Irrtumsanfechtung und Sachmängelgewährleistung beim Kauf von Kunstwerken: Ein Rechtsvergleich des deutschen, französischen und englischen Rechts ... und internationalen Privatrecht, Band 418) 9783161557989, 9783161557996, 3161557980

Rekorderlöse auf internationalen Auktionen einerseits und Skandale um Fälschungen andererseits - das sind die Themen, an

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German Pages 288 [289] Year 2019

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Table of contents :
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Titel
Vorwort
Inhaltsübersicht
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Einleitung
A. Bestandsaufnahme
I. Die Sperrwirkung der Sachmängelgewährleistung
1. Rechtsprechungsübersicht
a) Der Hausschwamm II-Fall
b) Der Cranach-Fall
c) Der Plesiosaurus-Knochenfund-Fall
d) Der Ming-Vasen-Fall
e) Der Ruisdael-Fall
f) Der Leibl/Duveneck-Fall
g) Der Fall „unwahrer Elvis“
h) Analyse der Rechtsprechung vor der Schuldrechtsmodernisierungsreform
2. Wesentliche Rechtsänderungen im 21. Jahrhundert
II. Begriffe und Grundlagen der weiteren Untersuchung
1. Die Begriffe Kunstwerk und Authentizität
a) Das Kunstwerk
b) Die Authentizität
c) Die Herkunft eines Kunstwerks
d) Die fehlende Authentizität
2. Die Grundlagen für die weitere Untersuchung
a) Die Zuordnung von Kunstwerken
b) Die Zuordnungsschwierigkeiten
aa) Die allgemeinen Zuordnungsschwierigkeiten
(1) Kunstwerke mit verwechslungsfähigem Erscheinungsbild
(2) Nachträglich veränderte Kunstwerke
bb) Fälschungen als besondere Zuordnungsschwierigkeit
c) Der kunstwissenschaftliche Authentifizierungsprozess
d) Expertisen, Werkverzeichnisse und Stempel
e) Authentizitätseinschätzungen außerhalb des kunstwissenschaftlichen Diskurses
III. Historische Entwicklung und strukturelle Gegebenheiten des Kunsthandels
1. Überblick über die Entstehung des Kunsthandels in Europa
a) Die Anfänge des Kunsthandels
b) Das Wiederaufblühen des Kunsthandels in der Neuzeit
c) Die Entstehung europäischer Auktionshäuser
d) Der Kunstmarkt seit Mitte des 20. Jahrhunderts
2. Die Strukturen des modernen Kunsthandels
a) Der Begriff des Kunstmarkts
b) Die einzelnen Vermittlungsformen des Kunstmarkts
aa) Kunsthandlungen und Galerien
bb) Die Besonderheiten bei Versteigerungen
(1) Die Regulierung des Auktionshandels
(2) Der Ablauf von Auktionen
c) Die Veräußerungen außerhalb des gewerblichen Kunsthandels
d) Die Käuferschichten
3. Die Bedeutung der Authentizität im Kunsthandel
a) Die wirtschaftliche Perspektive
b) Die ideelle Perspektive
IV. Der rechtliche Rahmen für die Behandlung von fehlerhaften Zuordnungen
1. Das kaufvertragliche Verhältnis
a) Der Begriff des Kaufs
b) Die Parteien des Kaufvertrags
c) Die Sachmängelgewährleistung
d) Die Anfechtung wegen Irrtums und arglistiger Täuschung
e) Gesetzliche Sondervorschriften für den Kauf von Kunstwerken
f) Vertragliche Sondervorschriften großer Auktionshäuser
g) Nichtberücksichtigung des CISG
2. Der rechtliche Rahmen der Begutachtung des Kunstwerks
V. Mögliche Konflikte
1. Käuferschutz und Rechtssicherheit
2. Verkäuferschutz und Spekulationsrisiko des Käufers
3. Käufer-/Verkäuferschutz und das Bedürfnis des Auktionshauses nach begrenzter Haftung
4. Rechtsinstutionelles Konfliktpotenzial
B. Das deutsche Recht
I. Rechtsstellung des Käufers
1. Die Anwendbarkeit der Sachmängelgewährleistung beim Kauf von Kunstwerken
a) Die anfängliche Unmöglichkeit im Kunsthandel
b) Die neuere Literaturmeinung zum Verhältnis der anfänglichen Unmöglichkeit zur Sachmängelgewährleistung nach der Schuldrechtsmodernisierungsreform
c) Die Gegenansicht in der Literatur
d) Die Auswirkungen der unterschiedlichen Literaturmeinungen beim Kauf von Kunstwerken
e) Auseinandersetzung mit den dargestellten Literaturmeinungen
2. Die Sachmängelgewährleistungsrechte im Kunsthandel
a) Fälschungen
b) Fälschungsverdacht
aa) Rechtsprechung
bb) Das Meinungsbild im Schrifttum
cc) Auseinandersetzung mit den dargestellten Argumenten
c) Zuschreibungsänderungen
aa) Vor Übergabe oder Vertragsschluss erfolgte Zuschreibungsänderungen
(1) Die Authentizität als Bestandteil der Beschaffenheit
(a) Die Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 Abs. 1 S. 1 BGB
(b) Die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung, § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB
(c) Der Sachmangel nach § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB
(2) Die Behandlung anderer werkexterner Abweichungen
(a) Der Begriff des Sachmangels in § 434 BGB
(b) Die Anwendung der Bestimmungen im Kunsthandel
bb) Nach der Übergabe erfolgte Zuschreibungsänderung
(1) Vertretene Lösungsmöglichkeiten
(2) Auseinandersetzung mit den vertretenen Lösungsmöglichkeiten
d) Spekulationsgeschäfte
e) Die Behandlung von Informationen in Versteigerungskatalogen
aa) Allgemeine Regelungen für das Zustandekommen von Vereinbarungen
bb) Erste Meinung: Informationen im Versteigerungskatalog begründen keine Beschaffenheitsvereinbarung
cc) Zweite Meinung: Informationen im Versteigerungskatalog sind relevant für die Bestimmung der vereinbarten Beschaffenheit
dd) Höchstrichterliche Rechtsprechung im Buddha aus Sui-Dynastie-Fall: Informationen im Versteigerungskatalog sind im Rahmen von § 434 Abs. 1 Nr. 2, S. 3 BGB relevant
ee) Auseinandersetzung mit den beschriebenen Ansichten
3. Die Reichweite der Sperrwirkung: Ausschluss der Irrtumsanfechtung
a) Das Bestehen einer Sperrwirkung nach geltendem Recht
aa) Buddha aus Sui-Dynastie-Fall
bb) BGH, Beschl. v. 18.10.2007 – V ZB 44/07
cc) Analyse der Grundzüge der Rechtsprechung
dd) Das Meinungsbild im Schrifttum
ee) Gesetzesbegründung
ff) Auseinandersetzung mit den Befunden
b) Fehlerhafte Zuordnungen von Kunstwerken als Irrtümer über verkehrswesentliche Eigenschaften i. S. v. § 119 Abs. 2 BGB
aa) Die Behandlung von Irrtümern über Eigenschaften bei individualisierten Spezieskäufen
(1) Erste Literaturmeinung: Nähe zur vertraglichen Vereinbarung (Irrtum über die Sollbeschaffenheit)
(2) Zweite Literaturmeinung: Irrtum über Eigenschaften als Motivirrtum
(3) Auseinandersetzung mit den dargestellten Ansichten
bb) Irrtümer über die Bedeutung einer Eigenschaftsbeschreibung
cc) Die Auswirkungen für den Kunsthandel
c) Reichweite der tatbestandlichen Überschneidung zwischen Sachmangel bzw. Sollbeschaffenheit i. S. v. § 434 BGB und verkehrswesentlicher Eigenschaft i. S. v. § 119 Abs. 2 BGB
aa) Haltung der Rechtsprechung und Entwicklung eines wertenden Beurteilungsansatzes in der Literatur
(1) Grundsätze der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
(2) Überlegungen zu möglichen Anwendungsmodalitäten der beschriebenen höchstrichterlichen Rechtsprechung im reformierten Schuldrecht
bb) Das Meinungsbild im Schrifttum
cc) Mögliche Auswirkungen der Rechtsprechung und der neueren Literaturmeinung auf den Käuferschutz im Kunsthandel
4. Rechtsbehelfe des Käufers auf der Grundlage der Vermittlungsfunktion von Kunsthändlern
a) Der Rechtsbehelf der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung
aa) Die Anwendbarkeit von § 123 BGB
bb) Die Voraussetzungen der arglistigen Täuschung
(1) Die Täuschung
(2) Die Arglist
(3) Der Dritte
(4) Die Anwendung der Vorschrift im Kunsthandel
(a) Der maßgebliche Sorgfaltsmaßstab
(b) Gesetzliche Aufklärungspflichten nach § 312a Abs. 2 BGB i. V. m. Art. 246 EGBGB und § 312d Abs. 1 BGB i. V. m. Art. 246a EGBGB
(c) Die Auslegung der wesentlichen Eigenschaft
(d) Die Auslegung der Formulierung „in angemessenem Umfang“
(e) Besonderheiten beim Einsatz von Fernkommunikationsmitteln, insbesondere im Internethandel
(f) Die Anwendung der Bestimmungen auf Herkunftsangaben im Kunsthandel
(g) Möglicher Inhalt von bestehenden Sorgfaltspflichten
(h) Entscheidungen, in denen die Gerichte Sorgfaltspflichtverletzungen verneinten
(i) Das nicht rechtskräftige Urteil des LG Köln vom 28.9.2012 zu Sorgfaltspflichten eines großen Auktionshauses
(j) Allgemeine Richtlinie für die Beurteilung von Sorgfaltspflichten
(k) Zusammenfassung
b) Anspruch wegen der Verletzung vorvertraglicher Pflichten nach §§ 311 Abs. 2, 3, 280 Abs. 1 BGB (culpa in contrahendo)
c) Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 5, 5a UWG
5. Zusammenfassung der Rechtsstellung des Käufers
II. Rechtsstellung des Verkäufers
1. Die Auswirkungen der Sachmängelgewährleistung auf die Zulässigkeit der Irrtumsanfechtung des Verkäufers
a) Keine Gewährleistungsrechte des Verkäufers
b) Keine Umgehung der eigenen Gewährleistungspflicht
aa) Konstellation: Das Kunstwerk wird höherwertig
bb) Konstellation: Der Wert des Kunstwerks verändert sich nicht
cc) Konstellation: Das Kunstwerk verliert wirtschaftlich an Wert
2. Die Anfechtung des Verkäufers bei fehlerhaften Zuordnungen von Kunstwerken
a) Fehlvorstellungen über die Authentizität
aa) Die Definition der Eigenschaft
bb) Die Definition des Irrtums
cc) Der Bezugspunkt der Anfechtung
dd) Der Vorrang der Auslegung
ee) Erheblichkeitsschwelle
ff) Die Verkehrswesentlichkeit einer Eigenschaft
gg) Das Verschulden eines Vertragspartners und die Veranlassung des Irrtums durch eine Vertragspartei
hh) Die Anwendbarkeit der Irrtumsanfechtung bei beiderseitigem Irrtum
ii) Beweisschwierigkeiten
b) Fehlvorstellungen über andere Herkunftsfaktoren
c) Einschränkungen der Zulässigkeit der Irrtumsanfechtung des Verkäufers
3. Rechtsbehelfe des Verkäufers gegen den Vermittler bzw. das Auktionshaus
4. Zusammenfassung der Rechtsstellung des Verkäufers
III. Gegenüberstellung der Rechte der Beteiligten
1. Veränderte Rechtslage seit der Schuldrechtsmodernisierungsreform
2. Nach geltendem Recht: Gefahr eines Ungleichgewichts aufgrund unterschiedlicher Fristenregelungen für die Beteiligten
a) Verschuldensunabhängige Rechtsbehelfe
b) Rechtliche Lage bei arglistigen Sorgfaltspflichtverletzungen
c) Fristen für die Ausübung der jeweiligen Rechte bzw. Rechtsbehelfe
d) Folgen für den Kunsthandel
3. Offene Fragen in Bezug auf die Risikoverteilung im Kunsthandel
4. Ansätze zur Einschränkung der Irrtumsanfechtung des Verkäufers
5. Folgen für die weitere Untersuchung
C. Das französische Recht
I. Rechtsstellung des Käufers
1. Rechtsbehelfe gegen den Verkäufer
a) Die Irrtumsanfechtung
aa) Die Voraussetzungen der Irrtumsanfechtung
(1) Die Definition des Irrtums
(2) Der Bezugspunkt des Irrtums, Art. 1132 Cciv
(3) Die Entschuldbarkeit des Irrtums
(4) Keine Einschränkungen bei gemeinsamem Irrtum
bb) Die Anwendung der Irrtumsanfechtung im Kunsthandel
(1) Der Irrtum
(2) Die wesentliche Eigenschaft
(a) Die Authentizität
(b) Das Dekret vom 3. März 1981
(c) Anwendungsbereich und Inhalt des Dekrets vom 3. März 1981
(d) Die Katalogangaben im Auktionshandel
(e) Andere Anhaltspunkte für die Abgrenzung zum Risikogeschäft
(f) Der Nachweis der Authentizität von Kunstwerken
(g) Die Behandlung des Verdachts der fehlenden Authentizität
(h) Abweichungen in anderen werkexternen Faktoren
cc) Die Entschuldbarkeit des Irrtums
dd) Der relevante Zeitpunkt der Beurteilung der Authentizität und die Berücksichtigungsfähigkeit von Neubestimmungen
b) Die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nach Art. 1130, 1137 ff. Cciv.
aa) Die Voraussetzungen der arglistigen Täuschung nach Art. 1130, 1137 ff. Cciv.
bb) Der Anwendungsbereich der Vorschrift im Kunsthandel
c) Rechtsbehelfe auf der Grundlage der Sachmängelgewährleistung
aa) Die allgemeinen Voraussetzungen
bb) Die Anwendung im Kunsthandel
d) Verschuldensabhängige Haftung des Verkäufers
e) Das Verhältnis der Sachmängelgewährleistung zur Irrtumsanfechtung
2. Rechtsbehelfe gegen den Vermittler, insb. gegen das Auktionshaus
a) Die Annullierung des Kaufvertrags
b) Die Garantiehaftung
3. Zusammenfassung der Rechtsstellung des Käufers
II. Rechtsstellung des Verkäufers
1. Rechtsbehelfe gegen den Käufer
a) Die Irrtumsanfechtung: Anwendungsprobleme aus Sicht des Verkäufers
aa) Die Zulässigkeit der Irrtumsanfechtung beim Irrtum über die eigene Leistung
bb) Der Irrtum über eine wesentliche Eigenschaft
cc) Der Nachweis der Authentizität bzw. Neubestimmung
dd) Die Etablierung zuvor ausgeschlossener Zuschreibung wird möglich
ee) Einschränkungen der Zulässigkeit der Irrtumsanfechtung
b) Anfechtung wegen arglistiger Täuschung
2. Rechtsbehelfe gegen den Vermittler, insbesondere das Auktionshaus
a) Bewertung des Auktionsgutes über dem Marktwert (Überbewertung)
b) Bewertung des Kunstwerks unter dem Marktwert (Unterbewertung)
c) Haftung bei Neubestimmungen nach dem Kauf
3. Zusammenfassung der Rechtsstellung des Verkäufers
III. Gegenüberstellung der Rechtsbehelfe bzw. Rechte der Beteiligten
1. Verschuldensunabhängige Rechtsbehelfe
2. Rechtliche Lage bei Sorgfaltspflichtverletzungen
3. Fristen
a) Ausübungsfrist nach Art. 1304 Cciv
b) Verhältnis zu allgemeinen Verjährungsfristen
c) Verjährungsfristen für Rechtsbehelfe gegen den Vermittler
d) Zusammenfassung zu den Fristen
D. Das englische Recht
I. Rechtsstellung des Käufers
1. Rechtsbehelfe gegen den Verkäufer
a) Vertragliche Rechtsbehelfe („breach of contract“)
b) Die Begriffe „condition“ und „warranty“
c) „Express conditions“
d) „Implied conditions“ im Sale of Goods Act 1979
aa) „Sale by description“, s. 13(1) Sale of Goods Act 1979
(1) Tatbestand des „sale by description“ in s. 13(1) Sale of Goods Act 1979
(2) Anwendung des „sale by description“ in s. 13(1) Sale of Goods Act 1979 im Kunsthandel
(a) Restriktive Auslegung von s. 13(1) Sale of Goods Act 1979 durch die englischen Gerichte
(b) Die Reichweite der Bindungswirkung der Entscheidungen
e) s. 14(2) Sale of Goods Act 1979
aa) Die Diskussion um eine Anwendungsbeschränkung durch s. 13(1) Sale of Goods Act 1979
bb) Die Begrenzung des Anwendungsbereichs auf unternehmerische Verkäufer nach s. 14(2) Sale of Goods Act 1979
cc) Die allgemeinen Anforderungen
dd) Die Beurteilung der zufriedenstellenden Qualität („satisfactory quality“)
(1) Die Begrenzung auf physische Gegebenheiten
(2) Ansätze zur Bestimmung des Zwecks beim Kauf von Kunstwerken
ee) Restriktive Rechtsprechung zur Annahme eines Vertragsbruches im Kunsthandel
(1) Gesichtspunkte für die Beurteilung eines Vertragsbruches im Kunsthandel
(2) Die Bewertung von Katalogbeschreibungen
ff) Die Behandlung des Verdachts der fehlenden Authentizität
gg) Die rechtliche Behandlung von Neubestimmungen
f) Vorgehen wegen einer Fehldarstellung („misrepresentation“)
g) Vorgehen wegen einer Fehlvorstellung („mistake“)
aa) Die allgemeinen Voraussetzungen für einen Rechtsbehelf wegen eines Irrtums
bb) Urteile im Kunsthandel
h) Das Verhältnis der Rechtsbehelfe zueinander
2. Allgemeine Rechtsbehelfe gegen den Vermittler, insbesondere gegen das Auktionshaus
a) Die Garantiehaftung auf der Grundlage der Conditions of Sale („limited warranty“)
b) Die deliktische Haftung
c) Die Haftung für fehlerhafte Darstellungen („misrepresentation“)
aa) Die Entscheidung im Fall May v Vincent
bb) Das Glossary der Auktionshäuser
cc) Die neuere Entwicklung: Anspruchsgrundlagen im Misrepresentation Act 1967
d) Die Auswirkungen von Haftungsausschlüssen in den AGB der Auktionshäuser
3. Zusammenfassung der Rechtsstellung des Käufers
II. Rechtsstellung des Verkäufers
1. Rechtsbehelfe gegen das Auktionshaus
a) Die Bewertung des Kunstwerks unter dem Marktwert (Unterbewertung)
aa) Luxmoore-May and Another v Messenger May Baverstock
bb) Maßstab für die Bestimmung der erforderlichen Sorgfalt
cc) Argumente der Verkäufer zur Begründung einer erhöhten Sorgfaltspflicht
dd) Der nähere Inhalt von Sorgfaltspflichten
b) Die Bewertung des Kunstwerks unter dem Marktwert (Überbewertung)
2. Rechtsbehelfe gegen den Käufer
3. Zusammenfassung der Rechtsstellung des Verkäufers
III. Gegenüberstellung der Rechtsbehelfe bzw. Rechte der Beteiligten
1. Verschuldensunabhängige Rechtsbehelfe
2. Rechtliche Lage bei Sorgfaltspflichtverletzungen
3. Fristen
a) Ausübungsfrist nach s. 35(4) Sale of Goods Act 1979
b) Allgemeine Verjährungsfristen nach s. 5 Limitation Act 1980
c) Möglichkeit der Verlängerung der Verjährungsfristen bei „mistake“ nach s. 32(1c) Limitation Act 1980
E. Rechtsvergleichende Betrachtung und mögliche Schlussfolgerungen für die deutsche Rechtsordnung
I. Rechtsvergleichende Betrachtung der Ergebnisse der Länderberichte
1. Verschuldensunabhängige Rechtsbehelfe der Beteiligten
a) Situation: Käufer ist Verbraucher
b) Situation: Käufer ist professionell am Kunsthandel beteiligt
c) Verkäufer
2. Rechtliche Lage bei (arglistigen) Sorgfaltspflichtverletzungen
a) Richtlinie für die Bestimmung des Inhalts von Sorgfaltspflichten
b) Änderungen der Rechtslage bei (arglistigen) Sorgfaltspflichtverletzungen im Vergleich zur Rechtslage in Fällen, in denen unverschuldete Fehlvorstellungen von der Authentizität vorliegen
3. Risikoverteilung in Bezug auf Informationen im Versteigerungskatalog, Zweifel an der Authentizität, Neubestimmungen und Aufklärungspflichten
a) Die Behandlung von Informationen zu den Kunstwerken in Auktionskatalogen
b) Die Behandlung von Zweifeln an der Authentizität
c) Die Behandlung von Neubestimmungen infolge neuerer Forschungsergebnisse
d) Aufklärungspflichten
4. Auseinandersetzung mit den Lösungen der englischen und der französischen Rechtsordnung
II. Erkenntnisse zur Vermeidung eines unangemessenen Ungleichgewichts zwischen den am Kauf von Kunstwerken Beteiligten in der deutschen Rechtsordnung
1. Situation: Käufer ist Verbraucher
a) Erste Möglichkeit: Verlängerung der kaufrechtlichen Verjährungsfristen für den Kunsthandel
aa) Nach geltendem Recht: Einwand des § 242 BGB
bb) Verlängerung der Verjährungsfrist durch eine Gesetzesänderung
cc) Hinweise auf entgegenstehenden gesetzgeberischen Willen
dd) Einschränkung der Zulässigkeit der Irrtumsanfechtung des Verkäufers
(1) Rechtsprechung
(2) Argumente im Schrifttum
(3) Auseinandersetzung mit den dargestellten Meinungen
b) Zweite Möglichkeit: Zulassung der Irrtumsanfechtung im Kunsthandel
aa) Anwendung der BGH-Rechtsprechung im Kunsthandel: Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm – Guercino
bb) Zu berücksichtigende Wertungen bei der Ausgestaltung einer Bereichsausnahme für den Kunsthandel von der Sperrwirkung der Sachmängelgewährleistung nach reformiertem Schuldrecht
(1) Wertungen in §§ 439 und 442 BGB
(2) Wertung des Verkehrsschutzes in § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB
(3) Gesetzgeberische Intentionen bei der Einführung von § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB
2. Situation: Käufer ist professionell am Kunsthandel beteiligt
a) Mögliche Einschränkungen aufgrund des nach der französischen Rechtsordnung geltenden Veranlassungsprinzips beim Irrtum
b) Mögliche Gegenargumente
3. Folgerungen aus der rechtsvergleichenden Untersuchung zur Behandlung spezifischer Einzelprobleme im Kunsthandel
a) Die Behandlung von Informationen im Versteigerungskatalog
b) Die Behandlung von Fälschungsverdacht und Neubestimmungen
Fazit
Literaturverzeichnis
Entscheidungsverzeichnis
Sachregister
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Irrtumsanfechtung und Sachmängelgewährleistung beim Kauf von Kunstwerken: Ein Rechtsvergleich des deutschen, französischen und englischen Rechts ... und internationalen Privatrecht, Band 418)
 9783161557989, 9783161557996, 3161557980

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Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht 418 Herausgegeben vom

Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht Direktoren: Holger Fleischer, Ralf Michaels und Reinhard Zimmermann

Ines Zander

Irrtumsanfechtung und Sachmängelgewährleistung beim Kauf von Kunstwerken Ein Rechtsvergleich des deutschen, französischen und englischen Rechts

Mohr Siebeck

Ines Zander, Studium der Rechtswissenschaft in München und Hamburg; Referendariat und Promotion in Hamburg; Rechtsanwältin in Hamburg mit Schwerpunkt im Gewerblichen Rechts­ schutz und Urheberrecht.

ISBN  978-3-16-155798-9 / eISBN  978-3-16-155799-6 DOI 10.1628/978-3-16-155799-6 ISSN  0720-1141 / eISSN  2568-7441 (Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2019  Mohr Siebeck Tübingen. www.mohrsiebeck.com Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für die Verbreitung, Vervielfältigung, Übersetzung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde Druck in Tübingen gesetzt und auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Nädele in Nehren gebunden. Printed in Germany.

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2017 von der Fakultät für Rechts­wissenschaft der Universität Hamburg als Dissertation angenommen. Literatur und Rechtsprechung sind – soweit möglich – bis November 2018 nachgetragen. Mein herzlicher Dank gilt meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Reinhard ­Ellger, LL.M., der die Arbeit stets mit sehr viel Engagement, Zeit und hilf­reichen Anmerkungen betreut hat. Herrn Prof. Dr. Reinhard Bork danke ich sehr für die Erstellung des Zweitgutachtens. Für die Aufnahme in diese Schriftreihe danke ich den Herausgebern. Besonders danken möchte ich auch Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. Kurt Siehr, M.C.L., der mir die Anregung zu dem Thema dieser Arbeit gab und sie mit wertvollen Hinweisen unterstützte, und Herrn Ernst Nolte, der mir einige spannende Einblicke in die Praxis des Auktionshandels gewährte. Bedanken möchte ich mich auch herzlich bei allen Freunden und meiner Familie, die mich während der Promotionszeit unterstützt und so maßgeblich zu der Entstehung dieser Arbeit beigetragen haben. Mein besonderer Dank gilt Frau Dr. Eva Kettner und Frau Isabel Eckstein. Hamburg, Juni 2019

Ines Zander

Inhaltsübersicht Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V Inhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXI

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 A. Bestandsaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 I. Die Sperrwirkung der Sachmängelgewährleistung . . . . . . . . 5 II. Begriffe und Grundlagen der weiteren Untersuchung . . . . . . 13 III. Historische Entwicklung und strukturelle Gegebenheiten des Kunsthandels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 IV. Der rechtliche Rahmen für die Behandlung von fehlerhaften ­Zuordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 V. Mögliche Konflikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51

B. Das deutsche Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 I. Rechtsstellung des Käufers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 II. Rechtsstellung des Verkäufers . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 III. Gegenüberstellung der Rechte der Beteiligten . . . . . . . . . . 126

C. Das französische Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 I. Rechtsstellung des Käufers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 II. Rechtsstellung des Verkäufers . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 III. Gegenüberstellung der Rechtsbehelfe bzw. Rechte der Beteiligten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166

D. Das englische Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 I. Rechtsstellung des Käufers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 II. Rechtsstellung des Verkäufers . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207

VIII

Inhaltsübersicht

III. Gegenüberstellung der Rechtsbehelfe bzw. Rechte der Beteiligten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215

E. Rechtsvergleichende Betrachtung und mögliche ­Schlussfolgerungen für die deutsche Rechtsordnung . . . . 219 I. Rechtsvergleichende Betrachtung der Ergebnisse der Länderberichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 II. Erkenntnisse zur Vermeidung eines unangemessenen Ungleichgewichts zwischen den am Kauf von Kunstwerken Beteiligten in der deutschen Rechtsordnung . . . . . . . . . . . 226

Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 Entscheidungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263

Inhaltsverzeichnis Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXI

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 A. Bestandsaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 I. Die Sperrwirkung der Sachmängelgewährleistung . . . . . . . . 5 1. Rechtsprechungsübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 a) Der Hausschwamm II-Fall  . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 b) Der Cranach-Fall  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 c) Der Plesiosaurus-Knochenfund-Fall  . . . . . . . . . . . . 7 d) Der Ming-Vasen-Fall  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 e) Der Ruisdael-Fall  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 f) Der Leibl/Duveneck-Fall  . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 g) Der Fall „unwahrer Elvis“  . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 h) Analyse der Rechtsprechung vor der Schuldrechtsmodernisierungsreform . . . . . . . . . . 11 2. Wesentliche Rechtsänderungen im 21. Jahrhundert . . . . . . 12 II. Begriffe und Grundlagen der weiteren Untersuchung . . . . . . 13 1. Die Begriffe Kunstwerk und Authentizität . . . . . . . . . . . 13 a) Das Kunstwerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 b) Die Authentizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 c) Die Herkunft eines Kunstwerks . . . . . . . . . . . . . . . 16 d) Die fehlende Authentizität . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 2. Die Grundlagen für die weitere Untersuchung . . . . . . . . 19 a) Die Zuordnung von Kunstwerken . . . . . . . . . . . . . 19 b) Die Zuordnungsschwierigkeiten . . . . . . . . . . . . . . 20 aa) Die allgemeinen Zuordnungsschwierigkeiten . . . . . 21 (1) Kunstwerke mit verwechslungsfähigem Erscheinungsbild . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

X

Inhaltsverzeichnis

(2) Nachträglich veränderte Kunstwerke . . . . . . . . 23 bb) Fälschungen als besondere Zuordnungsschwierigkeit . 23 c) Der kunstwissenschaftliche Authentifizierungsprozess . . . 25 d) Expertisen, Werkverzeichnisse und Stempel . . . . . . . . 25 e) Authentizitätseinschätzungen außerhalb des ­kunstwissenschaftlichen Diskurses . . . . . . . . . . . . . 27 III. Historische Entwicklung und strukturelle Gegebenheiten des Kunsthandels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 1. Überblick über die Entstehung des Kunsthandels in Europa . 28 a) Die Anfänge des Kunsthandels . . . . . . . . . . . . . . . 28 b) Das Wiederaufblühen des Kunsthandels in der Neuzeit . . 30 c) Die Entstehung europäischer Auktionshäuser . . . . . . . 31 d) Der Kunstmarkt seit Mitte des 20. Jahrhunderts . . . . . . 32 2. Die Strukturen des modernen Kunsthandels . . . . . . . . . . 34 a) Der Begriff des Kunstmarkts . . . . . . . . . . . . . . . . 34 b) Die einzelnen Vermittlungsformen des Kunstmarkts . . . . 36 aa) Kunsthandlungen und Galerien . . . . . . . . . . . . 36 bb) Die Besonderheiten bei Versteigerungen . . . . . . . . 36 (1) Die Regulierung des Auktionshandels . . . . . . . 36 (2) Der Ablauf von Auktionen . . . . . . . . . . . . . 38 c) Die Veräußerungen außerhalb des gewerblichen Kunsthandels 39 d) Die Käuferschichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 3. Die Bedeutung der Authentizität im Kunsthandel . . . . . . . 40 a) Die wirtschaftliche Perspektive . . . . . . . . . . . . . . . 40 b) Die ideelle Perspektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 IV. Der rechtliche Rahmen für die Behandlung von fehlerhaften ­Zuordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 1. Das kaufvertragliche Verhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . 43 a) Der Begriff des Kaufs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 b) Die Parteien des Kaufvertrags . . . . . . . . . . . . . . . 43 c) Die Sachmängelgewährleistung . . . . . . . . . . . . . . 45 d) Die Anfechtung wegen Irrtums und arglistiger Täuschung . 47 e) Gesetzliche Sondervorschriften für den Kauf von Kunstwerken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 f) Vertragliche Sondervorschriften großer Auktionshäuser . . 49 g) Nichtberücksichtigung des CISG . . . . . . . . . . . . . . 50 2. Der rechtliche Rahmen der Begutachtung des Kunstwerks . . 51 V. Mögliche Konflikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 1. Käuferschutz und Rechtssicherheit . . . . . . . . . . . . . . 51 2. Verkäuferschutz und Spekulationsrisiko des Käufers . . . . . 52

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3. Käufer-/Verkäuferschutz und das Bedürfnis des Auktionshauses nach begrenzter Haftung . . . . . . . . . 52 4. Rechtsinstutionelles Konfliktpotenzial . . . . . . . . . . . . 53

B. Das deutsche Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 I. Rechtsstellung des Käufers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 1. Die Anwendbarkeit der Sachmängelgewährleistung beim Kauf von Kunstwerken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 a) Die anfängliche Unmöglichkeit im Kunsthandel . . . . . . 56 b) Die neuere Literaturmeinung zum Verhältnis der anfänglichen Unmöglichkeit zur Sachmängelgewährleistung nach der Schuldrechtsmodernisierungsreform . . . . . . . 57 c) Die Gegenansicht in der Literatur . . . . . . . . . . . . . 58 d) Die Auswirkungen der unterschiedlichen Literaturmeinungen beim Kauf von Kunstwerken . . . . . 58 e) Auseinandersetzung mit den dargestellten Literaturmeinungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 2. Die Sachmängelgewährleistungsrechte im Kunsthandel . . . 59 a) Fälschungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 b) Fälschungsverdacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 aa) Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 bb) Das Meinungsbild im Schrifttum . . . . . . . . . . . . 61 cc) Auseinandersetzung mit den dargestellten Argumenten 61 c) Zuschreibungsänderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 aa) Vor Übergabe oder Vertragsschluss erfolgte ­Zuschreibungsänderungen . . . . . . . . . . . . . . . 63 (1) Die Authentizität als Bestandteil der Beschaffenheit 63 (a) Die Beschaffenheitsvereinbarung nach §  434 Abs.  1 S.  1 BGB . . . . . . . . . . . . . 64 (b) Die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung, §  434 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB . . . 64 (c) Der Sachmangel nach §  434 Abs.  1 S.  2 Nr.  2 BGB 65 (2) Die Behandlung anderer werkexterner Abweichungen 67 (a) Der Begriff des Sachmangels in §  434 BGB . . 67 (b) Die Anwendung der Bestimmungen im Kunsthandel . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 bb) Nach der Übergabe erfolgte Zuschreibungsänderung . 71 (1) Vertretene Lösungsmöglichkeiten . . . . . . . . . 71 (2) Auseinandersetzung mit den vertretenen ­Lösungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . 72

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d) Spekulationsgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 e) Die Behandlung von Informationen in Versteigerungskatalogen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 aa) Allgemeine Regelungen für das Zustandekommen von Vereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 bb) Erste Meinung: Informationen im Versteigerungskatalog begründen keine Beschaffenheitsvereinbarung . . . . 76 cc) Zweite Meinung: Informationen im Versteigerungskatalog sind relevant für die Bestimmung der vereinbarten Beschaffenheit . . . . . . . . . . . . 76 dd) Höchstrichterliche Rechtsprechung im Buddha aus Sui-Dynastie-Fall: Informationen im ­Versteigerungskatalog sind im Rahmen von §  434 Abs.  1 Nr.  2, S.  3 BGB relevant . . . . . . . . . . . . . . . . 77 ee) Auseinandersetzung mit den beschriebenen Ansichten 77 3. Die Reichweite der Sperrwirkung: Ausschluss der Irrtumsanfechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 a) Das Bestehen einer Sperrwirkung nach geltendem Recht . 80 aa) Buddha aus Sui-Dynastie-Fall . . . . . . . . . . . . . 80 bb) BGH, Beschl. v. 18.10.2007 – V ZB 44/07  . . . . . . 81 cc) Analyse der Grundzüge der Rechtsprechung . . . . . 82 dd) Das Meinungsbild im Schrifttum . . . . . . . . . . . . 82 ee) Gesetzesbegründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 ff) Auseinandersetzung mit den Befunden . . . . . . . . 84 b) Fehlerhafte Zuordnungen von Kunstwerken als Irrtümer über verkehrswesentliche Eigenschaften i. S. v. §  119 Abs.  2 BGB 85 aa) Die Behandlung von Irrtümern über Eigenschaften bei individualisierten Spezieskäufen . . . . . . . . . . . . 86 (1) Erste Literaturmeinung: Nähe zur vertraglichen ­Vereinbarung (Irrtum über die Sollbeschaffenheit) 86 (2) Zweite Literaturmeinung: Irrtum über Eigenschaften als Motivirrtum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 (3) Auseinandersetzung mit den dargestellten Ansichten 88 bb) Irrtümer über die Bedeutung einer Eigenschaftsbeschreibung . . . . . . . . . . . . . . . 88 cc) Die Auswirkungen für den Kunsthandel . . . . . . . . 90 c) Reichweite der tatbestandlichen Überschneidung zwischen Sachmangel bzw. Sollbeschaffenheit i. S. v. §  434 BGB und verkehrswesentlicher Eigenschaft i. S. v. §  119 Abs.  2 BGB 90 aa) Haltung der Rechtsprechung und Entwicklung eines ­ wertenden Beurteilungsansatzes in der Literatur . . . . 91

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XIII

(1) Grundsätze der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs . . . . . . . . . . . . . . . 91 (2) Überlegungen zu möglichen Anwendungsmodalitäten der beschriebenen höchstrichterlichen Rechtsprechung im reformierten Schuldrecht . . . . . . . . . . . . 92 bb) Das Meinungsbild im Schrifttum . . . . . . . . . . . . 93 cc) Mögliche Auswirkungen der Rechtsprechung und der neueren Literaturmeinung auf den Käuferschutz im Kunsthandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 4. Rechtsbehelfe des Käufers auf der Grundlage der ­Vermittlungsfunktion von Kunsthändlern . . . . . . . . . . . 96 a) Der Rechtsbehelf der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 aa) Die Anwendbarkeit von §  123 BGB . . . . . . . . . . 96 bb) Die Voraussetzungen der arglistigen Täuschung . . . . 97 (1) Die Täuschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 (2) Die Arglist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 (3) Der Dritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 (4) Die Anwendung der Vorschrift im Kunsthandel . . 100 (a) Der maßgebliche Sorgfaltsmaßstab . . . . . . . 100 (b) Gesetzliche Aufklärungspflichten nach §  312a Abs.  2 BGB i. V. m. Art.  246 EGBGB und §  312d Abs.  1 BGB i. V. m. Art.  246a EGBGB . 101 (c) Die Auslegung der wesentlichen Eigenschaft . 101 (d) Die Auslegung der Formulierung „in angemessenem Umfang“ . . . . . . . . . . 102 (e) Besonderheiten beim Einsatz von ­Fernkommunikationsmitteln, insbesondere im Internethandel . . . . . . . . . 103 (f) Die Anwendung der Bestimmungen auf ­Herkunftsangaben im Kunsthandel . . . . . . . 103 (g) Möglicher Inhalt von bestehenden Sorgfaltspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . 105 (h) Entscheidungen, in denen die Gerichte ­Sorgfaltspflichtverletzungen verneinten . . . . 105 (i) Das nicht rechtskräftige Urteil des LG Köln vom 28.9.2012  zu Sorgfaltspflichten eines großen Auktionshauses . . . . . . . . . . . . . 107 (j) Allgemeine Richtlinie für die Beurteilung von ­Sorgfaltspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . 108 (k) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . 109

XIV

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b) Anspruch wegen der Verletzung vorvertraglicher Pflichten nach §§  311 Abs.  2, 3, 280 Abs.  1 BGB (culpa in contrahendo) 111 c) Ansprüche aus §  823 Abs.  2 BGB i. V. m. §§  5, 5a UWG . . 111 5. Zusammenfassung der Rechtsstellung des Käufers . . . . . . 112 II. Rechtsstellung des Verkäufers . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 1. Die Auswirkungen der Sachmängelgewährleistung auf die ­Zulässigkeit der Irrtumsanfechtung des Verkäufers . . . . . . 113 a) Keine Gewährleistungsrechte des Verkäufers . . . . . . . 113 b) Keine Umgehung der eigenen Gewährleistungspflicht . . . 114 aa) Konstellation: Das Kunstwerk wird höherwertig . . . 114 bb) Konstellation: Der Wert des Kunstwerks verändert sich nicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 cc) Konstellation: Das Kunstwerk verliert wirtschaftlich an Wert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 2. Die Anfechtung des Verkäufers bei fehlerhaften Zuordnungen von Kunstwerken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 a) Fehlvorstellungen über die Authentizität . . . . . . . . . . 116 aa) Die Definition der Eigenschaft . . . . . . . . . . . . . 116 bb) Die Definition des Irrtums . . . . . . . . . . . . . . . 117 cc) Der Bezugspunkt der Anfechtung . . . . . . . . . . . 117 dd) Der Vorrang der Auslegung . . . . . . . . . . . . . . 118 ee) Erheblichkeitsschwelle . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 ff) Die Verkehrswesentlichkeit einer Eigenschaft . . . . . 120 gg) Das Verschulden eines Vertragspartners und die Veranlassung des Irrtums durch eine Vertragspartei . . 120 hh) Die Anwendbarkeit der Irrtumsanfechtung bei beiderseitigem Irrtum . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 ii) Beweisschwierigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 b) Fehlvorstellungen über andere Herkunftsfaktoren . . . . . 122 c) Einschränkungen der Zulässigkeit der Irrtumsanfechtung des Verkäufers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 3. Rechtsbehelfe des Verkäufers gegen den Vermittler bzw. das Auktionshaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 4. Zusammenfassung der Rechtsstellung des Verkäufers . . . . 125 III. Gegenüberstellung der Rechte der Beteiligten . . . . . . . . . . 126 1. Veränderte Rechtslage seit der Schuldrechtsmodernisierungsreform . . . . . . . . . . . 126 2. Nach geltendem Recht: Gefahr eines Ungleichgewichts aufgrund unterschiedlicher Fristenregelungen für die Beteiligten 126 a) Verschuldensunabhängige Rechtsbehelfe . . . . . . . . . . 127

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XV

b) Rechtliche Lage bei arglistigen Sorgfaltspflichtverletzungen 127 c) Fristen für die Ausübung der jeweiligen Rechte bzw. Rechtsbehelfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 d) Folgen für den Kunsthandel . . . . . . . . . . . . . . . . 129 3. Offene Fragen in Bezug auf die Risikoverteilung im Kunsthandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 4. Ansätze zur Einschränkung der Irrtumsanfechtung des Verkäufers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 5. Folgen für die weitere Untersuchung . . . . . . . . . . . . . 129

C. Das französische Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 I. Rechtsstellung des Käufers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 1. Rechtsbehelfe gegen den Verkäufer . . . . . . . . . . . . . . 131 a) Die Irrtumsanfechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 aa) Die Voraussetzungen der Irrtumsanfechtung . . . . . . 135 (1) Die Definition des Irrtums . . . . . . . . . . . . . 135 (2) Der Bezugspunkt des Irrtums, Art.  1132 Cciv. . . . 135 (3) Die Entschuldbarkeit des Irrtums . . . . . . . . . . 137 (4) Keine Einschränkungen bei gemeinsamem Irrtum . 137 bb) Die Anwendung der Irrtumsanfechtung im Kunsthandel 137 (1) Der Irrtum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 (2) Die wesentliche Eigenschaft . . . . . . . . . . . . 138 (a) Die Authentizität . . . . . . . . . . . . . . . . 138 (b) Das Dekret vom 3. März 1981 . . . . . . . . . 138 (c) Anwendungsbereich und Inhalt des Dekrets vom 3. März 1981  . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 (d) Die Katalogangaben im Auktionshandel . . . . 140 (e) Andere Anhaltspunkte für die Abgrenzung zum Risikogeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 (f) Der Nachweis der Authentizität von Kunstwerken 144 (g) Die Behandlung des Verdachts der fehlenden ­Authentizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 (h) Abweichungen in anderen werkexternen Faktoren 146 cc) Die Entschuldbarkeit des Irrtums . . . . . . . . . . . 147 dd) Der relevante Zeitpunkt der Beurteilung der Authentizität und die Berücksichtigungsfähigkeit von ­Neubestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 b) Die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nach Art.  1130, 1137 ff. Cciv. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151

XVI

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aa) Die Voraussetzungen der arglistigen Täuschung nach Art.  1130, 1137 ff. Cciv. . . . . . . . . . . . . . . 151 bb) Der Anwendungsbereich der Vorschrift im Kunsthandel 151 c) Rechtsbehelfe auf der Grundlage der Sachmängelgewährleistung . . . . . . . . . . . . . . . 152 aa) Die allgemeinen Voraussetzungen . . . . . . . . . . . 152 bb) Die Anwendung im Kunsthandel . . . . . . . . . . . . 152 d) Verschuldensabhängige Haftung des Verkäufers . . . . . . 153 e) Das Verhältnis der Sachmängelgewährleistung zur Irrtumsanfechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 2. Rechtsbehelfe gegen den Vermittler, insb. gegen das Auktionshaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 a) Die Annullierung des Kaufvertrags . . . . . . . . . . . . . 155 b) Die Garantiehaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 3. Zusammenfassung der Rechtsstellung des Käufers . . . . . . 157 II. Rechtsstellung des Verkäufers . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 1. Rechtsbehelfe gegen den Käufer . . . . . . . . . . . . . . . . 158 a) Die Irrtumsanfechtung: Anwendungsprobleme aus Sicht des Verkäufers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 aa) Die Zulässigkeit der Irrtumsanfechtung beim Irrtum über die eigene Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . 159 bb) Der Irrtum über eine wesentliche Eigenschaft . . . . . 160 cc) Der Nachweis der Authentizität bzw. Neubestimmung 160 dd) Die Etablierung zuvor ausgeschlossener Zuschreibung wird möglich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 ee) Einschränkungen der Zulässigkeit der Irrtumsanfechtung 164 b) Anfechtung wegen arglistiger Täuschung . . . . . . . . . 164 2. Rechtsbehelfe gegen den Vermittler, insbesondere das Auktionshaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 a) Bewertung des Auktionsgutes über dem Marktwert (Überbewertung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 b) Bewertung des Kunstwerks unter dem Marktwert (Unterbewertung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 c) Haftung bei Neubestimmungen nach dem Kauf . . . . . . 166 3. Zusammenfassung der Rechtsstellung des Verkäufers . . . . 166 III. Gegenüberstellung der Rechtsbehelfe bzw. Rechte der Beteiligten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 1. Verschuldensunabhängige Rechtsbehelfe . . . . . . . . . . . 166 2. Rechtliche Lage bei Sorgfaltspflichtverletzungen . . . . . . . 167 3. Fristen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167

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XVII

a) Ausübungsfrist nach Art.  1304 Cciv. . . . . . . . . . . . . 167 b) Verhältnis zu allgemeinen Verjährungsfristen . . . . . . . 167 c) Verjährungsfristen für Rechtsbehelfe gegen den Vermittler 169 d) Zusammenfassung zu den Fristen . . . . . . . . . . . . . 169

D. Das englische Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 I. Rechtsstellung des Käufers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 1. Rechtsbehelfe gegen den Verkäufer . . . . . . . . . . . . . . 171 a) Vertragliche Rechtsbehelfe („breach of contract“) . . . . . 171 b) Die Begriffe „condition“  und „warranty“  . . . . . . . . . 173 c) „Express conditions“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 d) „Implied conditions“ im Sale of Goods Act 1979 . . . . . 175 aa) „Sale by description“, s.  13(1) Sale of Goods Act 1979 175 (1) Tatbestand des „sale by description“ in s.  13(1) Sale of Goods Act 1979  . . . . . . . . . . . . . . 175 (2) Anwendung des „sale by description“ in s.  13(1) Sale of Goods Act 1979 im Kunsthandel . . . . . . 176 (a) Restriktive Auslegung von s.  13(1) Sale of Goods Act 1979 durch die englischen Gerichte 176 (b) Die Reichweite der Bindungswirkung der Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . 179 e) s.  14(2) Sale of Goods Act 1979 . . . . . . . . . . . . . . 182 aa) Die Diskussion um eine Anwendungsbeschränkung durch s.  13(1) Sale of Goods Act 1979 . . . . . . . . . 182 bb) Die Begrenzung des Anwendungsbereichs auf unternehmerische Verkäufer nach s.  14(2) Sale of Goods Act 1979 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 cc) Die allgemeinen Anforderungen . . . . . . . . . . . . 183 dd) Die Beurteilung der zufriedenstellenden Qualität („satisfactory quality“) . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 (1) Die Begrenzung auf physische Gegebenheiten . . . 184 (2) Ansätze zur Bestimmung des Zwecks beim Kauf von Kunstwerken . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 ee) Restriktive Rechtsprechung zur Annahme eines ­Vertragsbruches im Kunsthandel . . . . . . . . . . . . 187 (1) Gesichtspunkte für die Beurteilung eines Vertragsbruches im Kunsthandel . . . . . . . . . . 188 (2) Die Bewertung von Katalogbeschreibungen . . . . 189 ff) Die Behandlung des Verdachts der fehlenden Authentizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189

XVIII

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gg) Die rechtliche Behandlung von Neubestimmungen . . 190 f) Vorgehen wegen einer Fehldarstellung („misrepresentation“) 191 g) Vorgehen wegen einer Fehlvorstellung („mistake“) . . . . 193 aa) Die allgemeinen Voraussetzungen für einen Rechtsbehelf wegen eines Irrtums . . . . . . . . . . . 193 bb) Urteile im Kunsthandel . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 h) Das Verhältnis der Rechtsbehelfe zueinander . . . . . . . 196 2. Allgemeine Rechtsbehelfe gegen den Vermittler, insbesondere gegen das Auktionshaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 a) Die Garantiehaftung auf der Grundlage der Conditions of Sale („limited warranty“) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 b) Die deliktische Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 c) Die Haftung für fehlerhafte Darstellungen („misrepresentation“) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 aa) Die Entscheidung im Fall May v Vincent . . . . . . . . 204 bb) Das Glossary der Auktionshäuser . . . . . . . . . . . 205 cc) Die neuere Entwicklung: Anspruchsgrundlagen im ­Misrepresentation Act 1967 . . . . . . . . . . . . . . . . 205 d) Die Auswirkungen von Haftungsausschlüssen in den AGB der Auktionshäuser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 3. Zusammenfassung der Rechtsstellung des Käufers . . . . . . 207 II. Rechtsstellung des Verkäufers . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 1. Rechtsbehelfe gegen das Auktionshaus . . . . . . . . . . . . 208 a) Die Bewertung des Kunstwerks unter dem Marktwert ­(Unterbewertung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 aa) Luxmoore-May and Another v Messenger May Baverstock . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 bb) Maßstab für die Bestimmung der erforderlichen Sorgfalt 209 cc) Argumente der Verkäufer zur Begründung einer erhöhten Sorgfaltspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . 210 dd) Der nähere Inhalt von Sorgfaltspflichten . . . . . . . . 212 b) Die Bewertung des Kunstwerks unter dem Marktwert ­(Überbewertung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 2. Rechtsbehelfe gegen den Käufer . . . . . . . . . . . . . . . . 215 3. Zusammenfassung der Rechtsstellung des Verkäufers . . . . 215 III. Gegenüberstellung der Rechtsbehelfe bzw. Rechte der Beteiligten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 1. Verschuldensunabhängige Rechtsbehelfe . . . . . . . . . . . 215 2. Rechtliche Lage bei Sorgfaltspflichtverletzungen . . . . . . . 216 3. Fristen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216

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XIX

a) Ausübungsfrist nach s.  35(4) Sale of Goods Act 1979 . . . 216 b) Allgemeine Verjährungsfristen nach s.  5 Limitation Act 1980 216 c) Möglichkeit der Verlängerung der Verjährungsfristen bei „mistake“ nach s.  32(1c) Limitation Act 1980 . . . . . . . 217

E. Rechtsvergleichende Betrachtung und mögliche ­Schlussfolgerungen für die deutsche Rechtsordnung . . . . 219 I. Rechtsvergleichende Betrachtung der Ergebnisse der Länderberichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 1. Verschuldensunabhängige Rechtsbehelfe der Beteiligten . . . 219 a) Situation: Käufer ist Verbraucher . . . . . . . . . . . . . . 219 b) Situation: Käufer ist professionell am Kunsthandel beteiligt 220 c) Verkäufer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 2. Rechtliche Lage bei (arglistigen) Sorgfaltspflichtverletzungen 221 a) Richtlinie für die Bestimmung des Inhalts von Sorgfaltspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 b) Änderungen der Rechtslage bei (arglistigen) Sorgfaltspflichtverletzungen im Vergleich zur Rechtslage in Fällen, in denen unverschuldete Fehlvorstellungen von der Authentizität vorliegen . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 3. Risikoverteilung in Bezug auf Informationen im ­Versteigerungskatalog, Zweifel an der Authentizität, ­Neubestimmungen und Aufklärungspflichten . . . . . . . . . 223 a) Die Behandlung von Informationen zu den Kunstwerken in Auktionskatalogen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 b) Die Behandlung von Zweifeln an der Authentizität . . . . 223 c) Die Behandlung von Neubestimmungen infolge neuerer ­Forschungsergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 d) Aufklärungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 4. Auseinandersetzung mit den Lösungen der englischen und der französischen Rechtsordnung . . . . . . . . . . . . . . . 225 II. Erkenntnisse zur Vermeidung eines unangemessenen Ungleichgewichts zwischen den am Kauf von Kunstwerken Beteiligten in der deutschen Rechtsordnung . . . . . . . . . . . 226 1. Situation: Käufer ist Verbraucher . . . . . . . . . . . . . . . 226 a) Erste Möglichkeit: Verlängerung der kaufrechtlichen ­Verjährungsfristen für den Kunsthandel . . . . . . . . . . 226 aa) Nach geltendem Recht: Einwand des §  242 BGB . . . 226

XX

Inhaltsverzeichnis

bb) Verlängerung der Verjährungsfrist durch eine ­Gesetzesänderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 cc) Hinweise auf entgegenstehenden gesetzgeberischen Willen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 dd) Einschränkung der Zulässigkeit der Irrtumsanfechtung des Verkäufers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 (1) Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 (2) Argumente im Schrifttum . . . . . . . . . . . . . 230 (3) Auseinandersetzung mit den dargestellten Meinungen 232 b) Zweite Möglichkeit: Zulassung der Irrtumsanfechtung im Kunsthandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 aa) Anwendung der BGH-Rechtsprechung im Kunsthandel: Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm – Guercino  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 bb) Zu berücksichtigende Wertungen bei der Ausgestaltung einer Bereichsausnahme für den Kunsthandel von der ­Sperrwirkung der Sachmängelgewährleistung nach ­reformiertem Schuldrecht . . . . . . . . . . . . . . . 235 (1) Wertungen in §§  439 und 442 BGB . . . . . . . . 235 (2) Wertung des Verkehrsschutzes in §  438 Abs.  1 Nr.  3 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 (3) Gesetzgeberische Intentionen bei der Einführung von §  438 Abs.  1 Nr.  3 BGB . . . . . . . . . . . . . . . 238 2. Situation: Käufer ist professionell am Kunsthandel beteiligt . 240 a) Mögliche Einschränkungen aufgrund des nach der französischen Rechtsordnung geltenden Veranlassungsprinzips beim Irrtum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 b) Mögliche Gegenargumente . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 3. Folgerungen aus der rechtsvergleichenden Untersuchung zur ­Behandlung spezifischer Einzelprobleme im Kunsthandel . . 241 a) Die Behandlung von Informationen im Versteigerungskatalog 241 b) Die Behandlung von Fälschungsverdacht und Neubestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241

Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 Entscheidungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263

Abkürzungsverzeichnis A, A & L a. A. ABlEG Abs. AEUV a. F. AC AcP AD & E

Art, Antiquity and Law andere Ansicht Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Absatz Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union alte Fassung Law Reports Appeal Cases (Third Series) Archiv für die civilistische Praxis Adolphus & Ellis’ Queen’s Bench Reports, fortgeführt von: Adolphus & Ellis’ Queen’s Bench Reports, New Series, vorher: Barnewall & Adolphus’ King’s Bench Reports AG Amtsgericht AGB Allgemeine Geschäftsbedingungen AJP/PJA Aktuelle Juristische Praxis / Pratique Juridique Actuelle All E.R. All England Law Reports allg. allgemein, allgemeine Art. Artikel, article AT Allgemeiner Teil Aufl. Auflage av. J.C. avant Jésus-Christ Bd. Band BDK Bundesverband Deutschen Kunstversteigerer e.V. BeckOK Beck’sche Online-Kommentare BeckRS Beck-Rechtsprechung Begr. Begründer Beschl. Beschluss BGB Bürgerliches Gesetzbuch BGBl. Bundesgesetzblatt BGE Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts BGH Bundesgerichtshof BGHSt Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen BGHZ Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen BR-Drucks. Bundesratsdrucksache BT Besonderer Teil BT-Drucks. Bundestagsdrucksache Bull. civ. Bulletin civil de la Cour de cassation bzw. beziehungsweise ca. circa

XXII Camp Cciv. Ccom. Ch CISG

Abkürzungsverzeichnis

Campbell’s Nisi Prius Reports 1808–1816 Code civil Code du commerce Chancery Division United Nations Convention on Contracts for the International Sale of Goods civ. civil, civile C.L.J. The Cambridge Law Journal d.J. der Jüngere DB Der Betrieb ders. derselbe dies. dieselbe DJ Deutsche Justiz DJZ Deutsche Juristen-Zeitung DS Der Sachverständige EG Europäische Gemeinschaft E.G. Estates Gazette EGBGB Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Ents. Entscheidung E.R. England Reports e.V. eingetragener Verein Ergänzungsblatt zur DJ Ergänzungsblatt zur Deutschen Justiz Esp. Espinasse’s Nisi Prius Reports 1743–1807 EU Europäische Union EWCA England and Wales Court of Appeal EWG Europäische Wirtschaftsgemeinschaft EWHC High Court of Justice of England and Wales f., ff. folgende FAS Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung FAZ Frankfurter Allgemeine Zeitung Fn. Fußnote FS Festschrift Gaz. Pal. Gazette du Palais geb. geboren GewO Gewerbeordnung GRUR Deutsche Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht e.V. GRUR-Prax. Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Praxis im Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht GRUR-RR Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Rechtsprechungs­ report HansGZ Hanseatische Gerichtszeitung HGB Handelsgesetzbuch Hrsg. Herausgeber hsrg. v. herausgegeben von insb. insbesondere i. S. v. im Sinne von i. V. m. in Verbindung mit

Abkürzungsverzeichnis

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ICR Industrial Cases Reports J.B.L. Journal of Business Law J.P. Reports Justice of the Peace Reports JA Juristische Arbeitsblätter Juris-Classeur Périodique (La Semaine Juridique), édition générale JCP jM juris – Die Monatszeitschrift Jura Juristische Ausbildung jurisPK juris PraxisKommentar JuS Juristische Schulung JW Juristische Wochenschrift JZ JuristenZeitung K.B. King’s Bench KRG Kulturgut-Rückgewähr-Gesetz KUR Kunst und Recht. Journal für Kunstrecht, Urheberrecht und Kulturpolitik L.J. Law Journal L.M.C.L.Q. Lloyd’s Maritime and Commercial Law Quarterly L.Q.R. Law Quarterly Review LG Landgericht LTOS Law Times Reports, Old Series M. Commissioner Decisions: Mobility Allowance MDR Monatsschrift für Deutsches Recht M.L.R. The Modern Law Review MMR Multimedia und Recht MüKo Münchener Kommentar m. w. N. mit weiteren Nachweisen n.Chr. nach Christus N.L.J. New Law Journal NJOZ Neue Juristische Online-Zeitschrift NJW Neue Juristische Wochenschrift NJW-RR Neue Juristische Wochenschrift, Rechtsprechungsreport No. number oder numéro Nr. Nummer NS Nationalsozialismus OLG Oberlandesgericht OLGZ Entscheidungssammlung der Oberlandesgerichte in Zivilsachen P.N. Professional Negligence P.N.L.R. Professional Negligence and Liability Reports QB Queen’s Bench R.D. Recueil Dalloz R.D. IR Recueil Dalloz Information rapide Rep. Defrénois Répertoire du notariat Défrénois Rev. trim. dr. civ. Revue trimestrielle de droit civil RG Reichsgericht RGZ Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen RL Richtlinie Rn. Randnummer RTDcom. Revue trimestrielle de droit commercial

XXIV

Abkürzungsverzeichnis

s. section S. Seite SeuffA Seufferts Archiv für die Entscheidungen der obersten Gerichte in den deutschen Staaten SFR Schweizer Franken somm. sommaires st. ständige u. a. unter anderem / unter anderen UKHL United Kingdom House of Lords UNESCO United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization Urt. Urteil UWG Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb v. von, vom; versus v. Chr. vor Christus vgl. vergleiche VersO Versteigerungsordnung VuR Verbraucher und Recht W.L.R. The Weekly Law Reports WarnR Warneyers Jahrbuch der Entscheidungen: Rechtsprechung des Reichsgerichts auf dem Gebiet des Zivilrechts, hrsg. v. Otto Warneyer WL Westlaw WM Wertpapiermitteilungen. Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht WRP Wettbewerb in Recht und Praxis z. B. zum Beispiel ZEuP Zeitschrift für Europäisches Privatrecht ZfRV Zeitschrift für Europarecht, internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung ZPO Zivilprozessordnung ZUM Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht ZUM-RD Rechtsprechungsdienst der ZUM

Einleitung Rekorderlöse auf internationalen Auktionen einerseits und Skandale um Fäl­ schungen andererseits – das sind die Themen, an die man denkt, wenn es um den Handel mit Kunstwerken geht. Im Fokus steht daher immer wieder die Frage des Käuferschutzes: Der Käufer, der erhebliche Summen in den Erwerb eines Kunst­ werks investiert, sei es als Kapitalanlage, sei es aus Liebe zur Kunst, soll bekom­ men, was er vermeintlich erworben hat – und wenn das nicht geht, so soll er sein Geld zurückerhalten. Neben Fälschungen, denen ein Element der Täuschung innewohnt, kann die Erwartung des Käufers noch aus einem anderen, auf den ersten Blick weniger spektakulären Grund enttäuscht werden: Ein Kunstwerk kann aufgrund einer fehlerhaften Zuschreibung nicht authentisch sein, also von einem anderen Künst­ ler stammen als zum Zeitpunkt des Kaufs angenommen. Das Kunstwerk ist dann nicht, was es zu sein scheint. Für den Käufer kann dies aus ideellen wie wirtschaftlichen Gründen nachteilig sein. Denkbar ist aber auch, dass das Kunstwerk für die Beteiligten unvorhergesehen, vielleicht auf­ grund neuerer Forschungserkenntnisse, einem berühmten Meister zugeschrieben wird, was seinen wirtschaftlichen Wert enorm steigern kann. Auf die Fälle der fehlerhaften Zuordnung wird der Blick weit weniger gerichtet als auf Fälschungs­ skandale – dabei sind fehlerhafte Zuordnungen, die als Oberbegriff Fälschungen einschließen, aus rechtlicher Sicht spannungsgeladen, von der Thematik der Fäl­ schung kaum zweifelsfrei abgrenzbar und in der Praxis sehr relevant. Aus deutscher Perspektive ist das zentrale Problem Folgendes: Die kaufrecht­ liche Verjährungsfrist von zwei Jahren hindert den Käufer bei fehlerhaften Zu­ ordnungen oftmals rein faktisch an der Geltendmachung von kaufrechtlichen Gewährleistungsrechten. Für Kunsthändler können aufgrund der Rügeobliegen­ heit in §  377 Abs.  1 HGB noch kürzere Fristen gelten. Es bliebe dem Käufer ­eines Kunstwerks nach Fristablauf also im Grunde nur die Irrtumsanfechtung, deren Ausübungsfrist mit der Entdeckung des Irrtums beginnt. Die Ausübung der Irrtumsanfechtung ist ihm nach deutschem Recht aber auf den ersten Blick ver­ wehrt, weil die deutsche höchstrichterliche Rechtsprechung – zurückgehend auf das Reichsgericht – einen Vorrang der Sachmängelgewährleistung und daraus

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Einleitung

folgend eine Sperrwirkung für andere Rechtsbehelfe annimmt, die die Irrtums­ anfechtung zum Nachteil des Käufers ausschließt. Im Auktionshandel verschärft sich das Problem zusätzlich, weil der Bundes­ gerichtshof in den Fällen Jawlensky 1 und Bodensee-Auktion 2 aus den Jahren 1975 bzw. 1980 entschieden hat, dass die Auktionshäuser als Vermittler des Kaufs ihre Haftung für Fehler des Kunstwerks vollständig ausschließen können. Eine Ausnahme gilt nur, wenn Auktionshäuser ihre Sorgfaltspflichten verletzen oder freiwillig, insbesondere in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder aus Kulanz, Rückgaberechte einräumen. Der Käufer hat also im Auktionshandel oftmals gar keine Rechte. Die Literatur fordert vor diesem Hintergrund teilweise, dem Käufer im Wege eines Haftungsdurchgriffes, vergleichbar mit der Kon­ struktion beim Leasing, jedenfalls abtretbare Rechte der Auktionshäuser gegen­ über dem Einlieferer zuzubilligen. Der Bundesgerichtshof hat sich hierzu – ent­ gegen der Hoffnung von Literatur und Praxis – in seiner ersten Entscheidung zum Auktionskauf nach der Schuldrechtsmodernisierungsreform im Fall Buddha aus Sui-Dynastie 3 im Jahr 2013 nicht positioniert. Praktisch sind die Rechts­ behelfe des Käufers also weiterhin sehr eingeschränkt, auch deshalb, weil er be­ weisen muss, dass eine Fälschung oder falsche Zuschreibung vorliegt.4 Die Rechtsposition des Verkäufers ist besser als die des Käufers: Er kann den Kaufvertrag über das fragliche Kunstwerk anfechten, wenn sich herausstellt, dass er unwissentlich ein unerkanntes Meisterwerk verkauft hat – für ihn existiert keine Sperrwirkung. Diese unterschiedliche Behandlung der Beteiligten in ver­ gleichbaren, spiegelbildlichen Situationen wirkt unangemessen und beeinträch­ tigt Wertungen des Irrtumsrechts.5 Dennoch scheint es so, als könnte sich keine andere Lösung etablieren. Die Untersuchung legt den Schwerpunkt auf dieses Ungleichgewicht der Rechte der Beteiligten beim Kauf von Kunstwerken. Dabei geht es nicht um eine Auseinandersetzung mit den dogmatischen Grundlagen der Sperrwirkung der Sachmängelgewährleistung, die – vor allem vor der Schuldrechtsmodernisie­ rungsreform – vielfach thematisiert worden sind, sondern um die Gestaltungs­ möglichkeiten der Sperrwirkung nach der Schuldrechtsmodernisierungsreform einzig für den Kunsthandel.

BGH, Urt. v. 15.1.1975 – VIII ZR 80/73 = BGHZ 63, 369 – Jawlensky. BGH, Urt. v. 13.2.1980 – VIII ZR 26/79 = BGH NJW 1980, 1619 – Bodensee-Auktion. 3  BGH, Urt. v. 9.10.2013 – VIII ZR 224/12 = NJW 2013, 3560; zugunsten eines Haftungs­ durchgriffs aber die Vorinstanz: OLG München, Urt. v. 26.6.2012 – 5 U 2038/11. 4  Schack, KUR 2015, 159, 165. 5 Zur Bedeutung dieses Aspekts im Irrtumsrecht: Siehr, in: FS Hanisch, S.  247, 253 ff.; Zweigert, ZfRV 1966, 12, 12 ff. 1  2 

Einleitung

3

Dem rechtsvergleichenden Ansatz folgend steht bei der Untersuchung die ge­ richtliche Entscheidungspraxis in den untersuchten Ländern im Vordergrund. Der Blick auf die ausländischen Rechtsordnungen dient der Suche nach alter­ nativen Lösungen und Erkenntnissen aus der Umsetzung anderer Wege, die in Deutschland nicht praktiziert werden. Rechtstechnisch sind die Bestimmungen hinsichtlich der Irrtumsanfechtung – anders als weite Teile der kaufrechtlichen Bestimmungen – in den untersuchten Ländern kaum vereinheitlicht6 und bieten angesichts unterschiedlicher Voraussetzungen verschiedene Mechanismen, um eine wertende Risikoverteilung zu steuern. Die Untersuchung beginnt mit einer Bestandsaufnahme. In den Länderberich­ ten folgen die Betrachtungen der untersuchten Rechtsordnungen, wobei die Un­ tersuchung des deutschen Rechts den Schwerpunkt bildet. Im Anschluss an die Länderberichte folgt ein Vergleich der Lösungswege der untersuchten Länder und eine kritische Auseinandersetzung mit der Frage, ob die französische und/ oder die englische Rechtsordnung Lösungsansätze oder Gesichtspunkte hervor­ bringen, die im Rahmen der Diskussion um die Behandlung fehlerhafter Zuord­ nungen von Kunstwerken für die deutsche Diskussion einen Mehrwert erbringen könnten.

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Ranieri, Europäisches Obligationenrecht, S.  955.

A. Bestandsaufnahme Die Sperrwirkung der Sachmängelgewährleistung geht auf höchstrichterliche Entscheidungen des Reichsgerichtes zurück, die – ebenso wie die wesentlichen nachfolgenden Rechtsänderungen – einführend zur Verdeutlichung der Thematik kurz skizziert werden. Als tatsächliche und rechtliche Grundlagen der Unter­ suchung werden im Anschluss daran vier zentrale Punkte näher betrachtet: zu­ nächst die Begrifflichkeiten, dann die Entwicklung und die heutigen Situationen des Kaufs von Kunstwerken, der rechtliche Rahmen der Veräußerungen und die möglichen Konflikte, die bei Kunstkäufen auftreten können.

I. Die Sperrwirkung der Sachmängelgewährleistung Für die weitere Untersuchung sind die Entstehung der Sperrwirkung und die nach­folgenden Rechtsänderungen herauszuarbeiten.

1. Rechtsprechungsübersicht Die bisherige Haltung der Rechtsprechung zur Behandlung von Irrtümern, die die Authentizität betreffen, lässt sich anhand der im Folgenden referierten Ent­ scheidungen illustrieren. a) Der Hausschwamm II-Fall 1 Das Urteil im Fall Hausschwamm II aus dem Jahr 1905 ist die erste Entschei­ dung des Reichsgerichts zum Bürgerlichen Gesetzbuch, in der das Reichsgericht, namentlich der 5. Zivilsenat, die Sperrwirkung der Sachmängelgewährleistungs­ rechte zum Nachteil der Irrtumsanfechtung ausspricht.2 1  RG, Urt. v. 1.7.1905 – V 16/05 = RGZ 61, 171; eine Konkurrenz der Anfechtung wegen Irrtums über eine Eigenschaft mit den Gewährleistungsrechten verneinend auch: RG, Urt. v. 16.1.1906 – II 487/95 = RGZ 62, 282, 285 (II. Zivilsenat); am Rande angesprochen in: RG, Urt. v. 19.3.1909 – II 504/08 = RGZ 70, 423, 429 f. (II. Zivilsenat). 2  Die Entscheidung wird rechtshistorisch als Vereinheitlichung der bis dahin unterschied­

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A. Bestandsaufnahme

Der der Entscheidung zugrunde liegende Fall betraf den Kauf eines mit einem Haus bebauten Grundstücks. Nach Ablauf der nach damaligem Recht sechs­ monatigen kaufrechtlichen Verjährungsfrist kam der Verdacht auf Hausschwamm an dem auf dem streitgegenständlichen Grundstück gelegenen Gebäude auf. Die einzig noch in Betracht kommende Irrtumsanfechtung hielt das Reichsgericht für unzulässig. Zentrales Argument der reichsgerichtlichen Urteilsbegründung war der Verkehrsschutz, den der Gesetzgeber vor allem in der kurzen Verjährungs­ frist des §  477 BGB a. F., aber auch durch die Bestimmungen zu den Auswirkun­ gen der Fahrlässigkeit des Käufers in §  460 BGB a. F. und in den Vorschriften über öffentliche Versteigerungen zum Ausdruck gebracht habe.3 Die Zulassung der Irrtumsanfechtung, die deutlich länger ausübbar sei, konterkariere die gesetz­ lich statuierte Verkehrssicherheit. Die Sachmängelgewährleistung sei als beson­ dere Regelung vorrangig. Dass die Irrtumsanfechtung zuzulassen sei, folge auch nicht aus den Protokollen zur Entstehung des Bürgerlichen Gesetzbuches; diese seien insoweit unergiebig.4 Die getroffene Wertung gelte auch für zunächst ver­ borgen gebliebene Mängel, da das Gesetz nicht zwischen offenen und verdeck­ ten Mängeln unterscheide.5 b) Der Cranach-Fall 6 Der Entscheidung des Oberlandesgerichts München im Cranach-Fall lag ein für den Kunsthandel typischer Sachverhalt zugrunde: Der Käufer hatte eine un­ signierte Zeichnung erworben, die zunächst dem Maler Lucas Cranach dem Älte­ren  7 zugeschrieben worden war. Dem Käufer kamen nachträglich Zweifel an der Richtigkeit dieser Zuordnung; er ging später von der Urheberschaft des Künstlers Barthel Beham8 aus, woraufhin er die Anfechtung des Kaufvertrags erklärte. In seiner rechtlichen Würdigung stellte das Oberlandesgericht München lichen rheinischen und preußischen Rechtsprechung zur Frage des Bestands einer Sperrwir­ kung der Sachmängelgewährleistung zugunsten der preußischen Ansicht gewertet, die anders als die rheinische Rechtsprechung eine Sperrwirkung annahm, siehe dazu: Ranieri, in: Falk/ Mohnhaupt, Kaufrechtliche Gewährleistung und Irrtumsproblematik, dort unter II; zu dieser Entwicklung auch: Haymann, S.  9 ff. 3  RG, Urt. v. 1.7.1905 – V 16/05 = RGZ 61, 175, 175 f. 4  RG, Urt. v. 1.7.1905 – V 16/05 = RGZ 61, 175, 176 f. Zum Aussagewert der Protokolle hat es in der Folgezeit einige Unstimmigkeiten gegeben. Dazu: Schröder, in: FS Kegel, S.  397, 409. Heute ist allgemein geklärt, dass die Protokolle die Sperrwirkung nicht intendieren. 5  RG, Urt. v. 1.7.1905 – V 16/05 = RGZ 61, 175, 177; dazu: Krampe, JuS 2005, 773, 778, siehe dort auch Fn.  46. 6  OLG München, Urt. v. 1.12.1909 – BerR. 306/09 I = SeuffA 65 (1910) Nr.  90, 181. 7  Deutscher Maler und Grafiker der Renaissance (1472–1553), ab 1505 Hofmaler am kur­ sächsischen Hof. 8  Deutscher Maler und Kupferstecher (1502–1540). Ein Ausschnitt seines Werks Bildnis

I. Die Sperrwirkung der Sachmängelgewährleistung

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zunächst heraus, dass nicht die Anfechtung der statthafte Rechtsbehelf sei, son­ dern ein „Anspruch auf Gewährleistung“ wegen des Vorliegens eines Sachman­ gels in Betracht komme. Ein solcher Anspruch stehe dem Kläger allerdings nicht zu. Das Risiko der Unechtheit treffe grundsätzlich den Verkäufer. Beim Kauf von Kunstgegenständen liege die Sache anders. Sicherheit hinsichtlich der Echtheit sei niemals mit objektiver Gewissheit zu erzielen. Eine andere Beurteilung der Urheberschaft sei jederzeit möglich, was den Handel mit Kunstwerken für beide Seiten zum „Spekulationsgeschäft“ mache. Die Haftung des Verkäufers sei daher – sofern nicht eine ausdrückliche Zusicherung des Verkäufers vorliege – ausge­ schlossen. c) Der Plesiosaurus-Knochenfund-Fall 9 Schon in den 1910er Jahren hatte das Reichsgericht über die in Deutschland eher als Randproblematik wahrgenommene Zulässigkeit der Irrtumsanfechtung des Verkäufers zu entscheiden: Der Kläger, Eigentümer einer Tongrube, überließ dort aufgefundene Knochen einem Apotheker, der sie später an den Beklagten weitergab. Wie sich nachträglich herausstellte, handelte es sich um Knochen ei­ nes Plesiosaurus.10 Das Reichsgericht wies die Revision des in den Vorinstanzen unterlegenen Klägers mit einer in Bezug auf die Irrtumsanfechtung sehr kurzen Begründung ab: Die klägerische Vorstellung, die Knochen hätten allenfalls einen geringen Geldwert, sei unerheblich und begründe keinen Irrtum über eine Eigen­ schaft im Sinne von §  119 Abs.  2 BGB.11 Ob zugleich ein Irrtum über die wissen­ schaftliche Bedeutung des Skeletts vorliege, sei nicht zu entscheiden, da der Klä­ ger dies nicht (rechtzeitig) behauptet habe.12 d) Der Ming-Vasen-Fall 13 Am Rande der bekannt gewordenen Entscheidung des Reichsgerichts im MingVasen-Fall, mit dem sich der 2. Zivilsenat des Reichsgerichts 1929 befasste, zei­ gen sich Besonderheiten der Irrtumsanfechtung bei einem Kommissionsgeschäft. Dem Urteil lag ein Fall zugrunde, in dem die ursprüngliche Eigentümerin zwei chinesische Vasen kommissionsweise über ein Warenhaus veräußern ließ; erst des Hans Urmiller mit seinem Sohn zierte zu Zeiten der Deutschen Mark den Fünfzig-MarkSchein (dritte Serie). 9  RG, Urt. v. 15.2.1912 – 322/11 = RG JW 1912, 525. 10  Plesiosaurier waren im Meer lebende Reptilien, die zur gleichen Zeit wie die Dinosaurier ausstarben. 11  RG, Urt. v. 15.2.1912 – 322/11 = RG JW 1912, 525, 525. 12  RG, Urt. v. 15.2.1912 – 322/11 = RG JW 1912, 525, 525. 13  RG, Urt. v. 22.2.1929 – II 357/28 = RGZ 124, 115.

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A. Bestandsaufnahme

später stellte sich heraus, dass die Vasen aus der Ming-Dynastie14 stammten und einen beachtlich höheren Marktwert hatten als den erzielten Verkaufspreis.15 Das Reichsgericht, welches den Fall zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Tatgericht zurückverwies, war folgender Rechtsauffassung: Entscheidend für das Vorliegen eines Irrtums sei, ob sich der Kommissionär hinsichtlich des Alters der Vasen geirrt habe; die Kommittentin, also die ehemalige Eigentümerin, könne sich aber nur dann auf einen solchen Irrtum berufen, wenn sie selbst im Irrtum war. Dafür sei wiederum maßgeblich, ob ihr für sie tätig gewordener Ehemann mit der Möglichkeit, dass die Vasen aus einem früheren Jahrhundert stammten, ge­ rechnet habe.16 Der Fall zeigt wiederum, dass auch die Behandlung eines Irrtums auf Verkäuferseite im Kunsthandel einer differenzierten Betrachtung bedarf. e) Der Ruisdael-Fall 17 Der Ruisdael-Fall verdeutlicht die Besonderheiten bei der Begründung eines „Fehlers“ (inzwischen: „Mangels“) im Bereich des Kaufs von Kunstwerken und lieferte die Begründung der Rechtsprechung, warum die Sperrwirkung der Sach­ mängelgewährleistung auch für den Kunsthandel gelten sollte. In dem 1932 durch das Reichsgericht entschiedenen Fall hatte der Kläger von dem Beklagten ein Ölgemälde mit dem Titel Eichen am Wasser erworben. Das Bild war als Werk des Malers Jacob Izaakszoon van Ruisdael18 bezeichnet wor­ den und mit einer Expertise eines ehemaligen Museumsdirektors versehen ge­ wesen. Später kam der Verdacht auf, dass es von dem weniger berühmten Vetter und vermeintlichen „Nachahmer“ des Künstlers, Jacob Salomonszoon van Ruisdael, stamme. Das Reichsgericht wies die auf Rückzahlung des Kaufpreises ge­ richtete Klage ab. In den Entscheidungsgründen befasste es sich mit zwei wesentlichen Rechts­ problemen: der Interpretation des Begriffs „Fehler“ im Sinne von §  459 Abs.  1 BGB a. F. und dem Verhältnis der Sachmängelgewährleistung beim Kauf einer bestimmten Sache zu verschiedenen, allgemeinen Rechtsbehelfen, darunter auch die Irrtumsanfechtung. Das Reichsgericht positionierte sich wie folgt: Es bestä­ tigte seine bisherige Rechtsprechung zur Sperrwirkung der Sachmängelgewähr­ leistung. Die Sachmängelgewährleistung schließe die Irrtumsanfechtung als „be­ sondere gesetzliche Ordnung“ für diese Geschäfte aus.19 Dies gelte auch für den 14 

Chinesische Dynastie, die als Hochzeit der chinesischen Künste gilt (1380–1644). Der Kaufpreis lag bei RM 390,00, der Weiterverkaufserlös bei RM 200.000,00. 16  RG, Urt. v. 22.2.1929 – II 357/28 = RGZ 124, 115, 120. 17  RG, Urt. v. 11.3.1932 = RGZ 135, 339. 18  Niederländischer Maler (1628 / 1629–1682). 19  RG, Urt. v. 11.3. 1932 – II 307/31 = RGZ 135, 339, 340. 15 

I. Die Sperrwirkung der Sachmängelgewährleistung

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Kunsthandel. Die Anwendbarkeit der Sachmängelgewährleistung werde auch in diesem Bereich auf der Grundlage eines subjektiven Fehlerbegriffs nicht gehin­ dert. Die fehlende Authentizität eines Kunstwerks begründe das Vorliegen eines Fehlers, ungeachtet des Umstandes, dass es sich zugleich um ein echtes Werk eines anderen Künstlers handele.20 Der Kläger könne mit seiner Rechtsauffas­ sung, nach der lediglich ein beiderseitiger Irrtum über den wahren Meister und wegen einer Aliudlieferung kein Sachmangel vorliege, nicht überzeugen.21 Ge­ genstand des Kaufs und damit Maßstab für die Beurteilung, ob ein Sachmangel gegeben sei, sei beim Spezieskauf das körperlich zum Kauf gestellte und über­ gebene Bild.22 Ausgehend davon liege bei Abweichungen in Bezug auf die Ur­ heberschaft ein Mangel vor, ungeachtet der Tatsache, ob es sich um eine Kopie, Fälschung oder die Schöpfung eines anderen Malers handele.23 Denn beim Er­ werb des Werkes eines bestimmten Künstlers bestehe der nach dem Vertrag vor­ ausgesetzte Gebrauch darin, „daß dem Käufer die Möglichkeit verschafft wird, sich des Besitzes eines Werkes gerade dieses Meisters zu erfreuen, sich in die Malweise und sonstige Eigenarten dieses Künstlers zu vertie­ fen und sie sich vor Augen zu halten. Andere Vorteile, besonders solche geldlicher Art, wenn ein Künstler oder ein Werk von starkem Ruf in Frage steht, können damit Hand in Hand gehen, doch dies ist unwesentlich.“24

Für den umgekehrten Fall, dass das streitbefangene Kunstwerk höherwertig sei, gelte daher im Grundsatz dasselbe.25 Das erzielte Ergebnis sei rechtspolitisch wünschenswert: Der Käufer sei auf die zeitlich begrenzten Gewährleistungsrech­ te beschränkt; die Alternative, die Irrtumsanfechtung für derartige Fälle zuzulas­ sen, begründe aufgrund der langen Verjährungsfrist von 30 Jahren auch für den Kunsthandel einen „unerträglichen Zustand“.26 f) Der Leibl/Duveneck-Fall 27 Der Bundesgerichtshof befasste sich im Jahr 1988 mit einem Fall, in dem der Verkäufer eines Ölgemäldes, welches zunächst Frank Duveneck 28, später aber Wilhelm Leibl 29 zugeschrieben worden war, die Irrtumsanfechtung erklärt hatte. 20 

RG, Urt. v. 11.3. 1932 – II 307/31 = RGZ 135, 339, 341. RG, Urt. v. 11.3. 1932 – II 307/31 = RGZ 135, 339, 341. 22  RG, Urt. v. 11.3. 1932 – II 307/31 = RGZ 135, 339, 341. 23  RG, Urt. v. 11.3.1932 – II 307/31 = RGZ 135, 339, 342. 24  RG, Urt. v. 11.3.1932 – II 307/31 = RGZ 135, 339, 342 f.; in diese Richtung schon: RG, Urt. v. 27.­11.­1926 – I 39/26 = RGZ 115, 286, 287 – Ostade/Teniers. 25  RG, Urt. v. 11.3. 1932 – II 307/31 = RGZ 135, 339, 343. 26  RG, Urt. v. 11.3. 1932 – II 307/31 = RGZ 135, 339, 344. 27  BGH, Urt. v. 8.6.1988 – VIII ZR 135/87 = NJW 1988, 2597. 28  US-amerikanischer Maler, Radierer und Bildhauer (1848–1919). 29  Deutscher Maler (1844–1900). 21 

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A. Bestandsaufnahme

Der Bundesgerichtshof gab der Klage dem Grunde nach statt. In der Urteils­ begründung trifft er zwei wesentliche Aussagen: Erstens hindere die Sachmän­ gelgewährleistung den Verkäufer nicht an der Irrtumsanfechtung, weil ihm selbst keine derartigen Rechte zustünden.30 Das Bestehen von Sachmängelgewährleis­ tungsrechten für den Käufer führe nicht zu dem Ergebnis, dass dem Verkäufer im Kunsthandel die Anfechtung grundsätzlich versagt sei. Innerhalb der allgemei­ nen Grundsätze des Rechtsmissbrauchs sei darauf abzustellen, ob der Verkäufer sich durch die Anfechtung seinen Pflichten entziehe. Auch der Umstand, dass der im US-Handel für ein Werk von Duveneck erzielbare Preis möglicherweise dem für ein Gemälde Leibls in Deutschland entspreche, stehe der Anfechtung nicht entgegen. Der allgemeine Grundsatz, dass die Gewährleistungspflichten den Ver­ käufer an der Ausübung der Irrtumsanfechtung nur dann nicht hinderten, sofern die verkaufte Sache besserer Beschaffenheit sei als angenommen oder ein „be­ sonderes subjektives Interesse“ des Verkäufers bestehe, bedürfe zugunsten des Verkäufers einer Einschränkung: Die Anfechtung könne dann nicht ausgeschlos­ sen sein, wenn ihre Ausübung nicht zur Folge habe, dass der Verkäufer sich sei­ nen Gewährleistungspflichten entziehe.31 Dass der Verkäufer den Wert eines Werks von Duveneck irrig zu hoch eingeschätzt haben könnte, sei ohne Auswir­ kungen und begründe keine Einrede des Käufers gegen das Anfechtungsrecht des Verkäufers. Das Gesetz begünstige hier den Irrenden, was der Anfechtungs­ gegner gegen Ersatz seines Vertrauensschadens hinzunehmen habe.32 Zweitens seien die Anfechtungsvoraussetzungen gegeben. Die Richtlinie, dass die Anfech­ tung ausgeschlossen sei, sofern der Anfechtende keinen wirtschaftlichen Nach­ teil erlitten habe, sei im Kunsthandel zu modifizieren: Unabhängig von dem wirt­ schaftlichen Wert könne dem Urheber eines Werks eine höhere Wertschätzung zukommen.33 Der Verkäufer hätte also die Herausgabe des streitgegenständ­­­li­chen Bildes verlangen können. Da jedoch noch zu klären war, ob die Herausgabe in Anbetracht einer vermeintlich zum Schein vorgenommenen Weiterveräußerung noch möglich war, wurde der Fall zur abschließenden Entscheidung an die Vor­ instanz zurückverwiesen. g) Der Fall „unwahrer Elvis“ 34 Der enttäuschte Käufer hatte in dem vom Oberlandesgericht Düsseldorf 1991 entschiedenen Fall seine Klage nicht auf einen Irrtum über die vermeintliche Echt­heit zweier, von ihm von dem Beklagten erworbenen Teile eines Andy War30 

BGH, Urt. v. 8.6.1988 – VIII ZR 135/87 = NJW 1988, 2597. BGH, Urt. v. 8.6.1988 – VIII ZR 135/87 = NJW 1988, 2597. 32  BGH, Urt. v. 8.6.1988 – VIII ZR 135/87 = NJW 1988, 2597. 33  BGH, Urt. v. 8.6.1988 – VIII ZR 135/87 = NJW 1988, 2597. 34  OLG Düsseldorf, Urt. v. 9.8.1991 – 22 U 52/91 = NJW 1992, 1326. 31 

I. Die Sperrwirkung der Sachmängelgewährleistung

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hol 35 zugeschriebenen Triptychons gestützt, sondern auf einen Irrtum über den Sicherheitsgrad der Zuschreibung: Er sei überzeugt gewesen, die Bilder seien „zweifelsfrei echt“. Zweifel an der Echtheit der Bilder waren erst etwa ein Jahr nach dem Erwerb aufgetreten, sodass die damals sechsmonatige Gewährleis­ tungsfrist bereits verstrichen war. Das Oberlandesgericht Düsseldorf bestätigte die die Klage abweisende Ent­ scheidung der Vorinstanz. Die gemeinsame Überzeugung von der Echtheit der Bilder sei keine verkehrswesentliche Eigenschaft im Sinne von §  119 Abs.  2 BGB. Denn eine derartige Einschätzung der Parteien sei für den Wert der Sache unerheblich. Ein Gewährleistungsfall, zu dem auch die falsche Vorstellung über die Urheberschaft gehöre, sei ausschließlich nach den Sachmängelgewährleis­ tungsregelungen abzuwickeln; die Zulassung der Irrtumsanfechtung hätte zur Folge, dass die Sperrwirkung der Gewährleistungsrechte unterlaufen würde. h) Analyse der Rechtsprechung vor der Schuldrechtsmodernisierungsreform Die referierten Entscheidungen zeigen, dass in Deutschland der folgende, im zwanzigsten Jahrhundert entwickelte Grundsatz traditionell36 und auch für den Kunsthandel gilt: Käufern und Verkäufern stehen bei Bilderstreitigkeiten grund­ sätzlich unterschiedliche Rechtsbehelfe zu; die Sachmängelgewährleistung, die bei Abweichungen, die die Substanz des Kunstwerks betreffen, unstreitig an­ wendbar ist,37 kommt auch bei fehlerhaften Zuordnungen von Kunstwerken in Betracht. In der Analyse der relevanten Rechtsprechung wird ein enormes Un­ gleichgewicht zwischen den Rechten des Verkäufers und den auf die Sach­ mängelgewährleistung beschränkten Rechten des Käufers deutlich, das unter Gerechtigkeits- und Verkehrslastgesichtspunkten zweifelhaft erscheint. Dieses Ungleichgewicht scheint auch der früheren Rechtsprechung nicht verborgen ge­ blieben zu sein. Die Argumentation der Gerichte abseits des Leibl/Duveneck-­ Falls zeigt, dass auch das Anfechtungsrecht des Verkäufers Einschränkungen unterliegen kann. Im Ruisdael-Fall und in der Cranach-Entscheidung begründen die Gerichte die Sperrwirkung zudem mit Prognosen über mögliche Auswirkun­ gen der Zulassung der Irrtumsanfechtung auf den Kunstmarkt. Diesbezüglich könnten die Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, ob die befürchteten Nach­ teile für den Kunstmarkt dort eingetreten sind. 35 

US-amerikanischer Künstler (1928–1987). Die zitierte Rechtsprechung des Reichsgerichts übernahm, allerdings mit Einschränkun­ gen, auch der Bundesgerichtshof: BGH, Urt. v. 9.10.1980 – VII ZR 332/79 = BGHZ 78, 216 = BGH NJW 1981, 224; BGH, Urt. v. 26.10.1978 – VII ZR 202/76 = BGHZ 72, 252 = NJW 1979, 160; BGH, Urt. v. 14.10.1971 – VII 313/69 = BGHZ 57, 137. 37  Allgemein anerkannt, beispielsweise: Mangold, S.  161 f.; Großgerge, S.  84 ff.; Spinellis, S.  266 ff.; Schack, Kunst und Recht, Rn.  381. 36 

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A. Bestandsaufnahme

2. Wesentliche Rechtsänderungen im 21. Jahrhundert Seit der Entwicklung der Sperrwirkung der Sachmängelgewährleistung ist einige Zeit vergangen, in der Gesetzesänderungen vorgenommen worden sind. Im Fol­ genden soll den wesentlichsten nachgegangen werden. Das Gesetz zur Moderni­ sierung des Schuldrechts vom 26. November 200138 veränderte die Konzeption des allgemeinen Leistungsstörungsrechts und vor allem des Kaufgewährleis­ tungsrechts grundlegend: Letzteres wurde in das allgemeine Schuldrecht inte­ griert und inhaltlich auf die Primärpflicht des Verkäufers, eine mangelfreie Sache zu liefern, ausgerichtet. Zugleich wurden die Fristen geändert. Der zweijährigen Verjährungsfrist kaufrechtlicher Ansprüche steht nun die auf zehn Jahre begrenz­ te Ausschlussfrist für die Geltendmachung der Irrtumsanfechtung gegenüber; im Übrigen sind die Vorschriften hinsichtlich der Irrtumsanfechtung unangetastet geblieben. Die Reform galt auch der Umsetzung verschiedener europäischer Richtlinien.39 Darunter ist auch die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie,40 die das Ziel der Einführung eines Mindeststandards für den Verbraucherschutz hatte. Die spätere Verbraucherrechterichtlinie,41 die im Jahr 2014 in Deutschland umge­ setzt wurde, zielt im Grundsatz gemäß Art.  4 Verbraucherrechterichtlinie 2011/­ 83/­EU auf eine Vollharmonisierung ab. Insbesondere bei den vorvertraglichen Informationspflichten wird dieser Ansatz allerdings durchbrochen.42 Hierdurch steht es den Gesetzgebern der Mitgliedstaaten frei, den in der Richtlinie angeleg­ ten Schutz auch auf nicht von der Richtlinie erfasste Fälle zu erstrecken.43 Der für die Untersuchung relevante Bereich ist in den §§  312 ff. BGB, Art.  246, 246a EGBGB umgesetzt. Die Fortentwicklung des Rechts wirft die Fragen auf, in 38 

BGBl. 2001, S.  3138. der Zahlungsverzugsrichtlinie (RL 2000/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 29.6.2000 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr, ABlEG Nr. L 200, S. 35 ff.) und der E-Commerce-Richtlinie (RL 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 8.6.2000 über bestimmte Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insb. des elektronischen Geschäftsverkehrs im Binnenmarkt, ABlEG Nr. L 178, S. 1 ff.). 40  RL 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 25.5.1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter (ABlEG Nr. L 171, S. 12 ff.). Im Folgenden abgekürzt als „Verbrauchsgüterkaufrichtlinine 1999/44/EG“. 41  RL 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates v. 25.10.2011 über die Rech­ te der Verbraucher, zur Abänderung der RL 93/13/EWG des Rates und der RL 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der RL 85/577/EWG des Rates (ABlEG Nr. L 304, S.  64), in Deutschland umgesetzt mit dem Gesetz zur Umsetzung der Ver­ braucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermitt­ lung v. 20.9.2013 (BGBl. 2013, S.  3642). Im Folgenden abgekürzt als „Verbraucherrechtericht­ linie 2011/83/EU“. 42  Erwägungsgrund 12 der Verbraucherrechterichtlinie 2011/83/EU. 43  Tonner, VuR 2014, 23, 24. 39  U.a.

II. Begriffe und Grundlagen der weiteren Untersuchung

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welcher Form die Sperrwirkung der Sachmängelgewährleistung nach geltendem Recht Bestand haben kann und wie Irrtümer, die die Zuordnung eines Kunst­ werks betreffen, im Lichte der zeitgenössischen Ausgestaltung denkbarer Rechts­ behelfe zu behandeln sind.

II. Begriffe und Grundlagen der weiteren Untersuchung Im Folgenden werden als Grundlage für die weitere Untersuchung die für den Kunsthandel spezifischen Begriffe und Grundlagen zusammengestellt. Daran an­ schließend geht es um das zentrale Problem beim Handel mit Kunstwerken: die Zuordnung von Kunstwerken.

1. Die Begriffe Kunstwerk und Authentizität Eine einheitliche Verwendung der zentralen Begriffe Kunstwerk und Authentizität ist für die weitere Untersuchung unabdingbar; sie sind einzugrenzen, zueinan­ der in Verbindung zu setzen, aber auch von anderen in diesem Kontext gebräuch­ lichen Wendungen abzugrenzen. a) Das Kunstwerk Das Kunstwerk für den Bereich des Kunsthandels zu definieren, ist nicht mög­ lich, und ein Definitionsversuch soll hier auch nicht erfolgen. Der Begriff Kunst lässt sich kaum allgemeingültig fassen; darin liegt seine Besonderheit: Kunst entsteht als individueller Persönlichkeitsausdruck, unterliegt aber zugleich ge­ sellschaftlichen Anschauungen, die durchaus unterschiedlich sein können. Ein Indiz für den Kunstwerkcharakter kann beispielsweise sein, dass Werke eines bestimmten Künstlers in die Museen aufgenommen wurden. Für den Kunstmarkt ist dieses Kriterium aber nicht abschließend. In der Praxis ist maßgeblich, welche Objekte üblicherweise als Gegenstände des Handels mit Kunst oder Antiquitäten betrachtet werden.44 Die vorliegende Arbeit schließt sich diesem Ansatz als Ar­ beitsdefinition an und konzentriert sich daher im Folgenden weitgehend auf um­ lauffähige Werkmaterialien der Bildenden Künste, also der Malerei und der Bild­ hauerei, deren Kunstcharakter die Beteiligten im Kunsthandel nicht bezweifeln, wobei der Handel mit Antiquitäten weitestgehend ausgespart bleibt. Die Arbeit bezieht zudem, soweit es sachdienlich erscheint, solche Werke zeitgenössischer 44  Dass

ein grundlegender Konsens hinsichtlich Gemälde, Zeichnungen, Antiquitäten und antiken Gegenständen besteht, ist anerkannt; in diese Richtung schon: J. Chatelain, in: Interna­ tional sales of works of art, Vol.  I, S.  19, 19.

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A. Bestandsaufnahme

Kunst ein, die eine handelbare Form gefunden haben. Eine solche kann auch in einem materialisierten Surrogat liegen, etwa in Fotodokumentationen oder in Zertifikaten,45 insbesondere bei Konzeptkunst, einem Sammelbegriff für ver­ schiedene moderne Erscheinungsformen von Kunst, beispielsweise Happenings, Performances und Objektkunst. Dort steht die künstlerische Idee im Vorder­ grund, die Ausführung selbst ist oft temporär und wird nicht vom Künstler selbst vorgenommen. So schafft etwa der Künstler Erwin Wurm 46 vergängliche One Minute Sculptures, indem er Handlungsanweisungen von Freiwilligen ausführen lässt, die entsprechend posieren, was fotografisch festgehalten wird.47 Über die verschiedenen Gattungen hinweg lassen sich Kunstwerke in zwei grundlegende Kategorien einteilen: Unikate und Auflagenproduktionen, d. h. Kunstwerke in (begrenzter) Auflage. Der Unterschied liegt in der Anzahl der vor­ handenen Werke: Unikate, beispielsweise Ölgemälde, Zeichnungen, Collagen, aber auch Plastiken aus verschiedenen Materialien existieren nur ein einziges Mal. Auflagenproduktionen erzeugen mehrere Exemplare.48 Letzteres hängt vor allem mit der Herstellungstechnik zusammen. So können etwa Holzschnitte, Kupfer­ stiche, Radierungen, Lithografien, Plastiken und Ready-mades serienmäßig pro­ duziert werden.49 Im Unterschied dazu wird bei einer Replik oder Reprise ein Kunstwerk durch den Meister selbst oder in seiner Werkstatt wiederholt oder nach­ gebildet.50 Weicht die Nachbildung in wesentlichen Punkten von dem ursprüng­ lichen ästhetischen Vorbild ab, so wird dieses Werk auch als Fassung oder Variante bezeichnet.51 Die Grenze der wesentlichen Abweichung ist dabei schwer zu ziehen: So soll der Maler Caravaggio 52 eine Szene mit falschspielenden Karten­ spielern, die in seinem Werk I Bari dargestellt ist, noch einmal gemalt haben; ob es sich dabei um eine Replik handelt, ist angesichts von Abweichungen umstritten.53 Großgerge, S.  26; Rauterberg, S.  171 ff. Österreichischer Künstler, geb. 1954. 47  Siehe dazu beispielsweise die Ausstellungspräsentation des Städels, Frankfurt am Main, abrufbar unter , zuletzt besucht am 3.3.2017. 48  Schack, Kunst und Recht, Rn.  23. 49  Schack, Kunst und Recht, Rn.  23. 50  Gerlach, S.  21; Wrede, S.  45; Großgerge, S.  47; Döhner, Zeitschrift für Ästhetik und All­ gemeine Kunstwisssenschaft 1978, 76, 76; Seipel, in: Reichelt, S.  6, 11; Kunth, in: Reichelt, S.  129, 130; Thwaytes v Sotheby’s, [2015] EWHC 36 (Ch). 51  Gerlach, S.  21; Wrede, S.  46 ff.; Großgerge, S.  48; Döhner, Zeitschrift für Ästhetik und Allgemeine Kunstwisssenschaft 1978, 76, 76; Seipel, in: Reichelt, S.  6, 11; Kunth, in: Reichelt, S.  129, 130; Thwaytes v Sotheby’s, [2015] EWHC 36 (Ch). Bei deutlichen Abweichungen, die ihrerseits den Grad neuen künstlerischen Schaffens erreichen, wird von Versionen oder Paraphrasen gesprochen, siehe Seipel, in: Reichelt, S.  6, 11. 52  Michelangelo Merisi da Caravaggio, italienischer Maler (1571–1610). 53  Thwaytes v Sotheby’s, [2015] EWHC 36 (Ch). 45  46 

II. Begriffe und Grundlagen der weiteren Untersuchung

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b) Die Authentizität Der Begriff Authentizität (Englisch: authenticity, Französisch: authenticité ) ist ein Synonym für Echtheit.54 Im Bereich des Handels mit Kunstwerken hat das Wort Authentizität länderübergreifend eine spezifische Bedeutung: Von Authen­ tizität wird gesprochen, wenn die Annahme der Herkunft des Kunstwerks zu­ trifft.55 Die Herkunft ist im Einzelfall weiter zu präzisieren: Gemeint sein kann die Übereinstimmung mit dem angegebenen Künstler oder Künstlerkreis, der bezeichneten Epoche oder dem angegebenen Ort.56 Die Umstände, aus denen die Herkunftsannahme abgeleitet wird, können dabei physischer Art sein oder sich aus der äußeren Präsentation des Werks ergeben.57 Der früher in der deutschen Literatur vertretene Ansatz Würtenbergers,58 alleine auf werkimmanente Fakto­ ren abzustellen, ist im späteren Schrifttum auf Kritik gestoßen: So sei schon zweifelhaft, ob diese Definition hinreichend bestimmbar sei.59 Entscheidend ge­ gen diesen Ansatz spreche jedoch, dass er kunstwissenschaftliche Fehlannahmen nicht einbeziehe.60 Zudem könnten sich werkimmanente und -externe Anhalts­ punkte wechselseitig überlagern.61 Das letztgenannte Argument erscheint aus­ schlaggebend: Die Authentizität bezieht sich auf Geschehnisse und Vorgänge der Vergangenheit und ist dadurch von Rückschlüssen und Bewertungen abhängig. Dieses – hier zunächst anhand der deutschen Literatur begründete – Ergebnis deckt sich mit dem französischen und englischen Verständnis zur Einordnung der Authentizität: Dass die Herkunftsannahme aufgrund von physischen und äuße­ ren Umstände zu beurteilen ist, folgt maßgeblich aus dem „Kontextgedanken“.62 54 Teilweise wird auch der Begriff Original verwendet. Von einem solchen Verständnis scheinen Chevalier und Viehweger auszugehen in: Weltkunst 2002, S.  191 ff.; ebenso: Bischoff, in: Weltkunst 2001, S.  439 ff. 55  Weber, in: FS Siehr, S.  410, 410, dort unter Fn.  2 (allerdings für die USA); vgl. für den französischsprachigen Raum: Labarthe, R.D. 2014. 1047. 56  Labarthe, R.D. 2014. 1047, 1047; Chatelain/Taugourdeau, S.  149; Trigeaud, Rev. trim. dr. civ. 1982. 55, 56. 57  So deutlich formuliert von v. Brühl, S.  8 ff.; dies., in: FS Siehr, S.  303, 307. 58  Würtenberger, Kampf gegen das Kunstfälschertum, S.  8 ff. 59  Goepfert, S.  27. 60  Goepfert, S.  27; v. Brühl, S.  9. Kritisch zu der Schlussfolgerung Goepferts, es komme allein auf die Richtigkeit der Einschätzung des begutachtenden Experten an: Gerlach, der die­ sen Ansatz für zu subjektiv hält, S.  17. 61  v. Brühl, S.  9 f. 62  Begriff bei v. Brühl, S.  10. Vgl. auch: Lowenthal, International Journal of Cultural Pro­ perty 1992, 79, 79 ff. sowie u. a. die Entscheidungen in den Fällen Drake v Thos. Agnew & Sons Limited, [2002] EWHC 294 (QB), zitiert nach bailii.org, Ziffer 43 (Näheres zum Sachverhalt unter D.I.1.a)), Avrora Fine Arts Investment Limited v Christie, Manson & Woods Limited, [2012] EWHC 2198 (Ch) (Näheres zum Sachverhalt unter D.I.2.a)) und Thwaytes v Sotheby’s,

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A. Bestandsaufnahme

c) Die Herkunft eines Kunstwerks Erwin Wurm überlässt die Ausführung der One Minute Sculptures anderen, der japanische Künstler Takashi Murakami 63 lässt riesengroße Skulpturen unter Zu­ hilfenahme von Gießereien fertigen64 – dennoch wird von Werken Erwin Wurms oder Takashi Murakamis gesprochen. Rembrandt und Rubens hingegen unter­ hielten Werkstattbetriebe, in denen Schüler arbeiteten; nicht alle der dort gefer­ tigten Werke sind Arbeiten Rembrandts oder Rubens’. Das ändert sich auch nicht dadurch, dass manche Alte Meister die Arbeiten ihrer Schüler signierten. Ent­ sprechende Schwierigkeiten bestehen auch bei der Zuordnung der Werke des 2007 verstorbenen Künstlers Jörg Immendorff 65. Kriterien für die Zuordnung sind die Eigenhändigkeit der Herstellung und die künstlerische Verantwortung für die Herstellung des Werks, die gegeneinander abzuwägen sind. Besonders die Erscheinungsformen moderner, zeitgenössischer Kunst zeigen: die künstlerische Verantwortung kann ausreichen, damit der Künstler als Urheber eines Werks gilt.66 Denn entscheidend ist die Beziehung des Künstlers zu dem geschaffenen Werk.67 Dies kann jedoch nicht uneingeschränkt gelten. Abhängig von Art und Herstellungsprozess des Kunstwerks kann entscheidend sein, ob der Künstler eigenhändig an der Ausführung des Werkes beteiligt war.68 Gerade bei Unikaten ist die Beteiligung des Künstlers an der Herstellung von besonderer Bedeutung.69 Hier soll – sowohl bei Werken der Malerei als auch bei bildhauerischen Werken – der Grundsatz der überwiegend eigenhändigen Herstellung sehr streng gel­ ten.70 Aufgrund des Grundsatzes der Eigenhändigkeit können auch Werke der [2015] EWHC 36 (Ch) (Näheres zum Sachverhalt unter D.II.1.a)cc)). Zum französischen Ver­ ständnis: Labarthe, R.D. 2014. 1047, 1047. 63  Japanischer Künstler (geb. 1962). Neben seinen künstlerischen Arbeiten fertigte er Ent­ würfe für Louis Vuitton. 64  Thornton, S.  225 ff. 65  Deutscher Künstler (1945–2007). Siehe dazu auch Metzger, Bericht vom 29.5.2007, ab­ rufbar unter , zuletzt besucht am 3.3.2017. Mit den Werken Immendorffs, die Problematik der Zuordnung von Arbeiten im Ergebnis aber of­ fenlassend, befasste sich mit dem OLG Düsseldorf zudem ein Gericht (Urt. v. 5.8.2014 – I-20 U 167/12, abrufbar unter juris). 66  v. Brühl, S.  11. 67  Jones, S.  50. 68  v. Brühl, S.  11; Chatelain/Taugourdeau, S.  149. 69  Chatelain/Taugourdeau, S.  149 f. 70 Dazu Jones, S.  50. Besondere Abgrenzungsschwierigkeiten entstehen, wenn die Meister Schülerarbeiten umfassend überarbeitet haben. Mit den Beispielen Rembrandt und Rubens: Jones, S.  43; eine entsprechende Tendenz scheint auch in der französischen Rechtsprechung zu bestehen: So entschied ein französisches Gericht, bestätigt durch die Cour de cassation, dass eine nicht nachweisbar von Salvator Dalí (spanischer Maler, 1904–1989) bemalte Leinwand zur Anfechtung wegen eines Irrtums berechtigen kann. Der Rechtsmittelführer hatte einge­

II. Begriffe und Grundlagen der weiteren Untersuchung

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Appropriation Art, bei denen es sich oft um Nachbildungen berühmter Kunst­ werke handelt – dieser Umstand wird aber offengelegt71 – als Werke der späteren Künstler angesehen werden, wenngleich die künstlerische Idee in erster Linie in der Auseinandersetzung mit dem schon vorhandenen Werk liegt. Dass das geistig-schöpferische Element dennoch Schwierigkeiten bereiten kann, zeigt die Argumentation eines Klägers in einem durch die Cour de cassa­ tion entschiedenen Fall. Dortiger Streitgegenstand war ein der französischen Schule um 1600 zugeordnetes Kunstwerk. Der Kläger verlangte die Annullie­ rung des Kaufvertrags, obwohl bei der Auktion keine Zuordnung zu einem be­ stimmten Künstler vorgenommen worden war. Das Gemälde entspreche in seiner ikonografischen Zusammenstellung einem dem Künstler Mazzola72 zugeschrie­ benen Bild und sei daher nicht authentisch, sondern lediglich eine Kopie dieses Bildes.73 Diese Argumentation wurde in Frankreich überzeugend kritisiert. Die Verbindung des Kunstwerks zum Künstler folge schon aus der eigenhändigen, mit der persönlichen Kreativität verbundenen Herstellung.74 Die eigenhändige Tätigkeit wird damit nicht als mechanische, sondern selbst als geistig-schöpferi­ scher Vorgang bewertet. Besonders schwierig ist die Bewertung der Herkunft zudem bei Vervielfältigungen von grafischen oder bildlichen Arbeiten: Abzüge von Druckplatten, Abgüsse oder industrielle Fertigungen75 sind technisch ohne Beteiligung des Künstlers durchführbar.76 In solchen Fällen ist die Autorisierung durch den Künstler entscheidend.77 wandt, dass Dalí jedenfalls intellektuell und mit seinem Namen für die Kreation verantwortlich gewesen sei, konnte damit aber keine Änderung der angegriffenen Entscheidung erreichen, Cour de cassation, 1re chambre civile (Nº 06.20.298), 30.9.2008, Bull. civ. Nº 217, R.D. 2008. 2598. Noch strenger: Großgerge, S.  47. 71  So bildete beispielsweise die Künstlerin Elaine Sturtevant (US-amerikanische Künstle­ rin, 1924–2014) Bilder und Skulpturen nach, signierte diese aber mit ihrem Zeichen, Beispiel bei Löffler, NJW 1993, 1421, 1422, dort unter Fn.  14. 72  Girolamo Francesco Maria Mazzola, genannt Il Parmigianino italienischer Maler und Radierer (1503–1540). 73  Cour de cassation, 1re chambre civile, 16.10.2008 (Nº 07-12.147), JCP 2009 II 10015 note Barbieri. 74  Barbieri, JCP 2009 II 10015. Das Gericht folgte der Argumentation aus einem anderen Grund nicht: Das Werk sei keine Kopie, sondern eine Reprise der französischen Schule um 1600. Damit lag schon aus diesem Grund eine eigene schöpferische Leistung vor. Zum Begriff der Reprise siehe A.II.1.a). 75  Industrielle Fertigungen kommen vor allem bei Ready-mades in Betracht; Schack, Kunst und Recht, Rn.  23. 76  Wrede, S.  39. 77  v. Brühl, S.  11; Wrede, S.  39; anders: Großgerge, S.  47, der die Abnahme durch den Künst­ ­ler für erforderlich hält, sodass postmortale Abgüsse schon aus diesem Grund nicht erfasst sein können.

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A. Bestandsaufnahme

Seine künstlerische Leistung besteht in der Herstellung der Druckform78 oder deren Konzeption, wenn Anweisungen für die Herstellung vorliegen79. Vor die­ sem Hintergrund entzündete sich nach dem Tod von Hans Arp 80 eine Diskussion um die Frage, ob bzw. welche postmortalen Abgüsse Werke des Künstlers seien; trotz entsprechender Verfügungen des Künstlers hinsichtlich der Stückzahlen, kam es zu Fälschungsvorwürfen.81 Die Fokussierung auf die ­konzeptionelle Sei­ te der künstlerischen Leistung wird allerdings angesichts der Folgerechtsricht­ linie 82 erschwert. Denn die Bestimmungen in Art.  2 Abs.  1, 2. Fall, Abs.  2, 2. Fall der Folgerechtsrichtlinie 2001/84/EG ordnen per Fiktion an, dass ein Exemplar als Originalkunstwerk desjenigen gelte, unter dessen Leitung es hergestellt wor­ den ist. Das schließt postmortale Abgüsse aus, da die Herstellung unter der Lei­ tung des Künstlers nicht mit dessen antizipierter Autori­sierung gleichzusetzen ist; es fehlt an dem für die Leitung nach allgemeinem Sprachgebrauch erforder­ lichen Element der Überwachung und Überprüfung der Herstellung des Kunst­ werks. Diese Wertung ist trotz der Unterschiede in der urheberrechtlichen Be­ urteilung auf die Authentizität im Kunstmarkt übertragbar; das spricht für eine europäische Tendenz, postmortale Auflagenproduktionen nicht (mehr) dem ver­ storbenen Künstler zuzuordnen. d) Die fehlende Authentizität Das Risiko fehlender Authentizität kann sich ganz unterschiedlich realisieren; zusammenfassend geht es um Fälle, in denen Kunstwerke für authentisch gehal­ ten werden, obwohl die Herkunftsannahme, hergeleitet aus werkimmanenten oder -externen Kriterien, unzutreffend ist.83 Die vorhandenen Anhaltspunkte suggerieren hier, dass das Kunstwerk von einem anderen Künstler stammt, als es tatsächlich der Fall ist. Dieser Eindruck kann bewusst oder unbewusst hervor­ gerufen werden, entweder durch den „Nachahmer“ selbst oder durch Dritte. Hier spielt der Zeitablauf eine entscheidende Rolle, da die tatsächlichen Gegeben­ heiten im Nachhinein schwer feststellbar sind.

Jones, S.  50. Goepfert, S.  72 f. 80  Deutsch-französischer Künstler (1886–1966). 81  Zum Fall Arp siehe Koldehoff, Weltkunst 1998, 795 ff. 82  Richtlinie 2001/84/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 27. September 2001 über das Folgerecht des Urhebers des Originals eines Kunstwerks (ABlEG Nr. L 272, S.  32, im Folgenden abgekürzt als „Folgerechtsrichtline 2001/84/EG“). 83  v. Brühl, S.  12. 78  79 

II. Begriffe und Grundlagen der weiteren Untersuchung

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2. Die Grundlagen für die weitere Untersuchung Bilderstreitigkeiten resultieren daraus, dass sich Herkunftsannahmen (häufig Zu­ ordnungen) als unzutreffend erweisen. Vor diesem Hintergrund wird nach­folgend überblicksartig betrachtet, wie die Herkunftsannahme in Fachkreisen zum Aus­ druck kommen kann und welche strukturellen Schwierigkeiten bei der Ermitt­ lung der Herkunftsannahme auftreten können. a) Die Zuordnung von Kunstwerken Die Authentizität selbst ist als Tatsache dem Beweis zugänglich, die kunstwis­ senschaftliche Zuschreibung oder Zuordnung durch Fachleute hingegen ein sub­ jektives Werturteil.84 Die Fachleute85 ermitteln und bewerten physische wie gegebenenfalls äußere Gegebenheiten und Umstände, füllen etwaige Lücken mit Wahrscheinlichkeits­ annahmen aus und ordnen dann, soweit möglich, das begutachtete Kunstwerk einem Künstler, einem Künstlerkreis, einer Epoche oder einer Kunstlandschaft zu.86 Vollständige Sicherheit kann dabei kaum erzielt werden. Die Zuschreibung ist daher ein mit Unsicherheiten belastetes Wahrscheinlichkeitsurteil.87 Bei Wer­ ken des 20. oder 21. Jahrhunderts ist die Dokumentationslage oftmals besser als bei Alten Meistern oder Objekten aus den darauffolgenden Epochen. In der ­Praxis wird daher der Begriff der Zuschreibung im Handel mit moderner Kunst kaum verwendet; in diesem Segment gibt es nur echt oder falsch, zumal es für fast alle Künstler der Moderne führende Experten gibt, deren Rat im Zweifel eingeholt werden kann. Die Zuordnung hat zwei Komponenten: den Authentifizierungsprozess und sein Ergebnis. Es gibt soziologische Sachverhalte, die die Zuordnung besonders erschweren. Neben den schon erwähnten Werkstattarbeiten und Parallelentwick­ lungen besteht etwa bei nicht signierten oder manipulierten Werken die Gefahr einer unzutreffenden Zuschreibung. Daher werden nachfolgend zunächst die all­ gemeinen und spezifischen Zuordnungsschwierigkeiten beispielhaft skizziert, sodann die Authentifizierungsmethoden in ihren Grundzügen dargestellt und schließlich die möglichen Ergebnisse des Authentifizierungsprozesses zusam­ mengefasst.

Blume Huttenlauch, KUR 2004, 118, 122; v. Brühl, S.  17; Babusiaux, KUR 2013, 64, 69. Oft als Experten oder Sachverständige bezeichnet, wobei der Begriff des Experten nicht festgeschrieben ist, siehe dazu: Glaus, KUR 2004, 112, 113. 86  Blume Huttenlauch, KUR 2004, 118, 122; v. Brühl, S.  17. 87  Fischer, KUR 2013, 42, 44; v. Brühl, S.  17. 84 

85 

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A. Bestandsaufnahme

b) Die Zuordnungsschwierigkeiten Für den Kunstmarkt sind Werke berühmter Künstler und seltene Kunstwerke besonders interessant. Aufsehen erregen daher immer wieder Fälschungsskanda­ le oder falsche Zuschreibungen zum Nachteil des Käufers.88 Die Zuschreibungs­ problematik betrifft aber auch unerkannte Originale.89 Die Übergänge sind flie­ ßend.90 Die kunstwissenschaftliche Beurteilung einzelner Kunstwerke kann sich ändern, sodass vermeintliche Fälschungen oder einem anderen Künstler zuge­ schriebene Werke zu Originalen eines anderen Künstlers werden können und umgekehrt.91 Neubestimmungen, die zugleich eine Zu- und Abschreibung bein­ halten, sich daher Prozesse, die bestehende Einschätzungen zur Authentizität grundlegend verändern können und deren Ergebnisse nicht beständig sein müs­ sen: Angesichts zahlreicher Vermeer-Fälschungen des Nachahmers Han van Meegeren 92, die zwischen 1937 und 1943 in Umlauf gebracht wurden, ist das Bild Junge Frau am Virginal dem Maler Vermeer zeitweise abgeschrieben wor­ den, ehe es 2003 wieder als Original akzeptiert und im Juli 2004 bei Sotheby’s versteigert werden konnte.93 Wie veränderlich Zuschreibungen sein können, zeigt ein weiteres Beispiel, welches seinerzeit in Frankreich, aber auch darüber hinaus, besonders viel Aufsehen erregte: Die sogenannte und berühmt geworde­ ne Rechtssache Poussin, in der im Instanzenzug94 gleich zwei höchstrichterliche 88  Teilweise werden beide Fälle wertungsmäßig gleichgesetzt und der Begriff der Fälschung als Oberbegriff verwendet, kritisch dazu wohl: Kunth, in: Reichelt, S.  129, 130. 89 Als unerkannte Meisterwerke oder Originale werden häufig zunächst nicht erkannte Wer­ ke, meist berühmter Künstler, bezeichnet. Kennzeichnend ist oft, dass die Umstände der Her­ kunft des Werks zum Zeitpunkt des Erwerbs ungewiss oder beispielsweise durch Übermalung verschleiert sind; ebenso geläufig ist die Bezeichnung sleeper, verwendet beispielsweise von: Siehr, in: Kunst im Markt – Kunst im Recht, S.  145, 147; ders., in: Reichelt, S.  20; Holland, P.N. 2013, 108, 113; Ulph, J.B.L. 2011, 261, 269. Der Begriff trouvaille stammt aus dem Fran­ zösischen und bedeutet „glücklicher Fund“ oder „Zufallsfund“. Er wird auch für Kunstwerke verwendet, siehe dazu Ghestin/Malinvaud, note Tribunal de grande instance de Paris, 13.12.­ 1972, R.D. 1972. 411, 412. 90  Schack, KUR 2015, 159, 160. 91  Lowenthal, International Journal of Cultural Property 1992, 79, 79. 92  Ausführlich dazu Siehr, in: Reichelt, S.  7, 12; Jacobs, GRUR 2013, 8, 8 f. 93  Vorankündigung der Versteigerung bei Sotheby’s, abrufbar unter , zuletzt besucht am 3.3.2017; Jeronach, Bericht v. 9.7.2004 auf art.net, abrufbar unter zuletzt besucht am 3.3.2017; Bennett, Bericht v. 8.7.2004 im Telegraph, abrufbar unter zuletzt be­ sucht am 3.3.2017; Sunder-Plassmann (dpa), Bericht auf Stern.de, abrufbar unter , zuletzt be­ sucht am 3.3.2017. 94  Tribunal de grande instance de Paris, 13.12.1972, JCP 1973. 17376, note Lindon; R.D.1973.

II. Begriffe und Grundlagen der weiteren Untersuchung

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Entscheidungen ergingen, hatte ihren tatsächlichen Ursprung in der kunstwissen­ schaftlichen Erkenntnis, dass das streitgegenständliche Kunstwerk – nachdem dies erst bezweifelt worden war – (doch) von Nicolas Poussin 95 stammte.96 aa) Die allgemeinen Zuordnungsschwierigkeiten Kunstwerke werden erst seit dem 14. Jahrhundert signiert; allgemein üblich wur­ de diese Kennzeichnung erst im 18. Jahrhundert.97 Daher sind viele Werke, die vor dem Aufkommen der Signatur entstanden sind, anonym. Es kann vorkom­ men, dass nur eine zeitliche oder räumliche Einordnung möglich ist. Aber auch die Zuordnung von Kunstwerken, die in oder nach dieser Zeit entstanden sind, kann problematisch sein. Denn die Signatur kann trügen. Werkstattarbeiten wur­ den beispielsweise als Ausdruck der Anerkennung eines Meisters für seinen Schüler98 oder schlicht als Kennzeichnung der Werkstatt oft mit dem Zeichen des Meisters signiert99; der Signatur kann daher – vergleichbar mit einer Marke – eine Herkunftfunktion zu kommen.100 Gerade die Ausbildung eines Künstlers 410, note Ghestin/Malinvaud; Cour d’appel de Paris, 2.2.1976, JCP 1976 II 18358, observations Lindon; R.D. 1976. 325, note Cabannes; Cour de cassation, 1re chambre civile, 22.2.1978, R.D. 1978. 601, note Malinvaud; Cour d’appel d’Amiens, 1.2.1982, JCP 1982 II 19916, note Trigeaud; Gaz. Pal. 1982. 1. 134, conclusions Houpert; Rép. Defrénois 1982. 675, note J. Chatelain; Rev. trim. dr. civ. 1982. 416, observations Chabas; Terré/Lequette, in: Capitant, Les grands arrêts de la jurisprudence civile, S.  356 ff.; Cour de cassation, 1re chambre civile, 13.12.1983, R.D. 1984. 340, note Aubert; Terré/Lequette, in: Capitant, Les grands arrêts de la jurisprudence civile, S.  359 f.; Cour d’appel de Versailles, 7.1.1987, JCP 1988 II 21121, note Ghestin; R.D. 1987. 485, note, Aubert; Terré/Lequette, in: Capitant, Les grands arrêts de la jurisprudence civile, S.  361 ff. 95  Französischer Maler (1594–1664), der zeitweise in Rom lebte. 96  Interessanterweise begründete einer der Experten des Auktionshauses die Abschreibung des Werkes von Poussin im Vorfeld der Versteigerung und entgegen der traditionell gewachsenen Überzeugung der Verkäufer hinsichtlich der Echtheit „ihres Poussin“ gerade mit dem italieni­ schen Stil des Werks, siehe dazu: Cour d’appel de Paris, 2.2.1976, Terré/Lequette, in: Capitant, Les grands arrêts de la jurisprudence civile, S.  350 ff. Zur Rechtssache Poussin siehe C.I.1.a) dd). Die spätere Zuschreibung betonte demgegenüber, dass Poussin lange in Rom gelebt habe; hiervon ausgehend und infolge einer detaillierten Analyse des Gemäldes und eines Vergleiches mit anderen Werken des Künstlers gelang es dem Poussin-Experten Rosenberg, das Werk als das Gemälde Olympos et Marsyas zu identifizieren. Zu den Einzelheiten: Rosenberg, Revue du Louvre et des musées de France 1969, 87, 88 ff. Im Ergebnis ähnlich konnte eine zweifelhafte Zuschreibung eines Werks zu dem Künstler Caravaggio durch den Kunstkenner Sir Denis Mahon gelingen: Er identifizierte das über das Auktionshaus Sotheby’s versteigerte Werk als authentische Replik des Werks I Bari, welches Teil der Sammlung des Kimbell Art Museum in Texas ist, Thwaytes v Sotheby’s, [2015] EWHC 36, zum Sachverhalt siehe D.II.1.a)cc). 97  Schack, Kunst und Recht, Rn.  39. 98  Goepfert, S.  27. 99  Friedländer, Von Kunst und Kennerschaft, S.  146 f. 100  Schack, KUR 2015, 159, 160.

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A. Bestandsaufnahme

und dessen künstlerische Entwicklung waren und sind häufig mit der Ausein­ andersetzung mit schon vorhandenen Kunstwerken verbunden.101 Schüler hatten dabei oft Zugang zu denselben Materialien wie die Meister.102 Vor diesem Hin­ tergrund lassen sich zwei Fallgruppen systematisieren: von Künstlern hergestell­ te Werke, die angesichts ihres Erscheinungsbildes den Eindruck erwecken kön­ nen, von einem anderen Künstler zu stammen, und Werke, die im Laufe der Zeit durch einen anderen Urheber verändert worden sind. (1) Kunstwerke mit verwechslungsfähigem Erscheinungsbild Kunstwerke, deren Erscheinungsbild auf die Urheberschaft eines bestimmten Künstlers hindeutet, sind vor dem Hintergrund der künstlerischen Auseinander­ setzung mit Vorbildern zu sehen. Es gibt die Formen Kopien, Nachahmungen, Reproduktionen und Pasticci. Kopien und Nachahmungen unterscheiden sich dabei durch die Art der Annäherung an das Original: Während bei Kopien ein bestimmtes Kunstwerk möglichst genau nachgebildet wird,103 bezieht sich die Nachahmung auf eine Anlehnung an die Stilelemente oder motivische Eigenar­ ten eines Künstlers.104 Das Pasticcio verbindet beide Formen, indem verschiede­ ne Bildelemente nachgebildet und dann zu dem neuen Werk zusammengesetzt werden.105 Die Reproduktion unterscheidet sich von der Kopie durch ihre Her­ stellungstechnik: Die Vorlage wird zumeist im Druckverfahren übertragen.106 Die Gegebenheiten um die Schaffung von Kunstwerken, vor allem auch die schon erwähnten Repliken und Fassungen, bei deren Herstellung sich Künstler 101  Jones, S.  41. Im 16. Jahrhundert soll das Kopieren in den Kunstunterricht aufgenommen worden sein, siehe dazu: Almeroth, S.  11 f.; zu Kopien von Werken Alter Meister durch franzö­ sische Künstler im 19. Jahrhundert zu Studienzwecken siehe: Wrede, S.  44; zum Lernprozess und mit Beispielen: Seipel, in: Reichelt, S.  6, 9 ff.; mit Beispiele auch: Siehr, in: Reichelt, S.  7, 10. Siehe auch Schack, KUR 2015, 159, 160. Ein zeitgenössisches Beispiel ist das Projekt Kopierwerkstatt der Dresdner Hochschule für Bildende Künste, in der Studierende das Werk Friedland des Historienmalers Ernest Missonier kopieren, siehe dazu Altmann, in: art Ausgabe 8/2015, S.  141. 102  Jones, S.  41. 103  Wolf, S.  69; v. Brühl, S.  12; Tietze, Zeitschrift für Ästhetik und Allgemeine Kunstwissen­ schaft 1933, 209, 227; Döhner, Zeitschrift für Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaft 1978, 76, 76; Kunth, in: Reichelt, S.  129, 130. 104  Gerlach, S.  22; Wolf, S.  69; v. Brühl, S.  12, auch als Imitation bezeichnet: Döhner, Zeit­ schrift für Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaft 1978, 76, 76; Kunth, in: Reichelt, S.  129, 130; Siehr, in: Reichelt, S.  7, 11 u. 16. 105  v. Brühl, S.  12 f.; Schack, Kunst und Recht, Rn.  40; Locher, S.  174; Löffler, NJW 1993, 1421, 1422; Tietze, Zeitschrift für Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaft 1933, 209, 228. 106  Wolf, S.  69; v. Brühl, S.  13; Döhner, Zeitschrift für Ästhetik und Allgemeine Kunstwis­ senschaft 1978, 76, 76; Kunth, in: Reichelt, S.  129, 130.

II. Begriffe und Grundlagen der weiteren Untersuchung

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an ihren eigenen, schon vorhandenen Werken orientieren, begünstigen zudem kunstwissenschaftliche Irrtümer. (2) Nachträglich veränderte Kunstwerke Zu den geläufigsten nachträglichen Veränderungen eines Kunstwerks gehören Übermalungen und Veränderungen durch Restaurationen. Übermalungen kön­ nen dem Werk den Anschein eines bestimmten Sujets verleihen107 und damit die Zuordnung erschweren. Bei Restaurationen wie bei Übermalungen kann die Trennlinie zur Fälschung sehr fein und das subjektive Element durch ein einge­ schränktes Bewusstsein der Beteiligten abgeschwächt sein: Auch konservatori­ sche Maßnahmen verändern das Kunstwerk und deuten den durch das Kunst­ werk vermittelten Eindruck.108 Die Grenze zur Fälschung ist jedenfalls über­ schritten, wenn Kunstwerke retuschiert, also „verschönert“ werden.109 bb) Fälschungen als besondere Zuordnungsschwierigkeit Die Zuordnung wird zusätzlich erschwert, wenn Experten Fälschungen (Englisch: forgery, Französisch: contrefaçon) vorgelegt werden. Grund hierfür ist, dass Fäl­ schungen gerade zur Irreführung hergestellt bzw. zu diesem Zweck in den Ver­ kehr gebracht werden und im Verkehr den Eindruck vermitteln sollen, es handele sich um Meisterwerke berühmter, hochpreisig gehandelter Künstler. Zu Fälschungen werden Kopien, Nachahmungen, Pasticci und Reproduktionen näm­ lich erst durch ein subjektives Element: Die Werke sind der Intention nach zur Täuschung im Kunsthandel bestimmt.110 Überschreitungen von limitierten Auf­ lagen oder nicht autorisierte Abgüsse können ebenfalls als Fälschungen bezeich­ net werden.111 Die künstlerischen Verfahren sind dabei die technischen Mittel der Fälschung.112 Die Täuschungsabsicht kann sich schon bei der Herstellung mani­ festieren, entweder in der Nachahmung von Stilelementen (Fälschung ex con­ 107  Bloch, Zeitschrift für Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaft 1978, 52, 62 f.; Siehr, in: Reichelt, S.  7, 19 f. 108  So kann beispielsweise die Erneuerung des Firnisses das Erscheinungsbild der Farbe beeinflussen; Restauratoren sollten daher nach Möglichkeit vorhandene Informationen zur An­ sicht des Künstlers in Bezug auf den Firnis berücksichtigen, dazu und zur Gemälderestaura­ tion: Fabian, KUR 2011, 143, 143 ff. 109  Goepfert, S.  45; Gerlach, S.  23. In Deutschland geschah dies vor der Einführung der akademischen Restauratorenausbildung häufig durch Maler, die fremde Werke im Zuge einer Restaurierung nach ihren Vorstellungen „verschönerten“, Fabian, KUR 2011, 143, 145. 110  Tietze, Zeitschrift für Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaft 1933, 209, 217 f.; Schack, KUR 2015, 159, 160. 111  Schack, KUR 2015, 159, 160. 112  Döhner, Zeitschrift für Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaft 1978, 76, 76 f.

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A. Bestandsaufnahme

creto) oder in der Nachbildung eines Werkes (Fälschung ex nihilo).113 In beiden Fällen kann auch die Signatur mit nachgebildet sein. Die Veränderung – das Hin­ zufügen oder Entfernen einzelner Elemente – eines schon bestehenden Original­ werkes, bei der in die Substanz des Kunstwerks eingegriffen wird, bezeichnen Kunstkreise als objektive Verfälschung; eine subjektive Verfälschung liegt hinge­ gen vor, wenn die äußeren Umstände, beispielsweise die Entstehungsgeschichte des Kunstwerks oder seine Ausstellungsgeschichte, korrumpiert werden.114 Eingriffe in die Substanz betreffen vor allem die Datierung115 oder die Signa­ tur116. Eine Fälschung kann auch daraus folgen, dass ein Künstler ein fremdes Werk signiert.117 So lag es etwa im Thoma-Fall118, den das Reichsgericht im Jahr 1926 entschied: Ein unbekannter Künstler hatte eine Zeichnung des Künstlers Hans Thoma119 übermalt, der Künstler hatte das Werk später dennoch signiert. Entscheidend für die Beurteilung, dass ein Fehler vorlag, war hier die fehlende Authentizität der Übermalung. Das Gericht stellte nicht auf den Umstand ab, dass die Zeichnung ursprünglich, also vor der Übermalung, von Hans Thoma ge­schaf­ fen worden war.120 Bei subjektiven Verfälschungen manipulieren die Täuschungs­ willigen vorrangig die Etikettierung,121 Expertisen oder Provenienz.122

v. Brühl, S.  14. Gerlach, S.  22 f. 115  Bloch, Zeitschrift für Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaft 1978, 52, 62; zur für die Authentizität unschädliche Veränderung der Datierung durch den Künstler selbst: Siehr, in: Reichelt, S.  7, 20 f. 116  Ausführlich dazu mit Beispielen: Siehr, in: Reichelt, S.  7, 18 f. 117  Siehr, in: Reichelt, S.  7, 19. 118  RG, Urt. v. 6. Juli 1926 – II 496/25 = RGZ 114, 239–243. 119  Deutscher Maler und Grafiker (1839–1924). 120  RG, Urt. v. 6. Juli 1926 – II 496/25 = RGZ 114, 239, 240 f.: Darin heißt es (S.  241 oben), „daß die Echtheit der Übermalung für die Parteien ein für die Bewertung maßgebender Umstand, also eine Eigenschaft des Bildes war. […] Nicht verständlich ist, was das Berufungs­gericht in diesem Zusammenhang über die Urheberschaft des Lithographen und deren Beeinträchtigung durch den Urheber der Übermalung sagt. Es handelt sich nicht um die Gegenüberstellung des Urhebers der Lithographie und desjenigen der Übermalung, zumal da das Berufungsgericht nur feststellt, daß Thoma die der Lithographie zugrundeliegende Zeichnung, nicht etwa, dass er die Lithographie, d. h. den Steinbruch, selbst hergestellt habe.“ Die Entscheidung zeigt dadurch deutlich, dass Übermalungen die Authentizität betreffen und nicht bloße Veränderungen des Materials sind. 121  Bullinger, S.  10. 122  Bloch, Zeitschrift für Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaft 1978, 52, 63. 113  114 

II. Begriffe und Grundlagen der weiteren Untersuchung

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c) Der kunstwissenschaftliche Authentifizierungsprozess Die subjektiven, also kunstwissenschaftlichen Zuordnungsmethoden123 sind ent­ scheidend für die Zuordnung eines Kunstwerks. Bei einer ikonografischen Ana­ lyse wird das Sujet ermittelt und einer Epoche oder einem Künstler zugeord­ net.124 Bei der stilkritischen Analyse, die die wichtigste kunstwissenschaftliche Zuordnungsmethode darstellt, werden Kunstwerke mittels eines Vergleichs mit anderen Kunstwerken gesicherter Zuschreibung zugeordnet.125 Zur Absicherung der Ergebnisse der subjektiven Zuordnungsmethoden kann zudem die Provenienz erforscht oder das Kunstwerk kunst- oder naturwissen­ schaftlich untersucht werden.126 Die Aussagekraft der Provenienz kann dabei im Einzelfall sehr unterschiedlich sein: Eine lückenlose Provenienzkette beginnend beim Künstler selbst lässt den als sicher geltenden Schluss auf ein Werk des Künstlers zu.127 Abseits von diesem „Idealfall“ kann die Provenienz aber auch unergiebig sein.128 In der Praxis zeigt sich ein Wandel der Bedeutung der Pro­ venienz: Während früher Kunstwerke aus bedeutenden Privatsammlungen stammten, ist die Herkunft gegenwärtig schwerer nachzuvollziehen. Naturwis­ senschaftlich bestehen verschiedene Möglichkeiten der Materialuntersuchung, beispielsweise Röntgen, Untersuchungen unter UV- oder Schwarzlicht oder che­ mische Analysen.129 Dabei gilt allerdings noch der Grundsatz, dass naturwissen­ schaftliche Methoden keine positive Zuschreibung ermöglichen; mit ihrer Hilfe kann lediglich festgestellt werden, ob das Kunstwerk aus einer bestimmten Zeit stammt.130 d) Expertisen, Werkverzeichnisse und Stempel Expertisen und Werkverzeichnisse sind Formen, in denen das Ergebnis des Au­ thentifizierungsprozesses festgehalten wird.

123  Ausführlich zu den subjektiven, historischen und objektiven Zuschreibungsmethoden: v. Brühl, S.  33 ff. 124  v. Brühl, S.  34. 125  v. Brühl, S.  36; Gerlach, S.  36; Hoeren/Holznagel/Ernstschneider-Remmers, S.  189, 196. 126  Garbers-v. Boehm, GRUR-Prax. 2013, 507, 508. 127  Fischer, KUR 2013, 42, 45. 128  v. Brühl, S.  45. 129  Garbers-v. Boehm, GRUR-Prax. 2013, 507, 508; ausführlich zu Computertomografie und Röntgen: Berg/Berg, in: Kunst im Markt – Kunst im Recht, S.  163 ff. 130  v. Brühl, S.  45; Gerlach, S.  46. Eine Ausnahme bildet die Daktyloskopie: Ist ein zuorden­ barer Fingerabdruck vorhanden, kann dies eine positive Zuschreibung ermöglichen, v. Brühl, S.  42, 45, dort unter Fn.  183; Blume Huttenlauch, KUR 2004, 118, 120.

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A. Bestandsaufnahme

Eine Expertise 131 ist dabei eine fachliche Bewertung, in der entweder ein be­ stimmter Künstler als Urheber bestätigt wird (Authentifizierung) 132 oder die Ur­ heberschaft eines bestimmten Künstlers abgelehnt wird (Abschreibung) 133. ­Komitees können zudem Kunstwerke mit Stempeln versehen. Sofern die Zuord­ nung zu einem bestimmten Künstler nicht mit der erforderlichen Sicherheit möglich ist, können verbleibende Restzweifel mittels einschränkender Formulie­ rungen ausgedrückt werden.134 Größere Unsicherheiten können ihren Ausdruck darin finden, dass die Zuschreibung nicht zu einem bestimmten Künstler, son­ dern zu einem Künstlerkreis oder einer Epoche erfolgt. Dass ein Experte ein Kunstwerk für echt hält, kann – auch ohne formale Zu­ schreibung – angenommen werden, wenn er es in ein Werkverzeichnis auf­ nimmt.135 Werkverzeichnisse sind in den Kontext kunstwissenschaftlicher For­ schung einzuordnen: Sie werden häufig von führenden Experten erstellt bzw. geführt, die ihre Forschung auf den Künstler ausgerichtet haben und daher über besonderes Fachwissen zum Gesamtwerk eines bestimmten Künstlers verfü­ gen.136 Dass ein Kunstwerk in einem Werkverzeichnis geführt wird, ist also mit­ telbar ein Ausdruck der Überzeugung des Kunstwissenschaftlers von der Authen­ tizität des Werkes. Im Unterschied zu vielen Expertisen, die von Kunstfachleuten, Komitees oder Institutionen erstellt werden können,137 bleibt eine zusätzliche Unsicherheit hin­ sichtlich der physischen Identifizierung des Objekts. Denn der Käufer kann kaum sicher sein, dass es sich bei dem angebotenen Werk tatsächlich um das Bild handelt, dass die Aufnahme in das Werkverzeichnis begründet hat. In der Praxis kommt den Werkverzeichnissen dennoch eine große Bedeutung zu. Die Re­ cherche der Auktionshäuser beginnt häufig mit einer Sichtung der einschlägigen Literatur. Die Bezugnahme auf Expertisen und Werkverzeichnisse ist zudem in Versteigerungskatalogen üblich.138

Näher zum Begriff: v. Brühl, S.  20 ff. Erforderlich ist eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit: v. Brühl, S.  17; Großgerge, S.  41. 133  Beispielsweise bei überwiegenden Zweifeln: v. Brühl, S.  18; Großgerge, S.  42. 134  Bandle, International Journal of Cultural Property 2015, 379, 381. Ähnlich v. Brühl, S.  18 und Großgerge, S.  41, die die Bezeichnung „Zuschreibung im engeren Sinne“ verwenden. 135  Fischer, KUR 2013, 42, 46. 136  Großgerge, S.  55. 137  Großgerge, S.  52. 138  Bandle, International Journal of Cultural Property 2015, 379, 381. 131  132 

II. Begriffe und Grundlagen der weiteren Untersuchung

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e) Authentizitätseinschätzungen außerhalb des kunstwissenschaftlichen Diskurses Die Informationen, die für den Kunstmarkt von Bedeutung sind, beschränken sich nicht auf kunsthistorische Erkenntnisse. Die wesentlichen verknüpfenden Ele­ mente, die Expertise und das Werkverzeichnis, sind schon angesprochen worden. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Quellen und Hinweise, auf deren Grundlage sich bei den Beteiligten eine Einschätzung hinsichtlich der Authentizität ent­ wickeln kann. In groben Zügen lassen sich diese Quellen wie folgt systematisie­ ren: Die erste Quelle ist die Einschätzung der Mitarbeiter eines Kunstauktions­ hauses, eines Kunsthändlers oder eines im Kunsthandel tätigen Beraters auf der Grundlage der eigenen Sachkenntnis. Diese Einschätzungen können ihrerseits – auch in Abhängigkeit von dem Grad der Spezialisierung des Auktionshauses oder der Kunsthandlung, aber auch vor dem Hintergrund individueller Erfahrun­ gen und Kenntnisse – sehr unterschiedlich sein. Ausdruck finden sie oftmals in den Betextungen der Kunstwerke in Versteigerungskatalogen, die von den Mitar­ beitern des Auktionshauses erstellt werden, oder in anderen Angaben in Bezug auf bestimmte Kunstwerke. In der Praxis kann den Versteigerungskatalogen da­ durch eine Dokumentationsfunktion zukommen: Die Präsentation als authenti­ sches Kunstwerk belegt zugleich, dass das Auktionshaus das Objekt zum Zeit­ punkt der Auktion bzw. der Begutachtung für authentisch gehalten hat. Im Ge­ gensatz zu einem Verweis auf ein Werkverzeichnis und manchen Expertisen, die auf der Grundlage von Fotos erstellt werden, ist hier zugleich weitestgehend ­sichergestellt, dass das betreffende Kunstwerk von Mitarbeitern des Auktions­ hauses gesichtet worden ist; diese verfügen aufgrund ihrer langjährigen prakti­ schen Erfahrungen oftmals über ein besonders geschultes Auge. Bei Kunsthandlungen können fachliche Einschätzungen beispielsweise Ein­ gang in Broschüren finden, bei Beratern in Ratschläge an ihre Kunden, oftmals Sammler. Durch diese Parallelität kann sich im Kunsthandel in Bezug auf kon­ krete Werke unter Umständen auch ein von der kunstwissenschaftlichen Fach­ welt abweichender Konsens bilden; angedeutet ist dieses Phänomen in einer Ent­ scheidung der englischen Gerichtspraxis.139 Der Käufer hatte ein vermeintlich von Rembrandt stammendes Gemälde erworben. Die Zuschreibung wurde aus­ weislich der Katalogbeschreibung in der Kunstwissenschaft von nur einem Kunsthistoriker bezweifelt. Dennoch publizierte die Times einige Tage nach der Auktion einen Bericht, aus dem hervorzugehen schien, dass der Kunstmarkt dem Urteil dieses Forschers traute. 139  Hoos and Others v Weber and Another, (1974) 232 E.G. 1379, abgedruckt in: Internatio­nal sales of works of art Vol.  I., S.  277–281. Zum Sachverhalt näher unter D.I.2.a).

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A. Bestandsaufnahme

Die zweite Quelle sind Behauptungen Dritter, beispielsweise Hinterbliebener oder ehemaliger Schüler eines Künstlers, die ihre Einschätzung in Bezug auf die Authentizität eines Kunstwerks kundtun. Diese Personen waren oftmals nicht nur mit dem Künstler verbunden, sie sind teilweise auch Zeitzeugen oder spielen bei der Verwaltung des künstlerischen Nachlasses eine Rolle. Manche haben auch eine Doppelstellung inne. Sie waren mit dem Künstler verwandt und sind zudem Experten für sein Werk geworden. Auch auf dieser Grundlage kann ab­ seits der kunstwissenschaftlichen Forschung eine autonome Einschätzung zur Authentizität entstehen.

III. Historische Entwicklung und strukturelle Gegebenheiten des Kunsthandels Der Kauf von Kunstwerken vollzieht sich auf dem Kunstmarkt. Form und Rah­ men des Handels mit Kunstwerken haben sich historisch entwickelt. Es folgt daher zunächst ein Überblick über die Entwicklung des Kunsthandels (dazu un­ ter 1.), dann eine Darstellung der modernen Vertriebsformen (dazu unter 2.), be­ vor schließlich die Bedeutung der Authentizität beim Kauf von Kunstwerken aus unterschiedlicher Perspektive betrachtet wird (dazu unter 3.).

1. Überblick über die Entstehung des Kunsthandels in Europa Bereits in der Antike wurde mit Kunstwerken gehandelt. In der beginnenden Neuzeit blühlte der Handel wieder auf, obwohl sich ein verändertes Kunstver­ ständnis entwickelt hatte. Die heute geläufigen Handelsformen haben sich im Laufe der Zeit etabliert. a) Die Anfänge des Kunsthandels Worin Kunst ihren historischen Ursprung hat, ist nicht bekannt und was als Be­ ginn der Künste gewertet wird, hängt davon ab, was unter Kunst verstanden wird.140 Die Anfänge des Kunsthandels in Europa lassen sich – was nicht minder schwierig ist – nur mittels archäologischer Quellen in ihren Grundzügen rekon­ struieren.141 Als Ausgangspunkt beim Kunsthandel müssen – wie beim Handel mit Waren jeder Art – Angebot und Nachfrage zusammenkommen, gegebenen­ falls durch Vermittlung Dritter, vorwiegend, aber nicht ausschließlich, eines 140  141 

Gombrich, The Story of Art, I. 19. Goepfert, S.  24.

III. Historische Entwicklung und strukturelle Gegebenheiten des Kunsthandels

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Händ­lers.142 Im Mittelmeerraum um Griechenland sollen ägyptische Händler bereits um 1500 v.Chr. Nachbildungen von Götterbildern nach Kreta gebracht und dort wie an anderen Kultstätten des antiken Griechenlands mit ihnen gehan­ delt haben.143 Auch die phönizischen Wanderhändler, die im Altertum mit Waren aus verschiedenen Ländern beladen – darunter auch Kunstgegenstände – den Mittelmeerraum bereisten und wechselnd auf zahlreichen lokalen Märkten Han­ del trieben, dürften dazu beigetragen haben, dass ein kultureller Austausch in der Region entstand.144 In der Antike wurde der Handel mit Kunstwerken dann vor­ wiegend von griechischen und römischen Kaufleuten betrieben.145 Aufgrund von archäologischen Funden in Italien wird angenommen, dass spätestens seit dem 6. Jahrhundert v.Chr. der Handel mit Kunstwerken vor allem zwischen Griechen­ land und Rom florierte.146 Damit einher ging auch die Etablierung von festen Umschlagplätzen, Dauermärkten und überlokalen bzw. überregionalen Netzwer­ ken.147 Angesichts einer wachsenden Produktion von Kunstwerken stieg in die­ ser Zeit das Handelsvolumen, wodurch es zu einem materiellen und personellen Aufschwung kam.148 Aus der Zeit der Hochantike finden sich Hinweise, dass Kunstgegenstände schon damals auf Auktionen versteigert wurden. Ein Auktionator aus dem 1. Jahr­hundert v.Chr. ist namentlich bekannt: Lucius Caecilius Iucundus.149 Wenngleich dessen Wohnsitz in Pompeji infolge des Ausbruchs des Vesuvs im Jahre 79 n.Chr. zerstört wurde, belegen vor allem Urkundenfunde seine Auktio­ natorentätigkeit.150 Besonders der römische Kunsthandel wurde jedoch auch durch die römischen Eroberungen und die Ausweitung des Römischen Reichs beeinflusst. Von ihren Eroberungszügen brachten die römischen Soldaten als Beute geraubte Kunstwerke und kunsthandwerkliche Erzeugnisse ins Reich.151 In dieser Zeit entstand eine (erste) Sammlerkultur. Nachdem zunächst die Könige von Pergamon und die ägyptischen Pharaonen Kunstkammern angelegt hatten, entwickelte sich in der herrschenden Römerschicht ein privates Sammlertum.152 Besonders geschätzt waren zur jener Zeit griechische Kunstwerke.153 Infolge des Zu den verschiedenen Definitionen des Kunsthandels: Bischoff, S.  29. Boll, S.  12; Bischoff, S.  27. 144  Thurn, S.  11. 145  Großgerge, S.  28. 146  Goepfert, S.  24. 147  Thurn, S.  13. 148  Thurn, S.  13. 149  Thurn, S.  20 f. 150  Thurn, S.  20 f. 151  Thurn, S.  14. 152  Boll, S.  12. 153  Almeroth, S.  5. 142 

143 

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A. Bestandsaufnahme

Zusammenbruchs des römischen Imperiums und der antiken Geldwirtschaft ließ auch der Kunsthandel zunächst nach.154 b) Das Wiederaufblühen des Kunsthandels in der Neuzeit Während des Mittelalters war die Schaffung von Kunstwerken ganz überwie­ gend von Auftragsarbeiten der Kirche geprägt.155 Mittelalterliche Kunstwerke dienten als Symbole christlicher Lehren.156 Handel mit Kunstwerken wurde kaum betrieben.157 Das änderte sich in der beginnenden Neuzeit. Ursächlich hier­ für waren verschiedene wesentliche Faktoren. Im 15. und 16. Jahrhundert began­ nen die Städte zu wachsen, der Handel war allgemein im Aufschwung begriffen, und der technische Fortschritt veränderte die Formen der Kunstwerke.158 Beson­ ders hervorzuheben ist dabei der Handel mit Kunstwerken in den Niederlanden und in den oberitalienischen Städten. In den Niederlanden war die Nachfrage nach Kunstwerken so hoch, dass sich die Künstler von Auftragsarbeiten lösten und Werke schufen, für die Abnehmer erst gefunden werden mussten.159 Infolge des wirtschaftlichen Aufschwungs und angesichts eines wachsenden Interesses des Adels und bürgerlicher Schichten entstand insbesondere in Italien ein Mäze­ natentum, welches die Entstehung von Kunstwerken förderte und den Künstlern „Abnehmer“ sicherte.160 Zentrum des europäischen Gemäldehandels war etwa bis Ende des 17. / Beginn des 18. Jahrhunderts Venedig.161 Das Format der Kunst­ werke wurde kleiner. Die Künstler stellten anstelle von Altarbildern vermehrt Tafelbilder her, was den Umlauf erleichterte.162 Holzschnitt163 und Kupferstich ermöglichten den Künstlern Vervielfältigungen, wodurch sie sich von Einzelauf­ trägen lösen konnten.164 Die Erfindung der Druckkunst folgte.165 Der Handel wurde zusätzlich von veränderten Rahmenbedingungen begünstigt. So schwand der Einfluss von Gilden und Zünften, was zu mehr Flexibilität auf den Märkten führte.166 Aus den Anfängen des 16. Jahrhunderts ist der Name des „ersten“ Hauser, S.  545; Thurn, S.  23. Großgerge, S.  28; Bischoff, S.  28; Boll, S.  13. 156  Almeroth, S.  6 ff.; Mangold, S.  18. 157  Großgerge, S.  28; Almeroth, S.  6. 158  Thurn, S.  25 f. 159  Boll, S.  14. 160  Thurn, S.  26. 161  Thurn, S.  38. 162  Schack, Kunst und Recht, Rn.  100. 163  Zur Bedeutung des Holzschnitts als erstes Mittel der Reproduzierbarkeit eines Kunst­ werks: Benjamin, S.  9 f. u. S.  14, dort unter Fn 3. 164  Würtenberger, S.  75. 165  Locher, S.  54. 166  Thurn, S.  26 f. 154  155 

III. Historische Entwicklung und strukturelle Gegebenheiten des Kunsthandels

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Kunsthändlers, Giovanni Battista della Palla, überliefert167: Der florentinische Edelmann stand in Kontakt zu dem französischen König Franz I, für den er be­ deutende Kunstwerke aus Florenz nach Frankreich brachte und so zur Ent­stehung der Kunstsammlung König Franz’ I entscheidend beitrug.168 Ende des 17. Jahr­ hunderts bildeten sich dann die ersten, auf bestimmte Sujets spezialisierten Kunsthändler heraus.169 Diese Entwicklungen sind eng verbunden mit einer Wandlung der Weltan­ schauung und des Menschenbildes. In der Renaissance und der Reformation setzten sich fortschrittliche geistige Werte, vor allem Humanismus und – in Be­ zug auf das Kunstschaffen besonders maßgeblich – Individualismus, durch, was zu einem neuen Kunstverständnis führte, nach dem das Kunstwerk als „Aus­ druck einer individuellen Künstlerpersönlichkeit“170 verstanden und geschätzt wurde.171 Diese Erkenntnisse und die Vervielfältigungsmöglichkeiten führten zu den Anfängen des urheberrechtlichen Schutzes: In England wurde 1709 ein Gesetz zum Schutz des geistigen Eigentums des Autors eingeführt, in Frankreich wur­ den die Rechte am künstlerischen Schaffen durch die Revolutionsgesetze ge­ schützt.172 Diese Entwicklung verhinderte jedoch nicht, dass mit Kunstwerken weiterhin gehandelt wurde,173 wenngleich die Pariser Akademie in Frankreich für einige Jahre ein Verbot des Bilderverkaufs ihrer Mitglieder erreichte.174 Par­ allel dazu schritt die technische Reproduzierbarkeit fort. Um 1900 verfestigte sie sich als eigene künstlerische Verfahrensweise.175 c) Die Entstehung europäischer Auktionshäuser Im beginnenden 18. Jahrhundert entwickelten sich London und Paris zu den füh­ renden Kunstmetropolen Europas.176 Das wohl älteste heute noch international operierende Auktionshaus, das Auktionsverk, war jedoch bereits 1674 in Stock­ Hauser, S.  547; Thurn, S.  28; Schack, Kunst und Recht, Rn.  100. Thurn, S.  29; Boll, S.  23. 169  Boll, S.  24. 170  Almeroth, S.  10. 171  Almeroth, S.  9 ff.; Würtenberger, Kunstfälschertum, S.  23; ders., NJW 1985, 1586, 1588; Chatelain/Taugourdeau, S.  109 172  Locher, S.  54; Chatelain/Taugourdeau, S.  109. Siehe auch: Loi du 19 janvier 1791 und Loi du 19 juillet 1793. Die Gesetze traten am 11.3.1957 außer Kraft. 173  Zu der vereinzelt vertretenen Auffassung, Kunstwerke könnten nicht als Handelsware angesehen werden, kritisch: Goepfert, S.  18 f.; siehe auch Anton, in: FS Siehr, S.  331, 332. 174  Georg, Kulturelle Monatsschrift (19) 1959, Heft 10, 31, 31. 175  Benjamin, S.  11. 176  Boll, S.  16 f. 167  168 

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A. Bestandsaufnahme

holm gegründet worden.177 Vor allem aber auch in England wurden seit Mitte des 17. Jahrhunderts Kunstversteigerungen durchgeführt. Der erste Auktionskatalog soll 1686 gedruckt worden sein.178 Die heute international führenden Auktions­ häuser179 wurden im 18. Jahrhundert in London gegründet: 1744 richtete Samuel Baker dort ein Auktionshaus ein,180 welches in seiner ersten Auktion Werke einer Bibliothek versteigerte und später, seit dem Eintritt von John Sotheby im Jahre 1778, den Namen Sotheby’s181 trug.182 Im Dezember 1766183 folgte die Eröffnung von Christie’s.184 d) Der Kunstmarkt seit Mitte des 20. Jahrhunderts Neben den führenden Auktionshäusern existieren Auktionshäuser, die sich auf einzelne Segmente spezialisiert haben, sowie lokale Auktionshäuser, die genera­ listisch ausgerichtet sind.185 Im Laufe des 19. Jahrhunderts kamen während des Impressionismus die privaten Galerien hinzu.186 Später, im Laufe des 20. Jahr­ hunderts, folgten Kunstmessen187 und Versand- bzw. Online-Galerien188; auch Versteigerungen im Internet werden heute durchgeführt. Für das Verständnis des gegenwärtigen Kunsthandels soll kurz auf die Entwicklung nach dem Zweiten 177 

Internetauftritt des Auktionshauses, abrufbar unter , zuletzt besucht am 3.3.2017. 178  Thurn, S.  68. 179  Kemle, in: FS Siehr, S.  393, 393. Schätzungsweise 95 Prozent des weltweiten Kunst­ markts sollen von den Auktionshäusern Sotheby’s und Christie’s kontrolliert werden, siehe dazu Vyas, International Journal of Cultural Property 2005, 425, 425. 180 Internetauftritt von Sotheby’s, abrufbar unter , zuletzt besucht am 3.3.2017; Harvey/Meisel, S.  7. 181  Die Firmierung lautete zwischenzeitlich Sotheby, Wilkinson & Hodge, später Sotheby’s & Co. und dann Sotheby Parke Bernet & Co., siehe dazu Harvey/Meisel, S.  7. 182  Thurn, S.  68. 183  Nach anderen Quellen bereits im Jahr 1763, siehe H.T., Kulturelle Monatsschrift (19) 1959, Heft 10, 73, 73. Dort findet sich auch der Hinweis, dass der erste Bilderverkauf des Auk­ tionshauses 1767 erfolgt sein soll. 184  Internetauftritt von Christie’s, abrufbar unter , zuletzt abgerufen am 3.3.2017. 185  Kemle, in: FS Siehr, S.  393, 393 f. 186  Bischoff, S.  42. 187  Schack, Kunst und Recht, Rn.  105; Bischoff, S.  43 f.; Großgerge, S.  29. Die wichtigsten Kunstmessen sind heute die Art Basel und die Art Cologne. Die Art Cologne entstand aus der ersten Kunstmesse überhaupt, Internationaler Kunstmarkt, die erstmals 1967 stattfand, ­Schrade, in: Kunst im Markt – Kunst im Recht, S.  27, 27. 188  Die wohl erste Versandgalerie, die später auch einen Online-Shop einführte, ist das heute noch aktive Kunsthaus Artes, siehe dazu auch die Informationen zur Geschichte des Kunst­ hauses, abrufbar unter , zuletzt besucht am 3.3.2017.

III. Historische Entwicklung und strukturelle Gegebenheiten des Kunsthandels

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Weltkrieg geblickt werden. Damals tauchten abermals neue Sammlerschichten auf dem Kunstmarkt auf.189 Der Kunsthandel ist hier im Zusammenhang mit internationalen wie nationa­ len Wirtschaftsentwicklungen zu sehen.190 Dennoch verläuft die Entwicklung nicht parallel. Vor allem besondere Werke können auch in wirtschaftlich schwa­ chen Zeiten zu sehr hohen Preisen veräußert werden.191 Das zeigen auch die Bewegungen auf dem Kunstmarkt in der Zeit nach 1945. Bis etwa 1995 waren diese dadurch gekennzeichnet, dass der Handel in verschiedenen Zyklen zu­ nächst rasch anstieg, dann leicht abfiel, um daraufhin wiederum, wenn auch langsamer, anzusteigen.192 In den zehn folgenden Jahren bis 2005 wuchs der Kunstmarkt stetig.193 Der Kunsthandel folgt also nicht uneingeschränkt der all­ gemeinen wirtschaftlichen Entwicklung: Während der Kunstmarkt den „schwar­ zen Montag“ am 19. Oktober 1987 ohne größere Einbußen überstand,194 hatte die Finanzmarktkrise ab 2007/2008 deutlich spürbare Auswirkungen auf den Kunst­ handel.195 Seit 2010 erholt sich der Kunstmarkt wieder196 und erregte mit spekta­ kulären Rekorderlösen in den vergangenen Jahren immer wieder Aufmerksam­ keit. So versteigerte beispielsweise das Auktionshaus Christie’s Ende 2013 in seinen Räumen in New York für 142,2 Millionen Dollar das Kunstwerk Three Studies of Lucian Freud von Francis Bacon197.198 Ein weiteres, aktuelles Beispiel ist das Picasso-Werk Les femmes d’Alger in der Version „O“, welches 2015 ebenfalls bei Christie’s in New York über 160,0 Millionen Dollar in einer Auk­ tion den Eigentümer wechselte; das Kunstwerk wurde damit zum „teuersten je bei einer Auktion versteigerten Bild der Welt“199 – jedenfalls bis im Jahr 2017 das Leonardo da Vinci zugeschriebene Werk Salvator Mundi ebenfalls bei Christie’s in New York für über 450 Millionen Dollar zugeschlagen wurde.

Wrede, S.  19. Großgerge, S.  29. 191  Großgerge, S.  29; die Eigenarten von Kunstwerken als Ware betonend auch: Jaquet, Kulturelle Monatsschrift (19) 1959, Heft 10, 38, 38. 192  Findlay, S.  162, spricht von siebenjährigen Kreisbewegungen in der Zeit von 1945–1995. 193  Findlay, S.  162. 194  Herchenröder, S.  58. 195  Findlay, S.  162 ff. 196  Findlay, S.  169. 197  Irischer Maler (1909–1992). 198  Kremer, Zocker am Kunstmarkt, in: FAS v. 16.11.2013. 199  N.N., in: FAZ v. 12.5.2015, online abrufbar unter , zuletzt besucht am 3.3.2017. 189  190 

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A. Bestandsaufnahme

2. Die Strukturen des modernen Kunsthandels Die Kunstwerke, bei denen Authentizitätsprobleme auftreten können, werden heut­zutage zumeist auf dem (institutionalisierten) Kunstmarkt oder privat ver­ äußert.200 a) Der Begriff des Kunstmarkts Der oftmals pauschal verwendete Begriff des Kunstmarkts umfasst ganz ver­ schiedene Situationen des Handels mit Kunstwerken.201 Das bildet auch die klas­ 200  Der Verkauf über den Kunstmarkt kann jedoch Einschränkungen unterliegen. So bein­ haltet das französische Recht ein staatliches Vorkaufsrecht. Dieses ist Teil des französischen Kulturgüterschutzes und begünstigt staatliche Stellen, indem es sie berechtigt, bei öffentlichen Versteigerungen durch Ausübung des Vorkaufrechts (Erklärung und Bestätigung innerhalb von fünfzehn Tagen) einen Übergang des Kaufvertrags zu bewirken. Der Staat nimmt dann die Stellung des Käufers gegenüber dem Verkäufer ein (J. Chatelain, note Cour d’appel d’Amiens, 1.2.1982, Rép. Defrénois 1982. 688). Die Ausübung des Vorkaufsrechts bewirkt jedoch nicht, dass der Vertrag öffentlich-rechtlich wird. Die Zivilgerichte bleiben für diesbezügliche Rechts­ streitigkeiten zuständig (dieser Punkt war in der Rechtssache Poussin zweifelhaft gewesen, das Tribu­nal des conflits hat aber die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte bestätigt, siehe dazu: J. Chatelain, note Cour d’appel d’Amiens, 1.2.1982, Rép. Defrénois 1982. 675, 682). Histori­ scher Ursprung ist eine zwischenzeitlich überarbeitete Vorschrift im französischen Haushalts­ recht, die Anfang der 1920er Jahre eingefügt worden ist (Art.  37 Loi du 31 décembre 1921 portant fixation du budget général de l’exercise de 1922). Geschichtlicher Kontext der Einfüh­ rung war die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg, in der zahlreiche Kulturgüter aus Frankreich ausgeführt wurden (Heinick, in: FAZ v. 5.8.2008, unter Berufung auf Bruno Saunier, leitender Kurator des französischen Kulturerbes bei der Direction des Musées de France, Bericht abruf­ bar unter , zuletzt besucht am 3.3.2017.). Das französische Recht kennt ein weiteres Instrument des Kulturgüterschutzes, welches sich einschränkend auf die Handelbarkeit von Objekten mit kultureller Bedeutung auswirkt. Neben dem Vorkaufrechts besteht in Frankreich ein Gesetz, welches die Ausfuhr von Kunstwerken beschränkt (Loi Nº  92-1477 du 31 décembre 1992 relative aux produits soumis à certaines res­ trictions de circulation et à la complentarié entre les services de police, de gendarmerie et de duance, im Folgenden bezeichnet als „Gesetz vom 31. Dezember 1992“). Gesetzlich oder ein­ zelfallbezogen festgelegte nationale kulturelle Schätze dürfen danach generell nicht (Art.  4 des Gesetzes vom 31. Dezember 1992), andere Kulturgüter mit kultureller Bedeutung nur mit staat­ licher Genehmigung exportiert werden (Art.  5 des Gesetzes vom 31. Dezember 1992). Auch in Deutschland und England können sich aus gesetzlichen Regelungen Ausfuhr­ beschränkungen für bestimmte Kunstwerke ergeben. Hintergrund derartiger Bestimmungen ist unter anderem die Umsetzung des UNESCO-Übereinkommens über Maßnahmen zum Verbot und zur Verhütung der rechtswidrigen Einfuhr, Ausfuhr und Übereignung von Kulturgut vom 14.11.1970 (im Folgenden abgekürzt als „UNESCO-Übereinkommen von 1970“ oder „UNESCO­ Konvention“). In Deutschland ist unter anderem ein Kulturgutschutzgesetz beschlossen wor­ den, welches am 1. August 2016 in Kraft getreten ist. 201  Wrede, S.  34; Anton, in: FS Siehr, S.  331, 333.

III. Historische Entwicklung und strukturelle Gegebenheiten des Kunsthandels

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sische Unterteilung zwischen primären und sekundären Kunstmarkt in den Grundzügen ab. Nach ihrer Herstellung werden Kunstwerke, die keine Auftrags­ arbeiten sind, zunächst auf dem primären Kunstmarkt gehandelt. Dies geschieht, indem der Künstler seine Werke entweder selbst in sog. Atelierverkäufen oder über Galerien veräußert.202 Auf den ersten Blick ist hier keine Bewertung der Authentizität erforderlich. Der schaffende Künstler, der primär Auskunft über die Entstehung des Kunstwerks geben kann, ist mehr oder weniger unmittelbar am Verkauf beteiligt. Dennoch können auch hier Authentizitätsfragen auftreten. Besonders Werke moderner Werkstätten oder Konzeptkunst erfordern eine Au­ thentizitätsbewertung. Zudem gibt es auch Künstler der Gegenwart, die Lein­ wände oder fremde Arbeiten signieren. Schwerpunkt der Authentizitätsproble­ matik ist jedoch der Handel auf dem sekundären Kunstmarkt. In Abgrenzung zum primären Kunstmarkt bezeichnet der sekundäre Kunstmarkt den Handel mit Kunstwerken, die sich bereits im Umlauf befinden, in erster Linie über Kunst­ handlungen oder Kunstauktionshäuser.203 Sofern Versteigerungen über Auktions­ häuser stattfinden, wird teilweise von einem Handel über den Kunsttertiärmarkt gesprochen.204 Die Zuordnungsschwierigkeiten legen nahe, dass die Authentizitätsproblema­ tik in den verschiedenen Segmenten unterschiedliche Relevanz hat. Da viele Auktionshäuser über ein zeitgenössisches Segment verfügen, gibt es auch Berei­ che auf dem sekundären Kunstmarkt, in denen Authentizitätsfragen – wie auf dem primären Kunstmarkt – seltener auftreten, besonders, solange der schaffen­ de Künstler noch lebt.205 Dass Werke direkt von einem Künstler in den Sekundär­ markt gebracht werden, ist allerdings nicht vorgesehen. Eine ungewöhnliche Ausnahme ereignete sich 2008, als der britische Bildhauer, Maler und Konzept­ künstler Damien Hirst206 bei Sotheby’s seine eigenen Werke versteigern ließ.207

Anton, in: FS Siehr, S.  331, 333; Großgerge, S.  29. Anton, in: FS Siehr, S.  331, 333 f. 204  Anton, in: FS Siehr, S.  331, 333 f. 205 Dennoch gibt es auch Fälschungen von Werken noch lebender Künstler, siehe dazu Großgerge, S.  41, dort Fn.  148. Ein Erklärungsansatz für den Reiz zeitgenössischer Fälschung ist der Aspekt, dass Fälscher leicht und zu geringen Kosten Zugang zu denselben Materialien wie der nachgeahmte Künstler haben, dazu auch Ulph, J.B.L. 2011, 261, 265. 206  Britischer Maler, Bildhauer und Konzeptkünstler (geb. 1965). 207  Anton, in: FS Siehr, S.  331, 341; Gropp, in: FAZ v. 16.9.2008; Reuther (dpa), in: art v. 16.­­­9.­­2008, abrufbar unter , zu­ letzt besucht am 3.3.2017. 202  203 

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A. Bestandsaufnahme

b) Die einzelnen Vermittlungsformen des Kunstmarkts Kunsthandlungen, Galerien und Auktionshäuser übernehmen im modernen Kunsthandel eine Vermittlungsfunktion. Der quantitative Handelsschwerpunkt liegt dabei auf dem Auktionshandel. aa) Kunsthandlungen und Galerien Außerhalb von Auktionen werden Kunstwerke zumeist in Galerien, Kunsthand­ lungen oder auf Messen erworben. Galerien etablieren meist noch unbekannte oder weniger bekannte Künstler auf dem Kunstmarkt oder festigen deren Posi­ tion.208 Gerade die enge Beziehung des Künstlers zum Erstgaleristen ist daher von gegenseitigem Vertrauen geprägt.209 Erstgaleristen organisieren Ausstellungen, pflegen Kontakte im Kunstmilieu und bieten Kunstwerke in ihren Galerien oder auf Messen an.210 Zweitgalerien sind Ausstellungen und Verkäufe oft nur in e­ nger Abstimmung mit der Erstgalerie gestattet. Im Gegensatz zu Galerien verkaufen Kunsthändler bereits zirkulierende Kunstwerke weiter,211 auch über das Internet. bb) Die Besonderheiten bei Versteigerungen Die Vornahme von Auktionen kann Regulierungen unterliegen. Zudem hat sich ein typischer Ablauf etabliert. (1) Die Regulierung des Auktionshandels Die zu untersuchenden Rechtsordnungen kennen besondere Bestimmungen, die die Zulässigkeit der Vornahme von Auktionen regeln. Das französische Recht war insoweit am weitreichendsten, wird aber zunehmend aufgeweicht. Nach deut­ schem Recht unterliegen Auktionen gewerberechtlichen Bestimmungen. Kunst­ versteigerer, die gewerbsmäßig tätig sind, benötigen daher eine gewerberecht­ liche Erlaubnis nach §  34b GewO.212 In England bestehen keine Zulassungsbe­ Näher zu den Inhalten des Galerievertrags: Picker, Praxis des Kunstrechts, S.  86 ff. dazu auch die Grundsätze der Zusammenarbeit von Künstlern und Galerien des Bundesverbands Deutscher Galerien, insbesondere S.  6 u. S.  8, sowie die Mustervereinbarung des Verbands Schweizer Galerien über die Zusammenarbeit von Künstler und Galerie, abrufbar unter , zuletzt besucht am 3.3.2017. Der Galerist hat dabei eine Schlüsselstellung zwischen Künstler und Erwerber sowie eine Rolle als Kunstvermittler inne. 210  So sieht beispielsweise Ziffer 6 der Mustervereinbarung des Verbands Schweizer Galerien über die Zusammenarbeit von Künstler und Galerie einen Anspruch des Künstlers auf regel­ mäßige Einzelausstellung vor. 211  Anton, in: FS Siehr, S.  331, 358. 212  Anton, in: FS Siehr, S.  331, 339; Härat, in: FS Siehr, S.  385, 386. 208 

209  Siehe

III. Historische Entwicklung und strukturelle Gegebenheiten des Kunsthandels

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schränkungen für die Vornahme von Versteigerungen mehr.213 Der Auctioneer Act 1845, der das Erfordernis einer Genehmigung vorsah, ist aufgehoben worden.214 Mit einer Gesetzesänderung aus dem Jahr 2000 hat der französische Gesetzgeber die Zulässigkeit der Vornahme öffentlicher Versteigerungen, soweit sie Gegen­ stände betreffen, reformiert.215 Hintergrund der Reform war das bis dahin beste­ hende Monopol der commissaires-priseurs216, welches ausländische Gesellschaf­ ten von der Organisation von Versteigerungen ausschloss. Hierdurch drohte eine Verletzung von Art.  49 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemein­ schaft, in dem die Dienstleistungsfreiheit217 geregelt war.218 Eine Versteigerung beweglicher Sachen, die freiwillig verkauft werden (vente volontaire), können nun auch zivilrechtlich organisierte Gesellschaften (sociétés de ventes volontaires de meubles aux enchères publiques) unter Einhaltung der näheren Bestimmungen des Gesetzes organisieren (Art.  4 des Gesetzes vom 10. Juli 2000). Nach einer weiteren Gesetzesänderung219 können seit 2011 zudem Pri­vatpersonen freiwillige Versteigerungen vornehmen (Art.  4 des Gesetzes vom 20. Juli 2011). Die gesetz­ lichen Neuerungen im französischen Versteigerungswesen betreffen jedoch nicht alle Versteigerungskäufe: Die sog. ventes judici­aires (Zwangsversteigerungen) sind gemäß Art.  29 des Gesetzes vom 10. Juli 2000 weiterhin den commissaires­ priseurs judiciaires vorbehalten.220 Der Begriff des commissaire-priseur hat da­ durch an formeller Bedeutung verloren,221 scheint aber weiterhin verwendet zu werden. Die Abgrenzung des vente volontaire vom vente judiciaire kann Schwie­ rigkeiten bereiten, wie die in der Rechtssache Giacometti 222. Dem entschiedenen Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Das Tribunal de grande instance de Härat, in: FS Siehr, S.  385, 386. Härat, in: FS Siehr, S.  385, 386. 215  Loi Nº  2000-642 du 10 juillet 2000 portant réglementation des ventes volontaires de meubles aux enchères publiques. Im Folgenden bezeichnet als „Gesetz vom 10. Juli 2000“. 216  Bezeichnung für einen Auktionator, der nach altem Recht Beamter war, näher dazu: Thomsen, S.  129 ff. u. J. Chatelain, note Cour d’appel d’Amiens, 1.2.1982, Rép. Defrénois 1982. 675, 688 f. 217  Die Dienstleistungsfreiheit ist nunmehr in den Art.  56–62 des Vertrags über die Arbeits­ weise der Europäischen Union (AEUV), auch Vertrag von Lissabon genannt, geregelt. 218  Mauger-Vielpeau, note Cour de cassation, chambre civile, 29.11.2005, R.D. 2006. 1658, 1658. 219  Loi Nº  2011-850 du 20 juillet 2011 de libération des ventes volontaires de meubles aux enchères publiques (1). Im Folgenden bezeichnet als „Gesetz vom 20. Juli 2011“. 220  Cour d’appel de Paris, 8.3.2005, R.D. 2005. 1404, note Mauger-Vielpeau – Rechtssache Giacometti. 221  Cour d’appel de Paris, 8.3.2005, R.D. 2005. 1404, note Mauger-Vielpeau – Rechtssache Giacometti. 222  Cour d’appel de Paris, 8.3.2005, R.D. 2005. 1404, note Mauger-Vielpeau – Rechtssache Giacometti. 213  214 

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A. Bestandsaufnahme

Paris hatte einen vorläufigen Verwalter für den Nachlass der Witwe des verstor­ benen Künstlers Giacometti223 bestellt, der den Nachlass in eine Stiftung über­ führen sollte, und diesem gestattet, einen Teil der Werke über einen commissaire-­ priseur zu veräußern. Der Verwalter wandte sich an Christie’s France, der der Verkauf im Ergebnis aber wegen fehlender Berechtigung zur Vornahme einer Zwangsversteigerung, als die das Gericht den Verkauf wertete, gerichtlich unter­ sagt wurde. Die Cour d’appel de Paris nahm an, dass auch der freiwillige, durch eine gerichtliche Anordnung legitimierte Verkauf von Kunstwerken durch einen vorläufigen Verwalter als Verkauf bzw. Zwangsversteigerung (vente judiciaire) zu werten sei, und begründet dies mit Schutzerwägungen zugunsten des in dem entschiedenen Fall betroffenen Erbvermögens. Für die weitere Untersuchung sind nur die freiwilligen Versteigerungen von Relevanz. (2) Der Ablauf von Auktionen Auktionshäuser üben eine klassische Vermittlertätigkeit aus. Sie betreiben Ak­ quise und machen potenzielle Interessenten auf Auktionen aufmerksam. Die Bindung des Vermittlers zu den angebotenen Waren ist aber im Kunsthandel be­ sonders eng, weil beim Angebot von Kunstwerken auch der Ruf des Auktions­ hauses genutzt wird.224 Auktionen führen Angebot und Nachfrage in einer beson­ ders konzentrierten und formalisierten Weise zusammen. Das wirkt sich regel­ mäßig auf die Art der Preisbildung aus, sodass die viel bestaunten Rekorderlöse erzielt werden können. Die Veräußerungsvorgänge erfolgen typischerweise nach einem weitgehend standardisierten Ablauf.225 Dieser wird im Folgenden in den Grundzügen dargestellt. Im Vorfeld von Versteigerungen stellen Auktionshäuser das oft aufgrund langjähriger Verbindungen und ihrer Marktpositionierung ak­ quirierte Versteigerungsgut zusammen. Dabei handelt es sich ganz überwiegend um Kunstwerke, die der Einlieferer über eine Auktion veräußern möchte, ob­ gleich Auktionshäuser – wenn auch in geringerem Maße – mit Eigenware han­ deln.226 Bei der Einlieferung teilt der Besitzer die ihm bekannten Informationen über das Kunstwerk mit. Viele Auktionshäuser bieten den Besitzern von Kunst­ werken vor der Übernahme zur Versteigerung des Kunstwerks vorbereitende Leistungen an wie die Begutachtung bzw. Schätzung des möglichen Auktions­ Alberto Giacometti (schweizerischer Maler und Bildhauer, 1901–1966). Zu diesem Argument mit Blick auf die Kommission: v. Hoyningen-Huene, NJW 1975, 962, 963. 225  Der Ablauf ist in Deutschland in Teilen in der Verordnung über gewerbsmäßige Verstei­ gerungen (VersO) vorgeschrieben; der Ablauf ergibt sich zudem aus der Präsentation der gro­ ßen Auktionshäuser und den Darstellungen in ihren allgemeinen Einkaufs- bzw. Verkaufsbe­ dingungen. 226  Großgerge, S.  31. 223 

224 

III. Historische Entwicklung und strukturelle Gegebenheiten des Kunsthandels

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guts. Diese Schritte haben eine doppelte Funktion: Sie dienen nicht nur der Ent­ scheidungsfindung des Einlieferers, sondern auch der des Auktionshauses. Bei der Vorbereitung von Auktionen haben die Mitarbeiter des Auktionshauses die Möglichkeit, das Kunstwerk zu besichtigen und durch eigene Exper­ ten begutachten zu lassen. Sie können zudem Recherchen durchführen, Informa­ tionen über das betreffende Werk einholen sowie externe Experten oder Komi­ tees zur Authentizität befragen. Dies geschieht entweder durch die Übersendung der Werke oder durch die Vorlage von Fotos. Nach Abschluss der Recherchen und der Entscheidungsfindung betexten die Mitarbeiter des Auktionshauses die Werke. Für den Katalog werden die für die Auktion zusammengestellten Kunst­ werke zudem fotografiert. Es folgt die technische Herstellung des Katalogs. Im Anschluss an die interne Vorbereitungsphase beginnt ein Stadium, in dem das Auktionshaus die Kunstwerke präsentiert und potenziellen Käufern Informa­ tionen zur Verfügung stellt. Wesentliche Schritte sind hier die Bewerbung der Auk­ tion und die Ausstellung der zu versteigernden Objekte für eine Sichtung durch mögliche Bieter. Dabei sind verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten denkbar.227 In der unmittelbaren Vorbereitungsphase registrieren die Auktionshäuser mög­ liche Bieter für eine der vorgesehenen Gebots-Modalitäten: Neben dem Gebot im Saal ist es auch üblich, dem Bieter zu ermöglichen, telefonische Gebote abzu­ geben oder über ein Verfahren im Internet mitzubieten. Denkbar ist ebenso, dass Kunsthändler oder Berater für Sammler bieten, die nicht selbst anwesend sind oder nicht selbst in Erscheinung treten wollen. Die Durchführung der eigent­ lichen Auktion erfolgt dann mittels eines Auktionators, der die Lose aufruft und nach dem Aufwärts-Bietungsverfahren schließlich dem Meistbietenden den Zu­ schlag erteilt (Verfahren der englischen Auktion).228 Im Nachgang der Auktion kann ein Nachverkauf stattfinden. Zudem wickelt das Auktionshaus den Verstei­ gerungsvorgang ab. Dies betrifft insbesondere Zahlungen, die Übergabe des Ver­ steigerungsguts und Transportfragen. c) Die Veräußerungen außerhalb des gewerblichen Kunsthandels Im nicht gewerbsmäßigen Bereich werden Kunstwerke, die häufig im niedrige­ ren Preissegment anzusiedeln sind, auf Flohmärkten, privat oder auch über Inter­ nethandelsforen wie beispielsweise eBay verkauft. Hier sind oftmals kaum au­ ßerhalb des Kunstwerks liegende Umstände bekannt und es ist in der Regel keine 227  Christie’s hatte wohl Ende des vergangenen/zu Beginn des gegenwärtigen Jahrhunderts einen Special Client Service, der besondere Interessenten betreute und exklusive Besichtigun­ gen organisierte. Dazu: Thomson v Christie Manson & Woods and Others [2005] EWCA Civ 555. Zur derzeitigen Praxis liegen keine näheren Hinweise vor. 228  Anton, in: FS Siehr S.  331, 340.

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A. Bestandsaufnahme

fachmännische Auswertung der werkimmanenten Gegebenheiten erfolgt. Diese Umstände deuten darauf hin, dass die Authentizität bei derartigen Veräußerungen oftmals nicht oder nur sehr oberflächlich abgeklärt wird. d) Die Käuferschichten Die Käufer lassen sich anhand der Sphäre ihres Handelns grob in drei Gruppen einteilen: Als Privatrechtssubjekte erwerben neben Privatleuten229, die aus indi­ viduellen Gründen Kunstwerke kaufen, auf dem Kunstmarkt Kunsthändler und, wie schon angedeutet, vereinzelt auch Auktionshäuser zum Zwecke des unter­ nehmerischen oder gewerblichen Eigenhandels. Die dritte Gruppe bilden – unab­ hängig von ihrer privat- oder öffentlich-rechtlichen Organisationsform – staat­ liche Einrichtungen wie beispielsweise Museen, die zum Zwecke der Erfüllung staatlicher Aufgaben Kunstwerke erstehen.

3. Die Bedeutung der Authentizität im Kunsthandel Ein Kunstwerk hat einen wirtschaftlichen und ideellen Wert. Beide werden maß­ geblich von der Authentizität eines Kunstwerks beeinflusst. Beim Kauf von Kunstwerken werden die Beteiligten bei ihrer Willensbildung durch die Authen­ tizität in mannigfaltiger Weise beeinflusst:230 So kann die Authentizität beispiels­ weise von Bedeutung sein, wenn der Käufer ein bestimmtes Kunstwerk in seine Sammlung oder Ausstellung einfügen möchte oder beabsichtigt, es weiter zu verkaufen. Aus der Sicht eines professionellen Verkäufers hängt besonders seine Reputation davon ab, ob das – oftmals weiterverkaufte – Objekt authentisch ist. a) Die wirtschaftliche Perspektive „Ich kann nichts dafür, dass sich meine Bilder nicht verkaufen lassen. Doch der Tag wird kom­ men, wo man sehen wird, dass sie im Grunde mehr wert sind als der Preis der Farbe und meines im Grunde sehr mageren Lebens, den wir dabei einsetzen.“231

229 

Diese sind in der Regel Verbraucher. Siehe dazu auch die im Zuge der Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie 2011/83/EU überarbeitete Verbraucherdefinition in §  13 BGB. Da­ nach ist Verbraucher „jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zu­ gerechnet werden können“. 230  Ausführlich zu den Gründen des Kunsterwerbs: u. a. Goepfert, S.  19, 36; Schack, Kunst und Recht, Rn.  537. 231  Vincent van Gogh (in einem Brief an seinen Bruder Theo).

III. Historische Entwicklung und strukturelle Gegebenheiten des Kunsthandels

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Heute bezahlen Käufer für ein Bild Vincent van Goghs232 deutlich mehr als den objektiven Materialwert und die Arbeitsstunden.233 Wirtschaftliche Erwägungen prägen die Veräußerungsvorgänge im Allgemeinen schon mit, seit Kunstwerke auch Handelsgüter sind.234 Die konkrete Preisbildung unterliegt aber erheblichen Schwierigkeiten. Das gilt sowohl für den aktuellen Marktwert als auch für er­ hoffte Gewinne aus zukünftigen Weiterverkäufen. Der Marktwert eines Kunst­ werks wird anhand von verschiedenen Gegebenheiten ermittelt; die Echtheit des Werks bzw. die Zuordnung zu einem bestimmten Künstler ist ein, neben der Sel­ tenheit vermutlich das zentrale Kriterium.235 In Abwägung insbesondere mit der Provenienz, dem Zustand, der öffentlichen Präsentation und der Qualität wird die Authentizität bei der Bestimmung des Marktwertes herangezogen.236 Beim Er­ werb von Kunstwerken als Kapitalanlage ist die Authentizität zudem ein Faktor für den erhofften Wertzuwachs.237 Angesichts des komplexen und wohl auch von Zufälligkeiten und gelegentlichen Übertreibungen geprägten Vorgangs der Preis­ bildung auf dem Kunstmarkt,238 ist der tatsächlich auf dem Markt erzielbare Wert kaum vorherzusehen. b) Die ideelle Perspektive „If someone views an object which is known to be a forgery, he is unlikely to feel the type of profound emotional experience which a genuine work might produce.“239

232 

Niederländischer Maler (1853–1890). Für ein vermeintlich von van Gogh stammendes Selbstporträt hatte der Käufer in dem vom Schweizerischen Bundesgericht im Jahr 1956 (Urt. v. 16.10.1956 = BGE 82 II 411, 412) entschiedenen van Gogh-Fall SFR 80.000,00 sowie 25.000,00 US-Dollar bezahlt. In dem Fall stellte sich schließlich heraus, dass es sich bei dem Werk um eine dem Künstler Paul Gauguin gewidmete Kopie des Selbstporträts der Pariser Malerin Judith Gérard handelte, die, etwas verändert, als vermeintliches Original auf dem Kunstmarkt wiederaufgetaucht war. 234  Zur Bedeutung der Echtheit bereits im neuzeitlichen Kunsthandel: Würtenberger, Kunst­ fälschertum, S.  78 f. 235  In diese Richtung: Lord Justice Nourse in: Harlingdon and Leinster Enterprises Limited v Christopher Hull Fine Art Limited, [1990] 3 W.L.R. 13 = [1991] 1 QB 564, 565. Zum Fall siehe auch D.I.1.d)aa)(2). 236  Findlay, S.  40 ff. 237  Findlay, S.  58. 238  Findlay, S.  17 ff. und 39 ff. 239  Ulph, J.B.L. 2011, 261, 274 f. Freie Übersetzung der Verfasserin: Betrachtet man ein Objekt, von dem man weiß, dass es sich um eine Fälschung handelt, wird dies wahrscheinlich nicht die Art von tiefgreifenden, emotionalen Empfindungen auslösen, die die Betrachtung ei­ nes echten Werkes hervorrufen könnte. 233 

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A. Bestandsaufnahme

Das Echtheitserlebnis240, auf das das Zitat Bezug nimmt, ergänzt die ästhetische Wahrnehmung241 des Betrachters beim Kunsterlebnis – trotz mannigfacher Repro­ duktionsmöglichkeiten – noch heute und kann unterschiedlich ausgeprägt sein: Es wird gesteigert durch die Aura, also die Autorität eines „einzigartigen, echten Kunstwerks“ und ist bei Reproduktionen abgeschwächt.242 Den Verlust des Echt­ heitserlebnisses vermögen auch ästhetische Aspekte kaum vollständig auszuglei­ chen,243 wobei auch psychologische Gründe eine Rolle spielen mögen.244

IV. Der rechtliche Rahmen für die Behandlung von fehlerhaften Zuordnungen Der Erwerb eines Kunstwerks ist nach allen zu untersuchenden Rechtsordnun­ gen ein Kauf, dem eine (schuldrechtliche) Vereinbarung zugrunde liegt. Der kon­ krete Inhalt wird im Auktionshandel häufig durch Allgemeine Verkaufsbedin­ gungen der jeweiligen Auktionshäuser ergänzt. Die fehlerhafte Zuordnung eines Kunstwerks betrifft eine Fehlvorstellung, die sich auf den Gegenstand des Kauf­ vertrags bezieht, genauer einen Umstand, der außerhalb der körperlichen Sphäre des Kunstwerks (entweder die Authentizität oder ein anderer, werkexterner Um­ stand) selbst liegt. Das Regelungsregime zur Behandlung solcher Fehlvorstellun­ gen kann aus kaufvertraglichen Spezialregelungen oder aus allgemeinen zivil­ rechtlichen Rechtsvorschriften folgen. Insbesondere Auktionshäuser nehmen aufgrund ihrer Fachkenntnisse zugleich eine den Experten ähnliche Stellung ein; auch diese Stellung ist bei der rechtlichen Bewertung zu berücksichtigen. Vor 240 Zum Echtheitserlebnisses als Teil des „Kunst-Erlebnisses“ vor dem Hintergrund des Hamburger Faksimile-Streits: Panofsky, Original und Faksimilereproduktion, abgedruckt in: IDEA Jahrbuch der Hamburger Kunsthalle 1986, 111, 121 f.; Diers, Kunst und Reproduktio­ nen, in: IDEA Jahrbuch der Hamburger Kunsthalle 1986, 125, 132 f. 241  Zum Begriff der Ästhetik (ursprünglich griechisch: „durch die Sinne wahrnehmen“) und dem gewandelten Begriffsverständnis weg von einem Schönheitsideal: v. Schildt-Lutzenburger, KUR 2004, 81, 82. 242  Den Begriff der Aura verwendete Benjamin um die Besonderheiten von Unikaten vor dem Hintergrund technischer Reproduzierbarkeit zu kennzeichnen, insb. S.  13, S.  37 ff. Der Begriff wird in der Literatur, auch der juristischen, weiterhin zur Umschreibung der Besonder­ heiten von Kunst (als Handelsware) benutzt. Zur Bedeutung der Aura, siehe u. a. Schack, Kunst und Recht, Rn.  21 u. 26 ff. 243  Dennoch gibt es Fälle, in denen ästhetische Gründe die Betrachter veranlassen, Werke zu behalten, die sich als Kopien herausstellen, so beispielsweise in den englischen Fällen De ­Sewhanberg v Buchanan (1832), 5 Carrington and Payne 343, 172 E.R. 1004 und Lomi v ­Tucker (1829), 4 Carrington and Payne 15, 172 E.R. 586. 244  Den psychologischen Aspekt betonend: Tietze, Zeitschrift für Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaft 1933, 209, 209 ff.

IV. Der rechtliche Rahmen für die Behandlung von fehlerhaften Zuordnungen

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diesem Hintergrund sei überblicksartig neben dem rechtlichen Rahmen des Kaufvertrags auch der der Begutachtung kurz angerissen.

1. Das kaufvertragliche Verhältnis Das kaufvertragliche Verhältnis ist die zentrale Rechtsbeziehung beim Kauf von Kunstwerken. a) Der Begriff des Kaufs Der Begriff des Kaufs bezeichnet einen gegenseitigen Vertrag, gekennzeichnet durch die Pflicht des Verkäufers, das Vollrecht und beim Sachkauf die tatsäch­ liche Verfügungsmacht am Kaufgegenstand zu übertragen, der synallagmatisch die Pflicht des Käufers zur Zahlung des vereinbarten Kaufpreises gegenüber­ steht.245 Die Pflicht des Verkäufers zur Übereignung der Kaufsache kann dabei in Abhängigkeit von der Ausgestaltung der jeweiligen Rechtsordnung entweder bereits durch den Vertragsschluss selbst (Konsensualprinzip) oder infolge weite­ rer vorzunehmender Handlungen (Trennungs- bzw. Abstraktionsprinzip) erfüllt werden.246 b) Die Parteien des Kaufvertrags Die Tatsache, dass im institutionalisierten Kunsthandel die Einlieferer häufig un­ bekannt bleiben möchten,247 führt zu Schwierigkeiten bei der Bestimmung der Parteien des Kaufvertrags. Im deutschen Schrifttum besteht weitgehend Einig­ keit, dass die Kommission in der Praxis besonders im Kunst- und vor allem im Auktionshandel die verbreitetste Vertriebsform für den Handel mit Kunstwerken ist; dadurch entsteht nach deutschem Recht ein die Kommission kennzeichnen­ des Auseinanderfallen der rechtlichen und wirtschaftlichen Verantwortung. Statt des Eigentümers wird das vermittelnde Auktionshaus, der Kunsthändler oder der Galerist auf Verkäuferseite Vertragspartner des Erwerbers.248 Dass eine Stellver­ tretung in der Praxis nicht oder eher selten in Betracht kommt, folgt aus den tat­ sächlichen Gegebenheiten. Die Vermittler haben in der Praxis meist ein eigenes Interesse daran, den Einlieferer bzw. Eigentümer nicht zu offenbaren, um ihren Rehm, in: Basedow/Hopt/Zimmermann, Bd. II S.  965 (Stichwort: Kauf). Rehm, in: Basedow/Hopt/Zimmermann, Bd. II S.  965 (Stichwort: Kauf). 247  In den Allgemeinen Verkaufsbedingungen von Sotheby’s wird im Zusammenhang mit einer Bestimmung zu Provenienzangaben unter Ziffer 1 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Identität des Einlieferers aus einer Vielzahl von Gründen nicht offengelegt werden kann. 248  U.a. Ebling/Schulze-Schulze, 4. Teil, Rn.  16 u. 20 sowie Ebling/Schulze-Kirchmaier, 5. Teil, Rn.  189 u. 192. 245  246 

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A. Bestandsaufnahme

Provisionsanspruch nicht zu gefährden. Dieses Interesse konterkariert die Ab­ gabe einer Willenserklärung in fremdem Namen und lässt nach deutschem Ver­ ständnis die Stellvertretung am Offenkundigkeitsprinzip scheitern. Die anderen zu untersuchenden Rechtsordnungen kennen dem Offenkundig­ keitsprinzip vergleichbare Offenlegungserfordernisse beim Vertragsschluss. Der Kaufvertrag kommt grundsätzlich auch nach englischem und französischem Recht zwischen Kunsthändler und Erwerber zustande. Für einen beachtlichen Teil des Kunsthandels, nämlich den Auktionshandel, gilt dieser Grundsatz je­ doch nicht. Die Praxis im Auktionshandel in Frankreich und England unterschei­ det sich in diesem Punkt von der gängigen deutschen: der Auktionator wird in Frankreich als Stellvertreter des Einlieferers angesehen.249 Ähnlich wird in der englischen Literatur davon ausgegangen, der Auktionator handele in einer be­ sonderen Form des Stellvertreters.250 Infolgedessen kommt der Vertrag mit dem Zuschlag251 zwischen dem Einlieferer und dem Ersteigerer zustande.252 In den Versteigerungsbedingungen von Christie’s253 und Sotheby’s254 wird zudem aus­ drücklich bestimmt, dass der Auktionator als agent, also Stellvertreter, des Ein­ lieferers handele. Zugleich wird aber die Notwendigkeit der Geheimhaltung des Einlieferers betont. Dieser Befund ist zunächst erstaunlich, weil sich die rechtlichen Vorausset­ zungen der Stellvertretung in den untersuchten Rechtsordnungen abstrakt kaum unterscheiden: Auch die französische und die englische Rechtsordnung verlan­ gen eine Offenlegung des Vertretenen, damit dieser Vertragspartner wird.255 Die französische Praxis scheint historische Hintergründe zu haben, die in der Ent­

249  Chatelain/Taugourdeau, S.  135; J. Chatelain, note Cour d’appel d’Amiens, 1.2.1982, Rép. Defrénois 1982. 675, 684. Art. L. 312-4 du code de commerce lautet: „Les opérateurs de ventes volontaires de meubles aux enchères publiques agissant comme mandantaires du prop­ riétaire du bien.“ Siehe auch Cour de cassation, 1re chambre civile, 23.3.1982, JCP 1987 IV 206. 250  Harvey/Meisel, S.  35; Chitty on Contracts, Vol.  II, 31-011; Crewdson, in: International sales of works of art Vol.  I, S.  47, 48. 251  Zum Vertragsschluss durch den Zuschlag: s.  57(2) Sale of Goods Act 1979; Häret, in: FS Siehr, S.  385, 389. 252  Hart, S.  127 u. 150 (mit Hinweis auf: Payne v Cave, 1789); Harvey/Meisel, S.  19; Bridge, in: Benjamin’s Sale of Goods 2-004; in die Richtung einer Verpflichtung des Einlieferers auch Treitel-Peel, 2-008 u. 3-162. Siehe auch Häret, in: FS Siehr, S.  385, 389. 253  Abgedruckt bei: Harvey/Meisel, S.  361, 362. 254  Abgedruckt bei: Harvey/Meisel, S.  389, 390. Sotheby’s arbeitet generell nur als agent: Och, in: International sales of works of art, Vol.  I, S.  251, 251; angesichts der AGB scheint diese Praxis fortzugelten. 255  Für das französische Recht: Art.  1984 Cciv.; für das englische Recht: Treitel-Peel, 16054.

IV. Der rechtliche Rahmen für die Behandlung von fehlerhaften Zuordnungen

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wicklung des Auktionshandels liegen.256 Die Grundlage des englischen Verständ­ nisses ist vage. Das englische Stellvertretungsrecht sieht vor, dass der Geschäfts­ herr auch dann offengelegt sein kann, wenn er nicht namentlich bekannt ist, seine Existenz dem Geschäftspartner aber bei Vertragsschluss bewusst ist.257 In Anbe­ tracht der Abgrenzung zwischen Identitäts- und Namenstäuschung im deutschen Recht besteht hier allerdings eher kein gravierender Unterschied in den recht­ lichen Voraussetzungen. Spiegelbildlich können auch auf Erwerberseite Vermittler oder Berater einge­ setzt werden, die aber, sofern sie ihre Vertreterstellung nicht offenlegen, unmittel­ barer Vertragspartner werden.258 c) Die Sachmängelgewährleistung Verletzungen der kaufvertraglichen Pflichten des Verkäufers sind in allen zu ­untersuchenden Ländern in spezifischen Vorschriften geregelt, die Einstandstat­ bestände und Rechtsfolgen, in der Regel eine Rückzahlung bzw. eine Minderung des Kaufpreises und/oder Schadensersatzleistungen, vorsehen. Die Pflichten des Verkäufers umfassen, zumindest bei Verbrauchsgüterkäufen, auch die Mangel­ freiheit der Kaufsache.259 Ein Mangel stört daher das Synallagma des Kaufver­ trages und beeinträchtigt das Äquivalenzinteresse des Käufers. Zu diesen Haupt­ leistungspflichten können in unterschiedlicher Detaildichte Nebenpflichten hin­ zutreten, deren rechtliche Behandlung unter Umständen anderen Rechtsinstituten folgt, wodurch Kollisionen entstehen können.260 Der Tatbestand der kaufrecht­ lichen Pflichtverletzung kann sich zudem mit dem des deliktischen Handelns überschneiden.261 Zurückgehend auf König Heinrich II war der Zugang zum Beruf des Auktionators seit 1556 reglementiert gewesen. Insbesondere auf Betreiben des Auktionshauses Sotheby’s, welches lange Zeit keine Versteigerungen in Frankreich durchführen konnte, wurde die gesetzliche Lage durch das Gesetz vom 10. Juli 2000 im Jahr 2000 geändert, dazu: Chatelain/Taugourdeau, S.  130 f. 257 Treitel-Peel, 16-054. 258  Eine solche Konstellation lag beispielsweise einem 2012 vom OLG Köln (Urt. v. 27.3.2012 – 9 U 141/11 = NJW 2012, 2665) entschiedenen Fall zugrunde: Hier war die Beklag­ te als mittelbare Stellvertreterin einer Galerie aufgetreten. Entsprechend lag der Fall Thwaytes v Sotheby’s, [2015] EWHC 36 (Ch), zum Sachverhalt siehe D.II.1.a)cc). Zum Einsatz eines Beraters auf Käuferseite: Drake v Thos. Agnew & Sons Limited, [2002] EWHC 294 (QB). Trotz unterschiedlicher rechtlicher Konstruktion in den Rechtsordnungen der untersuchten Länder scheint die mittelbare Stellvertretung den unerkannt Vertretenen im Ergebnis nicht daran zu hindern, Rechte geltend zu machen. 259  Rehm, in: Basedow/Hopt/Zimmermann, Bd. II S.  967 (Stichwort: Kauf). 260  Rehm, in: Basedow/Hopt/Zimmermann, Bd. II S.  967 (Stichwort: Kauf). 261  Rehm, in: Basedow/Hopt/Zimmermann, Bd. II S.  967 f. (Stichwort: Kauf). 256 

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A. Bestandsaufnahme

Die Verletzung der Pflichten des Verkäufers begründet der konkreten Aus­ gestaltung der jeweiligen Rechtsordnung folgend Rechtsbehelfe des Käufers. Im deutschen Recht sind die auf die Aufhebung oder Anpassung des Vertrags gerich­ teten Rechtsbehelfe einschließlich des Nacherfüllungsanspruches verschuldens­ unabhängig ausgestaltet. Die Haftung für Mängel ist auch nach englischem262 und französischem263 Recht grundsätzlich als Garantiehaftung ausgestaltet. In Deutschland sind die Rechte des Käufers wegen Sachmängeln in §  437 Nr. 1–3 BGB zusammengefasst und können innerhalb von zwei Jahren ab der Ablieferung der Kaufsache geltend gemacht werden, §  438 Abs.  1 Nr.  3, Abs.  2 BGB. Diese Frist gilt über §  218 Abs.  1 BGB auch für den Rücktritt und die Minderung. Bei Beteiligung gewerblicher Erwerber können angesichts von §  377 Abs.  2 HGB kürzere Fristen gelten. Das französische Sachmängelgewährleistungsrecht ist in den Art.  1641 ff. Cciv. geregelt. Danach garantiert der Verkäufer, dass keine verborgenen Mängel vorhanden sind, die die Nutzung der Kaufsache beeinträchtigen. Der Verkäufer haftet nach Art.  1645 Cciv. jedoch nicht für offensichtliche Mängel und nicht für solche, von deren (Nicht-)Vorhandensein der Käufer sich selbst überzeugen konnte. Der Anwendungsbereich der Garantie ist auch dann eröffnet, wenn die gelieferte Sache nicht ihrer normalen Bestimmung entspricht, wohingegen Ab­ weichungen von Vereinbarungen hinsichtlich der Kaufsache der Unausführbar­ keit (Unmöglichkeit) der vertraglichen Vereinbarung (Art.  1641 Cciv.) zuzuord­ nen sind.264 Nach Art.  1644 Cciv. hat der Käufer grundsätzlich die Wahl, ob er die Sache behalten, den Kaufpreis mindern oder den Kauf vollständig rückabwickeln möchte.265 Auch in Frankreich gibt es mittlerweile eine starre Ausübungsfrist: Nach Art.  1648 Cciv. beträgt sie zwei Jahre, laufend ab der Entdeckung des Man­ gels. Das englische Recht unterscheidet zwei haftungsbegründende Ereignisse: die Verletzung einer wesentlichen Vertragsbedingung (condition) und die Nicht­ einhaltung von Abreden, die mit Bezug zu dem Kaufvertrag getroffen, aber nicht Hauptbestandteil des Vertrags geworden sind (warranty). Bei Letzteren kann der Käufer Schadensersatz, nicht aber – anders als bei der Verletzung einer condition – die Aufhebung des Vertrags verlangen. Die Abgrenzung erfolgt mittels gesetz­ licher Bestimmungen, nach denen bestimmte stillschweigend eingeschlossene Vertragsbedingungen als conditions gelten.266 Nach s.  35(4) Sale of Goods Act Rehm, in: Basedow/Hopt/Zimmermann, Bd. II S.  967 (Stichwort: Kauf). Cciv. 264  Dalloz, Code civil, Art.  1641 A.16. 265  Dalloz, Code civil, Art.  1644 A.1. 266  Beispiele hierfür sind Beschreibungen der Kaufsache (s.  13(1), (1a) Sale of Goods Act 1979) oder die Beschaffenheit der Kaufsache (s.  14(2), (4) Sale of Goods Act 1979) bzw. ihre Eignung für den Vertragszweck (s.  14(3), (4) Sale of Goods Act 1979). 262 

263  Art.  1641 ff.

IV. Der rechtliche Rahmen für die Behandlung von fehlerhaften Zuordnungen

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1979 kann der Käufer nicht den Vertragsbedingungen entsprechende Waren in­ nerhalb einer angemessenen Frist zurückweisen, was nach englischem Verständ­ nis als zeitliche Begrenzung des Rücktrittsrechts, die der allgemeinen Verjäh­ rungsfrist von sechs Jahren vorgreift, zu werten ist. Der Konzeption nach handelt es sich um eine verschuldensunabhängige Haftung des Verkäufers. d) Die Anfechtung wegen Irrtums und arglistiger Täuschung Mit dem allgemeinen Rechtsbehelf der Anfechtung wegen Irrtums oder wegen einer arglistigen Täuschung, ausübbar durch Käufer oder Verkäufer, kann die vertragliche Grundlage des Kaufs von Kunstwerken beseitigt werden.267 In ihrer Funktion betrifft die Irrtumsanfechtung den Konflikt zwischen der Beeinträchti­ gung des Selbstbestimmungsrechts des Irrenden und dem Vertrauensschutz des Vertragspartners.268 Die zu untersuchenden Rechtsordnungen wählen unter­ schiedliche Ansätze. Die kontinentalen (deutsche und französische) Rechtsord­ nungen schützen traditionell in erster Linie den Irrenden.269 Das englische Kon­ zept unterscheidet sich davon, indem es den Schutz des Vertrags und des Ver­ tragspartners betont.270 Das englische Recht berücksichtigt den Irrtum dadurch seltener als die kontinentalen Rechtsordnungen.271 Die deutschen Vorschriften unterscheiden tatbestandlich zwischen Irrtümern bei der Willensäußerung und Willensbildung.272 Die Willensäußerung ist beein­ trächtigt, wenn der innere Wille des Erklärenden nicht mit der objektiven Erklä­ rung übereinstimmt, die Willensbildung betrifft hingegen die Grundlage der ver­ traglich bindenden Erklärung. Die Beeinflussung eines Vertragsteils durch arg­ listige Täuschung ist dabei ein spezifischer Fall der Willensbeeinflussung. Die entsprechenden Regelungen finden sich für Deutschland in §  119 Abs.  1 und 2 BGB sowie in §  123 BGB. Die Ausübungsfrist ist in Deutschland sehr kurz. Der Irrende muss nach §  121 Abs.  1 BGB unverzüglich nach der Entdeckung des Irrtums die Anfechtung erklären, im Fall einer Anfechtung nach §  123 BGB bin­ 267  Die Beseitigung des Vertrags ist rechtstechnisch entweder durch die Anfechtbarkeit oder die Nichtigkeit des Vertrags möglich. Hier unterscheiden sich die Rechtsordnungen: Nach deutschem Recht ist der Vertrag anfechtbar, in Frankreich ist eine gerichtliche Geltendmachung erforderlich. Das englische Recht sieht für mistake in der Regel, jedoch nicht ausnahmenslos, die Nichtigkeitsfolge, für misrepresentation hingegen eine Anfechtbarkeit vor. Zu den weiteren Rechtsfolgen einer misrepresentation: s.  2(1) – (3) Misrepresentation Act 1967. 268  Ernst, in: Basedow/Hopt/Zimmermann, Bd. I S.  909 f. (Stichwort: Irrtum); Kramer, Rn.  2 ff. 269  Siehr, in: FS Hanisch, S.  247, 252. 270  Ranieri, Europäisches Obligationenrecht, S.  955. 271  Siehr, in: FS Hanisch, S.  247, 253; Ranieri, Europäisches Obligationenrecht, S.  1024. 272  Für das deutsche Recht: Medicus/Petersen-Petersen, Bürgerliches Recht, Rn.  122, 132, 135.

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A. Bestandsaufnahme

nen eines Jahres. Zudem gibt es eine absolute Ausübungsgrenze. Nach §  121 Abs.  2 BGB ist die Anfechtung ausgeschlossen, wenn die Abgabe der anzu­ fechtenden Willenserklärung mehr als zehn Jahre zurückliegt. Willensmängel können auch nach französischem Recht den Anfechtungs­ grund des Irrtums oder der arglistigen Täuschung begründen. Die zentralen Vor­ schriften zur Behandlung von Irrtumsfällen fanden sich in Frankreich in Art.  1108, 1109 und 1110 Cciv. Mit der Ordonnance Nº  2016-131 du 10 février 2016 portant réforme du droit des contrats, du régime général et de la preuve des obligations sind die Bestimmungen über die Anfechtung geändert und die stän­ dige Rechtsprechung zu Willensmängeln ins Gesetz übernommen worden. Die relevanten Regelungen sind nun in Art.  1130 ff. Cciv. festgeschrieben, wonach der Irrtum (erreur) und die arglistige Täuschung (dol) zur Anfechtung berechti­ gen. Der Irrtum tangiert den Konsens und berechtigt zur Auflösung des Vertrags, wenn er die Substanz der Kaufsache oder eine wesentliche Eigenschaft derselben betrifft. Die französische Rechtsprechung wandte schon die Vorgängervorschrift, Art.  1110 Cciv. a. F., über ihren Wortlaut hinaus, der auf die Substanz der Kauf­ sache abstellte, auch dann an, wenn sich einer der Beteiligten über wesentliche Eigenschaften der Sache geirrt hatte,273 sofern der Irrtum bestimmend für den Abschluss des Vertrags gewesen war.274 Der Irrtum beeinträchtigt nach französischem Verständnis das consentement 275 der Partei, deren Willenserklärung durch die falsche Vorstellung bestimmt wor­ den ist, und ist nach Art.  1131 Cciv. ein relativer, gerichtlich geltend zu machen­ der Nichtigkeitsgrund. Entsprechendes gilt für die arglistige Täuschung, die seit der Reform in den Art.  1137 f. Cciv. kodifiziert ist. Im Unterschied zu den beiden untersuchten kontinentalen Rechtsordnungen sieht das englische Recht zwei Rechtsfiguren vor, die für die Behandlung von Fehlvorstellungen herangezogen werden können: Fehler (mistakes) und Fehldar­ stellungen (misrepresentations). Die Rechtsfigur des Fehlers (mistake) umfasst Konstellationen, die die Entstehung des Vertragskonsenses betreffen,276 und kann zur Unwirksamkeit der Vereinbarung führen.277 Nicht alle in Betracht kommen­ den Fehler sind jedoch fundamental genug, um Rechtsbehelfe zu begründen. Einschränkungen kommen beispielweise bei der Fallgruppe mistake as to quality Litec Code civil Art.  1110 ancien I 6; Méga Code civil Art.  1110 I. A. 2.; P. Huber, ZEuP 1997, 1143, 1144. 274  Weber, AJP/PJA 2004, 947, 953. 275  Das Begriff consentement kann in juristischer Hinsicht zwei Bedeutungen haben: Er kann einerseits die den Vertragsschluss begründende Willenserklärung bezeichnen, anderer­ seits deren Ergebnis, die zweiseitige Einigung bzw. Vereinbarung. 276 Treitel-Peel, 8-001. 277 Treitel-Peel, 8-001; Chitty on Contracts, Vol.  I, 6-008. 273 

IV. Der rechtliche Rahmen für die Behandlung von fehlerhaften Zuordnungen

49

in Betracht. Hierunter können unter einschränkenden Voraussetzungen auch Irr­ tümer fallen, die Eigenschaften der Kaufsache betreffen.278 Beim Kauf von Kunstwerken könnte es hier zu Abgrenzungsschwierigkeiten kommen. Auch die Vorschriften über Fehldarstellungen (misrepresentations) betreffen das zeitliche Vorfeld des Vertragsschlusses. Anders als bei Fehlern geht es hier um die Proble­ matik falscher Darstellungen einer Vertragspartei, die den anderen Vertragsteil zum Vertragsabschluss bewegt haben.279 In der Rechtsfolge ist bei unverschulde­ ten Fehldarstellungen eine Vertragsaufhebung denkbar. e) Gesetzliche Sondervorschriften für den Kauf von Kunstwerken Im französischen Recht gibt es zudem besondere Vorschriften für den Kauf von Kunstwerken. In einem Dekret,280 welches der Bekämpfung des Betruges im Kunsthandel dienen soll, ist eine Garantiehaftung des Verkäufers angeordnet. Diese ist anwendbar, wenn der Verkäufer ohne Vorbehalt die Authentizität eines Kunstwerks erklärt. Die Haftung wird ergänzt durch die Vorgaben zum Verständ­ nis der typischerweise im Kunsthandel verwendeten Formulierungen. Dies führt zu Beweiserleichterungen zugunsten des Käufers.281 In den anderen zu unter­ suchenden Rechtsordnungen gibt es nach geltendem Recht keine vergleichbaren gesetzlichen Regelungen. In der Praxis hat sich dennoch ein spezifisches Ver­ ständnis von Katalogbeschreibungen im Kunsthandel etabliert.282 f) Vertragliche Sondervorschriften großer Auktionshäuser Große Auktionshäuser regeln die Verteilung des Fälschungsrisikos vertraglich in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Danach können Ersteigerer bei den international führenden Auktionshäusern Fälschungen gegen Erstattung des Kaufpreises zurückgeben.283 Dieses vertragliche Rückgaberecht unterliegt oft­ 278 Treitel-Peel,

8-015. Poole, 10.1. 280  Décret no 81-255 du 3 mars 1981 sur la répression des fraudes en matière de transactions d’oeuvres d’art et d’objets de collection. 281  Babusiaux, KUR 2013, 64, 69. 282  Das vorhandene Entscheidungsmaterial und die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der international führenden Auktionshäuser belegen, dass wiederholt ähnliche Formulierungen verwendet werden. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Sotheby’s beinhalten ein Glossary zur Erläuterung der verwendeten Formulierungen, siehe dazu D.I.2.c)bb). 283  So beispielsweise bei Sotheby’s, dort unter Sotheby’s Authenticity Guarantee, Ziffer 4 (a), dazu auch Och (ehem. Direktor von Sotheby’s), in: International sales of works of art, Vol.  I, S.  251, 253; auch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Christie’s sehen eine sol­ che Klausel vor, siehe dazu die Entscheidung eines englischen Gerichts im Fall Avrora Fine Arts Investment Limited v Christie, Manson & Woods Limited, [2012] EWHC 2198 (Ch). Dem­ 279 

50

A. Bestandsaufnahme

mals einer zeitlichen Begrenzung von fünf Jahren. Im Übrigen ist die Haftung für fehlerhafte Informationen der Auktionshäuser und für Vertragsverletzungen re­ gelmäßig in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausgeschlossen. Ausdrück­ lich ausgenommen von den üblichen Haftungsausschlüssen sind jedoch arglisti­ ge Fehldarstellungen.284 g) Nichtberücksichtigung des CISG Die Bestimmungen der United Nations Convention on Contracts for the Inter­ national Sale of Goods (CISG) bleiben für die Untersuchung außer Betracht: Die Anwendung des CISG ist in der Praxis oftmals vertraglich ausgeschlossen285 und Großbritannien hat das Abkommen nicht unterzeichnet. Bei Versteigerungen ist das CISG zudem nach Art.  2 b) CISG nicht anzuwenden. Zudem ist umstritten, ob Kunstwerke generell von der Anwendung ausgenommen sind: Sie könnten als Ware für den persönlichen Gebrauch im Sinne von Art.  2 a), 1. Fall CISG oder als gebrauchte Waren im Sinne von Art.  2 a), 2. Fall CISG zu werten sein.

gegenüber sehen die beispielhaft ausgewerteten Allgemeinen Geschäftsbedingungen größerer deutscher Auktionshäuser kein explizites Rückgaberecht, sondern ganz überwiegend einen weitestgehenden Haftungsausschluss vor, siehe dazu die folgenden Beispiele: Hauswedell & Nolte, insb. Ziffer 15. und 17., abrufbar unter , zuletzt besucht am 3.3.2017; Kunstauktionshaus Schloss Ahlden, insb. Ziffer 2b), abrufbar unter , zuletzt besucht am 3.3.2017; Auktionshaus Stahl, insb. §  6, abrufbar unter , zuletzt besucht am 3.3.2017; Ketterer Kunst, Ziffer 9, abrufbar unter , zuletzt besucht am 3.3.2017; einge­ schränkt für Fremdware auch: Villa Grisebach, §  7 Ziffer 3; anders Kunsthaus Lempertz, das in Ziffer 4, S.  3 der AGB bei erwiesener Unechtheit ein Rückgaberecht für die Dauer von zwei Jahren vorsieht, AGB, abrufbar unter , zuletzt besucht am 3.3.2017. In der Praxis scheinen größere Auktionshäuser Fälschun­ gen jedenfalls in Einzelfällen dennoch zurückzunehmen. Einen entsprechenden Handelsbrauch hatte das Reichsgericht (Urt. v. 11.3.1932 – II 307/31 = RGZ 135, 339, 344 f.) noch abgelehnt. 284  So beispielsweise bei Sotheby’s, dort unter Ziffer 4 (b)–(e). 285 So beispielsweise die Allgemeinen Verkaufsbedingungen von: Hauswedell & Nolte, ­Ziffer 23., abrufbar unter , zuletzt besucht am 3.3.2017; Kunstauktionshaus Schloss Ahlden, Ziffer 12b), abrufbar unter , zuletzt besucht am 3.3.2017; Auktionshaus Stahl, §  7 Abs.  1, abrufbar unter , zuletzt besucht am 3.3.2017; Ketterer Kunst, Ziffer 11.4, abrufbar unter , zuletzt besucht am 3.3.2017; Kunsthaus Lempertz, Ziffer 13, abrufbar unter , zuletzt besucht am 3.3.2017. Ein weiteres Beispiel ist der der Entscheidung BGH, Urt. v. 9.10.2013 – VIII ZR 224/12 = NJW 2013, 3570 zugrunde liegende Fall. Siehe dort die Ziffer 9 der von einem Auk­ tionshaus verwendeten AGB.

V. Mögliche Konflikte

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2. Der rechtliche Rahmen der Begutachtung des Kunstwerks Im Auktionshandel übernehmen die Auktionshäuser die Begutachtung bzw. die Schätzung der Kunstwerke und damit eine Dienstleistung. Dienstleistungen sind geprägt von ihrer ökonomischen Bedeutung.286 Das gilt auch für den Kunst­ handel, da sich die Beteiligten des Sachverstandes des Vermittlers bedienen, wo­ durch Kunstwerke oftmals erst (zu den angestrebten Preisen) handelbar werden. Zwischen Einlieferer und Vermittler bestehen in der Regel vertragliche Bezie­ hungen, die sich auf die Durchführung der Veräußerung beziehen. Aber auch der Erwerber des Kunstwerks vertraut oftmals auf die Bewertung des Auktions­ hauses. Anders als nach deutschem Verständnis, nach dem das Auktionshaus selbst Vertragspartner des Erwerbers wird, bestehen weder nach der französi­ schen noch nach der englischen Rechtsordnung vertragliche Beziehungen zwi­ schen dem Auktionshaus und dem Erwerber. Das führt dazu, dass eine Haftung des Auktionshauses gegenüber dem Erwerber nach diesen Rechtsordnungen nur auf außervertraglicher Grundlage denkbar ist, etwa im Rahmen deliktischer An­ sprüche oder auf der Basis von quasi-vertraglichen Ansprüchen.

V. Mögliche Konflikte Bei fehlerhaften Zuordnungen von Kunstwerken können die Interessen von Käu­ fern, Verkäufern und Vermittlern, insbesondere Aktionshäusern, kollidieren.

1. Käuferschutz und Rechtssicherheit Wird eine Fälschung entdeckt, lässt dies den wirtschaftlichen Wert des Kunst­ werks häufig enorm sinken.287 In solchen Fällen kollidiert das Bedürfnis des Ver­ käufers nach Rechtssicherheit – allgemeiner gesprochen: der Verkehrsschutz – mit dem Käuferschutz,288 aber auch mit dem Selbstbestimmungsrecht des Käu­ fers. Sofern ein Kunstwerk durch eine falsche Zuschreibung (Zuschreibungs­änderung oder Neubestimmung) wirtschaftlich im Wert sinkt, sind die Interes­ senskonflikte mit denen bei einer Fälschung vergleichbar.

286 

Möslein, in: Basedow/Hopt/Zimmermann, Bd. I S.  313 (Stichwort: Dienst(leistungs)ver­

287 

Bandle, International Journal of Cultural Property 2015, 379, 380. Schack, Kunst und Recht, Rn.  414.

trag).

288 

52

A. Bestandsaufnahme

2. Verkäuferschutz und Spekulationsrisiko des Käufers Wurde bei Vertragsschluss ein Meisterwerk nicht als solches erkannt, benachtei­ ligt dies auf den ersten Blick den Verkäufer: Ihm entgeht ein wirtschaftlicher Vorteil, den er bei Kenntnis der tatsächlichen Urheberschaft hätte realisieren können. Dem gegenüber steht der Umstand, dass Zuschreibungen immer risiko­ behaftet sind und dies in der Preisbildung zum Ausdruck kommen kann. In sol­ chen Fällen ist auch der Käufer ein Risiko eingegangen. Dies kann ihn schutzwür­ dig machen. Neben dem Selbstbestimmungsrecht des Verkäufers ist also auch hier der Vertrauensschutz betroffen. Angesichts von Fällen, in denen der Fälscher selbst berühmt geworden ist, kann das Entdecken einer Fälschung (wenn auch eher selten) den Wert eines Kunstwerks steigern. Diese Situation ist mit den Fäl­ len zunächst unerkannter Meisterwerke vergleichbar.

3. Käufer-/Verkäuferschutz und das Bedürfnis des Auktionshauses nach begrenzter Haftung Der dritte Komplex betrifft das Interesse des Vermittlers, in der Praxis oftmals des Auktionshauses, an einem Ausschluss bzw. einer Begrenzung der Haftung. Dieses Interesse ist einerseits vergleichbar mit dem schon angesprochenen Ver­ kehrsschutz. Andererseits ist die Begutachtung eines Kunstwerks keine exakte Wissenschaft, sondern geprägt von Subjektivität; Haftungsrisiken können daher die Bereitschaft zur Übernahme von Bewertungen begrenzen. Auch Experten­ komitees können ihre Meinungen im Laufe der Forschung ändern. Ein Beispiel hierfür ist das Rembrandt Research Project, welches der systematischen Er­ forschung des Œuvres Rembrandts gewidmet war, dessen Arbeit zu zahlreichen Neubestimmungen führte. Auf der anderen Seite steht der Vertrauensschutz der am Kunsthandel Beteiligten, die in Ermangelung eigener Fachkenntnisse auf die Mitwirkung von Fachleuten angewiesen sind. Fehlerhafte Einschätzungen der Experten können zu Über- und Unterbewertungen des in Rede stehenden Kunst­ werks führen und daher die wirtschaftlichen Belange der Einlieferer oder der Ersteigerer berühren. Der in Fachwelt und Presse immer wieder aufkommenden Forderung nach der Festlegung nachvollziehbarer Sorgfaltsstandards289 steht die 289  Z. B. Koldehoff/Timm, Die acht Gebote. Unzählige Fälschungen bedrohen den Kunst­ markt. Der Kunstmarkt muss sich jetzt mit einem Kodex schützen, in: DIE ZEIT Nr.  20/2102 v. 14.4.2012, abrufbar unter , zuletzt besucht am 3.3.2017; Fricke, „Reizwort: Vertrauensschutz“, in: Handelsblatt v. 13.5.2011, abrufbar unter , zuletzt besucht am 3.3.2017; Mues, Wieder die Haf­ tungsklausel. Sorgfalt bei Kunstauktionen, in: FAZ v. 12.7.2013, abrufbar unter , zuletzt besucht am 3.3.2017.

B. Das deutsche Recht Zu untersuchen ist, welche Rechtsbehelfe den Beteiligten nach deutschem Recht zustehen.

I. Rechtsstellung des Käufers Die Eingangsanalyse der Rechtsprechung zeigt1, dass der Käufer eines Kunst­ werks aufgrund der Sperrwirkung der Sachmängelgewährleistung auf kaufrecht­ liche Rechtsbehelfe beschränkt sein könnte. Zu untersuchen ist daher, wie sich die Sperrwirkung der Sachmängelgewährleistung im Kunsthandel auswirkt und ob beim Kauf von Kunstwerken – zur Vermeidung eines Ungleich­gewichts zwi­ schen den Beteiligten – ein Anwendungsbereich für die Irrtums­anfechtung ver­ bleiben könnte bzw. sollte.

1. Die Anwendbarkeit der Sachmängelgewährleistung beim Kauf von Kunstwerken Kunstwerke sind oft einzigartig: Der Käufer erwirbt im Kunsthandel oder im Rahmen einer privaten Veräußerung ein ganz bestimmtes Kunstwerk, welches er oft zuvor in Augenschein genommen, untersucht und ausgesucht hat. Es geht also oft um Fälle von Stückkäufen, deren Besonderheit in der im Vorfeld des Kaufs erfolgten Individualisierung liegt. Zu untersuchen ist, ob Authentizitätsab­ weichungen nach dem reformierten Schuldrecht weiterhin dem Kaufrecht zuzu­ ordnen sind. Es geht hier zunächst um die Abgrenzung des allgemeinen Leis­ tungsstörungsrechts, §§  275, 311a BGB, von dem Kaufgewährleistungsrecht,2 anschließend um den Anwendungsbereich des Sachmängelgewährleistungs­ rechts. 1 

Siehe dazu A.I.1. Seit der Reform führt die anfängliche Unmöglichkeit nicht mehr zur Unwirksamkeit des Vertrags, sondern ist eine Leistungsstörung. Zu der Problematik im Kunsthandel nach altem Recht und der Entschärfung dieses Aspekts nach der Reform: Jacobs, GRUR 2013, 8, 10 f. 2 

56

B. Das deutsche Recht

a) Die anfängliche Unmöglichkeit im Kunsthandel Die fehlerhafte Zuordnung eines Kunstwerks könnte die Leistungsstörung der anfänglichen Unmöglichkeit der Vertragserfüllung begründen. Auch für die an­ fängliche Unmöglichkeit gilt §  275 BGB.3 Unmöglichkeit nach §  275 Abs.  1 BGB kommt generell in Betracht, wenn ein die Titulierung sinnlos machendes Leistungshindernis vorliegt.4 Entscheidend ist, dass der Schuldner den vertrags­ gemäßen Zustand nicht herbeiführen kann.5 Unmöglichkeit ist anfänglich, wenn die Unbehebbarkeit des Makels bereits im Moment des Vertragsschlusses gege­ ben ist.6 Grundsätzlich ist es notwendig, dass das Leistungshindernis die Durch­ führbarkeit des Vertrags dauerhaft ausschließt.7 Für den Kunsthandel wird im Schrifttum diskutiert, ob die Nacherfüllung nach §  439 BGB unmöglich ist. Die­ se Erwägungen können im Grundsatz auch für die Beurteilung der anfänglichen Unmöglichkeit herangezogen werden. Bei individualisierten Stückkäufen ist eine Nachlieferung der Natur der Sache nach als Form der Nacherfüllung regel­ mäßig wegen Unmöglichkeit ausgeschlossen, es sei denn, der Verkäufer verfügt – was nur ganz ausnahmsweise der Fall sein dürfte – über ein gleichartiges und gleichwertiges Stück, welches er dem Käufer anstelle des fehlerhaften liefern kann.8 Aber auch die Nachbesserung dürfte regelmäßig ausgeschlossen sein. Bei Unikaten kommt eine Nachlieferung schon aufgrund des einzigartigen Charak­ ters des Kunstwerks nicht in Betracht.9 Durch eine Nachbesserung kann der Ma­ kel der fehlenden Urheberschaft des Werkes nicht behoben werden.10 Den Makel der fehlenden Authentizität wird der Verkäufer daher regelmäßig nicht beseitigen können.11 Bei Abweichungen, die nicht die Authentizität, sondern andere, außer­ halb des Kunstwerks liegende Herkunftsfaktoren betreffen, kann der Charakter der anfänglichen Unmöglichkeit im Einzelfall zweifelhaft sein. Denn es könnte 3 MüKo-Ernst,

§  275 Rn.  18¸ Palandt-Grüneberg, §  275 Rn.  4. §  275 Rn.  23 (Stand: 1.3.2011); MüKo-Ernst, §  275 Rn.  33. 5  Die Leistungserbringung kann entweder für jedermann (objektive Unmöglichkeit) oder nur für den konkreten Schuldner (subjektive Unmöglichkeit) ausgeschlossen sein, MüKo-Ernst, §  275 Rn.  36 u. 52. 6 MüKo-Ernst, §  311a Rn.  32; BeckOK-BGB-Unberath, §  275 Rn.  20 (Stand: 1.3.2011); BGH, Urt. v. 31.1.1967 – V ZR 125/65 = NJW 1967, 721, 721 f.; zur Maßgeblichkeit des Ver­ tragsschlusses auch: BGH, Urt. v. 30.11.1972 – VII ZR 239/71 = NJW 1973, 318 – nachträg­ liche Unmöglichkeit der Durchführung einer Pauschalreise; jurisPK BGB-Alpmann, §  311a Rn.  16 (Stand: 1.10.2014). 7  BGH, Urt. v. 31.1.1967 – V ZR 125/65 = NJW 1967, 721, 722; einschränkend, auf den Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung abstellend: MüKo-Ernst, §  311a Rn.  32. 8  BGH, Urt. v. 7.6.2006 – VIII ZR 209/05 = BGHZ 168, 64 (str.). 9  Müller-Katzenburg, NJW 2006, 553, 555; Wertenbruch, NJW 2004, 1977, 1977. 10  Müller-Katzenburg, NJW 2006, 553, 555; Wertenbruch, NJW 2004, 1977, 1978. 11  Müller-Katzenburg, Weltkunst 2004, 102, 102. 4 BeckOK-BGB-Unberath,

I. Rechtsstellung des Käufers

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dem Verkäufer gelingen, beispielsweise eine fehlende Eintragung im Werkver­ zeichnis herbeizuführen oder die Erstellung einer positiven Expertise zu bewir­ ken. In Entsprechung hierzu scheiden beide Formen der Nacherfüllung regel­ mäßig auch bei Repliken und Fassungen aus: Auch diesbezüglich ist vor allem zweifelhaft, dass der Verkäufer gleichwertige Werke auftreiben kann. Schwieriger ist die Beurteilung bei Auflagenproduktionen. Sofern der Verkäu­ fer beispielsweise über mehrere Abgüsse von Skulpturen verfügt, könnte eine Nacherfüllung in Betracht kommen.12 Entscheidend ist, ob die vorhandenen Ex­ emplare gleichwertig sind.13 Dies kann insbesondere bei unterschiedlichem Er­ haltungszustand zweifelhaft sein. Angesichts der tatsächlichen Gegebenheiten im Kunsthandel bleibt die Nachlieferung somit lediglich bei Auflagenproduk­ tionen und außerhalb des Kunstwerks liegenden Faktoren eine Option, die im Einzelfall – auch vor dem Hintergrund der gängigen Nummerierungen serieller Werke – genau zu prüfen ist.14 b) Die neuere Literaturmeinung zum Verhältnis der anfänglichen Unmöglichkeit zur Sachmängelgewährleistung nach der Schuldrechtsmodernisierungsreform Die Auseinandersetzung mit den durch die Schuldrechtsmodernisierungsreform begründeten Gesetzesänderungen hat Teile des Schrifttums dazu bewogen, Fälle qualifizierter Stückschulden, in denen eine anfängliche Unmöglichkeit vorliegt, nach dem allgemeinen Schuldrecht und nicht nach dem spezifischen Sachmän­ gelgewährleistungsrecht zu behandeln. Zentrales Argument der Vertreter dieses Ansatzes ist die Annahme, die Regelungen in §  437 BGB könnten dann nicht einschlägig sein, wenn schon die Verpflichtung des Verkäufers zur Übereignung einer mangelfreien Sache nach §  433 Abs.  1 S.  2 BGB infolge einer anfänglichen Unmöglichkeit nach §  275 Abs.  4 BGB entfalle.15 Dieser Kritik ist zuzugeben, dass die Verweisung in §  437 BGB in der Tat nicht ganz eindeutig ist: Der Wort­ laut der Norm lässt nicht klar erkennen, inwieweit die Sondervorschriften der §§  433 ff. bzw. §§  434 ff. BGB den im allgemeinen Schuldrecht gebräuchlichen Begriff der Pflichtverletzung überlagern. Die Pflichtverletzung im besonderen Schuldrecht könnte bei einer Wortlautinterpretation sowohl die Übereignung ei­ ner mangelhaften Sache als auch die Nichtbeseitigung der Mangelhaftigkeit der Sache im Rahmen der Nacherfüllung sein.16 Für den Kunsthandel hätte diese

12 MüKo-Westermann,

§  434 Rn.  72. Müller-Katzenburg, NJW 2006, 553, 555. 14  Müller-Katzenburg, NJW 2006, 553, 555. 15  Heyers/Heuser, NJW 2010, 3059, 3059. 16  Schall, NJW 2011, 343, 344. 13 

58

B. Das deutsche Recht

Ansicht zur Folge, dass auf die Störungen der Zuschreibungsirrtümer oftmals das allgemeine Leistungsstörungsrecht Anwendung finden könnte. c) Die Gegenansicht in der Literatur Die Gegenansicht lehnt die Anwendbarkeit des allgemeinen Leistungsstörungs­ rechts in derartigen Konstellationen ab und befürwortet als alternative Lösungs­ möglichkeit eine Anwendung des Sachmängelgewährleistungsrechts. Das Ge­ setz gehe mit der Aufnahme der Vorschrift des §  311a BGB in den Verweis in §  437 Nr.  3 BGB erkennbar davon aus, auch anfänglich unbehebbare Mängel unterlägen den besonderen Vorschriften des Kaufgewährleistungsrechts.17 Diese gesetzgeberische Intention biete auch eine Orientierung für die Interpretation des Wortlautes in §  437 Nr.  3 BGB: Das spezielle Leistungsstörungsrecht verdränge die allgemeinen Vorschriften bereits dann, wenn kumulativ ein Kaufvertrag und ein Sachmangel vorliegen.18 Nach dieser Ansicht unterfielen fehlerhafte Zuord­ nungen im Kunsthandel dem Sachmängelgewährleistungsrecht. d) Die Auswirkungen der unterschiedlichen Literaturmeinungen beim Kauf von Kunstwerken Problematisch ist, welche Auswirkungen die neuere Literaturmeinung auf die Zulässigkeit der Irrtumsanfechtung beim Kauf von Kunstwerken haben könnte. Diese Problematik wurde – soweit ersichtlich – auch von den Vertretern, die die dargestellte Lösung über das allgemeine Leistungsstörungsrecht präferieren, noch nicht abschließend bedacht. Eine denkbare Folge dieser Ansicht könnte die Zulässigkeit der Irrtumsanfechtung sein: Sofern die Vorschriften der §§  434 ff. BGB in der Sache nicht zur Anwendung kommen, können sie möglicherweise auch keine Sperrwirkung gegenüber der Irrtumsanfechtung begründen. Dafür könnte es im Bereich des Kunsthandels auch einen sachlichen Grund geben. Denn fehlerhafte Zuordnungen unterscheiden sich ihrer Natur nach von Zu­ standsabweichungen.19 Die Authentizität ist eine Eigenschaft von Kunstwerken, die diesen äußerlich nicht anzusehen ist. Die Tendenz in der Rechtsprechung, den Sachmangelbegriff auszuweiten, legt jedoch nahe, dass in diesen Fällen zu­ gleich ein Sachmangel vorliegt. Die Sachmängelgewährleistung käme nur des­ halb nicht zur Anwendung, weil der Verkäufer nach §  275 Abs.  4 BGB von seiner Leistungspflicht nach §  433 Abs.  1 BGB freigeworden ist. Das spricht dafür, dass es bei einem Ausschluss der Irrtumsanfechtung verbliebe, der allerdings mit der Wertung zu begründen wäre, dass tatbestandlich ein Sachmangel vorliegt. 17 MüKo-Ernst,

§  275 Rn.  132. Schall, NJW 2011, 343, 344. 19  Siehr, in: Reichelt, S.  7, 27. 18 

I. Rechtsstellung des Käufers

59

e) Auseinandersetzung mit den dargestellten Literaturmeinungen Systematische und teleologische Gründe sprechen daher dafür, trotz des unter­ schiedlichen Haftungsregimes, welches die verschiedenen Literaturmeinungen anwenden wollen, von einer Sperrwirkung der Sachmängelgewährleistung zu­ lasten der Irrtumsanfechtung auszugehen. Dennoch hat die neuere Literatur­ meinung einen für den Kunsthandel nicht ganz unbeachtlichen Vorteil für den Käufer zur Folge: Die Ausübung von Rechtsbehelfen nach dem allgemeinen Leistungsstörungsrecht unterliegt nach §§  218, 199 BGB einer dreijährigen Aus­ übungsfrist, beginnend mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch ent­ standen ist. Demgegenüber führen die besonderen Verjährungsvorschriften in §  438 Abs.  1 Nr.  3 BGB dazu, dass der Käufer Gewährleistungsrechte lediglich innerhalb von zwei Jahren, gerechnet ab der Übergabe der Kaufsache, geltend machen kann. Der Käufer eines Kunstwerks hätte also im günstigsten Fall fast vier Jahre, um seine Rechte auszuüben. In zeitlicher Hinsicht stünde er also bes­ ser da, wenn sich die neuere Literaturmeinung durchsetzen sollte. Dies erscheint jedoch zweifelhaft. Der Anwendbarkeit des allgemeinen Schuldrechts steht ex­ plizit auch für den Kunsthandel die gesetzgeberische Entstehungsgeschichte ent­ gegen, wenngleich die Materialien Restzweifel verbleiben lassen: Die Kommis­ sion zur Überarbeitung des Schuldrechts hatte ausweislich ihres Abschluss­ berichts den Fall eines gefälschten Bildes im Blick und ging davon aus, dass in einem solchen Fall das Sachmängelgewährleistungsrecht anzuwenden ist.20 Dies zeigt sich daran, dass sie argumentierte, bei einem gefälschten Gemälde seien beide Modalitäten der Nacherfüllung nicht möglich. Dieser Umstand stünde aber der Pflicht des Verkäufers zur Lieferung einer mangelfreien Sache nicht entge­ gen: „Schon die Pflicht zur Lieferung einer mangelfreien Sache [werde] zu einer Pflichtverletzung, an die sich – nicht anders als im allgemeinen Leistungs­ störungsrecht – die Rechtsfolgen […] anschließen […]“.21 Angesichts dieser ge­ setzgeberischen Aussage zeichnet sich hier im Ergebnis für den Kunsthandel noch keine neue, aufgrund der längeren Fristen käuferfreundlichere Tendenz ab.

2. Die Sachmängelgewährleistungsrechte im Kunsthandel Dem Käufer könnten die in §  437 Nr.  1 bis 3 BGB bezeichneten Rechtsbehelfe bzw. Rechte zustehen, sofern das Tatbestandsmerkmal des Sachmangels gegeben ist. Zu unterscheiden sind dabei folgende Sachverhaltskonstellationen: Fälschun­ gen, Fälschungsverdacht, vor- und nachvertragliche Zuschreibungsänderungen 20  Abschlussbericht 21  Abschlussbericht

der Kommission zur Überarbeitung des Schuldrechts, S.  195. der Kommission zur Überarbeitung des Schuldrechts, S.  195.

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B. Das deutsche Recht

und Spekulationsgeschäfte. Im Auktionshandel stellt sich zudem die Frage nach der rechtlichen Bewertung von Informationen im Auktionskatalog. a) Fälschungen Fälschungen begründen bei Vorliegen einer entsprechenden Beschaffenheitsver­ einbarung regelmäßig einen Sachmangel im Sinne von §  434 Abs.  1 Satz  1 BGB. Problematisch ist jedoch, ob in Fälschungsfällen auch die Voraussetzungen des §  434 Abs.  1 Satz  2 Nr.  1 BGB erfüllt sind. Danach ist die Sache auch dann frei von Sachmängeln, „wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Ver­ wendung eignet“. Im Umkehrschluss liegt also ein Sachmangel vor, wenn die Eignung für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung fehlt. Es scheint auf den ersten Blick schon objektiv festzustehen, dass Fälschungen weder subjektiv noch objektiv für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung geeignet sein können. Denn ihnen fehlt regelmäßig der wirtschaftliche Wert. Das gilt aber nicht unein­ geschränkt. Es kann auch vorkommen, dass der Fälscher später selbst berühmter als der gefälschte Meister wird oder dass seine Werke erheblich im Wert steigen. Das Aufdecken einer Fälschung beeinträchtigt den ästhetischen Wert des Kunst­ werks zudem nicht. Dennoch werden mit einer Fälschung regelmäßig kaum die mit dem Erwerb verbundenen Verwendungsabsichten erfüllt werden können; dies mag vor allem auch einen psychologischen Aspekt haben. b) Fälschungsverdacht Diskutiert wird weiter, ob bereits der Verdacht, ein in Rede stehendes Kunstwerk könnte gefälscht sein, Sachmängelgewährleistungsrechte des Käufers begründen kann. Ausgangspunkt der Überlegungen zu diesem Problem sind verschiedene höchstrichterliche Entscheidungen, in denen die Fehlerhaftigkeit der Kaufsache mit der aus dem Mangelverdacht resultierenden Wertminderung der Kaufsache begründet wurde.22 aa) Rechtsprechung Trotz der zitierten Entscheidung gibt es für den Kunsthandel – soweit ersichtlich – zum Fälschungsverdacht bei Kunstwerken kaum richtungsweisende Rechtspre­ chung. Das Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf im Fall unwahrer Elvis aus dem Jahr 1991,23 nach dem (allgemeine) Zweifel an dem Sicherheitsgrad der Echtheit nicht ausreichen sollen, ist für die Beurteilung von Verdachtsfällen we­ 22 

Beispielsweise: BGH, Urt. v. 16.4.1969 – VIIII ZR 176/66 = JZ 1970, 28 in Bezug auf Hasenfleisch. Ausführlicher dazu: Kühn, S.  134; Berger, KUR 2003, 137, 138. 23  OLG Düsseldorf, Urt. v. 9.8.1991 – 22 U 52/91 = NJW 1992, 1326.

I. Rechtsstellung des Käufers

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nig aussagekräftig. Denn das Gericht hatte das Verhältnis der Sachmängelge­ währleistung zur Irrtumsanfechtung im Blick und argumentierte in erster Linie mit einer Umgehungsgefahr. Einen Hinweis enthält jedoch die BGH-Rechtspre­ chung. In der Entscheidung über eine Revision in einem Fall, in dem es um ein vermeintlich gefälschtes Gemälde von Boudin ging, stellte der Bundesgerichts­ hof am Rand fest: „Bloße Zweifel an der Echtheit aber könnten einen Sach­ mangel nicht begründen.“24 Dieser Aussage lässt sich entnehmen, dass jedenfalls nicht jeder Zweifel Rechtsbehelfe des Käufers begründen kann. bb) Das Meinungsbild im Schrifttum Teile des Schrifttums sind geneigt, kaufrechtliche Rechtsbehelfe – außerhalb von Spekulationsgeschäften25 – tendenziell bei einem Fälschungsverdacht zuzulas­ sen.26 Diese Bewertung wird überwiegend aus dem erweiterten Beschaffenheits­ begriff27 oder mittels einer Parallele zur Rechtsprechung anderer Bereiche28 her­ geleitet. Konkretisierend wird teilweise gefordert, dass die Zweifel jedenfalls durch eine negative Expertise begründet sein müssen.29 Dem wird von der Ge­ genauffassung im Schrifttum entgegengehalten, dass die vorhandene Rechtspre­ chung aus anderen Bereichen nicht auf den Kunsthandel übertragbar sei, weil die Risikoverteilung dadurch einseitig zulasten des Verkäufers ausfalle.30 Weiter führe die Gleichstellung des Verdachts der Unechtheit eines Kunstwerks mit tat­ sächlich fehlender Authentizität entgegen der gesetzlichen Regelung zu einer Beweislastumkehr.31 cc) Auseinandersetzung mit den dargestellten Argumenten Das Meinungsbild im Schrifttum zeigt, dass sich für die Behandlung des Fäl­ schungsverdachts noch keine abschließende Lösung etabliert hat. In der Diskus­ sion überschneiden sich materiell-rechtliche und prozessuale Fragen. In Anwen­ dung der allgemeinen, für das Schuldrecht in §  363 BGB niederlegten Grundsät­ ze über die Beweislastverteilung ist der Käufer ab der Übergabe des Kunstwerks 24 

BGH, Urt. 26.11.1980 – VIII ZR 50/80 = NJW 1981, 1204, 1206. Großgerge, S.  96 f. 26  Mangold, S.  168 f.; Kühn, S.  134 ff.; Braunfels, S.  35 ff.; einschränkend: Berger, KUR 2003, 137, 138; Großgerge, S.  102; a. A. Schack, Kunst und Recht, Rn.  387; Erman-Grunewald, §  434 Rn.  7. Zur Definition der Beschaffenheit siehe B.I.2.c)aa)(2)(a). 27  Mangold, S.  168 f. 28  Kühn, S.  134 f. 29  Braunfels, S.  37. 30  Schack, Kunst und Recht, Rn.  387. 31  Großgerge, S.  96 f. u. S.  102 ff. 25 Dazu

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B. Das deutsche Recht

für das Vorliegen etwaiger Mängel darlegungs- und beweisbelastet.32 Dass der Bundesgerichtshof in der vergleichsweise aktuellen Entscheidung im Buddha aus Sui-Dynastie-Fall33 die tatsächliche Feststellung der Vorinstanz, die Buddha-­ Statue sei unecht, dezidiert beanstandete, ist ein Indiz dafür, dass er diese Rege­ lungen im Kunsthandel nicht aufweicht. Es hätte ihm freigestanden, anhand der Feststellung des Tatgerichts von einem begründeten Fälschungsverdacht auszu­ gehen und der Klage aus diesem Grund stattzugeben. Dass er den Fall zur weite­ ren Sachverhaltsaufklärung an die Vorinstanz zurückverwiesen und den Verdacht der Unechtheit als Sachmangel nicht einmal erwogen hat, bestärkt die These eines Teils des Schrifttums zur Relevanz des Fälschungsverdachts jedenfalls nicht.34 Die Gewährung von Mängelrechten beim Fälschungsverdacht zieht zudem ein Folgeproblem nach sich. Der Begriff des Zweifels wäre möglichst belastbar zu konkretisieren. Hier fehlt es noch an tragfähigen Lösungen. Der wohl überwie­ gende Teil der Literatur zu diesem Komplex grenzt den Mangelverdacht vom Spekulationsgeschäft ab und bedient sich dadurch letztlich eines Kunstgriffs zur Begründung des Mangels. Dass ein Kunstwerk nach dem Vertrag „eine zweifel­ los echte Sache“35 sein soll, dürfte vor dem Hintergrund der immanenten Schwierigkeiten kunstwissenschaftlicher Zuordnungen lediglich in den seltens­ ten Fällen in Betracht kommen.36 Bei lebensnaher Betrachtung knüpft diese Be­ gründung an eine eher fiktive Tatsachengrundlage an. Dies dürfte erhebliche Schwierigkeiten im Bereich der tatsächlichen Feststellungen zur Folge haben. Anders mag dies eher ausnahmsweise sein, sofern der Erwerb etwa über den primären Kunstmarkt oder im engen Anschluss an die erste Veräußerung, bei­ spielsweise über eine Galerie erfolgt. Hier mag der Erwerber angesichts des Um­ stands, dass das Kunstwerk noch nicht so weit vom Künstler entfernt ist, mit größerer Gewissheit davon ausgehen, ein Werk eines bestimmten (zeitgenössi­

32  Ausführlich

zur Beweislastverteilung und den Möglichkeiten eines Fälschungsnachwei­ ses: Braunschmidt, S.  89 und S.  98 ff.; Jayme, in: Reichelt, S.  23, 36. 33  BGH, Urt. v. 9.10.2013 – VIII ZR 224/12 = NJW 2013, 3560. 34  Die Instanzrechtsprechung zum alten Schuldrecht befasste sich vereinzelt mit der Frage, ob der Verdacht der fehlenden Authentizität einen Sachmangel begründen könnte, und lehnte dies überwiegend ab. Zur Analyse der Rechtsprechung: Großgerge, S.  98 f. 35  Kühn, S.  135; in diese Richtung auch: Großgerge, S.  104. 36  So schließt Kühn beispielsweise beim Erwerb Alter Meister die Annahme eines Mangels aufgrund eines Unechtheitsverdachts aus, S.  135; zustimmend: Ebling/Schulze-Schulze, S.  241; a. A. wohl Großgerge, S.  103 f., der in diesem Zusammenhang im Rahmen der Auslegung er­ mitteln möchte, ob die Parteien vereinbart haben, „dass kein Verdacht in welcher Form auch immer bestehen darf“. Die Vereinbarung der Echtheit soll dabei in der Regel nicht ausreichend sein. Dieser Ansatz steht im Spannungsverhältnis zu den Ungewissheiten, die Zuschreibungen immanent sind. Siehe dazu RG, Urt. v. 27.11.1926 – I 39/26 = RGZ 115, 286, 287.

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schen) Künstlers zu erwerben.37 Dass auch in solchen Fällen die Herstellungs­ umstände streitig werden könnten, reicht indes nicht aus, um den Verdacht der fehlenden Authentizität im Allgemeinen als Sachmangel zu bewerten. Der Er­ werb eines Kunstwerks über den primären Kunsthandel ist ohnehin ein beson­ derer Fall; insbesondere sofern der Künstler selbst, etwa bei einem Atelierkauf, an der Veräußerung beteiligt ist, sind ohnehin auch die spezifischen Wertungen des Urheberrechts zu berücksichtigen.38 In den Situationen des Erwerbs über den primären Kunsthandel steht der Käufer auch nicht schutzlos da: Über sekundäre Darlegungslasten, die bis zur Beweislastumkehr führen können, stehen ausrei­ chende Erleichterungsmöglichkeiten zur Verfügung. So kann im Einzelfall eine sphärenbezogene Zuordnung von Beweisunsicherheiten gewährleistet werden. Der Künstler oder sein Galerist werden häufig näher an der Entstehung des Kunstwerks sein und werden sich daher im Bestreitensfall kaum auf Nichtwissen berufen können. c) Zuschreibungsänderungen Neben Fälschungen ist es auch möglich, dass die bei Vertragsschluss angenom­ mene Zuschreibung des Kunstwerks sich als unzutreffend erweist. In diesem Zu­ sammenhang sind zwei Konstellationen zu unterscheiden. Die Zuschreibung ist – vom Käufer und meist auch vom Verkäufer unerkannt – bereits bei Vertrags­ schluss unrichtig. Zudem kann sich die Zuschreibung nach Vertragsschluss auf­ grund neuerer Erkenntnisse verändern. aa) Vor Übergabe oder Vertragsschluss erfolgte Zuschreibungsänderungen Bei fehlerhaften Zuordnungen von Kunstwerken fehlt nicht nur bei Fälschungen die Authentizität des erstandenen Kunstwerks; manchmal liegen auch Abwei­ chungen in anderen werkexternen Faktoren vor. (1) Die Authentizität als Bestandteil der Beschaffenheit Die Authentizität eines Kunstwerks kann tauglicher Gegenstand der Beschaffen­ heit sein.39 diese Richtung: Großgerge, S.  105. Andererseits soll zeitgenössische Kunst der Fäl­ schung besonders zugänglich sein, sodass sie besonders oft gefälscht wird, Schack, KUR 2015, 159, 159. 38  Klaunig/Müller, ZUM 2013, 935, 937 ff. 39 Dass die fehlende Authentizität einen Sachmangel begründet, nehmen die Gericht in zahlreichen Entscheidungen an, so beispielsweise: RG, Urt. v. 27.11.1926 – I 39/26 = RGZ 115, 286, 287 – Ostade/Teniers; RG, Urt. v. 11.3.1932 – II 307/31 = RGZ 135, 339 – Ruisdael-­ Fall; BGH, Urt. v. 15.1.1975 – VIII ZR 80/73 = BGHZ 63, 369 – Jawlensky; BGH, Urt. v. 37  In

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B. Das deutsche Recht

(a) Die Beschaffenheitsvereinbarung nach §  434 Abs.  1 S.  1 BGB Dass die Authentizität Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung sein kann, ist unproblematisch. Die Feststellung, ob eine vertragliche Vereinbarung als Be­ schaffenheitsvereinbarung zu werten ist, kann allerdings im Einzelfall zu erheb­ lichen Problemen führen. Denn die Zuordnungsschwierigkeiten offenbaren, dass mit dem Kauf von Kunstwerken Risiken verbunden sein können.40 (b) Die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung, §  434 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB Problematisch ist, ob die fehlende Authentizität auch dann einen Sachmangel darstellen kann, wenn sie nicht Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung geworden ist. Der eingangs geschilderte Ruisdael-Fall41 offenbart hier das Prob­ lem. Das Reichsgericht begründet das Vorliegen eines Mangels (damals noch: Fehlers), indem es den nach dem Vertrag vorausgesetzten Gebrauch von Kunst­ werken stark einschränkte: Losgelöst von wirtschaftlichen Erwägungen sei al­ lein die Wertschätzung für den Künstler, dessen Werk erworben worden sei, maßgeblich.42 Diese Begründung ist angesichts der Individualität eines jeden Erwerbs von Kunstwerken erheblicher Kritik ausgesetzt43 und kann heute kaum noch überzeugen. Kritisiert wird insbesondere, dass die Argumentation des Reichsgerichts „kunsttheoretisch“44 aufgeladen sei. Nach dem reformierten Schuld­recht führt die Lösung über die subjektive Komponente im Rahmen von §  434 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB: Der Verwendungszweck muss stets beiden Parteien bekannt sein, damit ein einseitiges Aufdrängen von Vertragsbedingungen verhin­ dert wird.45 Erforderlich ist, dass zumindest eine konkludente Vereinbarung hin­ 19.5.1993 – VIII ZR 155/92 = NJW 1993, 2103; BGH, Urt. v. 15.2.1995 – VIII ZR 126/94 = NJW 1995, 1673; BGH, Urt. v. 8.6.1988 – VIII ZR 135/87 = NJW 1988, 2597 – Leibl/Duveneck; OLG Hamm, Urt. v. 14.3.1995 – 7 U 163/94 = OLGR Hamm 1995, 97 = NJW 1995, 2640 – Guercino; OLG Hamm, Urt. v. 28.9.1993 – 29 U 18/92 = OLGR Hamm 1994, 49 = NJW 1994, 49 – Carl Schuch; OLG Düsseldorf NJW 1992, 1326 – unwahrer Elvis; OLG Hamm, Urt. v. 27.11.1986 – 23 U 53/86 – Standuhr. Die Literatur schließt sich dem ganz überwiegend an, so beispielsweise: MüKo-Westermann, §  434 Rn.  72; Staudinger-Matusche-Beckmann, §  434 Rn.  235; Müller-Katzenburg, Weltkunst 2004, 80, 80; dies., NJW 2006, 553, 554; Wertenbruch, NJW 2004, 1977, 1977; Becker-Eberhard, JuS 1992, 461, 462; Westerholt/Graupner, NJW 1978, 794, 794; Heinbuch, in: International sales of works of art, Vol.  I, S.  195, 200; Mangold, S.  62; Großgerge, S.  75; Schack, Kunst und Recht, Rn.  382; Ebling/Schulze-Schulze, S.  241. 40  Näheres zur Abgrenzung zum Risikogeschäft unter B.I.2.d). 41  Siehe dazu A.I.1.e). 42  RG, Urt. v. 11.3. 1932 – II 307/31 = RGZ 135, 339, 342 f. 43  Schack, Kunst und Recht, Rn.  383; Raue/Hollenders, GRUR 2014, 98, 99. 44  Schack, Kunst und Recht, Rn.  383. 45 MüKo-Westermann, §  434 Rn.  18.

I. Rechtsstellung des Käufers

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sichtlich des Verwendungszweckes vorliegt,46 die nicht zugleich eine (konklu­ dente) Beschaffenheitsvereinbarung darstellt. Im Kunsthandel wird eine konkludente Verwendungsabrede in Bezug auf die Authentizität kaum eine eigenständige Bedeutung erlangen: Die Verwendungs­ möglichkeiten von echten Kunstwerken beruhen gerade auf der Herkunftsannah­ me und damit auf der Authentizität. Ob ein Werk beispielsweise eine Sammlung ergänzen kann, hängt oftmals von der Authentizität ab. Bei fehlender Authentizi­ tät entfällt jedoch bereits die vereinbarte Beschaffenheit und infolgedessen zu­ sätzlich die Eignung für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung.47 Daneben sind Verwendungsvereinbarungen angesichts der Anonymität bei Versteigerungen im Auktionshandel schwer denkbar. Bis zum Zuschlag ist offen, wer der Erwerber sein wird. Die Anonymität schließt Absichtserklärungen zur Verwendung für diesen bedeutenden Bereich des Kunsthandels somit weitge­ hend faktisch aus. (c) Der Sachmangel nach §  434 Abs.  1 S.  2 Nr.  2 BGB Nach den Bestimmungen in §  434 Abs.  1 S.  2 Nr.  2 BGB ist eine Sache auch dann frei von Sachmängeln, „wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann“. Dass die Freiheit von Sachmängeln das kumulative48 Vorliegen der drei genannten, kaum vonein­ ander abzugrenzenden49 Voraussetzungen erfordert, bedeutet umgekehrt, dass bereits das Fehlen einer der Voraussetzungen die Annahme eines Sachmangels begründen kann. Die Eignung für die gewöhnliche Verwendung betrifft ebenfalls die schwieri­ ge Frage, worin die Funktion von Kunst liegt. Abseits von kunsttheoretischen Erwägungen stellt sich ein zentrales Problem: Bei Betonung der Funktion der Authentizität als wertbildender Faktor ist die Echtheit stets objektiv wesentlich, weil sich nur authentische Kunstwerke als Kapitalanlage eignen. Damit die Wer­ tungen der vertraglichen Vereinbarungen nicht unterlaufen werden, kann dies aber nur dann gelten, wenn ein entsprechender Preis gezahlt wird. In solchen Fällen soll der Zweck zumindest auch in der Eignung zur Kapitalanlage liegen.50 Dieser Aspekt dürfte aber im Kunsthandel regelmäßig nur die Beschaffenheits­

46 MüKo-Westermann,

§  434 Rn.  18. Schack, Kunst und Recht, Rn.  383; im Ergebnis so auch: Großgerge, S.  81. 48 MüKo-Westermann, §  434 Rn.  24; Staudinger-Matusche-Beckmann, §  434 Rn.  81. 49 MüKo-Westermann, §  434 Rn.  24. 50  Schack, Kunst und Recht, Rn.  383. 47 

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B. Das deutsche Recht

vereinbarung ergänzen.51 Denn ein hoher Preis ist zugleich ein gewichtiges Indiz für die Echtheit eines Kunstwerks.52 Eine Erweiterung des Käuferschutzes kann im Kunsthandel über diesen Weg kaum erreicht werden. Es drohen Wertungs­ widersprüche. Scheidet eine konkludente Beschaffenheitsvereinbarung der Au­ thentizität aus, so hindert dies in der Regel auch die Annahme einer Bestimmung des betroffenen Kunstwerks als Kapitalanlage, für die die Authentizität wegen ihres Einflusses auf den wirtschaftlichen Wert indirekte Voraussetzung ist. Entsprechendes gilt für die Bestimmung der üblichen Beschaffenheit und der zu erwartenden Beschaffenheit53: In beiden Fallgruppen ist eine Konkretisierung der gesetzlichen Begriffe mittels der verobjektivierten Verkehrsanschauung not­ wendig.54 Fehlende Authentizität wird daher kaum einen Sachmangel begrün­ den, wenn dieser nicht schon aus subjektiven Erwägungen hergeleitet werden kann. Der Grund hierfür liegt nicht nur in der Risikogeneigtheit des Kaufs von Kunstwerken und der Maßgabe, die vertraglichen Wertungen nicht zu unterlau­ fen.55 Dogmatisch ist auch bei der Auslegung nach §  157 BGB, mittels derer die Beschaffenheitsvereinbarung ermittelt wird, die Verkehrssitte zu berücksichti­ gen. Diese Parallele in der Herangehensweise lässt unterschiedliche Ergebnisse bei der Subsumption unter die verschiedenen Fallgruppen der Bestimmungen in §  434 BGB im Kunsthandel widersprüchlich erscheinen. Die für die objektive Bewertung zu wählende Vergleichsgruppe56 beinhaltet den konkret zu beurtei­ lenden Einzelfall in solchen Fällen schon durch die Einordnung desselben als Spekulationsgeschäft. Das ändert sich vor dem Hintergrund von §  434 Abs.  1 S.  2 Nr.  2, S.  3 BGB aber in Fällen, in denen sich die Eignung des Kunstgegenstands aus zusätzlichen, objektiven Anhaltspunkten ergibt: Sofern der Verkäufer selbst werbende oder anpreisende Angaben zu einer bestimmten Verwendbarkeit des Kunstgegenstan­ 51  A. A. OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 3.5.2018 – 19 U 188/15 = KUR 2018, 91, insb. 94. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt ging es um die Rückabwicklung eines Kaufvertrags über Tuschfederzeichnungen, die im Katalog als Werke von Carl Philipp Fohrs (dt. Maler, 1795–1818) beschrieben worden waren. Das Landgericht Frnakfurt a. M. wies die Klage an. Die gegen das erstinstanzliche Urteil gerichtete Berufung hatte Erfolg. Das OLG Frankfurt a. M. war der Ansicht, dass die Herkunft aus der Hand eines konkreten Künstlers maßgeblich die Eignung eines Kunstwerks als Sammlerstück und Wertanlage bestimme und daher regelmäßig dessen zentrale Eigenschaft für seine – im Rahmen des Kaufvertrags der hier vorliegenden Art sowohl vorausgesetzte wie gewöhnliche – Verwendung (§  434 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 und 2 BGB) bestimme. Das Gericht ließ offen, ob eine Beschaffenheitsvereinbaung vorlag. 52  Mangold, S.  163. 53  A. A. Mangold, S.  174 ff. 54 Staudinger-Matusche-Beckmann, §  434 Rn.  84 u. 89. 55  In diese Richtung: Zöbeley, MDR 2014, 254, 255. 56 Staudinger-Matusche-Beckmann, §  434 Rn.  89.

I. Rechtsstellung des Käufers

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des macht, kann dies einen Sachmangel außerhalb einer vertraglichen Vereinba­ rung der Parteien begründen.57 Beim Kauf von Kunstwerken ist diese Ausnah­ me gerade bei Auktionen relevant. Denn dort ist es üblich, dass das Auktionshaus die Kunstgegenstände vor der Versteigerung im Auktionskatalog beschreibt. (2) Die Behandlung anderer werkexterner Abweichungen Zu untersuchen ist, ob auch andere äußere, den Wert eines Kunstwerks bedeut­ sam mitbestimmende Faktoren unter den Begriff der Beschaffenheit im Sinne von §  434 Abs.  1 BGB fallen können und somit Sachmängelgewährleistungs­ rechte begründen. (a) Der Begriff des Sachmangels in §  434 BGB Den Begriff des Sachmangels definiert der deutsche Gesetzgeber negativ, indem er verschiedene, abschließend aufgelistete Fallgruppen in den Vorschriften des §  434 BGB bestimmt.58 Positiv gewendet und zusammengefasst liegt ein Sach­ mangel nach allgemeiner Ansicht vor, wenn die Ist- von der Sollbeschaffenheit abweicht.59 Der zentrale Begriff des Sachmangels zerfällt also in zwei wesent­ liche Komponenten: die tatsächliche Beschaffenheit und die Ermittlung des rele­ vanten Solls. Die Reichweite der Beschaffenheit ist auch nach der Schuldrechtsmodernisie­ rungsreform noch nicht abschließend geklärt; ausweislich der Gesetzesbegrün­ dung hat der Gesetzgeber mit der Reform diese Streitfrage keiner endgültigen Klärung zuführen wollen.60 Der Begriff der Beschaffenheit ist also zu konkreti­ sieren. Zumindest erfasst der Begriff Abweichungen in den physischen Gegeben­ heiten der Sache. Weiter beinhaltet der Begriff Umweltbeziehungen der Sache, die einen unmittelbaren Bezug zu den physischen Merkmalen der Kaufsache haben.61 Bei der Interpretation des reformierten Schuldrechts zeigt sich zudem in Literatur und Rechtsprechung die Tendenz, den Begriff der Beschaffenheit noch weiter auszulegen62 und einen unmittelbaren Bezug zu den physischen Gegeben­ BGH, Urt. v. 9.10.2013 – VIII ZR 224/12 = NJW 2013, 3560 – Buddha aus Sui-Dynastie. Dauner-Lieb/Langen-Büdenbender, BGB §  434 Rn.  6. 59  Teilweise wird der Begriff auf negative Abweichungen von der Sollbeschaffenheit be­ schränkt. 60  BT-Drucks. 14/6040, S.  213. 61  Ausgangspunkt der Diskussion ist die vor der Schuldrechtsmodernisierungsreform gel­ tende höchstrichterliche Rechtsprechung. Danach konnten Umweltbeziehungen einbezogen werden, sofern sie „nach der Verkehrsanschauung für die Brauchbarkeit oder den Wert der Sache bedeutsam sind und eine (unmittelbare) Verbindung zur Beschaffenheit der Sache“ auf­ weisen, so unter anderem: BGH, Urt. v. 27.4.1979 – V ZR 204/77 = BGHZ 34, 41, 42. 62  Dass das heutige Verständnis des Begriffs der Beschaffenheit ein weites ist, hat seinen 57  58 

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B. Das deutsche Recht

heiten der Sache nicht mehr als zwingendes Merkmal der Beschaffenheit der Kaufsache anzusehen.63 Die Ansichten weisen in Bezug auf die Grenze der zu be­rücksichtigenden Umweltbeziehungen in den Details Unterschiede auf. Nach einer Ansicht ist erforderlich, dass ein (möglicherweise auch weiter) Bezug des relevanten Umstandes zur physischen Beschaffenheit der Kaufsache besteht.64 Nach anderer Ansicht ist eine derartige Einschränkung nicht nötig.65 Nach dem derzeitgen Diskussionsstand lässt sich noch nicht absehen, welche Umweltbezie­ hungen nicht mehr von dem Begriff der Beschaffenheit erfasst sind. Inwieweit beide Ansichten im Einzelfall zu divergierenden Ergebnissen führen, bleibt ab­ zuwarten. In einer Vielzahl von Fällen dürfte es auf die konkrete Einzelfallargu­ mentation ankommen. Es kristallisiert sich die Richtlinie heraus, Fragen der Be­ schaffenheit großzügig zu behandeln und die Einzelfallsteuerung über die ver­ tragliche Vereinbarung hinsichtlich des fraglichen Umstands zu regulieren.66 In Grenzfällen ist genau zu prüfen, ob der Anwendungsbereich der Beschaffenheit ausnahmsweise versperrt ist. Die Bestimmung der Sollbeschaffenheit kann grundsätzlich subjektiv, objek­ tiv oder mittels Kombination beider Sichtweisen erfolgen. Der deutsche Gesetz­ geber hat sich vor dem Hintergrund der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie 1999/44/ EG67 für die letztgenannte Lösung entschieden. Er kodifizierte den von der deut­ schen Rechtsprechung bis dato entwickelten „subjektiven Fehlerbegriff“68 in den Bestimmungen von §  434 Abs.  1 S.  1 und §  434 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB69 und Grund auch im europarechtlichen Hintergrund der Schuldrechtsmodernisierungsreform, siehe Verbrauchsgüterkaufrichtlinie 1999/44/EG, Erwägungsgrund 10: „Bei Vertragswidrigkeit ei­ nes Gutes muss der Verbraucher das Recht haben, […]“. 63  BGH, Urt. v. 5.11.2010 – V ZR 228/09 = NJW 2011, 1217, 1218 – aus der Bebauung eines Grundstückes erzielte Mieterträge; BGH, Urt. v. 30.11.2012 – V ZR 25/12 = NJW 2013, 1671 (Rn.  10) – mit Giftstoffen belastetes Grundwasser als Sachmangel des Grundstücks; OLG Naumburg, Urt. v. 14.8.2012 – 1 U 35/12 = NJW-RR 2013, 568 – Anzahl der Vorbesitzer beim Gebrauchtwagenkauf; OLG Schleswig, Urt. v. 15.3.2012 – 5 U 103/11, zitiert nach juris, Rn.  22 – Herstellergarantie bei Jahreswagen; OLG Stuttgart, Urt. v. 1.2.2006 – 3 U 106/05, zitiert nach juris, Rn.  21 – Fehlen einer zugesicherten Werksgarantie; MüKo-Westermann, §  434 Rn.  10; Staudinger-Matusche-Beckmann, §  434 Rn.  49 ff.; BeckOK-BGB-Faust, §  434 Rn.  19 ff. (Stand: 1.8.2014); in diese Richtung wohl auch: Palandt-­Weidenkaff, §  434 Rn.  11; Müller-Katzenburg, Weltkunst 2004, 80, 80; Jauernig-Berger, §  434 Rn.  7; ders., KUR 2003, 137, 138; wohl a. A. Thüringer OLG, Urt. v. 23.10.2008 – 1 U 118/08, zitiert nach juris, Rn.  18 – EU-Reimport; Heyers, GRUR 2012, 1206, 1208. 64  BGH, Urt. v. 30.11.2012 – V ZR 25/12 = NJW 2013, 1671, 1671; BeckOK-BGB-Faust, §  434 Rn.  27 (Stand: 1.8.2014). 65 Staudinger-Matusche-Beckmann, §  434 Rn.  53 f. 66 Staudinger-Matusche-Beckmann, §  434 Rn.  54. 67  BT-Drucks. 14/6040, S.  1 u. S.  79. 68  BT-Drucks. 14/6040, S.  80. 69 MüKo-Westermann, §  434 Rn.  6.

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ergänzte diesen um objektive Fallgruppen, von denen für den Kunsthandel im Wesentlichen die Bestimmungen in §  434 Abs.  1 S.  2 Nr.  2,70 gegebenenfalls in Verbindung mit denen in §  434 Abs.  1 S.  3 BGB, relevant werden können. Mit­ tels der Reihenfolge der gesetzlichen Anordnung wird der Vorrang subjektiver Vereinbarung begründet.71 (b) Die Anwendung der Bestimmungen im Kunsthandel Es stellt sich zunächst die Frage, ob Abweichungen, die sich auf äußere Umstän­ de beziehen, im Rahmen der gesetzlichen Konzeption der Sachmängelgewähr­ leistung eigenständige Bedeutung erlangen können. Dafür spricht ihre doppelte Funktion: Angaben zu äußeren Umständen können Anhaltspunkte für eine ver­ tragliche Vereinbarung der Authentizität sein. Der Käufer hat dann zu belegen, dass dem Kunstwerk die angenommene Authentizität fehlt. Er kann vor einem Problem stehen, denn, dass einzelne Informationen unzutreffend sind, muss als Beweis einer Fälschung oder unzutreffenden Zuschreibung nicht ausreichen. So gelang es dem Käufer in einem vom Oberlandesgericht Karlsruhe entschiedenen Fall trotz einer Negativbegutachtung des Boudin-Experten Manuel Schmit nicht, die fehlende Authentizität des von ihm erworbenen Kunstwerks nachzuweisen.72 Vor diesem Hintergrund kann es für den Käufer taktisch vorteilhafter sein, ledig­ lich den Nachweis der Fehlerhaftigkeit einer Angabe erbringen zu müssen. Der Unterschied mag gering erscheinen, wenn es sich um eine Expertise handelt, die in der Regel eines der stärksten Indizien für die Echtheit eines Kunstwerks ist. Da die Erstellung der Expertise jedoch fachgerecht zu erfolgen hat,73 können Fehler bei der Fertigung dem Käufer mittelbar die Beweisführung erleichtern. Auch in Bezug auf andere Faktoren kann das Variieren der nachweispflichtigen Tatsache zivilprozessual bedeutsam sein. In der Sache weisen auch die Forschungsergebnisse von Untersuchungen der Authentizität einen hinreichenden Bezug zu dem fraglichen Kunstwerk auf. Das gilt für Expertisen74 und Angaben zur Provenienz,75 die Ausdruck der histori­ schen Erforschung der Besitzverhältnisse des Kunstwerks sind. In beiden Fällen handelt es sich um außerhalb des Kunstwerks liegende Tatsachen, die einen Be­ zug zum Kunstwerk haben. Dies illustriert der Zweck einer Expertenbegutach­ 70 MüKo-Westermann,

§  434 Rn.  6. §  434 Rn.  6. 72  OLG Karlsruhe, Urt. v. 15.10.2013 – 17 U 8/13 = KUR 2013, 188 – Boudin. 73  Siehr, KUR 2013, 48, 48. 74  BGH, Urt. v. 28.6.1972 – VIII ZR 60/71 = NJW 1972, 1658 – Rubens; Erman-Grunewald, §  434 Rn.  41; a. A. Wertenbruch, NJW 2004, 1977, 1978; Flume, JZ 1991, 633, 635. 75  Berger, KUR 2013, 137, 138; Hanisch, in: International sales of works of art, Vol.  I, S.  157, 173. 71 MüKo-Westermann,

70

B. Das deutsche Recht

tung, der darin liegt, das Kunstwerk zuzuordnen bzw. die immanenten Unsicher­ heiten zu minimieren.76 Die Inanspruchnahme fremden Fachwissens zur Redu­ zierung von Unwägbarkeiten erfolgt gerade mit Blick auf das konkrete Kunstwerk. Angesichts der den Wert steigernden Bedeutung solcher Expertisen in der Kunst­ branche kann die Expertise schwerlich von dem Kunstwerk getrennt werden.77 Die Expertise hat zudem eine Nachweisfunktion. Sie belegt, dass ein Kunst­ experte das Kunstwerk begutachtet hat und zu welcher Einschätzung er gelangt ist.78 In Entsprechung zu kunstwissenschaftlichen Expertisen betreffen auch An­ gaben zur Provenienz die wirtschaftliche Bewertung des Kunstwerks, weil auch die Nennung der Vorbesitzer Hinweise auf den Urheber oder sein Umfeld, den Ort oder die Zeit der Entstehung geben kann.79 Unterhalb der Provenienz ange­ setzt sind einzelne Informationen über die früheren Besitzverhältnisse und die Ausstellungsgeschichte. Es handelt sich dabei um punktuelle Informationen, die Hypothesen unterstützen und gegebenenfalls abrunden können. Bei Zugrunde­ legung eines weiten Beschaffenheitsbegriffs sind auch unzutreffende Informa­ tionen zu diesen Umständen dazu geeignet, Sachmängel zu begründen.80 Eine weitere Kategorie in Betracht kommender Abweichungen betrifft ander­ weitig kundgetane Expertenmeinungen. Im Vordergrund steht hier die Eintra­ gung in ein Werkverzeichnis. Angesichts der hohen wirtschaftlichen, aber auch der kunstwissenschaftlichen Bedeutung besteht auch hier ein Bezug zu dem frag­ lichen Kunstwerk.81 Schwieriger ist die Beurteilung von Meinungsäußerungen von Personen, die aus dem Umfeld des Künstlers stammen. Hier ist die wertbil­ dende Komponente oftmals kaum fassbar: Dass Angehörige, Erben oder ehema­ lige Schüler ein Werk für echt halten, ist letztlich eine subjektive, wirtschaftlich schwer zu bewertende Einschätzung. Im Einzelfall mag dies anders sein, wenn 76 

In diese Richtung: BGH, Urt. v. 28.6.1972 – VIII ZR 60/71, zitiert nach juris, Rn.  6 = NJW 1972, 1658. 77  BGH, Urt. v. 28.6.1972 – VIII ZR 60/71 = NJW 1972, 1658 – Rubens: „Die Tatsache der Begutachtung eines Bildes als eigenhändiges Werk eines Künstlers durch einen Kunstsachver­ ständigen ist eine Eigenschaft des Bildes, weil dieser Umstand es kennzeichnet, aus der Reihe der namenlosen Bilder einer Zeitepoche heraushebt, seinen Wert beeinflusst und daher für den Käufer von Interesse ist.“ Differenzierend zum alten Recht: Flume JZ 1991, 633, 635; ein­ schränkend: Schack, Kunst und Recht, Rn.  384. 78  Zur Nachweisfunktion von Begutachtungen: BGH, Urt. v. 13.3.2013 – VIII ZR 172/12, zitiert nach juris = VersR 2013, 913 – Oldtimerzulassung. 79  A. A. Erman-Grunewald, §  434 Rn.  7. 80  In diese Richtung wohl schon: OLG Düsseldorf, Urt. v. 10.4.1999 – 22 U 229/9 = NJWRR 1993, 1522; zum neuen Schuldrecht: Staudinger-Matusche-Beckmann, §  434 Rn.  237. 81  In dieser Richtung wohl: OLG Karlsruhe, Urt. v. 15.10.2013 – 17 U 8/13, zitiert nach juris, insb. Rn.  34, welches das Fehlen eines Sachmangels in dem konkreten Fall nur mit dem Fehlen einer entsprechenden Vereinbarung hinsichtlich eines Eintrags in ein Werkverzeichnis begründete.

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die Parteien der fraglichen Beurteilung mittels vertraglicher Vereinbarung eine herausragende Bedeutung zugebilligt haben. Das kann beispielsweise in Be­ tracht kommen, wenn dem Künstler zu Lebzeiten nahestehende Personen zu­ gleich zu Experten für sein Werk worden sind. So lag es in einem vom Oberlan­ desgericht Zweibrücken entschiedenen Fall: Der verstorbene Sohn des Künstlers Hans Purrmann82 hatte als anerkannter Experte für die Werke seines Vaters ein Ölgemälde untersucht und eine Einschätzung zur Authentizität geäußert.83 bb) Nach der Übergabe erfolgte Zuschreibungsänderung Problematisch ist, wie Konstellationen zu behandeln sind, in denen nach der Übergabe eine Neubestimmung des vertragsgegenständlichen Kunstwerks er­ folgt ist. (1) Vertretene Lösungsmöglichkeiten Höchstrichterlich oder obergerichtlich ist die Behandlung von Neubestimmun­ gen nach der Übergabe des Kunstwerks noch nicht abschließend geklärt. Das Schrifttum ist uneins. Nach einer Literaturmeinung soll kein Sachmangel vorlie­ gen, sofern die Zuschreibung nachträglich variiert. Dabei soll das allgemeine Urteil der kunstwissenschaftlichen Forschung zum Zeitpunkt des Kaufs des frag­ lichen Kunstwerks entscheidend sein.84 Nach anderer Ansicht ist der Zeitpunkt des Gefahrenübergangs maßgeblich.85 Eine dritte Literaturmeinung vertritt die Auffassung, dass ein Sachmangel auch auf neueren Erkenntnissen beruhen kön­ ne,86 wodurch aus prozessualen Gründen der Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung entscheidend werden dürfte. Zentrales Argument dafür, Neubestimmungen nicht einzubeziehen, ist das Be­ streben nach einer Beschränkung der Haftung des Verkäufers.87 Die Vertreter dieser Auffassung weisen das Risiko nachträglicher Veränderungen der Zuschrei­ bungen der Sphäre des Käufers zu.88 Dieser Begründung wird kritisch entgegen­ 82 

Deutscher Maler, Grafiker, Kunstschriftsteller und Sammler (1880–1966). OLG Zweibrücken, Urt. v. 7.5.1997 – 6 U 8/96 = NJW 1998 1409, 1411. 84  Flume, JZ 1991, 633, 633 f.; zustimmend: Krampe, JuS 2005, 773, 778; in diese Richtung wohl auch Thomsen, S.  78, die – jedenfalls hinsichtlich einer Haftung für Katalogangaben – auf den Stand der kunstwissenschaftlichen Forschung zum Zeitpunkt der Katalogerstellung abstel­ len möchte. 85  Schack, Kunst und Recht, Rn.  382, dort unter Fn.  47; auf den Stand der Technik zum Zeitpunkt des Gefahrenübergangs abstellend: Gerlach, S.  20 f. 86  Großgerge, S.  117 f.; Staudinger-Matusche-Beckmann, §  434 Rn.  237; in diese Richtung auch: Braunfels, S.  49 f. 87  Flume, JZ 1991, 633, 633 f.; zustimmend: Krampe, JuS 2005, 773, 778. 88  Schack, Kunst und Recht, Rn.  382, dort unter Fn.  47. 83 

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gehalten, dass jedenfalls das Abstellen auf den Zeitpunkt des Kaufs die Rechte des Käufers entgegen dem Wortlaut des §  434 Abs.  1 BGB, der auf den Zeitpunkt des Gefahrenübergangs abstellt, verkürze.89 Die Urheberschaft sei kein verän­ derlicher Umstand; spätere Erkenntnisse förderten lediglich schon vorhandene Umstände zutage.90 (2) Auseinandersetzung mit den vertretenen Lösungsmöglichkeiten Das Schrifttum versucht, das Zuschreibungsrisiko nach wertenden, teilweise auch nach systematischen Gesichtspunkten zuzuweisen. Die Vertreter aller An­ sätze bringen in diesem Zusammenhang tragfähige Argumente vor: Dass der Verkäufer auch für spätere Abschreibungen haften soll, scheint auf den ersten Blick einen für ihn kaum kalkulierbaren Risikofaktor darzustellen. Die Vertreter der Gegenauffassung weisen aber zu Recht darauf hin, dass das Risiko nicht an­ ders liegt als beim Kauf anderer Güter und dass die allgemeine Risikoverteilung im Kunsthandel nicht zulasten des Käufers modifiziert werden dürfe.91 Das Zu­ schreibungsrisiko wird für den Verkäufer faktisch noch aus einem anderen Grund begrenzt: Dass der Käufer die Sachmängelgewährleistungsrechte lediglich bin­ nen einer zweijährigen Frist geltend machen kann, verkürzt den Zeitraum, in dem möglicherweise neuere Erkenntnisse auftreten könnten, enorm. Das schützt den Verkäufer.92 Das gilt auch, sofern sich ein Sachmängelgewährleistungspro­ zess über einen längeren Zeitraum hinziehen sollte. Angesichts der zweijährigen Verjährungsfrist wird der Käufer einen Prozess vernünftigerweise nur dann an­ strengen, wenn sich die Hinweise auf eine Fälschung oder Abschreibung zum Zeitpunkt der letzten Möglichkeit für eine verjährungshemmende Klage hin­ reichend verdichtet haben. In Anbetracht der oft hohen Preise für Kunstwerke ist hier auch das Prozess- und Kostenrisiko nicht von untergeordneter Bedeutung. Auch prozessuale Erwägungen sprechen dafür, neuere Erkenntnisse zuzulas­ sen: Statt im Prozess Sachverständigengutachten zur Authentizität eines Kunst­ werks einzuholen, wäre bei Zugrundelegung der Gegenauffassung streng ge­ nommen Beweis darüber zu erheben, ob damalige Gutachten oder Einschätzun­ gen einem damaligen kunsthistorischen Konsens entsprachen. Dies könnte zu praktischen Schwierigkeiten führen. Das vorliegende Entscheidungsmaterial thematisiert mögliche Einschränkungen der Beweismittel – soweit ersichtlich – Großgerge, S.  117. Großgerge, S.  117 f.; Staudinger-Matusche-Beckmann, §  434 Rn.  237; in diese Richtung auch: Braunfels, S.  49 f. 91  Braunfels, S.  50. 92  In dieser Richtung zum alten Recht unter Bezugnahme auf §  477 BGB a. F.: Braunfels, S.  50. 89  90 

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nicht. Dies deutet darauf hin, dass in der gerichtlichen Praxis weder auf den Zeitpunkt des Kaufs noch auf den des Gefahrenüberganges abgestellt wird.93 d) Spekulationsgeschäfte Bei Spekulationsgeschäften ist das Risiko, dass das erworbene Kunstwerk nicht authentisch ist, der Risikosphäre des Käufers zuzuordnen. Im Schrifttum besteht Einigkeit darüber, dass kein Sachmangel vorliegt, sofern das Geschäft spekula­ tiven Charakter hat.94 Für die Beurteilung, ob ein Risikogeschäft vorliegt, ist der Inhalt der Beschaffenheitsvereinbarung der Vertragsparteien entscheidend. Ge­ setzlicher Ausgangspunkt ist §  434 Abs.  1 S.  1 BGB, der auf das Vorhandensein einer Vereinbarung abstellt: Erforderlich ist eine zweiseitige Abrede,95 deren Vorliegen mittels Auslegung bestimmt wird.96 Zur Ermittlung der vertraglichen Risikoverteilung ist neben dem Wortlaut der Erklärungen oder Mitteilungen auch die beiderseitige Interessenlage zu berücksichtigen.97 Anhaltspunkte, die auf eine konkludente Beschaffenheitsvereinbarung der Authentizität hindeuten können – aber nicht müssen – sind insbesondere die Benennung eines bestimmten Künst­ lers, ein am Wert des Kunstwerks orientierter Preis,98 das Vorhandensein einer Expertise,99 das ausdrückliche Hervorheben einer Signatur100 oder die Bezug­ nahme auf ein Werkverzeichnis101. Im Kunsthandel stellt sich die Frage nach der Aussagekraft des Preises in besonderer Weise. Der Preis orientiert sich einerseits an den vermeintlichen Unsicherheiten hinsichtlich der Echtheit; andererseits ist die Preisbildung von denkbar vielen Unwägbarkeiten geprägt,102 wodurch aber im Ergebnis die indikative Bedeutung der Höhe des Kaufpreises wohl nicht 93  Flume weist zu Recht daraufhin, dass der Tatbestand im Leibl/Duveneck-Fall nicht er­ kennen lässt, worauf die Vorinstanz die Annahme, es liege ein Gemälde von Leibl vor, gestützt hat, in: JZ 1991, 633, 634. 94 U.a. Mangold, S.  169; Braunfels, S.  37; Kühn, S.  135 f.; Schack, Kunst und Recht, Rn.  388; Berger, KUR 2003, 137, 138; Heinbuch, NJW 1984, 15, 16. 95  Braunschmidt, S.  74. 96  OLG Köln, Urt. v. 27.3.2012 – 9 U 141/11 = NJW 2012, 2665 – Provenienzangaben im Versteigerungskatalog. 97  LG München I, Urt. v. 22.10.2004 – 6 O 10137/04 = NJW-RR 2005, 643, 644. 98  Goepfert, S.  38; Siehr, in: Kunst im Markt – Kunst im Recht, S.  145, 152. 99  LG Mannheim, Urt. v. 18.12.2012 – 11 O 62/11 = BeckRS 2013, 03920, Ziffer 1 (nachge­ hend: OLG Karlsruhe, Urt. v. 15.10.2013 – 17 U 8/13 = BeckRS 2013, 18096); Garbers-v. Boehm, GRUR-Prax. 2013, 507, 507; Wertenbruch, NJW 2004, 1977, 1978; Berger, KUR 2003, 137, 137. 100  OLG München, Urt. v. 20.6.2012 – 3 U 85/11 = BeckRS 2012, 14563, Ziffer 1; ­Mangold, S.  163; Goepfert, S.  38 f.; Berger, KUR 2003, 137, 138; weiter: Heinbuch, NJW 1984, 15, 16, der das Vorhandensein einer Signatur für ausreichend hält. 101  Garbers-v. Boehm, GRUR-Prax. 2013, 507, 507; Jacobs, GRUR 2013, 8, 11. 102  BGH, Urt. v. 13.2.1980 – VIII ZR 26/79, zitiert nach juris, Rn.  23 = BGH NJW 1980, 1619.

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(vollständig) verdrängt werden kann103. Auch die Aussagekraft der anderen An­ haltspunkte ist kritisch zu würdigen: So entschied beispielsweise das Landge­ richt München I im Jahr 2004, dass einem Käufer keine Sachmängelgewähr­ leistungsrechte zustünden, sofern die Annahme der Urheberschaft aus einer Ex­ pertise folge, in der der Experte seine Einschätzung unter den Vorbehalt meiner Meinung nach stellt: Diese Formulierung sei für einen „objektiven und vernünf­ tigen Empfänger“ als die Äußerung einer „begründete[n] Meinung“ des Exper­ ten zu verstehen, die verbleibende Restzweifel erkennen lasse.104 Zudem könnten bei der Beurteilung der Risikoverteilung auch wertende Ge­ sichtspunkte zu berücksichtigen sein. In der spiegelbildlichen Konstellation, in der es um die Frage der Zulässigkeit der Anfechtung des Verkäufers geht, wird argumentiert, das Anfechtungsrecht des Verkäufers könnte auszuschließen sein, wenn der Käufer aufgrund eines Wissensvorsprungs eine Sache erwarb, die wert­ erhöhende, dem Verkäufer nicht bekannte Eigenschaften aufweist.105 Dies führt umgekehrt zu der Frage, welche Informationen der Käufer einholen muss, um sich nicht dem Einwand des Spekulationsgeschäfts auszusetzen. Ein denkbarer Ansatz wären vorvertragliche Untersuchungspflichten. Gegen diesen Ansatz spricht jedoch die gesetzliche Systematik der Untersuchungspflichten: Aus­ drücklich geregelt sind diese insbesondere in §  377 HGB. Im Unterschied zu den im Kunsthandel üblichen Fällen geht es in den dortigen Konstellationen aller­ dings um eine Untersuchungspflicht nach Übergabe der Kaufsache. Im Kunst­ handel ist der Käufer vor dem Hintergrund der zweijährigen Verjährungsfrist ohnehin gehalten, das Kunstwerk nach der Übergabe zu untersuchen. Zudem dient die Vorschrift in §  377 HGB dazu, den Besonderheiten des kaufmännischen Verkehrs Rechnung zu tragen und möglichst schnell Rechtssicherheit zu gewähr­ leisten. Weiter könnten informationsökonomische Aspekte zu berücksichtigen sein: Ausgehend von der Annahme, dass angesichts der mit dem Vertragssschluss und der Durchführung des Vertrags verbundenen Kosten – einschließlich der mit der Informationsbeschaffung verbundenen Kosten – im modernen Rechtsver­ kehr nur ein „zufriedenstellendes, nicht aber ein maximales Wissensniveau“106 zu erzielen sei,107 könnte es zudem vorzugswürdig erscheinen, dem Käufer im Vorfeld des Vertragsschlusses nicht zu umfassende Anstrengungen aufzuerlegen. So im Ergebnis: Mangold, S.  163; Siehr, in: Kunst im Markt – Kunst im Recht, S.  145, 152; differenzierend und für eine Begrenzung des indikativen Charakters des Preises als An­ haltspunkt für eine fehlende Beschaffenheitsvereinbarung: Schack, Kunst und Recht, Rn.  386. Zum letztgenannten Aspekt: OLG Stuttgart, Urt. v. 4.3.1904 – Urt. I. = DJZ 1904, 512. 104  LG München I, Urt. v. 22.1.2004 – 6 O 10137/04 = NJW-RR 2005, 643, 644. 105  Siehe dazu B.II.2.c) und E.II.1.a)dd). 106  Raue, KUR 2016, 173, 175. 107  Raue, KUR 2016, 173, 175 ff. 103 

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Für einen nicht allzu strengen Maßstab könnten auch die Abläufe im institutiona­ lisierten Kunsthandel sprechen. In der Regel hat der Verkäufer bzw. der von ihm eingeschaltete Vermittler aufgrund der Nähe zu den Kunstwerken leichter die Möglichkeit, diese zu untersuchen oder Untersuchungen vornehmen zu lassen. e) Die Behandlung von Informationen in Versteigerungskatalogen Im Auktionshandel tritt zu den allgemeinen Auslegungsfragen ein weiterer Pro­ blemkomplex hinzu, der im übrigen gewerblichen Kunsthandel, abhängig von der Ausrichtung der beteiligten Kunsthandlungen, im Einzelfall in abgeschwäch­ ter Weise ebenfalls auftreten kann: die Thematik der rechtlichen Bedeutung von Informationen in Auktionskatalogen oder anderen Werbematerialien. Diese The­ matik wird überlagert von einseitig vorgegebenen, geschäftsbedingungsmäßigen sog. Sollbeschaffenheitsklauseln vieler Auktionshäuser.108 aa) Allgemeine Regelungen für das Zustandekommen von Vereinbarungen Die allgemeinen Regelungen für das Zustandekommen von Verträgen sind auf die Gegebenheiten im Kunsthandel anzuwenden. Daher stellt das Versenden des Katalogs selbst noch kein Angebot im Sinne von §§  145 ff. BGB dar, sondern ist als invitatio ad offerendum anzusehen.109 Der Kaufvertrag zwischen dem Erstei­ gerer und dem Auktionshaus kommt erst mit dem auf das Gebot erfolgten Zu­ schlag zustande, §  156 S.  1 BGB.110 Dadurch können die Katalogangaben nur einbezogen werden, sofern hinreichend erkennbar ist, dass die Parteien auch ih­ ren Inhalt zum Gegenstand des Kaufvertrags machen wollten. Die Angaben im Katalog zu einem Kunstwerk können daher konkludente Beschaffenheitsverein­ barungen begründen. In weiterer Anwendung allgemeiner Grundsätze ist dies ebenfalls anhand einer Auslegung zu ermitteln.111 In diesem Kontext sind Be­ schaffenheitsvereinbarungen von Garantien und bloßen Wissensmitteilungen abzugrenzen.112 Dass die Schuldrechtsmodernisierungsreform die Struktur der 108  Der

Inhalt solcher Klauseln ist regelmäßig zweierlei: Das Auktionshaus weist darauf hin, dass die Katalogangaben „nach bestem Wissen und Gewissen“ erstellt worden seien. Dar­ über hinaus findet sich häufig eine Formulierung, nach der die Katalogangaben ausdrücklich keine vereinbarte Beschaffenheit darstellen sollen. Das ergibt sich beispielsweise aus den All­ gemeinen Geschäftsbedingungen, die der Entscheidung BGH, Urt. v. 9.10.2013 – VIII ZR 224/12, zitiert nach juris, Rn.  2 = NJW 2013, 3560 zugrunde lagen. Ausführlich zu den in der Praxis verwendeten Klauseln mit Formulierungsbeispielen: Braunschmidt, S.  128 f. 109  Hanisch, in: International sales of works of art, Vol.  I, S.  157, 162; Mangold, S.  55. 110  Mangold, S.  55. 111  Wrede, S.  217 ff.; Heyers, GRUR 2012, 1206, 1207; Braunschmidt, NJW 2013, 734, 735. 112  Braunschmidt, NJW 2013, 734, 735; Schapiro, JZ 2013, 549, 551 ff.

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Sachmängelgewährleistung verändert hat, stellt die bisherige Annahme, Katalog­ angaben könnten keine Sachmängelhaftung des Verkäufers begründen,113 in Frage. bb) Erste Meinung: Informationen im Versteigerungskatalog begründen keine Beschaffenheitsvereinbarung Nach einer Meinung ist – auch nach der Schuldrechtsmodernisierungsreform – bei der Prüfung, ob die Angaben im Katalog rechtsverbindliche Vereinbarungen der Parteien begründen, ein strenger Maßstab anzulegen.114 Eine Beschaffen­ heitsvereinbarung könne nur angenommen werden, wenn aus den vorliegenden Erklärungen aus Empfängersicht auf einen besonderen Einstandswillen des Ver­ äußerers geschlossen werden könne.115 Aufgrund des beschreibenden Charakters der Katalogangaben116 soll es nach dieser Auffassung an einem für den Erwerber erkennbaren Haftungswillen des Auktionshauses fehlen.117 cc) Zweite Meinung: Informationen im Versteigerungskatalog sind relevant für die Bestimmung der vereinbarten Beschaffenheit Teile des rechtswissenschaftlichen Schrifttums und der Instanzrechtsprechung deuten an, dass sie den Katalogbeschreibungen durchaus rechtliche Bedeutung beimessen.118 Ausgangspunkt der Überlegungen ist, dass die Kataloge Infor­ mationen über den Kaufgegenstand enthalten. Insbesondere die Betextung der Kunstwerke diene dem Käufer als wesentliche Informationsquelle und könne ihn dazu veranlassen, ein Gebot abzugeben.119 Ein besonderer Einstandswille des 113  BGH, Urt. v. 15.1.1975 – VIII ZR 80/73 = BGHZ 63, 369 – Jawlensky; BGH, Urt. v. 13.2.1980 = BGH NJW 1980, 1619. 114  OLG Köln, Urt. v. 27.3.2012 – I-9 U 141/11, 9 U 141/11, zitiert nach juris, Rn.  46 = NJW 2012, 2665; Heyers, KUR 2012, 1206, 1207 f.; Jacobs, GRUR 2013, 8, 11; Ebling/Schulze-­ Schulze, S.  242; Jayme, in: Kunsthandel – Kunstvertrieb, S.  37, 44. 115  OLG Köln, Urt. v. 27.3.2012 – I-9 U 141/11, 9 U 141/11, zitiert nach juris, Rn.  46 = NJW 2012, 2665; Heyers, KUR 2012, 1206, 1207 f.; Jacobs, GRUR 2013, 8, 11. 116  Ebling/Schulze-Schulze, S.  242. 117  Heyers, KUR 2012, 1206, 1207 f. 118  In Bezug auf die Verbindlichkeit von Katalogangaben im Sinne einer vertraglichen Ver­ einbarung hat der Bundesgerichtshof sich noch nicht klar positioniert: BGH, Urt. v. 9.10.2013 – VIII ZR 224/12, zitiert nach juris, Rn.  14 = NJW 2013, 3560 (von der Vorinstanz offengelas­ sen: OLG München: Urt. v. 26.6.2012 – 5 U 2038/11 = BeckRS 2012, 15315); bejahend aber: LG Saarbrücken, Urt. v. 14.9.2012 – 13 S 5/12 = BeckRS 2012, 21093, unter II. a) aa); zu den Unterschieden zwischen einer Beschaffenheitsvereinbarung und einer Zusicherung auch: OLG München, Urt. v. 20.6.2012 – 3 U 85/11 = BeckRS 2012, 14563, Ziffer 2; Braunschmidt, NJW 2013, 734, 735; Schapiro, JZ 2013, 549, 551 ff.; Beckmann, KUR 2013, 57, 59 f.; Berger, KUR 2003, 137, 137 f. 119  Beckmann, KUR 2013, 57, 59 f.

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Auktionshauses sei angesichts der Unterschiede zwischen Beschaffenheitsver­ einbarungen und Garantien nicht (mehr) erforderlich.120 Eine Vereinbarung der Beschaffenheit sei nicht mit der Zusicherung einer Eigenschaft, wie sie das alte Schuldrecht kannte, gleichzusetzen. Das Äquivalent zu Letzterer sei nach gelten­ dem Recht die Garantie,121 zu der die Beschaffenheitsvereinbarung in einem ab­ gestuften Verhältnis stehe.122 dd) Höchstrichterliche Rechtsprechung im Buddha aus Sui-Dynastie-Fall: Informationen im Versteigerungskatalog sind im Rahmen von §  434 Abs.  1 Nr.  2, S.  3 BGB relevant Den dargestellten Streit nicht entscheidend, misst die neuere höchst- und oberge­ richtliche Rechtsprechung den Informationen in Auktionskatalogen im Rahmen der Vorschriften in §  434 Abs.  1 Nr.  2, S.  3 BGB eine objektive Bedeutung bei. So können die Angaben zur Bestimmung der Verkehrsanschauung unter objekti­ ven Gesichtspunkten herangezogen werden.123 ee) Auseinandersetzung mit den beschriebenen Ansichten Die Rechtsqualität von Informationen über Kunstwerke in Versteigerungskatalo­ gen ist umstritten, ohne dass eine eindeutige Tendenz erkennbar ist. Der Beibe­ haltung des bisherigen, im Vergleich zu neueren Tendenzen strengeren Maßstabs werden von den Gegnern dieser Ansicht zwei wesentliche Argumente entgegen­ gehalten: die veränderte Struktur des neuen Schuldrechts und die über eine Be­ schreibung hinausgehende Bedeutung der Katalogangaben. Der Kritik ist zuzu­ geben, dass die veränderte Systematik des Sachmängelgewährleistungsrechts die Beurteilung der Katalogangaben in einen veränderten rechtlichen Kontext stellt. Damit gelten die allgemeinen Grundsätze zur Ermittlung des Inhaltes einer Be­ schaffenheitsvereinbarung. Nach neuerer Rechtsprechung ist im Einzelfall eine Würdigung der konkreten Anhaltspunkte vorzunehmen.124 Der Inhalt muss nicht in die Vertragsurkunde aufgenommen worden sein.125 Zu berücksichtigen sind auch die Wertungen allgemeiner Geschäftsbedingungen.126 Diese allgemeinen Schapiro, JZ 2013, 549, 552. Schapiro, JZ 2013, 549, 551. 122  Braunschmidt, NJW 2013, 734, 734. 123  BGH, Urt. v. 9.10.2013 – VIII ZR 224/12, zitiert nach juris, Rn.  8 = NJW 2013, 3560; Vorinstanz: OLG München, Urt. v. 26.6.2012 – 5 U 2038/11, zitiert nach BeckRS 2012, 15315, Ziffer 2.3. 124  BGH, Urt. v. 28.3.2012 – VIII ZR 244/10 = NJW 2012, 2723, 2724. 125 BeckOK-BGB-Faust, §  434 Rn.  40 (Stand: 1.8.2014). 126  BGH, Urt. v. 28.3.2012 – VIII ZR 244/10 = NJW 2012, 2723, 2724. 120  121 

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Grundsätze deuten eher in die Richtung, die strengen Maßstäbe, die für eine Zusicherung nach altem Recht galten, nicht mehr anzuwenden. Ob bzw. inwie­ weit der zweite Kritikpunkt verfangen kann, hängt von der Funktionsbestim­ mung der Informationen im Versteigerungskatalog ab. Neben der reinen Be­ schreibung des Bildes127 erweitert der Grad der Detailliertheit der Beschreibung des Kunstwerks den Interessentenkreis und hat Einfluss auf den zu erzielenden Preis.128 Die Informationen im Versteigerungskatalog dienen daher dazu, den Verkauf zu fördern.129 Von dem Verkaufserlös hängt letztlich auch die Höhe der Provision des Auktionshauses ab.130 Diese – für den Bieter erkennbaren – Interessen des Auktionshauses deuten darauf hin, dass Informationen im Katalog nicht nur als Wissensweitergabe zu werten sind. Die Gepflogenheiten bei Auktionen lassen es zudem strukturell kaum zu, auf anderem Wege als über die Informationen im Versteigerungskatalog Vereinbarungen hinsichtlich der zu versteigernden Kunst­ werke zu begründen. Die Authentizität der angebotenen Kunstwerke ist zudem für die Reputation und Marktstellung des Auktionshauses bedeutsam. In der ­Praxis ist die Betextung der Kunstwerke eine wesentliche Aufgabe der Mitar­ beiter des Auktionshauses bei der Vorbereitung der Auktion. Auktionshäuser be­ schränken ihre Tätigkeit bei der Erstellung der Katalogbeschreibungen in der Praxis nicht auf eine Weitergabe der vom Einlieferer übermittelten Informatio­ nen131 und bringen in den Formulierungen ihrer Allgemeinen Geschäftsbedin­ gungen oftmals gerade nicht zum Ausdruck, dass lediglich fremdes Wissen wei­ tergegeben werde.132 Die Allgemeinen Verkaufsbedingungen der Auktionshäuser bieten oftmals ebenfalls einen Anhalt für die Annahme einer Beschaffenheits­ vereinbarung. Sofern die Allgemeinen Verkaufsbedingungen eine Rücknahme­ verpflichtung für Fälschungen vorsehen, trägt das Auktionshaus das Fälschungs­ risiko. Das erfordert implizit eine Beschaffenheitsvereinbarung. Die Auktions­ häuser übernehmen das Fälschungsrisiko in solchen Konstellationen sogar für einen Zeitraum, der mit fünf Jahren deutlich länger ist als die Frist für die Aus­ übung der Sachmängelrechte. BGH, Urt. v. 15.1.1975 – VIII ZR 80/73, zitiert nach juris, Rn.  9 – Jawlensky = BGHZ 63, 369; BGH, Urt. v. 13.2.1980 – VIII ZR 26/79, zitiert nach juris, Rn.  21 = NJW 1980, 1619 – Bodensee-Auktion. 128  Kemle, in: FS Siehr, S.  393, 394 mit Beispielen für verschiedentlich detaillierte Be­ schreibungen; Schapiro, JZ 2013, 549, 551 f. 129  Bandle, International Journal of Cultural Property 2015, 379, 383. 130  Schulze/Ebling-Schulze, Teil 4 A Rn.  20; Schapiro, JZ 2013, 549, 554. 131  Schulze/Ebling-Schulze, Teil 4 A Rn.  20; Schapiro, JZ 2013, 549, 554. 132  Schapiro, JZ 2013, 549, 554, weist in diesem Zusammenhang auf die gängigen ein­ schränkenden Formulierungen „laut“, „nach Angaben von“ und „soweit der Verkäufer Kennt­ nis hat“ hin. 127 

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Der Verbindlichkeit von Informationen im Versteigerungskatalog stehen auch die haftungsbeschränkenden Klauseln der Auktionshäuser nicht entgegen. So­ weit die Allgemeinen Verkaufsbedingungen die Formulierungen wie „Eigen­ schaftszusicherung“ oder „Garantie“ verwenden, schließen sie eine Beschaffen­ heitsvereinbarung schon dem Wortlaut nach nicht aus. Im Übrigen überlagern die konkreten Informationen im Einzelfall die geschäftsmäßigen Bestimmungen, deren Wirksamkeit unter geschäftsbedingungsrechtlichen Gesichtspunkten133, insbesondere §  305c Abs.  1 BGB, ohnehin zweifelhaft erscheinen mag.134 Dass der Bundesgerichtshof die Streitfrage der Wirksamkeit eines vollständigen Haf­ tungsausschlusses in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen in der Buddha aus Sui-Dynastie-Entscheidung offengelassen hat, ist im Schrifttum auf Kritik gesto­ ßen. Dogmatisch sei angesichts der gesetzgeberischen Entscheidung die Vor­ schrift in §  434 Abs.  1 Satz  1 BGB als Kodifizierung des subjektiven Fehler­ begriffs gegenüber der vom Bundesgerichtshof gewählten Lösung des Abstellens auf objektive Kriterien vorrangig135 und das Offenlassen der dargestellten Streit­ frage aus der Sicht der Praxis unerfreulich.136

3. Die Reichweite der Sperrwirkung: Ausschluss der Irrtumsanfechtung Zu untersuchen ist, ob nach geltendem Recht trotz der Sperrwirkung der Sach­ mängelgewährleistung im Kunsthandel ein Anwendungsbereich für die Irrtums­ anfechtung verbleibt. Dazu sind zunächst die Grundlagen der Sperrwirkung der Sachmängelgewährleistung nach geltendem Recht zu betrachten (dazu unter a)). Nach der Rechtsprechung und der ganz überwiegenden Literaturmeinung gilt die Sperrwirkung der Sachmängelgewährleistung zudem nur für den Anfechtungs­ grund des §  119 Abs.  2 BGB.137 Entscheidend für die Auswirkungen der Sperr­ wirkung der Sachmängelgewährleistung ist daher, inwieweit im Kunsthandel der Anwendungsbereich des Eigenschaftsirrtums eröffnet ist (dazu unter b)). Die Sperrwirkung der Sachmängelgewährleistung kommt auch dann nicht zur An­ 133  Auch die Frage der Wirksamkeit der Klauseln vor dem Hintergrund von §  305 ff. BGB ist noch nicht abschließend geklärt. In neueren Monografien zeichnet sich eine Tendenz ab, die Wirksamkeit einzuschränken bzw. von weiteren Voraussetzungen abhängig zu machen. 134  Braunschmidt, NJW 2013, 734, 735 f.; insoweit einen Verstoß gegen §  305c BGB für einen Mangel nach §  434 Abs.  1 S.  3 BGB bejahend: BGH, Urt. v. 9.10.2013 – VIII ZR 224/12, zitiert nach juris, Rn.  14 = NJW 2013, 3560. 135  Raue/Hollenders, GRUR 2014, 98, 99. 136  Raue/Hollenders, GRUR 2014, 98, 99. 137  Nach a. A. soll die Sperrwirkung nach der Schuldrechtsmodernisierungsreform auch für die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung gelten: Jacobs, GRUR 2013, 8, 12 f.; die Anfech­ tung zulassend aber: LG Köln, Urt. v. 28.9.2012 – 2 O 457/08 (nicht rechtskräftig) = GRUR-RR 2012, 444.

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wendung, wenn der Tatbestand der verkehrswesentlichen Eigenschaft nicht voll­ ständig in der Definition des Sachmangels aufgeht (dazu unter c)). Die beiden letzten Punkte betreffen historisch entstandene, dogmatische Streitfragen, denen im Folgenden angesichts des gewählten Untersuchungsgegenstands nur in dem für den Kunsthandel relevanten Maße nachgegangen werden kann. a) Das Bestehen einer Sperrwirkung nach geltendem Recht Der Bundesgerichtshof hat sich zur Sperrwirkung der Sachmängelgewährleis­ tung im Kunsthandel nach der Schuldrechtsmodernisierungsreform noch nicht abschließend positioniert. Es gibt aber zwei Entscheidungen, die zur Ableitung einer Tendenz im Folgenden ausgewertet werden. aa) Buddha aus Sui-Dynastie-Fall138 Das Urteil des Bundesgerichtshofs im Buddha aus Sui-Dynastie-Fall aus dem Jahr 2013 ist die erste höchstrichterliche Entscheidung über einen vermeint­ lichen Fälschungsfall im Kunsthandel nach der Schuldrechtsmodernisierungs­ reform. Der Entscheidung lag zusammengefasst folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger hatte auf einer Auktion des beklagten Auktionshauses eine Buddha­Skulptur erworben, die im Katalog wie folgt beschrieben war: „Sitzender Buddha, Dhyan Asana, Hände fehlen. Marmor mit Wurzelspuren. China, Sui-Dy­ nastie139, 581–618, H 40 cm. Es handelt sich wahrscheinlich um den historischen Buddha Sakyamuni. Der regelmäßige Verlauf der ziemlich flachen Falten und das enge Anliegen des Gewandes am Körper entsprechen noch dem nördlichen Ch´i-Stil. Museal! 3.800,00 €.“

Nach dem Ergebnis einer von ihm vorprozessual beauftragten Begutachtung durch einen Experten, die aus einer elektronenmikroskopischen und thermoana­ lytischen Materialuntersuchung bestand, bezweifelte der Kläger die Authentizi­ tät der Skulptur. Im Prozess begehrte er die Rückzahlung des Kaufpreises sowie die Erstattung der Gutachterkosten. Die Versteigerungsbedingungen der Beklag­ ten sahen einen umfassenden Gewährleistungsausschluss vor. Das Oberlandes­ gericht München gab der Klage als Berufungsinstanz statt. Nach den Feststellun­ gen, die auf dem vorprozessualen, vom Kläger beauftragten Gutachten und ei­ nem gerichtlichen eingeholten, mittels eines stilistischen Vergleichs erstellten Sachverständigengutachten beruhten, liege eine Fälschung vor.140 Dies begründe 138  BGH, Urt. v. 9.10.2013 – VIII ZR 224/12, zitiert nach juris = NJW 2013, 3560; Vor­ instanz: OLG München, Urt. v. 26.6.2012 – 5 U 2038/11. 139  Chinesische Dynastie (581–618). 140  Vorinstanz: OLG München, Urt. v. 26.6.2012 – 5 U 2038/11, zitiert nach BeckRS 2012, 15315, Ziffer 2.1.

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nach objektiven Maßstäben einen Sachmangel.141 Der Rückforderung stünden die Versteigerungsbedingungen nicht entgegen, da diese nach §  305c BGB und §  307 Abs.  1 BGB unwirksam seien.142 Dem folgte der Bundesgerichtshof nicht vollumfänglich. Eine Fälschung unterstellend liege angesichts der Beschreibung der Skulptur im Katalog ein Sachmangel nach §  434 Abs.  1 S.  3 BGB vor, weil der Skulptur die „Eignung als Sammlerstück und Wertanlage fehle“; diese Eig­ nung werde durch die Beschreibung „museal“ und die „Höhe des Ausrufpreises“ gesteigert.143 Dass die Versteigerungsbedingungen die Haftung des Auktions­ hauses auch für Körper- und Gesundheitsschäden ausschließe, führe zur Unwirk­ samkeit dieser Bestimmung nach §  309 Nr.  7a BGB.144 Die Feststellung, dass eine neuzeitliche Fälschung vorliege, sei jedoch verfahrensfehlerhaft zustande gekommen, weil das Berufungsgericht die Aussagen des sachverständigen Zeu­ gen, der die Materialuntersuchungen durchgeführt hatte, nicht hinreichend über­ prüft habe.145 Der Bundesgerichtshof verwies den Fall ohne Entscheidung in der Sache an die Tatsacheninstanz zurück. bb) BGH, Beschl. v. 18.10.2007 – V ZB 44/07 146 Im Jahr 2007 entschied der Bundesgerichtshof über eine Rechtsbeschwerde, die auf den ersten Blick von Kunstrechtsstreitigkeiten wegführt, bei näherer Be­ trachtung jedoch ein auch für den Kunsthandel relevantes Problem betrifft. Ein Beteiligter hatte im Rahmen einer Zwangsversteigerung als Meistbietender den Zuschlag erhalten und dadurch ein Grundstück erworben. Im Nachgang erklärte er die Anfechtung seines Gebots wegen eines Eigenschaftsirrtums mit der Be­ gründung, die Wohnfläche des sich auf dem ersteigerten Grundstück befindenden Gebäudes sei lediglich halb so groß wie in der öffentlichen Bekanntmachung des Versteigerungstermins angegeben. Der Bundesgerichtshof wies das Rechtsmittel des Beteiligten zurück. Dass nach §  56 S.  3 ZVG Rechte wegen Sachmängeln ausgeschlossen seien, führe zugleich zur Unzulässigkeit der Anfechtung wegen eines Eigenschaftsirrtums. Die Wertung des gesetzlichen Gewährleistungsaus­ schlusses dürfe nicht unterlaufen werden. Dies aber drohe in dem vorliegenden Fall, da Flächenabweichungen zugleich einen Sachmangel begründeten.147 141  Vorinstanz: OLG München, Urt. v. 26.6.2012 – 5 U 2038/11, zitiert nach BeckRS 2012, 15315, Ziffer 2.2. 142  Vorinstanz: OLG München, Urt. v. 26.6.2012 – 5 U 2038/11, zitiert nach BeckRS 2012, 15315, Ziffer 2.3. 143  BGH, Urt. v. 9.10.2013 – VIII ZR 224/12, zitiert nach juris, Rn.  8 = NJW 2013, 3560. 144  BGH, Urt. v. 9.10.2013 – VIII ZR 224/12, zitiert nach juris, Rn.  16 f. NJW 2013, 3560. 145  BGH, Urt. v. 9.10.2013 – VIII ZR 224/12, zitiert nach juris, Rn.  19 ff. = NJW 2013, 3560. 146  NJW-RR 2008, 222. 147  BGH, Beschl. v. 18.10.2007 – V ZB 44/07 = NJW-RR 2008, 222, 223.

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cc) Analyse der Grundzüge der Rechtsprechung Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2007 legt die Schluss­ folgerung nahe, dass der Grundsatz der Sperrwirkung der Sachmangelgewähr­ leistung nach höchstrichterlicher Auffassung auch nach der Schuldrechtsmoder­ nisierungsreform fortgelten soll. Der Bundesgerichtshof betont, dass neben ei­ nem Eigenschafts­irrtum zugleich ein Sachmangel vorliege. Da die Gründe keine Daten erhalten und die Sachmängelgewährleistungsrechte aufgrund der gesetz­ lichen Bestimmung in §  56 ZVG ausgeschlossen waren, ist dieser Schluss aber nicht zwingend. Die zweite Entscheidung befasst sich nicht ausdrücklich mit dem Konflikt zwischen der Sachmängelgewährleistung und dem Irrtumsrecht. Sie lässt jedoch die Tendenz erkennen, dass der Bundesgerichtshof geneigt ist, dem Käufer bei Auktionen nach der Schuldrechtsmodernisierungsreform kauf­ rechtlichen Schutz in Bezug auf die Informationen, die in Versteigerungskatalo­ gen publiziert werden, zu gewähren.148 Das Urteil ist dadurch mittelbar ein Indiz dafür, dass der Bundes­gerichtshof die Lösung zur Behandlung von fehlerhaften Zuordnungen weiterhin im Kaufrecht sieht, auch wenn der Käufer in diesem Fall die Anfechtung wegen eines Eigenschaftsirrtums gar nicht erklärt hatte.149 dd) Das Meinungsbild im Schrifttum Das Schrifttum hat sich der Haltung der Rechtsprechung in der Vergangenheit ganz überwiegend angeschlossen und eine Sperrwirkung der Sachmängelge­ währleistung befürwortet.150 Die Sperrwirkung der Sachmängelgewährleistung soll dem Schrifttum nach auch nach der Schuldrechtsmodernisierungsreform grundsätzlich fortgelten.151 Es gibt jedoch insbesondere für den Bereich des 148 

Die Auswirkungen dieser Entscheidung auf das Käuferschutzniveau werden im Schrift­ tum unterschiedlich bewertet. Für eine käuferstärkende Tendenz: Garbers-v. Boehm, GRURPrax. 2013, 507, 507 ff.; zurückhaltender bzw. kritisch: Raue/Hollenders, GRUR 2014, 98, 100; Elmenhorst, ZUM 2014, 34, 35; Beckmann, jM 2014, 330, 330 ff. 149  Der Tatbestand der Buddha aus Sui-Dynastie-Entscheidung zeigt zugleich die aus der Rechtsprechung des Reichsgerichts im Ruisdael-Fall folgenden Absicherungsmaßnahmen auf Seiten des Käufers. Die vermeintliche Fälschung war nur deshalb innerhalb der zweijährigen Verjährungsfrist erkannt worden, weil der Käufer auf eigenes Kostenrisiko nach dem Kauf eine Untersuchung veranlasst hatte. 150  Zur Begründung der Sperrwirkung vor der Schuldrechtsmodernisierungsreform: P. ­Huber, S.  52 ff. m. w. N. 151  U.a. Palandt-Weidenkaff, §  437 Rn.  53; Palandt-Ellenberger, §  119 Rn.  28; Jauernig-­Berger, §  437 Rn.  32; BeckOK-Faust, §  437 Rn.  177 (Stand: 1.8.2014); MüKo-Westermann, §  437 Rn.  53 f.; Staudinger-Beckmann, Vor zu §  433 ff. Rn.  31; §  437 Rn.  24 ff.; Staudinger-­MatuscheBeckmann, §  437 Rn.  24 ff.; Erman-Grunewald, Vor §  437 Rn.  23; Schack, Kunst und Recht, Rn.  414; Oetker/Maultzsch, §  2 Rn.  317 f.; Wertenbruch, NJW 2004, 1977, 1979; Köster, Jura 2005, 145, 146 f.; Jacobs, GRUR 2013, 8, 12 f.; wohl auch: Mangold, S.  23.

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Kunsthandels Kritik an der Sperrwirkung der Sachmängelgewährleistung.152 Die Befürworter des Fortbestands der Sperrwirkung haben zwei wesentliche Argu­ mente. Ein Argument ist formell geprägt und wertet das Sachmängelgewährleis­ tungsrecht als Sonderrecht,153 welches als solches in seinem Anwendungsbereich gegenüber dem allgemeinen Rechtsbehelf der Irrtumsanfechtung vorrangig sei (Sonderrechtsargument).154 Der zweite Argumentationsansatz stellt auf den Sinn und Zweck der Gewährleistungsvorschriften ab. Der Ausschluss der Irrtums­ anfechtung sei notwendig, um eine Umgehung der Beschränkungen des Sach­ mängelgewährleistungsrechts zu verhindern. Die zu wahrenden Beschränkungen sind insbesondere die kaufrechtsspezifische, im Vergleich zu den allgemeinen Bestimmungen kürzere Verjährungsfrist sowie der gesetzliche Ausschluss der Sachmängelgewährleistungsrechte bei grob fahrlässiger Unkenntnis des Mangels durch den Käufer im Sinne der Bestimmungen von §  442 Abs.  1 Satz  2 BGB.155 Letztlich werde so auch das Recht des Verkäufers zur zweiten Andienung abge­ sichert (Umgehungsargument).156 Die Überzeugungskraft beider Argumente wird von den Kritikern der Sperr­ wirkung der Sachmängelgewährleistung bezweifelt. Dem Sonderrechtsargument wird der unterschiedliche Regelungsgehalt der Sachmängelgewährleistung und des Irrtumsrechts entgegengehalten.157 Gegenüber dem Umgehungsargument wird die Erwägung betont, dass bei Stückschulden, gerade bei Kunstwerken, oft­ mals kein Nacherfüllungsanspruch bestehe, der unterlaufen werden könne.158 Zudem habe der Gesetzgeber nicht nur die Verjährungsfristen angeglichen,159 sondern zugleich die kaufrechtlichen Verjährungsfristen mit einer Mindestver­ jährungsfrist von zwei Jahren ab der Übergabe der Kaufsache so sehr verlängert, dass nicht mehr von einer kurzen Verjährungsfrist gesprochen werde könne. Hierdurch sei die Prämisse der raschen Klärung der Rechtslage einer Kompro­ misslösung zum Ausgleich der Interessen der Beteiligten gewichen.160 Noch zur alten Rechtslage: Wasmuth, in: FS Piper, S.  1083, 1083 ff.; Siehr, in: FS Hanisch, S.  247, 253 ff.; Kühn, insb. S.  128; Schröder, in: FS Kegel, S.  397, 413; zum heutigen Recht kri­ tisch: Wrede, S.  119 ff.; Reischl, JuS 2003, 1076, 1078 f.; Schur, AcP 204 (2004), 882, insb. 887 ff.; Krampe, JuS 2005, 773, insb. S.  778; Siehr, KUR 2015, 24, 34; ders., in: Reichelt, S.  36, 57. 153 Palandt-Weidenkaff, §  437 Rn.  48 u. 53; in diese Richtung auch: Staudinger-Matusche-­ Beckmann, Vor zu §  433 ff. Rn.  19; Staudinger-Matusche-Beckmann, §  437 Rn.  16. 154 Palandt-Weidenkaff, §  437 Rn.  48; Staudinger-Matusche-Beckmann, §  437 Rn.  24. 155 MüKo-Westermann, §  437 Rn.  53; Oetker/Maultzsch, §  2 Rn.  317. 156 MüKo-Westermann, §  437 Rn.  53; in diese Richtung auch: BeckOK-BGB-Faust, §  437 Rn.  177. 157  Schur, AcP 204 (2004), 882, 894 ff. 158  Schur, AcP 204 (2004), 882, 903 ff. 159  Schur, AcP 204 (2004), 882, 899 f.; in diese Richtung auch: Wrede, S.  119. 160  Schur, AcP 204 (2004), 882, 899 f. 152 

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ee) Gesetzesbegründung Der Gesetzgeber stellt in der Gesetzesbegründung zur Modernisierung des Schuld­rechts klar, dass die von der Rechtsprechung entwickelte Sperrwirkung der Sachmangelgewährleistung auch nach der reformierten Gesetzeslage fortgel­ ten soll, und nimmt dabei auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 14. Dezem­ ber 1960161 Bezug. Diese Aussage bekräftigte der Gesetzgeber später in der Ge­ setzesbegründung zur Modernisierung des UWG.162 ff) Auseinandersetzung mit den Befunden Die Herleitung und die Ausgestaltung der Sperrwirkung der Sachmängelgewähr­ leistung bleiben auch nach der Schuldrechtsmodernisierungsreform schwierig. Der Bundesgerichtshof hat sich hierzu noch nicht abschließend positioniert. Die Argumente des Schrifttums begründen nicht zwingend einen unveränderten Fortbestand der Sperrwirkung der Sachmängelgewährleistung. Es besteht Einig­ keit darüber, dass das Kaufrecht mit der Reform in das allgemeine Schuldrecht integriert worden ist. Dieser Umstand lässt sich in Bezug auf eine Sperrwirkung wegen des Charakters des Kaufrechts als Sonderrecht für und gegen eine Sperr­ wirkung anführen, je nachdem, ob der Aspekt der verlorenen Eigenständigkeit des Kaufrechts (dann eher keine Sperrwirkung) oder der Gesichtspunkt der Ei­ genheit der Regelungen als bereichsspezifische Bestimmungen des Schuldrechts (spricht eher für eine Sperrwirkung) betont wird. Das Argument der Umgehungsgefahr ist jedenfalls in Bezug auf die Verjäh­ rung durch die Annäherung der Verjährungsfristen abgeschwächt.163 Denn die Irrtumsanfechtung kann nach geltendem Recht gemäß §  121 Abs.  2 BGB maxi­ mal bis zu zehn Jahre lang nach der Abgabe der Willenserklärung fristgerecht erklärt werden. Die Irrtumsanfechtung ist dadurch in der Regel acht Jahre länger möglich als die Ausübung kaufrechtlicher Rechtsbehelfe. Vor der Reform war die Irrtumsanfechtung dreißig Jahre lang möglich, die kaufrechtlichen Rechts­ behelfe nur sechs Monate. Die Unterschiede in den Fristen sind daher nicht mehr so gravierend wie vor der Reform. Inwieweit Umgehungen der Bestimmungen in §  439 BGB und §  442 BGB drohen, lässt sich kaum allgemeingültig fassen, da es vom Einzelfall abhängt, ob die Bestimmungen zur Anwendung kommen. In Bezug auf den Gewährleistungsausschluss nach §  442 BGB ist den Befür­ wortern der Sperrwirkung zuzugeben, dass angesichts der Verschuldensunab­ hängigkeit der Irrtumsanfechtung die mögliche Fahrlässigkeit des Käufers eine 161  Az.:

V ZR 40/60 = BGHZ 34, 32, 37. BT-Drucks. 15/1487, S.  14 f. 163  In diese Richtung wohl: Wrede, S.  119 ff. 162 

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allenfalls untergeordnete Rolle spielt. Einzelne Fahrlässigkeitsaspekte können allerdings auch im Rahmen der Irrtumsanfechtung bedeutsam werden. Denn auch bei der Bewertung, ob ein Irrtum vorliegt, ist eine Abgrenzung zum Risiko­ geschäft vorzunehmen. Die veränderten rechtlichen Grundlagen deuten damit an, dass das Abwägungs­ ergebnis, welches letztlich hinter der Sperrwirkung der Sachmängelgewähr­ leistung stand, für das reformierte Schuldrecht nicht ohne Weiteres übernommen werden kann.164 Die vom Schrifttum präferierte Sperrwirkung ist also das Resul­ tat einer neuen, anders gelagerten Abwägung der gegenläufigen Vorschriften und Interessen.165 Dieser Befund bietet vor allem Anhalt dafür, Ausnahmen und mög­ liche Grenzen der Sperrwirkung näher zu betrachten. Nach der Analyse bleibt als vorläufiges Ergebnis festzuhalten, dass die Sperr­ wirkung der Sachmängelgewährleistung zum Nachteil der Irrtumsanfechtung nach wie vor gilt. Dies folgt in erster Linie aus dem Willen des Gesetzgebers, den Vorrang der Sachmängelgewährleistung mit der Schuldrechtsmodernisierung nicht aufzuheben. Der Bundesgerichtshof hat die Sperrwirkung im reformierten Schuldrecht bisher nicht für das Verhältnis der Sachmängelgewährleistung zur Irrtumsanfechtung, jedoch im Verhältnis zur Haftung wegen vorvertraglicher Pflichtverletzungen (culpa in contrahendo) im Grundsatz ausgesprochen, geht aber von Ausnahmen aus.166 Für die weitere Untersuchung wird daher davon ausgegangen, dass eine durchbrechbare Sperrwirkung existiert. b) Fehlerhafte Zuordnungen von Kunstwerken als Irrtümer über verkehrswesentliche Eigenschaften i. S. v. §  119 Abs.  2 BGB Die Anfechtung des Käufers ist ausgeschlossen, soweit der Irrtum über die Au­ thentizität oder andere, die Authentizität betreffende Faktoren in den Anwen­ dungsbereich des §  119 Abs.  2 BGB fällt. Maßgeblich für die Reichweite der Sperrwirkung ist daher die Abgrenzung zwischen Inhalts- und Eigenschaftsirrtü­ mern. Diese Abgrenzung bereitet beim Kauf von Kunstwerken in zwei Konstel­ lationen Schwierigkeiten. Erstens wird nicht einheitlich beurteilt, wie Fehlvor­ stellungen über Eigenschaften einzuordnen sind. Zweitens ist fraglich, wie Fälle zu behandeln sind, in denen der Käufer sich über die Bedeutung der Beschrei­ bung des Kunstgegenstands, etwa der Katalogbeschreibungen, irrt.

Schur, AcP 204 (2004), 882, 899 f. Schur, AcP 204 (2004), 882, 899 f. 166  BGH, Urt. v. 27.3.2009 – V ZR 30/08, zitiert nach juris, Rn.  19 = BGHZ 180, 205; be­ stätigt in: BGH, Urt. v. 16.12.2009 – VIII ZR 38/09, zitiert nach juris, Rn.  20 = NJW 2010, 858. 164  165 

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aa) Die Behandlung von Irrtümern über Eigenschaften bei individualisierten Spezieskäufen Die Urheberschaft, das Alter, die Provenienz, Expertengutachten oder andere au­ ßerhalb des Kunstwerks liegende Faktoren können die Parteien vertraglich fest­ legen; indes dienen diese Merkmale – anders als möglicherweise bei einer Gat­ tungsschuld – nicht dazu, den Vertragsgegenstand zu individualisieren. Kunst­ werke werden vor dem Kauf regelmäßig besichtigt und bei Versteigerung zudem aufgerufen. Beschreibungen von Merkmalen dienen daher der näheren Bestim­ mung der Kaufsache und sind relevant für die Kaufentscheidung, in der Regel aber nicht für die Aussonderung des Kunstwerks. Das dürfte auch für Werke aus Auflagenprodukionen gelten, die regelmäßig durch die Nummerierung individu­ alisierbar sind. Die Behandlung von Fehlvorstellungen über Eigenschaften, die nicht dazu dienen, den Vertragsgegenstand bei Spezieskäufen zu individuali­ sieren, ist umstritten. Gemeinsamer Ausgangspunkt der Diskussion ist die auf Flume167 zurückgehende und mittlerweile gefestigte Annahme, dass Eigenschaf­ ten Gegenstand einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung,168 also auch der der Sollbeschaffenheit, werden können. (1) Erste Literaturmeinung: Nähe zur vertraglichen Vereinbarung (Irrtum über die Sollbeschaffenheit) Eine Literaturmeinung bewertet Irrtümer über Eigenschaften in Abhängigkeit von ihrer Nähe zu der vertraglichen Vereinbarung als Inhalts- oder Eigenschafts­irr­ tümer. Maßgebliches Abgrenzungskriterium ist die Auslegung der rechtsgeschäft­ lichen Erklärung.169 Sofern sich die in Rede stehende Eigenschaft „eindeutig“ bestimmen lasse, liege ein Inhaltsirrtum im Sinne von §  119 Abs.  1, 1. Fall BGB vor, andernfalls ein Eigenschaftsirrtum nach §  119 Abs.  2 BGB, der der weiteren Einschränkung der Verkehrswesentlichkeit unterliege.170 Dass Irrtümer über die vertragliche Sollbeschaffenheit dem Anwendungsbereich des §  119 Abs.  1 BGB zugeordnet werden, scheint seinen Grund in dem Bestreben nach einer wertungs­ Flume, S.  11 ff., insb. S.  17; Flume, BGB AT, §  23 4c (S.  460). Heute allg. Meinung, beispielsweise: Staudinger-Singer, §  119 Rn 47; MüKo-Armbrüster, §  119 Rn.  78; Soergel/Hefermehl-Hefermehl, §  119 Rn.  25, 33; Hübner, BGB AT, Rn.  784. 169 Nach Brauer, S.  22 soll ein Irrtum über die „Sollbeschaffenheit“ vorliegen, wenn sich der Anfechtende über Eigenschaften irrt, die „eine Person oder Sache bei objektiver Auslegung des Geschäfts nach dessen Sinn und Zweck haben soll“. Soergel/Hefermehl-Hefermehl, §  119 Rn.  25. 170  Soergel/Hefermehl-Hefermehl, §  119 Rn.  35; ähnlich Brauer, S.  22, der darauf abstellt, welche Eigenschaften die Parteien voraussetzen oder erwarten dürfen; etwas enger: Schmidt-­ Rimpler, in: FS Lehmann, S.  213, 224 ff., der den „bloßen Hinweis“ nicht genügen lassen möchte. 167  168 

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mäßigen Gleichbehandlung von Irrtümern bei Gattungs- und Spezieskäufen zu haben.171 Prägende Beispiele sind hier vor allem Stückkäufe mit stillschweigend vereinbarten sog. tel quel-Klauseln, bei denen Waren wie besehen gekauft wer­ den, was den Inhalt der Sollbeschaffenheit den tatsächlichen Gegebenheiten, also der Istbeschaffenheit, folgen lasse.172 Weiter wird argumentiert, die Vorstellung über Eigenschaften des Kaufgegenstands hänge untrennbar mit der rechtsver­ bindlichen Erklärung zusammen.173 Dieses Argument wird ergänzt durch die dog­ matische Einordnung des §  119 Abs.  2 BGB als Erklärungsirrtum.174 Durch den entscheidenden Bezug zur rechtsgeschäftlichen Erklärung könnten „reine Motiv­ irrtümer“ von beachtlichen Eigenschaftsirrtümern abgrenzt werden.175 Konsequent angewandt hätte diese Ansicht also zur Folge, dass Fehlvorstel­ lungen über eindeutig vertraglich bestimmte Eigenschaften zur Anfechtung we­ gen eines Inhaltsirrtums berechtigen würden, nicht eindeutig bestimmte Eigen­ schaften aber möglicherweise nicht zur Anfechtung wegen eines Eigenschafts­ irrtums. Bei einer eindeutigen Vereinbarung ist die Anfechtung wegen eines Inhaltsirrtums nach dieser Ansicht also nicht durch die Sachmängelgewährleis­ tung ausgeschlossen. (2) Zweite Literaturmeinung: Irrtum über Eigenschaften als Motivirrtum Die Gegenansicht ordnet den Eigenschaftsirrtum als Motivirrtum ein, der kraft gesetzlicher Anordnung ausnahmsweise beachtlich sein soll.176 Sie sieht in dem Irrtum über Eigenschaften eine Fehlvorstellung über die tatsächlichen Gegeben­ heiten und lehnt daher einen Inhaltsirrtum ab. Eine irrige Annahme, die die Rea­ lität betreffe, sei ihrer Art nach ein Motivirrtum.177 Zentrales Argument ist das Bedürfnis nach einer Systematisierung der Irrtumsgründe. Die Einordnung des Irrtums über Eigenschaften als Eigenschaftsirrtum sei systematisch178 und zum Zweck der Klarheit der Abgrenzung179 geboten. In diese Richtung: Brauer, S.  24 ff., insb. S.  36. Brauer, S.  33. 173  Soergel/Hefermehl-Hefermehl, BGB §  119 Rn.  25. 174  Soergel/Hefermehl-Hefermehl, §  119 Rn.  35. Erklärungsirrtum meint in diesem Kontext beide Fallkonstellationen des §  119 Abs.  1 BGB; Schmidt-Rimpler, in: FS Lehmann, S.  213, 220, 224 f., zu den Unterschieden zur Ansicht Brauers, insb. S.  226 u. 232. 175  Soergel/Hefermehl-Hefermehl, BGB §  119 Rn.  34. 176 Staudinger-Singer, §  119 Rn.  47; Wolf/Neuner, §  41 Rn.  51; Palandt-Ellenberger, §  119 Rn.  23; BeckOK-BGB-Wendtland, §  119 Rn.  36 (Stand: 1.2.2016); Ranieri, Europäisches Ob­ ligationenrecht, S.  961. 177  Staudinger-Singer, §  119 Rn.  47; Wolf/Neuner, §  41 Rn.  54; Erman-Arnold, §  119 Rn.  26. 178  Hübner, BGB AT, Rn.  785. 179  Flume, Eigenschaftsirrtum und Kauf, S.  15. 171  172 

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(3) Auseinandersetzung mit den dargestellten Ansichten Der ganz überwiegende Teil des deutschen Schrifttums ordnet Irrtümer über Eigen­schaften ohne Einschränkungen den Irrtümern über verkehrswesentliche Eigenschaften im Sinne §  119 Abs.  2 BGB zu. Die Rechtsprechung hat sich – soweit ersichtlich – zu der dogmatischen Einordnung der Bestimmung in §  119 Abs.  2 BGB und der Abgrenzung der Irrtumsgründe nicht positioniert. Unabhän­ gig von der dogmatischen Einordnung der Vorschrift in §  119 Abs.  2 BGB gibt es sachgerechte Gründe, einen Irrtum über Eigenschaften als Eigenschaftsirrtum nach §  119 Abs.  2 BGB zu werten. Das Erfordernis einer „eindeutigen“ vertraglichen Bestimmung ist schwer fassbar, zumal es nicht mit einer ausdrücklichen vertraglichen Vereinbarung übereinstimmt. Die Abgrenzung zwischen Inhalts- und Eigenschaftsirrtum liefe andernfalls Gefahr, in Zweifelsfällen Zufälligkeiten ausgesetzt zu sein. Das ist angesichts der unterschiedlichen Voraussetzungen beider Irrtumsarten schwer hinnehmbar. In Bezug auf das zusätzliche Erfordernis der Verkehrswesentlich­ keit des Eigenschaftsirrtums mögen die Auswirkungen für den Kunsthandel noch gering sein. Denn die im Zusammenhang mit der Authentizität relevanten Fakto­ ren scheinen verkehrswesentlich zu sein; dies hängt letztlich aber auch vom Ver­ ständnis der Verkehrswesentlichkeit ab. Es lässt sich dennoch festhalten, dass die erstgenannte Literaturmeinung in Zweifelsfällen aufgrund von Abgrenzungs­ schwierigkeiten zu unbilligen Ergebnissen führen kann: In manchen Fällen wäre die Verkehrswesentlichkeit erforderlich, in anderen nicht. bb) Irrtümer über die Bedeutung einer Eigenschaftsbeschreibung Das zweite zentrale Abgrenzungsproblem, welches das Verhältnis von Inhaltsund Eigenschaftsirrtümern bei Käufen von Kunstwerken betrifft, ist schwieriger zu lokalisieren. Es geht dabei um Situationen, in denen die Fehlvorstellung des Käufers die Individualisierung des Kunstwerks betrifft. Obwohl Kunstwerke durch den Aufruf zur Versteigerung oder die konkrete Auswahl bei einem Kunst­ händler individualisiert werden, können sich die Käufer über die inhaltliche Be­ deutung der Informationen irren, die im Katalog vermittelt werden. Die damit verbundene rechtliche Problematik ist die Frage, ob ein Irrtum, der auf einer Ei­ genschaftsbeschreibung (mit-)beruht, als Inhaltsirrtum zu werten ist. Grundlage der Überlegungen ist in diesem Kontext das Verständnis eines Inhaltsirrtums als Irrtum über die Bedeutung der Erklärung bzw. des Erklärungszeichens.180 In Ent­ sprechung zu den obigen Erwägungen ist der Inhaltsirrtum von dem Eigen­ 180 Staudinger-Singer, §  119 Rn.  45; Singer, Selbstbestimmung S.  215; Flume, Eigenschafts­ irrtum und Kauf, S.  104 ff., insb. S.  106.

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schaftsirrtum anhand der Frage abzugrenzen, ob die Fehlvorstellung über die Beschreibung zugleich zu einer Identitätsverwechslung führt.181 Zur Verdeutli­ chung dieses tatsächlichen Abgrenzungsproblems sei ein Beispiel aus der Recht­ sprechung182 angeführt: Ein Auktionshaus versteigerte ein Werk von Max Ernst,183 welches im Katalog irrtümlich als Lithografie bezeichnet worden war. Tatsäch­ lich handelte es sich um eine Serigrafie. In Bezug auf die Fehlvorstellung des Käufers ist nun zweierlei denkbar. Der Käufer hält eine Lithografie für ein ein­ zigartiges Ölgemälde und ist der Ansicht, mit seinem Gebot ein solches zu erwer­ ben. Dann läge ein Inhaltsirrtum vor, weil er etwas erklärt, was er nicht erklären wollte, und seine Fehlvorstellung sein Ausdrucksmittel betraf.184 Entsprechendes gilt, wenn der Käufer eine Serigrafie bestellt, aber eine Litho­ grafie meint.185 Der Unterschied zur zweiten Möglichkeit ist fein: Der Käufer weiß, was eine Lithografie ist, sieht sich das fragliche Werk im Vorfeld des Er­ werbs an und erkennt dabei nicht, dass es sich um eine Serigrafie handelt. Mit seinem Gebot geht es ihm darum, gerade dieses Werk zu erwerben (und nicht abstrakt um den Erwerb einer Lithografie). Eine solche Konstellation ist ein Re­ alitätsirrtum186 – und damit ein Fall des §  119 Abs.  2 BGB. Dass diese Unter­ scheidung keinesfalls rein theoretischer Natur ist, zeigt ein kurioser Fall, über den das Amtsgericht München187 im Jahr 2011 zu entscheiden hatte: Auf einer Auktion des späteren Beklagten erwarb der Kläger ein Gemälde, welches er auf­ grund der Katalogbeschreibung und eines Aufklebers mit einer Identifikations­ nummer eines anderen Auktionshauses auf der Rückseite des streitgegenständ­ lichen Gemäldes für ein Werk des Künstlers Heimrad Prem188 hielt. Nach dem Kauf behauptete der Kläger, das erhaltene Gemälde entspreche nicht dem Bild, welches unter der Identifikationsnummer auf dem Aufkleber etwa ein Jahr zuvor von dem dort benannten Auktionshaus versteigert worden sei. Das Bild sei eine Fälschung. Entweder sei der Aufkleber gefälscht oder der echte Aufkleber auf

§  119 Rn.  47 ff.; Flume, BGB AT, §  23 Nr.  4c (S.  463). solche Konstellation lag folgender Entscheidung zugrunde: LG Freiburg, Urt. v. 15.12.2011 – 3 S 238/11. 183  Maximilian Maria Ernst, deutscher Maler (1891–1976). 184  Ein entsprechendes Beispiel in Bezug auf die Bedeutung des Baujahrs beim Gebraucht­ wagenkauf findet sich bei Flume, DB 1979, 1637, 1638; zu der dargestellten Unterscheidung unter entsprechender Abwandlung des Ruisdael-Falls: Krampe, JuS 2005, 773, 776: Sofern der Käufer das existierende Bild Eichen am Wasser falsch identifiziert hätte, sei von einem Inhalt­ sirrtum auszugehen, dem die Sachmängelgewährleistung nicht entgegenstehe. 185  Locher, S.  145; Schack, Kunst und Recht, Rn.  411. 186  Für eine solche Abgrenzung: Staudinger-Singer, §  119 Rn.  45 f. 187  AG München, Urt. v. 29.8.2011 – 191 C 199/10 = BeckRS 2013, 00206. 188  Deutscher Maler (1934–1978). 181 Staudinger-Singer, 182  Eine

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einem anderen Werk platziert worden.189 Im Ergebnis konnte der Kläger schon aus anderen Gründen nicht obsiegen.190 cc) Die Auswirkungen für den Kunsthandel Für den Kunsthandel folgt daraus, dass im Rahmen der Problematik fehlender Authentizität Inhaltsirrtümer strukturell eher nicht in Betracht kommen.191 Ange­ sichts der Abgrenzungsgrundsätze sind Fälle, in denen der Käufer sich über die Bedeutung seiner Erklärung irrt, atypische Konstellationen. In solchen Fällen kann dem Käufer möglicherweise ausnahmsweise aufgrund besonderer tatsäch­ licher Umstände über den Weg der Anfechtung wegen eines Inhaltsirrtums ge­ holfen werden. c) Reichweite der tatbestandlichen Überschneidung zwischen Sachmangel bzw. Sollbeschaffenheit i. S. v. §  434 BGB und verkehrswesentlicher Eigenschaft i. S. v. §  119 Abs.  2 BGB Das Zusammenspiel zwischen dem ausgedehnten Begriff der Sollbeschaffenheit und dem Korrektiv der vertraglichen Vereinbarung eröffnet der Sachmängel­ gewährleistung tendenziell einen weiten Anwendungsbereich. Dennoch ist die Frage, ob sich Sachmangel und verkehrswesentliche Eigenschaft tatbestandlich vollständig überschneiden, nicht abschließend geklärt. Grund hierfür sind die unterschiedlichen Ansätze zur Bestimmung der Verkehrswesentlichkeit im Rah­ men der Bestimmung des §  119 Abs.  2 BGB. Die Rechtsprechung unterscheidet sich hier mit einem eher pragmatischen Ansatz von der Literatur, die wiederum in sich gespalten ist. Ein Teil befürwortet eine vollständige tatbestandliche De­ ckung der Begriffe, ein anderer Teil bestimmt die Verkehrswesentlichkeit nach konkret-objektiven Gesichtspunkten. Für den Kunsthandel hat dieses Definitions­ problem Auswirkungen, weil ein Anwendungsbereich für die Irrtumsanfechtung verbliebe, wenn sich die Begriffe nicht vollständig deckten. Außerhalb von Ver­ einbarungen liegende Vorstellungen der Parteien könnten dann zur Irrtumsan­ fechtung berechtigen, weil die Sperrwirkung des Sachmängelgewährleistungs­ 189  Interessanterweise hatte der Kläger ein abstraktes Werk ersteigert, die Identifikations­ nummer gehört aber wohl zu einem gegenständlichen Bild. 190  Eine Anfechtung wegen eines Inhalts- oder Eigenschaftsirrtums hat der Kläger nicht erklärt, sodass der Tatbestand der Entscheidung diesbezüglich sehr komprimiert ist; im Ergeb­ nis unterlag der Kläger, weil das Auktionshaus als Vertreter des Einlieferers gehandelt hatte (fehlende Passivlegitimation) und das AG München keine Pflichtverletzung im Sinne von §§  280 Abs.  1, 311 Abs.  3 BGB sah. 191  Zur tatsächlichen Seltenheit von Erklärungsirrtümern in Bezug auf Angaben über Eigen­ schaften: Flume, BGB AT, §  23 Nr.  4c (S.  463 f.); Staudinger-Matusche-Beckmann, §  437 Rn.  40.

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rechts ausnahmsweise nicht griffe. Zur Untersuchung dieser Thematik werden im Folgenden kurz die verschiedenen Ansichten beleuchtet. Anschließend wird der Frage nachgegangen, inwieweit die unterschiedlichen Ansichten eine partiel­ le Zulassung der Irrtumsanfechtung bei fehlerhaften Zuordnungen von Kunst­ werken zugunsten des Käufers begründen könnten. aa) Haltung der Rechtsprechung und Entwicklung eines wertenden Beurteilungsansatzes in der Literatur Die Rechtsprechung bejahte zum alten Recht einen außerhalb der kaufrecht­ lichen Mangelhaftung liegenden Anwendungsbereich der Irrtumsanfechtung.192 Auch in der neueren Literatur findet sich die Tendenz, die Irrtumsanfechtung unter wertenden Gesichtspunkten im Einzelfall zuzulassen.193 (1) Grundsätze der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs war Irrtumsanfechtung ledig­ lich für solche Eigenschaften ausgeschlossen, die Gewährleistungsrechte be­ gründen könnten; „bei dem Alter eines Wagens (oder eines Mähdreschers194) [sei dies] nicht der Fall, solange dadurch die Eignung des Fahrzeugs zum gewöhn­ lichen oder vertraglich vorausgesetzten Gebrauch nicht eingeschränkt“ sei.195 Sofern wertbildende Faktoren eines Kunstwerks nicht vereinbart worden sind, konnte die Irrtumsanfechtung daher auch im Kunsthandel zur Anwendung kom­ men.196 Voraussetzung war nach altem Recht allerdings, dass der von der Fehl­ 192  Zum

alten Recht hat die Rechtsprechung in folgenden Fällen einen verbleibenden An­ wendungsbereich angenommen: BGH, Urt. v. 26.10.1978 – VII ZR 202/76 = BGHZ 72, 252 (Entscheidung nicht vollständig abgedruckt) = NJW 1979, 160 – Gebrauchtwagen; BGH, Urt. v. 9.10.1980 – VII ZR = BGHZ 78, 216 = NJW 1981, 224 – Mähdrescher; OLG Stuttgart, Urt. v. 17.3.1989, zitiert nach juris, Rn.  28 = NJW 1989, 2547; OLG Frankfurt, Urt. v. 10.3.1970 – 14 U 163/69 = OLGZ 1970, 409, 412 f.: Der Kläger unterlag in diesem Fall aber dennoch, weil er den Irrtum in tatsächlicher Hinsicht nicht nachweisen konnte (S.  413 f.). Für den Kunsthandel wurde die Möglichkeit der Irrtumsanfechtung erwogen in: OLG Hamm, Urt. v. 14.3.1995 – 7 U 163/94 – Guercino = OLGR Hamm 1995, 97 = NJW 1995, 2640. Zum Bestehen eines verbleibenden Anwendungsbereichs im Allgemeinen: BGH, Urt. v. 18.12.1954 – II ZR 296/53 = BGHZ 16, 54, 57 – Ultraschallgerät; RG, Urt. v. 9.11.1906 – II 173/06 = RGZ 64, 266, 269 – Erwerb aus der Konkursmasse. 193  Schur, AcP 204 (2004), 882, insb. 887 ff. u. 894 ff. 194  BGH, Urt. v. 9.10.1980 – VII ZR 332/79, zitiert nach juris, Rn.  8 = BGHZ 78, 216 = NJW 1981, 224 – Mähdrescher. 195  BGH, Urt. v. 26.10.1978 – VII ZR 202/76, zitiert nach juris, Rn.  12 = BGHZ 72, 252 (Entscheidung nicht vollständig abgedruckt) = NJW 1979, 160 – Gebrauchtwagen. Kritisch dazu: Flume, DB 1979, 1637, 1637 ff. 196  Entsprechend für die Urheberschaft: OLG Hamm, Urt. v. 14.3.1995 – 7 U 163/94 – Guercino = OLGR Hamm 1995, 97 = NJW 1995, 2640, 2641.

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vorstellung betroffene wertbildende Faktor keinen Fehler darstellte und somit nicht Gegenstand von Gewährleistungsrechten geworden war.197 Problematisch ist, wie diese Voraussetzung in das reformierte Schuldrecht übertragen werden kann. (2) Überlegungen zu möglichen Anwendungsmodalitäten der beschriebenen höchstrichterlichen Rechtsprechung im reformierten Schuldrecht Ein denkbarer Weg ist es, den Begriff des Fehlers durch den des Sachmangels zu ersetzen und einen verbleibenden Anwendungsbereich nur dann anzunehmen, wenn kein Sachmangel vorliegt oder wenn jedenfalls die Eignung der Kaufsache zum gewöhnlichen oder vertraglich vorausgesetzten Gebrauch (verwendungs­ bezogener Fehlerbegriff) nicht fehlt (formaler Ansatz). Gegen eine Aufspaltung des Sachmangelbegriffs, wie sie durch die Begrenzung auf den verwendungs­ bezogenen Fehlerbegriff erfolgen würde, spricht jedoch schon die Rechtsfort­ bildung in Richtung eines subjektiven Fehlerbegriffs.198 Eine Annäherung zur Lösung dieser Problematik ermöglicht der europarechtliche Entstehungshinter­ grund der reformierten Sachmängelgewährleistung. In 7. Erwägungsgrund der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie 1999/44/EG wird der Grundsatz der Vertrags­ mäßigkeit der Waren statuiert. Dieser wird wiederaufgenommen in Art.  2 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie 1999/44/EG, welcher sich mit der näheren Be­ stimmung befasst, wann die Vertragsmäßigkeit vorliegt. Dass sich die Vertrags­ mäßigkeit aus subjektiven wie objektiven Faktoren ergeben kann, steht einer Aufspaltung des Sachmangelbegriffs entgegen. Die andere Möglichkeit bestünde darin, nicht darauf abzustellen, ob formal ein Sachmangel gegeben ist, sondern eine wertende Betrachtung vorzunehmen (materieller Ansatz). So erwägt ein Teil der Literatur, eine Sperrwirkung nur dann anzunehmen, wenn im konkreten Einzelfall die hinter der Sperrwirkung stehenden Wertungen betroffen sind.199 Auch die Rechtsprechung zum alten Schuldrecht bietet Anhalt für eine solche wertende Beurteilung der Sperrwir­ kung: Das Entscheidungsmaterial zur alten Rechtslage belegt, dass nicht nur in singulären Fällen ein verbleibender Anwendungsbereich der Irrtumsanfechtung thematisiert oder angenommen wurde. Darüber hinaus nimmt der Bundesge­ richtshof keine Parallelität der Begriffe Fehler bzw. Zusicherung und verkehrswesentliche Eigenschaft an. In den entschiedenen Fällen hielt er es für ausrei­ 197  BGH, Urt. v. 9.10.1980 – VII ZR, zitiert nach juris, Rn.  8 = BGHZ 78, 216 = NJW 1981, 224 – Mähdrescher; OLG Stuttgart, Urt. v. 17.3.1989 – 2 U 226/88, zitiert nach juris, Rn.  28 = NJW 1989, 2547. 198 Dazu: U. Huber, AcP 209 (2009), S.  143, 150 ff. 199  Schur, AcP 204 (2004), 882, insb. 887 ff. u. 894 ff.

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chend, dass der Käufer erkennbar von einem bestimmten Alter ausging,200 und forderte keine Vereinbarung der Eigenschaft. Dies ist ein deutliches Indiz dafür, dass von unterschiedlichen Regelungszwecken beider Rechtsbehelfe ausgegan­ gen wird. bb) Das Meinungsbild im Schrifttum Entgegen der dargestellten Rechtsprechung und der Ansicht eines Teils des Lite­ ratur wird im Schrifttum weitgehend die Auffassung vertreten, der Anfechtung wegen eines Irrtums über eine verkehrswesentliche Eigenschaft könne vor dem Hintergrund der Sachmängelgewährleistung bei Abweichungen im Hinblick auf Eigenschaften, die zugleich Gewährleistungsrechte begründen könnten, kein An­ wendungsbereich mehr verbleiben. Die Begründungen unterscheiden sich in den Details. So wird einerseits auf eine tatbestandliche Überschneidung beider Rechtsbehelfe abgestellt. Zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen seien die Begriffe der Verkehrswesentlichkeit und der Sollbeschaffenheit konsistent aus­ zulegen.201 Leicht divergierend wird der vollständige Ausschluss der Irrtumsan­ fechtung teilweise aus der Fortentwicklung des Rechts hin zu einem subjektiven Fehlerbegriff gefolgert.202 Dahinter scheint der Gedanke zu stehen, dass die Par­ teien durch den Inhalt der Beschaffenheitsvereinbarung eine vertragliche Risiko­ verteilung vornehmen, in die nicht durch Zulassung der Irrtumsanfechtung ein­ gegriffen werden soll. Der zweite zentrale Argumentationsansatz ist stärker teleologisch geprägt und misst dem Vorrang der Sachmängelgewährleistung un­ abhängig von der konkreten tatbestandlichen Überschneidung eine so weitrei­ chende Bedeutung zu, dass seinem Sinn und Zweck kein Anwendungsbereich für die Irrtumsanfechtung verbleiben kann.203 200  BGH, Urt. v. 26.10.1978 – VII ZR 202/76, zitiert nach juris, Rn.  12 = BGHZ 72, 252 (Entscheidung nicht vollständig abgedruckt) = NJW 1979, 160, 161. Dort heißt es weiter: „Der Kl. brauchte nicht etwa seine Vorstellung vom Alter des Wagens zum Inhalt seiner Erklärungen zu machen. Inwieweit die Umstände, die verkehrswesentliche Eigenschaften einer Sache be­ gründen können, für den anderen Teil erkennbar dem Vertragsschluß zugrunde gelegt sein müs­ sen (vgl. hierzu BGHZ 16, 54 [57] = NJW 1955, 340; BGH, RzW 1969, 94 [95]; zum Mei­ nungsstand Krüger=Nieland, §  119 Rdnrn. 32, 33), braucht nicht näher erörtert zu werden. Versteht es sich – wie hier – von selbst, daß das Alter des Wagens von entscheidender Bedeu­ tung für den Kaufentschluß war und daß deshalb der Käufer von einem bestimmten Alter aus­ ging, so braucht der genaue Inhalt dieser Vorstellung nicht zum Ausdruck gebracht zu werden […]“ In diese Richtung auch: BGH, Urt. v. 22.9.1983 – VII ZR 43/83, zitiert nach juris, Rn.  20 = BGHZ 88, 240 u. RG, Urt. v. 9.11.1906 – II 173/06 = RGZ 64, 266, 269 – Erwerb aus der Konkursmasse. 201 Staudinger-Singer, §  119 Rn.  83. 202  U. Huber, AcP (209) 2009, S.  143, 144, dort unter Fn 8, u. S.  150 ff. 203  Müller, JZ 1998, 381, 382 u. 387 f. mit dem wertenden Argument, der einseitige Irrtum

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Zu ähnlichen Ergebnissen dürfte ein anderer Ansatz im Schrifttum gelangen, der die Verkehrswesentlichkeit im Rahmen der Anfechtung wegen eines Irrtums über Eigenschaft konkret-objektiv bestimmt.204 Die Folgen einer konkret-objek­ tiven Bestimmung der Verkehrswesentlichkeit sind im Hinblick auf das Verhält­ nis zur Sachmängelgewährleistung nicht ganz klar. Die gesetzliche Systematik deutet aber darauf hin, dass auch bei einer konkret-objektiven Bestimmung der Verkehrskehrswesentlichkeit kein Anwendungsbereich für die Irrtumsanfech­ tung verbleibt. Dies ergibt sich aus der folgenden Erwägung: Das Gesetz sieht in §§  434 Abs.  1 Satz  2 Nr.  2, Satz  3 BGB vor, dass der Sachmangel auch objektiv bestimmt werden kann.205 Es ist also anzunehmen, dass der Anwendungsbereich dieser Bestimmung den der konkret-objektiv bestimmten verkehrswesentlichen Eigenschaft überlagert. Der Ausschluss folgt nach dieser Ansicht aber auch aus Risikoverteilungs­ gesichtspunkten. Dies verdeutlicht ein Ansatz, der die Auswirkungen einer frü­ her vertretenen abstrakt-objektiven Bestimmung der Verkehrswesentlichkeit im Rahmen der Irrtumsanfechtung kritisiert. Unter Analyse sog. scheinbarer Trouvaille-­Fälle,206 in denen sich die spekulative Hoffnung des Käufers, ein bis­ lang unerkanntes Meisterwerk zu erwerben, nicht erfüllt, wird mit den Wertun­ gen der vertraglichen Risikoverteilung argumentierend die Zulässigkeit der ­Anfechtung nach §  119 Abs.  2 BGB für den Käufer entschieden abgelehnt.207 Das überzeugt, weil auch im Irrtumsrecht die vertragliche Risikoverteilung zu beachten ist. Dieses von der Kritik ins Feld geführte Argument lässt sich erst recht auf eine konkret-objektive Betrachtung der Verkehrswesentlichkeit über­ tragen. Diese liegt angesichts der „konkreten“ Komponente deutlich näher an dem zu beurteilenden Rechtsgeschäft als der abstrakte Ansatz und sollte daher die vertraglichen Wertungen noch eher beachten. Die Befürworter einer konkret­ objektiven Beurteilung der Verkehrswesentlichkeit begründen die Ablehnung der Verkehrswesentlichkeit in derartigen Konstellationen so auch mit dem Argu­ ment, dass die Authentizität zwar abstrakt wesentlich sei, aber zum konkreten Geschäft keinen Bezug aufweise, sondern wirtschaftlich betrachtet Gegenstand der Spekulation des Käufers sei.208 Dass der konkret-objektive Ansatz zur Beur­ werde andernfalls bessergestellt. Die Umgehungsgefahr hingegen betont die schon beschriebe­ ne Entscheidung des OLG Düsseldorf, Urt. v. 9.8.1991 – 22 U 52/91 = NJW 1992, 1326, nach der die „zweifelsfreie“ Überzeugung von der Echtheit eines Kunstwerks gerade nicht zur Irr­ tumsanfechtung berechtigt (siehe dazu A.I.1.g)). 204  Wolf/Neuner, §  41 Rn.  62 (S.  469). 205 MüKo-Westermann, BGB §  434 Rn.  24. 206  Dies sind Fälle, in denen der Käufer auf werterhöhende Eigenschaften spekuliert, siehe auch Kühn, S.  128 f. 207  Kühn, S.  129; Locher, S.  150. 208  Wolf/Neuner, §  41 Rn.  63 (S.  469).

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teilung der Verkehrswesentlichkeit von Eigenschaften die Zulässigkeit der Irr­ tumsanfechtung im Vergleich zu den anderen vorgestellten Literaturansichten spürbar erweitern könnte, wird zudem unter dem Gesichtspunkt der praktischen Relevanz bezweifelt.209 cc) Mögliche Auswirkungen der Rechtsprechung und der neueren Literaturmeinung auf den Käuferschutz im Kunsthandel In Anwendung der Rechtsprechung und der neueren Literaturmeinung könnte ein Anwendungsbereich für die Irrtumsanfechtung im Kunsthandel eröffnet sein. Die inhaltliche Ausgestaltung ist noch nicht geklärt. Es kristallisiert sich jedoch, gerade für den Auktionshandel, ein Anwendungsfeld für die Irrtumsanfechtung heraus. Durch die Praxis der Auktionshäuser, in ihren Allgemeinen Verkaufs­ bedingungen die Gewährleistung vollständig auszuschließen, stehen dem Käufer faktisch keine Gewährleistungsrechte zu. Daher könnte die Irrtumsanfechtung zuzulassen sein, weil bei einem vertraglichen Gewährleistungsausschluss das Konkurrenzproblem zwischen Gewährleistungs- und Irrtumsrecht nicht auf­ tritt.210 Das setzt voraus, dass der übliche Gewährleistungsausschluss die Zu­ lässigkeit der Irrtumsanfechtung seinerseits nicht tangiert. Dies hängt von einer Auslegung des jeweiligen Gewährleistungsausschlusses ab. Soweit die Allge­ meinen Verkaufsbedingungen der Auktionshäuser sprachlich Regelungen für das Vorhandensein von Mängeln treffen,211 scheinen solche Regelungen die Irrtums­ anfechtung geschäftsbedingungsmäßig nicht auszuschließen. Der Wortlaut in­ tendiert hier eine Anbindung der Ausschlusswirkung an die Mangelhaftigkeit mit ihren spezifischen Rechtsfolgen. Dies dürfte einer weiten, den Ausschluss der Irrtumsanfechtung umfassenden Auslegung entgegenstehen. Sofern die Vertrags­ parteien beim Vertragsschluss von einer gesetzlichen Sperrwirkung der Sach­ mängelgewährleistung ausgegangen sind, dürfte ihnen zudem regelmäßig ein hinreichendes Erklärungsbewusstsein für den Ausschluss der Irrtumsanfechtung fehlen. Zusammenfassend belegen das vorliegende Entscheidungsmaterial und die Diskussion im Schrifttum Unsicherheiten im deutschen Recht in Bezug auf die Frage, ob bzw. inwieweit die Irrtumsanfechtung bei fehlerhaften Zuordnun­ gen von Kunstwerken in Betracht kommen könnte.

Müller, JZ 1998, 381, 386. Schmidt-Salzer, JZ 1967, 661, 663. 211  Zu entsprechenden Formulierungen des Gewährleistungsausschlusses in den Allgemei­ nen Verkaufsbedingungen deutscher Auktionshäuser: Braunschmidt, S.  186. 209  210 

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4. Rechtsbehelfe des Käufers auf der Grundlage der Vermittlungsfunktion von Kunsthändlern Nach deutschem Verständnis ist der Kunsthändler nicht nur Verkäufer, sondern auch Vermittler. Es stellt sich daher die Frage, ob der Käufer auf dieser Grund­ lage Rechtsbehelfe gegen den Kunsthändler als Vermittler hat, die ihn bei fehler­ haften Zuordnungen im Kunsthandel hinreichend schützen können. Zu untersu­ chen sind daher mögliche Rechtsbehelfe des Käufers, die Pflichtverletzungen des Vermittlers aus der Begutachtung des Kunstwerks bzw. der Verlautbarung des Ergebnisses betreffen. Systematisch können die relevanten Pflichten aus dem Fachwissen des Vermittlers, insbesondere der Auktionshäuser, oder aus dem Ver­ braucherschutzgedanken folgen. Dabei sind Überschneidungen denkbar. Dog­ matische Anknüpfungspunkte sind neben der Anfechtung wegen arglistiger Täu­ schung (dazu unter a)) das Rechtsinstitut der culpa in contrahendo (dazu unter b)) sowie das Deliktsrecht (dazu unter c)). Auch der in der Praxis übliche Ge­ währleistungsausschluss der Auktionshäuser gilt nach der Rechtsprechung nicht, wenn das Auktionshaus sorgfaltswidrig handelte.212 a) Der Rechtsbehelf der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung Der Irrtumsanfechtung thematisch am nächsten ist der Rechtsbehelf der Anfech­ tung wegen arglistiger Täuschung. aa) Die Anwendbarkeit von §  123 BGB Dass die Sachmängelgewährleistung gegenüber dem Anfechtungsgrund in §  123 Abs.  1, 1. Fall, Abs.  2 BGB keine Sperrwirkung entfaltet, nehmen Rechtspre­ chung213 und Schrifttum214 fast übereinstimmend an. Der Käufer hat insoweit ein Wahlrecht, ob er seine Gewährleistungsrechte nach §§  434 ff. BGB geltend macht oder die Anfechtung nach §  123 BGB erklärt.215 Mit der Erklärung der Anfech­ 212  BGH, Urt. v. 15.1.1975 – VIII ZR 80/73 = BGHZ 63, 369, 375 – Jawlensky; BGH, Urt. v. 13.2.1980 – VIII ZR 26/79 = BGH NJW 1980, 1619. 213  St. Rspr., u. a.: RG, Urt. v. 26. 11.1912 – II 445/12 = RG WarnR 1913, 111; RG, Urt. v. 24.6.1919 – III 573/18 = RGZ 96, 156, 157 f.; RG, Urt. v. 12.12.1921 – VI 455/21 = RGZ 104, 1, 2 f.; BGH, Urt. v. 12.11.1957 – VIII ZR 311/56 = BGH NJW 1958, 177, 177; BGH, Urt. v. 8.1.1970 – VII ZR 130/68 = BGHZ 53, 144, 144; BGH v. 14.10.1971 – VII ZR 313/69 = BGHZ 57, 137, 137; a. A. RG, Urt. v. 19.3.1909 – II 504/08 = RGZ 70, 423, 429 ff. 214  MüKo-Armbrüster, §  123 Rn.  89; MüKo-Westermann, §  437 Rn.  55; Staudinger-Matusche­ Beckmann, §  437 Rn.  45; Staudinger-Singer/v. Finckenstein, §  123 Rn.  103; Jauernig-Berger, §  437 Rn.  31; Palandt-Weidenkaff, §  437 Rn.  54; Schack, Kunst und Recht, Rn.  414; a. A. ­Jacobs, GRUR 2013, 8, 12. 215 Staudinger-Matusche-Beckmann, §  437 Rn.  47.

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tung entfällt allerdings die Möglichkeit, Gewährleistungsrechte auszuüben, da hierdurch der Kaufvertrag rückwirkend (§  142 Abs.  1 BGB) beseitigt wird.216 Die grundsätzliche Zulässigkeit der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung neben dem Haftungsregime der Sachmängelgewährleistungsrechte führt zu der Frage nach dem Verhältnis des Anfechtungsgrunds der arglistigen Täuschung zum An­ fechtungsgrund des Eigenschaftsirrtums in §  119 Abs.  2 BGB. Der Käufer kann trotz der Nichtanwendbarkeit der Sperrwirkung der Sachmängelgewährleistung nur dann nach §  123 BGB anfechten, wenn dies wahlweise neben der möglichen Irrtumsanfechtung zulässig ist. Dass dies in formeller Hinsicht anzunehmen ist, ist ganz überwiegende Meinung.217 Beide Anfechtungsgründe können sogar mit­ einander verbunden werden.218 Materiell-rechtlich überschneiden sich die Vor­ aussetzungen partiell. Das Tatbestandsmerkmal des Irrtums in §  119 Abs.  2 BGB ist auch im Rahmen der Vorschriften in §  123 BGB relevant. Die Definition der Täuschung umfasst den Irrtum, ohne dass sich die entstandene Fehlvorstellung auf eine (verkehrswesentliche) Eigenschaft beziehen muss.219 bb) Die Voraussetzungen der arglistigen Täuschung Nach §  123 Abs.  1, 1. Fall, 2 BGB kann, wer „zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung bestimmt worden ist“, „die Erklärung anfechten“. Sofern ein Dritter die Täuschung verübt hat, „ist eine Erklärung, die einem ande­ ren gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste“. Aus der Abfassung dieser Bestimmungen werden folgende Tatbestandsmerk­ male abgeleitet: Das Erfordernis einer Willenserklärung sowie einer Täuschung, die Kausalität zwischen der Abgabe der Willenserklärung und der Täuschung, die Rechtswidrigkeit der Täuschung und – als subjektive Komponente – die Arglist.220 Im Kunsthandel besonders problematisch ist das Vorliegen der Voraussetzungen der Täuschung und der Arglist. Im Auktionshandel besteht die Besonderheit, dass an den Käufer weitergegebene Informationen von den Mitarbeitern des Auktions­ hauses, aber auch vom Einlieferer selbst stammen können. Es ist daher bei der rechtlichen Beurteilung der auftretenden Sachverhalte zur Täuschung durch einen Dritten abzugrenzen. Zum Verständnis der zu untersuchenden kunstmarktspezifi­ schen Probleme werden diese drei entscheidenden Voraussetzungen im Folgenden kurz abstrakt betrachtet, bevor die Anwendung im Kunsthandel untersucht wird. 216 Staudinger-Matusche-Beckmann,

§  437 Rn.  46. U.a. Staudinger-Singer/v. Finckenstein, §  123 Rn.  100; MüKo-Armbrüster, §  123 Rn.  84 f. 218 Staudinger-Singer/v. Finckenstein, §  123 Rn.  100. 219 Staudinger-Singer/v. Finckenstein, §  123 Rn.  7. 220 Staudinger-Singer/v. Finckenstein, §  123 Rn.  5. 217 

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B. Das deutsche Recht

(1) Die Täuschung Die Täuschung wird definiert als „vorsätzliche Erregung, Bestärkung oder Aufrechterhaltung eines Irrtums, sei es durch das Vor­ spiegeln falscher oder das Verschweigen wahrer Tatsachen, um den Willensentschluss des Ge­ täuschten zu beeinflussen“.221

Daraus ergibt sich, dass zunächst – gegebenenfalls in Abgrenzung zur Meinungs­ äußerung – die fragliche Tatsache zu ermitteln ist.222 Da die Täuschung auch mittelbar bzw. durch Unterlassen begangen werden kann, besteht hier ein Vehi­ kel für die Einbeziehung von Aufklärungspflichten. Ausgangspunkt derartiger Überlegungen ist die Privatautonomie, aus der unter anderem der Grundsatz der Selbstverantwortung folgt.223 Vor dem Vertragsschluss hat daher jede Vertrags­ partei die erforderlichen Informationen zu einzuholen. Sie trägt die damit ver­ bundenen Risiken und Kosten selbst.224 Eine allgemeine Aufklärungspflicht der anderen Vertragspartei kann nicht angenommen werden.225 Auf der Grundlage von Billigkeitsgesichtspunkten (§  242 BGB)226 sind hiervon jedoch Ausnahmen denkbar. Im Rahmen der erforderlichen Einzelfallbetrachtung nimmt die Recht­ sprechung eine Aufklärungspflicht an, „wenn der andere Teil nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung redlicher Weise die Mitteilung von Tatsachen erwarten durfte, die für die Willensbildung des anderen Teils offensichtlich von ausschlaggebender Bedeutung sind“227.

Entscheidend für die Redlichkeit sei wiederum, dass der sich auf eine Aufklä­ rungspflicht berufende Vertragspartner „im Rahmen seiner Eigenverantwortung nicht gehalten ist, sich selbst über diese Tatsache zu informieren“228. Zur Beurteilung dieser Frage können insbesondere folgende Umstände ab­zu­ wägen sein229: Vertrauensschutzerwägungen, besondere Sachkunde einer ­Ver­ Finckenstein, §  123 Rn.  6; in diese Richtung und unter Verweis auf die Unterschiede zur strafrechtlichen Definition auch: Palandt-Ellenberger, §  123 Rn.  2. 222 Staudinger-Singer/v. Finckenstein, §  123 Rn.  7. 223 Staudinger-Singer/v. Finckenstein, §  123 Rn.  10. 224 Staudinger-Singer/v. Finckenstein, §  123 Rn.  10. 225  BGH, Urt. v. 11.8.2010 – XII ZR 192/08 = NJW 2010, 3362, 3362 – Thor Steinar; MüKo-­Armbrüster, §  123 Rn.  31. 226  BGH, Urt. v. 11.8.2010 – XII ZR 192/08 = NJW 2010, 3362, 3362 – Thor Steinar. 227  BGH, Urt. v. 11.8.2010 – XII ZR 192/08 = NJW 2010, 3362, 3362 – Thor Steinar m. w. N. 228  BGH, Urt. v. 11.8.2010 – XII ZR 192/08 = NJW 2010, 3362, 3362, 3362 – Thor ­Steinar m. w. N. 229  Zu dieser Aufzählung und weiteren möglichen Umständen: Staudinger-Singer/v. Fincken­ stein, §  123 Rn.  11. 221 Staudinger-Singer/v.

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trags­partei, Bestehen laufender geschäftlicher Beziehungen, strukturelle Über­ legenheit der zur Aufklärung verpflichteten und die fehlende geschäftliche Er­ fahrenheit der schutzwürdigen Vertragspartei.230 Mit der Umsetzung der Ver­ braucherrechterichtlinie 2011/83/EU findet sich, anknüpfend an die Verbraucher­ eigenschaft des Käufers, zudem eine gesetzliche Informationspflicht in Bezug auf die wesentlichen Eigenschaften von Waren, §  312a Abs.  2 BGB i. V. m. Art. 246 Abs.  1 Nr.  1 bzw. §  312d Abs.  1 i. V. m. Art. 246a §  1 Abs.  1 Nr.  1 EGBGB. (2) Die Arglist Das heutige Verständnis des Tatbestandsmerkmals der Arglist scheint den intui­ tiven Assoziationen mit dem Begriff der Arglist zu widersprechen: Nicht er­ forderlich ist nämlich eine moralische Bewertung des Handels des Anfechtungs­ gegners.231 Stattdessen ist ein vom Vorsatz (auch Eventualvorsatz) getragenes Handeln ausreichend.232 In Abgrenzung zur bewussten Fahrlässigkeit können daher bereits Erklärungen auf einer unzureichenden Tatsachenbasis genügen, da­ mit Arglist im Sinne von §  123 Abs.  1 BGB angenommn werden kann (sog. Er­ klärungen „ins Blaue hinein“233). (3) Der Dritte Erst mittels einer Definition des Dritten kann umgekehrt bestimmt werden, wes­ sen Verhalten sich eine Partei – unabhängig von ihrer Kenntnis oder verschulde­ ten Unkenntnis von der Täuschung – im Rahmen von §  123 Abs.  1 BGB zurech­ nen lassen muss. Eine weite Interpretation des Begriffes Dritter in Sinne von §  123 Abs.  2 BGB kann die Zurechnung des Handelns Dritter zu einer Vertrags­ partei begrenzen,234 weil das Verhalten des Dritten demjenigen, der die Willens­ erklärung abgibt, nur dann zuzurechnen ist, wenn er die Täuschung des Dritten kannte oder kennen musste. Für die Abgrenzung ist folgende Formel gebräuch­ lich: „[…] als unbeteiligter Dritter kann nicht angesehen werden, wer auf der Seite des Erklärungsgegners und maßgeblich an dem Zustandekommen des Ge­ schäfts mitgewirkt hat […]“235.

230 MüKo-Armbrüster,

§  123 Rn.  33 u. 36. Finckenstein, §  123 Rn.  50; MüKo-Armbrüster, §  123 Rn.  17. 232 MüKo-Armbrüster, §  123 Rn.  17; Palandt-Ellenberger, §  123 Rn.  11. 233 MüKo-Armbrüster, §  123 Rn.  15; Palandt-Ellenberger, §  123 Rn.  11. 234 Staudinger-Singer/v. Finckenstein, §  123 Rn.  52. 235 Staudinger-Singer/v. Finckenstein, §  123 Rn.  53. 231 Staudinger-Singer/v.

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B. Das deutsche Recht

(4) Die Anwendung der Vorschrift im Kunsthandel Der institutionalisierte Kunsthandel beruht auf dem Vertrauen in das Fachwissen und die Professionalität der Auktionshäuser – besonders der großen – sowie re­ nommierter Kunsthändler und Galerien; aber auch private Verkäufer haben die Möglichkeit, genaue Informationen über von ihnen angebotene Kunstwerke ein­ zuholen oder kennen möglicherweise besondere Details. Die Käufer sind teilwei­ se Verbraucher. Das führt immer wieder zu der Frage, ob diese Gegebenheiten die Risikoverteilung im Kunsthandel beeinflussen können. An einer hinreichenden Konkretisierung der in Betracht kommenden Sorgfaltspflichten fehlt es bislang jedoch. Grundsätzlich sind in diesem Kontext zwei Arten von Sorgfaltspflichten zu unterscheiden. Einerseits ist denkbar, dass Kunsthändler oder Auktionshäuser potenzielle Käufer über bestimmte Unsicherheiten, etwa hinsichtlich der Pro­ venienz, informieren müssen. Andererseits – und diese Diskussion scheint für den Kunsthandel noch schwerwiegender zu sein – wird erwogen, Kunsthändlern proaktive Verpflichtungen zur Durchführung von Untersuchungen aufzuerlegen. Eine Fallgruppenentwicklung durch die Rechtsprechung ist derzeit nicht abseh­ bar.236 Das Schrifttum behandelt diese Frage teilweise im Zusammenhang mit der Problematik der Zulässigkeit von geschäftsbedingungsmäßigen Haftungsbe­ schränkungen, bei der es besonders für Auktionshäuser auf die Erfüllung von Sorgfaltspflichten ankommt.237 (a) Der maßgebliche Sorgfaltsmaßstab Ohne eindeutigen gesetzlichen Anknüpfungspunkt taucht in diesem Zusammen­ hang die Frage auf, ob es ausreichend ist, wenn das Auktionshaus die im Kunstauktionshandel üblichen Anforderungen erfüllt. Diesem Ansatz wird ganz überwiegend – mit dem Argument des Wortlautes des §  276 Abs.  2 S.  1 BGB, nach dem es auf die im Verkehr erforderliche Sorgfalt ankommt – nicht ge­ folgt.238 Sofern das Auktionshaus oder der Kunsthändler kaufmännisch im Sinne von §  1 Abs.  1 HGB tätig ist, gilt der Maßstab eines ordentlichen Kaufmanns nach §  347 HGB, der höhere Sorgfaltsmaßstäbe begründet.239 Bei Einsatz eines öffentlich bestellten Versteigerers im Sinne von §  34 GewO können sich die An­ forderungen aufgrund der besonderen Sachkunde erhöhen.240 Braumschmidt, NJW 2013, 734, 735 f. Braunschmidt, S.  91 ff.; Mangold, S.  218 f. 238  Elmenhorst/Decker, GRUR-RR 2012, 417, 419. 239  LG Köln, Urt. v. 28.9.2012 – O 2 457/08– nicht rechtskräftig, zitiert nach juris, Rn.  70 = GRUR-RR 2012, 444; Braunschmidt, S.  91. 240  Braumschmidt, NJW 2013, 734, 735 f. 236  237 

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(b) Gesetzliche Aufklärungspflichten nach §  312a Abs.  2 BGB i. V. m. Art.  246 EGBGB und §  312d Abs.  1 BGB i. V. m. Art.  246a EGBGB Für Kunsthändler, einschließlich der Auktionshäuser, gelten sowohl im stationä­ ren Handel auch als beim Handel unter Einsatz von Fernkommunikationsmitteln seit dem 13. Juni 2014 gesetzlich festgeschriebene Informationspflichten. Das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung241 sieht vor, dass Verbraucher im Vorfeld des Vertragsschlusses über die wesentlichen Eigenschaften der Waren in angemessenem Umfang zu informieren sind; beim Einsatz von Fernkommuni­ kationsmitteln im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss besteht diese Infor­ mationspflicht in der für das Kommunikationsmittel angemessenen Weise. Die Bestimmungen werfen sowohl hinsichtlich der Definition der wesentlichen Ei­ genschaften als auch in Bezug auf die Reichweite der Informationspflichten Aus­ legungsschwierigkeiten auf. (c) Die Auslegung der wesentlichen Eigenschaft Zur Interpretation des Begriffs der wesentlichen Eigenschaften gibt die Geset­ zesbegründung vor, dass diese produktbezogen zu bestimmen sind.242 Erforder­ lich ist, dass die Beschreibung dem Verbraucher als Entscheidungsgrundlage für oder gegen den Abschluss des Vertrags dienen kann.243 Das soll zumindest An­ gaben hinsichtlich des Mindestinhalts des Kaufvertrags erforderlich werden las­ sen.244 Zur weiteren Bestimmung werden die zu §§  5 Abs.  1 Nr.  1, 5a Abs.  3 Nr.  1 UWG entwickelten Grundsätze herangezogen.245 Danach können grundsätzlich auch Angaben zur Beschaffenheit erfasst sein.246 Der Verweis auf die Interpreta­ tion der „wesentlichen Merkmale“ im Sinne der UWG-Vorschriften und der Pro­ duktbezug deuten an, dass insbesondere Angaben zu den physischen Gegeben­ heiten des Produktes gemeint sind247 und „wesentliche Eigenschaft“ in diesem Kontext Produkteigenschaften meint248. Fraglich ist, inwieweit auch außerhalb der Sache liegende Umstände erfasst sein können. Dass die Herkunft einer Sache 241 

BGBl. 2013 I S.  3642. BT-Drucks. 47/12637, S.  74. 243  BT-Drucks. 47/12637, S.  74.; so auch: Tamm, VuR 2014, 9, 10 und jurisPK BGB-­Junker, §  312d Rn.  12 (Stand: 1.10.2014). 244  Strobl, NJW 2015, 721, 723. 245  jurisPK BGB-Junker, §  312a Rn.  13 (Stand: 11.2.2016), §  312d Rn.  10 (Stand: 1.10.­2014). 246  Spindler/Schuster-Micklitz/Narnyslowska, §  5 Rn.  31. 247  In diese Richtung zum UWG: Köhler/Bornkamm-Bornkamm, UWG, §  5 Rn.  4.3.; ­Ahrens, in: Hasselblatt, UWG, §  5 Rn.  232. 248  So wohl: Tamm, VuR 2014, 9, 10. 242 

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B. Das deutsche Recht

die Kaufentscheidung des Verbrauchers beeinflussen kann, ist unzweifelhaft.249 Der Zweck des Verbraucherschutzes, der den zivilrechtlichen Informations­ pflichten zugrunde liegt, schließt eine Einbeziehung von außerhalb der Sache liegenden wertbildenden Faktoren nicht generell aus. Der Schutzzweck kann aber im konkreten Fall auch Begrenzungen anzeigen, sofern eine Ausuferung droht. Dies deutet auf ein bereichsspezifisches Verständnis der wesentlichen Ei­ genschaft. Gegen einen allgemeinen Rückgriff auf die Grundsätze zur verkehrs­ wesentlichen Eigenschaft250 ließen sich mehrere Gründe anführen. Der Wortlaut des §  119 Abs.  2 BGB stellt auf die Verkehrswesentlichkeit, nicht auf die Wesent­ lichkeit ab. Dies rechtfertigt eine Differenzierung. Die Wesentlichkeit knüpft an die Verwendbarkeit des Produktes an, die Verkehrswesentlichkeit an das konkre­ te Geschäft und erfasst somit zusätzlich individuelle Maßstäbe des Verbrauchers, sofern diese für den anderen Vertragspartner erkennbar sind und dieser sie akzep­ tiert hat. Individuelle Beweggründe eines Verbrauchers sind jedoch gerade im Massengeschäft, auf das die neuen Bestimmungen zugeschnitten scheinen, für den Unternehmer kaum erkennbar. Dies dürfte bei der Interpretation des Tatbe­ standsmerkmals „wesentlich“ zu berücksichtigen sein. Als Argument gegen eine Gleichsetzung lässt sich weiter anführen, dass die Beurteilung der Verkehrswesentlichkeit gerade nicht einheitlich erfolgt und vor­ rangig durch die vertragliche Vereinbarung bestimmt wird. Diese ist aber im Vor­ feld des Vertragsschlusses noch gar nicht betroffen und spiegelt auch das Ergeb­ nis von Verhandlungen bezüglich des Kaufgegenstands wieder. Eine pauschale Gleichsetzung würde daher den Grundsatz der Selbstverantwortung nicht nur punktuell beschränken und in den Konflikt zur Privatautonomie geraten. (d) Die Auslegung der Formulierung „in angemessenem Umfang“ Auch den angemessenen Umfang gibt der Schutzzweck der Informationspflicht vor.251 Auch hier bleibt abzuwarten, wie Rechtsprechung und Literatur diese Ein­ schränkung ausfüllen. Unter Rückgriff auf die von der Rechtsprechung in den letzten Jahren entwickelten Grundsätze zu (vor-)vertraglichen Aufklärungs­ pflichten könnte es sich anbieten, die Grenze durch das Kriterium der Zumutbar­ keit zu bestimmen. Dies könnte dazu führen, dass Unternehmer nur über solche Umstände aufklären müssen, von denen sie entweder positive Kenntnis haben 249 

So entschied beispielsweise das LG Hamburg (Urt. v. 12.2.2008 – 312 O 525/07 = NJOZ 2008, 4968), dass die Werbung eines Möbelhauses für die von ihm vertriebenen Möbel mit der Formulierung Bauhaus-Klassiker irreführend sein kann, weil sie eine Verbindung zu den Bau­ haus-Künstlern herstelle. 250  So aber Strobl, NJW 2015, 712, 723. 251  Tamm, VuR 2014, 9, 10.

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oder über die sie sich leicht Kenntnis verschaffen können. Dogmatisch festma­ chen ließen sich derartige Begrenzungen an den Bestimmungen in §  242 BGB; die Vorschrift gibt zugleich vor, was der Käufer redlicherweise erwarten darf. Nach der bisherigen Rechtsprechung zu Aufklärungspflichten des Verkäufers gilt, dass bei der Konkretisierung von Aufklärungspflichten auch das Spannungs­ verhältnis gegenläufiger Interessen der Parteien zu beachten ist.252 (e) Besonderheiten beim Einsatz von Fernkommunikationsmitteln, insbesondere im Internethandel Vom gesetzlichen Wortlaut her unterscheiden sich die Informationspflichten des Unternehmens im Internethandel kaum merklich. Anders als für den stationären Handel bestimmt Art.  246a §  1 Abs.  1 Nr.  1 EGBGB, dass die Unterrichtung des Verbrauchers in dem für das Kommunikationsmittel angemessenen Umfang zu erfolgen hat. Beim Internethandel sind die Gepflogenheiten des Mediums zu be­ rücksichtigen.253 Das erfasst insbesondere Besonderheiten, die aus beschränkten Darstellungsmöglichkeiten auf Internetseiten folgen können. Ist jedoch bei­ spielsweise der Katalog eines Auktionshauses im Internet abrufbar, sind Ein­ schränkungen nicht gerechtfertigt. (f) Die Anwendung der Bestimmungen auf Herkunftsangaben im Kunsthandel Die Problematik von Informationspflichten könnte im Kunsthandel in Bezug auf die Frage, ob Kunsthändler über die Authentizität oder andere herkunftsbezo­ gene Faktoren eines Kunstwerks aufklären müssen, relevant werden. Für das Bestehen einer Informationspflicht hinsichtlich dieser Umstände spricht, dass die Kaufentscheidung des Verbrauchers maßgeblich von dem Sicherheitsgrad der Zuschreibung abhängen dürfte. Die Besonderheit besteht allerdings darin, dass Angaben zu diesen Faktoren die Kaufentscheidung des Verbrauchers vorrangig dann beeinflussen, wenn sie gemacht werden: Die Werbung mit den Bauhaus-­ Klassikern beispielsweise verleitet den Verbraucher möglicherweise zum Kauf. Das Unterlassen derartiger Angaben schädigt den Verbraucher aber allenfalls mittelbar, weil er sich eine Kaufchance entgehen lässt. So beruhte die Entschei­ dung des Landgerichts Hamburg auch auf dem Gesichtspunkt der Irreführung wegen eines gedanklichen Inverbindungsbringens der Möbel mit den Künstlern 252 

BGH, Urt. v. 14.3.2003 – V 308/02, zitiert nach juris, insb. Rn.  9 ff. = NJW 2003, 405 – Zur Aufklärungspflicht über Innenprovision beim Verkauf einer Immobilie; BGH, Urt. v. 28.3.­ 1984 – VII ZR 5/83, zitiert nach juris, Rn.  41 = NJW 1984, 22; in diese Richtung auch: OLG Frankfurt, Urt. v. 10.3.1970 – 14 U 163/69 = OLGZ 1970, 409, 411. 253  LG Wiesbaden, Urt. v. 13.1.2000 – 13 O 132/99 = ZUM-RD 2000, 143, 143 – Internet-­ Kunstauktionen.

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des Bauhauses.254 Entsprechendes gilt für die Nennung eines Künstlers oder an­ derer werkexterner Faktoren beim Kauf von Kunstwerken: Dass ein Werk von einem bestimmten Künstler herrühren soll, ist für die Auktionshäuser ein ge­ schäftlich relevanter Umstand, der ihnen die Positionierung von Werken im Markt erleichtern kann; er bestimmt mittelbar – über den für das Kunstwerk er­ zielbaren Preis – zugleich ihre Provision. Dies könnte andeuten, dass die neuen Vorgaben im Kunsthandel praktisch zu­ rückgedrängt werden, weil in der Praxis weitestgehend Angaben zu den ange­ priesenen Kunstwerken gemacht werden. Der Sinn und Zweck der Informations­ pflichten und die Grenze des angemessenen Umfangs könnten zudem eine Be­ schränkung der Informationspflichten rechtfertigen. Kunsthändler sind, sofern sie nicht (ausnahmsweise) mit Eigenware handeln, Vertriebsmittler. Durch die Provision des Verkäufers, aber auch durch die des Käufers, besteht Potenzial für einen Interessenskonflikt. Zudem handelt es sich bei Zuordnungen von Kunst­ werken um Meinungsäußerungen. Vor diesem Hintergrund könnten die statuier­ ten Informationspflichten nach §  312a Abs.  2 BGB i. V. m. Art.  246 Abs.  1 Nr.  1 EGBGB bzw. §  312d Abs.  1 i. V. m. Art.  246a §  1 Abs.  1 Nr.  1 EGBGB im Kunst­ handel als Verpflichtung des Kunsthändlers, vorhandenes Wissen offenzulegen und gerade Zweifel zu benennen, interpretiert werden. Eine solche Interpretation würde die ohnehin schon angenommene Informationspflicht der Kunsthändler255 weiter absichern. Die Neuerungen bieten damit weiteren Anhalt dafür, Informa­ tionen in Katalogen und Broschüren in zutreffender Weise zu erstellen, um dem Verbraucher so eine Risikoabwägung hinsichtlich der angebotenen Bilder zu er­ möglichen.256 254 

LG Hamburg, Urt. v. 12.2.2008 – 312 O 525/07 = NJOZ 2008, 4968. Urt. v. 27.8.1927 VI 86/27 = RG Warn 1927 Nr.  140 – Ludwig Knaus; in Bezug auf das Verschweigen einer früheren, zweiten Signatur: RG, Ents. v. 19.5.1916 – II 54/16 = DJZ 1916, 989, 990 – Stradivari-Geigen. Das Reichsgericht nahm in diesem Fall eine Aufklärungs­ pflicht in Bezug auf eine Negativexpertise an, die der Verkäufer unter Betonung von sechs Positivexpertisen verschwiegen hatte. Siehe auch Locher, S.  137; in Bezug auf die Signatur: Heinbuch, NJW 1984, 15, 16. 256  Ähnlich schon das OLG Hamm, Urt. v. 12.6.1992 – 29 U 63/91 = NJW-RR 1993, 628, 629. Der Entscheidung lag ein Sachverhalt zugrunde, in dem der Verkäufer, ein Kunsthändler, behauptet hatte, Zugang zu den Nachlassverwaltern der Malerfamilien Heckel und Kirchner zu haben, und gegenüber dem Käufer wahrheitswidrig zumindest den Eindruck erweckte, ihm überlassene Werke aus dem Brücke-Kreis stammten aus diesen Kontakten. Das OLG Hamm nahm eine arglistige Täuschung an und führte aus, dass der Verkäufer den Kontakt in den Vor­ dergrund gestellt habe. Er hätte daher offenlegen müssen, dass die Werke auf dem freien Markt erworben wurden. In diese Richtung gehen auch die Verhaltenskodizes des Kunsthandels. Laut Ziffer 3 des Verhaltenskodex der für den Bundesverband Deutschen Kunstversteigerer e.V. (BDK) verpflichten sich die Mitglieder: „Im Wettbewerbsverhalten die Regeln der Lauterkeit und Fairness einzuhalten und in der Werbung keine irreführenden Aussagen zu machen, insbe­ 255 RG,

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(g) Möglicher Inhalt von bestehenden Sorgfaltspflichten Wie zuvor dargestellt, sind Kunsthändler und Auktionshäuser auch unabhängig von den gesetzlichen Vorgaben in §  312a Abs.  2 BGB i. V. m. Art.  246 Abs.  1 Nr.  1 EGBGB bzw. §  312d Abs.  1 i. V. m. Art.  246a §  1 Abs.  1 Nr.  1 EGBGB zur Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt verpflichtet und können im Einzelfall aufklärungspflichtig sein. Zur Vermeidung von Wiederholungen kon­ zentriert sich die Untersuchung im Folgenden auf allgemeine Sorgfaltspflichten, die vor der Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie 2011/83/EU entwickelt worden sind. Zur Verifizierung der Urheberschaft eines Kunstwerks kann die Provenienz erforscht, das Kunstwerk kunsthistorisch eingeordnet oder naturwis­ senschaftlich untersucht werden.257 Angesichts der individuellen Umstände jedes Erwerbs- und Versteigerungsvorgangs und Objekts kann nicht in jedem Fall eine kumulative Durchführung aller möglichen Untersuchungen veranlasst werden. Anhaltspunkte für die konkret vorzunehmenden Maßnahmen können beispiels­ weise die Qualität des Materials, der unmittelbare Eindruck, die Umstände der Einlieferung sowie die Plausibilität der behaupteten Provenienz sein.258 Unterhalb von Verpflichtungen, die die Vornahme von Untersuchungen betref­ fen, sind Recherche- und Aufklärungspflichten angesiedelt. Sie belasten den Ver­ pflichteten in geringerem Maße, weil er vorhandenes Wissen mitteilen, aber in der Regel nicht oder nur in beschränktem Umfang einholen muss. Bei Auktions­ häusern kann es zusätzlich erforderlich werden, die Angaben des Einlieferers zu überprüfen.259 Die Rechtsprechung befasste sich vereinzelt mit der Frage der konkreten Ausgestaltung von Sorgfaltspflichten im Kunsthandel, die im Folgen­ den analysiert werden. (h) Entscheidungen, in denen die Gerichte Sorgfaltspflichtverletzungen verneinten Im Jahr 2006 hatte das Amtsgericht Königstein260 über einen Fall zu entscheiden, in dem die Klägerin über die Internetplattform eBay drei Lithografien zur Ver­ steigerung angeboten hatte, die die Beklagte schließlich zu einem Gesamtpreis von einigen Hundert Euro erstand; die Käuferin nahm die Lithografien nicht ab, weil diese jeweils mit einem Klebeband im Rahmen fixiert waren. Die Beklagte sondere keine Schätzpreise zu nennen, die unterhalb vereinbarter Mindestpreise liegen.“ Der Kodex ist abrufbar unter , zuletzt besucht am 3.3.2017. 257  Garbers-v. Boehm, GRUR-Prax. 2013, 507, 508. 258  LG Köln, Urt. v. 28.9.2012 – O 2 457/08 – nicht rechtskräftig, zitiert nach juris, Rn.  71 = GRUR-RR 2012, 444. 259  OLG Hamm, Urt. v. 29.9.1993 – 29 U 18/92 = NJW 1994, 1967 – Carl Schuch. 260  AG Königstein, Urt. v. 28.9.2006 – 26 C 100/05 = NJW 2007, 708.

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meinte, die Objekte seien aus diesem Grund mangelhaft. Die Klägerin reichte Klage auf Kaufpreiszahlung ein, unter Berufung auf einen Gewährleistungsaus­ schluss und mit der Begründung, sie sei „keine Kunstkennerin“ und habe die Lithografien in dem eBay-Angebot ordnungsgemäß beschrieben. Das Amtsge­ richt Königstein gab der Klägerin recht und argumentierte interessanterweise mit einer gespaltenen Verkehrsauffassung. Der Umstand der Verklebung sei ein Mangel, „jedoch nur für Kunstliebhaber oder Sammler“. Als solche habe sich die Klägerin nicht dargestellt. Eine Aufklärungspflicht sei nicht anzunehmen, weil in dem gegebenen Fall gerade die Beklagte eine höhere Fachkenntnis hinsichtlich der Auswirkungen der Verklebung auf Papierarbeiten hatte. Auch das Oberlandesgericht Karlsruhe261 befasste sich im Jahr 2013 mit vor­ vertraglichen Aufklärungspflichten eines privaten Verkäufers eines vermeintli­ chen Boudin-Gemäldes. Das Kunstwerk, welches ebenfalls über eBay veräußert worden war, war unsigniert und nicht datiert, aber unter Beifügung einer Exper­ tise eines ehemaligen Generaldirektors der Staatlichen Museen in Berlin im Kaufvertrag wie folgt beschrieben: „Laut Foto-Expertise von Prof. Dr. Z. handelt es sich um ein Originalwerk des Malers Eugene Boudin.“ Dem Kläger, dem Zweifel an der Authentizität des Werks kamen, gelang es nicht, die Urheber­ schaft zu widerlegen. Entscheidend wurden damit etwaige Sorgfaltspflichten des Beklagten. In Frage stand, ob dieser hätte darauf hinweisen müssen, dass es „kei­ ne unzweifelhaften Beweise für den Maler des Werkes“262 gebe. Dieser Argu­ mentation ist das Oberlandesgericht Karlsruhe nicht gefolgt. Dem Kläger seien alle Umstände bekannt gewesen, die möglicherweise Zweifel an der Authentizi­ tät des Werkes begründen könnten. So habe er von der fehlenden Datierung und Signatur gewusst, das Kunstwerk besichtigt und der Expertise entnehmen kön­ nen, dass der Zuordnung des Werks zu Boudin die außerhalb des Kunstwerks liegende Einschätzung des Prof. Dr. Z. zugrunde lag. Das Amtsgericht München lehnte ebenfalls eine Sorgfaltspflichtverletzung ab. Es hielt das Fachwissen und das wirtschaftliche Interesse eines Auktionshauses nicht für ausreichend, um über eine Prüfung der Stimmigkeit der Angaben des Einlieferers hinausgehende Prüfungspflichten anzunehmen.263 Bei Kunstveräu­ ßerungen zwischen Kunsthändlern kommen Aufklärungspflichten noch weniger in Betracht. So entschied das Reichsgericht im Thoma-Fall zum Nachteil eines OLG Karlsruhe, Urt. v. 15.10.2013 – 17 U 8/13 = KUR 2013, 188 – Boudin. OLG Karlsruhe, Urt. v. 15.10.2013 – 17 U 8/13 = KUR 2013, 188 – Boudin. 263  AG München, Urt. v. 29.8.2011 – 191 C 199/10 = BeckRS 2013, 00206. Der Fall war atypisch, da das Auktionshaus als Vertreter des Einlieferers aufgetreten und somit nicht Ver­ tragspartner des Ersteigerers geworden war. Die Erwägungen zu den Sorgfaltspflichten, die das Gericht im Rahmen der Prüfung von §§  280 Abs.  1, 311 Abs.  3 BGB anstellt, erscheinen aber dem Grundsatz nach übertragbar. 261  262 

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Kunsthändlers. Der Kläger konnte mit seiner Argumentation mit einer arglistigen Täuschung des Beklagten u. a. nicht durchdringen, weil er „selbst Kunsthändler und Kunstkenner sei und daher habe sehen müssen, daß es sich nur um eine nach einer Zeichnung Hans Thomas hergestellte übermalte Lithographie handle“.264 (i) Das nicht rechtskräftige Urteil des LG Köln vom 28.9.2012 265 zu Sorgfaltspflichten eines großen Auktionshauses Anders als in vorangegangenen Beispielen aus der Rechtsprechung verurteilte das Landgericht Köln im Jahr 2012 als Eingangsinstanz ein Auktionshaus in ei­ nem in der Presse viel beachteten Fälschungsskandal zur Zahlung von Schadens­ ersatz. Der Fall betrifft rechtlich das Zusammenspiel von Arglist und der Verlet­ zung vorvertraglicher Pflichten. Der Entscheidung lag zusammengefasst folgen­ der Sachverhalt zugrunde: Eine Kunstliebhaberin ging gerichtlich gegen ein international renommiertes Auktionshaus vor, bei dem sie im November 2006 auf einer Auktion für moderne Kunst ein vermeintlich von Heinrich Campendonk266 stammendes Bild mit dem Titel Rotes Bild mit Pferden für einen Preis von EUR 2.400.000,00 (zzgl. Aufgeld und Umlage für das Folgerecht) erwarb, welches sich nachträglich als durch den Schwager der Einliefererin hergestellte Fälschung erwies. Zur Provenienz hatte die Einliefererin angegeben, dass das Werk aus der – wie sich später herausstellte – erfundenen Sammlung Werner Jägers stamme. Das Bild Rotes Bild mit Pferden war in dem von Frau Dr. G. geführten Werkverzeichnis über Heinrich Campendonk eingetragen, allerdings ohne Abbildung. Aus dem Werkverzeichniseintrag ergab sich zudem, dass das Bild 1920 in der Galerie Flechtheim in Düsseldorf ausgestellt worden sei; auch der Katalog zu dieser Ausstellung erhielt keine Abbildung des Werkes. Das ersteigerte Bild war mit einem Aufkleber versehen, der den Schriftzug Galerie Flechtheim trug und mit einem Motiv, einem Holzschnittporträt eines Mannes, verziert war. Dass die Galerie Flechtheim einen solchen Aufkleber ver­ wendet habe, war dem Auktionshaus nach den Feststellungen nicht bekannt. Das Auktionshaus hatte bereits sechs Werke mit dieser Provenienz und dem Aufkle­ ber veräußert; bei einem Gemälde war jedoch ein Fälschungsverdacht aufge­ kommen, woraufhin das Auktionshaus das betroffene Objekt der Einliefererin zurückgegeben hatte. Im Auktionskatalog war das Werk beschrieben als „Düs­ seldorf 1920 (Galerie Flechtheim), Heinrich Campendonk, Nr.  11 mit Abb. S .6“; der Katalog erhielt zudem einen Hinweis darauf, dass es sich wahrscheinlich um ein bislang verschollenes Werk des Künstlers handelte. 264 

RG, Urt. v. 6.7.1926 – II 496/25 = RGZ 114, 239, 240. O 2 457/08 (nicht rechtskräftig) = GRUR-RR 2012, 444. 266  Deutsch-niederländischer Maler (1889–1957). 265  Aktenzeichen:

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B. Das deutsche Recht

Das Landgericht Köln begründete die Verurteilung des Auktionshauses wie folgt: Die Klägerin habe den Kaufvertrag wirksam wegen arglistiger Täuschung angefochten, die in der bewussten Vorspiegelung unzutreffender Herkunftsanga­ ben liege.267Die Einliefererin sei bei Zugrundelegung der gebotenen funktionel­ len Betrachtungsweise nicht Dritte im Sinne von §  123 Abs.  2 BGB, da sie als Vertragspartnerin des Auktionshauses auf dessen Seite stehe und ihr das Veräu­ ßerungsgeschäft über das vermeintliche Werk von Campendonk wirtschaftlich zuzuordnen sei.268 Die Sorgfaltspflichtverletzung leitete das Landgericht Köln aus einem Verstoß gegen eine vorvertragliche Nachforschungspflicht her. Die im Katalog angegebenen Informationen hätten den Eindruck erweckt, die Zuschrei­ bung sei sicher, obgleich hierfür eine hinreichend tragfähige Grundlage fehlte,269 diese hätte durch die Einholung eines naturwissenschaftlichen Gutachtens ge­ schaffen werden müssen.270 Denn der Schätzwert habe bei 800.000,00 bis 1.200.000,00 Euro gelegen und die Mitarbeiter des Auktionshaues erwarteten einen Rekorderlös.271 Auch der Bundesgerichtshof deutete in einer Entscheidung aus dem Jahr 1980 an, dass ein arglistiges Verhalten auch in dem Unterdrücken von Anhaltspunkten, die gegen die Authentizität eines Werkes sprechen, liegen kann.272 In dem Urteil heißt es: „Eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung (§  123 BGB) käme zwar nicht nur bei – bisher nicht feststehenden – vorsätzlich falschen Angaben über die Echtheit des Gemäldes in dem am 8.5.1978 geführten Telefongespräch in Betracht, sondern auch dann, wenn der Bekl. im Kata­ log ihm bewußte Zweifel an der Echtheit vorsätzlich unterdrückt hätte.“

(j) Allgemeine Richtlinie für die Beurteilung von Sorgfaltspflichten Aus dieser Rechtsprechung lässt sich als allgemeine Richtlinie herleiten, dass die Sorgfaltsanforderungen mit der Professionalität des Verkäufers und der Höhe des 267 

LG Köln, Urt. v. 28.9.2012 – O 2 457/08 (nicht rechtskräftig), zitiert nach juris, Rn.  56 = GRUR-RR 2012, 444. Danach bezog sich die Täuschung sowohl auf die Angabe der Pro­ venienz aus der Sammlung Werner Jägers als auch die dem Aufkleber zugrunde liegende kon­ kludente Behauptung, die Herkunft des Werks ließe sich bis zur Galerie Flechtheim zurück­ verfolgen. 268  LG Köln, Urt. v. 28.9.2012 – O 2 457/08 (nicht rechtskräftig), zitiert nach juris, Rn.  59 = GRUR-RR 2012, 444. 269  LG Köln, Urt. v. 28.9.2012 – O 2 457/08 (nicht rechtskräftig), zitiert nach juris, Rn.  61 ff. = GRUR-RR 2012, 444. 270  LG Köln, Urt. v. 28.9.2012 – O 2 457/08 (nicht rechtskräftig), zitiert nach juris, Rn.  72 = GRUR-RR 2012, 444. 271  LG Köln, Urt. v. 28.9.2012 – O 2 457/08 (nicht rechtskräftig), zitiert nach juris, Rn.  73 = GRUR-RR 2012, 444. 272  BGH, Urt. v. 26.11.1980 – VIII ZR 50/80 = NJW 1981, 1204, 1205 f.

I. Rechtsstellung des Käufers

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angesetzten Verkaufswerts ansteigen. Der Gesichtspunkt der Professionalität ist eng verbunden mit der Größe, der Spezialisierung und dem Renommee von ­Auktionshäusern. In diesem Kontext taucht am Rande einer Entscheidung des Oberlandesgerichts München273 ein interessanter Aspekt auf, nämlich die Frage, ob der Einsatz eines Auktionators beim Auktionspublikum den Eindruck er­ wecken muss, dass der Wert des Objekts in etwa der Höhe des Schätzpreises entspricht. Dies hatte das Oberlandesgericht Frankfurt a. M. für einen öffentlich bestellten und vereidigten Auktionator bei einer Pfandgutversteigerung an­ genommen,274 das Oberlandesgericht München jedoch in dem entschiedenen Fall eines regionalen Auktionshauses abgelehnt275. Letzteres ist zutreffend. Der Schätzpreis von Kunstgegenständen bietet eine Orientierung. Der tatsächlich er­ zielbare Preis hängt hingegen von zahlreichen, kaum kalkulierbaren Faktoren ab. An kleinere und lokale bzw. regionale Auktionshäuser können in der Tat schon angesichts der Breite der versteigerten Kunstgegenstände keine zu hohen Anfor­ derungen hinsichtlich der Spezialisierung gestellt werden. Die Beteiligten sind weniger schutzwürdig.276 (k) Zusammenfassung In der Gesamtschau ist die Frage nach Sorgfaltspflichten im Kunsthandel schwer fassbar. Tendenziell gilt im niedrigpreisigen Segment – jedenfalls bei privaten Veräußerungen –, dass bereits Aufklärungspflichten weitestgehend kaum in Be­ tracht kommen. Der Grund mag darin liegen, dass zweifelhafte Umstände häufig schon bei der Auslegung des Vertrags relevant werden, sodass diese Wertung durch die Annahme von Aufklärungspflichten nicht wieder unterlaufen werden soll. Gerade im Rahmen von Spekulationsgeschäften ist die Argumentation mit Aufklärungspflichten schwierig. Entsprechendes gilt nach der Rechtsprechung grundsätzlich auch für den gewerblichen Kunsthandel, weil der Erwerber selbst über besondere Fachkenntnisse verfügt. Dies deutet daraufhin, dass das Bestehen von Aufklärungspflichten auch dann zurückhaltend zu beurteilen ist, wenn der Käufer professionell beraten wird. Eine andere Beurteilung ist im institutionellen Kunsthandel aber geboten, sofern ein Verbraucher am Bilderkauf beteiligt ist. 273 

OLG München, Urt. v. 20.3.2014 – 14 U 764/12 = NJW 2015, 81. OLG Frankfurt, Urt. v. 24.1.1985 – 6 U 119/84 = BeckRS 1985, 04287 = WRP 1985, 427, 427 f. 275  OLG München, Urt. v. 20.3.2014 – 14 U 764/12, zitiert nach juris, Rn.  14 = NJW 2015, 81. 276  Zu der im Grundsatz gewachsenen Schutzbedürftigkeit der Käufer im Allgemeinen siehe E.II.3.b)(bb)(2). Bei einem Erwerb von kleineren, generalisierten Auktionshäusern begründet die Schutzbedürftigkeit des Käufers allein jedoch keine Sorgfaltpflichtverletzung der Auktions­ häuser. Dem Käufer dürfte es in solchen Fällen zumutbar sein, abzuwägen, ob er das mit dem Kauf von einem kleineren Auktionshaus verbundene Risiko eingehen möchte. 274 

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B. Das deutsche Recht

Die Verhaltenskodizes der Kunst- und Auktionshändler beinhalten zudem eine Selbstverpflichtung, Beschreibungen zutreffend zu erstellen; die Vorhaben kön­ nen auch eine Richtlinie für die Beurteilung der im Verkehr erforderlichen Sorg­ falt professioneller Kunsthändler bieten. Dass Verbraucher insoweit schutz­ würdig sind, wird zudem durch die infolge der Umsetzung der Verbraucherrechte­ richtlinie 2011/83/EU eingefügten Informationspflichten nunmehr gesetzlich statuiert. Bei großen und renommierten Auktionshäusern, besonders im höherpreisigen Segment, kann unter Umständen eine strengere Beurteilung geboten sein. Grund­ sätzlich geht es auch in diesem Segment vorrangig um Aufklärungspflichten. In Vergegenwärtigung der allgemeinen Grundsätze erscheint dies sachgerecht. Be­ sonderes Fachwissen und ein Wissensgefälle zulasten des Bieters sind klassische Argumente für Aufklärungspflichten, die schon aus Kosten- und Aufwandsgrün­ den den Verkäufer weniger beeinträchtigten als Untersuchungspflichten.277 Hin­ zu kommt, dass die Bewertung durch die Auktionshäuser von kunstwissenschaft­ lichem Fachwissen geprägt ist. Es können aber auch, wie die Entscheidung des Landgerichts Köln zeigt, im Einzelfall weitergehende Nachforschungspflichten des Auktionshauses in Bezug auf das Material des Kunstwerks bestehen. Denkbar wäre auch eine Verpflich­ tung des Auktionshauses zur Einholung externer Expertisen. Bei Nachfor­ schungspflichten besteht grundsätzlich das Problem der Überlagerung von Sorg­ faltspflichten und der Begrenzung der vertraglich übernommenen Verpflichtun­ gen der Auktionshäuser, die in der Regel die Einholung von externen Gutachten eher nicht umfassen.278 Unter Berücksichtigung der Zurechnung der Angaben des Einlieferers argumentierte das Landgericht Köln im Ergebnis letztlich in doppelter Hinsicht mit Billigkeitserwägungen. Das mag in der Begründung nur eingeschränkt überzeugen, scheint aber im Ergebnis überzeugend, weil das Auk­ tionshaus näher an dem Kunstwerk war und es sich um ein vermeintlich sehr hochwertiges Kunstwerk handelte. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Kunstwerke vor einer Auktion den potenziellen Interessenten für Besichtigungen zugänglich gemacht werden. Denn solche Besichtigungen ermöglichen es den Interessenten zwar das Kunstwerk in Augenschein zu nehmen, lassen aber kaum Raum für darüberhinausgehende fachmännische Begutachtungen oder Unter­ suchungen.

277 

Ein Informationsgefälle unter Berufung auf die BGH-Rechtsprechung zur Wirksamkeit von Gewährleistungsausschlüssen bezweifelt hingegen Jacobs, GRUR 2013, 8, 12. 278  Wertenbruch, NJW 2004, 1977, 1978, dort unter Fn.  23.

I. Rechtsstellung des Käufers

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b) Anspruch wegen der Verletzung vorvertraglicher Pflichten nach §§  311 Abs.  2, 3, 280 Abs.  1 BGB (culpa in contrahendo) Die zweite in Betracht kommende Anspruchsgrundlage sind die Vorschriften in §§  311 Abs.  2, 3, 280 Abs.  1 BGB (culpa in contrahendo). Inhaltlich gilt dies­ bezüglich das oben zu den Sorgfaltspflichten Ausgeführte entsprechend. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Anspruch jedoch aufgrund der Sperrwirkung der Sachmängelgewährleistung schon formell ausgeschlossen, es sei denn, der Verkäufer handelt vorsätzlich.279 Das Schrifttum folgt dem.280 Die Haftung wegen der Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten, also auch wegen Fahrlässigkeit, ist damit vollständig ausgeschlossen. Problematisch ist, ob dies mit der Verbraucherrechterichtlinie 2011/83/EU im Einklang steht, die in Art.  24 Abs.  1 Sanktionen für Verstöße fordert, die wirksam, angemessen und abschreckend sein müssen. Wenngleich die zivilrechtliche Haf­ tung nach deutschem Verständnis keinen strafenden Charakter hat, scheint sie dennoch geeignet, eine Sanktion im Sinne der Richtlinie darzustellen, weil das bei einer Verletzung drohende (zivilrechtliche) Haftungsrisiko wirtschaftlichen Anreiz für die Verpflichteten bieten kann, den Vorgaben nachzukommen. Zu be­ achten ist allerdings, dass der Ausschluss der Anwendbarkeit der Vorschriften in §§  311 Abs.  2, 3, 280 Abs.  1 BGB nicht zu einer Freistellung des Verkäufers von der Haftung für Verstöße gegen die Informationspflichten führt; denn die Sperr­ wirkung der Sachmängelgewährleistung tritt ein, weil der Gegenstand der vor­ vertraglichen Aufklärungspflicht zum Sachmangel wird. Dies hat aber für den Käufer zur Folge, dass auch hier die spezifische Verjährungsfrist von zwei Jahren gilt. Aus entsprechenden Gründen kann der Käufer bei der Verletzung von Infor­ mationspflichten auch nicht auf der Grundlage von §  119 Abs.  2 BGB vorgehen; auch diesbezüglich gilt die Sperrwirkung der Sachmängelgewährleistung.281 c) Ansprüche aus §  823 Abs.  2 BGB i. V. m. §§  5, 5a UWG Gegen einen konkurrierenden Anspruch auf der Grundlage von §  823 Abs.  2 BGB i. V. m. §§  5, 5a UWG lassen sich mehrere Erwägungen anführen. Dass die Sachmängelgewährleistung tendenziell ein abschließendes Haftungsregime bei Sachmängeln darstellt, könnte in Entsprechung zum Vorangehenden einen Aus­ schluss der Anwendbarkeit – jedenfalls bei fahrlässigem Verhalten – begründen. Der Gesetzgeber geht offenbar von einem vollständigen Ausschluss aus. Dass 279  BGH, Urt. v. 27. 3.2009 – V ZR 30/08, zitiert nach juris, Rn.  19 u. 24 = BGHZ 180, 205; BGH, Urt. v. 16.12.2009 – VIII ZR 38/09, zitiert nach juris, Rn.  20 = NJW 2010, 858, 859. 280 U.a. Staudinger-Matusche-Beckmann, §  437 Rn.  53; Oetker/Maultzsch, §  2 Rn.  347; Tamm/Tonner-Schwartze, S.  560 (Rn.  93). 281  Tamm, VuR 2014, 9, 16.

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B. Das deutsche Recht

die Sachmängelgewährleistung auch bei irreführender Werbung in Bezug auf Ansprüche des Verbrauchers anwendbar sei, folgert er aus den Bestimmungen in §  434 Abs.  1 S.  3 BGB, nach der der Verkäufer auch für öffentliche Äußerungen einzustehen hat.282 Den Vorrang begründet er mit den besonderen Wertungen des Haftungsregimes der Sachmängelgewährleistung.283 Die Bestimmungen in §§  5, 5a UWG sind zudem nach der Rechtsprechung284 und der Gesetzesbegründung285 keine Schutzgesetze im Sinne von §  823 Abs.  2 BGB.

5. Zusammenfassung der Rechtsstellung des Käufers Zur Rechtsstellung des Käufers lässt sich zusammenfassend Folgendes fest­ stellen: Erstens entwickelte die Rechtsprechung zunächst einen Kunstgriff, durch den auch Fälle fehlerhafter Authentizität nach den Vorschriften des Gewährleis­ tungsrechts behandelt werden können. Obgleich die hierzu erforderlichen Grund­ lagen heute zweifelhaft sein könnten (und vielleicht schon damals zweifelhaft waren), ist inzwischen ganz weitgehend anerkannt, dass fehlende Authentizität und Abweichungen in den für die Authentizität relevanten Herkunftsfaktoren nach deutschem Verständnis nach den Vorschriften über die Sachmängelgewähr­ leistung zu behandeln sind. Zweitens verbleibt für die Irrtumsanfechtung im Be­ reich des Kaufs von Kunstwerken nach der zu dem Verhältnis zwischen Sach­ mängelgewährleistungsrecht und Irrtumsanfechtung überwiegend vertretenen Literaturansichten kein bzw. allenfalls ein sehr beschränkter Anwendungs­ bereich. Eine neuere Literaturmeinung hingegen befürwortet eine wertende Be­ urteilung der Reichweite der Sperrwirkung der Sachmängelgewährleistung; die Anwendung dieses Ansatzes könnte im Kunsthandel zu einer Parallelität der Rechtsbehelfe führen.

282 

BT-Drucks. 15/1487, S.  14. BT-Drucks. 15/1487, S.  14 f. Mit der Modernisierung des UWG ist zugleich ein wettbe­ werbsrechtliches Rücktrittsrecht des Verbrauchers abgeschafft worden (§  13a UWG a. F.), Ge­ setz v. 3.7.2004 (BGBl. I S.  1414) und BT-Drucks. 15/1487, S.  14 f. Der Verbraucher wird auf die Sachmängelgewährleistung verwiesen. 284  BGH, Urt. v. 30.5.2008 – 1 StR 166/07, zitiert nach juris, Rn.  87 = BGHSt 52, 227; LG Limburg, Urt. v. 21.11.2014 – 5 O 18/14, zitiert nach juris, Rn.  29 = MMR 2015, 186. 285  BT-Drucks. 15/1487, S.  22. Die Ablehnung des Schutzcharakters wird damit begründet, dass das UWG ein eigenes, abschließendes Regelungsregime für wettbewerbswidriges Verhal­ ten vorsieht. Berechtigt zum Schadensersatz sind demnach Mitbewerber im Sinne von §  9 UWG. Ausgenommen bleiben Ansprüche wegen strafbarer Werbung; in solchen Fällen eines vorsätzlichen Verhaltens ist ein Vorgehen des Verbrauchers auf der Grundlage von §  823 Abs.  2 BGB, ggf. auch basierend auf §  826 BGB denkbar. 283 

II. Rechtsstellung des Verkäufers

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Der Bundesgerichtshof, der im Grundsatz einen verbleibenden Anwendungs­ bereich der Irrtumsanfechtung anerkennt, hat sich zu dieser Thematik im Kunst­ handel nach dem neuen Schuldrecht noch nicht positioniert. Die Untersuchung möglicher Rechtsbehelfe des Käufers gegen den Vermittler hat gezeigt, dass der Käufer nur bei Sorgfaltspflichtverletzungen weitergehende Recht hat. Unter dem Gesichtspunkt der einschlägigen Fristen ist in diesem Kon­ text der Rechtsbehelf wegen arglistiger Täuschung am bedeutendsten.

II. Rechtsstellung des Verkäufers Auch der Verkäufer kann sich irren – Fehlzuschreibungen sind für ihn grundsätz­ lich von Nachteil. Bei Fälschungen oder anderen irrigen Zuschreibungen, die zu wirtschaftlichen Verlusten seitens des Käufers führen, gerät er in die Gewähr­ leistungshaftung. Bei unerkannten Originalen entgeht ihm regelmäßig ein wirt­ schaftlicher, vielleicht auch ein ideeller Wert.

1. Die Auswirkungen der Sachmängelgewährleistung auf die Zulässigkeit der Irrtumsanfechtung des Verkäufers Grobe Richtlinie für die Zulässigkeit der Irrtumsanfechtung des Verkäufers ist nach der Rechtsprechung, dass der Verkäufer selbst keine Gewährleistungsrechte hat und sich durch die Ausübung der Anfechtung wegen Irrtums den eigenen Gewährleistungspflichten nicht entziehen darf.286 Rechtlicher Anknüpfungs­ punkt der Einschränkungen der Irrtumsanfechtung des Verkäufers ist der „Ge­ danke […] des Rechtsmissbrauches“287 – und damit Billigkeitserwägungen. Zu untersuchen ist daher, wie die Gerichte und die Literatur dieser Problematik Konturen geben. a) Keine Gewährleistungsrechte des Verkäufers Der Verkäufer selbst hat keine Gewährleistungsrechte gegen den Käufer. Das scheint ein schlagendes Argument gegen eine Sperrwirkung der Sachmängel­ gewährleistungsvorschriften zu seinen Lasten zu sein. Kunsthändlern, die die von ihnen vertriebenen Kunstwerke ihrerseits erworben haben, können jedoch Sach­ mängelgewährleistungsrechte gegen den vorherigen Veräußerer zustehen. Auch in Fällen der Kommission ist es möglich, die Anwendbarkeit des Haftungsregi­ BGH, Urt. v. 8.6.1988 VIII ZR 135/87 = NJW 1988, 2597; Flume, Eigenschaftsirrtum und Kauf, S.  147 ff. 287  BGH, Urt. v. 8.6.1988 VIII ZR 135/87 = NJW 1988, 2597. 286 

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B. Das deutsche Recht

mes der Sachmängelgewährleistung für das Verhältnis zwischen Kommissionär und Kommittenten zu vereinbaren und so die rechtliche Lage der wirtschaftlichen Verantwortung für das Kommissionsgut anzupassen.288 Der Kommissionär kann sich bei Vorliegen einer derartigen vertraglichen Vereinbarung – vergleichbar mit einem Regress – in Fällen seiner eigenen Sachmängelhaftung gegenüber dem Käufer beim Kommittenten schadlos halten. Hinter der Erwägung, wie sich das Bestehen potenzieller eigener Mängelrechte des Verkäufers gegen Dritte zur Zu­ lässigkeit der Anfechtung des Verkäufers im Verhältnis zum Käufer verhält, steht der Gedanke der Zuordnung des mit der Anfechtung verbunden wirtschaftlichen Vorteils. Auch bei der Kommission kann es vorkommen, dass der Einlieferer das wirtschaftliche Risiko trägt. Wie bei einem Zwischenerwerb ist also im Grunde fraglich, wem der wirtschaftliche Vorteil zustehen soll. Beides bettet den konkre­ ten Kauf, um den gestritten wird, in den markttypischen Handelsverkehr ein. Dass der Bundesgerichtshof das Vorliegen von Gewährleistungsrechten bei Streitig­ keiten um Kunstwerke nur im Verhältnis der an dem konkreten Kauf beteiligten Personen prüft, verlagert einen etwaigen Ausgleich bei Zwischenerwerb und Kommission in das jeweilige Vertriebsverhältnis. b) Keine Umgehung der eigenen Gewährleistungspflicht Für die Untersuchung der Frage, wann der Verkäufer sich durch Ausübung des Anfechtungsrechts eigenen Gewährleistungspflichten entziehen könnte, sind drei Fallkonstellationen zu unterscheiden: erstens Fallkonstellationen, in denen die Änderung der Zuordnung des Kunstwerks einen höheren wirtschaftlichen Wert des Kunstwerks begründet, zweitens Situationen, in denen die Änderung der Zuordnung den wirtschaftlichen Wert des Kunstwerks nicht verändert, und drittens Konstellationen, in denen die Änderung der Zuordnungen den Wert des Kunstwerks absinken lässt. aa) Konstellation: Das Kunstwerk wird höherwertig Bei später erkannten Originalen kommt eine Umgehung der Sachmängelgewähr­ leistungshaftung des Verkäufers nach fast einhelliger Ansicht nicht in Betracht; die Begründungen sind indes unterschiedlich. Ein Ansatz stellt darauf ab, dass bei der Lieferung einer höherwertigen Sache tatbestandlich dann kein Sachman­ gel vorliege, wenn eine andere Sache besserer Beschaffenheit (höherwertiges Aliud) geliefert wurde.289 Angesichts der gesetzlichen Konzeption und des Be­ 288  OLG Zweibrücken, Urt. v. 7.5.1997 – 6 U 8/96 = NJW 1998, 1409, 1411; OLG Frank­ furt, Urt. v. 20.1.1993 – 21 U 13/91 = NJW 1993, 1477, 1477. 289  Lettl, JuS 2002, 866, 871; Schack, Kunst und Recht, Rn.  379; (str.) a. A. Staudinger-­ Matusche-Beckmann, §  434 Rn.  147; MüKo-Westermann, §  434 Rn.  46.

II. Rechtsstellung des Verkäufers

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gründungswegs über eine teleologische Reduktion der Vorschrift in §  434 Abs.  3 S.  1 BGB kann diese Begründung im Kunsthandel nur in wenigen Fällen über­ zeugen. Auch bei unerkannten Originalen wird in der Regel keine andere, son­ dern eine bereits individualisierte Sache mit anderen als zunächst angenomme­ nen Eigenschaften geliefert, was auf einen Sachmangel hindeutet, da in solchen Fällen die Ist- von der Sollbeschaffenheit abweicht. Infolgedessen sind die Be­ stimmungen über die Lieferung einer anderen Sache in der Regel nicht anwend­ bar.290 Damit stehen dem Anfechtungsrecht des Verkäufers, jedenfalls tatbe­ standlich, die Sachmängelgewährleistungsrechte des Käufers gegenüber.291 Die Rechtsprechung verneint dennoch die Umgehungsgefahr mit dem Argument, dass der Käufer diese Rechte tatsächlich nicht geltend gemacht habe.292 Dies scheint gerechtfertigt, weil der Käufer bei der Lieferung eines höherwertigen Aliud im Kunsthandel regelmäßig kein Interesse daran haben dürfte, Sachmän­ gelgewährleistungsrechte auszuüben. bb) Konstellation: Der Wert des Kunstwerks verändert sich nicht Sofern sich der wirtschaftliche Wert des streitgegenständlichen Kunstwerks durch die Neubestimmung nicht verändert, stellt sich ein entsprechendes Prob­ lem. Nach einer Ansicht im Schrifttum kommt eine Anfechtung des Verkäufers nur dann in Betracht, wenn der Verkäufer ein besonderes subjektives Interesse an der Kaufsache hat.293 Eine andere Ansicht deutet an, dass bei gleichwertigen Kunstwerken die Zulässigkeit der Anfechtung des Verkäufers zweifelhaft sei. Sie sei nur dann geboten, wenn eine Ausübung der Sachmängelgewährleistungsrech­ te durch den Käufer nicht in Betracht komme.294 Dies könne praktisch nur dann gegeben sein, wenn das streitgegenständliche Kunstwerk erheblich höherwertig sei.295 Die Behandlung derartiger Fälle ist aus zweierlei Gründen problematisch. Auf tatbestandlicher Ebene bestehen Schwierigkeiten, die Gleichwertigkeit fest­ zustellen: Im Leibl/Duveneck-Fall argumentierte der Beklagte zur Herleitung der Gleichwertigkeit mit dem Wert des streitgegenständlichen Kunstwerks auf dem US-amerikanischen Markt, was der Bundesgerichtshof grundsätzlich wohl für

Zu den möglichen Ausnahmen im Kunsthandel: Mangold, S.  184 ff. Flume, Eigenschaftsirrtum und Kauf, S.  148. 292  BGH, Urt. v. 8.6.1988 – VIII ZR 135/87 = NJW 1988, 2597, Rn.  12; zustimmend: ­Honsell, JZ 1989, 44, 44. Bei höherwertigen Kunstwerken scheint die Geltendmachung von Gewähr­ leistungsrechten durch den Käufer aus praktischen Gründen eher nicht vorzukommen. Jeden­ falls für den Kunsthandel fehlt es – soweit ersichtlich – an entsprechenden Entscheidungen. 293  Flume, Eigenschaftsirrtum und Kauf, S.  148. 294  Wertenbruch, NJW 2004, 1977, 1979 f. 295  Wertenbruch, NJW 2004, 1977, 1979 f. 290  291 

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B. Das deutsche Recht

zulässig hielt.296 In rechtlicher Hinsicht lässt sich kaum allgemeingültig beurtei­ len, ob die Anfechtung des Verkäufers ausgeschlossen sein muss, wenn der wirt­ schaftliche Wert des Kunstwerks trotz einer anderen Zuordnung unverändert bleibt. Das spricht für eine detaillierte Einzelfallbetrachtung.297 cc) Konstellation: Das Kunstwerk verliert wirtschaftlich an Wert Dass dem Käufer eines Kunstwerks Mängelrechte zustehen, wenn das Kunst­ werk einen geringeren wirtschaftlichen Wert hat als beim Kauf angenommen, ist allgemeine Meinung. Sofern der Käufer diese nicht geltend machen sollte, ist wiederum im Einzelfall zu prüfen, ob eine Anfechtung des Verkäufers, der da­ durch etwa seine Reputation schützen möchte,298 rechtsmissbräuchlich ist.

2. Die Anfechtung des Verkäufers bei fehlerhaften Zuordnungen von Kunstwerken Die Anfechtung kommt für den Verkäufer in Betracht bei Abweichungen, die die Authentizität oder anderen Herkunftskriterien betreffen. In Entsprechung zu den Erwägungen zur Abgrenzung des Eigenschaftsirrtums vom Inhaltsirrtum299 ist der Inhaltsirrtum für den Verkäufer regelmäßig nicht relevant. a) Fehlvorstellungen über die Authentizität Steht fest, dass das betroffene Kunstwerk von einem anderen Künstler stammt, so kann der Verkäufer anfechten, wenn die Voraussetzungen von §  119 Abs.  2 BGB vorliegen. aa) Die Definition der Eigenschaft Die Rechtsprechung definiert Eigenschaften einer Sache in Sinne von §  119 Abs.  2 BGB wie folgt: „ihre natürliche Beschaffenheit sowie vorhandene tat­ sächliche und rechtliche Verhältnisse, die infolge ihrer Beschaffenheit und Dauer auf die Brauchbarkeit und den Wert von Einfluss sind.300“ Dies umfasst auch die Authentizität eines Kunstwerks. 296  BGH, Urt. v. 8.6.1988 – VIII ZR 135/87 = NJW 1988, 2597. Nicht geklärt ist allerdings, unter welchen Voraussetzungen von einer „Gleichwertigkeit“ gesprochen werden kann. Beson­ ders problematisch ist daher die Behandlung von Bewertungsspannen. 297  In diese Richtung: Köhler/Fritzsche, JuS 1990, 16, 18. 298  Zu den möglichen, beispielhaften Gründen des Verkäufers für eine Anfechtung bei der Lieferung von Sachen geringeren Werts (neben der Entziehung der Gewährleistungshaftung): Köhler/Fritzsche, JuS 1990, 16, 18. 299  Siehe dazu B.I.3.a). 300  BGH, Urt. v. 14.12.1960 – V ZR 40/60 = BGHZ 32, 34; BGH, Urt. v. 18.11.1977 – V ZR

II. Rechtsstellung des Verkäufers

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bb) Die Definition des Irrtums Das deutsche Recht versteht den Irrtum im Sinne des allgemeinen Sprachge­ brauchs als Fehlvorstellung von der Wirklichkeit.301 Er ist anhand des Sinnes und Zweckes des Irrtumsrechts einzugrenzen. In Abgrenzung zu bewusst übernom­ menen Risiken ist eine Fehlvorstellung nur dann beachtlich, wenn die maßgeb­ liche Vorstellung falsch ist oder gänzlich fehlt.302 Daraus wird gefolgert, dass nur unbewusste Fehlvorstellungen erfasst seien.303 Das führt zu einem Abgrenzungs­ problem. Sind Anhaltspunkte, die gegen die Authentizität eines Kunstwerks sprechen können, zweifelhaft, so ist genau zu prüfen, welche Vorstellungen sich die Beteiligten gemacht haben. Die Grenze zwischen bewusst übernommenen Risiken und unbewusster Irrung ist hier schwierig zu ziehen. Jedenfalls nicht erfasst sind Schätzungen, Annahmen oder Vermutungen.304 Diese liegen in der beherrschbaren Risikosphäre des Irrenden. Angesichts der den Transaktionen im Kunsthandel immanenten Risiken wären gerade in diesem Bereich klare Abgren­ zungskriterien notwendig. Unbewusste Fehlvorstellungen über die Authentizität eines Kunstwerks können jedoch im Einzelfall einen relevanten Irrtum begrün­ den. Dies folgt auch aus der tatbestandlichen Parallelität zum Sachmangel. Es bietet sich daher an, die Gesichtspunkte, die im Rahmen der Abgrenzung des Sachmangels zum Risikogeschäft305 von Relevanz sind, entsprechend heranzu­ ziehen, soweit sie Rückschüsse auf die Vorstellung des Verkäufers zulassen. cc) Der Bezugspunkt der Anfechtung Erforderlich ist, dass eine Willenserklärung zum Abschluss eines Kaufvertrags vorliegt, die der Verkäufer anfechten kann.306 Infolge des nach der deutschen Rechtsordnung geltenden Trennungs- und vor allem des Abstraktionsprinzips kommt der Konzeption nach zudem in Betracht, dass der Verkäufer kumulativ oder alternativ zu seiner Verpflichtungserklärung auch seine auf die Übereignung des Kunstwerks gerichtete dingliche Willenserklärung anficht. Das Bestehen die­ ser zusätzlichen Möglichkeit hängt von der Reichweite des Irrtums ab. Wenn schuldrechtliche und dingliche Erklärung auf demselben Willensmangel beruhen 172/76 = BGHZ 70, 47; mit Einschränkungen: BGH, Urt. v. 20.9.1983 – VII ZR 43/83 = BGHZ 88, 240, 245; BGH, Urt. v. 18.12.1954 – II ZR 296/53 = BGHZ 16, 54, 57. 301 Staudinger-Singer, §  119 Rn.  6. Die Fehlvorstellung kann sich auf die Erklärung, den Geschäftsgegenstand oder andere Umstände beziehen. 302  RG, Urt. v. 15.10.1914 – VI 15/10 = RGZ 85, 322, 324 f. 303 Erman-Arnold, §  119 Rn.  18. 304  RG, Urt. v. 15.10.1914 – VI 15/10 = RGZ 85, 322, 324 f. 305  Siehe B.I.2.d). 306 Jauernig-Mansel, §  119 Rn.  3.

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B. Das deutsche Recht

(sog. Fehleridentität), ist die Anfechtung beider Erklärungen möglich.307 Bei feh­ lerhaften Zuordnungen handelt es sich um einen Grenzfall. Der Verkäufer über­ gibt und übereignet zur Erfüllung seiner kaufrechtlichen Verpflichtung das kon­ krete Bild; er hält es aber zugleich für ein Werk, welches von dem zugeschriebe­ nen Künstler stammt. Der Irrtum betrifft die schuldrechtliche Verpflichtung wie das dingliche Geschäft. Für den Verkäufer ist das vorteilhaft, weil er sein Rück­ forderungsverlangen neben bereicherungsrechtlichen Vorschriften auch auf die Grundlage des §  985 BGB stützen kann. Einem solchen Herausgabeanspruch kann der Käufer bei einer erfolgreichen Anfechtung weder ein Besitzrecht im Sinne von §  986 BGB noch den Einwand der Entreicherung nach §  818 Abs. 3 BGB entgegengehalten. dd) Der Vorrang der Auslegung Der Grundsatz des Vorrangs der Auslegung vor der Anfechtung308 relativiert die Folgen der Verschuldensunabhängigkeit der Irrtumsanfechtung. Vom Erklä­ rungsempfänger erkannte und ausgenutzte Irrtümer führen nach der Rechtspre­ chung des Bundesgerichtshofs dazu, dass der wahre Wille des Erklärenden für die Bestimmung des Vertragsinhalts maßgeblich ist.309 Den scheinbaren Wider­ spruch zu dem in §  122 Abs.  2 BGB determinierten Ausschluss der Schadenser­ satzpflicht des Irrenden in Fällen, in denen der Erklärungsempfänger den Irrtum erkannt hat oder hätte erkennen müssen, lösen Rechtsprechung und Literatur mit dem Argument, erkannte und ausgenutzte Irrtümer seien wie unschädliche Falschbezeichnungen zu bewerten.310 Für den Kunsthandel bedeutet dies, dass der Verkäufer nach dem Inhalt des Kaufvertrags verpflichtet sein kann, ein „ech­ tes“ Kunstwerk zu übereignen, wenn er einen entsprechenden Irrtum des Käufers bemerkt und ausnutzt. Erweist sich das Kunstwerk, dass der Verkäufer für nicht authentisch hielt oder anders zuordnete, in solchen einer Situation später als echt, ist die Anfechtung des Verkäufers ausgeschlossen.311

307 MüKo-Armbrüster,

§  119 Rn.  144. Grundsatz ist allgemeine Meinung, vgl. beispielsweise Wolf/Neuner, §  41 Rn.  11; Soergel/Hefermehl, §  119 Rn.  6; Staudinger-Singer, §  119 Rn.  7 u. 18; BeckOK-BGB-Wendtland, BGB §  119 Rn.  18 (1.2.2016); Cziupka, JuS 2009, 887, 887. 309  BGH, Urt. v. 22.2.1995 – ZR 58/94 = NJW-RR 1995, 859; zustimmend: Locher, S.  15. 310  BGH, Urt. v. 22.2.1995 – ZR 58/94 = NJW-RR 1995, 859; MüKo-Armbrüster, §  119 Rn.  62; Staudinger-Singer, §  119 Rn.  40. 311  Zu dieser Einschränkung im Allgemeinen: Staudinger-Matusche-Beckmann, §  437 Rn.  35. 308  Der

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ee) Erheblichkeitsschwelle Gesetzlicher Ausgangspunkt für die Beurteilung, wann ein Irrtum erheblich ge­ nug ist, um zur Anfechtung zu berechtigen, ist §  119 Abs.  1 BGB, der über die Formulierung in §  119 Abs.  2 BGB „als Irrtum […] gilt auch der Irrtum über solche Eigenschaften, […]“, auch auf den Eigenschaftsirrtum Anwendung findet. In §  119 Abs.  1, 2. Halbsatz BGB heißt es, die Erklärung des Irrenden sei an­ fechtbar, „wenn anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde“. Die Abfas­ sung dieses Tatbestandsmerkmals wird im Schrifttum wie in der Rechtsprechung als Erheblichkeitsschwelle für die Beachtlichkeit von Irrtümern gewertet, die nur dann überschritten ist, wenn der in Rede stehende Irrtum subjektiv und objektiv erheblich ist.312 Dem objektiven Kriterium, bei dessen Beurteilung ein weiter richterlicher Spielraum besteht,313 kommt dabei eine (zusätzliche) Filterfunktion zu.314 Dies wird auch als Verobjektivierung eines an sich subjektiven Kriteriums gewertet.315 Es geht daher um ein Kriterium, an dessen Vorliegen nicht allzu hohe Anforderungen zu stellen sind. Fehlvorstellungen über unwesentliche Ne­ benpunkte und willkürliche Ansichten sollen nicht zur Anfechtung berechti­ gen.316 Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn den Irrenden keine wirtschaft­ lichen Einbußen treffen.317 An dieser Stelle zeigt sich: Die Risikoverteilung soll vernünftigen Erwägungen folgen und vorhersehbar sein. Beim Kauf von Kunstwerken kann dieser Punkt aufgrund der vielen denkba­ ren (subjektiven) Motive der Beteiligten und ideellen Aspekte Schwierigkeiten bereiten, wenn kein wirtschaftlicher Nachteil festgestellt werden kann. Die den Einschränkungen durch die Verobjektivierung zugrunde liegende Wertung kann jedoch auf den Kauf von Kunstwerken übertragen werden. Die Rechtsprechung verwehrt die Anfechtung in solchen Konstellationen daher nicht generell, son­ dern misst der Urheberschaft eines Kunstwerks unabhängig von dessen wirt­ schaftlichem Wert einen (ideellen) Wert zu, der für den Verkehr von beachtlicher Bedeutung sei.318 Die Argumentation der Rechtsprechung führt im Kunsthandel zu einer Ausnahme von dem Grundsatz, dass nur wirtschaftliche Beeinträchti­ gungen ein nachvollziehbares Interesse an der Irrtumsanfechtung begründen §  119 Rn.  101; Wolf/Neuner, §  41 Rn.  33. RG, Urt.v. 22.12.1905 – II 395/05 = RGZ 62, 201, 206. 314 MüKo-Armbrüster, §  119 Rn.  137; Wolf/Neuner, §  41 Rn.  33. 315  Kramer, Rn.  12; Bork, Rn.  834. 316  RG, Urt. v. 28.3.1930 – VII 436/29 = RGZ 128, 116, 121; RG, Urt.v. 22.12.1905 – II 395/05 = RGZ 62, 201, 206; Staudinger-Singer, §  119 Rn.  101; Wolf/Neuner, §  41 Rn.  33. 317 Staudinger-Singer, §  119 Rn.  101; RG, Urt. v. 28.3.1930 – VII 436/29 = RGZ 128, 116, 121. 318  BGH, Urt. v. 8.6.1988 – VIII ZR 135/87 = NJW 1988, 2597 – Leibl/Duveneck. 312 Staudinger-Singer, 313 

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können. Der Verkäufer ist also nicht an der Anfechtung gehindert, wenn er – ins­ besondere bei gleichwertigen Kunstwerken – keinen wirtschaftlichen Nachteil nachweisen kann. Diese Grundsätze helfen dem Verkäufer aber auch, wenn über den Wert des Kunstwerks Streit bestehen sollte, und führen damit auch zu prak­ tischen Erleichterungen. ff) Die Verkehrswesentlichkeit einer Eigenschaft Eine über das Erfordernis der Erheblichkeit des Irrtums hinausgehende Ein­ schränkung der relevanten Irrtümer enthält das Kriterium der verkehrswesent­ lichen Eigenschaft in §  119 Abs.  2 BGB. Anders als die Kausalität wird die Ver­ kehrswesentlichkeit nur für den Eigenschaftsirrtum nach §  119 Abs.  2 BGB ver­ langt. Zur Auslegung der Verkehrswesentlichkeit werden insbesondere drei Ansätze vertreten,319 nach denen im Ergebnis die Authentizität320 immer dann als verkehrswesentliche Eigenschaft zu beurteilen ist, wenn dadurch die durch die Vertragsauslegung gefundene Risikoverteilung gewahrt bleibt. gg) Das Verschulden eines Vertragspartners und die Veranlassung des Irrtums durch eine Vertragspartei Nach deutschem Recht ist weder ein Verschulden seitens des Irrenden noch sei­ tens des Erklärungsempfängers erforderlich. Für den Erklärungsempfänger folgt das aus einem Umkehrschluss zu §  122 Abs.  2 BGB, wonach die Schadensersatz­ pflicht des Irrenden ausgeschlossen ist, wenn der Erklärungsempfänger die „An­ fechtbarkeit kannte oder infolge von Fahrlässigkeit nicht kannte“. Aus dem Um­ stand, dass die Schadensersatzpflicht des Anfechtenden nach §  122 Abs.  1 BGB nur die Anfechtung, nicht ein Verschulden, voraussetzt, folgt, dass das Verschul­ den des Anfechtenden nicht zu berücksichtigen ist.321 hh) Die Anwendbarkeit der Irrtumsanfechtung bei beiderseitigem Irrtum Rechtsprechung und Literatur behandeln gemeinsame Irrtümer teilweise nach den Vorschriften in §  313 BGB. Für die Irrtumsanfechtung ist das lediglich in­ soweit relevant, wie dieser Umstand das Verhältnis derselben zum Institut der Störung der Geschäftsgrundlage betrifft. Nur sofern die Bestimmungen in §  313 319 

Siehe dazu die Ausführungen zum verbleibenden Anwendungsbereich der Irrtumsanfech­ tung für den Käufer unter B.I.3.c). 320  In Bezug auf die Urheberschaft: BGH, Urt. v. 8.6.1988 – VIII ZR 135/87 = NJW 1988, 2597 – Leibl/Duveneck. Zustimmend: Mayer-Maly, in: FS Pedrazzini, S.  343, 346. In Bezug auf das Alter: RG, Urt. v. 22.2.1929 – II 357/28 – Ming-Vasen = RGZ 124, 115. 321 Staudinger-Singer, §  119 Rn.  104.

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BGB die Anwendbarkeit der Irrtumsanfechtung in Fällen einer beiderseitigen Fehlvorstellung ausschließen, droht eine Reduktion des Anwendungsbereichs der Irrtumsanfechtung auf einseitige Irrtümer einer Vertragspartei. Fehlerhafte Zuordnungen stören das vertragliche Gleichgewicht oftmals gera­ de deshalb, weil beide Parteien übereinstimmend bei Vertragsschluss Vorstellun­ gen über die Herkunft des Kunstwerks hatten, die sich später als unzutreffend erweisen. Gemeinsame Irrtümer scheinen im Kunsthandel daher abseits von Spekulationsgeschäften eher die Regel als die Ausnahme zu sein. Die Lösungs­ möglichkeiten für die Behandlung von gemeinsamen Irrtümern divergieren. Die Rechtsprechung wendet in Fällen beiderseitiger Irrtümer die Regeln über die Störung der Geschäftsgrundlage an.322 Das Schrifttum ist uneins. Ein Teil der Literatur bringt ein auf den ersten Blick gewichtiges Argument gegen die Irrtums­ anfechtung vor. Bei beiderseitigen Irrtümern könnten beide Vertragsparteien an­ fechten, sodass nur vom Zufall abhinge, welche Partei die Anfechtung erkläre und damit eine eigene Schadensersatzpflicht begründe, was als unbillig empfun­ den wird.323 Diesem Argument wird entgegengehalten, dass regelmäßig nur eine Partei Interesse an der Anfechtung habe und dass es dadurch keinesfalls zufällig sei, welche Partei die Schadensersatzpflicht treffe.324 Als zweites zentrales Argument wird von den Verfechtern des Vorranges der Regeln über die Störung der Geschäftsgrundlage die Begründung des Gesetz­ gebers zur Kodifikation dieses Rechtsinstituts angeführt, die die Anwendbarkeit des §  119 BGB sperren soll.325 Die Begründung lässt aber beide Interpretations­ möglichkeiten zu, da sie den Anwendungsbereich des Rechtsinstituts bestimmt.326 Auch die weiteren Argumente deuten eher darauf hin, dass die Irrtumsanfech­ tung nicht ausgeschlossen ist. Eine Beschränkung der Irrtumsanfechtung auf Fäl­ 322  BGH, Urt. v. 30.1.2004 – V ZR 92/03 = NJW-RR 2004, 735; BGH, Urt. v. 5.2.1986 – VIII ZR 72/85 = NJW 1986, 537; OLG Hamm, Urt. v. 21.2.2005 – 13 U 25/04. Ob das Vorlie­ gen eines beiderseitigen Irrtums den Verkäufer im Leibl/Duveneck-Fall an einer Anfechtung gehindert hätte, ließ der Bundesgerichtshof jedoch offen, BGH, Urt. v. 8.6.1988 – V ZR 135/87 Rn.  27. Dazu: Köhler/Fritzsche, JuS 1990, 16, 20. 323 Erman-Arnold, Vor §  116 Rn.  2; Wolf/Neuner, §  41 Rn.  70; jurisPK BGB-Pfeiffer, §  313 Rn.  16 (Stand: 1.10.2014). 324  Köhler/Fritzsche, JuS 1990, 16, 20; MüKo-Finkenauer, §  313 Rn.  149. 325  Wolf/Neuner, §  41 Rn.  70; Erman-Arnold, Vor §  116 Rn.  21 beide mit Bezug auf BTDrucks. 14/6040, S.  176. 326  In der Begründung (BT-Drucks. 14/6040, S.  176) heißt es: „Dabei geht es um die Fälle des gemeinschaftlichen Motivirrtums sowie solche Fälle, in denen sich nur eine Partei falsche Vorstellungen macht, die andere diesen Irrtum aber ohne eigene Vorstellungen hingenommen hat. Damit werden diese Fälle, deren Zuordnung zum Teil umstritten ist, ausdrücklich als An­ wendungsfall des Wegfalls der Geschäftsgrundlage eingeordnet.“ Ein Ausschluss der Irrtums­ anfechtung folgt aus dieser Formulierung nicht zwingend.

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B. Das deutsche Recht

le des einseitigen Irrtums gibt der Wortlaut des §  119 BGB nicht her.327 Die Irr­ tumsanfechtung zuzulassen ist zudem aus einem anderen Grund vorzugswürdig. Im Rahmen der Irrtumsanfechtung gilt §  242 BGB. Sofern der Anfechtungsgeg­ ner bereit ist, die vom Anfechtenden tatsächlich gewünschte Leistung zu erbrin­ gen, ist die Anfechtung ausgeschlossen.328 Es ist also auch im Irrtumsrecht eine Vertragsanpassung möglich. Das spricht im Ergebnis dafür, die Anfechtung nach der Wahl der Irrenden zuzulassen.329 Diese Lösung hat gegenüber dem Weg über die Störung der Geschäftsgrundlage den Vorteil, dass die Vertragsparteien selbst bestimmen können, welche Regelung sie bevorzugen. Die Ermittlung eines (bloß) hypothetischen Willens entfällt. Dies ist auch vor dem Hintergrund, dass Kunstwerke einer genauen Ermittlung des Marktwerts ohnehin nicht zugänglich sind330, geboten. Die Irrtumsanfechtung sollte daher im Kunsthandel nicht ausge­ schlossen sein, sofern ein beiderseitiger Irrtum vorliegt. Die Möglichkeit, den Kaufvertrag über den Weg von §  242 BGB anzupassen, könnte im Kunsthandel dazu führen, dass der Käufer dem Verkäufer die Zahlung der Differenz zum Wert anbieten kann. ii) Beweisschwierigkeiten Die Darlegungs- und Beweislastverteilung folgt den allgemeinen Grundsätzen. Derjenige, der sich auf den Irrtum beruft, hat die Tatsachen, aus denen sich Irr­ tum und Ursachenzusammenhang ergeben, darzulegen und nötigenfalls zu be­ weisen.331 Dadurch, dass in diesem Kontext innere Tatsachen relevant werden, kann die Beweisführung Schwierigkeiten bereiten.332 Sofern atypische Umstän­ de vorliegen, ist strenger zu prüfen, ob der Rückschluss auf eine entscheidende Tatsache zulässig ist.333 Dass er von einer unzutreffenden Zuschreibung ausging, hat demnach der Verkäufer zu beweisen, wenn er anfechten möchte. b) Fehlvorstellungen über andere Herkunftsfaktoren Bei Fehlvorstellungen über Expertisen, Werkverzeichniseinträge, Provenienz, Angaben zu Vorbesitzern, Ausstellungen oder anderen für die Authentizität rele­ 327 

P. Huber, S.  13.

328 Staudinger-Singer,

§  119 Rn.  103. Es wird teilweise die Ansicht vertreten, dass für dieses Ergebnis das Rechtsgeschäft umzudeuten sei: MüKo-Armbrüster, §  119 Rn.  141; Köhler/­ Fitzsche, JuS 1990, 16, 20. 329  So im Ergebnis: Locher, S.  147, soweit „die fehlerhafte Geschäftsgrundlage zum ge­ meinsamen Vertragsgegenstand geworden“ sei, und Wertenbruch, NJW 2004, 1977, 1980. 330  Köhler/Fritzsche, JuS 1990, 16, 19. 331 MüKo-Armbrüster, §  119 Rn.  138. 332 MüKo-Armbrüster, §  119 Rn.  138. 333 Staudinger-Singer, §  119 Rn.  117.

II. Rechtsstellung des Verkäufers

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vanten Faktoren ist grundsätzlich der Anwendungsbereich der Irrtumsanfech­ tung eröffnet. Schwierigkeiten können im Einzelfall entstehen, wenn der Bezug der Fehlvorstellung zur Sache zweifelhaft ist. Die Rechtsprechung schränkt ihre Definition der Eigenschaft, nach der grundsätzlich Umweltbeziehungen der Sa­ che erfasst sind, nämlich teilweise wieder ein und fordert einen „unmittelbaren“ Bezug der fraglichen Eigenschaft zur Sache.334 Die Gegenauffassung in der Lite­ ratur kritisiert diese Einschränkung335 und befürwortet eine Steuerung der rele­ vanten Eigenschaften allein über das Kriterium der Verkehrswesentlichkeit.336 Die Entscheidungspraxis der Gerichte belegt die Relevanz dieses Problems für den Kunsthandel kaum. Zwar geht ein durch das Oberlandesgericht Düsseldorf entschiedener Fall337 in diese Richtung, er spielte sich allerdings vor der Schuld­ rechtsmodernisierungsreform ab. Der Käufer hatte auf einer Versteigerung einen Schrank erworben, der ausweislich der Katalogbeschreibung aus der Barockzeit stammen und zu dem Inventar eines „herrschaftlichen Haushaltes“ gehört haben sollte. Nach damaligen Recht und der gegebenen Fallkonstellation war entschei­ dend, ob in der Herkunftsangabe, der Schrank stamme aus einem „herrschaftli­ chen Haushalt“, eine zugesicherte Eigenschaft im Sinne von §  459 BGB a. F. lag. Dies verneint das Oberlandesgericht Düsseldorf. Es handele sich nicht um ein Merkmal, welches in der Beschaffenheit des Schrankes seinen Grund habe.338 Demgegenüber belegt das vorhandene Entscheidungsmaterial zu §  459 a. F. BGB, dass Herkunftskriterien weitestgehend erfasst sind.339 Wenngleich noch offen ist, wie sich der Begriff der Eigenschaft im Sinne von §  119 Abs.  2 BGB zur Beschaffenheit nach reformiertem Schuldrecht verhält, schließt die Entschei­ dung des Oberlandesgerichts Düsseldorf die weitgehende Einbeziehung werk­ externer Faktoren im Kunsthandel, sofern sie wertbildend sind, nicht aus.340 Der Urt. v. 18.11.1977 – V ZR 172/76 = BGHZ 70, 47 – Erbbaurecht; BGH, Urt. v. 18.12.­1954 – II ZR 296/53 = BGHZ 16, 54, 57 – Ultraschallgerät; RG, Urt. v. 9.11.1906 – II 173/06 = RGZ 64, 266, 269 – Erwerb aus der Konkursmasse. 335  U.a. MüKO-Armbrüster, §  119 Rn.  104. 336 Staudinger-Singer, §  119 Rn.  88. 337  OLG Düsseldorf, Urt. v. 10.4.1992 – 22 U 229/91 = NJW-RR 1993, 1522 ff. 338  OLG Düsseldorf, Urt. v. 10.4.1992 – 22 U 229/91 = NJW-RR 1993, 1522, 1523. 339  In diese Richtung: BGH, Urt. v. 28.6.1972 – VIII ZR 60/71 = NJW 1972, 1658, 1658; in Bezug auf die Zugehörigkeit zu Privatbesitz und einer früheren Sammlung. Siehe auch: OLG Hamm, Urt. v. 12.6.1992 – 29 U 63/91 = NJW-RR 1993, 628, 629, angedeutet für die Herkunft aus einem Malernachlass. 340  Dass bei wertbildenden Faktoren anders zu entscheiden sein könnte, deutet auch das OLG Düsseldorf mit Verweis auf eine Entscheidung des Reichsgerichts (Urt. v. 25.9.1934 – 79/34 – RG II = Ergänzungsblatt zur DJ 1935, S.  268) an; das Reichsgericht hatte in Bezug auf die Tatsache, dass das streitgegenständliche Werk, ein entgegen der Annahme beim Kauf nicht von Rembrandt, sondern von einem seiner Schüler geschaffenes Bild, (nicht) aus Privatbesitz stammte und hinsichtlich der Annahme, das Werk sei im Kunsthandel unbekannt, Eigenschaf­ 334 BGH,

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B. Das deutsche Recht

Fall ist aufgrund der Ungenauigkeit der Herkunftsangaben und des zweifelhaften Rückschlusses des Erwerbers daher als atypisch anzusehen. c) Einschränkungen der Zulässigkeit der Irrtumsanfechtung des Verkäufers Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs im Leibl/Duveneck-Fall341 themati­ siert den Aspekt, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen das Anfechtungsrecht des Verkäufers eingeschränkt werden könnte, kaum. Ohne näher auf Aspekte ei­ ner angemessenen Risikoverteilung einzugehen, billigte der Bundesgerichtshof dem Verkäufer ein Anfechtungsrecht zu. Auch das Reichsgericht deutete im Ming-Vasen-Fall342 den Maßstab für die Abgrenzung von bewussten und unbe­ wussten Fehlvorstellungen eher an. Das Tatgericht solle feststellen, ob in der Sphäre des Anfechtenden mit der Möglichkeit einer früheren Entstehungszeit der Ming-Vasen gerechnet worden sei. Dass in der verwendeten Formulierung termi­ nologisch eine Umschreibung der Fahrlässigkeit anklingt, könnte hier die Ten­ denz erkennen lassen, eine unbewusste Fehlvorstellung nur gelten zu lassen, wenn der Irrende zu einer fehlerhaften Vorstellung von der Wirklichkeit gelangt ist, ohne gegenteilige Anhaltspunkte außer Acht zu lassen. Diesen Entscheidungen stehen drei Gegenbeispiele gegenüber. In der ein­ gangs schon referierten Entscheidung, in der das Reichsgericht das Anfechtungs­ recht eines Verkäufers, der sich über die Qualität von auf seinem Grundstück gefundenen Knochen geirrt hatte, ablehnte, begründete das Gericht seine Ent­ scheidung damit, dass die Fehlvorstellung den Wert der Knochen betreffe.343 Ähnlich entschied das Amtsgericht Coburg in einem Fall, in dem der Verkäufer auf einem Trödelmarkt versehentlich wertvolle Notenhefte, die Mozart zugeord­ net werden, verkaufte. Ein Anfechtungsrecht des Verkäufers sei nicht gegeben, weil der sich aus „Herkunft, Alter, Erhaltungsqualität und Seltenheit antiquari­ scher Notenhefte erst mittelbar nach der Verkehrsanschauung ergebene Wert“ keine Eigenschaft sei.344 Diese beiden Urteile lassen die genauen Gründe für das Ablehnen des Anfechtungsrechts nebulös. Die Begründung des Amtsgerichts Coburg deutet die Tendenz an, den Fall mit einem Irrtum über den Wert einer Sache gleichzusetzen. Angesichts der Ausführungen des Bundesgerichtshofs im Leibl/Duveneck-Fall, nach denen die Anfechtung auch bei einem den Irrtum über die Urheberschaft überlagernden Irrtum über den Wert des Kunstwerks nicht ten angenommen. In diese Richtung auch: OLG Hamburg = HansGZ 1918, Beilage 115 für die Begutachtung durch einen Fachmann und die Herkunft des streitgegenständlichen Bildes aus einer Sammlung (insb. S.  116 f.). 341  BGH, Urt. v. 8.6.1988 – VIII ZR 135/87 = NJW 1988, 2597. Siehe A.I.1.f). 342  RG, Urt. v. 22.2.1929 – II 357/28 = RGZ 124, 115. Siehe A.I.1.d). 343  RG, Urt. v. 15.2.1912 – 322/11 = RG JW 1912, 525, 525. 344  AG Coburg, Urt. v. 24.4.1992 – 14 C 1485/91 = NJW 1993, 938.

II. Rechtsstellung des Verkäufers

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ausgeschlossen ist,345 ist diese Begründung nur eingeschränkt tragfähig. Auch im Schrifttum herrscht Uneinigkeit in Bezug auf die Frage, wann Einschränkungen der Irrtumsanfechtung geboten sind. Einige Stimmen billigen dem Verkäufer gar kein Anfechtungsrecht zu, andere argumentieren mit wertenden Gesichtspunk­ ten. Eine einheitliche Richtlinie hat sich nicht etablieren können.346

3. Rechtsbehelfe des Verkäufers gegen den Vermittler bzw. das Auktionshaus Zu erwägen ist, ob der Verkäufer sowohl bei Unter- als auch bei Überbewertung des Kunstwerks gegen das Auktionshaus vorgehen kann. Rechtliche Grundlage hierfür sind einerseits vorvertragliche Nebenpflichten zu dem Versteigerungsauf­ trag, gegebenenfalls ein eigener Bewertungsauftrag oder, sofern die Begutach­ tung Teil des Versteigerungsauftrags ist, dieser selbst. Maßgeblich für eine Haf­ tung ist materiell-rechtlich, ob das Auktionshaus Sorgfaltspflichten verletzt hat. Diesbezüglich gelten die Ausführungen zur Haftung gegenüber dem Käufer347 weitestgehend entsprechend, sie sind aber in Bezug auf mögliche Weisungen des Verkäufers zu ergänzen, aus denen sich im Einzelfall eine individuelle Sorgfalts­ pflichtverletzung ergeben kann.

4. Zusammenfassung der Rechtsstellung des Verkäufers Der Verkäufer kann bei fehlerhaften Zuordnungen anfechten, wenn die Zuschrei­ bung vertraglich vereinbart oder wenn für den Käufer erkennbar war, dass die beim Kauf angenommene Zuschreibung für den Verkäufer von Bedeutung war. Die Anfechtung ist auch möglich, wenn sich erst später herausstellt, dass der Verkäufer ein unerkanntes Original veräußert hat, obwohl der Verkäufer im Vor­ feld des Verkaufs die Möglichkeit hatte, das Kunstwerk umfassend zu untersu­ chen und Expertisen einzuholen. Bei einer Fälschung ist zu prüfen, ob dem Ver­ käufer im Einzelfall unter Billigkeitsgesichtspunkten die Anfechtung zu versa­ gen ist. Ausgeschlossen ist die Anfechtung hingegen bei Spekulationsgeschäften, insbesondere, wenn der Verkäufer in Kauf genommen hat, dass das Kunstwerk höherwertig sein könnte, und dennoch keine Expertisen eingeholt hat.

345 

BGH, Urt. v. 8.6.1988 – VIII ZR 135/87 = NJW 1988, 2597. Näheres unter E.II.1.a)dd). 347  Siehe B.I.4.a)bb)(4). 346 

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B. Das deutsche Recht

III. Gegenüberstellung der Rechte der Beteiligten In der Gesamtschau wird deutlich, dass die Sperrwirkung der Sachmängel­ gewährleistung ein schwer fassbares Phänomen ist, welches insbesondere im Kunsthandel keine klaren Konturen hat. Die ausgewertete Literatur und Recht­ sprechung belegen grundsätzlich ein Bewusstsein dafür, dass die Sperrwirkung der Sachmängelgewährleistung zu einem Ungleichgewicht der Rechte der Betei­ ligten im Kunsthandel führen kann, welches noch nicht aufgelöst ist. Die Unter­ suchung hat einige Punkte ergeben, die für die Frage, wie möglicherweise ein Gleichgewicht der Rechte der Beteiligten im Kunsthandel hergestellt werden könnte, von Relevanz sind:

1. Veränderte Rechtslage seit der Schuldrechtsmodernisierungsreform Die Rechtslage hat sich seit der Begründung der Sperrwirkung der Sachmängel­ gewährleistung durch das Reichsgericht, insbesondere seit dem Ruisdael-Fall,348 deutlich verändert; insbesondere existiert die sechsmonatige Verjährungsfrist für Sachmängelgewährleistungsrechte, wie sie in §  477 BGB a. F. vorgesehen war, heute nicht mehr. Die Sperrwirkung der Sachmängelgewährleistung hat dadurch, obwohl die Bezeichnung unverändert geblieben ist, eine andere Gestalt ange­ nommen. Sie ist Ausdruck einer Abwägung der Interessen, die hinter den Vor­ schriften der Sachmängelgewährleistung in den §§  434 BGB stehen. Diese unter­ scheiden sich von den Wertungen, die hinter §  477 BGB standen.349

2. Nach geltendem Recht: Gefahr eines Ungleichgewichts aufgrund unterschiedlicher Fristenregelungen für die Beteiligten Das Ungleichgewicht der Rechte der Beteiligten folgt aus unterschiedlichen Ausübungsfristen. Ein Ausschluss der Irrtumsanfechtung für den Käufer wiegt schwer, wenn ihm keine anderen, gleichwertigen Rechte zur Verfügung stehen. Dies wird bei einer Gegenüberstellung der Rechtsbehelfe und Fristen deutlich. Aus der Untersuchung ergibt sich, dass grundsätzlich zwei Konstellationen zu unterschieden sind: unverschuldete und von einer der Vertragsparteien verschul­ dete Fehlvorstellungen hinsichtlich für die Authentizität relevanter Faktoren.

348 

Siehe dazu insbesondere unter A.I.1.e). Siehe dazu A.I.2 sowie B.I.3.a)dd). Zu den Folgen dieser Veränderung siehe auch E.II.1.b)bb)(2). 349 

III. Gegenüberstellung der Rechte der Beteiligten

127

a) Verschuldensunabhängige Rechtsbehelfe Ohne ein Verschulden der jeweils anderen Vertragsparteien darlegen oder gar nachweisen zu müssen, kann sich jede Partei vom Kaufvertrag lösen – der Käu­ fer unter Geltendmachung seines Rücktrittsrechts nach §§  437 Nr.  2, 440, 323, 326 Abs.  5 BGB, der Verkäufer, indem er die Anfechtung wegen eines Irrtums über eine verkehrswesentliche Eigenschaft nach §  119 Abs.  2 BGB erklärt. Die tatbestandlich spiegelbildlichen Konstellationen scheinen nach ganz überwie­ gender Ansicht auch unter rechtlichen Gesichtspunkten spiegelbildlich behandelt zu werden – jedenfalls soweit es darum geht, den Parteien dem Grunde nach ein Loslösungsrecht in Bezug auf den Kaufvertrag zu gewähren. Trotz besonders in den Einzelheiten höchst verschiedener Begründungen lässt sich die folgende Richtlinie ausmachen: Eine Loslösung vom Vertrag kommt in Betracht, wenn die Parteien übereinstimmend einen bestimmten Künstler als Urheber des Werks be­ nannt oder eine konkrete Epoche, einen Künstlerkreis oder einen Ort ausgemacht haben. Die Abweichung muss dann aber auch den jeweils konkret vereinbarten Punkt betreffen. Fehlt eine solche Bestimmung oder überwiegen die Anhalts­ punkte, dass die Parteien Unsicherheiten in Kauf genommen haben, so steht kei­ ner der Parteien ein Loslösungsrecht zu. Für den Käufer wird die Lage jedoch nachteiliger, wenn ein geschäftsmäßig vereinbarter Gewährleistungsausschluss vorliegt. Der Käufer kann dann weder den Rücktritt erklären noch anfechten. Ausnahmen gelten hier, sofern die Verkaufsbedingungen der jeweiligen Auk­ tions­häuser Fälschungen vom Gewährleistungsausschluss ausnehmen. b) Rechtliche Lage bei arglistigen Sorgfaltspflichtverletzungen Bei Sorgfaltspflichtverletzungen kann der Käufer sämtliche Sachmängelgewähr­ leistungsrechte geltend machen und, sofern die Schwelle der Arglist erreicht wurde, den Kaufvertrag nach §  123 BGB anfechten. Der Verkäufer kann sich in der umgekehrten Situation auf den Anfechtungsgrund in §  119 Abs.  2 BGB oder den in §  123 BGB berufen. Darüber hinaus kann er eine vorvertragliche Pflicht­ verletzung geltend machen und nach §§  311 Abs.  2, 280 Abs.  1, 241 Abs.  2 BGB Schadensersatz fordern. c) Fristen für die Ausübung der jeweiligen Rechte bzw. Rechtsbehelfe So ähnlich sich die verschuldensunabhängigen Rechtsbehelfe der Parteien zu sein scheinen, so unterschiedlich sind sie hinsichtlich ihrer Ausübungsfristen. Der Käufer hat den Rücktritt binnen zwei Jahren, beginnend mit der Ablieferung des Kunstwerks, zu erklären, um nicht dem Einwand der Unwirksamkeit des Rück­ tritts nach §  218 Abs.  1 BGB wegen der Verjährung des dem Kauf zugrunde lie­

128

B. Das deutsche Recht

genden Erfüllungsanspruchs ausgesetzt zu sein. Demgegenüber kann der Verkäu­ fer die Anfechtung noch unverzüglich erklären, nachdem er den Irrtum entdeckt hat, §  121 Abs.  1 BGB. Infolge der Kenntnisabhängigkeit des Beginns der An­ fechtungsfrist kann der Verkäufer unter Berücksichtigung der Regelung in §  121 Abs.  2 BGB in einer absoluten Frist von maximal zehn Jahren anfechten. Der Käufer, für den der Erwerb des fraglichen Kunstwerks ein Handelsgeschäft im Sinne von §§  343, 344 HGB darstellt, kann unter dem Gesichtspunkt der Vor­ schrift in §  377 Abs.  1 HGB gehalten sein, das Bild nach dem Erwerb unverzüg­ lich zu untersuchen, um den Einwand der Präklusion zu vermeiden. Dass ein kaufmännischer Kunstkäufer in Anwendung der Rügepflicht in Bezug die auf fehlende Authentizität schlechter stehen könnte als ein Verbraucher, ist daher nicht auszuschließen. Vor dem Hintergrund der Differenzierung zu §  377 Abs.  3 HGB drohen rechtliche Nachteile bei einer unterlassenen oder nicht rechtzeitigen Rüge unmittelbar nach dem Erwerb nur bei erkennbaren Mängeln; nicht verlangt wird die Beauftragung einer kunstwissenschaftlichen oder material-­technischen Untersuchung – mit dem Argument, ein derartiges Vorgehen sei nicht „nach ord­ nungsgemäßem Geschäftsgange tunlich“ im Sinne der genannten Vorschrift.350 Bei Kunsthändlern, die besonders im höheren Preissegment tätig sind, ist diese Begründung der Beschränkung der Rügepflicht möglicherweise Bedenken ausge­ setzt. Der Ankauf von Kunstwerken zum Zweck der gewinnbringenden Weiter­ veräußerung kann es mit sich bringen, dass die Überprüfung der Authentizität auch vor dem Hintergrund des weiteren Handels tunlich erscheinen mag. Soweit sich hieraus eine Untersuchungspflicht ergibt, könnte diese zum Nach­ teil des Händlers wirken und ihn unter zeitlichen Gesichtspunkten sehr belasten. Die genaue Länge der Frist ist im Einzelfall zu ermitteln;351 ein Handelsbrauch, der einen Zeitraum von einem Jahr bestimmt, besteht nicht.352 Angesichts einer hier drohenden Überspannung der Anforderungen353 könnte eine restriktive Aus­ legung des Merkmals „nach ordnungsgemäßem Geschäftsgange tunlich“ gebo­ ten sein. Bei später erkannten Mängeln, insbesondere nach dem Erhalt eines Fäl­ schungsgutachtens seien sofort Rechte354 auszuüben. Die Fristen ändern sich, sofern Arglist im Spiel ist. Das Gesetz bestimmt in §  438 Abs.  3 S.  1 BGB, dass in solchen Fällen die regelmäßige Verjährungsfrist gilt. In entsprechender An­ wendung von §  438 Abs.  4 S.  1 und §§  199, 195 BGB kann der Käufer nun bin­ nen drei Jahren, beginnend mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstand, die Sachmängelgewährleistungsrechte ausüben. Im günstigen Fall, in Berger, KUR 2003, 137, 141. Locher, S.  148. 352  Locher, S.  148. 353  Berger, KUR 2003, 137, 138. 354  Picker, Kunstgegenstände & Antiquitäten, S.  110. 350  351 

III. Gegenüberstellung der Rechte der Beteiligten

129

dem der Käufer das fragwürdige Kunstwerk am Anfang eines Jahres erwirbt, bleiben ihm also fast vier Jahre. Dieser Zeitraum deckt sich mit der Verjährungs­ frist für den Schadensersatzanspruch des Verkäufers wegen Verletzung vorver­ traglicher Pflichten. Unabhängig davon kann der Verkäufer auch in Fällen der Arglist die Anfechtung unter Einhaltung einer absoluten Frist von zehn Jahren, §  124 Abs.  3 BGB erklären; die Dauer der Frist beträgt hier sogar ein Jahr ab der Entdeckung der Täuschung, §  124 Abs.  2 BGB. d) Folgen für den Kunsthandel Der Käufer kann sich in der Regel nur dann von dem Kaufvertrag lösen, wenn er innerhalb von zwei Jahren feststellt, dass eine falsche Zuordnung vorliegt – es sei denn, der Verkäufer handelte arglistig. Aber auch dann ist die Frist begrenzt auf maximal knapp vier Jahre. Der Verkäufer kann den Kauf im Falle eines uner­ kannten Originals auch noch nach bis zu zehn Jahren rückabwickeln.

3. Offene Fragen in Bezug auf die Risikoverteilung im Kunsthandel Die Unsicherheiten im Kunsthandel bedürfen einer angemessenen Risikovertei­ lung. Zentrale Einzelprobleme sind die Haftung für Informationen, die im Kata­ log aufgeführt werden sowie die Behandlung von Neubestimmungen und von Verdachtsfällen. All diese Fragen werden in Deutschland zwar diskutiert, es fehlt aber an einer gesicherten Rechtslage. Dies mag auch damit zusammenhängen, dass die Rechte des Käufers zeitlich so beschränkt sind, dass die Rechtsprechung selten Gelegenheit hat, rechtsfortbildend Lösungen zu erarbeiten.

4. Ansätze zur Einschränkung der Irrtumsanfechtung des Verkäufers Eng mit der Problematik einer angemessenen Risikoverteilung verbunden sind die Ansätze in Literatur und Rechtsprechung, die Anfechtungsmöglichkeit für den Verkäufer zu beschränken. Neben Erwägungen der Risikoverteilung ist dies jedoch auch Ausdruck des Bestrebens nach einem Gleichgewicht der Rechte der Beteiligten.

5. Folgen für die weitere Untersuchung Aus dem Befund der Untersuchung der deutschen Rechtsordnung folgt, dass die Rechtsordnungen Frankreichs und Englands insbesondere daraufhin auszuwer­ ten sind, wie sie die Risikoverteilung im Kunsthandel steuern und ob die Lösun­ gen dieser Rechtsordnungen ein Gleichgewicht zwischen den Beteiligten her­ stellen können.

C. Das französische Recht Zu untersuchen ist die rechtliche Stellung von Käufern und Verkäufern bei feh­ lerhaften Zuordnungen von Kunstwerken nach der französischen Rechtsord­ nung.

I. Rechtsstellung des Käufers Fraglich ist, welche Vorgehensmöglichkeiten das französische Recht dem Käufer bei fehlerhaften Zuordnungen von Kunstwerken zur Verfügung stellt. Zu unter­ scheiden sind Rechtsbehelfe gegen den Verkäufer und solche gegen den Vermitt­ ler, insbesondere das Auktionshaus.

1. Rechtsbehelfe gegen den Verkäufer Die in Betracht kommenden Rechtsbehelfe sind die Vertragsauflösung oder die Schadensersatzklage auf der Grundlage der Sachmängelgewährleistung sowie die Rückforderung des Kaufpreises infolge einer Anfechtung wegen eines Irr­ tums oder einer arglistigen Täuschung. Aufgrund ihrer praktischen Bedeutung wird die Anfechtung zuerst untersucht. a) Die Irrtumsanfechtung In der Praxis begründet der Käufer Rückforderungsbegehren ganz überwiegend mit einem Irrtum.1 Im Folgenden seien zunächst kurz die abstrakten Anforde­ 1  In den folgenden Fällen hat der Käufer die Irrtumsanfechtung ausgeübt: Cour d’appel de Paris, 22.2.1950, R.D. 1950. 269 (falsche Zuschreibung zweier Rubens-Gemälde): Der Käufer hatte zwei Gemälde erworben, die von Peter Paul Rubens (flämischer Maler, 1577–1640) stammen sollten. Die erste Instanz lehnte seine Klage aufgrund eigener Fahrlässigkeit ab. Die­ se Entscheidung hob die Cour d’appel de Paris auf. Tribunal civil de la Seine, 8.12.1950, R.D. 1951. 50 (vermeintlich von Delacroix stammendes Werk): In dem entschiedenen Fall ging es um ein auf einer Versteigerung im Hôtel Drouot veräußertes Werk, vermeintlich von Delacroix (Ferdinand Victor Eugène Delacroix, französischer Maler, 1798–1863). Dem Käufer kamen nachträglich Authentizitätszweifel, die er mit Abweichungen von den Informationen im Auk­ tionskatalog begründete. Gegen die auf Zahlung des Kaufpreises und der im Zusammenhang

132

C. Das französische Recht

mit der Versteigerung entstandenen Kosten gerichtete Klage wandte der Käufer ein, der Kauf­ vertrag sei wegen Irrtums zu annullieren. Das Tribunal civil de la Seine überzeugte diese Argu­ mentation nicht. Die Zweifel an der Authentizität seien zu unbestimmt bzw. nicht hinreichend nachgewiesen und mögliche Abweichungen in Bezug auf die Größe, den Platz, an dem das Gemälde beim Meister gehangen haben sollte, und das Datum der Entstehung (relevante Kata­ logangaben in dem Fall) seien nicht ausreichend, um die Irtumsanfechtung zuzulassen. Cour d’appel de Paris, 12.2.1954, Gaz. Pal. 1954. 281 (Auktionskauf eines Botticelli zugeschriebe­ nen Werks): Bei dem im Katalog beschriebenen Werk „aus der Schule von Botticelli“ (Sandro Botticelli, italienischer Maler, 1447–1510) handele es sich eine Kopie von der Hand eines Künstlers ohne Bezug zum Meister. Cour de cassation, 1re chambre civile, 16.12.1964, R.D. 1965. 136 (Auktionskauf eines mit Jean Désiré Gustave Courbet (französischer Maler, 1819– 1877) signierten Werks): Der Käufer hatte in diesem Fall ein Werk mit der Signatur GCourbet erworben mit der zusätzlichen Information, dass das Werk Courbet zugeschrieben werde. Mit seiner auf die Irrtumsanfechtung gestützten Klage unterlag der Käufer, weil die Gerichte der Auffassung waren, dass er bewusst Zweifel hinsichtlich der Zuschreibung in Kauf genommen habe. Als gebildetem Käufer müsse ihm klar gewesen sein, dass die Formulierung „zugeschrie­ ben“ Restzweifel beinhaltete und dass die Information, das Bild sei signiert, lediglich die Aus­ sage beinhalte, dass eine Signatur auf dem Bild vorhanden sei. Cour de cassation, 1re chambre civile, 23.2.1970 (Nº 68-13.563), Bull. civ. 1970 Nº 66, R.D. 1970. 604, note Etesse (zwei Stüh­ le aus der Epoche Louis XV): Streitgegenstand der Entscheidung waren zwei Stühle aus der Epoche Louis XV, beschrieben als „marquises“. Später stellte sich heraus, dass es sich um Stühle der „bergéres“ handelte, mit Elementen aus der Zeit Louis’ XV und späterer Epochen. Die Cour de cassation wertete dies nicht als Irrtum über den Wert, sondern als „Substanzirr­ tum“. Cour de cassation, chambre commerciale, 20.10.1970, JCP 1971 II 16916, note Ghestin (Kauf von signierten Zeichnungen und Gemälden): Eine gewerbsmäßig handelnde Käuferin erwarb zum Gesamtpreis von 55.000,00 Francs mehrere Gemälde und Zeichnungen, die teil­ weise signiert waren. Später gab es Hinweise, die gegen die Authentizität der Werke sprachen. Das Tribunal de commerce ließ, bestätigt von der Cour de cassation, die Anfechtung wegen Irrtums und Täuschung nicht zu: Die Klägerin habe die Werke nicht im guten Glauben, dass es sich um Originale handele, erworben. Cour de cassation, 1re chambre civile, 26.1.1972, R.D. 1972 jur. 517 (Auktionskauf eines falschen Magnasco): Der Käufer eines Werkes, welches er beim Kauf für ein Werk von Magnasco gehalten hatte, begehrte – in diesem Fall erfolglos – die Annullierung des Kaufvertrags wegen eines Irrtums. Er scheiterte an dem erforderlichen Be­ weis, dass die Zuschreibung an Alessandro Magnasco (italienischer Maler, 1667–1749) eine wesentliche Eigenschaft war. Cour d’appel de Paris, 3.1.1974, Gaz. Pal. 1974. 708 (Kauf eines Schreibtisches aus der Epoche Louis XV): Die Authentizität eines Schreibtischs, vermeintlich aus der Epoche Louis XV, versehen mit einem möglicherweise gefälschten Stempel von Pierre Denizot, geriet in Zweifel. Entgegen der Entscheidung der Eingangsinstanz, des Tribunals de commerce de Paris, bejahte die Cour d’appel de Paris das Vorliegen eines Irrtums, obwohl der Käufer über besondere Fachkenntnisse verfügte. Tribunal de grande instance de Paris, 7.5.1975, R.D. 1976. 605 note, Jeandidier (Auktionskauf eines Gemäldes im Stil von Mariesche): Eine Gesellschaft, die professionell mit Kunstwerken handelte, erwarb auf einer Auktion ein Werk, welches nach den Informationen im Katalog im Stil von Mariesche gearbeitet sein sollte und in die Kategorie Alte Gemälde eingeordnet worden war. Es stand im Raum, dass das Werk aus der Schule von Guardi (Francesco Guardi, italienischer Maler, 1712–1793) stammen könnte. Bei der Reinigung des Werks wurde bedeutende Retuschen entdeckt. Die Käuferin konnte ange­ sichts ihrer Professionalität das Tribunal nicht von dem Vorliegen eines Irrtums, den sie der

I. Rechtsstellung des Käufers

133

Kaufpreisforderung des Verkäufers entgegenhielt, überzeugen. Cour d’appel de Metz, 25.6.­ 1976, R.D. 1977 IR 334 (Kauf einer Ming-Statuette): Der Käufer erwarb eine Statuette, die aus der Ming-Dynastie (chinesische Dynastie, 1368–1644) stammen sollte. Die Cour d’appel de Metz statuierte: Wenn der authentische Charakter einer Statuette bei einer Versteigerung Ein­ gang in den vertraglichen Rahmen gefunden habe, namentlich durch den Hinweis „17. Jahr­ hundert“, sich beziehend auf die Ming-Dynastie und nicht auf die Epoche der Fabrikation der Statuette, ist der Käufer zur Irrtumsanfechtung berechtigt. Cour de cassation, 1re chambre civile, 23.3.1982, JCP 1987 IV 205 (Kauf einer Zeichnung mit Zertifikat): In dieser Entscheidung ging es um eine Zeichnung, die laut einem Zertifikat einem berühmten Maler zugeordnet sein sollte, was sich später als falsch herausstellte. Die Cour d’appel de Grenoble, deren Entscheidung vor der Cour de cassation Bestand hatte, gab der Irrtumsanfechtung statt. Cour de cassation, 1re chambre civile, 31.3.1987, JCP 1987 IV 204; Duret-Robert, 312.31; Chatelain/Taugour­deau, S.  169 f. (Tang-Fall): Die Parteien stritten um Authentizität einer Statue aus der Tang-Dynastie (chinesische Kaiserdynastie, 618–907). Zum Sachverhalt siehe C.I.1.a), Fn. 1. Cour d’appel de Paris, 5.2.1994, R.D. 1994 somm. comm. 233 (Versteigerungskauf eines ­Maurice Utrillo zuge­ schriebenen Gemäldes): Anlass dieses Rechtsstreits waren Zweifel an der Authentizität eines beim Versteigerungskauf Maurice Utrillo (französischer Maler, 1883–1995) mittels einer Ex­ pertise zugeschriebenen Werkes, die die Irrtumsanfechtung begründeten. Cour d’appel de Dijon, 15.9.1994, Gaz. Pal. 1995 somm. 534: Streitgegenstand dieses Verfahrens war ein der Künst­ lerin Marie Laurencin (französische Malerin, 1883–1956) zugeschriebenes Werk. Die Cour d’appel war der Auffassung, insbesondere angesichts des Preises sei nicht zweifelhaft, dass die Authentizität in diesem Fall eine wesentliche Eigenschaft sei. Cour d’appel de Paris, 22.9.1995, R.D. 1995 somm. 225 (Leitsatz): Der Käufer, der glaubt ein Möbelstück aus einer bestimmten Epoche zu kaufen, unterliegt einem wesentlichen Irrtum, wenn das Möbelstück tatsächlich falsch gestempelt lediglich dem Stil dieser Epoche entspricht. Cour de cassation, 7.11.1995 (Nº 93-11.418), Bull. civ. 1995 Nº 401 (Verkauf eines Auguste Herbin zugeschriebenen Werks), zum Sachverhalt siehe C.I.1.a)bb)(2)(d)). Cour d’appel de Paris, 7.6.1996, Gaz. Pal. 1996 I 487: Der Ersteigerer berief sich auf einen Irrtum, weil er angesichts der Beschreibung im Ka­ talog davon ausging, ein Unikat des Künstlers Julian Schnabel (US-amerikanischer Maler, 1951) erworben zu haben; stattdessen handelte es sich um eine Lithografie. Cour de cassation, 1re chambre civile, 13.1.1998 (Nº 96-11.881), Bull. civ. 1998 I Nº 1, R.D. 2000, comm. 54, note Laplanche (Versteigerungskauf eines Mary Cassatt zugeschriebenen Pastells): Der Auktions­ käufer begehrte angesichts von Zweifeln an der Authentizität des ersteigerten Pastells, von denen er durch das Mary Cassatt-Komitee (US-amerikanische Malerin, 1844–1926) erfahren hatte, die Annullierung des Kaufvertrags wegen Irrtums. Die Vorinstanz, die Cour d’appel de Paris, ließ die Irrtumsanfechtung nicht zu: Die Authentizität sei laut der Aussage eines gericht­ lichen Experten nicht formal etabliert, sodass nicht bestätigt werden könne, dass das Pastell nicht authentisch sei. Die Cour de cassation hob diese Entscheidung auf und wies auf die Mög­ lichkeit eines Irrtums über die Sicherheit der Zuschreibung hin: Ohne Recherche feststellend, dass die Sicherheit der Zuschreibung keine qualité substantielle, also keine wesentliche Eigen­ schaft darstelle, und dass die Käuferin den Vertrag nicht irrtümlich eingegangen sei, fehle der angegriffenen Entscheidung die rechtliche Grundlage. Cour de cassation, 1re chambre civile, 20.3.2001, abrufbar unter legifrance.gouv.fr, JCP 2003 II 10090, note Cesaro (illustrierte Briefe von Picasso), zum Sachverhalt siehe C.I.1.a)bb)(2)(e)). Cour de cassation, 1re chambre civile, 3.4.­2002 (Nº 99-16.444), Bull. civ. 2002 Nº 111, JCP 2002, IV 1870 (Auktions­verkauf eines Monticelli zugeschriebenen Werks): Der Fall betraf ein im Auktionskatalog als Werk von ­Adolphe Monticelli (französischer Maler, 1824–1886) beschriebenes und entsprechend signier­

134

C. Das französische Recht

tes Werk. In der Beschreibung wurde aber offengelegt, dass ein Zertifikat von Sauveur Stammegna (Ersteller des Werkverzeichnisses) fehle. Die Cour de cassation wertete diese Einschrän­ kung nicht als ausreichend, um eine Garantiehaftung auszuschließen. Cour d’appel de Paris, 22.3.2005, Gaz. Pal. 2005. 2266 (Streit um eine Zuschreibung an ­Malewitsch): Streitgegestand war ein Kasimir Malewitsch (russischer Maler, 1878–1935) zugeordnetes Gemälde. Cour de cas­sation, 1re chambre civile, 5.2.2002 (Nº 99-21.444), Bull. civ. I Nº 46; JCP 2002 IV 1482, note Edelman, R.D. 2003. 436 und Cour de cassation, 1re chambre civile, 15.11.2005 (Nº 03-20.597), abrufbar unter. legifrance.gouv.fr, JCP 2005 II 10092, note ­Ickowicz; R.D. 2005 IR 2972; R.D. 2006. 1116, note Tricoire (Auktionskauf eines von Spoerri signierten Werkes): Ein auf einer Auktion versteigertes, von Daniel Spoerri (schweizerischer Künstler, geb. 1930) signiertes Werk stammte nicht, wie beim Kauf angenommen, von diesem, sondern von einem Elfjähri­ gen. Der Künstler hatte das Werk aber signiert und damit autorisiert. Dies genügte jedoch nicht, um die Authentizität anzunehmen. Cour de cassation, 1re chambre civile, 7.3.2006 (Nº 0315.671), abrufbar unter legifrance.gouv.fr., Bull. civ. 2006 I Nº 133, R.D. 2006 IR 884: Die Cour de cassation betonte in diesem Fall, dass das Bild mit der Signatur von Chaim Soutine (weißrussischer Maler, 1893–1943) und ohne Einschränkung veräußert worden war. Cour de cassation, 1re chambre civile, 31.5.2007 (Nº  05-17.203, non publibé au bulletin), abrufbar unter legifrance.gouv.fr, Duert-Robert 101.44 u. 101.46 (Auktionskauf eines Vlaminck zugeschrie­ benen Werks): Gegenstand dieses Rechtsstreits war ein Gemälde, im Auktionskatalog beschrie­ ben als Werk von Maurice de Vlaminck (französischer Maler, 1876–1958), signiert vom Künst­ ler und von einem Experten zertifiziert. Die Irrtumsanfechtung eines telefonischen, professio­ nellen Bieters war erfolgreich. Die Cour d’appel d’Aix-en-Provence wies die Klage u. a. wegen Irrtums ab, weil sie den Irrtum des Käufers, einer spezialisierten Galerie, für verschuldet hielt. Die Cour de cassation hob die Entscheidung auf. Das Werk sei mit einem Zertifikat und ohne Vorbehalt verkauft worden. Cour d’appel de Paris, 26.6.2007, R.D. 2007. 2788, note Baillet Bouin: In diesem Fall ging es um ein Werk des Künstlers Réné Magritte. Zum Sachverhalt siehe C.III.3.b). Cour de cassation, 1re chambre civile, 30.9.2008 (Nº 06-20.298), R.D. 2008. 2598 (Kauf einer Dalí zugeschriebenen Theaterdekoration): Streitgegenstand war ein Element einer Theaterdekoration, bei der nicht geklärt werden konnte, ob Salvador Dalí dieses eigen­ händig hergestellt hatte. Der Beklagte verteidigte sich mit dem Einwand, dass Dalí jedenfalls die Konzeption übernommen habe, konnte aber mit diesem Argument nicht verfangen. Cour de cassation, 1re chambre civile, 16.10.2008 (Nº 07-12.147), R.D. 2008. 39, JCP 2009 II 10015, note Barbieri (Auktionskauf eines Werks aus französischer Schule um 1600): Der Klage auf Annullierung eines Kaufvertrages über ein Gemälde aus der französischen Schule um 1600, die mit der Begründung, das Werk sei eine Reprise eines Gemäldes von Girolamo Francesco Maria Mazzola (italienischer Maler, 1503–1540) eingefordert worden war, gab das Gericht nicht statt. Verkauft worden sei ein Werk französischer Schule um 1600, welches der Käufer auch erhalten habe. Siehe dazu auch A.II.1.c). Cour de cassation, 1re chambre civile, 8.11.2009 (Nº 08-16.471), abrufbar unter legifrance.gouv.fr, R.D. 2010. 15 (Kauf einer Bronzestatue): In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Fall verweigerte die Ersteigerin – allerdings an­ gesichts des Zustands – die Abnahme einer Bronzestatue, und begründete ihre Weigerung mit einem Irrtum. Cour de cassation, 1re chambre civile, 20.10.2011 (Nº 10-25.980), zitiert nach legifrance.gouv.fr, R.D. 2012 comm. 76, note Labarthe (Auktionskauf eines Tisches aus der Epoche Louis XVI): Streitgegenstand war ein Tisch, im Auktions­katalog beschrieben als Boulle-­ Tisch (André-Charles Boulle, Hofschreiner Louis’ XVI), der später, im 19. Jahrhundert, restau­ riert worden war. Die Cour de cassation bestätigte in einer zweiten Entscheidung die Bewer­ tung der Cour d’appel de Paris, die den Tisch dennoch für authentisch hielt (zur Verfahrens­

I. Rechtsstellung des Käufers

135

rungen dargestellt, anschließend wird die konkrete Anwendung der Vorschrift im Kunsthandel aus der Sicht des Käufers näher untersucht. aa) Die Voraussetzungen der Irrtumsanfechtung Nach Art.  1130, 1131 Cciv. kann der Irrtum zur Nichtigkeit der Vereinbarung führen.2 Eine tatbestandliche Differenzierung nach verschiedenen Irrtumsgrün­ den sieht der Wortlaut des Gesetzes nicht vor. Eine Anfechtung wegen Irrtums setzt nach französischem Recht voraus, dass ein Irrtum vorliegt, ohne den die irrende Partei nicht oder nicht zu diesen Konditionen kontrahiert hätte (den Ver­ tragsschluss bestimmender Irrtum).3 Der Irrtum muss zudem für den Irrenden entschuldbar sein, Art.  1132 Cciv. (1) Die Definition des Irrtums Die französische Rechtsprechung und die Literatur sehen in dem erreur eine von der Realität abweichende, falsche Vorstellung.4 Die Beurteilung des Vorliegens eines Irrtums erfordert ein Vorgehen in zwei Schritten. Zu ermitteln sind die Vorstellung des Irrenden und die Wirklichkeit.5 (2) Der Bezugspunkt des Irrtums, Art.  1132 Cciv. Seit der Reform vom Oktober 2016 ist gesetzlich festgeschrieben, dass der Irr­ tum nicht mehr nur die Substanz der Kaufsache, sondern auch andere wesent­ liche Eigenschaften (qualités substantielles) betreffen kann.6 geschichte siehe note Labarthe). Zur Anfechtung des Käufers wegen Irrtums siehe auch die Auflistung bei Weber, AJA/PJA 2004, 947, 954, dort unter Fn.  48. 2  Art.  1130. Cciv. lautet: „L’erreur, le dol et la violence vicient le consentement lorsqu’ils sont de telle nature que, sans eux, l’une des parties n’aurait pas contracté ou aurait contracté à des conditions substantiellement différentes. Leur caractère déterminant s’apprécie eu égard aux personnes et aux circonstances dans lesquelles le consentement a été donné.“ Art.  1131 Cciv. lautet: „Les vices du consentement sont une cause de nullité relative du contrat.“ 3  Schon zum alten Recht war in Literatur und Rechtsprechung anerkannt, dass der Irrtum bestimmend für den Vertragsschluss gewesen sein muss, so beispielsweise Laplanche, note, Courd de cassation, 1re chambre civile, 13.1.1998, R.D. 2000 comm. 54, 54 f.; Duret-Robert, 311.22; ausführlicher zu diesem Punkt Thomsen, S.  137. 4  Aubert, note Cour de cassation, 1re chambre civile, 13.12.1983, R.D. 1984. 340, 341; in diese Richtung auch: Ghestin/Malinvaud, note Tribunal de grande instance de Paris, 13.12.1972, R.D. 1973.411, 412; J. Chatelain, note Cour d’appel d’Amiens, 1.2.1982 Rép. Defrénois 1982. 675, 684; Vieivlle-Miravete, note Cour de cassation, 1re chambre civile, 24.3.1987, JCP 1987 II 21300; Ghestin, in: International sales of works of art, Vol. I, S.  131, 136; ders., Traité de droit civil, S.  455. 5  J. Chatelain, note Cour d’appel d’Amiens, 1.2.1982, Rép. Defrénois 1982. 675, 684 ff. 6  Die gerichtliche Praxis wandte die Vorgängervorschrift, Art.  1110 Cciv., über den Wort­

136

C. Das französische Recht

Für den Käufer bedeutet dies, dass ein Irrtum in Betracht kommt, wenn eine Eigenschaft fehlt, die ausdrücklich oder stillschweigend vereinbart worden ist7 oder wenn die Parteien in Vorstellung der fraglichen Eigenschaft kontrahiert ­haben, Art.  1133 Cciv. Hintergrund dieses Erfordernisses ist die Erwägung des Schutzes des Vertragspartners. Dieser Schutzzweck soll eine Ausuferung der An­ fechtbarkeit durch eine weitreichende Berücksichtigung von rein subjektiven Vorstellungen verhindern.8 Fehlt die erforderliche Nähe zur vertraglichen Vereinbarung, richtet sich die Einbeziehung der Eigenschaft im Einzelfall nach der Definition der qualité substantielle. Die französische Doktrin eines subjektiven Verständnisses der qualité substantielle hat zur Folge, dass entscheidend ist, welche geistige Vorstellung der Anfechtende bei Vertragsschluss hatte.9 Die falsche Vorstellung muss zudem die Willenserklärung bestimmt haben.10 Der Käufer hat demnach innere Tatsa­ chen zu beweisen, was zu Schwierigkeiten führen kann. Es gibt zwei denkbare Herangehensweisen.11 Einerseits könnte die Feststellung der parteilichen Vor­ stellung anhand objektiv-abstrakter Gesichtspunkte zu beurteilen sein. Dann wäre auf den durchschnittlichen Käufer abzustellen (Beurteilung in abstracto).12 Die zweite Möglichkeit besteht darin, eine Einzelfallbewertung vorzunehmen

laut hinaus schon nach altem Recht an, wenn der Irrtum andere wesentliche Eigenschaften (qualités substantielles) betraf (u. a. Tribunal de grande instance de Paris, 13.12.1972, JCP 1973 I 17376, R.D. 1973. 410; zustimmend: Vivien, Rev. trim. dr. civ. 1992. 305, 322; Ghestin, Traité de droit civil, S.  462; Cabannes, note Cour d’appel de Paris, 2.2.1976, R.D. 1976. 325, 326; Litec Code civil, Art.  1110 ancien I A. 6; Méga Code civil Art.  1110 I. A. 2.). Dies folgte aus der in Frankreich dominierenden subjektiven Theorie zur Beurteilung der wesentlichen Eigenschaft. Danach bezeichnet die Substanz die Merkmale, an die die Vertragspartner bei Vertragsschluss gedacht haben, und nicht mehr – wie nach der aufgegebenen objektiven Theo­ rie – die spezifischen Elemente der Sache selbst (Trigeaud, Rev. trim. dr. civ. 1982, 55, 60). Nach dem früher herrschenden objektiven Verständnis erfasste die Vorschrift hingegen in erster Linie nur Fehlvorstellungen über das Material der Kaufsache. Dazu: Trigeaud, Rev. trim. dr. civ. 1982. 55, 57 f.; Duret-Robert, 311.12 unter Hinweis auf Pothier, Traité des obligations, Orléans, 1770. Die französische Rechtsprechung schloss sich dieser Theorie nur kurzzeitig – zwischen 1848 und 1875 – an, siehe dazu: Trigeaud, Rev. trim. dr. civ. 1982. 55, 59. 7  Art.  1133 Cciv.; zum alten Recht schon: Tournafond, note Cour de cassation, 1re chambre civile, 9.11.1988, R.D. 1991. 160, 160; zu dieser Möglichkeit auch: Trigeaud, Rev. trim. dr. civ. 1982. 55, 59. Zudem war die Anfechtung bereits möglich, wenn die Eigenschaft in den champ contractuel, also den Bereich der vertraglichen Vereinbarung, gelangt war (Ghestin, observa­ tions Cour de cassation, 1re chambre civile, 20.10.1970, JCP 1971 II 16916) 8  Malinvaud, R.D. 1972 chron. 215, 215. 9  Duret-Robert, 311.14. 10  Trigeaud, Rev. trim. dr. civ. 1982. 55, 60; Malinvaud, R.D. 1972 chron. 215. 11  Zu beiden Möglichkeiten: Duret-Robert, 311.24. 12  Trigeaud, Rev. trim. dr. civ. 1982. 55, 61 f.

I. Rechtsstellung des Käufers

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(Beurteilung in concreto).13 Soweit ersichtlich, besteht in der französischen Lite­ ratur keine Einigkeit über die zu bevorzugende Herangehensweise. Dem objek­ tiv-abstrakten Ansatz wird entgegengehalten, dass die zugrunde liegende Vermu­ tung an einer Situation mit vertypisierten Fakten ansetze.14 Soweit erkennbar, sind objektiv-abstrakte Gesichtspunkte in der Praxis dennoch vorrangig. Im Kunsthandel ist eine objektiv-abstrakte Beurteilung der wesentlichen Eigen­ schaft auch aufgrund des Dekrets vom 3. März 1981 geboten.15 (3) Die Entschuldbarkeit des Irrtums Der Irrtum kann nach französischem Verständnis nur dann zur Annullierung des Vertrags führen, wenn er im Hinblick auf den konkreten Fall entschuldbar ist, Art.  1132 Cciv .16 Umgekehrt ist der Irrtum damit kein Nichtigkeitsgrund, wenn er verschuldet ist, weil die Annullierung des Vertrags dann nicht gerechtfertigt ist.17 Die Beurteilung erfolgt grundsätzlich auf konkreter Basis.18 (4) Keine Einschränkungen bei gemeinsamem Irrtum Nach französischem Verständnis ist die Anfechtung bei ein- und beiderseitigem Irrtum möglich. bb) Die Anwendung der Irrtumsanfechtung im Kunsthandel Die Untersuchung konzentriert sich im Folgenden auf den Anwendungsbereich der Irrtumsanfechtung im Kunsthandel und beschränkt sich auf die spezifischen Probleme in diesem Kontext. (1) Der Irrtum Bezeichnend für die denkbaren Fehlvorstellungen des Käufers im Kunsthandel ist, dass er Herkunftsmerkmale des Kunstwerks annimmt, die nicht vorliegen oder deren Vorliegen nicht so sicher ist, wie es sich der Käufer zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses vorgestellt hat.

Duret-Robert, 311.24. Trigeaud, Rev. trim. dr. civ. 1982. 55, 62. 15  Näheres dazu unter C.I.1.a)bb)(2). 16  Dalloz, Code civil, Art.  1132 B.II.19. 17  Duret-Robert, 321.51. 18  Duret-Robert, 321.51. 13 Dazu: 14 

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C. Das französische Recht

(2) Die wesentliche Eigenschaft Im Kunsthandel kommt als wesentliche Eigenschaft in erster Linie die Authenti­ zität in Betracht. Unter Umständen kann die Fehlvorstellung aber auch andere, außerhalb des Kunstwerks liegende Authentizitätsmerkmale betreffen. (a) Die Authentizität Die Authentizität eines Kunstwerks kann nach allgemeiner Ansicht eine wesent­ liche Eigenschaft darstellen.19 Diskutiert wurde, ob die Bedeutung der Authenti­ zität konkret oder abstrakt zu beurteilen ist.20 Die praktischen Auswirkungen der Streitfrage sind für den Kunsthandel angesichts des Dekrets vom 3. März 1981 allerdings gering. Durch die Garantiehaftung für Informationen zu Herkunfts­ merkmalen wird der Irrtum im Anwendungsbereich des Dekrets verobjekti­ viert.21 Eine Abgrenzung zum Risikogeschäft ist nach französischem Verständnis dennoch erforderlich. (b) Das Dekret vom 3. März 1981 Die zivilrechtlichen Grundlagen des Kaufs von Kunstwerken werden im franzö­ sischen Recht überlagert durch das Dekret vom 3. März 1981, das Besonder­ heiten für den Kunsthandel vorsieht. Es dient der Bekämpfung des Betrugs im 19  Siehe dazu beispielsweise die nachfolgenden Entscheidungen: In Bezug auf den Künstler: u. a. Cour de cassation, 1re chambre civile, 16.12.1964, R.D. 1965. 136; Rechtssache Poussin: Cour d’appel de Paris, 2.2.1976, JCP 1976 II 18358, note Lindon; R.D. 1976. 325, note Cabannes; Cour de cassation, 1re chambre civile, 22.2.1978, R.D. 1978. 601, note Malinvaud; Terré/ Lequette, in: Capitant, Les grands arrêts de la jurisprudence civile, S.  355 ff.; Cour d’appel d’Amiens, 1.2.1982, JCP 1982 II 19916, note Trigeaud, Gaz. Pal. 1982. 1. 134, note Houpert; Rép. Defrénois 1982. 675, note J. Chatelain; Rev. trim. dr. civ. 1982. 416, note Chabas; Terré/ Lequette, in: Capi­tant, Les grands arrêts de la jurisprudence civile, S.  356 ff.; Tribunal de gran­ de instance de Paris, 13.12.1972, JCP 1973 17376 note Lindon; R.D. 1973. 410, note Ghestin/ Malinvaud; Cour de cassation, 1re chambre civile, 13.12.1983, R.D. 1984. 340, note Aubert; Terré/Lequette, in: Capitant, Les grands arrêts de la jurisprudence civile, S.  359 f.; Cour d’appel de Versailles, 7.1.1987, JCP 1988 II 21121 note Ghestin; R.D. 1987. 485, note Aubert; Terré/ Lequette, in: Capitant, Les grands arrêts de la jurisprudence civile, S.  361 ff. Siehe auch: Cour d’appel de Paris, 27.2.1998, R.D. 1998 IR 93; Laplanche, note Cour de cassation 1re chambre civile,13.1.1998, R.D. 2000 comm. 54; Litec Code civil, Art.  1110 ancien I 12, 15; Duret-­ Robert, 321.24; Chatelain/Taugourdeau, S.  149 u. 166; Méga Code civil Art.  1110 I. A. 5. In Bezug auf die Epoche bzw. das Alter u. a.: Cour d’appel de Metz, 25.6.1976, R.D. 1977 IR 334; Cour de cassation, 1re chambre civile, 27.2.2007 (Nº  02-13.420), abrufbar unter legifrance. gouv.fr, veröffentlicht in: Bull. civ. 2007 I Nº  90; Bouloc, RTDcom. 2007. 587; R.D. 2007. 1632, note Gautier; Duret-Robert, 321.24. 20  Duret-Robert, 321.24. 21  Labarthe, R.D. 2011. 1779.

I. Rechtsstellung des Käufers

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Kunsthandel und ist damit ein Instrument des Schutzes des Vertrauens des Käu­ fers. Einfallstor für die Berücksichtigung des Dekrets vom 3. März 1981 im Rah­ men der Irrtumsanfechtung ist das Tatbestandsmerkmal der wesentlichen Eigen­ schaft. Seit der Einführung des Dekrets vom 3. März 1981 entwickelte sich eine konstante Rechtsprechung zur Garantiehaftung (Näheres dazu im Folgenden). Danach begründet beispielsweise das Vorhandensein einer Signatur oder eines Stempels ohne ausdrückliche Einschränkung eine Garantie hinsichtlich der Au­ thentizität.22 Bestimmte Angaben implizieren damit, dass die Authentizität für den Käufer wesentlich ist. (c) Anwendungsbereich und Inhalt des Dekrets vom 3. März 1981 23 Das Dekret hat einen persönlichen und einen sachlichen Anwendungsbereich. Seinen persönlichen Anwendungsbereich bestimmt das Dekret vom 3. März 1981 indirekt, indem es festschreibt, dass der Verkäufer, seine Vertreter oder bestimm­ te Personen der öffentlichen Hand auf Verlangen des Käufers verpflichtet sind, diesem Dokumente auszustellen, in denen die Spezifikationen des Kaufs festge­ halten sind. Adressaten sind somit die erwähnten Personen (Art.  1 des Dekrets vom 3. März 1981). Galeristen, Antiquare, Auktionshäuser bzw. commissaires-­ priseurs unterliegen daher den Vorgaben des Dekrets vom 3. März 1981.24 Die Anwendbarkeit des Dekrets vom 3. März 1981 ist nicht auf unternehmerische Verkäufer beschränkt. Schon der gelegentliche Verkauf von Kunstwerken fällt in den Anwendungsbereich des Dekrets vom 3. März 1981.25 Auch seitens des Käu­ fers finden sich keine Einschränkungen. Es sind somit Verbraucher wie Kunst­ händler von dem Schutz des Dekrets vom 3. März 1981 erfasst. Sachlich findet das Dekret vom 3. März 1981 auf Käufe vom Kunstwerken Anwendung, insbe­ sondere auch, sofern es sich um Auktionskäufe handelt. Zentraler Regelungsgehalt des Dekrets vom 3. März 1981 ist die Festlegung eines einheitlichen Begriffsverständnisses von Formulierungen, die der Verkäu­ fer oder ihm zuzurechnende Personen typischerweise verwenden, wenn sie Kunst­werke beschreiben oder Auskünfte über sie erteilen. Von Bedeutung sind dabei insbesondere die Bestimmungen in den Art.  2 bis 6 des Dekrets vom 22  Cour de cassation, 1re chambre civile, 3.4.2002 (Nº  99-16.44), JCP 2002 IV 1870, zum Sachverhalt siehe C.I.1.a), Fn. 1; Cour de cassation, 1re chambre civile, 7.3.2006 (Nº  03-15.671), abrufbar unter legifrance.gouv.fr, Bull. civ. 2006 I Nº  133; R.D. 2006 IR 884, zum Sachverhalt siehe C.I.1.a), Fn. 1; Chatelain/Taugourdeau, S.  167. 23  Décret n°81-255 du 3 mars 1981 sur la répression des fraudes en matière de transactions d’oeuvres d’art et d’objets de collection (in der geänderten Fassung vom 9.11.2011), abrufbar unter legifrance.gouv.fr. Im Folgenden bezeichnet als „Dekret vom 3. März 1981“. 24  Labarthe, R.D. 2014. 1047, 1048. 25  Labarthe, R.D. 2014. 1047, 1048.

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C. Das französische Recht

3. März 1981. Diese legen fest, wann eine Garantiehaftung des Verkäufers be­ gründet ist.26 Nach Art.  2 des Dekrets vom 3. März 1981 führt die Nennung einer histori­ schen Periode, eines Jahrhunderts oder einer Epoche zur Begründung einer Ga­ rantie, dass das betroffenen Kunstobjekt aus der konkret angegebenen Zeitspan­ ne stammt; zusätzlich besteht eine Hinweispflicht bezüglich späterer Fabrikatio­ nen. Die folgenden Art.  3 bis 6 befassen sich mit Informationen zur Urheberschaft. Befindet sich eine Signatur oder ein (Echtheits-)Zeichen des Künstlers auf dem Objekt oder wird ein bestimmter Künstler als Urheber genannt, so löst dies grundsätzlich eine diesbezügliche Garantie aus. Die verpflichteten Personen können eine Garantiehaftung aber vermeiden, indem sie die Informationen unter einen Vorbehalt stellen (Art.  3 des Dekrets vom 3. März 1981). Diese Struktur wird entsprechend auf weitere Aussagen übertragen. So garantiert die Formulie­ rung, attribué à, also zugeschrieben, dass das Werk in der Schaffenszeit des an­ gegebenen Künstlers entstanden ist und dass es ernsthafte Anhaltspunkte für die Annahme gibt, dass das Werk von dem benannten Künstler stammt (Art.  4 des Dekrets vom 3. März 1981). Die Aussage, das Werk sei im Atelier eines be­ stimmten Künstlers entstanden, garantiert, dass diese Angabe zutrifft oder dass das Werk unter der Direktion des genannten Künstlers hergestellt worden ist (Art.  5 des Dekrets vom 3. März 1981). Die Nennung einer Meisterwerkstatt hingegen garantiert, dass der Künstler ein Schüler des Meisters war oder unter seinem Einfluss stand oder von seiner Technik profitiert hat (Art.  6 des Dekrets vom 3. März 1981). In den Art.  7 und 8 indes begrenzt das Dekret vom 3. März 1981 die Garantie­ haftung. Es stellt klar, dass bestimmte einschränkende Formulierungen Unsicher­ heiten zum Ausdruck bringen (beispielsweise: „im Stil“, in der „Art und Weise“, oder „nach“) und aus diesem Grund keine Garantien begründen. (d) Die Katalogangaben im Auktionshandel Bedeutendster Anwendungsbereich des Dekrets vom 3. März 1981 im Auktions­ handel ist das Verständnis der Katalogbeschreibungen. Der Auktionskatalog hat zwei Bedeutungen. Er dient der Information der Interessenten im Vorfeld der Auktion, sein Inhalt wird jedoch zugleich für den späteren Kaufvertrag rele­ vant.27 Die Beschreibungen im Katalog sind an den Vorgaben des Dekrets zu messen, in diesem Sinne zu verstehen und können zur Annahme einer Garantie führen,28 die den Verkäufer verpflichtet. Labarthe, R.D. 2014. 1047, 1048. Labarthe, R.D. 2011. 1779, 1779. 28  Labarthe, R.D. 2011. 1779, 1782. 26  27 

I. Rechtsstellung des Käufers

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Wie es sich auswirken kann, wenn ein und dasselbe Bild unterschiedlich be­ schrieben wird, zeigt die Rechtssache Fragonard.29 Das heute wohl berühmteste Bild des französischen Künstlers Jean-Honoré Fragonard30 war Gegenstand gleich zweier Verfahren, die bis zur Cour de cassation gelangten – eines der bei­ den sogar zweimal. Im ersten Verfahren31 hatte der zwischenzeitlich verstorbene Verkäufer im Jahr 1933 ein Bild mit dem Titel Le Verron veräußert. Dieses war beschrieben als attribué à Fragonard und wurde zu einem Preis von 67.500,00 Francs verstei­ gert. Später konnte das Bild dem Künstler selbst zugeschrieben werden. Die Er­ ben des Verkäufers klagten daraufhin, allerdings erfolglos, auf Annullierung des Kaufvertrags. Die mit der Sache befasste Cour d’appel de Paris stellte fest, dass die Parteien Unsicherheiten hinsichtlich der Urheberschaft akzeptiert hätten, so­ dass die Irrtumsanfechtung keiner der Beteiligten zulässig sei. Die Cour de cas­ sation billigte diese Auffassung. Sie ging davon aus, dass die Parteien die Mög­ lichkeit, dass das Gemälde vom Meister selbst stammen könnte, ignoriert hatten. Grundlegend anders verhielt sich die Sachlage im zweiten Verfahren. Die Er­ bin der Käuferin, die das streitgegenständliche Bild 1933 erworben hatte, die Gesellschaft Spoturno Coty, konnte den Kaufvertrag gerichtlich annullieren las­ sen. Anders als bei der Versteigerung im Jahr 1933 ging die Erbin, die das Ge­ mälde zwischenzeitlich bei einer Bank als Sicherheit eingesetzt hatte, woraufhin weitere Untersuchungen vorgenommen worden waren, davon aus, dass das Bild eine Kopie sei und aus der Schule Fragonards stamme. Bei einer Auktion im Jahr 1969 im Palais Galliera veräußerte sie das Bild unter der Katalogbeschrei­ bung Fragonard (école de Jean-Honoré). Der damals erzielte Preis lag bei 55.000,00 Francs. Der Erwerber Heim, der die Zuschreibung an Fragonard spä­ ter etablierte, war Direktor einer Galerie. 1974 erwarb das Musée du Louvre das Gemälde für 5.150.000,00 Francs. Als die Gesellschaft Spoturno Coty von der Neubestimmung erfuhr, klagte sie auf Annullierung des Kaufvertrags mit Wir­ kung zulasten des Musée du Louvre, hilfsweise auf Schadensersatz. Das Tribunal de grande instance als Eingangsinstanz wies die Klage ab.32 29 

Cour de cassation, 1re chambre civile, 24.3.1987, Bull. civ. 1987 I Nº  105; JCP 1987 II 21300, note Vieville-Miravete; R.D. 1987. 489, note Aubert; Tribunal de grande instance 21.1.1976, R.D. 1977. 478; Cour d’appel de Paris, 3.4.1978, zitiert nach Duret-Robert, 326.61, 331.24 u. 333.32; Cour de cassation, 1re chambre civile, 16.10.1979, Gaz. Pal. 1980. 60; Cour d’appel d’Amiens, 30.4.1990, zitiert nach Duret-Robert, 333.32; Cour de cassation, 1re chambre civile, 25.5.1992, Bull.civ. 1992 I Nº  165; R.D. 1993 somm. comm. 235, note Tournafond; dazu auch: Aubert, Rep. Defrénois 1993. 310, 312 ff. 30  1732–1806. 31  Cour de cassation, 1re chambre civile, 24.3.1987, Bull. civ. 1987 I Nº  105; JCP 1987 II 21300, note Vieville-Miravete; R.D. 1987. 489, note Aubert. 32  Tribunal de grande instance, 21.1.1976, R.D. 1977. 478.

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C. Das französische Recht

Diese Entscheidung hatte vor der Cour d’appel de Paris keinen Bestand. Sie sprach die Annullierung des Kaufvertrags aus.33 Da das Werk an das Musée du Louvre weiterverkauft worden war, könne es jedoch nicht herausgegeben wer­ den. Heim wurde daher verurteilt, die Differenz zum Weiterverkaufspreis an die Verkäuferin zu zahlen, eine Summe von 5.095.000,00 Francs. Die Cour de cas­ sation billigte die Annullierung im Grundsatz,34 nicht aber die ausgesprochene Verurteilung zur Zahlung einer Ersatzleistung. Sie nahm diesbezüglich einen Rechtsfehler an. Die Cour d’appel de Paris habe bei der Wertbestimmung nicht berücksichtigt, dass die Arbeit Heims, die zu der Enthüllung der Urheberschaft geführt hatte, bei der Berechnung der Ersatzleistung in Abzug zu bringen sei.35 Die Cour d’appel d’Amiens, die daraufhin in dem Rechtsstreit zu entscheiden hatte, setzte die Ersatzleistung schließlich auf 1.500.000,00 Francs fest.36 Das gegen diese Entscheidung gerichtete Rechtsmittel blieb erfolglos.37 Mit den Auswirkungen eines fehlenden Vorbehalts bei der Veräußerung eines signierten Kunstwerks befasste sich die Rechtsprechung in folgendem Fall: Die Klägerin erwarb auf einer öffentlichen Versteigerung ein Bild mit der Signatur von Auguste Herbin38, von welchem das Bild, wie sich später herausstellte, nicht stammte. Die Klage richtete sich gegen die Verkäufer und einen Experten, wel­ cher die Authentizität zertifiziert hatte. Die Cour d’appel de Paris wies die Be­ gehren zurück. Dem folgte die Cour de cassation39 nicht und hob die Entschei­ dung der Vorinstanz auf. Die Veräußerung eines signierten Werks ohne Äußerung eines Vorbehalts hinsichtlich der Urheberschaft begründe eine Garantie des Ver­ käufers und schließe den aleatorischen Charakter des Geschäfts aus. Eine unzutreffend datierte Statue des Sesostris III 40 beschäftigte die französi­ schen Gerichte im Jahr 2008: Das Sammlerehepaar Pinault ersteigerte eine Sta­ tue, vermeintlich eine zeitgenössische Darstellung des altägyptischen Pharaos Sesostris III 41. Sie war im Auktionskatalog beschrieben als „granodiorite. Egyp­ Cour d’appel de Paris, 3.4.1978, zitiert nach Duret-Robert, 331.24, 332.32 u. 332.51. 16.10.1979, Gaz. Pal. 1980. 60, siehe dazu auch: Cour de cassation, 1re chambre civile, 24.3.1987, JCP 1989 II 21300, note Vieville-Miravete. 35  Der dogmatische Hintergrund des Abzugs ist bereicherungsrechtlicher Art. Dazu: Duret-­ Robert, 331.24 u. 333.31; siehe auch Aubert, Rep. Defrénois 1993, 310, 312 ff. 36  Cour d’appel d’Amiens, 30.4.1990, zitiert nach Duret-Robert, 333.32. 37  Cour de cassation, 1re chambre civile, 25.5.1992, Bull.civ. 1992 I Nº  165, R.D. 1993 somm. comm. 235, note Tournafond. 38  Französischer Maler (1882–1960). 39  Cour de cassation, 7.11.1995 (Nº  93-11.418), Bull. civ. 1995 Nº  401. 40  Cour de cassation, 1re chambre civile, 27.2.2007 (Nº  02-13.420), abrufbar unter legifrance. gouv.fr, veröffentlicht in: Bull. civ. 2007 I Nº  90; Bouloc, RTDcom. 2007. 587; R.D. 2007. 1632, note Gautier. 41  Um 1882 v.Chr.–1842 v.Chr. 33  34 

I. Rechtsstellung des Käufers

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te. Moyen Empire (XII dynastie 1873–1843 av. J.C.)“.42 Eine bereits zum Zeit­ punkt des Kaufs bestehende Kontroverse über die Zuschreibung unter Kunsthis­ torikern erwähnte die Beschreibung nicht. Nach dem Kauf drang die Diskussion um die Herkunft der Statue, namentlich Zweifel an der Datierung und der abge­ bildeten Person, bis zu den Eheleuten vor. Sie holten den Rat eines Experten ein, der die Zuschreibung nicht bestätigte. Schließlich verlangten die Eheleute klage­ weise die Annullierung des Kaufvertrages wegen Irrtums. Die angerufene Cour d’appel de Paris wies die Klage ab. Die Kläger hätten nicht nachgewiesen, dass ein Zweifel an der Authentizität bestehe, der sie, wenn sie ihn gekannt hätten, vom Kauf abgehalten hätte. Bei dieser Entscheidung blieb das Gericht auch, als es auf das Rechtmittelbegehren der Käufer zur Überprüfung der Entscheidung ein zweites Mal angerufen wurde. Die Cour de cassation jedoch hob das klage­ abweisende Urteil auf und begründete dies mit in der Art.  2 des Dekrets 3. März 1981 statuierten Garantiehaftung für uneingeschränkte Altersangaben von Kunst­ werken. (e) Andere Anhaltspunkte für die Abgrenzung zum Risikogeschäft Die Authentizität kann darüber hinaus im Einzelfall von wesentlicher Bedeutung sein. Sofern die Vertragsparteien diesbezüglich eine ausdrückliche Vereinbarung getroffen haben, bestehen kaum Schwierigkeiten. Abseits davon sind die vorlie­ genden Umstände auszuwerten.43 Ein Gesichtspunkt, der bei der Beurteilung eine indikative Bedeutung hat, ist der Preis.44 So lag es auch in einem von der 42 

Freie Übersetzung der Verfasserin: „Granodirit. Ägypten. Reich der Mitte (XII Dynastie 1873–1843 v.Chr.)“. 43  Die dogmatische Einordnung der Abgrenzung, die in der Beurteilung der Fehlvorstel­ lung, der Wesentlichkeit oder der Entschuldbarkeit liegen könnte, wird aus dem vorhandenen Entscheidungsmaterial nicht ganz deutlich. 44  Chatelain/Taugourdeau, S.  167. In diese Richtung auch: Cour d’appel de Dijon, 15.9.­ 1994, Gaz. Pal. 1995 somm. 534 (siehe C.I.1.a), Fn. 1). Als Anhaltspunkt gegen die Annahme einer Fehlvorstellung in Bezug auf die Authentizität wertete die Rechtsprechung hingegen die Vereinbarung eines Pauschalpreises für 31 Werke unter Händlern, Cour de cassation, chambre commerciale, 20.10.1970, JCP 1971 II 16916, note Ghestin (siehe C.I.1.a), Fn. 1). Auch die Vereinbarung eines moderaten Preises kann nach der Instanzenrechtsprechung gegen die We­ sentlichkeit von Herkunftsangaben sprechen, siehe dazu Tribunal de grande instance de Paris, 7.5.1975, R.D. 1976. 605, note Jeandidier. Aber auch Preisschwankungen könnten die Aus­ sagekraft des Preises einschränken: Cour de cassation, 1re chambre civile, 26.1.1972, R.D. 1972 jur. 517. In diesem Fall hatte der Käufer 90.000,00 Francs für ein vermeintlich von Magnasco (Alessandro Magnasco, italienischer Maler, 1667–1749) stammendes Werk bezahlt; die Cour d’appel de Paris hielt diesem Aspekt angesichts der schwankenden Preise im Auktionshandel für Werke von Meistern vergangener Zeiten für nicht ausreichend, um die wesentliche Bedeu­ tung der Authentizität nachzuweisen. Die Cour de cassation bestätigte die Entscheidung. Zum Sachverhalt siehe C.I.1.a), Fn. 1. Kritisch dazu: Malinvaud, R.D. 1972 chron. 215, 216.

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C. Das französische Recht

Cour d’appel de Paris entschiedenen Fall, in dem schon der vereinbarte Kauf­ preis von 215.000,00 Francs für ein vermeintlich von Jacques-Émile Blanche 45 stammendes Kunstwerk ausreichte, um den Beweis der Authentizität zu führen.46 Ein Gegenbeispiel aus der Rechtsprechung betrifft Picasso zugeschriebene, illustrierte Briefe.47 Ein Antiquar erwarb als Vermittler für eine Gesellschaft fünf illustrierte Briefe, mit einer Expertise, die sich auf insgesamt sechs Briefe bezog und nach der drei Briefe von der Hand Pablo Ruiz Picassos 48 stammten; drei weitere könnten ihm zugeschrieben werden. Vorbesitzer der Briefe war an­ geblich ein Freund Picassos, Manuel Fernandez. Eine Tochter Picassos zweifel­ te nach dem Kauf die Authentizität der Briefe an. Eine neue Expertise kam zu dem Schluss, die Briefe seien nicht von Picasso. Die auf eine Irrtumsanfechtung gestützte Klage des Antiquars wies die Cour d’appel de Toulouse, bestätigt von der Cour de cassation, ab: Der Kauf sei unter Bezugnahme auf die Expertise er­ folgt. Daher sei dem Erwerber bekannt gewesen, dass die Zuordnung Unsicher­ heiten beinhalte und relativer Natur sei. Zudem können bei der Einzelbewertung die Professionalität des Verkäufers,49 die Datierung des Objekts,50 die Prove­ nienz51 und die Expertise52 relevant werden. (f) Der Nachweis der Authentizität von Kunstwerken Erforderlich ist weiter, dass der Käufer den Nachweis der fehlenden Authentizi­ tät erbringt.53 Die Beweislast liegt grundsätzlich bei demjenigen, der sich auf die 45 

Französischer Maler (1861–1942). Cour d’appel de Paris, 8.11.2000, zitiert nach Chatelain/Taugourdeau, S.  167 und Duret-­ Robert, 321.26. 47  Cour de cassation, 1re chambre civile, 20.3.2001, abrufbar unter legifrance.gouv.fr, JCP 2003 II 10090, note Cesaro. 48  Spanischer Maler (1881–1973). 49  Duret-Robert, 321.26. In der Entscheidung Cour de cassation, chambre commerciale, 20.10.1970, JCP 1971 II 16916, note Ghestin war die Professionalität der Käuferin eines der Argumente, die gegen eine Anfechtung sprachen. Andererseits hinderte dieser Gesichtspunkt die Cour d’appel de Dijon (15.9.1994, Gaz. Pal. 1995 somm. 534) nicht daran, einem Antiquar die Anfechtung zu versagen. 50  Duret-Robert, 321.26. 51  Duret-Robert, 321.26. 52  Cour de cassation, 1re chambre, 20.03.2001, JCP 2003 I 10090, note Cesaro; in dem Fall wurde die Irrtumsanfechtung nicht zugelassen, weil sich Zweifel an der Authentizität bereits aus der Expertise ergaben. 53  Cour de cassation, 1re chambre, 26.1.1972 (Nº  69-14771), Bull.civ. Nº  32: Gegenstand dieser Entscheidung war ein Gemälde eines bestimmten Künstlers, wobei die Parteien den Kaufvertrag durch verschiedene Briefwechsel geschlossen hatten. Die Cour de cassation war der Ansicht, dass beim Kauf von Kunstwerken die Beweislastverteilung wie in jedem anderen 46 

I. Rechtsstellung des Käufers

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fehlende Authentizität beruft,54 in dieser Konstellation also beim Käufer. Das vorhandene Entscheidungsmaterial belegt, dass nach der französischen Recht­ sprechung entscheidend ist, ob ein formaler Konsens über die Zuordnung der jeweiligen Kunstwerke in der Fachwelt besteht.55 Umgekehrt gilt jedoch nicht, dass bereits das Fehlen eines allgemeinen Konsenses als Nachweis der fehlenden Authentizität genügt. In der Praxis ist daher von besonderer Relevanz, ob schon der Verdacht der fehlenden Authentizität zur Anfechtung berechtigt. (g) Die Behandlung des Verdachts der fehlenden Authentizität Problematisch an der Berücksichtigung des Verdachts der fehlenden Authentizi­ tät ist die Bewertung von Situationen, in denen der Nachweis der Authentizität nicht erbracht werden kann, der Käufer aber Zweifel an der Echtheit des erwor­ benen Werks belegen kann. Ein prominentes Beispiel für diese Problematik ist die Rechtssache du Jardin à Auvers,56 in der ein Gemälde mit dem Titel Jardin à ­Auvers unter Zuschreibung an Vincent van Gogh versteigert worden war. Es ent­ standen Zweifel an der Zuschreibung, die der Kläger mit einem Zeitungsartikel begründete, in der ein Experte zitiert worden war.57 Angesichts der Rechtspre­ chung in der Rechtssache Poussin58 ist heute allgemein anerkannt, dass grundsätz­ lich auch ernsthafte, begründete Zweifel an der Authentizität ausreichend kön­ nen, um den Kaufvertrag anzufechten.59 Die Fehlvorstellung betrifft dann nicht mehr die ­Authentizität, sondern den Sicherungsgrad der Zuschreibung. Schon die irrige Vorstellung, es sei möglich, die Authentizität eines Kunstwerks mit Sicherheit zu etablieren, kann daher zur Irrtumsanfechtung berechtigen.60 Die Irrtums­an­fechtung ist jedoch ausgeschlossen, wenn bereits bei Vertragsschluss Zweifel hinsichtlich der Authentizität bekannt sind.61 Zweifel sind zudem noch Fall gelte und dass der Käufer nachzuweisen habe, dass er beim Kauf im Blick gehabt habe, dass das Werk von einem bestimmten Künstler stamme. 54  Duret-Robert, 321.61. 55  Cesaro, JCP 2003 I 10090. 56  Cour de cassation, 1re chambre, 24.5.2004 (Nº  01-13357), Bull.civ. Nº  152. 57  Duret-Robert, 322.17. 58  Nähreres dazu unter C.II.1.a)dd). 59 U.a. Laplanche, note Cour de cassation, 1re chambre civile, 13.1.1998, R.D. 2000 comm. 54, 56. Anders wohl noch: Cour d’appel de Paris, 1.12.1953, R.D. 1953. 759: Der Käufer er­ warb ein Werk, welches von Alfred Sisley (französischer Maler, 1839–1899) stammen sollte, ihm kamen jedoch Zweifel an der Zuschreibung. Das Gericht argumentierte, dass angesichts der zweifelhaften Schlussfolgerungen der Nachweis der fehlenden Authentizität nicht erbracht sei. 60  Cour de cassation, 1re chambre civile, 13.1.1998 (Nº  96-11.881), Bull. civ. 1998 I Nº  17, R.D. 2000 comm. 54, note Laplanche. Zum Sachverhalt siehe C.I.1.a), Fn. 1. 61  Cesaro, note Cour de cassation, 1re chambre civile, 20.3.2001, JCP 2003 I 10090.

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C. Das französische Recht

nicht ­hinreichend, wenn Hinterbliebene des Künstlers die Authentizität in Abre­ de stellen,62 ein Kunsthistoriker die Zuschreibung bezweifelt63 oder der Künstler selbst sein Werk nicht wiedererkennt.64 Als Richtlinie gilt daher: Einfache Zwei­ fel an der Authentizität berechtigen nicht zur Irrtumsanfechtung.65 So argumen­ tierten die Richter in der Rechtssache du Jardin à Auvers im Ergebnis, dass die Hinweise, die die Erbin der Käuferin vorgetragen hatte, nicht unbedingt dazu führen müssen, dass die Authentizität des Werks nicht etabliert werden kann.66 Zweifel an der Authentizität sind aber gewichtig, wenn mehrere Experten oder der gerichtlich bestellte Experte die Zuschreibung bezweifeln.67 Zudem kann das Ergebnis einer Laboruntersuchung der Zuschreibung entgegenstehen.68 Die Irr­ tumsanfechtung des Käufers ist daher bereits zulässig, wenn er sich über die Möglichkeit irrt, die Authentizität mit Sicherheit zu etablieren.69 (h) Abweichungen in anderen werkexternen Faktoren In der Praxis weniger relevant sind Abweichungen, die andere, außerhalb des Kunstwerks liegende, Gegebenheiten betreffen. Die Entscheidungspraxis der Gerichte zeigt, dass in solchen Konstellationen eine Irrtumsanfechtung selten in Betracht kommt. Das Tribunal de grande instance de Nantes hatte im Jahr 1947 in einem Fall70 zu entscheiden, in dem es nicht um fehlende Authentizität, son­ dern um eine Fehlvorstellung über die porträtierte Persönlichkeit ging. Der Käu­ fer erwarb ein Gemälde von Ferdinand Humbert71. Bei der porträtierten Dame sollte es sich um die französische Schauspielerin Sarah Bernhardt handeln. Im Nachgang des Erwerbs übersandte der Käufer der Nichte der Schauspielerin eine Fotografie des Bildes; diese lehnte eine Bestätigung der Authentizität ab. Das Tribunal de grande instance de Nantes ließ die Irrtumanfechtung nicht zu. Es argumentierte, dass das Kunstwerk von dem angenommenen Künstler stamme und eine Garantie, die es für eine Loslösung vom Kaufvertrag für erforderlich Chatelain/Taugourdeau, S.  168. Chatelain/Taugourdeau, S.  168. 64  Chatelain/Taugourdeau, S.  168. 65  Méga Code civil, Art.  1110 I. A. 7. 66  Cour de cassation, 1re chambre, 24.5.2004 (Nº  01-13357), Bull.civ. Nº  152. 67  Cour de cassation, 1re chambre civile, 13.1.1998 (Nº  96-11.881), Bull. civ. 1998 I Nº  17; R.D. 2000 comm. 54, note Laplanche; Chatelain/Taugourdeau, S.  168. 68  Cour de cassation, 1re chambre, 26.2.1980, Bull.civ. 1980 I Nº  66; Chatelain/Taugourdeau, S.  168. 69  Cour de cassation, 1re chambre, 26.2.1980, Bull.civ. 1980 I Nº  66; Chatelain/Taugourdeau, S.  168. 70  23.1.1947, R.D. 1947. 220. 71  Französischer Maler (1842–1934). 62  63 

I. Rechtsstellung des Käufers

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hielt, nicht vorliege. Die Irrtumsanfechtung versagte das Tribunal civil de la ­Seine zudem in einem Fall, in dem es um die Authentizität eines Werkes von Dela­croix ging:72 Der Argumentation des Käufers, das betroffene Werk hätte ent­ gegen der Katalogbeschreibung nicht über dem Bett des Künstlers gehangen, überzeugte das Gericht nicht. Auch die Klassifizierung eines Bildes als altes Ge­ mälde ist aufgrund ihres vagen Charakters nicht ausreichend, um die Wesentlich­ keit dieser Eigenschaft zu begründen.73 cc) Die Entschuldbarkeit des Irrtums Für die Beurteilung der Entschuldbarkeit des Irrtums ist das Verhalten des Käu­ fers entscheidend. Es sind zwei Aspekte kritisch zu würdigen. Denkbar ist es, eigene Fachkenntnisse des Käufers zu berücksichtigen. Dies wird relevant bei Kunsthändlern, die beispielsweise zum Zwecke des Weiterverkaufs erwerben, aber auch bei Kunstsammlern, die als Verbraucher handeln, jedoch angesichts ihrer Erfahrung über Fachwissen verfügen. Daneben könnte erwogen werden, fremde Fachkenntnisse, etwa von Beratern, den Käufern zuzurechnen. Das vor­ handene Entscheidungsmaterial thematisiert beide Gesichtspunkte. Im Tang74-Fall75 aus dem Jahr 1989 verweigerte die Cour d’appel de Paris, bestätigt von der Cour de cassation, einem Antiquar die Annullierung des Kauf­ vertrags über eine Statue, die vermeintlich nicht das angegebene Alter ausweisen sollte. Das Gericht hob hervor, dass es sich bei dem Käufer um einen professio­ nellen, von einem französischen Experten unterstützten Kunsthändler handele, dem die Bedeutung der Beschreibung „restauration“ im Katalog geläufig sei.76 Dass – wie sich nach der Vornahme einer Untersuchung mit der Methode der Thermolumineszenz herausstellte – die Statue spätere Ergänzungen erfahren hat­ te, genügte in diesem Fall nicht, um die Irrtumsanfechtung zuzulassen. Dem Ge­ genargument des Klägers, es liege eine neuzeitliche Fälschung vor, folgten die Gerichte nicht.77 Einem anderen Käufer, der selbst nicht Kunsthändler, aber gut gebildet war, versagten die Gerichte die Anfechtung ebenfalls. Es sei davon aus­

72 

Tribunal civil de la Seine, 8.12.1950, R.D. 1951. 50, siehe dazu auch C.I.1.a), Fn. 1. Tribunal de grande instance de Paris, 7.5.1975, R.D. 1976. 605, note Jeandidier. Zum Sachverhalt siehe C.I.1.a), Fn. 1. 74  Chinesische Dynastie (618–918). 75  Cour de cassation, 1re chambre civile, 31.3.1987, JCP 1987 IV 204; Duret-Robert, 312.31; Chatelain/Taugourdeau, S.  169 f. 76  In diese Richtung: Tribunal de grande instance de Paris, 7.5.1975, R.D. 1976. 605, note Jeandidier. Das Tribunal de grande instance de Paris thematisierte den Aspekt der Professiona­ lität allerdings bereits im Rahmen des Nachweises der Fehlvorstellung. 77  Duret-Robert, 312.31. 73 

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C. Das französische Recht

zugehen, dass er die Formulierung „zugeschrieben“ verstehe. Dem Käufer half in diesem Fall auch nicht, dass das Bild mit G. Courbet signiert war.78 In neueren Entscheidungen hingegen lässt die Rechtsprechung die Irrtums­ anfechtung auch von professionell am Kunsthandel beteiligten Personen zu.79 Die eher restriktiven, älteren Entscheidungen erscheinen dadurch überholt.80 Die Irrtumsanfechtung von Amateuren dürfte daher erst recht zulässig sein. Eines der neueren Gegenbeispiele, welches ebenfalls auf die Überholung der bisherigen Rechtssprechungslinie deutet, ist ein Fall aus dem Jahr 2008:81 Das Sammlerehepaar Pinault hatte auf einer Auktion einen im 19. Jahrhundert restau­ rierten Tisch erworben, der laut der Katalogbeschreibung aus der Zeit des 18. Jahr­ hunderts stammen sollte. Das Ehepaar begehrte die Annullierung des Kaufs mit der Begründung, angesichts der Restaurierungen sei die Datierung im Auktions­ katalog unzutreffend. Die Cour d’appel wies die Klage ab. Sie argumentierte, dass die Datierung trotz der Restaurationen nicht zu beanstanden sei und dass das Ehepaar – das sich bei der Transaktion hatte beraten lassen – sich nicht auf einen Irrtum berufen könne. Die Cour de cassation folgte dieser Argumentation nicht und hob die angegriffene Entscheidung auf. Der Aspekt, dass ein professionell auf dem Kunstmarkt agierender Käufer möglicherweise weniger schutzwürdig sein konnte, spielte zudem eine Rolle in einem ebenfalls im Jahr 2008 von der Cour de cassation entschiedenen Fall:82 Die Parteien stritten um die Authentizität eines vermeintlich von Dalí stammen­ den Werks, welches als Bühnendekoration in New York eingesetzt worden war. In der Rechtsmittelinstanz argumentierten die Beklagten, der Käufer könne sich angesichts seiner Professionalität nicht auf einen Irrtum berufen; zumindest hätte er dem Hinweis auf ein Authentizitätszertifikat nachgehen sollen. Die Cour de cassation folgte dem nicht und befand, dass die konkrete Beschreibung im Kata­ 78 

Cour de cassation, 1re chambre civile, 16.12.1964, R.D. 1965. 136. Siehe C.I.1.a), Fn. 1. Die Rechtsprechung ließ die Irrtumsanfechtung von Kunsthändlern in den folgenden Fäl­ len zu: Cour d’appel de Paris, 7.6.1996, Gaz. Pal. 1996 I 487. Zum Sachverhalt siehe C.I.1.a), Fn. 1. Die Cour d’appel de Paris begründete ihre Entscheidung mit dem Argument, dass der Kunsthändler kein Experte für den in Rede stehenden Künstler sei. In eine ähnliche Richtung geht die Argumentation der Rechtsprechung im Camille Claudel-Fall, Cour de cassation, 1re chambre civile, 14.12.2004 (Nº01-03523), abrufbar unter legifrance.gouv.fr, Gaz. Pal. 2004. 2259; JCP I 141, note Serinet; JCP 2007 I 199, note Duchene. In diesem Fall versagte das Ge­ richt einem Restaurator die Irrtumsanfechtung nicht aufgrund seiner eigenen Fachkenntnisse. Das tragende Argument der Cour de cassation war, dass die Zuschreibung an Camille Claudel zum Zeitpunkt des Kaufs unwidersprochen gewesen war. 80  Chatelain/Taugourdeau, S.  170. 81  Cour de cassation, 1re chambre civile, 30.10.2008 (Nº  07-17523), RTDcom 2009. 143, note Pollaud-Dulian. 82  Cour de cassation, 1re chambre civile, 30.8.2008 (Nº  06-20.298), RTDcom 2009. 143, note Pollaud-Dulian. Näheres dazu unter C.I.1.e). 79 

I. Rechtsstellung des Käufers

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log die Aussage beinhalte, dass das streitgegenständliche Werk von Dalí stamme. Ähnlich entschied die Cour de cassation in einem Fall, in dem die Erwerberin eine Galerie war.83 Außerhalb des Auktionshandels thematisierte die Rechtspre­ chung die Professionalität des Käufers etwa im Camille Claudel-Fall, nahm aber auch dort im Ergebnis einen Irrtum an.84 Nach dem vorliegenden Entscheidungsmaterial überlagern die französischen Spezialvorschriften im Dekret vom 3. März 1981 zudem den Verschuldensaspekt faktisch weitgehend. Dies bekräftigt die Entscheidung der Cour de cassation85 in einem Fall, der ein vermeintlich von Vlaminck stammendes Werk betraf. Der dieser Entscheidung zugrunde liegende Fall wies eine ungewöhnliche Fakten­ lage auf: Die Erwerberin, eine auf Gemälde spezialisierte Galerie, erstand das streitgegenständliche Kunstwerk als Bieterin über das Telefon auf einer Kunst­ auktion ohne es im Vorfeld anzusehen oder zu untersuchen und obwohl sie keine Informationen zur Ausstellungsgeschichte des Gemäldes, zu Veröffentlichungen oder Einträgen in Verzeichnisse hatte. Die Cour d’appel d’Aix-en-Provence ließ, bestätigt durch die Cour de cassation, die Anfechtung der telefonischen Bieterin dennoch zu. dd) Der relevante Zeitpunkt der Beurteilung der Authentizität und die Berücksichtigungsfähigkeit von Neubestimmungen Die Abschreibung eines Kunstwerks oder das Aufkommen von Zweifeln an der Authentizität kann auch auf Erkenntnissen beruhen, die erst nach dem Kaufver­ tragsschluss entstanden sind. Die französische Rechtsprechung befasste sich mit dieser Problematik bereits in der Rechtssache Poussin,86 in der es um ein Gemäl­ 83 

So beispielsweise in der Entscheidung Cour de cassation, 1re chambre civile, 31.5.2007 (Nº05-17.203 et 05-18.920, non publié au bulletin), in der die Ersteigererin eine Galerie war. Zum Sachverhalt siehe C.I.1.a), Fn. 1. 84  Cour de cassation, 1re chambre civile, 14.12.2004 (Nº01-03523), zitiert nach legifrance. gouv.fr, Gaz. Pal. 2004. 2259. 85  Cour de cassation, 1re chambre civile, 31.5.2007 (Nº0517.203), Duret-Robert, 321.56. 86  Tribunal de grande instance de Paris, 13.12.1972, JCP 1973.17376, note Lindon; R.D. 1973. 410, note Ghestin/Malinvaud; Cour d’appel de Paris, 2.2.1976, JCP 1976 II 18358, ob­ servations Lindon; R.D. 1976. 325, note Cabannes; Cour de cassation, 1re chambre civile, 22.2.1978, R.D. 1978. 601, note Malinvaud; Cour d’appel d’Amiens, 1.2.1982, JCP 1982 II 19916, note Trigeaud; Gaz. Pal. 1982. 1. 134, conclusions Houpert; Rép. Defrénois 1982. 675, note J. Chatelain; Rev. trim. dr. civ. 1982. 416, observations Chabas; Terré/Lequette, in: Capi­ tant, Les grands arrêts de la jurisprudence civile, S.  356 ff.; Cour de cassation, 1re chambre ci­ vile, 13.12.1983, R.D. 1984. 340, note Aubert; Terré/Lequette, in: Capitant, Les grands arrêts de la jurisprudence civile, S.  359 f.; Cour d’appel de Versailles, 7.1.1987, JCP 1988 II 21121, note Ghestin; R.D. 1987. 485, note Aubert; Terré/Lequette, in: Capitant, Les grands arrêts de la jurisprudence civile, S.  361 ff.

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C. Das französische Recht

de ging, das erst aufgrund nachträglich erfolgter Forschungsarbeit dem französi­ schen Künstler Nicolas Poussin87 zugeschrieben werden konnte. Zum Zeitpunkt der Versteigerung war das Bild im Auktionskatalog noch als aus der Schule der Carracci88 stammend beschrieben und auf einer Versteigerung im Hôtel Drouot für 2.200,00 Francs dem Ersteigerer zugeschlagen worden.89 Die Cour de cassa­ tion90 entschied, als sie zum zweiten Mal in dieser Rechtssache angerufen wurde, wie folgt: Die Eheleute, die das Kunstwerk verkauft hatten, könnten die Existenz des Irrtums zum Zeitpunkt des Kaufs mit nachträglichen Beurteilungsfaktoren beweisen.91 Auch im Fall eines vermeintlich von Camille Claudel stammenden Gemäldes ließ die Cour de cassation die Irrtumsanfechtung zu, obwohl die Ab­ schreibung erst nach dem Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses erfolgt war.92 Faktenlage zum Zeitpunkt des Kaufs war ein unwidersprochener Konsens über die Zuschreibung an Camille Claudel, der später zweifelhaft wurde.93 Die Irr­ tumsanfechtung ist also auch bei Neubestimmungen zulässig. 87  Französischer Maler (1594–1664), der zeitweise in Rom lebte. Von zentraler Bedeutung für die Neubestimmung war ein Aufsatz in der Revue du Louvre et des Musées de France 1989, 87–92 unter der Überschrift Un nouveau Poussin au Louvre, Olympos et Marsyas von Pierre Rosenberg. 88  Die italienische Familie Carracci brachte mehrere Maler hervor: Die Brüder Annibale (1560–1609) und Agostino (1557–1602), deren Vetter Lodovico (1555–1619) und die Neffen Antonio (1583–1618) und Francesco (ca. 1595–1622). 89  Grundlage hierfür war die Einschätzung eines Experten, der zur Begutachtung des Bildes von den renommierten commissaires-priseurs Rheims und Laurin hinzugezogen worden war. Dieser nannte einen Schätzpreis von 1.500,00 Francs. Der Begriff commissaire-priseur war eine offizielle Bezeichnung für eine Amtsperson, die in Frankreich bis zum Jahr 2000 aus­ schließlich befugt war, Versteigerungen vorzunehmen. Mit dem Loi Nº  2000-642 du 10 juillet 2000 portant réglementation des ventes volontaires de meubles aux enchères publiques, J.O. Nº  159, 11.7.2000, 10474, wurde diese Beschränkung aufgehoben. 90  Cour de cassation, 1re chambre civile, 13.12.1983, R.D. 1984. 340, note Aubert; Terré/ Lequette, in: Capitant, Les grands arrêts de la jurisprudence civile, S.  359 f. 91  Die Vorinstanz, die Cour d’appel d’Amiens (1.2.1982, JCP 1982 II 19916, note Trigeaud, Gaz. Pal. 1982. 1. 134; note Houpert; Rép. Defrénois 1982. 675, note J. Chatelain; Rev. trim. dr. civ. 1982. 416, observations Chabas; Terré/Lequette, in: Capitant, Les grands arrêts de la jurisprudence civile, S.  356 ff.) war anderer Auffassung gewesen. Sie hielt die Fehlvorstellung nicht für ausreichend nachgewiesen, da zum Zeitpunkt des Kaufs nicht erwogen worden sei, dass es sich um ein Werk von Poussin handeln könnte. Der Artikel von Pierre Rosenberg und die Einschätzung des Musée du Louvre zur Authentizität habe noch nicht vorgelegen; auf eine spätere Stellungnahme des Museé du Louvre komme es nicht an. 92  Cour de cassation, 1re chambre civile, 14.12.2004 (Nº01-03523), zitiert nach legifrance. gouv.fr. 93  In die Richtung, auch nachträgliche Erkenntnisse zuzulassen, ging auch schon die zweite Entscheidung in der Rechtssache Poussin, Cour de cassation, 1re chambre civile, 13.12.1983, R.D. 1984. 340, note Aubert. Das Gericht argumentierte, dass auch nachträgliche Umstände ein­bezo­ g­ en werden können, um festzustellen, ob die Vorstellung beim Kauf von der Realität abweicht,

I. Rechtsstellung des Käufers

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b) Die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nach Art.  1130, 1137 ff. Cciv. Denkbar ist zudem, dass sich der Käufer wegen einer arglistigen Täuschung des Verkäufers vom Kaufvertrag lösen möchte. aa) Die Voraussetzungen der arglistigen Täuschung nach Art.  1130, 1137 ff. Cciv. Eine arglistige Täuschung liegt vor, wenn eine Partei die andere Partei durch Manöver (manoeuvres) oder Lügen (mensonges) zum Vertragsschluss veranlasst, Art.  1137 Cciv. Auch die arglistige Täuschung ist, wenn sie die andere Partei zur Vertragseingehung bestimmt, ein relativer Nichtigkeitsgrund, Art.  1130, 1137 Cciv. Sie kann sich auch daraus ergeben, dass eine Partei der anderen Partei In­ formationen vorenthält, wenn sie von dem bestimmenden Charakter dieser Infor­ mation für die andere Partei weiß. Notwendig ist also, dass der Getäuschte auf­ grund der Täuschung einen Vertrag eingegangen ist, den er ohne die Täuschung nicht oder nicht mit diesem Inhalt eingegangen wäre. bb) Der Anwendungsbereich der Vorschrift im Kunsthandel Die arglistige Täuschung kann der Verkäufer im Kunsthandel durch falsche Dar­ stellungen oder durch Verschweigen relevanter Umstände begehen.94 Das vor­ handene Entscheidungsmaterial zeigt den Argumentationsweg für eine arglistige Täuschung des Käufers. In einem Fall aus dem Jahr 1953 ließ die Cour d’appel die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung zu.95 Der Käufer, der nicht über eigene Spezialkenntnisse verfügte, erwarb drei Gemälde aus holländischer und flämischer Schule zu einem Kaufpreis von 400.000,00 Francs. Experten schätzen den Wert der Kunstwerke später auf 40.000,00 bis 45.000,00 Francs. Die Richter begründeten die Zulassung der Anfechtung mit dem Argument, der Verkäufer habe unter Ausnutzung seiner Eigenschaft als Experte und seiner Titel96 den Käufer durch Lügen zur Eingehung des Kaufvertrags bestimmt. Über diesen Weg war die Annullierung des Kaufvertrags möglich, obwohl der Irrtum des ob also ein Irrtum vorliegt; zu diesem Aspekt: Aubert, note Cour de cassation, 1re cham­bre civile, 13.12.1983, R.D. 1984. 340, 341; Meau-Lautour, note Cour de cassation, 1re chambre civile, 16.4.1991, JCP II 21972 (Fall Delacroix). 94  Duret-Robert, 323.20 f. 95  Cour d’appel de Paris, 22.1.1953, R.D. 1953. 136, bestätigt von der Cour de cassation, 1re chambre civile, 1.2.1960, Bull. civ. Nº  67; Duret-Robert, 343.21. 96  Der Verkäufer war „critique d’art, expert en tableaux anciens, arbitre près le tribunal de commerce de la Seine, membre adhérent de la Société des gens de lettres, officier de l’instruc­ tion publique“. Freie Übersetzung der Verfasserin: Kunstkritiker, Experte für alte Gemälde, Schiedsrichter am Tribunal de commerce de la Seine, Mitglied der Société des gens de lettres und Offizier im Orden des Palmes Académiques.

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C. Das französische Recht

Käufers den wirtschaftlichen Wert der Gemälde betraf. In den sachlichen An­ wendungsbereich der arglistigen Täuschung fiel zudem die Veräußerung von Skulpturen mit zweifelhafter Signatur des Bildhauers Rodin97. Der Inhaber einer Galerie täuscht den Käufer stillschweigend, wenn er, die Zweifelhaftigkeit der Signatur kennend, die Aufmerksamkeit des Käufers nicht auf diesem Punkt lenkt.98 In beiden Fällen waren die Verkäufer (selbsternannte) Experten und hat­ ten Hinweise, die gegen die Authentizität sprachen. Auch nach französischem Verständnis kann offenbar ein Wissensvorsprung des Verkäufers zur Aufklärung gegenüber Interessenten verpflichten. Soweit ersichtlich spielt die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung für den Kunsthandel dennoch faktisch eine eher untergeordnete Rolle. Oftmals ist auch dem Verkäufer ein Irrtum unterlaufen.99 In der Praxis sind die Begriffe des Irrtums und der Täuschung eng verwandt.100 Daher kommt eine arglistige Täuschung fak­ tisch kaum mehr in Betracht. Unter rechtlichen Gesichtspunkten ist der Vorteil des Vorliegens einer arglistigen Täuschung die weitreichendere Rechtsfolge, dem der Nachteil des Nachweises der arglistigen Täuschung gegenübersteht.101 c) Rechtsbehelfe auf der Grundlage der Sachmängelgewährleistung Dem Käufer können die Rechtsbehelfe der Sachmängelgewährleistung zur Ver­ fügung stehen. aa) Die allgemeinen Voraussetzungen Grundlage der französischen Sachmängelgewährleistung sind die Vorschriften in den Art.  1641 ff. Cciv. Die Voraussetzungen, unter denen der Verkäufer nach die­ ser Vorschrift haftet, sind der Abschluss eines Kaufvertrags und das Vorliegen eines verdeckten Fehlers (vice caché), der die Eignung der Sache zum vertrags­ gemäßen Gebrauch beeinträchtigt. bb) Die Anwendung im Kunsthandel Der Anwendungsbereich der Sachmängelgewährleistung im Kunsthandel lässt sich dem vorhandenen Entscheidungsmaterial nicht entnehmen. Dieses betrifft – soweit ersichtlich – allein die Irrtumsanfechtung.

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Französischer Bildhauer (1840–1917). Cour d’appel de Paris, 10.3.1995, R.D.1995 somm. 225. 99  Duret-Robert, 323.11. 100  J. Chatelain, note Cour d’appel d’Amiens, 1.2.1982, Rép. Defrénois 1982. 675, 686. 101  Duret-Robert, 323.31. 98 

I. Rechtsstellung des Käufers

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d) Verschuldensabhängige Haftung des Verkäufers In Betracht kommt zudem eine verschuldensabhängige Haftung des Verkäu­ fers, sofern dieser für die Entstehung des Irrtums verantwortlich ist. Anders als bei der Frage der Entschuldbarkeit des Irrtums geht es hier um den Aspekt des Vertre­ tenmüssens des Verkäufers, also der Verursachung der fehlerhaften Vorstellung über ein oder mehrere Authentizitätsmerkmale bei der anderen Partei. Das illu­ striert folgender Fall aus der französischen Gerichtspraxis, über den die Cour de cassation im Jahr 1991 entschied.102 Dem Anspruchsbegehren nach handelte es sich um einen für den Kunsthandel eher ungewöhnlichen Fall. Der Käufer erwarb 1956 und 1959 zwei Bilder, die im Katalog als von Delacroix stammend beschrie­ ben worden waren. Den Hinterbliebenen des Käufers kamen Zweifel an der Au­ thentizität, woraufhin sie von dem Verkäufer Schadensersatz verlangten. Die Bil­ der aber wollten sie behalten. Die Cour d’appel de Paris wies das Begehren der Erben des Käufers, bestätigt von der Cour de cassation, ab. Es fehle an der Ver­ antwortlichkeit des Verkäufers, da die Zweifel an der Authentizität auf Umstände gegründet waren, die erst nach dem Kauf bekannt geworden waren. Das Entschei­ dungsmaterial deutet darauf hin, dass eine verschuldensabhängige Haftung des Verkäufers in der Praxis kaum relevant ist. Sie scheidet jedenfalls aus, wenn eine Zuschreibung erst aufgrund nachträglich erkannter Umstände zweifelhaft wird, die für den Verkäufer bei Vertragsschluss nicht ersichtlich waren. e) Das Verhältnis der Sachmängelgewährleistung zur Irrtumsanfechtung Zu untersuchen ist, wie die Irrtumsanfechtung und die Sachmängelgewährleis­ tung nach französischem Verständnis im Kunsthandel zueinander stehen. Die neuere Rechtsprechung aus dem Jahr 2004 befasste sich in einem Fall,103 in dem es um ein der französischen Künstlerin Camille Claudel104 nach dem Kauf abge­ schriebenes Werk ging, mit dieser Frage. Es ging um folgenden Sachverhalt: Das streitgegenständliche Bild war zum Zeitpunkt des Kaufs in dem von der Groß­ nichte der Künstlerin geführten Werkverzeichnis erfasst gewesen. Der spätere Kläger erhielt das Werk zunächst zur Restauration und Konservierung, erwarb es dann aber selbst und veräußerte es mit einem beachtlichen Gewinn105 weiter. 102 

Cour de cassation, 1re chambre civile, 16.4.1991, R.D. 1991 comm. somm. 264, note Aubert; JCP 1992 II 21976, note Meau-Lauteur. 103  Cour de cassation, 1re chambre civile, 14.12.2004 (Nº01-03523), abrufbar unter legifrance. gouv.fr; Bull. civ. 2004 I Nº  326; Gaz. Pal. 2004. 2259; JCP 2004 I 141, note Serinet; JCP 2007 I 199, note Duchene. 104  Bildhauerin und Malerin (1864–1943). 105  Der Kaufpreis lag bei 600.000,00 Francs, der Weiterverkauf gelang für eine Million Francs.

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C. Das französische Recht

Anschließend erfolgte eine Aktualisierung des catalogue raisonné, und das Werk wurde Camille Claudel ab- und dem eher unbekannten Künstler Charles Antoine Claudel zugeschrieben.106 Der Weiterverkauf wurde rückabgewickelt. Der Res­ taurator wandte sich seinerseits an seinen Verkäufer und berief sich auf einen Irrtum. Der Verkäufer meinte, es handele sich um einen verdeckten Mangel. Da Rechtsbehelfe wegen eines verdeckten Mangels damals einer kurzen Ausübungs­ frist unterlagen (bréf delai), hätte dieser Einwand zur Verfristung der klägeri­ schen Rechte führen können. Die Cour d’appel de Versailles wies die Klage ab. Erstens sei kein innerer Mangel vorhanden, der die Nutzbarkeit der Sache oder ihre Funktionsfähigkeit betreffe. Ein versteckter Mangel und eine Garantie schieden daher aus. Zweitens liege keine vertragswidrige Lieferung vor, sondern ein Irrtum über eine wesentliche Eigenschaft der Kaufsache, der den Vertrags­ schluss betreffe.107 Diese Gerichtsentscheidung wurde angegriffen. Die Cour de cassa­tion bekräftigte, dass kein Mangel bezüglich der Durchführung des Vertrags vorliege, und statuierte: „[…] l’erreur sur une qualité substantielle, lorsqu’elle ne s’analyse pas en une défectuosité intrinsèque compromettant l’usage normal de la chose ou son bon fonctionnement, n’est pas un vice caché et ne donne donc pas naissance à la garantie afférente […]“108

Diese Aussage zeigt tatbestandliche Unterschiede zwischen der Irrtumsanfech­ tung und der Sachmängelgewährleistung. Es scheint einen Anwendungsbereich der Irrtumsanfechtung zu geben, in dem die Sachmängelgewährleistung nicht eröffnet ist.109 Unabhängig davon scheint für den Kunsthandel nach wie vor die Irrtumsanfechtung der praktisch relevante Rechtsbehelf zu sein. In ihrer Ent­ scheidungspraxis im Nachgang zu dem Arrêt im Fall Camille Claudel lässt die Der Kauf fand 1990, der Weiterverkauf 1993 statt. Die Aktualisierung des catalogue raisonné erfolgte 1996. 107  Mit der Irrtumsanfechtung konnte der Käufer dennoch nicht durchdringen. Die Cour d’appel de Versailles argumentierte, dass der Erwerber selbst über Fachkenntnisse, auch in Bezug auf das künstlerische Werk von Camille Claudel, verfügte. Die Feststellung, der Irrtum sei verschuldet gewesen, hob die Cour de cassation jedoch auf. Denn zum Zeitpunkt des Kaufs sei das Werk formell und unwidersprochen als Werk von Camille Claudel anerkannt gewesen. 108  Freie Übersetzung der Verfasserin: Der Irrtum über eine wesentliche Eigenschaft ist, wenn er nicht durch die diesbezügliche Fehlerhaftigkeit den normalen Gebrauch oder die Funk­ tionsfähigkeit der Sache gefährdet, kein versteckter Mangel und begründet keine Garantie. 109  Das Schrifttum wertet die Aussage der Cour de cassation zugleich als Möglichkeit, die Irrtumsanfechtung zugunsten der Sachmängelgewährleistung einzuschränken (Labarthe, R.D. 2011. 1779, 1783; Monachon Duchene, JCP 2007 I 141; Serinet, JCP 2005 I 141), worauf es aber für den Kunsthandel angesichts dieser Entscheidung nicht ankommen dürfte. Infolge­ dessen kann der Käufer möglicherweise generell nicht mehr frei zwischen der Sachmängelge­ währleistung und der Irrtumsanfechtung wählen (Labarthe, R.D. 2011. 1779, 1783; Monachon ­Duchene, JCP 2007 I 141; in diese Richtung auch: Dalloz, Code civil, Art.  1641 A.11.). 106 

I. Rechtsstellung des Käufers

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erste Zivilkammer der Cour de cassation die Irrtumsanfechtung weiterhin zu.110 In der Analyse des Schrifttums wird die Entscheidung teilweise als Einführung einer „neuen“ Irrtumskategorie gewertet. Grundsätzlich sei die Sachmängel­ gewährleistung vorrangig, jedoch nicht bei Irrtümern, die Umstände betreffen, die außerhalb der Sache liegen (vices extrinsèques).111 Die als neue Fallgruppe bezeichnete Konstellation scheint gerade fehlerhafte Zuordnungen von Kunst­ werken zu erfassen, weil in diesen Fällen regelmäßig außerhalb der Sache lie­ gende Faktoren betroffen sind. Nicht auszuschließen ist jedoch, dass die Sach­ mängelgewährleistung im Kunsthandel schon den Voraussetzungen nach aus­ scheidet.112 Die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung ist von einer etwaigen Sperrwirkung der Sachmängelgewährleistung nicht betroffen.113

2. Rechtsbehelfe gegen den Vermittler, insb. gegen das Auktionshaus Denkbar ist zudem – alternativ oder kumulativ – ein Vorgehen des Käufers gegen den Vermittler. Das ist besonders im Auktionshandel von Relevanz. Galeriever­ käufe betreffen diese Problematik weniger. Galerien treten als weisungsabhängi­ ge Vertreter des Verkäufers auf.114 Dass Auktionshäuser zusätzlich die Schätzung der Werke und die Vorbereitung der Auktion übernehmen, erhöht die praktische Relevanz von Haftungsfragen, etwa in Bezug auf falsche Katalogbeschreibungen. a) Die Annullierung des Kaufvertrags Bei einer Irrtumsanfechtung ist der Einlieferer grundsätzlich der richtige Klage­ gegner.115 Der Vermittler kann für dieses Klagebegehren nur ausnahmsweise in Anspruch genommen werden, etwa wenn er die Identität des Einlieferers nicht offenlegt.116

110  Auch in den Entscheidungen nach dem 14.12.2004 berufen sich die Käufer von Kunst­ werken weiterhin auf einen Irrtum. Eine Abgrenzung zur Sachmängelgewährleistung nimmt die Rechtsprechung nicht vor. Zu den Fällen siehe C.I.1.a), Fn. 1. 111  Monachon Duchene, JCP 2007 I 141. In diese Richtung auch: Dalloz, Code civil, Art.  1641 A.11. 112  Das Schrifttum deutet an, dass bei fehlerhaften Katalogangaben zudem (oder statt der Sachmängelgewährleistung) eine vertragliche Haftung wegen Unausführbarkeit des Vertrags in Betracht kommen könnte. Zu diesem Aspekt: Labarthe, R.D. 2011. 1779, 1783. 113  Dalloz, Code civil, Art.  1641 A.12. 114  Ghestin, in: International sales of works of art, Vol.  I, S.  131, 149. 115  Cour d’appel de Paris, 28.11.1969, Gaz. Pal. 1970. 261. 116  Cour d’appel de Paris, 28.11.1969, Gaz. Pal. 1970. 261.

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C. Das französische Recht

b) Die Garantiehaftung Die Herleitung einer Haftung des Vermittlers gegenüber dem Käufer bereitet in Ermangelung rechtlicher Beziehungen und angesichts der Besonderheiten des Kaufs von Kunstwerken Schwierigkeiten. Rechtsgrundlage für eine Haftung ist Art.  1240 Cciv.117 Diese Vorschrift beinhaltet eine generalklauselartige Bestim­ mung, nach der jedermann, der bei einem anderen einen Schaden verursacht, durch sein Verschulden verpflichtet ist, Reparation zu leisten.118 Das franzö­sische Handelsgesetzbuch sieht weitere Sonderbestimmungen für öffentliche Versteige­ rungen in Art. L. 312 Ccom., insbesondere in Art. L. 321-17 Ccom., vor. Danach sind die Organisatoren von öffentlichen Versteigerungen sowie die an einer Be­ schreibung, Präsentation und Schätzung des Versteigerungsgutes mitwirkenden Experten nach den Bestimmungen, die auf den Kauf anwendbar sind, verant­ wortlich; die Haftung kann auch nicht vertraglich begrenzt werden. Die Rechtsprechung wandte die Bestimmung in Art.  1382 Cciv. a. F. (neu: Art.  1240 Cciv.) abweichend vom gesetzlichen Wortlaut, der ein Verschulden des Haftenden voraussetzt, im Kunsthandel verschuldensunabhängig an. Dies hatte zur Folge, dass Auktionshäuser für Fehler in den Katalogbeschreibungen auch ohne Verschulden hafteten. Das illustriert der Jean Dufy 119-Fall.120 Das zentrale Problem des Sachverhalts bestand darin, dass der gerichtliche Sachverständige zu dem Schluss gekommen war, eine Zuschreibung der versteigerten Gouache zu Dufy sei zum Zeitpunkt des Kaufs durchaus möglich gewesen. Zwei Experten hatten die Authentizität damals bestätigt. Erst aufgrund neuerer wissenschaftli­ cher Erkenntnisse kamen mehr als zehn Jahre später Zweifel an der Authentizität auf. Die Rechtsmittelgerichte überwanden diesen Einwand jedoch, indem sie da­ rauf abstellten, dass die Beklagten gegenüber dem Käufer die Richtigkeit der Zuschreibung ohne Vorbehalt bestätigt hätten. Die französische Literatur wertete dies in der Analyse der Entscheidung als unausgesprochenen Bezug auf das De­ kret vom 3. März 1981.121 Die Entscheidung tragend sei der Aspekt, dass – unab­ 117 

Früher: Art.  1382 Cciv (a. F.), geändert durch die Reform mit Wirkung zum 1.10.2016. Cciv. (entspricht Art.  1382 Cciv. a. F.) lautet: „Tout fait quelconque de l’homme, qui cause à autrui un dommage, oblige celui par la faute duquel il est arrivé à le réparer.“ 119  Französischer Maler (1888–1964). 120  Cour de cassation, 1re chambre civile, 3.4.2007 (Nº  05-12.238), abrufbar unter legifrance. gouv.fr; Bull. civ. 2007 Nº  141; Bouloc, RTDcom. 2007. 823; R.D. 2007. 2288, note Baillet Bouin. 121  Eine Bezugnahme auf das Dekret vom 3. März 1981 beinhaltet auch die sehr kurz gehal­ tene Entscheidung der Cour de cassation, 1re chambre civile, 16.5.2013 (Nº  11-14.434), R.D. 2013 IR 1272. Die Cour de cassation hob die angegriffene Entscheidung der Cour d’appel unter anderem auf, weil sie die Verantwortlichkeit des commissaire-priseur, der ein Werk zweifelhaf­ ter Authentizität ohne Einschränkung präsentiert hatte, ohne nähere Untersuchung abgelehnt 118  Art.  1240

I. Rechtsstellung des Käufers

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hängig von der Frage des Verschuldens – die Angaben unrichtig gewesen seien.122 Die Rechtsprechung weitete die Garantiehaftung des Dekrets vom 3. März 1981 dadurch auf den commissaire-priseur (und die Experten) aus.123 Es geht also nicht um eine Zurechnung etwaigen Verschuldens des Experten zulasten des commissaire-priseur.124 Dass die Rechtsprechung die Frage der objektiven Richtigkeit der Katalogangaben von der subjektiv geprägten Zuschreibung abkoppelt, er­ möglicht es dem Käufer, sich auch dann auf die Unrichtigkeit der Katalogangaben zu berufen, wenn die Zuschreibung erst nach dem Kauf zweifelhaft wird.125

3. Zusammenfassung der Rechtsstellung des Käufers Zusammenfassend zeigt sich, dass dem Käufer nach französischem Verständnis grundsätzlich der Rechtsbehelf der Anfechtung wegen Irrtums, aber auch der wegen arglistiger Täuschung, zur Verfügung steht. In der Praxis scheinen die Gerichte die Irrtumsanfechtung zugunsten des Käufers weitgehend zuzulassen. Sie nehmen dabei eine Garantiehaftung für Katalogangaben an, die den Verkäu­ fer bindet. Ungeklärt ist, ob zudem die Sachmängelgewährleistung im Kunsthan­ del anwendbar ist. Die Äußerungen in Rechtsprechung und Literatur scheinen eher dagegen zu sprechen. Im Auktionshandel haftet zudem das Auktionshaus dem Käufer (gegebenenfalls gesamtschuldnerisch mit dem Experten), ebenfalls verschuldensunabhängig, für die Richtigkeit der Informationen im Katalog.

habe. Sie führt aus, dass der angegriffenen Entscheidung angesichts der Bestimmungen in Art.  1382 Cciv. (a. F., neu: Art.  1240 Cciv.) und Art.  3 des Dekrets vom 3. März 1981 die recht­ liche Grundlage fehle. Ähnlich argumentierte die Cour de cassation in ihrer Entscheidung v. 15.11.2005, JCP 2006 II 10092, in der es um ein von Daniel Spoerri signiertes Gemälde ging (zum Sachverhalt siehe C.I.1.a), Fn. 1: Auch hier ging es um eine Verletzung der Vorschriften des Dekrets und Art.  1382 Cciv. (a. F.). Es heißt in Bezug auf die Frage der Haftung des com­ missaire­priseur: „[…] la cour d’appel a voilé l’article 3 du décret du 3 mars 1981 sur la répres­ sion des fraudes en materière de transactions d’oeuvres d’art et d’objets de collection, ensemble l’article 1382 du Code civil.“ 122  Baillet Bouin, note Cour de cassation, 1re chambre civile, 3.4.2007, R.D. 2007. 2288. 123  In diese Richtung schon zur (alten) Rechtslage vor Inkrafttreten des Dekrets vom 3. März 1981: Cour de cassation, 23.2.1970, Nº  68-13.563, Bull. civ. 1970 Nº  66. 124  Als Folge dieser Haftungskonstruktion stellt sich nach französischem Recht die Frage, ob bzw. inwieweit sich der commissaire-priseur beim Experten schadlos halten kann. Ausführ­ lich zu dem Aspekt des Regresses: Baillet Bouin, R.D. 2007. 2288, 2290 ff. 125  Baillet Bouin, R.D. 2007. 2288, 2289.

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C. Das französische Recht

II. Rechtsstellung des Verkäufers Aus der Perspektive des Verkäufers kann ein Interesse daran bestehen, gegen den Käufer oder gegen das Auktionshaus bzw. den Experten vorzugehen.

1. Rechtsbehelfe gegen den Käufer Die Entscheidungspraxis der französischen Gerichte belegt, dass es in Frank­ reich nicht selten Fälle gibt, in denen der Verkäufer die Irrtumsanfechtung aus­ übt.126 126  In diesen Fällen hat der Verkäufer sich auf die Irrtumsanfechtung berufen: Tribunal civil de Saint-Brieuc, 26.2.1908, R.D. 1909. 223 (Verkauf eines Gemäldes): Die Parteien stritten in dem Fall um ein Gemälde, auf welchem nach dem Kauf für 60,00 Francs eine Signatur Ruis­dael identifiziert worden war. Das Gericht ließ die Anfechtung des Verkäufers grundsätzlich zu. Die Klage war dennoch nicht erfolgreich, weil die Parteien sich weder der Signatur noch des Ent­ stehungsdatums versehen hätten. Cour de cassation, 1re chambre civile, 10.3.1965, R.D. 1965. 217 (Vorinstanz: Cour d’appel de Montpellier, R.D. 1963 somm. 77, Verkauf von Fresken): Gegenstand dieses Verfahrens waren Fresken, die auf die Wände einer stillgelegten Kirche gemalt worden waren und aus dem 11. Jahrhundert stammten. Die Cour de cassation hob die Entscheidung der Vorinstanz auf, die die Anfechtung zugelassen hatte. Dass die Vorinstanz sich auf den außergewöhnlichen Wert der Fresken aus dem 11. Jahrhundert und ihren authentischen Wert und Stil als primitive katalanische Arbeiten bezog, hielt die Cour de cassation für eine Verzerrung der parteilichen Vereinbarung. Sie hob hervor, dass die Parteien die Kirche, in der die Fresken belegen waren, näher bezeichnet hatten, ohne eine exakte Benennung des Alters und des Stils zu vereinbaren. Cour de cassation, 24.1.1979, Bull.civ. 1979 Nº  34 (Nº  77-11.519), (Vorinstanz: Cour d’appel de Paris, 7.12.1976, Gaz. Pal. 1977 I 135, Verkauf von Objekten aus Augsburg): Gegenstand dieses Rechtsstreits waren Silber- bzw. Metallobjekte, die auf einer Versteigerung im Palais Galliera zu einem Preis von 427.000,00 Francs veräußert wurden. Der Sachverhalt war etwas verworren. Der Testamentsvollstrecker hatte die Versteigerung ange­ strebt, woraufhin die Objekte bewertet und als „ancien travail étranger“ im Auktionskatalog beschrieben worden waren. Gegenüber den Erben hatte ein Experte die Objekte – wohl zutref­ fend – als Arbeiten aus Augsburg aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts (1710–1715) prä­ sentiert; das Museum Augsburg erwarb die Objekte in der Folgezeit für 2.500.000,00 Francs. Die Cour d’appel de Paris gab, bestätigt von der Cour de cassation, der Klage des Verkäufers statt und stellte bei der Beurteilung, ob sich der Verkäufer in einem Irrtum befand, auf die Ka­ talogbeschreibung ab. Dem hielten die Rechtsmittelführer die abweichende, gegenüber den Erben geäußerte Expertenmeinung entgegen, die nach der Ansicht der Cour de cassation aber zu spät erfolgte, um die Vorstellung des Verkäufers auf der Grundlage des Katalogs zu erschüt­ tern. Zudem sei nicht nachgewiesen, dass der Verkäufer Kenntnis von vorhergehenden Katalo­ gen hatte, in denen die Objekte richtig präsentiert worden waren. Die Verkäufer beriefen sich zudem in der Rechtssache Poussin (Tribunal de grande instance de Paris, 13.12.1972, JCP 1973. 17376, note Lindon; R.D. 1973. 410, note Ghestin/Malinvaud; Cour d’appel de Paris, 2.2.­1976, JCP 1976 II 18358, observations Lindon; R.D. 1976. 325, note Cabannes; Cour de cassation, 1re chambre civile, 22.2.1978, R.D. 1978. 601, note Malinvaud; Terré/Lequette, in: Capit­ant, Les grands arrêts de la jurisprudence civile, S.  355 ff.; Cour d’appel d’Amiens, 1.2.1982, JCP 1982

II. Rechtsstellung des Verkäufers

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a) Die Irrtumsanfechtung: Anwendungsprobleme aus Sicht des Verkäufers Damit der Verkäufer eines Kunstwerks kann anfechten, müssen die Vorausset­ zungen des Art.  1130 Cciv. gegeben sein.127 aa) Die Zulässigkeit der Irrtumsanfechtung beim Irrtum über die eigene Leistung Die Frage, ob auch der Verkäufer im Grundsatz anfechten kann, thematisierte die französische Rechtsprechung schon früh.128 Im Jahr 1908 bejahte das Tribunal civil de Saint-Brieuc129 die Möglichkeit einer Irrtumsanfechtung des Verkäufers im Kunsthandel. In der Entscheidung heißt es: II 19916, note Trigeaud; Rép. Defrénois 1982. 675, note J. Chatelain; Rev. trim. dr. civ. 1982. 416, observations Chabas; Terré/Lequette, in: Capitant, Les grands arrêts de la jurisprudence civile, S.  356 ff.; Cour de cassation, 1re chambre civile, 13.12.1983, R.D. 1984. 340, note ­Aubert; Terré/Lequette, in: Capitant, Les grands arrêts de la jurisprudence civile, S.  359 f.; Cour d’appel de Versailles, 7.1.1987, JCP 1988 II 21121, note Ghestin; R.D. 1987 .485, note Aubert; Terré/ Lequette, in: Capitant, Les grands arrêts de la jurisprudence civile, S.  361 ff.) auf einen Irrtum, zum Sachverhalt siehe C.II.1.a)cc). Cour d’appel de Paris, 15.11.1990, Gaz. Pal. 1992 I 51; R.D. 1991 somm. comm. 160, note Tournafond, siehe auch Kadhim, Gaz. Pal. 1994.14 (Verkauf einer Bronze): Der Verkäufer, der 1981 eine Bronze für 4.500,00 Francs, die später vom Musée du Louvre für 3.200.000,00 Francs erworben wurde, veräußert hatte, berief sich zur Begründung seiner Irrtumsanfechtung auf die Rechtsprechung in der Rechtssache Poussin. Im Ergebnis war er damit erfolglos, weil die Cour de cassation der Auffassung war, dass die Irrtumsanfechtung nicht zuzulassen sei, wenn die Authentizität ignoriert werde. Rechtssache Fragonard (Cour de cassation, 1re chambre civile, 24.3.1987, Bull. civ. 1987 I Nº  105, JCP 1987 II 21300, note Vieville-­Miravete; R.D. 1987. 489, note Aubert sowie Tribunal de grande instance 21.1.1976, R.D. 1977. 478; Cour d’appel de Paris, 3.4.1978, zitiert nach Duret-Robert, 331.24, 332.32 u. 332.51; Cour de cassation, 1re chambre civile, 16.10.1979, Gaz. Pal. 1980. 60; Cour d’appel d’Amiens, 30.4.1990, zitiert nach Duret-Robert, 333.32; Cour de cassation, 1re chambre civile, 25.5.1992, Bull.civ. 1992 I Nº  165; R.D. 1993 somm. comm. 235, note Tournafond; dazu auch: Aubert, Rep. Defrénois 1993. 310, 312 ff.), zum Sachverhalt siehe C.I.1.a)bb)(2)(d). Cour d’appel de Paris, 29.6.1992, R.D. 1992 somm. comm. 209, note Fortis, zum Sachverhalt siehe C.II.1.a)dd). Auch in der zweiten Rechtssache Poussin (Cour de cassation, 1re chambre civile, 17.9.2003 (Nº  01-15.306), zitiert nach legifrance.gouv.fr, JCP 2004 I 123 note Serinet), argu­ mentierte der Verkäufer mit einem Irrtum, zum Sachverhalt siehe C.II.1.a)dd)). Auch in dem Fall Monet (Cour de cassation, 1re chambre civile, 28.3.2008 (Nº  06-10.715), abrufbar unter legifrance.gouv.fr, Bull. civ. 2008 I Nº  95; JCP 2008 II 10101, note Serinet; RTDcom. 2008. 840; R.D. 2008. 1866, note Treppoz), berief sich der Verkäufer auf einen Irrtum, zum Sachver­ halt siehe C.II.1.a)dd). Siehe auch die Auflistung bei Weber, AJA/PJA 2004, 947, 954, dort unter Fn.  48. 127  Zu den Voraussetzungen von Art.  1130 Cciv. im Allgemeinen siehe C.I.1.a)aa). 128  Tribunal civil de Saint-Brieuc, 26.2.1908, R.D. 1909. 223; Cour d’appel de Montpellier, R.D. 1963 somm. 77 (im Folgenden: Cour de cassation, 1re chambre civile, 10.3.1965, R.D. 1965. 217); Tournafond, note Cour d’appel de Paris, 15.11.1990, R.D. 1991 somm. comm. 160. 129  Tribunal civil de Saint-Brieuc, 26.2.1908, R.D. 1909. 223.

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C. Das französische Recht

„Spécialement, on peut annuler, pour cause d’erreur commune des parties, la vente d’un tableau qui, après la vente, a été reconnu être l’oeuvre d’un grand maître, si, au moment de la conven­ tion, les parties n’ont pas envisagé l’ancienneté et l’origine du tableau comme un élément necessaire de leur convention.“130

Spätestens im Nachgang zu der Rechtssache Poussin setzt die Rechtsprechung implizit voraus, dass der Verkäufer anfechten kann.131 bb) Der Irrtum über eine wesentliche Eigenschaft Die Situation, in denen der Verkäufer anfechten möchte, ist tatbestandlich da­ durch gekennzeichnet, dass eine beim Kauf noch nicht etablierte Zuschreibung sich zu einem Konsens in der Fachwelt verfestigt oder eine solche Etablierung möglich wird. Der Verkäufer irrt sich also über eine Eigenschaft, deren Nicht­ vorliegen er ausdrücklich oder stillschweigend angenommen hatte. cc) Der Nachweis der Authentizität bzw. Neubestimmung Dementsprechend hat der Verkäufer dem Grundsatz nach zu beweisen, dass ein formaler Konsens in der Fachwelt besteht. An dieser Hürde scheiterten zunächst die Eheleute in der ersten Rechtssache Poussin: Die Cour d’appel de Paris132 wies in der Berufung die Klage in beiden Anträgen ab: Die Tatsachenbasis genü­ ge nicht, um das Gericht von der Zuschreibung des streitgegenständlichen Bildes zu ­Poussin zu überzeugen. Sie beruhe vorrangig auf der Einschätzung eines ein­ zelnen Kunstwissenschaftlers. Zudem sei weder den commissaires-priseurs noch dem Experten ein Fehler nachzuweisen.133 Diese Entscheidung der Cour d’appel de Paris wurde allerdings von der Cour de cassation kassiert: Ohne Untersuchung 130 

Freie Übersetzung der Verfasserin: Insbesondere kann man aus dem Grunde des Irrtums den Kauf eines Gemäldes anfechten, welches nach dem Kauf als Werk eines großen Meisters entdeckt wird, wenn im Moment der Vereinbarung die Parteien das Alter und den Ursprung des Werkes nicht als ein wesentliches Element ihrer Vereinbarung ansehen. 131  Kritisch damals: J. Chatelain, note Cour d’appel d’Amiens, 1.2.1982, Rép. Defrénois 1982. 675, 683. 132  Cour d’appel de Paris, 2.2.1976, JCP 1976 II 18358, observations Lindon; R.D. 1976. 325, note Cabannes. Das Tribunal de grande instance de Paris (13.12.1972, JCP 1973 17376, observations Lindon; R.D. 1973. 410, note Ghestin/Malinvaud) hatte der Klage als Eingangs­ instanz stattgegeben, ohne diese Frage näher zu problematisieren. Das Ehepaar sei zum ent­ scheidenden Zeitpunkt des Verkaufs nicht davon ausgegangen, ein Gemälde von Poussin zu veräußern; dies komme auch durch die Akzeptanz des Schätzpreises und die Expertise zum Ausdruck. 133  In den Entscheidungsgründen befasste sich die Cour d’appel de Paris insbesondere mit den Anhaltspunkten, die gegen die Authentizität des Werkes sprachen. So habe der im Vorfeld der Versteigerung tätig gewordene Experte das Gemälde als zu drückend und zu typisch italie­ nisch empfunden, als dass es von Poussin herrühren könne. Zudem existierte bereits eine Viel­

II. Rechtsstellung des Verkäufers

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feststellend, dass die Willenserklärung der Eheleute zum Zeitpunkt des Kaufs nicht von dem Irrtum, das Bild könne nicht von Poussin stammen, getragen ge­ wesen sei, fehle der Entscheidung der Cour d’appel die rechtliche Grundlage.134 dd) Die Etablierung zuvor ausgeschlossener Zuschreibung wird möglich Gelingt der Nachweis der Neubestimmung nicht, so kann der Verkäufer nach französischem Recht dennoch anfechten: Die rechtswissenschaftliche Diskus­sion wertete die Entscheidung der Cour de cassation135 in der Rechtssache Poussin als Statuierung einer eigenen Irrtumsfallgruppe. Eine Fehlvorstellung könne nicht nur dann vorliegen, wenn das fragliche Werk von einem anderen Künstler stam­ me als zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses angenommen, sondern auch dann, wenn eine andere, beim Kauf ausgeschlossene Zuschreibung möglich werde.136 Infolge der zweiten Zurückverweisung durch die Cour de cassation gelangte der Rechtsstreit schließlich vor die Cour d’appel de Versailles137 die feststellte: Die klagenden Eheleute befanden sich im Irrtum, weil sie davon ausgingen, dass ein Gemälde, das – wie sich später herausstellte – von Poussin sein könnte, nicht von Poussin stamme. Dass die Zuschreibung zur Schule der Carracci und die Exper­ tise im Katalog genannt waren, begründe die Wesentlichkeit dieser Eigenschaf­ ten. Dem stehe nicht entgegen, dass die Familie der Eheleute das streitgegen­ ständliche Gemälde traditionell für ein Bild Poussins gehalten habe. Die Eheleu­ te hätten diese Einschätzung zum Zeitpunkt des Verkaufs nicht (mehr) geteilt. Anhaltspunkte dafür seien der niedrige Preis, die Bewertung des renommierten Experten und der commissaires-priseurs sowie der Umstand, dass die lang andau­ ernde Einschätzung der Familie der Eheleute weder auf Beweisen noch auf Fach­ kenntnissen beruhte. Die Neubestimmung des Urhebers verhindere zudem, dass der Einwand der Beklagten, es liege ein Irrtum über den Wert des Kunstwerks, nicht über einen den wirtschaftlichen Wert beeinflussenden Faktor vor, verfange. Ein späteres Beispiel ist eine Entscheidung der Cour d’appel de Paris aus dem Jahr 1992.138 Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Verkäufer ver­ äußerte 1987 ein Gemälde, attribué à Prud’hon139, für 40.000,00 Francs an einen zahl von Fälschungen unter dem Namen Poussin und anderer großer Meister im Musée du Louvre wie in anderen Museen. 134  Cour de cassation, 1re chambre civile, 22.2.1978, R.D. 1978. 601, note Malinvaud; Terré/Lequette, in: Capitant, Les grands arrêts de la jurisprudence civile, S.  355 ff. 135  Siehe dazu C.II.1.a)cc). 136  Malinvaud, note Cour de cassation, 1re chambre civile, 22.2.1978, R.D. 1978. 601, 601 f. 137  7.1.1987, JCP 1988 II 21121, note Ghestin; R.D. 1987. 485, note Aubert; Terré/Lequette, in: Capitant, Les grands arrêts de la jurisprudence civile, S.  361 ff. 138  Cour d’appel de Paris, 29.6.1992, R.D. 1993 somm. comm. 209, note Fortis. 139  Pierre Paul Prud’hon (französischer Maler 1758–1823).

162

C. Das französische Recht

Antiquar, der das Bild zuvor begutachtet und die Expertise bestätigt hatte. Schon einige Tage später gelang ein Weiterverkauf für 190.000,00 Francs. Im Jahr 1988 erwarb dann das Musée des Beaux-Arts de Dijon das Bild als Werk des Meisters selbst für 850.000,00 Francs. Die Cour d’appel de Paris gab der Klage des Ver­ käufers statt und verurteilte den Käufer zur Zahlung von Schadensersatz, festge­ setzt auf die Summe der Differenz zum Kaufpreis des Museums. Den Irrtum des Verkäufers begründete die Cour d’appel de Paris mit der Aussage: „[…] que le vendeur a contracté dans la croyance erronnée que l’oeuvre n’etait pas due à un peintre célèbre ou, en tout cas, qu’il n’était pas possible d’en démontrer l’authen­ ticité.“ Frei übersetzt: „[…] dass der Verkäufer in dem irrigen Glauben kontra­ hiert hat, dass das Werk nicht von einem berühmten Meister sein kann, oder in jedem Fall, dass es nicht möglich ist, die Authentizität dieses Werk nachzuwei­ sen“. Diese Feststellung verdeutlicht, dass nach der französischen Sichtweise der Sicherheitsgrad hinsichtlich der Zuschreibung zum Zeitpunkt des Kaufs aus­ schlaggebend ist. In der zweiten Rechtssache Poussin140 beschäftigte die französischen Gerichte einige Zeit später ein weiteres Bild von Poussin: Die Eigentümerin eines Gemäl­ des aus der französischen Schule des 17. Jahrhunderts wandte sich im Jahr 1985 an einen renommierten commissaire-priseur, weil sie ein Gemälde verkaufen wollte. Nach Einschätzung der Experten sollte es sich um ein Objekt aus dem Atelier von Poussin oder des Meisters selbst handeln. Das Limit wurde auf 100.000,00 Francs, der Schätzwert auf 150.000,00 bis 200.000,00 Francs fest­ gesetzt. Die Beschreibung im Katalog lautete: „Atelier de Nicolas Poussin, La fuite en Egypte, huile sur toile“, gefolgt von weiteren Angaben, die für die Au­ thentizität sprechen könnten. Das Gemälde wurde im März 1986 für 1.600.000,00 Francs einer Galerie zugeschlagen. In den 1990er Jahren wurde die Verkäuferin auf neuere Publikationen aufmerksam, die auf eine Zuschreibung an Poussin hinwiesen; sie klagte auf Nichtigkeitserklärung des Kaufvertrags und nahm hilfsweise den damaligen commissaire-priseur in Anspruch. In der ersten Instanz wurde ihre Klage abgewiesen. Die Cour d’appel de Paris hob diese Entscheidung auf und sprach die Nichtigkeit des Kaufvertrags aus, was die Cour de cassation bestätigte. Die Einwände der Beklagten überzeugten die Cour de cassation nicht. Die ehemalige Eigentümerin sei zu der Überzeugung gelangt, dass das Gemälde nicht mit Sicherheit von Poussin stamme, was sich in der Akzeptanz des Schätzpreises und der Katalogbeschreibung zeige. Daher habe sie sich im Irrtum befunden.

140  Cour de cassation, 1re chambre civile, 17.9.2003 (Nº  01-15.306), abrufbar unter legi­ france.gouv.fr; JCP 2004 I 123, note Serinet; Gaz. Pal. 2004. 1049, note Crevel.

II. Rechtsstellung des Verkäufers

163

Der folgende Fall141 betrifft ein Porträt des französischen Malers Claude ­Monet,142 welches zum Zeitpunkt des Kaufs dem Maler John Singer Sargent 143 zugeschrieben war. Drei Jahre nach dem Kauf kamen den Parteien, eine von ­ihnen die Galerie Wildenstein & Cie, vertreten durch Daniel Wildenstein, Zwei­ fel an der Authentizität des Bildes, woraufhin sie den Kaufpreis um die Hälfte reduzierten. Das Bild selbst sollte der Académie des Beaux-Arts zur Ausstellung im Musée Marmottan zugewendet werden. Im Jahr 1996, etwa zwölf Jahre nach dem Kauf und zehn Jahre nach der Abänderung des Kaufvertrags, entdeckte die Verkäuferin in einer überarbeiteten Edition des Werkverzeichnisses von Claude Monet, publiziert vom Wildenstein Institut und verfasst von Daniel Wildenstein, das zuvor veräußerte Bild. Es handelte sich um ein Selbstporträt des Künstlers. Sie forderte die Annullierung des Kaufvertrages wegen Irrtums, bei Undurch­ führbarkeit der Rückgabe angesichts der Zuwendung Schadensersatz. Die Cour d’appel de Paris wies die Klage ab. Die Zweifel an der Authentizität und die Abänderung des Kaufvertrags offenbarten, dass die Parteien die Zuschreibung an John Singer Sargent nicht als wesentliche Eigenschaft gewertet und Zufällig­ keiten hingenommen hätten. Die Klägerin wehrte sich gegen diese Feststellung. Die Parteien hätten einen Vertrag über ein John Singer Sargent zugeschriebenes Gemälde geschlossen; eine Zuschreibung an Monet habe nicht im Raum gestan­ den. Diese Argumentation überzeugte die Cour de cassation, die das angegriffene Urteil aufhob, mit der Begründung, die Cour d’appel habe nicht dargelegt, dass die nachträglich vereinbarte Minderung des Preises die Annahme, das Bild­ könne nicht von Monet stammen, ausschließe. Eine Entschädigung erhielten die Erben der 2009 im Alter von 104 Jahren144 verstorbenen Verkäuferin dennoch nicht. Die erneute mit der Sache befasste Cour d’appel de Paris war der Auf­ fassung, einer Erstattung stehe die Minderungsvereinbarung entgegen, die nicht Gegenstand des Rechtsstreits sei;145 die Cour de cassation bestätigte diese Ent­ scheidung.146

141  Cour de cassation, 1re chambre civile, 28.3.2008 (Nº  06-10.715), abrufbar unter legifrance. gouv.fr, Bull. civ. 2008 I Nº  95; JCP 2008 II 10101, note Serinet; R.D. 2008. 1866, note ­Treppoz; RTDcom. 2008. 840. 142  Französischer Maler (1840–1926). 143  US-amerikanischer Maler (1856–1925). 144  Serinet, JCP 2016 I 797. 145  Serinet, JCP 2016 I 797. 146  Cour de cassation, 1re chambre civile, 17.3.2016 (Nº14-27168), Gaz. Pal. 2016 jur. 41; Serinet, JCP 2016 I 797.

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C. Das französische Recht

ee) Einschränkungen der Zulässigkeit der Irrtumsanfechtung Spiegelbildlich zur Irrtumsanfechtung des Käufers ist auch die Anfechtung des Verkäufers wegen Irrtums nicht uneingeschränkt zulässig. Entscheidend ist hier, ob der Verkäufer das Risiko, dass es sich um ein (unerkanntes) Meisterwerk han­ deln könnte, hingenommen hat. Dies kann beispielsweise anzunehmen sein, wenn der Verkäufer Anhaltspunkte ignoriert, die für die Authentizität sprechen. Die Erwägungen zu Begrenzungen der Zulässigkeit der Irrtumsanfechtung des Käufers gelten hier entsprechend.147 b) Anfechtung wegen arglistiger Täuschung Eine arglistige Täuschung des Verkäufers kommt in Betracht, wenn der andere Vertragsteil die Willenserklärung des Irrenden aktiv durch Täuschung beein­ flusst.148 Das vorliegende Entscheidungsmaterial belegt, dass auch der Verkäufer sich in der Praxis – soweit ersichtlich, aber eher selten – grundsätzlich auf die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung berufen kann. Dies belegt der Fall149 einer Verkäuferin, die ein Bild an die Stadt Strasbourg veräußerte. Sie und ihre Familie waren seit Generationen davon ausgegangen, ein authentisches Kunst­ werk von Simon Vouet150 zu besitzen – es bestand insoweit tatbestandlich eine Parallele zur Rechtssache Poussin. Der angerufene Experte ordnete das Bild ­jedoch lediglich dem Umfeld von Simon Vouet zu (angesetzter Wert des Kunst­ werks: zwischen 350.000,00 und 400.000,00 Francs). Dementsprechend ver­ äußerte die Verkäuferin das Bild zu einem Preis von 360.000,00 Francs an die Stadt Strasbourg. Sie wusste zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht, dass die Stadt Strasbourg sichere und wertvolle Informationen hatte, die auf die Authentizität des Bildes hinwiesen. Eine radiologische Untersuchung im Labor des Musée du Louvre hatte Rückstände des Künstlers selbst hervorgebracht, die unwiderlegbar auf die Urheberschaft des Künstlers deuteten. Zudem entdeckten Experten die Gravur „sim Vouet pinxit“, ein Zeichen des Künstlers. Das Tribunal de grande instance de Strasbourg gab der Klage der Verkäuferin statt, weil die Käuferin vor dem Kauf im Besitz von Informationen war, die sie der Verkäuferin absichtlich nicht mitgeteilt hatte, und weil die Verkäuferin einem groben Irrtum unterlegen sei, der, wenn nicht von den Vertretern der Stadt Strasbourg provoziert, zumin­ dest perfide aufrechterhalten worden sei und die Verkäuferin zum Vertragsschluss bestimmt habe. 147 

Siehe dazu C.I.1.a)bb)(2)(e). Ducouloux-Favard, Gaz. Pal. 1991, 2 jur. 556. 149  Tribunal de grande instance de Strasbourg, 23.2.1988, Gaz. Pal. 1991, 2 jur. 556, note Ducouloux-Favard; Duret-Robert, 342.11. 150  Französischer Maler (1590–1649). 148 

II. Rechtsstellung des Verkäufers

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2. Rechtsbehelfe gegen den Vermittler, insbesondere das Auktionshaus Rechtsgrundlage für ein Vorgehen des Verkäufers gegen den Vermittler sind die vertragliche Verbindung sowie die Vorschriften des Art. L.312-17 Ccom. Es sind dabei zwei Situationen zu unterscheiden: die der Überbewertung sowie die der Unterbewertung des Auktionsgutes. In beiden Konstellationen stellt sich die Fra­ ge, ob das Auktionshaus haftet, wenn nach dem Kauf eine Neubestimmung erfolgt. a) Bewertung des Auktionsgutes über dem Marktwert (Überbewertung) Die Cour de cassation hatte im Jahr 2013 über den Bestand einer Entscheidung der Cour d’appel zu entscheiden, in dem diese eine Haftung des commissaire-priseur verneinte hatte.151 Folgendes war passiert: Der Verkäufer einer Gouache, die vermeintlich von Sophie Taeuber-Arp 152 stammen sollte, war von dem Auktions­ käufer in Anspruch genommen worden und hatte sich nun gegen den commis­ saire-priseur gewandt. Das in Rede stehende Kunstwerk war nicht signiert, aber mit einem Zertifikat des Ehemanns der Künstlerin, Hans Arp, und einer auf zeit­ genössische Kunst spezialisierten Galerie versehen. Es stellte sich später heraus, dass das Werk angesichts des verwendeten Papiers nicht zu Lebzeiten der Künst­ lerin entstanden sein konnte. Die Cour d’appel hatte argumentiert, dass in diesem Fall technische Untersuchungen erforderlich gewesen seien, um festzustellen, dass das Kunstwerk nicht von der Hand der Künstlerin stamme.153 Zur Veranlas­ sung einer solchen Untersuchung habe der commissaire-priseur keinen Anlass gehabt.154 Die Cour de cassation bestätigte die Entscheidung der Cour d’appel. Der Fall zeigt, dass im Verhältnis zwischen Verkäufer und Auktionshaus die Frage des Verschuldens des Auktionshauses durchaus eine Rolle spielen kann. Dies ist ein Indiz gegen eine Garantiehaftung des Auktionshauses in diesem Verhältnis. b) Bewertung des Kunstwerks unter dem Marktwert (Unterbewertung) Stellt sich nach dem Kauf heraus, dass das Kunstwerk von einem berühmten Meis­ ter stammt, kann sich der Verkäufer nicht nur gegen den Käufer, sondern auch gegen das Auktionshaus wenden, welches das Meisterwerk nicht erkannt hat. Dem vorhandenen Entscheidungsmaterial lässt sich nicht eindeutig entnehmen, unter welchen Voraussetzungen eine solche Klage des Verkäufers erfolgreich sein kann. Die Argumentation im Fall Sophie Taeuber-Arp legt nahe, dass auch in den hier relevanten Konstellationen ein Verschulden des Auktionshauses notwendig ist. 151 

Cour de cassation, 1re chambre civile, 10.7.2013 (Nº12-23.773), R.D. 2013. 1895. Schweizerische Malerin und Bildhauerin (1889–1943). 153  Labarthe, R.D. 2014. 1047, 1049. 154  Labarthe, R.D. 2014. 1047, 1049. 152 

166

C. Das französische Recht

c) Haftung bei Neubestimmungen nach dem Kauf Dass die französischen Gerichte auf das Verschulden des Auktionshauses abstel­ len, indiziert das Fehlen bzw. Beschränkungen der Haftung des Auktionshauses in Fällen, in denen nach dem Kauf Neubestimmungen erfolgt sind. Für Auktions­ häuser dürften zukünftige Neubestimmungen zum Zeitpunkt der Durchführung der Auktion schwer bis nicht erkennbar sein.

3. Zusammenfassung der Rechtsstellung des Verkäufers Der Verkäufer kann nach französischem Recht grundsätzlich anfechten – und das auch dann, wenn er nicht nachweisen kann, dass das von ihm veräußerte Kunst­ werk ein authentisches Meisterwerk ist; ausreichend ist bereits, dass die Zu­ schreibung (an einem berühmten Meister) nach dem Kauf möglich wird. Im Grundsatz kann er zudem gegen den Vermittler (und/oder gegebenenfalls gegen den begutachtenden Experten) vorgehen. Nach neuerer Rechtsprechung setzen diese Ansprüche ein Verschulden des Vermittlers (bzw. des Experten) voraus. Dies hat Auswirkungen, sofern bei Neubestimmungen Erkenntnisse von Bedeu­ tung sind, die zum Zeitpunkt des Kaufs noch unbekannt waren. Eine Haftung kommt dann wegen fehlenden Verschuldens nicht in Betracht. Eine Haftung des Vermittlers kann auch dann ausscheiden, wenn die Zuschreibung auf einer feh­ lerhaften Expertenmeinung beruht.

III. Gegenüberstellung der Rechtsbehelfe bzw. Rechte der Beteiligten Abschließend sind die Rechtsbehelfe von Käufern wie Verkäufern gegenüberzu­ stellen. Denkbar sind grundsätzlich zwei Konstellationen: Situationen, in denen keine der Parteien die fehlerhafte Zuordnung des streitgegenständlichen Kunst­ werks kannte. Davon zu unterscheiden sind Fälle, in denen der Verkäufer oder der Vermittler Hinweise auf eine andere Zuordnung hatte, er die Fehlvorstellung des Käufers also fahrlässig oder vorsätzlich verschuldet hat (Sorgfaltspflichtver­ letzungen).

1. Verschuldensunabhängige Rechtsbehelfe Bei unverschuldeten Irrtümern können nach französischem Recht Käufer und Verkäufer anfechten. Sofern sich herausstellt, dass Informationen im Auktions­ katalog unrichtig sind, kann der Käufer unter Heranziehung des Dekrets vom

III. Gegenüberstellung der Rechtsbehelfe bzw. Rechte der Beteiligten

167

3. März 1981 zudem gegen den Vermittler vorgehen. Der Verkäufer kann aber, sofern er dem Käufer gegenüber haftet, nicht immer gegen den Vermittler vorge­ hen. Denn nach neuerer Rechtsprechung scheint der Vermittler dem Verkäufer gegenüber nur dann zu haften, wenn ihm ein Verschulden vorzuwerfen ist.

2. Rechtliche Lage bei Sorgfaltspflichtverletzungen Sorgfaltspflichtverletzungen seitens des Vermittlers verändern die Rechtslage. Der Käufer kann sich gegebenenfalls auch auf eine arglistige Täuschung berufen bzw. Schadensersatz verlangen. Die Rechtslage ist in solchen Fällen auch für den Verkäufer günstiger. Er kann nicht nur gegen den Käufer, sondern auch gegen den Vermittler vorgehen.

3. Fristen Das französische Recht sieht für die Ausübung der Irrtumsanfechtung und ande­ rer Rechtsbehelfe unterschiedliche Fristen vor. a) Ausübungsfrist nach Art.  1304 Cciv. Nach der Vorschrift in Art.  1304 Cciv. kann die Irrtumsanfechtung innerhalb von fünf Jahren ausgeübt werden, beginnend mit der Entdeckung des Irrtums. Die Entdeckung des Irrtums kann beispielsweise durch das Vorliegen einer neuen Expertise oder durch neue Publikationen, die die Authentizität betreffen, erfol­ gen.155 Für den Fristbeginn ist jedoch entscheidend, wann der Käufer Kenntnis erlangt.156 Es handelt sich also um eine relative Ausübungsfrist, da der Frist­ beginn nicht absolut feststeht, sondern von einem Ergebnis, der Entdeckung des Irrtums, abhängt. b) Verhältnis zu allgemeinen Verjährungsfristen In Frankreich wurde diskutiert, ob die Irrtumsanfechtung durch eine absolute zeitliche Grenze einzuschränken ist.157 Rechtstechnisch war angedacht dies durch die Anwendung der allgemeinen Verjährungsfristen zu erreichen, die im Handelsverkehr fünf Jahre,158 im Übrigen 30 bzw. zehn Jahre159 betrugen. In der Chatelain/Taugourdeau, S.  174. Duret-Robert, 313.12. 157  Ausführlicher dazu: Baillet Bouin, note Cour d’appel de Paris, 26.6.2007, R.D. 2007. 2788. 158  Art. L.110-4 Ccom. 159  Art.  2262 Cciv. a. F. Die Verjährungsfrist in nun in Art.  2224 Cciv. geregelt und beträgt fünf Jahre. 155  156 

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C. Das französische Recht

Praxis ließ die Rechtsprechung die Anfechtung aber auch nach Ablauf der allge­ meinen Verjährungsfrist zu.160 Im Jahr 2007 stellte die Cour d’appel de Paris fest, dass das Anfechtungsbegehren eines Klägers auch 14 Jahre nach dem Kauf nicht an der Verjährung scheitere.161 Streitgegenstand des Verfahrens war ein Réné Magritte162 zugeschriebenes Kunstwerk, welches mit einer Signatur des Künst­ lers und mit einer Zertifizierung seiner Witwe versehen war. Der Erwerber, der das Gemälde 1989 ersteigert hatte, wollte es im Jahr 2001 weiterveräußern und wandte sich an ein Auktionshaus. Das auf die Initiative eines Experten hin kon­ sultierte comité Magritte nahm am 25. März 2002 eine Abschreibung vor. Der Kläger reichte am 28. Oktober 2003 Klage ein, gegen die sich die Beklagten mit der Verjährung, die aus ihrer Sicht bereits 1999 eingetreten sei, verteidigten. Das Eingangsgericht, das Tribunal de grande instance de Paris, entschied, dass die Beklagten sich nicht auf die Vorschrift des Art. L.110-4 de Ccom. berufen könn­ ten, der in seiner damaligen Fassung eine zehnjährige Verjährungsfrist für Ver­ pflichtungen, die bei der Gelegenheit der Ausübung des Handels zwischen Händ­ lern oder Nicht-Händlern entstanden waren, vorsah.163 Die Cour d’appel bestä­ tigte, dass keine Verjährung eingetreten sei. Mit der Einführung einer diese Bestimmungen ablösenden Regelung in Art.  2232 Cciv.,164 die eine absolute zeitliche Grenze für die Verjährung von 20 Jahren vorsieht, hat sich die Diskussion etwas verlagert. Schwerpunkt ist nun die Frage, wann die 20-jährige Frist im Sinne von Art.  2232 Cciv. beginnt: mit dem Abschluss des Kaufvertrags165 oder mit der Entdeckung des Irrtums166. Ent­ scheidend für die Entdeckung des Irrtums soll dabei nicht die kunstwissenschaft­ liche Erkenntnis der Abschreibung oder Neubestimmung sein, sondern die sichere Kenntnis des Irrenden.167 Die zweite Ansicht argumentiert mit dem Aspekt, dass dem Käufer nicht die Möglichkeit genommen werden sollte, sein Recht auszu­ 160  Cour de cassation, 1re chambre civile, 24.3.1987, Bull civ. 1987 I Nº  105; JCP 1987 II 21300, note Vieville-Miravete; R.D. 1987. 489, note Aubert; Cour d’appel de Paris, 26.6.2007, R.D. 2007. 2788, note Baillet Bouin. 161  Cour d’appel de Paris, 26.6.2007, R.D. 2007. 2788, note Baillet Bouin. 162  Belgischer Maler (1922–1967). 163  Baillet Bouin, note Cour d’appel de Paris, 26.6.2007, R. D. 2007, 2788, 2789. 164  Art.  2232 Cciv. lautet: „Le report du point de départ, la suspension ou l’interruption de la prescription ne peut avoir pour effet de porter le délai de la prescription extinctive au-delà de vingt ans à compter du jour de la naissance du droit.“ Freie Übersetzung der Verfasserin: Die Verschiebung, Aussetzung oder Unterbrechung der Verjährung kann nicht die Wirkung haben, den Zeitraum der Verjährung auf mehr als 20 Jahre nach dem Zeitpunkt der Entstehung des Rechts zu verschieben. 165  Chatelain/Taugourdeau, S.  175. 166  Duret-Robert, 313.12. 167  Duret-Robert, 313.12 u. 313.21.

III. Gegenüberstellung der Rechtsbehelfe bzw. Rechte der Beteiligten

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üben und bezieht sich dabei auf einen Bericht des Senators Laurent ­Béteille.168 Beim Abstellen auf den Zeitpunkt des Kaufs bestehe die Gefahr, dass die Ver­ jährung bereits eingetreten sei, wenn der Irrende von der Neubestimmung erfah­ re;169 in Bezug auf die Gegenauffassung könnten zudem verfassungsrechtliche Bedenken nicht ausgeschlossen werden.170 c) Verjährungsfristen für Rechtsbehelfe gegen den Vermittler Für die Haftung des commissaire-priseur gilt Art. L. 321-30 Ccom., der die ­Dauer dieser Haftung allerdings auf einen Zeitraum von fünf Jahren, beginnend mit dem Zeitpunkt der Versteigerung bzw. der Schätzung, begrenzt. d) Zusammenfassung zu den Fristen Die Parteien sind hinsichtlich der Verjährungs- und Ausübungsfristen grundsätz­ lich gleichgestellt. Angesichts der kürzeren Fristen für die Haftung von Vermitt­ lern kann es jedoch dazu kommen, dass der Käufer anfechten kann, dem Verkäu­ fer ein Rückgriff aber abgeschnitten ist.

Duret-Robert, 313.21 unter Hinweis auf den Rapport Nº  83, Réforme de la prescription civ. Duret-Robert, 313.21. 170  Duret-Robert, 313.21. 168  169 

D. Das englische Recht Zu untersuchen ist die Behandlung von fehlerhaften Zuordnungen beim Kauf von Kunstwerken nach englischem Recht aus der Perspektive von Käufern wie Verkäufern.

I. Rechtsstellung des Käufers Zu beleuchten ist, inwieweit das englische Recht dem Käufer Schutz gegen den Erwerb eines unerkannt falsch zugeschriebenen Werks oder einer Fälschung bie­ tet. Dabei sind die Rechtsbehelfe gegenüber dem Verkäufer von denen, die der Käufer möglicherweise gegen den Vermittler, insbesondere das Auktionshaus, geltend machen kann, zu trennen.

1. Rechtsbehelfe gegen den Verkäufer Denkbar ist, dass der Käufer den Verkäufer auf vertraglicher Basis in Anspruch nimmt (dazu unter a) bis g)) oder dass er sich auf außervertragliche Rechtsbe­ helfe (dazu unter h)) beruft. a) Vertragliche Rechtsbehelfe („breach of contract“) „Frequently the seller makes an attribution to an artist, although the degree of confidence with which he does so may vary considerably. In some cases the attribution may be of sufficient gravity to become a condition of the contract. In others it may be no more than a warranty, either collateral or as a term of the contract. Or it may have no contractual effect at all. Which of these is in point may depend on the circumstances of the sale; there being, for example, a difference between a sale by one dealer to another and one by a dealer to a private buyer.“1,2 1  Lord Justice Nourse in der Entscheidung Harlingdon and Leinster Enterprises Limited v Christopher Hull Fine Art Limited, im Folgenden abgekürzt als „Harlingdon v Christopher Hull“, [1990] 3 W.L.R. 13 = [1991] 1 QB 564, 568. 2  Freie Übersetzung der Verfasserin: Häufig nimmt der Verkäufer eine Zuschreibung an ei­ nen bestimmten Künstler vor, wobei der Grad der Gewissheit, mit der er dies tut, beträchtlich variieren kann. In manchen Fällen kann die Zuschreibung ausreichend Gewicht haben, um eine condition zu werden. In anderen kann sie nicht mehr sein als eine warranty, entweder als Ne­

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D. Das englische Recht

Aus dem Zitat von Lord Justice Nourse folgt, dass fehlerhafte Zuordnungen von Kunstwerken im englischen Recht unterschiedlich zu bewerten sein können. Das zentrale Rechtsinstitut, welches bei Verletzungen der vertraglichen Pflichten, die die Schwelle der Vertragsbedingung (term) 3 erreicht haben, zur Anwendung kommen kann, ist der Vertragsbruch (breach of contract). Ein Vertragsbruch liegt vor, wenn eine Partei ohne rechtmäßige Entschuldigung ihre vertraglichen Pflichten erfolglos oder gar nicht durchführt.4 Der Ermittlung des Inhalts der vertraglichen Verpflichtung kommt bei der Bewertung eines Sachverhalts unter haftungsrechtlichen Gesichtspunkten in diesem Kontext eine besondere Bedeu­ tung zu. Dabei ist zu beachten, dass nach englischem Recht der Grundsatz der Vertragsfreiheit sehr streng gesehen wird. Die Parteien sind daher frei, zu bestim­ men, welche vertraglichen Verpflichtungen sie akzeptieren wollen.5 Die engli­ schen Richter sind vor diesem Hintergrund nicht berechtigt, die von den Parteien verwendeten Formulierungen zu berichtigen oder ihnen eine andere, dem Ver­ ständnis des Gerichts näherkommende Bedeutung zu geben.6 Diese Grundsätze, die im Allgemeinen die Befugnis des Gerichts zu einer ergänzenden Vertragsaus­ legung beschränken, werden allerdings relativiert durch die Bestimmungen des Sale of Goods Act 1979, die unter anderem implizierte Vertragsbestimmungen vorsehen. Bei der Haftung für einen Vertragsbruch handelt es sich um eine ver­ schuldensunabhängige Haftung. Die Verwirklichung dieses haftungsbegründen­ den Umstands kann die verletzte Partei unter Einhaltung bestimmter Prinzipien dazu berechtigen, Schadensersatz zu verlangen, eine vereinbarte Summe oder eine bestimmte Leistung einzufordern oder eine einstweilige Verfügung zu er­ wirken.7 Sie kann aber auch – und das ist für den Bereich des Kunsthandels be­ sonders bedeutsam – zur Auflösung des Vertrags berechtigen.8 Der Darstellung benbestimmung oder als Vertragsbedingung. Oder sie kann gar keine vertragliche Wirkung haben. Welche dieser Möglichkeiten vorliegt, hängt von den Umständen des Kaufs ab; es kann zum Beispiel ein Unterschied bestehen zwischen einem Verkauf von einem Händler an einen anderen Händler und demjenigen von einem Händler an einen privaten Käufer. 3  Bei einer term handelt es sich um eine Angabe, die Bestandteil der vertraglichen Abrede geworden ist und damit den Inhalt des Vertrags bestimmt (Richards, Law of Contract, 110). Das mere statement of opinion hingegen bezeichnet eine bloße Meinungsäußerung ohne rechtlich bindenden Effekt (McKendrick, Contract Law, 8.1). Zwischen diesen beiden Rechtsinstituten liegt die representation, die eine Art vertraglicher Nebenabrede bezeichnet (McKendrick, Con­ tract Law, 8.1.). Die Abgrenzung erfolgt anhand der Intention der Parteien, die im Wege einer objektiven Annäherung ermittelt wird, siehe dazu: Heilbut, Symons & Co v Buckleton, [1913] AC 30, 50; McKendrick, Contract Law, 8.1; Richards, Law of Contract, 110. 4 Treitel-Peel, 17-049. 5  Chitty on Contracts, Vol.  I, 1-027. 6  Chitty on Contracts, Vol.  I, 1-027 u. 13-074. 7 Treitel-Peel, 17-049. 8 Treitel-Peel, 17-049.

I. Rechtsstellung des Käufers

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der einzelnen Haftungsbestimmungen sei eine kurze Klärung der im vorliegen­ den Zusammenhang grundlegenden Begriffen condition und warranty 9 voran­ gestellt. b) Die Begriffe „condition“ 10 und „warranty“ 11 Das englische Recht unterscheidet zwei grundsätzliche Kategorien der Vertrags­ bestimmungen: condition und warranty.12 Eine condition ist eine durch Verein­ barung begründete Vertragsbestimmung,13 die von den Parteien als so wichtig angesehen wird, dass die Nichterfüllung dieser Verpflichtung die andere Partei dazu berechtigt, sich vom Vertrag zu lösen.14 Der Berechtigte ist jedoch nicht verpflichtet, den Vertrag aufzulösen, er kann auch Schadensersatz verlangen.15 Der Begriff warranty hingegen bezeichnet eine Abrede, die in ihrer Verbindlich­ keit und Bedeutung diese Schwelle nicht erreicht und die die betroffene Partei „lediglich“ dazu berechtigt, von der vertragsbrüchigen Partei Schadensersatz zu verlangen oder den Preis herabzusetzen,16 nicht aber, sich vom Vertrag zu lösen. Die Abgrenzung erfolgte ursprünglich anhand von zwei Faktoren: der im Vertrag zum Ausdruck gekommenen Intention der Parteien und der Relevanz der zu be­ urteilenden Bestimmung in Bezug auf die Grundlage des Vertrages.17 Im Einzel­ fall können aber erhebliche Einordnungsschwierigkeiten und Durchbrechungen bestehen.18 Angesichts besonderer Bestimmungen des Sale of Goods Act 1979 kommen im Kunsthandel in erster Linie conditions in Betracht.19 In Bezug auf eine etwaige Haftung des Auktionshauses hingegen wird überwiegend diskutiert, ob warranties vorliegen.

Die Legaldefinition der warranty in s.  61(1) Sale of Goods Act 1979 lautet: „‚warranty‘ (as regards England and Wales and Northern Ireland) means an agreement with reference to goods which are the subject of a contract of sale, but collateral to the main purpose of such contract, the breach of which gives rise to a claim for damages, but not to a right to reject the goods and treat the contract as repudiated.“ 10  Der Begriff condition wird hier im Sinne einer Vertragsbestimmung verwendet und nicht bezogen auf den Eintritt eines Ergebnisses verstanden; zu den unterschiedlichen Verständnis­ möglichkeiten: Treitel-Peel, 2-103 f. 11  Beide umfassender Oberbegriff: term oder term of contract. 12 Beide terms können ausdrücklich oder stillschweigend vereinbart werden. 13  Reynolds, in: Benjamin’s Sale of Goods 10-001. 14  Reynolds, in: Benjamin’s Sale of Goods 10-026; Treitel-Peel, 18-042. 15 Treitel-Peel, 18-042. 16 Treitel-Peel, 18-042. 17 Treitel-Peel, 18-044. 18  Dieser Aspekt wird im Folgenden nicht näher thematisiert. 19  Siehe dazu D.I.1.d). 9 

174

D. Das englische Recht

c) „Express conditions“ Denkbar ist, dass die Parteien die Authentizität eines Kunstwerks ausdrücklich vereinbaren. Eine solche Vereinbarung wurde im Fall Peco Arts Inc. v Hazlitt Gallery Limited 20 behauptet und gerichtlich zugelassen; aufgrund der Besonder­ heiten des Falls wurde dieser letztlich jedoch über das Irrtumsrecht (mistake) gelöst. In Drake v Thos. Agnew & Sons Limited 21 hingegen nahm der erkennende Richter keine ausdrückliche Vereinbarung hinsichtlich eines vermeintlich von dem flämischen Maler Anthonis van Dyck stammenden Bildes an. Er führte aus, dass Meinungsäußerungen grundsätzlich nicht Inhalt des Vertrags würden.22 Natürlich könne eine der Vertragsparteien von ihrer Meinung, beispielsweise hinsichtlich der Authentizität oder der Herkunft eines Gegenstands oder eines Gemäldes, so überzeugt sein, dass sie für sie zur Grundlage des Vertrags werde. In solchen Fällen sei die Annahme einer vertraglichen Einigung über diesen Punkt nur dann möglich, wenn eine objektive Beurteilung aller Umstände diese Schlussfolgerung trage.23 Der offensichtlichste und vernünftigste Weg, dies zu erreichen, sei es, die Bedeutung der Meinungsäußerung auszusprechen. Im vor­ liegenden Fall handele es sich offenkundig um eine Meinungsäußerung. Niemand habe vernünftigerweise davon ausgehen können, die beklagte Partei A ­ gnews habe gewusst, dass es sich um ein Werk von van Dyck handele; dies sei für den Berater des Käufers als Kunsthändler, der – wenn auch erst zweimal – mit dem Verkauf Alter Meister zu tun gehabt habe, und auch für den Käufer selbst, der immerhin Sammler sei, erkennbar gewesen.24 Eine ausdrückliche Garantie für die Zuschreibung sei nicht übernommen worden.25 Der Kauf eines Kunstwerks aus der Kategorie Alte Meister kann besonders risikoreich sein. Die Entscheidung schließt daher eine käuferfreundlichere Be­ trachtung in Fällen, in denen sich der Wahrscheinlichkeitsgrad der Zuschreibung verdichtet hat, nicht grundsätzlich aus.

20 

[1982 P. No.  1223] E.M.W., [1983] All E.R. 193 = [1983] 1 W.L.R. 1315. Im Folgenden abgekürzt als „Peco Arts v Hazlitt Gallery“. Zum Sachverhalt siehe D.I.1.g)bb). 21  [2002] EWHC 294 (QB). Im Folgenden abgekürzt als „Drake v Agnews“. Siehe zum Sachverhalt D.I.1.d)aa)(2)(a). 22  [2002] EWHC 294 (QB), zitiert nach bailii.org, Ziffer 25. 23  Allgemeiner Grundsatz, dazu: Treitel-Peel, 6-002 u 6-009. 24  Drake v Agnews, [2002] EWHC 294 (QB), zitiert nach bailii.org, Ziffer 26. 25  Drake v Agnews, [2002] EWHC 294 (QB), zitiert nach bailii.org, Ziffer 26.

I. Rechtsstellung des Käufers

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d) „Implied conditions“ im Sale of Goods Act 1979 Neben ausdrücklichen Vereinbarungen kommen im Kunsthandel auch still­ schweigende Vereinbarungen (implied conditions) in Betracht.26 Das englische Recht kennt zwei mittlerweile kodifizierte Tatbestände, mit deren Hilfe der In­ halt des Kaufvertrags typisiert bestimmt werden kann: den Kauf nach einer Be­ schreibung (sale by description) und den Kauf von einem Verkäufer, der in Aus­ übung einer geschäftlichen Tätigkeit handelt (in the course of a business). In der letztgenannten Konstellation gilt als vereinbart, dass die vertragsgegenständli­ chen Waren von satisfactory quality sein sollen. aa) „Sale by description“, s.  13(1) Sale of Goods Act 1979 Schwierigkeiten bereitet bei Bilderstreitigkeiten immer wieder die Frage, ob In­ formationen über Kunstwerke, die im Vorfeld der Veräußerung kundgetan wer­ den, Einfluss auf den Inhalt des Kaufvertrags haben können. Neben den Katalog­ beschreibungen betrifft diese Frage vor allem Werbematerialien der Kunsthand­ lungen oder andere kunstwerkbezogene Angaben. Der Fall Drake v Agnews 27 illustriert die tatbestandliche Seite dieser Fragestellung anschaulich. Die beklag­ te Galerie hatte eine Broschüre erstellt, einen Brief sowie ein Fax verfasst und zudem weitere mündliche Auskünfte angeboten. Das zeigt, dass – gerade bei hohen Kaufpreisen – der Verkäufer geneigt sein kann, im Verkaufsinteresse um­ fangreiche Angaben zu dem Objekt zu machen. Unter rechtlichen Gesichtspunkten ist bei derartigen Angaben zu erwägen, ob die Parteien die Authentizität eines Kunstwerks stillschweigend durch eine Be­ schreibung des Kunstwerks vereinbart haben. In Betracht kommt dies durch die Anwendung der Bestimmung in s.  13(1) Sale of Goods Act 1979, wonach bei einem Kauf nach einer Beschreibung eine konkludente Vertragsbestimmung vor­ liegt (sale by description).28 (1) Tatbestand des „sale by description“ in s.  13(1) Sale of Goods Act 1979 29 Die Bestimmung über den sale by description in s.  13(1) Sale of Goods Act 1979 kann grundsätzlich sowohl Fälle, in denen die gelieferte Sache nicht exakt mit 26 

ss.  13(1A), 14(6) Sale of Goods Act 1979. Drake v Agnews, [2002] EWHC 294 (QB). 28  Die Bestimmung lautet: „Where there is a contract for the sale of goods by description, there is an implied term that the goods will correspond with the description.“ Eine Verletzung dieser Vertragsbedingung kann dazu führen, dass ein Vertragsbruch vorliegt, der zu Rechtsbe­ helfen berechtigen kann, siehe dazu D.I.1.a). 29  Für Verträge zwischen Unternehmern und Verbrauchern findet sich eine entsprechende Bestimmung in Chapter 2, No.  11 Consumer Rights Act 2015. 27 

176

D. Das englische Recht

der Beschreibung übereinstimmt, als auch solche erfassen, in denen die Durch­ führung des Vertrags vollständig fehlschlägt, etwa weil eine andere als die be­ schriebene Sache geliefert wird.30 Der Kauf bereits individualisierter Kunstwerke könnte daher grundsätzlich ei­ nen sale by description darstellen. Es stellen sich jedoch Anwendungsprobleme, die ihre Ursache in unterschiedlichen Ansichten zu den abstrakten Anforderun­ gen an die Bestimmung in s.  13(1) Sale of Goods Act 1979 haben.31 Problema­ tisch ist vor allem, unter welchen Voraussetzungen die genannte Bestimmung auf Fälle von Stückkäufen anwendbar ist, in denen der Kaufgegenstand nicht (nur) durch die Beschreibung individualisiert wird.32 Um die Problematik im Hin­ blick auf ihre Relevanz für den Kauf von Kunstwerken zu beschränken, konzen­ triert sich die Untersuchung im Folgenden auf die Anwendungspraxis der engli­ schen Gerichte im Kunsthandel. (2) Anwendung des „sale by description“ in s.  13(1) Sale of Goods Act 1979 im Kunsthandel Die Anwendung der Bestimmung über den sale by description im Kunsthandel thematisierte die englische Rechtsprechung insbesondere in den Fällen Harlingdon v Christopher Hull und Drake v Agnews. Das Schrifttum kritisierte diese Entscheidungen teilweise. (a) Restriktive Auslegung von s.  13(1) Sale of Goods Act 1979 durch die englischen Gerichte Die den Kunstmarkt betreffenden Entscheidungen der englischen Gerichte er­ gingen bisher im Ergebnis ganz überwiegend zum Nachteil des Käufers. Trotz unterschiedlicher Ansichten hinsichtlich der Auslegung der Vorschrift kamen die Richter des House of Lords im Jahr 1989 im Fall Harlingdon v Christopher Hull33 im Ergebnis zu dem Schluss, dass sich ein professioneller Käufer nicht auf s.  13(1) Sale of Goods Act 1979 berufen könne. Reynolds, in: Benjamin’s Sale of Goods 11-004. Umstritten ist insbesondere, ob der Vertragsschluss seitens des Käufers im Vertrauen auf die Beschreibung der Waren erfolgen muss. Siehe dazu einerseits die unterschiedlichen Ansich­ ten der Richter im Fall Harlingdon v Christopher Hull, [1990] 3 W.L.R. 13. = [1991] 1 QB 564 sowie die Bewertung der Entscheidung im Schrifttum andererseits, z. B. Ulph, J.B.L. 2011, 261, 270 ff. und Brown, L.Q.R. 1990, 561 ff.; im Allgemeinen zu dieser Problematik: Reynolds, in: Benjamin’s Sale of Goods 11-009. 32  Dass die Bestimmung grundsätzlich auch auf Stückkäufe anwendbar sein kann, scheint anerkannt; siehe dazu: Beale v Taylor, [1967] 1 W.L.R. 1193, 1194 und Reardon Smith Line Limited v Yngvar Hansen-Tangen, [1976] 1 W.L.R. 989, 989. 33  [1990] 3 W.L.R. 13 = [1991] 1 Q.B. 564. 30 

31 

I. Rechtsstellung des Käufers

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Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Parteien, beide Galerien in London, allerdings mit unterschiedlichen Handelsschwerpunkten, stritten um die Rückzahlung eines Kaufpreises aus einem Bilderkauf. Die Klägerin hatte von der Beklagten ein vermeintlich von der Künstlerin Gabriele Münter34 stammendes Ölgemälde mit dem Titel Dorfstrasse in Oberbayern erworben, welches sich spä­ ter als Fälschung erwies. Die Umstände des Erwerbs waren ungewöhnlich. Die beklagte Galerie war im Besitz von zwei Ölgemälden, die in einer Kopie eines Auktionskatalogs aus dem Jahr 1980 Gabriele Münter zugeordnet worden waren. Nachdem die Beklagte sich zunächst an das Auktionshaus Christie’s gewandt hatte, welches daraufhin Interesse an den Bildern bekundet hatte, trat der Inhaber der beklagten Galerie an die klägerische Galerie, die Werke deutscher Künstler vertrieb, heran. In den folgenden Verhandlungen erklärte die Beklagte, die auf zeitgenössische britische Künstler spezialisiert war, nicht beurteilen zu können, ob die Bilder tatsächlich von Gabriele Münter stammten. Die Künstlerin sei ihr bis zu dieser Angelegenheit unbekannt gewesen. Dennoch waren nach den Fest­ stellungen des Tatgerichts beide Parteien davon überzeugt, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Bild um ein Werk Gabriele Münters handele. Die Kläge­ rin besichtigte die beiden Gemälde und die Parteien kamen wie folgt überein: Die Klägerin erwarb das streitgegenständliche Kunstwerk für £ 6,000.00. Für den Fall, dass die Klägerin keinen Käufer finden sollte, vereinbarten die Beteilig­ ten ein Rückgaberecht. In der Folgezeit veräußerte die Klägerin das Bild. Exper­ ten der Gabriele Münter- und Johannes Eichner-Stiftung35 in München stuften das Bild später jedoch als Fälschung ein. Die Klägerin musste den Kaufpreis an den Erwerber zurückbezahlen und wollte sich bei der Beklagten schadlos halten. Zwei der drei Richter verneinten das Vorliegen eines sale by description – mit unterschiedlichen Begründungen.36 Entscheidend war für beide Richter die Er­ wägung, dass die Klägerin den Vertrag nicht im Vertrauen auf (in reliance on) die Informationen in dem alten Versteigerungskatalog eingegangen sei, sondern die Bilder besichtigt und eine eigene Einschätzung der Authentizität vorgenommen habe.37 Die tatsächlichen Grundlagen des Falls waren jedoch insofern beson­ 34 

Deutsche Malerin (1877–1962). Die Stiftung wurde 1966 auf der Grundlage einer testamentarischen Verfügung der Male­rin und ihres Lebensgefährten Johannes Eichner gegründet. Die Stiftung verwaltet und erhält den Nachlass der Malerin, siehe , zuletzt besucht am 3.3.­2017. 36  Lord Justice Slade und Lord Justice Nourse; abweichend Lord Justice Stuart-Smith. 37 So Lord Justice Nourse, [1990] 3 W.L.R. 13 = [1991] 1 Q.B. 564, der es praktisch für erforderlich hält, dass der Käufer im Vertrauen auf die Beschreibung handelt, und Lord Justice Slade, der das Vertrauen des Käufers auf die Beschreibung bei der Ermittlung des Willens der Parteien berücksichtigen möchte; anders Stuart-Smith Lord Justice, der in Abweichung zu der misrepresentation nicht auf das Vertrauen abstellen möchte. 35 

178

D. Das englische Recht

ders, als die Käuferin potenziell über die größeren Fachkenntnisse bei der Beur­ teilung deutscher Maler verfügte als die Verkäuferin. In eine ähnliche Richtung geht auch die Entscheidung in der Sache Drake v Agnews.38 Der High Court of Justice entschied in diesem Fall im Jahr 2002 über die nachfolgend geschilderte Bilderstreitigkeit: Die Beklagte, eine auf Alte Meister spezialisierte Galerie in London, verkaufte einem US-amerikanischen Samm­ ler, welcher unter Beratung eines US-amerikanischen Galeristen seine Samm­ lung ausbauen wollte, ein Porträt von James Stuart 39 als vermeintliches Werk des flämischen Malers Anthonis van Dyck 40 für £ 1,500,000.00. Dass der Samm­ ler einen provisionsabhängigen Berater einschaltete, hatte für ihn nachteilige Folgen: Der Berater retuschierte die Verkaufsbroschüre der Galerie, sodass ein unrichtiger Eindruck über die Vorbesitzverhältnisse entstand. Durch das Entfer­ nen der Wörter „until 1996“ sah es so aus, als sei das fragliche Gemälde unmit­ telbar bis vor dem Kauf Teil der Sammlung des Marquess of Bristol gewesen, während es tatsächlich zu diesem Zeitpunkt seit etwa zwei Jahren nicht mehr in Privatbesitz war. Die Beklagte selbst hatte es auf einer Auktion erworben, diesen Umstand aber auch dem Berater gegenüber nicht offengelegt. Damals hatte das Auktionshaus Sotheby’s das Gemälde als nach Sir Anthonis van Dyck katalogi­ siert. Vor allem der anerkannte van Dyck-Experte Sir Oliver Millar hielt das Bild aufgrund „künstlerischer Mängel“ für nicht authentisch. Bei dem Inhaber der beklagten Galerie entstand bei der Besichtigung des Bildes dennoch der Ein­ druck, dass es sich um ein eigenhändiges Werk van Dycks handeln könnte. Seine Einschätzung gründete er auf zahlreiche Indizien. Seine Vorstellungen konkreti­ sierten sich so weit, dass er das Bild individualisierte und es für eine frühere Version eines im Musée du Louvre befindlichen Stuart-Porträts hielt, dessen Pro­ venienz bis zu Louis XIV zurückreicht. Zur Verifizierung dieser Annahme legte er das Werk unter anderem dem Kura­ tor der Abteilung für niederländische und flämische Malerei des Musée du ­Louvre vor. Dieser bestätigte die Zuschreibung, während der van Dyck-Experte Sir ­Oliver Millar seine Meinung nicht änderte und das Werk allenfalls der Werkstatt bzw. einem Schüler van Dycks zuordnen wollte. Nach Abschluss der Recherchen ent­ schied sich die Galerie, das Bild als Werk van Dycks anzubieten, legte dabei aber insbesondere die abweichende Einschätzung Sir Oliver Millars offen. Dem Be­ rater des Klägers erläuterte sie die Grundlage der Zuschreibung in einem Brief, den dieser nach den gerichtlichen Feststellungen wohl nicht an den Käufer wei­ terleitete. 38 

[2002] EWHC 294 (QB). Schottischer Adliger, 4. Duke of Lennox, seit 1641 1. Duke of Richmond (1612–1655). 40  (1599–1641). 39 

I. Rechtsstellung des Käufers

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Der Kläger gründete seine Klage unter anderem auf das Vorliegen einer implied condition. Das Gericht wies die Klage ab. Tragender Urteilsgrund war, dass es sich bei der Zuschreibung erkennbar um eine Meinungsäußerung handele; die Authentizität sei daher auch nicht stillschweigend vereinbart worden. Die Richter nahmen ausdrücklich auf die Entscheidung im Fall Harlingdon v Christopher Hull Bezug: Ausgehend von der dort begründeten Regel könne ein Kauf nur dann als sale by description zu qualifizieren sein, wenn die Parteien die Beschreibung zu einer Vertragsbestimmung machten;41 für eine entsprechende Schlussfolgerung seien die vorliegenden Hinweise auszuwerten.42 Ein solcher Wille sei in Bewertung der Gesamtumstände des konkreten Falls nicht anzuneh­ men. Die streitig gestellte Aussage, die Beklagte habe zugesagt, das Bild zurück­ zunehmen, falls es Probleme geben sollte, habe der Kläger nicht nachgewie­ sen.43 Dass der Berater dem Käufer wesentliche Informationen, die die Zu­ schreibung zweifelhaft erscheinen lassen konnten, verschwieg und den Käufer in der Annahme, es handele sich um ein authentisches Werk, bestärkte, lege nahe, dass der Vertragsschluss des Käufers auf Einwirkungen und Angaben des Bera­ ters und nicht des Verkäufers beruhe.44 (b) Die Reichweite der Bindungswirkung der Entscheidungen Die beiden dargestellten Entscheidungen betrafen besondere Situationen, näm­ lich eine fachkundigere, auf das fragliche Sujet eher spezialisierte Käuferin und einen von einem illoyalen Experten beratenen Käufer. Fraglich ist, inwieweit sich diesen beiden Entscheidungen allgemeine Grundsätze für die Behandlung von Zuschreibungsirrtümern und Fälschungen beim Kauf von Kunstwerken ent­ nehmen lassen. Ein erster Ausgangspunkt für derartige Überlegungen ist die Auswertung der Entscheidung im Fall Harlingdon v Christopher Hull, der in den Entscheidungs­ anmerkungen eine unterschiedlich weit reichende Bindungswirkung zugemessen wird. Das beruht vor allem darauf, dass zwei der drei Richter zugunsten der Verkäuferin entschieden, ihre Begründungen in Bezug auf die Frage, ob die Be­ stimmungen des s.  13(1) Sale of Goods Act 1979 es abstrakt erfordern, dass der Käufer im Vertrauen auf die Richtigkeit der Beschreibung gehandelt hat, indes unterschiedlich ausfielen. Die Bewertungen der Entscheidungsgründe lassen sich in zwei Lager zusammenfassen:

Drake v Agnews, [2002] EWHC 294 (QB), zitiert nach bailii.org, Ziffer 26. Drake v Agnews, [2002] EWHC 294 (QB), zitiert nach bailii.org, Ziffer 26. 43  Drake v Agnews, [2002] EWHC 294 (QB), zitiert nach bailii.org, Ziffer 29. 44  Drake v Agnews, [2002] EWHC 294 (QB), zitiert nach bailii.org, Ziffer 30. 41  42 

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D. Das englische Recht

Eine Ansicht nimmt an, dass der Käufer aus rechtlichen oder faktischen Grün­ den auf die Richtigkeit der Beschreibung der Kaufsache durch den Verkäufer vertraut haben muss, damit eine Anwendung der Bestimmung in s.13(1) Sale of Goods Act 1979 in Betracht kommen kann.45 Ein solches Verständnis der Ent­ scheidung hätte auch Auswirkungen für den Kunsthandel. Denn es würde zu­ gunsten des Verkäufers die Argumentationsmöglichkeit eröffnen, der Käufer habe nicht auf die Informationen im Katalog oder andere Angaben vertraut, wo­ bei die Schlagkraft dieses Arguments möglicherweise durch eine Verlagerung der Beweislast auf den Verkäufer abgemildert werden könnte.46 Das Schrifttum stellt bei der Beurteilung der praktischen Auswirkungen in erster Linie auf das eigene Fachwissen des Käufers ab und sieht einen faktischen Nachteil für profes­ sionelle Kunsthändler,47 nicht unbedingt für Verbraucher48. Die Gegenansicht betont, dass zwei Richter ein Handeln des Käufers im Ver­ trauen auf (in reliance on) die Beschreibung nicht für eine ungeschriebene Tat­ bestandsvoraussetzung des s.  13(1) Sale of Goods Act 1979 hielten. Indem die Befürworter dieses Ansatzes die tatsächliche Wertung, eine Einbeziehung des Inhalts der Beschreibung einer Kaufsache in den Kaufvertrag erfordere den Be­ weis, dass der Käufer auf die Beschreibung des Verkäufers vertraut habe, zum Ausgangspunkt ihrer Bewertung machen, gelangen sie im Ergebnis zu einer ar­ gumentativen Möglichkeit, die Aussagekraft der Entscheidung zu beschränken. Die Bewertung, ob eine Beschreibung in den Vertrag einbezogen worden sei, habe nach den allgemeinen Grundsätzen zu erfolgen, die nicht erforderten, dass der Käufer auf die Beschreibung durch den Verkäufer vertraut habe.49 Aus­ gesprochen sei mit dem Urteil letztlich nur, dass der Nachweis des Vertrauens des Käufers auf die Beschreibung dem Käufer die Berufung auf einen sale by description im Sinne von s.  13(1) Sale of Goods Act 1979 erleichtere.50 Im Er­ gebnis läuft diese Ansicht auf eine Einzelfallbetrachtung hinaus. Im Unterschied zur obigen Ansicht hat diese Auffassung zur Folge, dass dem professionell han­ 45  In diese Richtung: Chitty on Contracts, Vol.  II, 44-087; Adams, J.B.L. 1990, 433, 435; wohl auch: Brown, L.Q.R. 1990, 561, 562; im Allgemeinen: Reynolds, in: Benjamin’s Sale of Goods 11-009. 46  Angedeutet von Bridge, L.M.C.L.Q 1990, 455, 458, der die Entscheidung aber im Übri­ gen kritisch sieht. 47  In diese Richtung: Ulph, J.B.L. 2011, 261, 269 f.; Dobson, J.B.L. 1990, 139, 140. 48  In diese Richtung: Adams, J.B.L. 1990, 433, 435; Hooley, C.L.J. 1991, 33, 35; Dobson, J.B.L. 1990, 436, 436 f.; wohl auch: Siehr, Receuil des cours 1993 (VI), 13, 29 und unter Hin­ weis auf die Entscheidung im Fall May v Vincent (siehe dazu näher unter D.I.1.d)aa)), siehe auch: Bragg, International Journal of Cultural Property 1993, 127, 128. 49  Debattista, International Journal of Cultural Property 1992, 199, 204. 50  Debattista, International Journal of Cultural Property 1992, 199, 201; wohl auch: ­Bridge, L.M.C.L.Q 1990, 455, 458 f.

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delnden Käufer die Berufung auf s.  13(1) Sale of Goods Act 1979 nicht per se abgeschnitten ist. Als Zwischenergebnis bleibt festzuhalten, dass die Entscheidung für Verbrau­ cher kaum oder nur ganz beschränkte Auswirkungen haben könnte. Ein weiteres Indiz hierfür ist auch das eingangs51 erwähnte Zitat des Richters Lord Justice Nourse, nach dem bei der Bewertung der Rechtsqualität der Zuschreibung auch die Verbrauchereigenschaft zu berücksichtigen ist. Dem steht auch das Urteil im Fall Drake v Agnews52 nicht entgegen, weil der Vermittler Informationen unter­ drückte und der Käufer wohl auch nicht nur auf die (möglicherweise fehlerhaf­ ten) Darstellungen des Verkäufers vertraut hatte.53 Die Argumente, die angeführt werden, um auch Kunsthändlern die Berufung auf die Bestimmungen in s.  13(1) Sale of Goods Act 1979 nicht gänzlich zu ver­ sagen, erscheinen durchaus überzeugend. Dass ausweislich der Entscheidungs­ gründe Lord Justice Slade das Vertrauen des Käufers auf die Beschreibung nicht für eine abstrakte Voraussetzung des s.  13(1) Sale of Goods Act 1979 hält, scheint plausibel.54 Es ist daher möglich, die Entscheidung zugunsten des Verkäufers in 51 

Siehe dazu D.II.1.a). [2002] EWHC 294 (QB). 53  Hudson, A, A & L 2003, 201, 206. 54  [1990] 3 W.L.R. 13 = [1991] 1 Q.B. 564, 584 f. Die relevante Passage der Entscheidung lautet wie folgt: „While some judicial dicta seem to support the view that there can be no sale by description unless there is actual reliance on the description by the purchaser, I am not sure that this is strictly correct in principle. […] Nevertheless, where a question arises as to whether a sale of goods was one by description, the presence or absence of reliance on the description may be very relevant in so far as it throws light on the intentions of the parties at the time of the contract. If there was no such reliance by the purchaser, this may be powerful evidence that the parties did not contemplate that the authenticity of the description should constitute a term of the contract – in other words, that they contemplated that the purchaser would be buying the goods as they were. If, on the other hand, there was such reliance (as in Varley v. Whipp (1900) 1 QB 513, where the purchaser had never seen the goods) this may be equally powerful eviden­ ce that it was contemplated by both parties that the correctness of the description would be a term of the contract (so as to bring it within section 13(1)).“ Freie Übersetzung der Verfasserin: Obwohl bestimmte Entscheidungen der Rechtsprechung die Sicht zu unterstützen scheinen, dass es keinen Kauf nach einer Beschreibung geben kann, es sei denn, der Käufer vertraut tatsächlich auf die Beschreibung, bin ich nicht sicher, ob dies grundsätzlich vollständig richtig ist. Nichtsdestotrotz kann, wenn die Frage auftaucht, ob ein Kauf nach einer Beschreibung erfolgt ist, der Umstand, ob der Käufer auf die Beschreibung vertraut hat oder ob es ihm an einem solchen Vertrauen gefehlt hat, sehr relevant werden, inso­ weit als dieser Umstand Licht auf die Intention der Parteien zum Zeitpunkt des Vertragsschlus­ ses wirft. Wenn der Käufer kein solches Vertrauen hatte, kann dies ein mächtiger Beweis dafür sein, dass die Parteien die Authentizität der Beschreibung nicht als Vertragsbedingung betrach­ teten – in anderen Worten, dass sie beabsichtigten, dass der Käufer die Sache so kaufen würde, wie sie war. Falls andererseits ein solches Vertrauen bestand (wie in Varley v. Whipp (1900) 1 QB 513, wo der Käufer die Waren niemals gesehen hatte), kann dies gleichermaßen ein mäch­ 52 

182

D. Das englische Recht

diesem Fall als Folge einer Kombination der unterschiedlichen Ansichten der Richter zu werten.55 Die Kritik gründet sich zudem im Wesentlichen auf vier weitere Erwägungen. Erstens werde der Wortlaut der Vorschrift überstrapaziert. Die Auslegung der Formulierung by description im Sinne eines Vertrauenserfor­ dernisses erfolge auf einer schwachen Grundlage.56 Zweitens habe das Parlament in der Vorschrift in s.  13(1) Sale of Goods Act 1979 eine implied condition fest­ gelegt, ohne eine Restriktion in der Form des Erfordernisses des Vertrauens des Käufers auf die Beschreibung aufzunehmen.57 Drittens negiere dieses Erforder­ nis den Zweck der Vorschrift in s.  13(1) Sale of Goods Act 1979, wonach der Käufer die Leistung erhalten solle, die vertraglich, wenn auch nicht ausdrücklich schriftlich, vereinbart wurden.58 Viertens habe der Käufer auch im Fall Harlingdon v Christopher Hull durchaus auf die Beschreibung vertraut, nämlich in dem Sinne, dass er das Gemälde für ein Werk Gabriele Münters hielt und in Kenntnis der Fälschung nicht kontrahiert hätte.59 Auch diese Argumente erscheinen nach­ vollziehbar. e) s.  14(2) Sale of Goods Act 1979 Sofern der Verkäufer Waren im ordnungsgemäßen Geschäftsgang veräußert, ist nach s.  14(2) Sale of Goods Act 197960 eine implizierte Vertragsbedingung ­(implied condition) anzunehmen, nach der die Waren, die unter dem Vertrag ge­ liefert werden, von zufriedenstellender Qualität sind. Auch diese Vorschrift könnte dem Käufer nach umstrittener Ansicht im Kunsthandel helfen.61 aa) Die Diskussion um eine Anwendungsbeschränkung durch s.  13(1) Sale of Goods Act 1979 Problematisch ist allerdings, inwieweit die Anwendung der Bestimmungen in s.  14(2) Sale of Goods Act 1979 durch eine Überlagerung mit dem sale by tiger Beweis sein, dass beide Parteien beabsichtigten, dass die Richtigkeit der Beschreibung eine Vertragsbedingung wird (so wie in section 13(1)). 55 So: Debattista, International Journal of Cultural Property 1992, 199, 201. 56  Debattista, International Journal of Cultural Property 1992, 199, 202. 57  Debattista, International Journal of Cultural Property 1992, 199, 202. 58  Lawrenson, M.L.R. 54 (1991), 122, 123. 59  Bridge, L.M.C.L.Q. 1990, 455, 458 f.; in diese Richtung auch: Lawrenson, M.L.R. 54 (1991), 122, 124. 60  s.  14(2) Sale of Goods Act 1979 lautet: „Where the seller sells goods in the course of a business, there is an implied term that the goods supplied under the contract are of satisfactory quality.“ 61  Eine Verletzung dieser Vertragsbedingung kann dazu führen, dass ein Vertragsbruch vor­ liegt, der zu Rechtsbehelfen berechtigen kann, siehe dazu näher unter D.I.1.a).

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­description eingeschränkt wird. Ausgangspunkt ist wiederum die Entscheidung im Fall Harlingdon v Christopher Hull, in der die Richter mehrheitlich wie folgt argumentierten: Da die Zuschreibung an Gabriele Münter nicht einflussreich ge­ nug gewesen sei, um eine condition im Sinne von s.  13(1) Sale of Goods Act 1979 zu werden, sei sie auch nicht im Rahmen von s.  14 Sale of Goods 1979 zu berücksichtigen.62 Dieser Grundsatz schränkt den Anwendungsbereich der Be­ stimmung im Kunsthandel faktisch ein. Es ist schwer vorstellbar, dass gar keine Beschreibung des Kunstwerks vorliegt, die – dann unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen der Bestimmung in s.  13(1) Sale of Goods Act 1979 – die Anwendbarkeit von s.  14 Sale of Goods Act 1979 nicht sperrte. Zweifelhaft ist aber, ob diese Anwendungseinschränkung heute noch gelten kann. Mit der Um­ setzung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie 1999/44/EG63 hat der englische Ge­ setzgeber die Bestimmungen in s.  14 Sale of Goods Act 1979 überarbeitet. Dies führte nicht nur zur Änderungen der einschlägigen Bestimmungen. Angesichts des europarechtlichen Hintergrunds besteht heute zudem auch eine veränderte Beurteilungsgrundlage, die eine Sperrung der Anwendung jedenfalls zulasten von Verbrauchern schwieriger erscheinen lassen könnte. bb) Die Begrenzung des Anwendungsbereichs auf unternehmerische Verkäufer nach s.  14(2) Sale of Goods Act 1979 Die Bestimmungen in s.  14(2) Sale of Goods Act 1979 sind nur dann anwendbar, wenn ein Verkäufer mit Waren in the course of a business, also in Ausübung seiner unternehmerischen Tätigkeit handelt. Das Gesetz enthält keine Definition des Begriffs business. Erfasst sind zunächst Fälle, in denen das Geschäft regel­ mäßig ausgeübt werden soll.64 Die Bestimmungen finden zudem auch dann An­ wendung, wenn ein Vertreter für den Unternehmer handelt.65 Das spricht dafür, dass die Vorschriften auch im Auktionshandel relevant werden können. cc) Die allgemeinen Anforderungen Nach s.  14(2) Sale of Goods Act 1979 in der aktuell gültigen Fassung ist der Verkäufer, der in Ausübung seiner geschäftlichen Tätigkeit handelt, durch eine implied condition vertraglich verpflichtet, sicherzustellen, dass die gelieferten Waren von satisfactory quality, also zufriedenstellender Qualität, sind. Ergän­ zend sieht das Gesetz nähere Vorgaben für die Bestimmung der satisfactory quality vor. Danach erfolgt die Beurteilung unter Einbeziehung aller relevanten Um­ Harlingdon v Christopher Hull, [1990] 3 W.L.R. 13 = [1991] 1 QB 564, 576. Verbraucherschutzbestimmungen finden sich auch im Consumer Rights Act 2015. 64  Reynolds, in: Benjamin’s Sale of Goods, 11-027. 65  s.  14(5) Sale of Goods Act 1979. 62  63 

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D. Das englische Recht

stände, insbesondere unter Berücksichtigung der Beschreibung der Kaufsache und gegebenenfalls des Kaufpreises.66 Auch die Eignung der Kaufsache für die Zwecke, für die die in Rede stehende Ware häufig geliefert wird, ist für die Be­ wertung bedeutsam;67 bei Verbrauchern können zudem öffentliche Äußerungen des Verkäufers oder von ihm zuzurechnenden Personen zu berücksichtigen sein.68 Negiert werden diese Bestimmungen hingegen durch Ausschlussgründe,69 etwa die Kenntnis des Käufers oder die Untersuchung der Ware vor Abschluss des Kaufvertrags sowie durch Einschränkungen70 in Bezug auf die öffentlichen Äußerungen, wie etwa der Widerruf der betreffenden Äußerungen vor Vertrags­ schluss. dd) Die Beurteilung der zufriedenstellenden Qualität („satisfactory quality“) Für die Auslegung des Begriffs satisfactory quality in s.  14(2) Sale of Goods Act 1979 ist die Sicht einer reasonable person, also einer vernünftigen Person, maß­ geblich.71 Angesichts der Aufzählung in s.  14(2B) (a) bis (e) Sale of Goods Act 1979 sind jedenfalls Abweichungen erfasst, die die Qualität der Sache aufgrund eigener physischer Gegebenheiten beeinträchtigen.72 Zweifelhaft ist hingegen, ob eine Qualitätsminderung auch damit begründet werden kann, dass außerhalb der Sache liegende Faktoren von den Vorstellungen bei Vertragsschluss ab­ weichen. (1) Die Begrenzung auf physische Gegebenheiten Das Entscheidungsmaterial zeigt einen Ansatz in der Rechtsprechung, nach dem der Anwendungsbereich der Vorschrift in s.  14(2) Sale of Goods Act 1979 auf Abweichungen bei physischen Eigenschaften begrenzt sein soll.73 Abweichun­ gen hinsichtlich der Authentizität oder anderer werkexterner Faktoren sind nach dieser Ansicht als außerhalb des Kunstwerks liegende Gegebenheiten nicht vom Anwendungsbereich der Bestimmungen in s.  14(2) Sale of Goods Act 1979 er­ fasst.

66 

s.  14(2A) Sale of Goods Act 1979, Chapter 2 No.  9 Consumer Rights Act 2015. s.  14(2B) Sale of Goods Act 1979, Chapter 2 No.  9 Consumer Rights Act 2015. 68  s.  14(2D) Sale of Goods Act 1979, Chapter 2 No.  9 Consumer Rights Act 2015. 69  s.  14(2C) Sale of Goods Act 1979, Chapter 2 No.  9 Consumer Rights Act 2015. 70  s.  14(2E) Sale of Goods Act 1979, Chapter 2 No.  9 Consumer Rights Act 2015. 71  s.  14(2B) Sale of Goods Act 1979. 72  Ulph, J.B.L. 2011, 261, 274 f. 73  So der Richter in der Vorinstanz im Fall Harlingdon v Christopher Hull, [1990] 3 W.L.R. 13 = [1991] 1 QB 564, 576. 67 

I. Rechtsstellung des Käufers

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(2) Ansätze zur Bestimmung des Zwecks beim Kauf von Kunstwerken Im Gegensatz dazu stellt eine andere Interpretation der Vorschrift auf den Zweck des Kaufs ab. Dadurch ist es möglich, die Bestimmungen in s.  14(2) Sale of Goods Act 1979 auf außerhalb der Kaufsache liegende Eigenschaften anzuwen­ den. Den Zweck des Kaufs zu bestimmen, bereitet im Kunsthandel allerdings Schwierigkeiten. In Harlingdon v Christopher Hull 74 thematisierte die Klägerin die Frage nach dem Grund für den Erwerb von Kunstwerken am Rande. Sie be­ anstandete die Annahme der Vorinstanz, bei Kunstwerken sei die ästhetische Be­ urteilung entscheidend, und wandte ein, einem Kunsthändler gehe es vorrangig um die (gewinnbringende) Weiterveräußerung des Kunstwerks. Ein Argumenta­ tionsansatz stellt also auf den wirtschaftlichen Wert ab, was zu einer Anwendbar­ keit der Vorschrift in s.  14(2) Sale of Goods Act 1979 führt, wenn der Wert beein­ trächtigt wird: Fälschungen begründen in der Regel ein Absinken des wirtschaft­ lichen Werts.75 Entsprechendes dürfte in der Regel für Abschreibungen gelten. Bei einer rein ästhetisch motivierten Zweckbestimmung hingegen verliert die Vorschrift in s.  14(2) Sale of Goods Act 1979 für den Kunsthandel an Relevanz.76 Denn der ästhetische Wert dürfte von der Zuschreibung weitestgehend unabhän­ gig sein. Entschieden hat die englische Rechtsprechung diese Frage jedoch nicht. Es blieb offen, ob auch die Richter im Rechtsmittelverfahren die Zweckbestim­ mung der ersten Instanz für zutreffend hielten.77 Ein weiterer Ansatz betont die Bedeutung von Kunstwerken als Kulturgüter. Kulturgüter seien – wie die UNESCO-Konvention 1970 zeige – das kulturelle Erbe der Nationen und damit von wesentlicher Bedeutung für die jeweiligen Nati­ onalstaaten; dieser kulturelle Wert von Kunstwerken könne auch in die kaufrecht­ liche Betrachtung einfließen.78 Die Ergebnisse, die daraus folgen könnten, sind jedoch vage und einzelfallabhängig: Angaben zur Authentizität können den Urhe­ ber, aber auch andere Herkunftsfaktoren wie Entstehungszeit, Ort oder Epoche betreffen. Der angedeutete Lösungsansatz lässt offen, ob Abweichungen in Bezug Harlingdon v Christopher Hull, [1990] 3 W.L.R. 13 = [1991] 1 QB 564, 576. argumentierte im Fall Harlingdon v Christopher Hull der Kläger damit, dass er als Kunsthändler das gefälschte Werk nicht weiterverkaufen könne. Dem hielt das Gericht aller­ dings entgegen, dass das Werk nicht unverkäuflich, sondern im Wert gemindert sei. Während der Käufer £ 6,000.00 bezahlt hatte, wäre eine Weiterveräußerung wohl noch zu einem Preis von etwa £ 50,00 möglich gewesen. 76  In diese Richtung: Vorinstanz im Fall Harlingdon v Christopher Hull, [1990] 3 W.L.R. 13 = [1991] 1 QB 564, 576. 77  Die Entscheidung betraf zudem eine Vorgängerbestimmung, nach der maßgeblich war, ob der Ware die merchantable quality (handelsübliche Qualität) im Sinne von s.  14(2), (6) Sale of Goods Act 1979 (in der damaligen Fassung) fehlte. 78  Ulph, J.B.L. 2011, 261, 275 f. 74 

75  So

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D. Das englische Recht

auf den Urheber stets eine Qualitätsabweichung darstellen. Die Argumentation, bei einer (kunstwissenschaftlichen) Fehlzuschreibung könne unter Umständen noch von einer zufriedenstellenden Qualität auszugehen sein, weil der kulturelle Wert noch gegeben sein könnte,79 spricht für eine differenzierte Betrachtungswei­ se. Fälschungen hingegen sollen demgegenüber nicht mehr den Qualitätsanfor­ derungen entsprechen, weil die Erfüllung des ästhetischen Werts hierfür nicht aus­ reichend sei. Ein anderes Ergebnis erscheine aber nicht ausgeschlossen, weil die Fälschung selbst möglicherweise einen kulturellen Wert aufweisen könne.80 Eine Möglichkeit, die Ergebnisse zu systematisieren, ist es, darauf abzustel­ len, ob die Fehlzuschreibung jedenfalls dieselbe Epoche betrifft, der der Künst­ ler, dem das Kunstwerk abgeschrieben wurde, zuzuordnen ist. Gegen eine solche Sichtweise spricht jedoch folgendes Argument: Jedes Kulturgut ist für sich ge­ nommenen Zeugnis seiner Zeit, aber auch der Sichtweise des jeweiligen Urhe­ bers. Eine Differenzierung nach der Entstehungszeit würde diese Verbindung aufspalten und dem Aspekt, dass Kunstwerke auch Ausdruck der Künstlerper­ sönlichkeit sind, nicht hinreichend gerecht werden. Die Berücksichtigung des kulturellen Wertes birgt noch eine weitere Schwäche: Dass dieser Ansatz den kulturellen Wert Regelungen entnimmt, die die staatliche Verpflichtung zum Schutz von Kulturgütern betreffen, führt zu Übertragungsschwierigkeiten. Un­ klar ist etwa, ob der Aspekt des kulturellen Werts angesichts der Pluralität der Gründe für den Kauf von Kunstwerken stets zu beachten sein soll, also beim Erwerb durch Private oder Kunsthändler. Alternativ könnte der kulturelle Wert nur dann zum Tragen kommen, wenn der Staat, vorwiegend wohl in Form von Museen und Stiftungen, das fragliche Kunstwerk erwirbt. Dass die UNES­ CO-Konvention in Art.  1 eine noch näher zu konkretisierende Definition des Kulturguts enthält, beeinträchtigt weiter die Praktikabilität dieses Ansatzes, weil abzugrenzen ist, wann ein Kunstwerk die Schwelle erreicht hat, ab der ihm ein irgendwie gearteter kultureller Wert beigemessen werden könnte. Schwer scheint auch die Beurteilung der Frage, wie Abweichungen zu behan­ deln sind, die einen anderen Faktor als die Urheberschaft betreffen. In solchen Konstellationen verlagert sich der Konflikt. Einerseits tritt der Aspekt der Ver­ flechtung des Kunstwerks mit der Persönlichkeit des Künstlers zurück, da die Urheberschaft gerade nicht feststeht. Andererseits bleibt die Beurteilungsgrund­ lage vergleichbar, sofern die Zuschreibung in Bezug auf Zeit, Ort, Künstlergrup­ pe oder Epoche wechselt. Denn dadurch ändert sich jeweils die konkrete Bedeu­ tung des Kunstwerks als Zeitzeugnis. Das spricht dafür, auch in solchen Fällen eine Qualitätsbeeinträchtigung anzunehmen. 79  80 

Ulph, J.B.L. 2011, 261, 275. Ulph, J.B.L. 2011, 261, 275.

I. Rechtsstellung des Käufers

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ee) Restriktive Rechtsprechung zur Annahme eines Vertragsbruches im Kunsthandel Die Beurteilung, ob ein Verkäufer wegen eines Vertragsbruchs haftet, scheint nach englischem Verständnis traditionell einer eher restriktiven Handhabung zu unterliegen. Dies deutet das vorhandene Fallmaterial an.81 Abseits der besonde­ ren Fälle des Wissensvorsprungs des Käufers,82 des Einsatzes eines zweifelhaf­ ten Beraters83 oder eines verspäteten Vorgehens84 thematisierte die englische Rechtsprechung die Problematik der Risikoverteilung in Abgrenzung zu einer unverbindlichen Meinungsäußerung unter dem Gesichtspunkt der Auslegung der Vereinbarung. Dieser Aspekt wurde bereits im Jahr 1797 in der Entscheidung im Fall Jendwine v Slade 85 deutlich. Damals begehrte ein Auktionskäufer Schadens­ ersatz im Zusammenhang mit zwei Bildern, die sich etwa zwei Jahre nach der Versteigerung entgegen den Informationen im Auktionskatalog als Kopien er­ wiesen. Es handelte sich um ein Seebild, zunächst dem Maler Claude Lorrain 86 zugeordnet, und um ein vermeintlich von David Teniers d.J.87 stammendes Ge­ mälde. Der Kläger berief sich auf die Betextung der Bilder im Auktionskatalog, unterlag aber mit der Begründung, diese stellten Meinungsäußerungen dar. Der Richter Lord Kenyon 88 führte aus: „It was impossible to make this the case of a warranty; the pictures were the work of artists some centuries back, and there being no way of tracing the picture itself, it could only be matter of opinion whether the picture in question was the work of the artist whose name it bore, or not. What then does the catalogue import? That, in the opinion of the seller, the picture is the work of the artist whose name he has affixed to it.“89 81  Jendwine v Slade, 2 Esp. 571; De Sewhanberg v Buchanan, (1832) 5 Carrington and Payne 343, 172 E.R. 1004; Power v Barham, 4 AD & E 473, 475 (14.1.1836); Leaf v International Galleries, [1950] 2 K.B. 86; Hoos and Others v Weber and Another, (1974) 232 E.G. 1379, abgedruckt in: International sales of works of art, Vol.  I, S.  277; Harlingdon v Christopher Hull, [1990] 3 W.L.R. 13 = [1991] 1 QB 564; Drake v Agnews, [2002] EWHC 294. Anders aber in den Fällen: Lomi v Tucker, (1829) 4 Carrington and Payne 15, 172 E.R. 586 und Peco Arts v Hazlitt Gallery, [1982 P. No.  1223] E.M.W., [1983] All E.R. 193 = [1983] 1 W.L.R. 1315. 82  Harlingdon v Christopher Hull, [1990] 3 W.L.R. 13. = [1991] 1 QB 564. 83  Drake v Agnews, [2002] EWHC 294. 84  Leaf v International Galleries, [1950] 2 K.B. 86. 85  (1797) 2 Esp. 571 = English Reports 459. 86  Französischer Maler (um 1600–1682). 87  Die flämische Familie Teniers bestand aus mehreren Malern; gemeint war im Fall ­Jendwine v Slade wohl David Teniers d.J. (1610–1690). 88  (1797) 2 Esp. 571, 573. 89  Freie Übersetzung der Verfasserin: Es war unmöglich, dies zu einem Fall der Zusiche­ rung zu machen; die Bilder waren Arbeiten von Künstlern vergangener Jahrhunderte und es gibt keine Möglichkeit, die Entstehung und den Weg der Bilder zurückzuverfolgen. Es konnte

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D. Das englische Recht

(1) Gesichtspunkte für die Beurteilung eines Vertragsbruches im Kunsthandel Für die Beurteilung, ob ein Vertragsbruch vorliegt, können zahlreiche Indizien auszuwerten sein. Wie das vorstehende Zitat des Richters Lord Kenyon aus dem Jahr 1797 zeigt, ist auch nach englischem Recht eine Abgrenzung zum Risiko­ geschäft vorzunehmen, besonders, wenn es um den Kauf von Kunstwerken Alter Meister geht.90 In s.  14(2) Sale of Goods Act 1979 ist angeordnet, dass der Kauf­ preis ein relevanter Faktor für die Bestimmung des vereinbarten Qualitätsniveaus ist. Die englische Spruchpraxis scheint dem Kaufpreis jedoch eher eine indika­ tive Bedeutung beizumessen. In der Argumentation der Beteiligten findet sich interessanterweise vor allem der Hinweis, die Höhe des Kaufpreises könne Un­ sicherheiten hinsichtlich der Zuschreibung abbilden, was für Zweifel an der ­Authentizität bei Vertragsschluss spreche, so beispielsweise im Fall Hoos and Others v Weber and Another91. Dieser Einwand wurde auch erhoben im Fall Lomi v Tucker92, dem ein Streit zweier Privatpersonen zugrunde lag, dessen Ge­ genstand zwei Zeichnungen betraf, die als vermeintliches „couple of Poussin’s“ zu einem Preis von £ 95,00 veräußert worden waren; dieser Preis lag wohl unter dem damaligen Wert für Kunstwerke des Künstlers. Der Käufer fand die Werke aber so schön, dass er sie, obwohl Kopien, behalten, den Kaufpreis aber mindern wollte. In umgekehrter Richtung, also zugunsten des Käufers, scheint die Höhe des Kaufpreises von untergeordneter Bedeutung zu sein. In Harlingdon v Christopher Hull entschied das Gericht mehrheitlich trotz des auf ein Originalwerk deutenden Kaufpreises zum Nachteil des Käufers.93 nur Ansichtssache sein, ob das fragliche Bild die Arbeit des Künstlers war, dessen Name es trug, oder nicht. Was also signalisiert der Katalog? Dass nach der Meinung des Verkäufers das Bild eine Arbeit des Künstlers ist, mit dessen Namen er es versehen hat. 90  So im Fall Jendwine v Slade (2 Esp. 571), in dem das Gericht diese Begründung auf Maler des 17. Jahrhunderts (Claude Lorrain und Teniers) anwandte. Anders hingegen Lord Denman in Power v Barham (4 AD & E 473, 475 (14.1.1836)) in Bezug auf den Maler Canaletto, der (als Maler des 18. Jahrhunderts) nicht wirklich als Alter Meister anzusehen sei. Der Käufer erwarb in dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Fall von dem Beklagten vier Bilder, bezüglich derer sich später die Frage der Zuordnung stellte. Auf der Rechnung stand: „Four pictures, Viewes in Venice, Canaletto, 1601“. 91  (1974) 232 E.G. 1379, abgedruckt in: International sales of works of art, Vol.  I., S.  277– 281. Im Folgenden abgekürzt als „Hoos v Weber“. 92  (1829) 4 Carrington and Payne 15, 172 E.R. 586. 93  Die maßgeblichen Passagen der Entscheidung in Bezug auf den Kaufpreis betreffen aller­ dings die Frage, ob das Kunstwerk, obwohl nicht von Gabriele Münter stammend, den Quali­ tätsanforderungen entsprach. Kritisch dazu: Lawrenson, M.L.R. 54 (1991), 122, 126; in diese Richtung aber auch schon: De Sewhanberg v Buchanan, (1832), 5 Carrington and Payne 343, 172 E.R. 1004. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall war der Käufer zur vollen Kaufpreiszahlung verurteilt worden, obwohl das erworbenen Werk wohl nicht wie angenom­

I. Rechtsstellung des Käufers

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(2) Die Bewertung von Katalogbeschreibungen Das zur Einleitung dieses Abschnitts präsentierte Zitat im Fall Jendwine v Slade94 wertet die Informationen im (Auktions-)Katalog als Meinungsäußerung des Verkäufers, rechnet also die Beschreibung des Auktionshauses dem Verkäufer zu. Dem englischen Verständnis nach ist das Auktionshaus als Experte für den Verkäufer tätig, sodass seine Bewertung das Verhältnis zwischen den Parteien des Kaufvertrags beeinflussen kann.95 Die Auktionshäuser haben jedoch ein Be­ dürfnis nach Haftungsbeschränkungen, die häufig in den Conditions of Sale der Auktionshäuser niedergelegt sind. In der Praxis jedenfalls der großen Auktions­ häuser ist es üblich, die Conditions of Sale in den Katalogen zu den jeweiligen Auktionen abzudrucken, die die Interessenten im Vorfeld der Auktion erhalten.96 In seiner Reichweite gelten solche Haftungsbestimmungen ausdrücklich auch zugunsten des Verkäufers, der nach den entscheidenden Klauseln für die Richtig­ keit der Informationen zu dem Kunstwerk im Katalog nicht verantwortlich sei und keine Darstellung, Zusicherung oder Garantie abgebe.97 Mögliche Unwirk­ samkeitsgründe derartiger Bestimmungen können sich aber etwa aus dem Unfair Contract Terms Act 1977 oder aus Verbraucherschutzbestimmungen ergeben.98 ff) Die Behandlung des Verdachts der fehlenden Authentizität Nach der englischen Sichtweise eine reine Frage des Beweisrechts ist die The­ matik, inwieweit sich der Verdacht des Käufers, dass das erworbene Kunstwerk nicht von dem bei Vertragsschluss angenommenen Künstler stammt, verdichtet haben muss. Für die richterliche Feststellung, ob eine Fehlzuschreibung vorliegt, gilt der zivilprozessuale Standard balance of probabilities.99 Danach unterstellt das Gericht eine streitige Tatsache als wahr, wenn es mit einer mindestens 51-prozentigen Wahrscheinlichkeit davon ausgeht, dass die fragliche Tatsache men von Rembrandt stammte und vermutlich lediglich einen Wert von etwa 10 Prozent des Kaufpreises hatte. 94  Siehe D.I.1.e)ee). 95  Palmer, in: L’expertise dans la vente d’objets d’art, S.  19, 19. 96  So heißt es beispielsweise in den Conditions of Sale von Sotheby’s zu Beginn, dass die Allgemeinen Geschäftsbedingungen sich auf alle Lose des Katalogs beziehen, abrufbar unter , zuletzt besucht am 3.3.2017. 97  Z. B. Ziffer 1 der Conditions of Sale von Sotheby’s, abrufbar unter , zuletzt besucht am 3.3.2017; so auch die Conditions of Sale von Christie’s, Klausel abgedruckt in: Avrora Fine Arts Investment Limited v Christie, Manson & Woods Limited, [2012] EWHC 2198 (Ch), Ziffer 122. 98 Näheres dazu im Zusammenhang mit der Haftung des Auktionshauses, siehe unter D.I.2.a). 99  Bandle, International Journal of Cultural Property 2015, 379, 389.

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D. Das englische Recht

zutreffend ist.100 Zur Anwendung kam dieser Grundsatz beispielsweise im Fall Avrora Fine Arts Investment Limited v Christie, Manson & Woods Limited 101. Das Gericht nahm dort letztlich eine Fälschung an. Aus der Sicht des erkennen­ den Richters waren die kunstwissenschaftlichen Hinweise für die Feststellung der Authentizität am belastbarsten. Diese Hinweise deuteten stark an, dass das streitgegenständliche Gemälde nicht von Kustodijew 102 herrühre, auch wenn ­diese Zuordnung nicht mit Sicherheit auszuschließen sei. Die Authentizität sei anhand einer Wahrscheinlichkeitsabwägung zu bestimmen; hier liege eine hin­ reichende Wahrscheinlichkeit dafür vor, dass das Bild nicht von Kustodijew stamme.103 Auch die Richter im Fall Thomson v Christie Manson & Woods and Others,104 in dem es um die Authentizität zweier Vasen ging, die vermeintlich aus der Zeit Louis’ XV stammten, beriefen sich auf diesen Prozessgrundsatz. Dass die Vasen aus dem 18. Jahrhundert oder später stammten, nahm das erstinstanz­ liche Gericht mit einer 70-prozentigen Wahrscheinlichkeit an; das Berufungs­ gericht folgte dem nicht. Beide Fälle zeigen aber, dass eine überwiegende Wahr­ scheinlichkeit erforderlich ist. gg) Die rechtliche Behandlung von Neubestimmungen Zu der Problematik, ob Neubestimmungen den Käufer zur Ausübung von Rechts­ behelfen berechtigen können, enthält das vorhandene Entscheidungsmaterial ­lediglich mittelbare Hinweise. Die Richter sprechen – soweit ersichtlich – nicht aus, dass es für die Beurteilung einer Fälschung oder einer irrtümlichen Zu­ schreibung auf den Zeitpunkt des Kaufs ankomme. Dies deutet darauf hin, dass nach englischer Sichtweise Neubestimmungen nicht generell in die Risikosphäre des Käufers fallen sollen. Es gibt aber auch einen gegenteiligen Hinweis. Im Fall Hoos v Weber 105 unterlag der Kläger mit dem Argument, die Abschreibung des Bandle, International Journal of Cultural Property 2015, 379, 389. [2012] EWHC 2198 (Ch). Zum Sachverhalt siehe D.I.2.a). 102  Boris Michailowitsch Kustodijew, russischer Maler (1878–1927). 103  In der Entscheidung heißt es unter Ziffer 118: „I find, accordingly, that ‚Odalisque‘ was not painted by Kustodiev. I do not think certainty on the point is possible, but my task is to determine authenticity on the balance of probabilities, and the likelihood, in my view, is that ‚Odalisque‘ is the work of someone other than Kustodiev.“ Freie Übersetzung der Verfasserin: Ich urteile, dass „Odaliske“ nicht von Kustodijew gemalt wurde. Ich meine nicht, dass Gewissheit in diesem Punkt möglich ist, aber meine Aufgabe ist es, die Authentizität mittels einer Abwägung der Wahrscheinlichkeiten zu bestimmen, und aus meiner Sicht überwiegt die Wahrscheinlichkeit, dass „Odaliske“ das Werk eines anderen als Kustodijew ist. 104  [2005] EWCA Civ 55. Zum Sachverhalt siehe D.I.2.b). 105  (1974) 232 E.G. 1379, abgedruckt in: International sales of works of Art, Vol.  I., S.  277– 281. Zum Sachverhalt siehe D.I.2.a). 100  101 

I. Rechtsstellung des Käufers

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streitgegenständlichen Kunstwerks von Rembrandt durch das Rembrandt Re­ search Project sei erst nach dem Kauf erfolgt. Inwieweit daraus verallgemeine­ rungsfähige Schlussfolgerungen gezogen werden können, ist jedoch offen. f) Vorgehen wegen einer Fehldarstellung („misrepresentation“) Das englische Recht kennt zudem die Rechtsfigur der misrepresentation, einen rechtsfolgenauslösenden Tatbestand, der vorliegt, wenn im Vorfeld des Vertrags­ schlusses unrichtige Darstellungen unterbreitet werden, die unter bestimmten Voraussetzungen Rechtsbehelfe des Betroffenen auslösen können. Im Unter­ schied zum Fehler (mistake) ist für die Beachtlichkeit einer Fehldarstellung (misrepresentation) erforderlich, dass der andere Vertragsteil die fehlerhafte Darstel­ lung veranlasst hat.106 Mit dem Misrepresentation Act 1967 hat der englische Gesetzgeber die Fehldarstellung kodifiziert. Danach sind drei Situationen zu unterscheiden: der Fall einer unverschuldeten Fehldarstellung (innocent misrepresentation), die Konstellation einer fahrlässig verursachten (negligent misrepresentation) und die einer betrügerisch veranlassten fehlerhaften Darstellung (fraudulent misrepresentation). Die zulässigen Rechtsbehelfe infolge einer Fehl­ darstellung können, abhängig von dem Verschulden des Anspruchsgegners in Bezug auf ihre Entstehung, unterschiedlich sein. Grundsätzlich ist eine Vertrags­ aufhebung vorgesehen. Sofern der Anspruchsgegner nicht betrügerisch handelte, kann das Gericht allerdings nach einer Billigkeitsabwägung den Fortbestand des Vertrags anordnen und stattdessen Schadensersatz zusprechen, s.  2(2) Misrepre­ sentation Act 1967. Sollte der Verursacher der Fehldarstellung betrügerisch ge­ handelt haben, besteht diese Möglichkeit nicht, und es kommt zu einer Vertrags­ aufhebung. Zudem kann der Anspruchsgegner in diesem Fall nach s.  2(3) Misre­ presentation Act 1967 zusätzlich schadensersatzpflichtig sein. Die Vorschriften über Fehldarstellungen erfassen im englischen Recht also unterschiedliche Kon­ stellationen. Nur die innocent misrepresentation ist ein Tatbestand, der dem Rechtsbehelf der deutschen Irrtumsanfechtung teilweise entsprechen könnte; die negligent misrepresentation und die fraudulent misrepresentation gehen eher in die Richtung einer arglistigen Täuschung und/oder einer Verletzung vorvertrag­ licher (Aufklärungs-)Pflichten. Dass der Verkäufer das streitgegenständliche Kunstwerk unzutreffend be­ schrieben haben könnte, scheint nach englischem Verständnis zudem ein (alter­ nativer) Klagegrund (Streitgegenstand) zu sein.107 Das vorhandene Entschei­ dungsmaterial für den Kunsthandel weist jedoch – soweit ersichtlich – keinen Fall aus, in dem die Fehldarstellung (misrepresentation) anstelle der kaufvertrag­ 106  107 

Ranieri, Europäisches Obligationenrecht, S.  1025. N.L.J. 1990, 205 (Editor’s note).

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D. Das englische Recht

lichen Rechtsbehelfe zur Anwendung kam. Für die Geltendmachung von Rechts­ behelfen auf der Grundlage einer Fehldarstellung ist das Vorliegen folgender Voraussetzungen erforderlich: Erste Voraussetzung ist, dass eine falsche Darstel­ lung gemacht wird, die sich auf Fakten oder auch das Recht beziehen kann.108 In Entsprechung zu den Ausführungen zur kaufvertraglichen Haftung des Verkäu­ fers ist auch in diesem Kontext eine Abgrenzung der Tatsache zur Meinungs­ äußerung erforderlich.109 Das schließt jedoch die Anwendbarkeit der misrepresentation bei fehlerhaften Zuordnungen von Kunstwerken aus zwei Gründen nicht generell aus: Erstens beinhalten Meinungsäußerungen das Faktum, dass der Äußernde der kundgegebenen Auffassung ist, sodass eine fehlerhafte Dar­ stellung schon in Betracht kommt, wenn jemand entgegen seiner tatsächlichen Überzeugung behauptet, es handele sich bei einem Bild um ein Werk eines Alten Meisters.110 Zweitens kann eine fehlerhafte Darstellung vorliegen, wenn der Erklärende über besondere Kenntnisse oder Fähigkeiten verfügt oder behauptet, solche zu besitzen.111 In diesen Fällen beinhaltet eine Meinungsäußerung zugleich, dass sie auf einer tragfähigen Faktengrundlage beruht.112 Weitere Voraussetzungen sind die Wesentlichkeit der fehlerhaften Darstellung und das Vertrauen des Betroffe­ nen auf die Fehldarstellung.113 Letzteres ist gegeben, wenn die fehlerhafte Dar­ stellung den Betroffenen dazu bewogen hat, den Vertrag einzugehen.114 Das vorhandene Entscheidungsmaterial für den Kunsthandel deutet daraufhin, dass die Bestimmung über die misrepresentation im Verhältnis zwischen Käufer und Verkäufer von eher eingeschränkter Relevanz ist. Im Fall Drake v Agnews 115 führte das Gericht zur misrepresentation aus, dass schon der Vortrag, worin diese liegen sollte, kaum nachvollziehbar sei. Jedenfalls fehle es an unrichtigen An­ gaben; auch in diesem Kontext sei die Zuschreibung als Meinungsäußerung zu werten, deren Grundlage offengelegt worden sei. Der Umstand, dass die Galerie das Werk auf einer Auktion erworben habe, betreffe die Erwerbsumstände und nicht das Werk selbst. Im Fall Harlingdon v Christopher Hull 116 verzichtete die Klägerin – anders als in der Vorinstanz – schließlich darauf, ihr Begehren mit einer misrepresentation zu begründen. In Anbetracht der Entscheidungen in den 108 Treitel-Peel,

9-005 ff. 9-012. 110 Treitel-Peel, 9-012; zu dieser Regel im Allgemeinen: Chitty on Contracts, Vol.  I, 7-008. 111 Treitel-Peel, 9-012. 112 Treitel-Peel, 9-012. 113 Treitel-Peel, 9-020 u. 9-024. 114 Treitel-Peel, 9-024. 115  [2002] EWHC 294 (QB). Siehe dazu D.I.1.d)aa)(2)(a). 116  [1990] 3 W.L.R. 13 = [1991] 1 Q.B. 564. Zum Sachverhalt siehe D.I.1.d)aa)(2)(a). 109 Treitel-Peel,

I. Rechtsstellung des Käufers

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Fällen Drake v Agnews 117 und Harlingdon v Christopher Hull 118 scheinen zu­ dem Einschränkungen in Bezug auf die Berufung auch auf eine Fehldarstellung denkbar, wenn der Käufer beraten wird oder über eigenen Sachverstand verfügt, weil es an dem Kriterium des Vertrauens auf die fehlerhafte Darstellung fehlen dürfte. Der Fall Leaf v International Galleries119 zeigt noch einen weiteren rele­ vanten Aspekt: Dort war die misrepresentation verfristet. g) Vorgehen wegen einer Fehlvorstellung („mistake“) „A. buys a picture from B.: both A. and B. believe it to be the work of an old master and a high price is paid. It turns out to be a modern copy. A. has no remedy in the absence of representa­tion or warranty.“120

Dieses dem Urteil im Fall Bell and Another v Lever Brothers Limited and Others121 entnommene obiter dictum des Richters Lord Atkin erweckt den Ein­ druck, der Käufer eines Kunstwerks könne nach englischem Recht nicht auf der Grundlage eines mistake eine Rückzahlung des Kaufpreises anstreben. Auch das vorliegende Entscheidungsmaterial der dem Kunsthandel entnommenen Fälle deutet in diese Richtung, nicht aber in der angedeuteten Absolutheit.122 Aufgrund von Unsicherheiten bei der Anwendung und den Kriterien des mistake sind die vertraglichen Rechtsbehelfe und solche wegen einer misrepresentation dennoch weiterhin von höherer Bedeutung, auch wenn die Anwendung des mistake zweck­ dienlich sein könnte.123 aa) Die allgemeinen Voraussetzungen für einen Rechtsbehelf wegen eines Irrtums Dem englischen Verständnis nach beeinträchtigt ein Irrtum den Bestand des Ver­ trags grundsätzlich lediglich ganz ausnahmsweise und insbesondere dann, wenn 117 

[2002] EWHC 294 (QB). [1990] 3 W.L.R. 13 = [1991] 1 Q.B. 564. 119  [1950] 2 K.B. 86. Zum Sachverhalt siehe D.I.1.h). 120  Lord Atkin, [1931] UKHL 2, zitiert nach bailii.org, dort unter [33]. Freie Übersetzung der Verfasserin: A. erwirbt ein Gemälde von B. Beide, A. und B., glauben, dass es sich um ein Werk eines Alten Meisters handelt, und es wird ein hoher Preis gezahlt. Das Werk erweist sich als moderne Kopie. A. hat in Abwesenheit einer Darstellung oder Zusicherung keinen Rechts­ behelf. 121  [1931] UKHL 2. 122  Im englischen Schrifttum findet sich der Hinweis, dass in der Praxis auf der Grundlage des equitable mistake, die gut auf Fehlzuschreibungen anwendbar sei, zahlreiche Fälle ent­ schieden worden seien. Die Kriterien seien aber unsicher und der Court of Appeal wende diese Fallgruppe nicht länger an; Hudson, A, A & L 2003, 201, 208. 123  Hudson, A, A & L 2003, 201, 208. 118 

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D. Das englische Recht

der Fortbestand des Vertrags eine evidente Ungerechtigkeit für eine der Parteien darstellen würde.124 Erforderlich ist, dass der Fehler das Wesen oder die Identität des Vertragsgegenstands betrifft.125 Die Rechtsfigur des mistake erfasst Fälle, in denen beide Parteien von einer Fehlvorstellung über den Vertragsgegenstand ausgehen.126 Hinsichtlich des Bezugspunktes der Fehlvorstellung unterscheidet das englische Recht zwischen mistake of facts und mistake of law; in dem hier relevanten Zusammenhang steht der mistake of facts im Vordergrund, weil die für die Untersuchung relevanten Irrtümer in der Regel die Authentizität bzw. Tatsachen betreffen, die sich auf die Authentizität beziehen. Der Schwerpunkt der Problematik liegt auf der Frage, wann der Irrtum grundlegend genug ist, um in beachtlicher Weise den Bestand des Vertrags zu berühren. Fehlvorstellungen, die die Qualität der Kaufsache betreffen, sind in ihrer rechtlichen Behandlung schwierig, weil sie Überschneidungen mit der vertraglichen Vereinbarung auf­ weisen können,127 und besonders schwierig, sofern die Fehlvorstellung außer­ halb der Kaufsache liegende Gegebenheiten betrifft. In Fällen, in denen ein mistake as to quality vorliegt, sind Verträge grundsätzlich wirksam.128 Ausnahmen sind jedoch nicht ausgeschlossen.129 bb) Urteile im Kunsthandel Die Abgrenzung, wann ein relevanter, weil grundlegender Irrtum vorliegt, ist im Kunsthandel angesichts der Eigenheiten von Kunstwerken problematisch. Dass das Gericht im Fall Leaf v International Galleries keinen beachtlichen Irrtum annahm, begründete es gerade nicht damit, dass kein wesentlicher Irrtum vorlag. Es stellte vielmehr darauf ab, dass die Parteien sich über die Veräußerung des bestimmten Gemäldes geeinigt hätten und der Kaufvertrag aus diesem Grunde wirksam sei.130 Dies spricht gegen die Möglichkeit eines Irrtums beim Kauf von 124 Treitel-Peel,

8-002. Bandle, Internation Journal of Cultural Property 2015, 379, 385. 126 Treitel-Peel, 8-002; Bandle, Internation Journal of Cultural Property 2015, 379, 385. In Konstellationen, in denen sich nur eine der Parteien irrte, ist nicht ganz klar, ob die Rechtsfigur anwendbar ist. Nach einer rechtsvergleichenden Literaturansicht soll die Rechtsfigur auf ein­ seitige Irrtümer anwendbar sein, wenn der Vertragspartner sich der Vorstellung der anderen Partei bewusst ist oder sich aufgrund der Umstände bewusst sein müsste, Olsburgh, S.  44. 127 Treitel-Peel, 8-015. 128 Treitel-Peel, 8-016 und 8-018. 129 Treitel-Peel, 8-018 f. 130  [1950] 86: „In my opinion, this case is to be decided according to the well known prin­ ciples applicable to the sale of goods. This was a contract for the sale of goods. There was a mistake about the quality of the subject-matter, because both parties believed the picture to be a Constable; and that mistake was in one sense essential or fundamental. But such a mistake does not avoid the contract: there was no mistake at all about the subject matter of the sale. It 125 

I. Rechtsstellung des Käufers

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Kunstwerken. In eine etwas andere Richtung deuten aber die Entscheidungen im Fall Nicholsen & Venn v Smith-Marriott 131, in der einer der Richter die Möglich­ keit eines mistake andeutete, und im Fall Peco Arts v Hazlitt Gallery 132, in dem bei einem gemeinsamen Irrtum die Klägerin obsiegen konnte. Der Entscheidung im Fall Nicholsen & Venn v Smith-Marriott lag ein Versteige­ rungskauf zugrunde: Der Kläger hatte Gegenstände erworben, die laut Auktions­ katalog im Besitz von Charles I und authentisches Eigentum des Monarchen ge­ wesen sein sollten. Das Gericht nahm in diesem Fall einen sale by description an und entschied den Fall auf der Grundlage von s.  13 Sale of Goods Act 1893. Der Richter Hallett führt zum Irrtum aber aus, dass auch ein mistake denkbar sei. Der Kauf lasse zwei Sichtweisen zu. Wenn die Parteien den Kauf von Servietten beab­ sichtigten, liege kein mistake vor. Sofern die Parteien den Kauf eines karolinischen Reliktes (Carolean relic) vereinbart hätten, liege ein fundamentaler Irrtum vor; die Durchführung des Vertrags sei unmöglich und der Kaufvertrag sei nichtig. Im Fall Peco Arts v Hazlitt Gallery entschied der High Court of Justice im Jahr 1982 über eine Klage, die auf Rückzahlung des Kaufpreises und Zahlung von Schadensersatz gerichtet war. Die Klägerin, eine von Mrs. Curran betriebene Firma, erwarb eine Zeichnung, betitelt als Études pour le Bain Turc, die sie und die Verkäuferin, die verklagte Galerie, für ein Originalwerk von Jean-Auguste-­ Dominique Ingres133 hielten. Die Zeichnung erwies sich rund elfeinhalb Jahre nach dem Kauf als Reproduktion, was bei einer Überprüfung der Versicherungs­ summe entdeckt wurde und zwischen den Parteien seitdem unstreitig war. Die Klägerin berief sich auf einen mutual mistake of facts, hilfsweise auf einen unilateral or common mistake of facts und eine negligent mispresentation. Das Ge­ richt wirkte allerdings angesichts der zahlreichen schwierigen Tat- und Rechts­ fragen erfolgreich auf eine Begrenzung des Streitgegenstands hin; es entschied aus diesem Grund nur noch über die Einhaltung von Fristen – und gab der Klä­ gerin im Ergebnis recht. was a specific picture, ‚Salisbury Cathedral‘. The parties were agreed in the same terms on the same subject matter, and that is sufficient to make a contract: see Solle v. Butcher.“ Freie Übersetzung der Verfasserin: Meiner Meinung nach war dieser Fall nach den wohl bekannten Prinzipien des Kaufrechts zu entscheiden. Dies war ein Kaufvertrag. Es gab einen Irrtum über die Qualität der Kaufsache, weil beide Parteien glaubten, das Bild sei von Consta­ ble. Dieser Irrtum war einerseits wesentlich und fundamental. Aber ein solcher Irrtum führt nicht zur Unwirksamkeit des Vertrags: Es lag kein Irrtum über den Kaufgegenstand vor. Es war ein spezifisches Bild, „Salisbury Cathedral“, Gegenstand des Kaufs. Die Parteien haben sich über dieselben Begriffe und denselben Kaufgegenstand geeinigt, und das ist ausreichend, um einen Vertrag zu begründen: siehe Solle v. Butcher. Zum Sachverhalt siehe D.I.1.h). 131  Nicholsen & Venn v Smith-Marriott, [1947] 177 LT 189, dazu: Treitel-Peel, 8-018 f. 132  [1982 P. No.  1223] E.M.W., [1983] All E.R. 193 = [1983] 1 W.L.R. 1315. 133  Französischer Maler (1780–1867).

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D. Das englische Recht

Beiden Entscheidungen sind nur Andeutungen zu entnehmen, weil über das Vorliegen eines mistake gerade nicht entschieden wurde. Nach einer Literatur­ meinung soll ausschlaggebend sein, ob die betroffene Eigenschaft für die Par­ teien so wichtig sei, dass sie die Kaufsache identifiziere.134 Die Abgrenzung soll anhand eines Tests erfolgen, bei dem die Parteien hypothetisch zu befragen sei­ en, worüber sie kontrahiert haben.135 h) Das Verhältnis der Rechtsbehelfe zueinander Die Haltung der englischen Rechtsprechung zum Verhältnis der kaufrechtlichen Rechtsbehelfe zu den allgemeinen Rechtsbehelfen bei Zuschreibungsirrtümern ist dem vorhandenen Entscheidungsmaterial nicht eindeutig zu entnehmen. Der mistake betrifft in der Rechtsfolge den Konsens und führt damit zur Unwirksamkeit des Vertrags kraft Gesetzes und nicht lediglich zur Anfechtbarkeit des Vertrags. Dies deutet an, dass der mistake im Alternativitätsverhältnis zu den kaufrecht­ lichen Rechtsbehelfen steht. Ist der Kaufvertrag unwirksam, dürfte der Käufer hieraus keine Rechtsbehelfe mehr ableiten können. In der Entscheidung im Fall Peco Arts v Hazlitt Gallery 136 argumentierte das Gericht wie folgt: Der Verkehrs­ schutz im Kunsthandel, mit dem die Beklagte durch den Verweis auf die Entschei­ dung im Fall Leaf v International Galleries argumentierte, sei durch die Anwen­ dung der allgemeinen Verjährungsfristen nicht betroffen. Schon dies spricht dafür, dass keine Sperrwirkung des Vertragsbruchs zulasten des mistake besteht. Ausgangspunkt der Überlegungen zum Verhältnis des Vertragsbruchs zu den Rechtsbehelfen auf der Grundlage einer innocent misrepresentation ist die Ent­ scheidung im Fall Leaf v International Galleries,137 die auch in der deutschen Diskussion immer wieder erwähnt wird, wenn es um eine rechtsvergleichende Betrachtung der Probleme von Zuschreibungsirrtümern im Kunsthandel und/ oder um die Analyse des Verhältnisses der Sachmängelgewährleistung zur Irr­ tumsanfechtung geht. Im Jahr 1950 entschied der High Court of Justice in einem Rechtsstreit, in dem es um ein vermeintlich von John Constable 138 gemaltes Bild mit dem Titel Salisbury Cathedral ging. Nach er im Jahr 1944 das streitgegen­ ständliche Bild von einer Galerie erworben hatte, versuchte der Kläger Ernest Louis Leaf im Jahr 1949 das Bild über Christie’s zu wieder veräußern; dabei ­kamen Zweifel an der Authentizität auf. Die Vorinstanz hatte die Klage auf Auf­ lösung des Vertrags und Rückzahlung des Kaufpreises abgewiesen. Obwohl das 134 Treitel-Peel,

8-019. 8-019. 136  [1982 P. No.  1223] E.M.W., [1983] All E.R. 193 = [1983] 1 W.L.R. 1315. 137  [1950] 2 K.B. 86. 138  Englischer Maler (1776–1837). 135 Treitel-Peel,

I. Rechtsstellung des Käufers

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Bild nicht von Constable stamme und eine innocent misrepresentation durch die Beklagte vorliege, sei zugunsten der Beklagten zu entscheiden, da der Vertrag ausgeführt worden sei. Der Court of Appeal bestätigte den Richterspruch im Ergebnis: Selbst, wenn eine innocent misrepresentation vorliege und unabhängig davon, ob die innocent misrepresentation zuzulassen sei,139 sei die klägerische Geltendmachung von Rechtsbehelfen, die den Bestand des Vertrags betreffen, verfristet. Es sei zu be­ achten, dass die innocent misrepresentation im Vergleich zum breach of contract weniger stark sei und ein Vorgehen auf dieser Grundlage ausgeschlossen sein müsse, wenn dem Käufer ein Zurückweisungsrecht auf der Basis des breach of contract verwehrt sei.140 Der Käufer habe das Bild akzeptiert und nicht in einer reasonable time zurückgewiesen.141 In den ersten Tagen nach der Lieferung habe der Käufer die Möglichkeit zu Untersuchungen gehabt.142 Nach fünf Jahren sei eine Loslösung vom Vertrag ausgeschlossen.143 Der Bestand des Vertrags könne nicht so lange der Möglichkeit der Rückgängigmachung ausgesetzt werden. Der Richter Lord Justice Jenkins formuliert es so: „Assuming that completion is not fatal to his claim, I think that, at all events, it behoves the purchaser either to verify or, as the case may be, to disprove the representation within a reason­ able time, or else stand and fall by it. If he is allowed to wait five, ten or twenty years and reopen the bargain, there can be no finality at all.“144

Nach englischem Verständnis überlagert die Ausübungsfrist des s.  35(4) Sale of Goods Act 1979 also die Berufung auf eine misrepresentation. Die Entscheidung liegt allerdings schon einige Zeit zurück und erging zeitlich vor dem Erlass des Mispresentation Act 1967, nämlich schon 1950.145 Dass die Richter den Aus­ 139  Zur Zulässigkeit eines auf Vertragsauflösung gerichteten Rechtsbehelfes wegen einer innocent misrepresentation ist der Entscheidung keine eindeutige und vor allem einheitliche Stellungnahme zu entnehmen. Die Richter deuten diesbezüglich unterschiedliche Haltungen an. Die Zulässigkeit generell bezweifelnd: Lord Justice Jenkins und Lord Justice Evershed M.R; wohl eher befürwortend: Lord Justice Denning. 140  Lord Justice Denning [1950] 2 K.B. 86, 90 f. 141  Lord Justice Denning [1950] 2 K.B. 86, 90 f.; zustimmend: Lord Justice Jenkins [1950] 2 K.B. 86, 92; zustimmend auch: Lord Justice Evershed [1950] 2 K.B. 86, 93. 142  Lord Justice Denning [1950] 2 K.B. 86, 91. 143  Lord Justice Denning [1950] 2 K.B. 86, 91. 144  Lord Justice Jenkins [1950] 2 K.B. 86, 92. Freie Übersetzung der Verfasserin: Unter der Annahme, dass diese Ausfüllung nicht verheerend für seinen Anspruch ist, denke ich, dass es in jedem Fall dem Käufer obliegt, innerhalb einer angemessenen Frist entweder die Darstellung zu überprüfen oder je nach Fall zu widerlegen oder aber mit ihr zu stehen oder zu fallen. Falls er berechtigt wäre, fünf, zehn oder zwanzig Jahre zu warten und dann den Handel wiederzuer­ öffnen, gäbe es keine Endgültigkeit. 145  Im Schrifttum finden sich Hinweise darauf, dass die (Nicht-)Anwendbarkeit zwischen­ zeitlich gesetzlich geregelt war (Resale Act 1976, aufgehoben durch Competition Act 1998),

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D. Das englische Recht

schluss des Rechtsbehelfs des Käufers wegen einer innocent misrepesentation mit einer Verfristung begründen, wird im Schrifttum als Indiz dafür gedeutet, dass der Rechtsbehelf grundsätzlich neben kaufrechtlichen Rechtsbehelfen zu­ lässig sei.146 In der gültigen Fassung des s.  35(4) Sale of Goods Act 1979 enthält das englische Recht eine Fiktion, nach der die Waren nach Ablauf einer flexibel zu bestimmenden Frist als vertragsgemäß gelten.147 Die zeitliche Begrenzung des Zurückweisungsrechts in s.  35(4) Sale of Goods Act 1979 stelle der Sache nach eine besondere Regelung dar, die die nach englischem Recht grundsätzlich sechs Jahre betragende Verjährungsfrist modifiziert.148 Daraus scheint zu folgen, dass auch Rechtsbehelfe auf der Grundlage der innocent misrepresentation die­ ser Frist unterliegen. Die weiteren Hinweise deuten darauf, dass auch Rechtsbehelfe wegen einer negligent oder fraudulent misrepresentation zulässig sind, möglicherweise unter anderen Fristregelungen, insbesondere, soweit sie auf Schadensersatz und nicht auf Auflösung des Kaufvertrags gerichtet sind. In der Entscheidung Leaf v International Galleries149 hat der High Court of Justice an mehreren Stellen unter­ schwellig deutlich gemacht, dass eine andere Bewertung der Klage möglich ge­ wesen wäre, wenn der Kläger seine Klage – auch noch im Prozess – umgestellt und sein Begehren auf Schadensersatz gerichtet hätte. In den auf Schadensersatz gerichteten, aber noch deutlich älteren Fällen Lomi v Tucker150 und De Sew­ hanberg v Buchanan151 erwähnen die Gerichte die Fristenproblematik gar nicht. Auch das könnte, obwohl die Entscheidungen sehr alt sind, ein Indiz für eine unterschiedliche Behandlung des Verhältnisses der Rechtsbehelfe zueinander sein. Nach heutigem Recht kann das Gericht statt einer Vertragsaufhebung aus­ drücklich auch Schadensersatz aussprechen, s.  2(2) Misrepresentation Act 1979. Es ist also denkbar, dass der Käufer das Bild behält und den Ersatz der Wertdif­ ferenz zum Kaufpreis von dem Verkäufer fordert.

die Bestimmungen aber durch neuere Vorschriften im Jahr 1998 aufgehoben worden sind, siehe dazu Treitel-Peel, 13.  Auflage, 9-087, dort unter Fn.  411. 146 Treitel-Peel, 9-098. 147  s.35(4) Sale of Goods Act 1979 lautet: „The buyer is also deemed to have accepted the goods when after the lapse of a reasonable time he retains the goods without intimating to the seller that he has rejected them.“ Freie Übersetzung der Verfasserin: Der Käufer wird behandelt als hätte er die Waren angenommen, wenn er die Waren nach dem Ablauf einer angemessenen Frist behält, ohne dem Verkäufer gegenüber anzudeuten, dass er sie zurückweist. 148  v. Bernstorff, S.  94. 149  [1950] 2 K.B. 86. 150  (1829) 4 Carrington and Payne 15, 172 E.R. 586. 151  (1832) 5 Carrington and Payne 343, 172 E.R. 1004.

I. Rechtsstellung des Käufers

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2. Allgemeine Rechtsbehelfe gegen den Vermittler, insbesondere gegen das Auktionshaus Das Auktionshaus hat nach englischem Verständnis eine besondere Stellung. Es ist nicht Vertragspartner des Ersteigerers, nimmt aber über die Gestaltung der Conditions of Sale wesentlichen Einfluss auf dessen rechtliche Position. Es kann jedoch angesichts seiner Nähe zu dem Kunstwerk dem Käufer gegenüber haften. So kann das Auktionshaus (freiwillig) eine Haftung mittels seiner eigenen Condi­ tions of Sale übernehmen, die als Garantiehaftung verschuldensunabhängig ist. Das englische Recht kennt zudem eine Haftung für fahrlässiges oder betrügeri­ sches Verhalten, welche im Einzelfall ihre Grundlage entweder im Vertrag (­ breach of duty) oder in einer vertragsähnlichen Situation (dann als deliktische Haftung ausgestaltet, liability of tort) haben kann. Weiter könnte das Auktionshaus wegen einer fehlerhaften Katalogbeschreibung auf der Grundlage des Misrepresenta­ tion Act 1967 dem Käufer gegenüber haften. a) Die Garantiehaftung auf der Grundlage der Conditions of Sale („limited warranty“) Bei einer Garantiehaftung der Auktionshäuser geht es um Sonderrecht der Auk­ tionshäuser, das aus deren Allgemeinen Geschäftsbedingungen folgt. Für die Be­ gründung einer Einstandspflicht des jeweiligen Auktionshauses ist entscheidend, ob die Informationen im Katalog eine rechtliche Bindung herbeiführen. Die Be­ textungen der Kunstwerke im Katalog bestimmen einerseits den Vertragsgegen­ stand im Verhältnis zwischen Käufer und Verkäufer. Sie können aber auch Grundlage der Haftung des Auktionshauses werden. So lag es im Fall Avrora Fine Arts Investment Limited v Christie, Manson & Woods Limited,152 in wel­ chem das Gericht eine Haftung des Auktionshauses annahm, die es aus den Conditions of Sale ableitete. Der der Entscheidung zugrundeliegende Sachverhalt betraf einen Streit um ein vermeintliches Gemälde des Malers Kustodijew mit dem Titel Odaliske. Das beklagte Auktionshaus Christie’s versteigerte es im Jahr 2005 zu einem Preis von £ 1,500,000.00 an die Klägerin, eine russische Gesell­ schaft mit dem Anliegen, eine Sammlung russischer Kunst aufzubauen. Das Auktionshaus war von der Authentizität des Bildes, welches es bereits 1989 schon einmal versteigert hatte, so überzeugt, dass es eine limited warranty hinsichtlich der Echtheit des Werks übernahm. Inhalt dieser Klauseln war eine mit dem Zeitpunkt des Kaufs beginnende, fünfjährige Garantie von Christie’s dafür, dass das kaufgegenständliche Werk authentisch und keine Fälschung war. Die Klausel sah weiter vor, dass Christie’s dem Käufer im Fälschungsfall den 152 

[2012] EWHC 2198 (Ch). Im Folgenden abgekürzt als „Avrora v Christie’s“.

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D. Das englische Recht

Kaufpreis für das Los erstatten sollte.153 Die Verkaufsbedingungen erhielten zu­ dem Bestimmungen, mit denen das Auktionshaus weitere Einstandspflichten, insbesondere für Betextung der Kunstwerke, ausschloss (disclaimer).154 Im Ka­ 153 

[2012] EWHC 2198 (Ch), zitiert nach bailii.org. Die Klauseln, die unter Ziffer 29 der Entscheidung abgedruckt sind, lauten: „Subject to the terms and conditions of this paragraph, Christie’s warrants for a period of five years from the date of the sale that any property described in headings printed in UPPER CASE TYPE (i.e. headings having all capital-letter type) in this catalogue […] which is stated without qualification to be the work of a named author or authorship, is authentic and not a forgery. The term ‚author‘ or ‚authorship‘ refers to the creator of the property or to the period, culture, source or origin, as the case may be, with which the creation of such property is iden­ tified in the UPPER CASE description of the property in this catalogue. Only UPPER CASE TYPE headings of lots in this catalogue indicate what is being warranted by Christie’s. Chris­ tie’s warranty does not apply to supplemental material which appears below the UPPER CASE TYPE headings of each lot and Christie’s is not responsible for any errors or omissions in such material.“ Freie Übersetzung der Verfasserin: Gemäß den Geschäftsbedingungen dieses Ab­ schnitts sichert Christie’s für einen Zeitraum von fünf Jahren beginnend mit dem Datum des Kaufs, zu, dass jedes Los, welches in diesem Katalog in GROSSBUCHSTABEN (d. h. Über­ schriften, die alle Großbuchstaben haben) […] ohne Einschränkung als Werk eines genannten Urhebers beschrieben wird, authentisch ist und sich nicht als Fälschung erweist. Der Begriff „Urheber “ bzw. „Urheberschaft“ bezieht sich auf den Schöpfer des Werks oder die Periode, die Kultur, die Herkunft oder den Ursprung des Werks, je nachdem, wie das Werk in GROSS­ BUCHSTABEN in diesem Katalog beschrieben wird. Nur Überschriften in GROSSBUCH­ STABEN von Losen in diesem Katalog bestimmen, was von Christie’s zugesichert wird. Die Zusicherung von Christie’s findet keine Anwendung auf Ergänzungsmaterial, das unter den Überschriften in GROSSBUCHSTABEN eines jeden Loses erscheint, und Christie’s ist nicht verantwortlich für irgendeinen Fehler oder Auslassungen in solchem Material. Den Käufer berechtigt die warranty wie folgt: „The buyer’s sole and exclusive remedy against Christie’s and the seller, in place of any other remedy which might be available, is the cancellation of the sale and the refund of the original purchase price paid for the lot […]“. Freie Übersetzung der Verfasserin: Des Käufers einziges und ausschließliches Recht gegen Christie’s und den Verkäufer ist, anstelle eines jeden anderen Rechtsbehelfs, der dem Käufer zur Verfü­ gung stehen könnte, der Rücktritt vom Kauf und die Rückerstattung des ursprünglichen Kauf­ preises, der für das Los gezahlt wurde. 154  [2012] EWHC 2198 (Ch), zitiert nach bailii.org. Die entscheidende Verkaufsbedingung lautet auszugsweise (unter Ziffer 122 der Entscheidung): „Buyers are responsible for satisfying themselves concerning the condition of the property and the matters referred to in the catalogue entry. […] We agree to refund the purchase price in the circumstances of the Limited Warranty set out in paragraph 6 below. Apart from that, neither the seller nor we, nor any of our officers, employees or agents, are responsible for the correctness of any statement of whatever kind concerning any lot, whether written or oral, nor for any other errors or omissions in descriptions or for any faults or defects in any lot. Except as stated in paragraph 6 below, neither the seller, ourselves, our officers, employee or agents, give any representation, warranty or guarantee or assume any liability of any kind in respect of any lot with regard to merchandise, fitness for a particular purpose, description, size, quality, condition, attribution, authenticity, rarity, import­ ance, medium, provenance, exhibition history, literature or historical relevance. Except as re­

I. Rechtsstellung des Käufers

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talog war zudem der Hinweis auf den Vorbesitzer Leo Maskovskii, einen Samm­ ler russischer Kunst, aufgenommen worden. Unter dem Titel Beauty war das Bild im Jahr 1932 Teil einer Ausstellung russischer Künstler in Riga gewesen. Ab Mai 2006 verdichteten sich die Zweifel an der Zuordnung des Bildes. Die Klägerin holte bis zum Jahr 2009 mehrere Zertifikate ein, die der Authentizität des Werkes widersprachen, und klagte schließlich erfolgreich. Die konkrete Reichweite der warranty geben in der Praxis die Klauseln vor. Die entscheidenden Klauseln verwenden üblicherweise den Begriff der forgery, also Fälschung.155 Dem gleichgestellt ist der Ausdruck fake im Sinne von Verfäl­ schung.156 Die Rücknahmebereitschaft der Auktionshäuser erstreckt sich aber dem Wortlaut der Klausel nach nicht auch auf kunstwissenschaftliche Irrtümer. Den Unterschied zwischen Fälschungen und Zuschreibungsirrtümern betonend, lehnte das Gericht im Fall Hoos v Weber 157 eine Rücknahmepflicht ab. Der Court of Appeal befasste sich im Jahr 1974 mit einer Klage auf Zahlung des Kaufprei­ ses für ein vermeintliches Selbstporträt des Malers Rembrandt Harmenszoon van Rijn,158 welches der Beklagte auf einer Versteigerung bei Sotheby’s zu einem Preis von £ 90,000.00 erworben hatte. In dem Auktionskatalog hieß es unter an­ derem: „Rembrandt’s authorship of the picture is accepted by all the authoritites mentioned in the bibliography with the exception of Gerson“159, frei übersetzt: „Rembrandts Urheberschaft des Bildes wird von allen in der Bibliografie160 er­ quired by local law any warranty of any kind whatsoever is excluded by this paragraph.“ Freie Übersetzung der Verfasserin: Die Käufer sind selbst dafür verantwortlich, sich von dem Zu­ stand des Werks und von den Gegenständen der Katalogeintragungen zu überzeugen. Wir bie­ ten an, den Kaufpreis in den Fällen einer begrenzten Zusicherung unter den in Paragraf 6 dar­ gelegten Umständen zu erstatten. Abseits davon sind weder der Verkäufer noch wir noch unse­ re Beauftragten, Angestellten oder Vertreter für die Richtigkeit von Darstellungen, gleich welcher Art, betreffend irgendein Los – ob schriftlich oder mündlich – noch für Fehler oder Auslassungen in den Beschreibungen oder Mängel oder Defekte von Losen verantwortlich. Mit Ausnahme der Regelungen in Paragraf 6 geben weder der Verkäufer noch wir noch unsere Beauftragten, Angestellten oder Vertreter Darstellungen, Zusicherungen oder Garantien ab oder übernehmen eine Haftung irgendeiner Art für die Lose, die Eignung der Waren für einen bestimmten Zweck, deren Beschreibung, Größe, Qualität, Zustand, Zuschreibung, Authentizi­ tät, Seltenheit, Bedeutung, Medium, Provenienz, Ausstellungsgeschichte, literarische oder his­ torische Bedeutung. Mit Ausnahme der Notwendigkeit nach lokalem Recht ist jede Zusiche­ rung, gleich welcher Art, durch die Bestimmungen in diesem Abschnitt ausgeschlossen. 155  Ähnliche Klauseln scheinen zahlreiche Auktionshäuser zu verwenden. 156  Ulph, J.B.L. 2011, 261, 265. 157  (1974) 232 E.G. 1379, abgedruckt in: International sales of works of art, Vol.  I., S.  277– 281. 158  Niederländischer Maler (1606–1669). 159  Prof. Dr. Gerson, Forscher, der seit 1968 die Zuschreibung des Werks zu Rembrandt bezweifelte. 160  Gemeint ist wohl ein Werkverzeichnis.

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D. Das englische Recht

wähnten Autoritäten akzeptiert, mit Ausnahme von Gerson“. Der spätere Beklag­ te war der einzige Bieter. Unmittelbar nach der Versteigerung entdeckte er in ei­ nem Bericht in der Times einen Hinweis auf das (damals vergleichsweise neue) Rembrandt Research Project 161, welches auf die Anfrage des Ersteigerers hin in der Folgezeit das erstandene Gemälde Rembrandt abschrieb. Gegen die Zahlungsklage der Verkäufer wandte der beklagte Käufer ein, nach den allgemeinen Geschäftsbedingungen von Sotheby’s bestehe eine Verpflichtung zur Rücknahme von Fälschungen.162 Diese Klausel sei in extensiver, sämtliche fehlerhaften Zuordnungen erfassender Auslegung auch auf Abschreibungen an­ zuwenden und stehe der Geltendmachung der Kaufpreisforderung entgegen.163 Zudem sei die Katalogbeschreibung sorgfaltswidrig erstellt worden.164 Es fehle ein Hinweis auf das Rembrandt Research Project. Das Gericht wies den Einwand einstimmig zurück. Eine falsche Zuschreibung sei nicht mit einer Fälschung gleichzusetzen, die bewusst zur Täuschung geschaffen werde. Das Gericht beton­ te dabei unter beispielhafter Heranziehung der berühmten Vermeer-­Fälschungen die betrügerische Absicht, die der Herstellung von Fälschungen innewohnt.165 Angesichts der Subjektivität des Abgrenzungskriteriums der „Täuschungsab­ sicht“ kommt damit eine vertragliche Rücknahmeverpflichtung des Auktions­ hauses dem Käufer nur in beschränktem Maße zugute. Die Klausel begründet somit keine Übertragung des allgemeinen Zuschreibungsrisikos auf das Auk­ tionshaus. 161  Es handelt sich um eine Gruppe von Wissenschaftler, angesiedelt in Amsterdam, die das Œuvre Rembrandts untersuchten. Das Projekt startete 1968 und ist mittlerweile abgeschlossen. 162  Die in der Entscheidung abgedruckte Klausel (in: International sales of works of art, Vol  I., S.  279 f.) lautete: „Nothwithstanding the preceding Condition, if within eight days of the sale of any lot the buyer is given notice to Sotheby & Co. that the lot sold is a forgery […] and if within fourteen days after giving such notice the buyer returns the lot in the same condition as it was at the time of the sale to the premises of Sotheby & Co. and there shows that conside­ red in the light of the terms of the Catalogue the lot sold is a forgery Sotheby & Co. are authori­ sed to and will rescind the sale and refund the purchase price received by them.“ Freie Überset­ zung der Verfasserin: Sofern der Käufer ungeachtet der vorstehenden Bedingungen innerhalb von acht Tagen ab dem Kauf eines Loses Sotheby & Co. die Mitteilung macht, dass das ver­ kaufte Los eine Fälschung ist […] und innerhalb von vierzehn Tagen nach der Mitteilung der Käufer das Los in dem Zustand, den es zum Zeitpunkt des Kaufs hatte, in die Räumlichkeiten von Sotheby & Co. zurückbringt und sich dort zeigt, dass das verkaufte Los im Sinne der Be­ schreibungen im Katalog eine Fälschung ist, ist Sotheby & Co. zur Rückabwicklung autorisiert und wird den Kauf rückabwickeln sowie dem Käufer den erhaltenen Kaufpreis erstatten. Im vorliegenden Fall hatte der Käufer fristgerecht binnen einer Woche nach der Auktion ein Tele­ gramm an S­ otheby’s übersandt, mit dem er sich auf die zitierte Klausel berief. 163  International sales of works of art, Vol.  I, S.  277, 280. 164  International sales of works of art, Vol.  I, S.  277, 280. 165  International sales of works of art, Vol.  I, S.  277, 280.

I. Rechtsstellung des Käufers

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b) Die deliktische Haftung Die Thematik der Verletzung von Sorgfaltspflichten bis hin zur Haftung wegen betrügerischen Verhaltens betrifft in erster Linie das Verhalten des Auktions­ hauses bei der Durchführung der Auktion, etwa Anpreisungen beim Aufruf des Kunstwerks, aber auch bei der Erstellung der Katalogangaben. Die englische Rechtsprechung hat sich bisher – soweit ersichtlich – noch nicht ganz klar zu Sorgfaltspflichten des Auktionshauses gegenüber den Käufern positioniert. Im Ergebnis zurückhaltend ist die gerichtliche Befassung mit Sorgfaltspflich­ ten im Fall Thomson v Christie Manson Woods Limited and Others.166 Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Jahr 2005 entschied der Supreme Court als Berufungsinstanz über die Klage einer wohlhabenden Kanadierin, Ms. Thomson. Auf einer Auktion bei Christie’s im Jahr 1994 hatte sie zwei Vasen aus dem Besitz von Lord Cholmondeley ersteigert, die aus der Zeit von Louis XV 167 stam­ men sollten. Nach der Auktion kamen Zweifel an der Authentizität der Vasen auf, die aber nach dem Richterspruch nicht ausreichten, um die angegriffene Zu­ schreibung zu widerlegen. Christie’s, nicht aber der mitverklagte Verkäufer, wur­ de in der ersten Instanz wegen der Verletzung von Sorgfaltspflichten zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt. Die Verurteilung beruhte allerdings nicht auf der fehlerhaften Katalogbeschreibung, sondern auf einer angeblichen Verletzung ei­ ner besonderen Sorgfaltspflicht gegenüber Ms. Thomson. Ein Mitarbeiter der von Christie’s eingerichteten Spezialabteilung (Special Client Services) hatte Ms. Thomson betreut und ihr in einer Sonderführung im Vorfeld der Auktion die streitgegenständlichen Vasen gezeigt.168 Der Supreme Court hob die Verurtei­ lung des Auktionshauses im Rechtsmittelverfahren auf. Entscheidend hierfür war, dass die Einschätzung von Christie’s hinsichtlich der Authentizität der Vasen vertretbar war.169 Im Kern ging es um die Frage, ob Christie’s in tatsächlicher Hinsicht Zweifel an der im Katalog angegebenen Entstehungszeit hatte, die offen­ legungspflichtig gewesen wären. Aus rechtlicher Sicht stand fest, dass Christie’s als führendes Auktionshaus erhebliche Zweifel an der Authentizität in der Kata­ logbeschreibung zum Ausdruck hätte bringen müssen.170 Dass das erstinstanz­ liche Gericht keine derart gravierenden Zweifel angenommen habe, sei haltbar, schließe aber – anders als der erstinstanzliche Richter angenommen hatte – zu­ 166  [2005] EWCA Civ 555, zitiert nach bailii.org. Im Folgenden abgekürzt als „Thomson v Christie’s“. Vorinstanz: [2004] EWHC 1624 (QB). Case Comment: Vyas, International Journal of Cultural Property 2005, 425. 167  1710–1774. 168  [2005] EWCA Civ 555, zitiert nach baillii.org, Ziffer 28 ff. und Ziffer 155 ff. 169  [2005] EWCA Civ 555, zitiert nach baillii.org, Ziffer 78. 170  [2005] EWCA Civ 555, zitiert nach bailii.org, Ziffer 35 u. 73.

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D. Das englische Recht

gleich auch die Verletzung einer (erhöhten) Sorgfaltspflicht gegenüber der Klä­ gerin aus diesem Grunde aus.171 c) Die Haftung für fehlerhafte Darstellungen („misrepresentation“) Der englischen Sichtweise nach bestand für eine Haftung des Auktionshauses auf der Grundlage des Misrepresentation Act 1967 grundsätzlich angesichts der Haftung des Verkäufers kein Bedürfnis.172 Die strikte Trennung der Haftung nach den jeweiligen Rechtsverhältnissen scheint aber angesichts aktueller Entwick­ lungen zu verschwimmen. aa) Die Entscheidung im Fall May v Vincent Für Informationen über Kunstwerke, die Eingang in den Versteigerungskatalog gefunden haben, kann sich eine Haftung unter dem Gesichtspunkt des Verbrau­ cherschutzes ergeben. In May v Vincent 173 entschied der High Court of Justice über einen Fall, in dem ein Ehepaar, Verbraucher, ein Gemälde auf einer Auktion der Beklagten erwarben. Wie sich nach gut zwei Jahren herausstellte, stammte das Bild anders als im Auktionskatalog angegeben, nicht von Joseph Mallord William Turner 174. Das Ehepaar argumentierte in seiner Klage auf Kaufpreis­ rückzahlung damit, dass die Katalogbeschreibung unrichtig gewesen sei und be­ kam Recht. Das Gericht entschied, dass die damaligen Verbraucherschutzvor­ schriften175 auch auf Auktionen und im Kunsthandel anwendbar seien und nahm 171 

[2005] EWCA Civ 555, zitiert nach bailii.org, Ziffer 167. Harley/Meisel, S.  126, dort unter Fn.  161 (2.  Aufl.); in diese Richtung auch Palmer, in: L’expertise dans la vente d’objets d’art, S.  19, 19. 173  Entscheidung berichtet in: J.P. Reports 154 (1990) S.  997 ff.; siehe dazu auch die Anmer­ kungen von Dobson J.B.L. 1991, 68–70, die Anmerkung von Bragg, International Journal of Cultural Property 1993, 127 ff. und den Bericht von Palmer, in: L’expertise dans la vente d’ob­ jets d’art, S.  19, 26 f. 174  Englischer Maler (1775–1851). 175  Trade Description Act 1968; die zentralen Verbraucherschutzbestimmungen finden sich seit der Umsetzung der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsver­ kehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr.  2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken, ABlEG Nr. L 149, S. 22) in den Consumer Proctection Unfair Trading Regulations 2008, dazu ausführlicher Reynolds, in: Benjamin’s Sale of Goods 14-126 u. 14-139 ff. Zudem gibt es den Consumer Rights Act 2015, der u. a. die kaufrechtlichen Bestimmungen überlagert (Chapter 2 des Consumer Rights Act 2015). Bei Auktionskäufern kann die Anwendbarkeit des Consumer Rights Act 2015 jedoch eingeschränkt sein, wenn das Auktionsgut als gebrauchte Ware zu qualifizieren ist, Treitel-Peel, 23-012. 172 

I. Rechtsstellung des Käufers

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eine Haftung für unzutreffende Beschreibungen an. Als Folge dieser Entschei­ dung haften Auktionshäuser grundsätzlich, wenn sie einen bestimmten Künstler als Urheber nennen. Die Haftung kann aber durch einschränkende Formulierun­ gen vermieden werden.176 bb) Das Glossary der Auktionshäuser Die Auktionshäuser verwenden in der Praxis ein Glossary, das dem Käufer eine Interpretationshilfe für die Bedeutung der Beschreibungen der Kunstwerke im Ka­ talog gibt.177 Dieses dürfte nach heutigen Maßstäben bei der Beurteilung der Frage, ob konkrete Katalogbeschreibungen unzutreffend sind, heranzuziehen sein.178 cc) Die neuere Entwicklung: Anspruchsgrundlagen im Misrepresentation Act 1967 Das spätere Entscheidungsmaterial deutet an, dass die rechtliche Grundlage ei­ ner Haftung des Auktionshauses der Misrepresentation Act 1967 sein könnte. Ungeklärt ist, ob unter diesem Aspekt mit einer Ausweitung der Haftung des Auktionshauses gegenüber dem Käufer zu rechnen ist. Im Fall Avrora v Christie’s entschied das Gericht nicht abschließend über den Klagegrund der misrepresentation. Es war der Auffassung, der jedenfalls bei Vorliegen einer Zusicherung (warranty) wirksame disclaimer des Auktionshauses schließe eine solche Haf­ tung aus. Das Gericht führte zur materiellen Seite der misrepresentation aber aus: Dem Einwand des Auktionshauses, dass die Erklärung, die Authentizität zu gewährleisten, eine representation ausschließe, sei nicht zuzustimmen. Denn ein Versprechen müsse nicht, könne aber zugleich eine Meinungsäußerung enthal­ ten. Die representation könne sich bei einer an sich als Meinungsäußerung anzu­ sehenden Zuschreibung daraus ergeben, dass die Kundgabe einer Zuordnungs­ einschätzung – wenn die Fakten nicht beiden Seiten gleichermaßen bekannt sind – oft die Erklärung enthält, der Äußernde kenne Umstände, die die Bewertung der Zuschreibung rechtfertigen.179 Diese Ausführungen des Gerichts deuten die Möglichkeit einer misrepresentation jedenfalls an.180 Bei einer negligent oder fraudulent mispresentation kann der Käufer (zudem) eine Klage wegen uner­ Bragg, International Journal of Cultural Property 1993, 127, 128. Zu dieser Praxis schon in den 1980er Jahren: Och, in: International sales of works of art, S.  250, 253. 178  Im Fall May v Vincent handelt es sich im Gegensatz dazu um ein regionales Auktions­ haus in Ashbourne. 179  Avrora v Christie’s, [2012] EWHC 2198 (Ch), zitiert nach bailii.org, Ziffer 133. 180  Ähnliche Anhaltspunkte finden sich auch in der erstinstanzlichen Entscheidung im Fall Thomson v Christie’s, [2004] EWHC 1624 (QB). Dazu: Vyas, International Journal of Cultural Property 2005, 425, 428 u. 434. 176  177 

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D. Das englische Recht

laubter Handlung erheben.181 Es werden dann etwaige Sorgfaltspflichtverletzun­ gen des Auktionshauses relevant.182 Insoweit wird auf die Ausführungen im Rah­ men der deliktischen Haftung verwiesen.183 Der Konstruktion nach ist entschei­ dend, ob das Auktionshaus another party im Sinne von s.  2(1) Misrepresentation Act 1967 ist;184 soweit ersichtlich, ist diese Frage von der Rechtsprechung noch nicht entschieden worden. d) Die Auswirkungen von Haftungsausschlüssen in den AGB der Auktionshäuser In ihren Conditions of Sale verwenden die Auktionshäuser üblicherweise Haf­ tungsausschlüsse (disclaimers). Im Fall May v Vincent185 urteilte das Gericht, die Haftung für fehlerhafte Katalogbeschreibungen sei nicht durch den disclaimer des Auktionshauses ausgeschlossen, den es für unwirksam hielt. Dem Auktions­ haus ist es damit nicht möglich, eine zweifelhafte Zuschreibung uneingeschränkt zu übernehmen und sich dann auf einen Haftungsausschluss zu berufen.186 Im Grundsatz dürfte dies auch heute noch gelten, obwohl sich die Verbraucher­ schutzvorschriften seit der Entscheidung im Fall May v Vincent geändert haben. Grund hierfür ist das in den letzten Jahren steigende Verbraucherschutzniveau. Eine Einschränkung ergibt sich jedoch aus der Rechtsprechung im Fall Avrora v Christie’s.187 Danach kann die Haftung für eine Katalogbeschreibung ausge­ schlossen werden, wenn eine limited warranty vorliegt. Das Gericht überprüfte in diesem Fall die Angemessenheit des in den Conditions of Sale enthaltenen Haftungsausschlusses und bestätigte im Ergebnis die Wirksamkeit des disclaimer: s.  3 des Misrepresentation Act bestimmt, dass eine die Haftung oder das Rücktrittsrecht einer Partei beschränkende Bestimmung keinen Effekt habe, es sei denn, sie erfülle die Voraussetzungen der Angemessenheit im Sinne der Be­ stimmung in s.  11(1) des Unfair Contract Terms Act of 1977.188 Die in Rede ste­ henden Verkaufsbedingungen des Auktionshauses seien angemessen, weil der Bandle, International Journal of Cultural Property 2015, 379, 384. Holland, P.N. 2013, 108, 122. 183  Siehe dazu D.I.2.b). 184  Holland, P.N. 2013, 108, 122. 185  (QB) J.P. Reports 1990, 997. 186  Dobsen, J.B.L. 1991, 68, 69. 187  Avrora v Christie’s, [2012] EWHC 2198 (Ch), [2012] P.N.L.R. 35. 188  s.3 Misrepresenation Act 1967 lautet: „If a contract contains a term which would exclu­ de or restrict— (a)  any liability to which a party to a contract may be subject by reason of any misrepresen­ tation made by him before the contract was made; or (b)  any remedy available to another party to the contract by reason of such a misrepresen­ tation, that term shall be of no effect except in so far as it satisfies the requirement of reasonableness 181  182 

II. Rechtsstellung des Verkäufers

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Ersteigerer angesichts der warranty in Fällen von Fälschungen nicht rechtlos gestellt sei.189 Fehlerhafte Zuordnungen von Kunstwerken, die keine Fälschun­ gen sind, sind von der warranty, wie im Fall Hoos v Weber 190 entschieden, je­ doch nicht erfasst. In derartigen Konstellationen kommt es daher darauf an, ob der disclaimer wirksam ist.

3. Zusammenfassung der Rechtsstellung des Käufers Die rechtliche Behandlung von fehlerhaften Zuschreibungen richtet sich für den Käufer in erster Linie nach kaufrechtlichen Bestimmungen. Die misrepresenta­ tion scheint ein alternativer Klagegrund zu sein. Inwieweit ein Vorgehen auf die­ ser Grundlage in zeitlicher Sicht möglich ist, lässt sich nicht abschließend beur­ teilen. Ein Vorgehen auf der Grundlage eines mistake ist angesichts der hohen Anforderungen der Rechtsprechung schwierig, aber nicht gänzlich ausgeschlos­ sen. Im Auktionshandel hat der Käufer mit dem Auktionshaus unter Umständen einen zusätzlichen Anspruchsgegner.

II. Rechtsstellung des Verkäufers In der englischen Spruchpraxis finden sich fast ausschließlich Fallkonstellatio­ nen, in denen der Verkäufer gegen das Auktionshaus vorgeht. Rechtsbehelfe des Verkäufers gegen den Käufer erwähnt das Schrifttum – soweit ersichtlich – nicht.191 Dies deutet darauf hin, dass Verkäufer keine Rechtsbehelfe gegen den Käufer geltend machen, wenn sie unwissentlich ein Meisterwerk veräußert ha­ ben. Das Schrifttum meint teilweise, bei zufällig entdeckten Meisterwerken wür­ den die Zwischenhändler unerwartete wirtschaftliche Vorteile abschöpfen.192 Die Untersuchung konzentriert sich daher im Folgenden auf die Auswertung der Rechtsprechung zu einer möglichen Haftung des Auktionshauses gegenüber dem Verkäufer. Anschließend folgt eine kurze Betrachtung der denkbaren Rechts­ behelfe des Verkäufers gegenüber dem Käufer.

as stated in section 11(1) of the Unfair Contract Terms Act 1977; and it is for those claiming that the term satisfies that requirement to show that it does.“ 189  Avrora v Christie’s, [2012] EWHC 2198 (Ch), zitiert nach bailii.org, Ziffer 147 ff., insb. unter 153. 190  (1974) 232 E.G. 1379, abgedruckt in: International sales of works of art, Vol.  I, S.  277– 281. Zum Sachverhalt siehe D.I.2.a). 191  Ulph, J.B.L. 2011, 261, 269. 192  Ulph, J.B.L. 2011, 261, 269.

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D. Das englische Recht

1. Rechtsbehelfe gegen das Auktionshaus Das Auktionshaus ist den Verkäufern gegenüber im Zusammenhang mit der Ver­ äußerung seines Eigentums zur Sorgfalt verpflichtet.193 Das kann den Verkäufer in zwei Konstellationen zum Vorgehen gegen das Auktionshaus berechtigen, nämlich wenn es den wirtschaftlichen Wert des Kunstwerks zu niedrig (Unter­ bewertung) oder zu hoch (Überbewertung) angesetzt hat.194 a) Die Bewertung des Kunstwerks unter dem Marktwert (Unterbewertung) Die Entscheidungspraxis der Gerichte belegt, dass die Haftungsproblematik in erster Linie die Haftung des Auktionshauses wegen des Nichterkennens eines sleeper (Unterbewertung) betrifft. Grundlage einer Haftung des Auktionshauses ist dann regelmäßig der Vertrag mit dem Einlieferer (agency contract),195 der den Vermittler zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichtet. Auf dieser Grund­ lage hat der Vermittler die Dienstleistungen mit der angemessenen Sorgfalt und Fähigkeit (reasonable care and skill) zu erbringen.196 Die Rechtsgrundlage der Haftung kann allerdings problematisch sein, wenn das Auktionshaus im Vorfeld der Versteigerung das Kunstwerk bewertet, der Ver­ käufer den Auftrag zur Versteigerung aber erst zu einem späteren Zeitpunkt er­ teillt hat. In solchen Konstellationen kommt eine deliktische Haftung (in tort) des Vermittlers für eine fahrlässig abgegebene falsche Erklärung (negligent misstatement) in Betracht. Danach ist derjenige, der fahrlässig eine falsche Er­ klärung abgibt, verantwortlich für wirtschaftliche Einbußen, die durch vorher­ sehbares Vertrauen (foreseeable reliance) auf die Erklärung begründet sind, so­ fern der Erklärende die Erklärung in der Absicht gemacht hat, dass auf sie ver­ traut wird, und er nach den gegebenen Umständen die Verantwortung für die Richtigkeit der Erklärung übernehmen wollte.197 Zur Verdeutlichung und ge­ naueren Analyse der Problematik der Haftung für fahrlässiges Verhalten im Kunsthandel sei zunächst die in diesem Kontext als führende Autorität geltende Entscheidung, der Fall Luxmoore-May and Another v Messenger May Baverstock, geschildert. Sodann werden Maßstab und näherer Inhalt der Sorgfalts­ pflichten betrachtet. 193  Denew v Daverell, Esp. (1813) 3 Campbell 451; Luxmoore-May v Messenger May ­ averstock, [1986 M No.  3823 1009], [1990] 1 W.L.R. 1009; Thwaytes v Sotheby’s, [2015] B EWHC 36 (Ch). 194 Dazu: Davis/Ludham, N.L.J. 2008, 1661, 1661 f. 195  Bandle, Internation Journal of Cultury Property (2015), 379, 385. 196  Palmer, in: L’expertise dans la vente d’objets d’art, S.  32 f. 197  Palmer, in: L’expertise dans la vente d’objets d’art, S.  32.

II. Rechtsstellung des Verkäufers

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aa) Luxmoore-May and Another v Messenger May Baverstock198 Der Court of Appeal befasste sich im Jahr 1989 mit einer Klage der enttäuschten Verkäufer zweier – wie sich nachträglich herausstellte – möglicherweise von dem englischen Maler George Stubbs199 stammender Tierbilder gegen das die Versteigerung durchführende Auktionshaus auf Schadensersatz. Dem Prozess lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Kläger, ein Ehepaar aus der Nähe von London, besaßen zwei Ölbilder, ein Paar, auf dem Foxhound-Hunde abgebildet waren. Die Bilder hingen lange Zeit, ohne weiter beachtet zu werden, in einer Ecke des Hauses der Kläger, bis sich das Ehepaar zum Verkauf entschloss. Zu diesem Zweck traten die Kläger in Kontakt mit einem örtlichen Auktionshaus. Mitarbeiter des Auktionshauses bewerteten die Bilder mit £ 30.00 bis £ 50.00. In der Versteigerung erzielte das Bilderpaar dann einen Erlös von £ 840.00; geboten hatten zwei Interessenten. Später berichtete die Times über den Künstler George Stubbs und erwähnte die Werke: Sotheby’s versteigerte die Bilder schließlich un­ ter Zuschreibung an George Stubbs und schätzte ihren Wert – trotz der Zweifel der damals wohl führenden Expertin für Werke George Stubbs’, Judy Egerton – auf der Grundlage einer eigenen Authentizitätsbewertung auf £ 18,000.00 bis £ 24,000.00. Die Bilder wurden im Ergebnis für £ 88,000.00 versteigert. Das erstinstanzliche Urteil sprach dem Ehepaar Schadensersatz in Höhe der Differenz zu dem Versteigerungserlös bei Sotheby’s zu. Der Court of Appeal hob die Entscheidung einstimmig auf. Eine Sorgfaltspflichtverletzung liege nicht vor. bb) Maßstab für die Bestimmung der erforderlichen Sorgfalt Die Entscheidung verdeutlicht, dass nach englischem Recht ein für den Kunst­ handel spezifischer Sorgfaltsmaßstab zu ermitteln ist. Das Gericht macht sich in der Entscheidung Luxmoore-May v Messenger May Baverstock die Sichtweise der Beklagten zu eigen, die mit Besonderheiten bei der Bestimmung von Sorg­ faltspflichten von Berufsgruppen argumentierte, die sie aus der Rechtsprechung zur Haftung von Medizinern herleitete.200 Eine Sorgfaltspflichtverletzung folge demnach nicht schon daraus, dass eine Meinung von der anderer Sachkundiger abweiche; sie sei erst anzunehmen, wenn verallgemeinert ein Verstoß gegen die berufsspezifische (Standard-)Sorgfalt und diesbezügliche Fähigkeiten vorlie­ [1986 M. No.  3823], [1990] 1 W.L.R.1009, note McKendrick, International Journal of Cultural Property 1990, 207, 207 ff. Im Folgenden abgekürzt als „Luxmoore-May v Messenger May Baverstock“. 199  1724–1806. 200  Maynard v West Midlands Regional Health Authority, [1984] 1 W.L.R. 634, 638; ­Hunter v Hanley, [1955] S.L.T 213, 217. 198 

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D. Das englische Recht

ge.201 In Entsprechung hierzu ist also im Kunsthandel eine Vergleichsgruppe für die heranzuziehenden Standards zu finden. Aus den Entscheidungen folgt, dass der konkrete Vergleichsmaßstab im Einzelfall zu ermitteln ist. Im Kunsthandel ist dadurch eine weitere Differenzierung anhand der Ausrichtung des Auktions­ hauses möglich. So sind die Sorgfaltspflichten generalisierter Auktionshäuser anders gelagert und müssen sich nicht an denen, die von sehr spezialisierten, führenden Auktionshäusern erwartet werden könnten, messen lassen.202 Diese Unterscheidung rechtfertigt die englische Rechtsprechung mit verschie­ denen Aspekten. Die allgemein gehaltene Ausrichtung mancher Auktionshäuser stehe dem Abstellen auf spezielle Kenntnisse entgegen.203 Bei Zuschreibungen trete die Schwierigkeit hinzu, dass es eines Anhaltspunktes bedürfe, welchem Künstler das zu beurteilende Kunstwerk überhaupt zuzuordnen sein könnte.204 Zudem wisse der Käufer um die fehlenden Spezialkenntnisse, wenn er ein gene­ ralisiertes Auktionshaus beauftrage.205 Bei größeren Auktionshäusern sei die Sorgfalt maßgeblich, die ein führendes (internationales) Auktionshaus im Zu­ sammenhang mit der Einlieferung anzuwenden habe.206 Der Maßstab für die Bestimmung des Sorgfaltsstandards ist damit grundsätzlich ein vergleichbar aus­ gerichtetes bzw. spezialisiertes Auktionshaus. cc) Argumente der Verkäufer zur Begründung einer erhöhten Sorgfaltspflicht Denkbar ist jedoch, dass ein Auktionshaus im Einzelfall eine erhöhte Sorgfalts­ pflicht trifft, die aus einer besonderen Beziehung zu dem jeweiligen Kunden fol­ gen kann. Hierfür gibt es zwei Quellen: individuelle Verabredungen zwischen den Beteiligten und besondere Gegebenheiten um das konkret zu veräußernde Kunstwerk. 201  Luxmoore-May v Messenger May Baverstock, [1986 M No.  3823], [1990] 1 W.L.R. 1009, 1020; bestätigt in: William Duke Coleridge 5th Baron of Coleridge of Ottery St. Mary v Sotheby’s, [2012] EWHC 370 (Ch), 2012 WL 608706, zitiert nach bailii.org, Ziffer 24. 202  Luxmoore-May v Messenger May Baverstock, [1986 M. No.  3823], [1990] 1 W.L.R.1009, 1020; Holland, P.N. 2013, 108, 113. 203  Luxmoore-May v Messenger May Baverstock, [1986 M No.  3823], [1990] 1 W.L.R. 1009, 1020. 204  Luxmoore-May v Messenger May Baverstock, [1986 M No.  3823], [1990] 1 W.L.R. 1009, 1020. 205  Luxmoore-May v Messenger May Baverstock, [1986 M No.  3823], [1990] 1 W.L.R. 1009, 1028: Die Aussagekraft der Entscheidung ist in Bezug auf dieses Argument jedoch einge­ schränkt, weil einer der Kläger vor seiner Verrentung bei dem Auktionshaus gearbeitet hatte. Es ist daher offen, ob die englische Rechtsprechung dieses Argument auch generell heranziehen würde. Dagegen könnte sprechen, dass es sich nur auf den zweiten Kläger, also den Ehemann, der ehemaliger Mitarbeiter der Beklagten war, bezog. 206  Thwaytes v Sotheby’s, [2015] EWHC 36 (Ch), zitiert nach bailii.org, Ziffer 76.

II. Rechtsstellung des Verkäufers

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Im Fall Thwaytes v Sotheby’s 207 bediente der Kläger sich beider Argumenta­ tionsfiguren. Dieser richterlichen Entscheidung der Chancery Division des High Court of Justice aus dem Jahr 2015 lag ein Fall zugrunde, in dem ein Einlieferer das Auktionshaus Sotheby’s auf Schadensersatz verklagte. Er hatte Sotheby’s ein Gemälde übergeben, welches er für ein Bild des Malers Michelangelo Merisi da Caravaggio 208 hielt; die Experten von Sotheby’s teilten diese Einschätzung nicht. Schließlich wurde das Bild auf einer Auktion als Kopie des Bildes I Bari 209 des Malers Michelangelo Merisi da Caravaggio angeboten, dessen Original Teil der Sammlung des Kimbell Art Museum 210 in Texas ist. Nach der Veräußerung des streitgegenständlichen Werks über das Auktionshaus bewertete der Kunstkenner und Experte Sir Denis Mahon 211 das Gemälde als authentische Replik des Bildes I Bari und damit als ein eigenhändiges Werk des Malers Michelangelo Merisi da Caravaggio. Über diese Entwicklung berichteten Presse212 und Fachkreise. Wei­ tere Experten schlossen sich der Einschätzung Sir Denis Mahons an, sodass die Authentizität des Gemäldes in der Folgezeit in der Kunstwissenschaft und auf dem Kunstmarkt etabliert werden konnte. Der enttäuschte Verkäufer, der von der Neubestimmung erfuhr, nahm das Auk­ tionshaus Sotheby’s in Anspruch und konfrontierte es mit dem Vorwurf, das Bild nicht ausreichend untersucht zu haben. Er argumentierte, dass Sotheby’s ihm ge­ genüber in besonderer Weise zur Sorgfalt verpflichtet sei, weil er das Auktions­ haus instruiert habe, eine Recherche vorzunehmen,213 konnte die Instruktion aber nicht nachweisen. Der Kläger meinte weiter, die Provenienz – Vorbesitzer des Kunstwerks war ein Verwandter des Klägers, Surgeon Captain Thwaytes – habe in seinem Fall Anhalt für weitere Untersuchungen geboten. Surgeon Captain Thwaytes habe 207 

[2015] EWHC 36 (Ch). Italienischer Maler (1571–1610). 209  Italienischer Titel des Bildes, in der deutschen Übersetzung: Die Falschspieler. 210  [2015] EWHC 36 (Ch), zitiert nach bailii.org, Ziffer 1. 211  [2015] EWHC 36 (Ch), zitiert nach bailii.org, Ziffer 56. 212  Der Fall erregte auch in Deutschland Aufmerksamkeit; siehe dazu insb. die Berichte von Thomas in der FAZ v. 31.10.2014, abrufbar unter , zuletzt besucht am 3.3.2017. 213  Thwaytes v Sotheby’s, [2015] EWHC 36, zitiert nach bailii.org, Ziffer 68. In diese Rich­ tung argumentierte auch schon der Kläger im Fall Luxmoore-May v Messenger May Baverstock. Die tatsächliche Grundlage für den Ansatz war aber deutlich schlechter, weil die Mitar­ beiterin des Auktionshauses das Bild laut der Quittung zur research mitgenommen hatte, ohne dass bestimmte Untersuchungen im Raum standen. Der Court of Appeal positionierte sich in dieser Konstellation klar für eine nicht am Wortlaut research klebende Interpretation, wonach das Auktionshaus verpflichtet sein sollte, eine Einschätzung zu dem Wert der Werke abzuge­ ben, Luxmoore-May v Messenger May Baverstock, [1986 M No.  3823], [1990] 1 W.L.R. 1009, 1013 (F) und 1019 (H). 208 

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D. Das englische Recht

seinerzeit schon einmal ein Bild erworben, welches später Michelangelo Merisi da Caravaggio zugeordnet werden konnte, nämlich das Bild Concerto di giovani 214. Das Gericht folgte auch diesem Ansatz nicht. Dass der Onkel des Klägers Eigen­ tümer dieses Bildes gewesen sei, begründe keine Ausweitung der Sorgfalts­ pflichten.215 Es sei nicht erkennbar, dass Surgeon Captain Thwaytes das Gemälde Concerto di giovani oder gar das streitgegenständliche Objekt I Bari für authen­ tisch gehalten habe.216 Nicht relevant sei zudem, dass die Familie des Klägers das Bild für echt gehalten habe.217 dd) Der nähere Inhalt von Sorgfaltspflichten Inhalt von Sorgfaltspflichten können neben der Pflicht zur Vornahme eigener Recherche die Einholung externer Expertisen oder die Veranlassung von natur­ wissenschaftlichen Untersuchungen sein. Ein Argumentationsansatz, der in klägerischen Vorträgen immer wieder ange­ führt wird, ist folgender: Aufgrund vermeintlich fehlender Spezialkenntnisse der Mitarbeiter eines Auktionshauses soll eine Pflicht bestehen, zweifelhafte Werke Experten mit umfassenderen Sachkenntnissen vorzulegen oder spezifische Un­ tersuchungen vornehmen zu lassen. Dies kann einerseits bei kleineren, nicht spe­ zialisierten Auktionshäusern in Betracht kommen,218 andererseits aber auch die internen Vorgänge innerhalb größerer, in Abteilungen untergliederter Auktions­ häuser betreffen.219 Kern der Argumentation ist der Gedanke, dass eine Sorgfaltspflichtverletzung auch in der Überschätzung der eigenen Kenntnisse und Fähigkeiten liegen kann und dass Experten die Grenzen ihres Fachwissens kennen müssen. 220 Von zen­ traler Bedeutung ist die Frage, wie weit sich die Hinweise auf einen möglichen sleeper verdichtet haben müssen, um eine solche Nachforschungspflicht auszu­ lösen. Die Gerichte sind hier zurückhaltend und sehen auch, dass zu hohe Sorg­ faltspflichten breiter aufgestellte Auktionshäuser erheblich belasten würden. In der Entscheidung Luxmoore-May v Messenger May Baverstock mahnte einer der Richter ausdrücklich zur Vorsicht bei der Bejahung von Sorgfaltspflichten und 214  Italienischer Titel des Werks. Das Werk Concerto di giovani wurde zunächst für eine Kopie gehalten, bevor es unter führender Beteiligung Sir Denis Mahons als Original anerkannt wurde. 215  Thwaytes v Sotheby’s, [2015] EWHC 36 (Ch), zitiert nach bailii.org, Ziffer 69. 216  Thwaytes v Sotheby’s, [2015] EWHC 36 (Ch), zitiert nach bailii.org, Ziffer 69. 217  Thwaytes v Sotheby’s, [2015] EWHC 36 (Ch), zitiert nach bailii.org, Ziffer 70. 218  So im Fall Luxmoore-May v Messenger May Baverstock, [1986 M No.  3823], [1990] 1 W.L.R. 1009, 1020. 219  So im Fall Thwaytes v Sotheby’s, [2015] EWHC 36 (Ch). 220  Thwaytes v Sotheby’s, [2015] EWHC 36 (Ch), zitiert nach bailii.org, Ziffer 75.

II. Rechtsstellung des Verkäufers

213

betonte dabei die Subjektivität von Zuschreibungen.221 Bei der Konkretisierung der Sorgfaltspflichten führender Auktionshäuser sei zu berücksichtigen, dass die Mitarbeiter über eine besonders hohe Qualifizierung und ein geschultes Auge verfügten,222 Untersuchungen leichter durchführen könnten223 und sich ange­ sichts ihrer Qualifikation und Erfahrung schwerer darauf berufen könnten, das Potenzial eines Kunstwerks etwa aufgrund dessen schlechten Zustandes, nicht erkannt zu haben.224 Eine Verpflichtung zur Veranlassung externer Untersuchungen ist dennoch auch für führende Auktionshäuser selten anzunehmen. Dies illustriert der Fall Thwaytes v Sotheby’s. In seiner Entscheidungsbegründung bewertete das Gericht insbesondere das Argument des Klägers, die Mitarbeiter des Auktionshauses hät­ ten aus verschiedenen Gründen die Grenzen ihres Fachwissens erkennen und daher externe Experten hinzuziehen müssen.225 Das Gericht folgte diesem An­ satz nicht. Die Experten der Abteilung Alte Meister seien grundsätzlich fachlich und aufgrund ihrer weitreichenden Erfahrung befähigt, Einschätzungen zur Au­ thentizität vorzunehmen. Im vorliegenden Fall hätten keine Anhaltspunkte für besondere Zuordnungsschwierigkeiten vorgelegen. Die Beurteilung von Kunst­ werken von Caravaggio sei insoweit nicht anders als die von Objekten anderer Künstler. Unter Berücksichtigung des kunstwissenschaftlichen Standes der For­ schung zu Caravaggio und den in dem konkreten Fall begrenzten Erkenntnis­ möglichkeiten technischer Untersuchungen sah das Gericht für die Bewertung 221  Lord Justice Slade in Luxmoore-May v Messenger May Baverstock, [1986 M No.  3823], [1990] 1 W.L.R. 1009, 1020 (F, G): „The valuation of pictures of which the artist is unknown, pre-eminently involves an exercise of opinion and judgment, most particularly in deciding whether an attribution to any particular artist should be made. Since it is not an exact science, the judgment in the very nature of things may be fallible, and may turn out to be wrong. Accor­ dingly, provided that the valuer has done his job honestly and with due diligence, I think that the court should be cautious before convicting him of professional negligence merely because he has failed to be the first to spot a ‚sleeper‘ or the potentiality of a ‚sleeper‘: […]“ Freie Übersetzung der Verfasserin: Die Bewertung von Bildern unbekannter Künstler bein­ haltet in erster Linie eine Anwendung von Meinungen und Urteilen, ganz besonders bei der Entscheidung, ob eine Zuschreibung an einen bestimmten Künstler gemacht werden sollte. Da dies keine exakte Wissenschaft ist, liegt es in der Natur der Sache, dass dieses Urteil fehlbar sein und sich als falsch erweisen kann. Dementsprechend, vorausgesetzt, der Experte hat sei­ nen Auftrag ehrlich und mit der gebotenen Sorgfalt ausgeführt, denke ich, dass das Gericht vorsichtig sein sollte, ihn wegen Vernachlässigung professioneller Pflichten zu verurteilen, nur, weil er es versäumt hat, der Erste zu sein, der einen „sleeper“ oder die Möglichkeit eines „sleeper“ erkennt. 222  Thwaytes v Sotheby’s, [2015] EWHC 36 (Ch), zitiert nach bailii.org, Ziffer 76. 223  Thwaytes v Sotheby’s, [2015] EWHC 36 (Ch), zitiert nach bailii.org, Ziffer 77. 224  Thwaytes v Sotheby’s, [2015] EWHC 36 (Ch), zitiert nach bailii.org, Ziffer 77. 225  Thwaytes v Sotheby’s, [2015] EWHC 36 (Ch), zitiert nach bailii.org, Ziffer 80 ff.

214

D. Das englische Recht

der Experten des Auktionshauses auch ohne weitere Absicherung eine tragfähige Grundlage.226 Im Ergebnis verneinte der High Court of Justice eine Pflicht des Auktions­ hauses zur Vornahme einer Spektralanalyse auch im Fall William Duke Coleridge 5th Baron of Coleridge of Ottery St. Mary v Sotheby’s, in dem es um die zeitliche Einordnung des Colliers des letzten Chief Justice of Common Pleas 227 ging.228 Ein Grund für die Zurückhaltung der Gerichte bei der Annahme von Sorgfalts­ pflichtverletzungen könnte auch in der Subjektivität der Zuschreibungen von Kunstwerken liegen.229 b) Die Bewertung des Kunstwerks unter dem Marktwert (Überbewertung) Überbewertungen des Auktionsgutes, vor allem bei Fälschungen, können Sorg­ faltspflichtverletzungen der Auktionshäuser darstellen. Der Verkäufer kann unter Umständen Regress bei dem jeweiligen Auktionshaus nehmen.230 Dadurch kann auch für das Auktionshaus mittelbar die Argumentation, dass der Käufer nicht auf die Beschreibung des Kunstwerks im Katalog vertraut habe, relevant wer­ den.231 Die Rechtsprechung der englischen Gerichte scheint diesen Aspekt auch bei Entscheidungen, die das Verhältnis zwischen Käufer und Verkäufer betreffen, wertend zu beachten. So thematisierte das Gericht im Fall Power v Barham 232 mögliche Auswirkungen auf den Kunstmarkt. Der Käufer erwarb von dem Be­ klagten vier Bilder, bezüglich derer sich später die Frage der Zuordnung stellte. Auf der Rechnung stand: „Four pictures, Viewes in Venice, Canaletto, 1601“. In der Entscheidung des Gerichts heißt es „I think that all the auctioneers in London would be alarmed if they thought that such words as these were to be understood as a warranty.“233 Die Haftung des Auktionshauses aufgrund von Sorgfaltspflichtverletzungen ist zudem kein spiegelbildliches Äquivalent zur Haftung des Verkäufers gegen­ über dem Käufer, weil sie verschuldensabhängig ist. Eine weitere Einschränkung Thwaytes v Sotheby’s, [2015] EWHC 36 (Ch), zitiert nach bailii.org, Ziffer 97 ff. Titel für den Direktor des Court of Common Pleas, der bis 1875 der zweithöchste engli­ sche common law court war. Zur Historie: William Duke Coleridge 5th Baron of Coleridge of Ottery St. Mary v Sotheby’s, [2012] EWHC 370 (Ch), 2012 WL 608706, zitiert nach bailii.org, Ziffer 5 ff. 228  [2012] EWHC 370 (Ch), 2012 WL 608706, zitiert nach bailii.org, Ziffer 101. 229  McKendrick, International Journal of Cultural Property 1990, 207, 209 f. 230  Parker v Fairbrother, [1853] 21 LTOS 128, ICR 323. 231  Davis/Ludham, N.L.J 2008, 1661, 1661. 232  Power v Barham, (1836) 4 Adolphus and Ellis 473. 233  Freie Übersetzung der Verfasserin: Ich glaube, dass alle Auktionatoren in London beun­ ruhigt wären, wenn sie dächten, dass Worte wie diese als Zusicherung zu verstehen seien. 226  227 

III. Gegenüberstellung der Rechtsbehelfe bzw. Rechte der Beteiligten

215

besteht bei Neubestimmungen: Für die Beurteilung der Sorgfaltspflichten kommt es, anders als im kaufvertraglichen Verhältnis, auf den Zeitpunkt des Vertrags­ schlusses bzw. der Vornahme der beanstandeten Handlung an.234

2. Rechtsbehelfe gegen den Käufer Aus tatsächlichen Gründen ist zweifelhaft, dass der Verkäufer gegen den Käufer vorgehen kann. Rechtsbehelfen auf der Grundlage der misrepresentation steht praktisch entgegen, dass es regelmäßig an einer Fehldarstellung von Tatsachen durch den Käufer fehlen dürfte. Die Konstellation des mistake dürfte spiegelbild­ lich zu einem Irrtum des Käufers zu beurteilen sein. Dem Verkäufer ist es daher grundsätzlich ebenso wenig möglich, sich auf einen mistake of facts zu berufen, wobei Ausnahmen nicht gänzlich ausgeschlossen scheinen.

3. Zusammenfassung der Rechtsstellung des Verkäufers Rechtsbehelfe des Verkäufers sind vorrangig gegen das Auktionshaus gerichtet. In gewissem Maße dient das Vorgehen des Verkäufers auch der Freihaltung von Schadensersatzansprüchen, die aus einer Haftung des Verkäufers auf der Basis des Kaufvertrags gegenüber dem Käufer folgen. Das Haftungssystem scheint hier aber nicht ganz kongruent, weil der Verkäufer selbst verschuldensunabhän­ gig haftet, für eine Haftung des Auktionshauses jedoch zumindest eine Sorgfalts­ pflichtverletzung erforderlich ist.

III. Gegenüberstellung der Rechtsbehelfe bzw. Rechte der Beteiligten Die Rechtsbehelfe der Beteiligten unterscheiden sich situationsabhängig.

1. Verschuldensunabhängige Rechtsbehelfe In Situationen, in denen es an einem Verschulden fehlt, sind Rechtsbehelfe nach englischem Recht für den Käufer auf der Grundlage des Kaufvertrags denkbar, für den Verkäufer aus faktischen Gründen nicht. Die Rechtsprechung schränkt die Ansprüche des Käufers aber durch das Erfordernis, dass er auf die Angaben des Verkäufers vertraut haben muss, wieder ein und führt so eine Veranlassungs­ 234  Luxmoore-May and Another v Messenger May Baverstock, [1986 M No.  3823], [1990] 1 W.L.R. 1009, 1020.

216

D. Das englische Recht

kontrolle ein. Dadurch ist es – jedenfalls für Kunsthändler – schwierig, sich als Käufer auf Rechtsbehelfe wegen eines Vertragsbruches zu berufen. Für Verbrau­ cher ist die Rechtslage günstiger. Sowohl Käufer als auch Verkäufer können sich abstrakt, in der Praxis des Kunsthandels aber wohl äußerst selten, auf einen Feh­ ler berufen. Im Auktionshandel kann der Käufer, sofern Verbraucher, unter Um­ ständen auch gegen das Auktionshaus vorgehen.

2. Rechtliche Lage bei Sorgfaltspflichtverletzungen Bei Sorgfaltspflichtverletzungen des Verkäufers oder des Auktionshauses kann der Käufer zusätzliche deliktisch begründete Rechtsbehelfe, vor allem gegen das Auktionshaus, geltend machen. Die rechtliche Lage kann sich für den Verkäufer im Auktionshandel verbessern, weil er gegebenenfalls gegen das Auktionshaus vorgehen kann.

3. Fristen Die englische Rechtsordnung sieht eine spezifische Ausübungsfrist für die Ver­ tragsaufhebung im Rahmen der Sachmängelgewährleistung vor. Daneben gelten die allgemeine Verjährungsfrist und Besonderheiten bei mistakes. a) Ausübungsfrist nach s.  35(4) Sale of Goods Act 1979 Sofern der Käufer Rechtsbehelfe auf der Grundlage des Sale of Goods Act 1979 geltend machen möchte, die auf Aufhebung des Vertrags gerichtet sind, gilt hier eine im Einzelfall zu bestimmende, angemessene Frist. b) Allgemeine Verjährungsfristen nach s.  5 Limitation Act 1980 Für kaufrechtliche Rechtsbehelfe als vertraglich begründete Rechte gilt die all­ gemeine Verjährungsfrist von sechs Jahren, beginnend mit dem Datum der Ent­ stehung des Anspruches.235 Auch für Rechtsbehelfe gegen den Vermittler, ins­ besondere das Aktionshaus auf deliktischer Grundlage gilt eine sechsjährige Verjährungsfrist, die grundsätzlich zum Zeitpunkt des anspruchsbegründenden Ereignisses beginnt.236

235  236 

s.  5 Limitation Act 1980. s.  2 Limitation Act 1980.

III. Gegenüberstellung der Rechtsbehelfe bzw. Rechte der Beteiligten

217

c) Möglichkeit der Verlängerung der Verjährungsfristen bei „mistake“ nach s.  32(1c) Limitation Act 1980 Eine Rückforderung von Leistungen, die ausgetauscht wurden, obwohl der Ver­ trag wegen eines mistake unwirksam war, ist ebenfalls grundsätzlich innerhalb von sechs Jahren möglich. Die Frist beginnt erst mit der Kenntnis von dem Irr­ tum bzw. zu dem Zeitpunkt, zu dem der Irrtum unter Anwendung einer angemes­ senen Sorgfalt erkennbar war.237 Dadurch sind deutlich längere Fristen denkbar. So lag es beispielsweise im Fall Peco Arts v Hazlitt Gallery,238 in dem sich erst elfeinhalb Jahren nach dem Kauf zeigte, dass die erworbene Zeichnung eine Re­ produktion war. In Anbetracht des langen Zeitraums bis zur Entdeckung der ­Reproduktion war unter rechtlichen Gesichtspunkten unter die Bestimmungen im Limitation Act 1980 zu subsumieren. Die Klägerin berief sich auf eine Aus­ nahmevorschrift im Limitation Act 1980, nach der bei einem mistake die Verjäh­ rungsfrist erst dann zu laufen beginnt, wenn der mistake entdeckt wird oder mit­ tels einer reasonable diligence, also unter Anwendung einer angemessenen Sorg­ falt, erkennbar war. Die Parteien kamen überein, dass das Gericht über folgende Fragen zu entscheiden habe: Erstens war festzustellen, ob die Klägerin den Feh­ ler innerhalb der ordentlichen Verjährungsfrist von sechs Jahren nicht erkannt hat. Zweitens sollte das Gericht entscheiden, ob die Klägerin unter Anwendung der zumutbaren Sorgfalt zu irgendeinem mindestens sechs Jahre vor der Klage­ erhebung liegenden Zeitpunkt hätte entdecken können, dass es sich bei der Zeichnung um eine Reproduktion handelte. Das Gericht verneinte beides und machte deutlich, dass Sorgfaltspflichten vom Einzelfall abhängig seien. Dem Be­ klagtenvortrag, nach dem im Kunsthandel der Käufer das erworbene Kunstwerk stets zu untersuchen habe, folgte es nicht. Der Einschlägigkeit der das Gericht grundsätzlich bindenden Entscheidung im Fall Leaf v International Galleries stehe entgegen, dass das Gericht in diesem Fall lediglich über begrenzte Fragen zu entscheiden habe.

237 

s.  32(1c) Limitation Act 1980. [1982 P. No.  1223] E.M.W., [1983] All E.R. 193 = [1983] 1 W.L.R. 1315. Zum Sach­ verhalt siehe D.I.1.g)bb). 238 

E. Rechtsvergleichende Betrachtung und mögliche Schlussfolgerungen für die deutsche Rechtsordnung Die Untersuchung der Rechtsordnungen hat gezeigt, dass in allen drei Ländern unterschiedliche Lösungen präferiert werden. Im Folgenden werden zunächst die Ergebnisse zusammengefasst (dazu unter I.) und dann Schlussfolgerungen für die deutsche Rechtsordnung gezogen (dazu unter II.).

I. Rechtsvergleichende Betrachtung der Ergebnisse der Länderberichte Für den ergebnisorientierten Teil des Rechtsvergleiches wird zunächst die Rechtslage für die Konstellation verglichen, in der keine der Parteien die Fehl­ vorstellung über die Authentizität verschuldet hat. Im Anschluss betrifft der Ver­ gleich die Rechtslage beim Verstoß gegen Sorgfaltspflichten durch eine der Par­ teien, insbesondere den Verkäufer bzw. den Vermittler, oftmals das Auktions­ haus. Es folgt eine Gegenüberstellung der Lösungsmodelle der Rechtsordnungen in Bezug auf die spezifischen Probleme des Kunsthandels und eine Bewertung der englischen und französischen Modelle in der Gesamtschau.

1. Verschuldensunabhängige Rechtsbehelfe der Beteiligten In Situationen, in denen es nicht um Sorgfaltspflichtverletzungen geht, können sich nach einigen der untersuchten Rechtsordnungen die Rechtsbehelfe unter­ scheiden – je nachdem, ob der Käufer Verbraucher oder professionell am Kunst­ handel Beteiligter ist. Im umgekehrten Fall geht es um die Rechtsbehelfe des Verkäufers nach den untersuchten Rechtsordnungen. a) Situation: Käufer ist Verbraucher Verbrauchern stehen nach allen drei Rechtsordnungen im Kunsthandel Rechts­ behelfe zu, mit denen sie sich vom Kaufvertrag lösen können, wenn sich heraus­ stellt, dass das fragliche Kunstwerk nicht authentisch ist. Die Rechtsordnungen unterscheiden sich aber deutlich in Bezug auf die Ausübungsfristen.

220

E. Rechtsvergleichende Betrachtung und mögliche Schlussfolgerungen

Nach der deutschen Rechtsordnung ist die Rechtslage für den Verbraucher am ungünstigsten. Es gilt eine zweijährige Frist, beginnend mit der Übergabe des Kunstwerks; zudem kann die Gewährleistung für unverschuldete Mängel, zu de­ nen nach deutschem Verständnis auch die fehlende Authentizität eines Kunst­ werks gehört, gänzlich ausgeschlossen werden. Das französische Recht hingegen gewährt dem Käufer eine kenntnisabhängi­ ge fünfjährige Ausübungsfrist; umstritten ist allerdings, ob zudem eine absolute Ausübungsfrist von zehn Jahren einzuhalten ist. Nach der englischen Rechtsordnung sind Gewährleistungsrechte sechs Jahre ausübbar; Einschränkungen können aufgrund des englischen Verständnisses von der Vertragstreue gelten, wenn der Käufer statt Schadensersatz die Vertragsauf­ hebung fordert. Dies folgt aus s.  35(4) Sale of Goods Act 1979, der verlangt, dass die Vertragsaufhebung innerhalb einer angemessenen, im Einzelfall zu bestim­ menden Frist geltend gemacht wird. Nach der Untersuchung gilt diese Frist auch für Rechtsbehelfe wegen einer misrepresentation, sofern diese auf Aufhebung des Vertrags gerichtet sind. In dem praktisch kaum vorkommenden Fall des ­mistake ist die sechsjährige Frist kenntnisabhängig und dadurch relativ. Diese Rechtsbehelfe sind statt der Gewährleistung möglich und deutlich länger ausüb­ bar, wenn der seltene Fall eines relevanten Irrtums vorliegt. Nur nach deutschem Recht sind die Rechtsbehelfe des Käufers damit er­ schöpft. Da der Vermittler in der Regel zugleich der Verkäufer des Kunstwerks ist, erstreckt sich die Sperrwirkung der Sachmängelgewährleistung nicht nur auf die Irrtumsanfechtung, sondern auch auf andere mögliche Rechtsbehelfe auf der Grundlage der Vermittlungstätigkeit. In Bezug auf verschuldensunabhängige Ansprüche sind die Auswirkungen aber gering, weil die anderen in Betracht kommenden Rechtsbehelfe nach deutschem Recht ein zumindest fahrlässiges Verhalten des Anspruchsgegners erfordern (culpa in contrahendo, Deliktsrecht, Rechtsbehelfe wegen arglistiger Täuschung). Die französische und die englische Rechtsordnung sehen neben den Rechts­ behelfen gegen den Verkäufer weitere Rechtsbehelfe gegen den Vermittler vor, die unabhängig von dessen Verschulden sind. Die Fristen für die Ausübung un­ terscheiden sich von jenen für die Ausübung von Rechtsbehelfen gegen den Ver­ käufer. Nach französischem Recht sind die Fristen auf fünf Jahre verkürzt, wenn der Käufer gegen den Vermittler vorgeht. Die englische Rechtsordnung gewährt dem Verbraucher eine – ebenfalls absolute – Frist von sechs Jahren. b) Situation: Käufer ist professionell am Kunsthandel beteiligt Die Professionalität eines Käufers kann nach allen drei Rechtsordnungen zu Ein­ schränkungen der Rechtsbehelfe des Käufers führen.

I. Rechtsvergleichende Betrachtung der Ergebnisse der Länderberichte

221

Die französische und die deutsche Rechtsordnung behandeln den professionel­ len Käufer allerdings weitestgehend ebenso wie Verbraucher, wobei nach franzö­ sischem Recht infolge des Veranlassungsprinzips beim Irrtum Einschränkungen theoretisch möglich sind. Die Entwicklung der neueren französischen Rechtspre­ chung deutet jedoch auf eine großzügige Behandlung professioneller Käufer hin. Die Professionalität des Käufers kann auch im Rahmen der Sachmängel­ gewährleistung des deutschen Rechts Bedeutung erlangen, nämlich bei der Ab­ grenzung zum Risikogeschäft. Weiter können die Gewährleistungsrechte profes­ sioneller Käufer nach deutschen Recht im Einzelfall nach §  377 Abs.  2 HGB ausgeschlossen sein, wenn der Käufer das Kunstwerk nicht untersucht und so durch das Versäumen einer rechtzeitigen Rüge seine Obliegenheit verletzt, was zum Anspruchsausschluss führt. Das englische Recht ist gegenüber Kunsthändlern strenger. Ein professioneller Käufer kann sich nach umstrittener Ansicht allenfalls in Ausnahmefällen auf Rechtsbehelfe der Sachmängelgewährleistung oder wegen eines mistake beru­ fen, die Ausübung ist dann aber sechs Jahre lang möglich; beim mistake beginnt diese Frist erst in Abhängigkeit von der Kenntnis. c) Verkäufer Der Verkäufer kann (theoretisch) nach deutschem, französischem und englischem Recht anfechten. Nach der deutschen und der französischen Rechtsordnung ist weitestgehend gefestigt, dass die Irrtumsanfechtung des Verkäufers beim Kauf von Kunstwerken zulässig ist. Nach englischem Recht kann der Verkäufer theoretisch wohl auf der Grund­ lage des mistake vorgehen, es fehlt aber an Präzedenzfällen für den Kunsthandel. Rechtsbehelfe wegen einer misrepresentation dürften aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten im Kunsthandel eher nicht in Betracht kommen. Die untersuchten Rechtsordnungen sehen unterschiedliche Fristen vor. Das deutsche Recht ist am strengsten: Die Anfechtung ist unverzüglich zu erklären. Es gilt zudem eine absolute Ausschlussfrist von zehn Jahren, beginnend mit der Abgabe der Willenserklärung. Nach französischem und englischem Recht gelten dieselben Fristen wie für den Käufer, also fünf (französisches Recht) oder sechs Jahre (englisches Recht); die Unverzüglichkeit der Anfechtungserklärung wird nicht verlangt.

2. Rechtliche Lage bei (arglistigen) Sorgfaltspflichtverletzungen Bei Sorgfaltspflichtverletzungen des Vermittlers stehen Käufern und Verkäufern nach allen untersuchten Rechtsordnungen weitere Rechtsbehelfe zu.

222

E. Rechtsvergleichende Betrachtung und mögliche Schlussfolgerungen

a) Richtlinie für die Bestimmung des Inhalts von Sorgfaltspflichten In rechtsvergleichender Betrachtung kristallisiert sich für den international aus­ gerichteten Kunstmarkt eine einheitliche Richtlinie für die Bestimmung des In­ halts der Sorgfaltspflichten heraus. Danach steigen die Anforderungen an die Sorgfalt der Vermittler zunehmend mit der Professionalität der Vermittler, insbe­ sondere der Auktionshäuser. Das führt dazu, dass in der Praxis den beiden füh­ renden Auktionshäusern Sotheby’s und Christie’s die weitreichendsten Sorgfalts­ pflichten abzuverlangen sind. Dennoch offenbart das vorhandene Entscheidungs­ material aller drei Länder, dass die Gerichte sehr zurückhaltend bei der Annahme und Ausgestaltung von Sorgfaltspflichten im Kunsthandel sind. Dies mag darin begründet sein, dass Zuordnungen subjektiv geprägt sind. Zudem sind techni­ sche Untersuchungen kostspielig und aufgrund der hohen Auslastung der Unter­ suchungszentren zeitintensiv. Bei kleineren, regionalen Auktionshäusern sind die Sorgfaltsanforderungen angesichts der überwiegend generalisierten Ausrich­ tung großzügiger. b) Änderungen der Rechtslage bei (arglistigen) Sorgfaltspflichtverletzungen im Vergleich zur Rechtslage in Fällen, in denen unverschuldete Fehlvorstellungen von der Authentizität vorliegen Arglistige Sorgfaltspflichtverletzungen führen nur nach deutschem Recht zu sig­ nifikanten Änderungen der Rechtslage; nach französischem und englischem Recht sind die Auswirkungen von Sorgfaltsverletzungen eher begrenzt. Nach deutschem Recht kann der Käufer bei Sorgfaltspflichtverletzungen, die arglistig begangen wurden, binnen drei Jahren – beginnend mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist – die Gewährleistungsrechte ausüben. Die Verjährungsfristen verlängern sich so. Für Kunsthändler gilt die Erleichte­ rung in §  377 Abs.  5 HGB, nach der die Rügeobliegenheit bei Arglist entfällt. Die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung ist in einer absoluten Frist von zehn Jahren möglich, §  124 Abs.  3 BGB; die relative Frist beträgt ein Jahr ab der Ent­ deckung der Täuschung, §  124 Abs.  2 BGB. Nach französischem Recht ergeben sich für den Käufer allenfalls Unterschie­ de in der Rechtsfolge; der Käufer kann bei Vorliegen der Voraussetzungen in Art.  1137 Cciv. gegebenenfalls auch Schadensersatz verlangen. Der Verkäufer kann jedoch zusätzlich binnen einer Fünfjahresfrist gegen den Vermittler vorge­ hen. Entsprechendes gilt für das englische Recht. Die Ausübungsfrist beträgt hier sechs Jahre; sie kann unbefristet sein, wenn der Vermittler betrügerisch handelte.

I. Rechtsvergleichende Betrachtung der Ergebnisse der Länderberichte

223

3. Risikoverteilung in Bezug auf Informationen im Versteigerungskatalog, Zweifel an der Authentizität, Neubestimmungen und Aufklärungspflichten Die untersuchten Rechtsordnungen gehen zudem unterschiedlich mit der Risiko­ verteilung bei den im Kunsthandel auftauchenden Problemen – der Haftung für Informationen im Versteigerungskatalog, Zweifeln an der Authentizität, Neube­ stimmungen und Aufklärungspflichten – um. a) Die Behandlung von Informationen zu den Kunstwerken in Auktionskatalogen Die Haftung für Informationen über Kunstwerke in Versteigerungskatalogen ist in den untersuchten Rechtsordnungen unterschiedlich ausgestaltet und geht im französischen Recht am weitesten. In der deutschen Diskussion ist die Rechtslage umstritten. Die neuere Recht­ sprechung des Bundesgerichtshofs deutet darauf hin, dass Auktionshäuser auf der Grundlage der Sachmängelgewährleistung dem Grunde nach haften. Diese Haftung ist aber angesichts der weitreichenden Wirksamkeit von Gewährleis­ tungsausschlüssen von sehr eingeschränkter praktischer Relevanz. Auktionshäuser haften im Grundsatz nach der französischen und der engli­ schen Rechtsordnung für die Informationen, die in Versteigerungskatalogen ver­ breitet werden, sofern der Käufer ein Verbraucher ist. Nach der Untersuchung gilt dieser Grundsatz in Frankreich angesichts einer neueren Entwicklung in der Rechtsprechung auch für professionelle Käufer. Nach englischem Recht werden die Informationen im Versteigerungskatalog unter verbraucherschützenden Ge­ sichtspunkten relevant. Für den professionellen Käufer ist es nach englischem Recht sehr schwierig, Rechtsbehelfe gelten zu machen. b) Die Behandlung von Zweifeln an der Authentizität In Bezug auf die Behandlung von Zweifeln an der Authentizität besteht für das deutsche Recht aufgrund von Rechtsunsicherheiten noch Entwicklungspoten­ zial. Angesichts fehlender Vorgaben der Rechtsprechung ist nach deutschem Recht die Behandlung von Zweifeln an der Authentizität umstritten und kolli­ diert mit prozessrechtlichen Beweisgrundsätzen. Demgegenüber bieten die englische und die französische Rechtsordnung dem Käufer bei berechtigten, hinreichend verdichteten Zweifeln die Möglichkeit, Rechtsbehelfe auszuüben und – jedenfalls anteilig – Ersatz zu verlangen. Die französische Rechtsprechung lässt die Irrtumsanfechtung auch bei berech­ tigten Zweifeln an der Authentizität zu, wenn ein Konsens hinsichtlich der Zu­ schreibung nicht etabliert werden kann.

224

E. Rechtsvergleichende Betrachtung und mögliche Schlussfolgerungen

Die englische Rechtsordnung verschiebt die Thematik ins Prozessrecht und hat so die Möglichkeit, eine Wahrscheinlichkeitsabwägung vorzunehmen. Bei einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit, dass die Herkunfsannahme unzutref­ fend ist, sind grundsätzlich Rechtsbehelfe möglich, und der Käufer kann (antei­ lig) Ersatz verlangen. c) Die Behandlung von Neubestimmungen infolge neuerer Forschungsergebnisse Probleme bereitet in allen untersuchten Rechtsordnungen die Frage, ob Neube­ stimmungen Rechtsbehelfe seitens des Käufers oder des Verkäufers begründen können. Die deutsche Rechtslage ist auch in diesem Punkt umstritten, ohne dass eine eindeutige Tendenz erkennbar ist. Eine gefestigte Rechtslage besteht in Frankreich. Die französische Rechtsord­ nung lässt Rechtsbehelfe der Beteiligten immer dann zu, wenn sich der beim Kauf angenommene Sicherheitsgrad der Zuordnung des Kunstwerks nachträg­ lich als unzutreffend erweist. Dies gilt auch, wenn Neubestimmungen erst auf­ grund späterer Forschungsergebnisse möglich werden. Einschränkungen erge­ ben sich jedoch für Rechtsbehelfe im Verhältnis zwischen Verkäufer und Ver­ mittler; dort ist entscheidend, ob der Vermittler schuldhaft gehandelt hat, sodass bei nachträglichen Erkenntnissen keine Einstandspflicht besteht. Die Rechtslage ist in dieser Frage nach englischem Recht nicht ganz klar. An­ gesichts der Verschuldensabhängigkeit der Haftung des Auktionshauses gegen­ über dem Verkäufer sind jedenfalls in diesem Verhältnis bei Neubestimmung aufgrund neuerer Erkenntnisse Rechtsbehelfe eher nicht wahrscheinlich. d) Aufklärungspflichten Nach allen drei Rechtsordnungen besteht die Pflicht, über bestehende Zweifel an der Authentizität aufzuklären, die durch die Umsetzung der Verbraucherrechte­ richtlinie 2011/83/EU noch stärker gesetzlich verankert werden könnte. Wäh­ rend es sich nach deutschem Recht um eine Problematik der Sorgfalts- bzw. ­Aufklärungspflichten handelt, ist diese Frage nach französischem Verständnis der Interpretation der Informationen über Kunstwerke zuzuordnen und somit ­Gegenstand des Dekrets vom 3. März 1981. Der Weg der englischen Rechtsord­ nung führt über die Sorgfaltspflichten der Auktionshäuser und den Verbraucher­ schutz.

I. Rechtsvergleichende Betrachtung der Ergebnisse der Länderberichte

225

4. Auseinandersetzung mit den Lösungen der englischen und der französischen Rechtsordnung Die Untersuchung zeigt mit der englischen und der französischen Rechtsordnung zwei verschiedene Lösungsmodelle, die sich in der Rechtsstellung des Käufers, nicht des Verkäufers, unterscheiden. Nach französischem Recht sind die Vorschriften über die Irrtumsanfechtung und die des kunsthandelsspezifischen Dekrets vom 3. März 1981 einschlägig. Das englische Recht hingegen konzentriert sich in der Praxis des Kunsthandels auf die Sachmängelgewährleistung und den Verbraucherschutz, lässt aber mit der misrepresentation und dem mistake mit der Irrtumsanfechtung jedenfalls grund­ sätzlich vergleichbare Rechtsbehelfe zu. Die hohen Anforderungen insbesondere an den mistake of facts lassen diesen Ansatz allerdings in der Praxis zurücktreten. Die Wege der untersuchten ausländischen Rechtsordnungen scheinen ein aus­ gewogeneres Gleichgewicht zwischen den Rechten der Beteiligten herzustellen als die deutsche Rechtsordnung. In der französischen Rechtsordnung wird dies besonders deutlich, da beiden Beteiligten mit der Irrtumsanfechtung derselbe Rechtsbehelf zusteht; das bedeutet auch, dass dieselben Voraussetzungen und Fristenregelungen Anwendung finden. Das englische Recht begünstigt im Rechts­ verhältnis der Parteien des Kaufvertrags den Käufer, sofern dieser Verbraucher ist. Dies scheint hinnehmbar, weil der Verbraucherschutz einen sach­lichen Grund für eine Differenzierung bietet. Zudem beruht die Einstandspflicht der Beteilig­ ten auf der Verkäuferseite häufig auf fehlerhaften Darstellungen – insbesondere im Auktionskatalog –, sodass die Besserstellung des Käufers auch aufgrund der Steuerungsmöglichkeiten der Verkäuferseite angemessen erscheint. Umgekehrt stünden dem Verkäufer in dem wohl eher theoretischen Fall, dass der Käufer unzutreffende Darstellungen zu dem in Rede stehenden Kunstwerk macht, Rechts­ behelfe auf der Grundlage der misrepresentation zu. Hinzu kommt, dass nach beiden Rechtsordnungen weitere Differenzierungen im Einzelfall möglich sind. Das französische Recht hat über den Weg des Berei­ cherungsrechts die Möglichkeit, auch die Bemühungen einer Partei, die zu neu­ eren Erkenntnissen und gegebenenfalls der Etablierung von Neubestimmungen geführt haben, bei der Anspruchshöhe zu berücksichtigen. Funktional ähnlich führt die Lösung des englischen Rechts über den Weg des mistake ebenfalls dazu, dass der Vertrag beseitigt und eine Rückabwicklung durchgeführt werden kann. Darüber hinaus ermöglicht auch die Wahrscheinlich­ keitsabwägung nach englischem Recht eine Differenzierung in der Anspruchs­ höhe.

226

E. Rechtsvergleichende Betrachtung und mögliche Schlussfolgerungen

II. Erkenntnisse zur Vermeidung eines unangemessenen Ungleichgewichts zwischen den am Kauf von Kunstwerken Beteiligten in der deutschen Rechtsordnung Die Ergebnisse der Untersuchung der französischen und der englischen Rechts­ ordnung offenbaren unterschiedliche Gesichtspunkte, die in Reformüberlegun­ gen zum deutschen Recht hineinwirken könnten. Es bietet sich vor dem Hinter­ grund von Wertungsunterschieden an, für die weiteren Erwägungen nach der Eigenschaft des Käufers zu differenzieren (Verbraucher und professioneller Käu­ fer bzw. Kunsthändler).

1. Situation: Käufer ist Verbraucher Der Verbraucher, der ein Kunstwerk erwirbt, könnte rechtlich bessergestellt wer­ den durch die Verlängerung der Verjährungsfristen im Bereich der Sachmängel­ gewährleistung und durch eine Einschränkung der Zulässigkeit der Anfechtung des Verkäufers (Umsetzung des englischen Lösungsmodells). Alternativ könnte ein Gleichgewicht der Rechte hergestellt werden, indem die Irrtumsanfechtung des Käufers für den Kunsthandel zugelassen wird (Umsetzung des französischen Lösungsmodells). a) Erste Möglichkeit: Verlängerung der kaufrechtlichen Verjährungsfristen für den Kunsthandel Die Verjährungsfristen könnten für den Kunsthandel rechtstechnisch über zwei Wege verlängert werden: Eine Möglichkeit ist die Begründung einer zusätz­ lichen Fallgruppe im Rahmen von §  242 BGB für den Kunsthandel, nach der sich der Verkäufer nicht auf die Verjährung berufen kann. Die andere Option ist eine gesetzgeberische Verlängerung der kaufrechtlichen Verjährungsfrist für Rechts­ behelfe im Bereich des Kunsthandels. aa) Nach geltendem Recht: Einwand des §  242 BGB Denkbar ist, dem Verkäufer die Berufung auf die Verjährung zu versagen. Im Ruisdael-Fall trug die Revision vor, dass es in dem Fall, in dem beide Par­ teien von einer bestimmten Zuschreibung ausgehen, §  242 BGB widerspreche, wenn die eine Partei die andere beim Fehlen dieser Eigenschaft am Vertrag fest­ halten wolle. Das Reichsgericht wertete diesen Vortrag als Ansinnen einer Kor­ rektur der Rechtslage, durch die der Verkäufer über Umwege (wieder) für den Mangel haftbar gemacht werde und die dem gesetzgeberischen Willen widerstre­

II. Erkenntnisse zur Vermeidung eines unangemessenen Ungleichgewichts

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be.1 Dieser Einwand könnte auch nach geltendem Recht zum Tragen kommen, da der Verjährung weiterhin der Gedanke innewohnt, dass nach Ablauf einer bestimmten Frist Rechtsfrieden eintreten soll. Nach geltendem Recht stellt sich zudem ein gesetzessystematisches Problem. Nach §  438 Abs.  3 BGB kommt die spezielle kaufrechtliche Verjährungsfrist nicht zur Anwendung, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschweigt; es gilt stattdessen die regelmäßige Verjährungsfrist. Dies könnte als Ausdruck einer gesetzgeberischen Intention gewertet werden, nach der die dort aufgezählten Ausnahmen von der speziellen kaufrechtlichen Verjährungsfrist abschließend sein sollen. Es bliebe dann nur die Möglichkeit, dass der Verkäufer freiwillig auf die Einrede der Verjährung verzichtet.2 Sogar für den sensiblen Bereich der Rückforderung des in der NS-Zeit verfolgungsbedingt entzogenen Kulturguts konnte sich in der Rechtsprechung keine besondere Fallgruppe von §  242 BGB etablieren.3 In Bezug auf einen Rechtsbrauch, nach dem Auktionshäuser Fälschungen zu­ rücknehmen – und den das Reichsgericht im Ruisdael-Fall ebenfalls ablehnte – dürfte der Käufer auch aktuell mit Nachweisschwierigkeiten belastet sein; soweit ersichtlich, regeln die größeren Auktionshäuser diese Frage in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen explizit, sodass teilweise vertragliches Sonderrecht gilt. In der Praxis scheint es üblich, dass aus Kulanz und mit Blick auf den guten Ruf Fälschungen zurückgenommen werden. Die Fälle fehlerhafter Zuordnungen sind hiervon allerdings nicht erfasst. bb) Verlängerung der Verjährungsfrist durch eine Gesetzesänderung Die zweite Möglichkeit, nämlich die Verjährungsfrist für den Kauf von Kunst­ werken kraft einer Gesetzesänderung zu verlängern, kann dem Käufer nur be­ grenzt helfen. Im Kunsthandel kommt es immer wieder vor, dass sich Zu- und Abschreibungen erst nach sehr vielen Jahren ändern. Dies belegt das vorhandene Entscheidungsmaterial, insbesondere aus Frankreich, wo Rückabwicklungsver­ langen die Gerichte häufig erst viele Jahre nach dem ursprünglichen Kauf be­ schäftigen. Der Struktur des deutschen Rechts nach gelten für die Verjährung 1 

RG, Urt. v. 11.3. 1932 – II 307/31 = RGZ 135, 339, 346. dürfte in der Praxis sehr selten der Fall sein. Ein atypisches Beispiel, welches im historischen Kontext zu sehen ist, ist der Rechtsstreit des Erben von Dr. Sachs, der die Heraus­ gabe von Teilen der 1938 NS-verfolgungsbedingt entzogenen Plakatsammlung vom Land Ber­ lin forderte. Hier verzichtete das Land Berlin auf die Einrede der Verjährung. BGH, Urt. v. 16.3.2012 – V ZR 279/10 = NJW 2012, 1796. 3  BR-Drucks. 2/14 v. 7.1.2014, Entwurf eines Gesetzes zum Ausschluss der Verjährung von Herausgabeansprüchen bei abhanden gekommenen Sachen, insbesondere bei in der NSZeit entzogenem Kulturgut (Kulturgut-Rückgewähr-Gesetz, KGR), S.  5. 2  Dies

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E. Rechtsvergleichende Betrachtung und mögliche Schlussfolgerungen

jedoch absolute Fristen. Vor diesem Hintergrund könnte eine moderate Verlänge­ rung der kaufrechtlichen Verjährungsregelungen für den Bereich des Kunsthan­ dels das vorhandene Ungleichgewicht zulasten des Käufers allenfalls abmildern. Für eine Gleichstellung mit dem Verkäufer wäre eine weitreichende Verlänge­ rung der Verjährungsfrist auf zehn Jahre erforderlich, weil auch für die Anfech­ tung des Verkäufers eine maximal zehnjährige Frist gilt, §  121 Abs.  2 BGB. cc) Hinweise auf entgegenstehenden gesetzgeberischen Willen Problematisch ist zudem, dass der Gesetzgeber eine Bereichsausnahme für den Kunsthandel in Bezug auf die Verjährung von Herausgabeansprüchen in der Ge­ setzesbegründung zur Modernisierung des Schuldrechts explizit abgelehnt hat.4 Dies spricht dafür, dass der Gesetzgeber im Bereich der Verjährung Kunstwerke im Allgemeinen anderen beweglichen Sachen gleichstellen wollte. Auch im Kaufrecht existiert nach geltendem Recht keine Bereichsausnahme für den Kunsthandel. Ein Wandel dieser Haltung ist auch in der neueren Diskussion nicht ersicht­ lich. Anlässlich des Falls Gurlitt gab es eine Gesetzesinitiative des Freistaats Bayern für ein Kulturgut-Rückgewähr-Gesetz,5 welches vorsah, den Einwand der Verjährung – jedenfalls partiell – auszuschließen. Die Initiative ist aber vor dem Hintergrund der Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes zu sehen und bezog sich sachlich auf Situationen, in denen der Besitzer beim Besitzerwerb bösgläubig war.6 Im Umkehrschluss lässt sich daraus ableiten, dass aus gesetzgeberischer Sicht für den (allgemeinen) Kunsthandel nach wie 4  BT-Drucks. 14/7052, S.  179: „Der Ausschuss ist der Frage nachgegangen, ob Herausga­ beansprüche (auch) bei beweglichen Sachen unverjährbar sein sollen, wie dies im Schrifttum teilweise gefordert wird (z. B. Siehr, ZRP 2001, 346). Er hat sich mit der Bundesregierung da­ gegen entschieden. Die auch im bisherigen Recht schon neben der Ersitzung bestehende Ver­ jährung des Herausgabeanspruchs erscheint im Interesse des Rechtsverkehrs und des Rechts­ friedens notwendig. Nach einer bestimmten Zeit soll die Ungewissheit über das Bestehen und die Durchsetzbarkeit eines Anspruchs beendet sein. […] Erst nach Ablauf der Verjährung kann auch der gutgläubige Erwerber sicher sein, dass ihm niemand mehr seine Rechte streitig macht. Dies gilt auch und gerade bei Kunstwerken. Gerade bei wertvollen Kunstwerken ist auch der gutgläubige Erwerber der Gefahr ausgesetzt, dass ihm böser Glaube vorgehalten und sein (wirksamer) Erwerb streitig gemacht wird.“ Anders ist dies nach schweizerischem Recht (Siehr, in: Kunst im Markt – Kunst im Recht, S.  145, 146). Dort gilt eine besondere Verjährungs­ regelung für Kulturgüter, die relativ ein Jahr, absolut 30 Jahre beträgt, Art.  210 S.  3 OR. 5  BR-Drucks. 2/14 v. 7.1.2014. 6  BR-Drucks. 2/14 v. 7.1.2014, siehe insbesondere den Gesetzesantrag des Freistaats Bayern, S.  2 u. den Entwurf eines Gesetzes zum Ausschluss der Verjährung von Herausgabe­ ansprüchen bei abhanden gekommenen Sachen, insbesondere bei in der NS-Zeit entzogenem Kulturgut (Kulturgut-Rückgewähr-Gesetz, KGR), S.  1, Artikel 1 Nr.  1 a).

II. Erkenntnisse zur Vermeidung eines unangemessenen Ungleichgewichts

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vor keine Besonderheiten hinsichtlich der Verjährung gelten sollen. Der Vor­ schlag setzte zudem wertungsmäßig am sorgfaltswidrigen Verhalten an; bei feh­ lerhaften Zuordnungen von Kunstwerken geht es darum aber eher selten. dd) Einschränkung der Zulässigkeit der Irrtumsanfechtung des Verkäufers Ein Gleichgewicht der Rechte der Beteiligten könnte zudem auch hergestellt werden, indem die Anfechtungsmöglichkeit des Verkäufers beschränkt würde. Auch eine etwaige Verlängerung der Verjährungsfrist kann nur dann ein Gleich­ gewicht herstellen, wenn der Verkäufer nicht länger als der Käufer anfechten kann. Einschränkungen der Irrtumsanfechtung sind unter Risikoverteilungs­ gesichtspunkten denkbar. Dogmatisch bestehen hierfür unterschiedliche An­ knüpfungspunkte.7 (1) Rechtsprechung Die Rechtsprechung lässt nicht klar erkennen, wann Beschränkungen der Rechte des Verkäufers geboten sind. Die deutlichste Begründung zur Rechtfertigung ei­ nes Ausschlusses bzw. einer Beschränkung des Anfechtungsrechts des Verkäu­ fers lieferte das Oberlandesgericht München im Cranach-Fall. Denn es sieht die Irrtumsanfechtung des Verkäufers als Spiegelbild zu den Sachmängelgewähr­ leistungsrechten des Käufers und meint, dass beide Seiten sich nicht vom Kauf­ vertrag lösen könnten. Es sei im Kunsthandel ein gewöhnlicher Vorgang, dass ein gewerblicher Verkäufer Kunstgegenstände erwerbe, um sie später zu einem deut­ lich höheren Preis weiterzuveräußern. Zu dieser Konstellation heißt es in dem Urteil: „Dahinter findet niemand etwas Unrechtes, und der Verkäufer würde nirgends mit einer Beru­ fung auf §§  119 oder 138 BGB gehört werden, Bestimmungen, die doch zweifelslos formell dem Verkäufer insoweit zur Seite stehen, als er, wenn er gewußt hätte, daß ein solches Kunst­ werk vorläge, sich sicherlich auf den konkreten Verkauf nicht eingelassen hätte, also der Ur­ sprung des Kunstgegenstandes für ihn durchaus verkehrswesentlich war. Dies würde, wenn es richtig wäre, beispielsweise auch hier dem Verkäufer zugute kommen müssen, falls sich her­ ausstellte, daß die verkaufte Zeichnung nicht von Cranach, sondern von Holbein oder gar von Dürer stammt; damit würde aber der Kunsthandel, wenigstens nach der Richtung der Neube­ stimmung von Kunstwerken, von selbst aufhören.“8

7  Denkbar ist vor allem, Risikoerwägungen im Rahmen des Irrtums, der Eigenschaft, der Kausalität oder der Verkehrswesentlichkeit anzustellen. 8  OLG München, Urt. v. 1.12.1909 – BerR. 306/09 I = SeuffA 65 (1910) Nr.  90, 181, 183. Siehe auch A.I.1.b).

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E. Rechtsvergleichende Betrachtung und mögliche Schlussfolgerungen

(2) Argumente im Schrifttum Im Schrifttum zeigt sich – eher vereinzelt – die Tendenz, dem Verkäufer im Falle eines Eigenschaftsirrtums generell kein Anfechtungsrecht zuzugestehen.9 Zur Begründung wird angeführt, dass der Nachteil des Verkäufers lediglich im Erhalt eines geringeren Kaufpreises bestehe.10 Parallel zu den für den Verkäufer nach­ teiligen Entscheidungen der Rechtsprechung scheint die Situation des Verkäufers mit dem Irrtum über den Wert der Sache gleichgesetzt zu werden. Für den Kunst­ handel wird in Anbetracht der Unsicherheit von Zuschreibungen zudem auf das aleatorische Moment abgestellt.11 Dahinter steht die Erwägung, der Verkäufer habe ein – wohl zumindest latentes – Bewusstsein dahingehend, dass es sich um ein höherwertiges Kunstwerk handeln könnte. Nach dieser Ansicht hat der Ver­ käufer im Kunsthandel kein Anfechtungsrecht. Demgegenüber lässt ein anderer, größerer Teil des Schrifttums grundsätzlich die Irrtumsanfechtung des Verkäufers zu,12 schränkt sie aber in bestimmten Fäl­ len wieder ein. Eine Fallgruppenbildung deutet sich hier allenfalls an. Es handelt sich eher um die Zusammentragung von Fallgruppen, in denen eine Anfechtung durch den Verkäufer im Kunsthandel nicht in Betracht kommt. Als gemeinsamer Nenner kristallisiert sich heraus: Entscheidend für die Beurteilung der Anfech­ tungsmöglichkeit ist das eingegangene Vertragsrisiko der jeweiligen Partei, das auch unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Aspekte ermittelt werden kann.13 Ausgangspunkt dieser Ansätze ist eine kritische Betrachtung der Rechtspre­ chung zu Fehlvorstellungen über den Wert einer Sache, die kaum vom Irrtum über wertbildende Faktoren abzugrenzen ist. Die skizzierten Entscheidungen zeigen, dass sich hier zwei Begründungsmuster gegenüberstehen. Einerseits, wie im Leibl/Duveneck-Fall, kann die Anfechtung auch dann möglich sein, wenn zugleich ein Irrtum über den Wert der Sache vorliegt; andererseits kann ein Irr­ tum über den Wert der Sache die Anfechtung ausschließen. Lenel, AcP 123 (1925), 161, 191 ff.; in diese Richtung auch: Fleischer, in: Zimmermann, S.  35 f., insb. S.  41. 10  Lenel, AcP 123 (1925), 161, 191 f. 11  Fleischer, in: Zimmermann, S.  35 f., insb. S.  41. 12  Die Rechtsgrundlage des Lösungsrechts des Verkäufers scheint nicht immer ganz ein­ deutig in der Irrtumsanfechtung gesehen zu werden: Für ein Lösungsrecht im Grundsatz wohl: Flume, JZ 1991, 633, 634; wohl §  119 Abs.  2 BGB ausschließend, gewährt Flume dem Verkäu­ fer einen Bereicherungsanspruch, Eigenschaftsirrtum und Kauf, S.  146; für ein Lösungsrecht des Verkäufers wohl auch Honsell, JZ 1989, 40; Köhler/Fritzsche, JuS 1990, 16; für ein dem „Wandlungsanspruch des Käufers“ entsprechendes „Rücktrittsrecht“ des Verkäufers: Raape, AcP 146 (1948), 481, 504. Für Einschränkungen des Anfechtungsrechts des Verkäufers bei Wissensasymmetrie: Raue, KUR 2016, 173 ff. 13  In diese Richtung: Mayer-Maly, in: FS Pedrazzini, S.  343, 353, der betont, dass es nicht „Aufgabe des Irrtumsrechts“ sei, „Dispositionsrisiken auf andere abzuwälzen“. 9 

II. Erkenntnisse zur Vermeidung eines unangemessenen Ungleichgewichts

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Dabei ist der Begründungsansatz der Rechtsprechung, mit einem Irrtum über den Wert der Sache zu argumentieren, auf Kritik gestoßen: Entscheidend sei nicht, dass der Wert der Sache keine Eigenschaft sei, sondern „daß das Rechtsgeschäft sich in aller Regel nicht auf den Wert bezieht und deshalb bei einem Irrtum über den Wert die Voraussetzung der Irrtumsanfechtung nach §  119 Abs.  2 BGB nicht erfüllt ist, daß der Gegenstand hinsichtlich seiner Eigenschaft nicht dem Rechtsgeschäft ent­ spricht.“14

Eine Begrenzung der Irrtumsanfechtung könne über das Merkmal der Verkehrs­ wesentlichkeit erzielt werden, welches nur Umstände erfasse, auf die sich das Rechtsgeschäft „kraft besonderer Bestimmung oder nach der Art des Geschäfts­ typus bezieht“.15 Der Begründung der Rechtsprechung sei demnach nicht zu ent­ nehmen, wann eine Anfechtung wertungsmäßig zuzulassen sei.16 Im Kunsthandel solle die Anfechtung daher ausscheiden, wenn die Korrektur der ursprünglichen Zuschreibung auf neuen, kunstwissenschaftlichen Erkennt­ nissen beruhe.17 Entsprechendes gelte, sofern die beim Kauf angenommene Ur­ heberschaft fragwürdig und die eines anderen Künstlers möglich erscheine.18 Den Gesichtspunkt eines bewusst eingegangenen Risikos aufnehmend, wird eine Ein­ schränkung des Anfechtungsrechts des Verkäufers teilweise befürwortet, sofern beiderseits Einigkeit hinsichtlich des Risikocharakters besteht.19 Bei einem ein­ seitigen Irrtum des Verkäufers wird teilweise eine generelle Verbindung mit vor­ vertraglichen Aufklärungspflichten erwogen: Ausgangspunkt dieses Ansatzes ist – vergleichbar mit dem Fall einer nachträglichen Neubestimmung – der Gedanke einer den Aufwendungen und Anstrengungen entsprechenden Verteilung uner­ warteter Vorteile. So soll eine Anfechtung des Verkäufers unzulässig sein, wenn eine anfängliche Wissensasymmetrie zugunsten des Käufers vorliegt, etwa weil dieser im Vorfeld recherchiert hat oder über besonderes Wissen verfügt.20 Andern­ falls würde dem Käufer der Anreiz genommen, sich besser als andere zu infor­ Flume, BGB AT, §  24 2d (S.  480 f.). Flume, BGB AT, §  24 2d (S.  480 f.); zustimmend: Staudinger-Singer, §  119 Rn.  83, zur Kritik in der Begründung siehe aber Rn.  80. 16  In dieser Richtung geht wohl die Kritik von Adams, AcP 186 (1986), 453, 465: „Auch wenn es möglich ist, zwischen ‚wertbildenden Faktoren‘ und dem ‚Wert‘ (Preis) eines Gegen­ standes zu unterscheiden, besagt dies noch nicht, dass damit irgend etwas in der Argumentation über die Zulassung oder Ablehnung einer Anfechtung nach §  119 Abs.  2 BGB geleistet worden wäre.“ 17  Flume, JZ 1991, 633, 634; zustimmend: Krampe, JuS 2005, 773, 778. 18  Krampe, JuS 2005, 773, 778. 19  In diese Richtung: Siehr, in: FS Hartung, S.  247, 254; Fleischer, in: Zimmermann, S.  35, 42; rechtsvergleichend: Polkte/Koller, in: FS Huwiler, S.  363, 385 ff. 20  Fleischer, in: Zimmermann, S.  42, 52 ff., insb. S.  53; in diese Richtung auch: Adams, AcP 186 (1986), 453, 467 ff. u. Jayme, in: Kunsthandel – Kunstvertrieb, S.  37, 53. 14  15 

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E. Rechtsvergleichende Betrachtung und mögliche Schlussfolgerungen

mieren.21 Dieser Ansatz wird teilweise für den Kunsthandel auf beiderseitige Fehlvorstellungen übertragen, allerdings unter Abstellen auf eine mögliche Nach­ lässigkeit des Verkäufers: So soll zu berücksichtigen sein, ob dem Verkäufer eine detaillierte Recherche und Informationsermittlung zuzumuten sei.22 (3) Auseinandersetzung mit den dargestellten Meinungen Die Pluralität der zu diesem Themenkomplex vertretenen Meinungen zeigt, dass es Überlegungen gibt, die Zulässigkeit der Irrtumsanfechtung des Verkäufers einzuschränken. Ein genereller Ausschluss der Anfechtung ist im Ergebnis den­ noch kaum überzeugend. Der Kritik ist zuzugeben, dass der Verkäufer näher an der Kaufsache ist und die Sache untersuchen könnte; gerade im Kunsthandel ist dabei allerdings die Hinzuziehung von Experten erforderlich. Ist eine Zuschrei­ bung erst aufgrund neuerer Erkenntnisse möglich, hat der Verkäufer keine Mög­ lichkeit, die Herkunft im Vorfeld abklären zu lassen. Ein genereller Ausschluss könnte daher verschiedenste Fälle zu pauschal gleichbehandeln und die Abgren­ zung zum Risikogeschäft verwischen. Folgt man der Argumentation des Reichs­ gerichts im Ruisdael-Fall23, sprechen überzeugende Argumente dafür, die Situa­ tion eines unerkannten (höherwertigen) Originals spiegelbildlich zu den Fällen einer Abschreibung oder der Entdeckung einer Fälschung zu sehen und dem Ver­ käufer in Entsprechung zum Käufer keine Rechtsbehelfe zuzugestehen. Gerade im Kunsthandel – und das zeigt die Diskussion um die Aufklärungs­ pflichten zugunsten des Käufers – lässt sich schwer ausmachen, in welchen Fäl­ len ausnahmsweise Aufklärungspflichten in Betracht kommen könnten. Wie stark dieser Ansatz von wertenden Gesichtspunkten abhängig ist, zeigen auch die verschiedenen Unteransichten, die einerseits mit einem Wissensvorsprung des Käufers, andererseits mit nachlässigem Verhalten des Verkäufers argumentieren. Hinzu kommt ein dogmatisches Argument: In Bezug auf den Käufer werden Aufklärungspflichten im Rahmen von §  123 BGB diskutiert. Auf die Arglist ab­ stellend, sind an die Anfechtung nach §  123 BGB grundsätzlich höhere Anforde­ rungen zu stellen als an die Anfechtung nach §  119 Abs.  2 BGB. Wäre die Zuläs­ sigkeit der Irrtumsanfechtung des Verkäufers von Aufklärungs- oder Sorgfalts­ pflichten abhängig, würden die allgemeinen Anforderungen erhöht und die Abgrenzbarkeit der Tatbestände verwischt. Obwohl der Käufer in den Konstellationen, in denen die veränderte Zuschrei­ bung die Urheberschaft, aber nicht den Wert des Kunstwerks betrifft, aus ästhe­ tischen und wirtschaftlichen Gründen ein Interesse am Behalten des Kunstwerks Raue, KUR 2016, 173, 175 f. Koller/Poltke, in: FS Huwiler, S.  363, 383 ff. 23  RG, Urt. v. 11.3. 1932 – II 307/31 = RGZ 135, 339. Siehe A.I.1.e). 21  22 

II. Erkenntnisse zur Vermeidung eines unangemessenen Ungleichgewichts

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haben mag, erscheint es insgesamt betrachtet vorzugswürdig, auch in solchen Fällen die Anfechtung des Verkäufers zuzulassen. Auch wenn die Begründung des Reichsgerichts, der Gebrauch eines Kunstwerks liege in der Betrachtung ge­ rade dieses Kunstwerks, überholt erscheinen könnte, bleibt der Künstler als Ur­ heber eines Kunstwerks von zentraler Bedeutung: Ästhetische Gesichtspunkte, das „Echtheitserlebnis“ und wirtschaftliche Erwägungen lassen sich unter der Zuschreibung bündeln. Das rechtfertigt es, bei Fehlvorstellungen die Rückab­ wicklung des Kaufvertrags zuzulassen. b) Zweite Möglichkeit: Zulassung der Irrtumsanfechtung im Kunsthandel Dem französischen Modell folgend könnte die Irrtumsanfechtung für den Käufer zugelassen werden. Als rechtlicher Anhaltspunkt kommt die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Baujahr von Kraftfahrzeugen bzw. Mähdreschern24 in Betracht, die im Kunsthandel entsprechend angewendet werden könnte. aa) Anwendung der BGH-Rechtsprechung im Kunsthandel: Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm – Guercino 25 Die bereits bei der Untersuchung der deutschen Rechtsordnung dargestellte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Durchbrechung der Sperrwirkung der Sachmängelgewährleistung betrifft das Alter von technischen Geräten. Den­ noch ist die Rechtsprechung obergerichtlich schon zum alten Schuldrecht auch für den Bereich des Kunsthandels herangezogen worden. In tatsächlicher Hinsicht bestehen jedoch Unterschiede. Denn das vorliegende Entscheidungsmaterial des Bundesgerichtshofs bezieht sich auf Fälle, in denen die jeweiligen Käufer bestimmte Erwartungen hatten, die der Verkäufer nicht weiter abgeklärt hatte, obwohl – und diesen Aspekt betont der Bundesgerichtshof besonders in seinen Entscheidungsgründen – das Baujahr eines Fahrzeuges oder eines Mähdreschers regelmäßig ein für den Verkäufer leicht in Erfahrung zu bringendes, kaum zweifelhaftes oder unsicheres Faktum ist. Im Kunsthandel sind die Angaben zu den Kunstwerken, beispielsweise im Versteigerungskatalog, oft gerade nicht leicht in Erfahrung zu bringen. Dennoch bestehen Parallelen: Besonders Auktionshäuser, aber auch andere Kunsthändler, verfügen über spezi­ ellen Sachverstand, und es ist in der Praxis üblich, Recherchen zur Authentizität 24 

BGH, Urt. v. 26.10.1978 – VII ZR 202/76 = BGHZ 72, 252 (Entscheidung nicht vollstän­ dig abgedruckt) = NJW 1979, 160 – Gebrauchtwagen; BGH, Urt. v. 9.10.1980 – VII ZR = BGHZ 78, 216 = NJW 1981, 224 – Mähdrescher. In diese Richtung auch: OLG Stuttgart, Urt. v. 17.3.1989 – 2 U 226/88, zitiert nach juris, Rn.  28 = NJW 1989, 2547. Siehe auch B.I.3.c)aa). 25  OLG Hamm, Urt. v. 14.3.1995 – 7 U 163/94 – Guercino = OLG Hamm 1995, 97 = NJW 1995, 2640.

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E. Rechtsvergleichende Betrachtung und mögliche Schlussfolgerungen

vor dem Angebot zum Verkauf durchzuführen. Weiter bestimmen die Auktions­ häuser selbst, welche Informationen sie zu den jeweiligen Kunstwerken preis­ geben. Zudem sind Vermittler in Bezug auf Zweifel, die die Authentizität betref­ fen, grundsätzlich aufklärungspflichtig. Das Oberlandesgericht Hamm26 geht in einer Entscheidung aus dem Jahr 1995, ohne die tatsächlichen Unterschiede zu den vom Bundesgerichtshof ent­ schiedenen Fällen zu thematisieren, von der Anwendbarkeit der dargestellten höchstrichterlichen Rechtsprechung im Kunsthandel aus: In dem dem Urteil zu­ grunde liegenden Fall stritten zwei Brüder um das Bestehen eines Zahlungs­ anspruchs aus einem Scheck, der zur Begleichung einer Kaufpreisforderung aus einem Bilderkauf hingegeben worden war. Der Beklagte ließ den Scheck sper­ ren, als er erfuhr, dass es sich bei dem kaufgegenständlichen Werk entgegen ­seiner Annahme beim Kauf nicht um ein Gemälde des Malers Il Guercino,27 sondern um ein Bild in dessen Stil mit eher dekorativem Wert handeln sollte. Die Richter lehnten angesichts der Verkaufsumstände eine Zusicherung und damit zugleich Sachmängelgewährleistungsrechte ab. Es handele sich um einen Privat­ kauf, und dem Beklagten seien Unsicherheiten hinsichtlich der Urheberschaft trotz der vorliegenden Expertise bekannt gewesen.28 Zur Zulässigkeit der Irr­ tumsanfechtung heißt es in der Entscheidung: „Ist die Urheberschaft des Bildes jedoch nicht Vertragsinhalt geworden, scheidet eine Sach­ mängelhaftung aus, so daß die Rechtsprechung (BGH, NJW 1979, 160) die Anfechtung nach §  119 II BGB zuläßt, wenngleich diese Auffassung in der Literatur beanstandet wird […].“29

Diese Passage ist ein deutliches Indiz dafür, dass im Kunsthandel Ausnahmen von der Sperrwirkung möglich sind. Weitere Details sind aus der Entscheidung leider nicht ersichtlich: Ohne die Voraussetzungen der Anfechtung näher zu prüfen, verneinte das Oberlandesge­ richt Hamm die Irrtumsanfechtung im Ergebnis wegen Verfristung. Mit den Ein­ zelheiten der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und ihren Auswirkungen für den Kunsthandel befasste es sich von diesem Standpunkt aus gesehen folg­ lich nicht.30 Angesichts der tatsächlichen Gegebenheiten sprechen in dem ent­ schiedenen Fall gute Gründe dafür, die Anfechtung nicht zuzulassen, weil der Käufer auf die Authentizität des Bildes spekuliert hat; der Spekulationscharakter des Geschäftes beinhaltet zugleich, dass der Käufer bewusst das Risiko hinge­ OLG Hamm, Urt. v. 14.3.1995 – 7 U 163/94 – Guercino = NJW 1995, 2640. Giovanni Franceso Barbieri, genannt Il Guercino, italienischer Maler (1591–1666); bei dem streitgegenstänlichen Werk handelte es sich um ein Ölgemälde des Heiligen Paulus. 28  OLG Hamm, Urt. v. 14.3.1995 – 7 U 163/94 – Guercino = NJW 1995, 2640, 2641. 29  OLG Hamm, Urt. v. 14.3.1995 – 7 U 163/94 – Guercino = NJW 1995, 2640, 2641. 30  OLG Hamm, Urt. v. 14.3.1995 – 7 U 163/94 – Guercino = NJW 1995, 2640, 2641. 26  27 

II. Erkenntnisse zur Vermeidung eines unangemessenen Ungleichgewichts

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nommen hatte, das Bild könnte nicht authentisch sein. Diese Wertung ist auch im Irrtumsrecht zu beachten. bb) Zu berücksichtigende Wertungen bei der Ausgestaltung einer Bereichsausnahme für den Kunsthandel von der Sperrwirkung der Sachmängelgewährleistung nach reformiertem Schuldrecht Es ist noch nicht abschließend geklärt, wie Ausnahmen von der Sperrwirkung nach dem reformierten Schuldrecht festzulegen sind. Auf der Grundlage einer wertenden Betrachtung31 gibt es Anhaltspunkte dafür, dass die Sperrwirkung der Sachmängelgewährleistung im Kunsthandel oftmals nicht greift. Zur näheren Analyse dieser Problematik wird im Folgenden untersucht, ob die Wertungen der Sperrwirkung der Sachmängelgewährleistung auch dann gewahrt bleiben könn­ ten, wenn für den Kunsthandel hiervon eine Bereichsausnahme gelten würde. (1) Wertungen in §§  439 und 442 BGB Die Wertungen der §  439 BGB und §  442 BGB blieben unberührt, wenn die Irr­ tumsanfechtung im Kunsthandel zugelassen würde. Denn eine Nacherfüllung im Sinne von §  439 BGB kommt im Kunsthandel regelmäßig nicht in Betracht, und in einer Vielzahl von Fällen hat der Käufer die fehlende Authentizität weder er­ kannt noch ist ihm grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Das Recht des Verkäufers zur zweiten Andienung, mit dem die Befürworter der Sperrwirkung argumentieren,32 sollte zudem vor dem europarechtlichen Entste­ hungshintergrund gesehen werden. Das Recht des Verkäufers zur zweiten Andienung ist letztlich die Kehrseite33 der mit der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie 1999/44/ EG34 und ihrer Umsetzung bezweckten Privilegierung des Käufers, zu dessen Gunsten ein einheitliches Mindestniveau des Verbraucherschutzes geschaffen wer­ den sollte. Indem die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie 1999/44/EG den Anspruch des Käufers auf Nacherfüllung35 statuiert, gewährt sie dem Verkäufer zugleich ein Schur, AcP 204 (2004), 882, 899 f. Siehe auch B.I.3.c)aa) und B.I.3.c)cc). Siehe dazu B.I.3.c)bb). 33  BGH, Urt. v. 23.2.2005 – VIII ZR 100/04, zitiert nach juris, Rn.  24 = BGHZ 162, 219, 227; Staudinger-Matusche-Beckmann, §  439 Rn.  5; Palandt-Weidekaff, §  439 Rn.  1. 34  Verbrauchsgüterkaufrichtlinie 1999/44/EG. Entstehungsgeschichtlicher Hintergrund ist die Umsetzung der Vorgaben in Art.  3 Abs.  2 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie 1999/44/EG, der wie folgt lautet: „Bei Vertragswidrigkeit hat der Verbraucher entweder Anspruch auf die unentgeltliche Herstellung des vertragsgemäßen Zustands des Verbrauchsgutes durch Nachbes­ serung oder Ersatzlieferung nach Maßgabe des Absatzes 3 oder auf angemessene Minderung des Kaufpreises oder auf Vertragsauflösung in bezug auf das betreffende Verbrauchsgut nach Maßgabe der Absätze 5 und 6.“ 35 Jauernig-Berger, §  439 Rn.  1. 31  32 

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E. Rechtsvergleichende Betrachtung und mögliche Schlussfolgerungen

Recht zur zweiten Andienung 36. Auf dieser Grundlage eine Beschränkung der Rechte des Verbrauchers anzunehmen, scheint damit konträr zum Sinn und Zweck der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie 1999/44/EG, auch wenn die Irrtumsanfechtung von der Richtlinie nicht unmittelbar betroffen ist. Die Untersuchung der englischen und französischen Rechtsordnung belegt dies mittelbar; in beiden Rechtsordnun­ gen zeigen sich Tendenzen, den Käuferschutz für Verbraucher im Kunsthandel in der Rechtsentwicklung eher auszuweiten als zu beschränken. Der europarechtliche Hintergrund der Sachmängelgewährleistung hat außer­ dem zu einer Annäherung des Sachmängelgewährleistungsrechts in den unter­ suchten Rechtsordnungen geführt. Die von dem überwiegenden Teil der deut­ schen Literatur ins Feld geführten Wertungen in §§  439 und 442 BGB hindern die Irrtumsanfechtung in den anderen untersuchten Rechtsordnungen jedoch nicht. Eine Sperrwirkung der Sachmängelgewährleistung konnte in den anderen untersuchten Rechtsordnungen nicht ausgemacht werden. Nach englischem Recht ist die Grundlage einer möglichen Kollision der im englischen Recht ver­ gleichbaren Rechtsbehelfe, die Entscheidung im Fall Leaf v International Galleries, wesentlich älter als die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie und macht sehr deut­ lich, dass es sich nach englischem Verständnis bei der Sperrwirkung nicht um ein Anwendungs-, sondern um ein Fristenproblem handelt. Die französische Rechtsprechung betont in der Entscheidung im Fall Camille Claudel, dass die Wertungen der Sachmängelgewährleistung aufgrund der tat­ sächlichen Gegebenheiten im Kunsthandel gar nicht eingreifen, weil Abwei­ chungen in Bezug auf die Authentizität weder die Gebrauchs- noch die Funktions­ fähigkeit des Kunstwerks beeinträchtigen. Dies ist aber gerade auch einer der Gründe, warum nach deutschem Recht anfängliche Unmöglichkeit (auch wenn Sachmängelgewährleistungsrecht zur Anwendung kommt) vorliegt: Die Urhe­ berschaft kann nachträglich nicht verändert werden. Veränderlich ist nur die Zu­ ordnung. Auch in der deutschsprachigen Literatur wird – trotz Überschneidun­ gen der kollidierenden Rechtsbehelfe – hervorgehoben, dass das Sachmängel­ gewährleistungs- und das Irrtumsrecht unterschiedliche Ansatzpunkte haben.37 Diese unterschiedlichen Ansatzpunkte bringen zugleich unterschiedliche Schutz­ zwecke zum Ausdruck. Einschränkungen der Irrtumsanfechtung beinhalten da­ her immer die Gefahr, dass der Schutzzweck der Irrtumsanfechtung, nämlich der Schutz der Selbstbestimmung,38 beeinträchtigt wird. Das ist besonders schwer­ wiegend, weil der Schutz der Selbstbestimmung zugleich einen Grundrechts­ bezug aufweist, Art. 2 Abs.  1 GG. Vor diesem Hintergrund bedürfen Einwirkun­ 36 MüKo-Westermann,

§  439 Rn.  1; Jauernig-Berger, §  439 Rn.  4. Mayer-Maly, in: FS Pedrazzini, S.  343, 346; Siehr, KUR 2015, 24, 27. 38 Staudinger-Singer, §  119 Rn.  1. 37 

II. Erkenntnisse zur Vermeidung eines unangemessenen Ungleichgewichts

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gen einer besonderen Rechtfertigung. Die Wertungen der §§  439 und 442 BGB scheinen angesichts des Vorstehenden kaum geeignet, als Rechtfertigung für derartige Beeinträchtigungen im Kunsthandel zu dienen. (2) Wertung des Verkehrsschutzes in §  438 Abs.  1 Nr.  3 BGB Schwieriger erscheint die Frage, ob die Wertungen der Verjährungsfrist in §  438 Abs.  1 Nr.  3 BGB gefährdet sind. Sinn und Zweck der Sperrwirkung war nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts der in der Verjährungsregelung zum Aus­ druck kommende Verkehrsschutz. Angesichts der Verlängerung der Verjährungsfrist von sechs Monaten auf zwei Jahre ist zweifelhaft, dass der Schutzzweck der geänderten Verjährungsfrist wei­ terhin in einer sehr zügigen Schaffung von Rechtssicherheit liegt.39 Auf einen veränderten Schutzzweck deutet auch die Begründung des Gesetz­ gebers zur Verlängerung der Verjährungsfrist im reformierten Kaufrecht. Dem­ nach sei eine Frist von sechs Monaten überkommen und historisch zu erklä­ ren.40 Mit sechs Monaten war die Frist ohnehin so kurz, dass sie nach heutigem Verständnis eher in den Handelsverkehr passen würde. Dieser Befund belegt, dass die Frage der Zulassung der Irrtumsanfechtung nicht mehr vorrangig an dem Gesichtspunkt der zügigen Schaffung von Rechtssicherheit zu messen ist. Rechtsvergleichend zeigt sich zudem, dass der Verkehrsschutz weit weniger beeinträchtigt ist, als das Reichsgericht im Ruisdael-Fall (Gefahr von unerträg­ lichen Zuständen auf dem Kunstmarkt) und das Oberlandeslandesgericht Mün­ chen im Cranach-Fall (Gefahr des Stillstands von Neubestimmungen) zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts prognostiziert haben. Denn in Frankreich wird die Irrtumsanfechtung seit Langem zugelassen, ohne dass der Kunstmarkt in seiner Funktionsfähigkeit beeinträchtigt würde. Die empirischen Erkenntnisse aus Frankreich und anderen Ländern41 könnten darauf hindeuten, dass der Kunst­ handel durch Neubestimmungen in seiner Funktion nicht beeinträchtigt würde, wenn die Sperrwirkung der Sachmängelgewährleistung entfiele und die Irrtums­ anfechtung möglich wäre. Die französische Entscheidungspraxis zeigt, dass trotz der Gefahr einer mög­ lichen Rückabwicklung des Kaufvertrags für den Käufer ein Anreiz bestehen Schur, AcP 204 (2004), 882, 899 f. BT-Drucks. 14/6040, S.  228. Dort heißt es: „Der historische Ursprung der kurzen Sechsmonatsfrist – die Wandlungsfrist des römischen Rechts musste innerhalb von sechs Mo­ naten ausgeübt werden – kann heute eine so kurze Frist nicht mehr rechtfertigen.“ 41  Auch in der Schweiz und in Österreich ist die Irrtumsanfechtung alternativ zu der Sach­ mängelgewährleistung zulässig. Für die Schweiz siehe u. a.: Siehr, in: FS Hanisch, S.  246, 249 m. w. N. unter Fn.  5) und Weber, AJP/PJA 2004, 947, 952. Zum Sachverhalt des van Gogh-Falls siehe auch A.III.3.a). Für Österreich siehe Siehr, KUR 2015, 24, 26 f. 39  40 

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E. Rechtsvergleichende Betrachtung und mögliche Schlussfolgerungen

kann, Neubestimmungen zu fördern. Denn die Bemühungen des Käufers können im Rahmen der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung Berücksichtigung finden. In der deutschen Diskussion wird die Möglichkeit, dass die Anspruchs­ höhe im Einzelfall variiert, noch nicht hinreichend gewürdigt, obwohl es – jeden­ falls im Rahmen der Irrtumsanfechtung über die Saldotheorie – möglich er­ scheint, Bemühungen zu berücksichtigen, die zur Aufdeckung von unerkannten Meisterwerken geführt haben. Auch das schwächt die Prognose des Oberlandes­ gerichts München, dass Neubestimmungen im Kunsthandel bei einer Zulassung von Rechtsbehelfen faktisch aufhören würden. Umgekehrt ist nicht ohne Weite­ res einzusehen, warum der Verkäufer einen wirtschaftlichen Vorteil behalten soll, wenn es sich bei dem Objekt z. B. um eine Fälschung handelt. Auch die englische Entscheidungspraxis vermag die Argumentation des Reichsgerichts nicht zu belegen. Denn ähnliche Prognosen zu den Auswirkungen der Zulassung der Rückabwicklung von Kaufverträgen über Kunstwerke für den Kunsthandel finden sich überwiegend in sehr alten englischen Entscheidungen. In neuerer Rechtsprechung scheint der Verbraucherschutz gegenüber diesen Er­ wägungen vorrangig zu sein. Der hohe Stellenwert des Verkehrsschutzes ist zudem aus tatsächlichen Grün­ den beeinträchtigt: Während früher homogene Käuferschichten, vorwiegend Samm­ler mit eigenem Sachverstand und Affinität zur Kunst, Kunstwerke erwar­ ben, hat sich der Kunstmarkt heute geöffnet, sodass auch weniger spezialisierte Käufer am Kunsthandel teilnehmen. Die veränderte Käuferschicht begründet aber zugleich nicht nur eine höhere Schutzbedürftigkeit der Käufer, sondern auch eine stärkere Einbeziehung ökonomischer Erwägungen wegen der generell wachsenden Interessensasymmetrie im Verhältnis der Verkäufer zu den Käufern. Angesichts stetig steigender Erlöse scheint es nicht mehr unbedingt geboten, dass nach einer vergleichsweise sehr kurzen Zeit Rechtssicherheit eintritt. Dar­ über hinaus sind Fälschungen aufgrund des technischen Fortschritts heute eher aufzudecken, wodurch der Käuferschutz praktisch wichtiger wird42 und sich die Anzahl der Fälle, in denen fehlerhafte Zuschreibungen offenbart werden, erhö­ hen dürfte. (3) Gesetzgeberische Intentionen bei der Einführung von §  438 Abs.  1 Nr.  3 BGB Leitlinien bei der Beurteilung der Wertungen der Bestimmungen in §  438 Abs.  1 Nr.  3 BGB sind statt eines sehr raschen Verkehrsschutzes nunmehr die modifizier­ ten Intentionen des Gesetzgebers. Der Käufer soll eine faire Chance erhalten, seine Rechte auszuüben.43 Zudem diente die Reform dazu, die Vorgaben der Ver­ 42  43 

Siehr, KUR 2015, 24, 34. BT-Drucks. 14/6040, S.  228: „Die vorgesehene Verlängerung von bisher sechs Monaten

II. Erkenntnisse zur Vermeidung eines unangemessenen Ungleichgewichts

239

brauchsgüterkaufrichtlinie umzusetzen.44 Ziel der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie war die Anhebung bzw. Absicherung eines Mindestniveaus des Verbraucher­ schutzes. Es erschiene wenig wünschenswert, wenn mit der Umsetzung eingetre­ tene Erweiterungen des Käuferschutzes auf kaufrechtlicher Grundlage letztlich zu einer Beschränkung der Rechte des Käufers auf anderen Grundlagen führen würden; denn der Bundesgerichtshof ließ nach altem Recht Ausnahmen von der Sperrwirkung und somit die Irrtumsanfechtung partiell zu. Im Kunsthandel kann der Käufer praktisch kaum Schutz über die Sachmängelgewährleistung erlangen; es ist daher nicht auszuschließen, dass sich die rechtliche Stellung des Käufers im Kunsthandel trotz generell eher steigendem Verbraucherschutz im Vergleich zu anderen Bereichen verschlechtert. Diese Tendenz gerät in Konflikt mit dem An­ sinnen, dem Käufer eine faire Chance zur Geltendmachung seiner Rechte zu ge­ währleisten. Im Buddha aus Sui-Dynastie45-Fall konnte der Käufer überhaupt nur fristgerecht Rechte ausüben, weil er die Statue untersuchen ließ und zudem der Gewährleistungsausschluss im Einzelfall unwirksam war. Dem Käufer wäre demnach nach geltendem deutschen Recht im Auktionshandel nur dann zu helfen, wenn er vor dem Kauf eine Expertise in Auftrag gäbe. Das würde jedoch zu prak­ tischen und organisatorischen Schwierigkeiten führen und schon bloße Auktions­ interessenten mit – möglicherweise unnütz aufgewendeten – Kosten belasten. In der Gesamtschau lassen es die gesetzgeberischen Intentionen es zweifelhaft erscheinen, dass im Kunsthandel eine Sperrwirkung notwendig und sinnvoll ist. Dass einem Kunstwerk die Authentizität fehlt, ist selbst für Fachleute schwer zu erkennen. Dies verdeutlicht auch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs im Fall Buddha aus Sui-Dynastie,46 in der der Bundesgerichtshof unter objektiven Gesichtspunkten einen Sachmangel aufgrund des Vorliegens des Tatbestands des §  434 Abs.  1 S.  2 Nr.  2, S.  3 BGB angenommen hat. Das erkennt an, dass die Authentizität im Kunsthandel einen hohen Stellenwert hat. Der Schutz der Verbraucher ist durch die Umsetzung der Verbrauchsgüter­ kaufrichtlinie nicht auf zwei Jahre beschränkt; ein weitergehender Schutz beispiels­weise wie nach der englischen Rechtsordnung, ist möglich. Der Gesetz­ geber hat die Annäherung der Fristen des Kauf- und des allgemeinen Verjäh­ rungsrechts betont und erwähnte, dass in der Praxis Verlängerungen der Verjäh­ rungsfristen auf zwei bis drei Jahre üblich seien.47 Dadurch hat die Verjährungs­ auf zwei Jahre bringt für Verkäufer und Werkunternehmer zwar zusätzliche Belastungen mit sich; diese müssen aber hingenommen werden, damit die Vertragspartner eine faire Chance erhalten, ihre Ansprüche geltend zu machen.“ 44  BT-Drucks. 14/6040, S.  228 f. 45  BGH, Urt. v. 9.10.2013 – VIII ZR 224/12 = NJW 2013, 3560. 46  BGH, Urt. v. 9.10.2013 – VIII ZR 224/12 = NJW 2013, 3560. 47  BT-Drucks. 14/6040, S.  229.

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E. Rechtsvergleichende Betrachtung und mögliche Schlussfolgerungen

frist im Kaufrecht an Spezialität verloren. Als einzige Grundlage für eine Sperrwirkung der Sachmängelgewährleistung im Kunsthandel ist der Verweis auf die Verjährungsfrist schwerlich tragfähig.

2. Situation: Käufer ist professionell am Kunsthandel beteiligt Das analysierte Lösungsmodell könnte grundsätzlich auch auf professionelle Kunsthändler angewendet werden. a) Mögliche Einschränkungen aufgrund des nach der französischen Rechtsordnung geltenden Veranlassungsprinzips beim Irrtum Einschränkungen könnten sich ergeben, weil das französische Recht – anders als das deutsche Recht – im Rahmen der tatbestandlichen Voraussetzungen der Irr­ tumsanfechtung ein Veranlassungsprinzip kennt. Dieses beinhaltet, dass die Irr­ tumsanfechtung ausgeschlossen ist, wenn der Irrende den Irrtum veranlasst hat, wobei die Professionalität des Käufers bei der Prüfung der Veranlassung ein rele­ vanter Gesichtspunkt sein kann. b) Mögliche Gegenargumente In der Gesamtbetrachtung steht der Umstand, dass das französische Recht eine zusätzliche Tatbestandsvoraussetzung für die Irrtumsanfechtung vorsieht, einer Durchbrechung der Sperrwirkung der Sachmängelgewährleistung nach deut­ schem Recht jedoch nicht entgegen. Die Professionalität des Käufers kann bei der Abgrenzung zum Risikogeschäft auch nach deutschem Recht berücksichtigt wer­ den. Diese Wertung ist auch im Rahmen des deutschen Irrtumsrechts zu beachten. Die europäische Rechtsentwicklung deutet zudem die Tendenz an, das Veran­ lassungsprinzip in das moderne Irrtumsrecht zu integrieren.48 In der Anwen­ dung scheint diese Tendenz aber kaum Auswirkungen auf das Verhältnis der Sachmängelgewährleistung zur Irrtumsanfechtung zu haben. Für die deutsche Rechtsordnung verfolgt vor allem Kramer (Lehre vom erweiterten Sachverhalt­ sirrtum) einen nicht mehr vom gesetzlichen Wortlaut gedeckten,49 an rechtsver­ gleichenden Ergebnissen orientierten Lösungsansatz. Danach soll die Anfech­ tung zulässig sein, wenn „ein (sowohl subjektiv als auch objektiv erheblicher) Rechtsvergleichend begründeter Vorschlag von Kramer, MüKo (5.  Aufl.), §  119 Rn.  113; ders., ZEuP 2007, 246, insb. 255 f. Auch der Vorschlag für eine Gemeinsames Europäisches Kaufrecht sah ein Veranlassungsprinzip vor, siehe Art.  48 Nr.  1 (b) iii), abrufbar unter . Dazu: Siehr, KUR 2015, 24, 32 ff. 49  P. Huber, S.  12. 48 

II. Erkenntnisse zur Vermeidung eines unangemessenen Ungleichgewichts

241

Irrtum über einen einem Rechtsgeschäft zugrunde gelegten Wirklichkeitssach­ verhalt nach §  119 Abs.  2 BGB“ vorliegt, der von dem Vertragspartner veranlasst worden ist oder diesem hätte auffallen müssen.50 Für den Kunst- bzw. Antiquitätenhandel führt Kramer ein Anwendungs­ beispiel an. Der Kauf eines Leuchters in einem Stilmöbelgeschäft – in der irrigen Annahme, es handele sich um einen echten Barockleuchter – berechtigte weder zur Geltendmachung von Sachmängelgewährleistungsrecht noch zur Anfech­ tung wegen eines Irrtum nach §  119 Abs.  2 BGB, sofern sich aus den Umständen nicht ergebe, dass der Kauf eines echten Barockleuchters vereinbart worden sei.51 Dies deutet darauf hin, dass das Veranlassungsprinzip eine neue dogma­ tische Begründung einführen könnte, wobei die praktischen Auswirkungen für den Kunsthandel aber von untergeordneter Relevanz wären.

3. Folgerungen aus der rechtsvergleichenden Untersuchung zur Behandlung spezifischer Einzelprobleme im Kunsthandel Die Untersuchung hat zugleich Lösungsansätze für die Behandlung der spezifi­ schen Einzelprobleme im Kunsthandel aufgezeigt: a) Die Behandlung von Informationen im Versteigerungskatalog Dem französischen Vorbild folgend könnte auch in Deutschland die Irrtums­ anfechtung zulässig sein, wenn der Verkäufer unzutreffende Informationen im Versteigerungskatalog verbreitet hat. In diese Richtung geht schon die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die fehlende Authentizät im Einzelfall als objektiven Sachmangel wertet. Dies erscheint angesichts der Interessenslage im Kunsthandel sachgerecht. b) Die Behandlung von Fälschungsverdacht und Neubestimmungen Die Bewertung von Zweifeln an der Authentizität und von Neubestimmungen könnte ebenfalls den französischen Ansatz aufnehmen. Die Irrtumsanfechtung wäre dann immer zuzulassen, wenn sich der Sicherheitsgrad der Zuschreibung ändert. Dies kann der Fall sein, wenn ein Konsens hinsichtlich der Zuschreibung entgegen der Annahme bei Vertragsschluss nicht (mehr) etabliert werden kann oder wenn eine Zuschreibung nachträglich möglich wird. Für den Verkäufer gilt dies nach geltendem deutschen Recht schon, wie der Leibl/Duveneck-Fall zeigt. 50 

MüKo-Kramer, 5.  Aufl., §  119 Rn.  117; zustimmend: MüKo-Armbrüster, 7.  Aufl., §  119 Rn.  112 ff. 51 MüKo-Kramer, 5.  Aufl., §  119 Rn.  120.

242

E. Rechtsvergleichende Betrachtung und mögliche Schlussfolgerungen

Diese Lösung hätte nicht nur für beide Parteien beweisrechtliche Vorzüge, sondern brächte auch Entlastungen für die Gerichte mit sich. Bei Zweifeln, die die Bildung der richterlichen Überzeugung hindern, ergeht nach prozessrecht­ lichen Grundsätzen eine Entscheidung zulasten der beweisbelasteten Partei.52 Andernfalls drohte ein Unterlaufen der Beweislastverteilungsgrundsätze, die auch eine Risikoverteilung zum Ausdruck bringen.53 Sofern aus materiell-recht­ licher Sicht der Verdacht fehlender Authentizität einen Sachmangel begründete, wäre infolge der geänderten, zu beweisenden Tatsache (dann: die Überzeugung von fehlenden Zweifeln) nur noch eine sehr eingeschränkte richterliche Befas­ sung mit Authentizitätsfragen notwendig. Die Richter könnten leichter auf den kunstwissenschaftlichen Forschungsstand zurückgreifen. Auch die Behandlung von Neubestimmungen nach dem französischen Modell könnte die Arbeit der Gerichte erleichtern. Die Gerichte könnten als Beweismit­ tel aktuelle gerichtliche Sachverständigengutachten einholen und wären nicht darauf verwiesen, Beweis darüber zu erheben, wie die Authentizität zum Zeit­ punkt des Kaufs oder des Gefahrenübergangs bewertet wurde. Für diesen Zeit­ punkt käme es dann nämlich auf die Vorstellung der Beteiligten über die Authen­ tizität an.

52  53 

Braunfels, S.  35. Schack, Kunst und Recht, Rn.  387.

Fazit Die Sperrwirkung der Sachmängelgewährleistung führt im Kunsthandel zu ei­ nem unangemessenen Ungleichgewicht der Rechte von Käufern und Verkäufern, weil die Irrtumsanfechtung des Käufers ausgeschlossen ist, dem Verkäufer im umgekehrten Fall aber die Irrtumsanfechtung zusteht. Dieses Ungleichgewicht kann auch nicht durch andere Rechtsbehelfe des Käufers beseitigt werden. Dass ganz überwiegend Kommissionsgeschäfte vorge­ nommen werden, begründet in der Konsequenz eine sehr umfassende Reichwei­ te der Sperrwirkung der Sachmängelgewährleistung, weil dadurch auch mögli­ che andere Rechtsbehelfe des Käufers gesperrt werden, die auf der gleichzeitigen Expertenstellung der Vermittler im Kunsthandel beruhen. Durch die in der Praxis üblichen Gewährleistungsausschlüsse und die damit einhergehenden Beschränkungen der Rechte des Käufers auf verschuldens­ abhängige Rechte wird die Problematik des Ungleichgewichts der Rechte im Kunsthandel, insbesondere im Auktionshandel, verschärft. Angesichts von Un­ wägbarkeiten bei der Zuordnung von Kunstwerken scheinen allein Sorgfalts­ pflichten im Kunsthandel kaum ein angemessenes Kriterium für eine Risikozu­ weisung, besonders bei unerkannten, wirtschaftlich wertlosen Fälschungen. Der Bundesgerichtshof erkannte schon zum alten Recht, dass die Sperrwir­ kung der Sachmängelgewährleistung zu unangemessenen Ergebnissen führen kann, und ließ Durchbrechungen der Sperrwirkung zu, die nach obergerichtli­ cher Rechtsprechung auch im Kunsthandel anwendbar waren. Heute gibt es hier­ für noch weitere Gründe. Die veränderten Rechtsgrundlagen nach der Schuldrechtsmodernisierungs­ reform sprechen dafür, für den Kunsthandel generell eine Bereichsausnahme von der Sperrwirkung der Sachmängelgewährleistung anzunehmen, weil die der Sperrwirkung zugrunde liegenden Wertungen aufgrund der Besonderheiten des Kunsthandels durch die Zulassung der Irrtumsanfechtung auch für den Käufer kaum beeinträchtigt sind. Zugleich sind die Auswirkungen der Sperrwirkung der Sachmängelgewährleistung im Kunsthandel besonders stark. Rechtsvergleichend zeigt sich, dass keine der anderen untersuchten Rechts­ ordnungen die Rechtsbehelfe des Käufers in zeitlicher Hinsicht so weitreichend einschränkt wie das deutsche Recht und dass der Gesichtspunkt des Gleichge­

244

Fazit

wichts der Rechte der Beteiligten in der französischen und der englischen Rechtsordnung eher gewahrt bleibt als nach deutschem Recht. Es scheint daher dem Kunstmarkt zumutbar, die mit der Zulassung der Irrtumsanfechtung verbun­ denen wirtschaftlichen Risiken aufzufangen. Das französische Modell bietet zugleich eine Richtlinie für die rechtliche und wirtschaftliche Zuweisung von Risiken hinsichtlich der Zuordnung von Kunst­ werken: Entscheidend ist, ob sich nach dem Kauf der Sicherheitsgrad der Zu­ schreibung ändert, wobei die Sicht des Irrenden maßgeblich ist.

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Entscheidungsverzeichnis Deutsche Rechtsprechung Reichsgericht RG, Urt. v. 1.7.1905 – V 16/05 = RGZ 61, 171 – Hausschwamm II . . . . . . . . . . 5 RG, Urt. v. 22.12.1905 – II 395/05 = RGZ 62, 201 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 RG, Urt. v. 16.1.1906 – II 487/95 = RGZ 62, 282 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 RG, Urt. v. 9.11.1906 – II 173/06 = RGZ 64, 266 – Erwerb aus der Konkursmasse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91, 93, 123 RG, Urt. v. 19.3.1909 – II 504/08 = RGZ 70, 423 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5, 96 RG, Urt. v. 15.2.1912 – 322/11 = RG JW 1912, 525 – Plesiosaurus-Knochenfund . . 7, 124 RG, Urt. v. 26.11.1912 – II 445/12 = RG WarnR 1913, 111 . . . . . . . . . . . . . . 96 RG, Urt. v. 15.10.1914 – VI 15/10 = RGZ 85, 322 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 RG, Ents. v. 19.5.1916 – II 54/16 = DJZ 1916, 989 – Stradivari-Geigen . . . . . . . 104 RG, Urt. v. 24.6.1919 – III 573/18 = RGZ 96, 156 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 RG, Urt. v. 12.12.1921 – VI 455/21 = RGZ 104, 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 RG, Urt. v. 6.7.1926 – II 496/25 = RGZ 114, 239 – Thoma-Fall . . . . . . . . . . . 24, 107 RG, Urt. v. 27.11.1926 – I 39/26 = RGZ 115, 286 – Ostade/Teniers . . . . . . . . . 9, 63 RG, Urt. v. 27.8.1927 – VI 86/27 = RG Warn 1927 Nr.  140 – Ludwig Knaus . . . . . 104 RG, Urt. v. 22.2.1929 – II 357/28 = RGZ 124, 115 – Ming-Vasen-Fall . . . . . . . . 9, 62, 63 RG, Urt. v. 28.3.1930 – VII 436/29 = RGZ 128, 116 . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 RG, Urt. v. 11.3.1932 – II 307/31 = RGZ 135, 339 – Ruisdael-Fall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 f., 50, 63, 64, 227, 232

Bundesgerichtshof BGH, Urt. v. 18.12.1954 – II ZR 296/53 = BGHZ 16, 54 – Ultraschallgerät . . . . . 91, 117 BGH, Urt. v. 12.11.1957 – VIII ZR 311/56 = BGH NJW 1958, 177 . . . . . . . . . 96 BGH, Urt. v. 14.12.1960 – V ZR 40/60 = BGHZ 34, 32 . . . . . . . . . . . . . . . . 84 BGH, Urt. v. 8.1.1970 – VII ZR 130/68= BGHZ 53, 144 . . . . . . . . . . . . . . . 96 BGH, Urt. v. 14.10.1971 – VII 313/69 = BGHZ 57, 137 . . . . . . . . . . . . . . . 96 BGH, Urt. v. 28.6.1972 – VIII ZR 60/71 = NJW 1972, 1658 – Rubens . . . . . . 69, 70, 123 BGH, Urt. v. 15.1.1975 – VIII ZR 80/73 = BGHZ 63, 369 – Jawlensky . . . 2, 63, 76, 78, 96 BGH, Urt. v. 18.11.1977 – V ZR 172/76 = BGHZ 70, 47 . . . . . . . . . . . . . . . 117, 123 BGH, Urt. v. 26.10.1978 – VII ZR 202/76 = BGHZ 72, 252 (Entscheidung nicht vollständig abgedruckt) = NJW 1979, 160 – Gebrauchtwagen . . . . . . . 11, 91, 93, 233 BGH, Urt. v. 27.4.1979 – V ZR 204/77 = BGHZ 34, 41 . . . . . . . . . . . . . . . . 67

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Entscheidungsverzeichnis

BGH, Urt. v. 13.2.1980 – VIII ZR 26/79 = BGH NJW 1980, 1619 – Bodensee-Auktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2, 73, 76, 78, 96 BGH, Urt. v. 9.10.1980 – VII ZR = BGHZ 78, 216 = NJW 1981, 224 – Mähdrescher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11, 91, 92, 233 BGH, Urt. v. 26.11.1980 – VIII ZR 50/80 = NJW 1981, 1204 . . . . . . . . . . . . . 61, 108 BGH, Urt. v. 22.9.1983 – VII ZR 43/83 = BGHZ 88, 240 . . . . . . . . . . . . . . . 93, 117 BGH, Urt. v. 28.3.1984 – VII ZR 5/83 = NJW 1984, 22 . . . . . . . . . . . . . . . . 103 BGH, Urt. v. 5.2.1986 – VIII ZR 72/85 = NJW 1986, 537 . . . . . . . . . . . . . . . 121 BGH, Urt. v. 8.6.1988 – VIII ZR 135/87 = NJW 1988, 2597 – Leibl/Duveneck . . . . . . . . . . . . . . . . . 9, 10, 64, 113, 115, 116, 119, 120, 124, 125 BGH, Urt. v. 19.5.1993 – VIII ZR 155/92 = NJW 1993, 2103 . . . . . . . . . . . . . 64 BGH, Urt. v. 22.2.1995 – ZR 58/94 = NJW-RR 1995, 859 . . . . . . . . . . . . . . 118 BGH, Urt. v. 15.2.1995 – VIII ZR 126/94 = NJW 1995, 1673 . . . . . . . . . . . . . 64 BGH, Urt. v. 14.3.2003 – V 308/02 = NJW 2003, 405 . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 BGH, Urt. v. 30.1.2004 – V ZR 92/03 = NJW-RR 2004, 735 . . . . . . . . . . . . . 121 BGH, Beschl. v. 18.10.2007 – V ZB 44/07 = NJW-RR 2008, 222 . . . . . . . . . . . 81 BGH, Urt. v. 30.5.2008 – 1 StR 166/07 = BGHSt 52, 227 . . . . . . . . . . . . . . . 112 BGH, Urt. v. 27.3.2009 – V ZR 30/08 = BGHZ 180, 205 . . . . . . . . . . . . . . . 85, 111 BGH, Urt. v. 16.12.2009 – VIII ZR 38/09 = NJW 2010, 858 . . . . . . . . . . . . . 85, 111 BGH, Urt. v. 11.8.2010 – XII ZR 192/08 = NJW 2010, 3362, 3362 – Thor Steinar . . 98 BGH, Urt. v. 5.11.2010 – V ZR 228/09 = NJW 2011, 1217 – aus der Bebauung eines Grundstückes erzielte Mieterträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 BGH, Urt. v. 16.3.2012 – ZR 279/10 = NJW 2012, 1796 . . . . . . . . . . . . . . . 227 BGH, Urt. v. 28.3.2012 – VIII ZR 244/10 = NJW 2012, 2723 . . . . . . . . . . . . . 77 BGH, Urt. v. 30.11.2012 – V ZR 25/12 = NJW 2013, 1671 . . . . . . . . . . . . . . 68 BGH, Urt. v. 9.10.2013 – VIII ZR 224/12 = NJW 2013, 3560 – Buddha aus Sui-Dynastie . . . . . . . . . . . . . 2, 50, 62, 67, 75, 76, 77, 79, 80, 81, 239

Oberlandesgerichte OLG München, Urt. v. 1.12.1909 – BerR. 306/09 I = SeuffA 65 (1910) Nr.  90, S.  181 – Cranach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6, 229 OLG Frankfurt, Urt. v. 10.3.1970 – 14 U 163/69 = OLGZ 1970, 409 . . . . . . . . . 91, 103 OLG Frankfurt, Urt. v. 24.1.1985 – 6 U 119/84 = BeckRS 1985, 04287 = WRP 1985, 427 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 OLG Hamm, Urt. v. 27.11.1986 – 23 U 53/86, abrufbar unter juris – Standuhr . . . . 64 OLG Düsseldorf, Urt. v. 9.8.1991 – 22 U 52/91 = NJW 1992, 1326 – unwahrer Elvis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10, 60, 64, 94 OLG Stuttgart, Urt. v. 17.3.1989 – 2 U 226/88 = NJW 1989, 2547 . . . . . . . . 91, 92, 233 OLG Düsseldorf, Urt. v. 10.4.1992 – 22 U 229/91 = NJW-RR 1522 . . . . . . . . . 70, 123 OLG Hamm, Urt. v. 12.6.1992 – 29 U 63/91 = NJW-RR 1993, 628 . . . . . . . . . 104, 123 OLG Frankfurt, Urt. v. 20.1.1993 – 21 U 13/91 = NJW 1993, 1477 . . . . . . . . . . 114 OLG Hamm, Urt. v. 28.9.1993 – 29 U 18/92 = OLGR Hamm 1994, 49 = NJW 1994, 49 – Carl Schuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 OLG Hamm, Urt. v. 14.3.1995 – 7 U 163/94 = OLGR Hamm 1995, 97 = NJW 1995, 2640 – Guercino . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64, 91, 233, 234 OLG Zweibrücken, Urt. v. 7.5.1997 – 6 U 8/96 = NJW 1998, 1409 . . . . . . . . . . 71, 114 OLG Stuttgart, Urt. v. 1.2.2006 – 3 U 106/05, abrufbar unter juris . . . . . . . . . . 68

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OLG Hamm, Urt. v. 21.2.2005 – 13 U 25/04, abrufbar unter juris . . . . . . . . . . 121 Thüringer OLG, Urt. v. 23.10.2008 – 1 U 118/08, abrufbar unter juris . . . . . . . . 68 OLG München, Urt. v. 20.6.2012 – 3 U 85/11 = BeckRS 2012, 14563 . . . . . . . . 73, 76 OLG Naumburg, Urt. v. 14.8.2012 – 1 U 35/12 = NJW-RR 2013, 568 . . . . . . . . 68 OLG Schleswig, Urt. v. 15.3.2012 – 5 U 103/11, abrufbar unter juris . . . . . . . . . 68 OLG Köln, Urt. v. 27.3.2012 – 9 U 141/11 = NJW 2012, 2665 – Provenienzangaben im Versteigerungskatalog . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45, 73, 76 OLG München, Urt. v. 26.6.2012 – 5 U 2038/11 = BeckRS 2012, 15315 . . . . 76, 77, 80, 81 OLG Karlsruhe, Urt. v. 15.10.2013 – 17 U 8/13 = KUR 2013, 188 – Boudin . . . . . 69, 106 OLG München, Urt. v. 20.3.2014 – 14 U 764/12 = NJW 2015, 81 . . . . . . . . . . 109 OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 3.5.2018 – 19 U 188/15 = KUR 2018, 91 . . . . . . . . 66

Landgerichte LG Wiesbaden, Urt. v. 13.1.2000 – 13 O 132/99 = ZUM-RD 2000, 143 – Internet-Kunstauktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 LG München I, Urt. v. 22.10.2004 – 6 O 10137/04 = NJW-RR 2005, 643 . . . . . . 73, 74 LG Hamburg, Urt. v. 12.2.2008 – 312 O 525/07 = NJOZ 2008, 4968 . . . . . . . . . 102, 104 LG Freiburg, Urt. v. 15.12.2011 – 3 S 238/11, abrufbar unter juris . . . . . . . . . . 89 LG Saarbrücken, Urt. v. 14.9.2012 – 13 S 5/12 = BeckRS 2012, 21093 . . . . . . . 76 LG Köln, Urt. v. 28.9.2012 – 2 O 457/08 (nicht rechtskräftig) = GRUR-RR 2012, 444 – Campendonk . . . . . . . . . . . . . . . . 79, 100, 105, 107, 108 LG Limburg, Urt. v. 21.11.2014 – 5 O 18/14 = MMR 2015, 186 . . . . . . . . . . . 112

Amtsgerichte AG Coburg, Urt. v. 24.4.1992 – 14 C 1485/91 = NJW 1993, 938 . . . . . . . . . . . 124 AG Königstein, Urt. v. 28.9.2006 – 26 C 100/05 = NJW 2007, 708 . . . . . . . . . . 105 AG München, Urt. v. 29.8.2011 – 191 C 199/10 = BeckRS 2013, 00206 . . . . . 89, 90, 106

Französische Rechtsprechung Cour de cassation Cour de cassation, 1re chambre civile, 1.2.1960, Bull. civ. 1960 Nº 67 . . . . . . . . 151 Cour de cassation, 1re chambre civile, 16.12.1964, R.D. 1965. 136 . . . . . . . 132, 138, 148 Cour de cassation, 1re chambre civile, 10.3.1965, R.D. 1965. 217 (Vorinstanz: Cour d’appel de Montpellier, R.D. 1963 somm. 77) . . . . . . . . . . 158, 159 Cour de cassation, 1re chambre civile, 23.2.1970 (Nº 68-13.563), Bull. civ. 1970 Nº 66, R.D. 1970. 604 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132, 157 Cour de cassation, 1re chambre civile, 26.1.1972, R.D. 1972 jur. 517 . . . . . . 132, 143, 144 Cour de cassation, 1re chambre civile, 22.2.1978, R.D. 1978. 601 . . . 21, 138, 149, 158, 161 Cour de cassation, 24.1.1979, Bull.civ. 1979 Nº 34 (Nº 77-11.519), (Vorinstanz: Cour d’appel de Paris, 7.12.1976, Gaz. Pal. 1977 I 135) . . . . . . . 158 Cour de cassation, 1re chambre civile, 16.10.1979, Gaz. Pal. 1980. 60 . . . . . 141, 142, 159 Cour de cassation, 1re chambre, 26.2.1980, Bull.civ. 1980 I Nº 66 . . . . . . . . . . 146 Cour de cassation, 1re chambre civile, 23.3.1982, JCP 1987 IV 205 . . . . . . . . . 44, 133

260

Entscheidungsverzeichnis

Cour de cassation, 1re chambre civile, 13.12.1983, R.D. 1984. 340 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21, 135, 138, 149, 150, 151, 159 Cour de cassation, 1re chambre civile, 24.3.1987, JCP 1987 II 21300 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135, 141, 142, 159, 168 Cour de cassation, 1re chambre civile, 31.3.1987, JCP 1987 IV 204 . . . . . . . . . 133, 147 Cour de cassation, 1re chambre civile, 16.4.1991, JCP II 21972 . . . . . . . . . . . 151, 153 Cour de cassation, 1re chambre civile, 25.5.1992, Bull.civ. 1992 I Nº 165 . . . 141, 142, 159 Cour de cassation, 1re chambre civile, 7.11.1995 (Nº 93-11.418), Bull. civ. 1995 Nº 401 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133, 142 Cour de cassation, 1re chambre civile, 13.1.1998 (Nº 96-11.881), Bull. civ. 1998 I Nº 1, R.D. 2000 comm. 54 . . . . . . . . . . . . . 133, 135, 138, 145, 146 Cour de cassation, 1re chambre civile, 20.3.2001, JCP 2003 II 10090 . . . . . . . . 133, 144 Cour de cassation, 1re chambre civile, 5.2.2002 (Nº 99-21.444), Bull. civ. I Nº 46; JCP 2002 IV 1482, R.D. 2003. 436 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 Cour de cassation, 1re chambre civile, 3.4.2002 (Nº 99-16.444), Bull. civ. 2002 Nº 111, JCP 2002 IV 1870 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 Cour de cassation, 1re chambre civile, 17.9.2003 (Nº 01-15.306), JCP 2004 I 123 . . 159, 162 Cour de cassation, 1re chambre civile, 24.5.2004 (Nº 01-13357), Bull. civ. Nº 152 . . 145, 166 Cour de cassation, 1re chambre civile, 14.12.2004 (Nº 01-03523), Gaz. Pal. 2004. 2259, JCP I 141 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148, 149, 150, 153, 155 Cour de cassation, 1re chambre civile, 15.11.2005 (Nº 03-20.597), JCP 2005 II 10092 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134, 157 Cour de cassation, 1re chambre civile, 7.3.2006 (Nº 03-15.671), Bull. civ. 2006 I Nº 133, R.D. 2006 IR 884 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134, 139 Cour de cassation, 1re chambre civile, 27.2.2007 (Nº 02-13.420), Bull. civ. 2007 I Nº 90 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138, 142 Cour de cassation, 1re chambre civile, 31.5.2007 (Nº 05-17.203, non publié au bulletin), abrufbar unter legifrance.gouv.fr . . . . . 134, 149 Cour de cassation, 1re chambre civile, 28.3.2008 (Nº 06-10.715), Bull. civ. 2008 I Nº 95, JCP 2008 II 10101 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 Cour de cassation, 1re chambre civile, 30.9.2008 (Nº 06-20.298), R.D. 2008. 2598 . 17, 134 Cour de cassation, 1re chambre civile, 16.10.2008 (Nº 07-12.147), R.D. 2008. 39, JCP 2009 II 10015 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 Cour de cassation, 1re chambre civile, 30.10.2008 (Nº 07-17523), RTDcom 2009. 143 148 Cour de cassation, 1re chambre civile, 8.11.2009 (Nº 08-16.471), R.D. 2010. 15 . . . 134 Cour de cassation, 1re chambre civile, 20.10.2011 (Nº 10-25.980), R.D. 2012 comm. 76 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 Cour de cassation, 1re chambre civile, 16.5.2013 (Nº 11-14.434), R.D. 2013 IR 1272 156 Cour de cassation, 1re chambre civile, 10.7.2013 (Nº12-23.773), R.D. 2013. 1895 . . 165 Cour de cassation, 1re chambre civile, 17.3.2016 (Nº14-27168), Gaz. Pal. 2016 jur. 41 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163

Cours d’appel Cour d’appel de Paris, 22.2.1950, R.D. 1950. 269 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Cour d’appel de Paris, 22.1.1953, R.D. 1953. 136 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Cour d’appel de Paris, 28.11.1969, Gaz. Pal. 1970. 261 . . . . . . . . . . . . . . . . Cour d’appel de Paris, 3.1.1974, Gaz. Pal. 1974. 708 . . . . . . . . . . . . . . . . .

131 151 155 132

Entscheidungsverzeichnis

261

Cour d’appel de Paris, 2.2.1976, R.D. 1976. 325 . . . . . . . . . 21, 136, 138, 149, 158, 160 Cour d’appel de Metz, 25.6.1976, R.D. 1977 IR 334 . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 Cour d’appel de Paris, 3.4.1978, zitiert nach Duret-Robert, 331.24, 332.32 u. 332.51 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141, 142, 159 Cour d’appel d’Amiens, 1.2.1982, Rép. Defrénois 1982. 675 . . . . . . . . . . . . . . . . . 21, 34, 37, 44, 135, 138, 149, 150, 152, 158, 160 Cour d’appel de Versailles, 7.1.1987, JCP 1988 II 21121 . . . . . . . 21, 138, 149, 159, 161 Cour d’appel d’Amiens, 30.4.1990, zitiert nach Duret-Robert, 113.32 . . . . . 141, 142, 159 Cour d’appel de Paris, 15.11.1990, Gaz. Pal. 1992 I 51, R.D. 1991 somm. comm. 160 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 Cour d’appel de Paris, 5.2.1994, R.D. 1994 somm. comm. 233 . . . . . . . . . . . . 133 Cour d’appel de Dijon, 15.9.1994, Gaz. Pal. 1995 somm. 534 . . . . . . . . . 133, 143, 144 Cour d’appel de Paris, 10.3.1995, R.D.1995 somm. 225 . . . . . . . . . . . . . . . 152 Cour d’appel de Paris, 22.9.1995, R.D. 1995 somm. 225 . . . . . . . . . . . . . . . 133 Cour d’appel de Paris, 7.6.1996, Gaz. Pal. 1996 I 487 . . . . . . . . . . . . . . . . . 133, 148 Cour d’appel de Paris, 27.2.1998, R.D. 1998 IR 93 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 Cour d’appel de Paris, 22.3.2005, Gaz. Pal. 2005. 2266 . . . . . . . . . . . . . . . . 134 Cour d’appel de Paris, 26.6.2007, R. D. 2007. 2788 . . . . . . . . . . . . . . . 134, 167, 168

Tribunals civils Tribunal civil de Saint-Brieuc, 26.2.1908, R.D. 1909. 223 . . . . . . . . . . . . . . 158, 159 Tribunal civil de la Seine, 8.12.1950, R.D. 1951. 50 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131, 147 Tribunal de grande instance de Paris, 13.12.1972, JCP 1973. 17376 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135, 136, 138, 149, 158, 160 Tribunal de grande instance de Paris, 7.5.1975, R.D. 1976. 605 . . . . . . . . . 132, 143, 147 Tribunal de grande instance, 21.1.1976, R.D. 1977. 478 . . . . . . . . . . . . . . . . 141, 159 Tribunal de grande instance de Strasbourg, 23.2.1988, Gaz. Pal. 1991 2 jur . . . . . 164

Schweizerische Rechtsprechung Schweizerisches Bundesgericht, Urt. v. 16.10.1956 = BGE 82 II 411, 412 . . . . . .

91

Englische Rechtsprechung Avrora Fine Arts Investment Limited v Christie, Manson & Woods Limited, [2012] EWHC 2198 (Ch) . . . . . . . . . . . . . . . 15, 49, 189, 190, 199, 205, 206, 207 Beale v Taylor, [1967] 1 W.L.R. 1193 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 Bell and Another v Lever Brothers Limited and Others, [1931] UKHL 2 . . . . . . . 193 Denew v Daverell, (1813) 3 Campbell 451 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 De Sewhanberg v Buchanan, (1832) 5 Carrington and Payne 343, 172 E.R. 1004 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42, 187, 188, 198 Drake v Thos. Agnew & Sons Limited, [2002] EWHC 294 (QB) . . . . . . . . . . . . . . . 15, 45, 174, 175, 178, 179, 181, 187, 192, 193 Harlingdon and Leinster Enterprise Limited v Christopher Hull Fine Art Limited, [1990] 3 W.L.R. 13 = [1991] 1 Q.B. 564 . 41, 171, 176, 179, 182, 183, 184, 185, 187, 188, 192, 193 Heilbut, Symons & Co. v Buckleton, [1913] AC 30 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172

262

Entscheidungsverzeichnis

Hunter v Hanley, [1955] S.L.T 213, 217 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 Jendwine v Slade, 2 Esp. 571 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187, 188 Leaf v International Galleries, [1950] 2 K.B. 86 . . . . . . . . . 187, 193, 194, 196, 198, 217 Lomi v Tucker, (1829) Carrington and Payne 15, 172 E.R. 586 . . . . . . . 42, 187, 188, 198 Luxmoore-May and Another v Messenger May Baverstock, [1986 M No.  3823], [1990] 1 W.L.R. 1009 . . . . . . . 208, 209, 210, 211, 212, 213, 215 May v Vincent, (QB) J.P. Reports 1990, 997 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180, 204, 205, 206, 208, 209, 210, 211, 212, 213, 215 Maynard v West Midlands Regional Health Authority, [1984] 1 W.L.R. 634, 638 . . 209 Nicholsen & Venn v Smith-Mariott, [1947] 177 LT 189 . . . . . . . . . . . . . . . . 195 Parker v Fairbrother, [1853] 21 LTOS 128, ICR 323 . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 Peco Arts Inc. v Hazlitt Gallery Ltd., [1982 P. No.  1223], [1983] All E.R. = [1983] 1 W.L.R. 1315 . . . . . . . . . . . . . . 174, 187, 195, 196, 217 Power v Barham, (1836) 4 Adolphus and Ellis 473 . . . . . . . . . . . . . . . 187, 188, 214 Reardon Smith Line Limited v Yngvar Hansen-Tangen, [1976] 1 W.L.R. 989 . . . . 176 Thomson v Christie Manson Woods Limited and Others, [2005] EWCA Civ 55 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39, 190, 203, 205 Thwaytes v Sotheby’s, [2015] EWHC 36 . . . . 14, 15, 21, 45, 208, 210, 211, 212, 213, 214 William Duke Coleridge 5th Baron of Coleridge of Ottery St. Mary v Sotheby’s, [2012] EWHC 370 (Ch), 2012 WL 608706 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210, 214

Sachregister Abstraktionsprinzip  43, 117 Abschreibung  26 agent, siehe Stellvertretung Aliud  9, 114 f. arglistige Täuschung  47 f., 96 f., 107, 127, 151, 164, 191, 220 ff. Auctioneer Act 1845  37 Aufklärungspflichten  224, 234 Auflagenproduktionen  14, 57, 86 Auktion, Auktionshäuser  26 f., 29, 31 f., 35 f., 38 Auktionsverk  31 Authentifizierung  26 Aura 42 Authentizität  39 ff., 49, 55 f., 58, 61, 63 ff., 69, 71, 78, 80, 85, 88, 90, 94, 103, 106, 108, 116 f., 120 f., 128, 138, 142 ff.,145 f., 148 f., 152 f., 160 ff., 174 f., 179, 184, 190, 194, 205, 219, 222, 234, 236, 239 Äquivalenzinteresse  45 Bauhaus  102 Beschaffenheit  10, 46, 60 f., 67 f., 70 Beweislast  61 f., 122, 242 breach of contract  171 ff., 197 Christie’s  32 f., 38 f., 44, 49, 177, 189 f., 199 f., 203, 205, 222 CISG  50 commissaires-priseurs  37, 150 Consumer Rights Act 2015  183 consentement  48 condition  46, 171, 173 culpa in contrahendo  85, 111, 220 Dekret vom 3. März 1981  138 ff., 143, 149, 156 f., 224 disclaimer  200, 205 f.

eBay  39 E-Commerce-Richtlinie  12 Expertise  25 f., 69, 70 express conditions  174 Fälschungen  23 f., 49 f., 60 Fälschungsverdacht  60, 80, 179, 185, 189, 201, 223, 241 Fassungen  22, 57 Folgerechtsrichtlinie  18 Galerien  32, 36 Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001  12 Gesetz zur Umsetzung der Verbraucher­ rechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungs­ vermittlung  12, 101, 105, 111 Gewährleistungsausschlüsse  80, 84 f., 95, 106 Glossary  49, 205 Herkunftsannahme  15, 18 implied conditions  175, 183 Internethandel  39, 103 Interessenskonflikt  101 Kauf  43 Käuferschutz  51 f., 66, 95, 236 Kommission  7 f., 43 Konsensualprinzip  43 Kopien  22, 187 Kulturgüter  185 f., 227, 228 Kulturgut-Rückgewähr-Gesetz  228 Kunstwerk  13

264

Sachregister

Lehre vom erweiterten Sachverhaltsirrtum  240 manoeuvres  151 mensonges  151 mistake  48 f., 191, 193 ff. misrepresentation  48 f., 191, 205 f. Mozart-Notenhefte  124 Musée du Louvre  141 f., 150, 164, 178 Nachahmungen 22 Neubestimmungen  190, 241 Paraphrasen, siehe Versionen Pariser Akademie  31 Pasticci 22 professioneller Käufer  40, 134, 148, 180, 220 f., 240 f. Protokolle zur Entstehung des Bürgerlichen Gesetzbuches  6 Recht zur zweiten Andienung  235 f. Repliken 22 Reproduktionen 22 Sachmangelgewährleistung  45 ff., 55 ff., 152 f. Sachs  227 Saldotheorie  238 sale by description  175 f., 179 f., 195 satisfactory quality  175, 183 f. Schuldrechtsmodernisierungsreform  82 ff. Schutz der Selbstbestimmung  236 sekundäre Darlegungslasten  63 sleeper  20, 208, 212, 213 sociétés de ventes volontaires de meubles aux enchères publiques  37 Sotheby’s  14 f., 20 f., 32, 43 ff., 49 f., 178, 189, 201 f., 208 ff. Spekulationsgeschäfte  7, 61 f., 66, 73, 109, 121, 125 Stellvertretung  43 f. Störung der Geschäftsgrundlage  120 ff. Stückkäufe  56, 87 subjektiver Fehlerbegriff  9, 68, 79, 92

tel quel-Klauseln  87 Trennungsprinzip siehe Abstraktionsprinzip trouvaille  20, 94 Überbewertung  52, 165, 214 UNESCO-Konvention  34, 185 f. Unfair Competition Act 1977  207 Unikate  14, 42, 82 Unterbewertung  52, 165, 208 Varianten, siehe Fassungen vente judiciaire  37 vente volontaire  37 Verbraucher  40, 68, 100, 101 ff., 109 ff., 128, 147, 175, 180 f., 184, 204 f., 216, 219 f., 224 f., 226 ff. Verbrauchsgüterkaufrichtline  12, 118, 183, 235, 239 Verbraucherrechterichtlinie  12, 40, 99 Verkehrsschutz  6, 51 f., 237 verkehrswesentliche Eigenschaft  11, 85, 92 ff., 120 Versionen  14 vices caches  152, 154 vices extrinsèques  155 Vollharmonisierung  12 Vorkaufsrecht  34 warranty  46, 173 werkexterne Faktoren  15 f., 42, 63, 67, 104, 123, 146, 184 werkimmanente Faktoren  15 f., 40 Werkstätte, Werkstattarbeiten  14, 16, 19, 21 Werkverzeichnis  25 ff., 57, 70, 73, 107, 122, 153, 163 wesentliche Eigenschaft  101 f. Werte von Kunstwerken – ideeller  40 ff., 113, 119 – wirtschaftlicher  10, 40 f., 51, 60, 65 f. Zahlungsverzugsrichtlinie  12 Zuordnung, Zuschreibung  19 Zuschreibungsänderungen, siehe Neubestim­ mungen Zweifel  62