Ius pontificium der Römer [Reprint 2021 ed.] 9783112456927, 9783112456910


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Ius pontificium der Römer [Reprint 2021 ed.]
 9783112456927, 9783112456910

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IUS PONTIFICIUM der

R ö m e r. Don

Karl Dietrich Hüll mann.

Bonn, bei

Adolph

Marcus.

1 8 3 7.

Erster Theil. Pontifices in Beziehung auf die Curien.

I. Vewandtniß dieser Beziehung.

§.

1.

Curial- oder Ur - Gebiet.

Die Sagen der vorzüglichsten Völker des Alterthums über die Anfältge ihrer Gesellschaft stimmen darin überein,

daß, wo eine Ansiedlerschaar mit Ueberlegcnheit in ein Land eingedrungen war, die Gränzen des besetzten Ge­

biets genau bestimmt worden sind, und eine planmäßige

Vertheilung desselben unter die Mitglieder Statt gehabt hat.

Die letztere ist auf verschiedene Weise vor sich ge­

gangen; entweder gemeinschaftlich vollzogen von den Häup­ tern und Führern, auf den Grund eines Vertrags, wie

in Palästina; oder angeordnet von einem sagenhaft so

vorgestellten einzigen

Unternehmer

des

Zugs, wie in

Attika; oder veranstaltet von einem in mythisches Dunkel

gehüllten Staats-Urheber, wie in Rom; oder endlich von der Sage dahin verändert, daß sie geraume Zeit erst

nach der Einwanderung bei der Umgestaltung der gesell­ schaftlichen Ordnung vorgenommen worden, wie in Spaxta.

4 Dci dieser Landesvertheilnng ist überall die Sonderung

des

zusammengesetzten Haufens in Ober- Mittel- und

Unter-Abtheilungen, nach Maßgabe der Heimathen, Ver­ wandtschaften und gewohnten Beschäftigungen, znm Grunde

gelegt worden i).

Die mittlern Abtheilungen sind es, die hier allein

in Betracht kommen.

Die zwölf Attischen, und die dreißig

Latinischen, werden nöXeig genannt 2).

das Wesen der Römischen Curien ist

Zur Einsicht in es nicht unzweck­

mäßig, die Latini, die östlichen Nachbarn der Römer, in Ansehung der gesellschaftlichen Grundverhältniffe mit

den letztem zusarnmenzustellcn.

Aus der Uebereinstimmung

der Sprache beider Völker, so wie aus ihrer Verbindung vermittelst der Latinischen Ferien 3),

ergiebt sich

die

Stammverwandtschaft und gleiche Herkunft derselben, und

aus der Granznachbarschaft die gleichzeitige Einwande­

rung.

Daß der politische Verein der Latini aus dreißig

kleinen Gemeinwesen bestanden hat,

deren Versammlun­

gen zu Fcrentina gehalten worden (Pan - Latium), ist nicht zweifelhaft 4).

Daher widerspricht sich Dionysius,

wenn er ein Mal sieben und vierzig angiebt s), die er

jedoch bei der Aufzählung bei weitem nicht alle heraus-

>) Ursprünge der Rom. Verfassung S- 5. 2) Dionys. III. 34 VI 63. ?4* 7 5«

3) Id. IV. 49.

Liv. I. 45. 4) Dionys. HI. 34. 51. IV. 45 V. 5o. 61.

Liv. I. 5o. 52. 11. 36. VII. 25. 5) Dionys, IV. 4g-

5 bringt 6).

Was diese nöXag,

ganz dasselbe waren die

Gurrn: Inbegriffe kleiner Landgemeknen oder Gentes, und

ursprünglich ebenfalls bundesrechtlich vereinigt.

Wären

die Ferentinischen Latini, gleich den Römischen, in das festere staatsrechtliche Verhältniß getreten, sie hät­ ten die Unabhängigkeit länger behauptet.

Da man unter nölig zuerst überhaupt einen in be­ stimmte Gränzen eingeschlossenen, größer« oder kleinern

Flächenraum verstanden hat 7), so irrt dfl Sage, wenn sie jene Abmessung des Gebiets bei der Gründung der Staaten

auf den Umfang der Häuptstadt beschränkt, ja überhaupt

darauf bezieht.

Denn

eine solche, als der Sitz einer

gemeinschaftlichen Regierung, ist Überall spater und erst

entstanden, als die losere bundesrechtliche Verfassung in die engere staatsrechtliche überging.

In der Hauptsache

stimmen die von diesem Irrthum bekannten Beispiele über­ ein.

Am einfachsten wird die Bestimmung des Umfanges

der Stadt in den Griechischen Sagen dargestellt »).

Die

Karthagischen lassen, mitt Anspielung auf die Punische Schlauheit, die Banstelle der Hauptstadt mit schmalen,

ans einer Ochsenhaut geschnittenen Rinnen umspannen o).

Bekannt ist in den Römischen die Abgränzung vermittelst einer mit dem Pflug gezogenen Furche, auf Sicilren 10),

6) Dionys. V. 61.

7) Ursprünge rc. Sn. Conf. Lycophr. Cassandra ia55: „nvQyovs ifHctxoyict.11 8) Calliniach. hymn. in Apoll. 55: „jroZtas o.“ 9) Justin. XVIII. 5. io) Virg. Aen. V. ;55 . „Aeneas urbein designat aratro.“

6 und in Rom li).

Wenn die Bezeichnung der Gränzen

des für eine Colonie zu bestimmenden Gebiets durch den Pflug 12) der bildliche Ausdruck für die Abgrän-zung desselben geworden ist,

so erhellt hieraus, daß bei

der sagenhaften Einschließung nicht an die, der Haupt­

stadt, zu denken sei,

da deren Anlage in viel spätere

Zeiten gehört, sondern an die Gräuzbcstimmung des gan­ zen in Beschlag genommenen Landes.

Dieselbe war näm­

lich bei der Niederlassung der Römischen Urgesellschaft eben damit bewerkstelligt, daß für jede Curie die Grän­

zen des ihr zugetheiltcn Landstücks abgesteckt wurden. Dieses aus dreißig Curial-Marken zusammengesetzte

Urgebiet des im Fortgänge der Zeit zum weltherr­ schenden gewvrdnen Staats ist die Grundlage, auf wel­

cher diejenige Altrömische Äirchenverfaffung beruht, die

von den Pontifices, ihren Häuptern, den Namen führt.

Es kann daher nicht als unwichtig und frenid erscheinen, einen Versuch der Ausmittelung seiner Lage und seines

Umfanges anzustellen, zur Unterscheidung dieses Grundes und Bodens der Altbürgcr von dm später durch einzelne

Eroberungen hinzugekommenen Gegenden, deren Einsaffm zwar das volle Bürgerrecht erhalten haben, aber indem

11) Plutarch. RomuL io.

Dionys. J. 88-

Ovid. Fast. IV. Big seqq. Tac. annal. XII.

ta) Cic. Phil. II. 4o: „coloniam deduxisti, ut aratrum cir-

„cumduceres*“ Serv. ad Virg, Aen. 1. I.

7 sie nur Tributen, nicht Curialcn, geworden,

der Auf,

nähme in die alte Kirche nicht fähig gewesen sind.

Soll

der anzustellcnde Versuch in einigem Grads gelingen, so

kann es nur auf einem Umwege geschehn, dadurch näm-

lich, daß sämmtliche Tribus aufgezahlt und in zwei Ordnungen gesondert werden.

Es ist dem­

nach zu versuchen, alle diejenige« zu ermitteln, von de­

nen entweder die spätere Eroberung und Einverleibung

bekannt ist, oder denen wenigstens die beiden Unterschei­ dungsmerkmale der Ursprünglichkeit fehlen,

die Lage in

der Umgegend der Stadt, und der von einer altberühm-

tcn Römischen Gens entlehnte Name.

Werden diese Tri­

bus, zwanzig an der Zahl, zusammengestellt, so geben sich die übrigen fünfzehn von selbst als

das ursprüng­

liche oder das Gebiet der Curie» zu erkennen.

Dabei ist

nicht zu übersehn, daß Fabius und Cato ir) die Zahl der

Tribus mit derjenigen, der Curie», verwechseln: es wird berichtet, Servius habe diese Zahl vorgefunden, und doch soll er die Tribus erst eingerichtet haben.

Erste Ordnung.

Fünfzehn,

die das Gebiet der

Curie» enthalten haben. l.

1) 2) 3) 4)

Sechs, als solche kcnutlich durch die Lage.

Palatina. Suburana. Collina. Esquilina.

5) Lemonia n). Die Ländereien dieser Tribus waren 13) Bei Dionys. IV. i5. 14) Cic. Plane. 16. Phil IX 7.

8



benannt von dem Lemonischen Felde, und lagen vor der

porta Capena 15), welche aus dem südöstlichen Theile der Stadt führte; weshalb in diesem Zusammenhänge

nicht der Etruskische Ort dieses Namens 16) gemeint seyn kann.

Die Entfernung von der Stadt betrug nur gegen

6000 Schritte.

Die Nähe des Flüßchens Tutia mnd des

berühmten Tusculum, mit einem Tempel der Feronia,

bezeichnet die Lage noch genauer 17). 6) Pupinia, benannt von dem Pupinischen Felde is),

nur 8000 Schritte von der Stadt, und im Zusammen­

hänge mit Ortschaften erwähnt, die unverkennbar zur ältesten Bürgerflur gehört haben 19).

II.

Neun, deren Namen die Ursprünglichkeit zu er­

kennen geben, dadurch, daß sie von altberühmten Rö­

mischen Gentes hergenommen sind.

Diese letztem nämlich

nach den Führem der einzelnen Haufen des Ansiedler­ zugs , Männern aus hervorragenden Familien ihrer Heimathcn, zn benennen, hatte sich bei der Niederlassung

und Einrichtung des Gemeinwesens von selbst verstan­

den io).

Darunter hatten sich acht von so gebietendem

15) Festus, 16) Liv. V. 8.

Pliu. hist. nat. 111. 5 med. 17) Cic. ad divers. IX. 17.

Liv. XXVI. 11. XXVII. 4. XXXIll 26. 18) Valer. Max, IV. 4 $• 6, et 8. J. u Festus.

,9) Liv. XXVI. 9. 20) Urspr. d. Rom. Dorf. S- 26.

9 Rufe befunden, daß bei der Einführung der einem Ser­

vius Tullius beigelegten Verfassung, auf mehr, als die

Hälfte der damaligen Tribus der Name der Gentes

übergegangen ist, welche, weil diese Archagetä ihr Land darin erhalten hatten, nach ihnen genannt worden waren.

7) Aemilia 21). 8) Claudia 22).

9) Cornelia 23).

10) Fabia 24). 11) Horatia 25).

12) Menenia 26). 13) Papiriaz27). 14) Sergia 28). 15) Veturia 29). Die genauere Lage derselben betreffend, ist nur die, der

Papina, bekannt: neben dem Feldgebiet der Tuskulaner;

21) Cic. Att. II. i£. Liv. XXXVIII. 36. 22) Id. II 16 23) Id. XXXVJIL 36. »4) Sueton. Octav. 4. Ho rat. epist. I, 6. 51. 25) Inscriptt. laud. ab Orell. inscriptt. Lat. II. ,5 26) Cic. ad divers. XIII 9. 27) Liv. VIII. 37. Festus. 28) Cic. Vatin iS. Ascon. ad Cic. pro Corneho de majest. extr.: „duae „solae tribus, Sergia et Quirina, daniuaveruut.“ 2g) Liv. xXvi 22.

10 denn bei der Aufnahme der letztem in die Staatsgcmein-

schaft sind sie dieser Tribus zugcscllt worden so). Zwanzig, aus Ländereien be­

Zweite Ordnung.

stehend, die in Folge späterer Eroberungen dem Staats­

gebiet einverleibt worden sind.

1.

Drei, in sehr früher Zeit von Etrurien

er­

obert.

16) Vejentina.

Dieser Name, der eigentlich nur ein

Mal vorkömmt si), wird von neuern Gelehrten für verderbt gehalten, und die in einigen Handschriften der Ciceroni-

schcn Rede befindliche Lese-Art Ovfentina,

üfentina, vorgezogen.

gewöhnlich

Es ist aber vielmehr wahrschein­

lich, daß letzteres in jenen Handschriften fehlerhaft sei,

schon deshalb, weil, wenn Vejentina wegfiele, der be­ glaubigten Tribus nur vier und dreißig seyn würden.

Hierzu kömmt der Zusammenhaug folgender geschichtlichen

Umstände.

In früher Zeit schon hatte Rom von den

V ej entern die waldige ©cgenb Maesia, auf der West­

seite des Tiberfluffes, erobert sr), eine Erwerbung, welche deshalb von Wichtigkeit seyn mußte, weil nun auf bei­ den Seiten die Mündung des Stroms beherrscht wurde.

Um die Stadt mit dem neuen Gebiete, zunächst mit dem Janiculum, in Verbindung zu setzen,

ward eine Brüeke

erbauet, und zur Belebung des Schiffsverkehrs der Ha­

fen Ostia angelegt, am östlichen Arm, 30) Valer. Max. IX. io. H. r.

31) Cic. Plane. 16 32) Liv. I. 33.

nicht weit von

11

dessen Ausflüsse rr).

Hieraus darf gefolgert werden, daß

unter dem Namen Fyentina eine Tribus bestanden, welche die Gegend von Maesia und die westliche Niederung ent­

halten habe.

Unmittelbar neben ihr ist eine andere Etrus­

kische, die Crustumina, genannt. — Die Ufentina dage­

gen läßt sich mit diesen Umständen nicht in Verbindung bringen: sie lag auf der Ostseite des Tiberis, und führte den Namen von dein Flüßchen Ufens, das durch das Volscische Gebiet von Westen nach Osten in das Meer

lief, mit Terracina an der Mündung 34) *). 17) Romulia, ein dem Staate von Veji ebenfalls früh entrissenes Stück Landes 35).

18) Crustumina, auf der Westseite des Flusses im Lande der Etrusker 36).

Drei, die im Jahre 259 hinzugekommen seyn

II.

müssen.

Dies ergiebt sich aus folgenden Erwägungen.

Daß vier Jahre nachher die Zahl der Tribus aus e i n

und zwanzig bestanden habe, ist gewiß37).

Nun ist

33) Ibid. Dionys. III. 44* 34) Plin. hist. nat. III. 5 med. Festus v. Ufentina.

*) Unten N. 3o. 35) Festus: „Romulia tribus , ex eo agro, quem Romulus „ceperat ex Vejentibus.“ Conf. Dionys. II. 55.

36) Festus: „Crustumina tribus, a Tuscoriun urbe Crustu„mina dicta.“ Plin. 1. I.

37) Dionys. VII. 64 extr.

12 dargcthan, daß derjenige Theil des Landes, aus welchem die bis hierher aufgcführten achtzehn Tribus

gebil­

det worden, viel früher zum Staatsgebiete gehört hat.

Eben so unzweifelhaft ist, daß die «och aufzuzählenden,

namentlich bekannten,

letzten vierzehn (N.22—35)

über hundert Jahre später nach und nach eingerichtet worden sind.

Es scheint also nicht willkührlich, die bei

dem Jahre 259 gegebne nur zu kurze Nachricht: „Romae

„tribus una et viginti factae 38)so auszulegcn, daß die bisherige Zahl -der tachtzehn) Tribus auf ein und

zwanzig erhöht worden, mithin drei neue hinzugekommen sind,

und daß diese neuen keine andere,

als die allein

übrig bleibenden, zunächst folgenden, gewesen seyn können.

19) Galeria 39). 20) Pollia 4o). 21) Voltinia 41). 111.

Vierzehn,

in dem Zeitraume von 368 bis um

500, oder etwas später, hinzugekommen. 22) Stellatina 42). 23) Tromentina 43).

24) Sabatina 44). 25) Arniensis 45).

38) Liv. II. 2i. 3g) Id. XXVII. 6. 4o) Id. VIII. 87. XXIX. 37 Valer. Max. IX. io. j. i. 4,) Cic. Plane. 16. 42—45) Liv. VI. 5. Cic. agrar. II. 29 (Arniensis).

13

26) 27) 28) 29) 30) 31) 32) 33) 34) 35)

Pomptina 46). Publilia 47). Maecia 48). Scaptia 49 >. Ufentina so). Falerina 51). Terentina so). Aniensis 53). Velina 54). Quirina 55).

Darf in den zusammenhängenden Flächenraum jener

fünfzehn Tribus der ersten Ordnung das ursprüng­

liche Römische oder das Gebiet der dreißig Curien

gesetzt werden, so leuchtet ein, daß diese von kleinerm Umfange gewesen seyn müssen, als jene.

Da der Geist

der Servianischen Staatskunst bezweckte,

die bürgerliche

Bedeutung der Genossenschaften, auf denen die alte Ver­ fassung beruhte, aufzuheben, so war hierzu das ange­ messenste Mittel, den Zusammenhang ihrer Marken zu

4£et 47) Liv. VII. iD. 48et 49) Id. VIII. 17. 5o et 5i) Id. IX. ao.

52 et 53) Id. X. 9. Cie. Plane. 22.

54) Liv. epit. L XIX.* Borat, epist. I. 6. 52 55) Liv. 1. 1. Aston. I. I. (supra p. 9. N 28).

14 zerstöre».

Das Gebiet jeder von diesen TribuS wird

demnach so angelegt gewesen seyn, daß es je zwei Curie« enthalten hat.

Unter den Curialen und Gentilen aber

hat sich immerdar, und

bis zum Untergange des Frei­

staats , das Andenken an die Lage und Bcgränzung der

Ländereien erhalten, auf welchen sowohl gewisse bedeu­ tende kirchenrechtliche Befugnisse der Curie« als gegen­ seitige Erbschafts-Ansprüche der Gentes, hafteten.

Ueber

den Gränz-Umfang des Curialgebiets läßt sich pur Fol­ gendes bestimmen.

Auch wenn es nicht auf einer Ueber­

lieferung beruhte, daß die Sabiner Vorbewohner des von der eingedrungcnen übermächtigen Schaar

besetzten Lan­

des gewesen sind 56), würde dies schon aus dm Kämpfen

abzunehmen seyn, welche Rom i« seiner Kindheit mit die­ sem Volke hat bestehn müssen.

Daß die nördlichen Nach­

barn der ältesten Römer noch zu dem Sabiuischm Stamme

gehört haben, ist eine Bestätigung jener Nachricht.

Ge-

gm Osten hatten sie die stammverwandten Ferentinischen

Latiner zu Nachbarn. Umfangs und

der

Hiernach ist eine Bezeichnung des

Lage des Urgebiets

zu versuchen:

südlich das Meer, westlich der Tlbcris, nordwest­ lich die Gegend um den mittlern Anio, nördlich und

nordöstlich eine nicht genau zu bestimmende Linie, die von der Osia, einem östlichen Nebenflüsse des Anio, von

Westen nach Osten bis an dm Regillus hinzieht.. Von da an lief die östliche Gränze in südlicher Richtung nach dem Flüßchen Numicius, und au diesem hinab bis an daS

56) Strabo I, V. Almelov. p. 349,

15 Meer.

Ist dieser Flächemaum von Westen nach Osten

zu drei geographischen Meilen anzunehmrn,

und von

Süden nach Norden etwa zu vier, so hat er gegen zwölf Geviertemeilen betragen. Zufolge der Entstchungsart der Staaten des Alter­

thums war die Derthcilung dieses Grundes und Bodens,

und die darauf gegründete Zusammensetzung der Gesell­ schaft, ein Werk aus einem Guß, ein nach der Anzahl

und dem Ebenmaße der Abtheilungen streng abgeschlosse­ nes Ganzes, bei welchem sich Einschaltungen oder Zusätze

durchaus nirgend anbringen ließen.

Um daher dm spä­

ter hinzugekommenm, wohlhabenden, sich fühlenden Staats­

beisaffen das Bürgerthum möglich zu machen, mußte der

sagenhafte Servius zu dem gewaltsamen Mittel greifen,

die Gebiets-Eintheilung in Curien zu zerreißen, und die, in Tribus, an die Stelle zu setzen : denn letztere dienten dein Cmsus zur Grundlage, und auf diesem beruhten nun die staatsbürgerlichen Rechte 57).

Demnach ist die Angabe als irrig zu verwerfen, die

zur Ucbersiedelung gezwungenen Bewohner von dem (an­ geblich)

zerstörtm Alba longa seien in die Curien «er­

theilt, und sieben vornehme Familien sogar in den Pa­

tricierstand ausgenommen worden, die Julier, Servilier, Geganier, Metilier, Curiatier, Quinctier und Cloelier rs).

57) Urspr. d. Röm. Berf. S- 110 ff. 58) Dionys. III. 29. Liv. I. 29. 3o. Conf. Plin. hist.nat. XXXIV, i3 : „Serviliorum familia.« Tac. ann. XL 24

16 Schon das Vorgehen der Zerstörung einer „Mutterstadt" m) verräth, daß Alles erdichtet sei.

Solche Behandlung der

Mutter von Seiten einer Tochteranstalt widerspricht so sehr dem zarten Verhältniß zwischen beiden im Alterthum,

daß die Sage nicht dagegen hätte verstoßen können, sondmi eine Erdichtung zum Grunde liegen muß; wenn nicht etwa zwei verschiedne Sagen vermengt sind,

deren eine

nichts von der Abstammung der Römer aus Alba, die andere

nichts von der Zerstörung desselben durch jene,

enthalten hat.

Eben so verhält es sich mit der Aufnahme

von sieben vermeintlichen Familien unter die Patticier.

Nicht Bezeichnungen von Familien waren die angeführ­ ten sieben Namen, sondeni von ursprünglichen Römischen

Gentes oder Landgemeineu, die nicht allein aus patricischen Einsaffen, sondern auch aus plebejischen bestanden haben; wie namentlich als solche in der Servilia genannt

werden Publius Rullus 60) und Marcus 6t), in der Me-

tilia Spurius 62) und die Marci 63), in der Quinctia Lucius 61) und Numerius 65): sämmtlich als Plebejer da­

durch kenntlich, daß sie Tribuni dieses Standes gewesen

sind.

Als Mitglieder eben deffelben

werden unter den

5g) Diouys. I. 71, ?5. II. 2. 60) Cic. agrar. II. 20. 61) Id. ad divers« XII 7. — PhiL IV 6*

62) Liv. IV. 48. 63) Id. V. 11. XXII. 25.

64) Cic. Cluent. 27. 65) Id. Sext. 38-.

17 Quinctiern auch Cuejus 66), Publius und Cajus6?)

bezeichnet,

wie die Flaminische Familie unstreitig dazu

gehört hat.

Gleiche Bcwandtniß hat es mit der Gens Claudia,

deren Aufnahme noch bedeutend später angcsetzt wird 6«):

in welcher patricische und plebejische Fa­

eine Gemeine,

milie» ansaßig gewesen sind.

Unter diesen sind die Mar-

celli am bekanntesten, unter jenen die Appii.

Die Herkunft

der letztern aus der Gegend des Rcgillus ist nicht zu be­ zweifeln 69);

nur die übrigen Umstände erfodern

kurze Auseinandersetzung.

eine

Mit dem Namen Claudia kömmt

vor eine familia 70), eine gens 71), und eine tribus 72). Die letzte gehörte zu den oben aufgezahlten neun, welche

nach einer durch einen Häuptling ausgezeichneten Gens

benannt worden.

Als nun im Laufe der Jahrhunderte

das Wesen der Gentes und eben damit das, der Curien, fast in Vergessenheit gekommen war,

so daß viele von

66) Liv. XXVI. 39. 67) Cic. Quinct, i et 3 68) Plutarch, Poplic, 21. Dionys. V. 4°*

Liv. II. 16. 69) Dionys. V. 4°* XL »5 Liv. II. 16. III. 58. IV 3, X 8. Tac. annal. XL 2$.

70) Liv. VI. 4o: „si Clandiae familiae non sim." 71) Ibid.: „Clandiae genti.“ Sueton. Tiber I.: „patricia gens Claudia, fuit enim „et alia plebeja " 72) Liv. II. 16.

18 den kleinen Altbürgern nicht mehr wußten, zu welcher Curia sie gehörten 73), waren es die noch bestehen­ den, größer« land begüterten Familien einer

Gens, auf die sich der Gentilname beschrankte.

Und

so isi es gekommen, daß die spätern Römischen Schrift­ steller nicht nur von solchen

Familien den Ausdruck

Gens als gleichbedeutend mit Familia gebraucht 7«),

son­

dern auch nicht selten in die frühere Zeit diese Verwech­ selung übergetragen, und

die patricischcn Familien mit

dem Namen Gentes belegt haben 75). lich, wie von einer patricischen

Nur so wird erklär­

und einer plebejische»

Gens der Claudier die Rede seyn konnte 76).

In Anse­

hung des Ursprunges derselben ist Suctonius befangen von der herrschenden Sage, die von einer spätern Uebersiedelung träumte 77).

Mit der Entstehungsart der Gesell­

schaft, und der Eintheilung des geschlossenen Gebiets in dreihundert Landgcmeinen oder dreißig Curicn, verträgt

sich allein die von

ihm ebenfalls angeführte Familien-

Ueberlicferung, nach welcher die Feldmark der Claudier

sogleich bei

der Gründung

des Gemeinwesens in den

^3) Ovid. Fast II 531. 74) Phn. hist nat XXXV. 2 ■ „imagines, quae comitarentur „gentilicia funera, —familiär ejus cet“

5) Liv. HI. 33 et VI. 11. „P. Sestins et M Manlius, viri

,,patviciae gentis.“ Id. VII. 1 • „patres suarum gentium viris dedenmt cet "

76) Sueton. 1 I 77) Ibid. : „post reges exactos sexto lere anno "

19 Umfang der dreißig Curie» ist eingefchlössen worden 73). Für die iit der spätern Zeit übliche.Beschränkung der

Gcntilnanien auf die berühmten,

noch nicht ausgcstorbe-

nen, vorzüglich patricischcn Geschlechter spricht die That« suche, daß die Clandier 79), wie die Acinilicr so), Aurelier ei), Cornelicr sr), Julier sr), und andere Uebcrreste der Gentes auch Familiae genannt werden. men auch noch Stellen vor,

Doch kom­

aus deren Zusammenhänge

erhellt, daß Landgemeinen und deren Einsassen zu verstehn seyn müssen 81J,

§.

2.

Geweihter Boden der Urgcbi'ets. Sacra singnlorum , genlilicia, curialia, publica. Im Kindesalter der Völker bedürfen die Regungen

des Rcligionsgefühls nicht nur gewisser sinnlichen Gegen­ stände für ihre Richtuttg, sondern auch bestimmtet Oertlich-

78) IbicL: „auctore Tito Tatio > consorte Romuli “ 79) Tac. annal. XII. 26. Macrob. Sat. I >6 80) Macrob. 1. 1. 8j) FesLus v. Aurelia. 82) Macrob. 1. 1. 83) Tac. annal. I. 8: „t'arniliam Juliam.“ Ulpian. fragm. 195. §. 4* D. de ver*b. sign. (L. 16). 84) Orat. pro domo 44 extr : „inferiorem aediiun pariern „assignavit non genti Fontejae, sed Clodiae; quem in „n um er um ex multis Clocliis nemo nomen dedit nisi raul ege state aut scelere perditus "

20 feiten, heiliger Stellen, an denen die frommen Ergüsse

Statt haben.

Grabstätte, wirkliche oder venneintliche,

gehören bekanntlich zu den letztem; nnd unter den ver­

ehrten Abgeschiednen, denen daselbst die Opfer der An­ dacht galten, haben sich im Alterthum Männer befunden, welche die Sage als Urheber des

Staats

angab i).

Als solcher ist von den Sinopern Antolykus göttlich ver­ ehrt worden 2), von den Tenediern Tenes 3).

Mit der

frommen Feier der Archagetä wird diejenige verglichen, die

eine Bürgerschaft andern um sie verdienten Männem ge­ widmet hat 4).

Von heilig geachteten Grabstätten in der

Sage fortlebender Hordenführer sind die, der Argiver

in Rom, ein vorzügliches Beispiel s).

1)

Vergötterte Colo-

Cic. ap. Macrob. somn. Scip. I. g: „quosdam urbium con-

„ditores in numerum deorum consecravit antiquitas.“ 2) Strabo XII. p. 822 Almelov. Apoll. Bhod. II. g56, et ibid. Schot Plutarch. Lucull. 2Z.

3) Cic. Verr. act. II. 1. I. c. 19. Id. de nat. deor. III. iS.

4) Xenoph. Hellen. VIII. 3. §. 12: „aviov — tos aQXWfyv TtoXstos GfegovTat.“ Macrob. 1. 1.: „aut claros in republica viros.“

5) Festus v. Argea: „loca, — in bis sepulti quidam Argi„vorum illustres viri."

Liv. I. 21 : „loca sacris faciendis, quae Argeos pon-

„tifices vocant.“ Varro LL. V. 8» p. 5i Spengel: „Argeorum sacraria/* Ovid. Fast. III. 791.

Gellius X. 15.

21

nistenhäupter werben unter den „Göttern jenseit des Meeres" zu verstehn seyn, deren Verehrung das Orakel den Auswauderungsgesellschaften angedeutet haben soll; was dadurch bestätigt wird, daß letztere dabei auf „geheimnißvolle ® räber" hingewiesen worden s). Bei allen Auswanderungen gebot die heiligste Pflicht, die Bildnisse der Götter, unter deren Obhut die Familie gedacht wurde 7), mitzunehmen, und ihre Verehrung an den Heerd der neuen Heimath zu verpflanzen. Eine mu­ sterhafte Sorgfalt wird hierin dem Aeneas nachgerühmt«). Gewissenhaft sind auch die Bewohner von Myus für ihre Heiligthümer besorgt gewesen, als eine schreckliche Land­ plage sie zwang, ihren Wohnsitz zu verlassen 9). Die Bürger von Alba sollen bei der Vertreibung aus der Vaterstadt die ihrigen gleichgültig dem Verderben Preis gegeben haben 10): einer von den Beweisen, daß die ganze Erzählung eine Erfindung sei. Gemäß der Entstchungsart des Staats, und der Vertheilung des besetzten Grundes und Bodens, darf 6) Plutarch- de Pyth. orac. ed. Ffiirt. p. (7: »Sfctov ttQu „SianoyTtxov» xwt tiQuxnv ctnoQQqioi. Sijxat.“ 7) Virg. Aen. 11. 702 : „dii patrri, Servale domum!“

Oral, pro domo 56: „dii penates ac familiäres mei> ia

„ineam domum restituti.“ 8) Virg Aen. II. 293. 717. III. 148. IX. 269. Dionys. I. 66.

9) Pausan VII. 2. §. 7.

jo) Liv. I. 29: „larem ac penales, tectaque relinqpentes; — „quum velut caplos relinquerent deos."



22



angenommen werden, daß in der ältesten Zeit, vor dem Aufkommen der Theilbarkeit und des Rechts der letztwilli-

gen Verfügungen über die Familienloose, auf jedem von

diesen gewisse Sacra gehaftet haben, für deren Beobach­ tung zu stehn dem zeitigen Eigenthümer oblag.

Aus dem

letztem Grunde waren es eigentlich Sacra singulorum, wie­

wohl die ganze Familie sie als ihre Angelegenheit an­ sah *).

Ein solches an das Familien - Erbe gebundenes,

feierliches Opfer scheint es gewesen zu seyn, wodurch der

Prätor L. Licinius Crassus abgchalten worden, die ihm zugedachte Statthalterschaft des diesseitigen Hispaniens

zu übernehmen n).

Besondere Priesterthümcr haben für

diese Handlungen nicht bestehn können; sie wurden gelei­

tet von dem dazu verpflichteten, zeitigen Grundherrn.

Mit den

Männern,

für die ovyytvixäf

welche

ItQcoavvas ««gestellt gewesen 12),

können daher nur die

Vorsteher der Gentes oder Decuricn, mit solchen Sacris also keine andere, als gentilicia,

gemeint seyn.

wie in bürgerlicher Beziehung sämmtliche Canal-

Alt-Bürger

Denn

oder

einen Inbegriff von Genossenschaften aus­

machten , deren jede zwar für sich bestand, aber doch in

einer größern enthalten war, eben so in kirchlicher.

Alle

Familien und einzelne Personen einer Landgemeine waren zugleich zu einer Religionsgemeine,

mit einem gemein­

schaftlichen Gebäude, vereinigt, ihre Sacra aber, gleich den

ciirialibus, noch privata, im Gegensatze der publica oder *) Unten N 14. 11) Liv. XLI. 15 (i9).

12) Varro ap. Dionys. II. 21.

23 populiuia, pro toto populo 13).

Bei der Untersuchung

über die Sacra gentilicia ist der schon ausgcführte Um­ stand zu beachten, daß die Römischen Schriftsteller häufig

die Verschiedenheit der Zeiten überschn, und, was zu der ihrigen statthaft war, auf frühere übertragen, den Aus­ druck Gens nämlich schlechthin von einer oder der andern

ausgezeichneten, darin ansässigen Familie gebrauchen;

wodurch in manchen Fällen zweifelhaft werden kann, ob, wenn von Sacris die Rede ist, familiaria oder gentilicia

gemeint seien.

Doch finden sich auch Beispiele von beob­

achteter Genauigkeit, vom Gebrauche des Geschlechts­

namens, als:

„heilige Handlungen des Appischen

„Geschlechts" 14), nicht überhaupt der Claudier.

Von den Sacris gentiliciis muß die Untersuchung fortschreiten zu den carialibus.

Wie in der ältesten ge­

sellschaftlichen Ordnung von Attika jede von den zwölf Phratrken, vor der engern Vereinigung in einen Staat,

in

ihrem Gebiete ein eigenes Gebäude unterhielt, zur

Wahrnehmung der gemeinschaftlichen sowohl bürgerliche«

13) Liv. V. 46: „Sacrificium erat statum in Quirinali Colle „genti Fabiae.“ De harusp. respons. 15 : „multi sunt in hoc ordine, „qui sacrificia gentilicia illo ipso in sacello, statuto „loco, anniversarii facti tarint/6 Liv. V. 5a: „sacra gentilicia, —• publica/* Festus v. publica sacra: „privata , quae pro singulis „hominibus, familiis, gentibus

14) Dionys. XL 14 Conf. Macrob. SaL I. |6: „qiias ferias proprias quae„que familia ex usu domeöticae celebritatis observal.“

24 als Religions - Handlungen is), eben so bestand in der

Römischen Urzeit in dem Sprengel einer jeden von den

dreißig Curicn, Seitenstückcn zu dm Phratrien, ein Ge­ meindehaus, gleichfalls zum Behufe der erwähnten öffent­

lichen Handlungen i6).

Bei der Umwandlung aber des

Bundesrechts in ein Staatsrecht, welche die Einrichtung eines Sitzes der Central-Staatsgewalt, und zugleich eines

allgemeinen kirchlichen Mittelpunktes, nothwendig machte, mußten diese

vereinzelt liegenden

Gebrauch kommen.

Curialgebäude außer

Anstatt ihrer wurden neue angelegt,

am Versammlungsorte der zweifachen Gesellschaft, und

zwar, nicht ohne Sinn und Bedeutung, auf der Stelle,

wo bisher die Bundesversammlungen Statt gehabt hatten,

am Fuße des Panlatinischen Hügels, nicht weit von dem Altar des Consus 17). Daß dieselben gleichwohl „die alten"

genannt werden, beruht auf der Unterscheidung von den noch später erbaueten, ebenfalls mit dem Namen Curiae belegten, öffentlichen Gebäuden, insonderheit dem Hostili-

schcn is).

In diesen Hallen gingen die Gesammt-Opfer

der Curialen vor sich.

In den priesterlichen Verrichtungen

15) Thucyd. II. i5.

Plutarch. Thes. a4* 16) Dionys. II. 65.

17) Tac. annal. XII. 24 : „per ima montis Palatin!, ad aram „Consi, mox ad curias veteres.“ 18) Varro LL. 1. V. p. 155 Spengel: „curiae duoriim gene„rum: nam et tibi curarent sacerdotes res divinas, ut „curiae veteres ,

„Ilostilia.“

et ubi senatus humanas, ul curia

25 dabei bestand, seitdem die bürgerliche Bedeutung der Cu­

rie« aufgehört hatte, die einzige Obliegenheit der Curio-

nen, die, gleich dem Curio maximus, ihrem Vorsteher >y), Man muß anneh-

nun bloße priesterliche Beamte waren.

mcn, daß jedem Curio ein Gehülfe zugeordnet gewesen

sei, weil die Zahl derer, welche die priesterlichen Ge­

schäfte verrichtet haben, auf sechszig gesetzt wird 20).

Endlich die Sacra publica 21) oder politica 22) ver­ einigten zu einer großen, aber geschloffenen Kirchen­ gemeine nicht nur die Einsassen aller Gurten, sondern auch sämmtliche Neubürger, deren Grundstücke außerhalb

des Curialgcbiets lagen,

die also,

ohne Fähigkeit der

Theilnahme an der Curialverfaffung, blos Tribulbürger waren.

Wem hier das Priesterthum zugestandcn,

folgt

unten in einem mehr angemessenen Zusammenhänge*). Worauf es nun bei allen Religionshandlun­

gen der Altbürgerschaft hauptsächltch ankvmmt, ist

die nothwendige Oertlichkeit derselben.

Mit

unveränderlicher Festigkeit waren sie alle, namentlich die

vielen, in allen Feldmarken zcrstrcueten Sacra privata, au bestimmte Stellen gebunden 23).

Heilige Stätten, gleich

19) Liv. XXVII. 8.

Paulus ex Festo, v. maximus curio.“

20) Dionys. II. 7 2t. 23. 64—66.

21) Liv. V. 52. 22) Dionys II. 65.

') §• 4. 23) Gallus Aelius ap. Festuin, v. sacer mons: „sacra privata „stato die aut certo loco facienda.“

26 diesen, waren auch die Begräbnißplatze der vornehmen Familien 25) ,

m)

, sowohl die,

als die gemeinschaftlichen

einer Gens, die in der frühern Zeit bestanden 26). pel, Altäre 27), unverletzliche Denkmale,

dilrch das ganze Gebiet 2s).

Tem­

standen überall

Göttlichen Machten gehörte

demnach aller Gruud und Boden der Curien 29); wie nach

den auf das genaueste verbundnen Staats- und Religions­ Vorstellungen der Israeliten Jehova Obereigenthümer des

Landes war so).

Unter Götterbeftagung, Opfern und

heiligen Gebräuchen war überdies die Bestimmung

des

Umfanges, die Absteckung der Gränzen, vorgenommen

Festus v. Aurelia:

„datus locus, in quo sacra fa-

„cerent.“

Liv. V. 52: „sacrificiis solemnibus non dies niagis „stati, quam loca sunt, in quibus Kant." Id, V. 46.

Conf, Dionys« IX. 19.

□4) Cic. Phil. IX. 6: „sepulcrorum sanctitas in ipso solo est.“ a5) Sueton. Nero Claud. 5o Ovid, Metamorph. XIII. 624.

Trist. IV. Z v. 45

Paulus I. 21 , de sepulcris et lugendis §. 7: „vendito

„fundo religiosa loca ad emtorem non transeunt, nec in „his jus inferre mortuum habet.“

26) Cic. legg. IV. 22 :

„tanta est religio sepulcrorum, ut

„extra sacra et gentem in fern fas negent esse.“

27) Ovid. Metam. VIII. 480: „sepulcrales arae.“ 28) Liv. V. 5i: „nullus locus non religionum deorumque est „plenus.“

29) Dionys. VIII. 44) Dionys, II. ?Z. 15) Numa 9.

33

II.

Gemeinschaftliche Wirksamkeit der Pontifices und der Curie».

§.

4.

Wahl der öffentlichen Religionsbehörden. Ein wesentlicher Theil der Römischen Grundverfas­ sung, an den, wenn er gleich sehr bekannt ist, hier doch

erinnert werden muß, bestand darin , daß in den öffent­ lichen Versammlungen weder über eine Sache verhandelt

werden, noch die Vollziehung einer Wahl Statt haben konnte, wenn nicht darüber vorher von dem zuständigen Verwaltungscvllegium eine Prüfung und Berathung an­

gestellt worden, in derm Folge dann ein Mitglied den Antrag machte, und die Abstimmung leitete.

Willen des Collegik sollte nichts

Wider den

in der Versammlung

zum Dortrage kommen, aber auch gegenseitig ohne Zu­ stimmung dieser kein Beschluß gültig seyn.

Sowohl bei

Gesetz-Entwürfen, Kriegs-Erklärungen und FriedensSchlüffen, als bei Bewerbungen um Staatsämter, war

es demnach der Senat, der das Recht der Vorberathung übte.

Was ein Tribunus

vor die Gemeine der Plebs

zu bringen gedachte, mußte zuvor mit den Amtsgcnossen besprochen seyn.

Eben dieser Geschäftsgang war auch in Dingen

grundgesetzlich, welche die aus den Mitgliedern der Curien bestehende Gemeine der alten Kirche betrafen.

3

Ist

34 das Wesen der Curie« richtig aufgefaßt, so laßt sich dem daß die Neubürger, da sic

Schlüsse nicht ausweichen,

n ir Mitglieder der Tribus waren, nur an dm Versamm­ lungen der Centurien und der Tribus Theil genommen haben, folglich von allen in dm Curiatcomitien verhan­

delten Sachen der Kirchenverwaltung ausgeschlossen ge­

wesen sind.

Zu dm letztem gehörte zunächst die Wahl

der hohem Religionsbeamtm.

Bei jedem Bewerber eine

Berathung des Collegü pontificum,

ob er geeignet sei;

darauf, wenn keine bedmtende Ausstellungen

worden, der Antrag derm Abstimmung. unter der cooptatio

gemacht

an die Curienversammlung,

Mehr,

nnd

als eine Vorwahl, kann

oder nominatio der Pontifices nicht

zu verstehn sey« 0, so wie sich, was dm comitiis cu-

riatis in dieser Beziehung zugestanden, auf ein Bestä­ Es darf daher nicht

tigungsrecht beschränkt hat 2).

1) Liv. XXVI. 23: „nominatio in locum ejus (T, Otacilii „Crassi pontisicis) non est facta.“ Id. XXXIX.

XL. 42. XLIIL 11: „a collegio coopta-

„tus est pontifex maximus; — pontifex a collegio „cooptatus.“ —

„C. Servilius Geminus, pontifex maxi-

„mus, decessit. Pontifex in locum ejus a collegio coopta„tus est Q. Fulvius Flaccus, at pontifex maximus M.

„Aemilius Lepidus.“



„Pontifices duo decesserunt,

„L. Furius Philus, et C. Livius Salinator;

in locum

„Furii T. Manlium Torquatum, in Livii M. Servilium,

„pontifices legerunt.“

Dionys. II. ?3:

(ztomyeS) vrt avuw

2) Id. 1L 22: „anafatxvvG&cu vno T(uy

.) : „exheredare, quos et occidere licet (licebat).“

weos

8) Ulpian. fr. 2. D. ad legem Corneliam de stcariis cet. (XLVIII. 8.): „inauditum filium pater occidere non polest."

9) Gajus I, 100. Ulpianus, fragm. VIII. §§. 2 et 4* 10) Pro domo i3. „adoptiones hereditas sacrorum sequuta

„est; amissis sacris paternis in adoptiva venisti," Valer. Max. VII. 7. §. 2: „M. Annejus in Sufenatis „familiam ac sacra transierat.“

11) Gellius V. 19: „an aetas ejus, qui arrogare vult, liberis „potius gignendis idonea sit." Pro domo 13. 14 12) Ulpian. fr. 15. §. 2. v. de adopt. cet (I 7).

84 §.

8.

Dreierlei Curiatcomitien. Ihrer wesentlichen Theilnahme an der Handlung einer

Arrogatio ungeachtet 1), konnte doch, da die fteiwillige

Entäußerung der Selbstständigkeit damit verbunden war,

da auch eine förmliche Abstimmung Statt hatte 2), und eine besondere Lex darüber abgefaßt wurde 3), der Vorsitz und die Leitung nicht den Pontifices zustchn, sondern ein Consul oder Prätor mußte in den Curiatcomitien die Sache

führen.

Davon, daß ein wirklicher Antrag an die Cu-

rialbürgerschaft gestellt wurde ->), ist eben der Name her-

genommkn.

Daß die in einem Testament verfügte An­

nahme an Sohnes Statt r), um gültig zu seyn, der 1) Tac. hist. I. i5: »si te privatus (Galba) lege curiata

j,apud pontifices, ut moris est, adoptarem." Gellius V. 19 : „(ejusmodi) comitia arbitris pontifi„cibus praebentur, quae curiata appellantur.“

2) Pro domo 29: „si triginta curiae jussisfcent.“ 3) Sueton. Octav. Caes. 65: „Tiberium adoptavit lege cu„riata.“

Conf. Tiber. i5.

Dio Cäss. XXXVII. 5i. Tac. 1. 1. 4) Gellius 1. 1.: „velitis, jubeatis Quirites, uti cet.“

Ibid.: „arrogatio per populi rogationem." Gajus I. 99: „populus rogatur.“

5) Dio Gass. XL, 5i.

85 Bestätigung

durch

eine lex curiata bedurfte 6), läßt

voraussetzen, das Testament sei nicht per aes et Iibram,

sondern

in comitiis

Nachdem Alles,

curiatis calatis

gemacht

worden.

was sich auf das Curienwesen bezog,

gänzlich aufgehört hatte,

ist bei Arrogationen an die

Stelle der Curiatcomitien die kaiserliche Machtvollkom­

menheit getreten 7).

Aus demselben Grunde, weil über Anträge abge-

stlmmt, und eine lex curiata verfaßt werden mußte, war cs ebenfalls ein oberer Staatsbeamter, dem bei der Ver­

handlung zweier andern Gegenstände der Vortrag und

die Leitung zustand:

wenn die versammelten Curie», in

der Eigenschaft als Kirchengemeine, den von dem Colle­ gium der Pontifices auf die Wahl gebrachten,

obern

Kirchcnbeamten die Bestätigung ertheilten *), und wenn

sie in eben dieser Eigenschaft einer höchsten obrigkeitlichen

Person,

oder einem in seine Statthalterschaft abgehen­

den Oberfeldherrn, das geistliche Imperium verlieh» **). Dies waren eigentliche und wirkliche Curiatcomitien, daraus abzunehmen, daß förmlich darin abgestrmmt wurde s), die aber, wegen der Beschaffenheit der

Verhandlungsgegenstättde, an keine bestimmte Zeit gebun­ den seyn konnten.

6) Dio Cass. XLV. 5.

Appian. bell civ. III. g4« j) Gajus, fr. 2. D. de adopt. et eman&» (t j).

*) Oben S. 34» 39. **) Oben S» 4g 5o. 53. 55.

8) Conf. p. 84. N. 2 U 4.

86



Unter der zweiten Art, bloßen bildlichen, eben so wenig streng periodisch, kann nur jene Förmlichkeit zu ver­

stehn sey», wenn einem höhern Beamten eine gewisse i m

Staate anszuübende Auspiciengewalt *) verliehn wurde.

Man hielt diese Ertheilung für weniger bedenklich,

nicht nur, weil Augures, Männer von Ansehn, bei der

Ausübung der Auspicken den Beamlen zur Seite standen, son-

dern auch und vorzüglich, weil andere Beamte von gleichem oder höherm Range Einspruch erheben konnten; wogegen

der Befehlshaber im Felde viel unabhängiger, und sein Pullarius nur

ein dienstbarer Handlanger war.

Daher

wurden die Comitia, kn welchen die Feierlichkeit vor sich ging, zuletzt als bloße Förmlichkeit angeschn, und gleich­

gültig behandelt.

Da sich fast kein Mitglied der Curieu

mehr einfand, wodurch die Abstimmung wegfiel, so wurden

dieselben, damit doch der Name Comitia bliebe, durch dreißig Gerichtsdkener vorgestellt 9).

Den Volkstribunen

hat jedoch Einsprache freigcstanden **). Eine dritte Art von Curiatcomitien waren die soge­

nannten berufenen, ersten

öffentliche

calata.

Wenn in den

Angelegenheiten

beiden

verhandelt wurden,

wozu, aus der angegebnm Ursache, selbst Arrogationen gehörten, so beschränkte sich die dritte auf die beiden oben angegebnen, unzertrennlichen Privatsachen der Erklärung

*) Oben S. 48. 9) Cic. agr. II. i2: „illis (comitiis) ad speciem atque ad

„Usurpationen! vetustatis per triginta lictores, auspicia*

„rum (1conferendorum) causa, aduinbratis/1

**) S- 48 N. 14, und S. 5o K 18.

87 eines letzten Willens, und der detestatio sacrorum.

Weil

diese Fälle häufiger vorkamen, so waren dazu zwei Tage

im Jahre angesetzt, an denen mehrere zugleich erledigt

wurden. war,

In so fern keine Abstimmung dabei erfoderlich

und die Pontifices das Geschäft allein abmachten,

werden solche Versammlungen auch blos Conciones ge­ nannt: denn sie wurden jedes Mal besonders bekannt ge­ macht, und die Curialbürger zur Theilnahme berufen 10).

io) Labeo, laudatus a Laelio Felice, ap. Gellium XV. 27:

„comitiis, quae calata appellari diximus, sacrorum de-

„testatio et testamenta fieri solebant.“

Die unmittelbar vorhergehende Stelle bleibt unbenutzt, da fle nicht ohne Verwirrung ist. lbid.: „unum (genus testamentorum) quod calatis co„mitiis in populi concione fieret“

Gajus II. jop; calatis comitiis, quae bis in anno te-

„stamentis faciendis destinata erant.“

Zweiter Theil. Pontifices in Beziehung auf den ganzen Staat.

§.

9.

Höchste Behörde in Religionssachen. VerfassungJus pontificium ist eine von den Benennungen öffent­

licher Anstalten und Verhältnisse im Römischen Staate, die am angemessensten in der Ursprache beizubehalten sind.

Es gehörten

in den Umfang desselben alle in das Kir­

chenwesen und den Wirkungskreis der obersten Religions­

behörde einschlagende, öffentliche Md Privat-Angelegen­

heiten.

Aus uraltem Herkommm,

ausdrücklichen Fest­

setzungen, vielfachen Entscheidungen und Gutachten in vorgekommenm fassende,

einzelnen

Fällm,

zusammengesetzte

disciplina pontificum i),

hatte sich

eine um­

Wissenschaft gebildet, eilt schriftlich

eine

abgefaßtes 3)

Jus pontificium s), das allerdings dem publicum 4) oder

1) Plin. hist. nat. XXVIII. 2 ante med.

2) Macrob. Sat. III. 2: „libri juris pontisicii.“ 3) Cic, legg. II. 18 seqq. Liv. XXX. 1. XL. 29.

4) Pro domo 49 extr.

89 civile 5) entgegengesetzt wird, dessen Gränzen aber doch

je länger, desto mehr, mit denm, des letztern, durcheinan­ der liefen 6); weshalb in der spätern Zeit ein Pontifex in dem Felde des bürgerlichen Rechts nicht fremd seyn

durfte 7).

Die allgemeine Achtung, in welcher diese

Männer durch den Ruf einer so fruchtbaren Gelehrsam­

keit standen, wurde dadurch vermehrt, daß sie gewöhnlich zugleich höhere bürgerliche Aemter bekleideten s), da sich

in den meisten Fällen die Verwaltung derselben mit den priesterlichen Obliegenheiten vereinigen ließ; nur sollte in der frühern Zeit der Ober-Pontifex sich nicht aus

Italien entfernen 9), worauf jedoch in der spätem nicht

5) Cic. 1. 1. 6) Id. Brut 42 • »jus pontificium ex parle cum jure civili

„conjunctumi“ 7) Id. legg. II. 19: „pontificem neminem bonum esse, nisi „qui jus civile cognosset.“

8) Liv. XLI. 16 (20): Cn. Cornelius consul, — pontifex

„idem fiierat.“ De harusp. resp. 6: „P. Lentulus, consul et pon-

„tifex." Liv. XXVII. 5 extr.: „P. Licinius Crassus , pontifex

„maximus, magister equitum dictus.« Id. XXVIII. 38:

„(Scipioni consuli) collega additur

»P. Licinius Crassus, pontifex maximus.“ Conf. Cic. Brut. 19: „P. Crassus, qui cum superiore »Africano consul fuit.“ 9) Liv. XXVIII. 38. 44 : »sacrorum cura pontificem maxi-

»mum (P. Licinium Crassum, consulem) in Italia reti-

90 mehr ist gehalten worden 10).

Zur Würde des Groß-

pontifer gelangte gewöhnlich nur, wer kurulische Aemter

bekleidet hatte »).

Aus der mächtigen Stütze, die hier­

durch die Römische Aristokratie an der Hierarchie hatte, wird erklärlich,

wie jette unter so gewaltigen Stürmen

sich so lange hat behaupten können.

Das gereifte Alter,

in welchem sich alle Pontifices befanden, und die lebens­ lange Dauer der Würde,

mußten sie noch mehr in der

öffentlichen Meinung heben; und bei dem großen Haufen wird auch

die gebietende Amtstracht 12) ihre Wirkung

nicht verfehlt haben.

„nebat. — P. Licinius, ne a sacris absit pontifex maxi„mus , ideo in sortem tarn longinquae provinciae non

i»venit.“ Dio Cass. ex libris XXXIV prioribna fragm. 62.

10) Plutarch. Tiber. Gracch, 21. Liv. epit. 1. LIX.: „adversus eum (Aristonicum, qui „Asiam occupaverat) P. Licinius Crassus consul, quiim

„idem pontifex maximus esset, quod numquam ante „factum erat, extra ltaliam profectus.“

Cic. Phil. XL 8: „populus consuli Grasso bellum ge„rendum dedit.« Dieser P. Licinius CrassuS war aus der GensMucia:

Cic. Brut. 26; conf. de orat. I. 3;.

Davon sein Beiname

Mucianus: Veilej. Paterc. II. 4,

da er den ersten von

jenem P. Licinius CraffuS(^. 8 et9: Liv. XXVIII. 38. 44 )

angenommen hatte.

11) Liv. XXV. 5. 12) Id. XXXIII. 42.

91 Wichtigkeit und praktische Bedeutung war diesen Beamten

hauptsächlich dadurch gesichert,

daß sie ein

Collegium ausmachten, und zwar das höchste sowohl in allen Religions-Angelegenheiten,

liche Personen 13).

als über alle priester­

Aus diesem Grunde, und weil sie

in den Curiatcomitien, nach erfolgter Bewilligung des Im­ perium, die feierliche Handlung zu verrichten hatten, ver­ mittelst deren es ertheilt wurde, werden sie als öffent­ liche Beamte den privatpricsterlichen entgegengesetzt 14). Ueberall, wo sie das Kirchenrecht für sich hatten, ent­ schieden sie selbstständig und unabhängig 15).

Der genossenschaftlichen Verfassung zufolge hatte der Oberpontifer den Vortrag und die Leitung der Verhand­

lungen und der Abstimmung im Collegium, wie der zur Zeit die Fasces führende Cvnsul im Senat.

Alle wich­

tigere Sachen war er gehalten, zur Kenntniß und Bera­ thung zu bringen.

und

Wenn er das Collegium überging,

in einer Sache eigenmächtig entschied, mußte er

Verdruß und Beschämung gewärtigen.

Davon enthält

13) Pro domo 12. 45. 51.

De harusp, resp, 7.

Cic. legg. II. 8: „divis aliis alii sacerdotes: omnibus „pontiflces,“ Plutarch, Numa 9,

Dionys. II. 7Z.

14) Liv. V. 52 : ,,pontifices negligentiores publicarum reli-

„gionum esse, quam privatus in solenni gentis fuerit.“

15) De harusp. respons. 7: „ita est interpretatio pontificum, ,»ut iidem potestatem habeant judicum“

92 die Geschichte ein ausdrückliches Beispiel.

Es war cm

althergebrachter Aberglaube, der sich nicht abstellen ließ, daß sich die hohem Machte durch Versprechungen von Schauspielen bestechen ließen, um bevorstehende Kriege für ihre Römer günstig zu wenden: was aber nicht ohne

beträchtliche Kosten geschehn konnte. der Fall ein im Jahre 552.

halt erfoderte,

war bisher

Unter andern trat

Was ein besonnener Haus­

auch immer beobachtet wor­

den: man hatte eine gewisse Summe dazu bestimmt und

zurückgelegt.

Dieses Mal aber übereilte sich der Senat

mit dem Beschlusse, es darauf ankommen zu lassen, ob

nach glücklich beendigtem Kriege in dem öffentlichen Schatz

die nöthigen Gelder vorräthig seyn würden.

Hiergegen

trat der Oberpontifer Licinins mit der verständigen Vor­

bei dieser Maßregel wäre die Verlegenheit

stellung auf,

zu besorgen, den Göttern nicht Wort halten zu können; ohne daß eine bestimmte, zur Kriegführung nicht erfoder-

liche Summe abgesondert würde, und in Bereitschaft läge, dürfte ein solches Gelübde nicht ausgesprochen werden. Der Senat legte die Sache dem Collegium der Pon­

tifices vor,

was

Licinins nicht gethan hatte.

erklärte sich für die Meinung des Senats.

Dieses

Es kann seyn,

daß die Mitglieder, wmigstens die Mehrheit, wirklich zu den Unbedachtsamen gehört haben, welche die Sache so leicht nahmen.

Wäre es aber auch, daß sie die Mei­

nung ihres Vorstehers getheilt, also ein entgegengesetztes

Gutachten nur gestellt hätten, um dem Collegium, das verletzt war, nichts zu vergeben:

Mal heilsam seyn,

so mochte es doch ein

selbst auf Kosten einer guten Sache

93 ein Beispiel aufzustellen, wie ein Collegium seine Rechte

behaupte,

sich des Vorstehers eigenmächtigem Verfahren

nicht füge.

Die Gelobung ging vor sich, und dem Manne,

der Vorstellungen dagegen gemacht, widerfuhr sogar die

Demüthigung, den Segen dazu sprechen zu müssen i6). Dies ist nicht der einzige Fall eines solchen Hergangs in

dem Kreise der höhern Römische« Verwaltung. Der hochklingende Ehren-Name des Oberpontifer machte es nicht aus 17); er war nur Erster seines Glei­ chen, mit

gewissen persönlichen Vorzügen; was aber

allerdings sein Amt mit hoher Achtung und mit Glanze umgeben mußte, war die Befugniß, die, nach der Mehrheit

(Dreier gegen Zwei) *) abgefaßten Beschlüsse des Col­ legium , als Vertreter desselben, zur öffentlichen Kenntniß

und Vollziehung zu bringen is).

Namentlich wird dies

von demselben Licinius, vorsichtiger gemacht, sechs Jahre nach jenem Verdruß,

erwähnt 19).

Wo dagegen alle

Berathungen als überflüssig einleuchteten, und es blos

16) Liv. XXXI. 9.

17) Festus v. ordo sacerdotum: „judex atque arbiter rerum „divinarum et humanarum.“ *) Oben S. 3o. 18) Pro domo: „pontifex maximus pro collegio respondit.“ Liv. IV. 44 : „Pr0 collegii sententia pontifex maximus „jussit.“

ig) Id. XXXIV. 44: „quum P. Licinius pontifex (maximus, conf. XXXVII. 5i) „non esse recte factum collegio pri-

„mum, deinde ex auctorüate collegii patribus renun-

„ciasset.“

94 darauf ankam, auf bestehende Gesetze und rechtskräftiges

Herkommen zu halten, da verfuhr der Oberpontifer allein

und aus eigener Macht, insonderheit wenn höhere Staats­ beamte,

die zugleich priesterliche Würden

letztere hintansetzen,

bekleideten,

und zu Felde zieh» wollten, oder

auch, wenn mit einem hohen geistlichen Amte ein weltliches

nicht vereinigt seyn durfte, wie dies bei zweien von jenen

der Fall war *), und ein Bewerber um eins dieser bei­ den sein weltliches niederzulegen sich weigerte.

Der Bei­

spiele sind mehrere, und zu verschiednen Zeiten, vorge­

kommen.

Das erste bekannte ist von Cäcilius 20) oder

Lucius 51) Metellus,

der nicht zugab, daß der Consul

Postumius Albinus, weil er

war,

zugleich flamen Martialis

nach Sicilien zur Kriegsflotte abginge 22): der

höchste Staats- und der höchste Kirchen-Beamte in geeig­

neten Beziehungen sich gegenseitig untergeordnet.

mehr konnte P.

Lrcinius dem Prätor 23)

Um so

Q. Fabius

Pictor, zugleich flamen Quirinalis, die Abreise nach Sar­ dinien untersagen, wiewohl seine Entscheidung nur nach

harten Kämpfen durchgegangen ist 21).

Noch schärfer

waren die Reibungen, als 8. Cornelius Dolabella sich

•) Oben S. 36. 37. 20) Liv., epit. 1. XIX. 21) Id. I. XXXVII. 5i.

Tac. annal. III. 71. 22) Valer. Max. I. 1. §. 2.

Liv. et Tac. 1. 1. 23) Liv. XXXVII. 47. 24) Ibid. c. 5i.

95 um die erledigte Würde des Rex sacrorum bewarb, mit

der kein bürgerliches Amt verbunden seyn durfte.

Der Be­

werber bekleidete aber eben die in manchen Seekriegen auf

unbestimmte Zeit außerordentlich errichtete, tende Stelle eines Duumvir navalis.

sehr bedeu­

Ter Oberpontifer

C. Seryilius Gewinns drang darauf, er sollte dieselbe

niederlcgcn; Dolabclla widersetzte sich; es kam zu hefti­ Aber die Kirchengewalt behielt auch^hicr

gen Auftritten.

die Oberhand; ein anderer Bewerber ward Rer 25), und der trotzige Duumvir hat noch zwei Jahre nachher seinen Oberbefehl inne gehabt 26).

Einst aber hat ein Pontifex

Marimus mit sich selbst im Widerspruch gehandelt: der

oben *) erwähnte P. Licinius Craffus Mucianus, zugleich

Eonsul, verbot in jener Eigenschaft seinem Mit-Consul, L. Valerius Flaccus, der auch flamen Martlalis war, in

das Feld zu gehn, um die priesterlichen Geschäfte nicht

für sich selbst aber wußte er die Geneh­

zu versäumen;

migung auszuwirken, ungeachtet seines Ober-Pontificatus einen Befehl über das Heer außerhalb Italiens zu über­

nehmen 27).

Ränke und mancherlei unreine Triebfedern

haben Eingang gefunden 2«), und

satz erschüttert.

den alten Grund­

Manche priesterliche Personen wurden

25) Liv. XL. 42.

26) ld. XLI. I. *) S- 90. 27) Cic. Phil. XL 8.

28) Tac. annal. III. 58. 5g: „privatis olim simultatibus effec„tum, ut a pontisicibus maximis ire in provinciai pro-

„liiberentur (flamines).“

96

beherrscht von Kn'egslnst und Beutesucht, wie im Mittel­ alter viele christliche Bischöfe rohe Jager und Krieger

gewesen sind.

Daß jedoch der Ponttfer marimus in dm angeführ­ ten Streitfällen immer obgesiegt hat, ist ein Beweis, wie fest begründet sein Ansehn gewesen; und wie hoch er ge­

standen, erhellt aus dem denkwürdigen Beispiel, daß ein

Tribunus der Plebs, einbilderm,

einer von den Männem, die sich

von allen Seiten unangetastet bleiben zu

müssen, zu einer Geldbuße verurtheilt wordm ist, weil er in einem Wortwechsel mit dem Oberpontifer M. Aemi-

lius

Lepidus Beleidigungen ausgestoßcn hatte 29).

In

jener Zeit des öffentlichen Verderbens und der bürgerlichm Auflösung, nach dem Sturze der zehn Gesetzgeber, als die Plebs ihre Vertreter,

und ebm damit die Be­

hörde mtbchrte, unter deren Berufung und Leitung allein ihre Verfassung wiederhergestcllt,

und neue Tribunen

gewählt werben konnten, da ergriff sogar das in Rede ste­

hende Kirchenhaupt die Vormundschaft der verwaiseten Plcbejergemeine,

Wahl 30).

und

veranstaltete

Als wohlbedacht und

die ersehnte neue

von politischer Klug­

heit cingegeben, kann die Maßregel nicht auffallm,

bei

Einführung der neuen Verfassung, nach abgeschafftem bür­ gerlichen Regnum, die beiden hohen Priester, die dm Rex in seiner priesterlichen Verwaltung ersetzen sollten*),

99) Liv. epit. 1. XLVII.: „sacrorum quam magistratuum jus „potentius fuit.“ 3o) Id. 1. IH. c. 64* *) Oben S. 36.

97 namentlich selbst den Rex sacrificus 31), haupte unterzuordnen.

beut Kirchen­

Der Grad aber, bis zu welchem

sich seine Gewalt über den Flamen dialis erstreckt haben

soll, ist doch zu befremdend, um die Angaben ohne Ein­ schränkung gelten zu lassen.

Er soll befugt gewesen seyn,

«ach Willkühr Jeden zu der Würde zu zwingen 32).

wird sogar ein namhaftes,

Es

durch begleitende Umstände

verbürgtes Beispiel davon angeführt.

C. Valerius Flac-

cus war ein geistig begabter, aber ausschweifender jun­

ger Mann.

Um ihn auf bessere Wege zu führen, machte

ihn, wider seinen Willen, P. Licinius zum Flamen, und das Heilmittel wirkte 33).

Wenn auch ohne Bestätigung

der Gurten, scheint dieses Verfahren doch nicht ohne Ein­

willigung des Collegii statthaft gewesen zu seyn.

Da

der Rex sacrorum eine Amtswohnung hatte, durfte dessen Vorgesetzter, der Pontifex maximus,

stehn s-O.

hierin nicht nach­

Daß die ancilia des Mars bei ihm aufbcwahrt

worden 35), ist nicht glaublich; angemessener im Tempel

dieses Gottes 36). 3i) Liv. II. a. XL. 4a.

за) L. Sulla ap. Gellium I. ia: „P. Cornelius flamen dialis „captus,“

33) Valer. Max. VI. 9. $. Z.

Liv. XXVII. 8.

Sergi, oben S. 3g 34) Sueton Jul. Caes. 46.

Dio Caes. LIV. 27. LV. ia. 35) 1-1. XLIV. 17.

зб) Serv. ad Virg. Aen. VIII. 3.

98 $. 10.

Theilnahme an gewissen Comitien. Verhältniß des Staats zur KircheWie überhaupt dem ganzen Alterthum alle ständische

und körperschaftliche Vertretung durchaus fremd war, so hatte auch in Rom der Priesterstand, als solcher, keinen Theil an der Gesetzgebung,

sondern die Mitglieder des­

selben stimmten in den Comitien als persönlich berechtigte

Bürger.

Es war aber eben so natürlich als nothwendig,

daß die Pontifices in ihrer amtlichen Eigenschaft zu den Centuriatcomitien zugezogen wurden, wenn einem

darin zu fassenden Beschlusse eine unverbrüchliche, durch

die Weihe der Religion verstärkte Festigkeit gegeben werden sollte.

Dies ist unter andern bei der gesetzlichen Erklämng

geschehn, durch welche die Regierung den Plebejern eine

dem Staate gehörende, waldige Anhöhe zur Gemeinweide, zum Holzfällen und zu Bauplätzen einräumte, und für

welche Berechtigung die Plebejergemeine in der priester­ lichen Besiegelung eine Verbürgung wünschte 1).

Eben

dieser Gemeine war die Einführung eines geschriebenen Rechts die theuerste, unter so

nach so vieljährigen Kämpfen und

großen Opfern errungene Angelegenheit: um

dem unschätzbaren Kleinod

eine unerschütterliche Dauer

zu sichern, geschah die Einführung unter heiligen Hand­

lungen 2). 1) Dionys. X. Lu. 3a, conf. III. 43.

2) Id. X. 57.

99 Es ist eine ganz vereinzelt

dastehende Bemerkung

Cicero's 3), daß nach der gewöhnlichen, in Centuriat-

comitien vollzogenen Wahl der Censoren eine zweite, eben dieselben betreffende Versammlung der Centurien sei ver­ anstaltet worden.

Ist die über den Zweck der letztem ausge­

stellte Vermuthung zulässig *), so sind die Pontifices dabei

nicht nur zugegen, sondern die Hauptpersonen gewesen.

In dem ganzen Umfange des öffentlichen Römische»

Rechts ist keine Veranlassung angemessener, als die nächst­

folgende, herauszustellcn, manchem Musterhaften,

wie in diesem Staate neben

den Erfoderniffen eines wohl­

geordneten Gemeinwesens auf das strengste Entsprechen­ den,

politische Mißgestalten

und

widersinnige Dinge

Statt gehabt habm, wie sie in keiner Verfassung Vor­ kommen ; wobei nur aus dem persönlichen Einflüsse eben so staatsklugcr als wohlgesinnter Männer, deren sich Rom

zu allen Zeiten erfreuet hat, zu erklären ist,

daß ein

aus Theilen von so entgegengesetzter Natur zusammcngcfügtes Werk so lange hat bestehn können.

züglichkeiten Staats-

Dingen,

desselben zur

gehört

Zit den Vor­

das Verhältniß der

Religions-Gesellschaft.

welche das Innere der Religion,

In

die Vorstel­

lungen von göttlichen Wesen, die Glaubenslehren,

die

herkömmlichen Gebräuche, betrafen, war jene nicht zuständrg, um so weniger, als sie zwar zugleich eine Re­

ligionsgenoffenschaft, nicht aber in dieser Ausdehnung auch eine Kirche war,

3) Agrar. II. in

*) Oben S- 5g. 60

da sie nicht lauter

wirkliche,

100 sondern zugleich einen beträchtlichen Theil zugewandter

Mitglieder enthielt.

Die Rrljgionsbchörde war cs, das

Collegium der Pontifices,

dem allein zustand, in Reli­

gionsangelegenheiten zu erkennen;

bloße Verwaltung hinauslief.

was

aber auch auf

Denn wenn sich der bessere

Römer politisch und gesellschaftlich frei entwickelte, und

auf der Bahn der Zeiten fortschritt:

im Gebiete der

Volksreligion war er au starre Festsetzungen gebunden, die aus einem finstern Alterthum, aus der rohesten Kind­ heit, herrührtey,

Daher die nothwendige Zweideutigkeit

vieler aufgeweckten Köpfe der spätern Zeit, in denen das

vou Griechischen Denkern verbreitete Licht Eingang gefun­

den hatte; wovon Cicero das sprechendste Beispiel gewährt, der

in seinen philosophischen Und kritischen Schriften

durchaus ein andrer Mann ist, als in den Reden, worin der Sachwalter oft genug das Kunstmittel gebraucht, die

unsterblichen Götter anzurufen, als glaubte er an solche, wie sie die Corona sich dachte.

In so fern aber die Kirche nicht, wie der Staat, eine Schutz- und Zwangs-Anstalt ist, also, um von die­

sem geschützt zu werden, nicht neben demselben stehn kann, sondern ihm untergeordnet seyn muß, ergiebt sich

von selbst, daß der Staat dieser Aufgabe der Schutzpflicht nur unter der Bedingung des Rechts der Ober-Aufsicht

genügen könne. entsprochen.

Dieser Theorie hat die Römische Praxis

Die vorgesetzte Behörde

des Pontifical-

collegii war der Senat, als Regierungsanstalt.

In allen

Verwaltungssachen, die nicht zu den laufenden gehörten, hatte es an ihn zu berichten.

Ein Mitglied, das im

101 Senat Sitz und Stimme hatte,

hielt den Dortrag »).

Man nahm solche Gegenstände so ernst, daß sie in jeder Versammlung allen andern vorangingen r).

Wäre eine Sache danach angethan gewesen, daß sie die Befugnisse des Senats überschritten, so hätte sie, um' folgerecht damit weiter zu gehn, vor die Staatsbürgerschaft,

also vor Centuriatcomitien, gebracht werden müssen. Bei Rechtsberufungen also gegen Aussprüche des Ober,

pontifex wäre gesetzlich gewesen, sich an den städtischen Prätor, oder an einen Consul zu wenden, um den ver­ fassungsmäßigen Gang zur Erledigung einzuleiten.

aber ist es, wo die erste Verkehrtheit hervortritt.

Hier Selbst

Patricier sind es gewesen, die, ihres Standes vergessen, der Würde des Staats uneingedenk, nur beherrscht von

unreinem persönlichen Gefühl, einen Volkstribunus ange­ rufen haben, um auf dem Wege der Tributcomitien sicherer und schneller zum Ziele zu gelangen.

Ihrem Wesen

nach waren dies ja ursprünglich nur Versammlungen eines

Theils der Bürgerschaft, zur Berathung über Privatange­ legenheiten des Plcbejerstandes, und ausgestellt nach dem

Grundsätze der Tribus, da dies eben so wenig nach dem, der Curie«, als nach dem, der Centurien, geschehn konnte. Durch das Recht des Zusammentretens und Verhandelns

ist aber in diesem Stande bald ein Gefühl der Stärke

geweckt und so gesteigert worden, daß er muthig weiter 4) Cic. Att, IV. 2. 5) Varro ap. Gellium XIV. 7: „de rebus divinis priu , quam „humanis, ad senatum referendum esse.“

102 vorgedrungen.

Wie Sieyes im Jahre 1789 den Franzosen

vorsagte, der dritte Stand stelle die ganze Nation vor, so sind in Rom Männer aufgetreten, welche bewirkt ha­

ben, daß die nach den Tribus Statt findenden Privat­ versammlungen der Plebejergcmeine in Ansehung der Ge­

setzgebung den Staatsversammlungen der Centurien gleich­ gestellt worden 6); worauf die Patricier sich entschließen mußten, als Tribulen Theil zu nehmen.

Hierdurch wird

jenes Anstößige etwas gemildert.

Es muß hier eines Unfilgs Erwähnung

geschehn,

der in der Geschichte der Staatenvcrfaffung ohne Beispiel

ist.

Er bettifft einen Mißbrauch der divinatio, den man,

wunderlich genug, gesetzlich zu machen für räthlich erach­

tet hat.

Die auspicia oder auguria, als der vorzüglichste

Theil von Mer, sind bekannt, wie nicht weniger, wem

das Recht, sie anzustcllen, zugcstauden, zu welchem Be­ hufe sie veranstaltet worden,

und mit welchen abge­

schmackten, aber für die Zeit ihrer Entstehung zu entschul­

digenden Förmlichkeiten dies geschehn sei.

Wer die Hand­

lung vollzog, gab sich das Anschn, theils die Richtung

des Flugs und die Tonart des Geschreies der Vögel zu beobachten, theils Acht zu haben, ob es links, d.- i. am

östlichen Himmel, blitzte.

allein an.

Auf Letzteres kömint es hier

Während eines Gewitters keine Volksver-

6) Liv. III. 55. 67. VIII. 12. Epit. I. XI.

Dionys. XI. 45* klirr, hist, nat, XVI. io.

Labeo, land, a Laelio Felice, ap. Gell!um XV. 27.

103 sammlung zu halten, hatte dadurch, daß selbst verstand,

es sich von

gesetzliches Ansehn erhalten 7).

Sehr

natürlich war es daher in der ältesten Zeit gewesen, daß

der zuständige Oberbeamtc die auf einen bestimmten Tag angesetzte. Versammlung wieder abbestellt, wenn er am Morgen desselben ein Gewitter im Anzuge gesehn, oder

zu sehn geglaubt hatte.

Das ist aber bald zur bloßen

Gaukelei, und ein politisches Mittel geworden, Versamm«

lungen zu hintertreiben, in welchen verderbliche Beschluß« nahmen bevorstanden, weiterhin freilich auch nicht selten

aus kleinlicher Eigensucht, um die Plane eines Gegners

zu vereiteln.

Es konnte nämlich jeder Beamte das Mit­

tel gegen einen andern von gleichem oder geringerm Range

anwendcn, und vorgeben, er habe es blitzen gesehn:

so

war die Sache für den Tag beseitigt; es war Zeit ge­ wonnen, und damit Vieles s).

Der Zweck erfoderte, daß die Erklärung, das Zei­ chen wahrgcnommen zu haben, vor Eröffnung der Ver­

sammlung geschehn mußte 9).

Bei dem Treiben aber der

7) Cic. de div. II. 18. 8) Ibid. c. 35: „fulmen sinistrum *) auspicium Optimum „habemus ad omnes res, praeterquam ad comitia.“ 9) Dio Cass. XXXVIII. 13: „7^ tiqos avTag „del dioO)]kuEia. — 710XX0I — TtQOEii^yyEXXoy, tos xal toü ouqavov Typ ^utyccv IxEtviyv & auip xvqmoiv tof dr^jiov %£iy.“ Cic. de div. II. 18: „comitiorum non habender um

*) In den übrigen drei Himmelsgegenden hatten gar keine Beobachtungen Statt.

104 Parteien, dem Schwanken der Meinungen, den Kunst­ griffen und Ränken, die oft während der Tributcomitien

erst zum Vorschein kamen, ist anzunchmen, daß zuweilen, wann

die Verhandlungen

unerwartet

eine bedenkliche

Richtung genommen, die Nothwendigkeit, einzzlschreiten, zu spät erkannt worden ist, ja daß Beamte, vom Drange eines edeln Gefühls

über

die Schranken des Herkömm,

lichen fortgerissen, auf der Stelle noch mit jenem Vor­ geben aufzutreten gewagt haben, um Einhalt zu thun.

Dies scheint die Veranlassung des Aelischen Gesetzes gewesen zu seyn, nach welchem jeder befugte Beamte 10)

selbst im Laufe der Verhandlungen das Hemmungsmittel noch anwenden durfte u).

Dieser Sinn ergicbt sich auch

„causas esse voluerunt; itaque comitiorum solum vitium

„est fulmen." Id. Vatin. 7: „mim quem post urbem conditam scjas

„tribunum plebis egisse cum plebe, quum constaret, „servatum esse de coelo ?"

Id. Sext. 36 : „si obnuntiasset Fabricio (tribuno pl.)

„is praetor, qui se servasse de coela dixerat."

Pro domo 15: „negant fas esse, agi cum populo,

„quum de coelo servatum sit.“

10) Dies erhellt aus dem Ansinnen bei Dio Cassius a. a. O., daß obiges Gesetz, überhaupt da- servare de coelo, nicht gelten, und kein Beamter, („jUyMw T«y aQXoyiwy“,) eiuschreiten sollte. 11) Cic. de prov. cons. 19: „legem Aeliarn mauere, —quum

„lex feratur de coelo servari Heere."

Conf. post. red. in sen. 5.

105 daraus, daß das Gesetz als wohlthätig vorgestellt wird n),

als eine Schutzwehr gegen die wilden Umgriffe der Dolks-

tribunen »).

Diese kurze Entwickelung dient dem folgenden einzel­ nen Vorgänge zur erfoderlichcn Einleitung und Erläute-

rung.

Dem oben erwähnten widerspenstigen Dunmvir

navalis L. Cornelius Dolabella *) ward von dem Oberpontifer eine Strafe zuerkannt; er ergriff das Rechts­

mittel der Berufung an die Bürgerschaft.

Schon waren

in den zur Erledigung der Sache veranstalteten Comitien mehrere Tribus zur Abstimmung vorgerufen worden, und

hatten sich dahin ausgesprochen, der Schuldige sollte sich, dem Gebote des Oberpriesters unterwerfen,

die Strafe

ihm aber erlassen seyn, wenn er das bürgerliche Amt

niederlegte.

Es war vorauszusehn, wie der Handel ab­

laufen würde.

Um

jeder Beschämung zuvorzukommen,

erklärte der Duumvir, es habe geblitzt: Versammlung auseinander n).

da ging die

Ob es Centuriat- oder

Tribut-Comitien gewesen, wird nicht bemerkt.

Daraus,

daß die Tribus vorgerufen worden, folgt nicht nothwendig, es seien comitia tributa gewesen;

denn auch die centu-

riata hatten eine Einrichtung erhalten, der gemäß die

12) Id. Pis. 4 • „propugnacula muricpie tranquillitatis.“ Pro domo 27 : „leges maxime reipublicae salutares.u

13) Cic. post. red. in sen. 5: „certissima subsidia reipublicae „contra tribunicios furores.“ ♦) S. 95

14) Liv. XL. 42.

106 Bürger jeder Classe nach ihren Tribus zusammentraten 15), die blos in zwei Centurien, die, der Jüngern und der

Acltern, zerfielen.

Für Tributcomitien spricht aber

theils der Umstand, daß Rcchtsberufungen in der spätern

Zeit immer nur bei den Volkstribunen anhängig gemacht worden find,

die dann keinen andern Gang einschlagen

konnten, theils die Vergleichung mit dem folgenden Vor­ fälle.

Es entsteht hierbei die Frage, ob Dolabella eigen­

mächtig und verfassungswidrig, oder kraft des Aelischen Gesetzes,

gehandelt habe?

Im erster« Falle wären

-unstreitig Bewegungen entstanden;

Erwähnung.

wovon

aber keine

Die Angabe, das Gesetz sei ungefähr

hundert Jahre vor dem Consulatus des Piso uud Gabi-

nius gegeben worden 16), führt auf das Jahr 586; das Derfahrm des Dolabella fällt vierzehn Jahre früher;

mit Wahrscheinlichkeit ist jedoch anzunehmen, das Gesetz

habe damals schon bestanden.

Auf diesen Fall wird von einem ähnlichen, der neun

Jahre früher vorgckommcn, einiges Licht geworfen.

Ge­

gen jenen widersetzlichen Prätor und Flamen Quirinalis

|5) Cic. agr. II. 2: „me non extrema tribus consulem decla„ravit.“ Varro RR. III. 2. 17: „quem quaeque tribus in campo „Martio, auspicato, consule praeside , fecerit aedilem.“ Liv. XXV. 2: „si ine, inquit (P. Cornelius Scipio) „omnes Quirites aedilem facere volunt, satis annorum ,.habeo. Tanto inde favore ad suffragium ferendum in „tribus discursum est, cet.“ 16) Cic. Pis. 5. „centum prope annos.“

107 Q. Fabius Pictor (S. 94) hatte der Pontkfer Marimus eben­ falls eine Ordnungsstrafe verfügt. Der Fabier geberdete sich

ungestüm, setzte alle Triebräder in Bewegung, und nahm seine Zuflucht gleichfalls zur Berufung an

schaft.

die Bürger­

Da hier ausdrücklich die Tribunen erwähnt wer­

den, so sind es unverkennbar Tributcomiticn gewesen, in

denen das Kirchengebot bestätigt, die Sttafe aber dem Verurtheiltcn erlassen wurde 17).

Eben solche werden es

gewesen seyn r worin ein in beiden Beziehungen ganz

gleichlautendes

Erkenntniß

gegen den Consul und Fla­

men Martialis Flaccus ist erlassen worden is).

Daß an allen Tributcomiticn, in welchen solche Ge­ genstände vorgckommen, die Pontifices von Amtswcgen Theil

genommen haben, kann keinem Zweifel unterliegen.

§.

11.

Erledigung von Aufträgen de- Senats. Gutachten. BesorgungenSo viele verständige, muthige, unter

kernhafte Manner

den Römern, Männer, die sich im bürgerlichen

Leben mit voller Freiheit bewegten, haben sich in vielerlei

Dingen, die ein finsteres Zeitalter mit der Religion in Verbindung gebracht hatte 1), von abergläubischer Furcht

17) Liv. XXXVII. 51: „tribuni appellati, et provocatum ad „populum est.“ 18) Cie. Phil. XI. 8. 1) Liv. XXVII. 23 : minimis etiam rebus prava religio in„serit deos.“

108 und kindischer Leichtgläubigkeit beherrschen lassen.

Wenn

sich Gerüchte verbreiteten, daß Mißgeburtm von Men­

schen und Vieh zur Welt gekommen, Kinder im Mutter­

leibe „Triumph" gerufen, Manner in Weiber, in Hennen verwandelt

worden,

Hähne

Götterbilder Thränen

vergossen oder Blut geschwitzt, aus Waffen Blut gedrun­ gen, in Seen und Bächen Blnt oder Milch geflossm,

Geier und Raben in Tempel» genistet oder Gold gefres­ sen, Mäuse an goldnen Tempelgefäßen genagt, Bienen­ schwärme sich in Tempeln oder auf öffentlichen Plätzen gesetzt, Fische beim Pflügen aus der Erde

gekounnen,

Wölfe die Degenklingen aus den Scheiden entwendet r),

Ochsen auf Dächer geklettert s) oder mit Menschenzungcn

Liv. XXIV. io: „credebant simplices et religiös! ho„mines.“ Id. XXIV. 44- „ludibria oculorum auriumque credita

„pro veris.“ 2) Id. I. 3i. III. io. V. i5. VII. 28. XXL 62. XXII. i. xxni. 3i. xxiv. io. 44. XXV. 7. XXVII. 4. ii. 23 37. XXIX. 14. XXX 2.38. XXXIV. 45. XXXV. 9. XXXVI. 3;.

XXXVII. 3. XXXVIII. 36. XXXIX. 22. XL. 87- XLL 16

(20). XLII. 2. XLIV. 18.

Dionys IX. 40. Cato, origg. ap. Gellium II. 28.

Varro ap. eund. 1. 1,

Sueton. Claud. 22. Plin hist. nat. X 13.

3) Liv. XXL 62. XXXVI. 37.

109 geredet«), einst sogar -er, eines Consuls s); nicht zu gedenken der Himmelserscheinungen und Erdbeben, des

Stein- und Fleisch-Regens, Blut- und Milch-RegmS:

Hann

geriethen

Volk

und

Regierung

in

Schrecken,

die Consuln und Prätoren konnten nicht ins Lager ab­

gehn, die Wcissagcbücher wurden nachgcschlagen,

die

Haruspices in Bewegung gesetzt, zeitraubende Bußtage und kostspielige Opferhandlungen angeordnet, sehr oft

neun Tage lang t), um die erzürnten Götter zu besänf­ tigen.

Ein seltnes Beispiel, daß ein Mann, der seinem

Zeitalter vorausgewesen, es gewagt hat, das Volk eines Bessern zu belehren,

ist Sulpicius Gallus,

der dem

Heere in Makedonien eine Sonnenfinsterniß als natür­

liche Erscheinung erklärt 7), was einst auch Perikles auf

4) id. 111. 10. xxiv. 10. xxvii. 11.

Valer. Max. I. 6. $. 5: „bos mugitu suö in sermoneip „humanum converso.“

Plin. hist. nat. VIII. 45: „est frequens in prodigiis

„priscorum, bovem loquutum.“ Cic. -de div. J. 3g: „dum bestiae loquantur.“

5) Liv. XXXV. 2i.

6) Id. XXL 62. XXIII. 3i. XXV. 7. XXVI. a3. XXVII. Z7.

XXIX. 14. XXX. 38. XXXIV. 45. XXXV. 9 XXXVI. 37. XXXVIil. 36. XXXIX. 22. XLIV. 18. 7) Cic. de rep. I. >5. Plin. hist. nat. II. 12. Valer. Max. VIII. 11. §. 1. QuintiL instit. I. 10. §. 47*

110 einer Attischen Flotte gethan hat s).

Wunderlich hat der

Aberglaube Dinge in Verbindung gebracht, die zufällig auf einander gefolgt waren; unter andern, wenn zum

Behufe eines Feldzugs an gewissen Kalendertagen ge­ opfert worden, und die nächste Schlacht unglücklich aus­

gefallen war, so durfte an diesen Tagen

kein solches

Opfer mehr veranstaltet werden 9).

Was unter solchen und ähnlichen Umständen geschehn

erregbares südländisches Volk zu

sollte, um ein leicht

beruhigen, hatte, auf Veranlassung des Senats 10), die Behörde der Pontifices zu bestimmen, die theils überhaupt ihr Gutachten darüber abstattete, und die nöthigen Ver­ anstaltungen traf 11), theils insonderheit erklärte, welche

Gottheiten es wären, die versöhnt werden müßtm n). Einige Beispiele

sind der besondern Anführung werth;

sie betreffen Religionsgebräuche, die zum Theil aus der

Urzeit der Gesellschaft im Morgenlande stammen.

Nur

unter dortigen Hirtenvölkern kann es der Priesterschaft gelungen seyn,

die Erstlinge von

Jahrs zu erpressen.

dem Jungvieh eines

Verwandt mit dieser Darbringung

ist die bekannte, den Israeliten aufcrlegte, die unter

8) Phitarch. Pericles 35. Cic. de rep. I. 16.

9) Verrius Flaccus ap. Gellium V. 17. jo)

Liv. XL. 37. XLI. 16 (ao).

11) id. xxii. 9.

XXXIX. 22. 12) Id. XXX. 2. Varro I 1.

xxiv. 44.

xxvii. 4. Z7.

xxxiv 45.

111 andern in den männlichen Erstgeburten von allen opfcr-

baren Thieren bestand is).

Obgleich mehrfach verändert

und bedingt, ist doch das Ver sacrum der ältesten Ita­

ker 14), insonderheit der Römer, in der Hauptsache unver­ kennbar dieselbe Leistung.

Nicht von der Priesterschaft

ein für alle Mal geboten, sondern von den Landbesitzern freiwillig und außerordentlich gelobt: bei jenen in großer

Noth und Gefahr, bei diesen, um Glück für die Waffen zu erwirken, und

Bürgerschaft.

zwar nach einhelligem Beschluß der

In Rom wurde dann als Opfer gelobt,

was vom ersten Marz bis zum letzten April des nächsten Jahres an Rindern, Schaafen,

würde geboren werden is).

Schweinen,

Ziegen,

Von solcher unsinnigen Ver­

schwendung kommen auch sonst Beispiele vor.

Hundert

Rinder, in Spanien dem Jupiter gelobt, hat der große P. Cornelius Scipio auf dem Capitolium geopfert ie); dreihundert sind einst demselben Obergott geschlachtet wor­

den 17).

Zuweilen ist unter den Senatoren einer oder

13) Exod. XIII. 2. 12. XXXIV. 19. Levit. XXVII. 26. Numer III. i3. VIII. 17. XVIII. i5 —18.

Deuter. XV. 19. 20. 14) Fcstus v. Mamertini.

Paulus ex eod. v. ver sacrum. 15) Liv. XXII. 9. 10. XXXIV. 44.

Plutarch. Fabius 416) Liv. XXVIII. 38. 17) Id. XXII. 10.

112 der andere gewesen, der diesem Collegium das Unver­

antwortliche der Verschwendung öffentlicher Gelder auf Spiele vorgestellt, so daß sich dasselbe bewogen gefun­ den, die Pontifices

zu einem Gutachten aufzufodern;

wobei vorgekommen ist, daß bei diesen der Priester dem

Staatsmanne sich untergeordnet hat is). Wie dunkel auch die Entstehung und der ursprüng­

liche Sinn der zum eitel« Spiel gewordnen Feierlichkeit ist,

die jährlich von den vornehmem Frauen, in Rom

nebst den Vestalinnen, begangen worden, mit strenger Ausschließung aller Männer, bei nächtlicher Weile und

verschlossenen Thüren, in

Athen in der Wohnung des

Rex sacrorum 19), in Sparta in einem öffentlichen Ge­

bäude 20), in Rom aber in dem Hause eines von den zei­ tigen Consuln oder Prätoren 21), unter dem Namen des Damium 22), zu Ehren der bona dea 23): nach Asim

18) Liv. XXXIX. 5: „senatus pontificum collcgium consuli „jussit, num omne id aurum in ludos consumi neces„sum esset?

Qu um pontifices negassent, ad religionem

„pertinere, quanta impensa in ludos fieret, cet.“ Conf. XXXI, 9.

Oben, S- 92.

19) Demosth. adv. Neaer. ed. Reisk. p. 1870 seqq.

20) Plutarch. amator. 11arrat. ult. ed. Francos, p, 775. 21) Ejusd. Caes. 9. Cic. 19.

Dio Cass, XXXVII. -5. 22) Paulus ex Festo h. v, Conf. Hesych. v. äajjutw*

28) Macrob. Sat. I. 12. Festus 1. 1.

113 geht doch wohl ebenfalls der Ursprung zurück. Jahre,

In dem

als Casar Prätor toar m) , wurde das Fest- in

seinem Hause gefeiert.

Der verworfene Cloditts, berüch­

tigt unter anderm durch das unreine Verhältniß, in wel­ chem er zu der Gattinn desselben gestanden, hatte sich,

in weiblicher Kleidung, eingeschlichen, war aber erkannt worden 25).

Dieses Frevels wegen als nichtig angesehn,

mußte die Feier, auf Anordnung der Pontifices,

neuem angestellt werden 26).

von

Von dem Senat zu einem

Gutachten aufgefodert, erklärte diese Behörde die That für ein Verbrechen 27), die Strafgerichtsbarkeit aber stand

ihr nicht zu.

Der Verlauf dieser Sache ist einer von

den Vorgängen in der spätern Römischen Geschichte, aus

denen die unheilbaren Gebrechen des Staats, und der unvermeidliche Untergang desselben, am erkennen sind.

In Folge

deutlichsten zu

der erwähnten Erklärung be­

schloß der Senat einen Antrag an die Bürgerschaft, des Plutarch. Quaest. Rom. 17. Cic, ig. Caes. g-

Juvenal. II. 86. 87. VL 3

Commentarii pontificum s), und Commentarii consula­ res 9) waren gleichbedeutende Benennungen.

5) Macrob. Sat. 111. 2: „pontificibus permissa est potestas, „memoriam rerum gestarum in tabulas conferendi; et

„hos annales appellant equidem maximos, quasi a pon„tificibus maximis factos.tc

Conf, p. 165: „pontif. max. proponebat tabulam dornig

„tabula apud pontißcem maximum.** 6) Gellius IV. 5: „in annalibus maximis libro undecimo.“ *) S. i38. 7) Cic, Sext 14: „consules ex fastis evellendos.“

Liv. IX. 18: „paginae in annalibus magistratuum fa„tisque.“

8) Id. IV. 3: „non ad fastos, non ad commentarios ponti-

„ficum admittimur.“ Id. VI. 1.

QuintiL instit. oral. VIII. 2. §. 12.

Orat pro domo 53. 9) Varro LL. Spengel I VI. p. 265.

Nachträge. Zu S. 48, N. 14, und S. 86.

Nach Dio Cassius XLI. 9. 18. 43,

waren dem

Pompejus, bei dem Ausbruche des Kriegs zwischen ihm und Cäsar, die zeitigen Consuln,

der größere Theil der

Senatoren, und viele Ritter, nach Macedonien gefolgt. Indem sich diese Flüchtlinge zu Vertretern des Staats auftvarfcn, behaupteten sie, der Sitz der Regierung sei

nach Thcssalonich verlegt, waltungsbehörden

und schickten sich an,

daselbst einzurichten.

sie aber auf ein mächtiges Hinderniß.

Ver­

Hierbei stießen

Den obrigkeitli­

chen Personen waren gewisse Auspicim nothwendig: diese

zu ertheilen,

also auch

die Kirche vertrete» zu wollen,

so weit ging doch ihre Anmaßung nicht.

Sie begnügten

sich daher, die Behörden blos als stellvertretende anzu­ ordnen.

Wenn

nun in

diesem Zusammenhänge gesagt

wird, die C o n su l n hätten keine lex curiata (yöpov

(fQUTQixw) erlassen (o. 43), so ist hieraus zweierlei ab-

zunehmcn. 1)

Das Imperium in engerm Sinne kann deshalb

nicht gemeint seyn, weil Pompejus, als Oberfeldherr,

168 dasselbe ausschließlich besaß.

Die Bemerkung bezicht sich

also blos auf die, für eigentliche Beamte erfoderliche, im Staate auszuübende Auspiciengewalt (S. 48).

2)

Wenn die Consuln als allein befugt angegeben

werden, den Antrag zu einer solchen lex curiata zu stel­ len , so müssen sie es auch gewesen seyn,

die

in den

bildlichen Curiatcomitien, worin eine solche gegeben

wurde, den Vortrag gehabt haben (S. 86); was übri­ gens schon daraus erhellt, daß Lictoren darin gegenwärtig

gewesen. Zu S. 49.

Wie nicht fetten, der Kürze wegen, mit Weglassung von „lex curiata“, blos ,,Imperium“ gesagt worden ist, eben so haben die Schriftsteller umgekehrt zuweilen auch

„lex curiata“ allein, ohne „Imperium“, gesetzt: beides ist in der Voraussetzung geschehn, jeder sei mit den Ver­

hältnissen bekannt, um aus dem Zusammenhänge die jedes­ malige Bedeutung zu entnehmen.

Von dem Letztem, wo

das Imperium zu verstehn ist, zwei Beispiele. 1)

Die S. 55 angeführte Stelle Cicero's.

Darin

ist die Rede offenbar von einem zu ertheilendm Ober­ befehl im Felde, also von dem Imperium in engerm Sinne. 2)

Ebenfalls die Ertheilung eines solchen ist ge­

meint tit dem Briefe Cicero's an Atticus IV. 18.

Ein

Domitius und ein Mcmmius trachteten nach dem Con-

sulatus, die abgehenden Consuln aber, Appius Claudius

Pülcher, und L. Domitius Ahenobarbus, nach dem Im­ perium.

Beide Theile boten sich die Hande.

Die Consuln

169 versprachen, ihre Stellung und ihren Einfluß anzuwcnden, um den Bewerbern dnrchzuhelfcn;

wogegen diese

sich anheischig machten, drei Augures zu stellen,

(lügenhaft) versicherten,

riata“ gegenwärtig gewesen zu seyn, nicht gelänge,

welche

bek Abfassung einer „lex cn-

wenn dies aber

eine namhaft angegebne, bedeutende Be­

stechungssumme zu zahlen.

Ohne hier auf die Möglichkeit

der Ausführung eines solchen betrügerischen Plans einzu­

gehn, nur die Bemerkung, daß in diesem Zusammenhangs

bei „lex curiata“ werden müsse.

der Zusatz „de imperio“ verstanden

Das Staats - Imperium (in Rom selbst)

legten die abgehenden Consules nieder; nun strebten sie nach dem Kriegs-Imperium. Zu S. 107. Tributcomiticn müssen es auch gewesen seyn, in wel­

chen sich einst die Pontifices von einem gewaltthätigen Tribunus zwingen ließen, den Inhalt eines Orakelspruchs

bekannt zu machen: was verfassungsmäßig nur auf Ge­

heiß ihrer vorgesetzten Behörde, des Senats, also nur in Ccnturiatcomiticn, geschehn durfte: Dio Cass. XXXIX. 15.

Berichtigungen. öx£ly“

Berichtigungen. öx£ly“

Inhalt. Erster Theil. Pontifices in Beziehung auf die Curie». I. Bewandtniß dieser Beziehung.

§. i, Curial- oder Ur-Gebiet..................... — 2» Geweihter Boden deS UrgebietS. Sacra singulorum, gentilicia, curialia, publica. . . — 3. Verhältniß der Pontifices zu dem Urgebiet. .

Seite 3

tg 27

II. Gemeinschaftliche Wirksamkeit der PontificeS

und der Curien.

— 4. Wahl der öffentlichen Religionsbehörden. . —* 5. Ertheilung einer priesterlichen Befugniß, die vorzugsweise und in engerm Sinne Imperium genannt worden. Lex optima. Jus Optimum. — 6. Bestimmungen über die Fortsetzung der Sacra. — 7. Bestätigung der durch Arrogatio bewerkstelllgten Annahmen an SohneS Statt. . — 8 Dreierlei Curiatcomitien. ....

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Zweiter Theil. Pontifices in Beziehung auf den ganzen Staat.

— 9. Höchste Behörde in Religionssachen. Verfassung. — 10. Theilnahme an gewissen Comitien. Verhältniß deS Staats zur Kirche. ....

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Seite$. ii* Erledigung von Aufträgen des Senats. Gut­ achten. Besorgungen. .... 107 — i r. Vermischte Verrichtungen, Entscheidungen und Belehrungen....................................... 118 — 13. Zuständige Behörde in Ehesachen und für das Verbrechen des Zncestus....................................... 123 — 14. Belehrungen in Dingen deS Gerichtswesens135 — >5 Führung der Zeitrechnung. Cmschaltungen>4? — 16. Staatsgeschichtschreibung........................................ 164 Nachträge, . 167

Boirn, gedruckt bei Carl Georgi