Jüdische Klagen gegen Reichsadelige: Prozesse am Reichshofrat in den Herrschaftsjahren Rudolfs II. und Franz Stephans 9783110352825, 9783110352672

During the early modern period, Jews were not just objects of authoritarian abuse and victims of repression by the gener

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Inhaltsverzeichnis
Danksagung
1. Einleitung
1.1 Forschungsstand
1.1.1 Das Alte Reich in der Forschung
1.1.2 Der Reichshofrat als kaiserliches Regierungs- und Beratungsorgan
1.1.3 Die Juden des Alten Reichs und die Reichsgerichtsbarkeit
1.2 Fragestellung
1.3 Historiographische Einordnung jüdischer Betreffe
1.3.1 Das Kaisertum als reichspolitischer Kontext
1.3.2 Der Reichshofrat als institutioneller Kontext
1.3.3 Der jüdische Kontext
1.4 Quellenkorpus und Vorgehensweise
2. Kontextualisierung
2.1 Auswertungsrichtlinien
2.2 Inanspruchnahme des Reichshofrats
2.2.1 Inanspruchnahme des Reichshofrats im zeitlichen Verlauf
2.2.2 Totalaufkommen jüdischer Betreffe
2.3 Die Parteien und ihre geographische und soziale Herkun?
2.3.1 Reichsständisch-geographische Verteilung der Obrigkeiten
2.3.2 Geographische und soziale Herkun? der Juden
2.4 Prozessmaterien
2.5 Konfliktfelder jüdischer Betreffe
2.5.1 Die Jahre 1576 bis 1603
2.5.2 Die Jahre 1745 bis 1765
2.6 Zwischenergebnisse
3. Rechtsstrategische Handlungen von Juden
3.1 Die Jahre 1576 bis 1603
3.1.1 Instanzenfrage, Prozessabläufe und prozessuale Sachanträge
3.1.2 Jüdische Kommissionsgesuche im lokalen Bereich
3.1.3 Folgen rechtsstrategischer Handlungen von Juden
3.1.4 Ergänzende und alternative rechtsstrategische Handlungen
3.2 Die Jahre 1745 bis 1765
3.2.1 Instanzenfrage, Prozessabläufe und prozessuale Sachanträge
3.2.2 Jüdische Kommissionsgesuche und die Reichskreise
3.2.3 Folgen rechtsstrategischer Handlungen von Juden
3.2.4 Ergänzende und alternative rechtsstrategische Handlungen
3.3 Zwischenergebnisse
4. Jüdische Einschätzungen von Kaisertum und Reichsgerichtsbarkeit
4.1 Die Jahre 1576 bis 1603
4.1.1 Das Kaiserbild
4.1.2 Juristische Darstellungen
4.1.3 Bewertung von reichshofrätlichen Konfliktlösungsmechanismen
4.2 Die Jahre 1745 bis 1765
4.2.1 Das Kaiserbild
4.2.2 Juristische Darstellungen
4.2.3 Bewertung von reichshofrätlichen Konfliktlösungsmechanismen
4.3 Zwischenergebnisse
5. Selbstbilder und Ehre im Konflikt
5.1 Die Jahre 1576 bis 1603
5.1.1 Adelige und jüdische Ehrvorstellungen
5.1.2 Funktionale Selbst- und Fremdbeschreibungen von Adeligen und Juden
5.1.3 Adelige und jüdische Strategien der Ordnungsherstellung
5.2 Die Jahre 1745 bis 1765
5.2.1 Adelige und jüdische Ehrvorstellungen
5.2.2 Funktionale Selbst- und Fremdbeschreibungen von Adeligen und Juden
5.2.3 Adelige und jüdische Strategien der Ordnungsherstellung
5.3 Exkurs: Die Rolle der jüdischen Frau
5.4 Zwischenergebnisse
6. Entscheidungsfindung, Rechtsprechung und Erwartungshaltung des Reichshofrats
6.1 Die Jahre 1576 bis 1603
6.2 Die Jahre 1745 bis 1765
6.3 Zwischenergebnisse
7. Bilanz und Ausblick
7.1 Jüdische Kläger und das Reich
7.2 Jüdische Kläger und ihr Kaiser- und Reichsbewusstsein
7.3 Jüdische Kläger, ihre Ehrcodes und ihre Selbstbilder
7.4 Die Juden und die Ständegesellscha?
Anhang
Diagramme zu jüdischen Betreffen am Reichshofrat
Schemata jüdischer Schuldprozesse
Glossar
Abkürzungen
Quellen und Literatur
Archivarische Quellen
Gedruckte Quellen
Literatur
Personenregister 513
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Jüdische Klagen gegen Reichsadelige: Prozesse am Reichshofrat in den Herrschaftsjahren Rudolfs II. und Franz Stephans
 9783110352825, 9783110352672

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André Griemert Jüdische Klagen gegen Reichsadelige

bibliothek altes Reich Herausgegeben von Anette Baumann, Stephan Wendehorst und Siegrid Westphal

Band 16

André Griemert

Jüdische Klagen gegen Reichsadelige Prozesse am Reichshofrat in den Herrschaftsjahren Rudolfs II. und Franz I. Stephan

ISBN 978-3-11-035267-2 E-ISBN (PDF) 978-3-11-035282-5 E-ISBN (EPUB) 978-3-11-039547-1 Library of Congress Cataloging-in-Publication Data A CIP catalog record for this book has been applied for at the Library of Congress. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2015 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/München/Boston Titelbild: Judeneid vor Gericht, um 1512. Foto eines Holzschnitts in: Ulrich Tengler (um 1440–1511), Der neye Layenspiegel, Augsburg 1512. Abgedruckt in: Ingrid Scheurman, Frieden durch Recht: Das Reichskammergericht von 1495 bis 1806, Darmstadt 1994. Druck und Bindung: Hubert & Co. GmbH & Co. KG, Göttingen Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com

Inhaltsverzeichnis Danksagung

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1. Einleitung

11

1.1 Forschungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.1 Das Alte Reich in der Forschung . . . . . . . . . . . . . . 1.1.2 Der Reichshofrat als kaiserliches Regierungs- und Beratungsorgan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.3 Die Juden des Alten Reichs und die Reichsgerichtsbarkeit 1.2 Fragestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Historiographische Einordnung jüdischer Betreffe . . . . 1.3.1 Das Kaisertum als reichspolitischer Kontext . . . . . . . 1.3.2 Der Reichshofrat als institutioneller Kontext . . . . . . . 1.3.3 Der jüdische Kontext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4 Quellenkorpus und Vorgehensweise . . . . . . . . . . . .

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2. Kontextualisierung 2.1 2.2 2.2.1 2.2.2 2.3 2.3.1 2.3.2 2.4 2.5 2.5.1 2.5.2 2.6

Auswertungsrichtlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inanspruchnahme des Reichshofrats . . . . . . . . . . . . Inanspruchnahme des Reichshofrats im zeitlichen Verlauf . Totalaufkommen jüdischer Betreffe . . . . . . . . . . . . . Die Parteien und ihre geographische und soziale Herkunft Reichsständisch-geographische Verteilung der Obrigkeiten Geographische und soziale Herkunft der Juden . . . . . . . Prozessmaterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konfliktfelder jüdischer Betreffe . . . . . . . . . . . . . . . Die Jahre 1576 bis 1603 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Jahre 1745 bis 1765 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zwischenergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3. Rechtsstrategische Handlungen von Juden 3.1 3.1.1 3.1.2 3.1.3 3.1.4 3.2 3.2.1 3.2.2

Die Jahre 1576 bis 1603 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Instanzenfrage, Prozessabläufe und prozessuale Sachanträge Jüdische Kommissionsgesuche im lokalen Bereich . . . . . Folgen rechtsstrategischer Handlungen von Juden . . . . . Ergänzende und alternative rechtsstrategische Handlungen Die Jahre 1745 bis 1765 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Instanzenfrage, Prozessabläufe und prozessuale Sachanträge Jüdische Kommissionsgesuche und die Reichskreise . . . .

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Inhaltsverzeichnis

3.2.3 Folgen rechtsstrategischer Handlungen von Juden . . . . . 3.2.4 Ergänzende und alternative rechtsstrategische Handlungen 3.3 Zwischenergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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4. Jüdische Einschätzungen von Kaisertum und Reichsgerichtsbarkeit

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4.1 4.1.1 4.1.2 4.1.3

Die Jahre 1576 bis 1603 . . . . . . Das Kaiserbild . . . . . . . . . . . Juristische Darstellungen . . . . . Bewertung von reichshofrätlichen Konfliktlösungsmechanismen . . 4.2 Die Jahre 1745 bis 1765 . . . . . . 4.2.1 Das Kaiserbild . . . . . . . . . . . 4.2.2 Juristische Darstellungen . . . . . 4.2.3 Bewertung von reichshofrätlichen Konfliktlösungsmechanismen . . 4.3 Zwischenergebnisse . . . . . . . .

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5. Selbstbilder und Ehre im Konflikt

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5.1 Die Jahre 1576 bis 1603 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.1 Adelige und jüdische Ehrvorstellungen . . . . . . . . . . 5.1.2 Funktionale Selbst- und Fremdbeschreibungen von Adeligen und Juden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.3 Adelige und jüdische Strategien der Ordnungsherstellung 5.2 Die Jahre 1745 bis 1765 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.1 Adelige und jüdische Ehrvorstellungen . . . . . . . . . . 5.2.2 Funktionale Selbst- und Fremdbeschreibungen von Adeligen und Juden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.3 Adelige und jüdische Strategien der Ordnungsherstellung 5.3 Exkurs: Die Rolle der jüdischen Frau . . . . . . . . . . . 5.4 Zwischenergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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235 259 264 264

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283 307 311 318

6. Entscheidungsfindung, Rechtsprechung und Erwartungshaltung des Reichshofrats 6.1 6.2 6.3

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Die Jahre 1576 bis 1603 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Jahre 1745 bis 1765 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zwischenergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

7. Bilanz und Ausblick 7.1 7.2 7.3 7.4

Jüdische Kläger und das Reich . . . . . . . . . . . . . . Jüdische Kläger und ihr Kaiser- und Reichsbewusstsein Jüdische Kläger, ihre Ehrcodes und ihre Selbstbilder . . Die Juden und die Ständegesellschaft . . . . . . . . . .

331 341 353 357

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Inhaltsverzeichnis

Anhang Diagramme zu jüdischen Betreffen am Reichshofrat Schemata jüdischer Schuldprozesse . . . . . . . . . Glossar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Quellen und Literatur Archivarische Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gedruckte Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Personenregister

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Danksagung

Dieses Buch stellt eine gekürzte Fassung meiner Promotionsschrift dar, die ich 2011 im Fachbereich 06 der Philipps-Universität Marburg einreichte. Herrn Dr. Stephan Wendehorst, seinen Mitherausgebern und dem De Gruyter bzw. dem Oldenbourg-Verlag danke ich für die Aufnahme in ihre Schriftenreihe. Die Arbeit an einem so umfänglichen Projekt ist ein langer, stetiger Prozess, der von vielen Menschen und Einrichtungen ermöglicht und begleitet wird. Die Friedrich-Ebert-Stiftung und die Adolf-Schmidtmann-Stiftung haben die Entstehung der Arbeit mit ihrer großzügigen finanziellen Unterstützung überhaupt erst ermöglicht. Besonderer Dank gilt natürlich meinem akademischen Lehrer, Herrn Prof. Dr. Christoph Kampmann, der in vielfältiger und hier kaum aufzuzählender Weise zur vorliegenden Arbeit beigetragen hat. In allen Arbeitsphasen stand er mir mit kritischer, aber stets konstruktiver Rückmeldung beratend zur Seite. In ihm fand ich eine Anlaufstelle auch in schwierigen Phasen des Projektes, zugleich stellte er Kontakte zu anderen akademischen Kreisen her, in denen ich mein Vorhaben bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt vorstellen und einer kritischen Revision unterziehen konnte. Genannt seien an dieser Stelle der Projektcluster Jüdisches Heiliges Römisches Reich und das Netzwerk zur Reichsgerichtsbarkeit. Speziell möchte ich Herrn Dr. Stephan Wendehorst, Herrn Prof. Dr. Andreas Gotzmann, Herrn PD Dr. Stefan Ehrenpreis, Frau Prof. Dr. Anette Baumann und Frau Prof. Dr. Amend-Traut für ihre Rückmeldungen danken. Gleiches gilt für die Organisatoren und Teilnehmer des 14. Transatlantische Doktorandenseminar zur deutschen Geschichte der Frühen Neuzeit (1500-1790). Ein herzlicher Dank gilt hier auch den Teilnehmern des Oberseminars von Herrn Prof. Kampmann. Ebenso seien Herrn Prof. Dr. Wilhelm E. Winterhager an dieser Stelle für die Übernahme des Zweitgutachtens, Herrn Prof. Dr. Heinz Stübig und Herrn Prof. Dr. Ulrich Sieg für diverse Gutachten gedankt. Ein Hauptarbeitsplatz war das Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien mit seinen immensen Archivalien. Den Einstieg in die dortige Arbeit begleiteten viele hilfsbereite Personen. Danken möchte ich zunächst den zahlreichen Aushebern, ohne deren Hilfe eine zielführende Archivarbeit in Wien nicht möglich ist. In fachlicher Hinsicht bin ich Herrn Hofrat Hon.-Prof. Dr. Leopold Auer zu Dank verpflichtet. Von Beginn meines Aufenthalts an brachte er meinem Vorhaben besonderes Interesse entgegen und stand bei Fragen und Problemen stets hilfsbereit zur Verfügung. Gedankt sei an dieser Stelle auch Hofrat Dr. Michael Göbl, Hofrat Dr. Ernst Petritsch und Hofrat Dr. Gerhard Gonsa sowie Herrn Joachim Tepperberg. Gleiches gilt für Frau Dr. Eva Ortlieb und Herrn Dr. Stephan Wendehorst, die mit ihrem fachlichen Rat immer ein

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Danksagung

offenes Ohr für mich hatten und mir wertvolle Hinweise für die einzuschlagende Richtung im „Dickicht“ der Reichsarchive gaben. Angesichts der Tatsache, dass die Arbeit über 25 Aktenkilometer in sich birgt, müssten unzählige weitere Archive und ihre Mitarbeiter an dieser Stelle genannt werden. Eine solche Aufzählung würde aber den Rahmen des Möglichen sprengen. Daher möchte ich allen Archivaren für ihre freundliche Hilfsbereitschaft danken. Darüber hinaus gibt es eine Reihe von Menschen, denen ich in freundschaftlicher Dankbarkeit verbunden bin: Genannt seien hier vor allem Boris Queckbörner, Avraham Siluk, Sarah Luckemeyer und Rouven Maid, die sich in allen Phasen der Arbeit sehr viel Zeit für eine kritische Begutachtung meiner Thesen genommen haben. Für die sprachliche Endredaktion möchte ich Frau Heidemarie Jungclas, Herrn Dr. Wendehorst und meiner Kollegin an der Hohen Landesschule Hanau, Frau Dr. Eva Molitor, danken. Meinen ehemaligen Kollegen Felix G. Naglik, Ralf Thomas und Andreas Göbel sei dafür gedankt, dass sie mir Freiräume schufen und so dazu beitrugen, dass die Arbeit am Ende überhaupt eingereicht und verteidigt werden konnte. Gleiches gilt für alle SchülerInnen, KollegInnen und Schulleitungsmitgliedern des Schwalmgymnasiums in Treysa, die mir an entscheidender Stelle am Ende des Promotionsprozesses helfend oder duldend unter die Arme griffen. Ein besonders herzlicher Dank gilt aber Herrn Prof. Dr. Heinz Stübig. Er war am Anfang und am Ende des Promotionsprozesses ein freundschaftlicher Ansprechpartner, der auch für heikle Fragen während des Arbeitsprozesses ein offenes Ohr für mich hatte. Frau Anke Prestin möchte ich für ihre immer hilfsbereite Art und ihre Unterkunft in Wien danken, die mir diese Stadt zu meiner Wahlheimat machte. Meiner Frau und meinen Eltern widme ich dieses Buch für ihre Hilfe, Unterstützung und Liebe! Erlensee/Hanau, den 11. Januar 2014

1. Einleitung Noch Guido K musste feststellen, dass „kein Teil der Jüdischen Geschichte so sehr vernachlässigt worden“ sei wie „derjenige der Rechtsgeschichte der Juden“.1 Tatsächlich betont die Forschung erst seit den letzten Jahren die Bedeutung der Reichsgerichte für diese Bevölkerungsgruppe des Heiligen Römischen Reichs.2 Der Reichshofrat (RHR) rückt hierbei verstärkt in den Fokus der Forschungsbemühungen, deren Ziel es ist, den Blick auf die Analyse der Rechtspraxis3 und den rechtlichen Alltag der Juden im Alten Reich zu lenken.4 Jegliche Studien, die das Verhältnis zwischen Kaiser und Juden zum Gegenstand der Analyse machen, müssen auf dieses Gremium notwendigerweise zurückgreifen.5 Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist ein Ausschnitt dieses Verhältnisses, die reichshofrätlichen Prozesse, in denen Juden gegen adelige Herrschaften des Heiligen Römischen Reiches klagten.6 Dabei rücken die Juden in dieser Studie als aktiv Handelnde in den Fokus.7 Insbesondere soll die Bedeutung des RHR zum einen für die Juden und zum anderen für das Reichsoberhaupt im diachronen Vergleich der Regierungszeiten Rudolfs II. und Franz I. Stephans geklärt werden. Allerdings wird die Herrschaftszeit Rudolfs II. nur bis zum Jahr 1603 berücksichtigt. Dies ist mehreren Überlegungen geschuldet. Die Auswirkungen der Frankfurter Rabbinerverschwörung könnten einerseits das Bild der vorhergehenden Jahre verzerren. Andererseits liegen trotz der umfassenden Studie K noch keine näheren Informationen über die Langzeitwirkung dieses zentra-

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Zitat K, Research, S. 229–276, hier S. 234. W, Spaces, S. 437–474; ., Geschichte; ., Kaiserhuldigungen, S. 213– 235; ., Advocatoria, S. 222–228; ., Projekt, S. 245–272; L, Gravamen, S. 97f. G, Reichshofrat, S. 7f. u. H, Rechtsprechung, S. 331f. Vgl. das Projekt Jüdisches Heiliges Römisches Reich (JHRR). Hierzu E, G, W, JHRR, S. 5; ., Rechtsnormen u. ., Spaces, S. 475–487; kritisch S, Rechtsnormen, S. 107–115. U, Geschichte, S. 10; S, Juden, S. 174; A, Reich, S. 85. Sie wurden bereits von G, Reichshofrat, S. 35 besonders betont. Hierzu T, Juden, S. 107; R, Profession; ., Herausforderungen; ., Bilder, S. 317–338; V, Nutzen, S. 100–102; K widmete sich der Verortung von RKG– Prozessen im Kontext von Recht und Politik, um damit das Verhältnis von Herrschaft und Juden im Zusammenspiel von „imperialen, territorialen und städtischen Herrschaftsträger[n] um die Herrschaftsgewalt über die Juden“ aufzuzeigen. Sie beweist, dass sich Juden über Herrschaftskonflikte im Reich bewusst waren und als politisch Handelnde rational auszunutzen verstanden (Zitat ., Kooperation, S. 335, insgesamt S. 333–346); S, Austausch, S. 25–37; K, Nähe, S. 18f.; K, Wohltat, S. 488; W, Umgang, S. 159f.; M, Untertänigkeit, S. 323.

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1. Einleitung

len Ereignisses der jüdischen Geschichte während der Frühen Neuzeit vor.8 Ein weit gewichtigeres Problem resultiert an dieser Stelle aus der Frage nach den Auswirkungen des Bruderzwistes im Hause Habsburg sowie der Erkrankung Rudolfs II.9 auf den Behördenapparat des kaiserlichen Hofes. Da auch hierzu bislang wenige Studien vorliegen10 , kann an diesem Punkt nur eine Leerstelle konstatiert werden, die sich erst allmählich füllt. Insofern bestünde hier die Gefahr einer Verfälschung der Ergebnisse. Durch diese zeitliche Beschränkung ergibt sich ein beinahe gleich langer Untersuchungszeitraum im Vergleich zur Herrschaft Franz I. Stephans. Die Wahl der Vergleichspunkte fiel auf die Herrschaftszeiten dieser beiden Kaiser, da diese keine Extremsituationen wie bspw. den Dreißigjährigen Krieg oder die Französischen Revolutionskriege umfassen. Ein weiterer Grund liegt in der Tatsache begründet, dass die beiden Herrscher von der historischen Forschung bisher entweder kontrovers oder gar stiefmütterlich behandelt wurden. Zudem umschreiben die gewählten Perioden die Grenzen in der Entwicklung der Territorialisierung und umfassen gleichzeitig unterschiedliche Konjunkturen des Kaisertums11 : Während die Herrschaft Rudolfs II. vor der von P markierten Rückkehr des Kaisers in das Reich fällt, liegt die Franz I. Stephans nach 1740, d. h. dem anderen von P ausgemachten Wendepunkt kaiserlicher Reichspolitik. Zudem sind die fiskalischen Interessen der beiden Kaiser an den Juden besonders in finanzknappen Kriegszeiten zu berücksichtigen. Daher mussten Herrschaftszeiten miteinander verglichen werden, die sowohl Kriegs- als auch Friedensphasen umfassen, in denen solche Interessen besonders zum Tragen kommen.12 Dieses Kriterium ist aufgrund des Langen Türkenkrieges und Siebenjährigen Krieges13 für beide Herrschaftsperioden gewährleistet. Auf diese Weise sollen zum einen Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den Vorgehensweisen der Juden vor Gericht herausgearbeitet, zum anderen aber das Verhältnis zwischen kaiserlicher Obergewalt und gemeiner Judischeit 14 unter Einbeziehung divergierender politisch-rechtlicher Situationen, sozioökonomischer und geistesgeschichtlicher Aspekte analysiert werden. Einen Vergleich zum Reichskammergericht (RKG) wird in die8 9

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Vgl. K, Rabbinerversammlung; ., Wohltat; ., Initiative; ., Bonn; P, Rudolf II. (b). A, Maximilian II.; B, Aufbruch; B, Kaiser; E, Rudolf II. (a); ., Rudolf II. (b); G, Rudolf II. (a); ., Rudolf II. (b); H, Hof; H, Bruderzwist; M, Kaiser; ., Kaiser (Fortsetzung); P, Rudolf II. (b); S, Verhandlungen; V, Matthias; ., Rudolf II. Vgl. H, Rolle; E, Rolle, S. 75, 77; ., Reichshofrat, S. 190; ., Gerichtsbarkeit, S. 79f. P, Stellung; ., Großmachtbildung. L, Finanz; R, S, Kammerknechte, S. 313–363. Zum Türkenkrieg S, Reich. Zum Siebenjährigen Krieg A, Reich, S. 81–111. Vgl. zu dieser Terminologie H, Judischeit, S. 127–132.

1.1 Forschungsstand

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ser Studie nicht vorgenommen. Ebenso sind keine qualitativen Wertungen über Bedeutungsunterschiede zwischen beiden Reichsgerichten für die Juden intendiert. Bevor allerdings die hier angerissene Fragestellung weiter konkretisiert wird, gilt es zunächst, den Forschungsstand zu skizzieren.

1.1 Forschungsstand 1.1.1 Das Alte Reich in der Forschung Im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert wendete sich die Forschung in Deutschland unter Kritik am Reich und Kaisertum Fragestellungen auf der Ebene der Territorialherrschaft zu. Im Zentrum des vorherrschenden Forschungsparadigmas stand die Frage, warum es dem Heiligen Römischen Reich deutscher Nation im Unterschied zu anderen europäischen Staaten nicht gelang, einen geschlossenen deutschen Einheitsstaat zu bilden. Das frühneuzeitliche Reich nach dem Westfälischen Frieden erschien Historikern wie D, T und E als Niedergang der angeblichen ehemaligen kaiserlichen Machtkonzentration und als Verlust der nationalen Einheit.15 Erst seit den 1960er Jahren kam es mit den Arbeiten der neueren Reichsgeschichte zu einer Neubewertung des Alten Reichs als Verfassungsorganismus.16 Fragestellungen, die zuvor auf der Ebene der Territorien behandelt wurden, lassen sich nun auf Reichsebene wieder finden. Ungeklärt ist hierbei bis heute die Bewertung der Effizienz, der Rechtsstaatlichkeit und der Fähigkeit zur Modernisierung des Reichsverbands. Die einen betonen, das Reich habe staatsähnliche Strukturen ausgebildet17 , wobei sich die jeweilige Staatlichkeit von Reichsganzem und Einzelterritorien komplementär ergänzt habe18 . Andere dagegen stellen die vormoderne Struktur des Alten Reichs als 15

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H, Reich (a), S. 11; O, W, Höchstgerichtsbarkeit (b), S. 295f.; S, Welttheaters, S. 13f.; W, Sicht, S. 170–188; T, Argument, S. 383–392; L, Rezeptionsgeschichte, S. 8–11; S, Reich. A, Reich; P, Reich, S. 221–242; M, P, Probleme, S. 95–108; K, Reich, S. 1–17 mit weiterführender Literatur; W, W, Reich, S. 5f.; S, Kleinstaaten. B, Recht, S. 748–756; ., Friedenswerk, S. 592–612; ., Nachzügler, S. 297–316 u. .: Nicht nur Ungleichheiten. Das Reich deutscher Nation und die Bundesrepublik Deutschland in T, Tagungsbericht u. B, Formen, S. 23–37; siehe kritischer A, Reich, S. 15–26; ebenfalls föderale Strukturen betonend H, Reich (a), S. 11–22. Dagegen kritisierten T, Superlative, S. 740–747 u. M, 1648, S. 329–333 Bs Thesen; eine kritische Betrachtung der neusten Veröffentlichungen zur Reichsgeschichte R, S, Staat, S. 405–424. Vgl. S, Geschichte, S. 33–54; ., Reich (a), S. 247–277; H, Reich (a), S. 14–22.

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1. Einleitung

System in den Vordergrund.19 Insgesamt wird das Heilige Römische Reich in seiner Historizität mehr denn je als Ganzes wahrgenommen. Es kommt zu seiner Herauslösung aus einer engen nationalgeschichtlichen Wahrnehmung und zeitgleich dazu zur Einbindung in eine vergleichende landes- und sogar europageschichtliche Betrachtung.20 Die Forschung gelangt so immer mehr zu einer ausgewogenen Sicht des Reiches und seiner rechtlichen wie politischen Ordnung. In den Mittelpunkt des wissenschaftlichen Interesses rückt die Bedeutung des Reichs als Friedens- und Rechtssystem, in dem die Erforschung der beiden höchsten Reichsgerichte eine prominente Stellung einnimmt.21 Dieser Umstand gilt umso mehr, als diese neuere Reichsgeschichte zwar ein politisches System betrachtet, das sich über einen komplexen Kommunikations- und Handlungszusammenhang zwischen Kaiserhof und Reichsständen in regionalen sowie reichsweiten Organisationen konstituierte. In diesem System fallen aber die unter der Landeshoheit lebende Bevölkerung wie die Juden bislang noch oft heraus.22 1.1.2 Der Reichshofrat als kaiserliches Regierungs- und Beratungsorgan Das Alte Reich besaß zwei Höchstgerichte, das von den Reichsständen dominierten RKG23 und den RHR in Wien. Während die Forschung des 19. und frühen 20. Jahrhunderts den RHR als geradezu absolutistische Institution ,verteufelte‘24 , bemühte sich die Wissenschaft in den vergangenen dreißig Jahren insbesondere um das RKG.25 Für die Forschungslage zum RHR ist demgegenüber bezeichnend, dass die unverzichtbaren Untersuchungen G26

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P, Reich; R, Staat, S. 339–357; S, Reichs-Staat, S. 377–395; ., Reich, S. 279–291; S-R, Inszenierung, S. 233–246; eine (politische Kultur-)Geschichte des Kaisertums bei ., Kleider. Siehe H, Reich (b), S. 151–155. Vgl. N, Reich, S. 59–63, 98f.; H, Einführung, S. 13f.; R, Probleme, S. 31–47; L, Rezeptionsgeschichte, S. 11f.; N, Alte Reich, S. 445–474; R, Reich, S. 7f.; C, Andenkens, S. 73–97 u. E, 200 Jahre, S. 71–108; siehe ebenso S, Reich (b), S. 295–312. Hierzu U, Gnadengesuche, S. 164f. Vgl. W, Erforschung, S. 15–22; ., Stand, S. 1–13; zum RKG F, Supreme Court, S. 9–27; zum DFG-Projekt der RKG-Aktenerschließung B, Projekt; zum RKG immer noch grundlegend S, Reichskammergericht. B, Rechtsprechung, S. 363. Insgesamt W, E, Stand. Vgl. L, Rezeptionsgeschichte, S. 151–172; B, Gesellschaft, S. 4–10. G, Reichshofrat; ., Beamtentum, S. 1–26; zum Behördenapparat K, Hof, S. 237–245.

1.1 Forschungsstand

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sowie B27 erst in den letzten Jahren eine Aktualisierung finden.28 Seit den rechtshistorischen Studien S29 zum Prozessrecht des RHR30 wächst das Bemühen31 , das kaiserliche Gericht in seiner europäischen Bedeutung32 für die Wahrung des Rechtsfriedens im Reich33 angemessen zu würdigen. Gründe für diese disparate Forschungs- und Erschließungslage zu den beiden höchsten Reichsgerichten liegen in den historiographischen Traditionen Österreichs und Deutschlands begründet. Während in Österreich die Reichsgeschichte lange Zeit nur sporadisch in die Geschichte des modernen Österreichs eingeordnet wurde34 , galt in Deutschland das RKG in der Forschung lange als das unabhängigere und friedenssichernde Element gegenüber dem politisch vom Kaiserhof kontrollierten RHR. Dieses Gericht behandelte die kaiserlichen Reservatrechte und repräsentierte die kaiserliche Stellung als oberster Lehnsherr und Richter im Reich. Es hatte die politischen Leitlinien des Geheimen Rates und des Kaisers zu berücksichtigen, der sich bei den Entscheidungen des RHR ein Mitspracherecht sicherte. Insgesamt befand sich der RHR in enger Verflechtung mit dem Wiener Hof- und Behördenapparat.35 Das kaiserliche Gericht trat zudem als beratendes Organ des Kaisers sowie als Verwaltungs-, Gerichts- und Regierungskolleg in reichspolitischen Fragen auf. Damit – so der Stand der Forschung – kam ihm ein höherer Rang und mehr Gewicht zu als dem ständisch geprägten RKG.36 Gegenüber diesem entwickelte sich der flexibler agierende und aufgrund seiner Kaisernähe presti-

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Siehe B, diritto pubblico, S. 160–175; vgl. M, Reichshofrat, Sp. 630, 634f.; vgl. H, Literatur, S. 215–240. Siehe als Zusammenfassung O, Reichshofrat, Sp. 914–921. S, Zuständigkeit; ., Prozessgrundsätze; ., Geschichte; ., Verhältnis; ., Prozess; ., Richterbestechung; ., Bedeutung; ., Reichshofrat; ., Unabhängigkeit; ., Kurmainz; ., Begriff; ., Gewalt. Siehe hierzu D, Zuständigkeit, S. 163–176. U, Mandatsprozess u. J, Einfluss; H-P, Regelung; L, Territorialgerichtsbarkeit, S. 151–172; O W, Höchstgerichtsbarkeit (b), S. 291–304; W, Erforschung; ., Ehrenpreis, Stand, S. 1–13; A, Reichshofrat. Vgl. L, Gerichtssachen; zu Reichsitalien A, Reichshofrat, S. 27–40 u. S, Kooperation, S. 127–149. E, Reichshofrat, S. 245–267; ., Aufsicht; O, Reichshoffiskalat; zur Aufsicht über das Bücherwesen im Reich W, Privilegia, S. 203–213. U, Geschichte, S. 9f.; F, Reichsgeschichte, S. 361–374; L, Territorialgerichtsbarkeit, S. 164–170. Vgl. RHR-Ordnung von 1654 Tit. II, §§ 1f., in: S, Ordnungen II, S. 129–173, hier S. 140f.; A, Archiv, S. 117; G, Reichshofrat, S. 6f., 14f., 19; U, Geschichte, S. 10; H, Rechtsprechung, S. 333. Siehe hierzu S, Projekt, S. 205; M, Reichshofrat, Sp. 630f.

16

1. Einleitung

geträchtigere RHR zur führenden rechtspolitischen Kraft37 im Spannungsfeld von Reich und Territorien.38 In diesem Zusammenhang wird vermehrt auf die Relevanz der reichshofrätlichen Rechtspraxis hingewiesen. Durch diesen Umstand erhalten die bisherigen Erschließungsprojekte des RHR-Archivs enorme Bedeutung.39 Insbesondere die Veröffentlichungen O40 und A41 liefern wertvolle Informationen zum Aufbau des reichshofrätlichen Archivs im Haus-, Hof- und Staatsarchiv auch aus der Perspektive jüdischer Betreffe.42 Neben zahlreichen lokalen Studien43 oder solchen zum Einfluss des RHR in reichsstädtischen Konflikten44 liegen Arbeiten vor, welche die Bedeutung der personellen Zusammensetzung des RHR für das Reich unter dem Stich37

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Die polit. Dimension des RHR betonend S, Prozess, Sp. 22; ., Prozessgrundsätze, S. 4–6; W, Rechtsprechung, S. 433–442; ., Stabilisierung, S. 235–253; ., Reichshofrat, S. 115–137; E, Reichshofrat, S. 265–267. Zunächst erschien es nahe zu liegen, den RHR als Stütze landständischen Widerstandes gegen die fürstlichen Absolutismusbestrebungen in den Blick zu nehmen. Siehe H, Rechtsprechung. In solchen Konflikten konnte der RHR einige Erfolge aufweisen, zugleich aber die Autorität des Kaisers auf Territorialebene installieren. H, Law; ., Imperial Aulic Council, S. 194–197; H-M, Ständekonflikt; ., Behandlung u. W, Joseph II., S. 382–389; R, Fürstentum; B, Rechtsprechung, S. 376; A, Reich, S. 91–97. Siehe O, Hofrat (b); ., Entstehung; ., Akten, S. 593–634 u. Die Akten des Kaiserlichen Reichshofrats [RHR]. Serie: Alte Prager Akten. Band I: A – D, hrsg. v. W. Sellert, bearb. v. E. Ortlieb = A  RHR, AA I; jetzt auch Die Akten des Kaiserlichen Reichshofrats [RHR]. Serie II: Antiqua. Band I: Karton 1–43, hrsg. v. W. Sellert, bearb. v. U. Machoczek = A  RHR, A I; zur Digitalisierung des reichshofrätlichen Findbehelfs W’ R P, Erfassung, S. 635–649; ebenso wurden bisher die Judicalia miscellanea, die Vota ad Imperatoria und die oben bereits erwähnten Alten Prager Akten (siehe O, Datenbank) digitalisiert. O, Justiz, S. 5; O, Formierung (c), S. 17–25; ., Formierung (b), S. 257–264; ., Formierung (a); S, Reichshofrat, S. 27–39; vgl. URL: u. , [02.03.2008]; S, Projekt. Siehe das Erschließungsprojekt von Appellationen URL: , [01.08.2010]. O, Reichsstadt; ., Gnadensachen; ., Formierung (c), S. 17–25; ., Entstehung; ., Formierung (b), S. 257–264; ., Hofrat (a), S. 175–203; O, ., Aspekte. A, Erschließungsstrategien, S. 211–219; ., Archiv, S. 117–130; ., Akten, S. 25–38; siehe ., Reichshofrätliche Testamente; ., Verschleppung, S. 1–13; ., Quellen, S. 409–423. Siehe instruktiv das Vorwort S in A  RHR, ApA I, S. 7–17. F, J, Inanspruchnahme, S. 39–141; ., Lübeck, S. 161–200; J, Integration; ., Greifswald, S. 289–295; N, Integration, S. 1–11; O, Reichsstadt, S. 57–75; B, Insinutation, S. 39–55; S, Reichshofratsprozesse, S. 139–163; N, Konfessionskonflikt, S. 93–117; S, Erschließungsprojekt, S. 285–290; ., Perspektive, S. 4–8; ., Reichsarchive, S. 6–10. Vgl. L, Reichsstädte, S. 129–153; ., Bürgerunruhen; N, Reichshofrat, S. 121– 131; H, Reichsstädte, S. 169–182, hier S. 175–180; F, Reichsjustiz, S. 115–195; P, Konfliktbewältigung u. ., Reichshofratsprozesse, S. 113-132.

1.1 Forschungsstand

17

wort ,Reichspersonal‘ untersuchen45 , aber auch Verbindungslinien einzelner bedeutender Familien im Reich zum RHR herausarbeiten.46 Die Verbindung der kaiserlichen Gerichtsbarkeit mit der Reichspolitik einzelner Herrscher nimmt hierbei eine zentrale Stellung ein.47 Zu den Spezialfällen des politisch motivierten Achtverfahrens48 liegen ebenso Studien vor wie zu Fürstenabsetzungen durch den RHR.49 Weitere wegweisende Untersuchungen erbrachten ebenfalls neue Ergebnisse im Sinne einer mediativen Funktion des RHR.50 Neben den von E untersuchten Konfessionskonflikten am RHR unter Rudolf II.51 stechen die Studien O zum Kommissionswesen des RHR52 unter Ferdinand III. hervor, die durch die Arbeiten U für die Zeit Maximilians II. ergänzt wurden.53 O wählte erstmals eine Perspektive für das ganze Reichsgebiet und ging konsequent vom Wiener Aktenbestand aus.54 Da der RHR als ein zentrales Regierungsgremium ein potentiell äußerst starkes Instrument kaiserlicher Reichspolitik war, liefert er wichtige Informationen über die tatsächliche kaiserliche Herrschaftsentfaltung im Reich.55 Der RHR spielte in diesem Rahmen angesichts neuer Erkenntnisse seine Frieden bewahrende Rolle als Mediator.56 Er blieb bis 1806 eng an das Kaiseramt gebunden, trotz schärfster protestantischer Kritik57 an den ,Hofprozessen‘, und trug so zur Erhaltung des Reichssystems bei.58 Zugleich fungierte er als „Katalysator für die Implementierung des Reichsrechts“.59

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O, Reichspersonal; E, Reichshofratsagenten; G, Beamtentum; P, Agenten. Siehe E, Fugger, S. 183–193 u. S, Kommunikationsstrategie, S. 179– 189. S, Verhältnis, S. 127; H-M, Ständekonflikt, S. 27f.; B, O, Netzwerk, S. 29; O, W, Höchstgerichtsbarkeit (a), Abs. 3. Vgl. K, Reichsrebellion; L, Achtverfahren. Siehe M, Aberkennung u. T, Fürstenabsetzung. H, Law; ., Imperial Aulic Council, S. 192–204; ., Fiat justitia; R, Recht, S. 269–309; E, Gerichtsbarkeit. Siehe L, Diplomatie, S. 97– 106; ., Bürgerunruhen; F, Reichsjustiz; W, Rechtsprechung; F, Medium; ., 1609, S. 297–311; O, Auftrag; A, Reich, S. 85–97; ., Reichshofrat, S. 51–74; O, Bewältigung, S. 77–109. Siehe E, Gerichtsbarkeit u. ., Religionsprozesse, S. 97–125. A, Kommissionen; H, Verfassungsstreit; W, Bemerkungen. O, Auftrag; ., Kommissionen, S. 47–81; U, Geschichte; ., Landesherr S. 257–290; ., Kommissionsverfahren, S. 27–38; ., Kommissionen; ., Stände, S. 85–106; ., Verankerung, S. 173–191. D., Auftrag, S. 355; E, Gerichtsbarkeit, S. 14. Vgl. hierzu S, Begriff , Abs. 6; ., Gewalt, S. 45–48. Siehe S, Unabhängigkeit, S. 132; G, Religionsfrieden, S. 47. Vgl. E, Tätigkeit, S. 27–46 sowie ., Reichshofrat, S. 187–205. Vgl. W, Stabilisierung, S. 239–253; ., Reichshofrat, S. 135–137. Siehe S, Reichshofrat, S. 27–39, Zitat S. 38.

18

1. Einleitung

Bei Betrachtung der reichgerichtlichen Forschungsthemen ist die Konzentration auf die Analyse kollektiver Untertanenkonflikte insbesondere am RKG auffallend, eine Analyse, die für den RHR allerdings noch aussteht.60 Insbesondere gilt dies hinsichtlich der Minderheiten im Alten Reich wie beispielsweise der Juden.61 1.1.3 Die Juden des Alten Reichs und die Reichsgerichtsbarkeit Bis in die 1960er Jahre galten die Territorialstaaten als ausschlaggebend für die Gestaltung der jüdischen Lebenswelten.62 Die Fokussierung auf den lokalen Raum erbrachte beeindruckende Erkenntniszuwächse über die Judenschaften verschiedener Territorien.63 Forschungsparadigmen wie die der ,Territorialisierung des Judenrechts‘64 wurden jedoch kaum reflektiert. Hinzu kommt, dass diese Paradigmen bis heute in enger Verbindung zur Perspektive auf die deutsch-jüdische Geschichte als Verfolgungshistorie stehen.65 Selbiges gilt für die Sichtweise, beinahe ausschließlich finanzielle Erwägungen hätten das obrigkeitliche Interesse an den Juden bestimmt.66 Darüber hinaus galt lange Zeit als Konsens, dass die Verbindung der Juden zum Reichsoberhaupt im 17. Jahrhunderts nur noch nominell für die großen reichsstädtischen Gemeinden bestand.67 Die Beurteilung der Rahmenfak60

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Zur bäuerlichen Sicht auf den RHR T, Reichsgerichte, S. 132–134; ., Audigenz; U, Landesherr, S. 264–287; W, Erforschung, S. 19f.; S, Untertanenprozesse; G., Widerstand (a), S. 45–66. Siehe U, Geschichte, S. 13; W, Rechtsprechung, S. 15. Vgl. zur Differenzierung in „Judenrecht“ u. „jüdisches Recht“ K, Recht, S. 187–198 u. B, Judenrecht, Sp. 63–65; G, Christen, S. 30f.; zur Forschung E, G, W, Rechtsnormen (a), S. 40–43 mit der wichtigsten neusten Literatur; ergänzt in ., Rechtsnormen (b), S. 97–102; G, W, Kaiser, S. 3f., 6. Vgl. B, Juden (c), S. 39–41, 144–147; ., Stadt; ., Strukturen, S. 267– 298; zu den Landjudenschaften C, Landjudenschaften I; siehe E, G, W, JHRR, S. 8f. Siehe B, Kammerknechtschaft, S. 65–90; ., Kammerknechte, S. 545–599; ., Gesetzgebung, S. 43–63; ., Judenverordnungen, S. 3–5, 16f.; ., Rechtsstellung, S. 129–183, hier S. 170; ., Rahmenbedingungen, S. 53–79, v. a. S. 72–76; ., Juden (c), S. 8; T, Juden, S. 51f.; E, G, W, JHRR, S. 8f. Hierzu G, W, Kaiser, S. 4; vgl. B, Bildungstheorie, hier S. 17, 20; L, Gravamen, S. 101–104. Vgl. L, Finanz; W, Juden; siehe den Forschungsüberblick bei R, Fremden, Abs. 5–18; B, Rahmenbedingungen, S. 59f. Für das Mittelalter T, Juden, S. 50: „Charakteristisch für die Beziehungen zwischen Königtum und Juden ist also im Spätmittelalter der nackte Fiskalismus sowie die Willkür der Ausbeutung“. R, S, Kammerknechte, S. 313–363; ., Weg, S. 142–145; B, Juden (c), S. 8f., 14–16, 72–76 (Zitat S. 72); ., Kammerknechtschaft, S. 71; W, Advocatoria, S. 222f.

1.1 Forschungsstand

19

toren Kaiser und Reich für die Rechts- und Lebensverhältnisse der Juden blieb angesichts dessen fast unbeachtet.68 Allerdings setzt sich allmählich die Erkenntnis durch, dass selbst in der intensiven Territorialisierungsphase der rechtliche Alltag der Juden nicht allein als ein Kapitel der Landesgeschichte begriffen werden darf. Die Frage, was die Geschichte der Juden zur Reichsgeschichte und umgekehrt beitragen kann, erscheint von großer Aktualität. Insbesondere den Verbindungslinien der Juden zum Kaiser als oberstem Richter kommt über das Element der Römischen Bürgerschaft vermehrt Aufmerksamkeit zu.69 Insgesamt gibt es mittlerweile eine ganze Reihe von Studien, die sich mit der jüdischen Rechtspraxis beschäftigen. Für das Spätmittelalter haben B70 jüdische Prozesse vor Züricher Gerichten und M71 solche am Hofgericht in Rottweil analysiert. P, P-C H und U dagegen widmeten sich dezidiert historischen Fragestellungen unter Hinzuziehung reichshofrätlicher Prozessakten.72 Allerdings drückt sich das hier skizzierte gestiegene wissenschaftliche Interesse an jüdischer Rechtspraxis bislang in einer Konzentration auf die Tätigkeit des RKG aus.73 Zum RHR stechen S74 Untersuchungen von Prozessen österreichischer, böhmischer und mährischer Juden im 16. und 17. Jahrhundert sowie die ältere Arbeit F innerhalb der Forschung hervor. Letztere konnte die Wahrnehmung von Rechtsschutzaufgaben durch den RHR nachweisen, wobei beide Studien erste Hinweise für das selbstbewusste Agieren von Juden am RHR erbringen.75

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Vgl. ., Advocatoria, S. 223–225; ., Bericht, S. 91f.; R, Fremden, Abs. 5–18; PC H, Juden, S. 211–221; E, G, W, JHRR, S. 9. P-C H, Juden, S. 212; W, Advocatoria, S. 222–225; U, Minderheit, S. 538; K, Schutzherrschaft; ., R, R, S, Einführung. Vgl. B, Juden, S. 183–198. Siehe M, Studien; ., Hofgericht, S. 396–407; vgl. auch K, Magdeburg, S. 122–129. P, Rudolf II. (b), S. 243–293; P-C H, Jews, S. 71–82. Ebenso ., L (Hrsg.), Ghetto; ., Konflikte, S. 317–331; U, Nachbarschaft, S. 328–338. B, Reichskammergericht; ., Juden (a), S. 189–221; ., Judenpogrome, S. 123–149; ., Juden (b), S. 322–327; K, H, Juden, S. 183–197; K, Flügel, S. 221–253; S, Untertanenprozesse, S. 372–425; D, Rechtsfälle, S. 238–250; P-C H, Seduction, S. 219–232; ., Konflikte, S. 317–331; B, Reichskammergerichtsprozesse; ., Judikatur, S. 267–271; kurz F, Sollicitatur, S. 125–131; K, Kooperation; W, Prozesse. Vgl. S, Juden; ., debiti, S. 178–180; ., Ritualmord, S. 47–59; ., Privilegien, S. 21–39; ., Handlungsstrategien, S. 143–183; ., Frage. F, Rechtsschutz. Vgl. G, H, S, Steuern, S. 180–188, 195; siehe jüngst S, Quellen, S. 6–9.

20

1. Einleitung

Die Studien P’ aufnehmend, analysierte K die Frankfurter Rabbinerverschwörung von 1603 anhand neuer RHR-Aktenfunde.76 O beleuchtete erstmals die Tätigkeit des reichshofrätlichen Fiskals in jüdischen Angelegenheiten.77 Hiermit in enger Verbindung stehen die Studien von D, R und S zum Goldenen Opferpfennig und der Kronsteuer.78 Detailstudien zu dieser Thematik sind aber bislang selten79 und liegen in Ansätzen erst mit der Studie K über Frankfurter Gemeindeprozesse am RHR vor.80 Seit einiger Zeit nimmt sich das Projekt Von den Rechtsnormen zur Rechtspraxis81 im Projekt-Cluster Jüdisches Heiliges Römisches Reich dieses Paradigmenwechsels näher an.82 Neben der aktiven Beteiligung der Juden am Rechtsleben des polyzentrisch organisierten Alten Reichs geht es den Initiatoren um die Erforschung des dynamischen Verhältnisses zwischen Kaiser, Reichsständen und Judenschaft. Ziel sei es, Kaiser und Reich als wichtige Bezugsgrößen im jüdischen Rechtsalltag innerhalb der Rechtsprechung der beiden höchsten Reichsgerichte zu begreifen.83 Ein aus dem Projekt-Cluster hervorgegangener Sammelband fasst die ersten Ergebnisse des Phänomens „Juden im Recht“ zusammen.84 Ein Ergebnis des Clusters besteht darin, dass die Verbindung zwischen den Kaisern und den Juden bis zum Ende des Reiches ungebrochen wichtig für beide Seiten blieb.85 Allerdings ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht abzuschätzen, in welchem Ausmaß, wie und in welcher Regelmäßigkeit diese Verbindungen in den RHR-Prozessen mit jüdischer Beteiligung zum Ausdruck kamen, die ungefähr 5 % aller RHR-Verfahren ausmachten.86 Ebenso 76

77 78 79 80 81 82

83 84 85

86

F, Rechtsschutz; H, Rechtsprechung, S. 342; P, Rudolf II. (b), S. 243–293; K, Bonn; ., Wohltat; ., Initiative; ., Hofjuden; ., Rabbinerversammlung. Vgl. O, Reichshoffiskalat; ., Judenprozesse; O, Kommissionen; ., Auftrag. D, Karl VI., S. 149–167; R, S, Kammerknechte, S. 313– 363. Siehe K, Judengemeinde; hierzu nun ., Leben; siehe auch E, G, W, JHRR, S. 57f. K, Judengemeinde. Nun K-M, Gemeinde. E, G, W, Rechtsnormen; ., Rechtsnormen. Vgl. ., Legal History, S. 409–460; ., Rechtsnormen, S. 39–58; ., Rechtsnormen, S. 97–119; E, Spaces, S. 475–487; G, W, Kaiser, S. 1–10. W, Spaces, S. 437–474; ., Kaiserhuldigungen, S. 213–235; ., Projekt, S. 245–272; E, G, W, JHRR, S. 9, 63f.; ., Wissen. Siehe G, W, Kaiser, S. 1–8; W, Bericht, S. 95. R, Weg, S. 144 bestreitet dies und misst den kaiserlichen Rechten bezüglich des Judenschutzes eine „nur noch sehr geringe realpolitische Bedeutung“ zu (S. 145); anders dagegen W, Aspekte, S. 24f. Siehe W, Advocatoria, S. 225–227; ebenso B, Juden (c), S. 73f.; zu den Zahlen K, Leben.

1.2 Fragestellung

21

liegen erst in Ansätzen Studien vor, in denen Handlungs- und Argumentationsmuster der Juden und ihre Teilhabe an Kommunikationsprozessen zwischen Herrscher und Beherrschten selbst einer eingehenden Betrachtung unterzogen werden.87 Auf diesen letzten Aspekt wird daher im Folgenden näher einzugehen sein.

1.2 Fragestellung Die vorliegende Arbeit basiert auf rechtshistorischen Erkenntnissen88 , widmet sich aber einer genuin historischen Fragestellung. Dem besseren Verständnis juristischer Fachbegriffe, die von den Streitparteien und dem RHR verwendet wurden, dient ein Glossar im Anhang. Da die Studie mehr sein soll als nur ein summarischer Überblick über einige ausgewählte Prozesse mit jüdischer Beteiligung89 , stellt sich an dieser Stelle die Frage, unter welchen Voraussetzungen die Prozesse ausgewertet werden sollen. Erkenntnis leitend ist die in der Forschung diskutierte Tatsache, dass Herrschaft sich in sozialer Praxis und damit über Kommunikation äußert. Das Ideal dieser sozialen Praxis ist, dass alle in einer Gesellschaft lebenden Menschen aktiv daran mitwirken, um die Grundlagen und Bedingungen von Herrschaft immer wieder neu auszuhandeln und zu gestalten. Herrschaft entsteht in beständiger Kommunikation und in der Aushandlung von Konflikten, wobei dieser Komplex die Existenz gemeinsamer Werte und Normen voraussetzt und diese zugleich zum Ausdruck bringt. Diese Art der Kommunikation ist immer an Institutionen gebunden, die von sozialen Gruppen getragen

87 88 89

S, Handlungsstrategien; E, Wissen; R, Kommunikation, S. 171f. H, Anleitung I; ., Grundlinien; ., Grundriß; D, Grundsätze; M, Geschichte, 2 Bde.; ., Einleitung; ., Grund=Sätze. Neben solchen Bezeichnungen, die angesichts des flexiblen Verfahrens am RHR keineswegs an der engen juristischen Definition des Begriffes ,Prozess‘ orientiert sein können, werden auch die Terminologien jüdische Prozesse oder Causen verwendet. Damit wird aber keineswegs auf eine eigenständige ,jüdische‘ Prozessform am RHR verwiesen. Eine solche gab es so nicht und ist keinesfalls mit Verfahren vor innerjüdischen Gerichten (beit din) zu verwechseln.

22

1. Einleitung

werden.90 In dieser fortlaufenden91 „Interaktionskommunikation“ am RHR92 bieten die Prozesse mit jüdischer Beteiligung ein Medium, in dem sich Kaiser und adelige Herrschaften, aber ebenso die Juden über ihre jeweilige Position im Reichsgefüge verständigen konnten.93 Angesichts dessen empfiehlt es sich, den Verrechtlichungsbegriff94 für die Juden des Reiches95 als Analyseraster anzulegen. Allerdings lässt dieses Konzept die Akteure und ihre Ansichten weitestgehend aus den Augen, die in dieser Studie gerade im Zentrum stehen sollen. In jüngster Vergangenheit wurde mit dem Justiznutzungsparadigma96 ein flexibles Instrumentarium entwickelt, dass das Verrechtlichungskonzept um die Akteurssicht und deren kommunikativen Umgang mit der Justiz97 ergänzt. In diesem Rahmen können die Juden dann schärfer als agierende Subjekte in ihrer christlichen Umwelt und am kaiserlichen Gericht herausgearbeitet werden.98 Da Institu90

91 92 93

94 95

96 97 98

Vgl. zur politischen Kommunikation S-S, Kommunikation (c), S. 273314; ., Kommunikation (b), S. 3–36; ., T, Debatten, S. 1–12; ., Kommunikation (a), S. 7–18; L, Einleitung, S. 9–51; F, Politikgeschichte, S. 14f.; R, Kommunikation, S. 170f.; F, Medium, S. 4–6. Zur Kulturgeschichte des Politischen S-R, Kulturgeschichte, S. 9–24, hier S. 19–22; ., Zeremoniell; ., Rang; ., Inszenierung; ., Kommunikation; L, Diskurs, S. 71–117, hier S. 95–106; M, Überlegungen, S. 574–606 u. S, Kulturgeschichte, S. 27–55. In ihrem Rahmen wurde in den letzten Jahren insbesondere die systemtheoretische Verfahrenstheorie L für die Tätigkeit des RHR rezipiert. L, Kommunikation, S. 94–110; U, Geschichte, S. 198–295; R, Kommunikation, S. 170–172, die politische Kommunikation u. hierarchische Orientierung als Schlüsselbegriffe zw. Juden und Herrschaftsträgern bezeichnet. S, Kommunikation S. 13–25; S, D, Rechtsgeschichte, S. 7–11. Vgl. die Kritik bei N, Macht, S. 1–25; R, Klios, S. 657–688. Vgl. W, Kommunikation, S. 215–251. Zitat F, Politikgeschichte, S. 16; W, Reichshofrat, S. 136f. Der jüd. Anteil an polit. Kommunikationsprozessen ist, wie R, Kommunikation, S. 171 betont, noch unerforscht; vgl. ., Herausforderungen, S. 118, wo sie vom „politischen Kommunikationsprozess mit den Herrschaftsträgern“ spricht. Siehe zu dieser Begrifflichkeit S, Einführung, S. 78–88. F, Rechtsschutz; B, Juden (c), S. 14–16; ., Aspekte; ., Privilegierung; S, Wegbereiter, S. 625–634, der vor allem die in der älteren Forschung konstatierte Notwendigkeit eines nahtlosen Überganges vom Verrechtlichungsprozess in die Emanzipation der Juden in Preußen einer kritischen Revision unterzieht; ., Weg, S. 449–482; hingegen L, Judenschutz, S. 16–36, hier S. 19–20; ., Gravamen, S. 96–100; dagegen S, Untertanenprozesse, S. 372–425, D, Abseits; G, Stellung; P-C H, Jews. Siehe zur Einführung S, Aktenkundig. Siehe zum Justiznutzungskonzept D, Justiznutzungen, S. 532f., 540, 543 u. ., Justiz, S. 281f. Zur Applizierung beider Paradigmen F, Kampf , S. 43–47. So die Kernintention des Justiznutzungskonzepts bei D, Justiznutzungen, S. 508; siehe aus Perspektive der deut.-jüd. Historiograpie B, Ghetto, S. 515–526. B forderte, eine jüdische Geschichte ohne Tränen zu schreiben und die Juden als Akteure stärker wahrzunehmen; vgl. E, Crisis, S. 243–264; B, Propheten, S. 163–207 sowie R, Fremden, Abs. 5–12; K, Nähe, S. 18f.; T, Symbiotik, S. 25–40; zur Frage der Rolle der Akteure im Verfahren bei Luhmann S, Sinn, S. 32f.; B-

1.2 Fragestellung

23

tionen wie der RHR soziale Ordnung spiegeln können99 , stellt sich angesichts dieser Prämissen die übergeordnete Frage, wie die Ordnung des Reiches als sozialer, rechtlicher und politischer Raum von den am RHR klagenden Juden gesehen wurde und wie sie ihre Position in ihm definierten.100 Damit rückt die Analyse die von den Juden verwendeten rechtsstrategischen Handlungen und Argumentationsmuster am RHR als Ausdruck politischer Kommunikation ,von unten‘ in den Mittelpunkt des Interesses.101 Rechtsstrategische Handlungen lehnen sich an das  A entwickelte und von S applizierte Konzept der Rechtsarchäologie an. Es bezieht sich auf die geschriebenen und ungeschriebenen Rechte, d. h. auf die RHR- und RKG-Ordnungen sowie die durch Reichsrecht und -herkommen normierten Handlungen des Rechtslebens.102 Hierzu zählen ferner die von Juden am Gericht eingebrachten Klageschriften. Zu Letzterem gehören die reichshofrätlichen Reaktionen, also auf die am RHR herrschende Prozesspraxis.103 Hierhinter verbirgt sich insofern das für die Kläger am RHR verbindliche Normengerüst. Argumentationsmuster beziehen sich dagegen auf die sprachwissenschaftlichen Erkenntnisse K. Er versteht unter Argumentation „eine geregelte Abfolge [. . . ] von Sprechhandlungen [. . . ], die zusammen ein mehr oder weniger komplexes, kohärentes und intentionales Beziehungsnetz zwischen Aussagen bilden, das der [. . . ] Einlösung von problematisierten Geltungsansprüchen dient“.104 Da auch in der frühneuzeitlichen Gesellschaft105 soziale Raumordnungskonflikte virulent waren, stehen hinter Argumentationen immer soziale Geltungsansprüche. In diesem Fall konnten sie über , Kammerknechte, S. 592 sah die Juden als „Objekt, nicht Subjekt des Handelns“. So im Übrigen auch S, Juden, S. 13f. Dagegen L, Geschichte, S. 6; ., Juden [c], S. 92). Hierzu auch K, Weg, S. 1023. 99 Siehe S, Ordnungen, S. 8 u. R, Weltrepräsentanz, S. 3–49. Siehe hierzu auch B, Macht. 100 Hierzu S, Austausch, S. 31 u. G, Wertetransfer, S. 145. 101 Vgl. D, Justiz, S. 281; vgl. aus jüd. Perspektive R, Profession, S. 73; vgl. die Untersuchungen von U, Friedenssicherung, S. 203–228, hier S. 206, 225–227; ., Landesherr, S. 257–290; M, Thielen, S. 304f.; vgl. zur Definition von politischem Handeln im Mittelalter B, Herrschaft, S. 6f. 102 Siehe A, S, Rechtsarchäologie, S. 3f.; vgl. S, Archäologie, S. 108– 117, hier S. 108–110. Hier auch die Anpassung des Konzepts an die Erfordernisse moderner Historiographie. 103 Vgl. zur Prozesspraxis und ihrer Einteilung in „Rechtsbedarf im Spiegel von Konflikt- und Prozeßfähigkeit“ sowie „rechtliche Verhaltensweisen“ S, Archäologie, S. 111; siehe zur jüdischen Perspektive S, Handlungsstrategien. 104 K, Argumentationstheorie, S. 59. 105 Zur face-to-face-Gesellschaft der Frühen Neuzeit vgl. L, Face, S. 157–184; in ihr lebten Juden wie die adeligen Herrschaften gleichermaßen, siehe hierzu R, Kommunikation, S. 172f.; R, Geschichte, S. 68; R, Außenseiter, S. 32; D, Abseits, S. 196 entwarf anhand der Fürstabtei Corvey das Bild vom ,Abseits als sicherer Ort‘.

24

1. Einleitung

die Gewinnung eines einfachen Prozesszieles bis hin zu weiterführenden Ansprüchen und Ansichten reichen und wurden dann gegebenenfalls von den Prozessparteien strategisch verwendet.106 Argumentation verdichtet in seiner Kernstruktur soziale Erfahrungen und erfüllt damit seine Funktion, intuitives Wissens über die sozioökonomische, rechtliche und politische Wirklichkeit zu transportieren. Dieser Ansatz ermöglicht, die rechtsstrategischen Handlungen der Juden mental einzuordnen. Hiermit kann die Trag- und Reichweite der sich hierhinter verbergenden Normen bewertet werden.107 Gerade weil das Justiznutzungskonzept die Justiz als Angebot zur Regulierung von sozialen Konflikten begreift108 , scheint die Beschäftigung mit Gerichtsprozessen aus dieser Perspektive besonders dazu geeignet, das Augenmerk auf die von den Juden verwendeten Wissens- und Themenfelder109 zu richten. Letztere liefern jüdische Aussagen über Kaiser, Reich, Reichsjustiz und adelige Herrschaften. Zugleich ermöglichen sie Einblicke in die von den Juden selbst vorgenommene eigene rechtlich-soziale Verortung innerhalb des ,Alten Reichs’.110 Die damit transportieren Wahrnehmungsmodi111 einer subjektiven Wirklichkeit geben Aufschluss über jüdische self-fashioning-Prozesse und Strategien.112 Diese Selbstbildungsprozesse stellen reziproke (Perzeptions-)Abläufe113 dar, die zur Bildung des eigenen Selbst auf der Folie der konflikthaften Fremd106 107

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113

Siehe S, Ordnungen, S. 8. K, Argumentationstheorie, S. 43–60; B, Konstruktion, S. 24–26, 72–74; S, Aktenkundig, S. 65; siehe zur Raum und Zeit abhängigen Deutung von Wirklichkeit als subjektive Erscheinung V, Rekonstruktion, S. 14– 17; siehe die Anknüpfungspunkte zur Verfahrenstheorie L bei U, Geschichte, S. 210, die betont, dass Handlungsweisen von Parteien nur richtig einzuschätzen sind, wenn die Weltbilder und Wertvorstellungen ermittelt werden. D, Justiznutzungen, S. 505. In Anlehnung zur Rechtsarchäologie hierzu S, Archäologie, S. 111; vgl. G, Wertetransfer, S. 145; vgl. F, Medium, S. 4 in Verbindung mit der Bedeutung von Kommunikation. B, Juden (c), S. 76; E, Gerichtsbarkeit, S. 14; ., Wissen, S. 8; R, Kommunikation, S. 172; da es in den „Kultur- und Sozialwissenschaften [. . . ] keine einhellige Auffassung [. . . ] gibt, was unter einem Diskus zu verstehen ist“ (E, Diskurse, S. 11–14, Zitat S. 11), wird dieser Terminus vermieden. In Anlehnung an H, Diskurs, S. 40–42 soll vielmehr von ,Themenfeldern‘ die Rede sein, die anders als Diskurse enger gefasst sind. Zum politischen Bewusstsein der Juden siehe T, Juden, S. 107 u. zur jüd. Erfahrung im Supplizieren L, Supplizieren (b), S. 187f. T, W, Grundfragen, S. 79; L, Geschichte, S. 95f., 99; SR, Kulturgeschichte, S. 12f.; L, Einleitung, S. 11f.; S, Gerichtsakten, S. 132; siehe hierzu B, Metamorphosen. Siehe im Bereich der Forschungen zur Reichsgerichtsbarkeit instruktiv F, Protokolle mit weiterer Literatur auf S. 252. F, R, Einleitung, S. 9–13; S, Ordnungen, S. 13; instruktiv R, Alterität, S. 7–22; B, Konstruktion, S. 107, 142f. Zum Konzept des selffashioning G, Self-Fashioning, S. 3–9. K, Frieden, S. 141f. Vgl. R, Wissen, S. 1–22.

1.2 Fragestellung

25

wahrnehmung führen. Diese Prozesse laufen im dialektischen Erkennen des Anderen ab, was sich über Kommunikation im obigen Sinne manifestiert. Dieses von G entwickelte Konzept versucht zu zeigen, wie die Idee des „Selbst“ in der Frühen Neuzeit im Zuge eines gesteigerten Selbstbewusstseins nicht nur Texte generiert, sondern ihrerseits ein Effekt textueller Konstrukte ist. Das Konzept untersucht damit die Her- und Darstellung des eigenen „Selbst“ in Rede und Handlung. G betont, dass Selbstbilder ohne scharfe Trennung zwischen Literatur und gesellschaftlichem Leben funktionieren.114 Ähnliches gilt für die Prozessakten und das gesellschaftliche Leben des Alten Reichs in Bezug auf den RHR und die dort klagenden Juden. Da die soeben referierten Phänomene aus jüdischer Sicht im Alten Reich bislang weitgehend unberücksichtigt geblieben sind bzw. nur für herausragende Persönlichkeiten Berücksichtigung fanden, rücken sie für diese Studie ins Zentrum des Interesses115 und können abseits einer Verfolgungsgeschichte Aufschlüsse über die aktive Anteilnahme der Juden am Reichssystem aufzeigen. Das Nachspüren jüdischer Selbstbilder in RHR-Prozessen liefert Hinweise darüber, ob die Juden in ihrem bisherigen, durch die christliche Mehrheitsgesellschaft geprägten Minderheitenbild gefangen waren, hierüber hinausgingen oder es vielleicht sogar in ihre Strategien mit einbezogen.116 Um diese Punkte zu eruieren, ist es notwendig, den Rollenbegriff mit heranzuziehen. Innerhalb der Soziologie erscheint die Erkenntnis als ein Allgemeinplatz, dass Rollen die Gesellschaftsordnung repräsentieren.117 Die Rolle klassifiziert die Stellung des Rolleninhabers in einem sozialen Gefüge und muss mit dem eigenen Selbstbild in Einklang gebracht werden. Zugleich wird die Rolle durch Rollenerwartungen vonseiten der anderen Mitglieder des sozialen Gefüges bestimmt. Dazu gehören insbesondere vom sozialen Gefüge abhängige Erwartungen, Werte, Handlungsmuster und Verhaltensweisen. Diesen Anforderungen muss sich ein Akteur entsprechend 114 115

116

117

G, Self-Fashioning, S. 4; J, Selbstzeugnisse, S. 10f. Für die Sicht der Reformatoren sei an dieser Stelle auf D, Judaismus, S. 76– 78 hingewiesen. Für die jüd. Geschichte S, Jews, S. 3–17; V, Nutzen, S. 107–115; H, Confronts; S, Geschäfte; vgl. zum 14. Jh. Y, Otobiographiah, S. 541–566 u. während der Haskalah W, haotobiograpfiah, S. 175– 183; T, Selbstdarstellung, S. 173–183. Für das Bild der Juden in der christlichen Gesellschaft gibt es mehrere Studien: K, Zasius; K, Bild; G, Stellung; O, Reuchlin; R, S, Judenbilder. Vgl. im weitesten Sinne auch W, Lage, S. 32–52, hier v. a. S. 42–52. Vgl. auch L, Juden (b), S. 135, der dieses Thema als einen der „zentralen Bereiche der Erforschung deutsch-jüdischer Geschichte“ bezeichnet. So die Vermutung bei S, Juden, S. 148; R, Kommunikation, S. 172; D, Justiznutzungen, S. 540; ., Justiz, S. 288f.; L, Einleitung, S. 13f. L, Geschichte, S. 100, 104–122; vgl. die Anleihen bei der Diskursgeschichte M, Geschichte, S. 18 u. S, Autorität, S. 236. B, Konstruktion, S. 77–80.

26

1. Einleitung

seiner Position stellen. Soziale Ordnung entsteht dabei durch die Institutionalisierung von Handlungen und erhält in dieser Interaktion aller Individuen einer Gesellschaft soziale Wirklichkeit.118 Hierbei spielt das Alltagswissen eine zentrale Rolle.119 Dieses Wissen beinhaltet vor allem die Kenntnisse über das „richtige Verhalten“ in der Gesellschaft und insbesondere innerhalb von Institutionen. In dieser Perspektive verspricht die Analyse der jüdische Belange betreffenden RHR-Prozessakten das kommunikative Verhältnis zwischen Kaiser, adeligen Herrschaften und Juden als ein „Polygon der Kräfte“120 in einer diachronen Betrachtung zu fokussieren.121 Dabei stellt sich zugleich die übergeordnete Frage, wie das Reich und dessen Rechtssystem mit Klagen aus der jüdischen Bevölkerung umgingen. Hierüber kann auf das generelle Wesen und auf die Funktionsweise des Reiches und seiner Gesellschaft geschlossen werden. Bei einem diachronen Vergleich der rechtsstrategischen Handlungen von Juden und ihren Argumentationsmustern ist die stete Rückkopplung an die jeweiligen Kontexte der Vergleichspunkte zu beachten. Damit müssen die Vergleichsobjekte genau beschrieben und die Bedingungen ihrer Gleichheit bzw. Ungleichheit benannt werden.122 In Anbetracht dieser Prämissen gilt es zunächst, eine historiographische Einordnung jüdischer Betreffe als Orientierungsrahmen für den Fortgang der Studie sowie für die abschließende zusammenfassende Bewertung ihrer Ergebnisse vorzunehmen. Weil die Studie primär von den jüdischen Akteuren her konzipiert ist, müssen deren rechtsstrategische Handlungen und Argumentationsmuster in zweifacher Hinsicht kontextualisiert werden123 : Zum einen ist es unabdingbar, eine statistische Beschreibung des Phänomens jüdischer Causen am RHR auf Reichsebene vorzunehmen, um die absoluten und relativen Ausmaße im zeitlichen Vergleich zu eruieren. Zum anderen findet dieser Abschnitt durch eine in Kapitel 2 vorgenommenen Detailbetrachtung der Konfliktfelder in den jeweiligen Zeitabschnitten eine Ergänzung. Hiernach gilt es, in Kapitel 3 118 119 120 121 122 123

Hierzu kurz B, Macht. Vgl. ausführlich B, Konstruktion, S. 21–98. Zitat S, Rechtsnorm, S. 22; K, Kommunikation, S. 37–39. Siehe D, Justiznutzungen, S. 505, der betont, dass die Gerichte immer auch von ihren Nutzern her definiert werden. S, Archäologie, S. 101. H, Vergleich, S. 25, 35, 39; U, Zeuginnen, S. 207–226; T, W, Grundfragen, S. 79, die diesen Zusammenhang als institutionelle u. strukturelle Determinanten bezeichnet; J, Autobiographie (a), S. 68f.; L, Geschichte, S. 107–111, 130f. bzgl. der Bedeutung von Kontextualisierung bzw. der Reziprozität von Struktur u. Handlung; D, Justiznutzungen, S. 508; H, Aushandeln, S. 245; U, Supplikationen, S. 151–153; zum RHR E, Tätigkeit, S. 28, der betont, dass die „Stellung des Reichshofrates in die Geschichte des jeweiligen kaiserlichen Herrschers, seiner Politik und seines Hofes” eingebettet werden muss; H-M, Arm, S. 27f.; U, Geschichte, S. 10

1.3 Historiographische Einordnung jüdischer Betreffe

27

die rechtsstrategischen Handlungen und Argumentationsmuster der Juden angemessen einzuordnen. Ihre Analyse erfolgt getrennt nach den jeweiligen Herrschaftszeiten sowie unter Berücksichtigung der obrigkeitlichen Positionen. In Kapitel 4 werden die jüdischen Einschätzungen von Kaiser und Reichsjustiz dargelegt. Sodann folgen in Kapitel 5 Untersuchungen zu jüdischen Selbstbildungsprozessen in Abgleichung mit der diesbezüglichen obrigkeitlichen Position. Anschließend, in Kapitel 6, sind die reichshofrätliche Entscheidungsfindung und die Reaktionen des Gerichts auf die Argumentationsmuster zu thematisieren. Abschließend, in Kapitel 7, gilt es, die in den einzelnen Kapiteln gewonnenen Ergebnisse, die jeweils in einzelnen Zusammenfassungen gebündelt werden, mit Blick auf die Entwicklungslinien der deutsch-jüdischen Forschung, der Forschungen zur Ständegesellschaft und zum Alten Reich in einem abschließenden Kapitel zu interpretieren und weiterführende Thesen zu formulieren. Im Folgenden soll aber zunächst ein kurzer Blick auf das Kaisertum, den RHR sowie die jüdische Geschichte im Alten Reich geworfen werden, um hiervon ausgehend den Quellenbestand sowie die methodische Vorgehensweise zu erörtern.

1.3 Historiographische Einordnung jüdischer Betreffe 1.3.1 Das Kaisertum als reichspolitischer Kontext Eine wesentliche Grundkonstante zwischen den Herrschaften Rudolfs II. und Franz I. Stephans124 bildete die lange Dauer125 der Reichsverfassung, wie sie sich seit der Reichsreform126 herauskristallisierte und bis 1806 bestehen blieb. Ihr Kern war der hierarchisch-föderative Reichscharakter127 , der durch die Goldene Bulle, die Wahlkapitulationen der Kaiser128 und den Westfälischen Frieden 1648 bestimmt wurde. Wesentliche Merkmale dieser Reichsverfassung waren bis 1806 ihr traditioneller rechtlicher Charakter, die hohe Bedeutung symbolisch-ritueller Akte129 , die Ungleichheit des Rechts sowie damit einhergehend das Rechts- als Privilegiensystem, die hierin zum 124

125 126 127 128 129

B, Franz I., S. 358; H, Hand; F, Kaiserwahl; Z, Franz Stephan; L, Männer, S. 153-201; S, Franz I. (a), 232-248; ., Franz I. (b); T, Franz; G, Franz; H, Hand; A, Franz. Siehe B, Geschichte, S. 47–85. A, Reichsreform; kurz W, Reichsreform, S. 493–513. Siehe hierzu H-M, Kaisertum, S. 465f.; A, Reich, S. 87. Siehe K, Wahlkapitulation u. M, Wahl=Capitulation [Karl VII.]; ., Wahl=Capitulation [Franz. I]. Siehe S-R, Kleider.

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1. Einleitung

Ausdruck kommende hohe Konsensorientierung, die schwache zentrale Exekutionsgewalt, aber auch die mangelnde Trennung von politischer und sozialer Ordnung.130 Eine entscheidende Kontinuitätslinie bildete in dieser Perspektive neben den Reichstagen131 vor allem das Kaisertum.132 Zwar war es von machtpolitischen Konstellationen geprägt, jedoch in seinen wesentlichen Elementen bis 1806 konstant. Bis zu seinem Ende firmierte es als ein prinzipiell universelles (dominus mundi133 ), obgleich katholisches Wahlkaisertum mit dem Kurfürstenkollegium als Wahlgremium und einer bis zur Krönung Franz II. gleich bleibenden Wahl- und Krönungszeremonie. Das Ansehen der Kaiser blieb in weiten Teilen der Bevölkerung als „Kaisermythos“ eine lebendige „Realität“. In der Formel des advocatus ecclesiae wurde seit Rudolfs II. die Rolle des Reichsoberhauptes als Beschützer der katholischen Kirche bis zum Ende des Reichs festgeschrieben.134 Eine weitere Grundkonstante war das Lehnssystem als politisches Ordnungsprinzip des Reichs und zugleich Einfluss- und Machtinstrument des Kaisers als oberster Lehnsherr.135 Bis 1806 leiteten die deutschen Territorien als Reichsstände ihre Bedeutung von der Reichsverfassung und letztlich vom Kaiser im Rahmen des Lehnssystems ab. Ausdruck fand letztgenannter Umstand bis 1806 in der Landeshoheit, deren Grenzen von den Reichsgesetzen vorgegeben wurden, d. h., Landesgesetze durften nicht vom Reichsrecht abweichen. Der Kaiser wiederum konnte mit Privilegienvergaben in den Territorien geltendes Recht setzen. Gleichzeitig schützte dieses Reichsrecht die Reichsstände vor dem Eingriff des Reiches.136 Dem Reich war der Dualismus zwischen Kaiser und Reichsständen in die ,Wiege‘ gelegt. Wegen seiner föderalen Struktur war gleichzeitig der Territorialisierungs- und Staatsbildungsprozess für das Reich prägend.137 130

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Vgl. für die Zeit nach 1648 A, Reich, S. 32–37, 57–61; H, Reich (a), S. 14; C, Rechtsgeschichte, S. 66f.; insgesamt K, Reich, S. 33–44; in genereller Perspektive S, Z, Kaisertum. L, Ringen, S. 119–122; zum Reichstag S, Anfänge sowie im Überblick A, Reich, S. 115f., 130–142. Siehe kurz P, Kaiser, Sp. 256–259. Vgl. B, Monarchia. A, Reich, S. 64–69, Zitate S. 70, siehe insgesamt S. 69–75; B, Kaiser, S. 41–66; K, Reich, S. 43f.; L, Ringen, S. 125–129; P, Kriege, S. 84–86; R, Geschichte, S. 73–76; G, Reich, S. 11. A, Reich, S. 63, 75–81, 99–112, 122–130; ., Reich III, S. 31; K, Reich, S. 33–35, 38f.; P, Kriege, S. 86f.; G, Reich, S. 4f., 11f.; vgl. S, Kleinstaaten, S. 614. O, Gnadensachen, S. 187, 190; S, Konfessionalisierung, S. 349f.; ., Aufbruch, S. 341–349; P, Kriege, S. 81–83, 87f.; R, Geschichte, S. 69–73; S, Einführung, S. 80–83; S, Geschichte, S. 126–128. P, Kriege, S. 80f., 87; R, Geschichte, S. 85–94; S, Geschichte, S. 55–57, 204–231; G, Reich, S. 10f.

1.3 Historiographische Einordnung jüdischer Betreffe

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Zum Ende des 16. Jahrhundert äußerte sich der Dualismus vor allem im Konfessionenstreit. Der Dualismus zwischen Preußen und Habsburg zog dann ab der Mitte des 18. Jahrhundert das gesamte Reich in den Bann.138 Als ein weiteres konstantes Organisationsprinzip ist das auf Konsens und Kompromiss basierende Austarieren von gegensätzlichen Interessen zu nennen.139 Neben der mittelalterlichen Reichsidee definierte sich das Reich seit 1495 an diesem Punkt insbesondere als Friedensverband nach innen, was durch den Westfälischen Frieden dann bestätigt wurde.140 Hierzu zählten auch die Reichsgerichte wie im vorliegenden Fall der RHR. 1.3.2 Der Reichshofrat als institutioneller Kontext Zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert durchlief der RHR einen Bedeutungswandel, wies aber gleichfalls Kontinuitätslinien auf. Für die Operationalisierbarkeit der Fragestellung im Rahmen des asymmetrischen Vergleichs sollen diese Kontinuitätslinien kurz skizziert werden. Die Studien O werfen ein erstes Licht auf die lange Formierungsphase des RHR in seiner Frühphase.141 U setzte diese Untersuchungen für die Herrschaft Maximilians II. fort und kam zu dem Ergebnis, dass die Aufbauphase des Gerichts bereits unter diesem Kaiser seinen Anfang nahm. E ergänzte diese Forschungen mit seinen Studien zum Behördenaufbau für das späte 16. und frühe 17. Jahrhundert. Zusammen mit den Prozessgrundsätzen des RHR ergibt sich für den Behördenaufbau und Geschäftsgang des RHR ein klares Bild.142 Die Arbeitsgrundlagen des Gerichts wurden 1497 durch eine erste Hofratsordnung festgelegt. Ziel war es, ein kaiserliches Gegengewicht zum ständischen RKG zu schaffen. Eine zentrale Stellung nimmt dann die RHR-Ordnung von 1559 ein, in der die wesentlichen Rechtsgrundlagen fixiert wurden.143 Der Zuständigkeitsbereich des RHR umfasste bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts 138 139

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C, Rechtsgeschichte, S. 67f., 71f.; S, Konfessionalisierung, S. 347f.; V, Rudolf II., S. 19–22. H, Reich (a), S. 12; vgl. H, Reichsgesetzgebung, S. 312f., 320; S, Pax Europae, S. 112–114; zum spätmittelalterlichen Königtum K, König u. S, König. Siehe hierzu kurz W, Reich, S. 81–91; A, Reich, S. 97. O, Hofrat (a), S. 221–289; ., Entstehung, S. 11–20; ., Hofrat (b), S. 39–59; S, Reichshofrat, S. 27–39. U, Geschichte, S. 20–43, 107; E, Reichshofrat, S. 187–205; ., Gerichtsbarkeit, S. 29–122; G, Reichshofrat, S. 1–88 u. S, Prozessgrundsätze. H, Reichsgesetzgebung, S. 312f.; B, Gewaltmonopol, S. 117–130; A, Reichstag, S. 738–768; G, Beamtentum, S. 13; ., Reichshofrat, S. 1f.; S, Reichshofrat, S. 18f.; ., Pax Europae, S. 101f.; ., Prozessgrundsätze, S. 60f.

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1. Einleitung

das gesamte Reichsgebiet einschließlich der Erbländer, bis letztere 1620 und dann endgültig mit der RHR-Ordnung von 1654 aus dem Reichsverband ausschieden.144 Die Anzahl an Klagen an den beiden Reichsgerichten wurde vor allem durch Appellationsprivilegien, den privilegia de non appellando145 , begrenzt. Hierfür standen zwei Varianten zur Verfügung: die limitierten und illimitierten Appellationsprivilegien. Erstere erlaubten nur, Appellationen gegen Urteile einzulegen, die eine Mindestappellationssumme erreichten. Entscheidend war „immer die Summe, durch welche der Appellant durch das Untergericht beschwert wurde bzw. die ihm durch dieses Gericht abgesprochen wurde“.146 Hiervon sind die illimitierten Appellationsprivilegien zu unterscheiden. Bei ihrem Vorliegen konnten der RHR und das RKG nur noch in Fällen der Rechtsverweigerung und der Nichtigkeitsbeschwerde tätig werden. Alle anderen Streitsachen wurden hingegen für inappellabel erklärt und unterlagen damit nicht der Zuständigkeit der Reichsgerichte.147 Die Vergabe dieser Appellationsprivilegien trug wesentlich zur Ausbildung der Landesherrschaften innerhalb des Reiches bei und barg tendenziell die Schwächung der kaiserlichen Zentralgewalt in sich.148 Letztlich blieben die Reichsstände bis 1806 aber unter der Oberhoheit des Reiches rechtlich eingebunden. Dies wird dadurch deutlich, dass diese Privilegien ausnahmslos vom Kaiser an die Reichsstände vergeben wurden. Zusätzlich mussten in den betreffenden Territorien ausgebaute und funktionsfähige gerichtliche Instanzenzüge bestehen oder eingeführt werden. Sie mussten dem RHR zur Billigung vorgelegt werden. Bestehende Appellationsprivilegien mussten zusätzlich vorher eingebracht werden, bevor das kaiserliche Gericht sie bestätigte. Zugleich besaßen bis 1803 nur die Kurfürstentümer sowie Hessen-Kassel, Hessen-Darmstadt und auch Wallenstein für ihre Besitzungen unbeschränkte Appellationsprivilegien. Alle anderen Reichsstände konnten maximal privilegia limitata erwerben.149 Zudem konnten Untertanen, wie E herausarbeiten konnte, bei 144

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., Prozessgrundsätze, S. 63–65; ., Zuständigkeit, S. 22–36; zu allen Exemtionen G, Reichshofrat, S. 3–12; F, K, Zentralverwaltung, S. 231–233; E, Gerichtsbarkeit, S. 36; O, Reichshofrat, Sp. 916. F, Exemtion u. W, Exemtionsansprüche, S. 217–246 sowie E, privilegia, S. 9f. D., S. 11 nennt weiterhin die privilegia de non evocando u. die Privilegien, die von fremder Gerichtsbarkeit befreiten. Laut E bildeten aber die privilegia de non appellando die wichtigsten Privilegien für den Ausbau der landesherrlichen Gewalt. Siehe ., S. 19 mit Bezug auf M Unterscheidung von diesbezüglichen Privilegienarten. Zur generellen Abgrenzung ., S. 27–37. Zitat D, Bedeutung, Abs. 1; E, privilegia, S. 20f. D, Bedeutung, Abs. 2. E., S. 4f.; ., Appellations- und Evokationsrecht. E., S. 5, 18, 21, 24–27, 37–40, 54, 59f. Allerdings erhielten beinahe alle Reichsstände limitierte Appellationsprivilegien.

1.3 Historiographische Einordnung jüdischer Betreffe

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den Reichsgerichten wie dem RHR weiterhin ihre Obrigkeiten verklagen. Zwar stiegen die Streitsummen, die eine Appellation am RHR oder RKG zuließen, ständig an. Allerdings blieben diese Summen oftmals doch so niedrig, dass sie Raum für die Reichsgerichtsbarkeit boten. Zusätzlich gewährte die Goldene Bulle denjenigen Untertanen eines Kurfürsten, denen das Recht verweigert wurde, die Möglichkeit für eine Klage an den Reichsgerichten.150 Weiterhin waren die Reichsgerichte erstinstanzlich für Landfriedensbrüche, Kriminal- und Zivilklagen gegen Reichsunmittelbare und – wie erwähnt – bei Rechtsverweigerung, Rechtsverzögerung und Nichtigkeit auch für deren Untertanen zuständig. Zweitinstanzlich kümmerte sich der RHR um Appellationsfälle der territorialen Obergerichte, wobei peinliche Sachen von Appellationen ausgeschlossen waren.151 Was hierin konkret mit inbegriffen war, erscheint dabei wenig normiert gewesen zu sein, wie die Ausführungen E verdeutlichen.152 Insofern kann keine Rede davon sein, dass die Untertanen des Gesamtreiches von der kaiserlichen Reichsgerichtsbarkeit durch die Appellationsprivilegien gänzlich abgeschnitten gewesen waren.153 Die Wahl der Herrschaftszeiten zweier Kaiser als methodischer Zugriff auf das Aktenmaterial lässt sich auf die Verfasstheit des RHR zurückführen. Die RHR-Ordnungen bestimmten die prinzipielle Bindung des RHR an die Institution des Kaisers. Am deutlichsten beschreibt diese Bindung die Bestimmung, dass das Gericht mit dem Tod eines Kaisers erlosch und erst mit Ernennung des Nachfolgers seine Arbeit erneut aufnehmen konnte.154 Insbesondere für das 17. Jahrhundert können diese durch Tod und Krönung markierten Einschnitte anhand der Resolutionsprotokolle nachverfolgt werden.155 Für die Herrschaft Rudolfs II.156 und Franz I. Stephans157 findet zu Beginn eine Einsetzung der alten Reichshofräte der jeweiligen Vorgänger – im Falle Franz I. Stephans die Karls VI. – statt. Nach dem Tod Franz’ 150 151

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E., S. 13f., 22, 37f. Kurz E, Gerichtsbarkeit, S. 36 u. O, Reichshofrat, Sp. 916; ., S. 12f., 15 u. 22f. mit weiteren Ausschlüssen von der Reichsgerichtsbarkeit, siehe auch ., S. 25f. Mit Blick auf den RHR ., S. 52–54. E., S. 25–27. E., S. 25–27, 60: „Mit der Verleihung der privilegia de non appellando an die Reichsstände begab sich der Kaiser eines Teils seiner Rechte, behauptete aber dennoch seine Stellung als oberster Gerichtsherr im Reich.“ RHR-O  1654, Tit. I, § 10, in: S, Ordnungen II, S. 135; M, Vergleichung, S. 421; M, Kayser, S. 354; ., Justiz-Verfassung II, S. 280f.; H, Geschichte II, S. 511f.; D, Grundsätze, S. 70. Für die Phase zwischen Maximilians II. und Rudolf II. G, Reichshofrat, S. 134f. In HHSAW, RHR, R, XVI/42a, fol. 279r ist für den 11. Oktober 1576 mit dem Tod Maximilians II. das Ende der reichshofrätlichen Tätigkeit proklamiert, indessen wird sie bereits am 19. Oktober erneut aufgenommen. Vgl. HHSAW, RHR, R, XVIII/108, fol. 1r–2r (7.10.1745), Eröffnung des RHR nach der Krönung Franz I. am 4.10. im Frankfurter Römer; ., fol. 10r–11r (12.10.): Schließung des RHR und Wiedereröffnung in Wien.

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1. Einleitung

war indessen keine Unterbrechung des Geschäftsganges feststellbar, was einem diesbezüglichen Befehl Josephs II.158 entspricht. An der prinzipiellen Bindung des Gerichts an die Institution des Kaisertums, das wiederum den RHR finanzierte und besetzte, änderte sich bis 1806 nichts.159 Ein ständisches Besetzungsrecht existierte nicht und so waren die katholischen Reichshofräte bis zum Ende des Alten Reichs in der Mehrheit.160 Waren die ersten Hofräte seit Maximilian I. Regierungskollegien mit angeschlossener jurisdiktioneller Funktion, übernahm mit dem Erlass der ersten RHR-Ordnung 1559 und der gleichzeitigen Einrichtung des Geheimen Rates161 dieser vornehmlich die politischen Tagesgeschäfte, während der RHR auf seine richterlichen Aufgaben beschränkt wurde.162 Zwar rückten die gerichtlichen Aufgabenbereiche des RHR im Laufe des 18. Jahrhunderts sehr weit in den Vordergrund, doch war er mit seiner engen personellen Verknüpfung mit dem Geheimen Rat bzw. später der Geheimen Konferenz bis zum Ende des Alten Reichs immer politisches Beratungsgremium bzw. „Staatsrat des Kaisers“163 , was durch die Gutachtertätigkeit des RHR für den Kaiser bzw. für den Geheimen Rat in Form von Voten und Relationen zum Ausdruck kam.164 Dadurch erhielt der Kaiser je nach Bedarf Informationen über reichspolitisch relevante Prozesse. Gleichwohl waren direkte Eingriffe des Kaisers eher selten.165 Der Geschäftsgang des RHR war spätestens zum Ende der Herrschaft Maximilians II. ausgebildet und erfuhr in den Jahren danach eine administrative Verfestigung. Abzulesen ist diese Verfestigung an der Bürokratisierung und Professionalisierung des reichshofrätlichen ,Beamtenapparats‘ im Laufe des 158 159 160

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Siehe HHSAW, RHR, R, XVIII/157, fol. 152v–153v (18.8.1765); siehe G, Reichshofrat, S. 469. U, Geschichte, S. 21f.; M, Compendium, S. 689f.; S, Pax Europae, S. 106. Zum sozialen Profil der Reichshofräte U, Geschichte, S. 37–43 sowie E, Gerichtsbarkeit, S. 105–121, 291–317; G, Reichshofrat, S. 135–185 zu Rudolf II. und S. 431–469 zu Franz I. Stephan. S, Privy Council, S. 86–110; U, Geschichte, S. 24. Zum Geheimen Rat unter Rudolf II. siehe H, Hof, S. 78–81 u. E, Reichshofrat, S. 191–193; zur Entstehung der Geheimen Konferenz, die die Aufgaben des Geheimen Rats nach 1669 übernahm, S, Protokolle, S. 121 u. ., Konferenz; C, Rechtsgeschichte, S. 85f. O, Hofrat (b), S. 225–247; ., Formierung (a); M, Reichshofrat, Sp. 631f.; W, Ordo, S. 101–126; E, Reichshofrat, S. 187f. S, Begriff, Abs. 4f. (Zitat .); ., Prozess, Sp. 22; ., Prozessgrundsätze, S. 93f.; M, Reichshofrat, Sp. 631; U, Geschichte, S. 24f. Siehe zu den Relationen u. Voten die RHR-O  1654, Tit. IV, §§ 18f., in: S, Ordnungen II, S. 156) u. Tit. V, §§ 1–22, in: ., S. 157–164). Zu den Voten siehe E, Voten; ., Gerichtsbarkeit, S. 198; U, Geschichte, S. 21f., 25; G, Reichshofrat, S. 14f.; insgesamt H, Geschichte II, S. 462– 469. Hierzu insgesamt S, Richterbestechung; ., Unabhängigkeit.

1.3 Historiographische Einordnung jüdischer Betreffe

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17. Jahrhunderts. Besonders gut lässt sich dieser Prozess an der zunehmend formalen Gestaltung der Resolutionsprotokolle ablesen.166 Entscheidend waren die RHR-Ordnungen mit ihren sehr offenen Verfahrensvorschriften und ihrem eher pauschalen Hinweis auf die Gültigkeit der RKG-Ordnungen für den RHR. Strenge Verfahrensregeln existierten nicht, was mit der Vorstellung vom Kaiser als oberstem Richter im Reich kaum verträglich gewesen wäre.167 Wie Franz I. Stephan so erließ auch Rudolf II. nie eine offizielle RHR-Ordnung, jedoch sind von ihm zwei kleine Instruktionen aus den Jahren 1584168 und 1594 erhalten, die gemäß eigenem Anspruch die Ordnung von 1559 konkretisieren und erneuern sollten.169 Die von Ferdinand III. erlassene RHROrdnung von 1654 markierte dann den entscheidenden administrativen Verdichtungsschub des RHR und seiner Verfahrenspraxis, wie sie durch die Studien Sellerts für das 18. Jahrhundert und damit für die Zeit Franz I. Stephans Geltung besaßen. Diese RHR-Ordnung blieb bis 1806 in Kraft.170 Der reichspolitischen Tätigkeit des RHR kam entgegen, dass das Gremium trotz Verweis auf die Geltung der RKG-Ordnung durch das Fehlen eines förmlichen Prozessrechts mehr Spielraum besaß. Die RHR-Ordnungen gaben einen weiten Rahmen vor und betonten, dass der RHR ausdrücklich seinen politischen Aufgaben nachkommen und damit an keine unnöthige GerichtsSolennia gebunden sein sollte.171 Insbesondere arbeitete das Gremium mit prozessualen Fragmenten und Versatzstücken, die flexibel miteinander kombiniert werden konnten. Diese Verfahrensart wird als summarisches

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Siehe kurz G, Reichshofrat, S. 13–19; M, Reichshofrat, Sp. 632. Vgl. S, Juden, S. 183. Siehe RHR-O  1654, Tit. III, §§ 3-5, in: S, Ordnungen II, S. 144f.; U, Geschichte, S. 32; G, Reichshofrat, S. 40f.; S, Prozessgrundsätze, S. 79f. betont, dass die RKG-Ordnung in toto gegolten habe; E, Gerichtsbarkeit, S. 33; für die Frühzeit des RHR O, Prozeßverfahren, S. 117–138, hier S. 132 u. 137. Siehe HHSAW, RHR, R, XVI/54b (Geheimer Rat), fol. 57v (10.12.1585). Siehe die Aufforderung des Geheimen Rats vom 25.6.1594 an den RHR-Präsidenten von Leuchtenberg zur Überarbeitung der RHR-Ordnung von 1559 in Zusammenarbeit mit dem Kurfürsten von Mainz in HHSAW, RHR, R, XVI/70b (Geheimer Rat), fol. 28r– 28v. Siehe die Instruktion in S, RHR-Ordnungen II, S. 40–62; M, Geschichte I, S. 19–21; H, Geschichte I, S. 50, 548; ., Geschichte II, S. 214; E, Reichshofrat, S. 201f.; ., Gerichtsbarkeit, S. 98f. Vgl. ein diesbezügliches Dekret von 1714 in S, RHR-Ordnungen II, S. 269–287; M, Grund=Riß, S. 30f., 730f.; ., Wahl=Capitulation [Karl VII.], Art. XXIV, § 8.; siehe ., Wahl=Capitulation [Franz I.], Art. XVI., § 6, Art. XVII., § 1, 14 u. Art. XXIV., § 8; siehe zum letzten Paragraphen ., Beylagen, S. 331. Zitat RHR-O 1645, Tit. II, § 9, in: S, Ordnungen I, S. 143; G, Reichshofrat, S. 40f.; O, Kameralprozess, Sp. 300–302; U, Geschichte, S. 10; E, Reichshofratsagenten, S. 165; S, Prozess, Sp. 22– 29; ., Prozessgrundsätze, S. 93–372; S, Reichskammergericht, S. 23–67, 118f., 179f.; D, Entwicklung; zur Rezeption des römischen Rechts C, Rechtsgeschichte, S. 456–465.

34

1. Einleitung

Verfahren bezeichnet, das sich bis ins 18. Jahrhundert zu einer ausgefeilten juristischen Verfahrenspraxis ausbildete.172 Als Behörde, die auch politisch virulente Fragen zu klären hatte, musste der RHR solche freien Verfahrensregeln anwenden können, die flexible Lösungsmöglichkeiten vor Ort offen ließen.173 Die Reaktionsmöglichkeiten des RHR erstreckten sich in beiden Zeitperioden in erster Linie auf ,Schreiben um Bericht‘, auf Reskripte, die vor allem im 18. Jahrhundert als Mandate cum Clausula fungierten, sowie Mandate in Form der sine Clausula und auf Dekrete, Interecessionen, Promotoriale, Kommissionsbefehle und Zitationen. Alle diese RHR-Entscheide mussten vom Kläger selbst in der Reichshofkanzlei abgeholt und dort bezahlt werden. Die Prozesskosten wurden demnach in der Regeln von den Prozessparteien wie vor allem der Klägerseite getragen.174 Darüber hinaus existierten seit 1497 weitere prinzipielle Grundsätze des Geschäftsganges wie das Schriftlichkeitsprinzip sowie die strenge formale Gestaltung der schriftlichen Eingaben175 , die Einteilung in Herren- und Gelehrtenbank176 , aus deren Kreis die Referenten bestimmt wurden, Mehrheitsentscheidungen, feste, jedoch nicht öffentliche Sitzungszeiten im Plenum und die Orientierung der Reichshofräte am römisch-kanonischen Prozess.177 172

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E, Gerichtsbarkeit, S. 38, 45; S, Prozessgrundsätze, S. 94f., 99– 101, 169f.; O, Reichshofrat, Sp. 918; ., Prozeßverfahren, S. 131; U, Geschichte, S. 33f. D, Grundsätze, S. 686f. führt als Prozessgattungen den Zitations-, Mandats- u. Appellationsprozess auf. Die Kommunikativ- und Vernehmlassungsprozesse sind modifizierte Zitationsprozesse; Reskript-, Dekrets-, Patenten- u. Injunktivprozesse sind modifizierte Mandatsprozesse; H, Geschichte II, S. 107 nennt noch den Kommissionsprozess; S, Prozessgrundsätze, S. 81f., 175– 219; ., Prozess, Sp. 22–28; H, Grundriß, S. 23 arbeitet RHR-Verfahren heraus, die laut S, Prozess, Sp. 24 kaum zu unterscheiden seien. O, Auftrag, S. 345–375; U, Geschichte, S. 296–298; E, Gerichtsbarkeit, S. 35–45, 53–58; S, Prozess, Sp. 22f.; ., Prozessgrundsätze, S. 77–79; S, Juden, S. 145; U, Mandatsprozess. E, Gerichtsbarkeit, S. 41f., 51–58; U, Mandatsprozess, S. 117–132; S, Prozessgrundsätze, S. 181–226. Siehe RHR-O  1654, Tit. III, §§ 1 u. 5, in: S, Ordnungen II, S. 145f. Für die dt. Expedition galt die dt., für die lat. Expedition für Angelegenheiten bspw. aus Italien die lat. Sprache (D, Grundsätze, S. 659). Der gesamte Schriftverkehr wurde von der Reichshofkanzlei geführt, die auch die eingehenden Schriftstücke, die allesamt an den Kaiser zu adressieren waren, an die jeweiligen Hofbehörden verteilte (A, Reich, S. 122–130; E, Gerichtsbarkeit, S. 193f. G, Reichshofrat, S. 67–73; A, Reich, S. 88. Zu den anderen Elementen, welche die Arbeit des RHR beeinflussten siehe insgesamt S, Prozessgrundsätze, S. 84–92, hierunter sind die Wahlkapitulationen und die Reichsabschiede zu sehen; D, Grundsätze, S. 147–157 führt folgende nennenswerte Quellen für die Tätigkeit des RHR auf: RHR-Ordnungen; kaiserlichen Dekrete, in denen Pflichten und Verfahrensarten erläutert werden, die jedoch nicht vom Kaiser, sondern vom Reichsvizekanzler und dem geheimen Reichshofreferendar der deutschen Expedition unterschieben sind; reichshofrätliche Observanz; die Reichs-

1.3 Historiographische Einordnung jüdischer Betreffe

35

Der Kaiser war als oberster Richter nominell Vorsitzender des Gerichts. Faktisch hatte der RHR-Präsident die Leitung inne. Er konnte durch den Reichsvizekanzler vertreten werden.178 Der Reichsvizekanzler blieb den Sitzungen in der Regel zwar fern, fungierte aber als eigentlicher Kanzleichef. Daher übte er eine wichtige Funktion mit der Verlesung der RHR-Gutachten vor dem Kaiser aus. Er war daher die zentrale Verbindungsperson zwischen RHR und Reichsoberhaupt.179 Zur Durchsetzbarkeit reichshofrätlicher Entscheide herrscht trotz der Reichsexekutionsordnung zurzeit noch erheblicher Forschungsbedarf. Erste Studien zeigen, dass bei aller angebrachten Skepsis die Effektivität der Reichsgerichte nicht unterschätzt werden darf.180 Zu einem wesentlichen Teil basiert die Skepsis gegenüber der Effektivität von Urteilsdurchsetzungen auf der Tatsache, dass das Gremium Endurteile vermied. Vielmehr arbeitete es auf Kompromisse zwischen den Parteien hin. Zudem erließ der RHR Beschlüsse, die auf diplomatischem Weg Lösungen des Rechtsstreites Vorschub leisten konnten.181 Ein bis heute noch nicht eindeutig geklärtes Problem ist das Konkurrenzverhältnis zwischen RKG und RHR. Das Präventionsprinzip bot immer wieder Anlass zu Streit zwischen Kaiser und Reichsständen vor allem bei den nicht selten praktizierten Avokationen an den RHR.182 Tatsächlich begann unter Rudolf II. der RHR das RKG quantitativ allmählich zu überflügeln.183 Das 18. Jahrhundert stellte für den RHR dann endgültig

178 179 180 181

182

183

kammergerichtsordnung; Reichs- und Deputationsabschiede; kammergerichtliche Visitationsabschiede u. -memorialien; RHR-Kanzleiordnung; dt. Gerichtsobservanz, kanonische u. römische Recht; Präzedenzfälle; Sammlung von Rechtsfällen, Formelbücher u. das „das fleissige Lesen gut geführter Akten“; der kammergerichtliche Prozess; M, Compendium, S. 683f., 690; H, Geschichte II, S. 221. P, Reichshofrat, S. 361; E, Gerichtsbarkeit, S. 194f., 198; U, Geschichte, S. 22f., 27; G, Reichshofrat, S. 67; A, Reich, S. 59. Siehe W, Rechtsprechung, S. 302. Vgl. einführend F, Reichsjustiz, S. 51–61. Siehe die Prozessformen bei U, Geschichte, S. 33f.; am wichtigsten war das Scheiben um Bericht; ausführlich E, Gerichtsbarkeit, S. 38f., 49–53, 58–60; G, Reichshofrat, S. 39f.; ., Beamtentum, S. 2–13; S, Pax Europae, S. 107f., 110f. Am häufigsten griff der RHR auf die Kreisorganisation bei der Durchsetzung von Urteilen zurück, vgl. ., Bedeutung, S. 159–165. Zu den Urteilsformen ., Prozessgrundsätze, S. 339–372; ., Prozess, Sp. 22f., 28; ., Reichshofrat, S. 21–23, 41f.; H, Hof , S. 81, 83–85; O, Kommissionen, S. 76–81. RHR-O  1654, Tit. II, § 8, in: S, Ordnungen II, S. 143; M, Justiz-Verfassung II, S. 11; ., Compendium, S. 670–677, 677f.; D, Grundsätze, S. 75f.; S, Reichshofrat, S. 20f.; ., Zuständigkeit, S. 98–127; B, Gewaltmonopol, S. 126f.; U, Geschichte, S. 30f.; E, Tätigkeit, S. 195f.; D, Zuständigkeit, S. 163f., 173–176. M, Reichshofrat, Sp. 631; S, Juden, S. 142f.; S, Reichshofrat, Abs. 5. Ablesen lässt sich dies bspw. an der von O und P erarbeiteten Prozessfrequenz. V. O, P, Prozessfrequenz, S. 196, 206–209, 213f.; E, Gerichtsbarkeit, S. 31f.; H, Hof, S. 82.

36

1. Einleitung

die bedeutendste Periode seiner Geschichte dar. Das kaiserliche Gericht übertraf im Zuge der langen partiellen Arbeitsunfähigkeit des RKG dieses Gericht quantitativ bei Weitem.184 Hierzu trug die zunehmende Verrechtlichung sozialer Konflikte bei. Verstärkt wurde dieser Verrechtlichungsprozess durch die Rezeption des römischen Rechts seit der Mitte des 16. Jahrhunderts.185 An diesem Punkt stellt sich die Frage nach dem Zusammenhang zwischen der jüdischen Geschichte im Alten Reich und dem kaiserlichen Gericht. Diese Verbindung soll im Folgenden kurz erläutert werden. 1.3.3 Der jüdische Kontext In der Erforschung der jüdischen Geschichte des Alten Reichs tritt die Frühe Neuzeit erst seit einigen Jahren als eigene Epoche hervor. Bis vor wenigen Jahren reichte in der gängigen Deutung D das jüdische Mittelalter bis an die Zeit der beginnenden Haskalah in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts heran. Mit K liegt die erste strukturgeschichtliche Studie für die Zeit vom 16. bis zum 18. Jahrhundert vor. In ihr spricht K deutlich von einer jüdischen Vormoderne. Er begründete seine Periodisierung mit der ungebrochenen, fast statischen Kontinuität einer jüdischen „Traditionsgemeinschaft“. Ihr sei es bis 1750 gelungen, alle bis dahin auftretenden Veränderungen zu integrieren.186 Diese Sichtweise wurde in den vergangenen Jahrzehnten einer Revision unterzogen.187 Nach B und P markieren die Jahre um 1600 einen eindeutigen Einschnitt und damit das Ende des Mittelalters für die Judenheit im Reich. I sieht diesen Einschnitt, den er nicht als Epochenende begreifen möchte, um 1650 angesiedelt. Er betont die Zeit des Übergangs ab etwa 1570 als prekär-konstruktive Wende in der jüdischen Geschichte. R dagegen sieht im Jahr 1492, dem Jahr der Vertreibung der Juden aus Spanien,

184

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186 187

Siehe M, Reichshofrat, Sp. 630f., 633f.; siehe zu den Zahlen für das 18. Jh. O, P, Prozessfrequenz, S. 215. Dem RHR wird im 18. Jh. eine höhere Flexibilität und Effizienz als dem RKG attestiert, das 1772 mit 61.233 unerledigten Fällen aufwarten konnte (zum Geschäftsgang des RKG vgl. B, Gesellschaft, S. 18–31, 136; zu den genannten Zahlen siehe H-M, Arm, S. 27); S, Gewalt, S. 45f.; U, Geschichte, S. 10; K, Judengemeinde, S. 10. S, Bedeutung, S. 277–302; S, Geschichte, S. 133f.; G, Reichshofrat, S. 34f.; P, Reichshofrat, S. 357; M, Reichshofrat, Sp. 633; O, P, Prozessfrequenz, S. 211; siehe zur Rezeption des römischen Rechts für den RHR u. der kaiserlichen Position zur ,Translatio Imperii‘ E, Gerichtsbarkeit, S. 12. Einführend K, Ghetto, S. 19–39, Zitat S. 19; ., Tradition, S. 26–30; R, Profession, Abs. 21. Im Überblick R, periodization, S. 23–32. B, Juden (c), S. 101–104; zur Epochendiskussion in der dt.-jüd. Forschung S, Moderne, S. 61–84.

1.3 Historiographische Einordnung jüdischer Betreffe

37

den Beginn der jüdischen Frühen Neuzeit auf europäischer Ebene.188 B schließt sich dieser Auffassung an und hebt hervor, dass von diesem Zeitpunkt an die Juden aus ihrer abgeschlossenen Existenz herausgetreten seien, worauf es zu einer sozialen Vernetzung und gegenseitigen Einflussnahme gekommen sei. Für Landgemeinden wird dieser Umstand von U und U im Sinne von integrierenden und segregierenden Momenten christlich-jüdischer Existenz beschrieben.189 Die Forschung geht heute von einem lang gezogenen Übergangsprozess vom jüdischen Spätmittelalter zur Frühneuzeit vom 16. zum 17. Jahrhundert aus. Der Übergang zur jüdischen Frühen Neuzeit zerfällt laut R für die Juden des Reiches dabei in einen destruktiven und einen prekär-konstruktiven Teil. Ersterer beschreibt den Abschluss des jüdischen Spätmittelalters am Anfang des 16. Jahrhunderts, das mit einer Kette von Vertreibungen endete.190 Die konstruktive Trendwende wird von der Forschung für den Zeitraum ab dem letzten Drittel des 16. Jahrhunderts betont. Diese Wende geht eine enge Verbindung zur allgemeinen Verrechtlichungstendenz im Reich ein.191 Entschiedenere Konturen gewinnt der Konsolidierungsprozess erst nach 1648 mit der Gründung neuer Gemeinden. Im 18. Jahrhundert, während der napoleonischen Emanzipation, zeichnet sich dagegen deutlich der ,Weg aus dem Ghetto in die Moderne‘ ab.192 Um das Jahr 1600 wird von einer Gesamtbevölkerung von ca. 18 Mio. Menschen im Heiligen Römischen Reich ausgegangen. Schätzungen zufolge lebten ca. 35 000 bis 40 000 Juden im Reich. Die Zahl entspricht etwa 0,2 % bis 0,5 % der Gesamtbevölkerung. Bis 1700 änderte sich dieses Verhältnis aufgrund des allgemeinen Bevölkerungszuwachses nicht sonderlich. Um die Mitte des 18. Jahrhunderts wird die jüdische Bevölkerung auf 60 000 bis 70 000 geschätzt, was bei einer ungefähren Gesamtbevölkerung von ca. 15 Mio. Menschen einem Anteil von 0,3 % bis 0,5 % entspricht.193 188 189

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191 192

193

B, Neuzeit, 85f.; P, Rudolf II. (a), S. 188; I, Jewery (b), S. 35–69; R, Jewry, S. 193–198. U, Nachbarschaft, S. 16–20; U, Shulamit, S. 264–269; hierzu B, Juden (c), S. 2, 55, 59–63, 101f.; C, Landjudenschaften I, S. XVI; C, Landjudenschaften II. L, Gravamen, S. 29–89; R, Fremden; H, Juden, S. 11, der von der größten Krise der Juden im Reich spricht u. der laut W, Königsschutz, S. 89 ein „Prozeß der Rechtsverwahrlosung“ voranging; T, Rahmenbedingungen; B, Zeitalter I, S. 8f.; R, Profession, Abs. 23; R, Außenseiter, S. 24f.; siehe zum Mittelalter insgesamt im Überblick R, Juden, S. 232–276. Vgl. B, Juden (c), S. 14f. H, Geschichte, S. 114–152, zur Aufklärung u. Emanzipation S. 146–185; B, Juden (c), S. 87f.; R, Profession, Abs. 21. Zur Emanzipationsphase K, Ghetto. B, Juden (c), S. 10; ., Zeitalter I, S. 235; ., Zeitalter II, S. 1; B, Neuzeit, S. 147; S, Höfe, S. 81f.; H, Reich (a), S. 18 geht von 1 % jüd. Bevölkerung im Reich zum Ende des 18. Jh. aus; siehe zum 16. Jh. B, settlement,

38

1. Einleitung

Die Schwerpunkte jüdischer Siedlung im Alten Reich lagen neben den habsburgischen Erblanden194 ebenso im Westen und Südwesten des Reiches sowie in Franken und dem südlichen Thüringen. Diese Gebiete gelten zugleich als Kernregionen des Kaisertums. Aber auch in kaiserfernen Regionen des Nordens (Dreigemeinde Altona-Hamburg-Wandsbeck) kam es im Laufe des 17. Jahrhunderts zu einer Konsolidierung der demographischen Zahlen.195 Ausschlaggebend hierfür war die Wiederzulassung von Juden in vielen Territorien und Residenzstädten im Rahmen einer gezielten Peuplierungspolitik.196 Eine zentrale Konstante jüdischen Lebens der Frühneuzeit war eben dieser sich in Wellenbewegungen vollziehende Prozess der Verländlichung und Reurbanisierung jüdischen Lebens.197 Noch im 18. Jahrhundert, als der Anteil an Landjuden 80 bis 90 % ausmachte, konnten einzelne Vertreibungsaktionen diesem Verländlichungsprozess Vorschub leisten.198 Der Haupterwerb vieler Juden sowohl in der Stadt als auch auf dem Land war neben der Geldleihe der Handel. Sie schufen eine Verbindung zwischen städtischen und ländlichen Siedlungszentren sowie zur christlichen Umwelt.199 Juden waren gemäß der Lehre der Kirchenväter und der adversus-judaeosLiteratur200 als Zeugen der Heilsgeschichte zu dulden. Da sie sich allerdings der christlichen Erlösung hartnäckig verschlossen, wurde ihr Diasporaleben als Strafe angesehen. Sie hatten bis zum Sturz des Antichristen in Knechtschaft zu verharren und daher mit vielen Stigmatisierungen zu kämpfen.201 Als Nicht-Christen kam den Juden innerhalb der als ständisch-christlich geprägten Welt mit ihren Zünften und Korporationen in der Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung eine abseitige Lückenbüßer- und damit Sonderrolle zu. Ihr Wirtschaften war von dem zünftischen Ziel des ,Gemeinen Nutzens‘ befreit. Aufgrund ihrer Dominanz in der Geldwirtschaft, ihrer Befreiung vom kanonischen Zinsverbot202 sowie wegen ihres Glaubens und der tendenziellen Andersartigkeit wurden sie stets angefeindet und umfassend diffamiert.203

194 195

196 197 198 199 200 201 202 203

S. 426–431; K, Judengemeinde, S. 39f. Für das 18. Jh. S, Ursprung, S. 32– 41. Vgl. kurz D, Geschichte VI, S. 217–234; zu den Juden in den Erblanden F, Kaiser Maximilian I. T, Siedlungsstruktur, S. 29–39; L, Hauptsiedlungsregionen, Abs. 2–6; zu Zahlen für einzelne Regionen B, Juden (c), S. 10–13, 33–36; B, Neuzeit, S. 147–150. Vgl. B, Juden (c), S. 33, 97–101; ausführlich ., Stadt, S. 9–35. Zu den Vertreibungen im Spätmittelalter B, Stadt, S. 14f., 33–35. Zum Raum Hessen ., Strukturen, S. 267–298. Siehe ., Juden (c), S. 22; B, Neuzeit, S. 183–186. B, Juden (c), S. 30–32, 94–97 mit weiterführender Literatur. Hierzu F, Adversus, S. 30–45. M, Juden (a), S. 338f., 341–343. Hierzu S, Zinsrecht, S. 20–27. M, Juden (a), S. 352f.; zur Typologisierung eines theologischen u. kulturellen

1.3 Historiographische Einordnung jüdischer Betreffe

39

In der Forschung erschienen die Juden bis in die jüngste Zeit hinein als eine abgeschlossene Gruppe, die in weitestgehend autonomen Gemeinden organisiert war. Gleichwohl wird in der Literatur nach der Jahrtausendwende der Grad dieser Autonomie einer kritischen Reflexion unterzogen und als weniger weit reichend angesehen als bisher angenommen.204 Damit sei hier auf die triviale, aber entscheidende Tatsache hingewiesen, dass die Juden zugleich als religiöse und ethnische Minderheit im Reich unter den Christen lebten. Im alltäglichen Miteinander hatten Juden stets Ausgrenzungen verbaler oder physischer Art zu befürchten. Seit dem Mittelalter und hier vor allem seit den Kreuzzügen und den Pestepidemien etablierte sich in der Bevölkerung ein negatives Judenbild, das von erstaunlicher Langlebigkeit gekennzeichnet war. Indessen bedeutet das dämonisierte Judenbild205 vor allem des Protestantismus206 keinesfalls, dass Juden zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert ausnahmslos den Anfeindungen vonseiten der christlichen Mehrheitsgesellschaft ausgesetzt waren. Denn eine weitere aktuelle Frage bezieht sich auf die Interaktionen zwischen Juden und ihrer christlichen Umwelt in genere, wobei hier die Bewertung der jüdischen Stellung als Paria207 und Randgruppe208 in der christlichen Gesellschaft verstärkt einer Revision unterzogen wird.209 Die aktuelle Forschung sieht diesen Punkt mittlerweile ambivalent und tendiert eher zur Begrifflichkeit der ,nahen Fremden‘210 . Deren reales Leben konnte in den Bahnen von friedlicher Koexistenz bis zu gewaltsamer Exklusion hin und her schwanken. Die Auffassung eines von der Umwelt abgekoppelten Judentums scheint widerlegt. Es rücken Aspekte des alltäglichen Miteinanders in der ,christlich-jüdischen Nachbarschaft‘ sowie die jüdische Wahrnehmung der christlichen Umwelt in das Zentrum des

204 205

206 207 208

209 210

Antijudaismus im 17. Jh. H, Anti-Judaism, S. 157–176; S, Austausch, S. 26f.; zum Zinsverbot H, Sprache, S. 368f. Zur zunehmend kritisch betrachteten Frage der jüd. Autonomie G, Recht; ., Strukturen; ., Gemeinde. Siehe hierzu F, Bild, S. 36–59; vgl. . ,Wucherjude‘, S. 126–135; H, Juden, S. 15–18; M, Juden (a), S. 355–367. Siehe F, Politics; P-C H, Bürgeraufstand. Vgl. W, Juden, S. 21–35 sowie E, Niedrigkeit, S. 358–388 u. A, Christen, S. 33–44; ausführlich K, Bild; populärwissenschaftlich P, Bild. B, settlement, S. 421–450; D, Judenhaß, S. 110–130; D, Judaismus, S. 75–95; hierzu K, Bewertung, S. 191–237. Siehe W, Aufsätze, S. 1–5. Zu diesem Begriff vgl. G, Randgruppen, S. 385–437 u. ausführlich ., Pest, S. 155–389, dort auch als „Fremdgruppe“ (377) bezeichnet; als Überblick T, Juden, S. 122; L, Leben, S. 721–763 operiert mit der Begrifflichkeit „stigmatisierte Randgruppe“. Ähnlich S, Grenzüberschreitung, S. 38, 40. Zur generellen Kritik an solchen Kategorisierungen von Minderheiten an sich vgl. G, Netzwerke, S. 126. Hierzu W, Fremde; R, Fremden u. S, Austausch.

40

1. Einleitung

Interesses.211 Neuere Studien betonen daher ein enges Zusammenleben von Juden und Christen im Verbund mit einer wachsenden Toleranz ab 1700.212 In der Forschung kristallisiert sich angesichts dessen immer direkter heraus, wie weit reichend die Integration der Juden bei aller Gefährdung und bei aller in ihrer Religion selbst angelegten Tendenz zur Segregation war. Die aschkenasischen Juden übernahmen die herrschenden Umgangsformen mitsamt den Kampf- und Schimpfritualen sowie dem Absprechen von Ehre. Insbesondere W betont ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein der Juden, das sich daraus erkläre, dass die Juden als Minderheit sich ihrer Umgebung nicht unterlegen fühlten.213 Problematisch für die jüdischen Gemeinden gestaltete sich in diesem Prozess allerdings die einhergehende Aufspaltung der jüdischen Bevölkerung in eine zunehmend der Verarmung anheimfallenden Zahl von Betteljuden sowie den Hofjuden. Erstere waren Ziel restriktiver Policeyverordnungen auf Territorialebene und somit Opfer kruder Diskriminierungen.214 Letztere bildeten das herausgehobene Ende der Sozialskala und repräsentierten eine neue Elite, deren Ansätze sich insbesondere am Hof Rudolfs II. herausbildeten. Die Hofjuden bzw. Hoffaktoren nahmen im ökonomischen, im politischen und im geistesgeschichtlichen Sinne215 eine frühe Vorreiterrolle ein. Die Institution des Hofjudentums gab es im Alten Reich in fast allen Residenzstädten. Hofjuden zeichneten sich durch ein enges, oftmals persönliches Verhältnis zum Fürsten und durch ihre Funktion als Fürsprecher (Schtadtlanim) der eigenen oder anderer Gemeinden aus.216 Zusammen mit den Rabbinern bildeten sie 211

212 213 214

215

216

S, Ursprung, S. 86–92; E, Wissen, S. 8; K, Wohltat, S. 488; M, Juden (a), S. 334–387 u. ., Juden (b), S. 398; S, Juden, S. 20, 23–25; ., Rande; H, Z, Minderheiten, S. 12–17; S, Austausch verweist auf diesbezügliche Desiderate; L, Leben, S. 308–328; ., Hund, 22, 24, 76; S, Judenemanzipation, S. 482; T, Juden, S. 134 und insgesamt L, Geschichte; S, Nachbarschaft, S. 302–307; R, Leben, S. 421–441; S, Leben, S. 275f., 302–308, 317–319, hier spricht S von einer „Koexistenz von Juden und Christen in Pappenheim“ (S. 317); U, Nachbarschaft, S. 481; H, Berührungspunkte, S. 150–188; L, Stimmen, S. 171–185; V, Gelehrte. M, Juden (a), S. 368f.; R, Profession, S. 74; W, Fremde, S. 59f.; S, Austausch, S. 26; B, Vermittler, S. 173–188. W, Fremde, S. 58–61; R, Profession, S. 75; V, Gelehrte, S. 15f. R, Profession, Abs. 30; R, Außenseiter, S. 37f.; B, Juden (c), S. 45–47, 112–116; ., Zeitalter I, S. 235f.; zu Policeyverordnungen H, Stellung, S. 361– 364. Zur Frühphase der Haskalah S, Aufklärung, S. 17–47, 119–129; D, Geschichte VII, S. 357–364; zur Rolle der Hoffaktoren für die Haskalah B, Juden (c), S. 55–58, 127–131, 111f.; R, Herausforderungen. D., Profession, Abs. 31–33; ., Kommunikation; B, Juden (c), S. 32, 41–45, 107–112 mit weiterer Literatur; ., Zeitalter I, S. 245–249; B, Neuzeit, S. 106–125; zur europ. Dimension der Hofjuden bzw. Hoffaktoren B, Wirtschaftselite; ., Hofjuden. Ausführlich R, Hofjuden; ., Herausforderungen; G, Hofjuden.

1.3 Historiographische Einordnung jüdischer Betreffe

41

die über große Distanzen miteinander vernetzte Spitze einer sich immer stärker ausdifferenzierenden jüdischen Gesellschaft.217 Die Forschung geht davon aus, dass es die Personengruppe der Hoffaktoren war, die zusammen mit Juden aus kaisernahen Gebieten sowie der Frankfurter Gemeinde als Stellvertreter der gemeinen Judischheit 218 im Reich an den Reichsgerichten klagten.219 Im Allgemeinen waren die Juden ein randständiger Teil der Rechts- und Sozialordnung im Reich, die sich im späten Mittelalter für die Juden zunächst drastisch verschlechtert hatte.220 Mit Beginn der Frühen Neuzeit und einer allmählichen Stabilisierung jüdischen Rechtslebens beruht die Bedeutung der neu eingerichteten Reichsgerichte für die jüdische Bevölkerung im Wesentlichen auf der mittelalterlichen kaiserlichen Kammerknechtschaft und damit auf der Funktion des Reichsoberhauptes als nominell oberstem Schutzherrn der Juden im Reich.221 Diese kaisernahe und quasi-exterritoriale Stellung der Juden war die Grundlage einer besonderen Beziehung zum Reichsoberhaupt. Sie begründete zusammen mit dem Konstrukt der römischen Bürgerschaft für die Juden des Reiches den jüdischen und kaiserlichen Anspruch, der Reichsgerichtsbarkeit zu unterstehen.222 Die Reichspublizisten stimmten seit dem Ende des 16. Jahrhunderts dem Umstand ebenfalls zu, dass die Juden prinzipiell zu dulden seien, wenn sie sich gemäß der bestehenden Ordnung verhielten.223 G konnte zeigen, dass in dieser nicht geradlinig verlaufenden Entwicklung die Juden ab dem 16. Jahrhundert unter maßgeblichem Einfluss Johannes Reuchlins224 sukzessive als cives Romani anerkannt wurden. Hierzu trug im juristischen

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223 224

R, Profession, Abs. 34; H, Geschichte, S. 133–139; T, Ratsherren, S. 200– 212. Siehe hierzu R, Mitte, S. 131–142 u. H, Judischeit, S. 131. R, Profession, Abs. 28; B, Juden (c), S. 75; W, Geschichte, Abs. 5f. B, Grenzen, S. 103; ., Juden (c), S. 16–21; S, Rechtsnorm; für das Mittelalter T, Juden, S. 55; W, Königsschutz; W, Juden, S. 118– 123, 207–244; G, Stellung, S. 24–26. B, Kammerknechte, S. 545–599; im franz. u. engl. Recht P, relationship, S. 193–218 u. ., Rechtsverhältnis, S. 331–371; T, Juden, S. 48, zum Konkurrenzcharakter der Kammerknechtschaft S. 105f.; G, Stellung, S. 42–46; P, Rudolf II. (a), S. 131f.; B, Tractatus, S. 27f.; zu den mittelalterlichen Grundlagen W, Aspekte, S. 9–29; L, Rechtsstatus, S. 63f.; R, Juden, S. 241; M, Staatsrecht, S. 410; ., Staats=Recht VI, S. 327. B, Rahmenbedingungen, S. 57–63, 71; ., Juden (c), S. 14, 136; ., Privilegierung, S. 139–190; ., Rechtsstellung, S. 153f.; F, Rechtsschutz, S. 136; C, Rechtsgeschichte, S. 223f.; S, Zuständigkeit, S. 55f.; P, Rudolf II. (b), S. 245; L, Gravamen, S. 10–104. P–C H, Juden, S. 218; ., Juden (c), S. 14, 16; S, Resolutionsprotokolle (a), S. 129f.; G, Stellung, S. 21–32. Zu Reuchlin K, Zasius; L, Rechtsstatus; O, Reuchlin; B, Josel; ., Bürger; ., Aspekte.

42

1. Einleitung

Sinne die Trennung von Person und Streitgegenstand bei.225 Judenschutz durch Kaiser und Reich galt in der Rechtsfigur der Römischen Bürgerschaft als Rechtsschutz. Insofern trug die kaiserliche Oberhoheit wesentlich zur Verrechtlichung der Juden bei.226 Grundlegend hierfür waren neben einem Privileg Kaiser Karls V. von 1544227 das Zusammenspiel aus Reichsrecht und Reichsherkommen mit den administrativen und jurisdiktionellen Funktionen des kaiserlichen Amts. Zugleich erwuchs hieraus eine Schutzverpflichtung des Kaisers, die dem territorialen Judenrecht zwar oftmals nicht de facto, jedoch immer de iure übergeordnet war.228 Mit der Goldenen Bulle hatten die Kurfürsten von Kaiser Karl IV. das Judenregal erworben.229 Nun erhielten die Juden mit der Zahlung von Abgaben von den jeweiligen Landesherren Schutz vor Übergriffen. Zu diesem Zweck wurden zunächst individuelle, im Laufe der Frühen Neuzeit zunehmend formaler gestaltete Schutzbriefe erstellt. Die im Zuge dieses Prozesses insbesondere im 17. und 18. Jahrhundert entstandenen Judenordnungen dienten dann im Verbund mit den verschiedenen Policeyverordnungen dazu, das Verhältnis zwischen den nun als Schutzjuden bezeichneten Juden zu den Christen und zur Landesherrschaft auf der Ebene der Territorien zu regeln.230 Eine quasiexterritoriale Gruppe mit Verbindungen zum Kaiser oder eigenen Organisationselementen wie den Landjudenschaften konnte es in diesem Streben nicht

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G, Stellung, S. 47–66; B, Juden (b), S. 323; ., Kammerknechtschaft, S. 65–90; ., Grenzen, S. 104–106; zu Reuchlin L, Rechtsstatus; O, Reuchlin; K, Zasius, S. 23–36, zum Pfefferkorn-Reuchlin-Streit ., S. 121–185; H, P, Miracle. B, Tractatus, S. 382, der die Juden als Teil der Reichsgemeinschaft beschreibt. B, Rahmenbedingungen, S. 77; ., Juden (c), S. 14f.; ., Gemeinden, S. 120-124; W, Aspekte, S. 29f.; zur Rechtsfigur des cives Romani in der Rechtspraxis im 17. Jh. U, Nachbarschaft, S. 121f.; für das 18. Jh. S, Untertanenprozesse, S. 391–425, hier S. 410f., 415f., 420f.; L, Geschichte, S. 15f. Auszüge des Privilegs bei M, Staats=Recht IV, S. 94–97; dieses Privileg kam auf Betrieben Joels von Rosheim auf dem Reichstag in Speyer zustande. Im Zentrum des Privilegs stand neben der Formulierung der römischen Bürgschaft für die Juden vor allem der Schutz vor Ritualmordanklagen (B, Ritualmordprozesse, S. 95–105 u. P-C H, Magie, S. 353–369). Die Kaiser erneuerten bis in das 18. Jh. dieses Privileg. Siehe M, Grund=Riß, S. 160; G, Stellung, S. 47–54, 61–66; B, Bürger, S. 175–197 u. ., Aspekte. Siehe S, Stellung, S. 6; B, Tractatus, S. 28f.; B, Kammerknechte, S. 553–555, 565f., 569f.; H, Geschichte, S. 92 betont, dass die Kaiser weiterhin sich für die Juden des Reichs einsetzten. B, Tractatus, S. 29; M, Landes=Hoheit, S. 11–27; B, Stellung, S. 1–16; zur Stellung der Juden in Policeyverordnungen H, Stellung, S. 347–379; B, Gesetzgebung, S. 61–63; ., Rahmenbedingungen, S. 53–79 u. ., Kammerknechtschaft, S. 65–81. Zur Typologie der Judenordnungen L, Gravamen, S. 104– 111.

1.3 Historiographische Einordnung jüdischer Betreffe

43

geben.231 Aufgrund des Territorialisierungsprozesses stellte die bisherige Forschung regelmäßig fest, dass Juden zunehmend nur zweitinstanzlich in Form von Appellationsprozessen an den Reichsgerichten klagen konnten.232 Dabei besaß gerade der RHR eine erhebliche Bedeutung für die jüdische Bevölkerung hinsichtlich des kaiserlichen Reservatrechts der Privilegienerteilung. Dies betrifft Elemente, die eigentlich für die zunehmende Einbeziehung der Juden in den Territorialisierungsprozess sprechen. Die Kaiser verliehen zum Beispiel einzelnen Gemeinden oder Privatpersonen Privilegien, die geradezu als ,Grundgesetz‘ der jüdischen Bevölkerung im Alten Reich zu bezeichnen sind. Sie definierten den Bewegungsspielraum der Juden. Die kaiserlichen Privilegien galten überall dort unmittelbar, wo die Landesherrschaft auf eine konkrete Regelung der jüdischen Lebenswelt in ihrem Territorium verzichtete. Prinzipiell überwachte der RHR die Einhaltung dieser Privilegien und griff zugunsten der Juden bei nachweislichen Privilegienverletzungen ein. Daneben verliehen die Kaiser im 16. und 17. Jahrhundert privilegia de non tolerandis Judaeos für einzelne Reichsstände.233 Bei diesen Privilegien handelte es sich zumeist um die juristische Absicherung faktischer Gegebenheiten. Solche Privilegien wurden zumeist nur dann erbeten und erlassen, wenn in den jeweiligen Territorien Juden entweder bereits seit Längerem vertrieben oder nie ansässig waren.234 L bezeichnete daher diese Privilegien als „Selbstzweck“, der darauf gerichtet sei, die eigene Herrschaft gegenüber Dritten auf dem Gebiet des Judenschutzes zu legitimieren und zu stabilisieren.235 Aber auch Juden selbst wandten sich in Krisensituationen wie antijüdischen Unruhen, Ausweisungen und Verfolgungen an den RHR. Einzelne jü231 232

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E, G, W, JHRR, S. 22; B, Juden (c), S. 15, 39f. B, Tractatus, S. 427f.; siehe zur Appellation von Juden an christliche Gerichte S, Stellung, S. 23–29; insgesamt zur Appellationsregelung, die für die Juden galten, S, Prozessgrundsätze, S. 101; ., Zuständigkeit, S. 73–76. B, privilegia contra judaeos, S 88. Rudolf erließ einige solcher privilegia contra judaeos (vgl. M, Reichs=Ständen, S. 517). Siehe auch W, Privilegien, S. 20-23 zur Bezeichnung der Privilegien als jüdische ,Grundgesetze‘. HHSAW, RHR, R, XVI/43, fol. 44r; ., XVI/50, fol. 122r; ., XVI/79, fol. 49v; ., XVI/79, fol. 140r; ., XVI/70a, fol. 56r; ., C. P. . E., K. 18/2/7, fol. 167r–179r; ., AA, (W 2); ., AA, (V 1). Diese Causen sind die nur in den Findbehelfen des RHR verzeichnet. Indessen hinterließen sie teilweise Spuren in den Reichstax- bzw. Reichsregisterbüchern: ., R, T, Bd. 89, 1599/1600, fol. 14v (25.5.1599); ., R, Rolle 67, Bd. 3–5, hier Bd. 3, fol. 258v–261r (21.8.1582). Zu einigen der genannten Privilegienstellern U, Nachbarschaft, S. 44–46. Siehe zu dieser Privilegienart B, privilegia contra judaeos, S. 88f., 94–101. In zwei Fällen wurde die Konfirmation des Judenschutzregals erbeten: HHSAW, RHR, R, XVI/79, fol. 29v–30r u. ., AA, (R 3) durch S. Rüdt von Bödigheim. Bei unstrittigen Sachen fertigte die Reichskanzlei das Gesuch sofort aus (., R, XVI/1, fol. 490v). Vgl. L, Gravamen, S. 162–165 (Zitat S. 163).

44

1. Einleitung

dische Persönlichkeiten wie berühmte Hofjuden236 oder ganze Gemeinden übernahmen Fürsprecher- bzw. Vertreterfunktionen.237 Darüber hinaus war der RHR in die seit 1712 regelmäßig anlässlich der Kaiserkrönungen abgehaltenen Kaiserhuldigungen der Juden involviert.238 Ebenso beschäftigte er sich mit der Eintreibung des Goldenen Opferpfennigs und der Kronsteuer.239 Daneben übte der RHR bis 1806 die Kontrolle über den jüdischen Buchmarkt aus.240 Ebenso riefen Juden den RHR an, wenn Bücher antijüdischer Provenienz auf dem Markt erschienen.241 Demgegenüber ist eine Positionsbestimmung der Juden im Prozessrecht des RHR anhand der übrigen reichsrechtlichen Bestimmungen nicht ohne weiteres möglich.242 Das einflussreichste Werk zum damaligen Stand des Judenrechts ist der Tractatus de Juribus Judaeorum von Johann Jodocus B.243 Das Werk bringt durchaus Beispiele der RKG-Rechtsprechung. Allerdings sticht es zugleich durch die konsequente Nichtnennung des RHR hervor. Die RHR-Ordnungen nennen die Juden ebenfalls nicht explizit. Allein die RHR-Ordnung von 1654 begrenzt die Nutzung des RHR ex negativo 236

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B, Hofjuden (a), S. 297–325; ., Hofjuden (b); K, Flügel, S. 234f.; F, Rechtsschutz, S. 44; S, Privilegien, S. 21–39; R, Herausforderungen, S. 91–141; ., Kommunikation, S. 169–189; U, Nachbarschaft, S. 121f.; zu den prominentesten Fürsprechen Samuel Oppenheimer u. Samson Wertheimer L, Juden, S. 340–353. B, Juden (c), S. 74f. u. S, Hofjude, S. 180–190. W, Kaiserhuldigungen, S. 213–235; ., Projekt, S. 245–271; M, Regierungs=Rechten, S. 225f.; ., Staats=Recht XXXXIII, S. 45–49. D., Grund=Riß, S. 229; ., Kayser, S. 558–566; R, S, Kammerknechte, S. 331; D, Karl VI., S. 165–167; kritisch S, Erzkanzler, S. 281. Vgl. für die Jahre 1576 bis 1603 HHSAW, RHR, R, XVI/77, fol. 240r–240v (14.11.1596), wo sich zwei Juden, die sich als Buchdrucker bezeichnen, über die Regierung Österreichs ob der Enns beschweren, dass sie ihre Bücher beschlagnahmt habe. Für die Jahre 1745 bis 1765 siehe ., XVIII/122, fol. 318v (18.7.1752); ., XVIII/127, fol. 42r–42v (12.3.1753), 85v (27.6.), 132v (23.8.), 138v–139v (11.9.), 157v–148r (24.9.); ., XVIII/127, fol. 287v–288v (10.4.1753), 350r–351r (11.7.); ., XVIII/127, fol. 118r–118v (31.7.1753), 119v–120r (1.8.), 132r–132v (23.8.), 179r–180r (16.11.), 288v–289v (10.4.), 351r (11.7.); M, Einleitung, S. 254. ., Staats=Recht IV, S. 100f.; P-C H, Juden, S. 218. So beschwerte sich die Judenschafft im Reich über einen Dortmunder Buchdrucker, der eine antijüdische Hetzschrift mit dem Titel von der Juden Lugen wider die Person Christi ohne Wissen des Magistrats der Reichsstadt gedruckt und von dort aus verbreitet hatte. Siehe hierzu HHSAW, RHR, J. ., K. 41, fol. 27r–38r; siehe Zitat ., R, XVI/73, fol. 133v (10.7.1595) u. ., XVI/76, fol. 81r–82r (10.7.1595). In den Jahren nach 1745 beschäftigte sich der RHR mit dem Prozess um das Eisenmenger’sche Buch Entdecktes Judentum. Siehe ., R, XVI/147, fol. 61r–61v (13.4.1761) u. 101r–101v (1.7.). Zum Eisenmenger-Prozess W, Prozeß (a), S. 378–384; ., Prozeß (b), S. 425–432 u. ., Prozeß (c), S. 465–473. Zur Rezeption von Eisenmenger R, Bericht, S. 171–188; N, Judentum, S. 167–180. Vgl. einführend L, Geschichte, S. 31 u. F, Rechtsschutz, S. 37f. B, Tractatus.

1.3 Historiographische Einordnung jüdischer Betreffe

45

allein auf Juden aus dem Reich.244 Da indessen die RKG-Ordnungen am RHR Geltung besaßen, ist anzunehmen, dass der dort praktizierte Judeneid sowie die übrigen allgemeinen Bestimmungen für Juden verbindlich waren.245 Insgesamt ist davon auszugehen, dass sämtliche für Christen gültige Prozessnormen des RHR für Juden galten.246 Wie am RKG dürfte es für sie keine Einschränkungen bezüglich der Einreichung von Supplikationen gegeben haben.247 Diesen Eindruck vermitteln die Veröffentlichungen der Reichspublizistik zum RHR, die analog zu den RHR-Ordnungen nur sporadische Anhaltspunkte für die rechtliche Stellung von Juden am kaiserlichen Gericht liefern.248 Bei den Sammlungen von reichshofrätlichen Beschlüssen nehmen jüdische Belange dagegen einen nennenswerten Stellenwert ein.249 Ähnlich sieht es mit den Reichs- und Policeygesetzen aus, die nur Grundsatznormen wiedergeben.250 Der Kaiser leitete hieraus seine Aufsichts- und Schutzfunktion gegenüber den Juden in den Landesherrschaften ab251 , was sich ferner auf die Regulierung der Wechseltätigkeit der Juden erstreckte.252 Die Reichspolizeyordnung (RPO) von 1530 regelte neben der Kennzeichnungspflicht von Juden253 vor allem die geschäftlichen Beziehungen zu Christen. So genannter 244

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Die RHR-O  1654, Tit. II, § 10, in: S, RHR-Ordnung II, S. 128– 130 schloss bereits Appellationen vom Hofmarschall an den RHR von Juden in der Juden-Stadt zu Wien (Zitat .) aus, so dass sich in den Jahren nach 1654 bis 1657 nur noch vereinzelt erbländische Juden als Appellanten am RHR finden lassen; G, Reichshofrat, S. 31; F, K, Zentralverwaltung, S. 232; H, Anleitung I, S. 190. Siehe RKG-O  1555, Tit. LXXXVI. Ordnung und form des judeneydts, in: L, Reichskammergerichtsordnung, S. 162–165; B, Tractatus, S. 434. P-C H, Juden, S. 220. Zum RKG kurz F, Sollicitatur, S. 125–131. U, Tractatus, S. 254f. berichtet, dass für Juden die Tax bei der Reichskanzlei die doppelte Summe betrüge. Zwar habe der RHR auf Klagen von Juden diese Regelung des Öfteren ausgesetzt, doch sei das Tax-Amt stets bei den geforderten Summen verblieben. Die bei S, Sammlung, S. 310–320 abgedruckte Erneuerte Chur=Maintzische Reichs=Hof=Cantzley=Tax=Ordnung vom 6. jannuari Anno 1659 nennt keine solche Regelung und lässt Juden unerwähnt; zum Tax-Amt G, Geschichte, S. 261–280; U, Tractatus, S. 139; M, Einleitung, S. 112f. B, Reichshofratsgutachten nennt keine jüdischen Betreffe. M, Reichshofratsconclusa I–IV (19); ., Reichs=Hof=Raths=Conclusa I (7); ., Reichs=Hof=Raths=Conclusa IVIII; siehe ., Zusätze, S. 510–518 (12). 19 Fälle für die Zeit Franz I. führt E, Reichs=Hof=Raths=Protocoll, S. 21, 68f., 94f., 100, 115, 129, 145, 153, 217, 224, 255f., 257, 268, 307f., 308, 343, 375, 394f., 396f. Siehe R, Weg, S. 146. B, Juden (c), S. 14; ., Rahmenbedingungen, S. 65, 71; M, Judentoleranz, S. 240f. Siehe hierzu A-T, Wechselverbindlichkeiten, S. 244–248; siehe L, Geschichte, S. 31. R (= R) 1530, Tit. 22, in: W, Reichspolizeiordnungen, S. 129–166, hier S. 151; B, Rechtsstellung, S. 165.

46

1. Einleitung

jüdischer ,Wucher‘, d. h. die übermäßige jüdische Zinsnahme254 , wurde nicht geduldet und die jeweilige Obrigkeit hatte auf die Geschäftspraktiken der Juden strikt zu achten.255 Der Reichsabschied von 1551 bestimmte in Paragraph 79, dass rechtmäßiger Handel den Juden auf Messen und Jahrmärkten nicht verboten sei. Geldgeschäfte jedoch mussten vor der jeweiligen Obrigkeit vor Ort beglaubigt werden. Des Weiteren galt mit den Paragraphen 78 bis 80 ein allgemeines Zessionsverbot zwischen Juden und Christen, d. h. ein Abtretungsverbot von Krediten, sofern ein Christ der eigentliche Schuldner war.256 Die folgenden RPO wie die von 1548 wiederholten nochmals die Pflicht der Reichsstände, gegen die Wuchergeschäfte der Juden einzuschreiten. Sie bestimmten, dass Juden gestohlene Güter weder kaufen noch verkaufen sollten.257 Die RPO von 1577 führte dann einen Zinssatz von 5 % für die Geldgeschäfte der Juden ein258 und forderte, dass kein Vertrag zwischen Juden und Christen in hebräischer Schrift abgeschlossen werden dürfe259 . Zudem wurde das Zessionsverbot zwischen Juden und Christen erneuert.260 Der Reichsabschied von 1540 gestand den Juden dann höhere Kreditzinsen als Risikoausgleich zu. Allerdings setzte spätestens ab der Zeit Rudolfs II. innerhalb der Rechtswissenschaft ein Wandel ein, in dessen Verlauf die be-

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Alexander u. Veit vom Stein vom 8.12.1593 (a. K.) an den Kaiser (Praes. 4.4.1594) in ., K. 42: Wucherlichen Contracten; Fränkische Reichsritterschaft aller sechs Kantone vom 8.6.1596 an den Kaiser (Praes. undat.b ) in .: Jüdischen Wucher; Director Hauptleütt Räth unnd Außschuß der Reichsbefreijtten Ritterschafft inn Francken vom 16.12.1595 an den Kaiser (Praes. undat.) u. Veit vom Stein vom 12.7.1595 an den Kaiser (Praes. undat.) in .; S, Iudaicae, S. 15f. R 1530, Tit. 27, in: W, Reichspolizeiordnungen, S. 129–166, hier S. 156; ähnlich § 78 im A R von 1551 in J. J. S / H. Ch. S: Neue und vollständigere Sammlung deutscher Reich=Abschied, welche von den Zeiten kayser Conrads II. bis jetzo auf den Teutschen Reichs=Tägen abgefasset worden, sammt den wichtigsten Reichs=Schlüssen, in Vier Theilen, Franckfurt am Mayn 1747, hier = NSRA II, S. 609–632, hier S. 622; B, Rechtsstellung, S. 163f. Die R von 1548 u. 1577 legten fest, dass niemand Juden aufnehmen dürfe, der nicht über kaiserliche Regalien verfüge. R 1548, Tit. 20, § 1, in: W, Reichspolizeiordnungen, S. 165–214; B, Tractatus, S. 28, 32; R 1577, Tit. 20, § 1, § 7, in: W, Reichspolizeiordnungen, S. 215–271; B, Tractatus, S. 29f., 27–34; M, Grund=Riß, S. 637; ., Reichs=Tags=Geschäfften, S. 341; ., Reichs=Ständen, S. 517; ., Unterthanen, S. 555–557. NSRA II, S. 622; B, Tractatus, S. 209–210. Zum Zessionsverbot B, Zessionsverbot. R 1548, Tit. 20, in: W, Reichspolizeiordnungen, S. 195-196. Siehe auch B, Rechtsstellung, S. 163f. R 1577, Tit. 20, § 6, in: W, Reichspolizeiordnungen, S. 181; zu Zinsgeschäften mit Juden B, Tractatus, S. 223–257. R 1577, Tit. 20, § 3, in: ., S. 247. R 1577, Tit. 20, § 4, in: ., S. 247 (der Paragraph verweist auf die Bestimmungen in § 79 im Augsburgischen Reichsabschied von 1551 in NSRA II, S. 609–632, hier S. 622).

1.4 Quellenkorpus und Vorgehensweise

47

stehenden rechtlichen Hindernisse für die Geldgeschäfte der Juden gelockert wurden.261

1.4 Quellenkorpus und Vorgehensweise Abschließend ist ein Blick auf das Quellenkorpus und die methodischen Voraussetzungen für seine Auswertung zu werfen. Die Erschließungssituation des reichshofrätlichen Archivs bringt einige Besonderheiten mit sich, die bei der Bearbeitung des Quellenmaterials zu berücksichtigen sind und das methodische Vorgehen beeinflussen. Nach dem Ende des Heiligen Römischen Reichs blieben die Bestände des RHR in Wien. Sie befinden sich heute im Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien (HHSAW), einer Abteilung des Österreichischen Staatsarchivs.262 Eine wissenschaftlichen Anforderungen Rechnung tragende Erschließung des Archivs steht aber erst am Anfang.263 Die Akten des RHR sind dabei in ein Gratial-264 und ein Judicialarchiv aufgeteilt. Letzteres besteht aus rund 80 000 Judicialbetreffen, von denen ungefähr 3 bis 5 % auf jüdische Betreffe entfallen.265 Grundlage für eine erste Übersicht über die reichshofrätliche Tätigkeit bilden daher immer die Resolutionsprotokolle, in denen die Beratungen des Gerichts in der Regel lückenlos verzeichnet sind.266 261 262

263

264 265

266

B, Juden (c), S. 31 bezieht sich auf den Tübinger Juristen Christoph B. Siehe N, Besold, S. 178f. F, K, Zentralverwaltung, S. 225f.; G, Reichsarchive, S. 273– 394; ., Geschichte, S. 247–256; N, Staatsarchiv, S. 3–16; A, Staatsarchive; ., Archiv, S. 117–130; P, Erfassung, S. 635–649; S, Erschließung, S. 249–265. D., Erschließung, S. 249–265; S, Präsentation, S. 187–202; H, Rechtsprechung, S. 331; O, Akten, S 593–634; ., Datenbank; P, Erfassung, S. 635–649; ., Datenbank; A, Erschließungsstrategien, S. 211–219; S, Projekt, S. 199–210; A, O, Akten, S. 25–38, hier S. 34; E, Gerichtsbarkeit, S. 20f. Hierzu O, Gnadensachen, S. 180–182. Siehe .: Die Erschließung der Akten des kaiserlichen Reichshofrats. In: A. Griemert: Tagungsbericht Jüdisches Heiliges Römisches Reich. 09.12.2007–10.12.2007, Wien. In: H-Soz-u-Kult, URL: , [08.03.2008]. Hierzu auch K, Judengemeinde, S. 38; zum Stand der Verzeichnung S, Ausblick, S. 290. Zu den Resolutionsprotokollen S, Resolutionsprotokolle (b); ., Resolutionsprotokolle (a), S. 119–140; ., Reichshofratsakten, S. 327–336; G, Reichshofratsprotokolle, S. 119–123; F, J, Inanspruchnahme, S. 39–141. Eine weitere große Protokollreihe sind die Exhibitenprotokolle zu nennen. Sie verzeichnen sämtliche am RHR eingehenden Schriftstücke, d. h. auch solche, die unter Umständen nie vor das Gericht gelangten (vgl. G, Geschichte, S. 247–252). Auf ihre Auswertung musste ebenso verzichtet werden, wie auf die der Geheimen Konferenz unter Franz I. (S, Protokolle, S. 124–127).

48

1. Einleitung

Das eigentliche Aktenmaterial ist in verschiedene Serien aufgegliedert, von denen die meisten in Form der mittlerweile digitalisiert vorliegenden W’ R abgefragt werden können.267 Daneben existieren die gesonderten Findbehelfe zu den A, den J  sowie den A P A und den C.268 Ebenso galt es, die Gutachtenserien des RHR, die R und   I zu berücksichtigen.269 Desgleichen wurden die Protokolle des Geheimen Rates für das 16. Jahrhundert auf jüdische Betreffe hin ausgewertet.270 Methodisch war es unumgänglich, die jeweilige lokale archivalische Überlieferung mit zu erfassen, um blinde Flecken in der reichshofrätlichen Überlieferung auszuschließen. Dieses Vorgehen ermöglicht eine Verbindung von Regional- und Reichsgeschichte.271 Vornehmlich für die Juden des Reiches ist dieser Aspekt von Bedeutung, waren doch in den kleinräumigen Regionen des Reiches, besonders in Schwaben und Franken, die konkurrierenden Rechts- und Herrschaftsansprüche in einer komplexen Gemengelage miteinander verzahnt „und gerade für die Geschichte der jüdischen Minderheit war diese Konkurrenz von bestimmender [. . . ] Bedeutung“.272 Gleichwohl zeigte sich, dass in den Wiener Akten die meisten Informationen aus den Beständen der Heimatarchive enthalten sind.273 Das zu untersuchende Quellenkorpus setzt sich insgesamt aus Prozessen zwischen Juden und adeligen Herrschaften des Alten Reichs zusammen.274 Diese Prozesse müssen zum einen innerhalb der ausgewählten Herrschaftsjahre liegen, wobei hierüber hinausreichende Supplikationen 267

268

269

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271

272 273 274

Vgl. G, Reichsarchive, S. 273–394; ., Geschichte, S. 303–306; S, Reichshofratsakten, S. 331; S, Projekt, S. 207; A, Erschließungsstrategien, S. 216–218; K, Judengemeinde, S. 22–24. O, Akten, S. 593–634; ., W, Höchstgerichtsbarkeit (b); P, Erfassung, S. 635–649; ., Datenbank; S, Erschließung, S. 249–265; A, Erschließungsstrategien, S. 211–219; S, Projekt, S. 199–210. Beide Gutachtenformen umfassen Darstellungen der Prozesse, rechtliche Bewertungen und Maßnahmenvorschläge des RHR, die in strittigen Fällen dem Kaiser zur Entscheidung vorgelegt wurden. Vgl. RHR-O  1654, Tit. V, §§ 1, 18–21, in: S, Ordnungen II, S. 157, 162f. Vgl. zu den Voten und Relationen E, Voten; ., Gerichtsbarkeit, S. 21; G, Reichshofrat, S. 41f.; H, Grundlinien, S. 134–145. HHSAW, RHR, R, XVI/42b, 48b, 49a, 52b, 54b, 56b, 58, 68, 70b, 75, 80b; zum Geheimen Rat F, K, Zentralverwaltung, S. 37–67; G, Geschichte, S. 155, 237–247. Seine Protokolle befinden sich unter den Resolutionsprotokollen. Vgl. S, Überblick, S. 295–322; ., Reich, S. 61–80; W, Stabilisierung, S. 239; ., Rechtsprechung; K, Nachbarschaft; ., Kommunikation, S. 21f.; U, Friedenssicherung, S. 203–228; L, Kommunikationsraum, S. 227–235. Zitat K, R, R, S, Einführung, S. 15. E, Gerichtsbarkeit, S. 22; O, Gerichtsakten, S. 101–118. Zur Bildung eines Textkorpus aus linguistischer Sicht B, T, Diskurs, S. 14– 27 u. L, Geschichte, S. 106f.

1.4 Quellenkorpus und Vorgehensweise

49

Berücksichtigung finden. Zum anderen müssen sie aus dem Gebiet des so genannten ,Reichstagsdeutschlands‘ stammen.275 Reichsstädtische Prozesse blieben dagegen unberücksichtigt.276 Wenn sich die Studie nun aber der Akteursebene von Juden und adeligen Herrschaften widmet, stellt sich die Frage277 , welcher Personenkreis sich insbesondere hinter den adeligen Herrschaften verbirgt. Zwar ist der Adel infolge der jeweiligen unterschiedlichen Voraussetzungen in vielfacher Hinsicht in sich heterogen, doch lassen sich gleichartige Merkmale benennen.278 Wie A betont, „muss man sich natürlich darüber im Klaren sein, dass man nur in einem sehr eingeschränkten Sinne von dem Adel als einem homogenen Stand sprechen kann, obgleich es ohne Zweifel ein adeliges Selbstverständnis, wenn man so will[,] eine ständische Ideologie gab, die eben diese Einheit immer wieder postulierte.“279 Das gilt insbesondere für die hohen adeligen Herrschaften, den so genannten weltlichen und geistlichen Reichsadel.280 Er war der Träger des zentralen Herrschaftwillens in den Territorien des Reichs. Durch seinen Sitz und seine Stimme im Reichstag war er zudem nur dem Kaiser unterstellt. Wiederum besaßen nicht alle reichsunmittelbaren Häuser gleichzeitig diese als Reichsstandschaft zu bezeichnende herausgehobene Stellung. Dies trifft vor allem für die Reichsritterschaft zu. Allerdings zeichneten sich sowohl die reichsunmittelbaren Niederadeligen als auch diejenigen, die im Besitz der Reichsstandschaft waren, durch eine herrschaftliche Entscheidungsfreiheit und durch die direkte persönliche Stellung gegenüber dem Kaiser aus.281 Die Kurfürsten bildeten mit den übrigen Reichsfürsten den Reichsfürstenstand und damit die „Oberschicht“ der adeligen Herrschaften im Reich.282 Die Reichsgrafen stellten wiederum das Bindeglied zwischen den Reichsfürsten und den Reichsrittern dar. Die Lehnshierarchie des Reiches gliederte den Adel also vertikal, wobei die erwähnten Adelsgruppen zu Beginn 275 276

277 278

279 280 281 282

Zum Begriff S, Reich (a), S. 246–277, hier S. 274–276. Erstens beschäftigte sich K mit solchen Prozessen am Beispiel Frankfurts. Siehe ., Leben; ., Judengemeinde; ., Reichshofratsakten. Zweitens trat der Kaiser in solchen Fällen als Stadtherr gegenüber den reichsstädtischen Magistraten auf. Hierzu M, Regiments=Verfassung, S. 111–122; ., Staats=Recht XXXXII, S. 512– 515; L, Reichsstädte, S. 129–153; N, Reichshofrat, S. 121–131, hier S. 121f., 126f.; H, Rechtsprechung, S. 350f.; F, Jews, S. 275–288; ., conflicts, S. 58– 123; ., Politics, S. 91–152; K, Judengemeinde, S. 16. Zur Definition von Adel siehe A, Adel, S. 14–22, 32–42. Zur Adelsgeschichte: W, Freiheit, S. 301; A, Adel; ., Legitimation, Abs. 1–6, 12f., 18; ., Rearistokratisierung, S. 144–154; ., Stellung, S. 10–18; D, Nobility, S. 13f.; S, Adel, S. 11f., 29–31; B, Nobility; P, Adel; W, Adel; E, Adel, S. 1; D, Spezifika, Abs. 5, 8, 12; D, Nobility, S. 15–33. Zitat A, Legitimation, Abs. 8. A, Reichsadel, Sp. 529–533; S, Adel, S. 12. W, Freiheit, S. 304; P, Reichsunmittelbarkeit, Sp. 953–955; G, Reichsstände, Sp. 760–773. Hierzu T, Reichsfürsten, Sp. 573–576; S, Adel, S. 13f.

50

1. Einleitung

des 16. Jahrhunderts ihre Ausformung erreichten.283 Allerdings stellen sich für die vorliegende Studie auf semantischer Ebene Probleme hinsichtlich der Benennung des Untersuchungsgegenstandes ein. Zur sprachlichen Vereinfachung soll auf den Obrigkeitsbegriff zurückgegriffen werden. Dieser Begriff bietet sich an, da er alle Herrschaftsgewalten auf sämtlichen politischen Ebenen des Alten Reichs umfasst.284 Wenn sich die Studie an den Supplikationen der Juden und Obrigkeiten orientiert, so muss auf wesentliche Besonderheiten der Quellengattung ,Supplikation‘ eingegangen werden.285 Die Forschung beschrieb in den vergangenen Jahren das Supplizieren als eine gängige Kommunikationsform zwischen Untertanen und ihrer jeweiligen Obrigkeit.286 Über die Entstehung jüdischer Supplikationen gibt es bislang kaum Erkenntnisse. Sowohl für das 16. als auch das 18. Jahrhundert verfassten die Juden ihre Supplikationen wohl nicht selbst, sondern beauftragten damit Schreibkundige.287 Zu beachten ist, dass sich in den Supplikationen das jüdische Individuum insoweit nicht selbst artikuliert.288 Es wird in der Wiedergabe seiner Äußerungen durch andere Mittelspersonen wie Schreiber, Anwälte oder Notare gespiegelt. Das gilt zwar gleichermaßen für Christen, allerdings steht der kulturelle Unterschied zwischen Auftraggeber und Schreibendem im Falle jüdischer Kläger besonders eklatant im Raum. Letztlich ist zu berücksichtigen, dass ebenso Wertvorstellungen der Juristen stets mit einflossen.289 Damit ist es schwierig, ein ,wirkliches‘ Subjekt retrospektiv 283

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288 289

Aber gerade vermehrte Standeserhöhungen ließen die Grenzen doch letztlich bis 1806 fließend erscheinen. E, Adel, S. 4–14; siehe M, Hochadel, S. 13–41; P, Reichsritter, Sp. 943–945; S, Adel, S. 13–16. C, Obrigkeit, Sp. 293–297. Hinzu kommt, dass dieser Begriff von den Juden und den adeligen Herrschaften selbst regelmäßig in den Prozessakten Verwendung fand. Vgl. M, Partizipation, S. 88f.; ., Untertänigkeit, S. 153–170. M, Weg; zur Bedeutung von Supplikationen für das Justiznutzungsparadigma D, Justiznutzungen, S. 535; L, Supplizieren (b); ., Supplizieren (a); U, Supplikationen, S. 150; U, Gnadengesuche, S. 165f.; J, Autobiographie (b), S. 27; ., Autobiographie (a), S. 91–122; S, Schreiben, S. 83–108. Zur Gleichsetzung von Supplikationen mit Appellation u. zur bis heute nicht abgeschlossenen Kontroverse um die semantische und definitorische Abgrenzung von Supplik, Supplikation, Justiz- u. Gnadensupplikationen W, Bitten, S. 20, 47; U, Supplikationen, S. 150–155; B, Supplikationen, S. 276–289; H, Strafverfahren, S. 478f.; ., Aushandeln; ., Gesetzgebungsprozess, S. 1; N, Supplikationen (a); ., Supplikationen (b), S. 137; ., Supplikationen (c); H, Supplikenwesen, S. 208; B, Grundriß, S. 198; die Nähe der Sollicitatur zur Supplikation bei F, Sollicitatur, S. 2, 20f.; D, Kopf. U, Mandatsprozess, S. 145 u. R, Leben, S. 212, 240–258. Zur formalen Gestaltung von Supplikation S, Prozessgrundsätze, S. 132–175. Zu den Reichshofratsagenten E, Reichshofratsagenten. Allerdings gilt dies auch für Autobiographien, wie S, Jews, S. 3–8 ausführt. R, Individualisierung, S. 86f.; G, Wertetransfer, S. 145; vgl. zur Bedeutung der Anwälte an den Reichsgerichten W, Reich, S. 88. Diese Problematik spricht auch K, Judengemeinde, S. 110 an.

1.4 Quellenkorpus und Vorgehensweise

51

aus den Supplikationen darstellen zu können. Wesentlicher für diese Studie dürfte daher die Frage sein, welche Aussagen ein Kläger tätigen durfte oder nicht. Damit steht fest, dass die von den Juristen für jüdische Kläger gewählten Argumente auf Plausibilität abzielen mussten. Die Juristen waren daher verpflichtet, die in einer Alltagssprache formulierten Erzählungen ihrer jüdischen Klienten in eine juristische Sprache zu übersetzen.290 Sie befanden sich in einem Korsett von Festlegungen: zum einen vonseiten der jüdischen Kläger und ihrer Ansprüche, zum anderen durch die Erfordernisse des reichshofrätlichen Prozesses und zum dritten durch die Notwendigkeit, Sachverhalte so zu formulieren, dass sie vom Gericht akzeptiert werden konnten.291 Die Supplikationen waren stets den jüdischen Klägern zugeordnet. Sie zeichneten für sie verantwortlich, so dass die Anwälte als die professionellen Übersetzer, aber nicht als die verantwortlichen Autoren anzusehen sind.292 Hierfür spricht, dass zwar im 18. Jahrhundert die Eingaben von wenigen Ausnahmen abgesehen293 durchweg von den Agenten der Juden unterschrieben und eingebracht wurden, auf den Aktenaufschriften, den Rubren, die Namen der jüdischen Kläger verzeichnet sind. Die Supplikationen der Jahre 1576 bis 1603 wurden dagegen regelmäßig von den klagenden Juden selbst unterzeichnet.294 Tatsächlich beweisen Briefe von Juden, dass ihre Agenten den Inhalt des Briefes übernahmen und um die vorgeschriebenen rituellen Einleitungs- und Schlussformeln ergänzten.295 290

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Zum Zusammenhang von Kultur und Übersetzungsleistungen siehe B, Cultures, S. 7–38; K, Judengemeinde, S. 138 mit einer Unterscheidung zw. Autor und Verfasser; T, W, Grundfragen, S. 87; S-S, Kommunikation (c), S. 278–280; F, Kommunikation, S. 7–19; ., Politikgeschichte, S. 14–16; K, Kommunikation, S. 13–15, 21f.; S, Autorität, S. 236; G, S, Einleitung, S. 7f.; L, Geschichte, S. 90f., 96; L, Supplizieren (b), S. 195. Vgl. die Theorie des „dezentralisierten Subjekts“ bei S, Geschichtswissenschaft, S. 53f.; R, Foucault-Lexikon, S. 78f., s. v. Autor, S. 139–141, s. v. Individuum u. S. 73– 76, s. v. Aussage; einführend L, Geschichte, S. 77, 88f., 99. B, Knowledge; K, Judengemeinde, S. 138f.; L, Supplizieren (b), S. 195f. Isaak Speyer an den Kaiser (Praes. 17.9.1743) in HHSAW, RHR, D. R., K. 362/7; Salomon Bär an den Kaiser (Praes. 6.11.1758) in ., K 384/3; Marum Kahn an den Kaiser (Praes. 22.9.1764) in ., K. 383/1; Samuel Sinzheimer an den Kaiser (Praes. 19.1.1762) in ., K. 384/7; Erben Löw Sinzheimer an den Kaiser (Praes. 28.2.1760) in ., K. 382/10. O, Prozeßverfahren, S. 120f. betont, dass es in der Frühphase des RHR keinen Anwaltszwang gegeben habe. Hierzu auch S, Prozessgrundsätze, S. 112–126. So Getz Hayum in einem Brief vom 21.5.1750 an seinen Agenten Gullmann mit gleich lautendem Tenor wie die Supplikation Getz Hayum an den Kaiser (Praes. 11.6.1750), beide in HHSAW, RHR, O. R., K 1769/1; Beilage Lit: V. in David Mayer Juda an den Kaiser (Praes. 3.8.1751) in ., D, K. 1524/1; Instrumentum Notariale ad causam Appellationis Noe Samuel Isaak ChurCöllnischen Agenten in ders. an den Kaiser (Praes. 27.3.1754) in ., D. R., K. 367/4; Instrument Isaak Jüdens zu Nagelsperg 9. in

52

1. Einleitung

Dabei dürfte es problematisch sein, die Prozesse auf einen Wahrheitskern herunterbrechen zu wollen.296 Schließlich stellen Supplikationen keine Protokolle dar, sondern erzählen Begebenheiten aus einer individuellen Sichtweise.297 Zudem ist in Rechnung zu stellen, dass die juristische Sprache einem Wandlungsprozess zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert unterlag. Daher sind die unter dieser Sprache verborgenen Themen und Wahrnehmungsmodi zu bergen und zurückzuübersetzen298 . An dieser Stelle ist ferner das Phänomen der persönlichen Anwesenheit von Juden am RHR zu beachten.299 Wie im Falle von Bauern ist anzunehmen, dass sich die betreffenden Juden mit ihren Agenten persönlich vor Ort absprachen. Letztlich waren es die jüdischen Kläger, die über die regionalen Gegebenheiten Auskunft geben konnten. Wie es T für die Bauern formulierte, so dürfte für die Juden gelten, dass es sich „vielfach um rechtlich und praktisch äußerst verwickelte Details“ handelte, „über die sich die Agenten“ immer wieder persönlich rückversichern mussten.300 Die Reichsgerichte nahmen zusätzlich von den Juden persönlich Supplikationen entgegen.301 Insoweit war es für die Juden von Wichtigkeit, über den Verlauf von Reichsgerichtsverfahren orientiert zu sein und über zumindest rudimentäre Rechtskenntnisse zu verfügen. Beides ermöglichte den Juden, zum richtigen Zeitpunkt in den Prozess persönlich eingreifen zu können.302 Ein solches Eingreifen setzte eine graduelle Lese- und Schreibfähigkeit der deutschen Sprache bei Juden voraus. Allerdings liegen diesbezügliche Studien bislang noch nicht vor. Jedoch konnten Forschungen einen relativ hohen Grad an Alphabetisierung unter der ländlichen Bevölkerung nachweisen.303 Hierzu gehört auch das Eindringen einer juristischen Schriftlichkeit in das ländliche Schrifttum, insbesondere hinsichtlich des lokalen Marktgeschehens. Auf diesem Sektor waren ebenfalls Juden tätig. Voraussetzung dafür waren zu-

296 297 298 299 300 301 302 303

SAL-HZAN W 10, Bü 95/6; Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. undat.) als No. 5 in HHSAW, RHR, J. ., K. 42/1. Zu den Agenten S, Agenten, S. 41– 64 u. D, Reichshofratsagenten, S. 97–111. S, Gerichtsakten, S. 100, 104, 126–131 u. S, Aktenkundig, S. 61, 65; U, Gnadengesuche, S. 167. Ähnlich M, Untertänigkeit, S. 165. Aus sprachwissenschaftlicher Perspektive B, Semantik; kritisch, aber befürwortend S-S, Ego-Dokumente; R, Ego-Dokumente. Zu den am RHR klagenden Bauern T, Raum, S. 405–410. Vgl. ., Raum, S. 410, Zitat S. 410; S, Suppliken, S. 28f. T, Raum, S. 407, 409. D., Raum, S. 410. Zur Schriftlichkeit in der ländlichen Kultur K, Schriftlichkeit, S. 35–47; D, Begegnungen, S. 203–228; M, Volk, S. 59–93; T, Raum, S. 411f.; L-S, Verschriftlichungsprozesse, S. 128f.; O, Bauernfamilien, S. 133–186; P, Schriftlichkeit, S. 319–343; P, Schreiben, S. 87–106; ausführlich ., Pflug; E, Verbreitung, S. 213–223; U, Zeuginnen, S. 207–226.

1.4 Quellenkorpus und Vorgehensweise

53

mindest rudimentäre Deutschkenntnisse.304 Hierzu passt, dass alle größeren jüdischen Gemeinden Archive aufbauten.305 Auf diese Weise vollzog sich sicherlich eine Einprägung der Verfahrensweisen an den Reichsgerichten.306 Die Methode des in dieser Studie angewendeten Vergleichs wurde von Vertretern der historischen Sozialwissenschaft entwickelt.307 Die dort erprobten ,harten‘ Maßstäbe eines Vergleiches308 sind mit Blick auf die Quellensituation zu modifizieren.309 Daher liegt dieser Studie der diachrone Vergleich310 als variable Perspektive311 zugrunde und sie ist quellennah angelegt.312 Angesichts einer Aktenverlustrate von bis zu 50 % ist zu beachten313 , dass viele Fälle im Quellenmaterial des RHR eine nur mehr oder minder klare Aktenspur hinterlassen haben.314 Diese Fälle müssen desgleichen mit einbezogen werden.315 Insofern ist dem Einzelfall sein Eigenrecht zuzugestehen. Allerdings soll der Eindruck vermieden werden, die Untersuchung konzentriere sich allein auf prominente Spezialfälle. Daher stehen gerade jene Fälle im Zentrum des Interesses, die auf den ersten Blick wenig spektakulär erscheinen.316 Die Berücksichtigung der obrigkeitlichen Supplikationen ist hierbei unabdingbar. Daher müssen nicht nur zwei Zeitperioden, sondern auch die jüdischen und obrigkeitlichen Argumenten miteinander verglichen werden317 , da sich jüdische und obrigkeitliche Supplikationen direkt aufeinander beziehen.318 Dem-

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Kurz L-S, Verschriftlichungsprozesse, S. 135f. H, Gemeindearchiv, S. 2; S, Gemeindeakten, S. 97–110; B, Schicksal, S. 101–115; auf ein gut organisiertes Gemeindearchiv verweist auch K, Judengemeinde, S. 196. T, Raum, S. 412; B, Hoffnung, S. 33f. konnte für den Hamburger Raum am Ende des 18. Jh. eine Quote von ca. 35 % selbstverfasster Suppliken bei Juden und 24 % bei Christen ausmachen. Siehe einführend K, Vergleich. Vgl. S, Austausch, S. 13f. u. Fn. 13 mit Literaturangaben. Vgl. N, Immigrationspolitik, S. 35; siehe S, Gesellschaftsvergleich, S. 283–287, 303f. Siehe H, Vergleich, S. 29, 31f. Zitat ., Vergleich, S. 12. W, Stolpersteine, S. 348f.; N, Immigrationspolitik, S. 36; H, Vergleich, S. 9–11. K, Judengemeinde, S. 21. Vgl. E, Überlieferungs-Chance, S. 529–570. Ähnlich S, Archäologie, S. 100f.; siehe zu dieser Problematik G, Krieg. F, Rechtsschutz, S. 139; dies wird insbesondere in dem von S, Prozessgrundsätze, S. 103 erwähnten großen Anteil von Schuldprozessen zwischen Juden und Obrigkeiten betreffen; N, Reich (b), S. 243. K, Argumentationstheorie, S. 134f.; ähnlich S, Austausch, S. 28, die ebenfalls die stete Beachtung der Verbindungslinien zwischen jüdischer und christlicher Perspektive fordert. Zu obrigkeitlichen u. innerjüd. Quellen u. ihr „untrennbares Miteinander“ K, Quellen, S. 253–283.

54

1. Einleitung

nach ist insgesamt ein asymmetrischer Vergleich notwendig319 , um größere Zusammenhänge und Entwicklungslinien herausarbeiten zu können.

319

Zum asymmetrischen Vergleich O, Sozialgeschichte, S. 60; H, Vergleich, S. 15f., 32f.; kritisch W, Stolpersteine, S. 343; siehe zur Applizierbarkeit eines solchen Vergleichs N, Immigrationspolitik, S. 35–37.

2. Kontextualisierung Voraussetzung für die Untersuchung des Verhältnisses zwischen Kaiser und Juden ist eine statistische Auswertung des Prozessaufkommens am RHR.1 Die vorliegende Arbeit greift auf bewährte methodische Vorgehensweisen zur Reichsgerichtsbarkeit zurück.2 Im Folgenden werden zunächst die Resolutionsprotokolle als Quellengrundlage sowie die Auswertungsrichtlinien vorgestellt. Hiervon ausgehend sind die zeitliche Inanspruchnahme des RHR durch Juden, die geographische und soziale Verteilung der Prozessparteien sowie die behandelten Streitgegenstände in beiden Vergleichsperioden zusammenfassend darzulegen.

2.1 Auswertungsrichtlinien Die Resolutionsprotokolle sind aufgrund ihrer fast lückenlosen Überlieferung die zuverlässigste Quelle für eine flächendeckende Erfassung aller jüdischen Causen am RHR.3 Insgesamt wurden 85 Protokollbände für beide Herrschaftszeiten ausgewertet. Während für die Zeit Franz I. Stephans pro Jahr jeweils zwei bis drei Bände in Reinschrift vorliegen4 , kamen die Sekretäre des RHR unter Rudolf II. oftmals mit einem Band aus.5 Ließen sich die Proto1

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3

4 5

Tatsächlich kann die Bedeutung des RHR nur über die Rechtspraxis eruiert werden (vgl. H, Literatur, S. 221, 225f., 239; E, Wurzeln, S. 27 u. H-M, Arm, S. 29). Dies betonte schon das zeitgenössische Staatsrecht (E, Reichs=Hof=Raths=Protocoll, S. [IXf.]). Um einen vollständigen Überblick über die jeweils gewählte Thematik zu erhalten, ist eine vorgeschaltete Quantifizierung unabdingbar (O, Auftrag, S. 49–52). Vgl. J, A, T, Methode, S. 1–57, 182–206; B, Methode, S. 55–67, hier S. 57–59; ., Gesellschaft. Einführend zur quantifizierenden Methode B, Methode, S. 55–67. R, Recht I, S. 108–124 wandte sich in einer breit angelegten Pionierstudie der zunehmenden Bedeutung des RKG im 16. Jh. zu. B, Gesellschaft führte dies für das 17. u. 18. Jh. fort. In Detailuntersuchungen betrachteten O, Auftrag, S. 49–123 für Ferdinands III. u. U, Geschichte, S. 44–110 für Maximilian II. die reichshofrätliche Kommissionstätigkeit. S, Juden, S. 174–219 analysierte die Inanspruchnahme des RHR durch Juden aus dem gesamten Reichsgebiet für das 16. und 17. Jh., die von B, Reichskammergerichtsprozesse, S. 297–316 u. K, Judengemeinde, S. 21–57 für das 18. Jh. ergänzt wurden. Vgl. RHR-O 1559, § 17 in: S, Ordnungen I, S. 33; RHR-I R II., Tit. VII, §§ 4f. in: ., S. 56; RHR-O  1654, Tit. V, § 23, in: ., Ordnungen II, S. 212f. HHSAW, RHR, R XVIII/108–157; vgl. K, Judengemeinde, S. 25f. HHSAW, RHR, R XVI/42a, 43, 44, 45, 46, 47a/b, 48a, 50, 51, 52a, 53, 54a, 55, 56, 59, 60a, 61, 63–66, 69, 70a, 71, 73, 76–80a, 82 u. ., XVII/1–4. Für die Jahre 1576 bis 1603 konnten einige der Protokollbände als idente Mitschriften identifiziert werden (E-

56

2. Kontextualisierung

kollbände unter Franz I. Stephan gut durch Indices erschließen, mussten die Bände für die Herrschaft Rudolfs vollständig durchgesehen werden, da die Register oftmals nicht vorhanden sind oder nur lückenhaft überliefert vorliegen. Die Durchsicht der Findbehelfe und Protokolle durfte sich indessen nicht auf Litera ,J‘ beschränken, da nicht alle Juden als solche gekennzeichnet sind.6 Für beide Zeitperioden wurden daher nur eindeutig identifizierbare jüdische Prozessparteien in die Erhebung aufgenommen. Desgleichen gilt zu berücksichtigen, dass die Findbehelfe und Protokolle nur nach den Klägern aufgeschlüsselt sind.7 Die Resolutionsprotokolle stellen reine Ergebnisprotokolle dar und verraten daher nichts über den Verlauf der Beratungen.8 Die Protokollbände verzeichnen im 18. Jahrhundert das laufende Tagesgeschäft, das heißt für jeden Sitzungstag die Namen der RHR-Präsidenten und Vizepräsidenten, die anwesenden Reichshofräte der Herren- und Gelehrtenbank9 sowie die zuständigen Sekretäre der deutschen und lateinischen Expedition. Darauf folgen die Angaben zu Streitparteien, Streitgegenständen, eingereichten

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7 8 9

, Gerichtsbarkeit, S. 20, 30; zu den Bänden unter Rudolf II. G, Geschichte, S. 252–254). Da es in solchen Fällen zu inhaltlichen Abweichungen einzelner Einträge kommen kann, waren diese Bände ebenfalls zu sichten (anders S, Juden, S. 182). Für den Zeitraum Franz I. Stephans behandeln von 50 Bänden 10 Impressorien. Siehe K, Druckprivilegien. Einige beinhalten reichsritterschaftliche Privilegienbestätigungen respektive die lateinische Expedition (HHSAW, RHR, R XVIII/109, 117, 122, 127, 132, 137, 142, 147, 152, 157). Diese Bände konnten nicht berücksichtigt werden. Für die Zeit Rudolfs II. betrifft dies HHSAW, RHR, R XVI/56, 57, 62, 72, 81. Eine besondere Schwierigkeit für die statistische Erhebung stellte das völlige Fehlen der Jahresbände 1598 bis 1600 dar. Siehe E, Gerichtsbarkeit, S. 20; Rudolf II. hielt sich 1600 und vermutlich schon 1599 in Pilsen auf. Der RHR könnte sich ebenfalls dort befunden haben. Eine Suche im dortigen Archiv brächte vielleicht nähere Auskünfte. Für diese Jahre wurden neben den Angaben der Findbehelfe und der konkreten Akteneinsicht vor allem die seit 1579 geführten Exhibitenprotokolle ausgewertet (vgl. HHSAW, RHR, R, XVI/3 [1598]; ., XVII/1 [1600]). Indessen kommt für das Jahr 1599 das Fehlen eines entsprechenden Exhibitenprotokolls hinzu, so dass die Einsicht der Reichstaxbücher (., R, T, Bd. 87–93; siehe zu den Taxbüchern G, Geschichte, S. 261– 263) sowie der Reichsregisterbücher (., Geschichte, S. 221–228.) auf mögliche Hinweise zu RHR-Prozessen nötig war. A, O, Akten, S. 37; S, Resolutionsprotokolle (a), S. 132. An dieser Stelle sei auf die Exhibitenprotokolle hingewiesen, da sie über die Einordnung von Einzelpersönlichkeiten weiterreichende Informationen liefern können. So nennt E, Korruption, S. 303 für das Jahr 1603/04 im Zusammenhang eines Korruptionsfalles um Heinrich Cramer von Clausbruch einen Jacob Fröschel und bezeichnet ihn als Hofmaler. Fast zur gleichen Zeit agierte laut Exhibitenprotokoll ein namentlich so bezeichneter Jude namens Jacob Fröschel am RHR gegen Cramer von Clausbruch (vgl. HHSAW, R, XVI/3, fol. 46r, 102v [sine dato]). Fraglich erscheint, ob der von E erwähnte Hofmaler jener Jude war. Ihre Auswertung kann zudem über das Behördensystem am Kaiserhof Aufschluss geben. Siehe direkt A, O, Akten, S. 25–38, hier S. 34f. Vgl. hierzu O, Auftrag, S. 52f. und U, Geschichte, S. 45f. Vgl. RHR-O 1654, Tit. I, § 1, 4, 5, 16, in: S, Ordnungen I, S. 131–131, 137.

2.1 Auswertungsrichtlinien

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Schriftstücken10 sowie die Entscheidungen des RHR.11 Im Prinzip gilt dieser Aufbau der Protokollbände auch für das 16. Jahrhundert. Allerdings fehlt hier oftmals die durchgängige Verzeichnung der Sitzungsteilnehmer. Während die Bände des 18. Jahrhunderts fast ausschließlich in hoher Standardisierung die Verfahrensschritte verzeichnen12 , bieten die Protokolle unter Rudolf II. ein diffuses Bild. Vor allem ab den 1580er Jahren weisen sie ausführliche, narrativ strukturierte Inhaltsangaben zur Prozessmaterie und zu den Entscheidungen des RHR auf. Daneben enthalten sie nur prozessuale Fragmente. Das Analyseraster richtete sich dementsprechend nach den Einträgen, die zwar den geringsten Informationsgehalt, aber zumindest einen gemeinsamen Nenner aufweisen.13 Um Konjunkturen der Inanspruchnahme des RHR durch Juden im zeitlichen Verlauf darstellen zu können, wurden in der Erhebung zunächst alle ersten Einträge eines Falles pro Jahr aus den Resolutionsprotokollen aufgenommen. Anders als in bisherigen Studien14 scheint es bei dieser Vorgehensweise möglich, einen aussagekräftigen Verlauf reichshofrätlicher Inanspruchnahme durch Juden darstellen zu können. Um aber einen Vergleich zum Gesamtaufkommen herzustellen, werden in dieser Studie die so erhobenen Daten mit den von O und P gewonnen Ergebnissen aus den Wolf ’schen Repertoriums in Verbindung gebracht.15 Gleichwohl lässt sich hiermit kein exakter Vergleich bewerkstelligen. Danach galt es, alle Betreffe der Protokolle zu erfassen und mit den Findbehelfen16 abzugleichen. Hierbei wurde jeder Prozess nur einmal nach seinem ersten Erscheinen in den Resolutionsprotokollen aufgenommen.17 Im Sinne der Fragestellung wurden nach der Totalerhebung die Prozesse nach den Rubriken Juden ct. Juden, Juden ct. Christen und letztere wiederum in Juden ct. Obrigkeiten unterteilt.18 10

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12 13 14 15 16 17 18

Das Verfahren des RHR war ausschließlich schriftlicher Art (S, Prozessgrundsätze, S. 132). Die RHR-Sitzungen fanden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Lediglich bei der seltenen Verkündung von Endurteilen waren auch die Streitparteien und deren Anwälte anwesend (E, Reichshofratsagenten, S. 165–177; S, Prozessgrundsätze, S. 341f.). O, Auftrag, S. 51f.; H-P, Regelung, S. 70–83; U, Geschichte, S. 46; E, Gerichtsbarkeit, S. 20. Siehe nun eine schematische Darstellung bei K, Judengemeinde, S. 26f. Ähnlich ., Judengemeinde, S. 30f. Vgl. U, Geschichte, S. 46; O, Auftrag, S. 56f.; K, Judengemeinde, S. 32. Bspw. S, Juden, S. 190f.; K, Judengemeinde, S. 21–31, S. 40. O, P, Prozessfrequenz. Eine kurze Übersicht bietet M. H, Die Judicalia des Reichshofrats, Wien sine anno; ., Schatzkammer, S. 16–40. S, Juden, S. 186. Damit sollen keine religiösen Deutungsmuster eingeführt werden. Vielmehr liegen die zeitgenössischen Einträge in den Protokollbänden der gewählten Kategorisierung zu Grunde. Auch am RHR bewegten sich die Parteien letztlich in einer durch rechtliche und

58

2. Kontextualisierung

Im Sinne der Fragestellung berücksichtigt die Quantifizierung bei der Erhebung der obrigkeitlichen Beteiligten ihre soziale und geographische Herkunft. Die Resolutionsprotokolle bieten in aller Regel verlässliche Anhaltspunkte für eine diesbezügliche Lokalisierung.19 Als Raster dient die Reichskreiseinteilung.20 Damit wird auf eine zeitgenössische Raumstrukturierung für das Reichsgebiet zurückgegriffen.21 In der Frage nach der sozialen Einordnung der Prozessbeteiligten orientiert sich die Erhebung nach der ständischen Gliederung des Reiches.22 Das Raster beinhaltet die Kategorien ,Fürsten‘ (sämtliche Kurfürsten, Herzöge, Fürsten und gefürstete Grafen), ,Grafen‘ (Freiherren und Reichsgrafen sowie Grafenvereine), ,Ritter‘ (Ritterschaften), ,Geistlichkeit‘ (mit Ordensrittern) und ,Städte‘ (Freie und Reichsstädte, Landstädte).23 In den Protokollbänden sind diese Kategorien ersichtlich und zeigen an, in welcher Eigenschaft die jeweilige Obrigkeit auftrat.24 Als problematisch erwies sich die Erstellung eines Rasters für die soziale und geographische Herkunft der jüdischen Prozessparteien. Hierzu verzeich-

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23 24

soziale Kategorisierungen geprägten Sphäre, die bei einer Quantifizierung Berücksichtigung finden mus K, Jüdinnen, S. 335–361, hier S. 336. Sie betont, dass die Kategorie ,Religion‘ stets mit einbezogen werden muss. Hierzu S, Rechtsnorm, S. S. 22f.; O, Auftrag, S. 65f.; S, Juden, S. 175–188; ., Resolutionsprotokolle (a), S. 126–140. O, Auftrag, S. 53. Zur Ermittlung der obrigkeitlichen Herkunft wurden herangezogen: K, Adels-Lexicon; K, Lexikon; G ., Nobles, S. 255–265; S, Kanton, S. 257–274; H, Ritterkanton, S. 200–218. Wie in den oben genannten Studien so fasst auch die vorliegende den Kurrheinischen mit dem Oberrheinischen Reichskreis zum ,Rheinischen Kreis‘ zusammen. O, Auftrag, S. 64f.; U, Geschichte, S. 53; zu den Reichskreisen siehe D, Reichskreise. Zur Bedeutung der Reichskreise für die Reichsgerichte S, Bedeutung, S. 146–178. Es stand nicht die Frage nach der tatsächlichen Kreisstandschaft im Zentrum der Zuordnungsarbeiten (O, Auftrag, S. 65; U, Geschichte, S. 53f.). Die Reichsritterschaften, die über eigene Kreisstrukturen verfügten (M, Reichs=Ständen), und die Grafenvereine (S, Grafenverein, S. 16–195; K, Kuriatstimme, S. 485–504) wurden in die Kreiseinteilung mit einbezogen. U, Geschichte, S. 54; S, Überblick, S. 296–298, hier S. 296. Wie entscheidend das reichsständische, auf Ungleichheit aufbauende normative Denken der Zeit war, verdeutlicht ein Eintrag in der Reichskammergerichtsordnung von 1555. In ihr wurde einzelnen Personen genau abgestufte Rechte hinsichtlich ihrer Verteidigungsmöglichkeiten zugeschrieben, die sich nach ihrem Geburtsstand orientierten. Siehe RKG-O  1555, Pars 2, Tit. 2–5, in: L, Reichskammergerichtsordnungen, S. 167–176. Die Einteilung orientiert sich an O, Auftrag, S. 73 u. U, Geschichte, S. 67f. So wurde Franz von Löwenstein-Wertheim in seiner Funktion als Kanoniker des Stifts Köln als Geistlicher im Rheinischen Kreis eingeordnet (HHSAW, RHR, D. R., K. 374/10). Wenn unter der Herrschaft Rudolfs II. der Kölner Kurfürst in seiner Funktion als Bischof zu Hildesheim auftritt, dann befindet sich dieser Eintrag nicht unter Fürsten, sondern unter der Kategorie Geistlichkeit – Niedersächsischer Kreis (., XVI/78, fol. 78r [8.5.1596]; ., XVI/80a, fol. 3v–4r [4.3.1597]). Beamte galt es gemäß ihrer Dienstherren einzuordnen (HHSAW, RHR, R, XVIII/123, fol. 220r–220v [6.3.1752], 451–451v

2.2 Inanspruchnahme des Reichshofrats

59

nen die Protokolle zumeist keine detaillierten Angaben. Lückenhaft sind auch die Informationen zu den Streitgegenständen. Für das 18. Jahrhundert sind die diesbezüglichen Vermerke derart standardisiert und formalisiert, dass eine konkrete Zuordnung, mit Ausnahme von Schuldforderungen, die mit in puncto debiti gekennzeichnet sind, in den meisten Fällen scheitern muss.25 Diesbezüglich konnte nur eine umfangreiche Such- und Erschließungsarbeit der betreffenden Prozessakten Abhilfe schaffen.26 Auf rechtssystematische Kategorisierungen musste bei der Ermittlung der Streitgegenstände verzichtet werden. Stattdessen galt es, eine überschaubare Anzahl von inhaltlich breiten Themenfeldern zu bilden, denen eine Vielzahl im Detail unterschiedlicher Konfliktkonstellationen zugeordnet werden konnte.27 Abschließend sei darauf hingewiesen, dass diese Vorgehensweise sicherlich eine von mehreren denkbaren ist.28 Die Ergebnisse dürfen bei ihrer Auswertung also nicht eins zu eins gegenüber gestellt werden. Vielmehr sollen die Ergebnisse im Folgenden gesondert betrachtet und dann auf Übereinstimmungen oder Unterschiede abgeglichen werden.

2.2 Inanspruchnahme des Reichshofrats 2.2.1 Inanspruchnahme des Reichshofrats im zeitlichen Verlauf Die Inanspruchnahme eines Gerichts29 kann als Indikator für das Vertrauen gewertet werden, das ihm vonseiten der jeweiligen Parteien entgegengebracht wird.30 Mit einer graphischen Darstellung der Inanspruchnahme in Jahresschritten soll nicht die Illusion unumstößlicher Erkenntnisse auf der Grundlage exakter Zahlen erweckt werden. Allerdings können damit abseits zufälliger Schwankungen generelle Entwicklungen aufgezeigt werden.31 Zur

25 26 27

28 29 30 31

[19.5.]; ., XVIII/151, fol. 26v [15.7.1763], 305r–305v [10.11.]). Für die Zeit Rudolfs II. ., XVI/43, fol. 15r (4.3.1577), 17v (13.3.). Siehe O, Auftrag, S. 91; U, Geschichte, S. 78. Vgl. auch U, Geschichte, S. 48. Hierzu zählen (1) Ökonomie (Geldwirtschaft und Warenhandel), (2) Kriminalität, (3) Familienstreitigkeiten, (4) Privilegien- und Rechtsverletzungen, (5) Gewalttaten (inklusive Vertreibungen), (6) Münzverbrechen und (7) sonstiges. Hierzu S, Juden, S. 209–211; R, Recht I, S. 235–247; ., Recht II, S. 493–511; O, Auftrag, S. 91. Überschneidungen sind bei dieser Kategorisierung unvermeidbar. Siehe ., S. 91. Vgl. zu diesem Problemkomplex O, Auftrag, S. 57; ähnlich S, Juden, S. 184, 187f. u. K, Judengemeinde, S. 31; S, Aktenkundig, S. 50, 58. Siehe bspw. R, Versuch, S. 1–22. Siehe O, Auftrag, S. 61f. Rudolf II. von Oktober 1576 bis Ende 1603; Franz I. Stephan von Oktober 1745 bis Ende August 1765. Anders S, Juden, S. 190.

60

2. Kontextualisierung

Erstellung der Prozessfrequenz wurden nur die Prozesse herangezogen, die tatsächlich verhandelt wurden und somit in den Resolutionsprotokollen auftauchen. Die oben bereits angedeutete Problematik besteht für die Herrschaftszeit Rudolfs II. freilich im Fehlen von Resolutionsprotokollbänden für die Jahre 1598 bis 1600 sowie des Exhibitenprotokolls für das Jahr 1599.32 Hier galt es, neben den Reichstaxbüchern das Aktenmaterial auf überlieferte RHR-Conclusa zu untersuchen.33 Die Erhebung ergibt in Gegenüberstellung der Gesamtprozessfrequenz für die Jahre 1576 bis 1603 (Abb. 3) das Bild eines beständigen Anstiegs jüdischer 32 33

E, Gerichtsbarkeit, S. 24 betont die Unmöglichkeit statistischer Auswertungen. Aktuell R, Finanzbehörden, S. 161–178. Gleichwohl ist hervorzuheben, dass in dieser Phase der RHR die Beschlüsse nicht notwendigerweise immer auf den Rückseiten der Eingaben verzeichnete. Die Einträge der Exhibitenprotokolle, bei denen sowohl die vorher- bzw. nachgehenden Resolutionsprotokolle als auch das Aktenmaterial keine Beschlüsse verzeichnen oder für die keine Akten mehr vorliegen, wurden als nicht verhandelt angenommen. Dies wird dadurch erheblich verstärkt, dass der eigentliche Ablauf der Einreichung von Schriftstücken am RHR respektive Kaiserhof trotz der wichtigen Studie von G, Geschichte, S. 143–260, hier S. 143 als noch nicht restlos geklärt gelten muss. Während die Exhibitenprotokolle bis heute einer systematischen Auswertung auf diese Frage hin ausharren, beschreibt die staatsrechtliche Literatur des 18. Jh. vor allem zwei Wege: Zum einen die direkte Übergabe von Eingaben an den reichshofrätlichen Türhüter, der diese an den Reichshofratspräsidenten weiterleitete. Dieser versah die Schriftstücke mit einem Praesentatum, d. h. dem Nachweis des Eingangs, worauf sie an den Protonotar der Reichshofkanzlei (jüngst A, Reichshofkanzlei, Sp. 911–914) gingen, der sie in die Exhibitenprotokolle eintrug. Zum anderen gelangten Schriftstücke, die versiegelt an den Kaiser adressiert waren (G, Geschichte, S. 144f.), gleich an die Reichshofkanzlei, wo die Briefe vom Reichsvizekanzler geöffnet und zur Erledigung verteilt wurden. Damit spiegeln die Präsentationsvermerke nicht den tatsächlichen Einlauf am Hof wider, sondern weisen den Zeitpunkt aus, an dem der Reichsvizekanzler das Schriftstück in der Hand hielt. Siehe H, Grundlinien, S. 78–81f.; ., Anleitung I, S. 248–251; G, Geschichte, S. 144–151; O, Prozeßverfahren, S. 123; H-P, Regelung, S. 54f. Für die Zeit Rudolfs II. scheint die Verteilung der am Hof eingehenden Schriftstücke von der Reichshofkanzlei bzw. vom Reichsvizekanzleramt aus am wahrscheinlichsten (G, Geschichte, S. 257; A, Reichshofkanzlei, Sp. 912). Unstrittige Privilegienkonfirmationen bspw. wurden von hier aus sofort an das Reichstaxamt zur Ausfertigung gegeben oder dem zuständigen RHR-Referenten zugeschickt (vgl. HHSAW, RHR, R, XVI/3, fol. 17r: Jud Lew Pißkher für sich und Mattheß Reiß Juden p priuilegios. Sy Ir handttierung und Gewerb zu Wienn treiben mögen – 9. Febr: 98 zu Engelhofer geben. Fiat; siehe dann ., R, T, Bd. 90 (1599), fol. 25v: Pißker Jud, Umgeferttigter Freybrief (ex errore cancellaris) fur Lew Pißker Juden [. . . ]). Letzteres betrifft einige Schriftstücke von am RHR anhängigen Fällen. Vgl. HHSAW, RHR, R, XVI/3, fol. 30r–30v, wo ein Schriftstück aus dem Prozess ., AA, K. 84/2: Isaak, Jude aus Nagelsberg ct. Berlichingen, Georg Philipp von (1596–1598) gleich an den Reichsvizekanzler Dr. Rudolf Coraduz übergeben wurden (zu Coraduz siehe E, Gerichtsbarkeit, S. 293). Es kann also nicht immer mit Sicherheit gesagt werden, welche Fälle überhaupt ihren Weg in das Gremium fanden. Angesichts einer hohen Verlustquote muss daher ein erheblicher Unsicherheitsfaktor in Rechnung gestellt werden, was die Richtigkeit der unten aufgeführten Zahlen für die betreffenden Jahre anbelangt.

2.2 Inanspruchnahme des Reichshofrats

61

Prozesszahlen. Dabei sind einige signifikante Ausschläge in der Prozessfrequenz feststellbar: Neben dem Jahr 1577, in dem sich der RHR neben jüdischen Bitten um Privilegien vor allem mit der Vertreibung der Juden aus dem Hochstift Würzburg beschäftigte34 , ist der Augsburger Reichstag im Jahr 158235 zu nennen. Rund um die anderen Reichstagsjahre sind abgesehen von 1598 ebenfalls signifikante Spitzen zu beobachten. Dies weist auf den Umstand hin, dass die diplomatische und beratende Sonderrolle des RHR bei Reichstagen im Falle jüdischer Betreffe wirksam wurde und Juden die verdichtete Kommunikation zu solchen Anlässen für ihre Zwecke nutzten.36 Insgesamt ist spätestens für die zweite Hälfte der 1580er Jahre ein genereller Bedeutungszuwachs in der Tätigkeit des RHR37 für jüdische Belange zu konstatieren. Wie zahlreiche andere Kläger, so scheinen die Juden dem RHR eine höhere Bedeutung beigemessen zu haben.38 Die Entwicklung der jüdischen Prozessfrequenz für sich alleine genommen (Abb. 4) spiegelt den Zuwachs von jüdischen Prozessen am RHR noch deutlicher wider. Während in den 1580er Jahren viele kurze Einzelklagen verhandelt wurden, wirkte sich ab den 1590er Jahren eine letzte große Vertreibungswelle auf die Inanspruchnahme aus. Hier nahmen insbesondere die von der Prager Gemeinde zur Sprache gebrachten Vertreibungen aus Braunschweig-Lüneburg39 und aus dem Hochstift Hildesheim40 einen großen Raum in der reichshofrätlichen Tätigkeit ein. Diese Inanspruchnahme des RHR durch die Juden deutet auf ihr Vertrauen in die Wirksamkeit des kaiserlichen Schutzes.41 Insgesamt muss festgestellt werden, dass sich die Verlaufskurve jüdischer Causen ab den 1580er Jahren auf einem Niveau einpendelte, welches im Prinzip bis 1603 nicht mehr unterschritten wurde.42 34

35 36 37 38 39

40

41 42

Vgl. die Protokolleinträge unter Rudolf II. HHSAW, RHR, R, XVI/42a, fol. 320r (12.2.1577); ., XVI/43, fol. 6r (12.2.1577), 75v (30.12.); ., XVI/45, fol. 26r (30.12.1577), 63r (28.1.1578), 86r (17.2.), 249r (25.8.); ., XVI/46, fol. 6v (29.1.1578), 14r (17.2.), 61r (20.8.). Zur Vertreibung der Würzburger Judengemeinde durch Julius Echter siehe M, Judengemeinde, S. 278–344; siehe zum obigen E, Gerichtsbarkeit, S. 31. Siehe zum Augsburger Reichstag F, Integration, S. 250–276. E, Gerichtsbarkeit, S. 195; O, P, Prozessfrequenz, S. 204–206, hier S. 205. So auch E, Gerichtsbarkeit, S. 31, 281; G, Reich, S. 62. Zur Abnahme der Prozesse am RKG siehe B, Gesellschaft, S. 18f.; R, Recht II, S. 295–297. HHSAW, RHR, R, XVI/63, fol. 276r (11.9.1591), 384r (13.9.), 388r (16.9.); ., XVI/64, fol. 115v–116r (11.9.1591), 117v (13.9.), 119v (16.9.), 105v (21.8.); ., XVI/69, fol. 68r–68v (9.6.1593), 168r (11.10.). HHSAW, RHR, R, XVI/73, fol. 247r (15.11.1595); ., XVI/76, fol. 163r (13.11.1595); ., XVI/77, fol. 251v (3.12.1596); ., XVI/79, fol. 18v–19r (4.3.1597); ., XVI/80a, fol. 3v–4r (4.3.1597). Siehe H, Geschichte, S. 19f. sieht hierin ebenfalls den Beginn einer sich stabilisierenden jüdischen Rechtsstellung. Bspw. 1577 – 30,9 %, 1588 – 45,4 %, 1596 – 39,5 %, 1597 – 32,4 %, 1601 – 22,7 %. Erklä-

62

2. Kontextualisierung

Die Inanspruchnahme des RHR in den Jahren 1745 und 1765 (Abb. 5 u. Abb. 6) spiegelt dagegen den Bedeutungszuwachs des RHR gegenüber dem RKG im 18. Jahrhundert wider.43 Prinzipiell ist festzustellen, dass keine größeren Ausschläge in der Frequenz jüdischer Belange am RHR feststellbar sind. Lediglich leichte Schwankungen sind zu verzeichnen, die am Ende von Franz I. Stephans Herrschaft in einen Negativtrend übergehen. Wie zu Beginn der Herrschaft Rudolfs II. weisen die Jahre 1745 und 1746 eine erhöhte Frequentierung des RHR durch jüdische Belange auf, was mit den Privilegienbestätigungen in Verbindung zu bringen ist. Während die Gesamtprozessfrequenz unter erheblichen Schwankungen stetig fällt, stabilisiert sich die der jüdischen Prozesse bis 1749 auf einem niedrigen Niveau.44 Im Laufe des Siebenjährigen Krieges45 nahm die Prozessfrequenz jüdischer Belange zwar ab. Gleichwohl sind durch die gleichzeitige Abnahme der Gesamtprozessfrequenz auffallend hohe relative Werte jüdischer Causen am RHR für die gesamte Kriegszeit hindurch zu verzeichnen.46 Zum Ansteigen der Zahlen um 1750 trugen zum einen die am RHR verhandelten Kulp-Kann’schen Wirren in Frankfurt bei.47 Zum anderen ist die Bekämpfung des rapiden Münzverfalls im Reich durch den RHR zu nennen.48 2.2.2 Totalaufkommen jüdischer Betreffe Für die Herrschaftsjahre Rudolfs II. bis 1603 konnten 155 und für die Franz I. Stephans 262 Prozesse mit jüdischer Beteiligung49 ermittelt werden. In 56,1 % (1576–1603)50 bzw. 16,8 % (1745–1765)51 der Fälle ließ sich kein Aktenbestand mehr im HHSAW eruieren. Werden Mindestwerte von

43 44 45 46 47 48

49

50 51

rungsbedürftig ist die geringe Abnahme bis zum Jahr 1603. In den Jahren 1598 bis 1601 verzeichnen die jüdischen Belange einen Rückgang. Unter Berücksichtigung einer hohen Verlustquote von 56,1 % für die Herrschaft Rudolfs II. wären für diese Jahre ca. drei Prozesse mehr zu veranschlagen. Damit würde die Prozessfrequenz jüdischer Betreffe weit weniger stark fallen als die der gesamten Inanspruchnahme. Zum RKG vgl. B, Gesellschaft, S. 24–29. 1749 – 18,9 %; A, Reich III, S. 34–38; Z, Franz Stephan, S. 197–214. Vgl. zum Siebenjährigen Krieg A, Reich III, S. 87–111; M, War. 1756 – 35,6 %; 1757 – 55,2 %; 1758 – 59,3 %; 1759 – 46 %; 1760 – 36,9 %; 1761 – 51,8 %; 1762 – 44,9 %; 1763 – 53,7 %. K, Wirren; ähnlich K, Judengemeinde, S. 44. Vgl. HHSAW, RHR, R, XVIII/141, fol. 221r–222v (27.9.1759); S, Frankfurt, S. 18 f.; ., Geldhandel, S. 58–62; S, Hofjude, S. 153, 156f. u. B, Geschichte, S. 85–88, hier S. 87f.; E, Juden. K, Judengemeinde, S. 43 kommt auf 211 Prozesse. Diese Differenz erklärte sich nach einem Abgleich durch die vom Autor gewählten Zugangsweise über die Resolutionsprotokolle. 87 Fälle. 44 Fälle. Mit ähnlichen Werten K, Judengemeinde, S. 30f., die für die Jahre 1765– 1790 immerhin eine Überlieferungsquote von 94 % eruieren konnte.

2.2 Inanspruchnahme des Reichshofrats

63

insgesamt ca. 5000 Prozessen52 für beide Regierungszeiten zugrunde gelegt, nehmen jüdische Betreffe einen relativen Anteil von 3,1 % bzw. 5,2 % am Gesamtaufkommen in Anspruch. Jüdische Belange bilden am RHR in beiden Herrschaftsphasen insofern ein sichtbares Phänomen. Die Aufteilung der Zahlen für die Jahre 1576 bis 1603 (Abb. 7) weist im Detail aus, dass Rechtsstreitigkeiten unter Juden einen geringen Stellenwert einnehmen. Den größten Anteil nehmen dagegen Prozesse ein, in denen sich Juden und Christen gegenüberstanden (113 Causen). Wird diese Rubrik einer näheren Betrachtung unterzogen, so ist festzustellen, dass Prozesse zwischen Juden und Privatpersonen mit 25 Fällen einen signifikanten Wert darstellen.53 Das größte Prozessaufkommen entfällt mit 88 Causen auf die Konstellation Juden ct. Obrigkeiten bzw. Obrigkeiten ct. Juden.54 Die Klagen von Obrigkeiten gegen Juden fallen mit sechs Fällen kaum ins Gewicht.55 Die Klagen von Juden gegen Obrigkeiten machen mit 82 Causen eine deutliche Mehrheit aus.56 Wie wenig sich dieses Bild ändert, kann an den Ergebnissen der Erhebung für die Zeit Franz I. Stephan in Abb. 8 abgelesen werden. In diesem Zeitabschnitt klagten Juden im Vergleich zur zweiten Kategorie seltener gegeneinander. Indessen ist ihr Anteil in Gegenüberstellung zur Zeit Rudolfs II. erheblich gestiegen. In Betrachtung der 188 Prozesse der größten Kategorie Juden ct. Christen fallen im relativen Vergleich eindeutige Parallelen zum ersten Erhebungszeitraum auf. In den Jahren 1745 bis 1765 ist eine geringe Anzahl von Prozessen zu verzeichnen, in denen Juden und christliche Privatpersonen gegeneinander klagten. Den größten Posten stellen wie hundert Jahre zuvor die 139 Prozesse dar, in denen sich Juden und Obrigkeiten gegenüberstanden.57 Hiervon traten wiederum erheblich mehr Juden gegen Obrigkeiten als Kläger58 denn als Beklagte auf.59 Abschließend wird noch die Genderperspektive60 angesprochen. Während 52

53 54 55 56 57 58 59 60

W’ R, A P A, J M. Mindestzahlen werden angenommen, da die Findbehelfe insbesondere für das 16. und frühe 17. Jh. oftmals für ein und denselben Prozess mehrere Aktenbetreffe aufführt. Es kann so zu Dopplungen kommen. Die für das 16. und 17. Jh. wichtigen A konnten nicht berücksichtigt werden. Für Rudolf II. ohne eingerechnete Verlustrate von ca. 3455 Causen. E, Gerichtsbarkeit, S. 24, 30 spricht von 7000 bis 8000 Fällen; für Franz I. ergaben die digitalisierten Findbehelfe ebenfalls ohne A ca. 4710 Fälle. Allerdings sei angemerkt, dass die Verlustrate nur für die jüdischen Prozesse errechnet wurden und insofern bei deren Übertragung auf das Gesamtaufkommen der RHR-Prozesse mit einer erheblichen Fehlerquote zu rechnen ist. Insofern seien diese Zahlen nur als Annäherungswert gemessen. Zum Gesamtaufkommen von 155 Fällen 16,1 %. Zum Gesamtaufkommen von 155 Fällen 56,8 %. Zum Gesamtaufkommen von 155 Fällen 3,9 %. Zum Gesamtaufkommen von 155 Fällen 52,9 %. Zum Gesamtaufkommen von 262 Fällen 53 %. 120 Causen; zum Gesamtaufkommen von 262 Fällen 45,8 %. 19 Causen; zum Gesamtaufkommen von 262 Fällen 7,3 %. Siehe hierzu W, Frauen, S. 1–17.

64

2. Kontextualisierung

in den Jahren 1576 bis 1603 in insgesamt neun Fällen Frauen involviert waren, liegt der Anteil 150 Jahre später bei 20 Prozessen. Wird diese Aufschlüsselung auf die Obrigkeitskategorie übertragen, so ergibt sich für Rudolfs II. Herrschaft ein Befund von drei Fällen. Unter Franz I. Stephan betrifft dies fünf Causen.61 Diesen Befund einer beinahe gleich bleibenden Inanspruchnahme des RHR durch jüdische Klägerinnen gilt es bei der Analyse des Aktenmaterials zu berücksichtigen. An sich bilden am RHR klagende Jüdinnen jedoch eine Minderheit. Die von T ermittelten Zahlen, nach denen ein Drittel aller jüdischen Frauen im Geschäftsleben auf regionaler und lokaler Ebene tätig waren, finden anhand der RHR-Prozesszahlen keinen Niederschlag.62 Die statistische Relevanz der Prozesskonstellation Juden ct. Obrigkeiten ist für beide Zeitperioden dargelegt. Im Weiteren ist zu fragen, wie die soziale und geographische Verteilung der Streitparteien innerhalb des Reiches aussieht.

2.3 Die Parteien und ihre geographische und soziale Herkunft 2.3.1 Reichsständisch-geographische Verteilung der Obrigkeiten In der Betrachtung der reichsständisch-geographischen Verteilung der Obrigkeiten für die Zeit von 1576 bis 1603 (Abb. 9) sowie von 1745 bis 1765 (Abb. 10) fällt zunächst die höchst unterschiedliche territoriale Beanspruchung des RHR auf.63 In beiden Zeitabschnitten kamen wenige Prozesse aus den nördlichen und östlichen Regionen des Reiches.64 Lediglich der Obersächsische Reichskreis erfährt eine leichte Steigerung. Insbesondere im Niedersächsischen und Niederrheinisch-Westfälischen Kreis dominierte seit dem ausgehenden 16. Jahrhundert die Judikatur des RKG. Der Niedersächsische und Obersächsische Reichskreis wurden zudem von Territorien entweder mittlerer Größe wie den Herzogtümern Lauenburg, Braunschweig und Mecklenburg oder von den beiden großen Kurfürstentümern Brandenburg und Sachsen mit ihren Appellationsprivilegien65 bestimmt. Für den Niedersächsischen und Niederrheinisch-Westfälischen Kreis wirkte sich si61 62 63 64 65

Zu ähnlichen Ergebnissen ., Inanspruchnahme, S. 28–39, hier S. 32, 36. Vgl. T, Unternehmerinnen, S. 257. Analoge Befunde bei R, Recht I; B, Gesellschaft; O, Auftrag; U, Geschichte. Vgl. F, J, Inanspruchnahme, S. 137–139. Ähnliches bei U, Geschichte, S. 66; P, Appellationsprivilegien. Zu den Appellationsprivilegien der Reichsstände im nordöstlichen Bereich des Reichs F, J, Inanspruchnahme, S. 62–66; H, Rechtsprechung, S. 333; H, Anleitung I, S. 190. Vgl. die Appellationsprivilegien bei E, privilegia, S. 127–134.

2.3 Herkunft der Prozessparteien

65

cherlich die räumliche Nähe zum ständisch geprägten obersten Reichsgericht in Speyer respektive Wetzlar aus.66 Der bayerische Reichskreis weist im zeitlichen Verlauf eine quantitative Stabilität auf. Allerdings traten unter Rudolf II. noch das Bistum Passau, das Herzogtum Pfalz-Neuburg und ein Vertreter des bayerischen Landadels in Erscheinung. In den Jahren 1745 bis 1765 sind ausschließlich drei Fälle unter Beteiligung der Regierung des Fürstentums Pfalz-Sulzbach bzw. der Stadt Sulzbach zu verzeichnen. Bereits R wies den Rückzug des RKG aus dem bayerischen Kreis zum Ende des 16. Jahrhunderts nach. Der RHR schien in dieser Region ebenfalls wenig vertreten gewesen zu sein. Dies dürfte daran liegen, dass dieser Reichskreises stark vom wittelsbachischen Herzogtums dominiert wurde und daher eine große politische Homogenität aufwies. Des Weiteren ist die frühzeitige Festigung der landesherrlichen Jurisdiktion der Bayernherzöge zu nennen.67 Eine weitere Ausnahme stellt der österreichische Reichskreis mitsamt den Erblanden dar. Für die Zeit Rudolfs II. zeigt die Erhebung ein Aufkommen von acht Betreffen. Im zeitlichen Vergleich ist an dieser Stelle eine Einengung zu beobachten, traten in den Jahren zwischen 1745 bis 1765 in sechs Prozessen Reichshofratsagenten bzw. deren Witwen in Prozessen gegen Juden auf. Dies dürfte darauf zurückzuführen sein, dass der RHR seine Funktion als Appellationsinstanz für die Erblande verlor. Vielmehr konzentrierte sich die Tätigkeit des RHR auf die Regionen Frankens, des Südwestens und des Westens, also auf ,königsnahe‘ Regionen mit ihren territoria non clausa.68 Allerdings weisen gerade diese Regionen im zeitlichen Vergleich die größten Schwankungen auf. Im 16. Jahrhundert dominierten der schwäbische und fränkische Kreis. Für die Mitte des 18. Jahrhunderts sticht quantitativ eindeutig der oberrrheinische Kreis heraus. Die Gründe liegen in dem enormen Anstieg von Prozessen aus den Reichsstädten des oberrheinischen Kreises. Waren sie bereits unter Rudolf II. signifikant vertreten, verzeichnen sie in den Jahren 1745 bis 1765 insbesondere mit der Reichsstadt Frankfurt eine erhebliche Steigerung.69 In der Kategorie Fürsten befinden sich in beiden Zeitperioden mit Ausnahme von lediglich zwei Prozessen in der Herrschaft Franz I. Stephans70 keine Kurfürsten unter den Beklagten. An dieser Stelle bestätigt sich erneut die Abschließungsthese der großen Reichsstände mit Hilfe von entsprechenden Appellationsprivilegien. In beiden Zeitperioden dominierten vielmehr kleine66 67 68 69 70

Siehe U, Geschichte, S. 64f. R, Recht II, S. 175f.; B, Gesellschaft, S. 58f.; U, Geschichte, S. 55, 62f.; O, Auftrag, S. 68–71. Zu Bevölkerungszahlen B, Juden (c), 10–13; zum Begriff ,königsnah‘ P, Reich, S. 226; O, Auftrag, S. 70f. Ähnlich B, Gesellschaft, S. 71f. In ihnen trat das Kurfürstentum Mainz als beklagte Prozesspartei auf. Siehe HHSAW, RHR, R, XVIII/120, fol. 270v–271v (5.4.1751), 318v (23.4.) und ., O. R., K. 462/1.

66

2. Kontextualisierung

re Reichsstände. Im zeitlichen Vergleich fällt aber die Steigerung in der Rubrik Grafen und Fürsten auf. Innerhalb der Kategorie Reichsritter dominierte in beiden Zeitperioden die fränkische Ritterschaft. Gleichzeitig ist eine deutliche Abnahme der schwäbischen Standesgenossen festzustellen. Ihr erhebliches Abnehmen dürfte auf die negativen Auswirkungen des Dreißigjährigen Krieges zurückzuführen sein. Zudem nahmen sie laut der Studien K bei Juden in der Regel nur Kleinkredite auf.71 Davon abgesehen hatten viele Reichsritter und Grafen eine Rangerhöhung erreichen können, so dass mit Fluktuationen zwischen den jeweiligen Kategorien zu rechnen ist.72 Das enorme Aufkommen von Reichsritterschaften im 16. Jahrhundert ist wohl im Wesentlichen auf ihre Aufnahme von Juden nach deren Vertreibung aus allen größeren Territorien und urbanen Zentren zurückzuführen.73 Im zeitlichen Vergleich ergibt sich eine signifikante Abnahme von Prozessen, in denen Geistliche involviert waren. Die Gründe liegen zum einen darin, dass Simon von Günzburg74 den größten Teil dieser Prozesse gegen Reichsprälaten aus Schwaben führte.75 Insgesamt ist aber diese Abnahme ein Indiz für die von D aufgestellte These, dass Juden in kleineren geistlichen Territorien zumal im ländlich-kleinstädtischen Abseits einer gewaltsamen Isolation entgegenwirken konnten.76 2.3.2 Geographische und soziale Herkunft der Juden Anders als bei den beteiligten reichsständischen Obrigkeiten ist die Ermittlung der geographischen und sozialen Herkunft der Juden mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden. Ein solcher Arbeitsschritt kann nicht allein auf der Basis der Resolutionsprotokolle, sondern müsste anhand allerdings noch fehlender77 prosopographischer Studien erfolgen.78 Während die Protokolle im 16. Jahrhundert detaillierte Angabe zur Herkunft der Juden geben, trifft dies für das 18. Jahrhundert nicht immer zu. An dieser Stelle galt es, die Informationen ergänzend aus dem Aktenmaterial zu gewinnen, was nicht im71 72 73 74 75 76 77

78

Siehe K, Reichsritterschaft, S. 93f., 145, 314–321; P, Folgen. Siehe ausführlich K, Erhebung, S. 139f., 191. Vgl. E, Geschichte, S. 53; S, Ritualmord, S. 48f. Zu Simon von Günzburg R, Partnerschaft, S. 192–219, hier S. 192–194. HHSAW, RHR, R, XVI/43, fol. 31r (20.4.1577); ., fol. 43v (5.8.1577). D, Abseits, S. 196; allgemein A (Hrsg.), Staaten. Diese liegen für die Frankfurter Gemeinde vor; D, Stammbuch; K, Geschichte I; ., Geschichte II. Hinzugezogen werden können noch die Bände der G J, hrsg. von M. Bann u. a., Tübingen 1917ff. und nun der A J. Quellen zur Geschichte der Juden in Niederösterreich und Wien 1496–1671, bearbeitet von P. R, B. S, Wien, München 2011. Ebenso stehen Handbücher über jüdische Gemeinden im lokalen Raum zur Verfügung. Ähnlich hierzu K, Judengemeinde, S. 33, 51.

2.3 Herkunft der Prozessparteien

67

mer möglich war. Die Kategorisierung der Herkunftsregionen orientierte sich hierbei an den Reichskreisen. Allerdings wurden deren politische Grenzen nicht dogmatisch eingehalten. Juden waren nur mittelbar über ihre Schutzherrschaft Angehörige eines Kreises.79 Daher wurden Regionen gebildet, die nach L die Hauptsiedlungsgebiete der Juden umfassen.80 Zunächst fällt die Dominanz der Erblande unter Rudolf II. gegenüber der Mitte des 18. Jahrhunderts auf. Verantwortlich hierfür sind Appellationen von hofbefreiten Juden vom Obersthofmarschallamt an den RHR81 sowie die Funktion der Prager Judengemeinde als Fürsprecher für Juden aus dem Reich.82 In den Jahren 1745 bis 1765 konnten vier erbländische Juden identifiziert werden, die gegen Personen aus dem Reich klagten oder beklagt wurden. An sich spiegeln die Zahlen aber die Schwerpunkte in der jüdischen Besiedlung des Reiches wider, die im Süden und Westen lagen. Für das 16. Jahrhundert fällt die hohe Anzahl von Prozessen ins Auge, die von Juden aus dem Südwesten am RHR angestrengt wurden. Die Gründe sind hauptsächlich in der exponierten Stellung der Markgrafschaft Burgau zu sehen. Ein großer Teil der am RHR in Erscheinung tretenden Juden kam gerade aus dieser habsburgischen Herrschaft beziehungsweise aus deren Nähe.83 Für die Jahre 1745 bis 1765 ist ein Rückgang für den Südwesten zu verzeichnen.84 Dies mag daran liegen, dass die Markgrafschaft als Teil der habsburgischen Erblande von der reichshofrätlichen Gerichtsbarkeit befreit wurde.85 Um die Mitte des 18. Jahrhunderts kamen viele Juden aus dem Südosten und hier vor allem aus dem territorial zerklüfteten fränkischen Reichskreis. Juden aus dem Westen und hier wiederum besonders Frankfurter Juden bzw. die dortigen Bau- und Kastenmeister sind am RHR um 1750 gleichfalls stark vertreten. Dies liegt an der herausgehobenen Stellung Frankfurts als internationaler Messe- und Handelsplatz sowie als Reichsstadt mit einer der größten jüdischen Gemeinden im Reich.86 Im 16. Jahrhundert treten dagegen mit Ausnahme der Prozesse der Fuldaer87 , der Frankfurter88 und

79 80

81 82 83 84 85 86 87

88

Vgl. C, Landjudenschaften; ., Landjudenschaften I; ., Landjudenschaften II; B, Neuzeit, S. 187–200. Zum Konstruktcharakter von Regionen als „Experimentierfelder“ S, Überblick, S. 296, 298 (Zitat .). Die Einteilung orientiert sich an L, Hauptsiedlungsregionen; ., Geschichte, S. 13–15, 17–20 u. B, Juden (c), S. 10–13. Bspw. HHSAW, RHR, R, XVI/42a, fol. 378r (8.6.1577). Siehe zu den Fällen aus Braunschweig u. Hildesheim B, Gemeinde, S. 187–192. Siehe insgesamt U, Nachbarschaft. Siehe zu den Gründen U, Nachbarschaft, S. 139f. Zur Markgrafschaft siehe W, Günzburg; S, Politik. Siehe hierzu nun jüngst K, Judengemeinde, S. 49–51. HHSAW, RHR, R, XVI/63, fol. 276r (11.9.1591), 464r–465r (15.11.); ., XVI/64, fol. 140v (15.11.1591); ., XVI/65, fol. 41v–43r (3.4.1592), 120v (22.9.); ., XVI/66, fol. 33v–34v (3.4.1593); ., XVI/69, fol. 3r (11.1.1593). HHSAW, RHR, R, XVI/46, fol. 96r (9.12.1578).

68

2. Kontextualisierung

Hanauer Judenschaft89 nur die Prager Gemeinde in vier Fällen als Korporation gegen Obrigkeiten auf.90 Letztere tritt vor allem ab 1588, also zwei Jahre nach der Verlagerung des kaiserlichen Hofes in die böhmische Metropole, in Erscheinung. Ebenso erscheint nur einmal die Judenschaft in Schwaben als Prozesspartei.91 In den nordöstlichen Territorien des Reichs konnten sich über weite Teile der Frühen Neuzeit keine Juden niederlassen, so dass sie aus diesen Gebieten in beiden Zeitabschnitten nur marginal am RHR vertreten sind. In Brandenburg waren von 1571 bzw. 1573 bis 1671 keine Juden geduldet.92 Ebenso vertrieben die thüringisch-ernestinischen Herrschaften die Juden.93 Für das sächsisch-albertinische Gebiet gestaltet sich der Befund ähnlich: Erst ab 1708 wurden vereinzelt Juden – allesamt Hofjuden, Hoffaktoren und Agenten – in Dresden und Leipzig trotz erheblichen Widerstandes der Stände und Städte vom Kurfürsten zugelassen. Allerdings blieben hier die jüdischen Bevölkerungszahlen erheblich hinter denen der Kernregionen des Reiches zurück.94 Indessen belegt R Studie, dass aus dem Obersächsischen Kreis95 vergleichsweise weniger Klagen an das RKG kamen. Es ist anzunehmen, dass die im 16. Jahrhundert erteilten Appellationsprivilegien vor allem der beiden obersächsischen Kurfürstentümer mögliche Klagen von Juden verhinderten.96 Was den bayerischen Kreis in der Kategorie Südosten betrifft, so muss erneut festgehalten werden, dass größtenteils Juden aus dem oberpfälzischen Bereich Bayerns am RHR prozessierten. Die Gründe liegen neben der Wirksamkeit der bayerischen Appellationsprivilegien in der Vertreibung der Juden aus Bayern während des 15. Jahrhunderts.97 Der Nordwesten ist in beiden Zeitabschnitten ebenfalls auf konstant niedrigem Niveau in Prozessen

89 90

91

92 93 94 95 96 97

HHSAW, RHR, R, XVII/4, fol. 49r–49v (18.3.1603). (1) HHSAW, RHR, R, XVI/54a, fol. 39v (15.7.1588) für Bamberger und andere fränkische Juden; (2) bspw. in ., XVI/63, fol. 276r (11.9.1591) für die aus BraunschweigLüneburg vertriebenen Juden (siehe hierzu auch ., XVI/63, fol. 384r [13.9.1591], 388r [16.9.1591]; ., XVI/65, fol. 105v [21.8.1592]; ., XVI/69, fol. 68r–68v [9.6.1593], 168r [11.10.1593]); (3) für die aus Hildesheim vertriebenen Juden in ., XVI/73, fol. 247r (15.11.1595); (4) für zwei in der Stadt Freystadt von der oberösterreichischen Regierung gefangenen Juden in ., XVII/4, fol. 36r–36v (28.2.1603). HHSAW, RHR, R, XVI/52a, fol. 220r (2.12.1583). R, Medinat, S. 80–109, hier S. 81. Sie ist von den späteren Landjudenschaften zu unterscheiden. Siehe U, Nachbarschaft, S. 207–214, hier S. 207f.; C, Landjudenschaften, S. 151–214; B, Neuzeit, S. 187–200; S, ,Landjudenschaft‘, S. 145–167; Z, Neuzeit, S. 100–110. Siehe B, Geschichte, S. 39–41. L, Juden, S. 459–476; zur jüdischen Ansiedlung im Laufe der Frühen Neuzeit siehe L, Thüringen, S. 43–124, hier S. 125–133. Vgl. S, Juden, S. 24–28. R, Recht II, S. 349f., 352f., 387–392. D., Recht I, S. 176–178, 188–190. Siehe kurz K, Aufnahme, S. 95–104.

2.3 Herkunft der Prozessparteien

69

vertreten.98 Über punktuelle Ereignisse wie der Vertreibung der Juden aus Hildesheim 1595 und Braunschweig-Lüneburg 1591 oder Schuldfragen im Rahmen von kaiserlichen Debitkommissionen im 18. Jahrhundert99 strömten nicht wesentlich mehr Juden aus dem ,kaiserfernen‘ Norden an den RHR. An den Zahlen lässt sich außerdem die marginale Wirksamkeit des RHR ähnlich dem RKG100 in Randgebieten des Reiches ablesen. In beiden Zeitabschnitten wurden lediglich ein bzw. vier Prozesse am RHR von Juden aus zudem völlig verschiedenen Gebieten außerhalb oder am Rande des Reiches angestrengt. Unter Rudolf II. stammten die betreffenden Juden aus Polen.101 Diese Häufung ist auf die zeitweilig enge persönliche Verbindung Polens zu den Habsburgern aufgrund des Königsprojektes Erzherzogs Maximilians zurückzuführen.102 Zwischen 1745 und 1765 kam ein Jude aus Frankreich (Lothringen)103 bzw. drei weitere aus den Niederlanden.104 Hier waren es protestantische Reichsstände, die intensive Verbindungen zu den Niederlanden und den dortigen Judengemeinden unterhielten.105 Auf die Eruierung des sozialen Hintergrundes der jüdischen Prozessparteien musste mangels hinreichender Informationen für beide Zeitperioden weitestgehend verzichtet werden, da an dieser Stelle keine zuverlässigen Zahlen aus dem Quellenmaterial gewonnen werden konnten. Dennoch ist als Tendenz festzuhalten, dass unvergleitete Juden, also solche Juden ohne Schutzherrschaft, nicht anzutreffen sind. 98 99

100 101

102 103 104

105

L, Hauptsiedlungsregionen, Abs. 4. HHSAW, RHR, R, XVIII/116, fol. 172r (10.9.1749); ., XVIII/135, fol. 137v (28.2.1757), 436r (20.6.); ., XVIII/136, fol. 281r–282r (26.9.1757); ., XVIII/136, fol. 502r–503v (26.11.1757); ., XVIII/140, fol. 47r–48r (22.1.1759); ., XVIII/141, fol. 3r (3.7.1759), 316v–317r (23.10.); ., XVIII/144, fol. 418r–419r (12.12.1760); ., XVIII/145, fol. 151v (9.3.1761); ., XVIII/154, fol. 28r–28v (16.7.1764); ., XVIII/155, fol. 223v–224v (22.4.1765) und ., XVIII/156, fol. 91r–91v (16.8.1765), 218v–219r (24.10.); H, Konkursverwalter; M, Schuldenwesen I; ., Schuldenwesen II; H, Durchführung; W, Rechtsprechung; P, Mediatisierung. R, Recht I, S. 182–184; B, Gesellschaft, S. 58f. HHSAW, RHR, R, XVI/69, fol. 168r (11.11.1593). Unter Rudolfs II. kamen zwei weitere, allerdings nicht in der Obrigkeitskategorie erfasste Fälle aus Polen (., R, XVI/7, fol. 58v [5.7.1592] u. ., R, XVI/71, fol. 43r [7.2.]). Ausführlich N, Glaube. HHSAW, RHR, R, XVIII/108, fol. 163v (5.2.1746), 533r–533v (28.6.); ., XVIII/110, fol. 293v–294r (14.10.1746). HHSAW, RHR, R, XVIII/108, fol. 121v (20.1.1746), fol 450v (16.5.); ., XVIII/110, fol. 72v–73r (20.7.1747), 159r–159v (30.8.), 379r (11.11.); ., XVIII/111, fol. 111r– 111v (21.2.1747), 373r (12.6.); ., XVIII/116, fol. 112v–113r (19.8.1749); ., XVIII/118, fol. 23r (15.1.1750), 217r (12.3.); ., XVIII/120, fol. 40r–40v (18.1.1751), 255r–255v (19.5.); ., XVIII/123r, fol. 341r–341v (20.4.1752); ., XVIII/125, fol. 20r–20v (12.1.1753); ., XVIII/134, fol. 73v (28.7.1756), 254v–255r (20.9.); ., XVIII/135, fol. 134r–134v (26.2.1757). Vgl. E, Adel, S. 59; für das 16. u. 17. Jh. im Falle der Nassauer Grafen siehe insgesamt G, Niederlande.

70

2. Kontextualisierung

Der soziale Hintergrund jüdischer Prozessbeteiligter stellt sich in den Jahren 1745 bis 1765 städtisch dar. Jüngst schlug R die wohl differenzierteste Definition der jüdischen Oberschicht vor, die sich in eine Bildungselite, eine Kaufmannselite und eine Hoffaktorenelite mit Übergängen zur Wirtschaftelite insbesondere im 18. Jahrhundert einteilen lassen.106 Kann die erste Kategorie vernachlässigt werden, so sind für das Jahr nach 1745 anhand des Aktenmaterials 23 prozessierende Juden als Hoffaktoren unterschiedlichster Provenienz zu identifizieren.107 Die meisten unter ihnen besaßen zudem 106 107

Siehe R, Status, S. 280, 293, 296. Löw Baruch (1): HHSAW, RHR, R, XVIII/118, fol. 198r–198v (9.3.1750): hessenDarmstädtischer Hoffaktor; Mayer Wolf Brühl (2): ., D, K. 259/1: bambergischer Hoffaktor; Löw Eskales (3): ., R, XVIII/144, fol. 34v–35r (15.7.1760): Kaiserlich-königlicher Hof-Jud; Mayer Amschel Flörsheim (4): ., XVIII/146, fol. 25r– 25v (7.7.1761), 415v–416v (24.12.): kay. Hof Factor Mayer Amschel Flörsheim; ., XVIII/146, fol. 30r–30v (9.7.1761); ., R, A, K. 1/4/8, fol. 95r–98r; S, Hoffinanz IV, S. 307; D, Stammbuch, S. 82f. Mayer Amschel Flörsheim konvertierte in Wien zum Christentum, nach dem er jahrelang die Geschäfte jüdischer Wechselhändler in Frankfurt am Main beim Kurfürsten bzw. Kaiser angezeigt hatte; Nathan Moises Goldschmidt (5): HHSAW, RHR, D. R., K. 353/2; ., R, XVIII/141, fol. 312r (22.10.1759). Zur Familie Goldschmidt, die aus Frankfurt stammte, siehe D, Stammbuch, S. 122–126; Benedikt Levi Gomperz (6): Vermutlich Angehöriger der brandenburgischen Hofjudenfamilie Gumperz (Gomperz oder Gomperz) aus Kleve, gleichwohl anhand von L, Anonymität, S. 98 u. N, Juden, S. 69–87 sowie S, Hofjude, S. 44f. aber auch der ausführlichen Studie von K, F, Familie nicht eindeutig identifizierbar; Löw Israel (7): HHSAW, RHR, R, XVIII/145, fol. 151v (9.3.1761): brandenburg-onolzbachischer Hofjude; Jacob Isaak (8): ., D. R., K. 353/3 (Praes. 3.2.1740): bambergischer Hoffaktor; Bär Löw Isaak Kann (9): ., K. 382/9: darmstädtischer Hof- und Kammeragent; D, Stammbuch, S. 396 benennt ihn als kurmainzischer Hoffaktor (siehe auch K, Geschichte II, S. 195); B, Neuzeit, S. 107 nennt Mainz, Würzburg, Bamberg u. Wien; siehe zur Person S, Hofjude, S. 173; S, Hoffinanz IV, S. 304; D, Hoffaktoren, S. 149; David Mayer Juda Kulp (10): HHSAW, R, A, K. 1/4/15, fol. 186r–196r: kaiserlicher Factorstitel (fol. 186r) u. ähnlich ., RHR, S, Juden, K. 6/7/3, fol. 19r–19v mit Erlaubnis des Waffentragens; K, Geschichte II, S. 185–213; S, Hoffinanz IV, S. 306; Süßel Mayer Juda Kulp (11): HHSAW, RHR, D. R., K. 374/10: hessen-darmstädtischer Hoffaktor; ., R, A, K. 1/4/16, fol. 197r–202r: kaiserlicher Factorstitel u. kaiserlicher Agent (fol. 197r) mit Erlaubnis des Waffentragens; ., K. 1/4/17, fol. 203r–212r; in ., R, XVIII/134, fol. 399r (12.11.1756) erscheint Süßel Mayer Juda als Commissiarius der Grafschaft Falckenstein; S, Hoffinanz IV, S. 306; Isaak und Mayer Landauer (12): HHSAW, R, A, K. 2/1, fol. 1r–4r: kaiserlicher Hof-Factorstitel (fol. 1r) mit Erlaubnis des Waffentragens; der betreffende RHR-Akt ., RHR, D. ., alt I 4 (siehe ., W’ R AB I/1, Bd. 10, fol. 84r sowie AB I/23/1, fol. 114r) liegt nicht mehr vor; siehe aber kurz ., R, K. 73; Isaak Landauer fungierte darüber hinaus als Schwäb. Creyß-Factors (vgl. ., R, XVIII/135, fol. 359v– 360r [17.5.1757]). Siehe zu diesen beiden Brüdern U, Nachbarschaft, S. 334; Salomon Levi (12): HHSAW, RHR, D. R., K. 373/3: königlich britischer und hannoveranischer Hoffaktor; S, Hoffinanz II, S. 156; ., Hoffinanz III, S. 102; ., Hoffinanz I, S. 98f.; G, Juden, S. 170f.; Mendel (13): HHSAW, RHR, D. R., K. 1438/2: kurbayerischer Hofjude; vgl. U, Nachbarschaft, S. 336 u.

2.3 Herkunft der Prozessparteien

71

exzellente Verbindungen zum Kaiserhaus, so dass es nicht verwundert, wenn einige dieser Hoffaktoren neben einem Reichsstand ferner dem kaiserlichen Hof dienten.108 Viele der in jenen Jahren am RHR in Erscheinung tretenden Juden firmierten ohne Hoffaktorentitel, sind aber dennoch wie Dottres Samuel Stern, Moises Benedikt Beifuß109 und Marum Kahn angesichts der vor Gericht verhandelten Streitwerte oder ihrer Tätigkeit als kaiserliche Pferdelieferanten als Angehörige einer sozioökonomischen Oberschicht110 zu klassifizieren. Sie standen wie bspw. der Bankier Moises Benedikt Beifuß zudem mit den bedeutenden Hoffaktoren oftmals im engen Kontakt.111

108 109 110

111

P, Hoffaktoren, S. 203; Michael Isaak (14): HHSAW, RHR, D. ., K. 168: bayerischer, kurkölnischer u. sulzbachischer sowie Deutschordenshoffaktor; siehe ., R, XVIII/110, fol. 260r (3.10.1746); S, Hoffinanz III, S. 45; ., Hoffinanz V, S. 37f. Michael Isaak war der Bruder Noe Samuel Isaacs; Lazarus Neuburger (15): U, Nachbarschaft, S. 337: württembergischer Hoffaktor; Noe Samuel Isaak (16): Noe stand gleich in Diensten fast sämtlicher Wittelsbacher Herrschaften wie Pfalz-Sulzbach, Kurbayern, Kurköln und dem Deutschen Orden. Die Geschichte der Juden des Deutschen Ordens gilt bis heute als weitgehend unerforscht (einleitend S, Gemeinden, S. 37–43). Alle Judenangelegenheiten wurden bis 1805 vom Hochmeister in Absprache der Geheimen Konferenz, dem Hofrat und der Hofaudienz geregelt. Zu Noe, der als Obervorgänger der Mergentheimer Juden firmierte, P, Hoffaktoren, S. 201; S, Hoffaktoren, S. 456 u. ., Hoffinanz IV, S. 35–38 sowie G, Hofjuden, S. 63. Zur Mergentheimer Judenschaft kurz B, Israeliten, S. 61–69 u. L, Geschichte, S. 7–9, 27–31, 53–57, 81–84, 97–101; Abraham Rost (17): HHSAW, RHR, D. ., K. 148: würzburgischer Hoffaktor; Abraham Sinzheimer (18): ., S, Juden, K. 6/7/2, fol. 43r–77r: kaiserliche Schutzbriefe für Abraham und Samuel Sinzheimer; siehe ., D, K. 330: kurpfälzischer Proviantfaktor; S, Hoffinanz IV, S. 16; Samuel Sinzheimer (19): HHSAW, RHR, S, Juden, K. 6/7/2, fol. 43r–77r: kaiserliche Schutzbriefe für Abraham und Samuel Sinzheimer; ., D. R., K. 373/9: russisch-zaristischer Agent und Hoffaktor; Löw und Wolf Wertheimer (20): ., O. R., K. 461/6 zu Wolf; ., K. 1295/6; ., K. 462/1, fol. 4r sowie ., R, XVIII/118, fol. 463v–464r (1.6.1750): Kaiserlicher Hof-, kurmainzischer u. kurbayerischer Oberfaktor. S, Hofjude, S. 188f., 234: Beides waren Söhne des Samson Wertheimers und vornehmlich für den kaiserlichen Hof tätig. Siehe S, Hoffinanz III, S. 18, 60 sowie ., Hoffinanz IV, 40,43, 105, 185, 192f., 304. Siehe hierzu R, Mitte, S. 129f. sowie D, Stammbuch, S. 396f. Er war laut A, Verschuldung, S. 108 isenburgischer Hoffaktor. Der Elitenbegriff wird hier aufgrund der Schwierigkeit einer eindeutigen sozialen u. ökonomischen Einordnung jüdischer Kläger bewusst umgangen. Zur Problematik einer Applizierung des Elitenbegriffs auf jüdische Hoffaktoren B, Wirtschaftselite, S. 39–40; zusammenfassend ., Juden (c), S. 110; S, Elite, S. 19–34. Zu erwähnen wären die engen persönlichen Kontakte David Mayer Judas zu Beifuß als Parteigänger in den Kulp-Kann’schen Wirren. Beifuß besaß enge wirtschaftliche Beziehungen zum Wiener Hof (siehe K, Geschichte II, S. 186), trat aber auch in anderen Prozessen gegen Obrigkeiten auf. Vgl. HHSAW, RHR, R, XVIII/125, fol. 419r–419v (28.5.1753); ., XVIII/126, fol. 558r (12.11.1753); ., XVIII/128, fol. 39r (21.1.1754), 247r–248r (29.3.); ., XVIII/133, fol. 329r–329v (21.5.1756), 341r–341v (25.5.); ., XVIII/134, fol. 398v (12.11.); ., XVIII/135, fol. 200r–200v (24.3.1757); ., XVIII/136, fol. 272r–272v (23.9.); ., XVIII/138,

72

2. Kontextualisierung

Ebenso bedeutet das Führen eines solchen Titels im ökonomischen Sinne nicht viel, wie das Beispiel des Noe Samuel Isaak lehrt, der sich durch politische Entscheidungen seiner Kreditnehmer um vergleichsweise bescheidene Summen am RHR bemühen musste.112 Insgesamt ist für das 18. Jahrhundert eine Konzentration der jüdischen Prozessparteien auf die Schicht der Kaufmanns- und Hoffaktorenelite im Sinne Ries zu konstatieren.113 Aussagen zur sozialen Herkunft der Juden aus dem 16. Jahrhundert zu treffen ist schon aufgrund der hohen Verlustrate von Aktenmaterial problematisch. Zudem begann das Hofjudentum sich erst ab Rudolf II. zu entwickeln. Daher sind hierüber kaum explizite Angaben in den Resolutionsprotokollen zu finden.114 In den Quellen des RHR taucht namentlich nur ein aus Polen stammender Wendel auf, der als Hofjude bezeichnet wird.115 Dass

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fol. 168v (14.3.1758); ., XVIII/139, fol. 80r (24.7.1758), 337r (5.10.); ., XVIII/146, fol. 298v–299r (13.11.1761); ., XVIII/150, fol. 166r–167r (30.3.1763); siehe ., XVIII/143, fol. 218v (6.3.1760); ., XVIII/144, fol. 31r–31v (14.7.1760), 345v (10.11.); ., XVIII/146, fol. 64v (28.7.1761), 266r–266v (3.11.); ., XVIII/148, fol. 72r– 72v (1.2.1762). Zu diesem Prozess existieren im HHSAW keine Akten mehr (siehe W’ R AB I/1, Bd. 10, fol. 90v). Indessen befinden sich im SAD E 14 E Nr. 252/3, fol. 70r–77r Aktenfragmente (siehe B, Quellen, S. 205f. Nr. 744, 746). Für seine desolate ökonomische Lage sprechen seit Mitte der 1740er Jahre vermehrte Hinweise in den G K wie bspw. DOZA, G 1745 3. IV. In ., 1749 6. I. bittet er um 1000 fl. Kredit. Vgl. ähnlich ., 1750 27. IX., 2. XII. u. 3. XII. u. ., 1751 25. II. In ., 1752 3. XII. bittet Noe den Kurfürsten um eine Zahlung von 400 bis 500 fl. Gleichwohl erhielt Noe zunächst in regelmäßigen Abständen Moratorien, die ihn vor Schuldforderungen seiner Gläubiger schützten (siehe ., 1739 19. II. u. 5. XI sowie ., 1740 7. IV. u. 19. XII. und ., 1742 2. III.). E., 1743 6. II. werden diese Ansuchen dann regelmäßig abgelehnt (siehe ., 1746 10. III.). Die Fürschriften an den bayerischen Kurfürsten verneinte Clemens August seit Mitte der 1740er Jahre (vgl. ., 1746 13. II. oder ., 1752 19. X. u. ., 1753 6. XII.). Er musste am Ende seines Lebens beständig um kleinere Kredite oder Zahlungsaufschübe beim Kölner Kurfürsten Clemens August nachsuchen (vgl. ., 1749 6. I.; ., 1750 27. IX., 2. XII., 3. XII.; ., 1752 25. II, 23. V. u. 3. XII.). Siehe ähnlich S, Hoffaktoren, S. 456, 458f.; anders P, Hoffaktoren, S. 203 unter Berufung auf S, Hochfinanz, S. 15, 23. D, Einführung, S. 282f.; hier sei auf R, Identitätsfindungen, S. 354 hingewiesen, die eine breite Definition für das Phänomen der Hoffaktoren bereit stellt: „Hofjuden waren jüdische Kaufleute, deren Geschick, Durchsetzungsvermögen, Diensteifer, Risikobereitschaft und Beziehungen es ihnen ermöglichten, in ein auf Kontinuität angelegtes Dienstleistungsverhältnis zu einem höfisch strukturierten Herrschaftszentrum zu treten. [. . . ] Sie rekrutierten sich aus und blieben Teil der jüdischen Wirtschaftselite“. Zur Durchlässigkeit des oben vorgestellten Elitenschema R, Status, S. 296. B, Neuzeit, S. 106–125; B, Juden (c), S. 41–45, 107–112; ., Wirtschaftselite, S. 31–66 I, Jewery (b), S. 123–144. Siehe zum Wiener Hofjudensystem in seiner Frühzeit S, Privilegien, S. 21–39; K, Hofjuden, S. 47. Wendel an den Kaiser (Praes. 9.10.1581) in HHSAW, RHR, AA, K. 84/2, hier fol. 155r– 156v, hier fol. 156v; ., R, XVI/54a, fol. 55v (27.9.1588); zu ihm kurz K, Hofjuden, S. 47.

2.3 Herkunft der Prozessparteien

73

dabei die soziale Stellung ähnlich wie im 18. Jahrhundert vor allem an der ökonomischen Leistungsfähigkeit der am RHR in Erscheinung tretenden Juden abgelesen werden kann116 , zeigen erneut die verhandelten Schuldforderungen eines Israels von Lübbecke117 oder Joseph Döplitz. Neben Nathan Schay aus Hildesheim118 war der aus der Literatur bekannte Simon von Günzburg als herausragende Persönlichkeit und Großfinanzier119 in mehrere Prozesse gegen geistliche Reichsstände involviert. Eine aus der Masse der übrigen jüdischen Kläger herausragende Persönlichkeit im südwestlichen Reichsgebiet war Seligmann aus Brenz, der gegen insgesamt sechs verschiedene Reichsstände Klagen am RHR anstrengte und in engen dienstlichen Verhältnissen sowohl zum Kaiserhaus als auch zum Herzog von Württemberg stand.120 Schmoll stellt sich in den Prozessakten als eine Persönlichkeit dar, die in der gesamten fränkischen Region zu Juden und zu christlichen Obrigkeiten enge Kontakte pflegte.121 Ebenso wird es sich bei Isaak von Nagelsberg um eine im regional-fränkischen Bereich ökonomisch bedeutende Persönlichkeit gehandelt haben.122 Zudem lässt sich der soziale Status der klagenden Juden im 16. Jahrhundert anhand der Fürsprecherfunktion ablesen, die Hofjuden wie bspw. Jacob Fröschel. für andere Juden übernahmen.123 116

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Allerdings sei mit H, Geschichte, S. 107 darauf hingewiesen, dass die Geldsummen, mit denen Juden hantierten, keine absolute Sicherheit über die Besitzverhältnisse der Betroffenen aussagen. Hilmar von Quernheim am 7.7.1579 an den Kaiser (Praes. 18.7.1579) in HHSAW, RHR, J. ., K. 43/3; Mandatum procuratorium Abrahams von Hausberge für den Anwalt Julius Martt vom 1.5.1579 in SAM Q 117, fol. 56r–59v, hier fol. 56v; vgl. B, Entstehung, S. 218. Seit mindestens 1570 stand er in engen geschäftlichen Kontakten zum Grafen Ezard II. von Ostfriesland. Als eine Art Hofjude der Cirksena besorgte er für den Grafen mehrmals höhere Geldsummen. In der ersten Hälfte der 1580er erhielt Israel vom Grafen für seine Verdienste einen Schutzbrief und siedelte bis spätestens 1583 nach Emden über (hierzu SAO 20–42 A Nr. 96, fol. 7r; vgl. L, Leben, S. 59, 226, 229f., 273; H, Geschichte, S. 108f.; vgl. auch Israel von Lübbecke am 16.6.1579 an Prunseken in SAA R. 4 A II b, Nr. 281). Siehe ., Geschichte, S. 109 mit weiteren Literaturangaben. Im Detail v. a. R, Leben, S. 52f., 65f., 99f., 208–210, 221, 303–205, 361–363, 397, 406, 418, 453, 470, 480, 496f., 517, 522. Siehe U, Friedenssicherung, S. 41; siehe zu Simon von Günzburg R, Partnerschaft, S. 192–219. Vgl. zu Seligmann aus Brenz J, Colorni, S. 435–498, hier S. 451 sowie dort Fn. 82, 453, 485; vgl. ., Zeitalter, S. 296f. Vgl. Copia Grumbachischen Berichts uff Außgangen Schreiben vom 5.5.1584 an das RKG in SAW, L 2337, fol. 16r–21v, hier fol. 18v–19r. Vgl. S, Ritualmord, S. 52f. HHSAW, RHR, R, XVII/1, fol. 23v, 53v, 63r (ohne Datum); ., R, XVII/2, fol. 211r– 211v (4.9.1602). Zu Fröschel B, Gemeinde, S. 194f.; K, Wohltat, S. 332–338, 352f., 366f.; S, Handlungsstrategien, S. 160–164. Vgl. K, Wohltat, S. 333, 361f. mit Bezug auf B Vermutung, Fröschel sei der letzte Prager Fürsprecher der Judenschaft im Reich gewesen. S, Handlungsstrategien, S. 156 nennt für ihren Untersuchungszeitraum 16 Causen, in denen Fröschel am RHR auftrat. Siehe aber bspw. HHSAW, RHR, R, XVI/70a, fol. 17v (15.2.1594) im Fall des Prager Juden Si-

74

2. Kontextualisierung

Insgesamt ist davon auszugehen, dass die jüdischen Prozessparteien in der Zeit Rudolfs II. gesellschaftlich und/oder ökonomisch am oberen Rand der Sozialskala innerhalb der jüdischen Bevölkerung zu verorten sind.124 Anders als das ausschließlich städtisch geprägte soziale Spektrum der am RHR auftretenden Juden zwischen 1745 bis 1765 stammte der größte Teil der am RHR prozessierenden Juden unter Rudolf II. dagegen aus ländlichen Gebieten mit Anschluss an urbane Zentren wie die Markgrafschaft Burgau.125 Juden nahmen hier eine quasiurbane Existenz am Rande von Städten ein.126

2.4 Prozessmaterien Die Kategorisierung der Prozessmaterien basiert auf quantitativ messbaren Werten, die der RHR selbst vermerkte und die damit für das Gericht maßgeblich waren. Die relativ hohen Werte in der Kategorie ,Sonstiges‘ lassen sich dabei auf mangelnde Informationen in den Protokollbänden und den hohen Aktenverlust insbesondere für das 16. Jahrhundert zurückführen. Indessen erscheint das Bild mit 79 (Abb. 13) bzw. 116 Causen (Abb. 14) repräsentativ genug, um auf generelle Tendenzen hinweisen zu können. Während die Kategorien ,Kriminalität‘ bzw. ,Familienstreitigkeiten‘127 am RHR zu beiden Zeitpunkten eine marginale Rolle spielten, fällt zunächst die sichtbare Differenz in der Kategorie der Münzverbrechen auf. Fallen sie in den Jahren 1576 bis 1603 nicht ins Gewicht128 , nimmt diese Prozessmaterie un-

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128

mon Sax für seinen Schwager in Salzuflen; K-H, Gemeinde, S. 235–237.; ., Initiative, S. 275f. Zu nennen wäre aber auch ein Isaak Mendel aus Worms, der in mehreren Angelegenheiten vor dem RHR erschien. Siehe HHSAW, RHR, R, XVI/80a, fol. 71r (16.5.1597) u. ., XVII/3, fol. 40r (8.3.1603). Im Jahr 1582 trat er zunächst alleine auf, um 1591 dann zusammen mit dem Juden Ibene als abgesandte d[er] gemainen Judenschafft beim kaiserlichen Gericht in Erscheinung zu treten. Schließlich reichte Mendel 1596 Privilegien Karls V. und Maximilians II. ein. Vgl. ., XVI/77, fol. 23v (30.10.1596) u. ., XVI/78, fol. 160r (pariter). Ebenfalls erschien er 1595 beim RHR als Vertreter der Judenschaft im Reich gegen die Reichsstadt Dortmund; ., XVI/73, fol. 133v (10.7.1595) u. ., XVI/76, fol. 81r–82r (pariter) u. ., J. ., K. 41, fol. 27r–38r; siehe H, Geschichte, S. 94f.; B, Juden (c), S. 92. U, Geschichte, S. 74f. D., Nachbarschaft, S. 41; R, Gemeinden, S. 451–463. Für Schwaben, aber mit Hinweis auf eine generelle Ausrichtung dieses Phänomens I, Landgemeinden, S. 209; für den Raum Hessen B, Strukturen, S. 287f.; allgemein ., Stadt, S. 14f., 19–22. Im Fall des Hayum Flörsheim gegen Baden-Baden und Baden-Durlach, der aufgrund verschiedener ausständiger Zahlungen an die ehemalige Schutzherrschaft Baden-Baden am RHR in puncto debiti verhandelt wurde, ging es eigentlich um prinzipielle familiäre Auseinandersetzungen zwischen ihm und seiner ins Kloster geflüchteten sowie zum Christentum konvertierten Tochter u. deren Ehemann (HHSAW, RHR, R, K. 35). Zu jüdischen Konvertiten T, Aufsteiger, S. 307–336. Vgl. HHSAW, RHR, R, XVI/53, fol. 58v (8.11.1586), 59v (18.8.1587).

2.4 Prozessmaterien

75

ter Franz I. Stephan eine im Vergleich zu anderen Kategorien zwar weiterhin marginale, aber doch nun deutlich sichtbare Position ein. Der Ausgangspunkt dieser Tätigkeit lag in einem Prozess aus der Mitte der 1750er Jahre, den der Frankfurter Jude Mayer Amschel Flörsheim129 gegen einige Frankfurter Juden sowie den städtischen Magistrat anstrengte und in dem es um systematische Münzfälschungen der von ihm denunzierten Juden ging. Im Laufe dieses Prozesses setzte der RHR eine Kommission ein, die in Frankfurt dieser Angelegenheit nachgehen sollte.130 Hierdurch rückten der jüdische Silber- und Münzhandel aus allen Teilen des Reiches in den Blick der reichshofrätlichen Tätigkeit.131 Der zunächst auf Frankfurt begrenzte Konflikt wuchs sich derart aus, dass es zu einer wahren Prozesslawine gegen jüdische Silberhändler kam.132 Die Kategorie der ,Privilegien- und Rechtsverletzungen‘ nahm im Vergleich beider Zeitabschnitte erheblich zu (9 [10,2 %] zu 34 [24,5 %]). Diese Steigerung lässt sich daraus erklären, dass in den Jahren 1745 bis 1765 Fälle aus Frankfurt am Main die überwiegende Mehrheit in dieser Kategorie bildeten. Im größten Teil dieser Causen stritten Bau- und Kastenmeister der Frankfurter Gemeinde mit dem Senat oder anderen städtischen Behörden um die Auslegungen einzelner Bestimmungen der Frankfurter Judenordnung, die so

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Vgl. HHSAW, RHR, R, XVIII/129, fol. 40v (12.7.1754), 389r–389v (22.10.); ., XVIII/130, fol. 388v–389r (26.5.1755); ., XVIII/139, fol. 406r–410r (31.10.1758); ., XVIII/140, fol. 103v–104r (6.2.1759), 123v (9.2.), 320r–321v (7.5.), 335r–335v (11.5.); ., XVIII/141, fol. 43v–44r (16.7.1759), 50v–51r (19.7.), 351r (30.10.), 378r (6.11.), 480v (18.12.); ., XVIII/143, fol. 70v–71v (28.1.1760), 213v–214r (4.3.); ., XVIII/145, fol. 241r–242r (25.4.1761), 266r (18.5.). Siehe zu dem Prozess insgesamt die Prozessschrift A, Abdruck. Siehe auch die Zusammenstellung der hierin erlassenen RHR-Beschlüsse des RHR-Sekretärs [R], Majestät. Siehe den Prozess jüngst aus den Quellen im Institut für Stadtgeschichte behandelnd S, Geldhandel, S. 55–147; siehe auch D, Stammbuch, S. 82. Siehe S, Geldhandel, S. 55f., 71f., 133 u. nun ausführlich K-H, Gemeinde, S. 82–92; G, Verhaftung. Siehe bspw. zu den fränkischen Ritterkantonen Braunau, Steigerwald, Altmühl und Odenwald HHSAW, RHR, R, XVIII/144, fol. 363r–363v (17.11.1760); ., XVIII/145, fol. 36v–37r (15.1.1761). In diesem Rahmen weiteten sich die Beratungen und Bemühungen des RHR angesichts der bayerisch-österreichischen Münzkonvention von 1753 auf eine generelle Reformierung und Stabilisierung des Münzwesens im ganzen Reich aus. Siehe T, Handbuch, S. 90–93; S, Frankfurt, S. 17–21. S, Geldhandel, S. 62–68, 108–115; siehe die Auswirkungen des Münzverfalls auf kleinere Reichsstände bei A, Verschuldung, S. 139–144. In einigen Resolutionsbänden fanden sich in den Indices Einträge von bis zu 13 Folioseiten solcher Fällen wieder, die das Münzwesen im Reich zum Gegenstand haben (HHSAW, RHR, R, XVIII/150 [1763]; ., XVIII/141 [1759]; ., XVIII/143 [1760]; ., XVIII/141 (1759) weist 77 solcher Beratungstage auf).

76

2. Kontextualisierung

genannte Stättigkeit von 1616.133 Im 16. Jahrhundert treten dagegen beinahe ausschließlich jüdische Einzelpersonen in dieser Kategorie in Erscheinung.134 Streitgegenstände mit ökonomischem Hintergrund bilden in beiden Zeitperioden ein deutliches sowie zeitlich konstantes Übergewicht. Bei diesen Fällen handelte es sich um Schuldforderungen der Juden gegenüber den adeligen Herrschaften. Juden traten in der Regel als Kläger auf.135 In den Jahren 1745 bis 1765 wurden nur neun Prozesse geführt, in denen Obrigkeiten gegen Juden klagten.136 Unter Rudolf II. erscheint keine einzige Obrigkeit in der Kategorie ,Ökonomie‘ als Gläubiger.137 Eine weitere Ausnahme bilden fünf Fälle, in denen Juden in den Jahren nach 1745 im Rahmen kaiserlicher Debitkommission klagten. Solche Kommissionen fehlen für das 16. Jahrhundert gänzlich.138 Der größte Unterschied zwischen beiden Vergleichsperioden besteht in einem signifikanten Rückgang von Gewalttaten gegen Juden, worunter ein breites Feld zu verstehen ist, das von Handgreiflichkeiten bis hin zu Vertreibungen reichte. Im 18. Jahrhundert sind nur noch Einzelfälle von spektakulären Ausweisungen oder willkürlichen Verhaftungen einzelner Personen zu verzeichnen (2 Causen [1,4 %]).139 In den Jahren 1576 bis 1603 äußerten sich Gewalthandlungen nicht nur gegen Einzelpersonen140 , sondern 133 134

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K, Judenstättigkeiten. Siehe bspw. HHSAW, RHR, R, XVI/77, fol. 240r–240v (14.11.1596). Zu drei unterschiedlichen Fällen der Juden Heinrich von Großglogau, Jurmann und Isau vgl. ., XVII/1, fol. 135r (17.8.1602); ., XVI/70a, fol. 17v (15.2.1594). Ähnlich S, Juden, S. 209–211; generell O, Auftrag, S. 92 u. U, Geschichte, S. 79. (1.) HHSAW, RHR, O. R., K. 1881/4 (hier beiliegende Relation); ., XVIII/148, fol. 68v (29.1.1762). (2.) E., D. R., K. 845/4 (hier beiliegende Relation); ., R, XVIII/144, fol. 341r (7.10.1760). (3.) E., XVIII/131, fol. 399v (20.10.1755). (4./5.) E., XVIII/146, fol.44r–44v (16.7.1761), 216r–217r (12.10.); ., RHR, D, K. 2421 ist nicht in den Protokollen verzeichnet. (6.) E., R, XVIII/155, fol. 34r– 34v (18.1.1765). (7.) E., XVIII/114, fol. 308v (13.11.1748). (8.) E., XVIII/112, fol. 191r (12.10.1747). (9.) E., XVIII/118, fol. 463v–464r (1.6.1750). (10.) E., D, K. 2319. Lediglich in der Kategorie Privatpersonen ct. Juden befindet sich in HHSAW, RHR, R, XVI/46, fol. 98v (12.12.1578) ein Christoph Richter, der vom Juden Haim eine Summe von 200 fl. einfordert. (1) HHSAW, RHR, R, XVIII/154, fol. 28r–28v (16.7.1764); (2) ., XVIII/128, fol. 93v (11.2.1754); (3) ., XVIII/154, fol. 12r–12v (7.7.1764), 200r–200v (12.10.); (4) ., XVIII/135, fol. 137v (28.2.1757), 436r (20.6.); (5) ., XVIII/136, fol. 281r– 282r (26.9.1757); nicht in den Protokollbänden für das Jahr 1750ff. verzeichnet ., O. R., K. 378. Abraham Rost: ., XVIII/123, fol. 220r–220v (6.3.1753); David Mayer Juda: ., XVII/120, fol. 270v–271v (5.4.1751) (beide chronologisch erste Einträge). Siehe bspw. ., XVI/51, fol. 28v (17.9.1582); ., XVI/52a, fol.217r (26.11.1583); ., XVI/53, fol. 49v (18.8.1587) u. ., XVII/3, fol. 211r–211v (4.9.1601). Ebenso ., XVII/4, fol. 93v (25.6.1603); ., XVII/4, fol. 36r–36v (28.2.1603) warfen zwei schweizerische Kaufleute aus St. Gallen mehreren Juden Wucher vor (chronologisch erster Eintrag).

2.5 Konfliktfelder jüdischer Betreffe

77

geradezu systematisch gegen ganze Gemeinden (24 Causen [27,3 %]).141 Die rapide abnehmenden Werte spiegeln im zeitlichen Vergleich die zunehmende Rechtssicherheit sowie Verrechtlichungstendenz jüdischen Lebens142 wider.

2.5 Konfliktfelder jüdischer Betreffe Da die Quantifizierung ausschließlich anhand der Resolutionsprotokolle vorgenommen wurde, sollen nun mit Hilfe weiterreichender Informationen aus den Akten Konfliktfelder143 ermittelt werden. Ihre Bildung dient der Differenzierung der beiden größten statistischen Kategorien ,Gewalt‘ und ,Ökonomie‘. Nur die Zuordnung der einzelnen Prozessmaterien zu verschiedenen Konfliktfeldern verdeutlicht die Vielschichtigkeit der Prozesse.144 2.5.1 Die Jahre 1576 bis 1603 Die Konfliktfelder in diesen Jahren sind zum einen von ökonomischen Fragen und zum anderen von Gewalt geprägt. Im Bereich der ,Ökonomie‘ handelte es sich in der Regel um Geldanleihen der Obrigkeiten bei Juden.145 Zumeist liehen Obrigkeiten bei Juden Gelder für Waren und Güter. Letztere sind in der Regel als Luxusgegenstände zu klassifizieren.146 Verbrauchsgüter standen nur selten zur Disposition.147 In der Regel dienten die mit den jüdischen Krediten beschafften Luxusgegenstände den Repräsentationsbedürfnissen der adeligen 141

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Siehe zur Vertreibung aus Würzburg ., XVI/46, fol. 6v (29.1.1578) (chronologisch erster Eintrag unter Rudolfs II. Herrschaft); Vertreibung aus Hildesheim: ., XVI/73, fol. 247r (15.11.1595); Vertreibung aus Braunschweig-Lüneburg: ., XVI/64, fol. 115v–116r (11.9.1591); Bamberger Vertreibungsversuch: ., XVI/54a, fol. 39v (15.7.1588). Siehe hierzu insgesamt F, Rechtsschutz u. G, Stellung. Vgl. ein ähnliches Vorgehen bei B, Leib, S. 192–198. Hierzu ähnlich D, Maurermeister, S. 97–99. Simon von Günzburg an den Kaiser (Praes. undat. [1574]) in HHSAW, RHR, J. ., K. 43/2; Jacob an den Kaiser (Praes. 8.3.1601) ct. Wittstatt, gen. Hagenbach in ., K. 43/1; ders. an den Kaiser (Praes. 4.3.1598) ct. Güss von Güssenberg in . Ähnlich Simon von Günzburg an den Kaiser (Praes. undat. [1574]) in ., K. 43/2; ., R, XVII/1, fol. 91r (1600); Joseph Döplitz an den Kaiser (Praes. 5.6.1601) in ., AA, K. 45/1, fol. 1r–3v, hier fol. 1r.; ., R, XVII/1, fol. 88r (22.6.1601); ., XVII/4, fol. 3v (3.1.1603); Seligmann an den Kaiser (Praes. 6.3.1600) ct. Grafeneck in ., J. ., K. 41, wo es um Geldschulden sowie underschiedich geraichter klainoter und wahren ging; ders. an den Kaiser (Praes. 21.3.1600 u. 23.2.1601) in . Dies betraf z. B. Kopp Fränklin aus Wallerstein, der über Jahre mit Wolfgang Wilhelm von Knöringen in engen Geschäftskontakten stand und Verträge über 32.400 fl. für Luxuswaren abschloss (siehe hierzu Abraham u. Liepmann Fänklein sowie Mändlein an den Kaiser [Praes. 21.11.1601 u. 26.11.1601] in ., AA, K. 85, fol. 249r–251v).

78

2. Kontextualisierung

Herrschaften.148 Hierzu gehören Kredite zur Finanzierung standesgemäßer Tätigkeiten wie dem Militärdienst.149 Darüber hinaus fungierten Juden als eine Art Vermittler und Makler bei Grund- und Immobilienerwerbungen durch Obrigkeiten.150 Der Prozess Seligmanns aus Brenz gegen den herzoglich-württembergischen Rat Matthäus Enzlin151 und die Reichsritter von Freyberg wirft ein Licht auf eine erste frühmerkantile Politik des württembergischen Herzogs Friedrich I.152 Seligmann übernahm im Auftrag der Familie von Freyberg und des Herzogs die Abwicklung eines Vergleiches über den strittigen Verkauf des Freybergischen Gutes Neidlingen an Württemberg. Der Herzog beabsichtigte, die Handelsgesellschaft des italienischen Juden Maggio Gabrielli nicht in Stuttgart, sondern auf eben jenem Gut153 unterzubringen.154 Seligmann sollte für seine Bemühungen in diesem Geschäft 1.500 fl. als Vermittlungsgehalt erhalten. Allerdings gingen die Gelder während Seligmanns Anwesenheit am Prager Hof an Matthäus Enzlin, der die Summe nicht auszahlen wollte.155 Ein herausragender Prozess ist in dieser Perspektive die Causa des Israel von Lübbecke156 gegen Hilmar von Quernheim und dessen Erben. Am 148

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Gegen den amtierenden Augsburger Bischof Marquardt vom Berg (vgl. Z, Bistum, S. 561–695) versuchte Simon von Günzburg eine nicht näher benannte Schuldforderung einzufordern, die noch aus der Zeit des Kardinalbischofs Otto Truchseß von Waldburg (vgl. W, Otto, S. 667–669) stammte (siehe Simon von Günzburg an den Kaiser [Praes. 22.10.1576] in ., J. ., K. 43/2, fol. 3r–5v, hier fol. 3r–4r). Gundelsheim vom 28.12.1602 an den Kaiser (Praes. 7.1. u. 18.3.1603) in ., K. 85, fol. 341r–344v, hier fol. 341r–341v; Isaak an den Deutschordensmeister (Praes. 16.9.1583) in ., K. 84/2, fol. 182r–185v. So im Fall Hirsch gegen die Stadt Bopfingen, wo es um eine Mühle ging (ders an den Kaiser [Praes. undat.] in ., K. 84/2, fol. 198r–201v). ., R, XVI/51, fol. 18v (1.9.1582). Zu den pappenheimischen Juden S, Leben, S. 195–200. Simon von Günzburg klagte bspw. gegen den Abt von Ursberg für die Kinder seines verstorbenen Sohnes. Im Prozess ging es vor allem um den Kauf des Fleckens Münsterhausen durch den Abt, der sich hierfür von Simons Sohn Gelder geliehen hatte und diese nun nicht zurückzahlen wollte. Darüber hinaus kaufte Simons Sohn im besagten Dorf ein Gut mit umfangreichen Besitzungen, das gegenüber dem Abt abgabepflichtig war. Nachdem gescheiterten Weiterverkauf des Gutes ließ der Abt das brach liegende Gut einziehen. Zu Simon siehe R, Medinat, S. 84–95. Vgl. zum Prozessverlauf Abt Georg von Ursberg an den Kaiser (Praes. 14.1.1574) u. Simon von Günzburg an den Kaiser (Praes. 19. u. 22.10.1576) in HHSAW, RHR, J. ., K. 43/2. Vgl. A, Sturz, S. 37–63. Vgl. J, Colorni, S. 480. Zur Vertreibung der Juden aus Württemberg am Ende des 15. Jh. nun L, Ausgrenzung, S. 40–53. D., Judenpolitik, S. 138; ., Ausgrenzung, S. 111–136; J, Colorni, S. 457–467, 473–475. Zu den Aktivitäten der Handelsgesellschaft D, Neidlingen, S. 133–135; zur Wirtschaftspolitik Friedrichs I. S, Herzog, S. 203–229. Vgl. insgesamt Seligmann an den Kaiser (Praes. 23.3.1601) in HHSAW, RHR, AA, K. 85, fol. 244r–245v; ., R, XVII/1, fol. 36r (13.4.1602); ., XVII/3, fol. 28r (15.2.1602). Vgl. zu Israel L, Leben, S. 55f. sowie Fn. 172, S. 59.

2.5 Konfliktfelder jüdischer Betreffe

79

25. März 1579 wurde im RHR seine Supplikation präsentiert, aus der die kaiserlichen Räte entnehmen konnten, dass der Jude mit dem Kriegsobersten, dem ehemaligen Statthalter von Hildesheim, Agrarunternehmer und Finanzjongleur Hilmar von Quernheim157 , einen Obligationshandel von über etlichen hundert tausennt goldtgulden eingegangen war.158 Konkret ging es um einen Vertrag aus dem Jahr 1575159 , mit dem Hilmar von Quernheim Israel beauftragte, ihm eine Obligation von über 300 000 ungarischen Goldgulden zu verschaffen. Dafür sollte er binnen eines Jahres 15 000 Goldgulden erhalten. Israel nahm nun seinerseits Gelder bei Frankfurter Juden auf, beschaffte den sog. walachischen brief 160 über obige Summe und händigte ihn Hilmar von Quernheim aus. Sein Geld erhielt Israel nicht, versteifte sich Hilmar doch darauf, dass der Obligationsbrief nicht so viel wert sei.161 Die eigentlichen Ursachen der Klage stellen sich aber noch weit verworrener dar. Der Mindener Bischof Hermann von Schaumburg162 beauftragte163 nämlich seinen Schutz- und Hofjuden Abraham Isaak von Hausberge164 mit 1800 fl. nach Frankfurt zur Herbstmesse zu reisen und dort für ihn Luxuswaren165 einzukaufen. Dieser tätigte die Reise zusammen mit Israel. In Frankfurt wurden Israel und Abraham durch Betreiben Hilmars von den Frankfurter Juden denunziert und daraufhin verhaftet. Als Kaution mussten Israel und Abraham genau jene mitgeführten 1800 fl. stellen und gelangten mit leeren Händen nach Minden zurück.166 Der Bischof war zunächst überzeugt, Israel habe die Angelegenheit eingefädelt, und ließ diesen in Lübbecke167 verhaften.

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D., Leben, S. 227; N, Adelskultur, S. 101–104; A, Oberst, S. 219f., 236; B, Hermann, S. 110, 113–116, 135–139. Zitat Israel von Lübbecke an den Kaiser (Praes. 25.3.1579) in HHSAW, RHR, J. ., K. 43/3. Siehe eine Abschrift der Vereinbarung in ders., Claus Horn, Johann Wilken und Dirk Josten an den Kaiser (Praes. 28. und 30.3.1582) in . Siehe den Bischof am 22.10.1578 an die Hofräte in Petershagen in SAM Q 117, fol. 28r. Zitat . Q 122, fol. 122r. Israel von Lübbecke an den Kaiser (Praes. 25.3.1579) in HHSAW, RHR, J. ., K. 43/3. Siehe eine Abschrift der Vereinbarung in Israel von Lübbecke, Claus Horn, Johann Wilken und Dirk Josten an den Kaiser (Praes. 28. und 30.3.1582) in . Vgl. die Angaben bei L, Leben, S. 227–229. W, Hermann von Minden, S. 41–59. Julius Martt als bischöflicher Anwalt der Juden Israel und Abraham an das RKG (Praes. 21.2.1578) in SAM Q 117, fol. 91v. Abraham Isaak von Hausberge fungierte als Lieferant für die unterschiedlichsten Gebrauchsgüter u. übernahm nach der Abdankung Hermann von Schaumburgs als Mindener Bischof auch die Versorgung seines stark verkleinerten Hofs in Arensburg. Vgl. L, Leben, S. 92–94, 195–201. Es ist die Rede von etliche kleinodien, gewurz und anders, vgl. SAM Q 122, fol. 26r– 28r. Vgl. Bischof von Minden an Hofrat in Petershagen am 22.10.1578 in . Q 117, fol. 26r– 29v, hier fol. 26r–26v; zu diesen Vorkommnissen L, Leben, S. 92f., 229; zur Geschichte der Mindener Juden K, Juden, S. 113–196. Vgl. zur Geschichte der Lübbecker Juden Z, Geschichte.

80

2. Kontextualisierung

Erst als sich der Verhaftete an den Bischof wandte und die Angelegenheit richtig stellte, wurde er entlassen. Israel machte den Bischof darauf aufmerksam, dass nicht er es sei, der die Frankfurter Ereignisse zu verantworten habe, sondern Hilmar von Quernheim deren eigentlicher Urheber sei.168 Hilmar von Quernheim stritt diesen Vorwurf vehement ab169 , gestand dann aber aufgrund des durch den Bischof ausgeübten Drucks den Handel. Gleichwohl betonte er, dass Israel ihm nie den Schuldbrief ausgehändigt habe.170 Trotz allem muss betont werden, dass große Geldgeschäfte von Juden mit Obrigkeiten generell eine absolute Ausnahme von der Regel eher unauffälliger Kreditgeschäfte darstellten. Dagegen dominierten Gewaltanwendungen gegen Juden in unterschiedlichster Art und Weise im Vorfeld oder im Verlauf der verhandelten Prozesse. Sie reichten von der einfachen Zerreißung der Schuldscheine171 bis hin zur offenen Gewaltanwendung172 und Vertreibung eines jüdischen Gläubigers.173 168

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Siehe die Supplikationen Israels von Lübbecke am 7.10. u. 30.10.1578 an den Bischof von Minden in SAM Q 117, fol. 24r–25v u. 36r–39v; Bischof von Minden an Hofrat in Petershagen am 22.10.1578 in ., fol. 26r–29v, hier fol. 26r–27r. Vgl. Hilmar von Quernheim am 26.10.1578 an die Hofräte in Petershagen in ., fol. 33r–35v. Hilmar von Quernheim am 16.11.1578 an den Hofrat in Petershagen in ., fol. 52r– 55v, hier fol. 53v–54v; siehe das Kautionsangebot, das Israel am 16.11.1578 zugestellt wurde in ., fol. 49r–51v. Vgl. so bspw. in HHSAW, RHR, R, XVII/3, fol. 128v (27.6.1602). Bspw. nicht näher spezifiziert in ., XVI/77, fol. 231r (30.10.1596): Mendel von Worms ct. Graf Friedrich von Leinigen. Der Graf wird aufgefordert, sich dieser gwaltthaten zu enthalten. Michael von Münster wollte bspw. einen vollzogenen Pferdehandel ohne Bezahlung abschließen, wogegen sich sein Geschäftspartner Isaak sperrte. Münster ließ Isaak – nach Aussage des Juden – mehrmals schlagen. Abschließend stellte er dem Juden sogar bis in sein Haus und in das Wirtshaus nach, um ihn mit Gewalt zur Herausgabe des Pferdes zu zwingen. Siehe Isaak an den Deutschordensmeister (Praes. 16.9.1583) in ., AA, K. 84/2, fol. 182r–185v; ein ähnlicher Fall wird in ., R, XVI/52a, fol. 217r (26.11.1583) u. ., XVI/54a, fol. 21v (11.4.1588) von einem Juden namens Abraham Schnappler angesprochen, dem in Augsburg mehrere Pferde abgenommen wurden; in ., XVII/1, fol. 50r–50v (5.5.1601) geht es um die Pfändung zweyer jüdischen Kue (fol. 50r). Hans von Edlinstett nahm dagegen den Juden Michael als Schutzjude auf, verkaufte aber kurz darauf seine Rechte an diesem Dorf an Jakob Fugger von Weisenhorn und Bobenhausen. Dieser übernahm den Schutz des Juden nicht. Letzterer verglich sich mit Edlinstett 1591 über eine Summe von 975 fl. als Entschädigung für den aufgehobenen Schutzvertrag. Allerdings erhielt er zunächst nur eine Schuld- und Pfandverschreibung, deren Auszahlung Edlinstett später verweigerte (vgl. Michael an den Kaiser [Praes. 17.2.1598] in ., J. ., K. 43/1). Seligmann aus Brenz beschwerte sich dagegen, dass Güss von Güssenberg ihn bei der Forderung einer Schuldrückzahlung aus dessen Herrschaft Brenz vertrieben und all sein Hab und Gut verkauft habe. Zu allem Überdruss ließ Güss ihn nicht mehr auf seinen Gebieten raisen, handeln und wandeln. Vgl. Schriftliche Erklärung Hans Georg Güss von Güssenberg vor der Kommission am 9.1.1691 als Beilage A in der Relation Dietrich von Horbens an den Kaiser vom 18.1.1601 in ., K. 42 (Zitat ebd.). Gerade an diesem Punkt zeigen sich eindeutige

2.5 Konfliktfelder jüdischer Betreffe

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Gewaltbeladen äußerten sich zum Beispiel Seligmanns Geschäftsbeziehungen zu Ferdinand Dietrich von Grafeneck, Statthalter des Hofgerichts in Rottweil.174 Grafeneck bestellte seinen Gläubiger Seligmann unter dem Vorwand, seine Schulden begleichen zu wollen, auf seine Besitzung Burgberg. Dort ließ er Seligmann verhaften und sperrte ihn 13 Tage lang in einen Turm.175 Grafeneck wollte Seligmann erst entlassen, wenn er die Schuldscheine sowie 900 fl. bezahlt habe.176 Seligmann fügte sich.177 Grafeneck hielt sein Wort indessen nicht, so dass sich Seligmann gezwungen sah, unter abenteuerlichen Umständen aus der Haft zu fliehen.178 Daneben konnte es zu Gewaltakten kommen, die aus Sicht der Obrigkeiten als legitimes Mittel der Überredung gegenüber einem jüdischen Geldleiher fungierten.179 Dies trifft für die Klage Isaacs von Nagelsberg zu. Als er sich erstmals im März 1591 an den RHR wandte, berichtete er über Georg Philipp von Berlichingen.180 Dieser wolle ihm gegen dessen ehemaligen Vogt Hans Widmann khain iustitiam administrieren.181 Erst ein halbes Jahr später klagte er dem Prager Gremium, dass sein Vater Wolff 1555 zwischen Künzelsau182 und Rechberg an einem See von Widmann überfallen worden sei.183 Dabei

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Parallelen zu Vertreibungsprozessen wie im Falle der Juden in Braunschweig-Wolfenbüttel zu Beginn der 1590er-Jahre. Nach dem Julius Heinrich den Schutz aufgekündigt hatte, verbat er den Juden durch sein Herzogtum zu reisen. Vgl. ausführlich R, Leben, S. 317–324. Vgl. die Causa Isaak u. Mayer ct. Konrad von Pappenheim in ., J. ., K. 42 sowie ., R, XVII/1, fol. 1v (3.1.1600), 20r (6.3.), 5r (6.1.), 23v (14.3.), 53v (27.6.), 63r (17.7.), 93r (24.9.) u. ., R, XVII/3, fol. 16v (29.1.1602), 211r–211v (4.9.); ., XVII/4, fol. 93v (28.6.1603), 9v (30.6.). Zum kaiserlichen Hofgericht in Rottweil W, Ordnung u. G, Verfassung. Beide nennen Grafeneck nicht. Vgl. Seligmann an den Kaiser (Praes. 6.3.1600) ct. Grafeneck in HHSAW, RHR, J. ., K. 41 u. Grafeneck am 30.5.1600 an den Kaiser (Praes. 11.7.1600) in . Vgl. Grafeneck am 30.5.1600 an den Kaiser (Praes. 11.7.1600) in . Siehe den Vertrag als Lit. A. in Seligmann an den Kaiser (Praes. 6.3.1600) ct. Grafeneck in .; in ., R, XVII/4, fol. 205r–205v (29.11.1603) beschwert sich Seligmann über die abnemung allerlay Goldt: und Silbergeschmeidt durch von Horben. Vgl. Seligmann an den Kaiser (Praes. 6.3.1600) ct. Grafeneck in ., J. ., K. 41. Der Sohn des Bernhard von Steinig zu Euerbach und Appenfelden drohte dem Juden Isaak, er wolle ihm auff die haut brennen, dass ich d[as] weisse in Augen verkehren solle, wenn dieser die Schulden der Familie nicht erlasse. Als Isaak sich weiterhin weigerte, vertrieb sein Schutzherr ihn mit samt seiner Familie und konfiszierte sein Vermögen in Höhe von 600 fl. Vgl. Isaak aus Appenfelden an den Kaiser (Praes. 5.11.1602 u. 8.3.1603) in ., K. 43/1 (Zitat ebd.). Siehe hierzu S, Resolutionsprotokolle (a), S. 132; ., Ritualmord, S. 52f.; zur Nagelsberger Judengemeinde S, Gemeinden, S. 110f. Zur Dörzbacher Judengemeinde vgl. ., S. 68f. Vgl. HHSAW, RHR, R, XVI/63, fol. 197r (20.3.1591) u. ., XVI/64, fol. 44v (20.3.1591); Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. undat.) in ., J. ., K. 42/1. Zur Judengemeinde in Künzelsau S, Gemeinden, S. 111f. Zitat HHSAW, RHR, R, XVI/63, fol. 441r (25.10.1591); vgl. auch Wolfgang von Hohenlohe vom 15.1.1593 an den Kaiser (Praes. 2.5.1593) in ., J. ., K. 42/1.

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2. Kontextualisierung

handelte Widmann vermutlich im Auftrag seines Herren Valentin Johann von Berlichingen und ließ auf dessen Geheiß Wolff 13 Wochen lang inhaftieren, foltern sowie blenden. Schließlich erpressten die Schergen Berlichingens von ihm 960 fl. cum extrema violentia et conclusione horribilj und drohten, Wolff vierzuteilen und seine Körperteile an allen vier Stadttoren Künzelsaus anzubringen.184 Nachdem Isaacs Mutter die Gelder übersendet hatte, musste sein Vater dem Stelzer schwören, nie über diese Vorkommnisse Klage zu führen.185 In den Prozessen des Juden Schmoll aus dem fränkischen Rimpar186 gegen die Reichsritter Alexander und Veit vom Stein zum Altenstein, Konrad von Grumbach sowie die von Seckendorff kulminieren alle bisher angesprochenen Aspekte. Schmoll reichte 1585 gegen alle drei Parteien mehrere Supplikationen ein, in denen er über allerley Gewelthittlich vorenthaltungen seiner schulden und güetter berichtete.187 Während des Fortgangs der Prozesse beklagte er sich immer wieder über Übergriffe der Reichsritter auf seine Person.188 In der Causa gegen die vom Stein189 ging es hauptsächlich um Schulden, die mehrere Stein’schen Untertanen beim Juden aufgenommen hatten.190 Diese Gelder sollten die Untertanen bei den beiden Reichsrittern abliefern.191 Problematisch wurde der Fall, als einige Untertanen verstarben und Schmoll forderte, deren Schulden müssten nun von den Reichsrittern beglichen werden. Die

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Zitat HHSAW, RHR, R, XVI/64, fol. 134r–134v (25.10.1591); ., XVI/69, fol. 60r– 60v (28.5.1592); Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. undat.) sign. mit hofrath 2506. in ., J. ., K. 42/1 (ebenso in SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6 15. bzw. 19.); ders. an den Kaiser (Praes. undat.) u. ders. an den Kaiser (Praes. 31.7.1592) in .; Michel Griesling, Schultheiß aus Berlichingen, an Wolfgang von Hohenlohe (Praes. 25.1.1592) als 6 in . (ebenso in SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6 als 14.). Wolfgang von Hohenlohe vom 15.1.1593 an den Kaiser (Praes. 2.5.1593) u. Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. undat.) in HHSAW, RHR, J. ., K. 42/1; ., R, XVI/64, fol. 134r–134v (25.10.1591); ., XVI/69, fol. 60r–60v (28.5.1592); ., XVI/77, fol. 62r–62v (2.3.1596). F, Lehmanns, S. 6 nennt einen Schmul. Die Übereinstimmung beider Personen ist fraglich. Vgl. HHSAW, RHR, R, XVI/52, fol. 469r (15.7.1585). Vgl. ., XVI/53, fol. 25r (4.6.1586). Deren Ursprünge lassen sich bis in das Jahr 1582 zurückverfolgen. Vgl. Factj species Oder. Außführlicher bericht Inn Schmuel Jüdens schuldtforderungs sachn qtra die Underthanen zue Schernaw in ., J. ., K. 42. Siehe Copia. Verhandlung In der Commission sachen zwischen den Steinischen unterthanen zue Schernaw und Schmul Juden No: 29. vom 26.5.1590 in .; Liquidation, Schmol Judens schuldforderung zu dettelbach abgehandelt (Praes. 4.10.1593) in SAW, L 5328. Hierfür erhielt Schmoll mehrere Fuder Wein sowie eine Herde Schafe von den Reichsrittern. Während der Wein von Schernauer Einwohnern entwendet wurde, beschlagnahmten die Reichsritter die Schafherde kurz vor ihrem Verkauf und verboten ihren Untertanen, Schmoll auszuzahlen. Zudem stellten sie ihm nach, so dass er kurzerhand die Flucht aus der Region antreten musste (vgl. Schmoll an den Kaiser [Praes. 15.7.1585] u. ders. an den Kaiser [Praes. 4.6.1586] in HHSAW, RHR, J. ., K. 42).

2.5 Konfliktfelder jüdischer Betreffe

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vom Stein verweigerten sich dieser Forderung natürlich.192 Die geschilderte Vorgehensweise scheint bei den fränkischen Reichsrittern Alexander und Veit vom Stein übliche Praxis gewesen zu sein, da ihre Untertanen bei Isaak aus Obereisenheim, später in Prag wohnhaft, ebenfalls Gelder liehen.193 Teilepisoden des Gesamtprozesses, in den Konrad von Grumbach und die Reichsritter von Seckendorff involviert waren, verdeutlichen die fließenden Grenzen zwischen Gewalt und Ökonomie. Grumbach war der eigentliche Schutzherr Schmolls. Dennoch trugen beide bereits seit 1572 erste Konflikte miteinander aus.194 Beruhigte sich der Fall zunächst, so brach der Konflikt zwischen den beiden Juden 1584 erneut aus.195 Isaak schwärzte Schmoll an, er habe eine Sammlung von Urfehden aus dem Haus Konrads von Grumbach entfernt. Hierauf ließ der Ritter zunächst Schmolls Mutter Esther 13 Tage lang festnehmen, sein Haus aufbrechen und durchsuchen.196 Die Vorwürfe verbanden sich dabei mit traditionellen antijüdischen Stereotypen wie der Ritualmordbeschuldigung und der Falschmünzerei.197 Im Laufe der Verwicklungen wurde Schmolls Frau Bela nicht nur von den Reichsrittern von Seckendorff inhaftiert.198 Vielmehr gingen Schmolls sämtliche Schuldforderungen gegenüber Konrad von Grumbach verloren.199 Im Rahmen mehrerer 192 193

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Schmoll an den Kaiser (Praes. undat. [1588]) ct. Stein in HHSAW, RHR, J. ., K. 42. Isaak von Prag an den Kaiser (Praes. undat.) in ., D. ., K. 177; Abraham u. Liepmann Fänklein sowie Mändlein an den Kaiser (Praes. 21.11.1601 u. 26.11.1601) in ., AA, K. 85, fol. 249r–251v, Zitat fol. 249r–249v. Schmoll an den Kaiser (Praes.15.7.1585) ct. Grumbach in ., J. ., K.42; vgl. ders. an den Kaiser (Praes. undat.) ct. Grumbach in ., AA, K. 85, fol. 232r–240v; ähnlich erging es Isaak u. Mayer, die von Konrad von Pappenheim verhaftet wurden (vgl. ., R, XVII/1, fol. 1v [3.1.1600] sowie Jacob Fröschel an den Kaiser [Praes. undat.] in ., J. ., K. 42). Siehe Schmoll vom 22.7.1592 an einen Würzburgischen Rat (Praes. 24.7.1592) in HHSAW, RHR, J. ., K. 42. Auch hierbei ging es um Konflikte bzgl. diverser Geschäftskontrakte. Vgl. Schmoll an Würzburger Bischof (Praes. 9.9.1587) als 9 ct. Stein in ., J. ., K. 42; Instruments in Ca. Schmol Jud Q Grumbach in ., D. ., K. 177, fol. 352r–354v. Copia Grumbachischen Berichts uff Außgangen Schreiben vom 5.5.1584 an das RKG in SAW, L 2337, fol. 16r–21v; Copia Urtellbrieffs In Ca. Schmoll Jud q. Wolfing, Grumbachischer Vogten zu Rimpar vom 14.12.1596 in ., fol. 282r–283v, hier fol. 193r; Schmoll an den Kaiser (Praes. 15.7.1585) in HHSAW, RHR, J. ., K. 42. Vgl. .; Copia Urtellbrieffs In Ca. Schmoll Jud q. Wolfing, Grumbachischer Vogten zu Rimpar vom 14.12.1596 in SAW, L 2337, fol. 282r–283v, hier fol. 193r– 193v. Schmoll an den Kaiser (Praes. 15.7.1585) in ., J. ., K. 42; ders. an den Kaiser (Praes. undat.) in ., AA, K. 85, fol. 232r–240v; ders. an Kaiser (Praes. undat.) in SAW, L 2337, fol. 41r–42v. Vgl. No. 7. Schmol Juden Specificirte forderung in der Aktenrelation Konrad von Grumbachs vom 16.2.1592 an den Kaiser (Praes. undat.) in HHSAW, RHR, J. ., K. 32, wo neben Geldsummen Bettfedern, Pferde, Wein, eine Hochzeitsfeier, Schmuckstücke und Rüstungsbekleidung auch ein Zaun sowie Gelder für Immobilien und Wirtshausschulden aufgeführt werden. Ähnlich Copia Urtellbrieffs In Cause Schmoll Jud q. Wolfing,

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2. Kontextualisierung

Hausdurchsuchungen wurden zusätzlich einige von Schmolls Besitzständen mutwillig von den Grumbach’schen Schergen zerstört.200 Ebenso gelangten jüdische Klagen , die sich ausschließlich mit Gewalthandlungen beschäftigten, an den RHR.201 Gleichwohl weichen sie von den bereits beschriebenen Mustern kaum ab.202 In solchen Fällen folgten in der Regel Verhaftungen bzw. Vertreibungen durch die jeweiligen Obrigkeiten oder deren Untertanen.203 Daneben kam es zu Vertreibungsaktionen, die wie im Falle Fuldas204 von den Untertanen ausgingen und sich gegen Juden und Obrigkeit zugleich richteten.205 Ebenso kam es zu Vertreibungen, die von langer Hand obrigkeitlicherseits geplant waren.206 In diesen wie in

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Grumbachischer Vogten zu Rimpar vom 14.12.1596 in SAW, L 2337, fol. 282r–283v. Schmoll beklagte den Verlust eines von seinen Eltern ererbten Shofarhorns für Rosch ha Schana (jüd. Neujahr). Siehe Copia Urtellbrieffs In Ca. Schmoll Jud q. Wolfing, Grumbachischer Vogten zu Rimpar vom 14.12.1596 in . 2337, fol. 282r–283v. So bspw. ., R, XVI/46, fol. 113r (14.1.1579) wo es um das obrigkeitliche Verbot für Juden geht, Häuser zu kaufen und einen bestimmten Zinssatz wöchentlich nehmen zu dürfen. Vgl. ., XVI/54a, fol. 39v (15.7.1588): wegen Verdachts als ob er ein christekindt umgebracht [. . . ] und eine Pauern in sein hoff begraben habe (hierzu ., XVI/55, fol. 190r [15.7.1588]); S, Resolutionsprotokolle (a), S. 138; E, Geschichte, S. 16f.; E, Ritualmordbeschuldigungen, S. 52 nennt diesen Fall nicht, dagegen den des Juden Schmoll. Siehe ., XVI/54a, fol. 39v (15.7.1588); ., XVI/59, fol. 165 (6.9.1589); ., XVI/60a, fol. 71 (6.9.1589), 77v (18.9.); ., XVI/61, fol. 37v (26.4.1590). Zur Judenschaft in Schwaben ., XVI/52a, fol. 220r (2.12.1583); zur Ritualmordbeschuldigung: S, Resolutionsprotokolle (a), S. 138; H, Geschichte, S. 84; B, Blood, S. 57–81, 249f.: „There is no doubt that blood relics and miracle hosts were both instruments of clerical control and elements of religious and social resistance“. In der 1583 am RHR eingereichten Klage der gemeinen Judenschaft in Schwaben gegen Anton Fugger ging es um einen Diebstahl zweier Kleinkrimineller (A, Judenprozess, S. 53f.; L, Ausgrenzung, S. 249–254), die aus einem Kloster und mehreren Kirchen wertvolle Kultgegenstände entwendet hatten. Nach ihrer Verhaftung beschuldigten sie die Juden als ihre Auftraggeber. Angesichts der Beschuldigungen des Hostienfrevels und des Ritualmordes ließ Anton Fugger mehrere Juden, darunter Aaron aus Orsenhausen, ein Schutzjude der Herren von Roth (zu Aaron ., Ausgrenzung, S. 347, zu Orsenhausen S. 344–355), gefangen nehmen und der peinlichen Befragung unterziehen. Nach der Folter gestanden sie alle Vorwürfe. Im Verlauf der Sache ging der Prozess auf Betreiben der Judenschaft in Schwaben zunächst an die oberösterreichische Regierung und schließlich an den Kaiser (A, Judenprozess, S. 55; L, Ausgrenzung, S. 352). Aaron verstarb im Laufe der Inquisition. Siehe Judenschaft in Schwaben an den Kaiser (Praes. 2.12.1583) in HHSAW, RHR, AA, K. 86, fol. 33r–40v, hier fol. 34v–35r. Zu solchen Vorgängen im Spätmittelalter W, Instrumentalisierung, S. 200–205. S, Resolutionsprotokolle (a), S. 135f. HHSAW, RHR, R, XVI/63, fol. 276r (11.9.1591), 464r–465r (15.11.); ., XVI/64, fol. 140v (15.11.1591); ., XVI/65, fol. 41v–43r (3.4.1592), 120v (22.9.); ., XVI/66, fol. 33v–34v (3.4.1593); ., XVI/69, fol. 3r (11.1.1593); vgl. den Aktenbestand in ., D, K. 2263. Hierzu zählen die Vertreibung der Juden aus dem Herzogtum Braunschweig-Lüneburg

2.5 Konfliktfelder jüdischer Betreffe

85

vielen weiteren Fällen dieser Vergleichsperiode handelte es sich weniger um die Juden als Vertriebene oder Geschädigte als vielmehr um strittige Herrschaftsrechte zwischen mehreren Reichsständen und deren Untertanen.207 So setzte sich einerseits bspw. der Kölner Kurfürst Ernst von Wittelsbach als Bischof von Hildesheim konsequent für die Wiedergutmachung der von dort vertriebenen Juden ein. Auf diese Weise wollte der Kurfürst seine Herrschaftsrechte gegenüber dem nach reichsstädtischer Unabhängigkeit strebenden Hildesheimer Magistrat sichern.208 In einem anderen Fall wurde ein Jude namens Seligmann durch den Graf Wolfgang von Castell aus dem Dorf Remlingen vertrieben. Damit sollten dessen Herrschaftsansprüche in diesem Dorf gegenüber dem Mitbesitzer Löwenstein-Wertheim auf dem Feld des Judenschutzes unterstrichen werden.209

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durch Julius Heinrich: E., R, XVI/63, fol. 276r (11.9.1591), 384r (13.9.), 388r (16.9.); ., XVI/64, fol. 115v–116r (11.9.1591), 117v (13.9.), 119v (16.9.), 105v (21.8.); ., XVI/69, fol. 68r–68v (9.6.1593), 168r (11.10.). Für die Causa liegt kein Akt vor. Vgl. S, Resolutionsprotokolle (a), S. 135; R, Strukturen, S. 32–34; ., Leben, S. 314–324; E, Juden, S. 118–120; B, Gemeinde, S. 189–191. Veraltet, aber mit Aktenabdrucken, W, Juden (a) sowie ., Juden (b), S. 244–306; ebenso A, Geschichte, S. 83f. Zur Vertreibung aus dem Hochstift Würzburg durch Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn B, Juden, S. 82–99; M, Judengemeinde, S. 278–344; den RHR-Prozess bereits behandelnd F, Rechtsschutz, S. 115– 119. Vgl. die Causa des Kurfürsten von Köln als Bischof von Hildesheim ct. die Stadt Hildesheim in HHSAW, RHR, R, XVI/73, fol. 247r (15.11.1595); ., XVI/76, fol. 163r (13.11.1595); ., XVI/77, fol. 251v (3.12.1596); ., XVI/79, fol. 18v–19r (4.3.1597); ., XVI/80a, fol. 3v–4r (4.3.1597). Obige Perspektive betonend H, Geschichte, S. 81–90. Anlass der Klage war die Hochzeit Nathan Schays mit der Schwester seiner verstorbenen Frau (S, Resolutionsprotokolle (a), S. 135; B, Gemeinde, S. 191– 192). Diese Eheschließung wurde von den Hildesheimer Prediger sowol contra iuris tam canonici quam ciuilis, etiam in Specie iudaeos comprehendentem prohibitionem ausgelegt und so bewusst eine antijüdische Stimmung in der Bevölkerung angeheizt. Nathan habe ,Blutschande‘ betrieben. Er und die anderen Hildesheimer Juden mussten schließlich 1595 die Stadt verlassen (A, Geschichte, S. 95). Die Prager Judenschaft erreichte, dass der RHR den Kölner Kurfürsten anwies, die Hildesheimer Juden zu entschädigen (HHSAW, RHR, R, XVI/78, fol. 78r [6.5.1596]). Ausgangspunkt des Streits lag in einer Abmachung zwischen Castell und Ebersteinvon 1586 über die Hochzeit der Tochter eines gewissen Nathans mit obigem Seligmann. Da Nathans Frau gestorben war, sollten Tochter und Schwiegersohn bei ihm bis zu seinem Tod in Remlingen Schutz finden. Danach hatten beide das Dorf zu verlassen (Vertrag vom 2.3.1586 in SA W R. 50, Nr. 62). Dieser Fall trat 1594 ein, so dass Seligmann ohne Rücksprache mit Löwenstein als dem Mitbesitzer des Dorfes von Heinrich von Castell aufgefordert wurde, aus Remlingen wegzuziehen (Heinrich von Castell an wertheimische Regierung vom 20.4.1594 [Praes. 22.4.1594] in .). Seligmann weigerte sich und bat, dass wenigstens seine alte Mutter in Remlingen verbleiben bzw. er sie bis zu ihrem Tod dort pflegen dürfe (Seligmann an Heinrich von Castell u. Ludwig III. von Löwenstein-Wertheim am 18.4.1594 [Praes. 19.4.1594] in .). Ludwig III. von Löwenstein und die Wertheimische Regierung pochten ebenfalls auf ihren Judenschutz in Remlingen (Wertheimische Regierung an Amtmann Michael Freundt am 11.5.1594

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2. Kontextualisierung

Die untersuchten Causen zeigen eindeutig eine enge und als strukturell zu bezeichnende Verwobenheit von Ökonomie und Gewalt in den Jahren 1576 bis 1603. Wie sieht nun die Situation 150 Jahre später aus? 2.5.2 Die Jahre 1745 bis 1765 Die Prozesse aus der statistischen Kategorie ,Ökonomie‘ bilden in den Jahren nach 1745 die dominierende Gruppe. Im Vergleich zum 16. Jahrhundert können in dieser Kategorie keine Fälle ausgemacht werden, in denen es zu expliziten Gewalthandlungen an Juden kam. Wie in den Jahren 1576 bis 1603 handelt es sich bei den meisten Fällen aus dem Bereich ,Ökonomie‘ um geschäftliche Beziehungen, die im Prozess nicht weiter präzisiert wurden. Prinzipiell gilt aber für beinahe alle Fälle, dass das Gros der Geschäfte mit Hilfe von schnellen Wechseln210 oder Scheinwechseln

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in .; vgl. dieselbe am 15.5.1594 in .; siehe wertheimische Regierung an Amtmann Michael Freundt am 23.4.1594 [Praes. 24.4.1594] in .; dessen Antwort vom 28.4.1594 [Praes. 28.4.1594] in .; Wertheimische Räte an Amtmann Michael Freundt am 18.5.1594 in . sowie dessen Antwort vom 31.5.1594 in .). Mit der Erbhuldigung Wolfgang von Castells als Heinrichs Nachfolger brach der Konflikt dann erneut gewaltsam aus. Graf Wolfgang bestand darauf, dass Seligmann ihm huldige und drohte bei Zuwiderhandlung, ihn solange mit Gewalt zu behelligen, bis er freiwillig Remlingen verlasse. Seligmann indessen verweigerte dies unter dem Hinweis, allein der Löwensteiner Graf sei seine Obrigkeit (Ludwig III. von Löwenstein-Wertheim an Wolfgang von Castell am 21.4.1596 in .; siehe Seligmann an Ludwig III. von Löwenstein-Wertheim im Mai 1596 in .). Als Druckmittel zog Wolfgang von Castell Vermögenswerte des Juden ein und erklärte ihn für volgelfrei (Amtmann Michael Freundt an die wertheimische Regierung am 19.4.1596 in . R. 50, Nr. 62; Seligmann an Ludwig III. von Löwenstein-Wertheim im Mai 1596 in .; Ludwig III. von Löwenstein-Wertheim am 8.10.1596 an den Kaiser [Praes. undat.] in HHSAW, RHR, J. ., K. 51, fol. 1v; ders. an Amtmann Michael Freundt am 1.6.1596 in SA W R. 50, Nr. 62). Hierauf sah sich Seligmann und seine Familie heftigsten Repressalien bis hin zu systematischen Überfällen ausgesetzt (Ludwig III. von Löwenstein-Wertheim am 8.10.1596 an den Kaiser [Praes. undat.] in HHSAW, RHR, J. ., K. 51, fol. 4r–4v; Suplatio Pro mdto S. Cla uff die Constitution von Pfandung In Sachen der Wolgeborenen, Graff und Herr, Herr Cht Ludwigs, W. E: und J D graffen zu Lewenstein und Wertheim ctra herrn N.N. Graffen zu Castell [undat.] in SA W R. 50, Nr. 62; Ludwig III. von Löwenstein-Wertheim am 8.10.1596 an den Kaiser [Praes. undat.] in HHSAW, RHR, J. ., K. 51, fol. 3v–4r; Amtmann Michael Freundt an die wertheimische Regierung am 24.7.1596, Ludwig III. von Löwenstein-Wertheim am 10.3.1597 und Wertheimische Regierung an Wolfgang von Castell am 2.7.1596 [alle SA W R. 50, Nr. 62]). Ludwig III. von Löwenstein gab den Befehl, Seligmanns Familie ins Wertheimische zu führen (ders. am 8.10.1596 an den Kaiser [Praes. undat.] in HHSAW, RHR, J. ., K. 51, fol. 1v). Zur wachsenden Bedeutung des Wechselgeschäfts W, Einführung, S. 156–161, 166–170; zur Ausbildung des Wechselrechts A-T, Wechselverbindlichkeiten, S. 100–124; N, Kommunikation, S. 32–35.

2.5 Konfliktfelder jüdischer Betreffe

87

zwecks kurzfristiger Kreditbeschaffung ausgestellt wurde.211 Die Ursprünge der meisten Kreditaufnahmen liegen in den 1720er bis 1740er Jahren, also in einer Zeit vermehrt auftretender militärischer Konflikte wie dem Pfälzer, dem Polnischen und dem Österreichischen Erbfolgekrieg sowie den Schlesischen Kriegen, aber auch Missernten und daraus folgende ökonomische Krisen waren Gründe für Geldanleihen.212 Aus den Prozessgegenständen dieser Kategorie können fünf Konfliktfelder gebildet werden. In dem wichtigsten Konfliktfeld fungierten Juden als Finanziers adeligen Lebens vor allem auf dem Luxus- und Verbrauchswarensektor. Einige Suppliken sprechen allgemein von galanterie und anderen Waren, welche die Juden geliefert hatten.213 Die Tätigkeit von Juden für Obrigkeiten konzentriert sich zumeist auf die Ermöglichung adeliger Repräsentationsbedürfnisse.214 Der Landgraf von Hessen-Darmstadt lieh sich bspw. vom Bankier Jacob Adami und Dottres Samuel Stern 11 000 fl. für des herren Erb-Printzen Frau Gemahlin [. . . ] Braut-Jubellen sowie für die Kleiderausstattung der landgräflichen Kinder zwecks Teilnahme an den Krönungsfeierlichkeiten Franz I. Stephans zum Kaiser.215 211

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215

Karl Franz Wilhelm von Kametzky an den Kaiser (Praes. 9.12.1751) in HHSAW, RHR, D. R., K. 168/1, fol. 43r–62v; Joseph Moises Schuster an den Kaiser (Praes. 28.1.1734) in ., O. R., K. 452/10; hierzu A-T, Wechselverbindlichkeiten, S. 335. Vgl. K, Reichsritterschaft, S. 138–207, 326–337. Zitat Philipp von Croneck an den Kaiser (Praes. 18.10.1742) in HHSAW, RHR, D. R., K. 365/15; Jacob Ochs an den Kaiser (Praes. 16.8.1743) in ., K. 362/6; Model Hirsch Kuhn an den Kaiser (Praes. 22.6.1742) in ., K. 365/16; Jacob und Isaak Heßlin an den Kaiser (Praes. 3.2.1740) in ., K. 353/1; Joseph Moises Schuster an den Kaiser (Praes. 28.1.1734) in ., O. R., K. 452/10; Abraham Simon Erben an den Kaiser (Praes. 3.9.1764) in ., D. R., K. 1216/3. Mit einer ähnlichen Feststellung A, Verschuldung, S. 114; R, S, Judenbilder, S. 52. Ebenso weit gespannte Handelsbeziehungen in diesem Bereich unterhielt Getz Hayum aus Hanau mit dem Fürsten Karl von Waldeck. Vgl. SAM 118, Nr. 2266. Zu den Hofjuden des Fürstentums Waldeck S, Hoffinanz III, S. 87–93, wo Getz Hayum nicht erscheint. Ähnlich bei ., Hoffinanz II, S. 352–360, 364f. für Hofjuden aus Hanau. Vgl. Model Hirsch Kuhn an den Kaiser (Praes. 22.6.1742) in HHSAW, RHR, D. R., K. 365/16; Bär Löw Isaak Kann an den Kaiser (Praes. 16.10.1755) in ., K.382/9, wo er über Vormunds-Gelder und heyrath-Guths an den Landgrafen von Hessen-Darmstadt berichtet; Ludwig Friedrich von Sachsen-Hildburghausen an den Kaiser (Praes. 27.4.1750) in ., O. R., K. 1295/6; hierzu L, Juden (a), S. 236–248. David Dispecker gab dem Fürsten von Sachsen-Hildburghausen für zwei Wechsel in Höhe von 300 Carolin drei Juwelenringe. Siehe David Dispecker an den Kaiser (Praes. 25.6.1764) in HHSAW, RHR, D, K. 1637. Zur sozialen Stellung Dispeckers siehe die Zeugenbefragungen des Löw Löser Kitzinger in Beilage Nr: 3. unter Art: 1.; Michael Isaak an den Kaiser (Praes. 14.8.1743) in ., D. ., K. 168, fol. 57r–80v, fol. 63r. Dottres Samuel Stern an den Kaiser (Praes. 22.5.1759) in ., K. 384/6; HohenlohePfedelbach an den Kaiser (Praes. 15.3.1743) in ., K. 168, fol. 38r–52v, hier fol. 39r (vgl. hierzu K-H, Gemeinde, S. 74–78). Karl von Waldeck musste sich bei Getz Hayum Gelder für die Finanzierung eines standesgemäßen Begräbnisses seines Sohnes leihen. Diese sollten laut einer Anordnung an den Kammerrat Frensdorff

88

2. Kontextualisierung

Ein weiteres Konfliktfeld spiegelt die familienrechtliche Seite obrigkeitlicher Geldanleihen bei Juden wider. Diese Geldanleihen lagen in der Versorgung nicht erbberechtigter Nachkommen216 oder im Erwerb frühzeitiger Volljährigkeitserklärungen217 begründet. Zugleich weisen sie erneut Verknüpfungspunkte zu obrigkeitlichen Repräsentationsbedürfnissen218 auf.

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vom 6.8.1746 in SAM 118, Nr. 2266 eigentlich schon bezahlt sein; HHSAW, RHR, R, XVIII/111, fol. 320r–320v (15.5.1747); siehe ausführlich ders. an den Kaiser (Praes. 2.10.1733) in ., O. R., K. 452/10. Johann Wilhelm von Sayn-Wittgenstein-Vallendar, Oberhofmarschall Kurtriers, geheimer Rat und Kreisgesandter, benötigte ebenfalls Gelder für die Finanzierung seiner Anwesenheit bei der Krönung Franz Stephans zum Kaiser (Bericht u. Intervention der Kommission Sayn-Wittgenstein-Hohenstein an den Kaiser [Praes. 9.5.1758] in ., D. R., K. 383/2, hier Lit: A). Konstantin von Hessen-Rheinfels-Rothenburg lieh sich von Isaak Liebmann eine Summe von 4000 fl. für seine betont standesgemäße Rückreise von St. Petersburg nach Teutschland. Später stellte sich heraus, dass der Fürst das Geld nicht für seine Rückreise benötigte, sondern für die Auszahlung einer seiner Gläubiger (Samuel Simon an den Kaiser [Praes. 23.8.1743 u. 27.7.1746] in ., K. 373/9). Wolf Breisach verlieh an den aus dem landgräflichen Haus Hessen-Darmstadt stammenden Kardinal von Breslau 5500 fl. als Ergänzung seiner fürstlichen Appanage. Die Angaben entstammen aus der Relation in ., R, K. 74. Die Akten in ., D. R., K. 381/5 sind als ausgeliefert verzeichnet, können allerdings im SAD nicht ausfindig gemacht werden. Siehe E  H, AB I/13, Bd. 1 (unfol.), David Mayer Juda, Schutzjude zu Frankfurt ct. Hessen-Darmstadt, in pcto. debiti de 1743 - 1762 u. David Mayer Juda ct. Schutzjude zu Frankfurt ct. HessenDarmstadt, puncto debiti ad 23.535f. d 23kr. – de 1743 - 1755. Erhoben pr. GroßherzoglichHessen-Darmstädtischen Archiv-Director H. Dr. Baur dem 3. August 1858 sowie Jud Löw Isaak zur Kande ct. Hessen-Darmstadt, puncto einer Pfandverschreibung. de 1754 - 1766 u. Jud Wolf Breisach ct. Hessen-Darmstadt, mandati in puncto debiti de 1755 - 1758 u. Jud Isaak Moises ct. dem Landgrf. zu Hessen-Darmstadt, mandati in puncto debiti, de 1765. Erhoben pr. Großherzoglich-Hessen-Darmstädtischen Archiv-Director H. Dr. Baur dem 3. August 1858; vgl. B, Reichshofratsakten; S, Apanage, Sp. 485–487. Friedrich Karl von Bentheim bezahlte auf Druck des polnisch-sächsischen Generals de la Serre 30 000 Rtlr. für seine vorzeitige venia aetatis durch das kursächsische Vikariatsgericht. Bentheim stellte Wechselbriefe für die Summe aus, die de la Serre an den Amsterdamer Juden Jacob Levi Flores überschrieb. Siehe Friedrich Karl von Bentheim an den Kaiser (Praes. 17.10.1748) in ., D, K. 578/5 der sich an dieser Stelle auf ein kursächsisches Mandat von 1724 (hier Lit. B Extractus aus D. Thomae Heimers Teutsch Juristischen Lexicons fol. 630. §. 16.) beruft, das Minderjährigen und Personen, die im Kriegsdienst stehen, die Unterzeichnung von Wechselbriefen verbietet. Die Gründe für das Nichtinkrafttreten der venia aetatis bleiben unklar. Ähnlich Elias Oppenheimer an den Kaiser (Praes. 23.8.1746) in ., K. 1902. Der Oberhofmarschalls Kurtriers Johann Wilhelm von Sayn-Wittgenstein-Vallendar lieh sich bei Moises Benedikt Beifuß Gelder, weil ihme seine Diaeten außblieben (Moises Benedikt Beifuß an den Kaiser [Praes. 31.7.1755] in HHSAW, RHR, D. R., 383/2). Besonders seine Mitwirkungen bei den Kreisassoziationsverhandlungen (S, Landgrafschaft, S. 135–190) musste er sich durch den Juden finanzieren lassen. Siehe Bericht u. Intervention der Kommission Sayn-Wittgenstein-Hohenstein an den Kaiser (Praes. 9.5.1758) in HHSAW, RHR, D. R., K. 383/2, hier Lit: A. Johann Wilhelm von Sayn-Wittgenstein-Vallendar am 22.2.1758 an Hedwig Elisabeth von Sayn-Witt-

2.5 Konfliktfelder jüdischer Betreffe

89

Gerade solche Fälle zeigen die Problematik adeliger Nachkommenschaft, die qua Geburtenfolge nicht zur Herrschaftsnachfolge bestimmt waren. Ihre familienrechtlichen Ansprüche in Bezug auf eine standesgemäße Ausstattung zwecks adeliger Selbstdarstellung kollidierten mit den vorhandenen beschränkten finanziellen Handlungsmöglichkeiten ihrer Familien. Juden dienten an diesem Punkt als Finanziers angesichts einer schwierigen Einkommenslage. An dieser Stelle sei auf den Fall Marum Kahns gegen den Montforter Grafen Ernst und dessen Sohn Franz Xaver hingewiesen. Er spiegelt die bedrohte finanzielle Existenz reichsständischer Häuser ab der Mitte des 18. Jahrhunderts deutlich wider.219 Graf Ernst stand seit den 1730er Jahren in geschäftlichen Beziehungen zum württembergischen Hoffaktoren David Ullmann.220 Dieser wollte dem gräflichen Haus, das sich in einer prekären finanziellen Lage befand,221 eine größere Anleihe beschaffen. Allerdings scheiterte das Geschäft.222 1739 erhielt der Graf von Karl VI. erneut die Erlaubnis, eine Summe von 200 000 fl. aufzunehmen. Zu diesem Zweck kreuzten sich nun die Wege des Montforter Grafen mit Ullmanns ehemaligem Mitarbeiter Marum Kahn223 , der als Unterhändler in dieser Angelegenheit engagiert wurde.224 Nach einiger Zeit meldete Kahn, er habe einen Kreditgeber gefunden. Als Vorausleistung für die Nennung des Interessenten verlangte Kahn 6000 fl. und erhielt über diese Summe tatsächlich einen Wechsel.225 Zugleich musste er einen Revers-Brief226 unterschreiben, in dem festgehalten wurde, dass er die Summe nur erhalte, wenn das Geschäft innerhalb zweier Monate abgeschlossen sei. Ansonsten verpflichtete er sich, den Wechsel an den Grafen zurückzugeben. Kahn ging auf das Geschäft ein und

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genstein-Hohenstein. Ähnlich Benedikt Levi Gomperz ct. Karl Friedrich Gottlieb von Castell-Remlingen, der als Offizier eines brandenburg-onolzbachischen Regiments in der holländischen Provinz Geldern stationiert war und seinen Sold nicht ausgezahlt bekam (Benedikt Levi Gomperz an den Kaiser [Praes. 17.1.1747] u. Castell-Remling’sche Vormundschaft an den Kaiser [Praes. 22.8.1747] in ., D, K. 2864/1). Hierzu die Sammlungen von M, Schuldenwesen I; ., Schuldenwesen II; S, Adel, S. 114–116. Siehe S, Hoffinanz IV, S. 99f. So Ernst von Montfort an den Kaiser (Praes. 8.4.1748) in HHSAW, RHR, D. R., K. 383/1, der sich laut eigenem Bekunden in einer Debitverwaltung befand; ähnlich Philipp Karl, Georg Wilhelm u. August von Erbach an den Kaiser (Praes. 16.4.1734) in ., O. R., K. 452/10. Marum Kahn an den Kaiser (Praes. 23.12.1748) in ., D. R., K. 383/1. S, Hoffinanz IV, S. 107 nennt einen Maram Kahn, der mit Ullmann in geschäftlichen Beziehungen stand. Marum Kahn an den Kaiser (Praes. 23.12.1748) in HHSAW, RHR, D. R., K. 383/1. Siehe diesen vom 18.6.1739 als Lit: A. in Marum Kahn an den Kaiser (Praes. 10.4.1747) in . Siehe diesen vom 19.6.1739 als Lit: B. in Ernst von Montfort an den Kaiser (Praes. 8.4.1748) in .

90

2. Kontextualisierung

offenbarte Kardinal von Schönborn227 als interessierten Geldgeber.228 Nach vier Wochen erreichte die Montforter Delegation, dass Schönborn ihnen eine Anlehnungs-Punctation über 150 000 fl. zugestand, die aber erst durch kaiserliche Bestätigung ihre Wirksamkeit erlangen sollte.229 Kurze Zeit später starben Kaiser Karl VI. sowie Kardinal Schönborn. Erst 1743 erlangte der Graf nicht nur eine erneute Zusage des Speyrer Domkapitels, sondern endlich die verlangte Bestätigung durch Karl VII. Der Vorwurf Montforts lautete nun, dass sich der Jud im geringsten [nicht] mehr gerühret und Marum Kahn daher keinerlei Ansprüche mehr auf das Geld besitze.230 Der Fall verdeutlicht die ökonomische Krise, in die viele adelige Reichsstände hineingeraten waren.231 Zudem gab es einige wenige Fälle, die im politisch-militärischen Rahmen anzusiedeln sind.232 Wenige Causen verweisen auf Geschäfte, die im Bereich des Merkantilismus anzusiedeln sind. Die Handelsbeziehungen zwischen Getz Hayum und dem Waldecker Fürsten umfassten eben die fürstlichen Verbrauchs- und Repräsentationsbedürfnisse sowie den Bereich der Ar-

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232

Es handelt sich um Kardinal Damian Hugo Philipp von Schönborn (A, Bistum, S. 24–26; S, Haus, S. 154–156, 159). Er war Kardinal und Fürstbischof von Speyer und Fürstbischof von Konstanz. Siehe Ernst von Montfort an den Kaiser (Praes. 8.4.1748) u. Marum Kahn an den Kaiser (Praes. 23.12.1748) in HHSAW, RHR, D. R., K. 383/1. Ernst von Montfort an den Kaiser (Praes. 8.4.1748) in . Ernst von Montfort an den Kaiser (Praes. 8.4.1748) in . und ders. an den Kaiser [Praes. 5.10.1750] in .); Marum Kahn an den Kaiser (Praes. 23.12.1748) in . Einige Juden engagierten sich zur Zeit der preußisch-habsburgischen Konflikte in den 1740er Jahren bzw. während des Siebenjährigen Krieges im Pferdehandel vornehmlich im Auftrag der kaiserlichen Kriegskommissariate. Siehe zu diesem Komplex P, Mediatisierung, S. 139–141; ., Folgen, S. 246f.; H, Konkursverwalter, S. 1–24; W, Rechtsprechung; ., Einfluß, S. 83–109; A, Reichsdebitveraltung, S. 95–113; vgl. zur Grafschaft Isenburg-Büdingen A, Verschuldung; H, Durchführung. Vgl. die Relation zum Fall von Bourg ct. Elias u. Hertze Marx in HHSAW, RHR, D, K. 1111. Bourg war mit der Frau des Reichsritters Romberg verheiratet, der einen Pferdehandel von 21 000 Livres für eine nicht näher spezifizierte Husarenkompagnie mit den beiden Juden einging, die beiden aber nicht ausbezahlte. Siehe ebenso den Prozess des Nathan Moises Goldschmidt ct. das brandenburgisch-onolzbachische Geleitamt in Fürth (Praes. 19.6.1759) in ., D. R., K. 353/2. Hier ging es um eine Lieferung über 2200 Pferde an das kaiserliche Kriegskommissariat in Pilsen (vgl. ., R, XVIII/141, fol. 312r [22.10.1759]). Dagegen ging es im Prozess des Fugger-Babenhausischen Rats und Oberamtmanns zu Kettershausen, Johann S. von Hygle, gegen die Juden Abraham Straßburger, Isaak Salomon Schweitzer und Abraham Neuburger um einen vom kaiserlichen Kriegskommissariat in Auftrag gegebenen und zunächst am Landgericht des Burggrafentum Nürnbergs und dem brandenburgisch-onolzbachischem Justizkollegium verhandelten Kontrakt über den Ankauf von 600 Kavallariepferden. Siehe die Relation in ., D. R., K. 6/3 u. in ., R, K. 66.

2.5 Konfliktfelder jüdischer Betreffe

91

meeversorgung.233 Allerdings stellen diese Prozesse eine verschwindende Minderheit dar. Der einzige im Horizont merkantiler Wirtschaftspolitik agierende Jude war der wittelsbachische Hoffaktor Noe Samuel Isaak. Er firmierte als Großunternehmer im Salz- und Weinhandel sowie als kurbayerischer Armeelieferant. Zudem wies er enge Kontakte zum württembergischen Kabinettsfaktor Joseph ,Süß‘ Oppenheimer auf.234 Allerdings klagte er nicht gegen den bayerischen Kurfürsten, sondern in zwei Bagatellfällen gegen Privatpersonen.235 Noe appellierte Anfang März 1754 gegen ein Urteil des Hofrates in Mergentheim an den RHR. Streitgegenstand war ein Schuldposten von nur 700 fl., den Noe dem kurbayerischen Leibgardetrabanten Thomas Hasslinger236 als Vormund der kißlerischen Erben schuldete.237 Es handelte sich also um einen eher geringen Streitwert. Er rührte von einem Handelskontrakt aus dem Jahr 1733 her, in dem Noe mit dem Münchner Wollweber Jacob Kißler ein Geschäft über Uniformenstoff für die kurbayerische Armee238 abgeschlossen hatte. Nur zwei Causen weisen hingegen dezidierte Gewaltakte gegen Juden aus. Hier spielen gleichwohl politische Fragen eine erhebliche Rolle. Im ersten Prozess führte der im Kanton Kocher immatrikulierte Schmidtberg239 für seinen Juden Aaron Nathan aus Lehrensteinsfeld240 die Ursachen seiner Appellation an das kaiserliche Gericht aus.241 An sich handelte es sich um einen einfachen Gelddiebstahl eines gewissen Michael Lamprecht. Eine große Summe dieses Diebstahls verwechselte der als mittellos und zwielichtig bekannte Lamprecht bei Aaron Nathan. Der Diebstahl flog auf, Lamprecht wurde verhaftet, verhört

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237 238 239 240 241

Rechnung der Juden von Hanau Nro 8. in SAM 118, Nr. 2266; vgl. Aufstellung von Schuldposten (1733) in ., Nr. 2187; Getz Hayum an den Kaiser (Praes. 23.2.1750) in HHSAW, RHR, O. R., K. 1769/1; Ingelheim an den Kaiser (Praes. 28.7.1752) in ., D. ., K. 148; ders. an den Kaiser (Praes. 20.11.1751) in . Siehe das Urteil vom 19.7.1751 . S, Gemeinden, S. 41; zu Oppenheimer S, Hofjude, S. 104–120. Vgl. HHSAW, RHR, R, XVIII/110, fol. 46v (14.7.1746); ., XVIII/128, fol. 429r– 429v (27.5.1754). Johann Thomas Hasslinger wurde als ehemaliger Tambour des Kurprinzenregiments in die Trabantengarde aufgenommen (vgl. HSAM, K, A VI 1, Bund 37: Lista der Neuaufgenohmenen Mannschafft [18.3.1741]). Siehe Noe Samuel Isaak an den Kaiser (Praes. 1.3.1754) in HHSAW, RHR, D. R., K. 367/4. Siehe lit. E Verzeichnuss vom 25.8.1733 in Noe Samuel Isaak an den Kaiser (Praes. 1.3.1754) in . S, Kanton, S. 271. Zur Judengemeinde in Lehrensteinsfeld S, Gemeinden, S. 120f. Die Ausführungen beruhen auf der Supplik Aaron Nathan an den Kaiser (Praes. 22.4.1748) in HHSAW, RHR, D, K. 334, die indessen aus der Sicht des Schmidtbergs verfasst wurde. Zusätzliche Informationen finden sich in Species Facti des Aaron Nathans im Brief No. 13 schmidtbergischer Amtmann Härlin an Freiherr von Schmidtberg vom 15.9.1747 in .

92

2. Kontextualisierung

und der peinlichen Befragung242 unterzogen. In diesem Rahmen beschuldigte er Aaron Nathan als Mittäter. Dieser habe wissentlich das Diebesgut in Silbermünzen eingewechselt. Unter Verschweigen dieser Vorgänge ließ der löwensteinische Vogt nun bei Schmidtberg anfragen, ob Aaron Nathan als Zeuge nach Löwenstein kommen könne.243 Nach dem ersten Verhör ließen die löwensteinischen Behörden Aaron Nathan frei abziehen, zitierten ihn aber kurz darauf nochmals zum Verhör.244 Aaron folgte auf Zustimmung seines Schutzherrn erneut der Zitation245 , wurde aber nun als Mittäter verhaftet.246 Da er mitschuldig sei, könne er sich nur durch die Stellung einer Kaution in Höhe des entstandenen Schadens von 300 fl. loskaufen. Trotz mehrfacher Proteste Schmidtbergs blieb der zuständige Vogt bei seiner eingeschlagenen Linie. Nachdem Aaron Nathan der Kautionszahlung aus eigenen Mitteln letztendlich zustimmte247 , nahm die Angelegenheit für den Juden eine weitere unerwartete Wendung, ließ der Vogt ihn doch durch den Juden Hirsch wissen, er könne ihn erst freilassen, wenn er ihm zusätzlich 150 fl. gebe. Da Aaron Nathan keinerlei Gelder bei sich hatte, stellte er auf Hirsch eine Obligation aus und wurde tatsächlich freigelassen. Auf seiner Rückreise nach Lehrensteinsfeld überwältigte Hirsch ihn, nahm ihm die Obligation ab, zerriss sie und tauchte unter. Nun ging die Auseinandersetzung als Nullitätsklage Schmidtbergs an den RHR, in der er sich vor allem über die Verletzung seiner Jurisdiktionsrechte durch die Wertheimische Regierung beim Kaiser beschwerte.248 Der kleine Reichshofratsakt zur Verhaftung des David Mayer Juda Kulps durch Kurmainz249 spiegelt neben reichspolitischen Themen250 zugleich Ereignisse um die Kulp-Kann’schen Wirren in der Reichsstadt Frankfurt wider.251 Der weit über Frankfurts Grenzen hinaus bekannte und am Wiener Hof sehr geschätzte Baumeister aus der Familie Kulp252 wurde im Zuge des Machtkampfes mit Bär Löw Isaak Kann253 von diesem beim Mainzer Kurfürs242 243 244 245

246 247 248 249 250 251 252 253

Vgl. Aaron Nathan an den Kaiser [Praes. 22.4.1748] in . Vgl. No. 1 Brief des Vogt Rohdius an den schmidtbergischen Amtmann Härlin vom 6.7.1747 in Aaron Nathan an den Kaiser (Praes. 22.4.1748) in . Siehe No. 2 Vogt Rohdius an den schmidtbergischen Amtmann Härlin vom 29.7.1747 in . Sämtliche Verhöre des Lamprechts und des Aaron Nathans in Lit: C Actum Löwenstein d 1t Julij 1747 Pro Copia in Wertheimer Regierung an den Kaiser (Praes. 27.1.1750) in ., hier fol. 4v–41r. Siehe No. 3 Vogt Rohdius an den schmidtbergischen Amtmann Härlin vom 30.7.1747 in Aaron Nathan an den Kaiser (Praes. 22.4.1748) in . Vgl. No. 8 Vogt Rohdius an den schmidtbergischen Amtmann Härlin vom 15.8.1747 in . Vgl. Aaron Nathan an den Kaiser (Praes. 22.4.1748) in . Vgl. ., K. 1524/1; SAW, MRA, M, K. 147/209/1 u. ., K. 147/209/1. S, Währungspolitik, S. 118–123; ., Geldhandel; ., Frankfurt. K, Wirren, S. 137–205; ., Geschichte II, S. 185–216. Siehe zu David Mayer Juda ., Geschichte II, S. 185f. Zur Familie Kulp D, Stammbuch, S. 174–177. Siehe zu Bär Löw Isaak K, Geschichte II, S. 186f.

2.5 Konfliktfelder jüdischer Betreffe

93

ten verhaftet. Nur durch entschiedene kaiserliche Hilfe gelang der kaiserliche Hoffaktor auf freien Fuß.254 Nach langem diplomatischen Gezerre zwischen Wien und Mainz255 konnte David Mayer Juda nach anderthalb Jahren Haft in Mainz und Hausarrest in Wien256 nach Frankfurt zurückkehren.257 In diesen Fällen traten die Juden nicht selbst vor dem Gericht in Erscheinung. Ging es bei David Mayer Juda um Konflikte zwischen der Wiener Hofburg und dem Mainzer Kurfürsten, so ist der Fall Aaron Nathans in den reichspolitisches Aufsehen erregenden Angriff des Herzogtums Württemberg auf die Reichsritterschaft in den Jahren 1748 bis 1751 einzuordnen.258 In den Prozessen spielten neben innerjüdischen Konfliktlinien insofern vor allem reichs- und tagespolitische Themen eine entscheidende Rolle.259

254

255

256

257

258

259

Vgl. kaiserlicher Factorstitel Wien 3. Juli 1750 Jude David Mayer in HHSAW, R, A, K. 1/4, fol. 186r–196r. 1762 (vgl. ., RHR, S, K. 6/7, fol.14r– 15v); K, Wirren, S. 163 u. Fn. 4; ., Geschichte II, S. 195. Vgl. Colloredo an Cobenzl 4.1., 10., 25.6., 16.7., 5.8., 27.10., 20.11. u. 20.12.1751 in HHSAW, R, W, K. 12, fol. 159r, 168r, 170r, 172r, 175r, 182r, 180r, 185r. Cobenzl an Colloredo am 23.8. u. 13.12.1752 ., B, K. 52. Pergen an Colloredo am 19.2. u. 6.6.1753 in ., B, K. 53 (Konzept) u. ., W, K. 54 (Reinschrift); Colloredo an Pergen am 22.5.1753 in ., W, K. 13. G, Verhaftung. Vgl. Copia kay: Schutz-Briefs für David Mayer Juda dd: 8. Aug: 1752 auf drei Monate in ., S, G K, K. 380; Cobenzl an Colloredo am 23.8.1752 in ., R, B, K. 52; Colloredo an Pergen am 22.5.1753 in ., W, K. 13 sowie Pergen an Colloredo am 6.6.1753 in ., B, K. 53 (Konzept) u. K. 54 (Reinschrift); vgl. ., RHR, S, K. 6/7, fol. 19r–20r. Siehe David Mayer Juda an Cobenzl am 4.9.1752 in ., S, G K, K. 380; ders. an Cobenzl am 15.9.1752 in .; Cobenzl an David Mayer Juda am 6.u. 12.9.1752 in . Zusammenfassend zum Streit zwischen Württemberg und der Reichsritterschaft mit einer prägnanten Übersicht der württembergischen Ziele gegenüber der Reichsritterschaft bei S, Kanton, S. 125–128 u. A, Reich III, S. 53–57. Siehe ausführlich P, Angriff, S. 329–348 u. veraltet, aber quellennah P, Verhandlungen, S. 106–130. Vgl. hierzu G, Verhaftung, S. 69-101. Dagegen ging es bei der Klage der Witwe von Westerholt zu Lembeck sowie des Grafen von Merveldt (F, Westerholt, S. 243–326; O, Merveldt, S. 191–193; G, Geschlecht) gegen den Kurfürsten von Köln um die Ausübung des lokalen Judenschutzes respektive -geleits (ius resipiendi judaeos; Zitat Kölner Kurfürst an den Kaiser [Praes. 7.1.1740] in HHSAW, RHR, O. R., K. 1845, Bd. 1; vgl. ders. an den Kaiser [Praes. 30.10.1746, 16.2.1756 u. 3.2.1758] in .); Witwe von Westerholt zu Lembeck an den Kaiser (Praes. 5.11.1739) in . Das Ziel des Kurfürsten bestand nach dem Tod Westerholts darin, für dessen Besitzungen das Judengeleit aufzuheben (Kölner Kurfürst an den Kaiser [Praes. 7.1.1740] in .; Witwe von Westerholt zu Lembeck an den Kaiser [Praes. 1.12.1749, 31.5.1752 u. 22.9.1756] in .), wogegen die Witwe protestierte und auf die Verleihung dieses Rechts im Mittelalter verwies.

94

2. Kontextualisierung

2.6 Zwischenergebnisse Die Auswertung der Resolutionsprotokolle ermöglichte für beide Vergleichszeiträume eine beinahe komplette Erschließung der jüdischen Causen. Sie spiegeln einen Zugewinn an Zuverlässigkeit und bürokratischer Professionalität in der reichshofrätlichen Arbeit zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert wider.260 Prozesse von Juden gegen adelige Herrschaften bilden in beiden Zeitperioden keinesfalls die Ausnahme neben den reichsstädtischen Causen, sondern stellen den absoluten Regelfall dar.261 Zugleich zeigen die Zahlen eine überproportionale Präsenz jüdischer Prozessparteien am RHR. Juden klagten am RHR stets öfter gegen adelige Herrschaften, als dass sie von diesen verklagt wurden. Die Zahlen deuten auf eine zunehmende Integration der Juden in den Reichsverband hin. Die Prozessfrequenzen jüdischer Belange sind in beiden Zeitphasen als relativ konstant und stabil zu bezeichnen. Sie unterlagen aber im Detail einer zeitversetzten Parallelität zur Gesamtprozessfrequenz.262 Sie verdeutlichen die Abhängigkeit der Frequentierung des kaiserlichen Gerichts von äußeren Faktoren. Die Juden reagierten auf sie wie die christliche Bevölkerung entweder mit stärkerer Frequentierung oder zeitweiliger Zurückhaltung.263 Diese Ergebnisse sprechen für ein Kaiser- und Reichsbewusstsein der am RHR klagenden Juden264 und für die Aktualität des Nahverhältnisses zum Kaisertum. Sie waren sich ihrer Möglichkeiten, am RHR klagen zu können, durchaus bewusst. Zugleich stellt das statistische Aufkommen jüdischer Causen das Paradigma der Territorialisierung der Juden in seiner bisherigen Form in Frage.265 Dies gilt vor allem, da die Zahlen eine starke Anbindung der sozial und rechtlich privilegierten jüdischen Kläger an das rechtliche System des Alten Reichs belegen.266 Insbesondere die Kleinräumigkeit der zentralen Landschaften des Reichs

260 261

262 263 264 265 266

Ähnlich K, Judengemeinde, S. 31. L, Gravamen, S. 104 zweifelte diesen Umstand an; K, Judengemeinde, S. 48 sieht von 211 Prozessen 111 Causen, die von jüdischen Gemeinden als Kooperation respektive einigen ihrer Mitglieder angestrengt wurden. S, Suppliken, S. 175 konnte ein klares Übergewicht von Untertanenklagen für seinen Untersuchungszeitraum feststellen. Zu ähnlichen Ergebnissen gelangt K, Judengemeinde, S. 35–39, 44f. Siehe hierzu insgesamt O, P, Prozessfrequenz. Siehe hierzu K, Flügel, S. 221–253; zu einer solchen Mentalität ,reichsbewusster‘ Untertanen deutscher Territorien P, Kriege, S. 35f. Siehe hierzu G, Krieg. Ähnlich U, Geschichte, S. 56.

2.6 Zwischenergebnisse

95

im Westen und Süden und die hier besonders wirksame Präsenz der Reichsgewalten267 beeinflussten die Juden, den Weg an das RHR zu suchen.268 Die vorliegenden Zahlen verweisen auf den Rückzug des RKG aus diesen Regionen zugunsten des RHR.269 Mit der Konzentration des RHR auf diese Regionen270 korrespondiert zudem die Dominanz kleinerer Grafen- und Fürstentümer sowie der jeweiligen Reichsritterschaften. Gerade in diesen Herrschaftsgebilden lebten bis zum Ende des Reiches die meisten Juden. Zugleich sind in diesen ,königsnahen‘ Zentrallandschaften271 die Personenkreise zu finden, die als ,kaiserliche Klientel‘ untersucht worden sind. Die hier anzutreffenden Herrschaften waren wegen ihrer strukturellen, d. h. ihrer ökonomischen, militärischen und politischen Schwäche auf die Reichsverfassung und das Kaisertum angewiesen.272 Hier scheint das Wissen der am RHR klagenden Juden um die kaiserliche Funktion als oberster Richter ausgeprägter gewesen zu sein als in Regionen, in denen der Kontakt zum Reichsoberhaupt gestört oder gar unterbrochen war. Die territoriale Offenheit und die sich hieraus ergebenden strukturellen Mängel adeliger Herrschaftsausübung in diesen Zentrallandschaften des Reichs begünstigten Prozesse von Juden am RHR.273 Gleichwohl ist im zeitlichen Vergleich eine soziale Verengung jüdischer Kläger zu beobachten.274 Eine Erklärung hierfür mag unter Umständen im Anstieg des Lebensstandards innerhalb einiger jüdischer Bevölkerungsgruppen zu sehen sein, so dass nur noch diese sich eine Klage vor den Reichsgerichten im 18. Jahrhundert leisten konnten275 . Die Hoffaktoren des 18. Jahrhunderts besaßen wie schon ihre sozial besser gestellten Glau267

268

269 270 271 272

273

274 275

Z. B. die Reichsversammlungen in den oberdeutschen Städten N, Reich, S. 64–66 u. P, Patronat. Zu Franken S, Reichskreis, S. 27f.; vgl. U, Geschichte, S. 57–62. Ähnliches bei K, Judengemeinde, S. 53–57. Ähnlich S, Ritualmord, S. 48–50. Bereits W, Prozesse, S. 64 stellte fest, dass die „Prozessfrequenz des Reichskammergerichts im Bereich des heutigen BadenWürttembergs nichts anderes wider[spiegelt] als die Siedlungssituation der Juden in der frühen Neuzeit“. R, Recht I, S. 175f.; U, Geschichte, S. 55f.; O, Auftrag, S. 70f., 74; B, Gesellschaft, S. 35–60. Ähnliche Ergebnisse bei B, Gesellschaft, S. 67–70. Siehe zu diesem von M geprägten Begriff P, Reich, S. 227f. Ähnliche Ergebnisse bei K, Judengemeinde, S. 5–57; P, Reichsritterschaft (a), S. 101–122; ., Kaiser, S. 163–194 sowie S, Kulturgeschichte, S. 257–307; B, Reich, S. 129–159, hier S. 158f.; siehe zum kaiserlichen Klientelsystem P, Patronat, S. 35–46; O, Auftrag, S. 76; U, Geschichte, S. 58. K, Flügel, S. 232f.; U, Geschichte, S. 150f.; ., Nachbarschaft, S. 148; S, Überblick, S. 309–311, 319; T, Aspects, S. 77–89; ., Siedlungsstruktur, S. 29–39; H, PeuplierungspolitiK. Siehe zeitgenössisch A, Discurs, S. 18. S, Juden, S. 192; ., debiti, S. 154; U, Geschichte, S. 74; B, Wirtschaftselite, S. 39f. Vgl. zum Lebensstandard im 18. Jh. S, Ursprung, S. 52–63.

96

2. Kontextualisierung

bensgenossen im 16. Jahrhundert die Möglichkeit, kostspielige Prozesse am kaiserlichen Gericht zu führen.276 Ob an dieser Stelle von einer Finanz-277 beziehungsweise Wirtschaftselite278 zu sprechen ist, die ausschließlich am RHR klagte, kann kaum bemessen werden. Dies gilt umso mehr, als dass aufgrund der Kleinräumigkeit des Reiches eher regionale oder sogar lokale Maßstäbe insbesondere bei den weniger bekannten Hoffaktoren angelegt werden müssen, um deren soziale Positionierung zu bestimmen. Ähnlich betonte jüngst K, dass sich der Klägerkreis einengte, „was jedoch nicht unbedingt mit einem speziellen Rechtsstaus der Hofjuden zu tun haben muss, der ohnedies im Einzelnen völlig differierte und für den RHR [. . . ] ohne Belang war“.279 Gleichwohl ist eine Konzentration auf Juden aus einer weit gefassten jüdischen Oberschicht hervorzuheben, die am RHR klagten.280 Allerdings waren es in der Regel nicht die in der Literatur behandelten prominenten Vertreter der Hoffaktorenschicht, sondern die weniger berühmten Mitglieder dieser sozialen Oberschicht innerhalb der jüdischen Bevölkerung.281 In beiden Vergleichszeiträumen nahm die Finanzierung des adeligen, standesgemäßen Lebens den ersten Platz ein. Im zeitlichen Vergleich kann dieser Bereich als relativ stabil bezeichnet werden.282 In der zunehmenden Verschuldung vieler Reichsstände lag ein Betätigungsfeld jüdischer Kredittätigkeit begründet.283 Der Problemkreis der reichsständischen Verschuldung nahm vor allem nach 1648 zu. Die Ursachen liegen in der den Reichsständen seit dem Westfälischen Frieden zugestandenen Souveränität und in den damit verbundenen erhöhten Pflichten zur höfischen Repräsentation begründet.284 Die ökonomische Entwicklung in Richtung Merkantilismus zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert ließ viele der kleineren Herrschaftsgebilde wirtschaftlich zusätzlich ins Hintertreffen geraten und setzte sie in ihrer 276

277 278 279 280 281

282 283 284

Vgl. K, Judengemeinde, S. 36; S, Rechtsnormen, S. 113; ., debiti, S. 154; N, Reich (a), S. 163; A, Lage; A, Alltagsleben; D, Frankfurt; R, Mitte; S, Geldhandel; S, Wechselmarkler, S. 102–114. Zu diesem Begriff siehe K, Judengemeinde, S. 37. Hierzu B, Wirtschaftselite. K, Judengemeinde, S. 36f. (Zitat ebd.). So L, Geschichte, S. 50. Vgl. R, Hofjuden, S. 18. Siehe zu diesem erst seit kurzem Aufmerksam zuteil werdenden Personenkreis D, Einführung, S. 283; B, Ehre, S. 283; F, Ort, S. 283. Vgl. ähnliche Ergebnisse bei S, Leben, S. 177; U, Nachbarschaft, S. 294f.; L, Juden, S. 150f.; L, Leben, S. 202–225, 247–258, 556–575. Zur Klärung dieser Frage werden in Zukunft vergleichende Studien sowohl im innerjüdischen Kontext aber auch zu christlichen Klägern weiterhelfen können. Die Studie von S, Suppliken, S. 39f., 41f. zeigt erste Parallelen zum christlichen Klageverhalten auf. Vgl. K, Hofjuden, S. 46. Vgl. H, Konkursverwalter; M, Schuldenwesen I; ., Schuldenwesen II; W, Rechtsprechung, S. 260–277. Vgl. B, Hofökonomie, S. 31f.; siehe auch S, Crisis, S. 93–95; hiergegen argumentiert A, Legitimation, Abs. 7f.

2.6 Zwischenergebnisse

97

politischen Unabhängigkeit erheblich unter Druck.285 Die Souveränitätslehre brachte ab dem Ende des 17. Jahrhunderts für diese kleinen Territorien neue Anforderungen mit sich, die den Konkurrenzdruck gegenüber den großen Reichsständen nur noch erhöhte. Zudem blieben die meisten von ihnen der drohenden Gefahr einer Mediatisierung durch die großen Reichsfürsten bis zum Ende des Alten Reichs ausgesetzt286 , was zur ständigen Zurschaustellung der eigenen Herrschaft zwang.287 Dieses kostspielige Hofzeremoniell, das als Ausdruck jener Souveränität entwickelt wurde, korrelierte oftmals nicht mit den gegebenen wirtschaftlichen Grundlagen.288 Insofern waren die Juden als Hoflieferanten seit dem 16. Jahrhundert in die politisch motivierte Repräsentationspflicht, die eine wirtschaftliche Dimension besaß289 eingebunden.290 Die Handelsbeziehungen zwischen Juden und adeligen Herrschaften spiegeln für beide Zeitperioden den gemeinsamen Alltag von Juden und kleineren Reichsständen im 16. und 18. Jahrhundert wider. Von einer effektiven Einbindung in eine rationalisierte merkantile Wirtschaftspolitik291 wie im viel bemühten292 , allerdings durch Schenk einer Revision293 unterzogenen Musterbeispiel Preußen kann in den hier referierten Fällen kaum gesprochen werden. Die Kontinuitätslinien des Hofjudentums liegen zum System der Hoffaktoren für die hier untersuchten RHR-Prozesse zwar offen auf der Hand.294 Im Ganzen zeichnet sich aber das Bild eines an sich ,kleinen‘ Handels- und Kreditgeschäfts der am RHR klagenden Juden mit den landesherrlichen Obrigkeiten 285

286 287 288

289

290 291 292

293 294

E, Adel, S. 9f., 18, 73f.; P, Mediatisierung, S. 139; ., Folgen, S. 252; S, Höfe, S. 74, 77–93; S, Adel, S. 141–229; D, Abseits, S. 282; K, Wirtschaftsgeschichte, S. 227. W, Rechtsprechung, S. 435; E, Adel, S. 6f. Ähnlich W, Rechtsprechung, S. 261–263; A, Adel, S. 72f.; B, Hofökonomie, S. 32. E, Adel, S. 56f.; ., Adel, S. 7, 13, 38, 60; A, Verschuldung, S. 12– 86, 239f.; G ., Nobles, S. 22; B, Gesellschaft, S. 93f.; G, Hofjuden, S. 12–28; ., Entwicklung, S. 12, 14, 16–17; A, Adel, S. 43–51; P, Ritterschaft, S. 253f.; W, Rechtsprechung, S. 435; S, Höfe, S. 85; K, Reichsritterschaft, S. 138–153. Vgl. B, Gesellschaft, S. 93f.; P, Ritterschaft, S. 255f.; W, Rechtsprechung, S. 436; E, Adel, S. 33; ., Grundlagen, S. 218, 237; S, Höfe, S. 85; G ., Nobles, S. 45f.; K, Schlossbauten, S. 677; G, Hofjuden, S. 60. B, Neuzeit, S. 123f.; R, Hofjuden, S. 15; D, Einführung, S. 83; H, Geschichte, S. 34; T, Juden, S. 8f., 99, 100; A, Verschuldung, S. 87–138. Vgl. hierzu G, Hofjuden, S. 59–65. S, Hofjude, S. 37–55, 155–160; ., Staat, 3 Bde.; zur Bedeutung der Juden in der preußischen Wirtschaftspolitik unter Friedrich II. B, Geschichte, S. 74–85; I, Jewery (b), S. 123–144; B, Juden (c), S. 42–44, 59, 108f.; S, Juden, S. 95f., 101f.; B, Neuzeit, S. 110f. S, Wegbereiter, S. 625–645; ., Auswirkungen, S. 27–64, bes. S. 62–64. Vgl. S, Hofjude, S. 36–103; K, Court Jews, S. 11–25; S, Privilegien, S. 22–27; B, Juden (c), S. 32; L, Leben, S. 195–201.

98

2. Kontextualisierung

abseits der großen merkantilen Projekte ab. Die jüdischen Klagen am RHR resultieren zwar aus überterritorialen Geschäftsbeziehungen und bestätigen damit die diesbezüglichen Vermutung B.295 Allerdings sind solche Geschäftsbeziehungen nicht Ausdruck einer reichsweiten, sondern allenfalls regionalen und den jeweiligen Handlungsoptionen beider Geschäftspartner geschuldeten Geschäftstätigkeit.296 Die Aktivitäten der Juden lagen auf einer Vermittlertätigkeit zwischen adeligen Konsumenten sowie lokalen wie regionalen Produzenten. Der Zweck dieser Aktivitäten bestand in der standesgemäßen Versorgung der adeligen Familie auf einem niedrigen bis mittleren Niveau.297 L äußerte jüngst die Meinung, dass Juden im kameralistischen Schriftgut eine Randerscheinung bildeten. L Schlussfolgerung, die Thematisierung des Judenschutzes habe sich den Kameralisten verboten, da sie an den Grundfesten von christlicher Religion und Tradition gerüttelt hätte, mag sicherlich stimmen.298 Weit wichtiger dürfte aber wohl die Tatsache sein, dass Juden, von wenigen Ausnahmen abgesehen, in diesen ökonomischen Theorien aufgrund ihrer Marginalität keine bedeutendere Rolle spielten. Werden andere Studien wie die K über die schwäbische Reichsritterschaft herangezogen, bestätigen sich diese Annahmen vor allem mit Blick auf die kleinen Herrschaftsträger im Reich: Das Kreditvolumen der Kantone Neckar-Schwarzwald und Kocher betrug zwischen 1648 und 1806 über fünf Mio. fl., davon entfielen knapp 360 000 fl. auf Juden (7,2 %) und dagegen ca. zwei Mio. fl. auf adelige Standesgenossen (43 %).299 Die RHR-Prozesse revidieren das einseitige stereotype Bild vom bedeutenden Hoffaktor als ökonomischem Bündnispartner des fürstlichen Merkantilismus sowie über „Les juifs, le monde et l’argent“,

295 296 297

298 299

B, Juden (c), S. 74. K, Judengemeinde, S. 268; K-H, Gemeinde, S. 60f. A, Verschuldung, S. 114; Z, Neuzeit, S. 122f.; E, Juden, S. 35f.; R, Leben, S. 416–420; D, Einführung, S. 282; D, Abseits, S. 46; U, Nachbarschaft, S. 198; K, Judengemeinde, S. 268; K-H, Gemeinde, S. 38–44; T, Wirtschaft, S. 35. Vgl. L, Gravamen, S. 91–95, hier S. 95. K, Reichsritterschaft, S. 334; K. H, Die Einheit der Künste. Die Ausstattung des thüringischen Residenzschlosses Heidecksburg in Rudolstadt zwischen 1735 und 1770, Dissertation Marburg 2009 konnte nachweisen, dass es bzgl. der Finanzierung des Residenzschlossen Heidecksburg – mit Ausnahme nur eines Juden – keine jüdischen Kreditgeber für das Fürstentum Schwarzburg-Rudolstadt gab. Ebenso nennen die Beiträge der Sektion ,Woher kommt das Geld?‘ in F, H, P (Hrsg.), Hofwirtschaft keine Juden für die Finanzierung höfischen Lebens. Ähnlich betont D, Judenhaß, S. 113, dass im 16. Jh. nur wenige Juden mit den oberdeutschen Handelshäusern verglichen werden könnten. Ähnlich für das Mittelalter F, Wucherjude, S. 133f. u. W, Juden, S. 287f. Vgl. für Frankfurt KH, Gemeinde, S. 40: „Im Durchschnitt war die Höhe der vergebenen Kredite wenig erheblich“.

2.6 Zwischenergebnisse

99

das von A300 gezeichnet wurde.301 Die hier untersuchten Prozesse sind eher als Produkte der adeligen Repräsentativkultur302 zu bezeichnen.303 Damit wird die Tätigkeit der vor dem RHR klagenden Juden als Finanziers und Unternehmer nicht negiert.304 Allerdings werden sie in ihren Beziehungen zu mindermächtigen adeligen Herrschaften ins verhältnismäßige Licht gerückt. Am bedeutendsten erscheint die Tatsache der abnehmenden Gewalt gegenüber Juden im Vergleich vom 16. zum 18. Jahrhundert. Hierin kommt ein sukzessiver Verrechtlichungsprozess jüdischer Existenz zum Ausdruck. War der Umgang zwischen Juden und Obrigkeiten in den Jahren 1576 bis 1603 noch oft von persönlicher Gewalt geprägt, so traten im 18. Jahrhundert die jeweiligen Regierungsbehörden wie die Rentkammern als die eigentlichen Ansprechstellen der Juden auf.305 Gerade in diesem Punkt wird die frühneuzeitliche administrativ-bürokratische Verdichtung herrschaftlichen Agierens deutlich. Durch diese Verdichtung verbesserte sich wiederum die rechtliche Situation der Juden.306 Angesichts der hier referierten Zusammenhänge setzte sich demnach der rechtliche Konfliktaustrag zwischen den klagenden Juden und den verklagten 300

301

302 303 304

305

306

A, juifs sieht ,die‘ Juden als Begründer der kapitalistischen Ethik. Für S, Juden bestand ein Grund für die Entstehung des Kapitalismus im kapitalistischen Wesen der Juden. Sie hätten das europäische Wirtschaftsleben wesentlich mitgeprägt. Allerdings ist dieses Bild einer Symbiose vom jüd. Hoffaktoren u. fürstlichen Merkantilismus in vielen Studien dominant (G, Jews, S. 27–43; B, Neuzeit, S. 124; B, Wirtschaftselite; G, Hofjuden; B, Hofjuden; K, Kontinuität); N, Kommunikation, S. 40f. betont, dass die Forschung den Anteil der jüd. Hoffaktoren an der Gesamtwirtschaft weniger stark sieht; hierzu auch E, Juden, S. 35f.; H, Zerstörer, S. 19 betont, dass die Geschichtsschreibung in etablierten Stereotypen zum Hoffaktorentum gefangen sei. D, Abseits, S. 119–147, hier S. 119f., 139 betont, dass gerade rückständige ökonomische Strukturen der kleinen Herrschaften wirtschaftliche Betätigungsfelder für Juden eröffneten. Siehe zur unbewussten Verwendung von Stereotypen in der Geschichtswissenschaft R, Fortwuchern, S. 252; zur kritischen Dekonstruktion des Zusammenhangs von Hofjuden und ,Judenfrage‘ H, Court Jews, S. 13–136; S, Hofjude verknüpft dieses Bild noch mit dem teleologischen Ziel der Akkulturation; hingegen unterzog S, Wegbereiter dieses Bild einer detaillierten Revision anhand des besonders dominanten Beispiels Preußen. Ausgewogen dagegen K, Wirtschaftsleben u. B, Hofjuden. B, Wirtschaftselite, S. 52–54; ., Reich, S. 158f.; F, Familie; K, Judengemeinde, S. 268f. Vgl. G, Jud Süß, S. 26 zu diesem weiterhin bestehenden Desiderat. Diese Gefahr sieht L, Finanz, S. 17–19 angesichts des wachsenden Antisemitismus. Hierzu F, K, M, S (Hrsg.), Judenfeindschaft. Siehe hier die Beispiele in HHSAW, RHR, R, XVIII/55, fol. 15v–16r (11.1.1765), 151r– 151v (14.3.); ., XVIII/110, fol. 161r (1.9.1746), 304r–304v (23.11.), 340v (31.10.); ., XVIII/112, fol. 322v–323r (23.10.1747); hierzu R, Identitätsfindungen, S. 355; zur Bürokratisierung des Staatsapparats H, Bürokratisierung, S. 239–269. Vgl. hierzu D, Verwissenschaftlichung, S. 110–117 u. S, ,Verwissenschaftlichung‘, S. 106–156.

100

2. Kontextualisierung

adeligen Herrschaften anstelle von gewaltsamen Ausschreitungen im Laufe der Frühen Neuzeit am RHR sukzessive durch. Damit spiegeln die Causen mit jüdischer Beteiligung die Stabilisierung der jüdischen Rechtsposition als cives Romani sowie als geschützten rechtlichen Bestandteil des allgemeinen Rechts- und Verfassungsgefüges des Reiches seit dem 16. Jahrhundert wider.307 Die Analyse der rechtsstrategischen Handlungen von Juden und ihren Argumentationsmustern verspricht hier weitere Aufschlüsse liefern.

307

B, privilegia contra judaeos, S. 87, 91.

3. Rechtsstrategische Handlungen von Juden

Der Begriff der rechtsstrategischen Handlungen bezieht sich auf das im Rahmen der historischen Kriminalitätsforschung1 von D eingeführte Konzept der Justiznutzung. Das Konzept versteht Gerichte als institutionelle Angebote, von denen die Akteure parallel oder im Wechsel Gebrauch machten.2 Dieser Gebrauch kann die tatsächliche Inanspruchnahme oder aber deren diskursive Verwendungen umfassen.3 In diesem Kapitel wird der Blick zunächst auf die rechtsstrategischen Handlungen der Juden fokussiert und der Frage nachgegangen, wie jüdische Kläger die rechtlichen Möglichkeiten des RHR nutzten und mit denen anderer Gerichtsforen – soweit aus den RHR-Akten ermittelbar – kombinierten. Dieser Gesichtspunkt erscheint interessant, da hierüber lediglich erste Erkenntnisse vorliegen.4 Anhand der Ergebnisse O5 und U6 wird zu klären sein, ob sich Juden hierin von den übrigen ,christlichen‘ Streitparteien am RHR unterschieden. Das rechtsstrategische Handeln der Juden muss natürlich mit der Reaktion des Gerichts abgeglichen werden. Dabei ist unter reichshofrätlichen Reaktionen die Prozesspraxis des kaiserlichen Gerichts zu verstehen, die O als die „Praxis richterlicher Rechtsanwendung“ definiert.7 Zwecks Vergleichbarkeit beider Perioden wurden die Informationen aus der statistischen Kategorie ,Ökonomie‘ in zwei Schemata (Abb. 1 und 2) zusammengetragen. In den Fällen, in denen keine auswertbaren Informationen vorlagen, mussten die Causen unberücksichtigt bleiben. Gerade ein Vergleich dieser Schemata verspricht Ergebnisse über unterschiedliche oder gleichbleibende jüdische rechtsstrategische Handlungen.

1 2 3 4 5 6 7

S, Aktenkundig; ., Kriminalitätsgeschichte, S. 21–67. D, Justiznutzungen, S. 503–544, hier S. 509. Zusammenfassend S, Aktenkundig, S. 90f. Siehe B, Reichskammergerichtsprozesse, S. 297–316; S, Handlungsstrategien. O, Auftrag. U, Geschichte. Hierzu instruktiv O, Einleitung, S. 5f., Zitat S. 6.

102

3. Rechtsstrategische Handlungen von Juden

3.1 Die Jahre 1576 bis 1603 3.1.1 Instanzenfrage, Prozessabläufe und prozessuale Sachanträge Wie gelangten jüdische Prozesse während der Herrschaftszeit Rudolfs II. an den RHR? Diese Frage ist nur sehr schwer zu beantworten. Erneut muss an dieser Stelle für viele Causen das Fehlen entsprechenden Aktenmaterials betont werden. Dennoch zeichnet sich die Tendenz ab, dass jüdische Klagen gegen Obrigkeiten zumeist zweitinstanzlich an den RHR gelangten. Viele Juden prozessierten anfänglich erfolglos vor den erstinstanzlichen Foren der jeweiligen Schuldner.8 Dabei nutzten Juden die verschiedenen vorhandenen Gerichtsinstanzen von der eigenen Region bis hin zur Reichsebene mit einer enormen Flexibilität.9 8

9

Seligmann an den Kaiser (Praes. 21.3.1600) in HHSAW, RHR, J. ., K. 41, wo er von seinem Prozess vor dem Rat der Stadt Gundelfingen gegen die Erben Bartholomäus Fröhlichs berichtet. Ebenso wandte sich Israel an den Bischof von Minden (vgl. seine Supplikationen vom 7.10. u. 30.10.1578 in SAM Q 117, fol. 24r–25v u. 36r– 39v); vgl. auch HHSAW, RHR, R, XVI/63, fol. 197r (20.3.1591); ., XVI/63, fol. 441r (25.10.1591); Schmoll an den Kaiser (Praes. 15.7.1585) ct. Stein in ., J. ., K. 42. In seinem Rechtsstreit gegen Grafeneck wandte sich Seligmann aus Brenz an den Herzog von Württemberg als des Lehnsherrn, der den Konflikt durch eine Kommission tatsächlich zu schlichten versuchte (Seligmann an den Kaiser [Praes. 6.3.1600] ct. Grafeneck in ., K. 41). Auch Haim aus Fulda prozessierte vor den Lehnsherren seines Gläubigers von Gundelsheim, den Markgrafen zu Brandenburg-Ansbach sowie dem Grafen von Öttingen, bevor er sich nach Prag wandte (vgl. Bericht Gundelsheims vom 28.12.1602 an den Kaiser [Praes. 7.1. u. 18.3.1603] in ., AA, K. 85, fol. 341r–344v, hier fol. 341v); Marx klagt vor dem Markgrafen von Brandenburg-Ansbach in ., R, XVI/61, fol. 110v (26.11.1590). Jacob aus Günzburg wandte sich an das kaiserliche Hofgericht in Rottweil und wurde von dort aus wegen Exemtionsprivilegien seiner Pappenheimischen Prozessgegner (vgl. S, Leben; zu den Juden in pappenheimischen Herrschaften H, Miteinander, S. 107–120) an deren Stadtgericht gewiesen (vgl. Jacob an den Kaiser [Praes. 14.11.1601] in HHSAW, RHR, J. ., K. 43/1). Isaak von Nagelsberg prozessierte vor dem Gericht in Dörzbach, das seine Klage allerdings an den Reichsritter Georg Philipp von Berlichingen verwies. Nachdem dieser in der Sache keine konkreten Schritte unternahm, wandte sich Isaak an den RHR. Nachdem dies nichts fruchtete, schlug er eine Aktenversendung an den Rat der Reichsstadt (Schwäbisch) Hall vor (siehe die komprimierte Schilderung des Prozessablaufes bei ders. an den Kaiser [Praes. undat.] sign. mit hofrath 2506. [ebenso in SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6 15. bzw. 19.] u. E Edlen Ehrnuesten und hochgelerten herrn Johann Schutzern der Rechten D. und fürst württenb und hallischen Rath mein sonders lieben herrn und freundt! in HHSAW, RHR, J. ., K. 42/1). Ein weiterer Jude namens Jacob, diesmal aus Schnaittach, verklagte die von Wittstatts vor dem Landgericht Höchstadt bzw. dem Pfälzischen Hofgericht zu Neuburg. Hierzu ders. an den Kaiser (Praes. 8.3.1601) ct. Bucholz in ., K. 43/1 u. ders. an den Kaiser (Praes.4.3.1598) ct. Güss von Güssenberg in ., K.43/1; siehe zu den beiden Gerichtsinstanzen N, Pfalz-Neuburg; ., Neuburg, S. 37–155, 244. Hierzu auch C-F, Landesherr, S. 75–86.

3.1 Die Jahre 1576 bis 1603

103

An dieser Stelle ist auf eine Besonderheit in den untersuchten Prozesse hinzuweisen. In acht Fällen richtete sich eine der Prozessparteien sowohl an den RHR als auch an das RKG.10 Die jüdischen Parteien wandten sich vor allem angesichts eines für sie in Speyer ungünstig verlaufenden Prozesses entweder vom RKG an das kaiserliche Gericht11 oder sie prozessierten an beiden Reichsgerichten.12 Die Grenzen zwischen beiden Varianten sind fließend. Schmoll brachte zuerst eine Klage gegen Konrad von Grumbach am RKG ein und wandte sich daraufhin an den RHR. Gegenüber dem Prager Gericht begründete er seinen Schritt damit, dass er in Speyer nur im Namen seiner Mutter klage, mithin der Fall nichts mit seiner Klage am RHR zu tun habe.13 Tatsächlich prozessierte er in Speyer zunächst erfolgreich.14 Als allerdings klar wurde, dass das RKG im Laufe des Prozesses nichts weiter vornehmen wollte, wandte er sich an den RHR. Ab 1586 intensivierte er sogar seine Bemühungen, als das RKG ihm ein ewiges stillschweigen auferlegte, was er gegenüber dem kaiserlichen Gericht in Prag indessen verschwieg.15

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11 12

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15

Siehe die Fälle, in denen die Protokollbände auf das RKG verweisen, HHSAW, RHR, R, XVI/45, fol. 441r (28.8.1579); ., XVI/46, fol. 96r (9.12.1578); ., XVI/52a, fol. 582r (4.6.1586); ., XVI/54a, fol. 134r (8.11.1586); ., XVI/64, fol. 44v (20.3.1591); ., XVI/80a, fol. 3v–4r (4.1.1597); ., XVII/4, fol. 49v (18.3.1603). In ., J. ., K. 8/4 klagt ein Hans von Buchholz, Rittmeister der Reichsstadt Augsburg, gegen den Juden Jacob aus Günzburg bezüglich einer Schuld. Der Prozess fand zeitgleich am RHR, RKG, dem Landgericht Höchstädt und dem Pfälzischen Hofgericht Neuburg statt. So bspw. in ., R, XVI/45, fol. 441r (28.8.1579). Mit Ausnahme von zwei Causen (vgl. ., XVI/45, fol. 441r [28.8.1579] u. ., XVI/46, fol. 96r [9.12.1578]) liegen die meisten dieser Fälle nach 1585, also in einer Phase, in der das RKG durch die Konflikte zwischen den Religionsparteien in die Arbeitsunfähigkeit rutschte; ., XVI/52a, fol. 582r (4.6.1586). In diesem Fall verwies der RHR später Grumbach an das RKG (., XVI/63, fol. 271r [26.6.1591] u. ., XVI/65, fol. 7v [7.1.1592]); ., XVI/54a, fol. 134r (8.11.1586); ., XVI/64, fol. 44v (20.3.1591); ., XVI/80a, fol. 3v–4r (4.1.1597); ., XVII/4, fol. 49v (18.3.1603). Vgl. ., XVI/53, fol. 25r (4.6.1586). RKG Urtheil Schmoll Judenn q Conraden von Grumbach vom 22.8.1585 in SAW, L 2337, fol. 33r–34v; ebenso als Copi deß kaij:n Camergerichts zu Speijr Urkhundt Urtels so dem Schmol Juden wegen relaxierung gethaner Urphede qtra Grumbach eruolgt in Schmoll an den Kaiser (Praes. undat.) in HHSAW, RHR, AA, K. 85, fol. 232r–240v, hier S. 234–234v. Vgl. Grumbach vom 16.2.1592 an den Kaiser in ., J. ., K. 32 u. in ., R, XVI/60a, fol. 33r (19.5.1589).

104

3. Rechtsstrategische Handlungen von Juden

Geradezu virtuos verfuhren Israel von Lübbecke und sein Geschäftspartner Abraham Isaak von Hausberge. Am 12. Dezember. 1578 fertigte das RKG auf Klage Hilmars von Quernheim eine Citation ex L: diffamari16 gegen den Bischof von Minden und die beiden Juden aus und lud die Parteien für den 25. Februar 1579 nach Speyer vor.17 Israel berichtete dem RHR nun gleich in seiner ersten Supplikation, dass er von der in Lübbecke am 12. Februar. 1579 angekommenen RKG-Zitation nichts habe wissen und folglich den angesetzten Termin nicht habe wahrnehmen können, da er sich auf Geschäftsreise an den kaiserlichen Hof befunden habe.18 Dem war allerdings nicht ganz so. Israel erhielt bereits am 6. Februar 1579 die Zitation.19 Erst hiernach verließ er Lübbecke und reiste an den Hof des Kaisers ab. Es entsteht aus den Akten der Eindruck eines bewusst von Israel in Absprache mit Abraham geplanten Vorgehens20 , im Rahmen einer seiner Geschäftsreisen an die kaiserliche Residenz zu reisen, um dort die Bereitschaft der kaiserlichen Räte auszuloten, in einem bereits am RKG anhängigen Verfahren regulierend einzugreifen. Die beiden Juden teilten sich die Verfolgung ihrer Interessen im Folgenden demnach auf.21 Abraham klagte am RKG. Der RHR blieb für Israel die zentrale Anlaufstelle, wenn sich im RKG-Prozess Handlungsoptionen auftaten. Dies war bspw. 1581 der Fall. Seit März ruhte der Fall in Speyer. Die Gründe hierfür liegen in der Erkrankung und dem Ableben Hilmars von Quernheim zu Beginn des Jahres 158122 , was wiederum Israel ausnutzte, um im September des gleichen Jahres in Wien erneut vorstellig zu werden. Dort erbat er 16 17 18 19 20

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22

Zur Ladung bei Ehrverletzungen vgl. RKG-O  1555, Tit. 25, in: L, Reichskammergerichtsordnung, S. 202. Vgl. die Zitation vom 12.12.1578 in SAM Q 117, fol. 16r–19v. Vgl. Israel von Lübbecke an den Kaiser (Praes. 25.3.1579) in HHSAW, RHR, J. ., K. 43/3. Siehe die Insinuationsbestätigung in SAM Q 117, fol. 10r–10v. Israel betonte in seiner ersten Supplik (vgl. Israel von Lübbecke an den Kaiser [Praes. 25.3.1579] in HHSAW, RHR, J. ., K. 43/3), dass bereits sein Gesandter am kaiserlichen Hof in Prag wegen der Sache anwesend gewesen und jetzt sogar er selbst alher gereiset sei, mithin nichts von der Citation habe wissen können (Zitat .). Siehe das Mandatum procuratorium Abrahams von Hausberge für den Anwalt Julius Martt vom 1.5.1579 in SAM Q 117, fol. 56r–59v, hier fol. 56v; L, Leben, S. 93. Vgl. Israel von Lübbecke an den Kaiser (Praes. 25.3.1579) in HHSAW, RHR, J. ., K. 43/3 u. Urkhundt in sachen Israel Judt ct. Quernheim (Praes. 28.2.1586) in SAM Q 117, fol. 118r–118v, wo Bürgermeister und Rat der Stadt Emden am 6.1.1585 für Israel bezeugen, dass er wegen seinen Geschäften den gesamten Sommer und Herbst des Jahre 1585 auf Reisen war und sich am kaiserlichen Hof in Prag aufgehalten habe. Siehe Spezialprotokoll SAM Q 117, fol. 2v, hier die Bekanntmachung des Todes Hilmar von Quernheims durch seinen Anwalt Johann Gödelmann; L, Leben, S. 230. Seine Erben waren zunächst um die Sicherung der Uhlenburg bemüht, die durch den Mindener Bischof besetzt worden war. Vgl. H, Geschichte, S. 36–38. Die Erben Hilmars von Quernheim übernahm spätestens ab dem 17.11.1581 die Prozessführung. Vgl. Copia Gemeinen Gewalts weylandt Hilmars von Quernheims seeligen verlassener Erben In Sachen Quernheim ct Minden et Consortes L. diffamarj an das RKG (Praes. 17.11.1581) in SAM Q 117, fol. 94r–96v; vgl. dieselben an den Kaiser (Praes. 18.2.1583) in HH-

3.1 Die Jahre 1576 bis 1603

105

eine Fürschrift an Bischof Hermann von Schaumburg23 und ein kaiserliches Schreiben an den Grafen Ezard II. von Ostfriesland. Beides wurde vom Gericht am selben Tag erlassen.24 Damit gelang es Israel, das kaiserliche Gericht für seine Interessen in Anspruch zu nehmen, auch wenn die Bemühungen an den Widerständen der Quernheimer und der Nichtbeachtung des Promotorials durch das RKG25 letztlich scheitern sollten. Tatsächlich dürfte Israel bereits bewusst gewesen sein, dass die Quernheimer ihre Meinung nicht ändern und die Verantwortlichen am RKG sich nicht in einen bei ihnen anhängigen Fall hineinreden lassen würden. Es ist zu vermuten, dass Israel diese Reaktionen daher strategisch provozierte, um nach dem Scheitern der reichshofrätlichen Fürschreiben eine Kommission zur Güte und zu Recht am RHR zu erbitten.26 Neben der Nutzung unterschiedlicher Gerichtsforen muss das Augenmerk auf die Abläufe jüdischer Prozesse und die Sachanträge jüdischer Kläger gerichtet werden. Hierbei sind keine festen Abfolgen erkennbar. Einer der am häufigsten erbetenen Anträge stellte für die klagenden Juden in beiden Kategorien die Einschaltung Dritter durch kaiserliche Gnadenakte dar.27 Da-

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SAW, RHR, J. ., K. 43/3. Vgl. zur Reichsabtei W, Herford, S. 267–281 u. A, Anna. Vgl. HHSAW, RHR, R, XVI/47, fol. 47v (15.9.1581) u. ., XVI/50, fol. 67v (15.9.1581). Das Konzept ist nicht mehr vorhanden, liegt aber als Copia kay: Schreybens Ann Graff Ezdtshardten zue OstfrießLandt pro Ißrael Juden von Lübeck E. in HHSAW, RHR, J. ., K. 43/3 vor. Hierzu L, Leben, S. 229. Vgl. die Reaktion des RKG in ähnlichen Fällen bei S, Reichshofrat, S. 35. Vgl. hierzu HHSAW, RHR, R, XVI/47, fol. 12r (5.4.1582). Zur Verwendung von Promotorialen, Fürschriften u. Intercessionen am RHR vgl. S, Reichshofrat, S. 30–38; Patente: HHSAW, RHR, R, XVI/70a, fol. 105r (27.7.1594); vgl. ., XVII/4, fol. 205r–205v (29.11.1603): Wendel an den Kaiser (ohne Praes.) in ., AA, K. 84/2, fol. 155v; ., R, XVI/50, fol. 275v (5.9.1584), 277 (23.9.1584); ., XVI/54a, fol. 21v (11.4.1588); ., fol. 74v (19.12.1588); ., XVI/76, fol. 65v–66r (8.5.1595) u. ., XVI/73, fol. 109r (8.5.1595); ., XVI/76, fol. 81r–82 (10.7.1595); ., XVII/1, fol. 92v (3.7.1601). Promotoriale: ., XVI/76, fol. 65v–66r (8.5.1595); ., XVII/1, fol. 36r (13.4.1601); ., fol. 135r (17.8.1601); ., XVII/4, fol. 55v (8.4.1603); ., XVI/50, fol. 229r (17.12.1583); ., XVI/52, fol. 225r (17.12.1583) u. ., XVI/53, fol. 38r (17.12.1585). Fürschriften: ., Rp, XVI/43, fol. 48r (14.8.1577); ., XVI/69, fol. 135r (30.8.1593); ., XVII/3, fol. 40r (8.3.1602); ., XVI/42a, fol. 350r (1.4.1577), 390 (26.7.1577); ., XVI/45, fol. 456r (23.9.1579); ., XVI/45, fol. 456r (23.9.1579); ., XVI/51, fol.28v (17.9.1582); ., XVI/60a, fol. 15r (31.1.1589); ., XVI/63, fol. 168r (11.2.1591); ., XVII/2,fol.55v (26.11.1601); ., XVI/53, fol. 25r (4.6.1586); vgl. Schmoll ct. die Steins u. von Seckendorffs in ., XVI/53, fol. 25r (4.6.1586) u. ., XVI/54a, fol. 52r (15.7.1585), 104r–104v (4.6.1586). Siehe zum Fall Israel von Lübbecke ct. Quernheim ., XVI/47, fol. 47v (15.9.1581); vgl. auch ., XVI/50, fol. 67v (15.9.1581) u. ., XVI/52a, fol. 409r (1.3.1585); ., XVI/47, fol. 12r (5.4.1582); ., XVI/46, fol. 96r (9.12.1578); ., XVII/4, fol. 36r– 36v (28.2.1603). Intercessionen: ., XVI/70a, fol. 17v (15.2.1594); ., XVII/4, fol. 205r–205v (29.11.1603); ., XVII/4, fol. 205v (29.11.1603); ., J. ., K. 41;

106

3. Rechtsstrategische Handlungen von Juden

hinter stand zum einen die Hoffnung, die Prozessgegner durch kaiserliche Intervention zum Einlenken zu bewegen oder auf direktem Wege schnellen kaiserlichen Schutz zu erlangen.28 Zum anderen sahen die Juden in den lokalen Herrschafts- und Funktionsträgern den geeigneten Personenkreis, da er Kenntnisse über die regionalen Begebenheiten besaß.29 Sie konnten effektiven Druck auf die Prozessgegner ausüben und die betreffenden Obrigkeiten zu schnellem Einlenken bewegen.30 Für die Zeit Rudolfs II. kann zudem nicht eindeutig zwischen Mandaten und Reskripten differenziert werden.31 Wird davon ausgegangen, dass die Protokollierung in den Sitzungsmitschriften nach den damals gültigen normativen Grundlagen erfolgte, bieten sie für die Klärung dieser Frage die eigentliche Grundlage. Reskripte werden von den Juden namentlich zu keinem einzigen Zeitpunkt erbeten. Ähnlich sieht es für die Mandate aus. Auf sie griffen Juden in ihren Sachanträgen semantisch eindeutig nur in sechs Fällen zurück. Juristisch exakte Sachanträge, die denen im 18. Jahrhundert bereits sehr ähneln und damit die Gültigkeit der im Kameralprozess ausgebildeten Rechtsnormen belegen32 , sind äußerst selten.33 Die jüdischen Kläger bemühten regelmäßig die Wendungen beuelch34 bzw. zuebeuelchen.35 Dabei scheint es nur an-

28 29

30 31 32 33

34

35

., R, XVII/1, fol. 27r (16.3.1600); ., R, XVI/63, fol. 276r (11.9.1591), 384r (13.9.1591), 388r (16.9.1591); ., XVII/1, fol. 135r (17.8.1601); ., XVII/4, fol. 49r– 49v (18.3.1603); ., XVI/73, fol. 109r (8.5.1595); ., R, XVI/3, fol. 23v (25.2.1598). In ., R, XVI/61, fol. 110v (26.11.1590) bittet der Jude Marx ein Promotorial an Brandenburg-Ansbach. E., XVI/63, fol. 83r (26.11.1590) spricht aber von einer Intercession. Vgl. hierzu O, Prozeßverfahren, S. 133f. Diese Anträge gehörten nach ., S. 125 zu den Gnadenverfügungen, die in Prozessen in den Augen der Juden gleichwohl ein effektives Mittel zwecks Durchsetzung ihrer Ansprüche gewesen zu sein scheint. Vgl. Seligmann an den Kaiser (ohne Praes.) in HHSAW, RHR, J. ., K. 41; ., R, XVII/4, fol. 205v (29.11.1603). Zum Mandatsprozess E, Gerichtsbarkeit, S. 41–44 u. U, Mandatsprozess, S. 48–67. Hierzu bereits für die Zeit Karls V. O, Prozeßverfahren, S. 131. Haim erbat ein Mandatum poenale de solvendo, et interum hypothecam non alienarj et deteriorarj (vgl. HHSAW, RHR, R, XVII/2, fol. 28v [17.10.1601]; ., XVI/69, fol. 68r– 68v [9.6.1593]). Später wandelte er seinen Antrag in ein Mandatum sine Clausula de soluendo ab (., R, XVII/3, fol. 31r [26.2.1602]). Vgl. hier die Verwendung von beuelch und zubeuelchen in ., XVI/73, fol. 247r (15.11.1595); ., XVI/77, fol. 240r–240v (14.11.1596); ., XVI/77, fol. 254v (4.12.1596); ., XVII/1, fol. 92v (3.7.1601). E., XVI/60a, fol. 15r (31.1.1589); ., XVI/55, fol. 227v (12.12.1588); ., R, XVII/1, fol. 91r (21.9.1600); ., R, XVI/52a, fol. 469r (15.7.1585); ., XVI/52a, fol. 469r (15.7.1585); Bela, Witwe Israels von Lübbecke an den Kaiser (Praes. 7.3.1589) in ., AA, K. 139/1, fol. 61r–64v, hier fol. 61r. Vgl. ., R, XVI/76, fol. 33v–34r (2.3.1595); ., R, XVI/3, fol. 96v (1.9.11598); ., XVII/1, fol. 7r (20.1.1600); ., R, XVII/1, fol. 57v (15.5.1601); ., XVI/63, fol. 441r (25.10.1591) u. ., XVI/64, fol. 134r–134v (25.10.1591); vgl. ., XVI/54a, fol. 72v (12.12.1588); ., XVII/3, fol. 40v (8.3.1603); vgl. ., XVI/65, fol. 105v (21.8.1592).

3.1 Die Jahre 1576 bis 1603

107

satzweise der Fall gewesen zu sein, dass sich hinter diesen Begriffen die aus dem 18. Jahrhundert am RHR gebräuchlichen Formen des Mandats oder Reskripts verbergen, da sie mit anderen Bitten wie eben um Mandate36 , Patente37 , Kommissionen38 und Exekutionen39 oder Promotoriale40 sowie sehr selten mit Inhibitionen41 kombiniert wurden. Auch in den vom RHR gefassten Beschlüsse kann nicht eindeutig zwischen Mandaten und Reskripten unterschieden werden.42 Eine Übersetzung der jüdischen beuelchs-Bitten in die Mandats- oder Reskripteinteilung erscheint schwer möglich. Wird das einzige als solches betitelte Mandat im Fall des Streits zwischen dem Kölner Kurfürsten als Bischof von Hildesheim mit der Stadt Hildesheim um die Vertreibung der dortigen Juden zum Vergleich herangezogen, so können einige Aussagen für den Aufbau von kaiserlichen Mandaten am Ende des 16. Jahrhunderts getroffen werden. Dieses Mandat erscheint in Form poenale sine clausula und weist im Aufbau eine große Übereinstimmung mit dem von U anhand der reichsrechtlichen Literatur des 18. Jahrhunderts geschilderten Mandatsaufbau auf.43 Nicht nur seine citatio solita weist es als Mandat s. C. aus, sondern es lassen sich die Fristauflage und die Strafandrohung bei Nichtbeachtung wieder finden.44 Die von U ausgemachte standardisierte Abschlussformel des Tenors „Das meinen wir ernstlich“ fehlt dagegen.45 Ebenso konnte die Floskel ernstlicher willen und mainung ohne den beuelch-Zusatz oder in umgekehrter Form in

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E., XVI/46, fol. 141v (18.7.1579). Vgl. ., XVI/54a, fol. 21v (11.4.1588). E., XVI/76, fol. 145r–145v (14.10.1595); ., XVI/60a, fol. 9v (31.1.1589). E., XVI/60a, fol. 89v (13.10.1589); ., XVI/65, fol. 7v (7.1.1592); Isaak von Prag an den Kaiser [Praes. 16.8.1590] sign. mit 1114 in ., D. ., K. 177; ., R, XVII/4, fol. 211r–211v (4.9.1603), hier fol. 211v; ., XVI/69, fol. 65r–65v (4.6.1593). E., XVI/50, fol. 229r (17.12.1583). E., XVII/4, fol. 36r–36v (28.2.1603). E., R, XVI/53, fol. 25r (4.6.1586). U, Mandatsprozess, S. 108–110. Vgl. Mandatum poenale sine clausula de restituendo Judaeos in Hildesheim annexa citatione ad docendum de paritione ct. Statt hildesheimb in HHSAW, RHR, M, K. 4/5/2. U, Mandatsprozess, S. 109.

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3. Rechtsstrategische Handlungen von Juden

Reichshofratsentscheidungen auftauchen.46 Diese Zusammenhänge belegen einen flexiblen Umgang des RHR mit den Mandats-Elementen. Die Vermutung, es könne sich hierbei um Reskripte handeln, ist endgültig kaum zu klären. Tendenziell ist diese Vermutung aber abwegig, zumal der Terminus mit einer Ausnahme nie in den Resolutionsprotokollen erscheint und in diesem einen Fall nicht mit der beuelch-Terminologie verbunden ist.47 Die Verben scribatur48 bzw. rescribatur49 nennen die RHR-Entscheidungen dagegen regelmäßig. Allerdings sind mit diesen Verben zumeist allgemeine Anordnungen, Handlungsanweisungen und Aufforderungen verknüpft.50 Die Verben decken demnach ein breites Feld reichshofrätlicher Prozesspraxis ab. Juden setzten demnach auf kaiserliche Befehlsschreiben im Rahmen des

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Im Fall Haim ct. Gundelsheim erbat der Jude zwar eindeutig ein Mandat, der RHR erließ aber einen Ernstliche[n] beuelch mit Fristauflage und einer unkonkreten Strafandrohung. Der kaiserliche Befehl, in dem die Floskel ,ernstlicher beuelch‘ erscheint, schließt mit dem Tenor ernster willen und mainung (Zitate Ernstlicher beuelch an Hanns Georgen von Gundelshaimb vom 27.2.1602 in HHSAW, RHR, AA, K. 85, fol. 337r–337v). Im darauf folgenden Anderwerte[n] Ernstlich Beuelch ergänzen sich diese Elemente durch eine Exekutionsandrohung und dem Tenor ernsten entlich willen und mainung (Zitate Anderwerter Ernstlich Beuelch an Hanß Georgen von Gundeslhaim vom 4.11.1602 in ., AA, K. 85, fol. 339r–340r). Im Fall Seligmanns ct. Grafeneck ging das kaiserliche Gericht ähnlich vor (vgl. Ernstlicher beuelch an Grafeneck vom 28.3.1600 sowie Anderwerter Ernstlicher beuelch vom 19.7.1600 in ., J. ., K. 41). An Karl von Welden erließ der RHR ebenfalls einen Ernstliche[n] beuelch, in dem aber sowohl das Frist- als auch das Strafelement fehlt (vgl. An Karl von Welden Ernstlicher beuelch vom 12.3.1601 in ., K. 41; Rudolf II. an Christoph Graf zu Fürstenberg-Heiligenberg und Wartenberg in ., AA, K. 45). Vgl. An herrn anthonj Fugger vom 2.12.1583 in ., K. 86/1 fol. 48r–51v, (Zitate im Text fol. 51v); vgl. dagegen An den Grafen Georg zu Castel vom 17.12.1596 in ., J. ., K. 51; Resolution in ., R, XVI/77, fol. 254v (4.12.1596). Ähnliches in Copj 4. kaij Beuelchs an Geörg Philipsen von Berlichingen für Isaak Juden vom 20.3.1591 in ., J. ., K. 42/1; Weitter beuelch auf empfangne Relation vom 16.8.1590 an den Bischof von Würzburg in ., K. 41; Antwort und weitter beuelch an Bischoff zu Wirzb. vom 16.3.1588 in ., K. 42; Beuelch an die von Hohenlöe vom 29.11.1593 in ., A, K. 1101/2. In ., R, XVII/4, fol. 125v–127r (12.8.1603) spricht das Gremium von irer May: Rescripta (fol. 126r). Vgl. ., XVI/76, fol. 37v–39r (15.3.1595); ., XVI/54a, fol. 17r–17v (16.3.1588); ., XVI/61, fol.75v (16.8.1590) u. ., XVII/1, fol. 103v (12.7.1601); ., fol. 21v (29.3.1601); ., fol. 6v (8.3.1601); ., fol. 8v–9r (18.1.1601); ., XVII/2, fol. 55v (26.11.1601); ., XVI/52a, fol. 220r (2.12.1583); ., XVI/65, fol. 105v (21.8.1592). Siehe aber ., XVI/43, fol. 46v (13.8.1577) u. ., XVI/45, fol. 86r (17.2.1578). Vgl. ., XVII/1, fol. 72r–72v (30.5.1601) im Fall Schmoll ct. Grumbach Rescribatur Appellatio. Hierfür vgl. Compulsoriales an H Bischoff zu Würzburg in Ca Schmol Juden ct. Wilffling in ., M, K. 4/5/2; vgl. bspw. An Konrad von Grumbach für Schmol Juden vom 22.9.1589 mit angehefften beuelch in ., J. ., K. 41; siehe hierzu ., R, XVI/54a, fol. 29r (20.3.1585); ., XVI/63, fol. 197r (20.3.1591); ., XVI/65, fol. 7v (7.1.1592), 11r (17.1.; ., XVI/66, fol. 4r–4v (7.1.1592); ., XVII/3, fol. 201v (29.8.1602). Vgl. U, Mandatsprozess, S. 117–120.

3.1 Die Jahre 1576 bis 1603

109

am RHR besonders gebräuchlichen summarischen Prozesses.51 Gerade der flexible Umgang mit prozessrechtlichen Normen machte den RHR aus jüdischer Sichtweise wahrscheinlich so attraktiv. Zudem verdeutlicht der Terminus beuelch in seiner umfassenden wie juristisch unpräzisen Verwendung eine spezifische Sichtweise auf den Kaiser. Ein kaiserlicher Befehl spiegelte dessen Autorität und Machtfülle wider und nahm umfassende Geltung für sich in Anspruch.52 Eine weitere Differenzierung war angesichts dessen nicht notwendig. Insgesamt stellen aber Kommissionsbitten das dominierende Element in jüdischen Sachanträgen dar. In den in Abb. 1 aufgeführten Causen aus der Kategorie ,Ökonomie‘ kam es in insgesamt 32 Fällen 21 Mal zu Kommissionen.53 Von diesen Causen bewilligte der RHR wiederum zehn Mal eine Kommission.54 Indessen gilt für die jüdischen Kommissionsanträge Ähnliches wie für die übrigen Sachanträge. Juden erbaten sie in allen Phasen der jeweiligen Prozesse ohne erkennbares Muster.55 Ebenso erkannte der RHR auf Kommissionen in allen Prozessphasen. Auf die Kommissionstätigkeit soll im Folgenden eingegangen werden. 3.1.2 Jüdische Kommissionsgesuche im lokalen Bereich Juden erbaten im Untersuchungszeitraum dreierlei Arten von Kommissionen: (1) die ohne Zusätze sowie die zur Exekution56 entweder als (2) Kommission zur Güte oder als (3) Kommission zur Güte und zu Recht.57 Kommissionen 51

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O, Prozeßverfahren, S. 129, 131 spricht in Anlehnung an S, Prozessgrundsätze, S. 94 von „prozessualen Fragmenten“ (S. 131) des Kameralprozess (einführend O, Kameralprozess). Vgl. O, Prozeßverfahren, S. 131; E, Gerichtsbarkeit, S. 37f., 45; U, Geschichte, S. 34. Hierzu O, Prozeßverfahren, S. 132, 137. Eine Konzentration auf den Mandatsprozess, wie ihn E, Gerichtsbarkeit, S. 49–53 sieht, ist somit für die jüdischen Causen nicht zu konstatieren. Unter Berücksichtigung zweier weiterer Fälle, in denen Juden gegen Reichsstädte Kommissionen erbaten (vgl. HHSAW, RHR, R, XVI/51, fol. 18v [1.9.1582] u. ., XVI/73, fol. 63r [23.2.1594]; ., XVI/77, fol. 231r [30.10.1596] u. ., XVI/78, fol. 160r [30.10.1696]) ergibt sich immerhin noch ein relativer Anteil von knapp 54 %. Unter Berücksichtigung der beiden reichsstädtischen Fälle 19 zu 12. Vgl. bspw. ., XVII/3, fol. 255v (25.10.1602). Vgl. O, Auftrag, S. 83, 109f. Haim bspw. bat bei der Nichtbefolgung des ersten Mandats den RHR, seinem Prozessgegner die Schuldauszahlung per arctius Mandatum aufzulegen, womit er ganz klar eine Exekutionskommission im Augen hatte (HHSAW, RHR, R, XVII/3, fol. 255v [25.10.1602]); siehe ., XVI/66, fol. 4r–4v (7.1.1592); ., XVII/4, fol. 104r–104v (13.7.1603), hier fol. 104v; ähnlich ., R, XVI/3, fol. 15r (7.2.1598); vgl. ., fol. 96v (1.9.1598); ., R, XVI/69, fol. 65r–65v (4.6.1593); ., XVI/51, fol. 18v (1.9.1582); ähnlich in ., R, XVI/1, fol. 370v (26.3.1582), 375 (2.4.), in ., R, XVI/50, fol. 101v (30.3.1582) u. ., XVI/47, fol. 12r (5.4.1582); siehe ., XVI/43, fol. 43v (5.8.1577). Zu beiden ., S. 110–113.

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3. Rechtsstrategische Handlungen von Juden

ohne Zusätze kamen mit neun Bitten und Verordnungen vor. Jüdische Kommissionsbitten zur Güte und Recht wurden vom RHR in drei Fällen im vollen Umfang gewährt. Im Fall der Güte erhielt der Kommissar den Auftrag, die Parteien anzuhören, eine Verhandlung einzuleiten und zwischen ihnen einen Vergleich herzustellen. Dieser musste abschließend durch den Kaiser approbiert werden. Eigene Entscheidungen durften solche Kommissionen ohne Rücksprache mit dem RHR nicht fällen. Dies war ihnen bei der Formel zur Güte und Recht erlaubt. In der Regel erfolgte auf einen Antrag zur Güte und Recht erst eine Kommission zur Güte.58 Verfahrensgrundlage für alle genannten Kommissionstypen bildete erneut der summarische Prozess.59 Entscheidendes Merkmal jüdischer Kommissionsbitten war die lokale Verortung der vorgeschlagenen Kommissare. Die Juden aus dem schwäbischen Raum nannten vorwiegend Funktionsträger der Markgrafschaft Burgau.60 Dies geschah in acht Fällen, womit diese kommissarische Konstellation in den Bitten der Juden den ersten Platz einnimmt, was zweifellos mit dem statistischen Aufkommen schwäbisch-markgräflicher Juden korreliert.61 In diesen Fällen war die Verbindung zum Haus Habsburg und zur kaiserlichen Einflusssphäre offenkundig. In den übrigen Kommissionsvorschlägen wurden entweder andere Reichsstände oder deren Funktionsträger von Juden vorge-

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Vgl. Jacob aus Günzburg/Schnaittach in HHSAW, RHR, R, XVI/3, fol. 27v (5.3.1598); ., XVII/1, fol. 79r (18.8.1600); ., R, XVII/1, fol. 6v (8.3.1601). Hier wurde eine Kommission zur Güte erlassen, die später auf zu Recht erweitert wurde. Zu beiden Kommissionstypen U, Geschichte, S. 35–37 u. 121–124. Zu Burgau S, Politik; U, Nachbarschaft, S. 46–53; L, W, Herrschaftsbereiche, S. 347–363. Vgl. HHSAW, RHR, R, XVII/3, fol. 25v; siehe Michael am 17.2.1598 an den Kaiser (Praes. 7.3.1598) in ., J. ., K. 43/1; in der Causa Gerson u. Moises ct. Bürger u. Stadt Roßheim in ., R, XVI/73, fol. 63r (23.2.1594), ., XVI/76, fol. 25v (32.2.1594), ., XVI/77, fol. 231r (30.10.1596) u. . XVI/78, fol. 160r (30.10.1596) erbeten die Juden eine Kommission zur Recht und Güte auf die habsburgische Landvogtei Unterelsass (vgl. S, Regierung, S. 55–78 u. Z, Universallexikon 12, 1735, Sp. 183–187, s. v. Hagenau) bzw. später Friedrich von Fürstenberg (vgl. R, Friedrich von Fürstenberg, S. 63–67) sowie dem Sündikus der Stadt Speyer erbittet. Vgl. U, Geschichte, S. 144.

3.1 Die Jahre 1576 bis 1603

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schlagen, die ebenfalls Verbindungen zum Kaiserhaus aufwiesen.62 Zweifellos war für die Juden die Flexibilität dieses Rechtsinstruments entscheidend. Dabei konnte es dazu kommen, dass die RHR-Räte Einfluss auf die Vorschläge der Juden für die Kommissare nahmen. Dies zeigt der Fall Israels von Lübbecke gegen die von Quernheims. Zugleich verdeutlicht der Fall, dass Juden vermutlich auf die Installierung von Kommissionen gezielt hinarbeiteten. Gemäß der bereits geschilderten Vorgehensweise Israels und Abrahams sondierte Israel bereits frühzeitig am kaiserlichen Hof die Chancen, eine Kommission zu erhalten. Er schlug daher gezielt auf Anraten des kaiserlichen Gremiums eine spezifische kommissarische Konstellation vor. Der RHR griff mit Jean de Mepsch, Anton von Wietersheim und Johann von Halle auf lokale Amtsträger von Reichsständen zurück, die allesamt dem Kaiser nahe standen und Kenntnisse der regionalen Begebenheiten aufweisen konnten.63 62

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Nach U ist dieser Personenkreis im weitesten Sinne als regionale Räte oder Amtleute der vorderösterreichischen Regierung zu bezeichnen; ., Geschichte, S., S. 99f., 105f., 146. Verwiesen sei auf Ferdinand Vöhlin, der als Freiherr zu Illertissen nicht nur bayerischer, sondern auch kaiserlicher Rat war und einer erfahrenen ,Kommissarsfamilie‘ entstammte (HHSAW, RHR, R, XVII/3, fol. 25v; siehe auch ders. am 17.2.1598 an den Kaiser [Praes. 7.3.1598] in ., J. ., K. 43/1). Bereits Hans Christoph von Vöhlin war als Rat Kaiser Ferdinands I. und Erzherzog Ferdinands II. bereits regelmäßig als Kommissar tätig (U, Geschichte, S. 105f., 143). In seinem Prozess gegen den Abt des Klosters Weingarten erbat Simon eine Kommission zur Güte und Recht auf Hans Wilhelm von Thürheim, Rat Erzherzog Ferdinands von Vorderösterreich sowie Pfleger der Grafschaft Ehingen, Schlecklingen und Berg. Daneben sollte Paul von Appeltzhofen, ebenfalls Rat Erzherzog Ferdinand sowie Verwalter der Landvogtei von Schwaben, als Mitkommissar fungieren (Simon von Günzburg an den Kaiser [Praes. 3.10.1576] ct. Abt von Weingarten in HHSAW, RHR, J. ., K. 41). Wilhelm II. von Öttingen firmierte als Rat des Kaisers und Erzherzog Ferdinands II. (Jacob an den [Praes. 8.3.1601] in ., K. 43/1). Friedrich V. von Öttingen-Wallerstein agierte schon zur Zeit Maximilians II. als zeitweiliges Mitglied des RHR und als Angehöriger des kaiserlichen Klientelnetzes in Schwaben häufig als Kommissar (vgl. U, Geschichte, S. 135, 143). Vgl. Beuelch zwischen Israel Juden zu Emden und den Quernhaimischen Erben güetlich zuhandeln vom 5.4.1582 in HHSAW, RHR, J. ., K. 43/3. Vgl. zu solchen Fällen O, Reichspersonal, S. 63. Jean de Mepsch befand sich in Diensten der spanischen Habsburger, war Rat Philipps II. von Spanien und zugleich Leutenant der Stadt unnd Landschafft Groningen (siehe SAO 20–42 A Nr. 96, fol. 3r). Schon frühzeitig übernahm der Katholik diplomatische Missionen für den Kaiser. Unter Rudolfs Vater Maximilian II. fungierte er als Gesandter auf dem Speyrer Reichstag 1570 und spielte dort eine aktive Rolle bei der diskutierten RKG-Reform (A, Reich, S. 55f., v. a. Fn. 61; vgl. B, Histoire, S. 230f., 233). Anton Wietersheim firmierte seit 1577 als Kanzler der Grafschaft Schaumburg und war als oberster Regierungsbeamter die Seele der gräflichen Regierung (S, Grafschaft Schaumburg, S. 54f., Fn. 5). Er blieb den Kommissionsverhandlungen jedoch gänzlich fern. Vermutlich lag der Grund in der Niederkunft seiner Frau und einer diesbezüglichen Reise nach Paderborn sowie in mehreren zeitgleichen diplomatischen Aufträgen für seinen Landesherrn Adolf XIV. von Holstein-Schaumburg (SAO 20–42 A Nr. 96, fol. 60v). Dennoch fiel die Wahl auf ihn vermutlich ebenso bewusst wie im Falle de Mepsch. Neben fachlichem Können wies er intime Kenntnisse in reichspolitischen Fragen auf und wurde 1592 sogar in den Adelstand erhoben sowie zum kaiserlichen Rat ernannt. Vgl. hierzu B, Anton von Wietersheim, S. 25–42; G-

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3. Rechtsstrategische Handlungen von Juden

Seligmann dagegen bat in seinem Prozess gegen Grafeneck eine Kommission auf Heinrich vom Stein. Er war einer der Kommissare, die in der Vorinstanz zwischen dem Juden und Grafeneck vermittelt hatten. Er musste demnach Kenntnis vom vorliegenden Streit besessen haben.64 Als der RHR dieser Bitte nicht nachkam, änderte Seligmann seinen Kommissionsvorschlag auf den Landvogt von Burgau sowie den dortigen Forstmeister Freyberg. Seligmann betonte, dass Freyberg ein enger Verwandter Grafenecks sei. Hier war vermutlich die Hoffnung des Juden ausschlaggebend, informelle Kanäle anzapfen zu können.65 Zugleich ist anzunehmen, dass die RHR-Räte Seligmann zu diesem Schritt drängten66 , da sie eine Anbindung des Falles an habsburgische Interessen gewährleistet sehen wollten. Der räumliche Bezug zwischen Parteien und Kommissaren als Auswahlkriterium der Kommissare war ebenso entscheidend und lässt sich für alle Kommissionen nachweisen.67 In weiteren Causen, in denen keine habsburgischen Funktionseliten als Kommissare vorgeschlagen wurden, erbaten die Juden daher andere regional und reichsweit machtpolitisch wichtige Persönlichkeiten, die allesamt gut funktionierende Verbindungslinien zum Kaiser aufwiesen oder als erfahrene Kommissionshöfe und regionale Ordnungsmächte bezeichnet werden können.68 Hierzu zählte der Würzburger

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, Reichshofrat führt ihn nicht auf. Daneben stand die Grafschaft Schaumburg in engen Verbindungen zum Kaisertum und verfolgte einen gegenüber Habsburg freundlich ausgerichteten Kurs (W, Grafschaft Schaumburg, S. S. 22f.). Johann von Halle, der die Kommission alleine leitete, war Protestant. Während seines Studiums in Wittenberg weilte er als Gast in Martin Luthers Haus. Nach einem Praktikum am RKG setzte er sein Studium in Siena fort. Er war damit Angehöriger der relativ jungen Berufsgruppe akademisch ausgebildeter Juristen. 1552 ernannte ihn der Herzog von BraunschweigWolfenbüttel zu seinem Rat und kurze Zeit darauf trat Halle als Syndicus in den Dienst des Erzbistums Bremen und des Bistums Verden. Anton I. von Oldenburg gab ihm 1569 den Posten eines oldenburgischen ,Rats von Haus‘. Damit wurde der überregional mittlerweile bekannte Jurist zum externen Berater. Schließlich erfolgte 1573 seine Ernennung zum Kanzler. Siehe SAO 20–42 A Nr. 96, fol. 3r; vgl. S, Landesherr, S. 209. Vgl. S, Grafschaft Oldenburg, hier S. 139f., 156. Siehe zu Johann von Halle insgesamt F, Halle, S. 274f. Seligmann an den Kaiser (Praes. 6.3.1600) ct. Grafeneck in HHSAW, RHR, J. ., K. 41. Die skizzierte Vorgehensweise konnte soweit gehen, dass Juden lokale Amtsträger als Kommissare vorschlugen, die bereits in einem familieninternen Fall tätig waren. Vgl. Copias d Herrn kayserlichen Subdeligierten Commissarien Bescheid .B. vom 6.6.1598 in Jacob an den Kaiser (Praes. 14.11.1601) in ., K. 43/1; vgl. ., R, XVI/43, fol. 43v (5.8.1577). Seligmann an den Kaiser (Praes. 19.7.1600 [2]) ct. Grafeneck in . Ähnlich U, Geschichte, S. 147–150. Daneben nennen die Akten jeweils einmal: Albrecht V. von Bayern; vgl. Simon von Günzburg an den Kaiser (Praes. 19.10. u. 22.10.1576) ct. Bischof von Augsburg in HHSAW, RHR, J. ., K. 43/2; vgl. das Kommissionsschreiben vom 20.3.1577 in .; zu Albrecht V. siehe B, Albrecht V., Sp. 90–91. Heinrich Julius von Braunschweig: HHSAW, RHR, R, XVII/1, fol. 52v (24.6.1600); E, Heinrich Julius, S. 352–354.

3.1 Die Jahre 1576 bis 1603

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Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn.69 In seiner Person verbanden sich politisches Gewicht, Geschäftserfahrungen in der Reichshofkanzlei und Routine in der Tätigkeit als Schlichter in reichspolitischen Streitigkeiten.70 Jacob Fröschel erbat wiederum eine Kommission auf Herzog Friedrich I. von Württemberg als des Schwebischen Kraiß Obristen.71 Sein Fall ist gleichzeitig die einzige Causa, in dem ein Reichskreis in Erscheinung trat. Reichsstädte bzw. deren Beamte erscheinen dagegen abgesehen von einer Ausnahme72 kein einziges Mal als Kommissare, was eventuell auf ein gewisses Misstrauen der Juden gegenüber städtischen Beamten angesichts der Vertreibungswellen aus den großen urbanen Zentren verweist.73 Zugleich dürfte die geringe machtpolitische Stellung der Reichsstädte gegenüber landesherrlichen Beklagten sich hier ausgewirkt haben sein.74 Damit stellt sich die Frage, ob aus den jüdischen Kommissionsbitten die Präferierung einer Konfession abzulesen ist. Tatsächlich dominieren Kommissare katholischen Bekenntnisses, allerdings dürfte dies eher mit ihrer Stellung zum Kaiserhaus bzw. zum Haus Habsburg in Verbindung zu bringen sein als mit einer gezielten konfessionellen Auswahl oder Bevorzugung vonseiten der Juden. In den Akten zu den Prozessen aus der Kategorie ,Ökonomie‘ fehlen regelmäßig Beweismittel, d. h. Schuldscheine, Obligationen oder Ähnliches.75 Sie wurden von den Juden zumeist nicht beigelegt.76 Regelmäßig begnügten sich

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Wolf Ernst von Stolberg war fürstlich-braunschweigischer Statthalter (siehe R, Leben, S. 369). Georg Friedrich von Brandenburg-Onolzbach: HHSAW, RHR, R, XVII/1, fol. 135r (17.8.1601); Isaak aus Appenfelden an den Kaiser (Praes. 5.11.1601 u. 8.3.1602) in ., J. ., K. 43/1. Vgl. S, Markgraf, S. 660–679. Bischof von Bamberg, Johann Philipp von Gebsattel: Vgl. HHSAW, RHR, R, XVI/3, fol. 128v (27.6.1602); siehe W, Gegenreformation, S. 9–25. Vgl. zu Brandenburg-Ansbach-Kulmbach U, Geschichte, S. 144 u. 157–163, zu Braunschweig-Wolfenbüttel S. 140f., zu Bayern S. 105 u. 150–157, zu Württemberg S. 138f., zu Bamberg S. 145. Siehe ., S. 133, 195; vgl. zu Württembergs dominanter Kreispolitik W, Kreis, S. 25f. Vgl. HHSAW, RHR, R, XVII/1, fol. 64v (18.7.1600); ., R, XVI/69, fol. 65r–65v (4.6.1593); ., XVI/52a, fol. 469r (15.7.1585); ., XVI/55, fol. 227v (12.12.1588). Vgl. W, Echter, S. 671–684. Zitat Jacob Fröschel (Praes. 8.6.1603) in HHSAW, RHR, J. ., K. 42; vgl. ., R, XVII/3, fol. 16v (29.1.1602). HHSAW, RHR, R, XVI/73, fol. 63r (23.2.1594); ., XVI/76, fol. 25v (32.2.1594); ., XVI/77, fol. 231r (30.10.1596); . XVI/78, fol. 160r (30.10.1596). Vgl. T, Siedlungsstruktur, S. 29–39; L, Gravamen, S. 31–35; H, Geschichte, S. 66–69; R, Leben, S. 287–313. Zur Tätigkeit der süddeutschen Reichsstädte als Kommissare U, Geschichte, S. 164–173. Vgl. ähnlich mit Blick auf andere kleinere Reichsstände U, Geschichte, S. 141. Dies war durchaus gängige Praxis, wie O, Prozeßverfahren, S. 124 zu berichten weiß. Vgl. kommissarische Relation in Wolfgang von Hohenlohe vom 15.1.1593 an den Kaiser (Praes. 2.5.1593) u. Wolfgang von Hohenlohe am 22.2.1592 an Georg Philipp von Berlichingen in HHSAW, RHR, J. ., K. 42/1 (ebenso in SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6 als N. 24. bzw. 28.). Mit ähnlichen Befunden O, Prozeßverfahren, S. 124.

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3. Rechtsstrategische Handlungen von Juden

die jüdischen Prozessparteien damit, bestimmte Summen zu nennen, welche die entstandenen Schäden decken sollten.77 Exekutionsvorschläge brachten die Juden in jenen Jahren ebenfalls selten explizit vor.78 Die wenigen Exekutionsvorschläge richteten sich in einer sehr allgemeinen Weise auf die Güter der beklagten obrigkeitlichen Prozessparteien.79 Vielmehr sollten die Kommissare nach der Meinung der Juden in einer allgemeinen Weise Auszahlungen innerhalb einer kurz bemessenen Frist erzwingen und solche Executions mittel für die hand nehmen, daß dem Vertrag gebürlich völlig gelebt werde.80 Der Grund für die Scheu jüdischer Kläger vor konkreten Angaben dürfte darin zu suchen sein, den Handlungsspielraum der Kommission möglichst wenig einzuengen. Viele der jüdischen Kläger berichteten dabei zugleich, dass die obrigkeitlichen Prozessparteien ihre zur Exekution stehenden Güter mit Scheinverkäufen in Sicherheit bringen würden81 oder eine dritte Partei die

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Vgl. SAW, L 2337, fol. 62r–62v oder ., fol. 191r–195v, 282r–283v sowie fol. 452r–457v. Vgl. Schmoll an Kaiser (Praes. 15.7.1585) in ., J. ., K. 42. Simon von Günzburg hatte von Adelmann zu Adelmannsfelden dessen Gut Sechingen als Pfand erhalten und hierüber sogar die Bestätigung des Augsburger Bischofs Kardinal Otto als Probst zu Ellwangen und damit Lehnsherrn Adelmanns bekommen (Simon von Günzburg an den Kaiser [ohne Praes. {1574}] ct. Adelmann von Adelmannsfelden in ., K. 43/2). Israel von Lübbecke bat, der Kaiser möge mit Hilfe eines Fürschreibens den Ostfriesischen Grafen dazu auffordern, ihm Auff angeregten Quernheimischen Geldern, Ob einige bey dir stunden zue geburlicher furderlicher bezahlung zu verhelfen (Zitat Copia kay: Schreybens Ann Graff Ezdtshardten zue OstfrießLandt pro Ißrael Juden von Lübeck E. in ., K. 43/3). Hiermit war ein Kredit von über 12 000 fl. gemeint, den Ezard 1574 zusammen mit Bürgermeister und Rat der Stadt Emden zwecks Deichbauten in der Emdener Region mit Hilmar von Quernheim abgeschlossen hatten und in Form einer jährlichen Pension von 960 fl. nun zurückzahlen mussten. Siehe die betreffende Urkunde vom 30.3.1574 SAA R. 1, 860. Israel hatte Kenntnis von diesem Vertrag, besorgte er doch für die Grafen seit 1579 Gelder zwecks Rückzahlung der Kreditsumme (vgl. Israel von Lübbecke an Occo Friese als Drosten von Emden am 2.6.1579 in . R. 4 A II  Nr. 281; Occo Friese als Drost zu Emden und andere am 24.11.1576 an Ezard II. in SAA R. 4 A II  Nr. 281); L, Leben, S. 190 sieht hierin Münzwechselgeschäfte, bezieht aber an dieser Stelle nicht die Überlieferungen aus den Emdener u. Auricher Archiven heran; B, Gemeinde, S. 218 u. L, Juden, S. 122, Fn. 574 bezeichnen es als ein Kreditgeschäft. Jacob an den Kaiser (Praes. 4.3.1598) ct. Güss von Güssenberg in HHSAW, RHR, J. ., K. 43/1; Haim an den Kaiser (Praes. 11.4.1603) in ., AA, K. 85, fol. 348r– 353v, hier fol. 350v; Vertrag als Lit. A. in Seligmann an den Kaiser (Praes. 6.3.1600) ct. Grafeneck in ., J. ., K. 41; vgl. ähnlich Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. undat.) sign. mit hofrath 2506. in ., K. 42/1 (ebenso in SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6 15. bzw. 19.); HHSAW, RHR, R, XVI/63, fol. 441r (25.10.1591); ., XVI/73, fol. 76v–77r (8.5.1594). Seligmann an den Kaiser (Praes. 6.3.1600) ct. Grafeneck in ., J. ., K. 41. Vgl. die undat. Supplik Isaacs an Wolfgang von Hohenlohe als Beilage .4. (Praes. 4.12.1591) in SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6; von ähnlichen Vorgängen berichtet K, Lage, S. 283–301, hier S. 299.

3.1 Die Jahre 1576 bis 1603

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vorgesehenen Pfänder widerrechtlich in Besitz nehme.82 Insofern ging es um den Rückhalt wichtiger Informationen. Im Untersuchungszeitraum gab es zudem keinen Fall, in dem sich die Kommissare der Annahme einer Kommission verweigert hätten.83 Vielmehr sah der Ablauf einer Kommission so aus, dass den Parteien eine Zitation zugestellt wurde.84 In der Regel erschien zum angesetzten ersten Termin nur der klagende Jude, während sich die Obrigkeiten entschuldigen ließen.85 Dennoch erfolgte eine erste Feststellung der Schuldforderungen.86 An sich kam es aber zu einem Aufschub der Verhandlungen und zu einem neuen Verhandlungstermin.87 Wenn sich die adeligen Herrschaften schließlich doch auf die kommissarischen Handlungen einließen, wurde in den meisten der untersuchten Causen die eigentliche Feststellung der Besitztümer des Beklagten zwecks Pfändungen oder Vergleich zügig vorgenommen.88 Dabei zeigten sich 82

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Haim an den Kaiser (Praes. 11.4.1603) in HHSAW, RHR, AA, K. 85, fol. 348r–353v, hier fol. 350v; vgl. Seligmann vom 15.2.1601 an den Kaiser (Praes. 23.2.1601) ct. Güss von Güssenberg in . J. ., K. 42. Simon von Günzburg an den Kaiser (Praes. 2. u. 3.10.1576) ct. Adelmann von Adelmannsfelden in ., K. 43/2 spricht offen von parken. Vgl. Simon von Günzburg an den Kaiser (5.8.1577) ct. Adelmann von Adelmannsfelden in ., K. 43/2; Abt von Ursberg an den Kaiser (Praes. 14.1.1574) u. Simon von Günzburg an den Kaiser (Praes. 17. u. 18.3.1574) in ., K.43/2; ., R, XVII/1, fol.21v (29.3.1601); Wolfgang von Hohenlohe vom 15.1.1593 an den Kaiser (Praes. 2.5.1593) u. Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. undat.) als No. 5 u. Mutatis Mutandis, Ann Georg Philipssen und Albrecht vonn Berlichingen, daß Sy umbstendiglich berichten sollen wer Jezo deß Stelzers geweßenen Vogts zu Dörzbach guetter Innen hab und besize N 10: vom 15.11.1591 von Wolfgang von Hohenlohe in ., J. ., K. 42/1 (ebenso in SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6, sign. als 20.); Schmoll an den Kaiser (Praes. 4.6.1586) sowie Fürstbischof von Würzburg vom 17.12.1587 an den Kaiser (Praes. 16.3.1588) als 212 ct. Stein in ., J. ., K. 42 (vgl. SAW, L 5328). Vgl. Wolfgang von Hohenlohe an Georg Philipp von Berlichingen und Isaak von Nagelsberg in kommissarische Relation in Wolfgang von Hohenlohe vom 15.1.1593 an den Kaiser (Praes. 2.5.1593) in HHSAW, RHR, J. ., K. 42/1; Bischof vom 19.1.1590 an Veit und Alexander vom Stein als 23. in ., J. ., K. 42. Vgl. Relation in Wolfgang von Hohenlohe vom 15.1.1593 an den Kaiser (Praes. 2.5.1593) in ., K. 42/1; Khela an den Kaiser (Praes. undat.) in ., AA, K. 84/2, fol. 274r–275v, fol. 274v; Schmoll an den Kaiser (Praes. 4.6.1586) ct. Stein in ., J. ., K. 42; Isaak aus Appenfelden an den Kaiser (Praes. 5.11.1601 u. 8.3.1602) in ., J. ., K. 43/1. Vgl. Relation in Wolfgang von Hohenlohe vom 15.1.1593 an den Kaiser (Praes. 2.5.1593) in ., K. 42/1. Vgl. die Relation von Wolfgang von Hohenlohe vom 15.1.1593 an den Kaiser (Praes. 2.5.1593) in ., K. 42/1, die berichtet, dass Isaak sich trotz Ermahnung der gräflichen Räte weigerte, Weikersheim zu verlassen. Vgl. den Taxierungsbefehl vom 13.3.1592 sowie die Taxierungslisten vom 18.3.1592 in der Relation von Wolfgang von Hohenlohe vom 15.1.1593 an den Kaiser (Praes. 2.5.1593) in ., K. 42/1. Vgl. bspw. Relation in Wolfgang von Hohenlohe vom 15.1.1593 an den Kaiser (Praes. 2.5.1593) u. Wolfgang von Hohenlohe am 22.2.1592 an Georg Philipp von Berlichingen in ., K. 42/1 (ebenso in SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6 als N. 24. bzw. 28.); vgl. Liquidation, Schmol Judens schuldforderung zu dettelbach abgehandelt (Praes. 4.10.1593) in SAW, L 5328.

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3. Rechtsstrategische Handlungen von Juden

die Kommissare durchweg bestrebt, die Fälle auf Basis einer rechtlich gesicherten Position nachhaltig zu klären. In der Regel waren die Kommissare um eine gütliche Lösung der Streitigkeiten bemüht.89 Nach dem Scheitern eines solchen Vergleichs erfolgte freilich die sofortige Exekution.90 Insgesamt ist ein tendenziell erhebliches Akzeptanzproblem der durch Juden ausgebrachten kaiserlichen Kommissionen auf Seiten der beklagten Obrigkeiten zu beobachten. Daher bemühten sich die Kommissare ihrem Status als Delegierte des Reichsoberhauptes strikt Ausdruck zu verleihen.91 Notfalls strichen sie ihre Stellung gegenüber dem RKG klar heraus, wenn dieses von der beklagten Prozesspartei im Laufe einer Kommission angerufen wurde.92 In vielen Fällen blieb Kommissaren93 allerdings nichts anderes 89

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Vgl. bspw. Relation in Wolfgang von Hohenlohe vom 15.1.1593 an den Kaiser (Praes. 2.5.1593) in HHSAW, RHR, J. ., K. 42/1. Isaak schwor freiwillig den Judeneid der RKG-Ordnung und reichte zwei Bürgschaften über sein Vermögen bei der Kanzlei ein (siehe die Bürgschaften des Hans Ott aus Nagelsberg und Gumprecht, ein Bruder Isaacs, als N. 36: in . [ebenso in SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6 N. 42: bzw. 43] sowie das freiwillige Angebot der Bürgschaft in Isaak von Nagelsberg an Wolfgang von Hohenlohe [Praes. 28.3.1592] als N: 33: in . [ebenso in ., Bü. 95/6 als N. 33. bzw. 36.]), die bestätigen sollten, dass er, wenn er in die Güter des Widmann eingesetzt sei, diese sofort begleichen könne (siehe hierzu Isaak von Nagelsberg an den Kaiser [Praes. undat.] als No. 5 in .). Wolfgang von Hohenlohe am 22.2.1592 an Georg Philipp von Berlichingen in HHSAW, RHR, J. ., K. 42/1 (ebenso in SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6 als N. 24. bzw. 28.), wo er die Immission des Juden in die Güter des Widmanns anbefiehlt; Vertrag A. sowie gräfliche Räte in Weikersheim vom 29.3.1592 als N. 34. in . (ebenso in ., Bü. 95/6 als N: 34: bzw. 37.) u. Wolfgang von Hohenlohe an Georg Philipp von Berlichingen als N: 51. in . (ebenso in ., Bü. 95/6 als N. 51.), mit dem der Kommissar das Urteil vom 17.4.1592 bestätigte; Bescheid der Kanzlei Weikersheim vom 27.10.1594 als m in ., AA, K. 84/2, fol. 262r–262v u. Urteil Wolfgangs von Hohenlohe an Georg Philipp von Berlichingen vom 31.8.1594 in ., fol. 299r–300v; vgl. ., XVI/66, fol. 2r–2v (3.1.1592) u. ., XVI/69, fol. 65r–65v (4.6.1593) in Causa Schmoll ct. Stein. Hierzu Würzburger Bischof vom 28.11.1586 an die Stein als 2 in ., J. ., K. 42. Johann von Halle in SAO 20–42 A Nr. 96, fol. 155v–157v. Siehe die kommissarische Relation von Wolfgang von Hohenlohe vom 15.1.1593 an den Kaiser (Praes. 2.5.1593) in HHSAW, RHR, J. ., K. 42/1, wo Hohenlohe Georg Philipp von Berlichingen mitteilte, dass der Kaiser den beklagten Vogt Stelzer per Edictum citiren beuelchen könne, wenn sich dieser nicht fügen wolle. Insofern solle Berlichingen dafür sorgen, dass Widmann keine zweiffelhaffte Ausred unndt behelff dagegen vorbringe und die Exekution gegen ihn einleiten. Ihm sei vom Kaiser die Clagloßmachung ohn einiche Condition ufferlegt worden; Wolfgang von Hohenlohe vom 11.3.1592 in . (ebenso in SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6 als N. 26 bzw. 30.). Vgl. Wolfgang von Hohenlohe vom 24.5.1592 an den RKG-Präsidenten als Reaktion auf das vom ehem. Vogt Stelzer ausgebrachte und auf den 29.4.1592 datierte Compulsorial als N: 49: in HHSAW, RHR, J. ., K. 42/1, der die vom RKG geforderte Aktenübersendung als deroselben kaiserlich Reputation zuwider bewertete; Zitation Wolfgangs von Hohenlohe vom 12.1.1592 an Georg Philipp von Berlichingen als N: 19: in . (ebenso in SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6 als N. 13. bzw. 23.); Zacharias Koch als Anwalt der Quernheimer Erben in SAO 20–42 A Nr. 96, fol. 102r–103r. Relation Dietrich von Horben an den Kaiser vom 18.1.1601 im Falle Seligmann ct.

3.1 Die Jahre 1576 bis 1603

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übrig, als gegenüber dem RHR konsterniert die Unwirksamkeit ihres Handelns zu berichten.94 Ein solches Vorgehen war in den Jahren 1576 bis 1603 durchaus üblich. Insbesondere nahmen viele der Obrigkeiten bei drohenden Kommissionen den Ausweg einer Appellation an das RKG.95 Sie versuchten, am RKG Zitationen zu erwirken, um die Prozesse vom kaiserlichen Hof nach Speyer96 zu ziehen.

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Güss von Güssenberg in ., J. ., K. 42; vgl. ., R, XVI/54a, fol. 17r–17v (16.3.1588), 72r–72v (12.12.); ., XVI/61, fol. 75v (16.8.1590); ., XVI/66, fol. 2r–2v (3.1.1592); Fürstbischof von Würzburg vom 17.12.1587 an den Kaiser (Praes. 16.3.1588) als 212 ct. Stein in ., J. ., K. 42 (vgl. zum Letzten SAW, L 5328). U, Geschichte, S. 126f., 194 sieht in dieser Vorgehensweise, die Ausdruck kommissarischer Misserfolge war, einen Aspekt der beständigen Rückkopplung zwischen Kommissar u. Kaiser bzw. Region u. Reich. Dagegen auf die Verfahrensdefizite hinweisend P. O: Rezension zu Ullmann, Geschichte. In: ZHF 35, 2008, S. 710– 712, hier S. 711. Mustergültig für die skizzierte Problematik ist der Fall des Israels von Lübbecke gegen die von Quernheims. Die kurzen Kommissionsverhandlungen fanden nur am 11. und 12. März sowie vom 27. bis 29. Mai 1582 statt, die gleich von Anfang an durch die Nichtanwesenheit der Quernheimer Erbengemeinschaft sabotiert wurden (vgl. SAO 20–42 A Nr. 96, fol. 16r–20r). Israel erläuterte den eigentlichen Zweck seiner beim Kaiser ausgewirkten Kommission: Er wolle die in seinem Besitz befindlichen Originalurkunden der Obligationen auf ihre Echtheit abgleichen lassen (., fol. 13r–17, 71v–75v). Als einen Tag später die Quernheimer Anwälte nicht erschienen, stellten die Kommissare fest, dass diese die Vorladung Inn windt geschlagen hätten. Sie beschlossen eine erneute Zitation, die nun an die von Israel vorgeschlagenen Zeugen gehen sollte. (., fol. 17r– 22v, Zitat fol. 18r). Bei den Verhandlungen Ende Mai waren die Quernheimer Anwälte zwar anwesend, allerdings verfolgten sie einen Kommissionsboykott (., fol. 25r–26v, 62r–63r). Ihr zuständiger Anwalt beabsichtigte den Juden in einen prozessualen Kleinkrieg zu verwickeln. Tatsächlich hatte er damit Erfolg, gelangte die eigentliche Streitfrage erst sehr spät auf die Tagesordnung (., fol. 42r–43r, 48r, 51r–51v). Im Verlauf der Kommission zeichnete sich ab, dass Halle prinzipiell gewillt war, dem Juden in seinem Ansuchen statt zu geben (., fol. 100v). Nun wurde der Ton der Quernheimer rauer und Halles Bemühungen, die Parteien in Einzelgesprächen zu Vergleichsverhandlungen zu bewegen, schlugen fehl (., fol. 152r–152v, 162r–163v. Zu den Reaktionen Halles ., fol. 99r–100v, 155r–156v). Am Ende verließen die Quernheimer die Kommissionsverhandlungen unter Protest (., fol. 157v–160v, 165r–166v) und appellierten am RKG auf Nichtigkeit (Spezialprotokoll in SAM Q 117, fol. 6r–6v; vgl. . Q 122, fol. 1v–2r; vgl. das Instrumentum Appellationis vom 26.11.1583 in ., fol. 12r, Johann Gödelmann an das RKG unter Quadrangel 8 [Praes. 14.10.1584] in ., fol. 17r–54v, hier fol. 25v–30r, 35r–36r, 37r–39v, 40v–53r). Halle musste an den Kaiserhof berichten, dass die Quernheimer nicht bereit waren, sich auf eine gutlichen handlung [. . . ] einzulassen (Kommissionsbericht vom 26.7.1583 an den Kaiser [Praes. 28.11.1583] in HHSAW, RHR, J. ., K. 43/3 [Zitate ebd.]). Vgl Jacob an den Kaiser (Praes. 8.3.1601) in ., K. 43/1; Buchholz an den Kaiser (ohne Praes. [1602]) in ., K. 8/4; Simon von Günzburg an den Kaiser (2. u. 3.10.1576) ct. Adelmann von Adelmannsfelden in ., K. 43/2. Vgl. bspw. den Fall Haim ct. von Gundelsheim in ., R, XVII/4, fol. 49v (18.3.1603). Dort berichtet Gundelsheim, er habe in Camera Citationem ad videndum et restitui erlangt. Siehe Gundelsheim vom 28.12.1602 an den Kaiser (Praes. 7.1. u. 18.3.1603) in ., AA, K. 85, fol. 341r–344v, hier fol. 342r. Dies betrifft aber auch andere Gerichtsinstanzen. Kaiserliche Landgerichte: Kreut auf die Klage Seligmanns in ., R, XVII/3,

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3. Rechtsstrategische Handlungen von Juden

Solche Vorgehensweisen wurden von den Obrigkeiten aber nur in wenigen Fällen derart ausgiebig angewendet, dass sie zu einem energischen bis militärischen Vorgehen der Kommissare führten.97 So ließ Landvogt Dietrich von Horben den Reichsritter Güss von Güssenberg mit gewerter hanndt verhaften und seine Güter sequestrieren.98 Konsequent verweigerten sich Alexander und vor allem sein Bruder Veit vom Stein zum Altenstein den kaiserlichen Kommissaren. Regelmäßig missachteten sie die Aufforderungen des Würzburger Fürstbischofs zur Justizhilfe für Schmoll.99 Die Verweigerungshaltung der vom Steins hielt sogar dann noch an, als der Bischof drohte, ihren gegen dem keij[serlichen] beuelch ertzaigten ungehorsam und verehrung Ire Maij[estät] Allerunderthenigst zu berichten100 , dass der mangel und freufell an ihnen läge.101 Julius Echter forderte die Stein mehrmals auf, sich auf ein kooperativeres Verhalten zu besinnen, damit das werck nicht auf die lenge banck geschoben werde.102 Schließlich eskalierte die Streitsache. Veit vom Stein äußerte sich aggressiv über die kaiserliche Kommission und Gerichtshoheit.103 Daraufhin traf ihn der volle kaiserliche Zorn. Nachdem Julius Echter die Kommissionsakten nach Prag übersandte und die RHRfol. 96v (6.5.1602); Hofmarschallamt: Burkhardt von Berlichingen auf die Klage Seligmanns in ., XVII/4, fol. 48v (18.3.1603). 97 Zu den Möglichkeiten militärischer Exekution nach 1648 F, Reichsjustiz, S. 244– 290 u. M, Einleitung, S. 852–859. 98 Zitat Güss von Güssenberg an den Kaiser (Praes. 24.11.1601) in HHSAW, RHR, J. ., K. 42. Ähnlich konsequent verfuhren die Kommissare gegen Grafeneck. Obgleich zunächst der Graf von Öttingen als Lehnsherr Grafenecks die Schuldforderungen Seligmanns exekutieren und das vertraglich verpfändete Gut Burgberg einziehen sollte, nahmen sich Amtsträger der Markgrafschaft Burgau der Sache an. Grafeneck berichtete Anfang Oktober des Jahres 1600 nach Prag, dass letztgenannte in des Schloßes vorhoff mit [...] ainer kutschen und ettlichen [...] pferden hinein geruckt seien und die Exekution öffentlich angekündigt hätten. Zudem sei ain starckhe anzall volckhs zu Roß und Fueß außerhalb deß Schloß des wegen In bereytschafft gewesen, sollte Grafeneck nicht sofort zahlen. Zitat Grafeneck am 24.9.1600 an den Kaiser (Praes. 7.10., 8.11. u. 4.12.1600) in ., K. 41. Vgl. Exekutionsbefehl Rudolfs II. an Graf Wilhelm von Öttingen vom 19.7.1600, im RHR dekretiert am 7.8.1600 in .; zur Verpfändung des Gutes siehe Vertrag als Lit. A. in Seligmann an den Kaiser (Praes. 6.3.1600) ct. Grafeneck in . 99 E., R, XVI/54a, fol. 72r (12.12.1588); Bischof vom 28.11.1586, 5.8.1587, 25.8.1587, 20.8.1588, 25.8.1587, 3.5.1588 an vom Stein als 2, 3, 6, 7, 11 u. 15. in ., J. ., K. 42; Steins vom 31.1.1590 a. K. an Würzburger Bischof (Praes. undat.) als 24 in .; Würzburger Bischof vom 9.1.1593 an den Kaiser (Praes. 5.6.1593) in . (ebenso in SAW, L 5328 als Relation An Kai[serl]jche M[ajes]t[ä]t signiert mit Jan: 1593). 100 Zitat Bischof vom 18.6.1588 an Stein als 16 sowie ders. vom 3.5.1588 an die Steins als 15. in ., J. ., K. 42. 101 Würzburger Bischof vom 4.2.1591 an Steins als 47. in ., K. 42; Würzburger Bischof vom 11.5.1592 an Steins in ., D. ., K. 177, fol. 334r–335v, hier fol. 334r: Ihr soltet keij: Mtt: Unsern allergnedigsten herrn etwas mehr respectirt. 102 Würzburger Bischof vom 22.4.1591 an Steins als 51. in ., J. ., K. 42. 103 Vgl. Designatio Protocollj. Zw Dettelbach verloffener hanndlung In sach Schmoll Judens, qa die vom Stein, 4. Octobris Anno .93. in ., K. 42.

3.1 Die Jahre 1576 bis 1603

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Räte sich über dessen Ungehorsam gegenüber dem Kaiser und dessen Rechtsprechung informieren konnten104 , ließ Rudolf II. den Reichsritter durch den RKG-Fiskal nach Prag zitieren105 und ihn dort wochenlang unter Hausarrest stellen.106 Kaiserliche Kommissionen waren bei den Obrigkeiten durchaus gefürchtet und das nicht nur wegen der entstehenden Unkosten.107 Der Reputationsverlust war nicht zu unterschätzen. Schließlich handelte es sich um Kommissionen, die ausgerechnet von Juden erbeten, vom RHR erlassen und in aller Öffentlichkeit wie in Rathäusern größerer urbaner Zentren108 abgehalten wurden. Ferdinand Dietrich von Grafeneck bat daher, die Kommissare möchten ihm doch khein weitern spott erzeigen.109 Die Erhaltung der adeligen Reputation und damit der Kreditfähigkeit war für ein solches Verhalten sicherlich ausschlaggebend.110 Gerade dieser zuletzt angedeutete Komplex verweist direkt auf die Erfolge oder eben Misserfolge jüdischer rechtsstrategischer Handlungen. 3.1.3 Folgen rechtsstrategischer Handlungen von Juden In Anbetracht obiger Ausführungen sind Zweifel bezüglich der Erfolgsaussichten jüdischen Prozessierens angebracht. Gleichwohl lässt sich kein ein-

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Continuatio Protocollj. In sachen. Schmoll Judens. qa die vom Stein am 14.9.1593 u. 2.12.1593 in ., K. 42. E., R, XVI/73, fol.78v (15.3.1594); Bericht des RKG-Fiskals über die Insinuation in ., XVI/76, fol. 145r–145v (14.10.1595); ., XVI/77, fol. 56r (24.2.1596). Siehe die Akten hierzu in ., J. ., K. 42 sowie Copia Authentica vom 15.3.1595. Zum Zitationsprozess S, Prozessgrundsätze, S. 216–219; U, Geschichte, S. 33. HHSAW, RHR, R, XVI/77, fol. 34v (31.1.1596); ., XVI/78, fol. 14v (31.1.1596), 22r (24.2.); siehe zur Mindestdauer seiner Verhaftung Veit vom Stein an den Kaiser (Praes. 14.4. u. 29.4.1596) in ., J. ., K. 42. Vgl. Abt von Ursberg an den Kaiser (Praes. 1.8.1575) in ., K. 43/2. In den Causen Isaak von Nagelsberg ct. Widmann u. von Berlichingen in der Weikersheimer Kanzlei; Israel von Lübbecke ct. von Quernheim im Lingener Rathaus; Fuldaer Judenschaft ct. Fuldaer Bürger im Mergentheimer Rathaus u. im Fuldaer Schloss; Schmoll ct. Stein u. Grumbach auf der Kellerei in Dettelbach bzw. in der Würzburger Kanzlei. Grafeneck am 24.9.1600 an den Kaiser (Praes. 7.10., 8.11. u. 4.12.1600) in ., K. 41; vgl. ., R, XVII/3, fol. 5v–6r (8.1.1602); siehe das Memorial der Reichsritterschaft in Schwaben Kanton Donau vom 28.10.1601 (Praes. 30.10.1601) in ., J. ., K. 42; vgl. Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. undat.) als No. 5 in ., K. 42/1. P, Folgen, S. 248. Darüber hinaus weckten Insolvenzen immer Begehrlichkeiten auf Seiten der größeren Reichsstände, die als verordnete Kommissare potentiell ihren eigenen politischen Interessen folgen konnten. Hierzu E, Gerichtsbarkeit, S. 57; P, Reichsritterschaft (c), S. 205–231, hier S. 220, 228f.; ., Grumbach, S. 383–421 sowie ., Kaiser, S. 174f.; W, Rechtsgrundlagen, S. 321 spricht von „Mediatisierung auf kaltem Weg“. Hierzu S, Kanton, S. 227–237.

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3. Rechtsstrategische Handlungen von Juden

Abbildung 1: Verfahrensdauer der Prozesse aus der Kategorie Ökonomie 1576–1603 (n = 35; es wurden nur Prozesse berücksichtigt, bei denen Informationen aus den Resolutionsprotokollen oder aus den Akten bezogen werden konnten)

deutiges Muster über Erfolg oder Misserfolg belegen. Diese Frage ist von Fall zu Fall stets neu zu beantworten. Eingangs soll ein Blick auf die überlieferte Dauer jüdischer Causen geworfen werden (vgl. die Angaben in Abb. 1). Gerade die Betrachtung dieses Indikators verspricht einen Beitrag zur Klärung dieser Frage zu liefern. In 85,7 % aller Causen überschritt die Verhandlungsdauer nicht das fünfte Jahr.111 Im Durchschnitt betrug die Prozessdauer sogar nur 3,1 Jahre. ,Ausreißerprozesse‘ sind äußerst selten. Nach Ausweis der Zahlen verliefen die jüdischen Klagen zügig und wurden vom RHR schnell bearbeitet.112 Gerade die referierten negativ verlaufenden Fälle zeigen, dass Juden Hartnäckigkeit beweisen konnten, wenn ihnen die Erreichung ihrer Prozessziele am Herzen lag. Da dieser Umstand generell für alle klagenden Juden gelten dürfte, scheinen diese Zahlen zumindest teilweise auf mögliche Erfolgsaussichten jüdischer Klagen hinzuweisen.113 In den Fällen, in denen Kommissare tätig wurden, die eng mit dem Haus Habsburg, dem Kaiserhof oder der vorderösterreichischen Regierung verbun111 112

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So im Übrigen bereits F, Rechtsschutz, S. 128f. Vgl. O, Prozeßverfahren, S. 134; E, Gerichtsbarkeit, S. 31f. sieht in der Häufigkeit eines am RHR verhandelten Falls dessen politische Bedeutung begründet; die Ergebnisse von U, Geschichte, S. 125f. differenzieren diese Annahme, da auch reichspolitisch brisante Fälle nur wenige Male im RHR präsentiert werden konnten. Grafeneck bot vor dem Einrücken der Kommissare einen Vergleich an. In No. 2 Declaration und Angehaffte Euentualparition vom 18.9.1600 in Grafeneck am 24.9.1600 an den Kaiser (Praes. 7.10., 8.11. u. 4.12.1600) in HHSAW, RHR, J. ., K. 41 an. Hierzu No. 2 Declaration und Angehaffte Euentualparition vom 18.9.1600 in Grafeneck am 24.9.1600 an den Kaiser (Praes. 7.10., 8.11. u. 4.12.1600) in . Allerdings scheiterte der Vergleich, so dass ein erneuter RHR-Exekutionsauftrag der Kommission befahl, das Gut Burgberg zu beschlagnahmen. Siehe den Exekutionsbefehl Rudolfs II. vom 8.11.1600 an von Horben in ., K. 42, der zuvor auf den Grafen Wilhelm von Öttingen ausgefertigt worden war, dessen Name aber nachträglich gestrichen wurde. Hiernach reißt die Überlieferung ab.

3.1 Die Jahre 1576 bis 1603

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den waren, scheinen Juden Chancen besessen zu haben, an ihre Forderungen zu gelangen. Offene und angedrohte Gewalt der Kommissare war dabei ein gebräuchliches Mittel. In den Fällen, in denen dies nicht zutraf, waren die Erfolgschancen weit geringer. Israel von Lübbecke konnte sich im Laufe des Prozesses der mehrmaligen Unterstützung durch den RHR erfreuen.114 Er erzielte einen Durchbruch mit der Erkennung einer Kommission.115 Die Kommission bestätigte die Echtheit der Schuldforderungen Israels.116 Gleichwohl konnte er die in den Verhandlungen gewonnenen Erkenntnisse nicht in Erfolge umsetzen. Der RHR wies den Fall an das RKG zurück.117 Bis zu seinem Tod 1586/87118 erreichte Israel weder am RKG noch am RHR etwas.119 Desgleichen bekam Isaak von Nagelsberg vom RHR eine Kommission. Die Forderungen des Juden wurden vom zuständigen Kommissar Wolfgang II. von Hohenlohe von insgesamt 3000 fl. zwar auf 1808 fl. reduziert, womit sich Ersterer abfinden musste. Gleichzeitig erhielt Isaak aber die volle kommissarische Unterstützung bei deren Eintreibung.120 Gleichwohl erwies sich die Auszahlung selbst dieser reduzierten Schuldforderung für den Juden als un114

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Siehe Abschrift Rudolf II. an Bischof von Minden vom 12.3.1579 in SAM Q 117, fol. 63r–63v; siehe fürschrifft ans Camerg[r]icht für Israel Juden von Lübeck am 25.3.1579 in HHSAW, RHR, J. ., K. 43/3 (Zitate ebd.). Zu den beiden Kategorien von Promotorialschreiben S, Reichshofrat, S. 30f. Siehe Eintrag unter dem 11. Mai im Spezialprotokoll über die Insinuation des RHR-Promotorials an das RKG in SAM Q 117, fol. 1v, siehe die Abschrift des Promotorials in ., fol. 61r–61v. Das RKG sah sich wie in vielen anderen Fällen so auch hier zwar nicht verpflichtet, auf das Promotorialschreiben zu reagieren. Der Prozess wurde nach Ausweis der RKG-Akten insofern nicht offiziell remittiert, geriet allerdings ins Stocken, was wohl auf eine gewisse Unsicherheit der dortigen Akteure schließen lässt (hierzu S, Reichshofrat, S. 35). Vgl. HHSAW, RHR, R, XVI/47, fol. 12r (5.4.1582). Vgl. SAO 20–42 A Nr. 96, fol. 185v–199r. Vgl. HHSAW, RHR, R, XVI/50, fol. 225v (28.11.1583). Vgl. Spezialprotokoll in SAM Q 117, fol. 7v. Siehe Domprobts, Dechant, Senior und Kapitel des Stifts Minden an Bürgermeister und Rat der Stadt Emden am 19.71587 SAE I Nr. 378a; L, Leben, S. 230 setzt seinen Tod im September oder Oktober 1586 an. Bereits 1589 klagte seine Frau die Schuldforderung gegen die Quernheimer Erben ein (vgl. Bela, Witwe Israels von Lübbecke an den Kaiser [Praes. 7.3.1589] in HHSAW, RHR, AA, K. 139/1, fol. 61r–64v). Siehe Spezialprotokoll in SAM Q 117, fol. 7v. Israels Erben bemühten sich noch bis 1625, eine Rückzahlung der Schuld zu erreichen (siehe Spezialprotokoll in . Q 117, fol. 8r–9r und ebenso in . Q 122, fol. 1r–3v). Relation in Wolfgang von Hohenlohe vom 15.1.1593 an den Kaiser (Praes. 2.5.1593) in HHSAW, RHR, J. ., K. 42/1; das Urteil vom 17.4.1592 als N: 46: in . (ebenso in SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6 als N. 44. bzw. 45.); vgl. Vertrag A. sowie gräfliche Räte in Weikersheim vom 29.3.1592 als N. 34. in . (ebenso in ., Bü. 95/6 als N: 34: bzw. 37.). Isaak von Obereisenheim an den Kaiser (Praes. 16.8.1590) sign. mit 1114 in HHSAW, RHR., D. ., K. 177; Würzburger Bischof vom 10.7.1590 an den Kaiser (Praes. 16.8.1590) sign. 1115 in ., K. 177; ders. gab sich anstelle seiner geforderten 666 fl. mit 400 fl. zufrieden. Allerdings scheiterte der erstellte Vergleich an den Widerständen des fränkischen Reichsritters; Würzburger Bischof vom 10.7.1590 an den Kaiser (Praes. 16.8.1590) sign. 1115 in .

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3. Rechtsstrategische Handlungen von Juden

realisierbar. Georg Philipp von Berlichingen beharrte darauf, dass die Güter Widmanns nicht so viel wert seien und dem Juden hiervon nicht ausgezahlt werden könne.121 Über sein Prozessieren in Prag verstarb Isaak schlussendlich, so dass seine Frau Khela den Prozess weiterführen musste.122 Tatsächlich erhielt das Ehepaar bzw. die Witwe wohl nur Teile ihrer Forderungen123 und wurde in einem späteren Vergleich mit keinem Wort mehr berücksichtigt.124 Gerade dieser Fall belegt, dass Juden Kompromissbereitschaft an den Tag legen mussten, um Erfolge bzw. Teilerfolge zu erzielen. Für die Juden hingen Erfolgsaussichten zudem vom jeweiligen Kommissar ab. In der Causa Schmoll gegen Alexander und Veit vom Stein gelang es dem Juden zwar, mit der Ernennung des Würzburger Bischofs zum kaiserlichen Kommissar einen Vergleich zu erreichen.125 Allerdings weigerten sich sowohl die Stein’schen Untertanen als auch die vom Stein selbst, den Vergleich anzunehmen.126 Erst nachdem Veit vom Stein in Prag unter Hausarrest gestellt worden war und der Würzburger Bischof auf Druck des RHR die Angele121

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Vgl. Georg Philipp von Berlichingen am 1.3.1592 in der Relation von Wolfgang von Hohenlohe vom 15.1.1593 an den Kaiser (Praes. 2.5.1593) in HHSAW, RHR, J. ., K. 42/1. Hans Widmann brachte schließlich eine weitere Frage in den Prozess mit ein. Er verband die Schuldsumme mit dem Heiratsgut seiner Frau Sybilla, das diese in die Ehe eingebracht habe und die aus der Exekutions- und Immissionsmasse herauszuhalten sei. Widmann an den Kaiser (Praes. undat.) in .; Sybilla Widmann an den Kaiser (Praes. undat.) als i. in ., A, K. 1101/2. HHSAW, RHR, R, XVI/77, fol. 150v (5.6.1596), fol. 161r (19.6.) u. ., XVI/78, fol. 136r–137r (23.8.1596): ., XVI/79, fol. 1 (2.1.1597), 8–9 (28.1.); Sybilla Widmann an den Kaiser (Praes. undat.) als A. in ., A, K. 1101/2. Vgl. Vertrag A. sowie gräfliche Räte in Weikersheim vom 29.3.1592 als N. 34. in ., J. ., K. 42/1 (ebenso in SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6 als N: 34: bzw. 37.), wo von den restlichen 904 fl. die Rede ist, die Isaak noch von Widmann bzw. von Georg Philipp von Berlichingen zu erhalten habe. Wenig später meldet Isaak, dass die Güter des Stelzers die Schuldsumme nicht decken und bittet, ihm die Immission in die Mobilien des Vogts zu gestatten (Isaak von Nagelsberg an Wolfgang von Hohenlohe [Praes. 6.4.1592] als N: 37: in HHSAW, RHR, J. ., K. 42/1. [ebenso in SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6 als N. 37. bzw. 40.]). Khela berichtet in HHSAW, RHR, R, XVI/79, fol. 8v–9r (28.1.1597), dass sie bisher nit zu dem halben Thail kommen können; in ., R, XVI/3, fol. 30v (undat. [1598]) stellt sie erneut einen Kommissionsantrag auf neue Kommissare, so dass eine Klärung der Sache nicht anzunehmen ist; Georg Philipp von Berlichingen an Wolfgang von Hohenlohe u. Hans Schenk Freiherr von Limburg am 29.10.1600 als N.° 7. in ., A, K. 1101/2. Zur Remittierung des Falls Rudolf II. am 30.6.1599 an Wolfgang von Hohenlohe sowie ferner beuelch an Graf Wolff von Hohenlohe und Hanß Schencken [. . . ] vom 18.5.1599. Siehe die Vergleichsanzeige in Gemachter Abschiett uff gepfligene güetliche underhandlung und vgleichung [. . . ] sowie Copia Georg Philipßen von Berlichingen ercklärung schreibens [. . . ] taucht Khela nicht auf. Alle Dokumente in ., K. 1101/2. Vgl. HHSAW, RHR, R, XVI/66, fol. 2r–2v (3.1.1592); siehe hierzu ., XVI/61, fol. 72r (12.12.1590) u. ., XVI/65, fol. 5v (3.1.1592) sowie ., XVI/69, fol. 65r– 65v (4.6.1593). Vgl. ., XVI/61, fol. 75v (16.8.1590); Copia. Verhandlung In der Commission sachen zwischen den Steinischen unterthanen zue Schernaw und Schmul Juden No: 29. vom

3.1 Die Jahre 1576 bis 1603

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genheit mit allen Mitteln beilegen sollte127 , konnte ein Vergleich erstellt werden, der eine Reduzierung der Schuldsumme von 3000 fl. auf 1000 fl. vorsah. Schmoll willigte in den Vergleich notgedrungen ein.128 Allerdings scheiterte er nun gegenüber dem Fürstbischof, der ihn gefangen nehmen ließ und die gezahlten Raten beschlagnahmte.129 In Vertreibungsfällen sah das Ganze anders aus. Die Hildesheimer Juden konnten mit kaiserlicher Hilfe 1601 in die Bischofsstadt zurückkehren.130 Die Fuldaer Bürgerschaft wurde für ihr gewaltsames Vorgehen gegen die Juden hart bestraft und Letztere mit einer erheblichen Geldsumme von 4000 fl. entschädigt.131 Die Juden des Herzogtums Braunschweig durften zwar nicht in ihre Heimat zurückkehren, gleichwohl setzte der RHR dort freies Geleit für sie und ihre Geschäfte durch.132

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26.5.1590 in ., J. ., K. 42; ders. an den Kaiser (Praes. 4.6.1592) ct. Stein in . Vgl. Rudolf an den Fürstbischof vom 21.4.1596 verner Comission, an B: zue Würtzburg In ca Veitten vom Stein, ct Schmoll Judens in ., K. 42. HHSAW, RHR, R, XVI/79, fol. 127r (24.8.1597); vgl. zum Vergleich Würzburger Bischof vom 16.11.1596 an den Kaiser (Praes. 25.8.1597) in ., J. ., K. 42 (ebenso in SAW, L 5328). Vgl. HHSAW, RHR, R, XVII/1, fol. 7r (20.1.1600); Rudolf II. an den Bischouen zu Wurzburg, Schmol Juden clag q Rathschreiber daslebst vom 22.7.1601 sowie Schmoll an den Kaiser (Praes. 13.7.1599) in ., J. ., K. 41; Schmoll an Würzburger Bischof (Praes. 23.7.1598) in SAW, L 5328, der hinter diesen Vorgängen eine Verschwörung der vom Steins sah. Gleiches gilt für seinen Prozess gegen Konrad von Grumbach. Nachdem dieser 1596 verstarb (., N  H F    H, K-S 14, N° 19, Eintrag Arnold: Rimpar I, 146 1596 Konrad von Grumbach starb 1596 und wurde in Rimpar begraben; Copia Urtellbrieffs In Ca. Schmoll Jud q. Wolfing, Grumbachischer Vogten zu Rimpar vom 14.12.1596 in ., L 2337, fol. 282r–283v, wo Schmoll den Würzburger Bischof als deß Ortts Obrigkeit anspricht [fol. 193v]) übernahm der Fürstbischof von Würzburg als neue Herrschaft die Vergleichsverhandlungen mit den ehemaligen Grumbach’schen Untertanen, die an Schmoll Schulden zu zahlen hatten bzw. an der Plünderung seines Hauses beteiligt waren. In dieser Causa konnte er keine Erfolge erzielen (Schmoll an den Kaiser [Praes. 22.7.1597]; ders. an den Kaiser [Praes. 22.7.1597b] in HHSAW, RHR, J. ., K. 43; ders. an den Kaiser [Praes. 17.9.1597] in SAW, L 2337, fol. 373r– 374v; ders. an den Bischof [Praes. 3.3.1599] in ., fol. 390r–391v). A, Geschichte, S. 101f. Vgl. hierzu B, Tumult. Vgl. Anmahnung an dj Teutschmeistische Räth, p Fuldisch[er] Peenfal (12.2.1593) in HHSAW, RHR, D, K. 2263: 2000 fl. sollten zum Bau des Turmes der Michaelerkirche in Wien (siehe die genaue Bestimmung der Gelder auch in .: Relation und berichtt worauff dj Sach des Fuldisch[en] Penfals beruhe [undat., 21.–26.6.1594]), die anderen 2000 fl. für den Bau der St. Thomas-Kirche in Prag Verwendung finden (siehe ., R, XVI/68 [Geheimer Rat], fol. 12v [26.4.1593]). Am 9. Juni erging erneut eine Resolution an die Regierung in Mergentheim, in der abermals die Halbierung der Geldstrafe bestätigt wurde, nicht umhinkommend nochmals auf die Gehorsamsverweigerung der Bürgerschaft hinzuweisen und daher bis zur Zahlung mit der Restitution der Waffen, Wehren und Stadtschlüssel zu warten (vgl. ., D, K. 2263 Schriftstück mit Rubrum 9.6.1593). Ungewiss ist der Ausgang der Causa der schwäbischen Judenschaft ct. Anton Fugger.

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3. Rechtsstrategische Handlungen von Juden

Insofern ist zu betonen, dass es nur zu wenigen überlieferten Vergleichsanzeigen kam, die zusätzlich in den seltensten Fällen eine Chance auf Realisierung besaßen. Die wenigen überlieferten Vergleiche133 stellen absolute Ausnahmen dar. Angesichts der oben herausgearbeiteten Tendenz zum Kommissionsboykott auf Seiten der Obrigkeiten ist eine verhaltene Skepsis gegenüber den Erfolgsaussichten solcher Vergleiche für Juden in jenen Jahren angebracht. 3.1.4 Ergänzende und alternative rechtsstrategische Handlungen Dieses Kapitel soll der Frage nach Handlungsstrategien nachgehen, die von den oben skizzierten Mustern abweichen und mit denen Juden versuchten, bei negativen Prozessverläufen doch noch an ihre Prozessziele zu gelangen. In der Regel konzentrierten sich die jüdischen Reaktionen auf Modifizierungen des Kommissionsauftrages oder -personals. So ergänzte Simon von Günzburg seine Kommissionsbitte um den Zusatz ad perpetuam rei memoriam, d. h. um Zeugenbefragungen134 , nachdem der Abt seine Ansprüche gänzlich negiert hatte.135 Im Falle von Erkrankungen eines der Kommissare schlugen die Juden unverzüglich einen neuen vor, wobei dieser ebenfalls aus der näheren Region stammte.136 In Situationen, in denen die kommissarischen Verhandlungen und die Prozesse keine Erfolge mehr versprachen, schlugen die jüdischen Kläger andere Wege ein. So appellierten Juden von bereits bestehenden Kommissionen erneut an den RHR oder erbaten bei laufenden Kommissionen gänzlich neue Bevollmächtigte.137 In wenigen Fällen kam es zur zeitgleichen Anrufung der

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Ebenso zweifelhaft ist, ob Seligmann in Remlingen verbleiben durfte und die ihm entstandenen Schäden entschädigt wurden. Bspw. die von Reichspfennigmeister Zacharias Geizkofler gemachten Vergleichsangebote im Namen des inhaftierten Güss von Güssenberg an Seligmann: Seligmann an den Kaiser (ohne Praes. [1601]) ct. Güss von Güssenberg in ., J. ., K. 42. Vgl. hierzu O, Auftrag, S. 107f. Simon von Günzburg an den Kaiser (Praes. 3.11.1574) ct. Abt von Ursberg in HHSAW, RHR, J. ., K. 43; Seligmann an den Kaiser (ohne Praes. [1601]) ct. Güss von Güssenberg in ., J. ., K. 42 erbat sich dagegen ein Mandatum cum annexa citatione et Executione an die Kommissare, um den Güss von Güssenberg endgültig zum Handeln zu zwingen. Zudem bat er den RHR, er möge neben dem Landvogt der Markgrafschaft Burgau auch den markgräflichen Forstmeister Marquardt von Freyberg sowie Dr. Johann Häller zu Kommissaren berufen. Vgl. ., R, XVII/1, fol. 36r (13.4.1601), 43v– 44r (30.4.1601). Simon von Günzburg an den Kaiser (Praes. 3.11.1574) ct. Abt von Ursberg in ., J. ., K. 43 erbat anstelle Hans Christoph von Türheim dessen Sohn als Kommissar. Vgl. ., R, XVII/1, fol. 6v (8.3.1601); vgl. ausführlich Jacob an den Kaiser (Praes. 8.3.1601) in ., K. 43/1.

3.1 Die Jahre 1576 bis 1603

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Vorinstanz. Gleichwohl handelte es sich hierbei zumeist entweder um das kaiserliche Hofgericht in Rottweil oder eines der anderen kaiserlichen Landgerichte, d. h. um Gerichtsforen, die mit der kaiserlichen Rechtsprechung verknüpft waren.138 In verwickelten Situationen schritten einige der klagenden Juden schließlich dazu, den RHR um die Einberufung einer Hofkommission zu bitten.139 Insbesondere in ausweglosen Situationslagen brachten sie den Vorschlag an, die Fälle hiher gehn hof zuziehen140 oder sogar die Obrigkeit durch den RHR verhaften zu lassen.141 Diese Sachanträge werfen ein bezeichnendes Bild auf die jüdische Sichtweise von der Stellung und Funktion des RHR. Die Juden sahen im RHR die Autorität des Kaisers und dessen Machtvollkommenheit verkörpert. In dieser Perspektive wies der RHR eine unumschränkte Handlungsvollmacht gegenüber den Reichsständen auf.142 Die Definition des RHR als Teil der kaiserlichen Autorität erhellt sich in den Bitten um kaiserlichen Schutz oder kaiserliche Geleite.143 Geleite wurden von den Juden zumeist dann beantragt, wenn sie sich Gewalthandlungen durch die Obrigkeiten ausgesetzt sahen.144 Hiermit war die Hoffnung verknüpft, der Kaiser könne mittels seiner Macht und Autorität, verkörpert durch den RHR, unumschränkten Schutz gewähren. 138

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Simon von Günzburg an den Kaiser (5.8.1577) ct. Adelmann von Adelmannsfelden in ., K. 43/2 bspw. nannte Graf Friedrich von Öttingen als d[as] kaißerlich[en] hofgericht [...] verordnete Schuzer und schirmer. Hierzu O, Auftrag, S. 99f.; E, Gerichtsbarkeit, S. 54. E., R, XVII/1, fol. 52v (24.6.1600); vgl. ., XVI/3, fol. 30v (undat. [1598]) wo Khela eine Hofkommission auf die RHR-Räte von Johann Jacob Streit (G, Reichshofrat, S. 166f.; E, Gerichtsbarkeit, S. 312) und Michael Eham (G, Reichshofrat, S. 151f.; E, Gerichtsbarkeit, S. 294) erbittet. Isaak von Prag an den Kaiser (Praes. 16.8.1590) sign. mit 1114 in ., D. ., K. 177 setzte nach dem gescheiterten Vergleich mit Veit vom Stein ebenfalls auf eine Remission Ahn E. Kaij: Maijst.; vgl. auch ., R, XVI/3, fol. 30v (undat. [1598]). Vgl. Seligmann am 22.2.1601 an den Kaiser (Praes. 23.2.1601) ct. Güss von Güssenberg in ., J. ., K. 41; ., R, XVII/1, fol. 36r (13.4.1601). Vgl. ., XVI/79, fol. 127r (24.8.1597) u. Wolfgang von Hohenlohe vom 15.1.1593 an den Kaiser (Praes. 2.5.1593) in ., J. ., K. 42/1 (ebenso SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6 hier sign. mit Hoffrath 25078.). Vgl. H, Grundriß III/2, S. 55. Vgl. HHSAW, RHR, R, XVI/69, fol. 65r–65v (4.6.1593); Schmoll an den Kaiser (Praes. undat.) ct. Würzburger Bischof in ., J. ., K. 41; Israel von Lübbecke an den Kaiser (Praes. 25.3.1579) in ., K. 43/3: zu allergnedigster schuz und hülf . Vgl. zu dieser Causa ., R, XVI/53, fol. 38r (17.12.1583). Siehe in der Causa Schmoll ct. Grumbach ., XVI/52a, fol. 582r (4.6.1586); ., XVI/53, fol. 3r (13.1.1586), 25r (4.6.); ., XVI/54a, fol. 104r–104v (4.6.1586), 109r (18.7.); in der Causa Schmoll ct. Stein vgl. ., XVI/52a, fol. 469r (15.7.1585); ., XVI/53, fol. 25r (4.6.1586); ., XVI/54a, fol. 104r–104v (4.6.1586), 109r (18.7.1586); ., XVII/1, fol. 57v (15.5.1601); ., XVII/3, fol. 96v (6.5.1602); ., XVI/46, fol. 96r (9.12.1578); ., XVII/3, fol. 156r– 156v (24.7.1602); Schmoll an den Kaiser (Praes. 15.7.1585) ct. Grumbach in ., J. ., K. 42; ders. an den Kaiser (Praes. 4.6.1586) ct. Grumbach in ., K. 41.

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3. Rechtsstrategische Handlungen von Juden

Ständig zum Einsatz kommende Mittel stellten die persönliche Reise nach Prag und der dortige Kontakt zum Reichshofratspersonal dar.145 Dabei sind an dieser Stelle zwei Ebenen zu unterscheiden: auf der einen das Eintreten für ihre Glaubensgenossen vor allem durch die Prager Judengemeinde146 oder einzelner ihrer Vertreter147 , auf der anderen die persönliche Anwesenheit des klagenden Juden am Prager Gerichtsort selbst.148 Schmoll bspw. befand sich 145 146

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Zu dieser unter Christen üblichen Praxis O, Prozeßverfahren, S. 121. Vgl. HHSAW, RHR, R, XVI/73, fol. 247r (15.11.1594); ., XVI/76, fol. 163r (13.11.1595); ., XVI/78, fol. 78r (6.5.1596); ., XVI/80a, fol. 3v–4r (4.1.1597); ., XVI/54a, fol. 39v (15.7.1588); ., XVI/63, fol. 276r (11.9.1591); ., fol. 384r (13.9.), 388r (16.9.); ., XVI/65, fol. 105v (21.8.1592); ., XVI/69, fol. 68r–68v (9.6.1593), 168r (11.10.); ., XVI/71, fol. 62r (15.2.1594); ., XVI/70a, fol. 17v [15.2.1594]); vgl. einen Fall aus den Erblanden ., XVII/4, fol. 36r–36v (28.2.1603) u. ., fol. 51r u. 51av (20.3.1603), 96r (1.7.), 125v–127r (12.8.), fol. 131v (22.8.), 158v–159r (22.9.), 178r–179r (15.10.), 180v (20.10.). Siehe ., R, XVI/1, fol. 52v (24.6.1598). So Jacob Fröschel aus Prag im Fall Isaak und Mayer ct Konrad von Pappenheim (vgl. ., XVII/1, fol. 23v [14.3.1600] u. Jacob Fröschel an den Kaiser [Praes. undat.] in ., J. ., K. 42) und Fuldaer Judenschaft an den Kaiser (Praes. 22.9.1592) in ., D, K. 2263: unsers Sollicittorj zue prag, dem Bonum Lindenheim. Letzterer war Prager Gemeindeältester u. für niedersächsische Juden als Fürsprecher tätig (siehe R, Leben, S. 331). In HHSAW, RHR, R, XVI/64, fol. 147r (2.12.1591) beschweren sich dagegen die Quernheimisch Erben, dass ettlich Juden zu Prag aus der Behaimischen Canzlej ein arest auspracht hätten. Vgl. hierzu bereits ., XVI/60, fol. 15v (3.3.1589), 16v (7.3.). Seligmann hielt sich nach Aktenlage in Prag auf (vgl. die Supplikation Seligmann am 22.2.1601 an den Kaiser [Praes. 23.2.1601] in ., J. ., K. 41, die nur einen Tag nach Erstellen im RHR präsentiert wurde; ebenso ders. vom 15.2.1601 an den Kaiser [Praes. 23.2.1601] ct. Güss von Güssenberg in ., K. 42; in ders. an den Kaiser [ohne Praes. {1601}] ct. Güss von Güssenberg in . berichtet Seligmann, dass die Angelegenheit in meinem abwesen an den Geheimen Rat gewiesen worden sei); ebenso Israel von Lübbecke (ders. an den Kaiser [Praes. 25.3.1579] in ., K. 43/3). Ende März 1581 befand er sich erneut längere Zeit in Prag (vgl. ders., Claus Horn, Johann Wilken und Dirk Josten an den Kaiser [Praes. 28. und 30.3.1582] in ., K. 43/3). Siehe zum Aufenthalt in Prag im Jahr 1583 das Spezialprotokoll unter Quadrangel 31 in SAM Q 117, fol. 7r; vgl. Urkhundt in sachen Israel Judt q Quernheim vom Emdener Magistrat, in der er die Anwesenheit Israels in Prag bestätigt (Praes. 28.2.1586) in ., fol. 118r–118v. Auch L, Leben, S. 230 berichtet von seinen vielen Pragreisen. Vgl. Isaak von Nagelsberg an Stelzer als N 22. bzw. 26. in SLA-HZAN, W 10, Bü. 95/6; ders. an Wolfgang von Hohenlohe (Praes. 22.8.1595) in SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/16 und dessen Frau Khela an den Kaiser (Praes. 15.1.1596) in HHSAW, RHR, AA, K. 84/2, fol. 270r–271v sowie das beigelegte Legitimationsschreiben der Rabbiner Löw ben Bezalel (vgl. V, Rudolf II., S. 233–255) und Gabriel in ., K. 84/2, fol. 272r–273v; ebenso dies. an den Kaiser (Praes. undat.) in ., fol. 274r–275v, fol. 274r; S, Ritualmord, S. 53; Khela verfügte über engere Kontakte zu einem Reichshofratssekretär namens Merholdt: Dem Ire Röm Kaij: auch zu hungarn unnd Behaimb Khün: Mt. Reichs Hof Rath Secretarien Herrn N. Merholdt demütiges bittliches ersuchen (Zitat Khela [Praes. 16.11.1598] in HHSAW, RHR, AA, K. 84/2, fol. 282r–282v). Der Name erscheint sowohl bei G, Reichshofrat als auch bei G, Geschichte nicht. Vgl. bspw. ., R, XVI/3, fol. 30r–30v, wo eine Supplikation Khelas gleich an den Reichshofrat Dr. Rudolf Coraduz übergeben wurde. Ebenso unterhielt sie Kontakte zum Reichsvizekanzler Coraduz (siehe ., R, XVI/3, fol. 30v [undat. {1598}]; zu Coraduz

3.1 Die Jahre 1576 bis 1603

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für längere Zeitspannen am Kaiserhof149 und unterhielt dort anscheinend Kontakte zu Reichshofräten150 sowie zum Reichsvizekanzler Jakob Kurz von Senftenau.151 Zudem übergab er seine Supplikationen dem RHR auf dem Regensburger Reichstag 1594152 , womit er auf einen bei christlichen Klägern üblichen Kommunikationsweg zurückgriff. Der Kontakt zu Personal aus dem Umfeld des RHR scheint vielen Juden enorm wichtig gewesen zu sein und dürfte auf das Ideal des persönlichen Regiments des frühneuzeitlichen Herrschers zurückzuführen sein.153 Juden waren über die gegebenen politischen Einflussmöglichkeiten am kaiserlichen Hof informiert und gewillt, diese zu nutzen.154 Prinzipiell verblieben die Juden bei einmal am RHR eingebrachten Fällen beim kaiserlichen Gremium oder bei Gerichtsinstanzen, die mit der Person des Kaisers eng verbunden waren. In der Funktionsweise des RHR, die sie als Ausfluß der Autorität des Kaisers betrachteten, lag in ihren Augen die größte Chance, ihre Ziele zu erreichen. Die alternativen und ergänzenden Handlungsstrategien weisen demnach keine erheblichen Abweichungen zum einmal eingeschlagenen Prozessweg auf. Der Kaiser war Fixpunkt der am RHR klagenden Juden.

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E, Gerichtsbarkeit, S. 293). Die schwäbische Judenschaft untermauerte ihre Position gegenüber Reichsvizekanzler Siegmund Vieheuser (Judenschaft in Schwaben an den Reichsvizekanzler Siegmund Vieheuser [undat. {1583}] in HHSAW, RHR, AA, K. 86, fol. 44r–44v). Schmoll an den Kaiser (Praes. undat.) als .5. in SAW, L 5328; vgl. Expens Zettel Schmoll Judens wider die Gebrüeder vom Stein in HHSAW, RHR, J. ., K. 42, wo von insgesamt fünf Reisen die Rede ist; ders. an Würzburger Bischof (Praes. 30.7.[1592]) als No. 4. ct. Steins in ., D. ., K. 177, fol. 325r–327v, fol. 325v: 4. mahll nach Prag gesprengt [...] zur Reichs Cantzleij; vgl. Schmoll an den Kaiser (Praes. 4.6.1592) ct. Stein in . Schmoll an den Bischof (Praes. 29.8.1596) in SAW, L 5328: das mir uf mein befragen von den herrn kaij: ReichshoffRäthen austrucklich [...] angezeijgt worden. Vgl. hierzu HHSAW, RHR, R, XVI/53, fol. 31r (8.7.1586). Ähnlich Seligmann an den Kaiser (ohne Praes. [1601]) ct. Güss von Güssenberg in HHSAW, RHR, J. ., K. 42 bat bspw. den Kaiser, er solle beij dero ReichsViceCanzlern Herrn Rudolf Coraduz alß dem auf mein anhalten die sache zuerldeigen anbeuelchen; ., R, XVI/53, fol. 31r (8.7.1586): Judt Schmol q Grumbach [. . . ] Es hat Ime aber H ViceCanzler [Jakob Kurz von Senftenau, A. G.] ein vorschrifft an Würzburg fertig lassen. Vgl. hierzu Schmoll an den Kaiser (Praes. undat. [1594]) ct. Grumbach in ., J. ., K. 42. U, Gnadengesuche, S. 175–177. Vgl. auch U, Gnadengesuche, S. 174; zur jüdischen Mobilität anhand der Mautregelungen in den Erblanden R, Christen mit weiterer Literatur.

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3. Rechtsstrategische Handlungen von Juden

3.2 Die Jahre 1745 bis 1765 3.2.1 Instanzenfrage, Prozessabläufe und prozessuale Sachanträge Die Frage nach dem Instanzenzug, den jüdische Klagen in den Jahren 1745 bis 1765 nahmen, bevor sie an den RHR gelangten, fällt zweigeteilt aus. In 35 Fällen gelangten die Klagen jüdischer Gläubiger gegen ihre obrigkeitlichen Schuldner als Appellationsprozesse an den RHR.155 Angesichts eines Gesamtaufkommens von 75 Causen in der Kategorie ,Ökonomie‘ betrifft dies 46,7 % aller Prozesse.156 In 53,3 % der Fälle prozessierten jüdische Gläubiger gegen kleinere Fürsten und Grafen erstinstanzlich. Da diese Herrschaften zumeist über keinen 155

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(1.) HHSAW, RHR, R, XVIII/108, fol. 18r (22.11.1745); (2.) ., fol. 21r–22r (23.11.1745); (3.) ., fol. 460r–461v (18.5.1746); (4.) ., XVIII/110, fol. 394r–394v (23.11.1746); (5.) ., fol. 180v (9.9.1746); (6.) ., fol. 477r (23.12.1746); (7.) ., fol. 46v (14.7.1746); (8.) ., fol. 313r (21.10.1746); (9.) ., XVIII/112, fol. 282r (9.10.1747); (10.) ., XVIII/114, fol. 188r–191r (6.9.1748); (11.) ., XVIII/115, fol. 105r–105v (20.2.1749); (12.) ., XVIII/120, fol. 281v–282v (6.4.1751); (13.) ., XVIII/123, fol. 220r–220v (6.3.1752); (14.) ., XVIII/124, fol. 19v–20v (6.7.1751); (15.) ., fol. 53r–54r (11.7.1752); (16.) ., fol. 356r–356v (26.9.1752); (17.) ., XVIII/128, fol. 429r–429v (27.5.1754); (18.) ., XVIII/131, fol. 399v (20.10.1755); (19.) ., XVIII/133, fol. 386v–387r (14.6.1756); (20.) ., XVIII/141, fol. 312r (22.10.1759); (21.) ., XVIII/143, fol. 223v (10.3.1760); (22.) ., XVIII/144, fol. 341r (7.10.1760); (23.) ., XVIII/146, fol. 44r–44v (16.7.1761); (24.) ., XVIII/148, fol. 68v (29.1.1762); (25.) ., XVII/150, fol. 199v–200r (21.4.1763); (26.) ., XVIII/151, fol. 26v (15.7.1763); (27.) ., XVIII/154, fol. 23r–23v (13.7.1764); (28.) ., XVIII/155, fol. 34r–34v (18.1.1765); (29.) ., R, K. 73; (30.) ., D, K. 2319. Im Prozess von (31.) Werth ct. Witwe Leitzmann, das kaiserliche Landgericht Burggrafentum Nürnberg und die Fürther Juden Benedikt Mayer und Isaak Abraham Berliner in ., R, XVIII/151, fol. 128v–129r (22.8.1763) spielten die Juden nur eine Nebenrolle und beziehen im Prozessgeschehen kaum Stellung (siehe die Akten in ., D. R., K. 1468). Hinzu kommen noch vier weitere Fälle, in denen Juden von Debitkommissionen an den RHR appellierten. Daneben müssen noch drei Prozesse genannt werden, bei denen Obrigkeiten gegen RKG-Urteile, die zugunsten eines Juden ausfielen, an den Kurfürsten von Mainz als Reichskanzler appellierte, der diese wiederum beim RHR anzeigte (Christian von Nassau-Dillenburg ct. Simon Höchster in Mainzer Kurfürst Johann Friedrich Karl von Ostein an den Kaiser [Praes. 13.10.1758 u. 14.12.1761] in ., J. R., K. 8/1 u. Anton Schmid von Kors ct. Nathan Aaron Levi in Mainzer Kurfürst Johann Friedrich Karl von Ostein an den Kaiser [Praes. 8.5.1750] in ., J. R., K. 8/3 sowie Philipp Marquard Schutzbar gen. Milchling, nun die Dillenburgische Rentkammer ct. Gumbel aus Hanau in Mainzer Kurfürst Johann Friedrich Karl von Ostein an den Kaiser [Praes. 7.7.1761] in ., J. R., K. 7/13). O, Reichsstadt, S. 68 spricht von einem Drittel aller Klagen, die als Appellationen am RHR verhandelt wurden. Einen für das RKG konträr anderen Befund bei Wechselprozessen aus Frankfurt/Main verzeichnete A-T, Wechselverbindlichkeiten, S. 145. Sie konstatiert ein Übergewicht von Appellationen in dieser Kategorie. Gleichzeitig verweist sie ., S. 186f. auf wenige Appellationen in Wechselgeschäften am RHR

3.2 Die Jahre 1745 bis 1765

129

oder einen nur sehr rudimentären Instanzenzug verfügten157 , hatten die Juden keine andere Wahl, als sich persönlich an den adeligen Schuldner oder deren Rentkammern erstinstanzlich zu wenden.158 Die ersten gerichtlichen Handlungen fanden in diesen Schuldprozessen dabei erst vor dem RHR statt. Die Reichsgerichte waren erstinstanzlich für Klagen von Untertanen gegen reichsunmittelbare Herrschaften zuständig.159 Hinzu kommt, dass die Juden zumeist auf ein Mandat s. C. bzw. auf ein Reskript klagten, das im 18. Jahrhundert als Ersatzform für ein Mandat c. C. fungierte. Hiermit wurde die erstinstanzliche Ausnahmezuständigkeit des Gerichts begründet.160 Insofern handelt es sich bei diesen Prozessen um erstinstanzliche Fälle.161 Der RHR war bei jüdischen Klagen gegen adelige Reichsstände in der Mitte des 18. Jahrhunderts damit also sowohl erst- als auch zweitinstanzlich tätig. Die jüdischen Kläger bereiteten ihre Klagen im Vorfeld gründlich vor. Samuel Emanuel Oppenheimer bat bspw. den RHR, Ihm die inspectionem memoratorum actorum der Grafen von Öttingen-Wallerstein in Cancellaria praesente Registratore in kayser[lichen]en Gnaden zu verstatten. Er begründete seine Bitte mit der Absicht, in näherer Zukunft Klage gegen den Grafen am RHR zu erheben, wozu die regulu der vorsichtigkeit es erfordere, nähere Informationen einzuholen, die er nur aus denen in puncto petitae Confirmationis Primogeniturae ventilirten actis entnehmen könne.162 Der Stellenwert des reichshofrätlichen Archivs als zentrales Gedächtnis des Reiches und Informationspool war den Juden durchaus bekannt und wurde von ihnen in ihren rechtsstrategischen Planungen mit berücksichtigt.163 Die jüdischen Kläger bewiesen zusätzlich eine erstaunliche Kenntnis der 157 158

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Siehe ähnlich H, Konkursverwalter, S. 8. So bspw. im Falle Getz Hayum an den Kaiser (Praes. 23.2.1750) in HHSAW, RHR, O. R., K. 1769/1 vor der waldeckischen, Dottres Samuel Stern an den Kaiser (Praes. 7.3.1754) in ., D, K. 1738/3 vor der wächtersbachischen, Süßel Mayer Juda an den Kaiser (Praes. 20.1.1750) in ., D. R., K. 374/10 vor der wertheimischen u. Löw Emanuel an den Kaiser (Praes. 21.2.1763) in ., O. R., K. 454/7 vor er fuggerischen Rentkammer. Erben des Salomon Levi an den Kaiser (Praes. 8.4.1766) in ., D. R., K. 373/3 vor der lippischen Rentkammer; vgl. Joseph Moises Schuster an den Kaiser (Praes. 2.10.1733) in ., O. R., K. 452/10. Siehe S, Untertanenprozesse u. A-T, Wechselverbindlichkeiten, S. 138 zum RKG; S, Zuständigkeit, S. 46–49 zum RHR; zur jüd. Perspektive L, Geschichte, S. 35 u. F, Rechtsschutz, S. 125. Siehe H, Mandatsprozesse (a), Sp. 235; A-T, Wechselverbindlichkeiten, S. 138–140. E., S. 187f. betont die relativ geringe Anzahl von Appellationen in Wechselgeschäften am RHR. Siehe Samuel Emanuel Oppenheimer an den Kaiser (Praes. 15.5.1747) in HHSAW, RHR, D. R., K. 374/4; siehe zur Akteneinsicht beim RHR B, Grundriß, S. 259 u. H, Grundriß III/2, S. 23. Benedikt Levi Gomperz an den Kaiser (Praes. 27.3.1754) in HHSAW, RHR, D, K. 2864/1: das sämtliche Acten, mithin darunter auch bezielte obligation in der kayser[liche]n geheimen Reichs=Hof=Canzley-Registratur vollständig anzutreffen sind.

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3. Rechtsstrategische Handlungen von Juden

Verhältnisse vor Ort.164 So beklagte sich Model Hirsch Kuhn über die Freiherren von Münster, dass deren Agent von Middelburg das letzte kaiserliche Reskript nicht angenommen hätte, weil dieses Conclusum von zwey Münsterischen minorennen Kindern rede. Kuhn wies nun ganz richtig darauf hin, dass doch notorischer maßen keine andere freyherrliche Münsterische Famille im gantzen Römischen Reich befindlich sei, also kein Anlass zu Verwechslungen bestehe.165 Zumeist erbaten die Juden entweder ein Reskript de Solvendo (19 Mal) oder ein Mandat de Solvendo s. C. (19 Mal) vom RHR. Beim Reskript konnte der Beklagte Einreden, also rechtshemmende Einwendungen jeglicher Art einbringen. Das Reskript fiel damit prozessual weniger streng aus. Einreden waren beim Mandat s. C. nicht möglich. Es gestatte nur bestimmte Einreden.166 Tatsächlich sprach der RHR von den 28 Reskripts- und Mandatsfällen den Juden in 26 Causen einen der beiden erbetenen Sachanträge sofort zu. Während mit Ausnahme von zwei Prozessen allen 17 Reskriptgesuchen stattgegeben wurde, wurde den Juden nur zehnmal ihr Mandatsgesuch zugesprochen. In den übrigen neun Fällen änderte das Gericht die Bitte in ein Reskript ab. Diese Diskrepanz lässt sich nicht logisch erklären, da selbst in Prozessen gegen die gleiche Obrigkeit der eine Jude sein erbetenes Mandat erhielt, der andere dagegen bei gleicher Sachlage nur ein Reskript bekam. Prinzipiell dürfte sich der RHR zum einen nicht an die Anträge der Kläger gebunden gefühlt haben. Zum anderen erschien es ihm in Einzelfällen gemäß der RHR-Ordnung von 1654167 wohl ratsamer, anstelle des weitreichenden Mandats s. C. gegenüber adeligen Herrschaften des Reiches zunächst mit dem prozessual etwas schwächeren Reskript sich über die Sachlage zu informieren. Ein solches Vorgehen dürfte für den RHR wichtig gewesen sein, um möglichen politischen 164

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So meinte der aus Holland stammende Benedikt Levi Gomperz über Göler von Ravensburg, dass derselbe ein Mitglied der imediaten ReichsRitterschaft Canton Craichgau in Schwaben sei (Zitat Benedikt Levi Gomperz an den Kaiser (Praes. 21.6.1756) in ., D, K. 1132), ohne allerdings dessen Vornamen und aktuellen Aufenthaltsort zu nennen. Der RHR forderte Gomperz auf, diesbezügliche Informationen nachzureichen (siehe ., R, XVIII/134, fol. 73v (28.7.1756): Würde Supplicant besser als geschehen, den Vornahmen der Beklagten, und den Ort deßen aufenthalts anzeigen, so erfolgt der weitere Bescheidt). Tatsächlich kam Gomperz etwas später am RHR erneut ein und gab unter Nennung des vollen Vornamens an, dass sich der Reichsritter als Haubtmann unter denen Baaden Durchlachischen Hauß trouppen bey dortigem Hof aufhalte (Zitat Benedikt Levi Gomperz an den Kaiser (Praes. 11.12.1756) in ., D, K. 1132). Vgl. auch Dottres Samuel Stern an den Kaiser (Praes. 31.7.1755) in ., D. R., K. 359/2. Model Hirsch Kuhn an den Kaiser (Praes.7.10.1754) in ., D. R., K. 365/16 (Zitate). Siehe zur Einteilung der Mandat in sine und cum Clausula sowie zu den Reskripten U, Mandatsprozess, S. 8f.; A-T, Wechselverbindlichkeiten, S. 139f.; H, Mandatsprozesse (a), Sp. 235f.; ., Mandatsprozess (b), S. 66–68. RHR-Ordnung von 1654, Tit. VI, § 11, in: S, Ordnungen II, S. 168f.

3.2 Die Jahre 1745 bis 1765

131

Folgen entgegenzuwirken oder letzte Zweifel an den jüdischen Darstellungen auszuräumen.168 Gleichwohl sind keine Unterschiede im Fortgang der Reskript- oder Mandatsprozesse zu erkennen.169 Das Gericht ermahnte in beiden Fällen die Reichsstände zur Zahlung. Im Mandatsfall war eine solche Ermahnung mit einer Straf- und Ladungsandrohung verbunden, die im Reskriptfall fehlte.170 Darüber hinaus unterscheiden sich die Einreden der Obrigkeiten in beiden Fällen aber kaum. Während die Obrigkeiten im direkten Kontakt mit den Juden im Vorfeld der RHR-Prozesse zumeist allgemeine Verhinderungen anführten171 , gaben sie sich während dieser Prozesse und nach Erteilung der Mandate oder Reskripte gegenüber den jüdischen Forderungen abweisend und stritten die Zahlungsverpflichtung uni sono ab.172 Zwar wäre der RHR formal dazu berechtigt gewesen, solche Einreden wieder aufzuheben. Allerdings geschah dies im Untersuchungszeitraum

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U, Mandatsprozess, S. 117f. Ein anderes Verfahren hatte die Reskripterlassung nicht zur Folge. Der Prozess verlief in den Regeln des Mandatsverfahrens weiter (S. 119). Dass die Reskripte die Mandate am RHR während des 18. Jh. verdrängten (S. 121), kann nicht bestätigt werden. S, Prozess, Sp. 23; ., Prozessgrundsätze, S. 175. E, Gerichtsbarkeit, S. 50–52 betont, dass beantragte Maßnahmen abgemildert wurden, wenn es im Sinne der Streitvergleichung hilfreich erschien; O, Prozeßverfahren, S. 125; F, Rechtsschutz, S. 101. Vgl. U, Mandatsprozess, S. 120, der berichten, dass ständische Vertreter Reskripte für überflüssig hielten, „da sie ,doch in effectu et ratione materialium eben dasjenige‘ verordneten, ,was in Mandatis sine clausula observiret und anbefohlen‘ werden“. Vgl. im nicht überlieferten Akt W’ R, AB I/1, Bd. 6, fol. 90r Elias Oppenheimer ct. Herzog Christian Ludwig zu Mecklenburg-Schwerin (HHSAW, RHR, R, XVIII/130, fol. 330r–33v [2.5.1755]) u. ., XVIII/143, fol. 218v (6.3.1760): Moises Benedikt Beyfuß ct. von Schütz zu Holzhausen (W’ R AB I/1, Bd. 10, fol. 90v). So bspw. Ferdinand Maximilian von Isenburg-Wächtersbach am 4.1.1748 an Dottres Samuel Stern in Beilage N: 3 in ders. an den Kaiser (Praes. 7.3.1754) in HHSAW, RHR, D, K. 17398/3, der sich mit dem Aufenthalt einer Jagdgesellschaft in seiner Residenz entschuldigte. Sebastian von Fugger-Glött betonte in einem Brief N: 3 vom 21.2.1763 in Löw Emanuel an den Kaiser (Praes. 21.2.1763) in ., O. R., K. 454/7 schlichtweg, dass er einfach abwesend sei. Ernst Friedrich Karl von Sachen-Hildburghausen an den Kaiser (Praes. 17.3.1766) in HHSAW, RHR, D, K. 1637; Fürst Konstantin zu Hessen-Rheinfels-Rothenburg an den Kaiser (Praes. 25.8.1744) in ., D. R., K. 373/9; Ernst von Montfort an den Kaiser (Praes. 8.4.1748) in ., K. 383/1; U, Mandatsprozess, S. 135f. Wie U feststellte, so gilt hier, dass die Obrigkeiten Einreden anbrachten, die nur im ordentlichen Verfahren cum clausula zulässig gewesen wären. So meinte der Herzog von Sachen-Hildburghausen an den Kaiser (Praes. 26.5.1766) in ., D, K. 1637 nach der Erkennung des Mandat s. C., dass die Klage von Dispecker erdichtete, verkehrt angebrachte und deren Gesezen zuwider laufende Handlungen seien. Ähnlich Fürst von Hessen-Rheinfels-Rothenburg an den Kaiser (Praes. 25.6.1744) in ., D. R., K. 373/9; insgesamt hierzu S, Prozessgrundsätze, S. 230–237.

132

3. Rechtsstrategische Handlungen von Juden

in keinem der Fälle.173 Kam der obrigkeitliche Schuldner nach Erlass der Mandate und Reskripte der Zahlungsaufforderung nicht nach, verwiesen die Juden vehement auf den beharrenden ungehorsam in non parendum.174 Der RHR erließ hierauf zunächst dreimal Paritionsreskripte mit contumacialAndrohungen. Solche RHR-Beschlüsse sind im Übrigen bei Prozessen zu beobachten, die als Appellationen an den RHR gelangten. Diese Beobachtung bestätigt die Vermutung K, dass es sich bei den Causen insgesamt wohl eher um Vorverfahren handelte.175 In dieser Phase der Prozesse bemühten sich die Obrigkeiten vor allem um Fristverlängerungen176 , die einzig dazu dienten, die Angelegenheit zu verzögern.177 Nach der dritten Nichtbefolgung der reichshofrätlichen Anordnungen auf Auszahlung kam das Gericht schließlich den bereits frühzeitig geäußerten Bitten der Juden nach Einsetzung einer kaiserlichen Exekutionskommission nach. Von den insgesamt 40 in Abb. 2 aufgeführten Causen baten Juden 24 Mal um eine solche Kommission.178 In zwölf von 24 Fällen kam der RHR der Bitte nach und erließ die gewünschte Kommission. Insgesamt ist von einem klaren Schema im Ablauf jüdischer Prozesse zu sprechen, an deren Ende in aller Regel eine Kommission stand. 3.2.2 Jüdische Kommissionsgesuche und die Reichskreise Die jüdischen Kläger erbaten durchweg Exekutionskommissionen auf die Reichskreise. Vor allem in Schuldfragen waren Exekutionen gegen unmittelbare Reichsstände auf den jeweiligen ausschreibenden Fürsten des Reichskreises zu übertragen, in dem die zu exekutierende Obrigkeit beheimatet war. Rechtliche Grundlage stellten der Jüngste Reichsabschied (JRA) und die RHR-Ordnung von 1654 mit ihrem Verweis auf die RKG-Ordnung 173 174

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Vgl. U, Mandatsprozess, S. 135. So Joseph Callmann an den Kaiser (Praes. 10.10.1747) in HHSAW, RHR, D, K. 1191 (Zitat ebd.); Dottres Samuel Stern an den Kaiser (Praes. 20.5.1756) in ., D. R., K. 1738/3 spricht von einem animo non parendo; siehe Hänle an den Kaiser (Praes. 27.9.1756) in ., K. 360/9. Ähnlich Abraham Sinzheimer an den Kaiser (Praes. 13.12.1759 u. 28.4.1760) in ., D, K. 330; ähnlich Jacob Ochs an den Kaiser (Praes. 16.8.1743) in ., D. R., K. 362/6. Simon Aaron Neustädtl an den Kaiser (Praes. 2.3.1747) in ., D. ., K. 178, fol. 752v; ., R, XVIII/112, fol. 81r–81v (31.7.1747); ., XVIII/131, fol. 200v–201r (28.8.1755). Zum Verfahren M, Einleitung, S. 219–242. Zum Kontumazialverfahren S, Prozessgrundsätze, S. 271–289; K, Judengemeinde, S. 122 konnte für die Frankfurter Baumeisterprozesse keine solche Vorgehensweise ermitteln. S, Prozessgrundsätze, S. 153. So RHR-Agent Johann Gottlieb von Fabrice am 8.3.1766 an den Herzog von SachsenHildburghausen in SAM, D 848, fol. 5r–5v, hier fol. 5r. Gezählt ohne Transkribierungen oder Renovationen. Bei einem Fall handelt es sich um ein Reskript executione rei judicatae an den Frankfurter Magistrat (vgl. HHSAW, RHR, R, XVIII/135, fol. 366v–367r [20.5.1757]).

3.2 Die Jahre 1745 bis 1765

133

und die Reichsexekutionsordnung von 1555 dar.179 Der Oberrheinische Kreis180 nimmt mit 14 Kommissionsbitten eine herausragende Stellung ein. Dieser Befund korreliert mit dem quantitativ großen Auftreten dieses Kreises sowohl bei den Obrigkeiten als auch bei den Juden. Der Schwäbische und Niederrheinisch-Westfälische Reichskreis181 sind dagegen mit nur jeweils zwei Kommissionsbitten vertreten. Der Fränkische Kreis weist drei Exekutionen auf, die sich unter Berücksichtigung der Kommission zwecks Urkundenvergleichs auf Brandenburg-Onolzbach nur marginal auf vier Kommissionen erhöht. Damit sind der fränkische und schwäbische Zirkel am seltensten vertreten.182 Das spärliche Erscheinen dieser Kreise steht ihrer an sich herausragenden quantitativen Stellung als Herkunftsregion von Juden und Reichsständen entgegen. Eine Ausnahmestellung nimmt erneut der Bayerische183 sowie der Nieder- und Obersächsische Reichskreis ein, die kein einziges Mal als Kommissare vorgeschlagen werden, womit sich die bereits festgestellte Sonderstellung der Kurfürstentümer184 erneut bestätigt.185 Die enorme Bedeutung von Exekutionskommissionen für die Reichskreise und ihre kreisausschreibenden Fürsten ist für die Mitte des 18. Jahrhunderts in Bezug auf das jüdische Klageverhalten am RHR mehr als evident.186 Für die jüdischen Kläger stellten um 1750 die Reichskreise und ihre gut funktionierenden administrativen Strukturen effektive Instrumente dar, die den Exekutionskommissionen die nötigen Erfolgsaussichten verliehen.187 Abweichungen von diesen Bitten sind kaum zu verzeichnen, sind dann allerdings bezeichnend für spezifische Situationslagen der jeweiligen Causen. So erbat Moises Benedikt Beifuß eine generelle Exekution seiner Forderungen gegenüber Sayn-Wittgenstein-Vallendar. Diese Bitte wurde vom RHR aufgrund fehlender konkreter personeller und inhaltlicher Vorschläge igno-

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Diese Regelung war unter der Begrifflichkeit Realexecution seit dem J R (JRA) 1654, § 159 in: B, Kaiser und Reich, S. 248 juristisch geläufig. Vgl. den Verweis der RHR-O  1654, Tit. 2, § 8, in: S, Ordnungen II, S. 122–127 auf die RKGO; W, Kommissionen, S. 206, 211f. (hier Fn. 24); H, Anleitung I, S. 666; P, commissario, S. 88; M, Einleitung, S. 265–267; S, Bedeutung, S. 160–165; U, Mandatsprozess, S. 169; O, Auftrag, S. 79f., 83; D, Reichskreise. Zur Reichsexekutionsordnung K, Sicherung, S. 140–168. Siehe ausführlich D, Reichskreise, S. 204–257. N, Reichskreis, S. 79–96, hier zum mangelnden politischen Gewicht S. 92, 95f. E, Reichskreis, S. 50; D, Reichskreise, S. 142–179. H, Reichskreis. Herzog von Braunschweig-Lüneburg erhielt 1708 eine neue Kurwürde (vgl. hierzu G, Reich, S. 14). Ebenso bei O, Auftrag, S. 84–86. W, Kommissionen, S. 208, 211 zu Exekutionskommissionen am Württemberger Hof; O, Auftrag, S. 82f. Einführend W, Circles, S. 3f., 27f.

134

3. Rechtsstrategische Handlungen von Juden

riert.188 Erst beim vierten Mal schlug er schließlich eine Kommission auf den regierenden Grafen Wittgenstein-Wittgenstein-Hohenstein bzw. auf die dortige Vormundschaftsregierung vor, welche die Deputatgelder an SaynWittgenstein-Vallendar beschlagnahmen und an Beifuß abführen sollte.189 Einem regierenden Fürsten musste die Exekutionskommission aufgetragen werden, wenn von einem Mitglied seines Hauses die Unterhaltsgelder mit Arrest zu belegen waren.190 Daher wartete der RHR so lange, bis die Bitte des Juden gemäß den reichsrechtlichen Bestimmungen ausfiel und gab dem Gesuch dann ohne Bedenken statt.191 Ebenso bildeten die Reichsritterschaften gemäß Paragraph 160 JRA192 eine Ausnahme in der Vergabe von Exekutionskommissionen auf die Reichskreise. Hier übernahmen die jeweiligen Kantone, in denen das zu exekutierende Mitglied beheimatet war, die Kommissionen. Dies kam im untersuchten Zeitraum insgesamt sechsmal vor.193 Ein weiterer interessanter Fall ist der des David Mayer Juda gegen Kurmainz. Die Brüder des kaiserlichen Hoffaktoren erbaten eine Commission ad exequendum, protegendum et manutenendum auf den schwedischen König Friedrich I.194 , der zugleich Landgraf von Hessen-Kassel war.195 Damit sollte ein protestantischer Reichsfürst, der als schwedischer König machtpolitisch die notwendigen Voraussetzungen mitbrachte, gegen Mainz vorgehen. In allen weiteren Eingaben an das kaiserliche Gericht wichen die Brüder David Mayer Judas indessen von dieser Forderung ab und erbaten die Hilfe des Reichsoberhauptes in Form seiner kaiserlichen ZwangsMittel.196 Diese Episoden verdeutlichen, welch ungemein hohe Bedeutung die kaiserlichen Kommissionen in der Mitte des 18. Jahrhunderts in den Augen der Juden genossen.197 188 189 190 191 192 193 194 195 196 197

Siehe Moises Benedikt Beifuß an den Kaiser (Praes. 6.9.1756, 21.1. u. 14.3.1757) in HHSAW, RHR, D. R., K. 383/2. Siehe ders. an den Kaiser (Praes. 6.6.1757) in ., K. 383/2. Siehe hierzu H, Darstellung, S. 318f. HHSAW, RHR, R, XVIII/136, fol. 272r–272v (23.9.1757). JRA 1654 § 160 in: B, Kaiser und Reich, S. 248. H, Anleitung I, S. 666; B, Grundriß, S. 413. David Mayer Juda an den Kaiser (Praes. 22.4.1751) in HHSAW, RHR, D, K. 1524/1 (Zitat ebd.). B, Friedrich, S. 507f. David Mayer Juda (Praes. 3.8.1751) in HHSAW, RHR, D, K. 1524/1; Löw Emanuel an den Kaiser (Praes. 31.7.1766) in ., O. R., K. 454/7. Das zeigt auch die Bitte Marum Kahns, gegen seinen Schuldner entweder den Schwäbischen Kreis oder den kay[serlichen] Landvogtey Richter zu Weingarten mit einer Kommission zu beauftragen. Siehe ders. an den Kaiser (Praes. 23.12.1748) in ., D. R., K. 383/1. Marum Kahn war württembergischer (ders. an den Kaiser [Praes. 10.4.1747] in ., D. R., K. 383/1; ders. am 5.5.1743 an den Deutschordensritter Johann Christoph von Buseck in SAL B 287, Bü. 233), deutschordensritterlicher (ders. am 14.10.1743 an Kurfürst Clemens August in .) und hessen-darmstädtischer Schutzjude aus der Grafschaft Hanau-Lichtenberg (siehe zu den Juden der Grafschaft

3.2 Die Jahre 1745 bis 1765

135

An sich wurden die Bitten um Exekutionskommissionen in Schuldprozessen aber mit einer gewissen Routine und Selbstverständlichkeit nicht nur von den Juden erbeten, sondern vom RHR auch erlassen.198 Gleiches gilt ferner für die Pfand- und Exekutionsvorschläge. Anders als im 16. Jahrhundert machten die Juden durchweg konkrete Angaben, welche Besitzstände des adeligen Schuldners zu pfänden seien. Hierzu konnten Güter, Mobilien und Bargeld zählen.199 Die reichshofrätlichen Exekutionsbefehle waren in Form kaiserlicher Briefe an die kreisausschreibenden Fürsten abgefasst.200 Ihre Erkennung implizierte den Vorwurf insubordinativen Verhaltens der obrigkeitlichen Schuldner gegenüber dem Kaiser. In der Staatsrechtsliteratur des 18. Jahrhunderts werden daher die machtpolitischen Hintergründe dieses Kommissionstyps durchaus ernsthaft reflektiert.201 So betonte H, dass Exekutionskommissionen in Schuldsachen auf keinen anderen Fall erkannt [würden], als wenn der Impetrat den kaiserlichen Verordnungen nicht gehorcht.202 Insofern ging mit den jüdischen Kommissionsgesuchen für die adeligen Herrschaften ein drohender Reputationsverlust einher. Schließlich wurden die kaiserlichen Kommissionen in aller Öffentlichkeit abgehalten. Wenn

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200 201 202

Hanau-Lichtenberg H, juifs. Marum Kahn wird hier nicht erwähnt). Zur Landvogtei H, Landvogtei, S. 57–74, hier S. 71–74. So O, Auftrag, S. 110. So Model Hirsch Kuhn an den Kaiser (Praes. 21.6.1742) in HHSAW, RHR, D. R., K. 365/15: deßen Revenien aus dem Guth Groß Corvey, beyderhochlöbl. Burg fridberg ebenmäßig zurückbehalten; David Dispecker an den Kaiser (Praes. 14.3.1766) in ., D, K. 1637; Bär Löw Isaak u. Moises Alexander Braunschweigers Erben ct. von Reineck an den Kaiser (Praes. 12.11.1757) in ., D, K. 1137; Joseph Moises Schuster an den Kaiser (Praes. 10.6.1748) in ., O. R., K. 452/10; Samuel Simon an den Kaiser [Praes. 29.11.1747] in ., D. R., K. 373/9); Moises Benedikt Beifuß an den Kaiser [Praes. 14.3.1757] in ., K. 383/2; ders. an den Kaiser (Praes. 12.4.1753) in . In ähnlicher Weise hatte der Kardinal und Bischof von Breslau aus dem hessendarmstädtischen Landgrafenhaus Wolf Breysach seine Aliment= und Deputat=Gelder verpfändet (siehe die Relation in ., R, K. 74, Zitat ebd.); Michael Simon Hanau an den Kaiser (Praes. 6.4.1751) in ., D. ., K. 168/1, fol. 9r–13v, hier fol. 10r; zu den Familien namens Hanau in Frankfurt/Main D, Stammbuch, S. 144– 147, bei denen er jedoch nicht identifiziert werden konnte; David Dispecker an den Kaiser (Praes. 14.3., 26.5.1766, 7.5.1767) in ., D, K. 1637. Der großbritannische Hofjuwelier Salomon Levi (S, Hoffinanz III, S. 102) sollte dagegen von Lippe-Detmold zwecks Abbezahlung der 8000 Rtlr. jährlich 1000 Rtlr. aus der gräflichen Meyerey Sieckholtz erhalten. Allerdings scheiterte die Rückzahlung und der Jude erhielt gar keine Gelder (ders. an den Kaiser [Praes. 29.3.1737] in ., D. R., K. 373/3; die Erben Salomon Levis an den Kaiser [Praes. 23.6.1749] in .); Model Hirsch Kuhn an den Kaiser (Praes. 22.6.1742) in ., K. 365/16; Getz Hayum an den Kaiser (Praes. 23.2.1750) in ., O. R., K. 1769/1. W, Kommissionen, S. 217. Siehe O, Auftrag, S. 110 u. M, Einleitung, S. 163f. H, Darstellung, S. 320.

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3. Rechtsstrategische Handlungen von Juden

der Jude das Kommissionsdekret beim Kommissionshof eingereicht hatte, der Kommissar sich der Sache annahm und der adelige Beklagte auf keinerlei Vergleichsangebote mehr einging,203 kam es zum Ausrücken der Kommission.204 Hierbei brachten die zuständigen Kommissionssekretäre der kreisausschreibenden Fürsten das Kommissionspatent zum Herrschaftssitz des obrigkeitlichen Schuldners und verlasen es dort öffentlich. Schließlich hingen sie das Patent öffentlich aus.205 Anschließend zog der Kommissionssekretär umfassende Informationen über die ökonomischen Verhältnisse des obrigkeitlichen Schuldners ein. Diese Informationen hielt er in Listen und Verzeichnissen fest, die ihren Weg mitunter bis nach Wien fanden. Ab diesem Zeitpunkt bestand die Möglichkeit, dass die Kommission die Einkünfte des adeligen Beklagten beschlagnahmte und über seine Güter verfügte. Die beschlagnahmten Güter wurden in den Listen gesondert aufgeführt. Anschließend wurde ein Tag für die Versteigerung angesetzt sowie in der näheren Umgebung öffentlich ausgeschrieben.206 Gerade weil es sich in den meisten Fällen um kleinere Fürsten- und Grafenhäuser handelte, die gemäß der Informationen aus M Reichs=Ständischem Schuldenwesen in vielen Fällen erhebliche Schuldenlasten aufwiesen, drohte ihnen mit der Einsetzung einer Exekutionskommission zugleich eine kaiserliche Debit- oder gar Administrationskommission. Schließlich besaß der Kaiser eine Aufsichtsfunktion über die finanzielle Integrität von Reichslehen.207 Diese Aufsichtsfunktion hatte gegebenenfalls die Einmischung kaiserlicher Kommissare in ihre Regierungsgeschäfte bzw. den vorübergehenden Verlust von Herrschaftsrechten zur Folge.208 203 204

205 206 207

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H, Anleitung I, S. 672; H, Darstellung, S. 320f., 327, 337; siehe W, Kommissionen, S. 217–219. Vgl. für das zügige Arbeiten der Kommissionen um 1750: Kommissionsreskript an den Markgrafen von Brandenburg-Onolzbach in der Causa Benedikt Levi Gomperz ct. Castell-Remlingen vom 29.3.1751 u. den Kommissionsbericht in Markgraf von Brandenburg-Onolzbach vom 17.11.1751 an den Kaiser (Praes. 7.1.1752) in HHSAW, RHR, D, K. 2864/1. Vgl. H, Darstellung, S. 368. H, Darstellung, S. 369f. W, Rechtsprechung, S. 298 betont, dass im Zweifelsfall nur „durch das Zusammenwirken von Kaiser und Reich [...] die finanzielle Situation des Fürstentums verbessert und damit die Herrschaft der Dynastie wieder stabilisiert werden“ konnte und insofern Reichsstände selbst Debitkommissionen erbaten; A, Verschuldung, S. 240, 242 betont, dass in Reichsdebitverwaltungen die Initiative vom Kaiser ausgehen konnte und nicht immer von den Reichsständen erwünscht war. Zur kaiserlichen Aufsicht über die Integrität von Reichslehen Copia allerunterthänisgter anzeig ad Augmum – Imperatorem von dem gräfflich-Montfortischen Conservatorio das dortseitige OeconomieWeesem betrefend. ddto Septembris 1764 in HHSAW, R, K R, K. 360, fol. 382r–385r, hier fol. 384v. Deutlich wird dies im Fall der Grafen von Montfort, wo in Copia allerunterthänisgter anzeig ad Augmum – Imperatorem von dem gräfflich-Montfortischen Conservatorio das dortseitige Oeconomie-Weesem betrefend. ddto Septembris 1764 in ., wo Vorschläge

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Die von Juden erbetenen Exekutionskommissionen besaßen folglich für die Obrigkeiten durchaus politisch-öffentlichen Sprengstoff.209 Die Sorge der Freiherren von Münster angesichts der angedrohte[n] Einlegung eines Trompeters zur Execution erklärt sich eingedenk dieses öffentlichkeitswirksamen Vorgehens.210 Schon H verwies auf den Umstand, dass sich nach Erkennung der Kommission durch den RHR der ganze Horizont des betroffenen adeligen Schuldners trübe. Die größten unangenehmen Auftritte stünden ihm bevor. Alle Federn der Politik werden iezt vom Impetraten angezogen, das Einrücken der Kommission zu verhindern.211 Mit Blick auf die soeben ausgeführten Zusammenhänge betonte M, dass auf Seiten der Obrigkeiten vor allem die Furcht vor den Reichsgerichten ausschlaggebend gewesen sei, sich doch noch auf einen Vergleich spätestens bei Kommissionserkennung einzulassen.212 In der Tat gab es nach Erkennung der Exekutionskommission und vor ihrem Ausrücken Möglichkeiten zu einer gütlichen Einigung. Der RHR befahl, der Kommissar möge versuchen, den adeligen Schuldner doch noch zur Zahlung zu bringen.213 Soweit

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bzgl. der Rettung der Grafschaft gemacht wurden, die auf eine Administrationskommission und den beinahe vollkommenen Verlust von Herrschaftsrechten hinausliefen. So sei der Kaiser durch seine allerhöchste Authoritaet unbeschränckter ermächtiget, die Angelegenheit so zu fassen, wie es die bestmögliche erhaltung des Hauses auf der einen= und die Sicherheit derer Glaubigern auf der anden Seite erfordern (Zitat fol. 383v–384r); den Einfluss des Kaisers im Reich über Debitkommissionen betonend A, Verschuldung, S. 243f.; W, Rechtsprechung, S. 267–277; M, Schuldenwesen I, S. 685. Fürst Konstantin von Hessen-Rheinfels-Rothenburg bat, immittelst mit würcklicher Executions-Erkanntnus zurück zu halten und eine kaiserliche Exekutionskommission zu verhindern (Zitat ders. an den Kaiser [Praes. 23.4.1748] in HHSAW, RHR, D. R., K. 373/9); ähnlich Kametzky an den Kaiser (Praes. 26.10.1753) in ., D. ., K. 168/1, fol. 111r–122v, hier fol. 116; Kasimier von Wartenberg an den Kaiser (Praes. 26.8.1751) in ., D. R., K. 362/6; S, Bedeutung, S. 160f. Zitat Freiherren von Münster an den Kaiser (Praes. 17.5.1765) in HHSAW, RHR, D. R., K. 353/1; siehe die Exekutionsandrohung durch die Ritterhauptmannschaft Röhn-Werra in Lit. D: vom 1.2.1765 in Ritterkanton an den Kaiser (Praes. 26.4.1765) in ., D. R., K. 353/1. Zitat M, Schuldenwesen I, S. 657; H, Darstellung, S. 341; ähnlich F, Reichsjustiz, S. 57f. Auch der Fürst von Hohenlohe-Pfedelbach beschwerte sich voller Sorge, dass die Jud[en] sich an kay: May: wend[en] (Zitat Relation zum Fall Isaak Michael ct. Hohenlohe-Pfedelbach in HHSAW, RHR, R, K. 64; siehe ., D. ., K. 168/2). M, Schuldenwesen I, S. 657. Siehe Co[mmissi]o d exequendum an die ausschreibende H fürsten des Oberrhein Crayses in Sachen Dottres Samuel Stern ca den Grafen zu Isenburg Wächtersbach vom 18.6.1756 in HHSAW, RHR, D, K. 1738/3; Commissio ad exequendum an die H ausschreibende fürsten des ober Rhein Crayses in Sachen Jacob Ochs schutz Jud zu franckfurth ca den grafen Casimir zu Wartenberg vom 21.8.1752 in ., D. R., K.362/6; Commissio ad exequendum auf die ausschreibende H. Fürsten des fränk: Crayß in Sachen Dispecker ca H. Herzog zu Sachsen Hildburghausen vom 11.5.1767 in ., D, K. 1637; siehe den Kommissionsbefehl in Sachen Feist Cahen ct. Kasimier von Wartenberg vom

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3. Rechtsstrategische Handlungen von Juden

nachweisbar, gaben die Kommissionshöfe im untersuchten Sample den zu exekutierenden Standesgenossen tatsächlich Zeit zu reagieren.214 Nach Erkennung der Kommission wurden in vielen Fällen Vergleichsverhandlungen aber zügig durchgeführt.215 Tat sich zum Beispiel fast ein Jahr nach Kommissionserkennung im Fall David Dispeckers gegen den Herzog von SachenHildburghausen nichts216 , reagierte der Herzog indessen sofort, als durch die Bamberger und Würzburger Kommissare217 ein konkreter Exekutionstermin angesetzt wurde. Der Herzog schickte sofort seinen hof-Consistorial und Cammerrath Johann Christoph Radefeld mit konkreten Vergleichsvorschlägen zu den beiden Kommissaren.218 Als Herzog sei er schließlich weit entfernet es zur würcklichen Execution kommen zu laßen. Vielmehr wolle er in Erfahrung bringen, was er als Herzog zusichern müsse, um der würklichen Execution ausweichen zu können.219 Im Endeffekt bewegten sich Exekutionskommissionen damit im üblichen

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28.11.1747 in ., K. 2513; vgl. Commission adexequendum an grafen zu Witgenstein Witgenstein in Sachen Moises Benedict Beyfuß ct. den grafen zu Sayn Witgenstein Valendar vom 23.9.1757 in ., K. 383/2; vgl. die Relation zum Fall Löw Isaak Kann ct. den Landgraf zu Hessen-Darmstadt (., K. 382/9; als ausgeliefert verzeichnet) in ., R, K. 73; Kommissionsbefehl zur Causa Marum Kahn ct. von Montfort in ., R, XVIII/154, fol. 44v–45r (24.7.1764); Comissio ad exequendum an den fränkischen Reichsritterkanton Röhn-Werra vom 14.9.1744 in ., D. R., K. 365/16; commissio ad exequendum an die R.Ritterschafft am MittelRhein vom 12.11.1754 in ., D. ., K. 168/1, fol. 144r–145r; H, Darstellung, S. 326; O, Auftrag, S. 109; S, Bedeutung, S. 163; W, Kommissionen, S. 218f.; F, Reichsjustiz, S. 58f. So im Fall Ochs ct. Wartenberg, wo die kreisausschreibenden Fürsten des oberrheinischen Kreises Kurtrier und Kurpfalz als Kommissare fungierten und beiden Parteien gemäß des Kommissionsbefehls Zeit für Vergleichsverhandlungen ließen (vgl. Franz Georg und Karl Theodor von Wartenberg vom 22. u. 26.4.1753 an den Kaiser [Praes. 24.5.1753] in HHSAW, RHR, D. R., K. 362/6: ließen es darauf [Immission, A. G.] nicht ankommen, sondern fügte sich lieber in der güte). So bspw. Friedrich August von Isenburg-Büdingen an den Kaiser (Praes. 28.9.1756) in ., D, K. 1738/3 u. Simon Aaron Neustädtl an den Kaiser (Praes. 27.8.1749) in ., D. ., K. 178, fol. 788r–788v; Franz Georg und Karl Theodor von Wartenberg vom 22. u. 26.4.1753 an den Kaiser (Praes. 24.5.1753) in ., D. R., K. 362/6. Siehe den Kommissionsbefehl Josephs II. vom 11.5.1767 in ., D, K. 1637. So Johann Christoph Radefeld am 22.3.1768 in SAM, D 848, fol. 2r–3v, hier fol. 2v. Beide Kommissionshöfe seien hingegen dazu gewillt, wider alles vermuthen und ehe man hierher geantwortet, mit der Execution vorgefahren werden solle, diese auch auf die herrn hofräthe von Schönfeld und Schnell, anderweit erkannt. Siehe Brief Ernst Friedrich Karl von Sachen-Hildburghausen vom 18.4.1768 an Bamberg und Würzburg in SAM, D 848, fol. 1r–1v, hier fol. 1r. Zitate Johann Christoph Radefeld am 22.3.1768 in SAM, D 848, fol. 2v–3r; Fürst Konstantin zu Hessen-Rheinfels-Rothenburg an den Kaiser (Praes. 23.4.1748) in HHSAW, RHR., D. R., K. 373/9, der um die Vermeidung einer Executions-Verhängnus nachsuchte und bat den Kaiser mit würcklicher Executions-Erkenntnus zurück halten zu laßen; Vormundschaftsregierung Fugger-Glött an den Kaiser (Praes. 7.1.1771) in ., O. R., K. 454/7.

3.2 Die Jahre 1745 bis 1765

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Vorgehen des RHR, auf diplomatischem Wege durch Vergleiche eine Einigung zu erzielen. Die jüdischen Kommissionsgesuche wirkten dabei in die regionale Öffentlichkeit hinein und stellten auf diese Weise ein den Konflikt erheblich verschärfendes Moment dar.220 Allerdings dürften die jüdischen Kläger letztlich auf einen Vergleich gehofft haben. Schließlich mussten sie die Kommissionskosten zunächst selber vorschießen und mit erheblichen Unkosten rechnen.221 Kompromissbereitschaft war für die Juden unabdingbar, um zu Teilerfolgen zu gelangen. So schloss Moises Benedikt Beifuß mit Sayn-Wittgenstein-Vallendar eine Schuldverschreibung mit zunächst 10, später 12 % Zinszahlungen. Der RHR reduzierte sie in diesem wie in anderen Fällen schließlich auf den ReichsConstitutionsmäßigen fuß â. 5. p Cto.222 Beifuß betonte, er wolle sich dieser Vorgehensweise fügen, solange er nur seine restlichen Gelder durch eine reichshofrätliche Exekutionskommission erhalte.223 Verluste im gegebenen Rahmen waren für die jüdischen Gläubiger demnach hinnehmbar, solange der eigentliche Prozessausgang in ihrem Sinne lag. Ein weiterer Grund, einen Vergleich anzunehmen, dürfte darin zu sehen sein, dass die jüdischen Kläger in vielen Fällen in die in den Schulddokumenten festgeschriebenen Pfänder in aller Regel nie eingesetzt wurden bzw. hiermit erhebliche Konflikte, neue Rechtsstreite und langwierige Verzögerungen verbunden gewesen wären.224 Diese Zusammenhänge werfen nun allerdings die Frage nach den Erfolgsaussichten jüdischer Kläger um 1750 auf. 3.2.3 Folgen rechtsstrategischer Handlungen von Juden Die Frage nach den Prozesserfolgen lässt sich für die Jahre zwischen 1745 und 1765 nur von Fall zu Fall beantworten. Allerdings ist die Quellenlage wesentlich besser. Von denen in Abb. 2 aufgeführten 40 Causen konnten Juden in nachweislich 13 Fällen Erfolge für sich verbuchen. In drei der aufgeführten Fälle meldeten die jüdischen Kläger die komplette Ausbezahlung ihrer

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Ähnliche Mechanismen arbeitete T, Ehrlose, S. 159 für Schmähbriefe im Schuldenwesen bei Adeligen heraus. H, Anleitung I, S. 672; H, Darstellung, S. 337f. Wie hoch die Prozesskosten steigen konnten, zeigt der Fall Marum Kahns, der kurz nach Prozessbeginn von seinem Agenten Johann Philipp von Gullmann auf 275 fl. und 21 kr. verklagt wurde; Johann Philipp von Gullmann an den Kaiser (Praes. 11.8.1751) in HHSAW, RHR, D. R., K. 383/1. Siehe das Rescriptum paritorium vom 25.5.1756 in ., K. 383/2. Vgl. hierzu Moises Benedikt Beifuß an den Kaiser (Praes. 14.3.1757) in . P, Folgen, S. 248 betont, dass „ein bürgerlicher Gläubiger einfach eine adelige Herrschaft einzog, war undenkbar“. Für Juden musste dies weit mehr gelten; vgl. zum Obigen K-H, Gemeinde, S. 58.

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3. Rechtsstrategische Handlungen von Juden

Schuldforderung.225 In einem weiteren in den Schemata nicht verzeichneten Appellationsfall erhielt der Jude ebenfalls seine Schuldforderungen ausgezahlt226 , so dass sich die Zahl auf 14 Causen erhöht. Darüber hinaus erreichten Juden im Rahmen dieser Prozesse beachtliche Teilerfolge.227 Vergleiche spielten in allen Prozessstadien eine wichtige Rolle.228 Wie aussichtsreich waren – abgesehen von den soeben erwähnten 225

226 227

228

Vgl. Simon Aaron Neustädtl an den Kaiser (Praes. 1.4.1749) in HHSAW, RHR, D. ., K. 178, fol. 784r–786v; Anzeigs der, in gütlichen Wegen beygelegten ganzen Sache. Mit einer beylage. sub Dato 25. Aug: et praes: 24. Oct: 1768. Humme exhibet v Fernau. Ponatur der ausschreibenden Herren Fürsten des fränkischen Crayses unterthgster bericht de praes: 24. Oct: an: curr: samt beygelegten Vergleich ad acta. 25. Octobris 1768 in ., D, K. 1637; siehe die Relation in .; Isaak Moises Kann an den Kaiser (Praes. 20.5.1756) in ., D. R., K. 359/2. Welden an den Kaiser (Praes. 12.7.1765) in ., K. 1438/2. Die Erben Salomon Levis trafen 1750 nach 13 Jahren Prozessierens ebenfalls einen Vergleich mit Lippe-Detmold über die mittlerweile durch Zinsen und Prozesskosten angelaufene Schuld von 22 562 Rtlr. Der Vergleich sah vor, dass die Erben 18 000 Rtlr. erhalten sollten, davon 17 000 Rtlr. bis 1756 in Bargeld, die restlichen 1000 bis 1763 als Pistolenlieferung. Allerdings kam es vor der Auslieferung der Pistolen mit der lippischen Rentkammer zu erneuten Konflikten, die letztlich dazu führten, dass die Juden sich endgültig mit den 17 000 Rtlr. zufrieden geben mussten. Gemäß Vergleich verlangte die Kammer nämlich die Originalwechselscheine. Die Erben besaßen aber die betreffenden Manual-Acten nicht mehr und wandten sich an den RHR, der allerdings nur Kopien von diesen Dokumenten besaß. Die Rentkammer wollte die Kopien aber ebenso wenig wie einen Mortifikationsschein (S, Handbuch, S. 735f.), also eine Bestätigung der Erben, dass die Schuld abgezahlt und die verlorenen Wechselbriefe ungültig seien, anerkennen, sondern drängte weiterhin auf deren Auslieferung. Da der zuständige Notar in Hannover längst tot war, konnten die Erben keinen Beweis über die Echtheit bzw. Existenz der Wechselscheine erbringen und erbaten daher ein Reskript vom Kaiser, er möge Lippe-Detmold die endgültige Auszahlung befehlen (vgl. Erben Salomon Simons an den Kaiser [Praes. 8.4.1766] in HHSAW, RHR, D. R., K. 373/3). Michael Isaacs Erben verglichen sich nach einer Intervention des Kölner Kurfürsten Clemens August für seinen ehemaligen Hoffaktor mit Hohenlohe-Pfedelbach (vgl. Intervention des Kölner Kurfürsten an den Kaiser [Praes. 21.3.1749] in ., D. ., K. 168, fol. 370r– 375v; Michael Isaaks Erben an den Kaiser [Praes. 5.4.1753] in ., fol. 515r–517v; Hohenlohe-Pfedelbach an den Kaiser [Praes. 10.6.1743] in ., fol. 54r–56v, hier fol. 54r– 54v.). Siehe zu den erwähnten Bestimmungen im Wechselrecht zeitgenössisch S, Handbuch, S. 167f. In einigen anderen Causen wurden Sonderbestimmungen getroffen. Marum Kahn überschrieb 18 Tage nach Erkennung der Exekutionskommission dem kaiserlichen Kommissar Johann Weiss, dem er eine Summe von 3400 fl. schuldete, seine Wechsel und erhielt noch 2600 fl. ausgezahlt. Siehe die Cession vom 12.8.1664 als Lit. H in Johann Weiss an den Kaiser (Praes. 17.12.1764) in HHSAW, RHR, D. R., K. 383/1. Siehe den Kommissionsbefehl in ., R, XVIII/154, fol. 44v–45r (24.7.1764); Marum Kahn an den Kaiser (Praes. 22.9.1763) in ., D. R., K. 383/1; siehe auch Johann Weiss an den Kaiser (Praes. 24.9.1764) in . Samuel Simon verbuchte ebenfalls einen Erfolg für sich, indessen nur dadurch, weil er seine Forderung von 4000 fl. an Fürst Konstantin von Hessen-Rheinfels-Rothenburg 1747 an den kaiserlichen Hoffaktoren Salomon Sinzheimer überschrieb. Siehe Samuel Simon, nun Salomon Sinzheimer als Cessionar an den Kaiser (Praes. 29.3.1751) in ., K. 373/9. Jacob Ochs hingegen konnte vor den

3.2 Die Jahre 1745 bis 1765

141

Fällen – jüdische Schuldklagen am RHR prinzipiell? Erneut bietet sich zur Klärung dieser Frage die Betrachtung der Prozessdauer an. Im Durchschnitt dauerten die Klagen 8,1 Jahre. Werden die ,Ausreißerfälle‘ der Heßlin-Brüder (24 Jahre), des Salomon Levis (29 Jahre) und des Joseph Moises Schusters (33 Jahre) nicht mit berücksichtigt, so reduziert sich der Durchschnittswert auf sechs Jahre.229 Die Verfahrensdauer liegt in einem Rahmen, der bereits durch mehrere Studien bestätigt wurde.230 Dabei untermauern die 15 Fälle (46,9 %), die in einem Zeitraum von fünf Jahren verhandelte wurden, die hohen Chancen von Juden, Teilerfolge relativ kurzfristig erzielen zu können. In weiteren 40,7 % der Fälle erreichten die Causen zudem nicht das 16. Verhandlungsjahr. Zwar geben die Verfahrenszeiten keine endgültigen Hinweise über den positiven Ausgang eines Falles. Angesichts der vielen überlieferten Vergleiche scheinen sich die Erfolgsaussichten für Juden aber dennoch erheblich erhöht zu haben. Die Erfolgsaussichten lassen sich zusätzlich noch aus einem anderen Blickwinkel beobachten. Bei elf der in Abb. 2 verzeichneten Prozesse erscheint der Vermerk liegen geblieben, bei weiteren 16 Causen ist kein diesbezüglicher Eintrag existent. Dies könnte bei vorschnellem Urteil zu der Annahme Anlass geben, dass das jüdische Prozessieren überwiegend zu keinen greifbaren Ergebnissen führte. Hingegen kann nicht davon ausgegangen werden, dass eine Einigung zwischen den Parteien immer bei Gericht angezeigt wurde. Der Fall des Säckel

229 230

kaiserlichen Kommissaren Kurtriers und Kurpfalz einen Vergleich mit Graf Wartenberg erreichen (Protocollum et Acta Commissionis In kayßer: Executions Sachen Juden Jacob Ochs zu Frackfurth ca Herrn Graffen und Fraw Gräffin zu Wartenberg hier unter Jovis den 22.t Martij 1753 in ., K. 362/6); ähnlich meldete die Vormundschaftsregierung Fugger-Glött an den Kaiser [Praes. 7.1.1771] in ., O. R., K. 454/7 den Vergleich mit dem Juden Löw Emanuel; ebenso Mayer Berlin, Löw Kohn, Benedikt Levi, Zacharias Fränckel der jüngere, Löw Abraham Fränckel, Bonhein Heßla Bamberger, Nathan David Schiff, Salomon Bär, Isaak Fränckel, Abraham Israel Jekelsheimer, Hirsch Abraham Fränckel, Salomon und Joseph Salomon Gidion, Hanlein Joseph Schnattacher, Erben des Joseph Levi (= Mayer Berlin et. al.) an den Kaiser (Praes. 1.7.1771) in ., D. R., K. 354/2. Ebenso erhielt wohl Moises Benedikt Beifuß ab dem 1.7.1763 mittelst einer in einem Vergleich festgelegten vierteljährlichen Ratenzahlung aus den Deputatgeldern des Grafen Sayn-Wittgenstein-Vallendar seine Forderungen beglichen, ohne dass er aber seine vollständige Befriedigung am RHR jemals anzeigte (siehe die Vergleichsanzeige ders. an den Kaiser [Praes. 11.3.1763] in ., K. 383/2. Siehe den Vergleich als Copia N: i Actum Frankfurth vormittags den 19. April 1762 sowie die Bestätigung des regierenden Grafen von Wittgenstein-Wittgenstein-Hohenstein vom 8.5.1762). Aber auch bei Klagen von adeligen Reichsständen gegen Juden stellte der Vergleich eine beliebte Konfliktlösungsstrategie dar. So bspw. die Vergleichsanzeige in ., R, XVIII/156, fol. 58v (1.8.1765) in Causa Freiherr Konstantin von Welden ct. Emanuel Hirsch u. die Erben des Juden Mendels; siehe die Vergleichsanzeige auch in Welden an den Kaiser (Praes. 12.7.1765) in ., D. R., K. 1438/2. 29 Verfahren zu 175 Jahre. Siehe A-T, Wechselverbindlichkeiten, S. 155f.

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3. Rechtsstrategische Handlungen von Juden

Abbildung 2: Verfahrensdauer der Prozesse aus der Kategorie Ökonomie 1745–1765 (n = 32; es wurden nur Prozesse berücksichtigt, bei denen Informationen aus den Resolutionsprotokollen oder aus den Akten bezogen werden konnten)

Fränkel steht hierfür stellvertretend. Hier verglichen sich der Jude und die Bürgerschaft vor der Sulzbacher Regierung nach einem letzten RHR-Conclusum, ohne dass das kaiserliche Gericht hiervon jemals Kenntnis erhielt.231 Aber selbst wenn eine der Parteien einen Vergleich anzeigte und das Gremium von der Gegenseite eine Bestätigung hierüber forderte, hieß dies noch lange nicht, dass es eine solche Bestätigung wirklich bekam.232 Dass solche Einzelheiten indessen ein Zeichen für ein nachträgliches Scheitern sind, erscheint wenig wahrscheinlich, da der jüdische Kläger – dies zeigen die erwähnten Ausreißerprozesse – ansonsten sicherlich erneut geklagt 231

232

Vgl. Regierung an Säckel Fränkel am 5.3.1754 in SAA 5.2 554, fol. 207v. Siehe Actum Sulzbach in Curia d[en] 15.ten Martij 1754 in SA S-R A 0161, Nr. 31: Ein churfrüst hochlöb Regierung selbsten die an den kayser: ReichshoffRath gediehene Sache weg des durchgangs durch des Säckl fräncklische Hauß mittelst ein Vergleich gehoben würde, zu verstehen gegeben [...]. Siehe den Vergleichsvorschlag von Bürgermeister und Rat an die Regierung SAA 5.2 554, fol. 210r–214r. Am 15.5.1754 trat der auf den 23. April datierte Vergleich in Kraft. Hierzu Regierung an Bürgermeister und Rat sowie Säckel Fränkel am 15.5.1754 in SAA 5.2 554, fol. 224r. Ähnliches gilt für den Prozess des Feist Cahens gegen Kasimier von Wartenberg. Dieser Fall ist offiziell als liegen geblieben verzeichnet. Siehe insgesamt HHSAW, RHR, D, K. 2513. Dagegen beteuert der Graf im Prozess gegen Jacob Ochs vier Jahre später, dass Cahen seiter etlichen Jahren, durch die erlangte kayserliche subdelegations-Executions-Commission seine gehabte Forderung [...] biß auf einen Rest von ohngefehr 300 R[eichs]t[a]hl[e]r nach und nach erhalten habe; ders. an den Kaiser (Praes. 26.8.1751) in ., D. R., K. 362/6. So im Fall Moises Benedikt Beifuß, der den Vergleich anzeigte. Der RHR forderte SaynWittgenstein-Vallendar auf, den Vergleich zu bestätigen, allerdings liegt diesbezüglich keine Supplik im Akt vor (vgl. ., R, XVIII/150, fol. 166v–167r [30.3.1763]). Zu den Vergleichsanzeigen H, Grundriß III/2, S. 33–35.

3.2 Die Jahre 1745 bis 1765

143

hätte.233 Beispielhaft ist dieser Umstand am Fall des Joseph Moises Schuster abzulesen, mit dem sich der RHR über 33 Jahren lang beschäftigen musste. Seine Söhne übernahmen nach Joseph Moises Schusters Tod im September 1767 die Klage und führten sie weiter fort.234 Endgültig brach die Überlieferung dann im November 1767 ab. Ein urplötzlich versiegendes Interesse auf Seiten der Söhne Schusters ist sicherlich nicht anzunehmen, da ansonsten die Prozessfortführung und die hiermit entstehenden Kosten zu diesem Zeitpunkt wohl keinen Sinn gehabt hätten. Wahrscheinlich eröffnete der Wechsel auf der Klägerseite neue Einstellungen zum Prozessgegner, die wiederum direkte Verhandlungen ermöglichten und vielleicht zu einer außergerichtlichen Einigung führten.235 Wie im Sulzbacher Fall könnte freilich eine weit größere Fülle als die nachweisbaren Prozesse, die auf Exekution erkannt worden waren, ohne Vollstreckungen und gleichsam außerhalb der reichshofrätlichen Kenntnis durch Vergleiche geklärt worden sein.236 3.2.4 Ergänzende und alternative rechtsstrategische Handlungen In den Jahren 1745 bis 1765 verblieben die Juden gemäß der reichshofrätlichen Aktenlage bei der einmal eingeschlagenen Strategie. Ergänzende oder alternative rechtsstrategische Handlungen sind selten und orientieren sich an den am RHR möglichen Handlungsalternativen.237 233 234 235

236

237

Vgl. mit einer ähnlichen Feststellung E, Gerichtsbarkeit, S. 185. Juda Joseph, Meyer Joseph und Lemle Joseph Schuster an den Kaiser (Praes. 27.9.1767) in ., O. ., K. 452/10. Letzte Eingabe Juda Joseph, Meyer Joseph und Lemle Joseph Schuster an den Kaiser (Praes. 19.11.1767) in ., K. 452/10. Gleiches gilt für den Prozess, den Fradel Hayum für ihren Ehemann Getz weiterführte. Sie berichtete ihrem Agenten in Wien von kurz bevorstehenden Vergleichsverhandlungen mit dem Fürsten von Waldeck. Auch hier gelangten keine weiteren Informationen an den RHR. Lediglich eine Klage des Agenten Gullmann gegen Fradel vor dem Waldecker Fürsten auf Auszahlung rückständiger Prozesskosten verweist auf einen tatsächlichen Erfolg, bat er doch letzteren, von den Geldern, die er Fradel auszahle, einen Restbetrag von 400 fl. an ihn zwecks Abzahlung seines Salärs abzuführen. Vgl. Fradel Hayum an den Kaiser (Praes. 25.6.1757 u. 2.6.1760) in ., K. 1769/1. Zur Klage Gullmanns gegen Fradel in Arolsen siehe Gullmann am 19.9.1761 an Fürsten von Waldeck in SAM 118, Nr. 2266. Gullmann musste vor dem Fürsten klagen, weil dieser 1751 ein privilegio de non appellando auf 2000 fl. erhalten hatte (siehe die diesbezügliche Korrespondenz zwischen Waldeck und Wien in SAM 118, Nr. 1106). Bereits 1619 verlieh der Kaiser den Waldeckern ein Appellationsprivileg auf 400 fl. (E, privilegia, S. 121, Nr. 74 u. der Volltext S. 329–333). F, Reichsjustiz, S. 57 führt für den württembergischen Kommissionshof 68 Vergleiche für den Zeitraum zw. 1648 bis 1806 auf. Siehe zu diesem Verfahren mit einer ähnlichen Vermutung auch W, Kommissionen, S. 224f., 228; U, Mandatsprozess, S. 171. Mit einer ähnlichen Tendenz K, Judengemeinde, S. 127. Der Fall des Moises Benedikt Beifuß steht hierfür exemplarisch. Die Vormundschaftsregierung Wittgenstein-Wittgenstein-Hohensteins arbeitete mit dem Schuldner Beifuß’

144

3. Rechtsstrategische Handlungen von Juden

Nur in drei Fällen versuchten Juden ihre Forderungen unter Zuhilfenahme anderer Gerichtsforen zu realisieren. Dies betraf allesamt Prozesse, in denen sie über Jahrzehnte gegen Angehörige der Reichsritterschaft klagten.238 Model Hirsch Kuhn sowie Jacob und Isaak Heßlin klagten 13 respektive 26 Jahre lang nicht nur gegen die Freiherren von Münster, sondern auch gegen den fränkischen Ritterkanton Röhn-Werra wegen verweigerter Justiz.239 Wesentliche Ursache für das lange Prozessieren war nach Meinung der Juden der offenkundige Unwillen des Ritterkantons240 , sie zu unterstützen.241 Als sich die Juden

238 239 240

241

Johann Wilhelm von Sayn-Wittgenstein-Vallendar zusammen. Sie schlossen in Erwartung des Kommissionserlasses einen Vertrag über die Deputatgelder, mit dessen Hilfe diese Gelder Johann Wilhelm bis 1762 offiziell zur Abtragung anderer Schulden ausgezahlt werden sollten. Siehe den Vertrag in Lit: B. vom 30.5.1757 in Bericht u. Intervention der Kommission Sayn–Wittgenstein-Hohenstein an den Kaiser (Praes. 9.5.1758) in HHSAW, RHR, D. R., K. 383/2. Siehe den Kommissionsbefehl vom 23.9.1757 in . Damit waren die Gelder für die Exekution nicht mehr verfügbar. Die Vormundschaftsregierung betonte, dass aufgrund des unlaugbaren Vorzugs=Recht (Vormundschaftsregierung Wittgenstein-Wittgenstein-Hohenstein an den Kaiser [Praes. 5.12.1758] in .) dem Juden von den Geldern nichts ausgezahlt werden könne (vgl. Bericht u. Intervention der Kommission Sayn-Wittgenstein-Hohenstein an den Kaiser [Praes. 9.5.1758] in .). Schließlich seien solche Gelder dergestalten privilegiert [...], daß nicht einmal ein Vergleich über sie getroffen werden dürfe (Vormundschaftsregierung Wittgenstein-Wittgenstein-Hohenstein an den Kaiser [Praes. 5.12.1758] in .). Als die Kommission endgültig keinen Erfolg mehr versprach, änderte Beifuß seine Taktik und erbat ihre Überschreibung auf die kreisausschreibenden Fürsten des NiederrheinischWestfälischen Kreises. Siehe Moises Benedikt Beifuß an den Kaiser (Praes. 8.2.1762) in . Hierzu kam es freilich nicht mehr, da nun die Vormundschaftsadministration mit dem Juden einen Vergleich einging. Siehe kurz ., R, XVIII/150, fol. 166v–167r (30.3.1763). Allerdings ist der Fall Model Hirsch Kuhn ct. von Münster als liegen geblieben vermerkt. Jacob und Isaak Heßlin an den Kaiser (Praes. 3.2.1740) in ., D. R., K. 353/1; Model Hirsch Kuhn an den Kaiser (Praes. 22.6.1742, 3.7.1744) in ., K. 365/16. Siehe Jacob und Isaak Heßlin an den Kaiser (Praes. 11.1.1757 u. 12.4.1758) in ., K. 353/1: und daß man durch diese vertröstung nur abermahlen Zeit zu gewinnen gesuchet, um hiernächst alles in neue Weitläufigkeiten einleithen zu können. Die Anmerkungen der Ritterhauptmannschaft Röhn-Werra seien nur ein verstelltes Weesen durch die sie den Prozess mit Hilfe allerley neue aufzüglichkeiten gahr zu verewigen suche; der RitterCanton die so offt aufgehaltene Execution nimermehr in Vollzug zu setzen gedenket (Zitat letzte Supplik); Jacob und Isaak Heßlin an den Kaiser (Praes. 20.1.1759, 18.4.1764) in .; Model Hirsch Kuhn an den Kaiser (Praes. 3.7.1744) in ., K. 365/16. Die Heßlin-Brüder meinten sogar, der Kanton weigere sich, einen Vergleich (vgl. den Befehl an den Ritterkanton u. die von Münster zur Auszahlung der Juden und Umsetzung des Vergleichs im Reskript Karls VII. vom 21.8.1744 in ., K. 353/1; die Ermahnung Franz I. in ., R, XVIII/133, fol. 189v [16.3.1756]), der während einer durch Karl VI. eingesetzten Exekutionskommission getroffen worden war (vgl. Karl VI. an die fränkische Reichsritterschaft Kanton Röhn-Werra am 23.2.1740 in ., D. R., K. 353/1), gegen das Kantonsmitglied in aller Schärfe umzusetzen (Jacob und Isaak Heßlin an den Kaiser [Praes. 11.5.1744] in .). Der Vergleich sah vor, dass die Freifrau von Münster als Vormund in ihrer beiden Söhne 1200 fl. sofort und dann jeweils 300 fl. bis zur Ostermesse 1744 in Frankfurt am Main als Ratenzahlung leisten sollte. Als Auszahlungsmittel wurde nach Ende der Vormundschaftsadministration

3.2 Die Jahre 1745 bis 1765

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nach Niederlegung der Güteradministration durch Philippina von Münster an deren nun volljährige Söhne wandten, verwiesen diese darauf, dass sie mit den Schulden ihrer Mutter nichts zu schaffen hätten.242 Der Ritterkanton RöhnWerra verfolgte im gesamten Prozess die gleiche Taktik und stellte die Freifrau als die eigentliche Verantwortliche und Ansprechpartnerin dar.243 Jacob

242

243

das ,Wittumbs‘-Gehalt bestimmt (vgl. Ritterkanton Röhn-Werra an den Kaiser [Praes. 21.2.1758] in ., ebenso die beiden Juden Jacob und Isaak Heßlin an den Kaiser (Praes. 12.4.1758) sowie das diesbezügliche Reskript Franz I. vom 3.5.1758 in .). Schließlich sei es sich vorzustellen, daß gehörte freyH[erren] v[on] Münster sich nie angemast haben würden, sich derart widersetzlich zu verhalten, wann dieselbe nicht den Rücken vor dem Ritter-Canton selbsten sicher wüsten, welchen bereits mit eigenem beyspiel [...] gezeiget, daß er sich ein besonders geschäfft daraus mache, denen Impetranten die Erlangung der Justiz auf alle nur mögliche Weise zu erschwehren (siehe Jacob und Isaak Heßlin an den Kaiser [Praes. 30.6.1764] in . Siehe ebenfalls ausführlich Jacob und Isaak Heßlin an den Kaiser [Praes. 17.9.1765] in ., wo sie den Ritterkanton beschuldigen, die Freiherren von Münster in eigener Willkühr überlasssen zu wollen, damit diese entscheiden könnten, ob Sie denen obrist-Richterlichen Verfügungen die aller gehorsamste folge leisten wolten, oder nicht). Siehe die Relation zum Fall in ., D. ., K. 160. Hier ging es zusätzlich um die Einklage der Prozess- u. Kommissionskosten durch den Juden, die der Fürst ebenfalls nicht bezahlen wollte (siehe den kurzen Prozessverlauf in ., R, XVIII/110, fol. 313r [21.10.1746], ., XVIII/111, fol. 222v–223r [13.4.1747] u. ., XVIII/112, fol. 323r–323v [23.10.1747]). Im vorherigen Prozess übernahm Kurtrier die Kommission (siehe hierzu ., D, K. 1134a/b). Der Prozess wurde mit dem Debitwesen der Fürsten zusammengelegt (siehe ., R, XVIII/116, fol. 172r [10.9.1749]). Siehe den Bericht des Ritterkantons an den Kaiser (Praes. 21.2.1758) in HHSAW, RHR, D. R., K. 353/1. Siehe Freiherren von Münster an den Kaiser (Praes. 13.7.1762 u. 17.5.1765) in . Dabei ließen sie die Wittums-Gelder nicht auszahlen und beschwerten sich gegen den Arrest auf das mütterliche Legat in Schweinfurt. Vgl. die Verweigerungshaltung auch in der letzten Eingabe zum Fall in Freiherren von Münster an den Kaiser (Praes. 18.2.1766) in . Vgl. ebenso die Supplik Freiherren von Münster an den Kaiser (Praes. 17.3.1764) in ., K. 353/2 der freiherrlichen Rekonventionsklage gegen die beiden Juden; ähnlich Freiherren von Münster an den Kaiser (Praes. 3. u. 26.5.1755) in ., K. 365/16. Zwar stellte sich der Ritterkanton als geflissentlicher Exekutor kaiserlicher Befehle dar und schilderte seine Tätigkeit während der Administration der Freifrau von Münster als eine Art Revisions- und Aufsichtsinstanz, die bereits in den 1730er Jahren immer wieder regulierend in die Verwaltung der Güter eingegriffen habe. Außerdem konfiszierte er das Wittumbs-Gehalt, betonte indessen gleichzeitig, dass man zunächst prüfen müsse, wie hoch die Subsistenzkosten der Freifrau von Münster monatlich seien, um dann die Auszahlung der Juden hieran auszurichten. Zudem sei fraglich, ob die Juden die einzigen wären, die Ansprüche an von Münster besäßen. Dies müsse vorher eruiert werden (vgl. Ritterkanton Röhn-Werra an den Kaiser [Praes. 21.2.1758] in ., K. 353/1). Zur Beschuldigung, die Freifrau verhindere die Auszahlung der Juden siehe Ritterkanton Röhn-Werra an den Kaiser (Praes. 18.10.1759) in . Hier forderte der Kanton, um allen Conflictum jursidictionis unter beeden Cantonen zu vermeyden, die Angelegenheit an den Kanton Steigerwald zu verweisen, wo die Juden die Legatgelder haben arretieren lassen. Damit schien man die Absicht gehegt zu haben, die Aufmerksamkeit von den Wittums-Geldern ab und auf die Legatgelder zu verweisen, um somit sich der Sache zwecks Vermeidung größeren Aufsehens unter den Mitgliedern des Ritterkantons an sich entledigen zu können. Siehe hierzu sowie zur Exekutionsverweigerung wegen

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3. Rechtsstrategische Handlungen von Juden

und Isaak Heßlin sowie Model Hirsch Kuhn versuchten in dieser Situation, die benachbarten fränkischen Ritterkantone gegeneinander sowie gegenüber dem Kaiser für ihre Zwecke einzusetzen. Am RHR erbaten sie eine Überschreibung der Kommission auf den Ritterkanton Buchau244 bzw. auf die Fürstbischöfe von Bamberg und Würzburg.245 In beiden Fälle sollte Druck auf die Reichsritter von Münster ausgeübt werden. Die Heßlin-Brüder versuchten diesen Druck dadurch noch zu verstärken, indem sie den RHR um eine Hofkommission baten.246 Dabei dürfte die Hoffnung ausschlaggebend gewesen sein, vor allem die fürstlichen Kommissionshöfe würden weniger Rücksichten auf die reichsritterlichen Befindlichkeiten nehmen als die reichsritterschaftlichen Standesgenossen.247 Gleichwohl verhinderte in solchen Fällen die ritterschaftliche Solidarität weitere Prozesserfolge. Vermutlich in Kenntnis dieser Problematik ersuchte Michael Simon Hanau gegen den in der fränkischen Reichsritterschaft Kanton Röhn-Werra eingeschriebenen Kametzky gleich von Beginn an eine Kommission auf Isenburg-Birstein.248 Allerdings ging der RHR auf die Bitte Hanaus nicht ein und der Jude musste sie gemäß der üblichen Prozesspraxis auf die Ritterschaft am Mittelrheinstrom abändern, die für die Kametzky’schen Güter zuständig war.249 Dem stimmte der RHR zu250 , woraufhin Kametzky nach einer vom RHR abgelehnten Bitte um restitutionis in integrum251 sich unmittelbar nach Erkennung der Exekutionskommission an das RKG wandte. Dort erwirkte er eine Ediktalzitation und erreichte hiermit die Einrichtung eines judicum universale Concursus omnium.252 Weil das RKG, wie M betont253 , in den seltensten Fällen solche Kommissionen bis zum Ende durchführte, schien

244 245 246 247

248

249 250 251

252 253

der Münsterischen Rekonventionsklage auch Ritterkanton Röhn-Werra an den Kaiser (Praes. 26.4.1765) in . Siehe Jacob und Isaak Heßlin an den Kaiser (Praes. 11.1. u. 29.8.1757, 12.4.1758, 20.1. u. 23.4.1759, 18.5.1761) in . Model Hirsch Kuhn an den Kaiser (Praes. 20.10.1756) in ., K. 365/16. Heßlin u. Jakob Isaak an den Kaiser (Praes. 19.8.1765) in ., K. 353/3. Model Hirsch Kuhn an den Kaiser (Praes. 3.7.1744) in HHSAW, RHR, D. R., K. 365/16. Siehe das RHR-Conclusum vom 7.11.1744 auf dem Rubrum der genannten Supplik. Isenburg-Büdingen, das 1714 den Kametzkys Rückingen als Lehen gegeben hatten (siehe SAM 108, Nr. 280 und S, Geschichte, S. 50), nannte Hanau nicht. Vgl. Hanau an den Kaiser (Praes. 20.2.1753) in HHSAW, RHR, D. ., K. 168/1, fol. 88r–95v, hier fol. 93r. Vgl. Hanau an den Kaiser (Praes. 7.1.1754) in ., fol. 133r–137v. Commissio ad exequendum an die R.Ritterschafft am Mittelrhein in Sachen Michel Simon Hanau [. . . ] ct. v. Kametzky in ., fol. 144r–145v. Interrogatorie loco Articolorum Lit. B. in Kametzky an den Kaiser in ., fol. 120r– 120v, hier fol. 120v; Moises Joseph Schuster ct. Graf von Erbach in ., R, XVIII/112, fol. 322r (23.10.1747); vgl. S, Wiederaufnahme, S. 368–383. Vgl. Kametzky an den Kaiser (Praes. 3.12.1754) in HHSAW, RHR, D. ., K. 168/1, fol. 146r–161v, hier Zitat fol. 146v–147r. M, Schuldenwesen I, S. 661; H, Konkursverwalter, S. 24.

3.2 Die Jahre 1745 bis 1765

147

der Weg an das ständische Reichsgericht für Kametzky sinnvoll zu sein.254 Der RHR verwies den Prozess kurzerhand nach Wetzlar.255 Michael Simon Hanau musste sich mit seinen Mitschuldnern super Prioritate am RKG auf einen langwierigen Konkursprozess einlassen.256 Daher berief sich Hanau in seiner letzten Eingabe auf die erkannte Exekutionskommission, der vonseiten des RHR feye[n] lauff zu lassen wäre.257 Diese Reaktion steht exemplarisch für das prinzipielle Bemühen auf jüdischer Seite, langwierige Konkursverfahren zu vermeiden. Ein solches Bemühen ist auch für kaiserliche Debitkommissionen zu beobachten.258 Für die Herrschaft Franz’ I. fällt eine kleine Anzahl von Causen auf, in denen Juden unter Umgehung kaiserlicher Debitkommissionen sich direkt an den RHR wandten, um eine schnelle Auszahlung ihrer Schuldforderungen zu erreichen.259 Dass diese Fälle in jüdischen Belangen gerade um die Mitte des 18. Jahrhundert in Erscheinung treten, ist kein Zufall. Gerade in den letzten hundert Jahren des Alten Reichs kam es zu einer Flut von Debitkommissionen. Nach einer Auflistung von M setzte der RHR in den Jahren von ca. 1700 bis 1775 53 solcher Kommissionen ein.260 254

255

256 257 258

259

260

Siehe Kametzky an den Kaiser (Praes. 3.12.1754) in HHSAW, RHR, D. ., K. 168/1, fol. 146r–161v (Zitat fol. 147r) mit Beilagen bezüglich des Konkursverfahrens am RKG. Zitat ., R, XVIII/131, fol. 25r–25v (8.7.1755); zu solchen Fällen aus rechtnormativer Perspektive u. die diesbezüglich zeitgenössische Diskussion vgl. C, Reichs=Hof=Rath. M, Schuldenwesen I, S. 666. Hanau an den Kaiser (Praes. 3.2.1755) in HHSAW W, RHR, D. ., K. 168/1, fol. 162r–167v, Zitat fol. 165v. In ähnlicher Weise boykottierten aber auch die Erben Michael Isaaks das judicium universale, d. h. das durch den Würzburger Fürstbischof installierte Konkursgericht mit der Begründung, dass es ein illiegale[s] concurs=weesen sei und weil es hier auf das Schulden Wesen eines Reichs: Stands ankomme, deren Regelung in die alleinige Competenz eines höchstpr[eislichen] R[eichs]hoffRaths falle. Zitat Michael Isaak Erben an den Kaiser (Praes. 9.6.1751) in ., D. ., K. 168, fol. 442r–485v, hier fol. 457v–459r; Hohenlohe Pfedelbach an den Kaiser (Praes. 1.3.1746) in ., K. 168, fol. 224r–246v, hier fol. 224r–226v; Michael Isaaks Erben an den Kaiser (Praes. 5.9.1748) in ., fol. 274r– 365v; RHR-Gutachten in ., R, K. 64. Vgl. ., R, XVIII/135, fol. 137v (28.2.1757), 436r (20.6.); ., XVIII/136, fol. 281r–282r (26.9.1757); ., XVIII/140, fol. 47v–48r (22.1.1759); ., XVIII/141, fol. 3r (3.7.1759), 316v–317r (23.10.); ., XVIII/144, fol. 418v–419r (12.12.1760); ., XVIII/145, fol. 151v (9.3.1761); ., XVIII/116, fol. 172r (10.9.1749); ., XVIII/153, fol. 279r–279v (15.5.1764); ., XVIII/154, fol. 253r–253v (8.11.1764); ., XVIII/154, fol. 28r–28v (16.7.1764); ., XVIII/155, fol. 223r–224v (22.4.1764); ., XVIII/156, fol. 91r–91v (16.8.1765), 218v–219r (24.10.); ., XVIII/153, fol. 158v–159r (2.3.1764); ., XVIII/154, fol. 5r–5v (5.7.1764), 5v–6r (5.7.), 133r–133v (6.9.), 262v–263r (13.11.); ., XVIII/114, fol. 31v–33r (12.7.1748); ., XVIII/118, fol. 360v–362r (29.4.1750); ., XVIII/151, fol. 95r–96r (5.8.1763), 165v–166r (5.9.), 213v–214r (28.9.); ., XVIII/154, fol. 12r–12v (7.7.1764), 200r–200v (12.10.). Zu den auf M, Schuldenwesen I u. ., Schuldenwesen II basierenden Zahlen H, Konkursverwalter, S. 18.

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3. Rechtsstrategische Handlungen von Juden

Kaiserliche Debitkommissionen trugen aufgrund eines detaillierten Verfahrens oftmals zu Verzögerungen von Schuldrückzahlungen an die Gläubiger bei.261 Juden waren von dieser Problematik nicht ausgenommen und daher bemühten, solche Debitkommission durch eine Wendung an den RHR zu umgehen oder deren Urteile zu revidieren.262 Die Gründe hierfür legte eine Klägergemeinschaft von 14 Fürther Juden gegenüber dem RHR dar.263 Ihnen falle die remissio ad forum universale in Ansehung der gänzlichen Entscheidung sehr [zu] Last [...], Weilen dadurch die bereits fast zum Ende gediehene Sache von neuem wiederum vorgenommen und ihnen also auch neue fast unerschwingliche Unkosten zu gezogen würden.264 Zwar erreichten die Juden wenige Jahre später vor der Kommission einen Vergleich mit dem Grafen.265 Andere Fälle zeigen aber, dass die Sorgen jüdischer Gläubiger durchaus berechtigt waren. Elias Oppenheimer und Wolf Wertheimer bspw. appellierten gegen ein Urteil einer kaiserlichen Debitkommission an den RHR. Beide Juden prozessierten seit 1729266 bzw. 1733267 gegen den Herzog von SchleswigHolstein-Rethwisch um Rückzahlung ihrer Schuld, bis 1753 Franz I. schließlich wegen Überhandnahme von Schuldklagen eine Debitkommission einsetzte.268 Die Kommissare fällten zwar schon nach relativ kurzer Zeit, nämlich Anfang Juli 1759, ein Urteil auf Basis eines Gutachtens der Juristenfakultät Giessen, allerdings schrieb es fest, dass den Juden nicht die volle Höhe ihrer Schuldforderungen zugestanden werden sollte. Von den 3000 bzw. sogar 20 000 Rtlr., zu deren Zahlung der Herzog bei Oppenheimer bzw. Wertheimer verpflichtet war, erhielten die Juden nur einen Bruchteil ausbezahlt269 , worüber diese sich natürlich am RHR beschwerten. Mit der Wendung an den RHR sollten die eigenen Prozesschancen gesteigert werden, wobei sich hierin zugleich das Vertrauen in die unmittelbare Regelungskompetenz der kaiserlichen Gerichtsbarkeit in Gestalt des RHR ausdrückte.270 261

262 263

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270

Zur Arbeit der Debitkommissionen zu Gunsten der Schuldner P, Mediatisierung, S. 248; A, Verschuldung, S. 243f. u. W, Rechtsprechung, S. 267–277; M, Schuldenwesen I, S. 685. Siehe . Siehe erste Supplik Mayer Berlin et al. an den Kaiser (Praes. 30.4.1764) in HHSAW, RHR, D. R., K. 354/2; das Reskript vom 15.5.1764 in .; siehe die Resolution in ., R, XVIII/153, fol. 279r–279v (15.5.1764). Zitat Mayer Berlin et al. an den Kaiser (Praes. 2.12.1769) in ., D. R., K. 354/2. Siehe die Vergleichsanzeige in Mayer Berlin et al. an den Kaiser (Praes. 1.7.1771) in . Siehe die Akten hierzu in ., K. 284/3. Siehe die Akten hierzu in ., K. 284/5. Siehe M, Schuldenwesen I, S. 81–83. Siehe die beiden Gravaminaschriften Elias Oppenheimer an den Kaiser (Praes. 7.1.1760) in HHSAW, RHR, O. R., K. 405/3 u. Wolf Wertheimer an den Kaiser (Praes. 7.1.1760) in ., K. 405/4. Ein weiterer Fall, der diese skizzierte Umgehungsstrategie jüdischer Gläubiger erhellt, ist der Fall der Erben des bischöflicher Schutzjuden Abraham Simon von Höchberg gegen den Grafen Joseph Franz von Schönborn-Wisentheid. Die Erben Abrahams berichteten, dass dieser 1739 dem Grafen 20 000 Rtlr. lieh, indessen nie zurück erhielt. Zwar

3.3 Zwischenergebnisse

149

Juden in der Zeit Franz I. Stephans nutzten die ihnen am RHR zur Verfügung stehenden Justizangebote jedenfalls in einer umfassenden Weise, um an ihre Schuldforderungen zu gelangen. Dabei orientierten sie sich wie 150 Jahre zuvor hauptsächlich an den Gerichtsinstanzen, die das Attribut ,kaiserlich‘ führten.

3.3 Zwischenergebnisse Während im 16. Jahrhundert die Prozesse ausnahmslos ihren Weg als Appellationen an den RHR nahmen, gelangten die Fälle um 1750 zur Hälfte erstinstanzlich an das kaiserliche Gericht. In den Jahren 1576 bis 1603 verlief die Anrufung von RKG und RHR oftmals parallel. Allerdings ist die Tendenz zu beobachten, dass die Juden den RHR als übergeordnetes Korrektiv reichskammergerichtlicher Handlungen verstanden und dieser von ihnen daher erst als Zweites angerufen wurde. Dagegen erscheint den Juden im 18. Jahrhundert der RHR alternativlos gegenüber dem RKG gewesen zu sein. Einmal begonnene Verfahren brachten sie selten an andere Gerichte an. In habe er noch zu Lebzeiten bei der Würzburgischen Regierung 1748 die Beschlagnahmung des Gehalts des Grafen erwirkt. Dieses sei von der Regierung jedoch nicht an ihren Vater, sondern in Höhe von 11 052 Rtlr. gleich an dessen Gläubiger abgeführt worden, bei denen er mit 30 000 Rtlr. verschuldet war. Nun versuchten die Erben Abraham Simons diesen Umstand derart zu deuten, dass die Schuldforderung ihres Vaters nicht beglichen worden seien, mithin eine Summe von insgesamt 33 448 Rtlr. ausständig sei (vgl. die betreffende Resolution als Beilage Nro 4. in Erben des Abraham Simon Höchberg an den Kaiser [16.2.1764] in ., D, K. 330; siehe Mändlein Koppel an den Kaiser [Praes. 8.6.1764] in ., D. R., K. 1216/2). Der Bericht der Erben endete mit einem strategischen Hinweis. Die Güter des Grafen stünden unter einer Kommission Kurmainz. Ohne weiter auf diese Kommission einzugehen, erbaten die Erben ein Mandat, das der Kommission befehlen sollte, die genannte Summe an sie abzuführen (vgl. die Erben Abraham Simon Höchbergs an den Kaiser [16.2.1764] in ., D, K. 330). Dabei verschwiegen sie die Tatsache, dass sich Abraham Simon Anfang der 1750er Jahre genau auf jene Debitkommission eingelassen hatte, sein Fall mithin genau dort anhängig war (siehe Erben von Abraham Simon Höchberg an den Kaiser [Praes. 16.2.1764] in HHSAW, RHR, D, K. 330. Siehe Relatio in Sachen Abraham Simon zu Höchberg abgelebten Juden in francken nachgelassenen Söhnen, und gläubigern ct. den grafen Joseph frantz von Schönborn zu Wiesentheyd in ., R, K. 72). Hier hatte er allerdings nur 6000 fl. zugesprochen bekommen. Die Höchbergischen Erben wollten demnach dafür sorgen, dass die mit der Schönborn’schen Debitsache beauftragen Mainzer Kommissare die Gelder in voller Höhe und entgegen der ursprünglichen kommissarischen Urteile auszahlten. Wie die Juden Oppenheimer und Wertheimer waren sie mit den Kommissionsergebnissen höchst unzufrieden. Tatsächlich stellten solche Vorgehensweisen eine durchaus regelmäßige Reaktion von jüdischen Gläubigern dar. Dies zeigt der Fall des Lazarus Burgauer gegen den Baron Riedheim zu Harthausen in der von Stein zu Ichenhaus’schen Debitkommission. Vgl. Franz Xaver von Stein zu Ichenhausen an den Kaiser (Praes. 16.10.1753) in ., D. R., K. 363/10, fol. 112r– 130v, hier fol. 114r–115r. Zum Fall siehe die betreffende Relation in ., fol. 104r–110r.

150

3. Rechtsstrategische Handlungen von Juden

beiden Zeitperioden war die über den RHR persönlich vermittelte Autorität des Kaisers entscheidend.271 Wer am RHR klagte, tat dies sowohl unter Rudolf II. als auch unter Franz I. grundsätzlich im Vertrauen auf die kaiserliche Rechtsprechung. Bei den juristischen Sachanträgen sieht dies ähnlich aus. Während des 16. Jahrhunderts standen kaiserliche Gnadenverfügungen im Zentrum, die auf schnellem Rechtsweg der Klärung einer Sache Vorschub leisten sollten. Die kaiserliche Machtvollkommenheit war hier ausschlaggebend. Für die prozessierenden Juden des 16. Jahrhunderts zeichnete sich der Kaiser als oberster Richter und als Oberhaupt der adeligen Herrschaften aus, der stets schnell und wirksam eingreifen konnte. Der flexible Einsatz kaiserlicher Befehle versprach, die eigenen Ziele gegenüber den obrigkeitlichen Klägern durchsetzen zu können.272 In der Herrschaft Rudolfs II. gab es keine streng formalen Prozessabläufe. Für die Jahre 1745 bis 1765 konnte ein exaktes Schema jüdischer Causen herausgearbeitet werden, die stets mit einer Bitte um ein Reskript oder Mandat eröffnet wurden. Allerdings ist kein wirklicher Unterschied zwischen beiden Anträgen auf der inhaltlichen Ebene, in ihrer Umsetzung sowie im weiteren Prozessverlauf festzustellen.273 Der Automatismus kaiserlicher Kommissionen ist für beide Zeitperioden ein weiteres Indiz für ein unumschränktes Vertrauen der Juden in die umfassende Regelungskompetenz des RHR und des Kaisers.274 Eine „vernachlässigbare Rolle“ spielten kaiserliche Kommissionen in jenen Jahren nicht.275 Durch sie wurde der Kaiser für die gesamten Juden im Reich direkt erfahrbar.276 Im 16. Jahrhundert nahmen Kommissionen insbesondere zur Güte und/oder Recht eine dominierende Rolle ein. Im 18. Jahrhundert waren es dagegen Exekutionskommissionen.277 Die engen Raumbeziehungen zwischen Kommissaren und jüdischen Parteien stellen sich jeweils als bedeutendes Auswahlkriterium dar.278 Für die untersuchten Fälle der Jahre 1576 bis 1603 muss indessen das Realisierungsdefizit kaiserlicher Kommissionen279 deutlich hervorgehoben werden. Vergleiche waren in jenen Jahren daher insgesamt selten. Gleichwohl 271

272 273 274 275 276 277 278 279

Zur rechtlichen Definition von Appellationen O, Hexenprozesse, S. 51–55. So nahm Model Hirsch Kuhn an den Kaiser (Praes. 3.7.1744) in HHSAW, RHR, D. R., K. 365/16 bei sich abzeichnender Untätigkeit des Ritterkantons Röhn-Werra frühzeitig seinen Recursum ad Augustissimum. Vgl. O, Prozeßverfahren, S. 131f. E, Gerichtsbarkeit, S. 44; U, Mandatsprozess, S. 67. Ähnliche Ergebnisse U, Geschichte, S. 107; O, Auftrag, S. 346, 355f. Zitat K, Judengemeinde, S. 127. U, Geschichte; O, Auftrag. Vgl. ähnlich W, Kommissionen, S. 208. U, Geschichte, S. 194f.; O, Auftrag, S. 348 zum Vergleich. U, Geschichte, S. 197; E, Gerichtsbarkeit, S. 58–60; F, Reichsjustiz, S. 51–56.

3.3 Zwischenergebnisse

151

legten die klagenden Juden dennoch Hartnäckigkeit und Kompromissfähigkeit an den Tag, um an ihre Ziele zu gelangen. Diese Zusammenhänge gelten ebenfalls für das 18. Jahrhundert. Die Exekutionskommissionen auf die Reichskreise bargen für viele der verschuldeten obrigkeitlichen Prozessgegner die Gefahr einer Debitkommission. Indem die Juden auf Exekutionskommissionen zurückgriffen, konnten sie sich der Hilfe der zumeist effektiven Kreisstrukturen bedienen. Juden nutzten demnach in beiden Zeitperioden nicht nur die reichsrechtlichen Möglichkeiten im Kommissionswesen aus, sondern schätzten darüber hinaus wohl die Chancen eines Prozesserfolges ab, den eine bestimmte kommissarische Konstellation ermöglichen konnte. Darüber hinaus brachten die am RHR klagenden Juden zu beiden Zeiten die Kommissionsbitten in einer gezielt den Konflikt verschärfenden Strategie an.280 Angesichts der Pflicht für die Parteien, Kommissare selbst anzugeben281 , instrumentalisierten in beiden Vergleichsperioden Juden gezielt das reichsständische Ideal der ,guten Nachbarschaft‘282 sowie das Prinzip der adeligen Courtoisie283 , um in kurzer Zeit und mit wenig Geld ihre Ziele zu erreichen.284 Bereits die drohende Vollstreckungsgefahr bewegte die obrigkeitliche Gegenseite oftmals zu einem friedlichen Vergleich.285 Für die prozessierenden Juden im 18. Jahrhundert war eine Exekutionskommission auf einen Reichskreis durchaus ein Erfolgsgarant. Hierin drückte sich die funktionierende Arbeitsteilung zwischen Kaiser und Reich aus.286 Die Reichskreise erwiesen sich aus jüdischer Sicht als effektive Durchsetzungsorgane reichshofrätlicher Entscheidungen.287 Die konsequenten Exekutionsdurchführungen in den Jahren nach 1590 fallen in eine Periode der RHR-Tätigkeit, die Ehrenpreis in den Konfessionenkonflikt einordnet und für die er ein offensiveres Einsetzen der 280 281

282 283 284 285

286 287

S, Prozessgrundsätze, S. 341f.; ., Bedeutung, S. 160f. Zur Pflicht, bei einer Bitte um Kommission die Kommissare anzugeben Olieb, Auftrag, S. 35f.; H, Geschichte II, S. 312, 314; ., Darstellung, S. 324; S, Bedeutung, S. 161; ., Prozessgrundsätze, S. 194; E, Gerichtsbarkeit, S. 55; U, Geschichte, S. 115. K, ,Nachbarschaft‘, S. 262–278; U, Geschichte, S. 149f. 196f. W, Kommissionen, S. 224f., 228; für das Mittelalter W, Repräsentation, S. 17– 20. O, Auftrag, S. 350 vermutet, dass viele Kommissionen erst gar nicht tätig wurden; S, Zuständigkeit, S. 126. S, Gewalt, S. 46f.; W, Circles, S. 4; zur Bürokratisierung bspw. des Oberrheinischen Kreises D, Kreis, S. 120; die Bedeutung des Vergleichs für das 18. Jh. bestätigend K, Judengemeinde, S. 224, 239. B, W, Einleitung, S. 7. Vgl. A, Verschuldung, S. 240; über ähnlich gute Erfolgsaussichten bei Kommissionen im schwäbischen Reichskreis W, Kommissionen, S. 220f.; W, Stabilisierung, S. 248; U, Geschichte, S. 298. Auf regionaler resp. lokaler Ebene scheinen dagegen die Erfolgsaussichten für Juden weniger gut gewesen zu sein (vgl. U, Shulamit, S. 284f.); die Problematik der Exekution von RKG-Urteilen positiver bewertend O, Hexenprozesse, S. 327–337, bes. S. 337.

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3. Rechtsstrategische Handlungen von Juden

kaiserlichen Gerichtsbarkeit beobachten konnte.288 Während der Herrschaft Franz I. Stephans wurden durch die jüdischen Klagen die reichshofrätliche Rechtsprechung und die Kreisverfassung in ihrer Wirksamkeit hervorgestrichen. In der Regierung dieses Kaisers war die im RHR verkörperte institutionelle Autorität des Reichsoberhauptes als oberster Richter ein fest verankerter Grundsatz.289 Das im RHR-Prozess jeweils geschaffene Kommunikationssystem zwischen Juden, Reichsadel und Kaiser funktionierte im Sinne einer Lösungsfindung gewaltfrei und effektiv. Im 16. Jahrhundert funktionierte dieses Kommunikationssystem nur bedingt. Die Kommissionen stießen immer wieder an ihre Akzeptanzgrenzen.290 Was sagen die rechtsstrategischen Handlungen der klagenden Juden im diachronen Vergleich nun auf einer prinzipiellen Ebene aus? Zunächst erscheint der Umstand eminent zu sein, dass die Juden zu beiden Zeiten mit ihrer selbstbewussten Inanspruchnahme sich als gleichberechtigte Mitglieder der Rechtsgemeinschaft ,Altes Reich‘ betrachteten.291 Eine tatsächliche Benachteiligung in prozessualer Hinsicht ist in beiden Zeiten nicht zu beobachten. Sie treten im Rahmen der Prozesspraxis als gleichberechtigte Prozesspartei auf.292 Ihr Auftreten steht dem „Mythos von der jüdischen Passivität“ diametral entgegen und entkräftet ihn zumindest für die sozial herausgehobene jüdische Klägerschicht am RHR.293 Die Ergebnisse dieses Kapitels zeigen zudem, wie sich das Verhältnis zwischen den Juden und dem Kaisertum entwickelte: Dieses Verhältnis machte den Schritt weg von einem personal definierten Schutzverhältnis hin zu einer verrechtlichten Form mit reichsrechtlich exakt geregelten Verfahren.294 Als Quintessenz ist eine im Vergleich zum 16. Jahrhundert fortschreitende Verdichtung des Reichssystems anhand der jüdischen Prozesse am RHR im 18. Jahrhundert festzustellen.295 Dabei bleibt die Frage offen, ob sich jüdische rechtsstrategische Handlungen von denen christlicher Kläger unterscheiden lassen. Angesichts des von

288 289 290 291 292 293 294 295

E, Gerichtsbarkeit, S. 284f. Vgl. erneut S, Autorität, S. 236f.; Vgl. R, Reichssystem, S. 152. Zum Konnex von Kommunikation u. Autorität S, Autorität, S. 236. L, Teutschland, S. 137. Ähnliche Ergebnisse für das RKG im 18. Jh. S, Untertanenprozesse, S. 420f.; für das 16. Jh. F, Rechtsschutz, S. 129f.; G, Stellung, S. 50. Zitat Y, Diener, S. 27. Vgl. eine ähnliche Entwicklung bei S, Z, Kaisertum, S. 15; dagegen negativ D, Kreis, S. 123. Vgl. zum Begriff ,Reichssystem‘ ausführlich R, Reichssystem, S. 155f. Zum Reich als Rechtssystem H, Einführung, S. 13 u. W, Reich, S. 81–91 u. S, Reich, S. 279–291 u. P, Reich, S. 221–242. Siehe hierzu F, Reichsjustiz, S. 51–56; S, Gewalt, S. 44f. betont, dass die „Reichskreise ihrer Struktur nach [...] als Exekutivorgane nicht besonders geeignet waren“. Ähnlich M, Schuldenwesen I, S. 657; L, Teutschland, S. 149.

3.3 Zwischenergebnisse

153

O und U untersuchten Kommissionswesens296 und der von S dargelegten Fürschreibenpraxis297 deutet sich an, dass es in diesem Rahmen keine wesentlichen Abweichungen zum christlichen Klageverhalten gab. Diese Vermutungen werden jüngst durch die Studien S und U sowie durch Untersuchungen zu bäuerlichen Delegationen in Wien bestätigt.298 Gleichwohl müssen an dieser Stelle zukünftige Forschungen ansetzen.299 Mit Blick auf die zusammengetragenen Ergebnisse stellt sich nun die Frage, ob sich die hier beobachteten Tendenzen eines deutlich hervortretenden jüdischen Selbstbewusstseins in ihren jeweiligen Argumentationsstrategien widerspiegeln.

296 297 298

299

Insgesamt O, Auftrag; U, Geschichte. Vgl. S, Reichshofrat. S, Suppliken, S. 39f., 41f., 69–71, 124, 129f., 140f.; U, Gnadengesuche, S. 174f.; vgl. T, Audigenz; ., Reichsgerichte. Siehe H, Gravamina, S. 289–307. M, Untertänigkeit; ., Partizipation; S, Leben, S. 24–86.

4. Jüdische Einschätzungen von Kaisertum und Reichsgerichtsbarkeit In den folgenden Ausführungen geht es darum, jüdischen Wissensbeständen über das Kaisertum und die Reichsjustiz nachzuspüren. Gemäß der Frage nach den Verbindungslinien zwischen Reichsoberhaupt und Judenschaft im Reich nimmt das Kaiserbild der Juden eine zentrale Stellung ein. Der Begriff ,Bild‘ bezieht sich auf eine dezidiert sprachliche Ebene, d. h. es geht um die Bilder, die in schriftlichen und verbalen Sprechakten von einer Person zum Ausdruck gebracht werden.1 Welches sprachliche Bild skizzierten die Juden vom Reichsoberhaupt? Welche Aufgaben sprachen sie ihm zu? Änderte sich dieses Bild im zeitlichen Vergleich und hob es sich von dem der Obrigkeiten ab? Daneben werden die juristischen Darstellungen2 der Juden zu betrachten sein. Dieses Kapitel stellt die Fortführung der Untersuchung der rechtsstrategischen Handlungen der Juden dar. Hier sollen nämlich die jüdischen Bezugnahmen auf Rechtsquellen sowie auf reichsweite oder lokale Rechtsmaterien untersucht werden. Gleichwohl dürfte der Erkenntniswert einer bloßen Aufzählung solcher Rechtsmaterien gering sein. Vielversprechender ist die Frage nach der Trag- und Reichweite der verwendeten rechtlichen Bestimmungen im Vergleich mit denen der Obrigkeiten. Dies geschieht im Hinblick auf die Verortung der Juden im Rechtssystem des Reiches. Sodann sollen jüdische Bewertungen einzelner zeitspezifisch aktueller Elemente der Reichsjustiz im Allgemeinen sowie der reichshofrätlichen Prozesspraxis im Besonderen analysiert werden.

4.1 Die Jahre 1576 bis 1603 4.1.1 Das Kaiserbild Im ersten Vergleichszeitraum nahm der Kaiser für die Juden eine zentrale Stellung ein. Ihn bezeichneten sie als haupt der Christenheit 3 und als die von Gott 1

2

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T, W, Grundfragen, S. 101; siehe aus der Forschung instruktiv S-V, Wissensspeicher; F, Kaiser u. U, Landesherr. Für das RKG nun B, Munde, S. 133–150; S, Suppliken. In Anlehnung an F, Reichsjustiz, S. 61–68; siehe die Klassifizierung aus rechtsgeschichtlicher Perspektive O, Rechtsvielfalt, S. 66–77; K, Judengemeinde, S. 14f. u. 153–162. Israel von Lübbecke an den Kaiser (Praes. 30.3.1582) in HHSAW, RHR, J. ., K. 43/3; Seligmann an den Kaiser (Praes. 6.3.1600) ct. Grafeneck in ., K. 41: deß hai-

156

4. Jüdische Ansichten über Kaiser und Reichshofrat

gesetzte höchst Obrigkeit.4 Das Reichsoberhaupt bildete mit seiner Machtvollkommenheit für die Juden die Institution, nach der es khainen höhern, grössern und mechtigsten Herrn, Potentaten, Schutzer und schirmber5 mehr geben könne. Der Kaiser war für sie die Spitze des Reichsverbandes. Zentral war dabei die spezifische kaiserliche Gerechtigkeit.6 Ihr fiel in einer sakralen Überhöhung als der Gott wohlgefellige[n] gerechtigkeit 7 eine fundamentale Rolle zu. Denn der Kaiser war Inhaber und Instrument der als universell definierten, also für Juden und Christen gleichermaßen geltenden Gerechtigkeit.8 In dieser Analogie kamen die Juden auf die Rolle des Kaisers als

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ligen Reichs und gemainer Christenheit; Schmoll an den Kaiser (Praes. undat.) als B in SW, L 2337, fol. 394r–398v, hier fol. 396v: dem christlichen haupt. Zitat Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. 31.7.1592) u. Zitat ders. an den Kaiser (Praes. undat.) als No. 5 in HHSAW, RHR, J. ., K. 42/1; Israel von Lübbecke an den Kaiser (Praes. 30.3.1582) u. ders. an den Kaiser (Praes. 30.3.1582) in ., K. 43/3; ders. in SAO 20–42 A Nr. 96, fol. 14v: hochsten vonn Gott Allerg[ned]igst verordneten Obrigkeit; Isaak von Prag an den Kaiser (Praes. undat.) in HHSAW, RHR, D. ., K. 177; Schmoll an den Kaiser (Praes. 6.9.1598) als .74. ct. Grumbach in ., J. ., K. 41; Judenschaft in Schwaben an den Kaiser (Praes. 2.12.1583) in ., fol. 33r–40v, hier fol. 36r; Judenschaft in Schwaben an den Kaiser (Praes. 2.12.1583) in ., AA, K. 86, fol. 33r–40v, hier fol. 33r. Judenschaft in Schwaben an den Kaiser (Praes. 2.12.1583) in ., fol. 33r–40v, hier fol. 33r. Isaak von Prag an den Kaiser (Praes. undat.) in ., D. ., K. 177: unnd handthabender Gerechtigkeit; Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. undat.) in ., J. ., K. 42/1: Rechtens der Gerechtigkeit; ders. an den Kaiser als Beilage 3 in der kommissarischen Relation in Wolfgang von Hohenlohe vom 15.1.1593 an den Kaiser (Praes. 2.5.1593) in . (ebenso SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6 als Hoffrath 2507 8.); Schmoll an den Kaiser (Praes. 4.6.1586) u. ders an den Kaiser (Praes. undat. [1588]) ct. Stein in HHSAW, RHR, J. ., K. 42; ders. an den Kaiser (Praes. undat.) ct. Würzburger Fürstbischof in ., K. 41; ders. an den Kaiser (Praes. undat.) als i. ct. Seckendorff in ., D. ., K. 177, fol. 355r–356v, fol. 355v u. ders. an den Kaiser (Praes. 4.6.1586) ct. Seckendorff in ., fol. 366r–368v, hier fol. 366v; ders. an den Kaiser (Praes. 28.8.1598) ct. Grumbach in SAW, L 2337, fol. 328r–330v, hier fol. 328v; vgl. Wendel an den Kaiser (Praes. 9.10.1581) in HHSAW, RHR, AA, K. 84/2, fol. 155r–156v, hier fol. 155v. Seligmann an den Kaiser (Praes. 21.3.1600) ct. Bartholomäus Fröhlich u. Pfalz-Neuburg in ., J. ., K. 41; ders. an den Kaiser (Praes. undat. [1601]) ct. Güss von Güssenberg in ., K. 42; Simon von Günzburg an den Kaiser (Praes. 17. u. 18.3.sowie 3.11.1574) ct. Abt von Ursberg in ., K. 43/2; Isaak von Prag an den Kaiser (Praes. undat.) in ., D. ., K. 177: umb Gottes unnd der gerechtigkait willen u. Israel von Lübbecke an den Kaiser (Praes. 17.12.1583) in ., J. ., K. 43/3; Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. undat.) in ., K. 42/1: Gottes Gerechtigkait bzw. gottlich werkh der Gerechtigkait; Schmoll an den Kaiser (Praes. 4.6.1586) ct. Stein in ., K. 42. Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. undat.) u. ders. an den Kaiser als Beilage 3 in der kommissarischen Relation in Wolfgang von Hohenlohe vom 15.1.1593 an den Kaiser (Praes. 2.5.1593) in ., K. 42/1: kayßerliche Volkommenhaidt (ebenso SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6 als Hoffrath 2507 8.); Bela, Witwe Israels von Lübbecke an den Kaiser (Praes. 7.3.1589) in HHSAW, RHR, AA, K. 139/1, fol. 61r–64v, hier fol. 63v; Schmoll an den Kaiser (Praes. 4.6.1586) ct. Seckendorff in ., D. ., K. 177, fol. 366r–368v, hier fol. 367r.

4.1 Die Jahre 1576 bis 1603

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obersten Richter im Reich in seiner Eigenschaft als von Gott eingesetzter Universalmacht zu sprechen. Gemäß bereits in der Antike geläufigen Vorstellungsmustern bezeichneten sie ihn nicht nur als beschuzer d[er] Gerechtigkhait 9 , sondern auch als quelende[n] prun d[er] hochGöttlichen Justitien.10 Gott und Kaiser11 gingen in der Rechtsfindung nach Ansicht der Juden demnach Hand in Hand.12 Zugleich orientierten sich die Juden mit diesen Formulierungen durchaus an gängigen Supplikationsformeln.13 Letztlich legitimierte nicht nur das kaiserliche Amt in genere, sondern auch die Funktion als Schutzherrschaft der gesamten Christenheit das Reichsoberhaupt dazu, durch Außstreckung deß kaijserlichen schwerts, und dero ernstlichen Macht und gewallt die gerechtigkeit zu erhalten, damit Alle dieJenigen, so In solchem freuel und mutwillen, die Armen zu undertruckhen gesinet und eigen gewalts zuhandeln in willen, hiervon erscheckentlichen Abgehalten würden.14 Die von den Juden kolportierte Rechtsfindung durch Gott und Kaiser drückte sich für die jüdischen Kläger allerdings vornehmlich 9

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Israel von Lübbecke an den Kaiser (Praes. 28.11.1583) in HHSAW, RHR, J. ., K. 43/3; Schmoll an den Kaiser (Praes. undat.) ct. Würzburger Fürstbischof in ., K. 41: mit Gottes unnd der lieben gerechtigkeit, unnd des Jungsten Gerichts willen; Michael am 17.2.1598 an den Kaiser (Praes. 7.3.1598) in ., K. 43/1; Wendel an den Kaiser (Praes. 9.10.1581) in ., AA, K. 84/2, fol. 155r–156v, hier fol. 155v: damit die Gerechtigkait nit undergehe. Zitat Jacob an den Kaiser (14.11.1601) ct. Cramer von Clausbruch in ., J. ., K. 43/1; ders. an den Kaiser (Praes. 8.3.1601) ct. Wittstatt in ., K. 43/1; Simon von Günzburg an den Kaiser (Praes. undat. [1574]) ct. Adelmann von Adelmannsfelden in ., K. 43/2 u. ders. an den Kaiser (Praes. 3.11. u. 18.12.1574) ct. Abt von Ursberg in .: Erhaltung der Göttlichen Justicia (Zitat erste Supplikation); ders. an den Kaiser (Praes. 19.10.1576) u. ders. an den Kaiser (Praes. 22.10.1576) ct. Bischof von Augsburg in ., K. 41/1, fol. 3r–5v, hier fol. 4r; Israel von Lübbecke an den Kaiser (Praes. 30.3.1582) in ., K. 43/3; Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. undat. [1596]) in ., AA, K. 84/2, fol. 233r–240v, fol. 240r; Bela, Witwe Israels von Lübbecke an den Kaiser (Praes. 7.3.1589) in ., K. 139/1, fol. 61r–64v, hier fol. 63r, fol. 63v: alß der Quell aller Gerechtigkeit. Nur Jacob Fröschel an den Kaiser (Praes. 16.9.1598) in ., J. ., K. 43/1 sprach das Kaiseramt als Richterlich Ambt an; Schmoll an den Kaiser (Praes. 28.8.1598) ct. Grumbach in SAW, L 2337, fol. 328r–330v, hier fol. 328v u. 329r. Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. undat.) als hofrath 2506. in HHSAW, RHR, J. ., K. 42/1: E. kaij: Mt: selbsten der Aller höchsten von got begabten verstandt (vgl. in SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6 15.); Schmoll an den Kaiser (Praes. 3.1.1592) als 2713 ct. Stein in HHSAW, RHR, J. ., K. 42; ders. an den Kaiser (Praes. 16.3.1588) ct. Grumbach in SAW, L 2337, fol. 99r–102v, hier fol. 101r; Wendel an den Kaiser (Praes. 9.10.1581) in ., AA, K. 84/2, fol. 155r–156v, hier fol. 155v; Isaak aus Appenfelden an den Kaiser (Praes. 5.11.1601) in ., J. ., K. 43/1. Wendel an den Kaiser (Praes. undat.) in HHSAW, RHR, AA, K. 84/2, fol. 155r–155v, hier fol. 155v: Weilen aber Euer Rom Kay Matt ain Gerechtigister Kayser und herr, und mit sonderbaren kayserlichen gnaden, damit die Gerechtigkait nit undergehe, die zuerhaltten und zubefordernn allergnedigist gnaigt und gewogen sein. Vgl. S, Reichshofrat, S. 28–30. Schmoll an den Kaiser (Praes. 16.3.1588) ct. Grumbach in SAW, L 2337, fol. 99r–102v, 102r–102v.

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4. Jüdische Ansichten über Kaiser und Reichshofrat

in der Suche nach einer individuell definierten, aber göttlich sanktionierten Gerechtigkeit aus.15 In deren Findungsprozess fungierte der Kaiser als Werkzeug der göttlichen Gerechtigkeit16 , die an die mittelalterliche ZweiSchwerter-Lehre in ihrer imperialen Interpretation erinnert. Sie wurde von Vertretern des Reichsgedankens formuliert und bezieht sich auf die paritätische Verteilung von weltlicher und himmlischer Macht17 und verweist auf das Richterschwert der deutschen Könige des Mittelalters.18 Himmlischer und weltlicher Herrscher bildeten die wichtigsten Rechtsgrundlagen jüdischer Klagen.19 Isaak von Nagelsberg formulierte darüber hinaus sogar noch pointierter und sah den Kaiser nicht nur an der Spitze des Reichs, sondern gar als obersten Weltenherrscher im Sinne der mittelalterlichen Kaiser- und Reichstradition.20 Damit ermöglichte die Berufung auf Gott oder das Jungste[n] Gericht einen Anschluss an zeitgenössische christliche Vorstellungen vom kaiserlichen Amt als einer der Universalmächte im Reich.21 15

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Schmoll an den Kaiser (Praes. 16.3.1588) ct. Grumbach in ., fol. 99r–102v, 101v: und wollen E[ure] Maijt: d Schwert, der E. Maijt: von Gott verliehenen Gerechtigkeit, weilen dieselbige zu schutz und hilff der Armen verlaßnen und zu straff, forcht und gehorsam den hoffertigen und ungehorsamen, solches zugeprauchen; Khela an den Kaiser (Praes. undat.) in HHSAW, RHR, AA, K. 84/2, fol. 274r–275v, 274v; Isaak von Nagelsberg an Wolfgang von Hohenlohe (Praes. 28.3.1592) als N: 33: in ., J. ., K. 42/1 (ebenso in SALHZAN, W 10, Bü. 95/6 als N. 33. bzw. 36.). Simon von Günzburg an den Kaiser (Praes. 3.11.1574) ct. Abt von Ursberg in HHSAW, RHR, J. ., K. 43/2: Erhaltung Göttlicher Justicia; ders. an den Kaiser ct. Adelmann von Adelmannsfelden (Praes. undat. [1574]) in ., K. 43/2; Seligmann an den Kaiser (Praes. 6.3.1600) ct. Grafeneck u. ders. an den Kaiser (Praes. 19.7.16001) ct. Grafeneck in ., K. 41; ders. an den Kaiser (Praes. 21.3.1600) in .; Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. undat.b ) in ., K. 42/1: hülff Gottes. G, Zwei-Schwerter-Lehre, Sp. 725f.; F, Rechtsgeschichte, S. 299–311; vgl. zur lutherischen Auffassung G, Evangelium; M, Schwerter. Vgl. H, Schwert, Sp. 1572f.; K, Schwert, Sp. 1644f.; ., Zeichen, S. 140– 142. Simon von Günzburg an den Kaiser ct. Abt von Ursberg (Praes. 17. u. 18.3.1574) in ., K. 43/2: alles dem höchsten und Obristen haupt des hailligen Römischen Reychs, auch beförderer, schützer und schürmer der Göttlichen Justicia. Für ihn fungierte der Kaiser als ein frommen Kaiser nach Gott das höchste Haubt auf Erden (vgl. ders. an den Kaiser [Praes. undat. {1596}] in ., AA, K. 84/2, fol. 233r– 240v, hier fol. 238v; Bela an den Kaiser [Praes. 7.3.1589] in ., K. 139/1, fol. 61r–64v, hier fol. 63v). Zur mittelalterlichen Kaisertradition D, Verfassungsgeschichte, S. 23–25 u. S, Grundstrukturen, S. 137–145, 256–278. Schmoll an Würzburger Fürstbischof (Praes. 20.7.1590) als 35. ct. Stein in HHSAW, RHR, J. ., K. 42; ähnlich das Rubrum der Supplikation Schmoll an den Kaiser (Praes. undat. [1594]) ct. Grumbach in .: Allerunderthenigstes unnd umb Gottes unnd seines jüngsten Gerichts willen flehentliches anrüeffen und bitten; Schmoll an den Kaiser (Praes. 8.7.1586) u. ders. an den Kaiser (Praes. 6.9.1598) als .74. ct. Grumbach in ., K. 41. Zum Bild des jüngsten Gerichts als Symbol für die Abhängigkeit von göttlichem und weltlichem Gericht S-R, Würde, S. 195. Ggf. diente dies im Fall einer anhaltenden obrigkeitlichen Verweigerungshaltung zur Untermalung eigener Ansprüche. Der Kaiser sei von Gott alß ein einiger Executor Justitiae gesezt, wie Schmoll an

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Diese Zusammenhänge werden durch weitere Elemente ergänzt, wie der Gnade22 , der Güte und der Milde.23 An dieser Stelle bemühten die Juden Themen aus der christlichen Vorstellungswelt. Dies gilt für die Verwendung des Topos der barmherzigkeit als einen der zentralsten christlichen Werte in Bezug auf die kaiserliche Gnaden- und Machtfunktion.24 Den Juden war das Verständnis vom kaiserlichen Amt als weltlichem Beschützer des Christentums gegen die Türken bekannt. Letztere wurden bspw. durch Jacob Fröschel als Erbfeindt bezeichnet. Ebenso besaßen die Juden eine Vorstellung vom sakralen Charakter des Reiches. Selbst wenn dieses Verständnis den Juden nicht selbst geläufig war, so wurde es aber doch von ihren Anwälten für ihre Zwecke eingesetzt.25 Dass die göttliche Gnade durch die des Kaisers spricht, wurde von den Juden in solchen Fällen zum Ausdruck gebracht, in denen sie Opfer von Gewalthandlungen geworden waren. Die Dauer der Verhaftungen von 13 Tagen

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den Kaiser (Praes. 16.3.1588) als 234. ct. Stein in HHSAW, RHR, J. ., K. 42 ausführte; ders. an den Kaiser (Praes. 4.6.1592) ct. Stein in . ließ sein Rubrum mit dem für die untersuchten Supplikationen ungewöhnlichen Vermerk versehen: Allerunderthenigsts Supplicieren und umb Gottes willen flehntlichs anrüeffen unnd bitten; ders. an den Kaiser (Praes. 6.9.1598) als .74. ct. Grumbach in ., K. 41: alß einen Befürderer undt handthaber der Justitien; Wendel an den Kaiser (Praes. 9.10.1581) in ., AA, K. 84/2, fol. 155r–156v, hier fol. 155v; Isaak aus Appenfelden an den Kaiser (Praes. 5.11.1601 u. 8.3.1602) in ., J. ., K. 43/1. Jacob Fröschel an den Kaiser (Praes. 14.11.1601) ct. Cramer von Clausbruch in . spricht von khayßerlicher Sanfftmütigkhait; ders. an den Kaiser (Praes. 8.3.1601) ct. Wittstatt in .; Simon von Günzburg an den Kaiser (Praes. 19.10.1576) u. ders. an den Kaiser (Praes. 22.10.1576) ct. Abt von Ursberg in ., K. 43/2; Seligmann vom 15.2.1601 an den Kaiser (Praes. 23.2.1601) ct. Güss von Güssenberg in ., K. 42; ders. an den Kaiser (Praes. 6.3.1600) ct. Grafeneck in ., K. 41; Israel von Lübbecke an den Kaiser (Praes. 25.3.1579) in ., K. 43/3; Wendel an den Kaiser (Praes. 9.10.1581) in ., AA, K. 84/2, fol. 155r–156v, hier fol. 155v. Isaak von Prag an den Kaiser (Praes. undat.) in ., D. ., K. 177: angebornen miltigkait; Israel von Lübbecke an den Kaiser (Praes. 30.3.1582) in ., J. ., K. 43/3; Schmoll an den Kaiser (Praes. 15.7.1585) ct. Grumbach in ., J. ., K. 42; ders. an den Kaiser (Praes. 28.8.1598) in SAW, L 2337, fol. 328r–330v, hier fol. 328v. Zitat Jacob Fröschel an den Kaiser (Praes. 8.3.1601) ct. Wittstatt in HHSAW, RHR, J. ., K. 43/1; Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. undat.) als No. 5 in ., K. 42/1: christlich werckh der Barmherzigkeit sowie ders. an den Kaiser (Praes. undat.b ) in .; Schmoll an den Kaiser (Praes. 15.7.1585) ct. Stein in ., K. 42; Bela an den Kaiser (Praes. 7.3.1589) in ., AA, K. 139/1, fol. 61r–64v, hier fol. 63v; V, Geschichte; B, S, E, Barmherzigkeit, Sp. 13–17. Vgl. Jacob Fröschel an den Kaiser (Praes. 8.3.1601) ct. Wittstatt in HHSAW, RHR, J. ., K. 43/1 (Zitat), wo er auch darum bittet, dass umb E[eure] Röm[ische] Kay[serliche] Ma[jestä]t die got der Almächtige, mit langwüriger gesundheit, Unnd aller glückselig wollgehung erhalten, Unnd sie wider denn Türcken als Erbfeindt der Christenheit gnediglichen stercken wölle; zum Türkenbild des 16. u. 17. Jh. G, Türkenbild (b), S. 67–89; ., Türkenbild (a), S. 63–88. Zur argumentativen Verwendung des Türkenbildes bzgl. religiöser Minderheiten in Europa L, Stigmatisierung, S. 411–439.

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4. Jüdische Ansichten über Kaiser und Reichshofrat

oder 13 Wochen stellt ein wiederkehrendes Motiv jüdischer Supplikationen dar26 , um einen Zeitpunkt der glücklichen Freilassung oder Flucht zu bestimmen. Ob es sich hierbei um Tatsachenberichte handelte, ist mitunter schwer festzustellen. Mit Blick auf den jüdischen Glaubenskontext stellt die Zahl 13 eine Glückszahl dar.27 Zum einen verweist die Zahl auf die Vorgänge in der babylonischen Gefangenschaft der Juden im Buch E28 , die zugleich die Grundlagen für das Purimfest darstellen. Ebenso bringt das Buch E als letztes der alttestamentarischen Bücher die traumatische Angst der Juden vor ihrer vollkommenen Auslöschung zum Ausdruck.29 Der persische Minister Haman plante für den 13. Tag des zwölften Monats Adar ein Pogrom, welches die Juden abwenden konnten, ohne sich im Triumph am Besitz ihrer Feinde zu vergreifen.30 In Analogie hierzu nimmt die Zahl zum anderen Bezug auf die 13 Eigenschaften Gottes, unter denen die dreizehnte und zugleich letzte die göttliche Gnade bzw. Güte firmiert.31 Damit drückt sich das enge jüdische Verhältnis zu ihren obersten Schutzherren im Kontext ihrer eigenen religiösen Überlieferung aus.32 In Rückschluss auf die Vorgänge um Esther bedeutet dies, dass die versteckt wirkende göttliche Gnade33 sich durch die des Herrschers notwendig ergänzt. Die Gnade Gottes spricht somit durch die des Kaisers. Die Juden erhofften eine möglichst schnelle Rechtshilfe und betonten gleichzeitig, dass sie den Boden ihrer gerechten und vom Recht abgesicherten

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Seligmann an den Kaiser (Praes. 6.3.1600) ct. Grafeneck in HHSAW, RHR, J. ., K. 41; Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. undat.) als hofrath 2506. in ., K. 42/1 (ebenso in SAL–HZAN, W 10, Bü. 95/6 15. bzw. 19.); Schmoll berichtete, dass Konrad von Grumbach seine Muetter, ain Weib von 86. Jahren, heimblich ergriffen, und auf ainen Karn gebunden [. . . ] gehn Bleichfeldt füren, daselbst gefänglichen einziehen, und gleichfals dreijzehen Tag bestrickt verhalten (Zitat ders. an den Kaiser [Praes. 15.7.1585] ct. Grumbach in HHSAW, RHR, J. ., K. 42; ders. an den Kaiser [Praes. 4.6.1586] ct. Grumbach in ., K. 41; ders. an den Kaiser [Praes. 8.7.1586] ct. Grumbach in .; ders. an den Kaiser [Praes. 16.3.1588] ct. Grumbach in SAW, L 2337, fol. 99r–102v, hier fol. 100r: Tijrannisch, Mörderisch und durch seine verätherische henckhers Buben, dermassen in vermeirtenn gefengknus zu handlen, das mein wider Gott und Alle billichkeit zu rauben und In d elendt verJagen; ders. an Würzburger Fürstbischof [Praes. 15.3.1586] in ., A 364). Vgl. die mit 13 Jahren stattfindende Bar Mizwa (vgl. T, Juden, S. 381f.). Siehe zur Stellung des Buchs E innerhalb des Judentums K, Furcht (a), S. 2–8 u. ., Furcht (b), S. 339–355. D., Furcht (a), S. 8–20. Vgl. das Buch E im K als Teil der T. Hierzu T, Juden, S. 212– 214. Für diesen Hinweis danke ich Benjamin P. Insbesondere C, Religion, S. 109–115. Vgl. hierzu M, Religionen, S. 349–376 unter Bezug auf Maimonides und seiner Diskussion der zehn Eigenschaften Gottes. Vgl. Y, Diener, S. 16 u. zum Grundsatzes des dinah de-Malchuta dinah S. 19, 30–31. K, Furcht (a), S. 18–21 betont, dass im Buch Esther kein einziges Mal Gott namentlich erwähnt wird.

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Ansprüche nicht verließen. Jüdische und christliche Vorstellungswelten wurden damit in der Person des Kaisers miteinander verwoben. Die engen Verbindungslinien der jüdischen Kläger zum Kaiser finden am Ende vieler Supplikationen im dargebotenen gebett für den Kaiser34 ihren Platz. Inhaltlich richteten die Gebete göttliche Segenswünsche auf die friedfertige und Sieghaffte Regierung des Reichsoberhauptes sowie dessen Gesundheit35 und auf das Wohl des Erzhauses.36 Dieses Phänomen einer intensiven Loyalitätsbekundung gegenüber dem Kaiser und der Casa d’Austria 34

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Zitat Schmoll an den Kaiser (Praes. undat.) ct. Würzburger Fürstbischof in HHSAW, RHR, J. ., K. 41. Ähnliches bei ders. an den Kaiser (Praes. 3.1.1592) als 2713 in ., K. 42 u. ders. an den Kaiser (Praes. undat.) ct. Würzburger Fürstbischof in ., K. 41; Simon von Günzburg an den Kaiser (Praes. 19.10.1576) u. ders. an den Kaiser (Praes. 22.10.1576) ct. Abt von Ursberg in ., K. 43/2: meinem täglichen geringen füeg gebet; Seligmann an den Kaiser (Praes. undat. [1601]) ct. Güss von Güssenberg in ., K. 42; ders. an den Kaiser (Praes. 6.3. u. 19.7.16001) ct. Grafeneck in ., K. 41; Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. undat.) u. ders. an den Kaiser als Beilage 3 in der kommissarischen Relation in Wolfgang von Hohenlohe vom 15.1.1593 an den Kaiser (Praes. 2.5.1593) in ., K. 42/1 (ebenso SAL–HZAN, W 10, Bü. 95/6 als Hoffrath 2507 8.); Wendel an den Kaiser (Praes. 9.10.1581) in ., AA, K. 84/2, fol. 155r–156v, hier fol. 156r; Isaak aus Hundtsfeld an den Kaiser (Praes. 8.5.1582) in ., fol. 182r– 186v, hier fol. 185r. Zitat Abraham u. Liepmann Fänklein sowie Mändlein an den Kaiser (Praes. 21.11. u. 26.11.1601) in ., K. 85, fol. 249r–251v, Zitat fol. 251r; vgl. Jacob an den Kaiser (Praes. 8.3.1601) ct. Cramer von Clausbruch in ., J. ., K. 43/1; ders. an den Kaiser (Praes. 8.3.1601) ct. Wittstatt in ., K. 43/1; Simon von Günzburg an den Kaiser (Praes. 18.12.1574), ders. an den Kaiser (Praes. 19.10.1576) u. ders an den Kaiser (Praes. 22.10.1576) ct. Abt von Ursberg in ., K. 43/2; Seligmann an den Kaiser (Praes. 6.3. u. 19.7.16001) ct. Grafeneck in ., K. 41; Israel von Lübbecke an den Kaiser (Praes. 30.3.1582) in ., K. 43/3: inn keijserlicher Sieghaffter Regierung; Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes undat.) in ., K. 42/1: gottseelige friedliche Regierung, und uberwindung der feinde sowie ders. an den Kaiser als Beilage 3 in der kommissarischen Relation in Wolfgang von Hohenlohe vom 15.1.1593 an den Kaiser (Praes. 2.5.1593) u. ders. an den Kaiser (Praes. undat.) als No. 5 in ., K. 42/1 (siehe auch in SAL–HZAN, W 10, Bü. 95/6, als Hoffrath 2507 8.); Schmoll an den Kaiser (Praes. 15.7.1585) ct. Stein in HHSAW, RHR, J. ., K. 42; ders. an den Kaiser (Praes. undat.) ct. Würzburger Fürstbischof in ., K. 41. Vgl. neben obigen Punkten hierzu Isaak von Prag an den Kaiser (Praes. undat.) in ., D. ., K. 177; Schmoll an den Kaiser (Praes. 15.7.1585) u. ders. an den Kaiser (Praes. undat.) als 215. ct. Stein in ., J. ., K. 42; ders. an den Kaiser (Praes. 3.1.1592) als 2713 in .; ders. an den Kaiser (Praes. undat.) ct. Würzburger Fürstbischof in ., K. 41; Haim an den Kaiser (Praes. 11.3.1603) in ., AA, K. 85, fol. 345r– 346v, hier fol. 346r; Simon von Günzburg an den Kaiser (Praes. 19.10.1576) u. ders. an den Kaiser (Praes. 22.10.1576) ct. Abt von Ursberg in ., J. ., K. 43/2; Judenschaft in Schwaben an den Kaiser [Praes. 2.12.1583] in ., AA, K. 86, fol. 33r–40v, hier fol. 37v: sie umb E[urer] Kaij[serlichen] M[ajes]t[ät] auch ganntzen Stammen, deß hochloblichsten hauß Österreijch gluckliche wollfarth, langwurigs leben, Sig unnd uberwindung der feindt, auch nach dißem umb das Ewig freundenreich leben, unablößlich gegen Gott dem herrn zu bitten, und Inn unßer gebet einzuschliessen, Inn khainen vergessen stellen wöllen; M. K, Das christliche Gebet für den Kaiser – das jüdische Gebet für den Kaiser. In: A. G: Tagungsbericht Jüdisches Heiliges Römisches Reich. 09.12.2007–

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4. Jüdische Ansichten über Kaiser und Reichshofrat

stellte in den Jahren 1576 bis 1603 ein typisch jüdisches Vorgehen dar. Es spiegelt das erhebliche Vertrauen, aber auch die Hoffnung in die kaiserliche Macht und in die Funktion des Kaisers als obersten Richter im Reich wider. Ebenso manifestiert sich hierin die ausgeprägte emotionale Nähe zum Reichsoberhaupt und seiner in jüdischen Augen allumfassenden Zuständigkeit.37 Die jüdischen Kläger beriefen sich angesichts dessen auf ein Bild des universellen Kaisertums, das weit über das oberste Richteramt hinausging.38 An dieser Stelle wird die hinter den von Juden erbetenen kaiserlichen Befehlen vermutete Intention sichtbar. Sie sollten in einem umfassenden Sinn schnellen Rechtsschutz liefern. Die Einschätzung des Kaiseramts durch Simon von Günzburg bringt diesen Umstand nochmals plakativ zum Ausdruck, sah er doch im kayerliche[n] tragende[n] Ampt die vom hayligen Römischen Reych zugeaigneter Vollkhommenhait macht und gewalt begründet 39 und sprach von der Crafft dern Autoritet 40 , die eine Lösung des Rechtsstreites ermöglichen sollte. Zugleich verdeutlicht diese Formulierung, die auf den Wahlcharakter des Kaisertums abhob41 , die Sicht von Kaiser und Reich als eine sich ergänzende Einheit im Sinne eines gemeinsamen Rechtsraumes, dem sich die Juden zugehörig fühlten und daher auf den Schutz des Kaisers hofften.42 Zu fragen wäre, ob hier vielleicht die Erfahrungen und die noch frischen Erinnerungen an das Kaisertum Karls V. und seinen universell-machtpolitischen Anspruch nachwirkten. Unabhängig hiervon dürfte zu schlussfolgern sein, dass der Kaiser den Fixpunkt jüdischer Klagen bildete. Er war es, der Juden zu ihrem Recht

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10.12.2007, Wien. In: H-Soz-u-Kult, 20.02.2008, URL: , (05.07.2010). Simon von Günzburg an den Kaiser (Praes. 2.10.1576) u. ders. An den Kaiser (Praes. 3.10.1576) ct. Adelmann von Adelmannsfelden in HHSAW, RHR, J. ., K. 43/2: Der Kaiser sei vom allmechtigen Gott [. . . ] zu Schutz, Schurm, Trost, unnd hulff eingesetzt worden und könne aus kayserlich tragendt Volmacht handeln. Seligmann an den Kaiser (Praes. 23.2.1601) in ., AA, K. 85, fol. 244r–245v, hier fol. 244v; ders. an den Kaiser (Praes. 21.3.1600) in ., J. ., K. 41; Isaak von Prag an den Kaiser (Praes. undat.) in ., D. ., K. 177: kaijserliche[r] Authoritet, macht und Gewalt; Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. undat.b ) in ., J. ., K. 42/1; ders. an den Kaiser (Praes. undat.) als hofrath 2506. in . (vgl. ebenso in SAL– HZAN, W 10, Bü. 95/6 15. bzw. 19.). Simon von Günzburg an den Kaiser (Praes. 17. u. 18.3.1574) ct. Abt von Ursberg in HHSAW, RHR, J. ., K. 43/2; Isaak von Prag an den Kaiser (Praes. undat.) in ., D. ., K. 177; Schmoll an den Kaiser (Praes. 15.7.1585 u. 4.6.1586) ct. Stein in ., J. ., K. 42. Simon von Günzburg an den Kaiser (Praes. 18.12.1574) ct. Abt von Ursberg in ., J. ., K. 43/2; Schmoll an den Kaiser (Praes. 4.6.1586) u. ders. an den Kaiser (Praes. 6.9.1598) als .74. ct. Grumbach in ., K. 41. S, Geschichte, S. 14–16; G, Reich, S. 9–13. Vgl. zur These vom komplementären Reichs-Staat S, Geschichte, S. 33–54; dagegen G, Reich, S. 5–8.

4.1 Die Jahre 1576 bis 1603

163

verhelfen sollte. Ihn betrachteten die jüdischen Kläger als allwissendes und omnipräsentes wie -potentes Reichsoberhaupt.43 Die Obrigkeiten betonten in ihren Schriftsätzen ebenfalls ihre Loyalität gegenüber dem Kaiser44 und sahen das Kaisertum durch ähnliche Merkmale charakterisiert wie die Juden.45 Dies verweist auf ein ihnen und den Juden gemeinsames Zeichensystem. Zugleich wird an dieser Stelle deutlich, dass die Juden wie auch ihre Anwälte mit einem gängigen Kaiserbild operierten. Gleichzeitig kann jedoch eine Verengung der obrigkeitlichen Sichtweise auf das E[ure] kay[serlich]en May[es]t[ät] hochAdelichst milltrichterlichst Ambt 46 Festgestellt werden. Die Adelsherrschaften konzentrierten sich auf die Funktion des Kaisers als obersten Richter im Reich, der als solidarischväterlicher Standesgenosse sie in seinem Schuz und schurm hielt.47 Insofern hoben die Obrigkeiten anders als die Juden weniger auf die kaiserliche Machtvollkommenheit als vielmehr auf die Rolle des Kaisers als obersten

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Simon von Günzburg an den Kaiser (Praes. 5.8.1577) ct. Adelmann von Adelmannsfelden in HHSAW, RHR, J. ., K. 43/2: E[eure] kay[serliche] Ma[jestä]t hulff ; Abraham u. Liepmann Fänklein sowie Mändlein an den Kaiser (Praes. 21.11. u. 26.11.1601) in ., AA, K. 85, fol. 249r–251v, fol. 249r: kaiserliche milden hilff ; Seligmann an den Kaiser (Praes. 6.3.1600) ct. Grafeneck in ., J. ., K. 41; ders. an den Kaiser (Praes. 23.2.1601) in ., AA, K. 85, fol. 244r–245v, hier fol. 244v. Sie betonten, dass sie sich keines ungehorsames gegenüber dem Reichsoberhaupt schuldig machen wollten (SAO 20–42 A Nr. 96, fol. 81r–81v, Zitat 81v); Veit vom Stein vom 12.7.1595 an den Kaiser (Praes. undat.) in HHSAW, RHR, J. ., K. 42; Abt von Ursberg an den Kaiser (Praes. 1.8.1575) in ., K. 43/2: ein geringfuegig, Jedoch gehorsam glied deß heilligen Reichs; Albrecht von Berlichingen an Wolfgang von Hohenlohe (Praes. 23.12.1591) als N: 17: in ., K. 42/1, wo er betont, dass er dem kaiserlichen Befehl bzgl. der Rechtshilfe für Isaak von Nagelsberg durch seinen Bruder Georg Philipp nicht entgegenstehe und sich dem selben zu gehorsamen gantz schuldig erweise. Zitat Hilmar von Quernheim vom 7.7.1579 an den Kaiser (Praes. 18.7.1579) in ., K. 43/3. Gott und Kaiser stellten die grundlegenden Rechtsquellen dar, wobei sich letzterer durch seine lieb zu Recht und Gerechtigkeitt auszeichnete, die es mittelst Gebete für den Kaiser zu erhalten galt. Vgl. hierzu Erben Hilmars von Quernheim an den Kaiser (Praes. 18.2.1583) in . (Zitat .); Gundelsheim vom 28.12.1602 an den Kaiser (Praes. 7.1. u. 18.3.1603) in ., AA, K. 85, fol. 341r–344v, hier fol. 343r; Sybilla Widmann an den Kaiser (Praes. undat.) in ., J. ., K. 42/1: demütigsten gebett gegen Gott dem Allmechtigen; dies. an den Kaiser (Praes. undat.) als N 53. in .; dies. am 16./10.9.1594 an den Kaiser (Praes. undat.) in ., A, K. 1101/2: nechst Gott, die höchste Obrigkeit (ebenso in SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/16). Buchholz an den Kaiser (Praes. undat. [1602]) in HHSAW, RHR, J. ., K. 8/4; Güss von Güssenberg an den Kaiser (Praes. 24.11.1601) in ., J. ., K. 42; Grafeneck am 30.5.1600 an den Kaiser (Praes. 11.7.1600) in ., K. 41. Zitat Gundelsheim vom 28.12.1602 an den Kaiser (Praes. 7.1. u. 18.3.1603) in ., AA, K. 85, fol. 341r–344v, hier fol. 343r; Grafeneck am 30.5.1600 an den Kaiser (Praes. 11.7.1600) in ., J. ., K. 41: mich dabey väterlichenn unnd gnädigist beschüzenn unnd hanndt haben; Grumbach vom 13.9.1586 an den Kaiser (Praes. 8.10.1586) in ., K. 43/1: milter Vatter des Vatterlandts; Veit vom Stein vom 12.7.1595 an den Kaiser (Praes. undat.) in ., K. 42.

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4. Jüdische Ansichten über Kaiser und Reichshofrat

neutralen Richter im Reich ab48 , der die Privilegien der reichsständischlandesherrlichen Obrigkeiten zu wahren hatte. 4.1.2 Juristische Darstellungen In den juristischen Schriftsätzen der Obrigkeiten fällt das Abstreiten jeglicher Verpflichtung auf, einem Juden in seinen Ansprüchen folgen zu müssen.49 Schließlich hätten sie sich unverschambt und widerrechtlich an kaij[serlichen] hofen50 gewendet.51 Die wichtigste Einrede der Obrigkeiten beinhaltete den Vorwurf der Rechtsbeugung durch die Juden im Rahmen ihrer Arglist.52 Dieser Vorwurf verknüpfte sich mit dem des Betrugs und der Unwahrheit.53 Der 48 49

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Pappenheim vom 21.5.1601 an den Herzog von Württemberg in . In der Regel brachten sie keine sachliche Begründung vor, sondern beriefen sich auf den Umstand, dass sie vor Gott und ihrem Gewissen Rein unnd unschuldig wären (vgl. Güss von Güssenberg an den Kaiser [Praes. 24.11.1601] in .); Abt von Ursberg an den Kaiser (Praes. 14.1.1574) in ., K. 43/2; Schriftliche Erklärung Güss von Güssenberg vor der Kommission am 9.1.1691 als Beilage A in der Relation Dietrich von Horbens vom 18.1.1601 an den Kaiser in ., K. 42; Grafeneck am 24.9.1600 an den Kaiser (Praes. 7.10., 8.11. u. 4.12.1600) in ., K. 41; vgl. bspw. Herzog Friedrich von Württemberg vom 14.7.1601 an den Kaiser (Praes. 24.7.1601) in ., AA, K. 85, fol. 233r–240v. SAO 20–42 A Nr. 96, fol. 91r (Zitat eins), 143r (Zitat zwei); Sybilla Widmann an den Kaiser (Praes. undat.) als N 53. in HHSAW, RHR, J. ., K. 42/1: der Jud naher Prag an E. Keij: Maijtt: houe sich begeben. Sie sei in SAO 20–42 A Nr. 96, fol. 83r–84v: gefehrlich u. unwahr sowie fol. 87r: verschwiegener wahrheit unnd unerforderlichen bericht; Alexander u. Veit vom Stein vom 31.1.1590 (a. K.) an Würzburger Fürstbischof (Praes. undat.) als 24 in HHSAW, RHR, J. ., K. 42: sie seien sub et obrepticie ausbracht; dies. vom 8.12.1593 (a. K.) an den Kaiser (Praes. 4.4.1594) in .; Grumbach an den Kaiser (Praes. undat. [1588]) in ., K. 34/2; ders. vom 13.9.1586 an den Kaiser (Praes. 8.10.1586) in ., K. 43: falschen narratis; siehe SAO 20–42 A Nr. 96, fol. 162r–163v: unnutzenn geschwatz. Zur Einrede des dolus malus (Zitat SAO 20–42 A Nr. 96, fol. 46r–46v, 50r–50v, 83r–88v, hier fol. 84r–84v, 91r, 92r, 103r–104r) siehe Johann Gödelmann als Anwalt Hilmar von Quernheims an das RKG (Praes. 10.5.1580) in SAM Q 117, fol. 66r–70v, Zitat fol. 67r; vgl. im Fall Isaak von Nagelsberg ct. Vogt Widmann u. von Berlichingen in Albrecht von Berlichingen am 18.3.1591 an Wolfgang von Hohenlohe (Praes. 22.3.1592) als N: 31 u. Sybilla Widmann an den Kaiser (Praes. undat.) als N 53. in HHSAW, RHR, J. ., K. 42/1; Abt von Ursberg an den Kaiser (Praes. 1.8.1575) in ., K. 43/2. Gundelsheim vom 28.12.1602 an den Kaiser (Praes. 7.1. u. 18.3.1603) in ., AA, K. 85, fol. 341r– 344v, hier fol. 342r: unverschämbten betruegs und arglistigkeit u. ganz Arglistiger gefählicher und sträfflicher Weiß, auf fol. 342v spricht er von Arglistig furgeben; Abt von Ursberg an den Kaiser (Praes. 14.1.1574) in ., J. ., K. 43/2; Grafeneck am 30.5.1600 an den Kaiser (Praes. 11.7.1600) in ., K. 41 sowie No. 2 Declaration und Angehaffte Euentualparition vom 18.9.1600 in Grafeneck am 24.9.1600 an den Kaiser (Praes. 7.10., 8.11. u. 4.12.1600) in .; Georg Philipp von Berlichingen an den Kaiser (Praes. undat.) in ., AA, K. 84/2, fol. 280r–281v, hier fol. 280r. Diese Einrede deutete auf die von dem muttwilligen Juden mitt uhngrundt in böshafftige[r] art und list vorgebrachte falsche Tatsachen (Zitate Abt von Ursberg an den Kaiser [Praes. 14.1.1574] in ., J. ., K. 43/2); Vogt Widmann an den Kaiser (Praes. undat.) in

4.1 Die Jahre 1576 bis 1603

165

Vorwurf der Rechtsbeugung durch die Juden schwang in den obrigkeitlichen Einreden auf allen Ebenen mit. Ergänzung fand er durch die Exceptio numeratae pecuniae54 , d. h. den Vorwurf des Wuchers. Dieser Kritikpunkt lässt sich in allen Prozessen auf obrigkeitlicher Seite wiederfinden und wird weiter unten ausführlich behandelt. Hier sei darauf hingewiesen, dass mit dieser Einrede in einem sehr allgemeinen Sinne entweder die Bestimmungen der Reichsabschiede55 oder der RPO bezüglich des kriminalisierten jüdischen Wucherwesens angeführt wurden.56 Anders sah dies bei den Juden aus. In der Regel verwiesen sie auf ihre grosse

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., K. 42/1; Pappenheim vom 21.5.1601 an den Herzog von Württemberg in ., K. 42 betont ihren Versuch, die Streitpunkt vorsätzlich Inn einander zue intriciern unnd zuuerwirren sowie verkehrlich vorzubringen; Schriftliche Erklärung Güss von Güssenberg vor der Kommission am 9.1.1691 als Beilage A in der Relation Dietrich von Horbens vom 18.1.1601 an den Kaiser in ., K. 42; ders. an den Kaiser (Praes. 11.4.1601) in .; Memorial der Reichsritterschaft in Schwaben Kanton Donau vom 28.10.1601 (Praes. 30.10.1601) in .; Grafeneck am 30.5.1600 an den Kaiser (Praes. 11.7.1600) in ., K. 41; Pappenheim vom 21.5.1601 an den Herzog von Württemberg in ., K. 42. Vgl. ., R, XVII/4, fol. 48v (18.3.1603), 57v (10.4.1603) in Causa Seligmann ct. Berlichingen; siehe Gundelsheim vom 28.12.1602 an den Kaiser (Praes. 7.1. u. 18.3.1603) in ., AA, K. 85, fol. 341r–344v, hier fol. 341v; Abt von Ursberg an den Kaiser (Praes. 14.1.1574) in ., J. ., K. 43/2; Grafeneck am 30.5.1600 an den Kaiser (Praes. 11.7.1600) in ., K. 41. Vgl. zu den Einreden A-T, Wechselverbindlichkeiten, S. 332–336. Alexander u. Veit vom Stein vom 8.12.1593 (a. K.) an den Kaiser (Praes. 4.4.1594) in HHSAW, RHR, J. ., K. 42: deß heilligen Reichs Abschiedt; Grumbach vom 16.2.1592 an den Kaiser (Praes. undat.) in ., K. 32. Zu den Reichsabschieden vgl. Alexander u. Veit vom Stein vom 8.12.1593 (a. K.) an den Kaiser (Praes. 4.4.1594) in ., K. 42; Veit vom Stein vom 12.7.1595 an den Kaiser (Praes. undat.) in .: derselben heilsame Verordtnung der publicierten policej unnd andere Reichs Constitution unnd disposition von den Wücherlichen Contracten und weßen sonsten nach Verordtnung gemeiner unnd beschriebener Rechten von dergleichen Verbottenen händeln versehen; vgl. Fränkische Reichsritterschaft aller sechs Kantone vom 1.7.1595 an den Kaiser (Praes. undat.) in ., die zusätzlich zum obigen beteuerten, Alexander u. Veit vom Stein befänden sich mit ihrem Vorgehen gegen Schmoll contra veritatis Judicium; dies. vom 8.6.1596 an den Kaiser (Praes. undat.b ) in .; vgl. dies. vom 25.8.1592 (a. K.?) an Würzburger Fürstbischof (Praes. 7.9.1592) in ., D. ., K. 177, fol. 321r– 324v, hier fol. 321r–321v; Grumbach vom 16.2.1592 an den Kaiser (Praes. undat.) in ., J. ., K. 32; zu den RPO vgl. Schriftliche Erklärung Güss von Güssenberg vor der Kommission am 9.1.1691 als Beilage A in der Relation Dietrich von Horbens vom 18.1.1601 an den Kaiser in ., K. 42. Wolfgang von Castell meinte, dass laut den RPO wuchernde Juden nicht zu dulden seien (siehe die Hinweise in Amtmann Michael Freundt an die wertheimische Regierung am 1.7.1596 in SA W R. 50, Nr. 62).

166

4. Jüdische Ansichten über Kaiser und Reichshofrat

Not 57 , die sie zu einer Klage vor den Kaiser getrieben hätte.58 Hiervon ausgehend skizzierten sie ein Bild von ihren Gegnern, von denen Inn der guete nichts zuerhalten sei.59 Damit beschrieben sie ihre erstinstanzlichen Bemühungen als gescheitert und begründeten die Zuständigkeit des RHR. Im Bereich des Reichsrechts und Reichsherkommens argumentierten die klagenden Juden beinahe ausschließlich mit den obigen Eigenschaften des Kaisers. Gemäß ihrem Kaiserbild beriefen sie sich auf die Algemeinen kaijserlichen beschriebenen Rechten60 oder auf Eur Kai[serlichen] Ma[jestä]t hochlöblichtser Vorfarn Sazung und Constitutionen und deren heilsamlich vermögen.61 Daneben nahmen insbesondere ihre kaiserlichen Privilegien eine entscheidende Stellung ein. Damit sprachen sie in einer umfassenden Diktion das kaiserlich sanktionierte Reichsrecht an. Ergänzung fand diese Argumentation in Aspekten des Reichsherkommens.62 Dabei betonten Juden, dass dieses Herkommen die Grundlagen und Erfordernisse der lieben Justicien umfasse63 57

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Seligmann an den Kaiser (Praes. undat.) ct. Matthias Enzlin in HHSAW, RHR, AA, K. 85, fol. 246r–247v, Zitat fol. 246r; ders. vom 15.2.1601 an den Kaiser (Praes. 23.2.1601) ct. Güss von Güssenberg in ., J. ., K. 42; Jacob an den Kaiser (Praes. 14.11.1601) in ., K. 43/1; Seligmann an den Kaiser (Praes. 6.3.1600) ct. Grafeneck in ., K. 41; Simon von Günzburg an den Kaiser (Praes. 2.10.1576) u. ders. an den Kaiser (Praes. 3.10.1576) ct. Adelmann von Adelmannsfelden in ., K. 43/2; ders. an den Kaiser (Praes. 17.3.1574) u. ders. an den Kaiser (Praes. 18.3.1574) ct. Abt von Ursberg in .; Schmoll an den Kaiser (Praes. undat.) ct. Stein in ., K. 42: meiner hochsten bedrangnus; Jacob Fröschel an den Kaiser (Praes. 17.6.1603) in .: Summam periculum; Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. undat. [1596]) in ., AA, K. 84/2, fol. 233r– 240v, fol. 233r; ders. an den Kaiser (Praes. undat.) als hofrath 2506. in ., J. ., K. 42/1 (ebenso in SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6 als 15. bzw. 19.): solcher Notorietet, und offenbarlich, unbillicher begegnung. U, Mandatsprozess, S. 12–26 u. E, Gerichtsbarkeit, S. 41–44. Seligmann an den Kaiser (Praes. 23.2.1601) in HHSAW, RHR, AA, K. 85, fol. 244r– 245v, Zitat fol. 244v; Jacob an den Kaiser (Praes. 8.3.1601) in ., J. ., K. 43/1: So hat doch mein widerpartt, über mehrmahlen citieren, zu gütlichen noch richtlichen proceß nit parieren wöllen; Seligmann vom 15.2.1601 an den Kaiser (Praes. 23.2.1601) ct. Güss von Güssenberg in ., K. 42. Schmoll an Würzburger Fürstbischof (Praes. 22.3.1590) als 28. in ., K. 42; Jacob an den Kaiser (Praes. 14.11.1601) in ., K. 43/1. Zitat Haim an den Kaiser (Praes. 11.3.1603) in ., AA, K. 85, fol. 345r–346v, hier fol. 345v; Isaak von Nagelsberg an den Kaiser als Beilage 3 in der kommissarischen Relation in Wolfgang von Hohenlohe vom 15.1.1593 an den Kaiser (Praes. 2.5.1593) in ., J. ., K. 42/1 (ebenso SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6 als Hoffrath 2507 8.): kayßer Karls des funfften neuen Reichs Constituionen. de capitalibus Indicijs et de prauis abusibus abbstendis ec. und anderen Reichs abschieden. Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. undat.) als hofrath 2506. in HHSAW, RHR, J. ., K. 42/1 (ebenso in SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6 als 15. bzw. 19.): die gemeine beschriebene Recht. Kay: Sazungen, deß heiligen Reichs Constitutiones und Abschiedt; Khela an den Kaiser (Praes. undat.) in HHSAW, RHR, AA, K. 84/2, fol. 278r–279v: löbliches Clares und heilsames Rechtens; Isaak aus Appenfelden an den Kaiser (Praes. 5.11.1601 u. 8.3.1602) in ., J. ., K. 43/1. Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. undat.) als No. 5 in ., K. 42/1.

4.1 Die Jahre 1576 bis 1603

167

und ein auxili[u]m Caesaris64 legitimiere. Hier ist wiederum die Rückbindung des weltlichen Rechts an die göttliche Gerechtigkeit greifbar: was sich von Gottsgerechtigkheit wegen gebürdt, auch deren keij[serlichen] maij[estä]t unnd reichsabschied[en] willen, solches wordt Gott der herr [. . . ] reijchlich und wol belone.65 Dieser Gottesbezug im Reichsrecht besiegelte die absolute Zuständigkeit des Kaisers in allen Rechtsfällen. Tatsächlich machten jüdische Kläger nur in wenigen Fällen konkrete rechtliche Angaben in Ergänzung zu den obigen Ausführungen. Zumeist erfolgten Hinweise auf den in den RPO festgeschriebenen maximal erlaubten Reichszins von 5 %.66 Ihre Kommissionsbitten begründeten sie ebenfalls selten mit konkreten Rechtsnormen und wenn, nur in Form allgemeiner Verweise auf die ,Reichskonstitutionen‘.67 Ebenso generell und regelmäßig beriefen sich die klagenden Juden bei der Begründung ihrer Sachanträge auf die Billigkeit.68 Im Vergleich zu konkreten Normen nahm dieser Rechtsgrundsatz den weit zentraleren Platz in den juristischen Eingaben der Juden ein.69 Auf einer 64 65

66 67

68

69

E., R, XVI/54a, fol. 17r–17v (16.3.1588), hier fol. 17v. Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. 25.1.1592) in ., J. ., K. 42/1 (ebenso in SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6 als N° 21. bzw. 25.); unter Berufung auf die Reichsabschidt die Prager Judenschaft ct. Herzog von. Braunschweig-Lüneburg in HHSAW, RHR, R, XVI/64, fol. 119v (16.9.1591). Haim an den Kaiser (Praes. 11.3.1603) in ., AA, K. 85, fol. 345r–346v, hier fol. 345r– 345v. Zitat Haim an den Kaiser (Praes. 11.3.1603) in ., fol. 345r–346v, fol. 345r, vgl. auch fol. 345v. Bei anhaltender Verweigerungshaltung der Obrigkeiten wurde mit dem Verweis auf deß heiligen Römischen Reichs Rechte (Zitat Israel von Lübbecke an den Kaiser [Praes. 30.3.1582] in ., J. ., K. 43/3) vom RHR die Execution in Contumaciam gefordert (Zitat ., R, XVI/69, fol. 65r–65v [4.6.1593]; Schmoll an den Kaiser [Praes. undat.] als .5. in SAW, L 5328; ders. an Kaiser [Praes. undat.] in HHSAW, RHR, J. ., K. 42). Jacob an den Kaiser (14.11.1601) in ., K. 43/1: Recht und Billigkeit; Simon von Günzburg an den Kaiser (Praes. undat. [1574]) ct. Adelmann von Adelmannsfelden in ., K. 43/2; ders. an den Kaiser (Praes. 3.11.1574) ct. Abt von Ursberg in ., K. 43/2: Recht und gerechtigkeit; Isaak von Prag an den Kaiser (Praes. 16.8.1590) als 1114 in ., D. ., K. 177; ders. an den Kaiser (Praes. undat.) in .; No. 2 Declaration mit Angehaffter Euentualparition vom 18.9.1600 in Grafeneck vom 24.9.1600 an den Kaiser (Praes. 7.10., 8.11., 4.12.1600) in ., J. ., K. 41; Israel von Lübbecke an den Kaiser (Praes. 25.3.1579) in ., K. 43/3; Schmoll an den Kaiser (Praes. 15.7.1585) u. ders. an den Kaiser (Praes. undat.) als 215. u. ders. an Würzburger Fürstbischof (Praes. 19.4.1591) als 50. ct. Stein in ., K. 42; ders. an den Kaiser (Praes. 8.7.1586) ct. Grumbach in ., K. 41; Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. undat.) als No. 5 u. ders. an den Kaiser (Praes. undat.b ) in ., J. ., K. 42/1; ders. an den Kaiser als Beilage 3 in der kommissarischen Relation in Wolfgang von Hohenlohe vom 15.1.1593 an den Kaiser (Praes. 2.5.1593) in . (SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6 als Hoffrath 2507 8.); ders. an den Kaiser (Praes. undat.) als hofrath 2506. in . (SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6 als 15. bzw. 19.); Fuldaer Judenschaft an den Kaiser (Praes. 22.9.1592) in ., D, K. 2263; Bela an den Kaiser (Praes. 7.3.1589) in ., AA, K. 139/1, fol. 61r–64v, hier fol. 62v; Isaak aus Appenfelden an den Kaiser (Praes. 5.11.1601 u. 8.3.1602) in ., J. ., K. 43/1. Schmoll an den Kaiser (Praes. 16.3.1588) ct. Grumbach in SAW, L 2337,

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4. Jüdische Ansichten über Kaiser und Reichshofrat

fundamentalen Ebene begründeten sie den Billigkeitsgrundsatz dabei erneut mit der Berufung auf die gotlichen warhaijt 70 ab. Damit konnte niemand und schon gar nicht der Kaiser den jüdischen Klägern ihre Ansprüche entgegen den Kategorien ,Recht‘ und ,Billigkeit‘ verwehren.71 Dies gilt ebenso für die Prozesse in der statistischen Kategorie ,Gewalt‘. Allerdings operierten die Juden in solchen Causen zusätzlich mit dem Terminus der dilatorischen Einrede der exceptio spolii.72 Zwar ging es den Juden bei der Verwendung des Billigkeitstopos zunächst um die Legitimierung individueller Ansprüche und Forderungen. Verbunden mit allgemeingültigen Rechtsnormen konnte der Billigkeitstopos aber in einer generellen Perspektive angebracht werden, die auf die Gleichbehandlung von Juden und Christen unter dem Dach des Reichsrechts als Ausfluss kaiserlicher Autorität abzielte. Dieser Umstand musste umso wichtiger für die Juden sein, lehnten doch selbst solche Juristen wie Reuchlin den Billigkeitsgrundsatz für die Juden ab.73

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fol. 99r–102v, hier fol. 99v; ders. an Würzburger Fürstbischof (Praes. 7.12.1587) als 12 ct. Stein in HHSAW, RHR, J. ., K. 42: mir armen man, der [. . . ] die wahre gerecht unnd billigkeit sucht durch solchen weg verhoffe ich die billigkeit zu bekommen. Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. undat.) in ., AA, K. 84/2, fol. 286r– 289v, hier fol. 286r; vgl. ders. an Wolfgang von Hohenlohe (Praes. 22.8.1595) in SALHZAN, W 10, Bü. 95/16: Ire kay may mit der worhait zu berichten; Schmoll an den Kaiser (Praes. 15.7.1585 u. 4.6.1586) ct. Stein in HHSAW, RHR, J. ., K. 42; ders. an den Kaiser (Praes. 15.7.1585) ct. Grumbach in .; ders. an Würzburg Fürstbischof (Praes. 7.10.1592) ct. Stein in ., D. ., K. 177, fol. 345r–347v, hier fol. 346r; Wendel an den Kaiser (Praes. 9.10.1581) in ., AA, K. 84/2, fol. 155r–156v, hier fol. 155v. Die enge Verknüpfung aller genannter Elemente diente den Juden dazu, dass des geg[en]theils Antworth unkrefftig und erdichtet, Auch Im grundt der Rechten gahr weder geistlich noch weltlich einig Statuten, kein Krafft, wirkhung oder Bestandt hätten (Zitat Isaak von Nagelsberg an den Kaiser [Praes. undat.b ] in ., J. ., K. 42/1). Schmoll an Kaiser (Praes. 15.7.1585) ct. Grumbach in ., K. 42: wider Gott und alle billichkeit, meines haab und Guets also spolirt, und dan dardurch eusserist verderb und Elend, one alle meine Schult, gerathen und aber in den geschribnen kaij:n Rechten und allen Reichs Ordnungen hailsam und wol fürstelen das niemandt, Er seij christ oder Jud im H. Röm:n Reich, one Recht gelassen, noch von demselb[e]n [. . . ] so aus forcht ainer gefäncknus und deß Todts, zugelüebd, Aijd, und Urpheden gezwungen, von denselben wid[er] absolviert, und zu gebürlichem Rechten gelassen werden soll u. ders. an den Kaiser (Praes. undat.) ct. Grumbach in ., AA, K. 85, fol. 232r–240v, hier 234r; ders. an den Kaiser (Praes. undat.) in SAW, L 2337, fol. 35r–40v, hier fol. 37r: spolierung; ders. an Kaiser (Praes. 15.7.1585) ct. Grumbach in HHSAW, RHR, J. ., K. 42: wid Recht und billigkait auch alle unsere Priuilegien, violenter spolirten; ders. an den Kaiser (Praes. 21.5.1597) ct. Grumbach in SAW, L 2337, fol. 294r–296v, hier fol. 294r; ders. an Würzburger Fürstbischof (Praes. 14.10.1586) in ., A 364; vgl. HHSAW, RHR, R, XVII/1, fol. 64v (18.7.1600) in Causa des Juden Judeus ct. Hans Georg von Fronhofen; Judenschaft von Fulda ct. Stadt Fulda in ., XVI/63, fol. 464r–465r (15.11.1591), hier fol. 464v; Isaak aus Appenfelden an den Kaiser (Praes. 5.11.1601 u. 8.3.1602) in ., J. ., K. 43/1; O, Prozeßverfahren, S. 128; S, Prozessgrundsätze, S. 235 u. Fn. 1044. Vgl. G, Stellung, S. 55f.

4.1 Die Jahre 1576 bis 1603

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Von daher konstruierten die Juden eine für alle verbindliche ,Rechtsgemeinschaft‘74 , in der So wol Juden, Alß Christen [. . . ] bej verstandener billichkeit, und Rechten mit Ernstlicher Administration handt zuhaben seien.75 Das Reichsrecht bot abseits lokalen und regionalen Partikularrechts unter dem Schirm des Kaisers die Grundlage nicht nur für jüdische Rechtssicherheit, sondern auch für Rechtsgleichheit. Ähnlich wie die Juden beriefen sich die Obrigkeiten auf den Billigkeitstopos, sahen diesen aber ausschließlich in ihrer adeligen Existenz begründet.76 4.1.3 Bewertung von reichshofrätlichen Konfliktlösungsmechanismen Zwischen Juden und Obrigkeiten waren einige Elemente der Reichsjustiz und der reichshofrätlichen Konfliktlösungsmechanismen umstritten. Dies betraf die Rolle der Verfahrensart, die Betonung einer tatsächlichen oder fiktiven 74

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76

Vgl. Isaak aus Appenfelden an den Kaiser (Praes. 5.11.1601 u. 8.3.1602) in HHSAW, RHR, J. ., K. 43/1: demnach nun weil Ich Euer Kay[serliche] und Kön[igliche] May[estät] dieses mildtreichsten gemuths weiß, daß Sie Niemanden weder Christen noch Juden wieder die Billigkeit beschweren sondern mennigleich Rechtenß zuuerhelffen pfelgen, so ist an die Selbe Alß meiner hochste mir von Gott furgesetzte weldtliche Obrigkeitt, mein ganz underthenigstes durch Gottes Aller Schöpfer willen, hochst flehendlichistes bitten, und Anrueffen. Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. undat.) als hofrath 2506. in ., K. 42/1 (ebenso in SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6 als 15. bzw. 19.); ders. an den Kaiser (Praes. 25.1.1592) in HHSAW, RHR, J. ., K. 42/1 (ebenso in SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6 als N° 21. bzw. 25.): ainem J[e]den waß Stands der seij Jud oder Crist arm oder reijch. Ebenso Schmoll an Würzburger Fürstbischof (Praes. 19.9.1598) in SAW, L 5328: nun einem Jeden nach dem er sich beschwerdt finde zu Appellirn erlaubt; Schmoll an Würzburger Fürstbischof (Praes. 19.9.1598) in .; ders. an den Kaiser (Praes. 6.9.1598) als .74. ct. Grumbach in HHSAW, RHR, J. ., K. 41; Isaak von Nagelsberg an den Kaiser als Beilage 3 in der kommissarischen Relation in Wolfgang von Hohenlohe vom 15.1.1593 an den Kaiser (Praes. 2.5.1593) in ., K. 42/1 (SALHZAN, W 10, Bü. 95/6 als Hoffrath 2507 8.); Isaak aus Appenfelden an den Kaiser (Praes. 5.11.1601 u. 8.3.1602) in HHSAW, RHR, J. ., K. 43/1. Veit vom Stein an den Kaiser (Praes. 14.4. u. 29.4.1596): Adelichen Ehren, auch Pflichten und Aijden sowie ders. an den Kaiser (Praes. 20.6. u. 25.8.1597), beide in ., K. 42; Aktenrelation in Grumbach vom 16.2.1592 an den Kaiser (Praes. undat.) in ., K. 32: dan Ire Gest. alß ein gefreiter vom Adel der Frenckischen Riterschafft nicht der mainung einem gleich Christen Juden oder wol Türkhen gleid zugeb unnd daß als hiernacher selbsten Prechen oder durch andere Prechen zulaßen; Fränkische Ritterschaft aller sechs Kantone an Kaiser (Praes. 30.10.1601) in Sachen Schmoll ct. Stein in ., K. 42; Veit vom Stein vom 12.7.1595 an den Kaiser (Praes. undat.) in ., K. 42 betont, dass die Klage Schmolls keinesfalls der Erbar und billigkheit gemeß sein könne; Beilage N. Verzeichnis. Waß und wie weit uff deme den 26t Matij Ao 90 zue Tedelbach gehaltennem Commission tag von dem H[erren] subdelegirten zwisch Schmuel Jüd und den Schernauisch Underthanen, verhandelt word in vom Stein an den Kaiser (Praes. 20.6. u. 25.8.1597) in .; Grumbachischer Gegenbericht N°. 4. (Praes. 5.9.1586) in SAW, A 364.

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4. Jüdische Ansichten über Kaiser und Reichshofrat

Rechtshängigkeit an eines der beiden Reichsgerichte, die Frage nach der allgemeinen Prävention von RKG-Causen77 sowie die Beurteilung der von den Juden ausgebrachten Kommissionen. Insbesondere die Betonung der Zuständigkeit des ständischen Reichsgerichts und die Geltung des ordentlichen Prozessverfahrens nehmen in den obrigkeitlichen Supplikationen einen erheblichen Raum ein. In den Causen, in denen die jüdische Prozesspartei vom RKG an den RHR wechselte, beriefen sich die Obrigkeiten strikt auf den heylsamen Weg der Justitien an E[uren] Key[serlichen] May[es]t[ä]t Cam[er]g[erich]t.78 Das RKG sei schließlich bei allen regimenten, beij Churfürsten, fürsten, Grauen, herren, Unnd Andern Obrigkheitten Unnd Gerichtsherren Im Reich Teütscher Nation gebreüchlich und ijeblich herkhommen.79 Für die obrigkeitlichen Prozessparteien stellte das RKG die einzige ordentlichen Instantz dar, die ihnen vermög ReichsOrdnung unnd Constitutionen gepühren80 wollte. Schließlich sei dieses Gericht von Romisch[en] Kaijsernn unnd Konigen, Auch von dem gantzen heijligen Reich, die cum domino Imperatore concurrens Jurisdictio gegeben unnd zugeeignet worden.81 Die Forderungen, dj Sach ad Cameram, da Sy anhengig 77 78

79 80 81

Hierzu einführend S, Zuständigkeit, S. 112–124 u. S, Reichshofrat. Zitat Sybilla Widmann an den Kaiser (Praes. undat.) in HHSAW, RHR, J. ., K. 42/1: Ordenlichem Rechten; Georg Philipp von Berlichingen vom 8.5.1591 an Isaak Juden zu Nagelsberg B 5 in . (ebenso in SAL-HZAN W 10, Bü. 95/6 als 5. bzw. 11.) mit Blick auf sein eigenes Dörzbacher Gericht; Albrecht von Berlichingen an Wolfgang von Hohenlohe (Praes. 23.12.1591) als N: 17: in HHSAW, RHR, J. ., K. 42/1 (ebenso in SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6 als N. 17: bzw. 21.); Steins ct. Schmoll in HHSAW, RHR, R, XVI/65, fol. 5v (3.1.1592) u. ., XVI/73, fol. 225v (14.10.1594); Fränkische Reichsritterschaft aller sechs Kantone vom 1.7.1595 an den Kaiser (Praes. undat.) in ., J. ., K. 42: beij Rechtlichem ordentlichem Proceß; Veit vom Stein vom 12.7.1595 an den Kaiser (Praes. undat.) in ., K. 42; Grumbach vom 13.9.1586 an den Kaiser (Praes. 8.10.1586) in ., K. 43/1; ., R, XVI/80a, fol. 3v–4r (4.1.1596) u. Bescheid in Ca[usa] Hildesheim ct. Hildeshaim in p[unct]o Mandatj die alda außgeschafften Juden betr. vom 25.2.1598 in ., AA, K. 79, fol. 658r bzgl. des Prozesses des Bischofs von Hildesheim ct. die Stadt Hildesheim nach der Vertreibung der dortigen Juden. Konrad von Pappenheim vom 15./25.4.1601 an den Herzog von Württemberg in ., J. ., K. 42. Ders. vom 21.5.1601 an den Herzog von Württemberg in . Grumbach vom 3.10.1586 (a. K.) an Würzburger Fürstbischof (Praes. 13.10.1586) in SAW, A 1369; Abt von Ursberg an den Kaiser (Praes. 14.1.1574) u. ders. an den Kaiser (Praes. 1.8.1575) in HHSAW, RHR, J. ., K. 43/2: wie mir dan der uncost, den ich uff solche Commissions handlungen notwendig anwenden muessen, nit weniger beschwerlich, In ansehung, daß ich, als ein gehorsamer stand des Reichs, mit gemeinen Reichsanlagen, und järlichen underhaltung, E: kay: Mat: und deß hey. Reichs Cammergerichts, auch hoch überlegt und beschwerdt. Zugleich argumentierten die Obrigkeiten mit der Stellung des Kaisers als obersten Gerichtsherrn des RKG, sei doch der Fall am RKG under Ihrer Kaij[serlichen] Ma[es]t[ä]t Namen unnd Secret Außgangen (SAO 20– 42 A Nr. 96, fol. 84v [Zitat], 92r), dessen Jurisdiction in diser sachen damit bestens fundirt sei (Zitat Grumbach vom 13.9.1586 an den Kaiser [Praes. 8.10.1586] in HHSAW, RHR, J. ., K. 43/1: an dero hochloblich Camergericht Rechthengig gemacht unnd also deroselben Jurisdiction praeueniert oder vorkhomen ist; ders. an den Kaiser [Praes.

4.1 Die Jahre 1576 bis 1603

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zuremitiren82 und dessen starken lauff nitt zu sperren83 , sind auf Seiten der Obrigkeiten Legion und gründeten auf der Überzeugung, die der Abt von Ursberg mustergültig formulierte. Er berief sich nämlich darauf, dass er als loyaler Reichsstand eine jährliche Summe in Form des Kammerziehlers an das Reich zur Unterhaltung des RKG abführe und nicht bereit sei, an einem anderen Gericht als diesem zu prozessieren.84 Insofern brachten die Obrigkeiten die Rechtshängigkeit am RKG gebetsmühlenartig vor. Schließlich könne es per rerum naturam nicht anderst sein, dass ein und derselbe Prozess nur In einer Instantz, unnd nicht in unnderschiedlichen gerichten ventilirt werde.85 Der Grundsatz der Prävention stand damit im Zentrum der obrigkeitlichen Argumentation.86

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undat. {1588}] in ., K. 34/2: das Ewr Kay[serliche] M[ajes]t[ä]t die Sachen, beij anhandenden Rechten, an dero kay[serlichen] Cammergericht verbleiben lasßen; Hilmar von Quernheim in ., R, XVI/46, 141v [18.7.1579] sowie dessen Erben in ., XVI/53, fol. 22r [1.3.1585] u. Hilmar von Quernheim am 7.7.1579 an den Kaiser [Praes. 18.7.1579] in ., J. ., K. 43/3). So Sybilla Widmann in ., R, XVI/65, fol. 152r (7.12.1592). Zitat Vogt Widmann in ., XVI/65, fol. 130r (19.10.1592); ., XVI/66, fol. 60r–60v (28.5.1592): p[e]tit acta [die Kommissionsakten samt Bericht des Grafen von Hohenlohe, A. G.] ad Cameram Imperialem remittj u. in Causa Israel von Lübbecke ct. Quernheimer SAO 20–42 A Nr. 96, fol. 85r, 91r. Abt von Ursberg an den Kaiser (Praes. 14.1.1574) in HHSAW, RHR, J. ., K. 43/2: järlich alß ein geringfuegig, Jedoch gehorsam glid, deß heilligen Rö[mischen] Reichs, an underhaltung des kay[serlichen] Cammergerichts, von wege meines Gotzhauß, ein stattlichen uncosten, meines Gotzhaußes geringfuegen einkommen nach tragen mueß, und derowegen mir Pflichten halben nit verandtwurttlich sein will, mich und mein Gotzhauß [. . . ] beschweren zu lassen. Grumbach vom 13.9.1586 an den Kaiser (Praes. 8.10.1586) in ., K. 43/1; ders. vom 13.10.1586 an Würzburger Fürstbischof (Praes. 3.10.1586) in SAW, A 364. Vgl. Johann Gödelmann als Anwalt Hilmar von Quernheims an das RKG (Praes. 10.5.1580) in SAM Q 117, fol. 66r–70v, hier fol. 67v: praeventio Jurisdicionis Sola citatione legitime facta inducitur undt Also in gegen wertiger sach non solum iurisdictio Epi[scopi] sed etiam Jurisdictio caesaris cum camerae concurrens praeuenta sit so soll billich vermog der Rechten, der selbenn lehrer haltung undt ublichen gebrauch des hochloblichen kay[serlichen] Cammergerichts, noch diese sach Alhie [. . . ] Angefangen, verpleiben, undt zue endt gebracht werden; ähnlich Zacharias Koch als Quernheimischer Anwalt in SAO 20–42 A Nr. 96, fol. 86v–87r: Nun weiß E. herr und gst. sich zubescheiden, daß Niemandt befugt, oder bemechtigt lite pendente Auch Ann die kai[serl]j[che] Ma[jes]t[ä]t zue supplicierenn [. . . ] besonders d[as] Jede Processe Ann den Ortt woe sie angefangenn, unableßlich continuiret unnd Ausgefurt werdenn sollenn, Unnd die Sach Jemandt unnderstehett Jemandts à diuersa tribunalj zue ziehen, daß derselbige [. . . ] ernstlich [. . . ] zustraffenn; Vogt Widmann an den Kaiser (Praes. undat.) in HHSAW, RHR, J. ., K. 42/1: die Sach mit ordenlichen rechten mitt mir auszuüben bzw. die Sach mitt Ordenlichen rechten, unnd Insonderheitt an dero hochlöblichen key[serlichen] Cam[mer]g[erich]t alda sie von lengsten recht unnd anhengig gemacht, mitt mir außzuführen und dem Prozess dort Ordenlichen lauff zu lassen; Grumbach vom 13.9.1586 an den Kaiser (Praes. 8.10.1586) in ., K. 43/1; Copia Citationis ad Videndum se relaxari ad effectum agendj vom 18.3.1584 in SAW, L 2337, fol. 14r u. 24r; Grumbach vom 3.10.1586 (a. K.) an Würzburger Fürstbischof (Praes. 13.10.1586) in ., A 1369; HHSAW, RHR, R, XVI/53,

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4. Jüdische Ansichten über Kaiser und Reichshofrat

Das RKG diente den Obrigkeiten als Ausweg, mögliche unliebsame Entscheidungen des RHR oder seiner Kommissionen zu umgehen.87 Deutlich wird dieser Gesichtspunkt im Fall Isaacs von Nagelsberg gegen Hans Widmann und Georg Philipp von Berlichingen. Der ehemalige Vogt hatte sich im Laufe des Prozesses an Albrecht von Berlichingen gewendet, der dem im Fall zuständigen Kommissar meldete, er wolle sich persönlich an den Kaiser wenden.88 Wolfgang II. von Hohenlohe stimmte dem in der Annahme zu, die beiden bezögen sich auf den RHR. Aber anstatt sich an den RHR zu wenden, appellierten beide an das RKG.89 In den Fällen, in denen die Klage an den RHR gelangte, forderten die Obrigkeiten, das Verfahren gemäß des ordentlichen Prozessrechts, d. h. nach den Grundsätzen des Kameralprozesses90 , durchzuführen. Vor allem die häufig beklagten Reichsritter achteten penibel darauf, dass sie als Riterschafft deß Adels, mit Allen kaijserlichen gnaden gewog[en] insbesondere von den kaiserlichen Kommissaren nicht mit praejuditial belästigt würden.91 Insofern beriefen sie die Adeligen auf das herkommen und auf das RKG, deren ortt der Proceßus et stylus Judicalis unserm im Landt zue francken geseßenn92 , also auf Elemente, die ihre privilegierte Position als Reichsritter bzw. als Reichsstand kennzeichneten.93 Vor allem lehnten sie sich an die Bestimmungen der RKG-Ordnung von 1555 an und beriefen sich auf die hier fixierte Austrägalgerichtsbarkeit, die den Kurfürsten, Fürsten, Fürstprälaten, Grafen, freien Herren und Städten das Recht zugestand, am Kaiserhof um die Be-

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fol. 25r (4.6.1586) u. ., XVI/54a, fol. 72r–72v (8.10.1586), 15r (31.1.) u. 33r (19.5.); die Zitation vom 12.12.1578 im Fall Israels von Lübbecke ct. Hilmar von Quernheim in SAM Q 117, fol. 16r–19v. Vgl. bspw. HHSAW, RHR, R, XVII/4, fol. 49v (18.3.1603): Jud Haijm von Fulda q Hannß Georg von Gündelßhaim, wo letzterer nach Anbringung der Klage am RHR wider disen und andere Juden in Camera Citationem ad videndum sc restitui A°p 601 erlangt habe; Kölner Kurfürst Ernst als Bischof von Hildesheim vom 7.7.1598 an den Kaiser (Praes. 5.2.1599) als Priora in ., AA, K. 79/5, fol. 661r–668v, hier fol. 662r. Vgl. Georg Philipp von Berlichingen vom 18.3.1592 an Wolfgang von Hohenlohe (Praes. 22.3.1592) als N: 31: in HHSAW, RHR, J. ., K. 42/1 (ebenso in SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6 als N. 3j. bzw. 34.). Siehe Vertrag A. sowie gräfliche Räte in Weikersheim vom 29.3.1592 als N. 34. in HHSAW, RHR, J. ., K. 42/1 (ebenso in SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6 als N: 34: bzw. 37.). Kurz O, Kameralprozess. Ausführlich S, Reichskammergericht. Veit vom Stein vom 12.7.1595 an den Kaiser (Praes. undat.) in HHSAW, RHR, J. ., K. 42. Fränkische Reichsritterschaft aller sechs Kantone vom 1.7.1595 an den Kaiser (Praes. undat.) in ., K. 42; Abt von Ursberg an den Kaiser (Praes. 1.8.1575) in ., K. 43/2: deß haylligen Reichs austrägen, freyheiten und herkommen; Schriftliche Erklärung Güss von Güssenberg vor der Kommission am 9.1.1691 als Beilage A in der Relation Dietrich von Horbens vom 18.1.1601 an den Kaiser in ., K. 42. Vgl. hierzu einführend am Beispiel des Kanton Kochers der schwäbischen Reichsritterschaft S, Kanton, S. 76–84, zur Rolle des RHR hierbei S. 83f.

4.1 Die Jahre 1576 bis 1603

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nennung eines unparteiischen Kommissars zu bitten, womit in der Regel die eigenen Standesgenossen gemeint waren.94 Diese Art des Prozessverfahrens schien ihnen die einzig adäquate Konfliktform zu sein, die zudem angesichts ihres Ablaufes eine erheblich längere Prozessdauer und somit mehr Möglichkeiten der Prozessverschleppung boten.95 Diese Strategie der Prozessverschleppung verknüpfte sich mit einer Diskreditierung der von den Juden erwirkten Kommissionen. Hier warfen die Obrigkeiten den Juden vor, die Kommissionen nur auf ungleichmeßigen bericht ausgebracht und damit den Kaiser unter Vorspiegelung falscher Tatsachen getäuscht zu haben.96 Die Juden hätten keine Kommissionsbefehle erhalten, wüsste der Kaiser von diesen Vorgängen.97 Diese Argumentation stellte ein gängiges obrigkeitliches Vorgehen dar und transportierte die Nichtakzeptanz der von Juden erwirkten kaiserlichen Kommissionen. Deren Befugnisse wurden zudem als zu weitgehend bewertet98 , da sie ihrer Ansicht nach mit grauamina undt müßuerstände behaftet seien.99 Vor allem 94

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RKG-O  1555, pars. 2, tit. 5, § 1, in: L, Reichskammergerichtsordnung, S. 175f.; O, Auftrag, S. 26f.; M, Entwicklung, S. 17–52; U, Mandatsprozess, S. 70–88; W, Rechtsprechung, S. 97–103. Als adelige Herrschaften des Reichs beriefen sie sich auf ihr Vorrecht auf einen ordenlichen austrag Rechtens. Zitat hier Abt von Ursberg an den Kaiser (Praes. 1.8.1575) in HHSAW, RHR, J. ., K. 43/2; Memorial der Reichsritterschaft in Schwaben Kanton Donau vom 28.10.1601 (Praes. 30.10.1601) in ., K. 42; Güss von Güssenberg an den Kaiser (Praes. 24.11.1601) in .: Sie wöllen die wider mich gefasste ungnadt fallenn, die angelegte Arresta relaxieren mich beij meinen Ordenlichen Rechten, als einen gefreytenn vom Adell des Reichs bleiben lassen; Grafeneck am 24.5.1600 an den Kaiser (Praes. 5.6.1600) in ., K. 41; ders. am 30.5.1600 an den Kaiser (Praes. 11.7.1600) in .; Erben Hilmars von Quernheim an den Kaiser (Praes. 18.2.1583) in ., K. 43/3: mit geburlich und ordenlich Recht; Sybilla Widmann an den Kaiser (Praes. undat.) als N 53. in ., K. 42/1; Grumbach ct. Schmoll in ., R, XVI/53, fol. 50v (8.10.1586); ders. an den Kaiser (Praes. undat. [1588]) in ., J. ., K. 34/2; Alexander u. Veit vom Stein vom 20.7.1591 an Würzburger Fürstbischof (Praes. 1.8.1591) als 58. in ., K. 42; dies. vom 8.12.1593 (a. K.) an den Kaiser (Praes. 4.4.1594) in . Hierzu im weitesten Sinne U, Mandatsprozess, S. 142–146. SAO 20–42 A Nr. 96, fol. 91r (Zitat), 143r; Sybilla Widmann an den Kaiser (Praes. undat.) als N 53. in HHSAW, RHR, J. ., K. 42/1: der Jud naher Prag an E. Keij: Maijtt: houe sich begeben. Keller zu Dettelbach vom 17.5.1590 an Würzburger Fürstbischof (Praes. 18.5.1590) als 34 in ., K. 42. In dieser Perspektive spielte Güss von Güssenberg mit dem Gerücht, Dietrich von Horben habe sich aufgrund des großen Einflusses des Juden u. auf Anraten des kaiserlichen Rats Burkhardt von Berlichingen sowie den frannckhen der Kommission für eigene Zwecke bemächtigt (vgl. ders. an den Kaiser [Praes. 24.11.1601] in .). Ebenso kritisierte er Dr. Johann Heller, welcher Inn unser Landtsort nuhr gar zu wol bekhanndt sei (ders. an den Kaiser [Praes. 24.11.1601] in .). Zitat Vogt Widmann in ., R, XVI/73, fol. 36v (29.12.1594). Für die Obrigkeiten stellten die Kommissionen eine unerorterert handlung, d. h. eine rechtlich nicht abgesicherte Vorgehensweise dar (Zitat Alexander u. Veit vom Stein vom 20.7.1591 an Würzburger Fürstbischof [Praes. 1.8.1591] als 58. in ., J. ., K. 42).

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4. Jüdische Ansichten über Kaiser und Reichshofrat

die vermutete Parteilichkeit der abgeordneten Kommissare sowie deren unrechtmäßiges Handeln wurden kritisiert.100 Vor allem Eingriffe in eigene Herrschaftsrechte durch benachbarte Territorien waren im Rahmen von Kommissionen sehr gefürchtet. Solche Vorgänge riefen bei den betroffenen Obrigkeiten die Sorge hervor, die politische Eigenständigkeit und Reichsunmittelbarkeit könnten in Frage gestellt werden.101 Diese Ängste führten im Einzelfall sogar zu dem Gerücht, Jude und andere Herrschaften agierten im Verbund gegen den adeligen Schuldner.102 Hinweise, man befinde sich im Besitz der lokalen ordenliche[n] Instanz entweder bezüglich des Gerichtszwanges oder des Judenschutzes, waren Legion in den obrigkeitlichen Suppliken. Solche Hinweise verknüpften sich mit der Forde-

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Diese erließen wiederwertige untüchtige urtheil[e], so Buchholz an den Kaiser (Praes. undat. [1602]) in ., K. 8/4; Stein vom 20.7.1591 an Würzburger Fürstbischof (Praes. 1.8.1591) als 58. in ., K. 42: Commissarius gleichsamb Partheijsch gehandelt; No. 2 Declaration und Angehaffte Euentualparition vom 18.9.1600 in Grafeneck am 24.9.1600 an den Kaiser (Praes. 7.10., 8.11. u. 4.12.1600) in ., K. 41. Zudem pressten sie die Beklagten in einen unordenlichen gerichtszwang, vom dem unwiederbringliche gefahr und nachtheil zubesorgen, und zuerwarten sei (vgl. Buchholz an den Kaiser (Praes. undat. [1602]) in ., K. 8/4). So behauptete Güss von Güssenberg, sich einer General Comission ausgesetzt zu sehen, die sich allein seinen Ruin zum Ziel gesetzt habe. Vgl. Güss von Güssenberg an den Kaiser (Praes. 11.4.1601) in ., K. 42. Daher erbat er sich zu unpartheyischem Recht vor Erbarn Leüthen. Zitat HHSAW, RHR, R, XVII/3, fol. 5v– 6r (8.1.1602); Fränkische Reichsritterschaft aller sechs Kantone vom 1.7.1595 an den Kaiser (Praes. undat.) in ., J. ., K. 42; Grumbach vom 13.9.1586 an den Kaiser (Praes. 8.10.1586) in ., K. 43/1 sprach von Schiedts Richtern und schlug Ernst Bischof Wolfgang von Bamberg, Friedrich und Georg von Hohenlohe, Ludwig von Löwenstein-Wertheim sowie Heinrich und Georg von Castell zunächst vor. Später (ders. vom 16.2.1592 an den Kaiser [Praes. undat.] in ., K. 32) nannte er Wolfgang Jakob von Schwarzenberg und Theobald Julius von Thüngen (., R, XVI/63, fol. 271r [26.6.1591]); ., XVI/73, fol. 225v (14.10.1594) in Causa Schmoll ct. Stein; Veit vom Stein vom 12.7.1595 an den Kaiser (Praes. undat.) in ., J. ., K. 42. P, Reichsritter, Sp. 945; P, Reichsritterschaft (b), Sp. 745f. Vgl. Gundelsheim vom 28.12.1602 an den Kaiser (Praes. 7.1. u. 18.3.1603) in HHSAW, RHR, APA, K. 85, fol. 341r–344v, hier fol. 342r, der dem Grafen von Öttingen vorwarf, die Schuldklage dazu zu verwenden, mit der Beschlagnahmung seiner Güter weniger die Ziele des Juden zu verfolgen, als vielmehr ihn, Gundelsheim, in den Ruin zu stürzen, was wohl auch zutraf, da auch der Jude sich über den Grafen beschwerte, er lasse ihn nicht zu seiner Immission kommen (vgl. Haim an den Kaiser [Praes. 11.4.1603] in ., fol. 348r–353v, hier fol. 350v). In ähnlicher Weise kolportierte Grafeneck, Seligmann und der Württemberger Herzog steckten unter einer Decke, erhielt ersterer doch vom letzteren sogar einen fürstlichen Anwalt gestellt. Grafeneck malte ein von den württembergischen Kommissaren ausgehendes Bedrohungsszenario aus, die auf Seligmanns Vorbringen eine ganze hurdt wiehes, bey hellem nachmittag, Angesichts meiner Augen Ab der ordenlichen Weydt, hinüber gehn Güssenberg getrieben hatten und warf ihnen vor, dass sie ihn bei den Kommissionsverhandlungen prinzipiell nit gern heren wöllen. Aus forcht vor weiteren Übergriffen der württembergischen Kommissare musste er dann dem bezwungenen Vergleich schließlich zustimmen (vgl. Grafeneck am 30.5.1600 an den Kaiser [Praes. 11.7.1600] in ., J. ., K. 41).

4.1 Die Jahre 1576 bis 1603

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rung, der RHR möge den Fall an die eigene obrigkeitlichen Gerichtsinstanzen remittieren.103 In den Causen Schmolls schwangen ähnliche Ängste auf Seiten der fränkischen Reichsritter Grumbach, Stein und Seckendorff mit. In diesen Causen wurde schließlich der Würzburger Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn mehrmals zum Kommissar ernannt. Tatsächlich bemühte sich Julius Echter schon frühzeitig um die Inbesitznahme der Güter Konrads von Grumbach.104 Das potenzielle Risiko einer Instrumentalisierung der für den Juden Schmoll erlassenen Kommission im Rahmen fürstbischöflicher Interessen brachte Grumbach selbst zum Ausdruck, als er den RHR bat, ihn mit diesem verdechtigen Comissario nit zubeschwern.105 Grumbach witterte 103

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Zitat Herzog von Württemberg gegenüber Seligmann ct. Enzlin in ., R, XVII/3, 28 (15.2.1602) (Zitat ebd.); ., XVI/52a, fol. 524r (10.1.1586): nobiles petut Juden in 1.a Instantia an sj zuweisen; Konrad von Pappenheim vom 21.5.1601 an den Herzog von Württemberg in ., J. ., K. 42. Alexander u. Veit vom Stein forderten den Bischof von Würzburg auf, dem Juden den Weg nach Prag abzugraben und ihn an sie als Herrschaft der Schernauer Untertanen zu verweisen (vgl. dies. vom 6.1.1591 [a. K.] an Würzburger Bischof [Praes. 19.1.1591] als 46. in .). Vgl. ., R, XVII/4, fol. 48v (18.3.1603) in Causa Seligmann ct. Berlichingen, wo letzterer die Remittierung an den Obersthofmarschall forderte. So betonten die Güss von Güssenberg, die von Wittstatts und die von Buchholz, dass sie als Mitglieder der freien Reichsritterschaft in Schwaben nicht gewillt seien, sich dem pfälzischen Landrecht zu unterwerfen; Buchholz an den Kaiser (Praes. undat. [1602]) in HHSAW, RHR, J. ., K. 8/4 u. Jacob an den Kaiser (Praes. 4.3.1598) ct. Güss von Güssenberg in ., K. 43. Die Gründe für ein solches Verhalten lagen für die Adeligen auf der Hand, würden sie doch mit ihren frey Adelichen stuckhen und güetern In ein frembde Jurisdiction und Gerichtszwang, dardurch [...] eingezogen und verhafft werden, welches dann unß zuuorderst gägen E[ure] kay[serliche] May[estä]t dann auch der Loblichen freyen ReichsRitterschafft im Landt zu Schwaben, alles welchen wür immediaté ainzig und allein verpflicht und zugethan, kheinesweegs verantwortlich, Allso sindt wür hochnottrunglich zur conseruation und erhaltung unserer Adelichen freyheiten und bässern Rechtens (Zitat Buchholz an den Kaiser [Praes. undat. {1602}] in ., K. 8/4; Georg Philipp von Berlichingen an den Kaiser (Praes. undat.) in ., AA, K. 84/2, fol. 280r–281v, hier .; ders. an den Kaiser (Praes. undat.) in ., fol. 302r–306v, hier fol. 305r u. ., fol. 305v: Solches gereicht zu abstellung schädlicher Rebellion und aufwicklung, aufrechterhaltung der Obrigkheit Reputation, und schuldigen gehorsambs. In ähnlicher Weise äußerte sich von Gundelsheim, dass er sich in erster Instanz auf einen Prozess vor dem Ansbacher Markgrafen und den Grafen von Öttingen Alß [...] ein freyer vom Adel in praeiudicium priuilegiate et ordinarij [...] nicht einlassen könne. Zitat Gundelsheim vom 28.12.1602 an den Kaiser (Praes. 7.1. u. 18.3.1603) in ., K. 85, fol. 341r–344v, hier fol. 341v. Bereits in den 1580er Jahren versuchte Julius Echter im Rahmen seiner antiritterschaftlichen Politik die Zent- und Halsgerichtsbarkeit in den Grumbachischen Gütern Niederbleichfeld, Schwanfeld u. Berchtheim für sich zu beanspruchen. Vgl. den Bericht des Fürstbischofs vom 24.5.1586 an den Kaiser als 205 in ., R, K R, K. 541, fol. 142–147v. Siehe den Bericht des Fürstbischofs vom 24.11.1586 an den Kaiser in ., fol. 149r–164v, wo er Rimpar, Niederpleichfeld, Berspach und Burg Grumbach als dem Zent Estenfeld zugehörig bezeichnet, was wiederum seit 1427 zu Würzburg gehöre. E., RHR, R, XVI/53, fol. 50v (8.10.1586). Auch die Reichsritter Alexander und Veit

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4. Jüdische Ansichten über Kaiser und Reichshofrat

die von einer vom Fürstbischof geleiteten Kommission ausgehende Gefahr. Schließlich sei es doch so, dass der Fürstbischof nach seiner Herrschaft trachte und seine Rechte immer wieder störe, so dass dieser als Judicem Suspectum vom Fall abgezogen werden müsse.106 Er verwies darauf, dass ihm und seiner Familie seit einem Privileg Kaiser Karls V. der Gerichts Zwang zu Rimpar allein gehöre und der Fürstbischof sich hierin nicht einzumischen habe.107 In der Tat scheint der Druck Würzburgs derart hoch gewesen zu sein, dass der Reichsritter unmittelbar vor dem Erlass der Kommission nach Straßburg floh.108 Im Prozess Schmolls gegen die Brüder vom Stein bemühten sich Letztere einerseits, den Kaiser und den Würzburger Fürstbischof mit Hilfe des Markgrafen von Brandenburg-Ansbach als weiteren Lehnsherren auszuspielen.109 Andererseits forderten sie aber die Remittierung an die eigene Instanz.110 Schließlich besäßen sie Recht und gericht 111 , also die jurisdiktionelle Oberhoheit. Der Erlass einer Kommission auf den Würzburger Fürstbischof erweckte demnach die Angst, die eigenen Herrschaftsrechte könnten in Frage gestellt werden. Die beklagten Obrigkeiten kritisierten die jeweiligen Aufgaben der kaiserlichen Kommissionen, indem sie diese als wenig eindeutig oder gänzlich unklar bezeichneten. Hierdurch stellten die Obrigkeiten zugleich die kaiserlichen Kommissionen an sich in Frage.112 In der Regel betraf diese

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vom Stein erbaten mit Blick auf den Würzburger Fürstbischof einen neuen unparthaischen Comissarium (vgl. ., XVI/73, fol. 225v [14.10.1594]). Grumbach vom 13.9.1586 an den Kaiser (Praes. 8.10.1586) in ., J. ., K. 43/1: Der Fürstbischof habe seine Herrschaftsrechte als posses turbirt unnd molestirt. Daher müsse er ihn in diser sachen [. . . ] für suspect achten. E.: Als ob der Jurisdiction unnd d imperium zu Rümpar nicht mir, sondern dem stifft Würzburgkh, unnd desselben ijezregierenden herrn Bischoff zustendig sein solt; Grafeneck am 30.5.1600 an den Kaiser (Praes. 11.7.1600) in ., K. 41: Allß sollte ich damit in die fürstliche Württembergisch Obrigkeit gegriffen, und die selbige turbiert haben; vgl. Gundelsheim vom 28.12.1602 an den Kaiser (Praes. 7.1. u. 18.3.1603) in ., AA, K. 85, fol. 341r–344v, hier fol. 342r. Vgl. Schmoll an Würzburger Fürstbischof (Praes. 18.7.1598) ct. Grumbach in SAW, L 2337, fol. 314r–316v, hier fol. 314r u. 315r. Dieser müsse als Dominum territorij mit in die Sache einbezogen werden. Zitat Veit vom Stein an den Kaiser (Praes. 14.4. u. 29.4.1596) in HHSAW, RHR, J. ., K. 42. Veit vom Stein vom 2.9.1587 (a. K.) an Fürstbischof von Würzburg als 10 in . Seckendorffs vom 25.8.1585 an Würzburger Fürstbischof als 3. in ., D. ., K. 177, fol. 386r–387v. Siehe zu solchen Kommissionen O, Auftrag, S. 107f. sowie ., Kommissionen; ., Reichshofrat. Alexander und Veit vom Stein forderten bspw. die Aushändigung des Kommissionsschreibens. Dieses wurde ihnen vom Würzburger Fürstbischof mit Verweis auf dessen Inhalt verweigert, sei ein solches Vorgehen im besagten Kommissionsauftrag schließlich nicht explizit vermerkt. Infolgedessen negierten die vom Stein die kommissarische Legitimität. Vgl. Beilage .T. Missiue Copia An den H. Bischoffen zu Wurtzburg in Schmull Judens sachen abgangen sub dato 15. Aprilis Anno 92 in Alexander u. Veit vom Stein an den Kaiser (Praes. 20.6. u. 25.8.1597) u. Beilage .V. Copia missiu

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Problematik vor allem die Formulierung zur Güte, welche den Kommissaren ein flexibles Instrumentarium zur Beilegung des Streites im Rahmen einer Vergleichsfindung eröffnen sollte. Sie wurde von den Obrigkeiten zumeist als zu unspezifisch angesehen und daher abgelehnt. Für viele von ihnen äußerte sich die Güte maximal im freiwilligen Erscheinen bei den Kommissionsverhandlungen. Ein weiteres Einlassen auf eine durch einen Juden ausgebrachte Kommission erschien ihnen ausgeschlossen.113 Generell verwiesen die Obrigkeiten im Rahmen kaiserlicher Kommissionen daher auf die notwendige Geltung des ordentlichen Prozessrechts gemäß der RKG-Judikatur oder boykottierten die Kommissionsverhandlungen vollständig.114 Die klagenden Juden forderten einen summarischen Proces.115 Er ermöglichte ihnen eine schnelle und effiziente Klärung einer Rechtsstreitigkeit.116 Sie achteten penibel darauf, dass ein als summarischer Prozess vom RHR in Angriff genommener Fall auf diesem Wege weiter verhandelt wurde. Zusammen mit den umfassenden kaiserlichen Befehlen versprach die relative Flexibilität des RHR-Verfahrens schnelle Rechtshilfe. In diesem Umstand drückte sich das Bewusstsein der jüdischen Kläger über die flexiblen Konfliktrege-

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Schreibens an H. Bischoff zu Wurtzb: In Sachen Schmull Judens De dato 27. Aprilis Anno. 92. in HHSAW, RHR, J. ., K. 42; Veit vom Stein vom 15.4.1592 a. K. an Bischof (Praes. 28.4.1592) sowie Bischof vom 7.9.1592 an Alexander u. Veit vom Stein in SAW, L 5328 sowie Bischof vom 11.5.1592 an dies. in HHSAW W, RHR, D. ., K. 177, fol. 334r–335v, hier fol. 334r. In der Causa Israel von Lübbecke ct. Hilmar von Quernheim bzw. dessen Erben stritten letztere, obwohl der RHR gemäß der Bitte Israels die Kommission hier für eingerichtet hatte, mit Bezug auf den Begriff zur Güte die Rechtmäßigkeit einer Urkundenkollationierung und Zeugenbefragung ab. Sie forderten die Kommissare auf, inter limites mandatj [zu] pleiben (SAO 20–42 A Nr. 96, fol. 123v, Zitat ebd.); Schriftliche Erklärung Güss von Güssenberg vor der Kommission am 9.1.1691 als Beilage A in der Relation Dietrich von Horbens vom 18.1.1601 an den Kaiser in HHSAW, RHR, J. ., K. 42, wo Güss meint, die personliche comparation sei wieder tenorem commissionis; Anwalt Johann Gödelmann für Hilmar von Quernheim an das RKG (Praes. 10.5.1580) in SAM Q 117, fol. 68r u. 69r. Fränkische Reichsritterschaft aller sechs Kantone vom 1.7.1595 an den Kaiser (Praes. undat.) in HHSAW, RHR, J. ., K. 42; SAO 20–42 A Nr. 96, fol. 48v–49r, 93r– 93v, 102r. Israel von Lübbecke an den Kaiser (Praes. 30.3.1582) in HHSAW, RHR, J. ., K. 43/3; vgl. Schmoll an Würzburger Fürstbischof (Praes. 11.6.1591) als 55. ct. Stein in ., K. 42: der Fürstbischof möge die Angelegenheit gänzlich od durch summarischen proces entscheiden; Simon von Günzburg an den Kaiser (Praes. 17.3.1574), ders. an den Kaiser (Praes. 18.3.1574); ders. an den Kaiser (Praes. 3.11.1574) ct. Abt von Ursberg in ., K. 43/2. Abraham u. Liepmann Fänklein sowie Mändlein an den Kaiser (Praes. 21.11. u. 26.11.1601) in ., AA, K. 85, fol. 249r–251v, hier fol. 249r u. Seligmann an den Kaiser (Praes. undat.) in ., J. ., K. 41; Israel von Lübbecke an den Kaiser (Praes. 30.3.1582) in ., K. 43/3 u. ., R, XVI/1, fol. 370v (26.3.1582): schleinigen Proceß; Schmoll an den Kaiser (Praes. 6.9.1598) als .74. ct. Grumbach in ., J. ., K. 41; ders. an den Kaiser (Praes. 15.12.1589) ct. Grumbach in .

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lungsmechanismen auf Seiten des RHR aus.117 Die Absicht der klagenden Juden zielte klar darauf ab, dass mehrere weitlaüffigkeijt vermitten pleibenn sollten, womit eine dezidierte Ablehnung des am RKG üblichen ordentliche Prozessverfahrens verbunden war.118 Auf dieser Basis kritisierten die meisten Juden die Wendungen ihrer obrigkeitlichen Prozessgegner an das RKG119 als mit der Würde des RHR unvereinbar. Die Juden sahen in solchen Vorgehensweisen ganz klar die obrigkeitliche Absicht, einen möglichst schnellen Prozessausgang am RHR zu verhindern.120 Damit stand der Vorwurf im Raum, die obrigkeitlichen Prozessgegner beabsichtigten eine vorsätzliche Verschleppung kaiserlicher Rechtsprechung.121 Die Arbeit des RKG brandmarkten die Juden als langsam und ineffizient. In den Fällen, in denen sie sich vom RKG an den RHR wandten, beschwerten sie sich über die Langsamkeit des am ständischen Reichsgericht geübten ordentlichen Verfahrens.122 Im Fall Israels von Lübbecke können diese Zusammen117

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Seligmann aus Brenz bspw. befürchtete, dass die während seiner Abwesenheit aus Prag befohlene Verweisung seines Falles an den Geheimen Rat mit der Fürsprache des Reichspfennigmeisters Zacharias Geizkoflers für seinen Prozessgegner Güss von Güssenberg zu tun habe und aus politischen Gründen nun ein negativer Ausgang des Falles zu befürchten stünde. Vgl. ders. an den Kaiser (Praes. undat. [1601]) ct. Güss von Güssenberg in ., K. 42. Zu Geizkofler vgl. S, Reichspfennigmeister. Isaak von Prag an den Kaiser (Praes. 16.8.1590) als 1114 in HHSAW, RHR, D. ., K. 177; Seligmann an den Kaiser (Praes. 21.3.1600) in ., J. ., K. 41: Weitlauffigkeit rechtlicher Process; Schmoll an den Kaiser (Praes. 6.9.1598) als .74. ct. Grumbach in . Vgl. bspw. Buchholz an den Kaiser (Praes. undat. [1602]) in ., K. 8/4, wo sie von ihrer Appellation an das RKG in ihrem Prozess gegen Jacob berichten. Sie redeten daher vom ausfluchtigen Umtrieb (Zitat Simon von Günzburg an den Kaiser [Praes. 2.10.1576] u. ders. an den Kaiser [Praes. 3.10.1576] ct. Adelmann von Adelmannsfelden in ., K.43/2), mutwilligen Verzug (Seligmann vom 15.2.1601 an den Kaiser [Praes. 23.2.1601] ct. Güss von Güssenberg in ., K. 42) oder von der obrigkeitlichen Absicht, den Prozess uf die lange Banck zuefugen (ders. an den Kaiser [Praes. 19.7.16002] ct. Grafeneck in ., K. 41); Jacob an den Kaiser (Praes. 8.3.1601) ct. Wittstatt in ., K. 43/1: die sach [gem. ist der Konflikt zw. Pfalz-Neuburg und von Wittstatt, A. G.] dahin spilen, unnd Inn ein solchen langwirdigen Proceß rechten khundt. In Seligmann an den Kaiser (Praes. 4.3.1598) ct. Güss von Güssenberg in ., K. 43 urteilt er über das RKG: daselbsten Ich. Unnd vermutlich meine Kinder, Von wegen uberheüffter Sachen, keines ausganngs, dießer Interlocutorj, will geschweigen der Hauptsach, Nymmermehr erleben werden. Deutlich sahen sie hierin die Gefahr, den Kaiser zu umgehen und ihre Rechtsprechung mit vielen Langen umbtrieben und verwaigerung zu entkräften. Zitat hier Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. undat.b ) in ., K. 42/1; Schmoll an Würzburger Fürstbischof (Praes. 20.8.1587) als 5 ct. Stein in ., K. 42; Israel von Lübbecke, Claus Horn, Johann Wilken und Dirk Josten an den Kaiser (Praes. 28. und 30.3.1582) u. ders. an den Kaiser (Praes. 2.4.1582) in ., K. 43/3. Den Obrigkeiten warfen sie vor, mit fürsetzlicher gefaehrlicher weise den langwierige[n] Rechtliche[n] Proceß herauszufordern, um sie als Kläger beschweren zu können (Schmoll an den Kaiser [Praes. 3.1.1592] als 2713 in ., K. 42). Daher betonten sie, dass sie keinesfalls an deroselben Cammergericht wegen gleich[er]

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hänge mustergültig abgelesen werden. Durch den Vorwurf, die Gegenpartei spanne das ständische Reichsgericht zum Zweck der Justizverzögerung ein und das RKG lasse sich ein solches Vorgehen auch noch gefallen, beabsichtigte Israel, den Prozess vom Kaiser durch eine Kommission an den RHR zu ziehen und endgültig in seinem Sinn regeln zu lassen. Israel instrumentalisierte den RHR damit nicht nur in seinem Interesse, sondern schien ihn als Personifizierung des Kaisers geradezu als ein effektives und effizientes Aufsichtsorgan gegenüber dem RKG zu bewerten.123 Der Jude nahm somit an, der Kaiser könne jederzeit von seinem Avokationsrecht gegenüber dem RKG Gebrauch machen und setzte dieses Argument in offenherziger Weise gegenüber dem RHR ein. In ähnlicher Weise argumentierten viele Juden in der Hoffnung, RKG-Urteile am RHR einer Revision unterziehen zu können.124 Gleichzeitig konnte mit dem soeben skizzierten Vorgehen gleichwohl die Leugnung eines von den Juden selbst am RKG angebrachten Prozesses einhergehen, wenn er sich an den RHR wendete.125 Obrigkeitliche Hinweise auf die Präventionen am RKG bezeichneten die Juden in solchen Fällen als hinfällig, da ihre Gegner dem RKG Informationen über die Rechtshängigkeit des Falles in Prag vorenthalten hatten. Dieser Umstand lief somit auf den Vorwurf der Rechtsbeugung hinaus.126 Implizieren diese Ausführungen auf Seiten der Juden eine tendenzielle Ne-

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administrierung der Justicien ainigs müeßtrauen gehabt, wie es Schmoll an den Kaiser (Praes. 6.9.1598) als .74. ct. Grumbach in ., K. 41 tat: ainen langwürigen Proceß [. . . ] umbgehen unndt beij Ewr Mt: selbst schleiniger Justicien ehrlangen mocht; Israel von Lübbecke an den Kaiser (Praes. 30.3.1582) in ., K. 43/3. Vgl. hierzu S, Reichshofrat, S. 28–30. Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. undat.b ) in HHSAW, RHR, J. ., K. 42/1: und lenger den Jar und tag frist darzu gehapt, Aber sie E[urer] Röm[ischen] Kay[serlichen] May[estä]t geflohen und dem herzogen zu Württenberg Angelauffen, nachmal E[ure] Röm[ische] Key[serliche] May[estä]t hochlöblich Cammergericht, zu Speyer, ersucht, und vermeint ein Inhibition Auf zu bringen, und mich aus meiner Rechtmessigen und wolbefugten possession zu treiben; Schmoll an den Kaiser (Praes. 6.9.1598) als .74. ct. Grumbach in ., K. 41. Zum Avokationsrecht P, Justizverweigerung, S. 36–46 u. S, Zuständigkeit. Jacob meinte mit Blick auf diesbezügliche Hinweise seiner Prozessgegner, dass sein widerpartt [. . . ] die Ausflucht gesucht, die Sach sei durch eine Appellation an E[eure] kay[serliche] M[ajestä]t Camergericht anhengig, Inn dem sich die Frau aber großlich Irren thut; Zitat hier in Jacob an den Kaiser (Praes. 8.3.1601) ct. Wittstatt in ., K. 43/1. Israel von Lübbecke bestritt während der gesamten Verhandlung vor dem RHR und der späteren Kommission, sich überhaupt jemals auf einen RKG-Prozess eingelassen zu haben, sondern verwies auf Abraham Isaak und den Mindener Bischof, gegen die die Quernheimer in Speyer klagten (SAO 20–42 A Nr. 96, fol. 72r–72v, 75v). So berichtete Schmoll, dass von Grumbach mit ihm einen langen process [. . . ] ahnzufangen gedacht, und derowegen Zue Speur beij Ir[e] m[ajestät] und deß Heijlligen Rommischen Reichs Cammer Gericht aine Citation wid mich außbracht, von deme aber, daß die Sach bej Euer Kaij[serliche] Ma[jestät] ehe ahnhengig unndt ahngenommen worden, gantz still geschwigen (Zitat Schmoll an den Kaiser [Praes. 6.9.1598] als .74. ct. Grumbach in HHSAW, RHR, J. ., K. 41).

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gativbewertung des RKG, so drückt sich hierin jedenfalls ihr absolutes Vertrauen in das kaiserliche Gericht aus. In dieser Perspektive erscheint der RHR als Institution des Kaisers in der Funktion einer obersten Revisionsinstanz. Er nahm eine Stellung als Korrektiv für unliebsame Entscheidungen am ständischen Reichsgericht ein. Damit war er als Gericht des Reichsoberhauptes in den Augen der Juden dem RKG übergeordnet. Die Juden sahen ihre Ansprüche zudem ausschließlich im Rahmen einer Kommission durchsetzbar, zumal dann, wenn diese nach dem summarischen Verfahren ablief.127 Beide Elemente wurden in ihrer Verschränkung128 als flexible Instrumente betrachtet, die eigenen Ziele effektiv verfolgen zu können.129 Simon von Günzburg benannte die hohe Relevanz und Effektivität solcher Kommissionen explizit, wenn er in seiner Supplikation ausführte, dass es ihm wenig ratsam erscheine, von E[urer] Kay[serlichen] M[ajes]t[ä]t Allergnedigsten Comission abzuweichen, oder dero zubegeben, dann mir dardurch ohne allen zweiffl, zu förderlicher gerechtigkhait und was ich befuegt, mit wenigen uncosten geholffen werden khan unnd mag, unnd um dises sovil Eher sein wurckliche Execution und volziechung Errathe.130 Die Juden bewerteten kaiserliche Kommissionen sowie die Arbeit der Kommissare allein im Hinblick auf die Ansprüche des Klägers. Der Kaiser besaß ihrer Meinung nach das Recht, zu jedem beliebigen Zeitpunkt Kommissionen einzusetzen.131 Zum einen habe er aus von Gott verliehenem Hohen verstand und gerechte Uhrtheil die Kommissionen verordnet.132 Zum anderen seien für sie die kaiserlichen Vertreter vor Ort SchiedtsRichter des Reichsoberhauptes und daher mit kayserlicher vollkommenheit, macht und gewalt133

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Schmoll brachte diese Zusammenhänge unter Berücksichtigung obiger Aspekte ausführlich zum Ausdruck, sei doch die kaiserliche Kommission dazu da, uns die Partheien auf zumbliche bedenkliche weg, in der güette zu vergleichen und zwar auf dem Wege eines schleünigen des heij[ligen] Reichs ordnungen gemeßen Summarisch Process (vgl. Schmoll an Würzburger Fürstbischof [Praes. 12.8.1591] als 59. ct. Stein in HHSAW, RHR, J. ., K. 42, Zitat .). Zitat ., R, XVI/1, fol. 370v (28.3.1582) u. Israel von Lübbecke an den Kaiser (Praes. 30.3.1582) in ., J. ., K. 43/3; Würzburger Fürstbischof vom 19.1.1590 an Veit u. Alexander vom Stein als 23. in ., J. ., K. 42: Schleünigen Rechtlich Proceß. Folglich sahen sie in den Kommissionsaufträgen eine Chance auf eine fruchtparliche würckung. Zitat hier Simon von Günzburg an den Kaiser (Praes. 3.10.1576) in ., K. 41 ct. Abt von Weingarten; Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. 25.1.1592) in ., K. 42/1 (ebenso in SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6 als N° 21. bzw. 25.); Schmoll an Würzburger Fürstbischof (Praes. 19.4.1591) als 50. ct. Stein in HHSAW, RHR, J. ., K. 42; ders. an den Kaiser (Praes. 4.6.1592) ct. Stein in .: schleuniger Execution. Simon von Günzburg an den Kaiser (Praes. 3.11.1574) ct. Abt von Ursberg in ., K. 43/2. SAO 20–42 A Nr. 96, fol. 49r–50r, hier 49v, Zitat fol. 14v; Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. undat.b ) in HHSAW, RHR, J. ., K. 42/1. Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. undat.b ) in . Simon von Günzburg an den Kaiser (Praes. 3.11.1574) ct. Abt von Ursberg in .,

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ausgestattet.134 Zu dem skizzierten Gleichklang von Gott und Kaiser in der Rechtsfindung gesellte sich nun bei den Juden der Kommissar als direkte Personifizierung des Reichsoberhauptes.135 Ihre Wirksamkeit erhielten die Kommissionen in den Augen der Juden direkt vom Kaiser, dessen Macht und Autorität sich auf die Kommissare übertrug. Das verpflichtete die Kommissare aber zugleich gegenüber dem Reichsoberhaupt.136 Isaak von Nagelsberg bspw. koppelte die Tätigkeiten des Kommissars direkt an die Person des Kaisers, sei Letzterem doch wol bewüst daß euer gnad[en], alß ain ganz wijt und hoch berümbter frumer graf und her auch dessen gemüts ainem J[e]den waß stands der seij Jud oder Crist arm oder reijch, zu aller billichkaijt zu verhelffen geflissen und genaigt seijn, Dessenhalben E[uer] Gn[aden] aller gnedigst, an statt Irer keij[serliche] Maij[estä]t hier Inne erweldt, und Vollmechtig gewaldt unnd Crafft geben nit daß meinig, allß wid[er]umb erkannd, [. . . ] beuohlen.137 Kommissionen dienten damit aus

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K. 43/2; Schmoll an den Kaiser (Praes. undat. [1588]) ct. Stein in ., K. 42: fursten Alß delegato von Eur Matt. Schmoll an den Kaiser (Praes. undat.) in ., AA, K. 85, fol. 232r–240v, hier fol. 237r u. ders. an den Kaiser (Praes. 15.7.1585) ct. Grumbach in ., J. ., K. 42 spricht von der kaiserliche[n] Authorität. Schmoll an Würzburger Fürstbischof (Praes. 19.4.1591) als 50. ct. Stein in .: dieweil Ich dan nechst Gott und kaij: Maijtt, Niemandt den E. F. G. als verordneten Kei[serl]j[chen] Commissarium umb verhelffung, weis anzuruff ; ders. an den Kaiser (Praes. 28.8.1598) ct. Grumbach in SAW, L 2337, fol. 328r–330v, hier fol. 329r: einen Loblichen berümbten der gerechtigkeit heldtfertigen furstem des Reichs, Zu Irem Comissario unnd Executorj. Nach Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. 25.1.1592) in HHSAW, RHR, J. ., K. 42/1 (ebenso in SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6 als N° 21. bzw. 25.) handelt der Kommisar durch got und seiner gerechtikhaijt und noch dem durch deren romischen kaij: maij: macht und gewaldt willen sowie aus Gotesß gnad begabte hochen verstandt; eben in dieser Perspektive forderte Isaak Wolfgang von Hohenlohe auf, nicht aus dem Kommissionsauftrag zu schreijten und mir daß Jenig[,] so mir mit Urtheijl und recht erkendt worden[,] on allen lengeren Verzug eijn raumen und eijn antwurten lossen[,] von ligende und farende hab[,] von dem klainsten biß auf daß gröste[,] biß ich vergenigt und bezalt werdt und f. g. von dem selbigen nit ab weijssen lossen[,] eß seij gleichen durch Curfürsten fürsten herrn oder waß stends und wesenß die seij[,] fürpit und fürschrifften nit an sehen, mir an meiner gerechtigkhait etwas nemen lassen oder lenger ufhalten und umbtreijben lossen, wie dan kaijserliche beuelch lauter und klar scheuen und auß weijssen thut (Zitat Isaak von Nagelsberg an Wolfgang von Hohenlohe [Praes. 28.3.1592] als N: 33: in HHSAW, RHR, J. ., K. 42/1 [ebenso in SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6 als N. 33. bzw. 36.]); ders. an Wolfgang von Hohenlohe (Praes. 6.4.1592) als N: 37: in . (ebenso in SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6 als N. 37. bzw. 40.). Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. 25.1.1592) in HHSAW, RHR, J. ., K. 42/1 (ebenso in SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6 als N° 21. bzw. 25.) u. ders. an Wolfgang von Hohenlohe (Praes. 6.4.1592) als N: 37: in . (ebenso in SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6 als N. 37. bzw. 40.); Schmoll an Würzburger Fürstbischof (Praes. 28.4.1592) in HHSAW, RHR, D. ., K. 177, fol. 337r–338v, hier fol. 337v. Ähnlich sah die Interpretationslinie Israels von Lübbecke aus, der den Kommissionsauftrag als eine dezidiert vom Kaiser allein für sein Anliegen ausgebrachte omnipotente Hilfestellung deutete. Die

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jüdischer Sicht für die würrckliche Vollziehung des ordenlichen Einsatz und Erlangter Gerechtigkhait 138 und fungierten als ein allumfassendes kaiserliches Klärungs- und Exekutionsinstrument. Der letztgenannte Aspekt galt für einige Juden interessanterweise auch dann, wenn offiziell gar keine Kommission erlassen worden war.139 Insofern bestätigt sich der personale Charakter kaiserlicher Gnadenverfügungen und Befehle als Mittel schneller Rechtshilfe am Beispiel der Kommissionen.140 Tatsächlich sahen die Kommissare diesen Zusammenhang ähnlich und bemühten sich, ihrer Verantwortung gerecht zu werden.141

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Kommissare hatten nach Israels Ansicht vom Kaiser vollmaß und gewalt genugsamb verliehen bekommen, um für seine Sache einzutreten (SAO 20–42 A Nr. 96, fol. 44r– 45r [Zitat], 72, 77v, 94v–95, auf fol. 113 betont er, die Kommissare besäßen maaß und macht); Schmoll an Würzburger Fürstbischof (Praes. 11.1.1590) als 21. in HHSAW, RHR, J. ., K. 42. Simon von Günzburg an den Kaiser (Praes. 2.10.1576); ders. an den Kaiser (Praes. 3.10.1576) ct. Adelmann von Adelmannsfelden in ., K. 43/2; ders. an den Kaiser (Praes. 5.8.1577) in . bittet: Alle unnd jede des Adelmanns seligen-erlaßnen hab unnd guettern. Als mein verschribung Under-Ziel: Immission pfandt, Immitier, Einsatz, Auch darbey würcklich hanndt haben, schuzen und schirmen. Diese Interpretation kaiserlicher Kommissionen und der ihnen zugeschriebenen Effektivitätsmöglichkeiten erklärt den Umstand, warum Schmoll den Fürstbischof seit Prozessbeginn am RHR 1585 als vom Kaiser bestellter Kommissar behandelte, obgleich der RHR nur eine Fürschrift zwecks Justizbeförderung an den Fürstbischof gegenüber seinen Lehnsleuten Alexander und Veit vom Stein hatte abgehen lassen. Obgleich zu diesem Zeitpunkt noch gar kein kaiserlicher Kommissionsauftrag vorlag, hielt Schmoll den Fürstbischof als Auß habenden kai[serl]j[chen] Maij[estä]t macht und furstlichenn gewalt zu einem strikteren Vorgehen gegen die vom Stein im Sinne eines Kommissars an (Schmoll an Würzburger Fürstbischof [Praes. 11.7.1588] als 18. in ., K. 42). Vgl. ders. an Würzburger Bischof (Praes. 5.9.1585) in SAW, L 2337, fol. 52r– 53v, Zitat fol. 52v. Er sprach den Fürstbischof als Kommissar mit der Bitte an, er solle sich der kaijserlichen Comission gnedig und für sich selbsten Irer Landtfürstlichen Authoritet gnedig gebrauchen (.). Schmoll an den Kaiser (Praes. 15.7.1585) ct. Stein in ., K. 42, wo der Jude allgemein von mittel und Weeg spricht, Alexander u. Veit vom Stein mit Ernst dazu halten und treiben zu wollen. Vgl. ders. an Würzburger Fürstbischof (Praes. 11.7.1588) als 18. in . Den Kommissionsauftrag als Commißio zur güet und Recht zwischen Schmol Juden und denen vom Stein an Fürstbischof vom 12.12.1588 in ., C, K. 2; Schmoll an den Kaiser (Praes. 15.7.1585) ct. Grumbach in ., J. ., K. 42; Schmoll an Würzburger Bischof (Praes. 25.2.1586) in SAW, A 364; vgl. zu den Gnadenverfügungen am RHR O, Gnadensachen. Die Kommissare waren in der Regel in den Causen mit jüdischen Betreffen bemüht, ihren Kommissionsaufträgen gerecht zu werden, um einem schlechten Eindruck in Prag entgegenzuwirken (Würzburger Bischof vom 5.8.1587 an die Steins als 3 in HHSAW, RHR, J. ., K. 42: sich dess beij Irer Maij. In weittern vorhabenden Clag haben zu geprauchen. Weil wir nun solche Weitterung nicht gern seh, Noch uns Auch gern gedachts Jud halben, mit vherern beuelch belad oder uns neb euch beclag lassen wollen, mögen sie nun endlich den Juden der gpür zu frieden machen). Sie verwiesen bei anhaltender Renitenz der Obrigkeiten auf den Schaden ihrer Reputation, sollte ihre Verweigerungshaltung andauern (Wolfgang von Hohenlohe am 24.3.1592 an Georg Philipp von Berlichingen als N: 25: in ., K. 42/1 [ebenso in SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6 als N. 25. bzw. 29., hier

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Neben der Person des Kaisers und den Kommissaren als seinen Stellvertretern bestand für die Juden eine Voraussetzung für die Effektivität kommissarischer Handlungen in dem Umstand, dass die Commissarien inn der nechte gesessen seien und sich mit den lokalen Gegebenheiten auskennen mussten.142 Aufgrund ihrer Repräsentation kaiserlicher Machtvollkommenheit erschien es den klagenden Juden zudem unabdingbar, dass die Kommissare unpartheilich waren.143 Die Juden warfen den Obrigkeiten dagegen vor, sie beabsichtigten am RKG den Fortgang der Kommissionen oder Prozesse aufzuhalten und damit vorsätzlich nicht zue Weniger verachtung hochstgedachter kai[serl]j[cher] Ma[jes]t[ä]t commißion144 zu handeln. Angesichts der Legitimationsschwierigkeiten, die Kommissionen gegenüber den Obrigkeiten hatten, bemühten sich die jüdischen Kläger bei akzeptablen Einigungen oder Vergleichen indessen um deren Konfirmierung durch den Kaiser, um ihnen auf diese Weise mehr Gewicht zu verleihen. Ein solches Vorgehen war für die Exekution der Vergleiche durch die Kommissare notwendig.145 An sich standen sie aber obrigkeitlichen Vergleichsangeboten prinzipiell skeptisch gegenüber. Ihre Zweifel begründeten sie stets mit der Glaubwürdigkeit des Prozessgegners und der angebotenen Vergleichsmodali-

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datiert auf den 27.2.1592]). Ebenso bemühten sich die Kommissare Beschwerden über die Art und Weise, wie sie ihre Aufträge ausführten, zu vermeiden. Als sich Schmoll über die Parteilichkeit des zuständigen Würzburger Subdelegierten in der Causa gegen die vom Stein beschwerte, wurde dieser vom Fürstbischof vermahnt, sich aller unzimbliche[r] Reden zu enthalten, gebühre es ihm doch nicht, Unsere beuelch zu disputieren und in zweiuel zuziehen (Würzburger Fürstbischof vom 18.7.1592 an Keller Dettelbach in HHSAW, RHR, D. ., K. 177, fol. 336v). Israel von Lübbecke an den Kaiser (Praes. 30.3.1582) in ., J. ., K. 43/3. Ders. an den Kaiser (Praes. 30.3.1582) in .; Isaak aus Appenfelden an den Kaiser (Praes. 5.11.1601 u. 8.3.1602) in ., K. 43/1: unpartheijsche Commisarien; Schmoll an den Kaiser (Praes. undat.) als i. ct. Seckendorff in ., D. ., K. 177, fol. 355r–356v, fol. 356r: einem Jeden UnPartheischen Richtern zu Recht zugestehen und außzuwarten. So berichtet Buchholz an den Kaiser (ohne Praes. [1602]) in ., J. ., K. 8/4. SAO 20–42 A Nr. 96, fol. 45r u. fol. 115r–115v; Schmoll an Würzburger Fürstbischof (Praes. 19.4.1591) als 50. ct. Stein in HHSAW, RHR, J. ., K. 42: die vom Steins verhielten sich der kaij: Commission stracks zu wid[er]. Seligmann strich die Ursachen für ein solches Verhalten heraus, betonte er doch, dass eine effektive Durchsetzung der kommissarischen Entscheidung im Zweifelsfall nur durch eine vorherige kaiserliche Approbation geschehen könne, die den exekutorischen Aktivitäten der Kommissare zusätzliches Gewicht verleihe. Siehe hierzu ders. an den Kaiser (Praes. 6.3.1600) ct. Grafeneck in ., K. 41; ders. an den Kaiser (Praes. undat. [1601]) ct. Güss von Güssenberg in ., K. 42; Schmoll an den Kaiser (Praes. undat.) ct. Stein in . bezüglich der Prozesskosten; Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. undat.) als No. 5 u. ders. an den Kaiser (Praes. undat.b ) in ., K. 42/1, der Rudolf II. bittet, er möge das Urteil Wolfgangs von Hohenlohe bestätigen. Siehe die Wendung Israels an den RHR, nachdem Vogt Widmann am RKG ein Compulsorial ausgebracht hatte, in kommissarische Relation von Wolfgang von Hohenlohe vom 15.1.1593 an den Kaiser (Praes. 2.5.1593) in .

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4. Jüdische Ansichten über Kaiser und Reichshofrat

täten.146 Allerdings verbanden sie ihre Skepsis konsequent mit der Betonung einer prinzipiellen Bereitschaft, die Vergleiche bei annehmbaren Konditionen zu akzeptieren.147 In Fällen, in denen sie aufgerichtete Vergleiche ablehnten, bemühten sich die jüdischen Kläger daher, mit rationalen Hinweisen bezüglich der Modalitäten den Vorwurf aus dem Weg zu räumen, sie wollten einen Vergleich boykottieren.148

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Albrecht von Berlichingen lud im Vorfeld der Kommission Isaak von Nagelsberg in ein Wirtshaus nach Künzelsau unter dem Vorwand ein, er wolle im Auftrag des Widmanns mit ihm einen Vergleich aufrichten. Allerdings stellte sich während des Treffens heraus, dass Albrecht den Juden lediglich dazu bringen wollte, von seiner Klage ablassen. Gleichzeitig drohte er Israel, sollte er nicht erscheinen, werde er ihm und allen anderen Juden in Künzelsau und Umgebung nachstellen, so dass Isaak dardurch vertriben werden möchte. Isaak stimmte dem notgedrungen zu, stieß aber auf Widerstände Georg Philipps von Berlichingen, der sich in dieser Sache alleine zuständig glaubte und Isaak dazu aufforderte, nach Dörzbach zu kommen, um sich dort zu vergleichen (Isaak von Nagelsberg an den Kaiser [Praes. undat.b ] in ., K. 42/1). Abraham u. Liepmann Fänklein sowie Mändlein an den Kaiser (Praes. 21.11. u. 26.11.1601) in ., AA, K. 85, fol. 249r–251v, hier fol. 249v lehnten einen Vergleich Knöringens wegen zu langer Zahlungsfristen ab; ebenso lehnte Simon von Günzburg einen Vergleich des Abts von Ursberg ab (vgl. ders. an den Kaiser [Praes. 14.1.1574] in ., J ., K. 43/2). Schmoll bspw. kritisierte, dass der vom Würzburger Fürstbischof eingesetzte Subdelegierte, ein Beamter des Dorfes Dettelbach (siehe den Kommissionsauftrag an den Subdelegierten in Fürstbischof vom 19.3.1590 an den Keller von Dettelbach als 26. in ., K. 42), zum theil mehr alß ihme vileicht befohlenn unnd der Kaij: Maijt: Commission inheltig, dispudirt habe, insistierte aber in einem Nottdrengliche[n] gegenbericht darauf, den von ihm erstellten Vergleich prinzipiell annehmen zu wollen und versuchte auf diese Weise Bestechungs- und Betrugsvorwürfe des Subdelegierten zu neutralisieren (Zitat Schmol an Würzburger Fürstbischof [Praes. 2.5.1590] als 32 ct. Stein in . Schmul Judens, uff herrn Bartholomee Schönkharpens, Kellers zu Dettelbach, überschickhter verrichtung, zwischen den Schernawischen unterthanen, und Ime Juden. No. 3j. Anno 1590, wo er ausdrücklich betont, daß ich dann zufriden [ebenso in SAW, L 5328]. Siehe die Vorwürfe in Keller zu Dettelbach vom 17.5.1590 an Würzburger Fürstbischof [Praes. 18.5.1590] als 34 in .). Weil Schmoll seine Forderungen schließlich von 3000 fl. auf 1000 fl. reduzieren musste, beschwerte er sich in Prag erneut über den endgültigen Vergleich von 1597 mit denen vom Stein, zu dem er vom Fürstbischof als Kommissar getrungen worden sei (HHSAW, RHR, R, XVI/79, fol. 127r [24.8.1597]; ders. an den Kaiser [Praes. 20.6.1597] u. ders. an den Kaiser (Praes. 25.8.1597) in . berichtet, dass er mit Poldern und Ubel in den Verhandlungen von den bischöflichen Beamten in die forcht geJagt worden sei und damit diß alles Ex iusto animj dolose sei (ders. an den Kaiser [Praes. 13.7.1599] ct. Würzburger Fürstbischof in ., J. ., K. 41); auch im Fall seines Prozesses gegen Konrad von Grumbach und dessen ehemaligen Untertanen verweigerte Schmoll den vom Fürstbischof, diesmal in seiner Funktion als Landesherr aufgerichteten Vergleich, da ihm gemäß der Gesetzgebung des Stifts Würzburg die Zinsen vorenthalten wurden (vgl. hierzu die Angaben im Konzept der Relation des Würzburger Fürstbischofs vom 5.10.1599 an den Kaiser in SAW, L 2337, fol. 435r–438v).

4.2 Die Jahre 1745 bis 1765

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4.2 Die Jahre 1745 bis 1765 4.2.1 Das Kaiserbild Bei den Obrigkeiten konzentrierte sich das Bild vom Reichsoberhaupt auf seine Funktion als oberster Richter im Reich.149 Hiermit ging gleichzeitig die Betonung des höchst deroselben höchstpreyßlichen Reichs-hofrath[s]150 als dem allerhöchsten Reichs-gericht einher.151 Kaiser und RHR stellten die Instanzen der höchsten Reichs-Justiz152 dar und lieferten somit die Voraussetzung und die Möglichkeit für eine gottliebende ohnpartheyische Justiz.153 Aufgrund der Bedeutungszuschreibung für den RHR als geheiligter Justiz-Thron des

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Ferdinand Maximilian von Isenburg-Wächtersbach an den Kaiser (Praes. 15.3.1754) in HHSAW, RHR, D, K. 1738/3; Ernst von Montfort an den Kaiser (Praes. 8.4.1748) u. ders. an den Kaiser (Praes. 5.10.1750) in ., D. R., K. 383/1; Sebastian von Fugger-Glött und Kirchberg an den Kaiser (Praes. 6.3.1770) in ., O. R., K. 454/7; fuggerischer Amtmann Johann S. Hygle an den Kaiser (Praes. 30.4.1764) in ., D. R., K. 6/3: allerhöchst mild Richteramt; Viktor Amadaeus Adolph von Anhalt-Schaumburg an den Kaiser (Praes. 18.5.1744) in ., K. 362/7; Freiherren von Münster an den Kaiser (Praes. 18.2.1766) in ., K. 353/3; Schwäbische Reichsritterschaft an den Kaiser (Praes. 20.8.1750) in ., K. 681/2; Deutschordensregierung in Mergentheim an den Kaiser (Praes. 1.3.1754) in ., K. 367/4; Hohenlohe-Pfedelbach an den Kaiser (Praes. 15.3.1743) in ., D. ., K. 168, fol. 38r–52v, hier fol. 45r; ders. an den Kaiser (Praes. 16.11.1744) in ., fol. 160r–183v, hier fol. 162r. Zitat fuggerischer Amtmann Johann S. Hygle an den Kaiser (Praes. 30.4.1764) in ., D. R., K. 6/3; Schwäbische Reichsritterschaft an den Kaiser (Praes. 20.8.1750) in ., K. 681/2; Löwensteinische Regierung an den Kaiser (Praes. 22.4.1748) in ., D, K. 334: höchstpreißlichen ReuchshoffRath; Konstantin von Hessen-RheinfelsRothenburg an den Kaiser (Praes. 23.4.1748) in ., D. R., K. 373/9; Freiherren von Münster an den Kaiser (Praes. 18.5.1761) u. dies. an den Kaiser (Praes. 17.4.1758) sowie dies. an den Kaiser (Praes. 17.3.1764) in ., K. 353/4; Ernst von Montfort an den Kaiser (Praes. 8.4.1748) in ., K. 383/1; Karl von Waldeck an den Kaiser (Praes. 22.8.1755) in eb., O. R., K. 1769/1; Freifrau von Wildenstein an den Kaiser (Praes. 22.1.1759) in ., K. 1881/4; Hohenlohe-Pfedelbach an den Kaiser (Praes. 15.3.1743) in ., D. ., K. 168, fol. 38r–52v, hier fol. 38v. Zitat fuggerischer Amtmann Johann S. Hygle an den Kaiser (Praes. 30.4.1764) in ., D. R., K. 6/3; Deutschordensregierung in Mergentheim an den Kaiser (Praes. 1.3.1754) in ., K. 367/4; Löwensteinische Regierung an den Kaiser (Praes. 22.4.1748) in ., D, K. 334: hochste Reichs-Gerichter. Freiherren von Münster an den Kaiser (Praes. 17.3.1764) in ., D. R., K. 353/4; Göler von Ravensburg an den Kaiser (Praes. 21.6.1756) in ., D, K. 1132: allerhöchste Jurisdiction. Zitat Deutschordensregierung in Mergentheim an den Kaiser (Praes. 1.3.1754) in ., D. R., K. 367/4; Kasimier von Wartenberg an den Kaiser (Praes. 12.5.1752) in ., K. 362/6; . an den Kaiser (Praes. 22.2.1743) in ., K. 362/6; Castell-Remling’sche Vormundschaft an den Kaiser (Praes. 9.9.1755) in ., D, K. 2864/1; Bericht der Kommission Sayn-Wittgenstein-Hohenstein an den Kaiser (Praes. 9.5.1758) in ., D. R., K. 383/2.

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4. Jüdische Ansichten über Kaiser und Reichshofrat

Reichsoberhauptes154 betonten die Obrigkeiten stets den Respect für Ew[re] Kayßer[liche] May[estät] allerhöchste Befehle.155 Neben der Achtung vor der richterlichen Tätigkeit des Kaisers drückte sich in solchen Worten das hohe Ansehen des RHR aufgrund seiner direkten Unterstellung unter das Reichsoberhaupt aus. Hierin zeigt sich zugleich die Intention, das Reichsoberhaupt auf die reichsständisch privilegierte Position156 zu verpflichten.157 Die Juden zeichneten ebenfalls ein Bild vom Kaiser, das sich vor allem auf dessen Funktion als oberster Richter im Reich konzentrierte.158 Die kaiserliche Machtvollkommenheit trat anders als vor 150 Jahren hinter dieser Sichtweise zurück.159 Allerdings sahen die Juden im Kaiser weiterhin die höchste Instanz der Rechtspflege im Reich.160 Formulierungen wie allerhöchste Juris154

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Deutschordensregierung in Mergentheim an den Kaiser (Praes. 1.3.1754) in ., K. 367/4; Hohenlohe-Pfedelbach an den Kaiser (Praes. 1.3.1746) in ., D. ., K. 168, fol. 224r–246v, hier fol. 226r. Zitat Karl Ludwig von Löwenstein-Wertheim an den Kaiser (Praes. 28.5.1748) in ., K. 178, fol. 767v–768r u. ders. an den Kaiser (Praes. 28.5.1748) in ., fol. 764v; Freiherren von Münster an den Kaiser (Praes. 13.7.1762) in ., D. R., K. 353/3; Ernst Friedrich Karl von Sachsen-Hildburghausen an den Kaiser (Praes. 26.5.1766) in ., D, K. 1637; Hohenlohe-Pfedelbach an den Kaiser (Praes. 15.3.1743) in ., D. ., K. 168, fol. 32r–33v, hier fol. 32v; Ferdinand Maximilian von Isenburg-Wächtersbach an den Kaiser (Praes. 28.9.1756) in ., D, K. 1738/3. Ders. an den Kaiser (Praes. 15.3.1754) in ., K. 1738/3; Christoph Ludwig von und zu Aufseß (Praes. 28.9.1747) in ., K. 259. Die adeligen Herrschaften hofften auf die Justiz-Liebe und Gnade (Zitat Ferdinand Maximilian von Isenburg-Wächtersbach an den Kaiser (Praes. 15.3.1754) in ., D, K. 1738/3) des Kaisers, die ihnen gegen einen Juden behilflich sein sollte; Viktor Amadaeus Adolph von Anhalt-Schaumburg an den Kaiser (Praes. 18.5.1744) in ., D. R., K. 362/7 mit Betonung auf die kaiserliche Gnade; Kasimier von Wartenberg an den Kaiser (Praes. 6.4.1750) u. ders. an den Kaiser (Praes. 7.6.1751) in ., D. R., K. 362/6; Schwäbische Reichsritterschaft an den Kaiser (Praes. 27.3.1753) in ., K. 681/2; Philipp Karl, Georg Wilhelm u. August von Erbach an den Kaiser (Praes. 16.4.1734) in ., O. R., K. 452/10; Ernst von Montfort an den Kaiser (Praes. 5.10.1750) in ., D. R., K. 383/1; Georg Karl Ludwig von Leiningen-Westerburg an den Kaiser (Praes. 18.4.1760) in ., K. 330; Kasimier von Wartenberg an den Kaiser (Praes. 22.2.1743) in ., K. 362/6. Siehe Abraham Sinzheimer an den Kaiser (Praes. 2.6.1758) in ., D, K. 330; Moises Benedikt Beifuß an den Kaiser (Praes. 12.4.1753 u . 31.7.1755) in ., D. R., K. 383/2; Moses Neuburger an den Kaiser (Praes. 11.10.1740) in ., D, K. 2319; Samuel Simon an den Kaiser (Praes. 21.10.1748) in ., D. R., K. 373/9; Erben des Salomon Levi an den Kaiser (Praes. 8.5.1747) in ., K. 373/3; Heßlin u. Jakob Isaak an den Kaiser (Praes. 19.8.1765) in ., K. 353/3; Löw Sinzheimers Erben an den Kaiser (Praes. 28.2.1760) in ., K. 382/10; Michael Isaak an den Kaiser (Praes. 29.11.1742) in ., D. ., K. 168, fol. 1r–21v, hier fol. 6v. David Mayer Juda an den Kaiser (Praes. 3.8.1751) in ., D, K. 1524/1. Model Hirsch Kuhn an den Kaiser (Praes. 18.6.1753) in ., D. R., K. 365/15; Erben Löw Sinzheimers an den Kaiser (Praes. undat.) in ., K. 382/2; Model Hirsch Kuhn an den Kaiser (Praes. 7.4.1755) in ., K. 365/16; Moises Benedikt Beifuß an den Kaiser (Praes. 31.7.1755) in ., K. 383/2; Heßlin u. Jakob Isaak an den Kaiser (Praes. 19.8.1765) in ., K. 353/3.

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dicton Ewer Kayßerlichen Majestät 161 oder die Bezeichnung des Kaisers als allerhöchsten Richter162 bzw. Justiz-Administrator163 drückten enormes Vertrauen gegenüber der kaiserlichen Rechtsprechung aus. Ihr waren absoluter Respekt164 und Ehrfurcht165 entgegenzubringen. Auf diese Weise nahmen sie auf die universelle Rolle des Kaisers als Ursprung allen irdischen Rechts Bezug, obgleich diesbezügliche Umschreibungen nicht explizit in den Suppliken vorkommen. Dabei zeichnete sich das Amt des obersten Richters im Reich vor allem durch seine nie endende Milde aus.166 Insofern thronte der Kaiser über allen Rechtsinstanzen und sprach als Authoritaet 167 für alle Mitglieder des Reiches verbindliches Recht.168 Letztlich war es der Kaiser, der denen betrangten in ihren gerechtsamen beyzustehen, und ihnen durch die stärckeste Executiones, zu dem ihrigen zu verhelfen gesinnt sei. Das Amt des Kaisers wurde ausschließlich als schnelle Rechtshilfe für alle Rechtsuchenden im Reich und somit auch für die Juden bewertet.169 161

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Zitat Löw Emanuel an den Kaiser (Praes. 27.7.1768) in ., O. R., K. 454/7; Mayer Berlin et al. an den Kaiser (Praes. 30.4.1764) in ., D. R., K. 354/2; Jacob Ochs an den Kaiser (Praes. 16.8.1743) in ., K. 362/6; Marum Kahn an den Kaiser (Praes. 10.4.1747) in ., K. 383/1. Zitat Marum Kahn an den Kaiser (Praes. 10.4.1747) in .; Erben Salomon Levis an den Kaiser (Praes. 28.11.1749) in ., K. 373/3 sprechen von Obrist=Richterliche Hilfe. Ähnlich Löw Emanuel an den Kaiser (Praes. 31.7.1766) in ., O. R., K. 454/7; Jacob Ochs an den Kaiser (Praes. 18.1.1751) in ., D. R., K. 362/6; Mayer Berlin et al. an den Kaiser (Praes. 30.4.1764) in ., K. 354/2; Löw Sinzheimers Erben an den Kaiser (Praes. 28.2.1760) in ., K. 382/10; Noe Samuel Isaak an den Kaiser (Praes. 5.5.1746) in ., K. 347/4; Michael Isaak an den Kaiser (Praes. 14.8.1743) in ., D. ., K. 168, fol. 57r–80v, fol. 62r; David Mayer Juda an den Kaiser (Praes. 22.4.1751) in ., D, K. 1524/1. Joseph Moises Schuster an den Kaiser (Praes. 10.6.1748) in ., O. R., K. 452/10. Vgl. Marum Kahn an den Kaiser (Praes. 23.12.1748) in ., D. R., K. 383/1: Respect eines allerhöchsten Richters. Zitat Heßlin u. Jakob Isaak an den Kaiser (Praes. 19.8.1765) in ., K. 353/3. Siehe Model Hirsch Kuhn an den Kaiser (Praes. 21.6.1742) u. ders. an den Kaiser (18.6.1753) in ., K.365/15; Süßel Mayer Juda an den Kaiser (Praes. 20.1.1750) in ., K. 374/10; Marum Kahn an den Kaiser (Praes. 10.4.1747) in ., K. 383/1; Isaak Speyer an das rheinische Vikariatsgericht, d. h. den bayerischen Kurfürsten (Praes. 22.6.1745) in ., K. 362/7, fol. 9r–9v; Getz Hayum an den Kaiser (Praes. 23.2.1750) in ., O. R., K. 1769/1; Samuel Simon an den Kaiser (Praes. 21.10.1748) in ., D. R., K. 373/9; Michael Simon Hanau an den Kaiser (Praes. 6.4.1751) in ., K. 168/1, fol. 9r–14v, hier fol. 10r; Michael Isaaks Erben an den Kaiser (Praes. 17.4.1744) in ., D. ., K. 168, fol. 131r–136v, hier fol. 131v; Joseph Moises Schuster an den Kaiser (Praes. 22.8.1738) in ., O. R., K. 452/10; Erben Löw Sinzheimer an den Kaiser (Praes. 28.2.1760) in ., D. R., K. 382/10. Zitat Nathan Moises Goldschmidt an den Kaiser (Praes. 19.6.1759) in ., K. 353/3; Model Hirsch Kuhn an den Kaiser (Praes. 20.10.1757) in ., K. 365/16: authoritate Caesarea; Heßlin u. Jakob Isaak an den Kaiser (Praes. 6.10.1759) in ., K. 353/3. Säckel Fränkel an den Kaiser (Praes. 25.9.1752) in ., K. 358/2; David Mayer Juda an den Kaiser (Praes. 28.6.1751) in ., D, K. 1524/1. Marum Kahn an den Kaiser (Praes. 16.7.1764) in ., D. R., K. 383/1 (Zitat .).

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4. Jüdische Ansichten über Kaiser und Reichshofrat

Hiermit hing ein weiteres Merkmal der kaiserlichen Rechtsprechung eng zusammen. Es bestand in der ohnpartheyische[n] Administration der Justiz gemäß des zupreisenden Gerechtigkeits-Eyfer[s].170 Das Reichsoberhaupt trat in dieser Sicht konsequent für die Aufrechterhaltung der Gerechtigkeit ein.171 Seine Unparteilichkeit172 und seine gerechteste[n] Verordnung[en]173 standen für die Juden nie in Frage, waren aber zugleich eine indirekte Verpflichtung des Reichsoberhauptes auf eben jene unparteiische Justizadministrierung. Mit der Betonung des oberstrichterlichen Amtes des Kaisers174 begründeten sie die Notwendigkeit des Allerhöchst-Richterlichen Zwang[s]175 , prompte Justiz176 gegenüber den beklagten Obrigkeiten walten zu lassen. Diese Ansicht vom kaiserlichen Amt ergänzte sich in den Jahren um 1750 mit einer expliziten Nennung des RHR.177 Das Gremium skizzierten die Ju170

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Marum Kahn an den Kaiser (Praes. 10.4.1747) in ., K. 383/1; Model Hirsch Kuhn an den Kaiser (Praes. 7.10.1754) in ., K. 365/16; Erben Isaak Speyers an den Kaiser (Praes. 2.6.1745) in ., K. 362/7; Isaak und Jacob Heßlin an den Kaiser (Praes. 29.8.1757) in ., K. 353/3: weltgepriesenen gerechtigskeitsliebe; Michael Isaaks Erben an den Kaiser (Praes. 9.12.1744) in ., D. ., K. 168, fol. 184r–193v, hier fol. 185v; dies. an den Kaiser (Praes. 17.5.1746) in ., fol. 248r–269v, hier fol. 252r; Joseph Moises Schuster an den Kaiser (Praes. 30.8.1734) in ., O. R., K. 452/10; ders. an den Kaiser (Praes. 10.6.1748) in .; ders. an den Kaiser (Praes. 12.2.1750) in .; Erben Löw Sinzheimer an den Kaiser (Praes. 28.2.1760) in ., D. R., K. 382/10 u. Erben Moises Neuburger an den Kaiser (Praes. 12.11.1749) in ., D, K. 2319. Er musste Sorge dafür tragen, dass Gerechtigkeit [. . . ] in der Welt herrschte. Zitat hier Marum Kahn an den Kaiser (Praes. 4.11.1763) in ., D. R., K. 383/1; Isaak Speyer an das rheinische Vikariatsgericht, d. h. den bayerischen Kurfürsten (Praes. 22.6.1745) in ., K. 362/7, fol. 8v. Vgl. O, Auftrag, S. 36f. Vgl. Heßlin u. Jakob Isaak an den Kaiser (Praes. 19.8.1765) in HHSAW, RHR, D. R., K. 353/3. Jacob Ochs an den Kaiser (Praes. 17.10.1744) in ., K. 362/6; Moises Benedikt Beifuß an den Kaiser (Praes. 12.4.1753) in ., K. 383/2: Obristrichterl: gerechteste hülfe; Joseph Moises Schuster an den Kaiser (Praes. 13.3.1739) in ., O. R., K. 452/10; David Mayer Juda an den Kaiser (Praes. 28.6.1751) in ., D, K. 1524/1: obristrichterlichen Befehlen. Sehr deutlich bei Marum Kahn an den Kaiser (Praes. 10.4.1747) in ., D. R., K. 383/1; Jacob u. Isaak Heßlin an den Kaiser (Praes. 29.8.1757) in ., K. 353/1: Euer Kay. Maytt weltgepriesenen gerechtigkeits liebe. Simon Aaron Neustädtl an den Kaiser (Praes. 27.11.1747) in ., D. ., K. 178, fol. 756r–756v (Zitate ebd.); Dottres Samuel Stern an den Kaiser (Praes. 2.5., 18.7.1765 u. 7.5.1767) in ., D, K. 1637; Abraham Sinzheimer an den Kaiser (Praes. 15.4.1765) in ., K. 330; Erben des Salomon Levi an den Kaiser (Praes. 23.6. u. 28.11.1749) in ., D. R., K. 373/3; Moises Benedikt Beifuß an den Kaiser (Praes. 2.61758) in ., K. 383/2. Zitat Jacob Ochs an den Kaiser (Praes. 16.8.1743) in ., K. 362/6; Löw Emanuel an den Kaiser (Praes. 27.7.1768) in ., O. R., K. 454/7; vgl. Mayer Berlin et al. an den Kaiser (Praes. 30.4.1764) in ., D. R., K. 354/2; Benedikt Levi Gomperz an den Kaiser (Praes. 17.1.1747) in ., D, K. 2864/1. Michael Isaak an den Kaiser (Praes. 29.11.1742) in ., D. ., K. 168, fol. 1r–21v, hier fol. 4v; Erben an den Kaiser (Praes.5.9.1748) in ., fol. 274r–365v, hier fol. 274v; Joseph Moises Schuster an den Kaiser (Praes. 28.1.1734) in ., O. R., K. 452/10.

4.2 Die Jahre 1745 bis 1765

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den in einer engen Verbindung mit ihrem Verständnis von der Funktion des Reichsoberhauptes. Als das höchste Reichs=Gericht 178 stellte der RHR in dieser Sichtweise den geheiligsten Justiz-Thron dar.179 Der RHR erschien in den jüdischen Eingaben damit als verlängerter Arm des Kaisers. 4.2.2 Juristische Darstellungen Angesichts des statistischen Übergewichts an Prozessen mit ökonomischem Hintergrund stand vor allem die Diskreditierung des reichsrechtlich strafbaren Wuchers im Zentrum der Einwendungen der Obrigkeiten. Oftmals bezogen sich die beklagten Adeligen allgemein auf die Bestimmungen in denen Reichsgesezen.180 In ihnen sei der Wucher in quantitate der heiligen Römischen Reichsordnung 181 , nach dem gemeinen teutschen Recht 182 sowie weder in jure devino noch in jure Romano erlaubt.183 Wenn konkretere Angaben an dieser Stelle gemacht wurden, zogen die Obrigkeiten zur Begründung ihrer Position insbesondere die Bestimmungen der RPO von 1530, 1546 und 1577 sowie des Reichsabschieds von 1500 bezüglich der Anzeigepflicht von Geschäftskontrakten zwischen Juden und grund unterthan[en] heran.184 Zusätzlich beriefen sie sich auf die Reichs-Constitutions-mäßige[n] Zinn178

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Jacob Ochs an den Kaiser (Praes. 26.8.1743) in ., D. R., K. 362/6; Michael Simon Hanau an den Kaiser (Praes. 6.4.1751) in ., K. 168/1, fol. 9r–14v, hier fol. 10r: höchsten Gerichts Jurisdiction u. ders. an den Kaiser (3.2.1755) in ., fol. 162r–167v, hier fol. 164r. David Mayer Judabezeichnete den RHR in ., R, XVIII/134, fol. 153r– 154r (27.8.1756) als Löbl. Kay. König. Obriste Justiz-Stelle; Joseph Moises Schuster an den Kaiser (Praes. 13.3.1739) in ., O. R., K. 452/10; Joseph Callmann an den Kaiser (Praes. 4.8.1744) in ., D, K. 1191. Zitat Noe Samuel Isaak an den Kaiser (Praes. 1.3.1754) in ., D. R., K. 367/4; Heßlin u. Jakob Isaak an den Kaiser (Praes. 17.9.1765) in ., K. 353/1. Ernst Friedrich Karl von Sachsen-Hildburghausen an den Kaiser (Praes. 25.5.1766) in HHSAW, RHR, D, K. 1637; Bericht u. Intervention der Kommission SaynWittgenstein-Hohenstein an den Kaiser (Praes. 9.5.1758) in ., D. R., K. 383/2: Reichssatzungen höchstverpönnte Händel; Karl Franz Wilhelm von Kametzky an den Kaiser (Praes. 9.12.1751) in ., D. ., K. 168/1, fol. 43r–62v, hier fol. 49r. Freiherren von Münster an den Kaiser (Praes. 17.3.1764) in ., D. R., K.353/4; Ernst Friedrich Karl von Sachsen-Hildburghausen an den Kaiser (Praes. 26.5.1766) in ., D, K. 1637; Ferdinand Maximilian von Isenburg-Wächtersbach an den Kaiser (Praes. 26. u. 29.8.1754) in ., K. 1738/3; Johann Wilhelm von Sayn-WittgensteinVallendar an den Kaiser (Praes. 1.3.1754) in ., D. R., K. 383/2. Freiherren von Münster an den Kaiser (Praes. 17.3.1764) in ., K. 353/4. Zitat Christian Wilhelm Karl von Pückler an den Kaiser (Praes. 15.5.1765) in ., K. 354/2; Ingelheim an Kaiser (Praes. 28.7.1752) in ., D. ., K. 148: Göttliche und Weltliche Gesetze. Vgl. Kloster St. Ulrich und Affra zu Augsburg an den Kaiser (Praes. 18.11.1745) in ., D, K. 304/2, fol. 43r–43v (Zitat ebd.): Untertanen seien keines weegs befuegt ohne vorwißen dero grundherrns ainiges Capital verzinnßlichen auffzunehmen, d. h. für jedes Geschäft zwischen Juden und Christen gemäß der RPO die obrigkeitliche Bestätigung unumgänglich sei. Karl Franz Wilhelm Freiherr von Kametzky an den Kaiser

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4. Jüdische Ansichten über Kaiser und Reichshofrat

ßen185 , womit die einschlägigen Bestimmungen der RPO von 1577 gemeint waren. Franz Xaver von Montfort verwies dagegen auf den Reichsabschied von 1551 und dem hierin aufgestellten Zessionsverbot zwischen Juden und Christen.186 Die Einreden der exceptio usuriae praevitate187 sowie die exceptio non numeratae pecuniae188 , die vor den Reichsgerichten gebräuchlichen juristischen Standardeinreden bei Schuldprozessen, standen an sich aber im Zentrum obrigkeitlicher Argumentation. Zusätzlich verneinten sie die Anwendbarkeit des Rechtsgrundsatzes der Billigkeit im Fall von Juden. Diese Feststellung ist relevant, weil die Juden im 18. Jahrhundert das Begriffspaar Recht und Billigkeit nicht mehr verwende-

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(Praes. 9.12.1751) in ., D. ., K. 168/1, fol. 48v; Deutschordensregierung in Mergentheim an den Kaiser (Praes. 1.3.1754) in ., D. R., K. 367/4 betont, das Verhalten Noes sei gegen die Reichs-Recesse und Policey Ordnung de annis 1495. 1500. 1512. 1530. 1522. 1540. 1577. 1600.; Hohenlohe-Pfedelbach an den Kaiser (Praes. 15.3.1743) in ., D. ., K. 168, fol. 38r–52v, hier fol. 44v, der sich auf den Reichsabschied von 1577 beruft; Wertheimer Regierung an den Kaiser (Praes. 27.1.1750) in ., D, K. 334. Konstantin zu Hessen-Rheinfels-Rothenburg an den Kaiser (Praes. 29.11.1747) in ., D. R., K. 373/9; Isenburg-Wächtersbach an den Kaiser (Praes. 15.3.1754) in ., D, K. 1738/3: Reichsüblichen Zinnßen. Franz Xaver von Montfort an den Kaiser (Praes. 7.12.1764) in ., D. R., K. 383/1: des hei[ligen] Römischen Reichs-gesätzen niemals Rechts gültig einschlagen könne, weilen insbesondere in dene Recess: Imper: de anno 1551 §.79: in fine ausdrücklichen versehen, auch kein lex derogatoria vorhanden seye, daß kein Christ einen Juden noch ein Jud einen Christen seine Actio und Schuldforderung in einige weege cedieren; Öttingen-Wallerstein an den Kaiser (Praes. 20.7.1757) in ., K. 384/3: nichtigen cession. B, Zessionsverbot, S. 42–44. Zitat Ferdinand Maximilian von Isenburg-Wächtersbach an den Kaiser (Praes. 15.3.1754) sowie ders. an den Kaiser (Praes. 26.8.1754) u. ders. an den Kaiser (Praes. 21.4.1755) in HHSAW, RHR, D, K. 1738/3; Philipp von Croneck an den Kaiser (Praes. 18.10.1742) in ., D. R., K. 365/15; Johann Wilhelm von Sayn-Wittgenstein-Vallendar an den Kaiser (Praes. 29.4.1757) sowie Bericht u. Intervention der Kommission Wittgenstein-Wittgenstein-Hohenstein an den Kaiser (Praes. 9.5.1758) in ., K. 383/2; Christian Wilhelm Karl von Pückler an den Kaiser (Praes. 15.5.1765) in ., K. 354/2 spricht von usurarum mordacium; Ernst von Montfort an den Kaiser (Praes. 5.10.1750) in ., K. 383/1; Karl Franz Wilhelm von Kametzky an den Kaiser (Praes. 9.12.1751) in ., K. 168/1, fol. 43r–62v, hier fol. 48r; Fränkische Reichsritterschaft an den Kaiser (Praes. 12. u. 26.9.1765) in ., K. 353/3; Philipp Karl, Georg Wilhelm u. August von Erbach an den Kaiser (Praes. 16.4.1734) in ., O. R., K. 452/10; A-T, Wechselverbindlichkeiten, S. 360–383. Philipp von Croneck an den Kaiser (Praes. 18.10.1742) in HHSAW, RHR, D. R., K. 365/15; Karl Franz Wilhelm von Kametzky an den Kaiser (Praes. 9.12.1751) in ., K. 168/1, fol. 43r–62v, hier fol. 47v; Ernst von Montfort an den Kaiser (Praes. 5.10.1750) in ., K. 383/1; Freiherren von Münster an den Kaiser (Praes. 17.5.1765) in ., K. 353/3; Franz Xaver von Stein zu Ichenhausen an den Kaiser (Praes.17.2.1752) in ., K. 363/10, fol. 1r–43v, hier fol. 9r; Hohenlohe-Pfedelbach an den Kaiser (Praes. 15.3.1743) in ., D. ., K. 168, fol. 38r–52v, hier fol. 40r–40v; Philipp Karl, Georg Wilhelm u. August von Erbach an den Kaiser (Praes. 16.4.1734) in ., O. R., K. 452/10; A-T, Wechselverbindlichkeiten, S. 332–336.

4.2 Die Jahre 1745 bis 1765

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ten. In den Jahren um 1750 versteiften sich dagegen die Obrigkeiten geradezu auf diese Standardformel.189 , die vom Kaiser und seinem Gericht zu beachten sei.190 Die Beachtung der Billigkeitsregel erfordere die Abweisung der jüdischen Klage, womit deren Rechtmäßigkeit mit Hilfe der exceptio doli mali191 angezweifelt wurde.192 Allerdings deuteten diese Einwände der Obrigkeiten keineswegs darauf hin, dass sie jüdischen Prozessgegnern die Fähigkeit Klage zu erheben, generell absprachen. Einreden bezüglich des Klägers waren zum einen bei Mandaten s. C. generell nicht gestattet193 , geschahen zum anderen aber um 1750 auch im Reskriptfall nicht. Pückler gestand den Juden die Möglichkeit, Klage zu erheben sogar ausdrücklich gemäß der selbtsredende[n] Natur-Billigkeit, d. h. nach den Grundsätzen des Naturrechts, zu.194 Sie würden niemals erlauben, zwischen Juden und Christen einen Unterschied zu machen.195 189

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Kasimier von Wartenberg an den Kaiser (Praes. 22.2.1743) in HHSAW, RHR, D. R., K. 362/6; Ernst von Montfort an den Kaiser (Praes. 5.10.1750) in ., K. 383/1; Ferdinand Maximilian von Isenburg-Wächtersbach an den Kaiser (Praes. 15.3.1754) u. ders. an den Kaiser (Praes. 15.5.1754) in ., D, K. 1738/3; Fränkische Reichsritterschaft an den Kaiser (Praes. 12. u. 26.9.1765) u. Freiherren von Münster an den Kaiser (Praes. 17.5.1765) in ., D. R., K. 353/3; Karl von Waldeck an den Kaiser (Praes. 22.8.1755) in ., O. R., K. 1769/1; Philipp Karl, Georg Wilhelm u. August von Erbach an den Kaiser (Praes. 16.4.1734) in ., K. 452/10; fuggerischer Amtmann Johann S. Hygle an den Kaiser (Praes. 30.4.1764) in ., D. R., K. 6/3; Christoph Ludwig von und zu Aufseß (Praes. 28.9.1747) in ., D, K. 259; Ludwig Friedrich von Sachsen-Hildburghausen an den Kaiser (Praes. 27.4.1750) in ., O. R., K. 1295/6. Ferdinand Maximilian von Isenburg-Wächtersbach an den Kaiser (Praes. 21.4.1755) in ., D, K. 1738/3; Deutschordensregierung in Mergentheim an den Kaiser (Praes. 23.1.1755) in ., D. R., K. 367/4; Philipp von Croneck an den Kaiser (Praes. 21.2.1744) in ., K. 365/15; Kasimier von Wartenberg an den Kaiser (Praes. 22.2.1743, 7.6. u. 7.8.1751) in ., K. 362/6; Georg Karl Ludwig von Leiningen-Westerburg an den Kaiser (Praes. 27.1.1766) in ., D, K. 330; Christoph Ludwig von und zu Aufseß (Praes. 28.9.1747) in ., K. 259. Karl Franz Wilhelm von Kametzky an den Kaiser (Praes. 9.12.1751) in ., D. ., K. 168/1, fol. 43r–62v, hier fol. 52r; fuggerischer Amtmann Johann S. Hygle an den Kaiser (Praes. 30.4.1764) in ., D. R., K. 6/3; Bentheim an den Kaiser (Praes. 17.10.1748) in ., D, K. 578/5. Dies zog wiederum die Forderung nach Ableistung eines jüdischen Eydt gemäß der RKG-Ordnung bei einigen Obrigkeiten in letzter Konsequenz nach sich. Karl Ludwig von Löwenstein-Wertheim an den Kaiser (Praes. 28.3.1748) in ., D. ., K. 178, fol. 768r–768v (Zitat fol. 768v) bezog sich auf den Judeneid in der RKG-O  1555, tit. 86, in: L, Reichskammergerichtsordnung, S. 162–165; Vormundschaftsregierung Wittgenstein-Wittgenstein-Hohenstein an den Kaiser (Praes. 5.12.1758) in ., D. R., K. 383/2; Franz Xaver von Montfort an den Kaiser (Praes. 7.12.1764) in ., K. 383/1. B, Gesellschaft, S. 61f.; U, Mandatsprozess, S. 8–12, 134–138. Vgl. hierzu einführend K, Freiheit (b), S. 31–43. Siehe Christian Wilhelm Karl von Pückler an den Kaiser (Praes. 15.5.1765) in HHSAW, RHR, D. R., K. 354/2; Ernst von Montfort an den Kaiser (Praes. 5.10.1750) in ., K. 383/1, der von aequitate naturalis spricht. Selbst die Freiherren von Münster als die

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4. Jüdische Ansichten über Kaiser und Reichshofrat

Allerdings hieß dies noch lange nicht, sich den jüdischen Rückzahlungsansprüchen beugen zu wollen. In Anbetracht der Dominanz der Prozesse der statistischen Kategorie ,Ökonomie‘ konzentrierten sich die juristischen Darlegungen der Juden vornehmlich auf den Komplex des Wechselrechts und -prozesses in Verbindung mit der reichshofrätlichen Mandats- und Reskripterlassung.196 Da der Wechsel eine lokale und regionale gewohnheitsrechtliche Ausbildung erfuhr, existierten hauptsächlich örtliche Kodifikationen.197 Auf Reichsebene gab es lediglich in rudimentären Ansätzen eine Gesetzgebung zum Wechselrecht, aber kein ausdrücklich fixiertes Reichsgesetz.198 Dennoch führten die Juden ausschließlich diese wenigen Hinweise des Reichsrechts an, was oftmals nur mit einer allgemeinen Anspielung auf die gemeinen Rechte und die Reichs-gesäze geschah.199 Aus anderen jüdischen Supplikationen liegen Informationen vor, welche Reichsgesetze dabei konkret gemeint waren: Zum einen die in der RKG-Ordnung begründete Notwendigkeit einer Mandatserlassung in Fällen de solvendo.200 Die Begründung zu einem solchen Vorgehen fanden die jüdischen Kläger eben in dem Umstand reichshofrätlicher Prozesspraxis, sei es doch ohne anstand nach des Heil[ige]n

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wohl im Verbund mit dem Ritterkanton Röhn-Werra renitentesten Zahlungsverweigerer akzeptierten die jüdische Klageberechtigung. Mit der Wendung Wie doch einen Jeden, der um Execution nachsuchen will [. . . ] obliegt, die Rechtliche Beobachtung der Executions-Ordung einzuhalten, belegen dies in Freiherren von Münster an den Kaiser (Praes. 17.5.1765) in ., K. 353/3. Siehe hierzu A-T, Wechselverbindlichkeiten, S. 100–129. G, Wechselrecht, S. 44f., 62f. Z, Universallexikon 53, 1747, Sp. 1680–1693, s. v. Wechsel=Recht, hier Sp. 1680f.; A-T, Wechselverbindlichkeiten, S. 125; H, Wechselrecht, S. 31. David Dispecker an den Kaiser (Praes. 14.3.1766) in HHSAW, RHR, D, K. 1637; Moises Benedikt Beifuß an den Kaiser (Praes. 12.4.1753) in ., D. R., K. 383/2 spricht von denen Reichs-Gesäzen, in denen eine schnelle Justiz allerdings â praecepto angefangen werden kann; Mayer Berlin et al. an den Kaiser (Praes. 30.4.1764) in ., K. 354/2; Marum Kahn an den Kaiser (Praes. 2.9.1763) in ., K. 383/1; Michael Isaak an den Kaiser (Praes. 14.8.1743) in ., D. ., K. 168, fol. 57r–80v, fol. 71r u. 73r: gemeinen Rechten; Joseph Moises Schuster an den Kaiser (Praes. 10.6.1748) in ., O. R., K. 452/10: denen bekannten allgemeinen Rechten und heylsamen Reichs-Constitutionibus; David Mayer Juda an den Kaiser (Praes. 28.6.1751) in ., D, K. 1524/1. Sie beriefen sich auf RKG-O  1555, pars. 2, tit. 23, in: L, Reichskammergerichtsordnung, S. 200f.; Model Hirsch Kuhn an den Kaiser (Praes. 21.6.1742) in HHSAW, RHR, D. R., K. 365/15; Dottres Samuel Stern an den Kaiser (Praes. 22.5.1759) in ., K. 384/6: sowohl bey einem höchstpreißlichen kayßer. Reichshoff=Rath, als auch bey es kayßer= und hei. Reichs-Cammer-Gericht zu Wetzlar sogleich Mandata executorialia S.C. von Creditore ausgewurcket werden dörfen; Getz Hayum an den Kaiser (Praes. 23.2.1750) in ., O. R., K. 1769/1 u. ., R, K. 46 zur Causa Getz Hayum ct. Waldeck, fol. 7r–8r: Nach der Camer Ger: ordnungen §. 2. Tit: 23 könne ein Mandatum S.C. propitio jure gebetten und ertheilet werden; Heßlin u. Jakob Isaak an den Kaiser (Praes. 11.5.1744) in ., D. R., K. 353/3.

4.2 Die Jahre 1745 bis 1765

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Röm[ischen] Reichs Verträgen, und deren allerhöchsten kayser[liche]n und Reichsgerichtern täglichen Übung, derartige Mandate zu erlassen.201 Die Kenntnis der reichshofrätlichen Prozesspraxis darf damit auf Seiten der Juden angenommen werden.202 Jüdische Kläger wussten in den Jahren 1745 bis 1765 um die ihrer Meinung nach übliche Prozesspraxis am RHR und die wichtigsten rechtlichen Regelungen auf Reichsebene, die laut David Dispecker ohne Unterschied der Persohn und ihrer Religion Geltung besäßen.203 Zum anderen nahm Paragraph 107 JRA von 1654 eine zentrale Stellung ein, der im weitesten Sinne auf das Wechselrecht Bezug nahm und als des „Heiligen Römischen Reichs Wechselordnung“ bezeichnet wurde.204 Mit Hilfe dieses Paragraphen begründeten die jüdischen Kläger zum Teil wörtlich die Notwendigkeit einer paratam executionem.205 Die Bitte um eine Exekution recht201

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Erben Abraham Simon Höchbergs an den Kaiser (16.2.1764) in ., D, K. 330 (Zitate ebd.); Michael Isaak an den Kaiser (Praes. 14.8.1743) in ., D. ., K. 168, fol. 57r–80v, hier fol. 60r–60v: auff die recognoscirte Wechßel=Brieffe mit prompter Execution nach dem Wechßel=Recht pfleget verfahren, und darüber Mandata sine Clausula bey dem höchst=preyßlichen Reichs-Hof-Rath erkannt zu werden, wie solches insonderheit durch angeführte zerschiedene Praejudicia [gem. ist hier M, Einleitung, S. 83] bestärcken. Die Juden stellten regelmäßig fest, dass dies in solchen Angelegenheiten schon öffters bei denen höchsten Reichsgerichten der Fall gewesen sei (hier Joseph Callmann an den Kaiser [Praes. 4.8.1744] in ., D, K. 1191); Erben Abraham Simons an den Kaiser (Praes. 16.2.1764) in ., K. 330; Mayer Berlin et al. an den Kaiser (Praes. 8.10.1764) in ., D. R., K. 354, wo auf einen RHR-Fall Sachsen-Gotha ct. Moyses Benjamin Wulf aus dem Jahr 1713ff. verwiesen (siehe zu diesem Prozess die hier nicht konsultierten Akten ., A, K. 769–772); Koppel Mändlein an den Kaiser (Praes. 3.9.1764) in ., D. R., K. 1216/3: daß dergleichen Urkunden, wie die obangeführte sind, die schleunige hülfe mit sich bringen, auch darauf bey denen höchsten Reichs Gerichten Mandata S.C., und bey nicht erfolgender Gelebung, oder Einbringung deren zugleich in continenti [. . . ] sofort die Execution erkannt werden müssen. Zum großen Aufkommen von Mandatssachen de Solvendo am RHR siehe U, Mandatsprozess, S. 19 am Beispiel der Reihe A. Ob diese aus eigener Anschauung resultierte oder sich durch ihre Anwälte vermittelte, kann gleichwohl aus den Supplikationen nicht eruiert werden. Wesentlich dürfte hier der Aufbau von Gemeindearchiven gewesen sein. Auf ein gut organisiertes Gemeindearchiv verweist K, Judengemeinde, S. 196. Zitat David Dispecker an den Kaiser (Praes. 25.6.1764) in HHSAW, RHR, D, K. 1637; Koppel Mändlein an den Kaiser (Praes. 3.9.1764) in ., D. R., K. 1216/3: Nach Vorschrifft aller Rechten heisset es ohne Unterschied der Persohn, actore non probante absolvendus est reus, probante autem actore hic condemnandus est, nudis enim assertis nihil credi debet; und dieser allgemeine Rechts-Satz ist in dem heiligen Römischen Reich durch eine widrige observanz oder Constitution noch nicht aufgehoben. Zitat A-T, Wechselverbindlichkeiten, S. 115. Siehe zu den Handels- und Wechselsachen in JRA § 107 den Abdruck des Recessus Imperii Novissimus vom 17. Mai 1654 in: B, Kaiser und Reich II, S. 180–274, hier S. 227f. Zitat Samuel Simon an den Kaiser (Praes. 23.8.1743) in HHSAW, RHR, D. R., K. 373/9; Joseph Callmann an den Kaiser (Praes. 4.8.1744) in ., D, K. 1191; Model Hirsch Kuhn an den Kaiser (Praes. 25.1.1744) in ., D. R., K. 365/15: in allen Wechßell-Sachen überhaupt die Execution cum vel sinè Caution Creditioris schleunig zu vollstrecken ist; David Dispecker an den Kaiser (Praes. 26.5.1764) in ., D,

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4. Jüdische Ansichten über Kaiser und Reichshofrat

fertigten viele jüdische Kläger mit dem Hinweis, dass eine Rückzahlung der Schulden durch den obrigkeitlichen Schuldner ohne Hilfe durch den Kaiser nicht zu erwarten sei.206 Die einschlägigen Paragraphen zu kaiserlichen Kommissionen in der RHR-Ordnung von 1654 oder der Exekutionsordnung207 verwendeten die Juden ebenfalls nie. Ein kaiserliches Kommissionsdekret von 1668 und ein Reichsschluss von 1670, die desgleichen auf das Wechselrecht Bezug nahmen und es aus Sicht der Reichsgesetzgebung konkretisierten208 , zogen die Juden desgleichen zu keinem Zeitpunkt heran. Vielmehr führten sie regelmäßig Verweise auf die Reichs-constitutionsmäßigen Interessen, also auf den in der RPO von 1577 festgeschriebenen Reichszinssatz von 5 % an209 , um die legale Basis ihrer Geschäfte zu unterstreichen. Das an sich nur rudimentäre Reichswechselrecht bezüglich der Wechselordnung und der Kommissionserlassung schien den Juden somit ausreichend vorteilhaft für die Erreichung ihrer eigenen Ziele gewesen zu sein. Die Gründe liegen vor allem in der Bewertung des Reichsrechts als Ausfluss des römischen Rechts. In historischer Perspektive stellte die Rezeption des römischen Rechts für die Juden des 18. Jahrhunderts den entscheidenden Schritt in Richtung Rechtssicherheit dar. Für sie bildete das römische Recht als die im Alten Reich seit Jahrhunderten gebräuchliche rechtliche Grundlage den entscheidenden Maßstab für die Judikatur der Reichsgerichte. Es firmierte damit als Garant für ein stabiles juristisches wie politisches210 , mithin einheit-

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K. 1637; Samuel Simon an den Kaiser (Praes. 23.8.1743) in ., D. R., K. 373/9; Mayer Berlin et al. an den Kaiser (Praes. 30.4.1764) in ., K. 354/2; Simon Aaron Neustädtl an den Kaiser (Praes. 27.11.1747) in ., D. ., K. 178, fol. 756v (Zitat ebd.); Jacob Ochs an den Kaiser (Praes. 9.8.1751) u. ders. an den Kaiser (16.8.1743) in ., D. R., K. 362/6; Jacob und Isaak Heßlin an den Kaiser (Praes. 11.5.1744) in ., K. 353/1; Moises Benedikt Beifuß an den Kaiser (Praes. 31.7.1755) in ., K. 383/2; Michael Isaak an den Kaiser (Praes. 29.11.1742) in ., D. ., K. 168, fol. 1r–21v, hier fol. 5v; Joseph Moises Schuster an den Kaiser (Praes. 28.1.1734) in ., O. R., K. 452/10, der sich zudem auf den Reichs-Deputations-Abschied de Annis 1600 § 31 beruft. Zum JRA § 107 in B, Kaiser und Reich II, S. 227: parata Executio. Erben Salomon Levis an den Kaiser (Praes. 28.11.1749) in HHSAW, RHR, D. R., K. 373/3; Samuel Simon an den Kaiser (Praes. 21.10.1748) in ., K. 373/9; Jacob Ochs an den Kaiser (Praes. 18.1.1751) in ., K. 362/6; Michael Simon Hanau an den Kaiser (Praes. 27.3.1752) in ., D. ., K. 168/1, fol. 64r–70v, hier fol. 64v. W, Erneuerung, S. 494–502; L, Landfriedensbund, S. 1–30. Vgl. A-T, Wechselverbindlichkeiten, S. 117f. Zum Phänomen des Reichsmerkantilismus B, Reichsmerkantilismus; B, Epoche, S. 146–154. Zitat Erben Isaak Speyers an den Kaiser (Praes. 2.6.1745) in HHSAW, RHR, D. R., K. 362/7; Model Hirsch Kuhn an den Kaiser (Praes. 14.1.1752) in ., K. 365/15; Samuel Simon an den Kaiser (Praes. 23.8.1743) in ., K. 373/9: Reichsublichen Zinßen; Michael Isaak Erben an den Kaiser (Praes. 5.9.1748) in ., D. ., K. 168, fol. 274r–365v, hier fol. 292v. Zu Zinsgeschäften mit Juden B, Tractatus, S. 223–257. Joseph Moises Schuster an den Kaiser (Praes. 12.2.1750) in HHSAW, RHR, O. R., K. 452/10: das Römische und Longobardische Recht hatte die teutschen seit dem zwölfften Saeculo auf denen Italiänischen Universitaeten gelernet [. . . ] und brachten solches mit nach Teutschland, bey Errichtung teutscher Academien oder sogenannter Studiorum wurden

4.2 Die Jahre 1745 bis 1765

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lich organisiertes und die Reichsstände als Separat Republique überwölbendes Reichssystem, in dem die Juden einen rechtlich fixierten Platz einnehmen und sich als Teil einer umfassenden Rechtsgemeinschaft fühlen konnten.211 Nur sehr selten zogen sie daher lokale Wechselordnungen oder ihnen von der Landesherrschaft erlassene Privilegien zur Klärung heran.212 Wenn sie es dennoch taten, bewerteten sie solche Privilegien bezeichnenderweise als Ausfluss von Kaiser und Reich, sahen sie also als ,subsidiäre Reichsgesetze‘. Moises Benedikt Beifuß verwies zur Klärung seiner Zinsforderungen von zunächst 10 %, dann 12 % gegenüber dem Grafen von Sayn-Wittgenstein-Vallendar darauf, daß denen Juden zu franckfurth, weil sie kein ander gewerb, und gleichwohl große Laster zu tragen hätten, in ihrer so genannten Stättigkeit erlaubt seye, mit Unterpfandt acht= und ohne dergleichen, oder auff bloße Wechsel brieffe, zehen pr Cent. zu nehmen213 , erlaubt sei. Mit der selbstbewussten Berufung auf die hier zwar als hart, aber nicht notwendigerweise diskriminierend bewerteten Bestimmungen der Frankfurter ,Judenstättigkeit‘214 bezog sich Moises Benedikt Beifuß in seiner Sicht auf

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auswärtige wenigstens blos der Römischen, Canonischen und Longobardischen Rechten kundige Persohnen zu Lehrherren bestellet [. . . ] in diesen Pflantz Städten wurden Räthe und officianten ja gar Cammer-Gerichts-Assessores gezogen, die dann überall die auswärtige Rechte zum Grund legten [. . . ] und mit Macht halffen, daß solche, zumalen in Ermangelung bekannter geschriebener Teutscher Gesetze, und weil alles auf ungewißen moribus beruhete [. . . ] mit offenen Armen aufgenommen worden. Ob es Teutschland gut gewesen, fremde Rechte einzuführen, ist eine politische nicht juristische frage. Genug es ist geschehen, und Vornehme sowohl als Geringe haben sich darüber gefreuet, und sogar in legibus Imperii in Specie ordinatione Judicii Imperialis Aulici [. . . ] sind sie zur norma dijudicandi vorgeschrieben [. . . ]. Wenn alles seit der Reception bis auf den heutigen Tag diesen auswärtigen Rechten gemäs gehandelte, nicht gelten solte, was würde dieses vor eine grose Confusion nach sich ziehen!; Michael Isaak Erben an den Kaiser (Praes. 9.6.1751) in ., D. ., K. 168, fol. 442r–485v, hier fol. 446v–448v. Zitat Noe Samuel Isaak an den Kaiser (Praes. 5.5.1746) in ., D. R., K. 347/4: denen Richtern erster Instanz nach denen allgemeinen Reichs Constitutionen, die Hand gäntzlich gebunden hat. Nur Model Hirsch Kuhn an den Kaiser (Praes. 21.6.1742) in ., K. 365/15 berief sich auf das Nürnberger Wechselrecht. Jacob Ochs an den Kaiser (Praes. 16.8.1743) in ., K. 362/6 sprach dagegen nur von Wechsel-Recht und ließ damit offen, ob er lokale Rechtsgrundlagen oder JRA § 107 meinte. Oftmals nahmen die nach 1654 erlassenen Wechselordnung auf diesen Paragraphen des JRA direkt Bezug (vgl. A-T, Wechselverbindlichkeiten, S. 115f.; N, Reich [a], S. 166.). Moises Benedikt Beifuß an den Kaiser (Praes. 31.7.1755) in HHSAW, RHR, D. R., K. 383/2; siehe D J  F S  O [. . . ], F  M 1613, S. 11, in SU S. F W 528. Siehe zu dieser Bestimmung B, Zessionsverbot, S. 109f. u. A-T, Wechselverbindlichkeiten, S. 363f. Sie wurde 1617 von Kaiser Matthias im Zuge der Rückführung der Juden in die Reichsstadt nach dem Fettmilchaufstand von 1616 aufgerichtet und bis 1806 von mehreren Reichsoberhäuptern bestätigt worden. Siehe z. B. HHSAW, RHR, R, XVII/114, fol. 358v (23.7.1638): Judenschafft im Reich, petit confirmationem privilegiorum quorum copiam apponit; 2. die Judenschafft zu Franckfurt petit confirmationem ihrer Stettigkeit, wie solche von Chur Maintz und Hessen Darmstatt aufgerichtet, und von Römischen

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4. Jüdische Ansichten über Kaiser und Reichshofrat

kaiserliches Recht. Damit wurde nicht nur den Wuchervorwürfen und der Gefahr entgegengewirkt, die Differenz zwischen dem reichsrechtlich fixierten Zins und dem tatsächlich genommenen Zinssatz zurückzahlen zu müssen.215 Zugleich abstrahierten sie von lokalen Begebenheiten und verlangten die Rechtsfindung auf der Ebene des kaiserlich approbierten Reichsrechts. Unter dem Hinweis, dass solches weder denen Reichs Constitutionibus überhaupt, noch der praxis dieses höchsten Reichsgerichts oder den kay[serlichen] Entscheidungen entgegenstehe, führte die Fürther Klägergemeinschaft um Mayer Berlin ihr Reichsbeständige[s] Solennes privilegium der Bamberger Dompropstei an, das einen zwölfprozentigen Zinssatz erlaube.216 Mit der Betonung einer von Kaiser und Reich stammenden oder zu den Grundsätzen der Reichsgesetze sich subsidiär verhaltenden lokalen Rechtsnormen wurde dieser höheres Gewicht verliehen.217 Den beklagten Obrigkeiten versuchten die jüdischen Kläger hierdurch die Tragweite ihres Handelns zu verdeutlichen, da sie ihrer Meinung nach Kaiser- und Reichsrecht missachteten. Ähnliches ist in solchen Causen zu beobachten, in denen die adeligen Herrschaften Fideikommisse bzw. Hausverträge anführten, die eine Auszahlung der Schulden nicht erlaubten. Zwar bildete die kaiserliche Bestätigung solcher Verträge am RHR eine übliche, wenn auch nicht zwingend notwendige Praxis. Jedoch kam die Reichspublizistik trotz unterschiedlicher Ansichten überein, dass ein Reichsstand, der über die hohe Gerichtsbarkeit verfüge, ebenso das Recht der Gesetzgebung innehabe und daher solche Fideikommisse frei vom kaiserlichen Einverständnis erlassen könne.218 Die Juden sahen diesen Umstand natürlich gänzlich anders und knüpften an solchen Stellen erneut an ihre juristische Interpretation von Reichsrecht und römischen Recht an. Die fürstliche Gesetzgebung fand ihre Grenzen an den Reichs: Abschieden und [. . . , des] im Röm[ischen] Reich recipierte canonisch[e] und Römische Recht, dass observantiae und herkomens sey.219 Entscheidendes Argument gegen Fideikommisse und der durch sie legitimierten Nichtzahlung von Schulden stellte

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Kayßern confirmirt worden; A, Geschichte I, S. 52–60 u. K, Judenstättigkeiten, S. 187–199. Hierzu B, Tractatus, S. 228–230. Mayer Berlin et al. an den Kaiser (Praes. 8.10.1764) in HHSAW, RHR, D. R., K. 354/2: dieses höchste Reichsgericht in Praxi auf derley Privilegia consuetudines locorum [. . . ] reflectire; gemeint ist ein Privileg der Domprobstei zu Bamberg. Siehe das hier angesprochene Privileg als Litt E. Extractus des von den herrn dombProbster und gesamter dombCapitul zu Bamberg ertheilten Jüdischen Privilegij dd 2. Mart. 1719 in . Siehe ähnlich hohe Zinsmodalitäten für die Judenschaft in Worms bei P-C H, Bürgeraufstand, S. 106 u. B, Zessionsverbot, S. 93, für Hessen-Darmstadt waren Zinssätze zwischen 5 u. 10 % erlaubt (S. 100), 7,5 % galten in Kurtrier (S. 116), Kurköln 12 % (S. 121, ursprünglich 41,3 %), Reichsstift u. Stadt Essen 41,3 % (S. 124). Vgl. hierzu insgesamt O, Gnadensachen. Hierzu die Diskussion in der Reichspublizistik E, Kampf, S. 79–89, 95. Zitate Michael Isaak Erben an den Kaiser (Praes. 3.12.1751) in HHSAW, RHR, D. ., K. 168, fol. 442r–[???], hier fol. 447r–448r.

4.2 Die Jahre 1745 bis 1765

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für die betroffenen Juden vor allem die introduciderung des Juris Romani als einheitliches Rechtssystem dar, durch das solche Familienfideikommisse außer übung gekommen seien.220 Zudem zeichnet sich in den Jahren 1745 bis 1765 eine allmähliche und nur in der Betrachtung mehrerer Causen auffällige Veränderung ab, die auf Seiten der Juden auf die beginnende Verwendung naturrechtlicher Rechtsgrundsätze hindeutet.221 Vermutlich verweist dieser Trend im Zusammenhang mit der sich ausweitenden naturrechtlichen Argumentation darauf, das Juden abseits positiver Rechte gemäß der natürlichen Vernunft im Reich geduldet waren.222 Insgesamt sahen sich Juden als Mitglieder einer Rechtsgemeinschaft im Reich befugt, alle ihnen zur Verfügung stehenden juristischen Schritte gegen Reichsstände einzuleiten. Das Reichsrecht galt ihrer Ansicht nach sowohl für Christen als auch für Juden. 4.2.3 Bewertung von reichshofrätlichen Konfliktlösungsmechanismen Die Bewertung von Elementen der Reichsjustiz durch die Juden nahm eine wesentliche Rolle in ihren Argumentationsmustern ein. Allerdings verengten sich diese Auseinandersetzungen nun auf wenige Themen wie insbesondere die Frage nach Vergleichen und deren Entstehung. Diese Auseinandersetzungen transportierten aber in keinerlei Weise jene grundsätzlichen Konflikte über die Akzeptanz der kaiserlichen Justizhoheit, sondern wirkten aus obrigkeitlicher Sicht zunächst prozessverzögernd. Die Juden agierten mit ähnlichen Vorgehensweisen.223 Im untersuchten Sample der Jahre um 1750 erscheinen regelmäßig Argumentationsmuster, die von den Obrigkeiten in strategischer Absicht einer Prozessverzögerung verfolgt wurden.224 In aller Regel erstreckten sich die diesbezüglichen Standardargumente einerseits auf den Umstand, dass von der wahren beschaffenheit dieser eingeklagten Schuldforderung [. . . ] die hin-

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Joseph Moises Schuster an den Kaiser (Praes. 10.6.1748) in ., O. R., K. 452/10. Hierauf verweisen Anbringungen des Jus Civile und Jus naturale (Zitat Michael Isaak Erben an den Kaiser [Praes. 5.9.1748] in ., D. ., K. 168, fol. 274r–365v, hier fol. 285v) oder Bemühungen der natürlichen, wie göttlichen Rechten (Zitat Joseph Moises Schuster an den Kaiser [Praes. 30.8.1734] in ., O. R., K. 452/10; Michael Isaak Erben an den Kaiser (Praes. 9.6.1751) in ., D. ., K. 168, fol. 442r–485v, hier fol. 447r). Hierzu G, Stellung, S. 72 sowie generell zum beginnenden Einfluss des Naturrechts ., S. 67–72. Siehe zu den Vergleichen als Verzögerungstaktik F, Reichsjustiz, S. 63–68. F, Reichsjustiz, S. 61–68; mit ähnlichen Phänomenen bei der städtische Gerichtsbarkeit H, Alltag, S. 249–255.

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4. Jüdische Ansichten über Kaiser und Reichshofrat

läng[lich]e information225 erst mühsamlich eingezogen werden müsse.226 Andererseits leugneten einige die Kenntnis der in den Wechselbriefen verzeichneten Vertragsmodalitäten227 und verlangten deren Beweis aus den Handelsbüchern des jüdischen Geschäftspartners.228 Zum dritten erscheinen Hinweise auf andere RHR-Prozesse, die angeblich von mehrerer Importanz wären.229 Die Forderung prozessualer Verfahrenselemente wie der Ableistung eines jüdischen Eids gemäß der RKG-Ordnung230 oder der Bitte nach restitutio in integrum231 gehören in den Horizont der Verfahrensverschleppung, wobei Letzteres ebenso bei Juden Verwendung fand und somit eine allgemeingebräuchliche Verzögerungsstrategie darstellte.232 Insbesondere bei Appellationen der Obrigkeiten führten die Juden eine Verzögerung durch Schweigen herbei, indem sie keine Gegenberichte einbrachten. Folglich unterschieden sich die obrigkeitlichen Strategien nicht im Mindesten von denen der Juden. Diese regelmäßig von den Obrigkeiten verwendeten 225

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Zitat Karl Ludwig von Löwenstein-Wertheim an den Kaiser (Praes. 2.3.1747) in HHSAW, RHR, D. ., K. 178, fol. 756v; Viktor Amadaeus Adolph von AnhaltSchaumburg an den Kaiser (Praes. 15.5.1744) in ., D. R., K. 362/7. Zitat Vormundschaftsregierung Lippe-Detmold an den Kaiser (Praes. 26.10.1739) in ., K. 373/3; Konstantin zu Hessen-Rheinfels-Rothenburg an den Kaiser (Praes. 25.8.1744) in ., K. 373/9 betonte, man müsse erst mit dem kaiserlichen Residenten von Hohenholzer in Moskau, der im Geschäft mit Samuel Simon involviert war, korrespondieren, um grundliche nachricht einzuhohlen; ähnlich Viktor Amadaeus Adolph von Anhalt-Schaumburg an den Kaiser (Praes. 21.8.1744) in ., K. 362/7; Karl Ludwig von Löwenstein-Wertheim an den Kaiser (Praes. 28.5.1748) in ., D. ., K. 178, fol. 767v; Ferdinand Maximilian von Isenburg-Wächtersbach an den Kaiser (Praes. 15.3.1754) in ., D, K. 1738/3; Castell-Remling’sche Vormundschaft an den Kaiser (Praes. 11.5.1746) in ., K. 2864/1. Philipp von Croneck an den Kaiser (Praes. 18.10.1742) in ., D. R., K. 365/15. Hohenlohe-Pfedelbach an den Kaiser (Praes. 24.12.1743) in ., D. ., K. 168, fol. 99r–104v, hier fol. 100r–100v. Bspw. Ferdinand Kasimier I. an den Kaiser (Praes. 16.3.1756) in ., D. R., K. 359/2 mit Verweis auf seinen Prozess gegen Samuel Dottres Stern. So Karl Ludwig von Löwenstein-Wertheim an den Kaiser (Praes. 28.3.1748) in ., D. ., K. 178, fol. 768r–768v (Zitat fol. 768v), der sich auf die RKG-Ordnung von 1555, tit. 86 bezog; Vormundschaftsregierung Wittgenstein-Wittgenstein-Hohenstein an den Kaiser (Praes. 5.12.1758) in ., D. R., K. 383/2; Franz Xaver von Montfort an den Kaiser (Praes. 7.12.1764) in ., K. 383/1. Zum Judeneid RKG-O  1555, tit. 86, in: L, Reichskammergerichtsordnung, S. 162–165. Siehe Grafen von Erbach an den Kaiser (Praes. 16.10.1744) in HHSAW, RHR, O. R., K. 452/10 u. Interrogatorie loco Articolorum Lit. B. in Kametzky an den Kaiser in ., D. ., K. 168/1, fol. 120r–120v, hier fol. 120v; H, Anleitung I, S. 278f. Vgl. HHSAW, RHR, R, XVIII/118, fol. 360v–362r (29.4.1750): Holstein-Plönische Succession in spee des Jud Wolff Werheimers Rethwische Schuldforderung und praetendirende Hypothec auf das Guth Wesenberg betrf., pto rescripti paritorii nunc restitutionis in integrum; ., XVIII/128, fol. 154r–154v (4.3.1754): Elias Oppenheimer ct. von Hahn auf Remplin, applois denegatae nunc petitae restitut in integrum; Ludwig Friedrich von Sachsen-Hildburghausen an den Kaiser (Praes. 5.8.1750) in ., O. R., K. 1295/6 beschwert sich über Prozessverzögerungen seines jüd. Prozessgegners.

4.2 Die Jahre 1745 bis 1765

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Verzögerungstaktiken überschritten zudem nur selten die Grenzen der offenen oder gar gewaltsamen Verweigerung kaiserlicher Befehle. Lediglich Löw Emanuel berichtete, dass der fuggerische Pfleger Franz Xaver Poss zwei Notariatszeugen mit aller gewaltthätigkeit zur Thür habe hinaus schieben lassen.233 Die Brüder David Mayer Judas verwiesen auf die Vorgänge während der Insinuation des kaiserlichen Reskripts an Kurmainz, bei welcher der zuständige Notar und seine beiden Zeugen in einer gezielten Aktion in der Mainzer Residenz verhaftet worden waren.234 In diesem Fall gingen die klagenden Juden soweit, die geschilderten Vorkommnisse als gezielten Abschreckungsversuch für alle weiteren Insinuationsversuche künftiger Entscheide aus Wien einzuschätzen und damit als eine dezidierte Destruierung der kaiserlichen Richterposition zu bewerten.235 Allerdings stellen solche Episoden im untersuchten Prozesssample der Jahre nach 1745 eine absolute Ausnahme dar. Häufiger kamen Ablehnungen von Insinuierungen reichshofrätlicher Conclusen oder deren Annahme unter Vorbehalt vor.236 Die Juden reagierten auf solche Verzögerungstaktiken nur verhalten. Den zahlungsflüchtigen Obrigkeiten237 warfen sie vor, sie mit lauter Schwürigkeiten, Ausflüchte[n]238 und Vorspielungen239 abzuspeisen und zum aufhalt der Sachen zu agieren240 , um sich die Schuld vom halß zu schinden.241 Insofern kritisierten sie ihre Prozessgegner, dass sie lauter solche dinge vorbrächten, welche bey einer Mandats 233 234

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Löw Emanuel an den Kaiser (Praes. 27.7.1768) in ., K. 454/7; vgl. hierzu generell S, Prozessgrundsätze, S. 220–223. Siehe hierzu Lit G: Extractus Protocolli Authentiae Consularis Senioris de 14. Apr. 1751 die zu Maynz beschehen seyn sollende arrestierung des Notrii Müllers betr. in David Mayer Juda an den Kaiser (Praes. 22.4.1751) und den notariellen Insinuationsbericht Lit: H. in ders. an den Kaiser (Praes. 11.6.1751), beide in HHSAW, RHR, D, K. 1524/1. David Mayer Juda an den Kaiser (Praes. 22.4.1751) in . Isaak Speyer an den Kaiser (Praes. 14.2.1744) in ., D. R., K. 362/7 u. den Insinuationsbericht Lit: D. in Michael Simon Hanau an den Kaiser (Praes. 27.7.1751) in ., D. ., K. 168/1, fol. 32r–33r; RKG-Bote bei Moises Benedikt Beifuß an den Kaiser (Praes. 8.2.1762) in ., D. R., K. 383/2; Model Hirsch Kuhn an den Kaiser (Praes. 16.11.1753, 7.4.1755) in ., K. 365/16; Erben Salomon Levis an den Kaiser (Praes. 28.11.1749) in ., K. 373/3. Jacob Ochs an den Kaiser (Praes. 17.10.1744) in ., K. 362/6. Samuel Simon an den Kaiser (Praes. 27.7.1746) in ., K. 373/9; Joseph Moises Schuster an den Kaiser (Praes. 28.1.1734) in ., O. R., K. 452/10. Zitat Jacob Ochs an den Kaiser (Praes. 16.8.1743) in ., D. R., K. 362/6; Löw Emanuel an den Kaiser (Praes. 21.2.1763) in ., O. R., K. 454/7. Zitat Jacob Ochs an den Kaiser (11.2.1751) in ., D. R., K. 362/6; Mayer Berlin et al. an den Kaiser (Praes. 30.4.1764) in ., K. 354/2 spricht von Prozessweitlaufigkeiten; Michael Isaak an den Kaiser (Praes. 29.11.1742) in ., D. ., K. 168, fol. 1r– 21v, hier fol. 5r; ders. an den Kaiser (Praes. 14.8.1743) in ., fol. 57r–80v, fol. 61r; ders. an den Kaiser (Praes. 17.3.1744) in ., fol. 127r–130v, fol. 127v–128r; Michael Isaaks Erben an den Kaiser (Praes. 9.12.1744) in ., fol. 184r–193v, hier fol. 185v; Joseph Moises Schuster an den Kaiser (Praes. 10.6.1748) in ., O. R., K. 452/10; Samuel Simon an den Kaiser (Praes. 27.7.1746) in ., D. R., K. 373/9. Michael Isaaks Erben an den Kaiser (Praes. 8.6.1744) in ., D. ., K. 168,

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4. Jüdische Ansichten über Kaiser und Reichshofrat

sach, bey einer wechsel sach, bey einer decedirten sach keineswegs die mindeste consideration verdienten.242 Die obrigkeitlichen Einreden bewerteten sie kurzerhand als bloßen Unfug und als eine altbekannte Vorgehensweise säumiger Schuldner, auf die sie nicht weiter einzugehen bräuchten.243 Auf diese Weise entstand ein Bild von einem obrigkeitlichen Schuldner, der geradezu ignorant mit ihnen als Kläger verfahre und auff Mittel sinne, auf dem Weg Arglistiger touren sie als Gläubiger hinterlistiger weiße zu frustrieren.244 Das kaiserliche Gericht und sein stylo245 , dessen Flexibilität ihn zur Behandlung Summarische[r] Sache[n]246 geradezu prädestinierte, waren für sie in dieser Situation die Instanz, die in ihren Augen eine schnelle Rechtshilfe ermöglichen konnte. Der Vergleich spielte bei den Obrigkeiten und bei den klagenden Juden eine bedeutende Rolle bei der Prozessverzögerung und -beschleunigung. In der Regel versuchten die Obrigkeiten mit einem Vergleichsangebot Zeit zu

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fol. 137r–138v, hier fol. 138r; Joseph Moises Schuster an den Kaiser (Praes. 10.6.1748) in ., O. R., K. 452/10. Dottres Samuel Stern an den Kaiser (Praes. 11.6.1756) in ., D, K. 1738/3; Samuel Simon an den Kaiser (Praes. 27.7.1746) in ., D. R., K. 373/9: auch partes Supremi Judicis nunmehro bloßhin in ejus condemnatione bestehen, und alle übrige behelffe und Ausflüchte dem hochfürst. herrn Impetrato keinen Schutz geben können; Moises Benedikt Beifuß an den Kaiser (Praes. 31.7.1755) in ., K. 383/2; Michael Simon Hanau an den Kaiser (Praes. 20.2.1753) in ., D. ., K. 168/1, fol. 88r–95v, hier fol. 88v. Moises Benedikt Beifuß an den Kaiser (Praes. 31.7.1755) in ., D. R., K. 383/2; Marum Kahn an den Kaiser (Praes. 23.12.1748) in ., K. 383/1 wollte sich nicht auf dergleichen nichtige Eingelencke in solcher sonnenklaren Wechsel Schuldsachen einlassen; Michael Simon Hanau an den Kaiser (Praes. 20.2.1753) in ., D. ., K. 168, fol. 88r–95v, hier fol. 90r; Joseph Moises Schuster an den Kaiser (Praes. 10.6.1748) in ., O. R., K. 452/10. Moises Benedikt Beifuß an den Kaiser (Praes. 31.7.1755) in ., D. R., K. 383/2; Dispecker an den Kaiser (Praes. 26.5.1766) in ., D, K. 1637; Isaak Speyer an das rheinische Vikariatsgericht, d. h. den bayerischen Kurfürsten (Praes. 22.6.1745) in ., D. R., K. 362/7, fol. 4r meinte, dem Fürsten ginge es allein darum, die rechtlich eindeutige Auszahlung der Wechselschuld zu circumduciren; Model Hirsch Kuhn an den Kaiser (Praes. 16.11.1753) in ., K. 365/16; Benedikt Levi Gomperz an den Kaiser (Praes. 27.3.1754) in ., D, K. 2864/1. Erben Isaak Speyers an den Kaiser (Praes. 13.10.1744) in ., D. R., K. 362/7. Model Hirsch Kuhn an den Kaiser (Praes. 14.1.1752) in ., K. 365/15.

4.2 Die Jahre 1745 bis 1765

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gewinnen.247 In einigen Fällen248 liefen die Vergleichsverhandlungen darauf hinaus, einen Prozess gänzlich scheitern zu lassen.249 Allerdings stellen solche Causen eine absolute Ausnahme dar.250 An zentraler Stelle standen in den Vergleichsangeboten vielmehr Hinweise, die auf das taktische Hinhaltespiel verwiesen. Oftmals wurden laufende gelt Negotij angeführt, deren Abschluss man obrigkeitlicherseits abwarten wolle, bevor ein Vergleich überhaupt zustande kommen könne.251 Andere brachten dieses Argument in negativer Konnotation mit Verweis auf wirtschaftliche Krisenzeiten an, weshalb es ihnen unmöglich sei, Kredite zu erhalten.252 Wieder andere 247

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Ferdinand Kasimier I. an den Kaiser (Praes. 16.3.1756) in ., K. 359/2; Lit: A. Extractus Litteratum des hochgräff: Isenburgischen Canzley-Directoris herrn Schmid, an den Legations=Rath Bohn, de dato Wächtersbach den 19. Septbr: 1755 in Ferdinand Kasimier I. an den Kaiser (Praes. 17.10.1755) in ., K. 359/2; Hohenlohe-Pfedelbach an den Kaiser (Praes. 8.11.1743) in ., D. ., K. 168, fol. 97r–98v. Dies geschah entweder nach Erkennung eines Mandats bzw. Reskripts (Ferdinand Maximilian von Isenburg-Wächtersbach an den Kaiser [Praes. 15.3.1754] in ., D, K. 1738/3 o. Georg Karl Ludwig von Leiningen-Westerburg an den Kaiser [Praes. 26.8.1760] in ., K.330), einer Parition (ders. an den Kaiser [Praes. 27.1.1761] in .; Konstantin zu Hessen-Rheinfels-Rothenburg an den Kaiser [Praes. 22.11.1746] in ., D. R., K. 373/9; Kasimier von Wartenberg an den Kaiser [Praes. 1.12.1749, 6.4. u. 5.51750] in ., K. 362/6) u. Salomon Levi an den Kaiser (Praes. 26.10.1739) in ., K. 373/3; Bericht u. Intervention der Kommission Sayn-Wittgenstein-Hohenstein an den Kaiser (Praes. 9.5.1758) in ., K. 383/2; F, Reichsjustiz, S. 63–68. Ähnliche bei H, Alltag, S. 250f. bzgl. Prozessen an städtischen Geschichten. So bittet Ferdinand Maximilian von Isenburg-Wächtersbach an den Kaiser (Praes. 22.11.1754) in HHSAW, RHR, D, K. 1738/3 offen, den Prozess angesichts der Vergleichshandlungen gänzlich zu suspendieren; Georg Karl Ludwig von LeiningenWesterburg an den Kaiser (Praes. 26.8.1760) in , K. 330. So benahm sich Kasimier von Wartenberg als einziger in grotesker Dreistigkeit. Nachdem Jacob Ochs den Prozess am RHR einbrachte und vom gegnerischen Anwalt ein legitimierendes Mandatum Procuratorium verlangte, verwies Wartenberg auf die Vergleichsverhandlungen, so dass es folglich so wenig mehr der Legitimation alß eines processes bedürfe (Zitat Kasimier von Wartenberg an den Kaiser [Praes. 1.12.1749] in ., D. R., K. 362/6. Siehe zum Mandatum Procuratorium Jacob Ochs an den Kaiser [Praes. 25.8. u. 4.12.1749] in ., K. 362/6). Selbst als der Jude das Scheitern der Vergleichsgespräche anzeigte und auf die Legitimation bestand, meinte der Graf, dass wohl vermuthlich ist, daß die Sache nunmehr in güte ihre Endschafft erhalten, und dabei iudicaliter nichts mehr zu thuen seye (Zitat Anzeige Jacob Ochs an den Kaiser [Praes. 6.4.1750] sowie Kasimier von Wartenberg an den Kaiser [Praes. 6.4. u. 5.5.1750] in .). Viktor Amadaeus Adolph von Anhalt-Schaumburg an den Kaiser (Praes. 15.5.1747) in ., D, K. 1191 (Zitate ebd.); ders. an den Kaiser (Praes. 15.5.1747) in ., D. R., K. 362/7; Georg Karl Ludwig von Leiningen-Westerburg an den Kaiser (Praes. 18.4.1760) in ., D, K. 330; Kasimier von Wartenberg an den Kaiser (Praes. 7.6.1751), ders. an den Kaiser (Praes. 1.12.1751) sowie ders. an den Kaiser (Praes. 12.5.1752) in ., D. R., K. 362/6: die Versicherung zugekommen, daß erwürck: im Begriff seye, cum consenso agnatorum ein ansehnliches capital auf zu nehmen, um damit sämt. Creditores zu befriedigen (Zitat Supplik vom 7.6.1752); Ferdinand Kasimier I. an den Kaiser (Praes. 16.3.1756) in ., K. 359/2. Siehe hierzu August Friedrich von Isenburg-Büdingen an den Kaiser (Praes. 28.9.1756) in ., D, K. 1738/3.

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4. Jüdische Ansichten über Kaiser und Reichshofrat

versuchten zwei jüdische Gläubiger gegeneinander auszuspielen, indem sie behaupteten, der eine wolle auf Zinszahlungen verzichten, wovon der andere naturgemäß nichts wusste.253 Die kaiserliche Berechtigung, mittels Kommissionen auf solche Vergleiche hinzuarbeiten254 , stellten die Obrigkeiten jedoch prinzipiell nicht in Frage. Die Juden bewerteten solche Vergleichsangebote als reine Verzögerungstaktiken und durchschauten in der Regel sofort ihre Prozessgegner. Daher standen sie den Vergleichsangeboten oftmals skeptisch gegenüber. Zumeist wiesen sie auf problematische inhaltliche Bestimmungen der Vergleichsangebote hin, welche die jeweilige Obrigkeit verschwiegen habe. Die Differenz zwischen eigentlicher Schuldsumme und den Rückzahlungsangeboten war für die Juden dabei selbstverständlich von entscheidender Bedeutung.255 Die jüdischen Kläger betonten ihre prinzipielle Kompromiss- und Konsensbereitschaft, Vergleiche anzunehmen, und hoben sich somit vom obrigkeitlichen Verhalten ab. Hierfür betonten sie ihren Willen, die adeligen Schuldner bereits erstinstanzlich in der güte zur bezahlung zu bewegen.256 Da dies indessen ihrer Meinung nach gescheitert sei, seien sie zur Klage geradezu gezwungen worden.257 Nur ihre lange getragene Gedult sowie ihre Hoffnung, doch noch einen Vergleich zu treffen258 , habe sie bisher von einem solchen Schritt abgehalten.259

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Konstantin zu Hessen-Rheinfels-Rothenburg an den Kaiser (Praes. 2.10.1747) u. ders. an den Kaiser (Praes. 23.11.1747) in ., D. R., K. 373/9. Siehe hierzu kurz O, Kommissionen. Samuel Simon, der für die Vergleichsverhandlungen mit dem Frankfurter Bankier Johann Ludwig Harrscher bereits Moises Benedikt Beifuß als Bevollmächtigten bestellt hatte, lehnte die Vergleichsangebote Hessen-Rheinfels-Rothenburgs ab, da in diesen die vertraglich festgelegten und von der Mutter des Fürst Constantins zusätzlich mündlich zugesicherten Zinszahlungen nicht inbegriffen waren (vgl. bspw. neben oben erwähnten Samuel Simon an den Kaiser [Praes. 29.11.1747] in HHSAW, RHR, D. R., K. 373/9 u. Isaak Moises Kann an den Kaiser [Praes. 16.3.1756] in ., K. 359/2). Marum Kahn empörte sich darüber, dass die Kühnheit des gedachten herrn Grafen so hoch gestiegen, dass er ihm nur 100 Dukaten anbiete; ders. an den Kaiser (Praes. 4.11.1763) in ., K. 383/1. Simon Aaron Neustädtl an den Kaiser (Praes. 27.11.1747) in ., D. ., K. 178, fol. 756r; Model Hirsch Kuhn an den Kaiser (Praes. 21.6.1742) in ., D. R., K. 365/15; Salomon Levi an den Kaiser (Praes. 29.3.1737) in ., K. 373/3 betont, es gebe keine Hoffnung mehr. Zitat Dottres Samuel Stern an den Kaiser (Praes. 14.5.1754) in ., D, K. 1738/3; David Dispecker an den Kaiser (Praes. 25.6.1764) in ., K. 1637; Moises Benedikt Beifuß an den Kaiser (Praes. 31.7.1755) in ., D. R., K. 383/2. So Abraham Sinzheimer an den Kaiser (Praes. 21.5.1759) in ., D, K. 330, der wegen dem H: Beklagten bishero imer versprochenen guten Verständnuß und Richtigstellung geglaubet, es werde dardurch die weitere klage aufgehoben werden, da jedoch es das ansehen hat, daß durch gütliche Weege Anwaldts Principalen zu dem ihrigen nicht gelangen können; Samuel Simon an den Kaiser (Praes. 27.7.1746) in ., D. R., K. 373/9. Zitat Jacob Ochs an den Kaiser (Praes. 17.10.1744) in ., K. 362/6; Moises Benedikt

4.2 Die Jahre 1745 bis 1765

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Für die jüdischen Gläubiger war die Glaubwürdigkeit und Ernsthaftigkeit der obrigkeitlichen Angebote ausschlaggebend.260 Für die meisten Juden belegten die unannehmbaren Angebote die Zahlungs-Renitenz der jeweiligen Prozessgegner.261 Jacob Ochs kritisierte die Vergleichs- und Zahlungsangebote als wahrheits widrig 262 ebenso wie Moises Benedikt Beifuß klar erkannte, dass sein Prozessgegner durch desen vorsetzlichen Aufenthalt die Sache nur in vergessenheit bringen wolle.263 Hinter diesen offensichtlichen Reaktionen der Juden stand eine gezielte Aktion. Mit solchen Ausführungen verknüpften sich die Deutungen des Paragraphen 107 JRA. Hiermit konkretisierten die klagenden Juden die Notwendigkeit, dass der RHR in Wechselgeschäften eine schnelle Rechtshilfe in Form von Exekutionen gewähren müsse. Folglich stellen obige Ausführungen kein bloßes Reagieren der Juden dar, sondern bezogen sich auf eine gezielte argumentative Strategie. Die Möglichkeit, mit Vergleichen Prozesse zu beschleunigen oder zu verzögern, war den Juden nicht nur bewusst, sondern sie operierten ebenfalls mit diesem taktischen Hinhaltespiel, wenn es ihnen für die Erreichung ihrer eigenen Ziele sinnvoll erschien. Insofern verschwiegen Juden vor dem RHR oftmals in erster Instanz aufgerichtete Vergleiche264 oder verwiesen auf ihre

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Beifuß an den Kaiser (Praes. 31.7.1755) in ., K. 383/2; Simon Aaron Neustädtl an den Kaiser (Praes. 27.10.1746) in ., D. ., K. 178, fol. 744r; Marum Kahn an den Kaiser (Praes. 23.12.1748) in ., K. 383/1. Abraham Sinzheimer merkte kritisch an, dass die vom Grafen von Leiningen-Westerburg angebotene monatliche Rate von 100 fl. zur Abzahlung der Schulden seiner sämtlichen Gläubigern diene, ohne dass Abraham genau wisse, wann die Reihe an ihn komme und wie viele Gläubiger es überhaupt gebe. Auch seien die Prozesskosten nicht inbegriffen. Vielmehr herrsche hierüber ein tiefes Stillschweigen, welches die Unrichtigkeit des Gegentheilichen Angebens darlege, zumal die monatliche Rate aus der holländische[n] Gage stamme, mithin nur gezahlt werden könne, solange er sich in holländischen Diensten befände. Insofern seien die gräflichen Angebote nur eine Zahlungs Ausflucht und daher gar nicht acceptable. Zum Vergleichsangebot siehe Georg Karl Ludwig von Leiningen-Westerburg an den Kaiser (Praes. 27.1.1761) in ., D, K. 330. Als Reaktion hierauf Abraham Sinzheimer an den Kaiser (Praes. 26.3.1762) in ., K. 330 (Zitate ebd.). Dottres Samuel Stern wies den RHR dagegen darauf hin, dass die Isenburger Grafen ihre Angebote lediglich darauf ausrichteten, diese Sach noch ferner ins Weite feld zu Spucken und um diesen ohnverantwortlichen Verzögern einigen Schein zu geben. Siehe hierzu ders. an den Kaiser (Praes. 16.12.1754) in ., K. 1738/3 (Zitat ebd.); Samuel Simon an den Kaiser (Praes. 29.11.1747) in ., D. R., K. 373/9 spricht von einer dilatorischen Ausflucht; Jacob Ochs an den Kaiser (Praes. 16.8.1743) u. ders. an den Kaiser (Praes. 17.10.1744) in ., K. 362/6; Moises Benedikt Beifuß an den Kaiser (Praes. 25.9.1758) u. ders. an den Kaiser (Praes. 22.9.1759) in ., K. 383/2; Jacob und Isaak Heßlin an den Kaiser (Praes. 11.1.1757) in ., K. 353/1: die Sache in die Lange Ewigkeit verzögern; Samuel Simon an den Kaiser (Praes. 27.7.1746) in ., K. 373/9. Samuel Simon an den Kaiser (Praes. 29.11.1747) in ., K. 373/9; Salomon Levi an den Kaiser (Praes. 26.10.1739) in ., K. 373/3. Zitat Jacob Ochs an den Kaiser (Praes. 1.12.1751) in ., K. 362/6. Zitat Moises Benedikt Beifuß an den Kaiser (Praes. 22.9.1759) in ., K. 383/2. So Karl von Waldeck an den Kaiser (Praes. 22.8.1755) in ., O. R., K. 1769/1, der betont, das Getz Hayum und seine Frau Fradel einen am 13.11.1752 getroffen Vergleich

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4. Jüdische Ansichten über Kaiser und Reichshofrat

Ungültigkeit, wenn deren Konditionen ihnen nicht annehmbar erschienen.265 Gleiches galt für Debitkommissionen, die von den Obrigkeiten erbeten oder vom RHR ex officio erlassen wurden.266 Juden beurteilten sie als ein Element, das die schnelle Erreichung ihrer Prozessziele eigentlich verhindere. Die Gründe hierfür legte eine Fürther Klägergemeinschaft gegenüber dem RHR dar. So sei ihnen von dem Herren Grafen [Pückler, A. G.] durch das lange

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(hier Num: 1.) nicht akzeptierten und die rückwirkende Bezahlung verlangten, die wegen der Kriegsschäden und den geschwächten Cameral-Kräften nicht zu leisten sei (so ders. an den Kaiser [Praes. 7.9.1758] in .). Bereits am 17.11.1728 ordnete Fürst Christian Philipp in SAM 118, Nr. 2266 Vergleichsverhandlungen mit den Juden an, die der Frankfurter Bankier Jean Monet führen sollte. Allerdings wurde diese Anordnung laut eines Vermerks, vielleicht wegen des kurz darauf erfolgten Ablebens des Grafen, nie expediert. Noe Samuel Isaak verglich sich mit Thomas Hasslinger vor dem Münchner OberstStadtrichter-Amt. Noe sollte 700 fl. zahlen, davon 300 fl. sofort, die restlichen 400 fl. in vier Monatsraten (siehe hierzu den Vergleich vom 1.3.1750, betitelt als Copia in Noe Samuel Isaak an den Kaiser [Praes. 1.3.1754] in HHSAW, RHR, D. R., K. 367/4). Vor der Mergentheimer Regierung bestritt der wittelsbachische Hoffaktor die Gültigkeit dieser Vereinbarungen. Schließlich resultierten sie aus seiner Unkenntnis der genauen Sachlage seines Geschäftskontraktes mit dem Wollweber Kießler. Durch die Besetzung Münchens durch die Österreicher seien seine Unterlagen nämlich verloren gegangen. Erst jüngst habe er sie glücklicherweise wieder gefunden und hätte aus ihnen entnehmen können, dass er den Vergleich eigentlich gar nicht hätte abschließen müssen (siehe Eingabe Noes an die Regierung in Mergentheim als Beilage 1 in Mergentheimer Regierung am 13.12.1754 an den Kaiser [Praes. 23.1.1755] in .). Ein strittiger Punkt war seiner Meinung nach die Notwendigkeit, den Vergleich von der Obrigkeit bestätigen zu lassen. Dies hätte seine Anzeige beim Oberst-Stadt-Richteramt in München erfordert (vgl. H, Aufenthaltsverbot, S. 45). Allerdings betonte Noe, dass eine solche Anzeige und Bestätigung laut der dortigen Protokolle nicht geschehen sei (vgl. hierzu Noe Samuel Isaak an den Kaiser [Praes.1.3.1754] in HHSAW, RHR, D. R., K. 367/4. Siehe auch die Eingabe Noes an die Regierung in Mergentheim als Beilage 4 in Mergentheimer Regierung am 13.12.1754 an den Kaiser [Praes. 23.1.1755] in .). Noe, der sich in jenen Jahren in München regelmäßig aufhielt und somit leicht Zugang zu den Archivbeständen des Oberst-Stadt-Richteramts besessen haben dürfte, schlug daher vor, die Mergentheimer Regierung möge doch auf seine Kosten in München bezüglich des Vergleichs anfragen und sich von dessen Fehlen überzeugen (siehe Noe Samuel Isaak an den Kaiser [Praes. 1.3.1754] in .). Zwar befand sich Noe durchaus im Recht, wenn er behauptete, dass der Vergleich nicht ordnungsgemäß beim Oberst-Stadt-Richteramt bekannt gemacht wurde, taucht er doch im betreffenden Protokoll tatsächlich nicht auf (vgl. SAM, S, Stadtgerichtsprotokoll 79/1–49, Bd. 44 [1750–1756]), jedoch verwies die Mergentheimer Regierung in ihrem Gegenbericht auf den Umstand, sie habe eine vom Stadtrichter in München offiziell beglaubigte Kopie des Vergleichs vorgelegt bekommen (vgl. Mergentheimer Regierung am 13.12.1754 an den Kaiser [Praes. 23.1.1755] in HHSAW, RHR, D. R., K. 367/4). Die Regierung betonte ebenso, dass Noes Schuld von über 1300 fl. bereits auf 700 fl. erheblich reduziert worden sei (siehe Mergentheimer Regierung am 13.12.1754 an den Kaiser [Praes. 23.1.1755] in ., K. 367/4). Zugleich verschwieg er die bereits erfolgte Zahlung von 50 fl. an den Hasslinger auf der Basis des Vergleiches (siehe Copia Nro 5 in Mergentheimer Regierung am 13.12.1754 an den Kaiser [Praes. 23.1.1755] in .). Siehe hierzu die Ausführungen bei W, Rechtsprechung, S. 256–431.

4.2 Die Jahre 1745 bis 1765

205

widerrechtliche Zaudern so viele unnöthige Kosten schon causiret worden, daß ihnen die remissio ad forum universale in Ansehung der gänzlichen Entscheidung sehr Last will, Weilen dadurch die bereits fast zum Ende gediehene Sache von neuem wiederum vorgenommen und ihnen also auch neue fast unerschwingliche Unkosten zu gezogen werden.267 Für jüdische Kläger war diese Prozessentwicklung fatal, vermuteten sie doch, dass dieser Schritt den Obrigkeiten einzig dazu diene, durch unstatthaffte Prorogations Gesuche die Bezahlung zum dißseitigen ganz unleidentlichen Schaden von einer Zeit zur anderen aufzuhalten.268 Ebenso war sich Michael Isaak Hanau darüber im Klaren, dass mit dem Verweis seines Falles an das RKG als Konkursgericht seine Chancen auf Rückzahlung der Schuld erheblich sanken. Tatsächlich sah der Jude die Intention seines Gegenübers deutlich in einer Hinderung der Execution der allgerechtesten kayßer[erlichen] Erckanntnüs. Er verband das Verhalten Kametzkys mit einer prinzipiellen Gehorsamsverweigerung gegenüber den kaiserlichen Befehlen. Schließlich zweifelte er offen an, dass das RKG werde in der Erledigung der Angelegenheit mehr Erfolg haben werde.269 Hinter solchen Schritten vermuteten Juden Prozessverzögerungstaktiken, die sich zu ihren Ungunsten auswirken mussten. Einige Causen beleuchten aus jüdischer Sicht die enorme Bedeutung des kaiserlichen Gerichts als Drohinstrument. Diese Prozesse können mit dem von Dinges entwickelten Theorem der Justizphantasie270 in den Blick genommen werden. In ihnen wiesen Juden in erstinstanzlichen Verfahren auf RHRProzesse hin und wollten so über den eigentlichen Streitgegenstand hinausreichende Prozessziele realisieren. Der Prozess des Noe Samuel Isaak gegen Thomas Hasslinger behandelte eine geringe Schuldsumme von 700 fl., die aus einem Vertrag mit einem Münchner Wollweber namens Kißler herrührten. Der Vertrag legte fest, dass Noe die Kaufsumme vorstrecken sollte. Die Summe sei ihm anschließend von der bayerischen Landschaft zu erstatten.271 In der Tat erhielt der Wollweber Kißler noch im selben Jahr direkt von dem Churfürst[lichen] schulden abledigungsambt eine Abschlagszahlung in Höhe von 150 fl. für die oben erwähnte Kaufsumme.272 Hiernach meldete sich der Wollweber – so beteuerte Noe – nicht mehr bei dem Hoffaktoren. Erst nach dessen Tod sei erwähnter Hassliger mit einer Schuldforderung auf ihn zugekommen, über die sich beide 1750 267 268 269 270 271 272

Zitat Mayer Berlin et al. an den Kaiser (Praes. 2.12.1769) in HHSAW, RHR, D. R., K. 354/2. Dies. an den Kaiser (Praes. 2.12.1769) in ., K. 354/2. Zitate Hanau an den Kaiser (Praes. 3.2.1755) in ., D. ., K. 168/1, fol. 162r– 162v. Vgl. hierzu D, Justiz, S. 269–275, 290f. Siehe lit. E Verzeichnuss vom 25.8.1733 in Noe Samuel Isaak an den Kaiser (Praes. 1.3.1754) in ., D. R., K. 367/4 (Zitat ebd.). Siehe die durch Kißler bestätigte Abschlagszahlung lit. F vom 2.11.1733 in Noe Samuel Isaak an den Kaiser (Praes. 1.3.1754) in . (Zitat .).

206

4. Jüdische Ansichten über Kaiser und Reichshofrat

in München vor dem Oberst-Stadtrichter-Amt verglichen. Da Noe die Gültigkeit des Vergleichs bestritt, klagte Hasslinger seit 1751273 vor der Regierung in Mergentheim und erhielt durch ein Urteil vom 31. Oktober 1753 schlussendlich Recht: Der Jude musste die 700 fl. sofort zahlen.274 Hiergegen appellierte Noes Tochter Beßle275 . Allerdings schlug die Regierung die Appellation ab276 , weshalb sich der RHR nun mit der Angelegenheit zu befassen hatte. Nach einem Bericht der Deutschordensregierung277 wies der RHR allerdings die Appellation des Hoffaktors endgültig ab.278 Waren der Inhalt und der Ablauf des Prozesses demnach banal, barg die Argumentation Noes durchaus politischen Sprengstoff. Noes Eingaben lassen den Eindruck entstehen, als verschweige er nicht nur vorsätzlich wichtige Informationen, um nicht zahlen zu müssen, sondern als verfolge er eine weiterreichende Intention, die er mit Hilfe des RHR durchzusetzen versuchte. Noes Hauptargumente bezogen sich nämlich auf die Zahlungsmodalitäten des Geschäftskontraktes mit dem Münchner Wollweber. Er sah den Kaufvertrag ausschließlich als eine Delegations-Anweisung [. . . ] an die Chur=Bayrische Landschafft, die damit der eigentliche Schuldner sei. Er habe die Abwicklung des Geschäfts im Dienst und im Namen des Kurfürsten übernommen.279 Noe kam so bereits vor der Mergentheimer Regierung zu dem Schluss, daß ich keinesweegs schuldig oder gehalten seye einer Sach, welche schon Anno 1733. von mir ab= und zur löblichen Churbayerischen Landschafft verwiesen= und darselbst angenommen worden, mich mehr anzunehmen oder dafür Responsable zu seyn, zumahlen die waaren, so von dem verstrobenen Kißler empfangen zu Ihro Churfürst[liche] durchleucht in Bayern unterthänigsten diensten emploijret worden, und in mein Liquidationswerck gehörig seynd, umb deßen aufmachung oder Rechtliche herstellung ich schon etlich und 20. jahr mit schweren Kösten und großer Versaumbnuß Sollicitire.280 Hiermit wird die eigentliche Intention deutlich, die den Hoffaktor veran273 274 275 276

277

278 279 280

Vgl. Mergentheimer Regierung am 13.12.1754 an den Kaiser (Praes. 23.1.1755) in ., K. 367/4. Siehe lit: C Copia Decreti vom 31.10.1753 in Noe Samuel Isaak an den Kaiser (Praes. 1.3.1754) in . S, Hoffaktoren, S. 458 sieht in Beßle die Witwe des Noe, was aber laut u. g. Eingaben im RHR-Akt falsch ist. Siehe lit: B Copia Decreti vom 20.11.1753 in Noe Samuel Isaak an den Kaiser (Praes. 1.3.1754) in HHSAW, RHR, D. R., K. 367/4. Später als Original unter Lit: D in Noe Samuel Isaak an den Kaiser (Praes. 14.3.1754) in . nachgereicht. Siehe SAL, B 233, Bd. 170/II, 1754 13. XII. (unnum.); Reskript um Bericht an die hochfürst. Teutschmeisterische Regier. zu Mergentheim des RHR vom 27.5.1754 in HHSAW, RHR, D. R., K. 367/4; Bericht in Mergentheimer Regierung am 13.12.1754 an den Kaiser (Praes. 23.1.1755) in . Siehe hierzu kurz ., R, XVIII/131, fol. 246v–247v (9.9.1755). Noe Samuel Isaak an den Kaiser (Praes. 1.3.1754) in ., D. R., K. 367/4. Zitat Eingabe Noes an die Regierung in Mergentheim als Beilage 1 in Mergentheimer Regierung am 13.12.1754 an den Kaiser (Praes. 23.1.1755) in .

4.2 Die Jahre 1745 bis 1765

207

lasste, sich nach Wien an das kaiserliche Gericht zu wenden. Noe stand seit 1722 in engem wirtschaftlichen Kontakt mit dem bayerischen Kurfürsten Max Emanuel und dessen Nachfolger Karl Albrecht. Der Ausgangspunkt seiner Tätigkeit für das wittelsbachische Kurfürstentum waren die Finanzierung der Hochzeit Karl Albrechts mit der Kaisertochter Maria Amalie sowie die Befriedigung der Luxusbedürfnisse des regierenden Kurfürsten. Bis 1725 brachte Noe gewaltige Geldsummen auf, die von der kurbayerischen Landschaft und einigen Salzämtern zurückbezahlt werden sollten.281 Zusätzlich ging Noe immer wieder neue Handelsgeschäfte mit den bayerischen Kurfürsten282 in der Hoffnung ein, auf diese Weise die Rückzahlung zumindest der Schuldzinsen sicherstellen zu können. Freilich scheiterten sämtliche Bemühungen Noes, der mit 20 % Anteil an der Gesamtschuldenlast zum Hauptgläubiger Kurbayerns mutierte. Karl Albrecht setzte schließlich eine bis heute von der Forschung kaum untersuchte Schuldenwerkskommission283 ein, welche die Forderungen an das kurfürstliche Haus zu ermitteln und deren Abzahlung zu organisieren hatte.284 Die Kommission schloss diese Angelegenheit in den Jahren zwischen 1753 und 1755 ab, indem sie der einzelnen Schuldposten endgültig regelte. In dieser Phase der Tätigkeit der Schuldenkommission kam Noe, der sich in den Jahren 1752 bis 1754 in München dauerhaft aufhielt285 , zweimal mit umfassenden Schriften bei ihr ein und erklärte ausführlich seine Forderungen an den bayerischen Staat.286 Allerdings war ihm wenig Erfolg beschieden. Der Nachfolger Karl Al281

282

283 284 285

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H, Aufenthaltsverbot, S. 44; siehe das rechtliche Regierungsgutachten vom 30.8.1754 in HSAM, G, S A, K. 1353, Nr. 124 mit einer detaillierten Auflistung aller vereinbarter Zahlungsmodalitäten. Siehe die Schilderungen von Noes Geschäftsbeziehungen mit Kurbayern in ., K. 1352, Nr. 123: Schreiben Noe Samuel Isaaks an das kurfürstlich- und landschaftliche Schulden=Ablegungs=Werk (undat.), S. 29–101. Zu Hochzeit S, Kunst, S. 54–75. Siehe P, Hoffaktoren, S. 202. Siehe zu den Hauptverträgen Noes mit Max Emanuel S, Hochfinanz, S. 2–10. Vgl. HSAM, G, S A, K. 1352, Nr. 123: Schreiben Noe Samuel Isaaks an das kurfürstlich- und landschaftliche Schulden=Ablegungs=Werk (undat.), S. 64–79. S, Hoffinanz III, S. 182 u. S, Hochfinanz, S. 10–13. Siehe HSAM, G, S A, K. 1351a, Nr. 122a; ., K. 1351b, Nr. 122b; ., K. 1352, Nr. 123; ., K. 1353, Nr. 124 u. 125; ., K. 1354, Nr. 126; ., K. 1355, Nr. 127–129. H, Aufenthaltsverbot, S. 45. Auch den Erben Noes gelang keine Schuldrückzahlung (vgl. P, Hoffaktoren, S. 203). Vgl. DOZA, G 1752 21. II., wo Noe auf seine Abreise nach München hinweist. Danach erscheint sein Name nur noch selten in den G. Alleine in . 1753 6. XII. bittet er um ein Fürschreiben Clemens August an den bayerischen Kurfürsten bezüglich seiner Forderungen, das allerdings abgelehnt wurde. Erst im Laufe des Jahres 1755 ist er wohl erneut in Mergentheim (in SAL, B 233, Bd. 171/I 1755 12. III. [unnum.] u. 18. III. [unnum.]; DOZA, G 1755 4. V.). Die G’ verzeichnen den Sitzungsverlauf der Geheimen Konferenz, an der Clemens August regelmäßig teilnahm. Sie beinhalten alle für den Deutschen Orden relevanten Beschlüsse. Für die Hinweise danke ich Herrn P. Frank B OT und Herrn Dr. Bernhard V. Vgl. HSAM, G, S A, K. 1353, Nr. 124: Kurze und Wahrhaffte Erzechlung. Die von Mir dem Chur Cöllnischen Agenten, und Oberhoff Factorn Noe Samuel Isaak (31.7.1753).

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4. Jüdische Ansichten über Kaiser und Reichshofrat

brechts, Maximilian III. Joseph, wollte keinesfalls alle Forderungen erfüllen. Deutlich wurde dieses Ansinnen in zwei Gutachten287 , in denen Noe der größte Teil seiner Schuldforderungen abgestritten und dem Kurfürsten das Recht zum Rücktritt von den Verträgen zugestanden wurde.288 Dem schloss sich Maximilian III. Joseph in einem Dekret an.289 Die Chancen Noes auf Rückzahlung seiner vollen Schuldforderung sanken damit ins Unwahrscheinliche. In diesem Zusammenhang ist vor allem eine undatierte, 125 Seiten umfassende Eingabe Noes an die Schuldenkommission von Interesse, die angesichts ihrer Platzierung im Konvolut vermutlich im Hochsommer 1755 verfasst wurde. Dem ist sie zeitlich nach dem besagten kurfürstlichen Dekret, jedoch noch vor dem Endbeschluss des RHR in der Noe’schen Appellationssache anzusiedeln. In ihr betonte Noe, dass er sich durch die Zahlungsweigerung der Schuldenkommission gezwungen gesehen habe, sich an die höchsten Reichsgerichte zu wenden.290 Da zu diesem Fall weder RKG- noch RHR-Akten vorliegen, muss hiermit die vorliegende Causa gemeint sein. Noe beabsichtigte mittels einer Appellation an den RHR in einer Bagatellsache Druck auf die bayerische Schuldenkommission auszuüben, um eine endgültige Auszahlung

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Siehe ., K. 1352, Nr. 123: Schreiben Noe Samuel Isaaks an das kurfürstlich- und landschaftliche Schulden=Beylegungs=Werk (undat.). Vgl. das rechtliche Regierungsgutachten vom 30.8.1754 in HSAM, G, S A, K. 1353, Nr. 124, an deren Ende der unbekannte Verfasser zehn Fragen formuliert, die dann in ., K. 1353, Nr. 124: Extract Wie sich nach dem yber die in dem Juden Noe: forderungs geschäfft gesezte fragen eingehollten Rechtlichen gutachten die Mainung von quaestion zu quaestion heraus werffe. Verfasst München den: 4ten Jener 1755 ausführlich zu Gunsten des Kurfürsten beantwortet werden. Ähnliche Gutachten hatte es unter Karl Albrecht gegeben (P, Hoffaktoren, S. 202; S, Hochfinanz, S. 17). Siehe das kurfürstliche Dekret vom 27.2.1755 in HSAM, G, S A, K. 1353, Nr. 124. Vgl. hierzu H, Aufenthaltsverbot, S. 49 u. S, Hochfinanz, S. 21. Siehe HSAM, G, S A, K. 1352, Nr. 123: Schreiben Noe Samuel Isaaks an das kurfürstlich- u. landschaftliche Schulden=Beylegungs=Werk (undat.), S. 105–107. Dieser Hinweis taucht in seiner umfangreiche Eingabe von 1753 nicht auf (vgl. ., K. 1353, Nr. 124: Kurze und Wahrhaffte Erzechlung. Die von Mir dem Chur Cöllnischen Agenten, und Oberhoff Factorn Noe Samuel Isaak [31.7.1753]).

4.2 Die Jahre 1745 bis 1765

209

seiner Gesamtschulden zu erreichen. Damit sah der finanziell291 vollkommen ruinierte Hoffaktor im RHR zwei Optionen: Zum einen dürfte er die Hoffnung gehegt haben, der RHR könne sich durch den Hinweis auf seine enormen Schuldforderungen an Bayern interessiert zeigen und in München ob der Angelegenheit nachfragen. Zum anderen diente vor den Münchener Behörden der Hinweis auf den laufenden RHR-Prozess in seiner letzten großen Eingabe als offene Drohung eines kaiserlichen Eingreifens.292 Angesichts der üblichen Vorgehensweise des RHR hätte ein solches Eingreifen des Kaisers die Einrichtung einer Debitkommission bedeuten können.293 Der RHR fungierte demnach als Drohinstrument gegenüber örtlichen Instanzen. Zugleich drückt sich hierin die phantastische Vorstellung des Hoffaktors aus, den RHR tatsächlich für die Regelung seiner Schuldforderungen gegenüber München zu aktivieren. Solche Phantasien, in denen der RHR als omnipräsente Institution erschien, waren durchaus üblich bei jüdischen Klägern, die sich in einer prozessual ungünstigen Position befanden.294 Michael Jacob Haimburger hatte 1748 unter fadenscheinigen Gründen Ischl Perl denunziert.295 Da Haimburger seine Anschuldigungen nicht beweisen konnte,

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292

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Seit den 1740er Jahre mehren sich in den Geheimen Konferenzprotokollen Hinweise bezüglich der Verarmung Noes (DOZA, G 1745 3. IV.; 1749 6. I.; 1750 27. IX., 2. XII. u. 3. XII.; 1751 25. II.; 1752 3. XII.). Zudem bat Noe den Kurfürsten immer öfter um Kleinkredite. Sämtliche Anfragen wurden abgelehnt (., G 1749 6. I.; ., 1750 27. IX., 2. XII., 3. XII.; . 1752 25. II, 23. V. u. 3. XII.). In einem vor dem RHR verhandelten Schuldprozess aus den Jahren 1744–1746 zeigte sich, das Noe nicht die festgesetzten Raten von insgesamt 275 fl. innerhalb 2 bis 3 Jahren ableisten konnte (., G 1744 18. VI., 19. VII., 9. IX. u. SAL, B 233, Bd. 152/I 1746 1. II. u. 14. II. Zum RHRProzess siehe HHSAW, RHR, R, XVIII/110, fol. 46v [14.7.1746]. Die dazugehörigen Akten in ., D. R., K. 367/4). Auch die Schulden für den Hasslinger schien Noe nicht aufbringen zu können, bat er in DOZA, G 1751 23. V. den Kurfürsten um einen Kredit von 700 fl. für eine Schuldentilgung. Angesichts der zeitlichen Nähe und Höhe der Kreditbitte wird die des Hasslingers gemeint sein. Bei den Schutz- u. Schatzungsgelder in Mergentheim befand sich Noe ebenfalls im Rückstand (SAL, B 287, Bü. 99, hier fol. 1r–16r). Die Renovierung seines Haus konnte er finanziell ebenso wenig bestreiten (., Bü. 96: Gesuch des Noe Samuel Isaak, jüdischen Vorgängers, um ein Darlehen von 1000 fl., hier die Schriftstücke fol. 2r–7v). Am 9.6.1756 stellte eine Begutachtung des Hauses einen Betrag von 220 fl. bis 300 fl. fest, der zur Renovierung notwendig wäre und von Noe nicht beglichen werden könne (., Bü. 96: Gesuch des Noe Samuel Isaak, jüdischen Vorgängers, um ein Darlehen von 1000 Gulden, hier fol. 20r). Siehe S, Hoffaktoren, S. 456, 458f.; anders P, Hoffaktoren, S. 203; S, Hochfinanz, S. 15, 23. Siehe die Anzeige der Appellationsklage in Wien durch Noes Tochter Beßle in SAL, B 233, Bd. 168/II 1753 17. XII. (Nr. 5); Zitat Noe Samuel Isaak an den Kaiser (Praes. 1.3.1754) in HHSAW, RHR, D. R., K. 367/4. Vgl. hierzu kurz H, Durchführung. Ähnlich Isaak und Jacob Heßlin an den Kaiser (Praes. 11.5.1744) in HHSAW, RHR, D. R., K. 353/1. Siehe zu der bedeutend Judengemeinde Mühringens S, Gemeinden, S. 129–131; ebenso ., Juden (c), S. 382f.

210

4. Jüdische Ansichten über Kaiser und Reichshofrat

wurde Perl freigelassen. Haimburger beharrte auf seiner Meinung, auch weil Perl auf Entschädigung klagte und Haimburgers Waren in Mühringen – dem Schutzort Perls – daraufhin vorläufig beschlagnahmt wurden. Als sich das Stabsvogteiamt in Mühringen an die Tübinger Juristenfakultät wandte und den durch Haimburgers Denunziation initiierten Inquisitionsprozess gegen Perl für null und nichtig erklärte, behauptete Haimburger, die Juristenfakultät sei von Perl bestochen worden. Er appellierte gegen das Urteil und verblieb nach Abschlagung der Appellation bei seinen Anschuldigungen. Hierfür sperrte ihn das Stabsvogteiamt nach mehrmaliger Verwarnung in den Kerker. Nach seiner Freilassung wandte sich Haimburger schließlich an das kaiserliche Landgericht der Mahlstatt Ravensburg.296 Haimburger warnte im zweitinstanzlichen Prozess, dass er dahin appeliren wolle, wo Er ein Gehör finde, und berief sich neben der oberösterreichischen Regierung in Innsbruck prinzipiell auf den ausspruch von einem kay[serlichen] Reichs Hoff Rath. Ausdrücklich betonte er wie andere Juden, was dort heraus kommen werde, müsse ers dabey bewenden lassen.297 Im hier rekapitulierten Fall scheint die Vorstellung ausschlaggebend gewesen zu sein, das kaiserliche Gericht ergreife ohne Nachfrage sofort Partei für den vermeintlich schwächeren Prozessteil.298 Zugleich drückte sich hierin ein großes Vertrauen in die Gültigkeit und Wirksamkeit reichshofrätlicher Beschlüsse aus. Juden versprachen sich vom Wiener Gericht Hilfe, weil es eben als direkte Verkörperung der kaiserlichen Rechtsprechung firmierte.299

296 297

298 299

Lit: A. Bescheid des Landgericht vom 5.5.1750 in schwäbische Reichsritterschaft an den Kaiser (Praes. 20.8.1750) in HHSAW, RHR, D. R., K. 681/2. Zitate Beilage N:o 2 Extractus Mühringen Amts Protocolli, dd.0 24ten Januarij: 1749 unterschrieben von Michael Jacob Haimburger in Schwäbische Reichsritterschaft an den Kaiser Lit: B (Praes. 20.8.1750) in .; Moises Benedikt Beifuß an den Kaiser (Praes. 31.7.1755) in ., K. 383/2; Jacob und Isaak Heßlin an den Kaiser (Praes. 11.5.1744) in ., D. R., K. 353/1. Amson Callmann an den Kaiser (Praes. 23.1.1748) in ., D, K. 214. In ähnlicher Manier gingen die Brüder David Mayer Judas vor. Dem RHR war von der kaiserlichen Diplomatie im Verlauf der Angelegenheit das Heft aus der Hand genommen worden, um die Angelegenheit ohne großes Aufsehen im Reich zu klären. Dieser Umstand blieb den Kulp-Brüdern verborgen, gleichwohl dürften sie angesichts der Untätigkeit des kaiserlichen Gerichts geahnt haben, dass die Angelegenheit absichtsvoll so langsam behandelt wurde. Sie wiesen dennoch gegenüber den Frankfurter Behörden daraufhin, dass die Sache bey Ihro kay[serliche] May[estät] rechtshängig sei und dass gar nicht zu zweifelen, von Ihre kay[serliche] May[estät] nicht gut geheisen werden solte, wenn Kurmainz in der Sache eigenmächtig weiter vorgehe. Vgl. Sorle an Schultheißen und Schöffen (Praes. 8. u. 15.91751) in ISG F C: Akten Nr. 6.579, fol. 6r–7v.

4.3 Zwischenergebnisse

211

4.3 Zwischenergebnisse In den Jahren nach 1576 sprachen jüdische Kläger den Kaiser mit seiner gesamten Autorität an. Diese Autorität speiste sich aus der sakralen Rückkoppelung des kaiserlichen Amts. Zugleich bedienten sie sich des antiken Topos vom Kaiser als Quelle allen Rechts. Im 16. Jahrhundert drückte sich hierin eine umfassende Machtvollkommenheit des Kaisers aus.300 In diesen Jahren entwarfen die Juden ein Kaiserbild, das sich aus antiken, christlichmittelalterlichen und sogar jüdischen Komponenten zusammensetzte und sich an das katholische Herrscherbild des Kaiserhauses anlehnte.301 An dieser Stelle liegen Parallelen zur Auffassung Reuchlins vom Kaiser auf der Hand. Sowohl die am RHR klagenden Juden als auch Reuchlin umschrieben das Reichsoberhaupt als universorum morum in re publica legifer et arbitrator.302 Zu überlegen wäre, ob sich hier ein Nachwirken der Selbstdarstellung Karls V. als Universalherrscher bei den jüdischen Klägern manifestierte.303 Damit ist dem jüdischen Kaiserbild im 16. Jahrhundert eine gewisse Emotionalität nicht abzusprechen. Demgegenüber herrschte 150 Jahre später ein instrumentelles Bild vom Kaiser vor. Nun nahm der RHR eine wichtige Rolle als verlängerter Arm und zentrales Instrument kaiserlicher Richtertätigkeit ein. Dennoch spielte hier der Kaiser eben in seiner Funktion als oberster Richter die alles entscheidende Rolle. Infolgedessen übernahm das Reichsoberhaupt zu beiden Zeitpunkten die Aufgabe, Gerechtigkeit herzustellen bzw. zu garantieren, womit sich die Juden auf einen zentralen Wert der frühneuzeitlichen Gesellschaft beriefen.304 Die adeligen Herrschaften operierten in beiden Zeitperioden ebenfalls mit diesem Bild. Allerdings ergänzten sie es um eine Sicht des Kaisers als väterlichen Standesgenossen und primus inter pares. Hiermit nahmen sie 300 301

302 303

304

S-R, Würde, S. 194f. K, Herrscherbild, S. 9–13; S, Reichshofrat, S. 29; zum Topos der Milde in christlichen Supplikationen U, Gnadengesuche, S. 172–174. Vgl. zum mittelalterlichen Kaiserbild E-B, Herrscherbild, S. 77–85; M, Kaisertum, S. 43–56; W, Reich, S. 82; K, Herrscherbild, S. 13. Zitat Reuchlin nach B, Aspekte, S. 21. Hierzu gehörte in der Selbstidealisierung Karls die Bewahrung des gesamten Erbes des antik-römischen und christlich-mittelalterlichen Kaisertums in Form der Universalmonarchie. Der Unterschied zwischen Universalmonarchie und Kaiseridee besteht laut B darin, dass bei der Universalmonarchie aus der ,Dignitas‘ des Kaiseramtes eine direkte Weisungsbefugnis gegenüber anderen Herrschern abgeleitet und so zum außenpolitischen Maßstab wird (vgl. ., Monarchia, S. 11–16, 63); zur Kaiseridee G, Reich, S. 38 und B, Monarchia, S. 41, 55–56. Vgl. ., Selbstauffassung, S. 83–103; B, Propaganda, S. 39–52; H-M, Karl V., S. 103– 122; S, Sonne; H, Habsburger, S. 147–171, der die zentrale Rolle der Kaiseridee, des Weltherrschaftsgedankens und der Universalmonarchie betont. Hierzu exemplarisch S, Normen, S. 168–174; S, Suppliken, S. 129f., 177f.

212

4. Jüdische Ansichten über Kaiser und Reichshofrat

auf gängige fürstliche Vorstellungen vom Kaiseramt direkten Bezug.305 Das jüdische Bild vom Reichsoberhaupt beinhaltete zu beiden Zeiten ein differenziertes Kaiser- und Reichsbewusstsein, da zugleich das Wissen um die Regelungskompetenz von Konflikten durch den RHR und die hinter ihm stehende kaiserliche Macht mit inbegriffen war.306 Letztlich geht hiermit auf jüdischer Seite ein Verständnis vom Reichsoberhaupt als letzter Instanz über die Reichsadeligen einher. Freilich stellt sich hier die Frage, ob sich an dieser Stelle ein spezifisch jüdisches Kaiserbild Bahn bricht. Die Frage kann nur über einen Vergleich mit Prozessen zwischen christlichen Privatpersonen beantwortet werden. Lediglich U beschäftigte sich in einem Aufsatz mit dieser Thematik aus Sicht christlicher Privatpersonen des 16. Jahrhunderts. U Studie konnte ähnliche Sichtweisen des Reichsoberhaupts heraus präparieren, so dass geschlussfolgert werden darf, dass sich im 16. Jahrhundert jüdische Supplikationen kaum von denen christlicher Privatpersonen unterschieden. Wird die Literatur über kommunale Widerstandsbewegungen herangezogen, verfestigt sich diese Einschätzung. Die am RHR klagenden Bauern empfanden den Appell an den Kaiser ebenso als Manifestation des Rechts gegenüber den Obrigkeiten. Ob die Juden ebenfalls solchen allgemein verbreiteten Vorstellungen folgten, kann aufgrund gänzlich fehlender Literatur kaum mit Sicherheit gesagt werden, angesichts der Forschungen zum bäuerlichen Widerstand scheint diese Vermutung nahe zu liegen.307 Hinsichtlich der juristischen Argumentation haben die Juden zu beiden Zeitperioden in ihren Einbringungen weniger die RKG- und RHR-Ordnung als in einem allgemeinen und pauschalen Sinne das Reichsrecht, das gemeine Recht und das römische Recht herangezogen. Hierbei scheinen sie sich analog zu der Mehrheit am RHR klagenden Christen verhalten zu haben.308 Im Vergleich beider Zeitphasen nahm der Bezug auf das römische Recht sogar noch zu. Für die Juden lag hierin der Legitimitätskern ihrer Klagen und es nahm daher eine Schlüsselstellung in ihren Einbringungen ein. Schließlich drückte sich im römischen Recht und im Reichsrecht die gleichberechtigte Teilhabe der Juden am Rechtssystem des Reiches aus. Zugleich zeigen diese Zusammenhänge, dass für die Juden das auf Reichsebene geltende römische Recht und das Reichsrecht in der Erreichung ihrer Prozessziele wesentlich günstiger waren als die lokalen und regionalen Partikularrechte.309 Das römi305 306 307

308 309

L, Reichssymbolik, S. 180f. Vgl. S, Zuständigkeit, S. 126. Insgesamt zu den Parallelen christlicher Supplikationen U, Gnadengesuche, S. 166–174; ., Landesherr; zum bäuerlichen Widerstand T, Audigenz; ., Bewegung, S. 205–245; S, Bedeutung, S. 277–302; S, Suppliken, S. 80–112, 129f., 130 140f., 177f. O, Prozeßverfahren, S. 131; S, Suppliken, S. 88f., 90, 92f., 108, 118, 129f., 140f. Vgl. hierzu in genereller Perspektive L, Teutschland, S. 140.

4.3 Zwischenergebnisse

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sche (gemeine) Recht (ius commune) – eigentlich nur in subsidiärer Geltung zu anderen Rechtsquellen stehend – spiegelte in den Augen der Juden die Rechtsvereinheitlichung auf Reichsebene wider und garantierte auf diese Weise erst ihre rechtliche Stellung.310 In jüdischer Sicht war das römische Recht zu beiden Zeitperioden dazu geeignet, den Zusammenhalt des Reiches und die überterritoriale Geltung der reichshofrätlichen Rechtsprechung in Person des Kaisers zu garantieren. Das römische Recht vor allem durch seine Eigenschaft als kaiserliches Recht im Horizont seiner theoretischen Rezeption der Translatio Imperii für die Juden von großer Bedeutung. Mit seiner Hilfe verschafften sich die jüdischen Kläger ihren rechtlichen Ansprüchen den notwendigen Rückhalt.311 Insbesondere im 18. Jahrhundert lagen sie damit durchaus quer zur weitläufigen Meinung vieler Staatsrechtler, die den Vorgang der praktischen Rezeption des römischen Rechts allein den Territorialstaaten zuschrieben.312 Für die Juden wäre diese Sicht wegen der Existenz der vielen territorialen Judenordnungen mit ihren einschränkenden Bestimmungen geradezu sinnlos gewesen. Schließlich bezog sich die universelle Geltung des Reichsrecht und des römischen Rechts implizit auf das Schutzverhältnis des Kaisers zu allen Juden im Reich im Zusammenhang mit der römischen Bürgerschaft. Für die Juden führte eine Missachtung des römischen Rechts und damit des Reichsrechts zum Ruin eines ganzen Reiches313 und hätte die Negation ihres Status als römische Bürger bedeutet.314 Letztlich drückte sich im römischen Recht die Rechtssicherheit der Juden auf Reichsebene und ihre Teilhabe an einer umfassenden und vom Kaiser geschützten Rechtsgemeinschaft aus. Die Unterwerfung der Juden unter das römische Recht war aus jüdischer Perspektive keine Fiktion.315 Neueste Untersuchungen zur Frankfurter Judengemeinde am RHR belegen diese jüdische Sichtweise.316 An dieser Stelle muss noch der Gedanke der Billigkeitsjustiz im zeitli310

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B, Aspekte, S. 18 bzgl. der römischen Bürgerschaft der Juden: „dem Legitimationsbedürfnis des römisch-deutschen Kaisers, der den alten Rechtstitel durch einen im ius commune begründeten und damit nicht weiter anzweifelbaren neuen Rechtstitel ersetzen musste“; ähnlich ., Bürger, S. 190 u. ., Privilegierung, S. 150. H, Recht, S. 1; C, Rechtsgeschichte, S. 339–342; E, Gerichtsbarkeit, S. 12, 32f. Zum Reichsrecht einführend H, Reichsgesetzgebung, S. 312– 326; ., Recht, S. 87–94; E, Reichsrecht; B, Reichsverfassung; ., Kaiser; S, Recht; M, Kaiserrecht; P, Kaiser; S, Z, Kaisertum; E, Recht, Sp. 402f.; T, Rechtsspiegel, S. 12–59; K, Kaiserrecht, Sp. 859f.; siehe zur Translationslehre im Mittelalter G, Translatio. Mit Blick auf die Privilegien siehe B, Privilegierung, S. 150. Hierzu kurz L, Römisches Recht, S. 29. Joseph Moises Schuster an den Kaiser (Praes. 12.2.1750) in HHSAW, RHR, O. R., K. 452/10. W, Reich, S. 86 betont, dass politische u. rechtliche Entscheidungen diese normativen Rahmenbedingungen nicht verletzen durften. So aber bspw. B, Rahmenbedingungen, S. 68. Ähnliche Ergebnisse bei K, Judengemeinde, S. 164, 172, 175.

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4. Jüdische Ansichten über Kaiser und Reichshofrat

chen Vergleich diskutiert werden.317 Im 16. Jahrhundert operierten Juden stark mit diesem Begriff. Im 18. Jahrhundert nahmen sich ausschließlich die Obrigkeiten des Begriffspaars ,Recht‘ und ,Billigkeit‘ an. Die inhaltliche Bedeutung variiert dabei kaum. An sich steht in beiden Vergleichsabschnitten der Gedanke im Zentrum, Ungerechtigkeiten und ungebührliche Härte zu vermeiden, die durch die Anwendung einer strikten Rechtsregel (ius strictum) ohne Berücksichtigung besonderer Bedingungen entstehen können. Für die Juden des 16. Jahrhunderts zielte der Billigkeitstopos als humane Komponente im Reichsrecht auf die umfassende Legitimierung ihrer Klage ab. Mit dieser Vorgehensweise betonten sie den Grundsatz der Gleichbehandlung und der Rechtsgleichheit.318 Ähnlich nutzten die Obrigkeiten 150 Jahre später den Billigkeitstopos, um die Klage eines Juden als ungebührliche Härte gegen einen Reichsstand zu bewerten. Im Prinzip dürfte dahinter die Intention gestanden haben, den Juden die Regeln der aequitas und damit der Teilhabe am römischen Recht abzusprechen319 , die ihnen gemäß des im 18. Jahrhunderts rezipierten Naturrechts nicht mehr hätte verweigert werden können. Warum wechselte diese ethisch-moralische Rechtskategorie aber von der jüdischen in die obrigkeitliche Argumentation? Es steht zu vermuten, dass sich die Juden mit dem Reichsrecht und -herkommen, dem Reichswechselrecht, dem römischen Recht sowie den in zaghaften Ansätzen sich abzeichnenden naturrechtlichen Argumenten im 18. Jahrhundert im Besitz der erfolgreicheren Rechtsargumente und damit in der besseren, da zeitgenössisch moderneren, Rechtsposition wähnten. Die Obrigkeiten zogen sich auf ein Terrain traditioneller Auffassungen zurück, die der Wirklichkeit der ökonomischen Anforderungen an das Recht und umgekehrt in keiner Weise mehr entsprachen.320 Die Juden bezogen sich im 18. Jahrhundert in ihrer ersten zaghaften Verwendung von naturrechtlichen Argumentationen auf den Aspekt der natürlichen respektive persönlichen Freiheit als eine zunächst noch allgemein verstandene Handlungsfreiheit.321 Zugleich ist in Rechnung zu stellen, dass Billigkeit als Herrschertugend insoweit verstanden werden konnte, als der Kaiser dafür zu sorgen hatte, 317 318

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K, Billigkeit, Sp. 432f.; B, Billigkeit, Sp. 587–592; vgl. zur Herkunft der aequitas aus dem römischen Recht G, Stellung, S. 54f.; P, Geschichte, S. 86–92. G, Stellung, S. 54–58; O, Prozeßverfahren, S. 135, Fn. 76; M, Billigkeit, S. 24f., 29f., 71f., 76. Hierzu Z, Universallexikon 3, Sp. 1847f., s. v. Billigkeit u. . 30, Sp. 1367, s. v. Recht und billig, nach Recht und Billigkeit oder von Billigkeit und Rechts wegen; K, Aequitaslehre, S. 434–447; S, Recht, S. 312–314; G, Widerstand (b), S. 355f. So vertrat der Jurist Ulrich Zasius strikt die Position, dass bei Juden die Billigkeit der absoluten Strenge des Rechts weichen müsse (vgl. K, Zasius, S. 40–43). Mit weiteren Belegen G, Stellung, S. 55f. Vgl. ähnlich S, Archäologie, S. 378f. K, Freiheit (a), Sp. 1009–1011; ., Rechtsphilosophie, Sp. 720–724; dass das deutsche Naturrecht keine emanzipative Wirkung entfaltete, sondern auf die rationale Begründung von Herrschaft verwies, betont ., Naturrecht, Sp. 72f.

4.3 Zwischenergebnisse

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dass Gerechtigkeit und Billigkeit allgemein praktiziert wurden. In den Augen der Juden des 16. Jahrhunderts schloss diese Definition von Billigkeit natürlich an ihre Sicht vom universalen Kaisertum an. Die Obrigkeiten des 18. Jahrhunderts dagegen legten ein Bild vom Reichsoberhaupt als Bündnispartner der Reichsstände zugrunde.322 Die Juden unterschieden in den Jahren zwischen 1576 und 1603 deutlich zwischen dem ordentlichen Rechtsweg am RKG323 und dem am RHR praktizierten summarischen Verfahren.324 Dies galt für sie umso mehr im Rahmen kaiserlicher Kommissionen.325 Die Obrigkeiten sahen um 1600 allein das RKG als entscheidendes und legitimes Reichsgericht an.326 Letztlich drücken sich hierin zwei unterschiedliche Akzeptanzhorizonte kaiserlicher Gerichtsbarkeit aus. Während die Juden dem Reichsoberhaupt die alleinige Regelungskompetenz zusprachen und dem RKG sogar dezidiert negativ gegenüberstanden327 , scheint auf Seiten der Obrigkeiten ein erhebliches Akzeptanzdefizit kaiserlicher Rechtsprechung in Form des RHR vorgeherrscht zu haben. Im 18. Jahrhundert sieht dies gänzlich anders aus. Vielleicht wurde die reichshofrätliche Gerichtsbarkeit von beiden Seiten nicht mehr in Frage gestellt, weil das RKG über Jahrzehnte arbeitsunfähig war.328 Die Einbringungen der Obrigkeiten richteten sich auf im Rahmen des RHR-Stylus erlaubte Prozessverzögerungstaktiken329 , die den Grad absoluter Ablehnung von RHR-Entscheidungen nur in Ausnahmefällen überschritten. Vor allem der Vergleich nahm eine entscheidende Rolle für beide Seiten ein. Für die Obrigkeiten war er Mittel zum Zweck, Verzögerungen zu erwirken. Für die Juden ermöglichte ein Vergleich ein schnelles Prozessende. Die Reichweite der kaiserlichen Exekutionskommissionen wurde nicht mehr diskutiert. Zwar stellt W fest, dass bis zum Ende des Reiches die kaiserlichen Kommissionen nie die Form einer abstrakten Verfassungseinrichtung erhielten. Gleichwohl müssen eindeutige Bürokratisierungsprozesse für die hier un-

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M, Billigkeit, S. 80. Vgl. hierzu D, Entwicklung. Hierzu O, Prozeßverfahren, S. 135f.; S, Zuständigkeit, S. 125. W, Kommissionen, S. 217. Angesichts dieser Voraussetzungen bestanden Schmoll konsequent darauf, die Kommissionstage in Würzburg abhalten zu lassen (Schmoll an Würzburger Fürstbischof [Praes. 20.7.1590] als 35. sowie ders. an Würzburger Fürstbischof [Praes. 2.5.1590] als 32 ct. Stein in HHSAW, RHR, J. ., K. 42). Zum Umstand, dass Kommissare eigene Interessen verfolgten, U, Geschichte, S. 293. Insgesamt siehe E, Tätigkeit. Vgl. S, Geschichte, S. 188f. u. neu G, Reich, S. 65–82. Hierzu B, Gesellschaft, S. 25–28; dagegen betonen A-T, Wechselverbindlichkeiten, S. 188 die Bedeutung des RKG in den Augen der Zeitgenossen. Insgesamt F, Reichsjustiz.

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4. Jüdische Ansichten über Kaiser und Reichshofrat

tersuchten Prozesse konstatiert werden.330 Gleichzeitig belegen sie einen fortschreitenden Prozess der Verrechtlichung des Reichssystems.331 Abschließend kann gefolgert werden, dass die am RHR klagenden Juden in beiden Zeiträumen dieses Gremium im Gegensatz zum RKG als das allainge höchste Reichsgericht ansahen und deshalb tendenziell das RHR dem RKG überordneten.332 Für die Juden ergab sich dieser Rangunterschied aus zweierlei Aspekten: aus der von ihnen so bewerteten Untätigkeit des RKG auf der einen und aus der Autorität des Kaisers auf der anderen Seite, d. h. also aus einer Mischung aus praktischen Gesichtspunkten, juristischen Kriterien und symbolischer Ansehensmacht.333 Letzterer Aspekt spielte im 18. Jahrhundert eine herausragende Rolle. In den Jahren zwischen 1745 und 1765 erschien der RHR als omnipräsente Institution, die im argumentativen Sinne bereits ein genügend hohes Drohpotential ausstrahlen konnte, um in erstinstanzlichen Prozessen die eigenen Ziele erreichen zu können. Die Anrufung des RHR fungierte als Warnung vor einer Höherstufung des Konflikts, den die Gegenpartei nach Ansicht der Juden nur verlieren könne. Trotz obiger Ergebnisse sei zur Vorsicht geraten. Zum einen müssen die hier präsentierten Zusammenhänge nicht unbedingt im innerjüdischen Verhältnis Gültigkeit besessen haben334 , zum anderen steht ein Vergleich jüdischer Sichtweisen in diesem Kontext mit denen der Christen noch aus. Ebenso gilt zu fragen, ob einige der oben näher untersuchten argumentativen Elemente eher als gängige und damit ,normale‘ Topoi zu bewerten sind. Immerhin kann bereits an dieser Stelle hervorgehoben werden, dass am RHR klagende Juden sich als gleichberechtigte Mitglieder des Reichssystems und seiner Rechtsgemeinschaft empfanden und ihre Ansprüche sowie Ziele selbstbewusst formulierten.

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Vgl. W, Kommissionen, S. 217f. Hierzu W, Reich, S. 82. Zitat H, Geschichte II, S. 5; hierzu S-R, Würde, S. 197– 199; S, Reichshofrat, S. 28; G, Reichshofrat, S. 29; P, Justizverweigerung, S. 17f. S-R, Würde, S. 214 nimmt dagegen zwischen beiden Punkten eine Trennung vor und reduziert die Bewertung des RHR in der Sicht der Zeitgenossen alleine auf den letzten Punkt. Vgl. hierzu K, Recht, S. 208.

5. Selbstbilder und Ehre im Konflikt In diesem Kapitel steht die Analyse jüdischer Selbstbeschreibungsprozesse im Zentrum. Wie bereits ausgeführt, manifestieren sich Selbstbilder in der Wahrnehmung eines fremden Anderen, wobei diese Bilder oftmals von Langlebigkeit gekennzeichnet sind. Daher soll in diesem Kapitel geklärt werden, wie flexibel Juden ihre Selbstbilder konstruierten und ob diese Bilder im diachronen Vergleich konstant blieben oder sich veränderten. Insbesondere im letzteren Fall ist zu fragen, wie und warum sie dies taten. Neben den jeweiligen Motivationen der Selbstbilder können auf diese Weise die Möglichkeiten von Juden erforscht werden, sich in der frühneuzeitlichen Gesellschaft zu platzieren.1 Das Nachspüren jüdischer Selbstbilder in RHRProzessen liefert Hinweise darüber, ob die Juden in dem durch die christliche Mehrheitsgesellschaft geprägten negativen Bild2 und in der ihnen von außen zugeschriebenen Randgruppenposition3 gefangen waren oder ob sie hierüber hinausgingen. Diese Perspektive macht es aber erforderlich4 , das bislang kaum untersuchte Themenfeld der ,jüdischen‘ Ehre5 als Kern jüdischer Selbstbeschreibungsprozesse6 in das Zentrum der Analyse zu rücken.7 Dabei kann es nicht darum gehen zu beschreiben, was Ehre ist. Dies ist 1

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D, Mensch, S. 2 mit Blick auf den „Zusammenhalt der Gesellschaft“. Hierzu aus Perspektive der jüdischen Frühneuzeit U, Nachbarschaft, S. 453; S, S, Ehre, S. 4 bezeichnen es als „Analyse der sozialen Wirklichkeit“. Vgl. O, Imago judaica; K, Bild; R, Weg; R, Individualisierung; R, S, Judenbilder; U, Minderheit. D., Nachbarschaft, S. 453; ., Kontakte, S. 288–290. Zur älteren Forschung G, Jud Süß, S. 336–338, Fn. 121. So bereits J, Ehre, S. 144; U, Nachbarschaft, S. 453f.: „Damit wird auf die zentrale Funktion des Ehrkonzepts verwiesen: Gesellschaftliche Ausgrenzung und soziale Geringschätzung wurden durch Ehrminderungen vollzogen; Ehrabsprechungen wirkten somit sozialstrukturierend und waren in wesentlicher Bestandteil von Marginalisierungsprozessen, denen unterschiedliche soziale und berufsständische Gruppen [. . . ] unterworfen waren“; vgl. S, S, Ehre, S. 5f. D, Mensch, S. 4 betont, dass es „keine soziale Gruppe [gab], die nicht heftig um ihre Ehre stritt“; zur Verortung der Juden als fahrendes Volk und damit als Unehrliche siehe ., S. 25. Zur jüdischen Ehre vgl. folgende Studien: J, Ehre; L, Hund, S. 35; vgl. hierzu U, Shulamit, S. 285–288. Ebenso B, Leib; S-H, Ehrverletzung, S. 157–159; U, Nachbarschaft, S. 451–458; ., Kontakte; S, Frage. Z, Universallexikon 8, Sp. 415–419, s. v. Ehre, hier Sp. 415: Ehre ist eine Meynung andrer Leute, nach der sie einem Menschen einen Vorzug vor den andern beylegen. F, Medium, S. 36f.; D, Maurermeister, S. 142: „Ehre ist überhaupt ohne die anderen gar nicht denkbar [. . . ]“; S, S, Ehre, S. 9f.; L, Juden (a); W, Weg. Frühere Forschungen sahen Ehre als standesgebundenes Differenzierungsmerkmal, was gleichwohl dazu führte, viele soziale Phänomene als unstandesgemäß aus der Ständegesellschaft auszuschließen (hierzu B, K, Einführung, S. 14f.).

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5. Selbstbilder und Ehre im Konflikt

eine Frage, die das Mentale eines jeden Individuums betrifft und auf die innere Ehre verweist. Vielmehr geht es darum, wie Juden ihre Ehre kommunizierten, also welche Merkmale bestimmend waren. Damit ist die äußere Ehre angesprochen, d. h., welchen Grad von Anerkennung eine Person oder Gruppe erhält.8 Ehre wird in der Forschung bisher in erster Linie als Standesehre beschrieben. Sie sei nur auf der Ebene gleichgestellter Stände vergleichbar. Ehre fungiere dabei als Mittel der Abgrenzung innerhalb der Ständegesellschaft und besitze vor allem für den Adel eine immense Bedeutung.9 Die Feststellung, dass die Ehre ein Grundprinzip der frühneuzeitlichen Ständegesellschaft und damit ein Existenzprinzip des Einzelnen darstellte, begründete – so die Forschung – die Notwendigkeit, die Ehre unter Beweis zu stellen, also wenn nötig zu verteidigen.10 Bei dieser Fragilität von Ehre11 können somit nur die äußeren Vorgänge von Ehrverletzung und -wiederherstellung erläutert werden.12 Angesichts zeitgenössischer Definitionen von Ehre13 fasst die Studie diesen Begriff nicht als statische Größe, sondern als einen Code zur Regelung äußerer Beziehungen. Dieser Zugang zum Themenfeld Ehre ermöglicht in der vergleichenden Betrachtung obrigkeitlicher und jüdischer Ehrbilder letztlich Aussagen über die Stellung der Juden im sozialen System ,Altes Reich‘. Die soeben erörterten Umstände verweisen zugleich auf funktionale 8 9

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E, Ehre, S. 11f.; W, Ehre, Sp. 77. Zur äußeren u. inneren Ehre S, S, Ehre, S. 4f., 9f. Vgl. G, Adelsehre, Sp. 54f.; S, Adel, S. 8–12 u. A, Adel, S. 7–10. Zur adeligen Ehre: G, Adelsehre; D, Konfliktführung; D, Adelskultur, S. 1–9; ., Adel, S. 45–71; ., europäische Adel, S. 56–63; S, Register, S. 375–392; R, Ehre, S. 95–103; N, M, Schule, S. 155–177; R, Ehre, S. 165– 183; Pč, Ökonomie; G, Injurien; S-R, Gut, S. 31–46; Z, Ehre, S. 92–109; F, Adelslandschaften, S. 21–37; W, Hochadel, S. 351– 385; ., C, Einleitung, S. 1–24. D, Konfliktführung, S. 23–25, 29; D, Mensch, S. 181f.; G, Injurien, v. a. S. 526–530. Vgl. T, Ehrlose, S. 149–165; F, Medium; D, Ehre; G, Adel; G, Adelsehre; M, Geld; W, Ehre; G, Injurien, S. 525–560; D, Maurermeister; ., Stadtgeschichte, S. 409–440; K-R, Streitkulturen, S. 269–307; M-W, Raufhändel, S. 79–111; R, Kirchenzucht, S. 129–151; R, Verletzung, S. 86–114; aus normrechtlicher Perspektive O, Hexenprozesse, S. 58–62; vgl. insbesondere die Sammelbände B, K, U, T (Hrsg.), Ehrkonzepte sowie V, Z (Hrsg.), Ehre; R, Reputation, S. 331–352; siehe ebenso K, Frieden, S. 141– 156, hier S. 142–156. Instruktiv D, Mensch, S. 1–17; D, Konfliktführung, S. 29–33. Bereits das Zedler’sche Universallexikon gibt hierfür folgende zeitgenössische Empfehlungen: Die Ehre ist ein Gut [...], also haben wir das Recht, dieselbige zu vertheidigen. Wir vertheidigen sie wieder unsere Verläumder. [...] Die Klugheit lernet uns dreyerley zu betrachten: I.) Die Verläumder selbst, 2.) Die Verläumdungen, 3.) Die Art und Weise, wie wir uns retten. Vgl. Z, Universallexikon 8, Sp. 415–419, s. v. Ehre, hier Zitat Sp. 418. Vgl. E, Ehre, S. 2, 9.

5. Selbstbilder und Ehre im Konflikt

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Selbst- und Fremdbeschreibungen, da im „Begriff der Ehre [...] von Anfang an der Gedanke enthalten [ist], daß der Mensch nicht bloß für sich selbst da“ sei. Mit diesen Beschreibungen werden Themen abgehandelt, welche die Positionierung des Individuums in Gesamtsystemen wie hier dem Alten Reich konkretisieren.14 Die Forschung betont insoweit den konstitutiven Charakter von Öffentlichkeit für Ehrhändel.15 Folglich soll in diesen Teilkapiteln untersucht werden, ob sich Juden auf der Basis ihrer Ehrvorstellungen eine spezifische Funktion zuschrieben, aus dem sich wiederum ihre Selbstbilder konstruierte. Dieses Selbstbilder setzen sich aus traditionellen, aktuellen oder gänzlich anderen, gleichsam abseits der frühneuzeitlichen Gesellschaft stehenden Themen zusammen. Sie dienen zur Unterfütterung des entworfenen Ehrbildes mit Blick auf eine Öffentlichkeit.16 Dabei richtete sich die Öffentlichkeit in RHR-Prozessen zunächst auf das Gericht und bezeichnet die Wahrung und Sicherung des guten Leumunds als Prozesspartei.17 Alle erwähnten Aspekte münden schließlich in der Lösung der Konfliktfälle. Da Konflikte für Gesellschaften der Frühen Neuzeit und ihrem alles bestimmenden Ordnungsdenken im Rahmen der guten Policey18 als Störungen jener Ordnung19 angesehen wurden, schlugen die Prozessparteien Strategien zur Wiederherstellung der Ordnung vor. Insgesamt schien dieses Vorgehen notwendig, um den Ehrbegriff von einseitigen Festlegungen bezüglich der Ständegesellschaft zu lösen und um damit den jüdischen Anteil hieran messen zu können.

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Zitat E, Ehre, S. 12; D, Ehre, S. 52–54; ., Maurermeister, S. 142, zur Ehre als mehrstufiger Code S. 163–169; B, K, Einführung, S. 15. D, Ehre, S. 34, 50; D, Mensch, S. 6f. Ausführlich ., Mensch, S. 1–17; D, Maurermeister, S. 25f.; W, Ehre, Sp. 77. In Anlehnung an den soziologischen Rollenbegriff A, Einführung, S. 81–139; H, Ehrverlust, Sp. 88–90. So v. a. anhand der Ergebnisse von D, Maurermeister, S. 142; zum Gericht als Öffentlichkeit W, Prozesse, S. 69. Zum Zusammenhang von Ehre u. öffentlicher Ordnung siehe D, Ehre, S. 30, 51; M, Billigkeit, S. 24; H, Ordnung, S. 165–196; ., ,Ordnung‘, S. 253–273; S, Ordnung, Sp. 474–479. Vgl. zeitgenössisch Z, Universallexikon 28, 1741, Sp. 1503f., s. v. Policey-Gesetze, Polizey-Gesetze. I, Policey, S. 18–31; O, Policey, S. 367–370; M, Grundwerte, S. 66–71 u. S, Policey.

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5. Selbstbilder und Ehre im Konflikt

5.1 Die Jahre 1576 bis 1603 5.1.1 Adelige und jüdische Ehrvorstellungen Die Stellung als Reichsstand und die hiermit verbundene adelige Ehre nahmen in der Argumentation der adeligen Herrschaften einen zentralen Platz ein. Indessen definierten Adelige diese Elemente zu keinem Zeitpunkt genauer.20 Gleichwohl bildeten gerade sie die Grundlagen dafür, sich nicht verpflichtet zu fühlen, ausgerechnet einem Juden persönlich recht und antwort zu geben.21 Ihre adelige Ehre und ihr Status als Reichsstand hoben sie ihrer Meinung 20

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Grumbach an den Kaiser (Praes. undat. [1588]) in HHSAW, RHR, J. ., K. 34/2: Adelichen wolhergebrachten Eeren; Veit vom Stein an den Kaiser (Praes. 14.4. u. 29.4.1596) (Zitat) sowie ders. an den Kaiser (Praes. 20.6. u. 25.8.1597) in ., K. 42. Vgl. Güss von Güssenberg an den Kaiser (Praes. 11.4.1601) in ., K. 42; Quernheimischen Anwälte in SAO 20–42 A Nr. 96, fol. 85r, 88r, 94r. Einige der obrigkeitlichen Prozessparteien spielten ganz allgemein auf ihren Status als geringfüegiger iedoch gehorsamer standt (vgl. Grafeneck am 30.5.1600 an den Kaiser [Praes. 11.7.1600] in HHSAW, RHR, J. ., K. 41) oder auf die jeweiligen Voröltern, unnd Uhralten Adelichen geschlechts an, die bey den Römischen Kaysern unnd königen, wie zugleich den hochlöblichen Hauß vonn Österreich, in allen fällen Treuewillig dargstreckten leib, guett und Bluet gehandelt hätten (Zitat Güss von Güssenberg an den Kaiser [Praes. 24.11.1601] in ., K. 42). Memorial der Reichsritterschaft in Schwaben Kanton Donau vom 28.10.1601 (Praes. 30.10.1601) .; Grumbach vom 16.2.1592 an den Kaiser (Praes. undat.) in ., K. 32. Einige Reichsritter beriefen sich auf ihre Kriegsdienste für den Kaiser: Gundelsheim vom 28.12.1602 an den Kaiser (Praes. 7.1. u. 18.3.1603) in ., ApA, K. 85, fol. 341r–344v, hier fol. 341v. Die fränkische Reichsritterschaft führte für Veit vom Stein an, dass dieser mit schwerer haußhalttung unndt sorg beladenn sei, aber dennoch mit große[n] Uncosten seinen Dienst für den Kaiser im Türkenkrieg absolviert habe (Zitat Fränkische Reichsritterschaft aller sechs Kantone vom 1.7.1595 an den Kaiser [Praes. undat.] in ., J. ., K. 42; Director Hauptleütt Räth unnd Außschuß der Reichsbefreijtten Ritterschafft inn Francken vom 16.12.1595 an den Kaiser [Praes. undat.] in .: mitt aller demutt Jeder Zeit beflissenn wie er dann uf nechst E: Röm: Kaij: Mt: Inn öbern Unngarn Allerunnterthenigist gelaistenn Reütterdinst nebenn Anndernn gehorsambstenn Unßerer Adelichenn mittgliedernn inn franckenn seine Anngebühr erlegt, unnd bezalt sich auch hinn für sonders allenn zweifell dermassen erzaigenn wirdt, das E: Röm: Kaij: mt: ann seinenn getreüestenn gehorsambstenn dienstenn Allgnedigistes gefallen schöpfen werdenn. Zur Beteiligung im Türkenkrieg ebenfalls Veit vom Stein vom 12.7.1595 an den Kaiser [Praes. undat.] in .). Siehe zur Bedeutung des Kriegsdienstes als adelige Legitimationsbasis B, Karl Graf von Kunowitz; D, Ehre, Sp. 1225; A, Adel, S. 193–218; S, Adel, S. 55–58; S, Voraussetzung, S. 431–451. Zum Komplex des Verbotes für Juden, Waffen zu tragen sowie zu dem daraus resultierenden Stigma der Unehre G, Jud Süß, S. 75; E, Geschichte, S. 25–28, 40–43; C, Waffenbesitz, S. 1f. Im Mittelalter scheint die Waffenlosigkeit von Juden keine unumstößliche Tatsache gewesen zu sein (M, ,Waffenrecht‘, S. 17–33). Ebenso betont B, Reflexionen, S. 93, dass dieses Phänomen „eine nach Zeit und Raum unterschiedlich zu beantwortende Frage“ darstelle. L, Juden, S. 91 kann herauspräparieren, dass es „im Heiligen Römischen Reich keine einheitliche Rechtsgrundlage“ gab, „die das Verhältnis von Juden zu Waffen regelte“ und dass „ein Waffen besitzender und tragender [. . . ] Jude nichts Ungewöhnliches gewesen“ sei.

5.1 Die Jahre 1576 bis 1603

221

nach von einem Juden deutlich ab. Dass sie keine detaillierte Definition ihrer Ehre vornahmen, verweist auf ihre Selbstsicherheit, über ein Thema zu sprechen, dass den Verantwortlichen am RHR bekannt sein musste. Ihre Ehre bedurfte keiner Erklärung, sondern ergab sich aus der Tradition eines als bekannt anzunehmenden adeligen Wertekanons. Vielmehr begnügten sie sich in der Regel damit, eine prinzipielle Kluft zwischen sich und den Juden zu postulieren. Die jüdischen Klagen seien nichts anderes als Verletzungen hinsichtlich ihrer adeligen Ehre.22 Schließlich seien in den Reichskonstitutionen alle hitzige, [...] Iniurioß undt Schmehewort verboten.23 Diesen Umstand bezogen die reichsständischen Adeligen auf sich allein. Sie unternahmen eine gezielte Verengung der Ehre auf ihre Position, so dass Juden nicht nur die adeligen Prozessgegner, sondern vielmehr das ganze Reich und den Kaiser samt seinem Gericht mit ihrer Klage beleidigt hätten.24 22

23 24

Alexander u. Veit vom Stein vom 8.12.1593 (a. K.) an den Kaiser (Praes. 4.4.1594) in HHSAW, RHR, J. ., K. 42: Zugefüegter Injurien; Factj species Oder. Außführlicher bericht Inn Schmuel Jüdens schuldtforderungs sachn qtra die Underthanen zue Schernaw in .: Alda er die Junckhern bej Rö Kaij Maijt: [. . . ] gantz Unwarhafftig, dolose und fälschlich angeben, Ja ungüetlich diffamirt und Jniurirt; Alexander u. Veit vom Stein vom 8.12.1593 (a. K.) an den Kaiser (Praes. 4.4.1594) in .; Buchholz an den Kaiser (Praes. undat. [1602]) in ., K. 8/4; Fränkische Reichsritterschaft aller sechs Kantone vom 1.7.1595 an den Kaiser (Praes. undat.) für Veit vom Stein in ., K. 42; ., R, XVI/54a, fol. 73r (14.12.1588); Konrad von Pappenheim vom 21.5.1601 an den Herzog von Württemberg in ., J. ., K. 42; Johann Gödelmann als Anwalt des Hilmar von Quernheims an das RKG in SAM Q 117, fol. 22r–23v sowie ., fol. 16v die Zitation vom 12.12.1578, mit der Hilmar auf Ehrverletzung durch Israel von Lübbecke und Abraham Isaak von Hausberge klagte; Hilmar von Quernheim vom 7.7.1579 an den Kaiser (Praes. 18.7.1579) in HHSAW, RHR, J. ., K. 43/3; Vogt Grafenecks auf Burgberg an ehem. württembergischen Kommissar vom 8.5.1600 als Beilage B in Seligmann an den Kaiser (Praes. 19.7.16002) ct. Grafeneck in ., K. 41, behauptete, seinem Herren sei der Vergleich von Seligmann erprest worden; Abt von Ursberg an den Kaiser (Praes. 14.1.1574) in ., K. 43/2; Güss von Güssenberg vor der Kommission am 9.1.1691 als Beilage A in der Relation Dietrich von Horbens vom 18.1.1601 an den Kaiser in .; Johann Gödelmann als Anwalt Hilmar von Quernheims an das RKG (Praes. 10.5.1580) in SAM Q 117, fol. 66r–70v, Zitat fol. 67r; Alexander u. Veit vom Stein vom 8.12.1593 (a. K.) an den Kaiser (Praes. 4.4.1594) in .; Georg Philipp von Berlichingen an Wolfgang von Hohenlohe (Praes. 14.5.1591) in SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6; ders. an den Kaiser (Praes. undat.) in HHSAW, RHR, AA, K. 84/2,fol. 280r–281v, fol.280r; ders. vom 8.5.1591 an Isaak Juden zu Nagelsberg B 5 in ., K. 42/1 (ebenso in SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6 als 5. Bzw. 11.); Grumbachischer Gegenbericht N°. 4. (Praes. 5.9.1586) in SAW, A 364; Grumbach vom 16.2.1592 an den Kaiser (Praes. undat.) in ., J. ., K. 32; ders. vom 13.9.1586 an den Kaiser (Praes. 8.10.1586) in ., K. 43/1; ders. an den Kaiser (Praes. undat. [1588]) in ., K. 34/2; Grafeneck am 24.9.1600 an den Kaiser (Praes. 7.10., 8.11. u. 4.12.1600) in HHSAW, RHR, J. ., K. 41; ders. am 30.5.1600 an den Kaiser (Praes. 11.7.1600) in .; ders. am 24.5.1600 an den Kaiser (Praes. 5.6.1600) in . Grumbachischer Gegenbericht N°. 4. (Praes. 5.9.1586) in SAW, A 364. Zitat Copia Grumbachischen Berichts uff Außgangen Schreiben vom 5.5.1584 an das RKG in ., L 2337, fol. 16r–21v, hier fol. 17v–18r. Vgl. hierzu Hilmar von Quernheim am 7.7.1579 an den Kaiser (Praes.18.7.1579) in HHSAW, RHR, J. .,

222

5. Selbstbilder und Ehre im Konflikt

Die adeligen Selbstbeschreibungen auf dem Gebiet der Ehre konzentrierten sich primär auf die Umschreibung des ehrangreifenden Juden. Generelles Ziel der reichsadeligen Eingaben bestand in einer gezielten Diskreditierung der Juden25 unter Zuhilfenahme der zentralen zeitgenössischen antijüdischen Vorwürfe. Implizit sprachen die Obrigkeiten den Juden jegliche eigene Ehrparameter ab. Zusätzlich verwies dieser Punkt auf einen unabänderlichen Zustand des ohnbestendigen Juden26 , der in allem, was er tue, als wanckelmüttig unnd ungewisß27 zu klassifizieren sei. Insofern konstruierten die beklagten Adeligen ein spezifisch jüdisches Wesen und eine tendenziell konstante sowie allgemeingültige Wesensbeschaffenheit ihres jüdischen Prozessgegners.28 Dieser Konstruktionsprozess erfolgte in den Jahren nach 1576 vor allem im Rahmen christlicher Vorstellungsmuster. Sie bildete das Substrat aller weiteren diesbezüglichen Ausführungen. Zentraler Kern stellte die Betonung einer engen Verbindung zwischen dem Teufel und den Juden dar. Insbesondere die als Lügen qualifizierten jüdischen Klagen wurden dämonisiert und als quorum origo a diabolo est bezeichnet.29 Die Unwahrheit30 sei die teuflische Triebfeder

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K. 43/3; Georg Philipp von Berlichingen vom 10.6.1596 an den Kaiser (Praes. undat.) in ., AA, K. 84/2, fol. 276r–276v: diese Neü erfrischte Clagen nur zur molestation und beschwerlichen Behelligung E. kaij. Maijt. zuuorderts selbsten, und dan dero hochlöblichen Rätthen gereichett; Gundelsheim vom 28.12.1602 an den Kaiser (Praes. 7.1. u. 18.3.1603) in ., K. 85, fol. 341r–344v, hier fol. 341r. Vgl. SAO 20–42 A Nr. 96, fol. 126v u. 127v, wo vom gefehrlichen Juden die Rede ist. Herzog Friedrich von Württemberg am 14.7.1601 an den Kaiser (Praes. 24.7.1601) in ., AA, K. 85, fol. 233r–240v, hier fol. 233r. Siehe zu diesem alten Stereotyp des Un- u. Irrglaubens sowie der Verbindung zum Teufel, dem bspw. auch Reuchlin verhaftet war (hierzu O, Reuchlin, S. 49f.), H, Sprache, S. 294–318 u. K, Bild, S. 110–120. Philipp Ludwig am 9.10.1600 an den Kaiser (Praes. 3.11.1600 u. 6.4.1601) in HHSAW, RHR, J. ., K. 41. Abt von Ursberg an den Kaiser (Praes. 14.1.1574) in ., K. 43/2: Judischen art; Grafeneck am 30.5.1600 an den Kaiser (Praes. 11.7.1600) in ., K. 41; Gründtliche Widerlegung der am 7.3.1595 von Isaak an den Kaiser gesendeten Supplikation durch Sybilla Widmann (Praes. undat. [August 1595]) in SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/16: seiner natur Art, unnd Judischen Eigenschafft nach; Veit vom Stein vom 12.7.1595 an den Kaiser (Praes. undat.) in HHSAW, RHR, J. ., K. 42: Factj species Oder. Außführlicher bericht Inn Schmuel Jüdens schuldtforderungs sachn qtra die Underthanen zue Schernaw in .; Georg Philipp von Berlichingen an den Kaiser (Praes. undat.) in ., AA, K. 84/2, fol. 280r–281v, hier fol. 280r; Alexander u. Veit vom Stein vom 18.8.1587 (a. K.) an Würzburger Bischof (Praes. 31.8.1587) in ., J. ., K. 42. Grafeneck am 30.5.1600 an den Kaiser (Praes. 11.7.1600) in .; ders. am 24.9.1600 an den Kaiser (Praes. 7.10., 8.11. u. 4.12.1600) in .: grausame Lugin und angegebenen falschheiten; Gründtliche Widerlegung der am 7.3.1595 von Isaak an den Kaiser gesendeten Supplikation durch Sybilla Widmann (undat. [August 1595]) in SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/16. Grumbach vom 13.9.1586 an den Kaiser (Praes. 8.10.1586) in HHSAW, RHR, J. ., K. 43/1: one warheits grundt; Herzog von Württemberg in Causa Seligmann ct. Enzlin in ., R, XVII/3, 28 (15.2.1602); Hilmar von Quernheim vom 7.7.1579 an den Kaiser (Praes. 18.7.1579) in ., J. ., K. 43/3; Konrad von Pappenheim vom 21.5.1601

5.1 Die Jahre 1576 bis 1603

223

der Juden und mithin der alleinige Grund für den Prozess vor dem Kaiser.31 Die Juden waren aufgrund ihres betrügerischen, zur Lüge neigenden Wesens zur Wahrheit nicht fähig und von Grund auf böse.32 Der hiermit konstatierte notorische Hang der Juden zur Falschheit33 fand eine Erklärung im Kontext christlicher Vorstellungswelten. Dies nahm zugleich auf die aus dem Spätmittelalter herrührende und religiös begründete Teufelsfurcht Bezug.34 Die im Sinne des ubique diabolus dämonisierten Juden sollten vorhandene Ängste bei den RHR-Räten bedienen und aktivieren.35 Dieses Bedrohungsgefühl fand auf Seiten der Obrigkeiten seine Fortsetzung in der angeblich jüdischen Neigung zum Betrug. Das Wortfeld für Betrug nahm in seiner semantischen Vielfalt eine zentrale Stellung in den obrigkeitlichen Supplikationen ein.36 Zentrales Element war in argumenta-

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an den Herzog von Württemberg in ., K. 42; Gründtliche Widerlegung der am 7.3.1595 von Isaak an den Kaiser gesendeten Supplikation durch Sybilla Widmann (Praes. undat. [August 1595]) in SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/16. Hans Widmann an den Kaiser (Praes. undat.) in HHSAW, RHR, J. ., K. 42/1: welches doch mitt warheitts grund zu ewigen tagen Nimmermehr uf mich erwisen oder beygebracht werden mag; Gundelsheim vom 28.12.1602 an den Kaiser (Praes. 7.1. u. 18.3.1603) in ., AA, K. 85, fol. 341r–344v, hier fol. 342r; Grafeneck am 30.5.1600 an den Kaiser (Praes. 11.7.1600) in ., J. ., K. 41. Die jüdischen Supplikationen stempelten die Obrigkeiten daher als lugenwerckh ab (Zitat Grafeneck am 30.5.1600 an den Kaiser [Praes. 11.7.1600] in .; Konrad von Pappenheim vom 21.5.1601 an den Herzog von Württemberg in ., K. 42; Gründtliche Widerlegung der am 7.3.1595 von Isaak an den Kaiser gesendeten Supplikation durch Sybilla Widmann [undat. {August 1595}] in SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/16); Wolfgang von Castell an Ludwig III. von Löwenstein-Wertheim am 11.4.1597 in SA W R. 50, Nr. 62). Zum ,bösen‘ Juden siehe H, Judenhaß, S. 427–435. Grafeneck am 30.5.1600 an den Kaiser (Praes. 11.7.1600) in HHSAW, RHR, J. ., K. 41, wo er vom falsche[n] Jud bzw. von verlogener Jud, falschlich fürgeben spricht; zu diesem zeitgenössischen Vorwurf H, Sprache, S. 382–389. Vgl. zu diesem Komplex F, Tunne, S. 175–194, hier S. 177f. Vgl. zur mittelalterlichen Dämonen- u. Teufelsangst D, Angst, S. 81–134. Grafeneck am 24.5.1600 an den Kaiser (Praes.5.6.1600) in HHSAW, RHR, J. ., K. 41: betrugkh, Diebs und Buebenstuekh, bekhanttlicher betriegischer Judt; Vogt Grafenecks auf Burgberg an ehem. württembergischen Kommissar vom 8.5.1600 als Beilage B in Seligmann an den Kaiser (Praes. 19.7.16002) ct. Grafeneck in .; No. 2 Declaration und Angehaffte Euentualparition [. . . ] vom 18.9.1600 in Grafeneck am 24.9.1600 an den Kaiser (Praes. 7.10., 8.11. u. 4.12.1600) in .: verubtte falschheit und betrüglichkeit; Konrad von Pappenheim vom 21.5.1601 an den Herzog von Württemberg in ., K. 42; Wolfgang von Castell an Ludwig III. von Löwenstein-Wertheim vom 11.4.1597 in SAW R. 50, Nr. 62; Steins vom 25.8.1592 (a. K.?) an Würzburger Bischof (Praes. 7.9.1592) in HHSAW, RHR, D. ., K. 177, fol. 321r–324v, hier fol. 323r; Alexander u. Veit vom Stein vom 31.1.1590 (a. K.) an Würzburger Bischof (Praes. undat.) als 24 in ., J. ., K. 42; dies. und ihre Untertanen, die Schmoll an den Kaiser (Praes. undat.) ct. Steins in .; Factj species Oder. Außführlicher bericht Inn Schmuel Jüdens schuldtforderungs sachn qtra die Underthanen zue Schernaw in .: nuhr uf Kerpholzer geschniten; Anwalt Johann Gödelmann für Hilmar von Quernheim an das RKG (Praes. 10.5.1580) in SAM Q 117, fol. 68r u. 69r; Erben Hilmars von Quernheim an den Kaiser (Praes. 1.3.1585) in HHSAW, RHR, J. ., K. 43/3; Grafeneck am 24.5.1600

224

5. Selbstbilder und Ehre im Konflikt

tiver Fortführung der exceptio numeratae pecuniae der Wuchervorwurf.37 Er bündelte wie ein Brennglas sämtliche obige Vorwürfe.38 Allerdings verband sich mit den Wucheranschuldigungen zudem der Vorwurf der unersättlichen jüdischen Geldgier.39 Die Bezeichnung des Wuchers als spezifischer Juden Contract, der nicht nur wucherlich, sondern auch finantzisch40 war, hebt zusätzlich auf ein konträr anderes Wirtschaftsverständnis ab, das im Kontext des kanonischen Zinsverbotes den Wucher als unchristlich brandmarkte41 und dem tiefe Ressentiments entgegengesetzt wurden.42

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an den Kaiser (Praes. 5.6.1600) in ., K. 41. Kerbhölzer stellen eine Art Schuld- und/ oder Lieferscheine insbesondere im Mittelalter dar. Bereits im Spätmittelalter nahm ihre Bedeutung im Zahlungsverkehr stark ab und erhielt eine negative Konnotation. Wer seither Schulden gemacht oder Lieferungen und Arbeitsleistungen noch nicht beglichen hatte, der hatte etwas auf dem Kerbholz (W, B, Kerbhölzer, S. 369– 389). Ähnliches gilt für den baierisch-österreichischen Terminus rabisch (D W  J G  W G, 16 Bde., Leipzig 1854–1960, s. v. Rabisch, URL: , [11.07.2010]); S-W, Kerbholz, Sp. 710–703. Der Hehlervorwurf erscheint einmal bei Grumbach vom 13.9.1586 an den Kaiser (Praes. 8.10.1586) in HHSAW, RHR, J. ., K. 43/1: so dan d er uf gestolnes gueth wissentlich geliehen gehabt, unnd solche diebische Whar zu sich gebracht. Factj species Oder. Außführlicher bericht Inn Schmuel Jüdens schuldtforderungs sachn qtra die Underthanen zue Schernaw in ., K. 42: ganz listig zue färben unnd zue bemänteln. Abt von Ursberg an den Kaiser (Praes. 1.8.1575) in ., K. 43/2: geltgirig Jud; Alexander u. Veit vom Stein vom 31.1.1590 (a. K.) an Würzburger Bischof (Praes. undat.) als 24 in ., K. 42; dies. vom 8.12.1593 (a. K.) an den Kaiser (Praes.4.4.1594) in .; Fränkische Reichsritterschaft aller sechs Kantone vom 8.6.1596 an den Kaiser (Praes. undat.b ) in . Alexander u. Veit vom Stein vom 8.12.1593 (a. K.) an den Kaiser (Praes. 4.4.1594) in .; Amtmann Michael Freundt an die wertheimische Regierung am 1.7.1596 in SA W R. 50, Nr. 62 zitiert Wolfgang von Castells Äußerung über das Verhalten Seligmanns in Remlingen als finantzerij. Factj species Oder. Außführlicher bericht Inn Schmuel Jüdens schuldtforderungs sachn qtra die Underthanen zue Schernaw in HHSAW, RHR, J. ., K. 42: Unchristlichen schuldtforderung; vgl. H, Sprache, S. 368f. Alexander und Veit v Stein geben Antwort 1 uff Schmol Juden Clag an den Würzburger Bischof (Praes. 24.11.1586) in SAW, L 5324 beriefen sich auf den geburenden Christlichen Zinß; Grumbach vom 13.9.1586 an den Kaiser (Praes. 8.10.1586) in HHSAW, RHR, J. ., K. 43/1. Die Juden standen als diejenigen dar, die entweder ihre Geschäftspapiere nicht in teutscher sondern Juedischer Sprach verfasst hätten (Zitat Alexander u. Veit vom Stein vom 25.8.1592 [a. K.?] an Würzburger Bischof [Praes. 7.9.1592] in ., D. ., K. 177, fol. 321r–324v, hier fol. 321r), oder die ihre Geschäfte mit den Untertanen von der beklagten obrigkeitlichen Prozessgegner nicht hatten bestätigen lassen und die obrigkeitliche Aufsichtspflicht damit in betrügerischer Absicht umgingen hätten. Sie waren es, die mit ihren geschwind Judischen und Inn Rechten und des heilgen Reichs Constitution und Policeijordnung hochverbotnen Practicen (Zitat Erklärung Güss von Güssenberg vor der Kommission am 9.1.1691 als Beilage A in der Relation Dietrich von Horbens vom 18.1.1601 an den Kaiser in HHSAW, RHR, J. ., K. 42: die Gemeinen Christlichen Nahmen, dem armen Gemeinen Underthanen so wol Auch höhers standes durch iren wucherlichen Verbottenen gesuch, wider deß Reichs disposition umb haab unnd Guett, leib und leben zuebringen, zur Straff von Gott hinderlaßen unnd geduldet bedenkhen die Reichsgesetze beschädigten und mit ihren Wucherlichen Contractibq, Wel-

5.1 Die Jahre 1576 bis 1603

225

Hiermit ging eine Diffamierung der Juden mit den Topoi der Halsstarrigkeit und Verstocktheit einher. Wegen dieser als typisch jüdisch gekennzeichneten Eigenschaften seien die Prozesse gescheitert.43 Damit übertrugen die Obrigkeiten antijüdische Stereotype aus dem religiösen Bereich auf die jüdische Prozessführung. Dies gilt vor allem mit Blick auf die aus christlicher Sicht ,verstockte Uneinsichtigkeit‘ in die Menschwerdung Gottes44 sowie auf die jüdische Religionspraxis. Das angeblich diabolische Verhalten der Juden45 ergab sich für sie aus den rechtsstrategischen Handlungen der Juden.46 Erneut überlagerten sich verschiedene inhaltliche Ebenen. Das diabolische Wesen der Juden als Christenfeinde diente dazu, nicht nur ein umfassend negatives Bild von den jüdischen Klägern zu zeichnen, sondern auch bei den reichshofrätlichen Rezipienten sämtliche negativen Wissensbestände über Juden abzurufen.47 Der Betrugsvorwurf spielte daher eine wichtige Rolle, da Juden angeblich nicht dazu in der Lage seien, einen Eid einhalten zu können.48 Dieser Punkt stand wiederum der adeligen Ehre

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cher er ohne Unser Vorwissen und Consens mit den Underthanen gemacht, [. . . ] sie gar an den Bettelstab zu tring; Gewald cum ratificatione, deren vom Stein auf deren Vogt zu Schernaw 23 Novembris ao 90. als 42.a in .; Alexander u. Veit vom Stein vom 8.12.1593 [a. K.] an den Kaiser [Praes. 4.4.1594] in .); vgl. dies. vom 8.12.1593 (a. K.) an den Kaiser (Praes. 4.4.1594) in .: die Juden keine obligation, dann vor der Ordenlichen Oberkeit [. . . ] Auffrichten sollen bzw. das die Contractus Wucherlich unnd vast Alle hinerruckhs unnser der Oberigkheit uffgericht, unnd demnach vermög Euer kaijß: Mijtt: Unnd deß heilligenn Reichs Constitutionen E. Kaijß: Maijtt. anno 77. zue Franckhfurth uffgerichte Polliceij Ordtnung darzumalln Albereijt publicirt; Reichsritterschaft in Franken vom 1.7.1595 an den Kaiser (Praes. undat.) in .; Designatio Protocollj. Zw Dettelbach verloffener hanndlung In sach Schmoll Judens, qa die vom Stein, 4. Octobris Anno .93. in . (ebenso in SAW, L 5328); Grumbach vom 13.9.1586 an den Kaiser (Praes. 8.10.1586) in HHSAW, RHR, J. ., K. 43/1. Grumbach vom 13.9.1586 an den Kaiser (Praes. 8.10.1586) in .: sein Judens halßstarrigkeit habe die guette zerschlagen; ders. vom 13.9.1586 an den Kaiser (Praes. 8.10.1586) in .: verstockhter und muetwilliger Jüd; Fränkische Reichsritterschaft vom 8.6.1596 an den Kaiser (Praes. undat.b ) in .; dies. vom 8.6.1596 an den Kaiser (Praes. undat.) in .; Alexander und Veit v Stein geben Antwort 1 uff Schmol Juden Clag an den Würzburger Bischof (Praes. 24.11.1586) in SAW, L 5324; dies. am 19.6.1588 (a. K.) an Bischof (1.7.1588) als 17. in HHSAW, RHR, J. ., K. 42; dies. vom 6.1.1591 (a. K.) an Würzburger Bischof (Praes. 19.1.1591) als 46. in .; Veit vom Stein an den Kaiser (Praes. 14.4. u. 29.4.1596) in .; ders. an den Kaiser (Praes. undat.b ) in . Hiermit rekurrierten die Obrigkeiten zugleich auf die Verunglimpfung der Juden als Gottesmörder. Vgl. H, Sprache, S. 313–318. Vgl. G, Gottesmörder, S. 57–66; H, Sprache, S. 346–356. So warf Grafeneck Seligmann mißhanndlung (ders. am 24.5.1600 an den Kaiser [Praes. 5.6.1600] in HHSAW, RHR, J. ., K. 41) vor, weil er seine Milchkühe hat gezielt sterben zulassen, damit sie keine Milch mehr für Grafenecks kleine Kinder unnd groß schwangere gemahlin liefern könnten (ders. am 30.5.1600 an den Kaiser [Praes. 11.7.1600] in .). Siehe hierzu K, Vorurteil; aktueller H, Judenfeindschaft. Es war von den Aidbrüchigen Jüden (Grumbach vom 16.2.1592 an den Kaiser [Praes. undat.] in HHSAW, RHR, J. ., K. 32; Grumbachischer Gegenbericht N°. 4.

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5. Selbstbilder und Ehre im Konflikt

und ihren hohen, aus dem Mittelalter überkommenen, sakral aufgeladenen Prinzipien bezüglich des Schwurs49 entgegen. Insgesamt ergab sich hieraus ein unwandelbares, gleichsam diabolisches Bild vom Wesen des unchristlichen vom Teufel unterstützten Juden. Damit wurde zugleich auf zeitgenössische Vorstellungen vom Unglauben und der Gottlosigkeit der verfluchten Juden50 als Christenhasser51 Bezug genommen.52 Am Ende vieler Supplikationen stand daher die generelle Bewertung der Juden als christenfeind unndt Daufleß53 , d. h. als ein das christliche Heil bedrohender Faktor.54 Ergänzung fanden diese Verbindungslinien auf dem

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[Praes. 5.9.1586] in SAW, A 364: straff des mainaidts) oder vom falsch geschwornem Aydt (Grafeneck am 30.5.1600 an den Kaiser [Praes. 11.7.1600] in HHSAW, RHR, J. ., K. 41) die Rede. Den jüdischen Klagen sei daher im Prinzip von Kaiser und den Reichsgerichten kein Gehör zu schenken, da sie diese schlussendlich betrügten. Die Quernheimischen Erben an den Kaiser (Praes. 1.3.1585) in ., K. 43/3 bezichtigten Israel offen und aggressiv des Betrugs am Reichsoberhaupt, am RKG und generell am Reichsrecht. Einführend M-E, Eid, Sp. 1249–1261; zur Verbindung von Eid und Ehre H, Seelenheil, S. 29–32. Fränkische Reichsritterschaft vom 1.7.1595 an den Kaiser (Praes. undat.) in HHSAW, RHR, J. ., K. 42; Alexander u. Veit vom Stein vom 18.8.1587 (a. K.) an Würzburger Bischof (Praes. 31.8.1587) in . Abt von Ursberg an den Kaiser (Praes. 14.1.1574) in ., K. 43/2: Christhessige; Grumbachischer Gegenbericht N°. 4. (Praes. 5.9.1586) in SAW, A 364: Gotslesterlicher Jude; Bürgermeister und Rat der Stadt Hildesheim kritisierten die Juden und ihr tegliche Gotteslesterung (dies. an den Kaiser in HHSAW, RHR, AA, K. 79, fol. 671r–678v, hier fol. 674v). Siehe auch Bürgermeister und Rat der Stadt Hildesheim an den Kaiser (Praes. 14.1., 25.2. u. 2.5.1598) in ., fol. 640r–645v, hier fol. 642r u. 644r. Zum Topos der jüdischen Gotteslästerung S, Blasphemie, S. 117–155. Zitat Grafeneck am 30.5.1600 an den Kaiser (Praes. 11.7.1600) in HHSAW, RHR, J. ., K. 41; Vogt Grafenecks auf Burgberg an ehem. württembergischen Kommissar vom 8.5.1600 als Beilage B in Seligmann an den Kaiser (Praes. 19.7.16002) ct. Grafeneck in .: gottloßen Juden; Schriftliche Erklärung Güss von Güssenberg vor der Kommission am 9.1.1691 als Beilage A in der Relation Dietrich von Horbens vom 18.1.1601 an den Kaiser in ., K. 42: unseeligen Juden; Sybilla Widman am 16./10.9.1594 an den Kaiser (Praes. undat.) in ., A, K. 1101/2 (ebenso in SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/16); dies. vom 8.1.1595 an Wolfgang von Hohenlohe (Praes. 14.1.1595) in .; siehe auch Gründtliche Widerlegung der am 7.3.1595 von Isaak an den Kaiser gesendeten Supplikation durch Sybilla Widmann (undat. [August 1595]) in .; Alexander u. Veit vom Stein am 19.6.1588 (a. K.) an Bischof (1.7.1588) als 17. sowie Veit vom Stein an den Kaiser (Praes. 14.4.1596) u. ders. (Praes. 29.4.1596) in HHSAW, RHR, J. ., K. 42; Wolfgang von Castell an Ludwig III. von Löwenstein-Wertheim vom 11.4.1597 in SAW R. 50, Nr. 62; Alexander u. Veit vom Stein vom 12.11.1585 (a. K.) an Würzburger Fürstbischof (Praes. 26.11.1585) in SAW, L 2337, fol. 69r–72v, hier fol. 69r; S, Iudaicae, S. 5; H, Sprache, S. 294–329, 356–359. Vogt Grafenecks auf Burgberg am 8.5.1600 an ehem. württembergische Kommissare als Beilag B in Seligmann an den Kaiser (Praes. 19.7.1600) ct. Grafeneck in HHSAW, RHR, J. ., K. 41; Veit vom Stein vom 12.7.1595 an den Kaiser (Praes. undat.) in ., K. 42: Vor einem Jüden und Christenfeindt; K, Bild, S. 111. Auch Wolfgang von Castell sah in Seligmann die Ursache für alle möglichen sodomitisch

5.1 Die Jahre 1576 bis 1603

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Gebiet des Aberglaubens und der Magie insbesondere in Gestalt des Ritualmordvorwurfs und der Hostienschändungsbeschuldigung, womit sich zugleich der Mythos von den unschuldigen Christen als Opfer der Juden konstituierte.55 Diese Zusammenhänge fanden – allerdings nur gelegentlich – Ergänzung durch die Schilderung des zweifelhaften Charakters eines bestimmten jüdischen Prozessgegners selbst unter den jüdischen Glaubensgenossen. Konrad von Grumbach malte Schmolls Unehrenhaftigkeit mit schillernden Farben aus. Der Reichsritter betonte, sein Prozessgegner Schmoll gelte selbst unter den Juden als Häretiker. Aus diesem Grund sei Schmoll vom Juden Rabj Frenckischer Landtsortt [...] In den bann gethan worden.56 Diese Hinweise legitimierten das eigene Vorgehen sowie die christliche Sichtweise über die Juden.

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Unwesen. Er locke nach seiner Ansicht nur noch mehr Teuffelsgesindts nach Remlingen (siehe Wolfgang von Castell an Ludwig III. von Löwenstein-Wertheim am 9.7.1596 in SA W R. 50, Nr. 62, Zitate .). Siehe zu diesem Komplex die Studie über den Zusammenhang von Juden und Apokalypse in Form der Legende vom ,Roten Juden‘, die im 16. Jh. geläufig war, G, Red Jews, S. 131–175; H, Judenfeindschaft, Sp. 57– 63; H, Judenhaß, S. 435–442. So fühlten sich Obrigkeiten von dem unchristlichen Juden geradezu verzaubert oder verhext. Grafeneck am 30.5.1600 an den Kaiser (Praes. 11.7.1600) in HHSAW, RHR, J. ., K. 41: der Jude habe sich bei ihm eingeschwazt, weil er von Ihme Juden etlichermassen verzaubert gewesen sein; Gundelsheim vom 28.12.1602 an den Kaiser (Praes. 7.1. u. 18.3.1603) in ., AA, K. 85, fol. 341r–344v, hier fol. 341v. Siehe hier Wolfgang von Hohenlohe vom 15.1.1593 an den Kaiser (Praes. 2.5.1593) in HHSAW, RHR, J. ., K. 42/1; Sybilla Widmann an den Kaiser (Praes. undat.) als A. in ., A, K. 1101/2: der Judt So sich fur einen Arzt Ausgeben, hat E: Gest: liebe frau Mutter sehlige, am leibe gar bößlich und also verderbet, das Sie E: Gest: Als damals Ein klein Seugendes Kindt nitt hat Annnebenn oder stillen können, derwegen Euer herr Vatter seliger aus billichen gerechten Zorn, umb seines lieben weibes, Euer Gest: frau Mutter willen, gegen denn Mörderischen Juden (wiewil ein Christ, einem andern Christen, ein so böse untreue Chur, nit hingehen ließe) bewegt, und Ihne den Juden gefenglich einziehen laßen, Ich bin damals, wie auch noch, nur ein diener geweßen, und alleine meines Junckern beuelch, der es, und nitt Ich, zuuerandtwortten, dazu auch wol fug gehabt, nachkommen. O, Reuchlin, S. 44–45; S, Iudaicae, S. 9f.; B, Glaube, S. 27– 112; D, Einführung, S. 7–26; H, Hexenwahn, S. 101–122; L, Magie, Sp. 1091–1098; zeitgenössisch E, Judenthum, S. 426; P-C H, Magie, S. 354–359. Grumbach vom 13.9.1586 an den Kaiser (Praes. 8.10.1586) in ., K. 43/1: Nun ist aber diser Jüd Schmol, [. . . ] so woll bej seinen glaubens genossen, als bej uns Christen Infamis dann obwol khein volckh under der Sonne lebt, welches nicht einen Gott vor augen hett, und denselben mit sonderbaren ceremonijs ehret, so ist doch bej Christen und Jüden, ohne Inurj zumelden, rueckbar, d dieser clagende Jüd, sich eben so wenig Judischen als Christlichen Ceremonien und ordnungen gemeß verhalt, In deme er weder d Neu Jar, Lauberfest oder Langentag unnd dergleichen feiertege, mit einigen Juden etlich Jar hero nit gehalten, noch d Lauberfest [. . . ] begangen; ders. vom 16.2.1592 an den Kaiser (Praes. undat.) in ., K. 32; Alexander u. Veit vom Stein vom 12.11.1585 (a. K.) an Würzburger Bischof (Praes. 26.11.1585) in SAW, L 2337, fol. 69r–72v, hier fol. 71r–71v; zum Vorwurf der Verunehrung der Eltern durch Juden H, Sprache, S. 344. Zur Bannpraxis der Rabbiner nun G, Rabbiner; ., Grenzen; K, Gerichtsbarkeit, Sp. 100f.

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5. Selbstbilder und Ehre im Konflikt

Zugleich stützten sie den Beweisgang, dass ein Jude, der selbst die Halacha57 nicht achte, erst recht nicht die Bestimmungen des Reichsrechts befolge. Der verwerfliche Charakter war damit sowohl aus christlichem als auch aus jüdischem Kontext umfassend begründet. Die eigene privilegierte Position als Herrschaftsstand galt es hervorzuheben.58 Zugleich rekurrierten die Reichsadeligen auf die durch Reichsrecht und Herkommen, Tradition und Geschichte bestehende Standeskluft zwischen ihnen und den jüdischen Klägern in dem Ansinnen, die jüdische Berechtigung zum Prozessieren völlig zu negieren. Konrad von Grumbach bezog sich exakt auf diesen Punkt, als er gegenüber dem Kaiser betonte, dass ihm als einem unuerleumbten vom Adel [. . . ] vielmehr glaubens zu schenken sei als dem Juden.59 Exekutionsaufträge durften nach Meinung der Adeligen wegen eines Juden gegen Christen überhaupt nicht angefangen werden.60 Vielmehr sahen die Adeligen ein fiktives, gleichwohl generelles Exekutionsverbot gegen ihre Personen und begründeten dieses Verbot mit dem auf die christliche Mehrheitsgesellschaft verengten allgemeinen kaiserlichen Landfrieden.61 Zu einer einvernehmlichen Einigung mit einem Juden fühlten sich die adeligen Herrschaften nicht verpflichtet.62 An dieser Stelle werden die Konstruktion einer dezidierten Standeskluft und die Ausgliederung der Juden aus der Rechtsgemeinschaft deutlich.63 In den Jahren der rudolfinischen Herrschaft leiteten dagegen die jüdischen 57 58

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Siehe jüngst prägnant K, Recht. Grumbach vom 16.2.1592 an den Kaiser (Praes. undat.) in HHSAW, RHR, J. ., K. 32: ehrliebenden vom Adel; Alexander u. Veit vom Stein vom 8.12.1593 (a. K.) an den Kaiser (Praes. 4.4.1594) in ., K. 42; Veit vom Stein vom 12.7.1595 an den Kaiser (Praes. undat.) in .; Buchholz an den Kaiser (Praes. undat. [1602]) in ., K. 8/4; Grumbach vom 13.9.1586 an den Kaiser (Praes. 8.10.1586) in ., K. 43/1. Grumbach vom 13.9.1586 an den Kaiser (Praes. 8.10.1586) in .: meinen als eines unuerleumbdt vom Adell warhafften bericht sein ipso ire et facto infamirten Judens sub et obreptionibus vorzuziehen. Erben Hilmars von Quernheim an den Kaiser (Praes. 1.3.1585) in ., K. 43/3. Grumbach vom 13.9.1586 an den Kaiser (Praes. 8.10.1586) in ., K. 43/1: ohn allen Zweiffel sein, dessen deroselben aller loblichsten herrn Vorfahrn am Römischen Reich, gegen allen gliedern der Christenheit gewesen, In dem Ire Kai[serl]j[che] Mai[es]t[ä]t Je und alweg, den thettlichkeitt, arresten, Pfanndungen, unnd dergleichen, mit heilsamben constitutionen unnd ordnungen allergnedist unnd vätterlich vorkhomen, Welche dan Ewer Rö[mische] Kei[serl]j[che] Mai[es]t[ä]t als ein milter Vatter des Vatterlandts [. . . ] gehandtfestet. Schließlich sei kein Adeliger von niemandt, von Rechten und Billigkeit wegen, [. . . ] zur güte zu zwingen. So die Schriftliche Erklärung Güss von Güssenberg vor der Kommission am 9.1.1691 als Beilage A in der Relation Dietrich von Horbens vom 18.1.1601 an den Kaiser in ., K. 42. Ähnlich äußerte sich Güss von Güssenberg über ein Urteil des RHR, dass ihm seine Appellationsrechte nach Prag abschnitt. Schließlich stünde das Appellationsrecht selbst den Ubelthättern zu, so dass er als Adeliger nun schlechter gestellt sei als diese (ders. an den Kaiser [Praes. 24.11.1601] in .). SAO 20–42 A Nr. 96, fol. 94r. Siehe zur Definition des Kommissionsbefehls . Nr. 96, fol. 93r, 101r–101v, 123v. Zugleich bestätigte sich hiermit erneut die obrigkeitliche Ansicht, dass sie weder als Adelige noch als Christ dem Aidbrüchigen Jüden seines gefallens nachzugeben bereit waren;

5.1 Die Jahre 1576 bis 1603

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Kläger ihre Supplikationen mit einer Selbstbeschreibung ein, die auf ihren prekären Status als bedrängte Juden und verzweifelt Rechtsuchende abhob. Hierzu zogen sie Klassifikationen heran, die sie als unschuldig Armer vorhin verderbter unnd außgematter Jud64 skizzierten. Eindringlich machten sie deutlich, dass sie sich Inn seer grosser angts unnd gefahr65 befänden. Dieses Bild vom schutzlos bedrängten, jüdischen Kläger diente der Aktivierung des Kaisers in mehrfacher Hinsicht: als Schutzherr der Juden im Reich sowie der personae miserabilis.66 Dass die jüdischen Kläger von sich als armenn Mann67

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Grumbach vom 16.2.1592 an den Kaiser (Praes. undat.) in HHSAW, RHR, J. ., K. 32. Zitat Michael am 17.2.1598 an den Kaiser (Praes. 7.3.1598) in ., K. 43/1; Seligmann an den Kaiser (Praes. 23.2.1601) ct. Matthias Enzlin in ., AA, K. 85, fol. 244r–245v, hier fol. 244v; ders. vom 15.2.1601 an den Kaiser (Praes. 23.2.1601) u. ders. an den Kaiser (Praes. 10.12.1601) ct. Güss von Güssenberg in ., J. ., K. 42; ders. an den Kaiser (Praes. 6.3. u. 19.7.1600 [1 u. 2]) ct. Grafeneck in ., K. 41; Abraham u. Liepmann Fänklein sowie Mändlein an den Kaiser (Praes. 21.11. u. 26.11.1601) in ., fol. 249r–251v, hier fol. 249r: arme Schutzverwante Juden; Israel von Lübbecke bei den Kommissionsverhandlungen in Lingen in SAO 20–42 A Nr. 96, fol. 117v; Isaak von Nagelsberg an den Kaiser als Beilage 3 in der kommissarischen Relation in Wolfgang von Hohenlohe vom 15.1.1593 an den Kaiser (Praes. 2.5.1593) in HHSAW, RHR, J. ., K. 42/1 (ebenso SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6 als Hoffrath 2507 8.): armer Jude sowie ders. an den Kaiser (Praes. undat.) als No. 5, ders. an den Kaiser (Praes. undat.b ) u. ders. an den Kaiser (Praes. undat.) als hofrath 2506. in . (ebenso in SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6 15. bzw. 19.); ders. an den Kaiser (Praes. undat. [1596]) in ., AA, K. 84/2, fol. 233r–240v, hier fol. 233r; vgl. auch Wendel an den Kaiser (Praes. 9.10.1581) in ., fol. 155r–156v, fol. 155r: Ich Armer unschueldiger (der ich doch viel lange Jar, ohne Ruemb, an Euer Matt und derselben geliebsten herren Vattern hochmildister gedechtnuß, hoff, ieder Zeitt Erbarlich und auffrichtig, wie dan all die tag meines lebenß mich verhaltten, und noch wie billich verhaltten thue); Jacob Fröschel an den Kaiser (Praes. 16.9.1598) in ., J. ., K. 43/1. Abraham u. Liepmann Fänklein sowie Mändlein an den Kaiser (Praes. 21.11. u. 26.11.1601) in ., AA, K. 85, fol. 249r–251v, Zitat fol. 249v; Isaak von Nagelsberg an den Kaiser als Beilage 3 in der kommissarischen Relation in Wolfgang von Hohenlohe vom 15.1.1593 an den Kaiser (Praes. 2.5.1593) in ., J. ., K. 42/1 (ebenso SALHZAN, W 10, Bü. 95/6 als Hoffrath 2507 8.) spricht von hochtringender nott; Seligmann an den Kaiser (Praes. 6.3.1600) ct. Grafeneck in ., J. ., K. 41. Simon von Günzburg an den Kaiser (Praes. 19.10.1576) u. ders. an den Kaiser (Praes. 22.10.1576) ct. Abt von Ursberg in ., K. 43/2 sah den Kaiser Als welcher Wittwen Waysen unnd Allen betrangten zu schutz, Schurm unnd Trost wie Ain quellender Prunn der gerechtigkhait, von Gott dem Allmechtigen Auserkoren verordnet unnd fürgesetzt worden sei. Isaak von Prag an den Kaiser (Praes. undat.) in ., D. ., K. 177 spricht von sich als Armen Man; Israel von Lübbecke an den Kaiser (Praes. 25.3.1579) in ., J. ., K. 43/3; in SAO 20–42 A Nr. 96, fol. 115v bezeichnet sich Israel von Lübbecke als armer clagender Jude; Schmoll an den Kaiser (Praes. 16.3.1588) als 234. ct. Stein in ., K. 42; ders. an den Kaiser (Praes. undat.) ct. Würzburger Fürstbischof in ., K. 41; ders. an den Kaiser (Praes. 15.7.1585) ct. Grumbach in ., K. 42; ders. an den Kaiser (Praes. 22.7.1597) u. ders. an den Kaiser (Praes. 22.7.1597b) ct. Grumbach in ., K. 43/1; Fuldaer Judenschaft an den Kaiser (Praes. 22.9.1592) in ., D, K. 2263 u. dies. an den Kaiser (Praes. 21.12.1591) als 2586 in .: wir Arme Jueden zu Fulda.

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5. Selbstbilder und Ehre im Konflikt

oder Armer Supplicant 68 sprachen, deutet auf die Absicht der jüdischen Kläger69 , den Kaiser in ganz allgemeiner Weise als Ansprechpartner aller Rechtsuchenden im Reich zum Handeln zu bewegen.70 Zugleich verweist es auf das oben bereits betonte Prinzip der grundsätzlichen Rechtsgleichheit aller im Reich lebenden Menschen.71 Mit dieser Skizzierung ihres Status gingen weiterreichende argumentative Mechanismen einher, die in die Konstruktion einer spezifisch jüdischen Ehre mündeten. Hierfür zogen die jüdischen Kläger das Verhalten der obrigkeitlichen Schuldner als Negativfolie heran, um so die adeligen Ehrvorstellungen zu dekonstruieren. Die jüdischen Kläger betonten beispielsweise, allein beij Edelmans glauben und Trawen72 die Geschäfte eingegangen zu sein. Hierdurch ergänzt sich obiges Bild vom unschuldigen Opfer noch durch das des gutgläubigen und vertrauensseligen Gläubigers, der sich trotz des hochadeligen Versprechens geprellt sah. Damit waren es in den Augen der Juden die Adeligen selbst, die gegen ihren eigenen Ehrcode verstießen.73 Insofern sei es das einzige Ziel der Obrigkeiten gewesen, mit tausent list, und Renckh bei ihren falsch verstandenen, da auf Kosten anderer gehenden ehren pleiben zu können. Bei alledem stellten sich die Juden somit als Opfer dieses

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Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. undat.) als hofrath 2506. in ., J. ., K. 42/1 (ebenso in SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6 als 15. bzw. 19.). Ähnliche Formulierungen verwendeten die Juden auch gegenüber den kaiserlichen Kommissaren. Vgl. Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. 25.1.1592) in HHSAW, RHR, J. ., K. 42/1 (ebenso in SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6 als N° 21. bzw. 25.): armer Jud; Schmoll an Würzburger Fürstbischof (Praes. 1.9.1592) in HHSAW, RHR, J. ., K. 42. Die Judenschaft in Schwaben an den Kaiser (Praes. 2.12.1583) in ., AA, K. 86, fol. 33r–40v, hier fol. 35r spricht von feindschafft sowie neijd haß und widerwillen, die ihnen von Anton Fugger entgegen gebracht würden. Die Juden der Markgrafschaft Burgau gingen über diese Zusammenhänge dezidiert hinaus und hoben auf die enge Verbindungen zum Kaisertum bzw. zum Haus Habsburg ab. Sie rekurrierten gezielt auf ihren Status als Armer Schutz unnd Schürmsunderthan (Zitat Jacob Fröschel an den Kaiser [Praes. 14.11.1601] ct. Cramer von Clausbruch in ., J. ., K. 43/1); ders. an den Kaiser (Praes. 8.3.1601) ct. Wittstatt in .; Simon von Günzburg an den Kaiser (Praes. undat. [1574]) ct. Adelmann von Adelmannsfelden in ., K. 43/2; Seligmann vom 15.2.1601 an den Kaiser (Praes. 23.2.1601) ct. Güss von Güssenberg in ., K. 42; U, Geschichte, S. 75; ., Nachbarschaft, S. 136–146; K, Flügel, S. 221–252. Israel von Lübbecke an den Kaiser (Praes. 30.3.1582) in HHSAW, RHR, J. ., K. 43/3; Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. undat. [1596]) in ., AA, K. 84/2, fol. 233r–240v, hier fol. 235v: Adelichen Ehren Trawen undt glauben; Schmoll an den Kaiser (Praes. 16.3.1588) als 234. ct. Stein in ., J. ., K. 42; Simon von Günzburg an den Kaiser (Praes. undat. [1574]) ct. Adelmann von Adelmannsfelden in ., K. 43/2; ders. an den Kaiser (Praes. undat. [1574]) ct. Adelmann von Adelmannsfelden in . Israel von Lübbecke an den Kaiser (Praes. 30.3.1582) in ., K. 43/3; Schmoll an den Kaiser (Praes. 16.3.1588) als 234. ct. Stein in ., K. 42: Adelichen Aufgetrukten Sigeln; ders. an Würzburger Fürstbischof (Praes. 28.9.1587) als 10 ct. Stein in .

5.1 Die Jahre 1576 bis 1603

231

für sie falsch verstandenen Ehrbegriffes dar.74 Während sie selbst neben dem Geldverleih über keine Und[er]haltung verfügten und auf die schleunige Rückzahlung angewiesen seien75 , agierten die Obrigkeiten in ihren Augen nur zum aigen nuz und vortl.76 In den Augen der Juden nahm der adelige Ehrcode eine spezifisch strategische Rolle ein: Dadurch, dass die Obrigkeiten ihre Ehre derart vehement kolportierten, mutierte sie für die Juden zum argumentativen Rüstzeug, mit dessen Hilfe das Bild vom unschuldigen Opfer auf der Folie des obrigkeitlichen Kreditprellers mehr als deutlich plakatiert werden konnte. Zugleich rekurrierten sie mit obigen Wendungen auf das Speyrer Judenprivileg von 1544, das Carolinum77 , in dem verboten wurde, dass sie in andere weg an Iren Leibs Nahrung: so sie hin undt wieder alten herkommen und gebrauch nach Edlen undt unedlen Inn Iren Nöthen auff trawen undt guetten glauben und gebührlichen gewinn außleihen, verhindert undt beschediget werden.78 Die Juden nahmen sich der Ehrkonstruktion der adeligen Herrschaften in der Absicht an, ihr absolutes Gewicht und damit unbedingte Gültigkeit beizumessen, um ihre Prozessgegner mit ihren eigenen Waffen zu schlagen. Es waren demnach die Adeligen, die durch ihr Verhalten ihre eigene Ehre verletzten. Angesichts obiger Ausführungen musste dies natürlich bedeuten, dass die klagenden Juden ihre Tätigkeit für die obrigkeitlichen Prozessgegner ursprünglich als einen ehrenvollen Beitrag für deren herrschaftliche Pflichtausübung sahen. Diese Tätigkeit lag wiederum im Rahmen des adeligen Gemeinwohls. Die jüdischen Kläger hatten demnach ganz auf den privilegierten und eh74

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Schmoll konstruierte eine prinzipielle Gemüts- und Wesenshaltung seiner Schuldner u. konterkarierte auf diese Weise die adeligen Ehrvorstellungen in ihrer obigen alteritären Negativformulierung des Bildes vom jüdischen Wucherer; ders. an den Kaiser (Praes. 16.3.1588) ct. Grumbach in SAW, L 2337, fol. 99r–102v, hier Zitate fol. 100r–100v. Isaak aus Prag ging soweit, Veit vom Stein als einen Betrüger zu beschimpfen, der mit Listen sowie vervortheilung, betrug, und hinderlist versuche, ihn zu hintergehen; ders. an den Kaiser (Praes. undat.) in HHSAW, RHR, D. ., K. 177 (Zitat); Schmoll an den Kaiser (Praes. 16.3.1588) ct. Grumbach in SAW, L 2337, fol. 99r– 102v: Grumbach habe das licht und die warheit scheuhet; Jacob Fröschel an den Kaiser (Praes. undat.) in HHSAW, RHR, J. ., K. 43/1. Schmoll an Würzburger Fürstbischof (Praes. 19.4.1591) als 50. ct. Stein in ., K. 42; Isaak von Nagelsberg an Wolfgang von Hohenlohe (Praes. undat.) als 53. in SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6. Israel von Lübbecke an den Kaiser (Praes. 30.3.1582) in HHSAW, RHR, J. ., K. 43/3; Schmoll an den Kaiser (Praes. undat. [1588]) ct. Stein in ., K. 42; ders. an Würzburger Fürstbischof (Praes. 28.9.1587) als 10 ct. Stein in .: auff iren nuzen; ders. an Würzburger Fürstbischof (Praes. 11.7.1588) als 18. ct. Stein in .; ders. an Würzburg Fürstbischof (Praes. 7.10.1592) ct. Stein in ., D. ., K. 177, fol. 345r–347v, hier fol. 345v: zu Ihrem Vortheil. Siehe zu den Privilegien der deutschen Kaiser für die Juden u. zum Carolinum B, Privilegierung. Vgl. das Carolinum von 1544 in seiner durch Rudolf II. am 15.6.1577 konfirmierten Form in HHSAW, RHR, C. P. . E., K. 95, fol. 53r–60r, hier fol. 54r.

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5. Selbstbilder und Ehre im Konflikt

renhaften Status der obrigkeitlichen Geschäftspartner gesetzt. Nun waren sie gerade von jenen hintergangen worden, deren Worten sie so vertrauten. Um dieses kriminelle Verhalten zu untermauern, malten die Juden das Bild des eigenen drohenden Ruins mit Blick auf die steigenden Prozesskosten.79 Die jüdischen Geschäftsleute entwarfen ein Szenario, in dem ihr Geschäft und ihre Familie in schaden unnd nachtheil angesichts des obrigkeitlichen Verhaltens gerieten.80 Zur plakativen Umschreibung dieses Umstandes zogen sie rhetorische Standardwendungen wie die Metapher des Bettelstabs81 heran und rekurrierten ergänzend auf das unschuldig verderbenn leibs und guetes82 , worin sie geraten seien.83 79

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Vgl. Schmoll an den Kaiser (Praes. 3.1.1592) als 2713 in ., J. ., K. 42: weit mehr Unkostens, alß die geklagte Schuldt Summa berüert, auf diesen handel gangen; ders. an den Kaiser (Praes. 4.6.1592) ct. Stein in .; vgl. auch ders. vom 4.7.1591 an Würzburger Fürstbischof (Praes. 4.7.1591) als 56. ct. Stein in .; Seligmann an den Kaiser (Praes. 4.3.1598) ct. Güss von Güssenberg in ., K. 43; Isaak von Prag an den Kaiser (Praes. 16.8.1590) als 1114 in ., D. ., K. 177; Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. undat.b) in ., J. ., K. 42/1; ders. an den Kaiser (Praes. undat.) in ., AA, K. 84/2, fol. 284r–285v, fol. 284r; ders. an den Kaiser (Praes. undat. [1596]) in ., fol. 233r–240v, hier fol. 233r; Israel von Lübbecke an den Kaiser (Praes. 30.3.1582) in ., J. ., K. 43/3. Zitat Jacob an den Kaiser (Praes. 14.11.1601) in ., K. 43/1; Schmoll an den Kaiser (Praes. 15.7.1585) ct. Stein u. ders. an den Kaiser (Praes. 4.6.1586) ct. Stein u. ders. an Würzburger Fürstbischof (Praes. 19.4.1591) als 50. ct. Stein u. ders. an Würzburger Fürstbischof (Praes. 13.8.1588) als 19. ct. Stein in ., K. 42; ders. an Würzburger Fürstbischof (Praes. 11.1.1590) als 21. ct. Stein in .; Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. undat.) als No. 5 in ., K. 42/1; ders. an den Kaiser (Praes. undat. [1596]) in ., AA, K. 84/2, fol. 233r–240v, hier fol. 233v. Seligmann vom 15.2.1601 an den Kaiser (Praes. 23.2.1601) ct. Güss von Güssenberg in ., J. ., K. 42; Israel von Lübbecke an den Kaiser (Praes. 30.3.1582 u. 28.11.1583) in ., K. 43/3; ders., Claus Horn, Johann Wilken und Dirk Josten an den Kaiser (Praes. 28. u. 30.3.1582) in ., K. 43/3: an dem bettelstab gebracht sowie derselbe ebenfalls an den Kaiser (Praes. 2.4.1582) in .; ders. warf in SAO 20–42 A Nr. 96, fol. 16r den Quernheimer vor, ihn und seine Familie mit dem RKG-Prozess sukzessive in eußerster Armutt geradten zu lassen und schließlich an den Bettelstab zu bringen (Zitat ., fol. 57r–58, 74v, 89v); Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. undat.b ) in ., K. 42/1; ders. an den Kaiser (Praes. undat.b ) in HHSAW, RHR, J. ., K. 42/1; ders. an den Kaiser (Praes. undat.) als hofrath 2506. in . (ebenso in SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6 15. bzw. 19.); ders. an den Kaiser (Praes. undat. [1596]) in HHSAW, RHR, AA, K. 84/2, fol. 233r–240v u. Khela an den Kaiser (Praes. undat.) in ., fol. 278r– 279v, hier fol. 278v; Isaak aus Appenfelden an den Kaiser (Praes. 5.11.1601 u. 8.3.1602) in ., J. ., K. 43/1. Israel von Lübbecke an den Kaiser (Praes. 25.3.1579) in ., K. 43/3; ders. an den Kaiser (Praes. 30.3.1582) in . u. ders. an den Kaiser (Praes undat.) in .; Schmoll an den Kaiser (Praes. undat.) ct. Stein in ., K. 42; ders. an Würzburger Fürstbischof (Praes. 4.8.1587) als 3 ct. Stein in . Ebenso Schmoll an den Kaiser (Praes. 16.3.1588) als 234. ct. Stein in ., K. 42; Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. undat.) in ., K. 42/1; siehe Instrument Isaak Jüdens zu Nagelsperg als .3. u. .9. in SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6: nitt Allein In eußerster verderben unndt Armuth. sondern Auch durch die lanngwurige gefenckhnus Inn kümerlich

5.1 Die Jahre 1576 bis 1603

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Letzten Endes ist es nicht abschätzbar, ob die angedrohten Konkurse tatsächlich zutrafen. Hierfür fehlen oftmals Informationen insbesondere in den Parallelüberlieferungen. Da jüdische Geschäftsleute viele respektive langwierige und damit kostspielige Prozesse am RHR führten, steht zu vermuten, dass sie in der stereotypen Betonung der eigenen Armut84 wohl hauptsächlich ein Szenario entwarfen, mit welchem sie sich als malträtierte Geschäftspartner der Obrigkeiten definierten. Diese Hinweise fungierten als Überleitung zur Skizzierung des eigenen, selbstbewusst formulierten Ehrcodes. Isaak von Nagelsberg betonte, dass solche tribulation verkleinerung, und das er mich hin und wider hiemit beschreit, allß were Ich [...] ein Ubeltheter, welches mir an meinen Judischen Ehren auch an der Leibs Nahrung gegen meiniglich schädtlich und nachtheilig 85 seien. Das jüdische Ehrbild bestand demnach nicht allein aus dem soeben skizzierten Opferstatus. Vielmehr wurde es auf Basis des Bildes vom geprellten Gläubiger bestimmt. Die jüdische Ehre speiste sich vor allem aus dem exzellenten Leumund und den Eigenschaften als kompromissbereiter ehrlicher Gläubiger86 , der für seine eigene Subsistenz Geschäfte durchführe und es keineswegs auf Betrug oder Wucher abgesehen habe. Schließlich hätten sie als jüdische Kaufleute für die Geschäfte mit den adeligen Herrschaften die notwendigen Gelder ebenso beij gute Ehrliche Kauffleüth wahr auff borg auß genummen und zu gelt gemacht.87 Wären sie Betrüger, hätten sie doch von Letzteren keine Hilfestellungen erhalten. Durch die unspezifische Verwendung ,gute ehrliche Kaufleute‘ machten sie darauf aufmerksam, dass das obrigkeitliche Verhalten nicht nur ihnen schade, sondern auch christliche Geschäftspartner hiervon betroffen seien. Insgesamt schien der Zusammenhang von Ehre und Reputation hierdurch umfassend gefährdet.88 Interessanterweise brachte Jacob Fröschel in diesem Rahmen sogar den Hinweis, er habe bei einem Jüdischen Aide seine Aussag gethan, ohne sich

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grossen schmerzen, unndt Leibsschwachheit undt elendt gerath; vgl. zu den Mandatsfällen E, Gerichtsbarkeit, S. 42f. u. U, Mandatsprozess, S. 56f. Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. undat.b ) in HHSAW, RHR, J. ., K. 42/1; Schmoll an den Kaiser (Praes. 17.6.1597) in SW, L 2337, fol. 297r–300v, hier fol. 297r. Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. undat. [1596]) in HHSAW, RHR, AA, K. 84/2, fol. 233r–240v, hier fol. 237v. Abraham u. Liepmann Fänklein sowie Mändlein an den Kaiser (Praes. 21.11. u. 26.11.1601) in ., K. 85, fol. 249r–251v betonten bspw., Kopp habe stets redlich gehandelt (fol. 250r). Isaak von Nagelsberg an Wolfgang von Hohenlohe (Praes. undat.) als 53. in SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6. So bei D, Maurermeister, S. 141–143.

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5. Selbstbilder und Ehre im Konflikt

hiervon in seiner Ehre beeinträchtigt zu fühlen. Vielmehr bestätigte ein tendenziell diskriminierender ,Judeneid‘ seinen exzellenten Leumund.89 Die entscheidende Rolle des Leumunds äußerte sich für Juden vornehmlich im Grad der Ehrlichkeit, die dem Geschäftsmann in der Öffentlichkeit zuerkannt wurde. Angesichts dessen entkräfteten die Juden die obrigkeitlichen Wuchervorwürfe, indem sie die Rechtmäßigkeit ihrer Forderungen hervorhoben.90 An dieser Stelle nahm bei den Juden die Frage nach der sprachlichen Gestaltung der Geschäftsunterlagen einen zentralen Platz ein. Schmoll quittierte die Vorwürfe mit dem Hinweis, dass er Papiere, die er von seinen glaubigern zu handen bracht, in gewonlicher unnd teutscher form mit Ihren der Junckgern oder deß vogst verwissen gefertigt, dieselbe den herren Subdelegierten Commissarijs furgelegt habe. Nur seine persönlichen Notizen seien in hebräischer Sprache notiert, deren er besser alß der Teutschen erfaren könne.91 Andere Vorwürfe, wie z. B. den der zum Schaden der Schuldner praktizierten Magie stritten die Juden ebenfalls konsequent ab und verwiesen darauf, dass sie ihrer kaufmanschafft vleisig verhaftet gewesen und auß [...] [ihrem] beruf gar nicht geschritten wären.92 Die mit solchen Vorwürfen einhergehende Anschuldigung der Obrigkeiten, die Schuldner auf sofortige Rückzahlung ihrer Kredite ungebührlich gedrängt und diese damit sogar in den Tod getrieben zu haben, verbat sich Schmoll vor dem Hintergrund des ehrbaren Juden vehement. Man habe als Kaufmann für Notlagen seiner zahlungsrückständigen Geschäftspartner unbedingtes Verständnis und nehme hierauf Rücksicht.93 Die Betonung der eigenen Gewissenhaftigkeit und Vorsicht, Geschäfte durchzuführen und auf die finanzielle Lage des Geschäftspartners Rücksicht zu nehmen, führte zu dem Hinweis, dass es doch gerade die Juden selbst seien, die sich trotz der obrigkeitlichen Vorwürfe des Wuchers als eigentlich 89 90

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Zitat Jacob Fröschel an den Kaiser (Praes. 16.9.1598) in HHSAW, RHR, J. ., K. 43/1. Schmoll an Würzburger Fürstbischof (Praes. 4.8.1587) als 3 ct. Stein in ., K. 42: rechtmessigenn schultforderung; ders. an Würzburger Fürstbischof (Praes. 9.9.1587) als 9 ct. Stein in .; ders. an Würzburger Fürstbischof (Praes. 11.7.1588) als 18. ct. Stein in .; ders. an Würzburger Fürstbischof (Praes. 15.4.1592) ct. Stein in ., D. ., K. 177, fol. 339r–340v, hier fol. 339r; Isaak an den Kaiser (Praes. undat.) als hofrath 2506. in ., J. ., K. 42/1; ders. an den Kaiser (Praes. undat.b ) in . Schmoll an Würzburg Fürstbischof (Praes. 7.10.1592) ct. Stein in ., D. ., K. 177, fol. 345r–347v, hier fol. 345v. Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. undat.) als No. 5 in ., J. ., K. 42/1; ders. an den Kaiser (Praes. undat. [1596]) in ., AA, K. 84/2, fol. 233r–240v, fol. 237r; ders. an Wolfgang von Hohenlohe (Praes. 28.3.1592) als N: 33: in ., J. ., K. 42/1 (ebenso in SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6 als N. 33. bzw. 36.): Auch hier Verwahrung gegen den Vorwurf der Berlichingischen Brüder, sein vater hab ainer edel fraw ain brust verdorbt. Schmoll an Würzburg Fürstbischof (Praes. 7.10.1592) ct. Stein in HHSAW, RHR, D. ., K. 177, fol. 345r–347v, hier fol. 346r: glaubiger [...] mit grundt sagen kan, daß ich einigen ubereilet oder uber sein Vermögen getrieben Sonder hab auff Ihr begern Unnd ansuchen Jederzeith guetwillige gedult getragen, Unnd zu Ihrem Verderblichen Schaden nicht dringen wöllen.

5.1 Die Jahre 1576 bis 1603

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Geschädigte bisher Gottlob [...] mit Ehrn Erhalten konnten.94 Insofern betteten sie ihr gesamtes geschäftliches Handeln in ihr Ich-Ideal vom ehrbaren jüdischen Geschäftspartner ein. Gleichwohl verengte sich die Konstruktion einer spezifisch jüdischen Ehre keinesfalls allein auf den ökonomischen Aspekt. Verhaftungen im Vorfeld der Prozesse, welche die jüdischen Kläger über sich ergehen lassen mussten, definierten sie ebenfalls als Eingriffe in ihren Ehrstatus. So sprachen sie empört davon, dass sie in einen ordinären diebsthurm gesperrt95 , d. h. wie Kriminelle behandelt worden seien.96 Die Folge eines solchen spot der gefengknus97 sahen sie in der Minderung ihres Leumunds und dem Verlust ihrer Glaubwürdigkeit mit fatalen ökonomischen Auswirkungen. Verhaftungen stellten Verletzungen der persönlichen Ehre dar, da – wie G für die bäuerliche Seite herausarbeiten konnte – „unter den genannten Haftbedingungen in der Regel nur Kriminelle, nicht aber ,ehrliche Leuth‘ verwahrt wurden“.98 5.1.2 Funktionale Selbst- und Fremdbeschreibungen von Adeligen und Juden Wie bereits erwähnt, bezogen sich die adeligen Herrschaften auf deß heilligen Reichs Abschiedt 99 sowie auf die RPO.100 Mit dieser Loyalitätsbekun94 95

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Zitat Simon von Günzburg an den Kaiser (Praes. undat. [1574]) ct. Adelmann von Adelmannsfelden in ., J. ., K. 43/2. Schmoll an den Kaiser (Praes. undat.) ct. Grumbach in ., AA, K. 85, fol. 232r–240v, hier fol. 232v; Seligmann an den Kaiser (Praes. 6.3.1600) ct. Grafeneck in ., J. ., K. 42. Ders. an den Kaiser (Praes. 15.7.1585) ct. Grumbach in . Ders. an den Kaiser (Praes. undat.) ct. Würzburger Fürstbischof in ., K. 41; ders. an den Kaiser (Praes. undat.) ct. Grumbach in ., K. 43/1 mit Notiz den S[cretarium] Englhofer: viehische Verhaftung. G, Widerstand (b), S. 360f. (Zitat S. 360). Alexander u. Veit vom Stein vom 8.12.1593 (a. K.) an den Kaiser (Praes. 4.4.1594) in HHSAW, RHR, J. ., K. 42: deß heilligen Reichs Abschiedt; Grumbach vom 16.2.1592 an den Kaiser (Praes. undat.) in ., K. 32. Alexander u. Veit vom Stein vom 25.8.1592 (a. K.?) an Würzburger Bischof (Praes. 7.9.1592) in ., D. ., K. 177, fol. 321r–324v, hier fol. 321r–321v: Wan dann In des Römischen Reichs Anno 77. zue Franckfurth uffgerichter policeijordnung titulo 20. der Jueden und Ihres gegen den Christen ublichen ungöttlichen Wuchers; Veit vom Stein vom 12.7.1595 an den Kaiser (Praes. undat.) in ., J. ., K. 42: derselben heilsame Verordtnung der publicierten policej unnd andere Reichs Constitution unnd disposition von den Wücherlichen Contracten und weßen sonsten nach Verordtnung gemeiner unnd beschriebener Rechten von dergleichen Verbottenen händeln versehen; Fränkische Reichsritterschaft aller sechs Kantone vom 1.7.1595 an den Kaiser (Praes. undat.) in .; dies. vom 8.6.1596 an den Kaiser (Praes. undat.b ) in .; Grumbach vom 16.2.1592 an den Kaiser (Praes. undat.) in ., K. 32; in Copia Grumbachischen Berichts uff Außgangen Schreiben vom 5.5.1584 an das RKG in SAW L 2337, fol. 16r–21v stilisierte sich Grumbach zu einer Obrigkeit, die stets die Sicherheit auf den öffentlichen

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5. Selbstbilder und Ehre im Konflikt

dung gegenüber den Reichsgesetzen bemühten die Obrigkeiten einen legalen Kurs und verliehen ihrem Verhalten reichsrechtliches Gewicht. Der jüdische Wucher erzeugte ihrer Meinung nach in seiner Gemeinschädlichkeit Confusion und Zerrüttung.101 Dieser gemeinschädliche Eindruck von den Juden verstärkte sich im Einzelfall durch Hinweise, dass sie keine Schutzherrschaft besäßen und daher persona Vagabunda102 seien oder aber ihre Pflichten als Untertanen nicht wahrnähmen bzw. sich nicht gemäß der obrigkeitlichen Verfügung verhielten.103 Die Juden erschienen in dieser Perspektive als diejenigen, die den sozialen wie rechtlichen Frieden des gesamten Reichs bedrohten sowie auf diese Weise die Autorität des Kaisers unterminierten.104 Angesichts dieser Zusammenhänge skizzierten die beklagten adeligen Herrschaften die Juden als Gefahr für die christliche, soziale und politisch-rechtliche Ordnung des Reichs. Die gefahrlichkheit der Juden schien in den Augen der Obrigkeiten damit um-

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Landstraßen gemäß den Vorgaben des Reichsrechts gewährleiste. Ebenso Hilmar von Quernheim am 7.7.1579 an den Kaiser (Praes. 18.7.1579) in HHSAW, RHR, J. ., K. 43/3 (Zitate ebd.), der sich gegen den Vorwurf Israels von Lübbecke verwahrte, daß Ich Jemalß die Kayserlichen Landstraße nicht gefreiet; vgl. auch SAM Q 117, fol. 71r– 75r; Sybilla Widmann an den Kaiser (Praes. undat.) in HHSAW, RHR, J. ., K. 42/1 auf die Vorwürfe, ihr Mann habe den Landfrieden gebrochen: da er Jud einig dergleichen Strassenräubereij, auff meinen haußwürth bringen würdt, d[ass] alß dann E[ure] keij[serliche] Maij[es]t[ä]t mitt dem Strengsten wege rechtens mitt ihme vollfahren solle; Sybilla Widmann an den Kaiser (Praes. undat.) als A. in ., A, K. 1101/2; Wolfgang von Castell meinte, dass laut den RPO seien ,wuchernde‘ Juden nicht zu dulden (siehe hierzu die Hinweise in Amtmann Michael Freundt an die wertheimische Regierung am 1.7.1596 in SA W R. 50, Nr. 62). Konrad von Pappenheim vom 15./25.4.1601 an den Herzog von Württemberg in ., K. 42. Alexander u. Veit vom Stein vom 25.8.1592 (a. K.?) an Würzburger Bischof (Praes. 7.9.1592) in ., D. ., K. 177, fol. 321r–324v, hier fol. 322r; dies. vom 8.12.1593 (a. K.) an den Kaiser (Praes. 4.4.1594) in ., J. ., K. 42: Persona Vagabunda unnd keine Obrigkeit noch fixum domicilium hat; Sybilla Widmann vom 20.10.1594 an Michael Seyfried, Schultheiß zu Dörzbach als C in ., A, K. 1101/2: Lanndfarendenn fluchtigen Judens. Grumbach vom 13.9.1586 an den Kaiser (Praes. 8.10.1586) in ., J. ., K. 43/1; ders. an den Kaiser (Praes. undat. [1588]) in ., K. 34/2: Grumbach bezeichnete Schmoll als flüchtigen Untertanen, der sich In der Türckhenschatzung vil zu wenig angeben und verschatzs sowie uff freijer kaiserlichen strassen frembde Leuth muetwillig und freuenlich angefallen unnd geschlagen habe und dem kein Glauben zu schenken sei. Buchholz an den Kaiser (Praes. undat. [1602]) in ., K. 8/4: der Jude habe ex in fraudem E: kay:en Mayt: wol sancierten Reichsconstitution und Camergerichtsordnung einen gefährlichen absprung genomen; Grumbach vom 16.2.1592 an den Kaiser (Praes. undat.) in ., K. 32: Zerrüttung des geliebten fridens; Gundelsheim vom 28.12.1602 an den Kaiser (Praes. 7.1. u. 18.3.1603) in ., AA, K. 85, fol. 341r–344v, hier fol. 342v; Erklärung Güss von Güssenberg vor der Kommission am 9.1.1691 als Beilage A in der Relation Dietrich von Horbens vom 18.1.1601 an den Kaiser in ., J. ., K. 42; Grafeneck am 24.9.1600 an den Kaiser (Praes. 7.10., 8.11. u. 4.12.1600) in ., K. 41; Konrad von Pappenheim vom 21.5.1601 an den Herzog von Württemberg in ., K. 42.

5.1 Die Jahre 1576 bis 1603

237

fassend belegt.105 Das Bild vom Juden verwies in dieser Perspektive auf das funktionale Selbstbild von der Christliche[n] Obrigkeitt, die zur Aufrichtung einer gottgefälligen Ordnung auf Erden agiere.106 Die beklagten Obrigkeiten sahen sich für ihre Armen undthanen107 in einer paternalistischen108 und zugleich christlichen Schutz- sowie Notwehrpflicht.109 Damit ergänzte sich das obige Bild vom Juden mit dem vom jüdischen Parasiten, der sich auf Kosten des christlichen Wirtes ernähre.110 Hieraus ergab sich die eigentliche christliche und obrigkeitliche paternalistische Fürsorgepflicht, ihre Untertanen vor der Gottlosenn unnd gantz

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Zitat Gundelsheim vom 28.12.1602 an den Kaiser (Praes. 7.1. u. 18.3.1603) in ., AA, K. 85, fol. 341r–344v, hier fol. 342v; Zacharias Koch als Quernheimischer Anwalt in SAO 20–42 A Nr. 96, fol. 149v–150r. Fränkische Reichsritterschaft aller sechs Kantone vom 1.7.1595 an den Kaiser (Praes. undat.) in HHSAW, RHR, J. ., K. 42; Wolfgang von Castell an Ludwig III. von Löwenstein-Wertheim am 11.4.1597 in SA W R. 50, Nr. 62: christliche Obrigkeit; Bürgermeister und Rat der Stadt Hildesheim an den Kaiser in HHSAW, RHR, AA, K. 79, fol. 671r–678v, hier fol. 674v; dies. an den Kaiser (Praes. 14.1., 25.2. u. 2.5.1598) in ., fol. 640r–645v, hier fol. 642r, 644r; vgl. zu diesem im protestantischen Kontext entstandenen Bild L, Sicht, S. 105–119 u. S, Politik, S. 74– 110; M, Schwerter, S. 245–259; S-S, Obrigkeitskritik, S. 195–232; W, Repräsentation, S. 30. Zitat Gewald cum ratificatione, deren vom Stein auf deren Vogt zu Schernaw 23 Novembris ao 90. als 42.a u. Alexander und Veit v Stein geben Antwort 1 uff Schmol Juden Clag an den Würzburger Bischof (Praes. 24.11.1586) in SAW, L 5324; Continuatio Protocollj. In sachen. Schmoll Judens. qa die vom Stein am 14.9.1593 u. 2.12.1593 in HHSAW, RHR, J. ., K. 42; dies. vom 8.12.1593 (a. K.) an den Kaiser (Praes. 4.4.1594) in .; Fränkische Reichsritterschaft aller sechs Kantone vom 1.7.1595 an den Kaiser (Praes. undat.) in .; Veit vom Stein vom 12.7.1595 an den Kaiser (Praes. undat.) in . Hierzu R, Adelsherrschaft, S. 10–18. Alexander u. Veit vom Stein vom 8.12.1593 (a. K.) an den Kaiser (Praes. 4.4.1594) in .: weil doch vom gemain Arm Notturfftig Volckh kaum Jemandt genug Rechnen könne; dies. vom 6.1.1591 (a. K.) an Würzburger Bischof (Praes. 19.1.1591) als 46. in .; Veit vom Stein vom 20.7.1591 an Würzburger Bischof (Praes. 1.8.1591) als 58. in .: dardurch nuhr unsere Underthane Außzumatten vermeint; Fränkische Reichsritterschaft aller sechs Kantone vom 8.6.1596 an den Kaiser (Praes. undat.b ) u. Factj species Oder. Außführlicher bericht Inn Schmuel Jüdens schuldtforderungs sachn qtra die Underthanen zue Schernaw in .; Grumbach vom 13.9.1586 an den Kaiser (Praes. 8.10.1586) in ., K. 43/1. Vgl. Factj species Oder. Außführlicher bericht Inn Schmuel Jüdens schuldtforderungs sachn qtra die Underthanen zue Schernaw in ., wo Schmoll als rasender hundt bezeichnet wird; Gundelsheim vom 28.12.1602 an den Kaiser (Praes. 7.1. u. 18.3.1603) in ., AA, K. 85, fol. 341r–344v, hier fol. 343r: mit Neuerem Exempel an disem Hunden Allen Ernst zu vindiciren; Grafeneck am 24.5.1600 an den Kaiser (Praes. 5.6.1600) in ., J. ., K. 41: Seligmann sei gleich einer Eülen. Andere Tiervergleiche sind selten. Vgl. hierzu F, Gott, S. 119–134. Der Hunde galt synonym als Teufel (., S. 125). Siehe zu diesem Bild A, Discurs, S. 19; vgl. hierzu H, Judenhaß, S. 437 u. G, Jud Süß, S. 70f.

238

5. Selbstbilder und Ehre im Konflikt

unbillichenn forderung der Juden zu beschützen.111 Wolfgang von Castell sah deshalb seine vornehmste Aufgabe darin, dass ein fein gottgefellig, erbar, gerecht und löblich Regiment und Policeij möge angerichtet und erhalten werden. Zum Schutz der Christen in Remlingen sei Seligmann als Feind des Christentums aus dem Dorf unbedingt zu vertreiben112 , um damit der befürderung christlichs wolstandts genüge zu tun.113 Diese adelige Fürsorgepflicht beinhaltete die Aufgabe für die Obrigkeiten, gegen die Juden einzuschreiten. Hierzu waren die Reichsadeligen aufgrund des christlich definierten gemeinen Nutzens sowie der guten Policey verpflichtet.114 Dieser Zusammenhang zeigte in den Augen der Obrigkeiten die Gefährdung der eigenen Untertanen durch die Juden auf115 , von denen schon etliche gestorbenn Unnd verdorb seien.116 Zugleich entkräfteten die Obrigkeiten den Tyrannisvorwurf der Juden, 111

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Alexander u. Veit vom Stein am 19.6.1588 (a. K.) an Bischof (1.7.1588) als 17. in HHSAW, RHR, J. ., K. 42; ebenso kommt das Bild von den Juden als Christenhasser implizit erneut zum Tragen (vgl. H, Sprache, S. 356–359). Vgl. Wolfgang von Castell an Ludwig III. von Löwenstein-Wertheim am 9.7.1596 in SA W R. 50, Nr. 62 (Zitat .). Siehe ders. an Ludwig III. von LöwensteinWertheim am 11.4.1597 in .: So mag er [. . . ] den breij aus dem Maul thun, und anzeigen, was für Schulden beij mir hab, dann er keines hellers werth an mich zufordern wucherlicher weis, deß heij: Reichs Policeij Ordnungen zuentgegen gemacht worde damit er Christlichen Nachbarn die haar nur hart zusammen knüpfe. Vgl. Wolfgang von Castell an Ludwig III. von Löwenstein-Wertheim am 9.7.1596 in . (Zitate ebd.). Siehe ders. an Ludwig III. von Löwenstein-Wertheim am 11.4.1597 in . Vgl. hierzu S, Pecunia, S. 74f. Zur Vorstellung der Fürstenspiegel, dass das Untertanenvermögen prinzipiellen Schutz genieße, ., S. 77f. Keller zu Dettelbach vom 17.5.1590 an Würzburger Bischof (Praes. 18.5.1590) als 34 in HHSAW, RHR, J. ., K. 42: Unnd mich vonn Ime Schmul nicht [. . . ] schmiren hab laßen, unnd seinen betrieglichen unergreifflichen handeln, wie er mit den Armen leuten umbgangen; vgl. F, Tunne, S. 181–189; siehe die Parallelen zum ,Judenspieß‘ als Verbildlichung des Wuchers als Mordwaffe in den Händen der Juden bei H, Geschichte, S. 64. Alexander u. Veit vom Stein vom 8.12.1593 (a. K.) an den Kaiser (Praes. 4.4.1594) in HHSAW, RHR, J. ., K. 42: Also zwo Personnen, darub Ir Leben Jemmerlich geendet, zuegeschweigen der Andern, die sich ab solchen deß Juden Aussaugen, biß Inn ihre grueben bekumert, Unnd abgemattet haben. Zudem sei eines Christen Weib glaidens halben In großsen Wintters Keldt mit sich genommen, Welche aus Keldt od andern zufellen uff dem feldt under einen Baum gesetzt, Unnd von der Juden die Im Negsten dorff wol hulff suchen können, Alßs verlassen worden, daß sie erfrorenn; vgl. Factj species Oder. Außführlicher bericht Inn Schmuel Jüdens schuldtforderungs sachn qtra die Underthanen zue Schernaw in .: das damals ein Armes Christen weib so in die funff kleinen Kinderlein Verlassen, Welche von Jüdens Tochter umb große Verheißene, Aber unpraestirte belohnung, mit Ir, gelaijdens halb naher Wirzburg, den Schmol Jud Aller sachn zubericht, gehen sollen, Im herauß Wege in dieffem Schnee und großer Winters keltt (Weilen Jüdens Tochter von Ir geloffen unnd doch, inn negst dorff,) Also das guete Arme Matte Weib große keltt od anderer Zuefall halb inn Veldt unter einen Paumb in schnehe nidergesunkhen) wol hilff suech konnen, mit Iemmerlichem ende Ires lebens erforen. Und die angedeüte 5 kleine Kinderlein in hochst Armuet verlaßen müßen; Alexander u. Veit vom Stein am 19.6.1588 (a. K.) an Bischof (1.7.1588) als 17. in .; dies. vom 25.8.1592 (a. K.?) an Würzburger Bischof (Praes. 7.9.1592) in ., D. ., K. 177, fol. 321r–324v, hier fol. 322r.

5.1 Die Jahre 1576 bis 1603

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betrachteten sie doch ihre Untertanen als Mitchristen, worin sich eine Einheit von religiösem und politischem Denken manifestierte.117 Darüber hinaus äußerte sich im skizzierten Zusammenhang die Auseinandersetzung um die sich ausschließenden Wertvorstellungen von ,christlichem‘ Gemein- und ,jüdischem‘ Eigennutz.118 Das Selbstbild der christlichen Obrigkeit diente darüber hinaus zur Entkräftung der jüdischen Anschuldigung, Reichs- und kaiserliches Recht gebrochen zu haben. Insbesondere die Reichsritter verwahrten sich vehement gegen den impliziten jüdischen Vorwurf des crimen laesae maiestatis.119 Besonders ihren Ausführungen ist eine erhebliche, gefühlte Bedrohung zu entnehmen, in die höchsten ungnaden des Reichsoberhauptes zu fallen. Denn wenn sie als eines freyen von Adell des Reichs ainigen vonn Gott fürgesezten Obrigkhaitt Inn solche unverdachte Ungnadt 120 gerieten, hob sich für sie kurzfristig das Schutzverhältnis zwischen ihnen und dem Kaiser auf.121 Schließlich fanden sie niergends Anderst [...] einiges schutzs und schirmbs, dann beij E[urer] May[estät] Alß derselben Ainzigen Obrigkheit.122 Die oben von den adeligen Herrschaften selbst betonte Verpflichtung des Kaisers, ihre Privilegien im Rahmen des Lehnsystems zu garantieren, konnte sich angesichts der jüdischen Anschuldigungen mit dem tatsächlichen Entzug der kaiserlichen Gnade fatal auswirken. Damit bildete die Befürchtung, dass ihnen die vonn Ihrer Kaijß[erlichen] Maij[estä]t empfangne Jurisdiction entzogen würde, ein sehr wichtiges Element für die Konstruktion des Selbstbildes von der christlichen Obrigkeit. Dieses Selbstbild fungierte zugleich als Loyalitätsbekundung gegenüber dem christlichen Kaiser.123 In Anbetracht der Tatsache, dass derjenige über politische Macht verfügte, der die Kompetenz besaß, Recht auszusprechen, zu setzen und letztlich durchzusetzen, nahmen Fragen der Rechtshoheit, deren Besitz und Verlust eine zentrale Rolle im herrschaftlichen Gestaltungs- und Planungsrahmen ein.124 Viele Reichsritter betonten wegen des drohenden oder gefühlten Verlustes dieser Kompetenz inständig, nie geplant zu haben, den Kaiser Als meiner ordenlichen und Ainigen Oberkheit, allen schuldigen respect, unnd gehorsamb zu verweigern.125 117 118 119 120 121 122 123 124 125

S, Pecunia, S. 78. Hierzu K, Bild, S. 70–77. Zitat Grumbach vom 16.2.1592 an den Kaiser (Praes. undat.) in HHSAW, RHR, J. ., K. 32; Güss von Güssenberg an den Kaiser (Praes. 24.11.1601) in ., K. 42. Vgl. ders. an den Kaiser (Praes. 24.11.1601) in . Hierzu kurz P, Reichsritterschaft (c). Veit vom Stein vom 12.7.1595 an den Kaiser (Praes. undat.) in HHSAW, RHR, J. ., K. 42. Konrad von Pappenheim vom 21.5.1601 an den Herzog von Württemberg in .; Alexander u. Veit vom Stein vom 8.12.1593 (a. K.) an den Kaiser (Praes. 4.4.1594) in . H-M, Kaisertum, S. 449; W, Rechtsgrundlagen, S. 17–117. Güss von Güssenberg an den Kaiser (Praes. 24.11.1601) in HHSAW, RHR, J. ., K. 42; Veit vom Stein an den Kaiser (Praes. undat.) in .; Reichsritterschaft in Fran-

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5. Selbstbilder und Ehre im Konflikt

Die unnachgiebigen Reaktionen des RHR und des Kaisers zeigen in solchen Fällen, dass die Ängste der beklagten Obrigkeiten wie zum Beispiel Güss’ von Güssenberg und Veits vom Stein durchaus angebracht waren. Während der Vergleichsverhandlungen im Dezember 1593 warf Letzterer bspw. dem Kaiser vor, dass dieser nicht erkenne, wie unchristlich unnd Wuecherlich er Judt die arme Underthanen hinnderganngen unnd verderbt habe, und beschuldigte das Reichsoberhaupt der Vernachlässigung seiner vornehmsten Aufgabe, des Schutzes der Christenheit. In einem Ton der Insubordination gegenüber dem Kaiser unterstrich Veit, dass der Jude die Kommission gewieß durch ungleichen bericht außgebracht, wie es dann offt an solchen höffen selzam und mit Kräutern zugehe. Der Kaiser stehe also im Banne der jüdischen Magie und verkehre damit seine Rechtsprechung genau ins Gegenteil. Insofern seien sie nicht bereit, den kaiserlichen Befehlen zu folgen unnd solt im leib unnd leben darauf gehen, auch beij Seiner Seelen allen Chur: unnd fürsten Clagen, unnd Protestirt haben. Veit vom Stein endete mit der Drohung, man möchte gegen ime fürnehmen was man wölle, will sehen, ob ein Obrigkeit inn der Weltt zufinnden, der gegen ihn etwas unternehmen würde.126 Er beschloss seine Beschimpfungen mit dem Hinweis, sich lieber einen Unpartteijischen commissarj Im Reich suchen zu wollen, als sich dem kaiserlichen Gericht zu unterwerfen.127 Nach der Zitation an den Prager Hof, einer langen Haft und schwerer, wenn auch nicht umgesetzter Strafandrohungen128 schwenkte Veit vom Stein in seiner Strategie um und betonte seinen Gehorsam gegenüber dem Kaiser als Armer

126 127 128

ken vom 16.12.1595 an den Kaiser (Praes. undat.) in .; Grumbach vom 16.2.1592 an den Kaiser (Praes. undat.) in ., K. 32; Director Hauptleütt Räth unnd Außschuß der Reichsbefreijtten Ritterschafft inn Francken vom 16.12.1595 an den Kaiser (Praes. undat.) in ., K. 42. Continuatio Protocollj. In sachen. Schmoll Judens. qa die vom Stein am 14.9.1593 u. 2.12.1593 in . Veit vom Stein vom 12.7.1595 an den Kaiser (Praes. undat.) in . Das betreffende Protokoll des Geheimen Rates liegt nicht vor; ÖSA, KA, Z, HKR, B (Protokolle), Bd. 200 (Expedit), 201 (Registratur) (beide 1598), 198 (Expedit), 199 (Registratur) (beide 1597) u. ., HKR P, B (Protokolle), Bd. 135, 136, 137 erbrachten keine Informationen. Ebenso ., HKR P, K. 9, 1588-1596, Reg/Jan – 1596 Reg/Dez. u. ., K. 10 1597-1600 Exp/Jan-1600 Exp/Jun.; ., K. 11 1600-1601 Exp/Jul-1601 Exp/Mai. Von den zahlreichen Kriegszahlämtern sind leider keine bzw. nur sporadisch und dann verstreute Aktenbestände überliefert. Ich danke Herrn Dr. Hutterer für diese Information. Des Weiteren wurden folgende Bestände diesbezüglich durchgesehen: ÖSA, FHA, AHK, HFÖ, H, Nr. 494 Expedit 1596 und 495 1596 Index (beide Wien); ., Nr. 496 Expedit 1596 und 497 1596 Index (beide Prag); ., Nr. 498 Registratur 1596 und 499 Registratur 1596 Index (beide Wien); ., Nr. 500 Registratur 1596; ., Nr. 501 1596 Index (beide Prag); ., Nr. 502 Expedit 1597; ., Nr. 503 Expedit 1597 Index (beide Wien); ., Nr. 505 Expedit 1597; ., Nr. 506 Index 1597 (beide Prag); ., Nr. 506 Kriegsexpedition 1597-1598; ., Nr. 507/08 Registratur 1597, ., Nr. 509 1597 Index (beide Prag); ., B 510 Protokoll Registratur Wien; ., 511, Index Registratur Wien.

5.1 Die Jahre 1576 bis 1603

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gesell und Knecht bzw. getreuen diener und Edlen Knechte.129 Veit versuchte klarzustellen, dass er niemals malo animo gehandelt, sondern allenfalls aus unbedacht, menschlicher plödigkheit und nach einem gemeinen Sprichwortt aus unuerstandt geredet habe. Rudolf II. möge ihn angesichts seiner allerundertähnisgte[n] entschuldigung – wie sein Rubrum vermerkte – wieder in die kaiserliche Gnade aufnehmen.130 Insgesamt drückt sich in den Ausführungen der adeligen Herrschaften im Endeffekt das deutliche Bewusstsein für das ernstzunehmende wie Erfolg versprechende offensive jüdische Agieren am RHR aus. Den beklagten Adeligen scheint das von den Juden konstruierte Nahverhältnis zum Reichsoberhaupt sehr deutlich vor Augen gestanden zu haben. In diesem Sinne mokierte sich Konrad von Pappenheim über die Drohung der Stühlinger Judenschaft, sie hetten noch gelltts genug, unnd wo es Ihnen gleich hie manglete, hetten doch die Juden zue Prag noch viel gelltt.131 Diese deutlich unverhohlene, vor Selbstbewusstsein und ausgeprägtem Cäsarismus strotzende Mahnung stellte klar, dass es die Judenschaft aus Stühlingen sei, die am längeren Hebel sitze.132 Die Reaktionen der Obrigkeiten auf solche realpolitisch nicht zu hoch zu hängenden Äußerungen belegen gleichwohl die enorme Effektivität jüdischer Selbstbilder und Funktionszuschreibungen, die auf der Seite der reichsadeligen Beklagten größte Sorgen auslöste, es könne zu einer diesbezüglichen positiven kaiserlichen Reaktion kommen.133 Der Fall Veits vom Stein beweist, wie real diese Sorgen werden konnten. Zentrales Element der Selbstbeschreibung vom ehrenvollen Juden bestand dagegen in der jüdischen Sachwalterfunktion für das Reichsoberhaupt. Die jüdischen Kläger skizzierten hierbei zunächst ein Bild von einer sich gegenüber dem Kaiser ungehorsam verhaltenden Obrigkeit.134 Regelmäßig schloss 129

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Ders. an den Kaiser (Praes. undat.) (Zitate) u. ders. an den Kaiser (Praes. undat.b ) in .: Vasalln und Edlen Knecht, mit kaij.en gnaden zubedencken; später unterzeichnete ders. seine Supplikationen an den Kaiser (Praes. 20.6. u. 25.8.1597) in . Ders. an den Kaiser (Praes. 14.4. u. 29.4.1596) in . Konrad von Pappenheim vom 21.5.1601 an den Herzog von Württemberg in . Wolfgang von Castell zeigte sich empört darüber, dass sich Seligmann auf seine schöne Regalia bezogen habe und bezichtigte ihn des Majestätsverbrechens, sei er sich doch sicher, daß im Reich Teutscher Nation den Juden keine Regalia verliehen werden, Zitat ders. an Ludwig von Löwenstein-Wertheim am 11.4.1597 in SA W R. 50, Nr. 62. Das Wissen um die Einflussmöglichkeiten der Prager Judenschaft nahm dabei auf obrigkeitlicher Seite eine entscheidende Stellung ein. Ein zeitgenössischer Jurist meldete bspw. an seinen reichsständischen Klienten, sie würden in Prag daselbstenn zu hoiff unnd sonsten gar hoch favorisirt. Zitat nach R, Leben, S. 330 Ders. an Würzburger Fürstbischof (Praes. 19.4.1591) als 50. ct. Stein in HHSAW, RHR, J. ., K. 42; ders. an Würzburger Fürstbischof (Praes. 4.8.1587) als 3 in .; ders. an den Kaiser (Praes. 4.6.1592) ct. Stein in .; ders. an Würzburg Fürstbischof (Praes. 7.10.1592) ct. Stein in ., D. ., K. 177, fol. 345r–347v, hier fol. 345r; ders. an Würzburg Fürstbischof (Praes. 21.10.1592) ct. Stein in ., fol. 343r–344v, hier fol. 343r; Schmoll berichtete über die Seckendorffs, dass ihr ungehorsam, freuel und muet-

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5. Selbstbilder und Ehre im Konflikt

sich an diesen Punkt der Vorwurf der Justizverweigerung vor oder während der Prozesse am RHR an.135 Mit diesem Punkt beschuldigten die jüdischen Kläger die Obrigkeiten, sie würden die kaiserliche Gerichtsbarkeit unterwandern.136 Eine solche, oftmals als gewaltsam geschilderte Abschneidung des Instanzenzuges rief bei den klagenden Juden heftigste Proteste mit Blick auf die Teilhabe der Juden an einer allgemeinen Rechtsgemeinschaft des Reiches hervor137 . Diese Proteste wurden durch Hinweise auf ihren tragende[n] Stolz

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will ein böß exempel gebe, unnd mit nichten zugestatten, daß Euer kaij[serliche] M[ajestät] authoritet [...] beij Inen so wenig angesehen sei (ders. an den Kaiser [Praes. 4.6.1586] ct. Seckendorff in HHSAW, RHR, D. ., K. 177, fol. 366r–368v, hier fol. 367r); Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. undat.) als hofrath 2506. in ., J. ., K. 42/1 (ebenso in SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6 als 15. bzw. 19.). Israel von Lübbecke in SAO 20–42 A Nr. 96, fol. 72v–74v, 89v; Kölner Kurfürst Ernst als Bischof von Hildesheim vom 7.7.1598 an den Kaiser (Praes. 5.2.1599) als Priora in ., AA, K. 79/5, fol. 661r–668v, hier 661v. Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. undat.) als hofrath 2506. in ., J. ., K. 42/1 (ebenso in SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6 als 15. bzw. 19.); ders. an den Kaiser (Praes. undat. [1596]) in HHSAW, RHR, AA, K. 84/2, fol. 233r–240v, fol. 233v–234r u. 236v; Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. undat. [1596]) in ., K. 84, fol. 233r– 240v, fol. 238v: Dieweill Ich dan gesehen und der augenschein genugsamb verhanden, das kein Trost beij Ime Junckhern zuuerhoffen, undt mich gar in die armuett zutreiben fuer die hand genommen, und all das mein so Ich under Im hab erst auf ein Neues ehe er hierinn gehn Prag gereist beij dene schuldner so mit geldt erlegen wöllen, daß mein verPitten lassen, OnZweifell vermeint, Ich soll Im nitt hernach reisen können; ders. an den Kaiser (Praes. undat.) als hofrath 2506. in ., J. ., K. 42/1 (ebenso in SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6 als 15. bzw. 19.); ders. an den Kaiser (Praes. undat. [1596]) in HHSAW, RHR, AA, K. 84/2, fol. 233r–240v, hier fol. 233r; Khela an den Kaiser (Praes. undat.) in ., fol. 274r–275v, hier fol. 274v u. dies. an den Kaiser (Praes. undat.) in ., fol. 278r– 279v, hier fol. 278r; Schmoll an den Kaiser (Praes. 15.7.1585) ct. Grumbach in ., J. ., K. 42; ders. an den Kaiser (Praes. undat.) ct. Stein in .; ders. an den Kaiser (Praes. 4.6.1586) ct. Stein in .; ders. an den Kaiser (Praes. undat.) ct. Würzburger Fürstbischof in ., K. 41; ders. an den Kaiser (Praes. undat.) als .5. in SAW, L 5328; ders. an Würzburger Fürstbischof (Praes. 13.8.1588) als 19. ct. Stein in HHSAW, RHR, J. ., K. 42; ders. an den Kaiser (Praes. 4.6.1586) ct. Grumbach in ., K. 41 u. ders. an den Kaiser (Praes. 16.3.1588) ct. Grumbach in SAW, L 2337, fol. 99r–102v, hier fol. 101v; ders. an den Kaiser (Praes. 4.6.1586) ct. Seckendorff in HHSAW, RHR, D. ., K. 177, fol. 366r–368v, hier fol. 366v; ., R, XVI/66, fol. 4r–4v (7.1.1592), 7r (17.1.); ., XVI/69, fol. 65r–65v (4.6.1593); ., XVI/73, fol. 76v–77r (8.5.1594); ., R, XVII/1, fol. 23v (14.3.1600) in Causa Isaak u. Mayer ct. Konrad von Pappenheim; ., R, XVI/69, fol. 68r–68v (9.6.1593) in Causa Prager Judenschaft ct. Herzog von Braunschweig-Lüneburg, wo die Juden berichten, dass der Herzog auff zween verschidene Beuehlich nichts gebe. Schmoll an den Kaiser (Praes. 15.7.1585) ct. Grumbach in ., J. ., K. 42 berichtete, Grumbach habe gedroht, sollte er sich an den RHR wenden, ihm hefftig am Leben nachzustellen, und mich [. . . ] entweder erschiessen, oder aber mit gifft Todten zulassen willens sein solle, das Ich also [. . . ] Im H[eiligen] Röm[ischen] Reich vor Im weder fridt, Glait, noch sicherhait hab. Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. undat. [1596]) in ., AA, K. 84, fol. 233r–240v, hier fol. 235v berichtet, er sei von Georg Philipp von Berlichingen unter dem Schein, er werde ihn endgültig auszahlen, nach Dörzbach gelockt und dort von

5.1 Die Jahre 1576 bis 1603

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und hochmuth untermauert.138 Den Gipfel solcher Gehorsamsverweigerung schilderte Seligmann über Güss von Güssenberg, der angeblich von sich gab, dass er nach E[urer] kay[serlichen] M[ajestä]t Ungnad nichts frage139 und sich an dessen Befehlen nicht störe. In ähnlicher Weise charakterisierte Isaak von Prag das Verhalten Veits vom Stein als truzig, und freuenlich.140 Schmoll warf seinem Prozessgegner halstarrigkeit vor und verwendete damit einen antijüdischen Topos gegenüber einem Reichsadeligen.141 Auf diese Weise kennzeichneten die Juden den obrigkeitlichen Ungehorsam als notorisch gegenüber Kaiser und Reich.142 Zugleich ging hiermit eine

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diesem dazu gezwungen worden, auf die Supplikation an den Kaiser das gildt nichts zu schreiben. Ders. an den Kaiser (Praes. undat. [1596]) in ., fol. 233r–240v, hier fol. 237r–237v; ders. an den Kaiser (Praes. undat.) in ., fol. 284r–285v: Aber dieser Junckher durch seines Geörg Pillipsen von Berlichingen vielfeltig undt hefftig anhalten, mich wider one alle ainige verschuldt Ihr sachen widerumb geurlaubt, [. . . ], undt Jezt widerumb ein ander Obrigkhaitt auß zusuchen noch grössere Unkosten aufwenden mueste (fol. 284r). Isaak wich zunächst von seiner Schutzherrschaft Konrad Geyer von Giebelstadt auf Druck von Berlichingens (S, Ritualmord, S. 52 sieht hier fälschlicher Weise einen strategischen Umzug Isaaks) nach Lehrensteinsfeld (hierzu den Kommissionsbescheid Rudolfs II. vom 5.2.1595 an Isaak in ., fol. 290r–290v) und dann in das deutschordensmeisterische Neunkirchen aus (siehe hierzu Sybilla Widmann am 16./10.9.1594 an den Kaiser [Praes. undat.] ., A, K. 1101/2 [auch in SALHZAN, W 10, Bü. 95/16]). Auch wenn die Chronologie der Aufenthaltsorte Isaaks von Nagelsberg nicht genau rekonstruierbar ist, verdeutlichen diese Anmerkungen die prekären Verhältnisse ökonomisch tätiger Juden in ihren regionalen Beziehungen. Allerdings eröffnete die Kleinräumigkeit im Süden des Reichs Handlungsoptionen für bedrängte Juden. Simon von Günzburg an den Kaiser (Praes. 17. u. 18.3.1574) ct. Abt von Ursberg in ., J. M., K. 43/2; Seligmann an den Kaiser (Praes. undat. [1601]) ct. Güss von Güssenberg in ., J. M., K. 42; Schmoll berichtete über die vom Stein, dass diese in ihrem fursetzliche[n] Ungehorsamb zuschlechtem gefallen verblieben und auf ihrer aigensinnigen meinung beharren würden sowie von dem delegierten herrn Commissair, deßen gerhorsamen Vasallen Sij doch sein sollen, wol dreij oder viermahl sich citieren ließen, biß Sij Ire f[ü]r[stlichen] G[naden] einmal einer Antwort gwurtigt hätten (ders. an den Kaiser [Praes. undat.] als .5. in SAW, L 5328; ders. an den Kaiser [Praes. undat. {1588}] ct. Stein in HHSAW, RHR, J. ., K. 42). Seligmann vom 15.2.1601 an den Kaiser (Praes. 23.2.1601) u. ders. an den Kaiser (Praes. 11.4.1601) ct. Güss von Güssenberg in ., K. 42 (Zitat erste Supplikation). Isaak von Prag an den Kaiser (Praes. undat.) in ., D. ., K. 177; Schmoll an Würzburger Fürstbischof (Praes. 13.8.1588) als 19. ct. Stein in ., J. ., K. 42 berichtete dagegen von Alexander vom Stein, dass dieser sich der sachen gar nichts mehr wolle Annemmen bzw. es so sei, dass beide Brüder sich ihres Verhaltens nit geschämbt hätten. Ders. an den Kaiser (Praes. undat. [1594]) ct. Grumbach in . u. ders. an den Kaiser (Praes. undat. [1588]) ct. Stein in .: In dem heiligen Reich beij mennigleichen ervolgen, und gleichmesser mutwillige Aufzug beschwerung und verderbung der Armen leut von solchen freuentlichen aigen herrischen köpfen und gemutern. Die Fuldaer Juden entwarfen gezielt ein Bild von einer Bürgerschaft, die sich renitent gegenüber der kaiserlichen Obrigkeit verweigere und sich biß uf dieße stund alß halßsterrige unnd widerspennige, gegen der kaijserlichen Maijestädt [. . . ] Auch deß gantzen

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5. Selbstbilder und Ehre im Konflikt

Skandalisierung des reichsadeligen Verhaltens gegenüber dem Reichsoberhaupt als ihrer hochsten Obrigkeit 143 einher, die dazu führen müsse, dass der Betreffende in kaiserliche Ungnad falle.144 Solche Ansätze von zielgerichteter Insubordination kaiserlicher Anordnungen145 schilderten die Juden vermutlich in der Hoffnung, eine energischere Vorgehensweise beim RHR zu evozieren.146 Eine Schlüsselstellung nahm in den Ausführungen fast aller Juden die Herrschaft Karls V.147 und dessen von Römischer kayserlicher Machtt-vollkommenheitt 148 erlassenes Speyrer Judenprivileg von 1544 ein.149 Viele der jüdischen Kläger verwiesen entweder direkt auf dieses Privileg150 oder verwendeten es

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Römischen Reijchß verhalte. Vgl. Zitat in Gegenbericht Fuldische Juden uf der Fuldisch[en] burgerschafft clag[en] [. . . ] in Bericht der Mergentheimer Regierung an den Kaiser vom 14.10.1591 (Praes. 21.12.1591) in ., D, K. 2263; Fuldaer Juden an den Kaiser undat. (Praes. 21.12.1591) in . Sie beschuldigten die Bürgerschaft, dass sie sich in haimbliche[r] Vergatterung und Meuterej befänden. Zitat Supplikation der Fuldaer Juden an die Statthalter und Räte in Mergentheim (Praes. 9.8.1591) in Bericht der Mergentheimer Regierung an den Kaiser vom 14.10.1591 (Praes. 21.12.1591) in .; Haim an den Kaiser (Praes. 11.4.1603) in ., AA, K. 85, fol. 348r–353v, hier fol. 351r; Seligmann an den Kaiser (Praes. 23.2.1601) in ., fol. 244r–245v, hier fol. 244r. Schmoll an den Kaiser (Praes. 8.7.1586) ct. Grumbach in ., J. ., K. 41; Causa Hildesheimer Juden ct. Stadt Hildesheim der Kölner Kurfürst Ernst als Bischof von Hildesheim vom 7.7.1598 an den Kaiser (Praes. 5.2.1599) als Priora in ., AA, K. 79/5, fol. 661r–668v, 665v. Zitate Seligmann vom 15.2.1601 an den Kaiser (Praes. 23.2.1601) ct. Güss von Güssenberg in ., J. ., K. 42; ähnlich Haim an den Kaiser (Praes. 11.3.1603) in ., AA, K. 85, fol. 345r–346v, hier fol. 345r; Schmoll an den Kaiser (Praes. undat.) ct. Stein in ., J. ., K. 42: Inn Namen und an stat Eur Kay[derlichen] May[estä]t beij Straf unnd höchster Ungnad citieren unnd von dannen nit weck laßen wöllen. Ders. an den Kaiser (Praes. undat. [1588]) ct. Stein in .: lehren wortten; ders. an Würzburger Fürstbischof (Praes. 20.8.1587 u. 13.8.1588) als 5 u. 19 in . Vgl. ., R, XVI/1, fol. 21v (29.3.1598); Schmoll an den Kaiser (Praes. undat. [1588]) ct. Stein in ., J. ., K. 42. Auch andere unter diesem Kaiser erlassene Reichsgesetze wurden herangezogen: ders. an den Kaiser als Beilage 3 in der kommissarischen Relation in Wolfgang von Hohenlohe vom 15.1.1593 an den Kaiser (Praes. 2.5.1593) in ., J. ., K. 42/1 (ebenso SALHZAN, W 10, Bü. 95/6 als Hoffrath 2507 8.): kayßer Karls des funfften neuen Reichs Constituionen. de capitalibus Indicijs et de prauis abusibus abbstendis ec. und anderen Reichs abschieden. Hiermit ist vermutlich die Halsgerichtsordnung gemeint (vgl. hierzu B, Ritualmordprozesse, S. 97 u. 125f.). Zitat Carolinum von 1544 in seiner durch Rudolf II. am 15.6.1577 konfirmierten Form in HHSAW, RHR, C. P. . E., K. 95, fol. 53r–60r, hier fol. 54v–55r. Zum Inhalt des Carolinums vgl. R, Leben, S. 157f.; siehe zu Karl V. u. dessen Privilegien für die Juden insgesamt L, Finanz, S. 144–147; kurz B, Juden (c), S. 14f., der die Privilegien Karls V. in die generelle Entwicklung der Verrechtlichung jüdischer Existenz einordnet. Siehe zum Privileg im Horizont der Ritualmordklagen ., Ritualmordprozesse, S. 95–101, 131f. u. ., Josel, S. 196f.; S, Josel, S. 161; H, Judischeit, S. 127f. Vgl. Judenschaft in Schwaben an den Kaiser (Praes. 2.12.1583) in HHSAW, RHR, AA, K. 86, fol. 33r–40v, hier fol. 38r–39r.

5.1 Die Jahre 1576 bis 1603

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ohne explizite Nennung, dafür aber in beinahe wörtlicher Wiedergabe einzelner Textpassagen. Hierzu gehörten vor allem die regelmäßigen Hinweise auf den kaiserlichen Landfrieden.151 Das Carolinum schloss die Juden ausdrücklich in den auffgerichten undt außgebrachten Landtfrieden, gulden Bullen und kayserlich Reformation mit ein.152 Der Vorwurf des Landfriedensbruchs wurde von den Juden vor allem dann verwendet, wenn es im Vorfeld oder Verlauf der Prozesse zu Gewalthandlungen unterschiedlichster Art und Tragweite kam. Prinzipiell richteten sich solche Hinweise auf den Umstand, dass sie als Kläger an Leibs und Lebens nit s[i]ch[er] seien.153 Zentral war hierbei der Topos von der kaiserlichenn Landtstrassen154 , auf denen die Juden bzw. ihre Angehörigen rauberisch und zu Recht verbottener weijße155 von den Obrigkeiten überfallen worden wa-

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Zur Entstehung des reichsweiten kaiserlichen Landfriedens am Ende des 15. Jh. ausführlich F, Reichsreform; K, Landfrieden I, Sp. 1451–1465 u. H, Landfrieden II, Sp. 1465–1485. Vgl. das Carolinum von 1544 in seiner durch Rudolf II. am 15.6.1577 konfirmierten Form in HHSAW, RHR, C. P. . E., K. 95, fol. 53r–60r, hier fol. 53v; ., fol. 54v spricht von heyligen Vättern undt Bäppsten gemeinen Concilien unsern Vorfahrern Römischen Kaysern undt Königen Fursten und herren. Zitat Isaak von Nagelsberg in ., R, XVI/77, fol. 92v (8.4.1596); ders. an den Kaiser (Praes. undat.) in ., AA, K. 84/2, fol. 268r–269v, hier fol. 268v; ders. an den Kaiser als Beilage 3 in der kommissarischen Relation in Wolfgang von Hohenlohe vom 15.1.1593 an den Kaiser (Praes. 2.5.1593) in ., J. ., K. 42/1 (SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6 als Hoffrath 2507 8.); Schmoll an den Kaiser (Praes. undat.) ct. Würzburger Fürstbischof in HHSAW, J. ., K. 41; ders. an Würzburger Fürstbischof (Praes. 9.9.1587) als 9 ct. Stein in ., K. 42; Jacob Fröschel an den Kaiser (Praes. 17.6.1603) in ., K. 42. Zitat Israel von Lübbecke an den Kaiser (Praes. 25.3.1579) in ., K. 43/3; Instrument Isaak Jüdens zu Nagelsperg als .3. u. .9. in SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6: keiner was würden Standts oder weßens der sey, den andern beuelchen, bekriegen, blündern, schezen, bereub sehen, [...] mitt gewalthetiger Reuberischer that oder Anderer weiß was namen dieselbigen haben möchten, freuendtlich abnemmen unndt Absteigen, Auch keyserliche freye Landtstrassen einen Jeden frey offen unnd sicher seyn sollen; Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. undat.) in HHSAW, J. ., K. 42/1; Schmoll an Würzburger Fürstbischof (Praes. 5.12.1590) als 44. in ., K. 42. Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. undat.) als No. 5 in ., K. 42/1: StraßenRaubern; ders. an den Kaiser als Beilage 3 in der kommissarischen Relation in Wolfgang von Hohenlohe vom 15.1.1593 an den Kaiser (Praes. 2.5.1593) in . (ebenso SALHZAN, W 10, Bü. 95/6 als Hoffrath 2507 8.); Schmoll an den Kaiser (Praes. 16.3.1588) ct. Grumbach in SAW, L 2337, fol. 99r–102v, fol. 99v; Ludwig III. von Löwenstein-Wertheim am 8.10.1596 an den Kaiser (Praes. undat.) in HHSAW, RHR, J. ., K. 51, fol. 5r–5v.

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5. Selbstbilder und Ehre im Konflikt

ren156 und Letztgenannte damit eindeutig allgemeingültiges Reichsrecht brachen.157 Allerdings sind Vorwürfe des Landfriedensbruchs nur schwer auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen. Israel von Lübbecke versuchte bspw. seinen Prozessgegner Hilmar von Quernheim dafür verantwortlich zu machen, dass sein Son unnder disem hanndel ermördet beraubt unnd mir sein Wittib unnd kinnder ob den Halß gelassenn worden sei.158 Hiermit spielte Israel auf die ungeklärte Ermordung seines Sohnes Isaak an, mit der Hilmar von Quernheim aber nicht in Verbindung gebracht werden kann.159 Das Ziel Israels dürfte auf strategischem Feld zu suchen sein. Indem er Hilmars Ruf als notorischer Landfriedensbrecher auf die Tagesordnung setzte, bemühte er sich, das Vorgehen des kaiserlichen Gremiums zu intensivieren.160 In vielen solcher Fälle dürfte es sich um rein strategische Absichten gehandelt haben, bei denen reale Ereignisse aus anderen Kontexten von den Juden in den laufenden RHR-Prozess integriert wurden, um sie für ihre Zwecke argumentativ nutzbar zu machen. Drückte sich in diesen Argumenten bereits ein großes Vertrauen in die Schutzfunktion des Reichsoberhauptes aus, so brachte das Wissen, sich gerade auf einer kaiserlichen Landstraße zu befinden, ein zusätzlich enormes Selbstbewusstsein mit sich. Ein Jude drohte seinem obrigkeitlichen Widersacher: Du wirst mich nit schießen uff kaijserlicher freijen straß.161 In dieser Drohung schwang die Autorität des Reichsoberhauptes mit und verlieh dem im kaiserlichen Schutz stehenden Juden den nötigen Rückhalt. Die kaiserlichen Landstraßen fungierten demnach als Topos für die Rechtssicherheit und Rechtsgleichheit der Juden sowie ihre Teilhabe am allgemeinen Land-

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Auf dieser Linie berichtete bspw. Schmoll an den Kaiser (Praes. 4.6.1586) in ., K. 42 sowohl in seinen Prozessen gegen die Reichsritter vom Stein als auch gegen Konrad von Grumbach, dass ihm die Edelluth mit etliche Pferdten nach geritten und, wenn er nicht geflohen wäre, ihm ubel empfangen hätten, so dass wenig uberpliben sein wurdt; ähnlich ders. an den Kaiser (Praes. undat.) als .5. in SAW, L 5328: Unnd weil die vom Stein genuegsamb überwißen, daß Sij wider Unser von Eur kaij[serlichen] Maij[estä]t hochlöblichen Vorfahren, den Römischen Kaisern, auch von Eur Kaij[serlichen] M[ajestä]t selbst habende priuilegia gehandelt, unnd alß die darinnen angedeute peen verwurckt, Sij zu solcher straf wegen handthabung deroselben Sigil unnd brief, Ja Irer kaiserlichen authoritet unnd existimation, zu condemnieren, od[er] In andere weg Eur Kaij[serliche] Maij[estä]t gnedigsten gefallens zu schuldigen gehorsam zuhalten. Zu den Reichsstraßen kurz E, Reichsstraße, Sp. 778–781. Israel von Lübbecke an den Kaiser (Praes. 25.3.1579) in HHSAW, RHR, J. ., K. 43/3; StAMü Q 117, fol. 62r–64r. Siehe zu diesen Vorgängen L, Leben, S. 229, 322f. Sein Sohn kam auf einer Reise zur Frankfurter Messe ums Leben. Vgl. L, Leben, S. 59, 201, 227–230, 322f.; zum topischen Charakter solcher Hinweise L, Juden (b), S. 137. Mennle am 9.8.1596 an Ludwig III. von Löwenstein-Wertheim (Praes. 13.8.1596) in SA W R. 50, Nr. 62 über Drohungen eines Castell’schen Funktionsträgers in Remlingen.

5.1 Die Jahre 1576 bis 1603

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frieden im Reich.162 In dieser Perspektive verstießen die Obrigkeiten wider alle kaij[serlichen] Recht, Priuilegien und altes herkomen163 , die den Juden von kaiserlicher Seite verliehen worden waren. Insgesamt dienten solche Vorgänge den klagenden Juden dazu, die adeligen Herrschaften und ihr Verhalten zu brandmarken. Hierzu gehörte in den Augen der Juden, dass außerhalb offener vehe und krieg zur Zeitt des friedens. im hailig Römischen Reich teutscher Nation ein Bruch des Landfriedens einem zuegefuegten fräuellen und damit einem Verbrechen gegen Kaiser und Reich gleichkomme.164 Dieser Landfriedensbruch beeinträchtige das Amt, die Aufgabe und die Autorität des Kaisers, der schließlich alß ein gerechter und gotts furchtigister Kayßer [...] wöllen. das niemandt seines gebürlichen Rechtens gefahrlichen entzogen werde, so wol mir Armen Jueden In eur M[ajes]t[ä]t sonderlich verspruch, auch schuz und schirmb. und dem algemeinen frieden begriffen.165 Dadurch warfen die Juden den Obrigkeiten vor, sie handelten gegen das göttlich sanktionierte Kaiser- und Reichsrecht. Insofern berühre das Verhalten der Obrigkeiten nitt Allain sie die Juden, sondern auch die päbstliche H[ei]l[igkei]tt 166 , die heiligen Römischen Reichs Constitution, unnd gemeinen Landfrieden, zu 162

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Schmoll an den Kaiser (Praes. 16.3.1588) ct. Grumbach in SAW, L 2337, fol. 99r–102v, hier fol. 102r: sondern Auch der allen Gottlichen und geschriebenen Rechten, dem gemeinen Landtsfriden, Aller Unsern von E[ure] Maij[estä]t und dero hochlöblichen Vorfahren aller Römischer Kaijsern Confirmirten priuilegijs, und dan E[ure] Maij[estä]t gnedigst Mandiren zu wid gehandlet; ders. an den Kaiser (Praes. undat.) ct. Grumbach in HHSAW, RHR, J. ., K. 43/1; ders. an den Kaiser (Praes. 16.3.1588) ct. Grumbach in SAW, L 2337, fol. 99r–102v, hier fol. 99r: mit waß hoher unbillichkeit freuell und mutwillen Conradt von Grumbach mich meiner hab und gueter beraubt und wier deß heiligen Römischen Reichs frieden und policej Spolijrt; ders. an Würzburger Fürstbischof (Praes. 15.3.1586) in ., A 364: unnd mir wid alle ehr, recht und billigkeit, Auch des heilig Reichs priuilegien, unnd den gemeinen landsfriden zuwider; siehe Gegenbericht Fuldische Juden uf der Fuldisch[en] burgerschafft clag[en] [. . . ] in Bericht der Mergentheimer Regierung an den Kaiser vom 14.10.1591 (Praes. 21.12.1591) in HHSAW, RHR, D, K. 2263 wo die Juden betonen, dass die Fuldaer Bürgerschaft dem uffgerichten Landfriedens zuentgegen gehandelt habe. Siehe auch Fuldaer Juden an den Kaiser undat. (Praes. 21.12.1591) in . Schmoll an den Kaiser (Praes. 15.7.1585) ct. Grumbach in ., J. ., K. 42; ders. an den Kaiser (Praes. undat.) ct. Grumbach in ., AA, K. 85, fol. 232r–240v, hier fol. 232v; ders. an den Kaiser (Praes. undat.) ct. Grumbach in ., J. ., K. 43/1; Jacob Fröschel an den Kaiser (Praes. undat.b ) in ., K. 42. Isaak von Nagelsberg an den Kaiser als Beilage 3 in der kommissarischen Relation in Wolfgang von Hohenlohe vom 15.1.1593 an den Kaiser (Praes. 2.5.1593) in HHSAW, RHR, J. ., K. 42/1 (ebenso SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6 als Hoffrath 2507 8.); Supplikation der Fuldaer Juden an die Statthalter und Räte in Mergentheim (Praes. 9.8.1591) in Bericht der Mergentheimer Regierung an den Kaiser vom 14.10.1591 (Praes. 21.12.1591) in HHSAW, RHR, D, K. 2263. Isaak von Nagelsberg an den Kaiser als Beilage 3 in Wolfgang von Hohenlohe vom 15.1.1593 an den Kaiser (Praes. 2.5.1593) in ., K. 42/1 (ebenso SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6 als Hoffrath 2507 8.). Ähnlich HHSAW, RHR, R, XVI/76, fol. 81r–82r (10.7.1595) in Causa Judenschaft im Reich ct. Arnold Westhof, Buchdrucker in Dortmund: berüre nitt Allain sie die Juden,

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5. Selbstbilder und Ehre im Konflikt

allen geschriebenen Rechten, nit weniger auch unser und wol herprachten Priuilegijs.167 Berufungen der Reichsadeligen auf Verjährung bei Verletzungen des Landfriedens168 lehnten die Juden eingedenk dieser Prämissen strikt ab.169 An diesen Stellen nahmen die jüdischen Kläger auf die im Carolinum festgeschriebene Geltung ihrer Priuilegien undt freyheyten, damit sie von weylandt den heiligen Vättern den Bapsten, gemeinen Concilien unsern Vorfahren Römischen Kaysern undt Khunig[en] seliger und hochlöblichster Gedächtnus wörtlichen Bezug.170 Dass sie sich laut dem Privileg von 1544 in Schuz Schirm undt glaidt des Kaisers befanden, wurde im Wissen um diese Zusammenhänge konsequent kolportiert.171 Damit befanden sich die Juden in ihren Ausführungen auf der Linie des Privilegwortlautes. In ihm war festgelegt, dass jeder, der wieder Unsern kayserlichen auß gekhunten Landtfrieden handle, gegen Uns Undt dem heyligen Reych [...] gefreuelt habe.172 Hier firmierte das Speyrer Juden-

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sond auch die päbstliche Hltt: gemaines Landtfriden, unndt Ihre uhralt habende kay schutz, unndt freyhait. Schmoll an den Kaiser (Praes. 4.6.1586) ct. Grumbach in ., J. ., K. 41; ders. an den Kaiser (Praes. 15.7.1585 [Zitat] u. 4.6.1586) ct. Stein in ., K. 42.; in Gegenbericht Fuldische Juden uf der Fuldisch[en] burgerschafft clag[en] [. . . ] in Bericht der Mergentheimer Regierung an den Kaiser vom 14.10.1591 (Praes. 21.12.1591) in ., D, K. 2263 brandmarkten die Fuldaer Juden das Vorgehen der Bürgerschaft als Vorwand, aus den Privilegien unnnd Confeßion, der Policeij Ordnung unnd deß heyligen Reich Abschieden ihre Ansicht zu beweisen, Es soll kain Judt, kain Schuetz des Heyligen Römischen Reychß haben. Doch gerade diese Reichsgesetze gewährten ihnen Schutz. Mit dem Angriff auf die Fuldaer Juden griffen die Bürger diese Reichsgesetze an, deren Bestimmungen nicht nur von allen Reichsfürsten anerkannt würden, sondern auch von anderen hohen Potentaten der höchsten heubter der Christenheit Alsß der Bäpstlich Heyligkeiten. Die Skizzierung einer reichsweiten Vertreibungswelle wurde mit dem Hinweis untermauert, dass so etwas wider alle beschriebene Rechten und des Judisch Priuilegium ginge. Vgl. die von Schmoll am RHR eingereichte Designatio der Schulden Schmoll Judens contra Allexander unnd Veiten vom Stein unnd dero Underthanen zue Schernau [. . . ] in ders. an den Kaiser (Praes. 20.6. u. 25.8.1597 [Zitat]) sowie ders. an den Kaiser (Praes. 4.6.1586) ct. Stein in . spricht von unsern Priuilegien; ders. an den Kaiser (Praes. undat.) als .5. in SAW, L 5328; ders. an den Kaiser (Praes. 4.6.1592) ct. Stein in HHSAW, RHR, J. ., K. 42. Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. undat.) als hofrath 2506. in ., J. ., K. 42/1 (ebenso in SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6 als 15. bzw. 19.). Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. undat.) als hofrath 2506. in HHSAW, RHR, J. ., K. 42/1 (ebenso in SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6 als 15. bzw. 19.): Sonderlichen [. . . ] widersprochen, das ein dieberej, oder Rauberej, nach dreissig Jarn nicht Angefochten werden solte, ist Inn keinen Reichs Abschiedt, oder kaiserlichen Rechten [. . . ] erkennt. Carolinum von 1544 in seiner durch Rudolf II. am 15.6.1577 konfirmierten Form in HHSAW, RHR, C. P. . E., K. 95, fol. 53r–60r, hier fol. 53v; ., fol. 54v spricht von heyligen Vättern undt Bäppsten gemeinen Concilien unsern Vorfahrern Römischen Kaysern undt Königen Fursten und herren. Carolinum von 1544 in seiner durch Rudolf II. am 15.6.1577 konfirmierten Form in ., fol. 53r–60r, hier fol. 54r u. ., fol. 54v: In Unsern undt des heyligen Reychs verspruch, Schuz undt Schirm genomben undt empfangen. Zitat ., hier fol. 55r–55v.

5.1 Die Jahre 1576 bis 1603

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privileg von 1544 als Referenzpunkt. In ihm stand deutlich zu lesen, dass dem Kaiser alls gemeiner Judißheitt im Reych Obriste Obrigkheitt die gemeine Judißheitt one mitl zugehörig sei.173 Der Kaiser wurde mit Hilfe des Carolinums von 1544 demnach als oberster Schutzherr der Juden im Reich angesprochen.174 Ein Verstoß gegen die jüdischen Privilegien in nur einem einzigen Fall konnte nach Meinung der Juden Schule machen und die kaiserliche Machtstellung auch hinsichtlich des kaiserlichen Judenschutzes bedrohen. Jacob Fröschel formulierte diese Zusammenhänge deshalb mit Blick auf eine weit größere Dimension. Im Rahmen eines Falles, in dem er als Fürsprecher für zwei Glaubensgenossen fungierte, befürchtete er die Ausweitung von Gewalthandlungen auf die gesamte Judenschaft im Reich, was zwangsläufig die kaiserlichen Reservatrechte am Judenschutz einschränke. Folglich forderte er den Kaiser auf, hart in dieser Sache durchzugreifen, um die Ordnung innerhalb des Reiches und den Schutz der in ihm lebenden Juden zu gewährleisten.175 In der Perspektive dieses systematischen Bruches von Reichsrecht wollte Jacob Fröschel das Reichsoberhaupt und seine Funktion als Bewahrer des Landfriedens direkt ansprechen und für seine Sache einnehmen.176 Insbesondere die schwäbische Judenschaft argumentierte auf dieser Linie. Sie machte gleich zu Beginn ihrer Supplikation selbstbewusst177 auf das seit Jahrhunderten bestehende Nahverhältnis zwischen Juden und Kaisern aufmerksam. Zentrales Argument, welches das kaiserliche Gericht zum Han-

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Zitat ., hier fol. 57r; Judenschaft in Schwaben an den Kaiser (Praes. 2.12.1583) in ., AA, K. 86, fol. 33r–40v, hier fol. 33r: Als nach Gott dem Allmechtigen, Inn den hohen himel, khainen höhern, grössern und mechtigsten Herrn, Potentaten, Schutzer und schirmber, Wir Arme Ellende, unnd inn der Welt hin und wider weijt entsessene gemaine Judischheit, auff Erden haben, daan aleine, mit Warhait vor Meniglichem zuuerzehen und zu bekhennen. Supplikation ders. an die Statthalter und Räte in Mergentheim (Praes. 9.8.1591) in Bericht der Mergentheimer Regierung an den Kaiser vom 14.10.1591 (Praes. 21.12.1591) in .; dies. an den Kaiser (Praes. 21.12.1591) in . Jacob Fröschel an den Kaiser (Praes. 28.6.1603) in ., J. ., K. 42: viel Stende des Reichs Ir sonders aufsehen, auf diese sach haben, Unnd nit mit gerings Verwundern, ob der herrn zu Bappenhaimb Ungehorsmab, und das Von Ime E[ure] Kaij[serliche] Ma[estä]t beuelchen so garnit gelebt wurd tragen, dessen sich andere Stende, gegen der Arm[en] zerstreüten Im heiligen Reich wohnenden Judenschafft künfftig nichts wenigers Unterstehen möchten, Wie sie dann deßhalb nit In geringer besorgnus stehen. Zu ähnlichen Fällen S, Reichshofrat, S. 35. Hierzu W, Prozesse, S. 62.

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5. Selbstbilder und Ehre im Konflikt

deln bewegen sollte, war die Qualifizierung der Ritualmordbeschuldigungen als unbegründeten Vorwurf durch einige Kaiser178 und den Hl. Stuhl.179 Neben der Tatsache eines kollektiven regionalen Gedächtnisses und Identitätsbewusstseins von Juden in einzelnen Regionen180 drücken solche und ähnliche Ausführungen aber vor allem die intensive Nahbeziehung 178

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Kaiser Sigismund (1368–1437) war bereits gegen solche Vorwürfe 1429/30 eingetreten. Siehe L, Sigismund, S. 267–282; L, Ausgrenzung, S. 31f., 254; W, Juden, S. 48–50 sieht hierin vornehmlich fiskalische Interessen; T, Juden, S. 50; B, Kammerknechte, S. 569f.; L, Finanz, S. 147. Zurückhaltender in der Bewertung Sigismunds B, Rechtsstellung, S. 153. Judenschaft in Schwaben an den Kaiser (Praes. 2.12.1583) in HHSAW, RHR, AA, K. 86, fol. 33r–40v: Dafür berief sich die schwäbische Judenschaft unter anderem auf E[ure] Röm[ische] Kaij[serliche] M[ajestä]t wie auch alle derselbigen, weijlundt am Römischen Reijch, Kaijßern und Königen, hochloblichister unnd namblichen dern Groß und Uranherrn, auch Allergeliebsten herrn Vatter kaijßer Maximilian den Andern, Wie wir dann auch, auff unßer Allerunderthenigists anwerben und flehenlichs bitten, Inn E[urer] Röm[ischen] Kaij[serlichen] und deß Römischen Reichs schutz und schirmb, nicht allain Allergnedigist auff und Angenommen, sonder auch alle und Jede Priuilegien unnd Freijhaiten damit wir von vilen langen unuerdenckhlichen Jarn hevor, durch weijlundt die hocherleuchte Vätter unnd gemeine Concilien ganntz wissentlich unnd wolbedächtlich begnadet unnd begaabet worden, [. . . ] Alß solchen hochbewegenden, unnd mehr wann genugsammen Erheblichen Ursachen, khönden wir [. . . ] nicht umbgehn, [. . . ] Allerhöchst gedachter E[urer] Kaij[serlichen] M[ajestät] zue klagen, unnd umb gnedigste hilff, einsehen, und abschaffen anzuruffen, Zum underthenigsten, unnd durch Gott flehenlich bittent, unns Armen betrangte und hochbekhumberten, mit allergnedigister Audientz getröstet zuerscheinen, unnd benamblichen, wir folgt. Nach dem beij lobzeijtten deß allergroßmechtigsten unnd Hocherlauchtigisten Fursten und herrens, Herr Sigmund, gewesten Römischen Kaijser Lob und hochseligister gedechtnus, durch unsere Müßgunstige ain gemaine Judenschafft dahin verdacht, angeben und beschuldiget worden, alls solten wir Christenbluet haben muessen, welches sich inn den gehaltenen Concillien mit nichten befunden, Auch derhalben nicht allain Erclerung unnd verbott erfolgt, dem nicht zuglauben, sonder höchstgedachte Röm[ische] Kaij[serliche] M[ajestä]t Gottseligster gedechtnus, hat auff solche Declaration nachgehendts [. . . ] Ernstlich beuelch unnd gebotts brieff, an alle Stende deß Reichs, unnd furnemblich an die, so unns Inn verdacht und beschuldigung gehalten, dermassen ausgehen lassen, daß sie von Irem furnemmen abstehen, auch daruor seijen, Mit dem Anhang, Wo khunfftiglich dergleichen beschuldigung sich mehr erregen sollen unnd wurden, dasselbig an Ir kaij[serliche] M[ajestät]t alls obersten herrn und Richter unnßer der gemainen Judischait, ohne mittel zugehörig, gelanngen zulassen, Wir nicht wenig ein solches Nachgeendts von ainem Jeden kaijß unnd König auff den Andern, unnd an Jetzo E[ure] Röm[ische] Kaij[serliche] M[ajestä]t erfolget, daß Inn dero Allergnedigisten Confirmationen, bestettungen, auch schutz unnd schrimbs befreijungen, allen Stenden, von den maisten, biß auff den Nidersten des Reichs aufferlegt unnd beuohlen wurdet, [. . . ] daß alls dann solches an E[ure] Kaij[serliche] M[ajestä]t alls dem höchsten haubt und Richter deß Röm[ischen] Reichs, gebracht, und wir Juden oder Juden in derhalben durch jemandts, wer der seij, nicht gefang, noch ohne vorgeende genugsame anzaig glaubwurdiger gezeugen, als befindung der that, seinigen peinigen unnd Marttern, noch vom leben zum todt richten solle (Zitat fol. 33r–34r). W, Prozesse, S. 62, 66; L, Ausgrenzung, S. 254 sieht hierin eine „kollektives regionales Gedächtnis und Identitätsbewusstsein der Juden in Schwaben“, was m. E. nach zu kurz greift. Siehe bereits ähnlich R, Medinat, S. 81f.

5.1 Die Jahre 1576 bis 1603

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der gesamten Judenschaft im Reich zum Kaiser aus. Die Supplikation der schwäbischen Juden verweist auf einer allgemeinen Ebene auf das intensive Nahverhältnis aller Juden im Reich zum Kaisertum in den Jahren der rudolfinischen Herrschaft. Dieses Nahverhältnis ist daraus abzulesen, dass die schwäbischen Juden in ihrer Supplikation keine geographischen Attribute verwendeten und die referierten Ausführungen in kürzeren Variationen von Juden aus anderen Reichsgebieten gebräuchlich waren. Ähnliches ist im Falle der Vertreibung der Fuldaer Juden abzulesen. Sie verfolgten in ihrem Prozess gegen die Bürgerschaft von Anfang an eine klare Anlehnung an die kaiserliche Macht: Wiewol von Jederzeit Erwölten Römischen Kaysern, unnd Königen, Auß sonderbaren, erheblichen Ursach[en] allenthalben Reichs Constitution unnd Ordnung die allen Gemeine Judenschafft, fur unbillichem Tadlichem gewallt unnd eintrage begenadet, priuilegiert, geschutzt unnd geschirmet, Wie auch nit weniger wir Arme veriagte Supplicanten, mit dergleichenn priuat Priuilegien, Schutzbriefen unnd Conditionen uff etzliche Jar lang (die Ir endschafft nach nit erraichet,) genediglichen zw Fullda, versehen [...].181 Im lokalen Rahmen beriefen sich die Juden demnach auf das Reichsoberhaupt als ihren nach Gott [...] Obrister beschuzer uff Erden182 sowie auf die Reichsgesetze und -herkommen, die der gannze[n] gemeine[n] Judischait 183 im Reich Schutz vor unrechtmäßigen Gewalthandlungen gewährten. Die Annahme Seligmanns, dass nit allein mein herr debitor, sondern auch Ich ohn alles mittels im Hailigen Rö[mischen] Reich, und also under E[urer] M[ajestä]t kayserlichen Schuz gesessen184 , bezog sich in diesem individuellen Fall vermutlich auf seine Stellung als kaiserlicher Hofjude.185 Gleichwohl behauptete Schmoll, dass außer Euer Kaij[serlicher] M[ajestä]t wir Juden Im gantzen Romischen Reich khainen andern Schutzs unnd schirm wissen.186 181

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Zitat Fuldaer Juden an die Statthalter und Räte in Mergentheim (Praes. 9.8.1591) in Bericht der Mergentheimer Regierung an den Kaiser vom 14.10.1591 (Praes. 21.12.1591) in HHSAW, RHR, D, K. 2263; dies. an Kaiser (Praes. 21.12.1591) als 2586 mit in .: so viel deren Im hailigen Romischen Reich sein, unnd wohnen, In Euer kaij[serliche] Ma[jes]t[ä]t unnd eines Jedern Romischen Kaisers sonderlichen schutz schirmb unnd versprechnüß. Zitat dies. an den Kaiser undat. (Praes. 21.12.1591) in . u. dies. an den Kaiser (Praes. 22.9.1592) in .: Euer Ma[jes]t[ä]t tanquam Auspicem sanctae justitiae. Siehe Zitat dies. an den Kaiser undat. (Praes. 21.12.1591) in . Seligmann an den Kaiser (Praes. 6.3.1600) ct. Grafeneck in ., J. ., K. 41; Judenschaft in Schwaben an den Kaiser (Praes. 2.12.1583) in ., AA, K. 86, fol. 33r–40v, hier fol. 35v: von Gott dem Allmechtigen hochlöblichster geordneter schutzer und schirmber. Vgl. ., R, XVII/3, fol. 96v (6.5.1602): petit [. . . ], daß [. . . ] Er bey seinem kay. Schuzbrief gehandthabt werde. Zitat Schmoll an den Kaiser (Praes. 6.9.1598) als .74. u. ders. an den Kaiser (Praes. 15.12.1589) in ., J. ., K. 41; ders. an den Kaiser (Praes. 15.7.1585) ct. Grumbach in ., K. 42: dass die Juden, nach Gott im H[eiligen] Röm[ische]n Reich ausser Eur Kaij[serlichen] M[ajestä]t kainen andern Richter wüssten; ders. an den Kaiser (Praes. 15.7.1585) ct. Stein in .; ders. an den Kaiser (Praes. 4.6.1586) ct. Stein in .

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5. Selbstbilder und Ehre im Konflikt

Solche Hinweise hoben demzufolge auf die skizzierte umfassende Zuständigkeit des Reichsoberhauptes für alle Juden im Reich ab. Die Zuständigkeit erstreckte sich im Rahmen der kaiserlichen Funktion als defensor ecclesiae187 auf den Schutz der jüdischen Religionsausübung. Bei den Juden herrschten somit ähnliche Vorstellungsmuster vom Kaiseramt vor wie auf christlicher Seite.188 Diese argumentativen Zusammenhänge führten in den jüdischen Argumentationsmustern zwangsläufig zur Betonung eines engen Schutzverhältnisses zwischen den Juden im Reich und dem Kaiser. Abraham, Liepmann und Mändlein riefen den Kaiser zur abwendung Unßers eusserten Schadens, zugleich auch das dadurch gemeiner ganzer Judenschafft das Jus Civitatis Romana gentzlich benomen, Unnd per indirectum abgeschnitten werden will, weil dann E[ure] Kay[serliche] Ma[jestä]t Uns in gemein, zuvorderst aber zu dießer, deroselben königlichen Stat Prag, wohnende Juden, mit vielfelttigen Privilegien allergerechigist begabt, Und aller ortten mit kayserlichen hilffen nit zuuerlassen.189 In dieser Aufzählung finden sich sämtliche, oben bereits angesprochenen Punkte der rechtlichen Existenz von Juden im Reich wieder. Beziehen sich die obigen Ausführungen im Schwerpunkt sicherlich auf Prag, so erhellen sie den Umstand, dass im Rahmen individueller Prozesse die jüdische Rechtsposition zur kaiserlichen Entscheidung gestellt und damit auf eine prinzipielle Ebene gehoben wurde. Viele der jüdischen Kläger konstruierten ein intensives Nahverhältnis zum Kaiser in Form eines ausgeprägten Cäsarismus. Die rechtliche Grundlage hierfür boten das Carolinum sowie alle übrigen kaiserlichen Privilegien als eine Art ,jüdischer‘ Grundgesetze des Alten Reichs. Mit ihrer Hilfe definierten sich die jüdischen Kläger selbstbewusst als gleichberechtigte Mitglieder des Reichssystems.190 Der Bruch der jüdischen Privilegien bedeutete im187 188

189 190

O, Prozeßverfahren, S. 132. Zur kaiserlichen Kirchenadvokatie H, Kaiser, Sp. 530–535; S, Z, Kaisertum, S. 11–30; P, Kaiser, Sp. 258f. Abraham von Prag an den Kaiser (Praes. 12.9.1595) in HHSAW, RHR, J. ., K. 41, fol. 40r–41v, Zitat fol. 40r–40v: Wollen Eur Röm[ische] Kay[serliche] M[ajestä]t über unß Juden, unnd unser Religion und Ordnung (Aldieweil wir Juden Alhie unnd In dem ganzen Römischen Reich, In Eur Röm[ische] Kay[serliche] M[ajestä]t shuz und schirm Alheit gehalten werden, und Eur Röm[ische] Kay[serliche] M[ajestä]t unß Pißhero Auch Alezeitt bei unserer Religion und Ordnung gnedig leiben, haben lassen) handt haben und genedig dabei schüzen; Elteste der Judischen Gemeinde Allhie zu Prag an den Kaiser (Praes. undat.) in ., fol. 44r–45v: Allenthalben im Römischen Reich Allhie und Anders woe in E[ure] Röm[ische] Kay[serliche] M[ajestä]t Allergnedigsten Schuz seindt, Ebener massen auch beij E[urer] Kay[serlichen] M[ajestä]t Vorfahren, Abgelebten Kaijser und Königen, Gottseligster hochlöblichster gedechtnus, Aller gnedigisten schuz und schirmb, Vermög und Innhalt Unnsere von alters unnd vielen langen Jahren her habenden Priuilegien, gehalten worden sein (Zitat fol. 44r–44v). Zum kaiserlichen Schutz der jüd. Religionsausübung L, I, Judenrecht, Sp. 792. Zitat dies. an den Kaiser (Praes. 21.22.1601 u. 26.11.1601) in ., AA, K. 85, fol. 249r– 251v, hier fol. 249r. Dies geschah in der Selbstbeschreibung des gehorsamen underthanen (Zitat Isaak von

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mer zugleich die Verletzung kaiserlicher Prärogativen. Die klagenden Juden beriefen sich somit als Sachwalter kaiserlicher Herrschaftsrechte auf ihre Eingebundenheit in den kaiserlichen Landfrieden auf einer allgemeinen, d. h. das gesamte Reich umfassenden Ebene.191 Insbesondere durch die Bemühung der Figur des römischen Bürgerrechts sahen sich die Juden als gleichwertiger Bestandteil der Rechtsgemeinschaft im Reich.192 Zugleich wurde auf diese die Sachwalterfunktion der Juden für das Reichsoberhaupt begründet.193 Dabei operierten einige Reichsadelige mit der Rechtsfigur der römischen Bürgerschaft. Ludwig III. von Löwenstein-Wertheim betonte, dass Juden aufgrund der beschriebenen rechten, nicht de genere prohibitorum, sondern (ungeachtet anderer imaginirten traume) ex nunc [...] civium Romanorum [seien], dahero auch in dem allgemeinen Landfrieden, nicht weniger begriffen, sondern der gleichen gewalthandlung ganzlich an unnd in specie, wieder sie verbotten.194 Ebenso verwies der Kölner Kurfürst Ernst von Wittelsbach darauf, dass das Judenregal den Fürsten direkt vom Kaiser verliehen worden sei.195

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Prag an den Kaiser [Praes. undat.] in ., D. ., K. 177), getreuwer Underthan (Zitat Israel von Lübbecke während der Kommissionsverhandlungen in Lingen in SAO 20–42 A Nr. 96, fol. 116v, siehe ., fol. 116r: Israel von Lübbecke betonte, dass er als medirte Im Reich geseßenn vonn Röm[ischen] Kaij[serlichen] Ma[jes]t[ä]t solche Commission billich und mit guten Außgebracht, im hailig Römischen Reich teutscher Nation (Zitat Isaak von Nagelsberg an den Kaiser [Praes. undat.] in HHSAW, RHR, J. ., K. 42/1) oder als Juden Teutscher Nation (Zitat Designatio der Schulden Schmoll Judens contra Allexander unnd Veiten vom Stein unnd dero Underthanen zue Schernau [. . . ] in ders. an den Kaiser [Praes. 20.6. u. 25.8.1597 {Zitat}] u. ders. an den Kaiser [Praes. 4.6.1586] ct. Stein in .); ders. an den Kaiser (Praes. undat.) als .5. in SAW, L 5328; ders. an den Kaiser (Praes. 4.6.1592) ct. Stein in HHSAW, RHR, J. ., K. 42. Carolinum von 1544 in seiner durch Rudolf II. am 15.6.1577 konfirmierten Form in ., C. P. . E., K. 95, fol. 53r–60r, hier fol. 56v–57r: was gemaine Judißheitt ferner zuerkennen geben, wie das Sy von Ihren Wiederwertigen offtermals beschuldiget werden, das sie zue Ihrer Nottdurfft Christenbluet haben muessen, Undt dardurch umb geschichten und Handlungen willen, so sie derhalben an Christen Menschen begehen sollen nit auß offenbarlicher der Wissentlicher thatt, oder auff genugsame beweisung und anzaig, sondern auß ursachen Verdenckhens undt Argwohns oder auff Ploß anbringen Ihrer Mißgönner, Unangesehen das Unserer Heillige Vätter die Bäpste hierüber, Auch weylandt Unser lieber Herr undt Anherr Kayser Friedrich löblicher gedächtnus auff solche Bäpstliche Declaration Insonderheitt ernstlich beuelch undt gebottsbrieff an alle Stände des Reychs Undt ettliche derselben Insonderheitt außgehen, undt ihnen von solchen furnehmen abzusehen, auch darvor zue sein undt soliche nit zugestatten, sondern wo soliche sachen Ichts verhanden, dasselb an sein Mayestatt [...] gelangen zue lassen. Schmoll an den Kaiser (Praes. 6.9.1598) als .74. u. ders. an den Kaiser (Praes. 15.12.1589) in ., J. ., K. 41; ders. an den Kaiser (Praes. 15.7.1585) ct. Grumbach in ., K. 42; ders. an den Kaiser (Praes. 4.6.1586) ct. Stein in . Judenschaft in Schwaben an den Kaiser (Praes. undat. [1583]) in ., AA, K. 86. Zitat Ludwig III. von Löwenstein-Wertheim am 8.10.1596 an den Kaiser (Praes. undat.) in ., J. ., K. 51, fol. 4v–5r: ex nunc [. . . ] civium Romanorum. Siehe Kölner Kurfürst Ernst an Bürgermeister und Rat der Stadt Hildesheim am 11.2.1596 in Bürgermeister und Rat der Stadt Hildesheim an den Kaiser (Praes. 14.1.,

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5. Selbstbilder und Ehre im Konflikt

Unter dezidierter Betonung der kaiserlichen Prärogativen führte er daher aus, dass auch alte und Neue Schuz brieffe Clar zu tage legten, dass der Juden keiserliche priuilegia und protectoria general, und uf alle die Juden, welche im heij[ligen] Römischen Reich wohnen, sambs und Sonders gerichtet, dahero sich Auch der defension solcher ihrer priuilegien wol anmassen mug[en] und nicht unbewust das die Eltisten Juden [von Prag, A. G.], bej E[urer] keij[serlichen] Maij[es]t[ä]t houe zu Prage den anderen, dero Im Reich hin: und wider gesessenen Juden, priuilegiorum defensores, patroni [...] und Schuzvettern sindt, darfür auch billich gehalten, und in vorfallend[er] Notturfft gehort werden, [...] das ist in gemeinen Rechten heij[lichen] Reichs Constitution und Stijlo quotidiano so Clar, das es kheiner erwehnung durfftig.196 Erstaunlicherweise definierte der Kurfürst das Eingreifen und die Fürsprache der Prager Juden als eine mit dem Reichsrecht abgesicherte oder doch zumindest zu vereinbarende und im ganzen Reich gebräuchliche Tatsache. Damit deutete er jüdische Kläger am RHR und deren Fürsprecher als ein akzeptiertes Element der Reichsverfassung und erkannte deren Rechtsstellung an den Reichsgerichten als legitim an.197 Der Judenschutz war laut dem Kölner Kurfürsten ein von Kaiser und Reich den Fürsten verliehenes Recht, das durch die Oberhoheit des Kaisers begrenzt war. Die ordnungsgemäße Durchführung dieses Judenschutzes überwachten die kaiserlichen Gerichte.198 Mithin spielte das römische Bürgerrecht für die Juden im Reich nicht nur im rechtsnormativen Horizont auf jüdischer Seite eine gewichtige Rolle, sondern fand desgleichen bei Obrigkeiten Verwendung.199 Die Vorgänge um eine einzelne jüdische Person wurden daher sowohl von den klagenden Juden als auch bei Bedarf von den Reichsadeligen zu einer Angelegenheit der gesamten Judenschaft sowie zu einer des Kaisers stilisiert.200 Damit stand die Eingebundenheit der Juden in das Reichs- und Rechtssystem für diese Obrigkeiten – zumindest in den betreffenden Causen – außer Frage. Dieses Gesamtgemälde des ehrenhaften Juden kontrastierten die Kläger

196 197 198 199

200

25.2. u. 2.5.1598) in ., AA, K. 79/5, fol. 640r–645v, hier fol. 654r–657v, hier Zitat fol. 655r: alle Juden In der Röm[mischen] Kaij[serlichen] Maij[es]t[ä]t, unndt also dahero folglich unter allenn Potentaten Chur unnd fursten, nach einhalt deroselben begnadigungen Indulten und Regalien Schuz und Schierm sein, Unnda also viel einen jeden Landes fürsten In seinem Land gefellig geduldet unnd vergleitet worden. Zitat ders. an den Kaiser vom 7.7.1598 (Praes. 5.2.1599, 11.9.1600) in ., fol. 661r– 668v, hier fol. 662r–662v. Kölner Kurfürst Ernst an den Kaiser vom 7.7.1598 (Praes. 5.2.1599, 11.9.1600) in ., fol. 661r–668v, hier fol. 665r–665v. Kurfürstlicher Sekretär Balthasar Khain an den Kaiser (Praes. 14.9.1600) in ., AA, K. 79/5, fol. 669r–671v, hier fol. 669v–670r. Vgl. hierzu B, Juden (c), S. 14. Auch Ludwig III. von Löwenstein-Wertheim am 8.10.1596 an den Kaiser (Praes. undat.) in ., J. ., K. 51, fol. 4v–5r berief sich auf die Figur des civium Romanorum für seinen Schutzjuden Seligmann. So R, Herausforderungen, S, 125f., allerdings mit Blick auf die reichsstädtischen Juden in Frankfurt und Worms.

5.1 Die Jahre 1576 bis 1603

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zusätzlich mit dem gezielten Vorwurf tyrannischer Herrschaftsausübung.201 Schmoll wies darauf hin, dass es doch so sei, dass die vom Steins ihre underthanen [...] mitt stöcken und Pflöcken [...] bedraid hätten, dardurch sie höchlichen verursachen mich umb hilff anzulauffen unnd von mir zuendlehenn, sonsten wurden sie wol mit keinem Juden Contrahirt haben.202 Hier wurden die gegenüber Schmoll sich ebenfalls zahlungsunwillig verhaltenden Untertanen der vom Stein203 als Kronzeugen herangezogen, um deren Herrschaft als tyrannisch darzustellen.204 Erscheint der Tyrannisvorwurf an dieser Stelle explizit, so operierte Isaak von Nagelsberg mit ihm implizit. Er habe gar wol und guet zuuersteen gehabt, das er Juncker mich begere Inn sein gewarsam zubringen, und nach seinem willen zu gefahren, und die beede Brüeder nit Allein mich, umb mein Rechtmessige forderung und zuspruch zubringen, und davon Abzutreiben, und Ires Vatern schandt zutecken wöllen.205 Hiermit stellte Isaak klar, dass es sich bei den antijüdischen Vorwürfen der Berlichingen-Brüder um eine Strategie handelte, ihn von seinem Prozess abzuhalten und um ihn möglichst schnell auszuschalten, damit sie ihren Verpflichtungen ihm gegenüber nicht nachzukommen bräuchten.206 Zudem verwies Isaak auf die Konflikte zwischen den Brüdern Georg Philipp und Albrecht von Berlichingen, die er als Grund schilderte, dass seine Rechtsansprüche nicht verwirklicht werden könnten. Er berichtete an den RHR, dass sich die Aufrichtung eines Vergleichs aufgrund ihr der Brüder gegeneinander tragender verbitteerung und uneinigkeit als unmöglich gestalte. 201 202

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F, Wider die Tyrannis, S. 25–40. Schmoll an Würzburger Fürstbischof (3.12.1585) ct. Stein in SAW, L 5328; Isaak aus Appenfelden an den Kaiser (Praes. 5.11.1601 u. 8.3.1602) in HHSAW, RHR., J. ., K. 43/1: und mit den kleinen unmundigen Kindern, So unbarmhertzig umbgangen, daß er sie Auß den Bettern werffen, und die Selben unter Ihnen weg nemen lassen, dahero und Alß Ich Also in Exilio gewessen. Vgl. ., R, XVI/66, fol. 2r–2v (3.1.1592). Schmoll an Würzburger Fürstbischof (Praes. 28.11.1586) als 2 ct. Stein in ., J. ., K. 42; ders. an den Kaiser (Praes. 15.7.1585) ct. Grumbach in .: Tijrannischer wis; ders. an den Kaiser (Praes. 4.6.1586) ct. Grumbach in ., K. 41; ders. an den Kaiser (Praes. 8.7.1586) ct. Grumbach in .; ders. an den Kaiser (Praes. 16.3.1588) ct. Grumbach in SAW, L 2337, fol. 99r–102v, hier fol. 100r; ders. an Würzburger Fürstbischof (Praes. 15.3.1586) in SAW, A 364. Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. undat.) als hofrath 2506. in HHSAW, RHR, J. ., K. 42/1 (ebenso in SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6 als 15. bzw. 19.); ders. an den Kaiser (Praes. undat. [1596]) in HHSAW, RHR, AA, K. 84, fol. 233r–240v, hier fol. 237r: Ich habe In meinem an In schreibenn InJuriert, und an sein Ehren angetast [. . . ], Ich solte in ein straßsenreuber genant haben. Seligmann aus Wertheim berichtete an seinen Schutzherren Ludwig III. von Löwenstein-Wertheim, Graf Wolfgang von Castell habe ihn auf seine Anfrage, ob er denn überhaupt Wucher getrieben hätte, deutlich mitgeteilt, dass er gleichwohl Wuchers halben kein Clag Uber mich vernohmen habe. Weil er in seinem gebiet Juden zugedulden nit gedachten, Unnd ich wider deroselben willen mich einzudringen Understunde, wehre dieser weg Auch zum gehorsam zupringen furgenohmen worden. Zitat Seligmann an Ludwig III. von Löwenstein-Wertheim im Mai in SA W R. 50, Nr. 62.

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5. Selbstbilder und Ehre im Konflikt

Der Jude stellte sowohl gegenüber dem RHR als auch dem zuständigen Kommissar von Hohenlohe fest, dass Albrecht [...] seinen Bruder allein Richter zu sein, nit gestatten wöllen.207 Isaak war sich des Streitpunktes bezüglich der konkurrierenden Jurisdiktionsrechte in Dörzbach bewusst und befürchtete, dass ihm, laider gott erbarm es, durch dieser beeder Brüeder Uneinigkeit Niemalß Aine Ainige rechtmessige hülff verholffen worden, Sondern mich hin und Wider Inn Costen gepracht.208 Schließlich sei doch vor allem Georg Philipp von E[ure] M[ajes]t[ä]t mit aigenem Halß und Obergerichte begnadet und besäße die lehes Jurisdiction und Territorio.209 Damit verwendete der Jude die zwischen den Berlichingen-Brüdern herrschenden Hoheits- und Jurisdiktionsstreitigkeiten gegen seinen Prozessgegner in der Hoffnung, der RHR werde regulierend einschreiten. Dieses Vorgehen richtete sich auf die Desavouierung reichsadeliger Ehrcodes. Denn nun erschien Berlichingen als derjenige, der seine jurisdiktionellen Herrschaftsrechte nicht nur missachte, sondern aus egoistischen Zielen gezielt zur Terrorisierung eines ehrbaren Juden einsetze.210 Seligmann aus Brenz hob den Umstand hervor, dass Grafeneck dieß orts khein hohe Obrigkheit, doch mich gehörter gestalt gefenkhlich angenommen und daß noch mehr ist, aus meines Junkhern Hauß George Gissens von Gissberg gebiets arglistiger weiß zu sich beruffen habe.211 Ähnlich erging es Schmoll. Deutlich bezweifelte er die Hoheits- und Jurisdiktionsrechte Konrads von Grumbach an. So urteilte er über den Reichsritter, dass er violenti manu vermaintes eigen habenden gewalts212 gegen ihn vorgegangen sei. So habe dieser ainen Nachrichter [...] aus dem Stifft fulda und ainer frembden Herrschafft, zuwider dem hochwirdig[e]n fürsten und herrn, herrn Juliusen Bischouen zu Würzburg, und Herzogen in francken, auch Sr fürst[lichen]

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Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. undat.b ) in HHSAW, RHR, J. M., K. 42/1. Ders. an den Kaiser (Praes. undat.) als hofrath 2506. in . (ebenso SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6 als 15. bzw. 19.). Ders. an den Kaiser als Beilage 3 der kommissarischen Relation in Wolfgang von Hohenlohe vom 15.1.1593 an den Kaiser (Praes. 2.5.1593) in HHSAW, RHR, J. ., K. 42/1 (ebenso SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6 als Hoffrath 2507 8.). Schmoll an Würzburger Fürstbischof (Praes. 9.9.1587) als 9 ct. Stein in HHSAW, RHR, J. ., K. 42 berichtete, dass Grumbach seinem gemüt nach genugsam auff e.f.g. Cantzlej ausgesprochen habe, was er mit ihm gesinnet so er mich haben konnte; ders. an Würzburger Fürstbischof (Praes. 11.7.1588) als 18. in .: Auß waß gemüt solches geschehen sein muß [. . . ] dan sie vom stain, Iren Prauch nach, viel mit wortten, und wenig mit einigem werckh zur bezahlung pflegen zuuerhelffen; ebenso ders. an Würzburger Fürstbischof (Praes. 13.8.1588) als 19. ct. Stein in . Seligmann an den Kaiser (Praes. 6.3.1600) ct. Grafeneck in ., K. 41. Schmoll an den Kaiser (Praes. undat.) ct. Grumbach in ., K. 43/1.

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G[naden] Jurisdiction und gebürlichen Gerichtszwang zugrossen nachtail und verklainerung, haimlicher weiß erfordert.213 Die so konstruierte Verletzung der Jurisdiktionsgewalt des Würzburger Fürstbischofs verstärkte Schmoll mit dem Hinweis, dass Grumbach weder den Kaiser noch den Würzburger Fürstbischof noch sein Vatter, nit laiden khan oder mag.214 Es steht zu vermuten, dass Schmoll gezielt auf den sich wohl noch in frischer Erinnerung befindlichen Grumbach’schen Händel in den 1560er Jahren anspielte, bei dem Konrads Vater Wilhelm von Grumbach das gesamte Reich in Atem hielt. Laut Press stellte diese Auseinandersetzung eine Erhebung des Niederadels gegen das Territorialfürstentum dar.215 Auf diesen Umstand scheint Schmoll abgehoben zu haben, wenn er nicht nur Grumbach, sondern auch die vom Stein dezidiert als Vasallen des Würzburger Fürstbischofs titulierte.216 Die jüdische Ehre setzte sich aber ebenso aus Aspekten zusammen, die innerjüdisches Leben tangierten. Diese Aspekte wurden vor allem in Situationen von den Juden erörtert, in denen sie mit judenfeindlichen Stereotypen wie der Hostienschändung, des Ritualmords oder widerrechtlicher sexueller Beziehungen konfrontiert wurden.217 Diesen Anschuldigungen traten die Juden selbstbewusst entgegen. Die Judenschaft von Schwaben bspw. verwies auf den hohen Stellenwert des Lebens218 sowie auf die Problematik des Bluts aus Sicht der Halacha219 , d. h. der jüdischen Religionsgesetze. Schließlich hätten wir ain hertzlichs mitleijden tragen, da wir sehen oder hören, wo jemandts an leib unnd leben schediget und belaidiget wurdt auch in unserm Gesatz des Blut vergiessen hochlich verboten, und kain Nation uf Erden, die sijch dessen mehr enthallten.220

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Ders. an den Kaiser (Praes. 15.7.1585) ct. Grumbach in ., K. 42. Ders. an den Kaiser (Praes. 16.3.1588) ct. Grumbach in SAW, L 2337, fol. 99r–102v, fol. 100v; ders. an Würzburger Fürstbischof (Praes. 30.4.1588) in ., fol. 106r–107v, hier fol. 106r; ders. an den Kaiser (Praes. 21.5.1597) ct. Grumbach in ., fol. 294r–296v, hier fol. 294r. Vgl. P, Grumbach, S. 397, 419, 431. Schmoll an den Kaiser (Praes. 15.7.1585) ct. Stein in HHSAW, RHR, J. ., K. 42 u. ders. an den Kaiser (Praes. undat.) als .5. in SAW, L 5328 (Zitat); ders. an den Kaiser (Praes. 4.6.1592) ct. Stein in HHSAW, RHR, J. ., K. 42, hier unter Berufung auf deren Ungehorsam; ders. an den Kaiser (Praes. 8.7.1586) ct. Grumbach in ., K. 41; ders. an den Kaiser (Praes. undat.) ct. Grumbach in ., K. 43/1; ders. an Würzburger Fürstbischof (Praes. 3.12.1585) ct. Grumbach in SAW, L 2337, fol. 83r–85v, hier fol. 84r; ders. an den Kaiser (Praes. 4.6.1586) ct. Seckendorff in HHSAW, RHR, D. ., K. 177, fol. 366r–368v, hier fol. 367r. Hierzu B, Blut, S. 80–95; zum Ritualmord kurz E, Ritualmord. Siehe hierzu kurz T, Juden, S. 386f. S, Merckwürdigkeiten I, S. 468 u. II, S. 349f.; vgl. hierzu G, Blut, S. 31–42; J, S: Blood u. G, S, J, Blood. Zu Schudt D, Schudt; D, Schudt; F, Schudt. Judenschaft in Schwaben an den Kaiser (Praes. 2.12.1583) in HHSAW, RHR, AA, K. 86, fol. 33r–40v, Zitat fol. 35v.

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5. Selbstbilder und Ehre im Konflikt

Ähnlich verfuhr der in Prag lebende Abraham.221 In seiner Eingabe, die er für die Hildesheimer Juden am RHR einreichte, bezeichnete er die Vorwürfe der Hildesheimer Prediger, die Hochzeit seines Bruders Nathan Schay mit dessen Schwägerin sei Blutschande222 , als willkürlichen Eingriff in die jüdischen Religionsgesetze, der auf völliger Unkenntnis eben dieser Gesetze basiere. Die Verheiratung Nathan Schays mit der Schwester seiner Frau liege im Bereich des gebräuchlichen, vorbildhaften Sozialverhaltens. Tatsächlich manifestiere sich in solchen Handlungen sogar ein Zeichen besonderer Ehr- und Wertschätzung.223 An dieser Stelle wird ein durchaus als selbstbewusst zu bezeichnendes, religiöses Ehrverständnis der Juden mehr als deutlich. Andere, gleichwohl weniger präsente innerjüdische Themen unterstrichen das Bild von der jüdischen Ehre. Isaak von Nagelsberg stilisierte sich zum liebenden Sohn seiner Eltern.224 Ebenso verwahrte sich Schmoll gegen den Vorwurf, seine Schutzgelder an Konrad von Grumbach nicht zu Ordenlichen Zeitten bezahlt zu haben. Vielmehr habe er sich so verhalten, wie es ainem trewen Underthan gegen seiner Obrigkait gebüert.225 Jüdische Kläger sahen sich im Besitz einer spezifischen jüdischen Ehre. Sie wurden von den adeligen Herrschaften in ihrer Ehre dezidiert verletzt.226 221 222

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R, Leben, S. 71, 242, 246. HHSAW, RHR, R, XVI/73, fol. 247r (15.11.1595): sowol contra iuris tam canonici quam ciuilis, etiam in Specie iudaeos comprehendentem prohibitionem. Siehe auch ., XVI/ 76, fol. 163r (15.11.1595); Bürgermeister und Rat der Stadt Hildesheim an den Kaiser (Praes. 11.3.1601) in ., AA, K. 79, fol. 674r. Zudem hätten die Hildesheimer Juden einen ihrer jungen Glaubensbrüder, der zum Christentum übergetreten sei, mit Gewalt bedroht. Siehe A, Geschichte, S. 94. Kölner Kurfürst Ernst als Bischof von Hildesheim vom 7.7.1598 an den Kaiser (Praes. 5.2.1599) als Priora in HHSAW, RHR, AA, K. 79/5, fol. 661r–668v, 663v–664r: Von der Juden verbrechen, habe Ich uf außgeganngene ernstliche beueheliche [. . . ] nicht mehr in erfahrung bringen müg, Alß das Nathan Schaij Jude, sich seines verstorbenen weibes Schwester widerumb verehelig lassen, waß massen aber solches und den Juden nicht ungebreuchlich, und ohn allen ortern, da sie in oder Auserhalb Reichs gesessen, ohne ergernuße der Christen pasiret, das ist in der Eltisten Juden Supplication pro Mandato so weit außgefüret, das es E[ure] Kai[serli]j[che] Maij[es]t[ä]t fur gnug gehalten. Siehe auch Bericht der obersten Prager Rabbiner Leb, Joachim und Gabriel an den Kaiser (Praes. 15.9.1595) in ., J. ., K. 41, fol. 42r–43v. Zur Ehe im Judentum T, Juden, S. 382– 385; S, Merckwürdigkeiten I, S. 169f. u. ., II, S. 423; A, Geschichte, S. 92. Vgl. Instrument Isaak Jüdens zu Nagelsperg als .3. u. .9. in SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6: Alßo hett er mir Isaak Jüden seinen hinderlassenen Sohn solches nach seinem Todt zuthun hind lassen unndt auferlegt u. Auch auß kindlicher Lieb, schuldigkeit unndt gehorsam solchen beuelch meines Vatters, doch erst nach seinem Todt nachgesezt; Isaak von Nagelsberg an den Kaiser als Beilage 3 in der kommissarischen Relation in Wolfgang von Hohenlohe vom 15.1.1593 an den Kaiser (Praes. 2.5.1593) in HHSAW, RHR, J. ., K. 42/1 (ebenso SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6 als Hoffrath 2507 8.). Schmoll an den Kaiser (Praes. 15.7.1585) ct. Grumbach in HHSAW, RHR, J. ., K. 42. Ders. an den Kaiser (Praes. undat. [1588]) ct. Stein in .: Armer blaidigter unterthenigster Supplicant; ders. an den Kaiser (Praes. 4.6.1592) ct. Stein in .: ein Beschützer

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Eingedenk der unmenschlichen [...] Iniurien227 drohten sie selbstbewusst mit Injurienklagen.228 Zwar kam es im Laufe der untersuchten Prozesse nie zu solchen Klagen, allerdings musste eine solche Drohung für die in ihrer Ehrargumentation gefangenen adeligen Herrschaften ein ehrminderndes Risiko darstellen. Diese Zusammenhänge verweisen auf den Umstand, dass sich jüdische Kläger gegen obrigkeitliche Prozessgegner im selbstbewussten Vollbesitz der Trias Gott, Ehr und Recht 229 sahen. Sie fühlten sich nicht nur als gleichberechtigte Angehörige einer Juden und Christen umfassenden Rechtsgemeinschaft, sondern auch als Teil der Gesellschaft mit ihrem sozial, rechtlich und politisch differenzierten Ehrbegriff. Dies drückte sich auf dem Gebiet ihrer funktionalen Selbstbeschreibungen aus. 5.1.3 Adelige und jüdische Strategien der Ordnungsherstellung In Fortführung der adeligen Unangreifbarkeit negierten die Obrigkeiten das Rechtsschutzprinzip für Juden. Ihnen schwebte eine Radikallösung vor, die nicht nur den Juden das Recht zur Klage an den Reichsgerichten absprach, sondern die jüdische Existenz selbst angriff. Die beklagten Obrigkeiten bemühten sich, die persönliche Auseinander-

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der armen betrüebten, unnd Trost der beleidigten; ders. an Würzburger Fürstbischof (Praes. 14.10.1586) in SAW, A 364; ders. an Würzburger Fürstbischof (Praes. 28.9.1587) als 10 ct. Stein in HHSAW, RHR, J. ., K. 42; ders. an den Kaiser (Praes. 17.6.1597) in SW, L 2337, fol. 297r–300v, hier fol. 297r; Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. undat. [1596]) in HHSAW, RHR, AA, K. 84/2, fol. 233r–240v, hier fol. 239v; ders. an den Kaiser (Praes. undat.) in ., fol. 268r–269v. Ähnlich Khela an den Kaiser (Praes. undat.) in ., K. 84/2, fol. 274r–275v, hier fol. 274v: das er mich solches alhier zu Prag, ohne verzug volkomblich contentire unnd befridige, dann entlichen gewiß ist, so Ime hierInnen einige frist nicht etwa In deutschlandt, zu befridig zugelassen, beschehe von Ime aufs neue ungezweifelt, solche allerlej eintrege, aufschübe. Schmoll an den Kaiser (Praes. 8.7.1586) ct. Grumbach in ., J. ., K. 41; ders. an den Kaiser (Praes. undat.) ct. Grumbach in ., K. 43/1. Haim an den Kaiser (Praes. 11.4.1603) in ., AA, K. 85, fol. 348r–353v, hier fol. 350v; Seligmann an den Kaiser (Praes. 19.7.1600) ct. Grafeneck in ., J. ., K. 41, der von Iniurien spricht; Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. undat.) als hofrath 2506. in ., K. 42/1 (ebenso in SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6 als 15. bzw. 19.): das er Georg Philipß mich fur ein InJuranten, Alß ob ich Ine geschmecht, oder ein gleich übelthetter, oder Strassenrauber gescholten haben, (daran mir doch vil geschicht [. . . ]). Isaak von Prag an den Kaiser (Praes. undat.) in ., D. ., K. 177; Schmoll an den Kaiser (Praes. 16.3.1588) als 234. ct. Stein in ., J. ., K. 42; ders. an Würzburger Fürstbischof (Praes. 7.12..1587) als 12 ct. Stein in .; ders. an den Kaiser (Praes. 8.7.1586) ct. Grumbach in ., K. 41; ders. an den Kaiser (Praes. undat.) ct. Grumbach in ., K. 43/1: Gott, ehr, recht und billigkeit; ders. an Würzburger Fürstbischof (Praes. 3.12.1585) ct. Grumbach in SAW, L 2337, fol. 83r–85v, hier fol. 84v; ders. an Würzburger Fürstbischof (Praes. 15.3.1586) in ., A 364.

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5. Selbstbilder und Ehre im Konflikt

setzung mit einem Juden als Teil des übergeordneten Kampfs des christlichen Kaisers230 gegen die Ungläubigen im Sinne des ständigen Ringens zwischen Ecclesia und Synagoga231 darzustellen. Der Kaiser sollte die reichsständische Ordnung des Reichs restituieren, die durch die Juden gestört wurde.232 Die Berufung auf die RPO bzw. auf die Reichsabschiede diente dem Ziel, die Geschäftskontrakte und die bei Juden aufgenommenen Kredite aufzuheben bzw. zu beschlagnahmen.233 Hiermit gingen Forderungen von nicht geringerer Leibsstraaff einher, die anderen Juden meiniglich zum Exempel, Und Abscheuh dienen sollten.234 Im Einzelfall deutete ein solches Exempel auf die Vertreibung der Juden hin, die Im Reich weder friedt noch glaijdt und An keinem gericht hülff besäßen.235 Dies gelte umso mehr, sei doch im ganzen Reich die aufenthaltung der Gottlosen Juden de genere verboten.236 Aus christlicher Perspektive war die Vertreibung der Juden geboten, vom Reichsrecht her legitimiert und wegen der jüdischen Gemeinschädlichkeit sogar unbedingt erforderlich. Wolfgang von Castell war absolut davon überzeugt, dass Juden an keinem Ortt sicherheit, noch Gelaidt haben und daß mehr ist, erbietten sich daselbst die kay[serliche] Maij[es]t[ä]t zu einem ernstlichen einsehen und Abschaffung. Er negierte damit letztendlich Existenz und Rechtsstellung der 230 231 232

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234

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Vgl. Güss von Güssenberg an den Kaiser (Praes. 24.11.1601) in HHSAW, RHR, J. ., K. 42: dem höchsten haubt der Christenheit. Zu diesem mittelalterlichen Bild W, Ecclesia, S. 35–58; zum Motiv der Verstocktheit im Zusammenhang mit dem der Synagoga H, Sprache, S. 313–318. Grumbach vom 16.2.1592 an den Kaiser (Praes. undat.) in HHSAW, RHR, J. ., K. 32: Welchen Jedoch E[ure] Kay[serliche] Maij[estä]t. Gott lob allergnedigst befürdern, unnd dannhero ewigen ruhm erlangen werden. Alexander u. Veit vom Stein vom 8.12.1593 (a. K.) an den Kaiser (Praes. 4.4.1594) in ., K. 42: Auch In [. . . ] Euer Kheijß[erliche] Maij[es]t[ä]t constitutionib[us] solche wucherliche Conträct fur nichtig unnd Crafftloß gehalten; Gundelsheim vom 28.12.1602 an den Kaiser (Praes. 7.1. u. 18.3.1603) in ., AA, K. 85, fol. 341r–344v, hier fol. 343r. Konrad von Pappenheim vom 21.5.1601 an den Herzog von Württemberg in ., J. ., K. 42; Hilmar von Quernheim bat bspw. den Kaiser um ein Mandat an Ritterschaft, Burgermeister und Rath der Stadt Lubbeck, den Juden zu verhaften und dessen Güter zu beschlagnahmen. Zitat ., R, XVI/46, fol. 141v (18.7.1579) (Zitat .); ders. vom 7.7.1579 an den Kaiser (Praes. 18.7.1579) in ., J. ., K. 43/3. Schließlich müsse der Jude wegen seines falschen gemachten Verdachts Calumnien und bezichtigung gebührlich gestrafft werden. Zitat ders. vom 7.7.1579 an den Kaiser (Praes. 18.7.1579) in . Nach Meinung der Obrigkeiten konnte die Herstellung der Ordnung nur darüber erfolgen, indem Ire kay Reputation, sowol Als gemeine Rechten, unnd des hey Reichs Constitutiones mit Neuerem Exempel an disem Hunden Allen Ernst zu vindiciren wäre. Zitat Gundelsheim vom 28.12.1602 an den Kaiser (Praes. 7.1. u. 18.3.1603) in ., AA, K. 85, fol. 341r–344v, hier fol. 343r: mit Neuerem Exempel an disem Hunden Allen Ernst zu vindiciren. Alexander u. Veit vom Stein vom 8.12.1593 (a. K.) an den Kaiser (Praes. 4.4.1594) in ., J. ., K. 42. Vgl. Wolfgang von Castell an Ludwig III. von Löwenstein-Wertheim am 9.7.1596 in ., Nr. 62 (Zitate .). Siehe ders. an Ludwig III. von Löwenstein-Wertheim am 11.4.1597 in .

5.1 Die Jahre 1576 bis 1603

261

Juden innerhalb des Reichs.237 Untermauert wurde diese Forderung dadurch, dass Juden bereits andere Territorien wegen Betrugs und Wuchers verlassen mussten.238 Ihr Schutz durch RHR und Kaiser waren insoweit absolut hinfällig. Ihre Vertreibung lag im Willen eines jeden Reichsstandes und musste angesichts der vermeintlich von den Juden ausgehenden Gefahr dem Kaiser einleuchten. Die Befürchtungen Jacob Fröschels, ein Ausweisungsfall könne sich auf das ganze Reich ausbreiten, gründeten auf Seiten der Obrigkeiten auf einer verbreiteten mentalen Einstellung. Eine reichsweite Judenvertreibung war nicht erst von Martin Luther für die protestantische Seite formuliert, sondern bereits vom Katholiken Ulrich Zasisus239 Jahrzehnte zuvor angedacht worden.240 Denkbar wäre, dass der öffentlichkeitswirksame PfefferkornReuchlin-Streit und die darin kolportierten antijüdischen Positionen an dieser Stelle nachwirkte.241 In jedem Fall griffen die Obrigkeiten auf bestehendes antijüdisches Gedankengut zurück. Die Ausführungen der Juden konzentrierten sich insbesondere auf zwei Aspekte: zum einen auf die Weigerung der Obrigkeiten, ihre Ansprüche zu erfüllen, und zum anderen auf den Schaden, den die kaiserliche Autorität durch dieses Verhalten nehme. Im Endeffekt ging es den jüdischen Klägern darum, mit Hilfe einer Klage am kaiserlichen Gericht den bißher gelebten Ungehorsamb242 der Obrigkeiten zur erhaltung derselben kaij[serlichen] Reputation und hoheit der heiligen Justitien243 zu ahnden. Auf dieser Grundlage erfolgte durch die jüdischen Sachwalter des Reichsoberhauptes schließlich die Bemessung der kaiserlichen Strafe. Insbesondere Isaak von Nagelsberg und Schmoll äußerten sich zu diesem Punkt sehr ausführlich. Sie stützten ihre Hoffnung darauf, dass das kaiserliche Eingreifen zur hulf der Armen belaidigten und zu forcht und straf der mutwilligen unge237 238

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Wolfgang von Castell an Ludwig von Löwenstein-Wertheim am 11.4.1597 in ., Nr. 62 (Zitat .). Gewald cum ratificatione, deren vom Stein auf deren Vogt zu Schernaw 23 Novembris ao 90. als 42.a in .: Weilen die Jüden hiebeuorn umb Ires Wuchers willen aus dem Stifft geschafft. ihnen auch nachmals uff Wucherliche Conträct nicht geholffen wirdt, dergleich Recht sich auch viel herrschaften gebrauch; Grumbach vom 13.9.1586 an den Kaiser (Praes. 8.10.1586) in ., K. 43/1; Herzog Friedrich von Württemberg am 14.7.1601 an den Kaiser (Praes. 24.7.1601) in ., AA, K. 85, fol. 233r–240v, hier fol. 233r; Güss von Güssenberg an den Kaiser (Praes. 24.4.1601) in ., J. ., K. 42; Grafeneck am 30.5.1600 an den Kaiser (Praes. 11.7.1600) in ., K. 41; ders. am 24.9.1600 an den Kaiser (Praes. 7.10., 8.11. u. 4.12.1600) in .; Wolfgang von Castell an Ludwig III. von Löwenstein-Wertheim am 11.4.1597 in SA W R. 50, Nr. 62. Zu Luther E, Luther, S. 72–88, hier S. 84; zu Zasius K, Zasius, S. 13; vgl. zum Vertreibungsgedanken unter den Gelehrten des 15. Jh. generell K, Bild, S. 82–84. Vgl. zur Geschichte der Sepharden bis einschließlich zur Vertreibung C, Grenze, S. 37–57 u. J M W (Hrsg.), Türken. Siehe hierzu nun H, P, Miracle und P, Reuchlin. Jacob Fröschel an den Kaiser (Praes. 28.6.1603) in HHSAW, RHR, J. ., K. 42. Schmoll an den Kaiser (Praes. undat.) ct. Stein in .: tragenden Kaijserlichen Ambts.

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5. Selbstbilder und Ehre im Konflikt

horsamben geschehe.244 Ihre Prozessgegner sollten in des heiligen Römischen reichs schwerer ungnadt fallen.245 Die Juden baten den Kaiser, seine gesamte Machtfülle einzusetzen, die unwillfährigen, obrigkeitlichen Prozessparteien inkünfftiges andern zu ein Exempel zugehorsamen.246 Dies hatte mit ernstlicher Straf 247 oder des heiligen Reich ernstlicher straff 248 zu geschehen. Schmoll bspw. forderte vom Kaiser, die vom Stein mit den in den jüdischen Privilegien angedeüte peen zu bestrafen. Das Reichsoberhaupt möge sie zu solcher Straf wegen handthabung derselben Sigil unnd Brief, Ja Irer kaijserlichen autoritet unnd existimation, [...] condemnieren oder Inn andere Weg [...] zu schuldigem gehorsam anhalten.249 Ebenso sollte der Vorwurf des hoch verbottene[n] offentlich[en] Im Heiligen Reich geübte[n] Strassen Rauberreien einer höchste[n] bestraffung wol würdig sein.250 Erneut zogen die jüdischen Kläger also das Carolinum von 1544 als Grundlage für die Strafbemessung heran. Hierin war des Reychs schwere Ungnadt und Straff auf 50 Mark lötigen Goldes festgelegt. In seiner Konfirmierung durch Rudolf II. vom 15. Juni 1577 erhöhte sich die Geldstrafe auf 60 Mark lötigen Goldes.251 Die Geldstrafe wurde somit exakt bemessen. Dagegen zielte die schwere Ungnade auf die Einleitung eines Contumacialverfahrens, womit die Missachtung des Gerichts geahndet werden sollte.252 Mit Blick auf die dargelegten jüdischen Argumentationen einer obrigkeitlichen Geringschätzung kaiserlicher Befehle richtete sich die Bitte um ein solches Verfahren deutlich auf die Anschuldigung des crimen laesae maiestatis, d. h. des Majestätsverbrechens.253 Wie gesehen wurde dieser Umstand selbst von den reichsständischen Obrigkeiten so interpretiert. Zugleich verwiesen die Juden auf das direk244 245

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Ders. an den Kaiser (Praes. undat. [1588]) ct. Stein in . Ders. an den Kaiser (Praes. 4.6.1586) ct. Grumbach in ., K. 41; ders. an den Kaiser (Praes. undat.) ct. Grumbach in ., K. 43/1: heiligen Reichs Censur und straff sowie höchster ungnad. Ders. an Würzburger Fürstbischof (Praes. 6.6.1592) in ., D. ., K. 177, fol. 318r– 319v, hier fol. 318r. Ders. an den Kaiser (Praes. undat.) ct. Stein in ., J. ., K. 42. Ders. an den Kaiser (Praes. 4.6.1586) ct. Grumbach in ., K. 41; ders. an den Kaiser (Praes. undat. [1588]) ct. Stein in ., K. 42: mit Allem ernst und bij höchster Eur Kaij[serliche] Ma[jestä]t und des Reichs straf zur bezallung gehalten werden. Ders. an den Kaiser (Praes. 4.6.1592) ct. Stein in .; ders. an den Kaiser (Praes. 4.6.1586) in ., K. 41. Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. undat.) als hofrath 2506. in ., K. 42/1 (SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6 als 15. bzw. 19.); Schmoll an den Kaiser (Praes. 16.3.1588) ct. Grumbach in SAW, L 2337, fol. 99r–102v, fol. 102r. Zitat Carolinum von 1544 in seiner durch Rudolf II. am 15.6.1577 konfirmierten Form in HHSAW, RHR, C. P. . E., K. 95, fol. 53r–60r, hier fol. 58v u. 60r. B, Contumacia, Sp. 636f.; S, Prozessgrundsätze, S. 109–111, 268, 278, 284 u. H, Anleitung I, S. 275f. C, Majestätsbeleidigung, Sp. 1121–1123; L, Crimen, Sp. 648–651; O, Reichshoffikalat, S. 109.

5.1 Die Jahre 1576 bis 1603

263

te Herrschaftsverhältnis, in dem die Reichsritter zum Kaiser standen, und machten erneut deutlich, dass sie ihre Herrschaftsrechte allein von diesem bekamen und sie ihnen vom Reichsoberhaupt wieder genommen werden konnten.254 Insofern baten Isaak von Nagelsberg und Schmoll den Kaiser, diesen beeden Junckern, bej hoher Peen und straf, Auch bej verlie[r]hung, Aller Ire kaij[serlichen] Frejheiten255 zu bestrafen. Der Kaiser wurde im vollen Umfang seiner Befugnisse und in einem allgemeinen Sinne angesprochen. Auf diese Weise bauten die jüdischen Kläger gezielten politischen Druck vor allem auf Angehörige der Reichsritterschaft auf. Schmoll forderte, die vom Stein angesichts ihres Ungehorsams an dero kaij[serlichen] hoff nach Praag widerumb citirn und andern zum Exempel, zur gebürend straff anzunehm wissen. Schließlich sei es offenkundig, dass sie niemahl zu parirn gewillt seien.256 In letzter Konsequenz hieß dies, das Gericht dazu zu veranlassen, den kaiserlichen Fiskal mittels einer Zitation der beklagten Prozesspartei an den Prager Hof einzuschalten.257 Der RHR reagierte wie im Fall der Zitation Veits vom Stein ausschließlich auf den überhand nehmenden Ungehorsam der jeweiligen obrigkeitlichen Beklagten. Die Juden bildeten sich indessen ein, das Gremium handle ganz und gar für ihre Zwecke. Damit schätzten sie die reichshofrätliche Handlungsmaxime gegenüber einem ungehorsamen Reichsritter völlig falsch ein. Insgesamt verweist diese Episode aber wiederum auf das erhebliche Vertrauen der Juden in die kaiserlichen Entscheidungen. Zugleich 254

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Schmoll an den Kaiser (Praes. 16.3.1588) ct. Grumbach in ., fol. 99r–102v, fol. 102r: als ein ungehorsamen, sondern Auch der allen Gottlichen und geschriebenen Rechten, dem gemeinen Landtsfriden, Aller Unsern von E. Maijt: und dero hochlöblichen Vorfahren aller Römischer Kaijsern Confirmirten priuilegijs, und dan E[ure] Maij[estä]t gnedigst Mandiren zu wid gehandlet. Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. undat.) als hofrath 2506. in HHSAW, RHR, J. ., K. 42/1 (ebenso in SAL-HZAN, W 10, Bü. 95/6 als 15. bzw. 19.); Schmoll an den Kaiser (Praes. 16.3.1588) ct. Grumbach in SAW, L 2337, fol. 99r– 102v, fol. 102r: bej Verlierung aller lehen, recht und gerechtigkeiten, ja bej entlicher E[urer] Maij[estä]t hochsten ungnatt und straff. Schmoll an den Kaiser (Praes. 20.6. u. 28.5.1597) in HHSAW, RHR, J. ., K. 42; ders. an den Bischof (Praes. 29.8.1596) in SAW, L 5328. Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. undat. [1596]) in HHSAW, RHR, AA, K. 84/2, fol. 233r–240v, hier fol. 239v: Ime Junckhern in geliebnus annehmen lassen, das er nit aus dieser küniglichen Statt Praag weichen soll, biß er sich umb dasJenig so mir durch E[ure] Kay[serliche] May[estät] zuerkandt werdt, ausricht und bezale; ders. an den Kaiser (Praes. undat.) in ., fol. 268r–269v; Frau Khela an den Kaiser (Praes. undat.) in ., fol. 274r–275v, fol. 274v: das er mich solches alhier zu Prag, ohne verzug volkomblich contentire unnd befridige, dann entlichen gewiß ist, so Ime hierInnen einige frist nicht etwa In deutschlandt, zu befridig zugelassen, beschehe von Ime aufs neue ungezweifelt, solche allerlej eintrege, aufschübe. Zur diesbezüglichen Zuständigkeit des Reichsfiskals vgl. K, Fiskalat, Sp. 1134. Der RHR war in Reichsfiskalsachen erstinstanzlich auch gegen Reichsmittelbare zuständig. Siehe hierzu S, Zuständigkeit, S. 77, 82, 84, 90. Zu ähnlichen Ergebnissen gelangt S, Suppliken, S. 148f. für christliche Kläger am RHR.

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5. Selbstbilder und Ehre im Konflikt

wird an dieser Stelle deutlich, dass die jüdischen Kläger durchaus dazu in der Lage waren, gezielten Druck auf ihre Prozessgegner aufzubauen, indem sie die politische Stellung der Reichsritter dezidiert angegriffen.

5.2 Die Jahre 1745 bis 1765 5.2.1 Adelige und jüdische Ehrvorstellungen In den Jahren um 1750 konzentrierten sich die adeligen Herrschaften auf die Konstruktion einer rein reichsständischen Ehre. Sie setzte sich aus mehreren Narrativen zusammen, die allesamt auf das Ideal des adeligen Hausvaters hinweisen.258 Dieser engagierte sich gegenüber seinen Untertanen mit einer paternalistischen Fürsorgepflicht, in der das Bild von der christlichen Obrigkeit seine säkularisierte Fortschreibung fand. Das erste der diesbezüglichen Narrative bestand darin, sich als regierenden Landesherren zu skizzieren. Manche adeligen Schuldner verknüpften das plötzliche Ableben ihrer Vorgänger mit der bisher nicht erfolgten Auszahlung der Juden, die durch die Einrichtung der neuen Landesherrschaft und der damit verknüpften häuffigen Landesangenheiten unterbleiben müsse. Die Obrigkeiten werteten angesichts ihrer herrschaftlich-politischen Aufgaben die Forderungen der Juden als trivial ab.259 Einige der reichsständischen Adeligen beriefen sich auf ihre Beamten, die ihnen noch auf ihrem Sterb=Bett zugesichert hätten, die jüdischen Gläubiger seien längst ausgezahlt worden.260 Damit betonten die Reichsadeligen ihre administrative Tätigkeit sowie den Umstand, dass sie über die finanzielle Situation ihrer Herrschaft bestens informiert seien und ihren Herrschaftspflichten nachkämen. Diese Erzählung wurde durch die gewichtigen Themen des sorgenden Lan-

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R, Adelsherrschaft, S. 10–18; B, Hofökonomie, S. 40–21. Zitat August Friedrich von Isenburg-Büdingen an den Kaiser (Praes. 21.4.1755) u. ders. an den Kaiser (Praes. 7.1.1756) in HHSAW, RHR, D, K. 1738/3: Einnehmung der huldigung in denen Ämbt- und Gerichtern oder Einrichtung des Cammeral-Weeßens; Ferdinand Kasimier I. von Isenburg-Wächtersbach an den Kaiser (Praes. 17.10.1755) in ., D. R., K. 359/2. Die Vormundschaftsregierung Wittgenstein-WittgensteinHohenstein an den Kaiser (Praes. 25.9.1758) in ., K. 383/2 entschuldigte sich mit häuffigen March- und Lieferungs-Weesen, seithero so starck beschäfttiget gewesen, daß Er in hoc causa die Nothdurft intra terminum unmöglich besorgen können; Franz Xaver von Montfort an den Kaiser (Praes. 17.12.1762) in ., K. 383/1, dessen Rat mit wichtigen Commissionsgeschäfften beschäftigt sei; an anderer Stelle berief sich ders. an den Kaiser (Praes. 20.8.1762) u. ders. an den Kaiser (Praes. 19.9.1762) in . ganz allgemein auf vorgefallene Verhinderungen; Ferdinand Kasimier I. (Praes. 7.1.1756) in ., K. 359/2. Zitat Karl Ludwig von Löwenstein-Wertheim an den Kaiser (Praes. 28.5.1748) in ., D. ., K. 178, fol. 766r, u. ders. an den Kaiser (Praes. 2.3.1747) in ., fol. 756v.

5.2 Die Jahre 1745 bis 1765

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desvaters und zugleich Grundherrn261 weiter konkretisiert. Die Beklagten führten Ernteausfälle oder Kriegszustände262 sowie hiermit zusammenhängende Verluste an landesherrlichen Einkünften an.263 Inwieweit gerade die Hinweise auf zurückliegende oder aktuelle Kriege auf reale Zustände gründeten, ist mitunter schwer auszumachen. So entsprachen die Besetzung der Grafschaft Wartenberg durch die Franzosen264 oder der vom Siebenjährigen Krieg besonders betroffene fränkische Reichskreis und das Waldecker Land265 den Tatsachen.266 Dass Kriegszeiten an sich aber als Topos fungierten, der das Bild des sorgenden Landesvaters stützen sollten, beweisen 261 262

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Zur Deckungsgleichheit von Landes- und Grundherr S, Adel, S. 35 sowie zur Sorge um die Grundherrschaft S. 80f. In ihren Auswirkungen als unberechenbar gekennzeichnet nahmen Kriegszeiten bezüglich der Konstruktion des sorgenden Landesherren eine zentrale Position ein. Aktuelle militärische Konflikte wie der Siebenjährige Krieg wurden ebenso erwähnt wie bereits zurückliegende Auseinandersetzungen. Siehe hierzu Ferdinand Maximilian von Isenburg-Wächtersbach an den Kaiser (Praes. 7.1.1756) in ., K. 1738/3; August Friedrich von Isenburg-Büdingen an den Kaiser (Praes. 28.9.1756) in .; Karl von Waldeck an den Kaiser (Praes. 7.9.1758) in ., O. R., K. 1769/1; Kasimier von Wartenberg an den Kaiser (Praes. 22.2.1743) u. ders. an den Kaiser (Praes. 12.5.1752) in ., D. R., K. 362/6: als auch bey denen ausgestandenen besonders in Anno 1734. und 35. einige seiner besten orten gäntzlich fouragirt und dadurch auser Stand gestellet worden, Abgaben leisten zu können. Gemeint ist der polnische Erbfolgekrieg. Vgl. Friedrich August von Isenburg-Büdingen an den Kaiser (Praes. 28.9.1756) in HHSAW, RHR, D, K. 1738/3, der neben Naturkatastrophen auch von Kriegs-Troublen spricht; Georg Karl Ludwig von Leiningen-Westerburg an den Kaiser (Praes. 18.4.1760); ders. an den Kaiser (Praes. 27.1.1761) in ., K. 330; Brüder von Münster an den Kaiser (Praes. 13.7.1762) in ., D. R., K. 353/3; Karl von Waldeck an den Kaiser (Praes. 7.9.1758) in ., O. R., K. 1769/1; Kasimier von Wartenberg führte sämtliche Naturgewalten an, die über die kleine Grafschaft hereingebrochen wären. Hierzu gehörten Hagel-Schlag, Mißwachs an Frucht und Wein, entsetzliche Kälte, Waßer-Fluthen in ders. an den Kaiser (Praes. 22.2.1743) in ., D. R., K. 362/6; Hohenlohe-Pfedelbach an den Kaiser (Praes. 15.3.1743) in ., D. ., K. 168, fol. 38r–52v, hier fol. 38v; ders. an den Kaiser (Praes. 31.8.1744) in ., fol. 143r–159v, hier fol. 144r–144v; Philipp Karl, Georg Wilhelm u. August von Erbach an den Kaiser (Praes. 16.4.1734) in ., O. R., K. 452/10; Christoph Ludwig von und zu Aufseß (Praes. 28.9.1747) in ., D, K. 259. Vgl. kurz URL: u. URL: , (beide 16.11.2009) sowie G, Mettenheim. Hierauf berief sich auch der Ritterkanton Röhn-Werra an den Kaiser (Praes. 23.4.1759) in HHSAW, RHR, D. R., K. 353/3 als Entschuldigungsgrund für die nicht vorgenommene Exekution: wegen derer inzwischen mitten in denen Gegenden des Ritterorts Rohn Werra sich geäußerten notorischen Kriegs-Ursache und Land und Leute druckenden übergroßen belästigungen. In einer Supplik vom 7.7.1759 in . berichtet der Kanton, dass nunmehro die kayser: und Reichs-Armee in denen dortigen Gegenden stehet; Karl von Waldeck an den Kaiser (Praes. 7.9.1758) in ., O. R., K. 1769/1. Zum Siebenjährigen Krieg in Waldeck M, Reichsterritorium, S. 17 u. M, Grafschaft, S. 20; zu Franken L, Siebenjährige Krieg.

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bspw. die Ausführungen des Grafen Pücklers, der noch zwei Jahre nach dem Hubertusburger Frieden von den calamitosen und turbulenten Kriegerischen Zeitleufften im fränkischen Creyse an den RHR berichtete.267 Kernintention dieses Argumentes bestand mehr in dem Umstand, dass die Lands-Revenües [. . . ] erschöpfft seien und die Juden daher nicht ausgezahlt werden könnten.268 Naturkatastrophen und Kriege gaben darüber hinaus nicht nur Anlass zum Sparen, sondern brachten die Notwendigkeit mit sich, die verarmten Unterthanen von weiteren Abgaben verschonen zu müssen.269 Im Umkehrschluss diente dieses Argument dazu, die jüdischen Geschäftspartner als diejenigen darzustellen, die mit ihren Forderungen die reichsständischen Untertanen in schlechten wirtschaftlichen Zeiten bedrängen würden.270 Besonders in Anbetracht der vielen Untertanenprozesse am RHR stellte das Narrativ von den ,armen Untertanen‘ eine ideale Selbstverpflichtung auf die paternalistische Fürsorgepflicht des hausväterlichen Grundherren gegenüber seinen Untergebenen dar.271 Dadurch, dass diese Fälle in den zeitgenössischen Conclusen-Sammlungen und der Zeitungspresse breit rezipiert wurden, dürften sie reichsweit bekannt gewesen sein.272 Insofern sollte dieses Narrativ eine besonders starke Überzeugungskraft auf den RHR ausüben. Ein weiterer Aspekt im Bild von der reichsständischen Ehre stellte das Narrativ des sorgenden Familienoberhauptes dar. Dieses Narrativ spiegelt die enorme Bedeutung des Hauses als Symbol adeliger Macht und Mittelpunkt

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So bspw. Christian Wilhelm Karl von Pückler an den Kaiser (Praes. 15.5.1765) in HHSAW, RHR, D. R., K. 354/2. Zitat Kasimier von Wartenberg an den Kaiser (Praes. 26.8.1751) in ., K. 362/6; rekurrierte Christian Wilhelm Karl von Pückler an den Kaiser (Praes. 15.5.1765) in ., K. 354/2 auf den im Krieg erlittenen großen Schaden; Hohenlohe-Pfedelbach an den Kaiser (Praes. 31.8.1744) in ., D. ., K. 168, fol. 143r–159v, hier fol. 144v. Zitat Friedrich August von Isenburg-Büdingen an den Kaiser (Praes. 28.9.1756) in ., D, K. 1738/3; Georg Karl Ludwig von Leiningen-Westerburg an den Kaiser (Praes. 18.4.1760) u. ders. an den Kaiser (Praes. 27.1.1761) in ., K. 330; Karl von Waldeck an den Kaiser (Praes. 7.9.1758) in ., O. R., K. 1769/1; Kasimier von Wartenberg an den Kaiser (Praes. 22.2.1743) in ., D. R., K. 362/6; siehe den Verweis auf die prekäre Lage der Untertanen bei Hohenlohe-Pfedelbach an den Kaiser (Praes. 31.8.1744) in ., D. ., K. 168, fol. 143r–159v, hier fol. 144r. Hierzu ebenfalls A, Discurs, S. 18f. sowie R, S, Judenbilder, S. 54. Siehe A, Discurs. Der vorbildliche Friderich hält dem rücksichtslosen Roderich die Verrechtlichung grundherrlicher Verhältnisse vor Augen und argumentiert mit christlicher Moral und römischem Recht. Zu den Untertanenprozessen von Bauern T, Audigenz, S. 95–100; H, ,Hausvater‘, S. 52–75; A, Adel, S. 64–71; B, Hofökonomie, S. 40f.; S, Adel, S. 81–84. Vgl. hierzu H, Rechtsprechung; S, Untertanenprozesse; M, Reichs=Hof=Raths=Conclusa I–VIII; M, Reichs=Hof=Raths=Conclusa I; ., Reichshofratsconclusa I–IV; [R], Majestät; E, Reichs=Hof=Raths=Protocoll.

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adeliger Existenz wider.273 Das Narrativ vom sorgenden Familienoberhaupt verneinte nach Ansicht der Obrigkeiten die Auszahlung der Juden. Verstärkt wurde dieses Argument durch Hinweise auf den exklusiven Status des adeligen Familienoberhauptes als Reichsstand.274 So beschwerte sich Philipp von Croneck, dass diese Streit=Sache zwischen einen in ansehnlichen officio publico lebenden und angesessenen Reichs Cavallier an einem = und einen verdächtigen juden am andern theil ventiliret würde, mithin diese Klage schon wegen des enormen Standesunterschiedes bzw. der prinzipiellen Ehrlosigkeit des als kriminell verdächtigten Judens skandalös sei.275 Zusätzlich verwiesen einige Reichsadelige auf die persönliche Mitwirkung im Krieg als wichtigste adelige Legitimationsbasis und traditionelles adeliges Betätigungsfeld. Die Berufung auf den Kriegsdienst diente erneut der Abgrenzung von den Juden, die schließlich nicht zum Waffen tragen berechtigt seien.276 Die Klagen der jüdischen Gläubiger bewerteten die adeligen Herrschaften als einen Akt schmäh= und schimpfliche Arth.277 Die Klage sei Ausfluss des Hochmuts des unverschämte[n] Jud278 . Damit sahen sich die beklagten Ob273 274

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Einführend A, Adel, S. 124–131 u. S, Adel, S. 2–16. August Friedrich von Isenburg-Büdingen an den Kaiser (28.9.1756) in HHSAW, RHR, D, K. 1738/3 spricht von der Reichs-Ständischen achtung; Kasimier von Wartenberg an den Kaiser (Praes. 12.5.1752) in ., D. R., K. 362/6; HohenlohePfedelbach an den Kaiser (Praes. 2.12.1743) in ., D. ., K. 168, fol. 105r–126v, hier fol. 106v: unseren wahren worten und graflichen Ehren; zur Ausbildung des adeligen Ehranspruches zur Standesehre W, Ehre, Sp. 78. Zitat Philipp von Croneck an den Kaiser (Praes. 18.10.1742) u. ders. an den Kaiser (Praes. 21.2.1744) in HHSAW, RHR, D. R., K. 365/15. Nicht weniger entsetzt über die Klage Marum Kahns zeigte sich Ernst von Montfort an den Kaiser (Praes. 5.10.1750) in ., K. 383/1, der auf den entzwischen einen Immediaten Reichs-grafen und einen in vielen weege beschranckten Juden fürwaltende Unterschied verwies. Die Klage eines Juden gegen einen Reichsstand verletzte nicht nur die hochgeschätzte Ehr eines ReichsStands, zumal eines uhhralt gräflichen hauses, sondern passte schon gar nicht in das Bild der sozialen Ordnung des Reichs, verbiete sich von selbst und gegen alle Reichs Ständische Ehr, und Ansehen anstossenden an leidentlichen angriffigkeiten, und verleimderischen Inszichten die billichmässige genugthuung; ders. an den Kaiser (Praes. 5.10.1750) in .; Kasimier von Wartenberg an den Kaiser (Praes. 12.5.1752) in ., K. 362/6; Freiherren von Münster an den Kaiser (Praes. 17.3.1764) in ., K. 353/4; Hohenlohe-Pfedelbach an den Kaiser (Praes. 16.11.1744) in ., D. ., K. 168, fol. 160r–183v, hier fol. 163r–163v; Ludwig Friedrich von Sachsen-Hildburghausen an den Kaiser (Praes. 27.4.1750) in ., O. R., K. 1295/6. So Kasimier von Wartenberg an den Kaiser (Praes. 26.8.1751) in ., D. R., K. 362/6; Philipp Karl, Georg Wilhelm u. August von Erbach an den Kaiser (Praes. 16.4.1734) in ., O. R., K. 452/10; Karl von Waldeck an den Kaiser (Praes. 28.8.1758) in ., K. 1769/1; ebenso bezogen sich die Brüder von Münster an den Kaiser (Praes. 13.7.1762) in ., D. R., K. 353/3 auf ihre Beteiligung in der Reichsarmee während des Siebenjährigen Krieges bzw. auf ihre prekäre Stellung als potentielle Geisel im Bezug auf dem Feind; Hygle an den Kaiser (Praes. 30.2.1764) in ., K. 6/3; ders. an den Kaiser unter Signum O (Praes. 30.4.1764) in . Ernst von Montfort an den Kaiser (Praes. 5.10.1750) in ., K. 383/1. Karl Ludwig von Löwenstein-Wertheim an den Kaiser (Praes. 3.11.1747) in .,

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5. Selbstbilder und Ehre im Konflikt

rigkeiten als diejenigen an, die sich ob ihrer von den Juden angegriffene[n] Ehr beschweren mussten279 und fühlten sich eindeutig in der Opferrolle.280 Auf diese Weise transportierten die Obrigkeiten Vorstellungen von den spätmittelalterlichen Lastern der avaritia und der superbia bzw. schlossen an die Hochmutsvorwürfe bezüglich des jüdischen Glaubens vom ,auserwählten Volk‘ an.281 Zur Kontrastierung der eigenen Ehrauffassungen konstruierten die adeligen Reichsstände ein typisch jüdisches Wesen, das als Negativfolie für die eigenen Ehransprüche fungierte.282 Der unterstellte jüdische Hang zum Betrug lag in der klischeehaften wie metaphorischen Einstufung283 der Juden

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D. ., K. 178, fol. 758v–759r: querulant, verwegene jüdische Kläger (Zitat .); ders. an den Kaiser (Praes. 28.5.1748) in ., fol. 767v–768r; ders. an den Kaiser (Praes. 28.5.1748) in ., fol. 764v–765r; Hohenlohe-Pfedelbach an den Kaiser (Praes. 25.5.1751) in ., K. 168, fol. 387r–[???], hier fol. 388v; fuggerischer Amtmann Johann S. Hygle an den Kaiser (Praes. 30.4.1764) in ., D. R., K. 6/3: contract-brüchigen Juden; Philipp von Croneck an den Kaiser (Praes. 18.10.1742) in ., K. 365/15; Freiherren von Münster an den Kaiser (Praes. 17.5.1765) in ., K. 353/3; Castell-Remling’sche Vormundschaft an den Kaiser (Praes. 9.9.1755) in ., D, K. 2864/1: Hebräischen bösen Schriftsteller abermahlen Calumniantisch; Joseph Franz von Schönborn-Wiesentheid an den Kaiser (Praes. 18.10.1768) in ., K. 1216/3; Schwäbische Reichsritterschaft Kanton Neckar und Schwarzwald an den Kaiser (Praes. 6.11.1750) u. dies. an den Kaiser (Praes. 10.12.1750) in ., K. 681/2; Ferdinand Maximilian von Isenburg-Wächtersbach an den Kaiser (Praes. 15.3.1754) in ., D, K. 1738/3; Philipp Karl, Georg Wilhelm u. August von Erbach an den Kaiser (Praes. 16.4.1734) in ., O. R., K. 452/10; zur Ehrlosigkeit der Juden G, Jud Süß, S. 77 u. B, Juden (c), S. 15, 83. Ernst von Montfort an den Kaiser (Praes. 5.10.1750) in HHSAW, RHR, D. R.,K. 383/1: gegen alle Reichsständische Ehr; fuggerischer Amtmann Johann S. Hygle an den Kaiser (Praes. 30.4.1764) in ., K. 6/3: an Ehr und guten Nahmen andurch zu wachßenden damni irreparabilis; Ferdinand Kasimier I. von Isenburg-Wächtersbach in Brief des Kanzleidirektor Schmid an Legationsrat Bohn vom 23.2.1756 als Lit: E. in Ferdinand Kasimier I. an den Kaiser (Praes. 16.3.1756) in ., K. 359/2; Alexander von Hahn auf Remplin an den Kaiser (Praes. 14.10.1746) in ., D, K. 1902/1; ders. an den Kaiser (Praes. 25.4.1747) in . Schwäbische Reichsritterschaft an den Kaiser Lit: B (Praes. 20.8.1750) in ., D. R., K. 681/2: partem victricem; Hohenlohe-Pfedelbach an den Kaiser (Praes. 3.12..1751) in ., D. ., K. 168, fol. 486r–[???], hier fol. 492r: privilegii primae instantiae et Austraegarum, hier ebenso: zudeme aber das Jus Austraegale einem jeden Fursten des Reiches competirt und vermog desselben auch, die Fursten in primae instantiae vor ihren eigenen gerichten belanget werden können. H, Jude, S. 93; zum Hochmutvorwurf H, Sprache, S. 318–323. Ähnliches bei Süß Oppenheimer in H, Jude, S. 95–104 u. G, Jud Süß, S. 115f. R, S, Judenbilder, S. 21, 90f., 127.

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als Wucherer284 und Schacherer285 begründet, die allein auf ihren Vorteil bedacht seien.286 Wuchervorwürfe standen in der unterschiedlichsten Ausgestaltung im Zentrum der obrigkeitlichen Suppliken.287 Zahlenhyperbeln dienten der stilistischen Untermauerung und Dramatisierung. So urteilte der isenburgische Legationssekretär Bohn, dass gegen Juden in der Taußend und Taußendfältigen Erfahrung die gegründete Vermuthung existiret, daß unter ihren forderungen [. . . ] Wucher, VerVortheilung, und usuraria pravitatis stecke.288 Die hier gleichzeitig angebrachte Synekdoche (totum pro parte), d. h. die Verwendung des Plurals ,Juden‘ anstelle des Singulars, untermauerte die Vorstellung über die Unabänderlichkeit des jüdischen Wesens. Dem arbeiteten in jenen Jahren Metonymien (pars pro toto) zu. Christian Wilhelm Karl von Pückler urteilte bspw. am Ende der Regierungszeit Franz I. Stephans, dass so leicht kein Jude in der Welt zu finden [sei . . . ], welcher seine Gelder auf eine graume Zeit um Reichs-Constitutions-mäßige Zinsen zu 5. pro Cent ausleihen würde. Dem Juden läge die Erhaschung noch mehrerer Wucherlicher Ab-Zinsen am

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Ferdinand Maximilian von Isenburg-Wächtersbach an den Kaiser (Praes. 15.3.1754) in HHSAW, RHR, D, K. 1738/3: jüdische Wucher; Bericht der Kommission Sayn-Wittgenstein-Hohenstein an den Kaiser (Praes. 9.5.1758) in ., D. R., K. 383/2, hier Lit: A. Johann Wilhelm von Sayn-Wittgenstein-Vallendar am 22.2.1758 an Hedwig Elisabeth von Sayn-Wittgenstein-Hohenstein; Freiherren von Münster an den Kaiser (Praes. 17.5.1765) in ., K. 353/3; Wertheimer Regierung an den Kaiser (Praes. 27.1.1750) in ., D, K. 334; Hohenlohe-Pfedelbach an den Kaiser (Praes. 1.3.1746) in ., D. ., K. 168, fol. 224r–246v, hier fol. 226r; Karl Franz Wilhelm von Kametzky an den Kaiser (Praes. 9.12.1751) in ., K. 168/1, fol. 43r–62v, hier fol. 48v; Joseph Franz von Schönborn-Wiesentheid an den Kaiser (Praes. 29.8.1768) in ., D. R., K. 1216/3; Ludwig Friedrich von Sachsen-Hildburghausen an den Kaiser (Praes. 27.4.1750) in ., O. R., K. 1294/6. Siehe die Verwendung des Schacherbegriffs lediglich bei Lit: N. Gehorsamste Information in Sachen Dotres Samuel Stern von Legationssekretär Bohn in Friedrich August von Isenburg-Büdingen an den Kaiser (Praes. 7.1.1756) in ., D, K. 1738/8. Siehe zur synonymen Verwendung beider Begriffe R, S, Judenbilder, S. 90. Johann Wilhelm von Sayn-Wittgenstein-Vallendar an den Kaiser (Praes. 1.3.1754) in HHSAW, RHR, D. R., K. 383/2: Jüdische Streich; vgl. Christoph Ludwig von und zu Aufseß (Praes. 28.9.1747) in ., D, K. 259: listiger Streich; Ernst von Montfort an den Kaiser (Praes. 5.10.1750) in ., K. 383/1; Ingelheim an Kaiser (Praes. 28.7.1752) in ., D. ., K. 148; Karl Ludwig von Löwenstein-Wertheim an den Kaiser (Praes. 28.5.1748) in ., K. 178, fol. 766v. Johann Wilhelm von Sayn-Wittgenstein-Vallendar an den Kaiser (Praes. 1.3.1754) in ., K. 383/2; Freiherren von Münster an den Kaiser (Praes. 17.5.1765) in ., K. 353/3; Franz Xaver von Stein zu Ichenhausen an den Kaiser (Praes.17.2.1752) in ., K. 363/10, fol. 1r–43v, hier fol. 9r; Deutschordensregierung in Mergentheim an den Kaiser (Praes. 1.3.1754) in ., K. 367/4. Zitat Lit: N. Gehorsamste Information in Sachen Dotres Samuel Stern von Legationssekretär Bohn in Friedrich August von Isenburg-Büdingen an den Kaiser (Praes. 7.1.1756) in ., D, K. 1738/3.

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Herzen.289 Die Kombination der sinnverwandten Worte ,Wucherliche AbZinsen‘ diente dazu, einen Juden zu beschreiben, der in ähnlicher Form auf der gesamten Welt zu finden sei und damit als Beweis für die allein auf Betrug und Übervorteilung ausgerichteten jüdischen Geschäftspraktiken aller seiner Glaubensgenossen fungierte.290 Die Obrigkeiten ließen keinen Zweifel daran, dass Juden zu ehrlichen Geschäftspraktiken nicht fähig seien. Vielmehr galt für sie der (Geld-)Handel als typisch ,jüdisch‘ und firmierte als Ausdruck einer kriminellen Wesensart aller Juden.291 Alle diese Hinweise zielten letztlich darauf ab, die von den Juden intendierte sträffliche vervortheilung 292 und die als ein mit jüdischen Griffen umgebenes Weesen umschriebenen Schuldforderungen als illegitim darzustellen.293 In den obrigkeitlichen Supplikationen kamen Synonyme und affektive Wortreihen wie des Judens List und Gefährde294 , der jüdische[n] Vervorthei-

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Siehe Christian Wilhelm Karl von Pückler an den Kaiser (Praes. 15.5.1765) in ., D. R., K. 354/2; Ernst von Montfort an den Kaiser (Praes. 5.10.1750) in ., K. 383/1. Vgl. Castell-Remling’sche Vormundschaft an den Kaiser (Praes. 9.9.1755) in ., D, K. 2864/1: da hingegen es aller Orten bißweilen ehrliche – aber mehreren Theils betrügerische Juden giebt. Vgl. Christian Wilhelm Karl von Pückler an den Kaiser (Praes. 15.5.1765) in ., D. R., K. 354/2; Ernst von Montfort an den Kaiser (Praes. 5.10.1750) in ., K. 383/1. Vgl. hierzu G, Jud Süß, S. 70. Zitat Ferdinand Maximilian von Isenburg-Wächtersbach an den Kaiser (Praes. 15.3.1754) in HHSAW, RHR, D, K. 1738/3; Karl Franz Wilhelm von Kametzky an den Kaiser (Praes. 9.12.1751) in ., D. ., K. 168/1, fol. 43r–62v, hier fol. 48v; Freiherren von Münster an den Kaiser (Praes. 25.8.1762) in ., D. R., K. 353/3. Die Schuldscheine wurden zum Teil als gefälscht bewertet. So habe Model Hirsch Kuhn einen Teil des Wechselbrieff[es] unten weg geschnitten (vgl. Philipp von Croneck an den Kaiser [Praes.18.10.1742] in ., K. 365/15); Ingelheim an den Kaiser (Praes. 28.7.1752) in ., D. ., K. 148 warf Abraham Rost vor, er habe die Schuldscheine des Bischofs gefälscht und eine erschlichene chartam biancam des Fürstbischofs für seine Forderungen mißbrauchet, d. h. auf dieser dann die betreffenden Schuldforderungen an den Bischof eigenmächtig eingetragen; vgl. Karl Ludwig von Löwenstein-Wertheim an den Kaiser (Praes. 3.11.1747) u. ders. an den Kaiser (Praes. 28.3.1748) in ., K. 178, fol. 758v–759v, 768v u. 769v. Ähnliches gilt für die von Hohenlohe-Pfedelbach geforderte Vorlage der Handelsbücher Michael Isaaks, womit ihm implizit ebenfalls Betrugsabsichten unterstellt wurden (ders. an den Kaiser [Praes. 24.12.1743] in ., K. 168, fol. 99r–104v, hier fol. 100r–100v). Siehe Friedrich August von Isenburg-Büdingen an den Kaiser (Praes. 7.1.1756) in ., D, K. 1738/3; Ferdinand Maximilian von Isenburg-Wächtersbach an den Kaiser (Praes. 26.8.1754) u. ders. an den Kaiser (Praes. 29.8.1754) in .; Ferdinand Kasimier I. an den Kaiser (Praes. 7.1.1756) in ., D. R., K. 359/2; Johann Wilhelm von Sayn-Wittgenstein-Vallendar an den Kaiser (Praes. 1.3.1754) in ., D. R., K. 383/2. Philipp von Croneck an den Kaiser (Praes. 18.10.1742) in ., K. 365/15; Ernst von Montfort an den Kaiser (Praes. 11.2.1748) in ., K. 383/1: besondere hinterlißtung; Isenburg-Wächtersbach an den Kaiser (Praes. 4.4.1754) in ., D, K. 1738/3; ders. an den Kaiser (Praes. 15.3.1754) in .

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lungen und Räncken295 bis hin zu den Jüdischen Tücken und Betrügereyen296 vor. Sie dienten als Beweise für die Gemeinschädlichkeit der Juden.297 Nach Addition all dieser Vorwürfe entstand das dämonische Bild des bößhafften, raffinierten und arglistigen Juden298 , der als Dieb, Betrüger299 und Mißethäter300 firmierte. Verknüpft wurden diese weit verbreiteten Assoziationen mit einer Gleichsetzung des jüdischen Wuchers mit der Sünde.301 An solchen und ähnlichen Stellen steht der traditionell antijüdische Vorwurf im Raum, Juden würden als Feinde der Christen zu deren prinzipiellen Gefährdung agieren. In den Supplikationen verband sich dieser christlich konnotierte Antijudaismus mit dem

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Friedrich August von Isenburg-Büdingen an den Kaiser (Praes. 7.1.1756) in . Zitat Ferdinand Maximilian von Isenburg-Wächtersbach an den Kaiser (Praes. 29.8.1754) in .; in Lit: N. Gehorsamste Information in Sachen Dotres Samuel Stern von Legationssekretär Bohn in Friedrich August von Isenburg-Büdingen an den Kaiser (Praes. 7.1.1756) in . wird von tücke und listen gesprochen; Ernst von Montfort an den Kaiser (Praes. 8.4.1748) in ., K. 383/1; Abraham Rost agiere mit seiner erdichteten [. . . ] forderung laut Ingelheim an Kaiser (Praes. 28.7.1752) in ., D. ., K. 148 mit der größten Unwahrheit; Wertheimer Regierung an den Kaiser (Praes. 27.1.1750) in ., D, K. 334; Hohenlohe-Pfedelbach an den Kaiser (Praes. 21.5.1743) in ., D. ., K. 168, fol. 38r–52v, hier fol. 40r–40v; Castell-Remling’sche Vormundschaft an den Kaiser (Praes. 9.9.1755) in ., D, K. 2864/1. Siehe Ernst Friedrich Karl von Sachen-Hildburghausen an den Kaiser (Praes. 26.51766) in ., K. 1637. Zitate Philipp von Croneck an den Kaiser (Praes. 18.10.1742) u. ders. an den Kaiser (Praes. 21.2.1744) in ., D. R., K. 365/15; Ernst von Montfort an den Kaiser (Praes. 5.10.1750) in ., K. 383/1: gebrachte Arglist; Ferdinand Maximilian von Isenburg-Wächtersbach an den Kaiser (Praes. 12.12.1754) in ., D, K. 1738/3; Lit: N. Gehorsamste Information in Sachen Dotres Samuel Stern von Legationssekretär Bohn in Friedrich August von Isenburg-Büdingen an den Kaiser (Praes. 7.1.1756) in . Siehe die Schwäbische Reichsritterschaft Kanton Neckar und Schwarzwald an den Kaiser (Praes. 6.11.1750), dies. an den Kaiser (Praes. 10.12.1750) u. dies. an den Kaiser Lit: B (Praes. 20.8.1750) u. dies. an den Kaiser (Praes. 13.7.1752) in ., D. R., K. 681/2. Zur zeitgenössisch synonymen Verwendung der Begrifflichkeiten Wucherer, Schacherer und Dieb R, S, Judenbilder, S. 25; E, Verhöre, S. 355f., zum hohen Vorkommen von Betrugsklagen gegen Juden in Frankfurt ., S. 360f. Die bereits oben erwähnte Forderung nach einer Eidesableistung der Juden nach der RKG-Ordnung drückte zugleich den judenfeindlichen Vorwurf der jüdischen Arglist im rechtsnormativen Horizont aus, transportierte aber ebenfalls den diskriminierenden Vorwurf des Betrugs als religiös begründeten jüdischen Wesenszug und beabsichtigte die Destruierung des öffentlichen Leumunds der Juden. So bspw. Karl Ludwig von Löwenstein-Wertheim an den Kaiser (Praes. 28.3.1748) in HHSAW, RHR, D. A., K. 178, fol. 768r–768v (Zitat fol. 768v); Vormundschaftsregierung Wittgenstein-Wittgenstein-Hohenstein an den Kaiser (Praes. 5.12.1758) in ., D. R., K. 383/2; Franz Xaver von Montfort an den Kaiser (Praes. 7.12.1764) in ., K. 383/1. Ingelheim an Kaiser (Praes. 28.7.1752) in ., D. ., K. 148. Siehe den umfassenden Überblick über Sünde in der Frühen Neuzeit in A-P, Sünde, S. 400–413.

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5. Selbstbilder und Ehre im Konflikt

traditionellen Wucherstereotyp.302 Dass die in den Supplikationen der reichsadeligen Obrigkeiten vorgebrachten Wuchervorwürfe der ,gottlosen‘ Juden303 in die Tradition des mittelalterlich-kirchlichen Zinsnahmeverbots eingeordnet wurden, sollte an christliche Denkmuster der RHR-Räte anknüpfen.304 Mit dem Rückgriff auf die Wucher- und Schacherthematik schlossen die Obrigkeiten an traditionelle Vorstellungen über Juden als habgierigen Wucherer an, die seit den Schriften Martin Luthers305 Verbreitung fanden und durch opulente Kompilationen antijüdischen Gedankengutes bspw. eines Eisenmengers306 im Laufe des 18. Jahrhunderts einem breiteren Publikum zugänglich gemacht wurden. Gleichwohl ist zu konstatieren, dass sie nicht mehr so massiv wie noch im 16. Jahrhundert in obrigkeitlichen Eingaben präsent sind.307 Dennoch stellten sich die jüdischen Geschäftspraktiken in der Perspektive des unchristlichen Betrugs als systematische Bedrohung dar.308 Wucher reduzierte sich in den neu aufkommenden, der Aufklärung verschriebenen Lexika allein auf die Zinsnahme durch Juden.309 Wucher und Jude fielen semantisch und argumentativ zusammen, bedienten sich aber nun zugleich aktueller Diskussionen und Thematiken.310 Deutlich wird dies

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Vgl. ausführlich R, S, Judenbilder, S. 151–202, hier bes. S. 178–194; H, Sprache, S. 313. Karl Franz Wilhelm von Kametzky an den Kaiser (Praes. 9.12.1751) in HHSAW, RHR, D. ., K. 168/1, fol. 43r–62v, Zitat fol. 52v: Hebraische Schalck u. gottlose[n] practiques; Philipp von Croneck an den Kaiser (Praes. 18.10.1742) in ., D. R., K. 365/15. Vgl. Wertheimer Regierung an den Kaiser (Praes. 27.1.1750) in ., D, K. 334. Vgl. zum Zinsverbot T, Juden, S. 12; M, Studien, S. 511–542. Siehe D, Luther, S. 229–266; K, Judenschriften; eine komprimierte Darstellung diese Phänomens bei A-T, Wechselverbindlichkeiten, S. 372–377 mit weiterer Literatur u. umfassenden Quellenbelegen, zu ähnlichen Wuchervorwürfen am RKG ., S. 377–383; O-S, Luther; R, Bedeutung, S. 372. Vgl. E, Judenthum I, S. 597–613; B, Tractatus, S. 227–232. Siehe aus dem unzähligen Schriftgut bzgl. des ,jüdischen‘ Wuchers C, Consilium; vgl. S, Iudaicae, S. 15f. Franz Xaver von Stein zu Ichenhausen an den Kaiser (Praes. 16.10.1753) in HHSAW, RHR, D. R., K. 363/10, fol. 112r–130v, Zitat fol. 116r: das diese Gattung Leuthe, auf ihr hebräisches Gewissen hin, aus der Christen Seckel was sie wollten, heraus schwärmen könnten, kein Ehrlicher Mann mit seinem haab und guth mehr sicher wäre. Siehe H, Jude, S. 74–78. Z, Universallexikon 50, 1749, S. 732f., s. v. Wucher, (Juden=) Juedischer Wucher, oder Wucher der Juden, Lat. Doenus Judaicum. oder Usura Judaeorum. Siehe hierzu E, Verhöre, S. 355. Zum Wucherstereotyp R, Wucherer; F, Wucherjude, S. 126–135.

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in der Verwendung einer dezidierten Ausbeutungsmetaphorik wie jüdische Land=Schinders311 oder Seerauberey zu Lande.312 Diese Vorwürfe spielten dem Klischee des im 18. Jahrhundert vehement diskutierten Typus des Betteljuden als Mitglied einer Räuberbande argumentativ zu. Zugleich nahmen solche Hinweise auf die Probleme des besonders bekämpften Gauner- sowie Piratenwesens Bezug.313 Diese Negativanalogie setzte sich in der Beschreibung der Juden als böse Seuche weiter fort, die nicht nur über das eigene Land, sondern über das gesamte Reich komme.314 Bei dieser Metaphorik kamen sicherlich alte mittelalterliche Vorstellungen vom Juden als Brunnenvergifter und damit als Verantwortliche für Seuchen zum Tragen.315 Der Anschluss an die Seuchenthematik stellte die Juden nicht nur als christliches Gegenbild, sondern auch als politische Ordnungsgefahr dar. Hierdurch stilisierten die Beklagten die Juden zur Bedrohung für das öffentliche Gemeinwohl und bedienten sich zudem des Themas der obrigkeitlichen Seuchenbekämpfung.316 Hinzu gesellte sich eine alle anderen Erzählungen bündelnde Diskreditierungsstrategie. Indem die Juden als Blutsauger317 oder jüdische Blutegel318 im Sinne einer parasitären Entmenschlichung skizziert wurden, verdeutlich311

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Franz Xaver von Stein zu Ichenhausen an den Kaiser (Praes. 16.10.1753) in HHSAW, RHR, D. R., K. 363/10, fol. 112r–130v, Zitat fol. 125v; Hohenlohe-Pfedelbach an den Kaiser (Praes. 1.3.1746) in ., D. ., K. 168, fol. 224r–246v, hier fol. 226r– 226v: Landverderblichen Juden. Karl Franz Wilhelm von Kametzky an den Kaiser (Praes. 9.12.1751) in ., K. 168/1, fol. 43r–62v, Zitat eins fol. 50r, Zitat zwei fol. 52v; Pastor Johann S. Uhl in Sig: O. vom 5.11.1755 an das kaiserliche Landgericht Burggrafentum Nürnberg in dass. vom 8.9.1757 an den Kaiser (Praes. 30.9.1757) in ., D. R., K. 360/9 spricht von wegekappert. Ingelheim an Kaiser (Praes. 28.7.1752) in ., D. ., K. 148 betont, Abraham Rost habe als schlecht bemittelter Jud in höchst straffmäßige[r] Art und weiß, von den LandesUnterthanen heraus geschreckte nahmhafte Geld-Posten erpresst und könne nun seine Glaubigern [. . . ] als ein jederzeit arm gewesener Hebraer nicht befriedigen, noch gesichert stellen. Siehe hierzu ähnlich E, Judenthum II, S. 611: Judischen Schinderey; G, Jud Süß, S. 59–64; H, Jude, S. 104; H, Stellung, S. 347–379, hier besonders S. 362–364; D, Räuberbanden, S. 43–46 u. L, Gesellschaft, S. 99f.; siehe zur Verbindung von Juden u. Räuberbanden W, Minderheiten, S. 183–232; ., B, Diebslisten, S. 67–96 sowie F, Ziele, S. 410–412, 416–429. Karl Franz Wilhelm von Kametzky an den Kaiser (Praes. 9.12.1751) in HHSAW, RHR, D. ., K. 168/1, fol. 43r–62v, Zitat fol. 52v. Siehe zum Motiv der Juden als Brunnenvergifter R, S, Judenbilder, S. 194–202. Vgl. ebenso H, Sprache, S. 356–359; zu den Verfolgungen von 1348/50 siehe kurz W, Juden, S. 24–28. Einführend D, Seuchen, S. 19f.; ., Pest, S. 71–103, hier S. 95f.; H, Jude, S. 103; R, Diskurs. Karl Franz Wilhelm von Kametzky an den Kaiser (Praes. 9.12.1751) in HHSAW, RHR, D. ., K. 168/1, fol. 43r–62v, Zitat fol. 52v. Ludwig Ignatius von Vollmar zu Rieden an den Kaiser (Praes. 11.12.1753) in ., D. R., K. 363/10, fol. 143r–160v, Zitate fol. 154v–155r.

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5. Selbstbilder und Ehre im Konflikt

ten die reichsständischen Adeligen zwar erneut, dass die gesamtgesellschaftliche Ordnung durch die Juden gefährdet werde. Zugleich bezogen sie sich auf das seit den 1730er Jahren brandaktuelle Thema der ,Vampire‘, das sich nach der Eroberung Transylvaniens durch die Habsburgern über das gesamte Alte Reich und Europa ausbreitete.319 Das Blut stellte nicht nur ein zentrales Element in der volkstümlichen Magie dar, sondern knüpfte gleichfalls an die christliche Transsubstantiationslehre als christlicher Ordnungsvorstellung sowie an die Idee vom Blut als Sitz des Lebens und der Seele an.320 Damit verbanden sich erneut die antijüdischen Anschuldigungen des Ritualmordes und der Hostienschändung.321 Zugleich nahm das Blut bei den Juden eine zentrale Stelle bspw. mit Blick auf die Kashrut ein322 , die blutige Speisen absolut verbietet. Im Wesentlichen stellt sich in der Anbringung der Blutsaugermetapher der Umstand dar, dass die Juden in den obrigkeitlichen Suppliken zu metaphorischen Vampirgestalten mutierten323 , was mit einer weitreichenden Gleichsetzung mit obigen Bedrohungsszenarien einherging.324 Hierin drückte sich ein spezifisches Verständnis von der ökonomischen Gefährdung aus, deren Urheber die Juden waren. Diese Gefährdungslage wird weiter unten noch näher beleuchtet werden. Im Folgenden soll zunächst der Frage nachgegangen werden, wie die Juden auf diese obrigkeitlichen Argumentationsmuster reagierten. In der Konstruktion eigener Ehrvorstellungen rekurrierten die jüdischen Kläger hingegen in keinem Prozess auf ihren bedrängten Rechtsstatus als Juden. Vielmehr verwiesen sie darauf, dass sie die Geschäfte mit den Adeligen nur eingegangen seien, weil sie diesen aufgrund ihres Ehrcodes besonders vertrauten. Insofern rekurrierten die Juden auf die von den Adeligen kolportierte Ehrvorstellung und desavouierten sie auf diese Weise. Viele der jüdischen Kläger beteuerten vehement, dass sie es sich niemals hätten träumen lassen, von 319

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Vgl. H, Jude, S. 65–69 zur Verbreitung u. S. 69–72 zum Repertoire der Vampirthematik. Siehe hierzu R, S, Judenbilder, S. 131–136, der auf die Ersatzfunktion des Vampirismus für den Hexenglauben verweisen (S. 132). Vgl. K, Hintergründe, S. 83–111 u. K, Darstellung, S. 113–127. Insgesamt B, Blood, S. 85–131, hier unter Behandlung der antijüdischen Ritualmordbeschuldigungen, S. 158–165 zur Eucharistie und zum Blut als Sitz der Seele, zur Weitergeltung dieser Zusammenhänge zumindest im 16. Jh. S. 226–228; E, J, Blut, Sp. 304–312; B, Blut; ., Schuld, die betont, dass Blut als antijüdisches Stereotyp eher auf innerchristliche Problematiken hinweisen. Vgl. PC H, Magie. R, S, Judenbilder, S. 274–303 über die Ritualmordlegende als „Alltagsbildung“ (S. 16); H, Jude, S. 71, 73; H, Sprache, S. 351–356. Siehe H, Judenhaß, S. 425–448. Siehe die christlich-theologische Argumentation R, Argumentarium, S. 35–38. S, Merckwürdigkeiten I, S. 468 u. II, S. 349f. u. zur Kashrut allgemein T, Juden, S. 330–335. Siehe H, Jude, S. 72f., 86f. H, Sprache, S. 81 betont, dass Judenfeindschaft ein „theologisches,[. . . ] ökonomisches, soziales und psychologisches Phänomen war“.

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dem durchleichtigsten herrn käufer keine Rückzahlungen der Gelder zu erhalten. Vielmehr hätten sie in anfang vermuthet, und gehoffet [. . . ] sofort das baargeld zu empfangen.325 Schließlich befanden sich die jüdischen Gläubiger in der gute[n] Meynung, dass die obrigkeitlichen Beklagten die ordentlichst= und redlichste[n] Zahler von der Welt seien.326 Die von den obrigkeitlichen Schuldnern als Exklusionsmechanismus kolportierte adelige Ehrvorstellung nutzten die jüdischen Gläubiger ihrerseits aus, indem sie diese Exklusionsmechanismen gegen ihre Prozessgegner wandten. So sei säumiges Verhalten für Adelige in hohen Oberämbtern und zumal für solche, die sogar die Universität erfolgreich besucht hätten, vollkommen unwürdig.327 Für die Juden spiegelte sich hierin ganz klar ein Zeichen von wenig Ehre, für deren Fehlen sich die obrigkeitlichen Prozessgegner schähmen sollten.328 Folglich diente an diesem Punkt das Bild vom unzuverlässigen, adeligen Schuldner als Negativfolie für die eigene Ehrkonstruktion. Die jüdischen Kläger schilderten aber ebenso die eigene ökonomische Situation, die sie aufgrund des Verhaltens des Prozessgegners als äußerst prekär darstellten und die sich durch die Säumigkeit der Adeligen weiter drastisch verschlechtere.329 Einige malten offen ihren ökonomischen Ruin 325

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So David Dispecker an den Kaiser (Praes. 25.6.1764) in HHSAW, RHR, D, K. 1637 (Zitat ebd.); Samuel Simon an den Kaiser (Praes. 27.7.1746) in ., D. R., K. 373/9; Michael Isaak Erben an den Kaiser (Praes. 5.9.1748) in ., D. ., K. 168, fol. 274r–365v, hier fol. 284r sprechen von der heylig versprochene[n] Zahlung. Zitate Moises Benedikt Beifuß an den Kaiser (Praes. 31.7.1755) in ., D. R., K. 383/2; Erben Löw Sinzheimer an den Kaiser (Praes. 28.2.1760) in ., K. 382/10: als dem Hn: Implorato bestermaßen bekannt ist, daß man vor deßselben Person und Characteur den größten Egard getragen und denselben keinesweges dem in solchen Schuld=Forderungens=Sachen in Rechten prostirenden Rigeur unterwürfig gemacht, sondern nun so viele Jahre durch in Geduld gestanden und imer der rechtlichen Hoffnung gelebet habe, daß der herr Imploratus endlichmahlen seine vielen und noch letzthin gethanen Zahlungs=Zusicherungen Kraft geben. Vgl. Model Hirsch Kuhn an den Kaiser (Praes. 25.1.1744) in ., K. 365/15 (Zitate ebd.). Siehe Michael Simon Hanau an den Kaiser (Praes. 20.2.1758) in ., K. 168/1, fol. 88r– 95v, Zitate fol. 90r; Michael Isaak an den Kaiser (Praes. 14.8.1743) in ., D. ., K. 168, fol. 57r–80v, hier fol. 76r: für einen regierenden Herrn von einem so alten Hochgräfflichen Hauß seien solche Ausflüchte nicht wohl anständige Exceptiones Laesiones enormissimae, anatocisimi, plus petitionis, et praescriptionis. Erben Isaak Speyers an den Kaiser (Praes. 2.6.1745) in ., D. R., K. 362/7; Model Hirsch Kuhn an den Kaiser (Praes. 25.1.1743) in ., K. 365/15: seines baar ausgelehnten gelds noch auf viele Jahre sich beraubet sehen möge; ders. an den Kaiser (Praes. 18.6.1753) in ., K. 365/16; Jacob Ochs an den Kaiser (Praes. 27.2.1749) in ., K. 362/6. Der Reichsritter von Schmidtberg verwies für seinen Juden auf dessen prekäre ökonomische Lage, betonte er doch, dass ihm an einer baldigen kaiserlichen Resolution gelegen sei, besäße der Jude doch in dem Löwenstein-Wertheimischen viele und nahmhaffte passiva [. . . ], welche aus der ursachen nicht können hereingebracht werden, weil Aaron Nathan besagtes Territorium nicht sicher tretten dorff , sondern sich einer sehr harten allschon bedrohten arrest verstrickung zu beförchten habe (Aaron Nathan an den Kaiser [Praes. 30.8.1748] in ., D, K. 334; ders. an den Kaiser [Praes. 22.12.1749] in .); Michael Isaak an den Kaiser (Praes. 29.11.1742) in ., D. ., K. 168, fol.

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5. Selbstbilder und Ehre im Konflikt

an die Wand.330 Beifuß mutmaßte, sein Gläubiger wolle ihm die Gelder ans bein schnitzen, so dass er gezwungen sei, seine Creditores aus seinem Sack bezahlen zu müssen.331 Hiermit sollte zum einen Mitleid erzeugt werden, zum anderen eine Drohkulisse aufgebaut werden. Schließlich befanden sich jüdische Kaufleute in einem Netz ökonomischer Beziehungen zu christlichen und jüdischen Geschäftspartnern. Die jüdischen Kläger deuteten ein Szenario an, in dem bei einem eigenen Konkurs eine Prozesslawine ihrer Gläubiger an die Reichsgerichte einsetzen könnte.332 Die jüdischen Kläger brachten dieses Argument in Abstand von mehreren Jahren gegenüber dem RHR an, ohne dass in den Findbehelfen oder Protokollbüchern weitere Prozesse nachvollzogen werden könnten oder es gar tatsächlich zu nachweisbaren Konkursen gekommen wäre. Model Hirsch Kuhn bspw. verwendete die Erzählung von seinem drohenden Ruin innerhalb von zehn Jahren sowohl gegenüber dem RHR Karls VI., als auch dem Franz I. Stephans, ohne wirklich nachweisbar in finanzielle Probleme geraten zu sein.333 Neben tatsächlichen Bitten um Moratorien von Juden, die aber angesichts ih-

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1r–21v, fol. 5v u. dessen Erben an das kurbayerische Vikariatsgericht (Praes. 10.5.1744) in ., fol. 193r–199v, hier fol. 198r; Joseph Moises Schuster an den Kaiser (Praes. 13.3.1739) in ., O. R., K. 452/10; ders. an den Kaiser (Praes. 22.6.1739) in .; ders. an den Kaiser (Praes. 31.7.1747) in ., hier Pro Memoria als Sign: O:. Siehe Model Hirsch Kuhn an den Kaiser (Praes. 18.6.1753) in ., D. R., K. 365/15: bey noch längerer Verzögerung den völligen Verlust seines handlungs-Credits, und daraus nothwendige entspringenden gänzlichen Umsturz befahren müste; Isaak Speyer an das rheinische Vikariatsgericht, d. h. den bayerischen Kurfürsten (Praes. 22.6.1745) in ., K. 362/7, fol. 3r–3v, der betont, dass er nach 12 Jahren prozessieren beinahe gäntzlich ruiniert sei. Marum Kahn an den Kaiser (Praes. 10.4.1747) in ., K. 383/1; ders. an den Kaiser (Praes. 16.7.1764) in . Vgl. Model Hirsch Kuhn an den Kaiser (Praes. 22.6.1742, 30.9.1743, 18.6.1753) in ., K. 365/16; Getz Hayum an den Kaiser (Praes. 11.6.1750) in ., O. R., K. 1769/1; Michael Isaak an den Kaiser (Praes. 14.8.1743) in ., D. ., K. 168, fol. 57r–80v, hier fol. 76v–77r: sich durch Umbtrieb täglich in größeren Schaden versuncket zu sehen, welches bey längeren Verzug ihme zu seinem totalRuin ausschlagen könnte. Moises Benedikt Beifuß an den Kaiser (Praes. 31.7.1755) in ., D. R., K. 383/2; Marum Kahn an den Kaiser (Praes. 23.12.1748) in ., K. 383/1, der den Grafen beschuldigte, dieser habe von Anfang an darauf spekuliert, ihn um seinen Blut sauer gewordenen Verdienst zu bringen. So Joseph Callmann an den Kaiser (Praes. 12.10.1745) in ., D, K. 1191: sehr hart dringende[n] creditores; Moises Benedikt Beifuß an den Kaiser (Praes. 31.7.1755) in ., D. R., K. 383/2; Michael Isaak an den Kaiser (Praes. 29.11.1742) in ., D. ., K. 168, fol. 1r–21v, hier fol. 5v. Exakt auf diesen Punkt sich beziehend drohte Samuel Stern an den Kaiser (Praes. 16.12.1754) in ., D, K. 1738/3, dass angesichts der Vorkommnisse nur neue rechtsstreite nothweniger dingen entstünden. Dies konnte natürlich nicht im Sinne des RHR sein. Es dürfte anzunehmen sein, dass die Tätigkeit des RHR auf dem Gebiet der Wechselprozesse sich auf die Sicherung und Förderung des Handels und Verkehrs auswirkte. So arbeitet A-T, Wechselverbindlichkeiten, S. 435–440 eine solche Wirkung für die Arbeit des RKG heraus. Siehe Model Hirsch Kuhn an den Kaiser (18.6.1753) in HHSAW, RHR, D. R., K. 365/15.

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rer zeitlichen Verteilung eher als direkte Folge des Siebenjährigen Krieges zu bezeichnen sind334 , standen hinter solchen und ähnlichen Äußerungen strategische Absichten.335 Einerseits sollte mit diesem Vorgehen erneut der eigene Opferstatus plakatiert werden, andererseits zielten diese Anbringungen dezidiert auf den Kern der jüdischen Ehrkonstruktion. Deutlich wird dies in den Äußerungen Isaak Speyers. Zwar meinte Speyer, dass die große Wechselschuld, die er einzufordern habe, dazu führe, dass seine eigenen Gläubiger nun gegen ihn vorgingen. Zugleich führte er an, dass er seinen Credit darüber verlohren habe.336 Die Kläger scheinen Hinweise auf ihren Ruin – so vorsichtig dies vor dem Hintergrund des Wiener Quellenmaterials gemutmaßt werden muss337 – mehr als Topos denn als reale Gefährdung ihrer Subsistenz eingesetzt zu haben.338 334

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Siehe ., R, XVIII/145, fol. 215v (16.4.1761), 256r (4.5.), 258r (5.5.), 266r–266v (18.5.) u. ., XVIII/150, fol. 167r–168r (30.3.1763), 174r (11.4.), 219r (28.4.) zum Moratorium Nathan Moises Goldschmidt. Siehe das in den Protokollen nicht verzeichnete Moratoriumsgesuch Samuel Sinzheimers an den Kaiser (Praes. 19.1.1762) in ., D. R., K. 384/7, laut Supplikation aber vom Kaiser erteilt u. mindestens einmal verlängert worden war; siehe ., R, XVIII/118, fol. 67v (27.1.1750): Herz Ullmann, Schutz-Jud zu Pferse ct. beyden Juden Bernhard und Mayer Ullmann in pto moratorii. David Mayer Juda scheint nach seiner langen Haft von fast anderthalb Jahren tatsächlich in ökonomische Bedrängnis geraten zu sein, beantragte er doch ., XVIII/134, fol. 153r–154r (27.8.1756); ., XVIII/135, fol. 118r–119r (17.2.1757); ., XVIII/153, fol. 43r–43v (16.1.1764): David Meyer Juda und Sohn Schutz-Juden in Franckfurth, puncto Moratorii. Er verweist auf die nicht erfolgte Auszahlung seiner Schulden durch HessenDarmstadt u. die Folgen der Kulp-Kann’schen Wirren innerhalb der Frankfurter Gemeinde und die hierdurch erfolgte Entehrung, und die darüber unvermuthet sich ergebene Unordnung seiner Handelschafft und Geschäfften die einige Ursache seines dermahligen Verfalls seye. Ebenso sei dem RHR bekannt, was dem Imploranten, seit vielen Jahren her, seine gegen des Herrn Landt=Grafen von Hessen=Darmstadt Durch: habende beschwerde, und große forderungen, und dann die der Zeit unter der Judenschafft zu franckfurth entstandene Motus selbsten [. . . ] Weitläuffigkeiten zugezogen haben (Zitat ders. an den Kaiser [Praes. 20.6.1756] in ., D, K. 1530/4). Zitat Isaak Speyer an das rheinische Vikariatsgericht, d. h. den bayerischen Kurfürsten (Praes. 22.6.1745) in ., D. R., K. 362/7, fol. 8r–8v; Model Hirsch Kuhn an den Kaiser (Praes. 18.6.1753) in ., K. 365/15; Joseph Moises Schuster an den Kaiser (Praes. 11.3.1751) in ., O. R., K. 452/10; Joseph Callmann an den Kaiser (Praes. 28.6.1746) in ., D, K. 1191: schmählerung seines gäntzlichen Credits; Michael Isaak an den Kaiser (Praes. 29.11.1742) in ., D. ., K. 168, fol. 1r–21v, hier fol. 5v: seinen völligen Credit verlohren, mit weib und kindern nicht allein, sondern auch viele andere unschuldige seine Creditores in der äussersten armuths standt gerathen müsten; dessen Erben an den Kaiser (Praes. 17.3.1744) in ., fol. 127r–130v, hier fol. 127v. Letztlich könnte diese Frage nur durch eine aufwendige Recherche in den jeweiligen Heimatarchiven nachvollzogen werden. Samuel Simon, nun Salomon Sinzheimer als Cessionar (Praes. 29.3.1751) in ., K. 373/9 dagegen musste seine Forderung tatsächlich aus Nöthen an Salomon Sinzheimer cedieren. Marum Kahn dagegen wird als ausgewiesener kaiserlicher Großpferdehändler seine Forderungen an den Montforter Grafen eher im Rahmen seiner geschäftlichen Transaktion als aus finanzieller Notlage cediert haben (Marum Kahn an den Kaiser [Praes. 12.8.1762] in ., D. R., K. 383/1).

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5. Selbstbilder und Ehre im Konflikt

Der eigentliche Konkurs stand weit weniger im Zentrum als die schmählerung des Credits. Hinter dieser Formulierung stand der Verlust der eigenen Ehre.339 In Paragraph 107 JRA hieß es diesbezüglich: damit die Creditores nicht öffters aus blosser Widersetzlichkeit der Schuldiger nicht allein um die Schuld selbsten, sondern auch um allen Credit, Ehr und Nahrung gebracht werden.340 Ohne die Auszahlung des obrigkeitlichen Kredits drohte die Erhaltung Ehr und Credits sowie die Aufrechterhaltung des guten Rufs zu scheitern.341 Dass die Wendung ,Ehr und Credit‘ keineswegs allein in ökonomischen Fragen bei Juden gebräuchlich, sondern in innerjüdischen Konflikten eine entscheidende Relevanz besaß, zeigt die Gründlich= und ACTEN-mäßige Geschichts=Erzehlung. Diese Veröffentlichung ist im Rahmen der KulpKann’schen Wirren342 erschienen und der Partei Bär Löw Isaak Kanns zu zuschreiben. In dieser Schrift beschwerte sich Bär Löw Isaak Kann, dass David Mayer Juda ihn an seiner Ehr und Credits völlig zu berauben gedenke.343 Die Nichteinhaltung jeglicher Verpflichtungen gegenüber Dritten führte unweigerlich zum drohenden Reputationsverlust durch die Rumor=Macht.344 Ökonomischer Konkurs und moralische Abwärtsspirale bedingten sich gegenseitig. Der Kern jüdischer Ehrkonstruktion bestand in der Betonung ihres Status als ehrlicher Handelsmann345 sowie ihrem öffentlichen Leumund, d. h. von Ehrlichkeit und Redlichkeit im Geschäftsleben. Die Selbsteinschätzung 339

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Zitat Joseph Callmann an den Kaiser (Praes. 12.10.1745) in ., D, K. 1191; Jacob Ochs an den Kaiser (Praes. 16.8.1743) in ., D. R., K. 362/6; S, Trauerrede, S. 21 spricht vom nothwendige[n] Vertrauen in das Gewerbe. Zitat JRA § 107, in: B, Kaiser und Reich, S. 180–274, hier S. 227f. Jacob Ochs an den Kaiser (Praes. 17.10.1744) in HHSAW, RHR, D. R., K. 362/6; Benedikt Levi Gomperz an den Kaiser (Praes. 27.3.1754) in ., D, K. 2864/1; David Mayer Juda an den Kaiser (Praes. 4.4.1751) in ., K. 1524/1. Siehe hierzu K, Wirren. Vgl. Zitat Gründlich= und ACTEN-mäßige Geschichts=Erzehlung, ad Caussam Beer Löw Isaac/ und Süßkind Samuel Stern/ Schutz= und Handels=Juden zu Franckfurth am Mayn contra Ruben Benedikt Beyfuß/ David Mayer Juda/ & Consorten, in specie die appellantische Wechsel=Juden daselbst, Anno 1751 in ., R, D, K. 168. Siehe ebenso Ad Exhibitum Partis Adversae den 17.ten Martii & Decretum de eod. Anbefohlene unterthänige Erklär= und Vernehmlassung, wie auch hinlängliche gründliche Abfertigung derer gegenseitigen frechen Unwahrheiten und Calumnien/ juncto petito humillimo unser Beer Löw Isaac und Süßkind Samuel Stern / contra die 3. provisionaliter ernannte Casten=Meister, Exhib. den 5.ten May 1752 in . Siehe zum Aspekt der Ehre in innerjüdischen Auseinandersetzungen G, Autonomie. Zitat David Mayer Juda an den Kaiser (Praes. 9.8.1756) in HHSAW, RHR, D, K. 1530/4. Zitat Jacob Ochs an den Kaiser (Praes. 16.8.1743) in ., D. R., K. 362/6; Marum Kahn an den Kaiser (Praes. 23.12.1748) in ., K. 383/1; Brüder David Mayer Judas an den Kaiser (Praes. 26.4.1751) in ., D, K. 1524/1; Getz Hayum an den Kaiser (Praes. 23.2.1750) u. Lit H: ders. vom 1.7.1751 an seinen RHR-Agenten Gullmann in ders. an den Kaiser (Praes. 12.7.1751) in ., O. R., K. 1769/1: Ehrliche Leuthe; Michael Simon Hanau an den Kaiser (Praes. 27.3.1752) in ., D. ., K. 168, fol. 64r–70v, hier fol. 74v: handelsmann; Michael Isaak Erben an den Kaiser (Praes. 5.9.1748)

5.2 Die Jahre 1745 bis 1765

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als ehrlicher Kaufmann mündete in der ökonomischen Selbstbeschreibung vom gutherzige[n] glaubiger, der zum Opfer obrigkeitlicher Zahlungsunwilligkeit geworden war.346 Letztlich nahm diese ökonomische Ehre als Kaufmann eine zentrale Position in den jüdischen Supplikationen ein, denn ohne Ehr und Reputation, könne kein Mensch in der Welt leben.347 Die jüdischen Kläger beschrieben sich als ehrliche Kaufleute, die auf ihren öffentlichen Ruf und Leumund achten mussten.348 Damit sprachen die Juden den öffentlichen Charakter ihrer kaufmännischen Ehre an. Dieser Charakter war der eng mit ökonomischem Erfolg und Misserfolg innerhalb der kaufmännischen Gemeinschaft sowie gegenüber dem Gericht verknüpft. Nahmen diese Faktoren Schaden, schien damit der beruflichen Tätigkeit und der eigenen Subsistenz der Boden entzogen.349 Das obrigkeitliche Vorgehen erhielt eine dezidiert ehrverletzende Konnotation. Hierdurch wird das Selbstbewusstsein unterstrichen, mit dem die Juden ihre eigene Ehre definierten und gegenüber Reichsständen als politischer Führungsschicht des Reichs verteidigten. Bereits die Bewertung der Vergleichsangebote Simon Augusts von Lippe-Detmold durch Salomon Levi als ein Amüsement 350 deutet darauf hin, dass die Juden sich als diejenigen ansahen351 , die in ihrer kaufmännischen Ehre von den Obrigkeiten mit har-

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in ., K. 168, fol. 274r–365v, hier fol. 300v–301r; Joseph Moises Schuster an den Kaiser (Praes. 10.6.1748) in ., O. R., K. 452/10: geringe – aber doch ehrliche Leuthe. Zitat Simon Aaron Neustädtl an den Kaiser (Praes. 27.10.1746) in ., K. 178, fol. 744r; Marum Kahn an den Kaiser (Praes. 23.12.1748) in ., D. R., K. 383/1; Joseph Moises Schuster an den Kaiser (Praes. 30.8.1734) in ., O. R., K. 452/10: treuherziger, und zumahlen höchst bedurfftiger Mann u. ders. an den Kaiser (Praes. 10.6.1748) in . David Mayer Juda an den Kaiser (Praes. 28.6.1751) in ., D, K. 1524/1. Koppel Mandle Shutz undt Handels=Judt zu Bamberg = 2008f Num: 153. ex actis comissionalibus ad acta appellat: pertinens in ., D. R., K. 1216/2, hier Recesus Scriptus Replicarum loco In Liquidations-sachen Mein Koppel Mäntlein SchutzJudens zu Bamberg c. des herrn Grafens Joseph Frantz von Schönborn [. . . ] bezeichnet die Geschäftswelt als die ehrbare welt. David Mayer Juda an den Kaiser (Praes. 4.4.1751) in ., D, K. 1524/1: nicht münder mehr berührter hoffactor um Credit, haab, und guth gebracht, nicht nur vielle mit ihme in communione et negotiis sich befündliche Handels-leüthe in ohnersezlichen Schaden und völigen ruin gestürzet werden. Ähnliche Ergebnisse anhand den Aufzeichnungen Glikls von Hameln D, Lebensgänge, S. 24f. u. allgemein D, Maurermeister, S. 143f. Marum Kahn an den Kaiser (Praes. 4.11.1763) in HHSAW, RHR, D. R., K. 383/1, der davon spricht, dass der Graf von Montfort mit ihm hinsichtlich des Vergleichsangebots von 100 Dukaten wohl scherzet; ders. an den Kaiser (Praes. 14.2.1764) in .; Getz Hayum an den Kaiser (Praes. 11.6.1750) in ., O. R., K. 1769/1 meinte, dass der Fürst von Waldeck über seine schuldleuthe lachte. Model Hirsch Kuhn an den Kaiser (Praes. 22.6.1742) in ., D. R., K. 365/16 meinte, er müsse sich nun ausspotten lassen; Benedikt Levi Gomperz an den Kaiser (Praes. 27.3.1754) in ., D, K. 2864/1 spricht von einer Comoedie. Model Hirsch Kuhn an den Kaiser (Praes. 16.11.1753) in ., D. R., K. 365/16: scandalose herumgezogenen Kläger.

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5. Selbstbilder und Ehre im Konflikt

ten und injurieusen Terminis352 verletzt worden waren. Die Adeligen hätten sich durch einstreuung vieler nachtheiligen injurien einer solchen schreibarth gebrauchet die in denen Reichs abschieden und Reichs-Constitutionen bey hoher straff verbotten seyndt, indeme nicht erlaubet, Jemand an seinen guten nahmen und leyhmuth in denen Handlungen an zugreiffen.353 Diesen Umstand der adeligen Ehrverletzung verdeutlichten sie mit Hinweisen auf ihr großes Engagement.354 Auf diese Weise strichen sie ihre hohen Ansprüche an sich im Sinne einer kaufmännischen Fleißethik hervor.355 Um ihren Leumund zu schützen, legten einige jüdische Kläger zusätzlich Bescheinigungen ihren Suppliken bei. Mit ihnen bezeugten bekannte, kaufmännische Persönlichkeiten – seien es Juden oder Christen – aus dem lokalen 352

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Model Hirsch Kuhn an den Kaiser (Praes. 3.7.1744) in ., D. R., K. 365/16; Moises Benedikt Beifuß an den Kaiser (Praes. 31.7.1755) in ., K. 383/2 spricht von größere Beschähmung; Joseph Moises Schuster an den Kaiser (Praes. 30.8.1734) in ., O. R., K. 452/10: Da auch schließlichen der gegnerische Concipient seine gleysnersiche Eingelencke damit zu beschönen und zu bemänteln Erachtet, wann Er [. . . ] calumnioser weiße vor einen gewinnsüchtigen, ohnerlaubten Wucher treibenden Juden außgeruffet, welcher dem hochsee. Herrn Graffen, auff alle arth und weiße [. . . ] betrogen haben soll, so hätte man zwar billige Ursache, solche grobe Injurien zu vindiciren; Marum Kahn an den Kaiser (Praes. 23.12.1748) in ., K. 383/1 hielt sich über solche verbottene Ehren Antastungen sogar die Satisfaction in Seperatu per expresse vor, die aber der hochgräflichen Parthey nicht wohl anstünden; vgl. Benedikt Levi Gomperz an den Kaiser (Praes. 17.1.1747) in ., D, K. 2864/1. Koppel Mandle Shutz undt Handels=Judt zu Bamberg = 2008f Num: 153. ex actis comissionalibus ad acta appellat: pertinens in ., D. R., K. 1216/2, hier Recesus Scriptus Replicarum loco In Liquidations-sachen Mein Koppel Mäntlein SchutzJudens zu Bamberg c. des herrn Grafens Joseph Frantz von Schönborn [. . . ]. Die Erben Salomon Levis mahnten eindringlich, dass die lippische Rentkammer ihnen doch trauen und ihren Moritifkations-schein angesichts ihrer angewandte[n] Mühe und Kösten für die Auffindung ihrer Wechselscheine annehmen könne. Nach ihrer Meinung war ihr Wort als ehrenhafter Kaufmann soviel wert, dass auch ein Reichsstand darauf zählen könne (vgl. Erben Salomon Levis an den Kaiser [Praes. 8.4.766] in ., K. 373/3); Michael Isaak an den Kaiser (Praes. 14.8.1743) in ., D. ., K. 168, fol. 57r–80v, hier fol. 67r; Moises Benedikt Beifuß an den Kaiser (Praes. 31.7.1755) in ., D. R., K. 383/2. Ebenso äußerten sich Bär Löw Isaak und die Erben Moses Alexander Braunschweigers empört über die Vorgehensweise des Frankfurter Senats, ihnen bezüglich ihrer vom RHR als liquid, d. h. rechtmäßig anerkannten Schuldforderung einen Eid bey der großen Thorah abzufordern und sahen sich in ihrer Ehre als Kaufmann beeinträchtigt (vgl. Bär Löw Isaak und Erben Moses Alexander Braunschweigers an den Kaiser [Praes. 10.1.1757] in ., D, K. 1137); Koppel Mandle Shutz undt Handels=Judt zu Bamberg = 2008f Num: 153. ex actis comissionalibus ad acta appellat: pertinens in ., D. R., K. 1216/2, hier Recesus Scriptus Replicarum loco In Liquidations-sachen Mein Koppel Mäntlein SchutzJudens zu Bamberg c. des herrn Grafens Joseph Frantz von Schönborn. Vgl. F, Advice, S. 2f.: The most triffling Actions that effect a Man’s credit, are to be regarded. The Sound of your Hammer at Five in the Morning or Nine at Night. heard bey a Creditor, make him eafty six Months longer. But if he sees you at a Billard Table, or hears your Voice in a Tavern. when you should be at work, he seads for his Money the next Day.

5.2 Die Jahre 1745 bis 1765

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Raum den jeweiligen exzellenten Leumund. Mit Blick auf ein Verzeichnis mit 75 hochrangigen Persönlichkeiten betonten die Brüder David Mayer Judas, dass eine solche Liste schwerlich ein anderer handels-Jud bekommen dürfte.356 Desgleichen akzentuierten einige jüdische Kläger ihre herausragende soziale Stellung als getreuesten HoffFactor357 des Kaisers und des Reichs358 , für die sie sich bspw. als kaiserliche Pferdehändler359 einsetzten und in dieser Funktion folglich mit Angelegenheiten rei publicae befasst seien.360 Dabei wurde die Ehre, die sich der ,jüdische‘ Handelsmann aneignete, anders als noch 150 Jahre zuvor abseits religiöser Unterscheidungen definiert. Religiöse Aspekte wurden als Bewertungs- und Geltungsgrundlage sogar explizit ausgeschlossen: vor der gantzen Ehrbaren Welt, jederzeit vor ein auffrichtigen und Ehrlibenden Mann bekanntermaßen passiret, also auch hauptsächlich in Contractibus die Religion gar nicht in consideration gezogen werden könne, dieweil in dergleichen fällen von einem jedweden [. . . ] ratione der Ehrlichkeit mit einem jeden Bilanziren laßen kan.361 Die jüdischen Gläubiger fürchteten demnach sehr um ihren moralischen Kredit bei der kaufmännischen Gemeinschaft, zu der sie sich ungeachtet ihrer religiösen 356

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So bspw. 24 jüdische und christliche Gläubige der Fradel Hayum an den Kaiser (Praes. 26.4.1756) in HHSAW, RHR, O. R., K. 1769/1 o. das Attestat vom 6.4.1751 von 75 prominenten Frankfurter jüdischen und christlichen Kaufleuten in Lit: E. für David Mayer Juda in dessen Brüder an den Kaiser (Praes. 26.4.1751) in ., D, K. 1524/1 (Zitat aus Supplik). David Mayer Juda an den Kaiser (Praes. 22.4.1751) (Zitat .); siehe ebenso ders. an den Kaiser (Praes. 26.4.1751) in . Siehe Marum Kahn an den Kaiser (Praes. 14.2.1764) in ., D. R., K. 383/1; Model Hirsch Kuhn an den Kaiser (Praes. 16.11.1753) in ., K. 365/16. Vgl. Nathan Moises Goldschmidt an den Kaiser (Praes. 19.6.1759) in ., K. 353/2: als einen in allerhöchsten kaysern diensten occopirten Mann oder zu allerhöchsten kay: und könig: diensten, und der tiefst zu verherende allerhöchste kaye Paß, der aller Orthen vim Salvi conductus haben solle, und ein wahrhafftes kayserliches sicheres geleit ist; ders. an den Kaiser (Praes. 25.2.1763) in ., K. 384/2; Marum Kahn an den Kaiser (Praes. 12.8.1762) in ., K. 383/1; David Mayer Juda konnte auf dem durchleichtigsten Ertzhauß geleisteten ersprießlichen Diensten (da mit vielen geld-zahlungen, denen kayßn könign Armeen an die hand gegangen) hinweisen, übernahm er doch während des österreichischen Erbfolgekrieges die Geldtransporte für die in den habsburgischen Niederlanden stationierten Truppen (siehe die Verleihung des Hoffaktorenpatents vom 3.7.1750 in ., R, A, K. 1/4, fol. 186r–194v, hier Zitat fol. 187r); Samuel Sinzheimer an den Kaiser (Praes. 19.1.1762) in ., RHR, D. R., K. 384/7. Zitat Marum Kahn an den Kaiser (Praes. 12.8.1762) in ., K. 383/1. Siehe Nathan Moises Goldtschmidt an den Kaiser (Praes. 19.6.1759) in ., K. 353/3. In diesem Sinne verwiesen die Brüder des soeben genannten David Mayer Juda auf seine unmittelbare Tätigkeit für den Kaiser und seiner Frau Maria Theresia, die ihn nach Wien geführt habe. Siehe David Mayer Juda an den Kaiser (Praes. 4.4.1751) in ., D, K. 1524/1: sondern auch dero frauen gemahlin kay[serlicher] könig[iglicher] May[estät] allerhöchstes Interesse empfindlichst periculiriten dörffte, allermaßen Er hoff factor unter anderem villen kostbahren Effecten, Wechsel=Brieffen und dergleichen, nur allein vor das kay[serlich] könig[lich] löb[liche] Kupferambt einige 1000f bey sich führet. Joseph Moises Schuster an den Kaiser (Praes. 30.8.1734) in ., O. ., K. 452/10.

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5. Selbstbilder und Ehre im Konflikt

Zugehörigkeit gleichberechtigt hinzuzählten und sich damit selbstbewusst in die allgemeine Ehrvorstellung der kaufmännischen Welt einordneten.362 Säckel Fränkel ging dagegen auf den grundsätzlichen Schutz seines Eigentums sowie auf die Sicherheit seines Gewerbes und vor allem seiner eigenen Person sowie Familie ein. Er tat dies zwar durch die Verwendung des Ehrbegriffs, schlug dabei aber eine gänzlich neue Richtung ein. Säckel stritt in Sulzbach mit der Bürgerschaft um die Sperrung seines Hausdurchgangs, welcher den Markt und eine parallel verlaufende Gasse miteinander verband.363 Da er in seinem Haus auf Erdgeschossebene kein Zimmer in Richtung der besagten Gasse besitze, sei er durch eine von der Sulzbacher Regierung angeordnete Öffnung seines Hausdurchgangs dazu gezwungen, bei jedem Anläuten von seinem auf der Marktseite gelegenen Laden den weiten Weg hinunter Richtung der Gasse zu eilen, um den jeweiligen Personen dort die Tür aufzuschließen. Beraube ihn das schon wertvoller Geschäftszeit, so könne er die Passanten erst recht nicht ständig beaufsichtigen, so dass er befürchtete, die in seinem Durchgang gelagerten Waren könnten unbemerkt gestohlen werden.364 Ausführlich schilderte er zudem die ihm durch den freien Durchgang entstehenden Inconvenientien, Unordnungen und Verdrießlichkeiten. Besonders sei dies der Fall, wenn er auf jedemahliges anschellen nicht also gleich aufgemachet, so wäre Appellantens Principal mit Weib, Kindern und Gesinde dem stündlichen, ja augenblicklichen anzäncke, auch real- et verbal injurien ausgesetzet.365 Das eigentliche Hauptargument bezüglich seiner Besitz- sowie 362

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Ders. an den Kaiser (Praes. 10.6.1748) in . führte in diesem Rahmen mit deutlichen Wort aus, dass es einem Juden frei stehen müsse, durch Handel und Wandel sein Auskommen auf erlaubte Arth zu verdienen. Vgl. zu diesem Fall G, Causa. Vgl. ., D. R., K. 358/2 u. ., R, K. 74: Relatio in Sachen Säckel Fränckel schutzjud zu Sulzbach ct. Burgermeister und Rath daselbst, appellationis. Siehe hierzu SAA 5.2 554 u. SA S-R A 0161. Da der Fall aus dem städtischen Umkreis stammt, kann er hier nicht weiter vertieft werden. An dieser Stelle sei gleichwohl auf das Aktenmaterial zum Fall in HHSAW, RHR, D. R., K. 358/2, SAA 99 104 und vor allem Sulzbach[ische] Acta. in Klag Sachen des hiesigen Schuz=Judens Säckel Fränckel contra BurgerM[eiste]r und Rath, und samt[liche] Burgerschaaft; wegen des ihme durch sein Hauß aufgeburdet werden wollenden durchgangs. 1751 in . (= S[] A) sowie auf SAA 5.2 554 und SA S-R A 0161 hingewiesen. Hierzu Supplikation Säckel Fränkels an den Kaiser (Praes. 25.9.1752) in HHSAW, RHR, D. R., K. 358/2 u. Gegenbericht ders. an den Kaiser (Praes. 18.6.1753) in . Insofern wirke sich der Durchgang absolut geschäftsschädigend auf sein Gewerbe aus (vgl. ders. an den Kaiser [Praes. 25.9.1752] in .; Gegenbericht dess. an den Kaiser [Praes. 18.6.1753] in . sowie ders. an die Regierung in Sulzbach am 8.2.1752 in S[] A, fol. 24r–32r, hier fol. 26r) und müsse daher verschlossen bleiben (vgl. Gegenbericht dess. an den Kaiser [Praes. 18.6.1753] in HHSAW, RHR, D. R., K. 358/2). Zitate ders. an den Kaiser (Praes. 25.9.1752) in .: und würde der transitus von einigen übel gesinnten desto mehrer gemißbrauchet werden können, als ein jeder Gassenjung, auch mit seiner eigenen incommoditaet, solchen alle Stund mehrmahlen dadurch praetendiren = und wann man deme das geringste dargegen, auch mit gelassen= und bescheidenheit ob-

5.2 Die Jahre 1745 bis 1765

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Persönlichkeitsrechte vermengte demnach Geschäft und Ehre miteinander. Zugleich verwies dieses Argument auf seine prekäre Stellung bezüglich der Hausdurchgangsfrage, seien hierdurch doch sein Haußfrieden und Sicherheit nicht zuerhalten.366 Deutlich wird, dass er sich der christlichen Vorstellungen aus der Hausväterliteratur über den ,Hausfrieden‘ und der ,Hausehre‘ bediente, die jetzt das jüdische Eigenheim als eine im Konfliktfall geschützte Zone argumentativ konstruierten.367 Die von Säckel Fränkel an dieser Stelle verwendete Begrifflichkeit naturale Libertatem sicherte das Eigenheim als geschützte Zone weiter ab.368 Konkret deutete diese Begrifflichkeit auf eine weit verstandene Handlungsfreiheit gegenüber einem umfassenden Herrschaftsanspruch. In diesem Fall bezog sich dieser Herrschaftsanspruch gegen die Bürgerschaft, die von sich behauptete, im Besitz eines exklusiven Bürgerschaftsrechts zu sein. Dieses Exklusivrecht räume ihr alle Rechte bezüglich der Druchgangsfrage gegenüber Säckel Fränkel ein. Säckel Fränkel wies diesen Anspruch mit Blick auf seine natürliche Freiheit ab und betonte damit sein Recht auf freie Entfaltung innerhalb seines nach außen hin geschützten Hauses. 5.2.2 Funktionale Selbst- und Fremdbeschreibungen von Adeligen und Juden Die adeligen Reichsstände des 18. Jahrhunderts formulierten ihre Funktionsvorstellungen auf der Negativfolie einer jüdischen Betrugsökonomie.369 Dabei kamen wiederum ältere Stereotype, durchmengt mit aktuellen Narrativen, zum Einsatz. Mit ihrer Hilfe verdeutlichten die Adeligen ihre Funktion als Reichsstand. Zugleich spiegelte sich hierin ihr ausgeprägtes Standesdenken im Rahmen der Adelsehre.370 In diesem Themenkomplex nahmen die Fürsorgepflicht für die eigene Familie und deren standesgemäße Versorgung einen zentralen Stellenwert ein. Eine Auszahlung der Juden drohe die Familie wegen hinlänglicher Subsistenz in grosse Verlegenheit zu stürzen.371 Dieser Punkt

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moviren wollte, daraus Verdruß, Uneinigkeit, Thätlichkeit, in fine aber zahlreiche processus und verderbliche Kösten ohnfehlbar erfolgen, auch der Eigenthümer nebst denen seinigen in seinem eigenen Hauß [. . . ] öffter übele Tractaments [. . . ] überkommen und also in seinen 4. Pfählen nimmermehr sicher. Zitat Gegenbericht dess. an den Kaiser (Praes. 18.6.1753) in . Vgl. E, Haus, S. 200–205. Zitat Säckel Fränkel an die Regierung in Sulzbach am 8.2.1752 in S[] A, fol. 24r–32r, hier fol. 31v. Siehe zur natürlichen Freiheit kurz K, Freiheit, S. 123– 126 G, Jud Süß, S. 62f. G, Adel; ., Adelsleben; G, Adelsehre, Sp. 54–56. Direktor und Räte der Grafschaft Leiningen-Westerburg am 22.3.1760 an Johann Philipp von Gullmann in Georg Karl Ludwig von Leiningen-Westerburg an den Kaiser (Praes. 18.4.1760) in HHSAW, RHR, D, K. 330; Kasimier von Wartenberg an den

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5. Selbstbilder und Ehre im Konflikt

verdeutlichte die Tragweite der jüdischen Forderungen, die in den Augen der Reichsadeligen direkt die standesgemäße Lebenshaltung eines adeligen Hauses bedrohte.372 In einigen Fällen ging hiermit zugleich die Absicht einher, die jüdischen Forderungen eben nicht als Land-Schuld erscheinen zu lassen, sondern sie als vom Vorgänger ererbet 373 und daher ad massam allodialem gehörend zu definieren.374 Die Frage bezüglich der Bewertung der jüdischen Schuldforderungen als Allodial- und Feudalschulden spielte im Zusammenhang mit Hausverträgen und Fideikommissen eine erhebliche Rolle in der obrigkeitlichen Argumentation. Die Schilderung der Fideikommisse verknüpfte sich erneut mit der exklusiven Stellung als adeliger Reichsstand. Die verschiedenen Zweige der Familie Hohenlohe bspw. betonten nach dem Tod Ludwig Gottfrieds, des letzten Grafen von Hohenlohe-Pfedelbach, dass dieser gemäß dem Hausvertrag von 1511 zu viele Schulden gemacht habe. Die Schuldsumme müsste daher aus dem Allodialerbe gezahlt werden.375 Das Feudalerbe der Familie sei dagegen unbedingt zu schützen, da es schließlich im hey[ligen] Römischen Reich decidirte thesis seye, welchen kecker Griff eben dieße Juden auch bey Ew[rer] Kayßer[lichen] Mayestät Geheiligten Justiz=Thron [. . . ] zu wiederhohlen, vermuthlich nicht unterlaßen werden: da doch deme zum geraden wiederspiel die

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Kaiser (Praes. 12.5.1752) in ., D. R., K. 362/6: fast alle Mittel einer Standesmäßigen Subsistenz benommen; ders. an den Kaiser (Praes. 22.2.1743) in . verwies darauf, dass sich seine Familie nach Frankfurt begeben habe und dort mit großen Kosten zehren müsse. Ebenso seien durch die RKG-Exekutionskommission im Fall von Morsey ct. von Wartenberg die gesamte Waldungen und die Korn- und haber-früchte gepfändet worden (ders. an den Kaiser [Praes. 12.5.1752] in .). Der Ritterkanton Röhn-Werra an den Kaiser (Praes. 18.10.1759) in ., K. 353/3 betonte, dass die Wittums-Gelder der Freifrau von Münster für ihre Unterhaltung ausschließlich bestimmt seien. Konstantin von Hessen-Rheinfels-Rothenburg betonte, er könne über keinen von Gott, der Natur, und Rechtswegen competierende[n] fürstlichen unterhalt verfügen und den Juden zum jetzigen Zeitpunkt nicht auszahlen, ohne seine standesgemäße Lebenshaltung einzuschränken. Siehe ders. an den Kaiser (Praes. 23.4.1748) in ., K. 373/9 (Zitate ebd.). Diese skizzierte Eigenschaft von Unterhaltsgeldern für die angemessene Subsistenz eines Reichsstandes veranlasste die Vormundschaftsregierung Wittgenstein-Wittgenstein-Hohenstein zur Behauptung, solche existierten alleine für eines Reichsgrafen Standtsmäßigen Unterhalt. Siehe Vormundschaftsregierung Wittgenstein-Wittgenstein-Hohenstein an den Kaiser (Praes. 5.12.1758) in ., K. 383/2 (Zitate .). Siehe hierzu auch F, Repräsentation, S. 483–505; D, Repräsentation, S. 181–206. Zitate August Friedrich von Isenburg-Büdingen an den Kaiser (Praes. 28.9.1756) in HHSAW, RHR, D, K. 1738/3. Zitat Lit: N. Gehorsamste Information in Sachen Dotres Samuel Stern von Legationssekretär Bohn in Friedrich August von Isenburg-Büdingen an den Kaiser (Praes. 7.1.1756) in . Zum Haus Hohenlohe und den familieninternen Konfliktlinien einführend P, Hohenlohe, S. 167–188; Hohenlohe-Pfedelbach an den Kaiser (Praes. 1.3.1746) in ., D. ., K. 168, fol. 224r–246v, hier fol. 224r–225v.

5.2 Die Jahre 1745 bis 1765

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Bewährtesten Lehrer des Teutschen Staats=Rechts gänzlichen dafür halten: daß es um das Lustres deren alter fürnehmen Häußeren gar bald geschehen seyen würde: wann man die jenige Ständen deren vorfahren Ihren auslaagen keine Schrancken zu setzen gewust, so schlechthin zur Zahlung übel angelegt= und offt zum hundertsen Theil nicht einmahl empfangener gelderen, anhalten wollte.376 Die Stellung als Reichsstand mit einer ansehnlichen Tradition verbiete es demnach, einem betrügerischen Juden Recht zu geben. Hinzu kam die Ansicht, dass das Erbe des ausgestorbenen Familienzweigs HohenlohePfedelbach ein Fideikommiss sei. Als Grundbesitz bilde es einen Vermögensbegriff, der durch Beschränkung von Veräußerungen und Belastungen sowie durch die Festlegung einer männlichen Nachfolgeregelung der Bestimmung zugeführt worden sei, der adeligen Familie eine wirtschaftlich sichere und zugleich eine in der reichsständischen Gesellschaft hervorragende Stellung zu verschaffen. Insofern argumentierten die Hohenloher, dass sie ex pacto et providentia Majorum ihr Erbrecht nicht vom unmittelbaren Vorgänger her bezögen, sondern von ihren Vorfahren, welche die Hausgesetze erlassen hätten. Ihr Vorgänger habe gegen die Bestimmungen Letzterer durch übermäßiges Verschuldung verstoßen. Damit seien die Schuldforderungen der Juden für sie vollkommen hinfällig, da im Horizont der Hausgesetze illegal.377 Die Grafen von Erbach versteiften sich ebenfalls auf eine solche Sichtweise bezüglich der Trennung von Allodial- und Feudalerbe angesichts bestehender Familienfideikommisse.378 Diese Fideikommisse sahen sie als 376 377

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Ders. an den Kaiser (Praes. 1.3.1746) in ., fol. 224r–246v, hier fol. 226r–226v. Siehe ders. an den Kaiser (Praes. 3.12.1751) in ., fol. 486r–[???], hier fol. 486v; Ferdinand Kasimier I. an den Kaiser (Praes. 7.1.1756) in ., D. R., K. 359/2: als ex providentia et pacto Majorum Successor in Commitatu quaest: privat= und Winkel=Schuldt schlechter dingen nicht agnosciren können; Philipp Karl, Georg Wilhelm u. August von Erbach an den Kaiser (Praes. 16.4.1734) in ., O. R., K. 452/10; dies. an den Kaiser (Praes. 16.4.1735) in ., wo sie nochmals explizit auf sich als Status des Reichs hinwiesen. Vgl. E, Kampf, hier insbesondere zum obigen Wesen der Fideikommisse u. die Diskussionen hier aus rechtsnormativer Sicht S. 27–109 u. S. 79–89, 102–104. Philipp Karl, Georg Wilhelm u. August von Erbach an den Kaiser (Praes. 16.4.1734) in HHSAW, RHR, O. R., K. 452/10 skizzierten den großen Verfall ihres alt-gräfflichen Haußes und der sich hervorgethanen erstaunlichen solches fast zu Boden druckenden Erbach=Erbachischen Schulden=Last weilen dieselben wohlermelten ihres verstorbenen herrn Vetters Erben nicht worden, sondern nur Successores in feudo seijn und klare Rechtens ist, daß ein Lehnsfolger aus dem Lehen seines Vorfahren personal=Schulden zu bezahlen nicht pflichtig. Man übernehme keine Verantwortung für die Schuldposten, da es eine Privatschuld sei und ausserdem beij dem großen Schulden=Staat viel moderater einzurichten gewesen wäre es sei kein Recht in der Welt vorhänden, das ihnen die Übernahme der Schuld auferlege. Auch sie verwiesen auf ein Hausgesetz von 1544 sowie hierin festgelegte Familienfideikommisse, die zur erhaltung ihres hochgräflichen Stames und Nahmens dienten. Auch in der Causa Salomon Bär ct. Öttingen-Wallerstein ging es um eine Schuldforderung und einzulösender Pfänder (Salomon Bär an den Kaiser [Praes. 6.11.1758] in ., D. R., K. 384/3), die laut Beteuerungen des Grafen von Öttingen in Fideicommisso universali Familia standen und daher von genannten Vor-

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5. Selbstbilder und Ehre im Konflikt

ein unumstößliches Gesetz an, das von jedem – auch vom Kaiser – respektiert werden müsse, da sie alle zur conservation derer Reichständte hohen Familien gantz heilsamlich gegebene Grund-Gesetze darstellen würden.379 Im Zentrum der obrigkeitlichen Anbringungen stand also die Sorge um die Subsistenz einer reichsständischen Familie. Diese Sorge verbindet sich in den Argumentationen mit den notwendigen herrschaftlichen Repräsentationspflichten. Sie zielte auf zwingende Repräsentationspflichten380 und verwies auf die herrschaftliche Legitimation des Schuldenmachens.381 Auf dieser Interpretationslinie über den Verwendungszweck der aufgenommenen Gelder lagen Hinweise, sie seien zum kundbahren Nutzen, besonderen Ehren und Landesbesten geliehen und würden damit der Legitimation herrschaftlicher

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instanzen von einer Verpfändung freigesprochen wurden (Karl Philipp von ÖttingenWallerstein an den Kaiser [Praes. 20.7.1759] in ., K. 384/3, siehe hier die Urteile in Lit: A. vom 14.11.1748 [Zitat] u. Lit: B. vom 9.11.1749). Philipp Karl, Georg Wilhelm u. August von Erbach an den Kaiser (Praes. 16.4.1734) in ., O. R., K. 452/10. S, Adel, S. 71–75; W, Wirtschaft, S. 651. Kasimier von Wartenberg sprach die völlig Zerstörung seiner Residenzstadt Mettenheim nach einem verheerenden Brand 1725 an, die ihn dazu nötige, mit vielen Ausgaben eine neue gräffliche Standes-Wohnung zu bauen. Vgl. ders. an den Kaiser (Praes. 12.5.1752) in HHSAW, RHR, D. R., K. 362/6. Noch zur Zeit des RHR Karls VII. operierte der Graf offensiv mit einem Junktim über die Rückgabe der ihm zustehenden Einkünfte aus dem Dorf Imsbach in der Reichsgrafschaft Falkenstein mit der Auszahlung seines jüdischen Gläubigers. Er kritisierte vornehmlich die 1731 erfolgte Immission Franz Stephans in besagte Grafschaft als injustissimè und wiederrechtliche Entziehung. Vermutlich hoffte er eingedenk des virulent gewordenen habsburgischpreußischen Dualismus im Reich, der Kaiser aus dem Hause Wittelsbach sei ihm in diesem Punkt gewogen und würde ihm die Einkünfte des Dorfes zusprechen, zumal diese seit Beginn der vorderösterreichischen Verwaltung allmählich stiegen. Zitate Kasimier von Wartenberg an den Kaiser (Praes. 22.2.1743) in . Es sei ihm an Renthen, Gefällen und Waldungs utilitaeten über zwey Tausend Gulden Schaden entstanden. Siehe hierzu O, Reichsgrafschaft, S. 568–570. Das verarmte Dorf besaß 1699 11 Hausgesässe, 1792 dagegen bereist 55. In der Grafschaft war vor allem der Bergbau sehr rentabel. Siehe hierzu ausführlich A, Reich III. Gegenüber dem RHR Franz I. Stephans schien es Wartenberg dagegen ratsamer, diesen politisch brisanten Punkt nur am Rande als gleichsam letzten argumentativen Ausweg kurz vor Erlass der Exekutionskommission anzusprechen. Allerdings dienten auch diese Anbringungen als Hinweis für die gefährdete Subsistenz seiner hochgräff[lichen] Famile. Zitat ders. an den Kaiser (Praes. 22.2.1743) u. ders. an den Kaiser (Praes. 12.5.1751) in HHSAW, RHR, D. R., K. 362/6 (Zitat zweite Supplik). Konstantin zu Hessen-Rheinfels-Rothenburg an den Kaiser (Praes. 23.4.1748) in ., K. 373/9 konstruierte ebenfalls ein Junktion zwischen Konfirmierung des Deputatvertrages, der bereits seit langem beim RHR läge und vom Kaiser nur noch unterzeichnet werden müsse, mit einer Auszahlung seiner Gläubiger; Leiningen-Westerburg an den Kaiser (Praes. 27.1.1766) in ., D, K. 330; Bericht der Kommission Sayn-Wittgenstein-Hohenstein an den Kaiser (Praes. 9.5.1758) in ., D. R., K. 383/2, hier Lit: A. Johann Wilhelm von Sayn-Wittgenstein-Vallendar am 22.2.1758 an Hedwig Elisabeth von Sayn-Wittgenstein-Hohenstein.

5.2 Die Jahre 1745 bis 1765

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Handlung dienen, die die Reputation des Hauses und den Status als Reichsstand absicherten.382 Obige Ausführungen belegen eindringlich, dass die säumigen Adeligen mit dem Topos über die Rettung dero [. . . ] Ehre, und Erhaltung deroselben zeitlichen Wohls383 sämtliche Weigerungs- und Verzögerungshaltungen ganz selbstverständlich als herrschaftliche Notwendigkeit begründeten. Im Fall der Fideikommisse bediente dieses Argument dann die hier allerdings ex negativo formulierte Ansicht, dass die Kredite keinesfalls zu Nuz des Haußes und Lanndes verwendet worden seien.384 Die Pflicht zur Wahrung des familiären-reichsständischen Unterhalts spreche daher gegen eine Auszahlung der Juden.385 Die adeligen Schuldner sprachen den Kaiser als Garant adeliger Existenz in der Hoffnung an, Letzterer werde386 sich für die reichsständische Herrschaftsschicht entscheiden und durch eine Schuldentilgung den Bestand der sozialen und rechtlichen Ordnung des Reichs sichern.387 Der Kaiser hatte nach Ansicht der adeligen Herrschaften im Rahmen seiner Fürsorgepflicht für den Erhalt des reichsständischen Adels zu sorgen.388 Schließlich würden doch die Juden [. . . ] bald zum Umsturtz derselben [hohen Häuser, A. G.] beitragen, wenn der

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Siehe Obligation Lit A. vom 15.7.1744 in Dottres Samuel Stern an den Kaiser (Praes. 22.5.1759) in ., K. 384/6 (Zitat ebd.); Ernst von Montfort an den Kaiser (Praes. 5.10.1750) in ., K. 383/1. Vgl. hierzu G, Jud Süß, S. 107–111. Zitat Bericht u. Intervention der Kommission Sayn-Wittgenstein-Hohensteinan den Kaiser (Praes. 9.5.1758) in HHSAW, RHR, D. R., K. 383/2: erhaltung der gräff. Ehren und Existimation sowie dies. an den Kaiser (Praes. 5.12.1758) in . Siehe Brief des Kanzleidirektor Schmid an Legationsrat Bohn vom 23.2.1756 als Lit: E. in Ferdinand Kasimier I. an den Kaiser (Praes. 16.3.1756) in ., K. 359/2; Ferdinand Kasimier I. an den Kaiser (Praes. 7.1.1756) in . Kasimier von Wartenberg an den Kaiser (Praes. 22.2.1743) in ., K. 362/6: à Creditoribus denen Debitoribus privatis induciae et dilationis ad solvendum verstattet würden. Demnach können auch denen Illustribus personis solche nicht versagt werden. Sonsten diese in solchem fall deferioris conditionis seyn wurden, welches die jura nicht zugeben; Ernst von Montfort an den Kaiser (Praes. 5.10.1750) in ., K. 383/1. Bericht u. Intervention der Kommission Sayn-Wittgenstein-Hohensteinan den Kaiser (Praes. 9.5.1758) in ., K. 383/2; Kasimier von Wartenberg an den Kaiser (Praes. 22.2.1743) in ., K. 362/6; ders. an den Kaiser (Praes. 12.5.1752) in .; Ernst von Montfort an den Kaiser (Praes. 5.10.1750) in ., K. 383/1. Exakt auf diesen Punkt abzielend merkte Isenburg-Büdingen an, ihn als einen getreuesten Reichs-Stand nicht zu unterdrucken, oder zu Praestierung der Reichs Ständischen Obligenheit auf einmal untüchtig zu machen (vgl. August Friedrich von Isenburg-Büdingen an den Kaiser [Praes. 28.9.1756] in ., D, K. 1738/3; Kasimier von Wartenberg an den Kaiser (Praes. 12.5.1752) in ., D. R., K. 362/6). Philipp Karl, Georg Wilhelm u. August von Erbach an den Kaiser (Praes. 16.4.1734) in ., O. R., K. 452/10: Es wäre auch dieses gegen Ew[re] Kayser[liche] May[estä]t selbst nicht zu verantworten, indeme sowohl Allerhöchst=dero selben, als dem Reiche daran gelegen, daß deßen Stände in behörigen Ansehen und Krafft conserviret werden.

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5. Selbstbilder und Ehre im Konflikt

Kaiser nicht zu aufrechterhaltung der Ständ und aller Teutschen Häußer eingreife.389 In diesen Zusammenhängen drückte sich die Konstruktion einer Dichotomie von christlicher und jüdischer Ökonomie, d. h. von Gemeinwohl und Eigennutz, aus. Für die Juden bedeuteten diese Zusammenhänge die Negierung ihrer Ansprüche. Diese Negierung lag wiederum im Sinne eines reichsständisch definierten Interesses. Dieses reichsständische Interesse wurde ideologisch sowie moralisch-ethisch als ein übergeordnetes Gemeinwohl aufgewertet, d. h. als favorem commerciorum390 oder Interesse publicum391 definiert. Damit bezogen sich die Obrigkeiten auf Formulierungen des Paragraph 107 JRA. Die jüdische Schuldforderung lag in dieser Argumentationskette im Bereich des ,Privatinteresses‘, war also in den Augen der Obrigkeiten Ausdruck des Eigennutzes ohne herrschaftliche oder gesellschaftliche Begründung.392 Gerade dies gefährdete gemäß ihren Ausführungen wiederum das öffentliche Interesse und die Wohlfahrt sowie die eigene Herrschaftsausübung.393 Die Gelder wurden demnach zwecks Subsistenz, Repräsentation und damit letztendlich für die Herrschaftsausübung, d. h. eben in bonis, aufgenommen394 und waren daher vor einer Rückzahlung geschützt. Daher beklagten die Obrigkeiten besonders die gemeinschädlichen Auswirkungen von Exekutionskommissionen.395 389

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Hohenlohe-Pfedelbach an den Kaiser (Praes. 25.5.1751) in ., D. ., K. 168, fol. 387r–[???], hier fol. 293v, 398v (Zitate ebd.); Philipp Karl, Georg Wilhelm u. August von Erbach an den Kaiser (Praes. 16.4.1734) in ., O. R., K. 452/10. Zitat Christian Wilhelm Karl von Pückler an den Kaiser (Praes. 15.5.1765) in ., K. 354/2; In ähnlicher Weise (causam publicam Equestris) legitimierte der Ritterkanton Röhn-Werra an den Kaiser (Praes. 18.10.1759) in ., K. 353/3 seine Untätigkeit im Prozess der Juden Jacob und Isaak Heßlin gegen die Freiherren von Münster; Ernst von Montfort an den Kaiser (Praes. 8.4.1748) in ., K. 383/1 zitierte seine Schwester, mit Juden [. . . ] seye Ihr Gewohnheit nicht sich einzulassen. Siehe Frankfurter Senat am 29.10.1757 in Sachsen Bär Löw Isaak u. Moises Alexander Braunschweigers Erben ct. von Reineck an den Kaiser (Praes. 12.11.1757) in ., D, K. 1137. Vgl. hierzu H T, Eigennutz, Sp. 95. Karl Franz Wilhelm von Kametzky an den Kaiser (Praes. 9.12.1751) in HHSAW, RHR, D. ., K. 168/1, fol. 43r–62v, hier fol. 48v: Wie nun durch solche wucherliche Händel das bonum publicum et privatum beschadet wird. Siehe zu dieser auf Christian Wolff zurückgehende Einteilung bei T, Nutz, S. 142f. Freiherren von Münster an den Kaiser (Praes. 18.5.1761) in HHSAW, RHR, D. R., K. 353/4. Leiningen-Westerburg rekurrierte auf diesen Umstand, habe er sich doch bereits Reichskündigermasen mehr als mancher particulier [. . . ] ein geschräncket. Zitat ders. an den Kaiser (Praes. 27.1.1761) in ., D, K. 330; Kasimier von Wartenberg an den Kaiser (Praes. 26.8.1751) in ., D. R., K. 362/6 meinte angesichts der neuen Exekutionskommission für Jakob Ochs und mit Blick auf deren gemeinschädlichen Auswirkungen, dass es mithin nicht nöthig seyn wird, quod hanc causam so excessiv- und ohnerschwingliche Commissions-Kosten zu verursachen, wie bißher in der Feist Cahni-

5.2 Die Jahre 1745 bis 1765

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In Konkretisierung dieser Aspekte konstruierten die reichsständischen Adeligen als Negativbild eine spezifisch jüdische Betrugsökonomie.396 Diese Ökonomie zeichnete sich durch alleiniges Gewinnstreben aus, das auf den doppelten Profit 397 oder den wahren Werth weit über das alterum tatum überstreichends pretium gerichtet sei.398 Die Reichsadeligen bezogen sich mit der Sichtweise von der angeblichen Verweigerung der Juden gegenüber ehrlichem und sozialem Handel auf (lutherische) Vorstellungen bezüglich des gerechten Preises (iustum pretium399 ) als christliches Ideal. Dieser Zusammenhang transportierte die persönliche Sorge der beklagten adeligen Reichsstände um das Gemeinwohl. Zusätzlich zu allen obigen Ansichten bekräftigte sich die Auffassung, reichsständische Adelige müssten sich nicht den üblichen Verfahrensweisen des ökonomischen Systems stellen, d. h. sich nicht dessen normativen Rahmenbedingungen in Form des Wechselrechts beugen. Dieses gelte ausschließlich für Kaufleute. Daher leugneten einige der Obrigkeiten die Kenntnis des Wechselrechts, weil sie als Adelige sich hierin aufgrund ihres Standes und zumal ihrer reichsständischen Ehre gar nicht auskennen dürften. Schließlich rede der JRA nur von Kauf-Leuten und Wechsel-Plätzen.400

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schen Sache geschehen, als wodurch [. . . ] großer Schaden, Verlust und Verdrusse ihm und seiner Familie zugefügt würde. An dieser Stelle mutierten die jüdischen Gläubiger dann sogar zum argumentativen Hilfswerkzeug, so habe Feist Cahn (welcher selbsten zum öffteren mitleydig die großen kosten bewundert) dadurch nichts profitiret, sondern vielmehr last- und beschwehrung empfunden. Der RHR möge doch angesichts selbst des jüdischen Mitleids mit dem zu Exekutierenden mit der Exekution warten. Ebenso forderte er, die kostbahre extrema in Ansehung einer beschwehrlichen Executions-Commission vermeinden zu müssen; ders. an den Kaiser (Praes. 12.5.1752) in .; ders. an den Kaiser (Praes. 26.8.1751) in .: Die Exekutionskommissionen sei ein Instrument als wodurch den hochgräfflichen hauße nur großer Schaden wegen der excessiv auch ohnerschwinglichen Commissions-Kosten, causirt werden; Ernst von Montfort an den Kaiser (Praes. 5.10.1750) in ., K. 383/1; Viktor Amadaeus Adolph von Anhalt-Schaumburg an den Kaiser (Praes. 15.1.1748) in ., D, K. 1191. Fuggerischer Amtmann Johann S. Hygle an den Kaiser (Praes. 30.4.1764) in ., D. R., K. 6/3: jüdischen=betrügerischen beutel zu spielen. Kasimier von Wartenberg an den Kaiser (Praes. 1.12.1751) in ., K. 362/6; Christian Wilhelm Karl von Pückler an den Kaiser (Praes. 15.5.1765) in ., K. 354/2; Ernst von Montfort an den Kaiser (Praes. 5.10.1750) in ., K. 383/1; Lit: N. Gehorsamste Information in Sachen Dotres Samuel Stern von Legationssekretär Bohn in Friedrich August von Isenburg-Büdingen an den Kaiser (Praes. 7.1.1756) in ., D, K. 1738/3: Jüdische Geld=Begierde u. geldbegierigen Entzweck; Hygle an den Kaiser (Praes. 30.2.1764) in ., D. R., K. 6/3: jüdisch=betrügerischen Bankl. An anderer Stelle spricht er von den Klauen der Juden, in die er geraten sei; ders. an den Kaiser unter Signum O (Praes. 30.4.1764) in .; siehe H, Sprache, S. 396f. Hohenlohe-Pfedelbach an den Kaiser (Praes. 21.5.1743) in HHSAW, RHR, D. ., K. 168, fol. 38r–52v, hier fol. 39r. Kurz K, Preis, Sp. 507–510. Vgl. bspw. Philipp von Croneck an den Kaiser (Praes. 21.2.1744) in HHSAW, RHR, D. R., K. 365/15: weder die Nürnberger Wechsel-Ordnung hindern magg als die Anwaldts Herr Principalen, der ein ohnmittelbarer Reichs-Cavallier, und kein Kauffmann

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5. Selbstbilder und Ehre im Konflikt

Hier irrten sich die Adeligen zwar, da Paragraph 107 JRA keineswegs eine solche Einschränkung machte, sondern in einer allgemeinen Diktion verblieb. Gleichwohl nahmen mehrere Reichsadelige eine solche Sichtweise ein, indem sie feststellten, dass wann der Wechsel-Brief nicht von Kauff=leuthen (als zwischen welchen zu erhaltung des Credit, und beförderung des Commercij alle zeit prompte zahlung seye [. . . ]) sondern von anderen, welche nicht Kauffmannsbrief seynd, ausgestellet worden und dannenhero auch aus selbigen nicht, wie bey kauff-leuthen, nach Wechsel=Recht geklagt werden kann.401 Sprachen sie sich auf der einen Seite selbst den Status eines Kaufmanns und damit die Gültigkeit des Wechselrechts für Adelige ab, blieben sie hierbei indessen nicht stehen. Die adeligen Beklagten betonten, dass an denjenigen, der kein Kauffmannschafft, oder Wechsel=banck führet [. . . ] die Bezahlung nicht erfolget. Damit wurde auf der anderen Seite der Juden, für die sie ebenfalls den professionellen Kaufmannsstatus leugneten, die Auszahlung in gleicher Weise umfassend negiert.402 Insgesamt deutet sich mit diesen Narrativen insoweit eine konträre Wirtschaftsauffassung an, die keineswegs auf Rentabilität und die unbedingte Einhaltung von Geschäftskontrakten, sondern auf die emotional und mental privilegierte Stellung des Adels ausgerichtet war.403 Die adeligen Reichsstände rechtfertigten mit Hilfe solcher Konstrukte die Ablehnung des im Ideal der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit als unstandesgemäß angesehenen (Geld-)Handels als einen der Kernpunkte der adeligen Standesehre.404 Diese Rechtfertigung erfolgte ungeachtet der Existenz adeliger Großunternehmer405 bzw. der Marktorientierung adeliger Agrarproduktion.406 In ihrer Kritik der neuen, durchaus auf rationalen Bemessungsgrundlagen beruhenden ökonomischen Mechanismen des Merkantilismus und Kameralismus407 verwendeten sie aber gerade in diesem Rahmen neue Denkmodelle. Die oben bereits geschilderten Vorwürfe, die Juden agierten als Blutsauger, deuten auf diesen Umstand hin. In der Sicht des Merkantilismus und des Kameralismus metaphrasierten das Blut und der Blutkreislauf des Menschen408 als

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oder Wechsler ist, an und für sich bindet, noch auch die dem Wechsel-Brieff inserierte Clausul der Unterwerffung ihm praejudiciren kan, da er derselben Innhalt weder gewust hat, noch seinem Stand nach wissen dörffen. Ernst von Montfort an den Kaiser (Praes. 5.10.1750) in ., K. 383/1. E.; Bentheim an den Kaiser (Praes. 17.10.1748) in ., D, K. 578/5; vgl. hierzu S-R, Gut. Kasimier von Wartenberg an den Kaiser (Praes. 13.2.1744) in HHSAW, RHR, D. R., K. 362/6. S, Adel, S. 10, 41, 81; siehe zur kritischen Sicht auf Kredit u. Geld R, Geldtheorie, Sp. 322f.; S-R, Gut, S. 34–36, 41. W, Freiheit, S. 306 u. insgesamt S-R, Gut. Vgl. kurz S, Adel, S. 39–41 u . S, Wirtschaften, S. 213–232. S, Merkantilismus, Sp. 380–387 u. ., Kameralismus, Sp. 290–299. Vgl. einführend E, Blutkreislauf, Sp. 313–316.

5.2 Die Jahre 1745 bis 1765

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Geld respektive Geldumlauf des Staats. Dieser wiederum repräsentierte den politischen Körper.409 Es waren der Kameralwissenschaftler Johann Heinrich Gottlob  J, der 1755 ein Geldkreislaufmodell am Beispiel von Einnahmen und Ausgaben entwickelte, und der Physiokrat François Q, der 1758 das Geld mit dem Blut gleichsetzte und die gleichmäßige Zirkulation des staatlichen Blutes ,Geld‘ von der Gesundheit des Staates abhängig machte.410 War dem Blut des menschlichen Körpers – so bereits die spätmittelalterlichen Vorstellungen – dessen Gesundheit inhärent411 , so verhielt es sich mit dem Geldumlauf für den politischen Körper.412 Hier konnte an ältere Vorstellungen des 16. und 17. Jahrhunderts in Form der Wendung des ,pecunia nervus rerum‘, d. h. an die Vorstellung vom Geld als Nervensystem des Körpers, angeschlossen werden. In ihnen trat der Fiskus bzw. der Fürst zwar als ein Vorräte verschlingender Magen auf, von dem aber gleichzeitig wieder die belebende Kraft für den Körper ausgehe.413 Auf dieser Linie lag seit den Kipper- und Wippervorgängen des Dreißigjährigen Krieges414 die traditionelle und zeitgenössisch allseits verständliche Konstruktion415 der jüdischen Kipper- und Mäcklereyen.416 Mit dieser Assoziation zum traditionellen Vorwurf der jüdischen Falschmünzerei diskreditierten die Reichsadeligen das Geschäftsgebaren aller Juden als Kriminalität. In einer Phase rasant galoppierender Münzverschlechterung in der Zeit um 1750 sowie angesichts der Bemühungen Wiens, dieser bspw. mit der österreichisch-bayerischen Münzkonvention Einhalt zu gebieten, dienten die genannten Metaphern mit Blick auf die RHR-Räte zugleich als gezielte Überredungsstrategien.417 409 410 411 412 413 414 415

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Vgl. bspw. die Darstellung Europas als menschliche Figur beim Humanisten Sebastian Münsterin S, Reich, S. 64. Siehe H, Zerstörer, S. 325–336; H, Sprache, S. 24f.; ähnlich der Kameralist Johann Joachim Becher bei K, Gemeinwohl, S. 202f. B, Blood, S. 155–158. Hierzu im Überblick B, Schuld; H, Zerstörer. Vgl. zu den frühen Organismusvergleichen S, Pecunia, S. 65–68. R, Kipper u. ., Inflation, S. 301–310. Vgl. die opulente u. die Frankfurter Vorgänge um die Münzverschlechterung während des Siebenjährigen Krieges zusammenfassende Schrift [A], Abdruck, S. 1, wo von den Wipper und Kipper die Rede ist; siehe auch Z, Universallexikon 22, Sp. 558, s. v. Müntz=Kipper und Wipper, wo Juden allerdings keine Erwähnung finden. Zitat Friedrich August von Isenburg-Büdingen an den Kaiser (Praes. 7.1.1755) in HHSAW, RHR, D, K. 1738/3; fuggerischer Amtmann Johann S. Hygle an den Kaiser (Praes. 30.4.1764) in ., D. R., K. 6/3: Juden-Kippe; vgl. hierzu zeitgenössisch die Trauerrede S, Trauerrede, S. 21: Die jüdischen Schelmen verfahren mit Gold= und Silbermünzen, wie die Rabbiner mit ihnen in der ersten Woche ihres diebischen Lebens, das ist, mit der Beschneidung. Wo man ihnen das Münzwesen verpacht, da muß manchmal die liebe Wahrheit unter dem Antlitze des Landesherren die größten unbilden leiden. Zu den Falschmünzvorwürfen gegenüber Süß Oppenheimer G, Jud Süß, S. 51–99; vgl. kurz H, Sprache, S. 378.

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5. Selbstbilder und Ehre im Konflikt

Die skizzierte ökonomische Schädlichkeit der wuchernden Juden diente den Obrigkeiten dazu, jüdische Verschwörungs- und Verratstheorien zu konstruieren.418 In dieser Sicht mutierten die Juden zum unheimlichen, ökonomischen Akteur, der die Herrschaft mit seinen heimlichen Negotiis unterwandere.419 Ebenso bedienten sie das landläufige Klischee des jüdischen ,Schmusers‘420 , d. h. des bestechungswilligen Verkaufsagenten.421 Können diese Ausführungen noch als Fortschreibungen obiger Narrative gewertet werden, sahen aber doch einige Reichsadelige darüber hinaus ihre Beamten und den jeweiligen jüdischen Geschäftspartner gemeinsam zum Schaden der Herrschaft agieren. Mit Hilfe des vermutlich aus der Hausväterliteratur und von den Kameralisten stammenden topischen Arguments

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Ähnliches bei F, Tunne, S. 190–194; zuletzt kolportierten die ,Protokolle von Zion‘ mit einer ungeheuren Breitenwirkung diese Ansicht (vgl. ., S. 192f. u. K, Protokolle, S. 26-50). Zitat Lit: N. Gehorsamste Information in Sachen Dotres Samuel Stern von Legationssekretär Bohn in Friedrich August von Isenburg-Büdingen an den Kaiser (Praes. 7.1.1756) in HHSAW, RHR, D, K. 1738/3; Freiherren von Münster an den Kaiser (Praes. 26.5.1755) in ., D. R., K. 365/16, die von den Intrigen des Juden sprechen. Vgl. Bericht der Kommission Sayn-Wittgenstein-Hohenstein an den Kaiser (Praes. 9.5.1758) in ., K. 383/2, Zitat Lit: A. Johann Wilhelm von Sayn-Wittgenstein-Vallendar am 22.2.1758 an Hedwig Elisabeth von Sayn-Wittgenstein-Hohenstein. Siehe Ernst Friedrich Karl von Sachsen-Hildburghausen an den Kaiser (Praes. 26.5.1766) in ., D, K. 1637, der von Schmuß-Geld redet; Ernst von Montfort an den Kaiser (Praes. 11.3.1748) in ., D. R., K. 383/1. Vgl. hierzu G, Jud Süß, S. 58–60 u. S, Leben, S. 201–203 sowie L, Leben, S. 225–231, 566f. Ernst Friedrich Karl von Sachsen-Hildburghausen an den Kaiser (Praes. 26.51766) in HHSAW, RHR, D, K. 1637 bezichtigte David Dispecker, dieser habe sich ihm nicht nur mit Hilfe von Bestechungsgeldern aufgenötigt, sondern ihm darüber hinaus unechte Juwelen für einen überteuerten Preis aufgeschwäzet. Ernst von Montfort an den Kaiser (Praes. 11.3.1748) in ., D. R., K. 383/1 sah sich vorsätzlicher Dingen hintergangen. In seiner Sicht hatte der Jude ihm den Wechsel mit einem Zwang aufgenötigt und unter falschen Vorgaben (Zitat Ernst von Montfort an den Kaiser [Praes. 5.10.1750] in ., K. 383/1) sowie mit unvermeindtliche[n] Corrupteta erschlichen (Zitat Wertheimer Regierung an den Kaiser [Praes. 27.1.1750] in ., D, K. 334); Philipp von Croneck an den Kaiser (Praes. 18.10.1742) in ., D. R., K. 365/15; Friedrich Karl von Bentheim an den Kaiser (Praes. 17.10.1748) in ., D, K. 578/5; Friedrich August von Isenburg-Büdingen an den Kaiser (Praes. 7.1.1755) in ., K. 1738/3; ders. an den Kaiser (Praes. 21.4.1755) in .; Lit: N. Gehorsamste Information in Sachen Dotres Samuel Stern von Legationssekretär Bohn in Friedrich August von Isenburg-Büdingen an den Kaiser (Praes. 7.1.1756) in . spricht von Schmeichel= und Umbschweifungen; Freiherren von Münster an den Kaiser (Praes. 13.7.1762) in ., D. R., K. 353/3 bzgl. der beständig=kräncklicher Leibes Constitution ihrer Mutter; Freiherren von Münster an den Kaiser (Praes. 17.5.1765) in .: ihre Mutter sei bey mehrjährige Schwachheit in dem höchsten Menschen-Alter den Medici, und guter Worth, und Pflege beständig nöthig, starck und sothanes hohes Alter nicht unnatürlich leiden zu lassen; Freiherren von Münster an den Kaiser (Praes. 17.3.1764) in ., K. 353/4; Ernst Friedrich Karl von Sachsen-Hildburghausen an den Kaiser (Praes. 26.5.1766) in ., D, K. 1637: falsch und erdichtet.

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der ,bösen Räthe‘422 konstruierten sie ein heimliches Bündnis ihrer Beamten mit den Juden.423 So sprach die Vormundschaftsregierung von WittgensteinWittgenstein-Hohenstein von einer geflißentlichen occultierung des Vertrages zwischen Moises Benedikt Beifuß und Johann Wilhelm von Sayn-Wittgenstein-Vallendar bezüglich dessen verpfändeter Deputatgelder. Der Jude habe die Verpfändung in occultis verschwiegen.424 In diesem Kontext des Heimlichkeitsvorwurfs und des jüdischen Verschwörungspotentials lag die von den Obrigkeiten vehement kritisierte Bitte der jüdischen Kläger um Akteneinsicht im Archiv der Reichshofkanzlei. Deutlich drückte sich in solchen Ablehnungen das Misstrauen gegenüber den Juden aus, denen zeitgenössische, judenfeindliche Schriften regelmäßig vorwarfen, Spionage für fremde Mächte zu betreiben.425 Die gefährlichen Contracte der Juden426 bedrohten demnach in prinzipieller Sichtweise die gesamte ständische Ordnung des

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Vgl. kurz K, Gemeinwohl, S. 195f. So meinte Ferdinand Maximilian von Isenburg-Wächtersbach an den Kaiser (Praes. 4.4.1754) in HHSAW, RHR, D, K. 1738/3 (folgende Zitate), dass sein Camer-Secretarius keine Red und Anwortt, noch hinglängliche Nachricht zu geben vermag, ob denen Juden etwas in Abschlag bezahlet worden seye. Er vermutete hinter dieser Nachlässigkeit seines ungetreuen Haußhalter eine gefährliche beederseitige Einverständnus. Insofern sah er eine betrügerische Hinterlist gegen sich im Gange. In Form einer spekulativen Frage mutmaßte er, dass die Juden geflißentlich böße Absichten geheget, einige Jahre stillzuschweigen, und durch dießes Stillschwiegen die Confussiones zu verduncklen; Karl Ludwig von Löwenstein-Wertheim an den Kaiser (Praes. 3.11.1747) in ., D. ., K. 178, fol. 758v–759r; ders. an den Kaiser (Praes. 28.5.1748) in ., fol. 765v; Lit: N. Gehorsamste Information in Sachen Dotres Samuel Stern von Legationssekretär Bohn in Friedrich August von Isenburg-Büdingen an den Kaiser (Praes. 7.1.1756) in ., D, K. 1738/3, wo gemutmaßt wird, dass Dottres bis nach dem Tod des alten Grafen mit seiner Klage am RHR gewartet habe, zumal er um dessen Krankheit wusste und dass dieße dem Jüdischen Wucherer ganz wohl bekannte Umstände [. . . ] demselben recht dienlich geschienen, seine böße Sache beßer zu machen, wohl wißend, daß denen hochgräff: Räthen von seinen Negotijs nichts bewusst, und also niemand vorhanden seye, der seine Tücke und Listen zuentdecken vermöge; Philipp Karl, Georg Wilhelm u. August von Erbach an den Kaiser (Praes. 16.4.1734) in ., O. R., K. 452/10; Castell-Remling’sche Vormundschaft an den Kaiser (Praes. 9.9.1755) in ., D, K. 2864/1. Vormundschaftsregierung Wittgenstein-Wittgenstein-Hohenstein an den Kaiser (Praes. 5.12.1758) in ., D. R., K. 383/2: so ist in standhaffter rechtlicher Wahrheit klar und offenbar, daß diese also beschaffene hypotheca pro nulla anzusehen. Zeitgenössisch S, Iudaicae, S. 8f.; P, Geschichte, S. 79f.; siehe zum bereits im 16. Jh. gebräuchlichen Vorwurf, die Juden paktierten mit den Türken, R, S, Judenbilder, S. 242–246 u. D, Judaismus, S. 84. Vgl. zum 18. Jh. für den angelsächsischen Raum kurz, aber prägnant K, Weltverschwörung, S. 40, 54f., 58, 66. Zitat Ernst Friedrich Karl von Sachsen-Hildburghausen an den Kaiser (Praes. 26.5.1766) in HHSAW, RHR, D, K. 1637; Ferdinand Maximilian von Isenburg-Wächtersbach an den Kaiser (Praes. 26.8.1754) u. ders. an den Kaiser (Praes. 29.8.1754) in ., K. 1738/3 u. Konstantin zu Hessen-Rheinfels-Rothenburg an den Kaiser (Praes. 29.10.1744) in ., D. R., K. 373/9.

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Reichs.427 Der jüdische Blutsauger galt nun als gefährlicher Verschwörer, da er wegen seiner Ehrlosigkeit nicht auf den Grundlagen der ethisch definierten Standesordnung handeln würde.428 Um die Ordnungsgefährdung der Juden zu beweisen, zogen die adeligen Reichsstände die traditionellen Vorstellungen vom jüdischen Ungehorsam gegenüber der Obrigkeit heran.429 Sie stellten die Juden als diejenigen dar, die bspw. eine gütliche Einigung verhinderten.430 An diesem Punkt stand darüber hinaus die Konstruktion eines jüdischen Ungehorsams gegenüber dem Kaiser an zentraler Stelle. Dieser Ungehorsam äußerte sich gerade und insbesondere in der Prozessführung der Juden. Er diene allein dem Zweck, den allerhöchsten Richter irre zu machen431 und dessen allerhöchste[s] Reichs-Gericht mit einer so geringschätzigen [. . . ] Klage zu belästigen.432 In die Position der Reichsadeligen schlüpfte nun der Kaiser, dessen Position die Juden durch gezielte Rechtsbeugung gefährdeten.433 Die in den Suppliken verwendete Licht-Metapher verwies darüber hinaus auf die vermeidlich betrügerischen Absichten 427

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Vgl. Zitat Lit: N. Gehorsamste Information in Sachen Dotres Samuel Stern von Legationssekretär Bohn in Friedrich August von Isenburg-Büdingen an den Kaiser (Praes. 7.1.1756) in ., K. 1738/3. Vgl. zur ,Jud Süß’-Rezeption G, Jud Süß, S. 100–102. H, Sprache, S. 341–343. Ferdinand Maximilian von Isenburg-Wächtersbach an den Kaiser (Praes. 15.5. u. 12.12.1754) in HHSAW, RHR, D, K. 1738/3; Friedrich August von Isenburg-Büdingen an den Kaiser (Praes. 21.4.1755) in ., K. 1738/3; Georg Karl Ludwig von Leiningen-Westerburg an den Kaiser (Praes. 18.4.1760) in ., K. 330 (Zitat ebd.); Fürst Konstantin zu Hessen-Rheinfels-Rothenburg an den Kaiser (Praes. 2.10.1747 u. 23.4.1748) in ., D. R., K. 373/9; Ernst Friedrich Karl von Sachsen-Hildburghausen an den Kaiser (Praes. 26.5.1766) in ., D, K. 1637; Viktor Alexander Adolph von Anhalt-Schaumburg an den Kaiser (Praes. 16.10.1744) in ., D. R., K. 362/7. Zitat Ferdinand Maximilian von Isenburg-Wächtersbach an den Kaiser (Praes. 26.8.1754) in ., D, K. 1738/3. Zitate Karl Ludwig von Löwenstein-Wertheim an den Kaiser (Praes. 28.5.1748) in ., D. ., K. 178, fol. 767v–768r; Castell-Remling’sche Vormundschaft an den Kaiser (Praes. 9.9.1755) in ., D, K. 2864/1: wider alle Gerichts-Ordnung, und zwar von einem Jüdischen Schrifftsteller eingefloßene grobe Ausdrückungen einem höchsten erleuchtesten Obersten RichterAmt, zur geziemenden Bestraffung anvorderist allerunterhänigst zu überlaßen. Ferdinand Maximilian von Isenburg-Wächtersbach an den Kaiser (Praes. 15.5.1754) in ., K. 1738/3 brachte diesen Zusammenhang auf den Punkt, indem er festhielt, dass dießer Jud das licht scheuet, und sich die schmeichelnde Hoffnung machet, daß er nach entwaiger Impetrierung eines Kayser[lichen] mandati S:C: seine wucherische Absichten beßer werde durchsezen, und den hochgräffl: Debitorem zur bezahlung desjenigen zwingen könne, was nach seinem Sinn verlangen; ders. an den Kaiser (Praes. 12.12.1754) in .; Freiherren von Münster an den Kaiser (Praes. 17.5.1765) in ., D. R., K. 353/3; Johann Wilhelm von Sayn-Wittgenstein-Vallendar an den Kaiser (Praes. 1.3.1754) in ., K. 383/2; Freiherren von Münster an den Kaiser (Praes. 17.5.1765) in ., K. 353/3; Ernst Friedrich Karl von Sachsen-Hildburghausen an den Kaiser (Praes. 26.5.1766) in ., D, K. 1637; Ernst von Montfort an den Kaiser (Praes. 8.4.1748)

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der Juden, der verdeckt und selbst für das Reichsrecht unentdeckt agiere.434 Insofern ging es hier um weit mehr als um den dolus malus-Vorwurf. Letztlich bemühten sich die Obrigkeiten, die jüdische Rechtsbeugung als Verschwörung gegen den Kaiser435 zu kriminalisieren.436 Allerdings implizierte die Annahme einer jüdischen Verschwörung gegen das Reichsoberhaupt Kritik am kaiserlichen Gericht. Seine Beschlüsse machten die Juden nur halßstarrig.437 Im schlimmsten Fall erließ der RHR sogar Conclusen, die von den Juden in Injuriam Domini Impetrati erwirkt worden seien. Somit mache sich der RHR mit den Juden gemein.438 Die Juden mutierten endgültig zu kompromisslosen politischen Feinden, die verborgen im Dunklen ihre Ränke schmiedeten. In den Augen der Obrigkeiten bedrohten sie nicht nur einen Reichsstand und dessen Untertanen, sondern untergruben die rechtliche Verfassung des Reichs.439 Die ständische Gliederung des christlich geprägten Reichs stellte sich in den obrigkeitlichen Argumentati-

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in ., D. R., K. 383/1; Christian Wilhelm Karl von Pückler an den Kaiser (Praes. 15.5.1765) in ., K. 354/2. Siehe Zitat Lit: N. Gehorsamste Information in Sachen Dotres Samuel Stern von Legationssekretär Bohn in Friedrich August von Isenburg-Büdingen an den Kaiser (Praes. 7.1.1756) in ., D, K. 1738/3; Ernst von Montfort an den Kaiser (Praes. 5.10.1750) in ., D. R., K. 383/1. Ders. an den Kaiser (Praes. 5.10.1750) in .: den allerhochsten kayserlichen Thron zu hintergehen. So spricht Konstantin zu Hessen-Rheinfels-Rothenburg an den Kaiser (Praes. 25.8.1744) in ., D. R., K. 373/9 davon, dass das kaiserliche Reskript vom Juden Samuel Simon aufgrund falscher Tatschen impetrirt sei; Ernst von Montfort an den Kaiser (Praes. 8.4.1748) in ., K. 383/1. Friedrich August von Isenburg-Büdingen an den Kaiser (Praes. 7.1.1756) in ., D, K. 1738/3 in Lit: N. Gehorsamste Information in Sachen Dotres Samuel Stern von Legationssekretär Bohn: sich die hochmüthige Hoffnung gemachet, nunmehro gewonnen Spiel zu haben, mithin in den hochgräff:n herrn Impetratum zu Erreichung seiner Wucherischen Absichten nach Gefallen tringen zu können; Freiherren von Münster an den Kaiser (Praes. 17.5.1765) in ., D. R., K. 353/3. Ferdinand Maximilian von Isenburg-Wächtersbach an den Kaiser (Praes. 29.8.1754) in ., D, K. 1738/3. Ders. an den Legationssekretär Bohn in Wien am 29.4.1754 in ders. an den Kaiser (Praes. 15.5.1754) in ., D, K. 1738/3: Jüdischen Chicanen; fuggerischer Amtmann Johann S. Hygle an den Kaiser (Praes. 18.4.1763) in ., D. R., K. 6/3: Jüdischen Provocationen; Ingelheim an Kaiser (Praes. 28.7.1752) in ., D. ., K. 148: heimlich verübten allerhand betrüglichen excessen; Wertheimer Regierung an den Kaiser (Praes. 27.1.1750) in ., D, K. 334: Und wie es leyder! heut zu tage an orth und Enden, wo diese Blut-Igel eingenistet, ein klägliches Aussehen haben, bezeugen die viele Emigrationes derer an bettelstab, meisten durch jüdische betrügereyen und Wucherlichen Übersatz gebrachten Unterthanen, und sonsten die tägliche Erfahrung zur Genüge. Vgl. zum Blut als Symbolik des Zusammenhalts der Gemeinschaft B, Blut, S. 80 sowie die Verbindung zum Geld in seiner christlichen Dimension ., Schuld; H, Jude, S. 70f., 86f.; so bereits E, Judenthum II, S. 188; zum Hass der Juden gegen Christen S, Iudaicae, S. 5; zum Motiv des Juden als politischer Vampir in der ,Jud Süß‘-Rezeption siehe jüngst H, Zerstörer.

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onsmustern als durch die Juden eindeutig bedroht dar.440 Ob hinter solchen Vorwürfen Vorstellungen vom RHR als ,jüdischem Gericht‘ standen, wie sie gegenüber dem kaiserlichen Hofgericht in Rottweil im 16. Jahrhundert vorherrschten441 , ist ungewiss. Gleichwohl implizierten sie ein Opferverhältnis, in dem der Kaiser zu seinem eigenen Gericht stand. Die Juden wurden so zum Feind der Reichsordnung samt der Integrität des Kaisers stilisiert.442 Wie definierten nun aber die Juden ihre funktionalen Selbstbilder? Die jüdischen Kläger sahen ihre Funktion allein durch ihre Eigenschaft als Kaufleute begründet, die sich den ökonomisch-rationalen Erfordernissen beugen mussten. Deren exakte Befolgung war Teil der kaufmännischen Ehre in ökonomischer Perspektive. Dieser Aspekt stellte die Bemessungsgrundlage für alle Geschäftsbeziehungen dar.443 Vor allem die absolute Gültigkeit der geschlossenen Verträge gestaltete sich für die jüdischen Geschäftsmänner in diesem Sinne als ausschlaggebendes Kriterium, denn schließlich gelte die so nöthige Regel quod pacta seruanda & debita solvenda sint.444 Für die Bewertung eines Geschäftskontraktes sollten zum Beispiel Schuldscheine als Bemessungsgrundlagen des ökonomischen Systems herangezogen werden.445 Die Art und Weise des Geschäftsabschlusses hing demnach eng mit der Selbstdarstellung als ehrlicher Kaufmann zusammen: um so mehr alß denen hochgräff[lichen] herrn und frauen Impetratis nicht wohl anstehen wurde, einem ehrlichen handelsmann, der auf ihren Wechßel und auff hochgräff[liche] Zahlungs=Parole gesehen, und seine waaren bona fide hergeborget hat, durch dergleichen in Wechßel Sachen gantz nicht statt findende anmaßliche und noch auff viele Jahre hinauß zuerdenckende Exceptiones mit der schuldigen Wechßel=Zahlung ins weite feld verweisen zu wollen.446 David Dispecker beteuerte in ähnlicher Weise, er habe seinen Prozessgegner unmittelbar nach Geschäftsabschluss als ein ehrlicher Kaufmann angemahnt, der seinen Creditoribus auch auf Wechseldebition, und bey deren verfall-Zeit solche abzuführen seye, verbun440 441 442

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Hierzu H, Sprache, S. 342f. Siehe zur Opposition der schwäbischen Kreisstände gegen das Rottweiler Hofgericht L, Ausgrenzung, S. 221– 232, hier v. a. S. 224–232. So Ferdinand Maximilian von Isenburg-Wächtersbach an den Kaiser (Praes. 26.8.1754) in HHSAW, RHR, D, K. 1738/3, der meinte, der Jude habe das Mandat zur größten Schmälerung des diesseitig bestgegründeten Rechts bekommen. Ähnlich, nur mit Verweis, der Kaiser werde Opfer seines eigenen Gerichts, Georg Karl Ludwig von Leiningen-Westerburg an den Kaiser (Praes. 27.1.1761) in ., K. 330. Bspw. Joseph Moises Schuster an den Kaiser (Praes. 10.6.1748) in O. R., K. 452/10. Joseph Moises Schuster an den Kaiser (Praes. 12.2.1750) in ., K. 452/10. E.; Benedikt Levi Gomperz an den Kaiser (Praes. 27.3.1754) in ., D, K. 2864/1. Zitat Jacob Ochs an den Kaiser (Praes. 26.8.1743) in ., D. R., K. 362/6; David Dispecker an den Kaiser (Praes. 25.6.1764) in ., D, K. 1637; Getz Hayum an den Kaiser (Praes. 23.2.1750) in ., O. R., K. 1769/1: publicam fidem; Joseph Moises Schuster an den Kaiser (Praes. 28.1.1734) in ., O. R., K. 452/10: treuherzig und bona fide; ders. an den Kaiser (Praes. 3.10.1743) in .

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den seye, sich eben gleich vor Ihro hochfürst d[urc]hl[auch]t bey der VerfallZeit, der Honorierung, und richtigen auszahlung solcher Wechsel-gelder gantz sicher, und ohnfehlbar in alle Weege gewärtigen zu sein. Vorgeworfene Fehlkalkulation bewerteten die Juden als Angelegenheit der Obrigkeiten. Sie dagegen könnten nicht anders, als auf ihren Forderungen zu bestehen.447 Einige der Juden verwiesen auf die im Vorfeld der Prozesse vorgenommenen Abrechnungen, um klarzustellen, dass sie ihre Geschäfte in vollkommener Transparenz abwickelten. In dieser Perspektive pochten sie strikt auf ihre vor Gott und der Welt gerechteste forderung.448 Durch Wendungen wie Fürstlichwahre Worten, Treu und Glauben, die sie oftmals direkt aus den Schuldverschreibungen entnahmen, stellten die Juden die adeligen Schuldner als diejenigen dar, die ihr adeliges Wort als eigentliche Kreditbefähigung gebrochen hatten.449 Gerade die Berufung auf die obigen ethischen Kategorien ließ die obrigkeitliche Argumentation bezüglich des hinter den Wucherstereotypen steckenden Vorwurfs ins Leere laufen, die Juden hätten das Geld nur verliehen, um das Gemeinwohl zu beeinträchtigen. Einige jüdische Kläger desavouierten die reichsständischen Ehrvorstellungen und den hieraus abgeleiteten Vorsprung an adeliger Glaubwürdigkeit. Schließlich sei den Hinweise eines Adeligen um so ehender glauben bey zu messen [. . . ], alß derselbe ein vornehmer Stand des Reichs seye, [. . . ] nicht zu praesumieren [. . . ], daß Er Coram Judicis unwahrheiten vorbringen lassen [würde], und solcher der gestalten Ewer kay[serliche] May[estät] zu hintergehen sich unterfangen wurde, gegen welch Reichsständische Dignitaet mann dißfalls nichts einzuwenden hat, solcher auch 447

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Zitat David Dispecker an den Kaiser (Praes. 26.5.1764) in ., D, K. 1637; Michael Simon Hanau an den Kaiser (Praes. 27.3.1752) in ., D. R., K. 168/1, fol. 64r–70v; Jacob Ochs an den Kaiser (Praes. 16.8.1743) in ., K. 362/6. Zitat Samuel Emanuel Oppenheimer an den Kaiser (Praes. 15.5.1747) in ., K. 374/4; Jacob Ochs an den Kaiser (Praes. 17.10.1744) in ., K. 362/6; Simon Aaron Neustädtl an den Kaiser (Praes. 27.10.1746) in ., D. ., K. 178, fol. 744r; Moises Benedikt Beifuß an den Kaiser (Praes. 31.7.1755) in ., D. R., K. 383/2, der explizit ausführte, dass solche Fälle die prompte Zahlung oder unverweilte execution erheischen; Jacob und Isaak Heßlin an den Kaiser (Praes. 12.4.1758) in ., K. 353/1; Model Hirsch Kuhn an den Kaiser (Praes. 25.1.1743) in ., K. 365/15: Richtigkeit sothaner Wechßelbrieffe; Samuel Simon an den Kaiser (Praes. 27.7.1746) in ., K. 373/9; Sinzheimer am den Kaiser (Praes. 26.3.1762) in ., D, K. 330: Aufrichtigkeit des debiti; Joseph Moises Schuster an den Kaiser (Praes. 28.1.1734) in ., O. R., K. 452/10. Zitat Dottres Samuel Stern an den Kaiser (Praes. 22.5.1759) in ., D. R., K. 384/6, hier Obligation vom 15.7.1744 als Lit A.; Model Hirsch Kuhn an den Kaiser (Praes. 22.6.1742) in ., K. 365/16: Treu und glauben; Michael Isaak an den Kaiser (Praes. 14.8.1743) in ., D. ., K. 168, fol. 57r–80v, fol. 76v; Joseph Moises Schuster an den Kaiser (Praes. 28.1.1734) in ., O. R., K. 452/10; Elias Oppenheimer an den Kaiser (Praes. 29.8.1747) in ., D, K. 1902/1: nicht nur an Eydesstatt, sondern auch so gar mit einem rechtsgültigen Eyde: So wahr Ihn Gott helffe und sein heiliges Wort; Moises Benedikt Beifuß an den Kaiser (Praes. 31.7.1755) in ., D. R., K. 383/2; Sinzheimer am den Kaiser (Praes. 2.6.1758) in ., D, K. 330; Benedikt Levi Gomperz an den Kaiser (Praes. 17.1.1747) in ., K. 2864/1.

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5. Selbstbilder und Ehre im Konflikt

nichts zu benehmen oder zu Derogieren trachtet, dabey utiliter annimbt, daß ein Reichsstand nicht Capable onwahrheiten zu begehen, [. . . ] weilen wie oben allschon weithlauffig Deduciret ist, die wort und schrifften eines Reichsstandes mehralß ein Jurament bey einer Privat Person wurcken mussen.450 Damit konfrontierten sie das adelige Ehrsystem nicht nur mit dessen eigenen Grundsätzen, sondern konterkarierten ihre Einstellung zu wirtschaftlichen Fragen mit einem ökonomischen, nach rationalen Gesichtspunkten ausgerichteten Regelsystem. Hierzu gehörte, die säumigen Adeligen als gewißen=loße Aufborger zu deklassieren. Letztere dürften in ihrer Verweigerungshaltung keineswegs Bestätigung finden, da sonsten kein Mensch dem Andern Geld Vorlehen könnte und jegliche rechtliche Grundlage des Wirtschaftens hinfällig sei.451 Zugleich desavouierten die Juden mit solchen Hinweisen die obrigkeitliche Ansicht, der Kaiser müsse gemäß seiner Aufgabe, die Reichsstände zu erhalten, die Ansprüche der klagenden, jüdischen Gläubiger abschlagen. Joseph Moises Schuster verwies daher darauf, dass das Erbach’sche Haus zwar sehr viele Schulden habe, dass aber ein Zerfall des Uhralten hochgräff[lichen] Hauses [. . . ] noch sehr weit entfernt sei. Aber selbst wenn ein solcher einträte, verbliebe die Familie doch jederzeit in ihrem ansehen und Würden. Zwar sei es nicht zu leugnen, dass der Kaiser sich die Conservation Seiner Stände quovis modo sich angelegen seyn laßen wird. Allerdings könne eine solche Auffrecht=Erhaltung nicht anders durchgeführt werden als auf der Basis von Recht und Gerechtigkeit, die wiederum vor der Ratione Status jederzeit die Oberhand behalten müssten.452 Dieses Argument wurde dadurch verstärkt, dass die Juden darauf hinwiesen, dass der Kaiser auch derer armen und widrigen Vater und Ober-Herr sei.453 Damit hebelten sie die Konservierungsthese der reichsständischen Prozessgegner aus, indem die Juden sie auf alle Reichsuntertanen übertrugen. Die Juden ergänzten ihren Vorwurf des Ungehorsams durch eine prinzipielle Adelskritik.454 Kern dieser Kritik bildete das Gerücht durch das die adeligen Ehrvorstellungen gezielt diskreditiert werden sollten.455 Moises Benedikt Beifuß bspw. deutete an, er habe vieles gehöret, das in ihm billige Sorge erwecke. Allerdings wolle er noch zur Zeith [. . . ] aus Respect vor seinem 450 451

452 453 454 455

Michael Isaak Erben an den Kaiser (Praes. 5.9.1748) in ., D. ., K. 168, fol. 274r–365v, hier fol. 293v–294r. Siehe Michael Simon Hanau an den Kaiser (Praes. 20.2.1758) in ., K. 168/1, fol. 88r– 95v, hier Zitate fol. 89r. Hanau betont, dass alles Commerciam stille stehen (fol. 91r) müsse, falls das Gericht die Ansichten des obrigkeitlichen Gläubigers bestätige. Joseph Moises Schuster an den Kaiser (Praes. 5.7.1735) in ., O. R., K. 452/10; ders. an den Kaiser (Praes. 30.8.1734) in . Joseph Moises Schuster an den Kaiser (Praes. 10.6.1748) in . Einführend zur Adelskritik A, Adel, S. 275–286. Vgl. H, Gerücht, Sp. 570–572; Z, Universallexikon 10, Sp. 1206f., s. v. Gerücht, Fama, Rumor, Renommée.

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gräflichen Prozessgegner schweigen. In der Tat brachte er keine weiteren inhaltlichen Hinweise vor, unterstrich aber mit dem Hinweis auf die allseits bekannte schlechte finanzielle Lage des Grafen dessen äußerst schlechten Leumund.456 Zwar sei ihme der herr graff von Witgenstein weder von Persohn noch von Nahmen bekannt gewesen. Da dieser ihm als ein ehrlicher mann und Cavallier geschildert worden sei und er sich als solcher ausgegeben habe, seien in ihm keinerlei Zweifel bezüglich der ehrliche[n] befriedigung aufgekeimt. Mit dem hier verwendeten Wort ,ehrlich‘ leitete Beifuß einen Frontalangriff auf die adlige Ehrauffassung ein. Denn jetzt widerfahre ihm großer Undank vonseiten des Grafen, der blose[n] Erfindungen sowie mit puren Schmähungen, ja sogar mit scharfste wort, gewalt und extremitaeten drohe. Zu Anfang der Geschäftsbeziehungen hoffte er, ein alter graff und Churfürst[licher] Ministre würde eigentlich sein wortt und zusag höher halten. Nun stelle sich das Gegenteil heraus.457 Hier diente das ,positive Gerücht‘ vom zunächst exzellenten Leumund des Grafen dazu, von Anfang an vorhandene Bedenken des jüdischen Kaufmanns ex post durch die gräfliche Verweigerungshaltung zu bestätigen und damit dessen Ehre in Frage zu stellen.458 Diesem Punkt spielten Spekulationen bezüglich Unregelmäßigkeiten in der obrigkeitlichen Herrschaftsausübung zu. So betonte Samuel Simon, er habe nie daran geglaubt, dass seine Forderung angesichts des zu erwartenden Anfalls an Land und Leuthen hätte gefährdet seyn können.459 In gleicher Weise dekonstruierte Samuel Simon mit kritischem Blick zentrale Merkmale adeligen Selbstverständnisses. Es sei ihm nämlich unverständlich, daß ein Printz von einem so considerablen uralt-fürst[lichen] Hauß, welche dazu so considerable anfälle augenscheinlich zuerwarten hat, in so schlechten Umbständen [. . . ] sich befinden solte, daß derselbe ein a proportion seines Standes so geringes Capital nicht solte heimzahlen, oder anderwärts aufbringen können. Neben den Aspekten der altadeligen Herkunft sprach er die Stellung Hessen-Rheinfels-Rothenburg als Reichsfürst an, dem es aufgrund seiner bedeutenden materiellen Herrschaftsbasis leicht fallen müsse, eine derart geringe Schuld unverzüglich zurückzahlen zu können.460 Das Gerücht von der verfehlten 456 457 458 459

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Moises Benedikt Beifuß an den Kaiser (Praes. 31.7.1755) in HHSAW, RHR, D. R., K. 383/2. Ders. an den Kaiser (Praes. 31.7.1755) in ., K. 383/2 (Zitate ebd.). Ähnliches bei S, Adel, S. 144–146. Samuel Simon an den Kaiser (Praes. 27.7.1746) in HHSAW, RHR, D. R., K. 373/9; Michael Isaaks Erben an den Kaiser (Praes. 5.9.1748) in ., D. ., K. 168, fol. 274r–365v, hier fol. 275v. Samuel Simon an den Kaiser (Praes. 27.7.1746 u. 29.11.1747) in ., D. R., K. 373/9 (Zitat erste Supplik); David Mayer Juda an den Kaiser (Praes. 3.8.1751) in ., D, K. 1524/1: Im Römischen Reich hat man wohl täglich Exempel, das aus gebrachten kay: allergnädigsten Befehlen die schuldige allerunterthänigste folge sogleich nicht geleistet wird, wann der beklagte Theil eine Sub= oder obreptionem zu behaupten sich getrauet und seine vermeintliche Exceptiones darwider unverzügliche einbringet. Wegen solcher Hin-

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Ausübung reichsständischer Herrschaft ließ den Eindruck entstehen, eine Obrigkeit agiere im Rahmen einer tief eingerissenen Misswirtschaft und gefährde selbst ihre herrschaftliche Basis. Hiermit sprachen die Juden sicherlich den RHR als diejenige Institution an, die im Fall fürstlicher Misswirtschaft notfalls sogar zur Absetzung von Reichsständen schreiten konnte. Dass der RHR ausschließlich in kleineren Territorien in dieser Richtung tätig wurde, mindert die Tragweite solcher Hinweise durch die Juden kaum, die ja eben ausnahmslos gegen kleinere Reichsstände am RHR Klage führten.461 In einigen Fällen argumentierten die Juden mit politischen Entwicklungen im Reich und deklarierten diese Vorgänge dann ebenfalls als Gerücht, indem sie ihren obrigkeitlichen Prozessgegnern Intrigen, Verdunkelung und verfehlte Herrschaftsausübung als typisch adeliges Verhaltensmuster vorwarfen. Damit hoben sie gezielt auf ein moralisches Anderssein der höfischen Welt ab.462 So stellte sich Marum Kahn als ein durch die politischen Zustände am Kaiserhof Karls VII. Benachteiligter dar. Schließlich sei bekannt, daß gedachter herr Graf [hier der Graf von Montfort, A. G.] bey Regierung Karls VII. viele große Minstros zu bluts Verwandten gehabt, dahero Anwaldts Principal als ein armer Jud aus Angst dort keinen Prozess angestrengt habe.463 Unabhängig von der Tatsache, dass im RHR, im Geheimen Rat und in der Geheimen Konferenz in den Jahren zwischen 1742 und 1745 kein Mitglied des Montforter Grafenhauses in leitender Position tätig war464 , rückte der Jude über den Intrigenvorwurf hinausgehend den Regierungsstil Karls VII. in den Dunstkreis der Vetternwirtschaft und bezichtigte den ehemaligen Kaiser der Vernachlässigung seiner Aufgabe als oberster Richter im Reich. Eine kalkulierte Anlehnung an den nunmehr regierenden Habsburgerkaiser war damit sicherlich beabsichtigt und sollte wohl von der in Wien bekannten Tatsache

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weise skizzierten sie das obrigkeitliche Verhalten ihnen gegenüber als renitent, indem diese nicht nur in der güte zu keiner Zahlung zu bewegen wären, sondern auch den allerhöchsten Richter irre zu machen Vorhabens seien. Dottres Samuel Stern an den Kaiser (Praes. 14.5.1754) in ., K. 1738/3; Getz Hayum an den Kaiser (Praes. 31.8.1752) in ., O. R., K. 1769/1 nahm eine ähnliche Kritik zum Anlass, 1752 energisch gegen die Verlängerung des Moratoriums zu protestieren, benütze der Fürst dieses doch nur als Legitimation für seine Verschwendungssucht. Den RHR-Beschluss vom 12.11.1748 für ein Moratorium für Waldeck legte Getz als Lit. F seiner Supplikation an den Kaiser (Praes. 23.2.1750) in . bei. Ebenso kritisierte Fradel an den Kaiser (Praes. 17.8.1751) in . dessen Erneuerung. Vgl. T, Fürstenabsetzung; mit weiteren Fällen E, Adel, S. 6. Model Hirsch Kuhn an den Kaiser (Praes. 3.7.1744) in HHSAW, RHR, D. R., K. 365/16: gespielte Intriquen; hierzu H, Huldigung, S. 39; ausführlich B, Hofökonomie, S. 239–255. Marum Kahn an den Kaiser (Praes. 23.12.1748) in HHSAW, RHR, D. Rec., K. 383/1. G, Reichshofrat, S. 419–431 zum RHR Karls VII.; hierzu die prosopographische Studie F, Rat sowie H, Karl Albrecht, S. 247–263.

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ablenken, dass Kahn als kaiserlicher Pferdehändler ja selbst für den Wittelsbacher gearbeitet hatte und enge Kontakte zum damaligen Hof besaß.465 Ex negativo traf dieses Argument aber ebenso den Montforter Grafen als traditionellen Parteigänger Habsburgs zu466 , der sich daher entschieden gegen diese Vorwürfe verwahrte.467 Wolf Wertheimer kolportierte das Gerücht, der Herzog von Holstein-Plön-Rethwisch und insbesondere sein Hofmarschall Poitschan hätten seine Schuldforderungen zu vertuschen versucht, um den herzoglichen Hof und die kaiserliche Debitkommission hierüber im Dunkeln zu belassen.468 Michael Simon Hanau deutete Unregelmäßigkeiten am RKG an. Dessen Zitation sei doch allein deswegen erkannt worden, weil Kametzky in seiner Funktion als des Herrn Camer=Richters geheimten Rath diesen hierzu habe überreden können.469 Vermutlich zielte dieser und ähnliche Hinweise darauf ab, den RHR als Aufsichtsinstanz gegenüber dem RKG zu aktivieren. Die Juden bewegten sich durchaus in den Bahnen der frühaufklärerischen Adelskritik, wie sie bspw. in einem Artikel der Zeitung Der Patriot von 1737 formuliert worden war und auf die Ehrvorstellung des Kaufmanns mit ausgezeichnetem Leumund rekurrierte: Ein Handelsmann von Credit und Ansehen, [. . . ] der in seinen Sachen aufrichtig ist, und in allen Verrichtungen punctuel, hat Zweifels ohne weit größere Ehre, und besitzet viel mehr vom wahren Adel, als ein wilder verschwenderischer Juncker.470 Im Zentrum jüdischer Adelskritik stand demnach die reichsständische Verschwendungssucht ohne ökonomischen Nutzen.471 Eine solche Verschwendungssucht bewerteten jüdische Kläger als Eigennutz, der dazu führe, dass die jeweilige Obrigkeit ihr guthertzig

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Siehe zu den engen Kontakten Marum Kahns zum wittelsbachischen Kaiserhof in Frankfurt insgesamt im Akt dem Juden Marum Kahn zu Necarsulm wegen einer von ihme beschehenen ungegründeten angebens am kay hoff, als ob die einquartierung derer kay Pferden in des Hohen Ordens dorffschafften verbotten worden wären, angesetzte straff betr. 1743/1744 in SAL B 287, Bü. 233. Kahn handelte zur Zeit Karls VII. mit Stückzahlen zwischen 600 und 2.500 Pferden (siehe Marum Kahn vom 14.10.1743 an den Kurfürsten Clemens August in ., Bü. 233); unter Franz I. trat Kahn als kaiß.=könig. Lieferant bey der armeè auf (vgl. Marum Kahn an den Kaiser [Praes. 12.8.1762] in HHSAW, RHR, D. R., K. 383/1). Siehe hierzu den Brief des Fürstbischof Franz Konrad von Konstanz vom 9.12.1753 an den Kaiser in ., R, K R, K. 360, fol. 405r–406v, in dem er diesen Aspekt ausdrücklich betont und auf Hugo von Montfort verweist. Vgl. hierzu LN, Klientel, S. 137–161. Siehe Ernst von Montfort an den Kaiser (Praes. 5.10.1750) in ., RHR, D. R., K. 383/1. Zitate Wolf Wertheimer an den Kaiser in Sachen der Holstein-Plön-Rethwischen Debitskommission (Praes. 7.1.1760) in ., O. R., K. 405/3. Siehe Hanau an den Kaiser (Praes. 3.2.1755) in ., D. ., K. 168/1, fol. 162r–167v, Zitate hier fol. 163r. Zitiert nach H, Huldigung, S. 39; ähnliche Quellenzitate bei B, Hofökonomie, S. 242–250. Ähnliches bei ., S. 242f.

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dargeliehenes geld [. . . ] dannoch nicht bezahlen will.472 Marum Kahn kritisierte, der Graf von Montfort fahre fort, gröseren Staat zu führen, seine Gläubiger dagegen halte er hin.473 Ein solches Verhalten führe dazu474 , dass die wirtschaftliche Situation der Reichsstände täglich mehr in decadence gerieten.475 In den Augen der Juden waren es also die Obrigkeiten, die kein Verhältnis zum Geld besäßen476 und in machiavellistischer Manier auf den eigenen Vorteil bedacht seien.477 Die Systematik dieses egoistischen Wirtschaftens gestaltete sich für die Juden als moralisch verwerflich, da sie von Verschwendung, Misswirtschaft und Veruntreuung öffentlicher Gelder gekennzeichnet sei.478 An diese Kritik schloss sich die Art und Weise des adeligen Umgangs mit 472

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Vgl. Simon Aaron Neustädtl an den Kaiser (Praes.30.5.1748) in HHSAW, RHR, D. ., K. 178, fol. 772v–773r (Zitat .); Samuel Simon an den Kaiser (Praes. 27.7.1746) in ., D. R., K. 373/9; Jacob Ochs an den Kaiser (Praes. 18.1.1751) in ., K. 362/6; Zitat Simon Aaron Neustädtl an den Kaiser (Praes. 27.10.1746) in ., D. ., K. 178, fol. 744r; Marum Kahn an den Kaiser (Praes. 23.12.1748) in ., D. R., K. 383/1. Marum Kahn an den Kaiser (Praes. 16.7.1764) in . In gleicher Weise verwies Michael Simon Hanau darauf, dass Kametzky sein Wohlleben nicht behörig beschrencke. Zitat Michael Simon Hanau an den Kaiser (Praes. 3.2.1755) in ., D. ., K. 168/1, fol. 164r–164v, siehe fol. 165v. Dagegen bemängelte Getz Hayum, dass der Fürst von Waldeck seine Gelder für eine kunstbahre Hofhaltung, aufwendige Parforcejagden, zum unnöthigen Bau-Weesen oder sonsten nach Willkühr und damit für überflüssige, da allein auf die Repräsentation ausgerichtete Dinge verschwende. Zitate ders. an den Kaiser (Praes. 23.2.1750) in ., O. R., K. 1769/1; Joseph Moises Schuster an den Kaiser (Praes. 10.6.1748) in ., K. 452/10 kritisierte die Grafen von Erbach, dass sie einen so ansehnlichen Hoff=Staat führten. Vgl. Getz Hayum an den Kaiser (Praes. 11.6.1750) in .; an anderer Stelle spricht er von anderen kostbahren Lustbahrkeiten durch die die Fürst noch mehr Schulden machet. In Lit. F: verweist Getz Hayum in einem Brief vom 21.5.1750 an seinen Agenten Gullmann auf ein Neuen ohnnötigen Marstalbau, der das Moratorium missachte (der Marstall wurde in den Jahren 1749 bis 1755 errichtet). Zur Bautätigkeit der Waldecker Fürsten kurz S, Residenzschloß, S. 33–48. Zu den von Getz Hayum kritisierten Parforcejagden siehe H, Jagd, S. 85–88. Zitat Dottres Samuel Stern an den Kaiser (Praes. 14.5.1754) in HHSAW, RHR, D, K. 1738/3. Getz Hayum an den Kaiser (Praes. 31.8.1752) in ., O. R., K. 1769/1. Model Hirsch Kuhn an den Kaiser (Praes. 9.9.1758) in ., D. R., K. 365/16; ders. an den Kaiser (Praes. 7.10.1754) in . Joseph Moises Schuster an den Kaiser (Praes. 10.6.1748) in ., O. R., K. 452/10: zudeme weiß man ja auch, wie die Herren Successores öffters gesinnet sind, und daß sie vorlieb nehmen thäten, wann der regierende herr sein Leben als ein privat-Mann zu brächte, damit nur ihre Erbschafft dereneinstens desto größer werden möchte. E.: Es ist nicht genug, daß sich illustre Familien zu bereichern suchen und zu dem Ende allerhand neue favorable principae erdenke, sondern es mußten auch diese principiae [. . . ] machiavellistisch, und mit eines dritten schaden verknupffet seyn. Vgl. ., R, K. 46 in Causa Getz Hayum ct. Waldeck, hier fol. 7r–8r: Zumahlen diese debita von der Art seyen, daß sie der fürst nicht allein in natura empfangen, sondern auch noch, dem vernehmen nach, dazu von andern, als von denen [. . . ] general Staaten für die Montirung ganzer Regimenter d[as] Geld dafür, und die Trawer Kosten wegen des Prinzen Ludwigs absterben, aus dem fürst lande baar gehoben und in seiner Chatuel gezogen habe.

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den Gläubigern an. Dieser sei von Unzuverlässigkeit und Arroganz geprägt. Laut den jüdischen Klägern liege dieses Verhalten im prinzipiellen Horizont adeliger Wesensart. Joseph Moises Schuster kritisierte, dass seine Prozessgegner, die Grafen von Erbach, ihre Hausgesetze und Familienfideikomisse streng geheim aufbewahrten.479 Diese adelige Abgrenzung zu den einfachen ,Untertanen‘ verband sich mit despektierlichen Hinweisen auf die historischen Entstehungsgründe solcher Gesetze in einer unzivilisierten grauen Vorzeit: Vielmehr ist und bleibet es glaublich, daß sie es bey denen damahligen Wilden und kriegerischen Zeiten oftermahlen nur gethan haben, aus furcht, die kinder möchten ihnen, wenn sie alles weggäben, aufsätzig werden, und sie gar verfolgen, und es ist ja ein schlechter schluß, daß was bißweilen geschehen, deswegen immer geschehen seyn müße.480 Joseph Moises Schuster warf den Adeligen vor, ihre Verpflichtungen als souveräne Reichsstände, die sie mit der Übertragung des jure gentium durch den Westfälischen Frieden erhalten hatten, absichtsvoll zu missachten.481 Für die Juden stand fest, dass rationalisierte Zeiten moderne Problemlösungsstrategien erforderten. Der Adelige, der sich ökonomisch betätige, müsse sich insofern wie jeder andere dem Regelwerk der Ökonomie anpassen. In diesem Regelsystem sei es dem Kläger gar nicht zu verargen, wann er [. . . ] sich auff gleicherweiß zu prospiciren versuche.482 Dieser Umstand gelte umso mehr, da die Kosten des Prozesses in keinem Verhältnis zur kostbahren Zeit stünden, die der obrigkeitliche Schuldner durch seine Verweigerungshaltung dem Gläubiger abzwinge.483 Schließlich hätten sie die Gerichts kosten biß hero nicht angewendet, wenn es ihnen nicht um baares geldt zu thun gewesen sei.484 Samuel Simon betonte offenherzig, dass er bey gegenwärtigen Geld-Klemmen Zeiten, sein Capital in seiner Wechselhandlung weit vorteilhaffter, als gegen die 479

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Joseph Moises Schuster an den Kaiser (Praes. 5.7.1735) in ., O. R., K. 452/10: Dann diese Ration Singularitatis kann einem privato, welcher von eines hochgräfflichen Hauses innerlichen und in Archivis, geheim gehaltennen Statu keine Wissenschaft hat, nicht bekannt seyn; Moises Benedikt Beifuß an den Kaiser (Praes. 31.7.1755) in ., D. R., K. 383/2. Joseph Moises Schuster an den Kaiser (Praes. 10.6.1748) in ., O. R., K. 452/10. Ders. an den Kaiser (Praes. 10.6.1748) in .: der höchstseelige herr Debitor ein ReichsGraff, mithin ein Stand des Reichs gewesen; dann es doch einmahl [. . . ] ein unstrittiger Satz ist, daß wenn die Reichs-Graffen potestatem Majestati aemulam, so wie sie per pacem Westphalicam zugestanden bekommen, haben, und in vielen ihnen favorablen dingen, nach dem jure gentium tractiret seyn wolle [. . . ] sie auch in materia de obligatione Successorum Illustrium zum praejudiz ihrer Vorfahren guthertzigen Creditorum nicht handeln dürften. Zitat Moises Benedikt Beifuß an den Kaiser (Praes. 31.7.1755) in ., D. R., K. 383/2; Michael Isaak Erben an den Kaiser (Praes. 5.9.1748) in ., D. ., K. 168, fol. 274r–365v, hier fol. 293r. So Isaak Speyer an den Kaiser (Praes. 14.2.1744) in ., D. R., K. 362/7; Joseph Callmann an den Kaiser (Praes. 15.5.1748) in ., D, K. 1191/4. Dottres Samuel Stern an den Kaiser (Praes. 20.5.1756) in ., D. R., K. 1738/3; Marum Kahn an den Kaiser (Praes. 4.11.1763) in ., K. 383/1.

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5. Selbstbilder und Ehre im Konflikt

schlechte Verzinßung nutzen könnte. Allerdings liege sein Kapital nun bei seinem adeligen Gläubiger brach, der nicht zahle und mit dessen zugesicherten Zahlungsversprechen er keinen sichern Staat machen könne.485 Auf Basis soeben referierter Zusammenhänge konstruierten die Juden eine ökonomisch kalkulierte ,Kosten-Nutzen-Rechnung‘ im Sinne Benjamin Franklins Time ist Money bzw. Credit is Money.486 Aufgrund dieses Leitsatzes müsse sich jeder Teilnehmer am Wirtschaftssystem den ökonomischen Härten fügen.487 Die wesentlichen Aspekte dieser ,Kosten-Nutzen-Rechnung‘ waren die Formel ,Zeit ist Geld‘ sowie die Rentabilität von Geschäftsabschlüssen. Schließlich hänge vom Handel doch das Wohlseyn, wie eines Jeden also auch des Teutschen Reichs ab. Das Reich müsse notwendiger Weise erliegen, sollten die adeligen Reichsstände mit ihrer Ansicht Recht erhalten.488 Die alleinige Stellung als adeliger Reichsstand genüge keinesfalls, sich hiervon loszusagen. Eine Verweigerungshaltung schade nur der gesamten Reichsgemeinschaft. Diese von den Juden angebrachte Argumentation deutet auf die – durchaus merkantilistische – Vorstellung hin, dass das ökonomische Wohlergehen eines Landes kein Selbstzweck sei, sondern letztlich seiner Ansehensmacht Vorschub leiste. Dabei übertrugen die Juden diesen Zusammenhang auf das Reich als politischen Gesamtkörper. Dieses Vorgehen entkräftete zudem die Wuchervorwürfe der Prozessgegner als unbegründete Animositäten, die gegen die Bedingungen des Commercio stünden. Der Handel erhalte einen lezten Hertzens-Stoß, wenn diese Ansicht vom Gericht übernommen werde.489 Ein solcher Vorgang führe zwangsläufig dazu, dass wohl keiner der treuhertzigen Creditorn [. . . ] denen Reichs-Ständen in iher größten noth zu ihrer und deren

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Samuel Simon an den Kaiser (Praes. 27.7.1746) in ., K. 373/9; Dottres Samuel Stern an den Kaiser (Praes. 22.5.1759) in ., K. 384/6: des seinige bey deren dermahligen ohnehin schweren Zeiten höchstbenöthiget ist; Model Hirsch Kuhn an den Kaiser (Praes. 22.6.1742) in ., K. 365/16; David Dispecker an den Kaiser (Praes. 25.6.1764) in ., D, K. 1637; Michael Isaak an den Kaiser (Praes. 14.8.1743) in ., D. ., K. 168, fol. 57r–80v, fol. 76v–77r; dessen Erben an den Kaiser (Praes. 5.9.1748) in ., fol. 274r–365v, hier fol. 300v–301r. Zitat F, Advice, S. 1. Dottres Samuel Stern an den Kaiser (Praes. 22.5.1759) in HHSAW, RHR, D. R., K. 384/6: als einem Manne, der von diesem Capital leben muß [. . . ] gäntzlich ohnmöglich und allzuschmerzlich fället, eine noch längere Rucksicht zuzeigen. Joseph Moises Schuster an den Kaiser (Praes. 10.6.1748) in ., O. R., K. 452/10. Später spricht ders. an den Kaiser (Praes. 12.2.1750) in . von der Erhaltung [der] menschlichen Gesellschaft. S, Pecunia, S. 96–103.

5.2 Die Jahre 1745 bis 1765

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ihrigen nutzten [. . . ] an handen gehen werde.490 Dadurch nehme die Ehre eines reichsständischen Hauses erst recht Schaden.491 Die im Rahmen der juristischen Argumentation der Juden besprochene konsequente Berufung auf die Reichsgesetze erhielt an dieser Stelle seine Fortschreibung. David Dispecker forderte beispielsweise eine Exekution gegen Sachsen-Hildburghausen, da gemäß Paragraph 107 JRA dies propter favorem commercium geboten sei.492 Hiermit schlossen die Juden für sich selbst ein reines Gewinnstreben aus. Vielmehr schimmert mit der Verwendung des favorem commercium-Begriffs eine traditionelle Vorstellung von der ökonomischen Ordnung auf Seiten der Juden durch, die auf die Idee des gemeinen Nutzens hindeutet.493 So bewerteten die Juden ihre geschäftlichen Beziehungen zu den Obrigkeiten gemäß der Definition des Zedler-Lexikons als Handel und Wandel, das Gewerbe, die Gemeinschafft, die Kauffmannschafft [. . . ], da ich gemeinen Nutzen wegen zuläßige Waaren, um einen ehrlichen Gewinn zu überkommen, kauffe, und [. . . ] wo ich will, verkaufe.494 Ihre Eigenschaft als Juden verschwand hinter dieser Ich-Idealisierung des für das Gemeinwohl tätigen Kaufmanns. Allerdings wurde dabei das Streben nach Gewinn als Notwendigkeit für die 490

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Joseph Moises Schuster an den Kaiser (Praes. 30.8.1734) in HHSAW, RHR, O. R., K. 452/10: und einen Landes-fürsten zu seiner und der gesamten Famille größten Glorie, aus seinen Bedrangnußen herausgerißen, und dardurch das uhralte graff: ansehen und Dignitaet, biß auff diese Stunde kräfftigst, auch mit seinem eigenen Schaden unterstützet, nunmehro von deßen Nachkommen verlaßen, und umb seine dem gesambten Hauße von vielen Jahren her, geleisteten treuen dienste willen, selbsten an den Bettelstab gebracht werden solle; ders. an den Kaiser (Praes. 5.7.1735) in .; ders. an den Kaiser (Praes. 11.3.1751) in .; Säckel Fränkel an den Kaiser (Praes. 25.9.1752) in ., D. R., K. 358/2: Bettel-Stab. Michael Isaak Erben an den Kaiser (Praes. 5.9.1748) in ., D. ., K. 168, fol. 274r–365v, hier fol. 288v–289r; Joseph Moises Schuster an den Kaiser (Praes. 30.8.1734) in ., O. R., K. 452/10: dann gleichwie keine Hereditaes gerechnet werden kann, nisi deducto prius aere alieno, also kann auch eine Illustre Famille nicht vor Reich angesehen werden, so lange fides Sacra Sancta data, nicht alß bewährt, und damit die Reputation einer Illustren Familie nicht in auffrechten Standte erhalten, sondern vielmehr durch der in Schaden versezten Treuherzigen Creditorn klage blamiert, und niedergeschlagen wird u. ders. an den Kaiser (Praes. 10.6.1748) in . Ähnlich verwiesen dies. an den Kaiser (Praes. 5.9.1748) in ., D. ., K. 168, fol. 274r–365v darauf, dass die Argumentation der Hohenloher hinsichtlich des Fideikommiss als Grund für eine Nichtzahlung der Schulden unerheblich sei, da zum einen in unßerem Teutschen Reich kein furstenthum noch graffschafft anzutreffen, in welchem die allodia nicht mit untermischet seynd (hier fol. 287r); Joseph Moises Schuster an den Kaiser (Praes. 30.8.1734) in ., O. R., K. 452/10; ders. an den Kaiser (Praes. 10.6.1748) in .; ders. an den Kaiser (Praes. 5.7.1735) in . David Dispecker an den Kaiser (Praes. 14.3.1766) in ., D, K. 1637; Michael Isaak an den Kaiser (Praes. 14.8.1743) in ., D. ., K. 168, fol. 57r–80v, fol. 69r. Amson Callmann an den Kaiser (Praes. 23.1.1748) in ., D, K. 331: dessen guten Nuzen. Zitat Z, Universallexikon 6, Sp. 831, s. v. Commercium, der Handel und Wandel.

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5. Selbstbilder und Ehre im Konflikt

Weiterentwicklung des Gemeinwohls bewertet495 . Schließlich sei es doch so, dass wenn man sein brod durch Handel und Wandel erwirbet, bey denen negotiis einiger Profit seyn müße, man thut aber einem ehrlichen Mann sehr Unrecht, wann man um denselben anzuschwärtzen, einen solchen Profit sogleich einen Wucher nennen496 würde. Ein Gewinnstreben mit Blick auf das Gemeinwohl musste in den Augen der Juden erlaubt sein. In dieser Perspektive stellte der Profit geradezu die unabdingbare Voraussetzung für das Gemeinwohl dar. Um diesen Komplex des sozial eingehegten Eigennutzes weiter zu untermauern, führten die jüdischen Kläger ihre Argumentationen auf diesen Punkt zu, indem sie ihre eigene Tätigkeit auf ein übergeordnetes Wirtschaftsinteresse sowie auf das Gemeinwohl einer fürstlichen Herrschaft ausgerichtet sahen. Schließlich seien sie es gewesen, die sich mit ihren Geld- und Warenlieferungen für die Durchführung adeliger Repräsentationspflichten einsetzten. Sie hätten in der größten Noth mit so viel geld den reichsständischen Obrigkeiten beigestanden497 und die Waaren nicht geliefert um Capital zu machen. Andere Gläubiger reflektierten, dass man seinem adeligen Geschäftspartner unter den schwierigsten Umständen Gelder für bestimmte Repräsentations- und Herrschaftsaufgaben498 beschafft und dadurch also zu seiner Bedurfnuß und kundbahren besten Nützen und zur Rettung seiner Ehre und Reputation gewirkt habe.499 Wie die Obrigkeiten sich auf ihre Stellung als reichsständische Adeli-

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J, Staatswissenschaft, S. 150f., Fn. *). Hierzu B, Metamorphosen, S. 258– 262. Ähnlich sah es Jean Bapstist Colbert bei G, Jud Süß, S. 65. Vgl. zum beginnenden Nützlichkeitsdiskus im Rahmen der Emanzipationsdebatte S, Bitte; siehe die Angaben in ökonomischen Lexika des 18. Jh. bei S, Lexikographie, S. 204–212. Joseph Moises Schuster an den Kaiser (Praes. 10.6.1748) in HHSAW, RHR, O. R., K. 452/10. Moises Benedikt Beifuß an den Kaiser (Praes. 31.7.1755) in ., K. 383/2; ebenso auf die Notlage der Freifrau Philippina von Münster abstellend Model Hirsch Kuhn an den Kaiser (Praes. 22.6.1742) in ., K. 365/16. Marum Kahn an den Kaiser (Praes. 23.12.1748) in ., K. 383/1. Zitat Getz Hayum an den Kaiser (Praes. 23.2.1750) in ., O. R., K. 1769/1; Simon Aaron Neustädtl an den Kaiser (Praes.30.5.1748) in ., D. ., K. 178, fol. 772v– 773r; Michael Isaak Erben an den Kaiser (Praes. 5.9.1748) in ., K. 168, fol. 274r–365v, hier fol. 282r; Jacob Ochs an den Kaiser (Praes. 16.8.1743) in ., D. R., K. 362/6; David Dispecker an den Kaiser (Praes. 25.6.1764) in ., D, K. 1637. Zitat Moises Benedikt Beifuß an den Kaiser (Praes. 31.7.1755) in ., D. R., K. 383/2; ebenso auf die Notlage der Freifrau Philippina von Münster abstellend Model Hirsch Kuhn an den Kaiser (Praes. 22.6.1742) in ., K. 365/16; Dottres Samuel Stern an den Kaiser (Praes. 22.5.1759) in ., K. 384/6 betont unter Berufung auf die Angaben in der landgräflichen Obligation auf den Umstand, dass er zum Vorteil Hessen-Darmstadts gehandelt habe, mithin ohne ihn der Landgraf die Durchführung der Hochzeit seines eigenen Sohnes bzw. seine Anwesenheit bei den Krönungsfeierlichkeiten Franz I. nicht hätte standesgemäß gestalten können; siehe die Obligation vom 15.7.1744 als Lit A. in .; Joseph Moises Schuster an den Kaiser (Praes. 30.8.1734) in ., O. R., K. 452/10: zu Erhaltung deßen Ehr; Benedikt Levi Gomperz an den

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ge beriefen, so taten es die Juden, die ihre kaufmännische Tätigkeit als auf das Wohl eines Reichsstandes fokussiert betrachteten.500 Die jüdischen Kläger stellten sich demnach als Kaufleute dar, die neben den ökonomischen Erfordernissen nie die Lage der Geschäftspartner aus den Augen verloren, sofern Letztere sich an Abmachungen hielten.501 Rein argumentativ verweist dies auf den Umstand, dass sich die Juden mit ihrer kaufmännischen Ehre darum bemühten, die Wucher-, Habgier- und Geizstereotype der obrigkeitlichen Prozessgegner mit Hinweisen auf ihr sozial vorbildliches Verhalten zu entkräften.502 Auf diese Weise gingen merkantilistische Vorstellungen eine Symbiose mit traditionellen und eher ethischen Kategorien ein. 5.2.3 Adelige und jüdische Strategien der Ordnungsherstellung Die Prozesse gegen die Juden stellten sich für die Obrigkeiten als Riss in der reichsständischen Ordnung dar. Der RHR bot hier die Chance, diese ins Wanken geratene Ordnung wieder herzustellen. Aus Sicht der adeligen Reichsstände galt es, der ,Wucher-Seuche‘ mit gottgeliebter Wahrheit konsequent entgegenzutreten. Die Gefahr der oben angedeuteten sozialen Ansteckungskette musste gebannt werden.503 Mit den oben skizzierten Argumentationsmustern bemühten sich die Obrigkeiten, beim kaiserlichen Gericht eine Furcht vor den Juden zu wecken504 , um sein Eingreifen zu mobilisieren.505 Der jüdische Wucherer diente als Blaupause für die Sicherung der reichsständischen Ordnung.506 Folglich forderten die Reichsadeligen, den Jüdischen Wucher generell zur Richterlichen

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Kaiser (Praes. 27.3.1754) in ., D, K. 2864/1; Elias Oppenheimer an den Kaiser (Praes. 29.8.1747) in ., K. 1902/1. Vgl. Beilage Num: 2 Koppel Mändlein an den Kaiser in triplo (Praes. undat.) in ders. an den Kaiser (Praes. 21.2.1765) in ., D. R., K. 1216/2: zum besonderen Ruhm. Beifuß beteuerte, er habe seinem Schuldner kleinere Wechselbriefe gegeben, damit dieser sich im fall der Noth, desto leichter [. . . ] zu helffen oder geld zu machen vermeynet, es für den Schuldner leichter sei, mehrere kleinere Wechsel einzulösen, als einen über die gesamte Summe. Siehe Moises Benedikt Beifuß an den Kaiser (Praes. 31.7.1755) in ., D. R., K. 383/2. Benedikt Levi Gomperz an den Kaiser (Praes. 17.1.1747) in ., D, K. 2864/1: nur zu des Creditoris Sicherheit dienen müssen; Simon Aaron Neustädtl an den Kaiser (Praes. 27.10.1746) in ., D. ., K. 178, fol. 744r; Marum Kahn an den Kaiser (Praes. 23.12.1748) in ., D. R., K. 383/1. Ernst von Montfort an den Kaiser (Praes. 5.10.1750) in ., K. 383/1. Siehe U, Angst, S. 101–112. D, Seuchen, S. 23–26; ., Pest, S. 85–97. Isenburg-Wächtersbach an den Kaiser (Praes. 28.9.1756) in HHSAW, RHR, D, K. 1738/3: ohnverantwortliche und höchststrafbareste Intention; Ernst Friedrich Karl von Sachsen-Hildburghausen an den Kaiser (Praes. 26.5.1766) in ., K. 1637: Reichsge-

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Discussion zu stellen.507 Angesichts der jüdischen Verstöße gegen die RPO von 1577 und den hierin festgesetzten Reichszins von 5 % sollte der RHR den Reichsfiskal aktivieren.508 Der Fiskal hatte sich vordergründig auf die von den Juden eingefädelte verkleister= und bemäntelung des Wuchers und betrugs zu konzentrieren.509 Hierbei beriefen sich die Adeligen auf die im Reichsrecht festgelegte Beschlagnahmung des vierten Teils der Schuldforderung sowie auf die Ungültigkeit der Verträge.510 Einige der obrigkeitlichen Schuldner abstrahierten vom eigenen, individuellen Fall und benutzten die Pluralform, d. h., sie sahen Handlungsbedarf gegen alle jüdischen Geldleiher auf Reichsebene.511 Die als deviant eingestuften Geschäftspraktiken der

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setzwidrigen handlung; Johann Wilhelm von Sayn-Wittgenstein-Vallendar an den Kaiser (Praes. 1.3.1754) in ., D. R., K. 383/2; H, Jude, S. 103. Bericht der Kommission Sayn-Wittgenstein-Hohenstein an den Kaiser (Praes. 9.5.1758) in HHSAW, RHR, D. R., K. 383/2, Zitat in Lit: A. Johann Wilhelm von SaynWittgenstein-Vallendar am 22.2.1758 an Hedwig Elisabeth von Sayn-Wittgenstein-Hohenstein als Vormünderin; in Vormundschaftsregierung Wittgenstein-WittgensteinHohenstein an den Kaiser (Praes. 5.12.1758) in . wird der Verlust des Kapitals gefordert; Karl Franz Wilhelm von Kametzky an den Kaiser (Praes. 9.12.1751) in ., K. 168/1, fol. 43r–62v, hier fol. 49r. An diesen Stellen mündeten letztlich alle Argumentationsstränge in der Forderung, gegen den Juden wegen seinem ohnerlaubten Wucher denen Reichs Satzungen gemäß zu Verfahren, und des Endes den kayßerlichen Fiscum zu excitiren und seines amts zu erinnern. Hierzu Johann Wilhelm von Sayn-Wittgenstein-Vallendar an den Kaiser (Praes. 1.3.1754) u. ders. an den Kaiser (Praes. 29.4.1757) in ., K. 383/2; Karl Franz Wilhelm von Kametzky an den Kaiser (Praes. 9.12.1751) in ., K. 168/1, fol. 43r–62v, hier fol. 48v–49r; Christian Wilhelm Karl von Pückler an den Kaiser (Praes. 15.5.1765) in ., K. 354/2; Freiherren von Münster an den Kaiser (Praes. 17.5.1765) in ., K. 353/3; Karl Ludwig von Löwenstein-Wertheim an den Kaiser (Praes. 28.5.1748) in ., D. ., K. 178, fol. 764v–765r; Ernst Friedrich Karl von Sachsen-Hildburghausen an den Kaiser (Praes. 17.3.1766) in ., D, K. 1637; Hohenlohe-Pfedelbach an den Kaiser (Praes. 15.3.1743) in ., D. ., K. 168, fol. 38r–52v, hier fol. 44v zum Fiskal, siehe aber fol. 42r: anatocismum macht sich sodurch der in denen gemeinen und Reichsgrund=gesezen hierauf gesezten Straffen schuldig, alß weß wegen man dann auch dißfall die Nothdurfft zu bitten ohnvergessen seyn wird; vgl. ., R, XVIII/108, fol. 284v (21.3.1746). Siehe zur Tätigkeit des Reichsfiskals am RHR gegen Juden bei O, Judenprozesse, S. 273–295, zur Tätigkeit des Fiskals bei Wuchervorwürfen, d. h. beim Verstoß gegen die Reichspolizeyordnung S. 276 u. ., Reichshoffiskalat, S. 110. Ernst von Montfort an den Kaiser (Praes. 5.10.1750) in HHSAW, RHR, D. R., K. 383/1; Ernst Friedrich Karl von Sachsen-Hildburghausen an den Kaiser (Praes. 26.5.1766) in ., D, K. 1637, der von einer Reichsgesezwidrigen Handlung spricht und daher als einen offenbaren Wucherer andern zum Abscheu mit nachdrücklicher Straffe belegen zu lassen. B, Tractatus, S. 228f. Allerdings sei nicht nur der eine jüdische Geldleiher mit Verlust des Capitals zu bestrafen. Zitat Johann Wilhelm von Sayn-Wittgenstein-Vallendar an den Kaiser (Praes. 1.3.1754) u. ders. an den Kaiser (Praes. 29.4.1757) in HHSAW, RHR, D. R., K. 383/2. Bspw. Ernst Friedrich Karl von Sachsen-Hildburghausen an den Kaiser (Praes. 26.5.1766) in ., D, K. 1637 forderte, dass der Reichs Fiscal gegen sie [die Juden, A. G. (sic!)] excitiret werden solle.

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Juden galten als Bedrohung der Reichsstände, der sozialen, ökonomischen und christlichen Ordnung des Reichs sowie als heimliche Korrumpierung kaiserlicher Herrschaftsausübung, die es auf Reichsebene in Form eines fiskalischen Schauprozesses zu ahnden galt. Sicherlich ging mit dieser Vorstellung die Idee einer Neuauflage der spätmittelalterlichen Judenschuldentilgungen einher.512 Prinzipiell richteten sich solche Forderungen auf die Wiederherstellung des traditionellen Unterordnungsgebots der Juden. Gleichzeitig fällt eine starke Orientierung an der zeitgenössischen Rezeption der Causa Joseph Süß Oppenheimer und dort geäußerten ähnlichen Forderungen auf.513 Mit Blick auf die Ordnungsvorstellung konzentrierten sich die Juden ihrerseits auf den reichsständischen Ungehorsam gegenüber dem Kaiser. Die Weigerungshaltung der Obrigkeit skizzierten sie als Abbruch der obristrichter[lichen] authoritaet Selbsten gereichende frevelthat 514 und brandmarkten eine solche Einschränkung des oberstrichterlichen Amtes als unverantwortlichen Despect gegen [die] kay[serliche] May[estä]t 515 und dessen Autorität.516 Hierin drückte sich nach Ansicht der Juden die Beeinträchtigung der kaiserlichen Rechtsprechung aus. Ohne ein konsequentes Einschreiten des Reichsoberhauptes werde sich der adelige Prozessgegner den kaiserlichen Befehlen nicht fügen. Das obrigkeitliche Verhalten war für jüdische Kläger einfach nur gantz unverantwortlich und vorsetzlich.517 Da die kaiserliche Rechtsprechung die oberste Prärogative des Reichsoberhauptes bildete, skizzierten die Juden das Szenario des Verfalls kaiserlicher Autorität im gesamten 512 513 514

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Siehe hierzu W, Juden, S. 38–53. G, Jud Süß, S. 250–269. Zitat Jacob Ochs an den Kaiser (Praes. 16.8.1743) in HHSAW, RHR, D. R., K. 362/6; Löw Emanuel an den Kaiser (Praes. 27.7.1768) in ., O. R., K. 454/7; Mayer Berlin et al. an den Kaiser (Praes. 30.4.1764) in ., D. R., K. 354/2; Jacob u. Isaac Heßlin an den Kaiser (Praes. 6.10.1759) in ., K. 353/1: Verkleinerung der alerhöchsten kay Autoritaet. Dies. an den Kaiser (Praes. 20.10.1757) (Zitat) u. dies. an den Kaiser (Praes. 19.8.1766) in .: ungehorsamen und Rechtswidrigen Betragen; Michael Isaaks Erben an den Kaiser (Praes. 17.4.1744) in ., D. ., K. 168, fol. 131r–136v, hier fol. 132r: Respectswidrige. Moises Benedikt Beifuß an den Kaiser (Praes. 2.6.1758) in ., D. R., K. 383/2: mithin zu hellen Tage ligt, daß den allerhochsten kay[serlichen] befehl die allerschuldigste folge nicht geleistet werden wolle; David Mayer Juda (Praes. 28.6.1751) in ., D, K. 1524/1; Model Hirsch Kuhn an den Kaiser (Praes. 16.11.1753) in ., D. R., K. 365/16. Zitat David Dispecker an der Kaiser (Praes. 26.5.1766) in ., D, K. 1637; Jacob u. Isaac Heßlin an den Kaiser (Praes. 23.4.1759) in ., D. R., K. 353/1; dies. an den Kaiser (Praes. 1.2.1760) in .; Simon Aaron Neustädtl an den Kaiser (Praes. 27.11.1747) in ., D. ., K. 178, fol. 756r–757v, hier fol. 756r; Model Hirsch Kuhn an den Kaiser (Praes. 22.6.1742) in ., D. R., K. 365/15; ders. an den Kaiser (Praes. 7.4.1755) in ., K. 365/16; Joseph Moises Schuster an den Kaiser (Praes. 10.6.1748) in ., O. R., K. 452/10.

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5. Selbstbilder und Ehre im Konflikt

Reich, würden die Beschlüsse seines Gerichtes nicht beachtet518 : Im Römischen Reich hat man wohltäglich Exempel, das aus gebrachten kay[serlichen] allergnädigsten Befehlen die schuldige allerunterthänigste folge sogleich nicht geleistet wird, wann der beklagte Theil eine Sub= oder obreptionem zu behaupten sich getrauet und seine vermeintliche Exceptiones darwider unverzügliche einbringet, allein daß, wie in außen bemelter Sache geschiehet, dem allerhöchsten Richter, und Reichsoberhaupt nicht pariret, noch auch, warum solches geschehe, angezeiget wird.519 Diese Schilderung betraf sämtliche Reichsuntertanen, weil für ihre Sicherheit allein der Kaiser verantwortlich sei.520 Daher sei nun unbedingtes Handeln vonnöten.521 Die Weigerungshaltung der Obrigkeiten wurde als Auflehnung522 gegenüber den kaiserlichen Befehlen gebrandmarkt und daher die obristrichter[liche] Ahndung gefordert.523 Bei vielen der jüdischen Kläger standen nun die Obrigkeiten als diejenigen dar, die gezielt die kaiserlichen Befehle missachten würden. Ein solche Missachtung beschrieben die Juden deutlich als Majestätsverbrechen. Michael Simon Hanau rückte daher Kametzkys plötzliche Wendung an das RKG in den Dunstkreis der Insubordination kaiserlicher Rechtsprechung. Der Frankfurter Schutzjude meinte, dass die Ediktalzitation ein Verbrechen sei, das vom RKG gegen den Kaiser sowie den RHR gleichermaßen begangen worden sei und daher vom Kaiser streng geahndet werden müsse.524 Hiermit versuch518

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Zitat David Mayer Juda an den Kaiser (Praes. 3.8.1751) in ., D, K. 1524/1: allein daß [. . . ] dem allerhöchsten Richter, und Reichsoberhaupt nicht pariret, noch auch, warum solches geschehe, angezeiget wird, ist eine so unerhörte, alß unbegreiffliche Sache, welche vielleicht niemand [. . . ] eigen, und so irrespectuos ist, als nur etwas erdacht werden kann. So habe der widerrechtlich verhängte arrest zur hintansetzung der Euer kay: May: alß obristen Richter im Reich geführt. Zitate David Mayer Juda an den Kaiser (Praes. 3.8.1751) in . David Mayer Juda an den Kaiser (Praes. 4.4.1751) in .: daß in besonderen allerhöchsten kayser[lichen] Schuz genohmene Persohnen oder anderer Stände Unterthanen und allenthalben bekannt ehrliche Handels-Leuthe ohngescheut von denen Strassen aufgehoben, der Jurisdiction ihrer ordentlichen Obrigkeit entzogen, und als Vagabunden nider geworffen werden können, es in dem teutschen Reich auf das äußerste gediehen, und kein Mensch bey dem seinigen mehr sicher seye. David Mayer Juda (Praes. 28.6.1751) in .; ders. an den Kaiser (Praes. 3.8.1751) in . Model Hirsch Kuhn an den Kaiser (Praes. 20.10.1756) in . Siehe Jacob und Isaak Heßlin an den Kaiser (Praes. 23.4.1759 u. 25.8.1761) in ., K. 353/1 (Zitat erste Supplik): und somit Euer kay. May: wiederholten gemessensten Befehlen strafbahrlichst zu wiederstreben (zweite Supplik); Simon Aaron Neustädtl an den Kaiser (Praes. 27.11.1747) in ., D. ., K. 178, fol. 756r–758v, hier fol. 756v: bedrohet-schärffern Verordnung; Isaak Speyer an das rheinische Vikariatsgericht, d. h. den bayerischen Kurfürsten [Praes. 22.6.1745] in ., D. R., K. 362/7, fol. 2v–3r [Zitat eins], 4r [Zitat zwei]); Model Hirsch Kuhn an den Kaiser (Praes. 16.11.1753) in ., K. 365/16; Samuel Simon, nun Salomon Sinzheimer als Cessionar an den Kaiser (Praes. 27.7.1746) in ., K. 373/9. Hanau an den Kaiser (Praes. 3.2.1755) in ., D. ., K. 168/1, fol. 165r: ein Verbrechen ist, so [. . . ] gegen Euer kayßer[liche] und könig[liche] Mayestät höchstpreiß

5.3 Exkurs: Die Rolle der jüdischen Frau

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te Hanau, die Strategie Kametzkys als eine Verletzung der jurisdiktionellen Kompetenzen des RHR und damit des kaiserlichen Amtes darzustellen.525 Die Juden bemühten neben dem rechtlich nahe liegenden Kontumazialvorwurf wie bereits 150 Jahre zuvor insgesamt den Vorwurf des crimen laesae maiestatis.526 Gleichwohl ging hiermit keine eindeutige Strafforderung einher, wie sie noch die Juden in den Jahren 1576 bis 1603 eingefordert hatten. Allenfalls war die Forcierung einer Exekutionskommission hiermit angesprochen.

5.3 Exkurs: Die Rolle der jüdischen Frau In den letzten Jahren wurden auf dem Feld der Reichsgerichtsforschung vermehrt Arbeiten mit Genderbezügen vorgelegt. Insgesamt rücken für die Zivilrechtspraxis verstärkt Fragen nach der Supplikationstätigkeit527 und den Handlungsstrategien von Frauen am RKG und RHR in das Zentrum des wissenschaftlichen Interesses.528 Erste Studien konnten bereits die volle Wechselfähigkeit von Frauen und damit ihre Berechtigung zur Klage in solchen Fällen ermitteln.529 Unlängst konnte Staudinger diese für die christliche Mehrheitsgesellschaft gewonnenen Ergebnisse in einer ersten Studie für jüdi-

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Reichs=Hofrath begangen worden mithin von höchst demselben auch allein geahndet, und dem beleidigten Theil zur der gebuhrenden Genugthuung verholffen werden kan. Hanau an den Kaiser (Praes. 3.2.1755) in ., fol. 162r–162v: Hinderung der Execution der allgerechtesten kayßer[lichen] Erckanntnüs; Salomon Sinzheimer, der die Schuldforderungen Samuel Simons übernommen hatte, meinte in ähnlicher Stoßrichtung, da Konstantin von Hessen-Rheinfels-Rothenburg nun die Landes-Regierung selbsten angetretten habe und die Schuldforderung immer noch nicht begleiche, rühre seine Weigerung nicht von einer Insolvenz, wohl aber von einer manifosta contumacia in non parendo, supremis ordinationibus caesareis her. Siehe Samuel Simon, nun Salomon Sinzheimer als Cessionar an den Kaiser (Praes. 29.3.1751) in ., D. R., K. 373/9; Model Hirsch Kuhn an den Kaiser (Praes. 7.4.1755) in ., K. 365/16. In ähnlicher Weise entlarvten Jacob und Isaak Heßlin die Weigerung des Ritterkantons Röhn-Werra, die Exekution auszuführen, als ein Vorwand, welcher in der That umso leerer ist, alß ja Euer Kayser[liche] May[estät] in obigen Concluso das objectum Executionis selbsten allergerechtest bestimmt, folglich die Ritterschaft diesem obristrichterlichem Ausspruch nur in schuldigstem gehorsam hätte nachgehen dörffen (dies. an den Kaiser [Praes. 20.1.1759] in ., K. 353/1); Model Hirsch Kuhn an den Kaiser (Praes. 7.10.1754) in ., K. 365/16. O, Reichshoffiskalat, S. 109. Hierzu S-K, Supplikationen, S. 215–227. Vgl. F, Handlungsspielräume und L, Ehepaare; siehe jüngst J, Frauen; ., Herzen; B, Klagen; W, Frauen; ., Inanspruchnahme; ., Reichshofrat; siehe zum RKG mit weiterführender Literatur P, Reichsgerichtsakten; K, Frau, S. 73–93; K-M, Reichshofratakten, S. 45-60. Kurz A-T, Wechselverbindlichkeiten, S. 235–237 sowie ., Frauen, S. 119– 151. Siehe bzgl. der Eigentumsrechte von Frauen ausführlich G, Eigentum, S. 356–374 mit ähnlichen Ergebnissen wie hinsichtlich von Wechselklagen. Voraussetzung hierfür ist die aktive Teilhabe an den Geschäften ihrer Männer, was bereits K,

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5. Selbstbilder und Ehre im Konflikt

sche Klägerinnen am RHR belegen.530 Diese Ergebnisse sollen im Folgenden aufgegriffen und es soll der Frage nachgegangen werden, wie Jüdinnen von ihren Ehemännern in die Prozesse eingebunden wurden und welche Bilder von ihnen bei den reichsständischen Obrigkeiten vorherrschten. Darüber hinaus gilt es zu prüfen, welcher geschlechtsspezifischen Handlungs- und Argumentationsstrategien sich jüdische Frauen vor dem RHR bedienten und welche Selbstbilder sie entwarfen. Da nur wenige Klagen von Jüdinnen in beiden Zeitperioden an den RHR gelangten und es sich bei diesen oftmals nur um die Fortführung der Prozesse handelte, die ihre Ehemänner am RHR begonnen hatten, sollen beide Zeitperioden in diesem Kapitel zusammengefasst betrachtet werden. Angesichts der geringen quantitativen Basis stellen folgende Ausführungen lediglich erste Annäherungen zum Themenkomplex ,Jüdinnen‘ und ,RHR‘ dar. Jüdische Frauen spielten in den Jahren 1576 bis 1603 in Prozessen zwischen Juden und adeligen Reichsständen am RHR auf zwei Ebenen eine wichtige Rolle. Auf der ersten Ebene fungierten sie als Vertreterinnen ihrer Männer bei Gerichtsterminen vor Ort. Dies war vor allem dann der Fall, wenn die Ehemänner Repressionen vonseiten der Obrigkeiten befürchten mussten.531 Die adeligen Herrschaften kritisierten ein solches Auftreten der jüdischen Frauen während der Prozesse in der Regel als Verzögerungstaktik, da die Frauen zumeist ohne Rücksprache mit ihren Ehemännern keine alleinigen Entscheidungen treffen wollten oder durften.532 Daneben erschienen sie als Ratgeberinnen entweder vor oder während der Prozesse. Zumeist übten sie diese Rolle gemäß den Vorbringungen ihrer Ehemänner in einer beschwichtigenden Art und Weise aus. Als Isaak von Nagelsberg den Entschluss fasste, seine Prozessgegner am RHR zu verklagen, habe ihn seine hausfraw [Khela, A. G.] gebetten und angeredt, er solle des Junckhern eigen willen geleben, damit er doch zudem andern noch ubrigen mächt khom-

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Tradition, S. 136f. betont. Insgesamt zur Geschlechterforschung in der Frühen Neuzeit D, Perspektiven, S. 16–41. Vgl. S, debiti; ., Geschäfte. Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. undat. [1596]) in HHSAW, RHR, AA, K. 84/2, fol. 233r–240v, hier fol. 238r; ebenso in Alexander und Veit vom Stein vom 18.8.1587 (a. K.) an Würzburger Bischof (Praes. 31.8.1587) in ., J. ., K. 42 über Schmoll, der zu den Vergleichsterminen neben seinem Anwalt auch seine Frau und Tochter schickte. Tatsächlich berichtete Schmoll, die vom Stein und Konrad von Grumbach würden ihm nach dem Leben trachten (Schmoll an Würzburger Bischof [Praes. 9.9.1587] als 9 ct. Steins in .: leib unnd lebens unsicher befind, also d ich gen Schernau zu kommen hochlich beschwer, dann do mit durch practic, unter dem schein der sicherheit, von Grumbach oder den seinen do sie mich ausser e. f. g. gepiet unnd geleit befunden, gewislich nit geringe gefahr leib unnd lebens daraus entstehen würt); vgl. Aktenrelation in Grumbach vom 16.2.1592 an den Kaiser (Praes. undat.) in ., J. ., K. 32. Zur Tätigkeit von Ehefrauen in Familiengeschäften S, Geschäfte, S. 106, 115f. Alexander und Veit vom Stein vom 8.12.1593 (a. K.) an den Kaiser (Praes. 4.4.1594) in HHSAW, RHR, J. ., K. 42; J, Jüdin, S. 196f.

5.3 Exkurs: Die Rolle der jüdischen Frau

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men, er werde mich sonst gar umb das meinig bringen, Allß habe Ich Ir gefolgt, dan er Junckher mir auch unter mein angesicht gesagt, Er wölle mich woll so lang und viell umbtreiben, das Ich nicht viell dauon beringen soll.533 Solche Ausführungen dienten der Selbststilisierung als kompromissbereitem Gläubiger, der den Weg des Ausgleiches auf Anraten seiner sich um die Familie sorgenden Ehefrau gesucht habe. Die Frau übernahm hier die konsensorientierte, friedfertige, gleichzeitig aber körperlich wie geistig schwächere Position ganz im Rahmen frühneuzeitlich-rechtlicher topischer Vorstellungswelten ein.534 Diese Aspekte führen direkt auf die zweite Ebene, auf der jüdische Frauen eine argumentativ entscheidende Rolle spielten. Jüdische Kläger skizzierten Frau und Kind als unschuldige Opfer des obrigkeitlichen Verhaltens.535 Die Frau zeichnete sich als schwaches Geschlecht aus, das ohne das prekäre Einkommen des Mannes kaum die Subsistenz zumal für die gemeinsamen Kinder garantieren könne. Auf diese Weise machten die Juden die Reichsstände dafür verantwortlich, den ökonomischen Ruin einer ganzen Familie willentlich in Kauf zu nehmen. Erneut musste sich die von den Obrigkeiten kolportierte adelige Ehrvorstellung als äußerst zweifelhaft darstellen.536 Die jüdischen Kläger nutzten die Stellung der Frau demnach als Angehörige der personae miserabilis strategisch aus537 , sprachen sie doch Auf diese Art den Kaiser dezidiert als deren Beschützer an. In Fällen von obrigkeitlichen Ge533 534 535

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Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. undat. [1596]) in ., AA, K. 84/2, fol. 233r–240v, Zitat hier fol. 235r. Vgl. hierzu instruktiv K, Frauenbild, S. 165–171. Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. undat. [1596]) in HHSAW, RHR, AA, K. 84/2, fol. 233r–240v, hier fol. 238v–239r meinte, Georg Philipp von Berlichingen wolle ihm nach dem Leben trachten, um weib und kinder witwe und waisen zu machen; Schmoll an den Kaiser (Praes. 4.6.1586) ct. Steins in ., J. ., K. 42; ähnlich die von Schmoll am RHR eingereichte Designatio der Schulden Schmoll Judens contra Allexander unnd Veiten vom Stein unnd dero Underthanen zu Schernau [. . . ] in ders. an den Kaiser (Praes. 20.6. u. 25.8.1597) in .; ders. an den Kaiser (Praes. 15.7.1585) ct. Grumbach in .; ders. an den Kaiser (Praes. undat.) in ., AA, K. 85, fol. 232r– 240v, hier fol. 234v; Jacob Fröschel an den Kaiser (Praes. 28.6.1603) in ., J. ., K. 42; Simon von Günzburg an den Kaiser (Praes. 17.3.1574) u. ders. an den Kaiser (Praes. 18.31574) ct. Abt von Ursberg in ., K. 43/2: ubergebenen Armen Waysen. Schmoll an Würzburger Bischof (Praes. 19.4.1591) als 50. ct. Steins in ., K. 42; ders. an den Kaiser (Praes. 22.7.1597b) in ., K. 43/1; Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. undat.) als No. 5 in ., K. 42/1; ders. an den Kaiser (Praes. undat.b ) in .: mit weib und Kindern Inn die eüßerste Armuth gerahten u. ich vollendt an den Beetelstab kommen, und darinnen Jämmerlich mit weib und Kinder unser Leben end[en] müsten; Simon von Günzburg an den Kaiser (Praes. 3.10.1576) ct. Abt von Weingarten in ., K. 41: Schutzer unnd Schürmer, der Armen Wittwen, Waysen unnd beschwerdten; Isaak von Prag an den Kaiser (Praes. undat.) in ., D. ., K. 177; Isaak von Nagelsberg an den Kaiser (Praes. undat. [1596]) in ., AA, K. 84/2, fol. 233r–240v, hier fol. 238v. Siehe E, Miserabiles, Sp. 597–599, hier Sp. 598. Die Reichsgerichte waren erstinstanzlich für den Schutz der personae miserabiles zuständig, siehe S, Zuständigkeit, S. 63. S, Suppliken, S. 137, 143–146 sieht ähnliche Strategien auf Seiten christlicher Kläger.

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5. Selbstbilder und Ehre im Konflikt

walthandlungen verknüpften sie diese Zusammenhänge mit dem Vorwurf des Landfriedensbruches. Hiermit verdeutlichte sich die tyrannische Herrschaft der adeligen Reichsstände, die sich sogar gegen schutzbedürftige, wehrlose Personen richtete.538 Allerdings wurden diese Zusammenhänge von den jüdischen Frauen selbst angebracht, sobald diese den Prozess ihrer verstorbenen Ehegatten weiterführen mussten. Hierfür können vor allem zwei Causen herangezogen werden: In der einen führte Khela die Klage ihres Mannes Isaak von Nagelsberg fort, in der anderen prozessierte Bela nach dem Tod ihres Mannes Israel von Lübbecke gegen die Quernheimer Erbengemeinschaft. Beide Jüdinnen sprachen von sich als einer Armen verlaßenen Wittiben539 und führten in theatralischen Worten die Todesursachen ihrer Männer an, seien diese doch In grossen Jammer, kummer und not In diser strittig sach, durch mitl des todes entwichen.540 Ihre Ausführungen richteten sich damit auf den Kaiser als Schutzinstanz der Schwachen und Bedrängten. Sie könnten Hilfe nichten anderst, als beij Gott dem Allmechtigen, und Euer Röm[ische] Kaij[serliche] und Khün[igliche] M[ajestä]t alß der Obriste hoheste Potentat und Regent aller Christenheit, und von Gott dem allmechtig wolbegabten, und wahrhafftig Richter, Vatter und beschüzer aller Armen Witwen und Waijsen erwarten.541 Insofern geschah die Anrede des Kaisers im dezidiert christlichen Kontext. Die Vorstellung vom Kaiser als Beschützer von Frauen und Kindern als 538

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Hierfür stand vor allem der Topos der Leibßfrucht (Schmoll an den Kaiser [Praes. undat.] als i. ct. Seckendorff in HHSAW, RHR, D. ., K. 177, fol. 355r–356v, hier fol. 355r; ders. an den Kaiser [Praes. 4.6.1586] in ., fol. 366r–368v, hier fol. 366r–366v), der Schwangere[n] Weiber (Zitat Supplikation der Fuldaer Juden an die Statthalter und Räte in Mergentheim [Praes. 9.8.1591] in Bericht der Mergentheimer Regierung an den Kaiser vom 14.10.1591 [Praes. 21.12.1591] in ., D, K. 2263; die Fuldaer Juden am 17.10.1591 an den Kaiser [Praes. 21.12.1591] in . berichten, ein juedisch Jungfreulein [sei] in dem Waßer [der Fulda, A. G.] ertrunken) sowie der Laibßgesundtheit (Schmoll an den Kaiser [Praes. undat.] als i. ct. Seckendorff in ., D. ., K. 177, fol. 355r–356v, hier fol. 355r; ders. an den Kaiser [Praes. 4.6.1586] in ., fol. 366r– 368v, hier fol. 366r–366v), die unchristlich oder unmenschlich Schaden genommen hätten (Zitat Supplikation der Fuldaer Juden an die Statthalter und Räte in Mergentheim [Praes. 9.8.1591] in Bericht der Mergentheimer Regierung an den Kaiser vom 14.10.1591 [Praes. 21.12.1591] in ., D, K. 2263). Khela an den Kaiser (Praes. 15.1.1596) in ., AA, K. 84/2, fol. 270r–271v; dies. an den Kaiser (Praes. undat.) in ., fol. 274r–275v, hier fol. 274r: Ich Arme, elende verlassene Wittib sambt meinen Armen Waijsen u. fol. 274v: also das Ich arme Wittiben, sambt meinen Armen Waijslein, unser lebtag, von Ime wol gar nichts bekhemen, und Armut halben, [. . . ], gar fahren müßen lassen; Bela, Witwe Israels von Lübbecke an den Kaiser (Praes. 7.3.1589) in ., K. 139/1, fol. 61r–64v, hier fol. 61r. Khela an den Kaiser (Praes. undat.) in ., K. 84/2, fol. 274r–275v, fol. 274r; Bela, Witwe Israels von Lübbecke an den Kaiser (Praes. 7.3.1589) in ., K. 139/1, fol. 61r–64v, hier fol. 63v: ich auß Armuett gezwungen, den Proceß gar zw lassen, oder gentzlichen dauon abzustehen, und allso In euserstem Jammer und Elendt mit meinen Waißen verderben und bleiben müesse. Khela an den Kaiser (Praes. undat.) in ., K. 84/2, fol. 274r–275v, hier Zitat fol. 274r.

5.3 Exkurs: Die Rolle der jüdischen Frau

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Angehörige der personae miserabilis nahmen die alles entscheidende Position in ihren Einbringungen ein. Gleichwohl treffen diese Vorstellungsmuster vom Reichsoberhaupt gleichermaßen auf christliche Frauen zu, bei denen ähnliche Vorstellungen vom Kaiseramt verankert waren.542 Jüdinnen bildeten um 1750 in RHR-Prozessen quantitativ eine Randerscheinung. In den zwei quellenmäßig fassbaren Fällen handelt es sich jeweils um Witwen. Fradel Hayum führte die Klage ihres Mannes gegen den Fürsten Karl von Waldeck am RHR fort.543 Hänle aus dem fränkischen Crailsheim dagegen strengte gegen die Gläubiger ihres verstorbenen Mannes Jacob Abraham einen Prozess an. Dabei scheute sie nicht den langen Weg durch die Instanzen. Ihre Klage machte sie zunächst an der Stadtvogtei in Crailsheim anhängig, dann am brandenburg-onolzbachischen Hofrat, dann am kaiserlichen Landgericht des Burggrafentums Nürnberg und schließlich am RHR.544 Während Fradel trotz Weiterführung der Geschäfte ihres Mannes ausdrücklich als Witwe des Getz Hayum in den Rubren des RHR geführt wurde545 , dabei aber wohl schon angesichts der zu fordernden Schuldhöhe zur wohlhabenden, jüdischen Oberschicht zu rechnen ist546 , berief sich Hänle ihrerseits auf ihre Armut sowie das Armenrecht547 und firmierte am kaiserlichen Gericht als arme Jüdin aus Creylsheim.548 Gehörte sie ökonomisch wie sozial in ihren regionalen Beziehungen sicherlich keineswegs zu den wirklich armen, jüdischen Bevölkerungsgruppen, dürfte sie im Vergleich zur aus dem städtischen Raum stammenden Fradel wohl weit weniger wohlhabend gewesen sein. Daher wurde Hänle das Armenrecht sowohl vom

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Hans Widmann an den Kaiser (Praes. undat.) in ., J. ., K. 42/1: Die Immission des Juden in seine Güter trage dazu bei, dass sein Armes Weib und Kinder uhnschuldig gleich mir verderbt, unnd an bettelstab gewisen werden; Sybilla Widmann an den Kaiser (Praes. undat.) in .: armen betrubten verlassenen frawen u. dies. an den Kaiser (Praes. undat.) als N 53. in .: arme unnd betrangte WeibsPerson. Dies. an den Kaiser (Praes. undat.) als i. u. dies. am 16./10.9.1594 an den Kaiser (Praes. undat.) in ., A, K. 1101/2; dies. am 16./10.9.1594 an den Kaiser (Praes. undat.) in . (ebenso in SALHZAN, W 10, Bü. 95/16). Fradel Hayum an den Kaiser (Praes. 7.8.1755) in ., O. R., K. 1769/1, siehe zuvor Getz Hayum an den Kaiser (Praes. 23.2.1750) in . Siehe Hänle an den Kaiser (Praes. 24.3.1755) in ., D. R., K. 360/9; siehe das Landgerichtsurteil Urteil vom 28.7.1754 als N. I in Hänle an den Kaiser (Praes. 24.3.1755) in .; siehe die Schilderung des Pastors Johann S. Uhl in Sig: O. vom 5.11.1755 an das kaiserliche Landgericht Burggrafentum Nürnberg in . Anders bei A, Frauen, S. 124f. Siehe die Rubren ab Fradel Hayum an den Kaiser (Praes. 7.8.1755) in HHSAW, RHR, O. R., K. 1769/1. Zum Armenrecht am RHR vgl. RHR-O, T. IV, § 9, in: S, Ordnungen I, S. 165f. Zur Frauenarmut B, Frauenarmut, Sp. 1106–1108. Zitat hier aus dem Rubrum in Hänle an den Kaiser (Praes. 24.3.1755) in HHSAW, RHR, D. R., K. 360/9.

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5. Selbstbilder und Ehre im Konflikt

kaiserlichen Landesgericht des Burggrafentums Nürnberg als auch vom RHR zugestanden.549 Bezüglich der Klassifizierungen ,Witwe‘ und ,Armut‘ ist dennoch grundsätzlich festzustellen, dass sie Spezifika weiblicher Klagen am RHR darstellten. Hänle und Fradel beriefen sich gleichermaßen auf Stereotype von der armen, schwachen, hilflosen und bedrängten Witwe mit vielen Kindern, die von den Geschäften ihrer Männer nur wenig verstünden. Deren Tod bewerteten beide Frauen als großes, von den Reichsadeligen verschuldetes Unglück550 , seien sie 549 550

Vgl. zur unterschiedlichen sozialen Verortung von Jüdinnen zw. Stadt u. Land S, Geschäfte, S. 105; U, Shulamit, S. 211–232. Fradel setzte in theatralischen Worten die Zahlungsweigerung des Fürsten von Waldeck mit dem Tod ihres Mannes in Verbindung, der darüber in jungen Jahren verstorben sei und machte so ersteren für ihre eigene prekäre Situation verantwortlich. Ihr Mann sei in Arolsen ein Jahr gewesen, ohne dass er etwas hätte ausrichten können. Daher sei er ohnverrichter dingen nach Hause gekommen und habe dort vor kummer und Herzeleid seinen Geist aufgegeben. Insofern sei er aus bekümmerniß wegen nicht erfolgter Bezahlung von dem herrn Fürsten von Waldeck vorstorben, und darmahligen Implorantin durch den allzufrühzeitigen Tod ihres Mannes als eine leider! äußerst betrübte Wittib dermaßen darnieder geschlagen worden seye in Fradel Hayum an den Kaiser (Praes. 7.8.1755) in HHSAW, RHR, O. R., K. 1769/1; Michael Isaaks Erben an den Kaiser (Praes. 17.3.1744) in ., D. ., K. 168, fol. 127r–130v, hier fol. 127v–128r. Sorle lehnte sich als für ihren verhafteten Mann, dem kaiserlichen Hoffaktor David Mayer Juda, sorgende und bezüglich seiner koscheren Verpflegung um dessen rituelles Wohl besorgte Ehefrau deutlich an die Jurisdiktion des Kaisers an. Kern der Auseinandersetzung war die Forderung Kurmainz nach Pfändung des Vermögens David Mayer Judas. Als Druckmittel setzte die Regierung die Androhung an, ihn auf die übliche, d. h. unkoschere Gefangenenkost zu setzen. Als Grund wurde die bisherige Nichtbezahlung der Verpflegungs- und Unterbringungskosten vorgeschoben. Dies wollte Sorle mit der Sicherung des Familienvermögens verhindern und die Verpflegung ihres Mannes einem jüdischen Koch in Mainz auf ihre Kosten übertragen. Insofern berief sich bspw. gegenüber dem Frankfurter Senat und dem Mainzer Residenten in Frankfurt auf die Rechtshängigkeit des Prozesses am RHR und dass die Anmaßung Incompetente[r] Jurisdiction [. . . ] von Ihro Kay: May: nicht gut geheißen würde (Lit: W. Salva appellationis interposita. Demüthigste Vorstellung und Bitte Mein Sorle, des [. . . ] David Meyer Juda Haußfrau in Brüder des David Mayer Judas an den Kaiser [Praes. 3.8.1751] in ., D, K. 1524/1). Vgl. Sorles Eingabe an Schultheiß und Schöffen der Reichsstadt Frankfurt vom 15.9.1751 u. 6.8.1751 in ISG F C: A 6.579, fol. 6r– 7v u. 17r–18v. An sich genoss der kaiserliche Hoffaktor wohl zunächst günstige Haftbedingungen mit zahlreichen Vergünstigungen und regelmäßigem freundschaftlichen Kontakten zum Wachpersonal (siehe die Befragung der beiden Wachhabenden zu Unregelmäßigkeiten in der Haft durch den Mainzer Hofrat vom 3.8.1751 in SAW MRA, M, K. 147/209). Zu Haftbedingungen von Juden in der Frühneuzeit, die besonders bei herausragenden Hoffaktoren auf kulturell differente Praktiken durchaus Rücksicht nahm, siehe jüngst W, Umgang, v. a. S. 160f. Hänle mahnte wiederum an, dass sie als arme Juden-Weib ihr samt ihres Vermögen schlechterdings einbüsen und mith unerzogenen Kindern in bittersten Elend sterben und Verderben müsse (Hänle an den Kaiser [Praes. 24.3.1755] in HHSAW, RHR, D. R., K. 360/9; Michael Isaaks Erben an den Kaiser [Praes. 17.4.1744] in ., D. ., K. 168, fol. 131r–136v, hier fol. 135r; dies. an den Kaiser [Praes. 8.6.1744] in ., fol. 137r–138v, hier fol. 137v–138r; Moses Neuburger an den Kaiser [Praes. 11.10.1740] in ., D, K. 2319. In ähnlicher Weise,

5.3 Exkurs: Die Rolle der jüdischen Frau

317

doch nun mit den Geschäften ganz auf sich alleine gestellt.551 Erneut stand der Topos von den personae miserabilis im Zentrum.552 Die weibliche Schwäche und ihre Naivität wurden hier als argumentative Stützen herangezogen, um prozessuale Erfolge am RHR erreichen zu können. Sie hätten jetzt nichts mehr übrig, als die kayßerliche Allerhöchste und allergerechteste Justitz um Hülffe mit erhobenen Handen thränend allerfußfälligst anzuflehen.553 Das Bild der Jüdin in den Augen der adeligen Reichsstände war von Diabolismus geprägt. Es zielte auf die sittlich-moralische Diskreditierung der jüdischen Frau und letztlich auch auf die ihres Mannes ab.554 Die jüdische Frau wurde als diejenige geschildert, die im Hintergrund die Fäden der geschäftlichen Aktivitäten ihres Mannes zog. So meinte Kametzky über den Handel mit Michael Simon Hanau über 1500 fl., dass Sothanes geldt ihme auch in Carolinen würcklich vorgeschoßen geweßen, endlich aber auf heimliches zureden seines Eheweibs 1600f haben wollen, womit sich die Sach verschlagen hat.555 In den Augen der obrigkeitlichen Schuldner stellte sich die Jüdin als die eigentliche Drahtzieherin des jüdischen Wuchers dar, die darüber hinaus die Unerfahrenheit christlicher Frauen und deren immanenten weiblichen Schwächen wie die Prunksucht ausnutze.556 Die jüdische Geschäftsfrau bedrohte in weit stär-

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nur emotional stärker aufgeladen und durchaus den Topos der christlichen Nächstenliebe argumentativ bedienend, beurteilte Fradel die Zahlungsverweigerung des Fürsten, der sie die ganze Zeit hindurch eingeschläffert, zu letzt aber nichts erfüllet, [. . . sondern sich, A. G.] als eine arme Wittib mit ihren betrübten Weysen, unter Vergießung himmelschreyender Thränen, nicht einmahl die nothdürftigste Lebens-Mittel leisten könne. Zitat Fradel Hayum an den Kaiser [Praes. 7.8.1755] in ., O. R., K. 1769/1. Ähnlich Lit: C. Fradel an Gullmann vom 8.7.1755 in . In Lit: M. Fradel an Gullmann vom 9.10.1755 in dies. an den Kaiser [Praes. 27.10.1755] in . bittet sie bspw. Gullmann, an mich armen Wittib und meinen äußerst betrübten Wayßen Ein großes Werk der Barmhertzigkeit [sic!] auszuüben; vgl. die Frau Michael Isaaks an den Kaiser [Praes. 28.1.1749] in ., D. ., K. 168, fol. 366r–369v, hier fol. 366v. Ebenso berief sich Hänle an den Kaiser [Praes. 3.5.1756] in ., D. R., K. 360/9 auf die äusserste Noth, die taglich noch zunähme). Hänle an den Kaiser (Praes. 24.3.1755) in .; Erben Moises Neuburger an den Kaiser (Praes. 12.11.1749) in ., D, K. 2319: und als solcher nahmhafften, und liquiden forderung Wittwen, und ohnmündige Wayßen Theilhaben, welche des Ihrigen höchst benöthiget sind. Erben Moises Neuburger an den Kaiser (Praes. 12.11.1749) in .: bey denen in dießer [. . . ] Debit=Sache zu erlaßenden nächsten kay:en Verordnungen auch auf dieße Personas miserabiles betreffende Posten Allergerechteste Reflexion zu machen, und deren baldmöglichst anzubefehlen. Fradel Hayum an den Kaiser (Praes. 7.8.1755) in ., O R., K. 1769/1. J, Jüdin, S. 196: „Ihre Funktion war [. . . ] nicht eigenständig, sondern Teil der Darstellung des jüdischen Mannes, denn über eine negative Darstellung der Frau konnten die männlichen Repräsentanten der jüdischen Gemeinden diffamiert werden“. Karl Franz Wilhelm von Kametzky an den Kaiser (Praes. 9.12.1751) in HHSAW, RHR, D. ., 168/1, fol. 43r–62v, hier fol. 46r. So Pastor Johann S. Uhl in Sig: O. vom 5.11.1755 an das kaiserliche Landgericht Burggrafentum Nürnberg in dass. vom 8.9.1757 an den Kaiser (Praes. 30.9.1757) in ., D. R., K. 360/9: wie sie denn um meine frau auf ihre Seite zu bringen, einen schö-

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5. Selbstbilder und Ehre im Konflikt

kerem Maße als der jüdische Geldleiher die bestehende Ordnung. Deutlich wird diese Ordnungsgefährdung anhand des Bildes, das Pastor Johann S. Uhl aus Rechberg von Hänle zeichnete. Für ihn war die Jüdin diejenige, die durch ihr vorsätzliches Handeln und verschwenderisches Haushalten nicht nur ihren Mann ins Verderben getrieben habe, sondern noch weit schlimmer als das eigentliche Ebräische gesindlein und jüdische Geschmeiß an sich sei. Christen und Juden, also ihre eigene[n] Bluts-Freunde, wüssten, dass Hänle alle SchuldScheine ihres Mannes gemacht und seinen Nahmen darunter geschrieben, mithin von allen seinen Schuld-Wesen vollkommen Nachricht gehabt habe. Ebenso sei bekannt, dass sie die Hosen anhat, er hingegen in ihren Augen ein verachtetes Lichtlein gewesen sei. Uhl stellte Hänle als diejenige dar, die mit ihrem boßhafftige[n] Handwerck geradezu das männliche Primat an sich in Frage stelle und die Geschlechterrollen umkehre.557

5.4 Zwischenergebnisse Ehre erscheint in beiden Untersuchungszeiträumen als umfassendes kulturelles sowie symbolisches Kapital, an dem neben den Obrigkeiten die Juden ganz selbstverständlich partizipierten.558 Tatsächlich gerieten Juden und adelige Reichsstände in Konflikte über ihre Ehre.559 Beide hier untersuchten Gruppen fühlten sich gleichermaßen in ihrer Ehre durch den jeweilig anderen verletzt, wobei vor allem festzuhalten ist, dass die Ehre eines Juden prinzipiell aus jüdischer Sicht durch einen Reichsstand verletzbar war.560 Für die Obrigkeiten dienten antijüdische Einbringungen vornehmlich der Konstruktion ihres zeitlich relativ stabilen Ehrcodes. Dabei zeichnete sich dieser jeweils durch äußerst invariante Erzähltypen aus. Vor allem das Stereotyp von der Ehrlosigkeit der Juden überformte die gesamte obrigkeitliche Argumentation.561 Zusätzlich dominierten jeweils Wucherstereotype die reichsständischen Diskreditierungsversuche der jüdischen Prozessgegner.562

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nen – mit guten Steinen besezten Ring gebracht, so diese aber nicht angenommen! Alles mit dem Ende, damit ihr niemals an Pracht [. . . ] etwas abgehen möchte. Vgl. E.; J, Jüdin, S. 196. Sie betont die Anschließung solcher Bilder an den Hexenglauben (., S. 199). M, Grundwerte, S. 53f., 71f.; N, Betrachtungen, S. 230, 233. Hierzu allgemein D, Ehre, S. 50f.; ., Maurermeister, S. 413f.; so D, Mensch, S. 5f. So U, Nachbarschaft, S. 451 u. ., Kontakte, S. 190f. Vgl. hierzu im Bezug auf Reuchlin B, Josel, S. 214f. Siehe B, Wucherverbot; W, Zinsen, S. 123–156; zum Wucherstereotyp H, Sprache, S. 366–379 u. kurz R, Wucherer; vgl. zu diesem Motiv von langer Dauer F, Geld. In beiden Zeitabschnitten argumentierten sie, dass die Geschäftsabschlüsse mit den Juden gegen die guten Sitten verstießen. Siehe hierzu die Analogien im deutschen u. österreichischen bürgerlichen Recht bei L, Hoffnung, S. 10f.

5.4 Zwischenergebnisse

319

Der von den Obrigkeiten angebrachte Ehrcode war gezielt auf Außenwelten ausgerichtet.563 Die diesbezüglichen Argumente zeigen eine adelige Mentalität nach außen hin und erbrachten damit Distinktionsleistungen.564 Die Argumentationsketten folgten indessen keinem idealtypischen Aufbau. In den unterschiedlichen Supplikationen hoben die adeligen Reichsstände sowohl auf die eigene bevorrechtigte und privilegierte Stellung als Herrschaftsstand ab, der durch Herkunft und Tradition Exklusivität beanspruchte, als auch auf eine unüberwindbare Standeskluft zu den Juden, die sie als fremde Andersgläubige aus der sozialen Ordnung ausgliederten. Die eigentliche Intention dieses Bildes von der adelig-reichsständischen Ehre lag zu beiden Zeiten auf der Selbstvergewisserung und Stabilisierung der eigenen privilegierten sozialen Position.565 Dabei zeichnet sich in den Wucherstereotypen eine klare Säkularisierungstendenz ab.566 Während sich im 16. Jahrhundert der christliche Antijudaismus mit diesem Vorwurf eng verknüpfte567 , verband er sich in den Jahren nach 1745 vor allem mit Vorstellungen vom ,richtigen‘ ökonomischen System.568 Dennoch blieben die Juden ein fremdartiges und in ihrer Wuchergestalt potentiell gemeinschaftsgefährliches Element.569 Der dämonische Christenfeind verschwand zwar zugunsten des jüdischen, Blut saugenden politischen Vampirs.570 Seine herrschaftlich-soziale sowie ökonomische Ordnungsgefährdung blieb aber als Konstante erhalten und zielte in dieser Perspektive auf eine Kollektivhaft aller Juden.571 Allerdings stellte die Konstruktion der eigenen Ehre vor dem Hintergrund eines Fehlverhaltens des anderen kein spezifisch obrigkeitliches Vorgehen dar. Die Juden arbeiteten mit ähnlichen Argumentationsmustern. Daher kann hierin ein allgemeingültiger Mechanismus innerhalb von Ehrkonflikten in der Frühen Neuzeit gesehen werden, bei dem Juden nicht abseits 563

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Sie hierzu eine zu obigen Ergebnissen beinahe gleich lautende zeitgenössische Aufzählung bei Z, Universallexikon 1, Sp. 467–474, s. v. Adel, hier Sp. 469f.; S, Adel, S. 155; L, Adelskritik, S. 14f. Siehe S-R, Gut, S. 31–45. Vgl. P, Ökonomie, S. 297; W, Freiheit, S. 312 betont, dass Anerkennung von adeliger Seite den eigenen Adel erst konstituiert. Das die Darstellung von Ehre immer der Abgrenzung zum ,Anderen‘ bedarf W, C, Einleitung, S. 7–11. Vgl. hierzu allgemein E, Persistenz, S. 217–245. W, Representation, S. 416f. betont, dass die sprachliche Darstellung der Juden im 16. Jh. den mittelalterlichen Vorstellungen folgte, dass nämlich die Juden „ were denounced as dangerous enemies of the Christian faith and as a threat to the Christian commonwalth, or were mocked as fools. According to Christian conception, Jews remaind even inthe sixteencentury hated and feared outsiders, who had demonic characteristics, persumed to commit child murder and host desecration“ . K, Frühantisemitismus, S. 135-149 und P, Frühantisemitismus. Ähnlich P-C H, Magie, S. 367. Vgl. zu Blut und Blutsaugern im Mittelalter T, Wiedergänger, S. 61–82 sowie F, Ritualmordlüge, S. 186. Ähnliches bei U, Kontakte, S. 314; vgl. D, Maurermeister, S. 164f.

320

5. Selbstbilder und Ehre im Konflikt

standen.572 Ihre Ehre befand sich zu beiden Zeiten im stetigen Widerstreit mit der standesspezifischen Ehre des Adels. Indessen wandelte sich die jüdische Ehre von der geburtsspezifischen, d. h. religiösen und kaiserlich definierten sowie durch ihre Tätigkeit im (Geld-)Handel beeinflussten Ehre im 16. Jahrhundert zu der berufsspezifischen, ökonomischen Ehre des (jüdischen) Kaufmanns mit einem ausgeprägten und professionalisierten Berufsethos.573 Im 16. Jahrhundert ist ein kollektives Selbstverständnis der Juden als Juden zu beobachten. Dieses veränderte sich bis zum 18. Jahrhundert zur kollektiven und säkularisierten Identität der Kaufleute. Dessen ungeachtet war den Juden die zu beiden Zeitperioden vehement betonte redliche Lebensführung ausgesprochen wichtig, um den eigenen Habitus als ,ehrlich‘ zu qualifizieren.574 Wie H hervorhebt, neigen Menschen dazu, stets die Beeinträchtigung ihrer sozialen Position, hier vermittelt im Begriff der ,Ehre‘, zu fürchten. Daher seien sie darauf bedacht, jeden Anschein eines schlechten Leumunds von sich fern zu halten und anderen die Unehrlichkeit zuzuweisen. Formulierte er dies vor allem aus der Perspektive der Exkludierenden, so ist freilich zu betonen, dass die Juden gegenüber Reichsständen die gleichen Verfahren anwandten.575 Sie waren sehr um ihren guten Ruf besorgt. Wurde er beschädigt oder in Frage gestellt, konnte ein schlechter Leumund schließlich auf die Position in der Gesamtgesellschaft negativ rückwirken.576 Die Juden verwahrten sich in beiden Zeitperioden gegen den Wuchervorwurf der adeligen Reichsstände. Denn letztlich zog ein Verstoß gegen den in der RPO von 1577 festgesetzten Reichszins von 5 % eine für Kaufleute ehrmindernde Strafe nach sich, wie B in seinem zeitgenössischen Kompendium zum Judenrecht der Frühen Neuzeit ausführte.577 Von solchen Strafen waren nicht nur Juden, sondern auch christliche Kaufleute betroffen. Damit deutet sich hier eine übergreifende Wertegemeinschaft an, die von religiösen Zuschreibungen abstrahiert ist. Wie die christlichen Kaufleute, so achteten die Juden vor allem im 18. Jahrhundert auf ihre kaufmännische Ehre. Die Juden reihten sich in ein allgemeines Verhaltensmuster zumindest für die Jahre um 1750 ein, wie dies D für die kaufmännische Welt insgesamt diagnosti-

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D, Ehre, S. 48: „Als Träger von Ehre kommen aber nicht nur Individuen infrage. Selten ist nämlich in erster Linie die Ehre einer Einzelperson betroffen oder gemeint [. . . ]“. Siehe auch G, Widerstand (b), S. 361. Zur Einteilung in standesspezifische u. berufsspezifische Ehre D, Ehre, S. 32f. D, Ehre, Sp. 1225; D, Mensch, S. 11f., 21f., 62; J, Ehre 164. Zu diesem der Labeling-Theorie entnommenen Komplex H, Randgruppen, S. 47f. Vgl. ., S. 3; N, Betrachtungen, S. 238; K, Judengemeinde, S. 203 zur enormen Bedeutung des Leumunds in innerjüd. Konflikten; U, Gnadengesuche, S. 169f.; S-H, Ehrverletzung, S. 137–163. Siehe B, Tractatus, S. 229.

5.4 Zwischenergebnisse

321

zierte.578 In dieser Hinsicht gilt zugleich die Feststellung U, dass für „Juden, die vom Handel lebten, und für Christen, die ihre Geschäftspartner einschätzen und ihnen vertrauen mussten, [. . . ] die Ehre eine zentrale Geschäftsgrundlage“ bildete.579 Ehre war stets durch Gerüchte infamen Inhalts gefährdet. Insbesondere in überregionalen Handelsnetzwerken konnte die Beschädigung des Leumunds dramatische Folgen nach sich ziehen. Die damit einhergehende Beeinträchtigung der Ehre zog als letzte Konsequenz Geschäftsunfähigkeit nach sich.580 Für die jüdische Ehre des 16. Jahrhunderts sind ähnliche Zusammenhänge hervorzuheben. Hier wirkte sich eine Verletzung der Ehre und des Leumunds auf die ökonomische Glaubwürdigkeit aus. Allerdings ergänzte sich hier die wirtschaftliche Perspektive um den innerjüdisch-religiösen Zusammenhang. Ehre war eben nicht nur kaufmännisch, sondern spezifisch jüdisch und somit religiös geprägt. In dieser Perspektive stellen sich obrigkeitliche und jüdische Ehre als aufeinander bezogen dar. Beide Gruppen bedienten sich in ihrem Code ähnlicher Strategien.581 Allerdings musste Ehre als Begriff nicht notwendigerweise immer direkt benannt zu werden. Es genügte beiden Seiten, diesbezügliche Narrative auszuwählen, die Ehre als einen allgemein verständlichen Code aufzeigten.582 Der Ehrcode ist als Selbstzuschreibung von Identität und als Kern von funktionalen Selbstbildern zu verstehen. Er beschreibt einen Prozess der Selbstverortung in der sozialen Welt.583 Da Gesellschaften bis heute auf Abweichungen eher ablehnend reagieren, versuchten die Juden zu beiden Zeitperioden den Eindruck zu erwecken, in weitgehender Übereinstimmung mit der sie umgebenden Gesellschaft zu leben, ja für diese sogar nützlich zu sein.584 Über die erhebliche positive gesellschaftspolitische Bedeutung von Ehre herrschte sowohl bei Obrigkeiten als auch bei den Juden Konsens. Beide Prozessgruppen konstruierten gezielt Selbstbilder. Das Selbstbild der christlichen Obrigkeit im 16. Jahrhundert konzentrierte sich wie das des reichsständischen Herrschaftshauses im 18. Jahrhunderts auf eine traditionelle Auslegung des Begriffspaares Gemeinwohl und Eigennutz. Dies dürfte im Wesentlichen an der gegensätzlichen Bewertung des Geldes gelegen haben, die auf mittelalterliche Wurzeln zurückgeht.585 Geld und zumal das 578 579 580 581 582

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D, Lebensgänge, S. 32f. U, Shulamit, S. 287. G, Bankrott, S. 514, zum Wesen des Gerüchts S. 500–508. U, Shulamit, S. 287f.; G, Widerstand (b), S. 362. G, Adelskrise, Sp. 55 mahnt an, dass der Ehrbegriff inhaltlich entleert würde, wenn alles Handeln von Adeligen als Ausdruck eines ständigen Wettstreites um Ehre bewertet wird. Hierzu F, Medium, S. 38, 47–49. Vgl. D, Maurermeister, S. 165. Vgl. H T, Eigennutz, Sp. 95, 97f. u. einführend T, Nutz, S. 138–145; K, Geld, S. 95–103.

322

5. Selbstbilder und Ehre im Konflikt

von Juden erwirtschaftete erscheint im untersuchten Sample als Bedrohung obrigkeitlicher Ehre. Durch die Geschäftsbeziehungen mit Juden entstanden gemäß dem Ordo-Denken unnatürliche Abhängigkeiten. Ließen sich die Obrigkeiten auf Geldforderungen ein, so verloren sie ihre Freiheit und ihre Ehre. Umgekehrt galten alle Zahlungen, welche die adelige Freiheit einschränkten, als unehrenhaft und als latente Bedrohung der moralischen und sozialen Ordnung. Ein Reichsfürst definierte sich nicht über Geld, sondern über den Wertehimmel der Adelsgesellschaft und das Gemeinwesen, dem er diente. Allenfalls war Geld in dieser Perspektive zur Legitimierung von Herrschaft durch Repräsentation nützlich und musste daher verfügbar sein.586 Damit scheint die ambivalente adelige Mentalität zum Geld auf, das als Kommunikationsmedium herrschaftlicher Repräsentanz und Symbolik gegenüber dem Kaiser, den eigenen Standesgenossen und allen Nichtadeligen an sich ungeeignet war. Es wurde erst in seiner Transformation in symbolisches Kapital, d. h. also in seiner Umformung in soziales Prestige und Anerkennung sichtbar und wirksam.587 Die Geldaufnahme bei den Juden nahm insoweit einen herrschaftlichen Charakter an.588 Die Betonung des sowohl adeligen als auch gemeinen Nutzens erscheint im untersuchten Aktenmaterial als eine Strategie der adelig-reichsständischen Selbstbehauptung.589 Dies schloss in den RHR-Prozessen an die von den Adeligen betonte ,Ökonomie der Ehre‘590 an: Die Verwaltung des Eigentums und die Vorbehalte gegenüber der Vermehrung des Geldes durch Kreditaufnahme bei Juden offenbarte ein Verständnis des Wirtschaftens, das sich zunächst einmal auf das Prestige der eigenen Familie, der Tradition und der Ehrerhaltung bezog.591 Die Gemeinwohl- und Eigennutz-Rhetorik erzeugte einen eindeutigen Gegensatz zum Juden als Reinkarnation des Bösen und als Zerstörer des adelig definierten gemeinen Nutzens.592 Der im 16. Jahrhundert einsetzende ökonomische Modernisierungsschub 586 587 588

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Vgl. ., S. 100–102; F, Herrschaft, S. 52f.; A, Adel, S. 74; S-R, Gut, S. 32; zum Verhältnis des Adels zum Geld B, Geltung. Vgl. mit Bezug auf Pierre Bourdieus vier Kapitalarten P, Ökonomie, S. 298; ausführlich zu diesem Komplex P, Interesse, S. 17f. Das Geld diente einem übergeordneten Zweck abseits des bloßen Gewinns und erhielt eine sakrosankte Aufgabe, die in der Sicherung der reichsständischen Repräsentationspflichten bestand. Siehe M, Geld, Abs. 30; zur Eigenschaft des Geldes als sakrales Zeichen in der christlichen Tradition B, Schuld, S. 311–324; H, Jude, S. 97– 99; D, Darstellung, S. 31f. Ähnliches gilt für die adelige Hausväterliteratur. Hierzu S, Adel, S. 78f.; S-V, Oíkonomía, S. 426. Ähnlich B, Metamorphosen, S. 248. Formuliert in Anlehnung an P, Ökonomie. M, Geld, Abs. 30; A, Adel, S. 74f. Wie A, Legitimation, Abs. 7 betont war für „einen Adligen [. . . ] letztlich sein politischer Kredit wichtiger als sein finanzielle“; vgl. S-R, Handelsgeist, S. 273–309; S, Adel, S. 9f. Hierzu bereits allgemein Luther bei F, Luther, S. 32–35.

5.4 Zwischenergebnisse

323

auf dem Gebiet des Geldhandels ging einher mit einem Abstraktions- und Entpersonalisierungsprozess. Dieser Prozess löste Ängste vor den neuen Wirtschaftsregeln mit ihrer fortschreitenden Loslösung des Geldes vom Realwert des adeligen Gabentausches593 aus. Die vom Kameralisten J formulierten neuen Ideenstränge über die Beförderung des Eigennutzes als Grundlage für die Wohlfahrt der Gesellschaft ließen die reichsständischen Obrigkeiten dabei ebenso außer Acht wie insbesondere die ökonomische Nützlichkeit der Juden.594 Die sich verfestigende strikte Marktorientierung sowie das Bank- und Börsenwesen erforderten dann im 18. Jahrhundert mehr als in vorhergehenden Zeiten die Kenntnis komplizierter Preismechanismen. Die Etablierung eines abstrakten Zeitbegriffes, der vehement von den Juden in RHR-Prozessen angebracht wurde, stand dem der Tradition und Herkunft, damit aber den zeitübergreifenden, reichsständischen Vorstellungen von Ehre und Privilegien sowie den idealen Normen adeliger Erwerbstätigkeit diametral entgegen.595 Diese ökonomische Entwicklung wurde in den Augen der Adeligen durch die Juden gerade zu verkörpert und von ihnen in den Bahnen einer traditionellen Sozialkritik argumentativ angebracht.596 Juden wurden zu beiden Zeiten als bedrohliche Eindringlinge in die herrschaftliche und göttliche Ordnung des Reichs angesehen, so dass diese Ordnung jeweils nur durch die Bestrafung der Juden wiederhergestellt werden konnte. Die traditionell antijüdischen Wuchervorwürfe zielten im 16. Jahrhundert sowie die Vampirmetaphorik des 18. Jahrhunderts auf den Vorwurf, die Juden agierten zum Schaden des gesamten politischen Körpers

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596

Der regelmäßige Austausch von Gaben, d. h. Geschenken, war in mittelalterlicher und frühneuzeitlicher Zeit ein fester Bestandteil der diplomatischen Beziehungen zwischen dem europäischen Adel. „Die Auswahl, Darbringung und eventuelle Erwiderung von Geschenken war häufig eine diplomatische Gratwanderung, denn jede Gabe musste im Wert und Umfang sowohl dem sozialen Rang des Schenkers als auch dem des Empfänger angemessen sein. Zu berücksichtigen waren politische Hierarchien ebenso wie die höfische Etikette. Alle Geschenke sollten ein Abbild der Großzügigkeit und Freigebigkeit des jeweiligen Spenders sein, denn Liberalitas (Freigebigkeit) und Magnificentia (Großartigkeit) zählten in der Renaissance zu den wichtigsten Tugenden eines idealen Fürsten.“ Zitat K-P, Susanne: Die Kunst des Schenkens: Der diplomatische Gabentausch zwischen europäischen Fürstenhöfen des 16. Jahrhunderts. In: Forschungsbericht 2009 – Bibliotheca Hertziana – Max-Planck-Institut für Kunstgeschichte [URL: http://www.mpg.de/345411/forschungsSchwerpunkt, (12.08.2013)]. Siehe ausführlicher E, H, Gabe; ., Schein; K, Geld. Siehe S, Bitte; S, Lexikographie, S. 204–212; S-R, Gut, S. 34–36, 39–41. H, Jude, S. 97–103; O, Imago judaica, S. 158f.; zu den neuen Marktmechanismen, die in der Diskussion um den Gemeinen Nutzen im 17. Jh. eine Rolle spielten, K, Gemeinwohl, S. 198–201; zum ,Mythos Geld’ B, Schuld, S. 311–314 u. L, Geld; zur Negativbewertung des Eigennutzes S, Gemeinnutz, S. 600f. F, Tunne, S. 179 u. K, Bild, S. 111.

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5. Selbstbilder und Ehre im Konflikt

namens Heiliges Römisches Reich deutscher Nation.597 Schließlich bildete sich das Reich gemäß zeitgenössischer Vorstellungen wie der Quaternionenlehre aus der Summe seiner Reichsstände und des Kaisers.598 An die Juden schlossen sich insofern zu beiden Zeiten Vorstellungen über die politische Verfassung des Reichs als ein reichsständisches Ganzes und als adelig-reichsständische Solidargemeinschaft an. Erschien einer dieser Teile gefährdet, musste diese Gefährdung einen Dominoeffekt auf die übrigen entfalten. Die Juden gefährdeten in dieser Sichtweise die Gesundheit des Reichs mit seiner traditionellen sozialen, rechtlichen und ökonomischen Verfassung.599 Sie mutierten zur Bedrohung des mittelalterlichen Ideals des mutuum consilium et auxilium als Ausdruck des gruppengebundenen adeligen Gemeinwohls.600 Deshalb galt es auf Reichsebene ein Exempel gegenüber den Juden zu statuieren, um so die soziale Ordnung des Reichs wiederherzustellen. Die Verwendung der Vampirmetaphorik im 18. Jahrhundert deutet auf eine Vernichtung des jüdischen Blutsaugers hin601 , ähnlich wie die Teufelsmetaphorik des 16. Jahrhunderts auf deren exorzistische Ausrottung auf Reichsebene verwies. Zugleich scheint dieser Bereich im 18. Jahrhundert von der Rezeption um die Vorgänge der Hinrichtung Joseph ,Süß‘ Oppenheimers in den Jahren 1737 bis 1739 stark beeinflusst gewesen zu sein.602 Wie die zeitgenössischen Publikationen die Hinrichtung Oppenheimers als Aussöhnung zwischen Landesherrschaft und Landständen definierten, so fungierte der durch den Reichsfiskal zu strafende Wucherjude als Vehikel einer Solidaritätsbekundung zwischen Reichsständen und Kaiser in den RHR-Prozessen.603 Im 16. Jahrhundert dürften dagegen im Bereich der Ordnungsherstellung vornehmlich die noch frischen Erfahrungen der großen Judenvertreibungen sowie die publizistische Debatte im Pfefferkorn-Reuchlin-Streit um die

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R, S, Judenbilder, S. 54. Zum Topos der unter den Juden leidenden Untertanen O, Imago judaica, S. 160. S, Quaternionen, S. 1–63; M, ,Quaternionenlehre’, S. 78–97. Zum Stereotyp des Juden als Stellvertreter einer bedrohlichen Moderne O, Imago judaica, S. 158–162; H, Jude, S. 69–78, 93f.; S, Gemeinwohltopik, S. 136f. betont die Bedeutung der mittelalterlichen Vorstellung fester, dem Menschen vorgegebener sozialer Strukturen, in die er sich einzufügen hat. Vgl. zur Genese des Gemeinen Nutzens H, Utilitas publica. B, Schuld, S. 314f.; dabei waren es vor allem die oberdeutschen Handelshäuser, die seit dem Spätmittelalter dieser Entwicklung Vorschub leisteten (vgl. hierzu S, Höfe, S. 72–81); O, Konflikt, S. 71–7; G, Widerstand (b), S. 339. Siehe hierzu H, Sprache, S. 25f. Laut G, Jud Süß, S. 99 hielt dieses Phänomen bis in die Jahre nach 1750 an. In dieser Debatte wurde ebenfalls die Forderung nach gewaltsamer Ordnungsherstellung erhoben. Vgl. hierzu H, Jude, S. 43–62. Siehe zur Aneignung des Bösen durch Gewalt H, Jude, S. 15–18; S, S, Ehre, S. 15f.; M, Ehre; O, Auftrag, S. 152–156.

5.4 Zwischenergebnisse

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Konfiszierung der jüdischen Bücher im Reich und die hierin kolportierten antijüdischen Argumente maßgeblich gewesen sein.604 Die Juden konzentrierten sich im 16. Jahrhundert ganz auf ihre Sachwalterfunktion für den Kaiser. In dieser Sachwalterfunktion verwiesen sie gebetsmühlenartig auf die Rechte des Kaisers, die durch die Eingriffe der reichsständischen Adeligen in ihre kaiserlichen Privilegien verletzt worden seien. Hierbei spielten tatsächliche oder vermeintliche Verletzungen des kaiserlichen Landfriedens und des Carolinums eine zentrale Rolle605 , wenn es darum ging, ihre Rechtsposition zu stärken, aber auch um ihr ehrenvolles Selbstbild als Sachwalter des Kaisers zu konkretisieren.606 Mit diesem Narrativ zielten Juden exakt auf den Umstand ab, dass es der Kaiser und sein Gericht waren, denen die Aufsicht über die Wahrung kaiserlicher Privilegien zukam.607 Der Kaiser musste über die rechtlich geschützte Position der Juden, ihre Teilhabe am römischen Bürgerrecht und ihre kaiserlichen Privilegien in einer generellen Dimension befinden. Mit der von den Juden betonten römischen Bürgerschaft sowie dem Carolinum geht daher nicht nur die Verrechtlichung der Juden einher. Vielmehr konstruierten sich hierin die Teilhabe an der Rechtsgemeinschaft im Reich sowie ein ausgeprägter Cäsarismus. In dieser Perspektive entfaltete das Carolinum im 16. Jahrhundert anscheinend eine anhaltende Legitimationswirkung.608 Die Herrschaft Karls V. und dessen Versuch, die kaiserlichen Schutzrechte über die Juden reichsweit erneut zur Geltung zu bringen609 , wirkten in die Zeit Rudolfs II. auf jüdischer Seite mehr als deutlich nach. Gerade im 16. Jahrhundert zeichnet sich insoweit das starke Bestreben der Juden ab, den Kaiser auf seine alten Aufgaben als obersten Schutzherren der Juden im Reich zu verpflichten, um so der Willkür territorialer Judenpolitik einen effektiven Schutz entgegenzusetzen.610 Trotz aller territorialen Verfestigung war der mittelalterliche Charakter der Judenschaften als königsnaher Personenverband mit relativ starken Beziehungen 604 605

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Vgl. P, Reuchlin; H, P, Miracle. Dies gilt für Klagen von Juden am RKG, wie dies W, Prozesse, S. 66 feststellen konnte; indirekt S, Ritualmord, S. 49f.; ähnlich B, Rahmenbedingungen, S. 60. So bereits W, Prozesse, S. 62. Siehe zur jüd. Perspektive S, Ritualmord, S. 50; F, Rechtsschutz, S. 127f.; allgemein O, Gnadensachen. B, Josel, S. 224; ., Juden; ., Reichskammergericht; ., Ritualmordprozesse; ., Juden; ., Privilegierung; ., Rahmenbedingungen, S. 60 sieht im Carolinum kein unmittelbares Verhältnis zum Kaiser. Zur Bedeutung des römischen Bürgerrechts für die Juden in den Grafschaften Öttingen M, Partizipation, S. 104. B, Rahmenbedingungen, S. 65. P, Rudolf II. (a), S. 130 bezeichnet die Juden als königsnahe Gruppe; siehe Y, Diener, S. 9f.; zum Bündnis zw. Juden u. Kaiser unter Josel von Rosheim D, Judaismus, S. 85.

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5. Selbstbilder und Ehre im Konflikt

zum Reichsoberhaupt zumindest argumentativ noch sehr lebendig.611 Dieser Umstand wird bezüglich der jüdischen Vorstellungen über die richtige Ordnung sichtbar. Diese definierten sie als kaiserlich, d. h., die Ordnung des Reichs war an die Wahrung kaiserlicher Reputation gebunden. In erneuter Anlehnung an das Carolinum wurden von jüdischer Seite durchaus harte Strafen gefordert, die pikanterweise im Horizont des crimen laesae majestatis sogar den Verlust von Herrschaftsrechten beinhalteten. Das jüdische Selbstbewusstsein612 entfaltete demnach einen erheblichen Druck auf die beklagten Obrigkeiten. In den Jahren um 1750 erscheint die von den Juden im 16. Jahrhundert eingesetzte Sachwalterrhetorik nicht mehr in den untersuchten Prozessen. Wie die Ergebnisse der Studie Kaspers für die Causen der Frankfurter Gemeinde am RHR vermuten lassen, verengte sich die Sachwalterrhetorik nun auf die Juden aus den Reichsstädten mit unmittelbarem Zugang zum Kaiser als Stadtherr.613 In diesen Jahren dominierte vielmehr das funktionale Selbstbild vom ehrlichen (jüdischen) Kaufmann, in dem das komplementäre Begriffspaar vom Gemeinwohl und Eigennutz eine hohe Bedeutung einnahm.614 Zwischen Obrigkeiten und Juden drehte es sich wie 150 Jahre zuvor um eben die Auslegung der beiden Begriffe. Die untersuchten Causen transportierten eine generelle Kontroverse über die reichsständische Legitimation in Form von Kontinuität (reichsständische Herrschaft) und Diskontinuität (moderne Ökonomie der ehrlichen [jüdischen] Kaufleute).615 Auf jüdischer Seite erfuhr das funktionale Selbstbild vom ehrlichen Kaufmann im 18. Jahrhundert seine Rechtfertigung durch den Hinweis, für das Gemeinwohl tätig zu sein. Ihr Eigennutz war zwar vorhanden, aber sozial eingehegt. Gemeiner Nutzen und sozial gehegter Eigennutz gingen Hand in Hand und fanden in der Tätigkeit des (jüdischen) Kaufmannes für einen Reichstand.

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P, Rudolf II. (a), S. 137, 139, 142, 186; H, Geschichte, S. 96; B, Gemeinde, S. 185–198; B, Reichskammergericht, S. 5–8; K, Rabbinerversammlung, S. 169 gelangt zu dem Ergebnis, dass von „einem Zusammenschluß aller Juden im Reich [. . . ] keine Rede sein“ konnte. Andere Studien belegen, dass neben den Vorgängen um die so genannte Frankfurter Rabbinerverschwörung erst der Dreißigjährige Krieg die bestehenden Verbindungen zwischen Juden im Reich und Kaiser zeitweise störte, die unter neuen Verhältnissen im 18. Jh. reaktiviert wurden. Siehe G, Krieg. Y, Diener, S. 15–39 geht von einer Art ,Königsbündnis‘ zw. sephardische Juden u. spanischen Königen aus. Vgl. für das ashkenasische Judentum F, Jews, S. 275–288. Zu Josel von Rosheim R, Kommunikation, S. 177f.; S, Josel u. B, Josel; ., Privilegierung, S. 162; E, G, W, JHRR, S. 11. So ., Gemeinden, S. 117f. K, Judengemeinde, S. 186, 189, 196f., 260. S, Normen, S. 106–118. Vgl. hierzu K, Gemeinwohl, S. 193.

5.4 Zwischenergebnisse

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Darauf gründete ihre ureigenste Legitimation zur Wohlfahrt der gesamten ,Reichsgesellschaft‘.616 Diese Zusammenhänge gelten tendenziell ebenso für die Juden des 16. Jahrhunderts. Sie bemühten sich, keinesfalls den Eindruck eigennützigen Handels entstehen zu lassen. Für die Juden beider Zeitperioden manifestierte sich dieser Zusammenhang zudem – so sei hier die Vermutung aufgestellt – in halachischen Bezügen. Wie um 1750, so betonten die Juden in den Jahren nach 1576, dass ihre Geschäfte unter Berücksichtigung der sozialen Situation ihrer Schuldner zustande gekommen seien.617 An dieser Stelle ergeben sich deutliche Verbindungen zum Zinsverbot in T, N’, K sowie T. E 22, 20 – 26618 gebietet ausdrücklich die Nächstenliebe gegenüber Armen und Schwachen innerhalb einer Solidargemeinschaft. Diese Nächstenliebe legt die Pflicht zur finanziellen Hilfe fest, betont aber zugleich das Verbot des kommerziellen Zinsdarlehens gegenüber diesem Personenkreis. Gegenüber Fremden619 war das Zinsdarlehen dagegen erlaubt, sofern die Fremden nokri, d. h. wirkliche Ausländer, waren. Gegenüber ger toschaw, d. h. geduldeten Ausländern, waren Zinsdarlehen mit Blick auf ein sozial verträgliches Verhalten wiederum verboten.620 Diese Zusammenhänge ließen sich natürlich im Rahmen der jüdischen Sozialethik621 auf die umgekehrte Situation der Juden in der Diaspora beziehen, so dass die Juden als geduldete Ausländer den Adeligen als Einheimischen aushelfen konnten und sich damit den gebräuchlichen Verhaltensweisen ihrer neuen Heimat anpassten. Hier ergeben sich Anklänge an das jüdische Fremdenrecht, indem die Juden ihre Ansprüche auf eine gleichberechtigte Teilhabe an ihrer Umwelt formulierten.622 Zugleich hob sich hiermit in den jüdischen Argumentationen der Gegensatz zwischen Gemeinnutz und Eigennutz und die Trennung zwischen Juden und Christen auf. Lag die Abgrenzung zum Eigennutz bei den Juden um 1600 auf einer traditionellen Kritik am Eigennutz als Geiz, verdeutlichen die jüdischen Ausführungen um 1750 indessen, dass sich an diesem Punkt die traditionelle Vorstellung vom soziopolitischen Gemeinnutz mit der wirtschaftlichen Tätigkeit des rational kalkulierenden Kaufmanns verband.623 Insofern hoben 616 617 618 619 620 621 622 623

Vgl. A-T, Wechselverbindlichkeiten, S. 417–422. Zum Wandel der Einschätzung des Eigennutzes S, Gemeinnutz, S. 602–626. Insbesondere E 22, 24. Zu nennen wären noch D 23, 20–21 u. E 18, 13 u. 17. Hier L 25, 35–38. Hierzu W, Zinsverbot, S. 11–20; L, Hoffnungen, S. 10–19; K, Zinsverbot; K, Bild, S. 92f. Jüngst für das Spätmittelalter B, Forschungsansätze, S. 139–152. Vgl. W, Fremde, S. 60; siehe ausführlich B, Fremde; hierzu auch S, Beschreibung, S. 248–250. Vgl. H T, Eigennutz, Sp. 95, 97f.; E, Quesnay, S. 60–64; siehe hierzu

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5. Selbstbilder und Ehre im Konflikt

die Juden im 18. Jahrhundert die Sorge um die Wohlfahrt des Reichs auf die Ebene einer kaufmännischen Selbstverpflichtung. Zugleich definierten sie das Reich als einen sozialen Raum, der dem Einzelnen im Rahmen einer weit verstandenen natürlichen Freiheit624 möglichst wenige ökonomische Handlungsbeschränkungen auferlegen sollte. Die beobachteten, ersten zaghaften Ansätze des Naturrechts werden von der Studie Kaspers bestätigt und deuteten auf die Freiheit des Gewerbes für Juden und Christen gleichermaßen hin.625 Auf diese Weise ergänzten die Juden die bestehende soziale, christlich definierte und zeitgenössisch ständetheoretisch orientierte Einheit der societas civilis durch eine zusätzlich ökonomisch gedachte Gesellschaft. In ihr sollten alle Wirtschaftssubjekte ungeachtet ihrer religiösen und ständischen Einordnungen im Rahmen einer freien Wirtschaft miteinander gleichberechtigt interagieren.626 Diese Tendenz lässt sich noch an weiteren Punkten ablesen. So deutet im 18. Jahrhundert die von den Juden punktuell vorgenommene Demaskierung der adeligen Prachtentfaltung auf einen schleichenden Mentalitätswandel.627 Wird die einschlägige Literatur zur Adelskritik betrachtet, so ist festzustellen, dass derartige Einschätzungen des Adels eine lange Tradition besitzen.628 Gleichwohl „war die soziale Herkunft derer, die sie formulierten“629 , also hier in Gestalt der Juden, sehr wohl neu. In der ,jüdischen‘ Adelskritik steckt für das 18. Jahrhundert durchaus eine gewisse Brisanz, da sie auf schwindende Legitimationsressourcen adeliger Lebensführung im Horizont ökonomischer Bemessungsgrundlagen hindeuten könnte.630 Von diesen ,männlichen‘ Themen sind solche Supplikationen unberührt geblieben, die von jüdischen Frauen an den RHR gelangten. Dabei waren sie am RHR ähnlich wie christliche Frauen von der Geschlechtsvormundschaft befreit.631 Indessen muss ihre sozioökonomische Verortung als problematisch

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aber die Theorien Adam Smiths zur Geldtheorie bei S, Adam Smith, S. 73–77; vgl. zur positiven Bewertung des Eigennutzes durch Smith und Justi S, Gemeinnutz, S. 598f., 602f.; siehe im Überblick D, Entdeckung, S. 110–113. Zu diesem Freiheitsbegriff des frühen Naturrechts K, Freiheit (a), Sp. 1009, 1015 mit weiterer Literatur. K, Judengemeinde, S. 169, 174–176, 186, 207, 221, 226, 265; G, Stellung, S. 69– 72. B, Metamorphosen, S. 247f.; B, Gemeine Nutz, S. 89–95; S, Gemeinwohltopik, S. 143f.; K, Freiheit (a), Sp. 1110; G, Widerstand (b), S. 386– 288. Vgl. hierzu H, Huldigung, S. 37–39. Vgl. bspw. zur traditionellen Adelskritik D, Nobility, S. 33–36. S, Adel, S. 147–149, Zitat S. 148; S, Adel, S. 127f.; M, Fürstenhof, S. 86–88; vornehmlich zur älteren Adelskritik R, Adelsherrschaft, S. 27–30 u. zur Adelskritik im Mittelalter B, Fürstenlob, S. 55–76. E., S. 14f., 241, 246f.; K, Gemeinwohl, S. 202f., 208f.; D, Naturrecht, S. S. 166f., 170f., 179f.; zum Konflikt zw. ständischer u. natürlicher Freiheit K, Freiheit (b), S. 31–43; P, Kameralismus, S. 249–263; G, Widerstand (b), S. 339f. Hierzu W, Frauen, S. 1f. mit der wichtigsten weiterführenden Literatur so-

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gelten und konnte nur über die der Männer erfolgen.632 Die Zugehörigkeit zu einer rechtlich und sozial privilegierten Schicht scheint an sich wohl kaum eine Rolle für den Zugang zum RHR gespielt zu haben633 , was in den Argumentationen der Jüdinnen deutlich wird. Zwar drehte sich der überwiegende Teil der Prozesse um ökonomische Angelegenheiten ihrer Männer. Nach Bekunden der Jüdinnen ging es ihnen nie um das Geld oder den Gewinn. Vielmehr stand bei ihnen die Sicherung der familiären Subsistenz im Fokus.634 Prinzipiell verwendeten Jüdinnen ihre argumentativen Anstrengungen auf den Kaiser als einzigen Bezugspunkt und zugleich als Beschützer der Schwachen im Reich, wie sie die jüngere Forschung nachweisen konnte.635 Arme und einfältige Frauen waren sie sicherlich nicht. Solche Hinweise bedienten vielmehr das Bild von der schutzlosen Frau als Teil der personae miserabilis und besaßen persuasiven Charakter, der letztlich auf eine differenzierte Identität und ein ebensolches Selbstbewusstsein hindeutet.636 Daher stand vor allem die Kategorie ,Frau‘ respektive ,schwache Weiblichkeit‘ im Zentrum ihrer Anbringungen, wogegen die der ,Jüdin‘ kaum Platz einnahm.637 Gleichwohl stellt sich angesichts dieser Feststellung die Frage, wie sich der RHR zu den obrigkeitlichen und jüdischen Argumentationsmustern bezüglich des Ehrcodes und den hiermit transportierten Selbstbildern verhielt.

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wie K, Frau, S. 73–93. Siehe zur jüdischen Rechtspraxis im Erbrecht K, Recht, S. 185, 188 sowie ., Erbinnen, S. 175–205. Siehe allgemein W, Frauen, S. 5f. sowie zur Frage von gemeinsamen Handelsgeschäften u. zur Handelsfrau A, Frauen, S. 137–142; vgl. hierzu K, Geschäftsleben u. S, Geschäfte, S. 109f. Ebenso S, Geschäfte, S. 107f., die aber dennoch den Terminus ,Oberschicht‘ in einer allgemeinen Verwendung anbringt. Ebenso ., debiti, S. 178f. Es ist davon auszugehen, dass für die vorliegende Studie ähnliches gilt, was S herausarbeiten konnte: klagende Jüdinnen stellten in beiden Untersuchungszeiträumen am RHR keine homogene Gruppe dar. Vgl. ., S. 178. Ebenso schlug sich der soziale u. ökonomische Status auch in den Argumentationsstrategien nicht nieder. Insgesamt mit anderer Bewertung ., S. 179f. Vgl. P, Mutter, S. 45–56 u. S, Darstellung, S. 113–130. Siehe S, debiti, S. 166, 179 u. W, Frauen, S. 6; ., Inanspruchnahme, S. 39. Vgl. ähnliche Ergebnisse bei S, Geschäfte, S. 117; T, Unternehmerinnen, S. 264. Zum selbstbewussten Auftreten der Glikl von Hameln als kluge und geschickte Kauffrau siehe dagegen ., S. 117–119 sowie D, Lebensgänge, S. 13–17. Hierzu kritisch L, Juden (b), S. 137. Vgl. ähnlich U, Gnadengesuche, S. 167f. S-M, Frauen, S. 396; W, Frauenbild; K, Gemeinde, S. 15–122; L, Geschichte, S. 96f.

6. Entscheidungsfindung, Rechtsprechung und Erwartungshaltung des Reichshofrats Der RHR ging auf die jüdischen Sachanträge mit wenigen Abänderungen ein. Dies belegen die Schemata in den Tabb. 1 und 2. Wie ging der RHR auf die Argumentationsmuster der Juden zu beiden Zeiten ein.1 Die Abläufe an Institutionen wie dem RHR bestehen aus internalisierten Verhaltensmustern der an ihnen beteiligten Personen. Zugleich legen Institutionen selbst Erwartungen an das soziale Handeln von Akteuren an, die im vorgegebenen institutionellen Rahmen aktiv werden. Ebenso spiegeln Institutionen eine gemeinsame Sicht von der Wirklichkeit, d. h. von der sozialen Ordnung, wider. Auf diese Weise garantieren sie die Existenz von Normen und Leitideen. Darüber hinaus sorgen sie so für soziale Rollenidentität aller an einer Institution beteiligten Personengruppen. Insbesondere für die Juden des Reichs müssen diese Zusammenhänge von fundamentaler Bedeutung sein.2 Entsprachen die Selbstbilder der Juden den Erwartungen des RHR? Billigte das Gericht die von den Juden konstruierte soziale Ordnung? Legitimierte es gar ihre selbst zugeschriebenen sozialen Funktionen? Diesen Fragen wird im Folgenden nachzugehen sein.

6.1 Die Jahre 1576 bis 1603 In den Jahren nach 1576 sah das Gremium Klagen als eine Verpflichtung an, im Namen des Kaisers rechtliche Schritte einzuleiten, wenn Klagen von Juden normrechtlich oder bezüglich des Streitgegenstandes3 begründet waren.4 Zu den eigentlichen Argumentationsmustern bezog das Gremium nicht Stel1 2 3

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Vgl. den soziologischen Rollenbegriff bei H, Wörterbuch, S. 741–744, s. v. Rolle; W, Ehre, Sp. 77. S, Autorität, S. 235–238; G, Institution, S. 150f.; S, Ordnungen, S. 7f.; B, Konstruktion; A, Einführung, S. 125–139 u. 165–169. Anderwerter Ernstlich Beuelch an Hanß Georg von Gundelshaim vom 4.11.1602 in HHSAW, RHR, AA, K. 85, fol. 339r–340, hier fol. 339v; An Karl von Welden Ernstlicher beuelch vom 12.3.1601 in ., J. ., K. 41; Rudolf II. an Würzburger Fürstbischof vom 3.1.1592 in ., K. 42: so offener unlaugbaren Schuldt; Ernstlicher beuelch an Ferdinand Freyherr von Grafeneck vom 28.3.1600 in ., K. 41: unerwindtlichen Schaden, womit auf die in der RKG-Ordnung von 1555 festgelegten vier Fälle für eine Mandatserlassung Bezug genommen wurde (vgl. E, Gerichtsbarkeit, S. 42f.). Vgl. HHSAW, RHR, R, XVI/54a, fol. 17r–17v (16.3.1588): Ir Mt [. . . ] wol nit gestimmet Jemands des Recht zusperen; An Conradt von Grumbach fur Schmol Juden vom 22.9.1583

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6. Die Rechtsprechung des Reichhofrats

lung. Vorbehalte gegen jüdische Klagen existierten bei ihm prinzipiell nicht.5 Insbesondere der von den Juden bemühte Billigkeitsgrundsatz stellte eine entscheidende reichshofrätliche Handlungsmaxime dar6 , so dass die Regeln der aequitas den Juden vonseiten des RHR zugesprochen wurden. Deutlich wird dieser Zusammenhang am Beispiel der jüdischen Kommissionsbitten, die regelmäßig durch den RHR gewährt wurden.7 Absprachen mit den jüdischen Klägern bezüglich der kommissarischen Konstellation scheinen häufig der Fall gewesen zu sein. Nur in vergleichsweise wenigen Fällen änderte der RHR die Bitte der Juden ab.8 Es ist zu vermuten, dass die jüdischen Kommissionsbitten auf habsburgische Funktionsträger oder Niederadelige dem Ansinnen des kaiserlichen Gerichts entsprach und gegebenenfalls in diese Richtung gelenkt wurden. Insofern überwog bei den meisten dieser Kommissionen naturgemäß das katholische Element. Ob dies allerdings eine Strategie der Hofburg war, kann weder bejaht noch verneint werden. Die Verortung im lokalen Raum dürfte den wesentlichen Ausschlag für die Kommissionsgewährungen gegeben haben. Waren keine habsburgischen Funktionsträger greifbar, so bildete das zentrale Entscheidungskriterium für das Gericht mindestens die Beteiligung von Personen, die dem Kaisertum nahe standen und eine konfessionell paritätische Zusammensetzung aufwiesen. Dabei mussten diese Personen zumindest rudimentäre Kenntnisse von den Gegebenheiten vor Ort aufweisen. In der Kommission zum Fall Israels

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in ., J. ., K. 41; Resolutio an Herzog zu Wirtemberg in Isaak und Mayer ct. Pappenheim vom 26.1.1601 in ., K. 42. Compulsoriales an H. Bischoff zu Würzburg in Ca Schmol Jude ct. Wilffling in ., M, K. 4/5/2: auß zulassung gemeiner beschriebenen Rechten; Resolutio an Herzog zu Wirtemberg in Isaak und Mayer ct. Pappenheim vom 26.1.1601 in ., J. ., K. 42. Vgl. bspw. ., R, XVI/43, fol. 46v (13.8.1577), 48r (14.8.1577); ., XVI/47, fol. 32r (18.8.1579); ., XVI/51, fol. 28v (17.9.1582); ., XVI/52a, fol. 225r (17.12.1583); ., XVI/63, fol. 388r (16.9.1591); ., XVI/65, fol. 96v (3.8.1592); ., XVI/69, fol. 65r– 65v (4.6.1593); ., XVI/77, fol. 143v (27.5.1596), 153v (10.6.1596), 205r (22.8.1596); Furschrifft an Bischof zu Wirtzburg, für Schmol Jud vom 21.7.1586 in ., J. ., K. 41; Rudolf an Hohenlohe am 25.10.1591 als Beuelch ad Inquerentu in ., K. 42/1 (ebenso SAL-HZAN W 10, Bü. 95/6): gepur und pilligkait. Siehe zu dieser Funktion von Kommissionen O, Kommissionen, S. 76–79. Dem entspricht, dass der RHR im Untersuchungszeitraum nur eine Kommission mit der Formel sambt und sonderlich versah, mit der er alle an einer Kommission involvierten Kommissare zum selbstständigen Agieren auch gegen den Willen der Mitkommissare berechtigte. Zitat Beuelch zwischen Israel Juden zu Emden und den Quernhaimischen Erben güetlich zuhandeln vom 5.4.1582 in HHSAW, RHR, J. ., K. 43/3. Dass diese Formel im Kommissionsauftrag für Israel von Lübbecke ct. von Quernheim explizit aufgenommen wurde, lag an der heiklen Situation einer de facto-Avokierung des Falles vom RKG nach Prag mittelst einer kaiserlichen Kommission. Vgl. zu dieser Formel W, Wirtschaft, S. 228f. Simon erbat eine Kommission auf Albrecht, Pfalzgraf bei Rhein und Herzog in Bayern, bekam aber die gebetene Kommission auf Johann Achilles Ilsung ausgefertigt. Vgl. Simon von Günzburg an den Kaiser (Praes. 19.10. u. 22.10.1576) in HHSAW, RHR, J. ., K. 43/2; siehe das Kommissionsschreiben vom 20.3.1577 in .

6.1 Die Jahre 1576 bis 1603

333

von Lübbecke gegen von Quernheim wahrte Prag mit einer protestantischen Beteiligung Johann von Halles9 und Anton von Wietersheims10 eben diesen paritätisch vermittelnden Kurs. Beide Personen waren Anhänger des konservativen Luthertums Kursachsens mit politischen Ausgleichstendenzen zum Kaiserhof. Die Beteiligung von Jean de Mepsch bildete das katholische Gegengewicht.11 Somit griff das Gremium auf Personal einer dem Kaisertum nahestehenden Klientel im Nordwesten des Reichs zurück, das zudem mit reichspolitischen Fragen vertraut war.12 9

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Während seines Studiums in Wittenberg war er Gast in Luthers Haus. Nach einem Praktikum am RKG setzte er sein Studium in Siena fort und kann damit als Angehöriger der neuen Berufsgruppe der akademisch ausgebildeten Juristen gelten. 1552 wurde er Rat des Herzogs von Braunschweig-Wolfenbüttel. Schließlich trat er als Syndikus in den Dienst des Erzbistums Bremen und des Bistum Verden. Anton I. von Oldenburg gab ihm 1569 den Posten eines oldenburgschen Rats. Damit wurde der mittlerweile bekannte und bewährte Jurist zum externen Berater (vgl. S, Landesherr, S. 209). Damit gehörte von Halle zu den engsten Vertrauten des oldenburgschen Grafen. Insofern war seine 1573 im Zuge der Neuordnung des Verwaltungswesens erfolgte Ernennung zum Kanzler konsequent (siehe S, Grafschaft Oldenburg, S. 156). Als Kenner sämtlicher Regierungsangelegenheiten wies von Halle in seiner entscheidenden Stellung in der Politik der Grafschaft Oldenburg den notwendigen Sachverstand und Kenntnisse der regionalen Begebenheiten, nahm die Kanzlei doch sämtliche Hoheitsaufgaben wahr. Zugleich war er als Anhänger eines konservativen Luthertums Parteigänger des Kaiserhofes (hierzu insgesamt F, Halle, S. 274f.). Wietersheim war Kanzler der Grafschaft Schaumburg (vgl. S, Grafschaft Schaumburg, S. 54f., Fn. 5). Insofern ist O, Reichspersonal, S. 63 zu differenzieren, die eine solche Vorgehensweise erst für 1648/54 feststellt. In der Rechtspraxis scheint dies angesichts der Ergebnisse U, Geschichte, S. 102f. vorher der Fall gewesen zu sein. Siehe W, Grafschaft Schaumburg, S. 23. Die Auswahl des Katholiken de Mepsch als bewährten Diplomaten in spanischen und kaiserlichen Diensten deutet auf ein tieferes Interesse des Reichshofrates bezüglich dieser Auseinandersetzung hin. Zu ihm A, Reich, S. 55f., v. a. Fn. 61 u. B, Histoire, S. 230f., 233. Für die soeben geäußerte Vermutung spricht auch, dass die Stadt Lingen als Kommissionsort ausgewählt wurde. Sie markierte einen weiteren direkten Konnex zur habsburgischen Einflusssphäre im Gebiet von Weser und Ems. Die strategisch wichtige Obergrafschaft Lingen gehörte seit 1555 dem spanischen König Philipp II. Seit 1559 de facto an die Grafschaft Overijssel angebunden, stellte sie einen wichtigen habsburgischen Außenposten im norddeutschen Raum dar. Siehe zu Lingen kurz R, S, Tecklenburg, S. 187–189. De Mepsch ließ sich zwar nach der ersten Kommissionssitzung aus Krankheitsgründen entschuldigen, allerdings bemühte er sich, die Verhandlungen weiter beeinflussen zu können und schlug einen Wechsel des Kommissionsortes in das heutige rund 73 km von Lingen entfernt liegende niederländische Wedde vor. Vgl. SAO 20-42 A Nr. 96, fol. 25v, 41r– 41v. Die Parteien lehnten seinen Vorschlag jedoch ab. Insgesamt dürfte für die RHREntscheidung der Auswahl der Kommissare die Absicht bestimmend gewesen sein, mit einer konfessionell paritätisch ausgewählten und vor möglicher reichsständischer Kritik unangreifbaren kommissarischen Personenkonstellation die kaiserliche Perspektive einzubringen, zugleich aber den heiklen Fall der Avokation eines RKG-Prozesses an den RHR von erfahrenen Juristen und Diplomaten leiten zu lassen. Eine solche Auswahl des Kommissionspersonal war nach O, Reichspersonal, S. 74f. am RHR zumeist Standard; E, Gerichtsbarkeit, S. 281, 285; S, Reichshofrat, S. 38f.

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6. Die Rechtsprechung des Reichhofrats

Ein weiteres Prinzip der reichshofrätlichen Arbeit stellte bei unklaren Sachlagen die Informationsbeschaffung dar. Gerade deswegen war angesichts des geographischen Schwerpunktes im Süden des Reichs mit seinen vielfältigen Herrschaftsgebilden der angesprochene Personenkreis aus dem Umfeld der habsburgischen Herrschaft Vorderösterreichs so wichtig. Ob sich hiermit kaiserliche Herrschaftsinteressen verbanden, kann nicht klar festgestellt werden. Letztlich gingen Befehle zur Informationsbeschaffung auch an andere Kommissare, die nicht direkt der kaiserlich-habsburgischen Funktionselite zuzuordnen sind.13 Insgesamt deuten diese Zusammenhänge auf eine gewisse Routine in der Gewährung von jüdischen Kommissionsbitten vonseiten des RHR hin.14 Desgleichen verweisen diese Ergebnisse darauf, dass die jüdischen Einschätzungen über die reichshofrätliche Kommissionstätigkeit durchaus mit der tatsächlichen Praxis des RHR übereinstimmten. Freilich agierte das Gremium bis zum Ende der 1580er Jahre hinein äußerst zurückhaltend, wenn das RKG mit in einer Causa involviert und vielleicht sogar als erstes von einer der Prozessparteien angerufen worden war. In diesen Fällen wies der RHR die Prozesse nach Speyer und mischte sich allenfalls mit Fürschreiben ein.15 Im untersuchten Sample ist der Prozess des Israels von Lübbecke der erste Fall, in dem eine solche Avokation mittels einer kaiserlichen Kommission stattfand. Hierbei bezog der RHR gegenüber dem RKG mit Hilfe eines Fürschreibens eine ex officio übergeordnete Position, indem er über den Kopf des Speyrer Gerichts hinweg befahl, den Prozess in den erstinstanzlichen Status zurückzusetzen.16 Als klar wurde, dass der Fall auf dem Wege kaiserlicher Für13

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Der RHR erließ in der Causa Isaak von Nagelsberg ct. Berlichingen eine Untersuchungskommission zur Güte und Recht auf Graf Wolfgang von Hohenlohe, um Auf Vleissig zu inquirieren in geheimb, wie diser böß ergerlich hanndell beschaffen, wer die complicen, authores, und fautones, diser unerbaren Thatt gewest seindt (Zitat HHSAW, RHR, R, XVI/63, fol. 441r [25.10.1591]; ., XVI/64, fol. 134r–134v [25.10.1591]; vgl. den Hinweis auf die Kommission, die sowohl am 25.10.1591, als auch am 7.12.1592 [fehlt als Eintrag in den Resolutionsprotokollen] erlassen wurde in Wolfgang von Hohenlohe vom 15.1.1593 an den Kaiser [Praes. 2.5.1593] in ., J. ., K. 42/1). Damit ging der Kommissionsauftrag an eine Person, die sich mit lokalen Verhältnissen schnell vertraut machen konnte, besaß der Graf doch in Künzelsau Untertanen, die sich in der still erkundigen konnten, was es mit verwarttung unnd hinwegfürung, auch torquierung des Juden verstorbenen Vatters Person halben auf sich habe; siehe hierzu Wolfgang von Hohenlohe vom 15.1.1593 an den Kaiser [Praes. 2.5.1593] in .). O, Kommissionen, S. 74f.; siehe ., Reichspersonal, S. 76. Siehe hierzu HHSAW, RHR, R, XVI/45, fol. 441r (28.8.1579); ., XVI/46, fol. 96r (9.12.1578); ., XVI/50r, fol. 225v (28.11.1583), 264r (19.6.1584); ., XVI/52a, fol. 582r (4.6.1586); ., XVI/53, fol. 25r (4.6.1586); ., XVI/52a, fol. 598r (8.7.1586), 50v (8.10.); ., XVI/53, fol. 25r (4.6.1586); ., XVI/54a, fol. 104r–104v (4.6.1586), 134r (8.11.); ., XVI/60a, fol. 9v (31.1.1589), 33r (19.5.1589), 71v (6.9.); ., XVI/63r, fol. 271r (26.6.1591); ., XVI/64, fol. 44v (20.3.1591); ., XVI/65, fol. 7v (7.1.1592); ., XVI/69, fol. 4r–4v (26.61591): So hat d Jud dj Camergerichtsordnung. Vgl. S, Reichshofrat, S. 30, 35.

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schreiben nicht zu klären war, schlug der RHR eine neue Richtung ein. Zwar war das Gremium zunächst eher skeptisch gegenüber der Kommissionsbitte Israels eingestellt17 , hatte das RKG schließlich schon eine Zitation ausgebracht, d. h., die Prävention war eigentlich unumstößlich gegeben.18 Letztlich erkannte das kaiserliche Gericht dann aber doch die erbetene Commißio zur guete19 auf die von Israel vorgeschlagenen Kommissare.20 Obwohl Israel nicht die notwendigen Beweise für eine Justizverzögerung am RKG beibrachte21 schienen die RHR-Räte in Prag von seinen Vorwürfen insbesondere gegenüber den Quernheimern überzeugt gewesen zu sein.22 Da eine Avokation aufgrund von Rechtsverweigerung und Nichtbeachtung kaiserlicher Promotoriale erfolgen konnte23 , kam die bewilligte Kommission einer de facto-Avokation des Falles an den RHR gleich. Damit positionierte sich der RHR gegenüber dem RKG deutlich als eine Art Aufsichts- und Revisionsinstanz. Nach dem negativen Ausgang der Kommission blieb dem RHR nach dem Studium der Kommissionsakten dann aber nichts anderes übrig als festzustellen, dass die Quernheimer nicht bereit waren, einem Prozess in Prag zuzustimmen. Johann Wolfgang Freimon, der als ehemaliger Beisitzer des RKG24 das Aktenreferat übernahm, hatte gemäß des Protokolleintrags anscheinend eine tiefere Einsicht in den Fall, referierte er doch Daten bezüglich des RKG-Prozesses, die nicht im Kommissionsakt vorzufinden waren.25 Freimon konnte lediglich konstatieren, dass des Judens uero petit hic causa decidj seien. Seine Kollegen schlossen sich seinem Urteil am 28. November 1583 an und legten den Fall zu den Akten. Dem RHR blieb nichts anderes übrig, sich auf die von den Quernheimern geschickt vorgebrachte Position des Reichsrechts zurückzuziehen und den Prozess am RKG zu belassen.26 Das Gremium gewährte dem Juden auf dessen Bitte hin27 zwar ein Promotorial gemäß der

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Vgl. HHSAW, RHR, R, XVI/1, fol. 370v (28.3.1582) u. ., XVI/1, fol. 375r (2.4.1582). Vgl. zur Rechtshängigkeit S, Zuständigkeit, S. 119. Vgl. Beschluss in HHSAW, RHR, R, XVI/50, fol. 102r (5.4.1582) (Zitat ebd.) u. ., XVI/47, fol. 12r (5.4.1582). Vgl. Beuelch zwischen Israel Juden zu Emden und den Quernhaimischen Erben güetlich zuhandeln vom 5.4.1582 in ., J. ., K. 43/3. Zur Beweispflicht siehe P, Justizverweigerung, S. 31f., 40f. L, Leben, S. 229, Fn. 1043 betont, dass die eigenmächtige Politik Hilmars in Prag bekannt war. Siehe hierzu P, Justizverweigerung, S. 30f., 33–36, hier v. a. S. 37. Avokationen erfolgten stets auf Antrag. 1576 wurde er vom Kaiser im RKG präsentiert, vgl. E, Gerichtsbarkeit, S. 295f. Dies stellte ein durchaus übliches Vorgehen in anderen Fällen dar (vgl. O, Kommissionen, S. 75). Vgl. HHSAW, RHR, R, XVI/50, fol. 225v (28.11.1583); ., XVI/52a, fol. 218r (28.11.1583) u. ., XVI/53, fol. 35r (28.11.1583) (Zitat .). Siehe den Bescheid fur Israel Juden vom 28.11.1583 in ., J. ., K. 43/3. Siehe Promotoriales ans Camergericht, für Israel Juden von Lübeck vom 17.12.1583 in .

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6. Die Rechtsprechung des Reichhofrats

Auffassung, dass der and[ere] thaill litem Immortalen mach wolle.28 Allerdings wollte das Gremium gegen den Quernheimer Widerstand die Sache nicht weiter an sich ziehen. Deren Vorwurf des Verstoßes gegen das Reichsrecht stand seit den Kommissionsverhandlungen doch zu offen im Raum.29 Ab circa 1590 ging der RHR dazu über, bereits am RKG anhängige Fälle offensiver an sich zu ziehen. Der Fall Isaaks von Nagelsberg verdeutlicht, dass mit Beginn jenes Jahrzehnts das Vorgehen des Gremiums konsequenter wurde.30 Der RHR zeigte sich immer öfter bereit, Fälle an sich zu ziehen, die von einer der Parteien in Speyer anhängig gemacht wurden. Hierfür kann die Vertreibung der Hildesheimer Juden als Beispiel herangezogen werden. Mit schärfsten Worten befahl der RHR die Verweisung des Falles vom RKG in seine Zuständigkeit. Die Stadt hatte sich zeitgleich zur Klage der Juden am RHR an das RKG gewandt.31 Das Gremium kam im Januar 1596 abschließend dann zu seinem eindeutigen Beschluss: Gleichfals soll Camere Imperialij geschrieben weren, d[as] Ire M[ajestä]t in dieser sachen die [. . . ] Abschaffung der Juden bet[reffend] albereit [. . . ] cognosciert, derwegen die Execution dem Churf[ürsten] zue Cöln per viam Commissionis [. . . ] anbeuohlen. Unnd dannenhero erscheine das des Camergerichts Jurisdiction [. . . ] nit allein per Imperatorem diefals preue28 29

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Vgl. ., R, XVI/50, fol. 229r (17.12.1583) (Zitat .); ., XVI/52a, fol. 225r (17.12.1583); ., XVI/53, fol. 38r (17.12.1583). Angesichts der zeitgenössischen protestantischen Kritik an der reichshofrätlichen Judikatur schien Prag zu Beginn der 1580er Jahre noch nicht bereit, dieser weiter Nahrung zu geben. E, Tätigkeit, S. 27–46. In der Auseinandersetzung des Isaak von Nagelsberg gegen Hans Widmann änderte der RHR innerhalb von drei Jahren dreimal seine Linie, d. h. verwies den Juden Ende der 1580er Jahre zunächst an die Obrigkeit des ehemaligen Vogtes sowie an das RKG, falls er erstinstanzlich kein Recht bekäme. Lakonisch urteilte der RHR, man [wolle] die sach nit herzehn (Zitat HHSAW, RHR, R, XVI/64, fol. 44v [20.3.1591]; ähnlich in ., XVI/64, fol. 82v–83r [26.6.1591]). Nach nur sieben Monaten bewilligte er wegen der allgemeinen confussione, die der Fall dem Gremium wohl bereitete, dann doch eine Kommission auf den Grafen von Hohenlohe, um der Sache auf den Grund zu gehen und die Parteien zu vergleichen (Zitat ., XVI/63, fol. 441r [25.10.1591]; Rudolf II. an Hohenlohe am 25.10.1591 Beuelch ad Inquerentu in ., J. ., K. 42/1 [ebenso SALHZAN W 10, Bü. 95/6]; ., R, XVI/65, fol. 152r [7.12.1592]; ., XVI/69, fol. 60r– 60v [28.5.1593]; Beilage G. Kaij: Maij: Beschaijdt. Wie es zwischen hansen Widman, und Isaak Juden gehalten werden solle, Abgangen an Graaff Wolffen von Hohenloeh den 28t Maij Ao 93. in ., A, K. 1101/2). Vgl. ., R, XVI/69, fol. 65r–65v (4.6.1593) in der Causa Schmoll ct. Grumbach, wo nach mehrmaliger Bitte des Juden und insgesamt acht Jahren eine Kommission auf Würzburg erlassen wurde. Ebenso in der Causa Schmoll ct. vom Stein in ., XVI/ 54a, fol. 72r–72v (12.12.1588); ., XVI/80a, fol. 3v–4r (4.1.1597); ., XVI/79, fol. 18v–19r (4.3.1597); Bü. rgermeister und Rat der Stadt Hildesheim an den Kaiser (Praes. 14.1., 25.2. u. 2.5.1598) in ., AA, K. 79, fol. 640r–645v, vgl. hier fol. 644v. Siehe das Mandatum poenale sine clausula de restituendo Judaeos in Hildesheim annexa citatione ad docendum de paritione ct. Statt hildesheimb vom 11.7.1597 in ., M, K. 4/5/2; A, Geschichte, S. 96.

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niert, sonder auch die zweye hernach eruolgte gleichwol der Ersten anhanige Appellatio (So Crafft Irer M[a]y[estä]t ExecutionsComission a sub delegatis Arctoris interponiert, Und darauf in Camera Compulsoriales erkhannt worden sind) gannz nichtig und von oncrafften seie, derowegen solle Camera diese sach hieher ad Caesarem remittieren.32 Der RHR sah in diesem Fall den Kaiser in einer Aufsichtsfunktion gegenüber dem RKG. Diese Aufsichtsfunktion galt insbesondere bezüglich einer Verletzung des kaiserlichen Judenschutzrechts. Ähnliches gilt für Exekutionsdurchführungen im Rahmen kaiserlicher Kommissionen. Seit den 1590er Jahren stieg die Bereitschaft des RHR, gewaltsame Exekutionsdurchführungen der Kommissare bei anhaltender Renitenz des obrigkeitlichen Schuldners zu dulden. Hiervon waren bspw. Grafeneck33 , Güss von Güssenberg, Berlichingen34 , Stein, Grumbach und Gundelsheim betroffen. Dabei hing der Grad des energischen Eingreifens davon ab, ob die betroffenen Juden enge Verbindungen zum Kaiser unterhielten. In diesen Fällen trat Rudolf II. persönlich für die jeweiligen Juden ein.35 Indessen war ausschließlich der Ungehorsam der Obrigkeiten gegenüber dem Kaiser für ein hartes Eingreifen des RHR ausschlaggebend.36 Besonders deutlich wird dieser Zusammenhang im Falle des Reichsritters Veit vom Stein. Gemeinsam mit seinem Bruder Alexander verweigerte er sich über Jahre hinweg den kommissarischen Verhandlungen. Als der Würzburger Fürstbischof schließlich resignierend den verbalen Ungehorsam Veits nach Prag melden musste und die Reichshofräte sich vom Verhalten des Reichsritters ein Bild machen konnten, schlug das Gremium in einer im untersuchten Sample kein zweites Mal vorkommenden Härte zurück. Es ließ Veit durch den RKG-Fis-

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Zitat HHSAW, RHR, R, XVI/80a, fol. 3v–4r (4.1.1596). Vgl. Anderwerter Ernstlicher beuelch vom 19.7.1600 in ., J. ., K. 41; siehe das Protokoll in HHSAW, RHR, J. ., K. 41, an der Vizekanzler Coraduz (E, Gerichtsbarkeit, S. 293) teilnahm und auf der RHR-Rat Barvitius (E, Gerichtsbarkeit, S. 291) äußerte: Zu dem hat solchen erstlich beuelch der herr Barvitius im Rath hart getrieben. Zu Berlichingens Hausarrest A  RHR, AA I, Nr. 272, S. 156–159, hier S. 157. Vgl. das Protokoll in HHSAW, RHR, J. ., K. 41: weill ihr Mat. solches befohlen, und der Jud auch in Nahmen Ihrer May[es]t[ä]t verwaisen sollen. Siehe hierzu hofRaths Bericht und guetachten in ca Seligmann Jude, wieder Hannß Georg Gissen in ., K. 42: da Er [Güss von Güssenberg, A. G.] dem Juden, an seinen von Irer Myt wegen Ime anbeuohlene Geschäfften kain verhinterung thue, sondern denselben, seiner Notdurfft und gelegenhait nach, raisen, hanndelln und wandeln. Hierbei könnte es sich um die Reise Seligmanns an den Hof des Herzogs von Württemberg in Sachen der Überführung des Abramo Colorni handeln, in der Seligmann aus Brenz als Vermittler auftrat (vgl. J, Colorni, S. 450– 452). Vgl. Abraham u. Liepmann Fänklein sowie Mändlein ct. Knöringen das RHR-Gutachten vom 26.11.1601 in HHSAW, RHR, J. ., K. 43, fol. 252r–252v, wo der RHR für eine Prozessabschlagung plädierte, der Kaiser aber sich für die Juden einsetzen wollte. Vgl. bspw. Summaria et compendissa Relatio ad Ceasarem des RHR und des Geheimen Rates an den Kaiser in ., K. 42: Darwider Euer khay Mtt außgegossene Reden gehalten.

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kal nach Prag zitieren37 und dort mehrere Wochen unter Hausarrest stellen.38 Schließlich ging in den Augen der Räte die Äußerungen Veits direkt gegen Ire Maij[estät] als sein unmittelbares oberhaupt, und Regirenden Römischen Kaißer. Der ließ ihn aufgrund dessen in seine hohe ungnad fallen.39 Prag wollte die Angelegenheit gerichtlicherseits zwar in weitere disputat nit ziechen40 , eine harte Strafe beschlossen die Räte dennoch und verurteilten Stein zur Stellung von zwelf wolgerüsster Teütsch Pferdt respektive uf 8 Monat über 2000 Taller41 bzw. zur Finanzierung von 100 Zentnern Schießpulver zum Krieg wid[er] den Türggen.42 Aufgrund der Fürsprache der fränkischen Reichsritterschaft ließen 37

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Vgl. den fiscal zu Speijer wurdt die Citation an Veit vom Stein zum Altenstein zu Insinuirn zugeschickt vom 30.5.1595, RKG-Fiskal an Rudolf II. vom 6.7.1595 (Praes. undat.); Copia Authentica. Rom[ische] Kaij[serliche] M[ajestät] unsers allergnedigsten herrn Citation. ann derselbigen kaij[serlichen] hoff zu Prag Wieder den Edlen Veiten vom Stein zum Altenstein sich Innerhalb 60 tagn bei Iro Kaij[serliche] M[ajestät] einzustellen außgangenn mit Inuerleibter Execution vom 15.3.1595 in . Kayserlich Decret, Veitten vom Stein zum Alttenstein betreffendt [Ita in Cons:o Secreto, psto deliberationem votj Conilij Aulicj, conclusum e 29. Feb:ij Anno 1596] in .; in ., R, XVI/73, fol. 78v–79r (15.3.1594) überlegte das Gremium sogar, ihn in [. . . ] Carcerem zuuerschaffen (fol. 79r); ., XVI/78, fol. 22r–24r (24.2.1596), fol. 24r spricht von acht Wochen. Er wurde aber erst im Zeitraum von Ende April vermutlich entlassen (vgl. Schließlichs Decret p. Veitten vom Stein vom 17.4.1596 aus dem Geheimen Rat u. Rudolf II. an Würzburger Fürstbischof vom 21.4.1596 als verner Comission, an B[ischof] zue Würtzburg In ca Veitten vom Stein, ct Schmoll Judens in .). Kayserlich Decret, Veitten vom Stein zum Alttenstein betreffendt [Ita in Cons:o Secreto, psto deliberationem votj Conilij Aulicj, conclusum e 29. Feb:ij Anno 1596] in .; vgl. ., R, XVI/73, fol. 78v–79r (15.3.1594): Von wegen des großen ongehorsambs und Truz so Veit vom Stein dem kays Commissario erzaigt, und ehr sich gegen die kay. Mtt und dero Hochait [. . . ] bedrewlich vernehmen laßen (fol. 78v); ., XVI/76, fol. 37v–39r (15.3.1595): erzeigten grossen hochmuets und freuels; ähnlich hoffRaths guttachten, In ca: Fuldisch[e] Judenschafft, q: Fulda Statt, Decretiert 13. Jan:rij Ao 93: in ., D, K. 2263; siehe Dekret An Stathalter und Regierung zu Mergentheim (21.12.1591) in .: Rebellische Verhandlungen. Siehe Hoffraths Decreta 15. Nouemb. A0 91 in .: Ad Caesarem, cum Voto, dieweil hofrath in ersehung oberzeltter bericht und Clagen, beij beclagter Burgerschafft nit schlechte, sondern uebelische Aidtbrüchige verhandlungen, unnd muttwillen vermercken, welche mit der Zeit der Mergenthaimischen Räthe andeutung nach, leichtlich weitter und sonderlich auff die Gaistlichkait als die one diß der Burgerschafft ein dorn in Augen, auch auf andere Unschuldige auß schlagen köndt, zu me[hr], ob wohl dero ort die Juden so hoch nit zubetrachten, yedoch weil Irer kay. Mtt. Hochait mitlaufft, in deme dz bemelter Burgerschafft, dz priuilegium [. . . ] in gleichen [die Juden] in kay.en schuz genomen, nit unbekant, sie auch der Practicken gegen dem Kriegsvolck sowohl des despects unnd ungehorsambs gegen den Amptleuthen, nit in abredt, sondern gestendig sein, dz sie mit außtrucklicher Erclerung (sie woltens nit thun) des Aufpots zur Juden defension sich verwaigert, und des Statthalters zu Fulda Schloß Guardi nit gedulden sich unterstanden und später erhaltung der Justiz und der hohen Obrigkait. Vgl. P, Reichsritterschaft (c), S. 222f. Anderwerts hofRahts guettachten Veitten vom Stein bet. vom 8.4.1596 in HHSAW, RHR, J. ., K. 42. E., R, XVI/78, fol. 22r–24r (24.2.1596), Zitat fol. 23v–24r. Anderwerts hofRahts guettachten Veitten vom Stein bet. vom 8.4.1596 in ., J. ., K. 42.

6.1 Die Jahre 1576 bis 1603

339

Kaiser, Geheimer Rat und RHR von der Strafe ab, forderten aber von Veit vom Stein einen neuen Treueid gegenüber dem Kaiser. Desgleichen verurteilten sie ihn zur Zahlung seiner Schulden an Schmoll.43 Generell war der RHR bestrebt, den jüdischen Klägern schnelle Rechtshilfe zu gewähren und die Sicherung des Rechtsfriedens zu garantieren.44 Im Falle der schwäbischen Judenschaft und ihrer Klage gegen Anton Fugger führte Peter Obernburger45 aus, dass wegen des styli, dass heißt wegen der gebräuchlichen Gerichtspraxis, dem Juden ein Mandat sub poena pecuniaria nicht schon beim ersten Ansuchen stattgegeben werden könne. Jedoch sei es möglich, dass man sich kaiserlicherseits auf die Privilegien der Juden im Reich berufe, um auf die ungnad und straf zu verweisen. Dieser Problematik nahm sich Freimon46 an und bekräftigte ausdrücklich Obernburgers Ansicht.47 Infolgedessen adressierte die Reichshofkanzlei ein Schreiben direkt an Anton Fugger, aus dem die gesamte kaiserliche Autorität hervortrat. In ihm wurde die von Anton Fugger angeordnete Verhaftung eines Juden strikt gerügt, da sie gegen die kaiserlichen Privilegien gerichtet war. Stand damit sicherlich das Carolinum im Zentrum, so scheinen die mit der Causa beschäftigten Reichshofräte zudem intensiv im Aktenmaterial des kaiserlichen Hofes recherchiert zu haben. Schließlich rekurrierte der erwähnte Brief an Anton Fugger doch zusätzlich auf Verfügungen Kaiser Friedrichs III. sowie auf eine von diesem erwirkte päpstliche Bulle, in der die Unhaltbarkeit der Ritualmordvorwürfe bekräftigt wurde.48 Dabei befahl das Schreiben Anton Fugger zusätzlich, er solle direkt beim Kaiser alß Ire gemainer Judischait obristen hern und Richter 43

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Schließlichs Decret p. Veitten vom Stein vom 17.4.1596 aus dem Geheimen Rat u. Rudolf II. an Würzburger Fürstbischof vom 21.4.1596 als verner Comission, an B[ischof] zue Würtzburg In ca Veitten vom Stein, ct Schmoll Judens in . So An den Grafen Georg zu Castel, ad instantiam Comitis á Leostein; dj spolijrte, und uertribene Iuden zu Remlingen betr. vom 17.12.1596 in ., K. 51, fol. 2v–3r: Beuehlen dir deshalben hiemit ernstlich gebittendt undt wollen, d. du vorberürts [. . . ] Edict (crafft dessen dj Juden zu Remlingen, mit leib und gutt Vogelfrey undt preiß stellen worden) [. . . ] cassirest undt auffhebest, dji durch dich deinen Sohn, oder Ihr gesindt, vervrsachte Scheden, undt nachteil [. . . ] repituiret und [. . . ] dehn, uff [. . . ] Schulden angelegtten Arrest wider uffhebest; Auch hinfüro, (bej vermeidung scherffern einsehens) dem Graff zue Löwenstein, an [. . . ] seiner, dies orts, habende kay: freiheit kainen eintrag thuest, sondern d. du oder dein sohn, in einem oder dem andern, ess sej gleich wider den Graff, oder dje Juden, zusprechen vemeinest, solches mitt ordenlichem Recht, suchest, undt dessen entschaidung ruhig erwarttest. Ebenso in der Causa Hildesheim Stadt ct. Hildesheim Juden in ., R, XVI/78, fol. 78r (6.5.1596); vgl. A, Geschichte, S. 94–96; Resolutio an Herzog zu Wirtemberg in Isaak und Mayer ct. Pappenheim vom 26.1.1601 in HHSAW, RHR, J. ., K. 42. E., S. 307. E, Gerichtsbarkeit, S. 295f. Peter Obernburger an Johann Wolfgang Freimon (undat. [1583]) in HHSAW, RHR, AA, K. 86, fol. 45r–45v, Zitate fol. 45r. Siehe An herrn Anthonj Fugger, die gefangene zwen Juden ledig zulassen vom 2.12.1583 in ., fol. 48r–51r (Zitate ebd.); siehe Rudolf II. an Wolfgang von Castell vom 17.12.1596 in SA W R. 50, Nr. 62.

340

6. Die Rechtsprechung des Reichhofrats

sowie alß Gemeine Judishait Im Reich höchster Obrigkeit vorsprechen, wenn er einen diesbezüglichen Verdacht hege.49 An dieser Stelle wird deutlich, dass der RHR bezüglich der Ritualmordbeschuldigungen auf die Bestimmungen des Carolinum vom 1544 zurückgriff.50 In der Berufung auf den allgemeinen Landfrieden im Reich stand das Speyrer Judenprivileg von 1544 damit Pate. Im Falle der Vertreibung der Braunschweiger Juden wies der RHR dagegen vermutlich eingedenk politischer Erwägungen51 zwar jegliche Hilfe für diese ab52 , betonte aber auf Wunsch der Prager Juden ausdrücklich gegenüber dem nur unwillig reagierenden Herzog Heinrich Julius von Braunschweig-Lüneburg53 , dass sämtliche Juden, die werrn in d[es] Reichs schuz, unbedingt freies Geleit durch sein Territorium besitzen sollten.54 Er solle also die handtierung

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50

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Siehe An herrn Anthonj Fugger, die gefangene zwen Juden ledig zulassen vom 2.12.1583 in HHSAW, RHR, AA, K. 86, fol. 48r–51r (Zitate .). Ähnlich das Dekrets Rudolfs II.vom17.12.1596 in ., J. ., K. 51, fol. 2r–3r (Zitate .). Vgl. L, Finanz, S. 139–144, hier S. 143; W, Instrumentalisierung, S. 205f. betont, dass Friedrich III. aus grundsätzlichen Motiven gehandelt habe. Zu den dieses Thema behandelnden päpstlichen Bullen, die fast alle den Ritualmordvorwurf ablehnen, B, Vatikan, S. 78f.; B, Ritualmordprozesse, S. 114–119. Carolinum von 1544 in seiner durch Rudolf II. am 15.6.1577 konfirmierten Form in HHSAW, RHR, C. P. . E., K. 95, fol. 53r–60r, zur Unhaltbarkeit der Ritualmordbeschuldigungen u. den Verweisen auf Papst u. Kaiser ., fol. 56v–57r; zum Kaiser als obersten Schutzherren der Juden im Reich ., fol. 57r. Kopie Mandat Rudolfs II. an Kurfürst Ernst vom 6.5.1596 in ., AA, K. 79, fol. 646r–647v, hier fol. 646v: des Heiligen Reichs Abschiedt uff sunderbharer kaijserliche Priuilegien, die Juden sowoll derselben Ihnn des Heiligen Reichs versprechnuß schutz und schirm sitzenn, und Als Andere ReichsInwohnern gemeiner Ruhe und friedenß Constitutionen Auch Aller Reichs Recht und Ordnung theilhafftig, sonderlich aber, durch vorberurtte, weilandt unseren Vorfahren, Am Reich Romischen Kaijser und Konige, Auch unser Ihnen ertheiltte und bestettigte Priuilegien dahin begnadigett, das sie An denen ortternn, da sie sich heußlich niedergelaßen, mit der Thadt in keinerlij weijß betrubtt, beleidiget oder Angegriffen werden sollen. In einem Mandat von 1597 betonte der RHR, dass der Hildesheimer Senat gegen die priuilegia Caesaris gehandelt und nicht nur die Autorität des Kölner Kurfürsten als Lanndsfürsten unnd ordenlicher Obrigkeit (vgl. Zitat in Mandatum poenale sine clausula de restituendo Judaeos in Hildesheim annexa citatione ad docendum de paritione ct. Statt hildesheimb vom 11.7.1597 in ., M, K. 4/5/2), sondern auch die eigene städtische Gesetzgebung missachtet hätte. Der Magistrat solle daher die Juden in die Stadt zurückführen und diese in ihren Besitz restituieren. Vgl. ., R, XVI/80a, fol. 3v–4r (4.1.1597) (Zitat) u. ., XVI/79, fol. 18v–19r (4.3.1597); Mandatum poenale sine clausula de restituendo Judaeos in Hildesheim annexa citatione ad docendum de paritione ct. Statt hildesheimb vom 11.7.1597 in ., M, K. 4/5/2. 1601; A, Geschichte, S. 96–98, 101. Obwohl Herzog Heinrich Julius Protestant war, stand er in besonderen Gunsten Rudolfs II. Vgl. B, Heinrich Julius, S. 324f. HHSAW, RHR, R, XVI/63, fol. 276r (11.9.1591); ., fol. 384r (13.9.1591). In ., XVI/69, fol. 68r–68v (9.6.1593) berichten die Prager Juden, der Herzog habe die Befehle des Kaisers missachtet. Zitat ., XVI/63, fol. 388r (16.9.1591); ., XVI/64, fol. 119v (16.9.1591).

6.2 Die Jahre 1745 bis 1765

341

wid[er] Reichs Abschied nit auffhalt[en]55 und dj offene landtstraß nicht sperren, da sj Regale Caesaris seien.56 Das Gericht sah, wie die jüdischen Kläger den Judenschutz im Reich als ein kaiserliches Regal, abgesichert durch die den Juden verliehenen Privilegien wie vor allem durch das Carolinum. Letzteres spielte in der Praxis des RHR eine wichtige Rolle. Die Ansichten der Juden fanden an diesem Punkt explizite Bestätigung durch das Gericht. Die einzelnen Reichsstände hatten das Judenregal vom Kaiser verliehen bekommen und mussten für eine rechtlich gesicherte und ordnungsgemäße Ausübung Sorge tragen.57 Abgesehen von wenigen Ausnahmen58 schritt der RHR bei dessen Verletzung zu einer konsequenten Verfolgung der Vorwürfe und ihrer Abstellung Der RHR legte eindeutig fest, dass die Handlungen gegenüber den Juden ihre Grenze an der Oberhoheit des Kaisers sowie dessen Schutzfunktion fanden und an die Bestimmungen des Reichsrechts gebunden waren.59 Angesichts der stetigen Berufung auf das Carolinum von 1544 muss festgestellt werden, dass die gewählte Strategie der Juden damit durchaus am RHR aufging und im Rahmen seiner Rechtsprechung lag.60 Indirekt erfährt durch die hier grob skizzierte reichshofrätliche Rechtsfindung und -sprechung das jüdische Selbstbild Bestätigung. Gleiches gilt für ihren Ehrcode, der vom RHR nicht in Frage gestellt wurde.

6.2 Die Jahre 1745 bis 1765 Für die Jahre nach 1745 fehlen konkrete Aussagen zu jüdischen Argumentationsmustern vonseiten des RHR weitestgehend. Gleichwohl deutet vieles darauf hin, dass für die Reichshofräte die Glaubwürdigkeit der von Juden vor55 56 57 58

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Zitat ., fol. 119v (16.9.1591). Siehe ., XVI/ 65, fol. 105v (21.8.1592) (Zitat .). Die konträr andere Perspektive bei B, Privilegierung, S. 166f. Resolution Rudolf an Kommissar Wolfgang von Hohenlohe am 8.5.1592 in HHSAW, RHR, J ., K. 42/1: Beschließlich hetten wir gleichwohl Ursach, gegen dem Steltzer [. . . ] vermoeg des Landfriedes procediren zulassen, dieweil Er aber nunmehr altt und schwach, auch hiezwischen ein lange Zeitt verlossen; So wöllen wir solche verwircktte Straff gnediglich dahin gemilttert haben [. . . ]; ebenso in ., A, K. 1101/2 als Beilage G. Ka.: Ma.: Beschaidt. Wie es zwischen hansen Widman, und Isaak Juden gehalten werden solle, Abgangen an Graaff Wolffen von Hohenloeh den 28t Ma. Ao 93. Ähnlich B, Juden (c), S. 14. So fürchtete sich Schmoll, er möcht erschoss[en] werden, was der RHR ausdrücklich vermerkte (vgl. ., R, XVI/69, fol. 65r–65v [4.6.1593]); B, Rahmenbedingungen, S. 71: „Die Kaiser leiteten aus diesem Grundsatz das Recht ab, die Einhaltung von Schutzpflichten gegenüber den Juden durch die Regalieninhaber selbst oder mittels Einschaltung der kaiserlichen Gerichte überwachen zu können“. Damit berief sich der RHR ausdrücklich auf den kaiserlichen Judenschutz.

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6. Die Rechtsprechung des Reichhofrats

gelegten Wechselbriefe61 und die Einhaltung der Bestimmungen des Wechselrechts ausschlaggebend waren. Sie verfuhren nach dem Grundsatz, dass einer der einen Wechsel ausstellet, sich eo ipso executive verbindet.62 Dieser Grundsatz galt ebenso für die beklagten reichsständisch-adeligen Obrigkeiten. Einen wichtigen Aspekt stellten die Wahrung der Rechtssicherheit auf dem Wechselmarkt und die Aufrechterhaltung des Vertrauens in den Wechsel dar.63 Insofern bewertete das Gericht, obwohl es laut Reichsrecht zur Wahrung der reichsständischen Privilegien und Rechte verpflichtet war64 , die Fideikommisse eher zurückhaltend, da sie natura et Jura concessu restringiret seien und um den offentlichen credit und des comercium [. . . ] bald geschehen, und kein so gutherziger Creditor in d[er] welt mehr zu finden seyn, welcher sein gelt in solcher unsicherheit [. . . ] hingeben würde.65 Die skizzierten Argumentationen der Juden entsprachen insoweit durchaus der Erwartungshaltung des RHR. Im Sinne der beabsichtigten Rechtssicherheit lehnte der RHR die sowohl von Juden als auch von Obrigkeiten vorgebrachten Bitten um Restitutiones ad integrum strikt ab, da sie in der Regel auf Prozessverzögerungen hin ausgelegt waren.66 Dabei lagen den Entscheidungen des Gremiums die Bestimmungen 61

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63 64 65 66

Im Fall Benedikt Levi Gomperz gegen Karl Friedrich Gottlieb von Castell-Remlingen konnte der Jude in formaler u. inhaltlicher Gestaltung nur unzureichende Schuldbriefe vorlegen, deren Echtheit durch eine Kommission bestätigt wurde (Markgraf von Brandenburg-Onolzbach vom 17.11.1751 an den Kaiser [Praes. 7.1.1752] in HHSAW, RHR, D, K. 2864/1 sowie die Versuche Benedikt Levi Gomperz an den Kaiser [Praes. 20.4.1752] in ., durch Übersendung der stark zerstörten Originale als Beilagen A, B u. C. den RHR zum Einlenken zu bewegen). So die Relation zum Fall Dispecker ct. Sachsen-Hildburghausen in ., K. 1637 (Zitat .); Votum in der Relation zum Fall Bär Löw Isaak Kann ct. Hessen-Darmstadt in ., R, K. 73, wo der Referent betont, dass es sich bei den eingereichten Wechselbriefen und Überschreibungen des Kann um richtige Documente handle, in denen sich doch der Aussteller, daß Mandata S.C. bey denen Reichsgerichten bey entstehende Zahlung darauf extrahiret werden solle. Können die diesbezüglichen Angaben nicht nachgeprüft werden, da die Akten (., D. R., K. 382/9) fehlen, geben in allen übrigen Fällen, in denen die Wechselbriefe o. ä. mit eingereicht wurden, die besagten Dokumente keine näheren Exekutionsklauseln an. A-T, Wechselverbindlichkeiten, S. 383. W, Rechtsprechung, S. 439. Vgl. undat. Relation zum Fall Joseph Moises Schuster ct. Grafen von Erbach in HHSAW, RHR, O. R., K. 452/10. S, Prozessgrundsätze, S. 288–293, 390–394 betont, dass dies ein systematisches Vorgehen des RHR war; so im Falle Oppenheimers ct. von Hahn auf Remplin in HHSAW, RHR, R, XVIII/129, fol. 154r–154v (4.3.1754), wo der RHR deutlich macht, Oppenheimers Klage durchschaut zu haben. Siehe die Interrogatorie loco Articolorum Lit. B. in Kametzky an den Kaiser in ., D. ., K. 168/1, fol. 120r–120v, hier fol. 120v im Falle eines obrigkeitlichen Schuldners. Dagegen gestattete er die Bitte um das Beneficii Restitutionis in integrum der Grafen von Erbach an den Kaiser (Praes. 10.11.1744) in ., O. R., K. 452/10. Siehe den Restitutionseid vom 24.11.1747 in .; Elias Oppenheimer an den Kaiser (Praes. 22.12.1749) in ., D, K. 1902/1 und die Abschlagung seiner Bitte durch den RHR in ., R, XVIII/128, fol. 154r–154v (4.3.1754). In den

6.2 Die Jahre 1745 bis 1765

343

des Reichswechselrechts zu Grunde. Waren jüdische Schuldposten gemäß lokaler Eigenarten höher bzw. niedriger verzinst, wandte der RHR die in den RPO vorgeschriebenen 5 % Reichszins an.67 Im Zweifelsfall brach an solchen Stellen Reichsrecht lokales Recht. Zugleich entschied der RHR auf Basis der jüdischen Einbringungen, ob die Prozessgründe qualifiziert genug waren. Er behielt sich vor, bei unklarer Sachlage notfalls auf eine Mandatsbitte ein Reskript folgen zu lassen.68 Der RHR sah in der Erkennung von Kommissionen eine Routineangelegenheit. Ob der Kläger Jude war, spielte keine Rolle. Für diese Deutung spricht, dass die Exekutionsanordnungen nach systematischen Formeln, aber ohne weitergehende Befehle erfolgten.69 So fehlt die Formel ,samt und sonders‘, mit welcher der RHR beiden kreisausschreibenden Fürsten die Vollmacht erteilen konnte, jeweils einzeln Exekutionen bei Unstimmigkeiten untereinander durchführen zu dürfen.70 Allerdings floss das Verhalten der obrigkeitlichen Schuldner gegenüber den jüdischen Gläubigern in die Bewertung des Falles durchaus mit ein.71 Der

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Bereich der Rechtssicherheit gehört ebenso der Grundsatz, ältere Urteile vorhergehender Reichshofräte wie dem Karls VI. oder Karls VII. zu bestätigen bzw. gegebenenfalls zu erneuern. Auf diese Weise stiftete der RHR Kontinuität und Vertrauen. Vgl. Rescriptum an den H[errn] fürsten Konstantin zu Heßen Rheinfels Rothenburg, in Sachen Samuel Simon rußischer Hoffactor ct. Illum vom 27.9.1743 und das gleichlautende Rescriptum Paritorium vom 2.9.1746 in ., D. R., K. 373/9; siehe Rescriptum an den graffen Casimir zu Wartenberg in Sachen: Jacob Ochs Schutz und Handels Jud zu franckfurth ct. Illum vom 8.6.1742 und das Rescriptum Paritorium vom 29.4.1751 in ., K. 362/6. Im Falle des Aaron Nathan von Lehrensteinsfeld, der von einem löwensteinsichen Vogt mehrere Male anscheinend unschuldig verhaftet wurde, befahl der RHR im Horizont des Rechtsfriedens u. der Rechtshilfe sowohl in die der Sache einsweil in Ruhe zustehen, als auch insonderheit den Vogten Rhodium über dasjenige so ihm dabey zu Schuld geleget, zur Verantwortung zu ziehen, und dahin zu sehen, daß ersagter Vollständiger Bericht, samt angelegten Untersuchungsprotocoll innerhalb zweier Monaten eingesendet werden möge (vgl. das Conclusum in ., R, XVIII/115, fol. 105r–105v [20.2.1749] u. das Reskript in ., D, K. 334). So Rescriptum paritorum vom 25.5.1756 zum Fall Beifuß ct. Wittgenstein in ., D. R., K. 383/2. Hier fand eine Reduzierung von 12 % auf 5 % statt. Ähnlich im Falle Dottres Samuel Stern ct. Hessen-Darmstadt, wo die Obligation vom 15.7.1744 (Lit: A. in der Supplik Praes. 22.5.1759) von 6 % Zinsen spricht, dass Mandat vom 25.8.1759 jedoch den Reichszins von 5 % nennt (., K. 384/6). Eine Anwendung von 5 % im Mandat vom 10.6.1754 zum Fall Dottres Samuel Stern ct. Isenburg-Wächtersbach in ., D, K. 1738/3, im Reskript in Sachen Simon Aaron Neustädtl ct. Löwenstein-Wertheim vom 17.11.1746 in ., D. ., K. 178, fol. 748r u. im Reskript Model Hirsch Kuhn ct. von Croneck vom 6.7.1742 in ., D. R., K. 365/15. Im Fall Salomon Levis ct. Lippe-Detmold verwendet das Reskript vom 12.10.1738 den fünfprozentigen Zinssatz, obwohl der Wechselbrief von ½ % spricht (., K. 373/3). Siehe die Relation zum Fall Löw Emanuel ct. Fugger-Glött von Referent von Vockel in ., O. Reg., K. 454/7. Siehe zu solchen Befehlen bspw. H, Darstellung, S. 323. Zu dieser Formel W, Wirtschaft, S. 228f. Das Gericht wies solche Ausflüchte mit der Aufforderung ab, den kaiserlichen Zah-

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6. Die Rechtsprechung des Reichhofrats

RHR prüfte regelmäßig, ob der Schuldner bspw. seinen Zahlungsversprechen zumindest im Ansatz versuchte nachzukommen oder gänzlich säumig verblieb.72 An diesem Punkt ist es wichtig zu erwähnen, dass der RHR prinzipiell für die Konfirmierung von Vergleichen zuständig war73 , indessen aber wohl nur in den Fällen Vergleichsanzeigen verlangte, wenn die Verweigerungshaltung gegenüber seinen Entscheidungen bei der beklagten Obrigkeit besonders ausgeprägt war. Er verzichtete hierauf indessen, wenn die Vergleichsverhandlungen und deren Ergebnisse für ihn glaubwürdig und angemessen waren oder ihre Erfüllung als gegeben erschien.74 Freilich hieß dies nicht, dass die Sache damit für den betroffenen jüdischen Schuldner erledigt gewesen wäre. Der

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lungsbefehlen oder deren Durchsetzung sofort nachzukommen; vgl. HHSAW, RHR, R, XVIII/138, fol. 168v (14.3.1758); ., XVIII/139, fol. 80r (24.7.1758); ., XVIII/146, fol. 298r–299r (13.11.1761); Georg Karl Ludwig von Leiningen-Westerburg an den Kaiser (Praes. 26.8.1760) in ., D, K. 330; ., R, XVIII/144, fol. 185r–185v (5.9.1760). Vgl. die Relation zum Fall Löw Emanuel ct. Fugger-Glött von Referent von Vockel in ., O. R., K. 454/7. Konnte der Fürst von Waldeck durch seine betonte Bereitschaft zur Auszahlung eine Exekutionskommission über 10 Jahre hinweg verhindern, wirkten sich notorische Verweigerungshaltungen der beklagten obrigkeitlichen Schuldner auf die Entscheidungsfindung des kaiserlichen Gremiums äußerst negativ aus. Im Falle der Vormundschaftsregierung Wittgenstein-Wittgensteins drohte der RHR daher nach der verweigerten Annahme eines seiner letzten Conclusen (Moises Benedikt Beifuß an den Kaiser [Praes. 8.2.1762] in ., D. R., K. 383/2) mit der Überschreibung der Kommission auf den niederrheinisch-westfälischen Kreis und erhöhte damit entscheidend den Druck (., R, XVIII/146, fol. 298r–299r [13.11.1761]; ., XVIII/148, fol. 132v [4.3.1762]). In ähnlicher Weise ging er gegen das aus seiner Sicht ungebührliche Betragen des fuggerischen Pflegers vor, der die Annahme eines RHR-Conclusum verweigerte, und zitierte ihn nach Wien (siehe hierzu das RHR-Conclusum vom 20.6.1769 auf den Rubrum der gräflichen Eingaben vom 7.12.1769 in ., O. R., K. 454/7). S, Zuständigkeit, S. 103–105. Das Gremium verzeichnete den Fall auf dem Rubrum der letzten Eingabe des Juden als verglichen, obwohl dessen Erben den RHR um ein Reskript bezüglich der endgültigen Auszahlung der verbliebenen Vergleichssumme baten. Dieses Reskript fertigte er nicht aus. Die Gründe können angesichts einer fehlenden Relation nicht eindeutig benannt werden. Vermutlich sah der RHR aber die Forderungen der Erben mit einer ausgezahlten Summe von 17 000 Rtlr. als befriedigt an. Außerdem wird sich das Gremium an den gängigen Grundsätzen des Wechselrechts orientiert haben, nach dem bei Verlust eines Wechselbriefs dessen Inhaber den Beweis führen musste, ob dieser noch Gültigkeit besaß. Siehe S, Handbuch, S. 167f. Da die Erben dies nicht vermochten, war für den RHR die Angelegenheit abgeschlossen. Im Fall des Dottres Samuel Stern ist zwar kein klarer Ausgang des Prozesses aus den Akten zu entnehmen und eine Parallelüberlieferung liegt ebenfalls nicht vor, allerdings scheint hier ein Vergleich zustande gekommen zu sein. Nach der Erlassung der Exekutionskommission legte der Graf von Isenburg-Büdingen einen Vergleich vor, der vorsah, dass der Jude von den über 7000 fl. auf einmal 3000 fl. bekam. Der Restbetrag sollte in einer jährlichen Rate von 100 fl. abgetragen werden (vgl. Friedrich August von Isenburg-Büdingen an den Kaiser [Praes. 28.9.1756] in HHSAW, RHR, D, K. 1738/3). Der RHR ging auf die Bitten ein, weil sich Isenburg-Büdingen kooperations- und kompromissbereit zeigte (vgl. ., R, XVIII/134, fol. 468v–469v [1.12.1756]. Siehe August Friedrich von Isenburg-Büdingen an den Kaiser [Praes. 29.9. u. 29.11.1756] in ., D, K. 1738/3 zu den hinterlegten 3000 fl.).

6.2 Die Jahre 1745 bis 1765

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Schutz des Gläubigers stand weiterhin im Zentrum der reichshofrätlichen Sorge und die Juden konnten auf erneute Rechtshilfe zählen. So urteilte der RHR im Falle Dottres Samuel Sterns, dass die Kommissare, falls aber Sie denselben darzu güthlich zu bewegen nicht vermögen sollten, als dann [. . . ] in via executionis zu verfahren hätten.75 Die Ansprüche der jüdischen Gläubiger wurden vom Gericht nie zugunsten einer obrigkeitlichen Partei gänzlich vom Tisch gewischt. An sich beachtete der RHR kaum die obrigkeitlichen exceptiones, die angesichts der durchgehenden Bewilligung jüdischer Sachanträge beim RHR nur wenig Wirkung zeigten.76 Lediglich in einem Fall herrschten beim zuständigen Referenten Bedenken vor. Reichshofrat Jörger zu Tollet wollte der von Michael Simon Hanau erbetenen Parition nach den Einreden Kametzkys nicht stattgeben. Zwei Gründe schienen ihm dafür vor allem ausschlaggebend zu sein: Jörger betonte zwar, dass er gegen eine Parition keine Bedenken hege, wenn nur die vorliegende Angelegenheit keine Judenschuld sei und Kametzky dem Juden nicht ausgerechnet Wucher vorwerfe. Außerdem müssten Kametzkys hohe VorEltern in Consideration gezogen werden. Jörger schlug vor, Hanau erneut anzuhören und die Sache zum Gegenbericht laufen zu lassen. Jörgers Nachfolger im Referat, Reichshofrat Senckenberg, gab dagegen der Parition statt77 , gerade weil es eine Judenschuld sei und die Mandatssache genug instruiret sei. In der anschließenden Diskussion des Falles schloss sich der Referent schließlich exakt den Argumenten Hanaus an und urteilte, dass Kametzkys Einreden wenig glauben verdienten.78 Persönliche Einstellungsmuster einzelner Reichshofräte gegenüber den klagenden Juden werden im Einzelfall ausschlaggebend für RHR– Entscheidungen gewesen sein. Tatsächlich fungierte, das zeigt der Fall Hanaus deutlich, die Trennung von Person und Streitgegenstand mit einer neutralen Sicht auf die Fälle als oberste Maxime in der reichshofrätlichen Arbeit.79 Um diese Vermutung zu untermauern, sei auf die obrigkeitlichen 75 76

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Zitat ., R, XVIII/134, fol. 469r–469v (1.12.1756). Die Freifrau von Wildenstein entschuldigte sich mit den Kriegsunruhen im Fränkischen Kreis, worauf der zuständige Referent betont, dass es erheblich und notorisch, da in kriegs zeiten der justiz lauff allerdings eines theils gehemet wird, und man nicht so stricte secundu leges gehen kann; ähnlich Relatio in Sachen v Wildenstein freyfrau Carolina Louisa Jiliana gebohrene Voit von Salzburg und cons Ca weyl Zacharias Fränckels Erben und cons zu fürth in ., O. R., K. 1881/4). Siehe zu Graf Jörger, der gesundheitsbedingt nur kurze Zeit im RHR anwesend war G, Reichshofrat, S. 441f.; ., S. 442; zum neuen Referenten Senckenberg HHSAW, RHR, R, XVIII/124, fol. 207r–207v (21.8.1752); zu ihm siehe G, Reichshofrat, S. 431–434. HHSAW, RHR, R, K. 73 (Zitate .); ., R, XVIII/125, fol. 384r–384v (15.5.1753). Siehe Paritoria in Sachen Michael Simon schutz- und handels-jud zu Franckfurth ct. den freyh v. Kametzky vom 15.5.1753 in ., D. ., K. 168/1, fol. 131r– 131v. Vgl. zur wertfreien Terminologie der ,Judenschuld‘ bei H, Sprache, S. 430, 432.

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6. Die Rechtsprechung des Reichhofrats

Bitten hingewiesen, die jüdischen Kläger mögen doch den in der RKG– Ordnung festgeschriebenen Judeneids ableisten. Solchen Bitten wurden vom Gremium nie stattgegeben, was vermutlich mit der Zurückdrängung der Eide durch den Beweis zu erklären ist.80 Die Sachlichkeit beim RHR verhinderte jedenfalls, dass das Gremium den antijüdischen Ausfällen der reichsständischen Adeligen Gehör schenkte.81 Den Juden dagegen setzte das Gericht in ihren Argumentationsstrategien nur dann Grenzen, wenn sie eine virtuelle, vom RHR gleichwohl fließend definierte und daher retrospektiv aus den Akten nicht eindeutig auszumachende rote Linie des Respekts gegenüber einem Reichsstand überschritten. Im gesamten Zeitraum betraf dies nur Wolf Wertheimer, der eine ernste Ermahnung vom RHR erhielt, seine anzügliche, und gegen einen Fürsten des Reichs [. . . ] unziemliche Schreibarth zu unterlassen, ansonsten würde eine weitere kay[serlichen] Ahndung verhenget werden.82 Besaß der RHR bei den erstinstanzlichen Wechselklagen von Juden wenig Bedenken, verhielt er sich bei Appellationen zurückhaltender. Diese Zurückhaltung gilt sowohl für Juden als auch für Obrigkeiten.83 Eine prinzipiell ab-

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Zur Trennung von Person und Streitgegenstand B, Juden (b), S. 323. Lediglich im Prozess des Augsburger Bischof und Domkapitels gegen Moises Neuburger fällte der RHR ein Urteil gegen Moises Neuburger. Der Jude hatte Franz Anton von Ehingen eine Summe von 18.183 fl. geliehen und hierfür dessen Gut Klein Köz verschrieben bekommen. Ehingen wiederum hatte das Gut vom Augsburger Domkapitel mit der Auflage erworben, die Zinszahlungen an zwei milde Stiftungen zu leisten. Problematisch wurde diese Abmachung, als der Jude mit Hilfe der oberösterreichischen Regierung in Innsbruck das Gut tatsächlich in Besitz nahm, allerdings die Zahlungen an die Stiftung verweigerte und diesbezüglich vor dem kaiserlichen Landgericht in Schwaben klagte (Relation Zu Augsburg bischoff und dhomcapitl ct. Moises Neuburger Juden zu kriegshabern in HHSAW, RHR, D, K. 305). Dieser Umstand überzeugte die RHR-Räte, sei schließlich die gegenwärtige Sache ein Corpus pium, so dass der Jude mithin gar kein favorem verdienet (Zitat Relation Zu Augsburg bischoff und dhomcapitl ct. Moises Neuburger Juden zu kriegshabern in .). Gleichwohl war diese Entscheidung keinen diskriminierenden Absichten geschuldet, sondern vornehmlich der kaiserlichen Kirchenadvokatie gezollt. Hierzu P, Kaiser; S, Z, Kaisertum, S. 73. Vgl. zum Judeneid in der RKG-Ordnung L, Einleitung, S. 1–53, hier S. 39; zum mittelalterlichen Judeneid allgemein S, Judeneide, S. 87–105 sowie K, Forschungen, S. 137–184. Zum Frankfurter Judeneid siehe G, Eidesleistungen, S. 145–160; vgl. R, Judeneiden, S. 163–204. Zur allgemeinen Entwicklung des Eids L, Eid, Sp. 92. Lediglich der Referent in der Sache Dispecker ct. Hildburghausen betonte in seiner Relation in HHSAW, RHR, D, K. 1637, dass die antijüdischen exceptiones des Fürsten durch und durch verwerflich seien. Vgl. A-T, Wechselverbindlichkeiten, S. 372. Siehe HHSAW, RHR, R, XVIII/114, fol. 31v–33r (12.7.1748). So bei Amson Callmann, dessen Appellation der RHR abschlug (vgl. ., XVIII/114, fol. 117r–117v [6.8.1748]). Vgl. ., XVIII/131, fol. 399v (20.10.1755); ., XVIII/151, fol. 128v–129r (22.8.1763); ., XVIII/155,fol. 34r–34v (18.1.1765); ., XVIII/150, fol. 199v–200r (21.4.1763). Siehe ., XVIII/110, fol. 46v (14.7.1746); ., XVIII/128, fol. 429r–429v (27.5.1754); ., XVIII/110, fol. 180v (9.9.1746).

6.2 Die Jahre 1745 bis 1765

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lehnende Haltung nahm der RHR bei Appellationen von Urteilen kaiserlicher Debitkommissionen ein.84 In der Regel ging der RHR nie auf die jüdischen Umgehungsvorhaben ein.85 Im speziellen Fall der Debitkommissionen galt es, die im Namen des Kaisers gefällten Urteile zu bekräftigen und die Autorität der kaiserlichen Kommissionen zu stärken.86 Wenn die Appellationen als normjuristisch einwandfrei galten oder wenn keine politischen Bedenken vorlagen, sah der RHR vor allem bei Klagen von verweigerter oder verzögerter Justiz keine Bedenken einzugreifen.87 Andernfalls schlug der RHR die Appellationen sowohl der Juden als auch der adeligen Reichsstände ab.88 Der Grund für die Skepsis des RHR gegenüber Appellationen lag in seiner Sorge um die ordnungsgemäße Einhaltung des Instanzenzuges begründet. Diese Sorge ging mit dem Willen einher, die erstinstanzliche Rechtsprechung

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Vgl. Relatio in Sachen Abraham Simon zu Höchberg abgelebten Juden in francken nachgelassenen Söhnen, und gläubigern ct. den grafen Joseph frantz von Schönborn zu Wiesentheyd in ., R, K. 72. Vgl. bspw. ., R, XVIII/155, fol. 223v–224v, hier fol. 224r im Falle des Eyb-Neudettelsau’ischen Debitwesen und des Juden Löw Amson. Siehe Relatio in Sachen Abraham Simon zu Höchberg abgelebten Juden in francken nachgelassenen Söhnen, und gläubigern ct. den grafen Joseph frantz von Schönborn zu Wiesentheyd in ., R, K. 72. Siehe die Resolution zu Höchberg ct. Schönborn in ., R, XVIII/153, fol. 158v–159r (2.3.1764). Reskript an das kaiserliche Landgericht in Schwaben Mahlstatt Altdorf vom 6.7.1752 in ., D. R., K. 363/10, fol. 90r–90v, hier fol. 90v; Relation Weilhamer, Licentiat und gräf: Montfort: Oberamtman zu Langenargen ct. Lazarus Neuburger Schuz-Juden zu Kriegshabern und das kay: LandG[e]hr[ich]t in Schwaben der Mahlstatt Aldorf in ., O. R., K. 1799/5. Ähnliches galt bei Fällen, die kaiserliche Prärogative wie die Vergabe der venia aetatis berührten; vgl. hierzu Citatio ex l. si Contendat: in Sachen zu Bentheim Graf ca den General de la Serre in Dresden, und den Juden Isaak Jacob Levi Flores in Amsterdam, in pto Citat: ex. l: si contendat: vom 13.11.1748 in HHSAW, RHR, D, K. 578/5). So im Fall Isaak und Mayer Landauer ct. die fürstliche kemptische Regierung und Landschaft. Der betreffende RHR-Akt ., D. ., alt I 4 (siehe ., W’ R AB I/1, Bd. 10, fol. 84r sowie AB I/23/1, fol. 114r) liegt nicht mehr vor. Siehe ., R, K. 73. Es ging um eine Schuldforderung, die vor einer kemptischen Regierungskommission verhandelt wurde. Die Juden klagten gegen diese auf verweigerte und verzögerte Justiz. Der RHR nahm sich der Sache an und forderte die kemptische Regierung auf, die betreffenden Akten zu einer auswärtigen Juristenfakultät zu senden. Vgl. bspw. ., R, XVIII/129, fol. 394r (24.20.1754): Bloest Theodor [. . . ] Staabs-Vogt Amts-Verweßern der Reichsimmediten Herrschaft Mühringen und eingehörigen Orthen ct. den daselbstigen Schutz-Juden Abraham Epstein und das frey kay. König. Land-Gericht in Schwaaben der Mahlstatt Altorf und dessen Fiskalem, appellationis, wo er das Landgericht anweist, das Verfahren zu beenden und an die Gerichte in Mühringen zu überweisen (siehe ., XVIII/130, fol. 387v [26.5.1755]).

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6. Die Rechtsprechung des Reichhofrats

zu stärken. Schließlich besaß der Kaiser die Oberaufsicht über das gesamte Rechtswesen im Reich.89 Hierzu einige Beispiele: Der kaiserliche Hoffaktoren David Mayer Juda berichtete über seinen Konflikt mit dem Landgrafen von Hessen-Darmstadt, dass er gegen den Landgrafen eine Schuldklage noch zur Zeit Karls VII. angestrengt und von dessen RHR eine Parition erhalten habe. Letztere sei erst vom rheinischen Reichvikariatsgericht in München expediert worden. Der Landgraf agnoscire nicht das Reich: Vicariat und habe den Notariu[m] schimpfflich abgewiesen. Nun erbat Juda vom RHR die Exekution seiner Schuldforderungen. Indessen betonte der Referent, dass man kaiserlicherseits Darmstadt nicht zwingen könne, das Reichsvikariat zu agnosciren. RHR-Rat Hilleprand90 ergänzte, dass zunächst die Renovierung der Parition Karls VII. zwingend notwendig sei. Allerdings könne eine solche Renovierung nur geschehen, wenn der Jude darum bitte. David Mayer Judas Klage wurde demnach in den Vikariatsstreit zwischen Kurpfalz und Bayern sowie in die hieraus resultierende Nichtanerkennung des Vikariatsgerichtes durch die Reichsstände hineingezogen.91 Dabei entschied der RHR ohne zu berücksichtigen, dass der Kläger ein Jude war. Der RHR legte eingedenk eines reichspolitischen Problems seinen Fokus vielmehr auf eine diskrete Lösung eines Streitfalles. Dies führte dazu, dass Davids Klage ad forum ordinarium primae Instantiae, ex capite Superioritatis territorialis, contra officiales et Subditos competens de caetero autem ad forum austregale in ordinationibus et Imperij Legibus fundamentalibus verwie-

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Oberste Handlungsmaxime des Gerichts war die moderierende Rechtsprechung und die Einbeziehung der unteren Instanzenzüge. So befahl es im Falle Hanaus ct. Kametzkys dem Frankfurter Magistrat, die von Kametzky gebetenen Zeugenverhöre durchzuführen. Siehe das Reskript an Kametzky und dem Frankfurter Magistrat in der Sache Hanau ct. Kametzky vom 5.11.1753 in ., D. ., K. 168/1, fol. 123r–123v; ähnlich der Referent zum Fall Dispeckers ct. Sachsen-Hildburghausen bezüglich der Restitution in integrum des Fürsten in ., D, K. 1637. Vgl. das Schreiben um Bericht an das mecklenburgische Land- und Hofgericht in Güstrow vom 9.9.1746 in ., K. 1902; vgl. ., R, K. 73: Isaak Landauer und Mayer, Brüder ct. fürstlich-kemptische Regierung u. Landschaft. Siehe Rescript an das kayß: Landgericht in Schwaben der Mahlstatt Altdorff in sachen zu Augspurg gottes haus St. Ulrich und Affra ct. dasselbe dann Simon Ulmann juden zu kriegshabern vom 23.11.1745 in ., D, K. 304/2, fol. 35r. Siehe Rescriptum um Bericht an das kaij: Landgericht in schwaben der Mahlstatt Ravenpurg in Sachen zu Mühringen und einbehörige orthen güther Administration ct. den Marggraf burgauisch schutzjude Michael Jacob Haimburger, und kayser Landgericht in Schwaben Wien 6. April 1751 (Konzept) in ., D. R., K. 681/2. Zu ihm G, Reichshofrat, S. 435. Vgl. HHSAW, RHR, R, K. 72 (Zitat .). Zum Streit zwischen Kurpfalz und Kurbayern 1745 über die Ausübung des Reichsvikaramtes kurz N, Reich, S. 26. Der Streit wurde erst nach 1745 durch einen Vertrag endgültig beigelegt und auf dem Reichstag ratifiziert. Zur Nichtanerkennung des Vikariathofgerichts durch die übrigen Reichsstände mit weiterführender Literatur kurz K, Gerichtsbarkeit, S. 141f.

6.2 Die Jahre 1745 bis 1765

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sen wurde.92 Vermutlich wäre das Conclusum ähnlich ausgefallen, wäre der Kläger ein Christ gewesen. Ebenso zurückhaltend bewertete ein zuständiger RHR-Referent die Appellation Noe Samuel Isaaks gegen Hasslinger. Er erkannte den Versuch Noes, den RHR für seine Zwecke als Drohinstrument auszunützen sowie das hierhinter verborgene politische Konfliktpotenzial. Er betonte, weil die mehresten Beylaagen bloß in copia, als auch da judex a quo schon ob desertum gravaminum die appel[l]a[ti]on abgeschlagenn, wie mir dann auch vorkomet, das der Jud nicht vollkomen mit der Sprache herausgehet, wird es nöthig und sicher seyn umso mehr in dieser sache wie sonsten gewöhnlich um bericht zu schreiben.93 Nach dem Berichtschreiben der Mergentheimer Regierung blieben die Zweifel des Referenten bestehen. Zwar schlage ein hohes Colegium auf blossen bericht nicht gern die appella[ti]ons Processe ab. Allerdings lägen für ihn die Jüdische mutwillige[n] Streiche so Clar und offenbahr auf der Hand, zumal der Jud noe nicht d[as] mindeste rechte gravamen besitze.94 Der Referent erkannte die eigentlichen Absichten in Noes Justizphantasie, urteilte er doch, dass Noe die gegenwärtige appella[ti]on recht muthwillig ergriffen habe und die Delegation seiner Schulden nicht [. . . ] erwiesen, oder jemahls darzuthuen, und alles was etwan zwischen Ihn Juden und der Churbayer[isch]en Landschafftgeschehen res inter alios acta gehöre.95 Indessen sei darauf hingewiesen, dass in Prozessen, in denen Obrigkeiten ähnliche Winkelzüge planten, eine gleich konnotierte Rechtsprechung des RHR vorzufinden ist. Hinter dieser negativen Entscheidung des RHR ist abermals keine Reaktion des Gerichts zu sehen, die auf die Eigenschaft des Klägers als Jude zurückzuführen ist.96 Bestanden keine Bedenken zum einen hinsichtlich der korrekten Ein92 93 94

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HHSAW, RHR, R, XVIII/108, fol. 416v–415r (3.5.1746). Siehe ., R, K. 74 (Zitate ebd.). Vgl. .: Relatio in Sachen Noe Samuel Isaak Chur Collnischen Oberfactor, Teutschmeisterischen Agenten und Vorgänger der Judenschafft zu Mergentheim ca die Hochfürst Teutschmeisterische Regg zu Mergentheim. Zitate Votum 2do in . Ähnlich urteilte der Referent in der Appellation des von Bourg gegen ein Urteil der Oberrheinischen Reichsritterschaft zugunsten der Juden Elias und Herz Marx, daß appellant mit dem facto nicht vollkomen aufrichtig heraus gehe, weill die Suma der Uberzahlung, so in der Sententia à quo enthalten, mit hener, welche appellant calculirt, gar nicht zusammen stimt, und darneben zu vermuthen ist, daß appellaten noch eine andere Schuld eingeklagt haben. Ich meine dahero nicht, daß die Proesse zu erkennen wären (siehe die Relation zum Fall in ., D, K. 1111). Insofern stellte das Urteil im Falle Noes ein prinzipielles Vorgehen auch in Klagen dar, wenn die Fälle als uneindeutig eingeschätzt wurden. So das Votum in der Relation im Fall von Bourg ct. Elias u. Hertze Marx aus Bergzabern in ., sub dato 7.3.1753: daß appellant mit dem facto nichtvollkommen aufrichtig heraus gehe, will die Suma der Uberzahlung [. . . ] mit jener, welche appellant calculirt, gar nicht zusammen stimt, und darneben zu vermuthen ist, daß appellaten noch eine andere Schuld eingelagt haben. Ich meine dahero nicht, daß die Prozesse zu erkennen wäre. Siehe zu den Zahlen S, Wirtschaft, S. 262. Zum Appellationsprivileg Kurbayerns E, privilegia, S. 72, Nr. 4.10 u. 4.11 vom 16.5.1620.

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6. Die Rechtsprechung des Reichhofrats

haltung der Instanzenwege und zum anderen bezüglich diplomatischer Verwicklungen, verfuhr das Gremium ganz anders. Mit dem Argument der kaiserlichen Sorgfaltspflicht gegenüber dem Instanzenzug im Reich neutralisierte der RHR beispielsweise vorhandene Appellationsprivilegien.97 Am 5. September 1764 appellierte der aus Sulzbach stammende Joseph .Moises Schwobacher bzw. dessen Erben gegen ein Urteil der dortigen Regierung in einer Schuldsache an den RHR. Der Anwalt des Juden betonte, dass erst kurz zuvor ein kaiserliches privilegium illimitatio de non appellando für alle kurpfälzischen Ämter und somit ebenso für Pfalz-Sulzbach98 ausgefertigt worden sei. Es sei nicht ganz eindeutig, ob es sich bereits in Geltung befinde. Der Referent des RHR kam nach einer ausführlichen Diskussion ob der Gültigkeit des Privilegs zu dem Schluss, dass die Appellation wegen des Privilegs zwar nicht rechtmäßig sei, merkte einschränkend an, wann wirs ohnehin um bericht [laufen lassen], so wird sich schon zeigen, ob sich judex a quo [gem. ist Pfalz-Sulzbach, A. G.] darauf beziehen wird oder nicht, in welchem fall aber auch [. . . ] hinlänglichen rechts grund dagegen begegnet zu werden, und die Ke[yserliche] Jurisdiction nicht gleich von sich so weegzulassen seyn.99 Demnach galt für den RHR als oberstes Gebot, mit den zur Verfügung stehenden Mitteln eine Angelegenheit zu verfolgen, um damit dem Anspruch des Kaisers als oberstem Richter gerecht zu werden. Erst der Protest des betreffenden Reichsstandes, d. h. des judex a quo, sollte den Schritt zurück einleiten. Die Relation in der Causa Freifrau von Wildenstein gegen Zacharias Fränckels Erben verdeutlicht diesen Umstand für den umgekehrten Fall einer obrigkeitlichen Klage gegen einen Juden. Der Referent betont ausdrücklich, dass wenn so gar ein Privilegium de non appellando vorhanden, denen selben [den Klägern, A. G.] [. . . ] ein ordentliches Revisionsgericht annoch nieder zusetzen sei. Die Vermehrung oder Reduzierung von ordentlichen Instanzen durch die reichsständischen Adeligen selbst stelle ohne Rücksprache mit dem Kaiser ein unerlaubtes Vorgehen dar und führe zum abbruch derer Reichsgerichten Jurisdiction, und protrahirung derer rechts sachen.100 Die kaiserlichen Prärogativen wollte der RHR trotz der Existenz von Appellationsprivilegien prinzipiell nicht gefährden. Insofern war neben der Einhaltung der Instanzen97 98 99

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Siehe hierzu RHR-O  1654, Tit. 2, § 2, in: S, Ordnungen II, S. 102– 108; hierzu O, Auftrag, S. 28. Siehe E, privilegia, S. 110, Nr. 51.11. HHSAW, RHR, R, K. 73: Schwobach, Vormundschaft der Kinder des Joseph Moises; zu Sulzbach ct. Trettenbach u. Sulzbachische Regierung (1764) (Zitat .); ähnlich im Votum zum Fall von Bourg ct. Elias und Hertze Marx aus Bergzabern in ., D, K. 1111, sub dato 7.3.1753. Ebenso meinte der Referent, dass überhaupt in jedem fürstenthum send meistenstheils denen Processführenden Partheyen 2 instanzen angeordnet, dergestalt das die höchsten Reichsgerichte erst die 3te und lezte instanz seyn solle, an deme unsern teutschen gerichtsverfassung jeden litigirenden Theile zu ausführung seiner rechten 3 instanzen gönnen will, siehe Relatio in Sachen v Wildenstein [. . . ] ct. wey Zacharias Fränckels Erben in ., O. R., K. 1881/4 (Zitate).

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züge die Entscheidungsfindung des RHR auf die Wahrung der kaiserlichen Rechtsprechung ausgerichtet. Hierbei wurden im Einzelfall aber diplomatische Interessen der Wiener Hofburg berücksichtigt. Die 1748 eingereichte Appellationsklage des Reichsritters Schmidtberg gegen einen Vogt des Fürsten Johann Ludwig Vollraths von LöwensteinWertheim steht exemplarisch für die soeben ausgeführten möglichen diplomatischen Verwicklungen. Der besagte Vogt hatte den schmidtbergischen Schutzjuden Aaron Nathan mehrere Male verhaften lassen. Der RHR ließ sich in dieser Angelegenheit viel Zeit und äußerte sich erst Mitte Juni 1750 nach Anhörung aller Positionen zur Causa. Entscheidenden Einfluss erlangte eine Intervention Herzog Karl Eugens von Württemberg, der sich vehement auf das Interesse seines fürst[lichen] Hauses berief. Dieses Interesse lag in der Zuständigkeit des herzoglichen Tübinger Hofgerichts bei Appellationsprozessen aus der Grafschaft Löwenstein.101 Aufgrund dieses Einspruchs kam der RHR zu der Entscheidung, dass K[aiserliche] M[ajestät] nicht gemeynet sind, in schicklichen Fällen dem Herrn herzog an deren gebührenden Rechten etwas zu benehmen.102 Die Klage Schmidtbergs wurde abgewiesen. Das Urteil weist aus, dass sowohl Franz I. Stephan, dem die Angelegenheit vorlag103 , als auch sein Gericht die Brisanz erkannten, die hinter den eigentlichen Konfliktlinien verborgen lag. Der RHR-Prozess fiel nämlich genau in jene Phase, in welcher der Konflikt zwischen Württemberg und den umliegenden Reichsritterschaften sowie dem Kaiser virulenter wurde. In diesem Konflikt setzte sich Württemberg zum Ziel, die sein Territorium durchsetzenden, reichsritterschaftlichen Gebiete in seine Herrschaft einzugliedern. Dieses Ziel versuchte Württemberg im Bündnis mit anderen Reichsfürsten wie eben Löwenstein-Wertheim zu erreichen. Letztere standen eigentlich im Dauerkonflikt mit Württemberg bezüglich der württembergischen Lehnshoheit über die Löwensteiner Gebiete.104 Sowohl der RHR als auch Franz I. Stephan beabsichtigten, in der Auseinandersetzung mit Württemberg die kaiserli-

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Siehe Karl Eugen von Württemberg vom 2.3.1750 an den Kaiser (Praes. 10.3.1750) in HHSAW, RHR, D, K. 334 (Zitate ebd.). Siehe ., R, XVIII/118, fol. 516v–517r (15.6.1750) (Zitat .). Diesbezügliche Hinweise auf Einflussnahmen Franz I. Stephans sind selten belegt. Vgl. das Votum zur Frage der Moratorien für den k. u. k. Hof- und Pferdelieferanten vom 4.5.1761 in ., D. R., K. 384/2, das mit Placet Frantz unterzeichnet ist. Ebenso das Votum vom 30.3.1762 in . Die hauptsächlich durch äußere Faktoren eingeschränkte Herrschaftsabschließung wollten beide in einem Zweckbündnis zusammengefassten Kontrahenten mit Hilfe der Infragestellung der reichsritterschaftlichen Korporationen vorantreiben. Vgl. S, Adel, S. 72. Zusammenfassend zum Streit zwischen Württemberg und der Reichsritterschaft mit einer prägnanten Übersicht der württembergischen Ziele gegenüber der Reichsritterschaft bei S, Kanton, S. 125–128 u. A, Reich III, S. 53– 57; ausführlich P, Angriff, S. 329–348, hier besonders S. 336–338 u. P, Verhandlungen, S. 106–130.

352

6. Die Rechtsprechung des Reichhofrats

chen Handlungsspielräume als Mediator nicht preiszugeben.105 Ein solches Vorgehen war vor allem angesichts des Württembergischen Ständekonfliktes geboten.106 Eine mögliche Konsensfindung in diesem reichspolitischen Konflikt sollte durch einen RHR-Prozess keinesfalls aufs Spiel gesetzt werden.107 Waren die Appellationsprozesse Noes und Aaron Nathans exempla ex negativo für die Wirkmächtigkeit reichspolitischer Problemstellungen bei reichshofrätlichen Entscheidungsfindungen, so sah dies in der erstinstanzlichen Klage im Fall Marum Kahn gegen Montfort gegenteilig aus. Der RHR installierte in diesem Fall eine für jüdische Causen unübliche Hofkommission.108 Mit dieser Vorgehensweise verbanden sich vitale Interessen Habsburgs am Montforter Erbe. Das hieß nicht, dass Kahn auf seine Forderungen verzichten musste, befahl der RHR doch Montfort, die Summe in voller Höhe zu bezahlen.109 Als sich jedoch die Möglichkeit bot, den Montforter Schuldposten an eine Person zu binden, die unmittelbar dem Wiener Einfluss zuzuordnen war, sah der RHR das in den RPO festgeschriebene und im damaligen Wechselrecht verankerte Zessionsverbot zwischen Juden und Christen als rechtlich unproblematisch an.110 Im Kontext einer österreichischen Mediatisierungspolitik im Bodenseeraum, die sich vor allem auf den längerfristig geplanten Erwerb der enorm überschuldeten Grafschaft Montfort richtete, galt es, keine weiterreichenden Ansprüche Dritter aufkommen zu lassen.111 Hinsichtlich dieser Zusammenhänge müssen die von A-T vorgebrachten Gründe für wenige Appellationen am RHR um den Aspekt der politischen Dimension solcher Fälle im reichshofrätlichen Rechtsprechungs105 106 107

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Siehe P, Verhandlungen, S. 109f. Vgl. H-M, Ständekonflikt. Die Konflikte zwischen Württemberg und den Reichsrittern entschärften sich unter kaiserlicher Einflussnahme und wegen mangelnder Unterstützung Württembergs durch andere Reichsstände ab Ende 1752. Siehe S, Kanton, S. 128; A, Reich III, S. 56; P, Angriff, S. 340–343. Siehe HHSAW, RHR, R, XVIII/148, fol. 339v (11.6.1762); vgl. Marum Kahn an den Kaiser (Praes. 1.9.1763) in ., D. R., K. 383/1; ., R, XVIII/151, fol. 159r (2.9.1763). Siehe hierzu ., XVIII/151, fol. 310r–310v (14.11.1763). So im Falle Marum Kahns Cession an Johann Weiss in ., XVIII/154, fol. 224r–225r (25.10.1764). Zum Zessionsverbot B, Zessionsverbot, S. 131–133, v. a. S. 132. So Reichshofrat von Vockel in einem undat. Pro Memoria angesichts der desolaten Finanzlage der Grafschaft als Beilage in einem Brief Franz Ignatz Liedhinger vom 1.2.1765 an Franz Xaver von Montfort in SAL-HZAN W 80, Bü. 983. Zu diesen Plan zählte, weitläufige Prozesskosten durch neue Schuldverfahren zu verhindern. Hierzu wurden Vergleiche mit den Gläubigern angestrebt (so in Copia allerunterthänisgter anzeig ad Augmum – Imperatorem von dem gräfflich-Montfortischen Conservatorio das dortseitige Oeconomie-Weesen betrefend. ddto Septembris 1764 in HHSAW, R, K R, K. 360, fol. 382–385, hier fol. 384). Siehe zur Rivalität Habsburgs mit Bayern um Territorien der Montforter Grafschaft K, Ende, S. 212–228 u. H, Durchführung.

6.3 Zwischenergebnisse

353

verhalten ergänzt werden.112 Grundsätzlich ist anzunehmen, dass das Gremium stets realpolitischen Erwägungen in jüdischen Causen Rechnung zollte.113 Abschließend ist festzuhalten, dass trotz der politischen Rücksichtnahme vonseiten des RHR die Juden, ihr Ehrcode sowie ihre Selbstbilder eine Bestätigung erhielten, als sie mit keinem Wort vom Gericht kritisiert wurden.

6.3 Zwischenergebnisse Der RHR bezog in beiden Vergleichsabschnitten zu den Argumentationsmustern der Juden keine explizite Stellung. Welche konkreten Auswahlkriterien die RHR-Räte ihren Entscheidungen zu Grunde legten, ob ein strukturelles Bearbeitungsraster existierte, nach dem die vorgebrachten Argumente bewertet wurden, muss vorerst offen bleiben.114 Zusammenfassende Hinweise können also nur – so problematisch dies für generelle Erkenntnisse ist – aus den referierten indirekten reichshofrätlichen Verhaltensmustern und Entscheidungsfindungen gewonnen werden. Hierzu zählt zunächst, dass die Kommissionstätigkeit in jüdischen Causen vom RHR in beiden Vergleichsperioden als eine Art Alltagsgeschäft betrachtet wurde.115 Ebenfalls zu nennen ist die Herstellung von Konsens und zum Teil die gleichzeitige Berücksichtigung politischer Implikationen.116 Nur in absoluten Ausnahmesituationen griffen Rudolf II. und Franz I. Stephan persönlich aus reichspolitischen Erwägungen oder aufgrund direkter Beziehungen zu einem Juden als kaiserlichem Hofjuden oder -faktor ein.117 Der RHR sah den Kaiser zu beiden Zeiten als Ursprung allen Rechts und fühlte sich gemäß sei-

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116 117

A-T, Wechselverbindlichkeiten, S. 187f. streicht die günstigere Judikatur des RKG in Appellationen hervor, bei der „die Zufriedenheit der Parteien mit der Rechtspraxis der Reichskammergerichts nicht unterschätzt werden“ dürfe. Für den RHR scheinen dagegen zumal angesichts der Geltung einer günstigen Judikatur und geringen Prozessdauer in den Mandats- und Reskriptsprozessen auch am kaiserlichen Gericht die politischen Implikationen eine enorme Rolle gespielt haben, deren Kenntnis von den Parteien angenommen werden darf. G, Reichshofrat, S. 40f.; S, Reichshofrat, S. 40f.; W, Stabilisierung, S. 251f.; W, Kommissionen, S. 221–225 betont, dass die Kommissionsüberschreibung eine heikle Angelegenheit war, konnte sich der neue Kommissar doch ebenso passiv verhalten (., S. 230). U, Gnadengesuche, S. 182f.; K, Judengemeinde, S. 266. Vgl. ähnliche Ergebnisse O, Auftrag, S. 355–363; S, Suppliken, S. 155f. verweist darauf, dass der RHR die Kommissionen im 16. Jh. im Sinne adeliger Courtoisie vergeben hat. D., Auftrag, S. 363–375; ., Prozeßverfahren, S. 138; W, Stabilisierung, S. 239, 245; U, Geschichte, S. 148. O, Prozeßverfahren, S. 137 betont, dass Verfahren vor dem RHR nicht unbedingt auf dem einmal gewählten Weg fortgesetzt werden mussten.

354

6. Die Rechtsprechung des Reichhofrats

ner Aufgabe – der Wahrung des Rechtsfriedens im Reich – zum Eingreifen bei der Klage eines Juden verpflichtet.118 Das von E festgestellte offensivere Agieren des RHR ab den 1590er Jahren kann anhand der Causen mit jüdischer Beteiligung verifiziert werden.119 Neben der strikteren Durchführung von Kommissionen betraf dies vor allem das Verhältnis zum RKG. Verhielt sich der RHR bei jüdischen Doppelklagen zunächst sehr zurückhaltend, begann das Gremium angesichts der allmählichen Lahmlegung des RKG zum Ende des 16. Jahrhunderts die dortigen Causen an sich zu ziehen.120 In der Zeit Rudolfs II. verstand sich der RHR insoweit immer häufiger im Sinne der jüdischen Kläger als Revisionsinstanz gegenüber dem RKG.121 Um 1750 tritt der RHR wesentlich mehr als Gericht auf. Gleichwohl beweist er in manchen Fällen sein äußerst geschicktes diplomatisches Können. Heikle politische Fragen, die insbesondere mit bedeutenderen Reichsständen zu Verwicklungen hätten führen können, wurden ausgeblendet oder neutralisiert. Auch jetzt galt für den RHR die Wahrung des Rechtsfriedens als absolut oberstes Prinzip. Das Gremium bemühte sich, Konflikte so bald als möglich einzuhegen.122 Hinzu trat nun noch die dezidierte Sorge um die Stabilität des Wirtschaftssystems und der ökonomischen Grundlagen.123 Die Betrachtung dieser Elemente erbringt in ihrer abschließenden Zusammenschau die Tendenz, dass das Gremium zu beiden Zeiten den Argumentationen der Juden und den in ihnen entworfenen funktionalen Selbstbildern nicht widersprach und letztere damit – so das argumentum ex silentio – durchaus billigte und vielleicht sogar erwartete. An einigen Stellen blitzen solche Erwartungshaltungen auf. Die Betonung des kaiserlichen Judenschutzes im Reich in den Jahren 1576 bis 1603 und die Gültigkeit ökonomischer Spielregeln um 1750 seien hier hervorgehoben. Es scheint, als genossen die Juden als Reichsbewohner und Untertanen des Reichsoberhauptes in den Augen des RHR in beiden Vergleichsperioden kaiserlichen Schutz und nahmen von kaiserlich-reichshofrätlicher Seite her einen fest definierten sowie rechtlich geschützten Platz innerhalb des Reichs ein.124 Im 16. Jahrhundert geschah die Einreihung in den kaiserlichen Schutz vor allem durch die Betonung der jüdischen Privilegien wie insbesondere das Carolinum. Dieses Privileg nahm keineswegs nur lokale Wirksamkeit in Anspruch. Dem Carolinum wurde vom RHR reichsweite Geltung zugesprochen. 118 119 120 121 122 123 124

S, Reichshofrat, S. 17f. E, Gerichtsbarkeit, S. 284. S, Reichshofrat, S. 20f., 23. Ähnlich, aber allgemeiner formuliert O, Prozeßverfahren, S. 130. Für das 17. Jh. ., S. 132. Vgl. für das RKG A-T, Wechselverbindlichkeiten, S. 435–445. Ebenso P, Rudolf II. (a), S. 131, der betont, dass die Juden keineswegs im Zentrum des kaiserlichen Interesses standen. Ähnliche Ergebnisse bei S, Suppliken, S. 62, 153, 155f.

6.3 Zwischenergebnisse

355

Hinzu trat die vom RHR implizit hervorgehobene Geltung der Billigkeit für Juden, womit er ihre Rechtsgleichheit unterstrich.125 In den Jahren zwischen 1745 bis 1765 spielten dagegen die Grundlagen des ,rudimentären‘ Reichswechselrechts in den Entscheidungen des RHR eine Rolle.126 Zugleich diente dieses Recht natürlich zur Durchsetzung der kaiserlichen Autorität in der pluralistischen Rechtssphäre des Rechtsraumes Reich.127 Das kaiserliche Gremium betätigte sich als Kontrolleur sozialen Verhaltens der Prozessparteien. In dieser Tätigkeit präfigurierte der RHR besonders die jüdischen Selbstbeschreibungen.128 Der RHR vollzog somit eine Legitimierung der von den Juden zeitspezifisch konstruierten sozialen Ordnung.129 Die beiden letzten Aspekte dürften die Tatsache erklären, dass der RHR sowohl unter Franz I. Stephan als auch Rudolf II.: für die jüdischen Akteure zum beinahe ausschließlichen Orientierungspunkt wurde. Die jüdischen funktionalen Selbstbeschreibungen geronnen auf diese Weise zu unentbehrlichen und vom RHR geradezu erwarteten Rollen. An den jüdischen Causen ist zu beiden Zeiten ablesbar, dass der RHR seine Jurisdiktion gemäß den zeitlichen Anforderungen und Problemlagen außerordentlich sensibel und behutsam ausübte130 , dabei aber keine Gehässigkeit gegenüber den klagenden Juden zeigte. Damit findet die Vermutung G131 , die Rechtsprechung der Reichsgerichte sei frei von antijüdischen Stereotypen gewesen, hier eine deutliche Bestätigung.132 Der RHR wirkte als Katalysator einer Implementierung des Reichsrechts und der weiteren Verrechtlichung des Rechtsraumes ,Altes Reich‘. Diese Entwicklungen können anhand der jüdischen Causen musterhaft abgelesen werden. In beiden Zeitperioden fand hierdurch eine Integration der Juden in die Rechtsordnung des Reichs, sondern geradezu in die Reichsgemeinschaft an sich statt.133

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So bspw. L, Geschichte, S. 31. Vgl. zur Verwendung der aequitas-Regel am RKG G, Stellung, S. 57f. Die von B, Kammerknechtschaft, S. 80 angenommene Ausschließung der Juden von den Regeln der Billigkeit bestätigt sich nicht. S, Reichshofrat, S. 38f. G, Wertetransfer, S. 145 betont, dass Juristen u. Richter durch ihre Bestätigung oder Nichtbeachtung die von den Parteien vorgebrachten Wissens- u. Themenfelder bzw. Selbsteinschätzungen legitimierten; S, Reichshofrat, S. 36. Mit einer ähnlichen Tendenz K, Leben, die den RHR „als Wahrer der jüdischen Gemeindeautonomie“ sieht. Zum theoretischen Hintergrund siehe A, Einführung, S. 167–169. Vgl. ebenso P, Reichshofrat, S. 359. G, Stellung, S. 73. S, Untertanenprozesse, S. 421. Ähnlich G, Stellung, S. 58.

7. Bilanz und Ausblick 7.1 Jüdische Kläger und das Reich In Relation zur demographischen Zusammensetzung des Reichs waren Juden überproportional am RHR vertreten. Ihre Bereitschaft, den RHR in Anspruch zu nehmen, stieg unter der Herrschaft Rudolfs II. auf ein Niveau, das nur kurzfristig in den Jahren nach dem Westfälischen Frieden unterbrochen wurde1 , im 18. Jahrhundert im zeitlichen Vergleich erheblich anstieg. Die Vermutung B, dass der Anstieg der Prozessfrequenz damit zu erklären sei, dass Juden sich ihrer Rechte und der noch immer bestehenden Rechtsdefizite bewusster wurden und nun einen Weg fanden, eine Stabilisierung ihrer rechtlichen Position zu erreichen2 , findet durch die statistischen Befunde ihre Bestätigung. Die Prozesse resultierten um 1750 nicht so sehr aus Gewaltanwendungen und waren weit weniger von Gewalt geprägt. Vielmehr verweisen sie auf langjährige, konfliktfreie Geschäftsbeziehungen zwischen Juden und adeligen Herrschaften. Im 16. Jahrhundert waren die Prozesse dagegen von persönlich vermittelter Gewalt geprägt. Die jüdischen Existenzbedingungen in der frühneuzeitlichen Gesellschaft unterlagen einem hohen Grad der Verrechtlichung, der bereits in der ersten Vergleichsperiode zu einer sich intensivierenden Nutzung des RHR durch die jüdischen Kläger führte. Diese Trendwende äußerte sich in der allmählichen Konsolidierung der Lebensbedingungen bezüglich einer einklagbaren Fixierung des Rechtsstatus und der rechtlichen Stabilisierung jüdischer Existenz. Die kaiserliche Kammerknechtschaft, das römische Bürgerrecht der Juden, die Ausgestaltung des Judenregals und die Ausbildung des Schutzjudentums als supplementäre Rechtsinstitute gaben die rechtlichen Rahmenbedingungen jüdischer Existenz in der Frühen Neuzeit innerhalb des Heiligen Römischen Reichs vor.3 Die in der Literatur herausgearbeitete vielschichtige Beteiligung der Juden am frühneuzeitlichen Rechtswesen entsprach den komplexen Herrschaftsverhältnissen, denen diese Gruppe unterworfen war. ,Zwischen Kaiser, Landesfürst und lokaler Herrschaft‘4 waren sie in mehrere, miteinander konkurrierende politische Ebenen eingebunden, die sowohl aus dem territorialen Schutzjudentum als auch aus der kaiserlichen Oberherrschaft erwuchsen. Die intensive Beanspruchung des RHR dokumentiert einerseits die anhaltend 1 2 3 4

Siehe hierzu G, Krieg. B, Rahmenbedingungen, S. 62 R, Profession, Abs. 26f. Siehe B, Rahmenbedingungen, S. 78f.; ., Zeitalter I, S. 260. Vgl. K, R, R, S, Einführung, S. 14f.

358

7. Bilanz und Ausblick

hohe Bedeutung, die dem Kaiser auf der Grundlage seines oberstrichterlichen Amtes für die rechtliche Situation der Juden zukam, zeigt andererseits die fortwirkende Relevanz der Reichsebene.5 Damit muss das Paradigma der Territorialisierung der Juden6 differenzierter betrachtet werden, da quantitativ von einer „weitgehende[n] Ablösung der rechtlichen Beziehungen zum Kaiser“ – auch wenn die soziologische Verengung jüdischer Kläger auf die jüdische Oberschicht in Rechnung gestellt wird – kaum die Rede sein kann.7 Insofern ist die aktive Teilhabe der Juden am rechtlichen System ,Altes Reich‘ hier ausdrücklich hervorzuheben. Die reichsständisch-adeligen Obrigkeiten überwogen alle anderen Klägergruppen als Prozessgegner. Allerdings waren es beinahe ausschließlich die kleinen Reichsritter und die Geistlichkeit (16. Jahrhundert) bzw. die kleinen Reichsfürsten und Grafen (18. Jahrhundert), die von Juden verklagt wurden.8 Gerade die jüdischen Klagen führten diesen Teil des Reichsadels an den Kaiser quasi indirekt als Folgeerscheinung ihrer Prozesse heran. Die statistische Erhebung der Prozessmaterien, die Darstellung der Konfliktfelder und die Argumentationen der Obrigkeiten zeigten, dass Juden überwiegend für die Finanzierung von Repräsentationsaufgaben als raison d’être adeligreichsständischer Herrschaft tätig wurden. Die RHR-Prozesse erwuchsen aus der regionalen Warenvermittlertätigkeit der Juden für adelig-reichsständische Repräsentationsaufgaben.9 Die Kontakte von Juden und Obrigkeiten waren demnach von einer langjährigen ökonomischen Symbiose geprägt10 , wobei die jüdischen Geschäftsleute in die systembedingten Repräsentationsbedürfnisse der obrigkeitlichen Prozessparteien11 eingebunden waren. Die Tätigkeit der Juden weist weit über ihre Eingebundenheit in das ökonomische System ,Altes Reich‘ hinaus. Der politische Vorrang der reichsadeligen Herrschaften ergab sich nicht nur aus der Verfügbarkeit von Land und Leuten, sondern zugleich aus der öffentlichen Darstellung von Rang, Tradition und Ehre als Zeichen der Anerkennung durch die adeligen Standesgenossen. Ihre diesbezüglichen Argumentationsmuster, auf die noch gesondert zurückzukommen sein wird, weisen dies mehr als deutlich aus. Die wirtschaftliche Arbeit der Juden für die adeligen Herrschaften deutet auf die symbolische Repräsentation politischer Kommunikation als Kern frühneuzeitlicher Herrschaft. Abstrakter sozialer Rang und adelig-reichsständische Herrschaft wurden in der Frühen Neuzeit mit Repräsentationsmitteln als symbolische 5 6 7 8 9 10 11

Zitat U, Minderheit, S. 538 (Zitat), 599 S, Juden, S. 191f., 202; siehe ., Privilegien, S. 28. Zitat ., Juden, S., S. 192; zur Prozessfrequenz unter Ferdinand III. u. der Rolle jüd. Belange am RHR G, Krieg. Hiermit bestätigt sich die Vermutung L, Gravamen, S. 104, der die diesbezügliche Wirkung des RHR nur für das 16. Jh. gelten lassen will. Ähnlich B, Hofökonomie, S. 12. So auch K-H, Gemeinde, S. 80. Vgl. H, Huldigung, S. 22.

7.1 Jüdische Kläger und das Reich

359

Herrschaftsdimension sinnlich erfahrbar, legitimiert und perpetuiert. Hierzu trugen letztlich auch die Juden ihren Anteil bei. Die statistischen Ergebnisse zu den Prozessmaterien verdeutlichen demnach die symbolische Repräsentation von adeliger Herrschaft, an dem die Juden ihren Anteil hatten. Dieser Umstand verweist wiederum auf die Existenz eines gemeinsamen sozialen Ordnungsmodells bei den adeligen Herrschaften und bei den Juden. Insofern erweisen sich die am RHR klagenden Juden zugleich als Partizipienten in einem Teilbereich des politischen Systems ,Altes Reich‘.12 Durch ihre Eingebundenheit in die sie umgebende politisch motivierte Repräsentationskultur können die Juden kaum als Erfinder des Kapitalismus bezeichnet werden. In großen Wirtschaftsprojekten waren die am RHR auftretenden Juden kaum involviert. Damit sei an dieser Stelle für eine Entmythologisierung des Hofjuden- und Hoffaktorenbegriffs plädiert. Zugleich ist zu konstatieren, dass die am RHR klagenden Juden zwar Angehörige der jüdischen Oberschicht waren und für beide Vergleichspunkte in den Gruppen der Kaufmanns- und Hoffaktorenelite einzuordnen sind. Gleichwohl gehörten sie nicht zur jüdischen Wirtschaftselite. Die RHR-Prozesse beschreiben weniger die jüdische Finanzelite als vielmehr Angehörige einer regionalen, jüdischen Oberschicht.13 Die hier gewonnenen Ergebnisse scheinen die Verhältnismäßigkeit der jüdischen, wirtschaftlichen Beteiligung für adelige Herrschaften ins rechte Licht zu rücken. Insgesamt verweisen sie nämlich weniger auf merkantile Großprojekte als auf den Umstand, dass adelig-reichsständische Herrschaften und Juden im rechtlichen, ökonomischen und politischen System ,Altes Reich‘ aufeinandertrafen und in ihm miteinander agierten.14 In den herrschaftlich motivierten Repräsentationsbedürfnissen der adelig-reichsständischen Herrschaften und der diesbezüglichen Tätigkeit der Juden kristallisieren sich Ordnungskonflikte zwischen den in dieser Studie im Mittelpunkt stehenden Akteuren heraus.15 Insofern können die am RHR klagenden Juden als Teil der allgemeinen Reichsordnung und -entwicklung bezeichnet werden. Dies gilt es in den folgenden Abschnitten zu konkretisieren.

12

13 14

15

Siehe als Überblick S-R, Herstellung, S. 73–92; ., Kommunikation, S. 505f.; W, Freiheit, S. 308–312; S-R, Inszenierung, S. 235– 239, 245f.; ., Kommunikation, S. 490–499, 506; für das Mittelalter W, Repräsentation, S. 11f., 25–28, 32, 35. Siehe ausführlich R, Hofjuden. Die Ergebnisse der vorliegenden Studie beweisen den von S-R, Kommunikation, S. 522 hervorgehobenen Umstand, dass in der Frühen Neuzeit Recht, Politik, Religion, Wirtschaft u. a. „nicht als selbstständige gesellschaftliche Funktionssysteme ausdifferenziert waren“, sondern von den Zeitgenossen als Ganzes in den Blick genommen wurden. L bezeichnet solche Vorgänge als ,strukturelle Kopplung‘ verschiedener Systeme; S-R, Kommunikation, S. 506–509.

360

7. Bilanz und Ausblick

7.2 Jüdische Kläger und ihr Kaiser- und Reichsbewusstsein Juden traten in beiden Zeiten als sehr gut über die Situation ihrer obrigkeitlichen Gegner informierte sowie selbstbewusste Prozessparteien auf.16 Die Intensität dieses Auftretens von Juden am RHR belegt die Regelhaftigkeit des untersuchten Phänomens nicht nur in statistischer, sondern auch in rechtsstrategischer Hinsicht. Juden erbaten im 16. und 18. Jahrhundert die von der reichshofrätlichen Praxis vorgegebenen Sachanträge in korrekter Form. Das Wissen hierum war bei ihnen fest verankert. Auf ihrer Seite herrschte ein großes Vertrauen in die Regelungskompetenz des Kaisers und des RHR vor. Diese Regelungskompetenz verknüpfte sich nicht nur in der Bitte um kaiserliche Gnadenverfügungen oder umfassende Befehle als Ausdruck kaiserlicher Machtvollkommenheit, sondern vor allem mit der regelmäßigen Bitte um die Einrichtung von Kommissionen und deren konsequente Durchführung als ein Element der kurzfristigen Konfliktverschärfung. Im 18. Jahrhundert erzielten die jüdischen Kläger auf diese Weise erhebliche Erfolge, die zugleich die Exekutionsfähigkeit reichshofrätlicher Entscheidungen mithilfe der Reichskreise verdeutlichen. In den Jahren nach 1576 sahen die Erfolgsaussichten der Juden weit geringer aus. Gleichwohl verweist die Prävalenz für Kommissionen auf den Umstand hin, das die besonders am RHR vertretenden Reichskreise im Westen, Südwesten und Südosten als ,jüdische Landschaften‘ bezeichnet werden können.17 Die Bereitschaft bei den jüdischen Klägern, Vergleiche einzugehen, war sehr hoch. Diese Bereitschaft entsprach auf Seiten des RHR einer ebenfalls hohen Bereitschaft, den jüdischen Sachanträgen und insbesondere ihren Bitten um Kommissionen nachzukommen.18 Rücksprache mit der obrigkeitlichen Gegenseite hielt der RHR diesbezüglich nie. Insgesamt behandelte er jüdische Sachanträge als Standardverfahren.19 Eine Zurückhaltung des RHR bei Klagen von Juden gegen Obrigkeiten ist generell nicht feststellbar.20 Allein die Appellationen von Juden und Obrigkeiten bilden im 18. Jahrhundert eine Ausnahme. Sie wurden regelmäßig abgeschlagen, wobei dies in die reichshofrätliche Strategie der Sicherung der Instanzenzüge im Reich einzuordnen ist.21 Für das kaiserliche Gericht dürfte in allen seinen Entscheidungen – 16 17 18 19 20 21

R, Herausforderungen, S. 117f.; K, Judengemeinde, S. 177, 186, 196, 215, 263. Vgl. L, E (Hrsg.), Jewish Spaces. U, Geschichte, S. 115–117. Ähnlich O, Auftrag, S. 36. A-T, Wechselverbindlichkeiten, S. 164; B, Juden (a), S. 210–212; ., Reichskammergericht, S. 36f. Für ., Juden (a), S. 213 ist die Randgruppenstellung der Juden verantwortlich, dass die Judenschaft in Fürth keine Rechtshilfe vom RKG gegen die Dompropstei Bamberg erhielt. Zu prüfen wäre hier, ob dies nicht ebenfalls am Umstand lag, dass der Prozess ei-

7.2 Das jüdische Kaiser- und Reichsbewusstsein

361

sowohl in politischer als auch in rechtlicher Hinsicht – die Herstellung des Rechtsfriedens ausschlaggebend gewesen sein. Die relativ hohe Anzahl von Vergleichen22 bei jüdischen Causen verdeutlicht dieses Ziel und bestätigt damit die Ergebnisse O23 sowie U.24 Für die Durchführung der Exekutionen gilt, dass diese im 16. Jahrhundert durchaus machtpolitisch aufgeladen sein konnten. Im schwäbischen Raum stießen Exekutionen angesichts habsburgischer Regionalinteressen auf heftige Widerstände der reichsritterschaftlichen Obrigkeiten. In den Jahren zwischen 1745 und 1765 wurden die Exekutionen dagegen im Allgemeinen akzeptiert und von den Reichskreisen als administratives Verfahren sachlich durchgeführt. Die Annahme G, dass nach 1750 die Abneigung gegenüber dem oberstrichterlichen Amt auf Seiten der Reichsstände zunahm, kann anhand des untersuchten Samples nicht verifiziert werden.25 Die adeligen Herrschaften akzeptierten vielmehr die reichshofrätlichen Entscheidungen. Die Zweifel an der Durchsetzbarkeit reichshofrätlicher Beschlüsse müssen angesichts der vorliegenden Ergebnisse deutlich abgeschwächt werden. Die beobachtete Verrechtlichung der Juden im zeitlichen Vergleich steht damit exemplarisch für die Verrechtlichung des Reichsverbandes. Auf Seiten der Adeligen ist dagegen eine steigende Akzeptanz des Rechtssystems des Reichs zu konstatieren.26 Anhand der jüdischen Prozesse ist demnach eine deutliche Verdichtung des gesamten Reichssystems abzulesen27 , so dass die von M für das Spätmittelalter beobachtete reichsrechtliche und politische Verdichtung des Reichs als ein andauernder Prozess bis in das 18. Jahrhundert fortzuschreiben wäre.28 Letztlich verweisen die Ergebnisse auf das „neue Bild [. . . vom Reich als, A. G.] einem vielgestaltigen Gefüge von Handlungszusammenhängen im politischen, rechtlichen, sozialen [. . . ] und entwicklungsgeschichtlichen Milieu“29 bis in die Herrschaftszeit Franz I. Stephans hinein. Anhand der jüdischen Causen ist ein Verdichtungsprozess abzulesen, der zugleich die ältere Historiographie revidiert: Nach 1745 erhielt das Reich seine prinzipielle effektive Funktionsfähigkeit. Diese Zusammenhänge beschreiben ein Bild

22 23 24 25 26 27 28 29

ne Appellation darstellte (vgl. ., Reichskammergericht, S. 16–22). Zu B These skeptisch H, Literatur, S. 233 u. S, Untertanenprozesse, S. 423–425. Zu den am RHR gebräuchlichen Vergleichen B, Grundriß, S. 246–248. O, Kommissionen; ., Auftrag; ., Reichshofrat. U, Friedenssicherung; ., Stände; ., Landesherr; ., Kommissionen; ., Geschichte; ., Kommissionsverfahren. G, Reichshofrat, S. 64. P, Reichshofrat, S. 357; G, Stellung, S. 23, der die Verrechtlichung nach 1648 betont; zum Begriff des Reichssystems S, Reich; ., Reichs-Staat. L, Teutschland, S. 172–175. Siehe für das 16. Jh. hierzu L, Reformation, S. 134. M, Reich, S. 92–130, hier S. 94f.

362

7. Bilanz und Ausblick

vom Reich als einem dynamischen System, in dem die Juden einen aktiven und selbstbewussten Platz einnahmen. Dabei ist in den juristischen Argumentationen der Juden ein Wandlungs- respektive Rationalisierungsprozess abzulesen. So stellte der Billigkeitstopos für die Juden des 16. Jahrhunderts eine umfassende Rechtsregel dar, die ihren Rechtsanspruch auch moralisch-ethisch zusätzlich absicherte.30 Im 18. Jahrhundert verzichteten die Juden auf diesen Topos und begannen vielmehr, naturrechtliche Ideen zu rezipieren. In einer generellen Dimension deutet dieser Wandel auf die Lernfähigkeit der Juden bezüglich neuer Normen. Diese neuen Normen verliehen den Juden das Bewusstsein, sich im Besitz der subjektiv besseren und rationaleren, juristischen Rechtsposition zu befinden. Zugleich ist für die Juden ein ausgeprägtes Kaiser- und Reichsbewusstsein als mentale Dispositionen von langer Dauer zu konstatieren. Zu beiden Zeiten weisen die jüdischen Kläger einen ausgeprägten Cäsarismus aus. Für sie bildete der Kaiser einen festen Bestandteil des Reichs. Er war den Reichsadeligen strikt übergeordnet.31 Im 16. Jahrhundert ist dies besonders dadurch nachvollziehbar, dass die Juden Themen aus dem innerjüdischen Kontext mit einbezogen, die zugleich die kaiserliche Machtvollkommenheit oder gar Universalherrschaft in der Tradition Karls V. verdeutlichen sollten. In diesem Zusammenhang darf die Wirkung des Carolinums von 1544 nicht unterschätzt werden. Es kann angesichts obiger Ergebnisse sogar als ein fundamentales Grundgesetz jüdischer Existenz im Reich bezeichnet werden. Ähnliche Aussagen gelten ebenso für die Jahre um 1750.32 Das eher administrativ-rechtlich geprägte Kaiserbewusstsein transformierte sich in eine Verantwortung für das umfassende Gemeinwohl des Reichs und dessen Gesellschaft. Wie bereits Josl von Rosheim das RKG und das kaiserliche Hofgericht, so begriffen die Juden zu beiden Zeiten den RHR als beit hadin hakaiseri33 , also als ein Gericht, das mit der Person des Kaisers eng verknüpft war. Im 16. Jahrhundert äußerte sich dieser Umstand in einer ausgesprochen engen Anbindung der Juden an das Kaisertum. Hierin drückte sich eindeutig ein auf jüdischer Seite gefühltes Kaiserbündnis aus. Im 18. Jahrhundert spiegeln die jüdischen Argumentationen und Handlungsstrategien das Bewusstsein einer gleichberechtigten Reichsuntertanenschaft wider. Dass dies gegen adelige Herrschaften geschah, mutet pikant an, verdeutlicht aber das große Selbstbewusstsein der am RHR prozessierenden Juden und ihr immenses Vertrauen in den Kaiser als Verkörperung des Reichs. 30 31 32 33

B, Aspekte, S. 25 sieht hier Diskussionsbedarf unter den Staatsrechtlers im gesamten 16. Jh. R, Herausforderungen, S. 101f.; S, Suppliken, S. 129, 177f. K, Flügel, S. 246. Transkribiertes Zitat bei F-G, R. Joseph ’isch Roshaim, S. 29, 91. In engl. Übersetzung ., Writings.

7.2 Das jüdische Kaiser- und Reichsbewusstsein

363

Die diesbezüglich skizzierten Argumentationsstrategien machen deutlich, dass die jüdischen Kläger von der Rechtsprechung des RHR und der in ihr manifestierten kaiserlichen Autorität fest überzeugt waren. Insofern stellte die beinahe ausschließliche Orientierung der am RHR klagenden Juden an dessen Rechtsprechung eine aus ihrer Sicht zwingend logische Konstante in beiden Zeitabschnitten dar. Dem Vertrauen in die Rechtsprechung des RHR entsprach ein stets betonter alleiniger Gehorsam gegenüber dem als kaiserlich definierten Reichsrecht. Juden waren wie Christen den allgemein gültigen Rechtsnormen im Reich unterworfen.34 Dabei schien den Juden durchaus bewusst gewesen zu sein, denselben Rechtschutz des Reichsoberhauptes zu genießen wie die christlichen Untertanen und beriefen sich voller Selbstbewusstsein und Stolz hierauf.35 Dem diente auch die selbstverständliche Berufung auf die Grundlagen des römischen Rechts36 und der römischen Bürgerschaft.37 Den am RHR klagenden Juden ging es neben den eigentlichen Prozessmaterien desgleichen um die Bestätigung ihrer römischen Bürgerschaft. Sie spielten als Angehörige einer sozial besser gestellten jüdischen Bevölkerungsschicht für die übrigen Juden im Reich zugleich eine bedeutende Rolle, forderten sie doch immer wieder auf Reichsebene einen unangreifbaren, da vom Kaiser sanktionierten Status für alle ihre Glaubensgenossen ein. Jüngst gelang es U auf regionaler Ebene, den großen Einfluss herauszuarbeiten, den das römische Recht auf das Selbstverständnis der Juden nahm.38 Das römische Recht transportierte für die Juden den Anspruch, als Mitglieder in einer reichsweiten Rechtsgemeinschaft eine umfassende Gleichberechtigung, also Rechtsgleichheit, mit den übrigen Untertanen zu besitzen.39 Im 16. Jahrhundert äußerte sich hierin in Verbindung mit den kaiserlichen Privilegien wie besonders dem Carolinum eine zunächst die jüdische Rechtsposition legitimierende Funktion, mit der sie zusätzlich auf ihr enges Nahverhältnis zum Reichsoberhaupt verwiesen.40 Es gilt zu überlegen, ob die Juden aus ihrem eigenen subjektiven Empfinden heraus als eine kaisernahe soziale Gruppe zu bezeichnen wären, die sich auf einer informellen41 Ebene als Teil des kaiserlichen Klientel- und Patronatsystems ansahen.42 Gerade die Tatsache, dass der Kaiser in seiner Klientel34 35 36 37

38 39 40 41 42

S, Privilegien, S. 28. W, Prozesse, S. 62. Vgl. für das RKG G, Stellung, S. 51, 64. Demgegenüber kritisch eingestellt D, Judenhaß, S. 112. Dagegen kann K-M, Judengemeinde, S. 287 ähnliche Ergebnisse für die Frankfurter Judengemeinde im 18. Jh. herausarbeiten. Hier wie im Obigen U, Minderheit, S. 559f. L, Teutschland, S. 137; ähnlich K, Judengemeinde, S. 274. Ähnlich R, Leben, S. 184. Hierzu P, Reich, S. 223–226. Siehe ., Patronat, S. 35–37, wo er betont, dass die „kaiserliche Patronatspolitik vom

364

7. Bilanz und Ausblick

bildung von der Juridifizierung des Reichs43 profitierte, barg laut Press neue Möglichkeiten in sich.44 Als oberster Richter im Reich mit einer rechtswahrenden Funktion und als konkurrenzloser Inhaber landesherrlicher Rechte über Juden bot sich ihm die Chance, deren Schutz zu übernehmen. Auf diese Weise wurden die Juden in den angesprochenen Verrechtlichungsprozess des Reichs45 einbezogen. Damit trugen Letztere zudem zur Legitimierung, Stabilisierung und Kohäsion von ,Kaisertum‘ und ,Reich‘ aktiv bei.46 Dass es sich bei den beteiligten Juden insbesondere um eine sozial zwar nicht herausgehobene, gleichwohl aber privilegierte Schicht innerhalb des Judentums handelte steht dieser Vermutung nicht entgegen. Nur diese wohlhabenden Juden konnten aufgrund ihrer ökonomischen Prävalenz und den sich hieraus ergebenden sprachlichen und kulturellen Handlungsspielräumen mit den Obrigkeiten in direkten Kontakt47 treten. Schließlich setzte die Tätigkeit als Hofjude zu allen Zeiten ein hohes Maß an ökonomischen und kommunikativen Fähigkeiten voraus, die schließlich Voraussetzung für alle Klientelbindungen im Reich waren.48 Allein diese Gruppe von Juden bot einen Hebel für die kaiserliche Einflussnahme auf die reichsständisch-adeligen Obrigkeiten. Mit Hilfe dieser Juden und ihren Klagen konnte der Kaiser indirekt und exemplarisch seinen prinzipiellen Schutz über alle Juden des Reichs betonen. Die Juden erwiesen sich bei der Verfolgung ihrer Interessen als durchaus in der Lage, die Existenz des Reichs und seiner Institutionen zu berücksichtigen. Dadurch kommunizierten sie deren Geltung gegenüber den verklagten Reichsständen. Über jüdische Klagen wurden Kaiser und Reich in Regionen mit Klein- und Kleinstterritorien zur Realität.49 Wegen der oben angedeuteten Verdichtung des Reichsverbandes sowie seiner steigenden administrativen Funktionsfä-

43 44 45 46

47 48 49

15. bis zum 18. Jh. immer weiter ausgriff und immer mehr verfeinert wurde“ (S. 35f.). K, Rabbinerversammlung, S. 168f. betont die Negierung einer eigenen jüdischen Vereinigung von kaiserlicher Seite, was aber eben eine informelle Beziehung obiger Art mittelst jüdischer Belange am RHR nicht ausschließt. Hierfür spräche die weiterhin konstante Prozessfrequenz bei S, Juden, S. 191, die nur durch Spitzenwerte unter Ferdinand II. im Rahmen seiner ambitionierten politischen Zielsetzungen für das Reich (vgl. O, Auftrag, S. 117–123, Literatur zu Ferdinand II. auf S. 117, Fn. 202; P, Kriege, S. 204–218) bzw. die absoluten Tiefstände unter Ferdinand III. aufgrund reichspolitischer Erwägungen nach 1648 (G, Krieg) unterbrochen wurden. Hierzu S, Bedeutung, S. 281. Siehe allgemein P, Patronat, S. 42f. Siehe zu dem von Peter M analysierten Verdichtungsprozess des Spätmittelalters kurz G, Reich, S. 32. So jüngst L, Aufbruch, S. 54: „Alle in einer Gesellschaft zusammenlebenden Menschen wirken aktiv mit, um die Grundlagen und Bedingungen von Herrschaft immer wieder neu auszuhandeln und gestalten“. Für S, Juden, S. 211 verweisen solche Klagen auf intensive wirtschaftliche Kontakte zwischen Juden und Christen. R, Individualisierung, S. 89f. Zu Anbindung königsferner Regionen an das Reich D, Regionen.

7.2 Das jüdische Kaiser- und Reichsbewusstsein

365

higkeit darf die These gewagt werden, dass die am RHR klagenden Juden bis 1806 einen Teil des Bindemittels des Alten Reichs bildeten und einen Beitrag zum Zusammenhalt des Reichs leisteten.50 Für die Juden wäre Ähnliches zu folgern, wie es U für christliche Untertanen des 16. Jahrhunderts tat: Insbesondere von der Kaiserfigur und von der Bedeutung des römischen Rechts her könnte ein jüdisches Reichsbewusstsein51 skizziert werden, das eine Grundkonstante jüdischer Mentalität52 widerspiegelt. Insofern wären die Juden Teil eines informellen Spektrums in der mittelbaren Untertanenschaft, die mit ihrer emotionalen Zustimmung zu Kaiser und Reich deren Existenz legitimierten und perpetuierten.53 Der RHR bot die Möglichkeit einer intensiven Kommunikation zwischen Juden und adeligen Herrschaften, wodurch das christlich-jüdische Verhältnis sich im Kontext der voranschreitenden Verdichtung des Reichssystems pazifizieren ließ.54 Dieses Kommunikationsnetz bietet zusätzlich einen Erklärungsansatz für die Überlebensfähigkeit des Reichs bis in das 19. Jahrhundert hinein. Letztlich erschienen insbesondere das Kaisertum und dessen Gericht im 18. Jahrhundert auf beiden Prozessseiten als unumstößlicher Bestandteil der politischen Verfassung des Alten Reichs und als dessen emotionale Klammer. Die soeben angesprochene und bereits im vorherigen Kapitel offerierte Bewertung der Bedeutung des RHR als ein friedenssicherndes Element für die jüdische Existenz55 verweist auf einen weiteren forschungsleitenden Ausblick. Das römische Recht und das Reichsrecht bildeten in ihrer Rechtsanwendung durch den RHR für die Juden einen Damm im Kontext des Verdichtungsprozesses des Reichs. Dieser Damm bewahrte sie vor schrankenloser Willkür. Zusammen mit der Prozesspraxis des RHR bildete die Person des Kaisers einen Grund für die relative Stabilität jüdischen Lebens in der Phase zwischen 1648 und 1806.56 Schließlich strahlte die rechtssichernde Wirkung des 50 51 52 53

54 55 56

Zu überprüfen wäre, ob sich diese Perspektive in weiteren Untertanenprozessen bestätigt. Ähnliche Ergebnisse bei O, Auftrag, S. 346–354. Vgl. hierzu K, Flügel. Für die schwäbische Judenschaft ., Schutzherrschaft, S. 122. Diese Tendenz betont auch P, Patronat, S. 37, 42f.; U, Gnadengesuche, S. 184. Das Phänomen einer zumindest weit gefassten jüdischen Oberschicht als Klägerprofil am RHR widerspricht keineswegs den hier gewonnenen Ergebnissen u. Thesen, da zuletzt M, Partizipation, S. 95f. eine „genossenschaftliche Aktion“ aller jüd. Familien in den öttingischen Herrschaften bzgl. der Schutzvergabe eruieren konnte. Für die Jahre nach 1590er betont E, Gerichtsbarkeit, S. 285 die „langfristige politische Strategie des Kaiserhofes unter Rudolf II., den kaiserlichen Einfluss und die kaiserliche Klientelbildung im Reich zu stärken“. Vgl. ähnlich K, Judengemeinde, S. 16f. S, Überblick, S. 314. E., S. 321. H, Geschichte, S. 20f.; G, Stellung, S. 23, 74; W, Prozesse, S. 66; S, Ritualmord, S. 54; K, Schutzherrschaft, S. 121f. Vgl. die wenigen Vertreibungen im 18. Jh. bei L, Gravamen, S. 142–149; F, Rechtsschutz, S. 135f.

366

7. Bilanz und Ausblick

RHR über die Vergabe von Appellationsprivilegien in die Territorien hinein. Hiermit war die Gewährleistung eines den Reichsgesetzen entsprechenden Instanzenzuges sowie eine diesbezügliche Rechtsprechung verbunden57 , die der Territorialherr zu gewährleisten hatte. Regionalstudien belegen eindringlich das Bemühen der lokalen Gerichte um eine neutrale Rechtsprechung gegenüber den Juden.58 Der Wegfall dieser Institutionen 1806, die 200 Jahre lang die Unabwägbarkeiten der stets prekären jüdischen Existenz zu neutralisieren halfen59 , erwirkte im Zusammenhang mit einer gesteigerten Judenfeindschaft des Frühantisemitismus60 eine rechtliche Grauzone, in der sich die Juden seit 1815 befanden. Hierzu trugen mehrere Faktoren bei: Zunächst muss die Enttäuschung über die unvollkommene bürgerliche Emanzipation in der napoleonischen Ära zwischen 1806 und 1814 genannt werden, die unter dem Bürgertum groß war. Die sukzessive Einschränkung der politischen und bürgerlichen Freiheiten in der sich anschließenden Reaktionszeit unter der Ägide des österreichischen Politikers Klemens Wenzel Lothar von Metternich schmerzte die bürgerlich-nationale Bewegung dann ebenso. Diese Enttäuschungen wurden von der Debatte um die Judenemanzipation61 auf der Seite der christlichen Mehrheitsgesellschaft begleitet und verstärkten sich noch durch die zielstrebigen Verbürgerlichungsbemühungen auf jüdischer Seite.62 Alle diese Punkte wirkten zusammen und fokussierten sich auf die jüdische Bevölkerung. Die hieraus entstehenden Animositäten fanden nach 1814 keine Begrenzung mehr durch die rechtssichernde Autorität des RHR. So verwundert es kaum, dass sich 1819 mit den Hepp-Hepp-Krawallen63 erstmals wieder seit dem Fettmilchaufstand von 1614 und den Unruhen im Fränkischen Kreis64 eine größere überregionale Pogromstimmung gegenüber den Juden gewaltsam entlud. Dieser Umstand wirkte sich insbesondere an den Orten negativ aus, an denen RKG und vor allem RHR die einzig wirksamen höheren Gerichtsinstanzen darstellten. In Territorien wie Preußen oder Bayern – mit Ausnahme des vorher unabhängigen Würzburgs – konnte dagegen diesen gewaltsamen Auswüchsen ein gerichtlicher Riegel vorgeschoben werden.65 57 58 59 60 61 62 63 64 65

Vgl. E, privilegia, S. 52–54. P, Judentoleranz, S. 335f. So mit Blick auf das RKG B, Bürger, S. 197. B, Probleme; P, Frühantisemitismus. Vgl. hierzu K, Petition; ., Protest. Ausführlich am Beispiel Frankfurts G, Bildung. K, Hep-Hep-Verfolgungen; R, Gewalt. E, Juden; L, Ausschreitungen. E, privilegia, S. 55, 59 betont die Notwendigkeit eines ausgebildeten Instanzenzugs bei der Vergabe von privilegia de non appellando illimitatum. Vor allem die Kurfürsten besaßen solche Privilegien und insofern über einen solchen ausgebauten Instanzenzug im Gerichtswesen, der auch nach 1806/15 fortbestand. Siehe zu Brandenburg-Preußen diesbezüglich N, Epochen, S. 215f. Siehe zum Verhältnis zwischen Preußen und dem RHR jüngst S, Mann.

7.3 Jüdische Kläger, ihre Ehrcodes und ihre Selbstbilder

367

Erschwerend kommt gleichwohl für das gesamte Gebiet des Deutschen Bundes hinzu, dass die Tradition des allgemeingesellschaftlichen Judenhasses nach 1806 nicht untergeht, wie dies E und B deutlich herausarbeiten konnten.66 Folglich befanden sich die Juden im Vormärz im gesamten Deutschen Bund daher in andauernden „Jahre[n] des permanenten Pogroms“.67 Das Fehlen eines Bundesgerichts trug sicherlich sein Übriges zu dieser Situation bei.68

7.3 Jüdische Kläger, ihre Ehrcodes und ihre Selbstbilder Die untersuchten Argumentationsmuster verweisen auf eine generelle Ebene sozialer Selbstverortung jüdischer Kläger innerhalb des Reichssystems. Die jüdischen Klagen und Supplikationen bilden am RHR einen festen Verfahrensbestandteil. Juden waren in den von ihnen angestrengten Verfahren ein vom RHR akzeptierter Teil. Ihr prekärer Status spielte für das Gericht keine Rolle. Ein außergewöhnliches Phänomen waren Klagen von Juden zu beiden Zeiten nicht. Es deutet vieles darauf hin, dass es kaum einen Unterschied zwischen jüdischen und christlichen Supplikationen gab.69 In beiden Untersuchungszeiträumen ist ein selbstbewusstes Auftreten der Juden in ihren Supplikationen gegen Reichsstände festzustellen. Juden kannten ihre rechtsstrategischen und argumentativen Handlungsspielräume und verstanden es, sie zielgerichtet auszunutzen. Insgesamt stellen sich Juden mit ihren rechtsstrategischen Handlungen sowie Argumentationsmustern nicht als ohnmächtige Opfer dar, sondern als gesellschaftliche Akteure mit weitreichenden politischen Kenntnissen.70 Die von R aufgestellte Vermutung, dass für das 16. Jahrhundert mit einem sich allmählich entfaltenden Selbstbewusstsein der Juden in seiner zweiten Hälfte zu rechnen sei, das sich während der Regierungszeit Rudolfs II. richtig entfalte, muss angesichts der Ergebnisse dieser Studie ausdrücklich bestätigt werden.71 Alle RHR-Prozesse unter jüdischer Beteiligung waren auf Kommunikati66 67 68

69

70 71

E, B, Nachtseite. F, Geld, S. 66. Vgl. hierzu K, Recht; M, Bund, S. 5 verweist auf das Fehlen zentraler Bundesorgane wie v. a. eines obersten Bundesgerichts, deren Einrichtung an den Rivalitäten der Mitgliedsstaaten scheiterte. Siehe hierzu A, Bund. Vgl. zeitgenössisch F, Bund. Ähnliche Ergebnisse auf lokaler Ebene M, Untertänigkeit, S. 163, 172f. mit weiterer Literatur (Fn. 288 u. 290), 322, 331f. sowie U, Gnadengesuche; , Minderheit. Vgl. M, Partizipation, S. 85–99. Vgl. hierzu die Schilderungen R, Leben, S. 329–333.

368

7. Bilanz und Ausblick

on ausgelegt. Juden nahmen hierin einen aktiven Platz ein. Sie entfalteten gegenüber reichsständisch-adeligen Obrigkeiten eine deutliche „Thematisierungsmacht“.72 Die am RHR agierenden Juden stellten zwar eine benachteiligte Personengruppe dar. Allerdings firmierte ihre Ehre als eigener Code.73 Juden nahmen daher Ehre als zentrales argumentatives Element ihrer Supplikationen für sich in Anspruch74 und traten couragiert ein, wenn es darum ging, sie gegenüber einem Reichsstand zu verteidigen. Ehre stellte aber inhaltlich nichts Konkretes und fest Definiertes dar. Da Ehre ein begrenztes Gut ist, galt es für die Juden, sie selbstbewusst gegenüber den Reichsständen zu schützen. War die Ehre erst einmal beschädigt, konnte sie nur schwer oder gar nicht zurückgewonnen werden. In den untersuchten jüdischen Argumentationsstrategien zeigt sich daher die Notwendigkeit, die eigene Ehre unbedingt zu verteidigen.75 Gleichwohl ist insbesondere bei den Juden im zeitlichen Vergleich eine Weiterentwicklung des Ehrcodes zu beobachten: Während sie in beiden Zeitperioden vor allem die äußere Ehre verteidigten, zeichnete sich im 18. Jahrhundert eine Tendenz ab, die innere Ehre in Form tugendhaften ökonomischen Handelns zu formulieren. Ob diese Entwicklungen auf dem Gebiet der Ehrcodes nur für die jüdischen Kläger oder für christliche Kaufleute generell gelten, muss an dieser Stelle eine offene Frage bleiben. Erste Parallelen sind gleichwohl offenkundig.76 Insofern ist im Rahmen der Ergebnisse dieser Studie keineswegs ein Bedeutungsverlust von Ehre, sondern ihre Transformation in andere Zeitumstände und -erfordernisse sowie Narrative auf Seiten der Juden zu konstatieren. Der in dieser Studie beobachtete identitäre Zusammenhang von Ehre und Recht respektive Ehre und Ökonomie77 trifft nicht nur für die Adeligen zu, sondern galt für die Juden. Mit der erfolgreichen Wahrung eigener Rechtsansprüche verdeutlichte sich die eigene Ehre. Hierfür bedienten sich die untersuchten Gruppen des gleichen Repertoires und Grundwortschatzes der sozialen Ordnung des Alten Reichs.78 Ferner wurde in den Prozessen neben Schuldforderungen oder Gewaltanwendungen um Ehre als symbolischen Code sozialer Ordnung gestritten. Dieser Streit um Ehre äußerte sich daher 72

73 74 75 76

77 78

W, Bitten, S. 36; T, Kriegsbegründungen, S. 41f. betont, dass derjenige, der Kriege publizistisch eröffnete, die Themen vorgab; siehe nun ., Kriegsbegründungen (b); Ehre als soziale Kontrolle bei D, Maurermeister, S. 414–418. So U, Kontakte, S. 190. D., Maurermeister, S. 146 betont, dass außer Kinder jeder ehrfähig war. Vgl. hierzu zusammenfassend D, Ehre, S. 29–62. Vgl. H, d’Angelis, S. 173–198; ., Firmenbankrotte, S. 10–35; AT, Konfliktlösung, S. 153–175; G, Bankrott; B, Familiengeschichtsschreibung, S. 93–162; C, K, lodgings, S. 315–348; S, Soziabilität, S. 441–463. Vgl. G, Leumund, S. 181–197; S, Ehre; E, Ehre. Vgl. hierzu S-R, Kommunikation, S. 512f.

7.3 Jüdische Kläger, ihre Ehrcodes und ihre Selbstbilder

369

an vielen Stellen unversöhnlich, war er doch als Medium des Konfliktaustrags mit der gleichberechtigten Verortung der Juden im sozialen Gefüge des Alten Reichs auf das Engste verknüpft. Für die adeligen Herrschaften manifestierte sich dieser Konflikt deswegen als derart bedeutend, galt doch im Wesentlichen die Tatsache: „Wer ,Ehre‘ besaß, besaß Adel“. Insofern äußerte sich der Ehrkonflikt in Prozessen mit Juden bei den adeligen Herrschaften des Reichs zusätzlich als Definitionskampf um eben ihren adeligen Status.79 Die Juden agierten in ihrem Ehrbegriff wesentlich flexibler, d. h. mit einem sensiblen Gespür für neue Zeitumstände und ihre Erfordernisse. Die Obrigkeiten schienen dagegen in ihrem starren Ehrcode geradezu gefangen gewesen zu sein. Um die eigenen reichsständischen Ehrvorstellungen zu plakatieren, mutierten die Juden in den adeligen Argumentationsmustern zu Exemplaren kollektiver Verdorbenheit und zum polarisierenden Gegenbild einer idealen reichsständischen Ordnung80 , die eben in jener adelig-reichsständischen Ehre als erfüllt bzw. erhalten angesehen wurde.81 Damit stand für die adeligen Herrschaften ein dezidiert politischer Aspekt im Raum, der auf die ,Erhaltung guter Ordnung‘ hindeutete. Die adeligen Herrschaften verwendeten in den RHR-Prozessen eine Sprache der In- und Exklusion.82 Ähnliche argumentative Mechanismen galten für die jüdischen Kläger, nur dass es bei ihnen die Adeligen waren, welche die ideale, d. h. adelige Ordnung des Reichs bedrohten. An dieser Stelle muss noch einmal auf den soziologischen Rollenbegriff eingegangen werden. Juden nahmen in RHR-Prozessen in beiden Zeitperioden immer zwei selbst zugeschriebene soziale Rollen ein, die in ihren funktionalen Selbstbildern kulminierten: zum einen ihre Rolle als bedrängte Juden. Diese Rolle korrespondierte mit dem ihnen von der Mehrheitsgesellschaft zugeschriebenen Status des entrechteten Juden.83 Zum anderen schrieben sie sich soziale Rollen mit herrschaftsunterstützender respektive gesamtgesellschaftlicher Tragweite zu. Auf diese Weise skizzierten sie sich als gleichberechtigte Akteure innerhalb des Reichs.84 Die Juden konzentrierten sich in beiden Untersuchungsperioden neben der Betonung des ehrverletzenden Verhaltens ihrer reichsständischen Prozessgegner vornehmlich auf die Hervorhebung ihrer Leistungen für die Gesellschaft. 79 80 81 82

83 84

Zitat W, Freiheit, S. 312. Vgl. S, Ehre, S. 43–47; S-R, Kommunikation, S. 513f., 518f. Siehe hierzu kurz O, Imago judaica, S. 56f. Vgl. hierzu zusammenfassend S-R, Gut, S. 33–43. Konstantin zu Hessen-Rheinfels-Rothenburg an den Kaiser (Praes. 2.10.1747) u. ders an den Kaiser (Praes. 23.11.1747) in HHSAW, RHR, D. R., K. 373/9 (Zitat aus zweiter Supplik); Hohenlohe-Pfedelbach an den Kaiser (Praes. 24.12.1743) in ., D. ., K. 168, fol. 99r–104v, hier fol. 100v. Siehe hierzu auch A, Stellung, S. 33. Zur Differenz von Status und Rolle siehe A, Einführung, S. 124–139. Zu Trennung von Rollenhandeln und der sozialen Rolle siehe H, Wörterbuch, S. 741–745, hier S. 741f., s. v. Rolle.

370

7. Bilanz und Ausblick

In der Ökonomie und in den sich hierum drehenden RHR-Prozessen nivellierten sich nach Ansicht der Juden im 18. Jahrhundert die Standesunterschiede angesichts der Verantwortung für das Gemeinwohl. Im 16. Jahrhundert manifestierte sich in ökonomischen Fragen vor allem gepaart mit Gewaltanwendung nicht nur eine Verletzung der jüdischen Privilegien, sondern des Kaisers und des Reichs als Gesamtordnung. Dass Juden zu beiden Zeiten mit Ehre argumentieren konnten, zeigt deutlich die soziale Differenzierung der frühneuzeitlichen Gesellschaft zu beiden Vergleichszeiträumen.85 Juden begriffen sich als nützliche und wichtige Mitglieder des Gemeinwesens entweder in Form ihrer Sachwalterfunktion für den Kaiser oder als ehrliche Kaufleute innerhalb einer egalitären Wirtschaftsordnung, für deren Fortentwicklung beziehungsweise Sicherung sie verantwortungsbewusst agierten.86 In ihren Selbstdarstellungen war es das Ziel der klagenden Juden, ein ehrbares und ehrenvolles Leben zu führen, es nach außen als solches darzustellen und mit Hilfe ihrer funktionalen Selbstbilder ihren Wert für die ,Reichsgemeinschaft‘ zu betonen.87 Dies gilt nicht nur für die ,Außenwelt‘, sondern auch für innerjüdische Konflikte, wie G feststellte.88 Ehre und die hiermit verbundenen Selbstbilder scheinen eine gewisse überreligiöse und übersoziale Geltung besessen zu haben. Auf jeden Fall weisen sie für Juden auf lokaler und regionaler Ebene vor gerichtlichen Unterinstanzen eine enorme Bedeutung auf, wie in ersten regionalen Studien festgestellt werden konnte.89 Für die Juden stellte sich aufgrund dieser Prämissen zusätzlich die Frage, ob ihre funktionalen Selbstbeschreibungen sowie ihre jeweils zeitspezifischen Ehrcodes auf Zustimmung trafen bzw. im Erwartungshorizont des Gerichts lagen. Angesichts der Reaktionen des RHR, für den in den hier untersuchten Prozessen weder Religion noch Konfession oder Geschlecht ausschlaggebend gewesen zu sein scheint, trafen die Juden zu beiden Zeiten die Erwartungshaltung des kaiserlichen Gerichts ziemlich genau. Ansonsten wäre auf gerichtlicher Seite eine Rechtsprechung zu Gunsten der adeligen Reichsstände zu bemerken gewesen, was nicht der Fall war. Ein RHR-Verfahren hob zunächst einmal offenkundig die Unterschiede zwischen Juden und der landesherrlichen Obrigkeit auf.90 Der RHR bekräftigte bewusst oder unbewusst mit seiner Rechtsprechung die aktive Teilhabe der Juden am System ,Altes Reich‘ nicht

85 86 87 88 89 90

Vgl. S, Gemeinnutz, S. 622. D, Abseits, S. 147; D, Judaismus, S. 75. D, Mensch, S. 98f.; J, Ehre, S. 163f.; S, Frage, S. 64. Hierzu K-H, Gemeinde, S. 398–406 sowie insgesamt G, Autonomie, S. 745–786. Vgl. U, Shulamit, S. 285–288 u. L, Hund; vgl. K-M, Reichshofratsakten. Vgl. W, Rechtsprechung, S. 437.

7.3 Jüdische Kläger, ihre Ehrcodes und ihre Selbstbilder

371

nur auf rechtlicher, sondern ebenso auf sozioökonomischer und argumentativer Ebene.91 Insgesamt dürfte deutlich geworden sein, dass die den Juden durch die Adeligen zugeschriebene vermeintliche ,offizielle‘ Unehrlichkeit vom RHR nicht bestätigt wurde.92 Da den Juden Ehre durch den RHR nicht explizit aberkannt wurde, war sie ihnen damit formal zugeschrieben. Der RHR akzeptierte die jüdischen Rollenbilder und die sie konstituierenden funktionalen Selbstbilder.93 Diese Bedeutungs- und Begründungszusammenhänge des symbolischen Kapitals ,Ehre‘94 und der funktionalen Selbstbilder zeigen für die Juden sehr deutlich, dass es im Einzelnen nicht festgelegt war, wer als unehrlich galt und wer nicht. Juden scheinen nicht nur aus eigener Sicht, sondern auch aufgrund äußerer Zuschreibungen Ehre besessen zu haben, die sich im 16. und 18 Jahrhundert in das gesellschaftliche System durchaus einordnen ließ.95 Der Ehrcode und die an ihm hängenden Werte und rechtsstrategischen Normen boten sich besonders an, vor allem mit der Mehrheitsgesellschaft in Kontakt zu treten und an ihr teilzuhaben. Der ausgeführte Komplex deutet darauf hin, dass ,offizielle‘, von außen zugeschriebene Unehrlichkeit keineswegs etwas mit der tatsächlich gefühlten Ehrlichkeit der diffamierten Gruppe zu tun haben musste und gesellschaftliche Realitäten nicht zwingend widerspiegelte. Bisherige Studien zum Ehrbegriff bestätigen diese Tendenz.96 Hier sei auf den von U angesprochenen Umstand hingewiesen, dass die Grenzziehungen zwischen ehrbaren und ehrlosen Bevölkerungsgruppen und die Zuordnung der Juden zur Randgruppe sich weit komplexer und diffiziler gestaltete als bisher angenommen.97 Zukünftige Untersuchungen müssten bei der Frage ansetzen, in welchem Umfang Juden im Vergleich zur christlichen Umgebung den Weg zum RHR fanden, inwiefern sich ihre rechtsstrategischen Handlungen bzw. Argumentationsmuster und Selbstbilder von denen der 91 92

93 94 95 96

97

Zur Lokalherrschaft M, Partizipation, S. 104; D, Maurermeister, S. 164f. zum Öffentlichkeitsaspekt von Ehre. Dass den Juden von der staatsrechtlichen Literatur des 16. Jh. Ehre abgesprochen wurde (B, Gemeinden, S. 122f.), scheint sich in den RHR-Prozessen nicht niederzuschlagen. Hier hat der RHR mit einer Trennung von Person u. Streitgegenstand die Ehrlosigkeit der Juden neutralisiert (., Kammerknechtschaft, S. 81; G, Jud Süß, S. 50, 77f.). S, Gesellschaft, S. 13f., 15; N, Betrachtungen, S. 234. Vgl. hierzu ., S. 232f. in Anlehnung an Pierre B. Vgl. generell D, Mensch, S. 24. Hierzu W, Scharfrichter, S. 317–334; D, Mensch, S. 43–66, 96, hier S. 60: „Die Unehrlichkeit bildete in der frühneuzeitlichen Gesellschaft zusammenfassend gesagt, kein geschlossenes, von allen getragenes System der Ausgrenzung unliebsamer, geächteter sozialer Gruppen“; zur Ehre als zentraler Grundwert der ständischen Gesellschaft M, Grundwerte, S. 71f.; vgl. S, S, Ehre, S. 2f. Vgl. U, Nachbarschaft, S. 451; ., Kontakte, S. 315; S, Frage, S. 59; B, K, Einführung, S. 21f.; S, S, Ehre, S. 7 zum kommunikativen Aspekt von Ehre, sowie ., S. 23 zur „Flexibilität und Variabilität des Ehrcodes“. Insgesamt hierzu S, Amtsträger.

372

7. Bilanz und Ausblick

Christen unterschieden oder ihnen sogar ähnelten und welche Rolle die Ehre im Vergleich beider Klägergruppen hierbei spielte. Werden diese Ergebnisse auf einer generellen Ebene betrachtet, so belegt die Studie die Vielschichtigkeit der ,männlichen‘ Begriffspaare von Ehre und Unehre. Diese Vielschichtigkeit drückt sich in der Komplementarität von Gemeinwohl und Eigennutz aus. Beide Begriffe waren von jüdischen und adeligen Ordnungsvorstellungen geprägt, die sich wiederum in den gewählten, funktionalen Selbstbildern niederschlugen.98 Die historische Forschung kann in diesem Kontext von soziologischen Konflikttheorien profitieren, welche die kohäsive Kraft von Ehrkonflikten99 aufzeigen.100 Dem Konfliktbegriff kommt für Juden in der Frühen Neuzeit eine besondere Bedeutung zu, da Konflikte in ihrer kommunikativen Einhegung integrative Wirkung ausstrahlen. Die Prozessbeteiligten bestätigten durch ihre Beteiligung an den Verfahren die bestehende Ordnung des Reichs, schrieben sie weiter fort und konstruierten sie sogar mit ihrer sozialen Interaktion vor Gericht. Das schließt letztlich die Existenz und die Fortschreibung einer gemeinsamen, Juden und adelige Herrschaften umfassenden Streitkultur mit allgemeingültigen Werten wie der Ehre und – mit Blick auf die Rechtspraxis und die rechtsstrategischen Handlungen – auch gemeinschaftliche Normen mit ein. Die jüngste Forschung bündelt unter dem Begriff der ,Streitkultur‘ die frühneuzeitlichen Konfliktaustragungs- und Regulierungspraktiken, die auf eine spezifische Öffentlichkeit ausgerichtet waren und den Prozess der Verrechtlichung von Konflikten umschreiben. Dabei müssen sich die Gegner als Angehörige einer minimalen Gemeinschaft sehen, so dass ,Streitkultur‘ den Austrag um gemeinsame Werte und Normen meint, die aber vor der Öffentlichkeit als Kontrollinstanz als konsensfähig galten. Diese Konflikte müssen gleichzeitig einen Grad an Ritualisierung und Formalisierung aufweisen, um eben Bestandteil einer Streitkultur sein zu können. Damit konstruierte sich eine gemeinsame, wenn auch kontroverse soziale Ordnung, die zugleich den Kern jeder Streitkultur als Konfliktaustragungspraktik bildete.101 Werden diese Feststellungen zur Streitkultur an die hier eruierten Ergebnisse angelegt, so sei festgehalten, dass klagende Juden und verklagte adelige Herrschaften von einer gemeinsamen Wertebasis aus agierten, auch wenn sie diese inhaltlich unterschiedlich definierten. Die Obrigkeiten und die Juden 98 99 100

101

Zum letzten vgl. W, Gemeinwohl, Sp. 409–415. Zur Frage von Kohäsionsprozessen durch Konflikte in demokratischen Gesellschaften D, Integration, S. 147–178. Siehe hierzu B, Konflikttheorie, S. 232f.; D, Justiz, S. 275. Vgl. erste Applizierungen in der historischen Forschung E, Gerichtsbarkeit, S. 12; O, Auftrag, S. 15f.; F, R, Einleitung, S. 14–18; kritisch H-M, Ständekonflikt, S. 12–14. Siehe U, Nachbarschaft, S. 453. Vgl. E, K-R, Streitkulturen, S. 1–16; H, Alltag u. T, Kriegsbegründungen, S. 2–4, 14–16, 26–45, 55–57, 81f., 84f. am Beispiel der Kriegserklärung.

7.3 Jüdische Kläger, ihre Ehrcodes und ihre Selbstbilder

373

verwendeten die gleichen Ehrzuschreibungsprozesse.102 Beide Ehrbegriffe stellten ein innerhalb der sozialen Ordnung miteinander verbundenes Kontinuum dar.103 Dies deutet darauf hin, dass es in der frühneuzeitlichen Gesellschaft eine Vielzahl sich ergänzender Ehrcodes gab, die nebeneinander bestehen oder sich ergänzen konnten.104 In ihnen fanden die Juden mit ihrem Ehrcode Platz. Gleiches gilt für die funktionalen Selbstbilder.105 Zu fragen ist an dieser Stelle sicherlich, inwiefern in den hier untersuchten Prozessen die gehobene soziale Stellung der Juden ausschlaggebend für den untersuchten Ehrcode war. Obgleich hier weitere Forschungen für den regionalen Raum noch ausstehen, liefert zur ersten Eingrenzung dieses Problems Ullmann wichtige Hinweise. Sie konnte herauspräparieren, dass Juden im lokalen Raum „als ,Partner‘ in Ehrkonflikten akzeptiert [wurden] und [. . . ] somit auf dieser Eben in den gesellschaftlichen Ehrdiskurs“ und in die Streitkultur vor Ort mit einbezogen waren.106 Neue Studien konnten in ersten Ansätzen zudem beweisen, dass sich Supplikationen jüdischer Kläger und Klägerinnen kaum von den Strategien christlicher Prozessteilnehmer unterschieden.107 Trotz dieser ersten Hinweise zur Allgemeingültigkeit der hier gewonnenen Ergebnisse werden an dieser Stelle in Zukunft weitere Forschungen von Nöten sein.108 Die Prozesse von Juden gegen reichsständisch-adelige Obrigkeiten zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert zeigen in dieser Deutung einen Prozess der Stärkung des Zugehörigkeitsgefühls Ersterer zum Reich.109 Die Juden standen zu keiner Zeit außerhalb dieses Reichssystems110 , sondern erwiesen sich als selbstverständlicher, wenn auch keineswegs unumstrittener Bestandteil des Systems ,Altes Reich‘ und seiner Streitkultur.111 Vorliegende Ergebnisse zeigen, dass der jüdische und adelig-reichsständische Ehrcode und die über Gemeinwohl und Eigennutz transportierten Ordnungsvorstellungen der jeweiligen gegenseitigen Abweichungen im Rahmen einer gemeinsamen Streitkultur bedurften, um formuliert werden zu können. Juden und adelige Herrschaften führten insofern Prozesse als kommunikative Deutungskonflikte über Werte und Normen, die in ihren inhaltlichen Grundbestandteilen zwischen beiden Gruppen unumstritten waren.112 102 103 104 105 106 107 108 109 110 111 112

H, Randgruppen, S. 3, zu den Zuschreibungsprozessen der Labeling-Theorie komprimiert ., S. 45. S, Ehre, S. 53f.; D, Ehre, S. 37; ., Stadtgeschichte, S. 413. Vgl. N, Betrachtungen, S. 243f. Zum Gemeinen Nutzen als Topos für Herrschaft u. Opposition E, Legitimationsbegriff, S. 241–254; B, Zeitalter I, S. 197–207; T, Denken, S. 1–21. U, Nachbarschaft, S. 452. D., Gnadengesuche, S. 168, 170f. Ähnlich L, Juden, S. 139. N, Reich (b), S. 242; D, Regionen, S. 162. S, Überblick, S. 321. Vgl. D, Justiznutzungen, S. 507f.; siehe auch L, Geschichte, S. 6. W, Rechtsprechung, S. 435.

374

7. Bilanz und Ausblick

Der RHR fungierte in dieser Streitkultur als Teilöffentlichkeit und zugleich Kontrollinstanz113 , die eben die korrekte Verwendung der angeführten Werte und Normen überwachte.114 Die Forschung wendet sich in dieser Perspektive verstärkt der skizzierten Problematik von Fremd- und Selbstbeschreibungsprozessen zu. Dabei müssen zukünftig die sich hieran anschließenden Fragen nach der In- respektive Exklusion der Juden aus der frühneuzeitlichen Gesellschaft sowie zum Ausmaß ihrer gegenseitigen Beeinflussung beantwortet werden. Dies kann wohl nur vermehrt aus der Sicht der Juden und das heißt vor allem mit Hilfe jüdischer Quellen geschehen.115 Die reichshofrätlichen Prozesse mit jüdischer Beteiligung nahmen gleichwohl eine Funktion der Selbst- und Fremdbeschreibung aller daran Beteiligten bezüglich ihrer Stellung im und zum Reich ein. Sie leisteten zugleich einen Beitrag zur Kohäsion des Reichsverbandes sowie zur wachsenden Legitimität des Kaisertums.116 In dieser Perspektive wäre die Vorstellung von den Juden als cives Romani im 16. und 18. Jahrhundert das Gegenbild zu ihrer in der Forschung bisher kolportierten Existenz als Randgruppe innerhalb der frühneuzeitlichen Gesellschaft. Letztlich erfordert eine solche Sichtweise nicht nur einen Perspektivwechsel, sondern auch ein Verständnis vom Reich als ein dynamisches System mit hoher Lernfähigkeit117 , das sich in der Auseinandersetzung zwischen allen Reichsmitgliedern – ob Kaiser, Reichsstand oder Untertan – ständig verändern konnte und musste, um überhaupt bis 1806 bestehen zu können.118

113 114 115 116

117

118

Zu den Teilöffentlichkeiten der Frühen Neuzeit vgl. T, Kriegsbegründungen, S. 84–87. G, Widerstand (b), S. 342f.; S, Gemeinnutz, S. 599f. Ein ähnliches Desiderat beklagend L, Geschichte, S. 3. Siehe hierzu O, Reichspersonal, S. 86f.; W, Stabilisierung, S. 253 spricht von einer „Handlungsgemeinschaft mit unterschiedlichen Interessen, jedoch übergeordnetem Ziel“;., Reichshofrat, S. 136; R, Kommunikation, S. 171f.; L, Legitimation, S. 27–37; zur Applizierung des L’ Modells durch S-R, Kulturgeschichte, S. 11–17 u. S, Formen, S. 158–160; ., Sinn, S. 44f.; S, Autorität, S. 236; N, Reich (b), S. 242; S-V, Wissensspeicher, S. 29; B, Herrschaft, S. 4f., 7–9. B weist darauf hin, dass der „Einzelprozeß wie auch die Prozeßserie [. . . ] damit für den rekonstruierenden Historiker zu maßgebenden Komponente auf[rücken], in denen sich die mittelalterliche Gesellschaft nicht nur abgebildet findet, sondern die letztere auch in ihrer konkreten Ausprägung bestimmten“ (., S. 6); ähnlich Max W u. Heinrich P bei M, Herrschaftssoziologie, S. 42f., 52f., 59f. Bereits O, Auftrag, S. 370 warnt davor, „den konservativen Charakter des Reiches“ nicht allzu sehr zu überschätzen und R, Reichssystem, S. 7 spricht von einem „tatsächlichen stillen Verfassungswandel“. Ähnlich, aber auf der Ebene des „frühmodernen Staat[s]“ S, Rechtsnorm, S. 22. Dagegen R, Reichssystem, S. 155, der das Recht als konstitutives Element des Reichssystems gemäß der Reichspublizistik als „ein Element der Statik“ bezeichnet.

7.4 Die Juden und die Ständegesellschaft

375

7.4 Die Juden und die Ständegesellschaft L betont, dass weder die Politikgeschichte noch die strukturgeschichtliche Sozial- und Wirtschaftsgeschichte oder die neuere Kulturgeschichte119 alleine die Situation der Juden inmitten der christlichen Mehrheitsgesellschaft erfassen könne.120 Die in dieser Studie gewonnenen Ergebnisse bestätigen diese Sichtweise. Bis heute herrscht in der Forschung gleichwohl eine Vielstimmigkeit und damit Unsicherheit bezüglich der Einordnung der Juden in die frühneuzeitliche Gesellschaft. Viele Studien besitzen ihren Berührungspunkt in der Vorannahme einer Originalität der jüdischen Geschichte innerhalb des Alten Reichs. So waren laut B die Juden zwar Teil der allgemeinen Rechts- und Sozialordnung, standen aber „außerhalb der ständischen Ordnung“.121 Später betont derselbe Autor – sich hiermit widersprechend –, „daß die Juden auch im Ancien Régime keine isolierte Sonderexistenz führten, gewissermaßen ausgegliedert aus der feudalen Ordnung der Zeit“.122 Tatsächlich ist es anhand obiger Ergebnisse keineswegs so „selbstverständlich“ , dass die Juden „nicht Teil der ständischen Gesellschaft“ waren und „vollkommen außerhalb“ standen.123 Ähnlich verhältes sich m. E. mit der Definition des Randgruppenbegriffs bei G. Er nahm an, dass Randgruppen sich aus „Personen oder Gruppen“ zusammensetzen, „die Normen der Gesellschaft, in der sie leben, nicht anerkennen bzw. nicht einhalten oder nicht einhalten können und aufgrund dieser Ablehnung bzw. Unfähigkeit (infolge sog. nichtkonformen Verhaltens) von der Majorität als nicht gleichwertig akzeptiert werden“.124 Solche oder ähnliche Statements sind vom Diktum S über das Nichtvorhandensein einer deutsch-jüdischen Symbiose unter dem Eindruck der Shoa beeinflusst125 und müssen angesichts der Ergebnisse zumindest als überdenkenswert gelten. Es dürfte mit Blick auf die hier gewonnenen Ergebnisse unbestreitbar sein, dass sowohl Juden als auch Obrigkeiten sich auf die gleichen Wertegrundlagen beriefen. Dabei wurde die gemeinsame Sprache zum Ausdruck unterschiedlicher Behauptungen gebraucht. Die Ergebnisse der vorliegenden Studie hin119 120 121 122 123

124 125

Siehe hierzu jüngst R, Jewry. L, Anonymität, S. 79; L, Geschichte, S. 5f. Zitat B, Rahmenbedingungen, S. 54 u. Fn. 4, ähnlich S. 77; siehe G, Jud Süß, S. 48. B, Rahmenbedingungen, S. 76. Zitate S, Rande, S. 74; ., Grenzüberscheitungen, S. 38, 40f.; M, Bemerkungen, S. 49: „Sowohl der Narr als auch der Jude hatten nämlich keinen Platz innerhalb der Gemeinschaft der christlichen Stände, beide waren soziale Außenseiter“; R, Außenseiter, S. 9 betont, dass Angehörige einer Randgruppe zugleich immer Außenseiter waren. G, Randgruppen, S. 396. S, Mythos, S. 31–49; zur Verengung auf die Verfolgungsgeschichte in der Forschung vgl. G, Christen, S. 31.

376

7. Bilanz und Ausblick

sichtlich der strukturellen Beziehungen zwischen Juden und Christen stellen insoweit B Thesen über den christlich-jüdischen Kulturkontakt als Zufallserscheinung in Frage.126 Gleiches gilt für K’ Absonderungsthese jüdischer Identität127 mit seiner ungeheuren Ausstrahlungskraft bis in die heutige Forschung hinein.128 Die RHR-Prozesse erwecken zwar den Eindruck, jüdisches Leben sei von ausgesprochen großer Ambivalenz geprägt gewesen. Monokausale Erklärungsmuster müssen in Betracht dieser Ambivalenz stets ins Leere laufen. Gleichwohl dürfte sich als Tendenz abzeichnen, dass zum einen die frühneuzeitliche Gesellschaft wesentlich flexibler mit gesellschaftlichen Teilgruppen wie den Juden umgehen konnte, zum anderen die Juden sich durchaus als Teil dieser sozialen Ordnung ansahen. So ist mit Blick auf obige Ergebnisse dem Randgruppenbegriff oder ähnlichen Deutungsmustern mit einiger Skepsis entgegenzutreten.129 Vielmehr eröffnet G einen heuristischen Fragehorizont bezüglich der gesellschaftlichen Stellung der Juden innerhalb des Alten Reichs. Sie verweist auf den Umstand, ob „die christliche Ordnung nicht aber gerade des durch das Judentum in Potenz repräsentierte[n] ,Andere[n]‘ [benötigte], um sich ihrer Identität permanent zu versichern[.] Wenn das Judentum zum Erweis der Wahrheit des Christentums in Gestalt einer christlichen beherrschten Gruppe mit distinktem soziologischem Profil geduldet wurde, gehörte es dann nicht dieser christlichen Ordnung als institutionalisiertes Gegenprinzip an und gehörten nicht auch seine Träger ihr an, und sei es nur am Rande? Jedenfalls machten Juden in denjenigen Räumen Alteuropas, wo sie zugelassen waren, einen selbstverständlichen Bestandteil der Erfahrungswelt von Nichtjuden aus und nahmen [. . . ] ihren unbestrittenen Platz im Weltbild jener älteren Zeit ein“.130 Ebenso stellte L aus jüdischer Perspektive auf dieser Linie fest, dass die „Juden trotz ihrer religiösen, kulturellen und rechtlichen Sonderstellung auch immer Teil der allgemeinen Gesellschaft [waren], 126 127 128 129

130

Siehe insgesamt B, Integration; ., Grenzen. Vgl. hierzu K, Exclusivness, S. 13–23. M, Identität, S. 20–22. Ähnlich M, Juden (b), S. 410f. für das Spätmittelalter bis in die Herrschaft Karls V. So sprechen K, Tradtion, S. 11–20, I, Jewery (b), S. 184–206 u. ähnlich B, Integration, S. 451f. von einer streng abgesonderten Randgruppe. L, Anonymität, S. 104 u. G, Randgruppen, S. 398 sehen die Juden dagegen als Sondergruppe; W, Darstellung, S. 42 spricht vom „Sonderstand“ der Juden. D, Gesellschaft, S. 279 nimmt dagegen eine Klassifizierung der Juden als eine „starke geschlossene Einheit“ vor. B, Leib, S. 183 u. M, Untertänigkeit, S. 332 bezeichnen dieses Verhältnis hingegen als „Ausnahmefall“. U, Shulamit, S. 286, Fn. 1110 sieht die Juden als Nichtangehörige der Ständegesellschaft; L, Judentum ging dagegen geradezu von einer Einordnung der Juden in die Ständegesellschaft aus. U, Nachbarschaft, S. 465 meint dagegen, die Juden seien in der sozialen Hierarchie der Ständegesellschaft ganz unten anzusiedeln. G, Jud Süß, S. 338, Fn. 121.

7.4 Die Juden und die Ständegesellschaft

377

[. . . ] zusehends an ihr [partizipierten] und [. . . ] sie an nicht wenigen Stellen beeinflussen [. . . ]“ konnten.131 Angesichts der Ergebnisse dieser Studie und eingedenk der soeben referierten Forschungsmeinungen scheinen sich Integrationstendenzen der Juden in die christliche Mehrheitsgesellschaft abzuzeichnen.132 Die Tatsache, dass jüdisches Leben stets prekär war und sich die meisten Kontakte zur christlichen Umwelt über die Ökonomie ergaben, soll an dieser Stelle gar nicht in Abrede gestellt werden und wird durch obige Ergebnisse bestätigt. Indessen neigt noch heute die Forschung vom Standpunkt der Moderne dazu, jüdisches Leben stärker, als es wohl jemals war, isoliert von seiner lebensweltlichen Einbindung zu betrachten.133 Im rechtlich-kommunikativen Konfliktfall zwischen Juden und Obrigkeiten scheint doch eher eine Einbindung der Juden in das bestehende System ,Reich‘ sowie eine konflikthafte Partizipation an den Werten und Normen der Mehrheitsgesellschaft möglich gewesen zu sein.134 Das Verhältnis zwischen Juden und Christen sollte als eine dynamische Interaktion zwischen ,nahen Fremden‘135 beschrieben werden. Dichotomische Grenzziehungsversuche lassen zumeist außer Acht, dass Segregation in der frühneuzeitlichen Gesellschaft ein normaler Vorgang war, der sich zunehmend auch auf die intern höchst differenzierten Gruppen der Vagabondage136 , des Bettlerwesens137 oder des Gauner- und Räubertums138 bezog.139 In der auf ,normaler‘ Ungleichheit basierenden Ständegesellschaft grenzten sich alle ,Stände‘ durch bestimmte rechtliche Sonderbestimmungen bspw. in Privilegienform oder durch Geburt und Herkunft bewusst voneinander ab.140 131 132

133

134 135

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137 138 139 140

L, Geschichte, S. 2. So bspw. B, Integration, S. 429, der Integrationstendenzen als mit der Vorannahme einer judenfreundlichen Alltagskultur und einer judenfeindlichen Obrigkeit zu neutralisieren versucht. So S, Rechtsnorm, S. 12f. u. D, Gesellschaft, S. 16–21; tatsächlich betonte L, Anonymität, S. 104f. dogmatisch, dass die jüdische Existenz „statt auf Integration auf Separation hin ausgerichtet“ gewesen sei. S, Rechtsnorm, S. 14; D, Gesellschaft, S. 281 sieht die Juden „von allen kulturellen Strömungen der Zeit abgeschnitten“; M, Untertänigkeit, S. 322f. Siehe M, Introduction, S. 11; B, Integration, S. 454 sieht ein „komplementäres Spannungsverhältnis“ beider Kulturen zueinander; ., Juden, S. 19f.; D, Entdeckung, S. 110 betont, dass es bei aller Statik eine „beträchtliche Dynamisierung“ gab; ähnlich T, Juden, S. 122; S, Rande, S. 83. Siehe hierzu H, P, Vagabunden, S. 151–159; R, Schausteller, S. 43– 51; W, Händler, S. 313–326; A, Straße; S, Kinder, S. 109–132; H, Gesellschaft. Vgl. U, Ehepaar, S. 269–291; H, Bettler, S. 281–321. Siehe zu diesen ,Außenseitern‘ S, Aussenseiter; R, Arme. F, Lebenswelt, S. 297–314; S, Mythos, S. 686–701. Siehe hierzu die Diskussion in der älteren Forschungsliteratur bei G, Jud Süß, Fn. 121, S. 336f. H, Randgruppen, S. 112; S, Rechtsnorm, S. 14f.; M, Partizipation, S. 105. In der ständischen Gesellschaft der Frühen Neuzeit fehlte sowohl eine

378

7. Bilanz und Ausblick

Wird die Ständegesellschaft nach ihrer dreigeteilten Idealvorstellung von Adel, Klerus und Bauern beurteilt, dann gehörte ein erheblicher Teil der damaligen Bevölkerung zu Randgruppen oder müsste aus diesem Grund sogar aus der Ständegesellschaft herausfallen.141 Letztlich müsste – in der für die Juden angelegten strikten Perspektive – die Position des Bürgertums ebenfalls prekär sein, da im Rahmen der Ständelehre für sie theoretisch kein Platz war.142 Im Übrigen verweist auf diesen Umstand bereits das Universallexikon von Z, in dem es heißt, so viele Stände, so viele Gesellschaften, Collegia und Zünffte es gebe, so viel besondere Pflichten entstehen daher, welche ein jeder nach dem Stand, darinnen er lebet, beobachten muß.143 Weiterhin gibt das Lexikon auf elf Seiten eine Definition von Stand, Zustand, Stand der Menschen, oder Personen in der zum Teil divergierende Ansichten über dieses schillernde Phänomen der starren und bis heute nur unbefriedigend untersuchten Ständegesellschaft144 wiedergegeben werden. Das Zitat offenbart demnach die bereits zeitgenössische Problematik, den Terminus der Ständegesellschaft zu definieren.145 Insofern bestätigt die vorliegende Studie die Ergebnisse der vergleichenden Arbeit N zur Hugenottenansiedlung in Deutschland und England. Letzterer gelangt für den deutschen Untersuchungsraum zu dem Ergebnis einer systembedingten „sozial und rechtlich segmentierten Gesellschaft“ der Frühen Neuzeit als gesellschaftliche Normalität, die sich unter anderem in einer ausgefeilten Privilegienvergabe äußerte. Für die Frühe Neuzeit könne nicht von einer Integration von Minderheiten in die sie umgebende Gesellschaft im modernen Sinne gesprochen werden. Ähnliches muss für die jüdische Bevölkerung gelten, die allenfalls durch das Ausmaß einzelner Privilegierungen oder Selbstinterpretationen eine Sonderstellung wie eben auch andere Bevölkerungsgruppen einnahm, an sich aber Teil der zerklüfteten frühneuzeitlichen Gesellschaft innerhalb des Alten Reichs waren.146 Die jüngere Forschung betont ähnliche Strukturen zwischen jüdischen und christlichen Gemeinschaften: W zeigt z. B. die Ähnlichkeiten zwischen jüdischer Gemeinde und christlicher Zunft auf. Beide waren einerseits darauf ausgerichtet, die spezifischen Interessen ihrer Gruppen zu wahren und nach

141 142 143 144 145 146

einheitliche Anthropologie der Geschlechter, als auch deren institutionelle Absicherung, vgl. hierzu W, Normen, S. 74. Ähnlich H, Randgruppen, S. 14f. H, Randgruppen, S. 108; E, Gesellschaft, S. 42f. Z, Universallexikon 49, Sp. 2253–2282, hier Zitat Sp. 2254, s. v. Unterthan, Unterthanen. Vgl. E, Gesellschaft, S. 41; G, Jud Süß, S. 26, 34–50; zur Ständetheorie O, Stände, S. 39–48. Z, Universallexikon 39, Sp. 1093–1103; S, Außenseiter, S. 22f. N, Immigrationspolitik, S. 112f. (Zitat S. 113) u. 533f.; S, Außenseiter, S. 31, 38; G, Autonomie, S. 12f.; W, Identity, S. 317–320; zu den Privilegien für die jüd. Bevölkerung als ,Sonderrecht‘ B, Privilegierung, S. 139–190.

7.4 Die Juden und die Ständegesellschaft

379

außen hin zu vertreten. Andererseits erhielten sie von der Obrigkeit spezifische Aufgaben übertragen. Dabei konnte Wiedl zwischen beiden Gemeinschaftsformen parallele Strukturen aufzeigen, die sich nicht nur auf Ämter und ihre Aufgaben erstreckten, sondern auch darauf ausgerichtet waren, die Exklusivität der eigenen Gruppe aufrechtzuerhalten. Für die jüdischen Gemeinden traf dies zum Beispiel auf vagierende Juden, für die Zünfte dagegen auf wandernde Handwerksgesellen zu.147 Daher konstatierte unlängst G für die jüdische Gesellschaft, dass durch das „strukturelle Einbinden in das hierarchische, durch Ungleichheit gekennzeichnete gesellschaftliche Gefüge“ überhaupt erst „eine Anerkennung der Juden als eigenständige religiöse Gruppe und als Korporation möglich wurde“.148 Mit Blick auf diese Anerkennung sei auf die von S bereits in den 1980er Jahren aus Sicht der damaligen Forschung konstatierte und bis heute nicht behobene definitorische Unsicherheit bezüglich der ständischen Gesellschaft verwiesen149 : „Natürlich wissen wir um die hierarchische Ordnung dieser Gesellschaft, ihren pyramidenförmigen Aufbau, ihr ausgeprägtes Interesse an Stand und Rang ihrer Mitglieder150 und die schon erwähnte Mobilität in dieser Gesellschaft wie um ihre elementare Ungleichheit: Ungleichheit im Rechtsstatus, in der Steuerbelastung, in den Chancen für Wissen, Information und Bildung und was immer unsere Kriterien sein mögen. [. . . ] Doch bleiben neben der Fülle der Kenntnisse eine Reihe von Fragen offen, unter denen ich vor allem jene nennen will, die diese Gesellschaft als Ganzes betreffen. Wir wissen relativ wenig über die sich verändernde Selbstinterpretation dieser Gesellschaft [. . . ]“.151 Jüngere Forschungen sehen die Ständegesellschaft zwar mittlerweile als ein Ordnungsmodell, das aufgrund seiner vielfältigen Differenzierung keinesfalls als statisch beschrieben werden darf.152 Die Forschung steht erst am Anfang dessen, was die Benennung der von 147

148

149 150

151

152

W, Gemeinde, S. 44–49. Zu den Exklusionsmechanismen von Zünften S, Außenseiter, S. 27. W, Fremddarstellungen, S. 225–227 führt noch die Beteiligung von Juden an den städtischen Lasten auf. Zur Autonomie der Verwaltung als von der Obrigkeit zugeschriebene Aufgabe ., S. 229–232. Ausführlich zur oligarchisch aufgebauten Gemeindestruktur der Kehillot B, Neuzeit, 160–183. . betont, dass die jüd. Gemeinde wie eine Gilde organisiert gewesen sei (S. 161). Zitat G, Autonomie, S. 13, insgesamt S. 12–14. W, Fremddarstellungen, S. 216 spricht in diesem Sinne von „kooperativen Deutungsmustern bei der Selbst- und Fremddarstellung“ von Juden. Vgl. S, Gemeinnutz, S. 593. Ergänzend müsste hier die frühneuzeitliche Prävalenz zur symbolischen Kommunikation dieser Elemente ergänzt werden (vgl. S-R, Zeremoniell; ., Rang; ., Inszenierung; ., Kommunikation; ., Kleider; ., Würde). S, Gemeinnutz, S. 594. Ebenso verweist er an anderer Stelle auf folgenden Umstand: „Wesentlich an einem solchen Definitionsversuch erscheint der Hinweis, daß ,Stand‘ nicht allein durch Geburt erworben wird, sondern auch durch andere ,sanktionierte soziale Qualifikationen‘ erworben werden kann“. Zitat D., Gesellschaft, S. 3. Vgl. M’, Ständegesellschaft, Sp. 865–872.

380

7. Bilanz und Ausblick

S eingeforderten Selbstinterpretation und Qualifikationen betrifft.153 Es war natürlich das Problem der ständischen Gesellschaft, dass der Ehr-Katalog stets standesspezifisch formuliert werden musste.154 Gleichwohl zeigt gerade die vorliegende Arbeit, dass die aktive Teilhabe der Juden an Ehre und anderen zeitspezifischen Werten möglich war. Der Terminus ,Ständegesellschaft‘ kann für sich alleine genommen daher nur unbefriedigende Antworten auf die sich in dieser Studie deutlich abzeichnende Positionierung der Juden liefern.155 Sicherlich wichen Juden bezüglich der Halacha156 und den sich hieraus ergebenden Distinktionen im Alltagsleben von der Lebensart der Mehrheitsgesellschaft ab, die sich wiederum von ihnen abgrenzte.157 Zugleich applizierten die Juden die Normen und Werte der Mehrheitsgesellschaft bzw. beteiligten sich an diesen und brachten ihre eigenen Vorstellungen aktiv mit ein.158 Insofern gibt die vorliegende Studie den Anstoß zu einem wesentlich flexibleren Umgang mit diesem Modell, das keineswegs starre Verhältnisse oder dogmatische Ordnungsschemata beschreibt, sondern in sich wohl eher fließend gewesen war.159 Angesichts der vorliegenden Ergebnisse wäre zu überlegen, die Erforschung der Ständegesellschaft um die Eruierung von Wertegemeinschaften zu ergänzen. Diese Gemeinschaften würden verschiedene Gruppen umfassen, in die die jüdischen Bevölkerungsschichten jeweils eingeordnet werden müssten.160 Damit stellt sich die Frage, ob die christliche und ,jüdische Ständegesellschaft‘161 heuristisch nicht in eben einzelne, in ihren Werten und Normen übereinstimmende und sich zur ständischen Gesellschaft

153 154

155 156 157 158 159 160

161

S, Gesellschaft, S. 3f. D., Gemeinnutz, S. 595; G, Standesdenken, Sp. 894f. Standesdenken bezieht sich stets auf die Eigensicht einer Gruppe und schärft das Bewusstsein für die Gemeinsamkeiten ihrer Angehörigen. Standesdenken entwickelt und verteidigt Normen, die zu bestimmten Zeiten in bestimmten Regionen für eine ganze Gruppe gelten. Dabei betont die Forschung nun die Existenz sehr unterschiedlicher Verhaltenscodes. G, Jud Süß, S. 26. G, Tradition. Siehe zu Randgruppen, die von Normen der Gesellschaft abweichen H, Randgruppen, S. 50; S, Austausch, S. 19. Siehe hierzu kurz G, W, Kaiser, S. 1–10. Vgl. G, Jud Süß, S. 38–40. Vgl. H, Randgruppen, S. 90f., 107f.; vgl. zur Erlernung der standesspezifischen Sprache durch Aufsteiger in den Adelsstand A, Adel, S. 8f.; S-R, Kommunikation, S. 505–509; A, S, Kommunikation, S. 402f.; T, Kriegsbegründungen, S. 253–255 spricht mit Blick auf Kriegsbegründungen in der Frühen Neuzeit ebenfalls von Wertegemeinschaften (S. 253f.). Zu letzten Begriff H, Geschichte, S. 133–139.

7.4 Die Juden und die Ständegesellschaft

381

komplementär162 verhaltende Wertegemeinschaften aufzulösen wären.163 Undifferenzierte Narrative von ,den Juden‘ der frühneuzeitlichen Gesellschaft wären aufgrund dieser Überlegungen hinfällig. Mit dieser Forderung ist gleichwohl weder eine Absage an die Forschungsergebnisse vorhergehender Forschergenerationen wie die Arbeiten K’ intendiert, noch soll die frühneuzeitliche Ständegesellschaft in Frage gestellt werden.164 Allerdings sollte es zukünftig nicht mehr darum gehen, ,die‘ Juden als kollektive Gruppe in die Ständegesellschaft dogmatisch einzuordnen oder aus ihr auszuschließen. Denn auf diese Weise würde die hohe Komplexität der sozialen Ordnung frühneuzeitlicher Gesellschaften unterschätzt.165

162

163

164 165

T, Ratsherren, S. 200–212 konnte bspw. in einer Gegenüberstellung von oligarchisch strukturiertem Rat und ähnlich verfasstem jüdischen Gemeindevorstand vergleichbare gruppeninterne Mechanismen der Machterhaltung und -konsolidierung erarbeiten; zur jüdischen Teilhabe an der dörflichen Nutzungsgenossenschaft U, Nachbarschaft, 382–411; S, Ursprung, S. 92–104 beschreibt dagegen eine seit dem 17. Jh. sich abzeichnende u. allmählich sich ausbreitende „Anpassung an die Umgebung“ (S. 92). Er gibt dafür die Mode u. den Trend an, sich Bart u. Schläfenlocken abzurasieren sowie Perücken zu tragen. In diese Interpretation gehört aber letztlich auch die schwindende Gemeindeautonomie, die immer intensivere Kontakte zu den christlichen Behörden wie v. a. den Gerichten der Gojim mit sich brachte (vgl. hierzu S, Ursprung, S. 129–157; vgl. auch G, Rabbiner; ., Strukturen; ., Gemeinde; ., Grenzen; ., Spannungsfeld). D., Autonomie, S. 745– 786 erstellt eine Topographie der Ehrbarkeit innerhalb der Frankfurter Judengemeinde am Beispiel des dortigen Friedhofes, die Anklänge zur Gesamtgesellschaft aufweisen könnte. Gleichwohl betont er ., S. 773, dass eine „Vorstellung einer durch den Stand oder das Gewerbe definierten Unehrlichkeit, was aus christlicher Perspektive in gewisser, primär rechtlicher Hinsicht ja die gesamte jüdische Gesellschaft betraf “ innerhalb der jüdischen Gesellschaft nicht existierte. „Sie war parallel zur Wahrnehmung der Umwelt vor allem an das persönliche Verhalten [. . . ] gebunden [. . . ]“ (.). Vgl. E, Gesellschaft, S. 44f. mit Blick auf das neue Wirtschaftsbürgertum in der zweiten Hälfte des 18. Jh., dass ebenfalls aus der Klassifizierung der Ständegesellschaft heraus fiel; H, Randgruppen, S. 112f. spricht der von „Eigenkulturen“ (S. 112); D, Frauenleben, S. 53, 59 spricht von „Grenzzonen“, in denen es Berührungspunkte zw. Juden u. Christen gab; siehe S, Erkenntnisinteressen, S. 37f., wo er von der „Metapher vom Hypertext“ spricht, das sich aus einem „Netzwerk informationeller Einheiten bzw. [. . . ] von materiellen Einheiten und Codierungen oder Übersetzungen“ zusammensetze, das „in alle Richtung offen, nie abgeschlossen“ sei u. in dem sich schließlich ein Transfer zw. „Kohärenzen“ o. „Kohärenzclustern“ vollziehe (S. 40f.); vgl. W, Fremde, S. 57, der von Integration spricht; R, Science, S. 6 spricht dagegen zielgerichtet von „cultural links forged with non-Jewish society“; demgegenüber vertritt B, Integration, S. 430f. ein Kohärenzmodell zweier voneinander getrennter jüd. u. christl. Gruppen in einem komplementären Spannungsverhältnis zw. Integration u. Segregation; U, Nachbarschaft, S. 17f.; G, Jud Süß, S. 40f.; S, Ursprung, S. 30f. So W, Bericht, S. 94f. Vgl. hierzu S, Gemeinnutz, S. 593. G, Jud Süß, S. 38f.

382

7. Bilanz und Ausblick

In einer solchen komplexen Zugangsweise würde die jüdische Bevölkerung ein weit selbstverständlicherer Teil dieser frühneuzeitlichen, auf Ungleichheit aufgebauten und hochgradig differenzierten Gesellschaft darstellen.166 Einer solchen Gesellschaft müsste zudem wesentlich mehr Flexibilität zugeschrieben werden, als es in der älteren Forschung bisher der Fall war.167 Eine integrierte kulturalistische, politik-, sozial- und wirtschaftsgeschichtliche Betrachtung von Ständegesellschaft und Wertegemeinschaften zwischen Juden und Christen dürfte der Erforschung der ständischen Gesellschaft die wesentlichen Impulse liefern. Eine solche Gesellschaft wäre als dynamisches System in der Lage gewesen, Raum für funktionale Differenzierungen zu bieten sowie die aktive Teilhabe der Juden zuzulassen.168 Die Berechtigung, heterogene Personenkreise unter dem Oberbegriff der Randgruppe zusammenzufassen – so betont H –, wurzelt in der Gepflogenheit der führenden Eliten als Werte- und Normenträger, die Ehre diverser Gruppen zu mindern oder zu zerstören.169 Daher war eine Betrachtung dieser Problematik aus jüdischer Perspektive zwingend geboten und mit der Frage zu verknüpfen, wie sich die Juden selbst im sozialen Gefüge des Reichs verorteten. Aussagen, dass Juden ,ehrlos‘ gewesen sein sollen170 , sind aus der zeitgenössischen christlichen Perspektive zeitgenössisch verständlich.171 Ob sie allerdings bei Betrachtung vorliegender Ergebnisse von der Forschung weiterhin in der Form stehen gelassen werden können, mag an dieser Stelle für die Eruierung sozialer Praxis deutlich bezweifelt werden. Letztlich erscheinen in der fließenden und damit unklaren zeitgenössischen Definition der Ständegesellschaft alle Menschen – auch die am Rande – als agierende und keinesfalls nur reagierende Elemente.172 Der jeweilig zeitspezifische Ehrcode der am RHR klagenden Juden und die sich hieraus ergebenden funktionalen Selbstbeschreibungen zeigen, dass Juden keineswegs außerhalb

166

167 168

169

170 171 172

S, Rechtsnorm, S. 22 spricht vom „Eingebettetsein jüdischen Lebens in die soziale Welt der sie umgebenden Christen und ihrer Städte und Dörfer“; siehe hierzu D, Gesellschaft, S. 34–47. U, Shulamit, S. 288; M, Grundwerte, S. 71f. Zitate S, Gemeinnutz, S. 622f. u. 625. Vgl. Z, Universallexikon 39, Sp. 1093–1128, s. v. Stand, hier Sp. 1097 mit dem Eingeständnis einer sozialen Vielfalt abseits der klassischen Ständetrias. H, Randgruppen, S. 3. Siehe hier die Klassifizierung von drei Gruppen von ,Unehrlichen‘ bei D, Mensch, S. 24f.: 1. Unehrliche Handwerker und Gewerbe; 2. das fahrende Volk wie den Juden; 3. öffentlich niedrige Dienste. Diese Einteilung erscheint zu statisch, da bspw. nicht alle Juden zum fahrenden Volk gehörten. Insgesamt mit dieser ältere Sicht bspw. R, Außenseiter, S. 23–41. Z, Ehre, S. 16; D, Kultur, S. 202. Vgl. hierzu U, Shulamit, S. 285f., Fn. 1110. Vgl. H, Randgruppen, S. 49; G, Jud Süß, S. 37f.

7.4 Die Juden und die Ständegesellschaft

383

der Ständegesellschaft standen.173 Vielmehr gilt für die am RHR klagenden Juden, dass sie sich zu beiden Zeiten in der Mitte des Reichs174 befanden.175

173 174 175

Vgl. F, Quellen, S. 289. So U, Shulamit, S. 257–302 für den regionalen u. lokalen Raum. M, Untertänigkeit, S. 335: „Die Juden waren nichts andere als eine Gruppe unter vielen anderen innerhalb dieses [öttingischen, A. G.] Untertanenverbandes“; W, Fremde, S. 61 spricht von Teilintegration.

Anhang Diagramme zu jüdischen Betreffen am Reichshofrat

386

Anhang

Abbildung 3: Vergleichende Prozessfrequenz 1576–1603 (Wolf’sche Repertorien nach Ortlieb u. Polster u. Resolutionsprotokolle; die eingedunkelten Farbabschnitte weisen Reichstagsjahre aus)

Diagramme zu jüdischen Betreffen am Reichshofrat

387

Abbildung 4: Prozessfrequenz 1576–1603 (Resolutionsprotokolle; die eingedunkelten Farbabschnitte weisen Reichstagsjahre aus; schwarze Linie = Trendverlauf)

388

Anhang

Abbildung 5: Vergleichende Prozessfrequenz 1745–1765 (Wolf’sche Repertorien nach Ortlieb, Polster u. Resolutionsprotokolle; die eingedunkelten Farbabschnitte weisen den Aachener Frieden und den Siebenjährigen Krieg mit dem Hubertusburger Frieden aus)

Diagramme zu jüdischen Betreffen am Reichshofrat

389

Abbildung 6: Prozessfrequenz 1745–1765 (Resolutionsprotokolle; die eingedunkelten Farbabschnitte weisen den Aachener Frieden und den Siebenjährigen Krieg mit dem Hubertusburger Frieden aus; schwarze Linie = Trendverlauf)

390

Anhang

Abbildung 7: Totalaufkommen jüdischer Betreffe am RHR 1576–1603 (n = 155; * gemäß der reichsständischen Gliederung des Reichs)

Abbildung 8: Totalaufkommen jüdischer Betreffe am RHR 1745–1765 (n = 262; * gemäß der reichsständischen Gliederung des Reichs)

Diagramme zu jüdischen Betreffen am Reichshofrat

Abbildung 9: Reichsständisch-geographische Verteilung 1576–1603 (n = 88)

391

392

Anhang

Abbildung 10: Reichsständisch-geographische Verteilung 1745–1765 (n = 146)

Diagramme zu jüdischen Betreffen am Reichshofrat

Abbildung 11: Herkunft jüdischer Prozessbeteiligter 1576–1603 (n = 68)

Abbildung 12: Herkunft jüdischer Prozessbeteiligter 1745–1765 (n = 101)

Abbildung 13: Prozessmaterien 1576–1603 (n = 88)

393

394

Anhang

Abbildung 14: Prozessmaterien 1754–1765 (n = 139)

Schemata jüdischer Schuldprozesse

395

Schemata jüdischer Schuldprozesse

Tabelle 1: Schema jüdischer Schuldprozesse 1576–1603 (geordnet nach klagenden Juden) Streitparteien1

Sachbitte des Juden

Kommissionsbitte des Juden

RHRBeschlüsse

Ausgang und Dauer2

Simon von Günzburg ct. Abt von Ursberg 3

X3

Kommission ad perpetuam rei memoriam auf Landvogt der Markgrafschaft Burgau Karl Welser5 u. Rentmeister der Markgrafschaft Burgau Isaak Han6 sowie Hans Christoph von Türheim7 krankheitsbedingt später auf Hans Wilhelm von Türheim

Kommission zur Güte auf Landvogt u. Rentmeister sowie v. Türheim Austausch der Kommissare bewilligt

X / (5)

1

Als Informationsgrundlage diente das Aktenmaterial u. v. a. die Resolutionsprotokolle. Die Prozesse wurden nach den jüdischen Klägern geordnet. 2 Prozessausgang / Dauer in Jahren: Angaben mit Klammern beziehen sich auf nicht gesicherte Akteninformationen. 3 HHSAW, RHR, J. ., K. 43/2; ., R, XVI/42a, fol. 284r (22.10.1576); ., XVI/43, fol. 31r (20.4.1577). 4 Keine Angaben. Erste Supplikationen fehlen im Akt. 5 Landvogt auf Lebenszeit, später Karriere am Innsbrucker Hof, Schwager Ferdinands II. (vgl. Z, Vorderösterreich, S. 46). 6 Rat Erzherzogs Ferdinand (II.) (vgl. K, Kunstdenkmäler, S. 137; U, Geschichte, S. 310). 7 Reichsritterschaftliches Geschlecht mit Sitz in Bieberachzell/Schwaben (vgl. H, Thürheim). Hans Christoph von Thürheim (1589–1634) ließ sich in Oberösterreich nieder (Herrschaft Weinberg). Seine Nachkommen bekleideten mehrfach hohe Ämter in Oberösterreich (vgl. Artikel Thürheim, Adelsfamilie. In: Österreich-Lexikon von aeiou, URL: , [30.03.2010]).

396

Anhang

Streitparteien

Sachbitte des Juden

Kommissionsbitte des Juden

RHRBeschlüsse

Ausgang und Dauer

Simon von Günzburg ct. Bischof von Augsburg 1 Simon von Günzburg ct. Adelmann von Adelmannsfelden zu Sechingen4

X

Kommission auf Herzog Albrecht V. von Bayern2

X / (4)

beuelch vorschrifft an den vom Stein

Lazarus von Winda ct. von Eyb7 Mendel von Worms ct. von Leinigen8

X

Exekutionsauftrag auf Probst zu Ellwangen bzw. den dortigen Statthalter Puppelin/ Boppelin von Stein5 ; Landvogt Welser; später auch auf Friedrich V. von Öttingen6 X

Kommission zur Güte und Recht auf Johann Achilles Ilsung3 beuelch ExekutionsKommission auf Landvogt vorschrifft

Kommission auf Graf von Castell

X / (1)

X

X

Comitj ernstlich dieser gwaltthaten zuuerweisen und die bezahlung sowol seines debit. als bei dem undthanen zuuerhelffen inerhalb 3. Monat

X / (2)

1

X / (5)

HHSAW, RHR, J. ., K. 43/1; ., R, XVI/42a, fol. 284r (22.10.1576). B, Albrecht V., Sp. 90–91. 3 Diplomat, Reichspfennigmeister, Rat Maximilians II. u. Rudolfs II., Landvogt von Schwaben (V, Ilsung, S. 34f.). 4 HHSAW, RHR, J. ., K. 43/2; ., R, XVI/42a, fol. 263r (3.10.1576); ., XVI/43, fol. 43v (5.8.1577), 48r (14.8.1577). 5 B, Adel, S. 838. 6 Er war als einziger Katholik des Hauses Öttingen Verwalter der gräflichen Besitzungen (S, Grafen, S. 373) u. Mitglied des RHR unter Maximlian II. (U, Geschichte, S. 20) sowie Rudolf II. (E, Gerichtsbarkeit, S. 307). 7 HHSAW, RHR, R, XVI/69, fol. 168r (11.10.1593). 8 E., XVI/77, fol. 231r (30.10.1596); ., XVI/79, fol. 62r (16.5.1597); ., XVI/80a, fol. 71r (16.5.1597). 2

Schemata jüdischer Schuldprozesse

397

Streitparteien

Sachbitte des Juden

Kommissionsbitte des Juden

RHRBeschlüsse

Ausgang und Dauer

Matthes Levi von Schnaittach ct. vom Stein zum Altenstein1 Matthes Levi von Schnaittach ct. von Trebis2

Ernstlichen beuelch

X

Iungatur solutio p Einschluß

X / (1)

X

X

Abgeschlagen / 1

Salomon und Isaak von Prag ct. von Gugel4 Beyfuß ct. von Adolzheim5 Jacob Fröschel ct. Heinrich Cramer von Clausbruch6 Jacob der Ältere aus Günzburg ct. von Pappenheim7

Patent u. Promotorial pro solutione

Kommission zur Güte und ad referendum auf Bischof von Bamberg, Johann Philipp von Gebsattel3 X

Schreiben an die Stadt Nürnberg

X / (1)

Isaak von Appenfelden ct. von Steinig 8

1

X

X

X

Abgewiesen / 1

bit umb beuelch d Er bezalt werde

X

X

X / (1)

beuelch Intercession unnd promotorialschreiben an Landvogt v. Horben X

X

X

X / (1)

unpartheijsche Commissarien auf Georg Friedrich von BrandenburgAnsbach9

X

X / (2)

E., XVII/3, fol. 128v (27.6.1602). E., XVII/3, fol. 128v (27.6.1602). 3 Vgl. W, Bistümer, S. 309–322; B, Kurie, S. 89–115). 4 HHSAW, RHR, R, XVI/76, fol. 65v–66r (8.5.1595). 5 E., XVI/53, fol. 32v (14.7.1586). 6 E., R, XVI/3, fol. 46r (an den RHR am 15.4.1598, fol. 45v); ., J. ., K. 43/1. 7 E., R, XVII/1, fol. 77v (15.8.1600). 8 E., J. ., K. 43/1. 9 H, Georg Friedrich I, S. 614–619. 2

398

Anhang

Streitparteien

Sachbitte des Juden

Kommissionsbitte des Juden

RHRBeschlüsse

Ausgang und Dauer

Lazarus von Günzburg ct. von Welden1

Fürschrift an Landvogt der Markgrafschaft Burgau Dietrich von Horben X

X

Fürschrift

X / (1)

Kommission auf Würzburger Fürstbischof

beuelch

X

An Karl von Welden Ernstlicher beuelch An Michaeln von Münster, Isaak Juden seine anforderung halben unklaghafft zu machen3 X

X

Kommission zur Güte und Recht auf Landvogt v. Horben Später Renovierung der Kommission auf Landvogt v. Horben und Wilhelm II. von Öttingen7 X

Isaak von Hundsfeld ct. Michael von Münster2

Urias ct. von Hohenwart 4 Jacob aus Schnaittach ct. Güss von Güssenberg 5 ; von Wittstatt, gen. Hagenbach6

Jacob von Obereisenheim ct. vom Stein zum Altenstein8

1

beuelch an Würzburg ime umb fürderliche bezahlung verhülfflich zesein

X / (1)

X / (1)

zunächst Kommission allein zur Güte, später auch zu Recht jeweils auf den Landvogt v. Horben Renovierung nur auf Landvogt

X / (5)

Kommission zur Güte und Recht auf Fürstbischof von Würzburg, Julius Echter von Mespelbrunn

X / (1)

HHSAW, RHR, J. ., K. 41; ., R, XVII/1, fol. 3r (8.2.1601). E., XVI/51, fol. 28v (17.9.1582); ., AA, K. 84/2, fol. 180r–186r. 3 Rudolf II. an von Münster in E., K. 84/2, fol. 86r; ., R, XVI/51, fol. 28v (17.9.1582). 4 E., R, XVII/1, fol. 91r (21.9. 1600). 5 E., XVI/3, fol. 35r (27.31598); ., J. ., K. 43/1. 6 E., XVI/3, fol. 27v (5.3.1598); ., XVII/1, fol. 79r (18.8.1600); ., R, XVII/1, fol. 6v (8.3.1601); ., J. ., K. 43/1. 7 Kaiserlicher u. vorderösterreichischer Rat (K, Grafschaft, S. 139). 8 HHSAW, RHR, R, XVI/55, fol. 227v (12.12.1588). 2

Schemata jüdischer Schuldprozesse

399

Streitparteien

Sachbitte des Juden

Kommissionsbitte des Juden

RHRBeschlüsse

Ausgang und Dauer

Abraham Fränklin, Liepmann Fränklin, Mändlein ct. von Knöringen1 Seligmann ct. Enzlin, von Freyberg, Herzog von Württemberg 2

gnädiges schreiben an Pfalz-Neuburg

X

vorschrift an Pfalz-Neuburg

X / (1)

Promotorial an von Württemberg

zunächst abgewiesen, dann Promotorial ad Justitiam mit Remittierung des Juden an den Herzog

X / (3)

Seligmann ct. Bartholomäus Fröhlich Erben u. von PfalzNeuburg 4

Intercession an Pfalz-Neuburg

zwei Intercessionen pro administranda Justitia Remittierung an PfalzNeuburg

X / (2)

Seligmann ct. Von Berlichingen5

X

Kommission auf Landvogt v. Horben u. Rentmeister der Markgrafschaft Burgau, Marquardt von Freyberg3 , sowie Dr. Johann Häller Verhaftungsbefehl auf Bartholomäus Fröhlich Erben durch den Landvogt v. Horben später Kommission auf Landvogt v. Horben und Forstmeister v. Freyberg X

Dekret6

X / (1)

1

E., XVII/2, fol. 55v (26.11.1601); ., AA, 85, fol. 249r–256v. E., XVII/1, fol. 36r (13.4.1601); ., XVII/3, fol. 28r (15.2.1602); ., XVII/4, fol. 205v (29.11.1603); ., AA, K. 85, 244r–247v. 3 Zu den Reichsrittern von Freyberg mit ihrer starken Ausrichtung auf die Habsburger in B (Hrsg.), Adel, S. 316. 4 HHSAW, RHR, R, XVII/1, fol. 27r (16.3.1600), 60v (12.7.1600); ., R, XVII/3, fol. 93v–94r (30.4.1602); ., J. ., K. 41. 5 E., R, XVII/4, fol. 25v (13.2.), 48v (18.3.), 57v (10.4.), 89v (17.6.), 115v (29.7.), 182v (23.10.), 205r (29.11.1603). 6 E., XVII/4, fol. 25v (13.2.1603). 2

400

Anhang

Streitparteien

Sachbitte des Juden

Kommissionsbitte des Juden

RHRBeschlüsse

Ausgang und Dauer

Seligmann ct. Güss von Güssenberg 1

X

Kommission auf Landvogt v. Horben Dr. Johann Leonhard Roth2 als weiterer Kommissar

X / (4)

Seligmann ct. Von Grafeneck3

X

General Comission auf Landvogt v. Horben Verhaftung Güss von Güssenbergs durch Landvogt v. Horben, Forstmeister v. Freyberg u. Dr. Häller Mandatum cum annexa citatione et Executione an die Kommissare Exekutionskommission auf Heinrich vom Stein4 u. Graf Rudolf von Helfenstein Danach Kommissionsbitte auf Landvogt v. Horben und Forstmeister v. Freyberg

Ernstlicher Beuelch u. Anderwerter Ernstlicher beuelch Exekutionsauftrag an Wilhelm II. von Öttingen als Lehnsherrn Grafenecks, die aber durch Landvogt v. Horben und Forstmeister v. Freyberg durchgeführt wurde

X / (1)

1 E., XVII/1, fol. 21v (29.3.1601), 36r (13.4.1601), 43v–44r (30.4.1601); ., XVII/3, fol. 5v–6r (8.1.1602), 81v (19.4.1602); ., XVII/4, fol. 205v (29.11.1603); ., J. ., K. 42. 2 Kaiserlich-österreichisches Rat (E, Gerichtsbarkeit, S. 161, Fn. 163 u. 167). 3 HHSAW, RHR, R, XVII/1, fol. 21v (7.3.1600), 60v (12.7.1600), 60v (15.8.1600), 51r (24.6.1600), 66v (28.7.1600), 97v (12.10.1600); ., J. ., K. 41. 4 Generalleutnant der französischen Krone und des Schwäbischen Kreises, kaiserlicher Kriegsrat und Obrist (B, Niederstotzingen, S. 484).

Schemata jüdischer Schuldprozesse

401

Streitparteien

Sachbitte des Juden

Kommissionsbitte des Juden

RHRBeschlüsse

Ausgang und Dauer

Israel von Lübbecke ct. von Quernheim1

Petit arctiora mdta [. . . ] Item [. . . ] Comissarios pitt vorschrifft an Minden und Ostfriesland bitt arctius Mandatum et Comissionem zu guete und Recht

bitt commissionem zu güet und Recht auf Jean de Mepsch, Johann Halle, Anton Wietersheim

Erste Mandats- u. Kommissionsbitte abgewiesen Fürschrift an Bischof von Minden, Hermann von Schaumburg2 , bewilligt zweite Mandats- und Kommissionsbitte abgewiesen dritte Komissbitte auf zur Güte bewilligt

Fall an das RKG verwiesen / (12)

1 HHSAW, RHR, J. ., K. 43/3. Die Kommissionsakten wurden laut Bericht der Kommissare vom Jean de Mepsch, Johann von Halle und Anton Wietersheim vom 26.7.1583 an den Kaiser (Praes. 28.11.1583) in . nach Prag übersendet, liegen allerdings nicht im RHR-Akt vor; siehe hierfür aber die Mitschriften in SAO 20–42 A Nr. 96; vgl. HHSAW, RHR, R, XVI/45, fol. 418r (18.7.1579); ., XVI/46, fol. 141v (18.7.1579); ., XVI/47, fol. 47v (15.9.1581), 12r (5.4.1582); ., XVI/50, fol. 67v (15.9.1581), 101v (30.3.1582), 102r (5.4.), 195r (18.2.1583), 225v (28.11.), 229r (17.12.), 264r (19.6.1584); ., XVI/52a, fol. 32r (18.2.1583), 218r (28.11.1583), 225r (17.12.), 299r (19.6.1584), 409r (1.3.1585); ., XVI/53, fol. 5v (18.12.1583), 35r (28.11.), 38r (17.12.), 23r (19.6.1584), 22r (1.3.1585); ., XVI/54a, fol. 25r (1.3.1585), 47v (20.8.1588); ., XVI/60a, fol. 15v (3.3.1589), 16v (7.3.); ., XVI/64, fol. 147r (2.12.1591). 2 Vgl. A, Otto IV., S. 639.

402

Anhang

Streitparteien

Sachbitte des Juden

Kommissionsbitte des Juden

RHRBeschlüsse

Ausgang und Dauer

Haim ct. von Gundelsheim1

Mandatum poenale de solvendo, et [. . . ] hypothecam non alienarj et deteriorarj später Mandatum sine Clausula de soluendo Mandatum ad Comitem Ottingensem Gotfridum de non impediendo Furschrifft an Fürstbischof von Würzburg mehrmals ernstlichen beuelch an Fürstbischof von Würzburg als Kommissar

per arctius Mandatum aufzulegen, vel ispum in bona hypothecata immitti Executionem et Immissionem

Erste Mandatsbitte abgeschlagen Ernstlicher Beuelch u. Anderwerter Ernstlicher Beuelch Mandat an Gottfried von Öttingen2 bewilligt

X / (3)

X

Verweis an Fürstbischof von Würzburg Fürschrift an Fürstbischof von Würzburg commißio zur guet und Recht auf Fürstbischof von Würzburg

Vergleichen / (15)

Schmoll ct. vom Stein zum Altenstein3

1

HHSAW, RHR, R, XVII/2, fol. 28v (17.10.1601); ., XVII/3, fol. 31r (26.2.1602), 255v (25.10.1602); ., XVII/4, fol. 49v (18.3.1603), 104r–104v (13.7.1603); ., AA, K. 85, fol. 373r–356r. 2 War als protestantischer Reichsfürst Mitglied der Gesandtschaft an den Kaiserhof im Jahr 1601 betreffs der ständischen Beschwerden über die einseitige Behandlung von Religionsprozessen am RHR ging (vgl. E, Gerichtsbarkeit, S. 159, 273). 3 HHSAW, RHR, J. ., K. 42; ., D. ., K. 177; ., R, XVI/52a, fol. 469r (15.7.1585), 524r (10.1.1586), 531r (27.1.), 582r (4.6.), 598r (8.7.); ., XVI/53, fol. 25r (4.6.1586), 31r (8.7.); ., XVI/54a, fol. 52r (15.7.1585), 104r–104v (4.6.1586), 109r (18.7.), 17r–17v (16.3. u. 19.3.1588), 72r (12.12.1588); ., XVI/65, fol. 5v (3.1.1592); ., XVI/66, fol. 2r–2v (3.1.1592); ., XVI/69, fol. 65r–65v (4.6.1593); ., XVI/70a, fol. 42v (9.3.1594), 45r (4.4.); ., XVI/73, fol. 78r (15.3.1595), 225v (14.10.); ., XVI/76, fol. 37v–39r (15.3.1595), 145r–145v (14.10.); ., XVI/77, fol. 34v (31.1.1596), 56r (24.2.); ., XVI/78, fol. 22r (24.2.1596); ., XVI/79, fol. 127r (25.8.1597); ., R, XVII/1, fol. 7r (20.1.1600).

Schemata jüdischer Schuldprozesse

403

Streitparteien

Sachbitte des Juden

Kommissionsbitte des Juden

RHRBeschlüsse

Ausgang und Dauer

Schmoll ct. von Grumbach, dessen Untertanen u. Vogt sowie von Seckendorff 1

beuelch an Fürstbischof von Würzburg mandato an Wirzburg, Ime zur Restitutio zuuerhelffen

Fürstbischof von Würzburg die Exekution befehlen Wirzburg p Commissario cum mandato ad exequendum Mehrmalige Kommissionsbitte auf Fürstbischof von Würzburg

X / (17)

Schramel ct. von Grumbach2 Isaak von Obereisenheim ct. vom Stein zum Altenstein3

Patent

X

Mehrmals Remittierung der Causa an das RKG per Dekret Fürschrift an Fürstbischof von Würzburg Schreiben in genere ad Justitiam Nach Nichtbefolgung dieses Schreibens Kommission auf Fürstbischof von Würzburg gegen die Grumbachischen Untertanen Patent

bitt beuelch an Wirzburg ernstlichen beuelch ad soluendum (nach der Kommission)

X

Kommission zur Güte und Recht auf Fürstbischof von Würzburg

nicht eingehaltener Vergleich / (2)

X / (1)

1 E., J ., K. 32, 34, 41, 43; ., AA, K. 85; ., R, XVI/52a, fol. 469r (15.7.1585), 524r (10.1.1586), 531r (27.1.1586), 582r (4.6.1586), 598r (8.7.1586); ., XVI/53, fol. 3r (13.1.1586), 25r (4.6.), 31r (8.7.), 50v (8.10.); ., XVI/54a, fol. 52r (15.7.1585), 80r (13.1.1586), 104r–104v (4.6.), 109r (18.7.), 126r (8.10.), 17r–17v (16.3.1588), 72r–72v (12.12.), 73r (14.12.), 74v (19.12.); ., XVI/60a, fol. 9v (31.1.1589), 33r (19.5.), 43r (24.5.), 61v (18.8.), 71v (6.9.), 79r (22.9.), 84v (4.10.), 89v (13.10.), 118r (25.12.); ., XVI/63, fol. 271r (26.6.); ., XVI/64, fol. 82v–83r (26.6.1591); ., XVI/65, fol. 7v (7.1.1592), 11r (17.1.), 96v (3.8.); ., XVI/66, fol. 4r–4v (7.1.1592), 7r (17.1.); ., XVI/69, fol. 65r–65v (4.6.1593); ., XVI/73, fol. 76r–77r (8.5.), 237 (27.10.); ., XVI/76, fol. 33v–34r (2.3.1595), 155r (27.10.); ., XVI/79, fol. 107v (14.7.1597), 135r– 135v (20.9.); ., R, XVI/3, fol. 96v (1.9.1598); ., XVII/1, fol. 7r (20.1.1600); ., R, XVII/1, fol. 57v (15.5.1600), 72r–72v (30.5.), 103v (12.7.1600), 119v (1.8.); ., XVII/3, fol. 201v (29.8.1602). 2 E., XVI/70a, fol. 105r (27.7.1594). 3 E., XVI/54a, 72v (12.12.1588); ., XVI/61, 75v (16.8.1590).

404

Anhang

Streitparteien

Sachbitte des Juden

Kommissionsbitte des Juden

RHRBeschlüsse

Ausgang und Dauer

Isaak von Nagelsberg u. seine Frau Khela ct. Vogt Widmann, gen. Stelzer sowie dessen Frau u. Georg Philipp von Berlichingen1

poenal mandat ad iustitiam

pro mdto an die hanauische Reth pro mandato inhibitorialj, vel in Euentum pro sequestratione debitj liquidj X

ernstlicher beuelch an von Berlichingen Untersuchungskommission auf Wolfgang II. von HohenloheWeikersheim4 Dekret zur Durchführung des Kommissionsurteils Erneutes Dekret zur Durchführung des Kommissionsurteils X

X / (8)

Haim ct. von Hanau5 Löw von Dornburg ct. von Gugel6

Immission in die Güter des Stelzers Khela bittet, dem von Berlichingen aintweders die weisung oder zahlung aufzuleg Khela bittet Kommission auf die RHRRäte Dr. Michael Eham2 und Dr. Johann Jakob Streit3 X

X

X

Abgewiesen / 1

Kommission zur Güte auf Ferdinand Vöhlin8 u. Landvogt v. Horben

Kommission zur Güte auf Ferdinand Vöhlin u. Landvogt v. Horben

X / (2)

Michael ct. von Edlinstett 7

X / (1)

1 E., AA, K. 84/2; ., A, K. 1101/2; ., J. ., K. 42; ., R, XVI/63, fol. 197r (20.3.1591), 441r (25.10.); ., XVI/64, fol. 44v (20.3.1591), 134–134v (25.10.); ., XVI/65, fol. 96 (31.7.1592), 152 (7.12.), 130 (19.10.); ., XVI/69, fol. 60r–60v (28.5.1593); ., XVI/73, fol. 36v (29.12.1594); ., XVI/77, fol. 62r–62v (2.3.1596), 92v (8.4.), 150v (5.6.), 161r (19.6.); ., XVI/78, fol. 30r (2.3.1596), 55v (8.4.), 94v (4.6.), 103v (19.6.), 136v–137r (23.8.); ., XVI/79, fol. 1r (2.1.1597), 8v–9r (28.1.), 8r–8v, hier fol. 8v (28.1.); ., R, XVI/3, fol. 30v (undat. [1598]). Siehe die Kommissionsakten in SALHZN, W 10, Bü. 95/6; ., Bü. 95/16; ., Bü. 95/18; ., L 30, Bü. 1991. 2 E, Gerichtsbarkeit, S. 294; G, Reichshofrat, S. 151f. 3 E., S. 312; ., S. 166f. 4 P, Haus, S. 167–188. 5 HHSAW, RHR, R, XVII/1, fol. 483r (6.9.1600). 6 E., R, XVI/46, fol. 159r (28.8.1579). 7 E., R, XVI/3, fol. 25v (an den RHR am 7.3.1598); ., J. ., K. 43/1. 8 Bayerischer u. kaiserlicher Rat (vgl. B, Vöhlin, S. 317–330).

Schemata jüdischer Schuldprozesse

405

Streitparteien

Sachbitte des Juden

Kommissionsbitte des Juden

RHRBeschlüsse

Ausgang und Dauer

Joseph Döplitz ct. von FürstenbergHeiligenberg 1

X

X

Dem Grauen p Einschluß ut aut soluat aut bericht

X / (1)

1

HHSAW, RHR, R, XVII/1, fol. 88r (22.6.1601).

406

Anhang

Tabelle 2: Schema jüdischer Schuldprozesse 1745–1765 (geordnet nach beklagten Obrigkeiten) Streitparteien1

Sachbitte des Juden

Kommissionsbitte des Juden

RHRBeschlüsse

Ausgang und Dauer

Abraham Reskriptum de ExekutionsReskriptum de Vermerk: Sinzheimer Solvendo kommission Solvendo liegen ct. oberrheinigeblieben / 7 von Leiningenscher Westerburg 2 Kreis David Nathan Reskriptum de ExekutionsReskriptum de X4 / X Deitz Solvendo kommission Solvendo ct. auf die von LeiningenReichsstadt Westerburg 3 Frankfurt Schuldenwesen M, Schuldenwesen I, S. 286–306; ., Schuldenwesen II, S. 91–99. Löw Emanuel Reskriptum de ExekutionsReskript zur Vergleich ct. Solvendo kommission Klaglosstel(unter von Fugger(unter schwäbischer lung Joseph II.) / 8 GlöttFranz I.) Kreis (unter ExekutionsKirchberg 4 Joseph II.) kommission schwäbischer Kreis (unter Joseph II.) Schuldenwesen M, Schuldenwesen I, S. 65f. 1

Die Grundlage bildeten hier vornehmlich die Informationen aus dem Aktenmaterial. Bei deren Fehlen wurden die Resolutionsprotokolle mit herangezogen. Die folgenden Einträge sind nach den beklagten reichsständisch-adeligen Obrigkeiten sortiert. Am Ende eines jeden Blocks werden gegebenenfalls Angaben gemacht, ob ein Schuldenwesen für die jeweilige Herrschaft existierte und auf die diesbezüglichen Informationen bei M, Schuldenwesen I u. II hingewiesen. 2 HHStAW, RHR, Decisa, K. 330. 3 E., R, XVIII/108, fol. 78r (20.12.1745). 4 Keine Angaben. 5 E., O. R., K. 454/7.

Schemata jüdischer Schuldprozesse Streitparteien

Sachbitte des Juden

Kommissionsbitte des Juden

Jacob Ochs ct. von Wartenberg 1

Reskriptum de Solvendo

Exekutionskommission oberrheinischer Kreis

RHRBeschlüsse

407

Ausgang und Dauer

Reskript zur Vergleich Klaglosstelwährend der lung Kommission / Exekutions11 kommission auf oberrheinischer Kreis Feist Cahen Mandatum de ExekutionsReskript zur (Vermerk: bei ct. Solvendo s. C. kommission KlaglosstelKommission von oberrheinilung liegengeblieben3 ) Wartenberg 2 scher Exekutions/5 Kreis kommission auf oberrheinischer Kreis Schuldenwesen M, Schuldenwesen I, S. 604–610; ., Schuldenwesen II, S. 256–267. Joseph Mandatum de ExekutionsReskript zur Vermerk: Callmann Solvendo s. C. kommission Klaglosstelliegen ct. oberrheinilung geblieben / 4 von Anhaltscher Schaumburg 4 Kreis Isaak Speyer u. Reskriptum de ExekutionsReskript zur Vermerk: Erben Solvendo kommission Klaglosstelliegen ct. oberrheinilung geblieben / 4 von Anhaltscher ExekutionsSchaumburg 5 Kreis kommission oberrheinischer Kreis X/X Reskript zur ExekutionsReskript zur Mayer Gans Klaglosstelct. Klaglosstelkommission lung auf OberrheiAnhaltlung Exekutionsnischer Schaumburg 6 Kreis kommission auf Oberrheinischer Kreis Schuldenwesen M, Schuldenwesen I, S. 8–28; ., Schuldenwesen II, S. 1–9 u. den Hinweis auf das debit-Wesen in Anhalt-Schaumburg an den Kaiser (Praes. 15.1.1748) in HHSAW, RHR, D. ., K. 362/7.

1

E., D. ., K. 362/6. E., D, K. 2513. 3 Siehe Kasimier von Wartenberg an den Kaiser (Praes. 26.8.1751) in E., D. ., K. 362/6. 4 E., D, K. 1191/4. 5 E., D. ., K. 362/7. 6 Akten nicht vorhanden (., W’ R, AB I/1, Bd. 10. fol. 88v); ., R, XVIII/108, fol. 7r (8.10.1745), 57v (11.12.), 301r–302r (22.3.1746); ., XVIII/110, fol. 34v (11.7.1746), 230v–231r (26.9.), 431r–432r (7.12.). 2

408

Anhang

Streitparteien

Sachbitte des Juden

Kommissionsbitte des Juden

RHRBeschlüsse

Ausgang und Dauer

David Dispecker ct. von SachsenHildburghausen1

Mandatum de solvendo s. C.

Exekutionskommission fränkischer Kreis

Mandatum de solvendo s. C. Exekutionskommission auf fränkischen Kreis Reskript zur Klaglosstellung

Vergleich während der Kommission / 4

Mayer David Reskript zur X X/X Eger Klaglosstelct. lung von SachsenHildburghausen2 Schuldenwesen M, Schuldenwesen I, S. 160–188; ., Schuldenwesen II, 33–48 (seit 1769). Model Hirsch Mandatum de ExekutionsReskript zur Vermerk: Kuhn Solvendo s. C. kommission Klaglosstelliegen geblieben ct. auf fränkische lung / 15 von Münster3 ReichsritterExekutionsschaft Röhnkommission Werra auf fränkische TransskribieReichsritterrung auf schaft RöhnBamberg und Werra Würzburg Promotorial X / 24 Jacob Heßlin u. Mandatum ExekutionsReskript zur Isaak Heßlin poenali s. C. kommission Klaglosstelct. auf fränkische lung (Karl VII.; von Münster4 Reichsrittererneuert schaft RöhnFranz I.) Werra Transskribierung auf fränkische Reichsritterschaft Buchau 1

E., D, K. 1637. Akten nicht vorhanden (vgl. E., W’ R, AB I/1, Bd. 10, fol. 88v). Vgl. E., R, XVIII/111, fol. 246r–246v (20.4.1747) u. ., XVIII/113, fol. 4v (8.1.1748). 3 E., D. ., K. 365/16. 4 E., K. 353/3 u. 4. 2

Schemata jüdischer Schuldprozesse

409

Streitparteien

Sachbitte des Juden

Kommissionsbitte des Juden

RHRBeschlüsse

Ausgang und Dauer

Model Hirsch Kuhn ct. von Croneck1

Mandatum de Solvendo s. C.

Reskript zur Klaglosstellung

Vermerk: liegen geblieben / 11

Wolf Breysach ct. von HessenDarmstadt 2 Dottres Samuel Stern ct. von HessenDarmstadt3 David Mayer Juda ct. von HessenDarmstadt 4 Bär Löw Isaak Kann ct. von HessenDarmstadt 5

Mandatum de Solvendo s. C.

Exekutionskommission Reichsritterschaft am Mittelrhein X

Reskript zur Klaglosstellung

X / (3)

Mandatum de Solvendo s. C.

X

Mandatum peonale de Solvendo s. C.

X / (3)

Reskriptum de Solvendum s. C.

Exekutionskommission auf oberrheinischer Kreis Exekutionskommission auf oberrheinischer Kreis

Reskript zur Klaglosstellung

X / (2)

Mandatum de Solvendo s. C. Exekutionskommission auf oberrheinischer Kreis Reskriptum de Solvendo s. C.

X / (8)

Mandatum de Solvendo s. C.

Abraham Löw Reskriptum de X X/X Ochs Solvendum s. ct. C. von HessenDarmstadt 6 Schuldenwesen M, Schuldenwesen I, S. 32–48; ., Schuldenwesen II, S. 11f. 1

E., K. 365/15. E., K. 381/5. Aktenverlust/-auslieferung nach Darmstadt. 3 E., K. 384/6. 4 E., R, K. 72. Aktenverlust/-auslieferung nach Darmstadt. 5 E., K. 73 u. ., D. ., K. 382/9. Aktenverlust/-auslieferung nach Darmstadt. 6 HHSAW, RHR, R, XVIII/108, fol. 75r–76r (11.12.1745), 223r (26.2.1746), 284v (21.3.1746). 2

410

Anhang

Streitparteien

Sachbitte des Juden

Kommissionsbitte des Juden

RHRBeschlüsse

Ausgang und Dauer

Dottres Samuel Stern ct. von IsenburgWächtersbach1

Mandatum de Solvendo s. C.

Exekutionskommission auf oberrheinischer Kreis

Mandatum de Solvendo s. C. Exekutionskommission auf oberrheinischen Kreis Reskript zur Klaglosstellung

X / (2)

Isaak Moises Reskriptum X Vollständige Kann poenale Auszahlung / 1 ct. von IsenburgWächtersbach2 Jacob Isaak Mandatum de X Mandatum de X4 / 6 Kann Solvendo s. C. Solvendo s. C. ct. IsenburgWächtersbach3 Schuldenwesen M, Schuldenwesen I, S. 619–624; ., Schuldenwesen II, S. 270–280. Benedikt Levi Mandatum de X Reskript zur Vermerk: Gomperz Solvendo s. C. Klaglosstelliegen geblieben ct. lung / (1) von Göler von Ravensburg 5 Benedikt Levi Reskriptum de Reskript zur Vermerk: HofkommissiGomperz Solvendo Klaglosstelliegen geblieben on oder ct. Inrotulation lung / 10 Kommission von Castellund Endurteil Comission zu auf Remlingische Brandenburgproduction und VormundOnolzbach recognition der schaft 6 Obligationen zwecks des Juden Dokumentenabgleich Bitte um Exekutionskommission Mandatum de ExekutionsMandatum de Per Michael Simon Hanau Solvendo s. C. kommission Solvendo s. C. Ediktalzitation ct. auf Isenburgan das RKG verwiesen / 4 von Kametzky7 Birstein 1

E., D, K. 1738/3. E., D. ., K. 359/2. 3 E., K. 382/2. 4 Im betreffenden Akt ist nur das Mandat überliefert. Keine diesbezüglichen Angaben vorhanden. 5 E., D, K. 1132. 6 E., K. 2864/1; hier ., R, K. 72. 7 E., D. ., K. 168/1. 2

Schemata jüdischer Schuldprozesse

411

Streitparteien

Sachbitte des Juden

Kommissionsbitte des Juden

RHRBeschlüsse

Ausgang und Dauer

Mayer Berlin u. a.1 ct. von Pückler2 Fränkische Güterkuratoren aus Fürth u. die Erben Levin aus Stuttgart ct. verwitwete Marie Auguste Herzogin von Württemberg 3 Marum Kahn ct. von Montfort 4

Mandat Reskript

X

(Debitkommission)

Vergleich / 11

Reskirptum de Solvendo

X

X

X/X

Mandatum de Solvendo s. C.

Exekutionskommission auf schwäbischen Kreis

Reskript zur Zession an den Klaglosstelkaiserlichen lung Kommissar HofkommissiJoseph Weiß / on zur Güte 17 Exekutionskommission schwäbischer Kreis Schuldenwesen M, Schuldenwesen I, S. 311–357; ., Schuldenwesen II, S. 113–116 (seit 1728).

1

Löw Kohn, Benedikt Levi, Zacharias Fränckel der Jüngere, Löw Abraham Fränckel, Bonhein Heßla Bamberger, Nathan David Schiff, Salomon Bär, Isaak Fränckel, Abraham Israel Jekelsheimer, Hirsch Abraham Fränckel, Salomon, Joseph Salomon Gidion, Hanlein Joseph Schnattacher, Erben des Joseph Levi. 2 E., D. ., K. 354/2. 3 Aktenverlust, siehe E., W’ R AB I/1, Bd. 7, fol. 284r. 4 E., D. ., K. 383/1.

412

Anhang

Streitparteien

Sachbitte des Juden

Kommissionsbitte des Juden

RHRBeschlüsse

Ausgang und Dauer

Salomon Bär Es wird nur X X X/3 ct. eine von ÖttingenAuszahlung Wallerstein1 erbeten Samuel Inspectionem X Bewilligt X / (1) Emanuel meomratorum Oppenheimer actorum in ct. Cancellaria von Öttingenpraesente Wallerstein2 Registratore Schuldenwesen M, Schuldenwesen I, S. 428–437; ., Schuldenwesen II, S. 145–150. Moises Reskriptum de X Reskriptum de X / (?) Benedikt Solvendo (?) Solvendo Beifuß ct. Schütz von Holzhausen3 Elias Reskript zur X Reskript zur X/X Oppenheimer KlaglosstelKlaglosstelct. lung lung MecklenburgSchwerin4 Getz und Mandatum de X Mandatum de Vermutlich Fradel Hayum Solvendo s. C. Solvendo s. C. Vergleich in ct. Arolsen6 / 11 von Waldeck5 Schuldenwesen M, Schuldenwesen I, S. 602–604. 1

E., K. 384/3. E., K. 374/4. 3 Fragmentarische Überlieferung des Falles, zu dem im HHSAW keinerlei Akten vorliegen (vgl. E., W’ R, AB I/1, Bd. 10, 90v), in SAD E 14 E, Nr. 252/3, fol. 70r–77v. 4 Akten nicht vorhanden. Vgl. HHSAW, RHR, R, XVIII/130, fol. 330r–330v (2.5.1755) u. ., XVIII/131, fol. 200r–201r (28.8.1755). 5 E., O. R., K. 1769/1. 6 Siehe hierzu den Brief des RHR-Agenten Gullmann vom 19.9.1761 an den Fürsten von Waldeck in SAM 118, Nr. 2266. 2

Schemata jüdischer Schuldprozesse

413

Streitparteien

Sachbitte des Juden

Kommissionsbitte des Juden

RHRBeschlüsse

Ausgang und Dauer

Simon Aaron Neustädtl ct. von LöwensteinWertheim1 Süßel Mayer Juda ct. von LöwensteinWertheim3

Reskriptum de Solvendo

würkliche Execution2

Reskript zur Klaglosstellung

Vergleich vor der Kommission / 3

Reskriptum poenale s. C.

X

Reskript zur Klaglosstellung

Vermerk: liegen geblieben / (1)

Schuldenwesen M, Schuldenwesen I, S. 310f. Reskriptum s. ExekutionsReskriptum Liegen C. de Solvendo kommission zur Klaglosgeblieben / auf stellung (33) fränkischen Reichskreis Schuldenwesen M, Schuldenwesen I, S. 210–229, 632; ., Schuldenwesen II, S. 49–65. Moises Mandatum de ExekutionsReskript zur Vergleich vor Benedikt Solvendo s. C. kommission KlaglosstelKommissionsBeifuß auf die Vorlung transct. mundschaftsExekutionsskribierung / 9 von Saynregierung kommission WittgensteinWittgensteinauf Vallendar5 Wittgenstein WittgensteinTransskribieWittgenstein rung auf westfälischen Kreis Reskriptum de X X X/X Erben des Löw Sinzheimer Solvendo s. C. ct. von Jaxtheim6

Joseph Moises Schuster ct. von Erbach4

1

HHStAW, RHR, Den. ant., K. 178. E., fol. 773r. 3 E., D. ., K. 374/10. 4 E., O. ., K. 452/10. 5 E., D. ., K. 383/3. 6 E., K. 382/10. 2

414

Anhang

Streitparteien

Sachbitte des Juden

Michael Isaak und Erben ct. von HohenlohePfedelbach1

Mandatum s. C. executionem

Samuel Simon ct. von HessenRheinfelsRothenburg 3 1

Kommissionsbitte des Juden

RHRBeschlüsse

Rescriptum Reskript zur arctius, et Klaglosstelpoenale2 lung Exekutionskommission auf fränkischen Reichskreis unter Karl VII., später Erneuerungs- u. Transskribierungsbitte Schuldenwesen M, Schuldenwesen I, S. 275. Mandatum de ExekutionsMandatum de Solvendo s. C. kommission Solvendo s. C. auf oberrheinischen Kreis

Ausgang und Dauer Vermerk: Verglichen / 11

Liegen geblieben4 / 8

E., D. ., K. 168/2. Michael Isaaks Erben an den Kaiser (Praes. 17.4.1744) in E., K. 168, fol. 131r–136v, hier fol. 132v. 3 E., D. ., K. 373/9; der Fall des Juda u. Elias Moses ct. von Hessen-Rheinfels-Rothenburg befindet sich nicht in ., K. 631/6 u. wird nicht in den R überliefert. 4 Samuel Simon kedierte seine Schuldforderung an Salomon Sinzheimer (vgl. Samuel Simon, nun Samuel Sinzheimer als Cessionar an den Kaiser [Praes. 29.3.1751] in E.).

2

Glossar

415

Glossar Die folgende Auflistung von juristischen Fachbegriffen kann keine Vollständigkeit beanspruchen. Hier werden nur einige Begriffe erläutert, die in der Arbeit regelmäßig verwendet werden. Weitere Fachbegriffe zum RHR-Stylus können bei S, O, U und E nachgeschlagen werden. Avokation, Evokation

Im juristischen Sinne das Recht einer übergeordneten Behörde, ein Verfahren an sich zu ziehen. Im Mittelalter lag dieses Recht beim König Prozesse an das königliche Hofgericht zu ziehen. Citatio solita Vorladung im Mandatsprozess (vgl. Zitation). Conclusum, Conclusa Beschlüsse des RHR. Einrede Unterschieden wird in peremptorische und dilatorische Einreden. Die peremptorische Einrede wendet sich gegen einen Anspruch und führt im Erfolgsfall dazu, dass dieser Anspruch dauerhaft nicht durchsetzbar ist. Die dilatorische Einrede führt nur zu einem vorübergehenden Aufschub des Anspruchs. Beide Einreden werden häufig in Schuldprozessen verwendet. Erkennung Vom Gericht wird ein Urteil, z. B. eine Kommission, erkannt, d. h. erlassen. Exceptio doli mali Einwand wegen böswilliger List oder Einrede des Betrugs bzw. der Arglist. Exceptio non numeratae pecuniae Einrede wegen eines nichtgezahlten Geldes. Exceptio spolii Die Spolienklage ist eine Klage wegen Beraubung bzw. gewaltsamer Entziehung des Besitzes. Der Spoliat braucht sich nicht eher auf die Klage eines Spolianten einlassen, solange dieser nicht die entzogenen Besitztümer jenem zurückgibt oder ersetzt. Exceptio usuriae praevitate Einrede wegen Wuchers. Exekutionskommission Sie werden vom RHR zur Vollstreckung seiner Urteile zumeist auf Bitten der Kläger erlassen. Dies betrifft das gesamte

416

Anhang

Inhibition

Insinuierung (Insinuation) Intercession (Interzession) Justiz, verweigerte

Justiz, verzögerte

Kommission zur Güte

Kommission zur Güte und Recht

Spektrum von am RHR verhandelten Streitfragen. Die Inhibition war ein gerichtlicher Untersagungsbefehl besonders bei Besitzstörungen und verbot der beklagten Partei, die strittige Handlung weiter auszuführen. Sie konnte aber auch die Vorinstanz betreffen, die in der Streitsache, die an die höhere Instanz als Appellation angebracht wurde, nicht weiter verfahren durfte. Bezeichnung für eine öffentliche, förmliche Eingabe einer Sache vor Gericht. Das Eintreten für die Schulden einer anderen Prozesspartei. Einer Partei wird offen vom Gericht mit der Begründung abgewiesen, er habe keinen Grund sich zu beschweren. Hierüber darf sich die Partei bei der nächst höheren Gerichtsinstanz beschweren, wenn das vorhergehende Gericht ihm untersagt oder er sogar gefänglich davon abgehalten wird, seine Angelegenheit schriftlich vorzutragen. Das Gericht gibt auf die Ansuchen der Partei entweder keine Antwort oder es hält Versprechen nicht bzw. es beginnt den Prozess, führt diesen aber nicht konsequent durch oder es führt ihn nur langsam durch. Ziel des Gerichts kann sein, dass es eine Partei von einem Prozess abbringen will. Die vom RHR ernannten Kommissare haben den Auftrag, zwischen den Parteien einen gütlichen Vergleich herzustellen. Sollte ein solcher Vergleich nicht zustande kommen, so sind die Kommissare nicht dazu befugt, den Fall in eigener Regie weiter zu verfolgen. Sie müssen die Akten an den RHR senden und von diesem weitere Entscheidungen abwarten bzw. diese dann durchführen. Die vom RHR eingesetzten Kommissare sind dazu befugt, sämtliche ihnen zur

Glossar

Liegen geblieben Mandat (s. C., c. C.

Parition Patent Promotorial

Reskript (s. C., c. C. Restitutio in integrum

Schreiben um Bericht

Schutz- bzw. Geleitbriefe

417

Verfügung stehenden rechtlichen Mittel dazu zu verwenden, den Rechtsstreit zu lösen. Vermerk des RHR auf den Rubren der Prozesse, der darauf hinweist, das die Streitsache nicht mehr verhandelt wird. Bestandteil von Mandatsprozessen. Beinhaltet obrigkeitliche Befehle. Mandate zerfallen wieder in zwei Arten, in das scharfe mandatum sine clausula, den unbedingten Befehl, und das mandatum cum clausula, den bedingten Befehl. Bei ersterem wird dem Beklagten ohne Weiteres die Erfüllung seiner Verbindlichkeit aufgegeben. Bei dem Zweiten dagegen wird ihm eine Frist gestattet, innerhalb welcher er seine Einwendungen gegen die Klage vorbringen kann. Ausgleichung; Schuldtilgung, Barzahlung. Ein vom Kaiser verliehenes (Schutz-)Recht bzw. ergangener (Schutz-)Befehl. Unterstützungs- und Empfehlungsschreiben; schriftliche Bitte, Aufforderung an einen untergeordneten Richter, etwas zu tun oder zu lassen. Schriftliche Anweisung, Beschluss. Zu s. C. und c. C. siehe die Erläuterungen zum Mandat. Wiedereinsetzung einer Prozesspartei in den vorhergehenden Stand. Hiervon wird gesprochen, wenn z. B. eine Prozesspartei unverschuldet oder mit nur geringem Verschulden Fristen versäumt hat. Der RHR erließ solche Schreiben, um von den Parteien weitere Informationen über den Fall zu erhalten. Solche Schreiben deuten darauf hin, dass sich ein Prozess noch in einem Vorstadium befindet. Es hatte Aufschiebende Wirkung, d. h. befahl den Prozessgegner, nichts im Fall weiter zu unternehmen. Sie waren Verträge zwischen einzelnen Juden und ihren Landesherren, die das

418

Anhang

Translatio imperii

Zession Zitation

generelle Zusammenleben zwischen Juden und Christen regelten. Später werden in vielen Gebieten des Alten Reichs diese Verträge für mehrere Juden bzw. ganze Gemeinen abgeschlossen. Im Allgemeinen werden mit diesen Verträgen die Rechtsverhältnisse der jüdischen Gemeinde in einer Stadt oder Territorium festgelegt. In Frankfurt wurde dieser Vertrag Stättigkeit genannt. (Eschatologische) Kontinuitätslehre von der Übertragung des Römischen Reichs zunächst auf Ostrom, dann auf die Franken unter Karl den Großen und letztlich auf die Deutschen unter Otto den Großen. Abtretung bzw. Übertragung einer Forderung von dem ursprünglichen Gläubiger durch Vertrag auf einen neuen Gläubiger. Vorladung vor Gericht (vgl. citatio solita).

Abkürzungen

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Abkürzungen Die verwendeten Archivsiglen sind dem Quellenverzeichnis, die archivarischen Standardsiglen dagegen den Richtlinien in den Empfehlungen der Arbeitsgemeinschaft außeruniversitärer historischer Forschungseinrichtungen in der Bundesrepublik (AHF) zu entnehmen.1 Im Text wurden die zeitgenössischen Kürzel in der Regel aufgelöst. In den Fußnoten ist dies nicht der Fall. Abb. RKG bz. RPO c. C. Rtlr. ct. s. C. e. f. g. Sign. fl. StUb JRA Tab. kr. Tabb. Praes. undat. RHR

1

Abbildung Reichskammergericht Batzen Reichspoliceyordnung cum Clausula Reichstaler contra sine Clausula Euer fürstliche Gnaden Signiert Florin Stadt- und Universitätsbibliothek Jüngster Reichsabschied Tabelle Kreuzer Tabellen Praesentatum undatiert Reichshofrat

E  E  T. In: Jahrbuch der historischen Forschung in der Bundesrepublik Deutschland 1980/1981, S. 85–96, hier S. 86f., 89.

Quellen und Literatur Archivarische Quellen Die Untersuchung richtete sich bei Zitaten aus Aktenmaterialien nach den Richtlinien in den Empfehlungen der Arbeitsgemeinschaft außeruniversitärer historischer Forschungseinrichtungen in der Bundesrepublik.1 Wie bereits bei O2 , so wird in dieser Studie auf die Angabe wechselnder Hände verzichtet. Die Wiedergabe der benützten Quellen orientiert sich an den jeweiligen Verzeichnungen der konsultierten Archive. Die mit einem Asterisk versehenen Kartonnummern der Bestände im HHSAW liegen als verfilmte Akten im MaxPlanck-Institut für europäische Rechtsgeschichte in Frankfurt/Main vor. Da im HHSAW im Rahmen der Neuverzeichnung der Aktenbestände sich die Kartonierungen ändern, basiert die Nummernwiedergabe der Reihe D auf dem Stand des Jahres 2008, d. h. der Angaben des damals digitalisierten W’ R. Für kommende Nutzer empfiehlt es sich, die jeweiligen Nummern im Archivinformationssystem abzugleichen. Für das reichshofrätliche Archiv wurde keine Trennung in J und G vorgenommen. Die Zitation der Supplikationen im RHR-Aktenmaterial sieht folgendermaßen aus: (1) Kläger, (2) Beklagte (bei mehreren Prozessen), (3) Präsentationsdatum (die Angaben a und b werden verwendet, wenn undatierte Supplikationen vorliegen), (4) Bestandsreihe. Staatsarchiv Amberg [= StAA] Pfalz-Sulzbach, Regierung Sulzbacher Akten – 5.2/554, 99/104 Staatsarchiv Aurich [= StAAu] Rep. 101 – 262 Staatsarchiv Darmstadt [= StAD] D9–2 E 14 E – 252 Deutschordenszentralarchiv Wien [= DOZA] Geheime Konferenzprotokolle [= Gkp] – 1744–1746, 1749–1753, 1755 Stadtarchiv Emden [= StadtAE] Bestand I – 378a Institut für Stadtgeschichte Frankfurt am Main [= Isg Ffm] Criminalia – Akten Nr. 6.579 Staatsarchiv Ludwigsburg [= StAL] B 233 – 152/I, 168/II, 170/II, 171/I B 287 – 99, 233 Staatsarchiv Ludwigsburg, Hohenlohe-Zentralarchiv Neuenstein [= StAL-HZAN] La 30 – 1991

1 2

E  E  T. In: Jahrbuch der historischen Forschung in der Bundesrepublik Deutschland 1980/1981, S. 85–96, hier S. 86f., 89. O, Auftrag, S. 377.

422

Quellen und Literatur

Wa 80 – 983 We 10 – 95 Staatsarchiv Marburg [= StAM] 108c – 280 118a – 1106, 2187, 2188, 2266 Staatsarchiv Meiningen [= StAMei] Debitkommissionen – 848 Hauptstaatsarchiv München [= HStAM] General Registratur [= Gr] Serie A – 1351a/122a; 1351b/122b; 1352/123; 1353/124, 125; 1354/126; 1355/127– 129 Kriegsarchiv [= Kriegsarchiv] AVI1, Bund37 Stadtarchiv München [= StadtAM] Stadtgericht Stadtgerichtsprotokoll 79/1-49–44 Staatsarchiv Münster [= StAMü] Reichskammergericht Q – 117, 122 Österreichisches Staatsarchiv [= ÖStA] Finanz- und Hofkammerarchiv [= FHA] Alte Hofkammer [= AHK], Hoffinanz Österreich [= HFÖ] Bücher – 510, 511 Hoffinanzprotokolle – 494, 496, 498, 499, 500, 501, 502, 503, 505, 506, 507/08, 509 Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien [= HHStAW] Mainzer Erzkanzlerarchiv Münzsachen – 12b Reichshofrat [= RHR] Alte Prager Akten [= AA] – 45, 79, 84–86 (hier von 85*) Antiqua [= A] – 1101*, 1158 Commissiones [= C] – 2 Confirmationes Privilegorum deutsche Expedition [= C. P. . E.] – 18, 95*, 96*, 98* Decisa [= D] – 214, 259, 330*, 334*, 578, 1111*, 1132*, 1134a/b*, 1137*, 1191, 1438, 1524, 1530, 1637, 1738, 1902, 2263, 2319, 2418, 2421, 2513, 2864 Denegata antiqua [= D. .] – 148*, 160*, 168*, 177*, 178* Denegata recentiora [= D. R.] – 6*, 284, 304, 305, 352*–354*, 358*, 359*, 360*, 362*, 363*, 365*, 367*, 373*–375*, 381*–384*, 631, 681*, 845*, 1216, 1438, 1468 Judicialia miscellanea [= J. .] – 8, 26, 32, 34, 41–43, 51 Judicialia revisiones [= J. .] – 7, 8 Mandate [= M] – 4/5 Miscellanea revisiones [= M. .] – 7, 8 Obere Registratur [= Ob. Reg.] – 405*, 454*, 461*, 462*, 1295, 1769, 1799, 1845, 1881 Protokolla Rerum Exhibitarum [= R] – XVI [= 16. Jahrhundert] 1, 3; XVII [= 17. Jahrhundert] 1

Gedruckte Quellen

423

Protokolla Rerum Resolutarum [= R] – XVI [= 16. Jahrhundert] 42b, 42a, 43– 46, 47a/b, 48a, 48b, 49a, 50, 51, 52a, 52b, 53, 54a, 54b, 55, 56, 56b, 57–59, 60a, 61–66, 68, 69, 70a, 70b, 71–73, 75–79, 80a, 80b, 81, 82; XVII [= 17. Jahrhundert] 1–4; XVIII [= 18. Jahrhundert] – 108–157 Relationes – 35, 46, 64, 66, 72–74 Wolf’sche Repertorien AB I/1 – 6, 7, 10 Hofkommission zur Verwaltung der RHR–Akten AB I/13 – 1 Reichskanzlei [= R] Agententitel – 1, 2 Deduktionen – 168 Diplomatische Akten – Berichte – 52–54; Weisungen – 12, 13 Kleinere Reichsstände – 360, 541 Reichsregisterbücher – 3–5 (Filmrolle 67) Reichstaxbücher – 87–93 Schutzbriefe – 6/7 Staatenabteilung, Hofkorrespondenz 1745–1803 – alt 25a Staatskanzlei [= S] Große Korrespondenz [= G] – 380 Kriegsarchiv [= KA] Zentralstellen [= Z], Wiener Hofkriegsrat [= HKR], Hauptreihe [= HR] Bücher – 200, 201, 198, 199 Zentralstellen [= Z], Prager Hofkriegsrat [= HKR P] Bücher – 135, 136, 137 Akten – 9, 10, 11 Staatsarchiv Oldenburg [= StAOl] 20–42 A – 96 Stadtarchiv Sulzbach-Rosenberg [= StadtA Sulz-Ro] Allgemeine Landespolizei, Handel und Gewerbe, Bauwesen – A 0161 Staatsarchiv Wertheim [= StAWertheim] Rep. 50, Nr. 62 Staatsarchiv Würzburg [= StAW] Adel 364, 1369 Lehensachen 2337, 5328 Nachlass des Hans Freiherren von und zu Hessberg, Kartei-Schublade 14 Mainzer Reichserzkanzlerarchiv [= MRA] Münze, K. 147/209/1 und 2

Gedruckte Quellen Anonymus: Discurs Zweyer vom Adel auß der freyen Reichs-Ritterschafft: Wie man die Untertane tractiren und recht nützlich gebrauchen solle. Gedruckt im Jahr 1670. sine loco, 1670 URL: , (10.08.2010) [zitiert als Anonymus, Discurs]. Anonymus: Abdruck derer bey der Römisch-Kayserl. Majestät gegen Burgermeister und Rath der kayserlichen Reichs-Stadt Franckfurth am Mayn von dem dasigen Schutz-Juden,

424

Quellen und Literatur

Mayer Amschel Flörsheim, unterm 5.10.1758 sowohl puncto Salvi Conductus [und] Cautionis praetensè nulliter extorae erhobenen Privat-Beschwerden, als auch in Ansehung des Müntz-Wesens dem ersagten Rath beschehenen harten Beymessungen, wie auch des hierauf gefolgten Allerhöchsten kayserlichen Rescripts vom 31. ejusdem und allerunterthänigst erstatteten beyden Magistratischen Berichten de respective 14. Julii und 11. Aug. 1759. woher wegen derer ex Officio gehandelten Mängel und Gebrechen in dem Müntz-Wesen, durch ein anderweitiges allerhöchstes kayserl. Rescript vom 4. Martii 1760 zu der gegen mehrersagten Rath zu Franckfurth erkannten kayserlichen hohen Local-Müntz-Commission die Veranlassung genommen worden, statt eines umständlichen Facti, zu vollständiger Information dem Publico vor Augen geleget. Frankfurt am Main, 1760 [zitiert als Anonymus, Abdruck]. Beck, Johann Jodocus: Tractatus de juribus judaeorum. Vom Recht der Juden. Nürnberg, 1731 [zitiert als Beck, Tractatus]. Berg, Günther Heinrich von: Grundriß der reichsgerichtlichen Verfassung und Praxis. Göttingen, 1797 [zitiert als Berg, Grundriß]. Bergsträßer, H. W.: Merkwürdige Reichshofratsgutachten mit Gesichtspunkten für den Leser, 2 Bde. Frankfurt am Main, 1792–1795 [zitiert als Bergsträßer, Reichshofratsgutachten]. Buschmann, Arno: Kaiser und Reichsverfassung. Zur verfassungsrechtlichen Stellung des Kaisers am Ende des 18. Jahrhunderts. In: Brauneder, Wilhelm (Hrsg.), Heiliges Römisches Reich und moderne Staatlichkeit. Frankfurt am Main u. a., 1993, (Rechtshistorische Reihe 112) 41–66 [zitiert als Buschmann, Kaiser]. Ders.: Kaiser und Reich, Verfassungsgeschichte des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation vom Beginn des 12. Jahrhunderts bis zum Jahre 1806 in Dokumenten, Teil II: Vom Westfälischen Frieden 1648 bis zum Ende des Reiches im Jahre 1806. 2. Auflage. BadenBaden, 1994 [zitiert als Buschmann, Kaiser und Reich]. Cramer, Johann Ulrich von: In wiefern von einer vom Reichs=Hof=Rath angeordneten Commission an das kayserliche und Reichs=Cammer=Gericht appellirt werden könne? In: Wetzlarische Nebenstunden, 9 1758 50–59 [zitiert als Cramer, Reichs=Hof=Rath]. Crescentius, Julius Benedictus: Consilium super Iudaeorum Priuilegiis. Das ist/ Ausführliches/Rechtliches Bedencken/Ob die Juden/unnd ihr grosser ungöttlicher Wucher/in dem H. Röm. Reich zugedulden. Darmstadt, 1612 [zitiert als Crescentius, Consilium]. Danz, D.: Grundsätze des Reichsgerichtsprozesses. Stuttgart, 1795 [zitiert als Danz, Grundsätze]. Eckebrecht, Franz Joseph: Reichs=Hof=Raths=Protocoll, unter allerglorwürdigster Herrsch= und Regierung Kayser Franz des Ersten. Heilbronn, 1761 [zitiert als Eckebrecht, Reichs=Hof=Raths=Protocoll]. Eisenmenger, Johann Andreas: Entdecktes Judenthum, 2 Bde. Königberg, 1711 [zitiert als Eisenmenger, Judenthum]. Fahnenberg, Egid Joseph Karl von: Über die völlige Exemtion des Erzherzoglichen Hauses Oesterreich von der Gerichtsbarkeit des Kaiserlichen Reichs-Kammer-Gerichts. Wien, 1796 [zitiert als Fahnenberg, Exemtion]. Franklin, Benjamin: Advice to Young Tradesman. Bosten, [1762] [zitiert als Franklin, Advice]. Fries, Jakob Johann: Vom Deutschen Bund und Deutscher Verfassung. Heidelberg, 1816 [zitiert als Fries, Bund]. Hanzely, Vincenz: Grundlinien der heutigen Reichshofrathspraxis im Allgemeinen, mit

Gedruckte Quellen

425

erläuternden Anmerkungen und Beyspielen. Nördlingen, 1778 [zitiert als Hanzely, Grundlinien]. Ders.: Anleitung zur neusten Reichshofrathspraxis, Bd. 1. Frankfurt am Main, Leipzig, 1784 [zitiert als Hanzely, Anleitung I]. Ders.: Grundriß des Reichshofräthlichen Verfahrens in Justiz= und Gnaden=Sachen mit nöthigen Formeln, 3 Bde. Stuttgart, 1786–1788 [zitiert als Hanzely, Grundriß]. Herchenhahn, Johann Christian: Geschichte der Entstehung, Bildung und gegenwärtigen Verfassung des kaiserlichen Reichshofraths nebst der Behandlung der bei demselben vorkommenden Geschäfte, 2 Bde. Mannheim, 1792 [zitiert als Herchenhahn, Geschichte I und II]. Ders.: Darstellung der reichshofrätlichen ordentlichen Verfahrungsart. Mannheim, 1793 [zitiert als Herchenhahn, Darstellung]. Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Staatswissenschaft oder Systematische Abhandlung aller Oekonomischen und Cameral=Wissenschaften I. Leipzig, 1758 [zitiert als Justi, Staatswissenschaften]. Laufs, Adolf (Hrsg.): Die Reichskammergerichtsordnung von 1555. Köln, Wien, 1976, (Quellen und Forschungen zur Höchsten Gerichtsbarkeit im Alten Reich 3) 1–53 [zitiert als Laufs, Reichskammergerichtsordnung]. Mohl, B. F.: Historisch-politische Vergleichung der beyden höchsten Reichsgerichte in ihren Verhältnissen. Ulm, 1789 [zitiert als Mohl, Vergleichung]. Moser, Friedrich Carl: Pragmatische Geschichte und Erläuterungen der kayserlichen Reichs-HofRaths-Ordnung. In zwey Büchern beschrieben. Frankfurt am Main, Leipzig, 1751 [zitiert als Moser, Geschichte]. Moser, Johann Jacob: Merckwürdige Reichs=Hof=Raths=Conclusa, 8 Bde. Frankfurt am Main, 1726–1732 [zitiert als Moser, Reichs=Hof=Raths=Conclusa I–VIII]. Ders.: Einleitung zu dem Reichs-Hof-Raths-Proceß, Drey Theile. Frankfurt am Main, Leipzig, 1731 [zitiert als Moser, Einleitung]. Ders.: Auserlesene Reichs=Hof=Raths=Conclusa, welche in lauter causis illustribus ergangen, oder sonsten ihrem Innhalt nach merckwürdig und in der vorigen Sammlung nicht begriffen seynd, Bd. 1. Frankfurt am Main, 1740 [zitiert als Moser, Reichs=Hof=Raths=Conclusa I]. Ders.: Compendium Juris Publici Moderni regni Germanici Oder Grund-Riß der heutigen Staats-Verfassung des Teutschen Reichs. Tübingen, 1742 [zitiert als Moser, Compendium]. Ders.: Ihro Römisch=Kayserlichen Majestät Carls des Siebenden Wahl=Capitulation mit Anmerkungen versehen von Johann Jacob Moser, Zweyter Theil. Frankfurt am Main, 1742 [zitiert als Moser, Wahl=Capitulation [Karl VII.]. Ders.: Grund=Sätze der Reichs=Hof=Raths=Praxis. Frankfurt am Main, 1743 [zitiert als Moser, Grund=Sätze]. Ders.: Alte und neue Reichshofrathsconclusa, 4 Bde. Frankfurt am Main, 1743–1745 [zitiert als Moser, Reichshofratsconclusa I–IV]. Ders.: Zusätze zu seinem Teutschen Staats=Recht. Leipzig, Ebersdorff, 1744 [zitiert als Moser, Zusätze]. Ders.: Grund=Riß der heutigen Staats=Verfassung des Teutschen Reichs. Zum Gebrauch Academischer Lectionen entworffen. Tübingen, 5 1745 [zitiert als Moser, Grund=Riß]. Ders.: Ihrer Röm. Kayserl. Majestät Francisci Wahl=Capitulation. Nach denen Originalien selbsten zum fleißigsten collationirt und auf das eigene Kösten zum Druck befördert durch Petrum Mathaei. Frankfurt am Main, 1745 [zitiert als Moser, Wahl=Capitulation [Franz I.]].

426

Quellen und Literatur

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Literatur

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Quellen und Literatur

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Quellen und Literatur

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Literatur

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Quellen und Literatur

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Quellen und Literatur

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Quellen und Literatur

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Literatur

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Quellen und Literatur

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Literatur

499

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Quellen und Literatur

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Literatur

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Dies.: Die Würde des Gerichts. Spielten symbolische Formen an den Höchsten Reichsgerichten eine Rolle? In: Oestmann, Peter (Hrsg.), Zwischen Formstrenge und Billigkeit. Forschungen zum vormodernen Zivilprozeß. Köln, Weimar, Wien, 2009, (Quellen und Forschungen zur Höchsten Gerichtsbarkeit im Alten Reich 56) 191–216 [zitiert als StollbergRilinger, Würde]. Stolleis, Michael: Pecunia nervus rerum. Zur Staatsfinanzierung in der frühen Neuzeit. Frankfurt am Main, 1983 [zitiert als Stolleis, Pecunia]. Ders.: Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland. Band 1: Reichspublizistik und Polizeywissenschaft 1600 – 1800. München, 1988 [zitiert als Stolleis, Geschichte]. Ders.: Von der Rechtsnorm zur Rechtspraxis. Zur Rechtsgeschichte der Juden im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation. In: Gotzmann, Andreas/Stephan Wendehorst (Hrsg.), Juden im Recht. Neue Zugänge zur Rechtsgeschichte der Juden im Alten Reich. Berlin, 2007, (Zeitschrift für Historische Forschung 39) 11–24 [zitiert als Stolleis, Rechtsnorm]. Ders.: Heiliges Römisches Reich deutscher Nation, Deutsches Reich, ,Drittes Reich‘ und Destruktion einer politischen Idee. Wetzlar, 2007, (Schriftenreihe der Gesellschaft für Reichskammergerichtsforschung 34) [zitiert als Stolleis, Reich]. Stone, Lawrence: The Crisis of the Aristocracy, 1558 – 1641. Oxford 1965 [zitiert als Stone, Crisis]. Strauss, Raphael: Die Juden in Wirtschaft und Gesellschaft. Frankfurt am Main, 1964 [zitiert als Strauss, Juden]. Strobel, Till: Jüdisches Leben unter dem Schutz der Reichserbmarschälle von Pappenheim 1650 – 1806. Epfendorf, 2009, (Quellen und Darstellungen zur jüdischen Geschichte Schwabens 3) [zitiert als Strobel, Leben]. Studt, Birgit: Register der Ehre. Formen heraldischer und zeremonialer Kommunikation im späteren Mittelalter. In: Bihrer, Andreas/Matthias Kälble/Heinz Krieg (Hrsg.), Adel und Königtum im mittelalterlichen Schwaben. Festschrift für Thomas Zotz zum 65. Geburtstag. Stuttgart, 2009 375–392 [zitiert als Studt, Register]. Stun, R.: Adam Smith (1723 – 1790). In: Kurz, Heinz D. (Hrsg.), Klassiker des ökonomischen Denkens, Bd. 1. München, 2008 68–88 [zitiert als Stun, Smith]. Suchy, Barbara: Lexikographie und Juden im 18. Jahrhundert. Die Darstellung von Juden und Judentum in der englischen, französischen und deutschen Lexika und Enzyklopädien im Zeitalter der Aufklärung. Wien, Köln, Graz, 1978, (Neue Wirtschaftsgeschichte 14) [zitiert als Suchy, Lexikographie]. Sundheimer, Paul: Die jüdische Hochfinanz und bayerischer Staat im 18. Jahrhundert. In: Finanzarchiv, 41 1924 1–44 [zitiert als Sundheimer, Hochfinanz]. Suter, Andreas: Kulturgeschichte des Politischen. Chancen und Grenzen. In: Stollberg-Rilinger, Barbara (Hrsg.), Was heißt Kulturgeschichte des Politischen? Berlin, 2005, (Zeitschrift für Historische Forschung 35) 27–55 [zitiert als Suter, Kulturgeschichte]. Tabaczek, Martin: Wie viel tragen Superlative zum historischen Erkenntnisfortschritt bei? Anmerkungen zum Beitrag von Johannes Burkhardt, ,Das größte Friedenswerk der Neuzeit‘. Der Westfälische Frieden in neuer Perspektive (GWU 10/98). In: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht, 50 1999 740–747 [zitiert als Tabaczek, Superlative]. Theuerkauf, Gerhard: Reichsfürsten, -stand, -rat. In: Handwörterbuch für Rechtsgeschichte, 4 1990 573–576 [zitiert als Theuerkauf, Reichsfürsten]. Thamer, Hans Ulrich: Das Heilige Römische Reich als politisches Argument im 19. und 20. Jahrhundert. In: Heinz Schilling/Werner Heun/Jutte Götzmann (Hrsg.), Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation. Altes Reich und neue Staaten 1495 bis 1806. Essays. 29.

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Quellen und Literatur

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Literatur

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Trepp, Leo: Die Juden. Volk, Geschichte, Religion. Reinbek bei Hamburg, 1998 [zitiert als Trepp, Juden]. Treue, Wolfgang: Aufsteiger oder Außenseiter? Jüdische Konvertiten im 16. und 17. Jahrhundert. In: Aschkenas, 10 2000 307–336 [zitiert als Treue, Aufsteiger]. Ders.: Ratsherren und Rabbiner. Eliten und Herrschaftsformen im frühneuzeitlichen Frankfurt. In: Backhaus, Fritz/Gisela Engel/Robert Liberles/Margarete Schlüter (Hrsg.), Die Frankfurter Judengasse. Jüdisches Leben in der Frühen Neuzeit. Frankfurt am Main, 2006, (Schriftenreihe des Jüdischen Museums Frankfurt am Main 9) 200–212 [zitiert als Treue, Ratsherren]. Tromballa, Theophil: Franz Stephan von Lothringen und sein Kreis. Dissertation Wien, 1955 [zitiert als Tromballa, Franz]. Troßbach, Werner: Fürstenabsetzungen im 18. Jahrhundert. In: Zeitschrift für Historische Forschung, 13 1986 425–454 [zitiert als Troßbach, Fürstenabsetzung]. Ders.: Soziale Bewegung und politische Erfahrung. Bäuerlicher Protest in hessischen Territorien 1648 – 1806. Weingarten, 1987, (Sozialgeschichtliche Bibliothek) [zitiert als Troßbach, Bewegung]. Ders.: Die Reichsgerichte in der Sicht bäuerlicher Untertanen. In: Diestelkamp, Bernhard (Hrsg.), Das Reichskammergericht in der deutschen Geschichte. Stand der Forschung, Forschungsperspektiven. Köln, Wien, 1990, (Quellen und Forschungen zur Höchsten Gerichtsbarkeit im Alten Reich 21) 129–142 [zitiert als Troßbach, Reichsgerichte]. Ders.: Raum, Zeit und Schrift. Dimensionen politisch-sozialen Handelns von Bauern in einigen Kleinterritorien (17. und 18. Jahrhundert). In: Peters, Jan (Hrsg.), Gutsherrschaft als soziales Modell. Vergleichende Betrachtungen zur Funktionsweise frühneuzeitlicher Agrargesellschaften. München, 1995, (Historische Zeitschrift, Beihefte N.F. 18) 405–418 [zitiert als Troßbach, Raum]. Ders.: ,Audigenz . . . beim H. Reichs Bressedentten‘. Bauernprotest und Reichsinstitutionen. In: Wendehorst, Stephan/Siegrid Westphal (Hrsg.), Lesebuch Altes Reich. München, 2006, (bibliothek altes Reich 1) 95–100 [zitiert als Troßbach, Audigenz]. Trüper, Hans G.: ,Ehrlose, siegellose Buben und Bösewichter!‘ Eine Schmähschrift des stiftsbremischen Niederadligen Heinrich von Zesterfleth. In: Nitschke, Peter/Mark Feuerle (Hrsg.), Imperium et Comitatus. Das Reich und die Region. Frankfurt am Main u. a., 2009 149–164 [zitiert als Trüper, Ehrlose]. Trusen, Winfried: Die Rechtsspiegel und das Kaiserrecht. In: Zeitschrift für Rechtsgeschichte Germanistische Abteilung, 115 1985 12–59 [zitiert als Trusen, Rechtsspiegel]. Tschopp, Silvia Serena/Wolfgang E. J. Weber: Grundfragen der Kulturgeschichte. Darmstadt, 2007, (Kontroversen um die Geschichte) [zitiert als Tschopp, Weber, Grundfragen]. Tuczay, Christa A.: ,...swem er den töt getuot, dem sügents üz daz warme bluot‘. Wiedergänger, Blutsauger und Dracula in deutschen Texten des Mittelalters. In: Bertschik, Julia/dies. (Hrsg.), Poetische Wiedergänger. Deutschsprachige Vampirismus-Diskurse vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Tübingen, 2005 61–82 [zitiert als Tuczay, Wiedergänger]. Uhlhorn, Manfred: Der Mandatsprozess sine Clausula des Reichshofrats. Köln, Wien, 1990, (Quellen und Forschungen zur Höchsten Gerichtsbarkeit im Alten Reich 22) [zitiert als Uhlhorn, Mandatsprozess]. Ulbrich, Claudia: Zeuginnen und Bittstellerinnen. Überlegungen zur Bedeutung von EgoDokumenten für die Erforschung weiblicher Selbstwahrnehmung in der ländlichen Gesellschaft des 18. Jahrhunderts. In: Schulze, Winfried (Hrsg.), Ego-Dokumente. Annäherung an den Menschen in der Geschichte. Berlin, 1996, (Selbstzeugnisse der Neuzeit 2) 207–226 [zitiert als Ulbrich, Zeuginnen].

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Quellen und Literatur

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Literatur

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des Reichs Kammergericht‘. In: Oestmann, Peter (Hrsg.), Zwischen Formstrenge und Billigkeit. Forschungen zum vormodernen Zivilprozeß. Köln, Weimar, Wien, 2009, (Quellen und Forschungen zur höchsten Gerichtsbarkeit im Alten Reich 56) 217–246 [zitiert als Wunderlich, Exemtionsansprüche]. Würgler, Andreas: Bitten und Begehren. Suppliken und Gravamina in der deutschsprachigen Frühneuzeitforschung. In: Nubola, Cecilia/Andreas Würgler (Hrsg.), Bittschriften und Gravamina. Politik, Verwaltung und Justiz in Europa (14. – 18. Jahrhundert). Berlin, 2005, (Schriften des Italienisch-Deutschen Historischen Instituts in Trient 19) 17–52 [zitiert als Würgler, Bitten]. Wüst, Wolfgang: Günzburg. München, 1983, (Historischer Atlas von Bayern 13) [zitiert als Wüst, Günzburg]. Ders.: Otto Truchseß von Waldburg. In: Neue Deutsche Biographie, 19 1999 667–669 [zitiert als Wüst, Otto]. Yerushalmi, Yosef Hayim: ,Diener von Königen und nicht von Diener von Dienern‘. Einige Aspekte der politischen Geschichte der Juden. München, 1995, (Carl-Friedrich von Siemens Stiftung; Themen 58) [zitiert als Yerushalmi, Diener]. Yuval, Israel: Otobiographiah ashkenazit mehameah haarbah-esreh. In: tarbiz, 55 1986 541– 566 [zitiert als Yuval, Otobiographiah]. Zachmann, Karin: Kursächsischer Merkantilismus. Staatswirtschaftspolitik mit einem produktionszentrierten Ansatz. In: Bayerl, Guenter/Wolfhard Weber (Hrsg.), Sozialgeschichte der Technik. Münster, New York, 1998 121–130 [zitiert als Zachmann, Merkantilismus]. Zassenhausen, Dieter: Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde Lübbecke. Vom Spätmittelalter bis ins frühe 19. Jahrhundert. Lübbecke, 1988 [zitiert als Zassenhausen, Geschichte]. Zedinger, Renate: Franz Stephan von Lothringen (1708 – 1765). Monarch, Manager, Mäzen. Wien, Köln, Weimar, 2008, (Schriftenreihe der Österreichischen Gesellschaft zur Erforschung des 18. Jahrhunderts 13) [zitiert als Zedinger, Franz Stephan]. Zittartz, Suzanne: Von der Frühen Neuzeit bis zur Judenemanzipation. In: Zimmermann, Michael (Hrsg.), Die Geschichte der Juden im Rheinland und in Westfalen. Köln, 1998, (Schriften zur politischen Landeskunde Nordrhein-Westfalens 11) 79–140 [zitiert als Zittartz, Neuzeit]. Zmora, Hillay: Adelige Ehre und ritterliche Fehde. Franken in Spätmittelalter. In: Schreiner, Klaus/Gerd Schwerhoff (Hrsg.), Verletzte Ehre. Ehrkonflikte in Gesellschaften des Mittelalters und der Frühen Neuzeit. Köln, Weimar, Wien, 1995, (Norm und Struktur 5) 92–109 [zitiert als Zmora, Ehre]. Zoepfl, Friedrich: Das Bistum Augsburg und seine Bischöfe im Reformationsjahrhundert. München, 1969 [zitiert als Zoepfl, Bistum]. Zorn, Wolfgang: Vorderösterreich als Karrieresprungbrett: Beobachtungen zur Sozialgeschichte des Beamtentums. In: Maier, Hans/Volker Press (Hrsg.), Vorderösterreich in der frühen Neuzeit. Sigmaringen, 1989 43–56 [zitiert als Zorn, Vorderrösterreich]. Zunkel, Friedrich: Ehre, Reputatio. In: Geschichtliche Grundbegriffe, 2 1975 1–64 [zitiert als Zunkel, Ehre].

Personenregister Adelmann von Adelmannsfelden zu Sechingen, Engelgart von 396 Adolzheim, von 397 Amend-Traut, Anja 352 Amira, Karl von 23 Anhalt-Schaumburg, Victor Amadaeus Adolph von 407 Asch, Ronald G. 49 Attali, Jacques 99 Auer, Leopold 16 Battenberg, J. Friedrich 37, 98, 357, 375f. Beck, Johann Jodocus 44, 320 Berg, Marquardt vom, Bischof von Augsburg 396 Bergmann, Werner 367 Berlichingen, Albrecht von 172, 255f. Berlichingen, Georg Philipp von 172, 255f., 337, 404 Berlichingen, Georg Philipp von 81, 122 Berlichingen, Konrad von 399 Berlichingen, Valentin Johann von 82 Brandenburg-Onolzbach, Georg Friedrich von 397 Braunschweig-Lüneburg, Heinrich Julius, Herzog 340 Breuer, Mordechai 36 Burghartz, Susanna 19 Bussis, Emilio 15 Castell, Wolfgang von 85, 238, 260, 396 Castell-Remlingen, Vormundschaftsregierung 410 Clausbruch, gen. Cramer, Heinrich von 397 Croneck, Philipp von 267, 409 Davis, Natalie Zamon 320 de Mepsch, Jean 111, 333, 401 Deventer, Jörg 66 Dinges, Martin 101 Droysen, Johann, Gustav 13 Dubnow, Simon 36 Duchhardt, Heinz 20 Edlinstett, Abundus von 404 Eham, Michael 404 Ehrenpreis, Stefan 17, 29, 151, 354, 415

Eisenhardt, Ulrich 30f. Eisenmenger, Johann Andreas 272 Enzlin, Matthäus 78, 399 Erb, Rainer 367 Erbach, Georg August von 285, 303, 413 Erbach, Georg Wilhelm von 303, 413 Erbach, Philipp Carl von 285, 303, 413 Erdmannsdörfer, Max 13 Eyb, Veit Asmus von 396 Franklin, Benjamin 304 Freimon von Radeck, Johann Wolfgang, Reichsvizekanzler 335, 339 Frey, Sabine 19 Freyberg, Marquardt von, Forstmeister der Markgrafschaft Burgau 112, 399f. Freyberg, von 78 Freyberg-Eisenberg, Christoph von, Probst von Ellwangen 396 Friedrich I., schwedischer König, Landgraf von Hessen-Kassel 134 Fröhlich, Bartholomäus (Erben) 399 Fürstenberg-Heiligenberg, Christoph von 405 Fugger, Anton 339 Fugger-Glött-Kirchberg, Sebastian von 406 Gabel, Helmut 235 Gebsattel, Johann Philipp von, Bischof von Bamberg 397 Georg II. Lock, Abt von Ursberg 171 Georg II. Lock, Abt zu Ursberg 395 Gerber, Barbara 376 Göler von Ravensburg, Ludwig Friedrich 410 Gotzmann, Andreas 370, 379 Grafeneck, Ferdinand Dietrich von 81, 256, 337, 400 Grafeneck, Ferdinand Dietrich von 112, 119 Graus, Františ 375 Greenblatt, Stephen 25 Grumbach, Konrad von 82f., 103, 175, 227f., 256–258, 337, 403 Grumbach, Wilhelm von 257 Gschließer, Oswald von 14, 361 Güde, Wilhelm 41, 355

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Personenregister

Güss von Güssenberg, Hans 118, 240, 243, 337, 398, 400 Gugel, Albrecht von 397, 404 Gundelsheim, Georg von 337, 402 Habsburg – Ferdinand III., Kaiser 17, 33 – Friedrich III., Kaiser 339 – Karl V., Kaiser 42, 162, 176, 211, 244, 325, 362 – Karl VI., Kaiser 31, 89f., 276 – Maria Amalie Josefa Anna, Kurfürstin von Bayern 207 – Maximilian I., Kaiser 32 – Maximilian II., Kaiser 17, 32 – Maximilian, Erzherzog 69 – Maximilians II., Kaiser 29 – Rudolf II., Kaiser 11f., 17, 27, 31, 33, 35, 40, 46, 55–57, 60, 62–65, 67, 69, 72, 74, 76, 102, 106, 119, 150, 241, 262, 325 – Rudolf II., Kaiser 150, 337, 353f., 367 Habsburg-Lothringen – Franz I. Stephan, Kaiser 11f., 27, 31, 33, 55f., 62–65, 75, 87, 148–150, 152, 269, 276 – Franz II., Kaiser 28 – Franz I. Stephan, Kaiser 351, 353, 361, 408 – Joseph II., Kaiser 32, 406 Häller, Johann 399f. Halle, Johann von 333, 401 Han, Isaak 395 Hanau, Philipp Ludwig II. von 404 Hasslinger, Thomas 91, 205f., 349 Helfenstein, Rudolf von 400 Herchenhahn, Johann Christian 135, 137 Hergemöller, Bernd 320, 382 Hessen-Darmstadt, Ludwig VIII. von 409 Hessen-Darmstadt, Ludwig XVII. von 87 Hessen-Rheinfels-Rothenburg, Konstantin von 299, 414 Hilleprand von Prandau, Stephan Andreas, Reichshofrat 348 Hohenlohe-Pfedelbach, Ludwig Gottfried von 284f., 414 Hohenlohe-Weikersheim, Wolfgang II. von 121, 172, 256, 404 Hohenwart, Ursula von 398 Holstein-Plön-Rethwisch, Johann Ernst Fedinand, Herzog 301 Horben, Dietrich von, Landvogt der Markgrafschaft Burgau 118, 397–400, 404

Ilsung, Johann Achilles 396 Isenburg-Wächtersbach, Ferdinand Maximilian von 410 Isenburg-Wächtersbach, Friedrich August von 410 Israel, Jonathan 36 Jaxtheim, Wolf Sigismund von, Reichshofrat 413 Jörger zu Tollet, Johann Quintin, Reichshofrat 345 Juden – Aaron Nathan aus Lehrensteinsfeld 91–93, 351f. – Abraham aus Prag 258 – Abraham Fränklin aus Prag 252, 399 – Abraham Isaak von Hausberge 79, 104 – Abraham Löw Ochs 409 – Abraham Sinzheimer 406 – Bär Löw Isaak Kann 92, 278, 409 – Bela, Frau von Israel von Lübbecke 314 – Bela, Frau von Schmoll 83 – Benedikt Levi Gomperz 410 – Beßle, Tochter von Noe Samuel Isaak 206 – Beyfuß 397 – David Dispecker 138, 296, 305, 408 – David Mayer Juda Kulp 92f., 134, 199, 278, 281, 348, 409 – David Mayer Jude Kulp 348 – David Nathan Deitz 406 – David Ullmann 89 – Dottres Samuel Stern 71, 345, 409f. – Elias Oppenheimer 148, 412 – Esther, Mutter von Schmoll 83, 103 – Feist Cahen 407 – Fradel Hayum, Frau von Getz Hayum 315, 412 – Fradel Hayum, Frau von Getz von Hayum 316 – Fröschel, Jacob 73 – Getz Hayum 90, 315, 412 – Hänle aus Crailsheim 315f., 318 – Haim 404 – Haim aus Fulda 402 – Hirsch 92 – Isaac von Nagelsberg 81f., 172 – Isaak aus Obereisenheim 83, 403 – Isaak aus Prag 397 – Isaak Heßlin 141, 144, 146, 408 – Isaak Moises Kann 410

Personenregister – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –

Isaak Speyer 277, 407 Isaak von Appenfelden 397 Isaak von Hundsfeld 398 Isaak von Nagelsberg 73, 121, 158, 181, 233, 255f., 258, 261, 263, 312, 314, 336, 404 Isaak von Prag 243 Ischl Perl 209f. Israel von Lübbecke 73, 78f., 104, 111, 121, 178f., 246, 314, 333–335, 401 Jacob Abraham 315 Jacob aus Obereisenheim 398 Jacob aus Schnaittach 398 Jacob der Ältere aus Günzburg 397 Jacob Fröschel aus Prag 113, 159, 233, 249, 261, 397 Jacob Heßlin 141, 144–146, 408 Jacob Isaak Kann 410 Jacob Ochs 203, 407 Joseph Callmann 407 Joseph Döplitz aus Prag 73, 405 Joseph Levi (Erben) 411 Joseph Moises Schuster 141, 143, 298, 303, 413 Joseph Moises Schwobacher 350 Joseph Oppenheimer 91, 324 Josl von Rosheim 362 Khela, Frau von Isaak von Nagelsberg 122, 312, 314, 404 Lazarus von Günzburg 398 Lazarus von Winda 396 Lemle Joseph Schuster 143 Levin aus Stuttgart (Erben) 411 Liepmann Fränklin aus Prag 252, 399 Löw Emanuel 199, 406 Löw Sinzheimer (Erben) 413 Löw von Dornburg 404 Mändlein aus Prag 252, 399 Maggio Gabrielli 78 Marum Kahn 71, 89f., 300–302, 352, 411 Matthes Levi aus Schnaittach 397 Mayer Amschel Flörsheim 75 Mayer Berlin 196, 411 Mayer David Eger 408 Mayer Gans 407 Mendel von Worms 396 Michael 404 Michael Isaak 414 Michael Isaak Hanau 205 Michael Jacob Haimburger 209f. Michael Simon Hanau 146f., 301, 310f., 317, 345, 410

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– Model Hirsch Kuhn 130, 144, 146, 276, 409 – Moises Benedikt Beifuß 71, 139, 195, 203, 276, 293, 298, 412f. – Nathan Schay aus Hildesheim 73, 85, 258 – Noe Samuel Isaak 72, 91, 205–208, 349, 352 – Säckel Fränckel aus Sulzbach 142, 282f. – Salomon aus Prag 397 – Salomon Bär 412 – Salomon Levi 141, 279 – Samuel Emanuel Oppenheimer 129, 412 – Samuel Simon 299, 303, 414 – Schmoll aus Rimpar 73, 82f., 103, 118, 126, 175, 227, 234, 243, 255–258, 261, 263, 339, 402f. – Schramel 403 – Seligmann aus Brenz 73, 78, 81, 112, 243, 251, 256, 399f. – Seligmann aus Remlingen 85 – Simon Aaron Neustädl 413 – Simon von Günzburg 66, 73, 124, 162, 180, 395f. – Süßel Mayer Juda Kulp 413 – Urias 398 – Wendel aus Polen 72 – Wolf Breysach 409 – Wolf Wertheimer 148, 301, 346 – Wolff aus Brenz 81f. – Zacharia Fränckel 350 Justi, Johann Heinrich Gottlob von 291, 323 Kametzky zu Rückingen, Karl Franz von 146f., 205, 301, 310f., 317, 345, 410 Kasper(-Marienberg), Verena 20, 96, 132, 326, 328 Katz, Jacob 36, 376, 381 Kisch, Guido 11 Kißler, Jacob 91, 205f. Klein, Birgit E. 11, 20 Knöringen, Wolff Wilhelm von 399 Kollmer, Gert 66, 98 Kopperschmidt, Josef 23 Lamprecht, Michael 91 Laux, Stephan 43, 98, 375 Leinigen, Friedrich von 396 Leiningen Westerburg, Georg Karl Ludwig von 406

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Personenregister

Lippe-Detmold, Simon August von 279 Litt, Stefan 67, 376 Löwenstein-Wertheim, Ludwig III. von 253 Löwenstein-Wertheim-Virneburg, Johann Ludwig Vollrath von 351 Löwenstein-Wertheim-Virneburg, Karl Ludwig von 413 Luther, Martin 272 Luxemburg – Karl IV., Kaiser 42 Mecklenburg-Schwerin, Christian Ludwig II. 412 Mentgen, Gerd 19 Mespelbrunn, Julius Echter von, Fürstbischof von Würzburg 398, 402f. Mespelbrunn, Julius Echter von, Fürstbischof von Würzburg 113, 118, 122f., 175f. Middelburg, Johann Heinrich von, Reichshofratsagent 130 Montfort, Ernst von 89 Montfort, Franz Xaver von 89f., 300, 302, 352, 411 Montfort, Franz Xaver von 190 Moraw, Peter 361 Moser, Johann Jacob 136f., 146f. Münster, Michael von 398 Münster, Philippina von 145 Münster, von 137, 408 Niggemann, Ulrich

378

Obernburger, Peter, Sekretär der Reichskanzlei 339 Obersteiner, Peter 20 Oestmann, Peter 101 Öttingen, Friedrich V. von 396 Öttingen, Wilhelm II. von 398 Öttingen-Öttingen, Gottfried von 402 Oettingen-Wallerstein, Johann Friedrich von 412 Oettingen-Wallerstein, Philipp Karl von 412 – Oettingen-Wallerstein, Philipp Karl von 412 Öttingen-Wallerstein, Vormundschaftsregierung 129 Ortlieb, Eva 16f., 29, 57, 101, 153, 361, 415, 421

Ostein, Johann Friedrich Karl von, Kurfürst von Mainz 93 Ostfriesland, Ezard II. von 105, 401 Pappenheim, Konrad von 241, 397 Pfalz-Neuburg, Philipp Ludwig, Herzog 399 Pfefferkorn, Johannes 261, 324 Poitschan, Georg Michael 301 Polster, Gert 57 Poss, Franz Xaver 199 Po-Chia Hsia, Ronnie 19 Press, Volker 12, 19f., 36, 257 Pückler, Christian Wilhelm Karl von 191, 204, 266, 269, 411 Quernheim, Hilmar von 333, 335, 401 Quesnay, François 291

78–80, 104, 246,

Radefeld, Johann Christoph 138 Ranieri, Filippo 65, 68 Rauscher, Peter 20 Reuchlin, Johannes 41, 261, 324 Ries, Rotraud 37, 70, 367 Roth, Johann Leonard 400 Ruderman, David 36 Sachsen-Hildburghausen, Ludwig Friedrich, Herzog 138, 305, 408 Sayn-Wittgenstein-Hohenstein, Hediwg Elisabth von 134 Sayn-Wittgenstein-Vallendar, Johann Wilhelm von 133f., 139, 195, 293, 413 Schaumburg, Hermann von, Bischof von Minden 79f., 104f., 401 Schmale, Wolfgang 23 Schmidtberg, Karl August Emmanuel von 91f., 351 Schönborn, Damian Hugo Philipp von, Kardinal 90 Scholem, Gershom 375 Schreiber, Thomas 153 Schütz von Holzhausen, Johann Wilhelm August 412 Schulze, Winfried 379f. Seckendorff, von 82f., 175, 403 Seinsheim, Adam Friedrich von, Würzburger Fürstbischof 146 Sellert, Wolfgang 15, 33, 415 Senckenberg, Heinrich Christian von, Reichshofrat 345

Personenregister Senftenau, Jakob Kurz von, Reichsvizekanzler 127 Senn, Markus 153 Stadion und Tannhausen, Franz Konrad von, Bamberger Fürstbischof 146 Staudinger, Barbara 19f., 311 Stein zum Altenstein, Alexander vom 82f., 118, 122, 175f., 263, 337, 397f., 402f. Stein zum Altenstein, Veit vom 82f., 118, 122, 175f., 240, 243, 263, 337, 397f., 402f. Stein, Heinrich vom 112, 400 Stein, Puppelin/Boppelin von 396 Steinig, Bernhard von 397 Streit, Johann Jakob 404 Toch, Michael 64 Trebis, Hans Georg von 397 Treitschke, Heinrich von 13 Troßbach, Werner 52 Türheim, Hans Christoph von 395 Türheim, Hans Wilhelm von 395 Uhl, Johann S. 318 Uhlhorn, Manfred 107, 415 Ulbrich, Claudia 37, 321 Ullmann, Sabine 17, 19, 29, 37, 101, 153, 212, 361, 363, 365, 371 Vöhlin, Ferdinand

404

Waldeck-Pyrmont, Karl von 315, 412 Walz, Rainer 40 Wartenberg, Kasimier von 407 Weber, Raimund J. 215 Weiß, Joseph 411

517

Welden, Karl von 398 Welser, Karl, Landvogt der Markgrafschaft Burgau 395f. Widmann, Hans, gen. Stelzer 81f., 172, 404 Widmann, Sybilla 404 Wiedl, Birgit 378 Wietersheim, Anton von 111, 333, 401 Wildenstein, Carolina Luisa Juliana von 350 Wittelsbach – Albrecht V., Herzog von Bayern 396 – Ernst, Kurfürst von Köln 85, 107, 253f. – Karl Albrecht, Kurfürst von Bayern 207 – Karl Albrecht, Kurfürst von bayern 208 – Karl VII., Kaiser 90, 300, 348, 408, 414 – Max Emanuel, Kurfürst von Bayern 207 – Maximilian III. Joseph, Kurfürst von Bayern 208 Wittgenstein-Wittgenstein-Hohenstein, Vormundschaftsregierung 293 Wittstatt, gen. Hagenbach zu Helffenberg, Philipp von 398 Württemberg – Friedrich I., Herzog 78, 113 – Karl Eugen, Herzog 351 – Ludwig, Herzog 399 – Marie Auguste von (Thurn und Taxis), Herzogin 411 Zasisus, Ulrich 261 Zedler, Johann Heinrich

378

bibliothek altes Reich baR herausgegeben von Anette Baumann, Stephan Wendehorst und Siegrid Westphal

Als ein innovatives, langfristig angelegtes Forum für Veröffentlichungen zur Geschichte des Alten Reichs setzt sich die „bibliothek altes Reich – baR“ folgende Ziele: – Anregung zur inhaltlichen und methodischen Neuausrichtung der Erforschung des Alten Reichs – Bündelung der Forschungsdiskussion – Popularisierung von Fachwissen – Institutionelle Unabhängigkeit Inhaltliche und methodische Neuausrichtung An erster Stelle ist die Gründung der Reihe „bibliothek altes Reich – baR“ als Impuls für die interdisziplinäre Behandlung der Reichsgeschichte und deren Verknüpfung mit neuen methodischen Ansätzen konzipiert. Innovative methodische Ansätze, etwa aus der Anthropologie, der Geschlechtergeschichte, den Kulturwissenschaften oder der Kommunikationsforschung, wurden in den letzten Jahren zwar mit Gewinn für die Untersuchung verschiedenster Teilaspekte der Geschichte des Alten Reichs genutzt, aber vergleichsweise selten auf das Alte Reich als einen einheitlichen Herrschafts-, Rechts-, Sozial- und Kulturraum bezogen. Die Reihe „bibliothek altes Reich – baR“ ist daher als Forum für Veröffentlichungen gedacht, deren Gegenstand bei unterschiedlichsten methodischen Zugängen und thematischen Schwerpunktsetzungen das Alte Reich als Gesamtzusammenhang ist bzw. auf dieses bezogen bleibt. Bündelung der Forschung Durch die ausschließlich auf die Geschichte des Alten Reichs ausgerichtete Reihe soll das Gewicht des Alten Reichs in der historischen Forschung gestärkt werden. Ein zentrales Anliegen ist die Zusammenführung von Forschungsergebnissen aus unterschiedlichen historischen Sub- und Nachbardisziplinen wie zum Beispiel der Kunstgeschichte, der Kirchengeschichte, der Wirtschaftsgeschichte, der Geschichte der Juden, der Landes- und der Rechtsgeschichte sowie den Politik-, Literatur- und Kulturwissenschaften. Popularisierung von Fachwissen Die „bibliothek altes Reich – baR“ sieht es auch als ihre Aufgabe an, einen Beitrag zur Wissenspopularisierung zu leisten. Ziel ist es, kurze Wege zwischen wissenschaftlicher Innovation und deren Vermittlung herzustellen. Neben primär an das engere Fachpublikum adressierten Monographien, Sammelbänden und Quelleneditionen publiziert die Reihe „bibliothek altes Reich – baR“ als zweites Standbein auch Bände, die in Anlehnung an das angelsächsische textbook der Systematisierung und Popularisierung vorhandener Wissensbestände dienen. Den Studierenden soll ein möglichst rascher und unmittelbarer Zugang zu Forschungsstand und Forschungskontroversen ermöglicht werden. Institutionelle Unabhängigkeit Zur wissenschaftsorganisatorischen Positionierung der Reihe: Die „bibliothek altes Reich – baR“ versteht sich als ein grundsätzlich institutionsunabhängiges Unternehmen. Unabhängigkeit strebt die „bibliothek altes Reich – baR“ auch in personeller Hinsicht an. Über die Annahme von Manuskripten entscheiden die Herausgeber nicht alleine, sondern auf der Grundlage eines transparenten, nachvollziehbaren peer-review Verfahrens, das in der deutschen Wissenschaft vielfach eingefordert wird.

Band 1 Lesebuch Altes Reich Herausgegeben von Stephan Wendehorst und Siegrid Westphal 2006. VIII, 283 S. 19 Abb. mit einem ausführlichen Glossar. ISBN 978-3-486-57909-3 Band 2 Wolfgang Burgdorf Ein Weltbild verliert seine Welt Der Untergang des Alten Reiches und die Generation 1806 2. Aufl. 2008. VIII, 390 S. ISBN 978-3-486-58747-0 Band 3 Die Reichsstadt Frankfurt als Rechts- und Gerichtslandschaft im Römisch-Deutschen Reich Herausgegeben von Anja Amend, Anette Baumann, Stephan Wendehorst und Steffen Wunderlich 2007. 303 S. ISBN 978-3-486-57910-9 Band 4 Ralf-Peter Fuchs Ein ,Medium zum Frieden‘ Die Normaljahrsregel und die Beendigung des Dreißigjährigen Krieges 2010. X. 427 S. ISBN 978-3-486-58789-0 Band 5 Die Anatomie frühneuzeitlicher Imperien Herrschaftsmanagement jenseits von Staat und Nation Herausgegeben von Stephan Wendehorst 2015. ISBN 978-3-486-57911-6 Band 6 Siegrid Westphal, Inken Schmidt-Voges, Anette Baumann Venus und Vulcanus Ehen und ihre Konflikte in der Frühen Neuzeit 2011. 276 S. ISBN 978-3-486-57912-3 Band 7 Kaiser und Reich in der jüdischen Lokalgeschichte Herausgegeben von Stefan Ehrenpreis, Andreas Gotzmann und Stephan Wendehorst 2013. 321 S. ISBN 978-3-486-70251-4 Band 8 Pax perpetua Neuere Forschungen zum Frieden in der Frühen Neuzeit Herausgegeben von Inken Schmidt-Voges, Siegrid Westphal, Volker Arnke und Tobias Bartke 2010. 392 S. 2 Abb., ISBN 978-3-486-59820-9 Band 9 Alexander Jendorff Der Tod des Tyrannen Geschichte und Rezeption der Causa Barthold von Wintzingerode 2012. VIII. 287 S. ISBN 978-3-486-70709-0 Band 10 Thomas Lau Unruhige Städte Die Stadt, das Reich und die Reichsstadt (1648–1806) 2012. 156 S. ISBN 978-3-486-70757-1 Band 11 Die höchsten Reichsgerichte als mediales Ereignis Herausgegeben von Anja Amend-Traut, Anette Baumann, Stephan Wendehorst und Steffen Wunderlich 2012. 231 S. ISBN 978-3-486-71025-0

Band 12 Hendrikje Carius Recht durch Eigentum Frauen vor dem Jenaer Hofgericht (1648–1806) 2012. 353 S. 2 Abb., ISBN 978-3-486-71618-4 Band 13 Stefanie Freyer Der Weimarer Hof um 1800 Eine Sozialgeschichte jenseits des Mythos 2013. 575 S., 10 Abb., ISBN 978-3-486-72502-5 Band 14 Dagmar Freist Glaube – Liebe – Zwietracht Konfessionell gemischte Ehen in Deutschland in der Frühen Neuzeit 2015. ISBN 978-3-486-74969-4 Band 15 Anette Baumann, Alexander Jendorff (Hrsg.) Adel, Recht und Gerichtsbarkeit im frühneuzeitlichen Europa 2014. 432 S. ISBN 978-3-486-77840-3 Band 16 André Griemert Jüdische Klagen gegen Reichsadelige Prozesse am Reichshofrat in den Herrschaftsjahren Rudolfs II. und Franz I. Stephan 2014. ISBN 978-3-11-035267-2