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German Pages [552] Year 2009
böhlau
Wiener islamisch-religionspädagogische Studien
Band 1
EDNAN ASLAN
(Hg.)
Islamische Erziehung in Europa Islamic Education in Europe
BÖHLAU VERLAG WIEN
• KÖLN
• WEIMAR
Gedruckt mit der Unterstützung durch: Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 978-3-205-78310-7 Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdruckes, der Entnahme von Abbildungen, der Funksendung, der Wiedergabe auf fotomechanischem oder ähnlichem Wege, der Wiedergabe im Internet und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. © 2009 by Böhlau Verlag Ges.m.b.H. und Co.KG,Wien • Köln • Weimar http ://www.boehlau.at http ://www.boehlau.de Umschlaggestaltung: Judith Mullan Gedruckt auf umweltfreundlichem, chlor- und säurefrei gebleichtem Papier. Druck: Druckmanagement s.r.o.,69181 Bfezi u Mikulova
Inhaltsverzeichnis Vorwort
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Preface
11
Belgien - Belgium
Louis-Léon Christians Islam und Erziehung nach belgischem Gesetz Ubersetzt aus dem Französischen von Jana Pocrnja
15
Bosnien und Herzegowina - Bosnia and Herzegovina
Ahmet Alibasic • Asim Zubcevic Islamic Education in Bosnia and Herzegovina
43
Bulgarien - Bulgaria
Ibrahim Yalimov Religiöse Erziehung der Muslime in Bulgarien Übersetzt aus dem Türkischen von Nadima Asian
59
Dänemark - Denmark
Isa Kuyucoglu Muslims and Religious Education in Denmark Translatedfrom Turkish by Fatima Yildiz Kenan
69
Deutschland - Germany
Bülent Ucar • Yajar Sarikaya Der islamische Religionsunterricht in Deutschland: Aktuelle Debatten, Projekte und Reaktionen
87
Finnland-Finland
Tuula Sakaranaho Constructing Islamic Identity: The Education of Islam in Finnish State Schools
109
6
Inhaltsverzeichnis
Frankreich-France Samim Akgönül Der Religionsunterricht in Frankreich
129
Ubersetzt aus dem Französischen von Zeynep Günana-Mehmedikoglu Griechenland - Greece Angeliki Ziaka Muslims and Muslim Education in Greece*
141
Großbritannien - United Kingdom J . Mark Halstead Islamic Education in the United Kingdom
179
Irland - Ireland Tuula Sakaranaho "For God and Ethernal Values": Muslim National Schools in Ireland
203
Italien - Italy Yahya Sergio Yahe Pallavicini Islamic Knowledge in Italy
219
Kosovo - Kosovo Xhabir Hamid Islamic Education in Kosovo
233
Kroatien - Croatia Dinka Marinovic Jerolimov • Ankica Marinovic Bobinac Islamische Ausbildung in Europa — kroatisches Modell
239
Übersetzt aus dem Kroatischen von Izeta Dzidic Mazedonien - Macedonia Etem Aziri • Zoran Matevski Islamische Ausbildung in der Republik Mazedonien
259
Ubersetzt aus dem Mazedonischen von Zekerija Sejdini Niederlande - Netherlands Karima Joundi Islamic religious education in the Netherlands
283
Inhaltsverzeichnis
7
Norwegen - Norway
Oddbjorn Leirvik Islam and Education in Norway
301
Österreich - Austria
Ednan Asian Muslime in Österreich und das Modell Österreich
325
Polen - Poland
Ewa Nowak Islam in Polen: demographisch-struktureller Umriss
351
Rumänien - Romania
Laurentiu D. Tanase Study regarding the Muslim community and the Islamic Education in Romania
367
Schweden - Sweden
Goran Larsson Islamic religious education in Sweden
403
Schweiz - Switzerland
Christoph Peter Baumann Islamische Erziehung in der Schweiz
423
Serbien - Serbia
Svenka Savic Some Notes on Islamic Education in Serbia
449
Slowakei-Slovakia
Michaela Moravcikova Religious Education and Denominational Schools in the Slovak Republic . . . 457 Slowenien - Slovenia
Christian Moe Islamic Education in Slovenia
475
8
Spanien-Spain Claude Proeschel Muslime im heutigen Spanien Ubersetzt aus dem Französischen von Driss Tabaalite
Inhaltsverzeichnis
493
Türkei-Turkey Seyfi Kenan Phases of Religious Education in Modern Turkey
519
Autorinnen-Authors
541
Vorwort
Laut dem im März 2005 veröffentlichten Bericht der Menschenrechtsorganisation „International Helsinki Federation For Human Rights (IHF)" zur Lage der Musliminnen in der Europäischen Union wird die Zahl der in Europa lebenden Muslime auf mehr als 20 Millionen geschätzt. Diesem Bericht zufolge wird sich diese Zahl bis zum Jahre 2015 verdoppeln. Die Mehrzahl dieser „neuen" Musliminnen wird dann schon in Europa geboren sein. Die Präsenz der Musliminnen in Europa ist eine besondere Herauforderung für die hiesige Politik und die heutige Gesellschaft. Die steigende Zahl der Musliminnen und der Moscheen in Europa, sowie nicht zuletzt die muslimischen Schülerinnen an den öffentlichen Schulen, stellen eine unvorhergesehene Herausforderung für Politik, Wirtschaft und Gesetzgebung dar. Die neue muslimische Zuwanderung in den mittel- und osteuropäischen Beitrittsländern der Europäischen Union erhöht den Druck auf die Politik, neue Konzepte zur Integration der muslimischen Minderheit zu entwickeln. Der bisherige Glaube, die Zuwanderung durch die restriktiven Regelungen steuern zu können, erwies sich als nicht zukunftsfähiges Konzept und scheiterte an der europäischen Wirklichkeit. Länder, wie Griechenland, Polen, Bulgarien und Mazedonien, die seit Jahrhunderten mit muslimischen Minderheiten zusammenlebten, sind unter diesen neuen Verhältnissen gezwungen die Stellung der Religionen in ihren Gesellschaften neu zu definieren. Für die Musliminnen ihrerseits besteht die neuartige Erfahrung vor allem darin, als Minderheit in einer pluralistischen Gesellschaft zu leben, und sich als Teil dieser Gesellschaft zu identifizieren und in ihr zu partizipieren. Der Islam kennt in seiner Geschichte unterschiedliche Gesellschaftsmodelle, in denen unterschiedliche Kulturen und Religionen nach den islamischen Regeln zusammenlebten. Es existierten auch theologische Konzepte, die den vorübergehenden Aufenthalt der Musliminnen in einer nicht islamisch geprägten Gesellschaft regelten. Dass die Musliminnen in einer pluralistisch-christlich geprägten Gesellschaft auf Dauer bleiben und diese als Heimat ansehen, stellt für die islamische Theologie eine neuartige Herausforderung dar. Die klassische Jurisprudenz sah hierin vor allem die Gefahr der Assimilation, die die Zukunft der Musliminnen gefährde, und empfahl die Auswanderung in ein islamisches Land.
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Vorwort
Der innere Friede wäre nach dieser Theorie nur durch eine islamische Lebensweise möglich, die das Gewissen nicht durch zu viele Kompromisse belaste. Eine solche Lebensweise könne nur eine rein islamische Gesellschaft ermöglichen. Nun leben wir in einer Gesellschaft, die größtenteils ihre Inspiration und ihren Einfluss und dementsprechend auch ihre Regeln nicht mehr aus dem Glauben bezieht. Die Präsenz des Islam in Europa fordert die Musliminnen also heraus, ihre Religion in ihrer neuen Gesellschaft neu zu definieren. Diese Herausforderung impliziert eine intensive Diskussion, da es in diesem Zusammenhang vor allem darum gehen muss, dass die Musliminnen die Stellung ihrer Religion in ihrem Leben neu einordnen. Unter den besonderen Bedingungen Europas kommt der Erziehung muslimischer Kinder im Prozess der „Verheimatung" in Europa eine besondere Bedeutung zu, damit die hier heranwachsenden Musliminnen mit dieser neuen Heimat verwachsen. Ohne das Gefühl einer inneren Verbundenheit kann man der Gesellschaft nicht wirklich dienlich sein. Eine islamische Erziehung hat die Aufgabe, den Kindern diesen Wandel deuten zu helfen, sodass eine europäische Identität in einer säkularen, pluralistischen Gesellschaft in einem offenen Dialog mit der eigenen Tradition möglich sein wird. Musliminnen haben die Aufgabe, den europäischen Kontext in ihre religiöse Erziehung zu integrieren und sich vom Rand der Gesellschaft in deren Mitte zu bewegen. Diese Publikation möchte die entstandenen vielfältigen Debatten in der islamischen Erziehung in Europa offenlegen und auf den Wandel unter den Musliminnen hinweisen, dass nämlich Musliminnen verstärkt auf die europäischen Werte Rücksicht nehmen und sich dementsprechend organisieren. Die Beiträge aus 25 europäischen Ländern zeigen, dass der Islam zum festen Bestandteil europäischer Gesellschaften geworden ist. Die Musliminnen bemühen sich, sich in Europa zu institutionalisieren und im Zentrum der Gesellschaft zu handeln. Themen wie die Ausbildung der Imame, die Gestaltung des islamischen Religionsunterrichtes, die Anerkennung der islamischen Gemeinden als Körperschaft des öffentlichen Rechtes, die Theologisierung der demokratischen Werte, das Verhältnis zum säkularen Staat sind alles Probleme, die nicht nur im innerislamischen Diskurs, sondern auch in der Gesellschaft sachlich und ohne die Muslime dabei unter den allgemeinen Verdacht einer gesellschaftlichen Gefahr zu stellen, mit gegenseitigem Respekt diskutiert werden. Mein besonderer Dank gilt meinen Kolleginnen und Mitarbeiterinnen, ohne deren Mitwirkung dieses Buch nicht zustande gekommen wäre. Des Weiteren danke ich auch den Sponsoren, deren Unterstützung uns diese Publikation ermöglicht hat. Ednan Aslan Wien 2008
Preface
According to a report by the human rights organisation "International Helsinki Federation For Human Rights (IHF)" about the situation of Muslims within the European Union, published in March 2005, the number of Muslims living in Europe is estimated at more than 20 millions. The report suggests that this number will double in the year 2 0 1 5 . The majority of these "new" Muslims will by then have been born in Europe. The presence of Muslims in Europe is a particular challenge for its politicians and for modern society. The rising number of Muslims and mosques in Europe , and not least of Muslim pupils in public schools, shows an unexpected challenge for politics, economy and legislation. The new Muslim immigration into the entry countries of the European Union in Central and Eastern Europe strengthens pressure on politicians to develop new concepts for the integration of the Muslim minority. The hitherto held trust in the ability to control immigration via restrictive regulations proved to be an unsustainable concept which failed in view of the European reality. Countries such as Greece, Poland, Bulgaria and Macedonia, which have coexisted with Muslim minorities for centuries, are forced under these new conditions to redefine the position of religions within their societies. For Muslims, on the other hand, the novel experience lies mainly in living as a minority in a pluralistic society and in identifying themselves as a part of this society and in participating in her. In its history Islam has known various models of society in which different cultures and religions coexisted in accordance with Islamic rules. There were also theological concepts regulating the temporary presence of Muslims in a society not governed by Islam. For Muslims, who permanently remain in a pluralistic society shaped by Christianity, which they look at as their homeland, is it a new challenge for Islamic theology. Classical jurisdiction viewed this mostly as a danger of assimilation, putting the future of Muslims at risk, and recommended emigration to an Islamic country. According to this theory inner peace could only be achieved by an Islamic lifestyle which will not load the conscience with too many compromises. Such a lifestyle would be possible only in a purely Islamic society. Nowadays we live in a society which predominantly no longer derives its inspiration and influence nor, therefore, its rules from a religious system.
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Preface
Thus the presence of Muslims in Europe challenges Muslims to re-define their religion within their new society. This challenge implies an intensive discussion whose main concern must be for Muslims to re-evaluate the position of their religion within their lives. Given the particular conditions of Europe, special importance is given to the education of Muslim children during the process of adaptation to their new home in Europe to allow them growing up here to identify fully with their new homeland. Without a sense of belonging it is not possible to really serve society. Islamic education is given the task of helping children to understand this change in order to enable a European identity within a secular pluralistic society through open dialogue with one's own tradition. Muslims are asked to integrate the European context into their religious education and to move from the margins of society to its centre. This publication intends to showcase the numerous existing debates within Islamic education in Europe and to point out the change amongst Muslims, namely that Muslims increasingly take European values into consideration and organise themselves accordingly. The contributions from 25 European countries show that Islam has become a lasting part of European societies. Muslims try to institutionalise within Europe and act at the centre of society. Topics such as the training of imams, the design of Islamic religious education, the recognition of Islamic communities as public bodies, the theologisation of democratic values, the relationship to the secular state, are all problems which are being discussed not only amongst Muslims themselves but also within the society, in a factual manner and with mutual respect, without generally suspecting Muslims of being a danger to society. My special thanks go to my colleagues without whose contribution this book would not have been possible. I also like to thank the sponsors whose support allowed us to print this publication. Ednan Asian Vienna 2008
BELGIEN-BELGIUM
Louis-Léon Christians
Islam und Erziehung nach belgischem Gesetz 1. D I E LAGE DES ISLAM IN B E L G I E N
1.1 Einführung: die soziodemografische Stellung des Islam in Belgien Obwohl im Jahre 1830 die katholische Religion größtenteils vorherrschend war, erhielt sie keinen spezifischen Status in der Verfassung. Nach einer Umfrage von 2008 erklären sich 8 0 % der französischsprachigen Belgier als religions- bzw. traditionsgebunden, und 68 % bekennen sich als Gläubige, davon sind 42 % Nicht-Praktizierende. 4 3 % frankofoner Belgier bekennen sich noch zum Katholizismus, 1 7 % sind Atheisten und 1 0 % Agnostiker. Bereits während der Entstehung Belgiens, von 1830 bis 1930, lebten etwa 5.000 Muslime verschiedener Herkunft im Lande. Die Sichtbarkeit dieser Bevölkerung stieg schnell nach dem Zweiten Weltkrieg, und zwar durch die Immigrationsvereinbarungen, die mit Marokko (1964), der Türkei (1965), Tunesien (1969), Algerien und Jugoslawien (1970) beschlossen wurden. Die Ursprünge der Muslime liegen grundsätzlich in Marokko (125.082), der Türkei (70.701), Algerien (8.452), Tunesien (4.243), Bosnien-Herzegowina (1.995), Pakistan (1.975), Libanon (1.098), in Iran (1.007), Syrien (699) und in Ägypten (613) — mit 215.865 Menschen insgesamt, zu denen auch gewisse Muslime afrikanischer, indonesischer etc. Herkunft hinzugezählt werden müssen (am 1. Jänner 1999). Politische Flüchtlinge: Im Jahre 1988 waren 6.589 aus muslimischen Ländern stammende Personen (unter anderem Kosovo, Pakistan, Türkei) Asylbewerber.1 Dennoch ist es schwer, das genaue Ausmaß der muslimischen Bevölkerung in Belgien einzuschätzen. Das Kriterium der Staatsbürgerschaft, das lange während der Migrationsperiode galt, hat heute an Stichhaltigkeit verloren, und zwar aufgrund des progressiven Erwerbs der belgischen Nationalität durch die neuen Generationen sowie aufgrund der Unterschiedlichkeit der Formen der individuellen Identifizierung (kul-
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Genannte Zahlenangaben stammen aus dem Jahresbericht 1999 des Zentrums fur Chancengleichheit und für Kampf gegen Rassismus, dessen zweiter Teil unter dem Titel „Immigration et intégration à l'aube de l'an 2000, état de la question" von J. Wets und H. Bruyninckx, H I V A
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Louis-Léon Christians
tureller Ursprung, religiöse Praxis etc.). Die Zahl eingebürgerter Personen (welche die belgische Staatsbürgerschaft erhalten haben) stieg seit den Gesetzesänderungen von 1 9 8 4 und 1 9 9 1 an (das Gesetz verleiht Kindern der dritten Generation automatisch die belgische Staatsbürgerschaft und erleichtert deren Erwerb f ü r die zweite Generation). Zwischen 1 9 8 5 und 1 9 9 7 wurde die belgische Staatsbürgerschaft für 1 1 3 . 8 4 2 aus muslimischen Ländern stammende Personen bewilligt: Durchschnittlich 8.000 Menschen aus Marokko und 6.000 Menschen aus der Türkei erhielten jährlich die belgische Staatsbürgerschaft, und das vor dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes von 2000, welches den Zugang zur Staatsbürgerschaft noch weiter erleichtert. Generell wird die Zahl der muslimischen Bevölkerung in Belgien auf 350.000 bis 450.000 geschätzt (von 1 0 . 0 0 0 . 0 0 0 Einwohnern), davon zwei Drittel maghrebinischer Herkunft, ein Drittel türkischer Herkunft und etwa 5.000 bis 20.000 Konvertierte. D i e muslimische Bevölkerung ist vordergründig städtisch (60 % in der Region der Hauptstadt Brüssel).
i.2 Die juridische Stellung des Islam nach belgischem Gesetz 2 7.2.7 Der Islam, abgesehen von seinem Status, als anerkannte
Religion
Schon seit den Anfängen der belgischen Verfassung gilt die Religionsfreiheit für alle Konfessionen, ohne dass irgendeine vorherige Prüfung erforderlich war. D i e belgische Verfassung besagt: „ D i e Freiheit der Religion, die Freiheit ihrer öffentlichen Ausübung, sowie die Freiheit, auf jedem Gebiet seine Meinung auszudrücken, sind garantiert, abgesehen von Strafmaßnahmen für Delikte, die anlässlich der Anwendung dieser Freiheiten begangen wurden" (Paragraf 1 9 ) ; (...) Niemand darf auf irgendeine Weise gezwungen werden, an Handlungen und Festakten einer Religion teilzunehmen sowie deren Ruhetage einzuhalten" (Paragraf 20)." „ D e r Staat hat weder das Recht, bei der Wahl oder beim Amtseinzug der Autoritäten einer Konfession einzugreifen, noch, ihnen zu untersagen, mit ihren Vorgesetzten zu korrespondieren oder ihre Tätigkeiten zu publizieren, abgesehen von (das Letztere betreffend) der üblichen Verantwortung bezüglich Presse und Publizierung. D i e standesamtliche Trauung muss immer der religiösen Segnung der Ehe vorangehen, abgesehen von Ausnahmen, die gesetzlich festzulegen sind, wenn ein G r u n d dazu besteht (Paragraf 2 1 ) . " (Katholieke Universiteit Leuven), M. Poulain und N. Perrin, GéDAP (Université Catholique de Louvain) geschrieben wurde, basierend auf dem Staatlichen Register. 2 Die Rechtsnormen, die in diesem Text zitiert werden, sind auf der offiziellen Webseite des belgischen Amtsblattes zugänglich: www.moniteur.be und in CHRISTIANS, L.-L., de POOTER, P., Code beige Droit et religions, Bruxelles, Bruylant, 2005, 620 pp.
Islam und Erziehung nach belgischem Gesetz
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Die Paragrafen 19, 20 und 21 der Verfassung versichern den Schutz aller Religion unter dem einzigen Vorbehalt der Einhaltung der gemeinsamen Gesetze. Eine gewisse Anzahl an belgischen Gesetzesvorschriften (bezüglich Privatrecht, Bürgerrecht, Strafrecht oder Steuerrecht) zielt auf alle Religionen gleich ab, es werden jedoch gewisse spezifische Regeln hinzugefügt. Dies beschränkt sich nicht auf Religionen, die eine öffentliche Anerkennung genießen. 1.2.2 Der Islam als anerkannte Religion
Nur spezifische staatliche Vorteile sind mit dem polymorphen Begriff „Anerkennung" verbunden, die mit verschiedenen legislativen Interventionen Hand in Hand gehen: sei es durch die verfassungsmäßigen Verpflichtungen, wie etwa die Finanzierung der Gehälter einiger geistlicher Autoritäten (Verfassung, Paragraf 181) und gewisser Religionslehrer (Verfassung, Paragraf 24), sei es die freie Wahl des Gesetzesgebers, wie etwa die Bezüge der Geistlichen, die Unterkunft gewisser Religionsautoritäten oder die Bewilligung von speziellen Regelungen der staatlichen Einrichtung für Organe, die von religiösen Gemeinschaften verwaltet werden. Seit 1980 entzieht ein Regionalisierungsprozess dem nationalen Gesetzgeber immer mehr Verantwortungsbereiche, somit entstehen zwei vereinigte Gesetzgeber (das gilt insbesondere für den Unterricht, Religionsunterricht eingeschlossen: Er ist seit 1980 unter der Zuständigkeit der französischen, flämischen und deutschsprachigen „Gemeinschaften" oder für die Verwaltung lokaler Religionen: Sie sind seit 2001 unter der Zuständigkeit der wallonischen und flämischen Region sowie der Region um Brüssel). Letztendlich ist zu betonen, dass die Anerkennung einer Religion in Belgien, egal auf welchem Niveau, den Regeln und Vorschriften dieser Religion keine besondere Bedeutung im belgischen Rechtssystem verleiht. Alleine die Entscheidungen der Religionsautoritäten sind bei diesen Fragen relevant, und zwar, aufgrund der verfassungsmäßigen Autonomie der Konfessionen, ohne jegliche Kontrolle der Grundsätze durch belgische Autoritäten. Seit den Anfängen Belgiens sind vier Konfessionen „anerkannt" (einige Autoritäten dieser Konfessionen werden vom Staat bezahlt): die römisch- katholische, die anglikanische, die jüdische Religion und eine gewisse Anzahl an vereinten protestantischen Religionen. Die Anerkennung der Verwaltungsregelungen der jüdischen und anglikanischen Konfessionen geschah jedoch nicht vor 1970. Die orthodoxe Konfession wurde 1985 anerkannt, außerdem auch eine philosophische, nicht-konfessionelle Organisation (Centre d'action laique) 2002. Jedoch präzisiert keine Regel der Verfassung die Religionen, die von den genannten Vorteilen profitieren. Die Kriterien, die sie erfüllen sollten, werden auch nicht genauer ausgeführt. Der Gesetzgeber ist die Autorität der Konfessionen, die er anerkennt. Da
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Louis-Léon Christians
bis jetzt kein Gesetz die allgemeinen und theoretischen Kriterien bestimmt hat, die als Bedingungen für die „Anerkennung" einer Konfession gelten, entscheidet der Gesetzgeber von Fall zu Fall. Alleine die Verwaltung ruft regelmäßig, nämlich durch die Antworten der Regierung auf parlamentarische Fragen, die Kriterien für die Anerkennungsanträge in Erinnerung, die an das Parlament weitergeleitet werden. Das Gesetz bestätigt also nur die „Bezeichnung" der Religion, die es anerkennt. Der Islam wurde zunächst insofern unterstützt, als dem Centre islamique et culturel de Bruxelles der Status einer internationalen Vereinigung zugeteilt wurde (ein Zentrum, das ursprünglich vom saudiarabischen Botschafter präsidiert wurde). 1969 wurde dieser Vereinigung ein orientalisches Haus im Park Cinquantenaire zugeteilt, das zur Großen Moschee von Brüssel wurde. 1971 wurde dem Parlament der erste Entwurf zur Anerkennung der „mohammedanischen Religion" vorgelegt. Die in Belgien lebenden Muslime wurden zu diesem Zeitpunkt auf etwa 100.000 geschätzt, und es war „angemessen, von nun an die mohammedanische Religion auf die gleiche Stufe mit den anderen vier anerkannten Religionen zu platzieren" (Documents parlementaires, Sénat, session 1970-1971, 348). Verschiedene weitere Pläne wurden realisiert, die schließlich in die Verabschiedung des Gesetzes vom 19. Juli 1974 mündeten, ein Gesetz, das die „administrativen Führungsorgane der islamischen Religion" anerkennt. Am 6. Mai 1978, zwei Tage vor dem Besuch von König Khaled, wurde der erste königliche Entscheid unterschrieben, durch den das Gesetz von 1974 ausgeführt wurde. Die Ausführung dieser Bestimmung bezüglich der Organisation der islamischen Konfession durch lokale Gemeinschaften hat sich jedoch als extrem schwierig erwiesen. Und diese Frage ist bis heute noch nicht vollständig beantwortet — im Gegensatz zu anderen Rechtsanordnungen, von welchen gerade der Islam in Belgien profitieren konnte (wie etwa der Islamunterricht an öffentlichen Schulen durch ein Gesetz von Juli 1978, Geistliche in Gefängnissen oder in der Armee, Grabsteine am Friedhof, rituelles Schlachten, islamische Feiertage usw.). Mehrere Vorhaben zur Anerkennung von lokalen Kulturgemeinschaften, die von der Regierung zu Beginn der i98oer-Jahre erarbeitet wurden, wurden aufgrund der schlechten Koordination mit dem islamisch-kulturellen Zentrum von Brüssel (Centre islamique et Culturel de Bruxelles) fallen gelassen. Jedoch sieht der königliche Entscheid vom 6. Mai 1978 vor, dass Komitees der Verwaltungsleitung der lokalen Religionen gewählt werden müssen. Die Art des lokalen Wahlverfahrens wird vollkommen der Konfessionsautorität überlassen. All das zeigt, dass die Legitimität eines repräsentativen nationalen Organs eine vorrangige Frage werden würde. Die Art der Repräsentation, die eingeführt werden soll, um das Funktionieren des Gesetzes zu garantieren, ist jedoch unklar. Einmal geht es um ein Führungsorgan der islamischen Konfession, einmal um einen Repräsentanten der Muslime in Belgien oder Repräsentanten der
Islam und Erziehung nach belgischem Gesetz
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lokalen Komitees der islamischen Konfessionsleitung. Diese letzte Lösung wird eindeutig vom Staatsrat unterstützt, jedoch wird nicht nur seine Meinung eingefordert. 1985 schlug der Justizminister vor, einen „Hohen Rat der Muslime in Belgien" einzurichten, als Nachfolge für die Repräsentation, die durch das Centre Islamique et Culturel de Bruxelles gesichert wurde, jedoch ohne Erfolg. 1989 schlägt der königliche Kommissar, der für die Immigrationspolitik verantwortlich ist, eine Repräsentation der Muslime durch Wahlen vor. Die Idee einer von den Moscheen organisierten Wahl, die vom Centre Islamique et Culturel wieder aufgenommen und im Jänner 1991 durchgesetzt wurde, wurde jedoch von politischen Parteien kritisiert. „Der Hohe Rat der Muslime in Belgien", der aus diesen Wahlen hervorgeht, würde von der Staatsgewalt nicht anerkannt werden. Um diesem Prozess entgegenzuwirken, etablierte die Regierung durch den Entscheid vom 16. November 1990 einen provisorischen Rat (Conseil provisoire des Sages) und ernannte 19 Muslime aus dem belgischen Politikbereich. Dieser Rat wurde der einzige Partner für die Verhandlung mit belgischen Autoritäten. Er erwarb jedoch keine Legitimität, und verschiedene interne Rechtsstreitigkeiten führten zur Suspendierung der Mandate im Oktober 1992. Die Regierung errichtete nun einen provisorischen „Fachrat". Das Zentrum für Chancengleichheit, das der Nachfolger des königlichen Kommissariats ist, leitete 1993 erneut einen Prozess ein, in dem ein Verhandlungspartner gewählt werden sollte: Durch die Beratung mit den Moscheen wurde eine Constituante mit 51 Mitgliedern ohne Wahl eingerichtet, innerhalb dieser wurde eine „Exekutive" mit 17 Mitgliedern gewählt. Ende 1994, nach diversen Sicherheitskontrollen, wurde diese „Exekutive" von der belgischen Regierung als ein Verhandlungspartner anerkannt und letztendlich durch den königlichen Entscheid vom 3. Juli 1996 zu einem Beratungsorgan ernannt. Die Mitglieder mussten Muslime sein, die in Belgien mindestens fünf Jahre lang ansässig waren, und sie mussten für verschiedene Ausrichtungen und Nationalitäten repräsentativ sein. Ihre effektiven Funktionen blieben sehr eingeschränkt, insbesondere bei der Ernennung der Religionslehrer. Im April 1997 leitete die Exekutive Verhandlungen mit der Regierung ein, mit dem Ziel, ein wahrhaftes „Führungsorgan der Konfession" einzurichten. Durch den königlichen Entscheid vom 24. Juni 1998 erkannte die Exekutive die Notwendigkeit, einen Wahlprozess zu organisieren. Die Wahlvorschriften bestimmen acht Bedingungen für die Wahlfähigkeit: Mindestalter 25, Bekenntnis zum moslemischen Glauben, seit mehr als fünf Jahren in Belgien ansässig sein, eine der Nationalsprachen beherrschen, zumindestdas Zeugnis einer höheren weiterführenden Schule besitzen sowie die Abwesenheit des politischen oder diplomatischen Mandats und das Unterschreiben einer Ehrenverpflichtung. Die Kandidaten wurden von der Moschee oder durch 50 Unterschriften vorgeschlagen. 263 Kandidaten konnten von 70.000 regis-
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Louis-Léon C h r i s t i a n s
trierten Wählern, die je nach Nationalitäten in vier Wählerschaften eingeteilt wurden, gewählt werden. Ein königlicher Erlass ernannte eine „Kommission der Begleitung und Überwachung", um einen fairen Ablauf des Wahlprozesses zu sichern. 48.000 Personen wählten in 1 2 4 Wahllokalen, davon befanden sich 1 0 4 in Moscheen. Z u den 51 gewählten Kandidaten kamen zehn von der neuen Exekutive gewählte Mitglieder hinzu, und die 61 Personen wählten erneut sieben weitere hinzu. Diese Versammlung sollte 1 7 Personen innerhalb ihres Kreises wählen (sieben aus Marokko, vier aus der Türkei, drei aus Belgien und drei mit anderen Nationalitäten), deren Kandidatur vorher einer staatlichen Sicherheitskontrolle unterzogen wurde („Screening"). Eine neue „Exekutive der Muslime in Belgien" mit 1 6 Personen wurde schließlich ernannt und im königlichen Entscheid vom 3. Mai 1999 festgelegt. Ein Mandat der Versammlung dauerte zehn Jahre, mit einer Verlängerung von einem Drittel der Mitglieder mit Halbmandat. Trotz der internen, manchmal heftigen Spannungen und trotz verschiedener Diskussionen mit der Vormundschaft bereitete die Exekutive die Anerkennungsanträge der lokalen Gemeinschaften vor. Leider war die Arbeit noch nicht abgeschlossen, als das belgische Parlament durch ein Sondergesetz vom 1 3 . Juli 2001 entschied, die Leitung der Konfessionen und der lokalen Gemeinschaften zu regionalisieren. Die Verhandlungen mussten daher erneut bei der jeweiligen regionalen Regierung eingeleitet werden. Interne Spannungen innerhalb der Exekutive verstärkten sich damals, was zu einer kompletten Funktionsblockade führte. A m 6. Februar 2003 trat die Exekutive aufgrund von internen Unruhen vom Amt zurück. Nach einer Schlichtung durch zwei Senatoren der Bundesregierung wurde vorgeschlagen, die Hälfte der 1 4 Mitglieder, die in der Exekutive übrig geblieben waren, auszutauschen. Durch den königlichen Entscheid vom 1 8 . Juli 2003 erkannte die Regierung eine neue Exekutive mit einem Mandat bis zum 3 1 . Mai 2004. an, die von der Generalversammlung vorgeschlagen worden war. Eine Verlängerung von einem Drittel der Mitgliedschaften zu Halbmandaten hätte organisiert werden müssen. Trotz der Proteste der Exekutive strebte die belgische Regierung eine komplette Neuwahl an, die dem ersten Mandat ein vorzeitiges Ende gesetzt hätte. Ein Gesetz vom 20. Juli 2004 legte ausdrücklich den Wahlprozess fest sowie die Stellung der neuen Begleitkommission. Der marokkanische Vorsitz der Exekutive erhob mehrere Einsprüche gegen die vorzeitigen Wahlen. Gegen das Gesetz wurde vor dem Verfassungshof Einspruch erhoben. Durch einen Entscheid vom 28. September 2005 behauptete der Hof: „(...) Der Gesetzgeber darf durchaus von anerkannten Konfessionen fordern, dass sie eine minimale Struktur aufzeigen hinsichtlich der Ernennung einer Instanz, die ein Verhandlungspartner der staatlichen Autoritäten wird, und die privilegierte Stellung genießen, die anerkannte Konfessionen haben. Damit ein der-
Islam und Erziehung nach belgischem Gesetz
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artiger Eingriff des Gesetzgebers zulässig ist, ist es nötig die Freiheit der Konfessionen nicht zu verletzen." Das Verabschieden des Gesetzes vom 20. Juli 2004 wird folgendermaßen gerechtfertigt: „(...) Das Gesetz hat zum Ziel, die Wahl der Mitglieder der Generalversammlung der belgischen Muslime zu ermöglichen, sodass die muslimische Gemeinschaft Organe zur Verfügung hat, die es der muslimischen Konfession erlauben, die Rechte zu genießen, die die Verfassung anerkannten Religionen verleiht (Doc. pari, Chambre, 2003-2004, D O C 51-1275/001, pp. 1 1 , 12)." „Die Ministerin ist der Meinung, dass die aktuelle Situation für die [muslimische] Gemeinschaft eine absolute Unglückslage ist. Im Grunde entsteht ein Problem bei der Beachtung der verfassungsmäßigen Prinzipien, denn solange es kein legitimes repräsentatives Organ gibt, ist die muslimische Religion mit anderen anerkannten Konfessionen nicht gleichberechtigt. Um diese Gleichheit zu sichern und das Prinzip der Neutralität des Staates zu beachten, und wenn keine andere Alternative und demokratische Lösung besteht, steht es dem Gesetzgeber zu, einzugreifen {Doc. pari., Sénat, 2003-2004, n° 3-815/2, p. 4)." Durch das Verabschieden des Gesetzes hatte der Gesetzgeber vor, der Anerkennung der muslimischen Religion eine konkrete Bedeutung zu verleihen und ihr zu ermöglichen, von finanziellen Vorteilen zu profitieren, die mit diesem Status verbunden sind, wie es bei anderen anerkannten Konfessionen der Fall ist. „(...) Besonders muss die Kommission die Empfehlungen des Berichtes über die ,Modalitäten bezüglich der Errichtung eines Führungsorgans der Religion fur die Muslime in Belgien' beachten, der von Repräsentanten der muslimischen Gemeinschaft erstellt wurde und sich für ein Wahlsystem ausspricht und die Bedingungen für die Wählbarkeit definiert {Doc. pari., Chambre, 2003-2004, D O C 51-1275/007, p. 8)." Der Gesetzgeber hütet sich also vor jeglichem Urteil über die Legitimität des religiösen Glaubens oder deren Ausdrucksformen und greift nicht direkt bei der Ernennung der repräsentativen Instanz der anerkannten Religion ein, die die verschiedenen Ausrichtungen der muslimischen Religion in Belgien berücksichtigen wird. Unter der Berücksichtigung, dass die Wahl der muslimischen Gemeinschaft aufgehalten wurde, und unter der Berücksichtigung der fundamentalen demokratischen Werte in einem solchen Prozess hätte der Gesetzgeber vorsehen können, dass die Mitglieder der Generalversammlung der Muslime in Belgien von den Mitgliedern dieser Gemeinschaft gewählt werden, und dass die Rechtmäßigkeit dieser Wahlen garantiert wird. Die Kreierung einer Kommission, die für die Erneuerung der Organe der muslimischen Religion verantwortlich ist, hat vor allem die Aufgabe, den fairen Ablauf zu garantieren, und zwar sowohl der Wahlen selbst als auch des elektoralen Prozesses, der damit verbunden ist. Diese Kommission weist aufgrund ihrer Zusammensetzung
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Louis-Léon Christians
zureichende Garantien der Unabhängigkeit und der Kompetenz auf. Ihre Gewalt ist jedoch begrenzt auf Maßnahmen, die unbedingt für den regulären Ablauf der Wahlen nötig sind, und muss sich überdies auf Lösungen stützen, die von der muslimischen Gemeinschaft unterstützt werden. Daraus folgt, dass das Gesetz sich nicht auf verhältniswidrige Weise in die Religionsfreiheit einmischt. Die neuen Wahlen fanden am 20. März 2005 statt. 70.000 Wähler wählten eine Versammlung mit 40 Personen aus der Türkei, 20 aus Marokko, sechs aus anderen Kulturen und zwei Konvertierten, die anschließend selbst wählten, nämlich nach einer Sicherheitskontrolle der neuen Exekutive, die von da an von einer Person türkischer Herkunft präsidiert wurde. Diese Ergebnisse zeigen die Wirkung des Boykotts der marokkanischen Wähler und erklären die Krise der Legitimität, die die neue Exekutive prägte. Verschiedene Rechtsstreitigkeiten aufgrund von unklaren Verwaltungspraktiken betrafen sowohl die alte als auch die neue Exekutive und behinderten somit die Legitimität der Exekutive und ihr Handeln. Trotzdem konnten die Anerkennungsanträge der lokalen Gemeinschaften zu den Bundesregierungen weitergeleitet werden und führten 2007 zur Anerkennung von etwa 50 Moscheen. Aufgrund einer Krise, die vor allem finanziell bedingt war, wurde die Exekutive durch den königlichen Entscheid vom 27. März 2008 suspendiert. Ein Wiederbelebungsprozess ist derzeit im Gang.
2. D E R R E L I G I O N S U N T E R R I C H T N A C H B E L G I S C H E M G E S E T Z 2.1 A l l g e m e i n e s
Seit 1980 sind es die „Gemeinschaften" (französische, flämische und deutschsprachige), die die wesentliche Zuständigkeit für das Unterrichten tragen. Die von der Verfassung geforderten Voraussetzungen sowie deren Ausdehnung in gewisse spezifische Gesetze sind jedoch zu erfüllen. Es gibt also mehrere Schulgesetze in Belgien und manchmal auch mehrere Regelungen des Religionsunterrichts an öffentlichen Schulen. Die von der Verfassung aufgestellten Prinzipien sind das Einzige, das den schulisch-religiösen Beziehungen eine minimale Homogenität in Belgien gewährleistet. Wir werden im Wesentlichen das Verfassungsrecht untersuchen und die Aufmerksamkeit auf verschiedene Beispiele der Gesetzgebung der „Gemeinschaften" lenken. Die Schulpflicht (bis zum 18. Lebensjahr, laut einer weiterbestehenden Bundesgesetzgebung) richtet sich nicht nur an öffentliche Schulen. In Belgien gibt es drei schulische Organisationsformen:
den Gemeinschaftsunterricht oder
staatlichen
Unterricht, dessen Kosten jeweils von der flämischen, französischen oder germanophonen Gemeinschaft übernommen werden; den Provinz- oder Gemeindeunterricht, oder staatlich subventionierten Unterricht; und letztendlich den subventionierten
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Privatunterricht, der im Wesentlichen katholisch ist. Der katholische Privatunterricht umfasst, je nach Gebiet, insgesamt mehr als die Hälfte der Schüler (und bis 75 % bei weiterführenden flämischen Schulen). Eine weitere Differenzierung unterscheidet (innerhalb des Staats- und Privatunterrichts) zwischen konfessionellen Schulen, nicht konfessionellen Schulen, pluralistischen, sowie nicht kategorisierbaren Schulen (Paragraf 2 des Schulpaktgesetzes von 1959). Das Gesetz garantiert letztendlich auch die Möglichkeit eines Heimunterrichts und dadurch indirekt die Möglichkeit eines rein privaten und nicht subventionierten Unterrichts. Eine Möglichkeit, die auch von gewissen religiösen Minderheiten oder Dissidenten in Anspruch genommen wird. Schließlich ist zu bemerken, dass der Staat bei der Subventionierung die Schulen nicht nur im Sinne von konfessionell/nicht konfessionell unterscheidet, sondern auch eine „nicht kategorisierbare" Gruppe vorsieht (Paragraf 2 des Schulpaktes), insbesondere für „Schulen mit speziellen Lehrmethoden" (zum Beispiel: Steiner-Schulen).3 Mehrere Einsprüche vor dem Verfassungshof haben den diskriminierenden Charakter dieser Regelung unterstrichen, und zwar aufgrund des weniger privilegierten Status, der damit verbunden ist. Die Gründe dieser Einsprüche waren verschiedene, je nach Aspekten der Regelung. Gegen zunehmende Kontrollen des Heimunterrichts (und von rein privaten Schulen) hinsichtlich der schulischen Anerkennung wurde von bestimmten religiösen Bewegungen Einspruch eingelegt (zum Beispiel von der katholischen Dissidenz „lefebvriste"), jedoch hat der Staatsrat diesen Einsprüchen nicht stattgegeben.4
2.2 Paragraf 24 der belgischen Verfassung Paragraf 24 garantiert nicht nur die Vielfalt der Organisationsformen der Schulen, sondern auch gleichzeitig die Neutralität des öffentlichen Unterrichts sowie die Gestaltung des Unterrichts anerkannter Religionen an öffentlichen Schulen: „§ 1. Das Schulwesen ist frei; jegliche Präventivmaßnahmen sind untersagt. Die strafrechtliche Verfolgung der Delikte ist ausschließlich durch Gesetze oder Verordnungen geregelt. Die Gemeinschaft garantiert den Eltern die freie Wahl. Die Gemeinschaft gestaltet ein Schulwesen, das neutral ist. Die Neutralität impliziert insbesondere den Respekt philosophischer, ideologischer und religiöser Auffassungen der Eltern oder der Schüler. Schulen, die von Staatsorganen organisiert werden, bieten, bis zur Beendigung der Schulpflicht, die Wahl zwischen dem Unterricht einer anerkannten Religion und einem Unterricht nicht konfessioneller Moral.
3
Vgl. C.A., 19 J u n i 1997 (Hiberniaschool [pédagogie Steiner]), n° 36, M . B . 15 August 1997.
4
Vgl. C.E., 9 M a i 2000 (ASBL N o t r e D a m e de la Sainte Espérance et al. c. C t é Française), n° 87093.
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Louis-Léon Christians
§ 2. Wenn eine Gemeinschaft, als Organisationsgewalt, ihre Zuständigkeit an ein autonomes Organ oder an mehrere autonome Organe delegieren möchte, so kann sie das nur durch einen Erlass, der eine Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen erfordert. § 3. Jeder Lehrbeauftragte hat die Grundfreiheiten und Grundrechte zu beachten. Der Zugang zur Bildung ist bis zur Beendigung der Schulpflicht kostenlos. Alle Schüler haben das Recht auf eine moralische oder religiöse Erziehung, deren Kosten von der Gemeinschaft übernommen werden. § 4. Alle Schüler oder Studenten, Eltern und Mitglieder des Personals sowie alle Lehranstalten sind vor dem Gesetz oder den Verordnungen gleichberechtigt. Das Gesetz oder die Verordnungen berücksichtigen objektive Unterschiede, vor allem die Eigenart jeder Organisationsgewalt, die eine geeignete Behandlung legitimiert. § 5. Die Gestaltung, die Anerkennung und die Subventionierung des Unterrichts durch die Gemeinschaften sind durch das Gesetz oder Verordnungen geregelt (Paragraf 24 der belgischen Verfassung)." Somit bestätigt die Verfassung (seit 1988) einen politischen Kompromiss (den Schulpakt), der aus dem letzten „Schulkrieg" der Jahre 1 9 5 4 - 1 9 5 8 hervorging und der seit 1 9 5 9 rechtsgültig ist. 5 Nachdem die Verlagerung der Verantwortung auf die Gemeinschaften in Belgien das traditionelle ideologische Gleichgewicht veränderte, ging es darum, die Ängste einer katholischen Mehrheit des Nordens sowie einer antiklerikalen Mehrheit des Südens zu berücksichtigen. 6 Z u diesem Zweck garantierte die Verfassung den Fortbestand des „Schulpaktes", trotz der Übertragung der Verantwortung an die Gemeinschaften. 7 Gemäß Schulpaktgesetz sind die verschiedenen anerkannten Religionen sowie die nicht-konfessionelle „Moral" Gegenstand von zwei Unterrichtsstunden wöchentlich. Neben dem katholischen, jüdischen oder protestan-
5
Vgl.J.
Le pacte scolaire : coordination et annotations, Bruxelles, Story-Scientia-Cepess, 1990; Le Pacte scolaire: une norme para-légale exemplaire, in: W I T T E , E . / D E G R O O F , J . / T Y S SENS, J. (dir.), Het schoolpact van 1958. Le pacte scolaire de 1958. Origines, principes et application d'un compromis belge, Bruxelles, Garant, VUB, 1999, pp. 657-669; J. VAN H O U T T E , Le problème scolaire en Belgique: des querelles du passé au pacte de 1958, in: La Laïcité, Paris, P.U.F., i960, pp. 437-45 5. ; A . VÀN H A E C H T , Le pacte scolaire et ses conséquences en communauté française : les désaccords entre le monde laïque et le monde chrétien, in: W I T T E , E . / D E G R O O F , J . / T Y S S E N S , J . (dir.), Het schoolpact van 1958. Le pacte scolaire de 1958. Origines, principes et application d'un compromis belge, Bruxelles, Garant, VUB, 1999, pp. 857-879. D E GROOF,
H . DUMONT,
6
Vgl. X . D E L G R A N G E , Le fédéralisme belge : la protection des minorités linguistiques et idéologiques, Rev. dr. publ., 1995, pp. 1 1 5 7 - 1 2 0 2 .
7
Vgl. J . D E G R O O F , La révision constitutionnelle de 1988 et l'enseignement, la paix scolaire et son application, Bruxelles, Story-Scientia, 1990.
23
Islam und Erziehung nach belgischem Gesetz
tischen Unterricht wird seit 1978 der Islam unterrichtet, die Orthodoxie seit 1989 in Flandern und seit 1997 in der französischen Gemeinschaft. Der Unterricht der anglikanischen Religion ist in Flandern seit 1993 für ungefähr 1 5 Schüler garantiert. In der französischen Gemeinschaft ist man hingegen der Meinung, dass der Protestantismus diesen Unterricht abdeckt. Der Staatsrat 8 hat jedoch auch darauf hingewiesen, dass die Verfassung es den Gemeinschaften nicht untersagt, den Unterricht einer Religion einzuführen, die „nicht bundesweit anerkannt" ist. Die Religionen, die an öffentlichen Schulen unterrichtet werden, können also von Region zu Region variieren. A n bestimmten staatlich subventionierten flämischen Schulen konnten Eltern, die sich als Zeugen Jehovas bekennen, einen Unterricht ihrer Religion innerhalb der Schule durchsetzen. 9 Heutzutage wird von einigen Abgeordneten der Fortbestand des Religions- oder Moralunterrichts debattiert: einmal wird ein Philosophieunterricht befürwortet, dann wieder eine multireligiöseKultur, einmal wird ein klarer und einfacher Ersatz dieses Unterrichts vorgeschlagen, dann eine je nach Schulstufe unterschiedliche Dosierung, dann wieder ein rein fakultatives System. 1 0 Eine Verfassungsänderung wäre voraussichtlich nötig, um diese Reformen durchzusetzen. 11 Ein derartiger Schritt ist jedoch derzeit nicht vorgesehen.
8 Vgl. C.E., Urteil vom 18. November 1997 Nr. 69631 und 5. Oktober 1999, Nr. 82670. Das Urteil wird verglichen mit der Lösung des Hofgerichtes, die darin bestand, gewissen neuen Gruppierungen die Wahl zu überlassen zwischen dem Verzicht auf Anerkennung und der administrativen Unterwerfung der „naheliegendsten" anerkannten Religionsautorität: OVERBEEKE, A., Wat is vrij in Vlanderen? De overheid als beschermvrouwe van het godsdienstonderricht in vrije protestantse Scholen. Note sous C . A . 4 m a r s 1 9 9 3 n ° 1 8 / 9 3 , T.O.R.B.,
1993-94, pp. 55-58.
9 Vgl. A. OVERBEEKE, Recht op keuzevrijstelling van het in openbare Scholen aangeboden levenbeschouweljik onderricht, T.O.R.B., 1999-2000, pp. 249-266. 10 Vgl. Voy. L.-L. CHRISTIANS (avec G. GÉRARD/P. LÖWENTHAL), Discernement. Religions, philosophies et morales dans l'enseignement. Enjeux du débat, in : Religions, morales et philosophie à l'école. Comment penser ensembleGroupe Martin V, Louvain-la-Neuve, Presses universitaires de Louvain, 2004, p. 8 7 - 1 0 1 ; M. COLLIN, De la philosophie à l'école. Contribution au débat, Cahiers du CIRC, 2002 ; A. FOSSION, Cours de religion en question. Débat politique et enjeu démocratique, in : Actes du Colloque Lumen Vitae du 14 octobre 2000, Le cours de religion dans un espace démocratique, Lumen Vitae, 2001, pp. 1 2 5 - 1 3 7 ; R. VERSTEGEN, Een nieuwe vak over levensbeschouwing en ethiek in het licht van art. 24 G.W. en de fundamentele rechten en vrijheden?, T.O.R.B., 2002-2003, PP- 1 6 3 - 1 6 8 ; M. WINANT, Rapport introductifportant sur l'introduction de davantage de philosophie dans l'enseignement, que ce soit à court ou à long terme, Parlement de la communauté française de Belgique, November 2000, 68 pp. 1 1 Vgl. X. DELGRANGE, Les cours de philosophie et la constitution. Eléments de réflexion à propos du Rapport introductif portant sur l'introduction de davantage de philosophie dans l'enseignement, que ce soit à court ou à long terme, déposé par M m e Wynants, Cahiers du CIRC, 2002/1.
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2.3 S t a a t l i c h e S c h u l e n u n d d i e R e l i g i o n
2.3.1 Spezifische Regeln zur Neutralität des staatlichen
Schulwesens
Lehrer an öffentlichen Schulen werden mit keiner Inkompatibilität ihrer Religion mehr konfrontiert. Sie selbst dürfen Geistliche sein, wie es bei Lehrern des Religionsunterrichtes an öffentlichen Schulen auch oft der Fall ist. Die Kategorie der „neutralen Schulen" wurde im „Schulpakt" (Paragraf 2) definiert und hängt mit der Anzahl der Lehrer (drei bis vier) zusammen, die im neutralen Unterrichten staatlich geprüft wurden. Die Anzahl der Anstellungen von Lehrern an öffentlichen Schulen, die aus katholischen Schulen stammen, war seitdem stark begrenzt. Diese Regelung für den subventionierten staatlichen Unterricht wurde in der französischen Gemeinschaft durch einen Erlass vom 1 7 . Dezember 2003 geändert. D i e neue Definition der Neutralität bezieht sich nicht mehr auf den Ort, an dem das Diplom der zukünftigen Lehrer erstellt wurde, sondern auf die Tatsache, dass sie einen Sonderkurs zur Neutralität des Unterrichts besucht haben (ein Kurs, der genauso bei konfessionellen Lehramtsstudiengängen besucht werden kann). Eine Verordnung der französischen Gemeinschaft vom 3 1 . März 1 9 9 4 , die die Neutralität des Schulwesens der Gemeinschaft definiert, schreibt vor allem unterschiedliche Verpflichtungen zur Zurückhaltung des Lehrpersonals vor. Vor allem „verzichtet der Lehrende auf jegliche parteiische Einstellung und Äußerung [vor den Schülern] bei aktuellen ideologischen, moralischen oder gesellschaftlichen Fragen, die die Gesellschaft spalten; genauso verzichtet er auf Aussagen, die ein religiöses System bevorzugen. (Paragraf 4, Verordnung der französischen Gemeinschaft vom 3 1 . März 1994)." In der flämischen Gemeinschaft verfasste die Staatsverwaltung, die für den staatlichen Unterricht steht, eine Neutralitätserklärung gemäß Paragraf 24 der Verfassung. Die Deklaration interpretiert das Konzept der Neutralität als einen Ausdruck der Vielfalt. Sie legt fest, dass alle lehrtätigen Personen den Schülern und Studierenden die Werte einer pluralistischen Gesellschaft zu vermitteln haben. Diese Deklaration wurde in das pädagogische Vorhaben 1 2 integriert und vom gesamten Personal unterzeichnet.
2.3.2 Die öffentliche Schule und religiöse Vorschriften: die Abwesenheit Verbots des Tragens religiöser
eines
allgemeinen
Zeichen
In Belgien geschahen seit 1 9 8 9 einige Zwischenfälle in Bezug auf das Tragen des islamischen Kopftuches, die jedoch weniger zahlreich waren als in Frankreich. Die 12 Das „Pedagogisch Protei" wurde gemäß Paragraf 34 verfasst, 1° der besonderen Verordnung vom 14. Juli 1998 bezüglich des Schulwesens der Gemeinschaft.
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Antworten waren unterschiedlich und wurden auf verschiedene schulische Kontexte bezogen, einer Praxis entsprechend, die dem Bescheid des französischen Staatsrates vom 27. November 1989 ähnlich ist. Die Verordnung vom 3 1 . März 1994 bezüglich der Neutralität des Schulwesens der französischen Gemeinschaft von Belgien verweist auf die Verpflichtung des Erlernens der Toleranz. Paragraf 3 der Verordnung sieht vor, dass „die Schulen der Gemeinschaft dem Schüler oder den Studenten (in Anbetracht seiner Altersstufe) das Recht garantieren, in allen schulischen Angelegenheiten oder bezüglich der Menschenrechte seine Meinung auszudrücken. Dieses Recht impliziert die Freiheit, Informationen und Ideen zu sammeln, aufzunehmen und zu verbreiten, mit allen Mitteln, die dem Schüler oder Studenten zur Wahl stehen, unter der einzigen Bedingung, dass die Menschenrechte beachtet werden sowie das Ansehen des Anderen, die nationale Sicherheit, die öffentliche Ordnung, die öffentliche Gesundheit und Moral und die internen Vorschriften der Einrichtung beachtet werden. Die Freiheit, seine Religion oder seine Überzeugungen auszudrücken, und die Freiheit zur Gruppierung und Versammlung erfordern die gleichen Voraussetzungen (Paragraf 3)" Die Verordnung sieht außerdem vor, dass der Lehrende „darauf achtet, dass sich unter seiner Aufsicht kein religiöser oder philosophischer Bekehrungseifer oder organisierter politischer Aktivismus entwickelt, von den Schülern oder für die Schüler (Paragraf 4, in fine)." Kein Rundschreiben, kein Gesetz hat das Tragen religiöser Zeichen allgemein verboten. Bestimmte Richter 1 3 waren der Meinung, dass ein allgemeines Verbot bei internen Regelungen der Fall sein darf. Die Verpflichtung zur Toleranz bezieht sich ihrer Ansicht nach nicht auf die Mehrheitsgesellschaft, sondern auf die Minderheit: auf die jungen muslimischen Schüler, welche die „belgische" Kleidungsart tolerieren lernen müssten. Damit jede schulische Einrichtung über ihre internen Regelungen weiterhin selbst bestimmen kann, ist es nötig, dass diese Regelungen den Gesetzen entsprechen, insbesondere in Bezug auf die Rechte der Schüler, die in der Verordnung von 1994 betont werden. Die Verbote müssen daher detaillierte Regeln sein und den in der Verordnung genannten Möglichkeiten zur Eingrenzung entsprechen. Es ist zu bemerken, dass verschiedene Schulen, die das Kopftuch verboten haben, nicht verurteilt wurden, da die Schulen der Umgebung, welche die Freiheit der Schülerinnen, das Kopftuch zu tragen, garantieren, diese Schülerinnen aufnehmen können.
13 Vgl. Voy. L.-L. CHRISTIANS, Le juge entre le théologique et le politique: les paradoxes normatifs du concept de trouble, / 77, 199 5, pp. 7 2 0 - 7 2 7 ; Id., Une norme religieuse en question devant le juge des référés: le concept d'urgence face au „foulard islamique" (observations sous civ. Liège, 26 septembre 1 9 9 4 ) J . T „ 1994, pp. 8 3 1 - 8 3 3 .
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O b w o h l dieses T h e m a d i e b e l g i s c h e D o k t r i n n i c h t kalt lässt, ist es d i e W o h l t e m periertheit d e r D i s k u s s i o n e n , d i e d i e b e l g i s c h e n G e s e t z g e b e r v e r w u n d e r t , u n d dies ist der G r u n d f ü r d e r e n Z u r ü c k h a l t u n g . 1 4 D e r erste B e r i c h t der b u n d e s s t a a t l i c h e n K o m m i s s i o n z u m i n t e r k u l t u r e l l e n D i a l o g (der k u r z n a c h d e r V e r ö f f e n t l i c h u n g d e s B e r i c h t e s Stasi in F r a n k r e i c h ins L e b e n g e r u f e n w u r d e ) w ä h l t d e n g l e i c h e n v o r s i c h tigen Weg. Er unterscheidet sich von d e n L ö s u n g e n des französischen
Berichtes
d u r c h e i n e n g e m ä ß i g t e n L ö s u n g s a n s a t z bei d e n k b a r e n S z e n a r i e n . A u ß e r h i n s i c h t l i c h der F o r d e r u n g e n n a c h S i c h e r h e i t u n d W o h l e r g e h e n k o n n t e d i e K o m m i s s i o n n u r in e i n e m P u n k t v ö l l i g e U b e r e i n s t i m m u n g erzielen, n ä m l i c h bei der A u f f o r d e r u n g zur „ V e r s t ä r k u n g der D i a l o g s t r u k t u r e n " 1 5 . 14 Vgl. Voy. B. BLERO, DU droit d'extérioriser son appartenance religieuse à l'école: L'interdiction du foulard islamique face à la liberté de religion, Rev. dr. étr., 1996, n° 87, pp. 3-26; A. BORGINON/R DE POOTER, De religieuze vrijheden in een multiculturele samenleving, in: J. VELAERS (dir.), Rechten verdraagzaamheidin de muticulturele samenleving, Antwerpen, Maklu, 1993, pp. 65-96; M. BOUSELMATI, Le voile contre l'intégrisme. Le foulard dans les écoles, Bruxelles, Labor, Couleur livres éd., 2002, 110 pp.; PH. BOUVIER, Un voile à l'école, des juges et la neutralité, Rev. reg. dr., 1995, pp. 542-552; E. BREMS, De hoofddoek als constitutionele kopzorg, T.B.P., 2004, pp. 323-360; F. BRION (éd.), Féminité, minorité, islamité. Questions à propos du hijâb, Louvainla-Neuve, Academia-Bruylant, 2004; I. CARLENS, De Islam binnen of versus een pluralistisch rechtsysteem?, in: R. DOOM (dir.), Tolerantie getolereerd? Islamitische en westerse opvattingen, Gent, Mys & Breesch, 1996, pp. 9 5-109 ; B. CARLIER, Manifestations extérieures d'appartenance religieuse, philosophique ou politique en milieu scolaire, 2002, Note publiée par le Ministre de l'enseignement de la Communauté française; J.Y. CARLIER, Deux facettes des relations entre le droit et l'Islam: la répudiation et le foulard, in: DASSETTO, F. (ed.), Facettes de l'Islam belge, Bruxelles, Bruylant, 1997, pp. 239-252; J. CLEMENT/M. VAN DE PUTTE, Mensenrechten, onderwijs en tolerantie. De rechstpraak van de Raad van Staat, T.O.R.B., 1994-95, 386-388; H. COREMANS, Recht op onderwijs en minderheid vanuit levensbeschouwelijke hoek (inleiding), T.O.R.B., 1994-95, 283-284; F. DASSETTO, Facettes de l'Islam belge, Bruylant-Academia, 1997, 300 p.; J. DE GROOF, Onderwijs en minderheden, een korte inleiding, T.O.R.B., 1994-95, 279-282; M.C. FOBLETS, Gradaties van juridische tolerantie ten aanzien van moslimgemeenschappen in België: een kritische ondeding, in: R. DOOM (dir.), Tolerantie getolereerd? Islamitische en westerse opvattingen, Gent, Mys & Breesch, 1996, pp. 133-145; M. GOETHALS, De Islamitische hoofddoek: te nemen of te laten?, in: R. DOOM (dir.), Tolerantie getolereerd? Islamitische en westerse opvattingen, Gent, Mys & Breesch, 1996, pp. 149-163 ; CA. GROENENDIJK, Recht en islamitische migranten in het ontzuilende samenleving, in: FOBLETS, M.C./HUBEAU, B./PARMENTIER, S. (éds), Migranten kleuren het recht in. Over de de bijdrage van nieuwe minderheden tot het recht, Leuven, Acco, 1997 ; K. HANSON, Rechten van kinderen, onderijs en minderheden, T.O.R.B., 1994-95, 358-359; HANSON, K., Sur la tête de Fatima, J.D.J.,
1994, pp. 1 4 - 1 7 . ; CL. JAVEAU, Lever le voile, Jour. Procès, 2004, n° 474, pp. I 2 - I 5 ; K . MEERS-
CHAUT/N. VANSWEF.VELT, De hoofddoek opnieuw uit de kast: godsdienstvrijheid op school in een democratische rechstaat, Mensenrechten. Jaarboek ICM1998-2000, pp. 43-82; L. PANAEIT, Quand te droit écrit l'Islam. L'intégration juridique de l'islam en Belgique, Bruxelles, Bruylant, 1999, 545 pp.; M. STASZEWSKI, Interdire le port du foulard à l'école, Revue nouvelle, octobre 2001, pp. 93-103; J. VELAERS/M.C. FOBLETS, L'appréhension du fait religieux par le droit: à propos des minorités religieuses, R T.D.H., 1997, pp. 273-307; R. VERSTEGEN, Over tekens en Symbolen. Het dragen van de hoofddoek in het onderwijs, T.O.R.B., 1994-95, P- 2 99 _ 3 I 415 Vgl. Belgische Bundeskommission des interkulturellen Dialogs, Premier rapport de synthèse, Bruxelles, D e z e m b e r 2004, 67 pp., sp. p p . 43—50
27
Islam und Erziehung nach belgischem Gesetz
2.3.3 Der konfessionelle Charakter des Religionsunterrichts an öffentlichen Schulen: der Islamunterricht Der Religionsunterricht ist kein wissenschaftlicher Unterricht über eine multireligiöse Kultur und auch kein Unterricht über die „vorherrschende" Religion. Es handelt sich um unterschiedlichen Unterricht, je nachdem, zu welcher rechtlich anerkannten Religion man sich bekennt. Diese Religion ist jeweils verantwortlich für die Inhalte ihres Unterrichts. Der Staatsrat erinnerte in der Bekanntmachung 27641/2 vom 11. Juni 1998 (in Bezug auf ein Verordnungsvorhaben der deutschsprachigen Gemeinschaft), dass es darum geht, „die Authentizität des Religionsunterrichts an öffentlichen Schulen zu garantieren, was in diesem System bedeutet, dass alleine der Klerus das Recht hat anzugeben, was der religiöse Inhalt einer bestimmten Konfession zu sein hat. Die deutschsprachige Gemeinschaft erlegt kulturellen Autoritäten eine doppelte Pflicht auf: die Lehrpläne und die Schlüsselkompetenzen des Religionsunterrichts bekanntzugeben und diejenigen zurechtzuweisen, die in offenkundigem Widerspruch zum Gesellschaftsplan stehen. Somit errichtet die deutschsprachige Gemeinschaft eine direkte Kontrolle der Regierung über den Inhalt des Religionsunterrichtes, und zwar dort, wo [die Verfassung es verbietet]." 16 Im Bezug auf diese Autonomie ist zum Beispiel zu bemerken, dass die katholische Kirche zwischen dem Religionsunterricht und dem Katechismus unterscheidet: Der Religionsunterricht garantiert das Unterrichten von allen, um jedem Schüler zu ermöglichen, die Wahl eines religiösen katholischen Lebensweges in Erwägung zu ziehen, während der Katechismus, verstanden als ein Glaubensweg des Konvertiten, für die Pfarrpastorale reserviert ist. 17 Was den islamischen Unterricht betrifft, so hat der Unterricht auf Arabisch verschiedene Diskussionen ausgelöst. Im Speziellen betrachten wir eine Debatte bezüglich der Kontrolle der Imame, die die islamische Religion unterrichten, insbesondere bezüglich ihrer Fähigkeit, die Nationalsprachen zu verstehen (Deutsch, Französisch und Niederländisch). 18 Die bereits erwähnte Verordnung vom 31. März 1994 führt im Paragraf 5 aus, dass „es Lehrer, die zum Unterrichten anerkannter Religionen und der religiösen Moral berechtigt sind, sowie Lehrer der nicht konfessionellen Moral unterlassen müssen, die 16 Cité in:
X.
DELGRANGE,
2002, op. cit.,
loc. cit.
17 Vgl. J. BULKENS/H. LOMBAERTS, L'enseignement de la religion catholique à l'école secondaire. Enjeux pour la nouvelle Europe, Louvain, Peeters, 1993, 2 7 0 p. 18 Vgl. F. DASSETTO/A. BASTENIER, Enseignants et enseignement de l'Islam au sein de l'école officielle en Belgique, Louvain, Ciaco,
1987, pp. 15-22;
M . RENAERTS, Belgique: l'enseignement de la religion
islamique, in: MESSNER, F./VIERLING, A. (dir.), L'enseignement religieux et l'école publique, Oberlin,
1998,
pp.
105-118.
Strasbourg,
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im Parallelunterricht geäußerten Ansichten herabzuwürdigen" (Verordnung vom 3 1 . März 1994, Paragraf 5)." Im Jahr 2000 boten beinahe 850 Grundschulen und weiterführende Schulen den Islamunterricht für etwas mehr als 30.000 Schüler an.
2.3.4 Spezifische Regeln für Lehrer des Religionsunterrichts und des Unterrichts nicht konfessioneller Moral Um die religiöse Authentizität dieses Unterrichts zu gewährleisten, werden Religionsprofessoren nach Vorschlägen von kompetenten religiösen Autoritäten ernannt und abgesetzt, ohne staatliche Kontrolle über die Entscheidungen dieser Autoritäten. Diverse Entscheide des Staatsrates von 1975, 1984, 1985 haben diese Autonomie der religiösen Autoritäten in ihrem rein konfessionellen Bereich bestätigt. Sie geben ebenfalls zu verstehen, dass diese Autonomie breit ausgelegt werden kann 1 9 : „Das Ziel des Paragrafen 9 des Schulpaktes besteht eindeutig darin, die Authentizität des Religionsunterrichts zu garantieren, der an staatlichen Schulen angeboten wird, was in diesem System bedeutet, dass alleine der Klerus das Recht hat, anzugeben, was der religiöse Inhalt einer bestimmten Konfession zu sein hat, und zu bestimmen, wer imstande ist, einen vertrauenswürdigen Bericht darüber zu erstatten. Die Intervention dieses Klerus beschränkt sich selbstverständlich nicht nur auf die Frage, ob der Inhalt vom Lehrer glaubensgetreu wiedergegeben wird, sondern der Klerus hat auch das Recht, darüber zu urteilen, ob der Lehrende in der Lage ist, einen didaktisch wertvollen Unterricht zu bieten, und ob er sich auf menschlichem Niveau so verhält, dass er aus der Sicht der religiösen Doktrin, die er unterrichtet, glaubwürdig genug ist. Was für die Ernennung gilt, gilt ebenfalls für die Beibehaltung eines Religionslehrers. (...) Um eine bestimmte Religion weiterhin unterrichten zu können, muss dieser Lehrer die kompetenten kirchlichen Organe anerkennen (Staatsrat, 29. April 1 9 7 5 , Van Grembergen, Nr. 16993, RACE, p. 385)." Hier wird deutlich diese Interpretation der Macht religiöser Autoritäten illustriert, ohne dass deswegen den schulischen Autoritäten ihre disziplinäre Kraft entzogen wird (Belgischer Staatsrat vom 6. März 1998, Nr. 72282): 19 Vgl. Voy. par exemple, O. DE SCHUTTER, Enseignement officiel - professeur de religion - autonomie de l'Eglise par rapport à l'Etat - droits de la défense - droit au respect de la vie privée - liberté de religion - liberté d'enseignement. Commentaire sur C.E. 20 décembre 1985, Van Peteghem, n° 15995, in: DE SCHUTTER, O./VAN DROOGHENBROECK, S., Le droit international des droits lie l'homme devant lejuge national, Bruxelles, Bruylant, 1999, pp. 287-305. Comp, avec le régime des ministres du culte: P. DENIS/R. HABAY, Les enseignants de religion et les animateurs pastoraux: profils respectifs, in: A. BORRAS (éd.), Des laïcs en responsabilité pastorale?, Paris, Cerf, 1998, pp. 223-244.
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Der Präsident des protestantischen Kirchenrates von Belgien (EPUB) schrieb dem Staatsanwalt des Königs, um ihn darauf hinzuweisen, dass der Rat ihm zur Verfügung steht bezüglich einer gerichtlichen Untersuchung, die gegen einen Pastor seiner Kirche eingeleitet wurde. Weiterhin führte er aus, dass der Rat eine Sicherheitsmaßnahme ergriffen hätte, indem er den betreffenden Pastor vorübergehend von seinem Amt im EPUB suspendierte, und zwar „solange die Angelegenheit nicht geklärt ist'. Der Präsident informierte auch die Ministerpräsidentin der französischen Gemeinschaft über diese Entscheidung der Suspendierung und gab an, dass „offenbar eine ähnliche Maßnahme hinsichtlich ihrer Lehrtätigkeit ergriffen werden müsse." Am gleichen Tag schließt die Ministerpräsidentin die betreffenden Lehrer vorübergehend von ihrer Tätigkeit als Religionslehrer aus. Einen Monat später, als der Staatsanwalt des Königs angab, dass keine Angelegenheiten zulasten des Antragsstellers offen wären, und dem Bericht des Rates von Sages entsprechend entschloss der Kirchenrat, „ohne weitere Verzögerung die Vorsichtsmaßnahme der Suspendierung von pastoralen Tätigkeiten aufzuheben", und informierte die Ministerpräsidentin über diese Entscheidung. Doch die Ministerpräsidentin behauptete ohne weitere Begründung, dass die Entscheidung des Kirchenrates, den Antragsteller wieder aufzunehmen, „eine rein interne Maßnahme des EPUB" sei und dass „die Ministerpräsidentin kein Interventionsrecht" hätte. Der Staatsrat, der von dem suspendierten Pastor eingeschaltet wurde, argumentierte hingegen, dass die Aufrechterhaltung dieser Maßnahme, die „dem Ansehen des Antragstellers schadet und ihn in grundlegenden moralischen Interessen erschüttert", zumindest vorher eine Möglichkeit erfordert, dass die betreffende Person ihren Standpunkt geltend macht. Da es sich um eine schwerwiegende Maßnahme handelte und die dadurch entstandenen Vorurteile schwer reparierbar sind, erklärte der Staatsrat, dass die Entscheidung der Ministerin, der betreffenden Person vorübergehend ihre Funktion als Religionslehrer zu entziehen, aufgehoben wird. Man kann zweifellos behaupten, dass sowohl bei standesamtlichen als auch bei religiösen Autoritäten die Entscheidungen über die Suspendierung eines Religionslehrers nach einem alternativen Schema getroffen werden, während die Ernennung oder Aufrechterhaltung eines Postens kumulativ entschieden wird. Der Staatsrat weist darauf hin, dass die Staatsorgane das Verteidigungsrecht zu respektieren haben, und dass sie im Grunde die Amtsenthebung, die vom EPUB aufgehoben wurde, nicht aufrechterhalten können, ohne eine angemessene Uberprüfung, die sie selbst einzuleiten haben. Es zeigt sich, ohne dass es in der Entscheidung des Staatsrates explizit gesagt wurde, dass sich die französische Gemeinschaft in casu nicht weigern konnte, die positive Entscheidung des EPUB zu akzeptieren, ohne selbstständig eine Prozedur durchzuführen.
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Dieser Beschluss des Staatsrates nimmt sowohl die Unschuldsannahme als auch das subtile asymmetrische Verhältnis der kirchlich-staatlichen Beziehungen im belgischen Rechtssystem ernst. Unter den wichtigsten Fragen in Bezug auf die Organisierung des islamischen Religionsunterrichts an öffentlichen Schulen betrachten wir zuerst die Frage, welche Autorität diese Lehrer ernennt und ihre Kompetenz zertifiziert. Wenn das Ernennen zum islamischen Religionslehrer bereits 1978 beginnen konnte, beinahe dreißig Jahre vor der Anstellung der Imame, dann nur durch ein mehrstufiges und diversifiziertes Einbeziehen diverser Organe, die bereits im ersten Teil erwähnt wurden. Vor 2004 konnte keine veritable Körperschaft muslimischer Inspekteure eingestellt und entgolten werden. Davor lag nur die Ernennung zum islamischen Religionslehrer (oder die Amtsverlängerung) in der Verantwortung der konfessionellen Organe. Nur stufenweise wurde eine spezifische Fachkraft zur disziplinaren und pädagogischen Kontrolle etabliert. Eine weitere wichtige Frage ist die Frage nach der sprachlichen Fähigkeit der Lehrkraft: Die Kenntnis des Französischen und des Niederländischen als nationalen Sprachen ist eine Bedingung zur Ernennung, die nur wenige Lehrer erfüllen konnten. Die Staatsorgane haben mehrere Aufschübe zugelassen. Die Bedingungen werden zunehmend strenger und verursachen immer mehr Rechtsstreitigkeiten. Genauer gesagt, führte die Exekutive verschiedene Überprüfungen der Beglaubigungen durch, um die Kandidaten auszuwählen, insbesondere die Religionslehrer. Letztlich haben einige Titelträger Verwaltungsstreitigkeiten gegen die negativen Entscheidungen der Überprüfungskommission oder des Auswahlkomitees eingeleitet. In einem ersten Urteil vom 2 1 . Juni 2007, Nr. 1 7 2 5 6 4 , hat sich der Staatsrat aufgrund der Autonomie der Religionen als unzuständig für diese Frage erklärt: „Obwohl der Gesetzgeber der muslimischen Exekutive in Belgien mehrere Aufgaben bezüglich der administrativen Stellung der Lehrer des islamischen Religionsunterrichts anvertraut hat, der im staatlichen Schulwesen angeboten werden kann und im privaten subventionierten Schulwesen angeboten werden muss, und zwar auf Kosten der Gemeinschaft und bis zur Beendigung der Schulpflicht, kann die Entscheidung, dass der Antragsteller den schriftlichen Teil der für Kandidaten zum islamischen Lehramt erforderten Prüfung nicht bestanden hat, nicht als ein Teil seiner Verantwortung erachtet werden. Sobald eine derartige Entscheidung getroffen wird, nimmt die Exekutive nicht mehr an der Ausübung der staatlichen Autorität teil. Außerdem trifft die Exekutive keine internen Entscheidungen (die gar Dritte einbezieht) darüber, wie glaubwürdig die Mitglieder ihrer religiösen Gemeinschaft als Religionslehrer sind, obwohl sie das Ergebnis bei der Prüfung berücksichtigt, die von ihr organisiert wurde. Eine Anfechtung ist offiziell unzulässig (Staatsrat, Urteil vom 2 1 . Juni 2007, Nr. 1 7 2 5 6 4 ) . "
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2.3.5 Die Verpßichtung der Schüler, den Religionsunterricht
oder den Unterricht
nicht-
konfessioneller Moral zu besuchen
Wenn die Verfassung die Gestaltung dieser Unterrichtsfacher für öffentliche Schulen zur Pflicht macht, verpflichtet sie die Schüler zur Wahl eines dieser Unterrichtsfächer. Dieser Punkt wurde jedoch im Text nicht genauer ausgeführt. Es ist ein gewisses Zögern zu bemerken, den Gemeinschaften das allerhöchste Recht zuzugestehen, über einzelne Befreiungen zu entscheiden. Ursprünglich haben die Gesetzgeber aller Gemeinschaften die Wahl eines der Religionsunterrichtsfächer oder des Unterrichts nicht-konfessioneller Moral als verpflichtend erachtet. Diese Noten der Schüler wurden am Anfang in den gesamten Notendurchschnitt integriert (Paragraf 1 1 des Schulpaktgesetzes) und werden es noch immer in der französischen Gemeinschaft, in Flandern jedoch nicht mehr, seit dem flämischen Erlass vom 25. Februar 1997. Derselbe flämische Erlass (Paragraf 29) hat für den Grundschulunterricht offiziell die Möglichkeit einer Befreiung eingeführt, nämlich für Eltern, die sich mit dieser Art von Unterricht „unwohl fühlen". Diese Unterrichtsfächer werden dadurch nicht fakultativ oder optional. Das Prinzip ist weiterhin die Verpflichtung, eines davon zu wählen. Das Abschlusszeugnis gibt nicht an, welcher Religions- bzw. Moralunterricht besucht wurde und garantiert somit den Datenschutz der ehemaligen Schüler. Eine Bescheinigung kann nur auf Anfrage der betreffenden Person erstellt werden.
2.3.6 Die Neutralität des nicht-konfessionellen
Moralunterrichts
und die Befreiung
vom
nicht neutralen Unterricht (der Religion oder Moral)
Die Verpflichtung, auf welche sich die Verfassung bezieht, verpflichtet nicht unbedingt dazu, den Unterricht einer der anerkannten Religionen zu besuchen, sondern es ist zwischen diesem Unterricht und einem neutralen Unterricht der nicht-konfessionellen Moral zu wählen 20 . Diese Neutralität wurde in einer Resolution der Dauerkommission des Schulpaktes vom 8. Mai 1963 definiert: „Der Unterricht nicht konfessioneller
20 Vgl. L. FRANÇOIS, Morale laïque et morale commune, in: J. LEMAIRE, Le cours de morale. Aspects théoriques, Bruxelles, Ed. de l'Université de Bruxelles, coll. La pensée et les hommes, 1990, pp. 9 - 3 1 ; C. LEGROS, Histoire d'une révolution copernicienne et d'une recherche pédagogique dans l'enseignement du cours de morale en Communauté française, Entre-vues, n° 39-40, 1998, pp. 1 0 - 4 3 ; J- LORY/A. TIHON, L'enseignement de la morale indépendante en Belgique ( I 9 e - 2 0 e siècles), in: Variations sur l'éthique - Hommage à J. Dabin, Bruxelles, FUSL, 1994, pp. 2 1 7 - 2 6 2 ; M. MAGITS, De evolutie van het niet-confessionneel levensbeschouwelijk onderricht in België. Een vrijzinnig humanistische visie, in: WARNINK, H. (éd.), Godsdienst en levensbeschouwing in het onderwijs, Peeters, Leuven, 2003, pp. 8 3 - 1 0 5 .
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Moral ist ein gesellschaftlich, psychologisch und historisch fundierter Leitfaden moralischer Handlung. Er appelliert nicht an den Leistungswillen religiöser Art; er strebt auch nicht nach der Verteidigung einer bestimmten, als höchster angenommenen philosophischen Konzeption. Dennoch soll der Beamtete in der Lage sein, bei bestimmten Aspekten, und wenn es die Umstände verlangen, maßvoll seine eigene moralische Überzeugung auszudrücken, sowie sie zu begründen. Lehrende nicht-konfessioneller Moral und der religiösen und konfessionellen Moral gestalten ihren Unterricht so, dass die Kritik der im anderen Unterricht geäußerten Stellungnahmen vermieden wird." Diese Wahlmöglichkeit steht Eltern oder Schülern, die das 18. Lebensjahr erreicht haben, zur Verfügung. Es scheint jedoch eine doppelte Schwierigkeit auf. Sie liegt in der Ambiguität des Unterrichts nicht konfessioneller Moral. Handelt es sich um einen wahrhaft neutralen „Restunterricht", der besucht wird, wenn keine religiöse Option angemessen ist, oder ist es ein an den humanistischen Laizismus (welcher 1993 anerkannt wurde) gebundener Zusatzunterricht ? Der Staatsrat wurde mehrmals von den Zeugen Jehovas einbezogen, da sie behaupteten, dass ihre Kinder weder einen Unterricht der anerkannten Religionen besuchen könnten noch einen Moralunterricht, der ihrer Ansicht nach ideologisch besetzt ist. Der Staatsrat kam zu verschiedenen Urteilen 21 : Manchmal schätzte er den umstrittenen Moralunterricht als wahrhaft neutral ein, der daher besucht werden müsse, bei anderen (flämischen) Angelegenheiten meinte er, dass die Verpflichtung zur Neutralität des Moralunterrichts nicht respektiert wurde und dass in diesem Fall die Kinder der Antragstellenden nicht verpflichtet seien, ihn zu besuchen (Staatsrat, 14. Mai 1985, Nr. 25326, Entscheid Sluijs). In Flandern wurde 1993 die Verantwortung für diesen nicht-konfessionellen Moralunterricht explizit dem Centre d'action la'ique anvertraut, die nicht-konfessionelle Moral gilt seit-
21 Vgl. Voy. les commentaires: W. LAMBRECHTS, De keuze tussen niet-confessionele zedenleer en godsdienst in het rijksonderwijs, R.W., 1985-86, p. 45 ; LEGROS, P., Les scrupules du juge et la liberté de conscience, in: Mélanges offerts à J. Velu, Bruxelles, Bruylant, 1992, pp. 1743-1755; P. LEMMENS, De eerbieding van de gosdienstdigen overtuigingen van de ouders van schoolgaande kinderen. Note sous C.E. 10 juillet 1990, Vermeersch, n° 35442, R.W., 1990-91, p. 567; O. DE SCHUTTER, Droit à l'instruction - choix entre le cours de morale et de religion - objections à ce choix liées aux convictions des parents. Commentaire sur C.E. 10 juillet 1990, Sluijs, n° 35441, in: DE SCHUTTER, O./VAN DROOGHENBROECK, S., Le droit international des droits de l'homme devant le juge national, Bruxelles, Bruylant, 1999, pp. 341-351; A. OVERBEEKE, Het eeuwige leven van Godsdienst en Moraal? De keuzeplicht op nieuwe beoordeeld, T.B.P., 1991, p. 565; F. REYNTJENS, Het einde van godsdienst en moraal? Enkele bedenkingen bij het arrest Sluijs van de Raad van State (14 mai 1985), T.B.P., 1985, p. 345; F. RINGELHEIM, Morale et démocratie. Note sous C.E. 10 juillet 1990, Vermeersch, J. proc., 1991, n° 186, p. 24; R. VAN DER GUCHT, Vrijstelling van de keuzeverplichting cursus godsdienst of niet-confessionele zedenleer. Note sous C.E. 10 juillet 1990 n° 35442 et 13 novembre 1990, T.O.R.B., 1990-1991, p. 94.
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dem als eine anerkannte Ideologie (Erlass vom 18. Mai 1999, Onderwijsdecreet XI). Seitdem existiert in Flandern kein offiziell neutraler Moralunterricht mehr, der als verpflichtender „Restunterricht" für diejenigen geeignet wäre, die sich zur keiner der anerkannten Konfessionen bekennen. Ahnliche Ansätze werden in der französischen Gemeinschaft diskutiert, etwa durch die Etablierung eines „Hohen Rates für nicht konfessionellen Moralunterricht" (siehe Erlass vom 3 1 . Mai 1994, Paragraf 5, der sich nicht mehr auf nicht-konfessionellen Moralunterricht bezieht, sondern auf den „Moralunterricht im Sinne der freien Auseinandersetzung"). Aus diesem Grund ist in Flandern eine Befreiungsregelung für den Grundschulunterricht vorhanden, und zwar seit dem Erlass vom 25. Februar 1997 (Paragraf 29) und verschiedenen Ministerrundschreiben zufolge auch bei weiterfuhrenden Schulen. Die Befreiungsanträge müssen ausführlich begründet sein (gemäß der Stellungnahme des Staatsrates22, der die Tatsache in Betracht gezogen hat, dass die Antragsteller zuvor die Art ihrer Uberzeugungen nicht deutlich genug dargelegt hatten). Aus diesen Gründen wurden die Direktion der Schulen und die Inspektion dieser Unterrichtsfächer durch ein Rundschreiben zur Kontrolle beauftragt. Doch sowohl gegen die genaue Ausführung der Gründe als auch gegen deren Kontrolle wurde durch die Doktrin Einspruch eingelegt : das Erstere, weil gefordert werden könnte, dass Eltern ihre nicht anerkannte Religion/Moral, zu der sie gehören, verraten; das Letztere aufgrund der konfessionellen Zugehörigkeit der genannten Inspektoren und der Abwesenheit ihrer Neutralität bei derartigen Fragen. Etwa drei Promille der flämischen Schüler nehmen diese Befreiung in Anspruch. Die Prozentzahl der Nichtgenehmigungen der Befreiung ist kein Gegenstand der Statistiken (in 1991 wurden von 2.000 Anträgen 1.651 Befreiungen bewilligt). Verschiedene Ministerrundschreiben haben diese Angelegenheit lange auf eine sehr unklare Weise geregelt, insbesondere bezüglich der Wichtigkeit und der Art der Gründe, die anzugeben sind. Ein Erlass vom 14. Juli 2004 der flämischen Regierung 23 hat eine ausführliche und offizielle Befreiungsregelung für den Grundschulunterricht und den weiterführenden Unterricht bekräftigt. Wenn auch das Ersuchen der Eltern nicht durch eine explizite Bekanntgabe einer bestimmten Überzeugung gerechtfertigt werden muss, so präzisiert dennoch Paragraf 7 des Erlasses, dass „während der Unterrichtsstunden, für welche die Befreiung genehmigt wurde, der Schüler Aufgaben ausführen muss, die seiner eigenen religiösen Überzeugung oder seiner eigenen philosophischen Vorstellung entsprechen. Es liegt in der Verantwortung der Eltern, diese Aufgaben zu definieren und sie schriftlich zu formulieren. Die betreffenden Unterlagen müssen der Schule jederzeit zugänglich sein". 22 Vgl. C.E. 10. Juli 1990, Sluys II, n° 35441. 23 Vgl. M.B. 1. September 2004.
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Dieser Ablauf ist eine Besonderheit von Flandern. Eine Änderung des obligatorischen Charakters dieses philosophischen Unterrichts ist weder in der französischen (vgl. Erlass vom 3 1 . März 1994, Paragraf 5) noch in der deutschsprachigen Gemeinschaft vorzufinden (vgl. Erlass vom 3 1 . August 1998, Paragraf 63).
2.3.7 Die Abwesenheit
öffentlicher Gebete und religiöser
Zeremonien
Die öffentliche Schule garantiert keine kollektiven Gebete oder religiösen Praktiken. Bis 1991 konnten öffentliche Schulen (der Gemeinschaften oder Provinzen) konfessionell orientiert sein (im Gegensatz zu staatlichen Schulen oder Schulen der später regionalisierten Entitäten). Das ermöglichte religiös motivierte Schritte an Schulen der Gemeinschaften oder Provinzen. Heute sind alle öffentlichen Schulen zur Neutralität verpflichtet. Es ist zu bemerken, dass das Rundschreiben Nr. 56 vom 26. April 2001 des frankofonen Kinderministers darauf verweist, dass „mit dem Einverständnis der Person elterlicher Autorität oder durch die Integration in ein Projekt der Einrichtung, zwei oder mehrere Lehrende eines Unterrichts anderer Überzeugung nichts davon abhält, ihre Schüler zu gruppieren, um gemeinsam ein pädagogisches Programm spezifischer Art durchzuführen (Besuch von Ausstellungen, Vortrag eines Referenten ...) oder struktureller Art (gemeinsame Gestaltung eines Teils des Unterrichts). In diesem Rahmen könnten Schüler anderer Konfessionen zu einem Zusammentreffen aufgefordert sein, um über religiöse Themen zu diskutieren. Im neuen Abkommen der Regierung der französischen Gemeinschaft vom Juli 2004 steht: „Die französische Gemeinschaft unterstützt die Akteure des Bildungssektors darin, in und/oder mit der Schule Initiativen zu entwickeln, die den interkulturellen Dialog zwischen Jugendlichen verschiedener Herkunft fördern. In diesem Sinne fördert sie alle Religionslehrer und Lehrer laizistischer Moral darin, ein paar gemeinsame Unterrichtsstunden zu entwickeln." Staatlich geförderte Privatschulen sowie die restlichen Privatschulen sind hingegen dazu berechtigt, ein ausschließlich religiöses Programm anzubieten. Dafür haben staatlich geforderte Privatschulen im Jahr 2002 das Recht verloren, gewissen Schülern die Einschreibung zu verweigern, aus welchem Grund das auch sei (schulisch oder konfessionell).
2.3.8 Die Religionsfreiheit
an öffentlichen
Schulen
Die Religionsfreiheit wird letzten Endes durch die Möglichkeit garantiert, die Kinder in Einrichtungen des staatlich geförderten, konfessionellen Unterrichts einzuschrei-
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ben. 2 4 Somit ist das Tragen des islamischen Kopftuches, wie es bereits erwähnt wurde, nicht generell verboten. Dennoch ist keine Ausnahme beim Pflichtunterricht möglich (auch wenn es sich nur um ein einziges Fach handelt, wie etwa der Schwimmunterricht oder Biologie). W i r haben bereits die Verpflichtung der Zeugen Jehovas erwähnt, einen Zusatzunterricht nicht-konfessioneller Moral zu besuchen, solange sich dieser als tatsächlich neutral erweist (vgl. Befreiungsregelung, die in Flandern, jedoch nicht in anderen Regionen eingeführt wurde). Anderseits ist die Unterrichtspflicht keine Verpflichtung zur Einschreibung in eine öffentliche bzw. staatlich finanzierte Schule. D e r Heimunterreicht ist unter der Bedingung der Akzeptanz gewisser Kontrollen erlaubt, und diese Möglichkeit wird auch von verschiedenen religiösen Minderheitsbewegungen und sogar von Sekten in Anspruch genommen.
2.4 Die rechtliche Lage konfessioneller Schulen, einschließlich muslimischer Schulen Privatschulen, staatlich gefördert oder nicht, können von Privatpersonen gegründet werden. Die Wahlfreiheit der Eltern wird ebenfalls gewährleistet. Dies ist eine grundlegende Freiheit, die im Paragraph 24 der belgischen Verfassung garantiert wird. Konfessionelle Privatschulen sind zu 9 9 % katholisch. 2 5 In diesem Zusammenhang ist es absolut zulässig, eine muslimische Privatschule zu gründen. 2 6 Dennoch sind Staatszuschüsse oder die Anerkennung einer Schule gewissen Bedingungen unterworfen. Insbesondere wird erwartet, einen Religionsunterricht sowie die Kontrolle dieses Unterrichts durch einen sachkundigen Repräsentanten der entsprechenden Konfession zu gewährleisten (einst „religiöser Führer", heute „sachkundige religiöse Autorität"). Seit 1 9 9 3 schreibt Flandern vor, dass sich diese religiöse Kontrolle unter der Ägide einer einheitlichen Autorität für alle Konfessionen vollzieht. A u f g r u n d der Vielfalt protestantischer Schulen mit unterschiedlichen Bezeichnungen resultierten verschiedene Rechtsstreitigkeiten. Der belgische Verfassungshof war der Ansicht, dass die Forderung nach einer Einheit hinsichtlich einer seriösen Kontrolle staatlicher Zuschüsse für Schulen keinesfalls unvernünftig sei. 2 7
24 Dennoch haben der Schiedshof und der Staatsrat mehrfach betont, dass die staatliche Subventionierung keiner absoluten Verpflichtung unterliegt. Der Staat ist nicht dazu verpflichtet, Schulprojekte jeder religiösen Bewegung zu unterstützen, die sich in Belgien entwickeln. 25 Vgl. J.P. STEFFENS, Un enseignement 'libre' et autonome. Essai sur l'identité de l'enseignement catholique en Belgique francophone, Bruxelles, Lumen Vitae, 2002, 200 pp. 26 Vgl. P. BLAISE/V. DE COOREBYTER, L'Islam et l'Ecole - Anatomie d'une polémique, Courrier hebdomadaire du CRISP, n° 1270-1271, 1990, 70 p.; P. BLAISE/V. DE COOREBYTER, L'Islam et l'Etat belge, Res Publica,
1993, pp. 2 3 - 3 7 .
27 Vgl. C.A., 4 mars 1993, n° 18, C.A.-A., 1994, p. 189; M.B., 24 mars 1993, p. 6307.
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Gewisse Bedingungen für Staatszuschüsse bezüglich der Hauptaufgaben des Unterrichts wurden von der katholischen Seite vor dem Verfassungshof als ein Angriff auf die Autonomie ihrer Doktrin beanstandet, jedoch ohne Erfolg. Es ist auch zu bemerken, dass das Fortbestehen der Möglichkeit katholischer Schulen, ihr Lehrpersonal ohne Abfindung zu entlassen, z. B. aufgrund eines Bruchs mit der Doktrin oder aufgrund eines privaten Verhaltens, das mit der christlichen Doktrin inkompatibel ist (wie etwa die erneute Heirat nach einer Scheidung), ungewiss ist. Bis zu den Anfängen der i99oer-Jahre waren diese Angelegenheiten dem allgemeinen Arbeitsvertragsgesetz unterworfen, insbesondere dem Arbeitsvertragsgesetz, das die Heiratsklausel verbietet. Die Anordnungen der Gemeinschaften, die nun eine besondere Stellung für staatlich geförderte konfessionelle Schulen haben, sehen ein Gleichgewicht der Eigenart der Einrichtung und des Schutzes der Privatsphäre des Personals vor. 28 Somit ist im flämischen Erlass vom 27. März 1 9 9 1 , Paragraf 15 festgelegt, dass das Personal in der Amtsausübung seiner Tätigkeit die Verpflichtungen zu beachten hat, die sich aus der Besonderheit des pädagogischen Vorhabens ergeben. Gemäß dem erwähnten Paragrafen werden dem Personal die Verpflichtungen vor dem Amtsantritt schriftlich mitgeteilt und durch ein Abkommen bzw. einen Beschluss definiert. Die Unvereinbarkeiten, die sich aus dem besonderen Charakter des pädagogischen Vorhabens ergeben, müssen gemäß Paragraf 16 vor dem Amtsantritt mitgeteilt werden und sind im Abkommen oder Beschluss vermerkt. Im Paragraf 17 wird angeführt: „Das Privatleben betreffende Angelegenheiten, die keinerlei Auswirkungen auf zwischenmenschliche Beziehungen des Personals mit Schülern oder Menschen haben, die es bei schulischen Angelegenheiten oder beim Schulablauf berät, dürfen keine Ursachen für Maßnahmen seitens der leitenden Gewalt sein. Strengere Regeln gelten für Religionslehrer, da diese, ohne Ankündigung durch die sachkundige religiöse Autorität, entlassen werden können (Paragraf 60). Verordnung der französischsprachigen Gemeinschaft vom 1. Februar 1993: „Paragraf 24: Jede Tätigkeit, die der besonderen Art des erzieherischen und pädagogischen Vorhabens der Organisationsgewalt schadet, welcher eine private staatlich geförderte Lehranstalt unterliegt, ist mit der Lehrtätigkeit an dieser Lehranstalt unvereinbar. Paragraf 25.: Die im Paragraf 24 festgelegten Unvereinbarkeiten sind im Vertrag schriftlich festgelegt. Paragraph 26: Die Organisationsgewalt, die feststellt, dass sich ein Mitglied ihres Personals einer Tätigkeit widmet, die im Sinne von Paragraf 22
28 Vgl. R . TORFS, La situation familiale du personnel dans l'enseignement catholique en Belgique, in:
Les Droits fondamentaux du chrétien dans l'Eglise et la Société, Actes du /V* Congr. int. dr. can., Fribourg, 1980, Ed. universitaires Fribourg, pp. 1 1 8 1 - 1 1 9 7 .
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mit seinem Lehramt inkompatibel ist oder die im Sinne von Paragraf 24 mit der besonderen Art des erzieherischen und pädagogischen Vorhabens dieser Organisationsgewalt inkompatibel ist, teilt ihm dies durch ein Einschreiben mit, das am dritten Werktag nach dem Datum seiner Aussendung wirksam ist. (...) Paragraf 27: Das Recht der Organisationsgewalt, einen Tendenzunterricht zu gestalten, ist garantiert, ohne dass deswegen der Schutz der Privatsphäre des Personals eingeschränkt wird. Für Religionslehrer gelten strengere Regeln, da sie nach einem Urteil der sachkundigen religiösen Autorität entlassen werden können (Paragraf 42 §2)." Frankofone, konfessionelle, staatlich geförderte Schulen haben gemäß Erlass vom 13. Juni 1998 nicht mehr die Möglichkeit, den Unterricht einer anderen Uberzeugung zu organisieren als denjenigen, der ihrer religiösen Bezeichnung entspricht. Seitdem ist es für katholische Schulen nicht mehr möglich, einen islamischen Religionsunterricht zu gestalten, was viele ihren muslimischen Schülern angeboten hätten.29 Diese Möglichkeit bleibt in Flandern erhalten, sie wurde jedoch von katholischen Autoritäten selbst eingegrenzt („Der Religionsunterricht an Grundschulen mit einem hohen Anteil an muslimischen Schülern", UitvoeringAnmerkung 6, 13. April 2000). Muslimische Schüler an katholischen Schulen besuchen daher keinen für katholische Schüler bestimmten Religionsunterricht. Sie besuchen einen angepassten Unterricht, der ihnen die Kultur der katholischen Religion vorstellt. Der Schulpakt von 1959 hat die Gleichberechtigung der schulischen Organisationen in Bezug auf finanzielle Zuschüsse und das Gehalt des Personals sowie in Bezug auf das Bauen von Einrichtungen begründet. Weitere Ausgleichsforderungen sind im Gange (bezüglich außerschulischer Aktivitäten, Schwimmbäder, Exkursionen). Der Zusammenschluss der Organisationen zu einem einzigen System wird von gewissen Parlamentsabgeordneten befürwortet, sowohl aus Gründen der Effizienz als auch aus verschiedenen ideologischen Gründen. So behauptet die ökologische Partei, dass das aktuelle System konfessionelle Spaltungen verstärkt („Gettoisierung"), die im Hinblick auf das Integrationsvorhaben in einer modernen Demokratie nicht mehr sinnführend sind.
2.5 Gesetzliche Bedingungen für die Ausbildung von I m a m e n
Keine gesetzliche oder dienstliche Bestimmung schreibt Bedingungen bezüglich der Ausbildung vor, die erfüllt sein müssten, damit das Gehalt einer geistlichen Autorität oder eines laizistischen Delegierten vom Staat übernommen wird. Es sind also 29 Vgl. J. M. Georgery, Les enfants musulmans et les écoles catholiques, Revue Nouvelle-, 1970/2, pp. 156-
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interne Regelungen der Konfessionen, die die Bedingungen in Sachen Ausbildung bestimmen, basierend auf den Paragrafen 21 und 1 8 1 der Verfassung. Nun wird aber festgestellt, dass viele türkische und maghrebinische Imame eine unzureichende Kenntnis des belgischen und europäischen kulturellen Kontextes haben und dass sie die Sprache des Landes nicht oder nur wenig sprechen. In einem wichtigen Bericht, der im November 2006 veröffentlicht wurde, betonte eine vom Justizminister eingesetzte Expertenkommission die Wichtigkeit einer Reflexion über die Ausbildung der Imame. Sie hat auch analysiert, in welchem Maße der Erwerb eines gewissen Bildungsniveaus zukünftig als eine Bedingung für die staatliche Finanzierung betrachtet werden könnte und in welchem Maße der Staat selbst zu dieser Ausbildung beitragen könnte. Die Kommission stellte fest: „(...) die Mehrheit der die Konfessionen repräsentierenden Organe und die organisierte Laizität fordern von Mitgliedern ihres Personals, die ein Gehalt oder eine Rente zu Lasten des Staates beziehen, die klar definierten Forderungen bezüglich der Ausbildung einzuhalten. Mehrere Repräsentanten einer Religion oder der organisierten Laizität, die die Kommission eingesetzt hat, erwarten offenbar keine spezifische Maßnahme des Staates in dieser Hinsicht. Die Kommission stellt fest, dass diesbezüglich die Paragrafe 21 und 1 8 1 (erster §) der Verfassung in der Praxis vollkommen kompatibel sind. Doch die Verfassung ist der Meinung, dass die Beachtung von Ausbildungsbedingungen seitens der Imame häufig ungenau ist, und dass vor allem die Umstände, in denen sich ihre Ausbildung vollzieht, den Bedürfnissen der Muslime in den Gemeinschaften in Belgien schlecht angepasst sind. Die Kommission empfiehlt daher, die Schaffung von Schulen muslimischer Theologie in Belgien, welche die Verantwortung für die Imame, die zur Ausübung ihres Amtes in Belgien aufgerufen werden, tragen würden. Eine derartige Ausbildung unter der Ägide des belgischen Staates, selbstverständlich ohne dass irgendeine theologische Richtung auferlegt wird, würde außerdem garantieren, dass die Bezahlung durch die Autorität an die Bedingungen gebunden ist, wie es bei geistlichen Autoritäten anderer anerkannten Religionen und bei laizistischen Delegierten der Fall ist. Die Organisierung dieser Ausbildung ist insofern ein Teil bundesstaatlicher Beiträge, als sie an die Finanzierung der Gehälter oder Renten der geistlichen Beamten oder der laizistischen Delegierten gebunden ist, was eine bundesstaatliche Verantwortung ist. Die gleichen Regeln wie diejenigen für die Ausbildung von Staatsbeamten und Soldaten können hier angewendet werden. Es spricht nichts gegen eine Zusammenarbeit mit den Gemeinschaften, (p. 1 1 1 ) " „Die Resultate der Besprechungen der Kommission verstärken diese in der Annahme, dass eine radikale Änderung der Praktiken bei den meisten Konfessionen nicht nötig ist. Die Mehrheit der Konfessionen fordert geistliche Autoritäten, die ein staatliches Gehalt oder eine staatliche Rente beziehen, mit klar definierten Ausbil-
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dungsbedingungen, die während des theologischen Ablaufs genauer bestimmt werden sollen. Die katholische Religion hat in Belgien eine sehr alte und solide Struktur des Theologieunterrichts, und manchmal auch im Ausland. Das gleiche ist bei der protestantischen Konfession der Fall. Anglikanische, israelische und orthodoxe Konfessionen haben die Kommission darüber informiert, wie und wo ihre verschiedenen geistlichen Autoritäten ihre Ausbildung erhalten. Diese Ausbildung war bei staatlichen Autoritäten genauso wenig ein Grund zur Besorgnis, vor allem was ihre Rigorosität betrifft. Und mehrere Repräsentanten der Konfessionen, mit denen die Kommission zusammentraf, scheinen keinen besonderen Eingriff des Staates auf diesem Gebiet zu fordern. Dafür macht der Bericht über die Diskussionen, die die Kommission mit Repräsentanten der muslimischen Exekutive in Belgien hatte, verständlich, dass die Anforderungen bezüglich der Ausbildung der Imame manchmal unklar sind, dass vor allem die Umstände, in denen sich diese Ausbildung vollzieht, absolut ungenau definiert und uneinheitlich sind, und dass sie, was am schlimmsten ist, den Bedürfnissen der muslimischen Gemeinschaft in Belgien schlecht angepasst sind. Daher scheint, dass die von der Kommission formulierte Empfehlung, in Belgien Lehranstalten muslimischer Theologie einzurichten, welche für die Ausbildung der in Belgien beamteten Imame verantwortlich wären, in dieser Gemeinschaft ein positives Echo erhalten würde. Außerdem würde diese im belgischen Staat institutionalisierte Ausbildung - selbstverständlich, ohne dass dieser das Recht hätte, irgendeinen theologischen Inhalt aufzuerlegen - sicherstellen, dass genau wie bei anerkannten Konfessionen und laizistischen Delegierten die durch die Staatsgewalt entgoltene religiöse Verbeamtung an klare Bedingungen gebunden wäre." (p. 3 1 ) Zahlreiche Ideen zu dieser Ausbildung der Imame stammen von Menschen der verschiedenen Gemeinschaften selbst, insbesondere türkischer und marokkanischer Herkunft. Die verschiedenen Ideen wurden von El Battiui M.,Nahavandi E und Kanmaz M . 3 0 schriftlich erfasst. Nach belgischem Gesetz hat die muslimische Exekutive die Auswirkung dieser Ausbildung auf die Qualität der Kandidaturen für anerkannte Posten der Imame oder für Religionslehrer zu bewerten. Für die Letzteren sind zulässige Titel in einem Gesetzestext fixiert, der das Resultat einer Verhandlung mit Staatsorganen ist. Was die Ausbildung der Imame betrifft, so ist die Exekutive der aktuellen Legislaturperiode die einzige Autorität für die Staatsprüfung zur Lehrerlaubnis oder für die Anerkennung einer bestimmten Ausbildung. 2006 hat die muslimische Exekutive in Belgien ihre Absicht verkündet, ihr eigenes Ausbildungsinstitut auf universitärem Niveau einzurichten, auch mit der Unterstützung ausländischer Lehrkräfte. 30 Vgl. Battiui M., Nahavandi F. et Kanmaz M., Mosquées, imams et professeurs de religion islamique en Belgique, Fondation Roi Baudouin, Bruxelles 2004.
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Doch anscheinend bleibt das Projekt unvollendet. Keine dieser Ausbildungen wird derzeit vom Staat als Vorbedingung zur Anerkennung einer bezahlten Stelle als Imam gefordert. Der flämische Integrationsminister (im Rahmen seiner Integrationspolitik) und der Bildungsminister scheinen die Errichtung einer Einrichtung fur die Ausbildung der Imame zu befürworten. Diese Ausbildung wäre von Universitäten oder Hochschulen zu organisieren. Es ginge unter anderem darum, Vorlesungen über die Gesellschaft anzubieten, und es wäre ein von der flämischen Gemeinschaft anerkannter Unterricht. Unabhängig von der Frage nach der Ausbildung der Lehrer möchte der Minister genauso die Frage der Integration der Geistlichen ausländischer Konfessionen regeln. In der französischen Gemeinschaft weist das Regierungsabkommen (2004—2009) darauf hin, dass „die Gemeinschaft die Errichtung eines Forschungsinstituts für den Islam unterstützen wird, genauso wie die Errichtung universitärer Akademien, (www.wbm. be/dbfiles/doc2i i_accorddegouvernement.pdf p. 88). Inzwischen subventioniert die französische Gemeinschaft ein Weiterbildungsprogramm der islamischen Religionswissenschaft, das an der Université catholique de Louvain seit Oktober 2006 31 angeboten wird. Diese Ausbildung ist, wie bereits mehrfach erwähnt, keine Bedingung für die Bewilligung einer bezahlten Stelle, weder seitens des belgischen Staates noch seitens der muslimischen Exekutive.
SCHLUSSWORT
Bildungs- und Erziehungsstätten sind von wesentlicher Bedeutung. Sie sind die Orte, an denen Tradition vermittelt wird, sowie die Voraussetzungen zur Zusammenarbeit und zur gesellschaftlichen Integration. Das gilt sowohl für die demokratische Gesellschaft als auch für Glaubensgemeinschaften. Das ist der erste gemeinsame Punkt bei der Integration des Religions- bzw. Moralunterrichts in den Lehrplänen öffentlicher Schulen, dem man heutzutage seinen sogenannten „gettoartigen" Charakter oder seine schulisch-gesellschaftliche „Absonderung" vorwirft. Sehr früh, nämlich 1978, haben belgische Staatsorgane die Integration und die Finanzierung des islamischen Religionsunterrichts an öffentlichen Schulen erlaubt. Wenn es keine anerkannten muslimischen Schulen gibt, so ist dieser Islamunterricht im Schulkursus sogar eine Exklusivität des öffentlichen Unterrichts geworden, da ja 1998 jeglicher Islamunterricht an katholischen, staatlich geförderten Schulen gesetzlich verboten wurde. Die Stellung islamischer Religionslehrer wurde 31 Vgl. http://www.uclouvain.be/38784.html.
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Islam und Erziehung nach belgischem Gesetz
z u n e h m e n d deutlicher, insbesondere was verschiedene Rollen betrifft, die v o n den verschiedenen Organen der Religionsautorität anerkannt wurden. D i e Einstellungsprüfung, sprachliche Fähigkeiten, Aufenthaltsgenehmigungen für A u s l ä n d e r u n d disziplinäre K o n t r o l l e n sind Punkte, die n o c h zu klären sind. D i e A u s b i l d u n g der I m a m e fuhrt zu einer weiteren Diskussion. D i e schulischen U m s t ä n d e m ü s s e n in vielerlei H i n s i c h t an m u s l i m i s c h e S c h ü l e r angepasst sein, z u m
Beispiel
d u r c h d i e E i n r i c h t u n g v o n / « / ¿ / - K a n t i n e n . I m G e g e n s a t z z u F r a n k r e i c h ist das K o p f tuch nicht allgemein verboten. Z w e i Drittel schulischer E i n r i c h t u n g e n in Brüssel hab e n s c h u l i s c h e R e g e l n a u f g e s t e l l t , d i e es v e r b i e t e n . E i n e b e s t i m m t e A u s b i l d u n g d e r I m a m e ist m o m e n t a n k e i n e B e d i n g u n g f ü r d i e s t a a t l i c h e F i n a n z i e r u n g , k ö n n t e es j e d o c h w e r d e n . V e r s c h i e d e n e ö f f e n t l i c h e I n i t i a tiven sind zugunsten der A u s b i l d u n g der I m a m e u n d der „islamischen
Umgebung"
entstanden, diese A u s b i l d u n g e n bleiben j e d o c h m o m e n t a n rein fakultativ.
Ubersetzt aus dem Französischen von Jana Pocrnja
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BOSNIEN UND HERZEGOWINA
- BOSNIA AND
HERZEGOVINA
Ahmet Alibasic • Asim Zubcevic
Islamic Education in Bosnia and Herzegovina
Bosnia and Herzegovina ( B H ) or simply Bosnia is first mentioned as a country in 950. From the middle of the 1 2 t h to the middle of the 1 5 t h century Bosnia was a kingdom which at the height of its power in the late 1 4 t h century comprised almost all of today's B H in addition to large districts of neighbouring countries. Ottomans started invading the country from the east in the late 1 4 t h century, and managed to take its then-capital Jajce in 1 4 6 3 before losing it soon after. The Ottoman conquest was not completed until the late 1 6 t h century. Austro-Hungarians ruled the country from 1 8 7 8 until after W W I when Yugoslavia was created. During W W I I ( 1 9 4 1 - 4 5 ) B H was part of the pro-Nazi Independent State of Croatia. In the Socialist Yugoslavia ( 1 9 4 5 - 9 0 ) B H was one of the six federal republics. Following examples of Slovenia and Croatia, Bosnia proclaimed its independence on March 3, 1 9 9 2 after a referendum was successfully held on February 29 and March 1 , 1 9 9 2 . The E U and the U S A recognised the country in early April and the U N in M a y of the same year, but the majority of B H Serbs refused to leave Yugoslavia. Assisted by the Yugoslav People's A r m y took up arms and effectively started a bloody war which led to a widespread ethnic cleansing and — in at least one region of the country — to genocide. War was stopped by international intervention led by the U S A with the signing of the Dayton Peace Agreement in November and December 1 9 9 5 . The Agreement brought peace but not justice and renegotiation of the terms of the constitutional arrangement has been a major political issue in the country for the last several years.
1. I S L A M A N D M U S L I M S IN B O S N I A A N D H E R Z E G O V I N A
1.1 Historical background Islam has been continuously present in Bosnia and Herzegovina since the early 1 5 century. D u r i n g the 1 5
th
and especially 1 6
th
th
century the majority of Bosnians ac-
cepted Islam. However due to a combination of wars, plagues and migrations by the time Austrians conducted their first census in 1 8 7 9 Muslims were no longer a
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majority.1 The process of Islamisation is one of the most hotly contested topics in the Balkan historiographies. Nationalist historians have put forward all sorts of wild claims about it, mixing mythology with historical evidence. When all is said and done the process seems to have been a gradual one of mainly voluntary conversion of local populations assisted by favourable socio-economic conditions, limited Muslim immigration, Church persecution of Christian heretics in some areas and weak church presence in others.2 Accepting Islam at the hands of the Ottoman scholars and Sufis meant adoption of the traditional Islamic legal and theological thought and practice prevalent in the Ottoman state: Hanafi madhhab in Islamic law, Maturidi thought in theology and related Sufi orders. During the Ottoman era Bosnian Muslims were privileged although many of them shared the destiny of hard working and tax paying subjects (raya). Things changed dramatically for them in 1878 when Ottomans handed over Bosnia to the Austro-Hungarian Empire. After initial confusion and wavering between migrating and staying, the majority decided to stay and started to organise within the existing political system.3 The process itself was supported and even initiated by the Austrian authorities which however did their best to separate Bosnian Muslims from Istanbul. In 1882 the emperor appointed the first Bosnian Rais al-'Ulama, supreme religious leader. During the following three decades Bosnian Muslims fought for autonomy in educational affairs and administration of religious endowments (awqaf) which they eventually won in 1909, i.e., only after Bosnia had been formally annexed by Austria-Hungary. For the next hundred years first in the Royal (1918-1941), then in the Independent State of Croatia (1941-1945), then in the Communist Yugoslavia (1945—1991) and independent Bosnia (since 1991), Bosnian Muslims continued to struggle hard for the preservation of their identity and, at times, their very survival. Two most difficult periods were from the early 1940s to mid-1960s and 1990s. In the late 1960s the political and economic situation in Yugoslavia generally improved and religious communities and believers regained some of their freedoms. In the
1 Justin McCarthy, Ottoman Bosnia, 1800 to 1878, in: Mark Pinson, ed., The Muslims of Bosnia-Herzegovina: Their Historic Development from the Middle Ages to the Dissolution of Yugoslavia, 2 nd . ed., Cambridge: Harvard University Press, 1996, 81. 2
Mustafa Imamovic, Historija BoSnjaka, Sarajevo: BZK Preporod, 1998, 138-80; Noel Malcolm, Povijest Bosne, Zagreb-Sarajevo, Erasmus Gilda, 1995, 7 1 - 9 2 ; John V. A. Fine, The Medieval and Ottoman Roots of Modern Bosnian Society, in: Mark Pinson, ed., The Bosnian Muslims, 11-21.
3
Fikret Karcic, Bosniaks and the challenge of Modernity: late Ottoman and Habsburg Times (Sarajevo: El-Kalem, 1999). Enes Karic, Prilozi za povijest islamskog misljenja u Bosni i Hercegovini XXstoljeca, Sarajevo, El-Kalem, 2004.
Islamic Education In Bosnia and Herzegovina
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case of the Muslim community the revival was signalised by the (re) construction of mosques, the publication of new Islamic periodicals (Zemzem, Preporod and Islamska misao), the opening of the Faculty of Islamic Theology, the expansion of the Gazi Husrev Bey's madrasa, a greater number of students of Islamic studies in the Muslim world, etc.4 The security that the Socialist regime provided enabled Bosnian Muslims to recover demographically too. According to the last census of 1991 B H had 4,377,033 inhabitants of which 43.5 % were Bosniaks (then called Muslimani), 3 1 . 2 % Serbs, 1 7 . 4 % Croats and 7 . 9 % others (mainly "Yugoslavs"). Since ethnic and religious identities largely overlap in B H it is usually assumed that most Bosniaks are at least nominally and culturally Muslims, most Serbs are Orthodox and most Croats are Catholics. By early 1980s the Yugoslav Communist regime was already going through its final crisis and first problems in Kosovo started. Since 1985 the Serbian nationalists led by the Serbian Academy of Sciences and Arts and Slobodan Milosevic galvanised Serbs for the idea of a Greater Serbia. Very soon Croatian and Muslim towns and villages including their places of worship were burning. Millions were moved from their homes. From late 1992 until early 1994 Bosniaks and Croats clashed with each other too. Towards the end of the war in July 1995 the Army and Police of the Republic of Srpska assisted by state military troops from Serbia and Montenegro committed genocide in the Srebrenica region killing over 8,000 Muslim men and women. By March 2008, the most careful count of total casualties of war, not yet completed, stood at 97,207. 5 While the figure came as a surprise for many observers as well as for the affected people , Marko Attila Hoare is right in observing that "The most striking fact to emerge from the study is that 8 3 . 3 3 % ° f civilian deaths in the Bosnian war were Muslims (Bosniaks) ... In Podrinje (Eastern Bosnia) 94.83% of civilian casualties were Muslims ..." 6 Once predominantly or significantly Muslim towns in Eastern, Northern and Southern Bosnia (Bijeljina, Zvornik, Vlasenica, Bratunac, Srebrenica, Rogatica, Visegrad, Foca, Prijedor, etc.) have been "ethnically cleansed" of Muslims. Despite the Dayton Accords goals, the return of refugees and displaced persons to the Serb-controlled Republic of Srpska and parts of Herzegovina has been largely unsuccessful. Reliable statistics are missing but there are many indications that in only a few towns the return has been successful (Brcko, central Bosnian towns). In most areas Muslims returned in symbolic numbers (Foca, Visegrad, Rogatica, etc.) because of the hostile environment that was especially evident in early post-war years.
4
Fikret Karcic, Islamic Revival in the Balkans 1970—1992, Islamic Studies 36: 2 - 3 (1997), 565-81.
5 6
http://www.idc.org.ba/presentation/content.htm, visited 29. 3. 2008. http://greatersurbiton.wordpress.c0m/2008/01/04/, visited 29. 3. 2008.
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Ahmet Alibasic • Asim Zubcevic
On the other hand, on about 30 % of the territory which was under the control of B H government forces during the war and where Muslims are still either majority or significantly present, Islam has experienced a sort of revival under the auspices of the Islamic Community. Other Muslim actors such as Islamic missionary and charitable organisations contributed to that revival as well. The primacy of the Islamic Community in that process is however unquestionable.
1.2 Social Status and Economic Situation Reliable updated statistics are not readily available in B H . Because of forced population migrations during the recent war and the still ongoing refugee return process no census has been carried since 1 9 9 1 . In June 2006 the B H Statistics Agency estimated the current population at 3,842,762 persons. 7 The C I A Factbook gives the figure of 4 , 5 5 2 , 1 9 8 (July 2007 estimate). Under these number Bosniaks are estimated at 48 % , Serbs 3 7 . 1 % , Croats 14.3 % , others 0 . 6 % (2000). Regarding their confession, 4 0 % are said to be Muslims, 3 1 % Orthodox, 1 5 % Roman Catholics, and 1 4 % others. 8 The social and economic situation of Muslims depends on a variety of factors, the most important is whether they live in the Bosniak and Croat controlled Federation of B H or the Republic of Srpska (RS). Since almost all non-Serbs were expelled from the RS during the recent war, and since there have been many obstructions to refugee return, only a fraction of Muslims returned to their pre-war homes. They are consistently discriminated and many of them have been targets of terrorism despite the fact that they are — like Croats — "constitutional people". Several cases have become symbols of intolerance towards Muslims in the RS. Among dozens of returnees who were killed or have died under suspicious circumstances, the killing of 16-year old girl Meliha Duric in Vlasenica while watching T V in her home is most infamous. Most of these killings have not been resolved until today. The beginning of the reconstruction of destroyed mosques in Trebinje and Banja Luka (May 2 0 0 1 ) during which one Muslim was stoned to death is another example of the same. Several young men were sent to jail for a few months but were later pardoned by the RS president. In addition, the Serbian Orthodoxbuilt a church in Divic near Zvornik on the foundations of a destroyed mosque after the war. In Konjevic Polje an orthodox church was built in the private courtyard of a Muslim family (Fata Orlovic). Unfortunately, there are similar examples abound.
7
h t t p : / / w w w . b h a s . b a / e n g / B i H S t a t s . a s p ?Pripadnost=4&mode=dark, visited 29. 3. 2 0 0 8 .
8
https://www.cia.gov/Iibrary/publications/the-world-factbook/geos/bk.html, visited 29. 3. 2 0 0 8 .
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Islamic Education in Bosnia and Herzegovina
1.3 The Islamic Community in BH The Islamic C o m m u n i t y in B H is probably the best-organised Islamic administration in Europe. It is independent, self-financed, headed by an elected leader and elected assembly. Its structures combine representative and hierarchical principles of leadership, it controls all the mosques in B H , appoints all the imams, has exclusive rights to administer waqf property and organise hajj, etc. According to its statute the Islamic C o m m u n i t y in Bosnia and Herzegovina (hereafter I C B H ) is "the sole and united" community of Muslims in Bosnia and Herzegovina, of Bosniaks outside their homeland, and o f other Muslims who accept it as their own. The autonomy of I C B H is based on the religious and legal institutions of Bosnian Muslims from the time of Ottoman administration in Bosnia. The I C B H is an inseparable part of the world Muslim community (Ummah). The organisation o f the I C B H and its activities are derived from the Holy Q u r ' a n and the Sunnah, Islamic traditions o f Bosniaks and the requirements o f the time. The I C B H is independent in regulating its activities (rituals, Islamic education, management o f Islamic endowments, publishing, charity, etc.) and the management of its property. The aim of the I C B H is that all of its members should live in conformity with Islamic norms. The I C B H protects the authenticity of the Islamic norms and assures their interpretation and application. In the interpretation and performance of the Islamic religious rituals the Hanafi madhhab is to be applied. The I C B H dedicates itself to the preservation of the values of marriage and family life and takes care of the Islamic education and upbringing of its members. The I C B H is supposed to take care of the religious rights o f Muslims and provide necessary conditions for its members so that they may perform their Islamic religious obligations. The I C B H should also organise and support activities to improve the social and financial living conditions of Muslims. According to the same document, the I C B H establishes and maintains contact and cooperation with Islamic communities, institutions and organisations worldwide and cooperates with other religious communities and organisations promoting peace, justice and good will among all people. The I C B H is financed by waqfs, membership fees, zakah, sadaqat A-fi.tr, qurban, revenue o f its profit-generating agencies, funds, gifts, testaments, etc. Currently the organisational structure of the I C B H consists o f jamaahs nity of at least 100 households), majlises (usually a group of not less than 7
(commu-
jamaahs),
muftiluks (mufti districts, 8 o f them in Bosnia, one in the B H armed forces and one in each of Slovenia, Croatia, Sandzak, and Germany), 9 the Riyasat, main executive body 9
The relations between these "branches" a n d Sarajevo are not always well spelled out and there are m a n y
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Ahmet Alibasic • Asim Zubcevic
headed by Raisu-l-Ulama (the Grand Mufti), the Assembly of the ICBH (Sabor) and the Constitutional Court. 10 In 2006 there were 1,897 mosques and masjids (mosques without minarets) in Bosnia and Herzegovina and approximately 1,3 50 active jama ats. Currently 431 mosques are under (re)construction.11 Some 615 mosques were completely destroyed during the aggression against Bosnia 1992-1995 while another 530 were damaged. All the mosques in the territory under the control of the Army of Republic of Srpska, with the exception of two small ones were destroyed. Overall 45 % of the Islamic Community's total pre-war mass of buildings and monuments (including schools, tekkes, turbes, and religious endowment property — awqaf) was damaged or destroyed.12 Many are still to be reconstructed. The ICBH employs 1,386 imams and a few hundred administrators and teachers in its madrasas and faculties. Major educational institutions of the ICBH are: the Faculty of Islamic Studies in Sarajevo (est. 1887/1977), Gazi Husrevbey Library (est. 1537), Faculties of Islamic Pedagogy in Zenica and Bihac, Gazi Husrevbey madrasa (est. 1537), five other madrasas in Bosnia (Tuzla, Travnik, Mostar, Visoko, and Cazin), one in Zagreb (Croatia), one in Novi Pazar (Serbia), and the First Bosniak Gymnasium in Sarajevo (est. 1995). Other institutions of the ICBH are: The Waqf Head Office (est. 1894), Gazi Husrevbey Waqf (est. 1513), El-Kalem Publishing Center (1974), Center for Islamic Architecture (est. 1993), Muslim Information and News Agency — MINA (est. 1990), Agency for Halal Quality certification (est. 2005), the Association of the "Ulama" of the ICBH (1910), Council for Fatwa (est. 2005), and the Radio of the Islamic Community "BIR" which started to broadcast in early 2008. Sufi orders (tariqahs) established in accordance with Shari'ah and Tariqah are also part of the ICBH, provided they ask for such a status. The ICBH publishes its official journal Glasnik (Herald) almost continuously since 1933, Takvim (the annual prayer timetable and a collection of essays) since 1950, and a fortnightly newspaper Preporod since 1970. The Journal Novi Muallim has been published — under various titles and with interruptions — since 1910.
lacunas and inconsistencies. These were analysed at the workshop "Islamic communities in the region: normative aspects" (Islamske zajednice u regionu — normativni aspekt) held in Sarajevo on January 17, 2008. 10 Fikret Karcic, Administration of Islamic Affairs in Bosnia and Henegovinalslamic
Studies 38:4 (1999),
5 4 1 - 5 4 2 , 544. 11 Izvjestaj o radu Rijaseta IZ u BiH za 1427. h.g./2006. godinu (Riyasat of the I C B H Report 2006), Glasnik Rijaseta IZ u BIH, 69: 5-6 (2007), 428. 12 Muharem Omerdic, Prilozi izucavanju genocida nad Bosnjacima, 1992—1995 (Sarajevo: El-Kalem, 1999)-
Islamic Education in Bosnia and Herzegovina
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1.4 Legal position of Islam and M u s l i m s
Bosnia and Herzegovina is a secular state whose constitution and laws guarantee freedom of religion, civic status unrelated to religion or belief, and the separation of state and religion. 13 Immediately after the independence BH took over the ex-Yugoslavian law about religious communities. 14 In January 2004, however, the legal framework for freedom of religion and state-church relations was completely overhauled by passing a new law.15 The basic principles of the new Law on Freedom of Religion and the Legal Position of Churches and Religious Communities are: 1. Religious communities and churches are separate from the state ; 2. All religious communities are equal in rights and obligations ; 3. Religious communities/churches are independent in defining their own internal organisation ; 4. All religious communities have the status of legal persons, with the continuity of legal personality of historic religious communities being recognised ; 5. Religious communities and their organisations are not tax-exempt; 6. The state may provide material assistance for health-care activities, educational, charitable and social services offered by religious communities, on the condition that those services are provided without any discrimination ; 7. The state has the obligation to regulate the pensions, disability, and health insurance for religious servants by special regulations, etc. 8. The Law also provides for the legitimate restrictions of religious freedoms which include the following concerns : legal order, public safety, public morality, threat to life and health, and rights and liberties of others. 9. The freedom of religion and belief also includes the freedom of public confession of one's faith, acceptance, or change of faith, the freedom to, individually or in community with others, privately or publicly, express one's faith or belief through ceremonies, the conducting of, or abiding by religious regulations, adhering to traditions and other religious activities. 10. This freedom also includes the right of religious education in religious as well as in public and private institutions of pre-school level, primary schools, and higher levels of education. 13 Fikret Karcic, Islam in Secular State: The Example of Bosnia and Herzegovina, paper presented at International Conference "Religion and Secular State," Sarajevo, October 21-24, 2007. 14 The Law on the Legal Position of Religious Communities of the Socialist Republic of Bosnia and Herzegovina {Official Gazette of Socialist Republic of Bosnia and Herzegovina, no 36/76). 15 Law on the Freedom of Religion and the Legal Status of Churches and Religious Communities, January 28, 2004 (Official Gazette of Bosnia and Herzegovina, no. 5/2004).
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The law was drafted in an unusually wide process of consultation between Bosnian churches and religious communities, public authorities, as well as international experts and organisations. 1 6 The result is a law that takes into account the highest international standards of religious freedom, although some of its provisions favour registered religious communities and their leadership. The B H Ministry of H u m a n Rights and Refugees issued its Instruction for the implementation of this law in 2006. Since then first the Catholic and recently the Serbian Orthodox Church have signed special agreements with the state regulating their relations. Initially the I C B H did not express a wish to enter into a similar contract but lately took the decision to sign one. The Law can safely be said to uphold the principle of separation with adjustment and cooperation. However the return of religion into the public sphere has lead some groups accustomed to the previous state of affairs in this field to develop an impression that there is a dominance of religion. 1 7 Lately some secular circles have questioned this model. There is no state law on holidays yet. The law on holidays of the Republic of Srpska adopted in November 2005 clearly prefers Orthodox Christianity by proclaiming O r thodox saints as official holidays of the Republic of Srpska, its police and army units. Bosniak members of the Parliament strongly protested the adoption of the law.
2. ISLAMIC E D U C A T I O N
There are two types of Islamic education in Bosnia : one organised within the I C B H run institutions such as mektebs, mosques, madrasas, and several institutions of higher education. This type of Islamic education was suppressed in the early decades of Socialist Yugoslavia, but was tolerated in the 1 9 7 0 s and 1980s. The second type of Islamic education is relatively recent and is linked to the introduction of democracy in society. It implies the right of all pupils to receive confessional religious education ( R E — vjeronauka) in public schools at primary and secondary level.
2.i State Schools Bosnia has no ministry education at state level and education remains the responsibility of middle and lower government levels (entities, cantons, and the Brcko dis-
16 Emir Kovacevic, The Legal Position of Churches and religious Communities in Bosnia and Herzegovina, in: Silvo Devetak et al., eds., Religion and Democracy in Moldova (Maribor-Chisinau: ISC O M E T and ASER, 2005), 286. 1 7 Karcic, Islam in Secular State
I s l a m i c E d u c a t i o n in B o s n i a a n d H e r z e g o v i n a
51
trict). 18 This complex and sometimes fragmented educational system, particularly in the Federation, accounts for an uneven implementation of the right to R E which continues in spite of the passage of the Framework Law on Primary and Secondary Education, adopted by the country's Parliamentary Assembly in June 2003. The article 9 of the Law stipulates that "the school will promote and protect religious freedoms, tolerance and the culture of dialogue. Bearing in mind the diversity of beliefs in BH, pupils will attend classes of religious education (vjeronauka) only if these are in accordance with their convictions or the convictions of their parents. The school may not undertake any measures or activities that would limit the freedom of expressing one's own religious beliefs or learning about other and different religious beliefs. Pupils who do not wish to attend religious instruction will in no way be put in an unfair position in relation to other pupils." 19 The law specifies that religious education is not a compulsory but elective subject and equal to other subjects of the curriculum. Tentative moves towards the introduction of R E in state schools were made in the wake of first multi-party elections when in the school year of 1991/92 R E was introduced in some Sarajevo schools. 20 In 1994 the Ministry of Education in the internationally recognised Bosnian government introduced R E in primary and secondary schools as an elective subject for which a prior parental consent was required (RE envisaged five separate curricula: Islamic, Catholic, Orthodox, Jewish and Adventist). Under this arrangement, churches and religious organisations such as I C B H were responsible for selecting and paying R E teachers whereas the school provided premises for teaching the subject. In 1996 this arrangement was changed: I C B H continued to draw up R E curricula for Islam in state schools and write textbooks which require the approval of the ministry of education, but R E teachers were to be paid and hired by the school, not by the I C B H or churches for that matter. Churches and religious organisations continued to issue certificates to R E teachers confirming their qualifications and suitability. Once the subject is elected it becomes compulsory and is graded along with other subjects. This arrangement is still in place. As already mentioned, in spite of the adoption of the law aimed at introducing certain common standards, its implementation varies from one part of the country to the other. In primary schools of the Muslim-majority cantons R E is either an elective or elective compulsory subject; in Brcko District there is no religious education 18 At present the Minstry of Civil Affairs is vested with some authority over education. 19 Framework Law of Primary and Secondary Education in Bosnia-Herzegovina, Sluzbeni glasnik BiH br. 18/03.
20 For the early history of the introduction of RE in the Federation see: Elma Hasimbegovic, Nastava vjeronauke u obrazovnom sistemu Bosne i Hercegovine sa akcentom na islamsku vjeronauku (paper presented at the conference "Churches in former Yugoslavia," Miinster, Germany, Oct. 29-Nov. 3, 2003.
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Ahmet Alibasic • Asim Zubcevic
in secondary schools; in Sarajevo Canton R E was introduced into secondary schools only in 2007/2008; and secondary schools ofTuzla Canton offer R E in first and second grades only. With regard to the percentage of Muslim children who attend R E in primary schools a recent report for Sarajevo Canton for the period 1998-2007 shows that 9 5 . 5 5 % of pupils attended it in the school year 2006/2007, U P from 89.29% for 1998/1999. 2 1 One issue of concern for Muslims has been the right to R E in state schools in RS towns where Muslims usually form a minority. While there is no R E in secondary schools, primary schools offer the subject. Whenever there are 30 or more minority students in a school, the school is bound by law to organise R E for them. 22 I C B H is generally satisfied with the provisions made in RS schools for Muslim pupils even though this usually poses a challenge of how to present the R E curriculum to a group of students of different age. 23
2.2 A l t e r n a t i v e s
Tuzla Canton, the most populous in Bosnia, is a predominantly-Muslim part of the Federation where there is an alternative to R E in the form of Religious Culture (Religijska kultura) both in primary schools and in secondary schools. About 15 % of all secondary school students opt for Religious Culture. 24 Since 2000 O S C E has supported a pilot project of introducing Religious Culture (Kultura religija) in secondary schools throughout Bosnia. The subject is meant to acquaint students with the teachings of the world's major religions and help foster tolerance and respect for religious diversity. O S C E has provided an initial impetus by preparing curriculum, textbooks and training teachers. However, religious communities, including I C B H , have been generally reserved to the idea procured that it might weaken the position of RE, if not replace it. O S C E hopes that eventually the subject will be introduced in most schools. 25
21 Mina Pleh,Analiza pracenja nastave vjeronauke, Novi Muallim 31 (2007): 55 2 2 Zlatiborka Popov and Anne Mette Ofstad in: Religijsko obrazovanje u Bosni i Hercegovini, ed. Z.Kuburic and C. Moe, in: Religion and Pluralism in Education (Novi Sad: CEIR, 2006). See http:// kotor-network.info/research/joint/2005/BiH.htm (accessed April 15, 2008). 23 Interview with Muharem Omerdic, head of the Religious education service in the ICBH. 24 Interview with Mersija Jahic, head of Department for Education and Science in the Tuza Canton's Ministry of Education, Science, Culture and Sport. 2 5 See http://kotor-network.info/research/joint/2005/BiH.htm (accessed April 15, 2008).
Islamic Education In Bosnia and Herzegovina
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2 . 3 Nurseries
One issue that recently has provoked a heated public debate in the Sarajevo Canton is the initiative to introduce RE in state-financed nurseries. There is no doubt that the Law on Freedom of Religion and Legal Position of churches and religious communities in Bosnia guarantees this right. For those opposed to the idea, such as the secular press and Social Democratic Party, this would not contribute to bridge the religious and ethnic divide in the country and teaching RE at an early age would be inappropriate from a pedagogical point of view. 26 The international community in Bosnia has also joined the debate. Without denying the right to RE at pre-school level, the O S C E mission in the country has questioned the initiative for two reasons: given the numerical strength of Muslims in the Sarajevo Canton, the move would be unfair towards non-Muslim children who would probably be unable to attend RE in their own faith due to their small numbers. It also questions the initiative from the point of need to cultivate a sense of belonging to Bosnia among the youngest generation instead of, presumably, to a particular religious or ethnic group. 2 7 The O S C E and S D P statements prompted I C B H to issue a strongly-worded counter statement. Nevertheless, some voices within the I C B H also spoke against the introduction of RE in kindergartens. 28 No similar debate appears to have taken place anywhere else in the country.
2.4 Mektebs
The traditional way of imparting Islamic knowledge and practice to Bosnian children happened in mektebs. Usually held in mosques, mekteb classes are run by the local imam or muallima (female religious teacher). Attending mekteb is completely voluntary. It is not clear how many Muslim children attend these classes, but it is safe to assume that attendance has dropped following the introduction of R E into state schools. This raises the question of the purpose of mektebs now that RE is available 26 S D P statement described the move as the "beginning of radical Islamisation." Oslobodenje, February 7, 2008, p. 4. Muharem Omerdic's counter argument is that R E in kindergartens would not consist of the usual school curriculum but would be tuned to the sensibilities of young children and would include mainly songs and Muslim nursery rhymes. 27 http://www.oscebih.org/public/default.asp?d=6&article=show&id=2164 (accessed April 15, 2008) 28 For the I C B H statement against O S C E and S D P see: "Osuda satanizacije islama i muslimana te narusenih meduljudskih i medustranackih odnosa celnika Bosnjaka," Prepord, February 15, 2008, p . n . For the views of Muslims opposed to the movement see: Start, February 19, 2008, pp. 1 0 - 1 3 ; see also Dani, February 22, 2008, pp. 1 8 - 2 1 and 90-92. For the I C B H response to these views: Mimes Kovac,"Zamjena uloga u debati o vjerskom odgoju," Preporod, March 1, 2008, pp. 8-9.
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Ahmet Alibasic -Asim Zubcevic
in state schools. H i e emerging consensus within the I C B H is that mektebs should teach the practical side of religion (such as how to perform ablution and prayers) while R E should be used to focus on imparting more theoretical aspects of Islamic teachings. 2 9
2.5 Madrasas The word "madrasa" (medresa) in Bosnia denotes an Islamic high school for the ages 14-18. Madrasas differ from other high schools because they teach both traditional Islamic disciplines and modern subjects. As they are all boarding schools they also aim not only to educate but also to cultivate Islamic ethical values among their students. Until the introduction of democracy, and especially since the recent changes in the curriculum, madrasa students were trained primarily to serve as prayer leaders and mekteb teachers. Although they still provide the main pool for the recruitment of imams, recent changes in the madrasa curriculum have widened the scope, enabling graduates to pursue higher education outside the field of theology. Today's madrasas are more like a gymnasium offering a rounded education which includes science, languages, and mathematics along with the more traditional madrasa curriculum such as the art of reciting the Qur'an (tajwid), practical application of Islamic teachings (fiqh), Q u r a n i c commentaries (tafsir), Prophetic sayings (hadith), and Arabic. 3 0 D u r ing the Socialist era Bosnia had only one functioning madrasa, the Gazi Husrevbeg Madrasa in Sarajevo. Today there are six madrasas most of them with a long tradition: Karadoz Begova Madrasa in Mostar (est. 1570, 1995),
closed down 1 9 1 8 , reopened
Behram Begova Madrasa ( e s t . 1 6 7 4 , closed down
1949,
reopened in
1993),
Elci Ibrahim Pasa Madrasa (est.1705), Dzemaludin efendija Causevic Madrasa in Cazin (est. 1 8 6 7 , closed down
1920,
reopened
1993),
Osman pasa Redzovic Madrasa
in C a j n o near Visoko (est.1927, closed down 1935, reopened I992).31A11 madrasas have a unified curriculum drawn up by I C B H . Whereas madrasas in the past were funded only by I C B H they now also qualify for state grants. In turn, madrasas have to conform to government laws on education.
29 Interview with Muharem Omerdic. 30 Interview with Muharem Omerdic. At least, until recently Gazi Husrevbegova madrasa also offered Latin, making it probably the only traditional Islamic madrasa in the world to teach the subject. 31 As ICBH's authority extends outside Bosnia, it also runs three madrasas in neighbouring countries: in: Novi Pazar (Serbia), Zagreb (Croatia).
Islamic Education in Bosnia and Herzegovina
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2.6 Higher Education I C B H runs three educational institutions of higher education: Faculty of Islamic Studies in Sarajevo (est. 1 9 7 7 ) , Islamic Pedagogical Faculty in Zenica (est. 1 9 9 3 ? ) and Islamic Pedagogical Faculty in Bihac (est. 1995). The last two institutions were set up specifically to meet the growing demand for Islamic R E teachers in state schools. The establishment of the Faculty of Islamic Studies in Sarajevo marks a significant event in the recent history of Bosnian Muslims since the community had no Islamic institution of higher learning ever since the closure of the School for Sharia Judges in 1 9 4 5 . In fact, the Faculty, presently housed in the building that once belonged to the former School for Sharia Judges, may be considered its intellectual heir whose modernist outlook shaped Bosnian Muslim intellectual and religious life in late 1 9 t h and early 2 0 t h century. 3 2 Its graduates have provided some of Bosnia's most prominent Muslim scholars. However, there are Bosnian Muslims who continue their education abroad. Again it is difficult to give figures, but there is no doubt that the end of C o m munism has made links with educational institutions in the Islamic world stronger. The Faculty of Islamic Studies in Sarajevo consists of three departments: theological, pedagogical, and an imam training department with a total number of full-time students of nearly 200. However, the Faculty has almost 600 part-time students. M a n y of these are imams who have enrolled following the decision of the I C B H leadership according to which all imams must have a university degree. Since 1994/95 the Faculty also offers postgraduate studies leading to Masters and P h D . Over the past few years the Faculty has been offering a Diploma in Islamic Studies taught bilingually in Bosnian and in English. The diploma contains six modules by twelve hours. It has been suggested that the Diploma taught in English be developed into a full-time course for international students. In 2002/2003 the Faculty reformed undergraduate studies introducing a credit system, and in 2004 it became an associate member of the University of Sarajevo 3 3 . Islamic Pedagogy in Zenica offers a 3-year long undergraduate course in one of its two departments: Islamic religious education and social pedagogy. Pending O S C E approval, the Faculty is set to open a third department which would train teachers for pre-school upbringing (odgoj) and education. The issue of whether pre-school institutions such as kindergartens should offer religious education has provoked much debate recently, as already mentioned.
32 For the importance of the School see: Fikret Karcic, The Bosniaks and the Challenges of Modernity: Late Ottoman and Habsburg Times, (Sarajevo: El-Kalem, 1999). 33 Ismet Busatlic, ed., Fakultet islamskih nauka u Sarajevu 2006.I2007, (Sarajevo:Bemust, 2006), p. 9.
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Ahmet Alibasic • Asim Zubcevic
Among the three institutions of higher learning the faculty in Sarajevo has a longer tradition and is considered the most prestigious. Reis ul-Ulema Dr. Mustafa Ceric has suggested that the faculty could serve as a nucleus for a future international Islamic university.34 The importance of these institutions exceeds Bosnia's borders since it attracts students from the neighbouring countries, mainly from the former Yugoslavia.
CONCLUSION
Islamic education in Bosnia is organised and controlled by ICBH which has a clear hierarchy, established organisational structure and a long experience of working in a multi-religious society. Since independence and the return of religion to the public realm ICBH has, like other religious organisations and churches in the country, benefited by expanding Islamic education both through traditional forms (as seen in the growth of madrasas, for example) and state schools (introduction of RE). Thus ICBH trains imams who teach in mektebs and state schools, draws up curricula for madrasas and RE and prepares textbooks. This is done in cooperation with state. There is also cooperation with other religious organisations and churches on issues of RE in state schools. After a history of marginalisation and suppression of religion in the Communist era ICBH's main concern has been to secure acceptance and recognition by the state, particularly in the field of education. Some issues have provoked strong reactions, notably the idea of introducing RE in nurseries. This shows that the boundaries of the secular and the religious in education are still being debated. The involvement of the international community remains important in this field as may be seen in the activities of OSCE. New forms of Islamic education, initially seen as potentially undermining more traditional forms, such as mektebs, and which used to be the cornerstone of imparting Islamic education to most Muslim Bosnians, are no longer an issue. Changes in the madrasa curriculum and reforms at the Faculty of Islamic Studies show that ICBH is aware of the need to gear Islamic education to new challenges which are formidable. One of the greatest amongst these is a fragmented educational system in a fundamentally divided society and how to continue developing an Islamic education which would contribute to overcome the traumatic legacy of war and to enable a new, 34 Mustafa Ceric, A draflproposalfor
the Gazi Husrev-bey University, ed. Willem B. Drees & Pieter Sjoerd
van Koningsveld (Leiden: Leiden Univerity Press, 2008), 326-332.
Islamic Education in Bosnia and Herzegovina
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confident generation of Bosnian Muslims to take their place in society and, with their country, in the United Europe. 3 5
BIBLIOGRAPHY
Busatlic, Ismet, ed. Fakultet islamskih nauka u Sarajevu 2006./2007. Sarajevo: Bemust, 2006. Ceric, Mustafa, A draft proposal for the Gazi Husrev-bey University, in: The Study of Religion and the Training of Muslim Clergy in Europe: Academic and Religious Freedom in the 21st Century, edited by Willem B. Drees & Pieter Sjoerd van Koningsveld, 326-332. Leiden: Leiden Univerity Press, 2008. Dani, February 22, 2008:18-21, 90-92. Hasimbegovic, Elma, Nastava vjeronauke u obrazovnom sistemu Bosne i Hercegovine sa akcentom na islamsku vjeronauku, paper presented at the conference on "Churches in Former Yugoslavia," Münster, Germany, Oct. 29-Nov. 3, 2003. Karcic, Fikret, The Bosniaks and the Challenges of Modernity: Late Ottoman and Habsburg Times. Sarajevo : El-Kalem, 1999. Kovac, Mimes,Zamjena uloga u debati o vjerskom odgoju, Preporod, March 1, 2008: 8-9. Osuda satanizacije islama i muslimana te narusenih meduljudskih i medustranackih odnosa celnika Bosnjaka, Prepord, February 15, 2008. Pleh, Mina,Analiza pracenja nastave vjeronauke, Novi Muallim 31 (2007): 49-56. Popov, Zlatiborka and Anne Mette Ofstad.Religijsko obrazovanje u Bosni i Hercegovini, in: The Religion and Pluralism in Education, edited by Z.Kuburic and C. Moe. Novi Sad: CEIR, 2006. Start, February 19, 2008: 10-13. Framework Law of Primary and Secondary Education in Bosnia-Herzegovina,Sluzbeni glasnik BiH br.18/03.
35 Out of 276 secondary schools in the Federation, 53 are segregated ("two schools under one roof" as they are known) creating in effect apartheid education.Information provided by Aida Vehabovic, coordinator for the Council of Students project. For a report on youth and education in Bosna see: http://www.procorde.net/downloads/youthworkbih.pdf
BULGARIEN -
BULGARIA
Ibrahim Yalimov
Religiöse Erziehung der Muslime in Bulgarien
D i e Geschichte der muslimischen Erziehung fing in Bulgarien mit den Ottomanen an. Nach dem russisch-ottomanischen Krieg ( 1 8 7 7 - 1 8 7 8 ) entwickelte sie sich im Rahmen des bulgarischen Bildungssystems.
1 . D I E G E S C H I C H T E DER M U S L I M E IN B U L G A R I E N
Vor der ottomanischen Besatzung lebten verschiedene muslimische Minderheiten in Bulgarien. Im 1 4 . und 1 5 . Jahrhundert hatten muslimische Türken, Zigeuner, Tataren und andere kleine Volksgruppen bestimmte Gebiete schon vor den Ottomanen besiedelt. Nach dem russisch-ottomanischen Krieg verblieben diese Volksgruppen innerhalb der neuen Grenzen Bulgariens. 1 8 8 1 betrug der Anteil der Muslime im Königreich Bulgarien 28,79 % der Gesamtbevölkerung. Das waren 3 4 % der Muslime im Ostbalkan 1 . Nach dem Frieden von San Stefano 2 zwischen den Ottomanen und den türkischen Staaten und ganz besonders nach dem Freundschaftsabkommen von 1 9 2 5 3 erwarben die Muslime in Bulgarien Minderheitsrechte und errichteten ihre Institutionen auf der Grundlage dieses Abkommens. Hunderte von Gemeinden und Moscheen, 1 3 Mufti-Amter und 33 Muftivertretungen kümmerten sich um die Belange der Muslime. Diese Amter wurden auch von der russischen Besatzung im Jahre 1 9 1 9 anerkannt und mit einem neuen A b k o m m e n ratifiziert, sodass die Muslime über ihre Einrichtungen verfügen durften. 4 Während der kommunistischen Ära wurden all diese religiösen Rechte und Freiheiten außer Kraft gesetzt. Nach dem neuen Religionsgemeinschaftsgesetz von 1 9 4 9 wurden die Aktivitäten der Religionsgemeinschaften verstaatlicht. Nach § 20 dieses 1 2
Vgl.Yahmov, I. Bulgaristan Türk Toplulugunun Tarihi, Sofya 2002, S. 47 Vgl. http://www.uoregon.edu/-kimball/1878mr17.SanStef.trt.htm (Zugriff 20.5.08).
3
Vgl.Dogovor za Priyatelstvo mejdu Bigariya i Turtsi-ya i prilojen kirn nego protokol) (18 oktomvri 1925, in: http://turk1989.blogcu.com/12567721/ (zugriff 24.4.2008). Simsir, B.: The Türks ofBulgaria (1878-1985), London 1988, S. 45 ff.
4
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ibrahim Yalimov
Gesetzes war die religiöse Erziehung eine Aufgabe des Staates, und die Religionsgemeinschaften durften sich nicht mehr in diese Angelegenheiten einmischen. Die Aufgabenfelder der Muftiämter wurden sehr eingeschränkt, die Schulen geschlossen und die islamische Erziehung eingestellt. Erst in den letzten zehn Jahren fand ein neuer Wandel in der religiösen Erziehung der Muslime statt. Die Spuren der kommunistischen Ära werden im Prozess der Demokratisierung allmählich aufgehoben. Nach der Volkzählung von 2001 beträgt der Anteil der Türken 9 , 4 % , der Anteil der Roma 4 , 7 % und jener der Tataren 0 , 0 2 % an der Gesamtbevölkerung. In den neueren Statistiken werden auch die Pomaken-Muslime erwähnt. 5 Ab den i99oer-Jahren erhielten die Muslime wieder mehr Freiheiten, die durch internationale Grundrechte gesichert sind. Bulgarien hat in den vergangenen Jahren verschiedene internationale Gesetze zum Schutz der Freiheiten mitunterzeichnet. Die neuen Gesetze brachten unterschiedliche Freiheiten, welche die Qualität der Bürgerrechte erheblich verbesserten. Durch die Verfassung vom 1 2 . Juli 1 9 9 1 wurden diese Gesetze als Grundprinzip in der Verfassung verankert. Obwohl es in der Verfassung auch Stellen gibt, die mit der Demokratie nicht vereinbar sind, bildet sie eine gute Rechtsgrundlage für das Zusammenleben in der Gesellschaft. Artikel 6 der Verfassung spricht von der Gleichheit der Menschen vor dem Gesetz. Artikel 29 verbietet die zwangsweise Assimilierung. Die weiteren Gesetze erleichterten das Leben und die Partizipation der Minderheiten in Bulgarien. 6 Türken und Roma erhielten das Recht ihre Muttersprache zu lernen bzw. in der Öffentlichkeit zu sprechen. Nach einem Kabinettsbeschluss darf die türkische Sprache als Zweitsprache in den von Türken bewohnten Zentren angeboten werden. Seit 1993 strahlen staatliche Sender einstündige türkischsprachige Programme aus. Ebenso werden einige türkischsprachige Zeitungen und Bücher veröffentlicht. Auch die Rechte der religiösen Gemeinschaften wurden erheblich verbessert. Nach dem neuen Religionsgemeinschaftsgesetz von 2002 wird die islamische Glaubensgemeinschaft anderen Gemeinschaften gleichgestellt. Die Autonomie der Glaubensgemeinschaften wird durch dieses Gesetz anerkannt. 7 Es ermöglicht die Eröffnung der Gotteshäuser, die Veröffentlichung religiöser Bücher und Zeitschriften, die Gründung der sozial-karitativen Einrichtungen und die religiöse Bildung in der jeweiligen Muttersprache. 5
Im Jahre 1989 wurden 270.000, 1 9 9 1 1 7 1 . 0 0 0 Pomaken gezählt. In: Biichsenschüz, Ulrich, Minnderheitenpolitik in Bulgarien. Freie Universität Berlin, Berlin 1 9 9 7 , S. 70, als Pdf: http://epub.ub.unimuenchen.de/ 5 54/1/buechsenschuetz-minderheiten.pdf.
6
Vgl. http://www.verfassungen.de/bg/verf91.htm (Zugriff:
7
Vgl. § 4 -
15.4.2008).
Religiöse Erziehung der Muslime in Bulgarien
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In Bulgarien gibt es 1 . 3 6 0 muslimische Gemeinden, 1 . 1 1 0 Moscheen, weiters bieten 1 . 1 6 0 Prediger-Schulen ihre Dienste an. Diese Einrichtungen werden vom zentralen Muftiamt in elf Gemeindebezirken verwaltet. Unter den verschiedenen Konfessionen des Landes herrschen gegenseitiger Respekt und Anerkennung.
2. D A S B I L D U N G S S Y S T E M IN
BULGARIEN
Die Entwicklung eines neuen Bildungssystems in Bulgarien war ein langsamer Prozess. Ein eigenständiges Bildungssystem entstand erst im Jahr 1909 unter dem Einfluss der westeuropäischen Bildungsmodelle. Zwischen 1 9 1 1 und 1 9 1 2 entstanden 5.909 Schulen. Erst im vergangenen Jahrhundert wurden die Kinder bis zum 14. Lebensjahr zum Schulbesuch verpflichtet. Bereits 1880 wurde die Sofia-Universität gegründet. Diese Universität bestand neben der theologischen Fakultät aus zwei weiteren Fakultäten. 8 Während der kommunistischen Diktatur wurde die Bildung zentralisiert und ideologisiert. Der Staat bemühte sich um die Erziehung der Staatsdiener, die nur dem Staat Gehorsam leisten sollten. Weitere Kompetenzen in der Bildung wurden kaum gefördert. 9 Das Bildungssystem - und ganz besonders das religiöse Erziehungssystem - befindet sich zurzeit in einer Übergangsphase. Volkserziehungsgesetz, Hochschulgesetz und andere Verwaltungsvorschriften werden noch überarbeitet. Die Entwicklung des Bildungssystems nach demokratisch-liberalen Bildungszielen vollzieht sich nur langsam. Die Freiheiten, die nach der Wende entstanden sind, sind eigentlich für unsere Verhältnisse beachtlich. So erhöht § 36 des Mittelschulgesetzes die Schulpflicht auf 1 6 Jahre. Pflichtschulen werden entweder direkt vom Staat oder von den regionalen Verwaltungsbehörden verwaltet. Nach der Bildungsreform von 1989 wurde ein neues Bildungssystem aufgebaut. Sowohl die Volksschule als auch die Sekundärschule dauern jeweils vier Jahre. Die Schuljahre 9 bis 1 2 finden in den höheren weiterbildenden Schulen statt. Diese Schulen werden entweder vom Staat oder von den regionalen Gemeinden getragen. Die Hauptunterrichtssprache ist Bulgarisch. Es besteht jedoch die Möglichkeit, die eigene Muttersprache als Zweitsprache zu wählen bzw. zu erlernen. Zwischen 20.000 und 25.000 türkische Kinder nehmen diese Möglichkeit in Anspruch. An mehr als
8
Vgl. Georgieva, Gencev, B u l g a r i s t a n T a r i h i ( X I I - X I X yy.), c. 2, Anubis, Sofia 1 9 9 9 , S. 3 3 8 .
9
Vgl. Yahmov, 1. Bulgaristan Türk Toplulugunun Tarihi, Sofya 2002, S. 307.
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ibrahim Valimov
67 weiterführenden Universitäten und Hochschulen können sich die Schülerinnen weiterbilden.
3. R E L I G I O N S U N T E R R I C H T
Religionsunterricht findet in den Staats- und Gemeindeschulen statt. In der Vergangenheit wurde Religion in den türkischen Schulen immer als Unterrichtsfach angeboten. Während der kommunistischen Diktatur wurde der Religionsunterricht in den Schulen als Wahlfach angeboten. 1945 abgeschafft, gewann der Religionsunterricht nach der Wende wieder an Bedeutung. Nach gewissen Untersuchungen möchten zwei Drittel der Bürger, dass der Religionsunterricht entweder als Wahl- oder als Pflichtfach angeboten wird. Nach § 3 7 der Verfassung wird das Religionsunterrichtsgesetz neu verfasst. Seit dem Schuljahr 1998/99 wird an den Schulen christlicher Religionsunterricht angeboten. In den von Muslimen bewohnten Teilen des Landes kann man auch islamischen Religionsunterricht besuchen. In beiden Religionsunterrichtstunden werden aber auch andere Religionen berücksichtigt. Die Regelung des Religionsunterrichts in den Gemeindeschulen wurde am 4. Juli 2003 vom Kultusministerium veröffentlicht. 1 0 Demnach nehmen nur 8 % von 60.000 Kindern am Religionsunterricht teil. In den Lehrplänen des Religionsunterrichtes werden Gott und seine Schöpfung, die biblischen Geschichten, die Kirche als Institution, der Islam, die christlichen Konfessionen und ähnliche Themen behandelt. Der Religionsunterricht wird von Absolventen der christlich-theologischen Fakultäten, der islamischen Hochschulen und von den Lehrerinnen der Sozialwissenschaften abgehalten. Finanziert werden die christlichen Bücher und das Lehrmaterial von den städtischen Gemeinden. Für Ausgaben, die im Rahmen des islamischen Religionsunterrichts anfallen, ist das Großmufti-Amt zuständig. Neben den staatlichen Schulen wird auch in den Privatschulen Religion als Pflichtfach und Wahlfach angeboten. Das geltende Gesetz erlaubt, dass die Glaubensgemeinschaften ihre eigenen Schulen für die Ausbildung der Religionslehrerinnen öffnen dürfen (§ 30). Nach dem Hochschulgesetz können die Glaubensgemeinschaften auch theologische Fakultäten eröffnen. § 33 des Gesetzes von 2002 räumt den anerkannten Glaubensgemeinschaften die Möglichkeit ein, eigene theologische Fakultäten und Gymnasien zu gründen. 10 Vgl. A m t s b l a t t N r . 60, 4.8.2003.
Religiöse Erziehung der M u s l i m e in Bulgarien
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Derzeit hat die Ost-Orthodoxe Kirche zwei theologische Gymnasien und zwei theologische Fakultäten an den Universitäten Weliko-Tarnowo. An einigen anderen Universitäten gibt es Lehrstühle für weitere theologische Studien. Seit dem Schuljahr 1999/2000 werden auch die evangelischen Kirchen nach dem Religionsgemeinschaftsgesetz staatlich anerkannt. Mit ihrer kurzen Geschichte ist die religiöse Erziehung immer noch ein Diskussionsthema. In der Gesellschaft lassen sich zwei Meinungsrichtungen feststellen. Die am meisten verbreitete Meinung ist die säkularistische Erziehungsvorstellung. Demnach wird die religiöse Erziehung nicht als staatliche Aufgabe betrachtet. Der Staat solle die jungen Menschen nur über das Christentum informieren, was so viel wie Ethikunterricht bedeutet. Die andere Richtung plädiert für jenes Modell, wonach Schulen von der ersten bis zur siebten Klasse Religionsunterricht als Pflichtfach und ab der achten Klasse als Wahlfach einführen sollen. Diesem Modell zufolge soll der Religionsunterricht nicht im Sinne der Pflege des eigenen Bekenntnisses, sondern nur als Lehre von den Religionen verstanden werden. Die Schüler sollen sozialwissenschaftlich ohne sich einer bestimmten Religion verpflichtet zu fühlen, über Religionen generell informiert werden. Die Vertreter dieser Richtung führen vor allem zwei Argumente an: Bulgarien ist ein säkularer Staat. Ein Bekenntnisunterricht wäre mit den Prinzipien des Staates nicht zu vereinbaren. Demnach würde der Bekenntnisunterricht Widersprüche produzieren. Der Religionsunterricht ist eine Aufgabe der Kirchen, Moscheen, Koranschulen etc., soll also außerhalb der Schule stattfinden. Dadurch würden die Schulen ihre säkularen Eigenschaften keineswegs verlieren. Der Religionsunterricht ändert nicht die staatlichen Lehrpläne. Die Kinder haben in diesem System die Möglichkeit, ihre eigenen Werte kennenzulernen, und erwerben dadurch pluralistische Kompetenzen. Die eigentliche Angst besteht darin, dass die Vielfalt der Religionen als Gefahr für die staatliche Souveränität betrachtet wird. Die Vielfalt der Religionen könnte als Grundlage religiöser Auseinandersetzungen dienen. Ein Wiedererwachen der Religionen wird nicht erwünscht. Die Ataka und VMRO-Parteien vertreten die Meinung, dass die nicht-christlichen Kinder am Sozialethikunterricht teilnehmen sollten. Viele Pädagogen und andere Wissenschaftler empfinden die religiöse Vielfalt als eine Bereicherung für die Schulen. Die islamischen Mufti-Amter, die bulgarisch-orthodoxe Kirche sowie die heilige Synode treten für den Bekenntnisunterricht ein. Die eigentliche Gefahr bestünde nach der Ansicht dieser Organisationen eher im Ausschluss der Religionen aus den Schulen. Die gelebte Vielfalt jedoch wäre in den Augen dieser Organisationen eine gute Voraussetzung für den interreligiösen Dialog.
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¡brahim Yalimov
4. H I S T O R I S C H E G R U N D L A G E N DER I S L A M I S C H E N E R Z I E H U N G
Nach dem türkisch-russischen Krieg wurden die muslimischen Schulen verboten oder waren nicht funktionsfähig. Nach dem Privatschulgesetz von 1885 haben diese Schulen ihre alten Aufgaben wieder übernommen. Sie waren den staatlichen Schulen nicht gleichgestellt, genossen aber Bildungs- und Erziehungsfreiheit. Auch waren sie nicht den staatlichen Bildungsplänen verpflichtet. Die Schulen durften ihre eigenen Lehrpläne entwickeln. Nach den Vereinbarungen von 1909 und 1 9 1 3 erhielten das Großmufti-Amt und die Gemeinde-Mufti-Ämter das Recht zugesprochen, diese Schulen zu inspizieren. Dadurch wurde die Schulentwicklung vorangetrieben und die Bildungspläne wurden verbessert. Im Rahmen der Reformen erfolgte eine Modernisierung der Schulen. Trotz dieser Versuche kann man von nachhaltigen Reformen nicht sprechen. Die Madrasan entsprachen nicht den modernen Erwartungen der Zeit. Deshalb war es notwendig, weiterführende Schulen aufzubauen. Seit dem 20. Jahrhundert wird die Situation der muslimischen Gemeinden in Bulgarien verbessert. Die Regierung von Stanboliysik förderte die muslimischen Schulen. Viele alte Schulen konnten restauriert werden, und im Schuljahr 1 9 2 1 / 2 2 steigerte sich die Zahl der muslimischen Schulen auf 374, die Zahl der Lehrerinnen auf 3 82. 1 1 Neben diesen türkischen Schulen wurden des Weiteren 50 pomakische und 53 tatarische Schulen errichtet. 12 Nach dem Ersten Weltkrieg versuchte man, die muslimischen Schulen zu säkularisieren und zu verstaatlichen. Nach den Gesetzen von 1920 und 1937 durfte der Anteil der religiösen Fächer nicht mehr als 2 5 % des Gesamtanteils betragen. Die naturwissenschaftlichen Fächer gewannen mehr Gewicht in den Bildungsplänen. Arabische und persische Sprachen wurden durch Französisch ersetzt. Nach dem Militärputsch vom 19. Mai 1934 fing die Zeit der Diskriminierung für die Muslime an. Mit allen Mitteln versuchte das System, die religiöse Erziehung auf minimalstes Niveau zu reduzieren. Die Stunden für den Religionsunterricht wurden eingeschränkt, und die Schulen der Pomaken geschlossen. Die Zahl der privaten Schulen schrumpfte von 344 auf 23. An diesen Schulen wurden 34.867 Kinder unterrichtet. 13 Der Mangel an Religionslehrerinnen machte einen Schulunterricht nicht mehr möglich. Das oberste Muftiamt beantragte Lehrerausbildungsschulen im Gebiet der
11 Vgl. Memi§, H., Gefmijten Günümüze, Bulgaristan'da Türk Egitim Tarihi, Ankara: 2002, S. 4 2 - 5 2 12 Vgl. Simsir, B„ a.a.O, S. 9. 13 Vgl. Jahrestatistik Bulgarien: 1938, 1940, 1944, S. 681, 716, 720.
Religiöse Erziehung der Muslime in Bulgarien
65
Pomaken, um einen regulären Unterricht zu ermöglichen. Im Jahre 1939 wurde die bulgarische Muhammedaner Geistliche Schule gegründet. 14 Das Ziel dieser Schule bestand darin, die Muslime zu assimilieren. Nach einer dreijährigen Ausbildungszeit wurde diese Schule im Jänner 1945 geschlossen, denn die Muslime wollten ihre Kinder nicht in diese Schule schicken. Im Schuljahr 1944/45 hatte diese Schule keinen einzigen Schüler mehr. Durch diese Diskriminierung wurden die Säulen der religiösen Erziehung zerbrochen. Nach dem Militärputsch vom 9. September 1944 konnte man nicht mehr von einer religiösen Erziehung sprechen. Nach dem Religionsgemeinschaftsgesetz von 1949 oblag die religiöse Erziehung dem Staat. 15 Lehrpläne für den Religionsunterricht wurden geändert. Zunächst wurden die Unterrichtsstunden auf zwei Stunden reduziert, anschließend endgültig verboten. Die Madrasas wurden entweder säkularisiert oder ganz abgeschafft. 1947/48 wurden die religiösen Schulen zu normalen Gymnasien umgewandelt, die Religionsstunden in diesen Schulen zunächst reduziert, und im Schuljahr 1 9 5 1 / 5 2 wurden sie verboten. 16 Vierzig Jahre lang gab es keinen Religionsunterricht. Während dieser Zeit wurde nur ein einziger Imamausbildungskurs vom Oktober 1986 bis 15. April 1987 angeboten, um die Kritik aus den islamischen Ländern zu umgehen. Die Lehrenden des Kurses waren vom Staat delegierte atheistische Dozenten. Für die Ausbildung der Imame, die dem Kommunismus entsprechen sollte, wurden vier junge Männer nach Taschkent gesandt. 17
5. I S L A M I S C H E E R Z I E H U N G N A C H DER W E N D E
Nach dem Beschluss der Verfassung von 1991 wurde die Freiheit der Religionsgemeinschaften wiederhergestellt. Danach haben die Muslime angefangen, ihre Institutionen wieder aufzubauen. Nach der Demokratisierung des Landes eröffnete das oberste Großmufti-Amt Bulgariens ein Vorbetergymnasium und eine Hochschule für islamische Bildung. Diese Schulen bauten auf der Tradition des ottomanischen und zaristischen Bildungssystems auf. Während der ottomanischen Zeit war ein funktionierendes Schulsystem vorhanden.
14 Vgl. Staatsarchiv, F.264 kHH 2002.
DÄNEMARK
- DENMARK
Isa Kuyucoglu
Muslims and Religious Education in Denmark
1. I N T R O D U C T I O N
Belonging to a certain religious tradition refers to, from the perspective of religious studies, believe in a transcendental being on the one hand, and pursues a lifestyle fostering the communication with this transcendental being on the other. An individual who believes in a religion seeks to communicate with the transcendental being he or she has a faith in by worshipping alone or in congregation to that being, and following the ethical and cultural principles of that religion. The identity of a believing person is not only formed by these, but also shaped by other behaviours and attitudes which he or she develops in daily mundane life not penetrated by religious organisations. The personal, parental and social behaviour of a believing person are determined by the social, cultural and ethical principles of the religion he or she believes in. Religion adds meaning and significance to human life when speech and action, talk and walk work in harmony. The subject of this article is Islam, Muslims and Islamic Education in Denmark. Before examining the conditions of Islam and Muslims in the context of Denmark it will be useful to look at the demographic structure of the country and provide general information about the legal issues surrounding religion and its social functions in society, and especially assess Islam and Muslims in Denmark since the 1960s when the process of migration intensified. In this context this article will analyse the religion course in primary and secondary schools, the situation of private Muslim schools and their curriculum, and moreover, the educative functions of mosques. Resources in local language (Danish) and in English were widely used and related internet websites were accessed during this examination.
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Isa Kuyucoglu
2. D E M O G R A P H I C S T R U C T U R E OF D E N M A R K
In January 2007, the whole population of Denmark counted 5.447.084, of it 477,000 foreigners.1 Among the foreigners, 147,175 come from European countries making up only 2.6% of the total population of Denmark. The number of immigrants who come from non-European countries reaches 330,525 or 6 % of the total population. The largest group of immigrants are of Turkish origin with a total number of 56,214, representing 1 2 % of the total immigrant population in the country. The second largest group of immigrants after Turks are of Iraqi origin (27,3 50), representing 5,7 % of the total immigrant population.2
2.1. Legal Position o f Religion in D e n m a r k a n d its Social F u n c t i o n
Basic principles regarding the legal status of religion in Denmark are defined by the Danish Constitution in the articles entitled "Religion and Religious Freedom." In the Fourth Article of the Danish Constitution, which was redesigned in June 5, 1953, it states that "The Evangelist-Lutheran Church called Folkekirke (People's Church) is the official church of the State of Denmark and supported by the state."3 The sixth Article of the Constitution stipulates for the king (or queen) of the country, which is governed as a monarchy, to be a member of the aforementioned church.4 Since the Danish Constitution does not contain any detailed information regarding the regulations and practices of other religions besides the Evangelic-Lutheran Church, questions and current issues on this topic are solved and regulated by the laws passed in the parliament or by acts accepted by the Ministry of the Church. Article 67 in the constitution of Denmark recognises the right for residents in Denmark to believe or not to believe and also to establish a religious community to provide religious services and nurture for its adherents as long as they do not violate the common ethical principles and the order of the society. This right does not only apply to the believers of a particular religion, but also includes philosophical or social movements and/or other movements, communities which do not believe in religion or are not considered part of the conventional religious traditions. Those individuals or groups who do not believe in any religious tradition have a right to disbelief and organise accordingly. The activities of People's
1
Those who became Danish citizens are not included in this number.
2
www.inm.dk
3 4
Grundlov, p. 12 Grundlov, p. 13
Muslims and Religious Education in Denmark
71
Church, which is the official religion of the state, are not only restricted to the religious realm, but also extended to various other services which can be considered as secular, such as birth, funeral, wedding and name giving ceremonies. Beside the Protestant-Lutheran church there are in Denmark about 1 5 0 religious and faith communities in different dimensions, The figure below (Table 1) shows the leading religious groups and their percentages in the country. Table i : The Leading Religious Groups and Their Percentages 5 Religious Croups The State Church (Evangelic-Lutheran)
Percentage % 83
Muslims
4-5
Catholics
0.7
Jehova Witnesses
0.3
Pentecostals
0.1
Baptists
0.1
Mormons
0.1
Members of Norwegian Lutheran Church
0.1
Buddhists
0.1
jews
0.1
Although the Constitution theoretically grants the right for other religious groups and communities besides the State Church to establish places of worship, cemetaries, nursing homes, schools, kindergartens, and bring religious leaders or servants from abroad for their communities, Muslims, however, experience some difficulties in these and other issues in practice. Muslims managed to gain the permission to open a separate cemetary for themselves in 2006 after waiting for many years. On the other hand, there is no permission granted in Denmark to construct a mosque with a minaret and dome, which are essential parts of Islamic architechture, albeit there is no preventing legal regulation, given the fact that this permission is given in several large metropolitan cities of Europe. Religious groups and communities beyond the official people's church are obliged to sign up as faith communities at the Ministry of Church in order to derive a benefit from some of the religious rights. Religious communities which are recognised as faith groups by the Ministry of Church gain certain rights, such as bringing religious servants from abroad into the country, conducting marriage contracts and acquiring a 5
http ://da. wikipedia.org/wiki/Danmarks_demografi
72
Isa Kuyucoglu
tax exempt status. Today there are approximately 1 3 0 faith communities belonging to varieties of religious traditions, and they are all recognised by the Ministry of Church as faith communities. More than 50 of these belong to various mosque associations established by Turkish immigrants. 6 In addition, 1 1 religious communities including Catholics and Jews managed to acquire special status as the system gave them more rights in the p r e - 1 9 7 0 period. In the past, various Muslim groups, expecting that Islam would be included in the same category, also applied to the official authorities of Denmark to have Islam officially recognised, but their applications were turned down by the authorities based on the argument that there was no difference between the recognition of a religious community as an official religion and as a religious community in practice.
3. ISLAM AND M U S L I M S IN D E N M A R K
3.1 Historical Background The history of Islam and Muslims in Denmark unfolds, according to historians, in general during the 1960s when the "guest workers", and the 1980s, when the "refugees" began to arrive in the country. However, Danish Islamologist, Jorgen Biek Simonsen, in his book "Islam in the Eye of Danish People 7 ," deliberately — and provocatively to a certain extent — argues Danish people have been in contact with Islam and Muslims for thousands of years and insists the thesis that the history of Islam and Muslims in Denmark started in the 1960s does not hold true. 8 According to Simonsen, Danish merchants and pirates had initial contacts with Muslim traders and got acquainted with Islam and Muslims since then when they travelled through other European countries for trade between the ages of 6 0 0 - 9 0 0 A . C . O n the other hand, beginning with the 7th Century A . C . for a period of nearly 400 years during which D e n m a r k accepted Christianity as its religion, the Danish people gained some information about the belief and culture of Muslims, which were considered to be a significant religious and military threat for other societies in Europe which became Christians much earlier. Arguing that Islam played a critical role in the process of Christianisation in Denmark, Jorgen Bask Simonsen 9 introduces different perspectives regarding Islam and Muslims which are widely discussed in the
6 7 8 9
http ://www.familiestyrelsen.dk/i i/godkendte-trossamfund/ Islam med danske ojne 2004 Simonsen 2004: 54 Simonsen 2004: 54
Muslims and Religious Education in Denmark
73
public sphere of Denmark. He advocates the idea that Danish society had direct or indirect contact with Islam and Muslims for a thousand years and had already developed a historical image of Muslims in their memory and conscience 1 0 . Even if the thesis that Danish society knew Muslims for such a long time and has a historical image of Muslims were to be accepted as true, Muslims began to settle in Denmark in practice towards the end of the 1960s and started to institutionalise themselves in the following years. Surely all these recent developments have important repercussions for today's discussion and circumstances, which constitute the main topic of this article.
3.2 Islam and Muslims today Like in other European countries even in Denmark Islam is the second largest religion. Towards the end of the 1960s, Denmark started to open its doors for workers with Muslim origin w h o came from Turkey, Pakistan, Morocco and the former Yugoslavia to complement the workforce much needed in the job market. The guest workers who migrated from those mostly Muslim countries in the 1960s usually came from rural areas where they experienced economic difficulties in finding a job to make a living. Initially, the first generation of Muslim immigrants who came on their own were predominantly male workers whose original plan was to earn some money and return back to their families and homeland. As the years passed, they realised that they would not be able to make enough money and accumulate the capital, that enables them to return home. Because the male workers could not live alone without their families anymore, they began to bring their families to Denmark. Within the scope of the family union Muslim immigrants continue bringing their families in the country, although a restriction which forbids the wandering of foreign workers was introduced in 1973.Muslims from Palestine, Iraq, Iran, Somalia and Bosnia started migrating to Denmark as refugees in the 1980s. Refugees from these countries were more educated and qualified young workers who did not have economic problems compared to the first generation of guest workers. In any case, Muslim guest workers, mostly for economic reasons, on the one hand, and refugees, for political reasons, on the other hand left their home countries and migrated to Denmark. Those migrant workers who came to Denmark in the 1960s are not visible in the job market today due to their retirement. Some of them passed away, and some others are spending their last moments in the country. Besides guest workers and refugees from the first generation, there is a considerable number of second and third gen-
10 S i m o n s e n 2 0 0 4 : 180
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eration Muslims who were born in Denmark and, moreover, there is an increasing number of ethnically Danish Muslims, although the exact number is not known. During the 1960s until now the leadership or representatives of the Danish majority developed differing discourses and strategies towards the existence of Islam and Muslims. Danish politicians, academicians and media organisations only looked at "guest workers" in the country who migrated from Muslim countries as a "labour force" which would satisfy their industrial needs and necessities, ignoring any discussion or serious thought about their cultural and religious identities until the 1980s. Since the 1980s and onwards, however, due to certain events which took place on the international arena, journalists, observers, social critiques and politicians gradually began to discuss the issues of the religious and cultural identities of immigrant Muslims, which became almost the most important topic regarding Islam.
3.3 Demographic Structure, Socio-Economic Situation A number of issues about Muslims in Denmark, such as their size and population, socio-economic status, their integration and participation in society in general, and so forth have been attracting the attention of many people and institutions daily in recent years. Politicians, media organisations and other representatives in the country want to determine the actual size of the Muslim population in Denmark. While some xenophobic politicians approach Muslims who live in Denmark as a factor of societal threat on the one hand, there are others who perceive them as an element of cultural variety and enrichment. It should be mentioned that it is almost impossible to know the definite number of the Muslim population in the country due to the fact that in Denmark it is prohibited by law to register people based on their religious belief and ethnic background. The available data about the number of Muslims in Denmark cannot provide hundred percent accuracy since the statistical research conducted on this issue is essentially based on the countries which the Muslims migrated from. In fact, among the immigrants who came from Muslim countries, although small in numbers, there is also a certain number of non-Muslims (or people with no belief at all). It would be useful, first, to make a clear definition of "Islam" and "Muslim" and define the concept of "Muslim" sociologically to initiate a research on the Muslim population in Denmark. In fact, defining the concepts of Islam and Muslims is not only a theoretical question, but also a descriptional, theological and organisational problem. If we were to define being a Muslim with being a member of a mosque association or Islamic centre and other organisations established by Muslims, we would encounter the problem of not considering those as Muslims who are not members
Muslims and Religious Education in Denmark
75
of a particular religious organisation. There are, however, many people who consider themselves Muslims, although they prefer not to become a member of a particular organisation established by Muslims. On the other hand, there are some other types of people who define themselves as "cultural Muslims", given the fact that they do not pray or follow Islamic principles. Taking the ethnic background into account in the census conducted contains a serious impasse and the difficulty when immigrants who came from predominantly Muslim populated countries are classified as Muslims. Jorgen Bask k Simonsen, who conducted statistical research on the demographic structure of Muslims in Denmark for the first time, concluded his research with a work in 1980, entitled Islam in Denmark11. Borrowing the statistical data he used in his research from the Statistical Institute of Denmark (Danmarks Statistik), Simonsen took the national background, i.e. the original countries where the Muslim immigrants came from as the basis for his study, ignoring their organic (or institutional) affiliations and associations. Simonsen calculated 57,079 as the total number of Muslims including (Danish) indigenous ones in 1990. Simonsen continued to study the number of Muslims in the following years, and determined their number as 73,901 in 1993, 86,436 in 1994, 149,063 in 1999, and finally 170,000 in 2001 (Table: 2) 1 2 . Table 2:The M u s l i m p o p u l a t i o n in D e n m a r k in recent decades, according to Jprgen Baek Simonsen.
Year
Population
1990
57,079
1993
73,901
1994
86,436
1999
149,063
2001
170,00
There are some other quantitative studies which have been conducted about the population of Muslims in a Danish context. According to the figures provided by the World Christian Encyclopedia^, which is accepted as a standard resource on religious groups and communities in the world, the number of Muslims in Denmark are: 55,000 in 1990, 62,000 in 1995, and 66,551 in 2000 14 . The figures provided here by this encyclopedia are not reliable due to the fact that information was gathered from local
11 Islam i D a n m a r k , 1 9 8 0 12 S i m o n s e n 1 9 9 4 : 1 7 ; 1 9 9 5 : 1 7 ; 1 9 9 9 : 18 ve 2002a: 2 3 - 2 4 13 W o r l d C h r i s t i a n Encyclopedia 14 Barret, Kurian ve J o h n s o n 2 0 0 1 1 2 3 6
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Isa Kuyucoglu
Christian communities, and moreover, there is no explanation given regarding the empirical method by which the data were collected or the research method was used. World Religions15 published in four volumes in 2002 provides somewhat similar figures to the aforementioned encyclopedia, but differs to some extent and includes a prediction about the future number of Muslims in Denmark. This book estimated that there were 66,000 in 2000 and predicted that the number of Muslims would increase to 90,000 by 2025 and 125,000 by 2050 in the country. These figures are much below the actual numbers. The most recent research on the Muslim population in Denmark was carried out by Nils Sandahl in 2004. 16 Using a similar method like that Simonsen used in his research, Sandahl determined that the number of Muslims in the country is 208,963 expanding the number of countries from which Muslims immigrated since 1944. 1 7 It seems that the closest estimation to the real figure is Sandahl's one if the other assessments are taken into account. It can be assumed that the general population of Muslims in Denmark is around 220—250 thousand, and some demographic characteristics of Muslims can be drawn from this estimate. The Muslim population in Denmark intensifies in metropolitan areas like Copenhagen, Aarhus and Odense, especially in the regions where public housing is available in large numbers. The determining reason why the first generation of Muslims particularly chose to reside in certain areas in large cities is the existence of associations, cultural centres, prayer rooms and mosques, private Muslim schools and halal slaughter places in these neighbourhoods. The second and third generation of Muslims, who are in a better social and economic condition compared to the first generation, generally reside in suburbs or neighbourhoods well outside of public housing regions. Unlike the first generation who had planned for a long time to return to their countries of origin one day and designed their lives in Denmark accordingly, the second and third generation of Muslims began to purchase properties, appartments and private houses depending on their economic wealth, because they chose Denmark as a country where they would live and spend the rest of their lives. Whereas the first generation of Muslims usually worked in factories with a status of unqualified workers, the work status of the second and third generation of Muslims is quite different. It can be observed that the number of second and third generation Muslims, who do not experience language problems in communication, who enter
15 Religions o f t h e W o r l d 16 Nils Sandahl (2004) Islams ansigter 17 Sandahl, 2004: 1 5 4
Muslims and Religious Education in Denmark
77
different professions or attend universities at undergraduate or graduate level inclines to increase. Gravitating steadily more towards professions such as teaching, doctors of medicine, education, and attorneys at law, the second and third generation of Muslims visibly form good role models for the following younger generations. Recent studies demonstrate that the number of female students who attend higher education and universities exceeds that of male students. There is also a significant increase in the number of Muslims, as observed in recent years, who chose to establish their own businesses, restaurants, or other commercial enterprises in Denmark.
3.4 Muslim Organisations Islam became much more visible in Denmark when Muslims began to institutionalise through establishing associations, cultural centres, mosques and private Muslim schools after family reunifications which intensified starting from the 1980s. In this section, we will discuss how much space has been created for Islamic education in the religion course curriculum taught in primary and secondary public schools and try to develop an answer to the question of the extent to which Muslims learn about their religion in these courses and, then, examine the situation of private Muslim schools in Denmark.
3.4.7 Religion Course in Primary Schools in Denmark Compulsory education in primary schools lasts 9—10 years in Denmark, and the course of Knowledge of Christianity (Kristendomskundskab) is taken by all students starting from the first grade until ninth grade. In the curriculum of the course of Christianity in primary schools, mostly the creed of Christianity and the forms of worship are covered and taught. The study of other religious faiths and traditions takes place in later grades, however the coverage is minimal, and contemporary religious faiths, their ethical principles and styles of worship, their views of life and human beings are briefly taught as well. 1 8 Students in higher grades in particular are taken by their religious study teacher to the church at certain times since the schools work in collaboration with the priests at local churches to enable students to practice what is being taught in religious rituals such as baptism and adherence to the church. The subject of Islam is covered partially and minimally only in the curricula of higher grades as far as the religion course is concerned, where Christianity is predomi1 8 Formal og centrale kundskabs- og ferdighedsomräder : Folkeskolens fag, s. 24
78
Isa Kuyucoglu
nantly taught. It is a seriously missing dimension of primary education in Denmark where children who are exposed to Muslims in their neighbourhoods and at pre-K school education do not receive any information about Islam and Muslims in the early years of their primary schooling. Some teachers, however, who teach religion courses in primary schools modify the curriculum and teach about Islam in earlier grades by looking at the demography of Muslim students in relevant primary schools and also by conforming to the public regulations and administration in this regard. The discussions on religion which have surfaced in recent years in both civic life and the public sphere also influence the issue of teaching religion in schools. The content of the religion course, its curriculum and teaching method may differ depending on the educational programme of the political party who comes to power, however, its basic principles are preserved. The coalition government, which has been in power for the past six years, managed to acquire the majority of votes in order to establish a new government after the parliamentary elections on November 1 3 , 2007. The character and content of the religion course along with its teaching method was changed in recent years by the Ministry of Education since the Danish People's Party (Danske Folkeparti), which supports the government from the outside and also is well known for its xenophobic (especially anti-Islamic) rhetoric and discourse in general, strongly argued that the course of Knowledge of Christianity in schools must be confessional in teaching style and based on a purpose which would enable students to acquire a Christian conscience. With legislation passed in the parliament in December 7, 2007, the course of Knowledege of Christianity in primary schools was included in one of the subjects in which each student must take an exam.
19
According to recent changes in the cur-
riculum students are given the right to exemption from this course, but those students who want to increase their points are given a chance to take the exam in this subject. The name, content and teaching method of the course of "Knowledge of Christianity" in primary schools has been criticised repeatedly by political organisations, intellectuals and educators. The criticism raised by various organisations and intellectuals has intensified on the issue that the course of "Knowledge of Christianity" should be transformed into a "Religion Course" to be impartial and give more space to other religious traditions in a society like Denmark which has become multicultural and multifaith during the last decades.
1 9 In the applications before, one had to take exams only in Danish, Mathematics and English.
M u s l i m s and Religious Education in D e n m a r k
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3.4.2 Religion Course in Secondary Education After taking the course on Christianity in primary education, students attend a religion course in the third year of high school or equivalent school level. In the teaching of religion in high school or equivalent schools, certain subject matters such as fundamental creed of Christianity, stories of the Old and New Testament, history of Christianity, the role of Jesus in religion, intellectual figures such as Seren Kierkegaard and Grundtvig who left historical marks in the Danish cultural and national memory, are given higher priority. 20 The religion course is taught one hour a week, and the concepts of religion and culture are examined both from inside and outside perspectives. The aim is to enable students to recognise and familiarise themselves with the cultures and beliefs of followers of other religious traditions.During the hours of the religion course, other religions, besides Christianity, such as Judaism, Islam, Hinduism, Buddhism, Chinese and Japanese religions along with their language, fundamental creeds and rituals are studied. Some other beliefs such as totemism and animism, which are considered as primitive communities by historians of religions when they examine various theories of religion, are also covered in this course.lt should be mentioned that other religions usually take more coverage in the religion course taught at high school level in Denmark. Although a minimal space is given to Islam in the curriculum of the religion course, major themes selected from The Qur'an, Islamic beliefs, rituals and ethical principles are introduced during the syllabus. Moreover, the concept of prophethood, the life of the Prophet Muhammed and his role in Islam are examined. Fundamental principles of belief in Judaism, Christianity and Islam, known as Abrahamic religions, their worldviews and perspectives of human beings are all taught comparatively. Besides, newer movements like Islamism, fundamentalism and political Islam are some of the subjects that are also discussed where Islam is concerned.
3.4.3 Private Muslim Schools Any organisation or cultural centre has a right to establish a private day care centre or private school to provide religious education in Denmark as long as they conform to the necessary legal procedure and regulation. The law and regulations in this country anticipate financial aid provided by the state to minority schools established by foreigners (although their schools are religiously based on their own tradition). Almost all religious communities, including Catholics, Jews and Muslims, have their own private religious schools because the state of Denmark subsidises this kind 20 http://www.unm.dk/
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of schools and provides financial aid for their educational expenses up to a level of 7 0 % if these schools are established by a school association or private foundation. There are some other types of private schools which are initiated by groups of people who have different worldviews and also different pedagogical philosophies besides these religious schools, and these schools also benefit from the same financial aid programme provided by the Danish state. A group of guardians of children who came to Denmark towards the end of the 1960s and gathered around the Islamic Cultural Centre established the first private Muslim school in Copenhagen in 1978. Many people thought that this attempt, assuming that Muslims would not stay in Denmark for a long time, would contribute positively to solve the problems of the integration into the larger society for Muslim students who experienced some difficulties in public schools. Muslim private schools accepted all applying students who came from different Islamic countries in those years, since there was ample space in every classroom due to the lack of Muslim populations in the neighbourhoods, but as the Muslim population increased towards the end of the 1980s, each migrant community began to establish their own schools. In the 1980s, Turks, Arabs and Pakistanis established their own private schools in Copenhagen, Arhus and Odense, and in the 1990s those who came as refugees to Denmark from Somalia, Palestine and Iraq also opened their own schools. There were 22 private Muslim schools in Denmark during the school year of 2 0 0 7 - 2 0 0 8 , mostly operating in metropolitan cities. Four of these schools opened in 1 9 7 0 and 1980, twelve schools in 1990, and six of them began their education in 2000. 2 1 Parents who want their children to have a good education while acquiring and preserving their own cultural and religious values began to prefer these Muslim schools. Their numbers increased daily together with an improved quality of education, curriculum and physical setting and, moreover, the number of their graduates attending university or some form of higher education also significantly increased in recent years. According to recent research published by Nyhedsavisen Newspaper on March 3, 2008, Muslim schools are considered among the most successful schools in terms of students' success in school grades and the school's ability, supported by various programmes, to prepare their students for real life. Based on the survey conducted in 1 6 schools in the Copenhagen region, the average grade in private Muslim schools revolved around 7.36 and 8.39 while the average in state public schools was between 7 . 1 8 and 7.29.
21 Ihl; 2007: 47
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M u s l i m s and Religious Education in Denmark
The causes of the success of these private schools, based on the results of this survey, are explained in multiple ways: the students who want to enrol at these schools have to pass certain tests, the schools provide guidance for students according to the abilities and preferences o f each student, the freedom o f these schools to select and hire their own teachers based on their needs and visions, and finally, the relationship of trust between parents and schools, students and teachers.
22
Private schools follow the curriculum in its general scope designed by the ministry o f education, but they can add different courses and subjects such as religion courses and languages, thereby differentiating themselves from state schools. During the early grades o f these schools Danish, English and Mathematics are compulsory, covering the most space in the curriculum, and German and French are taught among the electives. Moreover, Arabic, Turkish, Urdu and Somali are also taught as foreign languages depending on the requests o f the majority o f parents. Courses such as knowledge o f nature, physics, chemistry, computer and information technology have a special place in their curricula since these schools place particular emphasis on technology, physics and nature. In addition, history, knowledge o f society, physical education and music courses find their place in the curricula o f these types o f schools as well. The inspection and control on these schools, however, intensified considerably in recent years due to the criticisms raised by a certain segment o f Danish society arguing that the Muslim schools, where the majority of students were children of migrant families and where generally Danish students do not enrol, hinder integration and raise an alternative community parallel to the overall society. In response to these criticisms, the school managements and parents claim that, quite to the contrary, by the education these schools provide students are able to learn and develop their own cultural and religious identities in a way allowing them to express themselves well in the public sphere, thus reducing the tension between the student's mother tongue and the Danish language and integrate them into larger society. The reason why parents choose to send their children to Muslim schools is the impression given to them by the managements and teachers of state schools that they do not show sensitivity or enough understanding for the situation of Muslim students when integrating into a new cultural environment or do not show respect concerning the Muslim food regulations and the covering after sport lessons.The education implemented in Muslim schools carries the qualities and characteristics of both the Danish educational system and the cultural and religious values of students. While 2 2 03.03.2008 http://avisen.dk/
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Muslim students preserve their own religious and linguistic attributes, they also acquire the common conscience of being part of the whole as they internalise the conventional values which are accepted by the majority in Danish society. The following section will examine mosques and their functions as they become the location of religious education and informal education for Muslims in Denmark.
3.4.4 Mosques and their Functions It is a widespread conviction among Muslims that constructing a mosque is prohibited by law in Denmark due to the fact that there was no official permission given by the state to construct a mosque with a dome and minaret until now, although the Danish constitution does not contain any regulations that would prevent any follower of a religious tradition to establish a place of worship to implement necessary rituals or religio-cultural institutionalisation. 23 Many of the mosques in Denmark, with a very few exceptions, were transformed into a mosque from houses, stores, workshops and warehouses after necessary modifications, and for this reason, they are not physically suitable, or in other words, very friendly places for social, cultural, educational and leisure time activities other than rituals and praying. The first mosque was established in 1967 by the Ahmadi Q'adianies movement in the region of Hvidovre adjacent to Copenhagen. The following years witnessed a gradual increase in the number of mosques constructed in the country parallel to the increase of the Muslim population. The total number of mosques and masjids is around 1 1 5 throughout the country, but they are mainly concentrated in large metropolitan cities like Copenhagen, Arhus.Odense and their neighbourhoods.
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The mosques derive their income especially from monthly fees. But the expenses of education in mosques, namely the religious education and teaching of the Quran, are financially supported by certain funds in municipalities as mandated by the Law of Public Enlightenment (Folkeoplysningsloven). The majority of municipalities do not provide financial aid for religious education, but there are some districts which help out in sponsoring educational activities designed for children and teenagers. According to a sociological survey conducted on the level of attendance at a mosque in Denmark, the proportion of men who go to mosques regularly is around 30 %, compared to 20 % among women. This percentage turns into 3 9 % among men and 1 1 % among women at Jum'ah prayers. The reason for the lower attendance among women in terms of 2 3 For more information concerning the disputes about the mosques in D e n m a r k see : www.moskeen.dk 24 Kühle, 2006 s. 83
M u s l i m s a n d R e l i g i o u s E d u c a t i o n in D e n m a r k
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percentage is explained in different ways; physical conditions in many mosques prevent them from attending, the existence of Islamic principles which do not prescribe female attendance, and traditional beliefs and customs of various communities which do not welcome their attendance much. Mosques provide religious education for adults (men and women) and particularly for children and teenagers. Private lessons for interested adults for learning the Quran are organised at certain times of the week, and special circles on learning fundamental principles of religion or gatherings relating to popular issues on religion are also offered in mosques. Informal religious talks and lectures are given during religiously important days and nights such as in Ramadan, Jum'ah and Eid days in mosques besides the formal education provided for children and adolescents during the weekend. Although periodical seminars and conferences are organised for adults and youngsters in mosques, these activities still are far from responding to the needs and queries of young Muslims who are raised and socialised in the Danish educational and cultural environment. Especially the teaching of religion for boys and girls during the weekend is mostly provided by graduates of theology schools who do not know the Danish language and culture since they arrived in the country later. These latecomers of religious servants teach youngsters Quran and fundamental practical knowledge of the Islamic creed, rituals and ethical principles. Achieving successful results for this educational enterprise, which is offered only upon the request of communities in mosques, depends on the qualification of the religious servant and the importance and care the parent of a child places on this educational activity.
CONCLUSION
The existence of Islam and Muslims in Denmark is still regarded as strange by some groups, although Islam is the second largest religion in Denmark similar to its position in the rest of European countries, and despite the fact that Muslims have been living in this country for over fifty years. The majority of Muslims in Denmark, however, who have been living there since the 1960s, regard themselves as Danish Muslims while considering themselves as a part of the Danish society anyway. Many of the Muslim communities, respecting and supporting democracy and basic human rights, feel very uncomfortable about negative discussions or representations of Islam and Muslims with the exception of a few marginal and radical groups. While Denmark ethnically and religiously did not have a multicultural tradition and experience paralleling that of European Union countries like Germany, France
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and Britain — to the contrary, it was a homogeneous nation before the 1960s — the country began to change and is going through some transformation after the migration of guest workers following the 1960s and the arrival of refugees after the 1980s. The issues or problems experienced between the majority and the minority of Muslims in the country are in fact sociological problems exposed in the process of transition from a homogeneous societal structure to a multi-faith and multicultural heterogeneous societal condition. In the process of this societal change, the natural demands of the Muslim minority for fulfilling their communities' religious services and needs, such as religious education, construction of a mosque, bringing a religious leader, or imam, from abroad, teaching of religion in schools, and requesting a separate property for a Muslim cemetary — which are to be considered within the scope of general human rights — are at times still regarded by some groups amongst the majority as a threat or protest against the common, widespread norms and values in the society. Because the name of the religion course is entitled the Knowledge of Christianity in primary education, the form of religious education at this level is heavily aligned with Christianity. In this regard, Denmark displays a more conservative attitude than, for instance, its neighbour Germany. Islam is taught very little during the religion course in primary schools, and when it is taught it is taught with a negative attitude, forcing the parents of Muslim children to establish private Muslim schools. The private schools opened by Muslim communities in Denmark are financially supported by the state unlike in other countries in Europe, and this factor, it can be argued, surely contributes positively to the integration of Muslims into the larger society as it increases their trust in the system. The parents, who choose to send their children to the private schools, while expecting their children to learn their religion and mother tongue, also want them to acquire a good education which helps them to integrate into the larger Danish society while preserving their cultural values. As these private schools become more experienced, they will definitely contribute more with a better quality education to the social integration of Muslim immigrants in the near future.
Translatedfrom Turkish by Fattma Yildiz Kenan BIBLIOGRAPHY
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DEUTSCHLAND -
GERMANY
Bülent Ucar • Yajar Sankaya 1
Der islamische Religionsunterricht in Deutschland: Aktuelle Debatten, Projekte und Reaktionen 1. E I N L E I T U N G
Der Islamunterricht ist in Deutschland ein neues Phänomen, das sich erst nach dem Prozess der Niederlassung der Muslime in Deutschland entwickelte. Heute leben in Deutschland drei bis vier Millionen Muslime, von denen etwa 2,7 Millionen türkischer Herkunft sind. 2 Die Zahl der muslimischen Schülerinnen, die eine Primär- oder Sekundärschule besuchen, beläuft sich auf ca. 900.000. 3 Im größten Bundesland Nordrhein-Westfalen leben rund 300.000 muslimische Schülerinnen. Der Großteil der Muslime in Deutschland — etwa rund 70 % - sind türkischstämmig. Aufgrund der verstärkten Arbeitsmigration in den 1960er- und 70er-Jahren sind neben türkischen Muslimen vor allem Muslime aus Bosnien, Marokko und Tunesien nach Deutschland eingewandert. Im Laufe der Zeit, insbesondere in den i99oern, kamen zahlreiche politisch verfolgte Muslime aus aller Welt nach Deutschland, sodass sich die ethnische Zusammensetzung der Muslime dadurch auch entsprechend veränderte. Obwohl die genaue Zahl nicht ermittelbar ist, müssen in diese Rechnung noch die deutschstämmigen Muslime hinzugefügt werden. Der Islam hat in Deutschland jedoch eine Geschichte, die noch vor die Arbeitsmigration reicht. Insgesamt war die Zahl der Muslime in der Zeit vor den i96oer-Jahren recht überschaubar, und damit hatten auch ihre religionsbedingten gesellschaftspolitischen Ansprüche keine hohe Bedeutung. Dies sollte sich vor allem nach der Familienzusammenführung in den späten 1970er-
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Die Autoren danken Gisela Krey für ihre Bemerkungen zum vorliegenden Artikel. Siehe für andere Daten auch Religionswissenschaftlicher Medien- und Informationsdienst, „Religionen in Deutschland: Mitgliederzahlen", Sommer 2006, (20.03.2008).
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Siehe Peter Phillipp, „Neues Institut für islamischen Religionsunterricht", 27. 7. 2004, (21.03.2008). Das Zentralinstitut Islam-Archiv benennt 1996 eine Zahl von 780.000. Siehe hierzu Hasan Alacacioglo, „Außerschulischer Religionsunterricht für muslimische Kinder und Jugendliche türkischer Nationalität in N R W " (Dissertation, Universität Münster, 1999), S. 17.
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Jahren verändern. Aufgrund des Wunsches, den eigenen Kindern eine religiöse Bildung und Erziehung zukommen zu lassen, richtete sich der Focus auf den schulischen Religionsunterricht. Denn in den letzten drei Dekaden hat sich die demografische Zusammensetzung der muslimischen Gemeinschaften ebenfalls entscheidend verändert. Insbesondere in den Städten und Orten, in denen die Anzahl der muslimischen Mitbürger hoch ist, erreichte der Anteil der muslimischen Schülerinnen und Schüler an der Gesamtschülerzahl mittlerweile bis zu und teilweise mehr als 50 % . Der schulische Religionsunterricht ist in Deutschland ein im Grundgesetz verankertes ordentliches Lehrfach 4 und wird in Zusammenarbeit mit den Kirchen erteilt. Daher beanspruchten viele Muslime bereits in den i97oer-Jahren des vergangenen Jahrhunderts auch für ihre Kinder einen Religionsunterricht an den öffentlichen Schulen, und zwar islamischen Inhalts. Spätestens gegen Ende der I970er-Jahre wurde dies zu einem Thema in der Öffentlichkeit und insbesondere auf die Tagesordnung von Religion, Bildung und Politik gesetzt. Nach einem Vierteljahrhundert und nach zahllosen pädagogischen, politischen und juristischen Debatten sowie auf nachdrückliche Forderungen verschiedener religiöser und politischer Gruppierungen hin sind sich heute fast alle Interessengruppen darüber einig, dass an den öffentlichen Schulen Deutschlands ein islamischer Religionsunterricht einzuführen ist. In vielen Bundesländern laufen gegenwärtig Projekte und Schulversuche mit verschiedenen Namen und unterschiedlichen Ansätzen, Konzepten und Lehrplänen. Juristische Diskussionen über die rechtlichen Grundlagen eines Islamunterrichts an den Schulen, der gemäß dem Grundgesetz und den Gesetzen der Länder erteilt werden sollte, haben daher wenig Brisanz. Vielmehr konzentriert sich die Frage nachhaltig auf wesentliche Punkte wie Lehrpläne, Schulbücher und Ausbildung der Lehrer. Die Angelegenheit wird nun im Rahmen der Integration von Türken und Muslimen in die deutsche Gesellschaft besprochen. Man hofft, dass der islamische Religionsunterricht einen wesentlichen Beitrag zu einer noch nicht gelungenen Integration leisten wird. Der islamische Religionsunterricht stößt in Deutschland aufgrund seines besonderen Charakters und wegen der Erwartungen an ihn in den bildungspolitischen Diskussionen auf relativ großes Interesse. Bis heute sind zahlreiche Publikationen, Sammelbände und Tagungsbeiträge zu dem Thema erschienen. 5 Zudem wurden be4
Art. 7, Abs. 3, GG lautet: „Der Religionsunterricht ist in den öffentlichen Schulen mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen ordentliches Lehrfach. Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechtes wird der Religionsunterricht in Ubereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt. Kein Lehrer darf gegen seinen Willen verpflichtet werden, Religionsunterricht zu erteilen."
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Siehe hierzu insbesondere Ali-Ozgür Ozdil, Aktuelle Debatten zum Islamunterricht in Deutschland. Religionsunterricht - Religiöse Unterweisung für Muslime - Islamkunde (Hamburg: E. B.Verlag, 1999); Thomas Bauer et al. (Hg.), Islamischer Religionsunterricht: Hintergründe, Probleme, Perspektiven (Müns-
Der islamische Religionsunterricht in Deutschland
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reits 14 deutschsprachige Lehrpläne und Richtlinien für den Islamunterricht von verschiedenen muslimischen Organisationen, darunter dem IPD Köln 6 und dem Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) 7 , oder von staatlichen Institutionen wie dem Landesinstitut für Schule und Weiterbildung in Soest, dem Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus und dem Niedersächsischen Kultusministerium, vorgelegt.8 Darüber hinaus wurden inzwischen die ersten Erfahrungen mit dem Islamunterricht, der derzeit in den Schulen unter verschiedenen Bezeichnungen wie Islamische Unterweisung oder Islamkunde angeboten wird, dokumentiert und vorgestellt.9 In der Türkei jedoch fand der Religionsunterricht für Muslime in Deutschland erst gegen Ende der i98oer-Jahre eine gewisse Aufmerksamkeit. Die ersten, uns bekannten systematischen Untersuchungen stammen aus der Feder von zwei Religionspädagogen der Türkei: von N. Yajar Ajikoglu 1 0 und Cemal Tosun. 11 Auf dem Kongress „Türkiye ve Almanya'da Islam Din Dersi Tartijmalari", organisiert von Cumhuriyet Üniversitesi/Sivas und der Konrad-Adenauer-Stiftung, wurde die Frage aus verschiedenen Perspektiven erörtert und diskutiert. Heute lässt sich von einem Boom wissenschaftlicher Studien zum islamischen Religionsunterricht in Deutschland sprechen. Die Zahl der Untersuchungen steigt unablässig an. Die meisten davon zielen darauf, die in den Ländern laufenden Projekte vorzustellen 12 oder die juristische Lage des Faches gemäß dem Grundgesetz zu befrater: LIT Verlag, 2003); Wolfgang Bock (Hg.), Islamischer Religionsunterricht? Rechtsfragen, Länderberichte, Hintergründe (Tübingen: Mohr Siebeck, zooö); Stefan Reichmuth et al. (Hg.), Staatlicher Islamunterricht in Deutschland — Die Modelle in NRW und Niedersachsen im Vergleich (Münster: LIT Verlag, 2006). 6 Vgl. „Rahmenplan für den Islamischen Religionsunterricht. Primarstufe Klasse 1—4", 2. Auflage, Köln 2000, (20.3.2008). 7 Vgl. Entwurf eines Lehrplans fiir Islamische Religionslehre (Grundschule), Köln 1998. 8 Harry Behr machte diese Lehrpläne zum Gegenstand seiner Dissertation. Siehe Behr, Harry: Curriculum Islamunterricht. Analyse von Lehrplanentwürfen für islamischen Religionsunterricht an der Grundschule. Ein Beitrag zur Lehrplantheorie des Islamunterrichts im Kontext der praxeologischen Dimension islamischtheologischen Denkens (Promotion 2005 im Fach Religiöse Sozialisation); (28.5.2008). 9 Für eine umfassende erste Zwischenbilanz zum Schulversuch siehe: Eckart Gottwald und Dirk Chr. Siedler, Islamische Unterweisung in deutscher Sprache. Berichte, Stellungnahmen und Perspektiven zum Schulversuch in Nordrhein-Westfalen (Neukirchen-Vluyn, 2001); Michael Kiefer, Islamkunde in deutscher Sprache in Nordrhein-Westfalen (Münster: LIT Verlag, 2005). 10 Vgl. Yajar N . Ajikoglu, Almanya'da TemelEgitimdeki Türk Qocuklanntn Din Egitimi (Ankara: Diyanet Vakfi Yayinlan 1993). 11 Vgl. Cemal Tosun, Din ve Kimlik (Ankara: Türkiye Diyanet Vakfi Yay, 1993). 12 Siehe Ali-Özgür Özdil, Aktuelle Debatten zum Islamunterricht in Deutschland. Religionsunterricht - Religiöse Unterweisung für Muslime —Islamkunde (Hamburg: E. B. Verlag, 1999).
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gen. 1 3 Die pädagogische und curriculare Dimension der Frage (wie Inhalt, Themen, Ziele etc.) ist jedoch bisher durch die politische und juristische Diskussion in den Hintergrund getreten. Da sich der islamische Religionsunterricht in Deutschland noch in der Phase der Etablierung befindet, lassen sich andauernd Änderungen und neue Entwicklungen in diesem Bereich verzeichnen. Daher verlieren die bisherigen Studien schnell ihre Relevanz für die Erklärung und Darstellung des Gegenstandes. Das wird auch für die derzeit laufenden Forschungen der Fall sein. Zudem sind die jüngsten türkischsprachigen Arbeiten für die Darstellung der aktuellen Debatten, Modelle und Reaktionen zum islamischen Religionsunterricht in Deutschland wenig relevant. 14 Dieser Beitrag hat das Ziel, einen Überblick über den aktuellen Stand der Debatten, Schulversuche und Reaktionen zu geben. Dazu wird zunächst der Status des Religionsunterrichts in Deutschland behandelt. Daran schließt sich die Darstellung der historischen Entwicklung des islamischen Religionsunterrichts an. Im Mittelpunkt steht jedoch der aktuelle Stand der laufenden Modelle und gegenwärtigen Diskussionen.
2. DER STATUS DES R E L I G I O N S U N T E R R I C H T S IN D E U T S C H L A N D
Die juristische Grundlage des Religionsunterrichts in Deutschland ist der Artikel 7 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland. Der Abschnitt 3 dieses Artikels schreibt vor, dass „der Religionsunterricht in den öffentlichen Schulen mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen ein ordentliches Lehrfach" ist. „Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechtes wird der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt. Kein Lehrer darf gegen seinen Willen verpflichtet werden, Religionsunterricht zu erteilen." 1 5 Aus dem Grundgesetz ergibt sich, dass der Religionsunterricht als integrierter Teil des Unterrichts in allen Schulformen unter staatlicher Aufsicht steht. Die inhaltliche Ausgestaltung ist hingegen Angelegenheit der Religionsgemeinschaften. Die Reli-
13 Siehe Martin Heckel, Religionsunterricht für Muslime? Kulturelle Integration unter Wahrung der religiösen Identität. Ein Beispiel für die komplementäre Natur der Religionsfreiheit, in: Islamischer Religionsunterricht, hrsg. v. Urs Baumann (Frankfurt am Main: Lembeck, 2002), 7 9 - 1 2 9 ; Mathias Rohe, Der Islam. Alltagskonflikte und Lösungen (Freiburg: Herder Verlag, 2001). 14 Neuerdings ist der Artikel von Hayrettin Karaman „Din Dersinde Almanya Ornegi" (Das Beispiel Deutschlands für den Religionsunterricht) in der türkischen Tageszeitung Yeni §afak erschienen. Er gibt nur knappe Informationen über das Modell in Rheinland-Pfalz. Yeni §afak vom 14. 10. 2007 und 18.10.2007. (20.3.2008). 15 Siehe oben: Fußnote 4.
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gionsgemeinschaft entwickelt Lehrpläne bzw. segnet diese ab, approbiert die Schulbücher für den Religionsunterricht und überprüft die Einhaltung ihrer kirchlichen Lehre. Religionslehrer bedürfen einer eigenen Beauftragung durch die Kirche, der Missio canonica. Der Religionsunterricht ist also eine gemeinsame Angelegenheit (res mixta) von Staat und Religionsgemeinschaften. Die im Religionsunterricht von den Schülern erbrachten Leistungen werden benotet. Diese Noten sind versetzungsrelevant. Wie jeder ordentliche Unterricht ist der Religionsunterricht grundsätzlich vom Schulträger mit eigenen Lehrkräften zu unterrichten und zu finanzieren. Der Staat ist zur weltanschaulichen Neutralität verpflichtet, er garantiert die Freiheit jeder Religionsausübung. Daher sind die Religionsgemeinschaften unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechtes für die Inhalte ihres Religionsunterrichts verantwortlich. Sie leiten die Inhalte für den Religionsunterricht von ihren Glaubensaussagen ab. Diese sind weder neutral noch objektiv, sondern konfessionell positiv gebunden. Sie dürfen aber die Grundrechte Einzelner nicht verletzen. Der Religionsunterricht wird grundsätzlich von staatlichen Lehrern unterrichtet, die beide Staatsexamina haben, auf die Verfassung vereidigt sind und über die Zulassung (evang.: vocatio, kath.: missio canonica) der jeweiligen Religionsgemeinschaft verfügen. Die Religionsgemeinschaften haben das Recht, durch Einsichtnahme in den Unterricht zu prüfen, ob dieser mit ihren Grundsätzen übereinstimmt. Sie können bei schwerwiegenden Verstößen gegen ihre Glaubenslehren der Lehrkraft die Vokation bzw. Missio entziehen. Die Lehrkraft ist dann nicht mehr zur Erteilung von Religionsunterricht berechtigt. Auch der Staat hat das Recht zu überprüfen, ob der Religionsunterricht den staatlichen Anforderungen an die Schule genügt. 16 Der vom Grundgesetz vorgesehene Religionsunterricht wird in den meisten Bundesländern evangelischen und katholischen Schülern getrennt erteilt. In Bezug auf den Islam hingegen haben die Ministerien die Verpflichtung zur Erteilung von Religionsunterricht bisher aus formalen Gründen abgelehnt. Die juristischen Debatten hierzu gehen weiter. Auch die in vielen Bundesländern gegenwärtig laufenden Schulversuche zum Islamunterricht bieten keinen Religionsunterricht im Sinne des Grundgesetzes (Art. 7, Abs. 3 G G ) an. 16 Für Religionsunterricht in Deutschland siehe: Ernst Christian Helmreich, Religionsunterricht in Deutschland: Von den Klosterschulen bis heute (Hamburg: 1966); Alexander Hollerbach, Der Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach an den öffentlichen und freien Schulen in der Bundesrepublik Deutschland, in: Gott - mehr als Ethik. Der Streit um LER und Religionsunterricht, hrsg. v. Albert Biesinger und Joachim Hänle (Freiburg: Herder Verlag, 1998), 1 3 3 - 1 4 6 ; Rainer Lachmann, Bernd Schröder (Hg.), Geschichte des evangelischen Religionsunterrichts in Deutschland: Ein Studienbuch (Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag, 2007).
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Die Teilnahme des Kindes am Religionsunterricht erfolgt nach Entscheidung der Erziehungsberechtigten (Art. 7 Abs. 2 G G ) . Die Schüler haben in den meisten Ländern bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres, in Bayern und dem Saarland bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres der Entscheidung der Erziehungsberechtigten zu folgen. Wie die Praxis zeigt, nehmen die katholischen Schüler am katholischen und die evangelischen Schüler am evangelischen Religionsunterricht teil. Nach Schätzungen bewegt sich bundesweit der Anteil der Schüler, die nicht am Religionsunterricht teilnehmen, bei drei Prozent. In einigen Bundesländern müssen diese Schüler einen staatlich eingerichteten Ethikunterricht oder das Fach Philosophie besuchen. 1 7 Die Kirche in Deutschland ist auch im Bereich „Gesundheit und Bildung" tätig. Es ist daher nicht verwunderlich, dass ein wesentlicher Teil der Grundschulen von der katholischen oder evangelischen Kirche getragen wird. Der konfessionelle Religionsunterricht an diesen Schulen ist obligatorisch. Lehnt ein Schüler ihn ab, hat die Schule das Recht, ihn nicht zu beschulen. In den konfessionellen Schulen ist der unmittelbare Einfluss der Religion auf die Bildung und Erziehung deutlich. Das Schuljahr beginnt mit einer Einschulungsfeier und endet mit der Entlassfeier in der Kirche, wobei ein ökumenischer Gottesdienst mit Predigt und religiösen Liedern unerlässlich ist. Die Schüler werden zur Kirche gebracht und in den Gottesdienst eingewiesen. In der Adventszeit bereitet man sich auf Weihnachten vor. 1 8 Das Weihnachtsfest wird feierlich - nicht selten mit einem szenischen Spiel - begangen. In die konfessionelle Schule werden grundsätzlich die Kinder aufgenommen, die der Konfession angehören, zu der die Schule gehört. Dennoch werden auch Kinder anderer Religionen und Konfessionen akzeptiert, wenn deren Eltern das Einverständnis zur Teilnahme am Religionsunterricht und an den Gottesdiensten in der Kirche geben. Ohnehin zieht ein Teil der türkischen Eltern diese Schulen vor, weil sie ihrer Meinung nach eine bessere Ausbildung versprechen. Der Wunsch der Eltern, ihr Kind vom Religionsunterricht zu befreien, wird jedoch bereits bei der Anmeldung zurückgewiesen. In den staatlichen Schulen hingegen brauchen muslimische Kinder nicht am christlichen Religionsunterricht teilzunehmen. Gleichwohl bleibt das Kind während der Religionsstunde in der Klasse oder wird in eine andere Klasse geschickt, wenn es 17 Vgl. Deutsche Bischofskonferenz, Schulischer Religionsunterricht, August 2005 (29.6.2006). 18 In den Fenstern hängen Sterne und andere Figuren aus Papier. In vielen Klassen findet man in diesen Wochen einen Adventskranz, aus grünen Tannenästen gebunden. Auf ihm stecken vier Kerzen. An jedem Sonntag im Advent wird eine neue Kerze angezündet. Wenn alle vier Kerzen brennen, dann ist bald Weihnachten.
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in der Schule keine Alternative gibt. Auch in den staatlichen Grundschulen fehlen Veranstaltungen religiöser Prägung nicht, wenn sie auch nicht so intensiv und umfassend stattfinden wie in der konfessionellen Schule. Wie in der konfessionellen Schule beginnt das Schuljahr auch in der staatlichen Schule mit einem Einschulungsgottesdienst, an dem neben Schüler auch Lehrer (freiwillig) teilnehmen. Auch das Weihnachtsfest wird in der Schule oder in der Klasse gefeiert. Der Gottesdienst ist ebenfalls ein wesentlicher Teil der Entlassfeier. 3. D I E G E S C H I C H T E DES I S L A M I S C H E N R E L I G I O N S U N T E R R I C H T S IN D E U T S C H L A N D
Muslimische Arbeitnehmer, die, anders als erwartet, nicht in ihre Heimat zurückkehrten, begannen bereits Anfang der i97oer-Jahre, sich zu organisieren und Moscheevereine zu gründen, um ihre religiösen Bedürfnisse wie Freitags- und Festgebete zu erfüllen. Unter ihnen wurden Personen, die über Religion mehr oder weniger Bescheid wussten,beauftragt, Gemeinschaftsgebete zu leiten, Kindern den Koran beizubringen und sie in der Religion zu unterrichten. Nach und nach schlössen sich diese Vereine in einer der neu entstandenen islamischen Organisationen zusammen, die unter anderem Koranunterricht und religiöse Erziehung als ihre eigene Kompetenz verstanden. So wurden Kinder in den Räumen oder „Räumchen" der Moscheen unterrichtet. Bereits in diesen Anfangsjahren des Moscheeunterrichts zweifelte man jedoch an der Rechtmäßigkeit vieler Organisationen und an der Verfassungsmäßigkeit ihrer Aktivitäten. Schließlich kam es in der Öffentlichkeit zu Debatten über Moscheen und Moscheeunterricht. Die Koranschule, so hieß nun der Moscheeunterricht, galt als ein Ort mit einem negativen Image, an dem Kinder mit Prügel erzogen werden, auf Knien sitzen müssen, mit Strenge unterrichtet und indoktriniert werden. So wurde dem Unterricht vorgeworfen, Mittel politischer Indoktrination zu sein, oder jedenfalls die Integration der muslimischen Kinder in die deutsche Gesellschaft zu verhindern. 19 Aufgrund dieser Entwicklung sahen sich einige Länder vor die Aufgabe gestellt, einen Religionsunterricht für muslimische Kinder einzuführen, der dem Unterricht in Koranschulen gegensteuern sollte. So begann man 1973 in Rheinland-Pfalz mit einem Unterricht religiösen Charakters im Rahmen des Muttersprachlichen Ergänzungsunterrichts, dem 1977 die Einführung eines islamischen Unterrichts für die
19 Siehe z. B. Der Spiegel 32/2002 und Der Spiegel 40/2003. Außerdem: Das Europa-Team, „Deutschland: Entwicklung von Parallelgesellschaften", (12.7.2007).
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türkischen Kinder an den bayerischen Grundschulen folgte. 2 0 Diese Versuche waren jedoch lediglich auf türkische Kinder beschränkt, von denen man erwartete, dass sie nach einer bestimmten Zeit in ihre Heimat zurückkehren würden. Daher arbeitete man bei der Umsetzung des Unterrichts stark mit türkischen Behörden zusammen. Andererseits wurde der Wunsch mancher muslimischen Individuen und/oder Vereine nach einem Islamunterricht an öffentlichen Schulen bekannt. In den i99oer-Jahren haben sich die Dachorganisationen diese Forderung zu eigen gemacht. In vielen Bundesländern stellte man nacheinander Anträge auf Erteilung des Islamunterrichts an öffentlichen Schulen. Der erste Antrag auf Einführung von islamischem Religionsunterricht, den die Islamische Föderation in Berlin gestellt hatte, wurde 1994 jedoch vom Land Berlin abgelehnt. Diesem Versuch folgten dann zahlreiche weitere Anträge verschiedener muslimischer Organisationen, die jedoch von den angeschriebenen Ministerien immer wieder abgelehnt wurden. 2 1 Ein überraschender Umbruch in dieser Angelegenheit geschah 1999, als der Islamischen Föderation nach einem langen Rechtsstreit der Status einer zum Religionsunterricht befähigten Religionsgemeinschaft zuerkannt wurde. 2 2 Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts war jedoch, wegen der Besonderheit der Berliner Schulbestimmungen, nur auf Berlin beschränkt und hatte daher keine Konsequenzen für die Anträge in anderen Bundesländern. Es war Salim M . Abdullah, der Vertreter des Islamischen Weltkongresses (jetzt Islam Archiv in Soest), der in Nordrhein-Westfalen die Forderung der Muslime nach islamischem Religionsunterricht an staatlichen Schulen zum ersten Mal in der Öffentlichkeit bekannt machte. Im Jahre 1978 hat er mit Unterstützung einiger türkisch-islamischer Organisationen dem nordrhein-westfälischen Kultusministerium die Ergebnisse einer Elternbefragung vorgelegt, aus der eine deutliche Forderung nach einem Religionsunterricht für Schülerinnen und Schüler muslimischen Glaubens hervorgeht. Daraufhin bemühte sich dieses Land seit 1978 um eine systematische Entwicklung des islamischen Religionsunterrichts. Im Herbst 1979 fand das erste Gespräch zum Islamunterricht zwischen Wolf D. Ahmed Aries, dem Beauftragten des Soester Islam Archivs, und dem Kultusministerium statt. 23 Der damalige Kultusmi-
20 Unterrichtet wurde auf Grundlage türkischer Lehrpläne durch türkische Lehrer. Siehe Myrian Dietrich, Islamischer Religionsunterricht — Rechtliche Perspektiven (Frankfurt am Main: Peter Lang Verlag, 2006), 89. 21 Nach Auskunft der Bundesregierung (BT-Drucksache 14/4530) lagen im Jahr 2000 insgesamt 15 Anträge in den Ländern vor. Siehe auch Dietrich, 92, Anm. 444. 22 Siehe Islamische Föderation in Berlin, (12.09.2007). 23 Wolf D. Ahmed Aries, Stellungnahme des Islamrates für die Bundesrepublik Deutschland, in: Islamischer Religionsunterricht: Hintergründe, Probleme, Perspektiven, hrsg. v. Thomas Bauer et al, 15-19 (Münster 2004).
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nister Girgensohn beauftragte im Dezember 1979 das Landesinstitut für Schule und Weiterbildung in Soest, „einen Lehrplan für den islamischen Religionsunterricht in den Klassen 1 - 4 der Grundschule" zu entwickeln.24 Unter dem Vorsitz des Bezirksdezernenten wurde eine Kommission gebildet, der neben zwei evangelischen Religionspädagogen und zwei Islamwissenschaftlern auch sieben Muslime angehörten. Das Vorhaben stieß jedoch auf Kritik der evangelischen Kirchen in Nordrhein-Westfalen. Sie erhoben Einwand gegen den Begriff „Religionsunterricht", da der Plan ohne Mitwirkung der muslimischen Religionsgemeinschaft konzipiert wurde. So änderte das Ministerium im Einvernehmen mit den Vertretungen der Kirchen das Vorhaben und es wurde ein Unterricht eingerichtet, der im Rahmen des muttersprachlichen Ergänzungsunterrichts erteilt werden sollte, ohne ordentlicher Religionsunterricht im Sinne des Grundgesetzes zu sein. Er hatte den Titel „Religiöse Unterweisung für Schüler islamischen Glaubens". Mit dieser Umänderung glaubte man, „der Legitimationsfalle entkommen zu sein und gleichzeitig der Forderung nach staatlichem islamischen Unterricht zwecks Eindämmung der Koranschulen gerecht zu werden." 25 Muslimische Organisationen äußerten sich jedoch kritisch gegen dieses vom Staat geschaffene Fach, da der Unterricht ohne ihre Mitwirkung konzipiert worden sei und allein in staatlicher Verantwortung durchgeführt werde.26 Die Soester Kommission hingegen setzte ihre Arbeit fort und bemühte sich im Rahmen eines zweijährigen Konsultationsprozesses um fachliche Beratung mit den theologischen Fakultäten der Universitäten Istanbul, Ankara und Konya sowie durch Korrespondenz mit Prof. Dr. Mahmud Zakzuk der AI Azhar Universität Kairo. Danach legte sie ein erstes Curriculum filr die Grundschule vor, das 1986 veröffentlicht wurde. 27 Es folgte die Entwicklung des Schulbuches Dinimizi ögreniyoruz (Wir lernen unseren Glauben kennen) für die Grundschule.28 In den folgenden Jahren wurden zwei weitere Curricula veröffentlicht, eins für die Klassen 5-6 (1991) und
24 Bülent Ucar, Erfahrungen am Beispiel der Islamkunde in N R W : Geschichte, Status quo, Lehrpläne, Didaktik und Ausblick, in: Die Stellung der Frau im islamischen Religionsunterricht, hrsg. v. J. Oebbecke (Münster 2006), 14-17. Bülent Ucar/Klaus Gebauer, Geschichte der Islamischen Unterweisung (der Islamkunde) in NRW, in: (12.4.2008). 25 Dietrich, 91. 26 Vgl. Adnan Aslan, Religiöse Erziehung der muslimischen Kinder in Deutschland und Österreich. (Stuttgart: Bukhara Versand, 1998), 172 f. 27 Vgl. Religiöse Unterweisung für Schüler islamischen Glaubens - 24 Unterrichtseinheiten für die Grundschule (Entwurf)- Soest: Landesinstitut für Schule und Weiterbildung 1986. 28 Vgl. Landesinstitut für Schule und Weiterbildung (Hg.), Dinimizi Ögreniyoruz-Wir lernen unseren Glauben kennen. Band 1-3 für die Klassen 1-4, (Bochum: Kamp Verlag, 1988-1990).
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Bülent Ucar • Ya$ar Sarikaya
eins für die Klassen 7 - 1 0 ( 1 9 9 6 ) . 2 9 In den Jahren 1 9 8 6 bis 1989 fand in Soest eine Lehrerfortbildungsmaßnahme statt, an der ca. 600 Muttersprachenlehrer 30 teilnahmen. Diese Lehrer erteilten nach diesem Curriculum die islamische Unterweisung im muttersprachlichen Unterricht in Anlehnung an dieses Curriculum. 3 1 Die Bemühungen zur Einführung der islamischen Unterweisung in NordrheinWestfalen zogen große Aufmerksamkeit in vielen anderen Bundesländern auf sich. In Bayern erteilen türkische Muttersprachlehrer schon seit 1986 islamische Unterweisung im muttersprachlichen Unterricht. 32 Während man in Deutschland noch darüber diskutierte, ob die Einführung eines islamischen Religionsunterrichts an den öffentlichen Schulen juristisch und bildungspolitisch zu rechtfertigen ist, hatte Österreich ihn bereits 1 9 8 2 als ordentliches Schulfach in den Fächerkanon aufgenommen. 3 3 Dort ist die Teilnahme am Unterricht für die muslimischen Schüler sogar obligat, sofern sie nicht vom Besuch abgemeldet sind. Die 25-jährigen Erfahrungen mit dem Religionsunterricht werden als „durchwegs positiv" bewertet, wobei insbesondere seine positive Rolle bei der Integration muslimischer Schüler hervorgehoben wird. 3 4 Einen Wendepunkt für die Einführung des islamischen Religionsunterrichts bildete jedoch der 1 1 . September 2 0 0 1 . Die Frage wurde danach zu einer wichtigen Headline der Ausländer- und Islampolitik in Deutschland. Einerseits wetteiferten viele nacheinander gegründete oder umformierte islamische Verbände darum, den islamischen Religionsunterricht an den Schulen erteilen zu dürfen. Andererseits forderten die Kirchen und viele andere Interessengemeinschaften wie Bildungsverbände und Ausländerbeiräte die Einführung eines deutschsprachigen Islamunterrichts. Somit fand sich Deutschland zum ersten Mal in seiner Geschichte in einer hitzigen Diskussion über den Religionsunterricht für Muslime. Die Angelegenheit war ernst und musste daher möglichst schnell gelöst werden. Es herrschten jedoch viele Unklarheiten wie die Fragen nach Curriculum, Lehrkraft und Unterrichtssprache. 29 Vgl. Landesinstitut fiir Schule und Weiterbildung, Religiöse Unterweisung für Schülerinnen und Schüler islamischen Glaubens-12 Unterrichtseinheitenfiirdie Klassen 5 und 6 (Entwurf) (Soest 1991); Landesinstitut für Schule und Weiterbildung, }6 Unterrichtseinheitenfiirdie Klassen y-10 (Entwurf) (Soest: 1996). 30 Das sind Lehrer für den Muttersprachlichen Unterricht in Türkisch und Arabisch. 31 Vgl. Bülent Ucar/ Klaus Gebauer, Geschichte der Islamischen Unterweisung (der Islamkunde) in NRW, in: (12.4. 2008). 32 Siehe Dietrich, 92. 33 Siehe Bundesgesetzblatt für die Republik Osterreich, Jahrgang 1983, Ausgegeben am 19. August 1983, 167. Stück. Mehr zu Österreichs Modell siehe Aslan. 34 Siehe Aslan, 206 ff.; Tilman Schaible, Islamischer Religionsunterricht in Osterreich und die aktuelle Situation in Bayern, in: Islamischer Religionsunterricht: Hintergründe, Probleme, Perspektiven, hrsg. v. Thomas Bauer, et al (Münster: LIT Verlag, 2004), 87-91.
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Es war auch die Zeit, wo in Europa allgemein der Religionsunterricht, insbesondere aber der konfessionelle Religionsunterricht, zunehmend in Frage gestellt wurde. In dieser Phase fand die Ansicht, dass der konfessionelle Religionsunterricht seine Berechtigung verloren hat, immer mehr Verfechter unter Politikern und Pädagogen. So zog beispielsweise Hamburg den interreligiösen Religionsunterricht (Religionsunterricht für alle) einem konfessionellen Religionsunterricht vor. Auch Brandenburg führte einen Modellversuch zur „Lebensgestaltung/Ethik/Religion (LER) durch. 35 Dabei ist interessant, dass sich die Debatten und Forderungen zum Islamunterricht gerade in dieser Zeit intensivierten. Für die Kirchen, die ja sonst die Einführung des Islamunterrichts immer unterstützten und von dieser ablehnenden Haltung gegenüber einem konfessionellen Religionsunterricht beunruhigt waren, bildete der islamische Religionsunterricht eine neue Hoffnung, der Religion und dem Religionsunterricht wieder Geltung zu verschaffen. 36 Wie wir gesehen haben, wird der islamische Religionsunterricht an den öffentlichen Schulen heute sowohl von Muslimen wie auch von Kirchen, Politikern und Pädagogen befürwortet, wenngleich sie dafür verschiedene Gründe anführen und in ihm unterschiedliche Funktionen realisiert sehen. 37 Eine Lösung und ein pragmatischer Umgang mit dem vorliegenden Problem sind nunmehr dringend geboten. Die Tatsache, dass der Islam in Deutschland nicht einmal als Religionsgemeinschaft anerkannt ist — ganz zu schweigen von der Anerkennung als Körperschaft des Öffentlichen Rechts —, hindert Muslime daran, an gesellschaftspolitischen und ökonomischen Vorteilen, von denen alle anderen anerkannten Religionsgemeinschaften in Deutschland profitieren, teilzuhaben, sodass sie als einzig nennenswerte Gruppe ausgenommen sind. Diese rechtliche Schieflage führt zur strukturellen Diskriminierung der Muslime. Die fehlende Partizipation trägt wiederum zur Abkehr von der Mehrheitsgesellschaft bei, und dies verhindert letztlich die Integration und die Identität mit Deutschland. 35 Für dieses Modell siehe W. Edelstein, Karl E. Grözinger und Bärbel Kirsch Lebensgestaltung - Ethik - Religionskunde (Beltz Deutscher Studienverlag, 2001); siehe auch Brandenburgischer Bildungsserver, „Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde", 19. 12. 2007, (2.3.2008). 36 Für die Stellungnahmen der Kirchen siehe: Evangelische Kirche in Deutschland (EKD), Religionsunterricht für muslimische Schülerinnen und Schüler, Stellungnahme des Kirchenamtes der Evangelischen Kirche in Deutschland vom 16.2.1999; Evangelische Kirche in Deutschland (EKD), Zusammenlehen mit Muslimen in Deutschland. Gestaltung der christlichen Begegnung mit Muslimen, Eine Handreichung des Rates der E K D (Gütersloh 2000); Urs Baumann (Hg.), Islamischer Religionsunterricht. Grundlagen, Begründungen, Berichte, Projekte, Dokumentationen (Frankfurt am Main: Lembeck, 2002). 37 Die im Rahmen der Einführung eines Islamunterrichts angeführten Ziele sind vielfältig. Dazu gehören z. B. die Integration der Muslime, Persönlichkeitsbildung der muslimischen Schüler und Dialogbereitschaft.
Bü lent Uca r • Yaja r Sa ri kaya
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Viele Bundesländer versuchen ihr eigenes Modell von Islamunterricht zu entwickeln. Dabei wird vor allem die Frage überprüft, ob und wieweit islamischer Religionsunterricht als ein ordentliches Fach im deutschen Bildungswesen zu etablieren ist. Zu diesem Zweck werden verschiedene Projekte mit unterschiedlichem Status und vielfältigen didaktischen Konzepten erprobt. Abgesehen von Berlin weist die Organisation der Versuchsmodelle jedoch viele inhaltliche Parallelen auf: 1. Die Unterrichtssprache ist Deutsch. 2. Organisation und Aufsicht liegen in der Hand des Staates. 3. Richtlinien und Lehrpläne werden vom Staat erstellt. 4. Lehrkräfte werden vom Staat eingestellt. Die laufenden Schulversuche haben in der Regel auch gleiche Aufgaben und Ziele. Sie sollen insbesondere die Integration und den interreligiösen Dialog fördern. Hierüber gibt es einen breiten Konsensus unter den Politikern, Juristen, Pädagogen und Theologen. Darüber hinaus wird vor allem von manchen Politikern erwartet, dass ein im deutschen Bildungssystem etabliertes Fach zum Islam den Einfluss der sogenannten Koranschulen und Moscheen auf muslimische Kinder und Jugendliche zurückdrängt. 38 Der Religionsunterricht soll nach jenen, die den Lehrplan erstellen, die religiöse Identität der Muslime stärken, ohne sie hierbei zu überwältigen. Rechtlich dürfte der Religionsunterricht auch zum Glauben erziehen, lediglich eine Indoktrination ist nicht gestattet. Die meisten Lehrpläne begnügen sich jedoch aufgrund der fehlenden Anerkennung als Religionsgemeinschaft auf die Vermittlung von Grundkenntnissen. Dies hängt damit zusammen, dass der neutrale säkulare Staat darüber hinausgehend im Islamkundeunterricht nicht agieren darf. Weitgehender Konsens besteht hinsichtlich Dialogorientierung, Offenheit, Transparenz, Kontroversität (einhergehend mit dem Konsensprinzip) sowie der Erziehung zu Respekt, Toleranz und Frieden. Die Rezitation des Korans, welche in den Koranschulen praktiziert wird und bei muslimischen Eltern sehr populär und beliebt ist, wird lediglich im Zusammenhang von ästhetischem Lernen und spiritueller Erfahrung akzeptiert. Außerdem wird darauf Wert gelegt, die Bedeutung dieser Texte
38 Siehe Ludger Fertmann, Zur Probe: Schulfach Islam, Hamburger Abendblatt, 24. Juli 2002,
(4.12.2007) und Günther Wiedemann, „Test
mit Islamunterricht in Köln?" 27. 6. 2006, Kölner Stadt-Anzeiger (4.12.2007).
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zu erfassen und diese kindgerecht zu vermitteln. Hierin liegen die Unterschiede zum herkömmlichen Koranunterricht. Manche Lehrpläne schließen die Rezitation und das Memorieren jedoch explizit aus, da sie dies zum einen mit dem Mündigkeitsziel und zum anderen mit dem Grundkonzept des Islam£«W