: Zuerbauung (Erratum) c mügen] B statt dessen: mögen 1 Bedenken] Überlegungen. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1223. 2 sonders] besonders. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1585. 3 Schlachtmonats] Novembers. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 249. 4 in etwas] ein wenig. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1186. 5 zu handen] in die Hände. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 344. 6 Beischluß] Beilage. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1392. 7 sonderbahre] besondere. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1577. 8 Fortpflantzung] Ausbreitung. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 25. 9 diensahm] dienlich. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1114. 10 ungleiche] ungebührliche. Vgl. Grimm, DWb 24, Sp. 972. 11 nachbleiben] unterbleiben. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 31. 12 mügen] mögen. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 2449.
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Briefe und Ehrengedichte
Es mag auch hie das Sprichwort gelten: Können sie nicht alle dichten/ so wollen sie doch alle richten13. Dieses aber kan ich nicht absehen14/ aus was Ursachen von jemanden getadelt worden sey/ daß E. Ehrwürde in Jhrer/ vor der Zeit herauß gegebenen Geistreichen Himlischen Liedern/ und zwahr in dem Liede von der Begräbniß15 Christi gesetzet: O grosse Noht/ GOtt selbst ligt todt16/ und daß in einem andern Liede gesungen: GOtt der hat mich gahr verlassen/ keinen Trost kan ich itz fassen/ hier in dieser Unglüks Bahn17. Denn/ ist es wahr/ daß GOtt warhaftig gestorben/ und der HErr der Herrligkeit gecreütziget18/d getödtet/ wie es je wahr seyn und bleiben muß/ so ists auch wahr/ daß GOTT wahrhafftig selbst todt gewesen: Es were | den sache19/ daß der nicht müste todt seyn/ der getödtet ist. Jsts wahr/ daß unser JESUS in seiner allertieffesten Erniedrigung geklaget/ sein GOtt habe Jhn verlassen20/ und daß Er keine Hülffe wisse zu fassen21/ und keinen Tröster finden könne22/ wie die Prophetische Psalme von Jhm klagen: Ei so ist auch recht gesaget/ daß diß die Meynung seiner Klage sei/ Er wisse keinen Trost zu fassen. Und möcht Jch gerne hören/ wie derselbe die hefftige und erschrekliche Klage unsers JEsus erklähren wollen/ da Er saget/ daß Er verlassen sei/ wenn es nicht von der Entziehung des Göttlichen Trostes/ die Jhm in derselben Zeit widerfahren/ solte und müste verstanden werden. Aber/ Jch wil in einer so bekanten und offenbahren Sache E. Ehrwürde nicht weiters bemühen noch auffhalten/ vielmehr von dem lieben GOTT hertzlich wünschen/ daß Er meinen sehr wehrten und sonders23 vielgeliebten Herren Rist/ der Gemeine24 Wolfahrt seiner Kirchen lange bey gesunden Tagen fristen25/ und erhalten wolle. Geschrieben zu Flenßburg am 20. Tage des Wintermonahts26/ im 1650. Jahre.
E. Ehrwürden gantz Dienstwilligster d /] B statt dessen: und 13 Sprichwörtlich. Vgl. Wander 1, Sp. 582. 14 absehen] verstehen. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 113. 15 Begräbniß] Zu ‚Begräbnis‘ als Femininum vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1305. 16 Vgl. Rist, Himmlische Lieder (2012), S. 38, Z. 6 f. 17 Vgl. (mit abweichendem Text) Rist, Himmlische Lieder (2012), S. 213, Z. 4–6. 18 1Kor 2,8 19 Es were den sache] Außer es wäre der Fall. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 1599. 20 Mt 27,46; Ps 22,2 21 Ps 22,2 22 Ps 69,21 23 sonders] besonders. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1585. 24 Gemeine] allgemeinen. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3169. 25 fristen] verweilen lassen. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 217. 26 Wintermonahts] ‚Wintermonat‘ kann den November oder den Dezember bezeichnen. Vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 461. In diesem Falle muß Dezember gemeint sein, da Rists Schreiben an Klotz am 24. November abgefaßt wurde. Vgl. o. S. 43, Z. 3.
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Briefe und Ehrengedichte
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Stephanus Klotz27/ der heiligen Schrifft 40
Doctor/ Königlicher GeneralSuperin=
tendens in den Fürstenthümern Schleßwig Holstein/ Probst und Pastor zu Flenßburg. |
27 Stephan Klotz (1606–1668), 1627 Promotion zum Magister in seiner Heimatstadt Rostock, 1630 Archidiakon an St. Jacobi ebd. sowie 1632 ordentlicher Professor der Theologie ebd., 1635 Promotion zum Dr. theol. ebd., 1636 schleswig-holsteinischer Generalsuperintendent in Flensburg, 1639 zudem Propst und Pfarrer an St. Nikolai ebd. 1657 floh Klotz während der schwedischen Besatzungszeit aus Flensburg, da er dem dänischen König Friedrich III. als Berater zum Krieg gegen Schweden geraten hatte und nun Repressalien befürchten mußte. 1667 berief Friedrich III. Klotz nach Kopenhagen. Bevor sich Klotz auf die Reise dorthin begeben konnte, starb er in Flensburg. Vgl. Alberti und Rustmeier.
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II.
GOttes Gnade und Segen in CHristo!
WOlEhrwürdiger/ Hochachtbahr
fol. B 2v
/ Wolgelahrter Herr Pastor/ vielgeliebter Bruder und Freund in CHristo! Eüer Hochachtbahr Ehrwürden Buhßlieder sind mir recht gelieffert worden/ hab in Durchlesung derselben sehr gerne vernommen/ daß Christliche Poeten ihre von GOtt verliehene schöne Gaben nicht etwan1 auff lauter2 Mopsus3< ,>a Coridon4, Amarillis5, und dergleichen Eitelkeiten/ sondern zur Ehre Gottes anwenden. Daß die Buhsse durch solche Gelegenheit getrieben6/ und den Einfältigen beigebracht wird/ ist sehr wolgethan/ dieweil7 selbige das vornehmste Häubtstük unsers Christenthums ist. Durch Gesänge und andächtige Lieder solches zuthun/ ist auch sehr guht/ inmahssen8 uns Paulus befihlet/ daß wir von Psalmen/ Lobgesängen/ und Geistlichen Liedern reden/ dem Herren singen und spielen sollen/ Eph. 5. v. 9.9 Wiewol die verstokte Welt sich wenig dran kehret10/ ob man ihr die Buhsse geige/ singe oder gahr pfeiffe/ Es bleibeb bei den Wohrten Christi: Wir haben Eüch gepfiffen/ und ihr woltet nicht tantzen/ Matth. 11. v. 12.11 Unterdessen thut E. Ehrwürden wol und recht dran/ daß sie in ihren schönen Liedern bei dem Vorbild der heilsamen Wohrte bleibet/ 2 Timoth.c 1. v. 13. und den Glauben an Christum fleissig treibet/ dieweil12 solcher die Seele der wahren Buhsse ist: Wo derselbe Werkmeister der Glau= | be sich findet/ da müssen die rechte guhte Werk auch folgen: Jm übrigen ist mir sehr lieb zuvernehmen/ daß E. Wolachtbahre Ehr-
a ] Emendierend ergänzt. Erratum auch in B Gemäß B, C emendiert aus: Timot h.
b bleibe] B statt dessen: bleibet
c Timoth.]
1 etwan] etwa. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1182. 2 lauter] bloße. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 382. 3 Mopsus] Ein sangeskundiger Hirte. Vgl. Vergil, Bucolica ecl. 5. 4 Coridon] Name eines Hirten in der bukolischen Dichtung. 5 Amarillis] Name einer Hirtin oder Nymphe. Vgl. Vergil, Bucolica ecl. 2, 14. 6 getrieben] angemahnt, gefordert. Vgl. Grimm, DWb 22, Sp. 29. 7 dieweil] weil. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1146. 8 inmahssen] wie. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2122. 9 Eph. 5. v. 9.] Recte: Eph 5,19. Erratum auch in B 10 wenig dran kehret] wenig darum kümmert. Zu ‚kehren‘ vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 418. 11 Matth. 11. v. 12.] Recte: Mt 11,17. Erratum auch in B 12 dieweil] weil. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1146.
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Briefe und Ehrengedichte
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würdend alles nach der heiligen Göttlichen Schrifft/ der unveränderten Augspurgischen Confession/ dem Catechismo Lutheri/ und anderen Symbolischen Büchern13 unser Kirchen wolle verstanden haben. GOtt verleihe Gnade/ daß alles zu seines Heiligen Nahmens Ehre/ und zu Erbauung seiner Kirchen möge gereichen. Dessen vätterlichen Schutz und Gnade E. Hochachtbahre Ehrwürden Jch hiemit empfehle. Hamburg den 26. Novemb. im 1650. Jahre.
E. WohlEhrwürden Dienstwilligster Freünd und Bruder in CHristo
Johannes Müller14 der H. Schrifft Doctor/ des WohlEhrwürdigen
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Ministerii zu Hamburg Senior, und bei der Hauptkirchen S. Petri daselbst verordneter15
Prediger. |
d Wolachtbahre Ehrwürden] Gemäß B emendiert aus: WolachtbahreEhrwürden 13 Symbolischen Büchern] (lutherischen) Bekenntnisschriften. 14 Johannes Müller (1598–1672), 1623 Professor für Philosophie in Leipzig, 1624 Pastor an St. Michaelis in Lüneburg, 1626 Hauptpastor an St. Petri in Hamburg, 1641 Promotion zum Doktor der Theologie in Wittenberg, seit 1648 Senior des Geistlichen Ministeriums in Hamburg. Vgl. Hammer / von Schade I, S. 126. 15 verordneter] ordentlich bestellter. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 954.
III.
fol. B 3r
An den WolEhrwürdigen/ Edlen und hochwolgelahrten
Herren Johann Risten/ Käiserlichen gekrönten Poeten/ der Hochlöblichen Fruchtbringenden Gesellschaft Anver= wanten1/ und wolverordneten2 Pastorn zu Wedel.
S
O noch einmahl/ mein Rist! der Geist der Eüre Sinnen Beherschet/ feiret3 nicht. Gleich wie ein Wasser quilt Und wan es ist erschöpft/ von neüem wird erfüllt/ So ist es hie bewant4. Es reitzet ein Beginnen Das ander stetes an. Der Strom der Pierinnen5 Jst bei Eüch/ wie er fleüst: Er oder dessen Bild/ Daran kein Unterscheid. Komt Durst? Er wird gestilt: Komt er noch eins6/ Herr Rist wird uns Erquikkung gönnen Und immer/ immer fort. Es ist genug bekant/ Was Edler Rist an Eüch/ der Himmel hat gewandt7/ Der woll’ uns Dürstigen Eüch ferner lange lassen: Drauff giesset immer fort: daß auch nach uns die Welt Dardurch ergetzet werd! O/ dem es nicht gefält/ Muß/ was uns in der Hitz’ erfrischen kan/ auch hassen!
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*** Jn Eil/ in grosser Eil hab Jch mein Rist geschrieben/ Den Abriß8 meiner Pflicht. Es fasset kein Papier Und keine Feder trinkt/ daß alles was in Mir Von Liebe gegen Eüch/ und dises Buch geblieben.
1 Anverwanten] Angehörigen, Mitglied. In dieser Bedeutung nicht bei Grimm, DWb. 2 wolverordneten] legitim bestellten. Vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 1197. 3 feiret] ruht. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1436. 4 bewant] beschaffen. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1767. 5 Der Strom der Pierinnen] Gemeint ist der den Musen geheiligte Bach am Helikon. 6 noch eins] noch einmal. Zu ‚eins‘ vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 259. 7 an Eüch/ der Himmel hat gewandt] der Himmel euch gegeben hat. Zu ‚wenden‘ vgl. Grimm, DWb 28, Sp. 1782. 8 Abriß] Entwurf. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 91.
15
Briefe und Ehrengedichte
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Unter vielen verdrießlichen Geschäften/ schikt es sei= nem hochgeehrten Freünd und wehrten Bruder in Christo Hertzwolmeinentlich
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Johann Balthasar Schupp9/ der H. Schrifft Doctor/ diser Zeit Pastor der Kirchen zu Sancta Jakob in Hamburg. |
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a Sanct] B statt dessen: S. 9 Johann Balthasar Schupp (1610–1661), seit 1625 Studium in Marburg, 1628 Antritt einer dreijährigen Bildungsreise durch Polen und Livland bis nach Dänemark, 1631 Promotion zum Magister in Rostock, 1635 Professor für Rhetorik in Marburg, 1641 Lizentiat ebd., 1643 Prediger an der Elisabethkirche ebd., 1645 Promotion zum Doktor der Theologie ebd., 1646 Hofprediger des Grafen von Hessen-Braubach, seit 1649 Hauptpastor an St. Jacobi in Hamburg. Vgl. Jaumann, in: Killy 2 10 (2011), S. 643–646 sowie Peters und Mager.
IV.
fol. B 3v
Auff des Edlen Herren Rüstigen Neüge= setzte recht Himlische Lieder.
W
Je? soll Jch wilde Ganß den CymberSchwan1 ansingen/ Deß Thon biß vor den Thron der Himmel pflegt zu dringen Mit mehr als Engels=Stimm? Wie wird es mir gelingen? Nicht übel/ weil Er selbst mich heist solch Opffer bringen. Auf Schallenburg in Un= ter=Oesterreich den 3. Weinmonahts2/ im 1650 Jahr.
Welches Jhm hiemit bestmeinend ableget/ dessen Dienstwillig= ster Gesellschafter und getreüer Freünd
5
Johann Wilhelm/ Freiherr von Stu=
benberg3/ auff Kapffenberg und Mue=
regg/ Herr der Herrschaft Schallanburga und Sich= tenberg/ Erb=Schenk in Steier/ in der Hochlöbli= chen Fruchtbringenden Gesellschaft
Der Unglükselige.
a B statt dessen: Schallenburg 1 CymberSchwan] Gemeint ist Rist als cimbrischer Schwan. Cimbria bzw. Chersoneus Cimbrica ist Jütland (unter Einschluß der Herzogtümer Schleswig und Holstein). Dem Schwan wird seit der Antike nachgesagt, daß er kurz vor seinem Tod besonders schön singt. Vgl. Aristoteles, Historia animalium 9, 12 (615b1). 2 Weinmonahts] Oktobers. Vgl. Grimm, DWb 28, Sp. 968. 3 Johann Wilhelm von Stubenberg (1619–1663) entstammte steiermärkischem Adel und wurde vor allem bekannt als Übersetzer französischer und italienischer Romanwerke. 1648 wurde er Mitglied der Fruchtbringenden Gesellschaft unter dem Namen ‚der Unglückliche‘ bzw. ‚der Unglückselige‘. Vgl. Auwers und Conermann, S. 627–630.
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V.
An seinen Herren Risten/
Als er abermahl in unserer alleredelsten Teütschen Häupt= und Muttersprache herrliche und Himlische Lieder hervor gab.
Rist versetzt Rits.
H
Arßdorff1/ Schottel2/ Buchner3/ Rist/
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Haben unsre Teütsche Sprach Von dera auffgelegten Schmach Loß gewirket4: und nun ist Ein feste Maur ümb sie geschlingt5/ Welch Jhr die Freiheit wiederbringt. Der unbeseelte Geist/ der Sprachen Mische=Mascher6: Das jukend gaile Ohr7/ der fremden Wörter Hascher: Der Leker=gierig Mund/ der Mäuglings=RedenNascher8: Die ungezäumte Zung/ der Kuder=Wälsche Wascher9. Senor, Signor, Monsieur, Lord, Durch ungleiche Melodei/ Durch verwählschtes10 Allerlei: Sind der Teütschen Sprache Mord/ | Sie haben einen Rits gemacht Und uns fast unter Joch gebracht.
a Von der] Gemäß B emendiert aus: Vonder b üm] B statt dessen: ümb 1 S. o. S. 33, Anm. 158. 2 S. o. S. 30, Anm. 112. 3 August Buchner (1591–1661) war Dichter und klassischer Philologe. 1610–1616 Studium in Wittenberg, seit 1616 ebd. Professor für Poetik, seit 1632 auch Professor für Rhetorik. Seit 1641 war er unter dem Namen ‚Der Genossene‘ Mitglied der Fruchtbringenden Gesellschaft. Buchner gab der Poetik zahlreiche reformerische Impulse, die u.a. bei Opitz nachwirkten. Vgl. Kühlmann, in: Killy 2 2 (2008), S. 260 f. sowie Conermann, S. 417–419. 4 Loß gewirket] befreit. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 1173. 5 geschlingt] gewunden. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 731. 6 Mische=Mascher] Vermischer. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 2255. 7 jukend gaile Ohr] neugierig freche Ohr. Zu ‚jucken‘ vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2349; zu ‚geil‘ vgl. DWb 5, Sp. 2585. 8 Mäuglings=RedenNascher] jemand, der Schimpfreden genießt. Zu ‚mäulen‘ vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 1802; zu ‚naschen‘ vgl. DWb 13, Sp. 393. 9 Kuder=Wälsche Wascher] der, der Kauderwelsch spricht. Vgl. Grimm, DWb 27, Sp. 2242. 10 verwählschtes] durch Fremdsprachen verunstaltetes. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 2297.
fol. B 4r
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Briefe und Ehrengedichte
Du Federfreie Faust11! Du Ruhm der Teütschen Landen! Du Rüstig=Edler Rist bist vor den Rits gestanden12/ Der Unteüsch=teütsche Teütsch ligt schamroht nun in Schanden. Deß hastu Lob und Dank von unsers Käysers Handen. Seinem hochgeehrten und vielvertrauten Herren Gesellschaftern schriebe dieses in Straß= burg den 20 Augustm.c 1650.
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H. M. Moserosch13/ bei der hochlöblichen Gesellschaft der Träumende.
c Augustm.] B statt dessen: Augstmon. (Erratum) 11 Du Federfreie Faust] Metapher für einen unabhängigen Autor. Zu ‚frei‘ vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 96. 12 Vgl. Ez 22,30 13 S. o. S. 32, Anm. 146.
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VI.
A d m o d ù m R e ve re n d o , No b i l i & E x c e l l e n t i T h e o l o g o & Po ë t a e , Fra t r i i n C h r i s t o , & A m i c o c o n junctißimo, Domino
Joan RIsTIo.
N
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Unc iterum adspiciunt hilarem tua carmina lucem. JAN RISTI, sacri splendida stella chori. Carmina quêis splendor lucet, charitasque lepôrum Timantis Velo singula tersa sacro. Perge sonare DEO suavissima Cantica, RISTI, Supremus referet digna brabeia Tibi. Sis animo laeto, cor expers Jhovah timoris Discupit, atque facit MUSICA SEMPER AMOR. Tuque mane longos sana sed mente per annos MI RISTI, vena haec optat amica, Vale, f. M. JOAN JEGER1, Eccl. Hamb. ad a S. Jacob.
a ad] Gemäß B emendiert aus: ad. 1 Johannes Jäger (1585–1668), 1611 Promotion zum Magister in Wittenberg, 1612 Adjunkt in Woldenborn, 1616 Prediger in Bützfleth, 1618 Wahl zum Diakon an St. Jacobi in Hamburg, 1667 altershalber aus dem Dienst geschieden. Vgl. Hammer / von Schade I, S. 82.
VII.
Uber Herren Ristens
Himlischer Lieder sonderbahres1 Buch. I.
W fol. B 4v
As der kluge Sittenlehrer/ in Belobunga grosser Leüt’/ Sir. 47. Hat der Nachwelt hinterlassen/ von des Davids Frömmigkeit2: Wie daß für ein jedes Werk/ mit belebter Geistes Zungen/ Jn wolangestimtem Lied’/ er des Höchsten Lob erschwungen3; | (Besang von gantzer Hertzens=Stärke Des grossen Gottes grosse Werke4/ Auch waß sein Kiel5 sonst bracht hervor/ Da stiftet Er der Sängerb Chor/ Die musten seine Lieder singen6 Und in die süssen Seiten zwingen7.)
II. Daß belobet/ liebet/ schreibet/ Teütschland billich8 weit und breit Auch von unsers Edlen Ristens lieber Lieder Liebligkeit; Sein beliebter HimmelsThon/ aufc zehend,9 Seiten10 nächst11 erklungen/ Lobet gnugsahm seinen Fleiß/ wo man jemals Teütsch gesungen. (Doch nicht gnug mit solchem Werke/ Hier geht das Werk12 mit grössrer Stärke; Besonders da Jhn bringt hervor Der hohen Singe=Meister Chor/ Die/ was Herr Rist kan heimlich singen Es in die Lauten Säiten bringen.) a Belobung] Gemäß B emendiert aus: Belohnung b Sänger] Gemäß B emendiert aus: Gsänger c auf] Gemäß B emendiert aus: auch d zehen] B statt dessen: Zehn 1 sonderbahres] besonderes. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1577. 2 Vgl. Sir 47,1–13 3 erschwungen] erworben. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 979. 4 Sir 47,10 5 Kiel] Federkiel, Schreibfeder. Vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 674. 6 Sir 47,11 7 in die Seiten zwingen] auf Saiteninstrumenten spielen. Vgl. Grimm, DWb 32, Sp. 1255 f. 8 billich] mit Recht. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 27. 9 zehen] zehn. Vgl. Grimm, DWb 31, Sp. 443. 10 Seiten] Saiten. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 1663. 11 nächst] vor kurzem. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 133. 12 geht das Werk] wird das Werk betrieben. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 2456.
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Briefe und Ehrengedichte
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III. O Jhr/ die Jhr Christum liebet/ liebet Ristens Rüstigkeit! Lobt den Geist/ der durch Jhn singet/ und so seltne Kunst außbreit13; Kunst/ die Dreyen kaum vertraut14/ die gleich mit entzukter15 Zungen Todt/ und letztes Welt=Gericht/ Höll/ und Himmelreich besungen! (Du aber GOtt/ der müden Stärke16/ Bestärke dises Mannes Werke! Daß unter deiner Sänger=Chor Er immer höher komm’ empohr! Laß seine Säiten Lang erklingen/ So wird Er dir lang Lob auch singen!) AVff ersVChen (gebIeten) seInes großgeneIgten Herrens/ hoChgeLIebtene Gönners/ aVCh In ChrIsto BrVDern/ setzete hertz VVVnsChenD obIges eInfäLtIges zV PapIer17
35
Quirinus Moscherosch18/ Diener am Wort Gottes zu Offendorff in der obern Graffschafft Hanau.
e hoChgeLIebten] B statt dessen: hoCgeLIebten (Erratum) 13 außbreit] verbreitet. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 837. 14 Sprichwörtlich. Vgl. Wander 1, Sp. 693. 15 entzukter] entzückter. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 667. 16 Vgl. Ps 22,20 17 AVff ersVChen zV PapIer] Der Zahlenwert dieses Chronostichons ist 1650. Es weist auf das Jahr hin, in dem Moscherosch sein Widmungsgedicht verfaßte. 18 Quirinus Moscherosch (1623–1675), seit 1645 Studium der Theologie in Straßburg, 1648 Pfarrer in Offendorf und 1655 in Bodersweier, seit 1673 als „Filander“ Mitglied des Pegnesischen Blumenordens. Moscherosch verfaßte vor allem deutsche und lateinische Gelegenheitslyrik. Vgl. Schäfer, in: Killy 2 8 (2010), S. 346 f.
VIII.
An den Edlen/ hochgelehrten und weit= berühmtena
Herren Johann Rist.
D
fol. B 5r
Es starken Segen=Kraft/ des Ehemahls1 Gad Genossen2/ Jst mit dem Nahmen Eüch itz3 reichlich zugeflossen/ | O wolgerüster4 Held/ Jhr führt das Heer hinan5. Der tieffgesinnten6 Schaar/ kämpft Rüstig als ein Man/ Bekriegt die träge Rast/ führt auch mit guhtem Glükke Voll Sieges/ Ehr und Ruhms es wiederümb zu rükke/ Und theilt auß solche Beut’/ an der ein matter Sinn Sich auß dem Kummer hebt7/ und wirft die Sorgen hin. Hier schreibet Jhr ein Buch/ so nach dem Himmel klinget/ Drauß oft in tiefster Angst ein blödes8 Hertze singet/ Und lobet unsern GOtt/ der bleiche Rost der Neid9 Hat hie zu nagen nichts als eigne Nichtigkeit. Bleibt Rüstig für und für/ der Himmel/ Eüer Dichten Wird Eüch den schönsten Rest/ Jch wünsche späht! entrichten10/ Die Elbe rauscht mit ein: Es lebe mein Herr Rist/
So lang’ in meinem Strohm’ ein Ab= und Zufluß ist.
5
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Seinem hochgeehrten Herren und grossen Freünd übersendet dises 11
Ernest Hohenholtz / Prediger Zu Neümünster.
a weitberühmten] B statt dessen: weitberübmten (Erratum) 1 Ehemahls] vormals. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 46. 2 Vgl. Gen 30,11 3 itz] jetzt. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2318. 4 wolgerüster] gut ausgerüsteter. Vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 1143. 5 Vgl. Gen 49,19 6 tieffgesinnten] schwermütigen. Nicht bei Grimm, DWb, vgl. aber zu ‚tiefsinnig‘, DWb 21, Sp. 493. 7 hebt] erhebt. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 725. 8 blödes] schwaches. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 138. 9 Sprichwörtlich. Vgl. Wander 3, Sp. 988: „Neid ist dem Menschen, was Rost dem Eisen.“ Vgl. ebd., Sp. 991: „Der blasse Neid“. 10 entrichten] zueignen. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 586. 11 Ernst Hohenholtz stammte aus Wahrlang (Pommern), wurde im Mai 1635 an der Universität Rostock immatrikuliert (Matrikel Rostock III, S. 104), war später Archidiakon in Neumünster und ist ca. 1667 gestorben. Vgl. Moller, S. 256.
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IX. Auff des WolEhrwürdigen/ und hochgelahrten Herren
Johann Risten/
Weltberühmten Teütschen Poeten Himlische
Lob= und Danklieder.
W
5
Eich Heman/ Assaph weich/ und Ethan ihr drei Singer1/ Auf Cymbeln die von Ertz/ sehr hochberühmte Klinger/ Jn Davids Königs=Statt/ stilt2 Eüren Cymbeln=Thon/ Der Edle Rist trit auf alhie für Gottes Thron Mit seiner Singekunst/ dadurch erschallen wieder Zu Gottes Lob und Dank gantz neüe Himmelslieder/
O hochgelahrtes Häubt! O Himlischer Poet!
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Des Ruhm unsterblich ist/ und nimmermehr vergeht/ Eüra Dank= und Lobgesang mit süssen Melodeien Entzükken das Gemüht/ im HErren sich zu freüen/ Sie sind ein recht Compaß/ und vorgestektes Ziel3/ Zur Hertzens Dankbarkeit/ das beste Säitenspiel/ Den Schöpffer aller Ding’ auf Kunst gesetzteb Weisen4 Für seine milde5 Güht’/ und Gaben hoch zupreisen/ Wie dort der Engel Schaar im grossen Himmels=Zelt Zu GOttes Lob und Preiß ist Ewiglich bestelt. | Wilt du nun auch schon sein in disem schwachen Leben Zum Engel=Chor gezehlt/ so must du sein ergeben Dem/ was der grosse Rist alhie gestimmet an/ Und der verwirten Welt sein gäntzlich abgethan6/
a Eür] Emendiert aus: Eüer (Erratum auch in B)
b Kunst gesetzte] B statt dessen: Kunstgesetzte
1 Vgl. 1Chr 15,19 2 stilt] bringt zum Schweigen. Vgl. Grimm, DWb 18, Sp. 3016. 3 Vgl. Phil 3,14 4 auf Kunst gesetzte Weisen] auf kunstvoll gesetzte Weise. Nicht bei Grimm, DWb. 5 milde] freigebige. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 2202. 6 der Welt sein abgethan] von der Welt getrennt sein. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 139.
fol. B 5v
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Briefe und Ehrengedichte
Dein Hertz und dein Gemüht laß von der Erden klimmen7/ Hinauf ins HimmelsSahl durch diser Lieder Stimmen/ Die Ristius gemacht/ damit für GOtt erschein’ Und laß dein Hertz und Mund ein Englisch Dank=Chor8 sein.
David Koepke9/ Prediger zu Oldeschloh
7 klimmen] emporsteigen. Vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 1164. 8 Englisch Dank=Chor] Danklieder singender Engel-Chor. Zu ,englisch‘ vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 481. 9 David Köpke war Pastor in Oldesloe. Vgl. Moller, S. 309. Überliefert ist eine in Lübeck gedruckte Leichenpredigt Köpkes aus dem Jahr 1655 auf Claus Bouwert. Vgl. GESA. Weitere biographische Daten konnten bislang nicht ermittelt werden.
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X.
Hr Edler wehrter Herr/ Jhr Weltberühmter Rist/ Wie komt es daß so gahr in Eüch verliebet ist Die Graue1 Ewigkeit? Doch was ist daß Jch frage? Weil selbsten Jch bei Mir ein Antwort fertig trage2/ Jch weiß ja wie das geht/ daß/ wer nach Tugend ringt Den Glantz der Ewigkeit davon zu Lohne bringt. Jhr hochbegabter Herr/ Jhr seid nicht von dem Hauffen3/ Die Tumm= und kühner weiß4 im Land herümmer5 lauffen Mit ihren Schrifften: Nein/ hier bittet man Eüch oft/ Daß Jhr doch gebet auß6/ worauff man längst gehoft. Und dises kan Jch itzt7 mit WarheitsGrund erweisen: Wer ist es/ der nicht muß von gantzer Seele preisen Die theüren Lieder? die so voller Geist und Kraft/ So voller Liebligkeit/ so voller Trost und Saft/ So voller Lieb und Brunst8/ ja Himlischer Begierden Und wer kan sattsahm die nach allen Jhren Würden Gnug rühmen die vorlängst schon unsre Welt erblikt/ Der Jhr den theüren Schatz vom Himmel gleich geschikt? Nun hoffet man aufs Neü in kurtzem9 mehr zusehen/ Von solcher Lieder Ahrt/ die so beweglich gehen10: Ach Herr was thut Jhr wol! Nun GOtt vergelt es ja: Wir seüfftzen täglich/ daß diß Buch uns komme nah’ Und werd’ in meiner Hand auch stündlich ümgekehret11/ Wan Jch so glüklich bin/ daß es mir wird bescheret/ So kan in wahrer Reü Jch führen meine Klag’/ Jch kan auch Lob und Dank GOtt opffern12 alle Tag/ |
1 Graue] ferne. Vgl. Grimm, DWb 8, Sp. 2094. 2 Weil selbsten Jch bei Mir ein Antwort fertig trage] weil ich selbst die Antwort schon weiß. Zu ‚selbsten‘ vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 465; zu ‚tragen‘ vgl. DWb 21, Sp. 1097. 3 Hauffen] Pöbel. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 584. 4 Tumm= und kühner weiß] auf einfältige und kühne Weise. Zu ‚einfältig‘ vgl. Grimm, DWb 22, Sp. 1717; zu ‚weiß‘ vgl. DWb 28, Sp. 1057. 5 herümmer] herum. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1185. 6 gebet auß] herausgebt. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 867. 7 itzt] jetzt. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2318. 8 Brunst] Inbrunst. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 439. 9 in kurtzem] in Kürze. Vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 2842. 10 beweglich gehen] bewegend klingen. Zu ‚beweglich‘ vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1774; zu ‚gehen‘ vgl. DWb 5, Sp. 2439. 11 ümgekehret] hin- und hergewendet. Vgl. Grimm, DWb 23, Sp. 967. 12 Vgl. Ps 107,22
60 fol. B 6r
Briefe und Ehrengedichte
Und wenn Jch ja denn wil was sonderbahres13 singen/ So kan Eür Edles Buch Mir das für Augen bringen: Gedenck’ Jch denn daran/ daß Jch einst sterben muß14 Und kommen für Gericht15/ so les Jch ohn Verdruß Eür allerliebstes Buch/ da find Jch mit Verlangen/ Wie man gedencken sol an das/ was wir begangen/ Da kan fürs fünffte denn Jch Mir auch stellen für/ Was Höll und Himmel sei/ damit die rechte Thür Die zu dem Himmelreich die wahren Christen leitet Mir frölich offen steh/ und herlich sei bereitet. Seht Edler Herr/ so viel wird nützen dises Buch Das Jhr itzt16 gebet auß17/ ohn einigen18 Verzug. Drüm bitt Jch/ daß Jhr fohrt in solcher Arbeit fahret/ Kein Fleiß noch Mühe/ sol bei denen sein gespahret/ Die da bemühet sind/ das wahre Christenthum Zu bauen/ dessen Jhr auch nicht geringen Ruhm Hie führet19. Drüma wollan/ es gehe frisch von statten/ Des Höchsten Gnad und Gunst die muß Eüch stets beschatten20. GOtt lasse lange Zeit Eüch leben uns zu nutz/ Dem Teufel und der Welt zum Hertzeleid und Trutz: Jch wil so lang Jch leb Eüch meinen Liebsten lieben Und soll auch meine Treü im Sterben nicht verstieben21. Von Hertzen wohlmeinend schrieb dises auff sei= nes hochgeliebten und vielgeehrten Herrn Risten neüe außgehende22 Himlische Lieder
Josias Dreyer23/ Prediger in Kolmer.
a Drüm] B statt dessen: Drümb 13 sonderbahres] besonderes. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1577. 14 Ps 90,12 15 Vgl. Hebr 9,27 16 itzt] jetzt. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2318. 17 gebet auß] herausgebt. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 867. 18 einigen] irgendeinen. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 209. 19 führet] habt. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 446. 20 beschatten] schützen. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1547. 21 verstieben] vergehen. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 1750. 22 außgehende] im Druck erscheinende. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 870. 23 Josias Dreyer (gest. 1672) war von 1645 bis 1672 Diakon in Kollmar (Holstein). Er wurde 1646 von Rist getraut. Das anläßlich dieser Hochzeit verfaßte Gedicht Rists findet sich in dessen ‚Neüem Teütschen Parnass‘ (1652), S. 118. Vgl. Archiv für Staats- und Kirchengeschichte der Herzogthümer 3 (1837), S. 283 f.
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XI. An den Geistreichen Christlichen Poeten
Herrn Johann Risten/
über das sonderbahre1 Buch seiner Neüen Himlischen Lieder.
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Er schreibt von Buhlerey2/ und von dem schnöden lieben/ Damit die Teütsche Sprach in etwas3 außzuüben: Der sucht der Obern Gunst/ und streichet sie herauß/ Er hebet Jhren Ruhm/ biß an der Sternen Hauß: [Daß Sie bißweilen wol mit Warheit möchten fragen/ Wo war dana damahls Jch/ als sichs so zugetragen?] Der nimt was anders für4/ damit Er seine Zeit Auch nach dem Tod erleng’5. O nichtig Eitelkeit!6 | Wie weißlich7 thut doch Jhr/ Herr Rist/ in dem Jhr sitzet/ Und denket auf8 ein Buch/ das so ergetzt/ als9 nützet10. Jhr treft das rechte Ziehl/ und Eüch gehört der Preiß/ Den niemand Eüch versagt/ der recht zu richten weiß. Die gütige Natur hatt Eüch von zahrter Jugend Zur Tichterkunst geneigt11: Benebenst12 Kunst und Tugend Hiengt Jhr derselben nach: Eür schöner Vers/ der fleust13/ Worüber mancher Jhm die Nägel gar verbeist14/ Und kratzt den Kopf fast durch/ war Eüre Lust und Schertzen/ Jn Griechisch und Latein: Als Opitz15 seine Kertzen a dan] B statt dessen: denn 1 sonderbahre] besondere. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1577. 2 Buhlerey] Liebe. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 504. 3 in etwas] ein wenig. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1186. 4 nimt was anders für] beginnt etwas anderes. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 776. 5 erleng’] verlängere. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 888. 6 Vgl. Koh 1,2 7 weißlich] weise. Vgl. Grimm, DWb 28, Sp. 1146. 8 denket auf] plant. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 933. 9 so als] sowohl als auch. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1360. 10 Vgl. Horaz, De arte poetica, 333: „aut prodesse volunt aut delectare poetae.“ 11 Die gütige Natur hat Eüch Zur Tichterkunst geneigt] die gütige Natur hat euch für die Dichtkunst gewonnen. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 572. 12 Benebenst] neben. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1467. 13 fleust] fließt. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1793. 14 mancher Jhm die Nägel verbeist] mancher sich die Fingernägel zerbeißt. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 101. 15 S. o. S. 29, Anm. 111.
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Briefe und Ehrengedichte
Zur Deütschen Poesi16 nur kaum hatt’ aufgestekt17/ Jst Eüer edler Sinn straks18 worden aufgewekt/ Hat also bald ersehn/ worinnen Wir geirret/ Was unsre schöne Sprach und Schreibekunst verwirret/ Daß sie bey uns selbselbst19 so weinigb,20 ward geacht/ Als bey dem fremden Volk: Jhr habet drauff gedacht21 Wie sie kem’ auch empor. Dieselbe nun zu üben Und auch zu Heiligen/ habt ihr bißher geschrieben/ Mit Eürem grossen Ruhm/ was Gottes Lob erhebt/ Was Trost den Hertzen gibt/ was voll von Geiste lebt. Das Brünnlein Jsraels/ aus Gottes Raht entsprossen/ Jst Eüch viel lieblicher/ als Castalis22 geflossen/ Der Edle ZionsBerg macht vor Parnassus23 Eüch So von Erfindungen als24 hohem Geiste reich. Das Wort des Höchsten ists/ das Eüer Hertz entzündet25/ Daß Eürer Verse Kraft/ der/ so sie ließt/ empfindet/ Und stehet gantz entzükt. Hier ist der Edle Geist/ So der Poeten Volk recht von der Erden reist. Der Geist hatt Mosen26 selbst und Mirjams Sinn gerühret27/ Und zu der Tichter Kunst den David angeführet28/ Jn dessen Liedern noch Wir finden Kraft und Saft/ Da sonsten ander thun nicht lang im Hertzen haft. Die Gabe kömt von GOtt/ und sol auch billich29 preisen Den Ursprung Jhrer selbst: Dem höchsten Danck erweisen Für Rettung aus der Noht. Sie sol mit Unterricht Mit Trost und Warnungen den Nechsten lassen nicht. Was so dem Nechsten dient/ und Gottes Furcht vermehret/ Dieß dieß ist einig30 wehrt/ daß es werd angehöret/
b weinig] B statt dessen: wenig 16 Opitz’ ‚Buch von der Deutschen Poeterey‘ wurde erstmals im Jahre 1624 in Breslau veröffentlicht. 17 aufgestekt] angezündet. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 746. 18 straks] unverzüglich. Vgl. Grimm, DWb 19, Sp. 610. 19 selbselbst] verstärkende Verdoppelung von ‚selbst‘. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 444. 20 weinig] wenig. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 1. 21 drauff gedacht] überlegt. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 933. 22 Castalis] Gemeint ist die Kastalische Quelle am Fuß des Parnaß. Sie ist der griechischen Mythologie zufolge Apollo und den Musen geweiht. 23 Parnassus] Mit 2457 Metern der zweithöchste Berg Zentralgriechenlands. Dem griechisch-antiken Mythos zufolge ist der Parnaß die Heimat der Musen. 24 So als] sowohl als auch. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1360. 25 Vgl. Lk 24,32 26 Vgl. Ex 15,1–19 27 Vgl. Ex 15,20 f. 28 angeführet] angeleitet. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 334. 29 billich] mit Recht. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 27. 30 einig] einzig. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 210.
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Jn Teütscher Poesie/ das andre Thun vergeht Zu gleiche mit der Welt/ nur GOttes Ruhm besteht. | Darneben pfleget auch desselben Lob zu bleiben/ Der Gottes Ehr und Ruhm viel höher noch zu treiben Sich Tag und Nacht bemüht. Drüm werdet Jhr Herr Rist Auch leben/ weil alhier der HErr zu loben ist. *
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Johannes Rist. Raste in Sion. Raht in Sion.
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ES laß ihm/ wer da wil/ auf dem Parnassus
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träumen: Mir fliessen niemahls baß32 die reine Teütsche Reimen/ Als wann Jch Raste dort in Sion: da der Geist Des Herren meinen Geist den Raht in Sion weist. *
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JOANNES RISTIUS. NI SONITUS SERIA. OS SINAI c INSTRUE. INSTRUE SIONIAS.
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S
ERIA NI SONITUS m o d u l e t u r c a r m i n a Va t u m , Est strepitus: quid enim dulce sit d absque DEO? OS e r g o SINAI p ra e c e p t i s INSTRUE va t e s , Q u a e q u e DEu s p o s c a t Te q u e a l i o s q u e m o n e . H i n c s o l a m i n i b u s q u o q u e MUSA SIONIAS o ra INSTRUE, m o x JOVAE l a u d i b u s , & p r e c i b u s . Sic decus aeter num referes, delebile nunquam No m e n , q u a l e q u e h a b e t RISTIUS e x MERiTO! *
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JOHANNES RISTIUS SINIS, EN HORATIUS!
c SINAI] B statt dessen: OSINAI (Erratum)
d d u l c e s i t ] B statt dessen: s i t d u l c e
31 S. o. S. 62, Anm. 23. 32 baß] besser. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1153.
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Briefe und Ehrengedichte
S i SINIS, EN m e r i t o Christianus HORATIUS a u d i s : C a r m i n a t a m Tu a s u n t d u l c i a , d o c t a , P i a .
Aus Liebe zu den Himlischen Liedern und schul=
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diger Ehrerbietung gegen derselben Herren Autorem den grossen Rist
M. Christian Keiman33 von Zittaw/ der Schulen daselbst Rector. |
33 Christian Keiman (1607–1662) war Lehrer und Kirchenlieddichter. Seit 1627 Studium in Wittenberg, 1634 Promotion zum Magister ebd., 1634 Konrektor und 1639 Rektor des Gymnasiums in Zittau. 1651 wurde Keiman zum Dichter gekrönt. Vgl. Aurnhammer.
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XII.
Auff deß hochlöblichen Fruchtbringenden Gesellschaffters
Deß Edlen Rüstigen Neüe Himmlische Lieder.
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Laagt Jeremias nicht/ daß wegen Sünd und Schandea
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Die Stadt Jerusalem in Palestinerb Lande/ Zu Grunde müssen gehn1? Wan Er so kläglich schreibt/ Und einen Stok und Stein fast zum Erbarmen treibt? Verkündigt Jonas nicht den Ninivitenc Buhsse? So gahr/ daß alles Volk dem Höchsten fiel zu Fusse/ Und in der Asche saaß mit Säkken eingehült2/ So lange biß der Zorn im Himmel sich gestilt/ Und Gnade gieng vor Recht? Halt Jeremias innen/ Deß Ristens Klaagelied wird Oberhand gewinnen: Jerusalem hatt kaum solch Unglük überstrebt3/ Als unser Teütsches Reich/ die Zeit bißher erlebt. Geh/ Jonas/ und verkreüch dich in deß Fisches Magen4/ Rist kan dem Ninive der Welt von Buhsse sagen: Als Jsrael entran auß der Egypter Hand/ Und Pharao verdarb durch Meeresfluht und Sand5/ Ließ Moses seine Stimm zu Gottes Loob’ erschallend,6: Elkanens erstes Weib die Hanna trug Gefallen7 Zu loben GOtt/ der Jhr gegeben einen Sohn8/ Kam Obeds Enkkel 9 nicht auf einen solchen Thon Der seinen Schöpffer loobt? als Er den Feind erlegte/
a Marginal: Getheilt in 1. Klaag= und Buhßlieder b Palestiner] Gemäß B emendiert aus: Palest ner c Niniviten] B statt dessen: Niviten (Erratum) d Marginal: 2. Lob= und Danklieder. 1 Vgl. Thren 1,1–8 2 Jon 3,3–6 3 überstrebt] überwunden. Vgl. Grimm, DWb 23, Sp. 584. 4 Vgl. Jon 2,1 5 Vgl. Ex 14,21–31 6 Vgl. Ex 15,1–19 7 trug Gefallen] hatte Gefallen daran. Vgl. Grimm, DWb 21, Sp. 1094. 8 Vgl. 1Sam 1,1–28 9 Hier ist David gemeint. Vgl. Ruth 4,22
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Briefe und Ehrengedichte
Und Saul der langen Nacht des Todes nunmehr pflegte10,11? Es fiel12 ein Loobgesang13/ als dort die Jungfrauschaft14 Marien dise Post15 vom Engel nahm16: Die Kraft Deß Höchsten soll und wird dich/ Jungfer/ überschatten17. Jst Zacharias nicht dein Loobgesang gerahten18, 19? Alß dein’ Elisabeht ins Wochenbette gieng/ Und Jhre Freündin drauf Maria bald empfieng20 Den GOtt und Menschen Sohn/ dem/ alß Er kam auf Erden/ Mit seinem Loobgesang hat müssen dienstbar werden Das gantze HimmelChor21, 22. Der alte Simeon Das fromme PriesterHertz/ weiß nachmahls23 auch darvon Zu sagen/ wan Er Jhn auf seinen Armen bringet/ Und einen Loobgesang im Tempel Gottes singete, 24 | Nochmehr: Der Höchste wird nicht nur allein geloobt/ Als Davids Feinde schier25 ein wenig außgetobt/ Und Er sein Hauß zuletst besaaß in Ruh und Friede/ So dankt Er GOtt gahr sehr in einem schönen Liede26. Nach Jhm stimmt seinen Dank auch Esaias an27/ Vor das/ was Zebaoht 28 verheissen und gethan/ Und Paulus/ wan Er sich zu GOtt gekehrt/ befindet29. Fast nach dergleichen Ahrt so schöner Weise bindet30 Herr Rist auch seinen Reim. Sein Lied gibt keinem nach31: Es steigt mit Loob’ und Dank biß an das Sternen Dach/ Woselbst das Singe Chor32 von GOttes Musicanten Den Engeln wird bestelt. Ein Herr/ der Abgesandten An fremde Höfe schikt/ hat/ wie man oft vernimt/ Was Sonderbares33 vorf. Rist hat sein Lied gestimt34
e Gottes singet] Gemäß B emendiert aus: Gottessi nget f Marginal: 3 Sonderbahre Lieder. Gemäß B emendiert aus: 3 Sonderbahrelieder: 10 der langen Nacht pflegte] gestorben war. Zu ‚pflegen‘ vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1738. 11 Vgl. 2Sam 22,1–51 12 fiel] erhob sich. Nicht bei Grimm, DWb. Zu ‚fallen lassen‘ im Sinne von ‚aussprechen‘ vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1284. 13 Vgl. Lk 1,46–55 14 Jungfrauschaft] Jungfrau. Nicht bei Grimm, DWb. 15 Post] Botschaft. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 2019. 16 nahm] vernahm. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 546. 17 Lk 1,35 18 gerahten] wohlgediehen. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3577. 19 Vgl. Lk 1,68–79 20 Lk 1,39 f. 21 HimmelChor] Zu ‚Chor‘ als Neutrum vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 617. 22 Vgl. Lk 2,13 f. 23 nachmahls] hernach. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 94. 24 Vgl. Lk 2,29–32 25 schier] fast. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 23. 26 Vgl. 2Sam 22,1–51 27 Vgl. Jes 12,1–6 28 Jer 32,18 29 Vgl. 1Kor 1,26–31 30 bindet] reimt. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 33. 31 gibt keinem nach] steht keinem nach. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 58. 32 das Singe Chor] Zu ‚Chor‘ als Neutrum vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 617. 33 Sonderbares] besonderes. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1577. 34 gestimt] angestimmt. Vgl. Grimm, DWb 18, Sp. 3089.
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Nicht nach gemeiner Ahrt/ als Wir zuvor gelesen/ Und welche bei der Kirch’ im Brauche35 schon gewesen: Es ist und nennt sich selbst von Sonderbarem36 Thon/ Zu welchem Hammerschmid37 Amfions38 erster Sohn Nicht wenig hat gethan/ samt Andern/ derer Stimmen/ Jn gleichem auch das Chor39 der EngelBurg beklimmen40 Und SängerMeister sind. Sein Lied begleitet den Der dises Lebens satt/ das Himmelreich zu sehng Auß seinem Kerker geht/ in dem Er ligt gefangen41 Und macht Jhm sonderlich ein hertzliches Verlangen Nach Jehner Lust/ die noch kein menschlich Ohr gehört/ Noch Auge hat gesehn42/ von welcher was gelehrt Und auffgezeichnet ist/ nur Flikkwerk ist und Stükke43. Es hält gedachtes44 Lied das Sündenvolk zurükke/ Von mancher Ubelthat/ und schreibet von der Höllh Der langen Finsterniß/ der Pech und SchwefelQuell Daß einem der es list/ die Haar zu Berge stehen Und aller Muht/ also zu reden/ wil vergehen. Zumahl wen GOttes Stimm uns fodert45 zum Gericht/ Daß einem lieb wird seyn/ dem andern aber nicht46. Lieb; wan der Richter spricht zu denen auf der Rechten: Komt Jhr Gesegneten/ Eüch meines Vatters Knechten Und Mägden ist das Reich/ das Himmelreich bestelt/ Zum Lob und Eigenthum/ von Anbegin der Welt47. Nicht lieb; wan Christus spricht zu denen auf der Linken: Die ihm noch ärger als ein Bok entgegen stinken: | g Marginal: 4 Sterbens= und Gerichtslieder. h Marginal: 5. Höllen= und Himmelslieder. 35 Brauche] Gebrauch. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 313. 36 Sonderbarem] besonderem. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1577. 37 S. o. S. 39, Anm. 247. 38 S. o. S. 40, Anm. 259. 39 Chor] Empore. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 617. 40 beklimmen] ersteigen, erklimmen. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1423. 41 Die Bezeichnung des Leibes als carcer animae ist in der heidnisch-antiken Literatur vielfach belegt (vgl. etwa Platon, Phaidon 62b und 67d). In der patristischen Tradition wurde dieser Topos breit rezipiert, wenngleich mit der Zuspitzung, daß nicht der Leib an sich ein Gefängnis der Seele sei, sondern eben dieser in statu corruptionis. Vgl. von Moos, Bd. 3, Nr. 826 f. Vgl. hinsichtlich des barocken Luthertums z.B. Philipp Nicolai, FrewdenSpiegel deß ewigen Lebens (1599), S. 321, der von der „Seele“ des Gestorbenen sagt, sie sei „von dem Kercker vnd Hütten jres Leichnams erlöset“. Vgl. weiter Gerhard, Meditationes Sacrae (1606), S. 240, Z. 26–30: „Vita haec carcer animae est, mors autem liberatio; ideò moriturus Simeon exclamat: nunc dimittis servum tuum Domine, dimitti desiderat, veluti corporeo ergastulo inclusus: gratulandum ergo nostris, quod ex hoc carcere soluti ad veram libertatem aspiraverint .“ 42 Jes 64,3; 1Kor 2,9 43 1Kor 13,9 44 gedachtes] erwähntes. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 617. 45 fodert] fordert. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1891. 46 Vgl. Joh 5,28 f. 47 Mt 25,34
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Geht/ Jhr Verfluchten/ geht/ in Jenne Gluht hinein/ Die sonst dem Teüfels Heer mit unerhörter Pein Beim Styx48 bereitet ist49. Vor der unß GOtt behüte. Wol dem! Der dan besteht in Gottes Gnad und Gühte/ Und bei dem Hauffen ist zur rechten Seiti und Hand50. Wie dan geschehen kan/ wan unß wird sein bekand Deß Risten edles Buch der Neüen Himmelslieder/ Vor welchen sich mein Verß stillschweigend legetj nieder Und hört.
Auß Kölln an der Spree den 5. Christmonats51 deß zum Ende lauffenden 1650igstenk Jah= res schikts wolmeinend
Nikolaus Peükker52.
i Seit] Gemäß B emendiert aus: Sett 1650sten
j leget Fehlt B (Erratum)
k 1650igsten] B statt dessen:
48 Styx] In der griechischen Mythologie ist der Styx ein Fluß in der Unterwelt. 49 Mt 25,41 50 Mt 25,34 51 Christmonats] Dezembers. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 626. 52 Nikolaus Peucker (um 1620–1674), seit 1642 Studium in Frankfurt a. d. O., seit 1645 Hauslehrer in Cölln an der Spree, seit spätestens 1650 Gerichtsaktuar der Kurfürstlichen Kammer ebd., seit 1656 Stadtrichter und Ratskämmerer ebd. Peucker verfaßte zahlreiche Gelegenheitsgedichte. Vgl. Jürgensen.
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Wolmeinendes Klinggedichte/
An den Edlen und hochgelahrten
Herrn Johann Risten/ von Käiserlicher Majestät Hofe auß EdelGekröhnten/ hochlöblichsten/
weitberühmten Poeten/ und in der Hochedel Fruchtbringendenb Gesellschafft den Rüstigen/ als Er seine Neüe Sonderbahre1 Himmelslieder ließ herauß kommen.
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Ein Edler Teütscher Rist/ es hat der Himmel Eüch Mit Gaben außgerüst/ und treflich wol gezieret/ So/ daß Eüch grosser Ruhm und hohes Lob gebühret/ Jhr zeigt durch Schrifften Uns den Weg zum Himmelreich/ Ja/ wer verstokket lebt/ den machet oftmahls weich Die Himlische Musik/ wan Sie nur recht regieret/ Der schönen Wörter=Artc auß Gottes=Wort geführet/
Wie dise Lieder thun! Herr Rist wer ist Eüch gleich?
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Der Himmel der Eüch hat durch alle Welt erhoben/ Der heist Mich schweigen/ den Er wil Eüch selber loben/ Drüm schreib Jch weiter nichts. Mein edler Herr Jhr wist/ Weil Mißgunst/ Falschheit/ Neid mit Unrecht Mich betrüben/ Waß meine schwache Faust/ in Traurigkeit geschrieben/ Das nehmet doch für gut2/ und bleibt mein Treüer Rist.
Treühertzig auß schuldiger Wolmei=
nung seines hochgeehrten Treümeinenden Teüt= schen Freündes/ schrieb dises eiligst in Kiel den 6. Tag Wintermonahts3/ im Jahr 1650.
Michael Jakobi4. |
a B zusätzlich: XIII. b Hochedel Fruchtbringenden] B statt dessen: hoch Edel=Fruchtbringenden c schönen Wörter=Art] B statt dessen: schönen=Wörter=Art 1 Sonderbahre] besondere. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1577. 2 nehmet doch für gut] seht doch als gut an. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 545. 3 Wintermonahts] Novembers oder Dezembers. Vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 461. 4 S. o. S. 40, Anm. 265.
Neüer Himlischera Lieder
Erster Theil/ Jn sich begreiffend
Klag= und Buhßlieder. Mit Neüen
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Von dem Fürtrefflichen und hoch= erfahrnen Meister in der Singkunst
Herren Sigmund Gottlieb Staden1 b
zu Nürenberg
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Wolgesetzeten Melodeien. |
a Himlischer] Gemäß B, C emendiert aus: Himliser b Herren] C statt dessen: H. 1 S. o. S. 39, Anm. 246.
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I. Andächtiges Buhßlied zu GOtt
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Teil 1
Daß Erste. Andächtiges Buhßlied zu GOtt/ üm wahre Reü und Erkentniß der vielfältig begangenen Sünden. Dises kan gesungen werden auf die Melodei des BuhßPsalmes:
O Herre GOtt begnade mich1. 1.
W
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Je groß ist meine Missethat/ Die dich/ O GOtt erzürnet hat2! Dir wil Jch gern bekennen Die Sünde die mich brennen3/ Der mehr als schwehrer Sand am Meer Gehn über meine Scheitel her4/ Die mir das Hertz beschwehren5/ Ja Mark und Bein verzehren/ Sie steigen gleich ina vollem Lauff’ O starker GOtt zu dir hinauff’/ Mit dir kan Jch ja rechten nicht6, 7/ Drüm fodre8 mich nicht ins Gericht/ Den sonst bin Jch verlohren.
a in] B in Cantus und Bassus statt dessen: im 1 Zu der von Rist vorgesehenen Melodie des erstmals 1526 gedruckten Gesangs „O Herre Gott, begnade mich“ vgl. Zahn, Melodien, Bd. 5, Nr. 8451 sowie Bd. 6, Gedruckte Quellen, Nr. 24. 2 Vgl. Ps 25,11 3 brennen] quälen. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 365. 4 Gehn über meine Scheitel her] kommen über mich. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 2477; zu ‚Scheitel‘ als Femininum vgl. DWb 14, Sp. 2476. 5 Vgl. Ps 38,5 6 kan Jch ja rechten nicht] kann ich keinen Rechtsstreit halten. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 408. 7 Vgl. Röm 9,20 8 fodre] fordere. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1891.
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Teil 1
2. Mein Leib und Seel’ ist gahr unrein/ Wie könt Jch den gefalligb sein9 | Dir/ der du frei von Sündenc? Wer aber kan ergründen Die Tieffe meiner Missethat Die leider mich bedekket hat? Die Sünd’ hab’ Jch ererbet10/ Ja Sünd hat mich verderbet/ Mein böser Will’ O Herr ist dir Gantz widerspenstig für und für/ Jch bin ein ungerahtner Knecht Der nimmer dich erkennet recht Noch auch von Hertzen liebet. 3. Jch/ der Jch dir vertraue nicht/ Versäume täglich meine Pflicht/ Von meiner zahrten Jugend Vergess’ Jch aller Tugend11/ Gleich wie der Brunn ein Wasser quillt12 Das endlich Gründ’13 und Seen füllt: So quillt mein Hertz die Sünde14/ Welch’ Jch in Mir empfinde/ Alß Unzucht/ Lügend eigen Ehr’15 Auch Rachgier/ Geitz und andre mehr Verdamptee Laster! welcher Lohn Wird sein der Höllen Plag’ und Hohn/ Wie du fürlengst16 gedreüet17. |
b gefallig] C statt dessen: gefällig c Sünden] C statt dessen: Sunden d ] Gemäß B, C emendierend ergänzt e Verdampte] Gemäß B, C emendiert aus: Ve rdampte 9 gefallig sein] gefallen. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 2117. 10 Vgl. Ps 51,7 11 Vgl. Gen 8,21 12 quillt] fließen läßt. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 2347. 13 Gründ’] Flußtäler. Vgl. Grimm, DWb 9, Sp. 700. 14 quillt mein Hertz die Sünde] bringt mein Herz die Sünde hervor. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 2347. 15 eigen Ehr’] Ehrsucht. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 97. 16 fürlengst] vor langer Zeit. Vgl. Grimm, DWb 26, Sp. 1252. 17 gedreüet] gedroht. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1343.
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I. Andächtiges Buhßlied zu GOtt
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4. Ach GOtt! mein Hertz ist roh’ und wild/ Verlohren hab Jch gahr dein Bild18/ Jch bin im Sünder Orden19 Ein Bild des Satans worden/ Mein frecher Geist ist Tugendloß/ Ach Herr/ mein Elend ist so groß Daß Jch schier20 muß verzagen/ Jch werde matt von Klagen/ Mein Leben und Gerechtigkeit Jst ein beflektes Lasterkleid21/ Die Sünde wird Mich armes Kind Hinführen22 noch gleich wie der Wind Die Spreüer23 läst verstieben24, 25. 5. Wie bößlich hab’ Jch doch gelebt Jn dem Jch dir Herr widerstrebt/ Und bin durch sündlichs Wallen26 Auß deiner Gunst gefallen! Daß Jch die Lust der kurtzen Zeit Vertauschet mit der Ewigkeit Zu fühlen Höllen Schmertzen/ Das klag’ Jch itz27 von Hertzen/ Nun bin Jch dein verlohrner Sohn28/ Dein Grim ist mein verdienter Lohn/ | Mit recht heiss’ Jch29 der Bettelmann Der nimmermehr bezahlen kan/ Wo soll Jch Hülffe finden? 6. Bei dir allein ist Hülff und Raht/ Wen Menschen Hülff’ ein Ende hat/ Mein GOtt du kanst mich lehren/ Du kanst mein Hertz bekehren30/
18 Vgl. Gen 1,26 f. 19 Sünder Orden] Gemeinschaft der Sünder. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1317. 20 schier] fast. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 23. 21 Jes 64,5 22 Hinführen] wegführen. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1433. 23 Spreüer] Spreu. Vgl. Grimm, DWb 17, Sp. 53. 24 verstieben] auseinander fliegen. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 1748. 25 Ps 1,4 26 Wallen] Wandeln. Vgl. Grimm, DWb 27, Sp. 1287. 27 itz] jetzt. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2318. 28 Lk 15,11–32 29 heiss’ Jch] werde ich genannt. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 914. 30 Vgl. 1Kön 18,37
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Teil 1
Du ziehst auß Mir den Lasterpfeil Und machest meine Wunden heil31/ Du kanst in disem Leben Ein fleischern Hertz Mir geben32/ O Helffer/ den man Vater heist33/ Gib Mir doch einen neüen Geist/ Sei gnädig und verwirff mich nicht So gahr von deinem Angesicht34/ Gedenk an deine Gühte35.
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7. Jch bin dein Schaf/ Herr suche mich/ Laß mich nicht irren ewiglich36/ Hilff daß Jch ja mit Tränen Nach dir mich mügef sehnen/ Den auß der Seelen Traurigkeit/ Komt wahre Reü in diser Zeit37/ Dadurch man kan auf Erden Des Trostes fähig werden. | Gahr schleünig38 endigt sich39 der Schmertz/ Jm Fall40 Sich ein zerbrochnes Hertz Von Thränen nass’ zu dir bekehrt/ Und dich in rechter Demuht ehrt/ Das wirst du nicht verschmähen41. 8. Ach GOtt/ es thut mir heftigg weh/ Daß Jch so schändlich für dir steh’ Und mit so faulen Schaden Der Seelen bin beladen/ Jch trag’ immittelst42 Leid und Reü/ Daß du vor deine Lieb und Treü Nicht dankbahr mich erfunden/ Diß schlägt mir tieffe Wunden/
f müge] B, C statt dessen: möge g heftig] Gemäß B, C emendiert aus: hiftig 31 Ps 103,3 32 Ez 11,19 33 heist] nennt. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 912. 34 Ps 51,12 f. 35 Ps 25,6 36 Ps 119,176 37 2Kor 7,10 38 schleünig] schnell. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 657. 39 endigt sich] kommt zum Ende. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 461. 40 Jm Fall] wenn. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1275. 41 Ps 51,19 42 immittelst] inzwischen. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2079.
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I. Andächtiges Buhßlied zu GOtt 100
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Wie trett’ Jch denn nun für Gericht? Wie komm’ Jch für dein Angesicht? Frei sag’ Jchs her 43 auf disem Plan44/ Daß viel viel Böses Jch gethan/ Und hefftig dich erzürnet. 9. Mein GOtt/ Jch hab es nicht bedacht/ Alß Jch verlustig mich gemacht Der45 Kindschafft deiner Liebe/ Doch/ der Jch mich betrübe/ Verzweifle nicht zu diser Frist46/ Jch weiß daß du mein Vatter bist/ | Drüm kanst du mich nicht lassen Noch unaufhörlich hassen47/ Dein Kind muß Jch doch endlich sein/ O treüer GOtt 48 erbarm dich mein/ Und gib/ daß Jch nach disem Streit Dich preiß’ in jenner Ewigkeit Um Christi willen/ Amen! |
43 Frei sag’ Jchs her] ich sage es frei heraus. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1162. 44 auf disem Plan] an diesem Ort. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1834. 45 Alß Jch verlustig mich gemacht Der] als ich (aus eigenem Verschulden) verloren habe die. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 830. 46 Frist] Zeit. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 216. 47 Vgl. Eph 5,29 48 Ps 31,6
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Teil 1
II. Buhßlied zu GOtt
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S. 12
Daß Ander1. Buhßlied zu GOtt/ ümb Widerbrin= gung des edlen und wehrten
Friedens. Dises kan gesungen werden auf die Weise des bekanten KirchenGesanges:
Durch Adams Fall ist gantz verderbt2.a 1.
O
Welch ein Ubel ist der Krieg Waß schaffet Er für Plagen? Den Christen kan noch Krieg noch3 Sieg Jm Hertzen wol behagen/ Krieg nimt das Bluht/ Raubt Ehr’ und Guht4/ Läst unß mit Zittern essen/ Das Schwehrt verzehrtb/ Der Krieg verheert5/ Der Liebe wird vergessen6.
2. Der Krieg erreget Angst und Noht Man lebet stets in Sorgen/ Daß etwan7 unß ein schneller Tod
a verderbt.] C statt dessen: / etc. b verzehrt] B im Bassus statt dessen: verehrt (Erratum) 1 Ander] zweite. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 307. 2 Zu der von Rist vorgesehenen Melodie des erstmals 1524 gedruckten Gesangs „Durch Adams Fall ist ganz verderbt“, der von Johann Walther oder Martin Luther komponiert wurde, vgl. Zahn, Melodien, Bd. 4, Nr. 7547–7549 sowie Bd. 6, Gedruckte Quellen, Nr. 4. 3 noch noch] weder noch. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 872. 4 Sprichwörtlich. Vgl. Wander 2, Sp. 1623. 5 verheert] verwüstet. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 544. 6 Der Liebe wird vergessen] Zu ‚vergessen‘ mit Genitiv vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 416. 7 etwan] etwa. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1182.
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II. Buhßlied zu GOtt
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Hinreiss’c heüt oder morgen/ Die Furcht ist da/ Das Schwehrt komt nah’ Es blühet das Verderben/ | Der Untergang Macht Jedem bang Und läst unß kläglich sterben.
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3. Der Akker stehet jämmerlich8/ Das Brod ist aufgezehret/ Der Rauber9 reisset das an sich Womit wir unß ernehret/ Wir waren Leüt’ Jn guhter Zeit Die keinen Mangel hatten Ein Jeder saß Jm Fried und ass Frisch unter seinem Schatten10. 4. Nun ist der Vorrahtd gantz dahin/ Der Krieg hat uns getroffen/ Ein fremdes Volk nimt den Gewin/ Den wir erst solten hoffen/ Doch haben wir Die Krieges Thür Uns selber aufgesperret Die Sünd allein Schaft dise Pein/ Womit der Krieg unß zerret11. | 5. Man hat ja mit dem Christenthum Den Spott schon längst getrieben/ Es war und ist noch unser Ruhm12 c Hinreiss’] B statt dessen: Hinreist’
d Vorraht] Gemäß B, C emendiert aus: Voraht
8 stehet jämmerlich] sieht jämmerlich aus. Vgl. Grimm, DWb 17, Sp. 1684. 9 Rauber] Räuber. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 223. 10 Schatten] Schutz. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 2245. 11 zerret] quält. Vgl. Grimm, DWb 31, Sp. 746 f. 12 Ruhm] Ruf. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 1441.
S. 14
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Teil 1
Sich und die Wollust lieben/ Drüm lässest du Für13 Fried und Ruh’ O GOtt den Krieg unß fühlen/ Ja schlägst unß noch/ Ach schone doch Laß deinen Eifer kühlen14.
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6. Du schikkest her ein scharffes Schwehrt/ Uns grimmig abzustraffen/ Wir werden wie der Koht verzehrt15, 16/ Dein Zorn der legt uns schlaffen17/ Das Krieges Feür Brent ungeheür/ Kein Kämpffer kan es stillen18/ Da muß man stehn Das Elend sehn/ Um unsrer Sünde willen.
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7. Ach GOtt/ die Kirchen sind gar bloß19/ Der Lehrer ist vergessen/ Das gantze Land ligt Herrenlohß/ Das Schwehrt hat Sie gefressen/ | Eß ist schon fohrt/ An manchem Ohrt Waß Ehrlich war ererbet/ Auch wird das Land Durch Raub und Brand Biß auf den Grund verderbete
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8.f O Noht! O Quahl! O Hertzeleid! Der Himmel steht betrübet20/ e ] Gemäß B, C emendierend ergänzt f 8.] Punkt fälschlicherweise hochgestellt 13 Für] anstelle von. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 623. 14 kühlen] abkühlen. Vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 2567. 15 verzehrt] vernichtet. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 2458. 16 Vgl. Zeph 1,17 17 legt uns schlaffen] läßt uns sterben. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 287. 18 stillen] löschen. Vgl. Grimm, DWb 18, Sp. 3009. 19 bloß] leer. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 146. 20 steht betrübet] ist betrübt. Vgl. Grimm, DWb 17, Sp. 1684.
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II. Buhßlied zu GOtt
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Seht wie das Volk zu diser Zeit Sich noch in Sünden übet/ Da doch Jhr Guht/ Leib/ Ehr und Bluht/ Wird schändlich hingenommen21/ Kan den ein Christ Der Teüflisch ist Auch in den Himmel kommen? 9. Ach Herr/ schau unser Elend an22/ Und höre waß wir klagen23/ Ob niemand zwahr24 erzehlen kan Die schwehre Krieges Plagen/ So ruffen wir Doch für und für: Steh auf Herr schnell zu retten25 Dein Häuffelein/ Das itz26 muß sein Beschwehrt mit KriegesKetten27. | 10. Ach ist denn unsre Leibes Frucht Gleich wie der Staub auf Erden? Ja muß unß Alten in der Flucht Ein Grab bereitet werden? Soll Hungersnoht Zu letst den Tod Uns machen kläglich leiden? Muß den so bald Schier28 mit Gewalt Die Seele von unß scheiden? 11. Sprich unß doch einmahl freündlich zu/ Dein Fluch werd’ uns zum Segen29/ Die KriegesAngst zur sichern Ruh’ 21 hingenommen] weggenommen. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1458. 22 Vgl. Thren 1,9 23 Vgl. Ps 64,1 24 zwar] hier nicht konzessiv, sondern im Sinne einer Bekräftigung zu verstehen. Vgl. Grimm, DWb 32, Sp. 950. 25 Ps 31,3 26 itz] jetzt. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2318. 27 KriegesKetten] Fesseln des Krieges. Vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 633. 28 Schier] vollends. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 26. 29 Dtn 23,6
S. 16
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Teil 1
Und Fried auf unsern Wegen/ Auß Hertzeleid Werd’ eitel30 Freüd’/ Herr züchtigg unß mit mahssen31/ Laß Einigkeit Zur jeden Zeit Beherschen unsre Strassen.
S. 17
12. Herr/ du bist unser festes Schloß32 Darauff wir unß verlassen/ Es kan unß weder Mann noch Roß Durch Stärke sicher fassen/ | Ermuntre dich Bald gnädiglich Uns deine Kraft zu weisen33/ Daß wir hinfohrt Dich hie und dort Für solche Wohlthat preisen. |
g züchtig] B statt dessen: züchtig’ 30 eitel] nichts als. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 387. 31 Jer 10,24 Vgl. Grimm, DWb 28, Sp. 1090.
32 Ps 31,4 33 weisen] zeigen.
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III. Flehentliches Buhßlied
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S. 20
Daß Dritte. Flehentliches Buhßlied zu GOtt in schwehren Sterbensläuften1/ Pestilentz und
anderen gefährlichen Krankheiten. Dises kan man auch singen auf die Melodei des wol= bekanten Kirchengesangs:
Ach GOtt vom Himmel sih darein2. 1.
W
Je tröstlich hat dein treüer Munda/ O liebster GOttb verheissen/ Daß wen uns Krankheit wil zu grund Und in die Gruben3 reissen/ Und wir mit rechter Zuversicht Für dich zu treten säumen nicht Du wolst uns nicht zerschmeissen4,5.
2. Ach Herr/ wir haben dise Plag’ Uns auf den Halß gezogen6/ Die Pest ist leider dise Tag’ Uns schleünigst zugeflogen/ Es hat die Seüch’ uns angestekt/ Das Grab hat manchen schon bedekt Eh man es recht’ erwogen.
a Mund] A in Cantus und Bassus statt dessen: Mund’ dessen: GOt (Erratum)
b GOtt] In der Notation des Cantus statt
1 Sterbensläuften] Zeiten hoher Sterblichkeit. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 335. 2 Zu der von Rist vorgesehenen Melodie des erstmals 1524 gedruckten Gesangs „Ach Gott vom Himmel, sieh’ darein“ vgl. Zahn, Melodien, Bd. 3, Nr. 4431 und 4432a sowie Bd. 6, Gedruckte Quellen, Nr. 6 und 4. 3 Gruben] Gräber. Vgl. Grimm, DWb 9, Sp. 606 f. 4 zerschmeissen] vernichten. Vgl. Grimm, DWb 31, Sp. 762. 5 Vgl. Sir 38,9 6 auf den Halß gezogen] zugezogen. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 251.
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III. Flehentliches Buhßlied
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3. Der Tod wil uns den Schafen gleich Durch Hitz und Krankheit schlachten/ Sehr viele macht Er kalt und bleich Die nicht daran gedachten/ | Pest ist noch schneller alß das Schwehrt/ Das ohne Scheü und Reü verzehrt/ Noch wil man eß nicht achten7. 4. Nun mag Jch nicht verstokket sein/ Jch wil mich schuldig nennen/ Gesündigtc hab’ Jch dir allein8/ Bin würdig drum zu brennen/ Wie mancher schon durch solche Ruht’ Jn diser Pest und Krankheit thut/ Die Schuld muß Jch bekennen. 5. Jch habe nicht dein Göttlichs Wohrt Mit Andacht angehöret/ Oft hat Mir ein verkehrter9 Ohrt Den guhten Sinn verstöhret10/ Der Teüfel/ Wollust/ Fleisch und Welt Von welchen uns wird nachgestellt/ Die haben Mich bethöret. 6. Ach GOtt wir haben Geld und Guht/ Für alles11 nur begehret/ Wir haben unsern Frechen Muht12 Der üppigkeit gewähret13/ Diß ist nun worden Pest und Gift/ Daß unsre schwache Leiber trift/ Ja Mark und Bein verzehret. | c Gesündigt] C statt dessen: Gesundigt 7 achten] beachten. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 168. 8 Ps 51,6 9 verkehrter] böser. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 634. 10 verstöhret] zerstört. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 1772. 11 Für alles] mehr als alles andere. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 640. 12 Muth] Sinn. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 2783. 13 Wir gewähret] wir haben unserem frechen Mut erlaubt, ausschweifend zu leben. Zu ‚gewähren‘ vgl. Grimm, DWb 6, Sp. 4832 f. Zu ‚Üppigkeit‘ vgl. DWb 24, Sp. 2348. Vgl. zu ‚üppig‘ DWb 24, Sp. 2346 f.
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Teil 1
7. Wir haben disen Madensak14/ Sehr herlich außgeschmükket/ Der kurtz hernach gahr sehr erschrak/ Alß Jhn der Schmertz gedrükket/ Wo dienet nun die Hoffahrt15 zu16? Der kranke Leib ligt ohne Ruh’ Auch biß ans Grab gebükket. 8. Wir haben unser gantzes Land Und Häuser oft beflekket/ Mit Unzucht/ Greüel/ Sünd und Schand’/ Es war da nichts bedekket/ Und hiess’ es gleich noch einst17 so schlim/ Waß Wunder/ daß uns Gottes Grim/ So heiß hat angestekket18? 9. Nun treüer GOtt / wir können nicht Des Unrechts uns entfreien20/ Wir kommen für dein Angesicht Um Trost dich anzuschreiend/ Es dringet21 uns der grosse Schmertz/ Wir bringen ein zerschlagnes Hertz22 Das bittet üm verzeihen.
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10. Auf unsern Knien ligen wir Und unser’ Augen weinen/ | Es schreien Tag und Nacht zu dir Die grossen samt den Kleinen/
d anzuschreien] Gemäß B, C emendiert aus: anzu schreien
e 23] Emendiert aus: 25
14 Madensak] menschlichen Leib. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 1427. 15 Hoffahrt] Hochmut. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1666. 16 Wo dienet nun die Hoffahrt zu] wozu dient nun die Hoffart. Zur Trennung von ‚wozu‘ durch dazwischentretende Satzglieder vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 1665. 17 einst] einmal. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 305. 18 angestekket] in Brand gesetzt. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 479. 19 Ps 31,6 20 Des Unrechts entfreien] vom Unrecht befreien. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 522. 21 dringet] quält. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1416. 22 Ps 51,19
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III. Flehentliches Buhßlied
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Vergib uns doch die Missethat/ Die dich so hart erzürnet hat/ Laß deine Gnad uns scheinen23. 11. Nim von uns dise scharffe Ruht’ Hör auf uns so zu plagen/ Herr/ straff uns als24 ein Vatter thut25/ Damit wir nicht verzagen/ Jm Glauben hab’ Jch dich gefast/ Hilff Mir und andern dise Last Jtz26 gnädig auch ertragen27. 12. Du bist doch Helffer in der Noht28/ Bei dir ist Raht zu finden29/ Du kanst die Krankheit/ ja den Tod Gantz siegreich überwinden30/ Du schlägst zu Zeiten eine Beül’ Und kanst jedoch dieselb in Eil’ Als unser Artz31 verbinden32. 13. Nun Herr bezeichne Tohr und Thür Mit Christi Bluht und Sterben/ Daß wen der Würger33 geht herfür Wir nicht durch ihn verderben34/ Sei gnädig Herr/ und lass’ uns bald Gesunde Leiber und Gestalt/ Durch deine Güht erwerben. |
23 Vgl. Ps 85,3–7 24 als] wie. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 248. 25 Vgl. Ps 88,16 f. 26 Jtz] jetzt. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2318. 27 Vgl. Ps 68,20 28 Ps 46,2 29 Hiob 12,13 30 Vgl. 1Kor 15,55 31 Ex 15,26 32 Hiob 5,18 33 Würger] Gemeint ist der Tod. Vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 2216. 34 Vgl. Ex 12,1–13
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Teil 1
Das Vierte BuhßLied/ Welches zur Zeit grosser Theürung und schwehren Hungersnoht kan
gesungen werden/ Auf die Melodei des wolbekanten Kirchenlides:
Warumb betrübst du dich mein Hertza,1. 1.
D
U gühtiger/ du frommer GOtt/ Du starker Helffer2 Zebaoht3/ Du hörest unsre Bitt’ 4/ Es komt doch alles Fleisch zu dir5/ Drum neige dich auch itz6 zu Mir.
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2. Du hast gedreüet7/ daß das Land Sol werden lauter Stein und Sand’ 8 Und tragen keine Frucht/ Wen unser Sünd und Missethat Die Theürung wol verdienet hat.
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3. Ach Herr verzeih’ uns doch die Schuld/ Verbann’ uns nicht auß deiner Huld O Gnadenreicher GOtt! Den du bist unser Zuversicht9 Jn aller Noht/ verstoss’ uns nicht10. a Hertz] Fehlt C 1 Zu der von Rist vorgesehenen Melodie des Gesangs „Warum betrübst du dich, mein Herz“, die erstmals 1565 in einer Handschrift von Bartholomäus Monoetius nachzuweisen ist, vgl. Zahn, Melodien, Bd. 1, Nr. 1689 sowie Bd. 6, Handschriftliche Quellen, Nr. 1. 2 Ps 40,18 3 Jer 32,18 4 Vgl. Ps 28,6 5 Ps 65,3 6 itz] jetzt. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2318. 7 gedreüet] gedroht. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1343. 8 Vgl. Lev 26,19 9 Ps 46,2 10 Ps 27,9
S. 26
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S. 27
Teil 1
4. Eröffn’ itz11 deine Vatterhand Und sättige das gantze Land12/ Es steht in deiner Macht/ | Du schaffest oft in kurtzer Frist13 Wo nichts zuvor gewesen ist.
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5. Besuche doch das dürre Feld Und laß dein dunkles WolkenZelt14 Sein Wasser schütten auß/ Mach unsern harten Akker weich/ Und bald darauf von Früchten reich.
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6.b Herr kröne du das gantze Jahr Mit deinen Gühtern jmmerdar/ Und segne sein Gewächß15/ Mach alles frölich waß da lebt/ Waß hier/ im Meer und Lüfften schwebt16.
30
7. GOtt du bist ja von grosser Kraft/ Der allem Vieh sein Futter schaft/ Der sein Geschöpff erhält/ Den blauen Himmel dekkest du Mit Segenreichen Wolken zu17.
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8. Du lässest wachsen Laub und Graß/ Du machest Berg’ und Thäler nass18/ Du tröplest19 süssen Tau/ Du gibst von oben Guß auf Guß Von unten manchen Bach und Fluß.
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b 6.] Emendiert aus: 4. 11 itz] jetzt. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2318. 12 Ps 145,16 13 Frist] Zeit. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 216. 14 WolkenZelt] Wolkenhimmel. Vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 1311. 15 Ps 65,11 16 Ps 96,11 f. 17 Ps 147,8 f. 18 Ps 147,8 19 tröplest] läßt fallen. Vgl. Grimm, DWb 22, Sp. 861.
IV. Das Vierte BuhßLied
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9. Du machest reich das grüne Meer/ Du segnest auch von oben her | Die Walderc, 20/ Berg und Tahl/ Das Vieh’ hat Graß/ und wir die Saat21/ Daß alles so zu leben hat.
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10. Du bringest in der Hungersnoht Auß schwartzer Erden Wein und Brod Daß unser Hertz erfreüt22/ Du gibest Fische/ Fleisch und Mark/ So/ daß wir werden fett und stark.
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11. Herr/ deiner Werke sind so viel/ Sie haben weder Mahß noch Ziel 23/ Kein Mensch erkent Sie recht/ Es ist geordnet alles wol24/ Das Land ist deiner Gühte vol25.
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12. Herr/ öffne doch dein Wolkenhauß26/ Und schütte reichen Segen auß/ Beweiß itz27 deine Kraft/ Die so viel hundert tausend Mann Hat eh’28 in Noht gesehen an29.
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13. Du bist ja noch derselbe GOtt Auf welches Winken30 und Gebott Der Akker fruchtbar wird/ Theil’ auß dein Segen weit und breit Jn diser hochbedrängten Zeit.
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c Walder] B, C statt dessen: Wälder 20 Walder] Wälder. Vgl. Grimm, DWb 27, Sp. 1074. 21 Ps 104,13 f. 22 Ps 104,14 f. 23 Ziel] Ende. Vgl. Grimm, DWb 31, Sp. 1042. 24 Ps 104,24 25 Ps 33,5 26 Wolkenhauß] Himmel. Vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 1302. 27 itz] jetzt. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2318. 28 eh’] zuvor. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 38. 29 Vgl. 1Kön 18,45 30 Winken] Befehl. Vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 402.
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S. 29
Teil 1
14. Eß wartet alles Fleisch auf dich Drüm Vatter/ speis’ es mildiglich31, 32/ | Wen deine Rechte gibt/ Wird alles/ wer es noch so matt/ Durch solchen Segen stark und satt33.
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15. Nim auch in diser Hungersnoht Die Kraft nicht von dem lieben Brod/ Ach sättig’ unsern Leib/ Verleihe daß auf dein Befehl Sich mehre Korn/ Brod/ Teig und Mehl.
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16. Für allen Dingen geb’ uns Kraft Dein Wohrt der rechte Himmelssaft/ Diß stärket Leib und Seel’/ Man lebt ja nicht vom Brod allein/ Dein Heiligs Wohrt muß auch da sein34.
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17. Herr/ lindre diser Zeit Verdruß/ Da mancher Hunger leiden muß/ Jmmittelst35 gib Gedult/ Auf daß wir ja verzagen nicht/ Ob uns gleich Speiß’ und Trank’ gebricht36.
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18. Nun du bist GOtt von Alters her37/ Und würd’ es mir noch einst38 so schwehr Zu suchen hier mein Brod/ So weiß Jch dennoch daß Jch sol Jm Himmel werden satt und vol39. |
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31 mildiglich] reichlich. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 2215. 32 Ps 104,27 33 Ps 22,27 34 Dtn 8,3 35 Jmmittelst] inzwischen. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2079. 36 gebricht] mangelt. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 1852 f. 37 Ps 74,12 38 einst] einmal. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 305. 39 Vgl. Apk 7,16
V. Klag= und Buhßlied zu GOtt
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Teil 1
Daß Fünfte. Klag= und Buhßlied zu GOtt/ Eines in äusserster Armuht lebenden Christen Menschen. Dises kan gesungen werden auf die Melodei des wolbekanten Morgengesangs:
Auß meines Hertzen Grunde1. 1.
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Vatter aller Gnaden2/ Du hast Mir dise Last Der Armuht aufgeladen/ Die Mich erstikket fast/ Doch weiß Jch sicherlich Ob du gleich Mir zu guhte Verdoppelst dise Ruhte/ Du dennoch liebest Mich3.
2. Laß Mich doch deinen Willen Erkennen4 mit Gedult/ Mein Armuht kanst du stillen5/ Den deine Gnad’ und Huld Die lehret Mich sehr wol/ Daß man im Tod’ und Leben Sich dir allein ergeben Und gantz vertrauen sol.
1 Zu der von Rist vorgesehenen Melodie des erstmals 1598 gedruckten Gesangs „Aus meines Herzens Grunde sag’ ich“ vgl. Zahn, Melodien, Bd. 3, Nr. 5269 sowie Bd. 6, Gedruckte Quellen, Nr. 340 und 343. 2 1Petr 5,10 3 Vgl. Ps 68,20 4 Apg 22,14 5 stillen] zum Stillstand bringen, beheben. Vgl. Grimm, DWb 18, Sp. 3014 f.
S. 32
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S. 33
Teil 1
3. Du hast ja zugesaget/ Daß gleichwol Jederman/ | Der nach dem Herren fraget Sich nähren sol und kan6/ Mein GOtt/ laß auch zu Mir Jtz deinen Segen kommen/ Den der allein kan frommen7 Wen wir verzweiflen schier8. 4. Du wollest nicht vergessen/ Daß Jch auß deiner Hand Mein täglich Brod müga essen9 Jn meinem schlechten10 Stand’/ Jst dir doch wolbewustb/ Waß Mir ist noht11 zum Leben/ Nun ist ja reichlich geben O Vatter deine Lust. 5. Du kleidest auf dem Felde Die Blumen alle Jahr/ Die wissen ja vom Gelde Noch Geldeswehrt kein Hahr12,13/ Die Vöglein speisest du/ Die nicht ein Körnlein säen14/ Ach wirf Mir auf mein Flehen Doch auch ein Stüklein zu.
S. 34
6. Jch weiß in disem Leben Sonst keinen Trost noch Raht/ | Wer sol Mir Armen geben Geld/ Kleider/ Hauß und Saat/ a müg] B statt dessen: mög b wolbewust] B, C statt dessen: wol bewust 6 Ps 22,27 7 frommen] helfen. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 246. 8 schier] fast. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 23. 9 Mt 6,11 10 schlechten] einfachen. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 523. 11 noht] nötig. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 914. 12 kein Hahr] nicht das Geringste. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 19. 13 Mt 6,28 14 Mt 6,26
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V. Klag= und Buhßlied zu GOtt
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Dir klag’ Jchs für und für O GOtt daß Jch auf Erden Muß gahr verlassen werden Daß niemand fragt nach Mir15.
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7. Bei dir ist viel Erbarmen16 GOtt meine Zuversicht17/ Du bist der Trost des Armen18 Dem Haab und Gut gebricht19/ Laß meinen Mangel doch Mich leiten nicht zum bösen/ Dein’ Hand kan Mich erlösen Aus disem schwehren Joch.
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8. Ach! Armuht lehrt Mich behten20/
Vergib Mir Herr die Schuld21/
Mein Armuht lehrt Mich tretten22 Die Kreützbahn23 mit Gedult/ Durch Armuht werd’ Jch from/ Mein Mangel lehrt Mich leiden Dazu die Wollust meiden Daß Jch zur Tugend komm’.
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9. Jch wil Mich selbst nicht schrekken24/ Nur bitt’ Jch liebster Herr Du wollest doch erwekken Getreüe Förderer/ | Die Mir in Meiner Noht Mit Hülff und Raht beispringen/ Theils auch zu wege bringen Die Kleidung und das Brodd.
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c 35] Emendiert aus: 33
d das Brod] Gemäß B, C emendiert aus: dasBrod
15 Vgl. Jer 30,17 16 Vgl. Jes 55,7 17 Ps 46,2 18 Vgl. Ps 9,10 19 gebricht] mangelt. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 1851. 20 Sprichwörtlich. Vgl. Wander 3, Sp. 1050: „Noth lehrt Beten.“ 21 Mt 6,12 22 tretten] beschreiten. Vgl. Grimm, DWb 22, Sp. 201. 23 Kreützbahn] Leidensweg. Vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 2186. 24 schrekken] erschrecken. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 1670.
S. 35c
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Teil 1
10. Mein bester Trost sol bleiben Daß Jch bin GOttes Kind25/ GOtt kan nicht von sich treiben Welch’ Jhm ergeben sind/ Besitz Jch gleich nicht viel/ So wil Jch dennoch hoffen/ Der Himmel bleibt Mir offen/ Dahin geht auch mein Ziel26. 11. Es stehet ja geschrieben: GOtt reisset auß27 dem Koht Welch’ Jhn von Hertzen lieben Und suchen in der Noht/ Die ziehet Er herfür/ Ja setzet Sie zu Ehren28/ Wie kanst du dich den kehren O treüer GOTT29 von Mir?
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S. 37
12. Drauf lass’ Jch Mich begnügen30/ O Herr zur Jeden Frist31/ Du wirst es alles fügen So/ wie Mirs nützlich ist/ | Nichts hab’ Jch in die Welt Gebracht/ nichts werd’ Jch nehmen32/ Was solt’ Jch Mich viel grämen? Dir bleib es heimgestelt33. 13. Am Abend und am Morgen Sing’ Jch dir Lob und Dank/ | Du wirst Mich wol versorgen34 Mit Kleidern/ Speiß und Trank/
25 Joh 1,12 26 Vgl. Kol 3,2 27 reisset auß] zieht heraus aus. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 933. 28 Sir 11,13 29 Ps 31,6 30 Drauf lass’ Jch Mich begnügen] damit begnüge ich mich. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1302 f. 31 Frist] Zeit. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 216. 32 1Tim 6,7 33 heimgestelt] überlassen. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 862. 34 Vgl. Ps 55,23
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V. Klag= und Buhßlied zu GOtt
Mir wird Herr in der Zeit Ein Gnadenblik aufgehen/ Biß Jch dich werde sehen Jn grosser Herligkeit. |
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Teil 1
Das Sechste Buhßlied Sehr nützlich zu singen/ wen etwan1 grosse langwirige Hitze/ und gahr dürre Zeit einfellt. Auf die Melodei:
Komt her zu mir/ spricht Gottes Sohna,2: 1.
O
Starker GOtt3/ du lässest recht Uns ungerechte SündenKnecht’4 Jn diser Zeit erfahren/ Wie daß du deinen schwehren Zorn/ Den du gedreüet5 längst zuvorn6/ Nun ferner nicht kanst spahren7,8.
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2. Du hast gesaget: Werdet Jhr Mir nicht gehorchen für und für/ So sol der Himmel Eisen Und Eüer Erde sein alß9 Ertz/ Jch wil Eüch mein erzürntes Hertz Durch Hitz’ und Dürre weisen10,11.
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a Sohn] Fehlt C 1 etwan] etwa. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1182. 2 Zu der von Rist vorgesehenen Melodie des erstmals 1530 gedruckten Gesangs „Kommt her zu mir, spricht Gottes Sohn“ vgl. Zahn, Melodien, Bd. 2, Nr. 120 f. sowie Bd. 6, Gedruckte Quellen, Nr. 32. 3 Jer 32,18 4 Vgl. Röm 6,17 5 gedreüet] angedroht. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1343. 6 längst zuvorn] seit langer Zeit. Zu ‚zuvorn‘ vgl. Grimm, DWb 32, Sp. 883. 7 spahren] aufschieben. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1930. 8 Vgl. Mt 3,7 9 alß] wie. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 248. 10 weisen] zeigen. Vgl. Grimm, DWb 28, Sp. 1078. 11 Lev 26,19 f.
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Teil 1
3. Es sol der Akker hart und ticht12 Des Landes Früchte tragen nicht13/ Jch wil den Himmel schliessen14/ Daß Jhr empfindet Hitz’ allein/ Wo wird alßden15 zu finden sein Was nöhtigs zu geniessen16? | S. 39
4. Ach GOtt/ itz17 haben wir erlebt/ Wornach wir lange Zeit gestrebt Mit unsern schwehren Sünden/ Der Himmel ist verschlossen gahr18/ Das Erdreich dürret19 immerdar/ Die Saat20 muß sich enzündenb,21! 5. Wie kläglich stehen Feld und Au’! Sie seüfftzen nach dem süssen Tau Der alles sonst erquikket/ Die Berge ligen gleich verbrant/ Die Dürr’ hat unser gantzes Landc Und dessen Frücht erstikket. 6.d Mein GOtt waß ist doch unsre Stärk? Umsonst sind aller Hände Werk’/ Jtz gibst du Staub für22 Regen23 Und Asche für die24 Fettigkeit25/ Daher verdirbt uns das Getreid’/ Hinweg ist Heil und Segen. b enzünden] B, C statt dessen: entzünden c gantzes Land] Gemäß B, C emendiert aus: gantzesLand d 6.] Emendiert aus: 9. 12 ticht] fest. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1055. 13 Lev 26,20 14 Vgl. 2Chr 7,13 15 alßden] dann. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 260. 16 Was nöhtigs zu geniessen] was für den Lebensunterhalt notwendig ist. Zu ‚genießen‘ im Sinne von ‚verzehren‘ vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3455. 17 itz] jetzt. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2318. 18 Vgl. 1Kön 8,35 19 dürret] trocknet aus. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1743. 20 Saat] Getreide. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 1581. 21 enzünden] entzünden. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 670. 22 für] statt. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 623. 23 Dtn 28,24 24 für die] statt der. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 623. 25 Fettigkeit] die Fruchtbarkeit des Bodens. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1574.
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VI. Das Sechste Buhßlied
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7. All Akkersleüte26 trauren27 sehr/ Die Wintzer heülen mehr und mehr Daß Sie den Most der Erden Nicht wie vorhin28 mit Freüden sehn/ Jhr’ Arbeit muß zu rükke gehn29/ Sie selber dürftig30 werden31. | 8. Die Hitz’ ist groß/ man spühret32 kaum Jn Wäldern einen frischen Baum/ Die Flamm’ hat angezündet Die Fälder/ Stauden/ Laub und Graß Dieweil33 man weder Tau noch Nass Jm gantzen Lande findet. 9. Es schreien auch die wilden Thiere Jn diser Dürre für und für/ Sie nahen sich dem Sterben/ Sie stehn und gaffen jämmerlich/ Die Fisch im Wasser blähen sich/ Sie fühlen Jhr Verderben34. 10. Ach Vatter zürne nicht so hart/ Ach halte nicht so Widerpart35/ Wir wollen gern bekennen/ Daß du der Rächer bist allein36/ Der unser Land heist dürre sein/ Und jämmerlich verbrennen.
e Thier] Gemäß C emendiert aus: Thier? (Erratum auch in B) 26 Akkersleüte] Bauern. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 174. 27 trauren] trauern. Vgl. Grimm, DWb 21, Sp. 1381. 28 vorhin] zuvor. Vgl. Grimm, DWb 26, Sp. 1203. 29 Jhr’ Arbeit muß zu rükke gehn] der Erfolg/Ertrag ihrer Arbeit muß zurückgehen bzw. gering werden. In dieser Bedeutung nicht bei Grimm, DWb. 30 dürftig] arm. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1731. 31 Joel 1,11 32 spühret] sieht. Vgl. Grimm, DWb 17, Sp. 245. 33 Dieweil] weil. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1146. 34 Hos 4,3 35 halte nicht so Widerpart] leiste nicht Widerstand. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 1132. 36 Dtn 32,35
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Teil 1
11. Der Segen steht in deiner Hand Durch welchen über alles Land Muß Tau und Regen fallen/ Du feüchtest das gepflügte Feld37/ Du lässest auß dem Wolken Zelt Die starken Donner knallen. | S. 41
12. Du gibst allein das liebe Brod/ Drüm lauffen wir in diser Noht Zu dir/ dich an zuflehen Gib Wasser in der trokknen Zeit/ Daß wir der schwehren Hitz’ entfreit38 Die Wolken trieffen sehen. 13. Befihl dem Nebel/ daß er schnell Der Sonnen Feür sich zu gesell’ Und warme Tropffen streüe/ Befihl den Winden und dem Meer/ Daß sie die Wolken treiben her Damit das Land sich freüe. 14. Gib uns von deinem Saamen Frucht/ Erhalt’ auch Vieh= und Vögelzucht Laß alles trächtig39 werden/ Mach unser Auen Segens vol/ Daß wir vergnüget leben wol/ Und loben dich auf Erden. 15. Send’ uns den Regen frü und spat/ Gebeüt40 dem Wetter/ daß die Saat Fein wachs’ und zeitig reiffe41/ Damit man dir vor Speiß und Trank/ O treüer GOtt42/ zu Lob und Dank Ein Liedlein sing’ und pfeiffe. | 37 Ps 65,10 f. 38 der Hitz’ entfreit] von Hitze befreit. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 521. 39 trächtig] befruchtet. Vgl. Grimm, DWb 21, Sp. 1007. 40 Gebeüt] gebiete. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 1752. 41 Jer 5,24 42 Ps 31,6
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VII. Das Siebende Buhßlied
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Das Siebende Buhßlied/ Welches in grossem Ungewitter/ Don= ner und Blitz kan gesungen
werden/ Auf die Melodei des bekanten Kirchenlides:
Allein zu dir Herr Jesu Christ1. 1.
W
Je groß O GOtt ist deine Macht/ Die du läst sehn und hören/ Wen dein ergrimter Donner kracht/ Wen sich die Blitz’ empören! Wie schreklich bist du von Gewalt2! Dein Herligkeit ist mannigfalt3/ Wir arme Sünder wissen nicht Wie das geschicht/ Ob Himmel/ Luft/ und Erde bricht. 2. Den Erdenkreiß bewegest du Daß Seine Gründe beben/ Die Berge waklen sonder4 Ruh’ Und alles Land daneben5/ Die dikke Wolken trennen sich/ GOtt selber donnert grausahmlich/ Die Blitze leüchten weit und breit6/ Nichts ist befreit/ Den Feür und Wasser stehn im Streit. |
1 Zu der von Rist vorgesehenen Melodie des wahrscheinlich erstmals 1541 gedruckten Gesangs „Allein zu dir, Herr Jesu Christ“ vgl. Zahn, Melodien, Bd. 4, Nr. 7292 f. sowie Bd. 6, Gedruckte Quellen, Nr. 66. 2 Dtn 10,17 3 Vgl. Sir 42,16 4 sonder] ohne. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1573. 5 Ps 18,8 6 Ps 18,14 f.
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VII. Das Siebende Buhßlied
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3. Das Erdreich sihets/ und erschrikkt/ Es Schmeltzen Berg’ und Hügel7/ Wen mancher Mensch den Blitz erblikkt/ Hett Er wol gerena,8 Flügel/ Den auch des starken Donners Macht/ O Herr/ bezeüget deinen Pracht9/ Und wir so grober Sünden vol Erkennen wol/ Daß Gottes Hand uns straffen sol10.
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4. Nun/ unser ist allein die Schuld/ Daß wir diß wol verdienen/ Trag aber Herr mit uns Geduld11/ Und laß dich bald versühnen/ Du Vatter Hertz von Anbegin Wo sollen wir itz12 fliehen hin13? Wir sind vor deinem Grim und Zorn Ja gahr verlohrn/ Wird Gnade nicht für Recht erkohrn14. 5. Wir arme Würmlein15 alzumahl Versamlen uns zu schreien Zu dir auß disem Jammerthal/ Du wollest uns befreien Jn disem Wetter für Gefahr/ Herr laß uns nicht so gantz und gahr | Jm starken Donner untergehn/ Laß doch geschehn/ Daß wir dich wiedrüm gühtig sehn.
a geren] C statt dessen: gerne 7 Ps 97,4 f. 8 geren] gern. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3719. 9 Pracht] Zu ‚Pracht‘ als Maskulinum vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 2042. 10 Dtn 32,41 11 Trag mit uns Geduld] habe mit uns Geduld. Vgl. Grimm, DWb 21, Sp. 1093. 12 itz] jetzt. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2318. 13 Ps 139,7 14 Sprichwörtlich. Vgl. Wander 1, Sp. 1782. 15 Vgl. Ps 22,7
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Teil 1
6. Du bist ja groß von lauter16 Gnad’17 Ach rüste dich zu schützen/ Dein armes Volk/ daß uns nicht schad’b Jm Wetter/ Feür/ noch Blitzen/ Laß uns O Vatter treffen nicht Ein Schlag18/ der Berg’ und Felsen bricht/ Beschirm uns für des Donners Macht Der schreklich kracht Zuforderst19 in der finstern Nacht. 7. Bewahr uns Herr Leib/ Guht und Hauß/ Halt uns im festen Glauben/ Laß uns die Furcht durch disenc Strauß20/ Der Hoffnung nicht berauben/ Für einen bösen schnellen Tod Behüt’ uns ja/ steh’ in der Noht Jtz deinen schwachen Kindern bei/ Damit wir frei Erhalten Leben und Gebeü21.
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8. Das Vieh’ im Feld’/ auch Laub und Saat22 Sei dir itz23 anbefohlen/ Von niemand anders kan man Raht Alß bloß von dir herhohlen/ | Du schützest uns mit sichrer Huht Für Schlossen24/ Hagel/ Wasserfluht/ Ja waß wir haben in der Welt Wen dirs gefelt/ Das bleibt in Sicherheit gestelt.
b schad’] In B Apostroph als kopfstehende Type c disen] B statt dessen: disem (Erratum) 16 lauter] reiner. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 382. 17 Ex 34,6 18 Schlag] Donnerschlag. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 321. 19 Zuforderst] besonders. Vgl. Grimm, DWb 32, Sp. 888 f. 20 Strauß] Angriff. Vgl. Grimm, DWb 19, Sp. 1009. 21 Gebeü] Haus. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 1653. 22 Saat] das aus dem Samen hervorgehende Gewächs. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 1581. 23 itz] jetzt. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2318. 24 Schlossen] Hagelkörnern. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 774.
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VII. Das Siebende Buhßlied
9. Es muß ja Donner/ Hagel/ Blitz/ Welch oft ein Land vernichten/ Dazu das Wasser/ Wind und Hitz/ Herr/ dein Geboht außrichten25/ Verschon uns aber gnädiglich/ Laß diß Gewitter legen sich/ Jch weiß du bist von Gnaden reich Wer ist dir gleich26? Sprich daß der Donner von uns weich’.
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10. Ach laß dein treües Vatter Hertz Jn diser Angst uns sehen/ Es muß ja deiner Kinder Schmertz Dir schwehr zu Hertzen gehen/ Drüm schütz uns Herr zu diser Frist27 Durch unsern Heyland Jesum Christ/ So wollen wir dich in der Zeit Erheben weit Und preisen in der Ewigkeit. |
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25 Ps 148,8
26 Ex 15,11
27 Frist] Zeit. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 216.
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Teil 1
VIII. Das Achte Buhß= oder Klaglied
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Daß Achte Buhß= oder
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Klaglied/
Einer mit Verleumdung sehr gepla=
geten/ und von Jhren Widersachern heff= tig gequähleten Seelen.
Kan gesungen werden auf die Melodei des Lides:
Jch ruff zu dir Herr Jesu Christa, 1. 1.
J
Ch rüste mich O Herre GOtt Durch meineb Klag und Bitten/ Den mir erwiesnen Hohn und Spott Jn Demuht außzuschütten2/ Den wen mich trift ein grosser Schmertz/ Muß Jch mich zu dir kehren/ Du kanst hören/ Und mir dein VatterHertz So gnädiglich verehrenc, 3. 2. Merk auf mein GOtt/ es wird geplagt Dein Knecht von allen Seiten/ Vernim doch waß der Spötter sagt/ Der wider mich wil streiten4/ Mit seiner falschen Zungen Schwehrt5/ Das mich so grausahm kränket/ Der nicht denket
a Christ] Fehlt C
b meine] B statt dessen: mein
c verehren] B statt dessen: vereh ren (Erratum)
1 Zu der von Rist vorgesehenen Melodie des erstmals 1535 gedruckten Gesangs „Ich ruf’ zu dir, Herr Jesu Christ“ vgl. Zahn, Melodien, Bd. 4, Nr. 7400 sowie Bd. 6, Gedruckte Quellen, Nr. 44. 2 Vgl. Ps 62,9 3 verehren] schenken. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 268. 4 Ps 109,2 f. 5 Ps 57,5
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VIII. Das Achte Buhß= oder Klaglied
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Daß es mein Hertz verzehrt/ Ja schier6 ins Grab versenket. |
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3. Mein Schmertz ist Tag und Nacht für Mir 7/ Jch muß ohn’ Ende leiden/ Gequählet werd’ Jch für und für Von denen die mich meiden/ Jch muß mit meiner Seelen lang’ Hier unter Löuend ligen8 Die stets kriegen9 Und machen Mir so bang’/ Ach GOtt/ wen werd’ Jch siegen?
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4. HErr/ Jhre Zähne sind wie Pfeil’/ Jhr Mund ist lauter Flammen10/ Sie schiessen auf Mich loß in Eil Und halten fest zusammen/ Sie reden trotzig wider Mich/ Sie ruffen: Last uns jagen Und Jhn plagen/ Daß Er nicht rette sich/ Waß gilts Er muß verzagen11? 5. Es ist ein Mördrisch Nattern Gift Recht unter Jhren Zungen12/ Daß Mir fast an die Seele trift/ Schier13 werd’ Jch gantz verdrungen14/ Ach Jhrer Tükk ist gahr kein Zahl15/ Seht wie Sie Strikke stellen16 Mich zu fellen17/ | Ja wie Sie tausendmahl Mich wollen überschnellen18. d Löuen] Emendiert aus: Loüen (Erratum auch in B, C) 6 schier] fast. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 23. 7 Ps 6,7 8 Ps 57,5 9 kriegen] kämpfen. Vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 2224. 10 Ps 57,5 11 Ps 71,10 f. 12 Ps 140,4 13 Schier] fast. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 23. 14 verdrungen] verdrängt. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 249. 15 Jhrer Tükk ist gahr kein Zahl] ihre Tücken sind unermeßlich. Vgl. Grimm, DWb 31, Sp. 37. 16 Ps 57,7 17 zu fellen] zu Fall zu bringen. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1285. 18 überschnellen] niederwerfen. Vgl. Grimm, DWb 23, Sp. 512.
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Teil 1
6. GOtt thu doch Jhnen Widerstand19/ Und kröne Mich mit Ehren20/ Jch weiß du wirst die Gnaden Hand Ja nimmer von mir kehren/ Du bist mein Liecht21/ warum solt’ Jch Mich fürchten oder scheüen/ Dere Dumäen22/ Die stets verfolgen mich? Steh’ auff mich zu befreien23. 7. Jhr stoltzen Schmäher allzumahl/ Was acht’ Jch doch Eür Lallen? Was schadet Mir der Lügen Strahl24? Jhr werdet plötzlich fallen25/ Wen Jhr gleich meinen Tod begehrt26/ Wil Jch doch willig leiden Alles Neiden/ Das Eüch nur selbst verzehrt27/ Jch siege bald mit Freüden.
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8. Mein Feind ist lauter Unglüks vol/ Sehr böß ist sein Begehren/ Jch aber hoffe daß Er soll Nur einen Fehl gebehren28/ | Die Grube welch’ Er Mir gemacht Wird Jhn zu Spott auf Erden29 Lassen werden/ Ob Er mich gleich verlacht Mit hönischen Geberden.
e Der] Emendiert aus: Derer (Erratum auch in B, C) 19 thu doch Jhnen Widerstand] tritt ihnen doch entgegen. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 1264. 20 Ps 8,6 21 Ps 27,1 22 Dumäen] Bewohner der Stadt Dyme. Dyme galt in der Antike als Heimat von Seeräubern. Vgl. Cicero, Epistulae ad Atticum 16, 1, 3: „Dymaeos agro pulsos mare infestum habere nil mirum.“ 23 Vgl. Ps 31,16 24 Strahl] Pfeil. Vgl. Grimm, DWb 19, Sp. 755. 25 Sir 20,20 26 Vgl. Ps 37,32 27 Sprichwörtlich. Vgl. Wander 3, Sp. 988. 28 gebehren] hervorbringen. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 1649. 29 Ps 7,15 f.
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VIII. Das Achte Buhß= oder Klaglied
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9. Erhebe dich O GOtt mein Schild30/ Daß Mich kein Feind verletze/ Und weil Er ist so frech und wild/ Jn UnglüksFällenf setze31/ Herr/ laß doch meiner Feinde Schaar/ Jn tieffe Grubeg springen32/ Laß gelingen/ Daß Jch mag die Gefahr Recht alß ein Held durchdringen33. 10. Mein Widersacher der mich plagt/ Wird noch auf diser Erden/ Eh’ Jhm der Tod sein Fleisch abnagt/ Zu Spott und Schanden werden34/ GOtt/ der Mich herlich retten kan/ Muß seiner Tohrheit lachen35/ Er wirds machen/ Daß endlich jederman Gibt Beifall meinen Sachen. 11. Eß hat ein falsches Lügenmaul Kein Glük in disem Leben/ | Den weil eß stinkend ist und faul36/ Wird eß mit Spott ümgeben/ Der Allerhöchste läst nicht nach Die Neider ümzubringen/ Wen Sie ringen37 Der Frommen guhte Sach’ Auß Bößheit zuverdringen38.
f UnglüksFällen] B statt dessen: UnglüksFallen
g Grube] B statt dessen: Gruben
30 Ps 3,4 31 Jn UnglüksFällen setze] (mich) ins Unglück stürze. Zu ‚Glücksfall‘ vgl. Grimm, DWb 8, Sp. 362; zu ‚setzen‘ vgl. DWb 16, Sp. 666. 32 Ps 55,24 33 durchdringen] überwinden. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1600. 34 Ps 109,29 35 Ps 37,13 36 Sprichwörtlich. Vgl. Wander 1, Sp. 940. 37 ringen] darum kämpfen. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 1003 f. 38 zuverdringen] zu beseitigen. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 249.
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12. Mein Seelichen waß traurst du doch/ Wie magst du dich so quählen? | Verzage nicht39/ GOtt lebet noch/ Dem wil Jchs anbefehlen/ Waß gilt/ ob meiner Neider Heer Nicht plötzlich muß verschwinden? GOtt kan finden Die Freche Lästerer/ Er hilft mir überwinden40. |
39 Ps 42,6 40 Vgl. Ps 72,4
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IX. Das Neünte Klag= und Buhßlied
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Teil 1
Das Neünte Klag= und Buhßlied/
Jn erschreklichen unerhörten Unge= witter und grausahmen Sturmwinden/ dessen gleichen wir im 1648. Jahr den 14. des Hornungs1,2 haben erlebet:
Jn unterschiedlichen neüen Melodeien andächtig und bußfertig zu singen.3, a
a .] Gemäß B, C emendiert aus: : 1 Hornungs] Februars. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1832. 2 In der Nacht vom 14. auf den 15. Februar 1648 ereignete sich in Norddeutschland ein gewaltiges Unwetter. Zahlreiche Städte entlang der Elbe wurden von einem Orkan und sturmflutartigen Überschwemmungen heimgesucht, die große Schäden anrichteten. So brachte der Sturm die Kirchentürme „zu Glückstatt, Krempe, Wefelsfleht, Bruchdorff/ Kollmer/ Host/ Brahmstette/ Utersen/ Rellingen/ Wedel“ (Rist, Holstein vergiß eß nicht, fol. B 2r) sowie den Turm der Katharinenkirche in Hamburg zum Einsturz (vgl. u. a. ebd., fol. D 4r), entwurzelte Bäume und verwüstete Dörfer. Menschen und Vieh kamen durch das Wasser sowie durch herabstürzende Trümmer zu Tode. Vgl. ebd., fol. L 2r–N 1r. Rist berichtet außerdem von einem Erdbeben, das den Sturm begleitete, und Bränden, die infolge des Sturms ausbrachen. Vgl. ebd., fol. L 1v/2r und N 1r. 3 Dieses Lied wurde (allerdings mit einer anderen Vertonung) erstmals 1648 gedruckt in Rist, Holstein vergiß eß nicht, fol. G 3v–H 2r (unter dem Titel Klag= und Buhslied in dem Erschreklichen Ungewitter und ünerhörten Windbrausen mit hertzlicher Andacht gesungen). Als alternative Melodie gibt Rist (ebd., fol. G 3v) diejenige des Liedes ‚Jesu, der du meine Seele‘ an (vgl. Rist, Himmlische Lieder [2012], S. 62 f.) Rist schildert, wie er die Nacht vom 14. auf den 15.2.1648 mit Freunden in Wedel verbrachte (vgl. Rist, Holstein vergiß eß nicht, fol. B 1v). Nach einem „kleine< n> Hochzeitfest“ (fol. G 2r) brach der gewaltige Sturm aus und versetzte die in Rists Haus nächtigenden 28 Personen in Todesangst. Sie beteten zu Gott, bis der Sturm sich legte (vgl. ebd., fol. H 2r). Im weiteren Verlauf (ebd., fol. L 4v) kommentiert Rist die Verse des Bußliedes und stellt klar, daß er dieses erst nach der Katastrophe, freilich unter Bezugnahme auf die während des Sturmes an Gott gerichteten Gebete, formuliert habe: Freündlicher lieber Leser/ ob wir zwahr in der übergrossen Angst und Noht dieser erbärmlichen Nacht diß hinzugesetzete Buhslied/ wie es alhier gedrücket stehet/ nicht eben also gesungen; So haben wir uns doch eben derselben/ und vieleicht noch wol beweglicher wohrte in unserem Behten und Flehen zu Gott gebrauchet/ wie eß den nicht fehlet/ wen ein Mensch der Gottes Zorn fürchtet und seine Seligkeit mit Zitteren suchet/ in solche eüsserste Noht ist gerahten/ und nichtes anders als den Tod für Augen siehet/ Er alsden auß der Tieffe kan zu Gott schreien/ und wol recht von Hertzen behten/ dahero Jch auch bewogen worden/ nach deme uns der grundgühtiger Gott so gnädiglich erhalten/ und unser Leib und Leben wieder alle Menschliche Hoffnung so väterlich bewahret/ dieses unser Gebeht/ welches wir einmühtiglich und in festem vertrauen auff die Barmhertzgkeit Gottes mit einander gehalten/ in beigefügtes Buhslied zuversetzen/ welches/ dieweil es künfftiger Zeit in erschreklichen Ungewittern (die der allerhöhester in Gnaden von unß wenden wolle) nütz-
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Teil 1
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G
Ott/ der du den Klooß der Erden4/ Samt dem grossen HimmelsSahl/ Durch dein Wohrt hast lassen werden5/ Wir erkennen allzumahl/ Daß du bist ein Herr/ allmächtig6/ Schreklich7/ herlich8/ stark9 und prächtig10/ Wie wir den in diser Nacht Spüren deine grosse Macht. 2. Ach! Wir schwache MenschenKinder Fallenb Herr in diser Noht/ Dir zu Fuß/ alß arme Sünder/ Ligen schier11 für Schrekkenc tod! Ach! Wir müssen ja bekennen/ Daß du seist ein GOtt zu nennen12/ Der/ so bald sein Grim brent and,13,14/ Meer und Trokken zwingen kan15. | S. 57
3. Deine Winde machen beben Diser Erden festen Grund/ Alleß Land muße sich erheben Grosser GOtt in einer Stund’ Herr/ du donnerst itz16 amf Himmel Mit erschreklichem Getümmel/ Daß das arme Volk erschrikt/ Wen es deine Macht erblikt. b Fallen] ED statt dessen: Fall en (Erratum) c Ligen schier für Schrekken] ED statt dessen: Die vor Schrekken schier sind d sein Grim brent an] ED statt dessen: Er komt heran e Alleß Land muß] ED statt dessen: Berge müssen f itz am] ED statt dessen: in dem
lich kan gebrauchet werden/ anderen meinen Buhsliedern (geliebt es Gott) sol beigefüeget/ und alsden nebenst denselbigen allen frommen und Christlichen Hertzen zu liebe und Gefallen ehist herausgegeben werden. 4 Klooß der Erden] Erdkugel. Vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 1246. 5 Vgl. Gen 1,1–10 6 Gen 17,1 7 Ex 15,11 8 Ps 104,1 9 Ps 24,8 10 Ps 104,1 11 schier] fast. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 23. 12 Röm 14,11 13 brent an] entbrennt. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 299. 14 Ps 2,12 15 Vgl. Ps 89,10 16 itz] jetzt. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2318.
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IX. Das Neünte Klag= und Buhßlied
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4. Berg und Felsen die zerfliessen Wie das Wachs in heisser Gluht17/ Wen du Strahlen lässest schiessen18/ Wen der Wind’ und Wasserfluht/ Durch das Schnauben deiner Nasen19 Greülich20 fähet an21 zu rasen/ Daß für solchem Sturmg und Guß Alle Welth erzitterni muß. 5. Schreklich zwahr sindj deine Blitze/ Stärker aber bläst der Wind/ Gegen welchen die Geschütze Lauterk nichts zu schätzen sind22/ Ja durch deiner Winde Pochenl Werden in der Eil zerbrochen Kirchen/ Schlösser/ Spitzen/ Thür’/ Ach es gilt doch nichts fürm dir! | 6. Nunn wir arme Sünden Knechte23 Wir erkennen deine Macht/ Herr/ wir preisen deine Rechte24/ Welch in diser JammerNacht Deinen Grim uns lässet schauen/ Solt’ uns den nicht billich25 grauen/ Weil doch unser Missethat Lauter26 Zorn verdienet hat27?
g Sturm] B statt dessen: Strum (Erratum) h Daß für solchem Alle Welt] ED statt dessen: So/ daß alles mit Verdruß Billig drob i erzittern] Gemäß B, C, ED emendiert aus: erzit tern j zwahr sind] ED statt dessen: gläntzen k Lauter] ED statt dessen: Fast wie l Ja durch deiner Winde Pochen] ED statt dessen: Herr wenn deine Wind anpochen m Ach es gilt doch nichts für] ED statt dessen: Alle Welt gilt nichts vor n Nun] ED statt dessen: Ach 17 Ps 97,5 18 Strahlen lässest schiessen] es blitzen läßt. Zu ‚Strahlen‘ vgl. Grimm, DWb 19, Sp. 756; zu ‚schießen‘ vgl. DWb 15, Sp. 34. 19 2Sam 22,16 20 Greülich] schrecklich. Vgl. Grimm, DWb 9, Sp. 238. 21 fähet an] fängt an. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 321. 22 Lauter nichts zu schätzen sind] für überhaupt nichts gehalten werden müssen. Zu ‚lauter‘ vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 384; zu ‚schätzen‘ vgl. DWb 14, Sp. 2283. 23 Röm 6,17 24 Vgl. Ps 20,7 25 billich] mit Recht. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 27. 26 Lauter] bloßen. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 382. 27 Vgl. Jer 14,7
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Teil 1
7. Aber Herr/ du bist gelinder28 Alß wir arme Menschen sindo/ Heissen wir doch deine Kinder29/ Welche Schutz und Trost geschwindp Einig bei dem Vatterq Hertzen/ Suchen in den höchsten Schmertzen/ Welches unsr zur jeden Zeit Kröhnet mit Barmhertzigkeit30.
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8. Nun wir heben auf die Hände Ruffend’ auß dem Jammerthal’/ Und dem kläglichen Elende Nach dem hohen HimmelsSahl’s/ Hertzlich bittend unser Schreien Nur durch Jesum den Getreüen Gnädiglich zu nemen an/ Der uns baldt vertreten kan31. | S. 59
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9. Grosser GOtt32 und Herr der Gnaden/ Vatter der Barmhertzigkeit33/ Hat viel Sünd uns gleich beladen/ Ei so bist du doch bereit Uns von Hertzen zuvergeben34/ Wilt du doch wir sollen leben35/ Und nicht kommen ins Gericht36/ Ei mein GOtt/ so straff auch nicht.
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10. Laß der Winde schreklichs Brausen/ Laß der Blitze schnelles Feür
o sind] ED statt dessen: sein p geschwind] ED statt dessen: allein q Einig bei dem Vatter] ED statt dessen: Bei dem Väterlichen r Welches uns] ED statt dessen: Daß auch Sie s HimmelsSahl’] In B Apostroph als kopfstehende Type t bald] ED statt dessen: wol 28 gelinder] sanftmütiger. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3029. 29 1Joh 3,1 30 Ps 103,4 8,34 32 Ps 95,3 33 2Kor 1,3 34 Ps 65,4 35 Vgl. Ez 18,23 36 Joh 5,24
31 Röm
IX. Das Neünte Klag= und Buhßlied 75
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Laß der Luft gefährlichs Sausen Laß des Donnersu Ungeheür37 Unser’ Häuser nicht verderben/ Laß uns nicht so plötzlich sterben/ Ach bewahr’ uns in der Noht/ Schütz uns ja fürv schnellem Tod’! 11. Herr/ erhalt’ uns fest im Glauben/ Daß wir bleiben stets an dir/ Solt uns gleich das Wasserw rauben Hauß und Kleider/ Geldx und Thier’/ Ach! du bist ein treüer Hüter38 Unsres Leibes/ unsrer Güter/ Deine Lust ist ins gemein39/ Gnädig und Barmhertzig sein40. | 12. Herr/ bewahr uns Leib und Leben/ Haus und Hof/ Vieh/ Frücht und Land/ Und waß sonst uns hat gegeben Deine Segenreiche Hand/ Laß uns Gnade vor dir finden/ Dekk41 uns füry den starken Winden/ Hilff uns in der Wasserfluhtz Und des heissen Feüres Gluht a. 13. Schützb uns alß42 auf sichern Hüglen/ Biß dein Zorn fürübergeht/ Dekk’43 uns baldc mit Gnaden Flüglen44/
u Donners] ED statt dessen: Dönners v ja für] ED statt dessen: vor dem w Wasser] B statt dessen: Wetter ED statt dessen: wetter x Geld] ED statt dessen: Guth y für] ED statt dessen: vor z Hilff uns in der Wasserfluht] ED statt dessen: Schütz’ uns vor der Wassers fluht a Feüres Gluht] Gemäß B, C, ED emendiert aus: FeüresGluht b Schütz] ED statt dessen: Hilff c bald] ED statt dessen: Herr 37 Ungeheür] Andrängen. Vgl. Grimm, DWb 24, Sp. 701. 38 Ps 121,4 39 ins gemein] im allgemeinen. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3220. 40 Vgl. Ps 86,15 41 Dekk] schütze. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 889. 42 alß] also. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 261. 43 Dekk’] schütze. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 889. 44 Vgl. Ps 57,2
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Teil 1
Wen das Ungewitter steht45/ Deinen Willen außzurichten46/ Stätt und Länder zuvernichten/ Und zu straffen deine Knecht’ Ach wie bist du sod gerecht47! 14. Aber Herr erzeig’ uns Gnade48/ Schone deiner Kinder doch49/ Hilf daß uns der Sturm nicht schade/ Du bist ja von Alters noch Unser Vatter50/ wir nicht minder Deines Hertzens Lust unde Kinder/ Nunf wir hoffen ins gemein51/ Daß du wirst Barmhertzig sein. | S. 61
15. Endlich wollest dug behühten All’ auch welch’h erschrokken sind52 Vor der Wellen Grim und Wühten/ Die der ungeheüre Windi An die Wolken fast erhaben53/ Bald wil auf den Grund begrabenj/ Hilf HErr/ hilf/ die Noht ist groß/ Reiß sie auß der Wellen Schoß. 16. Hilf auch uns Herr/ die wir schreien/ Ja nichts sehen als denk Tod/ Gib daß wir uns hertzlich freüen Nach der außgestandnen Noht/
d wie bist du so] ED statt dessen: mein Gott du bist e Lust und] ED statt dessen: liebste f Nun] ED statt dessen: Herr g Endlich wollest du] ED statt dessen: Ach du wollest auch h All’ auch welch’] ED statt dessen: Alle/ welch’ i ungeheüre Wind] ED statt dessen: rauher Norden=Wind j Bald wil auf den Grund begraben] ED statt dessen: Jn die Tieffe will vergraben k Ja nichts sehen als den] ED statt dessen: Welchen nahet itz der 45 Wen das Ungewitter steht] wenn das Ungewitter aufgezogen ist. Vgl. Grimm, DWb 17, Sp. 1533 f. 46 Ps 148,8 47 Vgl. Ps 119,137 48 Ps 85,8 49 Vgl. Neh 13,22 50 Jes 63,16 51 ins gemein] alle. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3220. 52 Vgl. Ps 6,3 53 erhaben] erhoben. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 840.
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IX. Das Neünte Klag= und Buhßlied 125
Merk’ auf unser Kindlichs Flehen/ Laß dein Hülff’ uns wieder sehen/ Daß wir dich in diserl Zeit Preisen und in Ewigkeit. |
l in diser] ED statt dessen: Herr in der
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Teil 1
Das Zehende Klaglied/ Jn allerley Trübsahl/ Widerwertig= keit/ Noht und Elend zu singen:
Auf die Weise meines eignen Liedes/ welches das Vierte ist im dritten Theil meiner vor disem heraußgegebenen Himlischen Liederna/ und anfähet1:
Jammer hat mich gantz ümgeben2. 1.
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OTT des Trostes3/ Herr der Gnaden/ Vatter der Barmhertzigkeit4/ Jch mit Trübsahl stark beladen Fühl’ itz5 einen harten Streit/ Ach Jch leide tausend Schmertzen/ Klage dir demnach von Hertzen Meine Noht und schwehres Leid! 2.b Herr/ Jch hab es wol verdienet Daß dein Hand so drükket mich6/ Vielmahls hab Jch mich erkühnet Hefftig zu erzürnen dich/ Laß mich aber nicht verzagen/ Deinen Grim den wil Jch tragen7/ Schlägst du mich schon grausahmlich.
a Liedern] B, C statt dessen: Lieder
b 2.] Emendiert aus: 4.
1 anfähet] anfängt. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 321. 2 Vgl. Rist, Himmlische Lieder (2012), S. 212. 3 Röm 15,5 4 2Kor 1,3 5 itz] jetzt. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2318. 6 Ps 38,3 7 tragen] ertragen. Vgl. Grimm, DWb 21, Sp. 1077.
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Teil 1
3. Disen Kelch wil Jch zwahr trinken8/ Schenk’ Jhn nur mit karger Hand9/ | Laß Mich nicht so gahr versinken An dem gähen10 UnglüksStrand/ Herr/ es brausen starke Wellen/ Mich durch Jhre Macht zufellen11/ Ach wie komm’ Jch doch zu Land! 4. Hast du mein den gahr vergessen/ Wilt du nimmer gnädig sein12? Sol Jch stets mit Seüfftzen essen Und geniessen TränenWein13? Sol dein scharffes Schwehrt Mich schneiden? Kan man deinen Grim erleiden? Ach mein Glaub ist viel zu klein! 5. Zittern muß Jch und erschrekken Herr für deiner Majestat/ Die sich weiter kan erstrekken Alß der höchste SonnenGrad14/ Ach! Jch sitz’ auf meinen Knien/ Reü und Demuht anzuziehen/ Die das Kreütz erzeiget hat.
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6. Vatter sol Jch den verderben Unter diser schwehren Last? Sol Jch keine Gunst erwerben/ Bin Jch den so gahr verhast? | Jst es gleichwol dein Behagen/ Daß Jch dise Last sol tragen/ Ei so gib doch etwaß Rast15.
8 Vgl. Mt 26,39 9 Schenk’ Jhn nur mit karger Hand] schenke nur sparsam ein. Zu ‚schenken‘ vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 2548; zu ‚karg‘ vgl. DWb 11, Sp. 214. 10 gähen] abschüssigen. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 1145. 11 zufellen] zu Fall zu bringen, zu töten. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1285. 12 Vgl. Ps 77,10 13 Vgl. Ps 80,6 14 höchste SonnenGrad] höchste Stand der Sonne. Zu ‚Grad‘ vgl. Grimm, DWb 8, Sp. 1670 f. 15 Vgl. Ps 68,20
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X. Das Zehende Klaglied
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7. Vollen bringe16 deinen Willen Mir zu meiner Seligkeit/ Und die Lust in Mir zu stillen17/ Die mich führet oft so weit/ Daß Jch bloß18 von deiner Liebe Leider Mich in Sünden übe/ Und zum bösen bin bereit. 8. Liebster Vatter/ dise Wunden Hast du zornig mir gemacht/ Heile mich in wenig Stunden19/ Treib’ hinweg des Kreützes Nacht/ Den auf Rettung auß den Nöthen/ Etwaß plagen/ selten tödten Jst dein treües Hertz bedacht20. 9. Sol Jch stets im Finstern sitzen21 Da Mir mangelt Sonn’ und Licht? Sol Jch Bluht und Trähnen schwitzen? Jst den kein Erbarmen nicht? Führe Mich doch auß der Hellen22/ Laß Mich hier dein Lob bestellen23 Und erweisen meine Pflicht. | 10. Stärke meinen schwachen Glauben24/ Heile das zerspaltne Rohr25/ Schweige doch nicht wie die Tauben26/ Oeffne Mir dein gnädigs Ohr27/ Sei mein Gott nicht nur in Freüden/ Bleib’ es auch in allem Leiden/ Hebe bald mein Haubt empor28.
16 Vollen bringe] vollbringe, vollende. Vgl. Grimm, DWb 26, Sp. 605. 17 zu stillen] zur Ruhe zu bringen. Vgl. Grimm, DWb 18, Sp. 3010. 18 bloß] entblößt. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 146. 19 Vgl. Hiob 5,18 20 Vgl. 1Kor 10,13 21 Vgl. Koh 5,16 22 Vgl. 1Sam 2,6 23 bestellen] ausrichten. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1674. 24 Lk 17,5 25 Jes 42,3 26 Ps 83,2 27 Vgl. Ps 34,16 28 Ps 3,4
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Teil 1
11. Diser Unfal29 der Mich troffen Komt von deinem Willen her/ Stärke nun mein schwaches Hoffen/ Den so fält Mir nichts zu schwehr/ Gib Gedult/ daß Jch nicht wanke/ Hilff daß Jch dir hertzlich danke/ Dises ist nur mein Begehr. 12. Kan auch eine Mutter hassen Ein von Jhr gebohrnes Kind? Kan ein Vatter auch verlassen Die von Jhm erzeüget sind30? Weiniger31 kanst du verderben Mich O Vatter deinen Erben32/ Vatter komm’ und hilff geschwind33!
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c
13. Deinen Namen wil Jch nennen Herr mein Liecht34/ Raht35/ Trost und Theil36/ | Standhafft wil Jch dich bekennen/ Sende Mir nur Hülff in Eil37/ Schmükke Mich mit Ehr und Leben/ Laß Mich alles überstreben38/ Zeige Mir O GOtt dein Heil.
Ende des ersten Theils.d |
c 68] Emendiert aus: 86
d Ende des ersten Theils.] Fehlt C
29 Unfal] Unglück. Vgl. Grimm, DWb 24, Sp. 524. 30 Vgl. Eph 5,29 31 Weiniger] weniger. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 1. 32 Röm 8,17 33 Ps 31,3 34 Ps 27,1 35 Jes 9,5 36 Ps 73,26 37 Ps 20,3 38 überstreben] überwinden. Vgl. Grimm, DWb 23, Sp. 584.
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Neüer Himlischer Lieder
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Anderer1 Theil/ Jn sich begreiffend
Lob= und Danklieder. 5
Mit Neüen
Von dem Weltberühmten Herren Andreas Hammerschmid2/ bei der Löblichen Stadt Sittau3 Kunstbenantena,4 Organisten 10
Sehr Lieblich gesetzten Melodeien. |
a Kunstbenanten] B, C statt dessen: Kunstbenamten 1 Anderer] zweiter. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 307. 2 S. o. S. 39, Anm. 247. 4 Kunstbenanten] in der Kunst berühmten. Vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 2686.
3 Sittau] Zittau
I. Ein hertzliches Danklied
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Teil 2
Der Erste Lobgesang. Ein hertzliches Danklied/ wen uns GOtt nach abgelegter Buhßfertiger Beicht durch seinen Diener von Sünden hat entbunden/ und wiederüm zu Gnaden auf und angenommen. Dises kan gesungen werden auf die Melodei des alten Weihnacht Lides:
Ein Kindelein so lobelicha/ ist uns1/b etc. 1.
M
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Ein GOtt/ nun bin Jch abermahl Der SündenLast befreiet2 Nun bin Jch in der ChristenZahl Alß Gottes Kind geweihet3/ Wie kan Jch gnugsahm preisen dich4/ Daß du mich hast so gnädiglich Nun wiederc angenommen? Auf meine Seel’ und lobe GOtt5/ Wir wollen bald auf Sein Geboht Zu seinem Altar kommen. 2. Mein Schöpffer/ Jch bekenn’ es dir/ Jn meinem Fleische wohnet Das Gift der Sünden für und für6/
a lobelich] B statt dessen: löbelich b ist uns/] Fehlt C dessen: wiedrüm
c wieder] B in Cantus und Bassus statt
1 Zu der von Rist vorgesehenen Melodie des erstmals 1545 gedruckten Gesangs „Ein Kindelein so löbelich“ vgl. Zahn, Melodien, Bd. 4, Nr. 7870 sowie Bd. 6, Gedruckte Quellen, Nr. 82. 2 Der SündenLast befreiet] von der Sündenlast befreit. Zu ‚befreien‘ mit Genitiv vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1269. 3 Vgl. Gal 3,26 4 Vgl. Ps 106,2 5 Ps 104,1 6 Vgl. Röm 7,25
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Teil 2
Das mit der Höllen lohnet7/ | Jch habe die Gerechtigkeit/ So dir gefellt8/ für langer Zeit Jn Adam gantz verlohren9/ Zum Guhten bin Jch taub und blind10/ Dieweil11 Jch armes Sündenkind Jn Sünden bin gebohren12.
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3. Nun aber hat dein lieber Sohn Mich wiederbracht zu Gnaden13/ Alß Er vom hohen HimmelsThron Besucht uns arme Maden14/ Um seinet willen hast du dich Mein GOtt erbarmet über Mich Und Mir die Schuld erlassen15/ So/ daß Jch deine Gnad’ hinfohrt Jm Sakramente/ Geist und Wohrtd/ Kan fest und gläubig fassen.
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4. Gepreiset sei dein theürer Nam’16 O Jesu meine Freüde/ Waß Jch für Trost von dir bekam Nach außgestandnem Leide/ Das weiß mein viel besuchtese,17 Hertz/ Daß schier18 ein rechter TodesSchmertz Zur Höllen wolte rükken/ Sehr schreklich war die Sünden Plag’/ Jch muste Mich den gantzen Tag Erbärmlich lassen drükken. |
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5. Nun ist die schwehre Sündenlast19/ GOtt Lob/ hinweg genommen/ d Wohrt] B statt dessen: Wohrte (Erratum)
e besuchtes] B statt dessen: versuchtes
7 mit der Höllen lohnet] die Hölle als Lohn gibt. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 1138. 8 Röm 1,17 9 Vgl. Röm 5,18 10 Vgl. Röm 7,18 11 Dieweil] weil. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1146. 12 Ps 51,7 13 Vgl. Röm 3,24 14 Maden] elende Menschen. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 1426. 15 Vgl. Eph 4,32 16 Vgl. Dtn 32,3 17 besuchtes] geprüftes. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1689. 18 schier] fast. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 23. 19 Ps 38,5
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I. Ein hertzliches Danklied
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Nun darf Jch alß ein lieber Gast Zu meinem Schöpfer kommen/ Nun hat Er Mir durch Seinen Knecht20/ Jm Himmel schon das Bürgerrecht Auß Gnaden zugesaget21/ Herr Jesu Christ/ itz22 dank Jch dir Von gantzer Seelen/ daß du Mir Hast solche Gunst erjaget. 6. Gib mir nun deinen guhten Geist23/ Der freüdig in Mir walte/ Und Mich im Glauben allermeist Biß an mein End’ erhalte/ Daß Jch in Angst und Traurigkeit Nur hoff’ auf dich und jederzeit Mich from und kindlich ahrte24,25/ Und wen Jch bin in Unglüksstand’/ Alßden26 von deiner starken Hand Der Gnadenhülff erwahrte. 7. Verleih’ auch daß Jch alle Tag’ Ein Christlichs Leben führe/ Daß Jch das Ubel hassen mag27/ Daß Jch Mich prüf’28/ und spühre | Wie mein verderbtes Fleisch und Bluht Gahr nicht waß recht und Christlich thut/ Herr hilff Mir tapfer streben/ Mein Geist der wünschet nichts so sehr/ Alß daß Er möge mehr und mehr Nach deinem Willen leben29. 8. Dieweil30 Jch aber gahr zu schwach Jm Fleische Mich befinde/ Das oftmahls folgt den Lüsten nach/
20 Jes 53,11 21 Eph 2,19 22 itz] jetzt. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2318. 23 Vgl. Ps 51,12 24 ahrte] verhalte. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 573. 25 Vgl. Röm 8,15 26 Alßden] dann. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 260. 27 Vgl. Am 5,15 28 Vgl. 2Kor 13,5 29 Vgl. 1Petr 4,2 30 Dieweil] weil. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1146.
S. 75
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Teil 2
Wen Jch Mich unterwinde31/ Nur meinem GOtt zu hangen an32/ Und Mich doch schwehrlich schikken33 kan/ Zu thun nach Seinem Willen/ So wollest du getreüer Hort34 Die Sündenlust nach deinem Wohrt’ Jn meinem Fleische stillen35,36. 9. Laß mein Gebeht Herr feürig sein Und durch dasselb’ ersterben37 Den alten Adam38/ der allein Begehret mein Verderben/ Damit Jch alß ein tapfrer Held Hier kämpf’/ und Mich der argen Welt Jm Glauben mög’ entreissen/ So kan Jch nach der bösen Zeit Jn der gewünschten Ewigkeit Dich Raht39 und Helffer40 heissen41. |
31 unterwinde] bemühe. Vgl. Grimm, DWb 24, Sp. 1909. 32 Dtn 10,20 33 schikken] anschicken. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 2649. 34 Ps 18,3; 71,3 35 stillen] zum Schweigen bringen. Vgl. Grimm, DWb 18, Sp. 3016. 36 Vgl. Gal 5,24 37 ersterben] töten. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1012. 38 Röm 5,12 39 Jes 9,5 40 Ps 40,18 41 heissen] nennen. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 912.
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II. Hertz innigliches Lob= und Danklied
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144
Teil 2
Das Andere1. Hertz innigliches Lob= und Danklied nach Empfahung2 des Hochwürdigen
Heiligen Abendmahls. Dises kan man auch singena auf die Melodei des schönen DankPsalmens:
Nun lobe meine Seele den Herren3. 1.
W
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10
Je wolb hast du gelabetc O liebster Jesu deinen Gast/ Ja Mich so reich begabetd,4/ Daß Jch itz5 fühle Freüd und Rast6/ O wundersahme Speise/ O süsser LebensTrank/ O Liebmahl7 das Jch preise Mit einem Lobgesang/ Jn dem es hat erquikket Mein Leben/ Hertz und Muht/ Mein Geist der hat erblikket Das allerhöchste Guht.
a man auch singen] B statt dessen: gesungen werden b WJe wol] Gemäß Cantus und Bassus emendiert aus: WJewol In B recte in Cantus, Bassus und Text, Erratum auch in C c B zusätzlich: / d begabet] Im Bassus statt dessen: hegabet (Erratum) 1 Andere] zweite. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 307. 2 Empfahung] Empfang. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 421. 3 Zu der von Rist vorgesehenen Melodie des erstmals 1540 gedruckten Gesangs „Nun lob’, mein Seel’, den Herren“ vgl. Zahn, Melodien, Bd. 5, Nr. 8244 f. sowie Bd. 6, Gedruckte Quellen, Nr. 60. 4 begabet] beschenkt. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1276. 5 itz] jetzt. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2318. 6 Rast] Ruhe. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 149. 7 Liebmahl] Liebesmahl. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 951. Gemeint ist das Sakrament des Altars.
S. 78
146
S. 79
Teil 2
2. Du hast Mich itz8 geführet O Herr in deinen Gnadensahl/ Daselbst hab Jch berühret Dein edle Gühter allzumahl/ Da hast du Mir vergebens9 Geschenket mildiglich10 Das wehrte Brod des Lebens11/ Daß sehr ergetzet Mich/ | Du hast Mir zugelassen12/ Daß Jch den Seelen Wein Jm Glauben möchte fassen Und dir vermählet sein. 3. Bei dir hab’ Jch gegessen Die Speise der Unsterbligkeit13/ Du hast Mir vol gemessen14 Den edlen Kelch der Mich erfreüt/ Ach GOtt/ du hast erzeiget Mir Armen solche Gunst/ Daß billig15 itz16 sich neiget Mein Hertz für Liebes Brunst17/ Du hast Mich lassen schmekken Das köstlich Engelbrod18/ Hinfohrt kan Mich nicht schrekken Welt/ Teüfel/ Sünd’ und Tod. 4. So lang’ Jch leb auf Erden/ Preis’ Jch dich liebster JEsu wol19/ Daß du Mich lässest werden Von Dir und durch Dich satt und vol/ Du hast Mich selbst getränket Mit deinem theüren Bluht’20/
8 itz] jetzt. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2318. 9 vergebens] ohne Bezahlung. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 389. 10 mildiglich] reichlich. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 2215. 11 Joh 6,48 12 zugelassen] gestattet. Vgl. Grimm, DWb 32, Sp. 498. 13 Vgl. Joh 6,50 14 gemessen] zugeteilt. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 2116. 15 billig] mit Recht. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 29. 16 itz] jetzt. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2318. 17 Brunst] Glut. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 439. 18 Ps 78,25 19 Ps 146,2 20 Mt 26,28
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20
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II. Hertz innigliches Lob= und Danklied
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Und Dich zu Mir gelenket/ O Unvergleichlichs Guht! Nun werd’ Jch ja nicht sterben/ Weil Mich gespeiset hat | Der nimmer kan verderben21/ Mein Trost22/ Schutz/ Hülff’23 und Raht24! 5. Wie kan Jchs aber fassen/ Herr Jesu/ daß du mit Begier Dich hast so tieff gelassen Vom HimmelsSahl herab zu mir25? Du Schöpffer aller Dinge26 Besuchest deinen Knecht/ Ach hilf daß Jch dir bringe Ein Hertz das from und schlecht27/ Das gläubig dir vertraue/ Damit nach diser Zeit Jch ja dein Antlitz schaue28 Dort in der Ewigkeit. 6. Du bistse der ewig bleibet/ Jch aber bin dem Schatten gleich29/ Den bald ein Wind vertreibet/ Herr/ Jch bin arm/ und du bist reich30/ Du bist sehr groß von Gühte31/ Kein Unrecht gilt bei dir/ Jch Bößhaft von Gemühte/ Kan fehlen für und für/ Noch32 kommest du hernieder Zu mir dem Sündenman33/ Waß geb Jch dir doch wieder Das dir gefallen kan? |
e bists] C statt dessen: bist 21 Vgl. Röm 6,9 22 Ps 73,26 23 Ps 62,3 24 Jes 9,5 25 Vgl. Phil 2,7 26 Sir 1,7 27 schlecht] einfach. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 523. 28 Vgl. Ps 11,7 29 Hiob 14,2 30 Vgl. 2Kor 8,9 31 Ps 31,20 32 Noch] dennoch. Nicht bei Grimm, DWb. 33 Vgl. Röm 5,8
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Teil 2
7. Ein Hertz durch Reü zerschlagen/ Ein Hertz das gantz zerknirschet ist/ Das weiß Jch/ wird behagen/ Mein Heiland/ dir zur jeden Frist34/ Du wirst es nicht verachten35/ Demnach Jch emsig bin Nach deiner Gunst zu trachten/ Nim doch in Gnaden hin Das Opffer meiner Zungen36/ Den billich37 wird itzund38 Dein theürerf Ruhm besungen Herr GOtt durch meinen Mund39. 8. Hilf ja daß dis geniessen Des edlen Schatzes schaff in mir Ein unaufhörlichs Bühssen/ Daß Jch Mich wende stets zu dir/ Laß Mich hinführo40 spühren Kein andre Liebligkeit/ Alß welche pflegt zu rühren Von dir in diser Zeit/ Laß Mich ja nichts begehren Alß deine Lieb und Gunst41/ Den niemand kan entbehren Hie deiner Liebe Brunst42. |
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9. Wol Mir! Jch bin versehen Mit Himmelspeis’ und Engeltrank/ Nun wil Jch rüstigg stehen Zu singen dir Lob/ Ehr’ und Dank43: Ade du Weltgetümmel/ Du bist ein eitler Tand44/ | f theürer] B statt dessen: treüer g rüstig] Gemäß B, C emendiert aus: Nüstig 34 Frist] Zeit. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 216. 35 Ps 51,19 36 Ps 119,108 37 billich] mit Recht. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 27. 38 itzund] jetzt. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2322. 39 Ps 51,17 40 hinführo] fernerhin. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1435. 41 Vgl. Ps 73,25 42 Brunst] Glut. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 439. 43 Apk 7,12 44 eitler Tand] wertloser Trödel. Vgl. Grimm, DWb 21, Sp. 103.
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II. Hertz innigliches Lob= und Danklied
Jch seüfftze nach dem Himmel Dem rechten Vatterland’45/ Ade/ dort werd Jch leben Ohn Unglükk und Verdruß46/ Mein GOtt du wirst Mir geben Der Wollust überfluß. |
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45 Hebr 11,16
46 Vgl. Apk 21,4
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Teil 2
III. Hertzliches Lob= und Danklied
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Das Dritte. Hertzliches Lob= und Danklied nach erlangetem güldenen Friede und geendig= tem Bluhtgierigem Kriegswe= sen. Dises kan gesungen werden auf die Melodei des schönen Lides:
Nun freüet eüch liebe Christen gemeina,1. 1.
N
Un ist die längst begehrteb Zeit Des Dankens einmahl kommen/ Da wir mit höchster Fröligkeit Die guhte Mähr2 vernommen/ Daß Friede der gewünschte Schatz Sol wiedrüm treten auf den Platz Zum Nutz und Trost der Frommen.
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2. O grosser GOtt/ nun wollen wir Dich unaufhörlich loben/ Daß du die güldnec FriedensZier’ Uns wieder gibst von oben/ Wir rühmen billig3 deine Macht/ | Welch’ uns so gnädig hat bewacht Für aller Feinde Toben. a gemein] Fehlt C b begehrte] B in Cantus und Bassus statt dessen: verhoffte dessen: güldene (Erratum)
10
c güldne] B statt
1 Zu der von Rist vorgesehenen Melodie des erstmals 1524 gedruckten Gesangs „Nun freut euch, lieben Christen gmein“, der von Johann Walther oder Martin Luther komponiert wurde, vgl. Zahn, Melodien, Bd. 3, Nr. 4427–4429 sowie Bd. 6, Gedruckte Quellen, Nr. 4 und Nr. 44. 2 Mähr] Kunde. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 1615. 3 billig] mit Recht. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 29.
III. Hertzliches Lob= und Danklied
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3. Jhr Völker/ danket unserm GOtt4/ Frolokket Jhm mit Händen5/ Lobsingt dem Herren Zebaoht6/ An allem Ohrt’ und Enden/ Luft/ Erd’ und Wasser überall Erheben Jhn mit süssem Schall’7 Er kan den Frieden senden. 4. Des Herren Aug’ hat angesehn Das Elend der Verjagten8/ Jm Friede wil Er lassen stehn9 Nun wiedrüm die Geplagten/ Der schnöde Krieg ist schon dahin10/ Nur Friede bleibt uns zum Gewin/ Seid freüdig Jhr Verzagten! 5. Ach GOtt/ wen wir bedenken nur Den außgestandnen Jammer/ Der uns fast täglich wiederfuhr/ Alß uns des Krieges Hammer Zermalmete schier11 alle Stund’ Alsden12 so zittert uns der Mund Mit traurigem Gestammer13. | 6.d Mein Hertz das bricht mit Seüftzen auß/ Die Lippen sind vol Klagen/ Jch beb’ alß müst’ Jch einen Strauß14 Aufs neüe gleichsahm wagen/ Ja meine Glieder waklen sehr/ Das Elend könten sie nicht mehr Für Mattigkeit ertragen. d 6.] Emendiert aus: 9. In Custode recte 4 Ps 67,4 5 Ps 47,2 6 Ps 30,5 7 Vgl. StDan 3,37.50 8 Vgl. Ps 9,14 9 lassen stehn] unangetastet lassen. Vgl. zu ‚stehen‘ Grimm, DWb 12, Sp. 231. 10 dahin] vorbei. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 687. 11 schier] fast. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 23. 12 Alsden] dann. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 260. 13 Gestammer] Gestammel. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 4196. 14 Strauß] Streit. Vgl. Grimm, DWb 19, Sp. 1005.
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Teil 2
7. Vol Jammers hast du uns gemacht15 Mit GallenWein getränket16/ Dein Grimm hat in der KriegesNacht Uns gäntzlich schier17 versenket/ Demnach18 der Waffen Zwang19 und List Die schwehrliche zu beschreiben ist/ So grausahm uns gekränket. 8. Der Feind verzehrt uns gantz und gahr Das hochbemühte20 Leben/ Daß anders nichts als Seüfftzen war Ja mit dem Tod’ ümgeben/ Der Krieg gebahr uns Hungersnoht/ Schenkt uns die Waffen vor das Brod Auch Pestilentz daneben. | S. 87
9. Nun aber geht uns wiedrum auf Das Sonnenliecht der Freüden21/ Es muß der Krieg mit schnellem Lauf’ Auß unsern Grentzen scheiden/ Nun wandlen wir den Friedenssteg Des Himmels Gühte nimt hinweg Das lang gehegte22 Leiden. 10. Nun heben wir mit Hertzenslust Zu dir Herr unser Augen23/ Wir/ die wir an der süssen Brust Des güldnen Friedens Saugen/ Ach müchten wir du grosser GOtt Gehorsahmlich auch dein Geboht Dafür zu halten/ taugen24! e schwehrlich] Gemäß B, C emendiert aus: schwe hrlich 15 Thren 1,5 16 Jer 9,14 17 schier] fast. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 23. 18 Demnach] nachdem. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 919. 19 Zwang] Gewalt. Vgl. Grimm, DWb 32, Sp. 933. 20 hochbemühte] stark beschwerte. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1607. Zu ‚bemühen‘ vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1462. 21 Vgl. Ps 97,11 22 gehegte] gehabte. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 780. 23 Tob 3,15 24 taugen] tauglich sein. Vgl. Grimm, DWb 21, Sp. 196.
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III. Hertzliches Lob= und Danklied
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11. Wie gnädig ward doch unser Bitt’ O Vatter angenommen! Die Noht welch’ uns das Hertz zerschnitt’ Jst bald für dich gekommen/ Das Retten war dir nicht zu schwehrf/ Du hast gestilt25 das Krieges Meer Jn welchem wir geschwommen. 12. Nun sol mein Mund verschweigen nicht/ Waß du für Hülff’ erwiesen. | Alß uns O GOtt auf dein Gericht26 Die Kriegeswind’ anbliesen/ Den nun ist hin die böse Zeit/ Wir leben itzt27 in Sicherheit/ Mein GOtt sei hoch gepriesen. 13. Einst aber hett’ Jch hertzlich gern Das lass’ auch dir gefallen/ Daß ja der Fried hinfohrt nicht fern Zum Lande müg außwallen29/ Den Fried ist lauter30 Freüd und Lust/ Ergetzligkeit/ Guht/ Ehr und Rust31/ Der höchste Schatz von Allen32. 28
14. Ach Herr/ wir wollen unser Brod Jm Schweiß ja gern erwerben33/ Laß aber durch die Kriegesnoht Hinfohrt uns nicht verderben/ Du bist ja selbst der FriedensMann34/
f zu schwehr] Gemäß B emendiert aus: zuschwehr (Erratum auch in C) 25 gestilt] beruhigt. Vgl. Grimm, DWb 18, Sp. 3009 f. 26 auf dein Gericht] auf deinen Richtspruch hin. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3640. 27 itzt] jetzt. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2318. 28 Einst] einmal. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 305. 29 Zum Lande müg außwallen] das Land verlassen möge. Nicht bei Grimm, DWb. 30 lauter] reine. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 378. 31 Rust] Ruhe. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 1543. 32 Sprichwörtlich. Vgl. Wander 1, Sp. 1208. 33 Gen 3,19 34 Vgl. Jes 9,5
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Teil 2
Drüm schau auch uns mit Frieden an Uns deine FriedensErben.
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15. Gib sichern Fried’/ erhalt Jhn auch O GOtt in deinem Lande/ | Doch daß man Seiner auch gebrauch’ Ohn’ Aergernißg und Schande/ Daß Jederman zur FriedensZeit Zu dienen dir stets sei bereit Jn seinem Lauff’35 und Stande. |
g Aergerniß] Gemäß B, C emendiert aus: Aegerniß 35 Lauff’] Wandel. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 310.
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IV. Lob= und Dankliedlein
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Teil 2
Das Vierte. Lob= und Dankliedlein nach überstan=
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denem schwehren Sterbensleüften1/ Pesti=
lentischen und andern gifftigen Seüch= und Krankheiten. Dises wird gesungen auf die schöne Melodei meines bekanten Osterlides:
Lasset uns den Herren preisen2. 1.
L
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Asset uns Jhr Christen singen Lob und Ehre/ Dank und Preiß3 Unserma GOtt für allen Dingen4/ Der uns so zu schützen weiß/ Herr wer kan dich gnug erheben5? Deine Güht ist Väterlich/ Deine Lieb erweiset sich Und dein hohe Macht daneben/ Herr/ es sol mein Lobgesang Rühmen dich mein Lebenlang6.
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2. Jn der armen Sünder Orden7 Waren wir für kurtzer Zeit | Aller Welt zum Scheüsahl worden Wegen unser Eitelkeit/ Ach wir waren gantz vernichtet
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a Unserm] Im Cantus statt dessen: Unsern Ebenso B im Cantus b 93] Emendiert aus: 63 1 Sterbensleüften] Zeiten hoher Sterblichkeit. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 335. 2 Vgl. Rist, Himmlische Lieder (2012), S. 42–48. 3 Apk 7,12 4 Vgl. Ps 27,5 f. 5 Ps 106,2 6 Ps 104,33 7 Sünder Orden] Gemeinschaft der Sünder. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1317.
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Teil 2
Grosser GOtt8/ durch deinen Grim9/ Aber deine Gnadenstimm’ Hat uns wieder aufgerichtet10/ Drüm sol auch mein Lebenlang Rühmen Dich mein Lobgesang11.
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3. Tödlichs Gift hatt’ uns gebissen/ Gleichwol hat uns deine Macht Auß des Todes Schlund gerissen12 Und ins Leben wiederbracht/ Ach wir lagen gantz ümfangen Mit der Seüche/ die wie Feür Brante scharf und ungeheür13/ Endlich sind wir noch entgangen/ Herr es soll mein Lebenlang Preisen dich mein Lobgesang14.
25
4. Unser Seele war ümgeben Mit Beschwerden ohne Zahl15/ Dazumahl16 hieß unser Leben Trübsahl/ Unmuht/ Angst und Quahl/ Gleichwol hat uns nicht verschlungen | Der sonst manchen hingeraft/ Nein/ Er wardc durch deine Kraft O du MenschenFreünd bezwungen/ Drum sol auch mein Lobgesang Rühmen dich mein Lebenlang17.
35
5. Da wir alle kläglich rieffen/ Da wir schrien Tag und Nacht18/ Da wir zu dem Herren lieffen/ Hat Er uns gesund gemacht19/
c ward] B statt dessen: war 8 Ps 95,3 9 Ps 88,8 10 Vgl. Ps 147,6 11 Ps 104,33 12 Vgl. Sir 51,6 13 ungeheür] grauenvoll. Vgl. Grimm, DWb 24, Sp. 695. 14 Ps 104,33 15 Ps 40,13 16 Dazumahl] damals. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 876. 17 Ps 104,33 18 Ps 88,2 19 Ps 30,3
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IV. Lob= und Dankliedlein 45
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Unsre Tage sind vergangen (Klagend wir) die Zeit ist hin20! Aber/ nein/ dein treüer Sinn Hat zu helffen angefangen. Drum sol dis mein Lobgedicht Dich zu preisen ruhen nicht. 6. Wen dein Eifer dich bewogen Und uns angehauchet hett’/ Ach so werene wir gezogen Jn die Gruben auß dem Bett’! Herr/ wie matte Fliegen fallen/ Weren wir den andern gleich Hingerükt ins Todes Reich/ Und nun leb’ Jch doch für allen/ | Sol den nicht mein Lobgesang Preisen dich mein Lebenlang21. 7. GOtt wir sind in deiner Hütten Wolgedekt22 zur bösen Zeit/ Alß der Würger23 wolt’ außschütten Seinen Muht24 und Grausahmkeit/ Deine Güht hielt uns verborgen Jn dem sichern Lebenszelt25/ Daß wir nunmehr in der Welt Wiedrüm wallen26 ohne Sorgen/ Nun esf sol mein Lobgesang Preisen Dich mein Lebenlang27. 8. Herr du schüttest nach dem Weinen Uber uns viel Freüd und Wonn’28/ Ei wie lieblich muß doch scheinen Nach dem Hagelschaur die Sonn’29! d Klagen] B statt dessen: Klagten e weren] B statt dessen: waren (Erratum) f es] B statt dessen: so 20 Vgl. Hiob 7,6 21 Ps 104,33 22 Wolgedekt] gut geschützt. Vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 1129. 23 Würger] Tod. Vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 2216. 24 Muht] Entschlossenheit. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 2790. 25 Vgl. Ps 27,5 26 wallen] wandern. Vgl. Grimm, DWb 27, Sp. 1288. 27 Ps 104,33 28 Vgl. Ps 30,6 29 Tob 3,23
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Teil 2
Auf viel Klagen folget Lachen/ Auf das Stürmen stille Zeit/ Auf viel Heülen Fröligkeit/ Solche Lust kan GOtt uns machen/ Drum sol auch mein Lobgesang Preisen Jhn mein Lebenlang30. | S. 96
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9. Nun die Seüch’ hat aufgehöret/ Laß auch uns Herr hören auf Das zu thun/ waß uns bethöret31 Hier in unserm LebensLauf’/ Ach daß doch dis Gift der Sünden Flöge mit der Pest dahin/ Daß sich stets in unserm Sinn’ Ehr’ und Tugend möchte finden! Den so solt’ auch mein Gesang Rühmen Dich mein Lebenlang32.
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10. Hilf doch daß wir arme Maden33 Dise schwehre Straff’ und Pein Abermahl uns nicht aufladen/ Laß uns neüe Menschen34 sein/ Lass’ uns unser Schuld erkennen/ Lass’ uns dich vol Reü und Leid Bitten/ und wan wir befreit Frölich unsern Vatter nennen35/ Den sol unser Lobgedicht Dich zu preisen ruhen nicht.
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11. Nun du wirst uns überheben (Jst es anders Herr dein Will) Diser Straff’36/ und unser Leben Schliessen lassen in der Still’/ | O bei dir ist Raht zu finden37/
30 Ps 104,33 31 bethöret] täuscht. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1702. 32 Ps 104,33 33 Maden] elenden Menschen. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 1426. 34 Eph 4,24 35 Vgl. Röm 8,15 36 überheben Diser Straff’] von dieser Strafe befreien. Vgl. Grimm, DWb 23, Sp. 306. 37 Vgl. Ps 33,11
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IV. Lob= und Dankliedlein
Du kanst helffen in der Noht38/ Du kanst reissen aus dem Tod’39/ Ei so hilff den überwinden/ Daß/ O GOtt/ mein Lobgesang Rühme dich mein Lebenlang40. |
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38 Vgl. Ps 40,18
39 Vgl. Ps 33,19
40 Ps 104,33
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Teil 2
Daß Fünfte. Lob= und Danklied/ welches nach ge= endigtem starken Donnerwetter/ oder wen sonst ein hefftiges Ungewitter ohne Scha= den ist fürüber gangen/ Kan gesungen werden auf die Melodei:
Wen wir in höchsten Nöhten sind1.a 1.
A
Llmächtiger und starker GOtt/ Du hocherhabner Zebaoht2/ Jtz haben wir gehöret an Mit Zittern/ waß dein Allmacht kan. 5
10
2. Wir loben/ preisen/ fürchten dich/ Die wir gleich itz3 so grausahmlich Erschrokken deine Macht gesehn/ Für welcher Niemand kan bestehn4. 3. O grosser GOtt/ wir danken dir/ Daß5 wir für Furcht erstarret schier6/ Geprüfet7 doch zu diser Frist8/ Daß du noch unser Vatter bist.
a sind.] B statt dessen: seyn. C statt dessen: / etc. 1 Zu der von Rist vorgesehenen Melodie des erstmals 1588 gedruckten Gesangs „Wann wir in höchsten Nöten sein“ vgl. Zahn, Melodien, Bd. 1, Nr. 393–395 sowie Bd. 6, Gedruckte Quellen, Nr. 275. 2 Jer 32,18 3 itz] jetzt. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2318. 4 Vgl. Apk 6,17 5 Daß] weil. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 817. 6 schier] fast. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 23. 7 Geprüfet] bewiesen. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 2182. 8 Frist] Zeit. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 216.
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Teil 2
4. Du hast erhöret in der Noht Dein Volk9/ das schier10 für Schrekken Tod/ | Und uns in diser swehren11 Zeit Erwiesen viel Barmhertzigkeit. 5. Ach Herr/ wen Trübsahl komt herbei Und du vernimst ein Angstgeschrei/ Wen wir für Zagen werden bleich/ So bist du ja von Liebe reich12.
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6. Du gibst auf alles fleißig acht/ Hast dise Stund an uns gedacht/ Alß13 an den Noah in der Fluht/ Dem du gefristet14 Leib und Guht15. 7. Du hast uns Herr in diser Noht Bewahrt für einem schnellen Tod/ Gleich wie du dort der Jünger Schaar Erhieltest in des Meers Gefahr16. 8. Eß hat uns weder Feür noch Hitz/ Noch Donner/ noch ein starker Blitz/ Noch auch der Hagel in der Bahn Des Ungewitters Leid gethan17. 9. Waß du verheissen für der Zeit18/ Daß uns der Flammen Grausahmkeit Jm weinigstenb nicht19 schaden sol20/ Jst nun erfüllet recht und wol. | b weinigsten] B statt dessen: wenigsten 9 Vgl. Ps 120,1 10 schier] fast. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 23. 11 swehren] schweren. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 2541. 12 Vgl. Ps 118,5 13 Alß] wie. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 248. 14 gefristet] gerettet. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 2161. 15 Vgl. Gen 6,9–7,24 16 Vgl. Mk 4,35–39 17 Leid gethan] Leid angetan. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 653. 18 für der Zeit] vormals. Vgl. Grimm, DWb 31, Sp. 547. 19 Jm weinigsten nicht] nicht im mindesten. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 31. 20 Jes 43,2
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V. Lob= und Danklied
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10. Du hast verhütet Feür und Brand/ Dazu mit deiner GnadenHand Gehalten mich auf mein Begehr Wie dort Sanct Peter in dem Meer21.
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11. Dein Hand und Schatten hat bedekt Uns22 die wir waren sehr erschrekt/ Du hast beschirmet unsern Leib23/ Auch Hauß und Hof/ Guht/ Kind und Weib.
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12. Dem Satan hieltest du zu Trutz’24,25 O grosser GOtt/ uns starken Schutz/ Ja stundest bei uns in Gefahr26/ Biß daß dein Zorn vorüber war. 13. Du hast dein freundlichs Angesicht Jn diser Noht verborgen nicht27/ Du hast erwiesen in der That/ Daß deine Treü kein Ende hat28. 14. Für solche Wolthat danken wir29 Auß reinem Hertzen billig30 dir/ Ja geben dir mit höchstem Fleiss’ Jn dieser Stunde Lob und Preiß. 15. Und obs gleich weinigc,31 nützen kan/ So nim doch unser Opfer an/ | Das auf dem Altar Jesu Christ Jm Glauben dir gewidmet ist. c weinig] B statt dessen: wenig 21 Vgl. Mt 14,29–31 22 Jes 49,2 23 Vgl. Ps 140,8 24 Dem Satan zu Trutz’] dem Satan widerstehend, den Satan bekämpfend. Vgl. Grimm, DWb 22, Sp. 1108. 25 Vgl. 1Joh 3,8 26 Vgl. Ps 60,13 27 Ps 69,18 28 Thren 3,22 29 Vgl. Ps 116,12 30 billig] mit Recht. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 29. 31 weinig] wenig. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 1.
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Teil 2
16. Verleih uns Gnad32 O du mein Licht33/ Daß nimmer wir vergessen nicht Der Wolthat34/ die dein Hülff’ und Hand Auf uns dein armes Volk gewand. 17. Hilf daß es uns zur Buhsse treib’35/ Und Frömmigkeit nicht aussen bleib’/ Auf daß/ wen plötzlich bricht herein Dein Tag36/ wir ja nicht sicher sein.
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18. O süsser Jesu mach’ uns from/ O du mein liebster Heiland komm’37/ Jch wahrt auf dich mit höchstem Fleiss’/ Und opfre dir Lob38/ Ehr’ und Preiß’39. |
32 Ps 85,8 33 Ps 27,1 34 Ps 103,2 35 Vgl. Röm 2,4 38 Hebr 13,15 39 Apk 7,12
36 Vgl. Mt 24,42
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37 Apk 22,20
VI. Lobgesang
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Teil 2
Das Sechste Danklied. Lobgesang eines vielgeplagten/ nun= mehr aber auß der Verfolgung und von Seinen Feinden herlicha erlöseten Christen. Dises kan gesungen werden auf die Melodei des wolbekanten Lides:
Auf meinen lieben GOtt1. 1.
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Un ist die Noht fürbei Und Jch bin Sorgen frei/ Den GOtt der hat verjaget Den/ der Mich hatb geplaget2/ Drum wil mit süssen Weisen Jch meinen Heilandc preisen.
2. Seht wie der Feinde Raht Sich selbst vernichtet hat3! Ja GOtt hat Sie geschändet Und ihren Sinn verblendet/ Waß der wil hintertreiben4/ Kan nicht beständig bleiben.
a herlich] C statt dessen: herzlich (Erratum) b hat] In Cantus und Bassus statt dessen: hart Ebenso B in Cantus, Bassus und Text sowie C im Cantus c Heiland] In Cantus und Bassus statt dessen: Beistand Ebenso B in Cantus, Bassus und Text 1 Zu der von Rist vorgesehenen Melodie des erstmals 1609 gedruckten Gesangs „Auf meinen lieben Gott“, die von Melchior Vulpius als Umbildung geschaffen wurde, vgl. Zahn, Melodien, Bd. 2, Nr. 2162–2164 sowie Bd. 6, Gedruckte Quellen, Nr. 400. 2 Vgl. Dtn 6,19 3 Vgl. Ps 140,10 4 hintertreiben] verhindern. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1522.
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Teil 2
3. Vernehmet waß Jch sing’: Er selbst weiß alle Ding’5/ Auch siehet Er nicht minder Auf aller MenschenKinder6/ | Er kan die Hertzen lenken7/ Daß Sie Sich recht bedenken8. 4. Eß hilft ja keine Macht Noch äusserlicher Pracht9/ Es gelten keine Rosse. Kein Fürst auf seinem Schlosse Kan GOttes Hand entfliehen10/ Noch Sich der Straff entziehen. 5. Der Herr hält den in Huht/ Der Recht und Guhtes thut11/ Ja der auf Jhn kan hoffen/ Jm fall’12 Jhn hat getroffen Das Kreütz an allen Enden/ Dem wil Er Hülffe senden13. 6. Du Richter aller Welt14/ Dir hab Jchs heimgestelt15 Waß mir in disen Jahren Von Menschen wiederfahren/ Du wirst es ohne Schonen Zu rechter Zeit belohnen16. 7. Jhr aller Bößheit vol/ Waß denket Jhr doch wol? Der Aug und Ohr geschaffen Das der noch solte schlaffen? | 5 Vgl. Ps 139,1–16 6 Jer 32,19 7 Vgl. Prv 21,1 8 bedenken] besinnen. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1223. 9 Pracht] Zu ‚Pracht‘ als Maskulinum vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 2042. 10 Sap 16,15 11 Prv 2,8 12 Jm fall’] wenn. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1275. 13 Vgl. Ps 22,5 14 Gen 18,25 15 heimgestelt] überlassen. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 862. 16 belohnen] bestrafen. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1454.
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VI. Lobgesang
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Wie solte der nicht sehen17 Der alles läst geschehen?
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8. Jhr Narren merket doch/ Mein GOtt der lebet noch/ Er selbst hat außgeführet Das Werk/ so Mich berühret18/ Waß hilft Euch nur Eür treiben? Recht muß doch Recht verbleiben19. 9. Jn disem UnglüksSpiel’ Hatt’ Jch zwahr Kummers viel/ Jch saß in tieffen Sorgen Vom Abend biß zum Morgen20/ Jch durch den Neid gedrükket Gieng jämmerlich gebükket. 10. Doch war der Herr mein Heil21/ Mein Helffer22 und mein Theil23,24/ Er/ als ein Schutz der Armen25/ Ließ eilends sich erbarmen Mein Unglük26/ das Mich plagte Ja Mir das Hertz abgnagted,27. 11. Da sprach Jch: Gottes Rach Folgt meinen Neidern nach/ Nun ist Jhr Raht zerstöret28/ Den GOtt hat Mich erhöret/ | Sein’ Hand ist hoch erhoben29/ Jhn wil Jch Ewig loben. d abgnagte] B statt dessen: abnagte 17 Ps 94,9 18 so Mich berühret] das mich betrifft. Zu ‚berühren‘ vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1537. Zu ‚so‘ als Relativpronomen vgl. DWb 16, Sp. 1381. 19 Ps 94,15 20 Vgl. Ps 55,18 21 Ps 27,1 22 Ps 79,9 23 Theil] Erbteil. Vgl. Grimm, DWb 21, Sp. 353. 24 Ps 16,5 25 Ps 9,10 26 Ließ sich erbarmen Mein Unglük] erbarmte sich über mein Unglück. Zum reflexiven Gebrauch von ‚erbarmen‘ mit Akkusativobjekt vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 703. 27 abgnagte] abnagte. Zu ‚gnagen‘ vgl. Grimm, DWb 8, Sp. 611. 28 Vgl. Ps 33,10 29 Vgl. Ps 10,12
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Teil 2
12. Hinführo30 klag’ Jch nicht/ Den GOtt der ist mein Licht31/ Der Schutzherre meines Lebens32 Läst alles sein vergebens Waß Menschenkinder machen/ Er muß nur Jhrer lachen33. 13. Wen gleich ein gantzes Heer Mich jagtef noch so schwehr34/ Darf35 Jch doch nicht erschrekken/ Den GOtt kan Mich bedekken36/ Ja noch in disem Leben Mir überwindung geben. 14. GOtt ist mein Hülf und Schutz37/ Mein Felß/ Hort/ Stärk’ und Trutz38,39/ Weil der mich lässet siegen Darf40 Jch nicht unter ligen41/ Drum ist der Feinde Toben So plötzlich auch verstoben42.
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15. Nun Herr Jch freüe mich/ Jch komm’ und preise dich/ Ja danke dir von Hertzen/ Daß du die Noht und Schmertzen | Welch’ über Mich war kommen/ So bald hinweg genommen.
e Schutzherr] B statt dessen: Schutzer f jagte] C statt dessen: jagten (Erratum) 30 Hinführo] fernerhin. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1435. 31 Ps 27,1 32 Vgl. Ps 62,7 33 Ps 59,9 34 schwehr] sehr. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 2556. 35 Darf] muß. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1725. 36 Vgl. Ps 27,5 37 Ps 62,3 38 Trutz] Beistand. Vgl. Grimm, DWb 22, Sp. 1098. 39 Ps 18,3 40 Darf] muß. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1725. 41 Vgl. Ps 116,6 42 verstoben] verflogen. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 1748.
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VI. Lobgesang
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16. Sehr hochgelobt sei GOtt Der starke Zebaoht43/ | Jch wil mit süssen Weisen Jhn unaufhörlich preisen Und rühmen seinen Namen44/ Hilff grosser Schutzherr45/ Amen. |
43 Jer 32,18 44 Ps 104,33 45 Vgl. Ps 62,7
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Teil 2
VII. Lobgesang/ wen der Winter vergangen
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Das Siebende Danklied. Jst ein Lobgesang/ wen der Winter vergangen/ und die Liebliche Frühlings=
Lust wieder herfür bricht. Dises kan gesungen werden auf die Melodei meines schon längst gesetzten Dankliedes:
Auf meine Seel’ und lobe GOtt1. 1.
O
Höchster GOtt gib mir Gehör/ Jtz werd’ Jch dir Lob/ Preiß und Ehr’2 Aus gantzem Hertzen singen/ Die Zung ist färtig3 und bereit Zu rühmen deine Herrligkeit4/ Ach laß eß wol gelingen: Jch danke dir gantz inniglich/ Daß du den kalten Winter mich Hast lassen überleben/ Und mir gegönnet/ daß Jch kan Den Frühling wiedrum schauen an/ Das grühne Feld daneben.
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2. Vor kurtzer Frist5 lag Eiß und Reif6/ Die Flüss’ und Auen stunden steif/ Eß fiel der Schnee wie Flokken/ Wo vormahls lieff der Schiffe Heer/ Die Flüss’ hinunter nach dem Meer/ Da war eß hart und trokken/ | Man sahe nichts alß lauter Eiß/ Die Berg’ und Thäler schienen weiß/ 1 Vgl. Rist, Himmlische Lieder (2012), S. 82 f. 2 Apk 7,12 3 färtig] willig. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1550. 4 Vgl. Ps 126,2 5 Frist] Zeit. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 216. 6 Reif] gefrorener Tau. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 623.
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VII. Lobgesang/ wen der Winter vergangen
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Die schnellen Wasserwogen Bewegten sich doch gahr nicht mehr/ Sie hatten bei der Wiederkehr Den Harnisch7 angezogen8.
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3. Nun aber hat dein Göttlichs Wohrt Eiß/ Schnee und Reiff9 geschaffet fohrt/ Der Winter ist vergangen/ Es blikket schon der Bluhmen Zier/ Der Feigenbaum und Eich’ herfür/ Der Wald’ begint zu prangen10/ Die Reben sind schier11 Augen vol12/ Sie wachsen fohrt und riechen wol13/ Die Taube läst sich hören/ Der Storch und Schwalbe gehn hervor/ Die Lerche schwingt sich auch empor Den Schöpffer zu verehren. 4. Wie bist du doch so wunderbahr Mein GOtt? du theilest Zeit und Jahr’14/ Eß muß stets anders werden/ So laß michs nun erkennen doch Daß es kein Mensch verstehe noch So lang Er lebt auf Erden Es preise dich das gantze Land Und rühme/ daß dein Hülfreich Hand | Könn alles wieder machen15/ Den waß den Winter lag für Tod16 Verscharret gleich im Schlamm’ und Koht/ Das muß im Lentzen17 lachen.
7 Harnisch] Gemeint ist ein Panzer aus Eis. 8 Vgl. Sir 43,22 9 Reiff] gefrorenen Tau. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 623. 10 zu prangen] seine Pracht zu zeigen. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 2066. 11 schier] gänzlich. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 24. 12 Augen vol] voller Blüten. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 799 f. 13 Hld 2,11–13 14 theilest Zeit und Jahr’] du teilst Zeit und Jahr ein. Vgl. Grimm, DWb 21, Sp. 356. 15 wieder machen] erneuern, wiederherstellen. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 1118. 16 lag für Tod] gestorben war. Vgl. Grimm, DWb 21, Sp. 589. 17 Lentzen] Frühling. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 753.
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Teil 2
5. Du aber Herr verleihe Mir/ Daß Jch der Erden Lust und Zier Nicht bößlich müg anwenden/ Besondern18 so dieselb’ anseh’ Alß etwas/ daß allein besteh’ Jn deiner Allmacht Händen/ Es zeiget ja der Frühling an/ Daß deine Kraft erwekken kan Was gleichsahm tod gelegen/ Die Kält’ ist hin/ die Luft ist warm/ Du strekkest auß den milden19 Arm Und schenkest Glük und Segen20.
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6. So wird sichs schikken in der Noht Wen Trost und Hülff ist gleichsahm Tod/ Und wir gequehlet werden/ Die Trübsahl sol zum Ende gehn/ Die Sonne wird man gläntzen sehn Nach mancherlei Beschwehrden. Je stärker sonst der Winter ist/ Je besser läst nach kurtzer Frist21 Die FrühlingsLust sich finden; | So wird der Frommen Kreütz und Plag’ Alß22 hartes Eiß am warmen Tag Jn diser Zeit verschwinden. 7. Hast du der Trübsahl schon so viel/ Daß weder Mahsse/ Raum noch Ziel23 Derselben man kan merken; Verzage nicht/ der Herr weis Raht Der Hülf und Beistand übrig hat/ Womit Er dich kan stärken/ Den wer in diser Sterbligkeit Mit guhtem Willen ist bereit Sein Kreütz auf sich zu nehmen24/
18 Besondern] sondern. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1633. 19 milden] freigebigen. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 2201. 20 Ps 145,16 21 Frist] Zeit. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 216. 22 Alß] wie. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 248. 23 Ziel] Ende. Vgl. Grimm, DWb 31, Sp. 1042. 24 Mk 8,34
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VII. Lobgesang/ wen der Winter vergangen
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Der wird erfreüet hier und dort/ Waß wilt du den mein Christ hinfohrt Dich in der Welt viel grämen?
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8. Wolan/ der Frühling lehret mich/ Daß Jch mein GOtt demühtiglich Dir alles sol befehlen25/ Du gibst der Erden frischen Saft/ Die Himmel müssen deine Kraft Mit grosser Lust erzehlen26/ Du tränkest Auen/ Berg’ und Thal/ Du speisest Thier ohn End’ und Zahl/ Von Oben gibst du Regen27/ Das machet Wald und Wiesen schön/ Jn Summa28/ wo wir hin nur sehn Da blühet Glük und Segen. | 9. Nun HErr/ laß dir befohlen sein Diß Land/ laß Seine Brünnelein Und Vorraht nicht verderben/ Dein Augen schauen Nacht und Tag Auf unsern Akker/ daß Er mag Die Nahrung uns erwerben29/ | Laß uns auch solches dankbahrlich Geniessen/ und stets preisen dich30 Für so viel schöne Gaben/ Ja lieber GOtt sind wir schon hier So hoch beglükt/ waß werden wir Dort für Ergetzung haben? |
25 Ps 37,5; Prv 16,3 26 Ps 19,2 27 Ps 104,10–13 28 Jn Summa] alles in allem. Vgl. Grimm, DWb 20, Sp. 1067. 29 erwerben] bereiten. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1060. 30 Vgl. Ps 35,28
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Teil 2
Der Achte Lobgesang. Ein Dank= und Bittlied für und üm den reichen Segen GOttes/ mit welchema Er uns sonst alle Jahr so mildiglich1 pflegt zu= beschenken. Dises kan gesungen werden im Thon des bekanten Lides:
Waß mein GOtt wil/ das gescheh allzeitb,2. 1.
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GOtt dir dank’ Jch allezeit Für deinen reichen Segen/ Wer kan doch solche Mildigkeit3 Wie sichs gebührt/ erwägen4? Du gibst zur Noht5 Das liebe Brod Denc Menschen mit gefallen6/ Das gantze Jahr Steht jmmerdar Sehr reich und schön von allen. 2. Dein Regen macht die Felder nass/ Er dünget Berg’ und Auen/ Den wächset Laub/ Getreid und Graß7/ Daß wirs mit Lust anschauen/ |
a welchem] B statt dessen: welchen b allzeit] Fehlt C
c Den] B im Cantus statt dessen: dem
1 mildiglich] reichlich. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 2215. 2 Zu der von Rist vorgesehenen Melodie des erstmals 1572 gedruckten Gesangs „Was mein Gott will, das g’scheh allzeit“ vgl. Zahn, Melodien, Bd. 4, Nr. 7568 sowie Bd. 6, Gedruckte Quellen, Nr. 194. 3 Mildigkeit] Freigebigkeit. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 2213. 4 Vgl. Ps 106,2 5 zur Noht] zur Deckung des nötigen Lebensunterhaltes. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 914. 6 Vgl. Ps 132,15 7 Vgl. Ps 104,13 f.
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Teil 2
Es wird das Land Von deiner Hand Mit Reichthum angefüllet/ Wodurch alßdan8 Fast Jederman Den NahrungsMangel stillet9.
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3. Der Herr hat an der Helden Macht Und Stärke kein Belieben10,11/ Er spottet nur der Menschen Pracht So thöricht wird getrieben/ Wer Jhm vertraut/ Stets auf Jhn baut/ Und festiglich kan hoffen/ Der hat das Ziel Auf disem Spiel Zum allerbesten troffen12.
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4. Kein Tag/ kein Stündlein geht dahin/ Jn welchem man nicht spühret/ Waß GOttes Wolthat für Gewinn Jn unser’ Häuser führet/ Herr/ deine Quell/ Jst reich und hell/ | Sie rinnet stets mit Gnaden/ So/ daß noch Blitz/ Noch Frost/ noch13 Hitz/ Unß etwan14 könte schaden.
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5. Wen mich ein sanfter Wind anhaucht/ So fühl’ Jch Gottes Segen/ Wen das Getreide steht’ und raucht15/ Wen sich sein Aehren regen/
8 alßdan] dann. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 260. 9 stillet] behebt. Vgl. Grimm, DWb 18, Sp. 3014. 10 Belieben] Gefallen. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1448. 11 Jdth 9,13 12 Vgl. Sir 32,28 13 noch noch noch] weder noch noch. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 872. 14 etwan] etwa. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1182. 15 das Getreide raucht] vom Getreide Dunst aufsteigt. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 244.
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VIII. Dank= und Bittlied 45
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Wen Feld und Wald So wolgestalt16 Die Berg’ und Thäler schmükken/ So kan fürwahr Das schöne Jahr Mir mein Gemüht entzükken. 6. So bald Jch nur von hinnen17 geh’ Jns grüne Feld spatzieren/ Und da die schönsten Heerden seh’ Jhr frölichs Leben führen/ So find Jch gleich Ein herlichs Reich Vol lauter18 Gottes Gühte/ Drauf endert sich Bald kräftiglich Mein trauriges Gemühte. | 7. Ach GOtt! daß wir so thöricht sind Und solches nicht erkennen! Jch klag es noch/ die Welt ist blind19 Sie kan ja nicht recht nennen20 Die grosse Gunst/ Die GOtt ümsunst21 Uns lässet widerfahren/ Ja/ Menschen Dank/ Jst schwach und krank/ Verschwindet mit den Jahren. 8. Der Ochs’ erkennet seinen Wihrt/ Der Esel seine Krippen22/ Der Mensch allein ist gahr verirrt/ Er lässet Zung und Lippen Gantz stille stehn/ Es mag geschehn 16 wolgestalt] schön. Vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 1152. 17 von hinnen] von hier fort. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1459. 18 lauter] reiner. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 382. 19 Sprichwörtlich. Nicht bei Wander. 20 nennen] benennen. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 599. 21 ümsunst] umsonst. Vgl. Grimm, DWb 23, Sp. 1155. 22 Jes 1,3
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Waß Böses oder Guhtes/ So geht Er hin/ Sein Hertz und Sinn Jst roh und frechen Muhtes.
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9. O grosser GOtt/ daß wissen wir/ Ja müssens auch bereüen/ | Drümd tretten wir mit Furcht herfür Alß Kinder die sich scheüen/ Und bitten dich Demühtiglich Du wollest ja nicht rechen/ So grosse Schuld/ Auß Gnad und Huld Verzeih’ uns den Gebrechen23,24.
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10. Gib daß wir mügen dankbar sein Und deine Güht erkennen/ Laß Hertz und Mund von Sünden rein Dich kindlich Vatter nennen25/ Dein Segen kröhn’ Uns deine Söhn’ Und lass’ uns wol gedeien/ Frucht/ Vieh und Wald/ Erhör’ uns bald Wen wir im Mangel schreien.
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11. Herr/ kröhne dein geliebtes Land/ Dein Wohrt müss’ in Jhm bleiben26/ Und laß ja nicht den wehrten Stand Der Obrigkeit vertreiben/ | Absonderlich27 So krön auch mich d Drüm] In Custode: Drum 23 Gebrechen] Fehler. Zu ‚Gebrechen‘ als Maskulinum vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 1839. 24 Vgl. GebMan 11–13 25 Vgl. Röm 8,15 f. 26 Ps 119,89 f. 27 Absonderlich] insbesondere. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 121.
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VIII. Dank= und Bittlied
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Mit Hofnung/ Liebe und Glauben28/ So weiß Jch/ daß Noch List/ noch29 Hass’ Den Himmel mir kan rauben30. |
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e Hofnung/ Lieb] B statt dessen: HoffnungLieb (Erratum) 28 1Kor 13,13 Röm 8,38 f.
29 Noch noch] weder noch. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 872.
30 Vgl.
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Teil 2
Das Neunte. Freüdiges Danklied zu GOtt/ daß
Er uns das tägliche Brod1 in Gesundheit/ Friede und Wolergehen lässet geniessen/ mit demühtiger Bitte/ daß Er uns gnädig dabei er= halten wolle. Dasselbe kan man singen auf die Weise des be= kanten Danklides:
O GOtt/ wir danken deiner Güht.2 1.
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OTT sei gelobet/ der allein Dem Menschen Freüde giebeta/ Der unser Hertz läst frölich sein3/ Der ohne mahss’ uns liebet4/ Der uns in diser Sterbligkeit So manchen schönen Tag erfreüt/ Wenb Er uns hat betrübet 5. 2. Ja GOtt/ von Hertzen dank’ Jch dir/ Daß du Mir hast gegeben Solch ein Gemüht/ das stündlich schier6 Kan frei von Sorgen leben/ Daß du Mir hast den Mund gemacht So lustig/ daß Er frölich lacht7/ Wen andre stehn und beben8. | a giebet] B im Cantus statt dessen: g ebet (Erratum) Cantus statt dessen: wann
b Wen] A im Cantus statt dessen: wan B im
1 Mt 6,11 2 Zu der von Rist vorgesehenen Melodie des erstmals 1569 gedruckten Gesangs „O Gott, wir danken deiner Güt’“ vgl. Zahn, Melodien, Bd. 3, Nr. 4493b sowie Bd. 6, Gedruckte Quellen, Nr. 178. 3 Vgl. Sir 50,25 4 Vgl. Joh 3,16 5 Vgl. Ps 90,15 6 schier] fast. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 23. 7 Ps 103,5 8 beben] zittern. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1209 f.
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Teil 2
3. Mein GOtt/ wie sehr erfreü9 Jch mich/ Daß du gantz reich von Gnaden Versorgest mich so mildiglich10,11/ Ob Jch gleich bin beladen Mit vieler Sünd und schwehrer Schuld/ Die gleichwol deine Vatters Huld Mir Armen nicht läst schaden. 4. Du wendest manche schwehre Noht/ Erfüllest mich mit Segen/ Mit Freüden ess’ Jch hier mein Brod12/ Kan mich fein friedlich legen13/ Von dir Herr hab’ Jch Ehr und Guht/ Dein Hand ist/ die mir alles thut14 Woran mir ist gelegen. 5. Mit Freüden trink Jch meinen Trank15/ Wie solt’ Jch den nicht bringen Getreüer GOtt dir Lob und Dank Jtz durch mein gläubigs Singen? Mein’ Arbeit greiff’ Jch rüstig an16/ Thu willig/ was Jch weiß und kan/ Du läst es wol gelingen.
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6. Nun dises muß Jch deine Gab’ Und milde17 Wolthat nennen/ | Dein ist und bleibt es/ waß Jch hab’/ Jch kan es wol erkennen/ Ach lieber Vatter nähre mich Durch deinen Segen kräftiglich/ Sonst hilft mich18 ja kein Rennen.
9 erfreü] freue. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 807. 10 mildiglich] reichlich. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 2215. 11 Vgl. Ps 55,23 12 Koh 9,7 13 legen] schlafen legen. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 532. 14 Vgl. Ps 104,28 15 Koh 9,7 16 Mein’ Arbeit greiff’ Jch rüstig an] geschwind nehme ich meine Arbeit in Angriff. Zu ‚angreifen‘ vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 356; zu ‚rüstig‘ vgl. DWb 14, Sp. 1550. 17 milde] freigebige. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 2202. 18 hilft mich] hilft mir. Zu ‚helfen‘ mit persönlichem Objekt im Akkusativ vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 954.
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IX. Freüdiges Danklied
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7. Nim deine Freüde nicht von Mir/ Laß meinen Sinn nicht wanken/ Mein Hertz das klebe stets an dir/ Gib fröliche Gedanken/ Behüte mich für üppigkeit19/ Und laß mich lauffen jederzeit Jn wahrer TugendSchranken. 8. Melankolei und Kümmerniß Laß ferne von mir bleiben/ Du kanst den Traurgeist gahr gewiß Auß meinem Hertzen treiben/ Daß er/ wen du bei mir nur bist Mit deiner Güht Herr Jesu Christ/ An mir sich nicht darf reiben20. 9. Herr/ laß mich für dein Angesicht Mit Freüden allzeit kommen21/ Daß nicht der Hoffnung theüres Liecht Mir werd’ hinweg genommen/ | Waß hilft es stets vol Sorge sein/ Da doch die selbstc gemachte Pein Dem Menschen nicht kan frommen22? 10. Mit Trost und Freüden salbe Mich/ Laß meine Seel empfinden Daß den/ der Kindlich liebet dich/ Kein Angst noch Trübsahl binden Noch Satan selbst verletzen kan23/ Ein GOttes Freünd und tapfrer Mann Kan alles überwinden24.
c die selbst] Gemäß B emendiert aus: dieselbst (Erratum auch in C) 19 üppigkeit] Verschwendungssucht. Vgl. Grimm, DWb 24, Sp. 2350. 20 An mir sich nicht darf reiben] mich nicht angreifen darf. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 568. 21 Vgl. Ps 95,2 22 frommen] nutzen. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 246. 23 Vgl. Röm 8,35 24 Vgl. Röm 8,37
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Teil 2
11. Jch achte nichts die Lust der Welt25/ Jch wünsche nicht zu leben Jn überfluss’/ und grosses Geld/ Den Erben aufzuheben/ Mein höchste Freüd ist diser Zeit Der Tugend/ Ehr’ und Frömmigkeit Sich gantz und gahr ergeben. 12. Lass’ aber auch mit Dank und Lust/ Mein Schöpfer Mich beschauen/ Waß von Geschöpfen uns bewust Alß26 Himmel/ Meer und Auen/ Der Erdenklohß27/ der SonnenPracht Und waß dein’ Hand durch ihre Macht Hat Anfangs wollen bauen. | S. 130
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13. Drauf laß mich freüdig wen Jch sol Auß disem Leben scheiden/ Verleih auch daß Jch Freüden vol Besteh’ in allem Leiden/ | Mit Freüden spring’ Jch auß der Noht/ Mit Freüden dring’ Jch durch den Tod Zu dir/ ins Reich der Freüden. |
25 Jch achte nichts die Lust der Welt] ich halte die Lust der Welt für nichts. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 168. 26 Alß] wie. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 248. 27 Erdenklohß] Erdkugel. Zu ‚Kloß‘ vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 1246.
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X. Danklied zu GOtt
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Der Zehende Lobgesang. Ein Danklied zu GOtt/ daß Er unser Gebeht so gnädiglich erhöret und
angenommen. Dises kan auch gesungen werden auf die Melodei des Lides:
Von GOtt wil Jch nicht lassen1. 1.
J
CH wil den Herren loben2/ Sein Lob sol immerdar Noch ferner3 stehn erhoben Alß bei der Sterne Schaar4/ Eß sol mein Hertz und Mund Sich GOttes Güht erfreüen5 Ja weit und breit außschreien Desselben Gnadenbund. 2. Helft Mir den Herren preisen6 Jhr Christen überall Mit wunderschönen Weisen/ Mit Jnstrumenten Schall’/ Er hat sein gnädigs Ohr Mir zeitig zugewendet Und Hülffe mir gesendet7/ Drauf kam’ Jch bald empor. |
1 Zu der von Rist vorgesehenen Melodie des erstmals 1572 gedruckten Gesangs „Von Gott will ich nicht lassen“ vgl. Zahn, Melodien, Bd. 3, Nr. 5264b–5266 sowie Bd. 6, Gedruckte Quellen, Nr. 194. 2 Ps 34,2 3 ferner] höher. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1535. 4 Vgl. Ps 148,13 5 Ps 31,8 6 Ps 34,4 7 Ps 31,3
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3. Nur der ist wolbestanden8 Der Jhn hat angesehn/ Den keiner wird zu Schanden Der Jhm kan nahe gehn9,10/ Da der Elende rief/ Hat Jhn der Herr erhöret11 Jn Lust Sein Leid verkehret12,13/ Darin Er lag so tieff!
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4. Ach sehet doch und schmekket/ Wie Freündlich daß Er ist14/ Wie fein Er uns bedekket15,16 Für Satans Macht und List!a Er wachet üm uns her/ Wol dem der auf Jhn bauet/ Und seiner Gühte trauet17/ Dem fält kein Kreütz zu schwehr. 5. Des Herren Augen sehen Waß der Gerechte macht/ Auch müssen offen stehen Sein’ Ohren Tag und Nacht/ Er höret Jhr Geschrei18/ Wen Trübsahl Sie wil tödten/ So hilft Er schnell auß Nöhten19/ Und macht Sie Sorgen frei. | 6. Der Herr ist nahe denen Die traurigs Hertzens sind20 Wie sich sonst Eltern sehnen Nach Jhrem schwachen Kind’; a List!] C statt dessen: List’ 8 ist wolbestanden] wird wohl erhalten. Vgl. zu ‚bestehen‘ Grimm, DWb 1, Sp. 1667. 9 Jhm kan nahe gehn] mit ihm vertraut sein kann. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 283. 10 Ps 25,3 11 Ps 34,7 12 verkehret] verwandelt. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 628. 13 Jer 31,13 14 Ps 34,9 15 bedekket] beschützt. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1222. 16 Ps 91,4 17 Ps 2,12 18 Ps 34,16 19 Ps 34,7 20 Ps 34,19
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Teil 2
Also nimt gnädig an Zerschlagene Gemühter21 Jsraels Hirt und Hühter22/ Der alles heilen kan23. 7. Der Herr hat nicht verborgen Sein Angesicht für Mir/ Den alß mein Hertz vol Sorgen Sich selbst verzehrte schier24,25/ Da trat Er bald herzu Und stillte mein Verlangen/ Als Jch ein Hülff empfangen/ Da fühlt’ Jch stündlich26 Ruh’27. 8. Er kennetb ja den Jammer/ Der oft so grausahmlich Jn diser Trähnenkammer Verzehret Dich und Mich/ Drum ist mein Hertz gewiß/ Daß Er auf Alles merket28,29/ Und die Betrübten stärket Jn Jhrer Kümmerniß30. | S. 135
9. Laß gnädig dir gefallen Du meines Lebens Hort31 Diß meiner Zungen Lallen32/ Es sind dein’ eigne Wohrt: Ach nim Sie von mir an/ Dieweil33 Mir wil geziemen Von Hertzen dich zu rühmen/ So lang’ Jch reden kan34.
b Er kennet] Gemäß B emendiert aus: Erkennet (Erratum auch in C) 21 Ps 34,19 22 Ps 121,4 23 Ps 103,3 24 schier] fast. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 23. 25 Vgl. Ps 22,2 f. 26 stündlich] immerfort. Vgl. Grimm, DWb 20, Sp. 546. 27 Vgl. Ps 55,19 28 merket] achtet. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 2100. 29 Ps 33,15 30 2Kor 1,4 31 Ps 62,3 32 Vgl. Ps 119,108 33 Dieweil] weil. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1146. 34 Ps 104,33
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X. Danklied zu GOtt
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10. Man lobt dich in der Stille35 Du Sions Schutz und Heil36/ Herr hilf/ daß Jch erfülle/ Waß Jch zu meinem Theil37 Dir kindlich leisten sol/ Jmmittelst38 laß für allen Diß Opffer dir gefallen39/ So werd Jch Jauchtzens vol. 11. Das ist ja meine Freüde/ Daß Jch im Glükk und Noht/ Von meinem GOtt nicht scheide40/ Und ob Mich gleich der Tod Hinriss’ auß diser Welt/ Bleibc Jch doch GOtt ergeben/ Der friste Mir mein Leben41 So lang es Jhm gefält. | 12. Wie kan Jch dir bezahlen Herr deine Güht’ und Treü42? Eß sol zu tausend mahlen Mein Danklied werden neü/ Auf meine Seele/ fohrt/ Dem Herren wil Jch singen43/ Laß Himmels lieder klingen/ Mit Freüden hier und dort.
Ende des anderen44 Theils.d |
c Bleib] Gemäß B, C emendiert aus: Bieib
d Ende des anderen Theils.] Fehlt C
35 Ps 65,2 36 Ps 18,3 37 zu meinem Theil] meinerseits. Vgl. Grimm, DWb 21, Sp. 352. 38 Jmmittelst] inzwischen. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2079. 39 Ps 119,108 40 Vgl. Röm 8,35 41 friste Mir mein Leben] bestimme meine Lebenszeit. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 218. 42 Vgl. Ps 116,12 43 Ps 13,6 44 anderen] zweiten. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 307.
S. 136
Neüer Himlischer Lieder
Dritter Theil/ Jn sich begreiffend Sonderbahrer1 Personen
Sonderbahre Lieder. 2
5
Mit Neüen
Von unterschiedlichen/ in der Sing= 10
und Orgelkunst treflich geübten und er= fahrnen Meistern/ wolgesetzten Melodeien. |
1 Sonderbahrer] besonderer. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1577.
2 Vgl. Anm. 1.
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I. Ernstliches Bittlied
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S. 140
Das Erste. Ernstliches Bittlied eines andächti= gen und Gottseligen Predigers.
Welches kan gesungen werden auf die Melodei des bekanten Lides:
Herr Christ thu mir verleihen1. 1.
M
Ein GOtt dir wil Jch singen Von Hertzen Lob und Dank/ Daß du zu hohen Dingen Gefordert meinen Gang2,3/ Dich rühm’ Jch täglich Herr/ Daß eh’ Jch bin gebohren/ Du Mich schon hast erkohren4 Zu deinem Prediger. 2. Nun Herr/ diß Ampt zu führen Halt’ Jch Mich viel zu schlecht5,6/ Wen du nicht lässest spühren Mich deinen armen Knecht/ Daß du bist stets bei mir Mit deines Geistes Gaben7/ Den wen Jch die kan haben/ Dien’ Jch mit Freüden dir8. |
1 Der Text „Herr Christ, tu’ mir verleihen“ wurde von Jeremias Nicolai zur Melodie des Gesangs „Aus meines Herzens Grunde“ verfaßt. Vgl. Wackernagel, Bd. 5, Nr. 397 und o. S. 99, Anm. 1. 2 Gefordert meinen Gang] meinen Lebensweg gefördert hast. Zu ‚fordern‘ vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1892; zu ‚Gang‘ vgl. DWb 4, Sp. 1230. 3 Vgl. Ps 13,6 4 Vgl. Jer 1,5 5 diß Ampt viel zu schlecht] ich halte mich für viel zu schlecht, dieses Amt zu führen. Zu ‚halten‘ vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 296 f. 6 Vgl. Jer 1,6 7 1Kor 12,7–11 8 Ps 100,2
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I. Ernstliches Bittlied
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3. Gesegne9 mein Beginnen10 Mit deiner GnadenHand/ Erleüchte mir die Sinnen/ Damit Jch den Verstand11 Der unverfälschten Schrift So hell und deütlich fasse/ Daß Sich nicht spühren lasse Der Ketzer Schwarm12 noch Gift13.
S. 141
4. Begabe Mich von Oben/ Daß Jch dein theüres Wohrt14 Trotz aller Feinde Toben15 So lehr’ an meinem Ohrt/ Damit dasselbe wol Und recht verstandena werde Von meiner liebsten Heerde/ Welch’ Jch versorgen sol. 5. Laß Mich Mein Ampt verwalten Mit höchstem Fleiss’ und Treü/ Am Wohrte laß Mich halten16 Mit Straffen ohne Scheü/ Mein Helffer17 stärke Mich Des Lebens Weg zu bahnen Durch Warnen und Ermahnen18 Durch Trösten kräftiglich. | 6. Und wen den komt die Stunde Daß Jch dich loben sol/ So sei mit meinem Munde So/ daß Er Geistes vol a verstanden] Gemäß B, C emendiert aus: verstand en 9 Gesegne] segne. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 4015. 10 Beginnen] Tun. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1297. 11 Verstand] Sinn. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 1542. 12 Schwarm] Schwärmerei. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 2286. 13 Gift] Irrlehre. Vgl. Grimm, DWb 7, Sp. 7437. 14 Vgl. 1Tim 4,9 15 Vgl. Ps 2,1 16 halten] festhalten. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 290. 17 Vgl. Sach 9,9 18 Vgl. 1Tim 4,13
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Teil 3
Dem Donner gebe Kraft19/ Dein Wohrt sei nicht vergebens/ Das edle Wohrt des Lebens20/ Das so viel Nutzen schaft. 7. Verhüt O Herr in Gnaden Bei meinen Schäfelein/ Was Jhnen könte schaden/ Und dir zu wider sein/ Es treibe Sie dein Geist21/ Daß Sie Mich nützlich hören/ Jm fall22 Jch Sie sol lehren Was recht und Christlich heist. 8. Laß Sie zu Hertzen fassen23/ O GOtt dein theüres Wohrt24/ Das wird Sie nimmer lassen/ Wen Sie gleich müssen fohrt/ Stärk allzeit Jhren Sinn/ Daß Sie ja nicht vergessen/ Waß Jhnen zugemessen25 Dein Wohrt von Anbegin. | 9. Laß Sie ja Thäter bleiben Und Hörer nicht allein26/ Wen Sie nicht Werke treiben/ Waß sol Jhr Glaube sein27? Den wird es erstlich kund Wen man die Frucht gelesen28/ Ob auch der Baum gewesen Frisch/ tauglich und gesund29.
S. 143
19 23 25 28
Vgl. Ps 68,34 20 Phil 2,16 21 Röm 8,14 22 Jm fall] wenn. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1275. zu Hertzen fassen] zu Herzen nehmen. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1214. 24 Vgl. 1Tim 4,9 zugemessen] zugeeignet. Vgl. Grimm, DWb 32, Sp. 538. 26 Jak 1,22 27 Vgl. Jak 2,17 gelesen] geerntet hat. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 774 f. 29 Vgl. Mt 7,16 f.
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10. O treüer GOtt30 regiereb Mich selber auch zugleich/ Daß Jch mein Amt so führe/ Damit mein Thun gereich’ Allein zu deiner Ehr’ Und Wolfahrt meiner Heerde/ Gib daß gefunden werde Bei Mir Trost/ Straff und Lehr31. 11. Hilf daß Jch nicht entbrenne Von Eifer/ der gestalt/ Daß Jch Mich selbst kaum kenne Noch suche mit Gewalt/ Waß man mit Freündligkeit Kan von den Schafen haben/ Doch gib des Eifers Gaben32 O GOtt zu rechter Zeit. | 12. Laß weder Gunst noch Dreüen33 Mich wenden von dir ab34/ Laß mich die Welt nicht scheüen Solt’ Jch den Bettelstab Gleich nehmen auch zur Hand. Dir wil Jch dis mein Leben Ja Leib und Seele geben O treüer GOtt35/ zum Pfand’36. 13. Und solt’ Jch gleich auf Erden Wie sonst der Undank thut/ Mit Macht verfolget werden/ So gib mir einen Muht37/
b GOtt regiere] B statt dessen: Gottregiere (Erratum) 30 Ps 31,6 31 Röm 15,4; 2Tim 3,16 32 Vgl. 2Kor 11,2 33 Dreüen] Drohen. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1346. 34 Vgl. Röm 8,39 35 Ps 31,6 36 Vgl. Röm 12,1 f. 37 Muht] Gesinnung. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 2783.
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Teil 3
Der solches mit Geduld Könn’ allzeit überwinden/ Und bald darauf empfinden Dein Hülffe/ Gnad’ und Huld. 14. Erhalte mein Gewissen Vonc groben Sünden frei/ Hilf daß Jch sei geflissen Auf Tugend38 mancherlei/ Mein Thun sei wolgethan/ Mein Leben und mein Lehren Laß nimmer Sich abkehren Von deines Wohrtes Bahn. | S. 145
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15. Nun Herr/ merk auf mein Flehen39/ Mein Lied steig’ auf zu dir/ Durch dich kan Jch bestehen Jm Fall’40 Jch trett herfür/ Verleihe Kraft und Muht/ Daß Jch hie freüdig streite/ Dein theüres Lob außbreite41/ Hilff/ O mein höchstes Guht42. |
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c Von] B statt dessen: Vor (Erratum) 38 geflissen Auf Tugend] um Tugend bemüht. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 2144. 40 Jm Fall’] wenn. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1275. 41 Vgl. Ps 34,2 42 Ps 16,5
39 Ps 66,19
II. Lied Einer Christlichen < …> Obrigkeit
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Teil 3
Das Ander1 Lied. Einer Christlichen von GOtt ver= ordneten Landes Obrigkeit.
Dises kan gesungen werden auf die Melodei deß Lides:
Hertzlich lieb habe Jch dich O Herra,2/ etc. 1.
A
Llmächtiger3 und grosser GOtt4/ Du herlicher Herr Zebaoht5/ Wie sol Jchs dir verdanken6? Daß du Mich deinen Knecht geschätzt So würdig7/ daß Jch bin gesetzt Jn diser Herrschaft Schranken8? Du bist der Höchst’ in aller Welt9/ Du gibest dem/ der dir gefält Ein Fürstenthum/ ein Königreich/ Kein Herr ist dir auf Erden gleich10/ Den Niedrigen erhebst du bald11/ Bist groß und herlich von Gewalt12.
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2. Dein Reich das währet für und für13/ Waß sind die Menschen gegen dir14,15 Die Staub und Asche werden16?
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a O Herr] Fehlt C 1 Ander] zweite. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 307. 2 Zu der von Rist vorgesehenen Melodie des erstmals 1587 gedruckten Gesangs „Herzlich lieb hab ich dich, o Herr“ vgl. Zahn, Melodien, Bd. 5, Nr. 8326 sowie Bd. 6, Gedruckte Quellen, Nr. 270. 3 Gen 17,1 4 Ps 95,3 5 Jer 32,18 6 verdanken] danken. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 198. 7 geschätzt So würdig] für so würdig gehalten hast. Zu ‚schätzen‘ vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 2283. 8 Herrschaft Schranken] Herrschaftsbezirk. Zu ‚Herrschaft‘ vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1153; zu ‚Schranken‘ vgl. DWb 15, Sp. 1635. 9 Ps 83,19 10 Jer 10,6 11 Lk 1,52 12 1Chr 16,25 13 Dan 3,33 14 gegen dir] Zu ‚gegen‘ mit Dativ vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 2205. 15 Vgl. Ps 144,3 16 Vgl. Gen 18,27; Ps 103,14
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Teil 3
Du bist Barmhertzig17/ Treü18 und Mild19/ Du schaffest alles wie du wilt Jm Himmel und auf Erden20/ Es lebet ja so gahr kein Mann/ Der deiner Allmacht wehren kan21/ | Kein Stoltzer mag für dir bestehn/ Er muß zu Grund und Boden gehn22/ So stekt auch deine starke Hand Die Grentzen einem jeden Land’23. 3. O Herr/ laß deinen armen Knecht Diß grosse Werk erkennen recht/ Ja lehre Mich bedenken/ Daß Jch mein GOtt bin unter dir Und daß dein heisser Grim Mich hier Uhrplötzlich kan versenken24,25/ Gib Mir so feste Zuversicht/ Daß Jch in Trübsahl wanke nicht26/ Und hilf daß Jch dein Göttlichs Wohrt Von Hertzen liebe fohrt und fohrt/ Erhalte Mich auch mehr und mehr O treüer GOtt bei reiner Lehr. 4. Laß Mich in meinem Lande sehn Zwo Säulen unbeweglich stehn/ Den unverfälschten Glauben/ Der in der Schrift verfasset ist/ Denselben laß noch Macht noch27 List Auß disen Ländern rauben/ Dich fürchten sei nur unser Lust28/ Kein schöner Schmuk bleib’ uns bewust/ Nach disem laß Gerechtigkeit Jm Lande blüen weit und breit. |
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Den Alles waß Sich gründen läst Auf Lehr und Recht/ das stehet fest.
17 Ps 86,15 18 Dtn 7,9 19 Mild] freigebig. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 2201. 20 Vgl. Mt 6,10 21 Vgl. Sap 11,21 22 Vgl. Jer 46,15 23 Ps 74,17 24 versenken] verderben. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 1280. 25 Ps 90,7 26 Vgl. Jes 25,4 27 noch noch] weder noch. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 872. 28 Vgl. Jos 4,24
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II. Lied Einer Christlichen Obrigkeit
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5. Verleihe Mir auch Fried und Ruh’29 O starker GOtt30/ tritt bald herzu/ Wen sich die Feinde regen31/ Sei du mein Hort/ mein Schild32/ mein Schutz33/ Der aller Widersacher Trutz34 Leicht kan zu Boden legen/ Sei du gleich eine Maur von Feür35/ Und wen ein starkes Ungeheür36 Das gantze Land erzittern macht/ So nim du meine Leüt’ in acht/ Beschütze Mich/ mein Volk und Land/ Und thu den Feinden Widerstand37,38. 6. Mein Unterthanen laß allein Mir willig und gehorsahm sein/ Dagegen laß Mich spühren Die Weißheit von des Himmels Thron39/ Den Sie nur ist die rechte Krohn40/ Die glüklich macht regieren/ Hilff daß Jch einem Jeden nütz’/ Und sonderlich die Frommen schütz’/ An bösen Buben übe Rach’ Und jage stets dem Frieden nach/ Daß Jch die Furcht der Argen heiss’41 Und Tugendhafter Leüte Preiß. | 7. Ach Herr laß Mich doch im Gericht’ Auf die Personen schauen nicht42/ Laß Mich gantz emsig suchen Das rechte Recht/ und nicht auß Gunst Den Leüten machen einen Dunst43/ Laß Mich den Geitz verfluchen44/
29 Sir 50,25 30 Jer 32,18 31 Ps 17,9 32 Ps 18,3; 71,3 33 Ps 144,2 34 Trutz] Drohung. Vgl. Grimm, DWb 22, Sp. 1090. 35 Sach 2,9 36 Ungeheür] Bedrohung. Vgl. Grimm, DWb 24, Sp. 701. 37 thu Widerstand] leiste Widerstand. Vgl. Grimm, DWb 21, Sp. 443. 38 Vgl. Dtn 20,4 39 Vgl. 2Chr 1,10 40 Vgl. Prv 4,9 41 Vgl. Prv 20,8 42 Dtn 1,17 43 Den Leüten machen einen Dunst] die Leute betrügen. Zu ‚Dunst‘ vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1562. 44 Vgl. Prv 28,16
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Teil 3
Laß meines Reichthums Brünnelein Den Armen stets behülfflich sein45/ Gib daß Jch gern die Witwen hör’46 Und der Verlassnen Gühter mehr’/ Auch sei der Waisen Auffenthalt47 Und schütze Jeden für Gewalt. 8. Ach solt’ Jch hören/ daß man Mir Verhiesse Frieden für und für/ Wie wolt’ Jch GOtt lobsingen? Ja möchten sich nur bald aufs neu Begrüssen Friede/ Güht und Treü48/ Für Freüden wolt Jch springen. Jmmittelst49 laß ô treüer GOtt Mich fleissig halten dein Gebott/ Von gantzem Hertzen fürchten dich50 Und vor der Höllen scheüen mich/ Damit du nicht mein Volk und Land Schnell straffest mit ergrimter Hand.
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9. Diß Land O Herr das nim in Huht51 Und kröhn es stets mit deinem Guht’52/ | Ei laß den Segen fliessen/ Verleihe daß mein Regiment Durch Unglük werde nicht zertrent53/ Wehr’ allem Bluhtvergiessen/ Damit das Volk nicht ängstiglich Jn Nöhten schreie wider mich/ | Das Land wird deines Lobes vol Mein GOtt/ wen Jch regiere wol/ Herr Zebaoht54 dein Lob allein Sol stets in meinem Munde sein55. |
45 Vgl. Prv 14,31 46 Vgl. Dtn 10,18 47 Vgl. Sach 7,10 48 Ps 85,11 49 Jmmittelst] inzwischen. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2079. 50 Ps 119,38 51 Huht] Schutz. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1983. 52 Vgl. Ps 65,12 53 mein Regiment werde nicht zertrent] meine Herrschaft nicht zerstört werde. Zu ‚Regiment‘ vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 536; zu ‚zertrennen‘ vgl. DWb 31, Sp. 794. 54 Jer 32,18 55 Ps 34,2
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III. Lied Eines Christlichen Kriegesmannes
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Teil 3
Das Dritte Lied. Eines Christlichen/ GOtt= Ehre= und Tugendliebenden Krieges=
mannes. Dieses kan man auch singen auf die Melodei des schönen Lides:
Ein feste Burg ist unser GOtt1/ etc. 1.
D
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U mächtigster Herr Jesu Christ/ Du Held von grossen Thaten/ Der du nicht zu bezwingen bist Durch Streiten oder Rahten/ Du Kraft/ du Wunderbahr2/ Du Helffer in Gefahr3/ Sei du mein Schild und Schutz4/ Auf daß der Feinde Trutz5 Mir gahr nicht könne schaden. 2. Herr du bist ja mein starker Schild6/ Der Mich zu Ehren setzet/ Und wen der Feind gleich noch so wild Und grausahm wird geschätzet7/ So kan Er doch fürwahr Mir krümmen nicht ein Hahr/ Er brause nur heran/ Du bleibest doch der Mann/ Der Mir mein Häubt aufrichtet8. | 1 Zu der von Rist vorgesehenen Melodie des erstmals 1535 gedruckten Gesangs „Ein’ feste Burg ist unser Gott“, der von Martin Luther komponiert wurde, vgl. Zahn, Melodien, Bd. 4, Nr. 7377 sowie Bd. 6, Gedruckte Quellen, Nr. 44 und 37. 2 Jes 9,5 3 Sach 9,9 4 Ps 144,2 5 Trutz] Drohung. Vgl. Grimm, DWb 22, Sp. 1090. 6 Ps 7,11 7 grausahm wird geschätzet] als grausam eingeschätzt wird. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 2282. 8 Ps 3,4
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Teil 3
3.
Herr/ gib Mir einen Helden Muht
Daß Jch der Feinde Dreüen9/ Die dürstig sind nach meinem Bluht’ Jtz gahr nicht dörfe scheüen/ Wen du Mir hilfst mein GOtt/ So werd Jch nicht zu Spott/ Du brichst in einer Schlacht Deß Feindes List und Macht Bei dir ist Sieg und Segen. 4. GOtt/ tröste Mich mit deiner Kraft10/ Jn disen KrigesZeiten/ Und nach der Sachen Eigenschaft11 Ermuntre Mich zum Streiten/ Dein Hand Herr/ stärke Mich12/ Daß Jch treib hinter sich13 Die wolbewehrte14 Schaar’15/ Daß Sie verstiebe16 gahr Wie Spreü für starken Winden17.
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5. Laß Jhre Wege finster sein/ Laß Sie verfolget werden/ Und jage Sie zum Netz hinein Mit Jhren schnellen Pferden/ Jns Netze daß Jhr Raht Unß aufgestellet hat18/ | Wen das geschehen sol/ So wil Jch Freüden vol Dir nach der Schlacht lobsingen. 6. Jn deinem Namen wollen wir Die Kämpffer untertreten19,20/ 9 Dreüen] Drohen. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1343. 10 Ps 51,14 11 nach der Sachen Eigenschaft] wie es der Sache gemäß ist. Zu ‚Eigenschaft‘ vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 100. 12 Ps 18,36 13 treib hinter sich] zurückwerfe. Vgl. Grimm, DWb 22, Sp. 6. 14 wolbewehrte] gut bewaffnete. Vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 1102. 15 Vgl. Ps 9,4 16 verstiebe] auseinander fliege. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 1748. 17 Hiob 21,18 18 Ps 35,6 f. 19 untertreten] besiegen. Vgl. Grimm, DWb 24, Sp. 1878. 20 Ps 44,6
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III. Lied Eines Christlichen Kriegesmannes
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Drauf gehen wir zum Streit’ herfür Und fangens an mit Behten/ Den auf ein muhtigsa Pferd/ Karthaunen21/ Spieß und Schwehrt Verlassen wir uns nicht/ Nein/ unser Zuversicht Jst blohß auf dich gesetzet. 7. Ja du bist unser Hülf’ und Stärk’/ Auch in den höchsten Nöhten22/ Es ist für dir ein schlechtes23 Werk Die Feind’ im Streit’ ertödten24,25/ Und solte gleich vergehn Die Welt/ wird man doch sehn Die schöne GOttesStatt Fein lustig/ reich und satt Mit Jhren Brünnlein prangen26,27. 8. GOtt selber ist bei Jhr darin28/ Darum wird Sie wol bleiben/ | Wo wollen doch die Heiden hin? Der Herr wird Sie vertreiben/ Wen der sich hören läst29/ So stehet nichts so fest Daß nicht dem Schatten gleich Verschwindet/ nur Sein Reich Muß ewiglich bestehen30. 9. Herr heist Er/ der in aller Welt Zu steüren pflegt den Kriegen31,32/
a muhtigs] Gemäß C emendiert aus: muhtiges (Erratum auch in B) 21 Karthaunen] Geschütze. Vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 233. 22 Ps 46,2 23 schlechtes] einfaches. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 523. 24 ertödten] töten. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1030. 25 Vgl. Dtn 28,7 26 prangen] glänzen. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 2066. 27 Ps 46,5 28 Vgl. Apk 21,3 29 Ps 46,7 30 Tob 13,22 31 Zu steüren pflegt den Kriegen] den Kriegen Einhalt zu gebieten pflegt. Vgl. Grimm, DWb 18, Sp. 2653. 32 Ps 46,10
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Teil 3
Der Wäll und Mauren33 so zerschelt34/ Daß Sie verödet ligen35/ Er machet allen Raub Gleich einer Hand vol Staub/ Er bricht des Feindes Schwehrt36 Daß uns schon längst begehrt Wie Mastvieh hin zuschlachten37. 10. Herr/ schaff’ uns Hülf in diser Noht38/ Kein Mensch kan uns erretten/ Es dreüet uns der Feind den Tod39/ Ach daß wir Beistand hetten! Hier ligt ein starker Hauff40/ O grosser GOtt steh’ auf/ Vertreib’ Jhn doch geschwind Gleich wie den Rauch der Wind Wie Feür das Wachs zerschmeltzet41. | S. 158
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11. Entzünd in Mir Hertz/ Muht und Bluht/ Daß Jch mag freüdig streiten/ Wen deiner Feinde Grim und Gluht Mir wil ein Grab bereiten/ | Den laß als einen Held Mich ziehen Frisch ins Feld/ Wolan/ dein ist der Krieg/ Drum gib Mir auch den Sieg/ So wil Jch stets dich preisen. |
33 Mauren] Mauern. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 1774. 34 zerschelt] in Stücke schlägt. Vgl. Grimm, DWb 31, Sp. 757. 35 Vgl. Jes 37,26 36 Ps 76,4 37 Vgl. Ps 37,14 38 Vgl. Jer 15,11 39 dreüet uns der Feind den Tod] droht uns der Feind den Tod an. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1343. 40 Hauff] Heer. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 585. 41 Ps 68,3
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IV. Lied Christlicher Eheleüte
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Teil 3
Das Vierte Lied. Frommer Christlicher Eheleüte. Dises kan man singen auf die Melodei unsers überal bekanten Bittlides:
Vatter unser im Himmelreich1. 1.
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GOtt/ der du mit eigner Hand Jm Paradiß den edlen Stand Der Eh’ hast angestiftet2 wol3/ Daß man in solchem leben sol Nach deinem Willen/ und auch wir Gesetzet sind darina von dir.b 2. Wir danken dir auß Hertzen Grund’/ Herr Zebaoht4/ in diser Stund/ Und bitten dich im Glauben frei/ Daß ja dein Segen bei uns sei/ Den wer ein Ehfrau finden kan/ Der ist ein wolbeglükter Mann. 3. Laß uns in diser argen Zeit Zu fürchten dich stets sein bereit/ Die GOttesFurcht ist ja der Schatz/
a darin] Im Cantus statt dessen: darrin (Erratum) aus: ; (Erratum auch in B, C)
b .] Gemäß Cantus und Bassus emendiert
1 Zu der von Rist vorgesehenen Melodie des erstmals 1539 gedruckten Gesangs „Vater unser im Himmelreich“ vgl. Zahn, Melodien, Bd. 2, Nr. 2561–2564 sowie Bd. 6, Gedruckte Quellen, Nr. 53. 2 angestiftet] eingerichtet. Zu ‚stiften‘ vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2879. 3 Vgl. Gen 2,22–24 4 Jer 32,18
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Teil 3
Der uns zum Himmel machet Platz/ Wer disen Schatz erwirbt allein/ Des Saame wird gewaltig sein5. | S. 161
4. Verleihe doch/ daß wir hinfohrt Uns halten stets zu deinem Wohrt’ 6/ Und stehen als ein frischer Baum/ Der an des süssen Wassers Raum/ Zu seiner Zeit bringt guhte Frucht/ So/ daß kein Blätlein nimt die Flucht7,8. 5. Dieweil9 auch Herr in diser Welt Vor allen Dingen dir gefält/ Wen in der Eh’ ein frommer Christ Mit seinem Gatten10 Einig ist11/ So hilf daß auch zur jeden Zeit Wir hegen Fried und Einigkeit. 6. Lass’ unsrer keüschen Liebe Frucht Bekleidet sein mit Ehr und Zucht/ Damit ohn alle Triegerei12 Der Tugend Würkung üm uns sei/ Es führ’ uns deine GnadenHand/ Daß wir nicht üben Sünd und Schand. 7. Ach Herr laß dir befohlen sein Dein uns bescherte Pfläntzelein/ Die Kinder13/ so nach deinem Raht Der Ehbund uns geschenket hat/ Hilff/ daß wir ja dieselben sehn Den Pfad der wahren Tugend gehn. |
5 Ps 112,1 f. 6 Vgl. Ps 119,17 7 nimt die Flucht] die Flucht ergreift. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1832. 8 Ps 1,3 9 Dieweil] weil. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1146. 10 Gatten] Das Maskulinum gilt auch für die weibliche Form. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 1496. 11 Sir 25,2 12 Triegerei] Heuchelei. Vgl. Grimm, DWb 22, Sp. 1282. 13 Vgl. Ps 128,3
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IV. Lied Christlicher Eheleüte
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8. Gib Jhnen ein gehorsahm Hertz/ Daß Sie nicht weichen hinderwerts14/ Erhalte Sie frisch und gesund/ Dein Lob erschall’ auß Jhrem Mund’15/ Auf daß Sie werden alt und klug/ Auch haben Ehr und Guhts genug16.
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9. Dein Segen komm’ auf unser Hauß17/ Der Nahrungsmangel flieh hinauß/ Gib uns die Kleidung und das Brod/ Stehstc du nur bei uns in der Noht/ So lebt kein Teüfel noch Tiran18/ Der unsrer Wolfahrt schaden kan. 10. Bewahr uns Herr Haus/ Hof und Guht/ Vor Flammen/ Sturm und Wasserfluht/ Vor Hagel/ Donner/ Krieg und Pest/ Und waß uns sonst verderben läst/ Ach Herr/ es ist ohn deine Gunst All’ Arbeit/ Müh’ und Fleis ümbsonst19. 11. Regier auch unser Haußgesind’/ Daß es gehorsahm und geschwind’ Jn seinem Thun/ darnebenst20 treü/ Vor allen dir ergeben sei/ Für Lügen/ Diebstal/ Trug und List Behüte Sie zur jeden Frist21. | 12.d Jst den dein Will’ ô GOtt bedacht Zu zeigen uns die finstre Nacht c Stehst] B statt dessen: Sthest (Erratum)
d 12.] In Custode statt dessen: 11. (Erratum)
14 weichen hinderwerts] zurückweichen. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1523. 15 Ps 8,3; Mt 21,16 16 Vgl. Eph 6,1–4 17 Vgl. 2Sam 7,29 18 Tiran] Tyrann. Vgl. Grimm, DWb 22, Sp. 1967. 19 Vgl. Ps 127,1 20 darnebenst] zudem. Nicht bei Grimm, DWb. 21 Frist] Zeit. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 216.
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Teil 3
Des Creützes/ Trübsahl und Gefahr/ Alßden22 verstoss’ uns nicht so gahr23/ Gedenke nicht der alten Schuld24/ Verzeih’ uns Herr und gib Geduld. 13. Laß Wollust/ Ehre/ Geld und Guht Ja nicht beherschen unsern Muht25/ Den waß ist Wollust/ Guht und Geld? Es bleibt doch alles in der Welt/ Laß trachten uns in diser Zeit Für allem nach der Seligkeit26. 14. Nun GOtt der Vatter lass’ uns nicht27/ Der Sohn zeig’ uns sein Angesicht28/ Der Geist regier uns frü und spaht/ Schenk uns in Nöthen Trost und Raht’/ Laß selig sterben uns zu gleich/ Und führ uns in sein Freüdenreich29. |
22 Alßden] dann. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 260. 23 Ps 44,24 24 Ps 25,7 25 Muht] Gesinnung. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 2783. 26 Kol 3,2 27 Ps 38,22 28 Vgl. Joh 14,9 29 Vgl. Mt 25,21.23
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V. Lied/ Einer Ehefrauen
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Teil 3
Das Fünfte Lied/ Einer mit Leibesfrüchten/ von GOtt gesegneten Christlichen Ehefrauen.
Dises kan gesungen werden auf die Melodei des schönen Lides:
Es wolt uns GOtt genädiga sein1. 1.
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Grosser GOtt2/ der du die Welt Luft/ Himmel/ Meer und Erden So wunderbahrlich hast bestelt3/ Und alles lassen werden4/ Der du mit deiner starken Hand Diß plötzlich kanst erregen/ Du hast auch ja der EheBand Verknüpft mit deinem Segen5/ Dar alles angelegen6.
2. Jm Anfang hat dein Göttlichs Wohrt Die Menschen so gepaaret: Geht/ mehret Eüch/ und wachset fohrt7/ Auf daß werd’ offenbahret/ Wie Kinder nur sind ein Geschenk’/ Und LeibesFrucht die Gabe8/
a genädig] B statt dessen: gnädig 1 Zu der von Rist vorgesehenen Melodie des erstmals 1524 gedruckten Gesangs „Es wollt’ uns Gott gnädig sein“, der von Johann Walther oder Martin Luther komponiert wurde, vgl. Zahn, Melodien, Bd. 4, Nr. 7246 f. sowie Bd. 6, Gedruckte Quellen, Nr. 4. 2 Ps 95,3 3 bestelt] bereitet. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1674. 4 Vgl. Kol 1,16 5 Vgl. Gen 1,28 6 Dar alles angelegen] an dem alles liegt. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 1013 f. 7 Gen 1,28 8 Ps 127,3
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Teil 3
Mit welcher Gab’ Jch Eüch bedenk’/ Alß einer solchen Habe/ Womit Jch Eüch erlabe9. | S. 167
3. Von gantzem Hertzen dank’ Jch dir/ So lang Jch bin im Leben/ O treüer Vatter/ daß du Mir Hast LeibesFrucht gegeben/ Ach stärke Sie durch deinen Geist Und laß Sie gnädig schreiben Jns Himmelbuch10/ das Christus heist/ Daß es ohn Hintertreiben11 Dein liebes Kind mag bleiben. 4. Zwahr Jch und meine Leibesfrucht Sind ungerahtne Kinder/ Doch nehm Jch Herr zu Dir die Flucht12/ Du wirst uns arme Sünder Mit Jsop säubern/ daß wir rein Gewaschen als mit Laugen13/ Mit dir versühnet mügen sein/ Und ja für deinen Augen/ Noch etwas weinigs14 taugen.
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5. Du wollest Herr in Mutterleib’ Jtz meine Frucht versorgen/ Den Sie/ so wol15 Jch armes Weib Sind dir ja nicht verborgen/ Dein Hand hat Sie gebildet gantz16/ Jhr Odem/ Geist und Leben/ | Des Leibes Form/ der Augen Glantz/ Hertz/ Seel’ und Geist daneben So gnädiglich gegeben.
9 erlabe] erquicke. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 886. 10 Vgl. Apk 3,5 11 ohn Hintertreiben] unverhindert. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1522. 12 Ps 143,9 13 Ps 51,9 14 etwas weinigs] ein wenig. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 9. 15 so wol] und auch. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1825. 16 Vgl. Jes 44,2
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6. Behüte Mich zu Tag und Nacht Für Sorgen/ Furcht und Schrekken/ Es müssen Mich der EngelWacht Auf dein Geheiss’ bedekken17,18/ Bezwing O Herr durch deine Stärk Auch Satans Grim und Wühten/ Beschütze deiner Hände Werk19/ Jhm kanst du ja gebiehten Mich und die Frucht behühten. 7. Gib meinem Kind ein Seelichen Das fein sei von Verstande/ Das künftig dich gahr wol erkenn’ Und falle nicht in Schande/ Gib Jhm auch einen frischen20 Leib/ Du kanst der Schwachheit wehren/ Und wen Jch armes Schwangers Weib Mein Kindlein sol gebehren/ So hilf auf mein Begehren. 8. Wen Stund und Zeit fürhanden ist/ So stärke Mich in Gnaden/ Entbinde Mich zu rechter Frist21/ Behüte Mich für Schaden/ | Gib zur Gebuhrt viel Muht und Kraft/ Herr lindre meine Schmertzen/ Du bist es der Mir Hülffe schaft22/ Daß bitt’ Jch dich von Hertzen/ Den hier gilt ja kein Schertzen! 9. Du bist allein der rechte Mann/ Der Menschen lässet werden/ Und weil von Mutterleibe an Du Mich gesetzt auf Erden23/
17 bedekken] beschützen. Zu ‚decken‘ vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 889. 18 Ps 91,11 f. 19 Vgl. Ps 138,8 20 frischen] lebhaften. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 206. 21 Frist] Zeit. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 216. 22 Ps 12,6 23 Vgl. Ps 22,10
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Teil 3
So zieh’ auch meine Frucht herfür Mit deinen starken Händen/ Es ist ja Lieb und Kraft bei Dir/ Du kanst Mir Hülffe senden/ Und allen Unfall24 wenden25. 10. Wen nun das liebe Kindlein ist Gesund zur Welt gekommen/ So laß es O Herr Jesu Christ Doch werden aufgenommen/ Durch Bluht und Wasser26 in den Bund Der uns macht Christlich Leben/ Den sol O GOtt mein Hertz und Mund Stets deine Güht erheben/ Ja Preis und Dank Dir geben. |
24 Unfall] Unglück. Vgl. Grimm, DWb 24, Sp. 524. 28, Sp. 1774 f. 26 Vgl. Joh 19,34
25 wenden] abwenden. Vgl. Grimm, DWb
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VI. Lied/ Einer Wittwen
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Das Sechste Lied. Einer Christlichen Wittwen/ Kan auch wol von armen Wäiselein werden gesungen/ Auf die Melodei des TauffLides:
Christ unser Herr zum Jordan kama,1. 1.
W
Je lieblich ist dein Nam O GOtt/ Wen wir dich Vatter nennen/ Und das Geschicht2 auf dein Gebott3/ Damit wir recht erkennen/ Wie du der Waisen Vatter bist Dazu der Witwen Richter4/ Und Jhrer Feindeb Trug und List Ein mächtiger Vernichter/ Auch der Verfolgung Schlichter.
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2. Der Waisen Vatter kanst du recht/ O GOtt/ genennet werden5/ Den Jhre Sachen stehen schlecht/ Wen Sie noch jung auf Erden/ Es ist kein Vatter in der Welt Der Sie wie Kinder liebet/ Der Jhnen Speis’ und Trank bestelt6/ Der Jhnen Kleider giebet/ Der sich üm Sie betrübet. |
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a kam] Fehlt C
b Feinde] A im Bassus statt dessen: Feiunde (Erratum)
1 Zu der von Rist vorgesehenen Melodie des Gesangs „Christ unser Herr zum Jordan kam“, die zunächst mit dem Text „Es wollt’ uns Gott gnädig sein“ verbunden war, vgl. o. S. 227, Anm. 1 und Zahn, Melodien, Bd. 4, Nr. 7246. 2 Geschicht] geschieht. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3838. 3 Vgl. Röm 8,15 4 Ps 68,6 5 Ps 68,6 6 bestelt] bereitet. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1674.
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Teil 3
3. Wer ist/ der Jhnen in der Noht Wil leihen oder borgen? Wer schützet Sie biß in den Tod/ Wer wird Sie doch versorgen? Das thust du grosser GOtt allein Du Vatter aller Waisen7/ Du wilst Jhr Schutz und Retter sein/ Sie kleiden/ tränken/ speisen Jm Land/ und auf den Reisen. 4. Auf diß Vertrauen komm’ auch Jch/ Dir meine Noht zu klagen/ Versichert8/ daß du gnädiglich Mir Sie wirst helffen tragen/ GOtt meine Bitte wirst du Mir Recht vätterlich gewehren/ Und Mir verlassenc Weib allhier Das liebe Brod bescherend Ja biß ans End’ ernehren.
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5. O freündlichs Hertz/ das gahr nicht kan Mein arme Waißlein hassen/ Wir tretten allzumahl heran Dein hülf’reich Hand zufassen/ Wir ruffen kindlich/ steh uns bei/ O Vatter laß uns spühren/ Wie kräftig deine Liebe sei/ | Jm Fall’9 uns mag gebühren Sie durchs Gebeht zu rühren. 6. Der Wittwen Richter hast du dich Für längst10 ja schon genennet11/ Du bist der Mann/ drüm schau auf Mich/ c verlassen] B statt dessen: verlassnen d C zusätzlich: . (Erratum) 7 Ps 68,6 8 Versichert] gewiß. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 1302. 9 Jm Fall’] wenn. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1275. 10 Für längst] schon längst, vor sehr langer Zeit. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 763. 11 Ps 68,6
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Demnach12 der Tod getrennet Von Mir mein allerliebstes Hertz/ Mein Hoffnung/ Trost und Leben/ Da machet Mich ein langer Schmertz Nun manche Stunde beben/ Herr hilff Mirs überstreben13. 7. Der Wittwen Trübsahl ist sehr viel/ Mehr müssen Sie noch leiden/ Oft werden Sie der Spötter Spiel/ Der Spötter/ die Sie neiden/ Sie sind verlassen von der Welt/ Ja müssen vielmahls sehen Ein Unglük/ daß auf Sie bestelt14 So grimmig auf Siee gehen15/ Daß Sie kaum können stehen. 8. Drum schreiet Herr dein’ arme Magd: Du wollest doch bedenken/ Was du so gnädig zugesagt Jhr deine Gunst zuschenken/ | Du wollest als mein treüer Mann Mich schützen/ trösten/ stärken/ Auf daß Jch arme Wittwe kan Bei solchen theüren Werken Dein Hülff und Beistand merken. 9. Bewahre mein Haus/ Ehr und Guht/ Für Feür/ Gefahr und Schaden/ Mich selber halt in deiner Huht/ Erfülle Mich mit Gnaden/ Daß Mich die Welt durch Jhre Lust Nicht bößlich müge leiten/ e Sie] B statt dessen: Sich (Erratum) 12 Demnach] nachdem. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 919. 13 überstreben] überwinden. Vgl. Grimm, DWb 23, Sp. 584. 14 auf Sie bestelt] für sie verordnet. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1675. 15 auf Sie gehen] sie angreifen. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 2387.
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Teil 3
Es ist Mir auß der Schrift bewust/ Es müss’ in disen Zeiten Ein Christ Sich selbst bestreiten16,17. 10. Erwekke Mir nach deinem Wohrt’ O GOtt/ auch fromme Hertzen18/ Durch welcher Trost an disem Ohrt Sich lindren meine Schmertzen/ Behüte Mich für Hass und Neid Und für den falschen Zungen19/ Die manches Weib mit grossem Leid Jm Wittwenthum verdrungen20/ Ja bößlich oft bezwungen.
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11. GOtt/ du bist meine Zuversicht21/ Dir wil Jch gantz vertrauen/ | Ach gönne Mir dein Gnadenlicht Jm Glauben anzuschauen/ Laß Mich in meiner Einsahmkeit Auf dich mein Hofnung setzen/ Dein Trost kan auch zur bösen Zeit Für hundert tausend Schätzen22 Mir Leib und Seel ergetzen. | 12. Dein Segen weiche nicht von Mir/ Mein Meel laß allzeit bleiben/ Mein Oel das quille stets herfür/ So kan Jch leicht vertreiben Den Hunger/ wie die Wittwe that/ Welch’ Eliseus Segen So wunderlich gespühret hat23/ Diß sol Mich stets bewegen Mein Danklied abzulegen24. |
16 bestreiten] bekämpfen. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1683. 17 Vgl. 1Kor 9,27 18 Vgl. Jes 1,17; 1Tim 5,3 19 Ps 120,2 20 verdrungen] verdrängten. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 249. 21 Ps 61,4 22 Für hundert tausend Schätzen] mehr als hunderttausend Schätze. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 621. 23 Vgl. 1Kön 17,10–16 24 abzulegen] zu verrichten. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 70.
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Das Siebende Lied/ Einer Christlichen/ GOtt= Ehr= und
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Tugendliebenden Jungfrauen.
Welches man kan singen auf die Melodei des schönen Lides:
Mag Jch Unglük nicht widerstehn1.a 1.
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JEsu Christe GOttes Sohn Du Gnaden Thron2/ Und unbeflektes Wesen3/ Du hast der Tugend schönste Frucht Die keüsche Zucht Für Vielen außerlesen/ Du selbst bist rein/ Laß Mich auch sein Voll Zucht und Ehr’/ Herr deine Lehr’ Hilft ewig Mich4 genesen. 2. Jch/ welch Jch deine Dienerin Und Tochter bin/ Ersuche dich von Hertzen: Behüte Mich für böser Lust/ Dem Sünden Wuhst5 Und unverschämten Schertzenb/ | Bewahre Mich a widerstehn.] C statt dessen: widerst.
b Schertzen] C statt dessen: Schmertzen (Erratum)
1 Zu der von Rist vorgesehenen Melodie des erstmals 1535 gedruckten Gesangs „Mag ich Unglück nicht widerstan“ vgl. Zahn, Melodien, Bd. 5, Nr. 8113 sowie Bd. 6, Gedruckte Quellen, Nr. 44. 2 Vgl. Röm 3,25; Hebr 4,16 3 Vgl. Hebr 4,15 4 Hilft Mich] Zu ‚helfen‘ mit Akkusativ vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 954. 5 Wuhst] Schmutz. Vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 2405.
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Teil 3
Doch gnädiglich/ Für leichtem Tand6 Der nach der Hand7/ Ertheilet Schand und Schmertzen. 3. Mein GOtt/ laß ferne von Mir sein Den falschen Schein Der ungetreüen Liebe/ Hilff daß Jch Mich in Zucht und Ehr’ Hie mehr und mehr Auß allen Kräften übe/ Daß Satans List Zu keiner Frist8 Durch fremde Brunst9 Noch falsche Gunst/ Mein junges Hertz betrübe.
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4. Dämpf’ alle böse Lüst’ in Mir/ Auch die Begier An diser Welt zu kleben10/ Vertilg in Mir des Adams Ahrt/ Die frech und zahrt11 Wil in der Jugend leben/ Sie thut zu viel/ Geht weit vom Ziel12/ | Nun weiß Jch wol Wie stark man sol Dem Bösen wiederstreben. 5. Behüte Mich/ O frommer GOtt/ Daß ja kein Spott’ Von meinen Lippen fliesse13/ Noch Jch vielleicht durch faul Geschwätz Jemand verletz’ 6 leichtem Tand] unbeständigen nichtigen Dingen. Zu ‚leicht‘ vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 638; zu ‚Tand‘ vgl. DWb 21, Sp. 103. 7 nach der Hand] nachher. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 348. 8 Frist] Zeit. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 216. 9 Brunst] Leidenschaft. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 439. 10 Vgl. 2Petr 1,4 11 zahrt] weichlich. Vgl. Grimm, DWb 31, Sp. 285. 12 Geht weit vom Ziel] verfehlt das Ziel. Vgl. Grimm, DWb 31, Sp. 1045. 13 Ps 34,14
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Und etwan14 Schmach außgiesse/ Laß meinen Mund Zu keiner Stund Außsprechen fohrt15 Ein solches Wohrt Daß meinen Freund verdriesse. 6. Laß allen Hoffahrt16/ Stoltz und Pracht17 Auch leichte Tracht18 Ja ferne von Mir bleiben/ Du wollest auch den Müssiggang Der Tugend Zwang19,20 O GOtt von Mir vertreiben/ Uneinigkeit/ Zank/ Haß und Neid/ Der Lügen Rauch Die müssen auch An Mir sich nimmer reiben21. | 7. Hilff daß Jch sei dein eigne Magd22/ So dir nachfragt23 Und in der Keüschheit dienet/ Es prangt24 in deinem Heiligthum Wen unser Ruhm Wie der Susannen grühnet25/ Wir fehlen26 zwahr Wol offenbahr27/ Und wissen doch Daß endlich noch Dein’ Huld’ uns dir versühnet28.
14 etwan] etwa. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1182. 15 fohrt] fortan. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 8. 16 Hoffahrt] Hochmut. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1666. Zu ‚Hoffart‘ als Maskulinum vgl. ebd. 17 Pracht] Zu ‚Pracht‘ als Maskulinum vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 2042. 18 leichte Tracht] leichtfertige Bekleidung. Zu ‚leicht‘ vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 638; zu ‚Tracht‘ vgl. DWb 31, Sp. 985 f. 19 Zwang] Unterdrückung. Vgl. Grimm, DWb 32, Sp. 933 f. 20 Sprichwörtlich. Vgl. Wander 3, Sp. 792: „Müssiggang ist der tugend undergang.“ 21 müssen An Mir sich nimmer reiben] dürfen mich niemals angreifen. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 568. 22 Vgl. Lk 1,38 23 dir nachfragt] nach dir verlangt. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 55. 24 prangt] glänzt. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 2066. 25 Vgl. StDan 1–63 26 fehlen] irren. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1423. 27 offenbahr] offenkundig. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1173. 28 Vgl. 2Kor 5,18
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Teil 3
8. Und sol Jch den verehlicht sein/ From/ Keüsch/ und Rein Nach deinem Wolgefallen/ So gib Mir einen solchen Mann/ Mit dem Jch kan Jn Lieb’ und Friede wallen29/ O selig ist Zur jeden Frist30 Ein Ehlichs Paar Daß sich viel Jahr’ Jn Einigkeit mag stallen31,32.
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9. Gib Mir ein frommes Ehgemahl33/ Du hast die Wahl | O treüer GOtt in Händen34/ Drum wird Mir deine Mildigkeit35 Zu rechter Zeit Auch einen solchen senden/ Mit dem Jch mag Noch manchen Tag Verbringen wol Und Segens vol Hier meinen Lauf vollenden36. 10. Laß Mich in Lieb’/ in Fried/ in Zucht Der Zeiten Flucht37 Mein GOtt zum Ende bringen/ Erhalt’ auch stets an disem Ohrt Dein Göttlichs Wohrt38/ So wird Mirs wol gelingen/ Herr leite Mich/ Damit Jch Dich Lieb in der Noht/
29 wallen] wandeln. Vgl. Grimm, DWb 27, Sp. 1287. 30 Frist] Zeit. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 216. 31 sich stallen] sich vertragen. Vgl. Grimm, DWb 17, Sp. 614. 32 Vgl. Sir 25,1 33 Ehgemahl] Zu ‚Ehegemahl‘ als Neutrum vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 42. 34 Vgl. Prv 19,14 35 Mildigkeit] Fürsorge. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 2213. 36 Vgl. 2Tim 4,7 37 Der Zeiten Flucht] die flüchtige Zeit. Vgl. Grimm, DWb 31, Sp. 536 f. 38 Vgl. Ps 119,116
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Und wen Jch tod Mögc ewig dir Lobsingen. 11. Nun liebster GOtt/ Jch zweifle nicht/ Waß Mir gebricht39/ Das wirst du Mir wol schenken/ Den alles kömt vom Himmel her Waß Jch begehr’40/ Hieran wil Jch gedenken/ | Jch weiß fürwahr/ Du wirst noch gahr Mit Fried und Freüd’ Auf manches Leid Jn deinem Reich Mich tränken41. |
c Mög] B statt dessen: Müg 39 gebricht] mangelt. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 1851. 40 Vgl. Jak 1,17 41 Vgl. Apk 7,16 f.
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Teil 3
Das Achte Lied/ Eines Menschen/ der auß seinem Vat=
terlande verreiset/ sich in der Fremde aufhält/ o= der Sich auch wol gahr häußlich daselbst hat nidergelassen. Dises kan man singen auf die Melodei des Lides:
Wer Gott nicht mit uns dise Zeit1. 1.
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O bleib Jch doch dein liebes Kind2 O Vatter aller Gnaden3/ Ob gleich ein unbekanter Wind Mein Schifflein hat beladen4/ Ein Fremdling bin Jch hier zu Land’/ Und weiß doch daß es meinem Stand’ Jm weinigstena,5 kan schaden. 2. Von meiner Freündschaft6 hast du Mich/ Mein GOtt/ verreisen lassen/ Nun weiß Jch niemand hier alß Dich Vertraulich anzufassen/ Und ob Jch gleich ein Sünder bin/ Trett Jch doch kühnlich zu dir hin/ Du wirst Mich nimmer hassen7.
a weinigsten] B statt dessen: wenigsten 1 Zu der von Rist vorgesehenen Melodie des erstmals 1524 gedruckten Gesangs „Wär’ Gott nicht mit uns diese Zeit“, der von Johann Walther oder Martin Luther komponiert wurde, vgl. Zahn, Melodien, Bd. 3, Nr. 4434 f. sowie Bd. 6, Gedruckte Quellen, Nr. 4 und 49. 2 Vgl. Röm 8,14 3 Vgl. 1Petr 5,10 4 beladen] beschwert. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1434. 5 Jm weinigsten] überhaupt nicht. Zu ‚weinig‘ vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 31. 6 Freündschaft] Verwandtschaft. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 168. 7 Vgl. Röm 5,6–8
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Teil 3
3. Wo find’ Jch sonst Herr einen Freünd/ Dem Jch Mich darf vertrauen/ Und kömt den einer der Mir feind/ Wie kan Jch auf Jhn bauen? | Drum bitt Jch Dich demütiglich Mein treüer Heiland lehre Mich Allein auf Dich zu schauen. 4. Jm Fall’8 es dir nun so gefält/ Daß Jch hie gahr verbleiben Und setzen sol mein Wohngezelt9 Die Jahre zuvertreiben10/ So wolle Mir dein kluger Raht/ Der Mich hieher geführet hat/ Viel Trost ins Hertz’ auch schreiben11. 5. O frommer Gott/ wohin dein’ Hand Mich Armen hat gesetzet/ Daselbst ist auch mein Vatterland/ Da werd Jch auch ergetzet/ Erhebe nur dein Angesicht Stets über Mir12/ so wird Mir nicht Leib’/ Seel’ und Guht verletzet. 6. Dieweil es aber mühsam ist Gahr ohne Freündschaft leben/ So wollest du zur jeden Frist13 Mir solche Gönner geben Auf die man künlich14 bauen kan/ Ja die/ wen Trübsahl kähmb heran/ Wol dörften15 für Mich streben16. | b kähm] Gemäß B emendiert aus: kam (Erratum auch in C) 8 Jm Fall’] wenn. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1275. 9 setzen sol mein Wohngezelt] meinen Wohnsitz nehmen soll. Zu ‚Wohngezelt‘ vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 1218. 10 zuvertreiben] zu verbringen. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 1974 f. 11 Vgl. Ps 73,26 12 Num 6,26 13 Frist] Zeit. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 216. 14 künlich] gewiß, getrost. Vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 2580. 15 dörften] müßten. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1725. 16 streben] tätig sein. Vgl. Grimm, DWb 19, Sp. 1066 f.
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VIII. Lied/ Eines Menschen/ der verreiset
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7. Ein treüer Freund pflegt manchesmahl Uns besser bei zu stehen/ Alß der Verwanten grosse Zahl17/ Die nur auf Vortheil sehen/ Ein treüer Freund/ ein starker Schutz18 Verschaffet/ daß wir oft mit Trutz19 Der Noht’ entgegen gehen.
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8. Ein treüer Freund/ ein edler Schatz/ Dem auch das Gold mus weichen20,21/ Er zeiget auf dem Unglüks Platz’ Uns oft ein LiebesZeichen/ Wer nun den Herren fürchten kan/ Der wird solch einen Biederman22 Zu seinem Freund’ erreichen23. 9. Ein solches Kleinoht/ frommer GOtt/ Gib mir auch hie zu Lande/ So kan der falschen Kläffer24 Rott Mich stürtzen nicht in Schande/ Laß treüe Seelen bei Mir stehn/ Jch wil Sie wiedrum lassen sehn Mein Hertz zum sichern Pfande. 10. Jmmittelst25 Herr/ beschütze mich Wie du hast angenommen Der Vätter in der Fremde dich/ Nach dem Sie sind gekommen | An einen unbekanten Ohrt26/ Nur laß Mich bauen auff dein Wohrt/ Das weis Jch kan Mir frommen27,28.
17 Prv 18,24 18 Sir 6,14 19 Trutz] Unerschrockenheit. Vgl. Grimm, DWb 22, Sp. 1102. 20 Dem auch das Gold mus weichen] gegen den auch Gold an Wert zurückstehen muß. Vgl. Grimm, DWb 28, Sp. 492. 21 Sir 6,15 22 Biederman] ehrbaren Mann. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1812. 23 Sir 6,16 24 Kläffer] Verleumder, Verräter. Vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 900. 25 Jmmittelst] inzwischen. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2079. 26 Vgl. Jos 1–24 27 frommen] helfen. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 246. 28 Sap 6,27
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Teil 3
11. Sei du mein Vatter/ Bruder/ Schutz29/ Befodre30 meine Sachen31/ Den du verstehest/ waß Mir nutz32/ Du kanst Mir Freunde machen33/ Daß/ ob Jch gleich ein Fremder bin An diesem Ohrte/ kan forthin Noch wol in Trübsahl lachen. 12. Laß aber in der Pilgramschaft34 Mich Tag und Nacht bedenken/ Wie plötzlich uns der Tod hinraft35 Den Leib ins Grab zu senken/ Und weil gantz keine36 Bleibens stell’ Jn diser Welt/ so laß nur schnell O GOtt zu Dir Mich lenken37. 13. Mein Wandel sol im Himmel sein38/ Ob schon Jch leb’ auf Erden/ Ein Fremdling bin Jch hier allein/ Dort sol Jch Bürger werden39/ Und preisen Dich auß Noht befreit/ Du Heilige Dreyfaltigkeit Mit Wohrten und Geberden. | c
c Wandel sol] Gemäß B, C emendiert aus: Wandelsol 29 Ps 18,3 30 Befodre] befördere. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1267. 31 Ps 90,17 32 nutz] nützlich ist. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1029. 33 Vgl. Sir 6,16 34 Pilgramschaft] Pilgerschaft. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1854. 35 Vgl. Ps 39,5 f. 36 gantz keine] gar keine. Vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 478. 37 Hebr 13,14 38 Phil 3,20 39 Eph 2,19
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IX. Lied Eines zu Wasser fahrenden Menschen
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Das Neunte Lied. Eines zu Wasser/ oder auf der wilden See fahrendena Menschen.
Dieses kan man auchb singen auf die Melodei des wolbekandten Lides:
Auf meinen lieben GOtt1. 1.
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Err GOtt mein Trost2 und Raht3 Der so viel stärke hat4/ Dem Himmel/ Luft und Erden Zu Dienste müssen werden/ Dein’ Hand die läst sich finden Auch bei den schnellen Winden.
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2. Wen du nur sprichst ein Wohrt/ Muß Wind und Wasser fohrt5/ Sie sind von dir geschaffen Zum Theil auch uns zu straffen/ Durch Sie kanst du dich rächen6/ Ja Schiff und Guht zerbrechen.
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3. Es lauffen auf dem Meer Die Wellen hin und her/ Die starken Winde brausen/ Die Wasserwogen sausen/ Da muß den unser Leben Jn tausend Aengsten schweben. |
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a See fahrenden] Gemäß B emendiert aus: Seefahrenden (Erratum auch in C) b auch] Fehlt B 1 Zu der von Rist vorgesehenen Melodie vgl. o. S. 171, Anm. 1. 5 Vgl. Mk 4,39 6 Sir 39,33
2 Ps 73,26
3 Jes 9,5 4 Ps 24,8
IX. Lied Eines zu Wasser fahrenden Menschen
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4. Wie nah’ ist uns der Tod Jn solcher Furcht und Noht/ Da nirgends hin zuweichen7/ Und wo diß harte Zeichen Des Stürmensc uns beschwehret/ Ja manche Stunden währet!
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5. Wie zittert unser Hertz! Fürwahr hie gilt kein Schertz/ Wir hören ja von oben Der starken Winde Toben/ Es stürtzen uns die Wellen Hinunter gleich zur Höllen. 6. Drüm schreien wir itz8 hier O grosser GOtt zu dir/ Du wollest in dem Wühten Der Wellen uns behüten/ Dein’ Hand die woll’ unß fassen Und nicht versinken lassen9. 7. Stärk’ unß den schwachen Muht/ Erhalt’ auch Schiff und Guht/ Steh’ auf Herr zu bewahren Die/ so zu Wasser fahren/ Daß Sie nicht untersinken Und jämmerlich ertrinken. | 8. Sprich du den Winden zu/ Daß Sie sich bald zur Ruh’ Jn Jhren Klüften10 legen/ c Stürmens] Gemäß B, C emendiert aus: Stür mens 7 Da nirgends hin zuweichen] wo kein Ort ist, wohin wir fliehen können. Zu ‚da‘ vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 651; zu ‚weichen‘ vgl. DWb 28, Sp. 488. 8 itz] jetzt. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2318. 9 Vgl. Mt 14,30 f. 10 Klüften] Felsenhöhlen. Vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 1263.
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Teil 3
Und ferner nicht bewegen Das Meer/ damit sein Brüllen Sich plötzlich möged stillen11. 9. Die Reis’ ist angestelt12/ Noch ferner in die Welt O treüer GOtt zu schiffen13/ Nun hat uns schnell ergriffen Ein Sturm/ uns zu verhindern14/ Den du noche bald kanst mindern. 10. GOtt der Barmhertzigkeit15/ Du herschest weit und breit16/ Mein Helffer und Erretter17 Gib uns erwünschtes Wetter/ Verleih uns Glük und Segen Auf allen unsern Wegen. 11. Zwahr groß ist unser Schuld/ Trag18 aber Herr Geduld Mit deiner Hände Werken Du kanst uns kräftig stärken19/ Daß ob20 der Wellen schlagen Wir nicht so gahr verzagen. | S. 195
12. Die Zeit ist dir bewust/ Wen wir mit Freüd und Lust Den besten von den Winden/ Nun werden bald empfinden; Und sich das Heer der Wellen Wird wiedrum freündlich stellen. d möge] B statt dessen: müge C statt dessen: moge e noch] B statt dessen: doch 11 Vgl. Sir 43,25 12 angestelt] unternommen. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 483. 13 zu schiffen] mit dem Schiff zu fahren. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 68. 14 zu verhindern] aufzuhalten. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 569. 15 Vgl. 2Kor 1,3 16 Vgl. Ps 103,19 17 Ps 40,18 18 Trag] habe. Vgl. Grimm, DWb 21, Sp. 1093. 19 2Thess 3,3 20 ob] wegen. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1050.
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IX. Lied Eines zu Wasser fahrenden Menschen
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13. Herr halte du das Steür/ Wen sich gantz Ungeheür21 Das wilde Meer erzeiget Und unser Schiff sich neiget/ Alß müst es untergehen/ Ach laß dis nicht geschehen! 14. Mein GOtt/ gleich wie du schnell Die Kinder Jsrael Durchs rohte Meer geführet Daß Sie kein Meer berühret22/ So wollest du bewahren Auch uns im Uberfahren. 15. Führ’ uns bald in den Port/ An den erwünschten Ohrt’/ Laß sich das Wetter wenden Und frölich uns anländen23/ Beselig’24 unser Reisen Daß wir dich hertzlich preisen. |
21 Ungeheür] feindselig. Vgl. Grimm, DWb 24, Sp. 694. 22 Vgl. Ex 14,10–31 23 anländen] an Land kommen. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 390. 24 Beselig’] mache glücklich. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1613.
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Teil 3
Das Zehende Lied/ Eines Handwerkers/ Kaufmanns/
und anderer/ die sich ihrer Gewerbschaft und Hände Arbeit mussen ernähren1. Welches kan gesungen werden auf die Melodei des Lides:
Jch dank dir lieber Herre2. 1.
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Err GOtt Dir mus Jch singen Ein frölichs Lobgedicht3/ Lass’ alles wol gelingen Merk auf/ verschmäh es nicht4/ Den deinen Namen preisen Klingt übertreflich5 wol/ Doch wollest du Mir weisen6 Waß Jch Dir singen sol. 2. Jch weiß daß du regierest O GOtt/ die gantze Welt7/ Und jeden Menschen führest Nach dem’ es Dir gefält/ Ja Herr/ du hast gegeben Handelsmann/ Mir schlechten8 Handwerksmann/ 1 die sich ihrer Gewerbschaft mussen ernähren] die sich durch ihr Gewerbe ernähren müssen. Zu ‚Gewerbschaft‘ vgl. Grimm, DWb 6, Sp. 5608; zum reflexiven Gebrauch von ‚ernähren‘ mit Genitiv vgl. DWb 3, Sp. 920. 2 Zu der von Rist vorgesehenen Melodie, die erstmals 1542 gedruckt und von 1598 an mit dem Gesang „Ich dank’ dir, lieber Herre“ verbunden wurde, vgl. Zahn, Melodien, Bd. 3, Nr. 5352 sowie Bd. 6, Gedruckte Quellen, Anhang I, Nr. 3. 3 Ps 27,6 4 Vgl. Ps 119,108 5 übertreflich] vortrefflich. Vgl. Grimm, DWb 23, Sp. 606. 6 weisen] zeigen. Vgl. Grimm, DWb 28, Sp. 1090. 7 Vgl. Ps 59,14 8 schlechten] einfachem. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 523.
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Teil 3
Daß Jch mein armes Lebena Durch Dich erhalten kan. | S. 199
3. Du hast Mir anvertrauet Ein Pfund auß deiner Hand/ Dein heiligs Antlitz schauet Obs wol werd angewand9/ Schütt’ aus nur deinen Segen10 Regiere mir den Sinn11/ Der Jch auf meinen Wegen Zur Arbeit willig bin. 4. Waß Jch Mir für genommen Zu thun auf dein Geheis/ Gedeie Mir zu frommen12/ Doch so/ daß auch mein Fleis Zu deinem Preis’ und Ehren Gereiche fohrt und fohrt13/ Du kanst die Nahrung mehren/ O Herr/ an jedem Ohrt. 5. Du wollest Mir vergeben/ Daß Jch vom Anbegin/ Und ferner durch mein Leben So träg gewesen bin14/ Du wollest auch abwenden Die Straffe meiner Schuld/ Du hast das Recht in Händen/ Trag’15 aber doch Geduld. |
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6. O treüer GOtt regiere Mich stets durch deinen Geist16/ a armes Leben] Gemäß B, C emendiert aus: armesLeben 9 Vgl. Lk 19,11–27 10 Jes 44,3 11 Vgl. Gal 5,18 12 zu frommen] zum Nutzen. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 246. 13 Vgl. Mt 5,16 14 Vgl. Ps 25,7 15 Trag’] habe. Vgl. Grimm, DWb 21, Sp. 1092. 16 Vgl. Gal 5,18
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X. Lied/ Eines Handwerkers 45
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Daß Jch mein Amt wol führe Doch daß Jch allermeist So meine Sachen richte17/ Wie Mich gelehrt dein Wohrt/ Dich Mir dadurch verpflichte Und Christlich leb hinfohrt. 7. Laß Mich zum ersten trachten O GOtt/ nach deinem Reich18/ Jch weis/ die Dich verachten/ Die müssen bald zu gleich An Leib’ und Seel verderben19/ Wer aber klebt20 an Dir21/ Der kan Sein Brod erwerben Nach Wünschen und Begier. 8. Gib Mir zu meinen Sachen Verstand und guhten Raht/ Dieselbe so zu machen Wie man Sie gerne hat/ Regier auch die Gedanken22 Wen Jch bemühet bin/ Und laß nicht leichtlich wanken Jm würken meinen Sinn. | 9. Du wollest Herr auch senden Dein Engel für Mir her/ Und alles Unglük wenden23 Daß etwan24 gahr zu schwehr Auf Mich sich möchteb legen/ Dein’ Hand die führe Mich/ Daß Jch auf meinen Wegen Niemals verliere Dich. b möchte] B statt dessen: müchte 17 richte] einrichte, bewerkstellige. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 878 f. 18 Mt 6,33 19 Vgl. Ps 21,9 f. 20 klebt] hängt. Vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 1047 f. 21 Vgl. Ps 63,9 22 Vgl. Gal 5,18 23 Ps 91,11 24 etwan] etwa. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1182.
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Teil 3
10. Hilf Mir mein Werk volführen Zu deines Namens Ehr’/ Ach Herr du kanst regieren Mich/ daß Jch mehr und mehr Jm Handel dir vertraue/ Laß Dir befohlen sein Mein’ allerliebste Fraue/ Guht/ Ehr und Kinderlein.
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11. Drauf wil Jch auch befehlen Mich selbst in deine Huht25/ Dein Lob wil Jch erzehlen Der Welt gantz wolgemuht26/ Laß nur durch deinen Segen/ Durch deine Gnad und Gunst Zu rechter Zeit Sich regen Jn Mir/ Fleis/ Treü und Kunst27. | S. 202
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12. Dir hab’ Jch Mich ergeben Du Hüter Jsrael28/ Beschütze Mir mein Leben/ Daß von der Arbeitsstell’ Jch Mich mit Freüden wende/ Befodre29 meinen Fleis/ Gib Mir ein seligs Ende Zuletzt das Paradeis30. |
25 Ps 31,6 26 Ps 34,2 27 Kunst] Können. Vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 2667. 29 Befodre] befördere. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1267. 30 Vgl. Apk 2,7
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Neüer Himlischer Lieder
Vierdter Theil/ Jn sich begreiffend
Sterbens= und Gerichts= Lieder/
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Mit Neüen
Von dem hocherfahrnen und Kunstgeübtena Herren Jakob Schultzen1/ 10
Bei der HauptKirchen Sanctb Peters in Hamburg wolverdienten Organisten 2
Beweglichst gesetzeten Melodeien. |
a Kunstgeübten] Gemäß B, C emendiert aus: Kunstg eübten b Sanct] C statt dessen: S. 1 S. o. S. 40, Anm. 262. 2 Beweglichst] sehr bewegend. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1774.
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I. Christliche Betrachtung
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Das Erste Lied/ Christliche Betrachtung und Vorbe= reitung zum Seligen Abscheide1 aus disem/ in das andere und ewige Leben. Dises kan gesungen werden auf die Weise des schönen Lides:
Herr Christ der einig Gottes Sohna,2. 1.
O
Vatter aller Gnaden3 Reich von Barmhertzigkeit4/ Du läst uns arme Maden5 Jn diser bösenb Zeit Auß deinem Wohrt’ erkennen/ Daß wir zumc Sterben rennen6/ Kein Mensch istd hie7 befreit.e 2. Es ist ja dises Leben Den zahrten Blühmlein gleich/ Die durch der Winde weben8 Bald werden welk und bleich9/ Es ist schier gleich dem Schatten10/ Dem Gras’ auf dürren Matten11,12/ Ja wie die Luft so weich. a Sohn] Fehlt C b bösen] In Cantus und Bassus statt dessen: kurtzen Ebenso B in Cantus und Bassus sowie C im Cantus c zum] B statt dessen: zu d ist] B im Cantus statt dessen: lebt e .] Im Bassus statt dessen: .. (Erratum) 1 Abscheide] Abschied. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 96 f. 2 Zu der von Rist vorgesehenen Melodie des erstmals 1524 gedruckten Gesangs „Herr Christ, der einig’ Gotts Sohn“ vgl. Zahn, Melodien, Bd. 3, Nr. 4297a sowie Bd. 6, Gedruckte Quellen, Nr. 5 f. 3 Vgl. 1Petr 5,10 4 Eph 2,4 5 Maden] elende Menschen. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 1426. 6 Vgl. Ps 39,5 7 hie] hiervon. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1305. 8 weben] Wehen. Vgl. Grimm, DWb 27, Sp. 2621. 9 Ps 103,15 10 Vgl. 1Chr 29,15; Koh 6,12 11 Matten] Wiesen. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 1761. 12 Vgl. Jes 40,6; 1Petr 1,24
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3. Wie Rauch und Dampf verschwindet Jn einem Augenblikk’13/ | Auch man kein Wöhrtlein findet/ Das wieder komt zurükk’ Jm Fall14 es außgesprochen; So bald wird auch zerbrochen Des Himmels Meisterstükk’.
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4. Ach lehr’ uns Herr bedenken/ Daß unsers Lebenslauf Zum Ende sich muß lenken Und hören plötzlich auf15/ Daß wir mit allen Sinnen Den Himmel lieb gewinnen Das heist ein edler Kauf16,17. 5. Hilf daß wir Lust bekommen Zu lernen in der Zeit/ Nur das waß uns kan frommen18 Dort in der Ewigkeit/ Daß wir auch alle Sachen Bereit und fertig machen19 Noch für dem letzten Streit. 6. Verzeih’ uns doch auß Gnaden All’ unsre Missethat/ Damit wir sind beladen20/ HErr Jesu du weist Raht/ | Durch deine Schläg’ und Wunden Jst ja das Mittel funden21 Das uns erlöset hat22.
13 Vgl. Ps 102,4; Jak 4,14 14 Jm Fall] wenn. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1275. 15 Ps 90,12; 39,5 16 Kauf] Geschäft. Vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 315. 17 Vgl. Kol 3,2 18 frommen] nutzen. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 246. 19 Vgl. Jes 38,1 20 Vgl. Ps 25,11 21 funden] gefunden. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1642. 22 Jes 53,5
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Teil 4
7. Du kanst deß Todes Schrekken Vertreiben gantz und gahr/ Dein Sterben kan bedekken Was sonst zu fürchten war/ Dir ist es ja gelungen/ Daß du den Tod verschlungen23/ Hin ist nun die Gefahr! 8. Hastu doch selbst gekämpfet Herr Jesu mit dem Tod’24 Und dessen Macht gedämpfet25 Jn deiner höchsten Noht/ Hast du doch gantz erhitzet Dein theüres Bluht geschwitzet26 Gleich wie Rosin so roht27! 9. Dieweil den nun verschlungen Der Tod ist in dem Sieg’29 Und Satan gantz bezwungen Durch deines Leidens Krieg/ Nichts hat an mir zu finden30/ So hilff mir überwinden Daß Jch nicht unten lig’31. |
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10. Und wen die Zeit fürhanden Daß Jch abscheiden sol/ So reiß Mich aus den Banden Des Todes/ daß Jch wol Und ritterlich durchdringe32/ Ja dir mein GOtt lobsinge Der HimmelsFreüden vol.
23 1Kor 15,54 24 Vgl. Lk 22,44 roht] so rosenrot. Zu ‚rosinrot‘ vgl. DWb 2, Sp. 1146. 29 1Kor 15,55 Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 67. 31 Sp. 1672. 32 Vgl. Joh 5,24
25 2Tim 1,10 26 Vgl. Lk 22,44 27 Gleich wie Rosin so Grimm, DWb 14, Sp. 1215. 28 Dieweil] weil. Vgl. Grimm, 30 Nichts hat an mir zu finden] nichts an mir finden kann. unten lig’] unterliege, besiegt werde. Vgl. Grimm, DWb 24,
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11. Auß Lieb hast du dein Leben O Jesu Gottes Lamm33 Für Mich dahin gegeben34 An deines Kreützes Stamm/ Wie köntest du Mich hassen35/ Wen Jch die Welt sol lassen Mein liebster Bräutigam36? 12. O Tröster37 der Geplagten/ O Geist der Einigkeit38/ O Hoffnung der Verzagten39/ O Freüd’ in allem Leid40/ Stärk in den letzten Zügen Mein weiniges Vermügen41/ Herr hilff/ Jch bin bereit! |
33 Joh 1,29 34 Gal 1,4 35 Eph 5,29 36 Mt 25,6 37 Joh 14,16 38 Eph 4,3 39 Vgl. Ps 62,6 40 Vgl. Ps 43,4 41 Mein weiniges Vermügen] meine geringen Fähigkeiten. Zu ‚weinig‘ vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 1; zu ‚Vermögen‘ vgl. DWb 25, Sp. 888.
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Teil 4
II. Betrachtung der Nichtigkeit
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Dasa Ander1 Lied. Betrachtung der Nichtigkeit/ Flüch= tigkeit/ Trübsahls und Elendes des gantzen
Menschlichen Lebens: Dises kan gesungen werden auf die Melodeib des Lides:
An Wasserflüssen Babylon2. 1.
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Ebt doch ein jeder Mensch im Streit’3/ Es gilt zu Felde ligen4/ Vom Kampf ist niemand hie befreit/ Man muß im Fried auch kriegen5/ Der Feind’ ist eine grosse Schaar: Der Satan pflegt uns immerdar Erschreklich6 zu zusetzen/ Der Welt Hass’/c Neid und frecher Muht7/ Auch unser eignes Fleisch und Bluht Die wollen uns verletzen. 2. Auf lieber Christ/ und wehre dich/ Ergreiffe bald die Waffen/ Damit der Höllen wühterich8 An Dir nichts müge schaffen9/ a Das] In der Custode irrtümlicherweise: 12. Das b Melodei] B statt dessen: Weise c Hass’/] Gemäß Cantus und Bassus emendiert aus: Hass/’ B, C recte: Haß’/ 1 Ander] zweite. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 307. 2 Zu der von Rist vorgesehenen Melodie des erstmals 1526 gedruckten Gesangs „An Wasserflüssen Babylon“ vgl. Zahn, Melodien, Bd. 4, Nr. 7663 sowie Bd. 6, Gedruckte Quellen, Nr. 24. 3 Vgl. Hiob 7,1 4 Es gilt zu Felde ligen] man muß auf dem Schlachtfeld kämpfen. Zu ‚gelten‘ vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3088; zu ‚Feld‘ vgl. DWb 3, Sp. 1477. 5 kriegen] kämpfen. Vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 2224. 6 Erschreklich] furchtbar. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 973. 7 Muht] Gesinnung. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 2783. 8 Höllen wühterich] Teufel. Vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 2527. 9 müge schaffen] möge ausrichten. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 2022.
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II. Betrachtung der Nichtigkeit 15
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Auf/ auf/ du must gerüstet sein/ Da nim des GlaubensSchild allein | Den starken Schutz zu handen/ Gührt’ an das Geist geschärfte Schwehrt/ Des Herren Wohrt/ das wol bewehrt Die Feinde macht zuschanden10.
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3. Wir müssens wie bei Tagelohn11 Uns saur hie lassen werden12/ Ja wie der Töpfer mit dem Thon Bemühen uns auf Erden/ Da greif’ ein jeder redlich zu/ Biß daß der Abend uns zu Ruh’ Jm Sterben lässet kommen/ Den bleibt man ferner13 ungequählt/ Der Gnadenpfenning14 wird gezehlt Von Christo selbst den Frommen. 4. Gleich als ein Knecht der fleissig thut Waß Jhm sein Herr geheissen/ Oft wünschet/ sich der SonnenGluht Jm Sommer zu entreissen15; So lieber Mensch der du den Tag Des Lebens voller Sorg’ und Plag’ Auf Erden must verschliessen16/ Gedulde dich/ du wirst befreit Durch die gewünschte Sterbenszeit/ Dein Kreütz wird bald verfliessen17. | 5. Sehr kurtz ist dises Leben doch18 Dazu mit Furcht ümbgeben/ Es drükket uns der Sünden Joch19/ Die Welt plagt uns daneben/
10 Eph 6,16 f. 11 Vgl. Hiob 7,2 12 Uns saur lassen werden] uns abmühen. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 1865. 13 ferner] weiter. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1532. 14 Gnadenpfenning] Gnadengeschenk. Vgl. Grimm, DWb 8, Sp. 581. 15 Vgl. Hiob 7,2 16 verschliessen] beschließen. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 1104 f. 17 verfliessen] verschwinden. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 338 f. 18 Vgl. Hiob 10,20 19 Vgl. Hebr 12,1
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Teil 4
Der gantze Leib ist matt und krank/ Sein mürbes Fleisch wird ein Gestank Ja recht ein Wuhst20 der Erden/ Den weil es nichts alß Asch und Staub21/ So muß es bald der Schlangen Raub Und Fraß der Würme werden22.
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6. Diß unser Leben fährt dahin/ Fast wie des Webers Spuhle23/ Waß ist es doch von Anbeginn? Ach! eine Jammerschule/ Wie plötzlich reist sein Faden ab24/ Drauf träget man den Leib ins Grab/ Kein Geist ist mehr zu finden/ Und flikt der Artzt gleich lange dran/ Es hilft doch nicht/ weil niemand kan Vom Sterben uns entbinden.
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7. Wir wissen/ waß für einen Bund Der Tod mit uns getroffen25,26/ Er meldet weder Zeit noch Stund/ Umsonst ist alles Hoffen/ | Wir haben selbst den Bund gemacht Alß Adams Fall uns hat gebracht Das wolverdiente Sterben27/ Dasselbe scheidet Leib’ und Seel’/ Es muß der Leichnam in die Höhl’ Und schmekken sein Verderben.
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8. Wollan der Tod komt auch zu Mir Der starke Menschenfresser; Komm’ immer her/ Jch folge dir/ Komm’ an28/ Jch bin nicht besser Alß meine Vätter sind gewest29/ Waß hilft Mich30 den ein kurtzer Rest 20 Wuhst] Schmutz. Vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 2405. 21 Vgl. Gen 18,27 22 Sir 10,13 23 Hiob 7,6 24 Jes 38,12 25 getroffen] geschlossen. Vgl. Grimm, DWb 21, Sp. 1631. 26 Sir 14,12 27 Vgl. Röm 5,17 28 Komm’ an] komme heran. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 384. 29 1Kön 19,4 30 Waß hilft Mich] Zu ‚helfen‘ mit Akkusativ vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 954.
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Den Jch noch könte leben/ Wollauf mein Geist bereite dich/ Daß wir der Welt fein säuberlich Den letsten Abscheid31 geben. 9. Mein Seelichen laß32 dises Hauß Laß freüdig disen Kerker33/ So bald du gehst von Jhm’ herauß/ So wirst du Zehnmahl stärker/ Lass’ alles das/ waß Jrrdisch heist Und dich von GOttes Lieb abreist34,35 Gantz gern und willig fahren/ Du komst an einen andern Ohrt Und hast viel besser Gühter dort Alß hier fürhanden waren. | 10. Ade du Lasterreiche Welt/ Du Lusthauß aller Schande/ Das Mir von Hertzen sehr mißfält/ Jch scheid auß disem Lande | Nun lass’36 Jch dich ô kurtze Zeit/ Nun eil’ Jch nach der Ewigkeit Nichts sol von Jhr Mich treiben/ Jch komm’/ Jch komm’ in vollem Lauff’/ Ach mein HErr Jesu nim Mich auf37/ Dein wil Jch sein und bleiben. |
d 217] Emendiert aus: 223 31 Abscheid] Abschied. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 96 f. 32 laß] verlasse. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 224. 33 disen Kerker] Zum Körper als carcer animae vgl. o. S. 67, Anm. 41. 34 abreist] losreißt, trennt. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 88. 35 Vgl. Röm 8,39 36 lass’] verlasse. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 224. 37 Vgl. Apg 7,59
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Teil 4
Das Dritte Lied. Ernstliche Betrachtung des Elenden Zustandes Menschlichen Leibes im Tode und Absterben/ auch wen Er in die Erde ista verscharret. Dises kan man auch singen auf die Weise des schönen Lides:
Von allen Menschen abgewand/ etc.b,1 1.
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S nahet sich der letste Tag/ An dem Jch einst muß scheiden/ Der letste Tag/ den niemandc mag Jn disem Leben meidend,2,3/ Es wohnt doch keiner in der Welt/ Der nicht/ so bald es GOtt gefält Den Todesstich muß leiden4. 2. Jch weiß/ die Stunde komt heran/ Jn der Jch werd empfinden Wie grausahmlich der Würger5 kan Uns alle Sinnen binden6/ Jch weis/ daß in der letsten Nacht Für grosser Angst Mir alle Macht Uhrplötzlich wird verschwinden. a in die Erde ist] C statt dessen: ist in die Erde b / etc.] C statt dessen: . c niemand] Gemäß Cantus, Bassus, B und C emendiert aus: niemad d meiden] B im Bassus statt dessen: scheiden (Erratum) 1 Zu der von Rist vorgesehenen Melodie des erstmals 1527 gedruckten Gesangs „Van allen mynschen afgewandt“, der von Andreas Knöpken verfaßt wurde, vgl. Wackernagel, Bd. 3, Nr. 144–146 und Zahn, Melodien, Bd. 3, Nr. 4461, sowie Bd. 6, Gedruckte Quellen, Nr. 70. 2 den niemand mag meiden] dem niemand entgehen kann. Zu ‚mögen‘ vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 2451; zu ‚meiden‘ vgl. DWb 12, Sp. 1901. 3 Vgl. Num 16,29 4 Vgl. Koh 8,8 5 Würger] Tod. Vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 2216. 6 binden] gefangen legen. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 34.
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Teil 4
3. Mein’ Augen/ die so manchen Blitz7 Vergeblich ausgeschossen8/ | Bekommen gleichsahm einen Ritz Ja scheinen gahr verdrossen9/ Biß endlich Jhr bedektes Licht10 Viel schneller alß ein Glaß zerbricht/ Den werden Sie verschlossen. 4. Die Sprache wil da nimmer fohrt/ Die Zung’ ist gleich gebunden/ Sie lallet kaum ein rechtes Wohrt/ Kein Witz11 wird mehr gefunden/ Kaum reget sich die matte Hand/ Es hat die Krankheit den Verstand Schon gäntzlich überwunden. 5. Verfallen ist mein Angesicht/ Mir zittern alle Glieder/ Die tauben Ohren hören nicht/ Jch lige gantz danieder/ Mir werden Händ’ und Füsse kalt/ Mein gantzer Leib wird ungestalt Er wakkelt hin und wieder12.
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6. Bald kommet die vergangne Zeit Gleich traurig für mein Bette/ Man fühlet einen harten Streit/ Man wünschet daß man hette | Die Tag’ in Frömmigkeit verbracht/ Da steht des Geist= und Fleisches Macht/ Das kämpfet in die Wette13,14.
7 Blitz] Blick. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 131. 8 ausgeschossen] geworfen. Zu ‚Blicke schießen‘ vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 42. 9 verdrossen] müde. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 248. 10 Licht] Gemeint ist die Sehkraft. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 872. 11 Witz] Geisteskraft. Vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 866. 12 hin und wieder] hin und her. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 885. 13 in die Wette] um die Wette. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 676. 14 Gal 5,17
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III. Ernstliche Betrachtung
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7. Das Guhte so wir nicht gethan/ Das Böse so begangen/ Bringt Satan alles auf die Bahn15,16/ Und solches unterfangen/ Das machet er so schwehr und groß/ Daß mancher Sünder wünschet bloß/ Er were längst erhangen! 8. Die Hölle schnappet grausahmlich Jhn geitzig17 zu verschlingen/ Der Menschenfresser18 rüstet sich Den Leib ins Grab zu bringen/ Da seh’ Jch schon den Knochernmann19 Fleisch= Haut= und Zähnloß/ der doch kan Die gantze Welt bezwingen. 9. Bald fleügt die Seel’ auß Jhrem Haus’/ Ob wol nach Gottes Willen/ Wen nun der Gast21 gerissen auß22/ So muß der Leichnam füllen Ein ander Hauß/ das schwartze Grab/ Da gnagen23 Jhn die Schlangen ab Jhr Hungersnoht zu stillen24. | 20
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10. Gedenk O Hertz an jene Zeit/ Wen Krankheit dich einst plaget/ Wen dein Gemüht empfindet Streit/ Wen Satan dich verklaget25/ Wen dir Gesicht26 und Witz27 vergeht Gehör und Sprache nicht besteht/ Wen dein Gewissen zaget. 15 Bringt Satan auf die Bahn] bringt Satan vor. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1077. 16 Vgl. Apk 12,10 17 geitzig] gierig. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 2820. 18 Menschenfresser] Gemeint ist der Tod. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 2046. 19 Knochernmann] Gemeint ist der Tod in Gestalt eines Knochengerippes. Vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 1459. 20 fleügt] fliegt. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1780. 21 Vgl. Ps 119,19 22 gerissen auß] ausgereist ist. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 734. 23 gnagen] nagen. Vgl. Grimm, DWb 8, Sp. 611. 24 Sir 10,13 25 Vgl. Apk 12,10 26 Gesicht] Sehkraft. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 4087. 27 Witz] Geisteskraft. Vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 866.
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Teil 4
11. Alßden28 Herr Jesu laß Mich nicht Jn solcher Angst verderben/ Sei du doch Meine Zuversicht29/ Damit Jch frölich sterben Und endlich durch dein theüres Bluht30 Das gnug vor meine Sünde thut31/ Den Himmel müg ererben32. 12. Jmmittelst33 hilf/ daß Jch der Welt Bei Zeiten uhrlaub gebe34/ Und als ein tapfrer Glaubens Held Nach solchen Gühtern strebe/ Die weder Feür/ noch Feind/ noch List Mir raubet/ Mein Herr Jesu Christ/ So weiß Jch daß Jch lebe. |
28 Alßden] dann. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 260. 29 Ps 61,4 30 1Petr 1,19 31 Vgl. Eph 1,7; 1Joh 1,7 32 Vgl. Röm 8,17 33 Jmmittelst] inzwischen. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2079. 34 der Welt uhrlaub gebe] der Welt absage. Vgl. Grimm, DWb 24, Sp. 2474.
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IV. Lied/ Eines Gott ergebnen Christen
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Das Vierdte Lied/ Eines Gott ergebnen Christen.
Treühertzige Ermahnung an seine Seele/ daß sie sich nunmehr freüdig zu einem seligen Ab= scheide1 solle schikken und bereit machen. Dieses kan man auch singen auf die Melodei des bekandten Lides:
Komt her zu mir/ spricht Gottes Sohn2/ a etc. 1.
M
Ein Seelichen/ wen wilt du doch Entreissen dich des Leibes Joch/ Wen wilt du nun verlassen Diß in der Welt geborgtes Hauß/ Sag an/ wen wilt du ziehen aus Den Himmels Sahl zu fassen? 2. Ach Seelichen du bleibst zu lang’b Jn diser Hüten3/ Mir wird bang’ Jhr eitles Thun zu sehen/ Verschmertzen muß Jch manchen Tag Die Bößheit/ und waß sonst für Plag’ An Mir pflegt zugeschehen. |
a Gottes Sohn/] Fehlt C
b lang’] In B Apostroph als kopfstehende Type
1 Abscheide] Abschied. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 96 f. 2 Zu der von Rist vorgesehenen Melodie vgl. o. S. 105, Anm. 2. 3 Hüten] Gemeint ist der menschliche Leib. Vgl. 2Kor 5,1
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IV. Lied/ Eines Gott ergebnen Christen
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3. Mein Seelichen/ fleüg4 immer hin Und hohl’ itzt5 wider den Gewinn Den du zuvor besessen/ Von GOtt bist du gekommen her/ Zu GOtt ist deine Widerkehr6/ Wie kanst du Sein vergessen?
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4. Laß schwinden alle Sorg’ und Pein/ Wirf disen Leib zum Grab’ hinein Und laß der Welt ihr Schertzen/ Das Erdreich fasse seinen Raub/ Der Geitzhals lauter güldnen Staub/ Der Höllebrand7 die Schmertzen. 5. Erzittre nicht/ wen dir der Tod Wil dreüen8 mit der letsten Noht/ Laß disen Rok nur fahren/ Reiss’ aus so manchem Ubel dich/ Daß dich gequählet jämmerlich Jn deinen besten Jahren. 6. Gebohren sein bringt dises mit/ Daß dir der Tod folgt auf den Schrit/ Nichts anders darf man hoffen/ | Diß Leben ist der Leüchten gleich Die gantz zerbrochen/ dünn und weich Vom Winde wird getroffen. 7. Dis Leben ist ein fremder Gast/ Des Leibes Schmertz/ der Seelen Last/ Ein Trinkhauß aller Schanden/ Ein wühster Spielplatz böser Lust/
4 fleüg] flieg. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1780. 5 itzt] jetzt. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2318. 6 Ps 90,3 7 Höllebrand] Bösewicht; Person, die im Höllenfeuer brennt. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1749. 8 dreüen] drohen. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1343.
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Teil 4
Ein SündenMeer und rechter Wuhst9/ Ein Kleid von TeüfelsBanden. 8. Und fragst du den waß Sterben sei? Nichts anders alß nur werden frei/ Ja Sterben nenn’ Jch Leben/ Das Sterben heisset Angst und Noht/ Die Hoffnung/ Furcht auch selbst den Tod Mit Freüden überstreben10. 9. Wo fahr Jch aber endlich hin Wen Jch der Welt entrissen bin/ Wo werd Jch künftig wohnen? Jm Himmel/ da der Frommen Schaar Den Herren preiset immerdar Geschmükt mit güldnen Krohnen11. | S. 227
10. Frisch auf mein Seelchen/ rüste Dich/ Dein liebster Jesus sehnet Sich Dich in sein Reich zu bringen/ Da wollen wir nach diser Zeit Jn höchster Lust und Herrligkeit Lob/ Ehr’ und Dank Jhm singen. |
9 Wuhst] Schmutz. Vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 2405. DWb 23, Sp. 584. 11 Apk 4,4.10 f.
10 überstreben] überwinden. Vgl. Grimm,
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V. Lied/ Eines Christen
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Das Fünfte Lied/ Eines Christen/ welcher mit Todes= ängsten hefftig wird gedrükket.
Dises kan gesungen werden auf die Melodei des Buhslides:
Erbarm dich mein O HErre Gott1.a 1.
M
Ein GOtt und Vatter/ der du nicht Dein arme Kindlein in der Noht Verlassen wilt/ mein Hertz das bricht/ Jch fühle schon an Mir den Tod/ Ach laß doch deiner Hände Werk2/ Nicht leiden alzu grosse Pein/ Du kanst ja geben Trost und Stärk’/ An dir Herr kleb3 Jch gantz allein. 2. Du bist der rechte Gnadenstuhl4/ Zu dem’ Jch billig5 nahe Mich6/ Dieweil7 Jch in des Kreützes Schul’ Jtz leiden muß so jämmerlich/ Du hörst ja gern/ die Dich im Geist’ Und in der Wahrheit ruffen an8/ Jch bin es/ der Dich Vatter heist Und kindlich dir vertrauen kan9. | a Gott.] B statt dessen: GOtt/ etc. C statt dessen: etc. 1 Zu der von Rist vorgesehenen Melodie des erstmals 1524 gedruckten Gesangs „Erbarm’ dich mein, o Herre Gott“, der von Johann Walther oder Martin Luther komponiert wurde, vgl. Zahn, Melodien, Bd. 3, Nr. 5851 f. sowie Bd. 6, Gedruckte Quellen, Nr. 4 f. 2 Ps 138,8 3 kleb] hänge. Vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 1047 f. 4 Röm 3,25; Hebr 4,16 5 billig] mit Recht. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 29. 6 Hebr 4,16 7 Dieweil] weil. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1146. 8 Joh 4,23 9 Vgl. Röm 8,15
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V. Lied/ Eines Christen
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3. Jch weiß/ daß wer in Jesu stirbt/ Und sich an disen Heyland hält/ Derselbe nimmer zwahr10 verdirbt11 Wen Er gleich lassen12 mus die Welt/ Mich aber hat der Sünden Koht So gahr beschwehret/ daß Jch nicht Mich reissen kan auß diser Noht/ Wo Gott des Todes Machtb nit bricht.
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4. Es quählet Mich ein grosser Schmertz/ Dieweil13 Versuchung/ Angst und Pein Verdrukken14 itz15 mein mattes Hertz/ Das kaum mehrc kan gedültig16 sein/ Ach! meine Sinnen nehmen ab/ Mein Reden/ Hören/ Sehn vergeht/ Und diser Leib der eilt ins Grab/ Das längst vor Jhn bereitet steht. 5. So hilff nun mein Herr JEsu Christ/ Und laß Mich spühren deine Macht/ Dieweil17 mein Stündlein kommen ist/ Und Jch die lange finstre Nacht Jn meinem Grabe ruhen sol/ Herr mache Mich erst Sünden frei18/ Damit Jch Trost und Glaubens vol Zum Sterben frisch und freüdig sei. | 6. Nach dem Jch auch in diser Noht Jtz auf das höchste kommen bin19/ b Todes Macht] Gemäß B, C emendiert aus: TodesMacht
c mehr] C statt dessen: recht
10 nimmer zwahr] niemals. ‚Zwar‘ hat in diesem Kontext eine bekräftigende Bedeutung. Vgl. Grimm, DWb 32, Sp. 950. 11 Vgl. 2Tim 2,11 12 lassen] verlassen. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 224. 13 Dieweil] weil. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1146. 14 Verdrukken] bedrücken. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 252. 15 itz] jetzt. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2318. 16 gedültig] geduldig. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 2049. 17 Dieweil] weil. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1146. 18 Vgl. Röm 6,18 19 Nach dem kommen bin] nachdem ich jetzt in die allerhöchste Not geraten bin. Vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 1660.
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Teil 4
Und der so nahe bittre Tod Mir alle Kräfte reist dahin/ So hilf Herr Jesu/ wie du Mir Versprochen hast in deinem Wohrt’20/ Jch glaub/ Jch hoff/ Jch kleb’21 an Dir/ Drauf fahr Jch sicher in den Port. 7. Muß Jch gleich durch das finster Thal Des Todes wandern22 gahr allein/ Jst schon der Weg sehr rauch23 und schmahl24/ Wirst du mein Hort25 doch bei Mir sein/ Du bist der rechte MenschenFreünd26/ Drum hang’ Jch dir im Glauben an/ Ja bin versichert/ daß kein Feind Auß deiner Hand Mich reissen kan27. 8. Jn Todesnöhten schrei Jch nun Mit welchen Jch beladen bin: Vergeblich ist doch all mein Thun/ Drum eil’ Jch zu den Bergen hin Von welchen Mir komt Hülf und Raht/ Mein’ Hülffe komt vom Herrend her28/ Der alle Ding in Händen hat29 Und dem kein Helffen ist zu schwehr30. | S. 233
9. O liebster JEsu tröste Mich/ Damit der Sünden Greülichkeit31 Von Mir ja nimmer trennen dich/ Besondern32 daß Jch in der Zeit Fest gläube/ daß dein Vatter Mir Auß Gnaden wil barmhertzig sein33/
d HERren] C statt dessen: HErrn (Erratum) 20 Vgl. Mt 28,20 21 kleb’] hänge. Vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 1047 f. 22 Vgl. Ps 23,4 23 rauch] rauh. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 241. 24 Mt 7,14 25 Ps 18,3; 71,3 26 Vgl. Tit 3,4 27 Joh 10,28 28 Ps 121,1 f. 29 Vgl. Ps 95,4 30 Vgl. 1Sam 14,6 31 Greülichkeit] Grausamkeit. Vgl. Grimm, DWb 9, Sp. 246. 32 Besondern] sondern. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1633. 33 Vgl. Ps 86,15
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V. Lied/ Eines Christen
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Jhm stell’ Jch deine Wunden für/ Die schätz Jch meinen Trost allein34.
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10. O nie beflektes GOTTes Lamm/ Daß du der Menschen Sünde trägst35/ O Jesu süsser Bräutigam36/ Der du so grosse Liebe hegst/ Sprich Mir am letsten Ende zu: Kind sei getrost/ du solt gahr bald Jm Paradise finden Ruh37/ Wo lauter Freüd’ und Wonn’38 erschalt. 11. O reicher Tröster39/ wehrter Geist/ Zeüch40 deine Gnade nicht von Mir/ Den rechten Glauben allermeist Vermehr in Mir doch für und für/ Damit Jch wie der Simeon Zu dir in Fried’ und Ruhe fahr’41 Und deines Himmels Lust und Wonn’ Empfind’/ ô Tröster42/ immerdar! | 12. Du Heilige Dreifaltigkeit/ Gedenk’ an deinen Gnadenbund43/ Jch scheid’ auß diser kurtzen Zeit/ Ach hilff/ ach hilff zu diser Stund’/ | Jn deine Händ’ ergeb’ Jch Mich44/ Jtz schlaff’ Jch sanft und selig ein/ Mein Augen schliess’ Jch säuberlich/ Mein GOtt/ itz45 werd Jch bei Dir sein. |
34 Die schätz Jch meinen Trost allein] die sehe ich als meinen alleinigen Trost an. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 2282. 35 Joh 1,29 36 Mt 25,6 37 Vgl. Lk 23,43 38 Jes 35,10 39 Vgl. Joh 14,16 40 Zeüch] ziehe. Vgl. Grimm, DWb 31, Sp. 938. 41 Lk 2,29 42 Vgl. Joh 14,16 43 Ps 74,20 44 Ps 31,6 45 itz] jetzt. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2318.
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Teil 4
Das Sechste Lied. Andächtige letste Seüftzer eines fast in Todesnöthen ligenden Menschen.
Dises kan gesungen werden im Thon des schönen Kirchenlides:
Jn dich hab Jch gehoffet Herra,1/ etc. 1.
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Err Jesu Christ/ mein Trost2 und Licht3/ Zu dir heb’ Jch mein Angesicht4 Jn Meiner Noht und Leiden/ Ach GOtt! dein Kind Sol itz5 geschwind Von diser Welt abscheiden.
2. Hie6 lig’ Jch Herr in deiner Hand Und wahrte wen7 des Lebens Band Sol abgeschnitten werden8/ Daß mein Gebein Jm höltzern Schrein9 Werd’ hingebracht zur Erden. 3. Jn deinen Willen geb’ Jch Mich10/ Herr Jesu hilff Mir gnädiglich a Herr] C statt dessen: her (Erratum) 1 Zu der von Rist vorgesehenen Melodie des erstmals 1545 bzw. 1560 gedruckten Gesangs „In dich hab’ ich gehoffet, Herr“ vgl. Zahn, Melodien, Bd. 1, Nr. 1706 und Bd. 2, Nr. 2459–2465 sowie Bd. 6, Gedruckte Quellen, Nr. 84 und 133. 2 Ps 73,26 3 Joh 8,12 4 Ps 123,1 5 itz] jetzt. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2318. 6 Hie] hier. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1305. 7 wen] sobald. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 53 f. 8 Vgl. Jes 38,12 9 Schrein] Sarg. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 1726. 10 Vgl. Mt 6,10
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Teil 4
Diß Stündlein überwinden/ Bei Dir ist Raht/ Bei dir ist That/ Bei dir ist Trost zu finden. | S. 237
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Herr gib Mir doch zu diser Frist11/
Waß meiner Seelen nützlich ist Zum Leben oder Sterben/ Sol leben Jch/ So laß du Mich Jn Sünden nicht verderben.
5. Und sol Jch den von hinnen12 gehn Jn jennem Leben dich zu sehn13 Daselbst Dir Lob zu singen Bin Jch bereit Auß diser Zeit Mich in dein Reich zu schwingen14. 6. Zwahr disen Leib’ und diß Gebein Laß Jch der Würmer Speise sein15/ Dis ist der Lohn der Sünden16/ Jch aber weiß/ Jm Paradeis17 Werd Jch waß bessers finden. 7. So bitt’ Jch nun von Hertzen grund/ Lass meine Seel’ in diser Stund’ O Herr/ dirb sein befohlen18/ Von dir allein Mein Jesulein Kan Jch Erquikkung hohlen. | b dir] Gemäß B, C emendiert aus: dtr 11 Frist] Zeit. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 216. 12 von hinnen] von hier fort. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1459. 13 Vgl. 1Kor 13,12 14 zu schwingen] aufzuschwingen. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 2696 f. 15 Sir 10,13 16 Vgl. Röm 6,23 17 Vgl. Apk 2,7 18 Ps 31,6
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VI. Andächtige letste Seüftzer
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8. Beschütze Mich mit deinem Schild’19/ Jn dem20 der Satan frech und wild Mich armen wil erschrekken/ Sonst weiß Jch nicht O du mein Licht21/ Womit Jch Mich sol dekken22.
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9. Hier ist kein Raht/ den Menschen Gunst Samt aller Hülff ist gahr ümsunst23/ Wer hilft doch den Mir Armen? Wer hält Mich nun? GOtt muß es thun/ Bei dem ist viel Erbarmen24. 10. Jch darf nicht kommen für Gericht/ Den meine Werke taugen nicht/ Jch kan Mich gahr nichts rühmen: Waß Jch gethan/ Steht auf dem Plan25/ Es läst sich nicht verblühmen26. 11. Wo sol Jch den nun fliehen hin27 Der Jch ein solcher Sünder bin? Allein zu deiner Gühte/ Herr Jesu Christ/ Jch weiß Du bist Mein Bruder von Gemühte. | 12.c Dein herber Tod hat Mich befreit/ Dein Bluht gibt Mir die Seligkeit28/ c 12.] In Custode statt dessen: 10. (Erratum) 19 Ps 18,36 20 Jn dem] während. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2107. 21 Joh 8,12 22 dekken] schützen. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 889. 23 ümsunst] umsonst. Vgl. Grimm, DWb 23, Sp. 1155. 24 Vgl. Jes 54,8 25 Steht auf dem Plan] ist offenbar. Zu ‚Plan‘ vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1884. 26 verblühmen] verdecken. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 146. 27 Ps 139,7 28 Vgl. Röm 5,9 f.
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Teil 4
Du hast Mich angenommen29 Jm Gnadenbund’/ Jch bin gesund Auß disem Baded kommen. 13. Ach du mein allerhöchstes Guht Hast ja dein Rosinfarbes30 Bluht Auf Golgatha vergossen31 Gantz mildiglich32/ Das machet Mich Zu deines Reichs genossen33. 14. Wolan so laß Mich das Gesicht34 Des Menschenwürgers35 Schrekken nicht/ Wen mein Gesicht36 verschwindet/ Laß sehend sein Mein Hertz allein Daß Dich im Glauben findet. 15. O Jesu/ nim Dich meiner an/ Laß/ wen Jch nicht mehr reden kan Mein Seelichen noch schreien/ Du kanst fürwahr Mich auß Gefahr Des Todes schnell befreien. | S. 240
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16. Nim dise Seel in deine Händ’37 Und gib Mir bald ein seligs End’ Auf daß Jch deinen Namen/ | Mit Cherubim Und Seraphim/ Mög’ ewig preisen Amen. | d Bade] Gemäß B emendiert aus: Bande (Erratum auch in C) 29 Vgl. Lk 15,2 30 Rosinfarbes] rosenfarbiges. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 1232. 31 Mt 26,28 32 mildiglich] reichlich. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 2215. 33 Eph 2,19 34 Gesicht] Anblick bzw. Antlitz. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 4088. 4093. 35 Menschenwürgers] Todes. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 2076. 36 Gesicht] Sehkraft. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 4087. 37 Vgl. Sap 3,1
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VII. Ernstliche Betrachtung
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Teil 4
Das Siebende Lied. Ernstliche Betrachtung der Gewiß= heit deß herannahenden Jüngsten Tages/ und waß für ein Gericht daran sol gehe= get1 werden. Dises kan man singen auf die Melodei des Kirchengesanges:
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Wachet auff jhr Christen alle / etc. 1.
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Ast ab von Sünden alle/ Last ab und zweifelt nicht/ Daß Christus wird mit Schalle Bald kommen zum Gericht3/ Sein Stuhla ist schon bereitet/ Der HErr komt offenbahr4/ Er komt und wird begleitet Von einer grossen Schaar5. 2. Erschrik ô sichre Seele/ Diß ist der letste Tag/ Dein Leib komt auß der Höhle Darin Er schlaffend lag6/ Da must du stehn entkleidet Und hören an mit scheü/
a Stuhl] B statt dessen: Sthul (Erratum) 1 geheget] abgehalten. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 782. 2 Zu der von Rist vorgesehenen Melodie des erstmals 1586 gedruckten Gesangs „Wacht auf ihr Christen alle“, der auf ein älteres weltliches Lied zurückgeht, vgl. Zahn, Melodien, Bd. 3, Nr. 5372a–c sowie Bd. 6, Gedruckte Quellen, Nr. 263 und 275. 3 Vgl. 2Tim 4,1 4 offenbahr] sichtbar. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1173. 5 Judas 14 f. 6 Vgl. Ez 37,12–14; Joh 5,28 f.
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Teil 4
Wie Christus selber scheidet Den Weitzen von der Spreü7.
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3. Wol Dir/ so Du geschmükket Jn wahrem Glauben bist/ | Alßden8 wirst du gerükket Hinauf zu Jesu Christ9/ Weh’ aber Dir von Hertzen/ Drükt Dich der Sünden Joch/ Der Satan wird mit Schmertzen Dich stürtzen in sein Loch10. 4. Waß wird der Richter machen? Der richtet nicht allein/ Er wird zu gleich in Sachen11 Dein wahrer Zeüge sein12/ Den wirst du sehr erschrekken/ Wen auf dem Urtheilsplan13 Der Richter wird aufdekken Waß heimlich du gethan14. 5. Wie wilt du doch bestehen Für seinem grossen Zorn15/ Wen Er Dich lässet sehen Die Wunden/ Schläg und Dorn/ Und waß Er mehr getragen O schnöder Knecht für Dich16/ Bald wird dich Christus fragen Warum Mensch schlugst Du Mich? 6. Hab Jch nicht gern vergossen Mein Bluht für deine Schuld17? Ward Jch nicht fest geschlossen?18 7 Vgl. Mt 3,12 8 Alßden] dann. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 260. 9 Vgl. Mt 25,34 10 Vgl. Mt 25,41 11 Sachen] Streitsachen. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 1594. 12 Apk 1,5 13 Urtheilsplan] Gerichtsplatz. Zu ‚Plan‘ vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1883 f. 14 1Kor 4,5 15 Apk 6,16 16 Jes 53,5 17 Vgl. Apk 1,5 18 Ward Jch nicht fest geschlossen?] habe ich nicht geschwiegen? Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 707.
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VII. Ernstliche Betrachtung
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Litt Jch nicht mit Geduldb | Die nie verdiente Straffen19 Und Marter Tag und Nacht/ Biß Jch am Kreütz entschlaffen Hab’ alles vollenbracht20,21?
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7. Wie hast du nun vergolten Mir/ waß Jch dir gethan? Oft hast du Mich gescholten/ Bist oft die Sündenbahn Mit dem verfluchten Hauffen22 Nur Mir zu Spott und Hohn Jn Sicherheit gelauffen/ War das nicht feiner Lohn? 8. Ach GOtt/ wie wird erschüttern23 Alsden24 ein Sünden Kind/ Jsrael muste zittern/ Alß es den starken Wind Das Donnern und das Blitzen Samt der Posaunen Schall’ Hört auf des Berges Spitzen25/ Da schrie es überal. 9. Wie wird der Sünder schreien Wan Jhn der Richter fragt/ Warum Er nicht mit treüen26 Gethan/ waß Jhm gesagt! | Wie wird Er können schauen Ein solches Angesicht/ Das Jhm mit Angst und Grauen Leib/ Seel’ und Geist zerbricht! b C zusätzlich: ? (Erratum) 19 Vgl. Jes 53,4–7; Ps 69,5 20 vollenbracht] vollbracht. Vgl. Grimm, DWb 26, Sp. 620. 21 Joh 19,30 22 Hauffen] Pöbel. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 584. 23 erschüttern] erbeben. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 976. 24 Alsden] dann. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 260. 25 Ex 20,18 26 mit treüen] getreu. Vgl. Grimm, DWb 22, Sp. 331.
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Teil 4
10. Wer kan die Schand erreichen Die der erdulden mus/ Der durch den Tod gieng schleichen Jns Grab ohn’ alle Buhss’/ Und sol hernachmahls27 sehen Viel Heilige mit Pracht Bei GOtt dem Richter stehen28 Der Jhm sein Urtheil macht? 11. Die grossen Gottes Männer Verfluchen den zu gleich Den frechen Friedenstrenner29; Der Satans Kirch’ und Reich Gesuchet zuvermehren Auß böser Lust allein/ Und muß nun aller Ehren Dafür entsetzet30 sein.
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12. O Himmel! Es erschallet Der Sünder Klaggeschrei: Jhr Berg und Hügel fallet Und knirschet uns enzwey31/ | Bedekt32 uns für dem Pfule33/ Dieweil34 zu diser frist35 Das Lämlein auf dem Stuhle So gahr ergrimmet ist36. 13. Herr lehre Mich bedenken Doch disen Jüngsten Tag/ | Daß Jch zu Dir Mich lenken Und Christlich leben mag.
27 hernachmahls] danach. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1118. 28 Vgl. Apk 4,4 29 Friedenstrenner] Zwietrachtstifter. Nicht bei Grimm, DWb. Vgl. aber zu ‚Trenner‘ DWb 22, Sp. 134. 30 entsetzet] beraubt. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 621. 31 knirschet uns enzwey] zermalmt uns. Vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 1443. Zu ‚enzwey‘ vgl. DWb 3, Sp. 672. 32 Bedekt] beschützt. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1222. 33 Hos 10,8; Lk 23,30; Apk 6,16 34 Dieweil] weil. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1146. 35 frist] Zeit. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 216. 36 Apk 6,16
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VII. Ernstliche Betrachtung
Und wen Jch den sol stehen Für deinem Angesicht/ So laß Mich frölich sehen Dein klares Himmelslicht. |
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Teil 4
VIII. Treühertzige Ermahnung
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Das Achte Lied. Treühertzige Ermahnung und War=
nung an die sichere Welt/ daß sie sich gegen dem herannahendema,1 Jüngsten Tag mit wahrer Bußfertigkeit wolle bereit und gefast machen. Jn seiner eigenen gantz neüen Melodei. 1.
W
Ach’ auf/ wach’ auf du sichre Welt/ Der letste Tag wird warlich kommen/ Den waß im Himmel ist bestelt Wird durch die Zeitb nicht hingenommen2/ Ja waß der Heiland selbst geschwohren3/ Sol endlich alzumahl geschehn/ Ob gleich die Welt muß untergehn So wird sein Wohrt doch nicht verlohren4.
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2. Sprich nicht/ du schnödes SündenKind/ Man hat schon längst davon gelehret Und folgt doch nichts. Ach! du bist blind Der Satan hat dein Hertz betöhret/ | Ja Spötter/ du darfst5 gahr nicht sorgen6/ Ob gülten Christus Wohrte nicht7/ Nein/ bringen wird Er für Gericht/ Waß hier gewesen gantz verborgen8. a herannahendem] B statt dessen: herannahenden b die Zeit] Gemäß Cantus, Bassus und B emendiert aus: dieZeit (Erratum auch in C) 1 gegen dem herannahendem] Zu ‚gegen‘ mit Dativ vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 2205. 2 hingenommen] weggenommen. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1458. 3 Vgl. Mt 24,1–31 4 Mt 24,35 5 darfst] mußt. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1725. 6 sorgen] wähnen, meinen. In dieser Bedeutung nicht bei Grimm, DWb. 7 Ob gülten Christus Wohrte nicht] Christi Worte hätten keine Gültigkeit. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3066. 8 1Kor 4,5
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VIII. Treühertzige Ermahnung
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3. Jch schaff und würke9 waß Jch wol’10 Jm essen/ trinken/ schlaffen/ wachen/ So hör Jch Angst und Schrekkens vol Luft/ Himmel/ Erd’ und Wasser krachen11/ Jch höre schon die Stimm erschallen: Steht auf Jhr Todten/ geht herfür/ Hier ist die Hell’ und Himmelsthür12/ Mein GOtt/ laß Mich zu diser wallen13. 4. Wach’ auf/ der letste Tag ist nah’/ Es lehrens ja des HimmelsZeichen/ Die klare Lichter stehen da Als wolten sie bald von uns weichen/ Das Firmament läst sich bewegen14/ Es wühtet das erzürnte Meer15/ Die Flüsse lauffen über her16/ Die Winde wollen sich nicht legen. 5. Den Leüten ist auf Erden bang17/ Sie gehen stets in Traurgedanken/ | Es währet leider allzulang Das Streiten/ Kriegen/ Rauben/ Zanken/ Die Nahrung kan man kaum erwerben18/ Die Frommen werden sehr geplagt/ Der eine heült/ der ander klagt/ Die meisten wünschen bald zusterben. 6. Der Herr verzeücht19 die letste Zeit20/ Dieweil21 Er uns so hertzlich liebet/ Und nur auß lauter Freündligkeit Uns Frist22 und Raum zur Buhsse gibet23/
9 würke] tue. Vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 560. 10 wol’] wolle. Vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 1326 f. 11 Vgl. 2Petr 3,10 12 Vgl. Joh 5,28 f. 13 wallen] wandern. Vgl. Grimm, DWb 27, Sp. 1288. 14 Mt 24,29 15 Lk 21,25 16 lauffen über her] treten über die Ufer. Vgl. Grimm, DWb 23, Sp. 375. 17 Lk 21,25 18 Vgl. Lk 21,9–11 19 verzeücht] schiebt auf. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 2595 f. 20 Vgl. Mt 25,5 21 Dieweil] weil. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1146. 22 Frist] Zeit. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 216. 23 2Petr 3,9
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Teil 4
Er weiß gahr sanft mit uns zu fahren24/ Hält auf den lieben Jüngsten Tag/ Daß sich der Frommen Glaube mag Samt Lieb und Hoffnung25 offenbahren. 7. Wach’ auf/ der Herr komt zum Gericht’/ Er wird sehr prächtig lassen schauen26 Sein Richterliches Angesicht/ Daß die Verdamten machet grauen/ Seht/ den der Vatter lasset sitzen Zu Seiner Rechten/ der die Welt Zu Seinen Füssen hat gestelt27/ Der komt mit Donnern/ Feür und Blitzen. | S. 251
8. Es wird Jhn sehen Kaiphas/ Der Jhn so fälschlich hat verdammet28/ Pilatus29 der wird werden blaß Wen dises Richters Antlitz flammet30/ Auch Judas der Jhn hat verrahten31/ Herodes der Jhn bracht in Spott32/ Die werden den/ ô grosser GOtt/ Verfluchen jhre böse Thaten! 9. Sehr lieblich wird im Gegentheil Erscheinen diser Tag der Frommen/ An welchem Jhr erwünschtes Heil Sie frei zu machen ist gekommen/ Der rechte Josua wird bringen Die Seinige mit starker Hand Jn das gelobte Vatterland’33/ Ein Siegeslied daselbst zusingen.
24 zu fahren] umzugehen. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1254. 25 1Kor 13,13 26 lassen schauen] zeigen. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 2315. 27 Ps 110,1; Mk 12,36 28 Vgl. Mt 26,57–68 29 Vgl. Mt 27,11–26 30 flammet] strahlt. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1715. 31 Vgl. Mt 26,47–50 32 Vgl. Lk 23,11 33 Vgl. Hebr 11,14
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VIII. Treühertzige Ermahnung
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10. Sind gleichc die Zeiten so verkehrt/ Daß wir für Unmuht34 schier35 vergehen/ Wird schon die Trübsahl so vermehrt/ Daß auch kein Ziel36 daran zusehen; | Geduldet Eüch/ bald wird sich enden Des Lebens schwehre Pilgrimschaft37/ Bald werden wir dahin geraft/ Wo sich die Plagen von uns wenden38.
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11. Der Frühling ist schon vor der Thür/ Der Feigenbaum wil Laub gewinnen39,40/ Die Blühmlein schiessen auch herfür41/ Die Zeit erneüert uns die Sinnen/ Bald komt das rechte Sommer Leben/ Jn welchem unser Leib wird sein Verklähret42 wie der Sonnenschein/ Den uns der Jüngste Tag wird geben. 12. Wach’ auf/ wach’ auf du sichre Welt/ Sehr schnel wird diser Tag einbrechen/ Wer weiß wie bald es GOtt gefält/ Sein Will’ ist gahr nit außzusprechen/ Ach hüte Dich vor Geitz und Prassen: Gleich wie das Vöglein wird berükt43 Noch eh’ es seinen Feind erblikt/ So schnell wird diser Tag Dich fassen44. 13. Wolan wir wollen fleissig behten/ Wir wollen wachen Tag und Nacht/ | Wir wollen gleich den Knechten treten/
c gleich] Fehlt C (Erratum) 34 Unmuht] Mutlosigkeit. Vgl. Grimm, DWb 24, Sp. 1197. 35 schier] fast. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 23. 36 Ziel] Ende. Vgl. Grimm, DWb 31, Sp. 1042. 37 Pilgrimschaft] Pilgerschaft. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1855. 38 Vgl. Apk 21,4 39 wil Laub gewinnen] läßt Blätter wachsen. Vgl. Grimm, DWb 6, Sp. 5968. 40 Vgl. Mt 24,32 f. 41 Vgl. Hld 2,12 f. 42 Vgl. Phil 3,21; Mt 13,43 43 berükt] in die Falle gelockt. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1529. 44 Koh 9,12
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Teil 4
Welch’ auf die Herren geben acht45/ Komt lasset uns entgegen gehen Dem Bräutigam46 zu rechter Zeit/ Damit wir in der Ewigkeit Samt allen Engeln für Jhm stehen. |
45 Vgl. Ps 123,2 46 Mt 25,6
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IX. Ernstliche Betrachtung der Rechenschaft
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Teil 4
Das Neunte Lied. Ernstliche Betrachtung der genauen Rechenschaft/ welche am Jüngsten Ge= richt von den Menschenkindern wird gefodert1 werden. Dieses kan man auch singen auf die Melodei des bekandten Lides:
Ach GOtt thue dich erbarmen2.a 1.
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S klingt in meinen Ohren/ Waß Christus GOttes Sohn Den Menschen hat geschwohren/ Daß Er den rechten Lohn Wil erst nach disem Leben Den Menschenkindern geben3/ Diß macht mein Hertz’ erbeben.
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2. GOtt hat Mich ja gesetzet Zum Knecht in seinem Haus’4 Hier hab’ Jch Mich ergetzet/ Muß endlich doch herauß/ Wen Jch nun daß sol lassen/ So wird mein Leib erblassen/ Den bald ein Grab muß fassen.
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a .] B statt dessen: / etc. 1 gefodert] gefordert. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1866. 2 Die von Rist vorgesehene Melodie des erstmals 1566 gedruckten Gesangs „Ach Gott, tu’ dich erbarmen“ entstammt dem weltlichen Lied „Frisch auf, ihr Landsknecht, alle“. Vgl. Zahn, Melodien, Bd. 4, Nr. 7228 sowie Bd. 6, Gedruckte Quellen, Nr. 163. 3 Vgl. 2Kor 5,10 4 Vgl. Mt 25,21
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Teil 4
3. Der Herr hat Mir geschenket Dis waß Jch heiss’ und bin/ | Ach hett Jch doch gelenket Nach Jhm Hertz/ Muht5 und Sinn! Hett Jch Mich doch entrissen Der Welt/ und Mich beflissen6 Nur nichts/ als Jhn zu wissen7! 4. Waß sol Jch aber sagen? Die Rechnung8 fält Mir schwehr/ Der Richter wird Mich fragen Ja forschen hin und her: Ob Jch sein edle Gaben Welch’ Jhren Wucher9 haben/ Auch liederlich10 vergraben11? 5. Sol Jch den Antwohrt geben Von dem waß Jch gemacht/ So weiß Jch/ daß mein Leben Jst schändlich zugebracht/ O GOtt! Jch Armer merke/ Daß Witz12/ Gesundheit/ Stärke Gewürket13 Fleisches Werke14.
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6. Jch habe ja mißbrauchet Die Sinnen allzumahl/ Nun ist die Zeit verrauchet Und Jch bin leider kahl | An Frommigkeit und Ehren15/ Muß Gottes Fluch nun hören/ Das heist: Laß Dich betöhren16! 5 Muht] Gesinnung. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 2783. 6 beflissen] befleißigt. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1265. 7 wissen] kennen. Vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 756. 8 Rechnung] Rechenschaft. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 356. 9 Wucher] Ertrag. Vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 1693. 10 liederlich] leichtsinnig. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 987. 11 Vgl. Mt 25,19.24 f. 12 Witz] Geisteskraft. Vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 866. 13 Gewürket] getan. Vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 560. 14 Gal 5,19 15 Jch bin kahl An Frommigkeit und Ehren] ich entbehre der Frömmigkeit und der Ehre. Vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 28. 16 betöhren] zum Toren machen. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1702 f.
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IX. Ernstliche Betrachtung der Rechenschaft
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7. Wie kan Jch Rechnung machen17 Von meines Herren Guht18/ Das längst schon durch den Rachen Gejagt19 mein eitler Muht20? GOtt hat Mich zwahr ernehret/ Doch waß Er Mir bescheret/ Jst üppiglich21 verzehret. 8. Der Armen ward vergessen/ Sie litten grosse Noht/ Geitz hatte Mich besessen/ Die Mildigkeit22 ward tod/ Wo sol Jch Mich hin lenken/ Jm fall’23 Jch muß bedenken/ Waß GOtt Mir pflag24 zu schenken? 9. Der Herr wil von Mir wissen/ Ob Jch in diser Zeit Auch hertzlich Mich beflissen25 Der rechten Frommigkeit? Ob sündlich auch bewogen26 Die/ welch’ Jch hab erzogen/ Ob auch Mein Kind betrogen? | 10. Da muß Jch schamroht werden27/ Dieweil es offenbahr/ Daß Jch gelebt auf Erden/ Jn Sünden immerdar/ Jch habe frech stoltzieret28/ Und/ daß Sich nicht gebühret/ Die Jugend selbst verführet. 17 Rechnung machen] Rechenschaft geben. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 359. 18 Vgl. Mt 25,19 19 durch den Rachen Gejagt] verpraßt. Nicht bei Grimm, DWb. 20 Muht] Gesinnung. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 2783. 21 üppiglich] verschwenderisch. Vgl. Grimm, DWb 24, Sp. 2343. 22 Mildigkeit] Freigebigkeit. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 2213. 23 Jm fall’] wenn. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1275. 24 pflag] pflegte. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1745. 25 beflissen] befleißigt. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1265. 26 sündlich bewogen] zur Sünde verleitet. Zu ‚sündlich‘ vgl. Grimm, DWb 20, Sp. 1187; zu ‚bewegen‘ vgl. DWb 1, Sp. 1772. 27 Ez 36,32 28 habe frech stoltzieret] war in frecher Weise stolz. Vgl. zu ‚stolzieren‘ Grimm, DWb 19, Sp. 290 f.
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Teil 4
11. Nichts ist so klein begangen/ Es wird ans Liecht gebracht29/ Wie mancher wird empfangen Daß/ waß Er nie gedacht/ Zur Rechnung30 wird geschritten Der Wohrte/ Werk’ und Sitten/ Dawider31 hilft kein Bitten. 12. Des Herren Augen sehen Auch auf ein jeglichs Ding32/ Es muß vor Jhnen stehen Das Groß und das Gering’/ Ach GOtt! auch die Gedanken/ Ja lose Wohrt’ und Zanken Komt alles in die Schrankenb,33.
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13. Wol dem’ in seinem Sterben Wol dem’ in Ewigkeit/ Der dises Sein Verderben Betrachtet in der Zeit! | Mensch wirstu stets im Leben Den Lastern widerstreben/ So kanst du Rechnung34 geben. 14. O Jesu laß Mich dienen Alß einen treüen Knecht35/ | Dein Bluht kan Mich versühnen/ Dadurch bin Jch gerecht36/ Zu Dir wil Jch Mich kehren/ Laß Mich mit Freüd und Ehren Ein gnädigs Urtheil hören. | b Schranken] C statt dessen: Krancken (Erratum) 29 1Kor 4,5 30 Rechnung] Rechenschaft. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 356. 31 Dawider] dagegen. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 870. 32 Vgl. Sir 39,24 33 Komt alles in die Schranken] wird vor Gericht gebracht. Zu ‚Schranken‘ vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 1635. 34 Rechnung] Rechenschaft. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 356. 35 Mt 25,14–30 36 Vgl. Röm 5,9
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X. Ernstliche Betrachtung des letsten Urtheils
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Teil 4
Das Zehende Lied. Ernstliche Betrachtung des letsten
Urtheils/ welches von dem gerechten Richter JEsu Christo am Jüngsten Tage wird auß= gesprochen werden. Jn seiner eigenen neüen Melodei. 1.
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Jrd den nun der Tag anbrechen/ Da der Richter JEsus Christ1/ Der ein Fürst des Lebens2 ist Sol mein letstes Urtheil sprächen? Ja die Stund’ ist schon fürhandena/ Herr Jch spühre die Gefahr/ Laß Mich vor der frommen Schaar Werden nimmermehr zu schanden. 2. Hartes Urtheil! harte Wöhrter! Urtheil das die Hertzen bricht! Urtheil dessen gleichen nicht Menschen fällen diser öhrter Den der Richter/ der es hegen3 Und das Urtheil sprächen sol/ Der uns kennet allzuwol/ Lässet gahr Sich nicht bewegen. |
a fürhanden] In Cantus und Bassus statt dessen: verhanden Ebenso B in Cantus und Bassus sowie C im Cantus 1 Vgl. Joh 5,27; Apg 10,42 2 Apg 3,15 Sp. 782.
3 es hegen] das Gericht abhalten. Vgl. Grimm, DWb 10,
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Teil 4
3. Ach! hie gelten keine Trähnen/ Mensch es gilt hie kein Geschenk’/ Herr/ wen Jch daran gedenk’ Oder hör es nur erwähnen/ Muß Jch grausahmlich erschrekken/ Den der Richter der so groß/ Reich und mächtig/ wird da bloß Meiner Sünden Meng’ aufdecken4. 4. Alles können/ alles wissen/ Edel von Geblühte sein/ Auch der falschen Tugendschein Nutzet hie nicht einen Bissen5/ Niemand wird hier angesehen6; Herligkeit/ Schmuk/ Zierd und Pracht/ Königreich und grosse Macht Kan und sol hier nicht bestehen. 5. Uber alles gilt kein Rechten7 Wie man wol auf dieser Welt Um den Akker/ Hauß und Geld Eifrig leider pflegt zu fechten/ Nein/ der Richter wird uns zeigen Der Verdamten Straf und Hohn8/ Auch der Kinder Gottes Lohn9/ Da/ da/ muß ein jeder schweigen. |
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6. Mit waß jamrigen Geberden Wird da wahrten alle Welt/ Weil das Urtheil/ so gefellt/ Nicht kan widerruffen werden! Ja/ wie sehnlich wird man lauschen/ Ob es böß kling’ oder guht/ Es wird zagen Hertz und Muht/ Hie gilt gahr kein Recht vertauschen10. 4 1Kor 4,5 5 nicht einen Bissen] kein bißchen. Nicht bei Grimm, DWb. 6 Vgl. Röm 2,11; 1Petr 1,17 7 gilt kein Rechten] läßt sich nicht prozessieren. Zu ‚rechten‘ vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 407. 8 Vgl. Mt 25,41 9 Vgl. Mt 25,34 10 Hie gilt gahr kein Recht vertauschen] hier kann man das
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7. Schauet/ wie der König sitzet/ Der in seiner Majestat So viel Diener üm sich hat11! Sehet wie sein Antlitz blitzet! Aller Augen sind gerichtet Auf den Herren/ der allein Heller alß der Sonnenschein12 Allen Streit und Händel13 schlichtet. 8. Nun Er hat Sich schon gewendet Zu den linken Hauffen hin/ O wie zittert manches Sinn/ Der den Richter hat geschändet! Weichet/ ruft Er/ weichet/ weichet/ Weichet ab zur Höllen Gluht14/ Daß Jhr Mich/ das höchste Guht Nun und nimmermehr erreichet. | 9. Gehet Jhr Verfluchten/ gehet/ (So müst Jhr genennet sein) Gehet hin zur Hellenpein/ Daß Jhr Gottes Reich nicht sehet/ Gehet/ daß Jhr ewig brennet Mit den Teüflen grausahmlich/ Weil Jch Eüch/ Jhr aber Mich Habt vor diesem nicht gekennet15. 10. Welch’ ein Heülen/ welch’ einb Klagen16/ Wird erschallen in der Luft! Ach wie werden für der Kluftc Die verdamten Menschen zagen/ Wen die Teüfel so behende17 b ein] Gemäß B, C emendiert aus: eine
c C zusätzlich: ? (Erratum)
Recht nicht betrügerisch verdrehen. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 1869. 11 Vgl. Apk 4,2–4 12 Apk 1,16 13 Händel] Zank. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 371. 14 Mt 25,41 15 Mt 25,42 f. 16 Vgl. Mt 25,30 17 behende] schnell. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1336.
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Teil 4
Reissen zu Sich in die Höhl’ Jhre der verdamten Seel’/ O das Ewig hat kein Ende! 11. Herlich aber wird es klingen Wen dein trauter Jesus spricht: Meine Liebsten säumet nicht Jn mein Freüdenreich zu springen18/ Kommet. (O der Herligkeiten!) Kommet her zu meinem Trohn’/ Erbet nun den Gnadenlohn/ Kommet Jhr Gebenedeiten19! | S. 266
12. Ja Herr Jesu/ laß Mich kommen Laß Mich schauen für Gericht’ Ein Hertzbrüderlichsd Gesicht/ So/ so werd’ Jch aufgenommen/ Laß Mich aber unterweisen/ Daß Jch schaff’ in diser Welt Daß allein/ waß dir gefält/ Den wil Jch Dich ewig preisen.
Ende des vierten Theils. |
d Hertzbrüderlichs] Gemäß B, C emendiert aus: Hertzbrüder lichs 18 Mt 25,34 19 Gebenedeiten] Gesegneten. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 1728.
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Johann Risten Neüer Himlischer Lieder
Fünffter und letster Theil/ Jn sich begreiffend 5
Höllen und Himmelslieder/ Mit Neüen
Von dem hochberühmten Künstler Herrena Hinrichb Scheidemann1/ Bei der Catharinen Kirchen in Hamburg 10
wolbestalten2 Organisten
Sehr anmuhtig gesetzten Melodeien. |
a Herren] C statt dessen: H. b Hinrich] C statt dessen: Heinrich 1 S. o. S. 40, Anm. 264. 2 wolbestalten] angesehenen, mit einer guten (amtlichen) Bestallung versehenen. Vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 1100.
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I. Ernstliche Betrachtung der Höllen
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Teil 5
Das Erste Lied. Ernstliche Betrachtung der grausah= men Gefängnisse und des gahr abscheü= lichen Ohrtes der Höllen. Dises kan gesungen werden auf die Melodei des Lides:
Es ist gewißlich an der Zeit1/ etc. 1.
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Rschreklich ist es/ daß man nicht Der Höllen Pein betrachtet/ Ja daß Sie fast alß ein Gedicht2 Von vielen wird geachtet/ Da doch kein Augenblik vergeht/ Daß nicht ein Hauff’3 im Sarke steht4 Vom Würger5 abgeschlachtet. 2. Halt inn ô Mensch mit deinem Lauff’/ Es ist ja leicht geschehen Daß Dich gereüt der schlimme Kauf6/ Drum bleib’ ein weiniga,7 stehen/ Wir wollen erst das HöllenLoch/ Den Schwefelpfuhl/ des Satans Joch/ Mit rechtem Ernst besehen. | a weinig] B statt dessen: wenig 1 Zu der von Rist vorgesehenen Melodie des Gesangs „Es ist gewißlich an der Zeit“, der mit einer Melodie Georg Webers erstmals 1588, bzw. mit einer u.U. von Seth Kallwitz (Sethus Calvisius) komponierten Melodie erstmals 1597 gedruckt wurde, vgl. Zahn, Melodien, Bd. 3, Nr. 4500 f. sowie Bd. 6, Gedruckte Quellen, Nr. 277 und 335. 2 Gedicht] Erfindung. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 2015. 3 Hauff’] Menschenmenge. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 584. 4 im Sarke steht] gestorben ist. Nicht bei Grimm, DWb. 5 Würger] Tod. Vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 2216. 6 Kauf] Geschäft. Vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 315. 7 weinig] wenig. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 1.
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Teil 5
3. Merk’ auf/ der Du mit grossem Pracht’8 Hie lässest Häuser bauen/ Du wirst in jenner finstern Nacht Dergleichen nimmer schauen9/ Der Höllen Wohnung ist ein Schlund Ja tieffe Pfütz’/ in welcher Grund10 Du fallen wirst mit Grauen. 4. Da findet sich kein schöner Saal/ Kein Vorhauß/ keine Kammer/ Es heist und ist ein Ohrt der Quahl/ Den Satans starker Klammer11 Fest aneinander hat verpicht12/ Es ist ein Wohnhauß ohne Licht/ Ein Schwefelloch vol Jammer13. 5. Man wird Dich auch an disen Ohrt Nicht sanft zu Wagen bringen/ Ach nein/ du must mit Grausen fohrt Und in den Abgrund springen/ Es wird/ so bald du fährst davon/ Wie Datan und den Abiron Die Hölle Dich verschlingen14.
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6. Gedenk’ itz15 nicht’/ wie kan es sein Daß diser Ohrt sol fassen | Solch eine Meng’/ und so viel Pein Die Sünder fühlen lassen? O Menschenkind/ die Höll’ ist weit/ Jhr Feld ist groß/ die Stätt ist breit16/ Von Angst und Martergassen.
8 Pracht’] Zu ‚Pracht‘ als Maskulinum vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 2042. 9 Vgl. Lk 12,18–20 10 Grund] Abgrund. Vgl. Grimm, DWb 9, Sp. 702. 11 Klammer] Klaue. Vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 939. Zu ‚Klammer‘ als Maskulinum vgl. DWb 11, Sp. 938. 12 verpicht] mit Pech verklebt. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 958. 13 Vgl. Apk 21,8 14 Vgl. Num 16,31–33 15 itz] jetzt. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2318. 16 Vgl. Mt 7,13
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7. Jn disem Loch ist gahr kein Licht/ Noch heller Glantz zu finden/ Die liebe Sonne scheint hie nicht/ Man tappet wie die Blinden/ Hie leüchtet weder Mohn17 noch Stern/ Ein Höllenkindb das lebt von fern Jn schwartz verbranten Gründen18. 8. Hie steiget auf ein dikker Rauch Erschreklich anzusehen/ Ein rechter Pech und Schwefelschmauch19/ Der überal muß gehen/ Ein Schmauch20 der billig21 wird genant Angst/ Jammer/ Marter/ Quahl und Brand/ Dafür man nicht kan stehen. 9. Wer mag ermessen den Gestank/ Der hier auch wird gefunden? Der strenge Gift22 kan machen krank Uhrplötzlich die Gesunden/ | Er ist wie dikker Koht und Feür/ Durch ihn wird alles ungeheür23 Das stinket/ überwunden. 10. Diß grosse Feld hegt24 einen Brand/ Der schwartz und traurig scheinet25/ Doch brennet diß verfluchte Land Mehr alß der Sünder meinet/ Bei disen Flammen kan Er sehn Die Plagen/ welche dort geschehn/ Die man zu späht beweinet. b Höllenkind] Gemäß B, C emendiert aus: Hollenkind 17 Mohn] Mond. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 2497. 18 Gründen] Abgründen. Vgl. Grimm, DWb 9, Sp. 674. 19 Schwefelschmauch] Schwefeldampf. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 2404. 20 Schmauch] Qualm. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 951. 21 billig] mit Recht. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 29. 22 Gift] Zu ‚Gift‘ als Maskulinum vgl. Grimm, DWb 7, Sp. 7423. 23 ungeheür] Widerwärtige. Vgl. Grimm, DWb 24, Sp. 701 f. 24 hegt] enthält. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 779. 25 scheinet] aussieht. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 2448.
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Teil 5
11. Diß Höllenfeür ist schreklich heis/ Kan Stein und Stahl verzehren/ Der ewig’ Angst und Todesschweis Wird die Verdamten nähren/ Diß Feür das brennet grausahm zwahr/ Verbrennet doch nicht gantz und gahr Die/ so den Tod begehren. 12. Jn diser Traur= und Jammernacht Jst lauter Angst und Schrekken/ Ach höret/ wie der Donner kracht/ Es blizt an allen Ekken/ Es prasseltc stets an disem Ohrt/ Die Winde brausen fohrt und fohrt/ Der Hagel bleibt nicht stekken26. | S. 274
13. Ein jeder Sünder hat sein Loch Jn welchem Er muß quählen27/ Den unter disem TeüfelsJoch Hat einer nicht zu wehlen/ Man darf nicht schweiffen hin und her28/ Des Satans Macht fält29 viel zu schwehr/ Er hat da zu befehlen. 14. Die Stoltzen werden allzumahl Dort bei einander sitzen/ Die Säuffer werden in der Quahl Den süssen Wein außschwitzen/ Den Schindern30 wird die Gnade theür31/ Die Hurer wird das Höllenfeür Jn Ewigkeit erhitzen. c prasselt] B statt dessen: prasset (Erratum) 26 bleibt nicht stekken] hört nicht auf zu fallen. Zu ‚stecken‘ vgl. Grimm, DWb 17, Sp. 1340. 27 quählen] Qual erleiden. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 2302. 28 schweiffen hin und her] umherstreifen. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 2416. 29 fält] wiegt. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1281. 30 Schindern] Ausbeutern. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 196. 31 wird die Gnade theür] finden keine Gnade. Zu ‚teuer‘ vgl. Grimm, DWb 21, Sp. 369 f.
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15. Wer ist/ der das erdulden kan Waß die Verdamte leiden? Jhr freche Sünder denkt daran/ Jhr müsset plötzlich scheiden/ Jst Eüch der Kärker hier zu viel? Ach GOtt/ das ist nur Kinderspiel/ Dort wird es anders schneiden32. 16. Magst Du nicht hier gefangen sein? Wie wirst Du den ertragen | O Mensch/ der Höllen Angst und Pein/ Den Rauch/ Gestank/ das Klagen/ Die Finsterniß/ des Donners Macht/ Heüt ist die Zeit/ bald guhte Nacht Der argen Welt zu sagen33. |
32 schneiden] schmerzen. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 1265. 33 guhte Nacht Der argen Welt zu sagen] der argen Welt Abschied zu geben. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 159 f.
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Teil 5
II. Ernstliche Betrachtung derjenigen Personen
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Das Ander1 Lied. Ernstliche Betrachtung derjenigen Personen/ welche im Höllenpful bei den Verdamten und Gottlosen werden gefunden werden. Dises kan man singena auf die Melodei des Lides:
O Mensch bewein dein Sünde groß2/ etc. 1.
M
Uß Dir ô Mensch/ die schnöde Welt Mit Jhrer Wollust/ Guht und Geld Dennoch so wol gefallen? Bedenkst Du nicht die kurtze Zeit/ Darauß Du nach der Ewigkeit Auch unverhoft must wallen3? Ja kan der Höllen Pein und Schmertz Dein mehr alß Stahl und steinern Hertz Zur Buhsse nicht bewegen/ So lerne doch auß Gottes Wohrt/ Waß Du vor Kundschaft4 werdest dort Mit den Verdamten hegen5.
2. Hier dienet man Dir höflich auf6/ Es ehret Dich in vollem Lauff’/ a man singen] C statt dessen: gesungen werden 1 Ander] zweite. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 307. 2 Zu der von Rist vorgesehenen Melodie des erstmals 1526 mit dem Text „Es sind doch selig alle“ gedruckten und später mit dem Text „O Mensch, bewein’ dein’ Sünde groß“ verbreiteten Gesangs vgl. Zahn, Melodien, Bd. 5, Nr. 8303 sowie Bd. 6, Gedruckte Quellen, Nr. 24. 3 wallen] wandern. Vgl. Grimm, DWb 27, Sp. 1288. 4 Kundschaft] Einsicht, Kunde. Vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 2636 f. 5 hegen] haben. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 780 f. 6 dienet man Dir auf] wartet man dir auf. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 633.
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Ein jeder der Dich kennet/ Dein frisches Hertz hat seine Lust An deiner allerliebsten Brust Die Dich in Liebe brennet7/ | Ach Gott/ dort ist noch Freund noch8 Knecht/ Noch Guht/ noch Schönheit/ noch9 Geschlecht10/ Nur lauter Höllenkinder/ Des Satans Leüt ümgeben Dich/ Dieselbe martert grausahmlich Jhr Printz/ der schwartze Schinder.
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3. Der argen Teüfel Haupt und Heer Der abgefallne Lucifer Jst schreklich anzusehen/ Kein Held/ und wer er noch so guht/ Kan ihn mit unerschroknem Muht Jm weinigsten11 bestehen12. Er heist der starke Behemoht13/ Der mit den Waffen seinen Spott Gahr höhnisch pflegt zu treiben/ Er ist ein Ries’ ein solcher Drach14/ Der Berge schleppet hinden nach15/ Kein Mensch kan für ihm bleiben. 4. Diß ist das grosse Wunderthier16/ Aus welches Augen gehn herfür Viel tausend heisser Flammen/ Die harte Schuppen welch’ er trägt/ Die glitzern schreklich/ wen er schlägt Die Klauen stark zusammen/ Aus seiner Nasen geht ein Dampf17 Viel dikker/ als wen hier ein Kampf | Mit Schiessen wird gehalten/ 7 Dich in Liebe brennet] aus Liebe brennt. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 365. 8 noch noch] weder noch. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 872. 9 Noch noch noch] weder noch noch. Vgl. ebd. 10 Geschlecht] Herkunft. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3906. 11 Jm weinigsten] im mindesten. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 31. Zu ‚weinig‘ vgl. DWb 29, Sp. 1. 12 ihn bestehen] ihm standhalten. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1667. 13 Hiob 40,15 14 Apk 12,3 f. 15 hinden nach] hinter sich her. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1485. 16 Wunderthier] Monstrum. Vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 1975. 17 Vgl. Hiob 41,1–13
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Teil 5
Diß ungeheür wird ewiglich/ O frecher Sünder/ über Dich Jm Höllenpfuhle walten18. 5. Mehr19 finden Sich dort in der Quahl Viel’ andreb Teüfel/ welcher Zahl Jst schwehrlich zubeschreiben/ Theils diser sind den Schlangen gleich/ Von Farben schwartz/ blau/ gelb und bleich/ Welch’ alle Boßheit treiben. Theils sehen wie die Scorpion20,21/ Jhr Schreien ist ein solcher Tohn Der Mark und Bluht macht zittern/ So schreklich sind sie von Gestalt/ Daß wer sie schauet/ dem muß bald Sein gantzer Leib zerspittern22.
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6. Und dise Teüfel rüsten sich Zu peinigen gantz grausahmlich Die Sünder in der Höllen. Kein einzigs Glied bleibt ungeplagt/ Dein Leib wird durch und durch genagtc Von disen MordGesellen/ O Mensch! es ist ein harter Strauß23/ Sie reissen gahr die Därmerd,24 auß/ Kein Henker kans so machen/ Diß ist dein Lohn du böser Christ/ | Daß du so treü gewesen bist Alhier dem alten Drachen25.
b andre] B statt dessen: andere (Erratum) dessen: Darmer (Erratum)
c genagt] B statt dessen: gegnagt d Därmer] C statt
18 walten] herrschen. Vgl. Grimm, DWb 27, Sp. 1383. 19 Mehr] zudem, außerdem. In dieser Bedeutung nicht bei Grimm, DWb. 20 sehen wie die Scorpion] sehen aus wie Skorpione. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 133. 21 Vgl. Sir 39,36 f. 22 zerspittern] zersplittern. Nicht bei Grimm, DWb. Zu ‚spittern‘ vgl. DWb 16, Sp. 2667. 23 Strauß] Ansturm. Vgl. Grimm, DWb 19, Sp. 1008. 24 Därmer] Därme. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 779. 25 Vgl. Apk 12,9
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7. Noch ferner schwebt daselbst die Schaar Der Höllenkinder/ die schon gahr Dem Teüfel übergeben/ Die können in der höchsten Pein Nur anders nichts alß gifftig sein/ Ja fluchen noch darneben/ Die Leiber sind sehr ungestalt/ Erschreklich/ greülich/ heiß und kalt/ Jhr Wurm kan nimmer sterben26/ Sie lästern GOtt gantz grausahmlich/ Sie schelten und verfluchen sich Auch mitten im Verderben.
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8. Ach GOtt/ da man in diser Welt Die Kranken für ein Scheüsahl hält/ Mag kaum die Bettler leiden/ Da man mit zittern schauet an/ Wie greülich daß ein Henker kan Deß Menschen Leib zerschneiden; Waß wird den in der Höllenpein Dir können doch erträglich sein Da nichts für Dich zufinden/ Alß Lucifer/ der Teüfel Rott’/ Und der Verdamten Quahl und Spott O Mensch laß ab von Sünden! |
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Teil 5
Das Dritte Lied. Nohtwendige Betrachtung der un= außsprechlichen Pein/ Marter und Straffen/ welche die Verdamten in der Höllen ewig müssen erleiden und außstehen. Dises kan gesungen werden auf die Weise des alten Lides:
O Welt ich muß dich lassen1/ etc.a 1.
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Omt her Jhr Menschenkinder/ Komt her Jhr freche Sünder/ Komt her und höret an/ Waß die dort müssen leiden Welch’ hier von GOtt sich scheiden Und die kein Warnung schrekken kan.
2. Komt/ gehet mit zur Höllen/ Da wil Jch Eüch vorstellen Die allerschwehrste Pein/ Dergleichen nicht zufinden Ja die nicht außzugründen2 Wie groß und hart Sie werde sein.
a / etc.] C statt dessen: . 1 Die von Rist vorgesehene Melodie des Gesangs „O Welt, ich muß dich lassen“ entstammt dem erstmals 1539 gedruckten weltlichen Lied „Innsbruck, ich muß dich lassen“, das vermutlich von Heinrich Isaac komponiert wurde. Vgl. Zahn, Melodien, Bd. 2, Nr. 2293 f. sowie Bd. 6, Gedruckte Quellen, Nr. 56. 2 außzugründen] zu ergründen. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 878.
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3. Du sprichst: Mein Mund wil essen! Der Speis’ ist hie vergessen3/ Dich hungert ewiglich/ | Dich dürstet auß der mahssen4/ Kein Tropf 5 ist hie zufassen/ Nur Pech und Schwefel sättigt dich. 4. Du suchest schöne Kleider Und säubernb,6 Schmuk/ ach leider Dein Rok ist lauter Mist! Es schlagen tausend Flammen Recht über Dir zusammen/ Und bleibst doch nakkend wie Du bist. 5. Kein Häuser darfst Du hoffen/ Der Höllenpfuhl steht offen/ Der gibt Dir willig raum/ Jn disen wühsten Gründen7 Jst lauter nichts zu finden Alß8 eitler Unflat/ Koht und Schaum9. 6. Du wünschest alß10 auf Erden Dort hochgeehrt zu werden/ O welch’ ein eitler Wahn! Jn disem Jammerlande Bringt man Dir Spott und Schande Für Ehr und Ansehn auf die Bahn11. |
b säubern] C statt dessen: saubern 3 Der Speis’ ist hie vergessen] Zu ‚vergessen‘ mit Genitiv vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 416. 4 auß der mahssen] sehr stark. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 1736. 5 Tropf] Tropfen Flüssigkeit. Vgl. Grimm, DWb 22, Sp. 863. 6 säubern] schönen. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 1850. 7 Gründen] Abgründen. Vgl. Grimm, DWb 9, Sp. 674. 8 lauter nichts Alß] weiter nichts als. Zu ,lauter‘ vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 382. 9 Schaum] Abschaum. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 2358. 10 alß] wie. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 248. 11 Bringt man Dir auf die Bahn] bringt man dir entgegen. Nicht bei Grimm, DWb.
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7. Wer solte Dich auch ehren/ Wer könte doch vermehren Dein Lob in solcher Pein? Bist du doch auß dem Orden12 Der Kinder Gottes worden Des Satans treüer Schlav’13 allein.
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8. Du kanst dich nicht gesellen Zu denen/ die sich stellen So frisch alß14 in der Welt/ Dort weis man nur zu sagen Von Teüfeln/ die dich plagen Jn ihrem Mord und MarterZelt! 9. Es werden dich verfluchen Ja dich zu quählen suchen Die/ welche du verführt Sie werden grausahm schreien Und gahr zu späht berewen Daß sie dem Satan so hoffiert: 10. Die täglich hier gesoffen Einander angetroffen An manchem leichten15 Ohrt/ | Die werden dort sich reissen Ja wie die Hunde beissen Und sich zerschlagen fohrt und fohrt. 11. Die sich bei guhten Tagen Mit Reiten/ Fahren/ Jagen Recht lustig hier gemacht/ Die müssen heülend sitzen/ Bald frieren und bald schwitzen/ Den da wird keiner Lust gedacht. 12 Orden] Gemeinschaft. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1317. 13 Schlav’] Sklave. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 518. 14 alß] wie. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 248. 15 leichten] moralisch fragwürdigen. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 638.
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Teil 5
12. Hie kan uns leicht bewegen Ein Schmertz/ daß wir uns legen Und schreien: O der Pein! Wie kan die Gicht uns kränken16! Wie kan der Schlag17 verrenken18 Das Haupt/ wie martert uns der Stein19! 13. Waß wird den in der Höllen/ Wo häuffig sich gesellen Die Plagen allzumahl/ Für Pein sich lassen finden? Ach! Satan wird verbinden Angst/ Jammer/ Trübsahl/ Noht und Quahl.
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14. Es werden dort dein’ Augen/ Die zu verletzenc taugen20 | Hie manches liebes Kind/ Viel Thränen zwahr vergiessen/ Doch wird es Sie verdriessen/ Daß sie nicht sind gewesen blind. 15. Es werden dort dein’ Ohren/ Die hie den leichten Choren21 Der Huhren zugehört/ Das Heülen/ Knirschen/ Dräuen22/ Das Fluchen/ Schmähen/ Schreien Alßden23 auch hören gantz verstört.
c verletzen] Gemäß B, C emendiert aus: verletzten d 288] Emendiert aus: 289 16 kränken] schwächen. Vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 2030. 17 Schlag] Herz- oder Hirnschlag. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 320. 18 verrenken] verdrehen. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 1006. 19 Stein] Gemeint sind Steinleiden wie Blasen- oder Nierensteine. Vgl. Grimm, DWb 18, Sp. 2015. 20 taugen] tauglich sind. Vgl. Grimm, DWb 21, Sp. 196. 21 Choren] Chören. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 617. 22 Dräuen] Drohen. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1346. 23 Alßden] dann. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 260.
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16. Du wirst für Stank24 vergehen/ Wen du dein Aaß must sehen/ Dein Mund wird lauter Gall’ Und Höllenwermuht schmekken/ Des Teüfels Speichel lekken/ Ja fressen Koht im finstern Stall. 17. Es wird die Gluht Dich brennen/ Die Teüfel werden trennen Dein’ Adern Fleisch und Bein/ Sie werden Dich zerreissen/ Sie werden Dich zerschmeissen Und ewig deine Henker sein. | 18. Ach GOtt! den wird man bitten: Nun bärstet25 in der Mitten Jhr Berg’ und nemt uns an26/ O Marter/ Jammer/ Brennen! Wol dem/ der dis erkennen Und in der Zeit sich bessern kan! |
24 Stank] Gestank. Vgl. Grimm, DWb 17, Sp. 824. Sp. 1527 f. 26 Apk 6,16
25 bärstet] brecht auf. Vgl. Grimm, DWb 1,
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Teil 5
Das Vierte Höllenlied. Ernstliche Betrachtung der unend=
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lichen Ewigkeit.
Dises kan gesungen werden auf die Melodei des Lides:
Hertzlich thut mich verlangen nach einem seligen End1.a 1.
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Ch wil für allen Dingen Vergessen diser Zeit/ Und Mir zur Warnung singen Von jenner Ewigkeit/ Bald scheid’ Jch zwahr von hinnen2 Das thut dem Fleische bang’3/ Ein grössers kränkt die Sinnen Das Ewig ist so lang’!
2. Es ist kein Ding auf Erden Und wer es noch so guht/ Das nicht kan widrig werden Wen man es immer thut/ Die Ruh’ erhält das Leben/ Doch/ wen man Nacht und Tag’ | Jhr müste sein ergeben/ So würde Sie zur Plag’. a nach einem seligen End.] C statt dessen: / etc. 1 Die von Rist vorgesehene Melodie des Gesangs „Herzlich tut mich verlangen nach einem sel’gen End“ entstammt dem erstmals 1601 gedruckten weltlichen Lied „Mein Gemüt ist mir verwirret“, das von Hanns Leo Haßler komponiert wurde. Vgl. Zahn, Melodien, Bd. 3, Nr. 5385–5387 sowie Bd. 6, Gedruckte Quellen, Nr. 357 und 420. 2 von hinnen] von hier fort. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1459. 3 Das thut dem Fleische bang’] das verängstigt das Fleisch. Vgl. Grimm, DWb 21, Sp. 453 f.
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Teil 5
3. Ach! wen wir solten fühlen Den Brand4 und Zipperlein5 Jn unsern Gliedern wühlen Ein eintzigs Jahr allein/ Wie würden wir uns zauen6 Zu werden bald befreit/ Ei/ solt’ uns den nicht grauen Für jenner Ewigkeit? 4. Lass Strikk’ und Räder kommen/ Lass Schwefel/ Pech und Feür Zusammen sein genommen/ Lass alles ungeheür7 Uns hundert Jahre brennen/ Daß es ja schwehrlich thut/ Waß ist doch das zu nennen Für jenner Höllengluht?
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5. O Mensch/ wie magst du lauffen/ Kaum eines Stündleins Lust Für solche Quahl zu kauffen/ Die dir zum theil bewust/ | Die Pein wird abgemessen Nicht etwan8 nach der Zeit/ Man kan der Zeit vergessen/ Nicht so der Ewigkeit. 6. O Ewig/ wie so lange! O Ewig/ wie so schwehr! Wie thust Du Mir so trange9/ Ja komst so plötzlich her!
4 Brand] schmerzhafte, meist mit Entzündung einhergehende Erkrankung einzelner Glieder, in deren Folge die erkrankten Körperteile absterben. Vgl. Zedler 4 (1733), Sp. 1021. 5 Zipperlein] Gicht der Glieder. Vgl. Grimm, DWb 31, Sp. 1565 f. 6 zauen] beeilen. Vgl. Grimm, DWb 31, Sp. 396. 7 ungeheür] entsetzlich. Vgl. Grimm, DWb 24, Sp. 695. 8 etwan] etwa. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1182. 9 thust Du Mir so trange] bedrängst du mich so. Zu ‚tun‘ vgl. Grimm, DWb 21, Sp. 442; zu ‚trange‘ vgl. DWb 2, Sp. 1336.
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Ein Augenblik im Leiden Jst sonst ein gantzes Jahr/ Wie wird es dort den schneiden10 Wo nichts ist wandelbahr? 7. Die Marter pflegt zu tauren11 Nicht lang’ in diser Welt/ Läst man uns gleich vermauren/ Jst doch der Tag bestelt/ An welchem uns befreiet Der lang gewünschter Tod/ Nur/ Ewig/ Ewig/ schreiet Die grausahm’ Höllennoht! 8. Ja soltest Du noch leiden Vielleicht so manches Jahr/ Als oft Du hast in Freüden Gesündigt offenbahr/ | Und solte Dich noch quählen So manches Augenblik/ Als Sterne sind zu zehlen/ Du hättest grosses Glükk. 9. Ach aber nein/ die Plagen Sind ohne Mahss’ und Ziel12/ Du must sie billig13 tragen/ Gott strafft ja nicht zu viel14/ Der Richter läst dich schmekken Ein Feür der Ewigkeit/ Wer wolte nicht erschrekken? O Zeit ohn alle Zeit! 10. Nach so viel tausend Jahren Als Körnlein Sandes sind/
10 schneiden] schmerzen. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 1265. 11 tauren] dauern. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 840 und DWb 21, Sp. 185. 12 Ziel] Ende. Vgl. Grimm, DWb 31, Sp. 1042. 13 billig] mit Recht. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 29. 14 Vgl. Jes 11,3 f.
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Teil 5
Als Tröpflein in den Bahren15/ Als Stäublein treibt der Wind/ Als Blätter auf den Bäumen/ Als in den Flüssen Stein’/ Als Frücht und Samen keimen/ Wirds dennoch Ewig sein.
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11. So lang’ ein Gott wird bleiben Der alles ja vermag16/ So lange wird auch treiben Der Sünder seine Klag’/ | Es kan Jhn niemand retten Noch bringen zu der Ruh’/ Es nimt in Satans Ketten Die Marter stündlich zu. 12. Du darfst auch nicht gedenken/ Das Feür wird mit der Zeit Nicht mehr so hefftig kränken18 Den/ der in Ewigkeit Der HöllenQuahl sol fühlen/ Zeit minder’ alle Ding19; Ach nein! hie folgt kein kühlen20/ Und wer’ es noch so ring’21.
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13. Jch bitte dich von Hertzen O sichers Menschenkind/ Erwege dise Schmertzen/ Und sei doch nicht so blind/ Fürwahr die Zeit wird kommen Daß du von diser Welt Wirst plötzlich hingenommen22/ Die Stund ist schon bestelt. 15 Bahren] Eimern. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 111. 16 Lk 1,37 17 darfst] mußt. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1725. 18 kränken] quälen. Vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 2031. 19 Sprichwörtlich. Vgl. Wander 5, Sp. 530: „Die Zeit heilt alle Wunden.“ 20 folgt kein kühlen] erfolgt keine Linderung. Zu ‚folgen‘ vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1877; zu ‚kühlen‘ vgl. DWb 11, Sp. 2567. 21 ring’] gering. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 981. 22 hingenommen] weggenommen. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1458.
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14. Laß Dir sein angelegen Waß gegenwertig ist/ Noch mehr laß Dich bewegen Das/ waß in kurtzer Frist23 | Dir stossen wird zu handen24/ Jst doch die schnelle Zeit Kein Augenblik bestanden/ O ewig’ Ewigkeit! |
23 Frist] Zeit. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 216. Grimm, DWb 19, Sp. 533.
24 stossen wird zu handen] zustoßen wird. Vgl.
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Teil 5
V. Verlangen nach dem ewigen Leben
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Das Fünfte Lied. Eines Gottseligen Christen sehnli= ches Verlangen und Begierde nach dem anderen und ewigen Leben. Dises kan man auch singen auf die Melodei des Lides:
Wie es GOtt gefält/ so gefält mirs auch1. 1.
O
Blindheit! Bin Jch den der Welt Zu dienen nur erschaffen? Und hat mein Schöpffer Mich bestelt/ Daß Jch sol emsig gaffen Nach eitlem Guht’ Und meinen Muht2 Auf solche Thorheit setzen/ Die leichtlicha kan Den klügsten Man An Seel’ und Leib verletzen. 2. Mein GOtt/ erschaffen hast Du Mich Zu deinem FreüdenLeben3/ Das weiß und gläub Jch festiglich/ Kan doch nicht recht erheben Mein Hertz zu Dir/ Und für und für |
a leichtlich] Im Cantus statt dessen: teichtlich (Erratum) 1 Zu der von Rist vorgesehenen Melodie des Gesangs „Wie’s Gott gefällt, so g’fällt’s mir auch“ des oberdeutschen Reformators und Liederdichters Ambrosius Blaurer, der fälschlicherweise Johann Friedrich I. von Sachsen zugeschrieben wurde, vgl. Wackernagel, Bd. 3, Nr. 651. 2 Muht] Verlangen. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 2789. 3 Sap 2,23
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V. Verlangen nach dem ewigen Leben
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Nach solchem Leben trachten4/ Es ist Mir leid Daß in der Zeit Jch dises nicht kan achten.
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3. Laß Fleisches/ Welt und Augenlust Jn Mir nicht länger walten5/ Ein bessers ist Mir ja bewust/ Daran Jch Mich sol halten6/ Laß meinen Sinn Sich schwingen hin Zu Dir mit Freüd und Wonne/ Du bist mein Licht7 Und Zuversicht8/ Ja meiner Seelen Sonne9. 4. O Vatter/ laß dein schwaches Kind Stets deine Liebe suchen/ Welt ist nur Dampf10/ Welt ist nur Wind/ Die Welt wil Jch verfluchen/ Dein Unterthan Lauff’ in der Bahn11 Zu dienen seinem Fürsten/ Es sol fürwahr Mich immerdar Nach deiner Gnade dürsten12. | 5.b Wen Kreütz und Trübsahl komt heran/ So laß Mich nicht verzagen/ Dein Wohrt ist das Mir helffen kan13 Mein Elend leicht ertragen/ Jch weis ja wohl Wie daß Jch sol b 5.] Emendiert aus: 3. In Custode recte 4 Vgl. Kol 3,2 5 Vgl. 1Joh 2,16 6 Vgl. Kol 3,2 7 Ps 27,1 8 Ps 46,2 9 Ps 84,12 10 Vgl. Jak 4,14 11 Lauff’ in der Bahn] sei unterwegs. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1077. 12 Vgl. Ps 63,2 13 Ps 119,41
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Teil 5
Mit dir Herr ewig leben14/ Solt’ Jch den nicht O Du mein Licht15 Nach solcher Wolfahrt streben?
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6.c Waß ist doch alles Kreütz und Noht/ Waß ist doch alles Leiden/ Waß Hertzenangst/ waß gahr der Tod/ Waß schnell und traurig scheiden/ Wen Jch nur mag Den grossend Tag Der Herligkeit bedenken/ Und auß der Welt Jns HimmelsZelt Zu Zions Statt16 Mich lenken.
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7.e O schönste Statt/ O Gottes Hauß/ O Hauß vol Freüd und Wonne/ Jch wünsch auß diser Welt hinauß/ Daß Jch die Freüdens Sonne/ | Das klahre Licht/ Und Angesicht17 Des Allerhöchsten schaue18/ Ja daß Jch Mich Hertz inniglich Mit meinem GOtt vertraue19.
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8. Ach! Ach! wen wird mein Bräutigam20 Mich einmahl kommen heissen/ Wen wird Er Mich auß disem Schlamm’ Und eitlem Leben reissen? Wen werd’ Jch doch Diß schwehre Joch
c 6.] Emendiert aus: 4.
d grossen] Gemäß B, C emendiert aus: grosseu
14 Vgl. Sap 2,23 15 Ps 27,1 16 Hebr 12,22 17 Apk 1,16 mähle. Vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 1951. 20 Mt 25,6
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e 7.] Emendiert aus: 5.
18 1Kor 13,12
19 vertraue] ver-
V. Verlangen nach dem ewigen Leben
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Von meinen Schultern legen? Wen wird sich Mir Doch thun herfür Des Himmels Fried und Segen? 9. Wen sol Jch doch dein Angesicht O liebster Jesu sehen21? Wen werd’ Jch einst in deinem Licht O Licht der Seelen stehen22? Du lieblichs Bild Treü/ From und Mild/ Wen werd’ Jch aufgenommen/ Daß auß der Zeit Zur Ewigkeit Jch schleünig müge kommen? | 10. Waß irr’ Jch hier im Jammerthal’23 Jn disem fremden Lande24/ Ja leid’ hieselbst so manche Quahl/ So manchen Spott und Schande? Jch wil heraus Desf Vatters Haus Kan Jch zur Wohnung haben25/ Ja diser Ohrt Wird Mich hinfohrt Mit höchster Wollust26 laben. 11. O mögtg,27 Jch Armer doch befreit Von aller Angst und Schrekken28/ Dein unaußsprechlich’ Herligkeit Jn jennem Leben schmekken! O süsse Kraft/ O Lebenssaft/ f Des] Gemäß B, C emendiert aus: D s g mögt] B statt dessen: mücht C statt dessen: möcht’ 21 Ps 11,7 22 Apk 21,23 f. 23 Vgl. Ps 84,7 24 Vgl. Hebr 11,13 25 Joh 14,2 26 Wollust] Freude. Vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 1385. 27 mögt] möchte, könnte. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 2451. 28 Vgl. Apk 21,4
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Teil 5
Wen werd’ Jch dich empfinden/ Laß Mich die Welt Doch als ein Held Gantz siegreich überwinden!29
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12. O schönste Statt30/ O klahres Licht31 O Süssigkeit ohn Ende/ O Freüd/ O Fried/ O Zuversicht/ Ergreif Mich doch behende32/ | Laß Mich von hier Du schönste Zier Zur Herligkeit bald scheiden/ Den Jch bin dein Und Du bist Mein/ Drauf fahr Jch hin mit Freüden. |
29 1Joh 5,4 30 Vgl. Apk 21,2 31 Vgl. Apk 22,5 32 behende] schnell. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1336.
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VI. Betrachtung der Gewißheit
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Das Sechste Lied. Fröliche Betrachtung der Gewißheit des zukünftigen ewigen Freüden=
Lebens. Dises kan man auch singen auf die Melodei des Lides:
Der Tag hat sich geneiget1. 1.
W
Je magst Du Dich so kränken2 Mein Seelichen sag’ an3/ Wen wilt Du das bedenken Was Dich erfreüen kan? GOtt wird nach disem Leben/ Wo nichts alß Angst und Pein/ Dir viel ein bessers geben Wo lauter Lust wird sein4. 2. Magst Du noch Zweifel tragen An solcher Herligkeit/ Jn welcher wir erjagen5 Waß Leib und Seel’ erfreüt? GOtt hat ja selbst verheissen/ Daß solch ein Leben sol Auß aller Angst uns reissen Und thun uns ewig wol6. |
1 Zu der von Rist vorgesehenen Melodie des erstmals 1639 gedruckten Gesangs „Der Tag hat sich geneiget“ vgl. Zahn, Melodien, Bd. 3, Nr. 5420a sowie Bd. 6, Gedruckte Quellen, Nr. 516. 2 kränken] quälen. Vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 2031. 3 Ps 42,6 4 Vgl. Apk 21,4 5 erjagen] erlangen. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 861. 6 Vgl. Apk 21,4
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VI. Betrachtung der Gewißheit
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3. Nun GOtt der kan nicht liegen7,8/ Es weiß Sein treües Hertz Von keinem Leüt betriegen9/ Sein Wohrt ist Jhm kein Schertz/ Waß Er Dir hat versprochen/ Das folget mit der That10/ Es wird nicht unter brochen11 Waß Er beschlossen hat.
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4. Waß man alhier auf Erden Jm Glauben guhtes thut/ Sol ja vergolten werden12/ Nun aber wird das Guht’ Hier selten angesehen Mit einem GnadenLohn/ So muß es ja geschehen Für Gottes FreüdenThron. 5. Es sitzen hier die Frommen Jn Trübsahl und Gefahr/ Den Armen wird genommen Was ihnen nöhtig war. Ei wol/ so muß ein Leben Nach disem sein bereit/ Da GOtt wird wieder geben Was uns geraubt die Zeit. | 6. Ein Frommer muß sich neigen13 Jn diser argen Welt14/ Gerechtigkeit muß schweigen/ Die Warheit wird beschnellt15/ Man darf so leicht vernichten Kunst/ Tugend/ Zucht und Ehr’/
7 liegen] lügen. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 1017. 8 Hebr 6,18 9 Leüt betriegen] Betrug an Menschen. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1714. 10 Röm 4,21 11 unter brochen] verhindert. Vgl. Grimm, DWb 24, Sp. 1511. 12 Vgl. Mt 16,27 13 neigen] unterordnen. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 575. 14 Gal 1,4 15 beschnellt] unterschlagen. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1588.
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Teil 5
Ei solte GOtt nicht richten Dis alles/ und nocha mehr? 7. Er wil ja heftig straffen Die frechen Sünden Knecht’16/ Hier aber läst Er schlaffen Oft sein Gericht und Recht/ So folgt ohn allen Zweifel Daß solcher Spötter Lohn Wird ewig sein beim Teüfel Mit Marter/ Angst und Hohn. 8. Es ist der Mensch erschaffen Von GOtt zur Seligkeit17/ Den hat des Satans Klaffen18 Jn einer kurtzen Zeit Vom Himmel abgeführet/ Das kan nun nicht bestehn/ GOtt wird sein Hertz gerühret/ Er wil uns selig sehn. | S. 311
9. Wie solte GOtt uns machen Zu seinem Ebenbild’19/ Und lassen uns im Rachen Des Todes? Nein/ so wild Und hart wil Er nicht handlen Den weil Er ewig lebt/ Sol der auch ewig wandlen/ Der stets an Jhm geklebt20,21. 10. Ward nicht hinweg gerükket Der Henoch/ ward Er nicht
a noch] C statt dessen: nicht (Erratum) 16 Vgl. Röm 6,17 17 Sap 2,23 18 Klaffen] verleumderisches Reden. Vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 895. 19 Gen 1,26 f. 20 geklebt] hing. Vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 1047 f. 21 Vgl. Röm 6,4
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Jn GOttes Reich verzükket22 Uns andren zum Bericht’23/ Es werd’ auch endlich kommen Der liebe Tag heran/ Daß wir hinweg genommen Sehn disen Gottes Mann. 11. Waß dörfte24 Christus leiden/ Waß hett’ auß diser Welt So schmertzlich müssen scheiden Der theüre Wunder Heldb,25/ Wen wir nun solten leben Jn diser Zeit? Ach nein! Er ist drumb hingegeben/ Wir solten Ewig sein26. | 12. Noch besser zu verstehen Was uns bereitet ist/ Lasst uns auf Tabor gehen/ Woselbst sich JEsus Christ Mit grossem Pracht27 verklähret Ja gläntzet wie die Sonn’/ Und Petrus der begehret Zu weichen nie davon28. 13. Der Herr stund zwischen Beiden/ Auch war Elias da/ Und Moses kahm mit Freüden Den dreien Jüngernd nah’/ Auch GOtt rief selbst von Oben29; Ei solten wir den nicht
b Wunder Held] Gemäß C emendiert aus: Wunde Held (Erratum auch in B) c 312] Emendiert aus: 321 d Jüngern] C statt dessen: Jüugern (Erratum) 22 Vgl. Hebr 11,5 23 Uns andren zum Bericht’] als Nachricht für uns andere. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1521. 24 dörfte] mußte. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1725. 25 Jes 9,5 26 Joh 3,16 27 Pracht] Zu ‚Pracht‘ als Maskulinum vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 2042. 28 Vgl. Mt 17,1–4 29 Vgl. Mt 17,3–5
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Teil 5
Auch werden aufgehoben Wie Sie zum HimmelsLicht? 14. Jch habe Lust zuscheiden/ Spricht Paulus/ aus der Welt30: Daß nun den Tod zu leiden So hertzlich Jhm gefält/ Das macht/ Er ist gewesen An einem Ohrt31/ da wir Jn Ewigkeit genesen32 Und jauchtzen für und für. | S. 313e
15. Wie magst Du dich nun kränken33 Mein Seelichen/ sag’ an34? Auf/ auf/ itz35 zubedenken Waß Dich erfreüen kan/ GOtt wird nach disem Leben Wo nichts als Noht und Pein/ Dir viel ein bessers geben/ Da wird kein Tod mehr sein36. |
e 313] Emendiert aus: 312 30 Phil 1,23 31 Vgl. 2Kor 12,2–4 32 Vgl. Apk 22,2 33 kränken] quälen. Vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 2031. 34 Ps 42,6 35 itz] jetzt. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2318. 36 Apk 21,4
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VII. Liebliche Betrachtung
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Teil 5
Das Siebende Lied. Liebliche Betrachtung der wunder=
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bahren und herlichen Verklährung unse= rer Leiber im ewigen Leben. Dises kan man auch singen auf die Melodei des Lides:
An Wasserflüssen Babilon1. 1.
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Ch GOtt/ wen komt die liebe Zeit/ Jn der Jch werd ablegen Des Fleisches Last/ das Sünden Kleid/ Und einst der Ruhe2 pflegen? Wen wird dein schönster HimmelsGlantz Den meinen Leib verklähren gantz3? Wen wirst Du Mich begaben4 Mit der versprochnen Ehr und Wonn’5/ Auf daß Jch/ wie die klahre Sonn’6 Jm Himmel mügea traben? 2. Dis Leben ist ein Siechen Hauß7/ Darin wir stets uns quählen/ So bald wir aber gehn herauß Uns frölich zuvermählen | Mit GOtt in seinem Freüdensahl8/ So wissen wir von keiner Quahl Noch Krankheit mehr zusagen9/
a müge] C statt dessen: möge 1 Zu der von Rist vorgesehenen Melodie vgl. o. S. 268, Anm. 2. 2 Vgl. Hebr 4,9 3 Phil 3,21 4 begaben] beschenken. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1276. 5 1Petr 4,13 6 Vgl. Mt 13,43 7 Siechen Hauß] Krankenhaus. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 848. 8 Vgl. Apk 19,7 9 Vgl. Apk 21,4
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Teil 5
Da findet sich kein Zipperlein10/ Kein Schlag11/ kein Schwindel/ Gicht noch Stein12/ Noch andreb LeibesPlagen.
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3. Wir werden sein den Engeln gleich Wie Christus selbst bekennet13/ Nun ist kein Geist in Gottes Reich Den etwan14 Krankheit brennet/ Ein Engel lebt gesund und stark/ So wird auch unser Fleisch und Mark Von keiner Schwachheit wissen/ Ein solcher Leib/ Frisch/ Klahr und Rein Wird dort in jennem Leben sein15 Von aller Plag’ entrissen.
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4. Da werden wir nicht alß16 ein Licht/ Noch wie das Gold im Tunklen17/ Noch alß ein lieblichs Angesicht Der schönsten Weiber funklen/ Ach nein! der helle Morgenstern Der leüchtet nicht so klahr’ und fern | Alß wir dort werden gläntzen/ Wir werden so verklähret sein/ Daß unser Glantz der SonnenSchein Am Himmel wird ergäntzen18.
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5. Da werden alß der Sterne Glantz Getreüe Lehrer leüchten19 Und wie die Sonn’ am Abendtantz/ Wen Sie sich wil befeüchten20/
b andre] Gemäß B, C emendiert aus: andere 10 Zipperlein] Gicht der Glieder. Vgl. Grimm, DWb 31, Sp. 1565 f. 11 Schlag] Krankheiten wie Herz- oder Hirnschlag. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 320. 12 Stein] Steinleiden, wie Blasen- oder Nierensteine. Vgl. Grimm, DWb 18, Sp. 2015. 13 Mt 22,30 14 etwan] etwa. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1182. 15 Vgl. 1Kor 15,52 f. 16 alß] wie. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 248. 17 Tunklen] Dunkeln. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1537. 18 Mt 13,43 19 Mt 13,43 20 Wen Sie sich wil befeüchten] wenn sie im Meer untergehen will. Nicht bei Grimm, DWb.
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VII. Liebliche Betrachtung 45
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Ja disemc Leib/ der nichtig ist/ Wird unser Heiland Jesus Christ Mit solchem Pracht21 verklähren/ Daß wir in jenner Herligkeit Der Fehler gantz und gahr befreit Nichts werden mehr begehren22. 6. Weg Alexander23/ trolle dich Mit deinen güldnen Lumpen/ Der Kresus24 ist nur lächerlich Mit so viel Silber Klumpen/ Hier sollen nichts geachtet sein Darius25 außerlesne Stein’ Und waß sonst herlich pranget26/ Weit grösser ist derselbe Schatz/ Den der besitzet/ der den Platz Jn Gottes Reich erlanget27. | 7. Wir werden mit Behändigkeit28 Den Engeln uns vergleichen29/ Ja gahr im Augenblik der Zeit Platz/ Ohrt und Ziel erreichen/ So daß wir fahren in der Luft30 Viel schneller alß der Donner puft31 Vom Himmel biß zur Erden/
c disem] B statt dessen: disen 21 Pracht] Zu ‚Pracht‘ als Maskulinum vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 2042. 22 Vgl. Phil 3,21 23 Alexander] Alexander d. Gr. (356–323 v. Chr.), seit 336 König von Makedonien. 24 Kresus] Der lydische König Crösus (ca. 560–547 v. Chr.) ist bekannt für seinen sprichwörtlichen Reichtum. 25 Darius] Gemeint ist König Darius III. (gest. 330 v. Chr.) von Persien, dessen mit Edelsteinen besetzte Schwertscheide in der Alexanderhistorie des Curtius Rufus beschrieben wird. Vgl. Curtius Rufus, Historiae Alexandri Magni regis Macedonum, lib. 3, cap. 3: „Cultus regis inter omnia luxuria notabatur: purpureae tunicae medium album intextum erat, pallam auro distinctam aurei accipitres, velut rostris inter se concurrerent, adornabant, et zona aurea muliebriter cinctus acinacem suspenderat, cui ex gemma vagina erat.“ 26 pranget] glänzt. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 2066. 27 Vgl. Eph 1,18 28 Behändigkeit] Geschicklichkeit. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1338. 29 Vgl. Mt 22,30 30 Vgl. 1Thess 4,17 31 puft] grollt. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 2209.
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Teil 5
Der Leib gantz hurtig/ risch32 und schlank Sol ohne Brod/ Fleisch und Getrank33 Gahr schön erhalten werden.
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8. Hier mus man von der bösen Welt Viel Plag und Trübsahl leiden/ Uns wird vom Satan nachgestelt/ Man fürchtet sich für beiden/ Jn jennem Leben wohnen wir Jn FriedensHäusern für und für/ Man darf34 nicht Sorge tragen/ Das uns der Feinde Tyrannei Noch böse List beschwehrlich sei/ Noch uns die Teüfel plagen.
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9. Wird daß nicht grosse Herligkeit Jm Himmel sein zu nennen/ | Wen wir von Sünd und Tod befreiht35 Die Menschen werden kennen36/ Die wir mit Augen nie gesehn/ Wie dort dem Adam ist geschehn Mit Eva seinem Weibe37/ Wie Petrus Mosen bald erkant’38 Und Stephanus den Herren fand Als Er noch war im Leibe39?
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10. Hier muß man durch den Tod zu letzt Noch gahr zersplittert40 werden/ Und diser Leichnam wird versetzt Jn seinen Schoß der Erden/ Dort weis man nichts von solcher Noht/ Da soll/ da kan/ da muß41 der Tod Durch auß nicht mehr regieren42/
32 risch] beweglich. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 1041. 33 Getrank] Getränk. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 4418. 34 darf] muß. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1725. 35 Apk 21,4 36 kennen] erkennen. Vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 536. 37 Gen 4,1 38 Vgl. Mt 17,3 f. 39 Vgl. Apg 7,55 40 zersplittert] in Stücke gebrochen. Vgl. Grimm, DWb 31, Sp. 773. 41 muß] darf. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 2750. 42 Vgl. Apk 21,4
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VII. Liebliche Betrachtung
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Da werden wir alsden43 zugleich O Freüd! O Wonn! in Gottes Reich’d Ein ewigs Leben führen! 11. Ach GOtt! wen komt die süsse Stund’/ Jn der Jch werde stehen Verklähret/ herlich und gesund/ Mit Freüden anzusehen/ Wie meine Feind erleget44 sind/ Und Jch/ alß GOttes Erb und Kind45 | Sol Ewig/ Ewig wohnen/ Mit weissen Kleidern angethan46 Jn seiner Fried= und Freüdenbahn Geschmükt mit gülden Krohnen47! |
d Gottes Reich’] Emendiert aus: GottesReich’ 43 alsden] dann. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 260. Sp. 897 f. 45 Gal 4,7 46 Apk 3,5 47 Apk 4,4
44 erleget] besiegt. Vgl. Grimm, DWb 3,
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Teil 5
Das Achte Lied. Fröliche Betrachtung der himlischen Verklährung menschlicher Seelen.
Dises kan gesungen werden im Thon des Lides:
Von GOtt wil ich nicht lassen1. 1.
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O sei nun wol zu frieden/ Mein liebstesa Seelichen2/ Wen Du bist abgeschieden3/ So wird der Herr alsden4 Dich führen hin mit Fleis Zur ausserwehlten Hütten5/ Mit Lust dich überschütten Daselbst im Paradeis6.
2. Dich wird nicht mehr beschwehren Waß irrdisch heist und ist/ Der Herrb wird Dich verklähren7/ Daß du viel schöner bist Jn seinem Himmelssahl/ Alß Du zuvor gewesen/ Da bist Du recht genesen8 Von aller Angst und Quahl9.
a liebstes] Gemäß Cantus, Bassus, B und C emendiert aus: liebsten b HERR] Gemäß B, C emendiert aus: HERN 1 Zu der von Rist vorgesehenen Melodie vgl. o. S. 194, Anm. 1. 2 Ps 116,7 3 abgeschieden] gestorben. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 97. 4 alsden] dann. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 260. 5 Vgl. 2Kor 5,1 6 Vgl. Apk 2,7 7 Phil 3,21 8 genesen] befreit. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3389. 9 Vgl. Apk 21,4
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S. 325
Teil 5
3. Wird doch der Leichnam10 gläntzen Noch schöner/ alß das Licht Der Sonnen thut im Lentzen11,12/ Sol den die Seele nicht Mit noch viel grösserm Pracht13 Und Glantz ümgeben stehen? | Doch hats kein Aug gesehen Waß GOtt vor Sie gemacht14. 4. Der Preis/ den wir verlohren Durch Adams schwehren Fall/ Wird dort gleich neü gebohren15/ Da leüchtet überal Der Weißheit güldner Thron/ Den GOtt in jennem Leben Wird frommen Seelen geben Durch Christum Seinen Sohn16. 5. Waß uns allhier gewesen Zu lernen gahr zu schwehr/ Wird dort ein Kindlein lesen17 Ohn alle Bücher her/ Da werden wir erst recht/ Den grossen GOtt erkennen18/ Sein Wesen klüglich nennen Und sein nicht mehr so schlecht. 6. Der Herr wird auch begnaden Jn solcher Freüdenzeit Die Seel’/ und Sie beladen19 Mit grosser Herligkeitc/ c Herligkeit] B statt dessen: Heiligkeit 10 Leichnam] Leib. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 626. 11 Lentzen] Frühling. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 753. 12 Vgl. Mt 13,43 13 Pracht] Zu ‚Pracht‘ als Maskulinum vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 2042. 14 1Kor 2,9 15 Vgl. Röm 5,17 16 Vgl. 1Kor 1,30 17 lesen] erkennen. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 785 f. 18 Vgl. 1Kor 13,12 19 beladen] antun. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1434.
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VIII. Betrachtung der Verklährung 45
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Er wird ein neües Hertz Und neüen Geist uns schenken20 Den wird alßden21 nicht kränken22 Hinfohrt ein Sündenschmertz. | 7. Hier kan man leicht gerahten Jn einen Lasterpful/ Und in demselben waten Alß in des Teüfels Schul; Jm Himmel nicht also/ Da wird man nicht empfinden Das strenge Gift der Sünden/ Da lebt man Heilig=froh. 8. Es wird da niemand klagen Daß Jhn die Welt verführ Und böse Lüst Jhn plagen Mit schändlicher Begier. Dort ist kein solcher Streit/ Jn Wohrten und Geberden Wird nichts gespühret werden/ Als lauter Frömmigkeitd. 9. Wer kan doch wol beschreiben Die Wundergrossee Lust/ Jn der die Seelen bleiben Mit einer solchen Rust23/ Daß Sie für guhtem Muht’ Auch klopffen24 in die Hände Ja jauchtzen frisch ohn Ende25 Bei GOtt dem höchsten Guht’. |
d Frömmigkeit] B statt dessen: Frommigkeit e Wundergrosse] B statt dessen: Wunder grosse 20 Ps 51,12 21 alßden] dann. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 260. 22 kränken] plagen. Vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 2031. 23 Rust] Ruhe. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 1543. 24 klopffen] klatschen. Vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 1225. 25 Vgl. Jes 14,7
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368 S. 327
Teil 5
10. Hier kan man Sich zwahr freüen Vieleicht ein Stündelein; Bald macht ein kläglichs Schreien/ Daß man muß traurig sein; Jm Himmel aber nicht/ Da sol sich Freüd entspinnen Durch Seel’/ Hertz/ Muht und Sinnen Für GOttes Angesicht. 11. O waß für Ehr und Wonne Bei solcher Majestat Der grossen Himmels Sonne26 Zusitzen/ alß im Raht’27! O waß für Herligkeit/ Auf hocherhabnen Thronen Samt allen Engeln wohnen Verklährt nach diser Zeit28! 12. Wollan so sei zu Frieden Mein liebes Seelichen29/ Wen Du bist abgeschieden30/ So wird der Herr alßden31 Dich führen hin mit Fleis Zur Außerwehlten Hütten32/ Daselbst Dich überschütten Mit Lust im Paradeiß33. |
26 Apk 21,23 27 Vgl. Apk 3,21 28 Vgl. Phil 3,21 29 Ps 116,7 30 abgeschieden] gestorben. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 97. 31 alßden] dann. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 260. 32 Vgl. 2Kor 5,1 33 Vgl. Apk 2,7
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IX. Betrachtung der Freüde
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Teil 5
Das Neünte Lied. Liebliche Betrachtung der unauß=
sprechlichen Freüde der Kinder GOttes/ und worüber die Außerwehlten mit allen Engeln ewiglich werden jauchtzen. Dises kan man auch singen auf die Melodei des Lides:
Nun lobe meine Seelea den Herren1. 1.
F 5
10
15
Risch auf und last uns singen Jhr Kinder GOttes alzumahl Von unerhörten2 Dingen/ Der grossen Freüd ins HimmelsSahl/ Bald wird der Tag anbrechen/ An welchem Gottes Sohn Uns freündlich wird zu sprechen: Komt her empfangt den Lohn/ Den Jch Eüch geb’ auß Gnaden/ Komt her ererbt das Reich3/ Darin Jhr ohne Schaden Und Trübsahl lebt zu gleich4.
2. O Freüd’! O Lust! O Wonne! Wir sollen GOttes Antlitz sehn5/ O Licht! O Glantz! O Sonne6! Wie wird uns doch so wol geschehn! | a lobe meine Seele] C statt dessen: lob mein Seel 1 Zu der von Rist vorgesehenen Melodie vgl. o. S. 145, Anm. 3. 2 unerhörten] außerordentlichen. Vgl. Grimm, DWb 24, Sp. 486. 3 Mt 25,34 4 Vgl. Apk 21,4 5 Vgl. 1Kor 13,12 6 Vgl. Apk 21,23
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372 S. 331
Teil 5
Jtz sehen wir im Spiegel Und einem tunklen Wohrt/ Wen aber wird das Siegel Eröffnet/ sol man dort Den Herren selber schauen7/ O süsser Gnadenblik! Der Tod macht Mir keinb Grauen/ Den Sterben ist Mein Glük8. 3. Hinweg mit allen Freüden/ Die man in disem Leben hegt/ Hinweg mit Gold und Seiden/ Davon man schöne Kleider trägt/ Hinweg mit Säitenspielen/ Hinweg mit süssem Wein/ Hinweg mit KönigsStühlen/ Hinweg mit Perlenschein: Ein Augenblik GOtt sehen Jn seinem Himmelszehlt/ Macht grösser Freüd entstehen Alß alle Lust der Welt.
S. 332
4. O Freüd’ in jennem Leben/ O Freüd im schönen Paradeis9/ Welch’ uns ein Hertz wird geben/ Das gahr von keiner Trübsahl weis10/ | Daß sich nicht darff11 entsetzen Für Unglük und Gefahr/ Daß Niemand kan verletzen/ Daß frisch ist immerdar/ Daß frei von allen Sorgen Nicht suchet Geld noch Guht/ Daß für dem Neid verborgen Stets lebt in sichrer Huht.
b Mir kein] C statt dessen: mirkein (Erratum) 7 1Kor 13,12 8 Phil 1,21 9 Vgl. Apk 2,7 10 Vgl. Apk 21,4 11 darff] muß. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1725.
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IX. Betrachtung der Freüde
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5. O Freüd in GOttes Kammer! O Freüd in seinem Fridenslicht! Da man vom Kriegesjammer Nicht das geringste Wöhrtlein spricht/ Da man wird Frieden halten Mit GOtt/ und ewiglich Jn stiller Ruhe walten/ Nicht mehr betrüben Sich/ Da man wird Friedec haben Auch mit der EngelSchaar12/ Ja Leib und Seel erlaben Jm Frieden jmmerdar. 6 O Freüd! O Jubiliren! O Jauchtzen! O voll Wonne sein! Wie wollen wir lustiren13 Dort oben in des HimmelsSchein! | Wir wollen da bewohnen Den Pallast/ der geschmükt Mit hundert tausend Krohnen/ Der zehnmahl heller blikt14 Alß alle Diamanten/ Rubinen und Saphir15/ Jhr Himmels Anverwandten/ Bedenkt es waß für Zier! 7. O Freüd/ ein neüer Himmel! O Freüd! ein neüer Erdenkreis16! Davon der Welt Gewimmel Das weinigste17 zu sagen weis/ Da man im steten Lentzen18 Uningeschlossen19 lebt/ c Friede] B statt dessen: Frieden 12 Vgl. Mt 22,30 13 lustiren] vergnügt sein. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 1339. 14 blikt] leuchtet. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 117. 15 Vgl. Apk 21,18–20 16 Apk 21,1 17 weinigste] wenigste. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 1. 18 Lentzen] Frühling. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 753. 19 Uningeschlossen] nicht eingeschlossen. Vgl. zu ‚ingeschlossen‘ Grimm, DWb 10, Sp. 2115.
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Teil 5
Nicht in gewissen Grentzen Alß20 auf der Erden schwebt/ Nein/ da man nach gefallen21 Jn GOtt erfreüet sich/ Der Alles ist in allen22 Und herschet ewiglich23.
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8. O Freüd! O lieblichs Wesen! Jn welchem wird zu finden sein Gesellschaft auserlesen: GOtt selbst mit seinen Engelein/ | Da König und Propheten/ Da die Bekenner sind/ Die GOtt auß Jhren Nöhten Gerissen hat geschwind/ Woselbst die Patriarchen Und keüsche Jungfräulein Besitzer und Monarchen Des Himmels werden sein. 9. O Freüd! O lieblichs Singen! O süsses Lied! O Lustgeschrei! O Wunder frölichs Klingen! O nimmerstille Kantorei! Die schnellen Himmelsgeister Und Engel stehen da Wie die Kapellenmeister Das gross’ Allelujah/ Mit uns auf hohen Geigen/ Auf Lauten und Pandor24 Zu machen/ nichts sol schweigen25 Jm Baß/ Diskant/ Tenor. 10. O Freüd! O Lust! O Leben! O güldnes Haus! O schönste Zier!
20 Alß] wie. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 248. 21 nach gefallen] soviel man will. Nicht bei Grimm, DWb. 22 1Kor 15,28 23 Ps 66,7 24 Pandor] Mandoline. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1421. 25 Vgl. Apk 19,1–6
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IX. Betrachtung der Freüde
Wir wollen kräftig streben Jn diser Sterbligkeit nach Dir26/ | O GOttes Antlitz sehen27! O stets im Friede sein! O bei den Engeln stehen! O theürer Himmelsschein! O Herligkeit ohn Ende! Mein GOtt wen dirs gefält/ So nim Mich auf behende28/ Nun guhte Nacht/ O Welt. |
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26 Kol 3,2
27 Vgl. 1Kor 13,12 28 behende] schnell. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1336.
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Teil 5
X. Freüdiges Abschiedslied
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Das Zehende und Letste/ Freüdiges Abscheidslied auß disem vergänglichen in das himmlische und ewige Leben. Dises kan man singen auf die Melodei des Lides:
So wünsch Jch nun ein guhte Nacht1. 1.
N
Un Welt/ du must zu rükke stehn2/ Mit allen deinen Schätzen/ Mit Freüden wil Jch schlaffen gehn/ Den Leichnam sol man setzen Jns Grab hinein/ Da keine Pein Hinfür’3 Jhn wird verletzen. 2. Mein Seelichen fleügt Himmel an4/ Der Leib schläft in der Erden/ Biß daß Er mit der Seelen kan Wiedrüm verknüpffet werden/ Jmmittelst5 sol Er ruhen wol Ohn einige6 Beschwerden. |
1 Die von Rist vorgesehene Melodie des Gesangs „So wünsch’ ich euch ein’ gute Nacht“ entstammt dem erstmals 1536 gedruckten weltlichen Lied „So wünsch’ ich ihr ein’ gute Nacht“. Vgl. Zahn, Melodien, Bd. 3, Nr. 4405a sowie Bd. 6, Gedruckte Quellen, Nr. 46. 2 zu rükke stehn] zurückstehen, mißachtet werden. Vgl. Grimm, DWb 32, Sp. 704. 3 Hinfür’] fernerhin. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1435. 4 Himmel an] himmelwärts. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1341. 5 Jmmittelst] inzwischen. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2123. 6 einige] irgendwelche. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 209.
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X. Freüdiges Abschiedslied
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3. O waß für Reichthum werd Jch doch Jn jenner Welt besitzen! Hinführo7 wird des Kreützes Joch Mich nimmermehr erhitzen/ Es wird die Sünd Ein GOttes Kind8 Nicht können mehr beschmitzen9.
S. 339
4. O waß für Ehr und Herligkeit Wird Mir daselbst gegeben! Wie lieblich werd Jch nach der Zeit Jm Hause Gottes leben! Jn welchem Glantz Werd Jch doch gantz Verkleidet/ ewig schweben10! 5. Wie groß wird sein der Liebe Macht Ohn einiges11 Betriegen12! Wie herlich Meiner Glieder Pracht/ So durch die Wolken fliegen! Hett Jch nur schon Die Freüden Krohn’13 Jn Gottes Sahl erstiegen14! 6. Wie groß wird dort die Wollust sein Die gahr nicht eitles heget15! | Ein HimmelsKind bleibt allzeit rein/ Sein Hertz wird nie beweget Von Hass und Neid/ Auch alles Leid Wird dort rein16 abgeleget.
7 Hinführo] fernerhin. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1435. 8 Vgl. 1Joh 3,1 9 beschmitzen] beschmutzen. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1585. 10 Vgl. 2Kor 5,1 f. 11 einiges] irgendwelches. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 209. 12 Betriegen] Betrügen. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1714. 13 Vgl. Apk 4,4 14 erstiegen] erlangt. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1009 f. 15 heget] in sich schließt. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 779. 16 rein] vollständig. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 689.
S. 340
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Teil 5
7. Wie werd Jch auch der Jugend Kraft So treflich wol empfinden/ Es wird ein süsser LebensSaft Von neüem Mich verbinden/ So/ daß noch Noht/ Noch Schmertz/ noch17 Tod Mein Hertz kan überwinden18. 8. Wie werd Jch künftig sein so klug/ Wen Jch mag Christum sehen/ Und alle Sachen kan genug Dem Grunde nach verstehen19/ Wie wol wird Mir Den für und für Jn Gottes Reich geschehen!
S. 341
9. Wie treflich wird der Freiheit Schatz Nach diser Knechtschaft prangen20! Drum trag’ Jch auch nach disem Platz’ Ein sehnliches Verlangen/ | Ach wer Jch nur Des Lebens Uhr’ Einst völlig durch gegangen21! 10. Wie wird Mir dort die werthe Schaar Der Engel und der Frommen Mein Hertz ergetzen immerdar/ Wen Jch bin aufgenommen/ Mücht’ a,22 Jch nur bald Mein Auffenthalt Herr Jesu zu Dir kommen!
a Mücht’] C statt dessen: Möcht’ 17 noch Noch noch] weder noch noch. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 872. 18 Apk 21,4 19 Vgl. 1Kor 13,12 20 prangen] glänzen. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 2066. 21 wer Jch nur durch gegangen] hätte ich die Lebenszeit doch hinter mir. Zu ‚durchgehen‘ vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1616. 22 Mücht’] möchte. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 2450.
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X. Freüdiges Abschiedslied
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11. Mein GOtt/ wie werd’ Jch jauchzen dort/ Wie werd’ Jch Mich erquikken/ Wen Jch an deinem schönsten Ohrt Dich selber werd’ erblikken! Jch wil mit Lust/ An meine Brust/ Dich O mein Heiland drükken. 12. Jch wil nach diser kurtzen Zeit Dich unaufhörlich preisen/ Du Heilige Dreifaltigkeit Und deinen Knecht Mich weisen23/ Du wirst ja Mich Auch ewiglich Mit Freüd und Wonne24 speisen. | 13. Hinfohrt O Welt/ kenn Jch dich nicht/ Jch weis ein ander Leben/ Dem Himmel wil Jch meine Pflicht Nun gantz für Eigen geben25/ Der wird geschwind Mich armes Kind Zur Herligkeit erheben.
23 deinen Knecht Mich weisen] mich als dein Knecht erweisen. Vgl. Grimm, DWb 28, Sp. 1098. 24 Jes 35,10 25 Dem Himmel für Eigen geben] dem Himmel will ich mich vollständig verpflichten. Zu ‚Pflicht‘ vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1754; zu ‚geben‘ vgl. DWb 4, Sp. 1674.
S. 342
382
Teil 5
14. Kom den/ O hocherwünschter Tag Mich hertzlich zubefreien/ Kom liebstes Stündlein/ daß Mich mag Zum HimmelsFürsten weihen/ Kom bald heran/ Damit Jch kan Dein ewigs Lob außschreien26.
95
Ende des fünften und letsten Theilsb. |
b des fünften und letsten Theils] Fehlt C 26 außschreien] laut verkünden. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 961.
100
Erstes Register
fol. Aa 4r
Oder
Blatweiser/ Uber dise neüe Himlische Lieder nach richtiger Ordnung des Alphabets.
A
A.
blat.
Ch GOtt wenn komt die liebe Zeit/ Allmächtiger und starker GOtt/ Allmächtiger und grosser GOtt/
bl. 314 bl. 98 bl. 146
Du gütiger du frommer GOtt/ Du mächtigster HErr JEsu Christ/
bl. 24 bl. 152
D. E.
Erschreklich ist es/ daß man nicht/ Es klingt in meinen Ohren/ was Christus Es nahet sich der letste Tag/
bl. 268 bl. 254 bl. 216
Frisch auff und lasst uns singen/
bl. 328
F.a
G.
GOtt der du den Klooß der Erden/ GOtt des Trostes/ HErr der Gnaden/ GOtt sey gelobet/ der allein dem Menschen
bl. 54 bl. 62 bl. 124
HErr GOtt mein Trost und Raht/ HErr GOtt dir muß Jch singen/ HErr JEsu Christ mein Trost und Licht/
bl. 190 bl. 196 bl. 234
Jch rüste Mich O HErre GOtt/ Jch wil den HErren loben/ Jch wil für allen Dingen/
bl. 48 bl. 130 bl. 290 |
H.
a F.] Emendiert aus: F=
J.
384
Inhaltsverzeichnisse
fol. Aa 4v
Komt her ihr Menschen Kinder/ Lasset uns ihr Christen singen/ Lasst ab von Sünden alle/ Lebt doch ein ieder Mensch im Streit/
L.
M.
bl. 282 bl. 90 bl. 240 bl. 210
Mein GOtt/ nun bin Jch abermahl der Mein GOtt dir wil Jch singen Mein GOtt und Vatter/ der du nicht Mein Seelichen/ wenn wilt dub doch Muß dir O Mensch/ die schnöde Welt/
bl. 70 bl. 138 bl. 228 bl. 222 bl. 276
Nun ist die längst verhofte Zeit/ Nun ist die Noht vorbei/ Nun Welt du must zurükke stehn/
bl. 82 bl. 104 bl. 336
O Blindheit! bin Jch den der Welt O GOtt/ der du mit eigner Hand O GOtt/ dir dank Jch allezeit O grosser GOtt/ der du die Welt O höchster GOtt gib Mir Gehör/ O JEsu Christe GOttes Sohn/ O starker GOtt/ du lässest recht/ O Vatter aller Gnaden/ O Vatter aller Gnaden reich/ O welch ein übel ist der Krieg/ So bleib Jch doch dein liebes Kind/ So sei nun wol zu frieden/
fol. Aa 5r
K.
Wach auff/ wach auff du sichre Welt/ Wie groß ist meine Missethat/ Wie groß O GOtt ist deine Macht/ Wie lieblich ist dein Nahm O GOtt/ Wie magst du dich so kränken/ Wie tröstlich hat dein treüer Mund/ Wiewol hast du gelabet/ Wird denn nun der Tag anbrechen/
N.
O.
S. W.
b wilt du] Dem Liedanfang (s. o. S. 278, Z. 1) gemäß emendiert aus: wiltu du
bl. 298 bl. 158 bl. 116 bl. 164 bl. 110 bl. 176 bl. 36 bl. 30 bl. 204 bl. 10 bl. 184 bl. 322 bl. 246 bl. 2 bl. 42 bl. 170 | bl. 306 bl. 18 bl. 76 bl. 260
Das ander1 Register Oder
Blatweiser/ Worauß kürtzlich/ jedoch verständlich diser Neüen Himlischen Lieder Jnhalt kan abgenommen werden. I. Zehen Klaag= und Buhßlieder. 1.
ANdächtiges Buhßlied zu GOtt üm wahre Reü und Erkändniß
der vielfältig begangenen Sünden/ 2. Buhßlied zu GOtt üm Wiederbringung des edlen wehrten Friedens. 3. Flehentliches Buhßlied zu GOtt/ in schwehren Sterbensläufften/
blat 4 bl. 12
Pestilentz und anderen gefährlichen Krankheiten/
bl. 20 bl. 26
den ChristenMenschen/
bl. 32
Hitze und gahr dürre Zeit einfället/
bl. 38
gesungen werden/
bl. 44
von ihren Widersachern hefftig gequähleten Seelen/
bl. 50
4. Buhßlied zur Zeit grosser Theürung und schwehren Hungersnoht/ 5. Klaag= und Buhßlied zu GOTT/ eines in äusserster Armuht leben6. Buhßlied sehr nützlich zu singen/ wen etwan grosse langwirige 7. Buhßlied/ welches in grossem Ungewitter/ Donner und Blitz kan 8. Buhß= oder Klaaglied einer mit Verleümdung sehr geplageten/ und 9. Buhß= oder Klaaglied in erschröklichen unerhörten Ungewitter
und grausahmen Sturmwinden/ dessen glei= | chen wir im 1648. Jahr den 14. Tage des Hornungs haben erlebet/ 10. Klaaglied in allerley Trübsahl und Widerwertigkeit/ Noht und Elend zu singen/
1 ander] zweite. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 307.
fol. Aa 5v
bl. 56 bl. 64
386
Inhaltsverzeichnisse
II. Zehen Lob= und Danklieder. 11. Ein hertzliches Danklied/ wen uns GOtt nach abgelegter buhßfer-
tiger Beicht/ durch seinen Diener von Sünden hat entbunden/ und wiederüm zu Gnaden auf= und angenommen/ 12. Hertzinnigliches Lob= und Danklied/ nach Empfahung des Hochwürdigen H. Abendmahls/ 13. Hertzliches Lob= und Danklied/ nach erlangtem güldenem Friede und geendigtem Bluhtgierigen Kriegswesen/ 14. Lob= und Dankliedlein nach überstandenem schwehren Sterbensläuften/ Pestilentischen und andern giftigen Seüch= und Krankheiten/ 15. Lob= und Danklied/ welches nach geendigtem starken Donnerwetter/ oder wen sonst ein hefftiges Ungewitter ohne Schaden ist fürüber gangen. 16. Lobgesang eines vielgeplagten/ nunmehr aber auß der Verfolgung/ und von seinen Feinden herlich erlöseten Christen/ 17. Lobgesang wen der Winter vergangen/ und die liebliche Frühlingslust wieder herfür bricht/ 18. Ein Dank= und Bittlied für und üm den reichen Segen Gottes/ mit welchem er uns sonst alle Jahr so mildiglich pfleget zubeschenken/ 19. Freüdiges Danklied zu GOtt/ daß er uns das tägliche Brod in Gesundheit/ Friede und Wolergehen lässet geniessen/ mit demütiger Bitte/ daß er uns gnädig dabei erhalten wolle/ 20. Ein Danklied zu GOtt/ daß er unser Gebeht so gnädiglich erhöret und angenommen/
bl. 72 bl. 78 bl. 84 bl. 92 bl. 100 bl. 106 bl. 112 bl. 118 bl. 126 bl. 132
III. Zehen Sonderbahre2 Lieder. fol. Aa 6r
bl. 140 | 21. Ernstliches Bittlied eines andächtigena und Gottseligen Predigers/ bl. 148 22. Einer Christlichen von GOtt verordneten Landes=Obrigkeit/ 23. Eines Christlichen/ GOtt= Ehr= und Tugendliebenden Kriegsbl. 154 mannes/ 24. Frommer Christlicher Eheleüte/ bl. 160 25. Einer mit Leibesfrüchten von Gott gesegneten Christlichen Ehebl. 166 frauen/ 26. Einer Christlichen Wittwen/ und armen Wäißlein/ bl. 172
a andächtigen] Dem Liedtitel (s. o. S. 202, Ü2 f.) gemäß emendiert aus: ändächtigen 2 Sonderbahre] besondere. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1577.
Inhaltsverzeichnisse
387
27. Einer Christlichen GOtt= Ehr und Tugendliebenden Jungfrauen/ bl. 178 28. Eines Menschen/ der auß seinem Vatterland verreiset/ sich in der
Fremde aufhält/ oder sich auch wol gahr häußlich daselbst hat niederbl. 186 gelassen/ bl. 192 29. Eines zu Wasser/ oder auf der wilden See fahrenden Menschen/ 30. Eines Handwerkers/ Kauf=manns/ und anderer/ die sich Jhrer Gebl. 198 werbschaft und Hände Arbeit müssen ernähren/
IV. Zehen Sterbens= und Gerichtslieder. 31. Christliche Betrachtung und Vorbereitung zum Seligen Abschiede auß disem in das andere und ewige Leben/
bl. 206
des gantzen Menschlichen Lebens/
bl. 212
im Tode und Absterben/ auch wen er in die Erde ist verscharret/
bl. 218
32. Betrachtung der Nichtigkeit/ Flüchtigkeit/ Trübsahls und Elendes 33. Ernstliche Betrachtung des elenden Zustandes menschlichen Leibes 34. Eines Gottergebenen Christen treühertzige Ermahnung an seine
Seele/ daß sie sich nunmehr freüdig zu einem seligen Abschiede solle schikken und bereit machen/ 35. Eines Christen/ welcher mit Todesängsten heftig wird gedrükket/ 36. Andächtige letste Seüfftzer eines fast in Todesnöhten ligenden Menschen/ 37. Ernstliche Betrachtung der Gewißheit des herannahenden Jüngsten Tages/ und was für ein Gericht daran sol geheget werden/ 38. Treühertzige Ermahnung und Warnung an die sichere Welt/ daß sie sich gegen dem herannahenden Jüngsten Tag mit wahrer Buhßfertigkeit wolle bereit und gefast machen/ 39. Ernstliche Betrachtung der genauen Rechenschaft/ welche am Jüngsten Gericht von den Menschenkindern wird gefodert werden/ 40. Ernstliche Betrachtung des letsten Urtheils/ welches von dem Gerechten Richter JEsu Christo am Jüngsten Tag wird außgesprochen werden/
bl. 224 bl. 230 bl. 236 | fol. Aa 6v
bl. 242 bl. 248 bl. 256 bl. 262
V. Zehen Höllen und Himmelslieder. 41. Ernstliche Betrachtung der grausamen Gefängnüsse und des gahr abscheülichen Ohrtes der Höllen/
bl. 270
pful bei den Verdamten und Gottlosen werden gefunden werden/
bl. 278
42. Ernstliche Betrachtung der jenigen Personen/ welche im Höllen43. Nohtwendige Betrachtung der unaußsprechlichen Pein/ Marter und
Straffen/ welche die Verdamten ewig in der Höllen müssen erleiden und bl. 284 außstehen/
388
Inhaltsverzeichnisse
44. Ernstliche Betrachtung der unendlichen Ewigkeit/ bl. 292 45. Eines Gottseligen Christen sehnliches Verlangen und Begierde nach bl. 300 dem andern und ewigen Leben/ 46. Fröliche Betrachtung der Gewißheit des zukünfftigen ewigen Freübl. 308 denLebens/ 47. Liebliche Betrachtung der wunderbahren und herlichen Verklährung bl.b 316 unserer Leiber im ewigen Leben/ 48. Fröliche Betrachtung der Himlischen Verklährung Menschlicher bl. 324 Seelen/ 49. Liebliche Betrachtung der unaußsprechlichen Freüde der Kinder Gottes/ und worüber die Außerwehlten mit allen Engeln ewiglich werbl. 330 den jauchtzen/ 50. Freüdiges Abscheidslied auß disem vergänglichen in das Himlische und ewige Leben/ bl. 338
E N D E. |
b bl.] Emendierend ergänzt
Anhang I
Die neuen Vorreden zur Ausgabe 1658 In der im Jahre 1658 publizierten deutsch-lateinischen Ausgabe der ‚Neuen Himmlischen Lieder‘ (Sigle C) finden sich eine Vorrede aus der Feder des Übersetzers Tobias Petermann sowie eine neue Vorrede Rists:
Dem WolEhrwürdigen/ Wol=
fol. 1v
Edlen/ Vesten und Hochgelehrten Herren/
H. Joachimo Gö= dersen1/
Beider Rechte Doctori , und des hohen Stifftes zu 2
Hamburg fürnemen Canonico und
Seniori, Meinem sonders3 Großgünsti= gen/ hochgeehrten Herren und vielvertrau= tem/ sehr wehrten/ Brüderlichen Freünde. |
Lectori benevolo
a
eu® tò Zñın!
a Kolumnentitel fol. )( 1r/v: Lectori benevolô. 1 Joachim Gödersen (1610–1677), seit 1626 Studium in Rostock (Matrikel Rostock III, S. 66), 1637 Promotion zum Doktor der Rechte in Basel, im selben Jahr Canonicus am Hamburger Domkapitel, seit 1658 auch dessen Dekan. Er bemühte sich u.a. um die Wiederherstellung der Bibliothek des Hamburger Doms. Vgl. Zedler 11 (1735), Sp. 63. 2 Beider Rechte Doctori] Ein Doktor beider Rechte (‚doctor iuris utriusque‘) war in beiden Rechtsbereichen, dem römischen (zivilen) und kanonischen (kirchlichen) Recht, promoviert. Vgl. Cordes / Kroeschell / Nehlsen-von Stryk, S. 12. 3 sonders] besonders. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1585.
fol. 2r
392
fol. 2v
Anhang I
SI malus non es, aut à pietatis studio planè alienus, ingratum Tibi, mi LECTOR, esse non potest, quòd in prioribus Coelestibus RISTIUM Tibi nuper dederim Latinum. Vernaculae enim, qvâ solâ hactenùs is apparuit, qvùm multi sint aut penitùs ignari, aut non satis edocti, cur nostram illis qvantulamcunque denegare velimus operam? Peccare certè me inb publica visus sum commoda, si, qvod cepi filum, non pertexerem. Id dum facio, ne, qvaeso, me arguas vel arrogantiae vel ambitionis. Quamvis enim facilè concessero, non esse neminem, qvi feliciùs simul & faciliùs effectum dare qveat, qvod venâ nos & avenâ parcâ nimis & subagresti canimus: qvia tamen ea nobis spes hactenùs fuit inanis, sistere se Tibi voluit pro Oloribus stridulus Anser. Neqve tamen sine spe insignis alicujus lucelli. Qvaeris, unde sit istud? Ex ore ipsissimi Spiritus sancti, qvi luculenter affirmatc, ad structuram Tabernaculi sacri non oblata modò ab Israëlitis fuisse aurum & argentum, purpuramque & byssum, sed & caprarum pilos & | pelles arietum4. Ita non dubito, fore, ut & haec opella mea, vilis licet sitd & exigua, fructum ex se gignat qvalem qvalem, in coetu Fidelium. Leges igitur hîc, & pro lubitu cantabis Latinè RISTII nostri Coelestia posteriora, qvae ipse insignire voluit titulo Libri Singularis. Quod si vitam mihi prorogaverit divina Benignitas, facilitasqve Dnn. STERNIORUM5, ut hactenùs, adspiraverit, videbis propediem ejusdem qvoque RISTII Delicias Sabbaticas facio6, qvâ haec Tibi exhibentur Coelestia. Vale Tu felicissime, meque: tuis ad Deum subleva votis, qvi meis Te non negligo, utpote
5
10
15
20
Tui studiosiss.
M. Tobias Petermann7. |
b me in] Emendiert aus: mein sit] Emendiert aus: licetlit
c luculenter affirmat] Emendiert aus: luculenteraffirmat
d licet
4 Ex 25,4 f.; 35,5–7 5 S. o. S. 7, Anm. 3. 6 S. o. S. 35, Anm. 183. 7 Tobias Petermann (gest. 1710), 1633 in Leipzig Promotion zum Magister, später Schulrektor in Pirna, seit 1669 Kantor an der Fürstenschule Grimma, später Lehrer und schließlich Rektor ebd. Er übersetzte neben Rists ‚Himmlischen Liedern‘ und ‚Neuen Himmlischen Liedern‘ auch dessen ‚Sabbahtische Seelenlust‘ (1651) in das Lateinische. Die zweisprachige Ausgabe dieser drei Werke erschien unter dem Haupttitel ‚Geistliche Poetische Schriften‘ in drei Teilen in den Jahren 1657 bis 1659 bei den Gebrüdern Stern in Lüneburg. Vgl. DBA I,943,375–380.
25
WolEhrwürdiger/ WolEd=
fol. )( 2r
ler/ Vester und Hochgelehrter/ son= ders1 Großgünstiger/ Hochgeehrter Herr Senior, vielvertrauter/ sehr wehrter/ Brüderlicher Freünd/2
G
Leich wie es in diesem irrdischen und vergänglichem Leben ein sehr
5
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15
nützliches und angenehmes Werck ist/ wenn man mit Gottsfürchtigen/ auffrichtigen/ Kunst= und Tugendliebenden Hertzen/ eine wahre Freündschafft und guhte Vertrauligkeit stifftet und anfähet3: Also stehet es auch sehr rühmlich und wohl4/ wenn man sothane5 Freündschafft beständigst unterhält/ und dieselbe durch liebreiche Zusammenkunfft und anmuhtige Unterredung zuweilen bekräfftiget/ angesehen6 offtmalen sehr viel Gutes hiedurch wird angerichtet und zu wege gebracht/ wie solches die Meisterin aller Dinge/ die Erfahrung7 gnugsam bezeüget. Es sind schon viele Jahre verflossen/ da ich zum ersten8 mit meinem hochgeehrten Herren Bruder9 in guhte Kundschafft10 bin gerahten/ und haben wir seithero unsere/ damahlen11 gestifftete Vertrauligkeit bester mahssen so lange unterhalten/ biß das leidige/ verfluchte Kriegeswesen uns fast gäntzlich alle Gelegenheit abgeschnitten12/ Einander zuzusprächen13/ unnd von nützlichen Dingen bißweilen Unterredung zu pflegen. Denn/ da mein hochgeehrter Herr Doctor/ mich/ an meinem geringen Orte/ zu Zeiten pflag14 zu besuchen/ und nebenst andern fürnehmen Herren | und gelehrten Leuten/ Sich auff ein paar Tage frölich mit mir zu bezeigen15; So hat nu ein Jahr her16/ und schon darüber/ die grosse Unsicherheit/ der vielen/ in unserem Vatterlande a Kolumnentitel fol. )( 2v–)( 4v: Zuschrifft.
1 sonders] besonders. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1585. 2 Widmungsempfänger ist Joachim Gödersen. S. o. S. 391, Anm. 1. 3 anfähet] anfängt. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 321. 4 stehet es wohl] geziemt es sich. Vgl. Grimm, DWb 30, Sp. 1032. 5 sothane] solche. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1817. 6 angesehen] in Anbetracht dessen, daß. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 45 f. 7 Sprichwörtlich. Vgl. Wander 1, Sp. 838. 8 zum ersten] zuerst. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1003 f. 9 Bruder] hier als Anrede unter Freunden. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 418. 10 Kundschafft] Freundschaft. Vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 2639. 11 damahlen] damals. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 700. 12 abgeschnitten] genommen. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 106. 13 Einander zuzusprächen] miteinander zu sprechen. Vgl. Grimm, DWb 32, Sp. 836. 14 pflag] pflegte. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1745. 15 bezeigen] verhalten. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1796. 16 ein Jahr her] seit einem Jahr. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1004.
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ligenden17 fremden Völcker/ (worunter ich mehr als zehnerley unterschiedliche Nationes gezehlet) verursachet/ dz weder mein großgeneigter Herr Bruder18/ noch auch andere meine vertraute libe Freünde zu mir heraus kommen/ und sich mit mir ein Stündlein ergetzen dörffen/ dahero ich nunmehr mein Leben fast für Einsiedelerisch geschätzet19/ sintemahl20 mit gelehrten und hochverständigen Leuten/ als meinen allerliebsten/ wehrtesten und geehrtesten Freünden ümzugehen/ und mich Jhrer hochannehmlichen Gegenwahrt und Gespräche zu erfreüen/ Mir durch den elenden/ betrübten Krieg leider! gäntzlich verbohten worden. Eben dieses leidige und verfluchte Wesen hat auch zu wege gebracht/ daß Jch bißhero gahr selten zu vorbesagten21 meinen vertrautestenb Freünden inn Hamburg kommen/ und mich Jhres guhten Rahts unnd hochbeliebter Unterredung können bedienen/ wiewol ich auch durch schwehre Kranckheiten/ womit mein frommer/ getreüer Gott mich eine Zeitlang vätterlich hat heimgesuchet/ hieran größlich bin verhindert worden22. Und wenn Jch schon zu Zeiten bin hinein gereiset/ habe ich doch kaum Einem oder dem Anderen meiner liebwehrtesten Freünde zusprächen23 können/ in Betrachtung24 der grossen Gefahr/ in welcher daraussen auff dem Lande die Meinige sassen/ daß Jch also gahr bald wiedrüm zurücke eilen/ und manchen ehrlichen Freünd/ welchen Jch hiedurch nicht weinig25 beleidigte/ muste unbegrüsset lassen. Unterdessen habe Jch Jhrer auffrich= | tigen Gewogenheit/ nebenst Aller/ von Jhnen empfangenen Gunst in meinem Hertzen niemals vergessen/ der guten Hoffnung gelebend26/ die güldene Friedenszeit uns dermahleinst bessere Gelegenheit geben würde/ einander zu sehen unnd zu sprächen. Damit aber gleichwol/ bey diesem elenden/ hochbetrübten Zustande/ da unsere Jnwohner dermassen jämmerlich gepresset27/ geschlagen und geplaget werden/ daß sie Haus und Hof/ ja alles/ was sie in der Welt haben/ stehen lassen/ und mit Weib und Kindern erbärmlich davon gehen/ etlicher massen bezeügen möge/ daß die Freündschafft/ die mit meinem hochgeehrten Herrn Bruder28 ich so viele Jahre unterhalten/ an meiner Seite29 im geringsten nit verlob vertrautesten] Emendiert aus: vertrauesten 17 ligenden] lagernden. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 1009. 18 Bruder] hier als Anrede unter Freunden. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 418. 19 geschätzet] eingeschätzt habe. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3835. 20 sintemahl] weil. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1211. 21 vorbesagten] zuvor erwähnten. Vgl. Grimm, DWb 26, Sp. 896. 22 größlich bin verhindert worden] nachdrücklich gehindert worden bin. Vgl. Grimm, DWb 9, Sp. 555. 23 Einem oder dem Anderen meiner Freünde zusprächen] mit einem oder dem anderen meiner Freunde sprechen. Vgl. Grimm, DWb 32, Sp. 836. 24 in Betrachtung] angesichts. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1707. 25 weinig] wenig. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 1. 26 der guten Hoffnung gelebend] in guter Hoffnung, daß. Vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 402. 27 gepresset] gequält. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 2107. 28 Bruder] hier als Anrede unter Freunden. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 418. 29 an meiner Seite] von meiner Seite. Nicht bei Grimm, DWb.
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schen sey/ sondern die Gedächtnisse30 seiner Auffrichtigkeit mir annoch31 stets im Gemüthe schwebe; So habe ich dieses/ meiner himlischen Lieder Sonderbahres32 Buch/ wie dasselbe/ nicht nur auff das neüe fleissig übersehen/ sondern auch von meinem sehr wehrten Freünde/ dem hochgelehrten Herrn M. Tobiâ Petermann33/ sehr glücklich/ anmuhtig und beweglich34 in die Latinische Sprache übergesetzet35/ und von meinen Herren Verlegern in diese bequeme Form zum Drucke befodert36 worden/ meinem Großgeneigten Herren freündlich zuschreiben/ unnd für eigen übergeben wollen/ zumahlen mein hochgeehrter Herr Bruder37/ als der in diesen Beyden/ nemlich in unserer/ edlen/ Teütschen Haupt= und der Latinischen Sprache fürtrefflich erfahren/ auch in andern fremden Sprachen/ sonderlich der Jtaliänischen und Frantzösischen sehr wohl ist geübet/ zum besten und verständigsten von dieser unser Arbeit kan urtheilen/ zu geschweigen/ dz38 er/ als ein | grosser unnd hochvernünfftiger Liebhaber aller guhten Künste und Wissenschafften/ sehr gerne derogleichen erbauliche/ auch in gebundener Rede39 heraus gegebene Bücher und Schrifften mag lesen/ zumahlen ja das Studiren seine höheste Freüde/ und Er allen gelehrten Leüten/ und unter denselben auch den rechtgeschaffenen40/ wolgeübtenc Poeten hertzlich wol ist gewogen gestalt41 Jch solches würcklich unnd in der That habe erfahren. Denn/ meines hochgeehrten Herren Brudern42 Curia oder Hof/ eben der Ohrt unnd Schauplatz seyn müssen/ woselbst Jch meinen Aller Ersten Poeten/ nemlich unserem Herren Greflinger43/ aus der/ von der Allerdurchläuchtigsten/ unüberwindlichsten/ Römischen Käyserlichen Majestätt/ mir allergnädigst ertheileten/ vollenkommenen Macht und Gewalt/ die Poetische LorbeerKrohne habe auffgesetzet/ wobey Mein hochgeehrter Herr Bruder44/ seine sonderbahre45 Liebe und Gunst/ welche Er gegen alle Kunst= und Tugendliebende jederzeit getragen/ klährlich hat blicken lassen46/ in c wolgeübten] Emendiert aus: wolgegeübten 30 Gedächtnisse] Zu ‚Gedächtnis‘ als Femininum vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 1927. 31 annoch] immer noch. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 418. 32 Sonderbahres] besonderes. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1577. 33 S. o. S. 392, Anm. 7. 34 beweglich] bewegend. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1774. 35 übergesetzet] übersetzt. Nicht bei Grimm, DWb. 36 befodert] befördert. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1267. 37 Bruder] hier als Anrede unter Freunden. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 418. 38 zu geschweigen/ dz] ganz zu schweigen davon, daß. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3987. 39 gebundener Rede] Versen. Vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 1901. 40 rechtgeschaffenen] rechtschaffenen. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 417. 41 gestalt] wie. Vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 4183. 42 Brudern] hier als Anrede unter Freunden. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 418. 43 Georg Greflinger (um 1620– 1677), seit 1635 Studium in Wittenberg, danach längere Aufenthalte in Schlesien, Danzig und Thorn, 1646 Notar in Hamburg. 1654 wurde Greflinger von Rist zum Dichter gekrönt. Von 1664 an war Greflinger Herausgeber des ‚Nordischen Mercurius‘, der sich zu einem der wichtigsten Korrespondenzblätter seiner Zeit entwickelte. Vgl. Prätorius, in: Killy 2 4 (2009), S. 388–390. 44 Bruder] hier als Anrede unter Freunden. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 418. 45 sonderbahre] besondere. Vgl. Grimm, DWb 16, Sp. 1577. 46 hat blicken lassen] gezeigt hat. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 118.
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deme Er so wol Meine weinige47 Person/ als auch den neüen Poeten/ und so viele hochansehliche48/ hochgelehrte Zuseher/ und fürnehmen Standes/ Mannes und Weibes=Personen bestermahssen bewihrtet/ und mit einer/ über alle mahssen herrlicher Music/ auch annehmlichen Ehren= und Freüdentrüncke reichlich hat versehen unnd beschencket. Jmgleichen erinnere Jch mich/ daß weinig49 Wochen zuvor/ ehe und bevor das Landverderbliche Kriegeswesen ingebrochen50/ Jch auch einen anderen Actum in meines hochgeehrten Herren Brudern51 Behausung halten/ unnd auff dessen freündliches Begehren/ ebenmässig52 in un= | terschiedlicher fürnehmen Personen Gegenwart einen feinen/ wolgeschickten Menschen zu einem Käyserlichen Notario, offenem53 Schreiber und Richter/ setzen und ordnen54 müssen/ da denn beydes von Jhnen und seiner liebsten HausEhre55/ meiner hochgeneigten Frau Doctorin/ mir abermahl so viel Gunst und Freundschafft ist erwiesen/ und Jch dermahssen stattlich von Jhnen bin bewihrtet worden/ daß ich grosse Uhrsache habe/ solches Lebenszeit56 bey jedermänniglich57 hoch zu rühmen. Jch wil nicht gedencken/ wie großgünstig Sie sich erboten/ Mir eine eigene Kammer in Jhrer Behausung inzugeben58/ wenn ich nur/ so offt ich in Hamburg kehme/ meinen Abtritt bey Jhnen nehmen59/ und mich einer so guhten Gelegenheit/ und fürnehmen Hauses/ an statt einer Herberge wolte bedienen/ wofür ich mich annoch60 höchlich bedancke. Jn Erwegung nun dieser und mehr anderer Gunst Erweisung/ durch welche mein hochgeneigter Herr Bruder61 meine weinige62 Person/ sich größlich63 hat verpflichtet/ habe ich mich bey mir selber berahten64/ eine kleine Anzeigung65 meiner schuldigsten Danckbarkeit gegen Jhn blicken zu lassen66/ und dieweil67 mir dieser Zeit kein anderes Mittel/ wodurch solches ins Werck zu richten68/ zu Handen stossen69 wollen/ habe Jch gegenwärtige meine Sonderbahre Himlische Lieder/ wie sie zu diesem mahle in Teütscher und Latinischer Sprache/ gantz neü heraus kommen/ meinem hochgeehrten Herrn Bru-
47 weinige] geringe. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 34 f. 48 hochansehliche] hochansehnliche. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 1606. 49 weinig] wenige. Vgl. Grimm, DWb 28, Sp. 942. 50 ingebrochen] ausgebrochen. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 156. 51 Brudern] hier als Anrede unter Freunden. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 418. 52 ebenmässig] ebenso. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 15. 53 offenem] öffentlich wirksamen. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1170. 54 ordnen] bestimmen. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1329. 55 HausEhre] Hausfrau. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 656. 56 Lebenszeit] zeit meines Lebens. In dieser Bedeutung nicht bei Grimm, DWb. 57 jedermänniglich] jedermann. Vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2292. 58 inzugeben] zu überlassen. Vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 184. 59 meinen Abtritt bey Jhnen nehmen] bei ihnen einkehren. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 144. 60 annoch] immer noch. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 418. 61 Bruder] hier als Anrede unter Freunden. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 418. 62 weinige] geringe. Vgl. Grimm, DWb 29, Sp. 34 f. 63 größlich] sehr. Vgl. Grimm, DWb 9, Sp. 554. 64 ich mich bey mir selber berahten] ich beschlossen. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1487 f. 65 Anzeigung] Beweis. Vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 525. 66 blicken zu lassen] zu zeigen. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 118. 67 dieweil] weil. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 1146. 68 ins Werck zu richten] zustande zu bringen. Vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 878. 69 zu Handen stossen] zur Hand kommen. Nicht bei Grimm, DWb.
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der70/ als für eigen übergeben und darreichen wollen/ dienstfreündlichst bittend/ selbiges schlechtes71 Geschenklein/ als eine Versicherung meiner Pflichtschüldigsten Treü gegen Jhn und die lieben Seinigen/ günstig72 von Mir anzunehmen/ und dabey fästi= | glich zu gläuben/ daß ich ihme/ samt seinem wehrten Eheschatze/ meiner Ehrengeneigten73 Frauen Doctorin/ und allen den Jenigen/ welche ihnen von Hertzen lieb sind/ alle Leibes und der Seelen Gedeyligkeit/ aus dem innersten Grunde meiner Seelen wünsche und gönne/ den mildreichen Gott zugleich demühtigst anruffend/ Er d uns alle in seiner Liebe gnädigst erhalten/ unsere bißhero gepflogene74 Freündschafft bekräfftigen/ und mire verleihen/ daß ich mich biß an die letzte Stunde meines Lebens auffrichtig möge nennen
Meines hochgeehrten Herren Doctoris Geschrieben zu Wedel am 24. 115
Tage des Brachmonats75/ im 1658. Jahre.
Gantz ergebenen/ getreüsten Bruder76 und Diener
Rist.
d ] Emendierend ergänzt e Emendierend getilgt: wolle 70 Bruder] hier als Anrede unter Freunden. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 418. 71 schlechtes] einfaches. Vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 523. 72 günstig] wohlwollend. Vgl. Grimm, DWb 9, Sp. 1127. 73 Ehrengeneigten] hochgeehrten. Nicht bei Grimm, DWb. Vgl. aber zu ‚hochgeneigt‘ DWb 10, Sp. 1618. 74 gepflogene] gepflegte. Vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1736. 75 Brachmonats] Juni. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 283. 76 Bruder] hier als Anrede unter Freunden. Vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 418.
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Anhang II
Die der Edition zugrunde gelegten Drucke und deren Siglen A. Neüer Himlischer Lieder | Sonderbahres | Buch/ | Jn sich begreiffend | I. Klaag= und Buhsslieder. II. Lob= und Danklieder. III. Sonderbahre Lieder. IV. Sterbens und Gerichtslieder. | V. Höllen= und Himmelslieder. | Welche so wol auf bekante/ und in un= | seren Evangelischen Kirchen gebräuch= | liche Weisen/ | Alß auf gantz Neüe/ und von etlichen für= | treflichen und hochberühmten Meistern der | Singekunst wolgesetzte Melodeien können ge= | sungen und gespielet werden/ | Mit zweien nützlichen beigefügten Registern. | Außgefertiget und hervorgegeben | von | Johann Rist. | Lüneburg/ | Bei Johann und Heinrich/ die Sterne. | ANNO M.DC.LI. (BSB München Liturg. 1379 r, UB Rostock Fm-4034 sowie HAB Wolfenbüttel Xb 7134 [1]). Vgl. u. S. 407–409, Abb. 1–3. B.
Neüer Himlischer Lieder | Sonderbahres | Buch/ | Jn sich begreiffend | I. Klaag= und BuhssLieder/ II. Lob= und DankLieder/ III. Sonderbahre Lieder/ IV. Sterbens= und GerichtsLieder/ | V. Höllen= und HimmelsLieder. | Welche so wol auf bekante/ und in un= | seren Evangelischen Kirchen ge= | bräuchliche Weisen/ | Alß auf gantz Neüe/ und von etlichen für= | treflichen und hochberühmten Meistern der | SingeKunst wolgesetzte Melodeien können | gesungen und gespielet werden/ | Mit zweien nützlichen beigefügten Registern. | Außgefertiget und hervorgegeben | von | Johann Rist. | Lüneburg/ | Bei Johann und Heinrich Sternen. | ANNO M.DC.LI. (UB Mainz QA 714/9h sowie HAB Wolfenbüttel Tl 246 [mit handschriftlichem Besitzervermerk auf dem Titelblatt: „Ex libris Johann-Caspar. Trost, Jenensis Thur. anno 1666.“]). Vgl. u. S. 410–412, Abb. 4–6.
C. Johann Risten | Geistlicher Poetischer Schriften | Zweiter Theil/ | Jn sich begreiffend | Neüe | Sonderbare him= | lische Lieder/ nebenst de= | roselben Ubersetzung in die | Latinische Sprach | M. Tobias Petermanns/ | Käiserlichen/ gekröhnten Poeten | und Schul=Rectoris zu | Pirna/ | Jn diese neüe bequehme Form ge= | bracht/ und üm so viel füglicher mit sich | zu führen/ und zu gebrauchen/ wolmeinent= | lich heraus und an den Tag | gegeben | Mit Churf. Sächs. auch Fürstl. Br. und | Lüneb. Durchl. Privilegiis. | Lüneburg/ | Gedrukt vnd verlegt durch die Sternen/ | ANNO 1658. (HAB Wolfenbüttel Eh 7458). ED. Klag= und Buhslied in dem Erschreklichen Ungewitter | und ünerhörten Windbrausen mit hertzlicher | Andacht gesungen. In: Holstein vergiß eß nicht | Daß ist | Kurtze/ iedoch eigentliche Beschreibung | Des erschreklichen Ungewit= | ters/ Erdbebens und überaus grossen | Sturmwindes/ welcher | Jn der Fastnacht dieses 1648 Jahres/ am Tage Valentins/ | war der 14 des Hornungs/ vom Mohntag auff den Dienstag/ ungefähr | gegen Mitternacht plötzlich entstanden und an vielen Ohrtern in Holstein/ | sonderlich aber am Elbestrohm | Mit Niederwerffung vieler schöner Thürme Kirchen, Haüser und anderer Gebaü/ | Mit Erdrukkung einer grossen Anzahl Menschen und Viehes/ | Mit Aussreissung unzehlich vieler Baüme und anderen hochschädlichen Würkungen | Den feurbrennenden Zorn Gottes/ uns armen Sündern klährlich | hat vor die Augen gestellet/ | Auff Sonderbahres Begehren | Jn Gebundener
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Anhang II Rede verfasset und heraus gegeben/ | von | Johan Risten: Hamburg/ Gedruckt bey Michael Pfeiffer/ Jn Verlegung | Johann Naumans Buchhändelers/ Jm Jahr 1648, fol. G 3v–H 2r. (BSB München 4 P. o. germ. 174 Beibd. 3).
Liste der Emendationen Ü mit folgender Zahl bezeichnet eine Zeilennummer in einer Überschrift.
S. 10, Z. 13: poíhsiß] Emendiert aus: póihsiß S. 11, Z. 29: gebracht] Emendiert aus: gebraucht S. 12, Z. 53: könne] Emendiert aus: können S. 14, Z. 117: seine] Emendiert aus: se ine S. 14, Z. 128: Gnaden] Emendiert aus: Gnaden/ Gnaden/ S. 15, Z. 138: jemand] Emendiert aus: je mand S. 15, Z. 148: Jedermänniglichen] Emendiert aus: Jedermänn iglichen S. 15, Z. 156: Menschen] Emendiert aus: Menscheu S. 15, Z. 163: den] Emendiert aus: dem S. 16, Z. 168: Hochgebohrner] Emendiert aus: Hochbohrner S. 16, Z. 186: vermittelst] Emendiert aus: vermittelsts S. 17, Z. 220: Landpredigern] Emendiert aus: Landpredigten S. 18, Z. 232: entsprossen] Emendiert aus: entsprosstn S. 18, Z. 239: führet] Emendiert aus: führen S. 18, Z. 239: weinige] Emendiert aus: wei nige S. 18, Z. 239: Fürstliche Häuser] Emendiert aus: FürstlicheHäuser S. 18, Z. 241: unwiderruflich] Emendiert aus: unwideruflich S. 19, Z. 256: eintzige] Emendiert aus: eintziges S. 19, Z. 257: gemachet werden] Emendiert aus: gemachetwerden S. 19, Z. 263 f.: Königliches] Emendiert aus: Königlichen S. 21, Z. 297: höchstgeehrten Gräfflichen] Emendiert aus: höchstgeehrtenGräfflichen S. 21, Z. 305: Fürstliche] Emendiert aus: Fürstlich S. 22, Z. 324 f.: Ubereignungsschrift] Emendiert aus: Ubereignusschrift S. 25, Z. 56: ein Gesang] Emendiert aus: einGesang S. 26, Z. 67: benebenst auch] Emendiert aus: benebenstauch S. 28, Z. 122 f.: unterschiedlichen Reimahrten] Emendiert aus: unterschiedlichenReimahrten S. 29, Z. 132: ernsten] Emendiert aus: ersten S. 31, Z. 178: ] Emendierend ergänzt S. 32, Z. 195: dedans le cabaret, dedans le cabaret] Emendiert aus: de dans le labaret, de dans le labaret
S. 33, Z. 218: und] Emendiert aus: und und S. 34, Z. 234: geliebt es] Emendiert aus: geliebtes S. 35, Z. 257: Kriegerischen Waffen] Emendiert aus: KriegerischenWaffen S. 35, Z. 261: des] Emendiert aus: de s S. 36, Z. 266: scheinet] Emendiert aus: scheine t S. 36, Z. 274: handelndes] Emendiert aus: handelends S. 37, Z. 287: mein] Emendiert aus: meine S. 39, Z. 337 f.: Stimme Gottes] Emendiert aus: StimmeGottes S. 39, Z. 355: vielen Geschäfften] Emendiert aus: vielenGeschäfften S. 40, Z. 365: getroffenen] Emendiert aus: getroffen S. 41, Z. 382: alle Leibes] Emendiert aus: alleLeibes S. 41, Z. 382: der Seelen] Emendiert aus: derSeelen
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Anhang II
S. 46, Z. 6: ] Emendierend ergänzt S. 46, Z. 18 f.: Timoth.] Emendiert aus: Timot h. S. 46 f., Z. 22 f.: Wolachtbahre Ehrwürden] Emendiert aus: WolachtbahreEhrwürden S. 51, Z. 3: Von der] Emendiert aus: Vonder S. 53, Z. 12: ad] Emendiert aus: ad. S. 54, Z. 1: Belobung] Emendiert aus: Belohnung S. 54, Z. 8: Sänger] Emendiert aus: Gsänger S. 54, Z. 13: auf] Emendiert aus: auch S. 57, Z. 9: Eür] Emendiert aus: Eüer S. 65, Z. 2: Palestiner] Emendiert aus: Palest ner S. 66, Z. 34: Gottes singet] Emendiert aus: Gottessi nget S. 66, Anm. f: 3 Sonderbahre Lieder. Emendiert aus: 3 Sonderbahrelieder: S. 68, Z. 79: Seit] Emendiert aus: Sett S. 71, Z. 1: Himlischer] Emendiert aus: Himliser S. 76, Z. 35: ] Emendierend ergänzt S. 76, Z. 37: Verdampte] Emendiert aus: Ve rdampte S. 78, Z. 92: heftig] Emendiert aus: hiftig S. 83, Z. 31: Vorraht] Emendiert aus: Voraht S. 84, Z. 70: ] Emendierend ergänzt S. 90, Z. 60: anzuschreien] Emendiert aus: anzu schreien S. 90, Z. 66: 23] Emendiert aus: 25 S. 94, Z. 26 davor: 6.] Emendiert aus: 4. S. 101, Z. 69: 35] Emendiert aus: 33 S. 101, Z. 72: das Brod] Emendiert aus: dasBrod S. 106, Z. 29: gantzes Land] Emendiert aus: gantzesLand S. 106, Z. 31 davor: 6.] Emendiert aus: 9. S. 107, Z. 49: Thier] Emendiert aus: Thier? S. 117, Z. 24: Löuen] Emendiert aus: Loüen S. 118, Z. 52: Der] Emendiert aus: Derer S. 123, Z. Ü8: .] Emendiert aus: : S. 125, Z. 32: erzittern] Emendiert aus: erzit tern S. 127, Z. 96: Feüres Gluht] Emendiert aus: FeüresGluht S. 131, Z. 8 davor: 2.] Emendiert aus: 4. S. 134, Z. 87: 68] Emendiert aus: 86 S. 145, Z. 1: WJe wol] Emendiert aus: WJewol S. 148, Z. 99: rüstig] Emendiert aus: Nüstig S. 153, Z. 36 davor: 6.] Emendiert aus: 9. S. 154, Z. 48: schwehrlich] Emendiert aus: schwe hrlich S. 155, Z. 75: zu schwehr] Emendiert aus: zuschwehr S. 156, Z. 102: Aergerniß] Emendiert aus: Aegerniß S. 159, Z. 13: 93] Emendiert aus: 63 S. 191, Z. 62: die selbst] Emendiert aus: dieselbst S. 196, Z. 57: Er kennet] Emendiert aus: Erkennet S. 197, Z. 86: Bleib] Emendiert aus: Bieib S. 203, Z. 30: verstanden] Emendiert aus: verstand en S. 217, Z. 50: muhtigs] Emendiert aus: muhtiges S. 221, Z. 6: .] Emendiert aus: ; S. 246, Z. 41: kähm] Emendiert aus: kam S. 248, Z. 85: Wandel sol] Emendiert aus: Wandelsol S. 250, Z. Ü3: See fahrenden] Emendiert aus: Seefahrenden S. 251, Z. 23: Stürmens] Emendiert aus: Stür mens
Liste der Emendationen S. 256, Z. 17: armes Leben] Emendiert aus: armesLeben S. 259, Z. 8: Kunstgeübten] Emendiert aus: Kunstg eübten S. 268, Z. 8: Hass’/] Emendiert aus: Hass/’ S. 271, Z. 95: 217] Emendiert aus: 223 S. 273, Z. 3: niemand] Emendiert aus: niemad S. 283, Z. 24: Todes Macht] Emendiert aus: TodesMacht S. 288, Z. 39: dir] Emendiert aus: dtr S. 290, Z. 72: Bade] Emendiert aus: Bande S. 300, Z. 4: die Zeit] Emendiert aus: dieZeit S. 315, Z. 73: ein] Emendiert aus: eine S. 316, Z. 91: Hertzbrüderlichs] Emendiert aus: Hertzbrüder lichs S. 323, Z. 48: Höllenkind] Emendiert aus: Hollenkind S. 336, Z. 80: verletzen] Emendiert aus: verletzten S. 336, Z. 81: 288] Emendiert aus: 289 S. 347, Z. 41 davor: 5.] Emendiert aus: 3. S. 348, Z. 51 davor: 6.] Emendiert aus: 4. S. 348, Z. 56: grossen] Emendiert aus: grosseu S. 348, Z. 61 davor: 7.] Emendiert aus: 5. S. 349, Z. 96: Des] Emendiert aus: D s S. 355, Z. 84: Wunder Held] Emendiert aus: Wunde Held S. 355, Z. 89 davor: 312] Emendiert aus: 321 S. 356, Z. 113 davor: 313] Emendiert aus: 312 S. 360, Z. 20: andre] Emendiert aus: andere S. 363, Z. 99: Gottes Reich’] Emendiert aus: GottesReich’ S. 365, Z. 2: liebstes] Emendiert aus: liebsten S. 365, Z. 11: HERR] Emendiert aus: HERN S. 383: F.] Emendiert aus: F= S. 384: wilt du] Emendiert aus: wiltu du S. 386: andächtigen] Emendiert aus: ändächtigen S. 388: bl.] Emendierend ergänzt
Emendationen im Textanhang S. 392, Z. 6: me in] Emendiert aus: mein S. 392, Z. 13: luculenter affirmat] Emendiert aus: luculenteraffirmat S. 392, Z. 16: licet sit] Emendiert aus: licetlit S. 394, Z. 28: vertrautesten] Emendiert aus: vertrauesten S. 395, Z. 65: wolgeübten] Emendiert aus: wolgegeübten S. 397, Z. 108: ] Emendierend ergänzt S. 397, Z. 110: Emendierend getilgt: wolle
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Abb. 1: Johann Rist: Neüer Himlischer Lieder Sonderbahres Buch . Lüneburg 1651, Titelkupfer, linke Seite (HAB Wolfenbüttel Xb 7134 [1]).
Abb. 2: Johann Rist: Neüer Himlischer Lieder Sonderbahres Buch . Lüneburg 1651, Titelkupfer, rechte Seite (HAB Wolfenbüttel Xb 7134 [1]).
Abb. 3: Johann Rist: Neüer Himlischer Lieder Sonderbahres Buch . Lüneburg 1651, Titelblatt (HAB Wolfenbüttel Xb 7134 [1]).
Abb. 4: Johann Rist: Neüer Himlischer Lieder Sonderbahres Buch . Lüneburg 1651, Titelkupfer, linke Seite (HAB Wolfenbüttel Tl 246).
Abb. 5: Johann Rist: Neüer Himlischer Lieder Sonderbahres Buch . Lüneburg 1651, Titelkupfer, rechte Seite (HAB Wolfenbüttel Tl 246).
Abb. 6: Johann Rist: Neüer Himlischer Lieder Sonderbahres Buch . Lüneburg 1651, Titelblatt (HAB Wolfenbüttel Tl 246).
Einführung und editorischer Bericht zur Textedition von Johann Anselm Steiger Einführung Johann Rists1 ‚Neue Himmlische Lieder‘ sind des Wedeler Dichters und Pastors dritte größere Sammlung geistlicher Gesänge und schreiben ein literarisches Projekt fort, das mit den im Jahre 1641 und 1642 publizierten ‚Himmlischen Liedern‘2 begonnen und in ‚Der zu seinem allerheiligsten Leiden und Sterben hingeführter und an das Kreütz gehefteter Christus Jesus‘ (1648) eine Fortsetzung gefunden hatte. Auch die ‚Neuen Himmlischen Lieder‘ wurden im Verlagshaus der Gebrüder Stern zu Lüneburg3 veröffentlicht. Im Jahre der Erst1 Vgl. Klaus Garber: Literarischer und kulturpolitischer Statthalter im Norden Deutschlands. Ein Portrait Johann Rists. In: Johann Anselm Steiger (Hrsg.): „Ewigkeit, Zeit ohne Zeit“. Gedenkschrift zum 400. Geburtstag des Dichters und Theologen Johann Rist. Neuendettelsau 2007 (= Testes et testimonia veritatis 5), S. 9–36. Vgl. überdies Eberhard Mannack / Johann Anselm Steiger: Art. Rist, Johann. In: Killy Literaturlexikon. Autoren und Werke des deutschsprachigen Kulturraumes. 2., vollständig überarbeitete Auflage. Hrsg. von Wilhelm Kühlmann u.a. Bd. 9 (2010), S. 668–670. Thomas Diecks: Art. Rist, Johann. In: Neue Deutsche Biographie 21 (2003), S. 646 f. Johann Anselm Steiger: Art. Rist, Johann. In: Religion in Geschichte und Gegenwart4 7 (2004), Sp. 528. Eberhard Mannack: Johann Rist. Gelehrter, Organisator und Poet des Barock. Festvortrag zur 89. Jahresversammlung der Gesellschaft der Bibliophilen e.V. am 5. Juni 1988 in Kiel. München 1988. Dieter Lohmeier / Klaus Reichelt: Art. Rist, Johann. In: Deutsche Dichter des 17. Jahrhunderts. Hrsg. von Harald Steinhagen / Benno von Wiese. Berlin 1984, S. 347–364. Klaus Reichelt: Art. Rist, Johann. In: Biographisches Lexikon für Schleswig-Holstein und Lübeck. Bd. 6. Neumünster 1982, S. 250–259. 2 Vgl. die kritische Edition: Rist, Himmlische Lieder (2012). 3 Ausführliches Lob hat Rist dem Verlagshaus der Gebrüder Stern und „Jhrer Kunstreichen Officin oder Werkstätte“ in seiner Widmungsvorrede an die Bürgermeister und den Rat der Stadt Lüneburg angedeihen lassen, die folgendem Werk beigegeben ist: Johann Rist: Neüe Musikalische Katechismus Andachten/ Bestehende Jn Lehr= Trost= Vermanung und Warnungs=reichen Liederen über den gantzen heiligen Katechismum/ oder die Gottselige Kinder=Lehre/ welchen zugleich zwölf Erbauliche Gesänge über die Christliche Haustaffel/ sind beigefüget/ Die den Alle/ so wol auf bekante/ und in unseren Evangelischen Kirchen gebräuchliche; als auch auf gantz Neüe/ von Herrn Andreas Hammerschmid/ fürtreflichem Musico, und bei der Löblichen Statt Zittau weitberühmtem Organisten/ sehr fleissig und wolgesetzete Melodien können gespielet und gesungen werden. Dem Grossen Gott zu allerschuldigsten Ehren/ Frommen Christlichen Hertzen aber zu nohtwendiger und fruchtbahrer Erbauung abgefasset/ und zum Drukke übergeben . Lüneburg 1656 (UB Rostock Fm-4028), S. 12–15: „Jch darf aber/ WolEdle/ Hoch= und Wolweise/
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publikation (1651) erschienen zwei differente Drucke,4 woran erkennbar ist, daß die erste Auflage rasch vergriffen war. Den Titelblättern und Vorreden der Hoch= und Wolgelehrte/ sonders grosgünstige/ Hochgeehrte Herren/ Mich nicht erkühnen/ mit einer längeren Zuschrift diselben zu bemühen und dises Falles Jhrer guhten Gunst in Ubermasse zu misbrauchen/ wil derowegen dises einige nur noch berühren/ und zum Beschlusse erwähnen/ dz Jch ihr vielgerühmtes/ altes und Edles Lüneburg jederzeit hoch und hertzlich gelibet/ auch dergestalt/ das Jch dise Lobwürdige Statt einem kostbahren Kleinohte habe verglichen/ in welchem nebenst anderen/ fürtreflichen edlen Steinen/ auch ein sehr theürer und helgläntzender Diamant sich befindet/ durch welchen Jch die/ bei Jhnen so lange unterhaltene/ unvergleichliche Buchdrukkerei der Edlen Herren Sterne verstehe/ als aus welcher so viele köstliche Bücher/ absonderlich der Ahrt/ welche zu Befoderung der Seelen ewigen Heil und Seligkeit dienlich/ in die allgemeine Christenheit sind verschikket/ ja gleichsahm in alle Länder außgetheilet/ und verhandelt worden/ das man sich bilig zum höhesten darüber mus verwunderen. Jch wil hie nicht sagen von der fürtreflichen Ordnung und kluger Anstalt/ welche von vorwolgenanten fürnehmen Buchdrukkerherren/ den Edlen Sternen/ in mehrgedachter Jhrer Kunstreichen Officin oder Werkstätte ist gemachet. Jch gehe hier wissentlich mit stillschweigen vorbei/ wie das gantze Werk mir so wolerfahrnen und vernünftigen Bedienten/ gelehrten und treüfleissigen Correctoren, aufmerkigen Setzern/ arbeitsahmen und saubern Drukkern/ sinreichen Schriftgiessern/ und anderen mehr derogleichen Kunsterfahrnen Leüten reichlich ist versehen: Jch wil auch hie nicht einmahl gedenken der überaus zierlichen Letteren/ derer gleichen andere Drukkereien in Teütschland schwerlich werden aufweisen können/ des klahren und weissen Papirs/ der deütlichen und beständigen Farbe/ und was sonst mehr zu den preiswürdigen Buchdrukkereien gehöret/ welche Sachen alle in der vielgerühmten Lüneburgischen Drukkerei so vollenkömlich und überflüssig zu finden/ das Jhre Schutzherren/ alle andere Buchdrukker in gantz Teütschland/ Sie mögen auch heissen wie Sie wollen/ damit trotzen/ und mit höhestem Rechte den Vorzug können haben und behalten. Nur dises kan Jch Jhrer Edlen Statt und mehrbelobten herlichen Buchdrukkerei zu einem unsterblichem Ruhme alhier anzuführen nicht unterlassen/ dz innerhalb zwei und dreissig Jahren/ so wol zu Kriegs= als FriedensZeiten/ das allerköstlichste Buch/ welches unter dem Himmel mag gefunden werden/ nemlich die heilige Bibel/ in unterschiedlichen Formaten/ gantzer achtzehenmahl von den Herren Sternen daselbst zu Lüneburg ist gedrukket worden/ welches sonst an keinem Ohrte in gantz Teütschland ist geschehen/ weswegen man sich auch mächtig darüber zu verwunderen/ und GOtt höchlich hat zu danken/ das durch dises herliche Mittel der alleredelsten Buchdrukkerkunst/ Sein heiliges Wohrt so gewaltig bekant gemacht/ und aus diser löblichen Statt Lüneburg/ der liben unschätzbahren Bibel viele tausend Exemplar in fast unzehlichen Ländern/ Fürstenthümeren/ Herschaften/ Stätten/ Flekken und Dörfferen sind ausgetheilet/ und ümb ein gahr schlechtes Geld verkauffet worden. Solten wir ferner auch noch andere mehr unvergleichliche Schriften und Bücher/ als des weiland Geistreichen/ Hoch= und GOttesgelehrten Herrn Johannis Arndten/ des Sonthoms/ des Baili/ Möllers/ Rösners/ Scheerertzen/ Wudrians/ und anderer dergleichen hochbegabten Männer/ imgleichen der unterschiedlichen vielen Handbücher/ Gesang= und Behtbücher/ welche ebenmässig in grosser Anzahl aus der hochlöblichen Sternischen Buchdrukkerei herfür kommen/ und viel tausend Gottlibenden Seelen mitgetheilet worden/ an disem Ohrte rühmen/ so würden Mir nebenst den Wohrten/ auch Zeit und Papir gebrechen; Mus dises einzige nur noch erwähnen/ das nemliche auch Meine geringschätzige Bücher und Schriften/ grösseren Theils/ so Weltliche als Geistliche/ in diser weitberühmten Statt Lüneburg sind gedrukket/ und von den Edlen Herren Sternen/ (als mit welchen ich viele Jahre hero in grosser und sonderbahrer Vertrauligkeit gestanden/ wie ich den mit dem unlängst selig verstorbenen Herrn Johann Sternen/ als einem Hocherfahrnem und sehr vernünftigem Manne viel hundert Brife habe gewechselt) willigst sind verleget worden.“ 4 Vgl. auch Gerhard Dünnhaupt: Personalbibliographien zu den Drucken des Barock. 6 Teile. Stuttgart 2 1990–1993 (= Hiersemanns Bibliographische Handbücher 9), Teil 5, S. 3407 f. (Nr. 63.1 f.). Der
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beiden Drucke, die um ein möglichst identisches Erscheinungsbild bemüht sind, ist nicht zu entnehmen, welcher von beiden zuerst produziert wurde.5 Wie die ‚Himmlischen Lieder‘ so bestehen auch die ‚Neuen Himmlischen Lieder‘ aus fünf Teilen zu je zehn Gedichten. Freilich ließ Rist die fünf Teile diesmal nicht sukzessive an die Öffentlichkeit treten, sondern gemeinsam, weswegen die einzelnen Teile – anders als bei den ‚Himmlischen Liedern‘ – keine je eigenen Vorreden erhielten. Vielmehr begnügte sich Rist damit, dem Gesamtwerk eine Widmungsvorrede, die sich an den Grafen von Oldenburg und Delmenhorst Anton Günther (1583–1667) und seine Gemahlin Sophie Katharine (1617–1696) richtet, sowie eine Präfation an den Leser voranzustellen. Im Unterschied zu den ‚Himmlischen Liedern‘ verlieh Rist seiner neuen Sammlung eine klar definierte und bereits auf dem Titelblatt ersichtlich werdende thematische Gliederung. Teil 1 enthält Klage- und Bußlieder, Teil 2 Lobund Danklieder, Teil 3 „Sonderbahre Lieder“, die (ähnlich wie dies bei den in der Frühen Neuzeit sehr verbreiteten sog. Standesgebeten6 der Fall ist) für Personen unterschiedlicher sozialer Gruppierungen vorgesehen sind. In den letzten beiden Teilen bietet Rist Lieder, die sich mit den sogenannten vier letzten Dingen befassen, wobei Teil 4 solche Texte umfaßt, die den Tod und das Jüngste Gericht zum Gegenstand haben, während Teil 5 Hölle und Himmel in den Blick nehmen und die Leser zur angesichts des kurz bevorstehenden Jüngsten Tages notwendigen Buße aufrufen, womit zugleich zurückverwiesen wird auf den ersten Teil des Buches und ein kompositorischer Rahmen entsteht. Die ‚Neuen Himmlischen Lieder‘ sind mit einem doppelseitigen Titelkupfer ausgestattet, dessen graphische Gestaltung die Programmatik von Rists lyrischtheologischem Ansatz visualisiert. Die erste Seite (Abb. 1 und 4) zeigt in der Mitte den Autor und unter ihm eine Inschrift, die Ps 150,6 zitiert: „Alless wass Odem hat Lobe den herren Alleluiah.“ Sechs weitere inscriptiones fordern den Leser des Buches imperativisch zum wahren Gottesdienst auf und bedienen sich hierfür solcher Formulierungen, die dem Psalter entnommen sind: „Singet dem Herren“ (Ps 96,2). „Lobet den Herren“ (Ps 105,1). „Ehret den Herren“ (vgl. Ps 29,2). „Rühmet den Herren“ (Ps 22,24). „Dancket den Herren“ (Ps 107,1). „Preiset den Herren“ (Ps 34,4). Rists Porträt ist umgeben von sechs Engeln, von denen fünf mit Musikinstrumenten ausgestattet sind, während der oben links abgebildete Engel einen Notentext vor sich hat und singt. Wer sich des geist-
bei Dünnhaupt, S. 3408 unter Nr. 63.3 verzeichnete Druck Lüneburg 1652 existiert nicht. 5 Insofern ist die von Dünnhaupt, ebd., S. 3407 f. vorgenommene Identifikation einer „frühere[n]“ und einer ‚spätere[n] Titelvariante“ problematisch. 6 Eine in der Frühen Neuzeit außerordentlich weitverbreitete lutherische Sammlung solcher Standesgebete findet sich bei Johann Habermann: Christliche Gebet für alle Not vnd Stende der gantzen Christenheit (1567). Kritisch hrsg., kommentiert und mit einem Nachwort versehen von Johann Anselm Steiger unter Mitwirkung von Corinna Flügge. Stuttgart-Bad Cannstatt 2009 (= Doctrina et Pietas Abt. II, Bd. 4), S. 252– 345.
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lichen Gesanges befleißigt, so die lutherisch-musiktheologische Botschaft der Bildkomposition, hat hier auf Erden bereits Gemeinschaft mit den Engeln und nimmt proleptisch Teil an der himmlischen Liturgie. Auf der gegenüberliegenden Seite (Abb. 2 und 5) sind im oberen Drittel Christus als Lamm Gottes mit der Siegesfahne sowie eine auf Knien betende Person zu sehen. Das mittlere Drittel zeigt nochmals einen musizierenden Engel und den (wie in der Totentanztradition) als Knochengerippe personifizierten Tod, der bereits damit begonnen hat, einen Baum zu fällen. Das untere Drittel ist den Eschata gewidmet: Zu sehen ist die Auferstehung zum Jüngsten Gericht sowie eine Höllenszene. Ähnlich wie die ‚Himmlischen Lieder‘ (und Rists sonstige Publikationen) enthalten auch die ‚Neuen Himmlischen Lieder‘ zahlreiche Beigaben anderer Autoren, nämlich sog. Ehrengedichte sowie zwei gutachterliche Briefe. Diese Paratexte7 lassen nicht nur erkennen, wie stark Rist mit der zeitgenössischen und keineswegs nur Hamburger bzw. norddeutschen geistigen Elite vernetzt war. Vielmehr zeigen sie zudem, wie sehr Rist auch die literarische Produktion geistlicher Dichtung als ein Feld des kommunikativen Austausches der nicht nur regionalen, sondern auch überregionalen respublica litteraria begriff.8 Auffällig freilich ist, daß Rist (anders als ein Jahrzehnt zuvor) um die Abfassung von Ehrentexten fast ausschließlich Pastoren bat, wobei zudem des Dichters Bestreben erkennbar ist, hierfür möglichst prominente Personen zu verpflichten. An erster Stelle steht der schleswig-holsteinische Generalsuperintendent Stephan Klotz (1606–1668),9 gefolgt von den beiden Hamburger Hauptpastoren Johannes Müller (1598–1672)10 und Johann Balthasar Schupp (1610–1661),11 wobei Müller als Senior des Hamburgischen Geistlichen Ministeriums hierarchischen Gepflogenheiten gemäß vor Schupp zu Worte kommt. Die Briefe Klotz’ und Müllers zeigen, daß Rist beiden handschriftliche ‚Kostproben‘ der bevorstehenden Publikation hatte zukommen lassen. Klotz erwähnt, Rist habe ihm als Beilage die „Geistlichen/ auff sonderbahre Personen gerichtete Lieder“12 zugesandt, also den dritten Teil der geplanten Veröffentlichung, während der Dichter Hauptpastor Müller „Buhßlieder“13 zukommen ließ, d.h. Texte, die für den ersten Teil der ‚Neuen Himmlischen Lieder‘ vorgesehen waren. Mit dem Diakonen an St. Jacobi in Hamburg Johannes Jäger (1585–1668),14 dem elsässischen Pfarrer Quirinus Moscherosch (1623–1675),15 dem Neumün-
7 Diese Texte (nicht alle sind mit einer Datumsangabe versehen) wurden zwischen dem 20.8. und Anfang Dezember 1650 abgefaßt. 8 Vgl. Günter Dammann: Johann Rist als Statthalter des Opitzianismus in Holstein. Aspekte seiner literaturpolitischen Strategie anhand der Widmungsbriefe und Vorreden. In: Literaten in der Provinz – Provinzielle Literatur? Schriftsteller einer norddeutschen Region. Hrsg. von Alexander Ritter. Heide 1991, S. 47–66, hier S. 60. 9 S. o. S. 43–45. Auch in Rists ‚Sabbahtischer Seelenlust‘ (1651), S. 32 f. ist Klotz erneut mit einer an den Dichter gerichteten Epistel vertreten. 10 S. o. S. 46 f. 11 S. o. S. 48 f. 12 S. o. S. 43, Z. 4 f. 13 S. o. S. 46, Z. 3. 14 S. o. S. 53. 15 S. o. S. 54 f. In Rists ‚Sabbahtischer Seelenlust‘ (1651), S. 32 f. ist Quirinus Moscherosch ebenfalls mit einem Ehrengedicht vertreten.
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steraner Archidiakonen Ernst Hohenholtz (gest. ca. 1667),16 dem Oldesloer Pastor David Koepke17 und dem Kollmarer Diakonen Josias Dreyer (gest. 1672)18 sind weitere Geistliche an Rists Publikation empfehlend beteiligt. Darüber hinaus steuerte Johann Wilhelm von Stubenberg (1619–1663)19 als Mitglied der Fruchtbringenden Gesellschaft, der bekanntermaßen auch Rist angehörte, ein Ehrengedicht bei, während Johann Michael Moscherosch (1601–1669) – auch er ein ‚Fruchtbringer‘ – zudem für eine Repräsentanz der Straßburger Tannengesellschaft sorgte.20 Rists enge Verbindung mit dem Lüneburger Kantor Michael Jacobi (1618–1663), der u.a. für ‚Das Friedewünschende Teutschland‘ (1647) die Liedsätze komponiert hatte,21 kommt in einem „Klinggedichte“22 Jacobis zum Ausdruck, während mit dem Zittauer Gymnasialrektor Christian Keiman (1607–1662)23 ein durch Schuldramen und Kirchenlieder bekannt gewordener Autor das Wort ergreift, dessen 1651 vollzogene Erhebung zum poeta laureatus kurz bevorstand. Darüber hinaus räumte Rist seinem in Cölln an der Spree lebenden Freund Nikolaus Peucker (gest. 1674) Platz für ein ausführliches Gedicht ein.24 Die bereits erwähnte, an Rist gerichtete Epistel des Flensburger Pastors und schleswig-holsteinischen Generalsuperintendenten Stephan Klotz ist nicht nur insofern aufschlußreich, als sie vermerkt, zu welchem Zeitpunkt der Wedeler Dichter und Pastor bei dem auch für ihn zuständigen ranghöchsten kirchenleitenden Theologen um einen Beitrag zu den ‚Neuen Himmlischen Liedern‘ brieflich nachgesucht hat, nämlich am „24. des Schlachtmonats“,25 also dem 24. November 1650. Vielmehr ist Klotz’ Brief ebenfalls zu entnehmen, daß Rist wegen bestimmter Formulierungen in den ‚Himmlischen Liedern‘, z.B. wegen der Aussage, in Christus habe nicht nur dessen menschliche Natur den Tod erlitten, sondern auch die göttliche („O grosse Noth! | GOtt selbst ligt todt | Am Creutz’ ist Er gestorben“26), angefeindet worden ist, wobei die Kritiker freilich ungenannt bleiben. Klotz nimmt Rist hingegen in Schutz und bescheinigt ihm die Rechtgläubigkeit27 dieser konsequenten applicatio der Lehre von
16 S. o. S. 56. 17 S. o. S. 57 f. 18 S. o. S. 59 f. Ein weiteres Ehrengedicht Dreyers findet sich in Rists ‚Sabbahtischer Seelenlust‘ (1651), S. 54 f. 19 S. o. S. 50. 20 S. o. S. 51 f. 21 Vgl. Oliver Huck: Schauspielmusik in Hamburg in der Frühen Neuzeit. In: Johann Anselm Steiger / Sandra Richter (Hrsg.): Hamburg. Eine Metropolregion zwischen Früher Neuzeit und Aufklärung. Berlin 2012 (= Metropolis. Texte und Studien zu Zentren der Kultur in der europäischen Neuzeit 1), S. 597–610, hier S. 601. 22 S. o. S. 69. Ein weiteres Ehrengedicht Jacobis findet sich in Rists ‚Sabbahtischer Seelenlust‘ (1651), S. 60–63. 23 S. o. S. 61–64. 24 S. o. S. 65–68. Ein weiteres Ehrengedicht Peuckers findet sich in Rists ‚Sabbahtischer Seelenlust‘ (1651), S. 64. 25 S. o. S. 43, Z. 3. Das von Johann Michael Moscherosch verfaßte Ehrengedicht ist auf den 20. August 1650 datiert. S. o. S. 52, Z. 23. Offenbar hat Rist um Beiträger in unterschiedlichen Etappen geworben. 26 Rist, Himmlische Lieder (2012), S. 38, Z. 6–8. 27 Vgl. Gabriel Wimmer: Ausführliche Lieder=Erklärung. Wodurch die ältesten und gewöhnlichsten Gesänge der Evangelisch=Lutherischen Kirche ins Licht gesetzet , Teil 1. Altenburg 1749, S. 293: „D. Steph. Klotz hat diese Worte schon Anno 1650. in einem Briefe an den Autorem vindiciret und gerettet.“
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der Idiomenkommunikation,28 die es Luthers Lesart zufolge nicht nur gestattet, sondern es geradezu erforderlich macht, im eigentlichen Sinne zu sagen, daß die Gottheit in Christus nicht nur wahrhaft in das Leiden der menschlichen Natur involviert gewesen ist, sondern auch den Tod auf sich genommen hat.29 In eine ähnliche, Rist gegen seine Kritiker verteidigende Richtung weist eine Formulierung in Johannes Müllers Brief an den Dichter, die dessen Anliegen würdigt, er wolle seine Texte „nach der heiligen Göttlichen Schrifft/ der unveränderten Augspurgischen Confession/ dem Catechismo Lutheri/ und anderen Symbolischen Büchern unser Kirchen verstanden haben“.30 Anders als auf den Titelblättern der ‚Himmlischen Lieder‘ nennt Rist auf dem Haupttitelblatt seiner neuen Sammlung keinen Komponisten namentlich, sondern begnügt sich mit dem Hinweis darauf, die Vertonungen stammten „von etlichen fürtreflichen und hochberühmten Meistern der Singekunst“.31 Was die ‚Himmlischen Lieder‘ betrifft, so hatte Rist zwar die Kooperation mit dem Leiter der Hamburger Ratsmusik Johann Schop (ca. 1590–1667)32 auf den Titelblättern namhaft gemacht, die Mitwirkung weiterer Komponisten freilich eher kryptisch angedeutet33 und sich in den Vorreden über die Details ausgeschwiegen. Anders liegen die Dinge hinsichtlich der ‚Neuen Himmlischen Lieder‘, da Rist in der Vorrede an den Leser recht ausführlich auf sein Zusammenwirken mit sechs (von insgesamt acht) Komponisten zu sprechen kommt, ohne freilich an dieser Stelle den Nachweis zu erbringen, welche Vertonungen welchem Künstler zuzuweisen sind. An der Vertonung von Rists Liedern beteiligte sich, wie Rist stolz berichtet, ein Konsortium von „vortrefflichen Künstlern oder Komponisten/ (derer gleichen in Teutschland vieleicht wenig mehr zufinden)“.34 Bei ihnen handelt es sich näherhin um den Nürnberger Organisten Sigmund Theophil Staden (1607–1655), der auch auf dem Zwischentitelblatt von Teil 1 genannt ist, den Zittauer Organisten Andreas Hammerschmidt (1611/12–1675), den an der Hamburger Hauptkirche St. Petri tätigen Organisten Jacob Praetorius (1586–1651) sowie um dessen an der benachbarten Hauptkirche St. Katha-
28 S. o. S. 44, Z. 17–31. 29 Vgl. Johann Anselm Steiger: Fünf Zentralthemen der Theologie Luthers und seiner Erben. Communicatio – Imago – Figura – Maria – Exempla. Mit Edition zweier christologischer Frühschriften Johann Gerhards. Leiden u.a. 2002 (= Studies in the History of Christian Thought 104), S. 3–9. Vgl. zu Rist Sven Grosse: Johann Rists Übertragung der lateinischen Passionssalven als Beispiel für die lutherische geistliche Dichtung des 17. Jahrhunderts. In: Hamburg. Eine Metropolregion (wie Anm. 21), S. 77–89, hier S. 78. 30 S. o. S. 47, Z. 23–25. 31 S. o. S. 7, Z. 11–13. 32 Vgl. Ulf Grapenthin: Art. Schop, Johann d.Ä. In: Die Musik in Geschichte und Gegenwart2, Personenteil. Bd. 15 (2006), Sp. 1–5. Kurt Stephenson: Johannes Schop. Sein Leben und Wirken. Diss. phil. Halle/S. 1924. 33 Vgl. Konrad Küster: Kritischer Bericht zur Notenedition. In: Rist, Himmlische Lieder (2012), S. 580–619, hier S. 603. 34 S. o. S. 39, Z. 351 f. Vgl. hierzu Konrad Küster: „O du güldene Musik“. Wege zu Johann Rist. In: „Ewigkeit, Zeit ohne Zeit“ (wie Anm. 1), S. 77–179, hier S. 117–119. Zur Kooperation Rists mit dem Lüneburger Organisten Christian Flor vgl. Konrad Küster: „… alle Claves durchgangen“. Vollchromatik bei Johann Rist und Christian Flor (1662). In: Die Musikforschung 60 (2007), S. 333–348.
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rinen bestallten Amtskollegen Heinrich Scheidemann (ca. 1596–1663). Darüber hinaus nutzte Rist die bereits eingespielte Kooperationsbereitschaft des schon genannten Lüneburger Michael Jacobi sowie diejenige des Kieler Organisten Jacob Kortkamp (ca. 1620–ca. 1666). Den Zwischentitelblättern der Teile 2, 4 und 5 ist zu entnehmen, daß die Vertonungen des zweiten Zehns aus der Feder Hammerschmidts stammen, diejenigen des vierten von Praetorius komponiert wurden, während Scheidemann den fünften Teil besorgte. Bei den auf dem Zwischentitelblatt von Teil 3 nicht namentlich genannten „unterschiedlichen/ in der Sing= und Orgelkunst treflich geübten und erfahrnen Meistern“35 handelt es sich um den Organisten an der Hauptkirche in Altona Hinrich Pape (1609–1663),36 der Rists Schwager war, den Hamburger Ratsmusiker Petrus Meier,37 der „als Kriegsflüchtling nach Hamburg gelangt [war] und im Umfeld von St. Katharinen Unterschlupf gefunden“38 hatte, sowie um Kortkamp und Jacobi.39 Unklar ist, weswegen Pape und Meier in Rists Vorrede keine Erwähnung finden. Es steht außer Frage, daß Rist keineswegs bestrebt war, mit den ‚Neuen Himmlischen Liedern‘ in erster Linie Kirchengesänge zur Verfügung zu stellen. Vielmehr handelt es sich, ähnlich wie bei den ‚Himmlischen Liedern‘, um geistliches Kunstliedgut.40 Auffällig ist aber, daß Rist (anders als bei letzteren) zu den meisten Liedern zusätzlich zu den im Notensatz mitgeteilten Vertonungen der sechs mitwirkenden Komponisten in den Überschriften je eine Alternativmelodie angibt. Bei diesen Melodien handelt es sich durchweg um solche, die um die Mitte des 17. Jahrhunderts aus dem gottesdienstlichen Leben allgemein bekannt waren. Indem Rist dafür sorgte, daß jedem Lied nicht nur eine eigens für es komponierte, sondern auch eine gängige Melodie beigegeben war, erleichterte er die Singbarkeit und Musizierbarkeit seiner Liedsammlung und damit deren Rezeption sowohl im öffentlichen wie auch im häuslich-privaten Gottesdienst. Nicht von ungefähr wird hierauf (werbewirksam) auf dem Titelblatt hingewiesen. Genauso verfuhr Rist in seiner wenig später erschienenen ‚Sabbahtischen Seelenlust‘, in der jedem Lied eine vom Hamburger Johanneumskantor Thomas Selle (1599–1663)41 komponierte Vertonung beigegeben ist und ebenfalls zusätzlich vermerkt ist, nach welchen gebräuchlichen Melodien die einzelnen Lieder alternativ gesungen werden können. Im Unterschied zu den ‚Neuen 35 S. o. S. 199, Z. 7–9. 36 Vgl. Dieter Lohmeier: Art. Pape, Hinrich. In: Biographisches Lexikon für Schleswig-Holstein und Lübeck 8 (1987), S. 267 f. 37 Meiers Geburts- und Sterbejahr sind nicht bekannt. Vgl. Deutsches Biographisches Archiv I, 840, 315 f.; III, 611, 350. 38 Küster, Güldene Musik (wie Anm. 34), S. 117. 39 Pape komponierte die Vertonung von Nr. 1 des dritten Teils, während Meier die Vertonungen von Nr. 2–4, Kortkamp diejenigen von Nr. 5, 6, 9, 10 und Jacobi die von Nr. 7 und 8 schufen. Vgl. hierzu auch Küsters kritischen Bericht zur vorliegenden Edition u. S. 428–434. 40 Vgl. Küster, Kritischer Bericht zur Notenedition der Himmlischen Lieder (wie Anm. 33), S. 582. 41 Vgl. Bernd Prätorius / Red.: Art. Selle, Thomas. In: Killy Literaturlexikon. Autoren und Werke des deutschsprachigen Kulturraumes. 2., vollständig überarbeitete Auflage. Hrsg. von Wilhelm Kühlmann u.a. Bd. 10 (2011), S. 752 f.
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Himmlischen Liedern‘ geht Rist in seiner Vorrede an den Leser auf diese musikalische Doppelstrategie, die einerseits die kirchliche Breitenwirkung seiner Lieder (nicht nur, aber auch im öffentlichen Gottesdienst) gewährleisten soll, andererseits aber auch den Bedürfnissen der anspruchsvolleren „Liebhaber der edlen Singekunst“42 gerecht werden will, ausführlich ein. Rist berichtet, Daß Mir erstlich habe gebühren wollen den grössesten Hauffen zu beachten/ und es ja viel erbaulicher sei/ wenn dise Lider von vielen/ und nicht nur von etlichen können gesungen werden. Darnach so hat es auch Meine Schuldigkeit erfodert dem freundlichen Begehren vieler grosser und trefflicher Leute mit Jnrichtung der Lieder auff bekante Melodeien Ein genüge zuthun/ alß welcher bitten Jch für Einen Befehl halte.43 Hernach erläutert Rist, welchen Nutzen die neuen, von Selle komponierten Vertonungen haben: Damit aber auch die Liebhaber der edlen Singekunst nicht zu klagen haben/ so sind hieselbst auch gantz Neüe von meinem liebwehrten Freunde/ Herren Thoma Sellio der wolbestalten Musik bei der hochlöblichen Stadt Hamburg verordenten Führer/ unnd Regierer/ fleissig/ beweglich und künstlich gesetzete Melodeien zu finden/ welche von einem jetweden Gesangmeister und anderen dieser Kunst zugethanen/ auff Orgeln/ Regaln/ Lauten/ Geigen und dergleichen Musikalischen Jnstrumenten nützlich und anmuhtig können gespielet/ und mit lebendigen Stimmen dazu gesungen werden.44 Vor diesem Hintergrund erscheint es dringend angeraten, Rists geistlicher Dichtung nicht vorschnell zu unterstellen, sie ziele allen voran auf die private, häusliche Pflege der Frömmigkeit. Dies wird ersichtlich daraus, daß Rist, wenngleich eingekleidet in die übliche Topik der Bescheidenheit, die mögliche Rezeption seiner Lieder im Gemeindegottesdienst konkret in den Blick rückt, nicht ohne zu bemerken, „grosse Theologen“ hätten diesbezüglich ihre Unterstützung zugesagt. Die Wirkungsgeschichte gab Rist bekanntlich Recht, da viele seiner geistlichen Lieder Eingang in die (keineswegs nur norddeutschen) Gesangbücher und nicht nur in diejenigen des 17. Jahrhunderts fanden. Erst in einem zweiten Schritt wünscht sich Rist ‚wenigstens‘ eine rege häusliche Rezeption seiner Lieder.45 Doch auch, was letztere betrifft, ist in Erinnerung zu rufen, 42 Rist, Sabbahtische Seelenlust (1651), S. 26. 43 Rist, Sabbahtische Seelenlust (1651), S. 25 f. 44 Rist, Sabbahtische Seelenlust (1651), S. 26 f. 45 Rist, Sabbahtische Seelenlust (1651), S. 16: „Jch halte Mich gäntzlich versichert/ daß/ dafern diese unsere Sabbahtische Lider/ nicht eben der Würden sind/ daß sie öffentlich in der Kirchen mügen gesungen und gespielet werden (wiewol solches ins Werk stellen zu lassen/ grosse Theologen Sich haben erbohten;) Sie doch zum weinigsten bei vielen Christlichen Haußvättern und Haußmüttern einen günstigen Platz finden/ auch sonsten von GOTT= desselben Wohrt= und die edle Singekunst=libenden Seelen mit geneigten Augen
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daß Rist zwischen dem Gottesdienst zu Hause und dem öffentlichen insofern schlechterdings keine Alternative sieht, als er seine geistlichen Lieder als Medien ansieht, die das von ihm selbst (und von anderen Predigern) Verkündete kontrakt zusammenzufassen geeignet sind, damit es im Rahmen der häuslichen praxis pietatis zur Aneignung und Einübung gelangen möge: So habe Jch es hochdienlich zu sein erachtet/ daß man die fürnehmsten Lehr= Trost= Ermahnungs und Warnungs Stükke/ welche aus einem jetweden Evangelio können genommen/ und zur nützlichen Erbauung auf den Cantzeln oder in den Predigten angeführet werden/ fein zusammen bringe/ in gewisse Lider versetze/ unnd hernach seine Zuhörer ernstlich und fleissig ermahne/ daß Sie nach angehöretem Göttlichem Worte/ desselben Sontages Evangeliumslied für Sich nehmen/ unnd nebenst Jhren sämtlichen Haußgenossen/ Kindern und Gesinde fein andächtig/ Einen Satz nach dem andern singen/ die Wohrte und derselben eigentlich Verstand und Meinung mit fleissigem Nachdencken erwegen/ Sich dabey deß jenigen/ waß Sie deß Morgens zuvor von Jhrem Seelenhirten gehöret/ bedachtsahm erinern/ und denn schließlich wol lernen/ wie Sie alles/ was sie gehöret/ gesungen und gelesen/ zu stärckung ihres Glaubens/ Besserung ihres Lebens/ Befriedigung ihres Gewissens/ und Erlangung Jhrer Seelen ewigen Heils und Seligkeit nützlich sollen/ können und mügen anwenden.46 Eines der Lieder in vorliegender Sammlung, nämlich das neunte des ersten Teils, sticht insofern hervor, als es das einzige ist, das explizit Bezug nimmt auf ein historisches Ereignis, mithin als Gelegenheitsgedicht im engeren Sinne zu bezeichnen ist. Das „Klag= und Buhßlied/ Jn erschreklichen unerhörten Ungewitter und grausahmen Sturmwinden/ dessen gleichen wir im 1648. Jahr den 14. des Hornungs haben erlebet“, steht im Zusammenhang mit einer Sturm- und Flutkatastrophe, die im norddeutschen Raum erhebliche Verwüstungen angerichtet („Ja wol! mein Wedel war das alte Wedel nicht“47) und zahlreichen Menschen den Tod gebracht hatte.48 In Hamburg zeitigte die Sturmflut besonders verheerende Wirkungen, brachte u.a. den Turm der St. Katharinenkirche zum werden angesehen/ und mit begierigen Hertzen und Händen auf und angenommen werden.“ 46 Rist, Sabbahtische Seelenlust (1651), S. 20. 47 Rist, Holstein vergiß eß nicht (1648), fol. H 2v. 48 Vgl. hierzu u. a. Wolfgang Heinrich Adelung: Kurtze Historische Beschreibung/ Der Uhr= Alten Käyserlichen und des Heil. Römischen Reichs Freyen=An=See=Kauff= und Handels=Stadt HAMBURG, Darinnen der Ursprung und Fortwachs dieser Löbl. Stadt/ was von CAROLO MAGNO an/ biß auff diese Zeit/ Denckwürdiges vorgegangen/ sampt vielen Antiquitäten/ so wohl den Einheimischen als Frembden zur nützlichen Nachricht: Nebst gründlichem Bericht/ wie und wann die Hn. Bürgermeister und Hn. des Rahts/ von ANNO 1189. biß 1696. hieselbst erwehlet/ an Hohe Potentaten Gesandsweise abgesandt/ und durch den Zeitlichen Todt abgefodert worden. Alles aus vielen Vornehmen Scribenten, alten Uhrkunden/ und Annalibus mit Fleiß zusammen getragen . Hamburg 1696 (Reprint Neusäß 1989), S. 119 f.
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Einsturz und setzte Teile der Stadt unter Wasser.49 Erstmals gedruckt wurde das „Klag= und Buhßlied“ in einer Gelegenheitsschrift, die Rist 1648 unter dem Titel ‚Holstein vergiß eß nicht‘ publizierte.50 Schon zu dieser Zeit hatte Rist den Plan, das „Klag= und Buhßlied“ gemeinsam mit weiteren Bußgesängen erneut zu publizieren.51 Rists Ziel, das er mit seiner neuen Sammlung himmlischer Lieder verfolgt, besteht in nichts weniger als darin, die Frömmigkeit seiner Rezipienten zu befördern, deren Glauben zu stärken, die Sünder zur Buße zu rufen, die Menschen zu einem gottgefälligen Lebenswandel zu ermahnen und sie „der ewigen Seligkeit theilhaftig“52 zu machen. Die von Rist intendierten Wirkfunktionen seiner Texte decken sich, wie bereits verschiedentlich beobachtet wurde,53 mit denjenigen zeitgenössischer Prediger, zu denen Rist als Wedeler Pastor bekanntermaßen selbst gehörte. Freilich ist auffällig, daß Rist in seinen Vorreden nicht den Schulterschluß mit prominenten Predigern seiner Zeit sucht, es ihm vielmehr darum zu tun ist, sich einzureihen in die societas derjenigen, die es sich angelegen sein ließen, in „Tugend=Lieder“ dem Frieden, dem von Gott eingesetzten Ehestand, den artes und scientiae sowie den Verstorbenen die gebührende Würdigung angedeihen zu lassen54 bzw. das Wort Gottes in lyrischer Form zur Artikulation zu bringen. In äußerst scharfer Weise übt Rist Kritik nicht nur an denjenigen Gelegenheitsdichtern, die allein um des Geldes willen Verse produzieren,55 sondern auch an Schriftstellern, die die (in ihrem rechten Gebrauch freilich nicht pauschal zu verwerfenden) Schmäh- und Spottschriften bzw. Spottlieder mißbrauchen.56 Ein besonderer Dorn im Auge sind Rist die „Saufflieder“,57 die er als unwillkommene Hinterlassenschaft französischer Truppen geißelt. Was die dichterische Beförderung der Tugenden angeht, sieht sich Rist einig mit Martin Opitz (1597–1639),58 Paul Fleming (1609–1640), Justus Georg Schottelius (1612–1676), Andreas Tscherning (1611–1659), Philipp von Zesen
49 Vgl. Rist, Holstein vergiß eß nicht (1648), fol. H 4r/v. 50 Veranlaßt durch die Sturmkatastrophe wurden weitere Gelegenheitsdrucke publiziert, z.B. Johann Neukrantz: Christlicher und wolgemeinter Bueß=Wäkker Füer Alle in Sünden schlaffende Bueßflüchtige Seelen. Nebst Einem Andächtigen und beweglichen Bueß=Liedlein Füer Alle von Sünden auffgewäkkete Bueßfertige Seelen/ Im Jahr MDCXLVJJJ. In welchem GOTT der Allmächtige die Einwohner der Stadt Hamburg und Dieser umbliegenden Orther/ am XV. des Hornungs/ Dienstags in der Fastnacht/ früe Morgends etwa umb 2. Uhren/ mit einem grawsahmen Sturm=Wetter (welches Kirchen und Türmer/ Häuser und Wälder/ Menschen und Vieh jämmerlich zuschmettert) dergestalt aus dem Schlaeff gewäkket und geschräkket/ daß sie Demuht/ Fasten/ und Behten gelernet haben . Hamburg 1648 (HAB Wolfenbüttel 1119.5 Theol. [2]). 51 Vgl. Rist, Holstein vergiß eß nicht (1648), fol. L 4v. Das Zitat o. S. 123 f., Anm. 3. 52 S. o. S. 14, Z. 122. 53 Vgl. Hans-Henrik Krummacher: Lehr- und trostreiche Lieder. Johann Rists geistliche Dichtung und die Predigt- und Erbauungsliteratur des 16. und 17. Jahrhunderts. In: „Ewigkeit, Zeit ohne Zeit“ (wie Anm. 1), S. 37–76, hier S. 42 f. 54 S. o. S. 33, Z. 211–223. 55 S. o. S. 11, Z. 40–46. 56 S. o. S. 31, Z. 173–184. 57 S. o. S. 31, Z. 185. 58 Vgl. Dammann (wie Anm. 8).
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(1619–1689), Georg Philipp Harsdörffer (1607–1658), Sigmund von Birken (1626–1681)59 und weiteren Dichtergrößen der Barockzeit, von denen Rist dem Königsberger Dichter und Poetik-Professor Simon Dach (1605–1659) ein besonders herausragendes Lob zollt („der mir in dieser Ahrt sonderlich wolgefält“60). Rist versäumt es in diesem Zusammenhang nicht, die Publikation seines genau dieses ethische Ziel verfolgenden ‚Neuen Teütschen Parnass‘ in Aussicht zu stellen,61 der in der Tat im Jahre 1652 erscheinen sollte. Mit Blick auf die Rist zufolge noch weitaus wichtigere Betätigung auf dem Felde der geistlichen Lyrik und deren Zielsetzung, Röm 15,4 und 2Tim 3,16 folgend „nützliche Erbawung/ Unterricht/ Besserung und Trost/ durch Hülffe und Beistand des wehrten heiligen Geistes“62 zu stiften, wähnt Rist sich verbunden mit Opitz, dem Psalmendichter Ambrosius Lobwasser (1515–1585), dem Braunschweiger Pfarrer und Kirchenlieddichter Andreas Heinrich Bucholtz (1607–1671) sowie erneut mit Harsdörffer, dessen ‚Hertzbewegliche Sonntagsandachten‘ (1649) Rist ausdrücklich lobt, sowie mit Simon Dach und anderen Dichtern wie Johann Klaj (1616–1656). In Anlehnung an den Apostel Paulus und dessen Bescheidenheitstopik aufgreifend (1Kor 15,9: ‚Denn ich bin der geringste vnter den Aposteln/ als der ich nicht werd bin/ das ich ein Apostel heisse‘), nennt sich Rist zwar den „Geringste[n] unter den hochgelahrten und begabten Dichtern“, beeilt sich sodann aber, in Erinnerung zu rufen, daß er nicht nur bereits mit den ‚Himmlischen Liedern‘ als ein Dichter in Erscheinung getreten ist, der die Promulgation des Wortes Gottes befördert, sondern auch mit seinen Passionsgedichten, die im Jahre 1648 unter dem Titel ‚Der zu seinem allerheiligsten Leiden und Sterben hingeführter und an das Kreütz gehefteter Christus Jesus‘ veröffentlicht worden waren. Wie ambitioniert Rist gerade auf dem Felde der Produktion geistlicher Lieder war, äußert sich in der an den Leser gerichteten Vorrede der ‚Neuen Himmlischen Lieder‘ auch darin, daß er die kurz bevorstehende Publikation seiner ‚Sabbahtischen Seelenlust‘ (gedruckt 1651, Rists Vorrede ist auf den 6.5.1651 datiert63) gleich zweimal namhaft macht und vermerkt, die Satzarbeiten seien bereits abgeschlossen.64 Es dürfte in diesem Zusammenhang mehr als ein Zufall sein, daß Rist – anders als dies in den ‚Himmlischen Liedern‘ (und nicht nur in ihnen65) der Fall 59 Vgl. zur nicht unbelasteten freundschaftlichen Beziehung Rists und Birkens deren commercium epistolicum: Der Briefwechsel zwischen Sigmund von Birken und Georg Philipp Harsdörffer, Johann Rist, Justus Georg Schottelius, Johann Wilhelm von Stubenberg und Gottlieb von Windischgrätz. Hrsg. von Hartmut Laufhütte und Ralf Schuster. Tübingen 2007 (= Sigmund von Birken: Werke und Korrespondenz 9) sowie hierzu Ralf Schuster: ‚Ist es hier nit Eitelkeit!‘ Der Briefwechsel zwischen Sigmund von Birken und Johann Rist als Beispiel für literarisches Konkurrenzdenken im Barock. In: Daphnis 34 (2005), S. 571–602. 60 S. o. S. 34, Z. 230. 61 S. o. S. 34, Z. 233 f. 62 S. o. S. 34, Z. 239–241. 63 Rist, Sabbahtische Seelenlust (1651), fol. b 1r. 64 S. o. S. 35, Z. 249–252 und S. 37, Z. 291. 65 Vgl. z.B. Johann Rist: Starker Schild GOTTES Wider die gifftige Mordpfeile falscher und verleümderischer Zungen Das ist/ Kräfftiger Hertzentrost vor alle fromme Christen/ Welche Unschüldiger weise von bößhafften Lügenern geschmähet und von
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ist, für die er, wie er selbst berichtete, auf literarische Vorlagen der zeitgenössischen Erbauungsliteratur zurückgriff (Johann Arndt, Johann Gerhard, Josua Stegmann)66 – in den Vorreden zu seinen ‚Neuen Himmlischen Liedern‘ derartige theologische Autoritäten nicht herbeizog. Mag dies als Ausdruck für ein mittlerweile bei Rist (noch) ausgeprägteres Selbstbewußtsein in Anschlag zu bringen sein, so darf doch vermutet werden, daß Rist auch für die ‚Neuen Himmlischen Lieder‘ auf erbauungsliterarische Prätexte zurückgriff, wenngleich sich die Eruierung derselben angesichts fehlender Hinweise durchaus schwieriger gestalten dürfte.
Editorischer Bericht Zum editorischen Verfahren ist folgendes zu bemerken: Als Leittext für die Edition von Rists ‚Neuen Himmlischen Liedern‘ wurde einer der beiden im Jahre 1651 in Lüneburg vom Verlagshaus der Gebrüder Stern produzierten Drucke gewählt (Siglum A, vgl. Abb. 1–3).67 Die textkritischen Befunde, vor allem die Tatsache, daß zahlreiche Errata dieses Textzeugen in den beiden anderen Drucken nicht mehr begegnen, legt die Vermutung nahe, daß es sich bei dieser Ausgabe tatsächlich um die Erstausgabe handelt. Die Varianten des anderen 1651 veranstalteten Druckes (Siglum B, vgl. Abb. 4–6) sowie diejenigen der deutsch-lateinischen Ausgabe, die von dem Pirnaer Schulrektor Tobias Petermann (gest. 1710)68 besorgt und 1658 ebenfalls im Sternschen Verlagshaus publiziert wurde (Siglum C), wurden im textkritischen Apparat notiert.69 Die von Petermann besorgte Ausgabe, die dem Dekan des Hamburger Domkapitels Joachim Gödersen (1610–1677) gewidmet ist, brachte die ursprünglichen Vorreden Rists nicht mehr zum Abdruck, sondern enthält zwei neue. Bei der ersten handelt es sich um eine lateinische Vorrede an den Leser aus der Feder Petermanns. Sie enthält keine Datumsangabe. Die zweite, auf den 24. Juni 1658 datierte Vorrede stammt von Rist und richtet sich an den Widmungsempfänger Gödersen. Diese neuen Vorreden werden in Anhang 1 vorliegender Ausgabe mißgünstigen Neidern verlästert werden. Hamburg 1644 (SUB Göttingen 8 P GERM II, 7370), fol. A 7v, wo Rist angibt, auch für dieses Werk die „hochtheüren Bücher des weiland Geistreichen Johan Arnds“ genutzt zu haben. 66 Vgl. Rist, Himmlische Lieder (2012), S. 14, Z. 16–S. 15, Z. 29 und S. 272, Z. 151–S. 273, Z. 156 sowie die ebd., S. 473–543 zu findenden Textsynopsen, die das von Rist verarbeitete Material detailliert belegen. Vgl. ferner Inge Mager: Johann Rists „himmlische Lieder“. Ihre Veröffentlichung und ihre Vorlagen. In: Orthodoxie und Poesie. Hrsg. von Udo Sträter. Leipzig 2004 (= Leucorea-Studien zur Geschichte der Reformation und der Lutherischen Orthodoxie 3), S. 63–83. 67 Vgl. hierzu das Verzeichnis der der Edition zugrunde gelegten Drucke und deren Siglen o. S. 401 f. 68 Vgl. Deutsches Biographisches Archiv I, 943, 375–380. 69 Im selben Jahr wie die deutsch-lateinische Ausgabe erschien im Verlag der Gebrüder Stern auch ein Druck, der nur den deutschen Text enthält. Vgl. Dünnhaupt (wie Anm. 4), S. 3377, Nr. 2.II. Dieser Druck wurde textkritisch nicht berücksichtigt.
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mitgeteilt.70 Eine Reihe von textkritischen Befunden deutet darauf hin, daß Textzeuge A als Vorlage für C fungierte. Bezüglich des neunten Liedes im ersten Teil war überdies dessen Erstdruck (Siglum ED) in Rists ‚Holstein vergiß eß nicht‘ (1648) textkritisch zu berücksichtigen. An einer Stelle ist klar ersichtlich, daß bei der Produktion des Textzeugen B (erneut) auf den Erstdruck des Gedichtes zurückgegriffen wurde.71 Was die in vorliegender Textausgabe zur Anwendung gebrachten editorischen Prinzipien anlangt, sei auf die detaillierte Darlegung derselben in der Edition der ‚Himmlischen Lieder‘ verwiesen.72
70 S. o. S. 391–397. S. 577–579.
71 S. o. S. 127, Anm. w. 72 Vgl. Rist, Himmlische Lieder (2012),
Kritischer Bericht zur Notenedition von Konrad Küster 1. Einleitung Aus literarisch-theologischer Sicht erscheinen Rists ‚Neue Himmlische Lieder‘ als homogenes Korpus: Zwar sind die 50 Gesänge fünf verschiedenen Themen zugeordnet; dennoch muss man davon ausgehen, dass Rist sie als etwas nach innen wie außen Kohärentes, Komplettes betrachtet hat. In musikalischer Hinsicht gilt dies nicht, und dies erschließt sich bereits beim Durchblättern der frühen Drucke: Die Beiträge der insgesamt acht Komponisten unterscheiden sich zum Teil massiv in ihrer äußerlichen Präsentation.1 Für manche Komponisten lassen sich zudem eigene Konzepte erkennen, denen sie in ihrer Arbeit folgten – anderen als ihre Kollegen. Insofern ergibt sich eine Kohärenz nur innerhalb der einzelnen Zehnergruppen, in der mittleren sogar in noch kleineren Werk-Ensembles (da diese zehn Kompositionen von insgesamt vier Komponisten stammen). Wie für Musik noch des mittleren 17. Jahrhunderts typisch, beruht ihre Überlieferung auf der Verbreitung im Notendruck. Dieser gibt kaum je die Absichten des Komponisten exakt wieder. Ohnehin wird Musik kaum je fehlerfrei übermittelt; bei der Wiedergabe von Notentext mit dessen mehreren semantischen Ebenen ist dies grundsätzlich weniger erreichbar als bei der Wiedergabe von Worttext. Zudem aber wird die vorgelegte Werksubstanz stets auch von Notationsgewohnheiten der Setzer geprägt. Insofern bleibt man bei der Nutzung von Musik, die nur im Druck erhalten geblieben ist, immer um einige Filter-Etappen von den Intentionen abgerückt, die der einzelne Komponist in den Werken verwirklicht sehen wollte. Doch lässt ein Notendruck Rückschlüsse auf seine Vorlagen zu, und dies auch nicht nur insofern, als selbstverständlich die Übermittlung einer musikalischen Grundsubstanz im Vordergrund stehen soll: Setzer können in der Gestaltung des zu druckenden Notenbildes unwillkürlich
1 Deshalb bereitet auch ihre Gattungszuordnung Schwierigkeiten: Die Palette reicht von „Melodien“ oder „Kirchenliedmelodien“ über „Lieder“ zu „Generalbasslieder“. Vgl. Grove Music Online (Abruf am 04.01.2013): „lieder“ für Staden (Harold E. Samuel) und Michael Jacobi (Martin Ruhnke), „melodies“ für Scheidemann (Werner Breig, with Pieter Dirksen), „hymn melodies“ für Hammerschmidt (Johannes Günther Kraner und Steffen Voss), „continuo songs“ für Jacob Praetorius (Frederick K. Gable), jeweils ausschließlich auf die ‚Neuen Himmlischen Lieder‘ bezogen; Pape wird pauschal als „songwriter“ (John H. Baron) bezeichnet.
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Details der Vorlage übermitteln, auch solche, die für die eigentliche musikalische Substanz völlig unerheblich sind. In Rists ‚Neuen Himmlischen Liedern‘ unterscheiden sich die Notenwiedergaben auch auf diese Weise klar voneinander; eine redaktionelle Vereinheitlichung der Notenpräsentationen hat demnach nicht stattgefunden, ehe der Druck anlief. Anhand dieser philologischen Details ergeben sich also Rückschlüsse auf die verschollenen Vorlagen, und aus ihnen wiederum lassen sich Informationen über die Zielsetzungen der Komponisten gewinnen. Deshalb müssen eingangs die Beiträge der Komponisten jeweils einzeln dargestellt werden. Zugleich lässt sich dabei die so heterogene Struktur des Bandes, die aus der Beteiligung von acht Komponisten resultierte, beleuchten: Nur zehn Jahre nach Erscheinen der ‚Himmlischen Lieder‘ (1641/42) ist in jedem Einzelfall zu fragen, wie es dazu kam, dass die betroffenen Komponisten von Rist als Kooperationspartner ausgewählt wurden.
2. Die musikalischen Anteile im Überblick 2.1 Sigmund Theophil Staden Staden, Organist an der Kirche St. Lorenz in Nürnberg, hatte sich für die in Frage stehende Gattung 1644/48 mit den beiden Folgen seiner ‚Seelen-Music‘ qualifiziert. In die ‚Neuen Himmlischen Lieder‘ brachte er die ersten zehn Kompositionen ein. Sie lassen sich als außerordentlich ebenmäßig gestaltet bezeichnen: Ober- und Unterstimme werden in Paralleldeklamation geführt (für Kadenzwendungen minimal synkopisch geweitet); typisch ist die Arbeit mit zwei Notenwerten „lang/kurz“, zumeist als Halbe/Viertel: in Nr. 7 um eine Stufe beschleunigt, in Nr. 9 ohnehin in den anderen Bedingungen der TriplaNotation. Auf dieser Grundlage schrieb Staden Kompositionen, die das Liedartige betonen. Dies gilt auch im Äußerlichen: Jeweils am Ende eines Verses steht in den Noten ein Zeilengliederungsstrich. Generalbassbezifferung ist nicht Teil der Werkpräsentation, so dass (mit der Wiedergabe zweier textierter Stimmen) das Prinzip einer gesungenen Zweistimmigkeit als primär erscheint. Doch ist eine Bezifferung auch nicht notwendig, weil die Melodieführung im Detail ohne jegliche Komplikation auskommt: also auch ohne unvorhersehbare Modulation oder etwa Akzidentien, die in einem Binnenstimmensatz klar gestellt werden müssten. Wenn Kompositionen des Bandes den Begriff „liedhaft“ im engeren Sinne rechtfertigen, gehören folglich diejenigen Stadens auf jeden Fall dazu. Somit ist mit diesen Beobachtungen eine Art Grundrepertoire kompositorischer Möglichkeiten umschrieben, das dementsprechend in weiteren Teilen gesprengt wird.
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2.2 Andreas Hammerschmidt Hammerschmidts Gattungs-Erfahrungen lagen (neben denen mit geringstimmigen Besetzungen seit dem Erscheinen des ersten Teils der ‚Musikalischen Andachten‘ 1641) in der Komposition seiner weltlichen Oden (3 Teile, 1642– 49), ferner in der Kooperation mit Christian Keimann, dem Rektor des Johanneums in Zittau; zu Keimanns ‚Mnemosyne sacra‘ hatte er 1646 fünf Kompositionen beigesteuert.2 Auch die zehn Werke Hammerschmidts werden – liedhaft – durch Zeilentrennstriche gegliedert; sie bilden damit ebenso wie diejenigen Stadens die poetische Form auch in der Musikpräsentation ab. Markant anders als bei Staden wird die Bassrolle behandelt: Die Stücke enthalten eine Generalbassbezifferung, und deren Angaben sind für das musikalische Verständnis essentiell. Wer etwa das sechste seiner Stücke ohne Benutzung der Generalbassfunktion aufführen wollte, ahnte beim Anhören der ersten drei Silben nicht, dass das Stück aus Mollklängen heraus entwickelt ist; diese werden nur durch einen Binnenstimmensatz erklärt, der auf dem Generalbassprinzip fußt. Folglich wird hier ein anderer musikalischer Zugang erkennbar als bei Staden: In diesen Stücken ist der Generalbass obligat; eine Vokalbesetzung der tieferen Stimme ginge folglich an den musikalischen Anforderungen vorbei.3 Dies wird unten nochmals eingehend zu betrachten sein (vgl. Abschnitt „Zur Besetzung“). Andererseits wirkt der Ansatz Hammerschmidts fast noch minimalistischer als derjenige Stadens: Auch er arbeitet im gleichen Ausmaß wie dieser mit Paralleldeklamation der beiden Stimmen und verwendet dafür über weite Strecken sogar nur einen einzigen Notenwert (vgl. etwa seine Nummern 1 und 6–9, in denen die Musik fast durchgehend in Halben fortschreitet). Bei genauerer Betrachtung stellt sich dies nochmals anders dar, und erneut ist seine Nr. 6 ein gutes Beispiel. Der Eindruck des Schlichten ergibt sich hier tatsächlich nur ausgehend von der Deklamation: Einzig die betonten vorletzten Silben einzelner Verse werden zu Ganzen gedehnt (zudem die Schlussnote des Stücks), ansonsten wird alles in Halben deklamiert. Differenzierter jedoch ist die Phrasenführung im Detail. So wird die Grenze zwischen dem ersten und zweiten Vers, poetisch essentiell, musikalisch überformt; es spannt sich also ein Bogen über beide Verse, der in der Moll-Welt des Anfangs beginnt und im gegensätzlichen „sorgenfrei“ des Phrasenschlusses aufgelöst erscheint. In der folgenden Nr. 7 bildet Hammer2 Aus dieser Kooperation stammt daneben das groß besetzte Geistliche Konzert „Freuet euch ihr Christen alle“, im EG als Nr. 34 zum Kirchenlied reduziert. 3 Dass sie dennoch textiert ist, spricht nicht gegen diese Feststellung: Auch ausgesprochene Instrumentalstimmen etwa in den Musikdrucken Heinrich Schütz’ (z. B. ‚Psalmen Davids‘ von 1619) sind dennoch textiert, nicht zuletzt um eine Phrasierungshilfe zu geben.
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schmidt eine über eine None ansteigende Eröffnung, die insofern den klassischen, aus der Hexachordlehre der Kirchentonalität entlehnten „Lied“-Grundprinzipien klar widerspricht. Für die weitere Durchsicht des Bandes kann ein Hinweis auf Zeilengliederungsstriche entfallen: Keine der nachfolgenden Kompositionen zeigt eine solche Übertragung der poetischen Form ins Notenbild; in manchen Stücken wäre die Arbeit mit solchen Strichen gar nicht denkbar, weil an den entsprechenden Gliederungspunkten keine musikalischen Grenzen liegen (noch weniger als im beschriebenen Beispiel Hammerschmidts). Somit erweist sich das Element „Zeilengliederungsstrich“ als Spezialität Stadens und Hammerschmidts, also der beiden Nicht-Norddeutschen unter den Komponisten. Diese Gliederung ist auch typisch für zeitgenössische Melodiewiedergaben in geistlichen Gesangbüchern; dennoch wäre zumindest Hammerschmidts Intention nicht korrekt erfasst, wenn man das Kirchenliedhafte als Ziel seiner Arbeit bezeichnete, denn in diesem Begriff hätten die Generalbassfunktionen selbstverständlich keinen Platz, die für seinen Gattungszugang essentiell sind. 2.3 Die mittlere Zehnergruppe Erwartungsgemäß wird in der zentralen Gruppe des Druckes das Heterogene noch potenziert, weil an ihr vier Komponisten beteiligt waren. Von den bisher genannten Details ist den Stücken nur gemeinsam, dass, wie eben erwähnt, die Zeilengliederung der Gedichtvorlage nicht durch diakritische Zeichen auch im Notensatz wiedergegeben wird. Eine Ausnahme eigener Art ergibt sich in Nr. 3 (Petrus Meier); dort wird ein einziges Mal ein solcher senkrechter Strich gesetzt, und zwar im Abgesang. Doch damit ergibt sich eine echte Zäsur, die zudem noch mit der Dehnung der vorausgehenden Note (Fermate) hervorgehoben wird. Und schließlich findet sich ein einzelner Abteilungsstrich auch in Nr. 5 (Jacob Kortkamp), jedoch nicht als Repräsentant eines durchgehenden Prinzips. Die einleitende Komposition von Hinrich Pape macht die Unterschiede zu denjenigen Hammerschmidts bereits deutlich: Der Bassstimme löst sich streckenweise in ihrer Führung von derjenigen der Oberstimme, so dass kein strikter Note-gegen-Note-Satz zustande kommt; ferner enthält die Oberstimme Durchgangsbildungen, so dass auch in ihr keine syllabische Vertonungs-Idee verwirklicht wird. Noch weiter geht Petrus Meier. In seinen drei Beiträgen (Nr. 2–4) enthält die Diskantstimme Figurierungen; Bass-Melismen (bei ihm kompositorischer Standard) weiten sich in Nr. 4 zu einer freien kontrapunktischen Führung der beiden Stimmen. In all seinen Stücken sind die Notenwerte weitaus differenzierter als bei den anderen Komponisten, da neben der Grundgliederung in Langsam/ Schnell mindestens noch eine weitere Tempostufe als normale Deklamationsein-
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heit hinzukommt. Die Nr. 2 schließlich enthält einen Taktwechsel, ebenso die Nr. 4; so entsteht hier viel eher der Eindruck eines Geistlichen Konzerts in strophischer Anlage als der einer liedhaften Komposition. Dies wirkt sich naturgemäß besonders in Nr. 4 als einem Stück aus, dessen Text nicht in Barform angelegt ist. Michael Jacobi und Jacob Kortkamp vertreten demgegenüber weitaus schlichtere Konzepte. Jacobi verzichtet vollständig auf Generalbassbezifferung; bei Kortkamp steht sie nur in Kadenzwendungen (in denen ihr Gehalt eigentlich selbstverständlich ist). Die Stimmen tragen den Text ähnlich parallel vor wie in den Kompositionen Stadens und Hammerschmidts, und die Deklamation erfolgt ausschließlich in Vierteln (lediglich in Nr. 5 auch in Achteln). Ein weitgehend gemeinsames Element dieser zehn Kompositionen ist im Druckbild die Gestaltung der Schlüsse: Auch wenn in ihnen ein typischer Abgesang ausläuft, steht an ihrem Ende ein Wiederholungszeichen.4 Dies wirft eigene Probleme auf: Soll tatsächlich der Abgesang (zu gleich bleibendem Text) wiederholt werden? Einen Weg weisen offenbar die Nummern 4 (Petrus Meier) und 7 (Michael Jacobi): Beide Stücke sind durchkomponiert; die Forderung nach einer Wiederholung bezöge sich also auf das gesamte Stück. Somit erscheint denkbar, dass nicht nur hier, sondern auch in den anderen Fällen das Wiederholungszeichen lediglich den strophischen Charakter der Komposition anzeigt, der eben eine solche wiederholte Benutzung des musikalischen Satzes erforderlich macht. Damit führte ein klassisches Wiederholungszeichen in die Irre, da eben nur die Musik, nicht aber auch der Text zu wiederholen wäre. Diese Wiederholungsangaben werden somit nicht in den Notentext übernommen, sondern lediglich in den Einzelanmerkungen erwähnt. 2.4 Jacob Praetorius Für Praetorius, den Organist der Hamburger Petrikirche, ist nicht erkennbar, was ihn als Komponisten der hier in Frage stehenden Gattung qualifiziert hatte. Die Überlieferung seines Vokalwerks erweist sich als dürftig; so ist zu vermuten, dass lediglich deshalb über seine Erfahrungen sogar auf dem Sektor der generalbassgebundenen Musik keine Aussagen möglich sind. In die ‚Neuen Himmlischen Lieder‘ bringt er sich zwar nicht mit so frei gehaltenen Stücken ein wie Petrus Meier, zeigt aber dennoch in seinen Kompositionen den am weitesten gehenden künstlerischen Eigenansatz. Dieser geht insofern über die Generalbass-Ansprüche und Melodieführungen Hammerschmidts (diesen ganz ähnlich im Nonen-Rahmen der Nr. 1 und 10) noch deut-
4 Relevant ist nur das Vorkommen am Werkende; denn die Letter, die im Werkinneren für eine Wiederholung das Stollens verwendet wird, hat immer beidseitig Doppelpunkte.
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lich hinaus. Das Spektrum künstlerischer Freiheiten, das sich etwa mit Figurierungen der Diskantstimme und punktuell selbstständig rhythmisierten Bassstimmen umschreiben lässt, wird ausgebaut: Aspekte sind wechselnde Deklamationsrhythmik einzelner Verse (Nr. 8, Abgesang), Phrasenbögen über Versgrenzen hinweg (typischerweise im Abgesang: Nr. 3, Nr. 8; ferner in Nr. 10 durch synkopische Vers-Eröffnungen), Chromatik (Nr. 3), Diskantklauseln des Basses (Teilschlüsse von Nr. 5), die Aufhebung der Note-gegen-Note-Koordination des Satzes in Nr. 7 (Takt 6) und 9 (Takt 8) sowie des Einsatzes von Harmonik als rhetorischer Figur (Nr. 10, T. 13–15). Damit handelt es sich bei Praetorius’ Beiträgen zweifellos um die musikalisch attraktivsten Werke des Bandes. Ein besonderes Charakteristikum der Stücke, zugleich als editorisches Problem, ergibt sich in der Schlussgestaltung. Wie schon im Hinblick auf Kompositionen der mittleren Zehnergruppe erwähnt, stehen am Ende auch der Praetorius-Stücke Wiederholungszeichen. Allerdings haben sie eine andere Qualität als in den vorausgehenden Kompositionen, und dies aus einem allgemeinen und einem spezielleren, semantischen Grund. Zunächst ist anzumerken, dass eine Wiederholung des Abgesangs nicht in allen Stücken gefordert ist: In Nr. 2 findet sich keine derartige Einzeichnung, ebenso nicht in den beiden Stücken, deren Texte nicht in Barform gehalten sind (Nr. 4 und 9). Die Annahme, dass die Einzeichnung in Nr. 2 lediglich vergessen worden sein könne, lässt sich entkräften: Grundsätzlich wurden die entsprechenden Zeichen ja in Diskant- und Bassstimme getrennt voneinander gesetzt (linke/rechte Druckseite), folglich nur im Innenblatt einer Papierlage auf zwei benachbarten Seiten; das ist gerade bei dem fraglichen zweiten Stück der Zehnergruppe nicht der Fall – der Diskantsatz steht auf fol. Q verso (also der Rückseite des Lagen-Außenblattes), der Basssatz folgt auf fol. Q ii recto (also dem ersten Innenblatt), die folglich auf dem Druckbogen nicht an nebeneinander liegender Stelle zu placieren waren. So musste der Setzer die Notenvorlage in zwei verschiedenen Arbeitsgängen heranziehen, die durch das Montieren der dazwischen zu setzenden Textanteile getrennt waren. Ein Setzerirrtum ist hier folglich nicht anzunehmen, sondern eher, dass die Vorlage eine abweichende Gestalt zeigte – ohne Wiederholung. Das gleiche gilt für die beiden durchkomponierten Stücke, in denen demnach kein Wiederholungszeichen steht – und demnach nicht dazu diente, lediglich das strophische Prinzip anzuzeigen. Die semantische Komponente kommt noch hinzu. Die fraglichen Stücke Praetorius’ enden grundsätzlich mit einer Unterscheidung zwischen „prima volta“ (normaler Notenwert, anschließend Wiederholungszeichen) und „seconda volta“ (Finalis mit Fermate und Schlussstrich). Zwar könnte auch hier daran gedacht werden, dass Praetorius das Schluss-Wiederholungszeichen nicht auf den Text-Abgesang bezogen wissen wollte, sondern als Zeichen für den strophischen Charakter der Komposition verstand. Doch in Kombination mit dem zuvor Beschriebenen scheidet diese Variante aus. Deshalb muss diese Einzeichnung in die Edition mit übernommen werden, so sonderbar sich dieses
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Konzept im Hinblick auf musikalische und poetische Normalgestalt der Barform auch ausnehmen mag.5 Zwei Sonderfälle stützen diese Annahme, die erste in Nr. 5: Hier findet sich für die Wiederholung des Abgesangs sogar ein eigener Text. Dass hier die Note der „prima volta“ sich auf die gesamte Strophe bezöge, die Finalis der „seconda volta“ auf das gesamte Lied, ist somit auszuschließen; das Wiederholungszeichen ist notwendig, um die Doppeltextierung auch im Notenbild aufzugreifen. Eine andere Sonderform liegt in Nr. 10 vor, praktisch genau umgekehrt hierzu: Praetorius fordert eine Wiederholung eines Stollens und eines Abgesangs; doch Rists Gedichtform kennt diese Unterscheidung gar nicht. Vielmehr setzt sich das Gedicht aus zwei Teilen zusammen, die jeweils nach dem Muster ABBA gebaut sind (mit betonten Schlusssilben in den Binnen- und unbetonten in den Außenversen). Praetorius greift also in die poetische Gestalt ein, überhöht den Gliederungspunkt zwischen den beiden Strophenhälften, indem er ihn zu einem gewichtigen Einschnitt umformt, und fordert daraufhin eine Wiederholung sowohl des ersten als auch des zweiten Teils – nicht nur zweimal zu derselben Musik, sondern auch zweimal zu demselben Text. Das Wiederholungszeichen wirkt sich damit eindeutig innerhalb der Strophen aus; folglich begegnet man bei Praetorius einem eigenen Gestaltungsansatz. 2.5 Heinrich Scheidemann Vieles verbindet Scheidemann mit Praetorius: die gemeinsame Tätigkeit in Hamburg (Scheidemann an der Hauptkirche St. Katharinen), die gemeinsame Schülerschaft gegenüber Jan Pieterszoon Sweelinck, ebenso die schlechte Überlieferungslage im Hinblick auf Ensemblemusik.6 Doch in der Arbeit mit Rists Konzepten unterscheiden sich beide Komponisten. Kein einziges der Stücke Scheidemanns enthält eine Generalbassbezifferung; die Führung der Bassstimme erscheint ähnlich eng an die der Oberstimme gebunden wie in den Kompositionen Stadens. Kleine Figurierungen finden sich nicht, und die Textdeklamation wird im wesentlichen von je einer längeren und kürzeren Note beherrscht. Eine innere Differenzierung der Stücke ergibt sich lediglich mit einem Taktwechsel in Nr. 9 sowie in den emphatischen Synkopierungen der Nummern 1 und 5.
5 Diese Schlussgestaltung wird auch bei der Übernahme dieses Stückes ins Husumer Hofgesangbuch (1676) beibehalten; vgl. Außerlesene Geistliche Lieder Auß unterschiedenen Gesangbüchern zusammen getragen. Schleswig 1676 (Faks. Husum 1986), S. 658 (ohne Bass). 6 Für Scheidemann liegen solche Werke sogar gar nicht vor; gleichwohl ist eine Arbeitspraxis mit ihnen belegt, vgl. Hector Mithobius: Psalmodia christiana . Jena / Bremen 1665, mit dem Bericht über die Orgeleinweihung in Otterndorf (Niederelbe) am 19. September 1662 (Predigt: Johannes Münstermann). Hier heißt es (S. 377): „Hat Herr Scheidemann eine Geist- und Kunstreiche concert. voce sola in die Orgel singen lassen.“
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Insofern hat es weithin den Anschein, als verkörperten die Kompositionen Scheidemanns ein sehr viel liedhafteres Konzept als die seines Kollegen an der Nachbarkirche. Sie sind zugleich in der melodischen Konzeption nur geringfügig anspruchsvoller als die sehr schlichten Werke Stadens, Kortkamps und Jacobis, aber dabei eher nicht so „subtil avanciert“ wie diejenigen Hammerschmidts. Dies rückt eines der Stücke Scheidemanns in eine andere Gattungswelt: diejenige des Cantionalsatzes, für dessen Gewinnung lediglich der Außenstimmensatz seiner Kompositionen nach einfachen handwerklichen Kriterien um Mittelstimmen erweitert werden müsste. Schon 1655 erschien so seine Nr. 9 im Sammelwerk ‚AndachtsCymbeln‘ des Gubener Kantors Christoph Peter als fünfstimmiger Satz; diese Gestalt übernahm 1682 Gottfried Vopelius in sein Leipziger Cantional.7 Damit ist gerade für diesen musikalisch einfacheren Typus belegt, dass der zweistimmige Außenstimmensatz von Kompositionen des Rist-Umkreises zur Mehrstimmigkeit verdichtet werden konnte. Und trotzdem wird dieser Eindruck des Schlicht-Liedhaften durch ein Detail grundlegend in Frage gestellt: Drei der Beiträge Scheidemanns sind durchkomponiert, obgleich die Textvorlage in Barform gehalten ist. Dies betrifft neben der eben zitierten Nr. 9 auch sein sechstes und achtes Stück. Damit zeigt sich hier ein gravierend anderer, gerade nicht liedbezogener Gestaltungsansatz; es ist undenkbar, dass Scheidemann sich der Tragweite einer Entscheidung entgegen einer etablierten poetischen Form nicht im Klaren gewesen wäre, die sich ihm, der in seinen Orgelwerken souverän mit geistlichen Liedern und ihren Melodien umgegangen ist, beim ersten Durchlesen des Textes erschlossen haben muss. Dies ist nochmals im größeren Kontext zu behandeln, wenn die Bedeutung der von Rist vorgeschlagenen Alternativmelodien zu diskutieren ist. 2.6 Resümee als Exkurs: Zur Position Rists Die häufig gestellte Frage, ob Rist mit den Leistungen seiner musikalischen Partner zufrieden war, drängt sich hier angesichts der Verschiedenheiten innerhalb eines einzigen Bandes noch stärker auf als in anderen Fällen. In jedem Fall jedoch verbietet es sich, schnelle Schlüsse aus seinem weiteren Kooperationsverhalten zu ziehen. Praetorius starb im Oktober 1651, also noch im Jahr des Erscheinens des Bandes; damit lässt er sich in die weiter gehenden Argumentationen ohnehin nicht einbeziehen. Mit Jacobi, Hammerschmidt und Scheide7 Christoph Peter: AndachtsZymbeln, Oder Andächtige und geistreiche Lieder. Freiberg 1655; zu Vopelius vgl. Jürgen Grimm: Das Neu Leipziger Gesangbuch des Gottfried Vopelius (Leipzig 1682). Berlin 1969 (= Berliner Studien zur Musikwissenschaft 14), S. 178 f.; Neudruck in: Liedsätze nach Texten von Johann Rist und Paul Gerhardt zu ihrem 400. Geburtstag 2007. Hrsg. von Konrad Küster. Sonderdruck für die Heinrich-Schütz-Tage Hamburg 2007. Kassel 2007, S. 10 f.
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mann setzte Rist die Zusammenarbeit fort, ebenso aber mit Johann Schop, und er nahm auch Thomas Selle als neuen Partner hinzu, die beide nochmals andere Kompositionskonzepte vertraten. Ein musikalisches Ideal Rists ist aus diesem Verhalten damit nicht abzuleiten. Viel näher als der Versuch, aus Rists Kooperationen ästhetische Ideale abzuleiten, liegt somit der Gedanke, dass die Divergenz denkbarer Gestaltungen Rist nicht angefochten hat. In jedem Fall muss es ihm darum gegangen sein, aus dem eigenen Gedichtschaffen, in dem er von etablierten poetischen Mustern ausging (die sich problemlos mit etablierten Liedmelodien verbinden ließen), eine weitere Stufe zu erschließen, die im Musikalischen einen höheren Kunstcharakter ermöglichte als nur das einstimmige Liedersingen. Diese Stufe wird von Rist eigens erwähnt: Mit den Liedanfängen, die er dem Abdruck der Texte vorausstellt, wird diese schlichtere, nicht-kunstmusikalische Aufführungsform bezeichnet; jenseits von ihr ergeben sich demnach alle Freiheiten.
3. Übergeordnete Detailfragen 3.1 Alternativmelodien Mit diesen Hinweisen auf andere Lieder verweist Rist konkret für 47 der 50 Texte auf präexistente Melodien, die ebenfalls genutzt werden können, um die Gedichte musikalisch zu „benutzen“. Wie erwähnt, ermöglicht dies den einstimmigen musikalischen Gebrauch der Texte. Angesichts dessen, dass im Bereich der deutschen (geistlichen) Dichtung des 17. Jahrhunderts das Repertoire poetischer Möglichkeiten begrenzt war,8 wäre die Vermutung weit überzogen, Rist hätte dieser Variante einen Vorzug gegenüber kunstvolleren Neukompositionen gegeben (warum hätte er sie dann überhaupt in seine Gedichtsammlungen aufgenommen?) oder auch beim Dichten im Inhaltlichen so konkret an diese Lieder gedacht, dass seine Dichtungen als Paraphrasen von Vorlagen zu verstehen wären.9 Für zwei Lieder benennt er keine Ersatzmelodien – Texte, die von Jacob Praetorius vertont wurden (IV, Nr. 8 und 10). Für ein weiteres legt sich Rist nicht fest (I, Nr. 9: „Jn unterschiedlichen neüen Melodeien andächtig und bußfertig zu singen“).10 Die verbleibenden 47 Lieder entstammen jedoch nicht 8 Vgl. die Kategorien Johannes Zahns in: Die Melodien der deutschen evangelischen Kirchenlieder. 6 Bde. Gütersloh 1889–1893. 9 Zu fragen wäre also eher, warum er überhaupt für Standard-Textformen eine bestimmte Melodie genannt hat. 10 Es handelt sich hier um den Text, der bereits in Rists „Holstein, vergiß eß nicht“ (Hamburg 1648) in einer anonymen Vertonung enthalten ist – rein syllabisch, in sehr enger Koppelung der Bass- an die Singstimme. Für die Musikanteile der vorliegenden Edition ist dieses Stück ohne Belang, da sich die Neukomposition Stadens überhaupt nicht auf diese ältere musikalische Bearbeitung bezieht; im Hinblick auf das zuvor
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durchweg dem etablierten Kirchenliedfundus aus der ersten Jahrhunderthälfte; vielmehr bezieht sich Rist in drei Liedern auf Melodien, die für seine ‚Himmlischen Lieder‘ (1641/42) komponiert worden waren, und zwar von Johann Schop. Dies ist ein kritischer Punkt – insofern, als zu fragen ist, ob auch diese Melodien solchen gleichwertig waren, die aus dem Standard-Kirchenliedrepertoire der Zeit stammten, und wie diese „Bezugsmelodien“ im Verhältnis zu den Neukompositionen des Bandes zu bewerten sind, die nicht nur wenig jünger, sondern auch dem gleichen künstlerischen Milieu zuzuordnen sind – eben dem Aktionsradius Rists. Diese Melodien Schops können im allgemeinen Lesepublikum Rists kaum gleichermaßen bekannt gewesen sein wie die des älteren, etablierten Kirchenliedrepertoires, und dies bezieht sich nicht nur auf Wahrscheinlichkeit, sondern ganz konkret auf die musikalische Substanz und deren Machart. Denn gleich handlich wie ein Kirchenlied war nur „Lasset uns den Herren preisen“ (‚Himmlische Lieder‘ I, Nr. 4; hier in II, Nr. 4). Dagegen ist „Auf, meine Seel, und lobe Gott“ (‚Himmlische Lieder‘ I, Nr. 10) ein metrisch komplexes, außerordentlich langes Stück (hier „Bezugsstück“ für II, Nr. 7); und „Jammer hat mich ganz umgeben“ (‚Himmlische Lieder‘ III, Nr. 4; vgl. hier Nr. I, 10) enthält beim Übergang vom Stollen zum Abgesang einen Wechsel des Deklamationsmetrums, der insofern zumindest nicht a priori kirchenliedhaft (oder auch nur im Allgemeinen liedhaft) erscheint. Damit sind – insofern groteskerweise – die Neukomposition Stadens (I, Nr. 10) sowie die eine Hammerschmidts (II, Nr. 7) jeweils einfacher gehalten als die jeweils angegebene Melodiealternative. Dies gilt aber erneut nicht generell. Denn Strukturelemente, die in Schops Komposition für den Eindruck größerer musikalischer Komplexität verantwortlich sind (z.B. Wechsel des Metrums), führt Hammerschmidt in dem anderen Stück (II, Nr. 4) gegenüber Schops „Alternative“ neu ein. Sieht man die zweimal zwei Kompositionen Schops und Hammerschmidts jeweils als Paare, finden sich in diesen die gleichen Komponenten. Weder stehen also die Melodien Schops auf gleicher Linie mit den (übrigen) Kirchenliedern, noch lässt sich das Verhältnis zwischen ihnen und den wenig jüngeren Neukompositionen plausibel benennen. Tatsächlich müsste ja nach Erklärungen primär im Musikalischen gesucht werden: Rist spricht konkret davon, dass die Texte auch auf andere Melodien gesungen werden könnten; folglich kann er nicht nur gemeint haben, dass seine neuen Texte denselben poetischen Grundprinzipien folgten wie die bereits vorliegenden (d.h.: unabhängig
Beschriebene ebenso wie auf die offen gelassene Frage nach einer Alternativmelodie ist aber von Interesse, dass Rist für diesen Text 1648 eine konkrete, weitaus komplexere Komposition als Ausweichmelodie vorschlägt („Jesu, der du meine Seele“ aus den ‚Himmlischen Liedern‘), die insofern auch noch über das Potential der Staden-Vertonung hinausgeht.
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davon, ob es sich um Texte von Kirchenliedern oder um eigene Gedichte handelte). Somit ist an dieser Stelle ein eigener, differenzierter Aspekt der Kontrafakturtechnik bzw. eines Parodieverfahrens berührt, dessen Behandlung den Rahmen einer Edition sprengt. In deren Kontext sind aber die Detailfragen der Urheberschaft und des Entstehungsprozesses von Belang: Welche Rolle spielen die Melodien, die Rist benennt, für die Gestaltung der neuen musikalischen Sätze? Gibt es auch hier Unterschiede zwischen den Arbeitsansätzen der beteiligten Komponisten? Grundsätzlich ist damit die komplexe Frage des künstlerischen Einflusses berührt; dieser kann sich im Passiv-Unwillkürlichen äußern (durch Ähnlichkeit, die daraus erklärlich ist, dass der Nachschaffende sich nicht vom Vorbild hat lösen können), aber auch durch aktiv künstlerisches Handeln (Einbau von Zitaten, ebenso Abgrenzung vom Vorbild – bis dahin, Teilaspekte in ihr genaues Gegenteil zu verkehren). Einige Kompositionen liegen weit von den alternativen, veritablen Kirchenliedmelodien entfernt (d. h. abgesehen von denen mit autoreferentiellen Anteilen Rists). Ursache hierbei sind der Wechsel des Metrums im Verlauf der Komposition oder eine differenziertere musikalische Versmetrik (mehr als zwei Notenwerte für die Grunddeklamation). Inwieweit diese Stücke in bewusster Abgrenzung von den vorliegenden Melodien gestaltet sind oder ganz allgemein den gleichen Kunstprinzipien folgen, die zuvor Johann Schop in den ‚Himmlischen Liedern‘ hat einsetzen können, lässt sich selbstverständlich nicht klären. Deutlich erkennbar ist zudem, dass auch die Komponisten, deren Musikanteile zu den schlichteren gehören, ihre Stücke nicht etwa als Paraphrase der Alternativmelodien angelegt haben. Als Beispiel lässt sich Stadens „O welch ein Ubel ist der Krieg“ (I, Nr. 2) heranziehen. Die von Rist angegebene Melodiealternative („Durch Adams Fall ist ganz verderbt“) zeigt das andere Tongeschlecht (Moll; Staden: Dur); dies ließe sich als Abgrenzung verstehen. Rist folgt der Dichtung Lazarus Spenglers darin, dass er im Abgesang zweimal mit Versen nur halber Länge arbeitet (jeweils vier Silben); während dies in der Kirchenliedmelodie keinen Widerhall findet, greift Staden den zweiten dieser Fälle melodisch auf (T. 11/12) und gestaltet ihn aus einem einzelnen Motiv und dessen Wiederholung, genau so, wie der Text es nahe legt. Somit entsteht der Eindruck, dass Staden das Gedicht Rists unabhängig von der Textgrundlage komponiert hat, die der Alternativmelodie zugrunde liegt. Weitere Aspekte erschließen sich aus dem Vergleich derjenigen Neukompositionen, zu deren Texten Rist dasselbe Lied als Alternative benennt. Dies gilt für folgende Melodien: An Wasserflüssen Babylon IV, Nr. 2 und V, Nr. 7 Auf meinen lieben Gott II, Nr. 6 und III, Nr. 9 Kommt her zu mir, spricht Gottes Sohn I, Nr. 6 und IV, Nr. 4 Nun lob, mein Seel, den Herren II, Nr. 2 und V, Nr. 9 Von Gott will ich nicht lassen II, Nr. 10 und V, Nr. 8
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Sowohl Staden als auch Praetorius lassen nicht erkennen, dass ihre Kompositionen, die poetisch „Kommt her zu mir, spricht Gottes Sohn“ benachbart sind, sich irgendwie auf diese Melodie bezögen. Diese enthält in ihren sechs Zeilen eine Fülle von Analogiebildungen: Während die Verse 3 und 6 ähnlich vertont sind, sind die Verse 2 und 5 in musikalischer Hinsicht sogar identisch gestaltet (dazu Vers 4: nochmals fast gleich). Nichts davon schimmert in den beiden Neukompositionen durch; aber beide ähneln einander auch nicht. So wird deutlich, wie weit gespannt die Möglichkeiten einer kompositorisch freien Gestaltung waren, sogar bei einer Lied-„Vorlage“, die so autoritativ wirken kann; eher lassen sich die beiden Kompositionen als Realisierungen der jeweils individuell unterschiedlichen Konzepte ihrer Schöpfer beschreiben, als dass der Gedanke der aktiven Abgrenzung von einem „drohenden“ Einfluss im Vordergrund stünde. Im Kontext des damit Umschriebenen gibt es nur eine Ausnahme: die Behandlung der Texte, für deren Singen Rist alternativ auf die Melodie „Auf meinen lieben Gott“ verweist. Jacob Kortkamp lässt in „Herr Gott, mein Trost und Rat“ (III, Nr. 9) erkennen, dass er eine Beziehung des Rist-Textes zu jenem Lied bzw. dessen Melodie entweder auf den ersten Blick erkannte, sich ihr weitaus konkreter als seine Kollegen stellte oder sich ihr nicht entziehen konnte. Die erste Liedzeile verlagerte er in den Bass; für die folgenden Zeilen scheint die Melodiestimme die Alternativmelodie dauernd zu umkreisen, ohne ihr aber irgendwo noch einmal so exakt zu folgen. Bald sind einzelne Melodietöne ausgetauscht, bald (wie am Ende der 2. Zeile) nicht eine Halbschlusswendung angesetzt, sondern eine Kadenz. Demgegenüber löst sich Hammerschmidt in seinem sechsten Stück von den konstitutiven Aspekten dieses „Bezugs-Liedes“, indem er die beiden Eröffnungszeilen miteinander verschmilzt und das textliche Regelmaß der Verse 3–5 weitestmöglich harmonisch variiert. Kein Zweifel: Auch er hat die Beziehung zu „Auf meinen lieben Gott“ erkannt, sie aber in seiner Komposition so unsichtbar wie möglich gemacht. Wie im Hinblick auf Scheidemanns Werke angesprochen, ergeben sich weitere Argumentationsansätze in den Fällen, in denen die Neukompositionen entgegen der äußeren Form der Vorlagen entwickelt worden sind, konkret: dort, wo für Texte, die in Barform angelegt sind und eine in Barform gehaltene Melodiealternative haben, durchkomponierte Vertonungen entstanden sind. Dies betrifft folgende Stücke: 1. Hammerschmidt, Nun ist die längst begehrte Zeit (II, Nr. 3): Nun freut euch, lieben Christen g’mein 2. Scheidemann, Wie magst du dich denn kränken (V, Nr. 6): Der Tag hat sich geneiget 3. Scheidemann, So sei nun wohl zufrieden (V, Nr. 8): Von Gott will ich nicht lassen 4. Scheidemann, Frisch auf und lasst uns singen (V, Nr. 9): Nun lob, mein Seel, den Herren
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Wie für Scheidemann beschrieben, setzt der Entschluss zur Durchkomposition ein gezieltes „Zuwiderhandeln“ weniger gegenüber einer von Rist vorgeschlagenen Alternativmelodie voraus, sondern zuallererst gegenüber den Grundmechanismen der Textgestalt. Insofern liefert die Feststellung dieser Besonderheit keinerlei Anhaltspunkte dafür, ob die Komponisten Rists AlternativmelodieIntentionen kannten oder nicht. Unzweifelhaft aber wird deutlich, wie breit gefächert die denkbaren musikalischen Realisierungen sein konnten; denn die beiden letzten der genannten Stücke gehören wiederum zu denen, die Rist auch für je ein anderes Stück als Alternativmelodie vorgeschlagen hat. In gewisser Weise analog hierzu verhält sich Jacob Praetorius in seinem fünften Stück („Mein Gott und Vatter, der du nicht“): Rist nennt für seinen Text als Alternativmelodie „Erbarm dich mein, o Herre Gott“, ein Lied mit zwei Verspaaren als Stollen und vier Versen als Abgesang. Praetorius jedoch fasst – im Rahmen seiner besonderen Ideen, eine Wiederholung des Abgesangs vorzusehen – dessen Text gleichfalls als aus zwei Verspaaren aufgebaut auf. So kommt er zu einer musikalischen Gestalt, die sich grundsätzlich von der Alternativmelodie unterscheidet: zwei Melodiezeilen für die vier Textzeilen des Stollens, zwei Melodiezeilen für die vier Textzeilen des Abgesangs. Einfache Zugänge zu den Fragen des Paraphrasierens oder des Liedhaften sind somit nicht möglich – gerade in den ‚Neuen Himmlischen Liedern‘ nicht, weil sich hier die kompositorischen Anteile mehrerer Musiker treffen und die „Alternativmelodien“ keineswegs ein homogenes Korpus bilden. In den Vordergrund tritt vielmehr die Vielfalt der denkbaren musikalischen Konzepte. Dies ist am Ende nochmals aufzugreifen (vgl. den Abschnitt „Zur Besetzung: Die Ausführung des Notentexts“). 3.2 Zur Überlieferung und zu den Quellen – aus musikalischer Sicht Für die Quellenbeschreibung kann auf den auch für die Textanteile geltenden Abschnitt „Die der Edition zugrunde gelegten Drucke und deren Siglen“ verwiesen werden. Für die musikalische Edition wurden konkret folgende Drucke herangezogen: A (Ausgabe 16511): BSB München Liturg. 1379 r11; UB Kiel, CB 1147. B (Ausgabe 16512): UB Mainz QA 714/9h C (Ausgabe Petermann 1658): HAB Wolfenbüttel Eh 7458 Die Edition fußt auf Quelle A; beide übrigen Quellen erweisen sich als für sie ohne Belang. Dies ergibt sich für die musikalischen Anteile als zwingende Folge aus der Gestalt der Quellen. Denn weder für B noch für C kann nochmals mit 11 Permalink zum Digitalisat: http://gateway-bayern.de/BV007721817.
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einem Arbeitsanteil der Komponisten gerechnet werden, und dies zeigt sich an spezifisch musikalischen Details, die zugleich die Abfolge und Abhängigkeit der Quellen verdeutlichen. Es ist zwingend davon auszugehen, dass die jeweils älteste Musikquelle jeder einzelnen Komposition ein Manuskript in Partiturgestalt war. Diese Partiturform ist daraufhin im Rahmen des weiteren Produktionsprozesses zerlegt worden, so dass die beiden Einzelstimmen in einer Links-Rechts-Anordnung als Chorbuchnotation erscheinen konnten; dies kann vor der Erstellung des Satzes (also bereits in einer Manuskript-Zwischenform) erfolgt sein, ebenso aber unmittelbar beim Setzvorgang selbst. Im ersten dieser beiden Fälle kann es Abschreibe-Eigenheiten eines Kopisten gegeben haben, zudem Leseirrtümer oder freie Interpretationen von Unklarheiten der beiden isolierten Parts (Position der Generalbassnoten, der Bindebögen u.ä.) durch den Setzer. Im zweiten Fall wären Details, die in den beiden Stimmen ursprünglich kompositorisch miteinander korreliert worden waren, weitgehend konsistent wiedergegeben worden (allenfalls mit einem gewissen Fehleranteil). Ein Nachdruck (welcher auch immer es gewesen sei) könnte Hinweise auf eine gründliche Redaktion des Notentexts enthalten – etwa dann, wenn nach Auslieferung der Bände sich massive Fehler zeigten. Ebenso kann ein Nachdruck aber als Neusatz nach der Druckversion einer älteren Ausgabe hergestellt worden sein. In diesem Fall bezöge sich die Notenwiedergabe stets nur auf die direkte Vorlage, hier also auf die bereits in zwei unterschiedliche Satzblöcke getrennte Musiknotation; Fehler und Varianten setzten dann nur an einem der beiden Parts an, während die zugehörige Partnerstimme von ihnen unberührt bliebe – ähnlich wie zuvor für die erste Variante für die Voraussetzungen eines Erstdrucks. Genau dies kennzeichnet das Verhältnis der Lesarten der Quelle B gegenüber der Quelle A. Während in dieser einige typische, punktuelle Satzfehler vorkommen, wirken sich Lesefehler (darunter auch Schludrigkeiten wie die verrutscht eingetragenen Schlüsselvorzeichnungen in I, Nr. 10; III, Nr. 5; V, Nr. 7), eigenständige Versuche der Druckfehlerkorrektur etc. nur auf jeweils eine der notierten Stimmen aus; zahlreiche Fehler sind dennoch beiden Quellen gemeinsam. Die Musikdarbietungen in A und B zeigen zudem einen weitgehend einheitlichen Zeilenumbruch, so dass ohnehin eine Abhängigkeit beider Quellen voneinander offenkundig ist – in welcher Richtung auch immer. Daraus folgt (für die Musik), dass B von A abhängig ist, ohne dass eine weiter gehende Redaktion stattgefunden hätte. Daher werden in den Einzelanmerkungen die eigenständigen Lesarten der Quelle B zwar erwähnt, aber zugleich im Hinblick auf ihre Abhängigkeit von Quelle A diskutiert. Dasselbe zeigt sich im Verhältnis der Quelle C gegenüber A: Wo Druckfehler weitergetragen werden, stammen sie aus A; neue aus B finden sich nicht. Nur an einzelnen Stellen bieten B und C (aber jeweils unabhängig voneinander) gegenüber A korrigierte Lesarten; es handelt sich stets um Details, für die einem
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besonnenen Setzer der Fehler der Vorlage auch eigenständig aufgefallen sein kann. Unter keinen Umständen kann also eine Redaktion des Notentexts aus A durch die Komponisten angenommen werden, ehe B gesetzt wurde. Quelle C bleibt für die Erstellung des Notentextes völlig außer Betracht. Damit wird die Überlieferungssituation sehr überschaubar. In den Einzelanmerkungen werden folglich genannt: a) Emendationen des Notentextes aus A (darunter auch: Erläuterung der redaktionellen Maßnahmen am Notentext) b) Abweichungen des Notentextes von B gegenüber A.
4. Zur Redaktion des Notentextes 4.1 Editorische Grundprinzipien In den Werkwiedergaben werden die Komponistennamen einzeln genannt. Da sie in den Teilen 1 und 2 sowie 4 und 5 jeweils auf den Zwischentiteln stehen (nicht also bei den Einzelkompositionen), werden die Nennungen als Hinzufügung behandelt; für die mittlere Zehnergruppe werden die Namensnennungen ergänzt, so dass auch Vornamen ausgeschrieben werden. Abweichend von der im Originaldruck gebrauchten Namensnennung wird Staden als „Sigismund Theophil“ bezeichnet; wohl der eindeutschenden Praxis Harsdörffers folgend,12 hat auch Rist den zweiten Vornamen als „Gottlieb“ benannt. Die Ausgabe folgt den gleichen Prinzipien wie die Neuedition der musikalischen Teile in den ‚Himmlischen Liedern‘ (S. 591–601). Dort sind sie ausführlich begründet; hier seien sie daher nur summarisch dargestellt. 1. Partiturgestalt: Alle Stücke sind im Original in „Chorbuchnotation“ dargestellt – links der Diskant-, rechts der Basspart. Dies wird in eine Partiturnotation über- (bzw. zurück-)geführt. 2. Schlüsselung und Generalvorzeichnung: Für den Notensatz wird die Oberstimme vom c1- in den g2-Schlüssel versetzt, die Unterstimme generell im f4-Schlüssel dargeboten (d.h. auch in den im f3-Schlüssel notierten Stücken). Die originale Schlüsselung wird im Partiturvorsatz angegeben. Als Generalvorzeichnung erscheint lediglich , ebenso wie in der Originalausgabe. 3. Taktstriche: Sämtliche Taktstriche sind hinzugefügt. Es kommen lediglich drei Takt-Größenordnungen vor: Dreiermetren sowie je ein geradzahliges Metrum mit größeren und mit kleineren Notenwerten. Während die Abgrenzung der Dreiermetren keinen Diskussionsbedarf aufwirft, sind für die geradzahligen Metren Erklärungen nötig. Ausgangspunkt der Einteilung ist der Gedanke, dass
12 Zu Stadens Vornamen vgl. Harold E. Samuel: Art. Staden, Sigismund Theophil. In: Grove Music online (wie Anm. 1).
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sowohl im Alla-Breve-Takt (vier Halbe) als auch im Alla-Semibreve-Takt (vier Viertel) je zwei betonte und unbetonte Positionen geboten werden müssen; mit den gängigen Notenwerten der Zeit um 1650 ist ein rein zweizeitiger Takt nicht definiert. Insofern entscheidet die Textdeklamation darüber, ob ein Takt aus vier Halben (mit Vierteln als typischer „kleiner“ Deklamationseinheit, etwa in daktylischen Konstellationen) oder vier Vierteln gebildet wird (mit Achteln in entsprechend kleinerer Position). In den ‚Neuen Himmlischen Liedern‘ bereitet dies (anders als in den ‚Himmlischen Liedern‘) keinerlei Probleme; auch kommen hier keine zusammengesetzten Taktarten (z.B. sechs Viertel) vor. 4. Takt- bzw. Mensurvorzeichnung: Da die Takteinteilung sich so unproblematisch auf den Deklamationsrhythmus stützen kann, ist es nicht erforderlich, eventuellen Divergenzen zwischen diesem und den Vorzeichnungen nachzugehen, um im Notenbild eine „korrekte“ Korrelierung beider Anteile herbeizuführen – ein typisches Problem in der weiten historischen Übergangszone zwischen Mensur- und Taktbegriff. Um ein Maximum an originaler Substanz beizubehalten und zudem editorische Entscheidungen zu vermeiden, die zuungunsten des Originaltextes durchgeführt werden müssten, werden die originalen Taktvorzeichnungen also unverändert in die Edition übernommen; ein Ausgleich zwischen diesen (der Quelle entstammenden) Zeichen und den (hinzugefügten) Taktstrichen wird nicht herbeigeführt. 5. Zeilengliederungsstriche: Das jüngere Gliederungs-Instrument „Taktstrich“ sieht genauso aus wie der ältere Strich, mit dem in versgebundenen Kompositionen einzelne Liedzeilen voneinander abgegrenzt werden. Diese ältere Gliederung (in Werken Stadens und Hammerschmidts) wird in den Notentext nicht mit übernommen, sondern jeweils in den Einzelanmerkungen erwähnt. 6. Notenwerte: Die Notenwerte werden (soweit sie nicht als Druckfehler erkannt werden) gegenüber dem Originaldruck unverändert beibehalten; grundsätzliche Verkürzungen erfolgen nicht (vgl. aber die Ausführungen zur Schlussgestaltung). In Melismen werden Achtel und Sechzehntel gebalkt dargestellt. 7. Schlussgestaltung: Eine am Werkschluss gesetzte Finalis wird stillschweigend so verändert, dass die letzte Note der Neuedition den letzten Takt ausfüllt. Die Semantik der Schlusswirkung wird modernisiert; Fermaten und andere Schlusszeichen werden durch den modernen Schluss-Doppelstrich ersetzt. Weitere Schluss-Detaillösungen, die in der Edition abweichend vom Originaldruck dargestellt werden, werden in den Einzelanmerkungen erläutert. 8. Textuntersatz: Im Originaldruck wird kein exakter Textuntersatz angestrebt; ein solcher ist jedoch für die Neuedition unverzichtbar. Für die Koordination zwischen musikalischem und textlichem Fortschritt werden zunächst nur philologisch relevante Kriterien herangezogen: Ansätze eines Textuntersatzes im Originaldruck, Bindebogensetzung, auch der Zeilenumbruch. In zweiter Linie kommen musikimmanente Kriterien zur Entfaltung: vor allem der Ver-
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gleich mit der Partnerstimme und die Gestaltung des sonstigen Satzes (d.h., in einem Satz, der strikt Note gegen Note durchgeführt ist, werden auch Textunterlegungsprobleme so gelöst, wie es diese musikalische Gesamtgestaltung suggeriert). In jedem Fall werden diese Entscheidungen in den Einzelanmerkungen begründet. 9. Silbentrennung und Orthographie: Die erste ist in den meisten Fällen eine editorische Zutat – in einem modernen Notenbild und zudem in einer Partiturnotation von Vokalmusik unverzichtbar. Diese Vorgabe bestimmt zugleich den nächsten Aspekt: die Anpassung des Wortlautes an moderne Orthographie. Denn die Anwendung moderner Trennungsregeln auf die originale Orthographie wäre philologisch fragwürdig und führte ohnehin für eine musikalische Benutzung zu Verständnisproblemen. 10. Wortlaut im Gesangstext: Zwar werden, wie zuvor erwähnt, die Wiedergaben in moderne Rechtschreibung übertragen, doch wird der historische Lautstand gewahrt;13 sofern Cantus und Bassus unterschiedliche Textformen zeigen, wird derjenigen des Cantus der Vorzug gegeben und der Sachverhalt diskutiert (ebenso dann, wenn die Cantus-Lesart offensichtlich falsch ist). Gründe für diese Behandlung des Worttextes ergeben sich aus zwei exemplarischen Grenzfällen: In I, Nr. 8 lautet in T. 6 die originale Textierung „den wen“; sinngemäß muss es heißen „denn wenn“. Diese beiden Wörter müssen folglich in moderne Rechtschreibung übertragen werden (dass die beiden Wörter wie „den wen“ klingen sollten, ist kaum wahrscheinlich).14 Anders steht es um das Wort „Vatter“ (in I, Nr. 5; IV, Nr. 5 etc.), das auf eine musikalisch relevante historische Wortverwendung15 des Rist-Umkreises verweist und insofern in der Edition beizubehalten ist. Die modernisierenden Eingriffe werden nicht eigens nachgewiesen; vielmehr finden sich die Originalformulierungen in der Textedition. Zeilenanfänge werden groß geschrieben. Die Buchstaben-Abfolge
13 Grundlage ist in der Regel die Formulierung im Cantus; die wenigen Abweichungen der Textierung im Bassus werden eigens nachgewiesen. In mehreren Fällen ergeben sich allerdings Unterschiede jenseits des hier editorisch Relevanten (Orthographie, Verwendung der Anfangsoder Schlussbuchstabenform des Fraktur-s, Interpunktion, Apostrophe), die somit auch die Relativität des „Original“-Textes andeuten (z.B. Quelle A, V, Nr. 6, T. 4: im Cantus „erfreüen“ gegenüber „erfrewen“ im Bassus): Es ist nicht denkbar, dass diese Unterschiede sich in einer Partiturnotation fanden; sie müssen daher auf Freiheiten zurückgeführt werden, die sich der Setzer nahm. Da dieser ohnehin Schlusssilben von Wörtern („-en“) entweder ausschrieb oder abkürzte, erschließen sich die Gründe für dieses Vorgehen: Es ging um Platzökonomie zwischen eng gesetztem Notentext und dem größeren Platzbedarf der Buchstaben, der demgemäß jeweils stimmenspezifisch war; daher konnten auch Klein- statt Großschreibung oder Anfangs-s statt Schluss-s für die Weite des Lauftexts bedeutungsvoll werden. Es wäre reines Wunschdenken, unter diesen Bedingungen eine einzige „Originalformulierung“ gewinnen zu wollen; der Blick auf diese wird durch die layoutspezifischen Entscheidungen der Setzer verstellt. 14 „Sarke“ für „Sarge“ in V, Nr. 1 ist wiederum wegen des Lautstandes beizubehalten. 15 Vgl. Jacob und Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch. Bd. XII/1 (1956), Sp. 13.
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jeweils zu Beginn der Stücke wird der veränderten typographischen Situation angepasst: Im Originaldruck beginnt die Textierung mit einer Initiale, so dass in der Textierung der nächstfolgende Buchstabe stets groß geschrieben wird; da die Edition keine Initialen vorsieht, erscheint der Verzicht auf standardisierte Großschreibung des jeweils zweiten Buchstabens als notwendige Konsequenz. Apostrophe für Silben, die auch nach aktuellem Sprachgebrauch als fortfallend beurteilt werden, bleiben erhalten. Zeichen des Fraktursatzes werden in den zugrunde gelegten Antiqua-Satz übersetzt; folglich findet sich für den doppelten Fraktur-Bindestrich (aussehend wie das mathematische Gleichheitszeichen) der einfache Antiqua-Bindestrich, für das große Fraktur-Komma der Frühen Neuzeit („Schrägstrich“, „Virgel“) das kleine Antiqua-Komma. Die Interpunktion entspricht dem Original (wie erwähnt: mit einem Vorrang bei der Version des Cantus). 11. Alterationszeichen: Im originalen Notentext kommen lediglich das alte B molle (auch als Generalvorzeichnung) und die Diesis ( , nur im Inneren des Notentexts) vor. Getreu zeitgenössischer Praxis findet sich ein Alterationszeichen nur jeweils vor dem ersten Zeichen einer Gruppe von Noten, die auf gleicher Tonhöhe stehen. All diese Verhältnisse werden in die moderne NotensatzSemantik übersetzt. Folglich werden Auflösungen der -Vorzeichnung, die im Original mit der Diesis ( ), erfolgen, mit Auflösezeichen wiedergegeben und nicht einzeln nachgewiesen; überspannt eine Notengruppe, deren Tonhöhe nach Bedingungen des historischen Notensatzes durch ein einzelnes Zeichen verändert wird, eine moderne Taktabgrenzung, wird sie getreu modernen Satzbedingungen wiederholt. Entsprechend werden Alterationen nur beim erstmaligen Auftreten innerhalb neu entstehender Takte angegeben. Warn-Akzidentien werden so spärlich wie möglich eingesetzt und in den Einzelanmerkungen nachgewiesen. 12. Generalbassbezifferung: Generell gilt für diese dasselbe, das eben für die Alterationszeichen ausgeführt ist; auch hier wird also das Auflösungszeichen unkommentiert als zusätzliches Zeichen eingeführt. Die Auflösung eines ist also im Originaldruck grundsätzlich mit einem bezeichnet und umgekehrt; das originale Zeichen ergibt sich direkt aus dem musikalischen Kontext. Die Setzung der Generalbassziffern erscheint in den Quellen zudem bald als unzuverlässig, bald kann sie Hinweise auf Druckfehler im Notensatz geben. Zwischen diesen beiden Polen hat sich der editorische Umgang mit der Bezifferung folglich zu bewegen und wird in allen Zweifelsfällen kommentiert.
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4.2 Auftaktiger Beginn Die Notationsregel, dass ein auftaktiger Beginn eine analoge Behandlung des Werkschlusses zur Folge hat,16 ist den Komponisten der hier vorliegenden Werke unbekannt. Die Spezifika dieses Aspekts stehen zwischen dem unmittelbar editorisch Relevanten und der Würdigung individueller Zugänge der Komponisten; deshalb folgt die Behandlung dieses Teilaspekts erst im Anschluss an beide Darstellungen. Nie wird die Auftaktigkeit in der Schlussbildung berücksichtigt – auch nicht an einem Doppelstrich im Werkinneren. Im übrigen sind verschiedenste Realisierungen zu diskutieren: 1. Die Komposition beginnt mit einer Pause desselben Wertes, den auch der nachfolgende Auftakt hat. Einmal ist dies eine Konstellation aus zwei AchtelWerten (I, Nr. 7); mehrfach ergibt sich eine solche aus Viertelpause und Viertelnote (I, Nr. 1 und 4; III, Nr. 6 und 9; IV, Nr. 7–9), ein weiteres Mal analog aus zwei Halbe-Werten (I, Nr. 6). 2. Die Komposition beginnt allein mit der Auftaktnote; ihr folgt ein Taktstrich, der die Auftaktigkeit klarstellt. Dies findet sich in beiden Vertonungen von Michael Jacobi (III, Nr. 7 und 8) sowie in einem der Stücke Kortkamps (III, Nr. 10).17 3. Die Kombination aus einem oder mehreren Pausenwerten, Auftaktnote und Taktstrich findet sich in zweierlei Ausprägung. Entweder haben sowohl Pause als auch Auftaktnote den Wert einer Halben (II, Nr. 1, Nr. 5–7 und 9); dies ist somit eine Notationseigentümlichkeit Hammerschmidts.18 Da er zugleich den „senkrechten Strich“ zur Gliederung der Zeilen einsetzt, zeigt sich hier ein semantisches Übergangsstadium: Dieser Strich ist für ihn insofern doppeldeutig, als er sowohl das Verszeilenende als auch die Taktmetrik anzeigen kann. Die zu diskutierende Alternative bezieht sich auf Viertel-Auftakte (mit nachfolgendem Taktstrich) mit vorausgehender Pausennotation, die den Auftakt auf die volle Taktlänge auffüllt, also durch eine Halbe und eine Viertel (nur in II, Nr. 2). Dies spiegelt für Hammerschmidt – neben dem Übergangsstadium der Taktstrichsetzung – eine vergleichbar ambivalente Stellung hinsichtlich der 16 Beginnt ein Stück im 4/4-Takt mit einer auftaktigen Viertelnote, steht diese einzeln vor dem ersten Taktstrich; der Schlusstakt (sei es vor einem Wiederholungszeichen oder am Werkende) enthält daraufhin nur drei Viertel, weil diese zusammen mit dem Auftakt wieder einen 4/4-Takt ergäben. 17 Für ihn entsteht folglich kein einheitliches Bild, da die Anfänge seiner beiden anderen auftaktigen Kompositionen mit der Kombination aus Viertelpause und Viertelnote (ohne nachfolgenden Taktstrich) gebildet werden (III, Nr. 6 und 9). 18 In einem weiteren Fall (II, Nr. 8) kommt es bei ihm zu einer grundsätzlich anderen Gestaltung: Die auftaktige Metrik wird im Diskantpart weder mit einer Pause, die der ersten Note vorausgeht, klargestellt, noch mit einem Taktstrich, der der Note folgte; es handelt sich einfach um eine insofern undifferenziert wiedergegebene Folge Halber Noten. Im Bass ist vorab eine Halbe Pause vorhanden, nicht aber der sonst übliche Taktstrich nach der ersten Note.
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4/2- und 2/2-Notation, da in beiden Auftaktkonstellationen die Summe aus Pausen und Noten eine Ganze ausmacht. 4. Zwei Sonderformen ergeben sich bei Staden. Einmal gehen einem Viertelauftakt Halbe- und Viertelpause voraus; allerdings ist die Gesamtkonstellation nicht durch einen Taktstrich vom Folgenden abgesetzt (I, Nr. 2). Im anderen Fall ist der Taktstrich vorhanden, aber vor der Auftaktnote gesetzt statt nach ihr (I, Nr. 5). Hier ist fraglich, ob dies als Fehler aufzufassen ist (beim Komponisten oder Setzer?) oder nicht eher als Zeichen dafür, dass die einleitenden Pausen für das Musizieren der Wiederholung irrelevant sein sollten. Für die Neuedition zeigt dies, dass die Pausensetzung dem Original entsprechen muss. Da ohnehin überall Taktstriche gesetzt werden, werden sie auch dort ergänzt, wo sie in der Vorlage fehlen; dies wird eigens als Abweichung behandelt. Für den Gesamteindruck des Werkes schließlich zeigt sich in diesem Fall erneut, dass sich die Anteile der Komponisten nach individuellen Detailauffassungen vom Komponieren und Notieren unterscheiden. 4.3 Zur Besetzung: Die Ausführung des Notentexts Die musikalische Präsentation besteht aus textierten Parts für je eine Ober- und Unterstimme, die in Diskant- und Basslage notiert sind; zudem ist die Bassstimme beziffert. Daraus ergibt sich noch keine zwingende Besetzungsinformation; weder schließt der Diskantschlüssel eine Besetzung mit Tenor aus, noch ist mit der „Ausstattung“ des Bassparts eine Festlegung getroffen. Somit hat es den Anschein, als ob die Besetzung der Bassstimme dem Benutzer der Noten überlassen wird: Entweder ist sie als Melodiestimme vokaler Partner der Oberstimme (in zweistimmigem Gesang ohne Instrumente); dann erscheinen die Generalbassziffern als nicht essentiell. Oder sie ist – umgekehrt – für Generalbassspiel gedacht, so dass die Textierung lediglich einen Anhaltspunkt zur Phrasierung bietet. Selbstverständlich sind zwischen diesen beiden Extremen auch Mischformen denkbar, so die Besetzung einer der beiden Stimmen (oder beider) mit Melodieinstrumenten oder die Gewinnung eines vierstimmigen Satzes aus der Generalbassbezifferung, der wiederum entweder rein vokal, rein instrumental oder gemischt vokal-instrumental ausgeführt werden kann. Wie die einleitende Beschreibung der kompositorischen Anteile verdeutlicht, kann es von Seiten Rists keine eindeutigen Gestaltungsvorgaben gegeben haben. In anderen Gedichtsammlungen Rists ließe sich immerhin annehmen, dass es zu einer gezielten Absprache über die musikalischen Freiheiten gekommen wäre; die extreme Heterogenität der ‚Neuen Himmlischen Lieder‘ zeigt, dass es keine solchen Richtlinien gegeben haben kann, da die „Freiheiten“ sogar individuell unterschiedlich sind. Denn teils sind die Gesänge so angelegt wie die Kirchenliedsätze eines Gesangbuches („Cantional“), in dem zu einer präexistenten Melodie eine Begleit-
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stimme hinzukomponiert ist (oder ein dreistimmiger Begleitsatz). Dies gilt besonders für die Beiträge Stadens: Obligat behandelt sind nur die Melodieverläufe und der zugehörige Text; das Fortschreiten der Musik wird zudem in beiden Stimmen parallel angelegt.19 Damit ist eine Begleitung auf einem Akkordinstrument (Tasteninstrument, Zupfinstrument) fakultativ; im gleichen Sinne wäre es nach den gegebenen Satzprinzipien der Zeit problemlos möglich, den festgelegten Außenstimmensatz um zwei Mittelstimmen zu erweitern, so dass deren musikalische Anteile nicht nur von einem Akkordinstrument vorgetragen würden, sondern von weiteren Melodiestimmen. Somit erscheint die Notenpräsentation der ersten Zehnergruppe als musikalische Rohsubstanz, die erst noch in unterschiedlicher Weise konkretisiert werden kann und muss. Staden liefert damit auch auf diesem Sektor einen idealen Ausgangspunkt für die weiteren Betrachtungen; die damit erschlossenen Parameter lassen sich anhand der weiteren 40 Kompositionen überprüfen. Meier verzichtet auf diese parallele Koordination des Text- und Musikfortschritts; dies grenzt das Spektrum der Interpretationsmöglichkeiten ein. Zwar ist weiterhin eine rein vokale Ausführung beider Stimmen denkbar, ebenso eine Koppelung aus Oberstimme und Generalbassinstrument. Doch eine Fortführung in vierstimmigem Satz erscheint nicht mehr denkbar, da kein homophoner Satz vorliegt und damit keinerlei Anhaltspunkte mehr gegeben sind, wie sich in die polyphonen Strukturen der beiden komponierten Stimmen noch weitere einfügen ließen. Führte man dieses Prinzip dennoch durch, entstünde nicht mehr ein Arrangement innerhalb hinreichend klarer Rahmenbedingungen, sondern es würde an der vorgegebenen Musik eigenständig weiterkomponiert. Insofern ist bei Meier das Spektrum der Möglichkeiten eingeengt: Die Werke sind aufzuführen entweder in einer Besetzung mit zwei Melodiestimmen oder mit einer Melodiestimme plus Generalbassinstrument. Mit den Konzepten Stadens und Meiers sind zugleich die beiden Pole formuliert, zwischen denen sich auch die Kompositionen Johann Schops in den ‚Himmlischen Liedern‘ von 1641/42 bewegen. In den ‚Neuen Himmlischen Liedern‘ kommt jedoch eine weitere Komponente hinzu, die sich vor allem in Werken Hammerschmidts und Praetorius’ erschließt: der Ausschluss einer Besetzung mit zwei Singstimmen. Wie im Eingangsüberblick dargestellt, ist in manchen Kompositionen dieser beiden Komponisten die Generalbassbezifferung obligat: Erklänge sie nicht, fehlte der Musik ein essentieller Baustein; eine Mollterz etwa, die zwischen zwei Außenstimmen nur durch die Generalbassbezifferung bezeichnet wird, ließe sich in einer nur zweistimmigen Besetzung nicht deutlich machen. Für die Werke Hammerschmidts eröffnete sich der Ausweg, aus Außenstimmen und 19 Das heißt: Wüsste man genau, dass beide Stimmen gesungen werden müssten, ließe sich von Paralleldeklamation sprechen; da die Besetzung mit einem Melodieinstrument eine denkbare Option bleibt, ist diese vorsichtigere Argumentation erforderlich.
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Bezifferung einen vierstimmigen Satz zu entwickeln; die Stücke sind in Paralleldeklamation gehalten, so dass damit wiederum die Musik eher nur zur Aufführung eingerichtet als tatsächlich bearbeitet würde. Praetorius jedoch lockert die Bindung beider Stimmen zugleich auf; damit ist für seine Werke nur eine einzige Ausführung denkbar: mit Singstimme und Generalbass. Diese Beobachtungen, die nur an den ‚Neuen Himmlischen Liedern‘ so differenziert möglich sind (im Vergleich unterschiedlicher Komponisten und ihrer Beiträge), dürfen im Notenbild einer wissenschaftlichen Edition keine Auswirkungen haben: Die Wiedergabe des Notentextes folgt strikt dem Prinzip, eine Partiturversion allein aus den Komponenten des historischen Notenbildes zu gewinnen. Für die Benutzung des entstehenden Notentextes ist es aber entscheidend, ihn nicht – insofern oberflächlich – als autoritatives Quellenmaterial zu verstehen: Eine Ausführung der Musik setzt eine eingehende Beschäftigung mit diesen Satz-Grundkomponenten voraus. Versucht man, die Breite der Gestaltungsmöglichkeiten zu benennen, kann man zur Orientierung Gattungsbezeichnungen heranziehen: 1. Geistliches Lied: Diese Bezeichnung erweist sich als untauglich. Sie setzte voraus, dass auch die Reduktion auf Einstimmigkeit denkbar wäre. Diese ist im Hinblick auf die abgedruckte Musik weder von Rist noch von den Komponisten intendiert; „Geistliches Lied“ sind demgegenüber eher die Varianten, die Rist zu Beginn der jeweiligen Worttext-Präsentation nennt (und auch dort nur bedingt, soweit Rist auf Vertonungen eigener Gedichte verweist – die ja ihrerseits den Rahmen des bloßen Liedes sprengen). Von dieser Option sind die im Druck jeweils vorausgehenden Kompositionen also zu trennen. 2. Kantionalsatz: Grundsätzlich ist dies eine Option, die sich ausgehend von den kompositorischen Ansätzen Stadens, Papes und Scheidemanns ergibt – wobei offen bleibt, ob sich dieses Satzprinzip allein auf die beiden Außenstimmen oder auch einen (in den gegebenen Grenzen nur bedingt frei) zu ergänzenden Binnenstimmensatz bezieht. 3. Generalbasslied: Dieser Begriff, der von einer obligatorischen Besetzung mit Singstimme (= Melodiestimme plus Text) und Generalbass (= Bassstimme plus Bezifferung) ausgeht, erscheint nur dort tauglich, wo die Führung der Singstimme tatsächlich als liedhaft zu bezeichnen ist. Dies ist dort nicht der Fall, wo in die Melodieführung virtuose Figuration eingeführt ist oder die Führung der Oberstimme sich von der poetischen Struktur löst (also durch freie Behandlung des Versfußes und des Verszeilenzuschnitts). 4. Solistisches geistliches Generalbasskonzert in strophischer Anlage: Diese Gattungsoption, die auch manche Kompositionen Johann Schops in den ‚Himmlischen Liedern‘ charakterisiert, muss als deutsche Konsequenz aus den italienischen Stilentwicklungen der vorausgegangenen 30 Jahre grundsätzlich mit in Betracht gezogen werden. 5. Aria: Dieses Prinzip wurde in der italienischen Musik als poetisch-kompositorisches Seitenstück zum traditionellen italienischen Madrigal entwickelt:
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Neben diesem, einem prosa-ähnlichen, frei zu reimenden poetischen Konzept aus sieben- und elfsilbigen Versen in freier Folge, etablierte sich die Aria als eine Kunstform aus Strophenbau und regelmäßiger Anlage von Metrik und Reim.20 Auf jeden Fall steht die Gestaltung auch der ‚Neuen Himmlischen Lieder‘ unter diesen Prämissen. Dennoch zeigt die musikalische Substanz der ‚Neuen Himmlischen Lieder‘, dass innerhalb dieser Rahmenbedingungen eine Fülle von divergenten, weiteren Konzepten entwickelt werden konnte. „Geistliche Aria“ ist damit zwar ein Dachbegriff für alle 50 Stücke, muss aber zu deren näherem Verständnis in sich differenziert werden.
5. Einzelanmerkungen Einzelanmerkungen werden in der Folge „Takt“, „Stimme“ (C für Cantus, B für Bassus), „Zeichen“ (Noten und Pausen gleichwertig behandelt) und „Quelle“ genannt (die letztere als Einleitung der betreffenden Anmerkung). Für Bemerkungen, die sich auf beide Stimmen bzw. auf beide Quellen beziehen, unterbleibt die entsprechende Angabe. Tonbuchstaben werden kursiv gedruckt, Tonfolgen mit Bindestrich wiedergegeben. Bewertungen von Lesarten (z.B. „Druckfehler“) werden für Quelle A nur dann erwähnt, wenn die Edition von ihr abweicht, für Quelle B hingegen dann, wenn hiermit die Entscheidung für Quelle A als ausschlaggebender Editionsgrundlage begründet wird. I, Nr. 1: Wie groß ist meine Missetat Abteilungsstriche nach allen Verszeilen. 18 27
C
4
B: Textierung „im“ (gleichwohl „vollem“ in T. 19, 1–2) Textkoordination nicht eindeutig: In Quelle A bereits in T. 26, 3–4 der Notensatz so eng, dass „Jch“ (Großschreibung) auf beide Töne bezogen erscheint, daraufhin „ver-“ T. 27, 1–2 zugeordnet, die Folgesilbe bei T. 27, 3. In B ist das Problem entschärft, weil „ich“ klein geschrieben ist (d.h. geringerer Platzbedarf des Anfangsbuchstabens, zumal in Fraktur); die Text-Schlusssilbe „-ren“ jedoch bereits bei T. 27, 3.
I, Nr. 2: O welch ein Ubel ist der Krieg Abteilungsstriche nach allen Verszeilen. 2 4
C C
3 1
A: punktierte Achtel statt punktierte Viertel Warnungsakzidens hinzugefügt
20 Zu Details vgl. Konrad Küster: „O du güldene Musik!“ Wege zu Johann Rist. In: „Ewigkeit, Zeit ohne Zeit“. Gedenkschrift zum 400. Geburtstag des Dichters und Theologen Johann Rist. Hrsg. von Johann Anselm Steiger. Neuendettelsau 2007 (= Testes et testimonia veritatis 5), S. 77–179, bes. S. 85–90.
450 5 12
Konrad Küster B B
2–3
A: Alla-Breve- statt Wiederholungszeichen B: Textierung „verehrt“ (vermutlich lediglich Druckfehler, ohne „z“)
I, Nr. 3: Wie tröstlich hat dein treuer Mund Abteilungsstriche nach allen Verszeilen. 5 11
B B
3 ff.
A: Alla-Breve- statt Wiederholungszeichen B: Bindebogen 3–4, 4–1
I, Nr. 4: Du gütiger, du frommer Gott Abteilungsstriche nach allen Verszeilen. I, Nr. 5: O Vatter aller Gnaden Abteilungsstriche nach allen Verszeilen. 1
2
anschließend Abteilungsstrich. Zur Bedeutung vgl. oben, Abschnitt „Auftaktiger Beginn“ (4.).
I, Nr. 6: O starker Gott du lässest recht Abteilungsstriche nach allen Verszeilen. Eine Übertragung im Alla-Breve-Takt (4/2) kehrt hervor, dass die Verszeilen sämtlich auf betonter Zeit auslaufen (hier also: jeweils auf der Takt-Eins). I, Nr. 7: Wie groß o Gott ist deine Macht keine Abteilungsstriche. I, Nr. 8: Ich rüste mich o Herre Gott Abteilungsstriche nach allen Verszeilen. I, Nr. 9: Gott, der du den Kloß der Erden Abteilungsstriche nach allen Verszeilen. 8 16
C C
22 23
B B
1 1–2
A: Alla-Breve- statt Wiederholungszeichen B: Abteilungsstrich fehlt (am Zeilenübergang); der Fehler ist also auf Abhängigkeit vom Layout der Quelle A zurückzuführen. E statt F Bindebogen setzt nach 1 an, reicht bis 3. Als Druckfehler aufgefasst, da das Stück durchgehend von Paralleldeklamation der beiden Stimmen geprägt ist.
I, Nr. 10: Gott des Trostes, Herr der Gnaden Abteilungsstriche nach allen Verszeilen. In Quelle B, Bass, vor System 3 und 4 (vor T. 6 und 9) Vorzeichnung mit f3-Schlüssel; verrutscht, Generalvorzeichnung korrekt auf der zweituntersten Linie. II, Nr. 1: Mein Gott, nun bin ich abermal Abteilungsstriche nach allen Verszeilen; ferner „Taktstrich“ nach der Auftaktnote. 2
C
4
B: Wiederholung des Alterationszeichens nach dem Zeilentrennstrich
Kritischer Bericht zur Notenedition 3 6 9 12 13
B B B B
2 4 1–2 4 2
B: B: B: B: B:
451
Alterationszeichen auf der mittleren Linie Note fehlt Textierung „wiedrüm“ Bezifferung fehlt (verschoben auf 13, 1) Bezifferung fehlt
II, Nr. 2: Wie wohl hast du gelabet Abteilungsstriche nach allen Verszeilen; ferner „Taktstrich“ nach der Auftaktnote. 9
C
1 4
A: Alterationszeichen auf der mittleren Linie B: mit Bindestrich („Lebens-Trank“)
II, Nr. 3: Nun ist die längst begehrte Zeit Abteilungsstriche nach allen Verszeilen. 3 6
C
3
7
C, B
1, 2
11 14 f. 15 18 23 26 27
C B C B B B C, B
2 1, 2 3 3 1 1, 2
B: Textierung „verhoffte“ B: doppelt vorhanden (einmal hohl, einmal geschwärzt); vgl. zu T. 7, 1 A: Noten der Synkope geschwärzt; in Quelle B zudem T. 6, 3, die zweite der beiden Noten (vgl. zu T. 6, 3; somit wird in dieser Variante die Konstellation entgegen der Textierung als Hemiole dargestellt). A: Punktierung fehlt Noten der Hemiole geschwärzt Noten der Synkope geschwärzt B: Bezifferung fehlt (bis 20, 1) B: Bezifferung fehlt E statt F Noten der Synkope geschwärzt
II, Nr. 4: Lasset uns ihr Christen singen Abteilungsstriche nach allen Verszeilen. 1 4 9
C B B
11
C
12 14
C B
4 1–2 1–2 3 2 3
A: Textierung „Unsern“; angeglichen an Bass und Textwiedergabe B: c statt e (Bezifferung korrekt „6“) Bindebogen im Druck zwischen 9,2 und 10,1, neben die Bezifferung von T. 9, 1 auf gleicher Höhe eingefügt. A: Hochalteration fehlt (vgl. Bezifferung und Fortschreitung) B: Bezifferung fehlt B: Alterationszeichen über die Note gesetzt („quasi Bezifferung“) Text ohne Komma
II, Nr. 5: Allmächtiger und starker Gott Abteilungsstriche nach allen Verszeilen; ferner „Taktstrich“ nach der Auftaktnote. 3 10
C C
1 1
B: Alterationszeichen fehlt B: von Quelle A punktuell abweichender Umbruch, noch in vorausgehender Zeile; danach wurde der Abteilungsstrich nicht eingetragen.
452
Konrad Küster
II, Nr. 6: Nun ist die Not fürbei Abteilungsstriche nach allen Verszeilen; ferner „Taktstrich“ nach der Auftaktnote. 2 5
C B
1 3 2
Warnungsakzidens ergänzt B: Bezifferung fehlt, nach T. 2, 2 vorgezogen kein Abteilungsstrich
II, Nr. 7: O höchster Gott, gib mir Gehör Abteilungsstriche nach allen Verszeilen; ferner „Taktstrich“ nach der Auftaktnote. 3 10
B C
1 4
Text ohne Apostroph Tiefalteration ergänzt
II, Nr. 8: O Gott ich dank’ dir allezeit Abteilungsstriche nach allen Verszeilen. Trotz auftaktigen Beginns findet sich kein Taktstrich nach der ersten Note; die (auftaktige) Übertragung im 4/2-Takt führt zu einer metrisch regelmäßigen Gestaltung. 1
B 2
6 10
B B
3 1
vor dem Auftakt zusätzlich eine Halbe Pause; in Quelle B zusätzlich vor dem Cantus-Beginn ergänzt. A: Hinter korrekt placierter -Vorzeichnung Halbe d, offensichtlicher Druckfehler (als solcher in Quelle B korrigiert). B: mit Bezifferung „ “ A: Bezifferung erst auf 2, offensichtlicher Druckfehler (als solcher in Quelle B korrigiert)
II, Nr. 9: Gott sei gelobet, der allein Abteilungsstriche nach allen Verszeilen. Eine Übertragung im Alla-Breve-Takt (4/2), die die einleitende Pause als ersten Zeitwert eines vollen Taktes auffasst, kehrt hervor, dass die Verszeilen sämtlich auf betonter Zeit auslaufen (hier also: jeweils auf der Takt-Eins). 5 f.
B
3 ff.
6 9
B B
2 2
A: Bezifferung „6“ bereits auf T. 5, 2 und 4; offensichtlich um eine Halbe zu weit nach vorn vorgezogen. In Quelle B nur T. 5, 4 beziffert. B: mit Bezifferung „6“ Textierung „Wenn“ (so auch Quelle B, Cantus)
II, Nr. 10: Ich will den Herren loben Abteilungsstriche nach allen Verszeilen. 2 3 19
C B C, B C, B
1–2
B: mit Bindebogen B: Bezifferung fehlt, statt dessen vorgezogen auf T. 1, 3 Noten in der Hemiole geschwärzt Ohne Dehnungspunkt (Schlussnote).
III, Nr. 1: Mein Gott dir will ich singen 4 5 6
B B C B
4 2 ff. 4 1–4
A: Halbe statt Viertel B: paarweise gebunden (bis T. 3, 4) A: Achtelfähnchen fehlt A: Textunterlegung nicht koordiniert (auch nicht Bogensetzung; in Quelle B paarweise gebunden)
Kritischer Bericht zur Notenedition 8
C B
2 1
453
A: Achtelfähnchen fehlt im zweituntersten Zwischenraum
III, Nr. 2: Allmächtiger und großer Gott 6 9 13 17 20 22 27
B C C, B C, B B B
1–4 2–3 7 4
B: ohne Bogen B: ohne Bogen Synkope geschwärzt Synkope geschwärzt B: punktiert A: B statt A (in Quelle B als Druckfehler korrigiert) Am Werkende Wiederholungszeichen
III, Nr. 3: Du mächtigster Herr Jesu Christ 3 6
C, B C
7 13 14
C, B B
16 18 22 f. 23 24
C, B C B C
2 2 2
Synkope geschwärzt Zwei Bindebogen in unklarer Zuordnung (Quelle B etwas deutlicher); in Quelle A die Textkoordination jedoch klar. Synkope geschwärzt Bezifferung „3“ über dem System, „ “ auf der f-Linie nach Versende Abteilungsstrich, im Bassus Doppelstrich (nur Quelle A) Synkope geschwärzt B: fälschlich Brevis Hemiole geschwärzt Synkope geschwärzt Am Werkende Wiederholungszeichen
III, Nr. 4: O Gott, der du mit eigner Hand In Quelle B, Bassus, im letzten System (T. 24) Generalvorzeichnung im zweituntersten Spatium. 1 4
B C
17
B
2–3 5
B: mit Bogen Textierung „-ner“ erst hier; im Sinne der Sechzehntelgruppe als Figuration historisch nicht plausibel. Hemiole geschwärzt
III, Nr. 5: O großer Gott, der du die Welt In Quelle B, Bassus, im letzten System (T. 11) Taktvorzeichnung als f2-Schlüssel (Generalvorzeichnung richtig placiert). 4 5 6 8 12
C B B
4 3
B
2–4
13
B
4
14
C
B: Bogen über dem gesamten Takt B: Bezifferung (?) auf der untersten Linie Text ohne Komma nach Taktende Abteilungsstrich Bindebogen (in B: 1–3); Textierung analog zu den anderen Zeilenschlüssen (daher Bindebogen 1–2). Note klobiger und mit dickerem Hals als in der Nachbarschaft (gleichartig aussehend in den Exemplaren aus München und Kiel); Korrektur? Bindebogen über dem Gesamttakt
454
Konrad Küster
III, Nr. 6: Wie lieblich ist dein Nam o Gott 7 9 15
B B
1 1–2
B: Bezifferung fehlt B: Bogen fehlt Am Werkende Wiederholungszeichen
III, Nr. 7: O Jesu Christe Gottes Sohn „Taktstrich“ nach der Auftaktnote. 10 15
C C B
2–3 1
16
B
1
B: erst punktierte Viertel, dann Viertel Warnungsakzidens ergänzt A: am Takt- und Zeilenende Custos E; in Quelle B „korrigiert“ (vgl. aber T. 16, 1) F statt G (auch E wäre satztechnisch nicht korrekt, vgl. Quelle A, Custos am Ende von T. 15)
III, Nr. 8: So bleib ich doch dein liebes Kind „Taktstrich“ nach der Auftaktnote. 3–5
C
4 6
C C
3–4 3
12
C
1–2
A: kein exakter Textuntersatz (betr. T. 4, 2. Hälfte: erste Wortsilbe zwischen 3. und 4. Note) B: mit Bogen A: Achtel (Note zuvor ebenfalls normale Viertel); in Quelle B Korrektur dieses offensichtlichen Druckfehlers. B: ohne Bogen Am Werkende Wiederholungszeichen
III, Nr. 9: Herr Gott mein Trost und Rat 4
B
1–2
8 11
C B
3–4 2
A: Bezifferung komplett erst auf 2–3; der offensichtliche Druckfehler in Quelle B korrigiert. B: mit Bogen B: unter der Note
III, Nr. 10: Herr Gott, dir muss ich singen „Taktstrich“ nach der Auftaktnote. 4 10
C, B B
2 1–2
zuvor zusätzlich eine Viertelpause B: mit Bogen
IV, Nr. 1: O Vatter aller Gnaden Am Werkende Wiederholungszeichen, zusätzliche Finalis in „seconda volta“. 2 3 9
B C C
3 2–6 1
B: Bogen zu T. 3, 1 B: Bogen 2–3, 4–6 B: Textierung „lebt“
IV, Nr. 2: Lebt doch ein jeder Mensch im Streit 6 8 9
C C C
4–7 3–6 2–5
A: paarweise gebunden (kein Bogen in Quelle B) paarweise gebunden paarweise gebunden. Textierung unklar; die hier gebotene Lösung orientiert sich vom Zeilenumbruch (nach T. 10) aus rückwärts.
Kritischer Bericht zur Notenedition 11 16
C C B
4–7 3–6 1
455
A: paarweise gebunden paarweise gebunden A statt c
IV, Nr. 3: Es nahet sich der letzte Tag Am Werkende Wiederholungszeichen, zusätzliche Finalis in „seconda volta“. 4 9
B C B
1 4 4 ff.:
B: im untersten Spatium erst nach der Note (korrekt im zweitobersten Spatium) Bogensetzung 4–5, 6–8 (in Quelle B: 4–6, 6–8)
IV, Nr. 4: Mein Seelichen, wenn willt du doch 6
C
2–3
8 11
B B
1 1 4–5
A: mit Bogen, ebenso 5–6; in Quelle B (ohne Bogen) Textierung unklar („wil[l]t“ unter T. 6, 5). B: Pause fehlt B: A statt H, mit Bezifferung „6“ B: Bogen fehlt
IV, Nr. 5: Mein Gott und Vatter, der du nicht Am Werkende Wiederholungszeichen, zusätzliche Finalis in „seconda volta“. 8
B
3 ff.
B: Bogen 3–5, 6–T. 9, 1
IV, Nr. 6: Herr Jesu Christ, mein Trost und Licht Am Werkende Wiederholungszeichen, zusätzliche Finalis in „seconda volta“. 5
C
1
A: Alterationszeichen im zweitobersten Spatium (in Quelle B ist dieser offensichtliche Druckfehler korrigiert)
IV, Nr. 7: Lasst ab von Sünden alle Am Werkende Wiederholungszeichen, zusätzliche Finalis in „seconda volta“. IV, Nr. 8: Wach auf, wach auf du sichre Welt Am Werkende Wiederholungszeichen, zusätzliche Finalis in „seconda volta“. 6
B
5
8 11
C C
2
A: Achtelfähnchen schwach gedruckt, nur im Ansatz erkennbar (im Exemplar aus München minimal besser als in dem aus Kiel). Warnungsakzidens ergänzt B: Am Takt- und Zeilenende falscher Custos (g1 statt e1) – als einer der Fehler, die am klarsten verdeutlichen, dass diese Druckausgabe nicht als Rekurs auf ein Manuskript entstanden ist, sondern schematisch nach Quelle A und deren Umbruch.
IV, Nr. 9: Es klingt in meinen Ohren Keine Anmerkungen. IV, Nr. 10: Wird denn nun der Tag anbrechen Am Werkende Wiederholungszeichen, zusätzliche Finalis in „seconda volta“.
456 2 9 11 15
Konrad Küster B B B C
3 ff. 2–3 5 4
Bogen 3–4, 5–T. 3, 1 A: Bogen über 4–5 (Quelle B ohne Bogen) Achtelfähnchen fehlt Warnungsakzidens ergänzt
V, Nr. 1: Erschrecklich ist es, dass man nicht In Quelle B, Bass, vor dem letzten System (T. 11) keine Generalvorzeichnung. 10 11 f.
C, B B
1–2 2 ff.
Textierung als „Sarge“ zu verstehen A: Notenwerte (bis T. 12, 3) Viertel – punktierte Viertel – Viertel – Achtel – Viertel; in Quelle B als Druckfehler erkannt und korrigiert.
V, Nr. 2: Muss dir o Mensch die schnöde Welt Keine Anmerkungen. V, Nr. 3: Kommt her ihr Menschen Kinder Wenn die erste Note als halbtaktiger Auftakt aufgefasst wird, wird eine regelmäßige Alla-BreveÜbertragung möglich. V, Nr. 4: Ich will für allen Dingen In Quelle B, Bassus, fehlt zu Beginn des letzten Systems (T. 11) die Generalvorzeichnung. 11
C
2
B: Halbe statt Viertel
V, Nr. 5: O Blindheit! bin ich denn der Welt 5 9
C B C
3
nach Taktende Alla-Breve- statt Wiederholungszeichen B: B statt G A: Textierung „teichtlich“ (in Quelle B als offensichtlicher Druckfehler korrigiert)
V, Nr. 6: Wie magst du dich so kränken 2 3 f.
B B
5 5 ff.
Warnungsakzidens ergänzt A, bis T. 6, 2: Achtel, Achtel, Viertel. In Quelle B drei Achtel. An die Diktion des C angepasst.
V, Nr. 7: Ach Gott, wenn kommt die liebe Zeit In Quelle B, Bass, vor dem 3. System (T. 7) f2-Schlüssel; Generalvorzeichnung hingegen korrekt placiert. 6 15 16
B B B
5 5–6 2
B: punktierte Achtel A: Textierung „müge“ E statt F
V, Nr. 8: So sei nun wohl zufrieden 12
B
1
vor A (weder als Vorzeichnung noch als Bezifferung – neben c – erklärlich)
Kritischer Bericht zur Notenedition V, Nr. 9: Frisch auf und lasst uns singen 16 21 23
C, B C C, B
1
Schwärzung der Notenwerte in der Synkope c 1 statt d1 Schwärzung der Notenwerte in der Synkope
V, Nr. 10: Nun Welt du musst zurückestehn 1
C
1
e1 statt g1
457
Quellen- und Literaturverzeichnis Quellen Aristoteles: Historia animalium. Volume I: Books I–X: Text. Hrsg. von David M. Balme. Cambridge 2002 (= Cambridge Classical Texts and Commentaries 38). Augustinus, Aurelius: De civitate Dei libri XI–XXII. Turnhout 1955 (= Corpus Christianorum Series Latina 48). Die Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche. Hrsg. im Gedenkjahr der Augsburgischen Konfession 1930. Göttingen 51963 (zit. BSLK). Bucholtz, Andreas Heinrich: Teutscher Poetischer Psalter Davids. Rinteln 1640 (HAB Wolfenbüttel 64.12° Helmst.). Cicero, Marcus Tullius: De senectute, de amicitia, de divinatione. Hrsg. und übers. von William Armistead Falconer. London / Cambridge, Massachusetts 1959 (11923) (= The Loeb classical library o. Nr.). Ders.: Epistulae ad Atticum. Hrsg. von David R. Shackleton Bailey. Vol. 2: Libri IX–XVI. Stuttgart 1987 (= Bibliotheca scriptorum Graecorum et Romanorum Teubneriana o. Nr.). Ders.: Orationes. Bd. 6. Hrsg. von Albert Curtis Clark. Oxford 1978 (= Scriptorum classicorum bibliotheca Oxenensis o. Nr.). Ders.: Topica. Edited with a Translation, Introduction, and Commentary by Tobias Reinhardt. Oxford 2003 (= Oxford Classical Monographs o. Nr.). Curtius Rufus, Quintus: Geschichte Alexanders des Grossen. Lateinisch und Deutsch. Hrsg. von Konrad Müller, übers. von Herbert Schönfeld. München 1954 (= Tusculum-Bücherei o. Nr.). Gerhard, Johann: LOCI THEOLOGICI . Hrsg. von Eduard Preuß. 9 Bde. Berlin bzw. Leipzig 1863–1875 (11610–1622). Ders.: Meditationes Sacrae (1606/7). Lateinisch-deutsch. Kritisch hrsg., kommentiert und mit einem Nachwort versehen von Johann Anselm Steiger. 2 Bde. Stuttgart-Bad Cannstatt 2000 (= Doctrina et Pietas I, 3). [Harsdörffer, Georg Philipp:] Hertzbewegliche Sonntagsandachten: [Teil 1:] Das ist/ Bild= Lieder= und Bet=Büchlein/ aus den Sprüchen der H. Schrifft/ nach den Evangeli= und Festtexten verfasset . Nürnberg 1649 (Reprint Hildesheim u.a. 2007). [Ders.:] Hertzbeweglicher SonntagsAndachten Andrer Theil: Das ist Bild= Lieder= und Betbuch/ nach Veranlassung der Sonntäglichen EpistelTexten verfasset: Samt angefügten Wochen=Andachten/ als Morgen= und Abentsegen/ aus den Sieben Bitten deß heiligen Vater unsers/ etc. Wie auch aus den Sieben Worten deß HERRN Christi am Creutz verabfasst . Nürnberg 1652 (Reprint Hildesheim u.a. 2007).
460
Quellen- und Literaturverzeichnis
Hoë von Hoënegg, Matthias: Ausführliche vnd vielfaltig begehrte Fest=Postill/ Das ist: Außlegung der Evangelien/ so auff die hohe Fest/ vnd alle andere Christliche Feyertage durchs gantze Jahr/ verordnet sind. Darinnen der Text deutlich erkläret/ viel denckwürdige Lehren tractiret: Die jetzo in der Religion schwebende Streitpuncten richtig erörtert: Die Historien vnd Legenden de Sanctis erzehlet/ vnd nach gelegenheit vber ein Evangelion/ ein/ zwo/ bißweilen auch 3. vnd 4. Predigten gefunden werden. Gehalten an vnterschiedenen Orten/ fürnemlich aber in der Königlichen Alten Hauptstadt Prag/ Vnd jetzo auff instendiges anhalten in Druck verfertiget . Leipzig 1614 (Bibl. des Fachbereichs Ev. Theologie der Universität Hamburg L IV d 831). Horatius Flaccus, Quintus: Opera. Hrsg. von Friedrich Klingner. Leipzig 1959 (= Bibliotheca scriptorum Graecorum et Romanorum Teubneriana o. Nr.). Hütter, Leonhart: Compendium locorum theologicorum ex Scripturis Sacris et Libro Concordiae. Lateinisch – deutsch – englisch. Kritisch hrsg., komment. und mit einem Nachwort sowie einer Bibliographie sämtlicher Drucke des Compendium versehen von Johann Anselm Steiger. 2 Bde. Stuttgart-Bad Cannstatt 2006 (= Doctrina et Pietas II, 3). König, Johann Friedrich: Gläubiger Seelen Rettirada aus dem schönen Spruch: Aber der Gerechte kömmet umb etc. Es. 56. Bey Hochansehnlicher Leichbestattung Des weyland HochEdelgebohrnen/ Gestrengen und Großmannhafften/ Hn. Jaspar von Ortzen/ Dero zu Dennemarck/ Norwegen Königl. Majestät wolbestalten Raths und Drostens der Graffschafft Pinnenbergk/ zu Gerdeshagen und Clausdorff Erbgesessen/ Jn Volckreicher Versamlung in der Kirchen zu Satou im Hertzogthumb Mecklenburgk/ den 17. Martii/ Anno 1658. fürgestellet/ und jetzo auff begehren zum Druck ausgefertiget . Rostock 1658 (UB Greifswald VP 93/I). Lobwasser, Ambrosius: Der Psalter dess Königlichen Propheten Dauids/ Jn deutsche reymen verstendiglich vnd deutlich gebracht/ mit vorgehender anzeigung der reymen weise . Vnd hierüber bey einem jeden Psalmen/ seine zugehörige vier stimmen . Leipzig 1573 (SUB Göttingen 8 P GERM II, 3233 Rara). Luther, Martin: Werke. Kritische Gesamtausgabe. 73 Bde. Weimar 1883–2009 (zit. WA). Moscherosch, Johann Michael: Gesichte Philanders von Sittewald/ Das ist Straff=Schrifften Ander Theil. Straßburg 101650 (HAB Wolfenbüttel Lo 5511:2). Nicolai, Philipp: FrewdenSpiegel deß ewigen Lebens. Das ist: Gründtliche Beschreibung deß herrlichen Wesens im ewigen Leben/ sampt allen desselbigen Eygenschafften vnd Zuständen/ auß Gottes Wort richtig vnd verständtlich eyngeführt. Auch fernere/ wolgegründte Anzeig vnd Erklärung/ was es allbereit für dem jüngsten Tage für schöne vnd herrliche Gelegenheit habe mit den außerwehlten Seelen im himmlischen Paradeiß. Allen betrübten Christen/ so in diesem Jammerthal/ das Elendt auff mancherley Wege bauwen müssen/ zu seligem vnd lebendigen Trost zusammen gefasset . Frankfurt a.M. 1599 (Reprint Soest 1963 [= Soester Wissenschaftliche Beiträge 23]). Opitz, Martin: Buch von der Deutschen Poeterey. Jn welchem alle jhre eigenschafft vnd zuegehör gründtlich erzehlet/ vnd mit exempeln außgeführet wird. Brieg 1624 (HAB Wolfenbüttel QuN 275 [8]). Ders.: Die Psalmen Davids Nach den Frantzösischen Weisen gesetzt. Danzig 1637 (HAB Wolfenbüttel 600.7 Theol. [1]).
Quellen- und Literaturverzeichnis
461
Platon: Werke in acht Bänden. Griechisch und deutsch. Hrsg. von Gunther Eigler. Darmstadt 1990. Rist, Johann: Der zu seinem allerheiligsten Leiden und Sterben hingeführter und an das Kreütz gehefteter Christus Jesus/ Jn wahrem Glauben und Hertzlicher Andacht besungen . Hamburg 1648 (SUB Göttingen 8 P GERM II, 7344). Ders.: Geistlicher Poetischer Schriften Erster Theil/ Jn sich begreiffend Neüe Himlische Lieder/ nebenst deroselben Ubersetzung in die Latinische Sprache/ M. TOBIAS Petermans/ Kaiserlichen Gekröhnten Poeten und Schul=Rectoris zu Pirna. Jn dise Neüe geschmeidige Form gebracht/ und üm so viel füglicher zu gebrauchen/ wolmeinentlich herfür gegeben . Lüneburg 1648 (HAB Wolfenbüttel Lo 6468). Ders.: Geistlicher Poetischer Schriften Zweiter Theil/ Jn sich begreiffend Neüe Sonderbare himlische Lieder/ nebenst deroselben Ubersetzung in die Latinische Sprach M. Tobias Petermanns/ Käiserlichen/ gekröhnten Poeten und Schul=Rectoris zu Pirna/ Jn diese neüe bequehme Form gebracht/ und üm so viel füglicher mit sich zu führen/ und zu gebrauchen/ wolmeinentlich heraus und an den Tag gegeben . Lüneburg 1658 (HAB Wolfenbüttel Eh 7458). Ders.: Geistlicher Poetischer Schriften Dritter Theil/ Begreiffend die Sabbahtische Seelen=Lust/ Uber alle Sontägliche Evangelien des gantzen Jahres/ Nunmehr von Herren M. Tobia Petermann/ wolverdientem Schul=Rectore zu Pirna/ und Käys. Gekr. Poeten/ in die Latinische Sprache übergesetzet/ auch mit gantz newen und anmuhtigen/ von dem fürtreflichen und weitberühmtem Herren THOMA SELLIO, Bey der hochlöbl. Statt Hamburg wolverordentem Cantore wolgemachten Melodien außgezieret/ Widrum auffs neüe übersehen/ und zum erstenmahl in diese kleine und sehr gemächliche Form gebracht . Lüneburg 1659 (SUB Göttingen 8 P GERM II, 7312:3). Ders.: Hertzliche Glükwünschung/ An den WolEhrenvesten/ Großachtbaren und Hochgelahrten Herren Johannem Tankmarum/ Gräfflichen Oldenburgischen wolbestalten Sekretarien/ seinen hochvertrauten Brüderlichen Freünd/ Als derselbe im Heümonaht deß Eintausenden Sechshundert und Fünf und vierzigsten Jahres abermahl von Hamburg naher Dantzig und vieleicht ferner in Polen verreisete/ etc. Hamburg 1645 (SUB Göttingen 8 P GERM I, 6468 [2]). Ders. / Johann Schop: Himmlische Lieder (1641/42). Kritisch hrsg. und kommentiert von Johann Anselm Steiger. Kritische Edition des Notentextes von Konrad Küster. Mit einer Einführung von Inge Mager. Berlin 2012. Ders.: Holstein vergiß eß nicht Daß ist Kurtze/ iedoch eigentliche Beschreibung Des erschreklichen Ungewitters/ Erdbebens und überaus grossen Sturmwindes/ welcher Jn der Fastnacht dieses 1648 Jahres/ am Tage Valentins/ war der 14 des Hornungs/ vom Mohntag auff den Dienstag/ ungefähr gegen Mitternacht plötzlich entstanden und an vielen Ohrtern in Holstein/ sonderlich aber am Elbestrohm Mit Niederwerffung vieler schöner Thürme Kirchen=Häuser und anderer Gebäu/ Mit Erdrukkung einer grossen Anzahl Menschen und Viehes/ Mit Aussreissung unzehlich vieler Bäume und anderen hochschädlichen Würkungen Den feurbrennenden Zorn Gottes/ uns armen Sündern klährlich hat vor die Augen gestellet/ Auff Sonderbahres Begehren Jn Gebundener Rede verfasset und heraus gegeben . Hamburg 1648 (BSB München 4 P. o. germ. 174 Beibd. 3).
462
Quellen- und Literaturverzeichnis
Ders.: Lob= Trawr= vnd Klag=Gedicht/ Vber gar zu frühzeitiges/ jedoch seliges Absterben/ Des weiland Edlen/ Großachtbaren vnd Hochgelahrten Herren MARTIN OPITZEN, Königlicher Majestät zu Pohlen wolbestalten Raths vnd Secretarij, Des allerberühmtesten Poeten zu vnseren Zeiten/ Vnd in allen vortrefflichen Wissenschafften vnd Künsten hocherfahrnen Mannes/ Welcher am 6. Tage Septembris, des 1639. Jahres/ in der Königlichen Stadt Dantzig/ diß eitle Leben hat verlassen/ vnd in die Ewigkeit ist versetzet worden/ Auß hertzgründlichem mitleiden vnd zu Bezeugung vnverfälschter Liebe vnd Trewe auch nach dem Tode/ in höhester Eil auffgesetzet vnd auff vieler/ vnserer Teutschen Poeterey vernünfftigen Liebhaber/ freundlichs Begehren hervor gegeben. Hamburg 1640 (HAB Wolfenbüttel 202.68 Quod. [5]). Ders.: MUSA TEUTONICA Das ist: Teutscher Poetischer Miscellaneen ERSTER THEJL/ Jn welchem begriffen Allerhandt Epigrammata, Oden, Sonnette, Elegien, Epitaphia, Lob/ Trawr= vnnd Klag Gedichte etc. Hamburg 1634 (HAB Wolfenbüttel 133.1 Poet. [2]). Ders.: Neüer Teütscher Parnass/ Auff welchem befindlich Ehr’ und Lehr Schertz und Schmertz Leid= und Freüden=Gewächse/ Welche zu unterschiedlichen Zeiten gepflantzet/ nunmehr aber Allen/ der Teütschen Helden=Sprache und deroselben edlen Dichtkunst vernünfftigen Liebhaberen/ zu sonderbarem Gefallen zu hauffe gesamlet und in die offenbahre Welt außgestreüet . Lüneburg 1652 (Reprint Hildesheim u.a. 1978). Ders.: Poetischer Lust=Garte Das ist: Allerhand anmuhtige Gedichte auch warhafftige Geschichte auß Alten vnd Newen beglaubten Geschichtschreiberen/ mit fleiß außerlesen vnd benebenst mancherley Elegien, Sonnetten, Epigrammaten Oden, Graabschrifften/ Hochzeit= Lob= Trawr= vnd Klaag=Gedichten/ &c. Allen der Teutschen Poeteri vernünftigen Liebhaberen zu sonderbaren gefallen hervor vnnd an den Tag gegeben. Hamburg 1638 (HAB Wolfenbüttel Lo 6465.1). Ders.: Sabbahtische Seelenlust/ Daß ist: Lehr= Trost= Vermahnung= und Warnungsreiche Lieder über alle Sontägliche Evangelien deß gantzen Jahres/ Welche/ so wol auf bekante/ und in reinen Evangelischen Kirchen gebräuchliche/ alß auch gantz Neue/ Vom Herren Thoma Sellio/ bei der hochlöblichen Statt Hamburg bestaltem Cantore/ wolgesetzete Melodeien können gesungen und gespielet werden/ Gott zu Ehren und Christlichen Hertzen zu nützlicher Erbauung abgefasset . Lüneburg 1651 (BSB München Liturg. 1374). Ders.: Sämtliche Werke. Hrsg. von Eberhard Mannack. 7 Bde. Berlin 1967–1982. Scaliger, Julius Caesar: Poetices libri septem. Sieben Bücher über die Dichtkunst. Bd. 5: Buch 6 und 7. Hrsg. von Gregor Vogt-Spira und Luc Deitz. Stuttgart 2003. Tscherning, Andreas: Deutscher Getichte Früling. Breslau 1642 (HAB Wolfenbüttel Xb 1835 [1]). Vergilius Maro, Publius: Opera. Vol. 1: Bucolica et Georgica. Hrsg. von Otto Ribbeck. Leipzig 1894.
Quellen- und Literaturverzeichnis
463
Forschungsliteratur Alberti, Eduard: Art. Clotz, Stephan. In: Allgemeine Deutsche Biographie 4 (1876), S. 346 f. Archiv für Staats- und Kirchengeschichte der Herzogthümer Schleswig, Holstein, Lauenburg und der angrenzenden Länder und Städte. Bd. 3. Hrsg. von Andreas L. J. Michelsen / J. Asmussen. Altona 1837. Arend, Stefanie / Claudius Sittig (Hrsg.): Was ein Poëte kan! Studien zum Werk von Paul Fleming (1609–1640). Berlin u.a. 2012 (= Frühe Neuzeit 168). Aurnhammer, Achim: Art. Keiman, Christian. In: Killy2 6 (2009), S. 340 f. Auwers, Michael: Art. Stubenberg, Johann Wilhelm. In: Killy2 11 (2011), S. 365 f. Bangerter-Schmid, Eva Maria: Art. Simler, Johann Wilhelm. In: Killy2 11 (2011), S. 20. Benzing, Josef: Die Buchdrucker des 16. und 17. Jahrhunderts im deutschen Sprachgebiet. Wiesbaden 21982 (= Beiträge zum Buch- und Bibliothekswesen 12). Bertheau, Carl: Art. Kortkamp, Jacobus. In: Allgemeine Deutsche Biographie 16 (1882), S. 727. Blaschke, Karlheinz (Hrsg.): Historisches Ortsverzeichnis von Sachsen. 2 Bde. Leipzig 2006 (= Quellen und Materialien zur sächsischen Geschichte und Volkskunde 1 f.). Blume, Herbert: Art. Zesen, Philipp von. In: Killy2 12 (2011), S. 653–655. Bogner, Ralf Georg: Andreas Tscherning. Konstruktionen von Autorschaft zwischen universitärem Amt, urbaner Öffentlichkeit und nationaler Literaturreform. In: Theorie und Praxis der Kasualdichtung in der Frühen Neuzeit. Hrsg. von Andreas Keller u.a. Amsterdam/New York 2010 (= Chloe. Beihefte zum Daphnis 43), S. 185–196. Bußmann, Klaus / Heinz Schilling (Hrsg.): 1648. Krieg und Frieden in Europa. Ausstellungskatalog. Osnabrück 1998. Conermann, Klaus: Die Mitglieder der Fruchtbringenden Gesellschaft 1617–1650. 527 Biographien. Transkription aller handschriftlichen Eintragungen und Kommentare zu den Abbildungen und Texten im Köthener Gesellschaftsbuch. Weinheim u.a. 1985 (= Fruchtbringende Gesellschaft. Der Fruchtbringenden Gesellschaft geöffneter Erzschrein. Das Köthener Gesellschaftsbuch Fürst Ludwigs I. von Anhalt-Köthen 1617–1650. Hrsg. von Klaus Conermann 3). Cordes, Albrecht / Karl Kroeschell / Karin Nehlsen-von Stryk: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2: 1250–1650. Köln u.a. 92008. Deutsches Biographisches Archiv, elektronisch zugänglich über das World Biographical Information System (zit. DBA). Diecks, Thomas: Art. Rist, Johann. In: Neue Deutsche Biographie 21 (2003), S. 646 f. Edler, Arnfried: Art. Scheidemann, Heinrich. In: Biographisches Lexikon für Schleswig-Holstein und Lübeck 7 (1985), S. 262–265.
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Register der Liedanfänge ACh GOtt/ wen komt die liebe Zeit/ ALlmächtiger und grosser GOtt/ ALlmächtiger und starker GOtt/
V, Nr. 7 III, Nr. 2 II, Nr. 5
DU gühtiger/ du frommer GOtt/ DU mächtigster HERR JEsu Christ/
I, Nr. 4 III, Nr. 3
ERschreklich ist es/ daß man nicht ES klingt in meinen Ohren/ ES nahet sich der letste Tag/
V, Nr. 1 IV, Nr. 9 IV, Nr. 3
FRisch auf und last uns singen
V, Nr. 9
GOtt/ der du den Klooß der Erden/ GOTT des Trostes/ HErr der Gnaden/ GOTT sei gelobet/ der allein
I, Nr. 9 I, Nr. 10 II, Nr. 9
HERR GOtt Dir mus Jch singen HERR GOtt mein Trost und Raht HErr JEsu Christ/ mein Trost und Licht/
III, Nr. 10 III, Nr. 9 IV, Nr. 6
JCh rüste mich O HErre GOtt JCH wil den HERREN loben/ JCh wil für allen Dingen
I, Nr. 8 II, Nr. 10 V, Nr. 4
KOmt her Jhr Menschenkinder/
V, Nr. 3
LAsset uns Jhr Christen singen LAst ab von Sünden alle/ LEbt doch ein jeder Mensch im Streit/
II, Nr. 4 IV, Nr. 7 IV, Nr. 2
MEin GOtt dir wil Jch singen MEin GOtt/ nun bin Jch abermahl MEin GOtt und Vatter/ der du nicht MEin Seelichen/ wen wilt du doch MUß Dir ô Mensch/ die schnöde Welt
III, Nr. 1 II, Nr. 1 IV, Nr. 5 IV, Nr. 4 V, Nr. 2
NUn ist die längst begehrte Zeit NUn ist die Noht fürbei NUn Welt/ du must zu rükke stehn/
II, Nr. 3 II, Nr. 6 V, Nr. 10
O Blindheit! Bin Jch den der Welt O GOtt/ der du mit eigner Hand O GOtt dir dank’ Jch allezeit
V, Nr. 5 III, Nr. 4 II, Nr. 8
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Register der Liedanfänge O Grosser GOtt/ der du die Welt O Höchster GOtt gib mir Gehör/ O JEsu Christe GOttes Sohn O Starker GOtt/ du lässest recht O Vatter aller Gnaden/ Du hast Mir dise Last O Vatter aller Gnaden Reich/ Reich von Barmhertzigkeit O Welch ein Ubel ist der Krieg
III, Nr. 5 II, Nr. 7 III, Nr. 7 I, Nr. 6 I, Nr. 5 IV, Nr. 1 I, Nr. 2
SO bleib Jch doch dein liebes Kind SO sei nun wol zu frieden/
III, Nr. 8 V, Nr. 8
WAch’ auf/ wach’ auf du sichre Welt/ WJe groß ist meine Missethat WJe groß O GOtt ist deine Macht/ WJe lieblich ist dein Nam O GOtt/ WJe magst Du Dich so kränken WJe tröstlich hat dein treüer Mund/ WJe wol hast du gelabet WJrd den nun der Tag anbrechen/
IV, Nr. 8 I, Nr. 1 I, Nr. 7 III, Nr. 6 V, Nr. 6 I, Nr. 3 II, Nr. 2 IV, Nr. 10
Register der Bibelstellen Altes Testament Gen 1,1–10: 124 1,26 f.: 77, 354 1,28: 227 2,22–24: 221 3,19: 155 4,1: 362 4,21: 40 6,9–7,24: 166 8,21: 76 17,1: 124, 209 18,25: 172 18,27: 209, 270 30,11: 56 49,19: 56 Ex 12,1–13: 91 14,10–31: 253 14,21–31: 65 15,1–19: 13, 62, 65 15,11: 113, 124 15,20 f.: 62 15,26: 91 20,7: 29 20,18: 295 25,4 f.: 392 34,6: 112 35,5–7: 392 Lev 26,19: 93 26,19 f.: 105 26,20: 106 Num 6,26: 246
16,29: 273 16,31–33: 322 Dtn 1,17: 211 6,19: 171 7,9: 210 8,3: 96 10,17: 110 10,18: 212 10,20: 142 20,4: 211 23,6: 85 28,7: 217 28,24: 106 32,3: 140 32,35: 107 32,41: 111 Jos 1–24: 247 4,24: 210 Koh 1,2: 61 5,16: 133 6,12: 262 8,8: 273 9,7: 190 9,12: 303 Ruth 4,22: 65 1Sam 1,1–28: 65 2,6: 133 14,6: 284
2Sam 7,29: 223 22,1–51: 66 22,16: 125 1Kön 5,12: 13 8,35: 106 17,10–16: 236 18,37: 77 18,45: 95 19,4: 270 1Chr 15,19: 57 16,7–36: 13 16,25: 209 29,15: 262 2Chr 1,10: 211 7,13: 106 29,15: 262 Neh 13,22: 128 Hi 5,18: 91, 133 7,1: 268 7,2: 269 7,6: 161, 270 10,20: 269 12,13: 91 14,2: 147 21,18: 216 40,15: 329 41,1–13: 329
Ps 1,3: 222 1,4: 77 2,1: 203 2,12: 124, 195 3,4: 119, 133, 215 6,3: 128 6,7: 117 7,11: 215 7,15 f.: 118 8,3: 223 8,6: 118 9,4: 216 9,10: 101, 173 9,14: 153 10,12: 173 11,7: 147, 349 12,6: 229 13,6: 197, 202 16,5: 173, 206 17,9: 211 18,3: 142, 174, 197, 211, 248, 284 18,8: 110 18,14 f.: 110 18,36: 216, 289 19,2: 181 20,3: 134 20,7: 125 21,9 f.: 257 22,2: 44 22,2 f.: 196 22,5: 172 22,7: 111 22,10: 229 22,20: 55 22,24: 415 22,27: 96, 100
Register der Bibelstellen
23,4: 284 24,8: 124, 250 24,10: 38 25,3: 195 25,6: 78 25,7: 224, 256 25,11: 75, 263 27,1: 118, 134, 168, 173 f., 347 f. 27,5: 161, 174 27,5 f.: 159 27,6: 255 27,9: 93 28,6: 93 29,2: 415 30,3: 160 30,5: 153 30,6: 161 31,3: 85, 134, 194 31,4: 86 31,6: 79, 90, 102, 108, 205, 258, 285, 288 31,8: 194 31,16: 118 31,20: 147 33,5: 95 33,10: 173 33,11: 162 33,15: 196 33,19: 163 34,2: 194, 206, 212, 258 34,4: 194, 415 34,7: 195 34,9: 195 34,14: 240 34,16: 133, 195 34,19: 195 f. 35,6 f.: 216 35,28: 181 37,5: 181 37,13: 119 37,14: 218 37,32: 118 38,3: 131 38,5: 75, 140
38,22: 224 39,5: 262 f. 39,5 f.: 248 40,13: 160 40,18: 93, 142, 163, 252 42,6: 120, 352, 356 43,4: 265 44,6: 216 44,24: 224 46,2: 91, 93, 101, 217, 347 46,5: 217 46,7: 217 46,10: 217 47,2: 153 51,6: 89 51,7: 76, 140 51,9: 228 51,12: 141, 367 51,12 f.: 78 51,14: 216 51,17: 148 51,19: 78, 90, 148 55,18: 173 55,19: 196 55,23: 102, 190 55,24: 119 57,2: 127 57,5: 116 f. 57,7: 117 59,9: 174 59,14: 255 60,13: 167 61,4: 236, 276 62,3: 147, 174, 196 62,6: 265 62,7: 174 f. 62,9: 116 63,2: 347 63,9: 257 64,1: 85 65,2: 197 65,3: 93 65,4: 126 65,10 f.: 108 65,11: 94
65,12: 212 66,7: 374 66,19: 206 67,4: 153 68,3: 218 68,6: 233 f. 68,20: 91, 99, 132 68,34: 204 69,5: 295 69,18: 167 69,21: 44 71,3: 142, 211, 284 71,10 f.: 117 72,4: 120 73,25: 148 73,26: 134, 147, 246, 250, 287 74,12: 96 74,17: 210 74,20: 285 76,4: 218 77,10: 132 78,25: 146 79,9: 173 80,6: 132 83,2: 133 83,19: 209 84,7: 349 84,12: 347 85,3–7: 91 85,8: 128, 168 85,11: 212 86,15: 127, 210, 284 88,2: 160 88,8: 160 88,16 f.: 91 89,10: 124 90,3: 279 90,7: 210 90,12: 38, 60, 263 90,15: 189 90,17: 248 91,4: 195 91,11: 257 91,11 f.: 229 94,9: 173 94,15: 173
471 95,2: 191 95,3: 126, 160, 209, 227 95,4: 284 96,2: 415 96,11 f.: 94 97,4 f.: 111 97,5: 125 97,11: 154 100,2: 202 102,4: 263 103,2: 168 103,3: 78, 196 103,4: 126 103,5: 189 103,14: 209 103,15: 262 103,19: 252 104,1: 124, 139 104,10–13: 181 104,13 f.: 95, 183 104,14 f.: 95 104,24: 95 104,27: 96 104,28: 190 104,33: 159–163, 175, 196 105,1: 415 106,2: 139, 159, 183 107,1: 415 107,22: 59 109,2 f.: 116 109,29: 119 110,1: 302 112,1 f.: 222 116,6: 174 116,7: 365, 368 116,12: 167, 197 118,5: 166 119,17: 222 119,19: 275 119,38: 212 119,41: 347 119,89 f.: 186 119,108: 148, 196 f., 255 119,116: 242
472 119,137: 128 119,176: 78 120,1: 166 120,2: 236 121,1 f.: 284 121,4: 127, 196, 258 123,1: 287 123,2: 304 126,2: 178 127,1: 223 127,3: 227 128,3: 222 132,15: 183 136,3: 38 138,8: 229, 282 139,1–16: 172 139,7: 111, 289 140,4: 117 140,8: 167 140,10: 171 143,9: 228 144,2: 211, 215 144,3: 209 145,16: 94, 180 146,2: 146 147,6: 160 147,8: 94 147,8 f.: 94 148,8: 113, 128 148,13: 194 150,6: 415 Prv 1,7: 17
Register der Bibelstellen
2,8: 172 4,9: 211 9,10: 19, 21 14,31: 212 16,3: 181 18,24: 247 19,14: 242 20,8: 211 21,1: 172 28,16: 211
49,2: 167 53,4–7: 295 53,5: 263, 294 53,11: 141 54,8: 289 55,7: 101 63,16: 128 64,3: 67 64,5: 77 66,24: 331
Hld 2,11–13: 179 2,12 f.: 303
Jer 1,5: 202 1,6: 202 5,24: 108 9,14: 154 10,6: 209 10,24: 86 14,7: 125 15,11: 218 30,17: 101 31,13: 195 32,18: 66, 93, 105, 165, 175, 209, 211 f., 221 32,19: 172 46,15: 210
Jes 1,3: 185 1,17: 236 9,5: 134, 142, 147, 155, 215, 250, 355 11,3 f.: 341 12,1–6: 66 14,7: 367 25,4: 210 35,10: 285, 381 37,26: 218 38,1: 263 38,12: 270, 287 40,6: 262 42,3: 133 43,2: 166 44,2: 228 44,3: 256
Thren 1–5: 13 1,1–8: 65 1,5: 154 1,9: 85 3,22: 167
Ez 11,19: 78 18,23: 126 22,30: 52 36,32: 309 37,12–14: 293 Dan 3,33: 209 Hos 4,3: 107 10,8: 296 Joel 1,11: 107 Amos 5,15: 141 Jon 2,1: 65 3,3–6: 65 Zeph 1,17: 84 Sach 2,9: 211 7,10: 212 9,9: 203, 215
Neues Testament Mt 3,7: 105 3,12: 294 5,16: 256 6,9: 14 6,10: 210, 287 6,11: 100, 189 6,12: 101 6,26: 100
6,28: 100 6,33: 257 7,13: 322 7,14: 38, 284 7,16 f.: 204 11,17: 46 13,25: 11 13,43: 303, 359 f., 366
14,29–31: 167 14,30 f.: 251 16,27: 353 17,1–4: 355 17,3 f.: 362 17,3–5: 355 21,16: 223 22,30: 360 f., 373 24,1–31: 300
24,29: 301 24,32 f.: 303 24,35: 300 24,42: 168 25,5: 301 25,6: 265, 285, 304, 348 25,14–30: 310 25,19: 308 f.
473
Register der Bibelstellen
25,21: 224, 307 25,23: 224 25,24 f.: 308 25,30: 315 25,34: 67 f., 294, 314, 316, 371 25,41: 68, 294, 314 f. 25,42 f.: 315 26,28: 146, 290 26,39: 132 26,47–50: 302 26,57–68: 302 27,11–26: 302 27,46: 44 28,20: 284 Mk 4,35–39: 166 4,39: 250 8,34: 180 12,36: 302 Lk 1,35: 66 1,37: 342 1,38: 241 1,39 f.: 66 1,46–55: 66 1,52: 209 1,68–79: 66 2,13 f.: 66 2,29: 285 2,29–32: 66 12,18–20: 322 15,2: 290 15,11–32: 77 17,5: 133 19,11–27: 256 21,9–11: 301 21,25: 301 22,44: 264 23,11: 302 23,30: 296 23,43: 285 24,32: 62
Joh 1,12: 102 1,29: 265, 285 3,16: 189, 355 4,23: 282 5,24: 126, 264 5,27: 313 5,28 f.: 39, 67, 293, 301 6,48: 146 6,50: 146 6,68: 12 8,12: 287, 289 10,28: 284 14,2: 349 14,9: 224 14,16: 265, 285 19,30: 295 19,34: 230 Apg 3,15: 313 7,55: 362 7,59: 271 10,42: 313 22,14: 99 Röm 1,16: 19 1,17: 140 2,4: 168 2,11: 314 3,24: 140 3,25: 239, 282 4,21: 353 5,6–8: 245 5,8: 147 5,9: 310 5,9 f.: 289 5,12: 142 5,17: 270, 366 5,18: 140 6,4: 354 6,9: 147 6,17: 105, 125, 354 6,18: 283 6,23: 288
7,18: 140 7,25: 139 8,14: 204, 245 8,15: 141, 162, 233, 282 8,15 f.: 186 8,17: 134, 276 8,34: 126 8,35: 191, 197 8,37: 191 8,38 f.: 187 8,39: 205, 271 9,20: 75 12,1 f.: 205 14,11: 124 15,4: 205, 423 15,5: 131 1Kor 1,26–31: 66 1,30: 366 2,8: 44 2,9: 67, 366 4,5: 294, 300, 310, 314 9,25: 22 9,27: 236 10,13: 133 12,7–11: 202 13,9: 67 13,12: 288, 348, 366, 371 f., 375, 380 13,13: 187, 302 15,9: 19, 423 15,28: 374 15,52 f.: 360 15,54: 264 15,55: 91, 264 2Kor 1,3: 126, 131, 252 1,4: 196 5,1: 278, 365, 368 5,1 f.: 379 5,10: 307 5,18: 241
7,10: 78 8,9: 147 11,2: 205 12,2–4: 356 13,5: 141 Gal 1,4: 265, 353 3,26: 139 4,7: 363 5,17: 274 5,18: 256 f. 5,19: 308 5,24: 142 Eph 1,7: 276 1,18: 361 2,4: 262 2,19: 141, 248, 290 4,3: 265 4,24: 162 4,32: 140 5,19: 46 5,29: 79, 134, 265 6,1–4: 223 6,16 f.: 269 Phil 1,21: 372 1,23: 356 2,7: 147 2,16: 204 3,14: 57 3,20: 248 3,21: 303, 359, 361, 365, 368 Kol 1,16: 227 3,2: 102, 224, 263, 347, 375 1Thess 4,17: 361
474
Register der Bibelstellen
2Thess 3,3: 252
4,13: 359 5,10: 99, 245, 262
1Tim 4,9: 203 f. 4,13: 203 5,3: 236 6,7: 102 6,15: 22, 38
2Petr 1,4: 240 1,20 f.: 12 3,9: 301 3,10: 301
2Tim 1,10: 264 1,13: 46 2,11: 283 3,16: 12, 205, 423 4,1: 293 4,7: 242 Tit 3,4: 284 1Petr 1,8: 39 1,17: 314 1,19: 276 1,24: 262 4,2: 141
12,1: 269 12,22: 348 13,14: 248 13,15: 168 Jak 1,17: 13, 243 1,22: 204 2,17: 204 4,14: 263, 347
1Joh 1,7: 276 2,16: 347 3,1: 126, 379 3,8: 167 5,4: 350
Judas 14 f.: 293 Apk 1,5: 294 1,16: 315, 348 2,7: 258, 288, 365, 368, 372 2,10: 22 3,5: 228, 363 3,21: 368 4,2–4: 315 4,4: 280, 296, 363, 379 4,10 f.: 280 6,16: 294, 296, 337
Hebr 2,17: 38 4,9: 359 4,15: 239 4,16: 239, 282 6,18: 353 9,27: 60 11,5: 355 11,13: 349 11,14: 302 11,16: 149
6,17: 165 7,12: 148, 159, 168, 178 7,16: 96 7,16 f.: 243 12,3 f.: 329 12,9: 330 12,10: 275 19,1–6: 374 19,7: 359 21,1: 373 21,2: 350 21,3: 217 21,4: 149, 303, 349, 352, 356, 359, 362, 365, 371 f., 380 21,8: 322 21,18–20: 373 21,23: 368, 371 21,23 f.: 349 22,2: 356 22,5: 350 22,20: 168
Apokryphen Jdth 9,13: 184
3,23: 161 13,22: 217
Sap 2,23: 346, 348, 354 3,1: 290 6,27: 247 11,21: 210 16,15: 172
Sir 1,7: 147 1,16: 19, 21 6,14: 247 6,15: 247 6,16: 247 f. 10,13: 270, 275, 288 11,13: 102 14,12: 270
Tob 3,15: 154
20,20: 118 25,1: 242 25,2: 222 32,28: 184 38,9: 88 39,24: 310 39,33: 250 39,36 f.: 330 42,16: 110 43,22: 179 43,25: 252 47,1–13: 54
47,10: 54 47,11: 54 50,25: 189, 211 51,6: 160 StDan 1–63: 241 3,37: 153 3,50: 153 GebMan 11–13: 186
Personenverzeichnis Biblische Personen Adam 82, 140, 142, 240, 270, 362, 366 Asaph 13, 57 David 12, 26, 35, 54, 57, 62, 65 f., 429 Elia 236, 355 Elisabeth 66 Elkana 65 Ethan 57 Eva 362 Hanna 65 Heman 57 Henoch 354 Herodes 302 Jeremia 13, 65 Jesaja 66 Jesus Christus passim Jona 65 Josua 302 Jubal 40 Judas 302
Kaiphas 302 Maria, Mutter Jesu 66 Mirjam 62 Mose 13, 62, 65, 355, 362 Noah 166 Obed 65 Paulus Petrus Pharao Pilatus
66, 356, 423 167, 355, 362 65 302
Salomo 13 Saul 66 Simeon 66 Stephanus 362 Zacharias 66
Sonstige Personen Achilles 12 Adelung, Wolfgang Heinrich 421 Ahlefeldt, Detlev von 40 Alberti, Eduard 45 Alexander d. Gr. 361 Amarillis 46 Amphion 40, 67 Anakreon 26 Antiope 40 Apollo(n) 24 f., 40 Arend, Stefanie 30 Arion 40 Aristoteles 50 Arndt, Johann 414, 424 Augustinus, Aurelius 25
Aurnhammer, Achim 64 Auwers, Michael 50 Bangerter-Schmid, Eva Maria 34 Baron, John H. 427 Bayly, Lewis 414 Benzing, Josef 7 Bertheau, Carl 40 Birken, Sigmund von (Betulius) 34, 423 Blaschke, Karlheinz 40 Blaurer, Ambrosius 346 Blume, Herbert 30 Bogner, Ralf Georg 30 Bouwert, Claus 58 Braunschweig-Lüneburg, August von 30
476
Personenverzeichnis
Braunschweig-Lüneburg, Sophie Amalie von 18 Brehme, Christian 30, 33, 36 Breig, Werner 427 Buchner, August 51 Bucholtz, Andreas Heinrich 35 f., 423 Bünau, Graf Rudolf von 39 Bußmann, Klaus 16 Christian IV., König von Dänemark 41 Cicero, Marcus Tullius 12, 25, 38, 118 Conermann, Klaus 9, 30, 32–34, 50 Cordes, Albrecht 391 Coridon 46 Crösus 361 Czapla, Beate 30 Dach, Simon 30, 34, 36, 423 Dammann, Günter 416, 422 Darius III., König von Persien 361 Diecks, Thomas 40, 413 Dilherr, Johann Michael 39 Dirksen, Pieter 427 Dohna, Karl Hannibal 29 Doms, Misia Sophia 30 Dreyer, Josias 60, 417 Dünnhaupt, Gerhard 414 f., 424 Edler, Arnfried 40 Eitner, Robert 40 Ennius, Quintus 25 Fechner, Jörg-Ulrich 35 Fischer, Albert Friedrich Wilhelm 36 Fleming, Paul 30, 33, 422 Flor, Christian 418 Flügge, Corinna 415 Fonsén, Tuomo 30 Friedrich III., König von Dänemark 18, 45 Gable, Frederick K. 427 Garber, Klaus 29 f., 34, 413 Gerhard, Johann 39, 67, 424 Gödersen, Joachim 391, 393, 424 Grapenthin, Ulf 41, 418 Greflinger, Georg 395 Grosse, Sven 418 Grotius, Hugo 30 Haberkamp, Gertraut 39 Habermann, Johann 415
Hammer, Friedrich 47, 53 Hammerschmidt, Andreas 39 f., 67, 135, 137, 143, 150, 157, 164, 169, 176, 182, 188, 193, 413, 418 f., 427, 429–431, 434, 436, 438, 442, 445 f. Harms, Wolfgang 32 Harsdörffer, Georg Philipp 33, 36, 39, 51, 423, 441 Haßler, Hanns Leo 339 Hermes 25 Hesiod 25 Hessen-Braubach, Johann von 49 Höe von Höenegg, Matthias 39 Hohenholtz, Ernst 56, 417 Homer 12 Horatius Flaccus, Quintus 11, 17, 27, 31, 61, 63 f. Huck, Oliver 417 Hütter, Leonhart 38 Ingen, Ferdinand van 36 Isaac, Heinrich 333 Jacobi, Michael 40, 69, 237, 244, 417, 419, 427, 431, 434, 445 Jäger, Johannes 53, 416 Jaumann, Herbert 27, 36, 49 Jürgensen, Renate 68 Kallwitz, Seth (Calvisius Sethus) 321 Karl d. Gr. 18 Keiman(n), Christian 64, 417, 429 Kellenbenz, Hermann 18 Keppler-Tasaki, Stefan 33 Klaj, Johann 36, 39, 423 Klotz, Stephan 44 f., 416 f. Knesebek, Anna Maria von dem 20 Knesebek, Jasper von dem 20 Knöpken, Andreas 273 Kocher, Ursula 33 König, Johann Friedrich 20 Köpke, David 58, 417 Kortkamp, Jacob 40, 225, 231, 249, 254, 419, 430 f., 434, 438, 445 Kraner, Johannes Günther 427 Kroeschell, Karl 391 Krummacher, Hans-Henrik 422 Kühlmann, Wilhelm 29, 32, 34, 51, 413, 419 Küster, Konrad 40, 418 f., 427, 434, 449
Personenverzeichnis Lahrkamp, Helmut 16 Laufhütte, Hartmut 34, 423 Leiningen-Dagsburg, Johann Philipp II. von 32 Linos 25 Lisch, Georg Christian Friedrich 20 Lobwasser, Ambrosius 35, 423 Lohmeier, Dieter 33, 413, 419 Lübbing, Hermann 9 Luther, Martin 39, 47, 82, 152, 215, 227, 245, 282, 418 Maché, Ulrich 30, 36 Mager, Inge 49, 424 Mannack, Eberhard 413 Meid, Volker 30 Meier, Petrus 41, 207, 213, 219, 419, 430 f., 447 Merkur 25 Mithobius, Hector 433 Moller, Johann 56, 58 Moller, Martin 414 Monoetius, Bartholomäus 93 Moos, Peter von 67 Mopsus 46 Moscherosch, Johann Michael 32 f., 52, 417 Moscherosch, Quirinus 55, 416 Müller, Johannes 47, 416, 418 Münstermann, Johannes 433 Muncker, Franz 32 Musaios 25 Mylius, Georg 36 Nehlsen-von Stryk, Karin 391 Neukrantz, Johann 422 Nicolai, Jeremias 202 Nicolai, Philipp 67 Oertzen, Jaspar von 20 Oldenburg, Christian I. von 18 Oldenburg, Christian II. von 18 Oldenburg, Christian III. von 18 Oldenburg, Christian IV. von 18 Oldenburg, Friedrich I. von 18 Oldenburg, Friedrich II. von 18 Oldenburg, Johann I. von 18 Oldenburg und Delmenhorst, Anton Günther von 9, 415 Oldenburg und Delmenhorst, Sophie Katharine von (geb. von Schleswig-HolsteinSonderburg) 9, 415 Olearius, Adam (Oehlschlegel) 33
477
Opitz, Martin 29, 33–35, 37, 51, 61 f., 422 f. Orpheus 25 Pape, Hinrich 41, 201, 419, 427, 430, 448 Peleus 12 Peter, Christoph 434 Petermann, Tobias 391 f., 395, 424 Peters, Christian 59 Peucker, Nikolaus 68, 417 Phillis 28 Pindaros 27 Platon 23 f., 67 Pomsel, Edwin 41 Prätorius, Bernd 30, 395, 419 Praetorius (Schultz), Jacob 40, 259, 261, 266, 272, 277, 281, 286, 291, 298, 305, 311, 418 f., 427, 431–435, 438 f., 447 f. Reichelt, Klaus 413 Reske, Christoph 7 Richter, Sandra 417 Rist, Johann passim Ritter, Alexander 416 Robbins, Emmet 40 Röder, Thomas 39 Rompler von Löwenhalt, Jesajas 34 Rosner, Johannes 414 Rothaug, Diana 39 Rowe, Walter d.Ä. 39 Rufus, Curtius 361 Ruhnke, Martin 40, 427 Rustmeier, Walther 45 Sachsen, Johann Friedrich I. von 346 Samuel, Harold E. 427, 441 Sappho 26 Scaliger, Julius Caesar 27 Schade, Herwarth von 47, 53 Schäfer, Walter E. 32, 55 Scheidemann, Heinrich 40, 317, 319, 326, 332, 338, 344, 351, 357, 364, 369, 376, 419, 427, 433–435, 438 f., 448 Scherertz, Sigismund 414 Schilling, Heinz 16 Schleswig-Holstein-Gottorf, Friedrich II. von 18, 20 Schleswig-Holstein-Gottorf, Friedrich III. von 33 Schleswig-Holstein-Sonderburg, Alexander von 9
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Personenverzeichnis
Schneidmüller, Bernd 18 Schneuber, Johann Matthias 34 Schnoor, Arndt 40 Schop, Johann 41, 418, 435–437, 448 Schottelius, Justus Georg 30, 33, 51, 422 f. Schütz, Heinrich 429 Schupp, Johann Balthasar 20, 49, 416 Schuster, Ralf 423 Schwarzburg, Dorothea von 9 Selle, Thomas 419 f., 435 Simler, Johann Wilhelm 33 f., 36 Sittewald, Philander von siehe Moscherosch, Johann Michael Sittig, Claudius 30 Sonthom, Emanuel 414 Spengler, Lazarus 437 Staden, Sigmund Theophil (Gottlieb) 39 f., 71, 73, 80, 87, 92, 97, 104, 109, 114, 121, 130, 418, 427–431, 433–438, 441 f., 446–448 Stegmann, Josua 424 Steiger, Johann Anselm 413, 415, 417 f., 449 Steinhagen, Harald 413 Stephenson, Kurt 418 Stern, Hans 7 Stern, Heinrich 7, 20, 392, 413 f., 424 Stern, Johann 7, 20, 392, 413 f., 424 Sträter, Udo 424 Stubenberg, Johann Wilhelm von 50, 417, 423 Sweelinck, Jan Pieterszon 40, 433 Szlezák, Thomas 23
Tancmar, Johannes 21 Tscherning, Andreas 30, 422 Tümpel, Wilhelm 36 Vergilius Maro, Publius 46 Vopelius, Gottfried 434 Voss, Steffen 427 Vulpius, Melchior 171 Wackernagel, Philipp 202, 273, 346 Walter, Axel E. 30 Walther, Johann 82, 152, 227, 245, 282 Wander, Karl Friedrich Wilhelm 29, 44, 55 f., 82, 101, 111, 118 f., 155, 241, 342, 393 Weber, Georg 321 Widukind 18 Wiese, Benno von 413 Wimmer, Gabriel 417 Windischgrätz, Gottlieb von 423 Wudrian, Valentin 414 Württemberg-Mömpelgard, Georg II. von 34 Zahn, Johannes 75, 82, 88, 93, 99, 105, 110, 116, 139, 145, 152, 165, 171, 183, 189, 194, 209, 215, 221, 227, 233, 239, 245, 255, 262, 268, 273, 282, 287, 293, 307, 321, 328, 333, 339, 352, 378, 435 Zedler, Johann Heinrich 340, 391 Zeller, Rosmarie 33 Zesen, Philipp von 30, 422 Zeus 40
Abkürzungsverzeichnis Im edierten Text: Nicht berücksichtigt wurden Abkürzungen biblischer Bücher. Augustm. Dnn. E. Eccl. Hamb. E. E. E. E. G. G. E. Fürstl. etc. f. Fürstl. G. G. H. H. hochGräffl: M. S.
Augustmonats Dominorum Euer Ecclesiastes Hamburgensis Euer Ehrwürdige(n) Euer Gnaden (Plural) Euer Fürstliche(n) et cetera fecit Fürstliche(n) Gnaden (Plural) Heiligen Herrn hochgräflichen Magister Sanct
Anderweitig verwendete Abkürzungen: Abkürzungen laut: Theologische Realenzyklopädie. Abkürzungsverzeichnis. Zusammengestellt von Siegfried M. Schwertner. Berlin/New York 21994. Hiervon abweichend bzw. darüber hinaus wurden folgende Abkürzungen verwendet: Bibl. BSB CCSL ecl. GESA HAB reg. SUB UB
Bibliothek Bayerische Staatsbibliothek Corpus Christianorum Series Latina ecloga Gesamtkatalog deutschsprachiger Leichenpredigten Herzog August Bibliothek regierte Staats- und Universitätsbibliothek Universitätsbibliothek
Dank Mit wichtigen Hinweisen unterstützten dankenswerterweise Prof. Dr. Marc Föcking (Hamburg), Prof. Dr. Claudia Schindler (Hamburg), Dr. Ralf Schuster (Passau) und Prof. Dr. Thomas A. Szlezák (Tübingen) die Arbeit an der vorliegenden Edition. Silke Wittenberg (Bautzen) richtete die Notendateien ein. Besonderer Dank für fruchtbare Zusammenarbeit in der Hamburger RistArbeitsstelle gilt Andreas Betz, Alexander Dobbert und Dr. Corinna Flügge (Hamburg). Prof. Dr. Konrad Küster (Freiburg i. Br.) ist erneut zu danken für die Besorgung der Notenedition und die Erstellung des kritischen Berichts. Zu danken ist ferner Sarah Lehmann und Ilona Bents für die Erstellung des Personen- bzw. des Bibelstellenverzeichnisses. Gedankt sei zudem der Evangelisch-lutherischen Kirche in Norddeutschland sowie dem Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (Förderprogramm Reformationsjubiläum 2017) für die finanzielle Unterstützung der Projektarbeiten und dem Akademie Verlag, insbesondere seinem Leiter Prof. Dr. Heiko Hartmann sowie dem Lektor Peter Heyl, für die wiederum sehr erfreuliche Kooperation. Hamburg, am Reformationstag 2012
Johann Anselm Steiger