Johann Gutenberg: Sein Leben und seine Erfindung [Reprint 2019 ed.] 9783486772227, 9783486772210

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INHALT
VORBLICK
DAS ZEITALTER
LEBENSDATEN
DIE ERFINDUNG
DRUCKE
AUSBLICK
SCHRIFTTUM
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Johann Gutenberg: Sein Leben und seine Erfindung [Reprint 2019 ed.]
 9783486772227, 9783486772210

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Aus dem Deutschen Museum München

Johann Gutenberg SEIN LEBEN UND SEINE ERFINDUNG

Dr. Günther Birkenfeld



München und Berlin 1939

Verlag von R.Oldenbourg

Druck von R. Oldenbourg, München Printed in Germany

INHALT Seite

Dorbltck..............................................................5 Das Zeitalter.......................................................9 Lebensbaten..................................................... 13 Die Erfindung..................................................30 Drucke............................................................ 39 Ausbück............................................................ 45 Schrifttum........................................................ 54

VORBLICK Im Jahre 1436 begann der Mainzer Junker Johann Gensfieisch, der sich nach seinem Geburtshause, dem Hof zum Gu­ tenberg in Mainz, Johann Gutenberg nannte, zu Straß­ burg mit Versuchen, die zu einer der umwälzendsten und fol­ genreichsten aller Erfindungen führten, zur Erfindung des Drückens mit auswechselbaren, gegossenen Einzellettern, zur Typographie. Im Jahre 1455 bereits stellte Gutenberg seine Erfindung in Mainz mit dem Druck der Bibel zu 42 Zellen in ihrer ferti­ gen Durchblldung heraus. Diese Gutenberg-Bibel ist in ihrer technischen wie in ihrer künstlerischen Gestaltung von keinem Druckwerk bis hin auf unsere Tage übertroffen worden. Eine Erfindung, kaum erdacht, durch höchstens fünfzehn Jahre ent­ wickelt, bot auch schon vollendet, für Jahrhunderte vollendet sich dar, vergleichbar der Pallas Athene, da sie fertig gerüstet dem Haupte des Zeus entstieg. Gutenbergs Tat befreite das edelste Ausdrucksmittel des menschlichen Geistes: das Wort, — befreite es aus der stillen Abgeschlossenheit der Klöster, der Gelehrten- und der Schrei­ berstuben. Das Wissen der wenigen wurde zur Wissenschaft für alle. Was Einzelbesitz der Geistlichen und Mönche, der Gelehrten und Dichter gewesen war, wurde zum Gemein­ besitz aller Völker in allen ihren Schichten. Der Mainzer Jun­ ker eröffnete nach den Kulturzeiten des Pfluges und des Schwertes jene dritte, iumllten deren wir uns heute noch be-

finden, die Kulturzeit des Buches, der Zeitung und all jener Bildungsmittel, die seit dem Jahre 1455 gewaltig sich ver­ breiteten: Universität, Schule und Kunst. Johann Gutenbergs Erfindung ist eine deutsche Lat von Weltgültigkeit. Ihre Fünfhundertjahrfeier ist ein Ehrentag für den deutschen Geist, für das deutsche Volk, und einer der schönsten Gedenktage aller Kulturvölker. Es könnte gefragt werden, ob es denn wirklich ein solcher Gewinn gewesen sei, daß das Wort seine stolze Einsamkeit, seine Verschlossenheit verlor, und daß Gutenbergs Erfindung von jeher dazu mißbraucht werden konnte und mißbraucht wurde, auch falsche und schmähliche Gedanken, zersetzende Lehren und fade Schwätzerei mit der gleichen Schnelligkeit und Sauberkeit und in gar nur noch höheren Auflagen durch alle Lande und in jedes Haus zu tragen. Gewiß, diese hier und viele andere Errungenschaften des Menschengeschlechts, sie erwecken den Anschein, als hätten die wohlgesinnten und die neidigen Götter zuvor im Nächtigen einen Kampf um sie geführt, der unentschieden blieb. Es ist da eine Macht, die will, daß nicht nur neuer Segen, daß auch immer neue Gefahr sei. Und daß kein Stillstand sei, daß immer Neues geschaffen werde und Altes überwunden. So ward dem schöpferischen Menschen eine schöpferische Blind­ heit eigen und tief die Lust ihm eingepflanzt, in das dunkle Chaos der unbekannten Kräfte, der ungekannten Dinge, der noch nicht gewagten Taten fromm und vermessen, furchtsam und verwegen einzudringen. Erfinden so wie Dichten oder Komponieren, es mag nach außen als ein stilles emsiges Grübeln und Erproben am Schreibtisch, am Instrument, in der Werkstatt anmuten. In Wahrheit ist es das Ringen eines Einzelnen, Einsamen mit finsteren Engeln, mit einem unsichtbaren Gegner, der sich entschleiert indem er sich verhüllt, der sich entzieht und flieht.

indem er sich zu ergeben scheint. Erfinder, so gutbürgerlich und karg und nüchtern sie äußerlich auch wirken mögen, müs­ sen inwendig Verzehrte sein. Sie sind besessen von ihrer einen Sache, sie geben alles für sie hin. Zur Selbstbehauptung, zum eigenen Lebensglück bleibt da nicht mehr viel Zeit, Geduld und Kraft. Rudolf Diesel, einer der wenigen, der es verhält­ nismäßig früh und im großen Stil geschafft hat, schrieb über den Erfinder das düstere Bekenntnis: „Wer nicht ausnahms­ weise neben einer genialen Begabung auch noch eine außer­ gewöhnliche Begabung für den Lebenskampf hat, der besitzt sehr wenig Aussicht, sich im Lebenskampf zu erhalten, wenn ihm nicht dabei geholfen wird." Den meisten wurde nicht geholfen. Im Gegentell, sie blie­ ben arm an Liebe, arm an verständnisvoller Teilnahme auch nur, arm an Brot und Geld. Und die Erbitterung, die Hart­ näckigkeit, die Dauer, die Aussichtslosigkeit ihres Ringens macht sie bitter, gereizt, streitsüchtig, ungeschickt zu jeder ge­ fälligen Nachgiebigkeit, zu jedem Ruf um Hilfe. Daher die ewigen Streitereien, die Prozesse, ja die Prozeßsucht so vie­ ler Erfinder, daher ihre Schulden, die lawinenartig sich ver­ größern und sie erdrücken, daher ihre oft so furchtbare Not. Die wenigsten von ihnen konnten den Gewinn des endlichen Sieges noch genießen. Die Mehrzahl sah sich zuletzt um alle Früchte betrogen. Um so reichlicher war zumeist die Aus­ beute, deren sich sodann die hurtigen, von keinem Kampf mit finsteren Engeln ausgelaugten Nutznießer erfreuen durften. Gilt dies auch alles nicht in jedem Falle, für Johann Gu­ tenberg traf es mit jener Unerbittlichkeit zu, die wir als Tragik, als die Tragödie des Erfinders bezeichnen. Und sie wurde in ihren allgemeinen Bedingungen hier so betont vorangestellt, well wir so wenig einzelnes und persönliches von dem Main­ zer Junker wissen, weil wir nicht einmal ein zeitgenössisches Blld von ihm besitzen. Nehmen wir ihm den langen würdigen Bart ab, den Thorwaldsen, nach älteren Darstellungen, ihm

auf dem Mainzer Denkmal irrtümlich angehängt hat und der ihn so großväterlich bieder und gemütlich macht, denken wir an den Mann, der durch die Jahre mit finsteren Engeln rang, und wir werden ein Antlitz auf uns zukommen sehen, das nicht erst noch hingezeichnet zu werden braucht. Unterstützen, ergän­ zen läßt sich eine solche Vision durch eine Kennzeichnung der Let­ tern Johann Gutenbergs und durch sein Nachwort zu seinem letzten Druck, dem Mainzer „Catholicon" vom Jahre 1460. Gutenbergs Lettern offenbaren Großzügigkeit, Phantasie, ein vollendetes Formgefühl, fie verraten eine gesteigerte Er­ regbarkeit und Empfindsamkeit, einen leidenschaftlichen WUlen zur Ordnung, zur Klarheit, zur Ausgewogenheit und handwerklichen Gewiffenhaftigkeit. Diese Gewissenhaftigkeit grenzt, wie bei so vielen Genies, an das Pedantische. Und das Nachwort zu seinem letzten Druck, das Gutenberg nach einem Werkkampf von mehr als 25 Jahren veröffent­ lichte, es lautet (aus dem Lateinischen übersetzt): „Unter dem Schutze des Allmächtigen, in dem der Unmündigen Zungen beredt werden, und der oft den Unwissenden entschleiert, was er den Weisen verbirgt, ist dieses erlesene Buch Catholicon im Jahre 1460 nach der Leibwerdung des Herrn zu Mainz, der deutschen Stadt, die durch des Höchsten Güte vor den Völker­ schaften aller anderen Länder durch eine erhabene Erleuchtung ausgezeichnet wurde, zu Druck gebracht und vollendet wor­ den, und zwar nicht mit Hllfe von Tinte und Feder, sondern kraft einer wundersamen Übereinstimmung von Stempeln und Formen. Dem Höchsten und der dreieinigen Gottheit und unserer holden Jungfrau sei Dank!" Nein, er nennt nicht seinen Namen, dem Allerhöchsten allein gibt er den Ruhm und die Ehre. Während die ersten Ausbeuter seines Lebens­ werkes, Johann Fust und Peter Schösser, sich sofort und prah­ lerisch in ihren Nachworten nennen und sich somit, da Gutenberg schwieg, auch gleich noch als die Erfinder der neuen Druckkunst auszugeben scheinen.

DAS ZEITALTER Eine Erfindung von der Bedeutung, von den Folgen der Gutenbergischen ist niemals aus reiner Eingebung oder Neuerungssucht entstanden. Sie ist das Geschöpf eines lang ge­ hegten Wunsches, der mehr und mehr als eine Forderung, ein Befehl sich darstellt. So auch hier. Die Zeit war reif. Da­ für zeugt schon die äußere Tatsache, daß bereits vor Guten­ berg und zur gleichen Zeit mit ihm auch an anderen Orten Versuche angestellt wurden, mit Einzellettern zu drucken. Bis dahin kannte man hauptsächlich nur den Holztafeldruck, den Abzug also von in Holztafeln eingeschnittenen Texten und Blldern, ein offensichtlich sehr umständliches und kostspieliges Verfahren, das zur Herstellung umfangreicherer Bücher und größerer Auflagen in keiner Weise ausreichte. Als noch zwingender erweist sich die Notwendigkeit der Er­ findung des Mainzer Junkers, wenn wir die geistige und po­ litische Entwicklung betrachten, die das Abendland im i4.Jahrhundert und zur Zeit Gutenbergs, in der ersten Hälfte des 15. erlebte. Geistesgeschichtlich gesehen erwuchs damals das dritte, das apollinische Imperium, wie Konrad Burdach es so schön ge­ nannt hat, die Herrschaft eines neuen Blldungsideals, einer aus der römischen Vorzeit, aus der griechischen Kunst und Phllosophie wiedergeborenen Menschheitsidee. Im Gleich­ schritt damit vollzog fich eine Wandlung vom Kirchlich-Dog­ matischen zum Menschlich-Religiösen, die Entfesselung des dogmatisch gebundenen Gläubigen, des feudalistisch gebunde­ nen Gefolgsmannes zur freien, ihrer selbst bewußt werdenden Persönlichkeit. Wir befinden uns in der Geburtsstunde des abendländischen Individualismus. Und die Träger dieser Entwicklung und Wandlung auf allen Lebensgebieten waren vorwiegend Bürger. Im politischen Bereich erkennen wir den Zerfall der All-

gewalt des Papstes wie des Kaisers. Konzilien treten zusam­ men, maßen sich ein Richteramt über dem Papste an und setzen Päpste ab und ein. Und wenn die Kurie mit feinen di­ plomatischen Künsten es auch dahin brachte, daß die Tagun­ gen von Konstanz und Basel schließlich ohne sichtbare Erfolge endeten, die allgemeine Sehnsucht nach einer Reform an Haupt und Gliedern erhielt sich in den besten Köpfen wach und stark. Von den Scheiterhaufen des Johann Hus, des Hiero­ nymus von Prag blieb ein Widerschein, der nicht mehr erlosch. Und was der Papst fortschreitend an Macht einbüßte, das gewannen die Landeskirchen hinzu, deutlich sichtbar seit dem Wiener Konkordat von 1448. Nur schlimmer noch verlor der Kaiser an Einfluß und an Ansehen. Die einzelnen Länder beginnen, sich zu National­ staaten zu festigen und abzuschließen, — im Süden ersehnt von Dante und zum erstenmal grandios verwirklicht von Cola di Rienzo, im Norden erheischt von Occam, Wiclif und ihren Gesinnungsfreunden. Der Tiefpunkt der kaiserlichen Ohn­ macht ist zu Gutenbergs Zeit erreicht. Der Bettelkaiser, so hieß Friedrich m. Und ein zeitgenössischer Bericht sagt von ihm: „Und reit also in dem lande umb als ein betteler und schätzt ein statt nach der anderen. Zuoletzt reit er gon Metze und bettelt ouch do selbest..." Sehr bezeichnend ist es, daß Friedrich sich an die Städte und nicht an die Fürsten wendet. Die machtvoll emporstreben­ den Städte schränkten die Gewalt der Fürsten immer bedroh­ licher ein. Gemeinwesen wie Straßburg oder Frankfurt am Main vermochten mehr als zwei Landgrafen. Und wir wissen, wie erfolgreich Nürnberg dem damals mächtigsten Kurfürsten, dem Brandenburger Albrecht Achilles, trotzte. In diesen Städ­ ten wiederum waren — nach oft jahrzehntelangen Kämpfen der Zünfte gegen das Patriziat — die junkerlichen Magi­ strate von plebejischen abgelöst worden. Hier abermals: der Bürger bemächtigt sich der Selbstverwaltung, der Bürger

tritt in die Geschichte ein und gewinnt Schritt um Schritt an Boden. Drei starke Bewegungen waren es, die — völlig voneinan­ der getrennt — diese Wandlungen auslösten, mit denen un­ sere Neuzeit beginnt. Die eine war gemüthaft-innerlicher Na­ tur: die deutsche Mystik, die den Gläubigen von dem forma­ len Gottesdienst und von der äußeren Werkgerechtigkeit zurückleitete zum Gotteserlebnis aus der Wesenheit des eigenen Ich. Die Lehrer und Anhänger dieser Bewegung waren in der Mehrzahl niedere Geistliche, Mönche, Nonnen, schlichte Bürger. Die zweite Bewegung war politisch-polemischer Natur und könnte als die erste Aufklärung bezeichnet werden. Sie erstand in den Kreisen der Universität Paris, fand ihren ersten lite­ rarischen Niederschlag in dem „Roman de la Rose“ und ihren ersten großen Wortführer in dem kühnen Freigeist Marsilius, der in seinem „Defensor Pacis“ alle weltliche Gewalt auf das Volk zurückführte und den Fürsten nur als den ersten Be­ amten des Volkes, als einen tivis principans gelten ließ. Occam und Wiclif trugen diese Revolution der politischen Anschauungen weiter bis hin zu dem Kanzler der Universität Paris, Gerson, der da verkündete: „Das Konzll hat im Sinne des göttlichen und natürlichen Rechtes absolute Gewalt über den Papst", — ja, hier bereits ist das Naturrecht ein Fundamentalbegriff. Diese Ideen wirkten auch stark auf Deutsch­ land ein und wurden in der Kaiserwahl Ludwigs des Baiern — des ersten Demokraten auf dem Thron, wie man ihn ge­ nannt hat —, zum erstenmal politisches Phänomen. Noch der größte Denker des 15. Jahrhunderts, Gutenbergs Zeitgenosse, der moselländische Schiffersohn Nikolaus aus Cues, zeigt sich in seiner Jugend von diesen Vorstellungen beeinflußt. Das zweite Buch seiner „Concordantia Catholica“ wurde für die Reformfreunde der Konzilien von Konstanz und Basel eine Art von Katechismus. — Und hier wiederum: die Träger dieser ersten Aufklärung, es waren Bürger.

Die dritte Bewegung endlich, die machtvollste, bezeichnen wir heute als Humanismus und Renaissance. Ihr Wesen und ihre Bedeutung sind allgemein bekannt; um so eindringlicher muß auf das folgende hingewiesen werden: die Schriften der großen Griechen und Römer waren von Petrarca und Boccaccio bis hin zu Niccoli und Poggio mit leidenschaftlicher Sammlerfreude aufgefunden und in philologisch vielfach aus­ gezeichneten Ausgaben und Übersetzungen veröffentlicht wor­ den. Aber... veröffentlicht in Handschriften! Die nur den wenigsten zugänglich waren! Die von Hand zu Hand abge­ schrieben werden mußten und mit jeder Abschrift fehlerhafter wurden! Demgegenüber wuchs beständig die Schar der bildungs­ hungrigen, machthungrigen Söhne jenes Bürgertums, das wir von allen Fronten her im Aufbruch sahen, jenes Bürger­ tums, das da Kaiser, Päpste, Fürsten und Kardinäle finan­ zierte, das sich die Selbstverwaltung in seinen Städten er­ kämpft hatte, das seine Jungen nach den damals besten Uni­ versitäten — nach Italien — schickte, wo sie eigene deutsche Stubenschaften bildeten, wo sie zu einer neuen geistigen Frei­ heit, zu einer neuen Menschheitsidee erwachten — das waren dann später jene ersten deutschen Humanisten, die Felix Hem­ merlin, Sigmund Gossembrot, Gregor von Heimburg, Niko­ laus aus Cues und andere —, jenes Bürgertums kurzum, das wohl das Geld besaß, um die Macht zu erobern, dem aber noch das Mittel mangelte, sie zu behaupten! Der Papst beherrschte die Welt kraft des Kreuzes, der Adel kraft des Schwertes. Der Bürger konnte sie einzig beherr­ schen: kraft des Geistes! Hierzu fehlte ihm dieses eine, das alles war: das Buch! Wenn es gelang, die Lehren der Grie­ chen und Römer, der Humanisten, der Aufklärer und Mystiker in großen Auflagen, in kurzer Frist und zu allen erschwing­ lichen Preisen zu vervielfältigen, so war alles gewonnen, so waren morgen auch Universitäten und Schulen da in beliebi-

ger Zahl, wo immer sie fehlten, die Rüstkammern und Heer­ lager der neuen Führerschicht! Nun verstehen wir, weshalb damals, genau zu jener Stun­ de, die Erfindung der mechanischen Vervielfältigung von Schriften gelingen mußte, und weshalb sie gerade in Deutsch­ land gelingen mußte. Und es ist eine feine Ironie der Ge­ schichte, daß just ein standesbewußter Stadtjunker, ein Sohn der gestürzten Adelspartei es war, der mit seiner Erfindung dem empordrängenden Bürgertum die so heiß begehrte, die einzig siegreiche Waffe schenkte! Rückblickend erkennen wir, daß eben dieser Junker Johann zum Gensefleische, genannt zum Gutenberg, es sein mußte. Denn gleich allen genialen Männern war er im tiefsten Sinne ein Kind seiner Zeit, ja mehr noch ihr Repräsentant: der Letzte eines alten Rittergeschlechtes und zugleich ein zünftiger Handwerksmeister! Ein solches Nebeneinander wäre zoJahre früher noch nicht denkbar gewesen. Dieses Nebeneinander, diese Vereinigung von Ritterstolz und Handwerkerstolz in ein und derselben Persönlichkeit veranschaulicht ebensosehr die Be­ sonderheit Gutenbergs wie jene seines Zeitalters: den ent­ scheidenden Übergang von der Adelskultur des späten, müden, in allen Lebensformen erstarrenden höfischen Mittelalters zu der städtischen Bürgerkultur der Neuzeit.

LEBENSDATEN Was wissen wir nun von diesem Manne? Wir besitzen nur wenige Urkunden über das Leben Johann Gutenbergs. Und diese wenigen Zeugnisse können im Sinne einer strengen Quellenforschung nicht einmal immer als gesichert angesehen werden. Manche wesentlichen Einblicke hat uns erst die seit 50 Jahren immer emsiger und gründlicher betriebene Durchfor­ schung der Gutenbergischen Drucke vermittelt. Wie jedoch über die Drucke noch erhebliche Meinungsverschiedenheiten

der Gelehrten bestehen, so auch über die Rückschlüsse und Aus­ deutungen, die Gutenbergs Leben und die Geschichte seiner Erfindung betreffen. Von anderen großen Männern blieb uns zum mindesten eine Gedenkstätte erhalten, das Geburtshaus oder das Grab. Von Gutenbergs Geburtshaus, dem Hofe zum Gutenberg in Mainz, der Besitz seines Vaters war (heute Grundstück Schusterstr. 56 und Christophgasse 2), ist nichts mehr vorhan­ den. Und seine Grabstätte in der Kirche des Franziskaner­ klosters (Alte Universitätsstraße, gegenüber dem Universitätsgebäude) fiel mit dem Kloster der Zerstörung anheim. Johann Gutenbergs einzige Denkmäler bleiben seine Drucke. Und als das unvergänglichste: seine Erfindung. Auch ein zeitgenössisches Bildnis besitzen wir nicht, wie eingangs schon bemerkt wurde. Am ehesten mag der Kupfer­ stich aus Andre Thevets „Vies et Portraits des hommes illustres«, Paris 1584, der Wahrheit nahekommen. Der Er­ finder wird auch in seiner Erscheinung jene Verbindung von altem Adel und tüchtiger Bürgerlichkeit dargestellt haben, die das Geheimnis seines Wesens und seiner Leistung aus­ macht. Sein Vater entstammte einem angesehenen siiftsfähige» Rittergeschlecht, das seit 1330 mit Herrn Frile zum Gensefieische, genannt Rafit (ravit = Streitroß) für Mainz beur­ kundet ist. Wahrscheinlich hieß das Geschlecht vorher Rafit und nannte sich Gensfleisch nach dem Hofe, den der Vorfahr Frile in Mainz erwarb und der einem Manne gehört hatte, der leidenschaftlich gern Gänsebraten aß. Die Gensfleisch waren in Mainz Ratsherren, Bürgermeister und Canonici und ge­ langten durch Lehen und durch Heiraten in den Besitz eines großen Vermögens und zahlreicher Höfe, unter anderen jener Zum Jungen, Zur Laden, Zur Jungen Aben. Das schöne, heute noch gut erhaltene Stammhaus Zum Gensfleisch (Komplex Emeransstraße-Pfandhausgasse-Rosengaffe), das 24

noch völlig einer mittelalterlichen Stadtfeste glich, war seit 1370 nicht mehr im Besitz der Linie Gutenbergs. Überhaupt scheint des Erfinders Familie unter dem immer heftiger werdenden Widerstand der Zünfte gegen das Patri­ ziat erhebliche Einbuße erfahren zu haben. Denn anders hätte Gutenbergs Vater Friele zum Gensfleisch, genannt zur Laden, zu Gutenberg, der von 1372 bis 1419 als städtischer Rechen­ meister und Münzgenosse bezeugt ist, wohl nicht den damals noch seltenen Schritt gewagt, zur zweiten Ehe eine vermö­ gende Bürgerliche zu nehmen, das Elsgen Wyrich, Tochter des Werner Wyrich „vom steinernen Kram". Aus dieser Ehe stammen drei Kinder: Friele, Else und als letztes unser Jo­ hann, in den Urkunden vorwiegend Henne genannt. Das Geburtsdatum Johann Gutenbergs sieht nicht fest, man nimmt an, daß er um das Jahr 1400 zur Welt kam. Auch über seine Kindheit und Jugend ist nichts bekannt. Er wird bei dem Kindermeister seiner Pfarrkirche St. Christoph schreiben, lesen und rechnen gelernt haben, später vielleicht noch bei dem von den Karmelitern angestellten magister studentinm etit wenig Latein, Rhetorik und Mathematik. Im Jahre 1420, dies ist das erste feststehende Datum, muß der junge Gutenberg mit vielen Adligen vor einem erneuten Auftuhr des Volkes wider das Patriziat seine Vaterstadt Mainz verlassen. Er mag zunächst bei seinem älteren Bruder in Elt­ ville Unterkunft gefunden haben und wird, wenn er in der nächsten Zukunft auch noch nicht völlig mittellos erscheint, fortab doch zum eigenen Geldverdienst genötigt gewesen sein. Auf diese Weise wäre zwanglos erklärt, wie der junge Adlige dazu kam, seine Begabung für handwerkliche, kunstgewerb­ liche Arbeiten, die ihm eingeboren sein mußte, zum Broter­ werb auszubilden. Also wird er in den folgenden Jahren bei einem Goldschmiedemeister und Spiegelmacher in die Lehre gegangen sein und muß als selbständiger Meister zunächst seine Zufriedenheit und sein Auskommen gefunden haben, da

die in der „Rachtung" vom Jahre 1430 gebotene Gelegen­ heit, in die Vaterstadt zurückzukehren, nicht wahrnimmt. Seit dem Jahre 1434 ist Gutenberg in Straßburg als Goldschmied und Spiegelmacher bezeugt. Laut Urkunde vom 14. März 1434 läßt er nach altem deutschen Recht den Main­ zer Stadtschreiber Nikolaus von Werstatt in Straßburg fest­ setzen, weil Mainz ihm eine rückständige Rente von 310 Gul­ den nicht auszahlen wollte. Der Mainzer Stadtschreiber sollte dafür bürgen, daß Mainz die Zahlung an Gutenbergs Verwandten Orte Gelthus ausrichte. Der „Stadt Straßburg ,$u Liebe und Ehre" jedoch verzichtet unser Junker auf seine Forderung und gibt den Schreiber frei. Diese als wenig wich­ tig erscheinende Nachricht läßt zwei wichtige Schlüffe zu: erstens den, daß Johann Gutenberg nachdrücklich sein gutes Recht wahrnahm, und zweitens den, daß er von Natur groß­ mütig und zur Nachficht bereit war. Zunächst betrieb Gutenberg in Straßburg die Kunst des Steinepolierens und lehrte sie dem Straßburger Bürger Andreas Dritzehn. Im Jahre 1437 unterweist er den Richter Hans Riffe in der Kunst des Spiegelmachens. Die Spiegel sollten auf der Aachener Heiltumsfahrt 1439 verkauft werden, und Gutenberg sollte zwei Drittel, Riffe ein Drittel vom Gewinn erhalten. Alsbald wird auch Dritzehn in dieses Un­ ternehmen aufgenommen. Gutenberg lebte und arbeitete zu jener Zeit im Kloster Arbogast, das eine Viertelstunde Weges vor dem Weißturmtore lag. Er wurde zur niedrigsten Steuer­ klasse veranschlagt, scheint also keine großen Gewinne erzielt zu haben, und war „Zudiener", das heißt außerordentliches Mitglied, in der Straßburger Zunft der Goldschmiede. Neben diesen wenig ergiebigen Nachrichten sind aber noch andere auf uns gekommen, die von der Mehrzahl der Gutenbergforscher heute dahin gedeutet werden, daß der Mainzer Junker seit 1436 zu Straßburg, vorerst in aller Heimlichkeit, mit Druckversuchen sich beschäftigte. Im Protokoll des Prol6

zeffes von 1439 heißt es, daß der Straßburger Goldschmied Hanns Dünne vor drei Jahren von Gutenberg 100 Gulden für Werkzeuge erhalten hat, die zum Drucken gebraucht wer­ den. Im Jahre 1437 veranlaßt der Straßburger Geistliche Antonius Heilmann, der nach allen Nachrichten dem Junker besonders nahegestanden haben muß, daß auch sein Bruder Andreas Hellmann in jene von Gutenberg mit Dritzehn und Riffe begründete Gesellschaft aufgenommen wird. Der Mei­ ster wird verpflichtet, „sie alle sin künste und afentur, so er für­ baffer oder in ander wege mer erkunde oder wüste, auch zu leren und des nicht vür inen zu verhelen". Was waren dies für besondere und neue Künste, in die Gutenberg seine Gesell­ schafter einweihen sollte? Zunächst scheint der Junker sie ihnen noch „verhelt" zu haben. Aber im Jahre 1438 überraschen die Gesellschafter ihn draußen in Arbogast bei einer geheimen Betätigung — und führen einen erweiterten Gesellschafts­ vertrag herbei, in dem sie sich zu recht hohen Einzahlungen verpflichten. Wir wissen ferner, daß die Heilmanns bei Straßburg eine Papiermühle besaßen, daß Andreas Dritzehn sich von dem Drechsler Conrad Sahspach eine „Presse" fertigen und in seinem Hause aufstellen ließ, daß derselbe Dritzehn sich vor seiner Base und vor einer Bärbel, dem „kleinen Frau­ chen" aus Zabern, in prahlerischen Andeutungen erging und daß Gutenberg mehrfach von einem Werner Smalriem Blei kaufte, einmal allein für 113 Gulden! Am ersten Weihnachtsfeiertag 1438 starb Andreas Drit­ zehn unerwartet nach kurzer Krankheit. Seine Brüder for­ derten von Gutenberg die für den Todesfall eines der Gesell­ schafter vereinbarte Entschädigung von 100 Gulden. (Wäre Gutenberg damals gestorben, so hätten seine Erben ganze 100 Gulden für seine Erfindung erhalten!) Der Junker entgegvete, daß Andreas von der pflichtigen Einzahlung noch 85 Gulden schuldig geblieben sei und daß also nur 15 Gulden an die Erben auszuzahlen wären. Genau ebenso entschied auch

der Große Straßburger Rat über die Klage der Dritzehns. Höchst bemerkenswert ist nun, was sich gemäß den ausführ­ lichen Zeugenaussagen sogleich nach der Nachricht von dem plötzlichen Ableben des Andreas abspielte. In verdächtiger Elle und Sorge begibt sich der Gesellschafter Andreas Hell­ mann zu dem Drechsler Conrad Sahspach und bittet ihn, zu Dritzehn zu gehen und die Presse zu zerlegen. „Dann weiß niemand, was es ist." In ebenso verdächtiger Eile und Sorge entsendet Gutenberg seinen Knecht Lorenz Belldeck an Claus Dritzehn und läßt ihm sagen, er solle doch die Presse, welche sein seliger Bruder Andreas unter sich hatte, niemandem zeigen, sondern so freundlich sein und dieselbe mit den zwei Wirbeln öffnen, dann fielen die Stücke auseinander. Diese Stücke möge er in oder auf die Presse legen. Dann könnte niemand klug daraus werden, was es eigentlich sei. „Denn", so schließt Belldeck, „mein Junker hat nicht gerne, daß es je­ mand sieht." Was unter den „Würbelin" und „Stücken" genau zu ver­ stehen ist, blieb bis heute von den Gelehrten umstritten, daß sie jedoch Bestandtelle von Druckgeräten waren, kann wohl kaum angezweifelt werden, nachdem noch aus dem Nachlaß des Andreas Dritzehn „ein Vorrat von großen und kleinen Büchern", „ein snytzel gezug" und „die Presse" erwähnt wer­ den. Der Ausdruck „gezug" umschreibt auch in der Akte zu Gutenbergs zweitem großen Prozeß vom Jahre 1455: Werk­ zeug zum Drucken (genauer: zum Stempelschneiden). Aus alledem dürfen wir schließen, daß Gutenberg seit 1436 in Straßburg eine völlig neuartige Druckkunst entwickelte, daß er sie in Form eines Gesellschaftsvertrages zu finanzieren ver­ suchte, daß sie seit 1438 im Hause des Andreas Dritzehn be­ trieben wurde und daß der Erfinder wie seine Gesellschafter ängstlich um ihre Geheimhaltung besorgt waren. (Noch Jahr­ zehnte später werden die famuli der Druckherren vielfach zur Geheimhaltung verpflichtet.) Was aus der Gesellschaft wei18

terhin geworden ist, entzieht sich unserer Kenntnis. Im Jahre 1441 leistet Gutenberg in Straßburg noch eine Bürgschaft, tot Jahre 1442 muß er selbst vom Straßburger ThomasStift ein Kapital von 80 Pfund Denaren aufnehmen. Also scheint er damals noch Kredit beseffen zu haben. Während der letzten vier Straßburger Jahre wohnte Gutenberg in der Stadt. Die räuberischen Armagnaken, die beständig die Um­ gebung heimsuchten, legten 1444 das Kloster Arbogast in Asche. Diese Unruhen und wahrscheinlich auch die Auflösung der Gesellschaft mögen den Erfinder dazu bewegt haben, gegen Ende 1444 Straßburg zu verlassen. Vielleicht sprach auch ein noch ernsteres persönliches Erlebnis dabei mit. Vor dem Jahre 1437 bereits hatte Gutenberg sich mit einer Straßburgerin, mit der Jungfer Ennel zur yserin ture, ver­ sprochen wenn nicht gar verlobt, hat jedoch sein Eheverspre­ chen nicht eingelöst und wurde deshalb von Ennel vor dem geistlichen Richter verklagt. Wir wissen von dieser ganzen Be­ ziehung und von der Klage Ennels einzig durch die Beleidi­ gungsklage des Straßburger Schuhmachers Schotten Lawel (Klaus Schott) gegen Gutenberg. Der Schuster hatte in Ennels Prozeß gegen den Junker ausgesagt und war darauf­ hin von ihm beschimpft worden. Ein Straßburger Forscher glaubte, aus dem Vermerk „Ennel Gutenbergen" im Straß­ burger Helbelings-Zollbuch für 1442 schließen zu können, daß der Junker die Ennel geheiratet hat, — für 1444 wird Ennel jedoch unter denen, „die mit niemand dienen", als „Ennel zur Jserin Thüre" aufgeführt. Solange nicht neue Funde glücken, müssen wir der Annahme zustimmen, daß Gutenberg nicht geheiratet hat und kinderlos starb. Doch bleibt die Vermu­ tung gestattet, daß der aus allen anderen Nachrichten als offenherzig und rechtschaffen bekannte Junker sein Ehever­ sprechen nicht einlösen konnte, well er sein Vermögen und alle erreichbaren Gelder nur immer für seine Erfindung hingeben mußte, daß er also seinem Werke seine Liebe opferte. Einen

Beleg für diese Schlußfolgerung bietet uns die Zimmernsche Chronik, verfaßt vom Grafen Werner Wllhelm von Zimmern (1485—1575), in der zur Regierungszeit des Mainzer Erz­ bischofs Lheoderich Graf und Herr zu Erbach (1435—1459) gesagt wird: „Under der Regierung dieses Erzbischoffs warbt erstlich die Edel Kunst der Buchtruckerei zu Maintz in der statt erfunden durch einen habehaften reichen Bürger da­ selbst Hannes Gudenberger genannt, der alle seine guter und vermögen darauff wenden that, biß er es zu wegen bracht." Dies und die Tatsache, daß Gutenberg in immer neue Prozesse und immer größere Schwierigkeiten verstrickt wurde, wäre dann der Auftakt zu jener erschüttern­ den Erfindertragödie, deren Höhepunkt der Prozeß mit Jo­ hann Fust darstellt. Noch einer Straßburger Nachricht sei gedacht, die unsere Vorstellung von Johann Gutenberg abermals ein wenig ausrundet: sein Verhältnis zu den Gesellschaftern war freund­ schaftlich, sie tafelten oft bei ihm draußen in Arbogast. Dritzehn schenkte dem Meister im Herbst 1438 eine halbe Om Wein und ein andermal, gemeinsam mit Andreas Heilmanv, „ein halbes fuder gesottenen wins". Dies deutet auf einen damals gern geselligen, lebensfrohen und trinkfreudigen Herren. Wo Gutenberg von 1445 bis 1448 sich aufgehalten hat, blieb bis heute unbekannt. Er mag für einige Zeit bei den Humbrechts, seinen Verwandten in Frankfurt am Main, ge­ weilt haben, wird jedoch alsbald in seine Vaterstadt zurückge­ kehrt sein und wird dort in einer bescheidenen Werkstatt seine Druckversuche fortgesetzt haben, da sein ältester uns erhaltener Druck, das Fragment vom Weltgericht, mit einiger Bestimmt­ heit für Mainz und für das Jahr 1446 in Anspruch genom­ men werden darf. Von seiner Familie traf der Heimgekehrte niemanden mehr an. Die Eltern und Geschwister waren sämt­ lich lange schon verstorben. Ältere Forscher haben angenom-

men, daß Gutenberg im Hof „Zum Jungen" gewohnt, dort seine Erfindung vollendet und seine berühmtefien Drucke her­ gestellt hätte. Heute glauben wir zu wissen, daß diese Ehre dem Hofe „Zum Humbrecht" (Schustergaffe i8, 20, 22, Schöfferhof mit angeschloffenem Hof „Zum Korb") zukommt. Der Besitz gehörte bis 1462 dem Henne Humbrecht, dem Ehe­ mann der Nichte und Alleinerbin des Erfinders. Bald nach der Rückkehr nach Mainz muß Gutenbergs Geldnot besonders arg geworden sein und muß die Fort­ setzung seiner Arbeiten ernstlich gefährdet haben. Am 17. Ok­ tober 1448 leiht er sich durch Vermittlung eines Verwandten 150 Gulden, und Ende 1449 schließt er mit dem Mainzer Kaufherren Johann Fust jenen unseligen Vertrag, durch den er sein Lebenswerk — Erfindung samt Werkstatt, Druckgerät und Druckvorräten—dem guten Willen, dem Anstand und der Einficht seines Geldgebers anvertraut. Nur ein von bitterer Not und Ratlosigkeit Gewürgter konnte einen solchen Ver­ trag abschließen, der zunächst einmal nicht befristet war und daher von dem Kaufmann Fust jederzeit gekündigt werden konnte. Und weiter: die Straßburger Jahre zeigten «ns einen Gutenberg, der mit Verträgen, mit Rechtsfragen und Pro­ zessen wohl vertraut war. Wir dürfen also im Falle des Ver­ trages mit Fust nicht allein der Not und schon gar nicht etwa einer weltftemden Vertrauensseligkeit die Schuld zumessen. Wenn ein schöpferischer Mensch mit so hohem Einsatz sein „Alles oder Nichts" spielt, dann geschah es von jeher einer hohen Aufgabe, einem großen Werke zuliebe, das unbedingt, unter welchen Opfern auch immer, auf Gedeih und Verderb geschaffen werden mußte. Dieses Werk, für das Gutenberg alles auf eine Karte setzte, wurde sein Meisterwerk: die Bibel zu 42 Zeilen je Kolumne, die heute als „Gutenberg-Bibel" den kostbarsten Besitz mancher großen Bibliothek darstellt und deren schönstes Ex­ emplar an der Fisth Avenue in New Dork in einem besonde-

re» Gedenksaal aufbewahrt wird. (In den USA. befinden sich heute insgesamt neun Exemplare.) Wir können uns im Zeit­ alter der Rotationsmaschine und der Komplettgießmaschine nur schwer einen Begriff davon machen, welches Wagnis es für Johann Gutenberg bedeutete, mit seiner kaum vollende­ ten Erfindung, die er bislang nur an Einblättern, Kalendern und kleinen Büchern erprobt hatte, ein Werk vom Umfange der Vulgata zum Abdruck zu bringen und dabei von der erste» bis zur letzten Zelle die peinliche Sauberkeit und Gleichmäßig­ keit der kunstvollen Handschrift, die zur Vorlage diente, nicht nur zu erreichen sondern möglichst noch zu übertreffen. Die Herrichtung allein der Werkstatt und allen notwendigen Ge­ rätes hat ungefähr zwei Jahre beansprucht — wurden doch die etwa 200 Exemplare der Bibel auf mindestens vier Pressen gleichzeitig gedruckt. Bis dahin wird Gutenberg nur mit einer einzigen brusthohen Handpresse gearbeitet haben. Rechnet man die für vier Pressen nötigen Vorräte an Stempeln, Ma­ trizen, Gießinstrumenten, Lettern usf. hinzu, so gelangt mau zu der Vorstellung eines für damalige Zeiten außerordent­ lichen Großbetriebes mit mindestens 12 Gehilfen. (Zu jeder Presse gehörten 3—4 Mann: 1 Setzer, 1 oder 2 Gehilfen an der Presse und 1 Einfärber.) Die Drucklegung währte abermals zwei Jahre. Das ganze Unternehmen zog sich vom Anfang des Jahres 1450 bis etwa zum Herbst 1455 hin, da die Ausführung anderer Drucke im Auftrag mit kurzer Frist, u. a. der Ablaßbriefe von 1454 und 1455, den Bibeldruck unterbrach. Darin sowie in der Tatsache, daß Johann Fust seine Zahlungen saumselig, zum Teil sogar überhaupt nicht entrichtete, wird der Grund für das Zer­ würfnis zwischen dem Erfinder und dem Kaufherren zu suchen sein. Überdies war Gutenberg der Letzte eines altangesehenen patrizischen Geschlechtes und gehörte zu der entmächtigten Adelspartei, während Fust einer aufstrebenden Bürgerfamilie entstammte und der über den Adel siegreichen Volkspartei zuge-

zählt werden muß. Sein Bruder Jakob Fust, der Goldschmied, war Ratsherr und im Jahre 1462 Bürgermeister von Mainz. Der Kaufherr Fust gab an Gutenberg zweimal 800 Gulden — (800 Gulden entsprachen damals dem Werte einer an­ sehnlichen Häuserzelle). Die erste Einzahlung geschah in der üblichen Form des Darlehens und sollte Gutenberg dazu dienen, „sein Werk zu vollbringen". Sie wird völlig für die Ausstattung der Werkstatt nebst Papierbeschaffung, Löhnen, Lebensunterhalt usw. verausgabt worden sein. Die zweite Zahlung des Kaufherrn an Gutenberg erfolgte für ein Werk „zu ihrer beider Nutzen" — gemeint ist der Bibeldruck, an dem Fust somit in Form eines Gesellschaftsvertrages zum Teilhaber wurde. Demgemäß durfte Gutenberg diese zweiten 800 Gulden einzig für den Bibeldruck verwenden. Alle ande­ ren Aufwendungen und den eigenen Lebensunterhalt mußte er aus dem Verdienst für andere Arbeiten bestreiten (Ablaß­ briefe, Türkenkalender für 1455). Dem Kaufmann Fust wie­ derum konnte einzig an einem möglichst schnellen Abschluß des Bibeldrucks, am baldigen Verkauf der 200 Exemplare ge­ legen sein. Ein jeder Kaufmann will sein Geld arbeiten sehen und Gewinne erzielen. Gutenberg hingegen — das bezeugt jede Zelle seiner uns erhaltenen Bibeln —, setzte und druckte bis zum Schlußwort mit äußerster Gewissenhaftigkeit. Und Gewissenhaftigkeit bedeutet: Geruhsamkeit. So kam es, wohl im Beginn des Jahres 1455, zum Zer­ würfnis. Fust kündigte, kurz vor der Vollendung des Bibel­ drucks, dem Junker den Vertrag und forderte seine Einzah­ lungen nebst Zins und Zinseszins zurück. Da Gutenberg nicht zahlen konnte und überdies die Rechtmäßigkeit der For­ derungen Fustens bestritten haben wird, so folgte im Laufe des Sommers 1455 die Verhandlung der Klage des Kauf­ herrn vor dem Mainzer Stadtgericht. Gutenbergs Lage war von vornherein hoffnungslos. Denn erstens hatte er dem Kaufmann für die ersten 800 Gulden

alles, was von diesem Gelde geschaffen wurde, vertraglich zum Pfande versichert, und zweitens mußte er auch vor Ge­ richt noch seine Erfindung wie den Bibeldruck in der Sorge vor Nachahmern und Ausbeutern geheimhalten. Die Schwä­ che des mittelalterlichen Menschen für alles Geheimnis und geheimnisvolle Wirken ist hier hinzuzurechnen. Das besie­ gelte sein Verhängnis. Denn da Gutenberg wie Fust innerhalb der Verhandlung nur immer in dunkler Andeutung von dem „Werk", einmal auch von dem „Werk der Bücher" sprachen, so konnten die Richter nicht ahnen, welche Werte ganz besonderer Art und Bedeutung der Junker in den vier Jahren von Fustens Geld geschaffen hatte, und konnten also nur über den üblichen Darlehensvertrag nach den üblichen Bestimmungen urteilen. Um so ehrenvoller für das Gericht, daß es sich von dem Kaufmann nicht täuschen ließ, der da versuchte, das „Werk" (die Werkstatt), für das er die ersten 800 Gulden gab, und jenes „Werk" (der Bibeldruck), für das die zweite Einzahlung geschah, als ein und dasselbe darzustellen. Dann nämlich wäre auch der gesamte Bibeldruck im vornherein unter die ver­ pfändeten Gegenstände gefallen. Das Gericht erkannte, daß die zweite Zahlung in Form der Teilhaberschaft erfolgt war und daß Gutenberg von den zweiten 800 Gulden nur den­ jenigen Betrag an Fust zurückzuerstatten hatte, der nicht für das gemeinsame Werk verausgabt worden war. Gutenberg erbot sich, entsprechende Rechnung zu legen. Die Restschuld blieb erdrückend genug: 1276 Gulden! Da­ von entfielen allein über 400 auf Zins und Zinseszins. Fust hatte zwar ehedem mündlich auf seinen Zinsanspruch ver­ zichtet, vor Gericht jedoch behauptete er, Schaden genommen, das heißt die ihm von Gutenberg geschuldeten Beträge selbst von Juden und Christen geborgt zu haben. Im Falle des Schadennehmens mußte der Schuldner (Gutenberg) unbe­ dingt für den Zins und Zinseszins aufkommen. Fust hatte das Schadennehmen nur noch zu beeiden.

Das tat er am 6. November 1455 vor dem Notar Ulrich Helmasperger. Das Protokoll dieser Eidesleistung, das soge­ nannte „Helmaspergersche Notariatsinstrument", ist voll­ ständig erhalten. Ihm verdanken wir alle hier verwandte Kenntnis über den gesamten Streit Fust gegen Gutenberg. Der Junker ist zu der Eidesleistung des Kaufherrn in der Konventstube der Franziskaner nicht erschienen. Er ließ sich durch Heinrich Günther, den Pfarrer von St. Christoph, und durch seine Druckknechte Heinrich Keffer und Bechtolf von Hanauwe (Berthold Ruppel von Hanau) als Zuhörer vertreten. Fustens Hauptzeuge bei der Eidesleistung war sein Bru­ der, der Goldschmiedemeister Jakob Fust. Und sogleich hinter diesem nennt das Protokoll einen „Peter Girnßheim". Das ist kein anderer als Gutenbergs Druckknecht, der Kleriker Peter Schöffer aus Gernsheim, der für 1449 noch als Schönschrei­ ber an der Universität Paris bezeugt ist und der etwa 1453 in Gutenbergs Werkstatt eingetreten sein wird. Vergleicht man Schössers eigene, spätere Drucke mit denjenigen der anderen Gutenberg-Schüler, so erscheint der Gernsheimer als der bei weitem begabteste und selbständigste und muß so etwas wie Gutenbergs Meisterschüler gewesen sein. Und dieser selbe Schöffer gibt 18 Monate nach Fustens Eidesleistung, die Gutenbergs Zusammenbruch besiegelt, als Druckleiter der inzwischen von dem Kaufmann eröffneten Offizin seinen ersten großen Druck, den Psalter heraus! Sein nie wieder erreichtes Meisterstück. Und maßt sich und Fust mit dem folgenden Nachwort schier noch die Ehre der Erfindung an: „Gegenwärtige Sammlung der Psalmen... ist durch die künstliche Erfindung zu drucken, ohne Hilfe der Feder also, gefertigt und zur Verehrung Gottes nach vieler Mühe und Arbeit zustande gebracht worden durch Johann Fust, einen Mainzer Bürger, und Peter Schöffer von Gernsheim..." Und derselbe Schöffer heiratet des Kaufmanns einzige Toch­ ter Christinn, genannt Dyna.

Der Zusammenhang, den alle diese Tatsachen unwillkür­ lich ergeben, rückt den Kaufmann aber auch den Kleriker in ein wenig günstiges Licht. Man kann sich des Verdachtes kaum erwehren, daß Fust den Streit mit Gutenberg — so kurz vor Vollendung des Bibeldrucks! — absichtlich herbei­ geführt hat, nicht um seine Einzahlungen, dafür aber unend­ lich viel mehr zu erhalten: Gutenbergs Werkstatt und... die volle, selbständige Ausnutzung der Erfindung! Mit Hilfe des Musterschülers Peter Schösser, den Fust noch während des Prozesses zu sich herübergezogen haben wird. Wie dem auch sei, mag Fust nun in allen Ehren sein gutes, verbrieftes Recht wahrgenommen oder mag er kaltblütig eine sichere Berechnung durchgeführt haben: in jedem Falle ist Johann Gutenberg durch seine Verurteilung um den Lohn eines fast zwanzigjährigen opferreichen Mähens und Wirkens, um die Frucht seiner Erfindung gebracht worden! Denn da er seine Schuld nicht bezahlen konnte, so wurde Fustens Pfändungsrecht wirksam. Und für den Wert von 1276 Gulden (das waren im Jahre 1900 an 16000 Mark, wobei die viel größere Kaufkraft des damaligen Goldguldens zu bedenken ist, — »ach Tronniers Berechnungen betrug sie mindestens das Zehn­ fache des heutigen Geldes), für einen solchen Anspruch konnte man schon kräftig pfänden — besonders dann, wenn es sich um Dinge wie Gießinstrumente, Matrizen und Metallettern handelte, für die es noch keinen festen Preis gab, weil sie von Johann Gutenberg soeben erst geschaffen und noch nie ge­ handelt worden waren. Es muß angenommen werden, daß nicht nur Gutenbergs gesamte Werkstatt mit allem von ihm mühselig gefertigten Gerät, sondern auch die volle Auflage der Bibel zu 42 Zeilen nebst den Typen in des Kaufherrn Besitz überging. Und wenn die Offizin Fust-Schöffer im August 1457 bereits den großen Psalterdruck veröffentlichen konnte, so wird gefolgert werden dürfen, daß der Letternschatz des Psalters, mit Ausnahme

der Initialen, noch von Gutenberg geschaffen wurde und also gleichfalls in die Pfandmaffe geraten ist. Gottfried Zedler hat kürzlich glaubhaft gemacht, daß auch die prachtvollen PsalterInitialen noch von Gutenberg selbst stammen. Wäre Gutenberg an dem Erlös aus dem Verkauf der Bibel noch beteiligt gewesen, so hätte er nicht in jene Not geraten können, die alle Nachrichten der Folgejahre er­ schließen lassen. Er muß sich einem neuen Geldgeber anver­ trauen, dem Syndikus und Kanzler des Mainzer Rates Dr. Konrad Humery, — er bringt, wenn wir von dem Problem der Bibel zu 36 Zeilen vorläufig einmal absehen, bis auf das „Catholicon" von 1460 nur kleine Drucke heraus, die sämt­ lich den Eindruck eines in den Mitteln beschränkten und see­ lisch bedrängten Meisters erwecken, — er kann seit 1458 nicht einmal mehr die Zinsen an das Straßburger Thomas-Stift entrichten und wird 1461 von dem Stift bei dem Hofgericht in Rottweil verklagt, — seine Schüler schließlich müssen ihn einer nach dem anderen verlassen und tragen seine neue Kunst in die Welt. Berthold Ruppel wird der erste Drucker in Basel, Heinrich Keffer (mit Senseuschmid) in Nürnberg, Jo­ hann Numeister in Foligno, Johann Mentelin, wenn er je bei Gutenberg gearbeitet hat, in Straßburg und — unter derselben fraglichen Vorbedingung — Ulrich Zell in Köln. Die Offizin Fusi-Schöffer indessen bringt zahlreiche größere Werke in sehr viel reicherer Ausstattung heraus und scheint dem Erfinder dank seiner Erfindung weitgehend den Markt genommen zu haben. Und es wird nicht nur Gutenbergs bei­ spielloser Selbstbescheidung, die wir bereits in seinem Nach­ wort zum „Catholicon" kennenlernten, sondern auch seiner Angst vor weiteren Pfändungen zugeschrieben werden müssen, wenn er, im Gegensatz zu Fust und Schösser, auch fernerhin keinen einzigen seiner Drucke als den seinen kennzeichnete. Bis heute blieb es unwahrscheinlich, daß Gutenberg für feine Tat noch die geringste Ehre genossen hat. Die einzige

Nachricht, die dafür spräche, ist wenig gestchert. Sie besagt, daß Karl vii., König von Frankreich, am 4. Oktober 1458 veranlaßt hätte, daß der Stempelschneider der Pariser Münze Nicolaus Jenson fich nach Mainz begebe, um „die wunder­ same neue Stempelkunst zu erlernen, die Messre Jehan Guthenberg, Chevalier, demourant ä Mayence, avait mis en lumiere". Trifft diese Nachricht zu, so hat der König seinen

Mann vorzüglich auszuwählen verstanden, denn Nicolaus Jenson erwies stch später, besonders in seinen venetianischen Drucken, als ein Meister der Schwarzen Kunst von schöpferi­ scher Kraft und von höchstem Geschmack. Im Jahre 1462 kam schweres Ungemach über Mainz und mit ihm neue Drangsal über den Erfinder. Papst Pius 11. hatte den Mainzer Erzbischof und Kurfürsten Diether von Isenburg abgesetzt und an seiner Stelle Adolf von Nassau er­ nannt. Da die Mainzer, mit Ausnahme des Domkapitels, trotzig zu dem Jsenburger hielten, so mußte der neue Erz­ bischof fich gewaltsam, durch nächtliche Überrumpelung, der Stadt bemächtigen. An fünfhundert Bürger, an ihrer Spitze der derzeitige Bürgermeister Jakob Fust, fielen in den wüten­ den Kämpfen rund um den Dietmarkt. Etwa 150 Häuser, dar­ unter auch jenes des Johann Fust in der Barfüßergaffe (Um* verfitätsstr.), dessen Offizin Streitschriften für den Jsenburger gedruckt hatte, wurden in Schutt und Asche gelegt. Mainz wurde aus einer freien Reichsstadt zum erzbischöflichen Besitz. Ob auch Gutenberg als Drucker für den Jsenburger tätig gewesen ist, blieb bis heute ungewiß. Jedenfalls wurde der 62jährige abermals aus Heim und Werkstatt vertrieben, da der Besitzer des Humbrecht zu Diether gehalten hatte und also der Hof von dem Nassauer eingezogen wurde. Später er­ warben Fust-Schöffer den Humbrecht und richteten in der Werkstatt des Erfinders ihre neue Druckerei ein; seit 1465 ließen sie fast jährlich wieder einen ansehnlichen Druck in die Öffentlichkeit gehen. Johann Fust starb, angeblich an der

Pest, während einer Geschäftsreise nach Paris im Jahre 1466, Schösser 1503. Im Jahre 1468 reiste Peter Schösser nach Paris und stellte dort Hermann von Stadtlohn als Ver­ treter des Verlages an. Bereits 1469, spätestens 1470, gab der Verlag ein eigenes gedrucktes Verlagsverzeichnis heraus. Peter Schössers und Christinn Fusiens zweiter Sohn Johann übernahm die Druckerei und hielt sie in hohem Ansehen. Gutenberg soll in der Algesheimer Burs (Hintere Chri­ stophgasse 3) Unterkunft gefunden haben. Eine neue Druckerei scheint er dort nicht mehr eröffnet zu haben, — Ruppel aller­ dings glaubt, daß er bis zu seinem Lode in Humerys Auftrag in Mainz gedruckt hat. Eine spätere Nachricht, sie stammt von Jakob Wimpfeling, besagt, daß der Erfinder im Alter er­ blindet sei. Das wird sehr glaubhaft, wenn man die Feinarbeit des Stempelschneidens und Punzierens bedenkt, die Gutenberg durch mehr als zwei Jahrzehnte hinter trüben Rautenscheiben und bei düsteren Öllampen betrieb, und wenn man die beständigen seelischen Erregungen hinzurechnet. Wahrscheinlich übergab der Erfinder sein Druckgerät an seine entfernten Eltviller Verwandten, die Brüder Bechtermünze. Am 17. Januar 1465 wurde er in das Hofgesinde des Erz­ bischofs Adolf von Nassau aufgenommen. Er empfing „die Hofkleidung der Edlen, für sein Haus zwanzig Malter Korn und zwo Fuder Wein steuerfrei". Adolf erklärte, daß er zu seinem Entschluß veranlaßt wurde durch „den angenemen und willigen Dienst, den sein lieber getreuer Johann Guten­ berg im und seinem Stift geleistet". Dies wird dahin zu ver­ stehen sein, daß Gutenbergs Erfindung und Drucke für die Diözese Mainz von besonderem Nutzen waren. Das Ableben des Erfinders ist für den Anfang des Jahres 1468 anzunehmen. Denn am 26. Februar 1468 bestätigt Dr. Humery, daß Erzbischof Adolf ihm einen Vorrat zum Buch­ drucken gehöriger Formen, Buchstaben und Werkzeuge, die Johann Gutenberg hinterlassen, verabfolgt hätte. Humery

verpflichtet sich in der Akte, das Gerät nur in der Stadt Mainz zu benutzen oder — bei Verkauf — einem Mainzer den Vor­ rang zu geben. Wir besitzen keinerlei Nachrichten darüber, daß der Tod Johann Gutenbergs Beachtung gefunden hätte. Er wurde bei seinen Voreltern in der Kirche des Franziskanerklosters beigesetzt, die Gedenkplatte soll das Wappen der Gensfieisch, den munter ausschreitenden Pilger im kurzen Rock mit Wan­ derstab, Schale und Schellenkappe, gezeigt haben. Ein über dem Grabe aufgehängter Totenschild soll die folgenden schö­ nen Gedenkworte seines Vetters Adam Gelthus zur jungen Aben getragen haben (aus dem Lateinischen übersetzt): DEM JOHANN GENSFLEISCH / DEM ERFINDER DER DRUCKKUNST / DEM UM JEDE NATION UND SPRACHE AUF DAS HÖCHSTE VERDIENTEN / SETZTE ZUR UNVERGÄNGLICHEN ERINNERUNG AN SEINEN NAMEN ADAM GELTHUS DIESES DENKMAL . DIE GEBEINE DES VERBLICHENEN RUHEN FRIEDVOLL IN DER KIRCHE DES HEILIGEN FRANZISCUS ZU MAINZ.

DIE ERFINDUNG Die geistigen und politischen Bewegungen, die eine neue Druckkunst erforderten, deuteten wir im Eingang an. Dem Zeitgenossen selbst, einem Johann Gutenberg zum Beispiel, werden derartige große, noch in der Entwicklung befindliche Bewegungen zunächst und am deutlichsten immer an prak­ tischen Mißständen, an praktischen Notwendigkeiten bewußt. Ein solcher, nicht mehr erträglicher Mißstand war der teure Preis und die Fehlerhaftigkeit der handgeschriebenen Lehr­ bücher, während die Zahl der Lernbegierigen, die nach zuver-

lässigen Bildungsmitteln verlangten, beständig wuchs. Die Studenten und Schüler mußten sich ihre Lehrbücher von Handschriften abschreiben, die selbst bereits eine soundsovielte Abschrift darstellten. Auch konnten Handschriften leicht für immer verlorengehen, — Augustinus vermochte seine eigenen Handschriften später nicht mehr zusammenzubringen. Ein anderer Mißstand war die Mühsal und Kostspieligkeit der Holztafeldrucke. Zudem nutzten die Holzlettern sich sehr schnell ab, ergaben recht ungleichmäßige und unsaubere Abdrucke und ließen sich nur im Groben und Großen schneiden, konn­ ten also die Feinheit und Formenschönheit der mittelalter­ lichen Schriftbilder nicht im geringsten erreichen. Der ärgste, nicht mehr tragbare Mißstand der handschriftlichen Herstellung wiederum war ihre lange Dauer. Einen Rekord des Handschriftenzeitalters stellen jene 200 Buchhandschriften dar, die der berühmteste humanistische Schreibmeister, da Bisticci, in Florenz mit 22 geübten Schreibern in 22 Monaten für Costmo de Medici herstellte. Die bekannteste deutsche Schreibstube war die des Diebolt Lauber in Hagenau. Dies waren die schlimmsten der Mißstände, die einen Gu­ tenberg, einen Coster, einen Waldvogel und wohl andere noch zu unermüdlichen Versuchen ermunterten, eine neue Druckkunst zu finden, die vor allem das folgende ermög­ lichen mußte: Schnelligkeit der Ausführung, Zuverlässigkeit der Textwiedergabe, unbegrenzte Höhe der Auflagen und Ebenbürtigkeit der Schriftbilder mit jenen der in Jahrhun­ derten entwickelten handschriftlichen Lettern. Die Schnellig­ keit war, von den Zeitumständen her, die dringendste For­ derung. Sie ist es daher auch, die in den ersten Erwähnungen der Gutenbergischen Erfindung besonders hervorgehoben wird, so 1474 von Joh. Philipp de Lignamine, dem ersten italienischen Druckherren in Rom, der behauptet, daß Gutenberg und Fust täglich ein jeder 300 Bogen gedruckt hätten, — so 1508 von Baptist« Fulgosus, der schreibt: „Gutenberg,

ein Straßburger, hatte die Wissenschaft zu drucken erfunden und gelehrt, in einem Lage dadurch mehr zu schreiben, als ein anderer mit der Feder in einem Jahr zustande bringen kann." Es sind nun gewisse Nachrichten auf uns gekommen, vor­ nehmlich jene aus der Kölner Chronik von 1499 und aus der (um 1568 niedergeschriebenen) „Batavia" des Hadrian Jm uius, die einige Frühdruckforscher nach sehr ausgiebigen Stu­ dien zu der Überzeugung geführt haben, daß nicht Gutenberg sondern der Haarlemer Küster Laurens Janszoon, genannt Coster, der erste abendländische Erfinder eines Letternguffes und des Drückens mit gegossenen Einzellettern gewesen sei, und daß Gutenberg nur Costers Verfahren durch das Handgießinstrument übertroffen und überholt hätte. — (Wir müs­ sen in diesem Zusammenhange den Abendländer betonen, da die Chinesen seit etwa 1050 bereits eine Tontypen-Typographie besaßen, seit dem 14. Jahrhundert eine solche mit aus­ gesägten Holzlettern, und da man in Korea um 1392 mit gegossenen Bronzelettern (aus Sandgußverfahren) gedruckt hat. Die abendländische Erfindung, nach all unserm heutigen Wissen, ist selbständig erfolgt und ist in keinerlei Abhängigkeit von den östlichen Vorbildungen zu setzen.) Wir können in dieser kurzen Überschau auf den heute noch nicht abgeschlossenen und höchst interessanten Streit Gutenberg-Coster nicht näher eingehen — das würde eine Abhand­ lung für sich erfordern—, und müssen den Leser bitten, sich mit der Versicherung zu begnügen, daß wir das Für und Wider beider Parteien gewissenhaft geprüft haben und uns mit der überwiegenden Mehrzahl der zeitgenössischen Forscher für die Mainzer Richtung entscheiden mußten, die ausschließlich dem Johann Gutenberg die Ehre der Erfindung zuspricht und die bislang alle Argumente der heute von Gottftied Zedler geführten Gegenseite zu entkräften vermochte. Der Sllberschmied Prokop Waldvogel, der von 1444 bis 1446 in Avignon eine „ars artificialiter scribendi“ versuchte —

fei es nun mit einzelnen Punzen oder durch Metallplatten­ druck—, scheidet als Nebenbuhler Gutenbergs jedenfalls aus. Wenn hier überhaupt eine Abhängigkeit bestanden hat, so kann ste nur dahin behauptet werden, daß Waldvogel von Gutenbergs Straßburger Versuchen erfahren hat und an­ geregt wurde. Sollten sich aber auch eines Tages unumstößliche Beweise dafür liefern lassen, daß Coster bereits vor Gutenberg—sei es durch Sandgußverfahren oder durch das Zersägen gegossener Metallzeilenmatrizen—metallene Einzellettern hergestellt und mit ihnen jene umstrittenen frühholländischen Donate ge­ druckt hat, so verbliebe dem Mainzer Junker noch immer das eigentlich und einzig Geniale, jenes Neue, das hier allein den Ehrentitel einer umwälzenden Erfindung verdient: die Idee und vollendete Ausführung des Gießinstrumentes! Denn sowohl das Sandgußverfahren — Holzmodelle werden in nassen Sand gedrückt und die so gewonnenen For­ men mit Metall ausgegossen — wie auch das Schlagen von Schriften mit erhaben oder vertieft geschnittenen Stempeln (in Münzen z. B., in Glocken usf.) und der Abguß dieser Schriften im Abklatschverfahren (s. u. Phase i der GutenbergVersuche) waren einem zünftigen Goldschmied wie Guten­ berg durchaus vertraut und brauchten von ihm so wenig wie von Coster erst erfunden zu werden. Nein, dies alles war nicht die Lösung, war noch nicht die Tat! Dies war erst der Gedanke eines eigenen, völlig anders gearteten Gußverfahrens, das Johann Gutenberg in den folgenden Phasen entwickelt haben mag, — ich folge für die ersten drei Stufen dem besten Sachkenner Otto Hupp: i. Bereits für die frühsten Straßburger Versuche ist an­ zunehmen, daß der Goldschmied Johann Gutenberg mit Stahlsiempeln und Blei- oder Kupfermatrizen gearbeitet hat. Er wird mit den Straßburger Gesellschaftern von 1438 auf den Köpfen der Stempel die Lettern erhaben ausgeschnitten

und die Stempel linksläufig in eine Bleiplatte eingeschlagen haben. Diese Bleiplatte mit den vertieften Letternbildern wird in geschmolzenes Blei gepreßt. So entstand eine Bleiplatte mit rechtsläufig erhabener Schrift, die Zeilenmatrize, die noch eine Zwischenstufe zwischen der Technik des Goldschmieds und jener des Druckers darstellt. 2. Gutenberg zersägt die Zeilenmatrize und setzt die Buch­ staben nach genauer Abfeilung zu Worten zusammen. Diese kostspielige, umständliche und zeitraubende Herstellung metal­ lener Einzellettern konnte ein erfinderisches Genie in keiner Weise befriedigen. Forthin wird Gutenberg unabläsfig an einem Gießverfahren gegrübelt und geprobt haben, das eine einfachere, billigere und gleichmäßigere Gewinnung von Einzellettern ermöglichte, von Einzellettern verschiedener Schriftgrade, deren Verhältnisse jedoch mit mathematischer Präzision einander entsprachen. Darauf kam alles an! Und alle diese Bedingungen — dies war der große Gedanke — waren nur auf mechanischem Wege zu erfüllen! Die Vorstufe dazu mag gewesen sein, daß Gutenberg z. den Stempel mit dem erhaben ausgeschnittenen Let­ ternbild in ein Kupferklötzchen einschlägt und dieser Matrize eine metallene Aufgußform in Gestalt eines kleinen umge­ kehrten Trichters aufsetzt. Durch diesen Trichter wird ge­ schmolzenes Blei in die Matrize gegossen. Und am Angußzapfen, den der Trichterhals gebildet hat, wird die erkaltende Letter aus der Matrize gehoben. Der Zapfen wird abgeschlagen und die Letter justiert. Das Prinzip ist gewonnen! Aber das Verfahren ist noch roh und unbeholfen. 4. Jetzt folgt der zweite, noch genialere Moment — jene „erhabene Erleuchtung" —, die gemäß dem Nachwort zum „Catholicon" erst in Mainz und etwa im Jahre 1446 ge­ schehen sein wird: die Aufgußform verselbständigt sich, wird zum selbständigen Instrument, zum Handgießinsirument! Und dieses Instrument entwickelt Gutenberg zu einem so

feinsinnig gegliederten, vielteiligen Zauberkasten, daß es bis heute noch nicht gelungen ist, den Mechanismus einem Laien in Worten verständlich zu machen. Das Prinzip beruht darin, daß der kleine umgestülpte Trichter in zwei gleichmäßige Längshälften aufgeschnitten wird und daß die beiden Hälften zu zwei Gießwinkeln ausgeformt werden, die aneinander und ineinander verschiebbar sind, die also im Kern, an den die Matrize mit einer Stahlfeder angepreßt wird, rechteckige Hohlräume verschiedener Größe bilden, deren Verhältniffe sich jedoch stets mathematisch entsprechen. Die Aufgußform kommt nicht mehr, wie in der Phase 3, zur Matrize, sondern die Matrize zur Aufgußform, sie wird in sie einbezogen. Darin besteht die besondere Freiheit und Schönheit des Gedankens. In der rechten der beiden Skizzen v^ermk Gießforut ) tA utterforrn des Meßinstrumentes steht man, Vaterfortn MatriPatrize wie das flüssige Blei in den Gieß­ kanal, den die beiden mit Holz um­ kleideten Gießwinkel bilden, einge­ schwenkt wird. Die Zeichnung dane­ ben verdeutlicht, wie die Matrize durch die Stahlfeder an den Kern­ raum angedrückt wird. Eine weitere Skizze zeigt den Gußzapfen, den der trichterförmige Gießkanal gebildet hat,-danebendiefertigeLetter,nach­ dem der Gußzapfen abgebrochen und dieJustierung vorgenommen wurde. Matrize Unfenayißdit Je nachdem, wie die beiden Gieß­ Letter Gm(Jzapfen../ \ winkel aneinander verschoben wer­ den, kann eine entsprechend größere oder, in der Gegenbe­ wegung, kleinere Letter gegossen werden. Leider müssen wir es uns versagen, alle einzelnen von Gutenberg erdachten und ausgearbeiteten Teile (z. B. die Bodenstücke, Kerne, Einguß­ stücke, Wände, Backen, Sattel uff.) hier näher zu schlldern. Ohne

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zahlreiche Einzelzeichnungen würden doch keine klaren Vorstel­ lungen vermittelt werden können. Jedenfalls hat Gutenberg sein Handgießinstrument so vollendet durchgebildet, daß es durch die Jahrhunderte keinerlei wesentlicher Verbefferung be­ durfte und daß sein Prinzip in unserer modernen Komplett­ gießmaschine gänzlich erhalten blieb. — (Die sachkundigste und alle Einzelheiten erklärende Darstellung des Handgieß­ instruments schrieb Friedrich Bauer. Siehe auch: John Eliot Hodgkin „Rariora" und G. Altmüller in Prechtsis technolo­ gischer Enzyklopädie, Bd. 16.) 5. Der nächste und letzte Schritt in der Herstellung der Let­ tern wird die Vervollständigung der Stempel und Matrizen für große Buchstaben, für Ligaturen (Buchstabenverbindun­ gen) und Kürzungszeichen gewesen sein, ferner die Ausbil­ dung des Verfahrens für peinlichste Überarbeitung und Glät­ tung der gegossenen Blellettern. Die Ligaturen und Kür­ zungszeichen, die von Gutenberg aus Gründen der Raum­ ersparnis in großer Zahl eingeführt wurden, hat er mit höch­ stem künstlerischen Formgefühl zu einem völlig eigenen System ausgebildet, nach dem der heutige Forscher mit ziem­ licher Gewißheit feststellen kann, welches ein Gutenbergischer Druck ist und welches nicht. Im Groben kennzeichnet sich das Gutenbergische System durch Abfeilung der seitlich überra­ genden Ecken und durch spitzköpfige Zufeilung. Über diese Leistung des junkerlichen Handwerkers, mit der wir von dem großen Erfinder zu dem großen Künstler über­ gehen, hat am umfassendsten und eindrucksvollsten H. Wallau geschrieben. Wallau legt dar, wie meisterhaft Gutenberg durch Beseitigung der zerstreuenden Zwischenräume und an­ einanderprallenden Überhänge die Kunstregeln des Schön­ schreibers der gotischen Minuskel in technische Regeln des Letterngießers und des Setzers übertragen und somit ein den höchsten ästhetischen Ansprüchen genügendes Satzbild geschaffen hat. Welche Arbeitsleistung sich dahinter verbirgt, 36

mag die Tatsache andeuten, daß Gutenberg allein für die kleinen Buchstaben der Bibel zu 42 Zeilen an 240 Stempel geschnitten haben muß, hinzukommen 28 Stempel für Groß­ buchstaben und etwa 30 für Ligaturen, Kürzungszeichen und Satzzeichen. Insgesamt berechnet Zedler für die Bibel 42zeilig an 50000 Lettern. Besonders schön ist es, auch in diesem Falle die stufenweise Entwicklung zu beobachten. Die ältesten Drucke Gutenbergs mit der sogenannten DK-Type (Donate, Kalender, Weltgericht, Bibel zbzeilig) zeigen noch freistehende Einzelform der Buchstaben ohne ästhetische Beziehung zur Nachbarletter, der 27 zeitige Donat bringt neue Schnitte von Einzelformen, die den Übergang zu dem verwickelten, in Bibel 42zeilig durchgeblldeten Gutenbergischen System darstellen. Für den Druck des „Catholicons" von 1460 schuf Gutenberg schließlich noch die erste Übersetzung der rundgotischen Buchschrift (Rotunda) in die technische Neubildung. Im Gleichschritt mit der Ausbildung des Gießverfahrens und der Schrift mußte Gutenberg noch die folgenden Appa­ rate und Arbeitsprozesse ersinnen und entwickeln, beziehungs­ weise sie für seine Zwecke umgestalten — sie alle zusammen bilden erst jene Einheit, die wir mit dem Begriff „Die Erfindung Johann Gutenbergs" zusammen­ fassen: 1. Den Gießzettel. 2. Zusammensetzung des Schriftmetalls, das wohl damals schon zu mindestens 70% aus Blei bestand, mit Zusätzen von Antimon, Zinn oder Kupfer. 3. Einrichtung der Schmelzöfen für die Bleischmelzung, samt Gießlöffeln, Tiegeln usf. 4. Die Behandlung des Gießinstruments. Ein besonderer Kunstgriff war und blieb z. B. bis auf unsere Tage der, daß das Instrument nach dem Einguß des Bleis mit einem plötzlichen Ruck erst gegen die Brust und dann abwärts geführt wird, damit das Blei gleichmäßig in die Matrize

gerinnt, sodann nach vornüber, wodurch das überflüssige Metall in die Pfanne zurückgeschwenkt wird. 5. Konstruktion der Setzkästen und Ausbildung des Setzver­ fahrens. Die ältesten erhaltenen Bilder von Druckereien zeigen den Setzer vor dem schrägen Pult, vor sich den Setz­ kasten mit den Letternfächern und darüber das Tenakel mit der Handschrift, die zur Textvorlage dient. Der Hand­ satz selbst kann sich schon in Gutenbergs Humbrecht kaum anders vollzogen haben als heute noch — mit Greifer also, Winkelhaken und Setzschiff, mit Holz- und Metallstegen zwischen den einzelnen Satzzeilen sowie am Rande, und mit Umschnürung des fertigen Seitensatzes —, wobei das eine und andere Hilfsmittel, vielleicht der Winkelhaken, erst etwas später hinzugekommen sein mag. 6. Ausbildung der Druckpresse und des Druckprozeffes. Die brusihohe Handpresse, die im Zeitalter Gutenbergs be­ reits für Holztafeldrucke, Spiegelrah­ men usf. im Gebrauch war, wird un­ serem Erfinder schon bald nicht mehr ausgereicht haben, besonders seitdem der Großdruckbetrieb der Bibel 42 zellig Pressen von ganz anderer Festigkeit, Leistungskraft und rationellerer Durch­ bildung erforderte. Also muß auch jene Pfostenpresse mit Karren, Preßdeckel, Gerähme mit Papierfensier, Preßbengel, angehängten Schwärzetiegeln usf., wie sie durch die folgenden Jahrhun­ derte benutzt wurde und deren älteste Form die nebenstehende Skizze veran­ schaulicht, als Konstruktion Gutenbergs angesehen werden. Und gleichzeitig legte der Mainzer Junker die einzelnen Phasen des Arbeitsganges an dieser Presse für alle Fol­ gezeiten fest, vom Punktieren bis zum Verfahren der rich-

Ligen Aneinanderreihung der Bogen mit Hilfe der Tabula rubricarum.

7. Einrichtung der freien Räume für die Kapitelüberschriften, Randverzierungen und Initialen, die von den Rubrika­ toren und Illuminatoren, je nach Wunsch und Geschmack der Besteller, in die ausgedruckten Bogen hineingemalt wurden. 8. Ausprobung und Mischverfahren der Druckschwärze (Ruß und Leinölfirnis). Verfahren des Auftrags der Schwärze mit dem gepolsterten Lederballen. 9. Erprobung der bislang nur für handschriftliche Zwecke hergestellten Papier- und Pergamentsorten. Verfahren der Einfeuchtung der Bogen vor dem Druck, des Trocknens an Trockenlatten. Das peinlich genaue und saubere Zusammenspiel aller dieser und manch anderer Apparate und Arbeitsgänge noch stellt die neue, die Gutenbergische Druckkunsi dar. Bedenkt man, daß der Junker diesen vielfältigen Organismus in etwa 15 Jahren in allen seinen Teilen zum natürlichen, fließenden, leistungssicheren Jneinanderwirken ausgebildet hat, so wird ein jeder sich voller Ehrfurcht neigen müssen vor der gewalti­ gen Arbeitsleistung dieses von Sorge, Not und Unglück ge­ schlagenen Mannes, vor dieser unvergleichlichen Durchgeistigung einer Erfindung in so kurzer Frist. DRUCKE Es kann hier nur ein kurzer Überblick des Wichtigsten ge­ boten werden, nachdem nahezu sämtliche Gutenbergischen Drucke zu wissenschaftlichen Sonderproblemen geworden sind und ihre eigene, zum Teil umfangreiche Literatur besitzen. 1. Das Weltgericht. — Wahrscheinlich Mainz 1446. Einblattdruck, der zur Fastenzeit an den Kirchen verkauft wurde.

Verse von einem Dilettanten um 1350 aus der Umgebung von Mainz. Type und Satz noch grob und ungleich. Die Buch­ staben halten schlecht Linie, sind bald zu schmal, bald zu breit. Einziges Exemplar im Gutenberg-Museum Mainz. 2. Donate.—(Lateinische Grammatik des Aelius Donatus). 4 Pergamentblätter, ^zeilig, wahrscheinlich Mainz um 1446. Staatsbibliothek Berlin. — Pariser Donat, 27zeilig, wahr­ scheinlich Mainz um 1447. Neue Kleinbuchstaben, erste Stufe des Gutenbergischen Systems, Type ähnelt bereits jener der Bibel zu 36 Zeilen.—Wir besitzen noch weitere Fragmente von Donat-Drucken — immer wieder werden Reste in alten Ein­ bänden entdeckt —, so z. B. zuletzt in Darmstadt und Karlsruhe, und die Probleme werden dabei nicht einfacher, sondern nur noch zahlreicher und verwickelter.

3. Der astronomische Kalender für das Jahr 1448, also Ende 1447 in Mainz gedruckt.—Schrift wesentlich übereinstimmend mit jener der Bibel gszeilig. Hupp spricht von einem „druck­ technischen Meteor" und meint, daß einzig dieser von den klei­ nen Frühdrucken unter Gutenbergs Leitung entstanden sei. Die anderen sollen seine Straßburger Freunde, die weiter­ arbeiteten (?), besorgt haben. Zedler glaubt das gleiche, nur schreibt er die Besorgung der andern kleinen Drucke einem Mainzer Genossen Gutenbergs zu. 4. Missale speciale et abbreviatum. — Dieser Druck gibt heute noch die größten Rätsel auf, die Meinungen der For­ scher stehen sich kraß gegenüber. Otto Hupp, der diesem Druck seine besondere Liebe und nicht weniger als drei ausführliche Abhandlungen gewidmet hat, erklärt ihn als das älteste Zeugnis der Gutenbergischen Erfindung. Die Type ähnelt der Gutenberg-(Schöfferschen?) Psalterschrift, daher denken Schwenke und Haebler an einen späteren Missaldrucker, der etwa um 1480 die Formen von Schösser kaufte und in ihnen mit weicherem Metall die Lettern goß. Erich von Rath schreibt den Druck Gutenberg vor 1468 zu, Zedler hält ihn für den

ersten Basler Druck Berthold Nuppels mit Hilfe alten Main­ zer Materials. 5. Kaum minder umstritten blieb bisher die Bibel zu 36 Zeilen, die spätestens 1460 und wahrscheinlich in Bamberg erschien. Hupp vermißt an der Type den Gutenbergischen Zug, das Schlanke und Feingegliederte, Schwenke bestreitet auf Grund der Fahrlässigkeit des Satzes, daß Gutenberg der Drucker gewesen sei, während Zedler dies für 1457/58, Bam­ berg, behauptete, neuerdings jedoch glaubt, daß Numeisier mit einer von Schösser besorgten Umgestaltung der ältesten Gutenberg-Type die Bibel in Bamberg gedruckt hätte. Karl Dziatzko erkennt in der Type eine größere, weitläufigere Vor­ form jener der Bibel zu 42 Zeilen und nimmt an, daß der Letternschatz der Bibel zu 36 Zeilen im wesentlichen bis 1450 fertig war, daß jedoch die Bibel zu 42 Zeilen vor jener zu 36 Zeilen gedruckt wurde und ihr zur Vorlage diente. Wir be­ kennen uns zu dieser älteren, jedoch mit vorbildlicher Philo­ logie begründeten Meinung Dziatzkos und wagen aus allen bekannten Tatsachen die folgenden Schlüsse: Gutenberg hat in Mainz vor 1450 mit der fertig durchgebildeten DK-Type den Druck einer Bibel zu 36 Zeilen begonnen. Ihm fehlten die Mittel zur Fortsetzung. Auf Grund der ersten fünf Blätter fand er in Fusi seinen Geldgeber. Mag nun der Rechenkünst­ ler Fust oder der Zwang zur größten Sparsamkeit mit frem­ dem Gelde den Erfinder darauf hingewiesen haben, daß er mit einer kleineren Type und mit häufigeren Ligaturen be­ trächtlich an Papier, Pergament und allem anderen Material einsparen könnte, jedenfalls setzte Gutenberg den Druck mit der großen Type nicht fort, schuf eine kleinere, feiner geglie­ derte Letter und druckte mit ihr die Bibel (erst zu 40 und 41, bald) zu 42 Zeilen. Nach dem Zerwürfnis mit Fust und nach Vollendung der Bibel 42zeilig holte Gutenberg die Lettern der Bibel 36zellig wieder hervor und setzte den alten Bibel­ druck in Hast und innerlich gebrochen fort, bis der Notar

Helmasperger, der Kleriker des Bistums Bamberg war, den bedrängten Erfinder mit dem Bamberger Verleger volks­ tümlicher Tafeldrucke Albrecht Pfister in Verbindung brachte. Pfister wag nun bei Gutenberg in Mainz zunächst gelernt und dann die Bibel in Bamberg vollendet haben—oder Gutenberg hat Pfister für kurze Zeit in Bamberg in der neuen Kunst unterwiesen, vielleicht auch ihm einen seiner erfahrenen Ge­ hilfen zur Verfügung gestellt —, jedenfalls scheint Pfister den gesamten Apparat der 36 zeitigen Bibel von Gutenberg ge­ kauft und nach Bamberg übernommen zu haben, und Gutenberg wird an dem weitaus größten Teil der Drucklegung nicht maßgeblich beteiligt gewesen sein. — Die Gesamtauf­ lage schätzt Zedler auf 80 Papier- und 20 Pergamentexem­ plare zu je zwei Bänden und insgesamt 882 bedruckten Blättern. In Deutschland liegen u. a. Exemplare in Jena, Leipzig und Stuttgart. 6. Türken-Kalender für das Jahr 1455. „Eine Mahnung der Christenheit wider die Türken." Type der 36 zeitigen Bibel. Wyß hält Gutenberg selbst für den Verfasser des rheinfrän­ kischen Textes mit alemannischem Einschlag und Keffer und Ruppel für die Setzer. 7. Türkenbulle des Papstes Calixtus HL von 1456. Type B36. 8. Cisianus-Kalender. Ende 1454. Type B36. — 7 und 8 werden von Zedler für Pfisterdrucke (mit Gutenbergs Letter) gehalten. 9. Die Bibel zu 42 Zeilen, Mainz 1450—1455, über deren Entstehungsgeschichte wir bereits gesprochen haben, wurde auf mindestens vier Pressen gedruckt. Die Gesamtauflage be­ trug etwa 170 Exemplare auf Papier—es wurden vier Papier­ sorten verwandt — und 30 auf Pergament. Die Bibel wurde gleich jener zu 36 Zeilen seitenweise gedruckt, jede Seite in 2 Kolumnen, und zwar anfänglich zu 40, dann zu 41 Zeilen. Noch vor der Mitte des ersten Teils der Lage I und II ent-

schloß man sich zu einer höheren Auflage und zu 42 Zeilen. Dadurch sparte man etwa 52 Gulden an Materialunkosten ein und den Arbeitslohn für ca. 183 Arbeitstage. Ein jedes Ex­ emplar wurde in zwei mächtige Folianten gebunden und ent­ hält 641 bedruckte Blätter. Das kostbar ausgeschmückte und besonders gut erhaltene Pergament-Exemplar der Staats­ bibliothek Berlin war 1936 während der Olympiade in der Deutschlandschau ausgestellt, Papierexemplare besitzen u. a. Göttingen, Frankfurt a. M., München und Wien. Die frühste Datierung enthält das Exemplar der Pariser Nationalbiblio­ thek: „Dieses Buch ist illuminiert, gebunden und vollendet worden durch Heinrich Cremer, Vikar an der Collegiatskirche zu St. Stephan in Mainz, im Jahre des Herrn eintausendvierhundertsechsundfünfzig am Feste der Himmelfahrt der glorreichen Jungfrau Maria. Gott sei Dank. Alleluja." — So umstritten andere Gutenberg-Drucke sind, im Falle der 42zeiligen Bibel sind alle Forscher darin einig, daß sie ganz und gar sein Werk und sein Meisterwerk ist. Nur Zedler nimmt neuerdings an, daß der Druck in der Offizin Fusi-Schöffer erfolgte und daß die Geschäftsverbindung zwischen Gutenberg und Fusi dem ersten Druck eines Missale galt. — Mit der Type B42 sind, nach Schwenke, der Oxforder Donat von Gutenberg um die Wende 1454/55 und der 35zeitige Pariser Donat nach 1467 von Schösser gedruckt worden. 10. Die Ablaßbriefe von 1454 und 1455 sind die ersten da­ tierten Drucke Gutenbergs (frühstes Ausstellungsdatum: 22. 10.1454) und zeigen eine an die Kanzlei-Kursivschrift sich an­ nähernde Typenart. Type und Satz des ersten Briefes sind sorgfältiger und kalligraphischer als jene des zweiten ausge­ führt und werden von Dziatzko und Zedler dem Schönschreiber Peter Schösser zugesprochen. Wie wir oben andeuteten, mag das Zerwürfnis zwischen Gutenberg und Fust über diesen zwischen den Druck der 42 zeitigen Bibel eingeschobenen Ab­ laßdruck entstanden und Schösser zu Fust übergegangen sein,

so daß Gutenberg Type und Satz des zweiten Ablaßbriefes 1455 einem weniger geschickten Gehilfen anvertrauen mußte. 11. Der Psalter, den Schöffer-Fust im August 1457 ver­ öffentlichten, ist nach Meinung mehrerer Forscher mit einer noch von Gutenberg stammenden Type gedruckt worden. Nur die schönen zweifarbigen Initialen und ihr Abdruck in zwei Arbeitsgängen — erst des Rahmenornaments, dann des Letternkerns, abwechselnd rot oder blau —, sollen (nach Wal­ lau) Peter Schössers Werk sein. Zedler spricht auch die Ini­ tialen Gutenberg zu. 12. Das Catholicon. — Mainz 1460. Lateinische Sprach­ lehre und Wörterbuch des Johannis de Balbis (Janua). Je 66 Zeilen auf der gespaltenen Kolumne, 373 Blätter, mit der bisher kleinsten Type, die der rundgotischen Schrift (Ro­ tunda) nachgebildet wurde. Mit dieser kleinen Schrift ermög­ lichte Gutenberg — im Sinne der Zeitforderung — einen sehr viel billigeren Buchpreis. 1465 kostete ein Papierexemplar des Catholicons 41 Goldgulden. (1468 bereits war ein ge­ drucktes Buch fünfmal billiger als ein handgeschriebenes.) Es wurden insgesamt etwa 60 Exemplare auf Papier und 20 auf Pergament gedruckt. Entgegen Schwenke, der dem Catholicon-Drucker anfängerhafte Behandlung der Zeilenlängen, Fehlen des Trennungszeichens und Regellosigkeit der Inter­ punktion vorwirft, hält Zedler an Gutenberg als dem Druck­ leiter fest, indem er besonders auf die innere Haltung des Nachwortes und ferner darauf verweist, daß die CatholiconType in ihrer vollendeten Wiedergabe der runden Schreib­ schrift den Typen B 36 und B42 ebenbürtig sei und denselben schöpferischen Geist voraussetze. Die Gebundenheit des Schriftbildes stehe hinter jener von B42 nicht zurück. Die Typen seien allerdings weniger fein ausgeführt, und die bei­ den Setzer (Keffer und Numeister?) hätten ungleich gearbeitet. Dies ließe auf einen Mangel an straffer Oberleitung (und auf unsere oben angedeutete Vermutung) schließen, daß Guten-

berg nach dem Zusammenbruch von 1455 müde und zer­ mürbt war. — Mit der Catholicon-Type wurde vorher be­ reits, als eine Art von Probedruck, die „Summa" des Tho­ mas von Aquino gedruckt, später, vielleicht noch während des Catholicon-Drucks, der „Tractatus rationis et conscientiae“ des Mathaeus de Cracovia.

AUSBLICK

Wir wiesen eingangs auf den Junker hin, der Gutenberg war, auf den Sohn der entmächtigten Adelspartei, der dem emporkommenden Bürgertum durch seine Erfindung zur gei­ stigen Befreiung verhalf. Und wir sprachen von einer feinen Ironie der Geschichte. Sie läßt flch jetzt, bei der Betrachtung der ersten Verbreitung der Druckkunsi, ein zweites Mal fest­ stellen: ihre mächtigsten Förderer, die willentlich und ahnungs­ los zugleich dem Durchbruch s des Bürgertums aus dem dumpfen Zwielicht der mittelalterlichen Dogmatik und Scho­ lastik zum neuzeitlichen Morgen des verjüngt wiedererstan­ denen antiken Geistes die Wege ebneten, es waren die höch­ sten Hüter und Wahrer der Kirche, die großen RenaissancePäpste von Nikolaus V. und Pius IL bis hin zu Julius II. und Leo x. Neben ihnen bewährten sich hohe Geistliche als Freunde und Gönner der neuen Kunst, so z. B. der Erz­ bischof von Mainz Berthold von Henneberg, der da von der „ars divina imprimendi“ sprach —, bis hinab zu dem Kartäusermönch Werner Rolewinck, der „die in Mainz er­ fundene Buchdruckerkunst als die Kunst der Künste, die Wis­ senschaft der Wissenschaften" feierte, „durch deren rasche Aus­ breitung die Welt mit einem herrlichen, bisher verborgenen Schatze von Wissen bereichert und erleuchtet worden ist". Und weiter: in jenen dereinst von Gerhard Groot begründeten vorhumanisiischen Bildungszellen der „Brüder vom gemein-

samen Leben" ging man bereits im Todesjahre Gutenbergs vom Abschreiben zum Drucken über. Und nicht viel später sehen wir zahlreiche Klosterdruckereien in Tätigkeit, so bei den Kartäusern in Straßburg, zu St. Ulrich und Afra in Augs­ burg und zu St. Peter in Erfurt. Kurzum, die hohe Geist­ lichkeit und neben ihr der gelehrte Mönch, sie bemühten sich nicht weniger um die Verbreitung und Auswertung der neuen Geisteswaffe, als etwa der große Heide Lorenzo Medici, der auf seine Kosten die sämtlichen, von Marsilius Ficinus übersetzten Dialoge Platos drucken ließ. Engere Naturen hingegen in untergeordneter Stellung, jener ewige Mittelstand des Geistes, der die Beharrung liebt und zähe am Althergebrachten haftet, unter ihnen natürlich besonders die durch die neue Kunst ernstlich gefährdeten Schreiber und Briefdrucker, lehnten sich im Anfang heftig auf und bezeigten sogar offene Verachtung. Als die Abge­ sandten des Kardinals Beffarion bei dem Gelehrten Laskaris zum erstenmal ein gedrucktes Buch sahen, spotteten sie über die „bei den Barbaren in einer Stadt Deutschlands gemachte Erfindung". Der Herr der größten italienischen Schreibstube, Vespasiano Bisticci, rühmt 1482 von der Urbinischen Biblio­ thek: „In ihr sind alle Bände von untadelhafter Schönheit, mit zierlichen Miniaturen, sämtlich auf Pergament mit der Hand geschrieben. Kein gedrucktes Buch findet sich darunter: der Herzog würde sich eines solchen geschämt haben." Und noch Trithemius weist auf die viel höhere Schönheit und Dauerhaftigkeit der Handschriften gegenüber den Drucken hin. Aber das blieben nur vereinzelte, ohnmächtige Rufe in den Sturm, Hände zur erbitterten Abwehr in einen reißend an­ schwellenden Strom getaucht. Im Todesjahre des Erfinders arbeiteten bereits 10 Druckereien — in Mainz, Eltville, Bam­ berg, Straßburg, Köln, Subiaco, Rom, Augsburg und Basel. Im Jahre 1470 kommen Nürnberg und Beromünster hinzu, und von 1470 bis 1480 weitere 19 deutsche Drucke-

reim. 1475 besaß Europa bereits 50 Druckorte, darunter be­ finden sich nahezu alle bedeutenderen italienischen Städte, in die deutsche Wanderdrucker, „die Waffenschmiede der Bil­ dung", wie Lopez de Vega sie nannte — die Sweinheim und Pannartz, die Numeister und Johann von Speier —, die Schwarze Kunst getragen hatten. Gering, Friburger und Krantz bringen sie 1470 nach Paris, der erste norddeutsche Druckvorort wird 1473 Lübeck, und William Caxton, der seine erste Lehrzeit von 1471—1472 in Köln durchmachte, er­ öffnet im Bannkreis der Abtei Westminster um Michaelis 1476 die erste englische Druckerei. Gute 30 Jahre nach dem Ableben des Erfinders bestehen an Druckereien etwa: in Deutschland 200 in der Schweiz 27 500 in Italien in Frankreich 160 in den Niederlanden 70 70 in Spanien in mehr als 200 getrennten Orten. Die Gesamtbücherproduk­ tion bis zum Jahre 1500 wird auf 35000 verschiedene Werke geschätzt. Die eindrucksvollste und reichste Sammlung solcher Wiegendrucke besitzt heute das Britische Museum, der deutsche Gesamtkatalog der Wiegendrucke, begründet von Konrad Haebler, wird seit Jahren von unseren ersten Forschern zu­ sammengestellt. Die erste Presse in der Neuen Welt wurde 1638 in Cambridge, Mass., eröffnet, und ein früher amerika­ nischer Drucker, der zu Weltruhm gelangte, war kein anderer als Benjamin Franklin, der 1728 in Philadelphia eine eigene Presse begründete. Auffallend in unserer Übersicht ist der überwiegende An­ teil Italiens am Frühdruck. Tatsächlich riß das Italien der Renaissance und der neuen Bildung sehr schnell und mit echt südländischem Temperament zunächst einmal die Führung an sich. Im Jahre 1480 besaß Deutschland 30, Italien aber

schon 50 Druckereien. Die Generation Gutenbergs in Deutsch­ land blieb vorwiegend noch im scholastischen Mittelalter be­ fangen und druckte hauptsächlich die biblischen Texte, lithurgische Schriften und die Kirchenväter, während Italien die Schwarze Kunst sofort den antiken und den großen neuen Gei­ stern dienstbar machte. 1472 bereits erschienen drei verschie­ dene Ausgaben von Dantes Komödie, und von Petrarcas „Canzoniere" sind 31 Wiegendrucke bekannt. Ihnen folgen Boccaccio, L. B. Alberti und Lorenzo Medici. Von 1300 in Köln verlegten Wiegendrucken sind mehr als die Hälfte reli­ giösen Inhalts, in Venedig aber, das rasch zum Druckvorort Italiens heranwuchs, sind von 600 bis 1481 gedruckten Schrif­ ten nur etwa 160 kirchlich. Der erste deutsche humanistische Druck ist Ciceros „De officiis“, der 1465 aus Peter Schössers Mainzer Offizin hervor­ ging und der bereits am 4. Februar 1466 die zweite Auflage erlebte. Schösser druckte auch die ersten botanisch-medizini­ schen Werke, den „Herbarius“ 1484 und den „Hortus Sanitatis“ 1485. Auch das erste Reisebuch, die „Peregrinationes in montem Syon“ mit Illustrationen des Malers Erhard Reuvich, kam i486 aus seiner Offizin. Aber diese Veröffent­ lichungen blieben in Deutschland inmitten der theologischen Literatur ebenso vereinzelt wie Mentelins Straßburger Wolf­ ram-Drucke (Parzival und Titurel). Derselbe Mentelin druckte 1466 die erste deutsche Bibel. In Italien hingegen sind allein von den Briefen Ciceros „Ad Familiäres“ nicht weniger als 59 Wiegendrucke nach­ weisbar, und bald schon erschien eine Auswahl mit italienischer Übersetzung für den Schulgebrauch. Es ist reizvoll, aus der Anzahl der Drucke die Wertschätzung abzulesen, deren sich die Klassiker zur Zeit der Renaissance erfreuten: Cicero wird bei weitem am häufigsten gedruckt, ihm folgt Ovid mit ca. 80 Ausgaben, sodann nacheinander Vergil, Juvenal und Persius, Terenz, Horaz und Sallust. Sehr viel zögernder werden 48

die griechischen Klassiker verbreitet. Der erste Druck Homers erfolgt 1488 in Florenz. Nächst der humanistischen Literatur drucken die Italiener mit Vorliebe juristische Literatur, dann erst kommt die Theologie und dicht hinter ihr die Medizin (Galen, Hippokrates und Avicenna). Der Anteil der führen­ den italienischen Universitäten, die damals die führenden Europas waren, ist im vornherein lebhaft und leidenschaftlich. Einzig die Pariser Sorbonne steht ihnen nicht nach. Der Bi­ bliothekar des Sorbonne-Kollegiums, Guillaume Fichet, und der Prior des Kollegiums, der Professor Johann Heynlin, rufen 1469 die drei schon genannten deutschen Drucker, die bei Bertholt» Ruppel in Basel ausgeblldet worden waren, nach Paris und eröffnen mit größtem persönlichen Einsatz eine humanistische Privatpresse mit dem ausdrücklichen Ziel, ge­ naue und preiswerte Universitätstexte zu beschaffen. Von 1470—1473 gehen aus dieser Werkstatt 22 Drucke hervor; die erste ftanzösische Klassiker-Edition ist die „Conjuratio Catilinae“ des Sallust V0N 1471. Die folgenden zeitgenössischen Äußerungen mögen einen Eindruck davon vermitteln, mit welcher Begeisterung, mit welchem vollen Bewußtsein ihres außerordentlichen Wertes für die abendländische Kultur Gutenbergs Schwarze Kunst in Italien und in Paris von den Humanisten begrüßt und in Dienst genommen wurde. In dem Schutzbrief des Rates von Venedig für den ersten venetianischen Drucker Johann von Speier vom 18. September 1469 — also ein Jahr nach Gutenbergs Tod! —, heißt es wörtlich: „Und weil man eine solche unserer Zeit geschenkte, früher ganz und gar unbekannte Erfindung mit allen Mitteln unterstützen muß, so beschloß die Stadt Venedig..." In Jensons Cicero-Ausgabe von 1470 wird ausgerufen: „Nun kommst du Cicero in jedes Haus, während du einst so selten warst. Nikolaus Jenson hat dich der Welt geschenkt durch die Kunst seiner Hand." Und Guillaume Fichet feiert die Druckkunst und seine drei deutschen

Drucker 1470 mit den Worten: „Eine neue Art der Bücher­ anfertigung ist in Deutschland erfunden und ihre Hersteller strömen von dort in die Welt wie einst die Krieger dem Bauch des trojanischen Pferdes entstiegen. Sie tragen von Deutsch­ land aus das Licht in alle Teile der Erde." Und jene drei Deutschen antworten im Schlußwort ihres ersten Pariser Drucks, der „Epistolae Gasparini“: „Wie die Sonne überall hin ihr Licht ausgießt, so verbreitest du, Paris, du königliche Stadt der Musen, die Wiffenschaft über die ganze Welt hin. Empfange nun als Dank dafür die göttliche Kunst zu schrei­ ben, die Deutschland erfand. Hier hast du die ersten Bücher, mit dieser Kunst auf französischem Boden und in deinen Mauern hergestellt." Wer fühlte sich nicht ergriffen in der Betrachtung dieses friedlichen und freudigen Zusammenwirkens der Völker Euro­ pas an der Entwicklung und Auswertung der neuen Waffe des Geistes! Die Frucht dieser einzigartig schönen europä­ ischen Arbeitsgemeinschaft war: die Kultur der Neuzeit! Ein jeder gab aus eigensten Kräften und von seinem Platze her sein Bestes: die Deutschen trugen die neue Technik zu den Pflegestätten des Humanismus und—empfingen sie vergeistigt als die neue Bildung zurück. An Hand der italienischen und französischen Klassikerausgaben erwuchs der deutsche Huma­ nismus und aus ihm und über ihn hinaus die deutsche Refor­ mation. Deutschland schenkte der Welt den Erfinder und die ersten Verbreiter, die Welt dankte es ihm etwa durch die Per­ son eines Aldus Manutius, der in vollendet schönen AntiquaTypen die billige, für jeden armen Studenten und Schüler erschwingliche Klassiker-Ausgabe schuf. Für 3 Marcelli, das entspricht dem Wert von etwa 2 Reichsmark, konnte man seinen Vergil, seinen Sophokles, seinen Caesar und Pindar haben. Der deutsche Humanist Mutianus Rufus brach in Freudentränen aus, als ihm ein Freund einen aldinischen Cicero, Lucrez und Curtius schenkte. Ein Wllibald Pirckhei-

mer, ein Reuchlin zählten zu den ersten begeisterten Käufern dieser wohlfeilen Ausgaben und zogen aus ihnen ihr gewal­ tiges Misten. Ja, noch Luther mag die preiswerten Drucke des Aldus zum Vorbild genommen haben, als er mit seinen Mahnschriften das wohlfeile Volksbuch, das Duodez- und Oktavbuch von wenigen Bogen für alle Folgezeit einführte. Im Beginn des 16. Jahrhunderts hat der Humanismus vermöge der Druckkunsi auch Deutschland völlig erobert. Die großen Verleger verbünden sich mit den großen Gelehrten. Desiderius Erasmus ist für Froben in Basel tätig wie vor­ dem für Aldus Manutius in Venedig. Auch Sebastian Brant arbeitet als Korrektor für Froben, Melanchthon von 1514 bis 1516 für Anshelm in Tübingen. Johann Amerbach in Basel zieht die Gelehrten der Universität zur Überwachung seiner Drucke heran und zahlt dafür in einer Zeit, die das Autorenhonorar noch nicht kannte, ansehnliche Vergütungen. Mit den Streitschriften der Humanisten erwächst eine eigens für den Druck geschaffene Literatur. Einzelne Merke erreichen eine für damalige Verhältnisse außerordentliche Auflage. Des Erasmus „Lob der Narrheit" erzielt zu seinen Lebzeiten 27 Auflagen, seine Sprichwörtersammlung gar 34 zu je 1000 Exemplaren. Das lateinische Wörterbuch, das Reuchlin für Amerbach bearbeitete und das zuerst 1475 erschien, ging bis 1504 in die 25. Auflage. Alle diese Ziffern aber werden noch bei weitem übertroffen durch die Erfolge der Schriften Martin Luthers. Allein für die Jahre 1518 bis 1523 entfallen einzig auf das kleine Wittenberg 600 verschiedene Drucke. Im Jahre 1513 erschienen in ganz Deutschland 90 Druckschriften, 1522 aber 677! Durch Luther wurde das gedruckte Buch zur Sache, zum Besitz des ganzen Volkes — und mit dem Buch die neu­ hochdeutsche Schriftsprache. Die Schrift „An den Christlichen Adel deutscher Nation" wurde am 18.8.1520 zu 4000 Stück herausgegeben, bereits 5 Tage später, am 23. August, muß eine neue Auflage veranstaltet werden. Wahrhaftig, was

wäre aus Luthers Kampf geworden ohne Gutenberg, und was aus dem deutschen Buch ohne Luther! Die erste Ausgabe seiner Übersetzung des Neuen Testamentes betrug 5000 Stück und wurde im Laufe von drei Monaten zu einem Preise von anderthalb Gulden (= ca. 25 Vorkriegsmark) ausverkauft. Nehmen wir zu den Schriften Luthers und der Humanisten noch die Holzschnittwerke Dürers und ferner die erste deutsche Grammatik des Valentin Jckelsamer von 1534 sowie Adam Rieses Rechenbuch von 1518 hinzu, so finden wir das Buch in allen seinen Arten und Formen für alle Folgezeit festgelegt und eingeführt. Das gleiche gilt auch für die Schriftarten. Nächst den von Gutenberg und Schösser festgesetzten Typen verwandte Adolf Rusch in Straßburg 1464 als erster die Humanisienschrift, die Antiqua, 1501 schuf Aldus Manutius die Kurfive, 1522 erscheint in Dürers „Triumphwagen", 1525 in seiner „Unterweisung" die Fraktur. Buchdrucker, Verleger und Buchhändler, die in der überragenden Persönlichkeit eines Anton Koberger noch vereinigt waren, beginnen fich zu ge­ sonderten Berufen zu trennen. Koberger bietet uns auch noch das erste Beispiel einer Verlagsgesellschaft im modernen Sinne: zur Veröffentlichung der Weltchronik des Hartmann Schedel vereinigen fich in Nürnberg am 29. Dezember 1491 die Künstler Michael Wohlgemut und Wilhelm Pleydenwurff einerseits, die die Zeichnungen und die Ausführung der Holz­ schnitte binnen zwei Jahren herzustellen haben, die Kapita­ listen Sebald Schreyer und Sebastian Camermaisier ander­ seits, die die Kosten der Gesamtherstellung zu tragen haben, Hartmann Schedel liefert den lateinischen Text, der Schreiber Alt gegen Honorar die deutsche Übersetzung, Anton Koberger besorgt den Druck und buchhändlerischen Vertrieb. Koberger hielt an allen bedeutenden Plätzen seine Vertreter und ließ mehrfach auch auswärts für fich drucken, so bei Amerbach in Basel. Ein Zeitgenosse schreibt von ihm: „Dieser Koberger hatte täglich mit 24 Pressen zu drucken. Dazu hielt er über 100

Gesellen, die waren einesteils Setzer, Correctores, Drucker, Poffelierer, Jlluministen, Componisien, Buchbinder." Gutenberg bewältigte seinen großen Bibeldruck im Humbrecht mit vier Pressen und höchstens sechzehn Gehilfen, Koberger beschäftigt runde dreißig Jahre später 24 Pressen und über 100 Gesellen! Die Auflage der 42zeiligen GutenbergBibel betrug 200 Stück, Luthers Bibelübersetzung erlebte bis zumJahrei56oeineAuflagevoni2oooo!^„66oi tuera cela!" rief Victor Hugo aus, der in seinen Roman „Notre Dame de Paris“ die bislang großartigste Würdigung der Erfindung Jo­ hann Gutenbergs einfügte. Jenes „cela“, das da durch den Mainzer Junker überwunden wurde, war die Baukunst, die gemäß des Dichters kenntnisreichen Ausführungen bis zum Jahre 1455 das universalste und königlichste Ausdrucksmittel der Völker und Kulturen darstellte. „Im 15. Jahrhundert ändert sich das gründlich. Der menschliche Geist ersinnt ein Mittel, durch das er sich nicht nur sehr viel dauerhafter und widerstandsfähiger, sondern auch sehr viel einfacher und leich­ ter als durch die Architektur zu verewigen vermag...." Denn: „Im Druck ist der Gedanke unvergänglicher denn je; beflügelt, unangreifbar, unzerstörbar; ein Bestandteil der Luft. In den Zeiten der Baukunst türmte er sich zum Gebirg und war ein gewalttätiger Eroberer einer Zeit und eines Ortes. Jetzt fliegt er gleich einer Vogelschar auf, schwirrt nach allen vier Winden auseinander und ist zur selben Zeit überall." Und „die Riesenmaschine der Presse zieht unaufhörlich den ganzen Geisiesstrom der Menschheit an und treibt ihn als immer neuen Baustoff in ihr Werk". Seit dem Jahre 1640 wird in Jahrhundertfeiern der ein­ samen, umwälzenden Tat Johann Gutenbergs gedacht. Möge das Gutenberg-Jahr 1940 ein friedliches Fest aller Kultur­ völker zu Ehren der friedlichsten, völkerverbindenden Erfin­ dung werden!

SCHRIFTTUM Das geschichtliche und geistesgeschichtliche Schrifttum ist zu umfangreich, um hier einzeln genannt werden zu können. Die Verfasser einiger der wichtigsten Werke sind: Conrad Burdach, Ludwig Geiger, Karl Lamprecht, Georg Stein­ haufen, August von Essenwein, Alwin Schultz, G. L. Kriegk, Moritz Heyne, Karl Weinhold, Friedrich von Bezold. Für die Geschichte von Mainz: Carl Hegel. Der geistige Repräsentant des Gutenbergischen Zeitalters war Nikolaus von Cues. Die folgenden älteren Gesamtdarstellungen von Gutenbergs Leben und Werk gelten heute in vieler Hinsicht als überholt, sind jedoch als Quellensamm­ lungen noch immer wichtig: I. Wetter, Kritische Geschichte der Erfindung der Buchdruckerkunst, Mainz 1836. C. D. Schaab, Erfindung der Buchdruckerkunst, Mainz 1855. A. van der Linde, Gutenberg, Stuttgart 1878. —, Geschichte und Erfindung der Buchdruckerkunst, Berlin 1886. Auguste Bernard, De l’origine et des debuts de l’imprimerie en Europe, Paris 1853. L. de Vinne, The Invention of Printing, London 1877. Neuere, gültige Gesamtdarstellungen bringen: Friedrich Kapp, Geschichte des Buchhandels bis in das 17. Jahrhundert, Leipzig 1886. E. Gordon Duff, Early printed Books, London 1893. A. W. Pollard, Fine Books, London 1912. Georg Dome!, Gutenbergs Typenguß, Köln 1919. Ch. Mortet, Les origines et les debuts de l’imprimerie, Paris 1922. Erich von Rath, Buchdruck und Buch-Illustration bis zum Jahre 1600, Leipzig 1931. Paul Gottschalk, Die Buchkunst Gutenbergs und Schössers, Berlin 1918. I. C. Oswald, History of Printing, New Kork und London 1928. G. A. E. Bogeng, Geschichte der Buchdruckerkunst. Der Frühdruck. Hellerau 1930. Von den wichtigen Einzelforschunge» ist ein erheblicher Teil in den in jeglicher Hinsicht vorbildlichen Jahrbüchern oder Kleinen Drucken der Mainzer Gutenberg-Gesellschaft erschienen. Wir nennen davon und außerdem: Mainz, Ein Heimatbuch, Bd. 1—3, Hrsg, von Heinrich Wothe.

A. Ruppel, Main; als Gutenbergsiadt, Kleine Drucke der Gutenberg-Gesell­ schaft, Mainz 1928. —, Der Totenschild am Grabe Gutenbergs, Gutenberg-Jahrbuch, Mainz 1937. E. Neeb, Gutenberghäuser zu Mainz, Jahresberichte der Gutenberg-Gesell­ schaft, Mainz 1908. Gutenberg-Feier in Mainz, Festschrift, Mainz 1900. Darin: K. G. Bockenheimer, Gutenberg; H. Schrohe, Mainzer Leben im 15. Jahrhundert; I. P. Seidenberger, Die Zunftkämpfe in Mainz. A. Tronnier, Über Gutenberg-Büdnisse, Mainz 1913. —, Vier neue Gutenberg-Bildnisse, Kleine Drucke, Mainz 1930. —, Von Einbandspiegeln, Mainzer Rechnungsbüchern und Gülten der Gensfleisch-Familie, Gutenberg-Jahrbuch, Mainz 1936. Rudolf Stammler, Deutsches Rechtsleben in alter und neuer Zeit, Bd. I, Charlottenburg 1928. H. Wallau, Gutenberg, Techniker und Künstler, Mainz 1905. G. Mori, Was hat Gutenberg erfunden? Frankfurt a. M. 1921. Gottfried Zedler, Von Coster zu Gutenberg, Leipzig 1921. —, Die neuere Gutenberg-Forschung und die Lösung der Coster-Frage, Frank­ furt a. M. 1923. —, Zur Halbjahrtausendfeier der Erfindung der Buchdruckerkunst, Limburg 1936. —, Der älteste Buchdruck, Leiden 1936. Hessels, The Gutenberg Fiction, London 1912. B. Kruitwagen,Die Ansprüche Hollands auf die Erfindung der Buchdruckerkunst, Gutenberg-Festschrift 1925. Otto Hupp, Gutenberg und die Nacherfinder, Gutenberg-Jahrbuch, Mainz 1929. —, Zum Streit um das Missale Speciale, Straßburg 1917. John Eliot Hodgkin, Rariora. RudolfJuchhoff, Das Ende der Sandgußtheorie, Zeitschrift für Bücher­ freunde, Leipzig 1935. Konrad Haebler, Über die Handgießform, Zentralbl. f. Bibliothekswesen, 1924. G. Altmüller, in Prechtls technologischer Enzyklopädie, Dd. 16, Stuttgart 1850. Friedrich Bauer, Das Gießinstrument, Hamburg 1922. —, Aus der Geschichte des Schriftsatzes, Gutenberg-Jahrbuch, Mainz 1937. Christian Heinrich Kleukens, Die Handpresse, Kleine Drucke, Mainz 1927. Heinrich von Schweiniche», Werk- und Werbstoff Papier, Berlin 1937. Schröder, Zedler und Wallau, Das Weltgericht, Beröffentl. d. GutenbergGesellschafi III, Mainz 1904. Arthur Wyß, Ein deutscher Cisianus, Straßburg 1900. G. Zedler, Gutenberg-Forschungen, Leipzig 1901.

Festschrift jum 500. Geburtstag Johann Gutenbergs, Hrsg, von Otto Hart­ wig, Main; 1900.

Darin: Schreiber, Vorstufen der Typographie; Falk, Der Stempeldruck vor Gutenberg; Frhr. Schenk zu Schweinsberg, Genealogie des Mainzer Ge­ schlechtes Gensfleisch; Schorbach, Die urkundlichen Nachrichten über Johann Gutenberg Wyß, Der Türkenkalender für 1455; Delke, Zur frühsten Verbreitung der Druckkunst. Paul Schwenke, Untersuchungen zur Geschichte des ersten Buchdrucks, Fest­ schrift der Köntgl. Bibliothek Berlin 1900. —, Faksimile-Ausgabe der ^zeitigen Bibel, Insel-Verlag Leipzig 1913. —, Zentralbl. f. Bibliothekswesen, XXIX, 1912 (über Bibel 36zeitig). Karl Dztatzko, Beiträge zur Gutenberg-Frage, Berlin 1889. —, Gutenbergs frühste Druckerpraxis, Berlin 1890 (über Bibel 36 zeitig und 42 zeitig). G. Zedler, Das Mainzer Catholicon, Deröffentl. d. Gutenberg-Gesellschaft, Mainz 1905. A. Ruppel, Probleme um das Mainzer Catholicon, Gutenberg-Jahrbuch 1938. Alois Böhmer, Die Schlußschrift des Mainzer Catholicons, Festschrift für A. Kuhnert, Berlin 1928. Gerhard Kattermann, Neue Karlsruher Bruchstücke eines 3ozeiligen Do­ nars, Deitr. z. Jnkunabelkunde, II, 38. G. Zedler, Die Technik und Urheberschaft der Psalterinitialen, GutenbergJahrbuch, Mainz 1937. —, Die Typen des Fust-Schöfferschen Psalteriums, Gutenberg-Jahrbuch 1938. Alois Ruppel, Peter Schösser aus Gernsheim, Mainz 1937. K. Schorbach, Mentelin, Gutenberg-Jahrbuch, Mainz 1921. Konrad Haebler, Handbuch der Jnkunabelkunde, Leipzig 1925. Ernst Voulliöme, Deutsche Drucker des 15. Jahrhunderts, Berlin 1922. Konrad Haebler, Druckergeselle» der Frühzeit, Gutenberg-Jahrbuch 1936. V. Scholderer, Der Buchdruck Italiens im 15. Jahrhundert, Beitr. z. Jn­ kunabelkunde, 11,38. K. Schottenloher, Der Buchdrucker als neuer Derufsstand des 15. und 16. Jahrhunderts, Kleine Drucke, Mainz 1935. Albert Kolb, Die Ausbreitung der Druckkunst im 16. Jahrhundert, Kleine Drucke, Mainz 1931.

Victor Hugo, Ceci tuera cela, mit einer deutschen Übersetzung von H. W. Eppelsheimer, Kleine Drucke, Mainz 1926. A. Tronnier, Die Jahrhundertfeiem der Buchdruckerkunst. Kleine Drucke, Mainz 1938.

GÜNTHER

BIRKENE E

L D

Die schwarze Kunst Ein Gutenberg« Roman Paul Reff Verlag, Berlin. 1936. 392 Seiten Text mit 2 Gutenbergschen Schriftproben. Geheftet RM. 4.50; imit. Pergameutband RM. 5.80; Leinenband mit Lederschild RM. 6.50. Gesamtauflage: 18. Tausend. *

Über i2o führende deutsche Zeitungen und Zeitschriften stimmten dieser GutenbergDarstellung so begeistert und dankbar zu wie die folgenden: Das Werk verdient, nicht nur als ein, sondern als der Gutenberg-Roman bezeichnet zu werden. Saarbrücker Landeszeitung Satzaufbau und Sprache des Buches sind neben der Schilderung der Geburtswehen der Buchdruckerkunst ein Meisterwerk der Erzählerkunst. Westdeutscher Beobachter Die Gestalten sind lebensvoll, die Sprache ist glasklar, der Fluß der Handlung reißt den Leser mit. Berliner Tageblatt Birkenfeld hat umfassende Quellenstudien getrieben. Fehlendes mit viel Takt ergänzt und die Biographie dieses großen Deutschen mit unendlichem Fleiß, selbstloser Liebe und restlosem Gelingen aufgebaut. Deutsche Allgemeine Zeitung Als ausgezeichneter Kenner der damaligen Zeit entwirft Birkenfeld ein packendes Bild von dem mühseligen Ringen und der nie wankenden Zuversicht des großen Deutschen. Der AuSlanddeutsche, Stuttgar

B. beweist mit diesem Buch, daß er nicht nur ein Menschenkenner und Menschenschilderer, sondern auch ein großzügiger Romanschreiber ist. Leipziger Neueste Nachrichten Besser hätte der Griff in diesen Stoff nicht sein können als so: die Spannung zwischen dem Dienst an einem als heilig empfundenen Werk und dem Kampf mit der nackten Not und dem schäbigen Ausbeuter zu schildern. Frankfurter Zeitung Gutenbergs adeliger Sinn und aus tiefster Gotteserkenntnis kommendes Entsagen greifen durch die packende Darstellung mächtig ans Herz. Ra-to Wien

GESCHICHTE DER STAATEN UND VOLKER Bisher erschienen:

Geschichte des deutschen Volkes Von Friedrich Stieve. 40.Tausend. 510Seiten, 11 Karten. In Leinen RM.6.50

Geschichte Englands Don C. M.Trevelyan. 861 Seiten, 36Karten. In zwei Leinenbänben RM. 17.50

Geschichte Indiens Von Sir George Dunbar. 438 Seiten, 16 Karten. Zn Leinen RM. 10.50

Geschichte der französischen Nation Bon Charles Seignoboö. 358 Seiten, 6 Karten. Zn Leinen RM.9.50

Geschichte Einnlands Von William Sommer. 347 Seiten, 3 Karten. In Leinen RM.9.50

Geschichte der islamischen Staaten und Völker Von Carl Brockelmann. 514 Seiten, 8 Karlen. Zn Leinen RM. 12.50 „Der Verlag R.Oldenbourg erwirbt sich durch die Herausgabe einer großangelegten Reihe von Monographien zur Geschichte der Nationen ein nicht zu unterschätzendes Verdienst." Zeitschrift für deutsche Geistesgeschichte „Die revolutionäre Neuschau des Lebens und der Welt hat nicht nur zu einer Nachfrage nach neuen geographischen Werken, sondern in stärkerem Maße noch nach Darstellungen anderer Völker und Länder aus dem geschichtlichen Gesichtswinkel herausgeführt. Der Verlag R.Oldenbourg in München kann für sich in Anspruch nehmen, mit seinen Mono­ graphien zur Geschichte dem WiffenSbedürfniS weiter Leserkreise zu entsprechen." Braunschweiger Neueste Nachrichten

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R.OLDENBOURG / MÜNCHEN 1 UND BERLIN